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Ernährungsphysiologisches Praktikum der höheren Pflanzen.

Von

Dr. Viktor Grafe,

a. o. Professor an der Universität in Wien.

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Mit 186 Textabbildungen

BERLIN UNE PAUL PAREY

erlag für Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwesen SW.11, Hedemannstraße 10 u. 11

1914.

Alle Rechte, auch das der Übersetzung, vorbeh

Copyright by Paul Parey in Berlin 1914.

Altenburg MR, Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co.

7

Vorwort.

Das vorliesende Buch ist aus dem Bedürfnis entstanden, die Methodik, welche der ernährungsphysiologisch Arbeitende braucht, zu- sammenzustellen und damit eimen methodischen Leitfaden für die ernährunesphysiologische Experimentaltechnik zu besitzen. In erster Linie sind es hier natürlich chemische Methoden, welche der Experimen- tator in Anwendung bringen muß, und da der Ausbau der gesamten Pflanzenphysiologie in den letzten Jahren mächtig nach der Richtung der Biochemie eingesetzt hat, wurde das Hauptgewicht auf die Schil- derung der chemischen und chemisch- -physikalischen Arbeitsweise gelest. Aber der Begriff der Ernährungsphysiologie erweitert sich unter den Händen des Arbeitenden; er wird sehr häufig in die Lage kommen, nicht nur Stoffe darzustellen und nachzuweisen, sondern auch die Wasserbewegung der Pflanze, die Variationen des osmotischen Druckes, die Erscheinungen der Adsorption und Kapillarität, welche nach den neuesten Darlegungen von Küster Beziehungen zur Formbildung der Pflanze aufweisen, die Verhältnisse der Oberflächenspannung,, welche nach den schönen Arbeiten von Czapek Einblick in die innersten Vorgänge des Stoffwechsels versprechen, in den Bereich seiner Unter- suchungen zu ziehen.

Leider ist es nicht immer möglich, ım Rahmen eines räumlich beschränkten Buches die Elemente der Chemie und Physikochemie zu bringen; doch wurde, wenn irgend möglich, auch dem Verständnis des chemisch nicht Vorgebildeten "Rechnung getragen. Das Buch soll in erster Linie die Bedürfnisse des wissenschaftlich Arbeitenden decken; es wird aber vielleicht auch dem Landwirt nach mancher Richtung ein nicht unwillkommener Leitfaden sein, und auch der Studierende wird hier auf verhältnismäßig kleinem Raume zusammengestellt finden, was er sonst aus einer ungeheuer verzweigten Literatur heraussuchen müßte. Ist doch mein Buch "zeradezu aus der Notwendigkeit eines Leitfadens in meinem eigenen chemisch- physiologischen Praktikum herv orgewachsen. Die Einteilune des Stoffes ist eine durchaus physiologische, und inner- halb der einzelnen physiologischen Abschnitte ist die chemische und chemisch-physikalische Methodik untergebracht; es wurde aber Wert darauf gelegt, daß die geschilderten Methoden vor allem immer physio- locisch beoründet und durch physiologische Beispiele gestützt sind, so daß sich der physiologische Stoff zu einem Ganzen zusammenschließt. Indessen wurde nach dieser Richtung Vollständigkeit weder im Stoff noch in der Literaturausnutzung angestrebt, worauf der Autor umso leichter verzichten konnte, als er in kurzer Zeit Gelegenheit haben wird, dies in seiner im gleichen Verlag erscheinenden Pflanzenphysio- logie nachzuholen.

Ich bin mir vollkommen des Umstandes bewußt, daß das vorliegende Buch der ernährungsphysiologischen Arbeitsmethodik der Hauptsache nach eine Zusammenstellung fremder methodischer Errungenschaften ist, gegen welche die egerinofügieen eigenen methodischen Beiträge

ea

IV Vorwort.

verschwinden. Indessen muß hervorgehoben werden, daß der Stoff durchaus kritisch behandelt wurde und daß mit wenigen Ausnahmen nur jene Methoden Aufnahme fanden, die ich selbst im Verfolge meiner wissenschaftlichen Arbeiten zu erproben Gelegenheit gehabt habe oder die ich im Praktikum als durchführbar und zweckmäßig befunden hatte. Dabei wurde ausschließlich Rücksicht auf makrochemische Methoden genommen, da wir Ja neuestens in der Mikrochemie von H.Molisch einen ausgezeichneten und zuverlässigen Leitfaden nach dieser Richtung gewonnen haben.

Mein Buch schließt sich eng an das vielbändige Sammelwerk von Abderhaldens Biochemischen Arbeitsmethoden an, und die Be- nutzung dieses Werkes erleichterte meine Aufeabe wesentlich. © So konnte ich manche Angaben, die in mitunter schwer zugänglichen Publikationen niedergelegt sind, in einigen Beiträgen dieses Hand- buches behandelt finden, das ich vielfach zu Rate gezogen habe: Dies eilt z. B. von den meist in russischer Sprache erschienenen Abhandlungen, die ich in dem schönen Referate von W. Palladiın und S. Kostytschew, „Methoden zur Bestimmung der Atmung der Pflanzen“ enthalten fand. Endlich habe ich auch einige meiner eigenen Beiträge zu diesem Werke, wie „Nachweis von Alkaloiden“, „Anwendung von Adsorption und Kapillarität zur biochemischen Ana- lyse“, „Das Sterilisieren lebender Pflanzen“, „Gas- und Wasserbewegung in der Pflanze“, „Beschleunigung von Wachstum und Treiben“, den betreffenden Abschnitten des vorliegenden Buches zu Grunde gelegt.

Wenn ich trotz Vorhandenseins des Abderhaldenschen Hand- buches es unternahm, eine Methodik der pflanzlichen Ernährungs- physiologie zu schreiben, so lag die Veranlassung zunächst darin, daß das genannte Werk viel zu umfangreich für den Pflanzenphysiologen ist und naturgemäß der Hauptsache nach Beiträge enthält, die unser Gebiet wenig oder gar nicht berühren, dann aber auch darin, daß das physiologische Moment die entsprechende Berücksichtigung finden sollte, das dort hinter dem rein biochemischen zurücktritt. Es mußte also nicht nur geschildert werden, wie das Material eines abgebrochenen physiologischen Versuches zu behandeln ist, sondern gerade in erster Linie, wie ein solcher Versuch angesetzt werden muß, wie die ver- schiedenen Einflüsse bei der Keimung des Samens und den weiteren Vegetationsverhältnissen der Keimpflanze zu werten sind.

Mein Buch soll aber nicht bloß ein „ernährungsphysiologisches Praktikum“ im bisher gebrauchten Sinne des Wortes sein, sondern eine Zwischenstellung zwischen den bestehenden vorzüglichen Lehr- büchern für physiologische Schulversuche, also dem „Pflanzenphysio- logischen Praktikum“ von W. Detmer, der „Vorschule der Pflanzen- physiologie* von K. und L. Linsbauer, der „Physiology of Plants“ von F. Darwin und. H. Acton, dem „Laboratory Course in plant physiology“ von F. Ganong einerseits und den „Biochemischen Arbeits- methoden“ anderseits einnehmen, es soll vornehmlich die physiologische und chemische Methodik der Ernährungsphysiologie höherer Pflanzen bringen. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß nicht auch die letzt- genannten Werke vielfach Hilfsquellen für mich geworden sind, be- sonders die beiden englischen Bücher waren mir in vielem wertvolle Ratgeber, denen ich ebenso wie dem Abderhaldenschen Handbuch auch einige Illustrationen entnommen habe.

Überhaupt wurde auf eine reichhaltige Illustration der geschilderten Apparate Wert gelegt, und es ist mir eine angenehme Pflicht, des

Vorwort. V

weitgehenden Entgegenkommens des Verlages dankbar zu gedenken. Auch die Zeichnungen wurden, selbst wenn sie von bestehenden Dar- stellungen entnommen wurden, doch gewöhnlich ım Vergleich mit der eigens zu diesem Zweck zusammengestellten Apparatur und daher viel- fach abgeändert, angefertiet. Herrn Assistenten J. Gicklhorn, der sämtliche Bilder gezeichnet hat, bin ich für seine hingebungsvolle Mühe zu größtem Danke verpflichtet, ebenso meinen verehrten Kollegen, Herrn Prof. Dr. ©. Richter und Herrn Privatdozent Dr. V. Vouk, die mir eine Reihe von Photographien nach eigenen Versuchen für die Reproduktion zu überlassen die Güte hatten. Endlich schulde ich den besten Dank auch den Herren stud. phil. Richard Klein und H. Baar, die sich der großen Mühe des Korrekturlesens bereitwillig unterzogen.

Die beschriebenen Apparate sind größtenteils nach meinen Angaben für mich von der Firma Rud. Siebert, Wien IX., Garnisongasse, an- gefertiot oder nach den Angaben der betreffenden "Autoren zusammen- gestellt worden.

Ich habe selbst als Studierender und später auch als Dozent den Mangel eines methodischen Leitfadens in meinem Arbeitsgebiete un- angenehm empfunden, und meine Mühe wäre reichlich belohnt, wenn ich. mit meinem Buche einem gleichgefühlten Bedürfnis der Fach- kollesen wenigstens einigermaßen entgeoengekommen wäre.

Wien, im Januar 1914. Viktor Grafe.

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Druckfehler und Berichtigungen.

14 Anmerkung, statt „Befruchtung“ richtig „Befeuchtung“.

15 Zeile 9 von unten statt „and“ richtig „und“.

22 Zeile 19 von oben statt „Fig. 3“ richtig „Fig. 5“.

24 Zeile 3 von oben statt „bei 90° CO“ richtig „bei 40° CO“.

26 Zeile 2 von oben statt „G. Lehmann“ richtig „E. Lehmann“. 85 Beschriftung unter Fig. 20 statt „belden“ richtig „beiden“.

97 Zeile 22 von oben statt „rechts“ richtig „links“.

99 Zeilen 16 und 22 von oben statt „J“ richtig „I“. 4 Zeile 4 von oben statt „Fig. 47* richtig „Fig. 44*.

115 Beschriftung unter Fig. 46 statt „Glasblasen“ richtig „Gasblasen“ und statt

„unter“ richtig „außer“.

„119 Anmerkung Zeile 1 statt ‚die“ richtig „den“. „138 Zeile 1 von unten statt „(Fig. 55)“ richtig „(Fig. 56)“ und S. 139 Zeile 14 von

oben statt „(Fig. 56)“ richtig „(Fig. 55“).

148 Zeile 14 von unten statt „die“ richtig „der“; S. 152 Zeile 19 von oben statt

„drei Stunden“ richtig „2'/s Stunden“; S. 159 Zeile 26 von oben statt „Eiweißfüllung“* richtig „Eiweißfällung“.

„172 Zeile 10 von unten statt „Phloroglucinlösung“ richtig „Furfurol- oder

Formaldehydlösung“.

177 Beschriftung unter Fig. 60 statt „Entfaltung“ richtig „Entfettung“ und statt

„Fig. 61° richtig „Fig. 59*.

„179 Zeile 10 von unten „plus dem“ richtig „subtrahiert vom“. 180 Zeile 1 von unten statt „welchem“ richtig „welcher“. 194 Zeile 17 von unten statt „dtickstoff“ richtig „Stickstoff“; Zeile 13 von unten

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statt „Sienen“ richtig „dienen“.

196 Zeile 5 von oben nach „Hafer“ ist ein Strichpunkt zu setzen. Auf Zeile 8 und ll von oben hat es statt „Hafer“ zu heißen „Senf“; auf Zeile 11 von unten statt „Senf“ richtig „Hafer“; auf Zeile 5 von unten statt „diesen“ richtig „vielen“.

200 Zeile 2 von oben statt „öslich“ richtig „löslich“.

206 Zeile 1 von unten: nach „Gesamtstickstoff“ einzufügen „in Milligrammen‘.

241 Zeile 15 von unten statt „Jodaklimethode“ richtig „Jodkalimethode*.

261 Zeile 24 von oben statt „Kalziumoxalat“ richtig „Kalziummalat“.

267 Zeile 10 von unten statt „Tropfens“ richtig „Tropfen“.

269 Zeile 1 von unten statt „50 ccm“ richtig „50 ccm Wassers“.

305 Zeile 17 von oben statt „Halm“ richtig „Helm“ und Zeile 7 von unten statt „möglich“ richtig „unmöglich“.

318 Zeile 26 von oben statt „Fl“ richtig „ws“ und Zeile 28 statt „ws“ richtig „Wa“; Zeile 30 statt „Wa“ richtig „ws“.

321 Zeile 12 von unten statt „Apperatur“ richtig „Apparatur“.

35 Zeile 11 von oben statt „i....(3)* richtig „ir... . (8)*

339 Zeile 8 von oben statt „gleich groß“ richtig „proportional“.

8 Zeile 17 von oben statt „Sauerstoffabsorption“ richtig „Sauerstoffabgabe“.

9 Zeile 7 von oben nach „ist“ einzuschalten „in der Regel“.

Inhalt.

Seite ehrt von Keimlingen. . . . ... 2. ua 2 nunmal e 1—47 een 2 fa ae a nn ve Inne ee 1 BeeRrebcim) Quellangsprozeß: ı... = ue.n 2 eu Mraunln nenn wre ie se 2 Aufnahmsfähigkeit für Wasser und chemiche Vorgänge bei der Quellung 3 EN EHE nL 8 Besallussung durch Wärme und Kälte... “2.202.200... 10 Beessund durch Lichb... .- .. 0 u. .u u ara ee m 0 nee 13 Biuslewen der sequollenen Samen... ! . .. 0. n..0 un. nme 14 @nparate zur Befeuchtung des Keimbettes. . . ». 2... 0.0.2 200% 14 Wärmeentwicklung bei der Keimung und ihr Nachweis . . ....... 17 Bmanlusse auf den Fortgang der Keimung .: . 7... u..." 2... 19—47 end Bichtiarben‘; = m. ar. in) un nie ee ae ae aan Bear 19 Beziehungen von Licht und anderen Faktoren. ...... 2 2 2 2 2.. 24 Abhängigkeit der Keimung von der Temperatur. ..... 2.2 2.220. 29 Bisuuspickeit der Keimung von Giften. .. „.» un nn a ne san 30 Abhängigkeit der Keimung von Sauerstoff. . 2.2... 2 2 2 2 nn en 41 Beeinflussung der Keimung durch den elektrischen Strom... ..... 42 Beeinflussung der Keimung durch Radium. . ..... 2.2 2 2 2 2 2 0. 44 Beeinflussung der Keimung durch Röntgenstrahlen . ... 2.2222... 46 Ran. nen ee ee 47—69 Beeren und Kulturgefäße. . . 20 nen 48 amensetzung der Nährlösungen .. .. 2... 2 22 22 re... 57 Beziehungen der Keimpflanze zu den Mineralstoffen... ... 2.2.2... 62 ne Re aa ee een aan Sue dr 69—81 euer der Asche 0; vu ao ne ee ae ie 69 2 ÄRPETEN HL Nero Se u RE EEE 12 EAN BIyBer... 0.0 u ae ee ae 74 Bestimmung des Eisens und der Eirdalkalien Se. 2 0 mu se end 75 Bern eider Alkalien .-... 205 Anal ee ae an ae ehe 76 a Tasehumer "u... regnen en ee Ale 78 IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. . . .. 22.2... 81-96 SELBER EN Sn SR TREE ARE © PO BR ARD SA od REN FB RAR 8l 3 a ee ke 83 SIE EU ie Be 0 te ae Se ee ei ee le a 86 entenzsäureassimilation . : : = - 2.» mu Don un a mean en. 96—176 Er komsnanorder Sauerstoffabgabe . - .. .. „van 2 ae san denn 97 Eestaımune der’Kohlensäureaufnahme. . . .. . vun... 2. 112 Kohlensäureassimilation unter verschiedenfarbigem Licht. ....... - 114 Herstellung von Lichtabsorptionsflüssigkeiten . . 22:2 2 2220... 115 Bestimmung der Intensität verschiedenfarbigen Lichtes. .. ....... 119 Bestimmung .der.chemischen Lichtintensität ©: |. „2. 20 e...0 li en 120 SRSDLSTE N We LE ERTL Ir BER Ed, MER PL DL EEE ER 130 Abhängigkeit der Keimpflanze von ihren Reservestoffen und deren Be- Ziehung zur Ausımllabion .. ... 2002er een re Ne 3: Bel-hweis der Asirmlapesg 20 0. a en el 135 Biicker, qualitativerprobenn eu. 2 8. een en ee 137

Srärke, qualitativer bropen.n. a 2.0.00 ee ee er erina 138

VIII

VI

VII.

VII.

IX.

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Inhalt.

Seite Abhängigkeit der Stärkebildung von der Kohlensäurequantität. ... . 139 Assimilation organischer Substanzen... -...- ve... 0 2 era 142 Qualitative Proben einzelner Zuckerarten . . .. . 2.2 2 2 20200. 143 Zucker, quantitative Analyse. ..... 2. ee... 0000n > 147 Stärke, quantitative Analyse... :. 2.2. 00 2 0 161 Inulin, quantitative Analyse . ... -... see a0. 0 165 Zellulose, Lignin, Rohfaser, quantitative Analyse. .... 2.2.22... 166 Fette, Öle, Wachse.» . - . .. . 2. m.00 na 176—193 Extraktion . . . >. 0000 a 2 177 Physikalische Konstanten . . . 7. : u 00 2 nn He 2% Qualitative Reaktionen . » 2. 00. 000 181 Spezialreaktionen . .. . “u. a. em na 0 a 182 Quantitative Bestimmung. . . u 2... 0 0 u un 183 Quantitative Bestimmung einzelner Fettbestandteile. ......... 189 Stickstoffassimilation . . . . ... 2 u LU. Slam von A 193—214 Einfluß der Bodensterilisation. ... . 2... ou.» „0. ne 195 Nitrate . . 202 zoo a 0 0 oa ee 198 Prüfung auf Proteine. ... » 2 eu. u. ee 200 Fällungs- und Farbenreaktionen. .- ........n..00 VE 201 Quantitative Bestimmung der Eiweißstoffe ...... 2.2... ..0. 202 Kjeldahlbestimmung. = . ..- - 22 u 2 Cu m m mn 2 a 203 Quantitative Bestimmung von Aminosäuren und Säureamiden. ... . 208 Quantitative Bestimmung der Nitrate. .. . 0... .. raus 209 Quantitative Bestimmung des Ammoniaks 2 211 Darstellung der Proteine .. ... „2... 000 u a 212 Phosphatide. . „aa m u.a u 20 le 214—217 Prüfung auf anorganische und organische Phosphate ......... 215 Die Enzyme. . : 2 20 0 0 a 217—248 Herstellung von Enzympräparaten . . . : 2... 20. 2 0 218 Indirekte Fermentbestimmungsmethode . . ... . . . 2. gen ans 222 Diastase, Inverstase, Zymase, Emulsin, Pepsin, Labferment, Trypsin, Lipase, qualitativer Nachweis... . ... 2... 200 EEE Quantitativer Nachweis der Enzymwirkung. ..... 2. 22.2.2002. 225 Quantitativer Nachweis der Diastase . . . 2... 20. 2... 1 Er 227 Quantitativer Nachweis von Pepsin. ...... 2.22 200 nun 228 Wertbestimmung von Malz... 2... 2 0.2 02 eu u 0 2 231 Oxzydationsenzyme. . .. 20 00a 0 ne 0. 2 232 Atmungschromogene und -pigmente. . - - .... 2... 2. 235 Darstellung von Lakkase, Tyrosinase und Messung ihrer Oxydationsstärke 238 Batalase .. 0.2.0 00 onen en 2 ee 240 Perhydrolmethode zur Katalasebestimmung . . .... 2 22.22... 241 Jodkalimethode. .. 0... 2.000 00 a 0 be 241 Volumeßische Methoden ..». u 2.20.0000 0 m nn 242 Kolorimetrische Peroxydasebestimmung. ..... v2 cs 2er nee. 243 Messung des Oxydationsgrades . . . 2 0 2 2 a.e 2 acer 244 Kapillarisationsmethode zum Nachweis von Enzymen... ...... 246 1 SB EN EEE 248—256 Hautpulvermethode. ... 2.2.20 0 ne 0 nme 0 255 Löwenthals Permanganatmethode . . ... 2. vr eu. 256 KERREDEEO 2 5 an ee et ee 256—260 Enzymolytischer Reduktionskoeffizient . . . 2... 2 2: 22 2 ee 00. 257 Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Al- OR ee ee u 260—273 Ozalsäure, Weinsäure, Zitronensäure . „2 22.2 20 00. 2 zu 260 ApkelsBmis 5 5:40 20 200 nn 2 26 261 Bernsteinsäure, Benzoesäure. su. 00 u 00. 262

XI.

XV.

XV.

XVlI. XVIH.

XVII.

AIX.

Inhalt. IX

Seite EEE et Be. 33 N er 264 Formaldehyd, qualitativer und quantitativer Nachweis ....... 265 Bewässerungsapparat bei Kulturen in hermetisch verschlossenen Glocken BE GHERHOSpHArd ee ee ee > 266 Athylalkohol, qualitativer und quantitativer Nachweis. ....... 268 SRLDIDNE, D LE A 2 vr Eee 273—294 Peiocmemerälkaloidreagenzien .. . u... nen 274 Qualitative Bestimmung einzelner Alkaloide. .. .. 2. 222.2 2.. 283 Bankbatıye Alkaloidbestimmung . . ». 2.n wann nen 285 Quantitative Bestimmung des Chinins und Morphins. ........ 289 Quantitative Bestimmung des Nikotins. ..... 2.2.2.2 .22 020% 290 Quantitative Bestimmung des Koffeins. .......:. 22.222 020.% 292 Quantitative Bestimmung des Solanins. -.. .. 2... 2.2 2.202.200. 293 Kapillaranalytische Alkaloidbestimmung. . . ..» 2... 2... ae en EEE ALERT 294—297 Methoden zur quantitativen Kautschukbestimmung . ........ 295 HH NSo. ne ee N en ee ne Er 297—313 Bene und’ Pressen. oo... 2.0.0 0 ee en ee rar 299 a Dane a a a en ee N ae rn een 300 Beseemue der Feuchtigkeit... . . un. a as et. wet ne 301 Busmner ‚Veraschun® „.... u .2.0 0 a ee le ee Ne ner uelr 302 eenenbmalysene ame ka tee aa ten ee ee ae re aehe 303 Bxtrahieren, Perkolieren und Destillieren . ...2: 2... oc... 304 Enirsueıeren und Filtrieren. '.. 2... »... 0 una uann 305 nn SLICcKStoft 2.00. 0 ee a nee 306 er mwatgehie, Extraktion... 2 00 an an ea 306 Beispiele für umfassendere Analysen. .».. 2. 2er onen. 307 Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen .......... 313 —325 Bestimmung der Oberflächenspannung, der Permeabilität und des osmotischen Druckes durch Plasmolyse . .. 2.22.22... 325—939 RN LIETLENIE nee er er RE RE a 325 Bemalytische Methoden - . .. -... 2a. 20 neun. nun 329 Anwendung von Adsorption und Kapillarität zur biochemischen ee a ee ee ne N a 339— 346 Beeeaiperamm-Herstellung. . 2. . „2 aa... 2 neo Em een 340 Chromogramm-Methode bei der Enzymanalvse. ..... 22 .22.. 342

Quantitative Bestimmung von Säuren und Alkalien durch Kapillarität 343 Biologische Methode der Bestimmung basischer und saurer Farbstoffe 345

Ber Vorgänge bei der Atmung. . : » «. 2... 2.0 346 - 390 PERBRRESKBELhZIenE" 2: 0 ee ee ee 347 Plasmatische und enzymatische Oxydationen. ........ > Die Funktion der Oxydationsvorgänge bei der Keimung. ...... 349 Sarkwandlungen bei der Keimung. . . ». . zu n 2 oo. vum 350 Wärmeproduktion bei den Atmungsvorgängen. . ..». 2.2... 0. 352 Abhängigkeit der Atmungsenergie von äußeren Faktoren ...... 399 Erkennung der ausgeschiedenen Kohlensäure. . . . . 2.2.2.2... 356 Quantitative Bestimmung der Atmungskohlensäure . ........ 357 Popsralagier Gasmessung..i. cn... an ne ee ne 363 Demonstration und Bestimmung der Sauerstoffabsorption . . . . . » 367 Atmung auf verschiedenen Nährlösungen . ... 2.2.2220... 369 Untersuchung des Atmungsgaswechsels höherer Pflanzen ...... 369 Abnormale Atmung (intramolekulare Prozesse). . .. . 22.2... 380 Erzeugung neutraler Gase für die Untersuchung der intramolekularen VEN n.) 2e ST Mr Er 382 Erzeugung der Luftleere für die Untersuchung der intramolekularen Er es ee ER). 334 Kaswechsel’ enworener Pflanzen U 2. 2 2... are o...0 ea we 386

Enrfrieren: undaGemierenm aan:

XX.

XXI.

XXI.

XXIII, XXIV.

XXYV.

XXVI.

XXVII

Inhalt.

Seite Treiben und Wachstumsförderung . . ...: 222.22 .. 390— 399 Freiwillige und unfreiwillige Ruhe ....... ce... 391 Entblätterung als Treibmittel ..... 2.20.00. ee. 391 Kälte als Treibmittel. ....». 2.0000 0000 bo ie 592 ÄAtherisierung als Treibmittel. .-. -.--. oo... see ae 392 Warmwasserbad als Treibmittel . . . . 2... .. 0.0. ven 394 Radium als Treibmittel. - . - - - » =... u... 002 mn De 396 Verletzung als Treibmittel .. .. » 0. en a 2 200 DEE 397 Chemische Beeinflussung als Treibmittel .... 2.2... 2.0.00. 398 Wachstumsmessung. - - - » 2.2 0 mie en. vn 399 —418 Anbringen von Marken... . 2... ee. 2. on. A 400 Selbstregistrierende Auxanometer. . .... 2... een 401 Vorbereitung für die Messung .»...... u. Vers 409 Die große Periode und ihre Abhängigkeit von äußeren Faktoren. . 411 Messung des Dickenwachstums. . » .. 0... 0. BLESEREEE 416 Messung der Gas- und Wasserbewegung . ». ». 22222... 418—449 Qualitative Methoden: - . -. „2 0.2 2 wu 2 2 Me 418 Kobalt-Methode .. ..: 2. 2 2.0 u au a 2 419 Hornhygroskop-Methode . . . . «:. == se 20n nn a 420 Yuccahygroskop-Methode. . . ... » 2 2 u 22 m u 2 422 Porometer . . . 2.2... 202 2 sl eu a 423 Mikroskopische Bestimmung der Spaltenweite ... 2.2.22. ... 425 Infiltrationsmethoden. .. . . - 2. 2 u nun. nn 0 2 425 Kollodiummethode . .. 2... 2... 00 0 au u 0 2 Ra 428 Quantitative Methoden . - 2 2.02 0 u 429 Wägung. 2:20 ee 430 Aufnahme des Wasserdampfes durch absorbierende Medien... . . 433 Außere Einflüsse auf die Transpirationsgröße. .. . » . . 2. „.n.. 434 Bestimmung des von der Pflanze aufgenommenen Wassers. ... . 437 Selbstregistrierende Transpirometer... . ... .. . . ses 442 Beobachtung des Transpirationsstromes . . .. 2.2 2 22.2 .. 449—456 Das Biuten.': - .-. : -7. 0... 2a eu 0 a 456 —462 Wasseraufnahme und Wasserabgabe in ihrem gegenseitigen Verhältnis 460 Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. ....... 462 479 Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung. . ... 2.2.22... 464 Kryoskopische Bestimmungen bei Pflanzensäften. ... 2.2.2... 467 Gesetzmäßigkeiten in den osmotischen Drucken. .. . 2... .... 475 Reaktion von Säften gegen Indikatoren . . . .. . 222... 479—487 Indikatoren verschiedener Empfindlichkeit .... 2... 2 22.2.0. 480

Anhang: Die Herstellung von Normallösungen . ........ 487—490

I. Anzucht von Keimlingen.

Samen, Früchte können in der Regel erst zu keimen, Knollen, Zwiebeln usw. erst zu treiben beginnen, wenn ihnen, von der Not- wendigkeit der Überwindung des physiologischen Ruhezustandes ganz abgesehen, Wasser zugeführt wird: erst dann verändern sie sich in auffallender Weise. Es gibt wohl Reserveorgane, wie die Knollen von Sauromatum guttatum, die auch ohne Wasserzufuhr von außen, günstige Temperaturbedingungen vorausgesetzt, zu treiben vermögen, aber sie bilden vereinzelte Ausnahmen. Betrachten wir zunächst die Samen, so ist die notwendige Vorstufe der Keimung bei ihnen eine Quellung. Die Samen werden 10-24 Stunden in Leitungswasser eingelegt, wobei sie unter Wasseraufnahme ihr Volumen bedeutend erhöhen; das An- quellen darf natürlich niemals in geschlossenen Gefäßen geschehen, weil die Wasseraufnahme den Zellturgor beträchtlich vergrößert, wodurch das verschlossene Gefäß gesprengt werden kann. Die Zeit des An- quellens richtet sich nach den anatomischen Verhältnissen, in erster Linie nach der Durchlässigkeit der Samenhaut (Testa). Hand in Hand mit den Imbibitionsprozessen vollziehen sich osmotische Prozesse zwischen den Samenzellen, welche mit Fortschreiten des Quellungs- vorganges größere Dimensionen annehmen müssen, da mit der Auf- nahme des Wassers in das Innere des Samens wohl gleichzeitig die Aktivierung von Enzymen und mit ihr die Produktion löslicher Stoffe aus den Reservestoffen des Samens einsetzt; schon das Aufquellen der Stärke bedeutet eine Etappe zu deren Hydrolyse. Das Wasserquantum, welches von den verschiedenen Arten der Samen verbraucht wird, ist sehr verschieden; dafür sind wechselnde Momente maßgebend, zu- nächst natürlich der ursprüngliche Wassergehalt des lufttrockenen Samens; ferner die anatomischen Verhältnisse der Testa, dann aber auch die chemische Eigenart des Reservestoffes. Auch die Dauer der vollkommenen Durchtränkung mit Wasser ist sehr verschieden; wenn aber der Quellprozeß einmal eingeleitet ist, verläuft er gewöhnlich sehr rasch. Wie erwähnt, setzt gleichzeitig die Hydrolyse der hoch- molekularen Reservestoffe ein, wodurch osmotisch wirksamere Sub- stanzen entstehen; natürlich ist das in erster Linie bei Stärkesamen der Fall, so daß die Angabe von J. Böhm, daß quellende Erbsen einen Druck von 18 Atmosphären, das ist den einer Quecksilbersäule von 13,5 m Höhe, zu überwinden vermögen, aus der osmotischen Wirksam- keit der ‘Glukose verständlich wird. Die Entstehung wasserlöslicher, permeierender Substanzen erklärt es auch, daß Detmer bei dreißig weißen Riesenerbsen, die im lufttrockenen Zustande 11,6 g wogen, nach 48 Stunden einen Gewichtsverlust von 0,052 g an Samensubstanz kon- statierte, welche an das destillierte Wasser, mit dem sie in Berührung

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 1

>) I. Anzucht von Keimlingen.

gestanden hatten, abgegeben worden waren. Diese Verluste betreffen natürlich in erster Linie auch Mineralsubstanzen und werden um so beträchtlicher ausfallen, je größer das osmotische Gefälle zwischen Zellsaft und Quellungsflüssigkeit ist, sie werden also beim Anquellen in destilliertem Wasser am beträchtlichsten sein. Da es aber schon in diesem Keimungsstadium, bei der Enzymaktivierung und dem Aufbau der embryonalen Teile, nicht gleichgültig ist, ob dem Samen Mineral- stoffe zugeführt werden, er auf seinen eigenen Aschengehalt angewiesen bleibt oder davon gar nach außen abgeben muß, so wird sich, abgesehen von der Giftwirkung des destillierten Wassers, ein Anquellen in solchem nicht empfehlen. In fruchtbarem Boden oder in einer zusagenden Nährstofflösung entwickeln sich daher gleich von Anfang an alle Or- gane kräftiger und freudiger, schwächliche Entwicklung der Anlagen macht sich gewöhnlich auch noch später bei der Weiterentwicklung des heranwachsenden Keimlings geltend. Das Wasser, welches die Hydro- lyse bewirkt, kann, wie erwähnt, bei fleischigen Reserveorganen auch aus dem Zellkörper der Knolle, des Rhizoms usw., bezogen werden; ein prägnantes Beispiel dafür liefert mein Befund an Zichorienwurzeln, bei denen Inulin, teils im Zellstoff gelöst, teils in kolloidaler Ausfällung, den Reservestoff vorstellt. Bekanntlich ist der Gefrierpunkt einer Lösung gegen den des reinen Wassers herabgesetzt und solche Lösungen in der Zelle bedeuten für die betreffende Pflanze dadurch einen Schutz gegen das Erfrieren, welches ja nach den Forschungen von Molisch!) hauptsächlich in einem Wasserentzug besteht. Die Zichorienwurzel kann in der Tat relativ tiefe Temperaturen vertragen, ohne daß ein Erfrieren oder durch Bildung von Eisnadeln Gefrieren stattfindet. Aber dadurch bleibt das Wasser auf lange Zeit für die Hydrolyse des Inulins disponibel, welche unter dem Einflusse niedriger Temperaturen gefördert wird, wobei die entstandene Lävulose im Stoffwechsel ver- schwindet. Bei etwa 5 ° kommt es aber dennoch zu einem Gefrieren der Lösung, worauf die Hydrolyse augenblicklich stillsteht. Die Zahlen, welche die genannten Befunde illustrieren, sind folgende:

Lävulose nach Kälteexposition | Inulin nach Kälteexposition

Wurzeln bei von von Temperaturen 5. Er 5 |. .10:, (

on Tagen Tagen

oO Yo 150, cr 6,23 6,71 6,10 5,98 | 62,3 60,00 61,98 | 60,72 Lo NT ee 6,03 6,61 5,97 6,22 | 62,00 61,73 61,65 | 62,22 SE 5,99 7,38 7,98 8,35 | 55,00 | 51,6 45,33 | 40,00 BB Rt 6,77 8,92 9,00 9,24 | 49,11 | 38,7 35,32 | 28,67 F 1°, ...1 787 | 933 | 10,00 | 10,54 | 45,2 | 34,31 | 25,66 | 200 TE TE 8,39 | 10,21 | 10,32 9,68 | 45,87 | 39,31 30,00 | 15,86 2°, ...'} 10,53 | 11,82 | 11,00 | 10,66 | 38,63 | 24,39 | O/OMEsTEEEEEE BP 1 0500 9,89 | 10,22 | 10,77 | 15,32 | 14,78 | 1853521 ee a Re 9,11 9,65 9,33 9,00 13,67 13,00 12,99 12,57

Die Zahlen entsprechen dem Mittel aus je drei Analysen. Über die Menge des bei der Quellung absorbierten Wassers haben

') H. Molisch, Untersuchungen über das Erfrieren der Pflanzen. Jena 1897.

I. Anzucht von Keimlingen. 3

R. Hoffmann!) und Nobbe?°) Untersuchungen angestellt; die luft- trockenen Samen und Früchte nahmen durchschnittlich an Wasser auf:

Hoffmann Nobbel Hoffmann Nobbe % % % % Weizen . 45,5 60,0 kuzerne. 2 72.0075856,0 87,8 Gerste 48,2 u Weißbkles 2 .n2r72.2.1206% 89,0 Roggen . San Botkleers, .. 1.0 2 7 105,3 Hafer . 59,8 Mohn . ee 11 12(0 - Buchweizen . 46,9 == Raps . . 51,0 48,3 Mais 40,0 34,8 Olrettig . 8,0 59,5 Hirse . 25,0 Leindotter 60,0 Linse . = .,9354 Hanf . 43,9 BITBEe: . .. . 106,8 34,0 Sonnenblume 56,5 Weiße Bohne 92,1 Weiße Rübe 62,5 51,8 Kreuzbohne . . INES Zuckerrübe 120,5 Schminkbohne . . 100,7 Pinus austriaca 35,8 Baubeime . .. . . 104 157 Wicke. 75,4

Natürlich müßte man, um genaue Zahlen zu erhalten, auf die Ab- gabe von Gasen und gelösten Stoffen Rücksicht nehmen, sie kommen aber gegenüber den großen aufgenommenen Wasserquantitäten, welche z. B. bei Viecia Faba das Anderthalbfache des Samengewichtes betragen, wenig in Betracht. Die Mengen des aufgenommenen Quellungswassers sind besonders bei den Samen der Papilionaceen sehr beträchtlich, was wohl auf Rechnung der hier vorhandenen Quellschicht im Gewebe der Testa zu setzen ist, während die Früchte der Gramineen und die Fettsamen viel weniger Wasser aufnehmen. Nicht nur tropfbar flüssiges Wasser kann aufgenommen werden sondern auch Wasserdampf aus der feuchtigkeitsgesättigten Atmosphäre; die Zunahme des Samengewichtes in einem dampfgesättigten Raume betrug in neun Tagen nach den Versuchen Nobbes 16,5 %, während die Samen, an trockener Luft ausgebreitet, je nach der Höhe der Schicht 1,—11, % an Gewicht verloren. Durch einen die Konstanz der Temperatur sorgfältig be- achtenden Versuch Detmers wurde bei Erbsen eine Wasseraufnahme aus der Atmosphäre im Betrage von 1,2% festgestellt. Indessen sind diese Mengen nicht genügend, um Keimung zu ermöglichen, was ja schon daraus hervorgeht, daß beim normalen Anquellen in flüssigem Wasser das hundertfache Quantum aufgenommen wird und demnach zur Einleitung der physiologischen Keimungsvorgänge auch sicherlich not- wendig ist. Ein Same kann freilich auch in feuchtem Raume zur Keimung gebracht werden, aber nur dann, wenn infolge von Temperatur- differenzen Wasserdampf zur Flüssigkeit kondensiert wird, welche der Same dann aufnimmt.

Nicht alle Samen einer größeren ausgelegten Quantität keimen, unter günstige Keimungsbedingungen versetzt, aus; die Keimfähigkeit hängt von den verschiedensten individuellen Eigenschaften, wie Alter, Reifegrad, Spezifität des Individuums, ab; das Keimprozent wird in Prozenten der ausgelegten Samenmenge angegeben. Verschieden ist ferner bei gleichbleibenden äußeren Bedingungen die Keimungsenergie je nach der Individualität, was man daran erkennt, daß einzelne Samen früher, andere später nach dem Auslegen auskeimen. Im allgemeinen

ı) R. Hofmann, Jahresber. für Agrikulturchemie 1864, S. 108, nach W. Detmer. ®2) Nobbe, Handbuch der Samenkunde, S. 119, nach W. Detmer. Ver- gleichende Physiologie des Keimungsprozesses der Samen. ‚Jena 1880, S. 52. 1*

4 I. Anzucht von Keimlingen.

kann man wohl bei Samen derselben Ernte ein ungefähr gleichmäßiges Verhalten vorhersagen, wenn man darauf bedacht ist, Samen von mög- lichst gleichem Volumen zu wählen. Das ist besonders für solche Ver- suche wichtig, in welchen Vergleichskulturen unter verschiedenen äußeren Bedingungen aufgestellt werden sollen; man darf also für solche Versuche nicht nur nicht ungleich große Samen verwenden, sondern muß auch darauf achten, daß sich die ausgewählten Samen schon von der Keimung an annähernd gleich verhalten; man vergleiche also nicht etwa solche, bei denen das Würzelchen nach dreitägiger Keimung eben erst herausgetreten ist, mit anderen, bei denen es nach derselben Keimungszeit etwa schon mehrere Zentimeter erreicht hat; anderseits verwende man wieder nicht morphologisch annähernd gleiche, aber ungleich lang angekeimte Samen.

Daß beim Anquellen schon eine Hydrolyse der hochmolekularen Reservestoffe statthat, beweist uns das überaus leichte und schnelle Ver- pilzen angequollener Samen, welche Befallspilzen eben durch ihren Reich- tum an leicht assimilierbarer organischer Substanz einen ausgezeichneten Nährboden bieten. Nobbe konstatierte, daß vereinzelte Samen manchmal allerdings nach einiger Zeit normal aufquellen, aber ohne zu keimen monate- lang in wasserdurchtränktem Zustande verharren können, ohne selbst unter günstigsten Bedingungen zu keimen. Bezeichnenderweise faulen solche Samen ebensowenig wie nichtgequollene, ein Beweis, daß haupt- sächlich die Molekülverkleinerung durch Hydrolyse den Saprophyten Angriffsflächen bietet. Hier ist also die Testa für Wasser durchlässig, aber eine Enzymaktivierung bleibt aus. Wir werden später davon zu sprechen haben, daß die verschiedensten Substanzen, besonders aber H+- und OH— -Ionen als energische Keimungsreize wirken können. Hier sei noch auf das Seitenstück der eben erwähnten Er- scheinung hingewiesen, daß nämlich eine Aufquellung längere Zeit, im Extrem selbst nach Jahren nicht erfolgt, weil die Testa dem Ein- dringen des Wassers entsprechenden Widerstand entgegensetzt. Das ist namentlich bei den Samen von Papilionaceen, aber auch bei Rumex crispus, bei Chenopodium album u. a. der Fall. Nobbe ließ in zwei Partien je tausend Samen von Trifolium pratense in destilliertem Wasser, das von Zeit zu Zeit erneuert wurde, anquellen, wobei das Wasser auf 19— 21° C gehalten wurde, und fand Quellung nach

Tagen PartieI Partie II, Tagen PartieI PartieIl| Tagen Partie I PartieII l 919 927 19 3 48 1 3 5 8 21 3 52 1 1 5 9 9 24 5 2 55 1 y 7 4 26 1 1 56 l 1 10 4 1 31 1 2 59 3 —z 13 3 4 32 2 3 91 3 15 2 3 36 1 2 147 ll 4 16 1 2 43 2 156 4 3

Summe: 970 990

Von 400 Robiniensamen waren zehn Stück erst nach zirka einem Jahre, einer nach zwei und zwei Stück erst nach drei Jahren gequollen. Die Samen anderer Pflanzenarten quellen zwar relativ leicht, aber die aufgenommenen Wassermengen sind doch wenig beträchtlich, z. B. bei Erbsen und Bohnen, während sich bei Lupinen- und Kleesamen sehr große Unterschiede in der Raschheit der Quellung bei den einzelnen Individuen einstellen. Binnen 48 Stunden sind bei Erbsen und Bohnen

I. Anzucht von Keimlingen. 5

in der Regel alle Individuen gequollen. Detmer fand bei Riesen- erbsen nach 24stündiger Quellung eine Aufnahme von rund 90 %, während bei den mit einer wasserabsorbierenden Schleimschicht ver- sehenen Samen von Salvia pratensis, Linum usitatissimum, Cydonia vulgaris eine gleichmäßig reichliche Wasseraufnahme beobachtet wurde, so bei Cydonia 500% vom Gewichte des trockenen Samens nach 24 stündiger und 100 % nach einstündiger Quellung. Samenindividuen von Riesenerbsen von größerem absoluten Gewicht absorbierten stets absolut mehr Wasser als die leichteren Samen, dagegen relativ weniger als diese, während besonders leichte Samen wieder relativ weniger Wasser aufnahmen als die mittleren. Nach demselben Autor verläuft das Tempo der Quellung in einer eingipfligen Kurve, indem die Wasseraufnahme zunächst geringfügig ist, dann energischer wird, um schließlich wieder abzunehmen.

Es sei noch eine Tabelle von Dimitrievicz!) reproduziert, welcher die Wasseraufnahme verschiedener Samen bei der Quellung untersuchte:

Dauer der Quellung in Stunden

Pe 12 | 24 | 48 Vol.-Zu- Gew.-Zu-| Vol.-Zu- |Gew.-Zu-| Vol.-Zu- |Gew.-Zu-| Vol.-Zu- |Gew.-Zu- nahme | nahme | nahme | nahme | nahme nahme | nahme | nahme

mal 83770600 | 112,5 |,.89.0 | 131.2] 107.0 11437 | 11a7 2001 87,5 682 7118,27 .|1,93,0 17353 :109,25| 143,7 De 15 0 131,2 | 100,2 | 143,7 | 113,7 | 137,5 | 111,5 | 143,7 | 116,8 35:017156,2 | 118,7 |. 156,2 | 120,8 | 156,2 | 120,0 | 150,0 | 117,7 0.0 I: 31,5 35,5 47,3 ı 48,5 | 52,6 55,0 52,6 56,0 10% 31,5 37,0 57,8 | 534 52,6 56,0 52,6 56,0

Rotklee bei

Baps bei ) 150| 526 | 522 | 526 | 550 | 526 | 57.0 | 473 | 56,0 350| 52,6 | 55,7 | 57,8 | 56,8 | 63,1 | 63,9 | 57,8 | 58,0 00| 73,3 | 60,0 | 113,3 | .79;5 | 133,3 | 91,6 | 133,3 | 101,0 Kicher- 100| 93,3 | 63,5 | 113,3 | 82,2 | 133,3 | 100,0 | 133,3 | 101,0 erbse bei } 15°| 106,6 | 75,0 133,3 | 97,5 | 133,3 | 101,5 | 133,3 | 101,5

zul um (| um u un

350| 133,3 | 97,5 | 133,3 | 99,0 | 133,3 | 101,5 | 133,3 | 101,3

Bei Klee und Erbsen war also eine beträchtliche, bei Raps eine un- bedeutende Gewichtszunahme eingetreten. Bei den ersteren wiegt die prozentische Zunahme an Volumen vor, bei Raps ist das Gegenteil zu be- merken; das größte Volumen hat der Klee bei 35 ° C schon in 6 Stunden erreicht, nämlich 156,2 %, des ursprünglichen Volumens, das größte Ge- wicht bei dieser Temperatur erst in 12 Stunden, nämlich 120,8 %; von da ab hat eine Volum- und Gewichtsabnahme stattgefunden. Raps hat sein größtes Volumen und Gewicht bei 15 ° in 24 Stunden, Erbse bei in 24 Stunden das größte Volumen, bei 15 ° in 24 Stunden das größte Gewicht angenommen. Temperatur und Quellungsdauer beein- flussen aber nicht nur die Ergebnisse der Quellung selbst, sondern nach dem Trocknen und Lagern bei Zimmertemperatur nimmt Gewicht und Volumen wieder ab, welche Abnahme mit erhöhter Temperatur und Dauer bei der Quellung größer wird. Auch die Farbe erleidet durch die Quellung Veränderungen, der Klee erscheint nach dem Abtrocknen blaßbräunlich, der Raps heller und rötlich, die Erbse weißlich. Da der Keimungsprozeß erst nach einer bestimmten Wasseraufnahme einsetzt, diese aber bei !) Wissenschaftlich-praktische Untersuchungen auf dem Gebiete des Pflanzen- baues. Wien 1875, S. 75.

6 I. Anzucht von Keimlingen.

Quellzeit!) Tage | 1 2 | 3 4 b) 7 9

&3l 52 #8 S= [45 | 22 [45] 92 #8] 28 45] 5= 88 e

SE Se | a8 se | a8| 53 a8 58 GE) 58 |bil Se |nE| Se

Ssal=" |sal =" Isa 4" |SalM" Sal 4 Sole lea f4°

| are |

Weizen . . 1] 98| 4,00) 98| 1,12) 96 | 1,14| 94| 1,02 96| 1,00 90 1,06| 90| 1,31 Gerste . . . . „| 72) 2,75] 70| 1,28) 18| 1,87) 4| 9,00 18| 2,33) 410,001 —| Hafer . . . . .| 94 3,00| 86| 1,88| 80 2,10] 64| 3,18| 70| 3,35 22| 4,4948] 2,91 Roggen. . . . . | 92 1,22 98| 1,24100 | 1,32) 80| 1,05] 78| 1,07|28 ,1,64| 8| 3,05 Mais’. : 2.2 "ea 92 1,52 100 2,44 84| 2,26 84 | 3,16 64| 4,56|44 6,13 Rispenhirse . . . [100 1,08 100 1,04 96 | 1,02100| 1,14 88| 1,13|68 1,41/58 1,69 Moorhirse. . . . | 94| 3,02| 84| 3,14 62 4,60, 54| 5,48) 88| 4,61|50 5,80] 44|10,68 Engl. Raigras . . | 88) 3,93) 98] 2,94| 98 | 4,44) 88| 3,09| 78| 3,48) 88| 4,38] 81| 3,54 Franz. Raigras . 212,00] 28| 4,18! 62 10,63) 38| 9,05] 2| 3,00 4 15,00 14 | 9,66 bein - „2.0.2 2.11168102:25317778| 2:2760066\\ 4,45| 72 3,03 30| 4,66 34 3,50] 38| 4,31 Raps. . - 1.80) 2,00) 90 2,73 82 | 2,27| 92] 2,62 98| 2,69 80| 2,071 74| 3,81 Sonnenblume .+.2155615.15.806 9201787 so! 1,95 56| 2,00 80| 2,15 64 3,69] 68| 2,92 Hanf. . . .. .| 88 1,28 86) 1,32| 80| 1,60| 74| 2,11 74| 2,97] 74| 1,48|62| 1,48 Bohne . . . . .192| 2,22) 92) 3,43 80| 4,90 72| 6,16 92| 8,60 28 10,43| 16/13,00 Wicke . 2 286 1,28 98) 1,20) 94 | 1,42 92| 1,54| 88| 1,65 94| 2,06| 92| 5,86 Erbse . . . . ..1] 96| 1,04 96| 1,58) 92| 1,48' 84| 1,33|88| 1,20, 88| 1,32/80| 3,10 Linse 25721981702 94 1,21 96 | 1,18) 90| 1,51/92| 1,52) 94| 2,27)80| 3,47 Lupine . . . . . [100 1,20100) 1,18) 96 | 1,70| 92] 2,00] 88| 2,41|56| 3,71|20| 4,00 Rotklee. . . . .:| 86! 1,33] 92) 1,21) 82| 1,24 84| 1,34| 90| 4,31|80| 1,35) 74| 1,89 Luzerne . . . . | 76) 1,68) 76 1,71 80| 2,32] 78) 2,03| 72, 1,72 66| 1,75|56| 3,03 Bibernell . . . . | 80) 4,00 76 3,31, 78| 4,05) 74| 4,89 68| 6,88] 84| 6,091 72| 6,91 Krapp . . . . . | 28| 9,43| 24 5,33| 32| 5,78| 56| 8,07|42| 8,09|48| 7,58/40| 8,40 Möhre . . . . .| 28| 6,00) 42 6,47) 66 4,54| 58) 5,23 86, 6,08] 46| 4,48| 36| 5,66 Runkelrübe . . . | 92) 5,321100 2,68 100 | 3,96 100 3,96 40| 9,10|88 4,36 92 5,17 Kornrade... . . | 28!30,10| 30123,5 | 26 21. 46| 96 22,87 8 28,92 19 09 10| 3,40 Buchweizen . . . | 94| 3,04! 98| 2,79 28| 4,05| 84 3,74, 72| 5,75/54| 4,93) 74| 5,96

erhöhter Temperatur rascher vor sich geht, vollzieht sich schon aus diesem rein mechanischen Grunde die Keimung bei höherer Temperatur schneller. Allzulanges Quellen bringt für die Keimung Nachteile mit sich und es ist darum nicht uninteressant, sich zu vergegenwärtigen, wie lange verschiedene Samen ihre Keimfähigkeit beibehalten, wenn sie den un- günstigen Einflüssen einer langdauernden Quellung in fließendem Wasser ausgesetzt werden?) (siehe die Tabelle oben).

Die in der ersten Spalte (nach 24 stündiger Quellung) angeführten Zahlen gelten gleichzeitig als Maßstab für die Keimfähigkeit. Aus der Tabelle ergibt sich, daß bei den meisten Samen auch nach 28 tägiger Behandlung mit Wasser die Keimfähigkeit noch erhalten geblieben ist, %übensamen keimt selbst nach einer Quelldauer von 69 Tagen noch zur Hälfte, dagegen hat Gerste schon binnen neun, Roggen binnen 9—13 Tagen die Keimfähigkeit eingebüßt. Die Dauer der ohne Beeinträchti- gung der Keimung möglichen Quellung hängt mit der Festigkeit und Undurchlässigkeit der Samenschale zusammen, denn sowie das aufge- nommene Wasser eine gewisse Grenze überschritten hat, nimmt die Keim- fähigkeit ab, indem einzelne Samenbestandteile gelöst fortgeführt werden und Wasser an ihre Stelle tritt. Dieser Gewichtsverlust betrug in kaltem

') Nach Ablauf der in der Tabelle in Tagen angegebenen Quellzeit wurden die Samen aus dem Wasser herausgenommen und zum Keimen ausgelegt. Multi- plizie rt man die Zahl der Tage, während welcher die Samen ausgelegt waren, mit der Anzahl der jedesmal gekeimten Samen und dividiert die Summe der erhaltenen Produkte durch die Gesamtzahl der gekeimten Samen, so erhält man die ‚‚mittlere Keinzeit‘‘ in Tagen.

:) Nach A. Zöbl in Wissenschaftlich-praktische Untersuchungen usw,

I. Anzucht von Keimlingen. fi

Quellzeit 11 Deere 28 28 I YET 69 Bel sel: il ae 85 lee ee ee ee Bel 25 BE 55 dE 30 BE 58 GE 58 DE 58 SE se |HE 58 |nE 38 sale" Sal 4" sal sel an Isa sale" sale" sale" sale | | | | Kl |

74| 1,43|72 1,11|36| 1,66, 2 5,00) A _ _ 12| 4,00 |26| 6,23 LES N EEE Bee ker aaa a Mena rn —ı | 2 90|-— | -— | |- —ı—-| | || 16 6,75|24| 6,58 |20| 6,20| &| 800| 4] 0 1— || | |—| 32| 1,5616 7,755 I | | 2 8001| |— —| || |—| 54 11,13 66| 6,39 32| 8,56 | 1816,00 | 16 9,75 18|14,88| 6| 7,00 4| 4,00 —| 86 6,97 |84| 5,62 |76 4,68 78| 5,02 48 6,87 72| 6,27 46| 5,04 6| 7,33 812,251 610,33 21 01 | ı- -|- —-—ı— -|—-| 28| 3,57 122 4,00|20| 5,6032 6,81 14 3951 —| —| | —| 94| 3,49|80| 3,85 |78| 4,15 68 5,58 | 70) 4,37,26| 6,15 24| 7,291 16 3,12 —| 52| 2,77|52| 2,54|20| 4,20 |24| 4,66 | 24| 2,83 | 36 OU le len 74| 1,43|80| 1,92|86| 2,25|76 2,76 68| 2,39|52| 3,84| 22| 4,09 16) 4,00 —ı 0 | ||» | 1 lo —l |) le 86 3,34 | 66 525 88|..5,82 62) 5,51: 16, 118] | | == | |) = 60 23,13 |56| 3,39\32| 2,87 | Al 6001| = | || 90, 3,39 |76| 6,2356 4,28 10 4,01 | —- —|—| Bee 400| S| 4,00124| 5,66| 121 68,535 | | | | | —| Barren ee ar —| 40 I— Bela 64 2,12 38| 4,44 |22| 3,91 | 1 —| |—| |—| |— | 92 6,5 72 7,27 50 7,48 52 8,04 73 7,38 32 8,5 1411,00 22| 8,66 —| 32| 8,25 |36| 7,00 12| 8,00| 8| 6,00| 20| 9,80 |16| 8,5 | ln 59| 6,12 42| 5,43, 24 5,58] 20| 9,01 | 18| 6,44 14| 7,14 aa on 80| 5,75 |64| 9,18 |88| 4,00 | 80| 6,00 | 86 8,14 72 5,8464 5,7584 4,24| 40, 6,20 26|17,76 | 34|41,41 | 10 10,00 |46| 6,91 127| 8,09 | 16111,000—| |— |— Ba alaııas | | | | |

Wasser bei Mais 4,34 %, bei Gerste 3,26 %, nach fünf und 26,04 % bzw. 19,44 %, nach 30 Tagen. Bei Weizen hat die Keimfähigkeit ihre Grenze überschritten, wenn das aufgenommene Wasser 50 %, bei Mais 35 %, bei Roggen 75 %, bei Rispenhirse 20 %, vom Samengewicht beträgt; von dieser Grenze an nimmt die Keimfähigkeit rapid ab. Für Mais und Gerste wurde auch der Betrag der einzelnen Bestandteile festgestellt, welche durch Er nermnde Quellung ausgelaugt worden waren:

E Mais, ü Mais ausgelaugt er, Gerste ausgelau; t

100 Teile der luft- des Gerste) m Rss ae

trockenen Substanz lufttr. | Proz. der |Proz. ber. | Proz. der | Proz. der | Proz. ber.

Eslt normalen lufttr. 'a.d.urspr. ‚lufttr. lufttr. |a.d.urspr.

enthalten Substanz | Substanz | Substanz Substanz | Substanz | Substanz Wasser . a Re 11,48 | 11,30 _— 11252 10,06 Ätherextrakt (Hetb) 4,08 4,14 2,9 1,63 20 1250 Proteinsubstanz . . . . 9,23 9,37 6,58 10,22 10,38 7,70

Stärke- und stickstoff-

freie Extraktivstoffe . 12,65 13,28 51,44 170,28 69,51 51,58 INohfaser . .”. 2... 1,34 1532 0,91 313 5,42, 724802 RKemasche ... „ua... 1,19 0,57 0,4 1,88 1,00 0,74 Kieselsäure . . . .- « 0,03 0,02 0,014 0,74 0,93 0,69 Phosphorsäure . . . . 0,57 0,31 0,22 0,92 0,62 0,46 ER N 7 0,41 0,05 0,035 0,61 0,07 0,052 Meeuesia. . . . .In 0,19 0,1 0,05 0,21 0,14 0,104 Kalk ee 0.09 0.083 | 0,05 | 0.12 0.089

Vom Kali war also in den ausgelaugten Körnern nicht ganz der zehnte Teil des ursprünglichen Gehaltes, von der Phosphorsäure und Magnesia weniger als die Hälfte geblieben, dagegen ist die Kieselsäure

8 I. Anzucht von Keimlingen.

nur wenig verändert, der Kalkgehalt durch Aufnahme aus dem Wasser sogar etwas erhöht. Die dichtere Spelzenhülle des Gerstenkornes schützt dasselbe gegenüber dem Mais vor allzustarker Auslaugung, wie ja Spelzen und harte Testa oder Schale einen weitgehenden Schutz gewähren. Unter- suchungen an Leguminosensamen ergaben, daß quellungsunfähige Samen absolut leichter, spezifisch schwerer und daher kleiner sind als die leicht quellungsfähigen; ferner sind erstere meist dunkler gefärbt und unvoll- kommener ausgebildet als letztere. 400 Samen von Lupinus perennis wogen 6,28 g, 400 nach 6 Tagen noch nicht gequollene derselben Sorte nur 5,99 g, das spezifische Gewicht der ersteren ist 1,168, das der letzteren 1.23, das Volumen dieser Körner verhält sich wie 1,1: 1, wasschon mit freiem Auge unterschieden werden kann; ähnliches gilt auch für Luzerne und Rot- klee, die leicht quellungsfähigen enthalten 2,998 %, Asche, davon 3,533 % Kieselsäure, dieschwer quellungsfähigen 3,601 %, Asche, davon 5,83 % SiO;.

Zur äußeren Beurteilung der Keimfähigkeit ist besonders die Beob- achtung der Beschaffenheit des Embryos geeignet. Man geht in der Weise vor, daß man an der endospermfreien Seite mit dem Skalpell vorsichtig Frucht- und Samenschale entfernt, mit dem Rasiermesser einen zur Längsachse des Embryos schrägen Schnitt durch die Mitte desselben führt und ihn unter der Lupe betrachtet. Vor allem ist die Farbe des Embryos, die sich unter dem Einflusse äußerer oder innerer Anomalien leicht ändert, sehr charakteristisch. Die Abweichung von der normalen Farbe ist umso deutlicher zu erkennen, je dunkler diese ist, je länger der Keim seine Lebenskraft verloren, je schädlicheren Einflüssen er ausgesetzt gewesen war. Ferner läßt das Verhältnis der Embryogröße zu der des übrigen Samenteils, sofern Endosperm vorhanden, die Stärke der Wurzel- bildung sowie die der Knospen etwaige Beschädigung durch Insekten und das Auswachsen erkennen. Auf diese Weise ist es möglich, sich in kürzerer Zeit und mühelos ein Urteil über die Qualität des zu verwenden- den Samens zu bilden. Bei derselben Samenart ist die Farbe des Embryo für alle Varietäten charakteristisch, aber jeder Samenart ist eine nur ihr eigene, charakteristische Farbe gegeben; die normale Farbe des Embryos der Getreidearten ist gelb gemischt mit grün und durch Vor- herrschen der einen oder anderen Farbe unterscheiden sich die einzelnen Getreidearten voneinander, der Gerstenembryo hat eine grünlichgelbe bis wachsgelbgrünliche Farbe, der Weizen zeigt sie viel deutlicher, Roggen wechselt dieselbe bis erdwachsgelbgrün, Mais ist weißgelb, selten grün- lich, Raps hat einen bläulichweißen Embryo (Kotyledonen grünlichgelb), Hanf einen weißen, Runkelrübensamen einen bläulichweißen usw. Durch atmosphärische Einflüsse wird eine Zersetzung des Keimes veranlaßt, welche sich durch Mißfärbung, durch dunklere, bläuliche, bräunliche, gelbbräunliche, braune, rötliche, sogar schwarzblaue Farbe kennzeichnet, eine Verfärbung, die eine Keimunfähigkeit des Samens anzeigt, auch wenn er äußerlich noch so schön aussieht; dagegen sagt das Aussehen der Testa nichts über den Zustand des Keimes aus, blaue und schwarze Gersten haben dieselbe Keimfarbe wie die lichten. Der Schnitt muß sehr glatt und darf nicht über die Mitte des Embryos hinausgeführt werden ; die Verderbnis des Keimes beginnt immer zu unterst vom Wurzel- ende, so daß die Knospe noch normal gefärbt sein kann, wenn die Wurzel bereits geschädigt ist. Man führt den Schnitt von der Knospe gegen die Wurzel und stellt das Korn bei auffallendem hellen Tageslicht auf eine schwarze Unterlage gegen das Fenster, so daß die ganze Schnittfläche

I. Anzucht von Keimlingen. 9

gleich gut beleuchtet erscheint. Ist die Farbe nicht gut zu unterscheiden, so kann man die Querschnitte mit Schwefelsäure (sp. G. 1,59) betupfen, bei Getreidekörnern färben sich dann gesunde, gut keimfähige Embryonen intensiv gelb, nach 2—5 Minuten rosenrot, welche Farbe mehrere Stunden erhalten bleibt; der geschwächte Keim zeigt diese intensive anfängliche Gelbfärbung nicht, sondern eine dunkelgelbe, die erst nach längerer Zeit in Rot übergeht; gesunde Keime werden durch Schwefelsäure erst nach 30—60 Minuten zum Quellen gebracht, geschwächte oder tote bedeutend früher; verdorbene färben sich schließlich mit der Säure braun oder werden ganz farblos.

Eine wichtige Frage besteht ferner darin, wie lange Samen ihre Keimungsfähigkeit zu bewahren vermögen, wie lange also der Samen im latenten Leben verharren kann; die Berichte, daß Getreidekörner aus Mumiengräbern Keimkraft zeigten, haben sich als unrichtig er- wiesen. Durch Versuche von F. Haberlandt!) hat sich gezeigt, daß sorgfältig trocken aufbewahrte Samen immerhin eine Reihe von Jahren ihre Keimkraft beibehalten können, besonders dann, wenn sie luftdicht verschlossen gewesen waren; bei lufttrocken aufbewahrten Getreidearten macht sich aber doch schon im vierten Jahre eine Ab- nahme der Keimfähigkeit bemerkbar, während eine solche bei Körnern, die vor der Aufbewahrung künstlich getrocknet worden waren, sich erst im achten Jahre einstellte.

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_ Tage a0 | Tage u Tage u Tage | Tage 7 | Tage u Tage Rispenhirse | | 23 | 47] 0| 0134 |3, 16, 1235210 242. 55 0 Lauch ..|— | | | 01 I | 1| 2,01 | Le ® Bam li | | 15 2,4 35| 221 .2 | 2,0 4 1712.52 21.551490. 31 Buchweizen| DI || = | = 6 | 5,0 1,1726.0, 74 547 | Ppmab. . | | 0720 01 0I—- | 0 0I— | 0 0 Runkelrübe| 56 | 7.7 0/0 2,175 10837126:0 6 2,01 90 | 4,2 1100 | 4,6 Gartensalat| | 0 0 DW 0 0 1 5,01 010 342 Sonnen-

Bene) I o0| ol o| oJısissies | a5 o lo |ss| 18 Kürbis .|— | 0 0 02,0 86,2 0 0 26 | 6,2 | 88 5,0 Peer) 0) 0, —| 3441,43 | 3,0) 68 2,0100 | 1,8 Melone .I —- | | 93 2,61 | 4,21 88 | 2,1 1100 2,01 91 | as || 7 Paradies- |

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Am meisten beeinträchtigt wurde die Keimfähigkeit durch die längere Dauer der Aufbewahrung bei Lauch, Spinat, Gartensalat, Raps, Kümmel,

ı)F. Haberlandt, Der allgemeine andwirtschaftliche Pflanzenbau, Wien 1879.

10 I. Anzucht von Keimlingen.

Möhre, weniger bei Rispenhirse, Hanf, Runkelrübe, Kürbis, Gurke, Melone, Sonnenblume, Paradiesapfel, Tabak, Senf, Lein, Luzerne, Fisole, am wenigsten bei Runkelrübe, Melone, Luzerne, Paradiesapfel, Tabak. Bei der Runkelrübe keimten nach 12 Jahren noch 56 %, bei Melone nach 11 Jahren noch 93 %, bei Paradiesapfel 26 %, Tabak 30 %, Rispenhirse 23 %, Luzerne 34 %, Fisole 26 %, Senf 23%, Hanf 15%. Der Mais be- hält seine Keimfähigkeit viel länger, wenn er am Kolben belassen, gut ge- trocknet und am Boden in nicht zu dichter Lage aufgeschichtet wird, als wenn man die Körner vom Kolben ablöst oder die Maiskolben aufhängt.

Während die Samen höhere Wärmegrade trockener Luft lange Zeit ohne nennenswerten Schaden auszuhalten vermögen, sind sie in feuchter Luft schon gegen geringe Temperaturerhöhung sehr empfindlich. Wasserdämpfen von 75 ° C ausgesetzt, verlieren nach 15 Minuten die Samen von Hülsenfrüchten und Getreide ihre Keimfähigkeit, noch rascher werden die Samen durch heißes Wasser getötet, wenn es in ihr Inneres einzudringen vermag, während Samen, welche, wie die von manchen Medicagoarten, in kochendem Wasser nicht aufquellen, dadurch nicht geschädigt werden. Nobbe fand, daß die Schließfrüchte von Poly- gonum orientale nach halbstündigem Kochen in Wasser nicht gequollen und keimfähig wie zuvor waren, aber auch andere Samen, deren Hüllen schwer durchlässig sind, verhalten sich kochendem Wasser gegenüber sehr resistent, so die von Labiaten, Papilionaceen, Rosaceen, Liliaceen usw., dagegen verlieren die meisten Getreidekörner schon bei längerem Liegen in Wasser von 35 ° C ihre Keimfähigkeit. Nicht alle Samen sind gleich empfindlich, am meisten leiden Gerste, Buchweizen, Sonnen- blume, Erbse, am wenigsten Mais, Raps, Rotklee, Lein, Weizen. Bei 50° C warmem Wasser, bei einer Temperatur, welche das Maximum der Keimungstemperaturen überschreitet, ist die Beeinträchtigung der Keimfähigkeit schon sehr merkbar, bei zehnstündiger Einwirkung nasser Wärme auf die Samen, die vorher nicht gequellt waren, behielten nur die resistentesten ihre Keimfähigkeit zum geringen Teil, bei den vorher durch 24 Stunden angequellten erwies sie sich als völlig erloschen. Auch die Zeitdauer für die Keimung wurde dadurch ungewöhnlich in die Länge gezogen, denn während die Kontrollgerste schon nach 2,72 Tagen im Mittel keimte, geschah dies nach 5 stündiger Erwärmung in 30 grädigem Wasser erst nach 3,07, bei fünfstündiger Einwirkung 40 grädigen Wassers erst nach 3,8 Tagen. Raps keimte in den Versuchen Haberlandts, denen auch die nachstehende Tabelle entnommen ist, normalerweise nach 2,47 Tagen; nach zehnstündigem Einquellen in 50 °C warmem Wasser erst nach 10,5 Tagen. Auch hier ist eine Vor- quellung für eine Verstärkung der Schädigung maßgebend.

Eine andere Frage ist es, welche Wärmegrade trockener Natur lufttrockene Samen aushalten. Haberlandt stellte fest, daß bei 48 stündiger Erhitzung auf 100 0 C nur 12 Samenarten ihre Keimfähig- keit völlig einbüßten [geprüft wurden Gramineen (28 Arten), Lilisceen (3), Chenopodiaceen (2), Polygoneen (1), Urticaceen (1), Kompositen (4), Labiaten (1), Ranunculaceen (1), Solaneen (2), Rubiaceen (1), Koniferen (8), Papaveraceen (1), Lineen (1), Umbelliferen (7), Cucurbitaceen (4), Sanguisorbeen (1), Papilionaceen (18)')], nämlich Asparagus officinalis,

'ı) E. Haberlandt, Über den Einfluß einer höheren Temperatur auf die Keimfähigkeit der Samen unserer Kulturpflanzen. Allgem. land- u. forst- wirtsch. Zeit. I., 389 (1863).

I. Anzucht von Keimlingen. 141

| © Ohne vorhergehende Nach vorausgegangener

= Einquellung 24 stünd. Einqueliung

> | 5 stünd. Wirkg.| 10 stünd. Wirkg.| 5 stünd. Wirkg. | 10 stünd. Wirke. 5 30°| 400 | 500 1550| 300] 400 | 500 | 550| 3,0 | 40° | 50° |55" | 300 | 409 | 500 | 55 0

| ra Von je hundert Samen keimten

Weizen -. . -. - . . | 98|96|88 |60—| 97| 90| 1 —196| 80 22 90) 44|— Bossen.......| 9488/60 |48—| 72) 58 ——|78| 401 || 50 20 Gerste . -. -. - - . [ 98[58) 5 ——| 36| 11—'—116| | 8 EZ e2iT. hoolssise | Sl} 76 18 [82] 24] | 87] 3 | Mais - - : - ....1 95|98|100|94| 8100 100 38 —[98|100| 58| 4l100| 981101 Rispenhirse . . . . [100|]75 65 27 —| 68 45 29 66, 57) 121 —| 51) 41 | Moorhirse . . . . . ] 68]70|/58 |25| 6| 59 33/]18 —1|67| 62 2 —| 36 24 2| Mohn. . . . . . ..1 91|— |21—| 45 39) 3) —1—| 1—1 40) 30 | er. . | 95|—|— |35)—| 58| 46137 | —I— | —| 33I—] 42| 41130 | Buchweizen . . . . | 79|— | 3I—| 24| 16| 2) —I—| —| 23) | Bunkelrübe . . . . | 76I— ,31| 91 59) 38)22), 1— —. 19 —| 41) 3218 | eomnenblume . . . | 78I—|— |14 38| 22] 6 —|— —| 301 20 | one. » > fiool—|— Iasla2| sul 5alaal | | el] auleolıa Raps. . .....199-— 43'—| 69, 4939| —|— | 3|— = I 2 Bopkkohl.......| 98 Ku 156—| 64| 5640| | , = Be... 19 |16—1 82) eellio—I— 10, Ber... ..1100l—i— 2810| 92l 6814| ,2|=| 18 _ 50, 6 we... 18 Isa 3| 83, 53) 8|-|— | si] aaa 1 aa. |... mo a er a re Erbse . 91J)—'— 11—| 48| 44 —|—I— | —| 36; 5; —|—

Allium Porrum, Spinacia oleracea, Lactuca sativa, Apium graveolens, Pimpinella Anisum, Cucumis Melo, Pisum sativum, Phaseolus vulgaris 2 Variet., Ph. coccineus und Allium sativum. Eine teilweise Vernichtung der Keimfähigkeit trat ein bei Zea Mais, Panicum germanicum, P. milia- ceum, Anethum graveolens, Foeniculum vulgare, Daucus Carota, Carum Carvi, Papaver somniferum, Camelina sativa, Cucurbita Pepo, Sangui- sorba officinalis, Trifolium pratense, die zu %, keimten. Alle übrigen 69 Arten keimten vollständig, 7 davon mit starker Verspätung (3 Var. von Mais, Panic. germ., Helianthus annuus, Papav. somnif., Petrosselinum sat.), 46 mit geringer, 9 ganz ohne Retardation der Keimung, Alopecurus pratensis und Medicago lupulina sogar mit einer kleinen Verfrühung. Bei Erwärmung auf 87,5 ° C durch 48 Stunden wurden nur Phaseolus vulg. und Cucumis Melo gänzlich getötet, 34 Arten zeigten sich in der Keimung um 1, (Lactuca sat. um 51, Petros. "sat. Zu 8 Tage) verspätet, 9 An keimten normal, bei 35 En trat eine

1,—3 tägige Verfrühung der Keimung ein; eine Erwärmung auf 56 bis 75° C. durch 48 Stunden ließ die Keimung bei'allen normal oder ver- früht eintreten. Vorsichtige und allmähliche Erwärmung der lufttrockenen Samen auf 56—-87,5 C hat im allgemeinen eine Ver- kürzung der Keimdauer zur Folge. Nach Höhn el vertragen die meisten Samen eine einstündige Erwärmung auf 110° C, wenn sie höchstens 3% Wassergehalt besitzen und ihre Keimkraft nicht schon vorher oder durch die Trockenoperation geschwächt ist; die Maximaltemperatur, bis zu welcher Samen mindestens 15 Minuten ausgesetzt werden dürfen, liegt bei 110—125 C, für jedes Samenindividuum gilt aber ein anderer Grenzwert; ein solcher ist also für eine ganze Samenart oder gar alle Arten nicht anzugeben; jene Individuen, welche auch unter normalen Verhältnissen die längste Keimungsdauer haben, sind gegen alle Ver- änderungen der Umgebung und daher auch gegen Temperaturerhöhung am wenigsten resistent. Ganz ebenso wie gegen extrem hohe Tempera-

12 I. Anzucht von Keimlingen.

turen, so sind Samen auch gegen extrem niedere Temperaturen um so empfindlicher, je wasserreicher sie sind, mit sinkendem Wassergehalt wächst ihre Widerstandskraft gegen Frost. Nach Göppert halten lufttrockene Samen ohne jede Schädigung eine Temperatur von 40 0 C aus, während gequollene Samen dadurch getötet wurden. Detmer konstatierte aber, daß die Keimteile der aus äußerlich unbeschädigten Weizenkörnern erzogenen Pflanzen, deren Körner im lufttrockenen Zu- stande dem Frost ausgesetzt gewesen waren, erheblich geringere Ent- wicklungsfähigkeit aufwiesen als normale Körner. Das gilt nur für die Erbse nicht. Auch beim Abkühlen ist langsame Erniedrigung der Temperatur und langsames Auftauen schädlicher als plötzliches, ganz ähnlich beim Erwärmen. Bei angequollenen, der Abkühlung ausge- setzt gewesenen Körnern verhält es sich aber umgekehrt. So fand nach Detmer folgendes statt:

Gekeimt von den

nicht gefrorenen gefrorenen, langsam gefrorenen, plötzlich Körnern % aufgetauten %o aufgetauten %o Walzen! 2 Jen 100 86 18 Roggen . .. - 97 88 35 Raps gr | 100 97 66,5

Raps wie alle ölreichen Samen leiden weniger unter der Kälte, weil sie in ihrem flüssigen Reservematerial eine ‚thermisch aktive‘ (M ez) Lösung besitzen. Nach 24 stündiger Einwirkung einer Temperatur von 10 ° © keimen angequollene Leinsamen nach F. Haberlandt bei raschem Auftauen zu 83 %, bei langsamer Erwärmung zu 79 %. Gequollene Leinsamen keimten nach Abkühlung auf 24° C bei schnellem Auftauen noch zu 20 %, bei langsamem nur zu 1%. Im manchen Fällen ist aber das Einfrieren der Keimung nicht nur nicht hinderlich, sondern dafür ebenso bestimmend wie in anderen Fällen das Licht, ja diese beiden Faktoren können sich in ihrer Wirkung summieren. Über Frostkeimung verdanken wir namentlich W. Kinzel wertvolle Untersuchungen. So wurde bei Samen von Narthecium ein Keimen beobachtet, nachdem die Samenprobe 4 Jahre im Eise gelegen hatte; die Samen keimten 1—2 Monate nach dem Auftauen des Eises. Bei den Obstkernen ist es lange bekannt, daß ein Durchfrieren der Samen nicht nur das prozentische Auflaufen der Kerne steigert, sondern auch im weiteren Verlaufe viel kräftigere Pflanzen liefert; ähnliche Erfahrungen liegen für Winterroggen vor. Durch die Kälte werden ruhende Reserven mobilisiert und dadurch nicht nur ein Überschuß von Baustoffen geschaffen, sondern die intensiv wachsenden kräftigen Pflanzen scheiden auch größere Quantitäten von Schutzstoffen aus, welche sie z. B. Pilzinfektionen gegenüber wider- standsfähiger machen. Namentlich ungenügend durchgefrorene Samen alpiner, also an Kälte angepaßter Pflanzen können, frostfrei gelagert, jahrelang feucht liegen, ohne zu keimen; deshalb müssen Samen von Aretia vitaliana, Androsace Wulffenianum, Aconitum Napellus u. a. genügend lange in Eis oder in gefrorenem feuchten Erdreich bei ent- sprechend tiefen Temperaturen eingeschlossen sein, um nach dem Auftauen des Eises zu keimen. Bei Stachys silvaticus, Teuerium Chamaedrys, Anthericum ramosum, bei einzelnen Enzianarten”’wirkt außer’ Belichtung auch eine Temperaturerniedrigung bis zu +2° © oder Lagern der trockenen Samen im Froste keimungsbefördernd. Die Saat von Gen-

I. Anzucht von Keimlingen. 13

tiana acaulis und G. germanica, die einen Winter lang trocken durch- gefroren gelegen hatte, konnte in den folgenden Jahren erst durch einen Anstoß von + C zum größten Teil zur Keimung gebracht werden, während nicht durchfrorene Samenproben auf diesen Kälteanstoß nicht reagierten, sondern die volle Wirkung von bis 10°C durch längere Zeit zu ihrer späteren völligen Keimung nötig hatten. Bei Clematis Vitalba mußte nach zweijährigem feuchten Lagern bei 20 ® außer einem Temperaturanstoß von + noch Lichtwirkung zum Ermöglichen der Keimung dazutreten; in der Natur genügt das Verbleiben der Samen an der Rebe den Winter hindurch, also trockenes Durchfrieren, um die Samen der Waldrebe zu 100 % leicht keimfähig zu machen.

R

b. Fig. 1. Keimschale nach Molisch.

a) Querschnitt. Die Schale aus außen glasiertem Thon besitzt in R eine Doppelwand ringsum, in der konstant Wasser steht; das Filterpapier F, auf welchem auch die Samen S liegen, saugt kapillar Wasser an, so daß die Samen feucht liegen, ohne doch ertränkt zu werden. Die Glasplatte ? bedeckt die Schale.

b) In der doppelwandigen Keimschale zum Keimen ausgelegte Samen.

Die Samen keimen dann z. T. gleich aus, aber nur bei Belichtung, während zur Keimung im Dunkeln stärkere vorhergehende Kälteeinwirkung auf die im Eis eingeschlossenen Samen nötig ist. Auch hier gibt es natür- lich eine untere Temperaturgrenze, bei welcher die Keimung infolge Schädigung oder Tötung des Samens verzögert ist oder unterbleibt, die Temperaturerniedrigung muß ausdauernd und nicht zu stark sein. Menyanthes keimte, in Eis bis zu 5 ° eine Woche lang eingeschlossen, in einem halben Monat zu 100 %, aus, eine 20 Tage währende Behandlung im Eisschrank brachte wohl in der Folge auch noch 94 %, der Samen zur Keimung, jedoch erst drei Monate nach Aufhören der Kältewirkung. Umgekehrt sind die Samen tropischer Gewächse gegen geringe Wärme-

14 I. Anzucht von Keimlingen.

grade außerordentlich empfindlich. Eine Begünstigung der Keimfähig- keit durch eine vorausgegangene Kälteperiode, welche die Samen durch- gemacht hatten, konnte bei sehr vielen Samenarten unter Mitwirkung oder ohne Mitwirkung des Lichtes beobachtet werden, eine Erscheinung, die ihr Analogon in dem freudigeren Treiben unserer Obstbäume nach Kälteeinwirkung besitzt und auf die wir noch bei Besprechung des Früh- treibens zurückkommen.

Die angequollenen Samen werden nun zum Keimen ausgelegt: das geschieht in glasierten Tonschalen, welche mit benelztem Fließpapier aus-

gekleidet und mit wassergetränktem Fließpapier

bedeckt sind (Fig. 1). Zweckmäßig schneidet man in das kreisrunde und größer als die Schale ge- legte Papier, nachdem es gefaltet wurde, Franzen.

Es läßt sich nun nach dem Wiederauffalten der

Schale glatt anlegen. Die Samen werden dann

auf dem mit der Gießkanne benetzten Papiere

ausgelegt und da locker mit einem gleichfalls durchnäßten Papier bedeckt. Die Durchtränkung des Papiers darf keine allzu reichliche sein, da sonst allzu schnell Pilzinvasion erfolgen kann; besser ist es, das Besprengen in mehrstündigen

Intervallen zu wiederholen; aber eine sorgsame

Feuchterhaltung der Samen ist unbedingt not-

wendig, da bei dem großen Wasserverbrauch für a die Reservestoffmobilisierung eine Austrocknung erfolgen könnte, wodurch die Wurzeln wohl lang, aber fadendünn und weich werden, ein Wasser- etiolement sich einstellt.

Einen einfachen Apparat zur quantitativen Befeuchtung des Keimbettes verdanken wir F. Nobbe!) (Fig.2). Dient Fließpapier als Keimbett und bringt man in eine Porzellanschale von 20 cm Länge, 14 cm Breite und 3 cm Höhe je zwei doppelt zusammengefaltete Keimbetten, welche aus je einem Papierstück von 14,5 cm Breite und 39 cm Länge hergestellt sind, nebst einer dop- pelten Unterlage und einer gleich großen Decke von je 19,5x29 cm, so beträgt die gesamte Fläche Papier 4.565 2260 gem. Ein Quadrat- meter Drewerhoffsches Fließpapier Nr. 251 saugt im Durchschnitt ungefähr 190 ccm Wasser auf;

Fig. 2. Keimapparat nach auf 2260 gem entfallen mithin etwa 43 cem und mit 80 % davon, d. i. mit 36 ccm ist

das in jeder Schale vereinigte Fließpapier vor Einbringen der Samen zu benetzen. Das Gewicht der Samen selbst und ihre Aufsaugungskraft ist hierbei nicht berücksichtigt; dasselbe kann bei kleinen Klee- und Grassamen vernachlässigt werden, denn 200 Kleesamen wiegen 0,3—0,4 g und nehmen beim Quellen ungefähr ihr eigenes Gewicht an Wasser auf. Für größere Samen genügt es, das Gewicht der zuzusetzenden Wasser- menge um das Gewicht der Samen zu vermehren. Würde nun die Schale

-

!) F.Nobbe, Ein einfacher Apparat zur quantitativen Befruchtung der Keimbetten bei Samenprüfungen Landw. Vers.-Stat. 55, 389 (1901).

I. Anzucht von Keimlingen. 15

samt ihrem frisch befeuchteten Inhalt nach der Beschickung gewogen, so läßt sich der während der Keimung eintretende Wasserverlust durch periodische Nachwägungen kontrollieren und ersetzen. Der Verlust ist in der Decke am größten, weit geringer im Keimbett selbst und der Unterlage, die Samen selbst trocknen am spätesten aus; gewöhnlich genügt also ein Besprengen der Decke mit der erforderlichen Ersatz- menge, aber man wird sich freilich immer überzeugen müssen, ob nicht doch Samen und Unterlage der Befeuchtung bedürfen. Zum quanti- tativen Nachfüllen des Besprengungswassers bedient man sich einer großen, erhöht aufgestellten, mit Wasser gefüllten Flasche, die durch einen Gummischlauch a mit einem in Gesichtshöhe befindlichen Meß- zylinder verbunden ist, aus welchem ein zweiter, in ein fein ausgezogenes Glasröhrchen b endigender Gummischlauch c die Benetzung vermittelt. Nach jeweiliger Entleerung des Meßzylinders wird derselbe durch Öffnen des Quetschhahnes wieder gefüllt, der den Flasche und Meßzylinder verbindenden Schlauch verschließt. Am Ende des unteren, aus dem Meß- zylinder führenden Gummischlauches, unmittelbar oberhalb des Glas- röhrchens, ist eine Glasperle eingeschoben, welche den Schlauch ver- schließt und bei einem auf sie ausgeübten Druck und bei seitlicher Zerrung des Gummis gleichmäßigeren Ausfluß verbürgt als ein Quetschhahn.

Einen auf dem N o b bee schen Prinzip fußenden Apparat für Keim- kraftprüfungen hat J. Simon!) angegeben. Er verwendet als Keim- bett ziemlich grobes Fließpapier in den Dimensionen 28x 18 em. Die Blätter werden ein- oder mehreremal zweckmäßig in Briefform gefaltet, wodurch Keimdecken gebildet werden, die nach oben und unten gegen übermäßige Verdunstung geschützt sind. Nun bedarf der Samen je nach seiner Eigenart verschiedener Grade von Feuchtigkeit; Roggen und Weizen sind etwas trockener zu halten als Gerste und Hafer, Serra- della braucht zum Keimen viel Wasser, Poa muß direkt naß liegen usf., aber in den meisten Fällen ist ein Feuchtigkeitsgehalt von 60—65— 70 % im Keimbett der optimale. Beim ersten Anfeuchten geht man wegen der Verdunstung etwas über dieses Maximum hinaus und hält beim nach- folgenden Anfeuchten die genannten Grenzen ein. Destilliertes Wasser soll nicht angewendet werden, am besten ist Brunnen- oder Leitungs- wasser, welches jedoch erst Verwendung finden darf, nachdem es Zimmer- temperatur angenommen hat; der Zusatz kleiner Mengen von Salzen, besonders Kalinitrat und Kalziumnitrat, zum Wasser ist ebenfalls zu empfehlen. Auf eine Fließpapiergröße von 28x18 cm stellt sich nach den obigen Verhältnissen die zu gebende Wassermenge auf 7,5 ccm, für 100 g Quarzsand als Keimbett 17,3 ccm. Der Simon sche Apparat, welcher zum genauen and wiederholten Abmessen dieser Wassermengen dient, stellt eine Vereinigung mehrerer Meßbüretten verschiedener Teil- größen vor (Fig. 3). Bei den drei letzten fassen die bauchig oder kugel- förmig erweiterten Teilstücke jeweils bis zu den rot markierten Teilstrichen die auf den ersteren ebenfalls deutlich mit roter Schrift angegebenen Wassermengen (bei 15 ° C), welche den zur Befeuchtung von Fließpapier- oder Sandkeimmedien benötigten Quantitäten entsprechen. Die erste Bürette dient zum genauen Abmessen kleiner oder größerer Mengen von 5—250 cem. Die vier Büretten können unterhalb des unteren Teil-

1) J. Simon, Neue Apparate zum Gebrauch bei Keimkraftprüfungen in der Samenkontrolle., Landw. Vers.-Stat. 71, 431 (1909).

16 I. Anzucht von Keimlingen.

striches jede für sich durch einen eingeschliffenen Glashahn verschlossen werden und stehen durch Gummiverbindungsstücke mit einem Glas- rohre in Verbindung, das 5 Ansätze besitzt und an der einen Seite recht- winklig nach aufwärts gebogen ist, wodurch der Zufluß aus einem höher stehenden Vorratsgefäß für Wasser vermittelt wird. Ein Glashahn an diesem Zulaufrohr oder am Wassergefäß bewirkt Zufluß oder Abschluß des Wassers. Ein Ansatzstück in der Mitte des Glasrohres trägt einen Gummischlauch, der in ein zu feiner eine Regulierung des Spitze ausgezogenes Glasrohr endigt, Wasserstromes. Die das zur Wasserentnahme oder zum vier Büretten endigen Besprengen des Keimmediums dient. in eine mit Glaskap- Eine vor der Spitzenmündung lie- pen bedeckte Spitze. gende Glasperle gestattet auch hier Wenn alle Glashähne geöffnet sind, dringt in alle das Wasser und füllt sie; sind alle Bü- retten oder die,welche man benutzen will (der Überschuß fließt durch ein seitliches Ansatzrohr ab, so daß die Spitze der Bürette gleichzeitig den ober- sten Teilstrich reprä- sentiert) vollgelaufen, wird der Glashahn des Zuflußrohres ge- schlossen, der Hahn an der zu benützen- den Bürette geöffnet und durch Druck auf die Glasperle die je- weils benötigte Was- sermenge entnom- men.

In interessanter Weise versuchte A. Tompa (Beih.z. Bot. Centrbl. 12, 99[1902]) die'Erscheinungen der pflanzlichen Elektri- zitätin den Dienst der Keimkraftprüfung zu

Fig. ? Simons Keimapparat. stellen, indem er er-

mittelte, daß leben -

dige Samen auf einseitige Oberflächenverletzung elektromotorische Kräfte auslösen, deren Potentiale über 0,005 Volt betragen. Tote Samen zeigen überhaupt kein Potential oder solche unter 0,005 Volt, in den meisten Fällen unter 0,002 Volt. Ein Laesionsstrom, dessen Potentiale 0,005 Volt, übersteigt, sei daher als ein Kri- terium des Lebens im Samen zu erachten. Der Herd der elektromotorischen Erscheinungen in den lebenden, noch ungekeimten

I. Anzucht von Keimlingen. 17

Samen befindet sich im Keimling, denn beim Entzweibrechen eines trockenen Vicia-Samens zeigt diejenige Bruchhälfte, die den größten Teil des Keimlings enthält, die vorher im vollen Samen beobachtete Spannung unvermindert, während der abgesprengte keimlose Kotyledo gar keine elektromotorische Kraft aufweist. Die Resultate des ge- nannten Autors wurden mittels des Kapillarelektrometers gewonnen, welches neben manchen anderen vor dem Galvanometer auch die Vor- teile der direkten Messung der elektromotorischen Kräfte, ferner einen rapiden Ausschlag und momentane Rückkehr zum Nullpunkt ohne Hin- und Herpendeln bietet ').

Von großer Wichtigkeit ist ferner, daß die Auseinanderlagerung der Samen in nicht zu engen Distanzen erfolge, da sonst die Wurzelentwick- lung sich mangelhaft gestaltet, wohl infolge des schädigenden Einflusses der eigenen Atmungskohlensäure. Einen solchen Einfluß konnte ich sehr deutlich dort wahrnehmen, wo die Keimschalen übereinander unter eine mit Wasser abgesperrte Glocke gestellt worden waren. Die Samen in der unteren Schale, welche von der herabsickernden Kohlensäure stärker betroffen waren, keimten weniger intensiv als die in der oberen Schale, die Differenz wurde aber ausgeglichen und eine überhaupt freudigere Keimung erzielt, als der Abschluß mit Kohlensäure absorbierender Kali- lauge bewerkstelligt wurde. Dazu kommt noch, daß eine Verpilzung bei dichterer Aneinanderlagerung leichter eintritt, da in diesem Falle eine Übertragung der Pilzinfektion leichter von einem Samen auf den anderen erfolgt. Daß bei abgeschlossenem Keimbehältnis auch die Stoffwechsel- ausscheidungen des Befallspilzes die Keimung der nicht direkt an- gegriffenen Samen ungünstig beeinflussen können, habe ich wiederholt gesehen, wie überhaupt die Samen in diesem Stadium allen Ein- wirkungen von außen besonders leicht zugänglich sind. Die Aus- scheidungen keimender Samen sind uns noch völlig unbekannt, daß aber solche vorhanden sind und auch Individuen der gleichen Art giftig wirken können, beweist der Umstand, daß einmal benutztes Quellwasser die Anquellung anderer Samen und ihre Keimung beeinträchtigt; viel- leicht handelt es sich hier um ähnliehe Stoffe, wie sie auch die Boden- müdigkeit hervorrufen. Jedenfalls zeigt sich eine zu enge Lagerung in einem Zurückbleiben des Keimungserfolges, und sowie bei Mangel an Nährstoffen sich Hungerformen herausbilden, so ist es auch bei einem Mangel an Raum und Sauerstoff der Fall; denn die Keimung ist als Periode des Wachstums vom Sauerstoff natürlich abhängig. Wenn man sehr kleine Samen ankeimen will, deren Würzelchen reichlich mit Wurzelhaaren besetzt sind, ist es nicht zweckmäßig, Filtrierpapier zur Anzucht zu benutzen, da sich die Wurzeln dem Papier so fest anschmiegen, daß sie von ihm nicht losgelöst werden können, wie ich das beim Ankeimen der Samen von Cichorium Intybus erfahren habe. Es sei noch erwähnt, daß man gut tun wird, nicht das graue, ordinäre Fließpapier, sondern das reinere schwedische für die Keimschale zu verwenden, da die Keimung unter den eventuellen Verunreinigungen der ordinären Papiersorte leiden könnte. Bei der Keimung wird Wärme entwickelt, hauptsächlich infolge der beschleunigten oxybiotischen

!) Auf tierphysiologischem Gebiete sind in neuerer Zeit von G. Hirth (,,Der elektrochemische Betrieb der Organismen‘ ,‚,Der elektrische Zellturgor‘ usw. München 1912, 1913) eingehende Studien über die Funktion elektrischer Prozesse im Lebensbetrieb angestellt worden.

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 2

18 I. Anzucht von Keimlingen.

Zerstörung der Hydrolyseprodukte. Göppert!) brachte Samen in hölzerne Gefäße, die mit einer dichten Schicht eines wärme- konservierenden Materials umgeben waren; mitten zwischen den Samen war ein Thermometer angebracht, die Samen waren nach zwei- bis dreitägigem Anquellen in das Gefäß gebracht worden. Die Temperatur stieg 9—12 ° über Zimmertemperatur. Diese ersten Versuche über Temperaturentwicklung beim Keimen sind aber insofern nicht einwand- frei, als nicht für Verhinderung von Pilzinfektion gesorgt worden war und die Atmung der infizierenden Organismen jedenfalls bei der Wärme- entwicklung eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Wiesner?) experimentierte mit Hanffrüchten und erzielte folgende Werte:

Temperatur der Entwickeltes

A: Lufttemperatur keimenden Früchte (Os in mg

18, aseE 15,0° C 15,0° =

1 783073.2m 15,00% 192.07 9

| 9 a.m. 15,50 15,90 =

10 a. m 160-1023 16,8.0%5 u

aan) en 16.20 17,30 B | 12 a. m 1754.07, ; 1.962055

ae! pD.’m, 1:0 IHRER 1 (Sem 14,81 „, 10,3.00% 5

2. Juni 8 a. m. IS: Ir To: Il 3. Juni 9 a. m. Ina 19191058 Be

Wie man sieht, beginnt die Kohlensäureentwicklung?) später als die meßbare Wärmeentwicklung, ein Zeichen, daß die Wärme nicht nur physiologischen sondern zum Teil rein chemischen Vorgängen ent- stammt, die bei der Quellung der Stärkekörner statthaben. Dies konnte Detmer auch durch den direkten Versuch erweisen. Da die Wärmeentwicklung nicht sehr hoch ist, muß man dafür sorgen, daß die entwickelte Wärme nicht zu schnell abgeleitet werde; zunächst darf die Wassermenge, mit der die Samen befeuchtet werden, nur äußerst gering sein, ferner muß eine größere Quantität der Samen auf kleinem Raum zusammengehäuft und schließlich das Keimgefäß von wärme- haltenden Medien, Watte, Werg, Flanell usw., umgeben sein. In sehr sinnreicher Weise verwendet M olisch für diesen Zweck die Dewarschen Gefäße mit Doppelwandungen (Fig. 4a), deren Zwischenraum luftleer ge- pumpt ist und welche die Wärme so wenig leiten, daß bekanntlich flüssige Luft in ihnen längere Zeit aufbewahrt werden kann. Angequollene Samen, in solchen Gefäßen gehalten, zeigen in der Tat sehr beträcht- liche Erhöhung der Temperatur über die des Versuchsraumes. Bei lebenden Blättern fand Molisch) innerhalb neun Stunden eine Selbst- erwärmung ohne Intervention von Mikroorganismen von 22 ® auf 43,9 ® und innerhalb 15 Stunden auf 51,5 °, also bis zu einer Temperatur, wo die meisten Blätter absterben. Molisch beschreibt einen hübschen Versuch zur Demonstration der hohen, durch den genannten Lebens- prozeß erzielten Temperaturen, ein Versuch, der sich zweifellos auch mit dicht gehäuften, keimenden Samen anstellen läßt. Ein etwa 90 cm hohes Glasrohr (Fig. 4b) ist unten geschlossen, oben ballonartig aufge-

') Göppert, Über Wärmeentwicklung in der lebenden Pflanze. Wien 1832.

:) J. Wiesner, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. 64.

») Über die „Ersten Stadien der Kohlensäureausscheidung bei quellenden Samen“ hat O. Jauerka (Dissertation, Halle a. d. S. 1912) Versuche angestellt, und u. a. gefunden, daß bei quellenden Samen schon sehr früh eine Steigerung der Kohlensäureproduktion beobachtet werden kann.

*) H.Molisch, Botan. Ztg. 1908, 8. 211.

I. Anzucht von Keimlingen. 19

blasen und zum Teil mit gefärbtem Äther (mit Alkannin oder Cyanin) gefüllt. Bringt man die bis etwa zu einem Drittel gefüllte Glasröhre mit ihrem geschlossenen Ende in die durch Atmung selbsterwärmte Masse der keimenden Samen, so fängt der Äther zu sieden an, wodurch gleich- zeitig besser als durch die Aufwärtsbewegung eines Hebels durch quellende Samen, welche Aufrichtung doch nur sehr kleine Werte er- reichen kann, die Umwandlung von chemischer in mechanische Energie demonstriert ist. In analoger Weise läßt sich das Schmelzen von Kakao- butter oder Paraffin einem Auditorium demonstrieren. Übrigens lassen sich statt der immerhin kostspieligen Dewar-Gefäße nach Hempel (Ber. d. D. chem. Ges. 31, 2994 (1899) gewöhnliche Glasgefäße ver- wenden, die man in reine trockene Wolle verpackt. Vergleichende Ver- suche ergaben, daß Wolle oder Eiderdaunen so gute Isolatoren sind, daß sie wahrscheinlich nur von den besten Dewar-Röhren darin erreicht werden, hingegen die gewöhnlichen käuflichen Röhren darin wesentlich übertreffen.

Fig. 4. leere Versuchsanstellung zur Demonstration oe durch ehe

Prozesse entwickelten W; irmemenge. a) Dewargefäß: S— Samen; D= luftleer

gepumpte Doppelwandnng; W=W attelage; t= Thermometer. b) Demonstration der Wäremeentwicklung "mittels siedenden Äthers.

Von den äußeren Einflüssen auf den Fortgang der Keimung sei zunächst der des Lichtes behandelt. Diesbezüglich verhalten sich die Samen verschiedener Pflanzen sehr verschieden, in manchen Fällen befördert Dunkelheit den Keimungsprozeß, so bei den Scheiben- und Randfrüchten von Chrysanthemum viscosum und Chr. coronarium, während bei Pflanzen derselben Gattung, bei Chrys. seg. grandiflorum und Chrys. Myconis, die Dunkelheit verzögernd wirkt, übrigens auf- fallenderweise auch auf die unterirdischen Samen von Cardamine cheno- podifolia. Oder es erhöht Verdunkelung nur die Keimungsenergie aller Früchte, setzt aber das Keimprozent herab, wie bei Sanvitalia procum- bens und Dimorphotheca hybrida, schließlich kann die Dunkelheit auch

9%* a

20 I. Anzucht von Keimlingen.

gewissen Früchten einer Spezies gegenüber indifferent sein, auf andere derselben Spezies dagegen beschleunigend oder verzögernd einwirken, zum Beispiel bei Chardinia xeranthemoides verzögernd auf die Scheiben- früchte, indifferent gegen die Randfrüchte. Andererseits gibt es wieder Früchte, so die von Ximenesia encelivides usw., welche im Licht und im Dunkeln fast in gleicher Weise keimen (Becker). Durch neuere Arbeiten, vor allem von Lehmann, Kinzel, Gaßner, Baar!) u. a., ist die früher geltende und namentlich von Nobbe vertretene Anschauung, das Licht beeinflusse den Keimungsprozeß nicht, wider- legt. Schon die Versuche von Ingenhouß zeigten, daß die Keimungsenergie von Senfsamen durch das Licht herabgedrückt wird. Sechzig Senfsamen wurden auf eine mit feinstem Filtrierpapier über- zogene Korkscheibe ausgelegt und teils im vollen, teils im gedämpften Lichte, teils unter Lichtabschluß gezogen, wobei die belichteten Samen um mehrere Tage in der Keimung zurückgehalten wurden; zu analogen Resultaten gelangte Senebier, während nach Saussure die ersten Stadien des Keimungsprozesses durch das Licht nicht beeinflußt werden sollen, eine Anschauung, die von Nobbe übernommen wurde und bis auf die neuere Zeit herrschend geblieben ist. Indessen wissen wir heute, daß ebenso wie bei einer Reihe von Samen durch das Licht die Keimung verzögert oder sogar ganz hintangehalten werden kann, in anderen Fällen das Licht zur Erzielung der normalen Keimung nicht nur förder- lich sondern sogar notwendig ist. So fand W. Kinzel, daß frisch- geerntete, im Keimbette belichtete Samen von Nigella sativa sich nicht allein zu 100 % keimunfähig erwiesen, sondern sogar in ihrer Keim- anlage so verändert wurden, daß nachfolgende Verdunkelung während langer Zeit keine Keimung hervorrief. Die gleichen Samen keimten aber bei völliger Verdunkelung schon nach vier Tagen zu 97 % aus. Kinzel schreibt dem dunkelgelben, in Abwesenheit des Lichtes ent- standenen xanthophyllähnlichen Farbstoffe eine große Rolle als „Attraktionszentrum für wandernde Kohlehydrate® und als Er- nährungsvermittler zu, während die schlechte Entwicklung der Licht- keime auf das je nach Intensität des Lichtes mehr oder weniger un- vollkommene Entstehen dieses Farbstoffes zurückgeführt wird. Um- gekehrt entsteht in den ‚„Lichtsamen‘“ von Poa schon vor dem Auf- brechen der Samen Chlorophyll, worauf hier das Lichtbedürfnis zurück- zuführen sein dürfte. Die genannte Erscheinung bei Nigella bringt die vereinte Wirkung des Lichtes und einer bestimmten Temperatur zu- stande, indem die belichteten Samen bei 10—15 ® zwar noch wesentlich langsamer auskeimen als verdunkelte, nämlich in vier Wochen statt in vier Tagen, aber doch nicht in jenem eigenartigen Latenzzustande ver- harren, der bei 200 C unter dem Einfluß des Lichtes sich einstellt und den Kinzelals ‚lichthart‘“ bezeichnet. Solche Samen können ebenso wie hartschalige viele Monate bei 20 ® feucht gelagert werden, ohne zu keimen. Erst eine vereinte Wirkung von Verwundung und Temperatur-

ı) Lehmann, Ztschr. f. Bot. 4, 465 (1912); Ber. d. D. bot. Ges. 27,

476 (1909), 29, 577 (1911). Kinzel, Ber. d. D. bot. Ges. 27, 536 (1909); Frost und Licht als beeinflussende Kräfte bei der Samenkeimung. Stuttgart 1913. Gassner, Ber. d. D. bot. Ges. 28, 350 (1910), 29, 708 (1911); Jahrb.

d. Hamb. wiss. Anst. 29 (1911). Baar, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss., Wien 121 (1912), 122 (1913). Becker, Beih. z. Bot. Zentralbl. 29, 21 (1912).

Lehmann u. Ottenwälder, Ztschr. f. Bot. 5, 337 )1913). Lehmann, Sammelreferat, Zeitschr. f. Bot. 5, 365 (1913).

I. Anzucht von Keimlingen. 1

erhöhung auf 30° vermag es, solche lichtharte Samen, die schon monatelang feucht gelegen hatten, zu 76% zum Keimen zu bringen. Das Versuchsmaterial wurde durch künstliche Belichtung unter einem abwärts brennenden Auerbrenner gehalten.

Das entgegengesetzte Verhalten zeigen die Lichtsamen von Poa pratensis, bei welchen aber ebenso wie bei den Dunkelsamen von Nigella nur ganz frische Samen so exklusiv reagieren, daß die Keimung entweder erfolgt oder gänzlich ausbleibt. Samen von Poa und Sellerie- samen keimen im Dunkeln nicht. Frische Poasamen, die am Lichte bei 20°C in zehn Tagen zu 95 % keimten, gehen im Dunkeln unter vollkommen gleichen Bedingungen (auf sterilem Filterblock in Petri- schalen) bei 20°C ebenso wie Apium graveolens nicht auf. Durch ab- wechselnde Belichtung und Verdunkelung läßt sich bei diesen die Durchlaufung ganz beliebiger Keimungskurven erzwingen, wobei jedoch als Nebenwirkung bei sehr häufiger und gewaltsamer Unterbrechung der Lichtkeimung die Lebensenergie der Samen so geschwächt wird, daß in der Folge erst bei viel stärkeren Lichtintensitäten Keimung erfolgt, während mehrere Monate hindurch dauernde, schwächere Be- leuchtung keinen Keimungserfolg zeitigt. Allium Cepa-Samen keimen bei 20° im Dunkeln in vier Tagen zu 75 %, im Licht nur zu 7%, Allium ascalonicum in acht Tagen im Verhältnis 7% im Licht zu 95% im Dunkeln. Temperatur und Belichtung stehen überhaupt in korrelativem Verhältnis. Bei Nigella arvensis keimen im Sonnen- lieht bei 20 0C 0%, bei 20—30 ° keimen 55 %, im schwachen Licht, abwechselnd verdunkelt und selten belichtet 88 %. Asphodelus ramosus keimt im Dunkeln bei 20 ® zu 90 %, im Licht nur zu zirka 35 %, dagegen auch im Lichte zu 90 % bei 14°C. Auch die einzelnen farbigen Licht- anteile stehen zur Temperatur in einem Verhältnis in bezug auf Retar- dierung oder Beförderung der Keimung. Das Keimungsoptimum liegt im Violett bei 20° C mit 92%, während dasselbe Violett bei 14° schädigend wirkt; überhaupt scheint bei niedrigerer Temperatur die blaue, bei höherer die rote Hälfte des Spektrums stärker und dauernd zu schädigen, ein Optimum liegt für alle Temperaturen im Gelb, ein gleiches auch hinsichtlich des späteren Wachstums der Keimlinge bei 20°C im Violett. Hellblau retardiert ebenso wie dunkles Rot kräftig bei 20 ®, während beide bei 14 ® fast keinen Einfluß üben. Lehmann äußert sich in der Weise, daß er sagt, die durch Licht in der Keimung begünstigten Samen würden durch die Strahlen geringer Brechbarkeit, also Rot bis Gelb, gefördert, während für Dunkelsamen Grün bis Violett günstig ist. Dieser Satz ist aber nicht allgemein, sondern es gibt recht viele Ausnahmen. Ferner ist es eine wichtige Frage, ob das Licht bei der Keimung als strahlende Energie oder durch seine thermische Kraft wirkt. Speziell bei den Gramineensamen hat sich gezeigt, daß inter- mittierende Temperatur das Licht vollständig ersetzen kann und daß seine Wirkung hier hauptsächlich den dunklen Wärmestrahlen zuzuschreiben ist, während die leuchtende Spektralhälfte nur durch die Umwand- lung der Lichtstrahlen in Wärmestrahlen in Betracht kommt, so daß es wahrscheinlich geworden ist, daß Poa und die anderen Gramineen- samen nicht unter die Lichtkeimer gehören. Dagegen fand H. Baar bei den Samen von Amarantus und Physalis, daß sich hier die hemmende Wirkung des Sonnenlichtes durch Ausschaltung der Wärmestrahlen nicht vermindert. Nebenbei bemerkt sei, daß sich aus den beachtens-

BD) I. Anzucht von Keimlingen.

werten Untersuchungen dieses Autors ergeben hat, die Samen mehrerer Amarantus-, Celosia- und Blitumarten seien lichtscheu, ihre Keimung werde durch Verdunkelung auffallend gefördert. Dieses Resultat ist deshalb besonders interessant, weil in den meisten Fällen das Verhalten der Samen von verschiedenen Arten einer und derselben Gattung dem Lichte gegenüber unter sonst denselben Bedingungen ein ganz ver- schiedenes ist und Baar selbst fand, daß von den dimorphen Samen von Chenopodium album bei einer Temperatur von 10—15 ® C die mit glänzend schwarzer Hülle versehenen vom Lichte in der Keimung be- günstigt werden, während die hell gefärbten sich indifferent verhalten. Außer solchen profusen Fällen ist in der großen Familie der Gesneriaceen durch W. Figdor!) ein Fall bekannt geworden, wo die Samen aller Arten ausschließlich im Lichte keimen. Die Amarantaceen bilden darin gewissermaßen ihr Gegenstück; die Dunkelkeimung ist bei ihnen so zum Artcharakter geworden wie bei den Gesneriaceen die Lichtkeimung. Zur Beurteilung des Einflusses der einzelnen Lichtfarben wurden von Baar flüssige Strahlenfilter benutzt, die entsprechenden Flüssigkeiten in Petrischalen eingefüllt, die nach dem Prinzip der Sennebierschen Glocken konstruiert waren (Fig. 3), aber vor diesen den Vorteil boten, die Lichtintensität bedeutend weniger abzuschwächen als diese. Während die Keimung der lichtempfindlichen Ama- rantussamen unter Bedingungen, welche die Lichtempfindlichkeit verstärken (Un- terlassen der Vorquellung, niedere Tem- peratur) durch alle Spektralbezirke des Lichtes in gleicher Weise gehemmt wurde, a ee. zeigte sich bei den Samen von Physalis Franchetti eine ausgesprochene Bevorzu- gung bestimmter Lichtanteile, ein Optimum in Orange und Gelb, eine totale Hemmung bei Grün und ein zweites, aber tieferes Optimum bei Blau bis Violett; diese Lichtkeimer folgen also ebensowenig wie die dunkel- keimenden Amarantussamen der Lehmannschen Gesetzmäßigkeit. Die Verhältnisse, unter denen der betreffende Samen am Mutter- organismus zur Reife gelangt ist, beeinflussen auch die Keimung, so konnte Atterberg zeigen, daß Getreidesamen, welche bei niederer Temperatur gereift waren, zeitweise ein niedereres Temperaturoptimum bei der Keimung haben als solche, die unter hohen Temperaturen ihre Reife erlangten. Kinzel erntete Samen von Drosera- und Pinguicula- pflanzen, die bei 50 ° C erzogen worden waren, welche dem Lichte gegen- über sich ganz anders verhielten als Samen von Pflanzen, die bei niederer Temperatur gehalten worden waren. Lubimenko?°) kam sogar zu dem Satze, daß geradezu die Lichtintensität oder Dunkelheit, in welcher die Samen sich entwickeln, das Maximum ihrer Keimungs- energie bestimmt. Natürlich steht die Keimkraft auch zum Reifegrad und zur Gesamtentwicklung des Samens in Beziehung, aber auch die Keimungstemperatur zeigt zu diesen Momenten ein Verhältnis, indem beispielsweise schlecht genährte Getreidekörner in hoher Temperatur weniger gut keimen als in niederer. Einen großen Einfluß auf die Keimungsvorgänge übt das Lagern der geernteten Samen und die dabei

VI q; SE Smean pres arnen 07

') W. Figdor, Ber. d. D. bot. Ges. 25, 582 (1907), 31, 648 (1913). :) Lubimenko, Revue gen. de bot. 23 (1913).

I. Anzucht von Keimlingen. 93

sich vollziehenden Nachreifungsvorgänge. Durch die Nachreife gewinnen Getreidekörner im Laufe eines Jahres 50 % an Keimvermögen. Während frische Samen von Poa pratensis im Dunkeln nicht, im Lichte dagegen zu 88 %, auskeimen, gleicht sich diese Differenz innerhalb eines Jahres vollkommen aus. Während bei manchen Samen eine kurze Zeit der Nachreife schon diesen Einfluß des Lichtes auslöscht, kommen z. B. Gesneriaceensamen zu keiner Zeit der Nachreife im Dunkeln zur Keimung; ebenso fand Lehmann, daß Samen von Gloxinia hybrida auch nach 31, Jahren, hart an der Grenze, wo die Keimfähigkeit überhaupt er- lischt, ebenfalls nur im Lichte zur Keimung zu bringen waren. Nach Heinricher und Kinzel steht die Lichtempfindlichkeit in ge- wissem Grade im umgekehrten Verhältnis zum Alter der Samen. Frische „Lichtsamen‘‘ werden besonders stark durch die Dunkelheit geschädigt, frische ‚„‚Dunkelsamen‘‘ besonders stark durch das Licht. Manche Samen besitzen eine ausgesprochene Ruheperiode, so die von Amarantus retro- flexus, die im Herbst reif werden, aber weder um diese Zeit, noch auch im November und Dezember zum Keimen zu bringen sind, und zwar weder im Licht noch im Dunkeln. Die Ruheperiode dieser Samen kann, wie Baar gefunden hat, durch Behandeln mit verdünnten Säuren unterbrochen werden, aber diese Ausschaltung der Ruheperiode durch verdünnte Salzsäure oder Phosphorsäure gelingt auch nur bei einem Teile der Samen (im Maximum bei 50 %) und auch nur im Dunkeln. Die Säure wirkt hier als Keimungsreiz, denn auch bei trocken unter Zimmertemperatur aufbewahrten Samen klingt die Ruheperiode gegen den März zu aus, und während im Zimmer unter normalen Temperaturen im Dunkeln eine Keimung erfolgen kann, läßt sich eine solche bereits im November durch Erhöhung der Temperatur auf 30 0 C erzwingen. Der wichtigste der Faktoren, welcher die Lichtempfindlichkeit der Samen beeinflußt, die Temperatur, wurde auch von Baar berück- sichtigt. Die ersten eingehenden diesbezüglichen Versuche stammen von Lehmann, welcher zeigen konnte, daß Angaben über einzelne Licht- bzw. Dunkelkeimer ungenau waren, insofern es sich nicht um eine absolute Unfähigkeit handelt, im Licht oder im Dunkeln zu keimen, sondern daß diese Eigenheit durch die Temperatur sehr wesentlich modifiziert werden oder gar in das Gegenteil umschlagen kann. ‚Ohne Angabe wenigstens der ungefähren Temperatur haben Lichtkeimungs- versuche überhaupt keinen Zweck mehr. Andererseits können wir aus den immerhin erheblichen Schwankungen der Temperatur im Labora- torium, welche, soweit unsere bisherigen Versuche erkennen lassen, doch keinen modifizierenden Einfluß auf die Liehtkeimung hatten, schließen, daß die Temperaturunterschiede, welche die Lichtempfindlichkeit ver- ändern, immerhin erhebliche sein müssen.‘‘ Natürlich kann aber der Lichteinfluß nicht einfach auf Temperaturwirkung zurückgeführt werden und das Licht braucht durch Temperaturen (wie bei Poa) und selbst hohe Temperaturen nicht ersetzbar zu sein. Lehmann fand in Phlox Drummondii einen Fall, in welchem Licht und Temperatur in der Weise gleichsinnig wirkten, daß das Licht bei niedriger Temperatur die Keimung schädigte, die erhöhte Temperatur aber auch im Dunkeln die Keimung herabsetzte, während Licht und hohe Temperatur gemeinsam die Keimung ganz oder fast ganz verhinderten. Aber auch der Ersatz der Lichtwirkung durch Temperatur wechsel, wie er bei Poa ermöglicht wird, scheint viel weiter verbreitet und ließ sich beispielsweise auch bei Epilobium

94 I. Anzucht von Keimlingen.

hirsutum und Veronica longifolia feststellen. Nach Baar erwies sich bei Amarantussamen die Keimungshemmung durch das Licht bei den niedrigen Temperaturen von 5—10 ° C am größten und auch noch bei 15 ° beträchtlich, bei 20 ° dagegen bereits minimal, bei 25—30 ° keimen die Samen im Licht und im Dunkeln gleich gut, bei 35 ° C vollzieht sich eine Umstimmung der Lichtempfindlichkeit, die Zahl der im Lichte auftretenden Keimungen überwog die der verdunkelten Kulturen, und bei 90° © keimen dieselben Samen, welche bei nur im Dunkeln keimten, ausschließlich im Lichte. Gaßner hat festgestellt, daß die Scheinfrüchte der südamerikanischen Graminee Chloris ciliata, deren Keimung durch das Licht günstig beeinflußt wird, im dunkeln Keim- bett bei höherer Temperatur gehalten, später auch im Lichte nicht mehr auskeimen, daß aber die Dunkelheit ihren schädlichen Einfluß verliert, wenn die Temperatur während des Aufenthaltes im Dunkeln unter dem Keimungsminimum bleibt. Der Apparat, welcher für kon- stanle Temperaturen und Tageslichteinfall benutzt wurde, bestand in einem großen, heizbaren Wasserbehälter, der oben mit einem schräg- stehenden Drahtgeflecht bedeckt war, auf dem sich in schräger Lage gegen den Horizont die mit reinstem Filtrierpapier ausgekleideten Petri- schalen befanden, in denen die Samen zum Keimen ausgelegt waren. Der ganze Apparat war oben durch ein abnehmbares Glasfenster ver- schließbar, so daß er äußerlich die Form eines Mistbeetkastens hatte. Es ist wichtig, daß man nie mit direktem, sondern stets nur mit zer- streutem Tageslicht (Schattenseite des Laboratoriums) beleuchtet. Dort, wo konstante Lichtquellen angewendet werden, bedient man sich meist des Inkandeszenzlichtes von Nernst oder der Bogenlampe: in beiden Fällen ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Kerzenstärke der Licht- quellen .durch den Gebrauch abnimmt; beim Nernstlicht werden den Intensivbrennern ebenso wie bei der Quarzglasquecksilberlampe (bei welcher aber die sehr großen Mengen Ozon berücksichtigt werden müssen, die sich beim Gebrauche entwickeln) empirische Tabellen mit der ab- fallenden Kurve der Lichtintensitäten beigegeben. Die Wärmewirkung der Lichtquelle wird, natürlich auf Kosten der Intensität, durch Wasser- filter ausgeschaltet.

Von großer Wichtigkeit ist Gaßners Entdeckung, daß die Samen- spelzen bezüglich des Lichtbedürfnisses von Chloris eine entscheidende tolle spielen, indem nicht entspelzte Körner fast nur im Lichte zur Keimung zu bringen waren, entspelzte aber ebensogut im Lichte wie im Dunkeln. Die Samen von Chloris ciliata keimen also an sich auch im Dunkeln, durch die Spelzen werden sie zu obligaten Lichtkeimern. Ebenso wie aber die unentspelzten Samen sofort dem Tageslicht ausgesetzt werden müssen, um die Wirkung der Belichtung zu erfahren, so liefert auch die Entspelzung nur dann maximale Keimprozente, wenn die Samen sofort entspelzt ins dunkle Keimbett gelegt werden und nicht erst einige Zeit unentspelzt im dunkeln Keimbett liegen. Die Spelzenfunktion besteht höchstwahrscheinlich in einer Erschwerung des Sauerstoffzutrittes zum inneren Korn, denn Behandlung mit reinem Sauerstoff und Entspelzung haben den gleichen Erfolg. Die an sich auch in Dunkelheit keimenden entspelzten Körner verwandeln sich bei Erschwerung des Sauerstoffzutrittes in Lichtkeimer. Aber auch ein vorausgehender Aufenthalt der nicht entspelzten Körner im dunkeln Keimbett bei niederen Temperaturen (6—10 ®) machte die ursprünglich

I. Anzucht von Keimlingen. 35

auch in Dunkelheit keimenden entspelzten Körner zu Lichtkeimern. Diesen Effekt hat aber nicht eine bestimmte niedere Temperatur, sondern alle Temperaturen unter dem Keimungsoptimum, das heißt der Tem- peratur des schnellsten Keimungsverlaufes, hier etwa von 30 ® abwärts, soweit nicht eine dauernde Schädigung der Keimkraft des Samens durch die niedrige Temperatur eingetreten ist. Übrigens keimen ent- spelzte Körner im Dunkeln und im Licht gleich gut nur dann, wenn sie gut nachgereift sind, dagegen zeigen sich auch die entspelzten Körner durch das Licht in der Keimung befördert, wenn sie ungenügend nach- gereift sind. Durch die Nachreife wird also eine gewisse erhöhte Keimungs- energie hervorgerufen, welche bei entspelzten Körnern, also bei maxi- malem Sauerstoffzutritt, die Wirkung des Lichtes entbehrlich macht. Wenn demnach entspelzte Körner geringer Nachreife obligate Lichtkeimer sind, so muß man daran denken, daß durch die chemische Wirkung des Lichtes im Einvernehmen mit den mineralischen Reservestoffen beschleunigter Abbau hochmolekularer Substanzen oder inaktiver En- zymformen erfolgt, wodurch dann Material für die Prozesse des Keimungs- stoffwechsels gegeben ist. Möglicherweise kommt es unter dem Einflusse des Lichtes auch zur Beschleunigung von Synthesen, aber die Unent- behrlichkeit des Sauerstoffs läßt eher auf Vorgänge der Zerspaltung schließen, welche das Licht in hervorragendem Maße zu katalysieren imstande ist, worüber wir durch die Forschungen von C. Neuberg!) orientiert worden sind. Ungenügende Nachreife und ungenügende Temperaturen summieren sich in ihren Wirkungen ebenso wie ungenügen- der Sauerstoffzutritt. Auffallend ist die Verfärbung, welche bestimmte Partien der Samenschale erfahren, wenn die Keimung aus irgendeinem Grunde verzögert ist: diese Verfärbung, anfangs dunkelbraun, später schwarz, betrifft jenen Teil der Samenschale, welcher den Embryo be- deckt und die längere Zeit im Keimbett ungekeimt verbliebenen Körner mit dem anscheinend schwarzen Embryo (der aber ebenso wie das Nähr- gewebe sich niemals schwarz färbt) bieten ein charakteristisches Bild. Dieses auffällige Eintreten von Veränderungen in der Färbung der Samenschale weist stets auf Anomalien im Keimungsverlaufe hin. Da die Keimung ein biochemischer Vorgang ist und eine Beschleunigung der Keimung auf einer Beschleunigung der in Rede stehenden Prozesse beruhen muß, chemische Vorgänge aber bei höherer Temperatur schneller verlaufen, ist es begreiflich, daß eine Steigerung der Keimprozente durch das Licht bei gleichzeitiger niederer Temperatur nicht hervorgerufen wird, ja, daß sogar niedere Temperatur infolge gleichsinniger Wirkung mit der Kälte eine Hemmung hervorruft. Die Lichteinwirkung zum Auslösen der Keimung wird unnötig, die Keimung erfolgt also auch bei Dunkelheit, wenn die Körner statt in destilliertem Wasser in Knopscher Nährlösung oder auf Erde zum Keimen gebracht werden. Die beschriebenen Tat- sachen sind zuerst durch Lehmann, dann von Gaßner beiden Körnern von Chloris ciliata gefunden worden und eine Verallgemeinerung wäre sicher- lich verfrüht, aber es macht doch den Eindruck, als ob die keimungsbeein- flussenden Momente, Licht, Temperatur, Nachreife, Sauerstoff, qualitative Beschaffenheit des Keimbettes, in ihrer Wechselwirkung bei jeder Samen- keimung wirksam sind und daß jedenfalls beim Ankeimen in allen Fällen auf diese Momente ein Augenmerk gelenkt werden müßte. Auf die Wichtig-

1) C. Neuberg, Die Beziehungen des Lebens zum Lichte, Berlin 1913.

6 I. Anzucht von Keimlingen.

keit des Substrates für die Lichtkeimung bei Samen hat schon früher G. Lehmann aufmerksam gemacht, welcher zeigen konnte, daß Samen von Ranunculus sceleratus, die auf Filtrierpapier im Dunkeln nicht keimten, unter sonst gleichen Bedingungen auf Erde oder Knop- scher Nährlösung bestimmter Konzentration leicht im Dunkeln zur Keimung gebracht werden konnten. Einen wie großen Einfluß die Wahl des Filtrierpapieres als Keimbett übt, zeigte EE Lehmann an den Samen von Atropa Belladonna, die einmal auf gewöhnlichem (ungereinistem) Filtrierpapier, das anderemal auf Filtrierpapier Nr. 400 von Drewerhoff, Dresden, zur Keimung ausgelegt, im ersteren Falle zu 0 % keimten, im letzteren zu 40 %. Die Samen des französischen Raygrases zeigen im Keimbette große Neigung, zu verschimmeln und zu faulen. M. Heinrich!) brachte die Samen entspelzt ins Keimbett, wodurch der Keimungsverlauf sehr beschleunigt wurde, einerseits infolge Wirksamkeit des Sauerstoffs auf die Mobilisierung der Reservestoffe, ander- seits auf die Zerstörung der Bakterien, denn die das Faulen verursachenden Bakterien sitzen hauptsächlich zwischen den nackten Samen und den ziemlich losen Spelzen. Statt des Filtrierpapieres haben sich übrigens Baumwolläppchen bewährt. Sie haben den Vorteil vor Filtrierpapier, abgesehen von dem etwas größeren Keimergebnis, sich bequemer hand- haben zu lassen, da die Samen beim Befeuchten nicht so leicht zu- sammengespült werden und beim Abheben der Keimlinge die Würzel- chen weniger fest an der Unterlage haften.

Einen sehr zweckmäßigen Keimapparat, den Lehmann u. a. auch für die Prüfung des Lichteinflusses auf die Keimung benutzt haben, hat Rodewald?) angegeben; derselbe besteht aus einem Zinkblechkasten, in welchem eine Drainage aus Glasröhren liegt (Fig. 6). Die offenen Enden der Röhrenzweige, die vor der Ausmündung etwas verengt sind, werden mit Asbest oder Watte lose verschlossen und darauf der ganze Kasten ca. 4 cm hoch mit ausgeglühtem und mit Salzsäure gewaschenem Seesand gleichmäßig angefüllt. Dann ist von der Drainage nur das hochgebogene Rohrende zu sehen, das durch einen Kautschukschlauch mit der abwärts gerichteten Glasröhre F verbunden werden kann. Dieser Sandkasten wird in ein Wasserbad aus Zinkblech gestellt, das auf dem Tische A befestigt ist. In dem Wasserbade liegt am Boden eine ca. 21, cm dicke, mit Alkohol gefüllte Röhre, deren eines Ende rund zugeschmolzen ist und deren anderes Ende in eine dünne Röhre übergeht, die sich durch einige Biegungen der Gestalt des Wasserbades anpaßt und sich dann in eine U-Röhre verwandelt, die bei T sichtbar ist. Der u-förmige Teil der Röhre ist mit Quecksilber, der übrige Teil völlig mit Alkohol ausgefüllt. Die Röhre dient als Thermoregulator, indem das Quecksilber, wenn es sich durch die Ausdehnung des Alkohols verschiebt, den Gaszufluß zum Brenner in bekannter Weise reguliert. Eine Tem- peraturveränderung des Wasserbades um einen Grad verschiebt das Quecksilber um ca. einen halben Zentimeter, was eine sehr empfind- liche Temperaturregulierung gestattet. Der Sandkasten hat Füße, die so hoch sind, daß die Röhre nicht gedrückt wird. Das zum Heizen ver-

!), M.Heinrich, Über die Erfahrungen bei den Keimprüfungen 1910/11, Landw. Vers. stat. 78, 165 (1912).

®)H. Rodewald, Zur Methodik der Keimprüfungen, Landw. Vers.- Stat. 49, 278 (1898).

I. Anzucht von Keimlingen. 97

wendete Gas geht bei K über gebrannten Kalk, von dort zum Thermo- regulator und dann durch eine Bohrung im Tisch zum Brenner B, der aus einem Messingrohr besteht, in welches vier Spitzen aus Speckstein mit je einer feinen runden Öffnung eingesetzt sind. Über den Flämmchen stehen auf Dreifüßen Messingbleche, die die Wärme verteilen. Der Heizraum des Keimapparates, in dem der Brenner B liegt, kann durch die Klappe V verschlossen werden. Durch verschiedene Öffnungen können die Verbrennungsgase entweichen, resp. frische Luft zuströmen,

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Fig. 6. Keimapparat von Rodewald.

die Wärme verteilt sich sehr gleichmäßig unter dem Wasserbade. Der Sand im Sandkasten steht in keiner Verbindung mit dem Wasser im Wasserbade. Vor Gebrauch wird der Sand zunächst mit Wasser über- gossen, so daß es ca. 1 cm hoch über dem Sand steht. Dann wird die Sandoberfläche mit einem Lineal geebnet und die Drainage durch An- saugen des Hebers H in Tätigkeit gesetzt; das auf dem Sande stehende Wasser fließt ab. Wenn die Oberfläche des Sandes nicht völlig hori- zontal liegt, so werden die höheren Stellen zuerst aus der Wasserober-

28 I. Anzucht von Keimlingen. fläche hervortreten und man kann dann während des Abtließens den Sand völlig horizontal legen. Schließlich stellt man unter den Heber H ein Glasgefäß R mit breiter Mündung, das mit Wasser gefüllt wird und aus dem sich der Sand durch die Drainage selbsttätig befeuchtet. Der Feuchtigkeitsgrad des Sandes hängt von der Höhe des Wasserspiegels in R ab. Steht dieser mit der Oberfläche des Sandes in einer Ebene, so steht auch das Wasser im Sande in der Oberflächenebene. Der Sand saugt aber durch die in ihm wirksamen Kapillarkräfte auch dann noch Wasser aus R, wenn die Wasseroberfläche in R sehr beträchtlich tiefer liegt als die Oberfläche des Sandes; eine Niveaudifferenz von ca. 8 cm zwischen Sand- und Wasseroberfläche gibt dem Sande gerade den richtigen Feuchtigkeitsgehalt. Der Wasserspiegel sinkt, der Wassermenge ent- sprechend, die aus dem Sande durch Verdunstung usw. verloren geht, und muß täglich wieder auf die normale Höhe gebracht werden. Auf den Sand, der nach und nach die Temperatur des Wasserbades annimmt, werden Keimschälchen gestellt und leicht angedrückt. Es sind quadra- tische poröse Tonschalen in den Dimensionen 5x6 cm und 1 cm hoch. Sie sollen nach der jedesmaligen Reinigung unter Wasser aufbewahrt werden, wodurch sie ihre Porosität bewahren ; sie lassen sich im Papinschen Topf sehr gut sterilisieren, werden dann mit dem Blechgestell, auf dem sie in den Autoklaven kommen, herausgehoben und unter Wasser ge- setzt. In die herausgenommenen nassen Schälchen werden die Körner geschüttet und mit dem Hornspatel gleichmäßig verteilt. Auf dem Wasser- bade des Keimkastens ist ein Deckel F angeschlossen, der mit Zinkblech ausgeschlagen und mit einer durch Kitt wasserdicht eingelegten Glas- platte verschlossen ist. Bei geschlossenem Deckel kondensiert sich der Wasserdampf, fließt in Tropfen nach hinten und wird durch einen unter dem Deckel vorspringenden Blechrand dem Wasserbade zugeführt. Am vorderen Ende des Apparates, wo die Glasröhren zum Vorschein kommen, ist der Deckel etwas kürzer als das Wasserbad, dadurch ent- steht Platz für die Röhren, die übrigens so gebogen sind, daß sie das Schließen des Deckels nicht hindern. Das Sandbad wird durch den Deckel völlig bedeckt, aber das Kondenswasser tropft stets in das Wasserbad. Der Deckel muß zum Lüften und Abtrocknen der Proben täglich zwei Stunden geöffnet werden. Mit der Zeit verstopfen sich die Filter der Drainage, worauf diese umgelegt und mit neuen Filtern versehen werden muß. Natürlich hängt die Zeit des Funktionierens von der Reinheit des zugeleiteten Wassers ab, in der Regel ist die Funktionsdauer ein halbes Jahr oder länger. In diesem Apparat ist z. B. die Beleuchtung horizontal nebeneinander stehender Schälchen von oben durch die ab- schließende Glasscheibe leicht möglich, was für Versuche mit licht- keimenden Samen große Vorteile bietet, ferner ist die Temperatur- regulierung und Durchlüftung des Apparates eine sehr gute. Wie sehr es bei solchen Versuchen notwendig ist, sich einer künstlichen Licht- quelle zu bedienen (der Inkandeszenzstrumpf einer Grätzinlampe liefert drei Wochen hindurch fast dieselbe Lichtstärke, muß aber dann aus- gewechselt werden; freilich treten hier die kurzwelligen Strahlen sehr in den Vordergrund 158 Kerzen im Grün, 63 Kerzen im Rot während bei Petroleumlicht die roten dominieren), liefern die Zahlen vonWeber, der in der Natur in wenigen Sekunden Änderungen von 100 % in der Lichtintensität konstatierte. So herrschten an derselben Stelle um 12 Uhr mittags an aufeinanderfolgenden Tagen folgende Intensitäten:

I. Anzucht von Keimlingen. 29

9. März 2700 H.K.

10. FF ADMO Il, Er 5000775 76 di 18 400 ‚„, See 10253000 5 und die dreijährigen Monatsmittel betrugen: JanvarTAUREISRe rule 50 020 H.R. ' Februar 23000 | August 57190 März 34760 „, | September 38 080 „, April 49 820 „, , Oktober. 4/26 770., » Mai SUCH | November 9743 „, Juni HU2S072 Dezember 5 469

Wie jeder physiologische Prozeß ist die Keimungan b estimmte Temperaturen gebunden, deren Grenzen aber nicht allzu enge sind: sie schwanken zwischen 0—15 0 C nach unten und 35—40 ° C nach oben, wobei sich eine Verzögerung der Keimung bei Annäherung an die Tem- peraturgrenzwerte ergibt. Das zwischen Minimum und Maximum ge- legene Temperaturoptimum der Keimung ist aber kein Mittelwert zwischen den Grenzzahlen, sondern liegt dem Maximum weit näher als dem Mini- mum. F. Haberlandt ei jolsenee Werte an:

Min | Maxi- | Opti- Die Keimung erfolgt mit dem Hervor-

mum ; mum | mum brechen des Würzelchens in Tagen bei in Graden Celsius 4,382.02171025 EC 715752.@27 1IIZE Weizen . 3— 4,5 30—32 | 25 6 3,0 2,0 1,75 Roggen . 1— 2 30 25 4 2,5 1,0 1,0 Gerste 3— 4,5) 28—30 20 6 3,0 2,0 ea Hafer 4-5 | 30 25 7 SE: 215 2,0 Mais f s-710 740448755 19525 3225 3,0 Moorhirse . . 8—10 40 32—35 Mes 4,75 | 40 Reis . 10—12 | 36—38 | 30—32 1 | 1. Französisches | Raygras. 3 I 28 9 1.5. 45 3,0 Lieschgras 3— 4 | 30 26 6,5 35 3,0 Raps. . 23— 3| ? ? 9,0 6,25 Weißer nf, 1 | ? ? 2 1,5 1,0 0,75 Leindotter. . 1 ? | ? 4 2,0 ae 1e5 1,0 Lein BR 2— 3| sr 25 8 4,5 2,0 2,0 Mona... 3— 4, 32 26 10 4,75 2) 2,0 Mabakı 2. 13—14 | 35 28 9,0 6,25 Banf ...'.. 2 45 35 3 2:0, 2 220 1,0 Kümmel .. s— 9 | 30 25 16,5 52645 5,25 Möhre E 4—-5| 30 | 25 6,75 Aa Zuckerrübe 4— 5 | 28—30 25 22 9,0 an a Sonnenblume 8s— 9 35 28 25,0 3,0 | 2,0 Rotklee . 1 37 30 7,9 3,0 1,75 | 1,0 Luzerne .. 1 37 30 6 Sa DD 520 Fisole SR 10 | a3 32 _ 3,0 3,0 I 29:75 irbsor ... . 1— 2 35 30 5 3,0 1975 1975 limse. . «4. 4-5 36 30 6 4,0 2,0 1,75 Wicke 1— 2| 35 30 6 5,0 2,0 2,0 Hopfenluzerne Denn 3a 35 28 10 75) 4,0 3,5 Lupine 4— 5 3738 | 28 a Melone .. 12-15 40 | 35 | 15,0 KOTER Gurke 12 40 | 35 | 4,5 Kürbis 12 40 | 33—34 K0779,, 2420 Paradiesapfel | 6,0 3215 Buchweizen . | 8 As 348 3,0 Saubohne . | —— 7 6,5 4,75 4,25 Platterbse . 7 3:5 ID 9,25 Esparsette = | 7,25 3,5 3,0

30 I. Anzucht von Keimlingen.

Man ersieht aus dieser Zusammenstellung, daß die Fähigkeit, bei einer Temperatur von + 4 ® Ü zu keimen, einer großen Reihe von Samen eigen ist, wobei sich allerdings die Zeitdauer, die zur Keimung benötigt wird, um so mehr erhöht, je näher die Temperatur Minimum liest; Zuckerrübe braucht bei einer Temperatur von C 22, bei 16 ° Wärme nur 3%, Tage zur Keimung. Daß aber nicht allein die Mobilisierung der en durch die Wärme bewirkt wird, geht daraus hervor, daß die höhere Temperatur durchaus nicht durch eine längere Zeit einwirkende niedrigere ersetzt werden kann. Bei kamen in Haberlandts Versuchen zur andauernden Entwicklung u. a. der Senf, der Leindotter, der Rotklee und die Luzerne, während das Temperaturminimum für die Keimung von Pflanzensamen aus wärmeren Klimaten wie Sorghum saccharatum, Oryza sativa, Ricinus africanus, Gossypium herbaceum, Sesamum orientale usw. zwischen 10—15 ° C liegt. Je größer die Differenz zwischen Minimum und Maximum, um so größer die Verbreitung der betreffenden Pflanzen; so ist beim Hanf die unterste Grenze 1°C, die oberste 45 ® C, die Differenz also 44 °, während sie beim Ricinus nur 20 ® beträgt. Hier gilt etwas ganz ähnliches wie bezüglich des Licht- genusses, von dem später die Rede sein soll. Die Minima sind, wie er- wähnt, für die Pflanzen wärmerer Klimate höher. Die folgenden, durch Haberlandts Versuche ermittelten Werte zeigen, wie bei einigen . Pflanzen wärmerer Klimate sich mit der Temperatur die Keimdauer verschiebt:

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el EP EBEER IE BER Re) Ve") Sorghum saccharat. |— | | 14382] 27 1261 56 | 93| 37) 41| 2534| 1442| | | Penicillaria spieata|— —| 4420| 9149| 10 1135| 13) 70] 1043] 7739] I—|—- Oryza sativa. . . .|— —| 68470] 953 166] 96 1124| 97 77] 9754| 82)59| —I— | Rieinus africanus . |— | —I 401227| 75 |125| 90) 81] 85/59 | 70165 | —| —I— | Hibiseus cannabinus |] —| 2360| 14116| 12 66| 15 54| 10 38] 1137| | | (Gossypium herbae.|— —| 3456| 54136| 74 | 89] 68) 58| 50/52] 65) 53 | 15] 70 | | Chorehorus olitorius -—- 1 —| —| 54, 83] 40 | 77] 62] 68 82163] 46) 251 14 70] | Sesamum orientale [— —| 5456| 95,144] 92 |109| 96) 42]100) 24 [100] 22] 92| 46 | | Cueumis Melo. . .|— | | —| —I 121302 78 151 54 67| 56 54 | 32] 41] 20) 48 | | Phaseolus Mungo .|85 432[100 360[100| 561 86 47|100) 28[100| 24 [100 22 |100| 22 | | Cajanus bicolor . . [— | 50456| 44/200] 52 1145| 44 67| 46/58 | 34 70] I | 3öhmeria nivea . . I— | | 39475| 48199] 50 1170| 51,159] 501 78] 6 70| I— | | |

Zahlreiche Gifte erhöhen in sehr geringen Mengen die Intensität des Keimungsvorganges, wirken als Reizmittel und beeinflussen gewissermaßen katalytisch den Prozeß des Stoffansatzes. Be- sonders Mangan- und Aluminiumsalze wirken nach Stoklasa wachstum- fördernd. 1% Bleinitrat, 0,01 % Borsäure in der Nährlösung wurden von Bertrand bzw. Agulhon als günstig erkannt. Bokorny stellte fest, daß 0,01% Cs,SO, die Gerstenkeimung, 0,05 % Li,SO, die Erbsen- und Linsenkeimung, Rb,SO, zu 0,2% die Keimung von Weizen, Erbse, Linse, Bohne, Kohl fördern; 0,005 % CS, haben den- selben Erfolg bei Gerste, 0,01 %, K,CrO, bei Bohne und Linse, 0,0005 % HgCl, bei Kresse, 0,0025 9%, CuSO, bei Gerste und 0,005 % CuSO, bei

I. Anzucht von Keimlingen. 3

Kresse, 0,0025 %, Phenylhydrazin schon nach zwei Tagen bei Kresse, 0,0025 % Anilin an Gerste und Kresse, salzsaures Hydroxylamin zu 0,01 % bei Gerste, 0,001 % HF bei Erbse, Linse, Gerste. Der letztge- nannte Autor, der eine große Reihe von Stoffen auf ihr Verhalten zur Keimung prüfte, zog die Samen direkt in der Giftlösung, welche auf Fließpapier gegossen war und brachte sie hier zum Keimen. Es sei hier eine tabellarische Übersicht der Keimungsversuche Bokornys!) ge- geben. (Siehe die Tabellen auf Seite 32-35.)

Äthylalkohol ist zu2% nachteilig für Wurzeln bei Bohne, 1%, nurnoch wenig, 0,5% ist förderlich, Propylalkohol im Betrage von 2 %, schädlich, Isobutylalkohol schon von 0,5% an, Amylalkohol ebenso, von Schwefel- kohlenstoff verzögern 0,02%, die Keimung bei Gerste, 0,01% sind gleichgültig, 0,005 %, fördern das Wachstum, dasselbe gilt für Kresse. Ebenso ging schon früher bei Behandlung des gleichen Problems W. Sig - mund?) vor; er ließ die Samen 24 Stunden in der Auflösung der zu prüfenden Substanzen in Wasser quellen und setzte sie dann zwischen feuchtem Filtrierpapier auf einer ebenfalls feucht erhaltenen Unterlage von Sägespänen in flachen Schalen zur Keimung aus. Eine gleichmäßige Befeuchtung wurde teils durch Zufuhr gleicher Wassermengen erzielt, teils dadurch, daß zu jeder Keimschale ein mit Wasser gefülltes Becher- glas gestellt wurde, aus welchem ein wassersaugender Papierstreifen ins Keimbett hineinragte. Die Wirkung fester, im Wasser nicht oder schwerlöslicher Stoffe wurde derart untersucht, daß auf eine Unterlage von Sägespänen ein Blatt Filtrierpapier gelegt wurde, auf welches der feste Stoff in Pulverform gestreut war; die Versuchssamen wurden ohne vorherige Quellung auf dem Filtrierpapier verteilt, mit dem gepulverten festen Körper lose zugedeckt und dann mit Wasser befeuchtet. Der Ein- fluß von Dämpfen auf die Keimung wird untersucht, indem die Keimschalen unter Glasglocken gebracht werden, die mit einer Sperrflüssig- keit abgeschlossen sind; ist die Sperrflüssigkeit Wasser, so ragen aus ihr in die Keimschale saugende Papierstreifen, sonst muß durch Wasser- näpfe unter der Glocke für Erhaltung des feuchten Luftraumes gesorgt sein. Selbstredend ist immer darauf Rücksicht zu nehmen, ob die be- treffenden Dämpfe oder Gase in Wasser löslich sind: ist dies der Fall, dann kann die angewendete Menge des gasförmigen Mediums nicht als voll zur Wirkung gelangend angesehen werden. Ist genügend Substanz unter der Glocke, daß die Dämpfe unter den herrschenden Temperatur- und Druckverhältnissen den Luftraum dauernd erfüllen, dann ist die Menge des wirkenden Gases oder Dampfes aus dem Volumen der Glocke zu bestimmen; ist das aber nicht der Fall, wünscht man eine geringere als Vollsättigung des betreffenden Raumes mit dem gasförmigen Medium, dann muß man zunächst die Tension der verdampfenden Flüssigkeit kennen und danach mit Berücksichtigung des Glockenvolumens die Dosis der verdampfenden Flüssigkeit bemessen. Handelt es sich um ein Gas, so kann man, wenn Vollsättigung erwünscht ist, dasselbe mittels eines gebogenen, durch den Kautschukstöpsel der Glocke, welche natürlich auf einer Glasplatte luftdicht aufgeschliffen und mit Vaselin gedichtet sein muß, bis zum Boden der Glocke reichenden Glasrohres hinein-

) Th. Biokorny, Über den Einfluß verschiedener Substanzen auf die Keimung der Pflanzensamen, Biochem. Zeitschr. 50, 1 (1913).

») W. Sigmund, Über die Einwirkung chemischer Agenzien auf die Keimung, Landw. Vers.-Stat. 47, 1 (1896).

I. Anzucht von Keimlingen.

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35

I. Anzucht von Keimlingen.

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36 I. Anzucht von Keimlingen.

und mittels eines zweiten, kurz unterhalb des Stöpsels endigenden zweiten Glasrohres hinausleiten. Tritt das Gas bei diesem Rohre, durch spezifische Reaktionen erkennbar, aus (CO, trübt Kalkwasser, O, läßt einen glimmenden Span aufflammen, H, entzündet sich und brennt mit heißer, nicht leuchtender Flamme, wobei natürlich mit dem Ent- zünden gewartet werden muß, bis alle Luft bzw. deren Sauerstoff mit Sicherheit verdrängt ist, N, bringt einen brennenden Span zum Er- löschen usw.), so ist die Glocke mit dem betreffenden Gase erfüllt. Handelt es sich auch hier um teilweise Sättigung oder Mischungen mehrerer Gase, so mißt man die Menge des einströmenden Gases mit Hilfe des einfachen Gasmessers, welcher in der Medizin zur genauen Dosierung des Chloroforms in Gebrauch ist. Ich pflege in der Weise vorzugehen, daß ich zunächst das Volumen abmesse, welches durch eine oder eine Anzahl Blasen des betreffenden Gases gebildet wird. Aus einem Gas- entwicklungsapparat wird ein langsamer Strom des betreffenden Gases entwickelt und durch eine gewöhnliche Waschflasche bestimmter Röhren- dimensionen geleitet, so daß die Blasengröße stets gleichmäßig ist (natür- lich muß man sich vergewissern, daß aus der Waschflasche keine Luft mehr, sondern nur das betreffende reine Gas austritt). Die gezählten Gasblasen werden unter einer Sperrflüssigkeit in einem Eudiometer aufgefangen und so das Volumen gemessen, welches eine bestimmte Anzahl von Gasblasen einnimmt. Die Glocke wird zunächst mit einer gut ziehenden Saugpumpe, eventuell mit einer Quecksilberpumpe luftleer gemacht, wobei ein unter der Glocke befindliches oder vorgeschaltetes Manometer den Grad der Luftverdünnung angibt. Das lange Glasrohr der Glocke wird .nun durch einen diekwandigen Kautschukschlauch mit der Waschflasche und diese mit dem Gasentwickler verbunden, der Schlauch ist ebenso wie der am kurzen Glasrohr der Glocke befind- liche mit einem starken Quetschhahn abgeklemmt. Man läßt nun den Gasentwickler in Funktion treten, während der Schraubenquetschhahn des längeren Rohres so vorsichtig aufgedreht wird, daß Gasblase um Gasblase zählbar eintreten kann, wobei das unter der Glocke befindliche Manometer eine wünschenswerte Kontrolle über die Menge des ein- tretenden Gases liefert. Auf diese Weise ist es möglich, auch Mischungen von Gasen unter die Glocke zu bringen, indem man fallweise den Gas- entwickler auswechselt und durch Abklemmen des Quetschhahnes für jeweiliges Absperren des Gasvolumens unter der Glocke sorgt. Natür- lich muß die Gasentwicklung immer vorher in Gang gesetzt sein, bevor man die Verbindung mit der Glocke herstellt. Hat man eine verdampfende Flüssigkeit unter die Glocke gestellt, so kann man nach Abbruch des Versuches durch quantitative Bestimmung des zurückgebliebenen Restes der Flüssigkeit bestimmen, wieviel davon verschwunden ist, wobei zweckmäßig neben die Versuchsglocke mit den Pflanzen eine genau gleich große, genau ebenso adjustierte, nur ohne Pflanzen gestellt wird, so daß man die Menge des jeweils im Luftvolumen der Glocke befindlichen Gases als konstante Größe in Rechnung ziehen kann. Solche Versuche habe ich mit Formaldehyd angestellt und beobachtet, daß aus einem bestimmten Formaldehydquantum aus einer gleichen Flüssigkeitsmenge stets ein mit der Temperatur in proportionalem Verhältnis stehendes (Quantum Formaldehyddampf ins Glockenvolumen entweicht!). Aus

ı), V,Grafe undL.v. Portheim, Orientierende Untersuchungen über

I. Anzucht von Keimlingen. 3

5 cem 4 proz. Formaldehydlösung wurden in die Luft einer 8000 cem fassenden Glocke abgegeben: 0,013018 g bei 12 ° C, 0,01324 g bei 15 0 C, 0,017305 g bei 20°C. Von Wichtigkeit bei solchen Versuchen ist auch, daß weder Keimschalen noch sonstige Gefäße, ferner auch das Keimbett, namentlich Erde nicht dampfabsorbierend wirken. Die Gefäße dürfen daher nicht aus porösem, sondern müssen aus glasiertem Ton oder am besten aus Glas bestehen, die Erde muß mit einem gasdichten Überzug, am besten Paraffin überzogen sein, welches den Vorteil mangelnder Affinität zu den meisten in Betracht kommenden Agenzien aufweist und in flüssigem, sießbarem Zustand auch empfindlichere Pflanzenteile nicht schädigt. In den Sigmundschen Versuchen wirkten die verwendeten Sub- stanzen folgendermaßen auf die Keimung ein:

. & Keimprozent bei 0,5 Yoige Lösungen von I

Erbsen Korn Raps Gerste BrOrgestilliert . . : . . . 100 90 | 100 Le 100 | 100 | 100 Naldl 00 100 90 100 Ber. ...... 100 100 “= ze CaCl, + 2H,0 100 | 90 100 -- Bno...... 30 90 | = Be ...... 40 90 Kr e MeCl, +6H,0 . 100°. | 100 100 _ RHLON,. TSHo0 ... 100. ° \ 80 jo “= BREeN),.. ... WIRT, 100 20 To = eHloralbydrat ... .... 100 | 70 100 | E= Schwefelblumen . .... 100 | = 70 40 Bed... ... Er 20 | —_ 100%, | 60 alas 16) ee 90 | | 60 Zid. 6.6, 0 100 | | 80 0.8 60 70 | 20 MsO 20 | 50 Boa. .... 90 = 100 60 El = | Zement...» . 10 40

Es ist auffallend, daß ganz indifferente Stoffe, wie zerstoßener Schwefel, meist die Entwicklung verzögern und das Keimprozent herabsetzen; dies ist wohl auf Spuren schwefliger Säure zurückzuführen, ebenso wie Kienruß durch feine teerige Beimengungen schädlich wirkt. Dasselbe dürfte auch bei Tabakrauch der Fall sein. Die dele- täre Wirkung von Zink und Eisen ist auf die sogenannte ‚oligo- dynamische Wirkung‘ von Metallen zurückzuführen, während das an der Luft kaum veränderliche Antimon nicht schädlich ist; die höheren Metalloxyde sind schädlich, z. B. Pb,O, als Mennige, während die niedri- geren wie PbO (Bleiglätte) unschädlich sind. Von den überaus schädlichen Superoxyden ist Braunstein noch am wenigsten bedenklich. Während in Schwefelkohlenstoff gelegene Samen nach 24 Stunden nicht wesentlich geschädigt sind, verhindern Schwefelkohlenstoffdämpfe ein nachheriges Keimen in reiner Luft vollständig. Ein ähnliches Verhalten zeigen die meisten organischen Substanzen. Sigmund hat eine große Reihe von Substanzen auf ihre Bedeutung für die Keimung untersucht, auf die

die Einwirkung von gasförmigem Formaldehyd auf die grüne Pflanze, Öst. bot. Zeitschr. 1909.

38 I. Anzucht von Keimlingen.

Einzelheiten kann aber hier nicht eingegangen werden. Bei der Unter- suchung der Giftwirkung wurden bisher hauptsächlich die niederen Konzentrationen der Gifte untersucht, da man annahm, daß höhere Konzentrationen derselben natürlich ebenso deletär wirken müßten wie niedere. Die Kurve der Giftwirkungen ist aber keine so einfache: in kleinsten Dosen häufig die Keimung beschleunigend, schädigen die Gifte in steigender Dosierung, bzw. hemmen die Keimung bei bestimmter Konzentra- tion vollständig. Behandelt man aber Samen mit noch stärker konzentrierten Giftlösungen, so sieht man die Be- einflussung wieder abnehmen. V. Arceichovskij!) zeigte, daß die stärksten Konzentrationen von des- infizierenden Stoffen für die Samen weniger giftig sind als die schwächeren Lösungen. Die ungequellten Samen wurden der Einwirkung des Giftes (For- malin, Silbernitrat, Schwefelsäure) durch 1 bis 256 Stunden unterworfen, dann in einem besonderen Apparat eine Stunde lang mit ca. 6 Litern fließen- den, sterilisierten Wassers gewaschen und dann zum Keimen ausgelegt. Der Waschapparat (Fig. 7) bestand aus Fig. 7. Waschapparat nach Areichovskij. dem gläsernen Waschgefäß, das aus

einem trichterförmigen unteren Teile a und einem Deckel geformt ist. Von a gehen die Röhren b für Zufluß und p zum Ablaufen des Waschwassers aus. Die Chamberlandkerze b dient zur Sterilisierung des Wassers mittels Filtration durch Ton; sie wird vom Gefäß g aus mit Wasser beschickt. Der ganze Apparat samt Filterkerze wird vor jeder Waschung im Autoklaven bei 120 sterilisiert und dann das Waschgefäß in die Saatkamera gestellt.

Formalinlösungen

Dauer der K Einwirkung | "/s0/0 | */s%/0 |1/2%/0 | 19/0 | 290 | 4lo | 80 | 16% |3200 | 4000 N y - re ge 7 Tan gene Fr ge Re ee ea Sr = T e Stunden Es keimten Prozente Samen 1 100 100 | ı00 |ı00|s6 | s6 | 73 | ss! 2 | 100 100 7 100.188 47, 7 1 02a 791 26 | 36 | 75 | 87 | 961100 4 80|ı 4) 24A|ı | —- | | 16) 84 (ee 8 16| 4a| | || —7 | 00 Ver 16 20), | = | 2 202) 32 wg RR 6 3> —| ||. || 32 (ee 64 ln | De Een 22 u iz 128 nr —ı—|38 28 | —)5394 256 | | 2 er GE

Die Fälle der Nichtkeimung nach einer Aufbewahrung von 128 oder gar 256 Stunden unter Wasser oder Formaldehyd haben nichts mit einer Giftwirkung zu tun, sondern sind auf Mangel an Sauerstoff

!) V.Arcichovskij, Biochemische Wirkung höchst konzentrierter Lösungen, Biochem. Zeitschr. 50, 233 (1913).

I. Anzucht von Keimlingen. 39

zurückzuführen, während fließendes, sauerstoffreiches Leitungswasser nach dieser Zeit nicht nur nicht schädigend wirkt, sondern das Keimen beschleunigt. Fließendes Wasser ist überhaupt ein ausgezeichnetes Keimungsmittel für größere Samen. Eine Glasschale von 10 em Durch- messer wird unter einen dünnen, aber ziemlich kräftigen Wasserstrahl gestellt, der ins Zentrum der Schale gerichtet wird und die Samen gleich- mäßig bis zum Rande der Schale zurückstößt, wo sie sich in ununter- brochener Wirbelbewegung befinden. So geht die Keimung gut vor sich, und die Samen sind überdies während relativ langer Zeit vor Fäulnis geschützt, allerdings verbraucht diese Versuchsanstellung viel Wasser (150 1 Wasser täglich für einen Versuch). Ganz analog wie unter der Einwirkung von Formalin sind auch die Ergebnisse mit verschieden konzentrierter Schwefelsäure.

Schwefelsäure nn nnnn

Be sationen vnJIS BE 23 n 2n 4n 8n 16n 32n spez. Gew. 1,84

Prozentsatz gekeimter Samen . . . ....94 9276 48 24 49,5 24.5 92 100 100 96 100

Allerdings zeigt sich in allen diesen Fällen die Keimung mehr oder weniger verzögert, die Resistenz gegen die Mikroorganismen herabgesetzt. Fischer)! setzt auseinander, daß die gut gereiften Samen vieler Wasser- pflanzen ohne äußeren Anstoß überhaupt nicht keimen, selbst wenn die Keimungsbedingungen noch so günstig sind. Solche Erfahrungen wurden gemacht mit Sagittaria sagittifolia, Alisma Plantago, Potamogeton natans, lucens und pectinatus, Hippuris vulg., Polygonum amphibium, Seirpus lacustris und maritimus. Wenn aber z. B. Bakterien die Keim- flüssigkeit ansäuern, dann keimen diese Samen. Im weiteren Verlaufe zeigte sich, daß die H-Ionen der Säuren und OH-Ionen der Basen kräftige Keimungsreize bilden, und zwar ganz entsprechend dem lonisierungs- grad der betreffenden Lösung. Die Wirkung der H- und OH-Ionen wird durch das Kation bzw. Anion der angewendeten Verbindung mehr oder weniger beeinflußt, wozu noch Temperatur und Dauer der Ein- wirkung kommen. Wie explosiv Säure auf ruhendes Protoplasma wirkt, zeigt folgende Tabelle. Die Samen wurden mit 10 Mol. HCl bei 20° © behandelt und nach guter Spülung mit Leitungswasser bei 25—27 ° Ü zum Keimen aufgestellt.

Behandlung mit Säure 1/& Minute| 1 Minute |2 Minuten!4 Minuten|$ Minuten

10 Minut. Zahl der Samen . - 357 312 | 331 376 382 400 Gekeimt nach 13 Tagen Cr IL 10 1 _ InrProzenten.. . . . .| 18 37 64 PT 03.

Die Reizung durch H- oder OH-Ionen verändert aber auch den Cha- rakter der Keimung. Bei letzterer bleiben die Keimlinge etwas länger farblos und auf einer Größe von 2—5 mm stehen, bei H-Reizung wachsen die Keime etwas schneller und ergrünen auch rascher. Läßt man der ersten Ionenbehandlung eine Behandlung mit dem zweiten Ion folgen, so findet wohl gewissermaßen eine Neutralisierung der ersten Behand-

!) A. Fischer, Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize. Ber. d. d. bot. Ges. 25, 108 (1907).

40 I. Anzucht von Keimlingen.

lung statt, gleichzeitig wird aber auch der zweite Keimungsmodus ein- geleitet und setzt sich durch.

Gut studiert ist auch die „oligodynamische“ Wirkung (Nägeli) von Metallsalzspuren ; so wurde beobachtet, daß Keimwurzeln in Wasser, welches aus Metallapparaten destilliert worden war, nicht weiterwuchsen, wohl aber trat normale Entwicklung ein, wenn das Wasser aus Glas umdestilliert worden war. Silber, Blei, Zinn erteilen übrigens dem Wasser keine schädliche Wirkung, wohl aber Kupfer; schon 1—2 Zehnmillionstel Kupfergehalt soll zur Hemmung des Wachstums ausreichen; das beruht auf dem merkwürdigen Speicherungsvermögen, welches die Pflanzenzellen für die Salze von Schwermetallen zeigen, welches Speicherungsvermögen ja bei einigen Pflanzenarten (Galmeiveilchen für Zinksalze, Polycarpaea spiriostylis enthält Kupfer bis zu 560 mg im Kilo Trockensubstanz und wird in Nordqueensland ‚‚copperplant‘‘ genannt, weil aus ihrem Vor- kommen auf die Anwesenheit von Kupferablagerungen im Boden ge- schlossen wird; in neuerer Zeit konnte Molisch bei Wasserpflanzen so intensive Eisen- und Manganspeicherung nachweisen, daß die be- treffenden Pflanzen nicht grün, sondern braun erschienen) ganz be- sonders ausgeprägt ist. Die große Empfindlichkeit der Pflanzen gegen Quecksilberdämpfe wird gewöhnlich viel zu wenig beachtet, man sollte dieses Metall nie zu Abschlüssen von Glocken wählen, unter denen Pflanzen vegetieren, ohne mindestens für eine über das Quecksilber gebreitete Flüssigkeitsdecke, am besten Glyzerin, zu sorgen. Über die Wirksamkeit von Dämpfen wurde bereits gesprochen, Ammoniak- dampf hemmt bereits in einer Verdünnung 1:24 000 die Keimung von Vicia Faba, zu 1: 20 000 jene von Phaseolus vulg. und Zea Mais, 1: 5000 die von Liliaceenzwiebeln. Becker (l. c.) konnte zeigen, daß die Keimung der Scheibenfrüchte von Dimorphotheca pluvialis durch Vorbehandlung mit 0,3 Mol. HNO, verzögert, die der Randfrüchte ganz gehemmt wurde, dagegen wirkte Knopsche Nährlösung beschleunigend und hob auch die hemmende Wirkung der Salpetersäure bei den Randfrüchten fast ganz auf; dagegen wirkt bei Atriplex hortensis Vorbehandlung mit 0,3 Mol. Salpetersäure keimungsfördernd.. Lehmann und Otten- wälder!)haben gefunden, daß Salzsäure bei bestimmter Konzentration und geeigneter Temperatur eine Keimung der Samen von Epilobium hirsutum und Lythrum salicaria ermöglicht, wo die Keimung ohne Salz- säure, also auf destilliertem Wasser, nicht ausgelöst wird. Die optimale Säurekonzentration schwankt mit der Samenart und der Temperatur, sie ist zumeist ziemlich niedrig zwischen 0,00625 und 0,05 Mol. Ob Salz- säure als Keimungsreiz oder als Gift wirkt, hängt abgesehen von den bereits erwähnten Umständen auch sehr von der Versuchspflanze ab, so pflegen Kruziferen und Kompositen auch durch minimalste Salzsäure- mengen schon getötet zu werden. Baar fand in 0,5—1 proz. Salzsäure ein Mittel, um die Ruheperiode der Samen von Amarantus retroflexus abzukürzen. Diese Samen werden im Herbst reif, keimen aber erst im nächsten Frühjahr. Mit verdünnter Salzsäure oder Phosphorsäure dagegen behandelt, keimen sie schon im Oktober, aber nur im Dunkeln,

ı) E. Lehmann und A. Ottenwälder, Über katalytische Wirkung des Lichtes bei der Keimung lichtempfindlicher Samen. Zeitschr. f. Bot. 5, 337 (1913). G. Lehmann, Über die Beeinflussung lichtempfindlicher Samen durch die Temperatur. Zeitschr. f. Bot. 4, 465_(1912).

I. Anzucht von Keimlingen, 41

im Lichte sind sie auch dann nur zu äußerst geringem Prozentsatz zur Keimung zu bringen.

Ohne Zutritt von Luft oder besser gesagt von Sauer- stoff ist keine Keimung möglich. Wenn Samen unter Wasser liegen, so keimen sie hauptsächlich deshalb nicht, weil sie an Sauerstoff- mangel leiden, und nur solche Körner, welche etwa obenaufschwimmen, vermögen zu keimen; ebensowenig findet eine Keimung bei Samen von Wasserpflanzen in ausgekochtem (luftfreiem) Wasser statt oder aber wenn das Wasser durch eineÖlschicht abgesperrt wird. Das ist auch nicht wunder- zunehmen, da ja die Keimung ein Wachstumsprozeß ist, bei welchem große Energiemengen aktiviert werden müssen, die durch intramolekulare Pro- zesse nicht aufgebracht werden können. Natürlich kann auch in einem indifferenten Gase wie Wasserstoff oder Kohlensäure keine Keimung stattfinden und in eine Glasröhre eingeschmolzene, gequellte Samen keimen gleichfalls nicht. Wir haben schon davon gesprochen, daß in fließendem Wasser, also bei fortdauernder Sauerstoffzufuhr, sehr lebhaft Keimung erfolgt; die Lufträume des Samengewebes vermögen soviel Sauerstoff einzuschließen, daß die erste Anregung zur Keimung des von der Samenhülle festumschlossenen Samens durch diesen Sauer- stoff gegeben wird. Deshalb kann die Keimung verhindert werden, wenn die Samen unter Wasser getaucht und unter der Luftpumpe von Luft befreit werden, wobei die Lufträume durch Wasser erfüllt sind; wenn dann auch das Keimprozent unter Umständen keine Beeinträchti- gung erfährt, so wird doch die Keimzeit wesentlich verlängert. In einzelnen Fällen kann aber auch hier eine Beschleunigung der Keimung durch das Entfernen der Luft gegeben sein, wie bei der bespelzten Gerste, der Sonnenblume, dem Roggen. Überhaupt kann ein Zuviel an Sauer- stoff ebenso die Keimung beeinträchtigen wie ein Zuwenig. So keimen Bohnen in reinem Sauerstoff nur langsam und erzeugen kränkliche Keim- linge, die ein abnormes Aussehen zeigen. Bei Zea Mays, Ervum Lens, Pisum sativum gelangte in Böhms Versuchen die Entwicklung der Embryonen nicht über die ersten Stadien der Wurzel- und Stengel- bildung hinaus und selbst Gasgemische mit einem hohen Prozentsatz an Sauerstoff wirken schädlich; erst wenn der normale atmosphärische Partiärdruck des Sauerstoffes erreicht ist, treten normale Keimungs- bedingungen ein: in diesem Falle schädigt auch rein dargebotener Sauer- stoff nicht. Demnach wird die Keimung sowohl im luftverdünnten Raume als auch bei atmosphärischem Überdruck gehemmt, das Mini- mum des Luftdruckes, bei dem Keimung überhaupt noch erfolgt, ist 120mm Quecksilber für Kresse, 60 mm für Gerste. Praktische Bedeutung hat dieser Umstand bei Keimungsversuchen bezüglich des mehr oder minder tiefen Einbringens der Samen unter die Erde. Werden die Samen zu tief gesteckt und bildet das Keimbett über ihnen eine allzu feste Kruste, so kann die Sauerstoffzufuhr, besonders in einem festgestampften Boden des Keimgefäßes, so gehemmt sein, daß aus diesem Grunde keine Keimung erfolgt. Auch bei der Sauerstoffwirkung sind aber mehrere Momente maß- gebend: so fand Becker!) beiden Früchten von Dimorphotheca pluvialis eine ausgesprochene Förderung der Keimung im Sauerstoff gegenüber jener in Luft, und zwar erschienen die Randfrüchte relativ mehr gefördert als

1) H. Becker, Über die Keimung verschiedenartiger Früchte und Samen bei derselben Spezies, Beih. z. bot. Zentralbl. 29, 21 (1912).

42 I. Anzucht von Keimlingen.

die Scheibenfrüchte. Was die Einwirkung des elektrischen Stromes auf die Keimung anlangt, so sind wohl nach dieser Rich- tung zahlreiche Versuche gemacht worden, ohne daß aber wenigstens in den meisten Fällen die nötige Exaktheit dabei zur Anwendung kam. Vor allem hat man erst in neuester Zeit daran gedacht, die Stärke des verwendeten Stromes zu beachten, wiewohl Versuche über Elektrokultur schon seit zwei Jahrhunderten angestellt werden. Ferner hat man die Nebenumstände, wie Temperatur, Feuchtigkeit, Substrat usw., niemals in Rechnung gezogen und vor allem der Individualität der Pflanze keine Beachtung geschenkt. Daß aber alle diese Momente berücksichtigt werden müssen, beweist schon der Umstand, daß bald eine fördernde, bald eine schädigende Wirkung des elektrischen Stromes gesehen wurde.

Gaßner!) ging in der Weise vor, daß er die zu behandeln- den Samen in Blumentöpfen mit gut gemischter Gartenerde mög- lichst gleichmäßig auslegte und kurz vor dem Auflaufen der Pflanzen mit der elektrischen Behandlung begann. Hierzu wurden die Töpfe in einzelne durch Glasplatten oder Pappe gebildete Zellen gestellt und mit der Erde leitend verbunden. In verschiedenen Abständen (8—-60 em) hingen über den Töpfen an Glasstäben isolierte Nadeln mit der Spitze nach unten; da je nach der Form der Spitze die in die Luft ausströmende Elektrizitätsmenge eine verschiedene ist, wurden die sehr gleichmäßigen Grammophonnadeln für diesen Zweck verwendet. Der eine Pol der betreibenden Influenzmaschine wurde mit der Erde, der andere mit den über den Pflanzen aufgehängten Nadeln verbunden. Die elektrische Behandlung (14 Stunden täglich) ließ bei Pisum sativum und Helianthus annuus nach 14 Tagen keinen Unterschied mit der Kon- trolle wahrnehmen, dagegen trat bei Gerste eine sichtliche Förderung ein, was sich zunächst im früheren Durchstoßen des ersten Laubblattes durch das Keimblatt zeigte; die Wachstumsförderung hält auch später an und besteht nicht nur in einer Steigerung der Assimilationsfähigkeit der Pflanze, denn sie zeigt sich auch im Dunkeln. Gaßner stellte fest, daß in den elektrisierten Töpfen bedeutend mehr Wasser verdunstet wurde, rund das Sechsfache von dem in den Kontrollgefäßen; die Transpira- tion ist bedeutend erhöht und zwar auch rein physikalisch dadurch, daß während der Elektrisierung ständig ein intensiver Luftstrom unmittel- bar an der Oberfläche der Pflanze vorhanden ist. Eine Steigerung der Transpiration bewirkt aber naturgemäß ein schnelleres Aufsaugen der Nährsalze und wirkt somit als Reiz auf die Wachstumsintensität wie überhaupt auf die physiologischen Prozesse in der Keimpflanze. Lem - ström gibt übrigens auch den Rat, während der heißen Mittagsstunde die elektrische Behandlung zu unterlassen, weil sie dann schädlich wirke (der doppelte Wasserverlust durch starke Besonnung und „elektrischen Wind“ muß zu Schädigungen der Pflanze führen) und teilt mit, daß starke Erntesteigerungen durch elektrische Behandlung sich nur bei gleichzeitiger, ausgiebiger Bewässerung erzielen lassen.

Wenn man einen elektrischen Strom durch den Boden leiten und auf diese Weise die Pflanzen beeinflussen will, kann man in den Boden Metall- oder Kohlenelektroden einsenken, so daß die zu behandelnde Pflanze zwischen die beiden Platten zu liegen kommt; die in den Boden

1) G. Gaßner, Zur Frage der Elektrokultur. Ber. d. d. bot. Ges. 25, 26 (1907).

I. Anzucht von Keimlingen. 43

gesteckten Elektroden können auch gleichzeitig zur Stromerzeugung benutzt werden, wenn man einerseits eine Zink-, anderseits eine Kupfer- platte wählt und diese durch einen gegen den Boden isolierten Draht oberirdisch verbindet. Der Stromkreis des Kupfer-Zinkpaares wird durch den Draht geschlossen und ein schwacher Strom durchfließt den Boden, welcher aber allerdings so schwach ist, daß er kaum nachgewiesen werden kann; Pflanzen zeigen sich auch durch solche Ströme gewöhnlich nicht im geringsten beeinflußt. Sehr ansehnliche Ströme erzeugt man aber, wenn die Platten nur zur Einführung des Stromes, welcher von einer Dynamomaschine erzeugt wird, in den Boden dienen oder wenn man die Platten einfach mit der Lichtleitung verbindet. Je näher die Elektroden gesteckt werden, je höher die Spannung ist, desto stärker ist der Strom; gewöhnlich beobachtet man dann, daß sich die Wurzeln dem positiven Pol zu krümmen, weil die dem positiven Pol, der Ein- trittsstelle des Stromes zugewendete Wurzelhälfte geschädigt wird, während die dem negativen Pol zugewendete zunächst weiterwächst und normal bleibt. Sehr wichtig für elektrische Keimungsversuche ist nach R. Löwenherz!) die Lage der in den Kulturtöpfen befind- lichen Körner zum Strom. Liegen die Körner rechtwinkelig zur Strom- richtung, dann pflegt häufig, auch bei Verwendung starker Gleichströme, eine schädigende Wirkung auszubleiben, während im Falle die Samen in der Stromrichtung liegen, also der Länge nach vom Strome durch- flossen werden, gewöhnlich ein Auflaufen überhaupt unterbleibt. Man kann aber auch in diesem Falle die schädigende Wirkung aufheben, wenn man nicht Gleichstrom verwendet, sondern die Richtung des elektrischen Stromes zweimal in der Minute umkehrt, während ein Wechsel der Richtung 2—3 mal innerhalb 24 Stunden nicht genügt. In den Fällen, wo nicht die Lichtleitung zur Verfügung stand, verwendete Löwen- herz zwei hintereinander geschaltete Tauchbatterien von je 5 Chrom- säure-Elementen und geringem inneren Widerstand. Die beiden Batterien wurden hintereinander geschaltet, wodurch eine Batterie von 10 Elementen mit einer Klemmenspannung von durchschnittlich 15 Volt erhalten wurde. In die Gläser der Elemente wurden zunächst nur etwa 100 ccm der Chromlösung getan, und wenn die Klemmenspannung anfing abzu- nehmen, von Zeit zu Zeit neue Chromsäure aufgefüllt. Waren die Gläser voll, so wurde mit der Pipette etwas von der alten Lösung weggenommen und durch neue Chromsäurelösung ersetzt. Es genügte, zweimal täglich je 50 ecem Lösung durch neue zu ersetzen, um die Klemmenspannung der Batterien auf 15 Volt zu erhalten. Nach dem Begießen der Kulturen steigt die Stromstärke bedeutend, ja sie kann gegenüber dem bei trockener Erde erzielten den doppelten Wert erreichen. Versuchspflanze war Gerste, die Töpfe waren 22 cm hoch und hatten oben einen inneren Durch- messer von 23 cm, als Elektroden wurden ein Paar Kohlenplatten in den Topf hineingesteckt, in den Klemmschrauben ‚derselben war ein Stück blanken Kupferdrahtes festgeschraubt, das an den Leitungs- drähten befestigt war. Obzwar die Stromstärke pro Topf im Maximum nur ungefähr 0,015 Ampere betrug, wurde doch, wenn die Samen, die vom Strom durchflossen waren, in der Stromrichtung lagen, das Auf- laufen der Samen verhindert oder erschienen wenigstens die zur Ent-

1) R. Löwenherz, Versuche über Elektrokultur, Zeitschr. f. Pflanzen- krankheiten 15, 137 (1905).

44 I. Anzucht von Keimlingen.

wicklung gelangten Keimlinge geschädigt. Die Kohlenplatten waren 13 cm lang und steckten ca. 6 cm tief in der Erde, die wirksame Elek- trodenfläche war also 13x6 78 qcem groß; bei der Stromstärke von 0,015 Ampere pro Topf ist die Stromdichte höchstens 0,0002 Ampere pro qem in der Nähe der Elektroden, in der Mitte des Topfes noch etwas geringer; ein Strom von weniger als 0,0002 Ampere verhindert also mehr minder das Wachstum der Gerste. Den Befund vonLöwenherz, daß Wechselstrom genügender Intensität eine wachstumsfördernde Wirkung ausübt, konnte Gaßn er nicht bestätigen und weist mit Recht darauf hin, daß man beim Durchleiten des Stromes durch die Erde auch dessen Wärmewirkung beachten muß, denn die elektrisierten Töpfe er- hitzen sich bei größeren Stromstärken auf 10—20 ® über die Temperatur der nichtelektrisierten, es ist aber nicht auf die Rechnung einer günstigen Wirkung des elektrischen Stromes zu setzen, wenn Gerste bei 25 ° schneller keimt als bei 10°. Ferner ist, wenigstens bei Verwendung von Metall- elektroden, nicht genügend darauf geachtet worden, daß diese von der feuchten Erde sehr rasch angegriffen werden und daß schon Spuren von Metallverbindungen äußerst schädlich auf das Wurzelwachstum wirken. Dagegen hebt Gaßner eine indirekte günstige Wirkung des Stromes hervor: Wechselströme wirken auf tierische Pflanzen- schädlinge des Bodens, z. B. Engerlinge, tötend ein, während sie für die Pflanze in- different sind; es gelingt also, die Engerlinge zu töten, ohne die Pflanze zu schädigen. Über den Einfluß der Radium- strahlung auf die Keimung liegen erst wenige Erfahrungen vor, es scheint, daß durch die Einwirkung der Radiumsalze a uneahluns und die Emanation das Auflaufen sehr ge- auf Samen. hemmt wird. Über die Abkürzung der Ruhe- a innuchiem: 4 5er damen Periode und über den Einfluß auf Keim- pflanzen wird später einiges gesagt werden. Congdont) verwendete die Hälfte der Strahlung eines 8 mg metallischen Radiums in Form des Chlorids enthaltenden Glasröhrchens zur Erzeugung von Sekundärstrahlen, während die andere Hälfte direkt auf die Samen wirken konnte. Das Glasröhrchen (Fig. 8) war hinreichend dünnwandig, um den größten Teil der ß- und y-Strahlen durchzulassen, während die’«-Strahlen nicht herausdringen konnten. Die einen Samen waren l cm von dem Radiumröhrchen außerhalb des Bleirohres angebracht und erhielten bloß die direkte primäre Strahlung des Radiums. Dagegen waren die innerhalb des Bleirohres 1 cm vom Röhrchen befestigten Samen sowohl der Einwirkung der Primärstrahlen (der schnellen Elek- tronen) als auch der langsamen Elektronen von seiten der Sekundär- strahlung ausgesetzt, welche beim Anprall der Primärstrahlung an die Innenwand der Bleiröhre ausgelöst wird. Ein Schirm aus Aluminium, Holz und Gummi schützte die Samen außerhalb des Bleirohres vor einer merklichen Einwirkung zerstreuter Strahlung. Messungen der Ioni- sation an den Punkten, an welchen die beiden Gestelle mit den Samen

!) E.D. Congdon, Die Beeinflussung des Wachstums von Samen durch ß-Strahlen, Sitz. Ber. d. k. Akad.,d. Wiss.,„Wien 120, Abt. IIa (1911).

I. Anzucht von Keimlingen. 45

angebracht waren, zeigten, daß der Effekt innerhalb der Bleiröhre wegen der hinzukommenden Sekundärstrahlung um 25 % größer war als außer- halb. Die Samen wurden auf paraffiniertem Seidenpapier alle in der Entfernung 1 cm vom Radiumpräparat befestigt. Es wurden stets Samenkörner von mittlerem Durchmesser gewählt und in getrocknetem Zustande exponiert. Ein Vergleich der Verzögerung der Keimung bei Senfsamen und Hirse mit und ohne Samenhülle (11,6: 31,5 % bzw. 16,9: 32,7 %) zeigte, daß die Samenhülle die Strahlung hinlänglich absorbiert, um den Effekt bedeutend herabzumindern, der aber immer in einer beträchtlichen Verzögerung der Keimung besteht. Ein sehr markanter Unterschied zeigte sich auch, je nachdem der Keim des Samenkornes der Strahlungsquelle zugekehrt oder vor ihr durch den vorstehenden Teil des Samens geschützt war. Die prozentualen Ver- zögerungen betrugen: Sinapis ohne Hülle: Keim zugekehrt 36 %, Keim abgewendet 25 %; Panicum ohne Hülle: Keim zugekehrt 36,8 %, Keim abgewendet 28,6 %; Panicum mit Hülle: Keim zugekehrt 24,6 %, Keim abgewendet 9,2%. Die Keimungsverzögerung ist ferner der Größe des Samens verkehrt proportional; dagegen spielt die chemische Be- schaffenheit der Reservestoffe scheinbar keine Rolle bei Bestimmung der Samenempfindlichkeit den ß-Strahlen gegenüber, wie aus der fol- genden Tabelle hervorgeht:

PR Durch- Dicke der | NT 1? B Prozentuale messer | Samenhülle Stärke- Fett- Wachstums- : : gehalt gehalt TEEN in mm in mm verzögerung Panicum ohne Samenhülle| 0,60 45% | | Sinapis ohne Samenhülle| 0,67 25°, | 25% | 2350 Beeı....... 0,26 0,003 | 0% | 550 Bieoblanaı on. ...%. 0,26 0,003 55,0 WErantus. > 20. 0,40 0,007 Rosastärke | 19,0

Langsame Elektronen haben eine weitaus größere Wirkung als schnelle Elektronen von gleicher ionisierender Wirkung. Körnicke!) verwendete für seine Versuche 5 und 10 mg in Glasröhrchen eingeschlos- senes Radiumbromid und Samen von Vicia Faba, die eben zu keimen begonnen hatten und sich in einem mit feuchtem Sägemehl gefüllten Blumentopf befanden. An jedem Samen war auf der Embryoseite ein Radiumröhrchen (10 mg) angebracht, und zwar so, daß sich das untere Ende, in dem das RaBr, lag, dicht neben der zunächst weiter wachsenden Wurzelspitze befand. Vier Tage lang dauerte die Bestrahlung der Wurzel- spitze, die Wurzeln zeigten Wachstumshemmung und Schädigung. Ein trockener Samen von Vicia Faba war 24 Stunden mit 10 mg RaBr, bestrahlt gewesen, kam dann zwei Tage in Wasser von 26° C und darauf in Sägemehl. Nach einem Tage begann die Wurzel hervorzutreten, blieb aber am zweiten Tage der Keimung auf einer Länge von 20 mm stehen, verfärbte sich bräunlich und am 17. Tage nach diesem Wachs- tumsstillstande brachen aus dem inzwischen 75 mm lang gewordenen Epikotyl Adventivwurzeln hervor, während Hauptwurzel und später

!)M. Koernicke, Die Wirkung der Radiumstrahlen auf die Keimung und das Wachstum. Ber. d. d. bot. Ges. 22, 155 (1904). Weitere Unter- suchungen über die Wirkung von Röntgen- und Radiumstrahlen auf die Pflanze. Ebendas. 23, 324 (1905).

46 I. Anzucht von Keimlingen.

auch die Sproßspitze zu faulen begannen. Ähnliche Ergebnisse zeigten auch Erbsen und Bohnen, selbst wenn die Bestrahlung nur neun Stunden gedauert hatte; ferner wenn die Samen erst mehrere Tage nach erfolgter Bestrahlung des trockenen Samens zum Quellen angesetzt oder in ge- quollenem Zustand bestrahlt worden waren; Bestrahlung aus einer Entfernung von 4 cm schien nicht mehr wirksam, wohl aber aus 2 cm. Besonders resistent erwiesen sich die Samen von Brassica Napus, indem hier eine dreitägige Bestrahlung mit 10 mg RaBr, die Keimung und Weiterentwicklung nicht störte, ja gequollen bestrahlte Samen zeigten sogar eine Beschleunigung in der Keimung; diese Resistenz zeigte sich auch bei Samen, deren Schale teilweise entfernt war; die Keimlinge der an der entblößten Stelle bestrahlten entwickelten sich so wie die Keimlinge der Samen, welche an nicht entblößten Stellen bestrahlt gewesen waren. Erst nach 10 tägiger Bestrahlung des trockenen Samens erwies sich dieser in der Keimung zurückgehalten und in der Weiterentwicklung gehemmt.

UÜberdie Einwirkung der Röntgenstrahlen aufdie Keimung liegen gleich- falls Versuche von Koernicke!) vor. Gequollene Bohnensamen wurden in feuchtem Sägemehl zum Keimen gebracht, nach drei Tagen Exemplare mit gleich langen Wurzeln ausgesucht und in einen mit Sägemehl ge- füllten Sachsschen Keimkasten Fig. 11 gebracht. Eine der beiden ge- neigten Glasscheiben wurde durch eine Holzplatte ersetzt. In den Kasten wurden nun, der Holzplatte genähert, zwei Reihen von je sechs Keimlingen gepflanzt, und zwar so, daß die sechs rückwärtigen Exemplare hinter den Räumen sich befanden, welche die sechs vorderen zwischen sich ließen. Durch eine hölzerne Querwand wurde dann der Kasten in zwei Abtei- lungen mit je sechs Keimlingen geteilt; der vor der einen Hälfte befind- liche Teil der äußeren Holzplatte erhielt eine Bleibedeckung zur Ab- sorption der auf diese Kastenhälfte wirkenden Röntgenstrahlen. Auf den so vorgerichteten Kasten wirkten nun von der geneigten Holzplatte her die Röntgenstrahlen. Die Bestrahlung wurde so lange fortgesetzt, bis ein neben die Objekte der ersten, d. h. der Röntgenröhre näheren Reihe vorher gebrachter Holzknechtscher Reagenzkörper das Bestrah- lungsmaß von 24 H. Einheiten und ein in der zweiten Reihe befindlicher die Farbenintensität aufwies, die 20 H. E. zukommt. Die Strahlen wirken hemmend auf das Wachstum ein, aber auch hier zeigt sich zunächst keine Schädigung, vielmehr sogar primär eine Wachstumsbeschleunigung und erst nach einiger Zeit zeigt sich Stehenbleiben des Wachstums als physio- logische Nachwirkung; der Zeitpunkt des Eintretens dieser Nachwirkung ist abhängig vom Objekt und seinem physiologischen Zustande im Momente der Bestrahlung. Besonders widerstandsfähig erwiesen sich die Samen von Brassica Napus, die bei einer Strahlungsintensität, welche bei Vicia Faba sehr schwer gewirkt hatte, noch keine Hemmung erlitten. Bei genügend schwacher Einwirkung ist die Wachstumshemmung eine vorübergehende, eine Aufhebung der Keimkraft von trockenem wie gequollenem Samen wird selbst nach zweimaliger Bestrahlung mit über 20 H. E. nicht erreicht. Wurden die trockenen Samen mit über 20 H.*E. bestrahlt und dann bei 26 ° C in Wasser zum Quellen gebracht, so zeigte sich bei den Samen von Vicia Faba und Brassica Napus, be-

!) M. Koernicke, Über die Wirkung von Röntgen- und Radium- strahlen auf den pflanzlichen Organismus. Ber. d. d. bot. Ges. 22, 148 (1904).

II. Die Keimptlanze. 47

sonders auffällig bei den letzteren, eine Wachstumsbeschleunigung (von 100 Exemplaren war nach einem Tage schon die Hälfte gekeimt, von den Kontrollsamen nach dieser Zeit erst einer und die Hälfte erst nach drei Tagen), die aber mit der Zeit wieder ausgeglichen wurde. Bei Bestrahlung von vorher gequollenen Samen ergab sich dagegen keine Beschleunigung, dagegen nach zwei Tagen ein Stehenbleiben des Wachs- tums bei Vicia Faba, während V. sativa und Brassica Napus weiter- wuchsen.

Für orientierende Versuche über die Keimung eignen sich besonders die Samen von Phaseolus vulg., Zea Mays, Helianthus annuus, Cucur- bita Pepo. Um schöne Wurzelhaare zu erzielen, verwendet man mehrere Getreidearten wie Gerste, ferner Mais, Raphanus sat. Zum Studium der Etiolementerscheinungen eignen sich besonders die Gramineen, wie Hafer; kräftige Hauptwurzeln erzielt man bei Vicia Faba und Cucurbita.

I. Die Keimpflanze.

Erscheint bei dem im Keimbett angekeimten Samen das Würzelchen und ist dieses einige Millimeter lang geworden, so kann der Samen in das Medium übertragen werden, in welchem die Pflanze ihre weitere Entwick- lung durchmachen soll (Fig. 9), also entweder in ein festes oder flüssiges Substrat. So wenig empfindlich der Samen im ruhenden Zustand gegen

Fig. 9. Vier aufeinanderfolgende Stadien der Entwicklung der Keimpflanzen von Helianthus annuus. im ersten Topf sind die Keimblätter noch vom Perikarp umschlossen, das bei zunehmender Ent- faltung immer mehr zur Spitze rückt, bis es schließlich abgeworfen wird. (Dieses Bild verdanke ich der Freundlichkeit des Herrn L. v. Portheim, Leiters der Biologischen Versuchsanstalt in Wien.)

die Einwirkung äußerer Faktoren sich gezeigt hat, so sehr ist es die junge Keimpflanze und sie muß deshalb mit der größten Vorsicht be- handelt werden. Verwendet man ein festes Substrat, so wird ge- wöhnliche Gartenerde gute Dienste leisten; die Erde wird in einem groben Sieb von allzufesten Stücken befreit, locker in den unglasierten

48 II. Die Keimpflanze.

Blumentopf aufgeschüttet, dessen untere Öffnung eine Tonscherbe zum Zwecke der Drainage trägt. Die Erde wird nun mittels einer Brause angefeuchtet, wobei man zweckmäßig mit einem Holzstab in die all- mählich zusammenklebende Erde Löcher stößt, welche ein schnelles Eindringen des Wassers in die Tiefe bewirken; der Topf steht auf einem Wasser enthaltenden Untersatz. Mit einem Holzstäbchen werden nun kleine Öffnungen in die Oberfläche des Erdreichs gestoßen und das Würzelchen so hineingesteckt, daß der Samen von Erde halb bedeckt ist. Ebenso wie es zweckmäßig war, nicht zu viele Samen in einer Keim- schale auszulegen, weil die gegenseitige Entwicklung dadurch gehemmt ist, so ist es auch nicht empfehlenswert, besonders für länger dauernde Versuche, allzu viele Pflanzen in einem Blumentopf unterzubringen, der Abstand der einzelnen Samen voneinander soll mindestens 2 cm betragen. Will man eine Kontrolle über die der Pflanze zur Verfügung stehenden Mineralstoffe haben und dabei doch in festem Substrat arbeiten, so empfiehlt es sich, feinen Seesand zu nehmen, der zum größten Teil aus Quarz besteht und diesen mit Leitungs- oder Brunnenwasser oder mit einer der später zu besprechenden Nährlösungen zu begießen. Für genauere Versuche genügt aber der Seesand nicht, sondern man be- dient sich reinsten Quarzsandes, der mit Königswasser gewaschen war; ich habe übrigens gelegentlich die Erfahrung gemacht, daß ‚‚reinster‘‘ käuf- licher Quarzsand noch immer Nährstoffe an die Pflanze abgeben kann, und es empfiehlt sich daher, den käuflichen Quarzsand selbst in Porzellan- gefäßen (unter gut ziehendem Abzug) mit einem Gemisch von Salz- säure und Salpetersäure 3 : 1 mehrere Stunden auszukochen und den abgepreßten Sand mit heißem Wasser so lange durchzurühren und immer wieder abzupressen, bis ein Tropfen des Waschwassers mit Silber- nitrat keinen Chlorsilberniederschlag mehr ergibt. Wie schon erwähnt, ist es mitunter (bei der Einwirkung gasförmiger Agenzien auf die Keim- pflanze) notwendig, die absorbierende Wirkung des Topfes und des Substrates auszuschließen: man verwendet dann glasierte Töpfe ohne Drainageöffnung oder Glasküvetten (beide haben sich in meinen Ver- suchen sehr bewährt, und ich habe niemals mit Schwierigkeiten der Bewässerung oder des Sauerstoffmangels zu kämpfen gehabt); die Erde wird entweder mit Stanniol (mitunter ergibt bleihaltiges Stanniol Schädi- gungen, in der Regel aber ist das käufliche Stanniol sehr verwendbar) oder mit Aluminiumfolie überdeckt; am besten ist es, einen dünnen Überguß von niedrig schmelzendem Paraffin zu verwenden; hoch- schmelzendes hat den Nachteil, sich leicht von den Glas- oder Ton- wänden des Gefäßes abzuheben und zu klaffen; auch darf man das Paraffin nicht vollständig erstarren lassen, sondern muß noch während es halbweich ist, mit der Nadel die Löcher zum Durchstecken des Würzelchens einbohren, weil man sonst leicht beim Herausziehen der Nadel die ganze Decke abhebt oder von Radialsprüngen durchsetzt sieht. Auch kann man weiches Paraffin nach dem Durchstecken des Würzelchens leicht um dieses festdrücken und so den Verschluß völlig abdichten. Diese Methode hat auch den weiteren Vorteil, daß ein Bewässern unnötig ist; im dunstgesättigten Raume halten sich solche Kulturen wochen- lang und entwickeln sich ganz normal. Zur Erzielung des dunstgesättigten %aumes ist es natürlich am zweckmäßigsten, wenn man die Pflanzen in größeren, warmen, feuchtigkeitsgesättigten Räumen hält, denn unter engen Glocken ist eine Schädigung der Pflanzen durch die sich an-

II. Die Keimptlanze. 49

sammelnde Kohlensäure nicht ausgeschlossen, was man auch daraus ersieht, daß sich Pflanzen unter Glocken, als deren Abschlußflüssigkeit starke Kalilauge gewählt wurde, wenigstens in der ersten Zeit, freudiger entwickeln und größere Längen erreichen als solche unter wasserabgesperrten Ge- fäßen. Die Kohlensäure wird in Liehtkulturen sicherlich vielfach, sowie sie als Atmungsprodukt die Pflanze verlassen hat, sofort zur Assimilation im Lichte herbeigezogen. Arbeitet man unter Glocken, so ist es not- wendig, dieselben mindestens alle 24 Stunden abzuheben, gründlich auszuschwenken und erst dann wieder die Kultur damit zu bedecken: soll keine Abschlußflüssigkeit verwendet, sondern die Glocke mit Vaselin an eine Glasplatte festgedichtet sein, so stellt man ein Gefäß mit Wasser zur Erhaltung des feuchten Raumes mit unter die Glocke und sorgt für einen den Tubus der Glocke verschließenden, doppelt durchbohrten Stöpsel, durch dessen Glasröhren (eine nahe dem Glockenboden, die andere unterhalb des Stöpsels endigend) man Luft durchleitet, eventuell unter Vorlegung entsprechender Absorptionsgefäße, wenn es sich darum handelt, gasförmige Stoffwechselprodukte nicht zu ver- lieren. Um den Stöpsel luftdicht dem Tubus einzufügen (wenn man nicht Kautschukpfropfen verwendet), kocht man zunächst den Kork- stöpsel in Wasser gründlich aus, durchbohrt ihn entsprechend und setzt ihn nach dem Zusammenquetschen in der Korkpresse gutsitzend in den Tubus ein, dann übergießt man ihn langsam mit aufgeschmolzenem Paraffin, welches seine Poren ausfüllt (man paraffiniere den Stöpsel niemals vor dem Einsetzen in den Tubus). Dasselbe Ziel erreicht man durch Bepinseln mit Kollodiumlösung, am besten aber, indem man den Stöpsel in einer kaltgesättigten Auflösung von Ammoniumbichromat badet, dann einsetzt und mehrere Stunden dem Lichte exponiert, die braunschwarz gewordene Schicht ist dann absolut undurchlässig. Die Glocke mit den Pflanzen stelle man nicht ins direkte Sonnenlicht, sondern blende dieses durch Jalousien ab oder arbeite im diffusen Licht. Will man mit ultraviolettem Lichte arbeiten, so ist darauf zu achten, daß die ultravioletten Strahlen zu 50 % und mehr von gewöhnlichem Glas absorbiert werden und man sich des Quarzglases bedienen muß. Zur Ausschaltung der Wärmewirkung künstlicher Lichtquellen dienen Küvetten, die, mit Wasser gefüllt, zwischen Lichtquelle und Pflanze ge- schaltet werden, aber allerdings auch die Intensität des Lichtes dämpfen.

Mitunter wird man als Medium, in welchem die Pflanze wurzeln soll, Gelatine verwenden, wie sie in der bakteriologischen Methodik üblich ist: das wird namentlich dann der Fall sein, wenn man Diffusions- gefälle herstellen will, um Chemotropismen zu untersuchen. In den Versuchen von Porodko!) wurde als Diffusionsmedium eine erstarrte I!/, prozentige Agarlösung, als Diffusionsgefäß eine rechtwinkelige Glas- wanne benutzt. Die Glaswanne wird mit warmer Agarlösung gefüllt. Nach dem Erstarren des Agars wird ein Teil desselben entfernt, und zwar so, daß nur eine quergespannte Agarlamelle in der Mitte der Wanne übrigbleibt. Die Lamelle stellt eigentlich einen Block, ein rechtwinkliges Prisma vor, dessen Höhe und Breite die der Wanne sind. Der Agarblock teilt somit das Innere der Wanne in zwei nicht kommunizierende Hälften, von denen die eine mit der zu prüfenden Lösung, die andere mit Wasser

1) Th. Porodko, Über den Chemotropismus der Wurzel. Ber. d. d. bot. Ges. 28, 50 (1910).

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 4

50 II. Die Keimpflanze.

gefüllt wird, so daß ein Diffusionsstrom den Block durchsetzt. Die Pflanzen werden mit ihren Wurzeln nicht tiefer als 1 mm in den Agar- block reihenweise in 2—3 Reihen eingeführt. Diese Methodik ist auch sehr geeignet, die noch strittige Frage der Wurzelausscheidungen zu behandeln, da man den Gallertblock oder die Gallertblöcke mit Indikatoren tränken könnte, welche, wie Phenolphthalein, Neutralrot usw., empfind- licher als der immer dazu verwendete Lackmusfarbstoff, vielleicht in dieser Frage geeigneter sind als Filtrierpapier oder Marmor oder der- gleichen. Freilich wäre es hier um so notwendiger, für vollkommenes Sterilbleiben Sorge zu tragen, um so mehr, als wahrscheinlich gerade in der Frage der Wurzelausscheidungen absterbende Wurzelteilchen eine große, noch zu wenig berücksichtigte Rolle spielen. Dieses Sterilhalten kann aber nach den später zu schildernden Erfahrungen der sterilen Me- thodik bei höheren Pflanzen keine unüberwindliche Schwierigkeit bieten.

Übrigens hat Porodko!) gerade zur Untersuchung von Chemo- tropismus noch eine einfachere Arbeitsweise angegeben. Das Versuchs- gefäß setzt sich aus zwei Teilen zusammen: einem Glaszylinder und einem Blumentopf. Der erstere ist mit Wasser halb gefüllt und dient dem gut hineingepaßten Blumentopf als Stütze. Diesem wird vorher der Boden abgesägt und über die untere Öffnung eine grobmaschige Gaze gezogen; hierauf wird eine zirka 1 cm hohe Schicht feuchter Sägespäne daraufgelegt, die gequollenen Samen eingepflanzt und wieder mit Säge- spänen bedeckt. Die Versuchsgefäße bleiben dann in einem feuchten, dunklen Raume stehen. Nach ein bis zwei Tagen wachsen die Wurzeln in das feuchte Zylinderinnere hinaus. Haben sie eine Länge von zirka 10—15 mm erreicht, werden die Versuchsgefäße auf einen zitterfreien Tisch getragen und dann mit dem chemotropischen Versuch begonnen.

Besser als mit festen oder halbweichen Medien arbeitet man in Nähr- lösungen, wobei allerdings zweierlei Nachteile zu berücksichtigen sind: Der Versuch kann nur beschränkte Zeit durchgeführt werden, weil die absterbenden Teile der Wurzel zum Nährboden für Bakterien, niedere Algen usw. werden und dadurch auch die oberirdischen Teile mittelbar leiden und ferner fehlt in der Nährlösung die Möglichkeit für die Pflanze, sich festzuklammern, mit der Wurzel festzuankern, und so muß für die sich vergrößernden oberirdischen Teile eine künstliche Stütze geschaffen werden. Verwendet man Glasgefäße, so ist es sowohl bei Sand- als auch bei Wasserkultur ratsam, sie vorher gründlich auszukochen, damit alle Stoffe, welche aus dem Glase an das Nährsubstrat abgegeben werden könnten, vorher eliminiert seien; bei Sandkulturen kann man, um die nötige Durchlüftung zu erreichen, den Boden statt mit Sand zunächst mit gereinigten größeren Kieseln belegen, eventuell diese noch mit einer Schicht Watte bedecken und dann erst Sand auffüllen oder auch enge Glasröhren senkrecht vom Grunde des Gefäßes bis an die Oberfläche, die Kulturerde durchsetzend, ziehen. Bei feinem Sand vermeidet man ein Zusammenbacken, wenn man nicht die bereits eingefüllte Erde be- sießt, sondern den Sand vor dem Einfüllen so mit der Nährflüssigkeit durchtränkt, daß er kleine zusammenhängende Brocken bildet, die man dann, durch sanften Druck zwischen den Händen zerreibend, einstreut. Wichtig ist auch die Auswahl der gekeimten Samen. Man sieht schon äußerlich an der Färbung des Samens, an der Länge des hervortretenden

ı) Th. Porodko, Vergleichende Untersuchungen über Tropismen, TI. 3er. d. d. bot. Ges. 30, 16 (1912).

If. Die Keimpflanze. 51

Würzelchens, an der Keimungsenergie überhaupt, welche Samen un- gefähr gleichartig sind, und wähle für einen Versuch nur physiologisch äquivalente Exemplare aus, also zunächst solche von gleicher Samen- größe, d. h. annähernd gleichen Reservestoffgehaltes, und solche, deren hervorbrechende Teile in gleichen Zeiten die gleiche Länge erreicht haben. Niemals verwende man zum Vergleiche Keimlinge, deren hervor- brechende Teile an verschiedenen Tagen zu gleicher Länge gelangt sind, überhaupt nicht solche, deren Vorkeimung verschieden lange ge- dauert hatte. Man wird die Erfahrung machen, daß kleinere Samen zunächst niedrigere Pflanzen geben, weil in erster Linie die Reserve- stoffe zum Aufbau der Pflanze Verwendung finden; wenn sich auch die Größenunterschiede später, im Verlaufe der Assimilationstätigkeit, wieder ausgleichen!), kann man doch, wenn man den Versuch früher ab- bricht, zu Fehlschlüssen gelangen. Uberhaupt achte man darauf, daß die Keimlinge, die man miteinander vergleichen will, unter völlig iden- tischen Bedingungen, die Kulturgefäße am besten nebeneinanderstehend, gezogen werden, gleich in bezug auf Substrat, Licht, Temperatur, Feuchtigkeit. Hat man gleichzeitig annähernd gleichgroße Samen ver- wendet, so kann man nach Wochen der Entwicklung die hervor- gewachsenen Pflanzen soldatisch gleich und ebenmäßig sehen. Man täuscht sich aber doch manchesmal in bezug auf die physiologische Äquivalenz der angekeimten Samen. Wenn man also schon vorher zum Ankeimen etwa die doppelte bis dreifache Anzahl von Samen, als man Pflanzen benötigt, auslegen mußte, so muß man auch nach dem Einsetzen noch vergleichend vorgehen. Die angekeimten Samen werden mit dem Würzelchen in die Erde gesteckt und selbst noch mit einer je nach der Samengröße 2—20 mm hohen Erdschicht überdeckt, welche ganz locker sein muß, damit der Keimling die Schicht leicht durch- brechen kann. Nach zwei bis drei Tagen sieht man dann schon, ob einzelne im Wachstum zurückbleiben oder überhaupt schwächlich sind, was ja mit den Einflüssen zusammenhängen kann, die den Samen oder die Pflanze, die ihn hervorgebracht hatte, getroffen hatten, was äußer- lich am Samen nicht beobachtet werden muß. Diese zurückgebliebenen Exemplare entfernt man. Bei der Kultur ohne vorgängige besondere Maßregeln der Asepsis kommt es vor, daß sich im Kulturgefäße an einzelnen Samen ein Pilzbelag zeigt. Das mag schon in der Keimschale der Fall gewesen sein und kann verschiedene Ursachen haben, sei es, daß die Samen von vornherein geschwächt und den Angriffen der Pilz- keime gegenüber weniger widerstandsfähig waren, sei es, daß das zum Ankeimen verwendete Filtrierpapier verunreinigt ist (man verwende deshalb auch womöglich zu diesem Zwecke niemals das gewöhnliche graue, sehr verunreinigte Fließpapier) und dem Pilz schon Nährstoffe bietet, sei es, daß durch allzu reichliches Befeuchten des Keimbettes bei gleichzeitiger Warmhaustemperatur das Aufkommen des Pilzes be- günstigt wurde, sei es endlich, daß der Keimraum selbst schon infiziert ist. Man wählt naturgemäß für die Kultur nur ganz gesunde, nicht befallene Samen, aber selbst dann kann es zu einer Verpilzung einzelner kommen, die dann schleunigst entfernt werden müssen, sollen die bis dahin gesunden Pflanzen nicht auch in Mitleidenschaft gezogen sein. Da Bakterien und Pilze mit Vorliebe zwischen den fleischigen Teilen des ") A. Burgerstein, Verhandl. d. zool.-bot. Ges. Wien 1912, S. 17. 4*

52 II. Die Keimpflanze.

Samens und der Samenhaut vegetieren, ist es von Vorteil, die Samen- haut sobald als irgend möglich zu entfernen; natürlich dürfen diese abgenommenen Teile nicht am oder im Kulturgefäß belassen werden, weil sie eine ständige Verpilzungsquelle bilden. Hat man die Kultur- sefäße mit den Samen unter eine Glocke gebracht, welche nicht mehr vor Beendigung des Versuches geöffnet werden darf, so ist im Falle der Verpilzung eines Samens der Versuch natürlich unbrauchbar, weil ja nicht nur der Pilz selbst durch seine Stoffwechselprozesse das Resultat unsicher macht, sondern auch die Versuchspflanzen in unkontrollierbarer Weise beeinflußt. Es ist ersichtlich, wie notwendig also auf alle Fälle eine von vornherein eingeschlagene aseptische Versuchsmethodik sich empfiehlt. In einzelnen Fällen, wo eine solche Kulturmethode nicht verwendet worden war, habe ich mir in der Weise geholfen, daß durch den Korkstöpsel der Glocke ein dünner Platindraht mit haken- förmig umgebogener Spitze gezogen war, so daß man mit ihm im Not- falle den angegriffenen Samen herausheben und in ein unter der Glocke befindliches Gefäß mit konzentrierter Schwefelsäure stecken konnte, eine Operation, die aber schon durch das notwendige Hin- und Herbiegen des Drahtes sehr mühsam wird. Die Versuchstöpfe sollen möglichst groß sein, damit das Wurzelsystem der Pflanze hinlänglichen Raum zur Ausbreitung finde; die Töpfe, wie sie Sachs verwendet, bestehen aus schwarzbraun gebranntem Ton, der sehr porös und von großer Festigkeit ist; durch die große Porosität wird beim gleichmäßigen Feuchterhalten der Erde einem Versumpfen des Bodens vorgebeugt. Wenn man größere Reihen vergleichender Versuche anstellt, ist besonders im Winter auf die Erhaltung des Bodens große Sorgfalt zu verwenden, damit demselben der gleiche Grad von Frische, Feuchtigkeit und Locker- heit gewahrt bleibe. Diese. drei Momente üben den größten Einfluß auf das Eintreten und die Schnelligkeit der Keimung. Die zur Füllung des Topfes bestimmte Erde wurde von Sachs!) jedesmal einer be- sonderen Bearbeitung mit den Händen unterzogen; zwischen den locker übereinander hinlaufenden Handflächen wurde sie in feuchtem Zustande so lange zerrieben, bis die ganze Masse ein sehr lockeres und völlig gleich- förmiges Aussehen angenommen hatte. Dieser Bearbeitung wurde die Erde jedesmal von neuem unterworfen, wenn nach Beendigung des Versuches dieselbe zur Keimung neuer Samen dienen sollte. In diesem aufgelockerten Zustande wurde die Erde in die Töpfe eingefüllt und dann stark eingerüttelt, aber niemals festgedrückt. In die Kulturerde werden die größeren Samen immer so gelegt, daß die Keimwurzel senk- recht in den Boden hinabwachsen kann, und die Samen dann, wie er- wähnt, mit lockerer Erde bedeckt. Für kleine Samen werden in die frisch eingefüllte feuchte Erde Furchen gezogen und dann die Samen mit einer ganz dünnen Schicht Erde nach dem Hineinlegen bedeckt. Wo es auf Konstanterhaltung der Temperatur ankommt, leistet der von Sachs konstruierle Apparat (Fig. 10) gute Dienste: AA ist ein wasserdicht angefertigtes Gefäß von Eisenblech, welches am oberen Rande drei Haken trägt, von denen zwei (F F,) in der Abbildung angegeben sind; diese Haken sind nach oben konkav und dienen dazu, den gläsernen

!) J. Sachs, Physiologische Untersuchungen über die Abhängigkeit der Keimung von der Temperatur, Jahrb. f. wiss. Bot. 2 (1860); Physiologische Unter- suchungen über die Keimung der Schminkbohne. Sitz.-Ber. d. k. Akademie d. Wiss. Wien 87 (1859).

II. Die Keimpflanze. 53

Helm FH zu tragen, der etwas größer ist als das Gefäß A A; der Helm hält die Luft über der Erde feucht, und indem er die ausstrahlende Wärme zum Teil zurückwirft, erhöht er die Temperatur im Innern des Apparates um mehrere Grade; auf der inneren Seite des Helmes schlägt sich Wasser nieder, welches außerhalb des Apparates abtropft, da der Helm übergreift; zugleich wird die Luft unter dem Helm noch dadurch erwärmt, daß die um AA befindliche aufsteigende warme Luft sich unter H ansammelt. Ein zweites eisernes Gefäß C C von der Gestalt des vorigen, aber kleiner, trägt oben einen ausgebogenen Rand, welcher auf den Rand von AA so über- H greift, daß CC in AA hängt; der Boden von CC bleibt auf diese Weise etwa einen Zoll über dem Boden von AA und ungefähr ebensoviel stehen die Seiten- wandungen beider Gefäße ab. Der freie Raum K zwischen AA und CC wird mit Wasser gefüllt, damit die größte Wärme zum oberen Rande des Topfes hingeleitet werde, denn da der untere Teil des Blumentopfes durch Ausstrahlung weni- ger verliert und dem Luftwechsel weniger ausgesetzt ist, so würde er sich viel stärker erwärmen als der obere Teil; übrigens nimmt die Wärme auch von der Wand des Topfes zum Zentrum ein wenig ab. Auf dem Boden von CC ragen Füße aufwärts, auf welche der Blumentopf EE, gestellt wird, in dem sich die Keim- linge Kl entwickeln; dieser läßt zwischen sich und dem Gefäße CC einen freien Raum, so daß die Luft um den Topf un- gehindert zirkulieren kann. Der ganze Apparat steht auf einem starken, eisernen Fig. 10. Keimapparat nach Sachs zur Dreifuß G G, unter den ein Mikrobrenner Erhaltung konstanter Temperatur. gestellt wird, am besten ist ein gleichmäßig erwärmender Kranzbrenner. Wie wichtig für manche Pflanzen die Erhaltung des feuchten Raumes ist, zeigt Sachs in seinen Untersuchungen über die Keimung der Schmink- bohne, indem trockene Luft wohl die Bildung der Blätter nicht hinderte, aber bewirkte, daß die Blätter klein blieben; die trockene und durch Heizung immerfort in Bewegung befindliche Luft eines im Winter geheizten Zimmers genügte, um die Fläche des ersten Blattes auf 2—3 gem zu reduzieren, während sie bei derselben Temperatur unter einer Glasglocke in feuchter Luft 30—40 qem Fläche erreichten; die retardierende Wirkung in der Entwicklung der Blattfläche macht sich sogleich nach dem Heraus- treten der Keimblätter an die Luft bemerkbar und bei feuchtem, warmem Boden und warmer, aber trockener Luft kann es durch den Mangel an Luft- feuchtigkeit so weit kommen, daß die Primordialblätter völlig vertrocknen. Die Forderung, daß die Kulturgefäße möglichst groß zu wählen sind, mindestens mit einem bis zwei Litern Fassungsraum für etwa zehn Bohnen- pflanzen, gilt in noch höherem Maße für die Wasserkultur als für die Sandkultur. Es wurde vorhin davon gesprochen, daß ein großer Nachteil dieser Kulturmethode darin bestehe, daß die Wurzel im Wasser sich

54 II. Die Keimpflanze.

noch empfindlicher gegen allerhand schädliche Einflüsse verhält, wie Spuren von Schwermetallsalzen und Fäulnisprodukte, um so mehr, als die Durchlüftung hier schwieriger ist; aber dafür kann man in dem durch- sichtigen Glase jede Veränderung des Wurzelsystems sehen und überhaupt dessen Entwicklung verfolgen (Fig. 12). Freilich gelingt das auch in der Erdkultur durch den Sachsschen Keimkasten (Fig. 11), dessen schief- stehende Wände, an welchen sich das Wurzelsystem ausbreitet, aus Glas sind. Eine Unannehmlichkeit der Wasserkultur ist es ferner, daß sich allerhand niedere Organismen, besonders Algen, leicht darin ent- wickeln, welchen Übelstand man übrigens dadurch einschränken kann, daß man das Kulturgefäß mit schwarzem Papier umgibt, wodurch man auch für die Entwickelung der Wurzel natürlichere Bedingungen schafft. Wegen der notwendigen größeren Widerstandsfähigkeit ist es zweckmäßig, etwas ältere Entwicklungsstadien für die Wasserkultur zu wählen, als sie für Sandkultur notwendig sind, schon desalb, weil das Würzelchen ins Wasser eintauchen muß, um der Pflanze Wasser zuzu- führen. Von den Sägespänen, in denen die Samen angekeimt wurden, bringen dieselben gewöhnlich Spuren von Stoffen in die Wasserkultur mit, wodurch dieselbe verunreinigt wird. Man muß demnach weiche, möglichst harzfreie Sägespäne, am besten Buchenholzspäne, als Keimbett wählen und die angekeimten Samen vor dem Einbringen in die Wasserkultur sorgfältig mit destilliertem Wasser abspritzen. Zur Wasserkultur eignen sich übrigens nicht alle Samen gleichmäßig, vor allem wird man kleine Samen wegen der Unbequemlich- N I keit der Manipulation ausschließen, aber auch von Sachs. größeren Samen wird man mit Vorliebe die in Wasserkultur sich gut entwickelnden der Bohne,

Lupine, Helianthus, Mais, Buchweizen usw. bevorzugen. Die Be- festigung macht, wie erwähnt, ebenfalls Schwierigkeiten, denn nie- mals darf ein Stengelorgan unters Wasser tauchen, weil dadurch Fäul- nisvorgänge bedingt wären. Nun treten aus den Gramineen beispiels- weise nach unten nur Wurzelorgane aus, sie können also unmittel- bar über der Wasseroberfläche befestigt werden, dagegen entwickelt sich beim Buchweizen, Helianthus, Phaseolus usw. zwischen Kotyledonen und Wurzel das Stengelstück des Hypokotyls, das aus dem Wasser herausragen muß, respektive, da es sich durch längere Zeit streckt, immer wieder herausgezogen werden sollte; das ist aber von vornherein nicht so schwierig, wenn man darauf Bedacht nimmt, daß überhaupt nur die Spitze der Wurzel, nicht aber deren oberste Teile ganz ins Wasser zu tauchen haben. Die Kulturgefäße sollen, wie bereits erwähnt, bei der Wasserkultur sehr geräumig sein. Wortmann!) weist darauf hin, daß die Wurzelatmung dann besser vor sich geht und die Kultur- flüssigkeit niedrigere und gleichmäßigere Temperatur beibehält. Die Pflanzen gedeihen weit besser als in schmalen Gefäßen und brauchen mehr oder weniger keine weitere Fürsorge, wenn die Kultur einmal eingestellt ist. Wortmann verwendet Glaszylinder, die 26%, 1 fassen

ı) Wortmann, Bot. Ztg. 1892, p. 643.

UI. Die Keimpflanze. BB)

(zum Preise von 5 Mark bei Ehrhardt & Metzger, Darmstadt). Nach dem Auskochen des Gefäßes ist es zweckmäßig, dasselbe mit starker Salpetersäure auszuwaschen, die Salpetersäure durch Wasser zu ver- treiben, dann mit einer starken Sublimatlösung nachzuspülen und schließlich mit destilliertem, ausgekochtem Wasser solange durch- zuwaschen, bis ein Tropfen des Waschwassers mit Silbernitrat keine Fällung mehr gibt. Will man größere Pflanzen ziehen, so empfiehlt es sich, in den breiten Hals des Kulturgefäßes einen Kork mit breiter Bohrung zu setzen, welche zur Aufnahme der Pflanze dient. Der Kork erhält radial von der Bohrung einen Schnitt, welcher einen Sektor des Korkes entfernt, der nachher wieder eingefügt wird ; durch diese Öffnung kann der Stengel der Pflanze auch später noch seitlich eingeführt werden. Ein Tränken des Kor- kes mit Paraffin gewährt guten Schutz vor Schimmelpilzen. Verwendet man gläserne Zylin- der als Kulturgefäße, so er- halten diese einen Deckel, der in der Mitte ein größeres Loch zur Aufnahme der Pflanze und seitlich davon ein kleineres Loch zur Befestigung der Holzstütze trägt, an welche die Pflanze nach dem Heranwachsen an- gebunden wird; besonders not- wendig sind solche Stützen natürlich für windende oder schlingende Pflanzen. Pfeffer verwendet als Deckel für daszy- lindrische Kulturgefäß lackier- tes Zinkblech oder Porzellan, in dessen mittlere Durchboh- rung die Pflanze mit Hilfe eines halbierten und paraffinierten Korkes angebracht ist; ein ra- dialer Schlitz des Deckels ge- stattet auch hier das Ein- und Ausschieben des Pflanzen- 3 stengels. In der Durchbohrung

des Korkes wird der junge Keimling mit Watte so befestigt, daß die Reservestoffbehälter sich oberhalb des Korkes, also außerhalb der Flüssigkeit, befinden, eventuell befestigt man das Hypokotyl mittels der Watte im Stöpsel. Diese Art der Kultur dient, wie gesagt, nur für größere Pflanzen, bei denen man die Entwicklung eines einzelnen Individuums und seiner Teile studieren will; für die gewöhn- lichen Laboratoriumsversuche mit kleineren Keimpflanzen ist aber dieses Verfahren schon deshalb höchst unpraktisch, weil man ja viele Vergleichspflanzen, womöglich in einer Kultur, zu Vergleichszwecken

Fiz. 12. Weasserkultur von Hartwegla comosa

(nach ©. Richter.)

56 II. Die Keimpflanze.

zu halten wünscht, wofür bei dem eben geschilderten Verfahren ebenso- viele Kulturzylinder nötig wären. In diesem Falle benutzt man zweck- mäßig (nach dem Vorschlage von Portheims) mit Gaze über- spannte Einsiedegläser, die in verschiedener Größe zu haben sind. Das gründlich gereinigte Glas wird mit mehr oder weniger engmaschigem Organtin überspannt, indem man die feuchte Gaze, welche sich so be- quem spannen läßt, mit Zwirn an dem wulstigen Rande des Einsiedeglases festbindet. Da der Organtin reichlich mit Stärke getränkt ist und von der Appretur her gewöhnlich noch Reste von Mineralsalzen, haupt- sächlich Kalk, enthält, muß man ihn vor der Verwendung in einprozentiger Salzsäure oder Salpetersäure auskochen (nicht zu lange, weil sonst das Gewebe zerfällt), worauf man ihn nach sehr sorgfältigem Auswaschen mit destilliertem Wasser über das Einsiedeglas spannt. Der Organtin wird so geschnitten, daß er sich nachher gerade bequem binden läßt, und die etwa herabhängen- den Zipfel abgeschnitten; nie- mals lasse man solche Zipfel in eine Flüssigkeit, etwa eines Unter satzes, hineintauchen, weil auf diese Weise infolge der kapillaren Saugung Flüssigkeiten in das über- spannende Netz und so in die Kul- turlösung hineingelangen könn- ten. Zwischen die Maschen des Organtins werden dann die Wür- zelchen der angekeimten Samen mit Beachtung der früher er- wähnten Vorsichtsmaßregeln ge- steckt, wobei es allerdings bei zu weiten Maschen vorkommen kann, daß Stengelteile in die Flüssig- keit hineinrutschen. Ein weiterer Nachteil der Einsiedegläser ist die schwierige Befestigung von i notwendig werdenden Stützen, da

Fig. 13. ’Wanserkultur eines Zeige ron Acseulus diese an der zylindrischen Wand des Einsiedeglases nur schwierig

anzubinden sind und auch zwischen die Maschen des Organtins nicht gesteckt werden können. Immerhin ist mit der Organtinmethode die Möglichkeit geboten, zahlreiche Pflanzen, je nach der Größe des Kulturgefäßes, in einem Gefäße unterzubringen. ATsZNschrz lösung eignet sich gewöhnliches Brunnen- oder Leitungswasser (z. B. das Wiener Hochquelleitungswasser ganz ausgezeichnet), aber es sind von verschiedenen Autoren verschiedene Rezepte für Nährlösungen an- gegeben worden, welche namentlich dort Verwendung finden werden, wo es sich um genaue Kontrolle des der Pflanze zur Verfügung stehenden

Salzmaterials handelt. Die gebräuchlichste Nährlösung ist jene von Knop, sie enthält auf einen Liter Wasser:

0,25 g MgSO, | 012g KCÜl

1,00 ,, Ca(NO,), Spur FeÜl,.

0,25 „, KH,PO, (Monokaliphosphat)

II.. Die Keimpflanze. 57

Wiesner ersetzt in dieser Nährlösung das KCl durch KNO,, es ist noch strittig, ob das Cl-Ion für manche Pflanzen schädlich ist, während es nach Nobbe für Buchweizen zur freudigen Entwicklung dieser Pflanze geradezu notwendig erscheint. Birner und Lucenus verwenden: 1000,0 g H,O | 0 & KH,POR

0,5 MgSO, | I. .„ Be,(PO09.

1,5 Ca(NO;), |

Sachs setzt seine Nährlösung folgendermaßen zusammen:

1000 g H,O | 0,5 g MsSO, 1,0, 5EN03 | 0:3,,> &a,(PO,): 0,5 NaCl | Spur FeÜl,. 0,5 CaSO, |

Mit Rücksicht darauf, daß die Nährlösung für höhere Pflanzen schwach sauer sein soll, ist es wichtig, zu wissen, daß KH,PO, sauer, das Dikaliphosphat K,HPO, alkalisch, das tertiäre Kaliphosphat K,PO, schließlich physiologisch neutral ist; man verwendet aus dem angeführten Grunde vornehmlich Monokaliphosphat. Tollens verwendet drei Lösungen, welche den großen Vorteil bieten sollen, die Entwicklung von niederen Algen in der Kulturlösung zu verhindern:

Bone CalNO,); :.B.: 28.8 KE,PO,. 10230, E!MES0O,

25 KNO, 1000 „, H,O. 1000 „, H,O. 15 ,. NaCl 1000 „, H,O.

Von diesen drei Lösungen gelangen je 100 ccm auf 10 Liter Wasser zur Verwendung. Es ist zweckmäßig, sich bei jeder der genannten Lösungen eine etwa zehnmal so hohe Konzentration in Bereitschaft zu halten und vor der Verwendung entsprechend zu verdünnen. Die größere Konzentration der Vorratslösung verhindert das Aufkommen von Algen darin vor der Verwendung. Schließlich sei die Nährlösung von van der Crone genamnt:

1,00 & KNO, 0,5 , CaSO, 0.55 ,.MeS0O,

0,25 ‚, Cas(PO,); 0,25 „, Fe,(PO,).. Eine gute Nährlösung erhält man nach Pfeffer, wenn man

4,0 g Ca(NO,),

1,0 KNO,

1,0 MgSO, + 7 H,O 1,0 KH,PO,

0,5 KCl

zu 7 Litern (= 0,106 %, Salz) oder zu 3 Litern (= 0,25 %, Salz) löst und noch 3—6 Tropfen der offizinellen FeCl,-Lösung binzufügt. Oder aber, wenn man a) 20,5 g MgSO, + 7 H,O zu 350 cem auflöst; ferner b) 40 g Ca(NO,), 10 „, KNO, 102. 28,20, zu 350 g Wasser auflöst und von Lösung a und b je 100 cem zu 9,8 Litern Wasser setzt, so daß man eine Lösung mit insgesamt 0,2 %, wasser- freier Salze erhält, zu der man nötigenfalls noch etwas KÜl fügt. Die

58 Il. Die Keimpflanze.

Zusammensetzung der Nährlösung kann also in relativ weiten Grenzen schwanken, die Sulfate und Phosphate sollen aber keinesfalls zu stark überwiegen, auch soll das Magnesiasalz in geringerer Menge geboten werden als Kalk- und Kalisalze; im ganzen sollen etwa 0,1—0,5 % Salze im Liter enthalten sein; die Azidität muß immer gewahrt bleiben, so daß man den zwar an sich schon sauer reagierenden Nährlösungen noch etwas Phosphorsäure oder Spuren verdünnter Salpetersäure zu- setzen kann. Wir glauben heute annehmen zu dürfen, daß die Salze der Nährlösung nicht als Moleküle, sondern in Form ihrer Ionen aufgenommen werden: daher kommt es auch, daß die Nährlösung mit der Zeit alkalisch reagiert und durch Zufügung von Säure wieder zur sauer reagierenden umgewandelt werden muß. Besonders bei der Assimilation gewinnt die anfangs sauere Nährlösung, wie Molisch gezeigt hat, die Eigen- schaft, Phenolphthalein zu röten, also alkalisch zu reagieren'), was ent- weder darauf zurückgeführt werden kann, daß von der Pflanze Kationen in die Nährlösung ausgeschieden werden, was durchaus möglich ist, nachdem wir heute schon durch zahlreiche Untersuchungen über die Rückwanderung der Salze aus dem Pflanzenkörper in das Substrat orientiert sind, oder auf die schnellere Aufnahme der Anionen während der Assimilationstätigkeit, vielleicht weil diese zur Formierung von Kohlehydrat- und Eiweißkomplexen Verwendung finden, während die Kationen in der Nährlösung sich anhäufen und das Ionengleichgewicht erst bei Nacht durch Nachziehen der Kationen die Nährlösung ver- liert bei Nacht das Vermögen, Phenolphthalein zu röten wiederhergestellt wird. Im Einklange damit steht der Befund, daß der Aschengehalt der Blätter bei Nacht größer ist als bei Tage. Immerhin ist die Pflanze in der Lage, die Mineralstoffe auch aus weniger ionisierten Verbindungen zu resorbieren, es ist z. B. möglich, sie durch Darbietung von Isäthion- säure oder Taurin mit Schwefel zu versorgen. Versuche, der Pflanze die notwendigen Aschenelemente durchaus in organischer Bindung zu bieten, sind bisher wegen der leichten Verpilzung solcher ‚Nährlösungen“ noch nicht mit Erfolg durchgeführt worden, obwohl es hinlänglich organische Verbindungen gäbe, welche nicht als Gifte wirken, z. B. Athylnitrat, Phosphorsäureester der Alkoholradikale, Taurin usw. für die Anionen, die Metallsalze schwach dissoziierter organischer Säuren für die Kationen. Freilich wirkt doch jede von diesen Substanzen mehr oder weniger spezifisch, es sind aber doch bestimmte allgemeine Er- scheinungen, welche sich bei Verwendung solcher wenig oder nicht dissoziierter Nährsubstrate abstrahieren ließen. Von wesentlicher Be- deutung ist auch die Konzentration der Nährlösung, denn auch ohne Giftwirkung macht eine Steigerung des osmotischen Wertes ein Ge- deihen unmöglich, bei einer Steigerung des optimalen Salzgehaltes von 0,2—0,5 %, auf 2,5—3 %, wird den meisten Pflanzen das Wachsen unmöglich gemacht. Dasselbe gilt natürlich, wenn die normale Nähr- lösung in ihrem osmotischen Druck durch Zusatz eines einzelnen Salzes entsprechend gesteigert worden ist. Man darf also, ohne die Pflanzen zu schädigen, die Konzentration der beschriebenen Nährlösungen nicht auf das Doppelte erhöhen, wohl aber darf man sie auf das Doppelte verdünnen, ohne eine Beeinträchtigung der normalen Entwicklung ein-

!) Auch Hassack und später O. Loew [Ber. d. d. chem.Ges. 22, 482 (1889)] haben diese von Molisch [Sitz. Ber. d. k. Akad. Wien 18 (1909), 19 (1910)] studierte Erscheinung beobachtet.

II. Die Keimpflanze. 59

treten zu sehen. Bei weiterer Verdünnung sieht man zunächst eine Überverlängerung der Wurzel und auch der oberirdischen Teile eintreten, ganz ähnlich, wie es sich bei Aufzucht der Pflanze bei Lichtmangel zeigt. Dieses ‚Nährstoffetiolement‘“ beruht darauf, daß der in geringster Menge vorhandene Nährstoff und die ihm entsprechenden Anteile der übrigen im normalen Verhältnis vorhandenen Nährstoffe viel rascher resorbiert werden als dies unter gewöhnlichen Verhältnissen der Fall wäre. Später bleibt dann eine solche Pflanze natürlich gegen die nor- malen Kontrollexemplare zurück. Ist nur einer von den Konstituenten einer normalen Nährlösung in zu geringer Quantität vorhanden, so wirkt dies so, als ob alle Bestandteile der Nährlösung in abnormal geringen Mengen vorhanden wären, denn nach dem sogenannten Gesetze des Minimums können die Nährstoffe nur in proportionalem Verhältnisse zu dem in geringster Menge vorhandenen Nährstoff resorbiert werden). Das Gesetz des Minimums ist übrigens nicht auf die Mineralstoffe allein beschränkt, sondern gilt für alle Nährstoffe, wie Kohlensäure, Stickstoff- verbindungen, Wasser; aber noch mehr, es erstreckt sich überhaupt aufalleVerhältnisse, welche beim Gedeihen der Pflanze zusammen- wirken, so daß bei einem Mangel an Licht ein Überschuß von Kohlen- säure ungenutzt bleibt, und vice versa, daß infolgedessen auch die Mineralstoffe nicht entsprechend ausgenutzt werden, daß ein Mangel an Wärme auch wieder seinerseits die Verwertung der übrigen Vegetations- faktoren beeinflußt, kurz, das für die Mineralstoffaufnahme gefundene Gesetz des Minimums ist nur ein Spezialfall der das Pflanzengedeihen bestimmenden Korrelation der Verhältnisse.

Aus den angeführten Gründen ist es zum bloßen Erziehen der Pflanze ganz unnötig, die Salze der Nährlösung etwa auf einer feinen analytischen Wage abzuwägen, sondern es genügt dazu vollauf die gewöhnliche Hand- wage. Aus den Nährlösungen, welche Eisenphosphat enthalten, setzt sich dieses schwer lösliche Salz gewöhnlich als Niederschlag zu Boden, aber abgesehen davon, daß kein Mineralsalz praktisch vollkommen un- löslich ist und für die Pflanzenwurzel Spuren genügen, welche durch Wurzelausscheidungen sukzessive herausgelöst werden, reicht ein zu- zeiten erfolgendes Aufwirbeln der Nährlösung, etwa bei der Durch- lüftung, aus, um schwerlösliche Salze auch den kleinsten Pflanzenwurzeln zugänglich zu machen. Wenn auch die Pflanzenzellen die Fähigkeit der Speicherung von in Spuren vorhandenen Mineralsalzen besitzen, kommt es doch schließlich bei weitgehender Verdünnung zu einem Konzentrationsminimum, welches für ein dauerndes Gedeihen der Pflanze nicht ausreicht. Das Eisen, wiewohl ein für die Ausbildung des Chlorophylifarbstoffes höchst wichtiges Element, darf doch nur in Spuren vorhanden sein (gleichgültig welcher Oxydationsstufe das ver- wendete Salz entstammt) und Spuren genügen auch der Pflanze voll- auf, ja es ist sogar schwer, eisenfreie Lösungen zu erhalten, denn die gewöhnlichen Handelspräparate der für die Nährlösung dienenden anderen Salze enthalten genügend Eisen, um das Gedeihen der Pflanze zu ermöglichen, welche in den Samenkotyledonen einen genügenden Vorrat an Eisenverbindungen besitzt, um wenigstens die ersten Triebe

!) Bezüglich der mathematischen Formulierung dieses Gesetzes sei auf dei interessanten Abhandlungen von A. Mayer, Landw. Vers. stat. 78, 115 (1912), R. Rodewald, ebendas. Seite 247, 389, E. A. Mitscherlich, 75. 23 (1911), M. Th. Pfeiffer, E. Blanck, M. Flügel, 76, 169 (1912) verwiesen.

60 II. Die Keimpflanze.

ganz ohne von außen gebotenes Eisen zu erzwingen. Durch eine merk- würdige Erscheinung gelangte van der CUrone zur Aufstellung seiner Nährlösung. Knop hatte gefunden, daß Wurzeln in einer zirka 0,0125 prozentigen Phosphorsäurelösung absterben, in neutralen oder schwach alkalischen Lösungen aber gut gedeihen; da nun die Ver- wendung des primären Kaliphosphates eine mehr oder minder starke Abweichung von der neutralen Reaktion bedingt, verwendete van der Crone statt dieses eine Mischung des primären und sekundären Kaliphosphates. Enthielten nun seine Nährlösungen außer 0,05 % dieser Mischung und den anderen üblichen Nährsalzen noch 0,0005 %, FeSO, als Eisenquelle, so wurden die Pflanzen chlorotisch, sie blieben aber grün, wenn die Phosphatzufuhr unterblieb (natürlich blieben sie dann infolge Phosphormangels klein). Auch andere und schon sehr geringe Mengen von Phosphorsalzen und auch Eisenphosphat als Eisen- auelle bewirkten diese Erkrankung, während alleinige Darreichung von Ferrophosphat als Eisenquelle keine Chlorose hervorrief. van der Crone bezog diese Wirkung auf die löslichen Phosphate und ermittelte, daß eine Mischung des schwerlöslichen Ferrophosphates und tertiären Kalziumphosphates besonders günstig sei. Die Nährlösung soll deshalb so günstig wirken, weil 1. das Phosphat, 2. das Eisen sich in ungelöstem Zustand finden, 3. beide, obwohl ungelöst, sich in gut resorbierbarem Zustande befinden, 4. die angewandte Eisenverbindung, obwohl un- gelöst, große Aktivität besitzt, 5. den Wurzeln infolge des Vorhanden- seins ungelöster Stoffe Gelegenheit gegeben ist, ihre naturgemäße Funk- tion möglichst vollkommen zu vollziehen, 6. weil die Reaktion neutral ist und bleibt. Diese Nährlösung erfuhr günstige und auch abfällige Beurteilung; während Noll in dieser Lösung ein ungleich besseres Wachstum der Pflanzen eintreten sah als in der Knopschen und Sachsschen und auch angibt, daß darin die Entwicklung kleiner Algen sehr beschränkt ist, sieht Takeuchi in der Verwendung der van der Üroneschen Lösung keinen besonderen Vorteil, sondern erklärt, daß gesunde Pflanzen auch in Nährlösungen gedeihen, die ge- löste Phosphate enthalten. Eine sehr wertvolle vergleichende Studie verdanken wir Benecke!); dieser Forscher führte den Nachweis, daß in allen Nährlösungen, in denen die Versuchsobjekte van der Crones zur Chlorose neigten, eine verminderte Löslichkeit des Eisens besteht, im Vergleich zu solchen Lösungen, in welchenvanderCrone gesunde Pflanzen erzielen konnte. Besonders bedinge Zufuhr löslicher Phosphate, auch des saueren Kaliphosphates zu Nährlösungen, welche Eisenphosphat als Eisensalz führen, eine verminderte Löslichkeit des Eisens, dagegen bedingen die löslichen Phosphate keine von der Eisen- zufuhr unabhängige Chlorose. Ebenso wie Phosphate in der Nähr- lösung die Aufnahme des Eisens verhindern oder erschweren, könne auch reicher Phosphorgehalt der Pflanzenzellen, besonders im Ein- vernehmen mit anderen die Löslichkeit des Eisens herabsetzenden Momenten die Weiterleitung und Verarbeitung des Eisens in der Pflanze erschweren und unmöglich machen und so Chlorose hervorrufen. Benecke!) verwendete zur vergleichenden Kultur die kleinkörnige Sorte von Zea Mays (Zea praecox) und folgende Lösungen:

1) W. Benecke, Die van der Üronesche Nährsalzlösung. Zeitschr, f, Bot. 1, 235 (1909).

II. Die Keimpflanze. 61

nach van der Crone nach Pefffer 1000 g H,O 10007 727750 1.00.02 R.N07 1,3 ,„ Ca(NO,), + aq 0,5 ,„CaSO,+aq 0,33 KNO, 05 ,„MsSO,-+aq 0,33... KEELOR 0.25%... C3,(P0,); 0,33 MgSO, + aq 0,25 „, Fe,(PO ,)s, 0,16 ,, KCl

Dazu Eisen: auf 7 Liter oder auf 3 Liter 3—6 Tropfen der offizinellen FeCl,-Lösung. Benecke gab auf 11, Liter 2—3 Tropfen;

nach Sachs nach Mayer 10007 ıg H,O 1090 = 1,0

2.075, KNO, 1,0 ,„ CaNO,), +aq

05 ,„CaSO,-+aq 0,25 KNO,

0,5 ,„MgSO,-+aq 025°, KH,PO;,

0.9 ,„€Ca,(PO,), 0,25 „,„ MgSO,-+ aq

0,2 „Fe(PO,),+aqg. Als ‚„„Spuren‘“‘ Eisen wurde in der Lösung nach Sachs die von Pfeffer vorgeschriebene Menge FeCl, verwendet, während van der Cronein seinen Vergleichsbestimmungen 0,005 g FeSO, + aq im Liter benutzte. Die Lösung nach Kreusler: 1000 g H,O 0,23 „, MgSO, 0,1 , Fe,(PO,), (in der Lösung selbst gefällt) 977. CalNO,); 0,24 KNO, 01... NaCl 024. KH,EO,

wurde nicht in den Bereich der Untersuchung gezogen.

Jede von den Versuchspflanzen wuchs in 11, Litern Nährlösung. Der erste Versuch begann Ende März im geheizten Zimmer, Anfang April gelangten die Pflanzen in das Gewächshaus. Gegen Ende April waren die Pflanzen in der Pfefferschen Nährlösung weitaus am besten entwickelt, die beiden anderen wohl auch nicht schlecht, aber zur Chlorose neigend; gegen Mitte Mai wurde dieser Zustand so be- denklich, daß durch Zusatz von 6 Tropfen Salpetersäure auf 1500 ccm Abhilfe geschaffen werden mußte: daraufhin erholten sich die Pflanzen, blieben aber kleiner als die in Pfefferscher Lösung wachsenden. Ende Juni wurde der Versuch, nachdem die Pflanzen bis zur Blüte gelangt waren, abgebrochen; das Frischgewicht betrug bei Pfeffer 55 g, bei Sachs 37 g, bei van der Crone 35 g, die Höhe in Pfeffers Lösung 70 cm, in den beiden anderen 40 cm. Pfefters Nährlösung erwies sich für Mais stets den beiden anderen überlegen. Besonders auffallend wurden die Unterschiede im Warmhaus bei höherer Temperatur, während im Kalt- haus die Unterschiede etwas ausgeglichen wurden. Säuerte man dagegen die van der Cronesche Lösung zu geeigneter Zeit an, so ergab sie schöne Pflanzen, erwies sich also die Kombination Fe,(PO,), als Eisen- und Phosphorquelle vorzüglich geeignet. Die Überlegenheit der Pfefferschen Nährlösung beruht also darauf, daß sie infolge ihres Gehaltes an Ferrichlorid und Monokaliphosphat sauer reagiert. Da- gegen ist das Wurzelsystem inderSachsschenundvanderCrone-

62 II. Die Keimpflanze.

schen Nährlösung besser entwickelt als in der Pfefferschen, da, wie schon Knop gefunden hatte, ein neutraler oder auch schwach alkalischer Nährboden für die Wurzeln besser dienlich ist als ein saurer. Man wird aber doch immer schwach sauere Lösungen verwenden müssen, da sonst die Löslichkeit des Eisens so stark herabgesetzt wird, daß der Sproß zurückbleibt. Benecke empfiehlt daher, die Objekte zunächst zur Heranziehung eines kräftigen Wurzelsystems in neutraler Lösung zu halten und diese erst dann schwach anzusäuern. Da der Gehalt an Ca ‚(PO ,), ferner den Gehalt der Lösung an Eisen, wie Benecke gefunden hat, stark herabsetzt, wäre es zweckmäßig, durch Weglassen des Kalkphosphates die van der Cronesche Lösung auch für solche Pflanzen geeignet zu machen, die sonst in ihr chlorotisch werden. Für Hafer wurden dieselben Erfahrungen gemacht wie mit Mais. Aus der Diskrepanz der von verschiedenen Forschern für ver- schiedene Nährlösungen gefundenen Erfahrungen geht hervor, daß neben der Zusammensetzung der Nährlösung vor allem die Art der darin gezüchteten Pflanzen und ferner auch die begleitenden Neben- umstände in Betracht kommen, so daß es sicherlich nicht eine einzige, sondern recht viele vollkommen entsprechende Nährlösungen gibt, wie es überhaupt unmöglich sein dürfte, ein Universalrezept der Nähr- lösung für höhere Pflanzen aufzustellen. Voraussetzung für die günstige Wirkung der van der Öroneschen Nährlösung ist, daß dem Sproß ge- nügend Eisen zugeführt wird. Diese Voraussetzung ist nach Benecke durch die Lösung nach van der Crone gut erfüllt bei zahlreichen Pflanzen, nach Benecke jedenfalls bei Hafer, dagegen nicht bei be- stimmten Maissorten, welche in dieser Nährlösung ohne genügendes An- säuern chlorotisch werden. Günstig erscheint für viele Pflanzen die Weg- lassung des Ca,(PO ,), aus der van der Croneschen Lösung, weil dieses die Löslichkeit des Fe,(PO,), herabsetzt. Nach Beneckes Ver- suchen erscheint die Pfeffersche Nährlösung im allgemeinen den anderen überlegen zu sein, aber es muß große Sorgfalt darauf verwendet werden, sie nicht durch vorschriftsmäßig großen Zusatz von FeCl, zu stark anzusäuern. Auch der Chlorose erregende Einfluß löslicher Phos- phate ist vonvan der Ürone sehr überschätzt und dadurch hervor- gerufen worden, daß statt des günstig wirkenden, die Lösung an- säuernden KH,PO, eine Mischung des primären und sekundären ver- wendet wurde, welche die Lösung neutral oder schwach alkalisch machen. In diesen Versuchen zeigte sich auch deutlich der ungünstige Einfluß zu kleiner Kulturgefäße, welche bei einem Fassungsraum von 250 ccm mit vier Pflanzen beschickt waren; dieser ungünstige Einfluß machte sich geltend, obwohl dadurch die Ansammlung von CO, im Wasser be- günstigt und daher eine stärkere Auflösung des Ferrophosphates herbei- geführt worden war.

Was die Entbehrlichkeit oder Unentbehrlichkeit der Mineralstoffe!) für höhere Pflanzen anlangt, so kann man eigentlich auch hier keine allgemeinen Regeln aufstellen. Wenn auch Kalk, Kali, Magnesia, Eisen, Schwefel, Stickstoff, Phosphor für alle Pflanzen schlechter- dings unentbehrlich sind, so gibt es doch Pflanzen, für die Silizium, Mangan,

ı) L. v. Portheim und M. Samec, Örientierende Untersuchungen über die Atmung gesunder und infolge von Kalkmangel erkrankter Keimlinge von Phaseolus vulgaris. Wiesner-Festschr. 1908 p. 113.

II. Die Keimpflanze. 63

Chlor einen für die normale Weiterentwicklung notwendigen Bestand- teil ihrer Nährsubstrate darstellen; ja für die daran angepaßten Pflanzen bedeuten selbst Zink und Aluminium notwendige Nährstoffe. Es kommt also auch hier auf die Individualität an. Für die Anstellung von Wasser- kulturversuchen ist es unbequem, daß das Wasser aus der Nährlösung relativ rasch verdunstet und (wenn nicht unter einer Glocke gehalten) das Kulturgefäß stets nachgefüllt werden muß. Gicklhorn ver- meidet diesen Übelstand in der Weise, daß er die geschnittene Leinwand, welche statt Organtins zur Bedeckung des Einsiedeglases verwendet wird, in geschmolzenes Paraffin eintaucht, die Leinwand nach dem Erstarren des Paraffins uhrglasförmig einwölbt und nun mit der Nadel in dieselbe Löcher sticht, durch welche die Würzelchen der Pflanze ge- steckt werden. Die Leinwand kann an den Rändern des Einsiedeglases entweder mit Bindfaden festgebunden oder, da sie starr ist, mit Vaseline auf dieselben aufgelegt und aufgedichtet werden. Der Wasserdampf aus der Lösung kondensiert sich dann an dem Paraffin und das Wasser tropft fortdauernd zurück. Übrigens ist es nicht zweckmäßig, die Pflanzen allzulange in derselben Nährlösung zu belassen. Verwendet man breit- halsige Zylinder und befestigt darin nur eine einzelne Pflanze mittels Korkes, so ist es zweckmäßiger, frisch geglühten Asbest statt Watte zu verwenden, keinesfalls darf aber Watte oder Asbest bis zum unteren Rande des Stöpsels reichen und muß überhaupt völlig trocken gehalten werden, denn ein solches Feuchtwerden, welches die Grundlage von Pilzinfektion ist, bewirkte in 30 von 56 Fällen das Zugrundegehen der Keimpflanzen infolge Pilzinvasion. Selbstredend muß aus demselben Grund auf völlige Unversehrtheit der Pflanzen vor und während der Befestigung hingewirkt werden. Will man die Pflanze in ein anderes Kulturgefäß übertragen, ist es aus demselben Grunde vorzuziehen, nicht die Pflanze allein, sondern mitsamt dem Kork zu übertragen; aber ist aus irgendeinem Grunde der Asbest um die Befestigungsstelle feucht geworden, ist es besser, einen frischen Kork zu nehmen und die Pflanze frisch zu befestigen. Am Ende jeder Versuchswoche sollen die Pflanzen in Kulturgefäße übertragen werden, die lediglich destilliertes Wasser enthalten, und darin drei bis vier Tage belassen, worauf man sie neuerdings in Gefäße übertragen kann, in die man inzwischen frische Nährlösung hineingetan hat. Für ernährungsphysiologische Versuche ist es natürlich um so besser, je länger die Kultur fortgesetzt werden kann, immerhin ist eine dreiwochige Behandlung der Pflanzen für die meisten Fragen ausreichend. Die genannte Auswechslung läßt sich natürlich auch bei Kulturen durchführen, wo die Pflanzen in organtin- oder leinwandüberspannten Einsiedegläsern gezogen werden; zweckmäßig ist es dann, die Befestigung des Organtins so vorzunehmen, daß er statt mit Bindfaden mit S-förmig gebogenen Nickeldrahtstiften über dem Substrat auf den Schalen ausgespannt wird. Dadurch wird auch das lästige kapillare Überfließen der Nährlösung vollkommen vermieden und der Organtin kann besser gespannt werden. Stellt man Versuche an, um die Erkrankungserscheinungen bei Fehlen eines oder des anderen mineralischen Nährstoffes zu studieren, so empfiehlt es sich nicht, wie das bei den meisten einschlägigen Versuchen gemacht wurde, das betreffende Salz, z. B. Kalksalz, bei kalkfreien Lösungen einfach wegzulassen, weil dadurch die Verhältnisse des osmotischen Druckes in der Nährlösung geändert werden und kein reines Ergebnis

64 II. Die Keimpflanze.

des Mangels an dem betreffenden Salz gewonnen werden kann; ja mehr als das, nach neueren Untersuchungen wissen wir, daß die Pflanze ein gewisses osmotisches Gleichgewicht mit der Nährlösung dadurch her- zustellen strebt, daß sie im Notfalle Ionen in die Lösung zurückschickt, so daß also auch aus diesem Grunde eine Verarmung des Pflanzen- körpers einträte. Es wird sich in solchen Fällen empfehlen, den Betrag der übrigen Salze der Nährlösung, aber natürlich aller im gleichen Ver- hältnis, so zu erhöhen, daß die Änderung in den osmotischen Verhält- nissen, welche sich durch Weglassung irgendeines Nährlösungsfaktors ergibt, ausgeglichen wird. Für Wasserkultur eignen sich die kräftigen Keimlinge irgendwelcher gewöhnlicher Laboratoriumspflanzen. Neben Phaseolus vulg. und multiflorus haben sich besonders von weniger ver- wendeten Pflanzen Epilobium hirsutum und Cheiranthus cheiri als günstig erwiesen. Zu Versuchen, die nicht viel Zeit beanspruchen sollen, kann man auch Zweige verwenden, die mit dem abgeschnittenen Ende in die Lösung tauchen (Siehe Fig. 13 auf S. 56.). Triebe von Alisma plantago und Scrophularia aquatica sind für diese Zwecke brauchbar, und wenn man holzige Stengel haben will, eignen sich besonders gut Zweige von Acer pseudoplatanus oder Tilia europaea.

Von den Mineralsalzen ist die Notwendigkeit des Kalkes am frühesten erkannt und am genauesten studiert, wobei auch die Notwendig- keit eines bestimmten Verhältnisses zwischen Kalk und Magnesia, des sogenannten Kalkfaktors erkannt wurde, welcher je nach der Pflanzen- art ein verschiedener ist. Nach O. Loew ist das optimale Verhältnis Ca0 :MgO =1:1 für Reis und junge Triticumpflanzen; Gerste ent- wickelt sich am besten, wenn doppelt soviel Kalk geboten wird als

CO ebenso Ms0O 3

für Allium, für Kohl 5 für Hafer > Die Krankheitserscheinungen, die

Magnesia, für Buchweizen ist das optimale Verhältnis

bei Phaseolus vulgaris durch Kalkmangel hervorgerufen werden (Fig. 14), hat von Portheim!) genau studiert, dessen Beschreibung hier wieder- gegeben sei: Die Krankheit beginnt bei den Keimlingen von Phaseolus vulgaris am Hypokotyl (bei Ph. multiflorus am Epikotyl) mit dem Aus- treten eines Tropfens unterhalb oder an der Krümmung, und zwar auf der Innenseite derselben; manchmal kann man mehrere Tropfen be- merken. Daß in einzelnen Fällen keine Tropfen zu bemerken sind, liegt an dem schnellen Verdunsten der Flüssigkeit. Die Wurzeln hatten sich schon früher gebräunt, an manchen Stellen wurden die Epidermis und ein bis zwei darunterliegende Zellreihen sowie einige Wurzelhaare von der Bräunung ergriffen, während an anderen Stellen die Epidermiszellen kollabierten; später werden immer mehr und mehr Zellen gebräunt; die Gefäßpartien färben sich intensiv braun und die Interzellularen füllen sich mit einem Inhalte von gleicher Farbe. In manchen Fällen erscheint allerdings zur Zeit des Tropfenaustrittes und weitgehender Er- krankung des Hypokotyls die Bräunung der Wurzeln noch nicht so weit fortgeschritten. An den Stellen, wo der Tropfen austritt, gleichen die Zellen ganz denen einer gesunden Pflanze, nur sehen wir gegen die

ı) L.v. Portheim, Über die Notwendigkeit des Kalkes für Keimlinge, insbesondere bei höheren Temperaturen, Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien 110 (1901). Hier auch ausführliche Literaturangaben.

II. Die Keimpflanze. 65

Krümmung hin eine Bräunung der Gefäßmembranen, einzelner Zellen und ‚Interzellularen im Pericykel,. Im zweiten Stadium der Erkrankung wird das Hypokotyl an der Stelle, wo der Tropfen zum Vorschein ge- kommen war, glasig, doch bräunt sich diese Stelle schnell, so daß mit- unter diese Erscheinung nicht mehr wahrzunehmen ist. Manchmal ist das Hypokotyl an dieser Stelle seinem ganzen Umfange nach. glasig und braun, mitunter ist die Bräunung auf der Innenseite ausgebreiteter als an der Außenseite. Ein anderes Mal wieder bemerkt man auf der Innenseite einen kleinen, fast schwarzen Fleck und Einschrumpfung des Hypokotyls an dieser Stelle. Im Innern der Pflanze sieht man die Gerb- stotfschläuche, die Gefäße und die sie umgebenden Par- tien erkrankt. Die Zellen des Perycikels mit Ausnahme derer, die an das Kambium grenzen, sind mit braunem Inhalte erfüllt und wimmeln von Bakterien; die Inter- cellularen dehnen sich so aus, daß einige der Zellen wie iso- liert erscheinen; der sie um- gebende Raum ist verfärbt und von Bakterien erfüllt. Die Bräunung des Hypo- kotyls schreitet gegen die Krümmung zu fort, ein Ein- fallen oder Vertrocknen ist aber noch nicht zu beobach- ten. Die Gerbstoffschläuche färben sich immer dunkler, und die sie begrenzenden Zellen werden auseinander- getrieben. Die Epidermiszel- len an der erkrankten Stelle sind gestreckter als die der gesunden Pflanze und haben ein glasiges Aussehen. Die Gewebepartien der Wurzel sind intensiv gebräunt, da- gegen Primordialblätter und Epikotyl, bis auf dessen RR istuten Gefäße, ©s-14: Normale und KakGel kuuceene Warserkulter von gesund. An der Stelle, wo

die Erkrankung zuerst aufgetreten ist, findet nun eine Einschnürung statt, die ganz kurz oder auch länger sein kann; die eingeschnürte Partie ist dunkelbraun und matt, sie hat das glasige Aussehen verloren und läßt sich nur schwer mit dem Messer schneiden, da das Gewebe hier ganz locker geworden ist. Die Epidermiszellen der angrenzenden Teile nehmen ganz eigentümliche Formen an, sind aufgedunsen, viel größer als bei den gesunden gleichaltrigen Bohnen, und jede Zelle dringt in ihre Nachbarzelle durch einen schnabelförmigen Fortsatz vor. Gleich- zeitig mit dem Vorrücken der Bräunung gegen die Kotyledonen zu

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. .)

66 II. Die Keimpflanze.

geht die Tinktion des Hypokotyls in der Richtung der Wurzel vor sich, bis diese erreicht ist. Die meisten Zellen enthalten sehr viele Bakterien. Wurzeln, die sich an der Ansatzstelle von Hauptwurzel und Hypokotyl am untersten Teile desselben entwickelt haben, bleiben kurz und bräunen sich alsbald. Die Pflanze klappt nun an der eingeschnürten Stelle zu- sammen, und diese Partie vertrocknet. Querschnitte zeigen uns hier eine zusammenhanglose, körnige, graue Masse, in der sich ein gelblicher Streifen befindet, der die Gerbstoffschläuche mit rotbraunem Inhalt und die Gefäße, die einzigen noch erhaltenen Elemente, enthält. An Stellen, die von der Einschnürung etwas entfernter sind, bemerkt man, daß die Epidermis und die äußersten Zellreihen abgestorben sind und eine undurchsichtige Masse bilden; die anderen Zellen des Pericykels sind zerknittert, zum Teil braun gefärbt oder gestreckt. Das Strang- gewebe ist vollständig gebräunt, die inneren Markzellen zerfallen in dunkelbraune Körnchen und Klümpchen, die Gefäße der Vegetations- spitze und der neuen kleinen Blättchen, die sich trotz der Erkrankung entwickeln, zeigen auch schon braune Färbung, die Primordialblätter sind an den Spitzen geschwärzt. Das hypokotyle Glied wird schließlich auch oberhalb der Einschnürung von der Krankheit ergriffen und hat nur an der Ansatzstelle des Epikotyls noch nicht die tiefbraune Färbung angenommen. Das Epikotyl und die schlaff gewordenen Primordial- blätter sind dunkelgelb, die Gefäße derselben und der Blattstiel dunkel- braun. Das Faulen des Hypokotyls breitet sich gegen Wurzel und Koty- ledonen immer weiter aus, die Pflanze kann sich nicht mehr aufrecht erhalten und fällt zusammen. Die Blätter werden dunkelgelb und glasig, die Gefäße sind dunkelbraun. Schließlich beginnen auch die Blätter und die Endknospe zu faulen, die Wurzeln stellen nach ganz kurzer Zeit ihr Wachstum ein, und es entwickeln sich nur kleine oder ganz rudimentäre Seitenwurzeln, die Wurzelspitze geht zugrunde und ist von einer weißlichen Wolke, den Resten der Wurzelhaube, umgeben. Die Erkrankung durch Kalkmangel macht sich also durch Bräunung und Wachstumseinstellung der Wurzeln, braune Färbung der Gefäße und durch den Tropfenaustritt am hypokotylen Gliede bemerkbar; die anderen pathogenen Erscheinungen sind sekundärer Natur. Durch erhöhte Temperatur wird die Erkrankung befördert. Ähnliche Krankheits- erscheinungen ergaben sich auch an den zahlreichen anderen unter- suchten Pflanzenarten; durch Bestreichen der eben erkrankten Pflanzen mit geeigneten Kalksalzlösungen zeigte sich ein Zurückgehen der Krank- heitssymptome, die beste Wirkung auf die Wurzelentwicklung übte Be- streichen mit zehnprozentiger Kalknitratlösung oberhalb der erkrankten Stelle. Das Bestreichen mit Kalklösung bewirkt, daß sich die Pflanzen bis zum vollständigen Verbrauch der Reservestoffe erhalten. Die Erkrankung der in kalkfreien Nährlösungen am Lichte kultivierten Keimlinge erfolgt um so schneller, je günstiger die sonstigen Wachstumsbedingungen sind. Der Kalkentzug hat eine bedeutende Veränderung in der Aschenzusammen- setzung der Pflanzen zur Folge und äußert sich überhaupt durch einen Komplex von Erscheinungen. Von physiologischen Erscheinungen ist die bei Kalkmangel herabgesetzte Atmungsintensität am bemerkenswertesten.

Was die übrigen absolut oder relativ notwendigen!)

') Höchst interessante, im Laboratorium A. v. Liebenberg’s ausgeführte

Versuche verdanken wir K. Faack (Untersuchungen über die Rolle einzelner Nährstoffe im Haushalte höherer Pflanzen, Mitt. d. landw. Lehrk. d. k. k.

II. Die Keimpflanze. 67

Nährstoffe anlangt (so entwickeln sich Gramineen wohl ohne Silizium, aber ihre Epikotyle bleiben glasig, brüchig, die Pflanzen sind nicht normal entwickelt), so ist bei ihrem Fehlen das Krankheits- bild wohl kein so ausgesprochenes wie bei Kalkmangel, immerhin kann man durch Zurückbleiben der Pflanzen in solchen Nährlösungen und durch ein Minus an Trockensubstanz darin die Erkrankung wahrnehmen. Wir können hier nicht auf die spezifische Bedeutung der einzelnen Nährstoffe (Phosphate und Sulfate für die Eiweißformation, Kali für die Neuanlage von Teilen usw.) eingehen. Schimper verwendet, um den Mangel eines Elementes in seiner Wirkung auf die Pflanze zu studieren, im Vergleich zu normalen, folgende Lösungen, wobei die- selben, mit Wasser im Verhältnis 1: 4,8 verdünnt, zur Verwendung kommen: normale Lösungen:

1. 6,0 g Ca(NO,), 2. 7,0, KNO; 3..7,0:.8 KNO; 155,, KNO, 1,5 „, MgSO, 1,5 ‚, MgsSO, 1.5. MeSO, 1,5 „NaCl 155.5. Na@l BarokK,PO, 600° =, 150 1,55; iR 2),

1,5 NaCl K,PO, im Überschuß 600,0 ,„„ H,O

600,0 ,„„ H,O Gips im Überschuß

kalkarm:

4. 6,0 g KNO, | we 1,5 g NaCl 2,0 Ca(NÖ,), | 15 „MesO, 600,0 H,O

kalkfrei: 5. Lösung 2 und 3 außer Kalksalz; Balıtrei:

6. 7,0 g Ca(NO,), 7. dieselbe Lösung, aber anstatt Na,PO, Zu- Lo, MoSO, satz von überschüssigem Ca,(PO ,)>;

1.3.2 NaCl 5. Na,PO,

600,0 „„ H30:

magnesiafrei: 8. 6,0 g Ca(NO,), 9. dieselbe, aber statt K,SO, Gips im Über- 0... KNO, schuß; 158..,, K,PO, 228,50,

600,0 ,„„ H,O;

Spickstofffrei: = phosph arfre:: weis co K,PO, 110,2: &ND,

1,5 MgSO, 1,0 ,„, Ca(NO;),

Ba. Kcl 0,5 ,„ Mg(NO,), 600,0 „, H,O: 0,5 „.K,SO,

1000,0 „, H,O ohne weitere Verdünnung.

Hochsch. f. Bodenkultur, Wien 1, 443 (1913). Dieser Autor zwang die Pflanze durch entsprechende Verteilung der Wurzeln, die zu ihrer Ernährung notwendigen Stoffe aus zwei oder mehreren. an und für sich unvollkommen zusammengesetzten Nährmedien aufzunehmen und sah die Pflanze sich trotzdem normal entwickeln; dabei fand aber niemals ein direkter Übertritt der Mineralsalze von Wurzel zu Wurzel statt, sondern die Aschensubstanzen wurden zuerst zu den assimilierenden Organen geleitet, um von dort erst weiter verteilt zu werden. Von allen unent- behrlichen Nährstoffen fand sich nur Kali und Kalk in solchen Wurzelpartien (in ioni- sierter Form) vor, welche bei Ausschluß dieser Elemente kultiviert worden waren.

Si

68 II. Die Keimpflanze.

Als dritte Methode der Pflanzenanzucht sei neben der Sand- und Wasserkultur auch Arcichovskijs „Luftkultur‘ erwähnt. Bei der Wasserkultur der Pflanzen entwickeln sich unter anderem die Knöllchen der Leguminosen unvollkommen oder gar nicht, und die Assimilation des molekularen Stickstoffs geht nicht normal vor sich, die Pflanzen gehen bald zugrunde, wenn man ihnen keinen gebundenen Stickstoff in der Nährlösung bietet, während sie in Erdkultur bekannt- lich infolge ihrer Symbiose mit stickstoffassimilierenden Bakterien den Stickstoff der Luft als Nitratquelle auszuwerten vermögen. Die Luft- kultur behebt diesen Mangel des flüssigen Substrates und ermöglicht überdies, was sowohl in Wasser- als auch in Sandkultur ebenfalls nur sehr schwierig beobachtet werden kann, eine Verfolgung des Gas- austausches der Wurzeln. Das Wurzelsystem der Pflanze befindet sich bei der Luftkultur in feuchter Luft, die Rolle der feuchten Kammer spielt ein umgestülpter Blumen- topf, dessen Rand in eine Schale voll Wasser getaucht ist. Die Wurzeln werden sechs- bis zehnmal des Tags mit der not-

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Fig. 15. Apparat von Arcichovskij zu Fig. 16. Pisum sat. nach 22 Tagen in Luftkultur. Luftkulturversuchen. D = Drahtschlinge als Stütze für die Pflanze; P=

B Reservoir für Nährlösung; A Glaszylin- Pflanze; «= Siebbehälter; A = Glaszylinder; 9 = der; Röhrchen für den Samen; i = sieb- Glasgestell ; Bl = umgestürzter Blumentopf, der förmiger Behälter; e = füllröhrchen; 7 = für das Wurzelsystem die Rolle der teuchten Kam- Luftzuleitungsr.hr; f Röhrchen für Ent- nen EZ, Kand tauchtin dieWasserschale 7. nahme von Gasproben; h —= gläsernes Ge- Die Würzelchen werden 6—10 mal im Tage mit der stell, auf dem die Wurzeln durch haarnadel- Nährlösung bespritzt. Um diese Spritzung beq uem fürmig gebogene Glasstäbchen auseinander- durch führen zu können, ist der Topfvonobennach gehalten werden, wodurch ihr Zusammen- unten in zwei ungleiche Teile zersägt, und durch kleben unterbleibt. Entfernung des kleineren kann ohne Störung der

1 Pilanze das Wurzelsystem entblößt werden.

wendigen Nährlösung bespritzt. Um diese Bespritzung bequem durch- führen zu können, ist der Blumentopf von unten nach oben in zwei ungleiche Teile zersägt, durch Entfernen des kleineren Teiles kann das Wurzelsystem bloßgelegt werden, ohne daß die Pflanze selbst geschädigt wird. Um bei dieser Bespritzung das Zusammenkleben der Wurzeln zu verhindern, wird ein gläsernes Gestell benutzt und die Wurzeln auf diesem Gestell mittels haarnadelförmig gebogener Glas- stäbchen auseinandergehalten. Als Nährlösung für diese Versuche (stickstofffrei) wurde eine Kulturflüssigkeit folgender Zusammensetzung gebraucht: 1 g KH,PO,, 1 g MgSO „2 g CaSO,, Spuren FeÜl,, 2000 g

III. Aschenanalyse. 69

Wasser. Die Leguminosen entwickelten in dieser Kultur Wurzel- knöllchen und wuchsen freudig. Um die Untersuchung des Gaswechsels zu ermöglichen, wird das Kulturgefäß zweckentsprechend abgeändert: Ein mit Bromwasser sterilisierter Samen wird in ein bei 120° im Autoklaven sterilisiertes Kulturgefäß folgender Einrichtung gebracht (Fig 15). A ist ein gläserner Zylinder, durch dessen Korkpfropfen vier Röhrchen laufen; ins Röhrchen C kommt der Samen, ein sackförmiges, aus einigen Glasstäbchen gebildetes Gitter am Ende dieses Röhrchens i unterstützt den Samen, ohne den Austritt der Wurzel zu hindern; das Röhrchen e dient zum Füllen des Zylinders mit der Nährlösung aus dem Reservebehälter 5. Das Röhrchen g dient für den Luftdurchtritt beim Füllen und Ausleeren des Zylinders, f für die Entnahme der Gas- proben. Der Pfropfen des Zylinders wurde vor dem Sterilisieren mit Gips, nach demselben mit Paraffin gedichtet, ebenso wurden die Keim- stengel im Glasröhrchen C in Gips eingeschlossen, um dem Apparat einen luftdichten Verschluß zu geben. Auf Fig. 16 ist eine 22 Tage alte Versuchspflanze von Pisum sat. abgebildet, die sich in Luftkultur ganz normal entwickelt hat. Die Luftkultur Arcichovskijs!) ist sicherlich für sehr viele ernährungsphysiologische Versuche sehr gut brauchbar, vor allem auch aus dem Grunde, weil die Sterilhaltung des Wurzelsystems, welche sonst die allergrößten Schwierigkeiten bietet, hier leichter durchführbar zu sein scheint. Ferner wird es dadurch möglich, ein Problem experimentell zu lösen, welches in der Tier- physiologie schon vielfach bearbeitet, zu wertvollen Einsichten geführt hat, das Problem des Hungerstoffwechsels, der Aufzucht von Pflanzen ohne Nährmaterial, also auf Kosten der eigenen Körpersubstanz. Die mit seinem Apparate ausgeführten Versuche sind noch zu wenig zahl- reich, um ein sicheres Urteil zu gestatten; der Apparat und die Versuchs- methodik seien Fier aber jedenfalls als vielversprechend verzeichnet.

II. Aschenanalyse.

Herstellung der Asche. Um die Aschenbestandteile einer Pflanze festzustellen, bedient man sich der Veraschungauftrocke- nem oder auf nassem Wege. Die trockene Veraschung wird der Biochemiker meist der nassen Veraschung vorziehen, weil er dort die Aschenbestandteile in einer seiner Analyse zugänglicheren Form vorfindet. Wichtig ist, daß die zu analysierenden Pflanzenteile zu- nächst mit Wasser gut abgespült und dann auf Glasplatten in einem Trockenschrank bis zur Gewichtskonstanz getrocknet werden. Die erhaltene Trockensubstanz wird dann gemahlen oder in der Reib- schale zerstoßen. Handelt es sich nicht um die Bestimmung der Asche einer festgesetzten Pflanzenquantität, sondern um Analyse der einzelnen Bestandteile einer Asche, so tut man gut, die Veraschung in den großen hessischen Tiegeln vorzunehmen, aus denen man dann nach Belieben Asche für die Analyse entnimmt?). Am schnellsten geht

1) V. Arecichovskij, Über die „Luftkultur‘‘ der höheren Pflanzen. Arbeiten aus d. bot. Lab. d. polyt. Inst. zu Nowotscherkassk, Russ. Journ. f. experim. Landwirtsch. Nr. 1, 1911. R:

2) L. v. Portheim und M. Samec, Über die Verbreitung der un- entbehrlichen anorganischen Nährstoffe in den Keimlingen von Phaseolus vulg. Flora 94, 263 (1905), 99, 260 (1909). W.Schimper, ZurFrage der Assimilation der Mineralsalze durch die grüne Pflanze. Flora 73, 207 (1890).

70 III. Aschenanalyse.

die Veraschung in Platingefäßen vor sich, aber hier muß man besonders Rücksicht darauf nehmen, daß die Veraschung bei nicht zu hoher Tem- peratur vor sich gehe, da sonst leicht Chloride der Alkalimetalle, welche bei höheren Hitzegraden flüchtig sind, verloren gehen. Die Platinschale darf nur soweit erhitzt werden, daß gerade der Boden rotglühend ist. Ferner hat die Veraschung in Platin den Nachteil, daß dieses Metall mit Kohle Legierungen eingeht, die brüchig sind und mit der Zeit als spröde Stücke aus dem Platingefäß herausfallen; deshalb muß man sich auch hüten, die Platinschale mit rußender Bunsenflamme zu be- spülen. Auch ein größerer Phosphorgehalt der Pflanzenteile, wie es namentlich bei Samen der Fall ist, kann das Platingefäß angreifen. Deshalb wird man im allgemeinen Pflanzenteile in Porzellantiegeln oder Porzellanschalen veraschen, von denen die dünnen Meißner oder Berliner Schalen auch recht schnelles Arbeiten ermöglichen und ganz gut über dem Gebläse behandelt werden können. Die Operation wird sehr be- schleunigt, wenn man knapp über die Schale oder den Tiegel einen ge- wöhnlichen Lampenzylinder senkrecht befestigt, wodurch ein Luftzug erzeugt wird; freilich muß man entsprechende Vorsicht üben, damit nicht etwa Anteile der Asche dadurch verloren gehen. Niemals soll eine größere Menge Pflanzensubstanz auf einmal zur Veraschung in das Gefäß kommen, weil die an der Oberfläche verkohlenden Partien die inneren Teile einschließen und deren Verbrennung hartnäckig ver- hindern; hat man den Fehler einmal begangen, so ist es zweckmäßig, nach dem Abkühlen des Gefäßes etwas Alkohol auf die Pflanzensubstanz zu schütten und diesen zu entzünden, diese Operation eventuell (nach jedesmaligem Auskühlen der Schale) mehrere Male zu wiederholen. Überhaupt tut man gut, durch Bespülen mit dem Bunsenbrenner die Randpartien der Trockensubstanz in Brand zu setzen, wodurch die weiteren Partien durch die Flammen der eigenen Substanz verbrannt werden. Immerhin kann, auch in Platingefäßen, eine Veraschung von mehreren hundert Grammen Frischgewichtes einige Stunden in An- spruch nehmen, und selbst dann ist es nicht immer ganz möglich, eine völlig weißgebrannte Asche zu erhalten, der gar keine Kohlenteilchen mehr anhaften, gewöhnlich ist die Pflanzenasche mehr oder weniger grau, aber es bedeutet weniger, die Veraschung nicht bis zum aller- letzten Rest durchgeführt zu haben, als durch allzustarkes Glühen immerhin bedenkliche Verluste zu erleiden. Übrigens kann man die Kohle separat bestimmen. Bei kleinen Samen gelingt es häufig nicht, durch Bürsten den anhängenden Sand oder andere Fremdkörper zu beseitigen, was dann natürlich zu Fehlern bei der Aschenbestimmung führen könnte. Man übergießt in diesem Falle die Samen nach H. Rose im Becherglase mit nicht zu viel destilliertem Wasser, rührt mit dem Glasstabe gut durch und bringt sie dann auf ein entsprechend weit- maschiges Sieb, das den aufgeschwemmten feinen Sand durchlaufen läßt, die Samenkörner aber zurückhält. Dabei dürfen die Samen nie lange mit dem Wasser in Berührung sein, weil sonst leichtlösliche Salze herausgeschwemmt werden können. Nachdem man das Durchsieben mit Wasser mehrmals wiederholt hat, bringt man die nassen Samen in ein grobleinenes Tuch und reibt sie zwischen den Falten desselben, wodurch auch der feine Sand entfernt wird. Zweckmäßig quetscht man die Samen vorher etwas, damit ihr Umherspringen vermieden wird. Bei sehr schwer verbrennlichen Substanzen geht man nach H. Rose

III. Aschenanalyse. 71

in der Weise vor, daß man zunächst zirka 100 g der getrockneten Sub- stanz im Platin- oder Porzellantiegel auf einem Chamottedreieck bei dunkler Rotglut verkohlt, die verkohlte Masse im Porzellanmörser fein zerreibt, sie dann mit 20—30 g Platinschwamm innigst vermischt, das ganze portionenweise in eine flache Platinschale bringt und über dem Brenner unter Erzeugung eines Luftzuges erhitzt, indem man auf die Schale ein Chamottedreieck legt und darauf mittels einer Klammer einen Lampenzylinder senkrecht befestigt. Noch ehe der Inhalt der Schale zum Glühen gelangt ist, fängt jedes Kohlenteilchen an zu ver- glimmen, und die Oberfläche des schwarzen Gemenges überzieht sich mit einer grauen Schicht. Durch wiederholtes vorsichtiges Umrühren mit einem dicken Platindraht oder Glasstab befördert man die Ver- brennung. Solange noch Kohle in der Masse vorhanden ist, erglüht sie, sobald sie aber vollständig verbrannt ist, hört jedes sichtbare Er- glühen der Masse auf, auch wenn man sie stärker erhitzt. Bei der Ana- lyse der Aschen wird man wohl hauptsächlich auf die Kationen Kali, Natron, Kalk, Magnesia, Eisen, Mangan, auf die Anionen Kieselsäure, Phosphorsäure, Schwefelsäure, Kohlensäure, Chlor Rücksicht zu nehmen haben, wenn auch natürlich in Einzelfällen Zink, Aluminium, Kupfer, Arsen auftreten kann. Zunächst muß man sich nun vor Augen halten, daß wohl alle diese Stoffe in den betreffenden Pflanzenteilen vorhanden sein konnten, daß aber gewisse, in erster Linie Karbonate und Sulfate, auch erst beim Verbrennungsprozeß der organischen Substanz ent- standen sind; anderseits können durch den Prozeß des Einäscherns andere Bestandteile verloren gegangen sein, wovon schon die Rede war: aber nicht nur die Chloride der Alkalien können sich bei zu starker Erhitzung verflüchtigen, sondern auch kohlensaure Alkalien und Phosphor- säure können verloren gehen, indem sauere Phosphate der Alkalien mit Kohle geglüht, unter Reduktion und Verflüchtigung eines Teiles des Phosphors in neutrale Salze übergehen. Auf keinen Fall aber kann man einen Verlust an Chlor verhindern, weil die saueren Produkte der trocknen Destillation, welche das organische Material in den ersten Stadien der Verkohlung erfährt, Chlorwasserstoff austreiben. Man kann sich aber gegen solche Verluste an Phosphorsäure und Chlor schützen, indem man die einzuäschernde Substanz im Glühgefäße mit Soda oder Kalkkarbonat (gewogenen Mengen) vermischt, wodurch Phosphor und Chlor, statt zu entweichen, an diese gebunden werden. Aber auch durch solche Zu- sätze wird man niemals das Entweichen von Kohlensäure verhindern können, und die Schlüsse auf das Vorhandengewesensein von Kar- bonaten oder auch organisch-sauren Salzen in den Pflanzenteilen sind somit höchst unsicher. Aber auch die Sulfatbestimmung ist ungenau, weil man wohl die von vornherein vorhandenen Sulfate in der Asche vollständig erhält, aber vermehrt um diejenigen, welche durch Ver- brennung des organisch gebundenen Schwefels entstanden sind; der Schluß auf den Schwefelgehalt des Pflanzenteils wird aber auch deshalb unsicher, weil ein Teil des organisch gebundenen Schwefels als Schwefel- dioxyd entweichen kann: hier leistet die Methode der Einäscherung unter Zusatz von Platinmohr ersprießliches, weil durch diesen Kata- lysator Schwefeldioxyd zu Schwefeltrioxyd oxydiert und dieses an die beigemischten Basen gebunden wird. Da bei der Einäscherung ein unkontrollierbarer Teil der durch die Verkohlung entstandenen Alkali- und Erdalkalikarbonate in Oxyde übergeführt wird, ist es zweckmäßig,

72 III. Aschenanalyse.

die Asche mit einer genau bestimmten Lösung von Ammonkarbonat am Wasserbade einzudampfen und so die Rückverwandlung in Kar- bonate zu bewirken, worauf man wieder trocknet und so lange mäßig erhitzt, bis alles Wasser ausgetrieben ist. Die Magnesia, wenn sie als solche in der Asche vorhanden gewesen war, wird durch dieses Verfahren nicht in kohlensaures Salz übergeführt. Infolgedessen ist es gut, die Kohlensäure, welche in der Asche vorhanden ist, dadurch zunächst zu bestimmen, daß man die Asche in einem kleinen Kölbchen, das mittels Stöpsel und Glasrohr mit Natronkalkröhren oder mit Kalilauge ge- füllten Absorptionsapparaten verbunden ist, mit Schwefelsäure über- gießt und durch Absorption der unter gelindem Erwärmen des Kolbens ausgetriebenen Kohlensäure und Wägung der Absorptionsgefäße den Gehalt an Kohlensäure feststellt. Zieht man vom ursprünglichen Ge- wichte der Asche das der darin vorhandenen Kohlensäure ab, so er- hält man das Gewicht der Reinasche, nachdem man in einer anderen Probe auch noch das Gewicht der unverbrannten Kohlenteilchen festgestellt hat, indem man die Asche in Salpetersäure (1 : 1) löst und die darin unlösliche Kohle auf einem bei 110 ® getrockneten, gewogenen Filter sammelt. Die Aschen krautiger Pflanzen und Hölzer sind im wesentlichen reich an Alkali- und Erdalkalikarbonaten, die der Samen vorwiegend an Phosphaten und gewisse Kulturpflanzen, wie Gramineen, Equisetaceen, Ericaceen, liefern stark kieselsäurehaltige Aschen. Man führt nun folgende qualitative Proben durch: Die Asche wird mit Wasser gekocht und mit Lackmuspapier ihre sauere oder alkalische Reaktion festgestellt; einen anderen Teil der Asche übergießt man mit verdünnter Salzsäure und beobachtet, ob ein auf Karbonate hinweisendes Aufbrausen stattfindet; ist das der Fall, dann kann man sicher sein, daß sich die Asche in konzentrierter Salzsäure vollkommen löst; übrigens lösen sich hauptsächlich nur jene Aschen, welche viel Kieselsäure ent- halten, nicht in Salzsäure. Daher kann man den Betrag einer Asche an Kieselsäure am einfachsten so bestimmen, daß man die mit konzentrierter Salzsäure gekochte Asche nach dem Verdünnen mit Wasser abfiltriert, den Rückstand gründlich auswäscht, trocknet und nach dem Veraschen des Filters und Glühen des Rückstandes wägt. Bei genaueren Analysen ist der auf der Filterumhüllung ersichtliche Aschengehalt des Filters zu berücksichtigen. Die salzsaure Lösung wird dann nach dem Erhitzen, wodurch der größte Teil der Salzsäure ausgetrieben wird, mit Natrium- azetat versetzt (man kann auch mit Ammoniak neutralisieren und dann mit Essigsäure versetzen), wodurch bei fast allen Aschen ein gelblichweißer Niederschlag von in Natriumazetat unlöslichem Eisenphosphat der Asche entsteht. Nun kann aber außer dieser an Eisen gebundenen Phosphorsäure noch andere in der Asche enthalten sein; um darüber ins klare zu kommen, filtriert man den Niederschlag und versetzt das Filtrat mit Ammoniak im Überschuß: entsteht kein Niederschlag oder ein braunroter von Eisenhydroxyd, so ist keine weitere Phosphor- säure vorhanden, wohl aber, wenn ein weißer Niederschlag von Kalk- oder Magnesiaphosphat entsteht, welcher anzeigt, daß mehr Phosphor- säure vorhanden ist, als sich an Eisen binden kann. Versetzt man die salzsaure Lösung der Asche mit einer Auflösung von gelbem Blutlaugen- salz, so zeigt die entstehende blaue Fällung oder Färbung die Gegenwart von Eisen an. Auf Mangan prüft man, indem man einen Teil der Asche nach dem Vermengen mit Soda und eventuell einigen Körnchen

III. Aschenanalyse. 73

Salpeter auf dem Platinblech oder Porzellantiegeldeckel über dem Bunsenbrenner schmilzt, wobei im Falle der Anwesenheit von Mangan eine grüne Schmelze entsteht, die sich in Wasser mit grüner Farbe löst, welche Lösung an der Luft (momentan bei Zusatz eines Tropfens Salzsäure) bald rot wird. Der organisch gebundene Schwefel kann beim Veraschen mitunter an die Alkalien oder Erdalkalien in Form eines Sulfids gebunden sein, wovon man beim vorsichtigen Übergießen der Asche mit Salzsäure Kenntnis erhält. Es entwickelt sich nämlich Schwefelwasserstoff, der sich durch seinen Geruch oder durch Schwärzung eines über die Probe gehaltenen, mit Bleiazetat getränkten Filtrier- papieres zu erkennen gibt. Nimmt man die Befeuchtung der Asche mit Salzsäure auf einer Silbermünze oder einem Silberblech vor, so schwärzt sich dieses infolge Bildung von Schwefelsilber (Heparreaktion). Die Anwesenheit von Baryt oder Strontian in der Asche gibt sich durch die sehr empfindliche Flammenreaktion zu erkennen. Man glüht einen Platindraht in der nicht leuchtenden Bunsenflamme so aus, daß die stets vorhandene gelbe Natriumfärbung verschwindet, taucht dann den Draht in die mit Salzsäure befeuchtete Asche und hält ihn in den äußeren Flammenmantel nahe der Flammenbasis, indem man von da allmählich in die Höhe geht. Baryt zeigt sich durch gelbgrüne, Strontian durch karminrote, Kalk durch gelbrote Flammenfärbung an. Übrigens sind die beiden erstgenannten Erdalkalien höchstens in Spuren in Aschen vorhanden, es wird sich also hauptsächlich um Kalk handeln. Behandelt man die salzsaure Lösung der Asche nach dem Neutralisieren durch Ammoniak mit einer Auflösung von oxalsaurem Ammon, so zeigt ein weißer, in Essigsäure unlöslicher, dagegen in Mineralsäuren löslicher weißer Niederschlag (oxalsaurer Kalk) die Gegenwart von Kalk an. Auch Kali und Natron kann man durch Flammenfärbung erkennen, wobei im Falle des Kali zu berücksichtigen ist, daß die fahlblaue Färbung der Kaliflamme durch gleichzitig anwesendes Natron verdeckt wird, daß man aber Kali an einer rosa gefärbten Flamme entdecken kann, wenn man die Flamme durch ein blaues Glas (Kobaltglas) betrachtet, und daß Natron durch seine Ubiquität leicht ein Vorhandensein in der Asche vortäuscht. Man mache sich deshalb überhaupt zur Regel, die bereitete Asche in gut schließenden Stöpselgläsern sofort nach ihrer Herstellung aufzubewahren und den Platindraht vor der Probe auf Natrium sorgfältig auszuglühen. Tritt dann mit der Asche intensive Gelbfärbung der Flamme ein, so kann man auf das Vorhandensein von Natronsalzen in der Asche schließen. Auf alle Fälle aber wird man sich eine Erhärtung durch die feuchte Probe verschaffen, indem man die möglichst konzentrierte Lösung der Asche mit einigen Tropfen Platinchlorid versetzt, worauf, besonders bei Zusatz von Alkohol, sich bei Anwesenheit von Kali ein schwerer goldgelber Niederschlag von Kalichloroplatinat zeigt. Auch mit Weinsäure, unter Zusatz von etwas Natriumazetat, läßt sich ein weißer Niederschlag von Weinstein ge- winnen. Auf Natrium prüft man durch Fällen eines weißen Nieder- schlages von Natriumpyroantimoniat durch Zusatz einer filtrierten, konzentrierten Auflösung von pyroantimonsaurem Kali. Ein guter Nachweis für Kali ist auch die gelbe Fällung, welche mit frisch bereitetem Kobaltnatriumnitrit entsteht. Auf Magnesia prüft man, indem man die salzsaure Lösung nach Neutralisieren mit Ammoniak mit Natrium- phosphat versetzt, worauf bei Anwesenheit von Magnesia ein weißer,

74 III. Aschenanalyse.

kristallinischer Niederschlag entsteht; fällt längere Zeit kein Nieder- schlag heraus, so kann man durch Reiben der inneren Eprouvetten- wandung mit dem Glasstab oder auch durch 24 stündiges Stehen häufig eine Fällung erzielen; es ist aber darauf Rücksicht zu nehmen, daß man die Magnesia erst nachweisen kann, nachdem man den Kalk vollständig mit Ammonoxalat entfernt hat, also im Filtrate der Kalkfällung. Den Nachweis von Karbonaten, also des Anions Kohlensäure, führt man, wie schon erwähnt, in der Weise, daß beim Übergießen der Asche mit einer Mineralsäure oder Essigsäure, Weinsäure usw. Aufbrausen erfolgt; das sich entwickelnde Gas ruft in Barytwasser Trübung hervor: ein kleines Glühröhrchen ist mit einem durchbohrten Pfropfen ver- sehen, durch dessen Bohrung ein knieförmig gebogenes Glasrohr zieht, das in eine mit Barytwasser gefüllte Eprouvette taucht. Die Asche in dem Glühröhrchen wird mit verdünnter Salzsäure versetzt, der Stöpsel eingepaßt und das Gas, eventuell unter gelindem Erwärmen, in das Barytwasser geführt. Die klare Lösung der Asche in Salzsäure liefert (nach dem Filtrieren), mit einigen Tropfen Chlorbaryumlösung versetzt, einen weißen, schweren, feinkörnigen Niederschlag von BaSO;.: Nachweis der Sulfate. Auf Phosphate prüft man in der Weise, daß man die Asche unter Erwärmen mit Salpetersäure extrahiert und mit molybdänsaurem Ammon versetzt, worauf bei Anwesenheit von Phosphor- säure ein gelber Niederschlag oder eine gelbe Färbung von Ammonium- phosphomolybdat entsteht. Das Reagens, welches stets frisch bereitet sein muß, stellt man sich durch Auflösen von molybdänsaurem Ammon in starker Salpetersäure her, die Probe wird nach Versetzen mit dem Reagens erwärmt (nicht gekocht). Die klare, salpetersaure Lösung, die mit HNO, aus der Asche gewonnen wurde, wird zur Probe auf Chloride mit einer Auflösung von Silbernitrat versetzt, es entsteht ein weißer, käsiger, in Ammoniak löslicher und aus dieser Lösung durch Salpeter- säure wieder fällbarer Niederschlag von Chlorsilber. Kieselsäure wird schon dadurch nachgewiesen, daß beim Kochen der Asche mit Salz- säure oder Salpetersäure ein unlöslicher Rückstand zurückbleibt. Dieser wird aber beim Erhitzen mit Flußsäure in der Platinschale gelöst. Er- zeugt man am Platindraht eine Borax- oder Phosphorsalzperle und taucht diese heiß in den Kieselrückstand, so daß etwas daran haften bleibt, und glüht von neuem, so zeigt die Perle nach dem Erkalten eigenartige, nach allen Richtungen von einem Zentrum ausgehende Sprünge, das sogenannte Kieselskelett.

Quantitative Analyse: Die verschiedenen Bestandteile der Asche weist man am besten in zwei verschiedenen Partien der Asche nach. In A bestimmt man durch Austreiben mit Schwefelsäure und Auffangen in gewogenen geeigneten Absorptionsgefäßen die Kohlen- säure, wiewohl ihre Ermittlung aus den schon erwähnten Gründen an und für sich ohne große Bedeutung ist; ferner das Chlor, indem man die wässerige Auskochung der Asche nach dem Filtrieren mit Silber- nitrat fällt, den Niederschlag abfiltriert, bei 110 trocknet und dann nach den Regeln der quantitativen Analyse (möglichste Befreiung des trockenen Filters von dem Chlorsilber, vorherige Veraschung des Filters in einem gewogenen Porzellantiegel unter Regeneration des reduzierten Silbers mit einem Tropfen Salpetersäure und darauffolgendes Glühen der Hauptmasse des Niederschlages im Tiegel über kleiner Flamme bis zum beginnenden Schmelzen) glüht und wägt. In der Portion B be-

III. Aschenanalyse. 75

stimmt man dann alle übrigen Bestandteile, in erster Linie die Alkalien und Erdalkalien. Zunächst müssen wir aber, wenn wir mit Reinasche arbeiten wollen, Kieselsäure, Sand und Kohlenreste feststellen. Die Asche wird in der Porzellanschale mit Wasser übergossen und nach und nach Salzsäure zugefügt. Ist die Asche reich an Karbonaten, so kann leicht beim Aufbrausen durch Verspritzen ein Verlust eintreten; daher setzt man auf die Schale jedenfalls einen passenden größeren Trichter, in dessen Rohr ein kleiner Trichter gesteckt wird, durch den der Salz- säurezusatz erfolgt. Nach gelindem Erhitzen, wodurch der letzte Kohlen- säurerest ausgetrieben wird, spritzt man den Trichter in die Schale ab, verdampft am Wasserbad unter Umrühren bis zur Trockne, wobei man mit dem Glasstab die Klümpchen zerteilt und auch etwa vor- handenen Sand am Knirschen unter dem Glasstab erkennt. Nach dem Erkalten befeuchtet man die trockene Asche mit konzentrierter Salz- säure, erhitzt, nachdem man die Säure einige Zeit hat einwirken lassen, am Wasserbade mit einer kleinen Menge Wassers und filtriert schließlich nach dem Verdünnen der Flüssigkeit durch ein getrocknetes, gewogenes Filter. Kohle, Sand, Kieselsäure bleiben am Filter zurück; man wäscht gründlich mit heißem Wasser (bis ein Filtrattropfen mit Silbernitrat keine Opaleszenz mehr gibt), trocknet bei 110 °, äschert das Filter ein und erfährt so, da die Kohle verbrennt, aus der Differenz den Betrag der Kohle und Kieselsäure. Diese letztere prüft man auf ihre Reinheit durch Erhitzen mit Flußsäure und Schwefelsäure in der Platinschale. Hat man im Filter neben Kohle und Kieselsäure noch Sand, so bringt man den Niederschlag von Sand, Kohle und Kieselsäure ohne Filter in eine Platinschale und erhitzt eine halbe Stunde mit verdünnter Natron- lauge oder konzentrierter Sodalösung; dabei löst sich nach und nach alle Kieselsäure auf, ohne daß Sand oder Kohle angegriffen werden. Nachdem man durch dasselbe Filter filtriert hat, wäscht man das un- gelöste gut aus, trocknet bei 110 ° und bringt es bei der Wägung als Kohle und Sand in Rechnung. Die salzsaure Lösung, die von Kiesel- säure, Kohle usw. abfiltriert worden ist, samt dem Waschwasser sammelt man in einem 200 ccm fassenden Meßkolben, füllt bis zur Marke auf und mißt nun mit der Pipette dreimal je 50 ccm ab, die man je zur Bestimmung der Alkalien, der Schwefelsäure, der Erdalkalien und Eisenoxyds benutzt. Die letzten 50 ccm werden für unvorhergesehene Fälle aufbewahrt. Bestimmung des Eisens und der alkalischen Erden: Die Flüssigkeit wird vorsichtig mit Ammoniak neutralisiert, bis eben ein Niederschlag entsteht, dann konzentrierte Ammonium- azetatlösung (zirka 30 ccm) und so viel freie Essigsäure dazu gegeben, bis die Flüssigkeit schwach danach riecht, gelinde erwärmt und der sich bildende gelblichweiße Niederschlag von Ferriphosphat sofort ab- filtriert. Ist das Filtrat nicht rot, so wäscht man ihn mit heißem, etwas Ammonnitrat enthaltendem Wasser aus, trocknet, glüht und wägt als FePO,. Ist dagegen das Filtrat rot und die Niederschlagsmenge be- deutend, so wäscht man ihn wiederholt, löst in möglichst wenig Salz- säure, fügt Ammoniak hinzu, bis eben ein bleibender Niederschlag ent- steht, dann Ammonazetat und etwas freie Essigsäure. Nun erst kann man filtrieren und wie oben angegeben vorgehen. Enthält aber der Niederschlag (was an der Rotfärbung des Filtrates zu sehen ist), basisch phosphorsaures Eisenoxyd, so ist es genauer, den Niederschlag von Ferriphosphat zu glühen und zu wägen, in Salzsäure zu lösen und in

76 III. Aschenanalyse.

der Lösung das Eisenoxyd nach Versetzen mit Salmiak und Ammoniak durch Schwefelammonium zu fällen, zu glühen und zu wägen und aus der Differenz die mit demselben verbunden gewesene Phosphorsäure zu bestimmen. In der essigsauren Flüssigkeit, die vom Ferriphosphat abfiltriert ist, fällt man nach Zusatz von Salmiak und einem geringen Überschuß von Ammoniak durch oxalsaures Ammon den Kalk. Man muß für einen reichlichen Überschuß von Ammonoxalat sorgen, damit die vorhandene Magnesia vollkommen in Magnesiaoxalat verwandelt wird, welches gelöst bleibt. Die Flüssigkeit wird jetzt 12 Stunden an einem warmen Orte stehen gelassen, dann durch ein Filter gegossen, der Niederschlag auf dem Filter in Salzsäure gelöst und nochmals in gleicher Weise mit Ammoniak und Ammonoxalat gefällt, die Magnesia befindet sich in den Filtraten und wird aus diesen durch Zusatz von Ammoniak und Natriumphosphat gefällt. (Über die Kautelen bei dieser Bestimmung siehe Fresenius, Anleitung zur quantitativen che- mischen Analyse, 6. Auflage, 1903, I pag. 556.) Den noch feuchten Kalkoxalatniederschlag, der ausgewaschen worden ist, bringt man samt Filter in ein größeres Becherglas und löst ihn darin in sehr ver- dünnter Schwefelsäure unter Erwärmen. Dadurch wird die Oxalsäure ausgetrieben und der Kalk in Gips verwandelt. Man filtriert und >

stimmt die freigewordene Oxalsäure in der Hitze durch Titrieren mit r

Permanganatlösung, die man mit Oxalsäurelösung bestimmten Ge- haltes genau eingestellt hat, bis zum Eintreten der bleibenden Rosa- färbung. (6,303 g Oxalsäure werden in 1000 ccm Wasser gelöst; von dieser Lösung entsprechen 25 cem = 24,3 ccm Permanganat.)

Von n r Permanganatlösung entspricht 1 ccm —= 2,8 mgCaO. Der Nieder-

schlag von Ammoniummagnesiaphosphat wird abfiltriert, getrocknet, geglüht und als Magnesiumpyrophosphat gewogen.

Bestimmung der Alkalien: Die Flüssigkeit wird mit etwas Eisenchlorid versetzt und zur Trockene verdampft, der Rück- stand mit heißem Wasser, dem einige Tropfen Salzsäure zugesetzt wurden, aufgenommen und filtriert. Die Lösung wird mit Chlorbarium versetzt, so lange noch ein Niederschlag von Bariumsulfat entsteht, dann mit Barytwasser stark alkalisch gemacht, filtriert und der Nieder- schlag gut ausgewaschen. Auf diese Weise ist sämtliche Schwefelsäure, die man in der dritten Probe für sich durch Fällen mit Bariumchlorid bestimmt, ferner alle Phosphorsäure, Eisenoxyd, Manganoxydul und Magnesia entfernt. Im Filtrat wird durch Kochen mit Ammoniak und Ammonkarbonat der Rest der Erdalkalien gefällt, der Niederschlag abfiltriert und mit heißem Wasser gewaschen. Filtrat und Wasch- wasser werden in einer nicht zu großen Porzellanschale vereinigt, am Wasserbade zur Trockene verdampft und die Ammonsalze über ganz kleiner Bunsenflamme abgeraucht (die Ammonsalze haben die Eigentümlichkeit, leicht über den Rand der Schale zu „kriechen‘“, weshalb man beim Abrauchen dabeistehen und durch zweckmäßige Verwendung der Flamme die Ränder gleichmäßig bespülen muß). Die Fällung mit Ammoniak und Ammonkarbonat muß übrigens zur völligen Entfernung der Erdalkalien mehrmals wiederholt werden, worauf man schließlich in eine gewogene Platinschale hineinfiltriert, wieder auf dem Wasserbade zur Trockene verdampft, die Ammonsalze neuerdings ab-

III. Aschenanalyse. 77

raucht, den Rückstand mit Salzsäure durchfeuchtet, trocknet, vor- sichtig glüht, bis eben die Chloride zu sintern beginnen, und wägt. Dann werden die Alkalichloride in heißem Wasser, dem einige Tropfen Salz- säure zugesetzt sind, gelöst, dann ein Überschuß von Platinchlorid zu- gesetzt, die Lösung der Platindoppelsalze bis zur Sirupkonsistenz ein- gedampft, mit starkem Alkohol aufgenommen, durchgerührt und nach zwei Stunden das in fester Form abgeschiedene Kalichloroplatinat durch ein getrocknetes, gewogenes Filter abfiltriert, mit Alkohol gut ausgewaschen, getrocknet und gewogen. 100 Teile K,PtCl, 76,41 Teilen KCl. Die Differenz wird auf Natrium berechnet. Zum Abfiltrieren der Niederschläge benutzt man zweckmäßig die Goochtiegel, deren Be- schickung wohl nicht ganz einfach ist, die aber, einmal instand gesetzt, für eine Reihe von Analysen dienen und viel Mühe ersparen; vor allem erspart man sich das Veraschen des Filters, welches immer durch seine reduzierende Wirkung Ungenauigkeiten bei der Analyse hervorruft; ferner geht das Filtrieren viel rascher vor sich als über dem gewöhnlichen Filter. Der Goochtiegel (Fig. 17) besteht aus einem Porzellantiegel mit Siebboden, der mit feinem Asbest belegt wird. Zu diesem Zwecke verwendet man feingeschnittenen, mit Königs- wasser gewaschenen, geglühten Asbest, der ein für allemal in einem gut verschlossenen Pulver- glas aufbewahrt wird. Man schlemmt nun eine kleine Menge Asbest mit Wasser in einer Eprou- vette auf und gießt die Aufschwemmung über den Siebboden. Zuunterst soll gröberer Asbest liegen, wie man ihn erhält, wenn man nach dem Aufschütteln kürzere Zeit sedimentieren läßt. Der Asbestbelag soll gerade so stark sein, daß man, den Tiegel gegen das Licht ge- halten, von der Tiegelöffnung durchblickend, die Löcher nicht mehr sieht. Dann wird eine kleine Siebplatte auf das Asbestpolster gelegt und noch etwas feiner (durch längeres Sedimen- Fig. 17. Goochtiegel.

tieren erhaltener) Asbest darauf gelegt. Man Ten gelanusel; ER wäscht nun so lange mit Wasser aus, bis keine

Asbestflöckchen mehr im Filtrat erscheinen. Alle diese Operationen nimmt man an der Saugpumpe unter schwachem Druck vor, indem man den Tiegel in einem passenden Kautschukschlauch befestigt, der an einem in einem Absaugekolben steckenden Glasaufsatz montiert ist. Den so vorbereiteten Tiegel stellt man in einen größeren Porzellantiegel, trocknet ihn bei 120 ° und wägt ihn. Der Tiegel wird nun in seinem Kautschukhalter an die Pumpe gebracht und der betreffende Nieder- schlag abgesogen und gewaschen; nun bringt man den Goochtiegel in seinen größeren Tiegel, in welchem er getrocknet, geglüht und gewogen wird. Nunmehr kann man sofort eine zweite Bestimmung anschließen, d. h. einen Niederschlag derselben Art sofort über dem Gooch- tiegel filtrieren und bestimmen. Dies kann solange fortgesetzt werden, bis (nach 20—25 Bestimmungen) die Niederschlagsdecke so stark wird, daß das Filtrieren an der Pumpe nicht schneller vor sich geht als dies bei gewöhnlichem Druck der Fall wäre. Dann wird das Asbestpolster

78 III. Aschenanalyse.

samt den daran haftenden Niederschlägen herausgekratzt und der Tiegel von neuem beschickt. Beim Filtrieren darf natürlich der Asbest- belag nicht aufgerührt werden, was man durch festes Legen des Asbestes (Festdrücken mit einem Glasstab) und eben durch die Siebscheibe verhin- dert. Vielfach wird statt der Glühasche eine feuchte Veraschung vorgezogen, welche für Pflanzenaschen, wo es auf völlige Veraschung und verlustlose Gewinnung der Alkalien größtenteils ankommt, Vor- teile bietet. Die feuchte Veraschung erfolgt durch Oxydation der Pflanzenteile mittels konzentrierter Schwefelsäure und Salpetersäure in der Wärme; sie wird am besten in den Rundkolben aus Jenaer Geräte- glas mit langem Hals vorgenommen, wie man sie auch für die Kjel- dahlsche Stickstoffbestimmung verwendet (Fig. 18). Der Kolben wird etwas schief in einer Klammer unter einem gut ziehenden Abzug befestigt und auf einem mit Asbestscheibe versehenen Drahtnetz aufgestellt. In den Hals des Kolbens kommt ein Trichter mit kurzem Rohr, durch das 5—10 cem eines Gemisches aus gleichen Teilen konzentrierter Salpeter- säure und konzentrierter Schwefelsäure auf die zerkleinerte Pflanzen- substanz gegossen werden, welche aber hier nicht vorher getrocknet zu werden braucht. Sehr wichtig ist eine anfänglich nicht zu starke Erwärmung, obwohl man bei Pflanzen- aschen in dieser Beziehung nach meinen Erfahrungen nicht zu ängstlich zu sein braucht. Es erheben sich braune Nitrosodämpfe, welche allmählich schwächer werden, worauf man neues (aber möglichst nicht über 10 cem auf einmal) Säuregemisch zufügt. Um zu ent- scheiden, ob die Veraschung beendet ist, läßt man die Nitrosodämpfe völlig entweichen und beobachtet, ob die Flüssigkeit sich beim weiteren Erhitzen noch bräunt oder schwärzt, worauf man von neuem für Zusatz des Säure- a umehier gemisches sorgen müßte, oder hell bleibt. Ist as Heraneran [eng a letzteres der Fall, dann ist die Veraschung hindert. beendet, worauf man nach dem Erkalten

einen Überschuß von Wasser hinzufügt und

aufkocht, bis keine braunen Dämpfe mehr entweichen. Es soll nicht mehr Säuregemisch zugesetzt worden sein, als eine Volumenvermehrung um 100 ccm ausmachen würde; ist man an dieser Grenze angelangt, setzt man statt des Gemisches bloße Salpetersäure zu, erhitzt dann zur Konzentration der Schwefelsäure, bis sich die Flüssigkeit wieder schwarz zu färben beginnt, und fährt dann mit dem Zutropfen von höchstens 10 ccm Salpetersäure auf einmal fort. In der ‚feuchten Asche‘ kann man natürlich den Betrag der Gesamtasche nicht er- mitteln, ferner weder den Schwefelgehalt noch den Gehalt an Säuren, welche durch Schwefelsäure ausgetrieben werden. Zur Bestimmung des Eisens in der Säureasche gießt man nach R. Hanslian!) das eisenhaltige Säuregemisch aus dem Rundkolben in ein Becherglas, welches das dreifache Volumen destillierten Wassers enthält, und kocht

!) H. Aron, Aschenanalyse, Abderhaldens Handbuch d. biochem. Arbeitsmeth. I, 414, R. Hanslian, ebendas. 6, 378.

III. Aschenanalyse. 79

etwa 10 Minuten lang bis zum Verschwinden der braunen Dämpfe. Die Aschenlösung gibt man in den Rundkolben zurück und fügt aus einer Pipette Zinkphosphatlösung hinzu, dann unter starker Kühlung vorsichtig Ammoniak, bis der weiße Zinkphosphatniederschlag gerade bestehen bleibt. Das Zinkphosphat wird in der Weise hergestellt, daß man zirka 25 g ZnSO, und zirka 100 g Na,HPO, jedes für sich in Wasser löst und die Lösungen in einem Litermeßkolben vereinigt. Der ausfallende Zinkphosphatniederschlag wird durch Zusatz von ver- dünnter Schwefelsäure gerade gelöst und die Lösung dann zum Liter aufgefüllt. Zu dem Niederschlag in dem Rundkolben der Säureasche fügt man dann noch so viel Ammoniak, bis sich der Niederschlag eben gelöst hat, und erhitzt auf dem Asbestdrahtnetz in schief liegendem Rundkolben mit starker Flamme 20 Minuten lang zu heftigem Sieden. Es fällt wieder ein Niederschlag aus, den man einen Moment absitzen läßt, worauf die noch heiße Flüssigkeit durch ein kleines, glattes Filter gegossen wird, ohne daß man den Niederschlag aufrührt. Das Filtrat darf mit dem Rhodanreagens keine Rötung geben; sollte dies der Fall sein, so muß das Filtrat wieder in den Kolben gebracht, weitere 20 Minuten erhitzt und neuerdings geprüft werden. Kolben und Filter wäscht man mit destilliertem Wasser aus, bis 5 ccm des Filtrates mit einigen Jod- kalikristallen und einem Tropfen HCl Stärke nicht bläuen, und gibt zu dem im Rundkolben befindlichen Niederschlag 20 ccm konzentrierte HCl mittels Pipette; durch vorsichtiges Schwenken des Kolbens bringt man den Niederschlag in Lösung; den Filter samt Niederschlag löst man quantitativ vom Trichter, bringt ihn in eine kleine Porzellanschale und fügt die salzsaure Lösung aus dem Kolben hinzu. Das Ganze wird auf dem Wasserbade 10 Minuten lang digeriert, mit dem gleichen Volumen destillierten Wassers, mit dem man vorher den Rundkolben ausgespült hat, verdünnt und durch ein glattes Filter in einen 250 ccm Meßkolben filtriert. Kolben und Filter wird solange mit heißem, destilliertem Wasser gewaschen, bis ein Tropfen des ablaufenden Filtrates mit Rhodan- kali-Salzsäure keine Rötung mehr gibt. Sind 250 ccm im Meßkolben, so befindet sich das gesamte Eisen darin; nun wird mit Natronlauge neutralisiert, bis eben die erste Trübung durch den ausfallenden Eisen- phosphatniederschlag auftritt, die man durch einige Tropfen Salzsäure zum Verschwinden bringt; schließlich füllt man auf 250 ccm auf. Von dieser Lösung pipettiert man je 50 ccm in einen weithalsigen Kolben von zirka 100 ccm Inhalt, fügt 5 ccm Stärkelösung hinzu, verdrängt durch längeres Einleiten von Kohlensäure die Luft völlig aus Kolben und Flüssigkeit, setzt 3g Jodkali hinzu, verschließt den Kolben, schüttelt und läßt 20 Minuten bei Zimmertemperatur stehen. Dadurch ist sämt- liches Jod aus dem Jodkali ausgeschieden und wird nun mit Thiosulfat- lösung zurücktitriert. Sobald die Blaufärbung über Rotviolett ver- schwunden ist, leitet man wieder kurze Zeit Kohlensäure ein, verschließt und beobachtet, ob nach 2—3 Minuten Nachbläuung eintritt. Ist dies der Fall, so entfärbt man durch weiteren Zusatz von Thiosulfat. Tritt wiederholt nach der Entfärbung Bläuung ein, so setzt man bei der Titration eines nächsten Teiles von 50 ccm statt 3 g Kalijodid deren 5g zu, aber in den meisten Fällen wird man mit 3g das Auslangen finden und die Bestimmung binnen 20 Minuten beendigen können. Das Prinzip der Bestimmung beruht darauf, daß der Niederschlag von Zinkammonium- phosphat quantitativ alles Eisen mitfällt, durch das nach dem Auf-

s0 III. Aschenanalyse,

lösen in HCl aus JK äquivalente Mengen Jod freigemacht werden, die man mit einer auf zirka S50 eingestellten Na,S,O,-Lösung zurück-

titriert. Dieselbe wird so hergestellt, daß man 40 g Na,S,0, in zirka 1000 g H,O löst und die Lösung in einer Flasche aus dunklem Glase aufbewahrt. Von dieser Stammlösung verdünnt man erst vor der Be- stimmung einen aliquoten Teil und stellt ihn gegen Eisenchloridlösung ein. Diese Eisenchloridlösung, gegen welche die auf das zirka 40 fache verdünnte Stammlösung eingestellt wird, enthält 2 mg Fe in 10 ccm. Sie wird bereitet, indem man genau 20 com Freseniusscher Eisen- chloridlösung, welche 10 g Fe im Liter enthält und von Kahlbaum, Berlin, bezogen werden kann, in einen Litermeßkolben fließen läßt, mit zirka 20 ccm konzentrierter HCl versetzt und dann genau auf einen Liter auffüllt. Diese Lösung ist, in brauner Flasche aufbewahrt, lange haltbar. 10 ccm der Eisenlösung werden in einem Kolben mit etwas Wasser, einigen Kubikzentimetern Stärkelösung (hergestellt durch 10 Minuten langes Kochen von 1 g löslicher Stärke in 500 ccm H,O) und einigen Kristallen JK versetzt, auf zirka 50 ° erwärmt und mit der verdünnten Thiosulfatlösung titriert, bis die blaue Färbung über Rotviolett mindestens 5 Minuten lang verschwunden bleibt. Die ver- brauchten Kubikzentimeter Thiosulfatlösung entsprechen bei An- wendung von 10 ccm der Freseniusschen Lösung gerade 2 mg Fe. Zur Trennung und Bestimmung von Ca, Mg und Phosphorsäure in der Säuregemischasche geht man in der Weise vor, daß man den Inhalt des Kolbens nach dem Erkalten in ein großes Becherglas schüttet, das ein der Lösung gleich großes Volumen destillierten Wassers enthält. Man gießt in dünnem Strahle ein und mindert die Heftigkeit der Ent- wicklung von nitrosen Dämpfen durch Einstellen des Becherglases in Eiswasser. Dann wird der Kolben mit dem gleichen Volumen Wasser ausgespült und die Flüssigkeiten vereinigt. Um die nitrosen Dämpfe völlig auszutreiben, erhitzt man schließlich das Becherglas einige Minuten am Asbestdrahtnetz, läßt erkalten, filtriert von etwa ausgeschiedener Kieselsäure ab und fügt unter Umrühren das vierfache Volumen 96- prozentigen Alkohols zu. Nach 12stündigem Stehen in der Kälte fil- triert man durch ein glattes Filter ab und wäscht mit verdünntem Alkohol aus. Man trocknet Trichter und Inhalt im Trockenschrank, trennt Niederschlag vom Filter, verascht letzteres im Platintiegel und fügt die Hauptmenge des Niederschlages hinzu. Man löst nun in HCl auf, spült in ein Becherglas und fällt daselbst nach Übersättigung mit Ammoniak und Ammonoxalat, worauf man das Kalkoxalat, wie vorher

beschrieben, mit cs Kaliumpermanganatlösung bis zur eben bleibenden

Rosafärbung titriert. Man kann den Kalk auch das zweite Mal als Sulfat statt als Oxalat fällen, die beiden alkoholhaltigen Filtrate vereinigen und den Alkohol im luftverdünnten Raume abdestillieren. Dabei nimmt die zurückbleibende Lösung dunkelbraune Farbe an, zu deren Ent- fernung man etwas Säuregemisch in der Kälte zufügt, worauf die Flüssig- keit zum Sieden erhitzt wird. Sobald die dunkle Färbung hellgelb ge- worden ist, kühlt man in Eiswasser ab, versetzt bis zur schwach alkalischen Reaktion mit Ammoniak, dann mit reichlichen Mengen Salmiak und macht die Lösung durch Zusatz von HCl wieder deutlich sauer. Nun bringt man dieselbe quantitativ in einen Meßkolben, füllt mit Wasser

IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. si

auf ein bestimmtes Volumen auf und teilt die Flüssigkeit in zwei gleiche Teile. In der einen Hälfte bestimmt man die Magnesia durch Fällen mit Natriumphosphat und Glühen als Magnesiapyrophosphat, in der anderen die Phosphorsäure durch Fällen mit Magnesiamixtur und Glühen ebenfalls als Magnesiapyrophosphat. Zur Bestimmung des Magnesiums gibt man zu einem Teile der Lösung einen Überschuß von Natriumphosphat, erhitzt zum Sieden und versetzt die heiße Lösung sofort mit einem Drittel ihres Volumens an 10 prozentigem Ammoniak. Nach 2—3 stündigem Stehen in der Kälte wird filtriert, mit Ammoniak ausgewaschen und getrocknet, dann nach Abtrennung des Nieder- schlages vom Filter zuerst dieses und dann die Hauptmasse des Nieder- schlages geglüht. Der andere Teil der Lösung wird mit einem Überschuß von Magnesiamixtur (55 g krist. MgCl,, 105 g NH,Cl, 2 cem konz. HCl und 1000 g H,O) bis zum beginnenden Sieden erhitzt, worauf man unter Umrühren 21, prozentiges Ammoniak zufließen läßt, bis der Nieder- schlag anfängt sich kristallinisch abzuscheiden , worauf man den Ammoniakzufluß so reguliert, daß zirka 4 Tropfen pro Minute der Lösung zufließen. Der zuerst ausfallende Niederschlag ist kristallinisch ; zeigt sich eine milchige Trübung, so muß dieselbe wiederum in HCl gelöst werden. Man gibt schließlich so viel Ammoniak zur siedenden Lösung, daß diese schwach danach riecht, läßt dann erkalten, fügt ein Fünftel des Flüssigkeitsvolumens an konzentriertem Ammoniak hinzu und kann schon nach 10 Minuten abfiltrieren. Dann trocknet, verascht, glüht und wägt man wie bei der Magnesiabestimmung. Ist die Menge des gewogenen Mg,P,0, = p, so berechnet sich die Menge PO, nach dem Ansatze 222 :95 =p:Xx

IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.

Von den Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge sei zu- nächst der Einfluß des elektrischen Stromes hervorgehoben.

Man kann die Elektrizität auf drei verschiedene Arten auf die Pflanze direkt einwirken lassen, 1. indem man zwei Metallplatten in den Boden versenkt und dieselben mit einer Stromquelle verbindet: dann geht der Strom durch die Erde und wirkt auf die Pflanzen ein, welche sich im elektrischen Felde befinden; 2. indem man den Strom durch die Pflanze selbst gehen läßt. Eine Metallplatte, die mit dem einen Pol einer Strom- quelle verbunden ist, wird in den Boden gesenkt und um den Stamm der Versuchspflanze ein Draht gewunden, der mit dem andern Pol der Stromquelle verbunden ist. Natürlich lassen sich solche Versuche nur an stärkeren Pflanzen, vornehmlich an Holzgewächsen, durchführen; 3. indem man die Pflanzen der direkten elektrischen Entladung aussetzt, also überhaupt nicht leitend mit der Stromquelle verbindet, sondern etwa ein Netz von Drähten über die Versuchsparzelle spannt und gegen den Erdboden isoliert; der eine Pol einer Elektrisiermaschine wird mit dem Drahtnetz, der andere Pol mit dem Erdboden verbunden. Die Pflanzen dienen bei dieser Versuchsanordnung gewissermaßen als Blitz- ableiter für die Luftelektrizität, und durch sie wird vermittels der dunkeln elektrischen Entladung ein Ausströmen der Elektrizität an den Spitzen, z. B. den Grannen des Getreides, erfolgen, was sich mitunter als St. Elms- feuer äußert. Diese dritte Art der Beeinflussung ist gleichzeitig die

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 6

82 IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.

längst geübte und besonders durch Lemström!) ausgebildet worden. Er spannte über die Pflanzen ein Metalldrahtnetz, das isoliert und mit einer Reihe Messingspitzen versehen war; dieses Netz wurde mit dem positiven Pol einer Holtzschen Influenzmaschine in Verbindung gesetzt, während der negative Pol in die Erde mündete. Diese Maschine wurde mit der Hand oder durch mechanischen bzw. elektrischen Antrieb in Bewegung gesetzt. Die Samen wurden in nach der Südseite des Fensters offenen Pappendeckelgehäusen in Töpfen plaziert, in jeden Topf wurde unten ein Zinkstreifen gesteckt, der durch einen Metallfaden mit den Gasrohren des Raumes in Verbindung stand, oberhalb der Töpfe wurden die mit den Spitzen versehenen Netze aus Draht befestigt; in der einen Abteilung ging der Strom von der Luft zur Pflanze, in der andern um- gekehrt, während eine dritte als stromlose Kontrolle diente. Bei Frei- landversuchen verwendete Lemström!) Drahtnetze, deren Drähte 2 mm Durchmesser hatten, an Porzellannäpfen als Isolatoren befestigt waren, während die Drähte in einem gegenseitigen Abstand von 100 cm standen und in je 50 cm Abstand eine Metallspitze trugen. Das Netz stand wieder in Verbindung mit dem positiven Pol einer vierscheibigen Influenzmaschine, der negative Pol derselben mit einer kleinen, in den Boden eingelassenen Zinkplatte. Die Maschine war untertags acht Stunden in Tätigkeit. Die Ernte des elektrisierten Feldes übertraf die der nicht elek- trisierten (Gerste) um 35,5 %- Die Zahlen Lemströms beweisen aber, daß die Resultate durchaus nicht für alle Pflanzen gleich günstig sind, und daß mitunter auch negative Werte resultieren. Im allgemeinen sind in Wachstum und Ernteergebnis gefördert und zwar qualitativ und quanti- tativ und in bezug auf die Raschheit der Entwicklung (Erdbereen gelangen in 24 statt in 56 Tagen zur Reife) die Zerealien, Wurzelgewächse wie Rübe, Kartoffel usw., manche Leguminosen, Erdbeeren, Laucharten, während in der Entwicklung unbeeinflußt gelassen oder gehemmt werden: Erbse, Karotte, Weißkohl, Kohlrübe, weiße Rübe, Tabak. Namentlich die Getreidearten zeigen in mittleren Böden unter dem Einfluß der Elektri- zität einen Vorteil von 40 % gegenüber den unbehandelten und erst- klassigen Böden, aber auch ein Überwiegen um 75 %, ist keine Seltenheit. Die von Lemström erhaltenen Werte sind folgende:

Versuchsparzelle Kontrollparzelle Prozentuale

Pflanze Zahl der Gewicht Zahl der | Ernte- Ernte- Pflanzen in kg Pflanzen |gewichtinkg| unterschiede

Weiße Rübe . 56 31,982 157 43,343 + 107,2

Kartoffel. . . 268 21,281 990 44,694 + 762 Rote Rübe . . 107 24,600 263 36,551 + 65,29

tadieschen . . 26 2,295 57 3,166 + 59,1 Pastinaca sat. 181 16,205 507 29,067 + 54,45 Kadoh > - .; 5l 7,705 98 10,425 + 42,11 Sellerie . . . 45 22,207 98 | 35,722 + 36,90 Karotte . . . 695 ı 27,201 1009 41,438 + 5,12 Kohlrübe . . 8 2,869 16 5,382 + 5,23 Weißkraut 13 14,025 15 28,684 + 43,58 Weißkohl .. 15 14,72 23 21,19 + 18 Weiße Rübe 91 4,356 163 7,459 + 2,58

'!) 8. Lemström, Experiences sur l!’influence d’electricit6 sur les vegetaux, Helsingfors 1890. S.Lemström , Elektrokultur (übersetzt von O.Prings. heim). Berlin, W. Junk 1902.

IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 55

Für exakte Laboratoriumsversuche eignet sich etwa folgende Elektro- kulturanlage (Gaßner): die den hochgespannten Strom, mit dem die Pflanzen bestrahlt werden, erzeugende Influenzmaschine befindet sich in einem staubdichten Glaskasten und wird durch einen kleinen Elektromotor mit konstanter Geschwindigkeit getrieben. Der eine Pol der Influenzmaschine ist mit den Versuchspflanzen bzw. mit der Erde, in der sie wurzeln, der andere mit dem über denselben an Glasröhren isoliert aufgehängten Drahtnetz verbunden, das nach unten gerichtete Spitzen zeigt. Wie man sich durch Hineinhalten der Hand in die zwischen den Pflanzen und den Spitzen befindliche Luft überzeugen kann, findet ein ständiger Elektrizitätsaustausch zwischen Drahtspitzen und Pflanzen statt. Für Versuche im großen eignen sich Influenzmaschinen nicht, weil sie gegen äußere Einflüsse, namentlich Staub, sehr empfindlich sind und bald zu funktionieren aufhören. Für solche Zwecke bedient man sich des gewöhnlichen Wechselstroms; dieser wird durch Transtor- matoren zur gewünschten Spannung umgewandelt und der so erhaltene hochgespannte Wechselstrom mittels sog. Gleichrichter in hochgespannten Gleichstrom umgeformt. So kann man hochgespannte Gleichströme ununterbrochen erzeugen. Oder man kann die atmosphärische Elektrizität auswerten, indem man durch Ballons oder Drachen nach dem Vorgange von Höstermann- Dahlem und eines von den Ballons zur Erde gehenden Leitungsdrahtes hochgespannten Strom aus den oberen Luftschichten her- unterholt.

Höchst wertvoll sind die Versuche, in welchen Molisch!) die Beeinflussung von Keimpflanzen durch Radiumemanation fest- Brellier Zur Einwirkung der Emanafion ig. 1%. Emanationsgefäß nach auf die Pflanzen wurde ein zylindrisches r = Radiumraum; K— Keimpflanze: Glasgefäß (Fig. 19) von 24 cm Höhe und Denn ‚zum Einführen der Emuna- 16,5 cm Breite, oben mit einem Glas- deckel geschlossen, verwendet; der Deckel war mit Vaselin luftdicht auf das Gefäß aufgesetzt und trug einen mit Kautschukpfropf versehenen Hals, der von einem Glasrohr durchsetzt war; dieses führte nach unten in den Kulturraum, gabelte sich oben und war so eingerichtet, daß die mit der Kautschukbirne eingepreßte Luft bei dem einen Gabelast in den Kulturraum hineinströmen und durch ein Loch in den andern Gabelast abstreichen konnte. Durch Kautschukschläuche stand der Kulturraum mit einer Waschflasche in Verbindung, die eine wässerige Lösung von RaCl,, im ganzen 15,1 mg RaCl, = 11,5 mg Ra-Metall, enthielt. Durch etwa zwanzigmaliges Zusammendrücken des Ballons wird die gasförmige Emanation in den Kulturraum getrieben und dann die Hähne des Erzeugungsgefäßes geschlossen. Wenn alle 24 Stunden gequirlt und Emanation in den Versuchsraum geleitet wurde, so ge- langten in den Versuchsraum ca. 16 % der Gleichgewichtsmenge, also 1,84 g Ra-Äquivalent 1,84 Millicurie Emanation;; wenn alle 48 Stunden

1) H. Molisch, Über den Einfluß der Radiumemanation auf die höhere Pflanze, Sitz.-Ber. d. k. Akad. Wien 121, Abt. I (1912). Über Heliotropismus im Radiumlichte, ebendas. 120 (1911).

6*

54 IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.

Emanation durchgeleitet wurde, so traten 30% der Gleichgewichts- menge, d. i. 3,45 Millieurie, über. Außer dieser ‚starken‘‘ Emanation wurde noch eine mittelstarke mit 0,0009 Millicurie und eine (alle 24 Stun- den in das Versuchsgefäß übergeleitete) ‚schwache‘ mit 0,000124 Milli- curie verwendet. Eine Millicurie-Emanation in 1 1 Luft entspricht etwa 2,4 Million Macheeinheiten. Die Emanation wurde alle 24 oder48 Stunden erneuert. Für die in dem Luftraum über der Lösung und in den Schlauch- verbindungen zurückgebliebene Emanation sind etwa 7 % in Abzug zu bringen. Die Emanation übt, wenn in genügender Stärke vorhanden, einen hemmenden Einfluß auf die Entwicklung, die auch bei mittelstarker und schwacher Emanation soweit gehen kann, daß Wachstum und Ent- wicklung sistieren und die Pflanze abstirbt. Bei schwacher Emanation, namentlich wenn die Samen vor der Keimung der Bestrahlung aus- gesetzt wurden, zeigte sich jedoch bisweilen eine merkliche Förderung der Entwicklung. Die tiefe Schädigung durch starke Emanation zeigt sich aber nicht unmittelbar nach der Exposition, sondern die Keimlinge erscheinen nicht besonders geschädigt, jedenfalls lebensfähig, dagegen ist die völlige oder fast völlige Sistierung jeder Entwicklung ein Zeichen, wie hochgradig die Pflanzen beeinflußt sind, und nach einiger Zeit er- folgt dann ein rasches, oft plötzliches Absterben. Dieser Stillstand des Wachstums wurde auch mit festen Radiumpräparaten erzielt und als „Radiumstarre‘‘ bezeichnet. Bei Phaseolus und Pisum kann man deut- lich sehen, daß die Reservestoffe aus den Kotyledonen nicht mobilisiert werden, die Wirkung der Emanation setzt sich als physiologische Nach- wirkung kürzere oder längere Zeit auch nach dem Aufhören der Bestrah- lung fort. Keimlinge verschiedener Art, gleichgültig ob ihre Samen oder sie selbst der Emanation ausgesetzt waren, bleiben im Wachstum zu- rück und gehen nach einiger Zeit zugrunde. Aber auch, wenn nach Einwirkung der Emanation noch gutes Wachstum der Keimblätter eintritt, bleibt doch die Endknospe sitzen ebenso wie die Vegetations- spitze der Wurzel: beide entwickeln sich nur langsam weiter. Die Keim- linge lösen ferner ihre Nutation früher auf, strecken also die Spitze früher gerade als normale, ergrünen langsamer und bilden weniger Anthokyan. Manche, wie Secale Cereale und Avena sativa, scheiden an ihrer Spitze eine weiße kristallinische Masse aus. Eine Förderung durch schwache Emanation wurde bei den Keimlingen der Sommerlevkoje (Matthiola incana), Cucurbita Pepo und Helianthus annuus beobachtet, wenn die Emanation auf die Samen und nicht erst auf den Keimling gewirkt hatte. Aber auch die bereits entwickelten Organe der Pflanze werden durch Emanation geschädigt, die Blätter von Aucuba japonica miß- farbig, die von Impatiens Sultani glasig durchscheinend. Robinia Pseud- acacia, Caragana arborescens usw. werfen in der Emanationsluft ihre Blätter viel früher, auch schon im Frühjahr und Sommer, ab, als in reiner Luft. Der Vegetationspunkt der Pflanzen wird nicht bloß in der Ent- wicklung zurückgehalten, sondern auch anderweitig beeinflußt. Die Sprosse von Sedum Sieboldii bilden normalerweise dreigliedrige Blatt- quirle; Sprosse, die in ganz jungen Entwicklungsstadien drei Tage starker Emanation ausgesetzt wurden, entwickeln von da an keine dreiblätterigen Wirtel, sondern nur dekussiert stehende Blattpaare. In allen genannten Fällen betrug die Menge des Emanationsgiftes, die schädigend oder tötend einwirkte, etwa 0,0000063 mg, also Quantitäten, welche bei keinem anderen Gifte physiologische Wirkungen ausüben.

IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 85

Schwache galvanische Ströme ließ Thouvenin!) auf junge Flachs- keimlinge einwirken. Die in Töpfe versetzten Keimlinge neigten sich ohne Strombehandlung sehr bald nach abwärts und welkten. Das äußerste Ende der Stengel bei zwei solchen Pflanzen (Fig. 20) wurde mittels einer Kupferklemme an den Faden eines Zeigerauxanometers be- festigt und durch das Gewicht, das den Faden spannte, aufrecht gehalten. Der Faden des einen Auxanometers bestand in einem geschmeidigen Lei- tungsdraht, der mit seinem freien Ende an dem einen Pole einer elek- trischen Batterie befestigt war. Eine blanke Kupferplatte wurde in Ver- bindung mit dem andern Pole der Batterie, an dem der Pflanze mit dem Leitungsdraht entgegengesetzten Ende in die Erde gestoßen und ermög- lichte so, die Pflanze, sobald der Strom geschlossen war, dem Einflusse eines kontinuierlichen elektrischen Stromes auszusetzen. Wurde nach einigen Stunden der Faden am Ende des Stengels entfernt, so blieb die elektrisierte Pflanze künftig aufrecht, während das nichtelektrisierte Kontrollexemplar sich nach Abnahme des spannenden Fadens sofort wieder krümmte. Während unter normalen Verhältnissen das Auf- richten junger Keimpflanzen in die Vertikale mindestens 8 Tage in An- spruch nahm, brauchten die elektrisierten jungen Lein- pflanzen dazu nur einige Stunden, auch wenn sie nicht im feuchtenRau- me gestanden hatten. Der Strom floß

während der Fig. 20. Thouvenins Versuchsanstellung.

17stündigen 4A, B= die belden Flachskeimlinge; E, El = Elektroden. Versuchsdau-

er in der Richtung von der Wurzel zum Stamm; seine Stärke schwankte zwischen 0,000823—0,004221 Mikroampere. Mercurialis musa und Euphor- bia Peplus zeigten schon nach drei Stunden das günstige Ergebnis; da- gegen versagte Senecio vulg.; bei Mercurialis annua mußte der Strom vom Stamm gegen die Wurzel geleitet werden, um günstig zu wirken, während in der umgekehrten Richtung Versuchspflanzen und Kontroll- exemplare keinen Unterschied zeigten. Durch Wägung der stromdurch- flossenen Pflanzen oder Blätter zeigte sich aber, daß die elektrisierten Pflanzen oder Teile stets stärker transpiriert hatten, so daß durch die schwachen galvanischen Ströme die Endosmose des Wassers in höherem Maße gesteigert worden sein mußte als die gleichfalls gesteigerte Ab- gabe. In jedem Fall ist die Permeabilität durch den Strom erhöht, vielleicht übt derselbe auf die wasseraufnehmenden Zellen besonders einen Reiz aus, und da auch die Kohlensäureassimilation sich ge-

!) M. Thouvenin, De Vinfluence des courants galvaniques faibles sur l’endosmose chez les vegetaux. Revue gen. de bot. 19, 317 (1907), S, 433 (1896). G. Pollacei, Atti Istituto bot. dell’ universitä di Pavia Vol. 11 (1905).

S6 iV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.

steigert zeigt, scheint der elektrische Strom alle Stoffwechselprozesse zu stimulieren, unter denen die auf Gedeihen und Trockengewichts- zunahme hinzielenden besonders gefördert sind.

Stoklasa!) und seine Mitarbeiter sahen durch Einwirkung des Radiums ganz unglaubliche Förderung der Entwicklung bei Pflanzen in verschiedenen Stadien. Die Förderung von Radiumemanation in schwacher Aktivität ist zunächst eine indirekte infolge Förderung der stickstoffassimilierenden Bakterien, wodurch sich eine Stickstoffanreiche- rung des Bodens um 76 % ergeben kann. Gleichzeitig erweist sich die Denitrifikation als gehemmt. Schon die Samenkeimung ist ferner bei Tritieum vulg., Hordeum dist., Vieia Faba usw. gefördert, wenn die Samen zum AÄnquellen in radioaktivem Wasser an Ort und Stelle des Quellenursprunges gebracht und 24 Stunden in 50 ccm Wasser von 15—100 M. E. pro 100 Samen belassen wurden. Im Keimapparate werden dann die keimenden Samen noch mit 5—10 ccm des Wassers täglich begossen. 50 M. E. hemmen bereits die Entwicklung, weniger stark radioaktive Wässer befördern die Keimungsenergie ungemein, künstlich aus RaCl, hergestelltes Wasser erweist sich weniger günstig als natürliches. Im günstigen Falle wurde die Keimungsenergie um 70—130 % erhöht, die Trockensubstanz vermehrt.

Trockensubstanz nach 46 Vegetationstagen in Wasser- kultur:

Pflanzen 18 Tage unter der Ein- Pflanzen in nicht radio- wirkung von im ganzen 384M.E. aktivem Wasser gezogen

Pesum arvense..) . ..-.. Wla.g 2,137 g Yiea Babes 2 2:32.22 5875 6,009 „, Lupinus angustifol. . . 3,793 „, 1,845 ,, Hordeum distichum . . 9,085 ., 0,906 „,

Während 70 M. E. die Ernte um 62-—-164 % erhöhten, übten 300—600 M. E., jeden vierten Tag erneuert, sowohl in Wasserkultur als in Sandkultur (5-——7 kg Erde) einen schädlichen Einfluß. Die Blätter verfärbten sich rostbraun, das Chlorophyll wurde zersetzt, die Zellen plasmolysiert. Dagegen findet bei richtiger schwacher Dosierung der Radiumemanation rascheres und üppigeres Wachstum, schnellerer Blüten- ansatz, höherer Ertrag statt.

Es wurde schon früher darauf hingewiesen, daß, so unempfindlich sich ruhende Samen gegen schädigende Einflüsse der Außenwelt ver- halten, der junge Keimling um so empfindlicher auf Reize reagiert. Nach dieser Richtung ist die Empfindlichkeit gegen Gase am auf- fallendsten, indem schon Spuren verschiedener Gase, aber selbst Exha- lationen, wie sie vom Möbelanstrich oder von anderen Pflanzen her- rühren, ferner gasförmige Verbrennungsprodukte von Flammen usw. das normale Wachstum, die Wachstumsrichtung, die Turgeszenz, die Art der Reaktion gegen Schwerkrafts- und Lichtreize, überhaupt den ganzen Verlauf des Stoffwechsels aufs nachhaltigste zu beeinflussen vermögen. Aus diesem Grunde, weil Spuren von Verunreinigungen in der Luft sich nur selten ausschließen lassen und selbst in guten Gewächs- häusern vorhanden sind, empfiehlt es sich, die Pflanzenkulturen. will

') J. Stoklasa, Vortrag, gehalten auf der 85. Vers. der Naturf. u. Ärzte. Wien 1913.

IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 87

man durchaus normale Entwicklung erzielen, vor das Fenster zu stellen. Man braucht bloß im Gewächshaus gezogene Bohnen oder andere Pflanzen mit denen des Freilandes zu vergleichen, um schon in der äußeren Entwicklung die gewaltigen Unterschiede wahrzunehmen, welche natürlich im Ablaufe des Stoffwechsels, in der Erzeugung von Produkten qualitativ und quantitativ noch mehr ausgesprochen sind. Es ist vielleicht nicht zu weit gegangen, wenn man mehr oder weniger alle im Laboratorium erzogenen Pflanzen für abnormal und krank an- sieht, und wenn man Schlüsse, welche von Laboratoriumsversuchen auf die normale, frei wachsende Pflanze gezogen werden, für nicht bindend erachtet. Ich wenigstens arbeite immer, wenn es sich um Probleme des normalen Stoffwechsels handelt, mit Freilandpflanzen. Das Ge- sagte gilt natürlich nicht nur vom Laboratorium im engeren Sinne des Wortes, sondern auch von Gewächshäusern, welche etwa in wissen- schaftlichen Instituten inmitten der Dunstatmosphäre einer Großstadt angebracht sind, und das kümmerliche Gedeihen von Zimmerpflanzen ist außer auf die mangelhaften Lichtverbältnisse hauptsächlich auf die abnormale Luftzusammensetzung zurückzuführen. Übrigens macht sich auch betreffs der Luft die Wohltat der großen Verteilung geltend, so daß beispielsweise Pflanzen selbst im Dunstkreis der großstädtischen Atmosphäre vor dem Fenster besser gedeihen als innerhalb eines Ge- wächshausraumes. Ebenso wie die Pflanze ein ausgedehntes Substrat für die Ausbreitung ihrer unterirdischen Teile braucht, und wie sie um so besser gedeiht, ein je größerer Wurzelraum ihr zur Verfügung steht, so entwickelt sie sich um so normaler, je größer ihr Luftreservoir ist, wo sich etwaige schädigende Bestandteile besser verteilen können, die in derselben Menge auf einem kleinen Raume schädlich wirken. Schon daraus wird klar, wie wichtig ein öfteres Lüften von Glocken bei be- deckten Kulturen als Minimum der für normale Entwicklung auf- zuwendenden Sorgfalt ist. Eine normale Atmosphärenzusammensetzung wird besonders dann wichtig, wenn man mit Wasserkulturen arbeitet, denn Erde oder Sand haben in hohem Maße die Eigenschaft, etwa schäd- liche gasförmige Beimengungen der Luft zu adsorbieren und die Luft gewissermaßen zu reinigen. Aus alledem geht aber die absolute Not- wendigkeit hervor, zum Studium physiologischer Prozesse ein Stück Freiland, ein Feld oder einen Garten zur Verfügung zu haben; denn selbst dort, wo man im Experiment eine oder die andere abnormale Bedingung herstellen will, muß um so mehr für die Normalität der übrigen physio- logischen Begleitumstände gesorgt sein; auch hier gilt ja das Gesetz des Minimums. Ist eine oder die andere Vegetationsbedingung, Licht- farbe, Temperatur usw. nicht oder in nicht ausreichendem Maße ge- geben, so können auch die übrigen normalen Verhältnisse nicht in ent- sprechendem Maße ausgenutzt werden, und ist noch dazu von anderer, nicht beabsichtigter Seite ein solches Minus gegeben, so treten Ver- änderungen ein, die nicht mehr vom Standpunkt des Versuches aus kontrolliert werden können. Handelt es sich nun gar um reizphysiologische Versuche, so üben die Verhältnisse der abnormalen Luftzusammensetzung derart auf die Pflanzen ein, daß ganz falsche Schlüsse aus den Versuchen abgeleitet werden können. Der Wert einer ganzen Reihe älterer Reiz- versuche ist aus diesem Grunde in Frage gestellt, und manche Er- scheinungen, die man als Reizerfolg angesprochen hatte, mußten nun bei Wiederholung in reiner Luft als Wirkung der verunreinigten Atmo-

S IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.

je s)

sphäre erkannt werden. Aber auch anderweitige ernährungsphysio- logische Daten sollten von diesem Standpunkte aus überprüft werden, denn es zeigte sich, daß in verunreinigter Luft die Anthokyanbildung bei Keimlingeı, die sich, besonders intensiv bei Gramineen, in den ersten Entwicklungsstadien zeigt, ausbleibt, daß die Turgeszenz kolossal erhöht wird, und daß sich eine Anhäufung von Monosacchariden und Aminosäuren, die sich durch beschleunigten Abbau größerer Molekular- komplexe oder gehinderten Aufbau oder beides ergibt. Alle diese Er- scheinungen treten auch im Experiment bei Einwirkung von Narkoticis oder bei Sauerstoffentzug ein und stehen offenbar mit einem unter diesen abnormalen Verhältnissen bevorzugten intramolekularen Stoff- abbau in Beziehung. Für die in unseren wissenschaftlichen Arbeits- räumen vorhandene, auf Keimlinge in der oben beschriebenen Weise wirkende Luft wurde der Name ‚Laboratoriumsluft“ geprägt; als wesent-

Fig.21. Typischer Laboratoriumsluft-Habitus bei Erbse. Links Pflanzen aus Laboratoriums- lutt, stark verdickt, zurückgeblieben, auffallende horizontale Nutation; rechts gerade schmächtige Keimlinge der reinen Luft, (0. Richter.)

lichst schädigender Bestandteil der Laboratoriumsluft dürfen wohl die Spuren Leuchtgas gelten, die in jedem Raume vorhanden sind, in welchem Gaslampen brennen, und im Leuchtgas wiederum sind als hauptsächlichste hier in Betracht kommende Bestandteile Aethylen und Azetylen anzusehen. Aber auch die gasförmigen Stoffwechselprodukte von Menschen und Pflanzen selbst, also Ausdünstungen aller Art, Spuren von Schwefelwasser- stoff, vornehmlich aber die Verbrennungs- und Atmungskohlensäure in schlecht ventilierten Räumen haben wichtigen Anteil an den Schädigungen durch „Laboratoriumsluft‘“ (Fig. 21—30). Von den Forschern, welchen wir nach dieser Richtung wichtige Aufschlüsse verdanken, sei D.Neljubow!), H.Molisch!) und in erster Linie Ö. Richter!)

1) D. Neljubow, Über die horizontale Nutation der Stengel von Pisum sat. und einiger anderer Pflanzen. Beih. z. bot. Zentralbl. 10, H. 3 (1901); Ber. d:'0, bot. Ges. 29, 97 (1911. H. Molisch, Über Heliotropismus im Bakterien-

IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 89

genannt. Neljubow machte im Jahre 1901 darauf aufmerksam, daß für eine abnorme, von Wiesner an Keimlingen entdeckte Krümmungsbewegung die ‚in den Versuchsräumen unserer Laboratorien in Anbetracht der derzeitigen Ausrüstung mit Gasleitungen, Reagenzien- fläschehen usw. unvermeidlichen Spuren gasförmiger Verunreinigungen der Luft‘‘ verantwortlich zu machen seien. Es ist dies die sogenannte „horizontale Nutation‘“, die Erscheinung, daß Keimlinge beim Aus- treiben im Dunkeln vielfach nicht negativ geotropisch nach aufwärts wachsen, sondern mit dem Stengel mehr oder weniger auffallende Krümmungen horizontal oder fast horizontal über der Erdschicht des Blumentopfes ausführen. Gleichalte Pflanzen der Erbse z. B. im Labo- ratorium und in der Orangerie gezogen, zeigten nNeljubows Ver- suchen ganz auffal- lende Unterschiede. Während diese mäch- tig und schlank in die Höhe schossen , kro- chen jene gedrückt auf der Erde des Blu- mentorfes nach den verschiedensten Rich- tungen hin und ver- mochten sich kaum über den Rand zu er- heben. Ganz ähnliche Resultate erzielte er, wenn er Pflanzen ein- mal unter mit Stra- Benluft gefüllten, das andere Mal in mit Laboratoriumsluft be- schickten Glocken un- ter denselben Bedin- gungen nebeneinan- der wachsen ließ.

Wurde aber die La- Fig. 22. Cucurbita Pepo. Links Pflanzen, die unter Einwirkung = E von je 10 cem Leuchtgas täglich durch 8—10 Tage gestanden hatten boratoriumsluft gerel- (1v 1-Glocke); rechts Pflanzen der reinen Luft (0, Richter.)

nigt und die Pflanzen

dann in diese gereinigte Luft gebracht, so wuchsen sie völlig normal. In der verunreinigten Luft bleiben überdies die Keimlinge im Längenwachs- tum zurück, verdicken aber dabei ihre Stengel auffallend. Neljubow stellte zahlreiche Versuche an, um die schädlichen Bestandteile der Luft einzeln zu analysieren: er schaltete das Schwefeldioxyd aus, indem er die Luft durch KOH und eine dicke Schicht von MnO, schickte, er leitete die Luft durch rotglühende Platinröhren und darauf noch durch KOH. Ein Resultat ergab sich erst, als die Luft über glühendes CuO geleitet worden war. In drei festverschlossenen Glasglocken wurden in mit Sand gefüllten Töpfen Erbsensamen zum Keimen gebracht, wobei

lichte. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. 111 (1902). ©. Richter, Über den Ein- fluß verunreinigter Luft- auf Heliotropismus und Geotropismus. Ebendas. 115 (1906); Medizin. Klinik 1905, Nr. 19, 20, Naturw. Umschau 1913, Nr. 13 usw.

Y

IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.

Fie. 23. Erhöhung des Turgors bis zum Zersprengen des Gewebes bei Bohnen.

Eine einprozentige Emulsion von Benzol und Wasser wurde auf ein Filtrierpapier,

Größe 7><4 em, getropft und dieses Papier unter die Glocke gebracht. Versuchs- dauer 8 Tage. (0. Richter.)

Fir, 24. Zurückbleiben im Längenwachstum bei Bohnen, links Pflanzen der reinen Luft, II Zusutz von 10 cem Leuchtgas zu reiner Luft unter einer 10 1 fassenden Glocke, III Zusatz von 25 cem Leuchtgas. (O. Richter.)

IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 91 durch die Glasglocke täglich drei Stunden lang ein Luftstrom geleitet wurde, und zwar durch die erste Laboratoriumsluft, durch die zweite Luft, die vorher durch KOH, Ba(OH),, CaCl,, rotglühendes CuO, wieder Ba(OH), und schließlich H,O geleitet worden war, durch die dritte ebenso gereinigte, aber nicht geglühte Luft. In 1 und 3 wuchsen die Triebe kaum merklich von der Horizontalen abweichend, in 2 dagegen fast völlig vertikal. In wie kleinen Mengen die Bestandteile des Leucht- gases schon wirken, beweist die Tatsache, daß ein Zusatz von !/,g 000 000 Äthylen, d. i. auf 8 Liter Luft 0,5 ccm einer 0,1 prozentigen Mischung von Äthylen mit Luft oder 0,005 cem Äthylen, schon horizontale Nutation hervorruft und ein Zu- satz von [160 eg! auf 8 Liter 1, ccm einer 10 prozentigen Mischung von Athylen mit Luft oder 0,05 ccm Äthylen, schon einige schwächere Keimlinge tötet. Die in reiner Luft vertikal ge- wachsenen Triebe bil- den bei Einwirkung von Leuchtgas oder Labora- toriumsluft an ihrer Spitze fast unter rech- tem Winkel eine Krüm- mung, wobei der neuge- bildete horizontale Teil verdeckt wird. Nach O. Richter zeigt übri- sens schon Holzkohle, durch welche die Luft durchgesaugt wurde,

hinreichend reinigen- den Einfluß. Verkür- zung und Verdickung in Leuchtgasatmosphäre

ist proportional der Menge des Leuchtgases, das auf die Pflanzen ein- en a A ee Länge der Zeit, welche rechts solche aus Buchenholzspänen. (0. Richter.) hindurch die Pflanzen

der Laboratoriumsluft ausgesetzt waren; bringt man die Pflanzen ab- wechselnd in reine und in Laboratoriumsluft, so kann man die für Labora- toriumsluft charakteristischen Erscheinungen, Verdickung, Verkürzung, Horizontalkrümmung, mit den normalen Wachstumserscheinungen an der- selben Pflanze abwechseln sehen. Molisch hatte besonders Gelegenheit, den Einfluß der Verunreinigungen der Laboratoriumsluft auf Geotropis- mus und Heliotropismus zu studieren. Er sagt darüber: ‚Die Spuren von Leuchtgas und anderen Verunreinigungen flüchtiger Natur, die sich in der Luft des Laboratoriums vorfinden, genügen, um die Reizbarkeit des Plas- mas so zu beeinflussen, daß die Stengel der genannten Keimlinge keinen

99 IV. Einwirkungen auf das Wachtum der Keimlinge.

negativen Geotropismus mehr zeigen. Mit dem Ausschalten des nega- tiven Geotropismus stellt sich gleichzeitig eine so hochgradige helio- tropische Empfindlichkeit ein, daß es unter diesen Umständen gelingt, gewisse Pflanzen noch zu heliotropischen Bewegungen zu veranlassen, die unter normalen Verhältnissen dazu nicht mehr befähigt sind.“ In den Versuchen Richters hat sich gezeigt, daß Terpene und andere flüchtige Stoffe auf die verschiedensten Keimlinge ebenso wirken wie die Laboratoriumsluft, und zwar noch in unglaublicher Verdünnung. Selbst Stoffe, die aus Holzklötzchen entströmen, mit denen der Glocken- rand gestützt war, um die Laboratoriumsluft einzulassen, bewirken die genannten Erscheinungen. Richter verwendet daher, um den Glockenrand über die ab- sperrende Wasserschicht zu heben, dicke Glas- röhren. Da es sich als wahrscheinlich erwies, daß jene Spur gasförmiger Verunreinigungen, die mit dem Abschließen eines Quantums Luft im Labo- ratorium durch Wasser in ihm vorhanden war, stö- rend wirken konnte, wur- de das nötige Luftquan- tum mit Wasserabschluß aus dem Glashause ge- holt. Nach jedem Ver- suche werden die Glocken unter Wasserabschluß ins Glashaus getragen, dort oder vor dem Fenster die Glocken abgehoben, gründlich ausgeschwenkt und wieder daraufgesetzt. Alle Vorbereitungen für die Versuche sind in der reineren Luft des Glas- Fig. 26. Stachys bulbifera, unter Gahen von 25 cem Leucht- hauses zu treffen, ins La- gas knollig a ee links normale, rechts boratorium dürfen die

Pflanzen überhaupt nur von Glocken unter Wasserabschluß bedeckt gebracht werden. Der Anstrich des Mobiliars, die flüchtigen Terpene, welche aus den Harzen auch nicht angestrichener Hölzer ausströmen, können, besonders in einem engen Raume, in welchem etwa noch zahlreiche Gasflammen brennen und die Lüftung eine mangelhafte ist, Erscheinungen hervor- rufen, welche eine Wirkung der Laboratoriumsluft sind, aber vielfach auf andere, mit dem speziellen Versuch im Zusammenhang stehende Ursachen zurückgeführt worden sind. Ich verweise diesbezüglich auf die zahlreichen Hinweise in Richters beachtenswerten Aus- führungen. Exakte Versuche können eben nur im Glashause, im Freien oder doch wenigstens in großen, gut durchlüfteten, elektrisches Licht usw. führenden Räumen angestellt werden. Aber Prianischnikow

IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 95

und später Grafe und Richter haben gezeigt, daß Pflanzen aus Laboratoriumsluft eine ganz andere Zusammensetzung zeigen als solche aus reiner Luft. Das verschiedene Verhalten von Pflanzen in reiner und unreiner Luft vor einer Lichtquelle weist eine gewisse Ähnlichkeit mit den Erscheinungen auf, die durch typische Narkotika, wie Ather oder Chloroform, hervorgerufen werden, nur daß Leuchtgas noch in viel geringeren Quantitäten wirkt als diese. Natürlich verhalten sich verschiedene Pflanzen gegen Laboratoriumsluft verschieden empfind- lich, und Richter hat dieses Verhalten bei verschiedenen Wicken- arten geprüft. Als sehr empfindlich erwies sich Vicia calcarata, sativa, tricolor, globosa, als empfindlich Vi- cia Gerardi, atro- purpurea, fulgens, ceracca,onobrychio- ides, als minder empfindlich Vicia villosa, Narbon- nensis, Faba, wäh- rend Vicia pseudo- cracca als für La- boratoriumsluft-

einflüsse unemp- findlich zu bezeich- nen ist. Es zeigte sich aber auch, daß die verschiedenen Pflanzenorganeun- gleich empfindlich sind, in der Regel die Stengel stärker als die Blätter. Fer- ner daß die Pflan- zen im Wachstum

fast doppelt so sehr gehemmt sind, wenn sie, in reiner xe1 Fig. 27. Stachys-Pflanzen aus Laloratoriumsluft, knollig, verdickt, Luft ausgekeimt, zurückgeblieben. Dunkelkultur. (0. Richter.)

aus dieser in die verunreinigte übertragen werden, als wenn sie gleich in unreiner ausgekeimt sind, man kann somit von einer Gewöhnung an die Laboratoriumsluft sprechen. Will man die denkbar deutlichsten Unterschiede zwischen Rein- luft- und Laboratoriumsluftpflanzen sehen, so müssen die Pflanzen im Glashaus auskeimen. Keimen sie aber in Laboratoriumsluft aus, so findet eine Gewöhnung der Pflanzen an diese Luft statt, so daß die Unterschiede nicht so deutliche sind. Von anderen Versuchspflanzen als Wicke unter- liegen Erbse, Linse, Phaseolus multiflorus, Helianthus annuus, Cucur- bita Pepo, Callisia repens, Lathyrus odoratus, Polygonum Sieboldii, Zea Mays der hemmenden Einwirkung der Laboratoriumsluft, von denen

94 IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge.

sich Erbse, Kartoffel und Bohne als die empfindlichsten erwiesen. Die Turgordehnungen beim gesteigerten Dickenwachstum, wahrscheinlich hervorgerufen durch die ungewöhnliche Anhäufung löslicher Kohlen- hydrate und Aminosäuren sind mitunter so groß, daß sie ein Platzen

Fig. 28. Stachyspflanzen aus einem Lichtversuch, links aus Leuchtgasatmosphäre, rechts aus reiner Luft. (©. Richter.)

und Zerreißen der Gewebe, ein Auseinanderfallen der Zellen bei der Kartoffel, eine ‚„Mazeration bei lebendigem Leibe‘ hervorrufen können. Die Tatsache, daß ‚schlechte Luft‘ die Irritationen im pflanzlichen Stoffwechsel und damit weitgehende morphologische Änderungen hervor-

Fig. 29. Vieia sativa. I die Keimlinge waren unter abgeschlossener, mit reiner Luft gefüllten Glocke

gezogen; II in reiner Luft mit Kalilaugeabschluß zur Absorption der Atmungskohlensäure gezogen;

IIL. Keimlinge unter einer Glocke, die seitlich etwas gehoben war, um die Luft des Versuchsraumes

einzulassen;.IV. Versuchsanordnung wie Ill, Glocke mit feuchtem Filterpapier zur Verhinderung der Transpiration ausgekleidet, (O. Richter.)

ruft, hat dazu geführt, daß man vornehmlich das Augenmerk auf Stoffe gerichtet hat, welche auch unser Geruchsorgan affizieren, um so mehr, als Richter tatsächlich eine ‚‚Laboratoriumsluft“beeinflussung durch die Düfte von Blüten feststellte, welche mit den Keimlingen unter eine

-

IV. Einwirkungen auf das Wachstum der Keimlinge. 95

Glocke gesperrt waren. In diesem Falle aber scheint es mir doch, ob- wohl eine Beeinflussung der Keimlinge durch angehäufte Kohlensäure von Richter ausdrücklich in Abrede gestellt wird, als ob die in diesem Falle sicherlich in toxischen Mengen entwickelte Atmungskohlensäure das Resultat stark beeinflußt hätte, um so mehr als ja immer nachdrück- lich auf die schädigende Wirkung durch die Verbrennungsprodukte der im Versuchsraume brennenden Flammen, also Kohlensäure, oder unver- brannte Kohlenwasserstoffe hingewiesen wird. Meiner Ansicht nach wird eben jeder gasförmige Stoff, der an sich oder durch seine Menge als Pflanzengift wirkt, Laboratoriumslufterscheinungen hervorrufen, ganz gleichgültig, ob er einen ‚‚Geruch‘ hat oder nicht, ob uns dieser Geruch unangenehm ist oder nicht. Faktisch werden ja die meisten Gase oder Dämpfe, welche unangenehmriechen,auch Gifte sein, aber das ist nur ein zufälliges, nicht immer zutreffendes Phä- nomen, denn Athylen und völlig gereinigtes Azety- len, gerade jene Stoffe, an denen zuerst die Er- scheinungen der Labora- toriumsluft aufgefunden wurde und die schon in fabelhaft geringen Spuren wirken, sind völlig geruch- los. Die Gase, welche La- boratoriumslufterschei-

nungen hervorrufen, wir- ken, wie alle Gifte, im all- gemeinen und wie Narko- tika im besonderen, in kleinen, jenach der Quan- tität und Qualität ver- schiedenen Mengen zu- nächst reizend und dann hemmend auf die Stoff- wechselvorgänge, sie set- Fig. 30. Erbsenkeimlinge mit Blüten von Robinia Pseudacacia 2 Sher noch, saperrtieneen. Dan Ahern OL a en Ense un dem nicht zum Tode führen- Hemmung des Längenwachstums und Verdickung des Stengels.

P (0. Richter.)

den Mengen die Plasma-

regulation herab und befördern die enzymatischen Abbauvorgänge, welche in der Anhäufung von Dissimilationsprodukten, die nicht schnell genug verarbeitet werden können, gipfeln. Alle anderen Erscheinungen, wie Turgeszenzsteigerung und die morphologischen Änderungen, dürften sekundäre Folgen dieser physiologisch-chemischen Primärwirkungen sein. Das enzymatische und plasmatische Gleich- gewicht ist jedenfalls gestört und die Stoffwechselvorgänge in abnormale Bahnen geleitet. Die umgebende Atmosphäre hat sich als hochwichtig gezeigt, um die Lebenserscheinungen der Pflanze normal vor sich gehen zu lassen, ebenso wichtig wie die angemessene Form des Substrates, in welchem die Pflanze wurzelt. Die jungen, sich entwickelnden ober-

96 V. Kohlensäureassimilation.

irdischen Teile sind, was man früher allzusehr vernachlässigt hat, eben- so empfindlich gegen Schädigung von außen wie die Wurzel, und somit ist das, was uns die Versuche über Laboratoriumsluft lehren, zu einem der beachtenswertesten Kapitel der Pflanzenphysiologie und im be- sonderen der wissenschaftlichen Pflanzenzüchtung geworden.

V, Kohlensäureassimilation.

Die Tatsache, daß die grüne Pflanze den Kohlenstoff zum Aufbau ihres Körpers in erster Linie der Luftkohlensäure entnimmt, gehört zu den frühesten Erkenntnissen der Pflanzenphysiologie, immerhin hat sich die Liebigsche Humustheorie, nach welcher der für die Pflanzen notwendige Kohlenstoff aus dem Humus des Substrates stammt, ver- hältnismäßig lange gehalten, und heute müssen wir zugeben, daß, wenn auch natürlich die Assimilation der Luftkohlensäure feststeht, die höhere Pflanze doch vielleicht in der Lage ist, auch dem Erdreich Kohlenstoff in irgendeiner Form zum Aufbau ihres Körpers zu entziehen. Daß die Luftkohlensäure die allgemeinste Kohlenstoffquelle für die grüne Pflanze darstellt, ersehen wir schon aus den Erfolgen der Wasserkultur, in der wir der Nährlösung keine kohlensauren Salze oder organische Substanzen zuzufügen brauchen. Trotzdem beobachten wir mit der Zeit eine das Vielfache des Samengewichtes betragende Zunahme der Pflanzentrocken- substanz. Für die Keimlinge ist, solange sie noch kein Chlorophyll gebildet haben, welches allein die Verwertung der Lichtenergie zur Assimilation der Kohlensäure ermöglicht, der Reservevorrat der Kotyle- donen oder sonstigen Reservespeicher die Quelle, aus der sie den Kohlen- stoff, direkt in organischer Form, entnehmen, und auch nachher wird diese Kohlenstoff- und Stickstoffquelle neben der Assimilation ausge- wertet. Überhaupt erscheint das Reservemagazin, welches ja alle zum Aufbau des Pflanzenkörpers notwendigen Stoife, Kohlenstoff und Stick- stoff in organischer Bindung, aber auch die Mineralstoffe, Phosphor, Eisen usw. teils in ionisierter, teils in organischer Form, enthält, als notwendige Unterstützung der autotrophen Arbeit zu fungieren, bis die Konstitution des Keimlings hinlänglich gefestigt ist, daß ihm die eigene Arbeit zur Beschaffung von Bau- und Energiematerial genügt. Deswegen muß, genau so wie es eine Korrelation der einzelnen Teile des Pflanzenkörpers gibt, auch eine solche zwischen den einzelnen Nähr- stoffquellen, also hier zwischen der aus den Reservestoffbehältern strö- menden und der assimilierten Nahrung, herrschen. Wir ersahen das außer durch andere Erscheinungen, welche später behandelt werden sollen, auch daraus, daß ein Aufbrauch der kotyledonaren Stoffe nicht oder nur sehr unvollkommen stattfindet, wenn man die Entwicklung des Keimlings durch Gifte oder Narkotika oder durch Mangel an wichtigen Mineralstoffen hemmt; obzwar die objektive Möglichkeit einer Nahrungs- beschaffung durch Kohlensäureassimilation gegeben wäre, bleibt der Keimling doch unentwickelt, während die Reservestoffbehälter prall gefüllt sind. Die Zunahme an Trockensubstanz durch Assimilation allein kann in den ersten Lebensstadien schon deshalb nicht genügen, weil während der Entwicklung der Energiebedarf so groß ist, daß ein großer Teil der erworbenen Nahrung der Verbrennung anheimfällt. Einen Trockengewichtsansatz kann man deshalb z. B. bei Phaseolus

V. Kohlensäureassimilation. 97

vulg. trotz günstigster Ernährungsbedingungen erst nach dem zwanzigsten Kulturtage beobachten. Die Verfolgung der Kohlensäureassimilation gründet sich auf die Beobachtung des dabei stattfindenden Gaswechsels, bei welchem Kohlensäure aufgenommen, Sauerstoff abgegeben wird, und auf die Bestimmung der entstandenen Assimilationsprodukte, in erster Linie Stärke und Zucker.

Zur Demonstration der Sauerstoffabgabe kann man Pyrogallol oder Phosphor verwenden. Die Lösung des Pyrogallols wird bereitet, indem man 5 g Pyrogallol, gelöst in 15 cem Wasser mit 120 g Ätzkali, gelöst in 80 cem Wasser, miteinander mischt. Die Absorptionen dürfen nicht bei niedrigeren Temperaturen als 15° C vorgenommen werden, da das Pyrogallol bei einer niedrigeren Temperatur weit weniger wirk- sam ist. Da die alkalische Pyrogallol- lösung sich an der Luft fast momentan durch den Sauerstoff der Luft bräunt, ist es zweckmäßig, sie in dem nachfolgen- den Apparat zu bereiten, aufzubewahren und von da in die mit einem indiffe- renten Gase gefüllten Absorptionsgefäße fallweise abzulassen. Der Apparat!) be- steht (Fig. 31) aus der Reservoirkugel A, welche nach rechts in ein u-förmig ge- bogenes Rohr übergeht; dieses hat bei / einen kleinen Rohrstutzen und endet in das kapillare Dreiwegstück g. An die Reservoirkugel schließt sich auf der andern Seite das gebogene Rohr I an, welches bei {einen Glashahn besitzt. Bei K kann ein kleiner Trichter mittels eines Gummischlauches aufgesteckt werden. An dem Rohrstutzen f findet sich ein dünner Gummischlauch, an dessen an- derem Ende ein Trichter eingesteckt ist, Tr "row en Ba die Enden der Dreiwegkapillaren g sind mit Gummistücken und Quetschhähnen verschließbar. Der Apparat wird zum Gebrauche zunächst ganz mit Quecksilber gefüllt, dann steckt man bei m einen Trichter oder ein Rohr an, schließt die Quetschhähne n und den bei g, öffnet den Hahn { und gießt nun die wässerige Lösung des zu verwendenden Pyrogallols in den Trichter. Bringt man hierauf das EndeK der Röhre h mittels eines Gummischlauches mit einem Filtrierkolben in Verbindung, den man mittels einer Wasserluftpumpe luftleer macht, so fließt das Quecksilber durch h in den Filtrierkolben und saugt die eingegossene Lösung des Pyrogallols nach; durch Schließen des Glas- hahnes i kann man sofort das Einfließen abstellen. Ist das Pyrogallol vollkommen eingesaugt, so gibt man die Lösung des Ätzkalis in den Trichter und saugt diese in ganz gleicher Weise ein. Schließlich werden beide Lösungen im Apparate gut durchgeschüttelt. Will man nun das Ab- sorptionsgefäß mit dem Reagens füllen, so verbindet man das eine Rohr en durch das Gummistück bei g mit dem Dreiwegrohr g. Das

1) W. seit Gasanalytische Methoden, 3. Aufl., p. 135, Braunschweig 1900.

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 7

98 V. Kohlensäureassimilation.

Absorptionsgefäß ist mit Quecksilber gefüllt, das durch eine kleine Handpumpe bis g getrieben wird; man schließt m, n, g und öffnet i, nachdem man in den Trichter KX etwas Quecksilber gegeben hat. Senkt man hierauf den Trichter o, so kann man durch Öffnen des Quetsch- hahnes n den linken Teil des Absorptionsröhrchens leicht mit dem Reagens füllen, da das Quecksilber das Reagens aus der Kugel in das Absorptions- gefäß treibt. Das verschlossene, mit der fast farblosen Pyrogallollösung gefüllte Absorptionsgefäß wird nun durch einen Kautschukschlauch mit dem kürzeren Glasrohr der Vegetationsglocke verbunden, deren Tubus mit einem doppelt durchbohrten Stöpsel für die Aufnahme des längeren, bis zum Boden der Glocke reichenden und des kürzeren, unter dem Stöpsel endigenden versehen ist. Durch die Glocke wird unmittel- bar vor der Bestimmung Wasserstoff durchgeleitet und dann das Ab- sorptionsgefäß damit verbunden, worauf ein langsamer Wasserstoff- strom wieder durch die Glocke geschickt wird. Eine Bräunung bis Schwarzfärbung des Reagens zeigt Sauerstoff an. Zur Absorption

p SER Fig. 32. Winklerscher Kaliapparat, bestehend En aus einer zw eckmäßig : zum Aufstellen auf die Wage umgeformten Petten- Fig. 33. Fig. 34. Apparat Von Cl. Winkler koferschen Röhre. Peligotröhre. zur Absorption großer Gasmengen.

des Gases wendet man die gewöhnlichen, auch für Verbrennungsanalysen dienenden modifizierten Liebigschen Kaliapparale an. Sehr zweck- mäßig sind auch die durch Cl. Winkler in eine handlichere Form gebrachten Pettenkoferschen Absorptionsröhren, welche man ebenso auf die Wage stellen kann wie die Kaliapparate (Fig. 32). Zum vorherigen Reinigen der durchzuleitenden Luft von den unerwünschten Bestand- teilen, ferner auch von Staub u. dgl. sei es bei der Analyse eines Gases, sei es für die Befreiung der Luft von Staub und anderen schädlichen Bestandteilen dient am einfachsten eine lange senkrechte Röhre, die mit Glassplittern gefüllt und mit einer Peligotröhre (Fig. 33) verbunden wird. Die Glassplitter können mit dem absorbierenden Medium getränkt sein, während die Pelig ot röhre gewöhnlich mit dem festen Adsorbens (Ätzkalistücke, Chlorkalzium u. dgl.) beschickt wird. Zur Absorption größerer Gasmengen, wenn es sich also darum handelt, stundenlang durch ein Kulturgefäß ein Gas durchzuleiten, eignet sich am besten der auf Fig. 34 abgebildete Apparat, in welchem dem Adsorbens durch kleine Stücke des sehr porösen Bimssteins eine große Oberfläche ge-

V. Kohlensäureassimilation. 99

geben ist. Der Zylinder a endet oben in zwei Tubulaturen, unten in ein Rohr, welches letztere luftdicht in den Hals einer kleinen W ulf schen Flasche b eingeschliffen ist. Letztere soll die Absorptionsflüssigkeit aufnehmen, während jene mit Bimssteinstücken gefüllt wird. Durch Einblasen von Luft in die Flasche durch d bringt man die Flüssigkeit zum Aufsteigen, wobei sich der Bimsstein mit derselben vollsaugt. Öffnet man hierauf d wieder, so fließt der Flüssigkeitsüberschuß nach 5 zurück, und das Gefäß ist zur Absorption vorbereitet. Man läßt das Gasgemenge durch das Rohr c eintreten, welches in die Verjüngung von a hinein und bis unter den Flüssigkeitsspiegel reicht; indem das Gas in Blasen in der Absorptionsflüssigkeit aufsteigt, wird ihm der größte Teil seiner absorbierbaren Bestandteile entzogen, der Rest aber wird von der durch- feuchteten Bimssteinschicht zurückgehalten, welche er durchziehen muß, bevor es bei e zum Austritt gelangt, und welche eine sehr große Be- rührungsfläche darbietet. Um mit sehr großen Luflquanten (600 Liter) zu arbeiten, verwendet man den Apparat (Fig. 35) von Reiset!). J ist ein u-förmiges, mit durch konzentrierte H,SO, feucht erhaltenem Bimsstein gefülltes Rohr, welches zur Sammlung der den Durchgang der Luft erschwerenden verdünnten Schwefelsäure am unteren Ende eine Kugel angeschmolzen erhält. Diese Röhre ./ funktioniert als Trocken- röhre, sie hält die gesamte Feuch- tigkeit der Luft zurück und gibt durch ihre Gewichtszunahme den jedesmaligen Wassergehalt derselben an. Das getrocknete Gas passiert nun durch die im Tubus der Wasch- flasche F befestigte Röhre ! und gelangt so in das eigentliche Ab- sorptionsgefäß. Dieses bildet den Hauptteil des Apparates: drei schwach konische Platinkapseln C, C’ und C’ aus dünnem Blech sind durch Reibung im Innern des Glaszylinders T befestigt; jede Kapsel hat einen Durchmesser von 4 cm und ist von 120 etwa 0,5 mm weiten Löchern durchbohrt. T hat eine Länge von 50 cm. Mit Hilfe eines dicht schließenden dieken Kaut- schukringes läßt sich die Verbindung mit der Waschflasche F leicht her- stellen. Vor Beginn des Durchsaugens, um z. B. die CO, zurückzu- halten, bringt man 300 cem klaren Barytwassers von bestimmtem Ge- halt in das Rohr und verbindet dasselbe luftdicht mit der U-Röhre II, welche genau wie I vorbereitet ist und stellt die Vereinigung mit dem Aspirator her. Nach Passieren von 600 Litern Lutt fand Reiset das Barytwasser in der Waschflasche und der untersten Abteilung B des Zylinders vollständig mit Karbonat beladen, in B, nur milchig getrübt, in B,, noch völlig klar. Die CO, war also durch B + B, völlig absorbiert worden.

Ein ausgezeichnetes Mittel zur Absorption von Sauerstoff ist Phos- phor, der in folgender Weise in die Stangenform gebracht wird, welche die Methode erfordert. Er wird im Wasserbade bei einer Temperatur

Fig. 35. Apparat von Reiset.

1) Nach W. Hempell. o.p. 97. 7*

100 V. Kohlensäureassimilation.

von ca. 50 0 C unter Wasser in einer Eprouvette geschmolzen, so daß er darin eine 6 cm hohe Schicht bildet. Sodann taucht man eine möglichst konische Röhre von 2—3. mm lichtem Durchmesser mit ihrem weiteren Ende in den Phosphor, schließt hierauf die andere Seite mit dem Finger, hebt die Röhre aus dem Phosphor und führt sie in ein bereit gehaltenes Glas mit kaltem Wasser. Der Phosphor erstarrt und kann meist durch leichtes Klopfen oder durch einen dünnen Draht aus der Röhre heraus- geschoben werden. Die Phosphorstangen P werden zweckmäßig in das abgebildete, von mir konstruierte Gefäß (Fig. 36) gebracht und halb mit Wasser bedeckt. Durch eine Drehung des mit einem CaCl,-Rohr R kommunizierenden durchbohrten Hahnes wird die Verbindung mit dem Kulturraum hergestellt, und das Gas kann mittels eines Aspirators oder einer Pumpe durchgesaugtwerden. Das Vorhandensein und Absorbiert- werden von Sauerstoff erkennt man besonders im dunkeln Raume am Leuchten der Phosphorstangen, aber auch bei Tageslicht sieht man bei halbwegs größeren Sauerstoffmengen Rauchwolken vom Phosphor auf- steigen oder die über das Wasser emporragenden Stücke sich entzünden. Das angeschmolzene CaCl,-Rohr fängt die Feuchtigkeit aus dem Absorptionsgefäß auf, so daß man die Menge des absor- bierten Sauerstoffs auch durch Wägung des Absorbators, den man sehr gut auf die Wage stellen kann, zu bestimmen vermag. Ein Vorteil des Apparates be- steht auch darin, daß er, lichtgeschützte Aufbewahrung vorausgesetzt, zu einer sroßen Reihe von Bestimmungen dienen kann. Dort, wo es sich um Demon- stration des bei der Assimilation -ent- Eis. 88: Absorptisrufeiiß Dach Graf wickelten Sauerstoffs handelt, verwendet = zur Kheorilion ven Baden 4 man am besten Wasserpflanzen und

fängt den von diesen im Lichte ent- wickelten und aus dem Wasser in Blasen emporsteigenden Sauerstoff in einem geeigneten Gefäße auf. Eine Anzahl von Stämmchen von Elodea canadensis wird an der Basis mit einer scharfen Scheere durch- schnitten, damit die oft durch Schleim und Bakterien verklebten Enden der Gasentwicklung kein Hindernis bieten und mit den glatten Enden nach oben unter einem geräumigen Trichter in Wasser gebracht (Fig. 37 b), dem man zweckmäßig zur Erhöhung des CO,-Gehaltes noch eine kleine Menge Sodawasser zufügt. Die Schnittfläche soll nicht zu dicht an einer Verzweigungsstelle liegen. Das Wasser muß einige Zentimeter über das Rohrende des Trichters ragen, welches mit einer wassergefüllten Eprou- vette überdeckt wird. Stellt man nun die Apparatur in helles Licht, (man kann Auerlicht verwenden) so kann man alsbald aus den offenen Enden der Elodeastämmchen Gasblasen austreten sehen, welche sich, das Wasser in der Eprouvette verdrängend, in dieser ansammeln. Hebt man dann das Proberöhrchen vorsichtig, so daß keine Luft eindringen kann, und unter Verschluß mit dem Daumen ab, so kann man mit Hilfe eines glimmenden Spanes, der durch Sauerstoff zu lebhaftem Glühen an- geregt wird, das Vorhandensein dieses Gases in der Eprouvette erkennen. Man kann auch direkt in zwei mit Wasser gefüllte Zylinder je eine Handvoll Cladophors geben und den einen Zylinder verdunkeln, den

V, Kohlensäureassimilation. } 101

andern belichten. In jenem sinken die Algenfäden zu Boden, in diesem bleiben sie infolge der sich zwischen ihnen ansammelnden Gasblasen oben schwimmen. L. und K. Linsbauer benutzen statt der Eprouvette ein Rohr, welches durch ein enges, mittels Hahnes a verschließbares Ansatzstück in einen etwas erweiterten Behälter 2 führt, der an seinem oberen Ende einen einfach durchbohrten Pfropfen als Verschluß trägt. Durch dessen Bohrung geht ein Rohr mit Hahn 5, welches oben in einen kleinen Trichter endigt. Vor Beginn des Ver- suches wird bei geschlossenem Hahne a der Behälter 2 mit durch Natrium- bisultit entfärbter Indigolösung vollgefüllt, sodann der Pfropfen mit dem Trichterrohre bei geöffnetem Hahn b eingesetzt; es wird etwas Indigo- lösung über den Hahn b emporsteigen, der sodann gesperrt wird. Das Triehterrohr soll etwa bis zur Mitte von 2 hinabreichen. Jetzt dreht man die Eprouvette um, füllt 1 mit Wasser und setzt es unter Wasser auf das Rohr desmit Wasserpflanzen gefüllten großen Trichters auf. Das ausgeschiedene Gas sammelt sich zunächst im oberen Ende von 1. Um es von hier nach 2 zu bringen, wird 1 unter Wasser mit dem Daumen verschlossen und die ganze Vorrichtung in ein hohes wassergefülltes Glas eingetaucht (Fig. 37a), und hier erst wieder unter Wasserder Daumen entfernt. Sodann öffnet man den Hahn a. Da die Spannung des in 1 angesammelten Gases wahrscheinlich noch nicht ausreicht, um dieses aufsteigen zu machen taucht man die Vorrichtung in dem Zylinderglase bis zum Hahne b und öffnet jetzt auch diesen. Nun steigen Blasen empor. Dadurch wird Indigolösung aus 2 verdrängt und im klei- nen Trichter aufsteigen, während sich 1 ganz mit Wasser füllt. Jetzt schließen wir wieder beide Hähne und ziehen die Eprouvette heraus. Die entfärbte Indigolösung ist nun wieder blau geworden. Die Indigolösung E darf natürlich nur mit soviel der reduzieren- X re den Lösung von Natriumbisulfit versetzt Fie.37. Apparatur nach L. u. K.Lins- worden sein, daß sie eben entfärbt ist und "auch jur Nemonstration der Saner- sich, in einer breiten Schale an der Luft 3 ausgegossen, sehr bald wieder blau färbt. Füllen wir eine 200—300 ccm haltende, luftdicht schließende Flasche bis zum Rande voll mit Indigo- lösung und entfärben sie durch Zusatz von wenigen Tropfen der Lösung von Natriumbisulfit, so können wir, wenn vorher einige an einen Glas- stab gebundene Stämmchen von Elodea in die Lösung gesteckt worden sind, im Lichte blaue Schlieren von den grünen Pflanzenteilen aufsteigen sehen, den Weg der Sauerstoffentwicklung anzeigend; im Dunkeln bleibt natürlich die Lösung ungefärbt. Man kann durch die Blasenmethode auch direkt zeigen, daß bei Kultur unter blauem Licht, entsprechend der sistierenden Assimilation wenig, im gelben Licht ebenso wie unter normalem weißen Licht viele Blasen aufsteigen.

Hoppe-Seyler verwendet zum Sauerstoffnachweis defibri- niertes Blut. Elodeazweige werden mit verdünntem faulenden Blut

102 V. Kohlensäureassimilation.

in einer Glasröhre eingeschmolzen. Die zunächst sich zeigenden Ab- sorptionsstreifen des Hämoglobins im Spektroskop verwandeln sich, wenn durch die Assimilationstätigkeit der Elodea und den dabei ent- wickelten Sauerstoff das Hämoglobin in Oxyhämoglobin umgewandelt ist, in die Absorptionsstreifen des Oxyhämoglobins. Engelmann geht folgendermaßen vor: Ein Gefäß mit defibriniertem Rinderblut wird an die Wasserpumpe angeschaltet und von Sauerstoff befreit. Während des Auspumpens, welches durch eine Temperatur von 35 ° © unterstützt wird, schäumt das Blut, als ob es kochte. Das Blut soll in venösem Zu- stand verwendet und überdies dadurch mit überschüssiger CO, versehen werden, daß man es in ein mit CO, gefülltes, gut verkorktes Gefäß ein- schließt. Für die mikroskopische Beobachtung eignet sich am besten ein einzelnes Blatt von Elodea oder ein Blattstück von Hottonia. Es wird in einen großen Tropfen Blut gebracht, welches in breiter Schicht auf dem Objektträger ausgebreitet wurde. Nach 3—4 Minuten im direkten oder 10 Minuten im diffusen Tageslicht wird das Blut in der Nähe des Blattstückes bis auf 1,—2 mm hell arteriell rot, und das arterielle hellrote Blut hebt sich scharf gegen das dunkle venöse ab. Der Effekt ist am besten unter schwacher Vergrößerung zu sehen, die hellrote Zone rings um das Blatt erweckt den Eindruck, als ob eine Lichtquelle hinter dem Blatt sich befände, welche es durchleuchtet. Auch ohne mikroskopische Beobachtung ist die Erscheinung zu sehen, besonders, wenn man das Ganze über einen Streifen weißen Papieres hält. Man kann durch abwechselnde Belichtung und Verdunke- lung des Blattes die Farbenänderung des Blutes wieder- holt beobachten. Vielleicht die allerbesten Methoden, um fabelhaft geringe Spuren von Sauerstoff nachzuweisen, beruhen auf der großen Reaktionsempfindlichkeit der Bak- terien. Bacterium termo Cohn, das bei der Fäulnis einer st. Erbse in Wasser auftritt, ist dazu besonders geeignet, methodezumSauer- aber auch andere Bakterien, Infusorien usw. können ver-

wendet werden. Es empfiehlt sich, Reinkulturen des betreffenden Organismus zu verwenden und anstatt eines Wassertropfens eine verdünnte neutralisierte Lösung von Fleischextrakt zu benutzen, in welcher die Bakterien beweglicher sind als in reinem Wasser. Der Tropfen soll so stark mit Bakterien beschickt sein, daß er dem bloßen Auge leicht getrübt erscheint. Ein besonders geringes Bedürfnis nach Sauerstoff zeigt Spirillum rubrum Esmarch, das demnach zum Nach- weis kleinster Spuren dieses Gases geeignet ist. Im Dunkeln mit einem Spirogyrafaden unter dem Deckglas eingeschlossen (Fig. 38), verzehren die Bakterien den in der Flüssigkeit vorhandenen Sauerstoff und werden unbeweglich. In einem solchen Präparat sieht man die Mikroorganismen diffus über den ganzen Raum des Präparates verteilt. Läßt man nun durch einen Spalt Licht auf das Präparat fallen, das die Assimilationstätigkeit des eingeschlossenen Algenfadens. und damit die Sauerstoffentwicklung anregt, sieht man die Bakterien in lebhafte Bewegung geraten und sich um den Faden drängen, von welchem der Sauerstoff ausgeht, also ihre diffuse Situation aufgeben. Mit Hilfe der Engelmann schen Methode kann man die assimilatorische Wirksamkeit der einzelnen Spektral- farben feststellen, indem man ein mikroskopisches Spektrum in der Ebene

V,. Kohlensäureassimilation. 103

des Objektes entwirft. Das Mikroskop ist in einem Kasten postiert, der das Seitenlicht abhält, oder man verwendet nach E. G. Prings- heim eine photographische Plattenschachtel 6x 9, die oben und unten eine runde Öffnung besitzt und so auf den Objekttisch gesetzt wird, daß das darin befindliche Präparat von unten beleuchtet wird und von oben beobachtet werden kann. Die Betrachtung findet in der Dunkel- kammer mit Hilfe einer geeigneten künstlichen Lichtquelle statt. Engel- mann verwendet entweder die Methode der simultanen oder die der sukzedanen Beobachtung. Bei der ersteren wird ein zylindrisches, gleich- mäßig gefärbtes Objekt, eine Fadenalge oder dergleichen senkrecht zur Richtung der Fraunhoferschen Linien eingestellt, so daß es mit sämtlichen Spektralfarben belichtet ist. Die Bakterien beginnen beim allmählichen Öffnen des Spaltes zuerst da beweglich zu werden, wo am meisten Sauerstoff produziert wird. Bei einer gewissen Spaltweite liefert die räumliche Anordnung der Bakterien eine gewissermaßen gra- phische Darstellung der Assimilationsenergie in den einzelnen Bezirken, indem sie sich dort am meisten anhäufen und auf die größten Entfernungen hin beweglich werden, wo am meisten Sauerstoff entwickelt wird. Bei der sukzessiven Beobachtung wird das Objekt genau in der Richtung der Fraunhofer schen Linien eingestellt, so daß es monochromatisch beleuchtet ist. Für jede Wellenlänge muß die Spaltbreite gesucht werden, bei der die Bewegung gerade anfängt oder aufhört. Auch der Nachweis, daß nur durch die Chloroplasten Sauerstoff entwickelt wird, läßt sich durch die Bakterienmethode führen, indem mit Hilfe eines statt des Beleuchtungsapparates am Mikroskop angebrachten Objektives das Bild eines hell beleuchteten kleinen Loches in einem undurchsichtigen Schirm in die Ebene des mikroskopischen Objektes projiziert wird. Finden sich an einem Objekt chlorophyllfreie Stellen und werden nur diese beleuchtet, so tritt keine Wirkung auf die Bakterien ein, wohl aber, wenn der helle Kreis die grünen Stellen trifft, an denen dann die Bak- terien beweglich werden und sich sammeln. Eine ebenso scharfe Methode zum Nachweise von Sauerstoff wie die durch Bewegung von Bacterium iermo ist das Aufleuchten der Kulturen von Bacterium phosphoreum (Cohn) Molisch , welche auf die geringsten Spuren des Gases reagieren, unter dem Mikroskop. Molisch konnte mit seinen Leuchtbakterien zeigen, daß im Exsikkator getrocknete, rauschdürr gewordene Blätter von Lamium album noch Sauerstoff abgeben, also noch Assimilations- tätigkeit zeigen, wenn auch natürlich diese Sauerstoffabgabe nichts mit einer Lebenstätigkeit im engeren Sinne des Wortes (Plasmafunk- tionen) zu tun hat. A

Gewissermaßen als Übergang zu den quantitativen Methoden sei die Blasenzählmethode genannt. Die Blasenzählmethode beruht darauf, daß abgeschnittene Blätter oder Zweige von Wasser- pflanzen im Licht aus ihren Schnittflächen Gasblasen aufsteigen lassen, denn der Sauerstoff ist viel weniger löslich in Wasser als die Kohlensäure, er steigt also, wenn das Wasser an Sauerstoff gesättigt ist, in Form von Blasen auf. Die Zahl der in einer bestimmten Zeit auftretenden Gas- blasen kann ein Maß der Assimilationstätigkeit unter verschiedenen Umständen abgeben, wobei aber die äußeren Bedingungen wie Licht, Temperatur usw. sehr gleichmäßig gehalten sein müssen, da sich bei ihrer Veränderung auch die Intensität der Assimilation leicht ändert. Sind die Interzellularen entsprechend groß wie bei Elodea, Ceratophyllum

104 V. Kohlensäureassimilation.

u.a. Wasserpflanzen, so entweicht das Gas in gleichmäßigen großen Blasen langsam genug, daß die Blasen gezählt werden können. Mitunter verklebt sich die Schnittfläche teilweise, so daß die Blasen zahlreich und klein aus- treten und nicht gezählt werden können, die Schnittfläche wird dann erneuert. Die Pflanzenstücke werden auch hier, mit der Schnittfläche nach oben, an einem Glasstab befestigt. Die Schnittfläche darf nicht zu tief versenkt sein und muß einen konstanten Abstand vom Wasserspiegel haben, da der Druck des Wassers der Blasenentwicklung entgegenwirkt. Immerhin zeigt ein und derselbe Pflanzenteil unter denselben äußeren Umständen durch Stunden eine recht konstante Blasenabscheidung. Für annähernde Bestimmungen und Vorversuche ist die Blasenzähl- methode wegen ihrer Einfachheit den volumetrischen Analysen vorzu- ziehen. Ferner ist man wegen der kurzen Versuchsdauer in der Lage, natürliches Tageslicht zu benutzen, das während kurzer Zeit als konstant angenommen werden kann. Mit Recht betont Pringsheim, daß trotzdem die Beleuchtung mit künstlicher Lichtquelle wird vorgezogen werden müssen, wo es die Fragestellung erlaubt. Um das relativ schwache Licht einer Auerlampe zu verstärken, kann man einen großen wasser- gefüllten Glaszylinder als Linse benutzen und die Pflanze in dessen Brennstreifen bringen. Man erreicht so gleichzeitig eine Ausschaltung der ultraroten Strahlen, welche die Assimilation und die Eindeutigkeit des Versuchserfolges beeinträchtigen. Die Zählung der Blasen wird mit einer Sekundenstoppuhr oder mittels der akustischen Signale eines Metronoms vorgenommen, wenn auch natürlich eine gewöhnliche Taschen- uhr ebenfalls benutzt werden kann. Die Einleitung von Kohlensäure, um eine gleichmäßige Kohlensäuretension zu bewirken, sollte lieber vermieden werden, da eine Übersättigung der Kulturflüssigkeit mit Gas einen von der Assimilation unabhängigen Gasstrom hervorrufen kann. Das Wasser erschöpft sich, besonders wenn die Temperatur nicht zu hoch ist, nicht so leicht an Kohlensäure, und eine Gleichmäßigkeit der Tension wird besser durch längeres vorheriges Stehen im Versuchsraume erzielt. Große Kulturgefäße, eventuelles öfteres Wechseln des Wassers beugen diesem Nachteile vor und von Unregelmäßigkeiten überzeugt man sich dadurch, daß man die Pflanze zeitweise ins Dunkel stellt, wo normalerweise die Gasblasenentwicklung bald aufhören muß; ist das nicht der Fall, dann vollziehen sich störende Nebenprozesse. Nach Angelstein liefert destilliertes Wasser, selbst wenn es mit Kohlen- säure angereichert ist, sehr geringe Blasenzahlen; besser ist Leitungs- oder Brunnenwasser, deren Gehalt an Bikarbonaten einen größeren Vorrat an verarbeitbarer Kohlensäure gewährleistet. Ein weiterer Nach- teil der Methode ist, daß die Gasblasen wohl kaum jemals bloß aus Sauer- stoff bestehen, sondern daß diesen immer auch Stickstoff und Kohlensäure beigemengt ist, so daß unter ungünstigeren Assimilationsbedingungen, z. B. im Winter, nur ein Viertel des Gasvolumens von Sauerstoff gebildet wird, anderseits geht bei schwacher Assimilationstätigkeit Sauerstoff durch Diffusion verloren, so daß mitunter die Gasblasenzählung kein richtiges Bild der Assimilationsenergie hervorruft. Der größte Nachteil der Methode ist aber der, daß sie nur bei Wasserpflanzen angewendet werden kann. Sie leistet Brauchbares, wenn es sich darum handelt, schnell über die Wirksamkeit verschiedenfarbigen Lichtes, die Brauch- barkeit irgendwelcher Nährlösungen, die Temperatur- und Helligkeits- einflüsse ein Bild zu bekommen. Bei Wechsel der Bedingungen hat

V. Kohlensäureassimilation. 105

man darauf zu achten, daß die Beobachtung erst nach einiger Zeit erfolgen kann, wenn sich die Pflanze an die neuen Bedingungen gewöhnt hat, daß die Pflanze beim Wechseln von Kulturflüssigkeiten möglichst unverrückt an ihrem Platze bleibt. Daß die Assimilations- energie nur im Frühling und Sommer stark genug ist, um die Blasen zählung sicher zu gestalten, wurde bereits erwähnt. Kohl hat den Fehler durch wechselnde Blasengröße mikrometrisch auszuschalten ge- sucht, indem er das Volumen der Gasblase mikrometrisch bestimmte. Ein Ausschnitt aus einem Elodeablatt samt Stengel wurde auf den Boden eines kleinen flachen Schälchens gebracht und dort mittels eines Glasplättehens unter Wasser festgehalten. Die austretende Gas- blase, die assimilatorisch im Lichte ausgeschieden wird, nimmt annähernd Kugelgestalt an und aus ihrem mikrometrisch festgestellten Durch- messer läßt sich das Volumen berechnen.

Die Gasblasenzählmethode kann als Maß

für die Assimilation von Wasserpflanzen

nur bei durchschnittlich mittleren Luft-,

Temperatur-, Kohledioxydmengen aus-

reichen, sie versagt aber, wenn sie auf einen » weiteren Umkreis von Umständen an-

Fig. 39. Apparat von Blackmann.

gewendet werden soll; ist die Assimilationsgröße gering, so kann der ganze entbundene Sauerstoff im Wasser gelöst bleiben, es treten also keine Blasen auf; ist die Temperatur höher, so bestehen die Gasblasen größtenteils aus anderen Gasen, die physikalisch aus dem Wasser entweichen, und ist die Kohlensäuremenge des Wassers groß, so bestehen die Gasblasen größtenteils aus Kohlendioxyd. Diesen Un- genauigkeiten trägt der allerdings etwas komplizierte Apparat von Blackmann Rechnung (Fig. 39), in welchem ein kontinuierlicher Wasser- strom, der Kohlensäure gelöst enthält, über die assimilierende Pflanze tließt und wo die Differenz im Kohlensäuregehalt des Wassers vor und nach Kontakt mit der Pflanze ein Maß für die Assimilation abgibt. Die Pflanze ist in einer Glaskammer eingeschlossen und Temperatur, Luft, Kohlensäurezufuhr lassen sich genau regeln. Der Strom des kohlensäure-

106 V, Kohlensäureassimilation.

gesättigten Wassers fließt durch seine Schwere aus dem Gefäß A nach der Kammer mit der Pflanze B (diese erscheint hier nur schematisch im Quer- schnitt und ist genau in Fig. 43 gezeichnet), die im Wasserbade C befindlich ist und nach dem Durchströmen der Kammer von hier auf dem Wege d, Y,n, K von unten in die eine oder andere der beiden 200 cem-Pipetten D und E und schließlich durch Überfließen von hier in die Meßzylinder F oder G. Die Wasserpflanze wird in einer flachen, senkrechtstehenden, an der Stirnseite mit Glas versehenen Kammer von ovalem Umfange 18 cm lang, 11 cm breit untergebracht, deren Rand mit einem schmiede- eisernen Band von 14 qmm Breite versehen ist; in dieses sind die rück- wärtige und vordere Glasplatte, welche die Kammer bilden, durch eine Wachs - Harz - Vaselinmischung fest eingekittet, die rückwärtige dauernd, die vordere zum Herausnehmen eingerichtet. Die Kammer enthält ein aus Silberdraht gefertigtes Netz mit 6 mm breiten Maschen, welches gegen die Rückseite der Kammer lehnt und an welches die Ver- suchspflanze mit Draht befestigt ist. Alle mit Wasser in Berührung stehenden Metallteile sind aus Silber und überdies mit Wachs überzogen. Der Eisenrand der Kammer ist durch das Einlaßrohr b an seinem untersten und das Auslaßrohr d an seinem höchsten Punkte durchbrochen, nahe dem letzteren ist eine Öffnung für ein Thermometer zur Messung der Innentemperatur. Unmittelbar über dem Einlaßrohr befindet sich ein Siebplättchen, welches die Einlaßöffnung überquert und bewirkt, daß das einfließende Wasser nicht im Strahl herabfällt, sondern nach allen Richtungen zerstäubt. Der tatsächliche Abfall des Wasserstromes bei seinem Weg durch den Apparat ist durch die Niveaudifferenz zwischen der Mündung des mittleren Rohres der Mariotteschen Flasche A und der oberen Mündung der Pipetten E und D gegeben, wo das Wasser überfließt; in der Stunde passieren ca. 300 ccm den Apparat; die Ge- schwindigkeit des Stromes wird durch die Meßzylinder gemessen, welche das überfließende Wasser aufnehmen; und jede Unregelmäßigkeit des Stromes kann durch Heben oder Senken der Pipetten bzw. des Brettes, an dem sie befestigt sind, bewirkt werden. Das kupferne Wasserbad wird durch einen Thermoregulator auf konstanter Temperatur gehalten, in der vorderen Wand des Bades ist ein breites Glasfenster J zur Er- hellung der Assimilationskammer eingelassen und durch einen starken Strom kalten Wassers vor der Erwärmung durch den Brenner des Bades bewahrt. Dieses Kühlwasser befindet sich in dem Glasmantel J—N. Das CO,-Gas war aus Marmor und Salzsäure entwickelt, gewaschen und das Wasser durch andauerndes Schütteln mit dem Gas gesättigt. Die entsprechend verdünnte CO,-Lösung wurde in die Flasche A ein- gefüllt, von wo sie durch das Rohr b nach der Kammer B abfließt. Da- durch wird durch die mittlere Röhre V Luft in die Flasche eingesogen und nach dem Prinzip der Mariotteschen Flasche ist der Betrag des ausfließenden Wassers konstant und unabhängig von dem Niveau der Flüssigkeit in der Flasche. Um die eintretende Luft mit ebensoviel Kohlensäure zu beladen, wie die Lösung in der Flasche enthält, passiert diese vor dem Eintreten den Kohlensäureentwickler S, in welchem Salz- säure bestimmter Stärke zu Marmor tropft, um den Entwickler bei T als neutrale Flüssigkeit zu verlassen. Der größte Vorteil der ganzen Methode beruht in der Bestimmung des Betrages der gelösten Kohlen- säure in einer Probe der Flüssigkeit, die von A zur assimilierenden Pflanze nach B fließt und in einer Probe der nach D oder E nach dem Kontakt

V. Kohlensäureassimilation. 107

mit der Pflanze abfließenden Flüssigkeit. Es werden immer Proben von 200 cem benutzt und für die erste Prüfung aus der Zuflußflasche durch die Röhre m in die 200 cem-Pipette W zu einer bestimmten Zeit abgezogen, für die zweite Probe 200 ccm der Flüssigkeit in D oder E. Der Dreiweghahn K und die Ausschaltung der Kautschukverbindung bei h oder i gestattet den überfließenden Wasserstrom in die eine oder andere Pipette zu lenken, um Proben zu entnehmen. Die Prüfung ge- schieht maßanalytisch durch Zufügung einer bestimmten Menge titrierter Barytlösung zur Absättigung der Kohlensäure und Rücktitrieren des Überschusses durch gestellte Salzsäure. Die durch das Abziehen der Flüssigkeit leer gewordene Pipette muß, damit die Zirkulation des Stromes nicht gestört werde, mit einer anderen Flüssigkeitsmenge gefüllt werden, das geschieht aus dem Flüssigkeitsreservoir X mit Wasser, welches ca. 7%, Alkohol und etwas Methylenblau enthält. Das geringere spezi- fische Gewicht dieser Flüssigkeit ermöglicht es, dieselbe in die Pipette bis zum Rande des einfließenden Stromes der eigentlichen Flüssigkeit einzufüllen, ohne sie damit zu mischen. Die verschiedene Farbe ermöglicht es überdies, die beiden auseinander zu halten und zu beurteilen, wann die Zusatzflüssigkeit abgeflossen ist, worauf eine neue Analyse ein- setzen kann. Wenn der Inhalt beider Pipetten, sobald die blaue Flüssig- keit völlig übergetrieben worden war, für die Analyse abgezogen wurde, kann die Flüssigkeit der ganzen Kammer schließlich auf ihren CO,-Gehalt untersucht werden. Wenn der Strom 300 ccm pro Stunde fördert und jede Pipette 200 ccm faßt, kann alle 40 Minuten eine Analyse ausgeführt sein. In der Praxis ist eine Analyse pro Stunde genügend, die restlichen 20 Minuten tropft die Lösung unbenutzt in die Meßzylinder. Sowohl bei infolge höherer Temperatur starker Assimilation als bei Überschuß an CO, entwickeln sich große Gasblasen, welche niemals allein aus Sauer- stoff bestehen und demnach ein unrichtiges Bild von der Assimilations- intensität geben würden; aber auch die Verminderung der Kohlensäure würde kein richtiges Maß geben, weil Kohlensäure aus der Kulturlösung physikalisch in die Blasen hineindiffundiert. Dieser physikalische Ver- lust muß also in Rechnung gezogen und vom physiologischen Kohlen- säureverbrauch abgezogen werden. Zu diesem Zweck werden die von der Pflanze abgegebenen Gasblasen von der Flüssigkeit getrennt, gesammelt und zu Zeiten mittels des Ventils bei Y und des GassammlersZ aufgefangen. Der Wasserstrom geht nach Verlassen der Assimilationskammer bei d unmittelbar durch die hohle Metalltrommel Y, welche auf dem Wege nach dem Ausflußrohr n liegt. Diese Trommel enthält die Auslaßröhre e, durch welche das über das Wasser aufsteigende Gas, und nur dieses allein, nach dem Gassammelgefäß g abgezogen wird. Z ist mit einem Quecksilbergefäß in Verbindung, das gesenkt wird, so daß durch / eine starke Saugung geübt wird, die das Gas nach dem Ventil am oberen Ende der Trommel treibt. In der Trommel befindet sich ein sehr leichter, hohler Metallschwimmer; ist die Trommel voll Wasser, dann schwimmt der Schwimmer so hoch als möglich empor und drückt eine kleine, an einem geölten Seidenfaden beweglich aufgehängte Metallscheibe gegen die Kante des Auslaßrohres und verhindert so irgendein Entweichen von Wasser in der Richtung ef. Wenn eine bestimmte Gasmenge aus der Kammer aufgefangen worden ist, sinkt der Schwimmer durch sein eigenes Gewicht, und die Scheibe fällt und gestattet ein Aussaugen des Gases durch e, bis das steigende Wasser Schwimmer und Scheibe

108 V, Kohlensäureassimilation.

wieder emportreibt. Vom Empfänger Z aus wird durch Drehen des Hahnes f und Heben des Quecksilberreservoirs das Gas durch das Seitenrohr in ein Eudiometer zur Analyse übergeführt, wo durch Be- handeln mit KOH der absolute Betrag gasförmiger Kohlensäure, die aus dem Wasserstrom physikalisch entwichen ist, bestimmt und zur Korrektur benutzt wird.

Beispiel!): Die Assimilationsgröße von kräftigen Elodeazweigen bei einer Belichtung —= 5,7, einer Temperatur von zirka 20 ° C und einer Kohlensäurezufuhr von zirka 0,03 % (zirka t/,-Sättigung) wurde be- stimmt. Auf das Silbernetz wurde ein dichter Belag der Elodeazweige gelagert und mit Wollfäden daran befestigt. Das Glasfenster wurde dann sorgfältig in die Metallfassung eingedichtet. Nachdem die Kammer in dem vorher auf die Versuchstemperatur gebrachten Wasserbad schräg befestigt ist, wird aus A die bereits vorbereitete Kohlensäurelösung durchgeleitet, indem das Auslaßrohr e gerade oberhalb des Ventils Y ausgeschaltet und gesaugt wird, bis die Lösung zuerst die Kammer, dann das Ventil und die Röhren füllt. Sobald der zu einer der Pipetten E oder D führende Hahn R gedreht wird, beginnt der Strom. Natürlich enthält erst nach einiger Zeit, mindestens nach einer Stunde, die Pipette die volle Menge des Versuchsendproduktes, so daß erst dann zur Analyse geschritten wird. Die Pipette wird zuerst mit der blauen Flüssigkeit gefüllt, und erst eine Stunde nach dem Abfließen dieser wird der Ver- such angestellt. Die Kohlensäure in 200 ccm der von D ablaufenden

Flüssigkeit entspräche 22,18 ccm . HCl im Abfluß und 26,31 ccm im

Zufluß, so sind 4,13 cem en HCl für die verbrauchte Kohlensäure ent- fallen. Als Mittel von sieben Versuchen ergab sich für den 200 cem

entsprechenden Zufluß 25,79 cem e HCl, der korrespondierende Be-

trag des Abflusses war 19 ccm. Daher beträgt der Durchschnittswert n

der Kammer 11,20 ccm 10 HCl per 100 cem Flüssigkeit 0,0279 % CO,

(l cem n HCl = 0,00 249 g CO,). Die Differenz zwischen Zu- und Ab- fluß gibt das Maß an Kohlensäure, das aus der Kammer verschwunden ist (durch Assimilation), d. i. 6,79 ccm m HCl = 0,01 693 g CO, pro 200 ccm

der Lösung, und diese Zahl muß pro Stunde berechnet und in bezug auf die Gasblasen und die Atmungsgröße korrigiert werden. Das Ge- wicht der in der Kammer pro Stunde verschwundenen Kohlensäure M 216,5 ist 0,01 693 blasen aufgefangenen Gasmenge war 37,3 ccm, wovon 4,8 ccm sich als CO, erwiesen, entsprechend 1,3 ccm CO, pro Stunde = 0,00 239 g CO, (1 ccm CO, wiegt 0,00 184 g). Die Atmung wurde in einem parallelen

:0,02 679 g. Das Volumen der in Form von Gas-

ı)F. Blackmann and M. Smith, Experimental Research on Vegetable Assimilation and Respiration VIII, A New Method for Estimating the gaseous Exchanges of Submerged Plants. Proceed. of the royal Society, B Vol. 83 (1911).

V. Kohlensäureassimilation. 109

Dunkelversuch durch Trockengewichtsabnahme bestimmt und pro 1 g Elodea die Entwicklung von 0,00 125 g CO, pro Stunde, also für die verwendeten 1,955 g Elodea die Entwicklung von 0,00 244 g CO, pro Stunde gefunden. Wir haben jetzt alle Daten, um die wirkliche Assimilationsgröße der verwendeten 137 ccm Elodea unter den genannten Versuchsbedingungen zu bestimmen:

CO, in der Kammer pro Stunde verschwunden. . . . 2.2... 0,0268 eur m Form von Gasblasen entwichen .. . 2 ........%. 0,0024

Assimilation bestimmt zu 0,0244 Siaumoskohlensäure bei 200930... 2.2. 2 2 222 8% 0,0024

Wirkliche Assimilationsgröße 0,0268

Eine einfachere Versuchsanstellung (Fig. 40) beschreibt Kniep!): Die Pflanze, ein Elodeasproß, wird in eine Kuvette gebracht, welche mit filtrier- tem Wasser vom Standort der Pflanze gefüllt ist. Die Wasseroberfläche in der Küvette X wird mit der 0,5 cm starken Schicht Olivenöl P be- deckt. Darauf befindet sich der Korkschwimmer S, durch den ein kurzes Glasrohr geführt ist, das einerseits in die Luft, nach unten zu ins Wasser hineinragt. Vor dem Versuch wird in eine Flasche von bekanntem Inhalt mit Hilfe des Hebers H Wasser abgefüllt und diese nach kurzem Durchspülen mit eingeschliffenem Glas- pfropfen gut verschlossen. Dasselbe ge- schieht unmittelbar nach jedem Versuch, wobei man vorher durch vorsichtiges Um- rühren für eine gleichmäßige Verteilung des im Wasser gelösten Sauerstoffs gesorgt hat. Der im Wasser gelöste Sauerstoff wird in beiden Flaschen nach dem Ver- fahren von L. W. Winkler jodometrisch | |

Fig. 40. Versuchsanstellung von Kniep.

bestimmt: in die Flasche bringt man durch eine bis auf den Boden derselben reichende Pipette 1 ccm jodkalihaltige Natronlauge (100 ccm reinster Natronlauge vom spe- zifischen Gewicht 1,35 g werden mit 10 g Jodkali versetzt, die so erhaltene Flüssigkeit darf beim An- säuern mit verdünnter Salzsäure Stärkelösung nicht sofort bläuen und Karbonate nicht in größeren Mengen enthalten) und fügt sofort l ccm Manganchlorürlösung hinzu, die man durch Auflösen von 400 g MnCl, + 4H,O in 1000 ccm Wasser erhalten hat, verschließt, schüttelt und läßt stehen, bis sich der entstandene Niederschlag von manganiger Säure abgesetzt hat; dann trägt man mittels einer langgestielten Pipette 3 ccm rauchende Salzsäure ein, verschließt und schüttelt von neuem; der Niederschlag löst sich unter Ausscheidung einer äquivalenten Menge

Jod, die mit - Natriumthiosulfatlösung gegen Stärkekleister titriert wird. 1 ccm der Thiosulfatlösung entspricht 0,0 007 984 g 1,11 955 ccm

Sauerstoff von und 760 mm Barometerstand. Ferner muß das

1) H. Kniep, ‚Photosynthese‘ im Handwörterbuch der Naturwissenschaften, Jena 1912.

110 V. Kohlensäureassimilation.

in Blasenform ausgeschiedene Gas analysiert werden. Bei konstantem Licht bleibt der Blasenstrom und dessen Zusammensetzung konstant, daher ist nur von Zeit zu Zeit eine Analyse durchzuführen; das kann mit Hilfe des Mikroanalysators von Krogh geschen (Fig. 41). Der untere Teil E des Apparates von Krogh wird in das Rohr des Schwimmers eingeführt, nachdem hier mit einer Wasserstrahlpumpe die Olschicht abge- saugt worden ist. Nachdem eine genügende Gasmenge aufgefangen ist, wird der Apparat entfernt und das Gas sofort analysiert. Das in E aufgefangene Gas wird durch Zurückdrehen der Schraube S in das Kapillarrohr gesaugt und hier das Volumen abgelesen. Darauf wird das in E befindliche Wasser durch alkalische Pyrogallollösung ersetzt und das Gas nach E zurückgebracht; hier findet die Sauerstoffabsorption statt, worauf im Kapillarrohr neuerdings das Volumen bestimmt wird. War das Gas bloß Sauerstoff ‚so muß jetzt das Gasvolumen völlig absorbiert sein, anderen- falls ersetzt man das Pyrogallol in E durch Kalilauge und läßt wieder absorbieren oder bezieht die Diffe- renz direkt auf Kohlensäure. Die das Kapillarrohr umgebende Hülle enthält Wasser zur Konstanterhal- tung der Temperatur; die obere Öffnung des Appa- rates dient zu dessen Reinigung. Das Kapillarrohr s®% hat eine Länge von 20 mm, was einem Volumen von l cem entspricht. Die Verschiebung der Gasblase geschieht vermittels der in Quecksilber tauchenden Schraubvorrichtung, zur Er- leichterung der Ablesung kann man eine 6—8 fach vergrößernde Linse benut- zen, die in einem oben zugeschärften rechteckigen Holzklotz halb eingelassen ist, um so immer bei hori- zontalem Stand ablesen zu können. Es kommt beson- Fig. 41. Apparat von Fig. 42. Mikrorespirometer von ders darauf an, die Meß- rogh. Be kapillare möglichst rein zu erhalten. Zu diesem Zweck steckt man sie in die eine Bohrung eines Kautschukstöpsels, welcher auf eine Flasche paßt, und in dessen anderer Bohrung ein Glasrohr steckt, das zur Wasserstrahlpumpe führt. Man läßt von oben starke Schwefelsäure oder ein Gemisch von Kaliumbichromat und Schwefelsäure einfließen und saugt nach unten durch; damit das seitliche Ansatzstück und das darin befindliche Wasser und Quecksilber nicht mit der Säure in Berührung komme, hat man zuvor ein Luftbläschen als Abschluß dazwischen geschaltet. Ein Apparat zur Messung sehr kleiner Gasquantitäten ist durch das ‚„‚Mikrorespirometer‘ (Fig. 42) repräsentiert (Thunberg). Zwei kleine Gasflaschen von 2—3 cem Inhalt sitzen an den Seitenteilen des ver- zweigten Kapillarrohres durch Schliff fest. An dem Rohr sind zwei T-Hähne, der Mittelteil ist ungeteilt und führt einen Petroleumtropfen von 3 mm Länge als Index, dessen Wanderungen Änderung im Druck innerhalb der Flaschen anzeigen. Der Apparat steht zur Konstant-

V. Kohlensäureassimilation. 111

erhaltung der Temperatur bis über die Schliffe in Wasser. Um den Sauerstoffverbrauch, z. B. beim Atmungsprozeß zu zeigen, wird der Boden der Gefäße mit Kalilauge bedeckt und in eine Flasche das Organ gebracht; ist keine Kalilauge darin, so zeigt die Wanderung des Tropfens Steigen und Fallen des respiratorischen Koeffizienten an. Zur Be- stimmung der Assimilation bringt man auf den Boden der Flasche ebenso alkalische Pyrogallollösung. Bei allen diesen Versuchen ist zu beachten, daß die starke Kalilauge des Pyrogallols natürlich auch Kohlensäure absorbiert, was einen Fehler bedingt.

Schließlich kann man die Sachssche Blatthälftenmethode bei Land- pflanzen anwenden, mit welcher man die durch Assimilation hervorgerufene Zunahme des Trockengewichtes bestimmt. Die Blätter werden vor dem Versuche von der Pflanze abgetrennt, damit kein Verlust durch Ableitung der Assimilate geschehe, und dann aus einer Blatthälfte ein Stück heraus- geschnitten, dessen Trockengewicht genau bestimmt wird; nach dem Versuch wird das Trockengewicht eines genau gleich großen Stückes aus der anderen Blatthälfte fest- gestellt und die Differenz auf die Pro- duktion der Assimilate bezogen.

Um die Abhängigkeit der Kohlensäure- assimilation von der Temperatur zu zeigen, hat Blackmann!) einen Apparat kon- struiert, der es ermöglicht, alle in Betracht kommenden Verhältnisse sehr konstant zu erhalten. Die abgeschnittenen Blätter wer- den in eine flache Glaskammer (Fig. 43) ein- gesetzt, durch deren rückwärtige Scheibe die Drähte vom Thermoelement am Blatt zum Galvanometer laufen. Die Kammer ist auf- recht auf einem Holzrahmen montiert und dieser wird in einen rechteckigen, mit Wasser gefüllten Präparatenzylinder ein- gesetzt, welcher oben mit einem passenden Korkstück verschlossen ist. Durch ent- sprechende Bohrungen des Korkes ziehen Fig. 43. Pflanzenkammer von Black- die Luftstromröhren von dem CO,-Erzeuger Apparat Fig. 39 Verwendung findet. nach der Kammer (A) und von der Kammer nach den Pettenkoferröhren (B); die engen Schläuche E und F an der Rückwand enthalten die elektrischen Drähte. Ferner ist die Röhre C vorhanden, die von der Wasserleitung auf den Boden des Wasserbades führt und breit genug ist, um eine lebhafte Wasserzirkulation zu er- möglichen. Die Löcher DundG dienen zum Ausfließen des ins Wasserbad einströmenden Wassers respektive für das die Badtemperatur messende Thermometer. Der durch A einströmende Luftstrom zieht durch ein Dreiwegglasrohr, damit er die Badtemperatur annehmen kann, das Ende H dieses Systems von Glasröhren kann geöffnet werden, um Wasser einzulassen, welches das Blatt benötigt. Der Luftstrom geht

ı) F.Blackmannand G.Matthaei, Quantitative Study of Carbon- Dioxide Assimilation and Leaf-Temperature in Natural Illumination. Proceed. of the Royal Soc. Vol. B. 76, 404 (1905).

112 V. Kohlensäureassimilation.

nach Verlassen der Kammer durch ein Chlorkalziumrohr, um hier ge- trocknet zu werden. Das ganze Bad samt der Glaskammer kann an einem Scharnier in einen innen geschwärzten Behälter horizontal oder vertikal oder in jede beliebige Stellung umgelegt werden. Das Wasser- bad wird infolge der Notwendigkeit, verschiedene Lagen einzunehmen, nicht direkt durch einen Brenner, sondern mittels eines vorgewärmten Wasserstromes geheizt, eventuell bei Sonnentemperatur durch kaltes Wasser entsprechend abgekühlt. Die Temperatur, welche das Blatt durch natürliche oder künstliche Beleuchtung während der Assimilation erreicht, wird thermoelektrisch gemessen. Für die Versuche im Freien war das abgeschnittene Blatt an seinen Rändern an einem kleinen, dünnen, rechteckigen Brettchen befestigt, das mit seinem unteren Rande drehbar an einem starken Horizontalbalken befestigt war. Das Brettchen besaß eine ovale Öffnung, etwas kleiner als das Blatt, und über diese war das Blatt gespannt. Der Blattstiel tauchte in ein kleines Wassergefäß im Holzbalken und blieb im Wasser, welche Stellung auch das Brettchen am Balken einnehmen mochte. In die Mittelrippe des Blattes war ein Thermoelement eingesenkt, und die freien Drahtenden hingen in Quecksilbernäpfe herab, die sich beiderseits des Wassergefäßes be- fanden. Durch ein Loch des Bal- kens war eine Röhre gezogen, die ein Thermometer und das Kon- trollthermoelement führteund mit Wasser von beliebiger Temperatur gefüllt werden konnte, dabei sorgfältig vor direkter Sonnen- bestrahlung geschützt war. Die beiden Thermosäulen waren einer- seits miteinander, anderseits mit dem Galvanometer durch Drähte verbunden, die zu den Queck- silbernäpfen im Horizontalbalken h £: führten.

Man kann aber auch, statt den abgegebenen Sauerstoff zu be- stimmen, die Aufnahme der Kohlensäure messen. Pfeffer führt das in der Weise aus, daß in ein graduiertes, oben kolbig erweitertes Rohr von 26 cm Länge und 40 ccm Volumen (der erweiterte Teil faßt noch außerdem 45 ccm) ein Camelia-Blatt mittels eines Holzstäbchens ein- geführt wurde, nachdem die Blattfläche vorsichtig zusammengerollt worden war. Am Blattstiel ist ein Draht befestigt, der das Blatt wieder aus der Röhre herauszuziehen gestattet. Das Rohr taucht unten in Quecksilber, das zur Vermeidung der schädlichen Quecksilberdämpfe mit einer Schicht Wasser überlagert ist. Nun wird das ganze System, nachdem der Luftraum der Röhre mit Kohlensäure gefüllt ist, im Lichte gehalten; ein Teil der Kohlensäure wird dabei durch Assimilation ver- braucht. Zieht man nun das Blatt durch das Quecksilber heraus und läßt statt dessen ein kleines Stück Atzkali aufsteigen, das sich im Wasser zu Kalilauge löst, so findet eine Asorption der überschüssigen Kohlen- säure statt. Vor dem Versuch war das Quecksilber durch Saugen an

rd

Fig. 44. Timirazeffs Mikro-Eudiometer.

V. Kohlensäureassimilation. 113

einem seitlichen Ansatz des Rohres auf eine bestimmte Marke eingestellt worden. Nach Absorption der Restkohlensäure steigt nun das Quecksilber um einen gewissen Betrag, und aus der Differenz läßt sich unter Berück- sichtigung des Blattvolumens die Menge der assimilierten Kohlensäure be- rechnen. Die Absorption sieht man nach 12stündigem Stehen als beendigt an. Es ist klar, daß diese Methode nur Annäherungswerte geben kann. Auf die quantitativen Methoden der Gasanalyse kommen wir bei Behandlung der Atmungsmethodik zu sprechen; es ist selbstverständlich, daß man diese Methoden auch zur Bestimmung des Gaswechsels bei der Assimilation verwenden kann. Dort, wo es, wie bei Demonstrationen, erwünscht ist, Baromelerablesungen, Rechnungen usw. zu vermeiden, liefert der Apparat (Fig. 45)von Winkler-Hempel befriedigende Werte: Das zylindrische Gefäß J, welches die assimilierenden Blätter enthält, ist mit Luft gefüllt, die beiläufig 8 % CO, führt. Dieser Betrag, welcher innerhalb gewisser Grenzen schwanken kann, muß vor Beginn des Ver- suches genau festgestellt sein. Das gebogene Rohr ? dient dazu, um eine Probe des Gases in dem Gefäß J zu entnehmen, und wenn sie entnommen ist, fließt Wasser durch die Röhre ! aus dem außerhalb stehenden Glas o in das eprouvettenartige innen befindliche Behältnis 1. Die Röhren ? und /! werden jetzt geschlossen und die Versuchsanordnung 4—5 Stunden hellem Lichte aus- gesetzt, worauf eine neue Gasprobe entnommen und analysiert wird. Das eingeführte Wasser absorbiert wohl etwas von der Kohlensäure und bewirkt einen Fehler, welcher aber speziell für Demonstrations- zwecke nicht schwer wiegt. Für die Bestimmung kleiner Gasquantitäten, die von Wasserpflanzen ab- gegeben werden, etwa 0,5 ccm und weniger, leistet Timiriazeffs Mikro-Eudiometer (Fig. 44) gute Dienste. Der Apparat besteht aus drei Teilen, dem Eudiometer E, der Pipette P und dem Überträger- rohr C. Das Eudiometer ist eine Röhre von 5mm wWinkier Hempen innerem Durchmesser und in !/,.. ccm geteilt. Das obere Ende ist durch ein 25 mm langes Stück Gummischlauch ver- schlossen, durch welchen eine Glasstange R gesteckt ist, die als Kolben dient. Das untere Ende von E ist zu einem kleinen Trichter F erweitert, um das Eintreten des zu analysierenden Gases zu erleichtern. Der Über- träger C besteht aus einem gleichmäßig zylindrischen Glasrohr von 10 mm Durchmessser, 20 mm Höhe und zirka 1 cem Volumen, welches an die Glasstange X als Halter angeschmolzen ist. C wird mit Wasser gefüllt und so befestigt, daß sich die von der Pflanze aufsteigenden Gasblasen darin sammeln. Dieses Gas wird dann unter Verschluß mit dem Daumen in ein Gefäß mit Wasser übertragen, in dem E aufgestellt ist, worauf man es in den Trichter F am unteren Ende von E aufsteigen läßt. Der Trichter steht mit dem graduierten Teil des Rohres durch eine kapillare Einschnürung in Verbindung, so daß das übertragene Gas in dem Trichter verbleibt. bis es durch Aufdrehen des Glaskolbens R in das Eudiometer hineingezogen wird. Wenn das Gas an der Einteilung E gemessen worden ist, wird der Stempel R wieder eingedrückt und die Gasblasen so wieder in den Trichter F zurückgetrieben. Die Pipette P

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. fe)

114 V. Kohlensäureassimilation.

ist zu einer Birne bei B erweitert und endet in eine gebogene Kapillar- röhre, die in den Trichter des Eudiometers eingeführt werden kann. So läßt sich das Gas aus dem Trichter durch Ausziehen des Pipetten- stempels S von Pin die Pipette hineinziehen (Fig. 47). Zur Bestimmung von Sauerstoff enthält die Pipette frischbereitete Lösung von Pyrogallol. Nach 2—3 Minuten wird das Gas in den Trichter zurückgebracht, durch den Stempel des Eudiometers in dieses hineingezogen und sein Volumen von neuem bestimmt. Der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Eudiometerablesung ergibt den Betrag des durch Pyrogallol absorbierten Sauerstoffs. Die ganze Operation kann so schnell durch- geführt sein, daß keine Korrekturen für Anderung von Barometerstand oder Temperatur anzubringen sind. Auf die Assimilation übt die Licht- farbe einen Einfluß. Wir brauchen bloß einen Elodeasproß unter Glas- glocken aus verschiedenfarbigem Glas zu setzen, um zu erkennen, daß die Zahl der Gasblasen in gelbem Lichte größer ist als in blauem, daß also die Assimilation im schwächer brechbaren Teil des Spektrums am intensivsten vor sich geht (Fig. 46 und 47). Zur Erzeugung verschieden- farbigen Lichtes können wir als Sturz im einfachsten Fall eine Kiste mit herausgenommenen und durch’ Glasplatten ersetzten Holzboden und -wänden benutzen, welche Glasplatten mit gefärbter Gelatinfolie beklebt sind, wobei man aber durch schwarze Papierstreifen an den Rändern dafür sorgen muß, daß die Einstrahlung weißen Lichtes unterbleibt. Oder aber man stellt die Pflanzen geradezu unter Stürze aus gefärbtem Glas. Sehr häufig gebraucht sind die Senebierschen Glocken mit Doppel- wandung, deren Zwischenraum mit einer Lösung von Kaliumbichromat zur Erzeugung schwächer brechbaren, hauptsächlich gelben Lichtes oder mit einer Lösung von Kupferoxydammoniak gefüllt ist, das vor- nehmlich blaue und violette Strahlen durchläßt. Um ultrarotes Licht zu erzeugen, verwendet man eine gesättigte Auflösung von Jod in Schwefelkohlenstoff. Aber abgesehen davon, daß die Glocken schwer, gewöhnlich klein, unhandlich und relativ kostspielig sind, ist es bei halbwegs unvollkommenem Verschluß der Glocke möglich, daß Dämpfe des Lösungsmittels mit der Pflanze in Berührung kommen. Die Sene- bierschen Glocken sind ferner naturgemäß sehr lichtschwach, da doch eine verhältnismäßig dicke Schicht der absorbierenden Flüssigkeit ver- wendet werden muß, aber der wesentlichste Nachteil der genannten, im Laboratorium meistens verwandten Lösungen, beruht darauf,daß durch sie nicht nur eine Strahlengattung, sondern mehrere, im Extrem alle, nur mehr oder minder stark absorbiert, durchgelassen werden, woraus bedeutende Beobachtungsfehler resultieren. Um monochromati- sches Licht zu haben, verwendet man ‚Strahlenfilter‘, durchsichtige, gefärbte Medien, welche von dem gemischten weißen Licht den größeren Teil absorbieren, homogenes Licht von einer bestimmten Farbe aber durchlassen. Für höhere Pflanzen ist die ideale Methode zur Erzeugung monochromatischen Lichtes, die spektrale Zerlegung durch ein Prisma oder die Verwendung monochromatischer Flammen ausgeschlossen, weil es, abgesehen von der Schwäche des so erzeugten Lichtes, unmöglich ist, eine größere Fläche damit zu bestrahlen. Ein absolut monochro- matisches Licht ist aber freilich durch Strahlenfilter auch nicht zu erhalten, es werden immer Lichtarten verschiedener Wellenlänge durch- gelassen, daher können sie nur in solchen Fällen verwendet werden, wo es nicht darauf ankommt, Licht einer einzigen Wellenlänge zu erzeugen,

V. Kohlensäureassimilation.

115

was übrigens auch bei der spektralen Zerlegung nicht vollkommen

realisiert und auch nicht nötig zu sein pflegt.

Für Rot wird zu diesem

Zweck gewöhnlich das rote Rubinglas verwendet, zur Erzeugung von

Blau, da es keine mono- chromatischen blauen Glä- ser gibt, die Lösung von schwefelsaurem Kupfer- oxydammoniak. Nagel!) hat eine ganze Reihe von Rezepten zur Herstellung gefärbter Lichtabsorptions- flüssigkeiten gegeben, Lö- sungen, welche aus ge- bräuchlichen Reagenzien des Laboratoriums rasch und bequem herzustellen sind und sich, in ver- schlossenen Flaschen auf- bewahrt, mindestens wo- chenlang halten. Die Far- benkombinationen sind so gewählt, daß die Sub- stanzen sich in einem ein- zigen Trog mischen lassen, ohne Niederschläge zu geben; sie können also mit Sicherheit in doppelwan- digen Glasglocken zur Ver- wendung kommen.

unter Kontrolle mit einem Spektroskop her, was rascher und be- quemer geht, als wenn man die Substanzen vorher genau abwägen wollte. Die nun folgen- de Beschreibung ist ge- nau dem Original ent- nommen:

BeRot:,- Die „roten Überfanggläser (Rubin- gläser), die in sehr ver- schiedenen Nuancen her- gestellt werden, verkür- zen das rote Spektral- ende wenig oder gar nicht. Gegen die kürzer-

Dort, stimmten einfarbigen Lichtes handelt,

TISE / & N E . \

een aM I

750 500 450

>77]

ne >. 600 Fig. 46. Assimilationskurve nach Reinke über dem Absorp- tionsspektrum lebender Blätter. Das Maximum der ausgeschie- denen Glasblasen liegt im schwächer brechbaren Spektralanteil zwischen den Linien BC, während in der folgenden Fig. 47, der Engelmannschen Kurve des aufgenommenen 002 (gestrie helt) und. abgegebenen (punktiert) unter diesem Maximum noch ein zweites in der blauen Spektralhältte bei # liest.

wo es sich um Erzeugung eines genau be- führt man die Mischung stets

Jr

WSt

70

420

wellige Seite erstreckt sich der durchgelassene Bezirk bei den helleren Sorten bis nahe zur Linie D, bei den dunkleren bis in die Mitte zwischen

1) W.A.Nagel, Über flüssige Strahlenfilter, Biolog. Zentralbl. 18, 649 (1898).

8*

116 V. Kohlensäureassimilation.

C und D. Für photographische Zwecke wird eine Glassorte hergestellt, die aus blaßblauem Kobaltglas mit rotem Überfang besteht; sie absorbiert die orangefarbigen Strahlen ebenso wie das gewöhnliche Rubinglas, welches aber merklich stärkere Nuance besitzt. Bei gleich großem durch- gelassenem Spektralbezirk ist das Rot bei den genannten Gläsern etwas lichtstärker als bei den gewöhnlichen, allerdings noch lange nicht so lichtstark wie bei einigen flüssigen Strahlenfiltern. Es gibt rote Flüssig- keiten, die bei gleichem Umfange des durchgelassenen Spektralbezirkes heller erscheinen als die Rubinscheiben. Als besonders verwendbar sind die Karmin- und Cochenillefarben bekannt; am besten eignet sich die für mikroskopische Färbungen beliebte Lithionkarminlösung, die schon in 1 mm dicker Schicht reines Rot liefert, in 1, mm dicker Schicht Rot mit einem Teile des Orange. Stellt man eine Verdünnung dieser Lösung her, welche nach dem bloßen Augenschein einer gewöhnlichen Rubin- glasscheibe mittlerer Helligkeit vollkommen gleicht, so findet man spektroskopisch nur Rot, kein Orange wie bei jener, das Rot aber dafür ganz erheblich heller.

Orange: Eine Flüssigkeit einheitlicher Art, welche nur Orange durchläßt, ist nicht bekannt. Die Lösung des Anilinfarbstoffes Orange läßt auch Rot durch, die orangefarbige Lösung von Kaliumbichromat bei 1 cm Schichtdicke Rot, Orange, Gelb, Gelbgrün. Ein mono- chromatisches Orange läßt sich dagegen durch Mischung gewinnen. Zu einer Flüssigkeit, die nur rote und orangefarbene Strahlen durch- läßt, zu wässeriger Safraninlösung, setzt man Kupferazetat, welches Rot absorbiert. Am besten bereitet man eine nicht ganz gesättigte Lösung von Kupferazetat, setzt ein paar Tropfen Essigsäure zu und alsdann tropfenweise so viel starke Saffraninlösung, bis das Spektroskop das reine Gelb ausgelöscht zeigt. Der sichtbare Streifen beginnt dann etwa bei der Linie C und endigt bei D, hell erscheint aber nur das eigentliche Orange, etwa von der Wellenlänge 640—600 vu. Die Schicht- dicke kann, wenn man das Kupfersalz konzentriert nimmt, ein wenig unter 1 cm heruntergehen. Die Lichtstärke dieses Strahlenfilters ist ein wenig geringer als die eines rein roten, durch Lithionkarmin ge- bildeten.

Gelb: Ein Strahlenfilter herzustellen, das nur Gelb durchläßt, ist deshalb ganz besonders schwer, weil das Gelb von allen Farben im Spektrum weitaus den kleinsten Bezirk einnimmt und sogleich in Orange und Gelbgrün übergeht. Es ist bis jetzt unmöglich, eine Kombination zu finden, die das Gelb annähernd rein und doch in seiner Intensität wenig abgeschwächt gibt. Will man dagegen einen schmalen orange- gelben und einen ebensolchen grüngelben Saum mitnehmen, also etwa die Region 620—570 un, so ist ein derartiges Strahlenfilter leicht her- zustellen, auch ohne daß man, wie Landolt tut, drei Tröge hinter- einanderschaltet. Man kommt mit einer einzigen Schicht von 1 cm Dicke aus. Zu diesem Zweck löscht man wiederum durch gesättigte saure Kupferazetatlösung das Rot und die rötere Hälfte des Orange aus, alsdann durch Einträufeln gesättigter wässeriger (mit Essigsäure ver- setzter) Lösung von Orange G (Grübler) die ganze stärker brech- bare Seite bis auf einen Rest des Gelbgrün. Die so erhaltene Lösung sieht braun aus und ist etwa ebenso hell wie die orangefarbene; sie hält sich nicht lange.

Grüngelb undgelbgrün: Diese Farben lassen sich isoliert

V. Kohlensäureassimilation. 67

mit solcher Lichtstärke herstellen wie keine andere Farbe. Kombination von Kupferazetat und Kaliumbichromat dabei wird verwendet. Am besten kocht man in einer mit Essigsäure angesäuerten gesättigten Lösung von Kaliumbichromat Kristalle des Kupfersalzes im Überschuß. Nach dem Erkalten filtriert man. Das Kupferazetat absorbiert das Rot und fast alles Orange, einen schmalen Teil des letzteren sowie das reine Gelb sieht man ganz dunkel, dann aber das Grüngelb intensiv hell, von 580 un an etwa bis 530, oder bei dickerer Schicht (1,2—1,5 cm) bis 560 un. Statt des Bichromats kann man auch Pikrinsäure ver- wenden und bei deren Kombination mit Kupferazetat den Spektral- bezirk 580-520 sehr lichtstark erhalten (Schichtdicke 1 em). Ein halt- bares Gelbfilter hat E. Pringsheim!) in Methylorange gefunden, welches ein dem Kaliumbichromat sehr ähnliches Absorptionsspektrum besitzt. Erprobt man unter spektroskopischer Prüfung die hellste, bei der gewählten Schichtdicke gerade noch bis zum Grün absorbierende Lösung, so erscheint das durchfallende Licht fürs Auge noch sehr hell. Noch bequemer aber sind für die meisten Zwecke gelbgefärbte Gelatine- platten: man reinigt möglichst weiße Glasplatten, z. B. von alten photo- graphischen Platten, mit einer Lösung von Kaliumbichromat in kon- zentrierter Schwefelsäure, spült sie unter der Wasserleitung und läßt sie, mit der zu beschickenden Fläche nach unten schräg auf Fließpapier gestellt, trocknen. Jedes Stäubchen ist auf der späteren Schichtseite zu vermeiden, auch bedingt die gründliche Reinigung, besonders von Fett, das Haften der Gelatineschicht. Nun löse man in’'einer beinahe gesättigten, tiefrotbraunen, filtrierten Lösung des Farbstoffes in destil- liertem Wasser etwa 20 %, Gelatine und filtriert die dicke Flüssigkeit im Dampftopf oder Heißwassertrichter. Dazu kommt auf 100 ccm ein Tropfen Glyzerin, um eine zu große Sprödigkeit der getrockneten Schicht zu vermeiden, die sonst, besonders bei größerer Dicke, leicht abspringt, und außerdem etwa 0,1 g Borsäure, um das Wachstum von Schimmelpilzen zu verhindern, da Methylorange kaum giftig ist. Bor- säure ist zu schwach sauer, um Rotfärbung zu bewirken, zu viel darf es aber nicht sein, weil sie sonst beim Trocknen auskristallisiert. Andere Antiseptica wie ZnSO, und HgÜl, bewirken schon in geringerer Kon- zentration Trübung der Schicht. Die gereinigten Platten werden auf eine größere, mit der Wasserwage horizontal gestellte Glasplatte ge- lest und in einiger Entfernung darüber, zur Abhaltung von Staub während des Erstarrens, eine große Glasplatte angebracht. Die Gelatine- lösung wird auf die Mitte der Platten gegossen und durch Neigen oder Nachhelfen mit einem Glasstabe für Bedeckung der Fläche gesorgt, was sich unschwer bewirken läßt. Die Lösung muß heiß sein, damit sie nicht vor der gleichmäßigen Ausbreitung auf der nun horizontal gelegten Platte erstarrt. Sollte das nicht ganz gelungen sein, so läßt sich durch vorsichtiges Anwärmen auf einer heißen Asbestplatte der Fehler meist wieder gut machen. Ist die Gelatine erstarrt, so werden die Platten wieder schräg mit der Schichtseite nach unten an einem möglichst staubfreien Orte getrocknet und sind mit seltenen Ausnahmen so klar und gleichmäßig, daß sie z. B. das Lesen von kleinen Buchstaben

ı)E. Pringsheim, Über die Herstellung von Gelbfiltern und ihre Verwendung zu Versuchen mit lichtreizbaren Organismen. Ber. d. d. bot. Ges. 26 a, 558 (1908).

118 V. Kohlensäureassimilation.

durch sie hindurch nicht erschweren. Da dünne Schichten wesentlich leichter herzustellen sind, ist es zweckmäßig, zwei solcher Platten mit dünner Schicht aufeinandergelegt und mit schwarzem Rand zusammen- geklebt oder auch mit Kanadabalsam auf der ganzen Fläche verkittet zu verwenden. Die Absorptionsstärke ist abhängig von der Konzen- tration der Farbstofflösung, dem Prozentgehalt an Gelatine und der teilweise davon abhängenden Stärke des Aufgusses.

Grün: Läßt man in der Mischung von Kupferazetat mit Pikrin- säure oder Kaliumbichromat die erstgenannte Substanz sich in möglichst großer Menge auflösen, während der andere Mischungsbestandteil in einer zur Sättigung nicht hinreichenden Menge vorhanden ist, so kann man ein das gesamte Grün durchlassendes Strahlenfilter herstellen, bzw. von diesem durch Hinzufügen von Pikrinsäure oder Kalium- bichromat vom blaugrünen Ende her beliebige Stücke abschneiden. Solche Strahlenfilter sind sehr lichtstark.

Reines Grün ohne Gelbgrün erhält man durch Kom- bination der gesättigten Lösung von Kaliummonochromat mit Cupram- moniumsulfat. Letzteres wird in gesättigter Lösung mit reichlichem Ammoniaküberschuß verwendet und der Chromatlösung tropfenweise zugefügt, bis das ganze Rot, Orange, Gelb und Gelbgrün ausgelöscht ist. Das durchgelassene Licht ist etwa 535—495 vu. Die Mischung kann schon in 0,7 cm dicker Schicht verwendet werden, ist aber nicht so hell wie die Gelbgrün-Mischungen. Will man den blaugrünen Anteil der Strahlen entfernen, also nur 535—510 durchlassen, so braucht man nur zu der letztgenannten Mischung einige Tropfen einer schwach alkalisch gemachten wässerigen Lösung von Fluoreszin zuzusetzen, welche Blaugrün absorbiert.

Blaugrün und Cyanblau: Diese Farben werden von Methylgrün und Jodgrün in dünnen Lösungen durchgelassen, daneben auch noch das äußerste Rot. Dies entfernt man durch Kupferazetat. Am besten tropft man starke Methylgrünlösung in die sauer gemachte Kupferlösung. Der durchgelassene Bezirk ist etwa 500460 un.

Cyanblau: Ein reines und sehr lichtstarkes Blau, vorzugsweise die weniger brechbaren Teile des gesamten Blau erhält man, wenn man vor die letzterwähnte Mischung entweder einen zweiten Trog mit einer schwachen Lösung von Kaliumpermanganat bringt oder ihr einige Tropfen Gentianaviolett direkt zusetzt. Diese beiden Medien absorbieren das Grün, lassen aber Blau durch. Bei Verwendung des übermangansauren Kali hat man den Vorteil einer scharfen Grenze am Blaugrün, so daß der durchgelassene Bezirk sich auf 486—460 un einengen läßt. Das Gentianaviolett gibt am Blaugrün eine sehr unscharfe Grenze. Mit dieser Mischung scheidet man daher besser den Bezirk 460—430 un aus, der auch recht lichtstark gemacht werden kann, wenn auch nicht so hell wie bei der Kombination mit dem Permanganat.

Blau und Violett: Cuprammoniumsulfat läßt bekanntlich Blau und Violett durch. Den Bezirk 470—410 u». kann man dadurch leicht ausscheiden. Hinzufügung eines zweiten Troges mit dünner Lösung von Kaliumpermanganat gibt ein reines Violett.

Baar (l. ec.) verwendet zu seinen Versuchen über die Abhängigkeit der Samenkeimung vom Lichte die Na gelschen Flüssigkeiten, welche in nach dem Prinzip der Senebierschen Glocken konstruierte Petri- schalen eingefüllt werden, welche Gefäße mit den Samen beschickt

V. Kohlensäureassimilation. 119

wurden. Eine Fehlerquelle besteht darin, daß die Lichtintensität in den verschiedenen Spektralbezirken nicht gleich ist. Zur genauen Be- stimmung der Intensität des verwendeten verschiedenfarbigen Lichtes bedienten sich Kniep und Minder!) bei ihren wichtigen Unter- suchungen der thermoelektrischen Methode, deren Prinzip folgendes ist: Eine Thermosäule, welche mit einem empfindlichen Galvanometer verbunden ist, wird mit dem auf seine assimilatorische Wirkung zu untersuchenden Lichte bestrahlt und darauf der Ausschlag des Galvano- meters abgelesen. Damit der Galvanometerausschlag wirklich als Maß der Lichtenergie dienen kann, ist zweierlei nötig: erstens müssen natür- lich die Wärmestrahlen ausgeschaltet sein. Das ist leicht erreichbar durch Einschalten einer Wasserschicht zwischen Lichtquelle und Thermo- säule.. Zweitens müssen die beleuchteten Lötstellen der Thermosäule berußt sein. Ruß ist das ideale Absorptionsmittel für Lichtstrahlen, d. h. der Verlust, also diejenige Energie, die nicht in Wärme umgesetzt wird, ist prozentual so gering, daß sie praktisch völlig vernachlässigt werden kann. Die verwendete Rubenssche Thermosäule erzeugt bei Temperaturerhöhung um C eine elektromotorische Kraft von 0,00 106 Volt. Die Größe der mit der Thermosäule gerade noch meß- baren Temperaturerhöhung hängt auch mit der Empfindlichkeit des Galvanometers zusammen. In Verbindung mit einem Panzergalvano- meter von 5 Ohm innerem Widerstand, das für 1 Mikroampere einen Ausschlag von 3600° gibt (Skala in 1 m Entfernung), sind mit der Rubensschen Thermosäule noch Temperaturerhöhungen von weniger als ein milliontel Grad zu messen. Zur Abhaltung von störenden Luft- strömen wurde die vordere Öffnung des Trichters, durch welchen die Strahlen eintreten, mit einer dünnen Glaslamelle bedeckt; die Draht- verbindungen wurden da, wo sich zwei verschiedene Metalle berühren, zur Verhinderung von Sekundärströmen dicht mit Wolle umwickelt. Zur Unterbrechung des Stromes wird ein Quecksilberunterbrecher ver- wendet. Die Leitungsdrähte müssen während der Beobachtung völlig ruhig liegen, da schon geringe Bewegung derselben Induktionsströme erzeugt, welche das Resultat der Ablesung trüben können. Das ver- wendete Deprez-d’Arsonvalsche Drehspulengalvanometer bietet den großen Vorteil, bei hoher Empfindlichkeit von äußeren magnetischen Störungen sehr unabhängig zu sein. Es wurde der Galvanometerausschlag bestimmt, der entsteht, wenn die Thermosäule von dem Lichte einer in 1 m Entfernung stehenden Hefner-Normalkerze bestrahlt wurde, und damit ein absolutes Maß für die Ablesungen gewonnen. Als Farben- filter wurden die farbigen Gläser der Firma Schott & Co., Jena, benutzt, welche die bestimmten Spektralbezirke in relativ großer Licht- stärke durchlassen. Die Rotscheibe trägt die Fabriksbezeichnung f 4512, die Blauscheibe f 3873, sie sind 2,5 mm dick und 9,2 x 9,2 cm groß. Die qualitative Untersuchung der Lichtfilter auf ihre Farbendurchlässig- keit führte zu folgenden Ergebnissen: Die Rotscheibe läßt durch: Licht von A = 620 vu bis Ultrarot, Licht von A = 608 un bis 620 uu wird ganz schwach durchgelassen. Die Blauscheibe läßt durch: Licht von

33H. Kniep und E. Minder, Über die Einfluß verschiedenfarbigen Lichtes auf die Kohlensäureassimilation, Zeitschr. f. Bot. 1, 630 (1909). Die Forscher messen die Intensität der Kohlensäureassimilation mit der Gasblasen- zählmethode und ihre Erfahrungen mit derselben (S. 635) bieten manches Interessante.

120 V. Kohlensäureassimilation.

) 523,8 wu bis Ultraviolett; im intensiven Licht der Mittagsonne sieht man im Spektrum noch ein schwaches Band im Hellgrün zwischen D und E und ein sehr schwaches um Rot bei B. Die Nagelsche Grün- lösung läßt durch: Licht von A = 512 uu bis 524 vu. Die quantitative Untersuchung ergab: (D = Durchlässigkeitskoöffizient für Imm Glas- dicke, d. h. das Verhältnis der durch eine Glasplatte von 1 mm Dicke durchgelassenen Lichtenergie (Ed) zur auffallenden (Ea): Rotfilter: A in pm. 644 578 546 509 D= 0,94 0,05 0,02 0,00 Blaufilter: ? in un 546 509 480 436 405 384 361 340 332 D= 0,00 0,18 0,50 0,73 089 0,59 0,36 7O.DZIERE Da bei einer Glasdicke x nur noch D*-Bruchteile der Lichtenergie durchgehen, müssen wir die Werte von D in die 2,5 te Potenz erheben und gelangen so zu folgenden Durchlässigkeitskoeffizienten:

Rotscheibe: ?} in un. 644 578 546 509 D25 = 0,846 0,00056 0,000057 0,000

Blauscheibe: % in un 546 509 480 436 405 384 361 340 332 D25 = 0,00 0,0109 0,177 0,455 0,395 0,267 0,078 0,010 0,000

Es zeigte sich in den Versuchen, daß bei etwa auf das gleiche Niveau abgeglichenen Lichtintensitäten die Assimilationsgröße im roten und blauen Lichte keine erheblichen Verschiedenheiten aufweist, sie ist in beiden Fällen ungefähr gleich groß, in Blau höchstens etwas geringer. Im normalen Spektrum des direkten Sonnenlichtes findet aber die stärkste Assimilation im Einklang mit früheren Befunden im lang- welligen Teile statt; dort ist auch die Intensität stets größer als im blauen Spektralanteil, während im diffusen Tageslicht die blauen Strahlen ihrer absoluten Intensität nach vorwiegen.

Noch viel zu wenig berücksichtigt bei pflanzenphysiologischen Arbeiten ist die Notwendigkeit, Lichtintensiläten genau zu bestimmen; in der Regel begnügte man sich mit approximativen Helligkeits- abschätzungen, wie Südfenster, Nordfenster, sehr hell, dunkel usw., ohne darauf Rücksicht zu nehmen, worauf schon Sachs hingewiesen hat, daß unser Auge und die Pflanze zu verschiedenartige Reagenzien dem Lichte gegenüber vorstellen, als daß man beide in Parallele setzen dürfte. Wohl besitzen wir in den verschiedenen Photometern Meß- instrumente, welche die Lichtstärke mit großer Genauigkeit zu be- stimmen gestatten, aber einerseits sind es meist künstliche Lichtquellen, mit denen man in diesen Fällen allein arbeiten kann, anderseits fehlt die Einfachheit der Handhabung und die Notwendigkeit, ein Instru- mentarium mit sich zu nehmen, stört vielfach, namentlich bei Be- obachtungen im Freien. Das Verdienst, hier eine zweckmäßige Methodik ausgearbeitet zu haben, gebührt J. Wiesner. Dieser Forscher bildete die von Bunsen und Roscoe für lichtklimatische Untersuchungen erfundene, allerdings sehr komplizierte und schwer zu handhabende photographische, aber für unsere Zwecke sehr geeignete Methode zu einem eleganten physiologischen Lichtmeßverfahren um. Die zahl- reichen Kautelen der ursprünglichen Methode vonBunsen-Roscoe und die zahlreichen hier notwendigen Operationen sind in der Hand Mindergeübter ebenso viele Fehlerquellen, so daß die Wiesner sche Methodik, wiewohl ungleich einfacher und, theoretisch gesprochen, weniger exakt, doch sogar geringere Fehlergrenzen liefert als das ur- sprüngliche Verfahren. Die Wiesnersche Methode dient natürlich.

V. Kohlensäureassimilation. 121

als photographische Methode nur dazu, die sogenannte chemische Lichtintensität zu ermitteln, also jene Lichtstärke, welche von den stark lichtbrechenden, den sogenannten chemischen Lichtstrahlen (blau, violett, ultraviolett) ausgeht. Innerhalb gewisser Grenzen der Tages- beleuchtung läßt sich aber die Methode auch zur Ermittlung der ge- samten Lichtstärke verwenden. Das Bunsen-Roscoesche Ver- fahren besteht darin, daß man auf ein in bestimmter Weise bereitetes photographisches Papier (Normalpapier) Licht einwirken läßt, wobei die eintretende Färbung des Papiers unter Berücksichtigung der er- forderlichen Zeit mit einem konstanten Farbenton (Normalton, Normal- schwärze) verglichen wurde. Die Intensitätsberechnung beruht auf dem Gesetz, daß gleiche Schwärzungen des Normalpapiers gleichen Produkten aus Beleuchtungsdauer (Zi, {) und chemischer Lichtintensität (J, J') entsprechen, mathematisch ausgedrückt: Jt = JT bei gleicher Schwärzung des Normalpapiers. Die Proportion J: J’ =Tf:t sagt also, daß für gleiche Schwärzungen des Normalpapiers sich die zur Geltung kommenden Lichtintensitäten umgekehrt wie die zur Hervor- bringung dieser Schwärzung erforderlichen Zeiten verhalten. Für die Herstellung des Normalpapiers wird für photographische Zwecke ver- wendetes Papier (am besten das sogenannte 8-Kilo-Rivespapier) mit einer dreiprozentigen Kochsalzlösung einige Minuten durchtränken ge- lassen und das gesalzene, lufttrocken gewordene Papier bei möglichstem Ausschluß chemisch wirkenden Lichtes auf einer zwölfprozentigen Lösung von Silbernitrat zwei Minuten hindurch schwimmen gelassen, worauf man es in der photographischen Dunkelkammer trocknet. Auch in schwachem Gaslicht, das an chemischen Strahlen sehr arm ist, kann das Trocknen vorgenommen werden. Die Empfindlichkeit des Papiers bleibt ungeändert, mag es 15’’—18’ mit der Silberlösung in Berührung gewesen sein; der Prozentgehalt des Silberbades darf nicht kleiner als 8 und nicht größer als 12 sein. Die Herstellung der Normalschwärze ist nicht ganz leicht. Die Normalschwärze ist ein inniges Gemisch von 1000 Gewichtsteilen chemisch reinen Zinkoxyds mit einem Teil reinster Rußkohle. Die Normalschwärze, ein graues, feines Pulver, wird durch gelöste Gelatine gebunden und als Deckfarbe auf weißen, dünnen Karton aufgetragen. Dieser so erhaltene Normalton wird auch als Einser- ton bezeichnet. Die Lichtintensität, welche imstande ist, auf dem Normalpapier die Farbe des Normaltones im Zeitraume einer Sekunde hervorzurufen, wird 1 gesetzt (in Wien ist die Intensität des ge- samten Tageslichtes zur Mittagszeit bei unbedecktem Himmel in den ersten Tagen des Mai = 1). Der Normalton, auf dessen sorgfältige Her- stellung natürlich viel ankommt, hat eine bestimmte, beiläufig als Tauben- grau zu bezeichnende Farbe. Mit den 900 Farbentönen der bekannten internationalen Raddeschen Farbentafel verglichen, stimmt er mit keinem einzigen dieser Farbentöne völlig überein, kommt aber jenem Farbenton sehr nahe, der dort mit: ‚20 Blau, erster Übergang in Violett u‘‘ bezeichnet ist; dieser Ton ist etwas tiefer als der Normal- ton und entspricht dem Werte 1,3.

Zur Auffindung der Lichtstärke nach Wiesners Verfahren, welches, wie erwähnt, nicht nur die höchste Bequemlichkeit der Hand- habung bietet, sondern trotzdem sogar exaktere Werte liefert als das umständliche, zahlreiche Versuchsfehlerquellen in sich schließende Originalverfahren von Bunsen-Roscoe, welches also diesem

122 V. Kohlensäureassimilation. gegenüber eigentlich eine ganz neue Methode vorstellt, benötigt man außer dem Normalpapier und dem Normalton nur eines höchst einfachen, aus einem Holzbrettchen hergestellten Handinsolators (Fig. 48) und einer passend eingerichteten Sekundenstoppuhr. In den Insolator wird ein Streifen des Normaltones hineingeschoben und daneben mit der nötigen Vorsicht ein Streifen des Normalpapieres, das man so lange bedeckt halten muß, bis die Bestimmung beginnt. Man bringt den Insolator in die erforderliche Lage, stellt denselben z. B. bei Bestimmung des gesamten Tageslichtes horizontal, setzt die Uhr in Gang und läßt das Licht solange einwirken, bis auf dem Normalpapier die Farbe des Normal- tones erreicht ist, worauf die Uhr abgestoppt wird. Aus der Zeit, welche von Beginn bis Schluß der Bestimmung verflossen ist, ermittelt man die Intensität, indem man die Zahl Eins durch die Zahl der zur Fär- bung erforderlich gewesenen Sekunden dividiert. Waren z. B. 8’ er- forderlich gewesen, um den Normalton zu erreichen, so ist die Intensität J =1: 8 = 0,125 Bunsen- sche Einheiten.

Sana +7 TE Man kann nun auch zwei Lichtstärken ohne Zuhilfenahme des Normaltones miteinander ver- gleichen und so’ zum Werte desrelativen Licht- genusses gelangen. Statt des Chlorsilber-Normal- papieres, welches, besonders in feuchten Klimaten, von sehr beschränkter, oft nur stundenlanger Haltbarkeit ist, so daß das ‚‚Silbern‘‘ zu oft vorgenommen werden müßte, eignet sich sehr gut das bei zweckmäßiger, trockener, dunkler Aufbewahrung fast unbegrenzt haltbare RhodaminB-Papier. Übrigens hat J. M.

\

Fig.48. WiesnersIn- A _ yglator Eder ein Verfahren angegeben, um das Bunsen-

NP=ZN alpapier; D D

S— Gelbscheite: 110 Sche Papier haltbar zu machen; dieses Verfahren

= Einserton undZeh- besteht darin, daß frisch gesilbertes Papier in de-

nerton.

stilliertem Wasser gewaschen und hierauf in einer Lösung von Kalinitrit (1:20 H,O) fünf Minuten lang untergetaucht gehalten wird. Schließlich wird dieses Papier getrocknet (alle Opera- tionen in ‘der Dunkelkammer). Das Edersche Papier ist nicht ganz so lichtempfindlich wie das Bunsensche, nämlich im Ver- hältnis 1: 0,84, so daß man vorher die Relation des haltbar ge- machten zum ÖOriginalpapier ein für allemal feststellen muß. Das Rhodamin-B-Papier, welches das ganze leuchtende Spektrum, mit Aus- nahme des äußersten Rot, photographisch wiedergibt, wird folgender- maßen hergestellt: Man badet photographisches Rohpapier fünf Minuten lang in einer Auflösung von 61 g Bromkali in 1000 g Wasser und trocknet es an der Luft, indem man die einzelnen Stücke vertikal aufhängt. Darauf sensibilisiert man bei rubinrotem Licht durch Schwimmenlassen des trockenen Papiers auf einer zwölfprozentigen Silbernitratlösung durch zwei Minuten. (In diesem Stadium liegt das Maximum der Empfindlichkeit zwischen den Fraunhoferschen Linien F und G.) Hierauf wässert man, ohne das Papier vorher zu trocknen, alle löslichen Salze aus. Die gewässerten Papiere badet man nunmehr fünf Minuten in einer Lösung aus 220 ccm Wasser, 6 g Natriumnitrat, 5 ccm einer alkoholischen Lösung von Rhodamin-B im Verhältnis 1: 200 und trocknet im Dunkeln, indem man die einzelnen Stücke in Klammern wiederum vertikal aufhängt.

V. Kohlensäureassimilation. 193

Um nun den relativen Lichtgenuß zu bestimmen, geht man folgender- maßen vor: Ein Streifen a des Normalpapiers wird in horizontaler Lage der Einwirkung des gesamten Tageslichtes ausgesetzt, zu gleicher Zeit wird ebensolange ein zweiter Streifen b an der Pflanze oder an einer bestimmten Stelle der Pflanze in der für den Versuch erforder- lichen Lage (z. B. an einem in fixer Lichtlage befindlichen Blatte auf der Oberfläche desselben) befestigt. Man erhält auf diese Weise zwei Streifen a, b von ungleicher Färbung, deren Nuancierung aber zu gleicher Zeit erfolgt ist, so daß man aus ihren Färbungen das Verhältnis der Lichtstärken an den Vergleichspunkten bestimmen kann. Man bringt sie unter Ausschluß störenden Lichtes nebeneinander in den Insolator und legt einen frischen Streifen Normalpapier daneben. Nun stellt man den Insolator in diffusem Tageslicht in der Nähe eines Fensters auf und wartet, bis das frische Normalpapier die Färbung der beiden gefärbten Streifen angenommen hat. Da aber diese beiden Färbungen während der im Licht vorgenommenen Bestimmung sich ändern, so schiebt man nach und nach die unter der schwarzen Hülle des Insolators befindlichen Streifen ins Licht, bis eine frisch hervorgezogene Partie der Streifen genau die Färbung angenommen hat, die auf dem frischen Streifen entstanden ist. Wenn z. B. 75’’ verfließen, bis der frische Streifen die Farbe von a und 25’’, bis er die Farbe von b angenommen hat, so verhält sich die Stärke des gesamten Tageslichtes zu der an der betreffenden Stelle der Pflanze herrschenden wie 75:25 —=3:1. Die Pflanze erhält also dann ein Drittel der gesamten chemischen Intensität

des vollen Tageslichtes, ihr relativer Lichtgenuß ist 3 Da sich aber

während der Bestimmung die Intensität des Lichtes ändern kann, wieder- holt man die Bestimmung des Zeitwertes für b so lange, bis der Zeitwert für a erreicht ist, und nimmt aus diesen Werten das Mittel. Erhält man z. B. für a den Wert 75’, für b in aufeinanderfolgenden Be- stimmungen die Werte 24’’, 26’’, 25°’ (Mittel 25°’), so ist dieser Mittel- wert mit dem für a erhaltenen Werte in Vergleich zu setzen. Je höher die Lichtintensität, desto schwerer ist es, mit Hilfe des bloßen Einser- tons die Stärke des Lichtes zu bestimmen, schon für Intensität = 1 tritt bei Benutzung dieses Tons die Farbe auf dem Normalpapier schon nach einer Sekunde ein; die Intensität des gesamten Tageslichtes steigt aber meist weit über Eins. Wiesner stellt daher auch höhere Töne ein. Belichtet man bei der Intensität 1 nicht eine, sondern n Sekunden, so kann man aus der erhaltenen Färbung die Lichtstärke ableiten, wenn man n durch die zur Erreichung dieser Färbung erforderliche Zeit dividiert. Zum Kopieren dieser Farbentöne verwendet Wiesner die lichtbeständigen Lefrancschen Farben. Durch Mischung von Schwarz, Blau und etwas Kobalt werden auf Papier Färbungen erhalten, die mit den auf Normalpapier photographisch entstehenden überein- stimmen. Es ist sehr schwierig, Skalentöne zu erhalten, die in trockenem Zustande genau einem Zweier-, Dreierton usw. entsprechen. Aber es läßt sich durch Vergleich mit dem Einserton der Tonwert stets sicher bestimmen. Wenn z. B. bei einer bestimmten Lichtintensität 5’’ er- forderlich sind, damit auf dem Normalpapier der Einserton zum Vor- schein kommt, und wenn 33’’ nötig sind, damit auf dem Normalpapier ein seinem Wert nach zu bestimmender Farbenton entstehe, so ist dieser Skalenton gleich 6,6. Um mit Zuhilfenahme dieses Skalentones die

124 V. Kohlensäureassimilation.

Lichtintensität zu erhalten, muß ich 6,6 durch die Zahl der Sekunden dividieren, welche erforderlich waren, um auf dem Normalpapier diesen Skalenton hervorzubringen, womit die Lichtintensität im Bunsen- schen Maße ausgedrückt wird. Zur Bestimmung des direkten Sonnen- lichtes geht Wiesner folgendermaßen vor: Man richtet bei Sonnen- schein den ordnungsmäßig adjustierten Insolator so, daß er von der vollen Sonne in horizontaler Lage getroffen wird. Nun bestimmt man die Zeit, welche verfließen muß, damit auf dem Normalpapier der Einser- ton oder ein bestimmter Skalenton erscheint. Nun wendet sich der Beobachter um 180 °, so daß er die Sonne genau im Rücken hat und der Insolator vom Schatten des Kopfes bedeckt ist. Dann wird die Zeit bestimmt, welche nötig ist, damit auf dem beschatteten Normal- papier der Normalton 1 oder ein bestimmter Skalenton erscheint. Die hierbei erhaltenen Zeiten sind der Intensität des Gesamtlichtes Jg, bzw. der Intensität des diffusen Lichtes Jd umgekehrt proportional. Angenommen es wären 8 Sekunden erforderlich gewesen, damit bei Sonnenbeleuchtung der Einserton erreicht wird, und 27 Sekunden, damit dieser Ton im Kopfschatten erzeugt werde, so ist Jg=1:38 0,125, Jd=1 :27 = 0,037, mithin die Intensität des direkten Sonnen- lichtes Js = Jg Jd = 0,088. Die Wiesnersche Methode ist mit einem mittleren Fehler von + 4% und einem wahrscheinlichen Fehler von + 2,5% behaftet. Um die Übereinstimmung des Normaltones mit der im Tichte eintretenden Färbung, namentlich im Umfang, deut- lich wahrzunehmen, tut der Anfänger gut, bei der Bestimmung den Insolator mit einem gelben Glase zu überdecken, welches chemisch . wirksame Strahlen nicht in einem Maße durchläßt, daß der Farbenton erhöht wird. Dieses UÜberdecken darf natürlich nur Bruchteile einer Sekunde hindurch geschehen, da ja währenddessen die Bestimmung unterbrochen ist. Ist der Ton noch nicht erreicht, so entfernt man das Glas und fährt in der Bestimmung fort; das hat auch den weiteren Vorteil, daß man keine Störung durch die Nuancenverschiedenheit im Skalenton und erreichten Belichtungston zu befürchten braucht; die Farbennuancen beider weichen nämlich trotz gleicher Farben- höhe oft voneinander ab, durch Überdecken mit dem gelben Glase ver- schwindet aber die Farbennuance, und es bleibt nur (bei beiden) ein graubräunlicher Farbenton, die F arbenhöhe, zurück.

Außer den gesilberten Papieren kann man Kalibichromatpapier (Kreußler) und Kalimonochromatpapier (Kießling) verwenden, welches letztere in der Weise hergestellt wird, daß man das Papier durch drei Minuten in einer Lösung von 50 g einfach chromsauren Kalis in 1000 g H,O untergetaucht hält und im Dunkeln trocknet. Es hat eine sehr geringe Empfindlichkeit und kann mit Vorteil dort verwendet werden, wo es sich um langdauernde Bestimmungen handelt, z. B. um Bestimmung von Tageslichtsummen. Die Relation der Lichtempfindlich- keit des Kalimonochromatpapiers zum Silberpapier ist beiläufig 1: 31, d. h. die mit Chromatpapier erhaltenen Intensitätswerte sind mit 31 zu multiplizieren, wenn sie auf Bunsen sche Lichteinheiten gebracht werden sollen. Da die wichtigsten physiologischen Prozesse, in erster Linie Kohlensäureassimilation und Chlorophylibildung, durch die so- genannten chemischen Strahlen, also den stärker brechbaren Anteil des Spektrums weniger gefördert zu werden scheinen als durch die roten Strahlen, so ist die Wiesnersche Methode für diese Prozesse

V. Kohlensäureassimilation. 125

nur indirekt von Wert, indem sie näherungsweise auch einen Schluß auf die Stärke des Gesamtlichtes zuläßt, sie ist aber direkt verwendbar beim Studium der Vorgänge der Wachstumsregulierung usw. Wenn z. B. die chemische, mit Silberpapier gemessene Intensität des gesamten Tageslichtes 1,225 betrüge und ich fände, daß eine Pflanze auf ihrem Standort gleichzeitig einer Lichtstärke 0,245 ausgesetzt ist, so gilt

dieses Verhältnis 0,245 : 1,225 = ; nicht nur für die chemischen Strahlen,

sondern angenähert auch für alle anderen Bezirke des Spektrums. Während man z. B. mittels des Bolometers in der Lage ist, die Intensität des Lichtes mit Berücksichtigung aller Strahlengattungen zu messen, mißt man beispielsweise mit dem W eberschen Photometer für Tages- licehtmessungen auch nur einen bestimmten Anteil von Rot und Grün, um daraus auf die Gesamthelligkeit zu schließen. In ähnlicher Weise mißt der Pflanzenphysiologe einen anderen Teil des Spektrums, nämlich Blau-Violett-Ultraviolett, und schließt aus dem erhaltenen Intensitäts- wert auf die gesamte Lichtstärke. Nach Hann gelingt es, auch den Lichtgenuß einer bestimmten Pflanze aus den photometrischen Be- stimmungen rechnungsmäßig in Kalorien auszudrücken. Das mittlere

Lichtgenuß-Minimum für Poa annua ist im März in Wien 5, in Kairo

—. - Zur Zeit, wenn in Wien derselbe mittägliche Sonnenstand erreicht ist wie in Kairo anfangs März, d. i. in Wien Mitte April, ist für diese Pflanze hier das mittlere Liehtgenuß-Minimum = Geht man von

den von Angot mit den Transmissionskoöffizienten 0,7 berechneten relativen Werten der täglichen Wärmestrahlung aus, so erhält man durch graphische Interpolation und Reduktion auf Langleys Solar- konstante von 3 Kalorien pro Kubikzentimeter und Minute: Wärme- menge, welche die Sonne an einem ganz heiteren Tage anfangs März in Kairo zur Erde schickt: 586 Kalorien, in Wien gleichzeitig 326 Kalorien. Für Mitte April ist diese Wärmemenge unter 48 ® n. Br. 676 Kalorien. Daher ist für Poa anfangs März in Kairo das Lichtgenuß-Minimum 53,2 Kalorien, in Wien —= 108,6 Kalorien; anfangs April dagegen in Wien 92,2 Kalorien, d. h. es muß in Wien zu einer Zeit, in welcher der mittägliche Sonnenstand dem von Kairo gleicht, wegen der in unseren Breiten herrschenden Temperatur, für das Gedeihen von Poa und das gilt natürlich für alle Pflanzen eine höhere Lichtintensität herrschen. Also je niedriger die umgebende Temperatur ist, desto mehr Licht muß die betreffende Pflanze empfangen.

Um bei Verwendung von Bunsen-Ederpapier die damit er- haltenen Werte auf Bunsen werte umzurechnen, geht man vonfolgender Überlegung aus: Neben einen Skalenton legt man links einen Streifen des Bunsen-Eder papieres, rechts einen von Bunsens Normal- papier und exponiert zu gleicher Zeit dem diffusen Tageslicht. Zur Erreichung des Normaltones sei bei Bunsen papier ein Zeitraum von 14 Sekunden, beim B- Eder papier ein solcher von 10 Sekunden not-

1 wendig. Die daraus berechneten Intensitäten sind dann JBN = 14 = 0,071 respektiv JBE = a 0,1; die berechneten Intensitäten ver-

10

126 V. Kohlensäureassimilation.

halten sich also 0,071:0,1=x: 1, daher ist x = 0,71 der Intensitäts- faktor, der bei käuflichem Bunsen-Eder papier auf dem Umschlag des betreffenden Paketes angegeben ist. Mit diesem Faktor muß man jeden Intensitätswert multiplizieren. Es sei die Zeit, in welcher auf Bunsen-Ederpapier der Skalenton 2,5 erreicht wird, 14’’, die Intensität somit im Bunsenwert 2,5 : 14 = 0,178; ist der Relations- faktor nun 0,7, so ist die Intensität n Bunsen-Ederschem Wert 0,178 - 0,7 = 0,125. Einige der Wiesnerschen Skalentöne (2,63, 5,53 und 12,22) sind ebenso wie der Einserton von der Firma R. Lechner, Wien, unter Kontrolle hergestellt und käuflich zu haben; bei schwachem, diffusem Licht empfiehlt sich der niedrige Skalenton 2,6, bei starkem Sonnenlicht der hohe 12,5.

Den Nachteil des einfachen Wiesnerschen Insolators, welcher infolge Kürze seiner Papierstreifen nur wenige Bestimmungen hinter- einander durchzuführen gestattet, vermeidet der von V. Vouk kon- struierte, mit dem ohne Unterbrechung auch 400 Bestimmungen durch- geführt werden können (Fig. 49). Es ist ein schwarz adjustiertes Kästchen (Länge 8cm, Breite 4cm, Höhe 4 cm), in dem sich zwei Spulen befinden, wovon die eine mit zirka 4 m langem und 1 cm breitem Bunsen-Eder- papier versehen ist. Der Schlüssel A besorgt beim Linksdrehen die Einstel- lung des Papieres und beim Rechtsdrehen das Einfüllen neuer Spulen. 3 ist eine Platte, die fest und lichtdicht am Käst- chen sitzt, und die beim Einsetzen neuer Spulen abgehoben wird. C ist die Spule 1, auf der das lichtempfindliche Papier aufgewickelt ist, D die Spule 2, auf die das be- lichtete Papier durch Linksdrehen des Schlüssels auf gewickelt wird. E ist ein kleiner Reiber, mit welchem die dünne Metallplatte, unter der die ent- sprechenden Skalentöne links und rechts vom Papier eingelegt werden, befestigt ist! F ist eine gelbe Glasscheibe, die sich in einem Geleise frei bewegen kann. Man hält den Insolator in der linken Hand horizontal, wobei das gelbe Glas auf den Skalentönen ruht, in der rechten Hand hält man die Stoppuhr, die im Momente der Exposition in Gang gesetzt wird, wobei gleichzeitig die Glasscheibe durch Schiefstellung des Insolators von den Papieren abgleitet; dann stellt man sofort wieder horizontal, wobei die Scheibe sich nicht bewegt, im Momente der Beendigung neigt man zur anderen Seite, wodurch die Scheibe wieder über die Papiere gleitet; gleichzeitig stoppt man den Chronometer. Gleichzeitig mit der Verzeich- nung der Lichtintensität sollte man auch die Bewölkung registrieren. 5 „bedeutet, daß die Stelle, wo die Sonne am Himmel steht, nicht erkenn- bar ist, bei $, bildet die Sonne am Himmel einen hellen Schein, S,, die Sonne ist als helle Scheibe zu sehen; S,, Sonne leicht umflort; S, völlig

Fig. 49. Vouks Insolatorkästchen.

V. Kohlensäureassimilation. 197

unbedeckt. B, bedeutet völlig unbedeckten Himmel; B,, B,—B;., daß der Himmel zu !/,» ”/ı, usw. völlig mit Wolken bedeckt ist. Bei der Lichtbestimmung hat man also zu notieren: Datum, Stunde, Sonne, Be- wölkung, Jg (Gesamtintensität), Jd (Intensität des diffusen Lichtes), Js = Jg Jd. Für kontinuierliche Lichtmessungen haben Samec und Jencic ein selbstregistrierendes Photometer konstruiert. In einem Holz- kasten der Dimensionen 16 x 11 x 7,2 cm befindet sich ein Laufwerk, das mit Ankergang eine Achse treibt, auf welcher eine in 300 Teile geteilte Scheibe steckt. Diese trägt beim Teilstrich 0 einen 0,15 cm langen vorspringenden Zapfen und einen auf der Scheibenachse beliebig ver- stellbaren, in einen Zapfen auslaufenden Zeiger. Die Umlaufzeit der Scheibe beträgt zirka 5 Minuten und könnte bei Bedarf durch Be- einflussung eines entsprechenden Mechanismus variiert werden. Bei der Rotation der geteilten Scheibe wird durch den Zapfen ein Anker ausgelöst, der durch eine Feder gegen ein vierzahniges Zahnrad gedrückt wird. Jetzt rotiert dieses, getrieben durch eine im Gehäuse untergebrachte Feder samt einer mit ihm auf der gleichen Achse sitzenden Trommel um 90° und schiebt dabei das in der Trommel eingeklemmte licht- empfindliche Papier um ein bestimmtes Maß fort, wodurch es exponiert wird. Die Expositionszeit beträgt je nach der Einstellung 3 Sekunden bis 5 Minuten. Der 7 m lange Papierstreifen ist auf einer Rolle auf- gerollt und läuft über eine Brücke, die sich im Deckel des Apparates in der Form eines Spaltes befindet. Der Papierstreifen zeigt nach der Exposition zweierlei belichtete Felder, die durch unbelichtete schmale Streifen voneinander getrennt sind. Die während der fast fünf Minuten langen Expositionszeiten freiliegenden Papierteile bekommen bei ge- wöhnlichen Lichtverhältnissen derartig starke Lichteindrücke, daß sie für die Verarbeitung der Messungen wertlos sind. Die kurz belichteten Felder zeigen die Eindrücke des Gesamtlichtes (Sonne und diffuses Licht) und die des diffusen Lichtes allein in dem von den besonderen am Rande des Deckelspaltes angebrachten Stifte erzeugten Schatten.

Für physiologische Bestimmungen ist die Kenntnis des Lichtgenusses von Wichtigkeit. So hat Wiesner beispielsweise gezeigt, daß die charakteristischen Erscheinungen des Etiolements nicht erst dann ein- treten, wenn die Pflanze bei Ausschluß von Licht gezogen wird, sondern sich auch dann schon zeigen, wenn sie unterhalb des Minimums ihres Lichtgenusses zu wachsen gezwungen ist. Den Abweichungen der Ge- stalt entsprechen natürlich Änderungen in der inneren Ausbildung. Bei Pflanzen, die auf hohe Lichtintensitäten angewiesen sind, beginnen auch die Erscheinungen des Etiolements bei relativ hohen Lichtstärken. Als „Lichtgenuß‘ einer Pflanze bezeichnet Wiesner das Verhältnis der Lichtmenge, welche einer Pflanze an ihrem natürlichen oder künst- lichem Standorte zufließt, zur Stärke des gesamten Tageslichtes. Bedeutet

erstere I, letztere J, so ist L = I also der Lichtempfang der Pflanze (denn von dem empfangenen Lichte wird ja ein beträchtlicher

Teil nicht ausgenutzt). Wenn in dem Ausdrucke 7 der Wert für

i=1 eingesetzt wird, so ist das Resultat - der relative Licht-

genuß, das Verhältnis der Lichtstärke, welche auf die Pflanze einwirkt, zur Lichtstärke des Himmels. Die Lichtstärke in einheitlichem Maße

128 V. Kohlensäureassimilation.

(im Tönen des Normalpapieres) ausgedrückt, gibt den absoluten Lichtgenuß. Der relative Lichtgenuß ist eine veränderliche Größe, schon der unmittelbare Anblick lehrt beispielsweise, daß Bellis perennis im Frühling einen viel größeren Anteil des gesamten Tageslichtes für sich in Anspruch nimmt (sie blüht auf frei exponierten Stellen) als im Sommer (sie sucht beschattete Stellen auf). Je größer die Spannungs- weite zwischen Maximum und Minimum des Lichtgenusses ist, je mehr Licht also die Pflanze verträgt und mit je weniger sie auskommt, desto weiter sind ihre vom Lichte beeinflußten Existenzmöglichkeiten. So

ir des Gesamtlichtes

kommen Gräser noch bei n in den Tropen bei 100

fort, Dactylis glomerata besitzt einen Lichtgenuß von 1 _ Tara-

u 1 xacum offieinale 1 19’ Capsella bursa pastoris 1 en: Buche 1

Eiche 1 = Lärche 1 z Bezüglich ganzer Reihen solcher Be-

85’

stimmungen und Verwertungen des Lichtmessungsverfahrens in der pflanzenphysiologischen Analyse muß auf Wiesners!) Buch ver- wiesen werden.

Für manche Versuche ist es auch von Interesse, nicht nur die In- tensität, sondern auch die Richtung des stärksten diffusen Lichtes zu kennen. Dazu dientdasWiesner- sche Skioklisimeter (Fig. 50), mittels welchen aus der Lage des Schattens die Richtung des stärksten diffusen Lichtes in einem bestimmten Lichtareal festgestellt werden kann. Das Skioklisimeter be- steht aus einer 6,5 cm langen, 6 cm breiten Me- talltafel, welehe oben mit einem rein- und matt- weißen, dünnen Karton bedeckt ist, der am Rande der Tafel der Länge nach, rechts und links von je einem 1 cm breiten Metallstreifen festgehalten wird. An diesen beiden Metallstreifen befindet sich eine Millimeterteilung. Über dem Null- punkte der Teilung befindet sich in einer bestimmten Höhe ein matt- geschwärzter Draht, der genau parallel zur Tafelfläche zu liegen kommt. Durch rechtwinklige Abbiegung der beiden Metallenden und Einfügung derselben in die Metallplatte wird die Fixierung des schattenwerfenden Drahtteiles besorgt. Dieser gebogene Draht ist so am Apparat an- gebracht, daß seine Achse genau 1 cm über die Fläche des Kartons zu liegen kommt, und die abgebogenen Drahtteile sind so gestellt, daß ihre Achsen in die beiden Nullpunkte der Teilung einschneiden. Bei der Ablesung der Höhe hat man die Mitte des Schattens, entsprechend der Achse des schattenwerfenden Drahtes, zu wählen.

Dem Millimeterstrich entspricht ein bestimmter Höhenwinkel, der

Fig. 50. Wiesners Skioklisimeter. (V. Vouk).

') J. Wiesner, Der Lichtgenuß der Pflanze. Leipzig 1907.

V. Kohlensäureassimilation. 129

sich leicht aus der Höhe des Drahtes über der Projektionsfläche und aus der Entfernung des Schattens vom Anfangspunkte der Teilung durch die Tangentenformel logarithmisch berechnen läßt. Die folgende Tabelle gibt eine Reihe solcher Werte, zwischen die sich auch noch die für halbe Millimeter interpolieren ließen:

En. Approxi- es | “on. | R Milli- DD Milli- | poöhe in | Milli- | ; Milli- j meter- Seh meter- | meter- Höhe meter- Höhe strich Höhe in strich Graden strich | strich Graden | | | | 0 | 90 7 | 55 | 14 | 35 | 20 26 1 84 8 | 5l 15 | 33 25 al Bun 78 N Ka I 38 30 18 3 | 73 10 | 45 17 | 30 35 | 16 4 68 I 29 a0 40 14 5 | 63 12 40 19 | 27 45 2 6 | 8 13 7 N 50 11

Beim Gebrauche des Skioklisimeters wird der schattenwerfende Draht quer zur Lichtfläche gestellt und die Entfernung der Mittellinie des Schattens vom Nullpunkt der Millimeterteilung festgestellt. Fällt beispielsweise die Schattenmitte zwischen die Teilstriche 14 und 15, so wird die Höhe, in welcher die intensivsten Strahlen sich befinden, approximativ 34 betragen. Die Bestimmung des stärksten diffusen Lichtes ist um so sicherer, je kleiner das zu prüfende Lichtareal ist. Durch das Skioklisimeter kann beispielsweise der euphotometrische Charakter der Blätter in bequemer Weise ermittelt werden. Man sucht den Schatten im diffusen Lichte auf, welcher die Höhe der stärksten diffusen Beleuchtung angibt und dreht an der Vorderkante des Apparates dessen Projektionsfläche, d. i. jene Fläche, welche den Schatten auf- zunehmen bestimmt ist, so lange empor, bis der dreiteilige, schatten- werfende Stab des Apparates mit dem Schatten in eine Ebene fällt. Die Neigung dieser Fläche steht senkrecht auf der Richtung des stärksten diffusen Lichtes und die Lage des Blattes muß, wenn es euphotometrisch ist, mit jener der gesuchten Neigung übereinstimmen.

Die Kohlensäureassimilation erfolgt bekanntlich nur im Lichte, und zwar bei hinreichender Lichtstärke ebenso wie die Chlorophyllbildung (nur wenige Pflanzenarten ergrünen, wie die Koniferen, auch im Dunkeln). Das ist auch der Grund, weshalb man bei allzu geringer Lichtintensität, z. B. des Winters, bei Elodea auch im Lichte keine Gasblasen aufsteigen sieht. Ob die Assimilation, wie Stoklasa will, mit Hilfe von in Entstehung begriffenem Kalikarbonat erfolgt, ist bisher noch strittig, Tatsache aber ist, daß während der Assimilation von Wasserpflanzen im Lichte Phenolphthaleinlösung, die der Nährlösung zugesetzt wird, sich rötet, während die Rötung im Dunkeln ausbleibt, bzw. verschwindet. Diese Erscheinung kann ebensogut darauf bezogen werden, daß das während der Assimilation wirksame Kalikarbonat nach seiner Fertig- stellung, nachdem es also unwirksam geworden ist, ausgestoßen wird und so jene Rötung verursacht, wie darauf, daß während der Assimilation vornehmlich Anionen der Nährlösung entnommen werden, während die Phenolphthalein rötenden Kationen zurückbleiben. Die Nichtausbildung des Chlorophylifarbstoffes im Dunkeln und die damit im Zusammen- hang stehende Unverwertbarkeit ‚der Kohlensäure bringen eine der

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. b)

130 V. Kohlensäureassimilation.

heterotrophen Lebensweise analoge Ernährungsweise der Pflanze aus ihren Reservestoffen und damit eine von der Norm der im Lichte wachsenden Pflanze völlig verschiedene Ausbildungsform ihrer Teile hervor, welchen Gesamtkomplex wir als „Etiolement“ bezeichnen. Er ist im wesentlichen, abgesehen von der wachsgelben oder schwach- grünen (bei nicht vollständigem Dunkel) Farbe der Pflanze durch die Überverlängerung des Sprosses und abnormes Kleinbleiben der Blätter charakterisiert (Fig.51u.52). Da die Pflanze in diesem Stadium ausschließ- lich von den Reservestoffen lebt, hat es also den Anschein, als ob diese wesentlich dem Stengel und nur in unbedeutendem Maße den Blättern zu- gute kämen, während im Lichte umgekehrt eine Hemmung im Wachstum des Stammes und eine Förderung im Wachs- tum der Blätter sich einstellt, sowie die Assimilation eintritt. Schneidet man die Vegetationsspitze des Stengels ab und ver- schmiert sie etwa mit Gips, so kann man, Kultur im Lichte vor- ausgesetzt, ein abnor- mes Großwerden der Blattflächen bei der Bohne beobachten, während im Dunkeln die Blätter trotzdem zurückbleiben. UÜbri- gens muß das Wachs- tum und die Organ- bildung im Dunkeln durchaus nicht so lange vor sich gehen, als noch Reservestoffe vorhanden sind, wie sich das bei der Bohne Fig. 51. Bohnenkeimlinge, links normale Hehtpflaute, sechia. _ vollzieht, rauen Pflanze kann, wie das

beim Kürbis der Fall ist, zugrunde gehen, auch wenn die Kotyledonen noch beträchtliche Mengen Reservesubstanz enthalten, ein Beweis, daß die Ausschaltung des Lichtes nicht nur einfach eine Ausschaltung der Kohlen- säureassimilation zur Folge hat, sondern überhaupt tiefgreifende Störungen im Stoffwechsel der Pflanze bewirkt. Es kommt eben nicht nur auf Zu- fuhr von Nahrung überhaupt, sondern auf geeignete Bildungsstoffe an. Sachs führte folgenden Versuch durch. Statt Keimpflanzen aus Samen im Finstern erwachsen zu lassen, wurden die Knospen reich- belaubter Pflanzen derart in einen finsteren Raum eingeführt, daß die daraus hervorgehenden Sprosse sich in diesem entwickeln mußten, während ihnen von den zahlreichen großen, vom Lichte getroffenen Laubblättern Assimilationsprodukte zuflossen. Aus der in den lichtdichten Kasten eingeführten Gipfelknospe von Kürbis entwickelten sich nicht nur

V. Kohlensäureassimilation. rot

zahlreiche Blätter, Ranken, neue Sprosse. sondern auch eine große Frucht. Schließlich wurde der Raum für den wachsenden Sproß im Kasten zu eng und die kräftige Endknospe durch ein im Dach des Kastens hergestelltes Loch aus diesem wieder hinausgeschoben. Die reichlich gebildeten Blätter innerhalb des Kastens waren rein gelb, unbedeutend kleiner als die grünen, normal außerhalb des Kastens im Licht gebildeten; die den etiolierten von außen durch Assimilation zu- geführten Bildungsstoffe haben für die normale Entwicklung der unter Lichtabschluß sich entwickelnden Blätter gesorgt. Die Laubblätter sind, wie es scheint, in ihrem Wachstum immer vom Lichte abhängig, indem dieses ein übermäßiges Längenwachstum zurückhält, die Breiten- ausdehnung begünstigt. Die Internodien dagegen werden vom Lichte in ihrer Streckung entweder fast vollständig gehindert (Kartoffel) oder doch in ihrem Längenwachstum stark zurückgehalten oder schließ- lich übt das Licht einen un- merklichen Einfluß auf ihre Verlängerung aus. Es gibt Blätter, welche im normalen Verlauf sich im Dunkeln, unter der Umhüllung älterer Blätter stark verlängern; bei solchen Blättern bewirkt das Etiolement eine starke Verlängerung und das Licht eine Hemmung des Wachs- tums. Bei Zea, Triticum, Crocus, Iris, Hyacinthus, Tulipa, Allium Cepa sind die Blätter schon weit heran- gewachsen, wenn ihre Spit- ze aus den umhüllenden Scheiden hervor an das Tageslicht zu treten beginnt, die weitere Streckung findet dann vorzugsweise an den

= = Fig. 52. Etiolement bei Zea Mays, links normal ergrünte, unteren, noch verhüllten Tei- rechts etiolierte, wachsgelb gebliebene, verlängerte Pflanze.

Ö. Richter.) len statt, so daß also das eva

Längenwachstum, auch wenn die Pflanze im Freien steht, im Finstern sich vollzieht; erst die an das Licht gebrachten oberen Teile breiten sich voll- ständig aus; die definitive Breite und Flächenentfaltung wird durch das Licht bestimmt. Läßt man die Blätter dieser Pflanzen im Finstern wachsen, so wird dadurch die Längenstreckung der Blätter befördert, die Aus- breitung der hervorgeschobenen Lamina gehindert, die Blätter sind also einerseits zu lang, anderseits fehlt ihnen die definitive Form; die Crocus- blätter werden im Finstern bis 30 cm lang, im Lichte nur 10 cm, dagegen im Finstern nur !/, so breit, ein Unterschied, der sich aber bei ans Licht gestellten etiolierten Blättern in wenigen Tagen ausgleicht. Die Blätter von Phaseolus, Tropaeolum, Humulus, Bryonia, Solanum sind noch sehr klein und zart, wenn sie an die Oberfläche der Knospe hervor- treten und dem Lichte ausgesetzt werden. Die Blätter von Humulus Lupulus kommen mit 10—15 mm ans Licht und unter dessen Einfluß wird der Mittelnerv 80—90 mm lang: im Finstern erwachsene Sprosse 9*

132 V. Kohlensäureassimilation.

entwickeln ihre gelben Blätter bis 10—12 mm Länge und hören dann auf, sich zu vergrößern, während eine bedeutende Vergrößerung gleich- zeitig mit Ergrünen sich am Lichte einstellt. Bei Phaseolus multiflorus hatte die Lamina der über den Boden emportretenden Primordialblätter 15—16 mm Länge, im Dunkeln, während im Lichte der Mittelnerv der Blätter 62—64 mm maß; die größte Breite der grünen betrug 55—65 mm, die der etiolierten 23—34 mm. Eine verhältnismäßig bedeutende Größe erreichen die Blätter von im Finstern austreibenden Rüben bei Beta vulgaris. Umgekehrt liegen die Verhältnisse bei der Streckung der Internodien. Das hypokotyle Stengelglied der etiolierten Keimpflanzen von Polygonum fagopyrum kann eine Höhe von 35—40 cm erreichen, während es im Freien, wo der obere Teil bald ans Licht gelangt, 2—3 em hoch wird. Das Hypokotyl von Cucurbita Pepo erreicht bei etiolierenden Keimpflanzen eine Länge von 40—50 cm über dem Boden, bei genügendem Lichte nur 3—4 cm. Bei Brassica Napus sind diese Verhältnisse 16 cm respektiv 2—3 cm. Bei der Bohne bleiben die Koty- ledonen bis zur völligen Ausnutzung der Reservestoffe am Stengel, indem sie dabei immer mehr verrunzeln. Dann fallen sie ab und erst jetzt erhalten die Primordialblätter ihre letzte Dehnung. Die Keimung der Bohne bietet äußerlich folgendes Bild dar: zuerst vorwiegend Wurzel- bildung, dann vorwiegend Streckung und Ausbildung der schon vor- handenen Stengelteile des Keimes, endlich der Übergang zur selbständigen Vegetation durch Vollendung des Wurzelsystems und völligen Ver- brauch der Reservenahrung. Das Ende des Keimstadiums ist physio- logisch durch den Moment bezeichnet, in welchem die Kotyledonen völlig entleert sind. Das Minimum der Keimungstemperatur liegt bei der Bohne gewiß unterhalb 8 °, aber wahrscheinlich oberhalb 7°. Hält aber eine solche Temperatur länger an, dann verdirbt der schon hervor- getretene Keim, er wird abnorm, indem die Hauptwurzel sich nicht weiter verlängert und Nebenwurzeln zu einer Zeit ausbrechen, wo die Plumula noch lange nicht die für dieses Stadium normale Größe er- reicht hat. Das Maximum der Keimungstemperatur liegt bei 35° R, aber hier findet keine normale Keimung mehr statt; das Optimum liegt bei 21°. Im Dunkeln erreicht das erste, vollständig gestreckte Stengel- glied die Länge von 15—20 cm, bei einer Temperatur von 20—25 ° aber bis zu 40-—45 cm, während es sich im Lichte nur bis zu 10 cm er- hebt. Der Oberteil dieses Gliedes behält lange Zeit sein embryonales Aussehen im Dunkeln und die Nutation, die Primordialblätter bleiben klein und zusammengefaltet, die Streckung des Blattstieles findet nur in äußerst geringem Ausmaße statt; zu einer Zeit, wo das zweite Stengel- glied sich schon zu einer Länge von 5—6 cm gestreckt hat, bleiben die Primordialblätter noch zusammengefaltet. Dieses Unterbleiben von Entfaltung und Streckung ist übrigens nicht bei allen etiolierten Pflanzen- arten zu beobachten: beim Mais z. B. findet die Entwicklung der Blätter im Dunkeln in gleicher Weise statt wie im Lichte und nur die gelbe Farbe unterscheidet die Dunkelblätter von den im Lichte erwachsenen. ötiolierte Keime von Phaseolus, dem Lichte ausgesetzt, werden je nach der Intensität des Lichtes und der Höhe der Temperatur in 2—3 Tagen grün, und zwar erfolgt das Grünwerden zuerst in der Nähe der großen Nerven; allzu langes Verweilen im Dunkeln kann auch bewirken, daß Partien der etiolierten Blätter im Licht nicht mehr ergrünen, sondern gelb bleiben und absterben, respektive es kann längere Zeit dauern,

V. Kohlensäureassimilation. 133

bis das Ergrünen eintritt. Zuerst werden jedenfalls bei jeder Pflanze die jüngsten Teile grün, was besonders deutlich bei Maiskeimen zu sehen ist, wo die Spitzen der zu lange im Dunkeln gehaltenen Blätter zu ergrünen nicht mehr imstande sind, während die jüngeren Teile des- selben Blattes ebenso wie die später entstandenen noch gerollten Blätter schnell grün werden.

Bricht man einem trockenen Keim der Bohne beide Kotyledonen ab und steckt solche Keime in feuchte Erde, so wachsen sie nur sehr wenig, etwa 2 cm, heran, die Primordialblätter werden wohl grün, ent- falten sich aber nicht. Ganz anders ist es, wenn man nur einen Kotyledo abbricht: dann keimt die Pflanze schnell und wächst so wie eine normale, aber sie bleibt schwächlich und alle Teile kleiner. Halbiert man die Kotyledonen ohne die Keimwurzel zu beschädigen, so keimt sie normal und liefert eine zwar kleine, aber doch gesunde und wachstumsfähige Pflanze. Läßt man mehrere Bohnen gleicher Größe in demselben Boden keimen und schneidet zur selben Zeit, ohne den zarten Stengel zu ver- letzen, beide Kotyledonen ab, so bemerkt man schon am nächsten Tage Verlangsamung bis Wachstumsstillstand bei den operierten Keim- lingen, was mehrere Tage anhält; dann erholen sie sich wieder und wachsen gesund weiter; aber die Pflanzen behalten längere Zeit ein zwergartiges sehr zierliches Aussehen, alle Teile sind kleiner, aber sonst normal. Je jünger die Keimlinge der Operation unterzogen werden, desto störender macht sich deren Einfluß geltend, desto längere Zeit brauchen sie zur Erholung. Im Freiland findet die Erholung rascher und gründlicher statt als in Topfkultur.

Wie sehr die Keimpflanze von der Menge der ihr zur Verfügung stehenden Reservestoffe abhängig ist, zeigen die interessanten Messungen von Marek, welcher zeigte, daß die Zahlengrößen für sämtliche Pflanzenteile, Stengelhöhe, Wurzellänge, Zahl der Seitenwurzel, Zahl der Internodien, Entwicklung der Blätter, durch die belassenen Reserve- stoffe an den Körnern bestimmt ist und daß die Entwicklung der Keim- pflanze von der Menge der Reservestoffe abhängt, respektive im genauen Verhältnis zur Größe der Körner steht. Werden große Erbsen an ihren Kotyledonen soweit reduziert, daß sie dem Gewichte von mittelgroßen und kleinen gleichkommen, so erzeugen sie Keimpflanzen von der Höhe und dem Stengeldurchmesser, welcher der Höhe und dem Stengeldurch- messer der aus mittelgroßen und kleinen Körnern erwachsenen Keim- pflanzen gleich ist. In diesen Versuchen wurden auch aus großen Körnern entwickelte Keimpflanzen mit solchen aus kleinen Körnern entstandenen verglichen. Nach einer Entwicklung von achtzehn Tagen vom Tage des Auskeimens an gerechnet, maß die Hauptwurzel von aus großen Körnern entwickelten Pferdebohnen 150,8 mm, aus kleinen Körnern 130,7 mm; die Stengelhöhen waren 125,5 mm und 119,6 mm, die Differenz also zugunsten der großen Körner 20,1 mm und 5,9 mm. Erbsen aus großen Körnern hatten Wurzeln von 144,1 mm, Stengel von 144,6 mm, die aus kleinen Samen Wurzeln von 118,2 mm, Stengel von 148,6 mm. Der Mehrzuwachs betrug also hier 25,9 mm zugunsten der großen bei der Wurzel, dagegen 4,3 mm zugunsten der kleinen Samen beim Stengel. Das ist aber auch der einzige Fall, in dem der Mehrzuwachs zugunsten der geringeren Reservesubstanzmenge ausfiel, in allen anderen Fällen erscheinen die aus größeren Körnern erwachsenen Keimpflanzen in der Ausbildung ihrer Teile bevorzugt. Das sicherste äußere Kennzeichen

134 V. Kohlensäureassimilation.

für die wertvollsten Stoffeinlagerungen bei Samen dürfte die Größe und Form sein. Die größten Körner enthalten die größte Menge der wertvollen Bestandteile und volle, bauchige Körner sind die besten Zeugen einer abgeschlossenen Entwicklung und erreichten Reife (Marek!). Große Körner produzieren denn auch namhaft bessere Qualität und Erntemengen an Pflanzen und die Keimpflanzen eilen in der Entwicklung denen aus kleinen Samen voran. Aber die größeren Samen liefern nicht nur größere Pflanzen, sondern diese sind auch widerstandsfähiger gegen äußere Schädigung, ihr größeres, ausgebreiteteres Wurzelsystem setzt sie in die Lage, die Nährstoffe des Bodens, ihre größere Assimilationsfläche die Kohlensäure der Luft besser auszunutzen. Es wurde schon davon gesprochen, daß in den Anfangsstadien der Ent- wicklung die atıs großen Samen entwickelten Pflanzen hinter den anderen etwas zurückgeblieben erscheinen, denn die in der Minderzahl vorhandenen Nährstoffe bedingen einen rascheren Verbrauch durch die Keimpflanze, woraus wieder ihr schnelleres Wachstum resultiert, aber bald werden sie durch die aus größeren Samen entwickelten Keimpflanzen weit über- holt, bis sich unter günstigen Vegetationsverhältnissen die Unterschiede wieder ausgleichen. Interessant sind die Daten der Versuche an Erbsen, in denen die Kotyledonen oder Teile derselben den Pflanzen weg- genommen worden waren:

l

Pa | Länge d. Breite d. hi we8gan| ag | Blatt att- Benennung des Versuches Sen en BE Ba SI - | spreite | spreite DB.E ch E 5.2 am dritten Stengel- | iz Ra | knoten gemessen Mit ganzen Körnern oder | Radieula und Plumula mit 2 ganzen Kotyle- | denen . ... ul. zul 47.5 Internad.) 124 N 292] 218 13 12 Erbsen mit 2 halben | | Kotyledonen. . . . .[119(5 Te! 24 13 8 7 Erbsen mit 2 viertel | | | Kotyledonen . . . .| 95 (4 a a ce 117 B) 4 Erbsen mit 2 sechstel | Kotyledonen . . . .| 78(3 ee! 7! 7 4 3 Erbsen mit Resten von Kotyledonen . . . .| 17(2 »» )I| 34 | Erbsen ohne Kotyledoner 7.08 ea |, median halbierte Radic. u. Plum. Ay 4 (1 by 10 .

In ausgedehnterem Maßstabe hat solche Versuche in neuerer Zeit L. v. Portheim ?) durchgeführt und vor allem die einzelnen Teile des Stengels vergleichend bei größerem oder geringerem Betrage der teservestoffe untersucht. Er fand bei Phaseolus vulgaris am achten Tage nach der Aufstellung die erreichte Länge der Hypokotyle der den Keimlingen zur Zeit des Versuchsbeginnes zur Verfügung stehen- den Reservestoffmenge entsprechend und stellte die Reihe auf: Keim-

1) G. Marek, Das Saatgut und dessen Einfluß auf Menge und Güte der Ernte. Wien 1875. m

:) L.v.Portheim, Über Formveränderungen durch Ernährungsstörungen bei Keimlingen mit Bezug auf das Etiolement. Sitz,-Ber. d, k. Akad, d. Wiss., Wien 116 (1907).

V. Kohlensäureassimilation. 155

linge mit 2 Kotyledonen 11, Kotyledonen 1 Kotyledo 1, Koty- ledo 0 Kotyledonen. Berechnet man die Gesamtlänge der Pflanzen, d. h. die Länge der Hypokotyle und jene der Epikotyle, so wird dadurch eine Verschiebung der für Hypokotyle allein geltenden Resultate be- dingt. Der größte Unterschied ist bei den normalen Keimlingen und bei denen mit einem halben Keimblatt am vierten Tage wahrzunehmen. Am siebenten Tage sind unter den längsten Pflanzen 50 %, der Keimlinge mit 2 Kotyledonen und 16,95% der Keimlinge mit 1 Kotyledo, während die entsprechenden Werte bei den Hypokotylen 33,3 % und 32,8 %, betrugen. In gewissen Entwicklungsstadien waren die Keimlinge, denen ein Teil der Kotyledonen abgeschnitten worden war, länger als die normalen Keimlinge; sie hatten auch schwächere Hypokotyle und kleinere Pri- mordialblätter als diese, machten also, abgesehen von ihrer grünen Farbe, den Eindruck etiolierter Keimlinge, indem sie die für das Etio- lement charakteristischen Erscheinungen der Streckung der Internodien des Stengels bei gleichzeitiger Verminderung des Durchmessers und Verkleinerung der Blattlamina aufwiesen; am deutlichsten ist diese Er- scheinung zu einer Zeit zu beobachten, wo die Keimlinge bereits längere Hypokotyle, aber noch kleine Epikotyle entwickelt hatten. Bald nach Aufstellung des Versuches sind jene Keimlinge, denen ein Teil der Koty- ledonen fehlt, länger als die normalen (besonders deutlich bei jenen mit der Hälfte des ursprünglichen Reservestoffvorrates).. Am vierten und fünften Tage sind die Keimlinge mit 1 und die mit 4, Kotyledo am längsten, dann werden sie von den Keimlingen mit 2 Kotyledonen überholt und schließlich sind nur wenige Keimlinge mit 11, und 1 Koty- ledo unter den längsten zu finden, von denen mit 4, Kotyledo gar keine. Die Gesamtlänge der Keimlinge (Hypokotyl und Epikotyl) betrachtet, ergibt sich folgendes: Von den Keimlingen, welche die längsten Stengel gebildet hatten, entfielen

am 4. Tage | am5. Tage am 7. Tage | am 9. Tage

auf Keimlinge mit

0,00% | 25,33 9, 49,18 %, 61,29 %, | 2 Kotyledonen 100,00% | 74,67% | 50,82% 38,71%, | 1%, 1 und % Kotyledonen 73,33 %, 69,33 9, 24,59 9, 9,68 %, | 1 und % Kotyledo

26,67 %, 46,67 %, 16,39 ©, 9,68%, 1 Kotyledo.

Am vierten Tage erreichen also nur Keimlinge mit geringeren Reservestoffmengen die größten Längen, am fünften Tage verhält es sich ungefähr so wie bei den Hypokotylen und später ist ein starker Rückgang der eines Teiles ihrer Reserven beraubten Keimlinge bemerk- bar. Während also entsprechend den angeführten Versuchen von Sachs verdunkelte Pflanzenteile durch kräftige Ernährung seitens der nicht verdunkelten Organe der Pflanze zur normalen Ausbildung gelangen können, tritt umgekehrt durch Verringerung der Reservestoffzufuhr im Lichte bei Phaseoluskeimlingen Verlängerung, Schmächtigwerden der Stengelteile und Verkleinerung der Blattlamina ein.

Wenden wir uns nun zum Nachweis der entstehenden Assimilations- produkte, so ist das sehr schnell nach Beginn der Chloroplastenarbeit im Lichte auftretende und nachzuweisende Produkt die Stärke. Mittels der gleich zu beschreibenden Sachsschen Jodprobe läßt sich dann Stärke im Chloroplasten nachweisen. Aber schon der Umstand, daß die Pflanzen- stärke bekanntlich organoide Formen zeigt, verschieden in der Struktur,

136 V. Kohlensäureassimilation.

je nach der Pflanzenart, in der sie entstanden ist, auftritt, beweist, daß die Stärke nicht unmittelbar durch einen einfachen chemischen Prozeß entsteht, sondern daß die Komponenten, aus denen sie gebildet wird, durch die formende Kraft des Protoplasten zu Stärke syntheti- siert werden. Vielleicht ist die Stärkebildung auch hier eine Art Gleich- gewichtsprozeß, durch den infolge Überschusses von löslichem, osmotisch wirksamem Bildungsmaterial, etwa Zucker, die osmotisch nicht wirk- same Stärke gebildet wird, also ähnlich wie bei Polymerisation in den Reservestoffbehältern. Bisher ist übrigens bei höheren Pflanzen nie- mals ein anderer Stoff als direktes Assimilationsprodukt aufgefunden worden als ein Kohlehydrat (das Auftreten von Öl bei Algen, ferner bei Musa, Strelitzia ist überdies nicht unbestritten geblieben), aber unter den Kohlehydraten ist die Stärke nicht das einzige, sondern viele Pflanzen (Liliaceen, Amaryllideen usw.) bilden bei der Assimilation überhaupt keine Stärke sondern nur reduzierende Zuckerarten. Manche Pflanzenarten, wie namentlich die Kompositen, aber auch Campanu- laceen und einige andere, bilden wohl ein Polysaccharid, aber niemals Stärke son- dern das Inulin (Fig. 53), welches als Polysaccharid der Lävulose zu gelten hat. Bei der Assimilation bildet es sich in den Blättern von Kompositen z. B. von Zicho- rium Intybus, Helianthus tuberosus, Dahlia var. im Betrage von 4—5 %, aus, so daß man es durch die gebräuchliche mikro- skopische Methode Bildung von Sphäro- kristallen beim Einlegen in starken Alko- hol nachweisen kann. Dabei treten um die Gefäßbündelscheide herum eigen- artige, winzige, kugelige Aggregate auf, die sich mit Jodtinktur bräunlichrot färben und entweder Inulin oder dextrinartige

Fig. 53. Sphärokristalle sph von Inulin

im Gewebe, entstanden durch Einlegen Zwischenprodukte zwischen Lävulose und der i inf arıc Schnitte in starke r a a a in starken Inulin oder Übergangsprodukte zur Stärke

bilden (Lävulose geht überaus leicht in Dextrose über). Alle diese Kohlehydrate zeigen wechselweisen Über- gang in Fett, respektive Öl. Aber auch der Zucker ist zu kompli- zierter Zusammensetzung, als daß man an seine primäre Bildung bei der Assimilation denken könnte. Als solches primäres Assimilations- produkt kommt heute wohl mit großer Wahrscheinlichkeit der Formal- dehyd in Betracht, aus welchem auch extra vitam durch Bestrahlung mit ultraviolettem Licht Glykolaldehyd, respektive Zucker entsteht und aus dem durch einfaches Stehenlassen mit Kalklösung schon vor längerer Zeit eine Zuckerart durch OÖ. Loew dargestellt wurde. Nun ist Kalk ein Agens, dessen Wirksamkeit in der lebenden Pflanze nicht nur an- genommen werden kann, sondern angenommen werden muß, da der Kalk einen unentbehrlichen Nährstoff der Pflanze vorstellt und auch nachweislich beim Zuckertransport eine große Rolle spielt. Bekanntlich ist das Auftreten von Formaldehyd als erstes Assimilationsprodukt von A.v. Baeyer zuerst ausgesprochen worden und diejenigen Forscher, welche sich seiner Hypothese anschlossen, suchten das Vorkommen von Formaldehyd in assimilierenden Blättern zu erweisen. Nun ist es tat-

V. Kohlensäureassimilation. 137

sächlich möglich, in assimilierenden Organen das Formaldehyd-Vor- kommen nachzuweisen, wie zuerst Pollacci gezeigt hat, dessen Be- funde ich durch das einzige bisher gefundene spezifische und auf kleinste Mengen Formaldehyd wirksame Reagens, eine Auflösung von 3% Diphenylamin in konzentrierter Schwefelsäure, das mit Formaldehyd Smaragdgrünfärbung liefert, bestätigen konnte; aber das Auffinden des für die Pflanze sehr giftigen Formaldehyds kann kaum dem nor- malen Gang der Assimilation entsprechen, sondern die aufgefundenen Mengen Formaldehyd sind wohl der Ausdruck einer parallel laufenden Nebenreaktion. Man muß sich vielmehr vorstellen, daß normalerweise gar nicht Formaldehyd in Substanz gebildet wird, sondern labile Gruppen, welche in ihrer stabilen Form den Formaldehyd bilden, unter der Ein- wirkung von Kondensationen sofort zu höheren, ungiftigen Komplexen zusammentreten. Übrigens erweist sich Formaldehyd als wenig giftig für die höhere grüne Pflanze, wenn er ihr vom Luftraume aus in Gas- form geboten wird. Offenbar ist in dieser Form der Zerfall in labile Gruppen gefördert, während das Formaldehydmolekul in wässeriger Lösung durch Hydratation stabilisiert erscheint, wodurch er als Gift wirken muß. Ich habe zahlreiche ernährungsphysiologische Versuche mit Formaldehyd in dieser Weise der Darbietung angestellt und immer eine auffallende Förderung der Versuchspflanzen durch gasförmigen Formaldehyd wahrgenommen, selbst wenn das Gas in einer Konzen- tration geboten wurde, welche der zehnfachen des normalen Kohlen- säuregehaltes der Luft (0,033 Vol. proz.) entsprach. Phaseolus vulg. und Lupine wuchsen bei diesen Mengen, welche natürlich durch den Geruch wahrgenommen werden können, nicht nur, sondern sie ziehen den Formaldehyd dabei in Bereich ihres Stoffwechsels und können mit diesem Gas an Stelle von Kohlensäure ihr Auslangen finden, während Kohlenoxyd, das ja auch als Reduktionsprodukt der Kohlensäure be- trachtet werden kann, stets als Gift wirkt. Von einer Reizwirkung durch Formaldehyd, wodurch das Wachstum beschleunigt worden sein könnte, kann nicht die Rede sein, da zahlreiche andere organische Substanzen, die ich geprüft habe und die dem Formaldehyd als Homologe oder Derivate nahestehen, stets auch in ungleich kleineren Mengen toxisch, keinesfalls aber wachstumsfördernd wirken. Bedingung für das Ge- lingen dieser Versuche ist ein sorgfältiger Abschluß des Kultursubstrates vor dem Einflusse des Formaldehyds, denn es hat sich gezeigt, daß dieser Aldehyd, welcher ja eines unserer besten Desinfizientien vor- stellt, auf nichtgrüne Organismen und Pflanzenorgane als Gift wirkt, während durch das Chlorophyll auf irgendeine uns noch unbekannte Weise eine Entgiftung desselben stattfindet. Im Dunkeln wird kein Formaldehyd aufgenommen, vielleicht deshalb, weil er im Finstern in eine nichtflüchtige polymere Modifikation übergeht. Uber die Methoden zum Nachweis des von den Pflanzen verbrauchten und zurückgelassenen Formaldehyds muß auf meine diesbezüglichen Abhandlungen verwiesen werden.

Der qualitative Nachweis von reduzierendem Zucker wird in der Weise geführt, daß man den mit heißem Wasser gewonnenen Extrakt aus den betreffenden Pflanzenteilen mit einigen Kubikzentimetern Fehlingscher Lösung versetzt und zum Kochen erhitzt. Die an- fänglich grüne Farbe des Extraktes macht bald einer gelblichröt- lichen Färbung Platz, worauf in der weiteren Folge ein ziegelroter

V. Kohlensäureassimilation.

[o 0)

13

Niederschlag sich zu Boden setzt (Kupferoxydul); bei Vorhandensein sehr kleiner Zuckerquantitäten fällt der Niederschlag nicht sofort, sondern es braucht längere Zeit, eventuell 24 Stunden, nach welcher Zeit sich der Niederschlag entweder abgesetzt hat oder die Flüssigkeit wenigstens in der Aufsicht gelbrot erscheint.

Der qualitative Nachweis von Stärke kann direkt im Blatte geführt werden und ist bei ausreichender Assimilation schon makrochemisch, sicher aber bei mikroskopischer Prüfung zu erkennen. Die Prüfung auf Stärke, die Sachssche Jodprobe, wird folgendermaßen geführt: Das zu untersuchende Blatt wird zunächst mit Wasser gekocht, bis seine ursprüngliche Straffheit verschwunden ist. Nach der Abtötung des Blattes wird es in starkem Alkohol gekocht, wodurch das Chloro- phyll entfernt wird; das Blatt erscheint jetzt weißlich oder gelblich und ganz weich. Nun legt man es in eine dunkelbraune Jodlösung (eine alkoholische Jodlösung wird mit so viel Wasser versetzt, bis sie die Farbe sehr dunklen Bieres angenommen hat) und läßt es so lange darinnen, bis sich die Färbung des Blattes nicht mehr ändert. In auf- fallendem Lichte, auf einer weißen Porzellanschale oder im durch- fallenden Lichte betrachtet, zeigt das Blatt entweder dunkle Flecken der Jod-Stärkeverbindung, die unter dem Mikroskop schwarzblau aus- sehen, oder ist in seiner ganzen Fläche samtartig braunschwarz, bei wenig Stärke bräunlich. Oder aber man legt das Blatt, ohne es vorher in Wasser zu kochen, nach dem Extrahieren des Chlorophylis mit Alkohol in eine Lösung von Jod in Chloral- hydrat, wobei man den Vorteil hat, das Präparat schön aufgehellt und unter dem Mikroskop die einzelnen blau gefärbten Stärkekörner zu sehen, während nach dem

Fig. 54. Sachssche Jodprobe. Kochen mit Wasser natürlich der ganze

Stärkegehalt verkleistertt wird. Daß Stärkebildung nur in den belichteten Blattstellen stattfinden kana, kann man zu Demonstrationszwecken in der Weise zeigen, daß man das Blatt mit einem Stanniol- oder Zinkblechstreifen überdeckt, aus dem etwa das Wort ‚Stärke‘ ausgeschnitten ist, und es nun dem Lichte aussetzt. Nur an den ausgestanzten Stellen vollzieht sich Stärkebildung, so daß nach Vornahme der Jodprobe das genannte Wort in schwarz- brauner Farbe auf dem Blatte erscheint (Fig. 54). Wenn man mit einem 3latte die Stärkeprobe vornimmt, das mehrere Tage im dunklen Raume verweilt hatte, so findet man das Blatt stärkeleer; die Entstärkung kann auch durch niedere Temperatur und andere Umstände bewirkt werden. Die Notwendigkeit des Chlorophyllifarbstoffes für die Stärkebildung kann man an den weißen Stellen eines panaschierten Blattes von Acer Negundo beobachten: an den weißen Stellen hat sich keine Stärke ge- bildet. Die Notwendigkeit freier Kohlensäure erkennt man daran, daß ein Blatt, dessen Spaltöffnungen etwa durch Kakaobutter oder Vaseline verlegt worden sind, sich auch nach entsprechender Exposition am Lichte als stärkefrei erweist, da die Spaltöffnungen, die Eingangspforten für die Kohlensäure, nicht funktionieren. Die Kohlensäure kann man auch ausschließen, wenn man die Versuchspflanze unter eine Glocke G bringt (Fig. 55), in deren Tubus sich ein Natronkalkrohr R befindet, welches

V, Kohlensäureassimilation. 139

wohl der Luft Eintritt gestattet, jedoch die Kohlensäure derselben absor- biert. Zweckmäßig stellt man den Pflanzentopf in eine Schale C mit starker Kalilauge unter die Glocke (erhöht, etwa auf einen Glasblock, damit die Kalilauge nicht den Tontopf benetzt und eindringt), damit die Kohlensäure mit Sicherheit absorbiert wird. Die Glocke muß luftdicht auf einer Glasplatte aufsitzen und mit Vaseline darauf abgedichtet sein oder man stellt den Verschluß der Glocke in einer Schale direkt durch Natronlauge (sie ist wohlfeiler als Kalilauge) her. Lauge ist zweck- mäßiger als feste Ätznatronstücke. Die Pflanze wird in stärkefreiem Zustande, also nach mehrtägigem Dunkelstehen, unter die Glocke ge- bracht und die Glocke in helles Licht gestellt. Trotzdem wird man auch nach längerer Zeit mit der Jodprobe keine Stärke nachweisen können, da die Kohlensäure mangelt. Trotzdem wird man aber auf diese Weise die Assimilation niemals mit absoluter Sicherheit aus- schließen können, da die Möglichkeit vorliegt, daß die im Atmungsprozeß abgegebene Kohlensäure direkt, eventuell ohne erst die Pflanze

1. Autochthone Stärke in 2. Transitorische Stärke in 3. Reservestärke bei Phaseolus. den Zellen von Mnium ($S). den Zellen von Phaseolus. St = Stärkekörner; A = Aleuron.

Fig. 55. Typen von autochthoner, transitorischer und Reservestärke.

verlassen zu haben, bei der Assimilation Verwendung findet. Versuche, welche bei Ausschluß der Assimilation vorgenommen werden sollen, können daher nur im Dunkeln angestellt werden, wobei man aber aller- dings die Korrelation der normalen Stoffwechselvorgänge empfindlich stört. Daß die Stärkebildung kein direkter, sondern ein Magazinierungs- prozeß ist, erkennt man, wenn man stärkefreie Blätter (seien es aus- gehungerte oder normal stärkefreie, wie die von Iris germanica) auf konzentrierter Zuckerlösung schwimmen läßt, wobei sie sich mit Stärke- körnern füllen, indem der aufgenommene Zucker sofort in Stärke ver- wandelt wird. Das beweist übrigens auch, daß die grünen Pflanzen nicht so ausschließlich autotroph sind wie es den Anschein hat, sondern daß sie bei Darbietung organischer Substanzen diese ebenfalls als Nahrung verwenden können, also fakultativ heterotroph sind. Es wurde von Molliard, Lefe&vre u. a. gezeigt, daß Keimlinge von Senf, Kresse usw. imstande sind, sogar durch die Wurzeln Aminosäuren aufzunehmen, ich habe dasselbe bezüglich der Aufnahme von Mono- und Disacchariden bei Phaseolus vulgaris nachgewiesen und auch die von mir festgestellte

140 V. Kohlensäureassimilation.

Aufnahme gasförmigen Formaldehyds durch oberirdische Pflanzen- organe gehört hierher. Es muß hier übrigens darauf hingewiesen werden, daß Phaseolus vulgaris, der normalerweise bei der Assimilation Stärke bildet und, wie erwähnt, bei Formaldehyddarreichung mindestens so gut oder besser gedeiht als die normal ernährte Pflanze, auffallender- weise bei Formaldehydernährung nur wenig Stärke bildet, daß aber seine Organe mit reduzierendem Zucker überfüllt sind. Durch diese abnormale Art der Ernährung wird die Stärkepflanze Phaseolus zu einer Zuckerpflanze, wie es die Liliaceen und Amaryllideen sind, Frühlings- pflanzen, deren infolgedessen stärkeres Wachstum einen biologischen Zweck erfüllt. Seit altersher wurde von der neueren Physiologie die Anschauung übernommen, daß bei Tage, im Licht die Bildung der Assimilate, in der Nacht, im Dunkeln deren Ableitung aus den Blättern stattfinde (Fig. 56). Man schloß das vor allem daraus, daß im Blatte einer as- similierenden Pflanze am Morgen keine oder nur wenig mit der JJodprobe nachweisbare Stärke vorhanden ist. Meine Unter- suchungen an der Inulinpflanze Ciehorium Inty- bus haben ergeben, daß hier der Inulingehalt der Morgen- und Abendblätter nur wenig schwankt, und daß also offenbar eine fortwährende Ab- leitung dieses löslichen Kohlehydrates statt- findet, daß aber vielleicht dessen Verarbeitung im Stoffwechsel durch die Dunkelheit verlangs- amt wird, so daß am Morgen der Inulingehalt der Blätter nur unwesentlich abgenommen hat, obwohl ja in der Nacht kein neues gebildet wird. Meine auf Stärkepflanzen ausgedehnten Unter- suchungen haben ergeben, daß sich bei Phaseolus vulgaris ein ähnlicher Vorgang vollzieht: wohl ist am Morgen die Stärke verschwunden und im Blatte mit der Jodprobe nicht auffindbar, aber das Blatt ist am Morgen ungleich zuckerreicher als am Tage; es ist also nicht die Ableitung der Assimilate, welche ausschließlich bei Nacht Kig. 56. Fur Demonstration des stattfindet, sondern die Hydrolyse der Stärke, bei Kohlensäuremangel. was ja um so verständlicher ist, als, wie oben erwähnt, deren Bildung der Ausdruck eines Auf-

stapelungsprozesses ist, ein chemischer Vorgang, der untertags, also bei fortwährender Neubildung von Assimilaten, nach einer Richtung, nach der Richtung der Stärkebildung hin sich vollzieht, während bei Nacht, wenn die Assimilation sistiert ist, der reversible Vorgang, Wieder- umwandlung von Stärke in lösliche Kohlehydrate statthat, die nun ihrerseits wandern können. Die Diffusion des Zuckers ist aber offenbar durch das Licht stark beeinflußt, hat doch Tröndle gezeigt, wie sehr sich die Permeabilität des Plasmas durch das Licht verändert, und so dürfte die Ableitung der Assimilate in den ersten Morgenstunden vor sich gehen. Vielleicht vollzieht sie sich auch und das ist die wahr- scheinlichste Annahme ebenso wie die des Inulins, unausgesetzt bei Tag und bei Nacht, vielleicht ist sie sogar nach dem Dargelegten bei Nacht überhaupt gehemmt und vollzieht sich in stärkerem Ausmaße überhaupt untertags. Ma. kann zeigen, daß Blätter von Landpflanzen nicht so wie die von Wasserpflanzen unter Wasser Stärke bilden, wenn

V. Kohlensäureassimilation. 141

man solche Blätter derart unter Wasser taucht, daß sie zum Teil vom Wasser bedeckt sind: der unter Wasser befindliche wird bei der Unter- suchung am Abend stärkefrei befunden. Für den Nachweis, daß Stärke nur bei voller Funktion der Spaltöffnungen gebildet wird, verwendet man am besten solche Blätter, deren Spaltöffnungen sich alle auf der Unterseite befinden; Stahl empfiehlt dafür Prunus padus, nach Darwin und Acton ist auch Sparmannia africana geeignet; man geht am besten so vor, daß man die Unterseite einer Blatthälfte mit einem gasdichten Überzug versieht.

Ebenso wie eine allzu geringe Quantität CO, oder deren Fehlen die Stärkebildung verhindert, so auch ein Überschuß "dieses Gases. Übrigens stellt der normale Kohlensäuregehalt der Atmosphäre nicht das Optimum der Assimilation dar, sondern etwa das Zehnfache desselben. Am ge- eignetsten sind für Versuche mit Kohlensäureüberschuß Callitriche und Lemna, welche allerdings sehr lange Zeit vorher in der Dunkelheit ge- halten werden müssen, um entstärkt zu sein. Zwei Meßzylinder von zirka 200 cem Inhalt werden dann, mit Wasser gefüllt, verkehrt in Wasser auf- gestellt und entstärkte Callitriche- pflanzen in die Zylinder hineingetan, so daß sie bis zu dem in die Luft ragenden Boden des Gefäßes hinauf- schwimmen. In den einen Zylinder läßt man nun ein Gemenge von gleichen Teilen CO, und Luft einströmen, in den anderen ein Gemisch von 12 Teilen Luft und 1 Teil CO,. Dieses Verhält- nis bleibt allerdings nicht ungeändert, da ja das Wasser Gas absorbiert, aber während der 24 stündigen Dauer des Versuches ist sicherlich in dem einen Gefäß ein weit höherer ÜO,-Betrag vorhanden als das Optimum ausmacht; in dem anderen sinkt dieser Betrag nicht unwesentlich unter das Optimum. Die das Optimum an CO, genießen- den Pflanzen sind am Abend vollgepfropft von Stärke, die anderen ganz stärkefrei. Um Wasser kohlensäurefrei zu machen, ist folgen- des Verfahren angemessen. Ein Kolben (Fig. 57) wird mit Leitungs- wasser gefüllt, das vorher gerade gekocht worden ist, so daß es als gasfrei gelten kann, und von dem gewöhnlich sich bildenden Niederschlag von CaCO, durch Filtrieren getrennt worden ist. Das Wasser in A wird 20 Minuten gekocht, während die Verbindung mit 5, das eine starke Kalilösung enthält, gelöst ist. Wenn die Flamme unter A entfernt wird, stellt man durch Aufsetzen des Stopfens C die Ver- bindung mit der Kalilauge her. Während das Wasser im Kolben er- kaltet, wird Luft bei D eingelassen, welche, durch die Kalilauge strei- chend, von CO, befreit wird. Das so vorbereitete Wasser wird für die kohlensäurefreie Kultur von Wasserpflanzen verwendet; das Kultur- gefäß muß mit einem Kautschukstöpsel verschlossen sein, durch dessen Bohrung ein gefülltes Natronkalkrohr gesteckt ist. Ein genau so ad- justiertes Gefäß, in dessen Wasser man aber durch Hineinblasen mittels

Fig .„ Darwins Methode zur Her- ee kohlensäurefreien Wassers.

142 V. Kohlensäureassimilation.

eines Glasrohres aus den Lungen Kohlensäure hat einströmen lassen und dessen verschließendes Rohr statt mit Natronkalk mit grobem Sand gefüllt ist, kann für die normale Kontrollkultur Verwendung finden. Sachs hat aber auch gezeigt, daß eine gegebene Blattfläche am Abend schwerer ist als am Morgen, entsprechend der Menge der gebildeten Assimilate. Von breitbeblätterten Pflanzen, wie Helianthus, Cucurbita, Rheum, wird aus dem Blatte mit Schablonen, die ein Quadrat mit 10 cm Seitenlänge, bzw. ein rechtwinkliges Stück 10 x 5 cm dar- stellen, ein Stück herausgeschnitten. Diese Schablonen dienen dazu, um Stücke von 100 ccm respektive 50 gem herauszuschneiden. Das Experiment muß, obzwar die ganze Pflanze am vorhergehenden Abend ins Dunkle gestellt worden war, bald nach Sonnenaufgang beginnen. Fünf bis sechs gesunde Blätter werden gesammelt und jedes der Länge nach eng an der Mittelrippe halbiert; die von der Pflanze abgetrennte Blatthälfte wird sofort untersucht, die andere Hälfte wird bis zum Abend on der Pflanze belassen. Jede Blatthälfte wird folgendermaßen weiter- behandelt: sie wird auf eine flache Porzellanschale gelegt, wobei die Unterseite des Blattes nach aufwärts gewendet ist, so daß die hervor- tretenden Gefäßstränge deutlich zu sehen sind. Die Schablonen werden nun zwischen die breiteren Nerven gelegt, daß man möglichst nerven- freie Blattstücke erhält. Die rechteckigen Blattstücke werden darauf rasch durch strömenden Dampf abgetötet; nachdem sie lufttrocken ge- worden sind, werden sie gepulvert, getrocknet und gewogen. Am Ahend wird derselbe Prozeß mit den Kontrollhälften durchgeführt. 100 gem werden aus den Hälften von sieben Blättern von Helianthus annuus herausgeschnitten; in einem Versuche von Acton war das Trocken- gewicht von 700gem um 5" a. m. 3,054 g, um 3" p. m. 3,693 g, Differenz 0,639 g; das entspricht 0,9 g pro Quadratzentimeter der Blattoberfläche und pro Stunde. Die Wägungsmethode wird von Sachs auch umgekehrt für Demonstration der Stärketranslokation bei Nacht angewendet. Wenn man am Abend die Hälften verschiedener Blätter abschneidet und nach Prüfung von kleinen Stücken die abgeschnittenen Hälften auf feuchtem Filtrierpapier unter eine Glocke in einen kühlen, dunklen Raum und daneben die Pflanze in denselben Raum stellt, kann man beobachten, daß am Morgen die an der Pflanze verbliebenen Blatthälften weit mehr Stärke verloren haben als die weggenommenen Hälften. Sparmannia gibt nach Acton ein gutes Ergebnis, wenn sie von 5" p. m. bis 10h 30 a. m. verdunkelt wird, worauf die an der Pflanze verbliebenen Blatt- hälften stärkefrei sind und gut mit den abgenommenen Blatteilen kon- trastieren.

Um die Assimilation von Zucker zu zeigen, werden Wasserpflanzen, wie Elodea, Potamogeton, Lemna, Callitriche, in 500 ccm fassende Gefäße mit Leitungswasser gesetzt, von denen eines mit 3% Rohr- zucker, das andere mit 5%, Glyzerin, das dritte mit keiner orga- nischen Substanz versetzt wird. Es ist wichtig, daß ungefähr gleich große und gleich kräftige Exemplare gewählt werden und daß die Ob- jekte im Verhältnis zu der Wassermenge in den Gefäßen klein seien. Die Gefäße werden 8—10 Tage (für Lemna genügen im Sommer 6 Tage) im Dunkeln belassen, worauf die Prüfung in bezug auf Aussehen, Wachs- tum und Stärkegehalt erfolgt. Die Kontrollexemplare sind stärkefrei und tot oder sehr geschädigt, während die mit Zucker oder Glyzerin ge- nährten Pflanzen sichtlich besser stehen und mehr oder weniger Stärke

V. Kohlensäureassimilatıon. 143

enthalten. Dabei gedeihen die Glyzerinkulturen gewöhnlich nicht so vorzüglich wie die Zuckerkulturen. Die bald eintretende Verpilzung in solchen Versuchen kann man ein wenig zurückdrängen, wenn man die Gefäße vorher mit W%, prozentiger Sublimatlösung und nachher mit kochendem Wasser auswäscht. Auch die Kulturflüssigkeiten müssen sterilisiert und in den mit Wattestöpseln versehenen Sterilisierkolbken ab- kühlen gelassen werden. Für diese Form der Stärkebildung aus dar- gebotenem organischen Material ist also kein Chlorophyll, ebensowenig wie der ganze Assimilationsapparat nötig, auch farblose Pflanzenteile bilden reichlich unter diesen Umständen Stärke. Sehr gut eignen sich für diesen Versuch die weißen Blüten von Phlox paniculata. Man läßt sie einfach auf den vorhergenannten Zucker- oder Glyzerinlösungen schwimmen, während Kontrollpflanzen in reinem Wasser gezogen werden. In einigen Tagen füllen sich die organisch ernährten Blüten mit Stärke, während die Kontrollkulturen stärkefrei bleiben. Die Verwendung farb- loser Organe, wie weißer Blüten, ist auch deswegen vorteilhaft, weil das Auskochen mit Alkohol als Entfärbungsmittel unterbleiben kann und die Blätter nur durch bloßen Wasserdampf vor Anstellung der Jodprobe abgetötet zu werden brauchen.

Zum Nachweis von Zucker !) dient am besten die Reaktion mit Fehlings Lösung, aber es gibt auch eine Reihe schöner Farben- reaktionen, die, wenn auch nicht eindeutig, doch zum vorläufigen Nach- weise dienen können. Zum Nachweis von Pentosen dient die Farben- reaktion mit Phlorogluzin-Salzsäure, mit Arabinose oder Xylose, respektive mit Materialien, welche wie Gummiarten diese Pentosen bei der Hydro- lyse entstehen lassen, gibt das Reagens eine schöne rotviolette Färbung: man bringt in die zu prüfende Lösung eine erbsengroße Menge Phloro- gluzin, setzt die gleiche Quantität konzentrierter Salzsäure hinzu und erwärmt sehr langsam bis zum beginnenden Kochen. Die rotviolette Färbung tritt sehr bald auf und verstärkt sich beträchtlich, um nach einiger Zeit einer braunen Trübung durch Abscheidung von Humin- stoffen Platz zu machen; verwendet man eine Mischung von Alkohol und Ather statt des Wassers (wobei die Erwärmung im Wasserbad vorgenommen wird), so bleibt die Färbung dauernd erhalten. Die Flüssigkeit gibt im Spektralapparat ein scharfes, schwarzes Absorptions- band im Gelb zwischen den Linien D und E rechts von der Natriumlinie. Beim Erhitzen mit Salzsäure liefern Pentosen und Pentosane (die Re- aktion geht z. B. sehr gut mit Stroh) Furfurol, welches mit den Dämpfen der wässerigen Salzsäure flüchtig ist und im Destillat durch essigsaures Anilin nachgewiesen werden kann, mit dem es selbst in Spuren intensive kirschrote Färbung liefert. Die Lösung von Anilinazetat stellt man her, indem man gleiche Volumina von Anilin und Wasser in der Eprouvette unter starkem Schütteln so lange mit Eisessig tropfenweise versetzt, bis die vorher milchig getrübte Flüssigkeit plötzlich klar wird. Von dieser Lösung wird ein Tropfen auf Filtrierpapier getropft und das Reagenzpapier vor das Rohr des Destillationsapparates gehalten: jeder Tropfen des Destillates liefert die rote Färbung. Allerdings hetern auch Hexosen und Hexosane merkliche Mengen Furfurol, man kann aber

!) Näheres über Zuckernachweis in der ausgezeichneten Abhandlung von B. Tollens im 2. Bande von Abderhaldens biochemischen Arbeits- methoden

144 V, Kohlensäureassimilation.

im großen ganzen diese Reaktion doch als typische Pentosenreaktion gelten lassen. Man kann die rohen Pflanzenteile oder auch den Extrakt daraus zur Furfuroldestillation verwenden. Methylpentosen (Rhamnose, Fukose usw.) geben bei der Destillation mit Salzsäure Methylfurfurol, welches mit Anilinazetat nur Gelbfärbung gibt, die durch die Rot- färbung ganz verdeckt wird; erwärmt man aber einige Kubikzentimeter des Destillates mit ihrem gleichen Volumen konzentrierter Salzsäure gelinde, so färbt es sich gelb, Alkohol und Schwefelsäure färben das Destillat grün. Zum Nachweis von Hexosen oder Hexosegruppen, ferner zum Nachweis aller Polysaccharide, welche Hexosen bei der Hydrolyse liefern, dient die Entstehung von Lävulinsäure beim Kochen mit kon- zentrierter Salzsäure; die Bestimmung der Lävulinsäure geschieht durch deren Extraktion aus der Flüssigkeit mittels Äthers und Überführung in das gut charakterisierte, unter dem Mikroskop zahlreiche sechsseitige Täfelchen, Sechsecke oder auch (in weniger reinem Zustand) federartige Kristalle zeigende Silbersalz. 5—10 g der betreffenden Substanz werden im Kolben am Rückflußkühler mit 20—50 ccm Salzsäure von 18—20 % im kochenden Wasserbade 5—20 Stunden lang gekocht, bis starke Humin- abscheidung eingetreten ist; dann filtriert man die braune Flüssigkeit vom Niederschlag ab, schüttelt sie viermal mit Ather aus, trennt die ätherische Lösung im Scheidetrichter von der ausgeschüttelten Flüssig- keit, destilliert den Ather ab und bewahrt den in ein Schälchen gegossenen Rückstand bei gelinder Wärme auf. Ein in Wasser gegossener Tropfen des Sirups gibt auf Zusatz von Natronlauge und Jod in der Kälte Jodo- formgeruch oder mehr oder weniger starke Ausscheidung von Jodoform. Man löst nun, um das Silbersalz darzustellen, den Sirup in Wasser, kocht mit etwas Zinkweiß und nachher mit Blutkohle, filtriert und dunstet ein; das nun auskristallisierende lävulinsaure Zink wird abfiltriert, wenig absoluter Alkohol und Ather darauf gebracht, wieder abfiltriert, worauf der Niederschlag meistens hell geworden ist. Nun löst man ihn in 5 bis 10 ccm Wasser unter Erwärmen, setzt eine Lösung von Silbernitrat zu, erwärmt zum Kochen, bis das anfänglich ausgeschiedene Salz sich wieder gelöst hat, setzt etwas Blutkohle zu und filtriert, worauf sich im Filtrat bald das Silbersalz ausscheidet. Als Farbenreaktion auf Dextrose kann man ein Zusammenbringen des Extraktes mit Diazo- benzolsulfosäure, etwas Alkali und Natriumamalgam verwenden, worauf sich nach zehn Minuten eine rotviolette Färbung zeigt. Zur Ausführung der sehr sicheren (natürlich auch Lävulose usw. anzeigenden) Phenyl- hydrazinprobe setzt man zum Extrakt eine kleine Menge (0,2—0,3 g) salzsauren Phenylhydrazins und ebenso viel Natriumazetat, worauf man die Eprouvette im siedenden Wasserbad 30 Minuten erhitzt (nachdem man vorher eventuell zur völligen Auflösung der zugesetzten Salze etwas Wasser hinzugefügt hat). Darauf wird die Eprouvette sofort in kaltes Wasser getaucht, wobei das Osazon in gelben, unter dem Mikroskop charakteristisch zu Sternen vereinigten Nadeln ausfällt. Das Glukososazon ist durch seinen Schmelzpunkt weiter zu charakte- risieren. Eine Reaktion, welche Dextrose, was besonders ins Gewicht fällt, von Lävulose zu unterscheiden gestattet, ist die Entstehung von Zuckersäure beim Abdampfen von Glukose oder auch von Stärke mit Salpetersäure von 1,15 spezifischem Gewicht. 5 g Substanz werden mit 30 com HNO, in einer Porzellanschale unter Umrühren auf kochendem Wasserbad zu einem Sirup eingedampft, bis die Entwicklung von braunen

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Dämpfen aufhört und der anfangs farblose Sirup deutlich und dauernd gelb zu werden beginnt. Dann wird er in wenig Wasser gelöst und unter Erhitzen über kleiner Flamme solange mit gepulverter Pottasche ver- rührt, bis eine Probe der braungewordenen Masse auf befeuchtetem rotem Lackmuspapier deutliche Blaufärbung hervorruft, worauf man Eisessig zusetzt, bis die Masse stark danach riecht; nach gelindem Ver- dunsten der Flüssigkeit wird die Masse von ausgeschiedenem zucker- saurem Kali dick, man preßt den Niederschlag auf Ton ab, löst ihn in möglichst wenig heißem Wasser und kristallisiert ihn nach eventueller Reinigung mit Blutkohle um. Das getrocknete Salz wird gewogen, in wenig Wasser unter sehr vorsichtigem Zusatz von Ammoniak zum Neutralisieren gelöst und in eine kalte Lösung aus dem 11, fachen Ge- wichte des Kalisalzes an Silbernitrat gegossen; es fällt zuckersaures Silber, das nach gutem Zerrühren und Stehen abfiltriert, gewaschen, über Schwefelsäure im Exsikkator getrocknet und im Porzellantiegel stark geglüht wird; es enthält 50,94 %, Ag.

Um auf Fruktose (Lävulose) zu prüfen, erwärmt man die zu prüfende Lösung mit Resorzin und Salzsäure, worauf bei Gegenwart von Fruktose oder Fruktose abspaltenden Polysacchariden oder Rohr- zucker eine schöne lebhaft rote Färbung eintritt. Die Zuckerlösung wird mit Y, ihres Volumens konzentrierter HCl vermischt und eine Messer- spitze voll Resorzin dazugefügt; die Erwärmung muß sehr allmählich erfolgen. Die nach einigen Minuten sich entwickelnde Färbung ist charakteristisch feuerrot und wird mit der Zeit durch Absetzen von Huminstoffen grau und undurchsichtig; die rote Flüssigkeit liefert im Spektralapparat im roten und violetten Teil des Spektrums zwischen Grün und Blau dunkle Bande. Diese Reaktion ist übrigens für Keto- hexosen überhaupt charakteristisch. Nimmt man zu konzentrierte Säure oder kocht man zu intensiv, so kann auch Glukose allein die Reaktion geben; am sichersten ist es, den HCl-Gehalt der zu prüfenden Flüssigkeit auf 121, % zu halten (spezifisches Gewicht 1,06), bei Aus- schütteln der rotgefärbten Probe mit Essigäther färbt dieser sich gelb. Statt Salzsäure verwendet man zweckmäßig ein Gemisch von 750 ccm Alkohol von 96 ®° B. und 200 g konzentrierter Schwefelsäure. Erhitzt man eine Probe mit 0,05 g Fruktose, 5 ccm des Alkohol-Schwefelsäure- gemisches, 5 ccm Alkohol und 0,2 ccm einer 5 prozentigen Resorzin- lösung, so tritt nach Einsetzen der Eprouvette in das heiße Wasserbad binnen einer Minute die Rotfärbung ein ebenso wie mit Fruktose ent- haltenden Polyosen, während mit Dextrose oder Dextrosanen erst nach 35 Minuten eine Färbung auftritt. Noch schöner fällt die Färbung mit Naphthoresorzin statt Resorzin aus. Sehr charakteristisch ist das mit Methylphenylhydrazin in schwach alkoholischer Lösung nach 5 bis 10 Minuten langem Erwärmen auf dem Wasserbade nur mit Fruktose, nicht aber mit Dextrose entstehende, bei 158—160° schmelzende, in Nadeln kristallisierende Osazon.

Der Nachweis von Inosit gelingt am besten in der Weise, daß man die Substanz mit einigen Tropfen CaCl,-Lösung zur Trockene verdampft, den Rückstand mit Salpetersäure befeuchtet und wieder verdampft, wobei eine rosenrote Färbung auftritt.

Rohrzucker liefert die Proben auf die ihn konstituierenden Monosen, Dextrose und Lävulose, nicht direkt, sondern erst nach der Hydrolyse,

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 10

146 V. Kohlensäureassimilation.

die man durch Kochen mit einigen Tropfen Salzsäure vornimmt, worauf abgekühlt und mit Soda neutralisiert wird.

Maltose kann am besten durch die Entstehung ihres Osazons bei 11, stündigem Erhitzen mit Phenylhydrazin im Wasserbade er- kannt werden; dasselbe fällt jedoch nicht schon beim Erhitzen, sondern erst während des nachfolgenden Erkaltens aus, kristallisiert in gelben Nadeln und schmilzt bei raschem Erhitzen bei 206°. Man kann das Maltosazon, das in Azeton leichter löslich ist als andere Osazone, durch Ausschütteln mit 50 prozentigem Azeton aus einem Osazongemisch isolieren. Am bequemsten zum Nachweis aller Zuckerarten ist wohl ihr Drehungsvermögen im Polarisationsapparat, es soll aber auf diese Methode hier nicht eingegangen werden, da in pflanzenphysiologischen Laboratorien nur selten gute Polarimeter vorhanden sind, und es sei diesbezüglich auf die Spezialwerke verwiesen.

Rohrzucker und Fruktose kann man von Glukose schnell unter- scheiden, indem man in die kalten Lösungen dieser Zuckerarten in der Eprouvette einige Kubikzentimeter konzentrierter Schwefelsäure am Rande so langsam einfließen läßt, daß die Flüssigkeiten zwei über- einanderstehende Schichten bilden. Bei Gegenwart von Fruktose und Rohrzucker färbt sich die Berührungszone braun, bei Traubenzucker nicht. Ganz ähnlich ist Fruktose auch gegen Alkalien viel empfind- licher, färbt sich mit Natronlauge sofort braun, während Trauben- zucker während dieser Zeit bloß Gelbfärbung zeigt, wird mit Ba(OH), sofort gelb, während Dextrose längere Zeit nicht verändert wird.

Auf der Bildung von Furfurol beruht die Reaktion von Molisch, bei welcher zur Probelösung einige Tropfen einer 10—20 prozentigen alkoholischen «-Naphthollösung und dann vorsichtig einige Kubik- zentimeter konzentrierte Schwefelsäure hinzugefügt werden, die sich am Boden der Eprouvette ansammelt. Bei Gegenwart von Lävulose, Rohrzucker bildet sich sogleich eine violette Zone in der Kälte, bei anderen Zuckern tritt diese Färbung beim vorsichtigen Mischen oder leichten Erwärmen in der ganzen Flüssigkeit auf; bei Verwendung von Thymol statt Naphthol ist die auftretende Färbung zinnoberrot. Beim Kochen mit Naphthoresorzin, Salzsäure und Wasser geben die Aldosen Glukose, Mannose, Galaktose nach Rorive und Tollens dunkle Absätze, welche nach dem Abfiltrieren und Auswaschen mit Wasser sich in Alkohol zu mißfarbigen, bei Galaktose zu lilafarbigen Flüssig- keiten lösen, die eine grüne Fluoreszenz zeigen. Im Spektralapparat erscheint im Grün ein Band und, von der Galaktose herrührend, daneben ein Band in Gelb, dessen Mitte auf der D-Linie liegt. Wenn Lävulose gleichzeitig zugegen ist, zeigt sich dieses Band nicht, wohl aber, wenn man vor dem Zusatz von Naphthoresorzin mit HCl 1:1 eine halbe Stunde im Wasserbade gekocht und die Flüssigkeit dann unter Zusatz von etwas Blutkohle filtriert hat.

Um Fruktose durch die Phenylhydrazinmethode von den übrigen Zuckerarten zu Irennen, läßt man die mit Methyl-Phenylhydrazin ver- setzte Flüssigkeit ohne Essigsäure zunächst 24 Stunden stehen, saugt das etwa ausgeschiedene Mannose- oder Galaktose-Methylphenylhydrazon ab und versetzt dann mit Essigsäure, worauf das Methylphenyl-Osazon der Fruktose beim Erhitzen ausfällt. Wenn sich Fruklose neben Glukose findet, kann man sie nach der Methode von Sieben in der Weise be- stimmen, daß man zunächst in einer Probe, etwa mit Fehling scher

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Lösung beide Hexosen bestimmt, dann eine andere Menge der Flüssig- keit mit 20 ccm conc. HCl auf 100 ccm der betreffenden Flüssigkeit 150 Minuten auf dem kochenden Wasserbade erhitzt, wobei die Fruktose zerstört, die Dextrose aber nur sehr wenig angegriffen wird. Nach dem Neutralisieren bestimmt man wieder den Zuckergehalt und rechnet die Differenz auf Fruktose. Wird die Kochdauer und die Konzentration der Säure genau eingehalten, so gibt die Methode, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, befriedigende Resultate. Durch Kombination der Fällungsmethoden mit der Polarisation kann man bisweilen ebenfalls die Bestimmung vornehmen.

Zur quantitativen Analyse der’ Zuckerarten sind die maßanalytischen Kupfermethoden und die jodometrische Bestimmung am zweckmäßigsten.

I. Maßanalytische Methoden nach J. Bang: Bei Gegenwart von Rhodankali wird alles in einer Lösung vorhandene Kupfersalz als Kupferrhodanür ausgeschieden, wenn die Lösung nur Alkalikarbo- nate, keine Alkalihydroxyde enthält. Es bildet sich also, wenn man zu einer Kupfersalz enthaltenden Lösung, die Alkalikarbonat im Überschuß führt, eine Rhodankali enthaltende Lösung fügt, eine quantitative Ausfällung von Kupferrhodanür. Nun hat der Zucker die Eigenschaft, das Kupfersalz zu reduzieren, so daß die blaue Lösung farblos wird. Nach Bang verwendet man aber nur so viel Zuckerlösung, daß die Flüssigkeit überschüssiges Kupfersalz ent- hält, also blaugefärbt bleibt, worauf man den Überschuß, das nicht verbrauchte Kupfer, durch Hydroxylaminlösung bis zur Ent- färbung zurücktitriert. 1 ccm Hydroxylaminsulfat entspricht genau l cem Kupferlösung, wenn genau 6,55 g des Hydroxylaminsulfats in 2000 ccm Wasser gelöst sind. Die Lösung I enthält 12,5 g chemisch reines Kupfersulfat, 250 g Kaliumkarbonat, 200 g Rhodankali, 50 g Kali- bikarbonat und 1000 ccm Wasser. Man löst die Salze bis auf das Kupfer- vitriol unter Erwärmen in zirka 600 cem Wasser und läßt nachdem Abkühlen das in zirka 75 cem Wasser gelöste Kupfervitriol langsam in dünnem Strahle zufließen, wobei man fortwährend umrührt. Man füllt auf 1000 ccm auf und filtriert nach 24 Stunden von dem gewöhnlich reichlich ausgeschiedenen kristallinischen Niederschlag ab. Die Maße und Reihenfolge der Operationen sind genau einzuhalten. Die Lösung ist höchstens vier Wochen haltbar; ferner ist sorgfältig darauf zu achten, daß die Lösungen beim Zusammenschütten nicht über Zimmertemperatur warm sind. Lösung II enthält 6,55 g Hydroxylaminsulfat (auf der analytischen Wage gewogen), 200 g Rhodankali und 2000 ccm Wasser. Es ist zweckmäßig, die beiden Lösungen vor dem Gebrauch gegen- einander einzustellen. Die genau mit der Pipette entnommene Zucker- lösung (sie muß so verdünnt werden, daß die reagierende Quantität die Kupferlösung beim Kochen nicht zur Entfärbung bringt, was man im Vorversuch feststellt, um eventuell die Zuckerlösung vorher zu ver- dünnen) wird in einem kleinen, breithalsigen Kölbehen mit 50 ccm der Lösung I vermischt, die man aus der Bürette entnimmt, und die Mischung genau 3 Minuten (vom Beginn des Siedens) am Drahtnetz gekocht, dann sofort unter der Wasserleitung auf Zimmertemperatur abgekühlt und mit Lösung Il auf Entfärbung oder die ursprüngliche Färbung des zuckerhaltigen Extraktes titriert. Enthält die Zuckerlösung mehr als

10 *

148 V. Kohlensäureassimilation.

60 mg in 10 ccm, so werden 50 cem von Lösung I vollkommen redu- ziert; man muß daher weniger als 10 ccm verwenden.

Tabelle zur Berechnung der Zuckermenge.

Hydro- | L Hydro- | B cem | IR Hydro- en | Zu xylamin | Bu Hydro- | Zucker = min | Zucker cem IE cem | 2 xylamin | 5 cem »& 1 | | | 32,45 16 19,35 31 8,20 46 == | 31,50 | 17 18,55 | 32 7,65 47 De 30,55 18 17.754 93.93 7,05 48 29,60 | 19 16,95 34 6,50 49 43,85 | 5 28,65 20 16,155 | 35 5,90 50 42,75 6 27,75 21 15,35 | 36 5,35 Sl 41,65 7 26,85 22 14,60 .37 4,75 52 40,60 8 26,00 23 13,80 38 4,20 53 39,50 ) 25,10 | 24 13,05 39 3,60 54 38,40 10 24,20 | 25 12,30 40 3,05 55 47,40 11 23,40 26 11,50 -| 41 2,60 56 36,40 12 22,60 27 10,90 42 2,15 57 35,40 13 21,75 28 10,20 | 43 1,65 58 34,40 14 21,00 29 9,50 44 1,20 | ..89 33,40 15 20,15 30 8,80 45 0,75 60

Die eben beschriebene Bang sche !) Methode hat vor allem den großen Vorteil, sehr expeditiv zu sein und eine durchgreifende vor- gängige Enteiweißung des Extraktes unnötig zu machen; indessen zeigt sie mehrere große Nachteile, vor allem, daß die Reagenzien, von denen ja ziemlich. viel verbraucht wird (50 ccm Kupferlösung für eine Be- stimmung), teuer sind; ferner daß die Kupferlösung im Verlauf von drei Monaten ihren Titer völlig ändert und unbrauchbar wird, und schließlich, daß die Vorschriften für die Bereitung der Lösungen ziem- lich genau eingehalten werden müssen, will man zu richtigen Werten ge- langen. Setzt man z. B. die Kupfersulfatlösung vor Auflösung der Salze dem Rhodankali zu, so wird der Titer falsch, das Kupfersulfat muß exakt auf der analytischen Präzisionswage gewogen werden und genau in 75 ccm aufgelöst sein (ein Auflösen in 100 ccm bedingt schon beim folgenden Zusatz die Rhodanlösung einen falschen Titer). Schließlich ist der Umschlag von Blau zu farblos bei reinen, farblosen Zucker- lösungen wohl äußerst prägnant, nun haben wir es aber fast immer mit mehr oder weniger braun gefärbten Säften zu tun, bei denen Misch- farben eine Rolle spielen können. Die Bangsche Methode ist aber durch neue Vorschriften und durch Ausarbeitung eines anderen Analysen- ganges wesentlich verbessert worden ?). Zunächst läßt sich das kost- spieligere Rhodankali durch Chlorkali ersetzen, mit dem das Kupfer- oxydul ebenfalls eine farblose Verbindung liefert, wodurch auch die Haltbarkeit der Kupferlösung eine unbegrenzte wird, der Titer bleibt unverändert. Allerdings ist folgendes zu bedenken: KCl vermag nur relativ geringe Kupferoxydulmengen in Lösung zu halten, nämlich eine höchstens 20 mg Zucker entsprechende (gegen 60 mg bei KCNS), so daß man die Zuckerlösung, welche man zu bestimmen wünscht, so

ı J. Bang, Zur Methodik der Zuckerbestimmung Biochem. Zeitschr. 2, 271 (1906).

®) J. Bang, Zur Methodik der Zuckerbestimmung II. Biochem. Zeitschr. 49, 1 (1913).

V. Kohlensäureassimilation. 149

weit verdünnen muß. Ein großer Vorteil der neuen Methode besteht aber darin, daß man nicht wie früher das nicht reduzierte Kupfer- oxydul bestimmt und daraus das vom Zucker reduzierte indirekt be- rechnet, sondern direkt das vom Zucker reduzierte titriert; das bedeutet soviel, daß man nun nicht mehr nötig hat, den Titer der Kupferlösung genau einzustellen, sondern bei Bereitung der Kupferlösung die Salze auf der Handwage grob abzuwägen braucht. Die Titrierflüssigkeit be- 6 bzw... oder 5 Jodlösung. Man braucht folgende Lösungen: 1. Die Kupferlösung. 160 g KHCO,, 100 g K,CO, und 66 g KCl werden mit 700 ccm Wasser in einem Literkolben gelöst; das Bikarbonat muß zu diesem Zwecke fein gepulvert und zuerst unter Erhöhung der Temperatur auf zirka 30° C in Lösung gebracht werden, dann wird das KCl und schließlich (unter schwacher Abkühlung; das Karbonat gelöst. Jetzt fügt man 100 ccm einer 4,4 prozentigen Lösung von CuSO,+ 5H,0 hinzu und füllt, bis die schwache CO,-Entwicklung vorüber ist, bis zur Marke auf. Die Lösung darf nur leise geschüttelt werden, weil sie sonst zuviel Luft absorbiert, und erst nach 24 stündigem Stehen verwendet werden. Diese Lösung ist de Kupferstammlösung, von ihr werden 300 ccm mit gesättigter KCl-Lösung auf 1000 cem verdünnt; auch hier darf man nur leise schütteln und die Lösung für exakte Bestimmungen erst nach mehrstündigem Stehen verwenden. 2. Die zum Titrieren be- stimmte Jodlösung. Eine Kupferoxydlösung wird durch JK unter Bildung von freiem J reduziert: CuCl;, + KJ = CuCl + KC1-+J; diese Reduktion findet aber nur in saurer Lösung statt, inalka- lischer Lösung wirkt das freigewordene Jod oxydierend unter Bildung von Kupferoxyd: CuCl + J + K,CO, = CuCO, + KC1l + JK.

Eine durch Verdünnung einer m Jodlösung hergestellte 5 ö Jodlösung

steht in einer

hält sich, in einer dunkelgefärbten Flasche aufbewahrt, unverändert monatelang; man kann sie aber auch für den täglichen Gebrauch her- stellen, indem man zirka 1 ccm einer 2prozentigen Kaliumbijodatlösung

in ein 100 ccm-Meßkölbchen gießt, 2—2,5g JK und genau 10 ccm „Ha

zusetzt, wodurch eine der Salzsäure äquivalente Jodmenge frei wird und sich in dem überschüssigen Jodkali auflöst, worauf man mit Wasser bis zur Marke auffüllt. 3. Stärkelösung als Indikator. Allerdings wird die sich oxydierende farblose Kupferoxydullösung auch blau, ebenso wie die Jodstärke blau ist, aber bei den 50 ccm der 10 mg Zucker ent- sprechenden verdünnten Kupferlösung ist die Farbe himmelblau, während die Farbe der Jodstärke tiefschwarzblau ist, wodurch beide auffallend kontrastieren. Das ist schon bei einer n stärkt sich mit steigender Konzentration der angewendeten Jodtiter-

ö Jodlösung der Fall und ver-

n 100 Jodlösung entsprechen 10 mg Zucker

oder durchschnittlich 2,67 cem einem Milligramm Zucker. Der größte Vorteil der beschriebenen Methode ist, abgesehen von der größeren Genauigkeit der Jodometrie, daß hier Störungen durch Extraktfarben nicht vorkommen können, da man ja nicht auf ‚farblos‘ titriert. Be-

flüssigkeit. 26,5 ccm einer

150 V. Kohlensäureassimilation.

sondere Sorgfalt muß auf die Verhinderung der Luftoxydation (Blau- färbung) während des Abkühlens verwendet werden. Man benutzt ein Jenaerkölbcehen von 100 cem Inhalt mit geradem Hals ohne Rand. Die Zuckerlösung (0,1—2 cem oder mehr, je nach der Konzentration) und später die Kupferlösung (55 cem) werden in das Kölbchen eingeführt (55 ccm Kupferlösung entsprechen bei vollständiger Entfärbung 10 mg Zucker). Jetzt zieht man einen Gummischlauch von 4—5 cm Länge über den Kolbenhals, so daß der Kautschuk fest anliegt und noch etwa 2 cm überragt. Man kocht drei Minuten, setzt aber, wenn noch einige Sekunden fehlen, einen stark federnden Quetschhahn nach Mohr über den Schlauch, klemmt nach vollen drei Minuten zu und nimmt augenblicklich das Kölbchen von der Flamme, kühlt unter der Wasser- leitung bis auf Zimmertemperatur, nimmt den Gummischlauch ab, setzt Y,—1 cem Stärkelösung zu (1 g lösliche Stärke in 100 cem ge- sättigter KCI-Lösung, unbegrenzt haltbar) und titriert mit der Jod- lösung bis zum Umschlag in Tiefblau. Anfangs wird das Jod momentan verbraucht; die Schnelligkeit der Färbung bietet ein ungefähres Maß dafür, wieviel Jodlösung man im Strahl zufließen lassen kann. Wenn die Jodstärkefärbung er- scheint, muß man das Kölbehen einmal leise um- schütteln und ruhig einige Augenblicke abwarten; in der Nähe des Umschlagpunktes hält die Färbung 2 bis 3 Sekunden an und geht dann zurück: der Endpunkt ist erreicht, wenn die Jodstärkefärbung mindestens 5—10 Sekunden andauert. Das Wichtigste ist die Ver- hinderung der Luftoxydation beim Abkühlen. Zu diesem Zweck bedient man sich folgender Vorrichtung (Fig. 58): Nach Befestigung des Gummischlauches $ am Kölbchen K wird der abgebildete Apparat daran an- A gebracht. Ein Metallbügel, der oben einen Keil B trägt, wird am Kolbenhals befestigt, und nach beendigtem Kochen wird der Bügel von den beiden Korkplatten C Fig. 58, Bangsches AUS einen Moment zugedrückt, der Keil springt dann Kölbehen zur Zucker- sofort herunter und der Gummischlauch schließt luftdicht; nach der Abkühlung hebt man den Keil

wieder, indem man zugleich bei B zudrückt. Die Korkplatten dienen zugleich zum Halten des heißen Kölbchens. Einfacher ist es, sich eines breiten Federquetschhahnes zu bedienen, der im Moment der Beendigung des Kochens über den Schlauch geschoben und vor dem Titrieren soweit geöffnet wird, daß die ausgezogene Spitze der Bürette in den Schlauch und Kolbenhals eingeführt werden kann; der Quetscher liegt am Bürettenhals eng an und verschließt den Kolben bis auf den schmalen Büretteneingang, gleichzeitig wird durch diese Vorrichtung ein energischeres Schütteln des Kölbchens unmöglich. Wichtig ist auch die Intensität der Erwärmung, welche so geleitet sein soll, daß die Kupferlösung in zirka 34, Minuten zum Kochen gelangt, von welchem Moment an sie genau 3 Minuten im Kochen erhalten werden muß. Nach Abklemmen des Schlauches setzt sich das Kochen wegen der Luftdruckverminderung auch beim Abkühlen noch 1, Minute fort.

Der Umschlag der Färbung erfolgt bei Jodlösung auf 2—4 Tropfen,

V. Kohlensäureassimilation. 151

bei 35 Jodlösung schon auf einen Tropfen hin, der Fehler übersteigt

nicht + 0,2 mg Zucker; die Reduktion verläuft, wie die folgende Tabelle zeigt, bis auf die beiden letzten Werte proportional mit der Zuckermenge, bei 10 mg Zucker wird alles Kupferoxyd verbraucht, die Flüssigkeit also ganz entfärbt. Für praktische Zwecke, wo es nicht auf sehr große Genauigkeit ankommt, ist eine Indextabelle überflüssig, man braucht nur die gefundenen Kubikzentimeter Jodlösung durch den Faktor 2,7 zu dividieren, um den Zucker in Milligrammen zu bestimmen. Man kann mit der beschriebenen Methode sehr genau Zuckermengen von 0,1—10 mg

bestimmen. Will man in Jodlösung benutzen, so ist es zweckmäßig,

N. e LE? n sich einer in !/,, eem geteilten Bürette zu bedienen. Die mittels 10 Jod-

lösung gefundenen Werte sind fast genau zehnmal kleiner als die mit

160 Jodlösung gefundenen, der Divisionsfaktor ist in dem ersteren Falle

0,285, im letzteren 2,70, bei 55 Jodlösung 0,28 » 2,5 = 0,7. Die Kupfer-

lösung bietet ferner den Vorteil, daß sie in kaum nennenswertem Grade von anderen Stoffen als Zucker reduziert wird, wichtig ist aber, daß die zu prüfende Lösung kein Eiweiß enthalten darf, also vorher, etwa mit Bleiazetat, enteiweißt und das Blei mit Na,SO, entfernt werden muß. Andere jodbindenden Stoffe kommen bei Pflanzenextrakten kaum in Betracht, sie stören aber auch die Titration nicht, wenn man darauf Rücksicht nimmt, daß die Titration als beendigt anzusehen ist, wenn die Jodstärkefärbung 10—20 Sekunden andauert, eine langsame, nachschleppende, auf jodbindende Stoffe zu beziehende Entfärbung aber nicht beachtet.

| | N |

Dextrose mg | 100 | 55 | jg gem Jodlösung | | | 1 2,60 0,73 | 0,30 2 5,25 | 1,45 | 0,58 3 8,10 | 2,20 | 0,86 4 10,85 | 2,95 1,15 5 13,55 3,65 1,46 6 16,25 4,15 1,73 2 18,85 4,85 2,01 8 21,40 5,50 2,31 9 23,60 6,20 2,51 10 25,65 6,95 2,80

Ir

Mitunter kommt es darauf an, in Pflanzensäften neben Dextrose auch Fruktose zu bestimmen. Selbstredend kann die B an g sche Methode ebenso wie zum quantitativen Nachweis von Dextrose auch für den der Fruktose Anwendung finden; liegen aber beide vor und es gibt wohl keinen zuckerhaltigen Pflanzenextrakt, in welchem nicht beide vor- lägen, und selbst bei der Hydrolyse von Inulin, dem Polysaccharid der Fruktose, entsteht neben dieser Monose Dextrose im Verhältnis 11:1, offenbar wegen der überaus leichten Überführung der einen in die andere durch hydrolysierende Agenzien —, dann bestimmt man natürlich auf

152 V. Kohlensäureassimilation.

diese Weise beide zusammen. Eine Möglichkeit, Fruktose neben Glu- kose zu bestimmen zu absolut exakten Werten gelangt man wegen der genannten leichten Umwandelbarkeit niemals —, gibt die Methyl- phenylhydrazinmethode von Neuberg, mit welcher es mir mikro- chemisch oft gelungen ist, beide Monosen wenigstens nebeneinander sichtbar zu machen. 10—11 ccm der ziemlich konzentrierten Zucker- lösung bringt man mit überschüssigem Methylphenylhydrazinchlor- hydrat, das in Alkohol gelöst ist, und einer gleichen Quantität kon- zentrierter Natriumazetatlösung eine halbe Stunde aufs Wasserbad, läßt dann erkalten, wäscht am nächsten Tag mit Wasser aus, trocknet nach dem Abfiltrieren das gebildete schwer lösliche Fruktose-Methylphenyl- osazon C,H ,00,; (nl (nicht zu langes Erwärmen und nicht zu langes Stehen) gibt nur die Fruktose, nicht aber die Dextrose ein schwerlösliches Osazon.

Sehr gute Resultate bei Einhaltung der Bedingungen erhielt ich mit der Methode von Sieben, Zerstörung der Fruktose durch Kochen mit konzentrierter Salzsäure. Man verwendet eine Salzsäure vom spezi- fischen Gewicht 1'12, versetzt je 100 cem der Flüssigkeit mit 20 ccm derselben und kocht drei Stunden lang am siedenden Wasserbad. Glu- kose wird durch dieses Verfahren kaum angegriffen. Hat man vorher die Summe der Monosen bestimmt und wiederholt man (nach Abfiltrieren der gebildeten Huminsubstanzen) die Bestimmung, so kann man aus der Differenz die vorhanden gewesene Fruktose berechnen. Die Zer- störung der Fruktose beginnt sehr bald, aber die Geschwindigkeit der Zerstörung verringert sich später ungemein, so daß sie praktisch tat- sächlich erst nach dreistündiger Kochdauer beendigt ist; durch längeres Kochen wurde auch die Glukose merkbar angegriffen. Auf diese Ver- hältnisse muß man auch beispielsweise bei der Hydrolyse von Inulin Rücksicht nehmen; bei einiger Übung kann man diese über Asbestnetz auf offener, mäßiger Bunsenflamme vornehmen, was bei der Sieben- schen Zerstörung absolut vermieden werden muß; aber auch hier beginnt schon nach einer Kochdauer von zehn Minuten (bei 100 ccm einer zirka einprozentigen Lösung) die Zerstörung der Lävulose, nachdem die Hydrolyse innerhalb dieser Zeit vollkommen beendigt ist.

Einigermaßen genauere Resultate, wenn auch auf recht umständ- lichem Wege, der übrigens auch nicht immer zu exakten Werten führt, gibt eine Kombination der maßanalytisch gefundenen Werte mit der Polarisationsmethode, worauf ich aber hier nicht eingehen kann.

Zu der quantitativen Bestimmung mehrerer Zuckerarten neben- einander übergehend, möchte ich als Beispiel eine Analyse vonBoysen- Jensen!) anführen: ‚Die keimenden Samen (in Portionen von 20 g) wurden unter Zusatz von 2 g Bariumkarbonat (zur Neutralisation der Hydrolyse bewirkenden Pflanzensäuren) im Mörser fein zerrieben und in einem gewogenen 250 cem fassenden Erlenmeyerkölbehen mit 200 g 70 prozentigen Alkohols übergossen. Nachdem die Kölbchen im Wasser- bade aufgekocht waren, wurden sie zirka acht Tage bei Zimmertemperatur hingestellt und dann wieder gekocht, womit die Extraktion als beendet zu betrachten ist. Das Gewicht der Flüssigkeitsmenge kann mit

en 5), und wägt. Unter diesen Bedingungen 3

' P. Boysen-Jensen, Über die synthetischen Vorgänge im pflanzlichen Organismus I. Die Rohrzuckersynthese, Bioch. Zschr. 40, 424 (1912).

V. Kohlensäureassimilation. 153

215 g (Alkohol + Wassergehalt + alkohollösliche Verbindungen des Materials) hinlänglich genau angenommen, im übrigen jeder dieser Werte für das verwendete Material durch vorgängige Bestimmungen festgestellt werden. Nach erneuter Wägung und Ersatz des verdunsteten Alkohols werden 150 g vom Extrakt abfiltriert, auf dem Wasserbade zur Trockene eingedampft und der Rückstand in 45 ccm Wasser ge- löst. Dazu 5 ccm einer 10 prozentigen, schwach essigsauren Bleiazetat- lösung zugesetzt, um die Eiweißstoffe zu fällen, von dem jetzt 50 ccm betragenden Volumen der Flüssigkeit 40 ccm abfiltriert und zum Ent- bleien 10 ccm einer 10 prozentigen Na,SO ‚-Lösung zugesetzt. Es werden wieder 40 ccm (zweckmäßig über doppeltem quantitativen Filter) ab- filtriert, das Filtrat neutralisiert (mit Soda) und auf ein Volumen von 50 cem gebracht. Von dieser Flüssigkeit werden je 10 cem für die einzelnen Bestimmungen verwendet und die gewonnenen Zahlen mit

215 -5+5-5 dem Faktor een menge des Materials umzurechnen. Die Flüssigkeit enthält nun alle in 70 prozentigem Alkohol löslichen Zuckerarten, von denen in Keim- pflanzen wohl nur Dextrose, Lävulose, Saccharose, Maltose eine Rolle spielen.

MaßanalytischeMethodevonFehling-Soxhlet. Lösung: Chemisch reines Kupfervitriol wird zur vollständigen Reinigung einmal aus verdünnter Salpetersäure und dreimal aus Wasser umkristallisiert. Man sorgt durch Rühren mit dem Glasstab dafür, daß sich keine großen Kristalle bilden, saugt dieselben ab und trocknet sie zwischen Filtrier- papier; von den lufttrockenen Kristallen werden 34,639 g in destilliertem Wasser aufgelöst und in einem 500 cem-Meßkolben bis zur Marke auf- gefüllt.

Lösung II: Seignettesalz (Kali-Natrontartrat) wird ebenso dreimal aus Wasser umkristallisiert, dann in 400 ccm Wasser gelöst und 100 ccm NaOH dazugefügt, in welcher 516 g Natriumhydroxyd auf den Liter gelöst sind. Wenn man sich Lösung II nicht zu jedem Versuch frisch herstellen will, muß man Seignettesalz und Natronlösung in getrennten Gefäßen aufbewahren, letztere in einer dunkeln Flasche, deren Kork- stöpsel in einer Bohrung ein Natronkalkrohr zum Abhalten der Luft- kohlensäure trägt.

Man stellt zunächst einen Vorversuch an, indem man 25 ecm der Lösung I und 25 ccm der Lösung II, die man mit Pipetten entnommen hat, in der Porzellanschale mischt, zum Kochen erhitzt und nun aus einer Meß- bürette, welche oberhalb der Porzellanschale angebracht ist, nach und nach so viel von der Zuckerlösung zusetzt, bis die Flüssigkeit nicht mehr blau erscheint. 50 ccm Fehlingscher Lösung reduzieren 23,75 ccm einer einprozentigen Traubenzuckerlösung, 24,7 ccm einer einprozentigen Invertzuckerlösung, 33,8 cem einer einprozentigen Milchzuckerlösung, 25,5 ccm einer einprozentigen Galaktoselösung, 25,7 ccm einer ein- prozentigen Lävuloselösung, 38,9 ccm einer einprozentigen Maltoselösung. Daher kann man aus der Menge der gebrauchten Zuckerlösung an- nähernd ihren Gehalt berechnen. Darauf verdünnt man die Lösung so weit, daß sie nur 1% Zucker enthält, und führt dann die eigent- liche Probe durch:

Zu 50 com Fehlingscher Lösung setzt man zirka 23 ccm der ungefähr einprozentigen Zuckerlösung, welche Traubenzucker enthält,

11,2 multipliziert, um auf die Gesamt-

154 V. Kohlensäureassimilation.

respektive eine entsprechend größere Menge bei anderen Zuckerarten zu und kocht 2—6 Minuten, worauf man die ganze Flüssigkeit durch ein doppeltes Faltenfilter gießt. Sobald 3—5 ccm des Filtrates durch- gegangen sind, säuert man dasselbe mit Essigsäure an und versetzt mit einem Tropfen gelben Blutlaugensalzes; tritt dunkle Rotfärbung ein, so sind noch größere Mengen Kupfers zugegen. Blaßrosafärbung deutet auf Spuren von Kupfer, und tritt keine Verfärbung ein, so ist alles Kupfer aus der Lösung ausgeschieden. In letzterem Falle nimmt man zum nächsten Versuch 1 cem weniger, in den ersteren Fällen 1 ccm Zucker- lösung mehr. Man macht so viele Bestimmungen, bis zwei Bestimmungen nur um 0,1 ccm der zugesetzten Zuckerlösung differieren und das eine Filtrat eben noch kupferhaltig, das andere kupferfrei ist; zwischen beiden Zahlen liegt dann die zur Reduktion von 50 ccm Fehling hin- reichende Zuckermenge. Man löst z. B. 100 g käuflichen Traubenzuckers in soviel Wasser, daß die Lösung 250 ccm ausmacht, und sind von dieser Lösung im Vorversuch 10 ccm erforderlich, um 50 ccm Fehling zu entfärben. Da, wie erwähnt, 50 ccm der Fehlingschen Lösung 23,75 ccm einprozentiger Traubenzuckerlösung entsprechen, so müßten 10 ecem unserer Lösung auf zirka 24 ccm oder 104,1 ccm auf 250 ccm aufgefüllt werden, um eine zirka einprozentige Lösung zu geben.

Von dieser Lösung werden zu 50 cem Fehling zugesetzt:

1. 23,0 ccm, wobei das Filtrat schon durch seine grünliche Farbe das noch vorhandene Kupfer anzeigt;

2. 24,0 ,, , auch hier ist das Filtrat noch grünlich ;

3. 25,0 ,, , worauf das Filtrat gelb ist und mit Ferrozyankali keine Reaktion gibt, zum Beweis, daß alles Kupfer ausgefällt, demnach im nächsten Versuch die Menge der Zuckerlösung vermindert werden muß;

4. 24,5 „, , Filtrat ist gelb, gibt aber mit Blutlaugensalz intensiv rote Ferrozyankupferreaktion;

5. 24,7 ,, , geben ein gelbes Filtrat und blaßrosa Kupferreaktion ;

6. 24,8 ,, , gelbes Filtrat, keine Kupferreaktion mit Blutlaugen-

salz;

demnach liegt die exakte, gerade 50 ccm Fehling reduzierende Zucker- menge bei 24,75 ccm meiner Lösung; diese enthalten, da 50 ccm Fehling durch 23,75 ccm einer einprozentigen Traubenzuckerlösung reduziert werden, 237,5 mg Dextrose, und von dieser Zahl kann man durch ein- fache Proportionen auf die Menge des im verwendeten käuflichen Pro- dukt vorhandenen Traubenzuckers schließen. Eventuell nimmt man bei sehr kleinem Zuckergehalt statt 50 cem Fehling nur 20 ccm dieser, durch Mischung von je 10 ccm der beiden Titerlösungen hergestellten Titerflüssigkeit. Bei Pflanzenextrakten hat man es nicht selten mit ge- färbten Lösungen zu tun und es ist dann oft schwierig, die Rotfärbung mit Blutlaugensalz deutlich zu erkennen. Man geht dann in der Weise vor, daß man das Filtrat in der Porzellanschale mit einigen Tropfen Zucker- lösung kocht, einige Minuten stehen läßt, die Flüssigkeit abgießt und nun den Boden der Schale mit einem Stückchen Filtrierpapier aus- wischt. War durch die zugesetzte Zuckerlösung etwa noch im Filtrat vorhandenes Kupfer reduziert worden, so ist das Papier durch Kupfer- oxydul rotbraun gefärbt.

Maßanalytische Methode nach Bertrand: Man

V. Kohlensäureassimilation. 155

titriert mit Kaliumpermanganatlösung bestimmten Gehaltes das Ferro- salz, welches sich bei der Auflösung des beim Kochen mit Fehling ge- bildeten Kupferoxyduls in einer Lösung von Ferrisulfat in Schwefel- säure gebildet hat. Die vier Lösungen, welche hier notwendig sind, werden folgendermaßen bereitet:

I. 40 g umkristallisiertes Kupfervitriol in 1000 ccm Wasser gelöst; II. 200 ‚, umkristallisiertes Seignettesalz, 150 g gereinigtes Atznatron in Stangen, 1000 ccm Wasser; III. 50 ‚, reines Ferrisulfat, 200 ccm konzentrierte Schwefelsäure, 1000 cem Wasser; IV. 5 Kaliumpermanganat in 1000 cem Wasser.

Zunächst muß der Titer der Permanganatlösung durch Einstellen auf Ammonoxalat bestimmt werden, indem man zirka 0,250 g (COO), - (NH ,), mit 100 cem Wasser und 2 ccm konzentrierter H,SO, auf zirka 80 ® erwärmt. Von der Permanganatlösung läßt man zu der heißen Lösung tropfenweise zulaufen, bis eben bleibende Rosafärbung eintritt; für 250 mg Ammonoxalat braucht man annähernd 22 ccm. Nach den Reaktionsgleichungen ist ein Molekül Ammoniumoxalat 2 Fe respektive 2 Cu äquivalent. Multipliziert man die Menge des verwendeten oxalsauren Ammons, also hier 0,25 g mit dem Faktor 0,8951, so erhält man die Kupfermenge, welche der bis zur Rosafärbung gebrauchten Permanganatlösung entspricht. 1 Liter der Lösung entspricht rund 10 g Kupfer. Man multipliziert die bei der Analyse erhaltenen Kubik- zentimeter Permanganat mit rund 10,17, um den Kupferwert in Milli- grammen zu finden, vorausgesetzt, daß man zur Titerstellung 250 mg Ammonoxalat verwendet hat. In ein Erlenmeyerkölbcehen von zirka 150 ccm Inhalt läßt man 20 ccm der Zuckerlösung aus der Bürette ein- fließen, fügt dazu je 20 cem von Lösung I und II, erhitzt zum Kochen und läßt unter zeitweiligem Umschwenken drei Minuten lang kochen; das Kupferoxydul, welches sich dabei bildet, läßt man absitzen und bringt die Flüssigkeit, welche nach dem Kochen noch blau gefärbt sein muß (ist sie es nicht, so nimmt man im nächsten Versuch weniger von der Zuckerlösung), auf ein Asbestfilterröhrchen nach Soxhlet, ein zylin- drisches, unten eingeschnürtes Röhrchen, das oberhalb der Einschnürung mit einer dünnen Lage aufgeschwemmten Asbests belegt ist und mit dem verschmälerten Teil in den Pfropfen eines Absaugekolbens gesteckt werden kann, wobei man darauf achtet, daß möglichst wenig von dem Oxydulniederschlag mit auf das Filter gelange. Nachdem man die Flüssigkeit abgesaugt hat, wird der Niederschlag mit destilliertem Wasser gewaschen und auch das Waschwasser über das Filter gegossen. Das Filter wird dann vom Absaugekolben entfernt und dieser mit destilliertem Wasser gewaschen, so daß keine Spur Kupfersulfat darin zurückbleibt. Zu dem im Erlenmeyerkolben verbliebenen Kupferniederschlag bringt man 20 cem Ferrisulfatlösung, worauf sich der Niederschlag mit schön grüner Farbe auflöst. Diese Lösung schüttet man über das in der Saug- flasche wieder befestigte Asbestfilter und saugt langsam durch, dabei löst sich auch der auf dem Asbestfilter befindliche geringe Rest von Kupferoxydul, eventuell läßt man, falls sich nicht alles gelöst hätte, noch etwas mehr von Lösung III durchlaufen. Durch Nachwaschen von Kölbchen und Filter bekommt man den letzten Rest der Lösung in die Saugflasche, die man nun unter die Bürette mit der Permanganat-

156 V. Kohlensäureassimilation.

lösung bringt, und titriert bis zum scharfen Umschlag von Grün in Rosa. Die verwendeten Kubikzentimeter Permanganatlösung werden mit dem Faktor multipliziert, wobei das dem Permanganat entsprechende Kupfer resultiert, aus dem man beim Eingehen in die Tabelle die Zuckermenge bestimmt. Die Konzentration der Zuckerlösung soll 0,5 % nicht über- steigen.

Tabelle zur Bestimmung der Zuckermenge aus den

Kupferwerten. 5 0 Ei 580 | Ei 5 &n Ei © &0 g = Ei Sr si > g SE g 93 s: ch e | |

10 20,4 9 | 572 48 91,8 67 124,7 86 155,6 11 22,4 30 | 59,1 49 93,6 68 126,4 87 157,2 12 24,3 31 | 60,9 50 95,4 69 128,1 88 158,8 13 26,3 322 | 62,8 51 97,1 70 129,8 89 160,4 14 28,3 3 | 64,6 52 98,9 71 131,4 90 162,0 15 30,2 34 | 665 53 | 100,6 72 133;1. 1,292 163,6 16 32,2 35 68,3 534 | 102,3 73 134,7 92 165,2 17 34,2 36 70,1 55 | 104,1 74 136,3 93 166,7 18 36,2 37.010720 56 105,8 75 137,9 94 168,3 19 38,1 38 |. 73,8 57 | »107.6 76 139,6 95 169,9 20 40,1 39. 75.7 58 | 109,3 77 141,2 96 171,4 21 42,0 40 | 775 59 | 111,1 78 142,8 97 173.1 22 43,9 41 | .793 60 112,8 79 144,5 98 174,6 23 45,8 42 81,1 61-1 1145 80 146,1 | 9 176,2 24 47,7 43 | 82,9 62 | 116,2 81 147,7.°1 100 177,8 25 49,6 4 | 847 Ba... 117.9 82 149,3

26 51,5 45 86,4 64 | 119,6 83 150,9

27 53,4 46 88,2 65 | 121,3 | 84 | 152,5

28 55,3 47 90,0 66 | 123,0 85 | 154,0 |

Zur Vervollständigung möge auch die gravimetrische Methode der Zuckerbestimmung nach Pflüger Platz finden, welche eine Verbesserung der Fehling-Allihnschen vorstellt. Man verwendet zwei Lösungen, die getrennt aufzubewahren sind:

Lösung I: 34,639 g CuSO, + 5 H,O in 500 ccm Wasser. Das Kupfer- salz wird so, wie das für die maßanalytischen Methoden beschrieben wurde, umkristallisiert und getrocknet.

Lösung II: 173 g Seignettesalz und 125g KOH in 500 ccm Wasser. Die Lösung wird in der Weise hergestellt, daß man in einem Becher- glas 150 ccm Wasser zum Sieden erhitzt, vom Feuer entfernt, 173 g Seignettesalz hineinbringt und umrührt, bis Lösung erfolgt ist. Nach der Abkühlung gießt man die Lösung in einen 500 cem-Kolben und fügt 280 ccm der 60 prozentigen Lauge hinzu. Das Waschwasser, mit dem man das Becherglas ausspült, wird zur Lösung hinzugefügt. Nach völliger Abkühlung bringt man genau auf 500 cem, gießt in ein Becher- glas und filtriert durch dichte Glaswolle in den Kolben zurück. Die Asbestfilterröhrehen werden folgendermaßen hergestellt: ein vertikales Glasrohr von 10 cm Länge und 1,7 cm lichter Weite läuft nach unten in eine Verjüngung und darauffolgende birnenförmige Erweiterung von l cm äußerem Durchmesser aus. An diese Erweiterung schließt sich nach einer abermaligen Verjüngung das 6 cm lange Abflußrohr. Die kleine Birne enthält den Asbest, der die Gestalt und Form einer dicken

V. Kohlensäureassimilation. 157

Erbse hat. Die Füllung wird in folgender Weise hergestellt: langfaseriger, weicher Asbest wird mehrere Tage in roter rauchender Salpetersäure gehalten, dann sehr oft mit destilliertem Wasser gewaschen, bis das Wasser beim Umrühren des Asbests keine Spur von Trübung zeigt. Nach dem Trocknen werden weiche, langfaserige Stränge des Asbests mit der Präpariernadel auf einer Glasplatte in einzelne Fäden zerpflückt; eine größere Anzahl dieser Fäden wird zu einem Haufen zusammen- geschoben und mit der Pinzette in das weite Ende des Filterröhrchens geschoben. Mit einem dickeren Draht drückt man die Fäden in die Birne hinein, ohne jedoch so fest zu drücken, daß die lockere Lagerung der Fäden verloren geht; die Birne wird so vollkommen mit Asbest ausgefüllt. Die richtige Beschickung des Röhrchens prüft man in folgen- der Weise: Die heiße Allihnsche Lauge wird, nachdem man sie mit kaltem Wasser auf die Hälfte verdünnt hat, an der Saugpumpe filtriert, mit 100 ccm Wasser gewaschen und dann Salpetersäure von 1,2 spezi- fischem Gewicht langsam über den Asbest gegossen. Darauf wird der Asbest gewaschen und schließlich mit absolutem Alkohol und Ather getrocknet. Nach dem Trocknen im Trockenschrank bei 100 ° darf das Gewicht bei zwei aufeinanderfolgenden Wägungen nicht mehr als 0,3 mg verloren haben.

Man führt nun zunächst wieder einen Vorversuch durch, indem man 30 ccm der Lösung II aus einer Bürette in ein Becherglas fließen läßt : und dazu, ebenfalls aus einer Bürette, 30 ccm von Lösung I fügt; dazu 85 cem der vorher genau neutralisierten und filtrierten Zuckerlösung, so daß das Gesamtvolumen 145 ccm beträgt; dieses kocht man nun zwei Minuten am Drahtnetz. Dann gießt man 130 cem Wasser dazu und wartet, bis alles ausgeschiedene Kupferoxydul sich abgesetzt hat. Die Flüssigkeit muß dann noch blau sein, sonst muß man in einer zweiten Probe nur halb soviel Zuckerlösung verwenden. Dann wird der eigent- liche Versuch durchgeführt. Dieser wird in zwei Parallelproben gemacht. Zwei Bechergläser aus Jenaer Glas werden mit je 30 cem von Lösung I und Lösung II sowie mit 85 cem Zuckerlösung beschickt. Man mischt die Flüssigkeiten durch öfteres Umschwenken, deckt mit Uhrgläsern zu und bringt sie in zwei an einem Stativ angebrachte Kupferringe, in welche die Bechergläser hängend gerade hineinpassen, worauf man beide gleichzeitig bis über die Mitte in ein siedendes Wasserbad taucht, wo sie genau 30 Minuten kochen. Nach dem gleichzeitigen Herausheben gießt man in jedes 130 ccm kaltes Wasser. Inzwischen sind die Filterröhrchen gewogen, auf die Absaugekolben gebracht und diese mit der Pumpe verbunden worden; sie werden nun aus den Bechergläsern gefüllt und die Pumpe jeweils erst in Tätigkeit gesetzt, wenn die Filterröhrchen gefüllt sind. Sie dürfen nie trocken werden, und ferner ist darauf zu achten, daß möglichst wenig Niederschlag aus dem Becherglas auf das Asbestfilter gelangt. Nachdem die Flüssigkeit fast abfiltriert ist, gießt man 100 ccm Wasser in das Becherglas, wobei man es an einem Glas- stabe entlang einlaufen läßt, dessen unteres Ende gegen den Boden des Becherglases gestemmt ist, der Niederschlag wird dann nicht aufgerührt. Nachdem auch dieses Wasser durchs Röhrchen filtriert worden ist, bringt man den Niederschlag quantitativ durch Abspritzen mit dem zu einer feinen Spitze ausgezogenen Röhrchen einer Spritzflasche aufs Filter und spült zweimal mit absolutem Alkohol und zweimal mit Ather nach. Dann werden die Röhrchen in den Trockenschrank gebracht,

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eine halbe Stunde bei 110 ® getrocknet, im Exsikkator abkühlen gelassen und gewogen. Dann befestigt man sie über zwei Kölbchen, gießt kon- zentrierte Salpetersäure bis oben auf und deckt mit einem Uhrglas zu. Die Salpetersäure löst das gesamte Kupfer auf, das sich jetzt als Kupfer- nitrat im Kolben befindet. Die Röhrchen werden dann an der Pumpe zweimal mit Wasser, zweimal mit Alkohol und Ather gewaschen und schließlich im Trockenschrank getrocknet. Die Wägung nach dem Erkalten im Exsikkator darf nur ganz unbedeutende Differenzen im Gewichte ergeben, worauf das Röhrchen zum nächsten Versuche fertig ist und so behandelt, unendlich lange Dienste leisten kann. Die Ge- wichte in den beiden Parallelröhrchen dürfen ebenfalls nicht um mehr als 1 mg untereinander differieren.

Tabelle zur Bestimmung von Zucker aus Kupfer- oxydulin Milligrammen:

88|8|88 | 8 88|8|32 | s | seem ı ll ale BI: | 18 2381| 3 | Si | a a ee 1 36,8 52 129,4 92 '220,8 | 132 | 309,6 | 172 | 391,5 1 212 7 7465,7 ı3 | 392 | 53 !ısı,z] 93 |223,1 | 133 | 311,8 | 173 | 393,5 | 213 | 467,4 14 | 41.6 | 54 |134,0| 94 ‚225,4 | 134 | 313,9| 174 | 395,5 | 214 |469,2 15 |-43.9 | 55 |ı36,3| 95 |227,6 | 135 | 316,0| 175 | 397,5 1 215 471,0 16 46,3 56 138,6 96 |229,9 | 136 | 318,1| 176 399,3 | 216 |472,8 17 | 48,7 | 57 |140,9| 97 232,2 | 137 | 320,2| 177 | 401,2|217 |474,6 18 | 51.0 | 58 |ı143,2| 98 |234,5 | 138 | 322,4| 178 | 403,1 | 218 | 466,3 19 53,4 59 | 145,1 99 | 236,7 139 | 324,5! 179 | 404,9 | 219 |478,1 20 558 | 60 |147,8| 100 |239,0 | 140 | 326,6 | 180 | 406,8 | 220 |479,9 21 | 58,1 | [150,1| 101 [241,2 | 141 | 328,7 | 181 | 408,7 |221 |481,7 2 60,5 62 152,4 | 102 |243,5 | 142 | 330,8 | 182 |! 410,6 | 222 |483,5 23 62,9 63 154,7 | 103 | 245,7 143 | 333,0 | 183 412,4 | 223 |485,2 24 | 652 | 64 |157.0| 104 |247,9 | 144 | 335,1 | 184 414,3 | 224 | 487,0 25 | 67,6 | 65 |159,3| 105 |250,2 | 145 | 337,2 | 185 416,2 | 225 |488,8 26 | 699 | 66 |161,6| 106 |252,4 | 146 | 339,3 | 186 418,1 | 226 |490,4 27 | 72,2 | 67 | 163,9 | 107 |254,6 | 147 | 341,4 | 187 419,9 | 227 |492,1 28 , 75.5 | 68 |166,2| 108 |256,8 | 148 | 343,6 | 188 421,8 | 228 |493,7 29 | 76.8 | 69 |168,5| 109 |259,1 | 149 | 345,7 | 189 423,7 | 229 |453,3 30 | 7911| 70 170,8 | 110 |263,3 | 150 | 347,8 | 190 425,6 | 230 | 497,0 8131| 71 |1730| ı11 |263,6 | 151 | 349,8 | 191 | 427,4 | 231 |498,6 22 8336| 72 1753| 112 |265,8 | 152 | 351,8 | 192 429,3 | 232 | 500,3 33 8591| 73 1776| 113 |268,0 | 153 | 353,0 | 193 431,2] 233 |501,9 34 ı 882 | 74 1799| 114 |270,2 | 154 | 355,7 | 194 | 433,1 1234 |503,5 35 | 90,51 75 ı182,2| 115 |272,5 | 155 | 357,7 | 195 | 434,9 | 235 | 505,2 36 | 92.8| 76 ‚184,5| 116 |274,7 | 156 | 359,7 | 196 | 436,8 | 236 | 506,8 37 | 95.1| 77 |186,7| 117 |276.9 | 157 | 361,7 | 197 | 438,7 | 237 |508,4 38 | 974| 78 |ı89,0| 118 |279,2 | 158 | 363,7 | 198 | 440,6 | 238 |510,1 39 | 99,7| 79 |191,3| 119 |285,4 | 159 | 365,7 | 199 | 442,4 | 239 |511,7 40 | 101,9| 80 | 193,6 | 120 | 283,6 | 160 | 367,7 | 200 | 444,3 | 240 | 172,3 41 | 1042| |195,8| ı2ı |285,9 | 161 | 369,6 | 201 | 446,1 | 241 |515,0 42 | 106,5| 82 | 198,1] 122 288,1 | 162 | 371,6 | 202 | 447,9 |242 |516,6 43 ' 108,8| 83 | 200,4| 123 |290,3 | 163 373,6 | 203 | 449,6 | 243 |518,2 44 | 111,1] 84 |202,6| 124 | 292,6 | 164 | 375,6| 204 | 451,4 |244 |519,9 45 | 1134| 85 |204,9| 125 294,8 | 165 | 377,6| 205 | 453,2 |245 |521,5 46 | 115.7| 86 | 207.2| 126 |296,9 | 166 | 379,6 | 206 | 455,0 | 246 | 523,6 47 \ 118.0| 87 | 209,5 | 127 |299,0 | 167 | 381,6 | 207 | 456,8 | 247 | 524,8 48 | 120,2| 88 211,7| 128 |301,2 | 168 | 383,5 | 208 | 458,5 | 248 | 526,4 49 1225| 89 | 214.0| 129 |303,3 | 169 | 385,5 | 209 | 460,3 | 249 |528,1 50 1248| 90 |216,3| 130 |305,4 | 170 | 387,5 | 210 | 462,1 | 250 | 529,7 51 127.11 91: |218,6| 131 |307,5 1 171 | 389,5 | 211 |463,9

V. Kohlensäureassimilation. 159

Um eine Zuckerbestimmung in einem Pflanzenextrakt durch- zuführen, ist es zweckmäßig, zunächst eine Reinigung der Extrakte vor- zunehmen. Eine Befreiung von in der Hitze koagulabeln Eiweißstoffen wird durch Aufkochen bewirkt, wobei man aber, um Inversion zu ver- hindern, zweckmäßig die etwa vorhandenen Pflanzensäuren vorher durch eine Messerspitze gepulverten Kalziumkarbonates abstumpft. Durch Aufkochen mit Kalk unter Einleiten von CO, und SO, bewirkt man außer einer Fällung der Eiweißstoffe auch das Niederschlagen von organischen Säuren und anderen Verunreinigungen, die man durch Filtrieren entfernen kann. Um suspendierte Trübungen zu vermeiden, die beim Filtrieren durch Papier mitgerissen werden, filtriert man durch poröse Tonfilter. Bedenklicher ist schon das Schütteln mit Tonerde oder mit Blutkohle oder Kaolin, weil diese Agenzien mit den Ver- unreinigungen auch Zucker mitreißen können. Vielfach gelangt man durch Schütteln der Flüssigkeit mit zerfasertem Filtrierpapier zum Ziele, welches durch Kochen in Wasser fein verteilt wurde. Die gebräuchlichste Methode der Reinigung ist jene mit Bleizucker oder Bleiessig (Blei- azetat durch Kochen in Wasser unter Zusatz von etwas Essigsäure gelöst), welcher mit den zu vermeidenden Verunreinigungen dicke, kolloidale, weißlichgraue Fällungen liefert. Die Filtrate werden durch Einleiten von Schwefelwasserstoff oder Versetzen mit Natriumsulfat- lösung entbleit. Man stellt sich zweckmäßig molare Lösungen her, so daß man die zuzusetzenden Flüssigkeitsmengen ungefähr abmessen kann. Man achte auch hier darauf, gerade nur soviel von dem Fällungs- mittel zuzusetzen, daß nachher beim Filtrieren eine klare Lösung ent- steht; die Eiweißfüllung mit Bleiazetat kann man, am besten über doppel- tem Filter, an der Wasserstrahlpumpe absaugen; der beim Entbleien ge- fällte Bleisulfatniederschlag geht aber regelmäßig durchs Filter mansoll ihn durch gewöhnliches doppeltes, glattes Filter abfiltrieren.

Die Hydrolyse von zusammengesetzten Zuckerarten bewirkt man entweder durch Enzyme, wie Invertin, Diastase, Inulase, oder meist durch Kochen mit verdünnter (1—5 prozentiger) Schwefel- oder Salz- säure. Sehr schwache Säure ist beispielsweise zur Zerlegung von Inulin in Fruktose nötig (ich verwende einprozentige Salzsäure bei nicht länger als höchstens 10 Minuten währender Kochdauer), ebenso zur Inversion von Rohrzucker, man muß Konzentration und Kochdauer so wählen, daß sich noch keine braungefärbten Nebenprodukte bilden. Dagegen muß man 5—8 prozentige Salzsäure und mehrstündige Kochdauer an- wenden, um Hemizellulosen und Pentosane zu hydrolysieren. Dabei ist zu beachten, daß Salzsäure bei gleicher prozentischer Konzentration stärker wirkt als Schwefelsäure, die aber wiederum den Vorteil bietet, als unlösliches Sulfat leichter aus dem Hydrolysengemisch entfernt werden zu können. Salzsäure entfernt man durch Fällung mit Silber- karbonat oder Bleikarbonat.

Zur quantitativen Bestimmung von Pentosen und Pen- tosanen bedient man sich der Bildung von Furfurol aus diesen Zucker- arten beim Destillieren mit Salzsäure, Auffangen des überdestillierenden Furfurols in Phlorogluzin und Wägen des so entstandenen Phlorogluzids. Die Kochflasche, aus welcher destilliert wird, faßt zirka 300 ccm, ist weit- halsig und trägt in ihrem doppelt durchbohrten Stöpsel das mit an- geschmolzener, das UÜberspritzen verhindernder Kugel versehene, in den Kühler mündende Ableitungsrohr für die Dämpfe und ein mit

160 V- Kohlensäureassimilation.

Hahn versehenes Aufsatzrohr zum Nachfüllen der Flüssigkeit, das bis tief in den Hals des Kochkolbens hineinreicht. Man bringt die zu unter- suchende, abgewogene Probe von Stroh, Gummi, Holz u. dgl. in den Kolben, setzt 100 ccm zirka 12 prozentiger Salzsäure zu und erhitzt in einem Metallbad aus leicht schmelzbarem Metall, das den Kolben etwas über 100 ° erhitzt. Der Inhalt der eintauchenden Kochflasche gelangt in lebhaftes Sieden, und das gebildete Furfurol destilliert über. Man fängt es in kleinen, zirka 40 ccm fassenden Zylindern mit einer Marke bei 30 ccm auf und gießt, wenn 30 cem übergangen sind, diese in ein Becherglas mit Marke bei 400 ccm, worauf man das ursprüngliche Volumen im Kolben durch Nachfließenlassen von 30 ccm Salzsäure wiederherstellt. Man wiederholt Abdestillieren und Nachfließenlassen so lange, bis kein Furfurol mehr übergeht, was nach rund einem Dutzend, je 10 Minuten dauernden Operationen erreicht ist. Daß alles Furfurol überdestilliert ist, erkennt man daran, daß ein Tropfen des Destillates mit Anilinazetat keine Reaktion mehr gibt. Die im Becherglase ver- einigten Destillate versetzt man mit einem Überschuß von in 12 prozen- tiger HCl gelöstem reinstem Phlorogluzin und füllt mit 12 prozentiger Salzsäure auf 400 ccm auf. Die Flüssigkeit färbt sich zuerst gelb, dann grünlich, trübt sich und am nächsten Morgen hat sich das gebildete Furfurol-Phlorogluzid zu Boden gesetzt; man prüft die obenstehende klare Flüssigkeit mit Anilinazetatpapier auf etwa noch vorhandenes, ungebundenes Furfurol und filtriert dann den Niederschlag über einem Goochtiegel, wäscht ihn gründlich mit Wasser nach und trocknet ihn vier Stunden bei einer 97 ° nicht übersteigenden Temperatur, läßt im Exsikkator erkalten und wägt. Den Niederschlag kann man später durch Ausglühen entfernen, worauf der Tiegel für die folgende Be- stimmung fertig ist. Aus der Menge des Phlorogluzids ergibt sich die Menge des Furfurols und der Pentose aus der empirischen Tabelle von E. Kröber (Journal für Landwirtschaft, Jahrgang 1900, S. 379—384). In dieser Tabelle sind die Werte für Arabinose, Araban, Xylose und Xylan und auch für Pentose und Pentosan im allgemeinen, welche aus den Mittelzahlen für Arabinose und Xylose gerechnet sind, angegeben. Die Tabelle enthält die Zahlen von 0,03—0,3 g Furfurol-Phlorogluzid. Be- trägt dessen Menge weniger als 0,03 g, so rechnet man nach folgendem Schema, in welchem a die Menge des Phlorogluzids bedeutet: Furfurol (a + 0,0052) - 0,5170 Pentose im allgemeinen (a + 0,0052) - 1,0170 Pentosan im allgemeinen = (a + 0,0052) - 0,8949.

Beträgt es mehr als 0,3 g, so rechnet man: Furfurol = (a + 0,0052) - 0,518 Pentose im allgemeinen = (a + 0,0052) - 1,00026 Pentosan im allgemeinen = (a + 0,0052) - 0,8824.

Allerdings ist bei dieser Methode störend, daß in den meisten Natur- . produkten neben Pentosen auch Methylpentosen auftreten und daß Furfurol neben Methylfurol durch Phlorogluzin gefällt wird und daß auch andere Kohlehydrate, wenn auch in sehr geringen Mengen, Fur- furol bei der Destillation mit Salzsäure liefern. Man kann übrigens Furfurol-Phlorogluzid und Methyl£furol-Phlorogluzid trennen, indem man das Gemenge mit 95 prozentigem Alkohol nach dem Trocknen und Wägen übergießt und dann zum Kochen erhitzt. Dabei lösen sich nur die Methyl- furol-Phlorogluzide; aus der Differenz bestimmt man dann den Anteil,

V. Kohlensäureassimilation. 161

welchen die einen und die anderen an dem Gesamtgewicht genommen haben. Bezüglich der Details muß auf die vorzügliche Darstellung von B. Tollens im zweiten Bande von Abderhaldens ‚„Bio- chemische Arbeitsmethoden‘ verwiesen werden.

Bezüglich des Nachweisesvon Stärke wurde schon darauf hingewiesen daß die einzige qualitative Reaktion auf Stärke in der Indigo- blaufärbung mit Jodlösung besteht, welche Färbung bei kurzem Kochen verschwindet, um, vorausgesetzt, daß nicht zu lange gekocht worden war, beim Erkalten wiederzukehren. Verschiedene Substanzen, wie Al- kalien, arsenige und schweflige Säure, Alkohol, Chloroform, Natrium- thiosulfat, Chloralhydrat in größerer Menge, Tannin, manche Phenole, arabisches Gummi, Proteine, stören mehr oder weniger die Reaktion.

Quantitative Bestimmungsmelhoden der Stärke sind noch nicht bekannt, d. h. wir können noch nicht in allen Fällen die genaue Menge der vorliegenden Stärke feststellen, und die einzelnen Methoden geben untereinander differierende Resultate. Diese Ungenauigk>iten rühren größtenteils von den bei den verschiedenen Aufschließverfahren in diffe- renten Mengen entstehenden und in Lösung gehenden Pentosanen her. Die Bestimmungsmethoden sind entweder indirekte, d. h. die Stärke wird zu Dextrose hydrolysiert, diese nach einer der geschilderten Methoden bestimmt und dann auf Stärke umgerechnet oder die Stärke wird direkt auf Grund ihrer Unlöslichkeit in 60 prozentigem Alkohol bestimmt, nach- dem sie zuvor in lösliche Stärke umgewandelt worden und im Filtrat die Stärke durch Alkohol ausgefällt worden ist.

Sehr gute Resultate gibt nach G. Zemplen bei genauer Ein- haltung der Vorschrift das Stärkebestimmungsverfahren von Baumert und Bode in der Modifikation von Witte. Die zu untersuchende Substanz wird durch ein feines Haarsieb getrieben, dann werden zwei- mal je 1 g im Porzellanbecher mit wenig Wasser fein angerührt. Der zum Anrühren benutzte Glasstab wird mit Asbest abgerieben und mit Wasser abgespritzt. Die etwa 100 ccm fassenden Becher werden jetzt zu drei Vierteln gefüllt und mit einem Deckel mit übergreifendem Rand verschlossen, im Autoklaven 2 Stunden bei 4 Atmosphären, Stärke von Reis und Mais bei 41, Atmosphären, erhitzt. Nach dem Abkühlen unter 100 °, was nach etwa einer halben Stunde erfolgt, und Öffnen des Autoklaven wird der Inhalt des Bechers unter gutem Nach- spülen und Auswaschen mit heißem Wasser durch eine Federfahne in einen geräumigen Kochkolben gebracht, in dem sich einige Zink- stücke befinden, und 10 Minuten lang gekocht. Das Zink verhindert das Stoßen und Herausgeschleudertwerden der Flüssigkeit. Durch Durchführen eines langsamen Luftstromes durch die siedende Flüssigkeit mittels eines Kapillarrohres unter Anschaltung an die Luftpumpe wird ein starkes Schäumen hintangehalter. Die Lösung wird dann unter sorgfältigem Nachspülen mit heißem Wasser in einen Kolben von 500 ccm gebracht, nahezu aufgefüllt und durch Einstellen in kaltes Wasser unter Umschwenken abgekühlt, dann mit kaltem Wasser zur Marke auf- gefüllt und durchgeschüttelt.

Dann wird die Lösung über ein dünnes Asbestfilter an der Saug- pumpe filtriert, die ersten Anteile des Filtrates weggegossen und 50 cem des mittleren Filtratanteiles in ein Becherglas gebracht, mit je 5 cem 10 prozentiger NaOH und etwa 1 g feinflockigen Asbests versetzt, die Mischung mit 100 ccm 96 prozentigen Alkohols gefällt und mit dem

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 11

162 V. Kohlensäureassimilation.

Glasstabe gut verrührt. Man läßt kurze Zeit absetzen und filtriert das Überstehende durch ein 20—22 mm weites Asbestfilterrohr an der Saug- pumpe ab. Den Rückstand bringt man mit 40 ccm 60 prozentigen Alkohols in das Röhrchen und wäscht unter Auswischen des Glases mit einer Federfahne nacheinander mit 40 ccm 60 prozentigen Alkohols, dann mit 25 cem Alkohol + 10 ccm Wasser, dem 5 ccm 10 prozentige Salzsäure zugefügt sind. Man wäscht zuerst das Becherglas mit der Salzsäure, der man 10 ccm Wasser zufügt, mittels einer Federfahne gut aus, wischt den benutzten Glasstab ab und setzt dann erst den Alkohol zu. Nur auf diese Weise kann man die hartnäckig dem Glase anhaftenden feinen Stärketeilchen entfernen. Man wäscht jetzt wieder mit 40 ccm 60 prozentigem, dann mit 25 cem 96 prozentigem Alkohol, zuletzt mit Ather aus, wobei man mit dem Glasstabe den Niederschlag im Röhrchen oft aufrührt und zum Schluß den Glasstab, nachdem der Niederschlag leicht zusammengedrückt ist, mit der Federfahne im Alkohol abwischt. Nach scharfem Absaugen wird das Röhrchen im Trockenschrank bei etwa 120° am besten unter Durchsaugen eines langsamen, durch Schwefelsäure geführten Luftstromes 20 Minuten lang getrocknet, im Exsikkator erkalten gelassen, dann sofort gewogen, die Stärke im Luftstrome verbrannt und das Röhrchen nach dem Er- kalten im Exsikkator wieder gewogen. Das Verbrennen geschieht unter Saugen an der Wasserstrahlpumpe, wobei das Röhrchen durch einen fächeln- den Brenner zuvor gleichmäßig angewärmt wird; dann erhitzt man den verjüngten Teil, damit sich in demselben nicht zuviel kohlelieferndes Destillat ansammelt, und dann erst stark den Asbestpfropfen. Die Kohle setzt sich dann nur im äußersten, durch einen Stöpsel mit der Zuleitung zur Saugpumpe verbundenen Ende an und wird, nachdem die Stärke vollkommen verbrannt ist, im durchgesaugten Luftstrom ebenfalls zum vollkommenen Verbrennen gebracht.

Eine andere Methode, die vnMayrhofer, wird am besten ein- geschlagen, wenn die Substanz viel Proteinstoffe oder Zellulose neben der Stärke enthält. Die Substanz wird auf dem Wasserbade mit 8 prozentiger alkoholischer Kalilauge erwärmt, wobei die Proteine und Fette gelöst werden, die Stärke aber ungelöst bleibt. Die Fette verwandeln sich dabei in Seifen und man verdünnt, um das Gelatinieren der Seife zu verhindern, mit heißem Alkohol, sammelt den unlöslichen Rückstand, in welchem sich jetzt nur Kohleydrate befinden, auf einem Asbest- filter, wäscht ihn mit Alkohol bis zum Verschwinden der alkalischen Reaktion und behandelt ihn schließlich mit wässeriger Kalilauge, welche die Stärke auflöst. Man säuert jetzt mit Essigsäure an und fällt die Stärke mit Alkohol aus, filtriert, trocknet und wägt. Man kann auch nach O0. Lietz, nachdem man Proteine und Fette nach Mayrhofer entfernt hat, die Stärke durch Kochen mit Säure hydrolysieren und die gebildete Glukose bestimmen. Hier wird man aber besondere Rücksicht auf den Zellulosegehalt nehmen müssen. Enthält die Substanz wenig Zellulose, so erwärmt man, je nach dem Stärkegehalt, 2—10 g in einem zirka 500 ccm fassenden Kolben mit 75 ccm alkoholischer Kalilauge, die aus 5 prozentiger Kalilauge und 90 prozentigem Alkohol hergestellt ist, etwa 20 Minuten auf dem Wasserbade. Dann filtriert man das ganze Ge- misch über ein Asbestfilter an der Saugpumpe ab, wäscht mit 70 prozen- tigem heißen Alkohol nach und bringt den Rückstand auf das Asbest- filter. Denselben bringt man dann samt dem Asbestfilter, das sich mit

V. Kohlensäureassimilation. 163

der Pinzette leicht abheben läßt, in den Kolben zurück; man ist also nicht gezwungen, den Rückstand quantitativ aufs Filter zu bringen, was sich nicht so leicht bewerkstelligen ließe, da der Niederschlag stark an den Glaswandungen haftet. Man füllt auf 200 ccm auf und hydro- lysiert unter Zusatz von 20 ccm konzentrierter Salzsäure 21, Stunden im siedenden Wasserbad. Darauf kühlt man schnell ab, neutralisiert annähernd mit Kalilauge, so daß die Flüssigkeit noch schwach sauer reagiert, füllt das ganze auf 300 ccm auf, bestimmt die gebildete Dex- trose und rechnet sie auf Stärke um wie bei allen indirekten Be- stimmungsmethoden. Ist viel Zellulose vorhanden, so muß man auch die aus ihr bei der Hydrolyse entstehende Glukose mit in Rechnung ziehen, indem man den Rückstand zunächst mit 30—60 ccm einer 3—5 prozentigen wässerigen Kalilauge auf dem Wasserbade behandelt, wobei sich die Stärke löst. Darauf füllt man den Inhalt auf 400 ccm auf und filtriert durch ein Faltenfilter 200 ccm davon ab. Man neutrali- siert mit Salzsäure, fügt noch 20 cem HCl mehr hinzu, als zur Neutrali- sation notwendig ist, und kocht 21, Stunden im Wasserbad. Schließ- lich bestimmt man in 20 ccm oder 50 cem der Flüssigkeit wieder die gebildete Dextrose.

Nach der Methode von Maercker wird die Stärke statt durch Hydrolysieren mit Säuren durch Diastase aufgeschlossen. 3 g der luft- trockenen Substanz werden mit 100 cem Wasser 30 Minuten gekocht, auf 65 ° abgekühlt und mit 10 ccm Normal-Malzextrakt versetzt. Dazu werden 100 g käufliches Malz 2 Stunden mit 1 Liter Wasser geschüttelt und dann filtriert. Man hält das Gemisch des Extraktes und der Sub- stanz 2 Stunden bei 65 °, kocht dann nochmals 1, Stunde, kühlt wieder auf 65° ab und behandelt mit 10 ccm Normal-Malzextrakt 2 Stunden bei 65 °, kocht auf und füllt auf 250 ccm auf. 200 ccm des Filtrates werden jetzt mit 15 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,125 im Erlenmeyerkolben mit aufgesetztem Kapillarrohr in kochendem Wasserbad 21, Stunden erhitzt, nach dem Erkalten mit Natronlauge nahezu neutralisiert und auf 500 ccm aufgefüllt. Dann wird in 25 ccm dieser Lösung die Dextrose bestimmt. Bei der Bestimmung nach Allihn, bei welcher man durch Glühen des Filterröhrchens im Wasserstoffstrom das gefällte Kupferoxydul in Kupfer verwandelt und dieses wägt, er- gibt sich der dem gewogenen De entsprechende Stärkegehalt aus folgender Tabelle. (Siehe Tabelle S. 164 u. 165.) Bei weniger exakten Bestimmungen kann man auch aus den Pflügerschen Werten für Kupferoxydul das dem Oxydul entsprechende Kupfer berechnen.

Das Pentosanverfahren von Lintner besteht darin, daß man in der hydrolysierten Stärke nach dem Tollensschen Phlorogluzidverfahren eine Pentosanbestimmung ausführt und die Pentosane abzieht. Zur Bestimmung der Pentosane werden die Filtrate (je 200 ccm) in den Destillierkolben gebracht, 133 ccm Wasser abdestilliert und 33 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,18 zugesetzt, so daß die Lösung 12 %, Salzsäure enthält und nun, wie vorher beschrieben, das Furfurol abdestilliert. Lintner gibt folgende Beleganalysen (zitiert nach G. Zemplen): I. 3 g Substanz wurden 3 Stunden bei 31, Atmo- sphären im Dampftopf erhitzt, das Filtrat (200 ccm) mit 15 ccm Salz- säure vom spezifischen Gewicht 1 ‚125 3 Stunden im kochenden Wasser- bad hydrolysiert, neutralisiert, zu 50 ccm aufgefüllt und vom Filtrat 25 ccm zur Reduktion nach Allihn verwendet. Die Stärke wurde

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164 V. Kohlensäureassimilation.

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10 5,5 69 | 31,8 | 128 | 58,7 | 187 | 86,2] 246 | 114,4 11 5,9 70 | 32,2 | 129 | 59,1 | 188 | 86,7] 247 | 114,8 12 6,4 71 | 323,7 | 130-| 59,6 | 189 | 87,1| 248) 115,3 13 6,8 72 | 33,1 131 | 60,0 | 190 87,7| 249 115,8 14 7,3 73 | 33,6 | 132 | 60,5 | 191 | 88,1| 250 | 116,3 15 23 74 | 34,0 133 | 60,9 | 192 88,6| 251 | 116,8 16 8,1 75 | 34,5 | 134 | 61,4 | 193 | 89,1| 252 117,3 17 8,6 76 | 34,9 | 135 | 61,9 | 194 | 89,5| 253 | 117,7 18 9,0 77 | 35,4 | 136 | 62,4 | 195 | 90,0| 254 | 118,2 19 9,5 78 | 35,8 | 137 | 62,8 | 196 | 90,5| 255 | 118,7 20 9,9 79 | 36,2 | 138 | 63,3 | 197 | 91,0| 256 |119,2 21 10,4 80 | 36,7 | 139 | 63,7 | 198 | 91,4| 257 |119,7 22 10,8 81 | 37,2 | 140 | 64,2 | 199 | 91,8] 258 | 120,2 23 11,3 82 | 37,6 141 64,6 | 200 92,3| 259 | 120,7 24 11,7 83 | 38,1 142 65,1 | 201 92,8| 260 | 121,2 25 12,2 84 , 38,6 | 143 | 65,6 | 202 | 93,3] 261 | 121,6 26 12,6 85 | 39,1 | 144 | 66,1 | 203 | 93,8| 262 | 122,1 27 13,1 86 39,5 | 145 66,5 | 204 | 94,3] 263 | 122,6 28 13,5 87 | 40,0 | 146 | 67,0 | 205 | 94,8| 264 | 123,1 29 14,0 88 | 40,4 | 147 | 67,4 | 206 | 95,2| 265 | 123,6 30 14,4 89 | 40,9 | 148 | 67,9 | 207 | 95,7| 266 | 124,0 31 14,9 90 |, 41,3 | 149 | 68,4 | 208 | 96,2] 267 |124,5 32 15,3 91 | 41,8 | 150 | 68,9 | 209 | 96,7| 268 | 124,9 33 15,8 92 | 42,2 | 151 | 69,3 | 210 | 97,1| 269 | 125,5 34 16,2 93 | 42,6 | 152 | 69,8 | 211 | 97,6| 270 | 126,0 35 16,7 94 | 43,1 | 153 | 70,3 | 212 | 98,1| 271 |126,5 36 17,0 95 | 43,6 | 154 | 70,7 | 213 | 98,6| 272 | 127,0 37 17,5 96 | 44,0 | 155 | 71,2 | 214 | 99,0| 273 | 127,5 38 17,9 97 | 44,5 | 156 | 71,6 | 215 | 99,5| 274 | 128,0 39 18,4 98 | 44,9 157 1,,72,1-1 216) 100,0]7275 | 12855 40 18,8 99 | 45,4 158 | 72,6 | 217 | 100,41. 276 | 129,0 41 19,3 100 45,8 159 | 73,1 | 218 | 100,9| 277 |129,5 42 197 101 | 46,3 160 | 73,5 I 219 | 101,4] 278 |130,0 43 | 20,2 | 102 | 47,7 | 161 | 74,0 | 220 | 101,9| 279 | 130,5 44 20,6 | 103 | 47,2 | 162 | 74,5 | 221 | 102,4| 280 | 131,0 45 21,1 104 | 47,6 163 | 75,0 | 222 | 102,9| 281 |131,5 46 21,5 105 , 48,1 164 | 75,4 | 223 | 103,3| 282 | 132,0 47 22,0 | 106 | 48,6 | 165 | 75,9 | 224 | 103,8] 283 132,5 48 | 22,4 | 107 | 49,1 | 166 | 76,3 | 225 | 104,3| 284 | 133,0 49 22,9 108 |; 49,5 167 | 76,8 | 226 | 104,8] 285 | 133,5 50 23,3 109 | 50,0 168 | 77,3 | 227 | 105,2] 286 | 134,0 al 23,8 110 | 50,4 169 | 77,8 1 228 | 105,7] 287 | 134,5 52 24,2 111 | 50,9 170 | 78,2 | 229 | 106,2] 288 | 135,0 53 24,7 112 | 51,3 171 | 78,7 | 230 | 106,7| 289 |135,5 54 25,1 113 | 51,8 172 | 79,1 | 231 | 107,11 290 |135,9 55 25,5 114 | 52,2 173 | 79,6 | 232 | 107,6| 291 | 136,4 56 25,9 115 | 52,7 174 | 80,1 233 | 108,1| 292 136,9 57 26,4 116 | 53,2 175 ı 80,6 | 234 | 108,6| 293 | 137,4 58 26,8 117 | 53,6 176 | 81,0 | 235 | 109,1] 294 | 137,9 59 27,3 118 | 54,1 177 81,5 | 236 | 109,6| 295 | 138,4 60 ZA) 119 | 54,5 178 | 82,0 | 237 | 110,1| 296 | 138,9 61 | 28,2 | 120 | 55,0 | 179 | 82,4 | 238 | 110,6| 297 | 139,4 62 28,6 12] 55,4 180 | 82,9 | 239 | 111,11 293 | 139,9 63 29,1 122 | 55,9 181 | 83,4 | 240 | 111,5| 299 | 140,4 64 29,5 123 | 56,3 182 | 83,8 | 241 | 112,0| 300 | 140,9 65 30,0 124 | 56,8 183 | 84,3 | 242 | 112,5| 301 | 141,4 66 30,4 125 | 57,3 184 | 84,8 | 243 | 113,0| 302 | 141,9 67 30,9 126 | 57,8 185 | 85,2 | 244 | 113,4] 303 | 142,4 68 , 31,3 | 127 | 58,2 | 186 , 85,7 | 245 | 113,9 | 1304 | 142,9

DIE

Kupfer

Stärkeod. Dextrin

V. Kohlensäureassimilation. 165

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364 | 173,1 | 381 | 181,8 | 398 | 190,5 | 415 |199,4 | 432 | 208,5 | 448 | 216,9 365 | 173,6 | 382 | 182,3 | 399 | 191,1 | 416 200,0 | 433 209,0 | 449 | 217,5 366 | 174,1 | 383 | 182,8 | 400 | 191,6 | 417 |200,5 | 434 | 209,5 | 450 | 218,0 367 174,6 | 384 | 183,3 | 401 | 192,2 | 418 201,0 | 435 | 210,0 | 451 | 218,5 175,1 | 385 | 183,8 | 402 192,7 | 419 201,5 | 436 | 210,5 | 452 | 219,1

ı 193,2 | 420 | 202,1, 437 | 211,0 | 453 219,6 370 | 176,1 | 387 | 184,9 | 404 | 193,7 | 421 | 202,6 | 438 | 211,6 | 454 | 220,1 371 176,6 | 388 | 185,4 | 405 | 194,2 | 422 | 203,1 | 439 | 212,1 | 455 | 220,6 372 177,1 ı 389 | 185,9 | 406 | 194,8 | 423 |203,7 | 440 | 212,7 | 456 | 221,1 373 | 177,7 | 390 | 186,4 | 407 | 195,3 | 424 |204,2 | 441 | 213,1| 457 | 221,7 374 | 178,2 | 391 | 186,9 | 408 | 195,8 | 425 204,7 | 442 213,7 | 458 | 222,2 375 | 178,7 | 392 | 187,5 | 409 | 196,3 | 426 | 205,2 | 443 | 214,3 | 459 | 222,7 376 | 179,2 | 393 | 188,0 | 410 | 196,8 | 427 205,7 | 444 | 214,8 | 460 | 223,3 377 | 179,7 | 394 | 188,5 | 411 | 197,4 | 428 206,3 | 445 | 215,3 | 461 | 223,8 378 180,2 | 395 | 189,0 | 412 | 197,9 | 429 206,8 | 446 | 215,9 | 462 | 224,4 379 | 180,7 | 396 | 189,5 | 413 | 198,4 | 430 | 207,4 | 447 | 216,4| 463 | 224,9 380 | 181,3 | 397 | 190,0 | 414 | 198,9 | 431 | 207,9 |

aus der Dextrosemenge durch Multiplikation mit dem Faktor 0,9 er- halten. Gefunden 66,8 %, Stärke, berechnet auf Trockensubstanz. Im Filtrate der Stärkeaufschließung wurden nach der Phlorogluzidmethode 5,19 %, Pentosane gefunden, der korrigierte Stärkewert ist demnach 60.8. 5,19 61,619.

II. 3g der Substanz wurden mit Äther entfettet, nach dem Trocknen eine halbe Stunde mit 100 ccm Wasser gekocht, auf 65 abgekühlt, 10 ccm Malzextrakt zugesetzt und eine halbe Stunde bei 65 ® digeriert, aufgekocht und eine Viertelstunde im Kochen gehalten, abgekühlt, wieder eine halbe Stunde mit 10 cem Malzextrakt bei 65 ° digeriert, abgekühlt, auf 250 cem aufgefüllt, filtriert, vom Filtrat 200 cem hydro- lysiert und die Reduktion nach Allihn ermittelt. Gefunden 63,66 % Stärke. Bestimmung der Pentosane in dem hydrolysierten Filtrat nach Abzug der aus dem Malz stammenden Pentosane: 2,84 %, der korrigierte Stärkewert demnach 60,82 %.

III. 3 g Substanz werden mit 200 cem Wasser und 15 cem Salz- säure vom spezifischen Gewicht 1,125 direkt im kochenden Wasserbad invertiert, neutralisiert, abgekühlt, zu 50 cem aufgefüllt, filtriert und die Reduktion ermittelt. Gefunden 70,81 % Stärke. Die Bestimmung der Pentosane im invertierten Filtrat ergab 9,81 %, Pentosan, somit der korrigierte Stärkewert 61 %.

Die Bestimmung des Inulins führe ich immer unter Verwandlung desselben in Fruktose durch und Umrechnung derselben auf Inulin durch Multiplikation mit dem Faktor 0,9. Das Material, z. B. fein- gemahlene Zichorienwurzel, wird mit einer bestimmten Menge Wasser eine Stunde am Wasserbade unter Zusatz von einer Messerspitze CaCO; zur Neutralisierung der Pflanzensäuren extrahiert, abgenutscht, was häufig wegen der mitextrahierten Schleime längere Zeit dauert, und das braungefärbte Filtrat im Meßkolben auf ein bestimmtes Volumen aufgefüllt. Eine abpipettierte Menge desselben wird mit 100 ccm n-Bleiazetatlösung versetzt, die ausgefallenen Verunreinigungen ab- filtriert und das nun bedeutend hellere Filtrat mit 100 ccm n-Natrium-

166 V. Kohlensäureassimilation.

sulfatlösung zur Ausfällung des Bleis versetzt, das Bleisulfat über doppeltes Filter abfiltriert, das Filtrat unter Zusatz von höchstens 5 ccm Salzsäure auf 100 cem der Lösung nicht länger als 10 Minuten am kochenden Wasserbad hydrolysiert und in einem aliquoten Teil der wieder in einem Meßkolben aufgefüllten, vorher abgekühlten, mit fester Soda neutralisierten Lösung die Lävulose bestimmt, aus der dann unter Multiplikation mit dem Faktor 0,9 die Inulinmenge berechnet wird. Zellulose: Das einzige Lösungsmittel, welches Zellulose un- verändert löst, ist Kupferoxydammoniak (Schweizers Reagens). Eine zweckmäßige Bereitung einer wirksamen Lösung von Kupfer- oxydammon (s. auch S. 174) ist das Übergießen von oxydierten Kupfer- drehspänen mit Ammoniak. Zwei lange, unten ausgezogene und mit Hahn versehene Röhren werden mit Kupferdrehspänen locker gefüllt und senkrecht in einem Stativ befestigt. Die eine wird mit konzentriertem Ammoniak übergossen, in die andere Luft eingeleitet, um die Oxydation des Kupfers zu beschleunigen. Nach einer halben Stunde läßt man die Lösung abfließen und gießt sie in die andere Röhre ein. Kühlt man während der Behandlung mit Ammoniak die Masse, so geht mehr Kupfer in Lösung. Die Lösungsfähigkeit des Reagens gegen Zellulose ist ver- schieden, je nach der Vorbehandlung, der man die Zellulose unter- worfen hat. Unbehandelte Zellulose liefert höchstens 4—5 prozentige Lösungen, nach Vorbehandlung mit 3 prozentiger Soda oder 4 bis 5 prozentiger Natronlauge aber 8S—10 prozentige Lösungen von Zellulose. Die Abscheidung der Zellulose aus diesen Lösungen kann durch Säuren, Alkalien oder Salze geschehen, ferner durch Alkohol. Für quantitative Zwecke ist es wünschenswert, eine Kupferoxydammonlösung bestimmten Gehaltes, eine ‚„Normalkupferoxydammoniaklösung‘“ zu besitzen. Man erhält eine solche durch Auflösen des basischen Kupfersulfates, das aus Kupfervitriollösungen mit Ammoniak gefällt wird, in Ammoniak von 0,9 spezitischen Gewichtes bis zur Sättigung. 59 g Kupfersulfat, entsprechend 15 g Kupfer, werden in etwa 3 Liter heißen Wassers gelöst und mit Ammoniak gefällt, so daß kein Kupfer in Lösung bleibt; ein etwaiger kleiner Überschuß wird mit Schwefelsäure neutralisiert. Der hellgrüne, kochbeständige Niederschlag wird dekantiert und durch ein Faltenfilter mit heißem Wasser ausgewaschen bis das Filtrat schwefel- säurefrei ist (mit BaCl, keine Fällung gibt), dann mit dem Filter auf Papier etwas abgetrocknet, als dicke Paste in eine Literflasche gebracht und mit gekühltem Ammoniakwasser von 0,9 spezifischen Gewichts unter öfterem Durchschütteln zum Liter gelöst. Ein wenig Kupfersalz bleibt ungelöst, und vom Kupferoxydammoniak scheiden sich nach einiger Zeit tiefblaue Nädelchen ab. Die nach 24 Stunden bei Zimmer- temperatur durch Asbest filtrierte Lösung enthält 13—14 g Kupfer und rund 200 g Ammoniak im Liter. Man bestimmt das Ammoniak und Kupferoxyd zusammen durch Titrieren mit n-Schwefelsäure und Methylorange als Indikator und das Kupfer allein durch Fällung mit Schwefelwasserstoff. Diese ‚normale‘ Kupferoxydammoniaklösung löst bis 2 g Zellulose in 100 ccm auf. Das hellgrüne basische Kupfersulfat, welches bei 120° bis zum konstanten Gewicht getrocknet 66—69 % Cuß und 17—20% SO, enthält, löst sich trocken in Ammoniak schwieriger auf als die frische Paste. Ein anderes ausgezeichnetes, ja noch besseres Lösungsmittel als Kupferoxydammoniak ist Athylen- diaminlösung in Verbindung mit Kupferoxyd. Die Zellulose

V. Kohlensäureassimilation. 167

wird vorerst mit der Diaminlösung durchtränkt und dann erst das nötige Kupferoxyd hinzugefügt. Aus den Lösungen wird die Zellulose durch Säuren und Alkalien wieder gefällt.

Qualitativer Nachweis: Chlorzinkjodlösung färbt Zel- lulose momentan blau bis blauviolett. Zu 9 Teilen einer ZnCl,-Lösung (spezifisches Gewicht 2,0) wird 1 Teil einer 60 prozentigen Jodkali- lösung hiızugefügt und im Gemisch Jod bis zur Sättigung aufgelöst.

In einer einprozentigen Jodkalilösung wird Jod bis zur Sättigung aufgelöst, der Überschuß des Reagens, mit dem man die Zellulose be- feuchtet hat, ausgewaschen und dann einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure zugesetzt. Es tritt Blaufärbung ein. Diese Reaktionen fallen bei Pflanzenteilen nur dann positiv aus, wenn die Zellulose frei, d. h. nicht verholzt ist.

Quantitative Methoden zur Bestimmung der Zellulose existieren nicht, man begnügt sich, die übrigen in Naturprodukten mit der eigent- lichen Zellulose verbundenen oder gemengten Substanzen zu entfernen, wobei die Zellulose unverändert bleiben soll. Da dies einerseits, nicht durchführbar ist, anderseits die Verunreinigungen nicht ganz zu ent- fernen sind, ergeben die Zellulosebestimmungsmethoden stark von- einander abweichende Werte. Für technische Zwecke begnügt man sich häufig mit der Feststellung der „‚Kupferzahl“, des Reduktions- vermögens gegenüber Fehlings Lösung, ferner der „Hydroly- sierzahl“ und des Hydratationsgrades, ferner mit der Bestimmung der Viskosität. Bezüglich dieser Verfahren sei auf das vollständige Referat von G. Zemplen im Abderhaldenschen Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden hingewiesen.

Die Zellmembran besteht nach dem heutigen Stande unserer Kennt- nisse aus der eigentlichen Zellulose als Grundsubstanz, den Hemi- zellulosen und den inkrustierenden Bestandteilen. Die Zellulose ist der- jenige Bestandteil, der weder durch verdünnte Säuren oder Alkalien gelöst, noch durch schwache Oxydationsmittel angegriffen wird. Die Hydrolyse der Zellulose liefert bekanntlich ausschließlich Dextrose. Unter dem, was durch Kupferoxydammoniak gelöst wird, was also unter dem Namen ‚‚Zellulose‘“ zusammengefaßt wird, pflegt man ge- wöhnlich einen einheitlichen Stoff zu verstehen; es ist aber im Begriff „Zellulose‘‘ ebensowenig ein einheitlicher Stoff, sondern vielmehr ein Stoffgemenge zusammengefaßt, wie das „Lignin“, d. h. der leicht oxydable Rückstand, der nach Behandlung der Zellmembran mit ver- dünnten Säuren und verdünnten Alkalien hinterbleibt, ein einheitlicher Körper ist.

Die Hemizellulosen sind Anhydride von Kohlehydraten, die, zum Unterschied von der eigentlichen Zellulose (die sich nur in konzen- trierter H,SO , glatt löst und beim nachfolgenden Verdünnen erst hydro- lysiert wird), schon durch kürzeres Kochen mit verdünnter Schwefel- säure hydrolysiert werden. Die Hemizellulosen, welche auch die Rolle im Stoffwechsel wieder verwendbarer Reservestoffe spielen, bestehen ferner auch noch aus anderen Monosen als aus Dextrose, sie sind An- hydride von Hexosen und Pentosen. E. Schulze bestimmte die Hemizellulosen in verschiedenen Pflanzenteilen durch erschöpfendes Extrahieren mit Wasser, Alkohol und Äther nacheinander, worauf nach Entfernung der Stärke mit Diastase behandelt und die Hemizellulosen durch Kochen mit verdünnter Schwefelsäure in Lösung gebracht wurden.

168 V. Kohlensäureassimilation.

Zu den Inkrusten, die sich in den späteren Entwicklungsstadien der anfänglich reinen Zellulose einlagern, sind Gerbstoffe, Farbstoffe, Pektin- substanzen und bei den verholzten Membranen die sogenannten aro- matischen ‚‚Leitsubstanzen‘“ Vanillin, Furfurol, Brenzkatechin, Koniferin zu rechnen, welche letzteren zwar in relativ sehr geringen Mengen auf- treten, aber durch ihre äußerst empfindlichen Farbenreaktionen mit Anilinsulfat, Phlorogluzin + HCl usw. die ‚„Verholzung‘ der be- treffenden Membran anzeigen.

Unter Lignin, der Menge nach die wichtigste inkrustierende Substanz der Zellmembran, verstehen wir diejenigen Bestandteile, welche einen höheren Kohlenstoffgehalt besitzen als die Zellulose, mit dieser eng verbunden sind und sie einhüllen oder durchdringen. Die chemischen Eigenschaften (Löslichkeit, Reaktionen) der Zellulose treten erst hervor, wenn das Lignin durch oxydierende Mittel beseitigt ist; es wird von der Zellulose zum Unterschied von den übrigen Inkrusten nicht durch Behandeln mit Säure oder Alkali, sondern durch Oxydations- mittel getrennt. Als Rohfaser bezeichnet man den in verdünnten Säuren und Alkalien unlöslichen Anteil pflanzlicher Stoffe. Die Roh- faser hat daher eine sehr wechselnde Zusammensetzung und enthält neben der Zellulose auch noch das Lignin, Hemizellulosen, Pentosane usw.

Von den Verfahren, die Rohfaser zu bestimmen, sei hier nur das Glyzerin-Schwefelsäure- Verfahren von J. Köni g angeführt, mit dem ich selbst gute Erfahrungen gemacht habe. 3 g lufttrockene Substanz werden in einem Kolben oder in einer Porzellanschale mit 200 ccm Glyzerin von 1,23 spezifischem Gewicht, welches 20 g konzentrierter Schwefelsäure in einem Liter enthält, versetzt, durch häufiges Schütteln oder Rühren mit einem Glasstabe gut verteilt und entweder am Rück- flußkühler im Ölbade bei 133—135 ° eine Stunde gekocht oder in einem Autoklaven bei 137 0 (= 3 Atmosphären) eine Stunde lang gedämpft. Ich ziehe mit Tollens das Kochen vor. Das spezifische Gewicht des Glyzerins ist von Wichtigkeit und sollte bei käuflichem Glyzerin stets mit dem Aräometer nachgeprüft werden, da bei zu hohem spezi- fischem Gewicht die Temperatur beim nachfolgenden Erhitzen zu hoch steigt und dann durch die Schwefelsäure Akroleinbildung und Ver- kohlung bewirkt wird. Die Substanz muß fein gemahlen verwendet werden. Darauf läßt man erkalten, verdünnt den Inhalt des Kolbens oder der Schale auf ungefähr 400-500 ccm, kocht nochmals auf und filtriert heiß durch ein Asbestfilter eines Goochtiegels an der Luftpumpe. Den Rückstand auf dem Filter wäscht man mit ungefähr 400 ccm siedendheißen Wassers, darauf mit erwärmtem Alkohol, dann mit einem Gemisch von Alkohol und Äther, schließlich mit Äther allein, bis das Filtrat vollkommen farblos abläuft. Darauf wird das Asbestfilter oder der Goochtiegel bei 105 ® getrocknet und gewogen, der Rückstand über freier Flamme vollkommen verascht und der Tiegel mit der Asche zurück- gewogen. Die Differenz zwischen beiden Wägungen gibt den Betrag der aschefreien Rohfaser. Wichtig ist sorgfältige Bereitung der Glyzerin- Schwefelsäure, gute Zerkleinerung der Substanz und sorgfältige Ein- haltung der Kochzeit. Unter diesen Bedingungen liefert die Methode recht verläßliche Resultate.

Bestimmung der Zellulose, des Lignins und Kutinsnach J. König: 3 g lufttrockener Substanz werden ab- gewogen und genau so behandelt wie vorher, der Rückstand im Gooch-

V. Kohlensäureassimilation. 169

tiegel aber nicht getrocknet, sondern nach dem Absaugen des zuletzt zum Auswaschen verwendeten Athers und Verdunstenlassen desselben an der Luft nebst dem Asbestfilter quantitativ in ein etwa 800 ccm fassendes Becherglas gebracht und unter Bedecken mit einem Uhrglas oder einer Glasplatte mit 100—150 ccm chemisch reinen 3 prozentigen Wasserstoffsuperoxyds sowie 10 ccm 24 prozentigen Ammoniaks ver- setzt und etwa 12 Stunden stehen gelassen; dann werden 10 ccm 30 pro- zentigen chemisch reinen Wasserstoffsuperoxyds zugesetzt und diese, wenn die Sauerstoffentwicklung aufgehört hat, noch zwei- bis sechsmal, d. h. so oft wiederholt, bis die Rohfaser völlig weiß geworden ist. Beim dritten und fünften Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd fügt man auch noch je 10 cem des 24 prozentigen Ammoniaks hinzu. Man kann Wasserstoffsuperoxyd und Ammoniak in graduierten Zylindern mit eingeriebenem Glasstöpsel vorrätig halten und aus diesen die jedesmalige Menge Flüssigkeit zusetzen. Wenn die Substanz völlig weiß geworden ist, erwärmt man 1-2 Stunden im Wasserbad und kann dann, wenn das Wasserstoffsuperoxyd rein war, d.h. mit Ammoniak keinerlei Nieder- schlag oder Trübung gab, sofort und glatt durch ein zweites Asbestfilter filtrieren. Will man bloß das Lignin in der Rohfaser bestimmen, so kann der weißoxydierte Rückstand wie bei der Rohfaserbestimmung getrocknet, gewogen, geglüht und wiedergewogen werden: der Glüh- verlust stellt die Rohzellulose dar und diese, von der Rohfaser abgezogen, gibt das Lignin. Der durch das zweite Asbestfilter filtrierte Rückstand wird samt Asbestfilter zwei Stunden mit 75 ccm Kupferoxydammoniak unter öfterem Umrühren, zuletzt kurze Zeit bei ganz geringer Wärme auf dem Wasserbade behandelt und die Flüssigkeit durch einen Gooch- tiegel mit schwacher Asbestmasse filtriert. War von der ersten Rohfaser- filtration ziemlich viel Asbest in der Flüssigkeit, so kann man auch ohne eine zweite Asbestlage ein genügend dichtes Filter dadurch erhalten, daß man die Flüssigkeit umrührt und das erste Filtrat so oft zurück- gießt, bis es völlig klar geworden ist. Die letzten Reste der ammonia- kalischen Lösung werden unter Zufügung von etwas frischem Kupfer- oxydammoniak behufs Auswaschens abgesaugt, das Filtrat beiseite gestellt, der Rückstand im Tiegel dagegen unter Anwendung einer neuen Absaugeflasche genügend mit Wasser nachgewaschen, darauf bei 105 bis 110 ° getrocknet, gewogen, geglüht und wieder gewogen. Der Glüh- verlust ergibt die Menge des nicht oxydierbaren, in Kupferoxydammoniak unlöslichen Teiles der Rohfaser, das Kutin. Das Filtrat von diesem Rückstand, d. h. die Lösung der Zellulose in Kupferoxydammoniak, wird mit 300 ccm 80 prozentigen Alkohols versetzt und stark gerührt; hierdurch scheidet sich die Zellulose in großen Flocken quantitativ wieder aus. Sie wird in üblicher Weise im Goochtiegel gesammelt, zu- erst mit warmer, verdünnter Salzsäure, dann genügend mit Wasser, zuletzt mit Alkoholäther ausgewaschen, bei 105—110 ® getrocknet, gewogen und verascht. Der Gewichtsunterschied zwischen dem Ge- wichte des Tiegelinhaltes vor und nach dem Glühen gibt die Menge Reinzellulose. Der Unterschied von Gesamtrohfaser minus Zellulose + Kutin ergibt die Menge des oxydierbaren Anteiles der Rohfaser, das Lignin.

Verwendungvon Chlorzur Oxydation des Lig- ninsnachCrossundBevan: Diese Methode liefert die höchsten Zahlen bei der Zellulosebestimmung und zeichnet sich durch große

170 V. Kohlensäureassimilation.

Schnelligkeit und Einfachheit aus. Die Substanzen dürfen nicht länger, als absolut nötig ist, der Einwirkung des Chlorgases ausgesetzt sein, da sich sonst der zerstörende Einfluß von Chlor auch auf die Zellulose selbst geltend macht. Man führt deshalb am besten einen Vorversuch aus, um die Zeiten zu ermitteln.

Man befeuchtet die Substanz vorsichtig mit so viel Wasser, daß sie gerade davon durchdrungen wird, und setzt sie darauf in einem durch Eis gekühlten, bedeckten Becherglase der Einwirkung eines lang- samen, gewaschenen Chlorstromes aus, die Dauer der Behandlung wechselt je nach der Art des Ausgangsmaterials. Man übergießt jetzt die Masse mit wässeriger schwefliger Säure bis zum Verschwinden des Chlorgeruches, filtriert durch einen gewogenen Goochtiegel, wäscht ein- bis zweimal mit Wasser, bringt die Zellulose mittels Pinzette in das Becherglas zurück und erwärmt mit 100 ccm einer 2 prozentigen Natriumsulfatlösung 1—2 Stunden auf dem Wasserbade. Darauf wird wiederum filtriert, mit heißem Wasser gewaschen und die Behandlung mit Chlor, wenn nötig, wiederholt, wobei man das Gas bei jedem Mal Einwirkenlassen kürzer zur Aktion kommen läßt. Darauf folgt ein kurzes Bleichen mit 0,1 prozentiger Kaliumpermanganatlösung, Entfärben mit schwefliger Säure, gründliches Auswaschen der erhaltenen reinen Fasern mit kaltem und heißem Wasser, Trocknen und Wägen. Die so dargestellten Präparate sind sehr rein.

Statt des gasförmigen Chlors kann man auch das viel schwächer wirkende Bromwasser verwenden. 2 g der vorbehandelten Substanz werden in einer Stöpselflasche mit 100 ccm Wasser übergossen und 5—10 cem einer verdünnten Bromlösung (4 com Brom im Liter) zu- gegeben. Wenn die gelbe Farbe und der Geruch des Broms verschwunden ist, erneuert man den Zusatz und fährt in dieser Weise fort, bis die Flüssigkeit nach 12—24 Stunden noch ihre gelbe Farbe behält und unverbrauchtes Brom durch den Geruch wahrzunehmen ist. Die ab- filtrierte Substanz wird dann gewaschen und mit verdünntem Ammoniak (4 cem im Liter) auf dem Wasserbade erhitzt. Die bromierten Lignin- substanzen lösen sich darin mit brauner Farbe, man filtriert, wäscht mit heißem Wasser und wiederholt, falls die Zellulose noch nicht weiß ist, die Behandlung so oft, bis das Gewebe zu einem blendend weißen Faserbrei zerfallen ist. Als Beweis der Reinheit dient, daß die erhaltene Zellulose bei weiterem Stehen mit Bromwasser und darauffolgendem Behandeln mit Ammoniak keine Spur einer Färbung zeigt. Ein großer Nachteil dieser Methode, bei welcher die Ausbeuten übrigens niedriger sind als bei der Chlorierung, ist, daß sie verhältnismäßig lange dauert, und daß zahlreiche Filtrationen durchzuführen sind; ein großer Vorteil, daß man die lästige Entwicklung von Chlorgas erspart.

Sehr häufig benutzt man bei wissenschaftlichen Bestimmungen das Verfahren von Fr. Schulze, Mazeration mit Kalichlorat + Salpetersäure. Henneberg hat dieses Verfahren modifiziert: I Teil des Rohproduktes wird mit 0,8 Teilen KCIO, und 12 Teilen HNO, (spezifisches Gewicht 1,1) 12—14 Tage in geschlossenem Gefäß bei einer 15 nicht übersteigenden Temperatur digeriert. Dann wird mit Wasser verdünnt, filtriert und ausgewaschen, der Rückstand %, Stunden lang mit verdünntem Ammoniak (1: 60) bei zirka 60 ° behandelt, abfiltriert und so lange mit verdünntem kaltem Ammoniak gewaschen,®bis die Flüssigkeit farblos abläuft; zum Schluß wird mit heißem Wasser aus-

V. Kohlensäureassimilation. 171.

gewaschen. Hier wird die oxydierende Wirkung von Chlor durch jene der niederen Stickoxyde verstärkt. Durch dieses Verfahren wird wohl das Lignin ziemlich vollständig entfernt, aber die gegenüber den anderen Verfahren niedriger ausfallenden Zahlen deuten darauf hin, daß die Zellulose ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird.

Ganz ähnlich, aber weniger zeitraubend, ist die Mazeralion der Rohfaser mit Kaliumchlorat-Salzsäure nach W. Hoffmeister. Das Rohprodukt wird mit Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,05 be- handelt, dann so viel festes Kalichlorat hinzugefügt, als sich während der Reaktion löst. Man läßt dann unter öfterem Umschütteln bei ge- wöhnlicher Temperatur stehen, bis alle Teile der Faser hellgelb geworden sind, was nach 24-36 Stunden erreicht ist. Die Temperatur darf 17,5 ° nicht übersteigen, weil sonst die Zellulose in nennenswertem Ausmaße angegriffen wird. Die Masse wird jetzt mit Wasser verdünnt und dann auf dem Wasserbad 1—-2 Stunden mit Ammoniak digeriert, abgesaugt und dann mit kaltem, schließlich mit heißem Wasser gewaschen. Die Präparate, welche nach dieser Methode erhalten werden, sind stark braun, wohl ligninfrei, aber oxyzellulosehaltig. Der Farbstoff kann durch Oxydationsmittel, wie Kaliumpermanganat oder Natriumhypochlorit leicht entfernt werden. Der größte Nachteil dieser Methoden ist, daß der Endpunkt der Ligninzerstörung nicht zu erkennen und man daher gezwungen ist, eine Reihe von Bestimmungen vorzunehmen und aus ihnen das Mittel zu ziehen. Denn nach Zerstörung der Ligninsubstanzen beginnt gewöhnlich der Angriff auf die eigentliche Zellulose, welcher sich am besten durch das Auftreten von Oxyzellulosen zu erkennen gibt. Immerhin stimmen die einzelnen Bestimmungsmethoden in ihren Werten untereinander recht befriedigend überein. Quantitative Methoden -im Sinne des Chemikers gibt es eben bei der Zellulosebestimmung nicht, da wir über die chemischen Eigenschaften und die Konstitution der Zellulose noch sehr mangelhaft orientiert sind und fast gar nichts über die Art des Zusammenhanges zwischen Zellulose und den sie begleitenden Hemizellulosen und Inkrusten wissen. Deshalb können alle Bestimmungs- methoden der sogenannten Rohfaser kaum jemals brauchbare abso- lute Werte geben, sondern immer nur relative, im Vergleich zu ver- wendende Zahlen. Die Verholzung kann durch eine Reihe von Farben- reaktionen nachgewiesen werden, von denen die gebräuchlichsten die mit Anilinsulfat (Goldgelbfärbung) und die mit Phlorogluzin + Salzsäure (Violettrotfärbung) sind. Eine grüne Färbung mit der Holzsubstanz liefert Thymol, eine kirschrote Indol und Pyrrol. Wenn man ver- holzte Zellen eine Minute in eine Auflösung von Amylalkohol oder Isobutylalkohol in konzentrierter Schwefelsäure legt, so bereitet, daß man unter Kühlung gleiche Teile des Alkohols und der Schwefel- säure vermischt, so daß sich die Flüssigkeit nur wenig braun färbt, und dann die Schnitte oder Gewebeteile, nachdem man sie 1 bis 5 Minuten mit dem Reagens geschüttelt hat, in Glyzerin überträgt, so zeigen sich, besonders unter dem Mikroskop, die verholzten Zellen rot, grün oder blau, je nach dem Grade der Verholzung, gefärbt. Wenn man die zu untersuchende Substanz nach dem Befeuchten mit Chlorgas be- handelt, auswäscht und sie dann in verdünnte Natriumsulfitlösung einlegt, so färben sich die verholzten Stellen himbeer- bis bordeauxrot. Wenn man Schnitte verholzter Substanz einige Minuten mit verdünnter Kaliumpermanganatlösung in Berührung läßt, dann auswäscht und in

172 V, Kohlensäureassimilation.

verdünnte Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,06 bringt, so löst sich der in den Zellwänden abgesetzte Braunstein, und es entwickelt sich Chlor, welches die verholzenden Substanzen chloriert. Betupft man nun nach dem Auswaschen mit Ammoniak (oder hält die Schnitte über den Hals einer Flasche mit Ammoniak), so zeigt sich eine tiefrote Färbung.

Man kann nach Cross, Bevan und Briggs das Lignin folgender- maßen bestimmen: Bei der Kondensationsverbindung, welche das Phloro- gluzin in der Wiesnerschen Reaktion mit der Holzsubstanz eingeht, und bei welcher die schon deutlich sichtbare rote Färbung entsteht, wenn auch nur Spuren der reagierenden Substanzen zugegen sind, handelt es sich um eine Vereinigung dieser Substanz mit Phlorogluzin, welche beim Waschen mit Wasser nicht zerlegt wird. Mit Hilfe dieser Be- obachtung wurde ein Titrationsverfahren gefunden, welches darauf basiert, daß in zwei genau unter denselben Bedingungen ausgeführten Phlorogluzinbestimmungen und aus der Differenz, welche diese beiden Bestimmungen ergeben, die Phlorogluzinmenge ausfindig gemacht wird, welche die Lignozellulose bindet, so daß deren Quantität festgestellt werden kann. Man verwendet 1. eine Lösung aus 2,5 g reinen Phloro- gluzins in 500 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,06; 2. eine Lösung von 2 g Furfurol in 500 ccm Salzsäure desselben spezifischen Gewichts oder eine Lösung von 2 ccm 40 prozentigen Formaldehyds in einer solchen Salzsäure. 2g fein zerkleinerter Lignozellulose, deren Wassergehalt in einer Parallelprobe ermittelt wird, werden auf der analytischen Wage abgewogen, die Substanz in einen trockenen Kolben getan und sofort mit 40 ccm der Phlorogluzinlösung übergossen. Der Kolben wird verstöpselt, geschüttelt und über Nacht stehen gelassen. Am Morgen wird die Flüssigkeit durch einen sehr kleinen, im Trichter- hals befindlichen Baumwollenpfropfen abfiltriert, vom Filtrate 10 ccm mit einer Pipette entnommen und in den Titrationskolben gegeben. Nachdem man mit 10 cem Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,06 verdünnt und auf ungefähr 70 0 C erwärmt hat, wird die Furfurol- oder Formaldehydlösung aus einer Bürette zutropfen gelassen. Nach jedes- maligem Zufließen von 1 ccm läßt man die Flüssigkeit 2 Minuten stehen, ehe man sie prüft, wobei die Temperatur konstant auf 70° C gehalten wird. Diese Prüfung besteht darin, daß man einen Tropfen der Flüssig- keit ohne Filtration auf ein Stück ordinäres Zeitungspapier bringt. Ein Tropfen Phlorogluzinlösung in der Verdünnung 1: 30000 ruft auf solehem ungeleimtem Papier in einer Minute einen roten Fleck hervor. Nachdem man hier den Prüfungstropfen 10 Sekunden auf das Zeitungs- papier hat einwirken lassen, schleudert man ihn ab und beobachtet, im Falle noch unausgefälltes (ungebundenes) Phlorogluzin vorhanden ist, einen roten Fleck. Gegen Ende der Titration wird die Phlorogluzin- lösung in Mengen von nur je 0,25 cem hinzugegeben, indem man nach jeder Zugabe eine Pause von 2 Minuten vor der Prüfung eintreten läßt. Nahe dem Schluß der Reaktion erscheint der rote Fleck auf dem Indikator- papier immer später, schließlich erkennt man einen solchen auf dem feuchten Papier gar nicht, sondern muß, bevor man ihn hervortreten sieht, das Papier trocknen, indem man es in angemessener Entfernung von einer Bunsenflamme hält. Tritt kein roter Fleck mehr auf, so ist die Titration beendigt. Nach der Bestimmung werden 10 cem der ur- sprünglichen Phlorogluzinlösung in genau derselben Weise titriert und

V. Kohlensäureassimilation. Ita

so die Menge des von der Lignozellulose absorbierten Phlorogluzins durch die Differenz der Bestimmungen festgestellt. Dieser Absorptions- wert des Phlorogluzins wird dann in Prozenten des vorher bestimmten Trockengewichts der Lignozellulose ausgedrückt. Diese Bestimmung ergibt also natürlich keine absoluten Werte, was ja auch schon deshalb nicht möglich ist, weil man die chemische Natur des ‚„Lignins‘“ nicht kennt und demnach nicht darüber orientiert ist, in welcher Relation die Phlorogluzinabsorption zur Menge dieser Stoffe stehen kann. Man ist aber in der Lage, diese Zahlen als Vergleichswerte zu brauchen und, wenn eine Reihe Titrationszahlen bekannt sind, aus diesen eine gewisse Normalzahl anzunehmen, auf die man die anderen bezieht. Die Stoffe der Holzsubstanz, welche die genannten Farbenreaktionen geben, lassen sich entweder durch Kochen von Holzpulver mit Zinnchlorür nach der Methode von Czapek oder durch die weniger in das chemische Ge- füge der Holzsubstanz eingreifende von mir: Kochen des Holzes mit Wasser unter Druck bei 180° im Autoklaven herstellen, worauf man die Substanzen durch Extrahieren mit Ather gewinnt. Es macht den Eindruck, als wären sie in chemischer (etwa esterartiger) Bindung mit der Zellulose vorgelegen und diese Bindung wäre durch die genannten Prozeduren gelöst worden. Nach meinen Untersuchungen besteht die Holz- substanz aus einem Gemenge von Vanillin, Methylfurfurol, Furfuralkohol und Brenzkatechin, ferner von Koniferin. Mit konzentrierter Salzsäure allein behandelt, färbt sich Holz grün, eine Färbung, die höchstwahr- scheinlich dem Methylfurfurol in Verbindung mit dem Koniferin zu- zuschreiben ist. Die Intensität der Färbungen mit den Holzreagenzien, auch wenn nur die geringsten Spuren der Holzsubstanz vorhanden sind, erklärt sich einerseits aus der Empfindlichkeit der Phenolfarbstoffe überhaupt, anderseits aus der außerordentlich feinen Verteilung dieser Substanzen durch Harze, Schleime, Pektine, Hemizellulosen, kurz kol- loidale Substanzen, auf deren Einlagerung nach Wislicenus die Holzbildung beruht; schließlich aus der Fähigkeit der Zellulose, ein- gedrungene Stoffe festzuhalten. Es ist übrigens durch meine Unter- suchungen wahrscheinlich geworden, daß die farbengebenden Substanzen Vanillin, Methylfurol, Brenzkatechin durch einen Sekundärprozeß aus der vorgebildeten Zellulose, respektive deren Kohlehydrateinlagerungen, selbst entstehen und daß die entstehenden Kohlenstoffringe mit den Gerbstoffen und durch diese auch mit dem rotblauen Blütenfarbstoff, Anthokyan, in genetischer Beziehung stehen!).

Zur quantitativen Trennung von Hemizellulose, Zellulose, Lignin und Pentosanen hat W.Hoffmeister?)ein Verfahren ausgearbeitet. Die Agenzien, welche zur Reindarstellung dieser Polysaccharide ange- wendet werden wie starke Säuren (Salzsäure, Salpetersäure, Schwefel- säure, Essigsäure) und Alkalien oder Gemische der Säuren mit Kali- chlorat, aber selbst Kochen mit Wasser unter Druck greifen Zellulose, Hemizellulosen usw. an oder zerstören sie. Ein für Hemizellulosen und Zellulosen geeignetes, wenig angreifendes Lösungsmittel ist 5 prozentige

!) Die einschlägigen Verhältnisse, die hier nur angedeutet werden können, finden in meiner im gleichen Verlage erscheinenden Pflanzenphysiologie ausführ- liche Behandlung.

®») W. Hoffmeister, Die quantitative Trennung von Hemicellulose, Cellulose und Lignin und das Vorkommen der Pentosane in diesen. Landw. Jahrb. 50, 347 (1898).

174 V. Kohlensäureassimilation.

NaOH, in welcher ein großer Teil der Pentosane, allerdings nicht alle, und Teile von Hexosanen löslich sind. Die zerkleinerten Pflanzenstoffe werden zunächst durch Äther von Fett befreit und nacheinander mit verdünnter Salzsäure und Ammoniak in der Kälte extrahiert. Der Rückstand wird mit 5 prozentiger NaOH unter Umschütteln während einiger Tage behandelt, soweit es möglich, die klare Lösung dekantiert, nochmals, wenn nötig, mit NaOH oder mit Wasser übergossen und so- lange extrahiert, als sich noch etwas löst. Die vereinigten Flüssigkeiten werden mit Salzsäure neutralisiert und mit Alkohol versetzt, um ein schnelleres Absetzen zu ermöglichen. Unter Dekantieren wird schließ- lich die Hemizellulose auf ein Faltenfilter gebracht, mit alkoholhaltigem, zuletzt mit ammoniakalischem Wasser ausgewaschen, getrocknet und gewogen. Zur vollkommenen Reingewinnung kann die Auflösung und Fällung wiederholt werden. In der Tollensschen Methode ist das ge- eignete Mittel gegeben, die vorhandenen Pentosane zu bestimmen. Das zweite Lösungsmittel isst Schweizers Reagens: Eine beliebige Menge Kupfersulfat wird in heißem Wasser gelöst, noch heiß mit Am- moniak möglichst genau ausgefällt, der Niederschlag durch Dekantieren ausgewaschen, mit kaltem Wasser übergossen und mit so viel verdünnter Natronlauge geschüttelt, bis die anfangs grüne Farbe in eine hellblaue übergegangen ist, und dann wieder durch Dekantieren ausgewaschen. Den in wenig Wasser aufgeschwemmten Niederschlag löst man ent- weder direkt in Ammoniak auf oder bewahrt ihn in der Kälte, um ihn erst vor dem Gebrauch zu lösen. Das Reagens wird nach Erschöpfung der Substanzen mit NaOH und Auswaschen der Lauge angewendet und löst die Hexosane und Pentosane auf, soweit das nicht durch In- krusten verhindert wird. Die Substanz wird, wie bei der Behandlung mit Natronlauge, mit dem Kupferoxydammoniak während einiger Tage wiederholt geschüttelt, dann wird dekantiert und so oft mit ver- dünntem Ammoniak behandelt, als sich noch etwas löst. Das Filtrieren erfolgt an der Nutsche mit Hilfe der Pumpe. Die durch Dekantieren und Filtrieren gewonnenen Lösungen der Zellulose in Schweizers Re- agens werden auf der Porzellanschale bei gelinder Wärme am Wasser- bad zur Trockene eingedampft, mit Salzsäure und Salpetersäure ent- haltendem kaltem Wasser aufgenommen, unter Umrühren das Kupfer in Lösung gebracht, die blaue nach dem Absetzen obenstehende Kupfer- lösung über ein Filter abdekantiert und das Auswaschen mit angesäuertem Wasser solange wiederholt, als sich noch Kupfer in der Lösung nach- weisen läßt. Die rückständige Zellulose wird mit ammoniakalischem Wasser gewaschen und dies so lange fortgesetzt, als das Wasser noch gefärbt ist, schließlich am Filter mit Alkohol gewaschen, worauf die Zellulose als gequollene rein weiße oder auch mehr oder weniger gefärbte Substanz zurückbleibt. Erneutes Auflösen nSchweizers Reagens und Fällen führt schließlich völlige Reinigung herbei. Diese aus Schweizers Reagens erhaltene Zellulose wird nach Tollens auf Pentosane untersucht. Der mit NaOH und Sch weizers Reagens erschöpfte Rückstand wird durch Erwärmen von Ammoniak befreit, zuerst mit Salzsäure und Wasser, dann mit Ammoniak und Wasser ausgezogen, gewaschen und getrocknet. Er enthält das Lignin, welches entweder für sich bestimmt oder zur Untersuchung respektive Trennung der Zellulose von den inkrustierenden Substanzen weiter verarbeitet und auf Pentosane untersucht wird. Das Lignin wird in den Tollens-

V. Kohlensäureassimilation. 175

schen, mit Kühlvorrichtung versehenen Extraktionsapparat eingeführt und derselbe mittels Kautschukstöpsels in einen hinreichend großen Kolben eingefügt, der zu drei Viertel mit verdünntem Ammoniak ge- füllt ist, dessen Stärke so bemessen wird, daß beim Sieden des Ammoniak- wassers nur wenig Ammoniak entweicht, das in einem geeigneten Gefäß mit Wasser aufgefangen wird. Die Birne, welche das Lignin enthält, wird durch das siedende Ammoniak erwärmt, während der Kühler auch ohne stetig fließendes Wasser, falls nur die Birne hinreichend groß ist, kalt bleibt. Die Stärke der Flamme wird dementsprechend reguliert. Die Flüssigkeit im Kolben färbt sich nach einiger Zeit braun und immer dunkler von den extrahierten inkrustierenden Substanzen; von Zeit zu Zeit muß Ammoniak nachgefüllt werden. Da die frei werdende Zellulose hartnäckig Lignin einschließt und es vor der Einwirkung des Ammoniaks schützt, ist es zweckmäßig, Ammoniakextraktion und Extraktion mit Schweizers Reagens abwechseln zu lassen, wobei der im Kupferoxydammoniak unlösliche Rest des Lignins wieder in die Birne gebracht wird, und so wird in stetem Wechsel von Neuauflösen der Zellulose und weiterem Extrahieren des Restes mit Ammoniak so lange fortgefahren, bis letzteres nichts mehr löst; der Rest besteht aus einem braunen Körper, der, kurze Zeit mit verdünnter Natronlauge gekocht, noch darauf mit Ammoniak behandelt, die letzten Reste in- krustierender Substanz zu gewinnen gestattet, die mit Säure ausgefällt werden; diese abfiltrierte und getrocknete Ausfällung wird zusammen mit dem Trockenrückstand der vereinigten ammoniakalischen Auszüge als ‚„inkrustierende Substanzen“ gewogen. Die Untersuchung von Samenschalen der Sonnenblume ergab z. B. folgendes: 150 g der trockenen Schale ergaben nach Extraktion mit Ather, verdünnter Salzsäure und Ammoniak 102,2 g Rückstand 68,1 %, verloren an Natronlauge 4,18 g = 2,78%, Hemizellulose, an Schweizers Reagens 10,08 g 6,7% Zellulose, unlöslicher Rest 8 g = 56,7 % Lignin. In der Hemizellulose (Natronlaugeextrakt) wurden gefunden: 1 g Hemizellu- lose 0,814 Pentosan = 81,4%; in der Zellulose (Schweizers Reagens): 2 g Zellulose = 1,090 Pentosan 54,5%. Es bestehen somit die mit den beiden Lösungsmitteln erhaltenen Kohlehydrate zum bei weitem größten Teil aus Pentosan. 50 g des nicht löslichen Restes (Lignin) wurden im FExtraktionsapparat während 6 x 24 Stunden mit verdünntem Ammoniak extrahiert. Der Inhalt der Birne wurde dann getrocknet, gewogen und mit Natronlauge ausgezogen. Es wurden 1,91 g Hemizellulose gewonnen, welche enthielten: 1,91 0,7257 Pentosan 36%. Der trockene Inhalt der Birne betrug 37,18 g; Hemizellulose daraus extrahiert ergab 1,91 g, die darauffolgende Extraktion mit Schweizers Reagens 20,16 g (Zellulose) und fast 1 g inkrustierender Substanz. Mithin wurden erhalten 22,07 Kohle- hydrat und der Ligninrest sowie die bis dahin ausgezogene inkrustierende Substanz. Die durch Extraktion mit Schweizers Reagens erhaltenen 20,16 g enthielten noch erhebliche Mengen Pentosan: 2 g gaben 0,0436 Pentosan 2,18%. Als aber diese aus Scehweizers Reagens er- haltene Zellulose mit Natronlauge extrahiert wurde, ließ sich wieder ein, also lediglich durch Behandlung mit Schweizers Reagens ver- änderter, in der Kälte wiedergewonnener Teil ausziehen, und dieser ergab 1,1724 g 0,1310 g Pentosan = 11,1%. Aus dem ammonia- kalischen Auszug des Lignins sowie aus den ammoniakalischen Wasch-

176 VI. Fette, Öle und Wachse.

wässern der Hemizellulose und Zellulose sowohl wie des unlöslichen Ligninrestes ließen sich 13,26 g inkrustierender Substanz gewinnen, und es blieb ein Rest von 14,21 Lignin: 22,07 + 13,26 + 14,21 = 49,54; es war somit nur 0,46 g von den in Arbeit genommenen 50 g verloren- gegangen. Die bis dahin in Schweizers Reagens unlösliche Menge 14,21 wurde weiter in zweimaliger Behandlung von je 6 Tagen mit Ammoniak und ebenso mit Schweizers Reagens extrahiert und nach der ersten, respektive zweiten Extraktion 2,045, nach der zweiten, respektive dritten 0,26 g Zellulose erhalten. Das in Schweizers Reagens Unlösliche enthielt keine Zellulose mehr und ließ sich leicht durch Kochen mit Natronlauge und Extrahieren mit Ammoniak in Lösung bringen. Auch hier wurden die inkrustierenden Substanzen gewonnen und ihr Gewicht bestimmt. Der Verlust ist auch hier nicht sehr bedeutend. Somit bestanden die 50 g des Lignins aus 24,37 extrahier- barer Zellulose, respektive Hemizellulose Pentosan und Hexosan und aus dem Rest: inkrustierende Substanzen und Aschebestandteile. Die Methode ist natürlich ebensowenig wie andere Rohfaserbestimmungen streng genommen quantitativ, aber sie ermöglicht doch annähernd eine Bestimmung der zelluloseartigen Kohlehydrate und der inkrustierenden Substanzen und vor allem die Feststellung des Verhältnisses dieser beiden. Ein großer Nachteil dieser Bestimmungen ist der häufige Wechsel der verschiedenartigen Operationen, die langwierigen Extraktionen, Dekantierungen und Filtrationen, welche selbst bei Anwendung nicht zu großer Mengen der Analysensubstanz die Erledigung aller Operationen doch erst binnen einigen Wochen möglich machen. Immerhin war es beispielsweise möglich, zu ermitteln, daß der Klee im ersten Vegetations- jahr bis zum Schlusse eine Zunahme sowohl an Zellulose als an Lignin zeigte, während im zweiten lediglich eine Zunahme an Lignin erfolgte. Der Gehalt an Pentosanen in Schweizers Extrakt entwickelt sich beim Klee im zweiten Vegetationsjahr relativ höher als im ersten, er nimmt dagegen umgekehrt an Lignin im zweiten Vegetationsjahr mehr ab als im ersten, was allerdings noch der Bestätigung bedarf.

VI. Fette, Öle und Wachse.

Um Pflanzenteile auf das Vorhandensein von Fetten zu prüfen, muß man diese aus den Pflanzenteilen mit geeigneten Lösungsmitteln extrahieren. Die Extraktion erfolgt am einfachsten im Soxhletschen Apparat, in dem eine Pergamentpapierhülse eingesetzt ist (Fig. 59 und 60). Im Notfalle kann man sich eine Extraktionshülse auch selbst aus Filtrier- papier herstellen, indem man dieses mehrfach um einen Glaszylinder herumwickelt, der einen etwas kleineren Durchmesser besitzt als der Extraktionsapparat, den Papierzylinder dann herunterschiebt und an einem Ende dütenförmig zusammenlegt. Bei sehr wasserreichen Pflanzen- teilen ist es zweckmäßig, die Pflanzenteile vorher von der Hauptmenge des Wassers zu befreien, indem man sie mit Alkohol extrahiert; ein Trocknen des ganzen oder zerkleinerten Materials im Trockenschrank ist nicht ratsam, weil die Fette, welche ja bekanntlich Ester des Glyzerins und der höheren Fettsäuren, Stearinsäure, Palmitinsäure, Olsäure usw., sind, beim Trocknen leicht eine Spaltung in ihre Komponenten erleiden, von denen die Fettsäuren durch Zerspaltung in niedrigere Fettsäuren

VI. Fette, Öle und Wachse. MT und Oxydation, das Glyzerin bei unvorsichtigem Trocknen durch Wasser- entzug verändert werden können. Man kocht also mit Alkohol aus, läßt das Material dann bei sehr niedriger Temperatur, am besten unter Darüberstreichen eines Luftstromes, trocknen, vermahlt es dann in einer Mühle fein und extrahiert es dann im Extraktionsapparat mit einem der Fettlösungsmittel, Schwefelkohlenstoff (Siedepunkt 46,2° C), Tetra- chlorkohlenstoff (Siedepunkt 76,75° C), Äther (Siedepunkt 36 ° C) oder Petroläther. Am besten verwendet man ein Gemisch von Petroläther und Äther. Der zum Wegnehmen des Wassers verwendete Alkohol löst auch etwas vom Fett, ferner Lezithin und andere Stoffe, die sich in Alkohol, in Fett oder Lezithin auflösen. In- folgedessen darf man den Alkohol nicht wegschütten, son- dern man dampft ihn im luftverdünnten Raum bis auf ein kleines Volumen des Extraktes ab und schüttelt die wässerig- alkoholische Lösung mit Petroläther aus, wobei man sich bildende Emulsionen durch tropfenweisen Zusatz von Alkohol zum Verschwin- den bringt. Man kann auch, statt im Schütteltrichter zu schütteln, die Extraktion der alkoholischen Flüssigkeit im Aronschen!) Apparat vor- nehmen. Der Apparat besteht aus einem Kolben (Fig. 61) mit weitem Hals und einem auf diesen Kolben mit Hilfe

eines Schliffes aufsetzbaren A Mantelrohr, das sich nach _ i b Imäl di . Fig. 59. Soxhletscher Ex- Fig. 60. R. Frühling. oben verschmälert und ın ein % traktor. \ scheModifikation as = 1 _ Das Rohr B wird in den mit let-Apparates mit Hülse- Glasrohr ausläuft, das die Ver dem Extraktionsmittel be- Be s Handhaben

bindung mit einem Rückfluß- kühler ermöglicht. Sollen feste Stoffe extrahiert werden, so wirdein Glaseinsatz mit seitlicher Heberschleife (genau so wie beim Soxhlet-

schickten Kolben eingesetzt, A mitdem Rückflußkühler ver- bunden, die Dämpfe des Ex- traktionsmittelssteigen durch B und (€ aufwärts, werden kondensiert, fließen durch A in die Hülse, die Flüssigkeit steigt bis zum Niveau A, wo- rauf sie automatisch durch D in den Kolben zurückgehebert wird.

beim Füllen und genaues Wägen der Substanz vor und nach der Entfaltung. Der Heber ist ins Innere des Gefäßes verlegt. B und b entsprechen genau den Teilen C und D in Fig. 61. ist ein in den eingeschliffenen Deckel eingelassener Rückfluß- kühler.

extraktor) verwendet, in den die mit dem Extraktionsgut gefüllte Extraktionshülse (Schleicher- Schüllsche Pergamenthülse) eingesetzt wird. Dieser Glaseinsatz wird in das Mantelrohr von der unteren breiten Schlifföffnung her eingeführt und mittels zweier an seinem oberen Rand befindlicher Glasnuten in dem Mantelrohr aufgehängt, das innen zwei Glaslager zum Einhängen des Einsatzes trägt. Das obere Glasrohr des Mantels wird durch einen Schlauch eng mit dem Rohre eines Rückflußkühlers verbunden. Der Vorteil dieses Extraktors ist vor allem, daß die Dämpfe des Extraktions- mittels nur einen kurzen Weg haben und den Glaseinsatz ständig um- spülen, so daß das Extraktionsmittel in der Hülse fortdauernd im

!) H. Aron, Ein einfacher Extraktionsapparat zur Extraktion von festen und flüssigen. Stoffen. Bioch. Zsch. 50, 386 (1913).

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 12

178 V1. Fette, Öle und Wachse.

Sieden erhalten wird, ein großer Vorteil vor der kalten Extraktion im originalen Soxhlet-Apparat, besonders bei hochsiedenden Extraktions- flüssigkeiten. Dadurch arbeitet der Apparat sehr rasch und infolge der einzigen vorhandenen Öffnung, des breiten Schlitzes, sind die Ver- luste an Extraktionsmittel auf ein Minimum reduziert. Will man Flüssigkeiten mit Äther oder dergleichen extrahieren, so verwendet man einen anderen Glaseinsatz (Fig. 62), der auch von unten in das Mantelrohr eingeführt und darin mittels zweier Glasnuten aufgehängt wird. Dieser Apparat ist den bewährten Vorrichtungen zur Extraktion von Flüssigkeiten nachgebildet; die im Kühler kondensierten Dämpfe des Lösungsmittels fallen aus dem Kühler in das trichterförmig er- weiterte Rohr, das bis auf den Grund des Glaseinsatzes reicht, steigen von unten nach oben durch die ganze im Glaseinsatz befindliche, zu extrahierende Flüssigkeit durch und fließen ständig durch das Heberrohr, mit der ex- trahierten Substanz gesättigt, in den Ent- wicklungskolben ab. Die zu extrahierende Flüssigkeit wird bis knapp unter das Heber- rohr eingefüllt, so daß die Schichte des Lösungsmittels, welche ständig über dem Flüssigkeitsnivesu steht, äußerst schmal ist. Auch hier besteht ein großer Vorteil darin, daß der Glaseinsatz fortwährend von den Dämpfen des Extraktionsmittels umspült ist und demnach die Extraktion in der Wärme verläuft. Der Apparat wird in zwei Größen, für die gebräuchlichen Extraktionshülsen (30 x 80 mm) passend und in größerer Form (Einsatz 70 mm breit, 220 mm hoch, Mantel- rohr 80 mm breit und 300 mm hoch, Ex- traktionskolben mit einem Fassungsraum von 1500 ccm, kann also mit 800—1000 ccm Flüssigkeit beschickt werden) hergestellt. Ab- - gesehen davon, daß er für Ausziehen von Fig. 61. Apparat Fig. 62. Modifika- Alkaloiden u. dgl. aus Pflanzenextrakten sehr

von Aron. tion des A

ron . . . Kolben; E Ex. schen Extraktors geeignet ist, wird er auch besonders zur aktionshülse;k z Ausziehe 2 1 1 -Rückfiußkühler. Plüssiekeiten BXtraktion von Fetten, Eiweißstoffen u. dgl.

Verwendung finden. Will man die Fette nicht gleich analysieren, sondern einige Zeit aufbewahren, so muß man dafür sorgen, daß dieselben in sorgfältigst getrocknetem Zustande verharren. Man läßt den Petrolätherextrakt, nachdem man im Vakuum den größten Teil des Petroläthers abdestilliert hat, zwei Tage im Vakuumexsikkator über konzentrierter Schwefelsäure stehen, wirft dann noch ein Stück geschmolzenen Chlorkalziums hinein und bewahrt ihn in mit eingeriebenem Stöpsel verschlossenen kleinen und möglichst bis zum Rande gefüllten Gläsern vor Luft geschützt auf. Häufig sind in den Extrakten noch Lipasen, fettspaltende Enzyme, vorhanden, welche bei längerer Auf- bewahrung eine Zersetzung des Fettes in seine Komponenten ver- anlassen; man kann sie nur durch Erhitzen der gereinigten Fette auf höhere Temperatur unwirksam machen, wobei aber die Erwärmung in einer Atmosphäre trockener Kohlensäure vorgenommen werden muß, um Zersetzungen und Oxydationen zu vermeiden. Im alko-

VI. Fette, Öle und Wachse. 179

holischen Extrakt können außer Fetten auch Lezithine vorliegen, die man durch ihren Phosphorgehalt erkennt. Man kann den vom Alkohol befreiten Extrakt mit rauchender Salpetersäure oder mit Atzkali und Salpeter erhitzen, wodurch der Phosphor unter Zerstörung der organi- schen Substanz zu Phosphorsäure oxydiert wird. Diese erkennt man dann durch die Niederschläge, welche die Probe mit Magnesiamixtur, bzw. mit molybdänsaurem Ammon liefert. Man kann die fremden Bestandteile aber auch beim Fett lassen; man geht dann am besten in der Weise vor, daß man die fein zermahlene, trockene (z. B. Samen-) Substanz mit der 4—6fachen Menge fein gemahlenen, gebrannten Gips- mehles mischt und dann im Extraktionsapparat mit Petroläther extrahiert. Dieses Verfahren hat nicht nur den Vorteil, daß das noch vorhandene Wasser gebunden wird, sondern daß schleimige, pektinöse Substanzen durch den Gips adsorptiv zurückgehalten werden.

Von den so gewonnenen Fetten müssen zunächst die wichtigsten physikalischen Konstanten wie spezifisches Gewicht, Schmelz- und Er- starrungspunkt, Löslichkeit, Konsistenz und Viskosität ermittelt werden. Es wird in einer Vorprobe die Reaktion des auf dem Wasserbade ge- schmolzenen Fettes oder des flüssigen Öles direkt gegen Indikatoren wie Lackmus und Phenolphthalein festgestellt, wobei man auch auf die Reaktion der beim Erwärmen entweichenden Dämpfe achtet, welche flüchtige Fettsäuren enthalten können. Die Gegenwart von Glyzeriden der Ölsäure erkennt man durch die Elaidinreaktion, indem man das Olin der Eprouvette mit der gleichen Menge Salpetersäure und einigen Stückchen Kupferdraht zusammenbringt: Das Öl erstarrt hierbei binnen kurzer Zeit zu einer festen Masse, indem das flüssige Glyzerid der Ölsäure in das feste Glyzerid der stereoisomeren Elaidin- in säure übergeht. Die Bestimmung des spezifischen Gewichtes _ Fie. 63 findet in Pyknometern statt, von denen Röhmann das von Frometer Upbbelohde!) empfiehlt: Das Instrument (Fig. 63) besitzt bei 15° C einen Inhalt von 10 cem und wird mit Wasser von 15° C gefüllt. Das Taragewicht ist gleich dem Gewichte des mit Wasser von 15° ge- füllten Apparates. Der Ansatz des Kapillarröhrchens ist nahe dem Boden, damit die schwimmenden Fettstückehen die Röhre nicht ver- stopfen. Man fügt nun eine gewogene Menge m des in Stücke ge- schnittenen Fettes durch den Hals des mit Wasser von 15° gefüllten Pyknometers ein, setzt den Stopfen auf und ermittelt das Zusatz- gewicht m,, welches notwendig ist, um die Wage wieder in Gleich- gewicht zu bringen. Dieses Zusatzgewicht plus dem Gewicht m er- gibt das Volumen V des Fettes, folglich ist das spezifische Gewicht bei 15%, bezogen auf Wasser von 15°, für Stoffe leichter als Wasser m: (m + m,), für Stoffe schwerer als Wasser m : (m— m,). In der folgenden Tabelle, S. 180, seien die spezifischen Gewichte einiger Fette nach J. Lewkowitsch angegeben.

Gute Dienste bei der Erkennung eines Öles leistet bisweilen die Kapillaranalyse von Goppelsröder, bei welcher die Steighöhen der Fette oder Öle in Filtrierpapierstreifen von je 24 zu 24 Stunden bestimmt werden. Unter den Pflanzenölen steigt das Rizinusöl am

1) F. Röhmann im II. Bande der Biochemischen Arbeitsmethoden von Abderhalden.

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180 VI. Fette, Öle und Wachse

Spez. Gewicht bei Spez. Gewicht bei Fett 100° ©, bezogen Fett 100° C, bezogen auf Wasser von | auf Wasser von 15° C | 15° Kakaobutter . . . . .| 0,857 Butterfett . . . | 0,865—0,868 Psalmol rn 2 er sl 0,857 Olivenöl‘ 4.02 0,9168 Japanwachs .. ...| 0,8755 Rubol ro re 0,9168 Kokosnußöl . .. . .| 0,8736 Arachisöl . . . .| 0,9209 Palmkernölt „2... 2.2, 0,8731 Baumwollsamenöl: 0,9225 Schweinefett . . 0,861 Beinöl’. «u ee] 0,9325 Rinds- u. Hammeltalg. 0,860 Rızinusolz.2.22. 0,9679

wenigsten, das Leinöl am höchsten. Das unbewaffnete Auge findet keine charakteristischen Unterschiede in der meist weißlichen oder gelblichen Farbe der Fette und Ole. Analysiert man aber diese Färbungen mit Hilfe des Spektroskopes, so findet man oft charakteristische Spektren, herrührend von Bestandteilen, welche das Fett konstant begleiten und so zur Feststellung der Natur des Fettes beitragen können. Doumer teilt die Öle nach ihrem spektroskopischen Verhalten ein in solche, welche, wie Olivenöl, Hanföl, Nußöl, das Chlorophylispektrum aufweisen, und solche, die, Rizinusöl, Mandelöl, kein charakteristisches Spektrum geben; ferner solche, welche die chemisch wirksamen Strahlen des Spektrums absorbieren, z. B. Rüböl, Leinöl, Senföl, und solche mit ver- schiedenen Spektren, wie Sesamöl, Mohnöl, Arachisöl, Baumwollsamenöl. Schmelzpunkt und Erstarrungspunkt des Fettes können in sehr mannig- faltiger Weise bestimmt werden, wobei man sich immer gegenwärtig zu halten hat, daß das Schmelzen bei den Fetten nicht in so scharfer Weise gekennzeichnet ist, wie bei anderen chemischen Stoffen, sondern daß meistens während eines größeren Temperaturintervalles Verflüssi- gung und Aufhellung der Fettmasse erfolgt. Der am deutlichsten wahr- nehmbare Endpunkt dieses Prozesses, die erreichte vollkommene Durchsichtigkeit des Fettes wird als Schmelzpunkt angesprochen. Sehr verbreitet ist die Schmelzpunktsbestimmung nach Pohl, bei der die Temperatur ermittelt wird, bei welcher das Fett flüssig wird, wobei aber noch feste Teilchen darin herumschwimmen können. Man taucht die Thermometerkugel einen Augenblick in das ein wenig über seinen Schmelzpunkt erhitzte Fett, so daß dieses nach dem Heraus- nehmen einen dünnen Überzug auf der Thermometerkugel bildet, läßt das Thermometer längere Zeit liegen und befestigt es dann mittels eines Korkes in einer weiten und langen Eprouvette in der Art, daß die Kugel noch etwa 1 cm vom Boden entfernt ist. Die Eprouvette hält man mittels einer Klammer 2—3 cm über einer Asbestplatte, die man mit dem Brenner erwärmt, und beobachtet den Punkt, bei welchem sich am unteren Ende der Kugel ein Tropfen des geschmolzenen klaren Fettes zeigt.

Ferner nimmt man die Schmelzpunktbestimmung im Kapillar- röhrchen vor, welches sehr dünnwandig und nicht zu eng sein soll. Man saugt 1—2 ccm des Fettes in das Röhrchen ein und befestigt es mittels eines Kautschukfadens so an dem verlängerten Quecksilber- behälter des Thermometers, daß die Fettschicht in einer Höhe mit dem unteren Rande des Quecksilbers steht. Erst wenn die Substanz im Röhrchen vollständig erstarrt ist, bringt man das Thermometer in eine 3 cm weite, lange Eprouvette, in welchem sich das zur Erwärmung

VI. Fette, Öle und Wachse. 181

dienende Glyzerin befindet. Der Moment, in dem das Fettsäulchen vollkommen klar und durchsichtig geworden ist, dient als Schmelz- punkt. Über den Erstarrungspunkt der Fette hat Rüdorff Be- obachtungen angestellt. Wenn man Fette schmelzt und das ge- schmolzene Fett beständig mit dem Thermometer umrührt, so zeigt sich entsprechend der Tatsache, daß beim Erstarren der geschmolzenen Fette die ‚Schmelzwärme“ frei wird, daß die Temperatur beim Abkühlen bis zu einem bestimmten Punkte sinkt, dort eine Zeitlang konstant bleibt und dann wieder sinkt. Während des Erstarrens bleibt die Temperatur konstant, diese Temperatur ist also der Erstarrungspunkt, oder die Temperatur sinkt zunächst und steigt sodann auf ein Maximum, den Erstarrungspunkt, auf welchem sie sich bis zum völligen Fest- werden erhält. Zur Bestimmung des Erstarrungspunktes bringt man die Fette in ein entsprechend weites Reagenzglas und schmelzt sie mit eingesetztem, in Zehntelgrad geteiltem Thermometer. Dieses Reagenz- glas befestigt man mit einem Kork in einem weiten Rohr, auf dessen Boden sich einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure befinden, welche das Beschlagen der Wände mit Kondenswasser verhindern, wenn die Erstarrungstemperatur unter Zimmertemperatur sinkt. Nun wird der ganze Apparat in ein nicht zu kleines Becherglas mit Wasser getaucht, dessen Temperatur zirka 10 ° C über dem Erstarrungspunkt des Fettes liegt, und man beobachtet den Erstarrungspunkt des Fettes, indem man gleichzeitig das Wasser als auch das geschmolzene Fett beständig mit Glas oder Platindraht durchrührt.

Von qualitativen Reaktionen, die als Vorprobe bei der Unter- suchung der Fette durchgeführt werden, sei zunächst die schon ge- nannte Elaidinprobe erwähnt. Bei Gegenwart von salpetriger Säure- verwandeln sich flüssige Öle in das feste Elaidin. 10 g Öl, 5g HNO, von 40—42 ® Be, 1 g metallisches Quecksilber werden in eine Eprouvette gebracht und das Quecksilber durch 3 Minuten andauerndes, starkes Schütteln gelöst, dann wird stehen gelassen und nach 20 Minuten wieder 1 Minute lang geschüttelt. Von diesem Zeitpunkte an zeigen die Ole folgendes Verhalten: Olivenöl ist nach 1 Stunde fest, Erdnußöl nach 1h 20’, Sesamöl nach 3" 5’, Leinöl bildet einen roten teigigen Schaum, Hanföl bleibt unverändert. Man darf also bei der Elaidinprobe nicht erwarten, daß das Öl sofort oder überhaupt fest oder gar hart werden muB. Olivenöl, Erdnußöl, Mandelöl geben die härtesten Elaidinproben, während die sogenannten trocknenden Öle flüssige Elaidinprodukte liefern. Statt des Quecksilbers wird, wie vorhin erwähnt, auch Kupfer in Spänen verwendet. Übrigens steht die Elaidinprobe in Abhängigkeit von der Temperatur. So braucht Arachisöl bei 14° C 13 Minuten zum Er- starren, bei 18—19° C dagegen 152 Minuten, Olivenöl bei 14° C 15 Minuten, bei 18—19° C 67 Minuten. Auch das Eintrocknungs- vermögen gibt uns einige Anhaltspunkte zur Identifikation. Ein Tropfen Öl wird auf eine Glasplatte getropft und hier bei Zimmer- temperatur oder bei 50 ° © liegen gelassen. 0,1 g Leinöl erfordern bei 50°C 12 Stunden, Maisöl 18 Stunden, Baumwollsamenöl 21 Stunden, Rüböl 48 Stunden, Olivenöl über 13 Tage. Alle fetten Öle nehmen freiwillig Sauerstoff aus der Luft auf und die Schnelligkeit der Auf- nahme steht in Zusammenhang mit der chemischen Natur des Öles und kann beschleunigt werden durch Hinzufügen von Mangan-, Kupfer- oder Bleiverbindungen. Durch die Sauerstoffaufnahme werden die

182 VT. Fette, Öle und Wachse.

Öle schließlich fest, gehen in eine elastische, durchsichtige Masse über, die sogenannten trocknenden Öle, Leinöl, Mohnöl usw., tun dies schon bei gewöhnlicher Temperatur, besonders schnell bei Gegenwart eines Sauerstoffüberträgers, de nicht trocknenden Öle, Rüböl, Olivenöl usw., nur bei höherer Temperatur oder bei Gegenwart eines Sauerstoffüberträgers. So trocknet Olivenöl, das bei 50 ° C über 13 Tage dazu braucht, mit Bleiglätte und Manganborat versetzt und in dünner Schicht ausgebreitet, bei 130 ° schon in einer halben Stunde. Livache hat ein Verfahren ausgearbeitet, um die Gewichtszunahme von Ölen bei der Sauerstoffaufnahme festzustellen, wobei diese durch molekulares Blei, welches aus einem Bleisalz durch Zink ausgefällt worden war, be- schleunigt wird. Das abfiltrierte, mit Wasser, Alkohol, Äther ge- waschene und getrocknete Bleipulver wird auf einem größeren Uhr- glase in der Quantität von 1g ausgebreitet, gewogen und dazu höchstens 0,6—0,7 g Öl aus einer Pipette so auftropfen gelassen, daß jeder Tropfen für sich auffällt und zwischen den einzelnen Tropfen ein Zwischenraum bleibt. Man läßt nun bei mittlerer Temperatur in einem sehr hellen Raume stehen und bestimmt dann die Gewichtszunahme, welche bei den trocknenden Ölen meist nach 18 Stunden beginnt und nach 3 bis 4 Tagen beendet ist, bei den nicht trocknenden Ölen erst nach 4-5 Tagen anfängt. Die Gewichtszunahme einiger Öle in Prozenten beträgt:

Nanerdes @lss Gewiehtszunahme nach 2 Tagen 7 Tagen | EC ER er 1 ae a I: | 14,3 | Nußöl . EA a ER ET EISE 7,9 | MohndlsE Kr ER FENEN LEEE 6,8 Cottonöl Baar? 5,9 Bucheckernöl . 4,3 Kolzaöl . 2,9 Sesamöl De VE 2,4 ArSchtBolar se FE AA. 1,8 Rüböl = | 2,9 Olivenöl | ri

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Von Spezialreaktionen auf einzelne Öle seien folgende angeführt '):

Baumwollsamenöl: Das Öl mit dem gleichen Volumen Salpetersäure vom spezifischen Gewicht 1,375 geschüttelt, erzeugt kaffeebraune Färbung.

Nach Halphen werden gleiche Volumteile des Öles, Amyl- alkohol und Schwefelkohlenstoff, welcher 1%, Schwefel gelöst enthält, in siedender, konzentrierter Kochsalzlösung durch 10—15 Minuten erhitzt; es tritt orange bis rote Färbung ein.

Nach Becechi wird eine Reaktion mit folgenden Lösungen er- zielt: 1. 1 g AgNO,, gelöst in 200 cem 98prozentigen Alkohols und versetzt mit 40 com Äther und 0,1 g HNO,; 2. 15 cem Kolzaöl, gelöst in 100 cem Amylalkohol. 10 ccm des zu "untersuchenden Öls werden mit 1 ccm von Lösung 1 gemischt und dann 10 ccm von Lösung 2 hinzugefügt. Nach tüchtigem Durchschütteln wird die Mischung in zwei Teile geteilt und die eine Hälfte Y, Stunde lang in kochendem

1) Näheres findet man in dem Werke von Benedikt-Ulzer: Analyse der Fette und Wachsarten, Berlin 1903.

VI. Fette, Öle und Wachse. 183

Wasser erhitzt; die erwärmte Probe wird bei Gegenwart von Cottonöl und nur durch dieses braun. Nach Hirschsohn mischt man 5 cem des zu prüfenden Öls mit 10 Tropfen einer Lösung von 1 g Goldchlorid

in 200 ccm Chloroform und stellt 20 Minuten in kochendes Wasser ein; es zeigt sich eine schöne, rote Färbung.

Für Sesamöl besonders charakteristisch ist die Probe von Baudouin: Man übergießt zirka 0,1 g Zucker mit Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,18 und schüttelt mit dem doppelten Volumen Ol; die kleinsten Mengen Sesamöl geben eine tiefrote Färbung, nach dem Absetzen ist die wässerige Schicht rot gefärbt. Diese Probe, welche auf der Entstehung von Furfurol aus dem Zucker beruht, kann ebenso gut mit einer 2prozentigen alkoholischen Lösung von Furfurol unter Zufügung von Salzsäure ausgeführt werden.

Soltsien verfährt zum Nachweis von Sesamöl folgendermaßen: Zu 2-3 Volumteilen des Öles wird ein Volumteil mit Salzsäure ver- setzter Zinnchlorürlösung gefügt und das Öl damit kräftig durch- geschüttelt, bis eine Emulsion entsteht. Die Eprouvette wird dann in ein heißes Wasserbad gestellt, wo sich die Zinnchlorürlösung schnell absetzt; sie ist je nach dem Vorhandensein von Sesamöl hellhimberrot bis dunkelweinrot gefärbt; diese Reaktion gehört zu den prägnantesten und zuverlässigsten Farbenreaktionen auf Fette. Bei der Analyse des Fettes sucht man zunächst die Natur der mit dem Glyzerin verbundenen Fettsäure festzustellen, man ‚‚verseift‘‘ das Fett, indem man es am Rückflußkühler mit alkoholischer Natronlauge erhitzt, bis sich das Reaktionsprodukt klar mit Wasser mischt. Sehr häufig gelingt das aber nicht, nämlich dann, wenn unverseifbare, wasserunlösliche Stoffe, wie Phytosterine oder freie, höhere Fettalkohole, zugegen sind. Diese unverseifbaren Bestandteile fallen beim Verdünnen mit Wasser aus und können mit Äther ausgeschüttelt werden. Die Phytosterine geben auf ihre nähere Charakterisierung wollen wir hier nicht eingehen eine Reihe von Farbenreaktionen, welche übrigens nicht bei allen Phytosterinen in der gleichen Weise auftreten. Diese Farbenreaktionen sind: 1. Wenn man Phytosterin in Chloroform löst und konzentrierte Schwefelsäure zusetzt, so färbt sich das Chloroform blutrot (Hesses Reaktion); 2. Übergießt man Phytosterin mit einer Mischung von einem Teil Wasser und fünf Teilen Schwefelsäure, so treten rote bis violette Färbungen ein, die sich bei Zusatz von Jodlösung verändern (Mole- schotts Reaktion); 3. Löst man Phytosterin in heißem Essigsäure- anhydrid und gibt zu der erkalteten Flüssigkeit einige Tropfen Schwefel- säure, so tritt Blaufärbung ein (Liebermanns Reaktion); 4. Eine Mischung von neun Teilen Trichloressigsäure und einem Teil Wasser gibt, mit Phytosterin bis zum Aufkochen erhitzt, rote bis violette Färbung (Hirschsohns Reaktion); 5. Eindampfen mit kon- zentrierter Salzsäure und Eisenchlorid liefert nach dem Auswaschen mit Wasser rote oder blaue Färbung (Machsche Reaktion).

Quantitative Reaktionen: Es werden dabei die ver- schiedenen Konstituenten des Fettes quantitativ festgestellt und folgende Zahlen bestimmt: 1. die Säurezahl als Maß für den Gehalt an freien Fettsäuren; 2. die Verseifungszahl als Maß für die Sättigungskapazität der gesamten Fettsäuren; 3. dieAther- zahlals Maß für den Gehalt an Triglyzeriden und anderen Fettsäure- estern; 4. die Reichert-Meißlsche Zahl für den Gehalt an

184 VI. Fette, Öle und Wachse.

flüchtigen Fettsäuren; 5. die Hehnersche Zahl, das ist die in Pro- zenten ausgedrückte Menge der unlöslichen Fettsäuren; 6.dieAzetyl- zahl als Maß für den Gehalt von Oxyfettsäuren oder freien Alkoholen; 7.dieJodzahl als Maß für den Gehalt an ungesättigten Fettsäuren.

1. Die Säurezahl gibt die Menge Kalihydrat in Zehntelprozenten oder in Anzahl Milligrammen KOH für 1 g Fett an, welche zur Neu- tralisation der in einem Fett befindlichen, freien Fettsäuren notwendig ist und bildet daher ein Maß für den Gehalt des Fettes an freien Fett- säuren. Das Öl wird zu diesem Zweck in einer Mischung von Äthyl- und Amylalkohol 1 : 2 oder in einer Mischung von Alkohol und Äther gelöst und mit alkoholischer oder wässeriger Lauge unter Verwendung von Phenolphthalein als Indikator titriert. Die zur Lösung des Fettes verwendete Flüssigkeit muß natürlich säurefrei sein; die Titration ist beendigt, wenn die Lösung einige Minuten rot bleibt , nach einiger Zeit tritt Entfärbung ein, welche aber nicht mehr beachtet werden darf. Beis DB jel: Für 25cem Olivenöl von 0, . spezifischem Gewicht

sind 94 com „Lauge verbraucht worden; 1 com 7 1, auge enthält 0,0056 g

: 0,0056 x ;: A KHO, somit ist die Säurezahl S=- ErXTm -1000 = 2.3, da 25ccm

des Öles 25 x 0,971 = 22,925 g wiegen.

2. Die Verseifungszahl oder Köttsdorferzahl gibt an, wieviel Milligramm KOH zur vollständigen Verseifung von 1 g des Fettes erforderlich sind, d. i. die zur Verseifung des Fettes not- wendige Kalihydratmenge in Zehntelprozenten. Zu ihrer Bestimmung

: - n 5 > - hält man eine sehr genaue, zirka 9 Salzsäure und eine alkoholische

Kalilauge (nicht Natronlauge) vorrätig, indem man zirka 30 g aus Alkohol gereinigten, gepulverten Atzkalis durch Kochen am Rückfluß- kühler in 1000 ccm fuselfreien 95 prozentigen Alkohols auflöst, einen Tag stehen läßt und in eine Flasche filtriert, welche mit einem durch- bohrten Kautschukstopfen verschlossen ist. In diese Bohrung wird eine 25 cem-Pipette eingesetzt, welche oben ein Stück Schlauch mit Quetschhahn trägt. Die Bestimmung der Verseifungszahl wird folgender- maßen ausgeführt: 2—2,25 g des filtrierten Fettes werden in einem weithalsigen Kolben von 150—200 cem Inhalt abgewogen. Dann hebt man mit der Pipette 25 com Kalilauge heraus und läßt dieselben in den Kolben fließen; man läßt jedesmal genau gleichviel zufließen, wobei es aber nichts ausmacht, ob etwas mehr oder weniger als 25 ccm der Kalilauge verwendet werden. Nun fügt man 25 ccm genau neu- tralisierten Alkohols zu, versieht das Kölbcehen mit einem Glasrohr, welches als Rückflußkühler dient, erwärmt auf dem schon vorher an- geheizten Wasserbad unter öfterem Umschwenken zum schwachen Sieden, erhält 15—30 Minuten im Kochen und titriert nach Zusatz von 1 cem alkoholischer Phenolphthaleinlösung die heiße Seifenlösung

27 TE £ N RER ;. mit Salzsäure zurück. Bei dunkler Färbung des Öles ist es zweck-

7 mäßig, statt des Phenolphthaleins Alkaliblau 6B als Indikator zu benutzen, dessen alkalische Lösung rot und dessen saure Lösung blau gefärbt ist. Von diesem Farbstoff werden zirka 2—3 ccm einer zwei- prozentigen alkoholischen Lösung verwendet und der abzutitrierenden

VI. Fette, Öle und Wachse. 185

Flüssigkeit vorher zirka 50 ccm neutralisierten Alkohols zugesetzt. Die Differenz zwischen der angewendeten und der durch Zurücktitrieren gefundenen Anzahl Milligramm KOH wird auf 1 g Fett umgerechnet. Das Resultat ist die Verseifungszahl. Beispiel: 2,012 g Olivenöl werden mit 25 ccm alkoholischer Kalilauge verseift und zum Zurück- titrieren 9,65 ccm Salzsäure verbraucht; 25 ccm alkoholischer Kali- lauge = 22,5 ccm Salzsäure, 1 ccm Salzsäure 0,0301 g KOH. Somit wurden zur Verseifung verbraucht die 22,5 9,65 12,85 ccm Salz- säure äquivalente Menge KOH, d. i. 12, 85 x 0,0301 386,8 mg für 2,012 g Öl oder 386,8 : 2,012 = 192,24 mg KOH für 1 g Öl. Somit hat das untersuchte Öl die Verseifungszahl 192,24. Es gibt Fette, welche beim Kochen mit Kalilauge sehr dunkle Lösungen geben, die sich nicht titrieren lassen, weil der Indikator keine Färbung erkennen läßt. Für solche Fälle dient die kalte Verseifung von Hen- riques, bei der 3—4 g der Substanz in einem Kolben in der Kälte in 25 ccm Petroläther gelöst werden, mit 25 ccm alkoholischer n-Kali- lösung versetzt und nach dem Umschwenken 12 Stunden bei Zimmer- temperatur verschlossen stehen gelassen. Dann wird der Überschuß des Alkalis wie früher zurücktitriert. Bei der Bestimmung der Ver- seifungszahl erhält man aber auch neben der bei der Verseifung ge- bundenen Atzkalimenge auch die Menge Kalihydrat, welche von den im Fett etwa vorhandenen freien Fettsäuren gebunden wird. Will man dies zum Ausdruck bringen, so subtrahiertt man von der Ver- seifungszahl die Säurezahl und erhält so die

3. Ätherzahl: diese gibt also die Anzahl Milligramme Ätzkali an, welche zur Verseifung der neutralen Ester in 1 g Fett nötig sind.

4.DieReichert-MeißlscheZahl gibt die AnzahlKubikzentimeter 1 e Kalilauge, welche zur Neutralisation der leicht flüchtigen Fettsäuren von 5 g eines Fettes erforderlich sind. 5 8, Fett werden in einem Kölbchen von zirka 200 cem Inhalt mit zirka 2 g festem Ätzkali und 50 cem 70prozentigen Alkohols unter Schütteln am Wasserbade verseift, bis zur vollständigen Verflüchtigung des Alkohols eingedampft, der dicke Brei in 100 ccm Wasser gelöst, mit 40 cem Schwefelsäure 1: 10 versetzt und nach Zugabe einiger kleiner Bimssteinstücke durch ein mit angeschmolzener Kugel (zur Verhinderung des Überspritzens) ver- sehenes und mit einem Kühler in Verbindung stehendes Rohr abdestilliert. Man fängt 110 ccm des Destillates in einem kubizierten Kolben auf, mischt, filtriert davon 100 ccm in einem anderen kubizierten Kolben

Ir ei ab und titriert mit 10 Kalilauge unter Verwendung von Lackmus oder

Phenolphthalein als Indikator. Man vergrößert die verbrauchte Anzahl Kubikzentimeter um ein Zehntel und bezieht das Resultat auf 5 g Substanz.

Bestıimmungs der in Wasser löslichen .Fett- säuren: 1,5—2 g des Fettes werden in einem Erlenmeyerkolben mit 25 cem alkoholischer Kalilauge verseift und das überschüssige Kali mit Salzsäure gegen Phenolphthalein genau neutralisiert. Es hat sich Kaliseife gebildet, welche nach Abdampfen des Alkohols in 40 cem Wasser gelöst wird. Zu dieser Seifenlösung setzt man von neuem genau

186 VI. Fette, Öle und Wachse.

soviel Salzsäure, als der bei der Verseifung verbrauchten Menge KOH entspricht. Dadurch sind die Fettsäuren in Freiheit gesetzt worden, der Kolben wird mit einem Stöpsel verschlossen, in dessen Bohrung ein mit Wasser gefülltes U-Rohr steckt und nun am Wasserbade vor- sichtig erwärmt, bis sich die unlöslichen Fettsäuren an der Oberfläche angesammelt haben. Nach dem Erkalten filtriert man durch ein nasses Filter und wäscht solange mit Wasser, bis das Waschwasser empfind- liches blaues Lackmuspapier nicht mehr rötet, wozu zirka 100 ccm Wasser verbraucht werden. Empfindlichen Lackmusfarbstoff stellt man her, indem man den käuflichen Farbstoff wiederholt mit heißem, destilliertem Wasser behandelt. Die wässerigen Auszüge werden zur Zersetzung vorhandener Karbonate mit Essigsäure gelinde übersättigt und am Wasserbade bis zur Konsistenz eines dicken Extraktes, aber nicht zur Trockene eingedampft; der Rückstand wird allmählich mit 90prozentigem Alkohol verdünnt, das Gemisch in einen Kolben gebracht und reichlich 90prozentiger Alkohol dazugefügt. Dadurch wird der gegen Säuren und Basen sehr empfindliche Farbstoff gefällt, während ein weniger empfindlicher Farbstoff nebst Kaliazetat in Lösung bleiben. Man filtriert und wäscht mit Alkohol aus, der Farbstoff wird unter Erwärmen in destilliertem Wasser gelöst und die Lösung filtriert. Wenn man durch die in einer Schale befindliche Lösung des Farb- stoffes Streifen feinen ungeleimten Papiers zieht, erhält man das Reagenz- papier; bevor das Papier getränkt wird, taucht man einen Glasstab in sehr verdünnte Schwefelsäure oder Natronlauge und rührt damit in der Farbstofflösung, wodurch diese rot oder blau gefärbt wird. Phenol- phthaleinindikator bereitet man in der Weise, daß man 1 g Phenol- phthalein in 100 ccm 96prozentigen Alkohols löst, bei Methylorange 0,1 g in 100 cem Wasser auflöst.

Zum Filtrat fügt man die im U-Rohr befindliche Flüssigkeit, dann werden Filtrat und Waschwasser mit Phenolphthalein versetzt und mit Zehntelnormallauge titriert. Die verbrauchten Milligramme KOH geben uns die in der verwendeten Fettmenge vorhandenen löslichen Fettsäuren an; man berechnet auf 1 g Fett und zieht die gefundene Zahl von der Verseifungszahl ab, wodurch man die Azidität der in Wasser unlöslichen Fettsäuren angibt.

Um die in Wasser unlöslichen Fettsäuren direkt zu bestimmen, wägt man das Ol in einem kleinen Becherglas mit Glasstab zusammen, gießt davon 3—4 g in eine größere Porzellanschale ab, worauf das genaue Gewicht durch Zurückwägen des Becherglases festgestellt wird. Das Öl in der Porzellanschale wird dann mit 1—2 g Atzkali und 50 cem Alkohol versetzt und am Wasserbad unter öfterem Um- schütteln erwärmt, bis alles Ol verseift ist, die Seifenlösung bis zum dicken Sirup eingedampft, der Rückstand in 100—150 ccm Wasser gelöst und mit Salzsäure oder Schwefelsäure angesäuert. Durch Er- hitzen bewirkt man, daß sich die Fettsäuren als klares Ol auf der Ober- fläche sammeln, und filtriert durch ein vorher bei 100 ® getrocknetes und gewogenes quantitatives Filter; das Papier wird zunächst zur Hälfte mit heißem Wasser gefüllt und dann erst die Fettsäuren darauf ge- gossen: dadurch wird ein trübes Durchlaufen vermieden. Man wäscht mit siedendem Wasser, bis blaues Lackmuspapier vom Filtrat nicht mehr gerötet wird, und gießt immer so auf, daß ein neuer Aufguß erfolgt, bevor noch der Filter ganz entleert war. Darauf wird der Trichter

VI. Fette, Öle und Wachse. 187

samt Filter in ein mit kaltem Wasser beschicktes Becherglas gestellt, so daß die Fettsäuren erstarren; das Wasser läßt man vorsichtig ab- laufen, so daß nichts von der Fettsäurekruste mitgeschwemmt wird, bringt Filter nebst Fettsäuren in das Wägegläschen zurück, trocknet bei 100 0 C durch zwei Stunden, wägt dann, trocknet noch einmal zwei Stunden und wägt wieder: das Gewicht, auf 100 g Fett bezogen, ist

5. die Sn Zahl. Das Fett wird unter Erwärmen in Alkohol

gelöst und mit 7 KOH bis zur Rotfärbung von Phenolphthalein titriert,

worauf man en Vergleich mit der Verseifungszahl feststellen kann, wieviel von den Säuren des Fettes sich in Wasser gelöst hat. Die Hehnersche Zahl gibt also die Menge der unlöslichen Fettsäuren an, welche 100 Teile Fett (Öl) liefern können.

6. Die Azetylzahl der Fettsäuren gibt die Anzahl der Milli- gramme Ätzkali an, welche zur Neutralisation der aus 1 g der aze- tylierten Fettsäuren durch Verseifung erhaltenen Essigsäure notwendig ist. Sie ist ein Maß für die in einem Fett in freiem Zustande vor- handenen Hydroxylgruppen und gibt demnach die Menge der im Fette vorliegenden Oxysäuren und hochmolekularen Alkohole an. Nach Lewkowitsch geht man in der Weise vor, daß man 5 g Fett mit 5 g doppeltgeschmolzenen Natriumazetats und 15—20 g Essigsäure- anhydrid in einem Erlenmeyerkolben am Rückflußkühler 1—2 Stunden zum schwachen Sieden erhitzt. Dann gießt man das azetylierte Produkt in ein Becherglas mit Wasser und erhitzt bis fast zum Sieden. Bei Gegenwart von Lezithin pflegt sich das azetylierte Produkt nicht gut abzuscheiden; man erhitzt dann nach Zusatz von etwas Kochsalz im Kohlensäurestrom. Das abgeschiedene Öl gießt man durch ein nasses Filter und wäscht mit warmem Wasser, löst das gewaschene Öl in Äther, schüttelt einigemal mit Wasser, um die letzten Reste der Essigsäure zu entfernen, und filtriert die ätherische Fettlösung durch ein trockenes Filter in ein gewogenes Kölbchen, aus dem der Ather abdestilliert wird. Der Rückstand wird im Kohlensäurestrom getrocknet; einen Teil des Fettes (1,5—2 g) bringt man in ein anderes Kölbchen, bestimmt das Gewicht des Abgefüllten durch Zurückwägen und bestimmt in dieser Probe: 1. die Azidität, 2. die Ätherzahl, 3. die Menge der löslichen Fett- säuren. Die Azidität des Filtrates oder Destillates nach Lewko- witsch’ Filtrationsverfahren, das vorhin geschildert wurde, aus- gedrückt in Milligrammen KOH und bezogen auf 1 g Fett, ist die Azetyl- zahl. Statt des Fettes kann man auch das Fettsäuregemisch, nach der Verseifung aus dem Fett gewonnen, zum Azetylieren benutzen. Beispiel: 3,379 g azetylierter Fettsäure aus Rizinusöl verbrauchten zur Absättigung

17,2 ccm 5 Kalilauge = 17,2 x 0,02805 g= 0,4825 g KOH, woraus

sich die Azetylsäurezahl 482,5 : 3,379 142,5 ergibt. Zu der neu- tralisierten Probe wurden noch 32,8 ccm, im ganzen also 50 ccm KOÖH

zufließen lassen. Nach dem Kochen wurde mit 14,3 ccm HCl zurück- titriert. Daher verbleiben zur Absättigung der abgespaltenen Essig- säure 32,8 14,3 = 18,5 cem KOH oder 18,5 x 0,02805 = 0,5189 g KOH, woraus sich die Azetylzahl 518,9 : 3,379 153,5 ergibt.

188 VI. Fette, Öle und Wachse.

7. Die Jodzahl gibt an, wieviel Prozent Jod ein Fett aufzunehmen vermag und bildet demnach, da nur ungesättigte Verbindungen Halogene addieren, ein Maß für den Gehalt eines Fettes an ungesättigten Fett- säuren, an Olsäure, Linolsäure, Linolensäure, Cholesterin u. a. Die Methode beruht auf der Messung des durch die Fette gebundenen und so zum Verschwinden gebrachten Jodes. Dieses Halogen wirkt bei gewöhnlicher Temperatur nur sehr träge auf die Fette ein, in der Wärme ist seine Wirkung sehr ungleichmäßig. Dagegen reagiert eine alkoholische Jodlösung bei Gegenwart von Quecksilberchlorid schon bei gewöhn- licher Temperatur sehr gleichmäßig mit den ungesättigten Fettsäuren und deren Glyzeriden. Folgende Lösungen sind notwendig: 1. Die ‚Jodlösung. Man löst einerseits 25 g Jod, andererseits 30 g Quecksilber- chlorid in je 500 ccm 95 prozentigen fuselfreien Alkohols, filtriert, wenn nötig, die letztere Lösung und vereinigt beide. Die Flüssigkeit darf erst nach 24stündigem Stehen in Gebrauch genommen werden, da sich der Titer anfangs rasch ändert; überhaupt sollte der Titer vor jeder Versuchsreihe neu gestellt werden. Eine beständigere Jodlösung re- sultiert nach Waller, wenn man zu je einem Liter der Mischflüssig- keit 50 ccm Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1,19 zusetzt. 2. Natrium- thiosulfatlösung: Sie enthält im Liter zirka 24 g des Salzes und man stellt den Titer am besten mit Kaliumbichromat oder Kaliumbijodat. 3,8707 g reinsten gepulverten K,Cr,O, werden in einem Liter Wasser gelöst und man läßt davon 20 cem in eine Stöpselflasche fließen, in welche man vorher 15 ccm 10 prozentiger Jodkalilösung und 5 cem Salzsäure gebracht hat. ‚Jeder Kubikzentimeter reinster Bichromatlösung macht genau 10 mg Jod frei, so daß 20 ccm 200 mg Jod ausscheiden, welche dann mit der zu stellenden Thiosulfatlösung titriert werden, indem man von dieser aus einer Bürette zufließen läßt, bis ein Tropfen mit etwas Jod- zinkstärkelösung oder Stärkekleister gerade Blaufärbung hervorruft. Oder man löst 1,6254 g reinsten Kalibijodats in Wasser und füllt auf 500 ccm auf. Dann bringt man 1—2 g reinsten Jodkalis in ein Becher- glas, löst das Salz in möglichst wenig Wasser, fügt 5 ccm Salzsäure 1:5 hinzu und dann erst 20 ccm der Kalibijodatlösung. Es scheiden sich 20 x 12,68 mg Jod ab. Man verdünnt mit 200 ccm Wasser und läßt aus der Bürette unter Umrühren Thiosulfatlösung zufließen, bis die Lösung nur noch schwach gelb gefärbt ist, setzt jetzt etwas Stärke- lösung dazu und läßt weiter tropfenweise Thiosulfatlösung zufließen, bis die Blaufärbung beim energischen Schütteln eben verschwindet. Man erfährt so die Anzahl der Kubikzentimeter Natriumthiosulfat- lösung, die erforderlich sind, um 0,2536 g Jod zu reduzieren und be- rechnet hieraus den Titer für 1 ccm der Thiosulfatlösung. 3. Chloro- form, das in der Weise auf seine Reinheit geprüft wird, daß man 10 cem desselben mit 10 cem Jodlösung versetzt und nach 2—3 Stunden die Jodmenge sowohl in dieser Mischung, als in 10 ccm der Vorratslösung maßanalytisch bestimmt; stimmen die erhaltenen Zahlen überein, so ist das Chloroform brauchbar. 4. Jodkalilösung, die auf zehn Teile Wasser einen Teil Jodkali enthält. 5. Stärkelösung, indem man 0,5 g pulverisierter Stärke in 100 ccm Wasser kocht, bis eine dünnflüssige, opaleszierende Flüssigkeit resultiert; zweckmäßiger ist es, eine halt- bare- Jodzinkstärkelösung folgendermaßen herzustellen: 5 g Stärke- mehl werden mit 20 g ZnCl, und mit 100 ccm destillierten Wassers unter Ergänzung des verdampfenden Wassers mehrere Stunden solange ge-

VI. Fette, Öle und Wachse. 189

kocht, bis die Stärkehäutchen völlig gelöst sind, dann werden 2 8 trockenen ZnJ, zugesetzt, auf einen Liter verdünnt und filtriert. Die Filtration geht langsam vor sich, man erhält aber eine klare Flüssigkeit, die wohl nach einigen Wochen einige Flocken absetzt, aber, in wohl- verschlossenen Gefäßen im Dunkeln aufbewahrt, dauernd farblos bleibt. Außerdem kann auch wasserlösliche Stärke, in destilliertem Wasser gelöst, verwendet werden.

Die Bestimmung wird folgendermaßen vorgenommen: man bringt von trocknenden Ölen 0,1—0,12 g, von nicht trocknenden Ölen 0,2—0,3 8, von festen Fetten zirka 0,5 g, von Kokosöl und Palmkernöl 1 g in eine 500-800 ccm fassende, trockene, mit gut eingeriebenem Stöpsel ver- sehene Glasflasche, löst in zirka 15 cem Chloroform und läßt mittels der in die Vorratsflasche eingesetzten Pipette 25 cem Jodlösung zu- fließen, wobei man die Pipette bei jedem Versuch in genau gleicher Weise entleert, d. h. stets dieselbe Tropfenzahl zufließen läßt. Zieht man es vor, größere, z. B. die doppelte Fettmenge abzuwägen, so läßt man 50 ccm Jodlösung zufließen. Sollte die Flüssigkeit nach dem Umschwenken nicht völlig klar sein, so wird noch etwas Chloroform hinzugefügt. Tritt binnen kurzer Zeit fast vollständige Entfärbung der Flüssigkeit ein, so muß man noch 25 ccm Jodlösung zufließen lassen; die Flüssigkeit muß nach zwei Stunden jedenfalls noch stark braun gefärbt erscheinen. Obwohl die Reaktion nach dieser Zeit beendet ist, läßt man noch vier Stunden stehen, versetzt dann mit 20 ccm Jodkalilösung 1: 10, schwenkt um und fügt 150 cem Wasser hinzu. Scheidet sich dabei rotes Quecksilberjodid aus, so war die zugesetzte Jodkalimenge ungenügend; man muß dann nachträglich noch Jodkali dazugeben. Nun läßt man unter oftmaligem Umschwenken solange Thiosulfatlösung zufließen, bis die wässerige Flüssigkeit und die Chloro- formlösung nur mehr schwach gefärbt erscheinen. Nun wird der Stärke- indikator zugesetzt und zu Ende titriertt. Unmittelbar vor oder nach der Operation wird in einer blinden Probe der Titer von 25 ccm der Jodlösung in ebenderselben Weise mit Thiosulfatlösung bestimmt. Aus der Differenz beider Bestimmungen berechnet man die Menge Jod und bezieht sie auf 100 Teile Fett. Die Jodlösung soll nur solange benutzt werden, als 25 cem derselben noch mindestens 35 ccm der

ns Thiosulfatlösung beanspruchen. Die Zahlen sind ganz konstant, wenn

die Jodlösung in genügendem Überschuß vorhanden war; der Überschuß soll 100—160 %, nach sechs Stunden betragen.

Quantitative Bestimmungeinzelner Bestand- teile der Fette: man bestimmt freie Fettsäuren und Glyzerin. Zur gewichtsanalytischen Bestimmung des Fettsäuregehaltes übergießt man einige Gramme der Probe mit heißem Alkohol, setzt Phenol- phthalein zu und neutralisiert die freie Säure genau mit verdünnter Lauge, die man aus einer Bürette zufließen läßt, wobei man gleich- zeitig mit der titrierten Lauge die Säurezahl ermittelt. Nach dem Erkalten wird die Flüssigkeit mit dem gleichen Volumen Wasser ver- dünnt und mit Petroläther extrahiert. Die Petrolätherschicht schüttelt man wiederholt mit Wasser, ohne jedoch dieses mit der abgezogenen Flüssigkeit zu vereinigen. Der Petroläther wird dann zuerst in einen trockenen Kolben gegossen, an dessen Wände sich noch Wassertropfen ansetzen, und dann erst in einen gewogenen Kolben umgeleert. Nach-

190 VI. Fette, Öle und Wachse.

dem man die Flüssigkeit in dieser Weise wiederholt mit Petroläther extrahiert hat, wird dieser abdestilliert, der Rückstand getrocknet und als Neutralfett gewogen. Aus der Differenz ergibt sich der Gehalt an Fettsäuren. Oder man bringt die Seifenlösung samt den Waschwässern in den Scheidetrichter, fügt verdünnte Schwefel- säure bis zur stark sauren Reaktion hinzu, schüttelt mit Petroläther wiederholt aus und verfährt mit den Auszügen so wie oben angegeben wurde.

Ist die Jodzahl gleich Null, so sind keine flüssigen, ungesättigten Fettsäuren vorhanden; erhält man eine Jodzahl, so führt man eine Trennung von festen und flüssigen Fettsäuren durch; zum qualitativen Nachweis von festen Fettsäuren (Palmitinsäure, Stearinsäure) in einem Ol verseift man mit alkoholischer Kalilauge, fügt Phenolphthalein hinzu, neutralisiert mit Essigsäure, filtriert und vermischt das Filtrat mit zwei Gewichtsteilen Ather und alkoholischer Bleiazetatlösung. Sind feste Fettsäuren zugegen, so entsteht ein weißer Niederschlag. Zur quanti- tativen Trennung flüssiger und fester Fettsäuren benutzt man die Eigen- schaft der Bleisalze der unlöslichen, flüssigen Fettsäuren (Ölsäure, Linol- säure usw.), sich in Äther sufzulösen, während die Bleisalze der festen Fettsäuren (Palmitinsäure, Stearinsäure usw.) darin nur in äußerst geringen Mengen löslich sind. Nach Kremel wägt man 2-3 g der Probe in einem weithalsigen Kolben von 100—150 cem Inhalt ab und verseift mit beiläufig derselben Menge Ätzkali und 10 ccm 95prozentigen Alkohols auf dem Wasserbad. Hierauf setzt man etwas Wasser und 1—2 Tropfen Phenolphthaleinlösung hinzu und neutralisiert genau mit Essigsäure. Der Alkohol wird auf dem Wasserbade verdampft, der Rückstand in zirka 80 ccm heißen Wassers gelöst und mit Blei- zucker gefällt; die Bleiseifen legen sich beim Umschwenken vollkommen an die Kolbenwandung an. Nach dem Erkalten gießt man die Flüssig- keit durch ein mittleres Filter ab und wäscht einigemal mit heißem Wasser. Nun schmelzt man den Kolbeninhalt auf dem Wasserbad, läßt erkalten, gießt das Wasser, welches sich angesammelt hat, gleich- falls durch das Filter und trocknet die Kolben samt Inhalt und Filter bei gelinder Wärme. Nun behandelt man den Kolbeninhalt mit Ather und filtriert die Flüssigkeit, welche die Bleisalze der flüssigen Fett- säuren gelöst enthält, durch das vorher benutzte Filter in ein gewogenes Porzellanschälchen ab, wobei man das Filter gut bedeckt hält. Man spült Kolben und Filter gut mit Äther nach, läßt die Ätherlösung in der Schale verdunsten, trocknet den Rückstand 'erst bei gelinder Wasserbad- wärme, dann über Schwefelsäure und wägt. In einem gewogenen Teil bestimmt man den Bleioxydgehalt, indem man ihn in der gewogenen Porzellanschale vorsichtig verbrennt und den Rückstand, der nach dem Glühen ein Gemenge von Bleioxyd und Blei ist, wägt. Man behandelt ihn dann mit warmer Essigsäure, bis alles Oxyd vollständig gelöst ist, und wäscht das metallische Blei durch Dekantation. Nachdem man das Waschwasser möglichst vollständig abgegossen hat, trocknet man den Tiegel samt dem darin enthaltenen Blei und wägt. Die Differenz der beiden Wägungen gibt die Menge des im Glührückstand enthalten gewesenen Bleioxyds, das man auf Blei umrechnet und zu dem Ge- wichte des direkt erhaltenen Bleis addiert. Den erhaltenen Bleioxyd- gehalt zieht man vom Gewichte des Rückstandes der Atherlösung ab. Die Differenz gibt das Gewicht der Anhydride der flüssigen Fettsäuren.

VI. Fette, Öle und Wachse. 191

Um daraus das Gewicht der flüssigen Fettsäuren selbst zu erfahren, muß man noch das der gefundenen Bleioxydmenge A äquivalente Wasser-

quantum hinzuaddieren, welches man erhält, wenn man A mit ne = 0,0807 multipliziert. Das Filter wird nun ausgebreitet, damit sich der Ather verflüchtigen kann, worauf sich die Bleiverbindungen der festen Fettsäuren leicht vom Filter ablösen und vollständig in den Kolben zurückbringen lassen. Man zersetzt sie durch Kochen mit verdünnter Salzsäure und schüttelt nach dem Erkalten mit Ather aus, läßt die Atherlösung verdunsten und wägt den Rückstand.

Glyzerinbestimmung: Wollen wir in einem fettähnlichen Gemisch den Anteil an wirklichem Fett bestimmen, so müssen wir eine Glyzerinbestimmung durchführen. Zum qualitativen Nachweis des Glyzerins kann schon der unangenehme, charakteristische Akrolein- geruch (Geruch nach ‚angebranntem‘“ Fett) dienen, der beim raschen Erhitzen des Glyzerins oder Fettes für sich oder besser beim Erhitzen der Mischung von Glyzerin und saurem schwefelsaurem Kali auftritt. Ferner färbt eine mit Glyzerin oder glyzerinhaltiger Flüssigkeit be- feuchtete Boraxperle die Flamme des Bunsenbrenners grün. Glyzerin treibt Borsäure aus Boraxlösungen aus: die zu prüfende Flüssigkeit und eine Boraxlösung werden mit einigen Tropfen Lackmustinktur blau gefärbt und miteinander vermischt. Bei Gegenwart von Glyzerin tritt dabei durch die freigewordene Borsäure Rotfärbung ein. Beim Erwärmen wird die Flüssigkeit blau, beim Erkalten neuerdings rot. Beim Erhitzen von Glyzerin mit Phenolen und Schwefelsäure auf 120 ° entstehen Farbstoffe: in einer Eprouvette werden zwei Tropfen Glyzerin, zwei Tropfen geschmolzenes Phenol und ebensoviel konzentrierte Schwefelsäure sehr vorsichtig etwas über 120° © erhitzt, wobei sich in der harzartigen Schmelze bald eine braune, feste Masse bildet, die sich nach dem Abkühlen mit prachtvoll karmoisinroter Farbe in Ammoniak löst. Kocht man eine kleine Menge Glyzerin oder der auf Glyzerin zu prüfenden Substanz mit wenig Pyrogallol und mehreren Tropfen einer mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnten Schwefel- säure, so färbt sich die Flüssigkeit bei Gegenwart von Glyzerin deutlich rot, nach Zusatz von Zinnchlorid violettrot. Kohlehydrate und einige Alkohole geben ähnliche Färbungen; die Möglichkeit ihrer Anwesenheit muß also ausgeschlossen sein.

Zum quantitativen Nachweis des Glyzerins kann man die Oxydation mit Kaliumpermanganat verwenden. Ein Molekül Glyzerin liefert quantitativ genau je ein Molekül Oxalsäure und Kohlensäure, wenn man Glyzerin in stark alkalischer Lösung bei gewöhnlicher Temperatur mit Permanganat oxydiert. Darauf beruht das Glyzerinbestimmungs- verfahren von Benedict und Zsigmondy. 2-3 g Fett werden mit Kalilauge und reinem Methylalkohol verseift, der Alkohol auf dem Wasserbad verjagt, der Rückstand in heißem Wasser gelöst und die Seife unter Erwärmen mit verdünnter Salzsäure zerlegt. Dann erwärmt man, bis sich die Fettsäuren klar abgeschieden haben, bei flüssigen Fetten setzt man zweckmäßig etwas hartes Paraffin zu, um die obenauf schwimmenden Fettsäuren bei dem nun folgenden Abkühlen, welches durch Einstellen der Schale in kaltes Wasser bewirkt wird, zum Er- starren zu bringen. Man läßt erkalten, filtriert in einen geräumigen Kolben, wäscht gut nach, neutralisiert nach Zusatz eines Tropfens

192 VI. Fette, Öle und Wachse.

Methylorange mit Kalilauge und setzt noch 10 g Ätzkali hinzu. Dann läßt man bei gewöhnlicher Temperatur soviel einer zirka 5prozentigen Kaliumpermanganatlösung zufließen, bis die Flüssigkeit nicht mehr srün, sondern blau oder schwärzlich gefärbt ist. Statt dessen kann man auch fein gepulvertes Permanganat eintragen. Auf einen Teil Glyzerin entfallen rund sieben Teile Permanganat. Man läßt eine halbe Stunde bei gewöhnlicher Temperatur stehen und setzt dann nach Mangold unter Vermeidung eines größeren Überschusses Wasserstoff- superoxyd hinzu, bis die über dem Niederschlag stehende Flüssigkeit farblos geworden ist. Man füllt dann auf 1000 ccm auf, schüttelt um und filtriert 500 cem durch ein trockenes Filter. Das Filtrat wird in einem Kochkolben eine halbe Stunde lang erhitzt, um alles Wasserstoff- superoxyd zu zerstören, auf etwa 60° C abkühlen gelassen und nach Zusatz von Schwefelsäure mit gestellter Kaliumpermanganatlösung titriert. Oder man säuert mit Essigsäure an, erhitzt bis zum Sieden und fällt mit 10 ccm einer 10prozentigen Kalziumchlorid- oder Kalzium- azetatlösung zunächst die Oxalsäure aus. Der Niederschlag wird ab- filtriert, aber das Kalziumoxalat nicht gravimetrisch bestimmt, da es mit Kieselsäure verunreinigt sein kann, sondern maßanalytisch. Man glüht, löst den Rückstand in einer überschüssigen Menge titrierter Salzsäure und titriert den Überschuß mit gestellter Kalilauge unter Anwendung von Methylorange als Indikator zurück. 112,2 Teile Kalihydrat entsprechen 92 Teilen Glyzerin.

Bestimmung des Glyzerins nach Zeisel-Fanto durch Überführen in Isopropyljodid: Diese Methode beruht auf der Umwandlung in flüchtiges Alkyl- jodid unter der Einwirkung kochender, wässeriger ‚Jodwasserstoffsäure vom spezifischen Gewicht 1,7, dessen Dampf, von begleitendem Jod und Jodwasser- stoff befreit, in alkoholischer Silbernitratlösung auf- gefangen wird. Mit dieser setzt es sich zur äquiva- ar lenten Menge Silberjodid um, das gravimetrisch oder

maßanalytisch bestimmt werden kann. Durch Er- hitzen von Glyzerin mit überschüssiger Jodwasserstoffsäure entsteht Isopropyljodid. Der dazu notwendige Apparat (Fig. 64) besteht aus einem Siedekolben A mit Steigrohr B, Waschapparat und Stopfen, dem Vorstoß und den beiden Vorlagen C und D. Das Siede- kölbchen, das ungefähr 40 cem faßt, trägt am Halse ein gebogenes, nahe der Insertionsstelle auf mindestens 1 mm lichte Weite verengtes Rohr a zum Einleiten von Kohlensäuregas. Der Waschapparat besteht aus dem die Fortsetzung des 10 em langen und 7—8 mm weiten Steig- rohres einschließenden Mantel mit seitlichem Ansatzrohr und dem bis knapp auf den Boden des Mantelgefäßes reichenden, dort etwas eingezogenen Rohrstopfen. Der Apparat muß so weit sein, daß er mit mindestens 5 ccm Waschflüssigkeit gefüllt werden kann. Das untere Ende des ersten Einleitungsrohres beim Vorstoß ist etwas erweitert, um Verstopfung durch angesetztes Jodsilber zu verhindern. Die erste Vorlage, ein Erlenmeyerkolben mit weitem Hals, faßt bis zu einer etwa in halber Höhe angebrachten Marke 45 ccm; die zweite Vorlage braucht nicht mehr als 5 ccm zu fassen. Die einzelnen Teile des Apparates müssen

Fig. 64. a nach

Zeisel-

VII. Stiekstoffassimilation. 193

sehr gut aufeinandergeschliffen sein und halten überdies durch Draht- spiralen aneinander, die an Glashörnchen des Apparates angebracht sind. Zur Bestimmung benötigt man Jodwasserstoff vom spezifischen Gewicht 1,9, ferner eine Auflösung von 40 g geschmolzenen Silbernitrats in 100 ccm Wasser, aufgefüllt auf einen Liter mit reinem Alkohol, die nach 24 Stunden zu filtrieren ist, ferner roten Phosphor, der mit Schwefel- kohlenstoff, Ather, Alkohol und Wasser gut gewaschen ist. In dem Wasch- apparat wird 0,5g davon, aufgeschwemmt in 5 ccm einer 10prozentigen Natriumarseniklösung eingebracht. Zur Bestimmung selbst werden 5 cem der zu untersuchenden wässerigen Glyzerinlösung mit höchstens 5% Glyzeringehalt mit 15 cem Jodwasserstoffsäure versetzt und sofort darauf mit einem Splitter von gebranntem Ton in das Siedekölbchen gebracht. Nachdem in den Waschapparat die Phosphoremulsion, in die erste Vorlage 45 ccm, in die zweite 5 ccm der Silberlösung gebracht worden und die einzelnen Teile des Apparats sorgfältig dicht miteinander verbunden worden sind, wird durch das Seitenrohr des Siedekölbchens durch Wasser bzw. Natriumbikarbonat gewaschene Kohlensäure lang- sam durchgeleitet und das Kölbchen vorsichtig zum Sieden erhitzt. Der Siedering der Jodwasserstoffsäure soll sich bis etwa zur halben Höhe des Steigrohres erheben. Die Silberlösung in der ersten Vorlage wird sich bald trüben und ein kristallinisches, weißgelbes Gemisch von Jodsilber und Silbernitrat sich ausscheiden, die Flüssigkeit oberhalb des Niederschlages klärt sich, sobald die Fällung vollkommen beendigt ist. Nach 1—-3 Stunden ist die Operation beendigt, der Niederschlag kommt samt Mutterlauge in ein zirka 600 ccm fassendes Becherglas. Man gießt mit dem Spülwasser auf etwa 450 ccm auf, setzt 10—15 Tropfen verdünnter Salpetersäure zu und läßt eine halbe Stunde auf einem kochenden Wasserbad stehen. Die Doppelverbindung von Silbernitrat und Silberjodid wird dabei zersetzt, der Niederschlag auf einen mit Asbest adjustierten Goochtiegel gebracht, mit Wasser und Alkohol gewaschen, bei 120—130 ® getrocknet und dann gewogen. Ein Molekül Jodsilber entspricht einem Molekül Glyzerin, daher ein Teil des ge- wogenen Jodsilbers 0,3915 Teilen Glyzerin.

VI. Stickstoffaffimilation.

Daß keine Pflanze ohne Stickstoffnahrung auskommen kann, ergibt schon der Umstand, daß die Eiweißstoffe, welche ja zur Bildung des Protoplasmas notwendig sind, Stickstoff enthalten. Die Stickstoff- quellen der Pflanzen sind einerseits das wässerige oder feste Substrat, in welchem sich der Stickstoff in chemisch gebundener Form vorfindet, anderseits der freie atmosphärische Stickstoff. Von anorganisch gebunde- nem Stickstoff vermag die höhere Pflanze außer Ammoniak nur Nitrate auszuwerten, während Nitrite oder Hyponitrite als Gifte wirken, ebenso- wenig können Oxyde des Stickstoffs als Nahrung dienen. In welcher Weise die Umwandlung der Nitrate in organische Komplexe erfolgt, wissen wir nicht, sicher ist nur, daß dabei eine Reduktion erfolgen muß, und es ist möglich, daß diese über Nitrit etwa so geht wie die Reduktion der Kohlensäure über Formaldehyd. Daß hierbei das Licht eine große Rolle spielt, scheint sicherzustehen, wenn auch die von Schimper und anderen vertretene Anschauung, die Stickstoffassimilation sei ein

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum, 13

194 VII. Stickstoffassimilation.

lichtehemischer Prozeß, nicht durchaus stichhaltig ist, weil sie, wenn auch im Lichte bedeutend beschleunigt, sich doch auch im Dunkeln vollzieht. Freilich ist es in Analogie mit anderen Vorgängen nicht aus- geschlossen, daß im Dunkeln statt der Lichtenergie die aus chemischen Umsetzungen stammenden Energiewerte zur Stickstoffassimilation heran- gezogen werden. Sehr beachtenswert scheint die aus Versuchen extra vitam geschöpfte Hypothese von OÖ. Baudisch, nach welcher das Reduktionsprodukt der Nitrate, welches im Lichte gebildet worden ist, mit Formaldehyd zu Formhydroxamsäure zusammentritt, wobei Kohlen- säureassimilation mit Stickstoffassimilation genetisch verknüpft ist. Schon Berthelot sah, als er dunkle elektrische Entladung in einem Gasraum von Kohlensäure und Wasserdampf bei Gegenwart stickstoff- haltiger Substanzen einleitete, komplexe Stoffe entstehen, welche die Eiweißreaktionen gaben. Während, wie gesagt, niedrige Oxyde des Stickstoffs nicht verwertet werden können, wie ja überhaupt die höhere Pflanze in ihrer Stoffaufnahme auf die Verwertung nur derhöchsten Oxyde (Kohlendioxyd, nicht aber Kohlenoxyd, Stickstoffpentoxyd (Nitrate), nicht aber Stick- stofftrioxyd (Nitrite), Phosphorpentoxyd (Phos- phate), nicht aber Phosphortrioxyd (Phosphite), Schwefeltrioxyd (Sulfate), nicht aber Schwefel- dioxyd (Sulfite)) angepaßt ist, können die meisten Pflanzen statt der Nitrate auch mit Ammoniak oder Ammon- salzen (vorausgesetzt, daß diese nicht infolge ihrer physiologischen Alkaleszenz wie das Ammonkarbonat die Wurzeln schädigen, also nur Ammonsalze starker Säuren wie Ammonnitrat, Ammonchlorid usw.) vegetieren, ja manche Pflanzen gedeihen besser mit Am- moniak als mit Nitraten, so daß wir geradezu Nitratpflanzen (Buchweizen, Geranien, Tabak, Brennessel) einerseits, Ammoniakpflanzen (Mais, Gramineen überhaupt) unterscheiden können. Fie. 65. Wurzelknöllchen der Aw alle Fälle aber brauchen diese Pflanzen " Leguminosen. Stickstoff in gebundener Form, selbst organisch gebundener dtickstoff in Form von Aminosäuren

oder Säureamiden kann dazu Sienen, und es ist durchaus wahrscheinlich, daß die Pflanzen auch in Naturböden wenigstens einen Teil ihres Stickstoffs der organischen Masse des Bodens direkt entnehmen, womit die Liebig- sche Humustheorie doch wenigstens teilweise in ihre Rechte wieder ein- gesetzt zu sein scheint. Im Experiment ist es nicht leicht zu entscheiden, ob die organischen Stickstoffverbindungen vor ihrer Aufnahme durch die höhere Pflanze bis zu Ammoniak reduziert oder ob sie direkt aufgenommen werden, da solche Versuche bisher nicht mit steriler Methodik ausgeführt wurden und somit immer mit der Möglichkeit einer Intervention durch Mikroorganismen gerechnet werden muß. Daß organische Stickstoff- verbindungen gleichzeitig als Stickstoff- wie als Kohlenstoffquelle dienen und höhere Pflanzen demnach mit Aminosäuren bei Ausschluß von Kohlensäure ihr Auslangen finden können, wie das Lefevre behauptet hat, ist jedenfalls sehr unwahrscheinlich. Den molekularen Stickstoff der Luft vermögen die grünen Pflanzen für sich nicht aus- zunutzen, dies gelingt aber solchen, welche in Symbiose mit stickstoff-

VII. Stickstoffassimilation. 195

- bindenden Bakterien oder anderen stickstoffbindenden Organismen leben wie die Leguminosen oder jene Pflanzen, welche an ihren Wurzeln mit stickstoffbindenden Pilzen, der sogenannten Mykorrhiza, versehen sind. Während die übrigen Kulturpflanzen gebundenen Stickstoff im Substrat zum Gedeihen unbedingt brauchen, vermögen die Leguminosen auch in Quarzsand oder an Stickstoff verarmten Böden zu gedeihen und reichern sogar den Boden an Stickstoffverbindungen an. In der praktischen Landwirtschaft ist es schon eine alte Erfahrung, daß Leguminosen auch in sterilen Böden fortkommen und als Zwischen- frucht gebaut, einen durch Getreide u. dgl. erschöpften Boden wieder zum Anbau von nicht stickstoffsammelnden Pflanzen geeignet machen. Im Experiment bewirkt auch Nitratdarreichung bei Lupinen keine wesentlich bessere Entwicklung, als wenn die Stickstoffdüngung weg- bleibt. Die Leguminosen sind dadurch ausgezeichnet, den atmo- sphärischen Stickstoff verwerten zu können und ihre Symbiose mit dem vermittelnden Bakterium ist durch die Ausbildung von eigenartigen, schon mit freiem Auge sichtbaren Anschwellungen an der Wurzel, den sogenannten Wurzelknöllchen (Fig. 65), zu konstatieren. Die Leguminosen kommen in sterilisierten Böden nicht fort, es sei denn, daß man mit einer Spur Ackererde den Boden nach dem Sterilisieren impft. Dabei ist zu beachten, daß die stickstoffbindenden Bakterien offenbar boden- und artspezifisch sind, denn die Bakterien von Wicke infizieren nicht Robinia pseudacacia usw., und die japanische Soja hispida gedieh in unserem Ackerboden erst, nachdem dieser mit etwas Erde aus dem japanischen Heimatlande geimpft worden war. Übrigens möge bei dieser Gelegen- heit darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Sterilisation eines Bodens durch Erhitzen für die Pflanze, welche nachher dahin versetzt ist, überhaupt nicht gleichgültig ist. Wie durch längere Kultur der- selben Pflanzenart in einem Boden derselbe für Pflanzen derselben Art giftig wird, indem diese Pflanzenart in solchen Böden die Er- scheinung der Bodenmüdigkeit zeigt, so entstehen auch beim Sterili- sieren von Böden giftige Substanzen, welche dem Gedeihen der Pflanzen Eintrag tun. Nach ©. Schulze!) scheinen in sterilisiertem Boden wachsende Pflanzen im wesentlichen unter der Einwirkung zweier ent- gegengesetzt wirkender Faktoren zu stehen. Je nach der allgemeinen Beschaffenheit des Bodens entstehen beim Sterilisieren mehr oder weniger schädlich wirkende Zersetzungsprodukte, welche die Versuchs- pflanze je nach dem Grade ihrer individuellen und ihrer durch die Art bedingten Empfindlichkeit mehr oder weniger stark beeinflussen. Dem entgegen wirkt der das Wachstum der Pflanzen befördernde Einfluß der Nährstoffaufschließung im Boden, insbesondere seines unlöslichen, nicht ohne weiteres zugänglichen Stickstoffvorrates. Je nachdem nun der eine oder andere dieser beiden Faktoren im einzelnen Falle über- wiegt, kommt eine Erhöhung oder Verminderung der Ernte an Pflanzen- substanz zustande. Durch eine Kalkgabe läßt sich die Wirkung der Zersetzungsprodukte des Bodens stets ganz oder fast ganz aufheben. Die Bedeutung dieser Tatsachen für die Anstellung von Vegetations- versuchen in durch Hitze sterilisiertem Boden liegt auf der Hand und, da sich nicht alle Pflanzenarten gleich empfindlich verhalten, die Not-

!)C. Sehulze, Einige Beobachtungen über die Einwirkung der Boden- sterilisation auf die Entwicklung der Pflanzen, Landw. Vers.-Stat. 65, 137 (1907).

152

196 VI. Stickstoffassimilation.

wendigkeit, bei solchen Versuchen Boden und Pflanze entsprechend auszuwählen, damit nicht die fast unvermeidlichen Störungen das Resultat des Versuches verschleiern. Am typischsten treten die schädigenden Einflüsse der Bodensterilisation beim Senf hervor, auch bei Hafer in Wiesenboden (Fig. 66) blieben die Pflanzen im sterilisierten Boden wesentlich gegen die in nicht sterilisiertem Boden zurück, überall tritt in mehr oder weniger hohem Maße Gelbwerden der Blätter ein. Haferpflanzen in Ackerboden (Fig. 67) zeigten dagegen keine Krank- heitserscheinungen, aber auch hier blieben die Pflanzen zurück, wenn es da auch später infolge der Bodenaufschließung zu einer erheblichen Erhöhung der Produktion an Pflanzensubstanz kam; bei Hafer in Gartenboden (Fig. 68) zeigte sich sogar im sterilisierten Boden von

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vornherein eine Förderung der Pflanzenentwicklung. In den untersuchten drei Bodenarten entstehen also beim Sterilisieren in ganz verschiedenem Maße Giftstoffe. Beim Senf, der, wie gesagt, gegen Bodensterilisation ganz besonders empfindlich ist, zeigt sich dieselbe Abstufung. Die Krankheitserscheinungen sind hier sehr intensiv und bestehen in Gelb- werden und Abwerfen der Blätter, aber hier verwischen oft individuelle Differenzen die typische Abstufung in den einzelnen Bodenarten. Viel weniger als Senf, aber noch immer sehr empfindlich zeigen sich Erbsen, noch weniger Buchweizen, und bei diesen Gräsern erscheint eine Gift- wirkung überhaupt nicht. Bei den leidenden Pflanzen ist die Gesamt- ernte immer kleiner, während die Stickstoffaufnahme relativ groß ist infolge Aufschließung der anorganischen Stickstoffquellen des Bodens durch Erhitzung. Will man eine üppige Entwicklung der Pflanzen hervor-

VII. Stickstoffassimilation. 197

rufen, so muß man für Düngung des Bodens, für künstliche Bereicherung der natürlichen Nährstoffquellen sorgen, und zwar sind es außer Stickstoff- verbindungen haupt- sächlich die Verbin- dungen von Kali und | Er Phosphor, welche dm Mr 7 95 Boden zugeführt wer- den. Auf die Methoden Pr TAGE ALT und Erfolge der Dün- | I gung kann hier nicht eingegangen werden, es muß diesbezüglich auf die sehr ausgedehnte landwirtschaftliche Li- teratur hingewiesen werden. Bemerkt sei zur, dab durch. S. Strakosch!) die merkwürdigen Bezie- hungen zwischen Pro- duktion von organi- scher Substanz durch Assimilation und Ent- nahme von minerali- schen Bodennährstof- fen, was dieser Autor mit dem jetzt in der wissenschaftlichen Terminologie bereits eingebür- gerten Ausdruck ‚‚assimilatorischer Effekt‘ bezeichnet, aufgedeckt wurden, indem bei verschie- denen Pflanzen- arten die Ernte- werte bei gleichzei- tigem Bedarf an Nährsalzen als sehr ungleich erkannt wurden. Über den Wert der verschie- denen Düngemittel im wissenschaft- lichen Experiment führen K. und L. Linsbauer in ihrer ‚Vorschule der Pflanzenphysi- ologie‘‘ S. 108 fol- genden instrukti- ven Versuch an:

Fig. 67.

I TS.Strakosch, Das Problem der un- gleichen Arbeitsleis- tung unserer Kultur- pflanzen, Berlin 1907. Fir. 68,

198 VII. Stickstoffassimilation.

Auf je 10 Liter Wasser lösen wir 10 g Doppelsuperphosphat (im wesentlichen ein Gemenge von MsHPO,„ Ca(H,PO,), und 2 CaSO,), 10 g KCl und 30 g NaNO,. Damit begießen wir statt mit gewöhn- lichem Wasser eine Topfpflanze, deren Erde vorher nicht aus- getrocknet sein darf, sondern eventuell früher mit gewöhnlichem Wasser begossen wird. Sollten auch die Blätter mit dieser Nährlösung besprengt worden sein was zu vermeiden ist —, so werden sie mit Wasser abgespült. Pelargonien, Fuchsien, Veilchen, Reseden oder Chrysanthemen begießt man im Beginn der Entwicklung wöchentlich einmal, später zur Zeit des lebhaften Treibens sogar zweimal in der Woche (Primeln, Zyklamen, Knollenbegonien behandelt man mit der obigen Lösung, nachdem man sie vorher mit Wasser verdünnt hat, und zwar in der größten Wachstumsperiode nur etwa alle s—10 Tage). Wir suchen nun drei möglichst gleichentwickelte Topfpflanzen derselben Art aus und begießen den ersten Topf nur mit gewöhnlichem Wasser, den zweiten mit der obigen Lösung, aus der wir den Chilesalpeter weg- gelassen haben, endlich den dritten Topf mit der vollständigen Lösung. Bei richtiger Kultur zeigt sich meist, daß nur bei gleichzeitiger Stickstoff-

Fig. 69. Erdteilchen E umspinnende Fig. 70. Relief des Wurzelsystems, in eine Wurzelhaare W (vergr.). Marmorplatte eingeätzt.

darbietung die Kaliphosphatdüngung einen, dann allerdings sehr deut- lichen Erfolg hat. Bekanntlich vermögen die Pflanzen selbst schwer- lösliche Bodenbestandteile löslich zu machen, ‚aufzuschließen‘“, indem ihre Wurzelhaare die Bodenpartikelehen innig umspinnen und durch- dringen (Fig. 69), worauf das Löslichmachen durch die Wurzelaus- scheidungen beruht. Läßt man z. B. eine Pflanze ihr Wurzelsystem in gut befeuchteter Erde auf einer glattpolierten Marmorplatte aus- breiten, so zeigt sich nach einigen Wochen das ganze Wurzelsystem mit allen feinsten Details in der korrodierten Platte eingeätzt (Fig. 70). Bei vielen Pflanzen können wir den Stickstoff in Ionenform nicht nur erst in der Asche nachweisen, sondern schon in der frischen lebenden Pflanze sind Nitrate n: achweisbar, wenn man den Saft nitratreicher Pflanzen, wie Zuckerrübe, Sonne ‚nblumen, Kartoffel, Brennessel, Gänsefuß, Fuchs- schwanz (welcher letztere 15 % Salpeter in der Trockensubstanz ent- hält), mit Diphenylamin und konzentrierter Schwefelsäure zusammen- bringt. Nitrate liefern mit Diphenylamin Blaufärbung, mit Brucin und Schwefelsäure Rotfärbung. Dagegen zeigen grüne Blätter von Pelar- gonium normalerweise keinen oder nur sehr geringen Nitratgehalt;

VII. Stickstoffassimilation. 199

erst nach 4—6tägigem Stehen im Dunkeln ergibt sich eine Anreicherung an Nitrat entsprechend der Tatsache, daß das Licht die Eiweißbildung begünstigt. Daß sie auch in Relation mit der Kohlensäureassimilation steht, wird durch den Umstand wahrscheinlich, daß panaschierte Blätter dieser Topfpflanzen ihren im Dunkeln angehäuften Nitratgehalt im Lichte nur aus den grünen Partien verlieren, nicht aber aus den weißen. Daß Eiweißbildung nur bei gleichzeitiger Anwesenheit von Kohlen- hydraten vor sich geht, ist eine schon längere Zeit bekannte Tatsache, so daß sich bei Zuführung von Kohlenhydraten auch im Dunkeln rasch Eiweiß bildet. Sehr reich an Nitraten fand R. Klein!) auch den Guttationstropfen von Zea Mays und Caladium antiquorum. Zum Nachweis von Nitriten geht derselbe Autor in der Weise vor, daß er Azofarbstoffe zur Identifikation heranzieht, da die Reaktion mit Jod- kalistärkekleister nicht auf Nitrite allein hinweist. Übrigens kann hinzugefügt werden, daß auch die Diphenylaminprobe nicht für Nitrate allein charakteristisch ist, sondern auch von Nitriten und überhaupt vielen oxydierenden Stoffen geliefert wird. Hier leistet eine 10prozentige Lösung von Nitron (Diphenylanilodihydrotriazol C,,H,,N,) in Sprozentiger Essigsäure viel bessere Dienste, da dieses Reagens ein sehr schwer lös- liches Nitrat liefert. Eine sehr empfindliche Reaktion auf Nitrite, selbst in äußerst verdünnten Lösungen, liefert Metaphenylendiamin, nämlich eine in überschüssiger, verdünnter Schwefelsäure sich bildende gelbe bis braune Färbung. Spuren salpetrigsaurer Salze werden nach Grieß nachgewiesen, indem man die zu untersuchende Flüssigkeit mit einer wässerigen Sulfanilsäurelösung versetzt und einige Tropfen Schwefel- säure, sowie wässerige «-Naphthylaminlösung hinzufügt. Noch bei überaus starker Verdünnung tritt deutliche Rosafärbung ein, die er- halten bleibt; nitritreiche Lösungen geben intensive Rotfärbung, die, unter gleichzeitiger Bildung eines Niederschlages, bald in Gelb übergeht. Bei der Prüfung auf Nitrite mit so empfindlichen Reaktionen das Vorkommen von Nitriten in lebenden Pflanzen ist noch strittig muß man übrigens auch darauf Rücksicht nehmen, daß die Luft eines Arbeits- raumes, in dem elektrische Bogenlampen, Quarzglasquecksilberlampen oder Gasflammen brennen, fast stets Nitrit enthält, und daß die Säfte, wenn sie längere Zeit aufbewahrt werden sollen, sehr sorgfältig vor Infektion zu schützen sind. Klein hat noch folgende schöne Reaktionen für Nitrite angegeben: 1. Man versetzt die zu prüfende Lösung mit wässeriger Sulfanilsäure und 2—3 Tropfen konzentrierter Salzsäure. Auf Zusatz von alkoholischer Diphenylaminlösung färbt sich die Flüssigkeit leuchtend rot. Noch schöner tritt die Reaktion ein, wenn man mit der Diphenylaminlösung sorgfältig überschichtet. Es bildet sich an der Berührungsstelle ein roter Ring, der auch bei sehr starker Verdünnung gut zu sehen ist. 2. Nitrite geben mit alkoholischer «-Naphthylamin- lösung und etwas verdünnter Salzsäure eine tiefdunkle Violettfärbung. Bei längerem Stehen von nicht zu stark verdünnten Lösungen fällt ein Niederschlag aus.

Zu methodischen Zwecken können wir die stickstoffhaltigen Bestand- teile der Pflanzen einteilen inProteine, Peptone und Albumosen, Aminosäuren und anorganische Stickstoffverbindungen

1!) R. Klein, Über Nachweis und Vorkommen von Nitraten und Nitriten in Pflanzen, Beih. z. bot. Zentralbl. 30, 141 (1913).

200 VII. Stickstoffassimilation.

(Nitrate, Nitrite, Ammonsalze). Unter den Proteinen sind die einen in Wasser unlöslich, dagegen öslich in 1—2prozentigen Alkalien; die in Wasser löslichen sind durch Essigsäure, Kupferazetat und essigsaures Blei fällbar, bisweilen, aber nicht immer, durch überschüssigen Alkohol. Osborne teilt die Samenproteine ein 1. in Globuline, welche in Wasser unlöslich, aber in neutralen Salzlösungen, z. B. Ammonsulfat löslich sind. 2. Prolamine, welche durch 50—80 prozentigen Alkohol extrahiert werden können und bei der Zerlegung durch Säuren viel Prolin und Amidstickstoff liefern. 3. Gluteline, unlöslich in allen neutralen Lösungsmitteln, extrahierbar nur mit verdünnten Säuren oder Alkalien. 4. Albumine, wasserlöslich, in der Hitze koagu- lierbar, bei Halbsättigung mit Ammonsulfat fällbar. 5. Proteosen. Die Peptone und Albumosen sind in Wasser löslich, aber nicht fällbar durch eines der vorgenannten Reagenzien ; sie geben mit der Biuretreaktion eine charakteristische rötliche Färbung, sind vollkommen fällbar aus neutraler Lösung durch alkoholische Sublimatlösung und aus schwach saurer Lösung durch Phosphorwolframsäure, sie diffundieren langsam durch tierische Membran.

Zur Prüfung auf die wasserunlöslichen, in verdünnten Alkalien löslichen Proteine wird die alkalische Lösung sorgfältig mit verdünnter Säure neutralisiert, wobei sich ein Niederschlag bildet, der im Über- schuß der Säure löslich ist. Dieser Niederschlag wird abfiltriert, gewaschen und durch die gewöhnlichen Eiweißreagenzien geprüft. Zur Prüfung auf die wasserlöslichen Proteide wird die Lösung nach Zugabe einiger Tropfen Essigsäure und unter Zufügung von 90 prozentigem Alkohol gekocht, der eventuell ausfallende Niederschlag filtriert, gewaschen und auf Eiweiß geprüft. Ob ein Niederschlag entstanden ist oder nicht, fügt man zu einer frischen Probe der Lösung je 1. gelbes Blutlaugensalz und einen Tropfen Essigsäure, 2. eine wässerige Lösung von Trichlor- essigsäure. Diese beiden Reagenzien liefern mit Proteiden Niederschläge, und diese entstehen häufig, wenn die Lösung auch beim Kochen oder beim Versetzen mit Alkohol keine Reaktion gibt. Bei Anwesenheit von Proteiden wird eine wässerige Lösung von Kupferazetat so lange zu- gefügt, als noch ein Niederschlag entsteht, und filtriert. Im Filtrat wird das Kupfer mit Schwefelwasserstoff ausgefällt, der Überschuß von Schwefelwasserstoff durch Erwärmen ausgetrieben und auf Peptone und Albumosen folgendermaßen geprüft: 1. Biuretreaktion (gleiche Volumina starker Natronlauge und Zufügen von 1—2 Tropfen ver- dünnter Kupfervitriollösung, Rotfärbung). 2. Mit Natriumphosphat und verdünnter Schwefelsäure geben Peptone und Albumosen eine weiße Fällung. 3. Gesättigte alkoholische Sublimatlösung gibt eine im Wasser unlösliche weiße Fällung. Wenn Peptone und Albumosen zugegen sind, werden sie durch Zugabe der Sublimatlösung vollkommen ausgefällt, filtriert, das Filtrat durch Abdampfen von Alkohol und durch Schwefelwasserstoff von Quecksilber, durch Erhitzen von über- schüssigem Schwefelwasserstoff befreit. Die so behandelte Lösung wird sorgfältig mit verdünnter Natronlauge neutralisiert und auf Amino- säuren geprüft 1. durch Hinzusetzen von frisch gefälltem und gut ge- waschenem Kupferhydroxyd. Aminosäuren geben eine tiefblaue Lösung, nach sorgfältigem Verdampfen und Stehenlassen über Schwefelsäure im luftverdünnten Raume erscheinen charakteristische Kristalle der Aminosäure -Kupferverbindung. 2. Eine abgekühlte Mischung von

VII. Stiekstoffassimilation. 201

Natriumnitrit und verdünnter Schwefelsäure wird zugetropft, die Amino- säuren entwickeln Stickstoff. 3. Beim Kochen mit verdünnten Säuren liefern die Aminosäuren Ammoniak, welches entweder durch Austreiben mit Magnesia oder Kalk und Nachweis mit Lackmuspapier oder einen in Salzsäure getauchten Glasstab oder mit Neßlerschem Reagens nach- gewiesen wird.

Von Fällungsreaktionen der Proteine sind anzuführen: 1. Die Fällung durch Alkohol. Alle Proteine werden gefällt, die fällende Alkoholkonzentration schwankt mit der Natur des Proteins, Eiweißsalze sind bisweilen leichter alkohollöslich, die höheren Glieder der Alkohol- reihe besitzen ein stärkeres Fällungsvermögen; aromatische Alkohole fällen in geringerer, lösen in starker Konzentration. Wie Alkohol wirken auch Azeton und Chloroform. 2. Koagulation durch Hitze: die meisten Proteine werden durch Erwärmen irreversibel denaturiert, die dazu notwendige Temperatur steht in Abhängigkeit von der Reaktion der Lösung, der Eiweißkonzentration, dem Salzgehalt, der Geschwindigkeit des Erwärmens. 3. Fällung durch die Salze von Eisen, Kupfer, Queck- silber, Zink, deren Überschuß bisweilen lösend wirkt. 4. Fällung durch die Alkaloidreagenzien Phosphorwolframsäure, Phosphormolybdansäure, Gerbsäure, Ferrozyanwasserstoffsäure, Trichloressigsäure, Pikrinsäure.

Von den Farbenreaktionen sind folgende zu nennen: 1. Biuret- reaktion. Zusatz einiger Tropfen sehr stark verdünnter Kupfer- vitriollösung zu einer stark alkalischen Eiweißlösung erzeugt bei Pro- teinen Blauviolettfärbung, bei Albumosen und Peptonen, wie schon erwähnt, rote Färbung (ebenso bei Vitellinen). Nickelsalze statt der Kupfersalze geben orangerote Verbindungen. Überschuß des Reagens und zu starkes Erhitzen sind zu vermeiden. 2. Xanthoprotein- reaktion: Zusatz von konzentrierter Salpetersäure zu wässerigen Eiweißlösungen oder zu festem Eiweiß gibt in der Kälte, meist aber erst beim Erwärmen Gelbfärbung, die auf Zusatz von Alkali rotbraun, auf Zusatz von Ammoniak orange wird. Sie ist an die Anwesenheit von aromatischen Radikalen gebunden, mit denen sie Nitroderivate erzeugt. 3. Millonsche Reaktion: Ein Teil metallischen Quecksilbers wird in zwei Teilen konzentrierter HNO,, spezifisches Gewicht 1,42, in der Kälte gelöst, dann zum Sieden erhitzt, nach erfolgter Lösung mit dem doppelten Volumen Wasser verdünnt und hierauf filtriert. Wenige Tropfen dieses Reagens zu einer Eiweißlösung bilden einen Niederschlag, der sich ebenso wie die überstehende Lösung beim Erwärmen rot färbt. Gebunden an die Tyrosin- oder Tryptophangruppe der Proteine. 4. Schwefelbleireaktion: Proteinlösungen mit Bleisalzen in alkalischer Lösung gekocht liefern schwarzes Bleisulfid. Gebunden an die Cysteingruppe im Eiweiß. 5. Reaktion von Molisch: Zu- satz einiger Tropfen einer alkoholischen Lösung von «-Naphthol (15 bis 20 %) und darauf Unterschichten mit 1—2 Volumen konzentrierter Schwefelsäure bewirkt rubinrote bis violette Färbung, durch Äther, Alko- hol oder Sodalösung Farbenumschlag in Gelb. Verwendung von Thymol statt «-Naphthol gibt karminrote Färbung, die durch Wasserzusatz einen grünlichen bis gelbbraunen Niederschlag ausfallen läßt. _Ge- bunden an eine Kohlehydratgruppe, die durch die Säure Alkohol ab- spaltet. 6. Reaktion von Adamkiewicz: Trockenes, vorher mit Äther entfettetes Eiweiß in Eisessig gelöst und mit konzentrierter Schwefelsäure unterschichtet, gibt an der Berührungsfläche rote, grüne

202 VII. Stickstoffassimilation.

und violette Färbungen. Nach Hopkins und Cole fügt man eine Spur Glyoxylsäure zu der Proteinlösung, fügt nach dem Umschütteln konzentrierte Schwefelsäure hinzu, worauf blauviolette Färbung auf- tritt. 7. Mit Alkohol und Äther entfettete Proteine geben nach Lieber- mann, mit rauchender Salpetersäure gekocht, tiefe Blaufärbung. Ge- bunden an das durch die Salzsäure abgespaltene Tryptophan und die aus dem Äther stammende Glyoxylsäure. 8. Nach Neubauer und Rohde geben infolge Anwesenheit von Tryptophan Eiweißlösungen mit 5—10 Tropfen 5prozentigen Dimethylaminobenzaldehyds in 10 pro- zentiger H,SO, und Zusatz von konzentrierter H,SO, unter Umschütteln ieiolehte Färbung mit Übergang in Dunkelviolett.

Zur quantitativen Bestimmung werden die Proteine naß verbrannt und das gebildete Ammoniak überdestilliert, in Schwefelsäure von be- stimmtem Gehalte aufgefangen und der Überschuß der Säure durch gestellte Natronlauge zurücktitriert. Auf diese Weise erhält man natür- lich den Gesamtstickstoff; durch besondere, später zu schildernde Be- stimmungen stellt man den Amid- und Ammoniakstickstoff fest, wo- durch eine Aufteilung der verschiedenen Verbindungsformen des Stick- stoffs möglich wird. Zur Ausführung der Gesamtstickstoffermittlung wird heute allgemein die Kjeldahlsche Methode verwendet. Zur Kjeldahl-Bestimmung nimmt man am besten die frischen, grob zer- kleinerten Pflanzenteile oder das lufttrockene Pflanzenmaterial. Will man mit Extrakten arbeiten, so ist es zweckmäßig, die staubtrockenen Pflanzenteile in einer Mühle fein zu zermahlen, wobei man die gröberen Anteile durch ein feines Sieb zurückhält und von neuem die Mühle pas- sieren läßt. Fettreiche Samen lassen sich auch nach dem Trocknen schwer pulvern, man entfettet sie daher zunächst mit Ather oder Petrol- äther. Frische Pflanzen oder Pflanzenteile werden mit Hilfe eines Mörsers oder einer Reibschale, am leichtesten unter Zufügung von Quarzsand oder Glasstaub zerrieben (dort, wo es darauf ankommt, die native Re- aktion des Saftes festzustellen, darf man nicht mit Glaspulver arbeiten, welches beträchtliche Mengen Alkali an den Saft abgibt). Stellt man Extrakte aus den frischen oder getrockneten Pflanzen her, so ist die Substanz mit Wasser auf 50 zu erwärmen, bei stärkemehlfreien oder- stärkemehlarmen Substanzen kann man die Erwärmung höher treiben; längeres Kochen ist aber jedenfalls zu vermeiden, da leichter zersetz- liche Substanzen dadurch schon Veränderungen erleiden können. Die Löslichkeitsverhältnisse der in Pflanzenorganen gemischt vorliegenden Substanzen pflegen übrigens sowohl gegenüber Wasser als auch gegen siedenden Alkohol ganz andere zu sein als die Löslichkeitsverhältnisse der reinen Stoffe, indem in der Pflanzenzelle die einzelnen Stoffe die Löslich- keit der anderen befördern, so daß man wohl annehmen kann, daß unter diesen Verhältnissen schon bei 50 ° in Wasser die meisten Substanzen sich lösen. Zur Abtrennung des extrahierten Rückstandes vom Extrakt bedient man sich zunächst des Absaugens an der Nutsche und dann des Abpressens mit einer starken Hebelpresse; ich bediene mich einer starken Differentialhebelpresse, an welcher ich durch entsprechendes Drehen ein völliges Trockenpressen erziele, während an der Nutsche mindestens die Hälfte der Flüssigkeit im Rückstande verbleibt. Das Trocknen der frischen Pflanzenteile geschieht am besten bei einer Tem- peratur von 60—70 °, weil bei höheren Temperaturen schon weitgehende Zersetzungsvorgänge statthaben können, während bei niedrigerer Er-

VII. Stickstoffassimilation. 203

wärmung, etwa bei 40 ° wohl diese Gefahr noch mehr vermindert ist als bei 60 °, aber anderseits wieder hier die Möglichkeit vorliegt, daß bei der länger dauernden Trocknung enzymatische, eventuell sogar bakterielle Zersetzungen Platz greifen. Eine gute Trocknungsmethode besteht auch im Einlegen in 95 prozentigen oder absoluten Alkohol durch mehrere Wochen und nachheriges Trocknen des vom Alkohol abfiltrierten festen Materials im Vakuumexsikkator. Die Lebens- tätigkeit der Pflanzen erlischt da sehr bald, und auch die enzymatische Tätigkeit ist meistens unterbunden; natürlich muß man aber dann nicht nur das getrocknete Pflanzenmaterial auf seine Bestandteile unter- suchen, sondern berücksichtigen, daß auch in den Alkohol ziemlich viel davon übergegangen ist, zumal dieser durch das Gewebewasser ver- dünnt worden ist. Eine andere Methode zum Trocknen ist das Ver- mischen des feinzerhackten Materials mit gebranntem Gips oder ent- wässertem Natriumsulfat, zumal für die nachfolgende Extraktion mit Alkohol oder Ather.

Zur Kjeldahlschen Bestimmung von Gesamltstickstoff bringt man 5—10 g, von Flüssigkeiten 10—20 ccm in einen langhalsigen Rund- kolben von Jenenser Glas, der, für Stickstoffbestimmungen besonders gearbeitet, im Handel zu haben ist; der Kolben soll 750—800 ccm fassen. Dann fügt man 10 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 0,2—0,5 g Kupfervitriol, fest oder in Lösung, hinzu und erwärmt den Kolben in schiefer (Fig. 71) Lage unter einem gut ziehenden Abzug am Drahtnetz; die Erwärmung erfolgt zuerst mit kleiner, dann mit größerer Flamme, bis weiße Schwefelsäure- dämpfe entweichen, worauf man die Erhitzung für kurze Zeit unterbricht, um noch zirka 5 g Kaliumsulfat in die Flüssigkeit zu geben. Dann erhitzt man wieder und erhält so lange in hef- pi. 71. K'jeldahlkolben, fertig tigem Sieden, bis die Flüssigkeit schwach blau- zum Erhitzen. f grün geworden ist und keine dunklen Teile mehr enthält. Die Zeit, welche dazu notwendig ist, variiert je nach der Art und Menge der analysierten Substanz und kann von einer Viertelstunde bis zu 20 Stunden dauern. Mitunter tritt bei der Zer- setzung heftiges Schäumen ein, und schon aus diesem Grunde sollte das Erhitzen anfangs mit kleiner Flamme vorgenommen werden, ferner setzen sich bisweilen im oberen Teile des langhalsigen Kolbens halb- verkohlte Partikeln an, die hartnäckig an der Kolbenwandung haften, durch Umschütteln nicht zu lösen sind und auch der Verbrennung wider- stehen. Dann muß man den Kolben erkalten lassen, die anhängenden Massen mit Wasser aus der Spritzflasche herunterspülen und von neuem erhitzen. Die Schwefelsäure, welche bei so langer Erhitzung ebenfalls verdampft, muß öfters erneuert oder statt ihrer Schwefelsäure ver- wendet werden, die mit Phosphorsäureanhydrid (200 g P,O, auf 1000 cem konzentrierter Schwefelsäure) versetzt ist. Als Katalysator besonders wirksam ist auch Quecksilber oder Quecksilberoxyd. Zu der mit 10 bis 20 ccm Schwefelsäure versetzten Substanz wird ein Tropfen metal- lisches Quecksilber oder 0,3—0,4 g vorher gut verriebenes rotes Prä- zipitat gesetzt. Statt des letzteren verwendet man besser eine Lösung von Merkuriazetat. Wendet man Quecksilber an, so ist es zweckmäßig,

I

204 | VII. Stickstoffassimilation.

die Bestimmung in einem zu Ende zu führen, da sich sonst feste, am Glas haftende Niederschläge ansetzen, die auch durch Kochen mit Wasser nur sehr schwer aufzulösen sind. Ferner bilden sich Merkuroammonium- verbindungen, welche beim nachherigen Abdestillieren des Ammoniaks durch Natronlauge nicht zerlegt werden; man erreicht ihre Zerstörung am besten durch Zusatz von 1 g für 0,4 g HgO oder 2,7 gauf 1g Hg an gepulvertem Natriumthiosulfat, das man mit der Lauge der abzu- destillierenden Flüssigkeit zusetzt, oder man hält eine zirka 20 prozentige Lösung dieses Salzes vorrätig und mischt 40 cem der Natronlauge vom spezifischen Gewicht 1,34 mit 10 ccm der Lösung. Auf alle Fälle ver- säume man nicht, noch 1—2 Stunden weiter zu erhitzen, auch nach- dem die Lösung im Kjeldahl-Kolben vollkommen klar geworden ist. Bedeutend schneller erfolgt das Aufschließen der Substanz, wenn man statt eines Katalysators deren mehrere benutzt, also z. B. Quecksilber oder ein Quecksilbersalz zugleich mit Kupfersulfat oder Kaliumsulfat, welches letztere übrigens in jedem Falle zur Anwendung kommt, da es eigentlich nicht als Katalysator wirkt, sondern dadurch, daß es die Siedetemperatur der Schwefelsäure erhöht und damit die Möglichkeit bietet, die Reaktions- temperatur und damit die Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen. Für 1 g Eiweiß trat nach der Zusammenstellung von Wedekind und Arnold bei Anwendung verschiedener Katalysatoren die vollständige Entfärbung bzw. Blaufärbung des Gemisches nach folgenden Zeiten ein: mit 40 g H,SO,+ 208 K,SO, in 50 Minuten (nach Gunning), mit 40 g H,SO, + 1gCuSO, + 18 HgO in 40 Minuten (nach Arnold), mit 40 g H,SO, + 208 K,S0O, + 1gHgO + 1g CuSO, in 18 Minuten (nach Gunning-Arnold). Tritt beim Verkohlen starkes Schäumen ein, so empfiehlt es sich, zuerst nur mit Schwefelsäure und dem vierten Teil ihres Gewichtes an Kalisulfat zu kochen und erst nach 10—15 Minuten Kochdauer den Rest des Kalisulfates hinzuzufügen. Das Klarwerden der Lösung ist, wie gesagt, niemals ein Zeichen, daß der gesamte Stick- stoff schon in Ammoniak übergeführt ist, denn die Verkohlung und Ver- brennung des Kohlenstoffs kann bei kohlenstoffarmen Substanzen vell- endet sein, bevor noch die Stickstoffkomplexe zerstört sind; bei solchen Substanzen empfiehlt es sich, um ein äußeres Zeichen der Beendigung des Prozesses zu haben, irgendeine stark verkohlende, stickstofffreie Substanz, z. B. Rohrzucker der Analysenmasse von vornherein zu- zusetzen; am sichersten aber ist es, das Erhitzen auch nach eingetretener Farblosigkeit noch einige Zeit fortzusetzen. Bei schäumenden Flüssig- keiten empfiehlt es sich, als Siedeverzug ein Stückchen Paraffin in den Kolben zu werfen. Öfteres Schütteln des erhitzten Kolbens ist in manchen Fällen zweckmäßig, ferner bei sehr schwer verbrennlichen Substanzen der Zusatz eines Oxydationsmittels: der Kolben wird dann vom Feuer weggenommen, auf einem Stück Filtrierpapier auf eine Porzellanschale gestellt und sogleich der Inhalt mit trockenem, grobgepulvertem Kalium- permanganat oxydiert, welches mit einem Spatel in kleineren Portionen in den Kolben gestreut wird, bis die Masse nach wiederholtem Um- schütteln von den ausgeschiedenen Manganverbindungen eine dunkel- grüne Farbe angenommen hat. Nach Stehenlassen, bis Abkühlung ein- getretetn ist, wird destilliertes Wasser zugesetzt und neuerdings ab- kühlen gelassen, bevor die Destillation mit Natronlauge vorgenommen wird. Der Zusatz von Permanganat ist überhaupt bei schwer aufschließ- baren Substanzen kaum zu umgehen, er darf aber nicht bei stark halogen-

VII. Stiekstoffassimilation. 205

haltigen Substanzen oder bei Vorhandensein von viel Chloriden vor- genommen werden, da durch das freiwerdende Chlor ein erheblicher Verlust an Ammoniak eintreten kann. Um ein Verspritzen oder reich- liches Entweichen der Schwefelsäure zu vermeiden, bedient man sich einer langgestielten Kugel, welche in den Hals des schiefliegenden Kolbens eingelegt wird. Beim Entweichen der Dämpfe wird die Kugel fortdauernd etwas gelüftet und sinkt durch den dabei geschaffenen Spannungs- ausgleich wieder zurück, so daß während der Operation ein rhythmisches Klappern zu hören ist; die Säure kondensiert sich fortdauernd an dem langen Kugelstiel und fließt fortwährend in den Kolben zurück. Ver- fügt man nicht über einen guten Abzug, der für die Entfernung der ge- bildeten Schwefeldioxyddämpfe sorgt, so bedient man sich zweckmäßig des Vogtherrschen Apparate. Der Jenenser Kolben trägt hier eine luftdicht eingeschliffene Glocke, die in eine Destillationsröhre aus- läuft. Diese ist nochmals senkrecht nach abwärts gebogen und mündet in ein kreisförmig erweitertes Absorptionsrohr, dessen unteres offenes Ende in die Natronlauge enthaltende Vorlage eintaucht. Das Schwefel- dioxyd wird von der Lauge zu Natriumsulfit gelöst, und in den Arbeitsraum gelangt fast nichts da- von. Man kann statt dessen auch den Apparat benutzen, in dem später das Ammoniak destilliert werden soll, nur daß man eben statt Schwefelsäure Natronlauge vorlegt. Nach Ablauf der Koch- zeit, wenn man also annehmen kann, daß die gesamten Stickstoff- verbindungen zerlegt worden sind, läßt man erkalten, fügt vorsichtig

250—300 ccm destilliertes Wasser Yig. 72. Kjeldahl- Destillation. hinzu. läßt wieder erkalten (nicht A = Destillieraufsatz; D Destillierkolben; V =

2 = Kühlvorrichtung; K Kolben mit vorgelegter etwa unter der Wasserleitung ab- Schwefelsäure.

kühlen, weil die Jenenser Rund-

kolben, so widerstandsfähig sie gegen Erhitzung sind, bei jähem Tempe- raturwechsel leicht springen), gibt dann eine ziemliche Menge (etwa 15 g) feingepulverten Talk hinzu und reinigt den oberen Teil des Kolben- halses bis auf etwa 8 cm sorgfältig von hängengebliebenem Pulver. Bevor man nun Natronlauge zuschüttet, bereitet man alles für die nach- folgende Destillation vor; man füllt in ein Erlenmeyerkölbchen mit

der Pipette 50 ccm 2 Schwefelsäure und stellt das Kölbchen so als

Vorlage an den Destillationsapparat, daß das aus dem Kühlgefäß heraus- ragende Glasrohr in die vorgelegte Schwefelsäure eintaucht (Fig. 72). Dort, wo das Glasrohr aus dem Destillierapparat hervorkommt, hat es zur vollständigen Kondensation der Dämpfe eine Glaskugel angeblasen. Die Flüssigkeit im Kjeldahl-Kolben enthält nun die gesamte Stick- stoffmenge der zerstörten organischen Substanz als Ammoniak an Schwefelsäure gebunden, also in Form von Ammonsulfat, aus dem durch Lauge das Ammoniak freigemacht werden muß. Zu diesem Zwecke fügt man in die Flüssigkeit ohne Umschütteln 33 prozentige Natron- lauge, die man mittels eines Trichters, so daß die Kolbenhalswand nicht

206 VII. Stiekstoffassimilation.

benetzt wird, in dünnem Strahle einfließen läßt. Da die schwere Natron- lauge zu Boden sinkt und die Neutralitätsgrenze mittels eines Indikator- papiers nicht bestimmt werden kann, da man nicht umschütteln soll, bestimmt man zweckmäßig nach Maßgabe der zur Zerstörung der organischen Substanz verwendeten Schwefelsäure die Menge der Natron- lauge, welche zu deren Neutralisierung notwendig ist; hat man 10 cem Schwefelsäure angewendet, so genügen 40—50 ccm der 33 prozentigen Lauge. Im Notfalle kann man ein Lackmuspapier in den Kjeldahl- kolben einwerfen und unmittelbar, bevor man mit dem Destillierkühler verbindet, umschütteln, wobei allerdings, namentlich wenn man Queck- silber als Katalysator verwendet hat, infolge Ausfallens der dunkel- gefärbten Merkuroammoniumverbindungen das Lackmuspapier schwer zu sehen ist. Man verbindet jedenfalls sofort nach Zufließenlassen der Lauge den Kolben mit dem Kolbenaufsatze, der aus einem gebogenen Kühlrohr mit angeschmolzener Kugel und Vorrichtung besteht, die das Überspritzen verhindert; dieser Kolbenaufsatz ist zweckmäßig dauernd mit dem durch den Kühlapparat ziehenden Destillationsrohr durch Kautschukschlauch Glas an Glas verbunden, so daß der Kautschuk- stöpsel des Destillationsaufsatzes einfach nur fest im Kjeldahlkolben befestigt zu werden braucht. Da der Stöpsel nicht luftdicht sitzt, wenn der Kolbenhals mit Natronlauge benetzt ist und beim Destillieren durch die Dämpfe leicht herausgeschoben wird, muß dafür gesorgt sein, daß der Kolbenhals bis zur Destillation vollkommen trocken bleibt. Nach- dem der Kolben mit dem Destillationsrohr und damit mit der vor- gelegten Schwefelsäure verbunden ist, schüttelt man um und zündet sofort den Brenner unter dem Kolben an; die Destillation beginnt so- fort, sobald die Flüssigkeit warm geworden ist, doch ist es zweckmäßig, zunächst mit kleinerer und erst später mit voller Flamme zu erhitzen, weil mitunter bei zuviel Merkuroammoniumverbindung oder zuviel Talk ein lästiges Stoßen anhebt. Bei ordnungsgemäßer Arbeit ist das Ammoniak überdestilliert, bevor das Stoßen beginnt, und eine kräftige Erschütterung des Destillierkolbens durch Stoßen zeigt in der Regel die Beendigung der Reaktion an, und man kann darauf rechnen, daß nach halbstündiger Destillation das gesamte Ammoniak übergetrieben ist. Nach einer halben Stunde löst man daher probeweise die Verbindung zwischen Glasrohr und Kühler und fängt einen Tropfen des Destillates auf rotem Lackmuspapier auf und stellt, wenn es noch blau gefärbt werden sollte, die Verbindung wieder her und destilliert weiter. Wenn endlich eine solche Prüfung die Abwesenheit von Ammoniak im über- gehenden Destillat anzeigt, löst man die Verbindung von Glasrohr und Kühler, die durch einen einfachen, gut sitzenden Kautschukschlauch her- gestellt ist, und spritzt die am Glasrohre sitzenden Flüssigkeitstropfen außen und innen mit der Spritzflasche gründlich ab, fügt einige Tropfen Methyl-

1% a a N ar Pi . orange hinzu und titriert die überschüssige Schwefelsäure mit 10 Kali-

lauge zurück. Die Anzahl der verbrauchten Kubikzentimeter Kalilauge werden von 50, respektive wenn eine größere Menge Schwefelsäure vor- gelegt werden mußte, was man an der Färbung des Indikators erkennt, den man zu diesem Zweck von vornherein der vorzulegenden Schwefel- säure zufügen kann, von dieser größeren Menge abgezogen und mit dem Faktor 1,401 multipliziert, was die Menge des in der analysierten Sub- stanz vorhandenen Gesamtstickstoffs angibt. Eine Kühlung durch

VII. Stickstoffassimilation. 207

Wasser während des Destillierens ist nicht unbedingt erforderlich, ja, die vorgelegte Säure kann sogar zum Sieden gelangen, ohne daß ein Ver- lust an Ammoniak zu befürchten ist, jedoch ist immerhin eine schwache Kühlung mit Wasser doch zweckmäßig, weil so Verluste vermieden werden, die eintreten könnten, wenn die Menge der vorgelegten Säure nicht genügte. Die Titration kann auch mit der warmen Flüssigkeit ausgeführt werden; es ist sogar vorteilhaft, gegen Schluß der Destillation, die man 15 Minuten unter Wasserkühlung hat vor sich gehen lassen, das Wasser aus dem Kühlgefäß ablaufen und das Kühlrohr heiß werden zu lassen ; dann werden die letzten Spuren Ammoniak in wenigen Minuten übergetrieben. Ferner tut man gut, durch öfteres Schütteln des Erlen- meyerkolbens mit der Schwefelsäure dafür zu sorgen, daß stets frische unverbrauchte Säure das Ammoniak empfängt. Nach beendeter Destil- lation wird zuerst die Verbindung der in die Schwefelsäure eintauchenden Glasröhre mit dem Kühler gelöst und dann erst die Flamme abgedreht, weil sonst durch Druckverminderung im Destillierkolben leicht ein Zurücksteigen der vorgelegten Schwefelsäure stattfinden könnte. Über- haupt muß man Druckschwankungen auch während des Destillierens, also beispielsweise ein Kleinerdrehen der Flamme während der De- stillation aus diesem Grunde vermeiden.

Will man denjenigen Betrag des Stickstoffs bestimmen, der in Form von Eiweiß allein gebunden ist, so kann man die Pflanzenteile direkt mit 10 prozentiger Kochsalzlösung extrahieren und im Extrakt den Stickstoff nach Kjeldahl bestimmen, oder man fällt im Extrakt das Eiweißmaterial mit Kupferhydroxyd nach der Vorschrift von Stutzer:1g Substanz wird durch ein feines Sieb gebracht, in einem Becherglase mit 100 cem Wasser zum Sieden erhitzt, bei stärkehaltigen Substanzen wird 10 Minuten im Wasserbade erwärmt, sodann 0,3—0,4 g aufgeschlämmtes Cu(OH), zugesetzt. Zur Herstellung des Cu(OH), löst man 100 g CuSO, in 5 Litern Wasser, setzt 2,5 ccm Glyzerin zu, fällt mit 50,5 g NaOH, welche man auf 1,5 Liter verdünnt hat; man läßt auf dem Filter abtropfen, verreibt in einer Schale mit Wasser (1 Liter Wasser und 5 cem Glyzerin) und wäscht das Alkali gänzlich aus. Nach dem Erkalten wird filtriert und im ausgewaschenen Rückstande der Stickstoff nach Kjeldahl bestimmt. Enthielt das Material viel Phosphor, so hat man vor dem Kupferzusatz einige Kubik- zentimeter Alaunlösung zuzufügen. Der gefundene Stickstoff gibt mit dem Faktor 6,25 multipliziert den Betrag an Eiweiß an, aber dieser Faktor fußt auf der nicht immer zutreffenden Annahme, daß die Pro- teine der Samen usw. gerade 16 %, Stickstoff enthalten. Ritthausen schlug auf Grund besserer Erfahrungen vor, bei der Analyse von Ge- treide und Hülsenfrüchten mit 18,2% Stickstoff den Faktor 5,7 zu benutzen und bei ölreichen Samen den Faktor 5,5.

Die in Keimpflanzen am häufigsten zur Bestimmung gelangenden Amide sind Asparagin und Glutamin. Um Arginin, Lysin, Histidin usw. in Pflanzenextrakten zu bestimmen, besitzen wir noch keine Methoden, denn man muß hier die betreffenden Aminosäuren rein darzustellen suchen, wobei natürlich immer Verluste unterlaufen. Am verhältnis- mäßig besten sind wir diesbezüglich noch beim Arginin daran, welches, nachdem die Pflanzenextrakte von den durch Bleiessig fällbaren Stoffen befreit worden sind, durch Merkurinitrat ausgefällt werden kann. Will man aber wenigstens approximativ über den Arginingehalt orientiert

208 VII. Stickstoffassimilation.

sein, geht man in der Weise vor, daß man den Pflanzenextrakt mit Bleiessig in schwachem Überschusse versetzt, das Filtrat vom Blei- niederschlag bei neutraler oder schwach saurer Reaktion im Wasser- bade stark einengt, dann mit Schwefelsäure stark ansäuert, filtriert und nun mit einer konzentrierten Lösung von Phosphorwolframsäure vermischt; der entstehende Niederschlag wird von der Flüssigkeit ab- genutscht und nach dem Ablaufen des Filtrates in einer Schale mit 5 prozentiger Schwefelsäure angerührt, darauf wieder aufs Filter ge- bracht. Dann übergießt man ihn mit Wasser und fügt unter Umrühren so viel zerriebenes Bariumhydroxyd hinzu, daß es im Überschuß vor- handen ist, so daß sich beim Einleiten von Kohlensäure in das Filtrat ein Niederschlag bilden muß. Man entfernt nun das in der Flüssigkeit vorhandene Ammoniak ohne Erwärmen. Denn durch das Erhitzen würde das Kali, welches sich fast immer in den durch Phosphorwolfram- säure erzeugten Niederschlägen befindet, durch den Baryt freigemacht und das Arginin zersetzt. Man bringt also das Gemisch des Niederschlags mit Wasser und Bariumhydroxyd in eine flache Glasschale und rührt es solange mit der Hand oder maschinell, bis das Ammoniak ver- schwunden ist, oder man bläst längere Zeit mittels Aspirators einen Luftstrom durch. Nach dem Austreiben des Ammoniaks entfernt man die unlöslichen Bariumverbindungen durch Filtration und Ausfällung des überschüssigen Baryts aus dem Filtrat durch Einleiten von Kohlen- säure. Die barytfreie Flüssigkeit neutralisiert man mit Salpetersäure und dampft sie am Wasserbade stark ein, wobei man sie durch Zusatz von Salpetersäure immer schwach sauer erhält. Aus dem Filtrate des Niederschlages mit Silbernitrat erhält man zuerst das Histidin, dann das Arginin; es ist aber zweckmäßiger den Rückstand der Salpetersäure- verdampfung als Histidinnitrat zu wägen; die Zahlen sind, wie gesagt, nur approximativ. Dagegen ist es ganz unmöglich, den Gehalt an Tyrosin oder anderen Aminosäuren auch nur angenähert festzustellen, es bleibt nichts übrig, als die betreffenden Substanzen (am besten aus den alkoholischen, mit Bleiessig gefällten und mit Schwefelwasserstoff ent- bleiten) aus den Pflanzenextrakten darzustellen.

Die quantitative Bestimmung des Asparagins und Glutamins oder besser des Amidstickstoffs nach dem Verfahren von R. Sachsse gründet sich auf die Beobachtung, daß diese beiden Amide beim Kochen mit verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure unter Wasseraufnahme in Asparaginsäure respektive Glutaminsäure und Ammoniak zerfallen, wobei nach der Bildungsgleichung 132 Teile wasserfreies Asparagin 17 Teile Ammoniak, 146 Teile Glutamin 17 Teile Ammoniak liefern. Zu dem asparagin- oder glutaminhaltigen Extrakt werden pro 100 ccm 8—10 cem konzentrierte Salzsäure oder 2,5—3 cem konzentrierte Schwefelsäure zu- gesetzt und sodann zirka 2 Stunden am Rückflußkühler gekocht. Nach dem Erkalten wird die Flüssigkeit mit Natronlauge annähernd neutrali- siert, gebrannte Magnesia zugesetzt, um das Ammoniak frei zu machen, und überdestilliert. Das übergehende Ammoniak wird so wie bei der Kjeldahlbestimmung in titrierter Schwefelsäure aufgefangen (Fig. 73). Der Unterschied bei der Bestimmung des Amidstickstoffs gegenüber der Bestimmung des aus dem Eiweiß stammenden Gesamtstickstoffs ist also der, daß hier eine durchgreifende Behandlung mit konzentrierter Schwefelsäure unter Zusatz eines Katalysators, eventuell noch eines Oxydationsmittels notwendig ist, um die Zersetzung herbeizuführen,

VII. Stiekstoffassimilation. 209

dort Kochen mit sehr verdünnter Mineralsäure. Bei Berechnung des Asparagin- oder Glutamingehaltes muß man das vor dem Erhitzen mit Säure schon vorhandene Ammoniak in Abrechnung bringen. Immerhin müssen aber auch sonstige Substanzen, welche beim Erwärmen mit Säure Ammoniak abspalten, entfernt werden und auch die Proteine selbst sind in dieser Hinsicht nicht unbedenklich, sondern müssen durch Zusatz von reinem Tannin, unter Beifügung von etwas Blei- azetat, oder mit Phosphorwolframsäure ausgefällt werden. Ist das mit Phosphorwolframsäure geschehen, so muß man diese aus dem Filtrat erst entfernen, was durch Zusatz von Bleiazetat geschehen kann. Man kann auf diese Weise auch das Vorhandensein von Allantoin und anderen, noch nicht isolierten Stickstoffverbindungen bedingt einen Fehler also eigentlich nur approximativ den Gesamtgehalt an Asparagin und Glutamin oder besser an dem aus diesen Amiden abspaltbaren Ammoniak bestimmen; in der Regel finden sich allerdings in ein und der-

Fig. 73. Destillation des aus Asparagin oder Glutamin in Freiheit gesetzten Ammoniaks, a Waschflasche zum Eintreten von Luft durch die Kapillare k, damit das Stoßen verhindert wird; b = Wasserbad; a = Kühler; f = Vorstoß; d = Schlauch; e= zur Pumpe führendes Absaugrohr.

selben Pflanze die beiden Amide Asparagin und Glutamin nicht in gleicher Menge vor, sondern, überwiegt das eine, so ist das andere nur in Spuren vorhanden, so daß man also im großen ganzen doch von einer Asparagin-, respektive Glutaminbestimmung sprechen kann.

Um vorher im Extrakte das Ammoniak zu bestimmen, verwendet man 2—3 9 der Substanz, übergießt sie mit zirka 100 ccm Wasser in einem Fraktionierkolben, füllt mittels eines breiten, bis auf den Boden des Kolbens reichenden Trichters gut gewaschene Magnesia ein und destilliert im Vakuum an der Pumpe zirka 80 ccm Flüssigkeit ab. Um das Aufschäumen zu verhindern, fügt man 1—2 Tropfen filtriertes Butterfett oder ein Stückchen Paraffin hinzu ; übrigens ist die abgebildete Form des Fraktionskolbens schon hinreichend, um ein Überspritzen zu verhindern. Die übergehende Flüssigkeit wird in einer mit 10 com 5 Schwefelsäure beschickten Vorlage aufgefangen. Sind die Extrakte stark sauer, so neutralisiert man sie vorher mit Soda.

Zur quantitativen Bestimmung der Nitrate geht man am besten

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 14

210 VII. Stickstoffassimilation.

nach der volumetrischen Methode vor, welche wohl etwas langwierig, aber bei einiger Übung nicht schwierig und sehr genau ist. Diese von Schulze-Tiemann ausgearbeitete Methode beruht auf der Über- führung von Salpetersäure in Stickoxyde durch Reduktion mit Ferrosalzen, Eisenvitriol oder besser Ferrochlorid und der volumetrischen Messung der gebildeten Stickoxyde. 100—300 cem der zu prüfenden Flüssigkeit werden in einer Schale vorsichtig auf 50 ccm eingedampft und in einen zirka 150 cem fassenden Rundkolben, am besten in einen solchen, wie man ihn zur Kjeldahlbestimmung verwendet, gebracht (der Kolben darf nicht dünnwandig sein, da er sonst durch den äußeren Luftdruck zusammen- gepreßt wird), ohne etwa ausgeschiedene feste Körnchen zu beachten (Fig. 74). Der Zersetzungskolben A ist mit einem doppelt durchbohrten Kautschukstöpsel verschlossen, in dessen Bohrungen sich die beiden gebogenen Röhren abc und eg befinden. Die erstere ist bei a zu einer nicht zu feinen Spitze ausgezogen und ragt etwa 2 cm unter dem Stöpsel hervor, während die zweite Röhre genau mit dem Stöp- sel abschneidet. An die bei- den Röhren sind die beiden Glasrohre cd und gh durch Kautschukschläuche ange- fügt und durch an diesen Stellen angebrachte Quetsch- hähne von ihnen absperr- bar. Über das untere Ende von gh ist ein Kautschuk- schlauch gezogen, damit die Röhre, welche während der Gasentwicklung oftheftigge- gen das Eudiometer schlägt, nicht zerbricht. Die Glas- wanne B ist mit 10 prozen- tiger Natronlauge gefüllt, welche vor dem Gebrauch ausgekocht worden ist und mit der auch das möglichst enge, in !/,, ccm geteilte Eudiometer C ge- füllt ist. Man kocht bei offenen Quetschhähnen die Flüssigkeit in dem Zersetzungskolben noch weiter ein und bringt nach einiger Zeit das untere Ende des Entwicklungsrohres e/gh in die Natronlauge, so daß die aus dem Glasrohre entweichenden Dämpfe durch die Lauge streichen. Nach einigen Minuten drückt man den Kautschukschlauch bei g mit den Fingern zusammen; sobald durch Kochen die Luft vollständig entfernt worden ist, steigt die Natronlauge infolge des Vakuums schnell ins tohr zurück und man fühlt am Finger einen kleinen Stoß. In diesem Falle setzt man bei g den Quetschhahn auf und läßt die Wasserdämpfe durch abced entweichen, bis nur noch zirka 10 ccm Flüssigkeit in dem Zersetzungskolben vorhanden sind. Dann entfernt man die Flamme, schließt den Quetschhahn bei ce und spritzt die Röhre cd mit Wasser voll. In dem Kautschukschlauch bei c bleibt leicht eine Luftblase zurück, die man durch Drücken mit den Fingern entfernt. Man schiebt die Meß- röhre C über das Ende des Entwicklungsrohres e/gh, so daß dieses 2 bis 3 cm hineinragt, und wartet einige Minuten, bis sich im Innern des

Fig. 74. Nitratbestimmungs-Apparat.

VII. Stickstoffassimilation. Anl

Kolbens A ein Vakuum durch Zusammenziehen der Schläuche bei c und g zu erkennen gibt. Inzwischen gießt man eine nahezu gesättigte, frischbereitete Ferrochloridlösung in ein kleines Becherglas, welches in seinem oberen Teile, dort wo der Raum von 20 ccm bezeichnet ist, eine Marke trägt, zwei andere Gläser stellt man, mit konzentrierter Salzsäure teilweise gefüllt, beiseite. Man taucht die Röhre cd in die Eisenlösung, öffnet den Quetschhahn bei c und läßt vorsichtig 15 bis 20 cem der Lösung einsaugen, worauf man zweimal in die Röhre abed etwas Salzsäure nachsteigen läßt. Nun erwärmt man den Kolben ge- linde, bis die Kautschukschläuche bei c und g anfangen, sich aufzublähen. Nun ersetzt man den Quetschhahn bei g durch Daumen und Zeigefinger und wartet, bis hier der Druck des Gases etwas stärker wird, worauf man das entwickelte Stickoxyd ins Eudiometer hinüberströmen läßt. Gegen Ende der Operation verstärkt man die Flamme und erhitzt, bis sich der Gasstand im Eudiometer nicht mehr vermehrt. Dann schließt man den Quetschhahn bei g, entfernt die Flamme, um sie nach einiger Zeit wieder, unter Öffnen des Quetschhahnes g, unter den Kolben zu setzen. Dadurch treibt man die letzten Reste des Gases nach C; man muß aber, um Vollständigkeit zu erzielen, diese Operation öfters wieder- holen. Die Meßröhre wird nach Beendigung der Operation unter Ver- schluß mit dem Daumen in einen hohen, mit Wasser von 15° C ge- füllten Glaszylinder gebracht und vollkommen in Wasser untergetaucht. Nach 15—20 Minuten ergreift man die Röhre mit einer Klammer und hebt sie soweit aus dem Wasser empor, daß die Flüssigkeit außen und innen gleich hoch steht und liest das Volumen des Gases, die Temperatur des Wassers und den Barometerstand ab. Nach der Formel N N a 2760 (273.4 5

reduziert man das Gasvolumen auf und 760 mm Barometerstand, wobei V das abgelesene Volumen, B der Barometerstand, ?! die Tem- peratur und / die der Temperatur entsprechende, in den gewöhnlichen physikalischen Tabellen angegebene Tension des Wasserdampfes be- deutet. Die durch V, ausgedrückten Kubikzentimeter Stickoxyd, mit dem Faktor 2,417 multipliziert, geben die entsprechenden Milligramme 2:0;:

Ammoniak kann, wie vorhin dargelegt, durch Destillation mit Magnesia und Auffangen in gestellter Schwefelsäure bestimmt werden, deren Überschuß mit titrierter Lauge zurückgemessen wird. Sind aber die vorhandenen Ammoniakmengen so gering, daß sie maßanalytisch nicht festgestellt werden können, so bedient man sich zweckmäßig der kolorimetrischen Methode. Die Flüssigkeit (150 ccm) wird mit 1 ccm Natronlauge und 2 cem Sodalösung versetzt, man läßt den Niederschlag (von Erdalkalien und Eisen) absetzen und gießt die klare Lösung (100 cem) in einen Meßzylinder. Gleichzeitig stellt man Vergleichs- flüssigkeiten von bestimmtem Ammoniakgehalt (z. B. !/,» '/» 1; 2 cem einer Salmiaklösung, wovon jeder Kubikzentimeter 0,05 mg Ammoniak enthält), ebenfalls auf 100 cem verdünnt, her. Jedem der Zylinder fügt man 1 ccm frisch bereitetes Neßlersches Reagens zu. Entsteht ein Niederschlag, so ist das Wasser zu verdünnen, es darf jedenfalls nur eine Färbung entstehen. (Neßlersche Lösung ist eine alkalische Auflösung von Merkurikaliumjodid und wird folgendermaßen

14*

212 VII. Stickstoffassimilation.

bereitet: Man löst 6 g Quecksilbersublimat in 50 ccm ammoniakfreien Wassers, wie man es durch Destillation von bereits destilliertem Wasser unter Zusatz von Soda erhält, wobei man das erste Viertel des über- gehenden Wassers wegschüttet und die Destillation sistiert, wenn fünf Sechstel des ursprünglichen Wasserquantums abdestilliert sind. Das Wasser wird auf 80 ° © erwärmt und das Sublimat in einer Porzellan- schale darin gelöst, dann 7,4 g Jodkali, in 50 ccm Wasser gelöst, hinzu- gegeben, erkalten gelassen, die überstehende Flüssigkeit abgegossen, dreimal durch Dekantation mit je 20 ccm kalten Wassers gewaschen, um alles Chlorid möglichst zu entfernen. Nun fügt man 5 g Jodkali hinzu, wobei auf Zusatz von wenig Wasser das Merkurijodid in Lösung geht. Die so erhaltene Lösung spült man in einen 100-cem-Kolbea, fügt 20 g NaOH in wenig Wasser gelöst hinzu und verdünnt nach dem Erkalten der Lösung mit Wasser auf 100 ccm. Hat sich die Flüssigkeit völlig geklärt, so hebert man sie sorgfältig in eine reine Flasche ab und bewahrt im Dunkeln auf.) Durch Vergleich mit den Probezylindern, eventuell nach Ablassen aus denselben, ermittelt man die vorhandene Ammoniakmenge. Sehr verdünnte Ammoniaklösungen werden durch Neßlersches Reagens gelb gefärbt; statt des Versuchszylinders hat man, wie das im Königschen Kolorimeter der Fall ist, Skalen aus gefärbten Papieren oder Gläsern. Bei gefärbten Säften ist dieses Ver- fahren nicht direkt anwendbar, sondern man läßt eine Destillation unter Zugabe von Magnesiumoxyd oder Bleioxyd vorhergehen und füllt das Destillat auf das ursprüngliche oder ein bestimmtes Volumen auf und bezieht den im Vergleich bestimmten Ammoniakgehalt auf dieses Volumen.

Bei Darstellung der Proteine, welche hier nur mit wenigen Worten berührt sei bezüglich der Details muß auf die Arbeiten von Os- borne verwiesen werden —, z. B. aus Samen, muß zunächst für weit- gehende Zerkleinerung des Materials, etwa mit einer Mühle, gesorgt werden. Die Menge des erforderlichen Lösungsmittels muß so groß sein, daß mindestens drei Viertel des verwendeten Quantums in filtrierbarer Form vorliegen; die Lösungen sind durch öfters zu erneuernden Zusatz von Toluol vor der Invasion durch Mikroorganismen zu sichern; die Extraktion soll, da sich feinzerteilte Proteine sehr schnell in geeigneten Lösungsmitteln lösen, nicht über allzulange Zeit ausgedehnt werden, es genügt kurz dauerndes, aber tüchtiges Umrühren. Der erhaltene Brei wird auf ein feinmaschiges Koliertuch gebracht, das auf einem Holzrahmen an vier auf den Kreuzenden eingeschlagenen Nägeln aus- gebreitet wird, worauf die Hauptmasse der Flüssigkeit aus dem auf das Tuch geschütteten Brei in eine darunterstehende Schale abläuft. Der Rückstand wird dann in einer starken Presse ausgequetscht und die Extraktflüssigkeiten vereinigt über ein Papierbreifilter an der Pumpe abgesaugt. Man mischt in einem großen Gefäß Filtrierpapierstücke und Wasser und zerteilt dann das nasse Papier mit der Hand zu einem feinen Brei; man wendet soviel Papier an, daß man nachher eine halb- feste Masse bekommt. Nun wird dieser Brei in einen Büchnertrichter gefüllt, so daß er die Nutsche ganz anfüllt, der Nutschenkolben dann mit der Saugpumpe verbunden und fest angesaugt, wobei der Papier- brei mit der Hand festgedrückt wird. Wenn alles Wasser abgesaugt ist, bildet das Papier eine leicht konkave Oberfläche, so daß es an den Seiten dicker liegt; vor der Filtration des Extraktes wird das Papierfilter mit

VII. Stickstoffassimilation. Dil

einer Quantität des Proteinlösungsmittels ausgewaschen. Mittels eines solchen Filters lassen sich Eiweißextrakte meistens leicht und klar filtrieren, wobei man, wenn sich nach einiger Zeit der Durchgang ver- zögern sollte, durch leichtes Aufkratzen der obersten Lage für eine Be- seitigung der Hemmung sorgt. Vorher läßt man die festen suspendierten Teilchen gut absetzen, dekantiert und bringt ganz zum Schluß auch die festen Anteile aufs Filter, besonders muß man dafür sorgen, daß die Stärke gut abgesetzt ist, weil die kleinen Stärkekörnchen besonders leicht durchs Koliertuch gehen. Die Samenextrakte, die viel Gummi- stoffe, Schleimsubstanzen und andere die Filter verstopfende Körper führen, werden in solcher Weise von ihnen befreit, daß man zum Extrakte eine große Menge in kleine Stückchen zerrissenen Filtrierpapiers gibt und das Papier mit dem Glasstab zu einem Brei zerkleinert, bis die Papiermenge einen halbfesten Brei bildet, der dann mit einer starken Presse ausgepreßt wird. Während die verstopfenden Substanzen vom Papier gut zurückgehalten werden, läßt sich die Proteinlösung durch entsprechend starken Druck sehr vollständig aus dem Papier entfernen und kann dann leicht an der Nutsche abgesaugt werden. Um die Proteine aus der Lösung zu fällen, säuert man an, wodurch das Proteinsalz der Säure gefällt wird, Alkohol oder Ammonsulfat wird angewendet, um kleine Quantitäten von Proteinen von großen Flüssig- keitsmengen zu trennen. Durch fraktionierte Fällung mit Ammon- sulfat kann man auch die Trennung einzelner Proteine voneinander erzielen. Zur Trennung der Proteine von begleitenden Salzen wendet man am besten die Dialyse an. Ein großes Stück gänzlich durchfeuchteten Pergamentpapiers wird auf den Boden einer Porzellanschale gebreitet und die zu Jialysierende Lösung daraufgegossen. Natürlich darf das verwendete Pergamentpapier, wie das häufig bei länger lagerndem Papier der Fall ist, keine Risse oder kleinen Löcher enthalten, man ver- wendet in diesem Falle besser die Pergamenthülsen von Schleicher & Schüll, welche allerdings nur in verhältnismäßig geringer Größe im Handel zu haben sind; auch die langen Dialysierschläuche, welche, u-förmig aufgewickelt, röhrenartig in das Dialysiergefäß hineinzuhängen sind, pflegen nicht immer rißfrei zu sein. Die Papierränder des Pergament- papiers werden dann um ein Stück Glasrohr von zirka 10 cm Länge und 1 cm Weite vereinigt und als Sack daran befestigt, indem man eine starke Schnur mehrmals außen um das Papier herumwickelt. Dieser Dialysierbeutel muß groß genug sein, um über der Oberfläche der ein- geschlossenen Flüssigkeit noch hinlänglich Raum zu lassen, so daß er das durch Einströmen des Wassers vermehrte Volumen tragen kann. Das Glasrohr an der Mündung des Beutels kann auch dazu dienen, um von Zeit zu Zeit Toluol zur Sterilisierung der Flüssigkeit einfließen zu lassen. Ein Stück Pergamentpapier im Ausmaße 70 x 100 cm liefert einen Beutel von 3—4 Litern Inhalt. Der Beutel wird nun in einem Trog aufgehängt und aus einer Wasserleitung ein ganz langsamer Wasser- strom durchströmen gelassen. Ein mit 10 prozentiger Kochsalzlösung erhaltener Extrakt wird so binnen fünf Tagen chlorfrei. Man kann die wässerige Lösung auch in ungefähr demselben Volumen Alkohol im Pergamentbeutel suspendieren; da das Wasser rasch in den Alkohol hineindiffundiert, wird die Proteinlösung konzentriert und die nach- herige Fällung gelingt mit relativ geringen Mengen Alkohol,

214 VIII. Phosphatide.

VII. Phosphatide.

Unter diesem Namen bezeichnet man phosphor- und stickstoff- haltige Substanzen, welche in manchen physikalischen Eigenschaften den Fetten nahestehen, jedoch mit Wasser kolloidale Lösungen geben, aus denen sie durch Säuren ausgeflockt werden, halbfeste, wachsartige, gelbliche oder weißliche Massen, die mit Wasser aufquellen und eigen- artige, als Myelinformen bezeichnete Gebilde liefern; das bekannteste der Phosphatide ist das Lezithin. Die Phosphatide sind meist leicht löslich in Äther, Chloroform, Benzol, schwer löslich in Azeton, sehr leicht an der Luft unter Absorption von Sauerstoff veränderlich, ver- mögen andere Substanzen in Lösung zu halten, durch Alkalien sind sie ebenso wie durch gewisse Fermente spaltbar, Lezithin kann durch Platinchlorid in alkoholischer Lösung unter Veränderung gefällt werden. Zur Darstellung der Phosphatide aus Pflanzensamen zieht man die fein zerriebenen Samen mit Äther aus und extrahiert den verbliebenen Rück- stand mit Alkohol bei 50—60 °, wobei die Phosphatide in Lösung gehen und aus dem Verdampfungsrückstand des Alkoholextraktes durch Äther ausgezogen werden können. Abwechselnd extrahiert man mit Wasser und bringt sowohl die alkoholischen als die wässerigen Lösungen in einen Scheidetrichter, worauf man die wässerige Schicht, ohne daß man zu viel umgeschüttelt hat, entfernt. Die zurückgebliebene ätherische Schicht, welche die Phosphatide enthält, wird durch wiederholtes Schütteln mit Wasser gereinigt. Dabei bilden sich Emulsionen, die man durch Eintragen von Kochsalz oder Natriumsulfatkristallen beseitigen kann. Den mit geschmolzenem Natriumsulfat getrockneten Rückstand destilliert man und behandelt den festen Destillationsrückstand mit Azeton, welcher den Rest des Fettes herauslöst, oder aber man schüttet direkt den alkoholischen Extrakt in möglichst viel destilliertes Wasser, wobei eine stark opalisierende Lösung entsteht und fügt verdünnte Schwefelsäure dazu bis die Ausflockung beginnt, bringt durch Um- rühren zum Zusammenballen, gießt die Flüssigkeit ab und schüttet verdünnte Schwefelsäure über den Niederschlag, den man dann ab- dekantiert. Schließlich bringt man die feuchte Masse in den Scheide- trichter und schüttelt mit so viel Ather durch, daß zwei deutliche Schichten entstehen, trennt die ätherische Lösung von der wässerigen, trocknet sie mit geschmolzenem Natriumsulfat, destilliert den Ather ab und behält die wachsartige Phosphatidmasse zurück. Aus Blättern und anderen chlorophyllhaltigen Pflanzenteilen ist es bisher noch nicht gelungen, Phosphatide darzustellen. Neben den Phosphatiden findet sich in Pflanzen eine in Alkohol und Äther unlösliche Substanz, die bei Spaltung mit starken Säuren oder Laugen unter Druck Phosphor- säure und Inosit liefert, das Phytin. Es ist vielleicht das erste Stadium des Phosphorstoffwechsels der Pflanze und hat jedenfalls eine äußerst komplizierte Struktur, in welcher der Phosphorsäurerest wahrscheinlich als Pyrophosphorsäure gebunden ist. Bei seiner Verwertung im Organis- mus ist wahrscheinlich nicht der organische, sondern der Phosphorsäure- rest maßgebend. Keimenden Samen kommt jedenfalls die Fähigkeit zu, Phytin zu spalten und die Phosphorsäure daraus zu assimilieren. In fruchtbaren Böden, besonders bei reichlicher Düngung mit Stallmist und Superphosphat ist das Phosphorsäureanhydrid nach Stoklasa

VIII. Phosphatide. 215

meist in organischer Verbindung vertreten, die Phosphatide, Phytine, Nukleoproteide spielen hier die Hauptrolle, in 1 g Wiesen-, Wald- oder Torfboden sind 18—34 mg Phosphatide enthalten. Bezüglich der ana- lytischen Bestimmung des Phytins begnügt man sich mit der Bestimmung des organisch gebundenen und anorganischen Phosphors im alkoholischen oder ätherischen Extrakt. Auf die Unsicherheiten bezüglich der Unter- scheidung von anorganischem und organischem Phosphor im Phytin hat kürzlich Egorof (Zur Kenntnis der Eigenschaften des Phytins, Biochemische Zeitschrift 42, 432, 1912) aufmerksam gemacht.

Um zu prüfen, ob Samen und Keimpflanzen anorganische Phosphate zum Unterschied von jenem Phosphor, der in organischer Bindung vor- liegt, enthalten, schlagen Schulze und Castoro!) folgenden Weg ein: Das Verfahren gründet sich auf die Tatsache, daß Di- und Tri- kalziumphosphat in einer neutralen Lösung von Ammoniumzitrat lös- lich sind, und daß man die Phosphorsäure aus dieser Lösung durch Magnesiamixtur (Mischung von Chlormagnesium, Chlorammonium und Ammoniak) ausfällen kann. Ein abgewogenes Quantum der Samen (9—10 g) oder feingepulverten, lufttrockenen Keimpflanzen wird mit zirka 100 ccm 1 prozentiger Salzsäure 2 Stunden bei Zimmertemperatur behandelt, abfiltriert und das Filtrat mit Ammoniak und Chlorkalzium versetzt; der Niederschlag wird abfiltriert, ausgewaschen und dann mit 50 ccm Ammoniumzitratlösung übergossen. Das Gemisch wird 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen gelassen, filtriert und das Filtrat mit Magnesiamixtur versetzt, um die von dem Zitrat gelöste Phosphor- säure als Ammoniummagnesiumphosphat zu fällen. Die mit Magnesia- mixtur bewirkte Fällung muß zur vollständigen Ausfällung mindestens zwei Tage stehen. Die Samen von Lupinus angustifolius, Lens esculenta, Vicia Faba, Zea Mays, Picea excelsa usw. lieferten nach diesem Verfahren keine Fällungen, nur bei Pinus Strobus wurde eine solche erhalten; in allen diesen Objekten findet sich also kein anorganischer Phosphor vor. Anders in etiolierten Keimpflanzen, wie in zwölftägigen Keimpflanzen von Lens esculenta, Vicia Faba und Zea Mays, die nach der Kultur bei 60 ® getrocknet oder nach dem 24 stündigen Liegen an der Luft in ab- soluten Alkohol geworfen und dann über Schwefelsäure stehen gelassen waren. Vierwöchentliche Keimpflanzen von Vicia sativa lieferten so 0,49% P,O,, zwölftägige von Lens esculenta 0,32 % P,O,; der daraus berechnete Phosphorsäuregehalt beträgt für die Samen der Wicke 1,17 %, für die der Lupinensamen 1,64 %, für die Samen der Ackerbohne 1,39 %. Wenn also bei der Aschenanalyse beträchtliche Mengen Phosphor sich in den grünen Keimpflanzen vorfinden, so sind diese auf phosphorhaltige Proteinstoffe, auf Phosphatide, Nukleoproteide usw. zu beziehen.

Für die Phosphorsäurebestimmung in naß gewonnenen Aschen ist in erster Linie de Neumann sche Bestimmung wegen ihrer Einfach- heit und Genauigkeit auch bei geringen Mengen an Phosphor zu emp- fehlen. Die Phosphorsäure wird hier als Ammoniumphosphormolybdat

gefällt und der ausgewaschene Niederschlag in überschüssiger > Natron-

lauge gelöst, nach dem Wegkochen des Ammoniaks und völligem Er-

1) E. Schulze und N. Castoro, Findet man in Pflanzensamen und in Keimpflanzen anorganische Phosphate ? Zeitschr. f. physiol. Chem. 41, 477 (1904).

916 VIII. Phosphatide.

kalten wird mit = Schwefelsäure zurücktitriert. Da ein Molekül Phosphor-

säure des gelben Niederschlages bei dieser Behandlung zu seiner Neu- tralisation unter Anwendung von Phenolphthalein 56 Moleküle Natron- lauge erfordert, so entsprechen jedem verbrauchten Kubikzentimeter

5 Natronlauge 1,268 mg P,O,. Wir brauchen also 50 prozentige Ammon-

nitratlösung, 10 prozentige kalt gelöste und filtrierte Ammonmolybdat-

lösung, z Natronlauge und . Schwefelsäure. Die Substanz wird im

Säuregemisch verascht, wobei man darauf Rücksicht nimmt, daß nicht mehr als 40 ccm Säuregemisch verwendet werden. Nachdem die Ver- aschung beendet ist, werden 50 cem Ammonnitrat zugesetzt und auf 70-80 ® erhitzt, bis eben Blasen aufsteigen, dann fügt man 40 ccm Ammonmolybdat dazu, schüttelt den entstandenen Niederschlag von phosphormolybdänsaurem Ammon etwa eine halbe Minute gründlich durcheinander, wodurch er sich körniger abscheidet, und läßt 15 Minuten stehen. Man dekantiert und filtriert durch ein kleines aschefreies Falten- filter, das mit eiskaltem Wasser benetzt wird, damit die Filterporen sich zusammenziehen und die Lösung klar filtriert. Man filtriert die klare Flüssigkeit durch entsprechendes Neigen des Kolbens, ohne den Nieder- schlag aufzurühren, so daß das Filter nur bis zu zwei Dritteln seines Volumens gefüllt ist, in einem Zuge durch. Man wäscht dann in eben- derselben Weise drei- bis viermal mit eiskaltem Wasser, indem man auch das Filterinnere vorher mit eiskaltem Wasser bespült. Das aus- gewaschene Filter gibt man zur Hauptmenge des Niederschlages in den Kolben zurück, fügt 150 ccm Wasser hinzu, zerteilt durch heftiges Schütteln das Filter durch die ganze Flüssigkeit und löst den gelben

= . 5 R n Niederschlag, indem man aus einer Bürette gemessene Mengen Natron-

lauge hinzufügt, unter beständigem Schütteln und ohne zu erwärmen eben zu einer farblosen Flüssigkeit auf. Dann wird noch ein Überschuß

von 5—6 ccm 5 Natronlauge hinzugefügt und die Flüssigkeit etwa

15 Minuten gekocht, bis mit den Wasserdämpfen kein feuchtes Lackmus- papier bläuendes Gas mehr entweicht. Nach Abkühlen unter der Wasser- leitung und eventuellem Auffüllen auf 150 cem wird die Flüssigkeit durch einige Tropfen Phenolphthalein stark gerötet und der Überschuß

an Alkali mit Säure zurücktitriert. Die Anzahl der zugefügten Kubik- n ! 3 } zentimeter 5 Natronlauge abzüglich der verbrauchten Kubikzentimeter

& Säure liefert, mit dem Faktor 1,268 multipliziert, die Menge P,O, in

Milligrammen.

Will man Phosphorsäure in der Glühasche bestimmen, so übergießt man diese in der Porzellanschale mit Salpetersäure, verdampft zur Trockene und wiederholt diesen Prozeß, um alle Kieselsäure unlöslich zu machen. Zum Filtrat wird in der Hitze unter Umrühren ein Über- schuß einer Lösung von molybdänsaurem Ammon in Salpetersäure

IX. Die Enzyme. 21%

gefügt, dann zirka ein Fünftel des Volumens an kalt gesättigter Ammon- nitratlösung und die Mischung 12 Stunden bei 70 ° gehalten. Die Flüssig- keit über dem Niederschlag wird durch ein mit Ammonnitrat befeuchtetes Filter gegossen, und wenn sie sich mit Molybdänlösung (80 g Ammonium- molybdat in 640 ccm H,O und 160 com NH, vom spezifischen Gewicht 0,92 gelöst und unter Kühlung in 960 cem HNO, vom spezifischen Ge- wicht 1,2 und 240 ccm Wasser eingetragen, die Mischung nach 24 Stunden filtriert und in nur leicht verschlossenen Flaschen aufbewahrt) noch trübt, wieder zurückgegossen und mit mehr Molybdänlösung gefällt. Der Niederschlag aus dem Becherglase wird, möglichst ohne ihn aufs Filter zu bringen, ebenso wie der auf dem Filter befindliche Anteil, mit verdünnter Salpetersäure gewaschen, der ca. 5% Ammoniumnitrat zugesetzt ist, dann wird das Becherglas mit dem Niederschlag unter das Filter gestellt und der Niederschlag mit verdünntem, warmem Ammoniak quantitativ vom Filter gelöst, die ablaufende Flüssig- keit bringt auch den Niederschlag im Becherglas zur Lösung. Die Lösung wird jetzt, nach Neutralisieren des Ammoniaküberschusses durch Salzsäure, mit Magnesiamixtur versetzt (110g kristallisierten Magnesium- chlorids und 140 g Ammonchlorid werden in 1300 ccm Wasser gelöst, 700 8 10 prozentiger Ammoniakflüssigkeit dazugefügt, einige Tage stehen- gelassen und von einem etwa entstandenen Niederschlag abfiltriert). Nach Fällen des Niederschlages setzt man noch ein Viertel des Volumens Ammoniak vom spezifischen Gewicht 0,96 hinzu und läßt 24 Stunden stehen. Der entstandene kristallinische Niederschlag besteht aus Magnesiumammoniumphosphat und ist derselbe, wie er bei der Be- stimmung der Magnesia durch Natriumammoniumphosphat entsteht. Er wird abfiltriert, gewaschen, getrocknet, geglüht und als Magnesia- pyrophosphat gewogen. 100 Teile Mg,P,;O, entsprechen 27,93 Teilen Phosphor, respektive 63,96 Teilen P,O,. Auf diese Weise bestimmt man also den Phosphor in der Asche und bezieht ihn, soweit es grüne Teile oder Samen anlangt, auf organische Phosphorverbindungen, da nach Schulze und Öastoro anorganische Phosphate in diesen Pflanzenteilen nicht vorhanden sind.

IX. Die Enzyme.

Die Enzyme oder Fermente spielen bei den Umsetzungen im Pflanzenkörper eine große Rolle, sie wirken als organische Katalysatoren, indem sie Vorgänge, welche sonst unendlich langsam vor sich gingen, zu beschleunigtem Ablauf bringen. Rein dargestellt ist bis heute noch kein Enzym, und so sind wir über die chemische Natur der Fermente gar nicht orientiert, wir können sie nur nach ihrer Wirkung beurteilen, und so handelt es sich beim Studium des Fermentes immer nur um Herstellung von Präparaten, welche die Wirkung des Fermentes be- sitzen. Wir müssen heute annehmen, daß die Organenzyme, sei es, daß sie extrazellulär an Orten wirken, die von ihrem Entstehungsort in der Zelle entfernt liegen, sei es, daß wir es mit intrazellulären Endo- enzymen zu tun haben, nicht jederzeit in aktiver Form vorliegen, sondern aus einer inaktiven Vorstufe durch ein anderes Ferment oder überhaupt irgendein Stoffwechselprodukt in Freiheit und Aktion gesetzt und nach Vollendung ihrer Wirksamkeit wieder in die inaktive Form übergeführt

218 IX. Die Enzyme.

werden. In der Fermentarbeit äußert sich die Lebenskraft des Proto- plasten, denn wiewohl die Enzyme an sich leblose Stoffwechselprodukte vorstellen, so überraschend intensiv und mannigfaltig sich auch ihre Wirkungsweise gestalten mag, so werden sie doch offenbar sinn- und zweckmäßig durch die Lebenskraft des Protoplasmas hervorgebracht und zur rechten Zeit in Aktivität versetzt. Diese ‚Lebenskraft‘ mag wohl nur in dem komplizierten Verwobensein von Permeabilitäts- verhältnissen der Plasmahaut, Oberflächenspannungsänderungen, Ver- teilung und Adsorption von Stoffen in dem komplexen System von Lipoiden, Eiweißkörpern, Wasser in der Plasmamembran beruhen, die sich fortwährend ändern und so die wechselnde Mannigfaltigkeit der untereinander zur Reaktion kommenden Stoffe bestimmen, wobei sich die Natur der Plasmamembran unter dem Einfluß äußerer und innerer Korrelationsverhältnisse fortwährend ändert, sie ist uns heute aber in ihren Details gänzlich unbekannt, tritt uns als einheitliche, und zwaı zwecktätige Kraftänderung jedes Organismus entgegen und wir können nur als mit einem gegebenen Faktor mit ihr rechnen. Daß die Lebens- kraft des Protoplasten nicht als Summe der Fermentwirkungen auf- gefaßt werden kann, zeigen uns die Erscheinungen in der Autolyse. Wenn wir das Leben eines pflanzlichen Organismus durch Mittel ab- töten, welche die ziemlich resistenten Enzyme intakt lassen, also etwa durch Plasmagifte, wie Chloroform, Toluol, Ather, oder am besten nach der Methode Palladins durch Abkühlen auf tiefe Temperaturen und Wiederauftauen, so macht sich die Fermentarbeit in ganz anderer Weise geltend als im lebenden Organismus. Während hier die Fermente har- monisch nacheinander arbeiten, so daß die Wirkung eines Fermentes an der Grenze seiner Wirkungssphäre durch die Arbeit eines nächsten abgelöst wird und das Endresultat uns als die Arbeitssumme einer Reihe von Enzymen erscheint, so daß sich also normalerweise kein Produkt anhäufen kann, sondern die Endprodukte schließlich den Körper in irgendeiner Form verlassen oder in ihm in inaktiver Form deponiert werden können, beginnt im Autolysengemisch des abgetöteten Organismus ein ‚„unkoordiniertes“ Spiel (Palladin) der Enzyme, in welchem alles abgebaut, alles niedergerissen wird; jedes Enzym sucht gewissermaßen möglichst viel seiner Wirkung zugänglichen Stoffes an sich zu reißen, um ihn zu zerstören. Demnach ist auch wohl zwischen „abgetötet‘ und ‚gestorben‘ zu unterscheiden: im ersteren Falle setzt nach Vernichtung der die Enzymarbeit regulierenden Lebenskraft des Protoplasten die unkoordinierte Arbeit der Enzyme ein, im letzteren ist diese mit jener erloschen. In einem anschaulichen Bilde vergleicht Palladin die Enzyme mit untergeordnetem Dienstpersonal, welches vom Protoplasten zur richtigen Zeit mit Arbeiten betraut und nach Beendigung der Arbeit wieder eingesperrt, in den inaktiven Zustand ver- setzt wird. Das koordinierte Zusammenarbeiten der Fermente ist nur als Ausschnitt eines das Leben der Organismen überhaupt beherrschen- den Gesetzes, der Metabiose, aufzufassen. So wie im Leben kein Stoff übrig bleiben darf, sondern jedes Endprodukt eines Stoffwechsel- vorganges von einem anderen Organismus >ls Arbeitsmaterial über- nommen werden muß, so daß jeder Stoff sich unablässig im Kreise be- wegt, bewegt durch eine aneinanderschließende Reihe differenter Orga- nismen, so bewegen auch im Einzelindividuum die vom Protoplasten aktivierten und regulierten Enzyme jeden in den Organismus ein-

IX. Die Enzyme. 219

gehenden ‘Stoff in Teilstadien des Auf- und Abbaues, bis er als End- produkt des Individualstoffwechsels den Körper verläßt, um im Orga- nismus eines anderen Lebewesens seine weitere Verwandlung zu er- fahren.

Je nach ihrer Wirkung unterscheiden wir kohlehydratspaltende Fermente, wie Diastase, Invertase, Zymase, Emulsin, eiweißspaltende (proteolytische) Fermente, wie Pepsin, Trypsin, Lab, Papayotin, fett- spaltende Lipasen und Oxydationsfermente, welche, wie Oxygenase, Oxydase, Peroxydase, Katalase, zweifellos bei den oxybiotischen Vor- gängen eine große Rolle spielen.

Zur Darstellung von Fermenten aus den sie produzierenden Organen kann man in zweierlei Weise vorgehen: entweder man extrahiert die Fermente aus den fein zerkleinerten Pflanzenteilen durch geeignete Lösungsmittel, oder man zertrümmert die Zellen vollständig, wie das zuerst Buchner bei der Hefe praktiziert hat, um die Zymase dar- zustellen, wobei die Hefezellen durch Kieselguhr vollkommen zerrieben und der Saft unter großem hydraulischem Druck durch Filter abgepreßt wurde. Es gibt Enzyme, die ohne Schwierigkeit durch Wasser, dem man nötigenfalls geeignete, das Ferment nicht schädigende Antiseptika, wie Chloroform oder Toluol, zufügt, extrahiert werden können, nämlich jene, die von den Zellen auch im natürlichen Zustande nach außen sezerniert werden, die Ektoenzyme, andere, die Endoenzyme, welche auch normalerweise nur innerhalb der Zelle wirken, niemals von dieser ausgeschieden werden, können auf diese Weise nicht, sondern nur durch vollständiges Zerreißen und Auspressen der Zellen gewonnen werden. Indessen handelt es sich bei höheren Pflanzen vornehmlich um Ekto- enzyme. Der Preßsaft wird am geeignetsten durch sterile Filter von porösem Ton, Asbest, Kieselguhr filtriert, wodurch auch gleichzeitig eine Scheidung von fremden festen Bestandteilen erreicht wird; in- dessen kann es auch vorkommen, daß einzelne Enzyme im Filter zurück- bleiben. Es ist vielfach beobachtet worden, daß nach dem Durchfiltrieren die enzymatische Kraft des Saftes geschwächt oder aufgehoben war. Bisweilen wendet man diese Methode mit Vorteil zur Trennung zweier Enzyme an, doch lassen sich hier bestimmte Vorschriften nicht geben. Die aus gebranntem Ton hergestellten Filterkerzen nach Chamber- land und die Ballonfilter nach Pukall müssen vor dem Gebrauch einer genauen Revision unterzogen werden, da sie oft kleinste Sprünge und Undichtigkeiten besitzen, die ein keimfreies Filtrieren ausschließen ; man taucht sie unter Wasser und verbindet sie mit einer Druckluft- pumpe, der kleinste Riß ist daran zu erkennen, daß beim Anblasen an der betreffenden Stelle Luftblasen auftreten. Man erhält diese Porzellan- filter im Handel in beliebiger Größe und kann den Preßsaft natürlich auch in graduierten. Gefäßen auffangen. Will man ein festes Enzym- präparat gewinnen, so fängt man den Preßsaft beim Filtrieren direkt in Litergefäßen auf, die zu drei Vierteln mit starkem Alkohol gefüllt sind, und saugt den weißen Niederschlag, der sich bildet, ab; die Nieder- schläge sammelt man auf einem Filter, wäscht sie mit Alkohol und Ather und trocknet sie im Exsikkator über Schwefelsäure. In trockenem Zustande sind die Fermentpräparate durchaus haltbar, besonders wenn sie, in evakuierte Gefäße eingeschlossen, vor Luft dauernd geschützt, in kühlem Raume aufbewahrt werden. In Lösungen ist die Haltbarkeit viel beschränkter und eine Aufbewahrung des unveränderten Prä-

220 IX. Die Enzyme.

parates ist nicht länger als vier Tage, bei Beachtung aller Kautelen höchstens drei Wochen möglich. Diese Kautelen bestehen vor allem in der genauen Beachtung der von dem betreffenden Enzym beanspruchten Reaktion des Mediums, im allgemeinen ist neutrale Reaktion am besten, eine leicht sauere jedenfalls viel eher angängig als eine alkalische, etwa derart, daß sehr empfindliches Lackmuspapier leicht gerötet wird, wie es das destillierte Wasser des Laboratoriums gewöhnlich von selbst tut. Ferner muß für Aufbewahrung im Eisschrank und für ein geeignetes Desinfektionsmittel gesorgt werden. Die besten sind Toluol oder Xylol, Chloroform und Thymol. Zu je 100 ccm der Lösung wird zirka 1 ccm Toluol zugegeben, einigemal umgeschüttelt und die Lösung bei Bedarf mit Pipetten entnommen. Von Chloroform nimmt man ebenfalls im Verhältnis 1: 100, bewahre aber in sehr gut verschlossener Flasche auf, weil sonst die oberen Schichten leicht an Chloroform verarmen ; Trübungen, welche sich mit der Zeit um die am Boden liegenden Chloroformtropfen bilden, bewirken keinen Verlust an wirksamen Stoffen; bei Entnahme von Flüssigkeit rühre man nicht auf, sondern schüttle erst nach Abpipettierung der gewünschten Menge wieder um. Thymol trägt man zerrieben in fester Form in die Flüssigkeit ein.

Zur Isolierung der glykolytischen Enzyme, deren Ubiquität im Gewebe höherer Pflanzen Stoklasa wahrscheinlich gemacht hat, geht der genannte Autor folgendermaßen vor!): 5—6 kg junge, frische, keine Zersetzung durch Fäulnis aufweisende Pflanzensubstanz wird zerkleinert und der Saft daraus unter einem Drucke von 300—400 Atmo- sphären ausgepreßt. Dem so gewonnenen Safte wird ein Gemisch von Alkohol und Äther zugesetzt, worauf ein an Eiweißstoffen reicher Nieder- schlag zu Boden fällt. Diese Operation geschieht in einem hohen, steri- lisierten Zylinder. Auf 500 ccm des zellfreien Saftes kommen 600 ccm eines Gemisches von 400 cem Alkohol und 200 cem Äther. Nach einem Augenblicke setzt man Äther im Überschuß zu und hebert die oberhalb des Niederschlages aus Alkohol und Äther bestehende Flüssigkeit sofort ab. Nun wird neuerdings Äther aufgegossen und sodann sofort die überstehende Flüssigkeit abgehebert. Der ganze Vorgang der Fällung des Pflanzensaftes muß möglichst rasch vorgenommen werden, weil Alkohol und Äther bei längerer Berührung mit dem gefällten Enzym dessen Aktivität schwächen würden. Die Flüssigkeit wird daher nach dem Abhebern oder Abgießen sofort vollständig filtriert, was man durch Verwendung von feiner Kolierleinwand und Abpressen durch dieselbe am besten zustandebringt. Das so gewonnene Rohenzym wird in luft- verdünntem Raume über Schwefelsäure getrocknet. Mit 6—10 g dieses Enzyms wurden dann zur Prüfung seiner Wirksamkeit 50 ccm einer 15 prozentigen Traubenzuckerlösung unter Zusatz von 0,5 K,PO, mit aseptischen Kautelen und unter Zusatz von Thymol zusammengebracht und dann der Verlust an Zucker sowie die gebildeten Produkte be- stimmt.

Von den lipolytischen Enzymen der Pflanzen sind die Methoden der Darstellung und die Prüfungsverfahren für das fettspaltende Enzym der Rizinussamen ausgearbeitet, welches bekanntlich in der Technik der Seifenfabrikation Verwendung findet. Der geschälte oder auch

!) J. Stoklasa, A. Ernest, K. Chocensky, Über die glykolytischen Enzyme im Pflanzenorganismus, Ztschr. f. phyeiol. Chem. 50, 303 (1907).

IX. Die Enzyme. 221

ungeschälte Rizinussamen wird in einer Mühle mit Wasser fein ver- mahlen; nachdem die Samenmilch eine Zentrifuge passiert hat, welche alle lipolytisch nicht wirksamen Bestandteile des Samens zurückhält, verläßt das Enzym als Emulsion den Apparat; die Emulsion ent- hält neben dem größten Teil des Rizinusöls, fein damit emulsioniert, die unlöslichen Eiweißstoffe des Plasmas, darunter auch die Lipase, während das Emulsionswasser alle wasserlöslichen Bestandteile, dar- unter auch das säurebildende Enzym, aufgenommen hat. Diese zentri- fugierte Fermentmilch wird nun bei zirka 24 ° C der Gärung überlassen, wobei sich die fermenthaltige Emulsion als dicker Schaum an der Ober- fläche des sauren Unterwassers absetzt und so leicht gewonnen werden kann. Die Lösung enthält außer der Lipase noch 38 %, Rizinusölsäure,

4%, Eiweißkörper und andere feste Substanzen und 58 % Wasser!). Das Enzym wird am besten durch Essigsäure, Milchsäure oder Buttersäure aktiviert, wenn diese in nicht zu starkem Überschuß vorliegen; in diesem Falle sind hinlänglich Säuren zugegen, und zur Aktivierung braucht man nur für kleine Zusätze von Manganoxydulsulfat (0,15—0,5 g per 100 g Samenöl) zu sorgen. Das Ferment ist bei steriler, kühler Auf- bewahrung einige Zeit haltbar, indessen nimmt seine Wirksamkeit be- ständig ab: so wurde von der Rizinuslipase Leinöl noch nach 5 Tagen im Betrage von 75 % innerhalb 20 Stunden gespalten, nach 13 Tagen zu 74%, nach 26 zu 72%, nach 56 Tagen zu 67 %, nach 107 Tagen zu 55 % und nach 15 Monaten noch zu 44 %, also immerhin eine lang- dauernde Wirksamkeit. Iwanow?) zerrieb zur Gewinnung von Lipase trockene, unreife Ölsamen mit Sand und Glyzerin. Der dabei entstehende dieke Brei wurde während 24 Stunden digeriert, um die Fermente voll- kommen in Lösung zu bringen. Dann wurde der Glyzerinauszug ab- gepreßt und mit dem gleichen Volumen reiner Olsäure vermischt. Waren die Samen frisch und saftig, so war ein Zusatz von Wasser unnötig, sonst wurden stets I—2 ccm Wasser zu dem Sand-Glyzeringemisch zugefügt, wobei aber der Wassergehalt der Olsäure-Glyzerinmischung nie höher als auf S—-10 % stieg. Die Samen wurden stets im Stadium intensivster Olbildung gewählt. Die Mischung wurde nur umgerührt und nach Zusatz von 2—3 Tropfen 10 prozentigen Thymols ruhig stehen gelassen.

Die in der Pflanzenzelle tätigen proteolytischen Fermente hat man sowohl im ruhenden Keim wie in gekeimten Samen untersucht. Aron und Klempin?°) schlugen folgenden Weg ein, um die Fermente aus Hafer zu isolieren: Geschroteter Hafer wurde 10—12 Stunden in der Kugelmühle in einem Gemisch gleicher Teile Wasser und Glyzerin gründlich zermahlen, der feste Rückstand in einer Filterpresse ab- gepreßt und das ablaufende Filtrat in hohen Zylindern durch Sedi- mentieren geklärt. Die darauf abgeheberte braungelbe Flüssigkeit wurde schließlich noch mehrmals filtriert. Der Glyzerinextrakt, welcher sich auch nach wochenlangem Aufbewahren im Eiskasten proteolytisch

ı) E. Hoyer, Über fermentative Heuirpaluu Ztschr. f. physiol. Chem. 50, 414 (1907).

2) S. Iwanow, Über den Stoffwechsel beim Reifen ölhaltiger Samen usw., Beih. z. bot. Centr.-Bl. 28, 159 (1911).

3) H. Aron und P. Klempin, Studien über die proteolytischen Enzyme usw., Bioch. Ztschr. 9, 163 (1908), nach M. Jacoby, in Abderhaldens Biochem. Arbeitsmethoden III, 1, 413.

399 IX. Die Enzyme.

wirksam erwies, wird am besten bei saurer, weniger gut bei neutraler, am schwächsten bei alkalischer Reaktion wirksam erhalten.

Für die Fragen des Eiweißstoffwechsels bei höheren Pflanzen, bei deren Keimungsentwicklung proteolytische Enzyme an ‚der Arbeit sind, um aus den hochmolekularen Reserveproteinen die Bausteine zu schaffen und diese an Ort und Stelle wieder zu synthetisieren, schuf E. Schulze!) indirekte Fermentbestimmungsmethoden, bei denen nicht das Enzym, sondern das Produkt seiner Arbeit untersucht wurde, in- dem in Keimpflanzen oder Teilen von Keimpflanzen mit oder ohne Kotyledonen, nach dem Zerkleinern und Trocknen bei 60° auf die Menge der in ihnen enthaltenen Stiekstoffverbindungen geprüft und die Menge des Gesamt- und Eiweißstickstoffs, der mit Phosphorwolfram- säure fällbare Stickstoff und der Amidstickstoff bestimmt wurden. Auf diese Weise kann man die Art und Schnelligkeit des proteolytischen Zerfalles messen, wie aus folgender Tabelle Schulzes ersichtlich ist. Vom Gesamtstickstoff entfallen in Prozenten auf:

Protein- Nichtproteinartige

stoffe Verbindungen Lupinus luteus.

Ungekeimte Samen . . . . .. 93,36 |

6tägige Keimpflanzen . . . . 58,89 41,20 schneller 1% 5 Ede) 81,61 ee DA 5; 2 5 RE 21S2IG 81,04

Lupinus angustifolius.

Ungekeimte Samen ee 492,89 zahl)

3tägige Keimpflanzen . . . . 84,13 15,87 |

4 = BERN ee se schneller 12 > > ar 98.67 71.33 Eiweißzerfall 1% = ee 228 77,67 182% = NE: 712,22

ZeaMays.

Ungekeimte Samen 0 97895 2,05

Stägige Keimpflanzen . . . . 95,82 4,18 1

angsamer

9 , . . . . 91,62 8,3 Ei 12 : N 2 ag 14,70 | Fiweißzerfall 672% Sn 2. ro 33,33

In ungekeimten Samen wurden keine Aminosäuren, in 6—-7 tägigen Keimpflanzen 0,6% Aminosäuren gefunden. Butkewitsch?) geht so vor, daß er die gekeimten Samen bei 35—40 ® vortrocknet und die Trocknung mit Ätber vollendet; dann wird das Pulver mit Wasser und Thymol einige Zeit bei Brutschranktemperatur gehalten, während in einem Kontrollversuch die Wasseraufschwemmung des Pulvers gleich zum Sieden erhitzt wird. Die Produkte der Fermentspaltung werden dann nach Schulze untersucht. Weis?) isolierte das proteolytische Enzym aus gekeimter Gerste in folgender Weise: Das Material wurde zu einem dieken Brei zusammengequetscht und drei Teile des Malzes mit vier Teilen Wasser angerührt. Nach einigem Stehen und wieder- holtem Umrühren wird solange durch ein Faltenfilter gegossen, bis die

') E. Schulze, Über den Umsatz der Eiweißstoffe in der lebenden Pflanze, Ztschr. f. physiol. Chem. 24, 18 (1898), 30, 241 (1900).

:) W. Butkewitsch, Über das Vorkommen eines proteolytischen Enzyms in gekeimten Samen, Ztschr. f. physiol. Chem. 32, 1 (1901).

») F. Weis, Über das proteolytische und ein eiweißkoagulierendes Enzym in keimender Gerste, Ztschr. f. physiol. Chem. 31, 79 (1900).

IX. Die Enzyme. 223

Flüssigkeit klar ist. Das Enzym ist in Lösung bei 0 ° eine Woche halt- bar. Seine Wirkung kann dadurch gezeigt werden, daß nach seiner Einwirkung auf Weizenglutin die mit Tannin nicht fällbaren Substanzen zunehmen. Vineshatals Reaktion auf proteolytische Pflanzenfermente die Eigentümlichkeit dieser benutzt, aus Eiweiß Tryptophan abzuspalten. Abderhalden!) hat mit Schittenhelm undDammhahn peptolytische Fermente in keimenden Samen nachgewiesen: Der Preß- saft des ungekeimten Samens erweist sich unwirksam und wird erst nach längerem Stehen bei 37 0 C aktiv. Die Lupinen-, Weizen-, Mais- und Gerstensamen wurden vor ihrer Verwendung mit 4 prozentiger Borsäurelösung gewaschen, mit Quarzsand zu einem feinen Brei zerrieben und dann so viel Quarzsand dazugefügt, bis das Ganze einen dicken Kuchen bildete, der nun im Koliertuch zunächst bei einem Drucke von 150, später unter einem solchen von 300 Atmosphären ausgepreßt wurde.

Zum qualitativen Nachweis der Diastase:) geht man in folgender Weise vor: Eine etwa 1 prozentige Lösung von Stärke, welche durch Kochen hergestellt ist, wird bei angenähert neutraler Reaktion mit etwas von der Fermentlösung bei Zimmertemperatur oder, wenn man die Reaktion beschleunigen will, bei 37 ° C versetzt. Entnimmt man in Abständen von einigen Minuten Proben, so färben sie sich, mit einigen Tropfen 50 fach verdünnter Lu golscher Lösung versetzt, nicht mehr rein blau, sondern der Reihe nach die zunächst entnommene Probe violett, die späteren rot, gelbbraun, schließlich gar nicht mehr bis auf die ursprüngliche hellgelbe Jodfarbe, während die Reduktion gegenüber Fehlings Lösung sofort beim Aufkochen mit derselben eintritt. Invertase: Die Fermentlösung wird bei neutraler oder ganz schwach saurer Reaktion mit einer 5 prozentigen Lösung von Rohrzucker ver- setzt und nach ganz kurzer oder bei etwas längerer Einwirkung, wenn nur sehr verdünnte Fermentlösungen vorliegen, die unmittelbare Re- duktion von Fehlings Lösung wahrgenommen. Bei langem Stehen oder langem Kochen verwandelt sich, besonders in alkalischer Lösung, der Rohrzucker von selbst zum kleinen Teil in Invertzucker, daher können nur kräftige Reduktionswirkungen nach kurzem Kochen als Resultat der Enzymwirkung betrachtet werden. Zymase läßt sich am besten durch ihre Einwirkung auf Traubenzucker erkennen. Man füllt den längeren Schenkel eines Gärkölbehens mit einem Gemisch von einem Teil 50 prozentiger Traubenzuckerlösung und zwei Teilen der Fermentlösung, so daß keine Luftblase mit eingeschlossen ist und beobachtet kürzere oder längere Zeit, daß der Schenkel sich mit Kohlendioyxd füllt. Nur ganz frische Preßsäfte sind gärkräftig, ältere lassen sich aber, nachdem sie inaktiv geworden sind, leicht durch Zusatz von frischem, gekochtem Preßsaft reaktivieren. Emulsin wird durch Eintragen in eine frische Aufschwemmung von Amygdalin erkannt, in der es Blausäuregeruch hervorruft. Pepsin läßt sich am

1) E. Abderhalden und A. Schitttenhelm, Die Wirkung der proteo- lytischen Fermente keimender Samen des Weizens und der Lupinen, Ztschr. f. physiol. Chem. 49, 26 (1906); E. Abderhalden und Dammhahn, Uber den Gehalt ungekeimter und gekeimter Samen verschiedener Pflanzenarten an pepto- lytischen Fermenten, ebendas. 57, 332 (1908).

®) Nach L. Michaelis in Abderhaldens Biochem. Arbeitsmethoden III, 1, Seite 16.

224 IX. Die Enzyme.

besten mittels der M. Jacobyschen Probe erkennen, welche darauf beruht, daß ein in den Rizinussamen enthaltener Eiweißkörper bei der für die Pepsinverdauung erforderlichen sauren Reaktion unlöslich ist, und daß die feinen Flocken, welche er bildet, durch Pepsin rasch gelöst werden. Das bekannte Toxin der Rizinussamen, das Rizin, steht in keiner Beziehung zu diesem Eiweißkörper, weshalb die reinen, fast eiweiß- freien Merckschen Rizinpräparate für diese Probe nicht zu brauchen sind, sondern nur das bei der A.-G. Chemische Werke, Charlottenburg, käufliche ‚„‚Rizin nach Jacoby“. 2 g dieses Pulvers werden in 50 cem 3 prozentiger Kochsalzlösung getan, einige Minuten stark durchgeschüttelt, das Gemisch für eine Stunde in ein lauwarmes Wasserbad cn und dann abfiltriert. Von =“ völlig klaren Filtrat wird je 1 Volumteil

mit 1, bis 1% Volumteil 7, . Salzsäure versetzt; die entstehende Trübung

setzt sich bald in feinen Flocken ab; es muß solange Salzsäure zugegeben werden, bis eine kräftige Trübung entstanden ist, ein Salzsäureüberschuß ist aber zu vermeiden, da sich die Trübung darin wieder löst. Dieses Reagens hält sich mehrere Tage. Nun versetzt man 5 ccm der gut durch- geschüttelten Rizinaufschwemmung mit 1 ccm der Pepsinlösung; schon bei Zimmertemperatur, noch schneller bei 37 °, tritt eine Aufhellung und schließlich vollständige Klärung der Flüssigkeit ein und mit dieser sehr empfindlichen Probe, bei welcher nur sorgfältig auf die Zugabe der eben richtigen Salzsäuremenge geachtet werden muß, können auch die geringsten Spuren Pepsin nachgewiesen werden.

Huld und Levison weisen Pepsin mittels Edestins nach, welches in saurer Lösung löslich, in alkalischer unlöslich ist. Man kann es aus der sauren Lösung durch Alkalien oder besser durch festes Koch-

salz ausfällen. Man stellt eine 1 promillige Edestinlösung in 55 Salz-

säure her und verfährt im übrigen wie bei der Rizinmethode. Nachdem das Gläschen etwa eine halbe Stunde mit Pepsin versetzt im Wasser- bade gestanden hat, versetzt man eine entnommene Probe mit festem Kochsalz; noch vorhandenes Edestin wird ausgefällt; die Pepsinwirkung äußert sich also im Ausbleiben der Fällung durch Chlornatrium. Lab - ferment erkennt man durch seine Kasein ausfällende Wirkung. Gewöhnliche rohe oder gekochte Milch wird mit 9 Teilen Wasser ver- dünnt und mit 1 cem 10 prozentiger CaCl,-Lösung auf 100 ccm der verdünnten Milch versetzt, wobei keine Ausfällung entstehen darf. Die Fermentlösung wird bei saurer Reaktion durch Soda, bei alkalischer durch verdünnte Essigsäure genauestens neutralisiert und dann mit der Milchverdünnung zusammengebracht. Es entsteht nach kürzerer oder längerer Zeit (Minuten bis Stunden) plötzlich eine Ausfällung des Milchkaseins, welches das emulgierte Fett mitreißt, so daß die ganze Flüssigkeit klar ist. Man muß sich sehr hüten, auch nur Spuren freier Säure in das Reaktionsgemisch zu bringen, weil diese durch Kasein- fällung Täuschungen herbeiführen können.

Zum Nachweis von TrypsineignetsichdeKaseinmethode von L. Michaelis: 0,1g Kasein wird in wenig Wasser mit 10 Tropfen 10 prozentiger Sodalösung unter Erwärmen gelöst und mit destilliertem Wasser auf 200 ccm aufgefüllt. Hiervon werden etwa 5 ccm mit 1 cem der Fermentlösung, welche möglichst klar sein muß, versetzt, ins Wasser- bad von 37 ° gestellt und von fünf zu fünf Minuten Proben mit einer

IX. Die Enzyme. 225

kleinen Pipette entnommen. Diese werden mit Essigsäure versetzt: fällt kein Kasein mehr aus, so hat das Trypsin gewirkt, es kommt aber auch hier sehr darauf an, daß man die richtige Menge Essigsäure zu- setzt, weil Kasein in einem Überschuß der Säure wieder löslich ist. Mit einer hergestellten Y, prozentigen Essigsäure ermittelt man, wie- viel Tropfen man zu dem frisch bereiteten Kasein-Fermentgemisch, in dem das Trypsin noch nicht gewirkt hat, zugeben muß, um eine gute Fällung zu erreichen, und gibt dann im eigentlichen Versuch die Säure diesem Vorversuch entsprechend zu. Die Methode ist äußerst empfindlich und so rasch durchzuführen, daß der Zusatz eines Des- infektionsmittels unnötig ist. Allerdings kann man hier Trypsin nicht von Erepsin unterscheiden, welches Kasein ebenfalls verdaut. Nach E. Abderhalden führt man den Nachweis tryptischer Fermente sehr scharf durch Spaltung geeigrieter Polypeptide, wobei der Eintritt der Spaltung durch das Auskristallisieren schwer löslicher Aminosäuren oder durch Drehungsänderung im Polarisationsrohr angezeigt wird. Glyzyl-l- tyrosin ist bei Beobachtung der Aminosäuren-Ausscheidung sehr ge- eignet: 5 ccm der auf Ferment zu prüfenden Lösung bringt man mit 0,2 g Glyzyl-l-tyrosin und 2 Tropfen Toluol für mehrere Stunden in den Brutschrank; es tritt eine Trübung auf, die nach einiger Zeit zur Abscheidung der charakteristischen, unter dem Mikroskop leicht er- kennbaren Kristalle von Tyrosin führt. Papayotin kann durch seine Wirkung auf Serum oder Eieralbumin nachgewiesen werden. Zu der Fermentlösung wird ein wenig dreifach verdünntes Blutserum oder Eieralbumin bei schwach essigsaurer Reaktion in eine Eprouvette ge- tan und das Ganze sofort aufgekocht, vom koagulierten Eiweiß ab- filtriert und mit dem Filtrat die Biuretreaktion angestellt. Bei Gegen- wart von Papayotin gibt das Filtrat noch in starker Verdünnung eine sehr intensive rote Biuretreaktion.e Lipase wird auf die Emulsion eines Neutralfettes einwirken gelassen und an dem Auftreten freier Fettsäuren erkannt. Es gibt Lipasen, die nur bei sehr deutlich saurer Reaktion (2% Essigsäure) wirken, andere nur bei neutraler oder al- kalischer Reaktion. Zur Sicherheit wird man drei entsprechende Parallel- proben anstellen. Besonders geeignet statt des Neutralfettes ist Lezithin, welches ebenfalls von den Lipasen zerlegt wird, deswegen, weil es mit den Lipasen sehr gleichmäßige, haltbare Emulsionen gibt, wenn eine abgewogene Menge des käuflichen Lezithins mit der 50 fachen Menge destillierten Wassers einige Stunden geschüttelt worden ist. Eine ab- gemessene Probe der Mischung wird zunächst mit dem gleichen Volumen absoluten Alkohols versetzt, um die von vornherein darin befindlichen n 10 gegen Phenolphthalein bis zur Neutralität titriert. Nach der Versuchs- zeit wird diese Titration nach Alkoholzusatz wiederholt und so die Bildung freier Fettsäuren durch die Lipase festgestellt. Eventuell kann ein unwirksam gewordenes Präparat durch Zusatz von Manganosulfat aktiviert werden (man verwendet auf zirka 10 ccm Ölemulsion 5 ccm einer Lösung von MnSO, 4: 1000). Als Desinfiziens kann Chloralhydrat dienen.

QuantitativeBestimmung: Es kann sich bei der quan- titativen Bestimmung von Fermenten niemals um absolute, sondern immer nur um relative Werte von Vergleichsproben handeln, ferner

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 15

freien Fettsäuren in Lösung zu bringen, und dann mit Kalilauge

296 IX. Die Enzyme.

niemals um die Feststellung von Quantitäten, sondern immer nur um Bestimmung der Wirkungsgeschwindigkeit. Nun ist die Geschwindigkeit der Reaktion bei einzelnen Fermenten, z. B. beim Invertin, die einer monomolekularen Reaktion entsprechende, d. h. in jedem Zeitteilchen wird vom Substrat eine der Fermentkonzentration proportionale Menge umgesetzt, ohne daß sie mit der Konzentration des Substrates variiert; hier wird, vorausgesetzt, daß die Konzentration der Rohrzuckerlösung nicht allzusehr von einem Mittelwert abweicht, im Anfang der Reaktion bis zur Erreichung etwa des fünften Teiles des Umsatzes, pro Minute eine Zuckermenge umgesetzt, die der Ferment- menge einfach proportional und von der Rohrzuckermenge fast unab- hängig ist. Eine Fermentlösung, die pro Minute bei 18 ° im Anfang der Reaktion 2 x Millimole Zucker invertiert, ist dann doppelt so stark wie eine, welche unter denselben Bedingungen nur x Millimole umsetzt. Dasselbe gilt auch für die Maltase. In den meisten Fällen aber sind die Beziehungen zwischen Fermentmenge und Reaktionsgeschwindigkeit viel komplizierter, die Umsatzgeschwindigkeit auch zu Beginn des Ver- suches schon ungleichförmig, so daß eine so einfache Proportionalität hier nicht gilt. Man kann nun hier so vorgehen, daß man die Zeiten mit- einander vergleicht, die zur Erreichung eines bestimmten Umsatzes erforderlich sind. Wenn eine bestimmte Fermentlösung in einer ganz bestimmten Substratlösung in 10 Minuten die Menge a des Substrates spaltet, wobei eine zweite Fermentlösung dazu 20 Minuten braucht, so schließen wir daraus, daß die erste Fermentlösung eine doppelt so große Konzentration des Katalysators enthält wie die zweite; vermag aber die zweite Fermentlösung in 10 Minuten 2 a Substrat umzusetzen, die erste in derselben Zeit nur a, so folgt daraus nicht, daß die zweite Lösung doppelt so viel Ferment enthält. Wir können ferner selbst die Fermentlösung in Serien so verdünnen, daß die verdünnten Proben in einer passend gewählten Versuchszeit denselben Effekt hervorbringen wie eine als Standardlösung zu verwendende Fermentlösung. Ist eine solche Lösung der Serie z. B. gegenüber der Testlösung zehnfach ver- dünnt und bewirkt sie zu jeder beliebigen Zeit denselben Effekt wie diese, so enthält die zu prüfende Lösung zehnmal so viel Ferment wie die Testlösung. Ausdenverschiedenen Umsätzen zweier Ferment- lösungen in einer gegebenen Zeit können wir keine quantitativen Schlüsse auf die Fermentmenge ziehen, wir können nur sagen, daß die langsamer wirkende Lösung weniger Ferment enthält als die schneller wirkende.

Um die quantitative Wirkung eines Enzyms festzustellen, wird man folgendermaßen vorgehen: Als Einheit wird irgendeine Konzentration des betreffenden Fermentes als Testlösung hergestellt und die zu unter- suchende Fermentlösung durch Probieren soweit verdünnt, daß sie genau die Wirksamkeit der Standardlösung besitzt. Dann muß die Fermentmenge, vorausgesetzt, daß die gleiche Wirkung auch in einem sonst in bezug auf Temperatur, Reaktion des Substrates usw. völlig gleichen Medium erzielt wurde, in beiden Lösungen dieselbe sein, und sie läßt sich in Relation zu dem gespaltenen Stoff stellen. Es muß nur der Punkt genau festgestellt werden können, bei dem sich irgendein beliebiges, aber bestimmtes Maß des Umsatzes vollzogen hat, so wenn 2. B. bei Invertin in einer 5 prozentigen Rohrzuckerlösung gerade eine Verminderung des Drehungswinkels im Polarisationsrohr um ein-

IX. Die Enzyme. 227

getreten ist oder wenn bei Zymase gerade eine bestimmte Menge Kohlen- dioxyd gebildet ist, das man durch Auffangen in einem mit dem Gär- kölbehen verbundenen Natronkalkrohr bestimmt, bei Pepsin gerade eine vollständige Aufhellung des Rizins oder Edestins eingetreten ist, bei Trypsin, wenn das Kasein gerade verschwunden ist, usw.

Es sei als Beispiel die quantitative Bestimmung des diastatischen Ferments nach J. Wohlgemuth!) vorangestellt: Die dazu notwendigen Reagenzlösungen sind 1. eine 1 prozentige Stärkelösung aus löslicher n 10 fortlaufend numerierten Reagenzgläsern wird mit absteigenden Mengen der zu untersuchenden Fermentlösung beschickt, so daß in das erste Gläschen 1 ccm, in das zweite 0,5 cem, in das dritte 0,25 ccm, in das vierte 0,125 ccm usw. kommen, und zu jedem Gläschen 5 ccm 1 prozentige Stärkelösung dazugefügt. Jedes Röhrchen wird sofort, nachdem es die Stärkelösung erhalten hat, in ein Gefäß mit Eiswasser gebracht, in dem sich ein Drahtkorb zur Aufnahme der Gläschen befindet. Diese Ab- kühlung bezweckt, vorläufig jede Fermentwirkung hintanzuhalten. Dann wird der Drahtkorb mit sämtlichen Gläsern in ein Wasserbad von 38 bis 40 ° übertragen und 30 Minuten bis 1 Stunde bei dieser Temperatur belassen. Darauf kommen sämtliche Gläschen wieder für kurze Zeit in das Eiswasser, damit die Fermentwirkung in allen gleichzeitig unter- brochen werde; sie werden dann etwa bis fingerbreit vom Rande mit

Stärke in destilliertem Wasser, 2. eine

Jodlösung. Eine Reihe von

gewöhnlichem Wasser aufgefüllt und schließlich mit . Jodlösung in

geringem Überschuß versetzt. Dabei treten verschiedene Färbungen auf, wie dunkelblau, blauviolett, rotgelb und gelb. Diejenigen Gläschen welche eine gelbe oder rotgelbe Farbe aufweisen, enthalten kein höheres Abbauprodukt der Stärke als Erythrodextrin oder Achroodextrin; die mit blauvioletter Farbe enthalten ein Gemisch von Stärke und Erythrodextrin, die mit dunkelblauer Farbe vorwiegend unveränderte Stärke.

Als unterste Grenze der Wirksamkeit (limes) gilt dasjenige Gläschen, in welchem zuerst die blaue Farbe erkennbar ist; meist hat dieses Gläschen eine violette Farbe. mitunter begegnet man aber auch Röhrchen, bei denen neben einem starken roten Ton ein blauer kaum oder äußerst schwach zu erkennen ist. In diesen Fällen, in welchen man also schwankt, welches Röhrchen als limes anzusetzen wäre, fügt man am besten noch einen Tropfen Jodlösung hinzu und beobachtet nun beim Umschütteln. ob der blaue Farbenton bestehen bleibt oder in Rotbraun übergeht. Im ersteren Falle wird dieses Röhrchen schon als unterste Grenze an- zusehen sein, im anderen dagegen erst das nächstfolgende. Aus der vor dem limes-Röhrchen stehenden Portion wird dann die Ferment- wirkung so berechnet, daß man die Anzahl Kubikzentimeter einer l prozentigen Stärkelösung bestimmt, die durch 1 ccm der untersuchten Fermentlösung in der gleichen Zeit bis zum Dextrin abgebaut wird. Hat man beispielsweise den Versuch auf 30 Minuten bei einer Temperatur von 38 ° ausgedehnt und gefunden, daß 0,05 ccm der Fermentlösung gerade noch genügten, um 5 cem Stärkelösung vollkommen bis zu Dextrin

1) J. Wohlgemuth, Über eine neue Methode zur quantitativen Bestimmung des diastatischen Ferments Bioch. Ztschr. 9, 1 (1908). 19*

298 IX. Die Enzyme.

x 38 1 abzubauen, so würde sich daraus für 1 ccm berechnen D mE 5 30 }

100, wobei unter D die diastatische Kraft für 1 ccm der Enzymlösung verstanden wird. Dauert der Versuch längere Zeit, so muß man einen Tropfen Toluol als Desinfiziens zufügen. Indessen hat Wohlgemuth die Methode so verfeinert, daß man auch bei sehr geringen Diastasen- mengen mit einer Versuchsdauer von 30—60 Minuten auskommt; man verwendet dann statt der 1 prozentigen Stärkelösung eine nur 1 promillige und setzt von dieser nur 2 ccm zu jedem Gläschen hinzu; dann kommen die Gläschen in ein Wasserbad von 38—40 °, werden nach 30, respektive 60 Minuten herausgenommen, abgekühlt und nun nicht mit Wasser aufgefüllt, sondern sofort mit Jod versetzt, wozu man sich hier ebenfalls

n { n 2 nicht einer 10° sondern einer 50 Jodlösung bedient. Man verwendet

am besten Preßsäfte des betreffenden Organs.

Wollen wir eine bestimmte Lösung auf ihren Gehalt an Pepsin untersuchen, gehen wir folgendermaßen vor!): Man stellt in der vor- her beschriebenen Weise eine saure Rizinaufschwemmung her. Ferner werden 0,2 g käufliches Pepsin in 100 ccm Wasser gelöst und in einem Vorversuch ausprobiert, wieviel Kubikzentimeter nötig sind, um 5 cem der Rizinaufschwemmung im Wasserbad von 38 °in einer zur Beobachtung geeigneten Zeit aufzuhellen. Angenommen, daß 1 ccm unserer Pepsin- lösung diese Aufhellung gerade in 25 Minuten zustande bringe, während 0,9 cem dies nicht vollkommen tun. Darauf stellt man von der zu untersuchenden Pepsinlösung Verdünnungen in folgender Weise her: 8 Eprouvetten werden mit je 1 ccm destillierten Wassers gefüllt; man nimmt eine trockene Pipette von 1 cem Inhalt, entnimmt der un- bekannten Fermentlösung 1 cem und gibt ihn in das erste Röhrchen, wobei man gut vermischt, indem man mit derselben Pipette einigemal aufzieht und wieder ausbläst. Dann entnimmt man mit derselben Pipette 1 ccm der Mischung und überträgt ihn in die zweite Eprouvette; man mischt wieder, überträgt von der Mischung wieder 1 cem in das dritte Röhrchen, und fährt so mit derselben Pipette bis zum achten Röhrchen fort. Nun setzt man zu jedem der Röhrchen je 5 cem der Rizinaufschwemmung mit einer die entsprechende Menge enthaltenden Meßpipette, indem man sukzessive aus ihr je 5 ccm abläßt; dieses Ein- füllen soll möglichst rasch und in einem mit Eiswasser gefüllten Topf vorgenommen werden. Man notiert dann die Zeit und setzt alle Röhrchen auf einem Gestell in ein Wasserbad, dessen Temperatur möglichst genau auf 38 ° C gehalten wird. Die Zeit, innerhalb welcher sich die einzelnen Rizinproben gerade aufhellen, wird notiert, dasjenige Röhrchen, welches dazu 25 Minuten braucht, ist von derselben Enzymkonzentration wie die Testlösung, die als willkürliche Einheit angenommen war. Es sei in unserem Versuche z. B. das dritte Röhrchen der Reihe mit der Ver- dünnung 1:8. Dann ist die ursprünglich zu prüfende Fermentlösung achtmal so stark wie eine Lösung von 0,2 g des angewendeten Test- präparates in 100 ccm Wasser, entspricht also einer Lösung von 1,6 g des Testpepsins in 100 ccm Wasser. Hier erkennt man den gewünschten Endpunkt der Enzymreaktion, die Aufhellung, direkt, bei anderen Methoden, z. B. der Trypsinbestimmung mittels der Kaolinmethode,

1) Nach L. Michaelis, ]. c. Seite 28,

IX. Die Enzyme. 229

entnimmt man mit einer Pipette von Zeit zu Zeit kleine Proben und setzt das geeignete Reagens, in diesem Falle also stark verdünnte Essig- säure, zu. Das wichtige Postulat, das Volumen der einzelnen Röhrchen stets gleichzuhalten, ist hier erfüllt. Die einzelnen Röhrchen der Ver- suchsreihe unterscheiden sich derart, daß jedes folgende die Hälfte des Enzyms im Vergleich zum vorhergehenden enthält. Ein Irrtum um ein Röhrchen ergibt also einen Fehler um die Hälfte des Gesamtwertes; nimmt man z. B. das Röhrchen 3 mit der Testlösung als identisch an, so ergibt sich ein Fermentgehalt von einem Achtel der Testlösung, nimmt man das 4. Röhrchen als identisch an, eine solcher von !/,, der Test- lösung. Will man feinere Abstufungen machen, so ist auch das möglich, nur muß auch dann die Reihe in geometrischer Progression geordnet sein, wenn der Abstand zwischen zwei Röhrchen die gleiche Bedeutung haben soll. Michaelis ordnet beispielsweise die Verdünnung nach folgenden Potenzen:

nach Potenzen von 1/9, erhält man die Reihe: n „ie in HER See nee 2/3, a n4 R „2 1, 28, %, . 3/er, 81... . zesp. 1, 0,67, 044702307.0202 2/4, 3 A a te 27/94, FE en 0,75, 0,56, 0.42, 0,32 .

In Ausführung der letzten Reihe z. B. gibt man in das erste Röhrchen von der Fermentlösung 1 ccm, kein Wasser; ins zweite 0,75 ccm Ferment- lösung + 0,25 ccm Wasser; ins dritte 0,56 ccm Fermentlösung + 0,44 ccm Wasser usf.

Man beginnt zunächst mit einer gröberen Reihe und schreitet dann zu immer feineren Abstufungen fort, solange es die Empfindlichkeit der Methode, d. h. die scharfe Erkennung des Endproduktes der Reaktion gestattet. Ich entnehme aus der Abhandlung von Michaelis ferner die folgende Tabelle, welche die ersten Glieder verschiedener geometrischer Reihen enthält. Jede Horizontalreihe ist eine solche geometrische Reihe, welche die verschiedenen Potenzen der dazu gehörigen Zahl der linken Kolonnen enthält.

| Ote | 1te | 2te | 3te | 4te | Ste | 6te | Tte |StePotenz

1,00 | 0,500 | 0,250 | 0,125 | 0,0625 | 0,0312 | 0,0156 _0,00786

0,5 | 0,00393 0,6 | 1,00 | 0,600 | 0,360 | 0,216 | 0,130 0,0778 0,0467 | 0,0280 | 0,0170 0,7] 1,00 | 0,700 | 0,490 | 0,343 | 0,240 0,168 |0,118 | 0,0824 | 0,0576 > 1,00 | 0,800 | 0,640 | 0,512 | 0,410 | 0,328 | 0,262 , 0,210 | 0,168

1,00 | 0,900 | 0,810 | 0,729 | 0,656 0.590 0,531 | 0,478 | 0,430

Runde Zahlen erhält man, wenn man jedes Glied mit einem be- stimmten Faktor multipliziert; so wird aus der ersten Horizontalreihe durch Multiplikation mit 5 die Reihe 5,000, 2,500, 1,2500 usw., der relative Abstand der einzelnen Glieder bleibt dabei natürlich derselbe; gewöhnlich wird man nur zweistellige Zahlen verwenden. Fuld geht nun von dem Prinzip aus, wenn man die stärkste Verdünnung mit 1 bezeichnet, in der Reihe so aufzusteigen, daß man auf jeden Fall zu dem zehnfachen Multiplum gelangt, und zwar ebenfalls mit Hilfe der geometrischen Reihen. Will man die Reihe von der Verdünnung 10 bis 1 in zehn Glieder teilen, so benutzt man eine geometrische Reihe

mit dem Exponenten Yıo, will man sie in vier Glieder teilen, eine solche

mit dem Exponenten /10 usw. Folgende Tabelle von Fuld gibt eine solche Reihe, berechnet auf eine Dezimale, wieder:

230 IX. Die Enzyme.

10 Glieder 9 Glieder 8 Glieder 7 Glieder 6 Glieder 5 Glieder 4 Glieder 3 Glieder 2 Glieder 1,0 1,0 1,0 1,0 1,0 1,055 2,1 32 10,0 4,6 10,0 0,0

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Will man eine Fermentwirkung im Ablauf ständig kontrollieren, so kann man die chemische Methode benutzen, indem man dem Ge- misch von Substanz und Fermentlösung in bestimmten Zeitintervallen Proben entnimmt und diese analysiert, oder man stellt eine ganze Reihe der Gemische her und entnimmt nach Ablauf der Intervallszeiten der Reihe je eine Röhrchen, indem man den Ablauf der Fermentwirkung unterbricht. Ein solcher Versuch sei hier bezüglich der Katalasewirkung, die später erst besprochen werden soll, nach Grafe und Lins- bauer angeführt: Zahl der benutzten Keimlinge 3, Länge derselben S em, Länge der extrahierten Hypokotylteile 5 cm. Die Pflanzenteile wurden in der Achatreibschale unter Zufügung von Chloroformwasser zerrieben und dem filtrierten Extrakt 50 ccm entsprechend verdünnten Perhydrols zugefügt, von dem Filtrat in bestimmten Zeitintervallen je 10 cem abpipettiert und hier erst die Katalase durch Zusatz einer bestimmten Menge konzentrierter Salzsäure vernichtet. Dem Stengel- brei, dessen Herstellung !/, Minute erforderte, wurden nach dieser Zeit 5 cam Chloroformwasser zugefügt und die Substanz filtriert. Zum Filtrat wurden nach weiteren 2 Minuten 50ccm H,O, (5cem H,O, ver- brauchten 7,2 ccm Na,S,0,) zugesetzt. Alle fünf Minuten wurden je 10 ccm abpipettiert, die Katalasewirkung durch 10 ccm konzentrierter HCl unterbrochen, 10 ccm 10 prozentiger JK-Lösung zugesetzt und sofort titriert.

Zei 7 erinn ir . Zeit vom Beg der Katalasewirkung Titer

in Minuten 0 14,4 5 9,1 10 7,8 15 6,25 20 Dal 25 | 4,15

Die Quantität der in aufeinanderfolgenden gleichen Zeiten von der Katalase verarbeiteten Perhydrolmengen nimmt also ganz beträchtlich ab. Berechnet man die Geschwindigkeitskonstanten nach W. Ost- wald für die aufeinanderfolgenden gleichen Zeitintervalle K,, K,. IC —IgC,

0,4343 D monomolekularen Reaktion, so ergibt sich eine ziemlich beträchtliche Abnahme von K. So ergab ein Versuch für die ersten 3 Intervalle von je 5 Minuten K, = 0,0365, K, = 0,0267, K, = 0,0206.

Volhard hat zur Verfolgung der quantitativen Pepsinbestimmung folgende Methode ausgearbeitet: 100 g Kasein werden in 1 Liter Wasser

K, usw. nach der Formel K = unter der Annahme einer

us

IX. Die Enzyme. 931

unter Schütteln eingeweicht, dann gibt man 80 ccm n-NaOH dazu und füllt auf 2 Liter auf. Man erwärmt auf 90 °, um das Kasein in Lösung zu bringen, und versetzt nach dem Abkühlen mit etwas Toluol. In eine langhalsige Flasche mit zwei Marken bei 300 cem und 400 cem läßt man zuerst zur Ansäuerung genau 11 ccm n-H(Cl einfließen, füllt auf 150 ccm auf und gibt 100 ccm der Kaseinlösung zu. Dann wird auf 40 ° erwärmt, eine gemessene Menge der Pepsinlösung zufließen gelassen und auf 300 ccm aufgefüllt. Solcher Kolben stellt man eine ganze Reihe auf und unter- brieht in bestimmten Intervallen die Verdauung, indem man 100 cem 20 prozentiger Natriumsulfatlösung zusetzt, wobei das unverdaute Kasein ausfällt; es wird abfiltriert und je 100 oder 200 ccm des Filtrates mit

. NaOH unter Verwendung von Phenolphthalein titriert. Von der be-

stimmten Säuremenge zieht man die vorher bestimmte Azidität der Kaseinlösung und der Pepsinlösung ab. Der Zuwachs an Säure beruht dann auf der Bildung der salzsauren Peptone. Das ausfallende Kasein bindet nämlich einen Teil der Salzsäure, bei Gegenwart von Peptonen jedoch tritt zwischen Pepton und Kasein ein Wettstreit um die Salz- säure ein, und es findet sich um so mehr HCl in Lösung, je mehr Pepton im Vergleich zum Kasein vorhanden ist. Das Plus an ver- brauchter Säure gibt also einen Maßstab für die Verarbeitung des Kaseins. Den Fortgang der Reaktion kann man mittels physika- lischer (optischer) Methoden an einer einzigen Probe verfolgen, wo- rauf hier nicht eingegangen werden kann. (Über die diesbezügliche von Abderhalden angegebene Methodik sei auf das Referat von L. Michaelis im III. Band der ‚„Biochemischen Arbeitsmethoden‘“ verwiesen.) Sehr wichtig ist das Konstanthalten der Temperatur bei quantitativer Verfolgung der Fermentwirkung, was am besten in einem durch Thermoregulator auf konstanter Temperatur erhaltenen Wasser- bade erreicht wird, in welchem die Röhrchen stecken; dagegen ist es illusorisch, in einem Luftthermostaten zu arbeiten, da die Röhrchen nur sehr schwer und langsam die Temperatur des Luftraumes annehmen. Bei manchen Enzymen ist auch Bestrahlung von Einfluß und es ist wohl am besten, nach dem Vorgange von Grafe und Linsbauer die Fermentwirkung in der Dunkelkammer bei rotem Lichte zu ver- folgen.

Um die Wirkungsstärke von diastatischen wasserlöslichen Malz- präparaten des Handels zu bestimmen, kann man die Methode von Egloffstein, welche von J. Pollak modifiziert worden ist, verwenden. Zur Bereitung des Stärkekleisters werden 9 g Arow-root- Stärke des Handels und zirka 20 ccm Wasser in einer Reibschale bei gewöhnlicher Temperatur verrieben und dann in 250 ccm heißen Wassers unter allmählichem Umrühren eingetragen. Das Gefäß mit dem Stärke- kleister wird in ein Wasserbad gestellt und eine halbe Stunde im Sieden erhalten. Hierauf wird der Kleister möglichst quantitativ in einen 300 cem enthaltenden kubizierten Kolben gegossen, erkalten gelassen und bis zur Marke aufgefüllt. 6 g des zu untersuchenden diastatischen Produkts werden in einen 300 ccm fassenden kubizierten Kolben absolut quantitativ gespült und bis zur Marke aufgefüllt. 50 ccm des Stärkekleisters werden mit einer Pipette in ein 100 ccm fassendes, mit Thermometer versehenes Kölbchen gebracht, auf 37,5° C erwärmt und 20 cem der 2 prozentigen zu untersuchenden Diastaselösung hinzu-

239 IX. Die Enzyme.

gefügt; im Momente der Zugabe der Diastaselösung setzt man eine Stoppuhr in Gang und trachtet, die Temperatur möglichst konstant zu erhalten. Nach 6—8 Minuten beginnt man von Minute zu Minute im Gemisch mittels der Jodprobe auf Stärke zu prüfen, der Endpunkt der Verzuckerung ist mit dem Momente des Verschwindens der blauen Farbe und Hervortreten des gelben Farbentones auf Zusatz von Jod deutlich erkennbar. Ist dieser Punkt erreicht, dann wird die Einwirkungs- dauer in Minuten an der Stoppuhr abgelesen und stets die doppelte Menge der ursprünglichen 2 prozentigen Diastaselösung in Kubikzenti- metern zum eigentlichen Versuche verwendet, als dies das Chronometer in Minuten anzeigt. Hat z. B. der Vorversuch 15 Minuten gedauert, so werden 30 ccm der Diastaselösung zu den restlichen 250 ccm 3 prozen- tiger Arrow-root-Stärke zugesetzt und im temperierten Wasserbade genau eine halbe Stunde bei 37,5 °C gehalten. Sodann werden zirka 3 ccm einer 10 prozentigen KOÖH-Lösung zur Zerstörung der weiteren enzy- matischen Wirkung zugesetzt, erkalten gelassen und bis zur Marke bei 300 cem aufgefüllt. Diese Lösung wird nun in eine Bürette gegossen und in 25 ccm (12,5 + 12,5) Fehlingscher Lösung in der Kochhitze so- lange eingetropft, bis die blaue Farbe verschwunden ist und im Filtrat nach dem Ansäuern mit Essigsäure und Zusatz von gelbem Blutlaugen- salz keine Kupferreaktion mehr erscheint. Man erkennt diesen Punkt auch ohne Probe mit Blutlaugensalz schon daran, daß die Flüssigkeit oberhalb des reduzierten Kupferoxyduls nicht mehr bräunlich oder srünlich gefärbt, sondern gelblich ist. Die Siededauer ist 4 Minuten; die Beobachtung wird wiederholt. Wurden z. B. 30 ccm der Diastase- lösung (0,6 g auf 300 ccm) verwendet, und wurden zur Titration von 25 ccm Fehlings Lösung, welche 0,193 g Maltose entsprechen, 16 ccm der verzuckeıten Lösung verbraucht, so ergibt sich der diastatische Wert des Produkts aus folgendem: in 300 ccm sind 0,6 g Diastasepräparat, in 16 ccm daher 0,032 g enthalten. Diese entsprechen aber 25 ccm Feh- lings Lösung, welche 0,193 g Maltose äquivalent sind; daher gilt die Proportion: 0,032 Diastase : 0,193 Maltose = 1 g Diastase : x Maltose, woraus x 6,034 g Maltose. Somit entspricht 1 g des Präparates 6,034 g Maltose, und wenn man die darin bereits vorgebildete, separat zu be- stimmende Maltose von diesem Werte abzieht, so ergibt sich die Maltose- menge, welche das Diastasepräparat aus der Stärke gebildet hat. Die Fehlergrenze zwischen Parallelbestimmungen ist ziemlich klein und man ist mit dieser Methode in der Lage, sich eine ziemlich genaue Vor- stellung von der Wirksamkeit des betreffenden Diastasepräparates, sei es, daß man ein käufliches verwendet, sei es, daß man es aus Malzauszug selber herstellt, zu bilden.

Von oxydierenden Enzymen wollen wir nach dem Vorgange von R. Chodat unterscheiden: 1. Oxygenasen, stickstoffhaltige Körper, welche den molekularen Sauerstoff unter Peroxydbildung auf- nehmen. 2. Peroxydasen, welche das Oxydationsvermögen der Peroxyde außerordentlich erhöhen (das, was man Oxydase nennt, ist als ein Gemisch von Peroxydase und Oxygenase aufzufassen). 3. Kata - lasen, welche Peroxyde, z. B. Wasserstoffsuperoxyd, katalytisch unter Sauerstoffentwicklung zerlegen.

Zum ÖOxygenasennachweis kann man sich des Jodstärkepapiers bedienen, mit dem man durch Pflanzenschnitte, die man auf das Papier abdrückt, direkt die Jodreaktion erhält, wobei man aber gleichzeitig

IX. Die Enzyme. 233

die Bismarckbraunreaktion anstellen muß, um die Abwesenheit von Nitriten zu konstatieren, die ja ebenfalls die Jodreaktion zeigen. Ferner kann man eine Probe mit Barytwasser anstellen, indem man beispielsweise den frisch ausgepreßten, stark oxydasehaltigen Saft von Lathraea squamaria mit einem Luftstrom unter tropfenweisem Zusatz von l prozentigem Barytwasser behandelt, wobei man einen Niederschlag von Bariumsuperoxyd erhält, der nach Auswaschen und Zersetzen mit verdünnter Essigsäure die Bläuung von Jodkali- stärkepapier sofort und sehr intensiv liefert. Sehr gute Oxydase- reaktion erhält man mit jungen Kartoffeln, welche in der Peripherie Oxydationsfermente führen. Keiner höheren Pflanze fehlt Peroxydase,, während sie bei den meisten Pilzen vergeblich gesucht wird; sie ist aber in den nichtgrünen Teilen reichlicher vorhanden als in den grünen. Am besten erhält man Peroxydase aus fein zerhackten Meerrettigwurzeln, die man in zerhacktem Zustande einige Stunden sich selbst überläßt, um die Glykosidspaltung zu vollenden, und dann einige Tage mit 96 prozentigem Alkohol extrahiert, welcher die ätherischen Ole auf- löst. Die rote, alkoholische Flüssigkeit wird abgegossen, der Rückstand wiederholt mit 80 prozentigem Alkohol gewaschen, abgepreßt und schließ- lich der Rückstand mit 40 prozentigem Alkohol versetzt und 5 Tage stehen gelassen; die abgepreßte Flüssigkeit wird hierauf filtriert und mit weniger als dem doppelten Volumen starken Alkohols versetzt, d. h. solange eine starke Trübung entsteht. Der grauweiße Niederschlag wird in wenig destilliertem Wasser gelöst, die Fällung mit starkem Alkohol wiederholt und im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. Oder man überläßt die fein zerkleinerten Meerrettichwurzeln in einem geschlossenen Gefäß eine Stunde sich selbst und preßt dann ab; der Kuchen wird nun mit Wasser versetzt, so daß die Flüssigkeit gerade die Wurzelmasse bedeckt, und so 10—20 Stunden stehen gelassen; dann wird ein zweites Mal abgepreßt, der Rückstand nochmals mit Wasser digeriert und nach der gleichen Zeit abgepreßt. Die drei Flüssigkeiten werden miteinander gemischt und nach und nach mit starkem Alkohol versetzt, bis sich der erste Niederschlag zeigt, welcher sich leicht absetzt; dann wird mittels eines Hebers die darüberstehende Flüssigkeit abgehoben und diese nochmals mit 96 pro- zentigem Alkohol versetzt. Der erste Niederschlag ist sehr wenig wirk- sam, der zweite setzt sich langsam ab und haftet als gummiartiger Be- schlag an den Wandungen des Becherglases. Die klare Flüssigkeit wird abgegossen, der weiße, gummiartige Niederschlag mit 40 prozentigem Alkohol digeriert und nochmals abgeschieden. Die Ausbeute beträgt 1—2 %; im trockenem Zustand, im Dunkeln, womöglich im Exsikkator über Schwefelsäure aufbewahrt, hält sich das Präparat jahrelang. Die durch mehrmalige Wiederholung des obi&en Verfahrens von Zucker- arten und Mineralsubstanzen gereinigtem Peroxydase ist ein amorpher brauner Körper von starker Aktivität. Durch sie wird die Oxydation von Jodwasserstoff mittels Wasserstoffsuperoxyds außerordentlich be- schleunigt, Hydrochinon wird zu Chinon oxydiert, Pyrogallol zu rotem, kristallisiertem Purpurogallin. Guajakol zu Tetraguajakol, Orthophenylen- diamin zu Diaminophenazin kondensiert. Eines der besten Reagenzien auf Peroxydase sind nach Chodat Kresole. Mit einer verdünnten Lösung von Orthokresol gibt Peroxydase in Gegenwart von Wasserstoff- superoxyd eine grüne, bei konzentrierter Lösung schmutzigbraune, mit

234 IX. Die Enzyme.

Metakresol eine fleischfarbene, mit Parakresol eine milchigtrübe, opali- sierende Reaktion. Man verwendet immer möglichst verdünnte Per- hydrollösungen (hundertfünfzigstelmolar) und 1 promillige Kresol- lösungen, da starke Lösungen (über 0,1 % Perhydrol) schon stark lähmend auf die Fermentarbeit wirken. Bei einer Verdünnung von 1 °/y, ist die hellgrüne Farbe bei Orthokresol noch sehr stark, ebenso die milchweiße Trübung bei Parakresol, bei !/,o oo0 Sind beide Reaktionen noch sehr deutlich, erst gegen !/,oo o0oo liegt die Grenze der Sichtbarkeit. Die sehr empfindliche Guajakprobe ist nur bei gleichzeitig positivem Ausfall der Kresolprobe beweisend. Die verwendeten Reagenzien bei der Guajakprobe, das Harz selbst, ferner der zur Lösung verwendete Alkohol müssen peinlich peroxydfrei gehalten werden. Die Guajak- probe besteht in einer intensiven Bläuung von Guajaktinktur, einer Auflösung von Guajakharz in Alkohol; dabei ist darauf zu achten, daß die Lösung für jeden Versuch frisch bereitet werden muß und daß man nicht gepulvertes Guajakharz verwendet, sondern die von der gewöhnlich oxydierten Oberfläche befreiten größeren Stücke aufzulösen hat. Man kann sich zu Vorversuchen ein Bild von der Menge der vorhandenen Peroxydase machen, wenn man mit der Stoppuhr die Zeiten bestimmt, in welchen gerade Bläuung eintritt und diese mit der Bläuung einer beliebig verdünnten Testlösung aus Meerrettichperoxydase vergleicht. Die Aktivität der Peroxydase mißt man am besten durch die Oxydation von Pyrogallol. Es wird 1 g reines Pyrogallol in 35 ccm Wasser auf- gelöst und zu je zehn solcher Lösungen wachsende Mengen von Per- oxydase oder ein bestimmtes Volumen Wasserstoffsuperoxyd zugesetzt, etwa in folgender Weise!): je 1 g Pyrogallol und Zusatz von 10 cem l prozentiger H,O;:

Peroxydase Purpurogallin 0,02 0,042 0,03 0,066 0,04 0,086 0,05 0,102 0,06 0,123 0,07 0,145 0,08 0,166 0,09 0,162 0,010 0,162

Die Mischung soll 50 ccm betragen; gleich nach dem Zusatz von Peroxydase bräunt sich die Flüssigkeit, bald nachher trübt sie sich, und Purpurogallin fängt an sich abzuscheiden. Man lasse die Versuchs- flaschen 12 Stunden stehen, der Bodensatz wird auf gewogenem Filter abfiltriert, mit 50 ccm destillierten Wassers gewaschen, bei 100 ° ge- trocknet und gewogen. Oder man variiert die Quantität des Wasser- stoffsuperoxyds von 1—10 eem in 1 prozentiger Lösung und läßt die Menge der Peroxydase 0,10 g unverändert. Man erhält dann aus I g Pyrogallol entsprechend der Menge des zugesetzten Wasserstoffsuper- oxyds: Purpurogallin 0,0205, 0,042, 0,060, 0,078, 0,099, 0,121, 0,141, 0,168, 0,168, 0,163. Die Wirkung der Peroxydase steht also in einem konstanten Verhältnis zum Wasserstoffsuperoxyd, eine Quantität n Peroxydase aktiviert eine Quantität m Wasserstoffsuperoxyd; das

!) Entnommen aus dem Referate von R. Chodat im III, Bande der Biochem. Arbeitsmeth. von Abderhalden.

IX. Die Enzyme. 235

Oxydationsprodukt Purpurogallin steht zu dem System Peroxydase- Wasserstoffsuperoxyd in direktem Verhältnis bis zu einer Grenze, über welche hinaus die Masse des Oxydationsproduktes konstant bleibt. Diese obere Grenze hängt aber auch von der Masse des vorhandenen, zu oxydierenden Stoffes ab; wenn man nämlich statt 1 g Pyrogallol 2 g nimmt, so bleibt das Verhältnis zwischen Peroxydase und Wasser- stoffsuperoxyd konstant, aber die Quantität des Oxydationsproduktes steigt. Nach Bach kann man das Aktivierungsvermögen eines Per- oxydasepräparates folgendermaßen definieren: Von dem im Exsikkator aufbewahrten Präparate werden zirka 0,3g genau abgewogen und in 30cem Wasser gelöst; von dieser Lösung werden 5ccm mit 20 ccm 1 prozentiger Wasserstoffsuperoxydlösung und 1,5 g Pyrogallol zusammengebracht; das entstandene Purpurogallol wird nach 12 Stunden auf ein tariertes Filter gebracht, mit 200 cem Wasser gewaschen, bei 105 ° bis zur Gewichts- konstanz getrocknet und gewogen. Anderseits läßt man 10 cem 1 pro- zentige Wasserstoffsuperoxydlösung mit 25 cem der Peroxydaselösung auf 1,5 g Pyrogallol einwirken und verfährt wie früher. Ist a die mit Wasserstoffsuperoxydüberschuß angewendete Peroxydasemenge und m das entstandene Purpurogallin, b die mit Peroxydaseüberschuß an- gewendete Wasserstoffsuperoxydmenge und n die dabei entstehende

Quantität Purpurogallin, so ist = die Wasserstoffsuperoxydmenge,

: Ä bm ich die mit a Peroxydase in Reaktion trat, und ge das Aktivierungs-

vermögen des untersuchten Peroxydasepräparates.

Viele Pflanzensäfte färben sich an der Luft, die Färbung bleibt aber aus, wenn die Säfte vorher gekocht worden waren. Die entstehenden Fär- bungen sind Pigmente, welche durch Oxydasen entweder direkt aus vor- handenen Chromogenen oder nach vorhergegangener Spaltung von Prochro- mogenen aktiviert worden sind. Rot, violett, später schwarz, färben sich von Phanerogamen die Säfte der Weizenkeimlinge, Weizenkleie, Kartoffel- knollen, Äpfel, Fruchtfleisch der Nuß, viele Stengel und Blätter, z. B. die von Vicia Faba, Lathyrus niger, Silphium sp. usw., braun, dann schwarz, der Milchsaft von Rhus vernicifera und Rhus succedana, die zur Bereitung des schwarzen Lackes verwendet werden. Das betreffende Ferment ist die Lakkase, auf die wir später noch zu sprechen kommen. Die Durchforschung des äußerst komplizierten Gebietes der Atmungs- pigmente und ihrer Beziehungen zur Atmung der Samenpflanzen ver- danken wir J. Palladin und seinen Mitarbeitern. Zum Nachweis der pflanzlichen Atmungspigmente werden größere Pflanzenstücke in kochendes Wasser geworfen; die vom Wasser gelösten Chromogene werden sodann durch Peroxydase mit Wasserstoffsuperoxyd oxydiert und liefern dabei verschieden gefärbte Pigmente. In einigen Fällen gelingt es aber nicht, die Atmungspigmente auf diese Weise nach- zuweisen, nämlich dann nicht, wenn ihre inaktive Form kein Chromogen, sondern ein Prochromogen ist; in diesem Falle ist es notwendig, das Prochromogen zunächst in das Chromogen überzuführen, was durch Autolyse unter einer Glasglocke in Chloroformdämpfen nach der Methode von Molisch erreicht wird; das dabei entstehende Chromogen wird dann durch die in der Pflanze enthaltene Peroxydase zum Pigment oxydiert. Zu den Objekten, deren durch kochendes Wasser gewonnene Extrakte bei der Oxydation durch Peroxydase und Wasserstoffsuper-

236 IX. Die Enzyme.

oxyd direkt keine Pigmente liefern, gehören die Weizenkeime, was um so auffallender war, als diese gleichzeitig größere Mengen Peroxydase enthalten. Zum Zwecke der Spaltung des Prochromogens wird folgender Versuch angestellt: Der mit kochendem Wasser aus Weizenkeimen er- haltene Auszug wurde in drei Portionen geteilt, zur ersten wurde Per- oxydase, zur zweiten Emulsin, zur dritten Emulsin + Peroxydase hinzugefügt. Am zweiten Tage bildet sich in der dritten Probe ein rotes Pigment, dessen Menge allmählich zunimmt ebenso wie seine Intensität. Ebenso wie durch Wasser wird das Prochromogen auch durch Athyl- und Methylalkohol aus den Keimlingen ausgezogen und kann im Extrakt durch Azeton gefällt werden; wird die wässerige Lösung mit einer Schicht Olivenöl bedeckt, so findet keine Pigmentbildung statt, diese ist also an die Absorption des Luftsauerstoffs gebunden. Ebenso wie Emulsin bildet auch Takadiastase, nicht aber Pepsin ein durch Peroxydase oxydierbares Chromogen. Die Autoxydation und Bildung des Pigmentes wird durch ein alkalisches Medium begünstigt, das bisweilen für diesen Prozeß ganz unerläßlich erscheint. Deshalb werden auf 100 ccm Chromogenlösung 5 cem oder mehr einer 50 prozentigen Kalilauge oder 100 ccm einer gesättigten Lösung von Barytwasser hinzugefügt. Die Lösungen werden in einen flachen Glaskolben mit breitem Boden ge- gossen, der ein Volumen von zirka 420 cem besitzt und dessen Öffnung mit einem doppeltgebohrten Gummistöpsel verschlossen ist. In der einen Öffnung steckt ein kurzes Glasrohr mit Hahn, in der anderen ein enges, zweimal gebogenes Rohr, dessen mittlerer horizontaler Teil von 50 em Länge mit einer Millimeterskala versehen ist. Das äußere, nach unten eingebogene Ende dieser Röhre wird in ein Gefäß mit gefärbtem Wasser versenkt. Die Sauerstoffabsorption im Innern des Kolbens ist von einer Fortbewegung des gefärbten Wassers in dem horizontalen Abschnitte des langen Rohres begleitet. Es ist noch besser, dem hori- zontalen Rohre eine kaum merkliche Neigung in der Richtung nach dem Gefäß mit der Flüssigkeit zu geben, weil dann das Wasser, nach- dem das Röhrchen sich mit gefärbtem Wasser angefüllt hat, nach Öffnen des Hahnes wieder in das Gefäß zurückfließt, um nach Schließen des Hahnes wieder in dem Röhrchen aufzusteigen. Um die Sauerstoff- absorption zu beschleunigen, wird der Kolben mit der Flüssigkeit ge- schüttelt. Das mit Holzgeist aus alten etiolierten Bohnenstengeln aus- gezogene, mit Azeton gereinigte Atmungspigment ergibt mit Eisenchlorür eine prächtige, intensiv grüne, nach Hinzufügung von Natriumbikarbonat in Violett und Lila übergehende Färbung, mit essigsaurem Blei einen weißen Niederschlag und scheint demnach der Reihe der ortho-disub- stituierten Benzolderivate anzugehören. Nur für wenige Pflanzen läßt sich der Nachweis des Chromogens direkt dadurch erbringen, daß der ausgepreßte Saft sich bei Luftzutritt oxydiert und ein Pigment bildet wie bei der weißen Zuckerrübe, Kartoffelknollen, Keimlingen von Vicia Faba. Hier pigmentiert sich stets nur die obere Schicht des Extraktes, wo Sauerstoff Zutritt hat; durch Umrühren wird die Färbung zum Ver- schwinden gebracht, ein Beweis, daß der Saft reduzierende Elemente enthält. Die Reduktion kann auch durch Zufügen von Schwefelammonium Zinnchlorür oder anderen Reduktionsmitteln hervorgerufen werden. Bei anderen Pflanzen, z. B. Weizenkeimen, kann das Chromogen, wie erwähnt, erst nach erfolgter Autolyse unter sterilen Verhältnissen (Zugabe von Toluol) nachgewiesen werden. Die zu untersuchenden Pflanzenteile

IX. Die Enzyme. 237

werden zerkleinert, mit Wasser ausgekocht, man erhält so, da die Oxy- dase durch das Kochen zerstört worden ist, eine mehr oder weniger farb- lose Chromogenlösung. Man setzt dann eine geringe Menge der aus Meerrettich dargestellten Peroxydase und ein paar Tropfen 0,5 bis l prozentiger Wasserstoffsuperoxydlösung zu, die zuerst erscheinende rote Färbung geht schnell in eine dunkelbraune über; seltener be- obachtet man eine lilaviolette Färbung, die dann ebenfalls über rot in dunkelbraun übergeht. Durch Zusatz von 1—3 Tropfen verdünnter Essigsäure wird das Erscheinen der Rotfärbung befördert, ein Überschuß der Säure dagegen wirkt schädlich, Zusatz von Soda beschleunigt die Reaktion. Viel Pigment, zunächst violett, dann rot bis braun, führen Biota orientalis und Thuja occidentalis unter den Gymnospermen, während Abies und Araucaria wenig enthalten, unter den Monokotylen Allium Cepa wenig. Der Saft von Aloe soccotrina nimmt beim Kochen rote Färbung an, in Gegenwart von Peroxydase und Wasserstoffsuper- oxyd färbt er sich intensiv dunkelrot. Molisch wies nach, daß sich der Saft in Ather oder Chloroformdampf durch Oxydation des Aloins rot färbt, und gegenwärtig wird Aloin auch als Reagens auf Peroxydase verwendet. Unter den Dikotylen enthält Helleborus viridis in jungen Stengeln und Blüten, der Apfel, junge Stengel von Rheum palmatum, junge Blätter von Rumex Patientia viel Pigment, Brassica oleracea wenig. Besonders interessant verhält sich Schenckia Blumenaviana, von welcher Molisch zeigte, daß sie bei Autolyse in Chloroform- dampf eine hochrote Färbung annimmt. Das nach dem Kochen er- haltene Filtrat ist zwar farblos, hat aber eine schöne hellblaue Fluoreszenz. Bei Cortex Chinae ruber färbt sich das farblose Filtrat nach Zusatz von Peroxydase und Wasserstoffsuperoxyd intensiv rot, nach dem Stehen bildet sich eine beträchtliche Menge eines ziegelroten Niederschlags, aber auch bei Zusatz von Peroxydase allein, ohne Wasserstoffsuperoxyd, erfolgt hier die Färbung; bei Herba Ephedrae ist das Pigment schon rot- violett. Für Vorlesungsversuche empfehlen sich nach Palladin beson- ders Keimlinge von Vicia Faba, grüne, oberirdische Rhizome von Poly- podium nervifolium und P. leiorhizon, Radix filicis maris, Zweige von Biota orientalis oder von Thuja occidentalis und Cortex Chinae ruber. Diese Objekte liefern nach dem Kochen mit Wasser schwachgefärbte Filtrate, die sich auf Zusatz von Peroxydase und Wasserstoffsuperoxyd schnell (mit Ausnahme von Vicia Faba) violett oder rot färben. Für die Pigment- bildung nach ein- bis zweitägigem Verweilen im Chloroformdampf eignet sich besonders Aloe soccotrina und Schenckia Blumenaviana. Bei Cicho- rum Intybus beobachtete ich bei Autolyse eine schöne rotviolette Färbung. Weizenkeime erzeugen ein schönes Pigment nach 10—15 tägiger Autolyse bei Luftabschluß; das farblose Filtrat nimmt bei Filtration unter Luft- zutritt hochrote Färbung an. Nur im Spargel wurde bisher kein Atmungs- pigment entdeckt. Wenn man eine Blumenzwiebel oder sonst ein Organ von Amaryllis vittata in Stücke zerschneidet und liegen läßt, so trocknen sie aus, ohne auch nur eine Spur von Pigment zu bilden; wenn man da- gegen die in kleine Stücke zerschnittene Zwiebel auf 1—2 Stunden in Wasser legt und dann bei reichlichem Luftzutritt in eine feuchte Atmosphäre bringt, so beginnen die Wundstellen sich mit zunehmender Intensität zu pigmentieren; die Färbung wird schließlich scharlach- oder zinnoberrot. In ruhenden oder im Beginn des Keimens begriffenen Zwiebeln entsteht mehr Pigment als in Zwiebeln während der Blüte.

238 IX. Die Enzyme.

Kratzt man auf einem Stück Zwiebel mit einem spitzen Messer irgendein Wort oder dergleichen ein und bringt das Stück nach Verweilen in einer wässerigen Emulsinlösung in eine feuchte Atmosphäre, so treten die eingegrabenen Zeichen nach kurzer Zeit rot auf weißem Grunde hervor. Man kann diese Schicht konstant erhalten, wenn man das Stück in konzentriertes Glyzerin einlegt, welches dem Objekte Wasser entzieht, und nach Auspressen des Glyzerins zwischen Filtrierpapier das Objekt in Benzin einlest. Die Bildung des Farbstoffes erfolgt unter Beteiligung der lebenden Zellen: Zwiebeln, welche im Mörser zerrieben, eingefroren oder mit Toluol oder Blausäure getötet oder in verdünnter Lösung von salzsaurem Chinin eingeweicht waren, bilden in der Auto- lyse kein Pigment. Der Farbstoff von Amaryllis vittata ist in Chloroform löslich und kann aus diesem als amorphe Masse gewonnen werden. Zur Darstellung der Lakkase geht man vom Milchsaft von Rhus vernicifera oder Rhus succedanea aus, dem das vier- bis fünffache Vo- lumen starken Alkohols zugesetzt wird, worauf ein Niederschlag ent- steht, der abkoliert und mit starkem Alkohol so lange gewaschen wird, bis sich die abfließende Flüssigkeit mit Wasser nicht mehr trübt; die Fällung wird mit kaltem Wasser ausgelaugt und löst sich bis auf einen kleinen Rückstand, der abfiltriert wird. Die Flüssigkeit wird in dem zehnfachen Volumen Alkohol aufgefangen und der entstandene Nieder- schlag von der Flüssigkeit getrennt, gesammelt und im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. Ihre Oxydationskraft kann gravimetrisch durch die Menge des ausgeschiedenen Purpurogallins und volumetrisch durch Messung des Volumens Sauerstoff bestimmt werden, der in der Zeiteinheit und in Gegenwart einer bestimmten Menge des zu oxydieren- den Körpers aufgenommen wird. Für die gravimetrische Bestimmung werden nach Chodat vier Erlenmeyerkolben mit je 1 g Pyrogallol und wachsenden Mengen Lakkaselösung beschickt. Die Lakkaselösung variiert von 10 bis 40 ccm um je 10 cem, wobei immer die auf 40 ccm fehlende Menge Wassers zugesetzt wird. Nach 24—48 Stunden wird, wie bereits geschildert, die Menge der bereits gebildeten Purpurogallins bestimmt; ist a dessen Quantität bei der Konzentration 1, ferner x die betreffende Konzentration der Lakkaselösung und b eine Konstante, so läßt sich der Wirkungswert der Lakkase nach der Gleichung ax + b bestimmen. Ebensowohl läßt sich statt Pyrogallol auch p-Kresol ver- wenden. Nach der volumetrischen Methode werden zu 10—40 ccm der Fermentlösung 50 cem Wasser gegeben und je 1 g Pyrogallol hinzugefügt. Die Mischung wird mit einem Eudiometer in Verbindung gesetzt und sowohl der aufgenommene Sauerstoff als die abgegebene Kohlensäure bestimmt. Als Behälter benutzt man eine mit Glashähnen versehene zugeschmolzene Glasflasche bekannten Inhaltes, die nach Füllen mit kohlensäurefreier Luft durch ein bis auf den Boden reichendes Zuleitungsrohr mit den Reagentien beschickt und mit einem Meßapparat verbunden wird, der ebenfalls kohlensäurefreie Luft enthält. Der Apparat besteht aus einem graduierten Meßrohr und einem Niveauhalter und ist mit Quecksilber beschickt. Nach Ablauf des Versuches wird das absor- bierte Sauerstoffvolumen unter Berücksichtigung von Temperatur und Barometerstand bestimmt und das Gas durch Heben des Niveaurohres in den Behälter übergeführt, wo man die vorhandene Kohlensäure gravi- metrisch mißt. Lakkase oxydiert Guajakemulsion direkt an der Luft und übt auch sonst dieselben Wirkungen aus wie das System Oxygenase-

IX. Die Enzyme. 239

Peroxydase. Die Lakkase ist meistens mit Tyrosinase vereinigt, von der sie sich durch Erwärmen auf 60—65 ° trennen läßt. Um die Rein- heit des Lakkasepräparates zu prüfen, setzt man zu einer 0,5—1 prozen- tigen p-Kresollösung einige Kubikzentimeter der Lakkaselösung und verteilt die Mischung in vier Eprouvetten. A enthält die genannte Mischung, B dieselbe mit Zusatz einer Spur Essigsäure bis zur schwach sauren Reaktion, C ist mit ganz wenig Sodalösung alkalisch gemacht, D mit Spuren von Glykokoll alkalisch. Ist nur Lakkase, aber keine Spur Tyrosinase zugegen, so wird A milchigweiß, B ebenfalls mit stärkerer Trübung, C und D reagieren viel schwächer. Ist Tyrosinase zugegen, so färben sich C und D gelb, respektive rot.

Von Tyrosinase rührt die Schwarzfärbung der Säfte von Kar- toffel, Vicia Faba usw. her. Setzt man von solchen Säften etwas zu einer l promilligen bis 1 prozentigen p-Kresollösung zu, nachdem man den Saft durch Sodazusatz ganz schwach alkalisch gemacht hat, so geht die farblose Lösung in Gelb, Orangegelb und schließlich in Rot über, bei anfänglichem Zusatz von einer Spur Glykokoll tritt sofort Rot- färbung auf. Zur Darstellung kann man von Kartoffelschalen ausgehen, von denen einige Kilo nach Befeuchten mit Alkohol mittels einer Hack- maschine zu einem dicken Brei zerrieben und so rasch als möglich ab- gepreßt werden. Man läßt den bräunlich gefärbten Saft direkt in ein Glasgefäß fließen, das zur Hälfte mit starkem Alkohol gefüllt ist. Den voluminösen Niederschlag läßt man absetzen, die klare alkoholische Flüssigkeit wird mittels eines Hebers entfernt, der Bodensatz auf ein Filter gebracht und noch feucht mit der nötigen Menge destillierten Wassers unter Zusatz von Toluol einen Tag stehen gelassen; hierauf wird filtriert.und die klare Flüssigkeit mit starkem Alkohol versetzt, der Niederschlag, der sich zu Boden setzt, durch Dekantieren von der Flüssigkeit befreit, der Rückstand auf ein kleines Faltenfilter ge- bracht, mit Alkohol gewaschen und noch feucht auf porösen Tontellern über Schwefelsäure im Vakuum rasch getrocknet. Dieser trockene Rückstand löst sich vollkommen in Wasser, oxydiert sich nicht an der Luft, enthält keine Lakkase, bläut also Guajakemulsion nicht, wohl aber Peroxydase, da er Guajak auf Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd sofort bläut. Wässerige Lösungen von Tyrosinase halten sich selbst bei Zusatz von Toluol nur einige Tage mit unveränderter Wirksamkeit.

Die Messung der oxydativen Kraft der Tyrosinase geschieht nach Bach!) folgendermaßen: In eine Reihe von acht Bechergläsern gibt man je 10 cem 0,05 prozentiger Tyrosinlösung und 0,04 %, Natriumkarbonat hinzu, ferner je steigende Mengen Fermentlösung und Wasser bis zu 50 ccm. Die Reaktionsgemische werden 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen gelassen, dann mit je 1 ccm 10 prozentiger Schwefelsäure an- gesäuert und mit E00 Permanganatlösung bis zur Entfärbung titriert; gleichzeitig wird in einer zweiten Reihe von Gläsern die Wirkung nach 48 Stunden bestimmt.

Fermentkonzentration 0,5 1,0 155 2,0 5,0 10,0 15,0 20,0 A 24 Stunden 10,8 14,2 1 19,8 25,1 30,4 33,6 35,8 B 48 Stunden 13.222 16,0 17,8 20,4 25,6 31,2 34,4 35,4

1) A. Bach, Über die Wirkung der Tyrosinase Ber. d. d. chem. Ges. 41, 221 (1908).

240 IX. Die Enzyme.

Aus diesen Zahlen läßt sich eine logarithmische Kurve konstruieren, die Menge des Reaktionsproduktes steigt proportional mit der Ferment- menge. wenn auch langsamer als letztere. Die Reaktion kommt um so schneller zustande, je größer die Fermentkonzentration ist. Nach Chodat und Staub bestimmt man die Wirkungsweise kolorimetrisch. Es werden 0,5 g Bismarckbraun, 0,5 g Korallin in 250 cem absoluten Alkohols gelöst (P). Da bei dieser Methode die Rötung der Tyrosinlösung bestimmt werden muß und es sich gezeigt hat, daß andere Farben- nuancen am Anfang und später zu beobachten sind, haben die ge- nannten Autoren zwei Skalen hergestellt:

I. Skala für Spätreaktionen.

Von der alkoholischen Farbstofflösung P: cem 1 1,5 2.077725 3,0 35 4,0 4,5 5,0 Absoluter Alkohol „» 9 185 17,0 17,5 17,07 1655 16.027552

Il. Skelafür Anfangsreaktionen:

Von der alkoholischen a P: cem 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 Absoluter Alkohol. . . . . EN ER NN 19,8 19,7 19,6 19,5

Die Lakkasewirkung kann durch die eines Systems Peroxydase- Wasserstoffsuperoxyd ersetzt werden, nicht aber Tyrosinase; wohl aber kann man aus der Wurzel von Vicia Faba und aus dem Stengel von Philodendron monsteroides eine Peroxydase extrahieren, die in Ver- bindung mit Wasserstoffsuperoxyd die charakteristische Rötung des Tyrosins und die Tyrosinasereaktion auf Parakresol liefert.

Katalase: Zum Nachweis dieses in allen Pflanzengeweben vor- handenen Fermentes kann man nach Chodat folgendermaßen vorgehen: Ein Elodeablatt wird in 5 prozentige Salpeterlösung gebracht, der 1%, H,O, zugesetzt worden ist; unter dem Mikroskop sieht man, wie aus den Zellen, deren Protoplasma sich im Innern der Zelle zu einer Kugel zusammen- geballt hat, Gasblasen strömen, bisweilen kann diese Gasausscheidung, noch während das Protoplasma strömt, stattfinden. Die Katalase zer- setzt Wasserstoffsuperoxyd unter Entwicklung von molekularem Sauer- stoff, während andere Peroxyde nicht angegriffen werden; ihre Wirkung, die keine oxydierende ist, ist in erster Annäherung proportional der Konzentration des Wasserstoffsuperoxyds, insofern die Konzentration

m m N desselben zwischen 300 und 1000 variiert. Die Reaktion verläuft dagegen in stärkeren Lösungen relativ langsamer; die Konstanten der Reaktions- geschwindigkeit sind nach Senter:

at 1/99 0 molar Konstante 0,0120

des H20s2 1/1100 3 0,0122 1126 e 5 0,175 1/460 x n 0,188 1 /106 R , 0,192 1/440 an . 0,225

Einen wesentlichen Einfluß neben der Wasserstoffsuperoxyd- Konzentration spielt auch die Temperatur; zwischen 0—10 ° ist die zerstörende Wirkung einer mäßig konzentrierten Peroxydlösung auf das Enzym. sehr schwach.

Die Wirkung der Katalase kann quantitativ durch Bestimmung des Wasserstoffsuperoxyds ermittelt werden, welches von einer ge- wissen, genau eingestellten Menge desselben nach der eine bestimmte

IX. Die Enzyme. 241

Zeit hindurch andauernden perhydrolzerstörenden Wirkung des Enzyms zurückgeblieben war. Die Bestimmung des nach unterbrochener Katalase- arbeit zurückgebliebenen Wasserstoffsuperoxyds kann z. B. mit Kalium- permanganat in saurer Lösung vorgenommen werden. Ich zitiere diese Bestimmung nach den Angaben von Grafe und Linsbauer: Der in der Achatreibschale ohne Zusatz eines zerreibenden Mediums be- reitete Organbrei wurde mit einer bestimmten Menge Chloroformwassers vermischt, über ein möglichst kleines Filter in eine Schüttelflasche filtriert und über dasselbe Filter die abpipettierte Menge Wasserstoff- superoxyd gegossen. Das verwendete Wasserstoffsuperoxyd war auf

en eingestellt und aus reinem Merckschen Perhydrol durch Ver-

dünnung hergestellt. Nach einer bestimmten Zeit wurde im Filtrat die Arbeit der Katalase durch Zugabe einer bestimmten Menge kon- zentrierter Schwefelsäure unterbrochen und darauf sofort die Titration vorgenommen. Je nach Bedarf wurde auch das Filtrat in aliquote Teile geteilt und diese in bestimmten Zeitintervallen titriert, um die Wirkungs- weise des Fermentes durch eine längere Zeitperiode hindurch verfolgen zu können. Die Permanganatlösung wurde mit reiner Oxalsäure in der

gewöhnlichen Weise eingestellt, in der Stärke 500 verwendet und beide

Lösungen in angemessenen Intervallen gegeneinander nachgeprüft. Der erste Tropfen, welcher etwa eine halbe Minute bleibende Rosafärbung in der titrierten Lösung verursachte, wurde als Kriterium für Be- endigung der Titration genommen. Diesem Verfahren haften insofern Ungenauigkeiten an, als einerseits der Pflanzenpreßsaft von vornherein nicht farblos, sondern mehr oder weniger gelblich erhalten wird, ander- seits die anfängliche Rosafärbung nach scheinbarer Beendigung der Titration bei energischem Umschütteln verschwindet, nachdem sie mehrere Sekunden angehalten hat, da ja die zahlreichen organischen Komponenten des Saftes die Maßflüssigkeit erst nach und nach redu- zieren, so daß bisweilen eine wirklich bleibende Rosafärbung erst nach mehreren Stunden Schüttelns und Weitertitrierens erhalten wird. Es müßte also auf den ersten sichtbaren, durch ganz bestimmte Zeit bleibenden Umschlag gearbeitet werden.

Diese Unsicherheit ist durch Verwendung der von A. Jolles vorgeschlagenen Jodaklimethode zum Teil vermieden. Das Wasserstoff- superoxyd vermag aus Jodkalilösungen in salzsaurer Lösung die äqui- valente Menge Jod frei zu machen, welches dann mit Natriumthiosulfat unter Verwendung von Stärkekleister als Indikator zurücktitriert werden kann. Zu dem mit Chloroformwasser filtrierten Preßsaft, in welchem die Katalase eine bestimmte Zeit auf die zugefügte Perhydrolmenge gewirkt hatte, wurde zur Beendigung der Reaktion konzentrierte Salz- säure, hierauf 10 ccm einer 10 prozentigen, jederzeit frisch bereiteten Jodkalilösung hinzugegeben und das ausgeschiedene Jod mit Thio- sulfatlösung titriert. Die letztere war in üblicher Weise mit Kalibijodat so eingestellt, daß 10 ccm der verwendeten Wasserstoffsuperoxydlösung ungefähr so viel Jod aus einer 10 prozentigen Jodkalilösung in Freiheit setzten, daß von demselben etwa 15 ccm verbraucht wurden, und wurde von Zeit zu Zeit kontrolliert. Die verwendeten Büretten waren eng und gestatteten die Ablesung von !/,, cem. Die verwendeten Keimlinge

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 16

242 IX. Die Enzyme.

wurden im Glashause unter Deckelsturz aufgezogen und alle notwendigen Operationen bis zur Titration in der Dunkelkammer ausgeführt. Die Pflanzenteile wurden in einer kleinen Achatreibschale mit Chloroform- wasser zerrieben und mit einer entsprechenden Menge der Perhydrol- lösung über ein kleines Filter in eine Schüttelflasche filtriert. Nach einer bestimmten Zeit wurde die Katalasearbeit durch Eingießen von 10 ccm konzentrierter Salzsäure zum Stillstande gebracht, 10 ccm der Jodkalilösung hinzugefügt und nach einer Minute fortgesetzten Um- schüttelns titriert. Das sofortige Titrieren hatte sich als notwendig er- wiesen, da wir beobachten konnten, daß der gelbe Farbenton der Probe mit der Zeit nachdunkelte, also offenbar neben der Katalase, welche ja durch die Salzsäure in ihrer Tätigkeit unterbunden war, noch Stoffe im Extrakt der Reibmasse vorhanden sein mußten, welche diese suk- zessive Jodausscheidung bewirken.

Man kann die Stärke einer Katalaselösung genauer durch Messung des entwickelten Sauerstoffs bestimmen. In ein mit Mohr scher Bürette versebenes Gefäß mit doppelten Hähnen und Röhren gießt man 5 bis 10 ccm der Katalaselösung; dann läßt man durch Öffnen eines Hahnes 30 ccm einer 1 prozentigen Wasserstoffsuperoxyd- lösung zufließen. Die sich entwickelnde Sauerstoffmenge wird mittels Eudiometers nach 1, 2, 5, 10 Minuten ge- messen. Ist die bestimmte Zeit verflossen, so wird der zum Eudiometer führende Hahn geschlossen und durch Senken der Quecksilberkugel das Niveau äquilibriert. Der hier gut verwendbare Apparat von Liebermann!) hat folgende Einrichtung (Fig. 75): In die Abteilung A (Fassungsraum zirka 25 ccm) kommen mit Hilfe einer Pipette nach Entfernung des bei E eingeschliffenen Manometerrohres D und bei geschlossenen Hähnen a, c und d 5 cem einer verdünnten Fermentlösung; hierauf wird der Hahn auch bei b geschlossen und der Apparat umgekehrt. Dann werden bei geschlossenen Hähnen e und / bei F 5 ccm einer 1 prozentigen Wasserstoffsuper- oxydlösung in die Abteilung B gebracht (Fassungsraum Fig. 75. Lieber- zirka 25 ccm), worauf Hahn g geschlossen wird. In die a Abteilung C (Fassungsraum zirka 25 ccm) kommen nun 5 ccm einer gesättigten Kochsalzlösung, worauf auch Hahn h geschlossen, der Apparat wieder umgekehrt und auf passende Art in ein Stativ ge- klemmt wird. Nun wird das sowohl nach aufwärts wie nach abwärts von Null in Millimeter geteilte, bis Null mit Quecksilber gefüllte Mano- meterrohr D aufgesetzt. Die Hähne i und b werden zum Druckausgleich geöffnet, dann wird i wieder geschlossen; die Hähne b, a, g und h sind mit 1 cm weiten Bohrungen versehen, um den Flüssigkeiten raschen Durchfluß zu gestatten. Das Manometerrohr ist, soweit die Millimeter- teilung (100 mm nach auf- und abwärts) reicht, genau kalibriert, so daß das Volumen in Kubikzentimetern für jeden Millimeter aus der Kalibrierungstabelle abgelesen werden kann. Mischen sich die beiden Flüssigkeiten bei geöffnetem Hahn a in der Abteilung B und findet

') L. Liebermann, Beiträge zur Kenntnis der Fermentwirkungen, Pflügers Archiv 104, 179 (1904).

IX. Die Enzyme. 243

Gasentwicklung statt, so steigt das Quecksilber im Manometer, und es kann nun für jede beliebige Zeitdauer des Versuches das Volumen des entwickelten Gases bestimmt werden, wenn man es auf gleiche Tem- peratur und gleichen Druck reduziert. Die Abteilung C dient dazu, einer Übersättigung mit Gas vorzubeugen, und wird mit gesättigter Kochsalzlösung beschickt. Durch Öffnen von g wird die Flüssigkeit aus B hereinfließen gelassen, wodurch eine vollkommenere Mischung und ein Entfernen der an den Wänden haftenden Gasblasen bewirkt wird. Aber die volumetrische Methode hat den Nachteil, eine Über- sättigung mit Sauerstoff zu bewirken, da das Gefäß nicht geschüttelt werden kann, ohne durch den Einfluß der Gefäßwandungen einen un- berechenbaren Faktor in die Versuchsmethodik einzubringen. So kann man auch hier keine absoluten, sondern nur Vergleichswerte erhalten. Bessere Erfolge erzielt man nach Chodat mit der Titration durch verdünnte Kaliumpermanganatlösung, aber auch nur dann, wenn man die Katalase selbst darstellt, z. B. durch Extraktion von Tabakblättern mit chloroformhaltigem Wasser und Fällen durch Zusatz von über- schüssigem Ammoniumsulfat; der Niederschlag wird von der darüber- stehenden Flüssigkeit abfiltriert und durch Dialyse von dem vor- handenen Ammoniumsulfat befreit; er erweist sich nach OÖ. Loew als stark katalasehaltig. Solche Katalasepräparate enthalten in ihrer verdünnten Lösung nur so geringe Spuren organischer Substanz, daß

>05 KMnO -Lösung messen läßt, da die Reaktionsgeschwindigkeiten der Zerlegung von sehr verdünnten (5) Lösungen von Wasserstoffsuperoxyd der Ferment- konzentration nach Senter proportional ist. Zur Probe müssen die verwendeten 100—400 ccm der Fermentlösung in großen (Liter) Flaschen mit Glasstöpsel einige Stunden in schmelzendem Eis vorgekühlt und darauf 100—400 ccm vorgekühlte Wasserstoffsuperoxydlösung dazu- gegossen werden. Von der peinlich auf O0 ° gehaltenen Flüssigkeit werden zeitweise je 23>—100 ccm zur Probe entnommen, zur Unterbrechung der Reaktion in verdünnte Schwefelsäure gegossen und darauf mit der

sich ihre katalytische Kraft durch Titration mit

m a Mt 500 Permanganatlösung titriert. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß man sich von der viel langsamer als das Peroxyd auf Permanganat wirkenden organischen Substanz des Zellsaftes emanzipieren kann, wenn man nicht die dauernde, sondern die eine halbe Minute beständige Rosafärbung als Ende der Reaktion betrachtet.

. Die kolorimetrischen Methoden, z. B. Intensität der Bläuung von Guajakemulsion, wie sie bisweilen zur Messung der katalytischen Kraft bei Peroxydasen verwendet werden, sind höchst unzuverlässig. Vor allem muß die Intensität der Färbung durchaus nicht der Intensität in der Oxydation der farblosen Verbindung parallel gehen, so nimmt z. B. Guajakharz bei der Oxydation eine blaue Färbung ar, die aber bei weitergehender Oxydation von einem gewissen Punkt an wieder abnimmt; die Färbungen der einzelnen Substanzen, wie Guajak, Kresol usw., sind in ihrer Intensität nicht untereinander vergleichbar, ferner sind die Pflanzensäfte nur selten klar und farblos, meistens trüb und mißfarbig, so daß die oxydierende Fällung nicht gleichmäßig vor sich

16*

D44 IX. Die Enzyme.

geht und die Färbung nicht deutlich zu erkennen ist. Der Vergleich mit künstlich hergestellten, von Suspensionen freien Farblösungen ist aber höchst unexakt. Was also ein Postulat für solche Bestimmungen wäre, ist eine Methode, welche mit frischen Säften, wie sie aus den Pflanzengeweben eben bereitet werden, zu arbeiten gestattet und bei welchen die Genauigkeit auch mit größeren Extraktmengen hinlänglich ist. Die von Bach und Chodat beschriebene, auf der Wägung des entstandenen Purpurogallins basierende Arbeitsweise ist wohl ver- läßlich, aber etwas langwierig; nach Foä ist die befriedigendste Methode der Messung der Reaktionen, welche Absorption von Sauerstoff bewirken, die, in welcher die Menge des absorbierten Sauerstoffs durch Messung der Druckänderung im Reaktionsgefäß bestimmt wird. Da die Oxydasen katalytisch wirken, d.h. eine Reaktion beschleunigen, ohne selbst dabei verbraucht zu werden und dabei eine in keinem Verhältnis zu ihrer Menge stehende Stoffquantität umsetzen, kann man bei ihnen am besten den Grad messen, in welchem sie gewisse Oxydationen beschleunigen, um ihre Wir- kungsintensität kennen zu lernen. H. Bunzel!) hat eine solche Methode aus- gearbeitet, in welcher die Arbeit des Enzyms unter sorgfältig konstant gehaltenen Außen- bedingungen vor sich geht, und bei welcher die Menge des absorbierten Sauerstoffs ge- messen wird; immerhin mußte zunächst, da die Peroxydase nicht beliebige, sondern in bestimmter Quantität nur ganz be- stimmte und nicht allzugroße Mengen Pyro- gallol oxydiert, die Beziehungen zwischen Stärke des Oxydasepräparates, dem Betrage der Sauerstoffabsorption und der Art und Weise derselben festgestellt werden. Bei einer solchen Manometermethode muß na- türlich die Temperatur vollkommen kon- Fig. 76. Bunzels Peroxydaseapparat. Stant gehalten werden, d.h. sie darf nicht um mehr als um Zehntelgrade schwanken, und diese Bedingungen müssen schon eine Zeitlang vor Beginn des Versuches herrschen und zwar sowohl wegen des Verlaufes der Enzym- arbeit selbst als wegen der Manometerablesung, die Manometer- schwankungen dürfen nur durch den absorbierten Sauerstoff, nicht aber durch die Differenzen zwischen diesem und der ausgegebenen Kohlen- säure hervorgerufen sein, die Kohlensäure muß also sofort aus dem Reaktionsraume entfernt werden, und ihr Betrag ist zu messen, da er auch Anhaltspunkte für die Aufnahme von Sauerstoff geben kann. Diesen Forderungen entspricht der von Bunzel konstruierte und mit besonderen elektrischen, der Heizung, der Luftbewegung und der Kühlung dienenden Vorrichtungen versehene Thermostat. Indem be- züglich dieser Einzelheiten auf die Originalabhandlung verwiesen sein mag, soll hier nur der Peroxydaseapparat und die Methode beschrieben werden. Der Apparat (Fig. 76) besitzt einen Fassungsraum von 150 cem.

) H. Bunzel, The measurement of the oxidase content of plant juices. U. S. Department of Agriculture Bull. No. 238 (1912).

IX. Die Enzyme. 245

Die Einschnürung bei D teilt den unteren Teil in zwei Räume, A und B. In den Raum A kann aus der 2-cem-Bürette F vermittels des Hahnes C Flüssigkeit eingefüllt werden. Der Raum B kann aus der Birne G, mit einem Inhalt von 8 cem durch den Hahn und die Röhre E oder durch Abheben des eingeriebenen Teiles bei X gefüllt werden. Die Röhre trägt ein kleines, etwa 10 ccm fassendes Glaskörbcehen H, welches einen ausgebauchten Rand besitzt, damit beim Schütteln keine Flüssigkeit herausspritzen kann; es ist auch hinlänglich weit vom Boden des Gefäßes entfernt, daß kein Wasser hineingelangen kann. Diese Vor- sicht ist sehr wesentlich, da eine durch Mischung von Pyrogallol und Alkali hervorgerufene Sauerstoffabsorption die Manometerablesung un- zuverlässig machte. Das Manometer M ist in Millimeter ein- geteilt; durch Schließen des Hahnes J kann es außer Verbin- dung mit dem Apparat gesetzt werden. Dieser Apparat ist standfest geblasen. Um den Inhalt des Körbchens zu titrieren, wurde ein Titrationsgefäß (Fig. 77) benützt, in welchem alle Titrationen in einer kohlensäurefreien Atmosphäre ausgeführt wurden, zu welchem Zweck der Boden des Gefäßes mit einer 30prozentigen Kalilauge bedeckt war. Der den Korb tragende Schliff wird durch den breiten Kautschukstöpsel R ersetzt. Die in Zehntel ge- teilte Bürette B kann in den Schliff bei G ein- gesetzt werden, so daß ihre Mündung sich gerade oberhalb des Körbchens befindet. Die kleine Birne C ist durch einen Schliff mit der Bürette verbun- den und mit einem Wattestöpsel zur Abhaltung von Verunreinigungen versehen. Als Peroxydase wurde die aus Kartoffelschalenpreßsaft und als oxydable Substanz Pyrogallol verwendet. Nach- dem der Oxydaseapparat im Thermostaten auf- gestellt ist, werden 8 ccm 0,1—1 prozentiger Pyrogallollösung in die Abteilung 5 aus der Birne G gebracht. 2 ccm des Pflanzensaftes werden aus der Bürette F in die Abteilung A ab- gemessen. Das Körbchen H wird mit 1 ccm n-Natronlauge beschickt. Der Hahn E am Oxy- daseapparat wird geschlossen, während C und J geöffnet sind. Der Thermostat wird geschlossen und die Schüttelmaschine, welche den Oxy- Fig. 77. Titrationsapparat.

daseapparat sanft rüttelt, in Bewegung ge-

setzt, worauf die Reaktion gleich einsetzt. Nach 10 bis 20 Minuten langem Schütteln wird immer behufs Manometerablesung das Schüt- teln unterbrochen, und die Reaktion wird so lange vor sich gehen gelassen, bis kein Sauerstoff mehr absorbiert wird, was beiläufig zwei Stunden dauert. Nun wird der Behälter geöffnet, der Oxydase- apparat aus den Klammern, die ihn während des Schüttelns festgehalten hatten, befreit und die Hähne C und E geöffnet. Der innere Teil des eingeschliffenen Satzes mit dem Körbchen wird sorgfältig heraus- genommen, das Glaskörbchen wird rasch an der Außenseite abgetrocknet, 2 Tropfen Phenolphthalein zu der Lauge hineingegeben und dann der Korb sofort in den weiten Hals des Titrierapparates befestigt. Die

Kali- stücke

Bürette wird mit . Ö Schwefelsäure gefüllt und die Flüssigkeit im Körbchen

246 IX. Die Enzyme.

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unter sanfter Bewegung bis zum Verschwinden der Rotfärbung titriert. Der Stand der Bürette wird dann abgelesen, 3 Tropfen Kongorotlösung ins Körbehen getropft und die Titration fortgesetzt, bis die dunkle, rote Farbe verschwindet. Aus der Differenz zwischen den zwei End- punkten kann die Quantität der absorbierten Kohlensäure berechnet werden. Naturgemäß sind die aus den Manometerablesungen hervor- gehenden Beträge des absorbierten Sauerstoffs keine für die Wirkungs- stärke der Peroxydase geltenden absoluten Werte, sondern nur relative Vergleichszahlen. Die Zahlen variieren auch mit der Stärke der Pyrogallol- lösung, mit der Temperatur, mit der Menge der zur Absorption der Kohlensäure verwendeten Lauge, deren Relation zum Sauerstoff eine Rolle spielt, so daß alle diese Momente, will man vergleichbare Werte erhalten, berücksichtigt und gleich gehalten werden müssen. Das gilt auch von der Stärke des Schüttelns, so daß alle Operationen durch Maschinenkraft, am besten durch den elektrischen Strom be- wirkt werden.

Zum Nachweis der oxydierenden Enzyme läßt sich, namentlich wenn nur kleine Mengen zur Verfügung stehen, die Kapillarisations- methode von J. Grüss'!) verwenden, welche auf der verschiedenen Absorption der einzelnen Bestandteile einer Mischung in Filtrierpapier beruht, kombiniert mit einer Farbstoffreaktion. Um Filtrierpapier in passender Größe auszuspannen, hält man sich Messingreifen von 4 cm Höhe und 10, 15, 20 und 25 cm Durchmesser vorrätig. Ein solcher Ring wird mit einem kreisförmig ausgeschnittenen Filtrierpapier über- deckt, ein zweiter, etwas größerer Messingstreifen wird dann darüber- gestreift, so daß der Kapillarisator wie eine Trommel aussieht. Die

ı) J. Grüss, Kapillaranalyse einiger Enzyme, Ber, d, d. bot. Ges. 26a, 191, 620 (1908), 27, 313 1909.

IX. Die Enzyme. 247 CuSOı | Fehlings Sibernitrat-| Brom- | Uranyl- |rauchend.| Molybdäns. N sauer Fösane Be Ammoniak | wasser | Kreiit | HNOs | Ammon |KaFe(CN) schwache gelbe rote gelbrote | gelb bis Wärme grün [Reduktion Reduktion| Fällung | Fällung | Fällung rot rotbraun, | | dann | | dunkelgr. grün schwache |Reduktion gelbe rote gelbrote | rötlich braun, Reduktion ı Fällung | Fällung | Fällung dann grün == = = a Hitze | | grün gelbgrün. erst gelb- rote braune | blutrot | blutrot Hitze Nieder- weiß, dann, Fällung Fällung | grün schlag Reduktion | gelbgrün. schwache erst gelb- rote braune | blutrot | blutrot Hitzegrün, Nieder- Reduktion weiß dann) Fällung | Fällung | dann schlag ‚Reduktion blaugrün

Kapillarisatoren werden in einer Kristallisierschale übereinandergestellt, in welche ein Tropfen Toluol oder sonst eines Antiseptikums hinein- getan wird; die Kristallisierschale kommt in eine größere, deren Boden mit Wasser bedeckt ist und in welche eine bedeckende Glasglocke ge- stellt wird; durch den Tubus der Glocke leitet man, wenn es sich um ein oxydierendes Enzym handelt, Wasserstoff ein. Man kann z. B. in der Aleuronschicht von Gerstenkörnern, die man mit Quarzsand zer- rieben hat, den Nachweis von Diastase, Oxydase und Antioxydase neben- einander führen. Das zur Kapillarisation benutzte Filter tränken wir mit einer halbprozentigen Lösung von löslicher Stärke und lassen es trocknen. Auf dem im Kapillarisator ausgespannten Stärkepapier stellt man zunächst durch Auftropfen eines Tropfens Wasser einen Wasserring her: Dazu bewegen wir eine kleine Pipette mit 0,2 ccm Wasser im Kreise herum, während wir dasselbe langsam ausfließen lassen, so daß eine wasserhaltige ringförmige Zone entsteht, deren inneres, trockenes Mittelfeld 1—2 em Durchmesser besitzt. Auf dieses bringen wir die mit etwas Thymol versetzte, zerriebene Masse der Aleuronzellen ; nach 24 Stunden hat sich das Kapillarisationsfeld ausgebreitet, aus dem man einen Sektor herausschneidet, den man zum Nachweis der Diastase über Joddämpfe hält: die Jodfärbung der Stärke wird dort ausbleiben, wo die Stärke durch die Diastase verändert worden ist. Ein zweiter Sektor wird in eine alkoholische Guajaklösung getaucht und nach Abdunsten des Alkohols auf eine Unterlage von Fließpapier aufgedrückt, welches mit einer verdünnten Lösung von Wasserstoff- superoxyd angefeuchtet ist. Die dadurch entstehende dunkelblaue Fär- bung reicht so weit, als Stärke gelöst ist; eine zweite hellblaue Randzone greift darüber hinaus, in der die Oxydase zu suchen ist. Ein dritter Sektor wird auf Filtrierpapier gebracht, das mit einer Lösung von Tetra- methylparaphenylendiamin (Violaminlösung) getränkt ist, wie sie auch

248 X. Gerbstoffe.

zum Nachweis geringer Sauerstoffspuren im sogenannten Wurster- schen Reagenzpapier vorliegt; die Randzone färbt sich an der Luft violett, enthält mithin Oxydase. Ein vierter Sektor wird mit einer mit etwas Wasserstoffsuperoxyd versetzten Lösung von Paraphenylen- diamintartrat (Ursoltartrat) angefeuchtet. Die dadurch hervorgerufene schiefergraue Färbung stimmt im allgemeinen mit der Guajakfärbung überein, nur da, wo Antioxydase ist, bleibt das Papier weiß und färbt sich außerhalb des Kapillarisationsfeldes langsam gelbbraun. Wenn man einen anderen Sektor mit einer Lösung von Karminsäure anfeuchtet, die man mit Soda oder Lithiumkarbonat schwach übersättigt und ihn auf ein mit Wasserstoffsuperoxyd angefeuchtetes Filtrierpapier legt (die Wasserstoffsuperoxydlösung ist gegen die Karminlösung so ein- gestellt, daß deren Entfärbung allmählich in einer bestimmten Zeit er- folgt), so muß diejenige Zone des Kapillarisationsfeldes, welche die Antioxydase enthält, die rote Färbung am längsten bewahren. Auf diese Weise kann man auch Oxydase und Antioxydase in jungen Trieben von Pteris aquilina aufsuchen und findet ihre hauptsächlichste Wirksam- keit in der Rinde, wo der Sauerstoff am besten hinkann, während im Leptom die Antioxydase lokalisiert ist.

X. Gerbstoffe.

Für den Nachweis von Gerbstoffen sind eine Reihe von Reagenzien in Gebrauch, welche ich tabellarisch nach Nierenstein!) wieder- gebe, und welche auf Seite 246 und 247 oben, ebenso auf S. 249—254 abgedruckt sind.

Während früher für die Einteilung der Gerbstoffe lediglich die Färbung maßgebend war, welche auf Zusatz von Ferrichlorid entsteht, weiß man heute wenigstens, daß diejenigen Gerbstoffe, welche mit Ferrisalzen eine tiefblaue Färbung geben, Pyrogallolgerbstoffe sind, die sich damit grünfärbenden oder grünblaue Reaktion gebenden Pyro- katecholgerbstoffe. Mit Bromwasser geben die ersteren eine Färbung, die letzteren nicht, bei der Kalischmelze liefern die Pyrogallolgerbstoffe Gallussäure, die Pyrokatecholgerbstoffe Protokatechusäure, Resorzin, Phlorogluzin und aliphatische Säuren.

Für den Nachweis der Gerbstoffe von besonderer Bedeutung ist die Gelatinefällung. Man verwendet eine halbprozentige Lösung, die durch Erwärmen auf dem Wasserbade bei 60-70 ® dargestellt wird. Zur Extraktion der Gerbstoffe empfiehlt Nierenstein die von Procter modifizierte Kochsche Methode. Die Apparatur (Fig. 78) besteht aus einem heberförmig zweimal rechtwinklig gebogenen Trichter- rohr, das am Trichterende mit Seidengaze überzogen und am anderen Ende mit einem Gummischlauch, Schraubenquetschhahn und einem dünnen Glasrohre versehen ist. Der Trichter wird in ein Becherglas eingesetzt und dort mit einer Klemme festgehalten. In das Becherglas kommt das mit Sand vermischte, zu extrahierende Material. Man über- gießt mit Wasser und erwärmt auf dem Wasserbade zuerst auf 30—40 und läßt innerhalb einer Stunde zirka 80 ccm ablaufen, erwärmt dann im Wasserbad auf 100 °, läßt ab und konzentriert durch Abdampfen,

') M. Nierenstein, Darstellung, Untersuchung, Nachweis und Analyse der Gerbstoffe, VI. Abderhaldens Biochem. Arb. meth. Seite 165.

249

Gerbstoffe.

X.

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X, Gerbstoffe. 255

worauf man die beiden Extrakte vereinigt, die aber zusammen nicht ganz einen Liter ausmachen dürfen; man filtriert, pipettiert einen Teil (je nach dem Gerbstoffgehalt 50-200 ccm) ab "und bestimmt durch Abdampfen bis zur Trockene den ‚„Gesamtrückstand‘“. Die wichtigste Operation besteht nun in der Entgerbung zur Feststellung der ‚‚Nicht- gerbstoffe“, deren Differenz gegenüber dem Gesamtrückstand die ",Gerb- stoffe‘“ angibt.

1. Hautpulvermethode. Zur Ausfällung des Gerbstoffes (ein ausgezeichnetes Extraktionsmittel für Gerbstoffe ist Azeton, aus dem Azetonextrakt läßt sich der Gerbstoff durch Äther fällen) benutzt man das käufliche Hautpulver im Procterschen Glockenfilter (Fig. 79). Es besteht aus einer Glasglocke, deren Verjüngung einen durchbohrten Korkstöpsel trägt, durch dessen Öffnung ein doppelt gebogenes Heber-

Hie: 78. Apparat zur Gerbstoffextraktion. Fig. 79. Procters Glockenfilter. —= Kolben; HA = Quetschhahn; YM = @ = Glasglocke; H = Heberkapillar- neekerelan, @d = Seidengaze; $S= Extrak- rohr; B= Baumwolle; Haut tionsmaterial und Sand. pulver.

kapillarrohr zieht. Das Ende des Rohres schneidet mit dem Stöpsel ab. In die Glocke wird ein kleiner Bausch trockener, gut gewaschener Baumwolle gesteckt, der das Eindringen des Hautpulvers in die Kapillare verhindert. Nun wird die Glocke mit Hautpulver gefüllt, so daß dieses stark gestopft ist, namentlich an den Rändern muß stärker gestopft werden, damit sich die Gerbstofflösung nicht an den Glaswandungen hinaufzieht. 7—8 g Hautpulver genügen für eine Glocke. Dann wird die offene Basis der Glocke mit einem Stück trockener, sorgfältig ge- waschener, nicht zu feinmaschiger Gaze mit Hilfe eines Gummiringes verschlossen. Man spannt nun das Heberrohr in eine Klemme ein, senkt die Glocke bis fast auf den Boden eines 200 ccm fassenden Becherglases und gießt in dieses eine kleine Menge der gerbstoffhaltigen Lösung, damit zunächst das Hautpulver durch Kapillarwirkung gleichmäßig benetzt werde. Dann wird das Becherglas vollgegossen und am Heber- rohr gesaugt, bis die Lösung langsam abtließt; es sollen in der Minute

256 XI. Glukoside.

5—8 Tropfen austreten. Die ersten Anteile des Filtrates enthalten noch lösliche Bestandteile des Hautpulvers, können also zur Bestimmung der Nichtgerbstoffe nicht dienen. Das Filtrat ist solange nicht zu ver- wenden, als einige Tropfen noch mit einigen Tropfen Tanninlösung Niederschlag oder Trübung hervorrufen, was bei gutem (schwach- chromiertem) Hautpulver nach 30 abgelaufenen Kubikzentimetern ein- zutreten pflegt. Das weitere Filtrat fängt man in einem 60 ccm fassenden Kölbchen auf, das man bis zu der bei 60 ccm angebrachten Marke auf- füllen läßt. Das Filtrat muß völlig wasserhell sein und darf mit essig- saurem Eisen keine Gerbstoffreaktion geben (Färbungen, welche mit diesem Reagens in dem Filtrat der Nichtgerbstoffe fast immer eintreten, sind nach Nierenstein gewöhnlich auf Gallussäure zu beziehen). Von dem gerbstoffreien Filtrat wird ein Teil abpipettiert und auf dem Wasserbade verdampft. Willman das Hautpulver auf seine Wirksamkeit prüfen, so filtriert man in der eben beschriebenen Weise destilliertes Wasser durch das Hautpulver, nachdem 30 ccm des Filtrates verworfen wurden, dürfen die folgenden 50 ccm, am Wasserbade eingedampft, einen Rückstand von höchstens 5 mg ergeben. Statt des Hautpulvers verwendet Nierenstein sorgfältig durch Äther entfettetes Kasein. 100 ccm des Gerbstoffextraktes werden mit 6 g Kasein 10 Minuten ge- schüttelt und hierauf mit weiteren 6 g Kasein behandelt und durch ein Barytfilter filtriert, worauf man wie bei der Hautpulveranalyse ver- fährt.

2. Die Löwenthalsche Permanganatmethode. Wir brauchen dazu eine Lösung von 10 g KMnO, in 6000 ccm destillierten Wassers. Ferner eine Lösung von 10 g indigoschwefelsaurem Natron in 1000 ccm Wasser. 20 ccm dieser Lösung mit 750 cem Wasser verdünnt, dürfen nicht mehr als 10—11 cem KMnO ‚-Lösung verbrauchen. Ferner eine Lösung von 2 g reinsten Tannins in 1000 ccm Wasser, welche Lösung zur Titerstellung dient; schließlich weißes Hautpulver, das an kaltes Wasser (3 g Hautpulver auf 50 ccm Wasser) keine Permanganatlösung reduzierenden Bestandteile abgibt. In eine flache weiße Porzellanschale von zirka 1500 cem Fassungsraum bringt man 750 ccm destilliertes Wasser, 20 cem Indigolösung und 10 ccm des auf zirka 0,1% ver- dünnten Gerbmaterialauszuges. In diese Mischung läßt man aus einer Bürette je 1 ccm Permanganatlösung auf einmal einfließen und rührt nach jedem Zusatz mit dem Glasstab kurz und gleichmäßig um. Wird endlich die Flüssigkeit bei weiterem Zusatz der Titerlösung nur hell- grün, so setzt man nur je 2—3 Tropfen zu, bis die Flüssigkeit rein gelb wird, womit der Endpunkt der Reaktion erreicht ist. In weiteren 50 ccm der Gerbstofflösung werden mit Hautpulver oder Kasein die Gerbstoffe durch Schütteln ausgefällt und 10 ccm der durch ein Leinwand- filter filtrierten Lösung in gleicher Weise mit Permanganat titriert. Die Differenz gibt den Gerbstoffgehalt.

XI. Glukoside.

Bei der Darstellung dieser Pflanzenstoffe ist auf ihre überaus leichte Zersetzlichkeit durch chemische Agenzien und Enzyme zu achten, so daß man am besten tut, nur frische, möglichst unzerkleinerte Pflanzen- teile mit kochendem Alkohol rasch zu extrahieren. Allgemeine Vor-

XI. Glukoside. 957

schriften für die Darstellung von Glukosiden lassen sich aber nicht geben, sondern es kommt sehr wesentlich auf den speziellen Fall an. Ein aus- gezeichnetes Reagens auf Glukoside ist Emulsin, welches alle bisher be- kannten linksdrehenden Glukoside spaltet. Durch die enzymolytische Wirkung entsteht aus dem linksdrehenden Ausgangsmaterial neben einem optisch inaktiven Produkt die rechtsdrehende und überdies als redu- zierender Zucker durch Fehlings Lösung erkennbare Dextrose. Man fügt also nach E. Bourquelot der auf Glukoside zu unter- suchenden wässerigen Lösung Emulsin zu und erkennt nach Ablauf der Reaktionszeit an der Umkehrung der Drehungsrichtung und an der Kupferreduktion das Vorhandensein eines durch Emulsin spaltbaren (von der «-Glukose ableitbaren, linksdrehenden) Glykosids; da der Betrag der jetzt umgekehrten Drehung und die Menge der gebildeten Dextrose dem ursprünglich vorhandenen Glykosid an Quantität an- nähernd proportional ist, kann man durch Emulsinspaltung auch die Menge des vorhandenen Glykosids annähernd bestimmen. Da die Drehungskonstanten für eine ganze Reihe Glykoside feststehen, kann man auch erkennen, ob das Glykosid, das man zu bestimmen wünscht, bereits bekannt ist oder nicht, und man kann auch eventuell das Vor- handensein eines zweiten Glykosids an der Menge der abgespaltenen Dextrose erkennen. Wenn ein bekanntes Glykosid in einer bestimmten Menge Lösungsmittel gelöst und der Betrag der Drehung im Polarisations- rohre bestimmt und darauf eine Spaltung durch Emulsin vorgenommen wird, so ist die gebildete Glukosemenge und der Betrag der nun ein- getretenen Rechtsdrehung in ihrem gegenseitigen Verhältnis konstant und die in 100 ecem gebildete Dextrosemenge, welche einer Drehungs- änderung um entspricht, ist für jedes Glykosid eine leicht zu be- rechnende Größe, deren Bestimmung eine Identifizierung des Glykosids im Pflanzenextrakt selbst ohne Isolierung des Glykosids ermöglicht. Man muß also zunächst feststellen, ob ein durch Emulsin spaltbares Glykosid vorliegt und bestimmt dann jene Verhältniszahl zwischen Drehungsänderung und Menge der gebildeten Glykose, worauf man einfach nachsieht, ob die gefundene Zahl mit einem der bereits bekannten Glykoside übereinstimmt, oder ob es sich um ein noch unbekanntes Glykosid handelt. Natürlich ist Voraussetzung, daß nicht mehrere durch Emulsin spaltbare Glykoside gleichzeitig vorliegen und daß die Verhältniszahlen über die Fehlergrenzen sich voneinander unterscheiden. Diese Verhältniszahl, der enzymolytische Reduktionskoeffizient Bourquelots, bedeutet die Glukosenmenge q in Milligrammen, die in 100 ccm der Lösung frei wird, während das Drehungsvermögen der Lösung in einem Polarisationsrohr von 2 dem Länge um 1 ° nach rechts umschlägt. Dieser enzymolytische Reduktionskoeffizient ist für eine Reihe von Glykosiden bestimmt worden (Siehe die Tabelle S. 258.).

Für die Berechnung des enzymolytischen Reduktionskoeffizienten gibt Zemplen folgendes Beispiel. Salizin wird durch Emulsin nach der Gleichung

C,5H10,+ H,0 = CH 50; + C,H50,

Molekulargewichte 286 18 180 124

zu Saligenin und d-Glukose hydrolysiert. Es seien in 100 ccm der wässerigen Salizinlösung 2,86 g des Glukosids enthalten, wobei eine Linksdrehung von 3,71 ° auftritt. Nach der enzymolytischen Hydro-

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 17

958 XI. Glukoside.

Glukosid Drehungsvermögen Koeffizient Verbenaln. 71 2er... Aare 180,5 ° 19 Bakankosın“: "7.9.2073 os 205,7 108 Gentiopikenn 2. ee 200,9 ® 111 Aukubmr??::2. 7 Wo ar 174,4 ° 144 Meliatin } 81,9° 240 Picein 84° 261 Koniferin . 66,9 278 Bamhbunipein! 2 I I FIT 76,3 281 Dasıkatinv nr ae re 72,9 296 Salızin . . PR 64,9 321 Methylarbutin 63,4 326 Prulaurasin . 53° 359 Isoamygdalin . 51,4 425 Amygdalin 39° 490 Syringin BE ı 3 17,1° 570 Amygdonitrilglukosid. TER 26,9 ° 517 Arbutin. Ä RITTER 63,8 700 Erytaurin ne A ME. 134,4 Glanrapem. 7 sn nr a NE, 153 117 Insenttların Al, 2: I 145 °

lyse enthalten die 100 ccm nach der Gleichung 1,80 g Glukose und 1,24 g Saligenin. Diese Glukosemenge besitzt ein Drehungsvermögen von + 1,89°, der ganze Drehungsrückgang beträgt also 3,710 + 1,89 5,60 ®, da jetzt statt einer Linksdrehung von 3,71 ° eine Rechts- drehung von + 1,89 ° zu sehen ist. Das gesamte Reduktionsvermögen gegenüber Fehlings Lösung beruht auf der Gegenwart der 1,80 g Glukose in 100 ccm. Auf Drehungsrückgang entfallen daher 0,321 g Glukose der Reduktionskoeffizient. Treten neben Glukose bei der enzymatischen Spaltung eines Glukosids außer dem Zucker noch andere reduzierende Stoffe auf, deren Reduktionsvermögen bekannt ist, so muß dieses vom Gesamtreduktionsbetrage abgezogen werden. Ist das Glykosid unbekannt, so kann der Koeffizient nur dann experimentell bestimmt werden, wenn das Glykosid isoliert, dessen Drehungsvermögen und nach der Enzymhydrolyse dessen Reduktionswert bestimmt wird. So konnte das Taxikatin in den Blättern von Taxus baccata als neues Glykosid im Extrakte erkannt werden, denn nach der Behand- lung mit Emulsin resultiert eine Verschiebung des Drehungsvermögens von links nach rechts, und einer Drehungsänderung von ent- spricht die Bildung von 0,624 g Glukose, eine Zahl, die bis dahin noch nirgends festgestellt worden war. Auch in vielen.anderen Pflanzen und Pflanzenteilen konnten mittels der biochemischen Methode Glykoside entdeckt werden.

Wie bereits erwähnt, muß man die möglichst wenig zerkleinerten frischen Pflanzenteile direkt in siedenden Alkohol werfen und mit Alkohol extrahieren. Die alkoholische Lösung wird durch Abdestillieren unter vermindertem Druck von Alkohol befreit, wobei man zur Abstumpfung der hydrolysierend wirkenden Pflanzensäuren eine Spur Kalziumkarbonat zusetzt; der Rückstand wird mit so viel Thymolwasser aufgenommen, daß die Anzahl der Kubikzentimeter der erhaltenen Lösung dieselbe ist wie die Anzahl der Gramme, die man mit siedendem Alkohol extrahiert hat. Nun kommt in allen Pflanzenteilen Rohrzucker vor, auf den das immer in Emulsin enthaltene Invertin in der Weise einwirkt, daß der

XT. Glukoside. 259

linksdrehende Invertzucker entsteht, so daß die Originalwirkung des Emulsins verschleiert wird. Man hydrolysiert demnach zweckmäßig zuerst den Rohrzucker mittels Invertins aus Hefe und kann gleichzeitig eine quantitative Bestimmung des Rohrzuckers damit verbinden. In- vertin ist zwar ein Handelspräparat, doch ist es gut, sich dasselbe immer frisch herzustellen. Bäckerhefe wird mit sterilisiertem Wasser angerührt, abgesogen, mit dem zehnfachen Gewicht 95 prozentigen Alkohols an- gerührt und 12 Stunden absitzen gelassen. Dann wird die Hefe an der Pumpe abgesogen und zuerst mit Alkohol, dann mit wenig Ather ge- waschen und bei 30—35 ° getrocknet, worauf sich das Präparat, in einer trockenen, wohlverschlossenen Flasche aufbewahrt, gut hält. Man muß stets frische, unverdorbene Hefe verwenden. Zum Gebrauche reibt man 1 g des Präparates mit thymolgesättigtem Wasser an, nach dem Filtrieren erhält man eine klare, sehr haltbare Invertinlösung. Nun teilt man die zu prüfende Lösung in einen Teil A von 50 ccm und einen Teil B von 200 ccm, zu welch letzterem man 1 g des Hefepulvers fügt, worauf man beide in kleinen, wohlverschlossenen Fläschchen in den auf 25—30 ° erhaltenen Brutschrank stellt. Nach zwei Tagen entnimmt man jeder Flasche 20 cem und fügt 4 cem Bleiessig hinzu, worauf die nunmehr geklärte Flüssigkeit polarisiert wird. Ist Rohrzucker vor- handen, so ist er durch das Invertin gespalten worden, und das Polari- meter zeigt gegenüber der unveränderten Vergleichslösung in A einen Drehungsumschlag nach links infolge Bildung des Invertzuckers an. Bestimmt man die Menge des reduzierenden Zuckers in beiden Proben A und B, so gibt die Differenz den aus dem Rohrzucker gebildeten Invertzucker (man kann nun zur Probe umgekehrt berechnen, welche Drehung diesem Invertzucker entsprechen muß: beide Werte, der be- obachtete und der berechnete, müssen übereinstimmen, wenn Rohr- zucker und nicht Raffinade, Stachyose oder Gentianose vorgelegen hatte). Man wiederholt die Proben an aufeinanderfolgenden Tagen so lange, bis zwei Proben dieselben Zahlen liefern, worauf man die Invertinarbeit als beendigt betrachten und den gefundenen Invertzucker auf Rohrzucker umrechnen kann. So ist es also möglich, den Rohrzucker quantitativ zu bestimmen.

Wenn nun die Invertinhydrolyse beendigt ist, erhitzt man die Lösung 10 Minuten lang auf 100 °, läßt erkalten und fügt Emulsin hinzu. Die Darstellung des Emulsins erfolgt aus Mandeln. 100 g süße Mandeln werden eine Minute lang in kochendes Wasser getaucht, nach dem Ab- tropfen geschält, im Mörser fein zerstoßen und das erhaltene Produkt mit 200 cem eines Gemisches aus gleichen Teilen destillierten Wassers und mit Chloroform gesättigten Wassers 24 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur mazeriert, dann durch ein feuchtes Tuch koliert und zu je 150—160 cem Flüssigkeit 10 cem Eisessig zur Fällung des Kaseins zu- gefügt. Die Fällung wird abfiltriert, zu dem klaren Filtrat die vierfache Menge 95 prozentigen Alkohols gefügt, der Niederschlag auf einem Filter gesammelt und nach dem Abtropfen mit einem Gemisch von gleichen Teilen Alkohol und Äther gewaschen, das Produkt im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet und die erhaltenen hornartigen Blättchen zu einem nahezu weißen Pulver zerrieben, das sich, trocken und luft- dicht aufbewahrt, sehr lange hält.

=

260 XI. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.

XI. Nachweis der wichtigften organifchen Säuren, Alkohole und Aldehyde.

Oxalsäure: Diese findet sich in Pflanzengeweben häufig als oxalsaurer Kalk und kristallisiert in farblosen säulen- oder nadelförmigen Kristallen, welche in Wasser und Alkohol leicht löslich sind und beim Erwärmen ihr Kristallwasser vollständig verlieren. Durch vorsichtiges Erhitzen auf 150—160 ® läßt sich die entwässerte Säure sublimieren. Die Säure und ihre Salze zerfallen beim stärkeren Erhitzen für sich oder mit konzentrierter Schwefelsäure oder mit Schwefelsäure und Oxydationsmitteln, wie KMnO, oder MnÖ,, in Kohlenoxyd und Kohlen- dioxyd. Von den Salzen sind die der Alkalien in Wasser löslich, die unlöslichen Oxalate der Erdalkalien können durch Kochen mit Soda- lösung in Lösung übergeführt werden. Oxalsäure oder lösliche Oxalate werden durch Kalisalze nicht gefällt (Unterschied gegenüber der Wein- säure), Kalkwasser oder lösliche Kalksalze fällen weißes Kalziumoxalat, in Essigsäure unlöslich. Man extrahiert die Gewebe mit verdünnter Salzsäure, versetzt die filtrierten Extrakte mit einer Mischung von Chlorkalziumlösung und Ammoniak und übersättigt mit Essigsäure; dann löst man nochmals in Salzsäure und versetzt wieder mit Ammoniak, hierauf mit Essigsäure im Überschuß.

Weinsäure: Die neutralen Tartrate sind in Wasser leicht, die sauren Tartrate schwer löslich, wohl aber lösen sie sich nach Behandlung mit Natronlauge. Chlorkalzium fällt aus der Lösung neutraler Tartrate weißes, in Lauge lösliches Kalziumtartrat. Beim Kochen dieser alkalischen Lösung scheidet sich das Kalziumtartrat ab und verschwindet beim Erkalten der Flüssigkeit wieder (Kalziumoxalat ist in Lauge unlöslich.). Kalkwasser bewirkt in der Lösung normaler Tartrate in der Kälte einen weißen Niederschlag (Unterschied gegenüber Zitronensäure), Silber- nitrat erzeugt eine weiße, flockige Fällung, die beim Kochen sich unter Abscheidung metallischen Silbers schwärzt. Versetzt man die Lösung freier Weinsäure oder eines Tartrats mit wenig Ferrosulfatlösung, fügt einige Tropfen Wasserstoffsuperoxyd und dann Natronlauge im Über- schuß hinzu, so entsteht eine violette Färbung. Dadurch unterscheidet sich die Weinsäure von der Zitronensäure und Bernsteinsäure. Zur Trennung der Weinsäure von der Oxalsäure versetzt man die Lösung mit Kalkwasser, wodurch beide Säuren gefällt werden; behandelt man nun den Niederschlag mit Chlorammonium, so geht nur das Kalzium- tartrat in Lösung.

Zitronensäure: Chlorkalzium erzeugt in der Lösung der freien Säure keine Fällung, Zitrate werden als weißer, in Lauge unlöslicher, in Chlorammonium löslicher Niederschlag gefällt. Wird diese Lösung bis zum Kochen erhitzt, so scheidet sich das Salz wieder aus und ist nun in Chlorammonium unlöslich (Unterschied gegenüber Weinsäure). Bleiazetat im Überschuß fällt weißes Bleizitrat, in Ammoniak löslich (Unterschied gegenüber Äpfelsäure). Besonders charakteristisch ist das Verhalten gegen Bariumazetat. Mit diesem Reagens entsteht mit Zitraten ein amorpher Niederschlag, der, mit einem Überschuß des Fällungsmittels mehrere Stunden am Wasserbad gekocht, von seinem ursprünglich bedeutenden Volumen ganz zusammensinkt und kristal- linisch wird. Dieses Verhalten gestattet den Nachweis von Zitronen-

XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 961

säure neben allen denjenigen Fruchtsäuren, welche, wie Weinsäure usw., gegen Bariumazetat sich indifferent verhalten. Der Nachweis sehr kleiner Mengen Zitronensäure erfolgt so, daß man in einem kleinen Glühröhrchen die zu prüfende Substanz, die nicht weniger als 5 mg Zitronensäure enthalten darf, mit der sechsfachen Menge Ammoniak übergießt, das Röhrchen zuschmelzt und in einen auf 110—120 ® er- hitzten Trockenschrank legt. Bei Gegenwart von Zitronensäure färbt sich die Flüssigkeit gelblich, mitunter zeigen sich einzelne Kristalle darin; nach dem Erkalten bringt man den Inhalt des Röhrchens in eine Porzellanschale und beobachtet beim Stehen eine immer intensiver werdende Blaufärbung der Flüssigkeit; nach einigen Tagen geht die blaue Farbe in grün über, das immer mißfarbiger wird, bis schließlich Entfärbung eintritt. Die Reaktion tritt auch bei Gegenwart von Wein- säure, Apfelsäure, Oxalsäure, von diesen unbeeinflußt, ein. Eine gute Unterscheidung von Weinsäure und Zitronensäure gibt auch eine Lösung von Kaliumbichromat: 10 ccm einer gesättigten Bichromatlösung werden in eine Eprouvette gegeben, zirka 1 g der zu prüfenden Substanz dazu- getan und geschüttelt; ist bloß Zitronensäure zugegen, so ist die Flüssig- keit nach 10 Minuten noch unverändert, bei Gegenwart von Weinsäure färbt sie sich braun bis schwarz.

Apfelsäure: Chlorkalzium erzeugt weder in der Lösung der freien Säure, noch nach dem Übersättigen mit Ammoniak oder Natron- lauge eine Fällung; kocht man aber die Flüssigkeit, so scheidet sich ein weißer Niederschlag von Kalziumoxalat aus; dagegen entsteht der Niederschlag sofort, wenn man 1—2 Volumina Alkohol zur Flüssigkeit hinzufügt; beim vorsichtigen Erwärmen der Flüssigkeit ballt sich der Niederschlag harzartig zusammen und setzt sich in Form weißer Klümp- chen an den Glaswandungen ab, was der unter ähnlichen Umständen entstehende Niederschlag der Bernsteinsäure nicht tut. Nach dem Er- kalten der Flüssigkeit erhärten die Klümpchen und lassen sich zu einer kristallinischen Masse zusammendrücken.

Bleiazetat fällt weißes Bleimalat, welches in kochendem Wasser schmilzt und zu einer durchscheinenden, harzartigen Masse wird, die sich nach längerem Stehen kristallinisch zusammensetzt (Unterschied gegenüber Weinsäure, Oxalsäure, Zitronensäure). Um Apfelsäure und Zitronensäure zu trennen, versetzt man mit Kalkwasser und kocht: es scheidet sich zitronensaurer Kalk aus, im Filtrat fällt auf Zusatz von Alkohol apfelsaurer Kalk. Oder man versetzt die Lösung beider Säuren mit Chlorkalzium und fügt nach und nach unter Umschütteln Alkohol hinzu, bis eben ein Niederschlag von Kalziumzitrat auftritt. Filtriert man nun ab, so entsteht im Filtrat auf reichlichen Zusatz von Alkohol ein Niederschlag von Kalziummalat. Ist aber neben Apfelsäure gleichzeitig Oxalsäure, Weinsäure und Zitronensäure vorhanden, so können die beiden Säuren nicht durch Kalkwasser vorher ausgefällt werden, da die Zitronensäure die vollständige Abscheidung dieser Säuren verhindert. Zur Trennung führt man die Säuren in die Ammonsalze über, konzentriert durch Eindampfen, neutralisiert den Rückstand nochmals mit Ammoniak und fügt 7—8 Volumteile starken Alkohols hinzu. Da- durch werden oxalsaures, weinsaures und zitronensaures Ammon ausge- schieden, während das apfelsaure Ammon in Lösung bleibt ; nach 24 Stunden wird filtriert und das Filtrat mit Bleiazetat gefällt, worauf man das Bleimalat durch das oben angegebene Verhalten charakterisiteren kann.

262 NL. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.

Bernsteinsäure: Eine Mischung von Chlorbarium, Ammoniak und Alkohol erzeugt in den Lösungen der freien Säure und ihrer Salze einen weißen amorphen Niederschlag, dasselbe ist bei Zusatz von Blei- azetat zu den Lösungen von Bernsteinsäure oder Sukzinaten der Fall; dieser Niederschlag ist aber in überschüssigem Reagens sowie in Bern- steinsäure und bernsteinsauren Alkalien löslich. Heiße Lösungen bleiben auf Zusatz des Reagens zunächst klar, nach einiger Zeit, besonders beim Schütteln, scheidet sich der Niederschlag kristallinisch aus.

Benzoä&säure: Silbernitrat fällt weißes Silberbenzoat, in heißem Wasser löslich, und aus dieser Lösung beim Erkalten sich in Schuppen ausscheidend. Durch Eisenchlorid wird Benzoesäure aus ihren Salzen als fleischfarbener Niederschlag von basischem Eisen- benzoat gefällt; dieser Niederschlag wird durch Ammoniak aufgelöst, auf Zusatz von Salzsäure aber unter Abscheidung von Benzoesäure zer- setzt. Will man die Trennung von Benzoesäure und Bernsteinsäure herbeiführen, so versetzt man mit Ferrichlorid, das beide Verbindungen fällt, und löst die Fällung in Ammoniak. Den einen Teil der ammoni- akalischen Lösung prüft man nun mit Salzsäure auf Benzoesäure, den anderen mit einer Mischung von Chlorbarium, Alkohol und Ammoniak auf Bernsteinsäure. h

Bestimmung von Weinsäure, Zitronensäure, Apfelsäure, Bernstein- säure, nebeneinander nach Jörgensen!): Die Lösung wird mit Soda neutralisiert, mit Bleiazetat und Alkohol versetzt, es entsteht ein Nieder- schlag, der durch Schwefelwasserstoff entbleit wird; das Filtrat vom Bleisulfid wird dann auf ein kleines Volumen eingedampft, mit Kali- lauge neutralisiert und mit Alkohol die Gerbsäure und ein Teil der Schwefel- und Phosphorsäure ausgefällt. Aus dem alkoholischen Fil- trat wird die Weinsäure durch Eisessig als saures Kalitartrat gefällt, worauf die Bernsteinsäure aus dem von Alkohol durch Abdampfen befreiten Filtrat durch reinen, alkoholfreien Ather im Extraktions- apparat ausgezogen wird. Kann man auf Weinsäure und Apfelsäure verzichten und kommt es nur auf die Bestimmung der Bernsteinsäure an, so werden zirka 150 cem der zu untersuchenden Flüssigkeit, nach dem Eindampfen auf 100 cem am Wasserbade, nach dem Erkalten mit 4-5 g gepulverten Bariumhydroxyds versetzt und dieses durch Umrühren möglichst in Lösung gebracht, worauf man noch 3 ccm Chlorbariumlösung (1: 9) hinzufügt, die Flüssigkeit samt Niederschlag in einen Meßkolben bringt, auffüllt und den Niederschlag abfiltriert. 100 cem des Filtrates werden im Glaskolben am Rückflußkühler 10 Minuten lang erhitzt, wobei anfangs starkes Schäumen eintritt. Der Inhalt des Kolbens wird in eine Porzellanschale gebracht, der Kolben- wand anhaftende feste Teilchen mit einigen Tropfen Salzsäure gelöst und das Ganze am Wasserbad zur Sirupdicke eingedampft. Der Sirup wird mit 20 cem Wasser und 80 ccm 95 prozentigen Alkohols unter Umrühren versetzt, der Niederschlag nach mehrstündigem Stehen an der Pumpe abgesaugt und (mit Hilfe von etwas heißem Wasser) vom Filter herunter wieder in die Porzellanschale gebracht, mit 50 ccm Wasser angerührt und mit 15 cem Schwefelsäure 1: 4 am Wasserbad

') Jörgensen, Über die Bestimmung einiger in den Pflanzen vorkommen- ns 5 5 der organischer Säuren. Ztschr. f. d. Unters. v. Nahrungs- u. Genußm. 13, [4 241 (1907).

XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 263

erhitzt. In die heiße Flüssigkeit bringt man solange 5 prozentige Permanganatlösung ein, bis sie auch bei weiterem Erhitzen und Um- rühren am Wasserbad dauernd dunkelrot gefärbt erscheint, zersetzt dann den Überschuß von Permanganat durch Eisenvitriol und dampft die Flüssigkeit samt dem bei der Oxydation entstandenen Braunstein auf zirka 50 cem ein. Die ganze Flüssigkeit samt dem Braunstein wird dann mit reinem Äther extrahiert, dem man zweckmäßig einige Tropfen Essigsäure zufügt. Nach mehrstündiger Extraktion wird der Äther ab- destilliert, der Rückstand in wenig heißem Wasser gelöst, nach dem Erkalten durch ein kleines, angefeuchtetes Filter filtriert und am Wasser- bad zur Trockene eingedampft. Wein- und Apfelsäure sind durch die saure Permanganatlösung völlig zerstört worden, während die Bernstein- säure quantitativ in den Atherextrakt übergegangen ist. Der Abdampf- rückstand wird nunmehr in Wasser gelöst und gegen Phenolphthalein mit m Natronlauge austitriert. Will man ganz genaue Resultate er- zielen, so empfiehlt es sich, da Spuren von Essigsäure und Schwefelsäure vorhanden sein können, welche die Titrationswerte etwas zu hoch aus- fallen lassen, die Bernsteinsäure in das Silbersalz überzuführen und durch Titration mit Rhodanammoniumlösung die Menge des verbrauchten Silbernitrates zu bestimmen.

Die nach dem Extrahieren der Bernsteinsäure zurückbleibende wässerige Lösung der übrigen Säuren wird neutralisiert und mit Barium- chlorid versetzt, wodurch Schwefelsäure, Phosphorsäure und Gallus- gerbsäure gefällt werden. Aus dem Filtrat scheidet sich beim Versetzen mit wenig Alkohol das Bariumzitrat ab, während die zurückgebliebene Äpfelsäure aus dem Filtrat von Bariumzitrat durch größere Alkohol- mengen niedergeschlagen wird. Die quantitative Bestimmung des in den isolierten Salzen vorhandenen Baryts (durch Verbrennen und Glühen) gestattet eine Beurteilung der vorhanden gewesenen Menge dieser Säuren. Aus dem alkoholischen Filtrat war früher die Wein- säure durch Eisessig als saures Kalitartrat gefällt worden, die aus- geschiedenen Kristalle werden nach Abfiltrieren der Flüssigkeit ge- waschen, samt dem Filter in den Fällungskolben zurückgebracht und

gegen Phenolphthalein heiß mit m Natronlauge titriert, von der 1 ccm

15 mg Weinsäure entspricht.

Die Trennung von Zitronensäure und Äpfelsäure wird, wie erwähnt, so durchgeführt, daß man nach der Extraktion der Bernsteinsäure mit Natronlauge neutralisiert und die Lösung mit etwa 10 ccm einer 10 prozentigen Chlorbariumlösung fällt. Ist der Niederschlag dicht und schwer, so enthält er vornehmlich die Bariumsalze der Schwefelsäure, Phosphorsäure und der Gerbsäuren; in diesem Falle wird durch ein kleines Filter unter Nachwaschen mit Wasser filtriert und das Filtrat mit Alkohol versetzt und gut durchgeschüttelt. Ist der Barytniederschlag voluminös, so spült man ihn in einen größeren Meßkolben, fügt noch mehr Chlorbarium hinzu, füllt bis zur Marke auf und arbeitet nur mit einem Teile des Filtrates. Das Verfahren zur Trennung von Apfelsäure und Zitronensäure richtet sich nach dem gegenseitigen Mengenverhältnis dieser beiden Säuren. Sind größere Quantitäten beider vorhanden, so genügt das einmalige Fällen mit Alkohol nicht, denn man muß auf

964 XI. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.

eine geringe Löslichkeit des Bariumzitrats in 28 volumprozentigem Alkohol Rücksicht nehmen, während anderseits die gewöhnlich ver- wendete Alkoholmenge (72 cem des Filtrates werden mit Alkohol auf 100 cem ergänzt) nicht immer ausreicht, um das gesamte Bariummalat zu lösen, welches überdies leicht zum Teil mit gefällt wird, wenn der Bariumzitratniederschlag sehr voluminös ist, so daß man dann wieder in Wasser auflösen und nochmals mit Alkohol fällen muß. Von den 100 ccm der 28 Volumprozente Alkohol enthaltenden Flüssigkeit wird der Niederschlag abfiltriert, der Rückstand wieder in den Kolben zurück- gebracht, mit Wasser auf 72 cem gelöst und nochmals mit 28 ccm Alkohol gefällt. Die Filtrate werden getrennt auf 5 ccm eingedampft, filtriert, in einen Meßzylinder gebracht, mit Wasser bis auf zirka 17 ccm gewaschen und mit dem doppelten Volumen Alkohol gefällt. Die Barytsalze der beiden Säuren werden folgendermaßen weiter behandelt: das Barium- malat wird nach dem Stehen über Nacht und Auswaschen mit einem Gemisch von Wasser und Alkohol in schwach salpetersäurehaltigem Wasser gelöst und kochendheiß mit einem geringen Überschuß von ver- dünnter Schwefelsäure als Bariumsulfat gefällt, das sich bald körnig absetzt, abfiltriert, getrocknet, geglüht und gewogen wird. 1 g Barium- sulfat entspricht 548 mg wasserfreier Zitronensäure und 574 mg Apfel- säure.

Zur Bestimmung der flüchtigen Säuren, wie Ameisensäure, Essig- säure, Buttersäure, Valeriansäure, muß eine Gewinnung dieser organischen Säuren durch Destillation und deren Identifizierung im Destillate voraus- gehen. Da diese flüchtigen Säuren im Stoffwechsel der höheren Pflanzen nur eine untergeordnete Rolle spielen, sei hier auf ihre Bestimmung nicht weiter eingegangen.

Aldehyde: Hier kommt nur der Formaldehyd in Betracht. Fügt man zu einer aldehydhaltigen Flüssigkeit Silbernitratlösung und einige Tropfen Ammoniak, so wird der Aldehyd unter Reduktion des Silbers oxydiert; das Silber bildet dabei einen grünschwarzen Nieder- schlag oder setzt sich in Form eines glänzenden Spiegels an den Eprou- vettenwandungen an. Versetzt man die aldehydhaltige Lösung mit einem Tropfen Fuchsinlösung, die durch schweflige Säure aber ent- färbt ist (Scehiffsches Reagens), so tritt Rotfärbung ein. Fügt man die mit verdünntem Alkali und einigen Körnchen Natriumamalgam versetzte Aldehydlösung zu einer frisch bereiteten Auflösung von Diazo- benzolsulfosäure in etwa 60 Teilen kalten, mit Natronlauge versetzten Wassers, so tritt nach kurzer Zeit rotviolette Färbung ein. Diese Re- aktionen sind aber nicht für Aldehyde allein charakteristisch, sondern mehr oder weniger für alle leicht oxydablen organischen Substanzen; so wird die Silberreduktion durch Traubenzucker und einige Ketone hervorgerufen, die genannten Färbungen durch Aldehydgruppen ent- haltende Säuren, einige Ketone usw.

Der Nachweis des Formaldehyds in Lösungen, welche noch andere Substanzen enthalten, gelingt am besten durch Destillation und Ver- wandlung des Aldehyds im Destillate durch Oxydation in Ameisensäure, die dann leicht an der raschen Schwärzung ihres Silberniederschlages, an der Ausscheidung von Kalomel aus Sublimatlösungen qualitativ und auch quantitativ durch Bestimmung des Silbers, respektive Queck- silbers aus den betreffenden Salzen festgestellt werden kann. Von Farbenreaktionen seien folgende erwähnt: mit salzsaurem Phenyl-

XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 265

hydrazin, einigen Tropfen Ferrichlorid versetzt und mit Schwefelsäure übersättigt, geben Formaldehydlösungen allmähliche Rotfärbung. Natron- lauge und Resorzin gibt mit Formaldehyd in der Siedehitze Rotfärbung. Man benutzt eine Lösung mit 40—50%, NaOH und 5%, Resorzin. Gleiche Volumina der zu untersuchenden Lösung und der Resorzinlauge werden eine halbe Minute im Sieden erhalten, selbst Spuren von !/,, Milliontel lassen sich so durch Rotfärbung nachweisen. Kodein und Schwefelsäure erzeugen mit Formaldehyd Violettfärbung, Morphinchlorhydrat und ver- dünnte Schwefelsäure Purpurfärbung, die nach Indigoblau übergeht. Durch verdünnte Merkurioxyd-Natriumsulfitlösung wird Formaldehyd im Gegensatz zu Azetaldehyd nicht gefällt. Die charakteristische Farben- reaktion, welche nur mit Formaldehyd und sonst mit keinem anderen Aldehyd oder einer anderen in Betracht kommenden organischen Sub- stanz eintritt, ist die Diphenylaminprobe. Versetzt man die zu prüfende Lösung mit 2 ccm einer 3 prozentigen Auflösung von Diphenylamin in konzentrierter Schwefelsäure, indem man das Reagens an der Eprouvetten- wand herabfließen läßt, so daß es die wässerige Lösung unterschichtet, so entsteht an der Berührungsstelle beider Schichten, wenn Formal- dehyd auch nur in minimalen Spuren zugegen ist, eine Smaragdgrün- färbung in Form eines Ringes. Beim Schütteln färbt sich die ganze Flüssigkeit schmutziggrün, da ausfallendes Diphenylamin die Lösung trübt. Man kann das Ausfallen des Niederschlages verhindern, wenn man das Diphenylamin in Alkohol auflöst oder eine alkoholische Formal- dehydlösung verwendet und zu der mit dem Reagens versetzten Lösung am Rande der Eprouvette konzentrierte Schwefelsäure zufließen läßt: die ganze Flüssigkeit färbt sich dann smaragdgrün.

Von den quantitativen Methoden zur Bestimmung des Form- aldehyds sei zunächst die von Legler genannt, welche sich auf die Fähigkeit des Formaldehyds stützt, mit Ammoniak und Aminen rasch und quantitativ Verbindungen einzugehen. Man fügt eine abgemessene Menge titrierter Ammoniakflüssigkeit zu der Formaldehydlösung hinzu und titriert nach einiger Zeit das unverbrauchte Ammoniak mit ge- stellter Säure zurück. Das Ammoniak reagiert mit dem Formaldehyd glatt unter Bildung des schwer löslichen Hexamethylentetramin. In meiner kritisch-vergleichenden Nachprüfung der verschiedenen Methoden habe ich die Leglersche Methode in der Abänderung von Smith verwendet: 2 g reines, neutrales NH,Cl wurden in einer Stöpselflasche in 25 ccm Wasser gelöst und 2,5 g des zu untersuchenden Aldehyds in 2 prozentiger Lösung, respektive ein Pflanzenextrakt hinzugefügt. Dann wurden 25 ccm n-NaOH zufließen gelassen und nach einer halben Stunde der Ammoniaküberschuß durch n-Schwefelsäure gegen Rosol- säure als Indikator zurücktitriert. Der Farbenumschlag ist nicht sehr scharf und die Bestimmungsmethode nur dort verwendbar, wo größere Formaldehydmengen zugegen sind; dasselbe gilt von der Methode von Vanino und Seitter, bei welcher durch Kaliumpermanganat die Oxydation des Aldehyds zur Ameisensäure bewirkt und der Permanganat- überschuß mit Wasserstoffsuperoxyd zurücktitriert wird. Für so kleine Mengen Formaldehyd, wie sie allenfalls in assimilierenden grünen Pflanzen- organen vorgefunden werden können, ist allein die jodometrische Methode von Romijin brauchbar, welche die Eigenschaft des Formaldehyd benutzt, durch Jod in alkalischer Lösung zu Ameisensäure oxydiert zu werden, worauf man nach beendeter Einwirkung mit Salzsäure oder

966 XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.

Schwefelsäure ansäuert und das in Freiheit gesetzte Jod in gewöhnlicher Weise durch Natriumthiosulfatlösung bestimmten Gehaltes bis zur Entfärbung von Stärkekleister zurücktitriert. 1 cem n-Jodlösung ent- spricht 15 mg Formaldehyd. Die Meßgefäße müssen besonders sorg-

fältig geeicht sein. Die n, Thiosulfatlösung wurde mit Kaliumbichromat

gestellt; dieselbe enthielt 3,874 g K,Cr,O, im Liter gelöst, für 20 cem derselben wurden 17 ccm Thiosulfatlösung verbraucht, welche 0,2 g Jod äquivalent sind (12,7 g resublimiertes Jod waren in Jodkali- lösung gelöst worden und die Lösung zu einem Liter aufgefüllt). l cem der verwendeten Thiosulfatlösung entspricht 0,00139 g Formal- dehyd. Diese Methode konnte mit Vorteil für die Bestimmung auch von Lösungen, respektive Extrakten verwendet werden, die nur 0,002 %, Formaldehyd enthielten, nur daß man dann Jodlösung und Thiosulfatlösung entsprechend verdünnter wählte. Wird nun grünen Keimpflanzen in einer hermetisch abgeschlossenen Kulturglocke eine bestimmte Quantität Formollösung nebst der notwendigen Feuchtig- keit geboten, wobei das feste Kultursubstrat sorgfältig vor Eindringen des Formaldehyds geschützt ist, so kann man nach Beendigung des Versuches, während welches aus der Formollösung Formaldehyd in das Luftvolumen der Glocke verdampft war und von den assimilierenden Organen aufgenommen werden konnte, den zurückgebliebenen und den im Wassergefäß gelösten zuzüglich des in der Feuchtigkeit der Pflanzen und der Glockenwände haftenden Formaldehyds bestimmen und durch Vergleich mit der gebotenen Formaldehydmenge den Verbrauch durch die Pflanzen erkennen. Es ist aber zweckmäßig, einen unter denselben Bedingungen verlaufenden Parallelversuch ohne Pflanzen aufzustellen, da die in ein gleichgroßes Luftvolumen unter denselben physikalischen Bedingungen übergehende Formaldehydmenge eine konstante Größe darstellt. Bei dieser Gelegenheit sei eines sehr gut funktionierenden Bewässerungsapparates Erwähnung getan, den S. Baker bei der Be- stätigung meiner mit Formaldehyd gewonnenen Erfahrungen (Baker, Effect of formaldehyde on living plants, Annals of Botany 27, 411 [1913]) benützt hat und der sich überhaupt bei längerdauernden Kulturen in hermetisch abgeschlossenen Räumen empfiehlt. Das Glasreservoir W (Fig. 80a) ist in einen schmalen Auslauf ausgezogen und trägt einer- seits das zur feinen Spitze ausgezogene Rohr F, das fallweise zu- geschmolzen und aufgebrochen werden kann, anderseits das lange, in eine Kapillare C endigende Rohr G, das in einer für die Standfestig- keit des Apparates zweckmäßigen Weise gebogen ist. Durch Einsenken des Auslaufes in Wasser und Saugen am kurzen Kapillarrohr wird das Reservoir gefüllt, worauf das Rohr zugeschmolzen wird. Nun kann so- lange kein Wasser das Reservoir verlassen, bis wieder Luft eingedrungen ist. Je nach der Länge und Bohrung der langen Röhre kann die Luft durch die Glaswollekugel Wa bei bestimmter Temperatur früher oder später eindringen, so daß man diese Länge je nach der Dauer des Ver- suches verschieden wählen muß. Um in 14 Tagen 10 ccm zu entlassen, genügt eine Länge von 50 cm und ein Röhrenlumen von 0,05 mm. Die Glaswolle verhindert das Eindringen von Kondenswasser in die Kapillare, wodurch ihre Funktionsdauer verlängert wird. Immerhin ist es zweck- mäßiger, den andern Weg der Wasserzufuhr zu wählen, nämlich den durch die Wassersäule. Bei der abendlichen Abkühlung werden nämlich Luft-

XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 967

blasen durch das Wasser eingesaugt und am nächsten Morgen, wenn sich die Luft erwärmt, wird Wasser ausgetrieben; so reguliert sich die Wasserzufuhr automatisch nach den Bedürfnissen der Pflanze: an heißen Tagen fließt ihr mehr Wasser zu als an kalten; immerhin kommt auch so nicht mehr Wasser als 15 ccm wöchentlich den Pflanzen bei einer Höhe des Reservoirs von 15 cm und 4cm Weite zu. Die Zufuhr von Gasen erfolgt am besten durch den Apparat Fig. SOb, durch den kleine Mengen Gas, z. B. CS,, der Luft beigemischt werden können, die zu den Pflanzen gelangt. Der Kolben wird mit der betreffenden Flüssig- keit gefüllt (durch Erwärmen und Abkühlen) und dann der Luftstrom in der Richtung der Pfeile der T-förmigen Glasröhre und Kapillare C entlang geführt; die Luft beladet sich im Kolben mit Dampf, der sich aber in der Kapillare verteilt, so daß der Dampfdruck am Ende der- selben stets Null ist, wodurch auch die relative der Luft beigemengte Dampfmenge stets gleich bleibt.

Bei Anwesenheit anderer Aldehyde außer Formaldehyd versetzt man den Extrakt (Destillat) mit Zyankalilösung

1 :150, gießt das Gemisch in Rn Silber-

nitratlösung, die mit wenig HNO, an- gesäuert ist, und titriert den Überschuß mit gestellter Rhodanammonlösung zurück: 1 Molekül Formaldehyd bindet l Molekül Zyankali.

Fig. 80a. Automatischer Bewässerungs- Fig.80b. Apparat nach Miss Baker zur gleichmäßigen apparat nach Miss Baker. Diffusionsverteilung von Dämpfen im Luftstrom.

Von qualitativen und quantitativen Methoden sei schließlich noch die Kondensation von Formaldehyd mit p-Dihydrazin-o-diphenyl ge- nannt, welche selbst mit sehr verdünnten Formollösungen (1 : 5000) eintritt; erst bei einer Verdünnung von 1: 8000 wird die Probe un- sicher. Mit Formollösungen 1 : 5000 tritt beim Vermischen mit einigen Tropfens salzsauren Diphenyldihydrazins beim Erwärmen sofort hell- gelbe Färbung ein, der nach einigen Minuten eine kristallinische Ab- scheidung folgt, während bei anderen Aldehyden oder Ketonen keine Reaktion eintritt. Zum mindesten sind die mit anderen Aldehyden entstehenden Produkte in Alkohol leicht löslich; wenn also die Anwesen- heit solcher zu vermuten ist, setzt man der zu prüfenden Lösung das doppelte Volumen Alkohol zu. Zur Prüfung fügt man zur vollkommen farblosen (eventuell durch Tierkohle filtrierten) Lösung des Reagens bei 60 ° langsam unter Rühren die zu untersuchende Flüssigkeit zu. Bei Gegenwart von Formaldehyd fällt alsbald ein voluminöser hell-

968 XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.

gelber Niederschlag, der sich rasch absetzt, an der Pumpe abgesaugt und nacheinander mit viel heißem Wasser, Alkohol, Azeton, absolutem Alkohol und wasserfreiem Äther gewaschen wird. Nach dem Trocknen im Vakuum über Schwefelsäure kann man den Niederschlag zur Wägung bringen und so den Formaldehyd quantitativ bei Gegenwart anderer Aldehyde und Ketone bestimmen. Für den bloßen qualitativen Nach- weis ist die Verwendung von reinem, kristallisiertem Hydrazinreagens, wie es Neuberg, dem diese ausgezeichnete Methode zu danken ist, für quantitative Bestimmungen vorschreibt, unnötig. Man löst für solche Fälle eine Messerspitze Benzidin in Salzsäure, versetzt nach dem Abkühlen unter der Wasserleitung mit Kalinitrit und fügt das entstandene Diazochlorid zu einer Lösung von Zinnchlorür in rauchender Salzsäure. Nach kurzem Stehen kocht man mit Tierkohle auf. Das klare Filtrat enthält genügend Hydrazinchlorhydrat zum Gelingen der Probe, doch muß man im Auge behalten, daß mit solchen nicht aus ganz reinem Reagens bereiteten Lösungen die Formaldehydverbindung manchmal eine orangegelbe Färbung annimmt.

Äthylalkohol: Von den Alkoholen ist dieser der einzige, dessen Bestimmung allenfalls beim Arbeiten mit höheren Pflanzen als Produkt der intramolekularen Atmung derselben unter Luftausschluß in Betracht kommt. Zum qualitativen Nachweis des Alkohols destilliert man die zu untersuchende Flüssigkeit und verwendet das Destillat zum Alkoholnachweis; man darf annehmen, daß nach Abdestillieren von zwei Dritteln der Lösung sämtlicher Alkohol ins Destillat übergegangen ist. Wenn nur sehr wenig Alkohol zu erwarten ist, wiederholt man mit dem Destillat die Destillation noch einmal, indem man wieder zwei Drittel abdestilliert. Mit dem schließlich erhaltenen kleinen Flüssigkeitsvolumen führt man am besten die Verwandlung des Alkohols in den Äthylester der Nitrobenzoesäure nach Abscheidung des Alkohols aus dem Destillat mit entwässertem Kalikarbonat aus. Man fängt beim Destillieren des durch Zusatz von Kalikarbonat erhaltenen Oles die zwischen 65—85 ° über- gehende Fraktion gesondert auf oder verwendet das letzte Destillat selbst zur Überführung in den Ester. Man erwärmt mit Nitrobenzoylchlorid und kühlt dann ab. Bei Anwesenheit von Alkohol scheiden sich nach einiger Zeit Kristalle des Nitrobenzoesäure-Athylesters ab, die nach dem Um- kristallisieren aus Methylalkohol den Schmelzpunkt 57 ° zeigen. Kleine Mengen von Alkohol (bis zur Verdünnung 1: 2000) können durch die Liebensche ‚Jodoformprobe erkannt werden, die allerdings nicht eindeutig ist, sondern auch mit Azeton, Azetaldehyd und anderen orga- nischen Verbindungen positiv ausfällt. Man erwärmt die Flüssigkeit in einer Eprouvette und trägt einige Körnchen Jod ein, versetzt dann tropfenweise mit so viel verdünnter Natronlauge, bis die Flüssigkeit farblos geworden ist; bei nicht zu großer Verdünnung findet nun sofort eine Trübung statt, das Jodoform fällt in zitronengelben Kristallen aus. Die Reaktion findet langsamer auch in der Kälte statt, ein Überschuß von Kali ist zu vermeiden. Nach dem Jodoformgeruch allein darf man nicht urteilen, da schon Lauge und ‚Jod einen eigenartigen Geruch er- zeugen, der schwachen ‚Jodoformgeruch verdecken oder vortäuschen kann. Am zweckmäßigsten verfährt man so, daß man die zu prüfende Flüssigkeit mit 5 Tropfen 10 prozentiger Lauge versetzt, auf 40—50 erwärmt (nicht höher, weil sonst Alkohol verdampft), und nun so lange unter Umrühren eine mit Jod gesättigte Lösung von Jodkali hinzufügt,

XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 269

bis die Flüssigkeit gelbbraun gefärbt ist. Der Überschuß von Jod wird durch Kalilauge, die man mit dem Glasstabe tropfenweise hinzufügt, entfernt. Beim Stehen (bisweilen erst nach 24 Stunden, mitunter nicht am Boden der Eprouvette, sondern auf der Flüssigkeit schwimmend) setzt sich das Jodoform in sechsstrahligen, unter dem Mikroskop deut- lich erkennbaren Sternen ab. Eine weitere Methode, Alkohol nach- zuweisen, besteht darin, daß man in die zu prüfende Lösung etwas Platinschwarz einträgt und unter Erwärmen auf 40 ® einige Zeit schüttelt. Dann wird filtriert und die jetzt Essigsäure enthaltende Flüssigkeit mit einem Tropfen Kalilauge versetzt, auf dem Wasserbade eingedampft und der trockene Rückstand mit etwas Arsentrioxyd in einem Glas- röhrchen erhitzt, wobei der ekelerregende Geruch nach Kakodyloxyd auftritt. Eine sehr empfindliche Probe ist ferner das Zufügen von etwas Benzoylchlorid zu der zu untersuchenden Flüssigkeit und Schütteln damit. Es entsteht Athylbenzoat, das sich im überschüssigen Benzoyl- chlorid auflöst. Schüttelt man jetzt mit einer Lösung von Pottasche, so wird das Benzoylchlorid sofort. gelöst, das Athylbenzoat aber nur wenig angegriffen, und gibt sich durch seinen charakteristischen an- genehmen Geruch zu erkennen; noch 1 Teil Alkohol in 2500 Teilen Wasser ist so zu erkennen. Charakteristisch ist auch bei Gegenwart von Alkohol die karminrote Färbung, mit der sich ein hineingeworfenes Körnchen Fuchsin auflöst.

Für die quantitative Bestimmung des Alkohols kommt hauptsächlich die Ermittelung des spezifischen Gewichts des Destillates in Betracht, das mit dem Aräometer oder Pyknometer oder bei kleinen in Betracht kommenden Alkoholmengen am besten durch vergleichende Wägung bestimmt werden kann. Palladin und Kostytschew gehen in der Weise vor, daß sie das Versuchsmaterial in einen geräumigen Rund- kolben bringen, mit noch zirka 500 ccm destillierten Wassers versetzen und mehrfacher Destillation unterwerfen, wobei jedesmal nicht weniger als die Hälfte der Flüssigkeit in die Vorlage übergehen muß. Bei der ersten Destillation wurde immer eine gewisse Menge Toluol aus dem Versuchsrezipienten im Destillate gefunden, welches zum Sterilerhalten des Versuches hineingegeben worden war; das Toluol läßt sich aber von der übrigen Flüssigkeit leicht im Scheidetrichter abtrennen. Die zweite Destillation erfolgt aus schwach saurer, die dritte aus schwach alkalischer Lösung. Zur Ansäuerung des ersten Destillates wurde Wein- säure, zur Alkalisierung des zweiten Natronkarbonat verwendet. Ohne Berücksichtigung dieser Vorsichtsmaßregeln erhält man kaum ein neu- trales Destillat, meistens enthält es dann eine auf Kongorot alkalisch reagierende und durch Phosphorwolframsäure fällbare Substanz. Die Menge des gebildeten Alkohols wurde aus dem spezifischen Gewichte des vierten oder fünften Destillates ermittelt. Das spezifische Gewicht wurde mit Hilfe eines genauen, mehr als 30 ccm fassenden Pyknometers bestimmt. Sämtliche Füllungen des Pyknometers wurden bei 15,5 ° C ausgeführt. Gegen das UÜbergehen von flüchtigen, bei physiologischen Prozessen, die zur Alkoholbildung führen, immer gleichzeitig mit- gebildeten organischen Säuren in das Destillat muß man sich deswegen schützen, weil diese das spezifische Gewicht des Destillates verändern würden, während das durch die höheren, eventuell in Spuren gebildeten Homologen des Äthylalkohols nicht der Fall ist. Zur Eichung des Pykno- meters kann man in der Weise vorgehen, daß man ein 50 ccm von 15 0 C

270 X. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde.

fassendes Kölbchen mit genau gewogenen 50 g Wassers beschickt und den Flüssigkeitsmeniskus genau mit einer Feile markiert. Sowohl zur Markierung als auch zur Bestimmung stellt man das Kölbchen in Wasser von genau 15 ° C bis zum Halse so lange ein, daß man annehmen kann, die Flüssigkeit im Kölbcehen habe diese Temperatur angenommen. Die genaue Einhaltung der Temperatur ist conditio sine qua non für die Richtigkeit der Ermittlung des spezifischen Gewichts. Stehen größere Mengen der Flüssigkeit zur Verfügung, so füllt man davon 150 ccm in den Destillationskolben, setzt etwas Tannin zu, um das Schäumen zu verhindern, leitet die Dämpfe am besten zur vollkommenen Kon- densation durch eine gläserne Kühlschlange und fängt 100 ccm in einem Vorlagekölbcehen auf, das bei 100 ccm eine Marke besitzt. Von dieser Flüssigkeit, deren Gewicht man kennt, wenn man das leere und das ge- füllte Vorlagekölbehen wägt, füllt man nach gutem Durchmischen 25—60 cem in das Pyknometer, das man vorher geeicht hat. Von diesem ist bekannt: 1. das Gewicht, 2. die Menge destillierten. Wassers von 15,5 ° C, die es bis zur Marke faßt. Das Pyknometer wird mit dem Destillat durch einen in ein feines Röhrchen ausgezogenen Trichter bis etwas über die Marke gefüllt, dann in das temperierte Wasser eingestellt, worauf man, ohne das Pyknometer aus dem Wasser zu nehmen, mit einem Streifen Filtrierpapier so viel Flüssigkeit herausnimmt, daß sie gerade nur bis zur Marke reicht, nimmt das Pyknometer heraus, trocknet esab und wägt es. Das Gewicht des darin enthaltenen Destillates, dividiert durch das Gewicht des gleichen Volumens reinen Wassers gibt das spezifische Gewicht, aus dem man in den nachstehenden Windisch- schen Tabellen den Alkoholgehalt erfährt. Steht nur eine kleine Menge Flüssigkeit zu Gebote, so destilliert man nur 50 cem und fängt diese in einem Kölbchen mit Marke bei 35 cem und wählt ein Pyknometer von 25—30 cem Inhalt. Hätte man aus 150 ccm Flüssigkeit 102 g eines Destillates vom spezifischen Gewicht 0,9809 bei 15,5 ° C erhalten, so enthalten nach den Tabellen 100 g Destillat 12,36 g absoluten Alkohol, demnach 102 g soviel wie 12,609 g. Diese Alkoholmenge entspricht der in 150 cem Flüssigkeit enthalten gewesenen; demnach enthalten diese 8,4 %, Alkohol. Ist a das Gewicht des leeren, b das Gewicht des bis zur Marke mit Wasser gefüllten Pyknometers, c das Gewicht des mit Destillat gefüllten, so ist dessen spezifisches Gewicht, bezogen auf c—a

b—d e

Aus sehr verdünnten Lösungen kann man nach Nieloux den Alkohol folgendermaßen bestimmen: In eine Eprouvette bringt man 5 ccm der zu untersuchenden alkoholischen Lösung, die im Maximum 1: 500 stark sein darf, fügt dazu 0,1—0,2 ccm einer 1,9 prozentigen Lösung von Kaliumbichromat und reine Schwefelsäure von 60° Be (4,5—6 cem); die Lösung erwärmt sich stark, es tritt Farbenumschlag ein und das Bichromat wird entfärbt. Man läßt aus der Bürette Bichromat zufließen, schüttelt um und kocht, bis die Färbung von Grünblau in Gelbgrün umschlägt, und notiert die Anzahl der verbrauchten Kubik- zentimeter Bichromat. Hat man mehr als 2 cem Bichromat gebraucht, so enthält die Lösung mehr als 2 0/,, Alkohol und muß entsprechend verdünnt werden, damit der Farbenumschlag scharf ist. Die Anzahl der verbrauchten Kubikzentimeter Bichromat zeigt schon genau den Alkoholgehalt an; zur Bestätigung setzt man zu einer Parallelprobe

Wasser von 15,5 °C, s

XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren, Alkohole und Aldehyde. 271

Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol

wicht des || Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.- | wicht des | Gew.- | Vol.-

Destillates | Proz. | Proz. | Destillates | Proz. | Proz. | Destillates | Proz. | Proz. 1,0000 0,00 0,00 0,9940 3,31 4,14 0,9880 7,08 8,81 0,9999 0,05 0,07 0,9939 3,37 4,22 0,9879 ||. 7,15 8,89 0,9998 0,11 | 0,13 0,9938 3,43 | 4,29 0,9878 || 7,22 8,98 0,9997 0,16 0,20 0,9937 3,49 4,36 0,9877 7,29 9,06 0,9996 0,21 0,27 0,9936 3,55 4,43 0,9876 tea. || EN 0,9995 0,26 0,33 0,9935 3,60 4,51 0,9875 7,42 9,23 0,9994 0,32 | 0,40 0,9934 3,66 4,58 0,9874 || 7,49 9,32 0,9993 0,37 0,47 0,9933 3,72 4,65 0,9873 || 7,56 9,40 0,9992 0,42 0,53 0,9932 3,78 4,713 0,9872 7,63 9,88 0,9991 0,48 0,60 0,9931 3,34 4,80 0,9871 1,10 9,57 0,9990 0,53 0,67 0,9930 3,90 4,88 0,9870 TR 9,66 0,9989 0,53 | 0,73 0,9929 3,96 4,95 0,9869 7,84 9,74 0,9988 0,64 | 0,80 0,9928 4,02 5,03 0,9868 1,91 9,83, 0,9987 0,69 0,87 0,9927 4,08 5,10 0,9867 71,985. 391 0,9986 0,74 0,93 0,9926 4,14 5,18 0,9866 8,05 , 10,00 0,9985 0,80 1,00 0,9925 4,20 5,25 0,9865 8,12 | 10,09 0,9984 0,85 1,07 0,9924 4,26 5,33 0,9864 8,19 | 10,17 0,9983 0,90 1,14 0,9923 4,32 5,40 0,9863 8,26 | 10,26 0,9982 0,96 1,20 0,9922 4,39 5,48 0,9862 8,33 | 10,35 0,9981 1,01 1927 0,9921 4,45 5,55 0,9861 8,41 10,43 0,9980 1,06 1,34 0,9920 4,51 5,63 0,9860 8,48 10,52 0,9979 1,12 1,41 0,9919 4,57 5,70 0,9859 8,55 10,61 0,9978 1,17 | 1,48 0,9918 4,63 5,78 0,9858 8,62 10,70 0,9977 1,23 1,54 0,9917 4,69 5,86 0,9857 8,69 | 10,79 0,9976 1,28 1,01 0,9916 4,75 5,93 0,9856 8,76 | 10,88 0,9975 1,34 1,68 0,9915 4,81 6,01 0,9855 8,84 | 10,96 0 9974 1,39 1,75 0,9914 4,88 6,09 0,9854 8,91 11,06 0,9973 1,45 1,82 0,9913 4,94 6,16 0,9853 | 8,98 | 11,14 0,9972 1,50 | 1,88 0,9912 5,00 6,24 0,9852 0,06 | 11,23 0,9971 1,56 1,95 0,9911 5,06 6,32 0,9851 9,13 | 11,32 0,9970 1,617 172,02 0,9910 5,13 6,40 0,9850 | 9,20 | 11,41 0,9969 || 1,67 | 2,09 0,9909 5,19 6,47 0,9849 | 9,28 | 11,50 0,9968 | 1,72 | 2,16 0,9908 5,25 6,55 0,9848 || 9,35 | 11,59 0,9967 1,18 2,28 0,9907 5,32 6,63 0,9847 | 9,42 11,68 0,9966 1,83 | 2,30 0,9906 5,38 6,71 0,9846 || 9,50 | 11,77 0,9965 1,89717.25347 0,9905 5,44 6,79 0,9845 9,57 | 11,86 0,9964 1,94 | 2,44 0,9904 5,51 6,86 0,9844 || 9,65 | 11,95 0,9963 2,00 2,51 0,9903 5,57 6,94 0,9843 9,72 | 12,05 0,9962 2,05 2,58 0,9902 5,63 7,02 0,9842 9,80 | 12,14 0,9961 | 2,11 2,65 0,9901 5,70 7,10 0,9841 | 9,87 | 12,23 0,9960 Dal 22 0,9900 | 5,76 7,18 0,9840 9,94 | 12,32 0,9959 2,22 | 2,79 0,9899 | 5,83 | 7,26 0,9839 | 10,02 | 12,41 0,9958 2,28 | 2,86 0,9898 5,89 | 7,34 0,9838 | 10,10 | 12,50 0,9957 2,34 2,93 0,9897 5,96 7,42 0,9837 || 10,17 | 12,59 0,9956 2,39 3,00 0,9896 6,02 7,50 0,9836 || 10,25 | 12,69 0,9955 2,45 | 3,07 0,9895 | 6,09 7,58 0,9835 || 10,32 | 12,78 0,9954 2,50 | 3,14 0,9894 | 6,15 7,66 0,9834 | 10,40 | 12,88 0,9953 2,56 3,21 0,9893 || 6,22 7,74 0,9833 | 10,48 | 12,97 0,9952 2,62 3,28 0,9892 || 6,28 | 7,82 0,9832 || 10,55 | 13,06 0,9951 2,69 3,35 0,9891 || 6,35 | 7,90 0,9831 | 10,63 | 13,16 0,9950 2,13 | 3,42 0,9890 | 6,41 | 7,99 0,9830 | 10,212 213,25 0,9949 2,79 | 3,49 0,9889 | 6,48 | 8,07 0,9829 | 10,78 | 13,34 0,9948 | 2,84 | 3,56 0,9888 6,55 8,15 0,9828 || 10,86 | 13,44 0,9947 | 2,90 | 3,64 0,9887 6,61 8,23 0,9827 | 10,94 | 13,53 0,9946 || 2,96 | 3,71 0,9886 | 6,68 8,31 0,9826 | 11,01 | 13,63 0,9945 || 3,02 3,78 0,9885 6,75 8,40 0,9825 | 11,09 | 13,72 0,9944 | 3,08 | 3,85 0,9884 | 6,81 8,48 0,9824 | 11,17 | 13,82 0,9943 3,14 | 3,93 0,9883 | 6,88 8,56 0,9823 11,25 | 13,91 0,9942 || 3,19 4,00 0,9882 | 6,95 8,64 0,9822 11,33 | 14,01 0,9941 || 3,25 4,07 0,9881 || 7,02 8,73 0,9821 11,40 | 14,10

972 XII. Nachweis der wichtigsten organischen Säuren. Alkohole und Aldehyde,

Spez. Ge-| Alkohol | Spez. Ge- | Alkohol Spez. Ge- | Alkohol wicht des | Gew.- | Vol.- | wicht des Destilates| Pros Proz |Desüllntes | Pros, Pros |Destilites | Pros | Pros. Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.-

Destillates | Proz. Proz. | Destillates | Proz. | Proz. | Destillates | Proz, | Proz.

0,9820 11,48 | 14,20 0,9760 | 16,40 | 20,15 0,9819 11,56 | 14,29 0,9759 16,48 | 20,25 0,9818 11,64 | 14,39 0,9758 16,57 | 20,35 0,9817 11,72 1 12248 0,9757 || 16,65 | 20,45 0,9816 11,80 | 14,58 0,9756 16,73 | 20,55 0,9815 11,88 | 14,68 0,9755 | 16,82 | 20,65 0,9814 11,96 | 14,77 0,9754 16,90 | 20,75 0,9813 12,04 | 14,87 0,9753 || 16,98 | 20,86 0,9812 12,12 | 14,97 0,9752 17,07 | 20,96 0,9811 12.20 15,07 0,9751 || 17,15 | 21,06 0,9810 12,28 | 15,16 0,9750 | 17,23 | 21,16 0,9809 12,36 | 15,26 0,9749 || 17,32 | 21,26 0,9808 12,44 | 15,36 0,9748 | 17,40 | 21,36 0,9807 12,52 | 15,46 0,9747 || 17,49 | 21,46 0,9806 12,60 | 15,55 0,9746 || 17,57 | 21,56 0,9805 12,68 | 15,65 9,0745 || 17,65 | 21,66 0,9804 12.76 1 10:75 0,9744 | 17,73 | 21,76 0,9803 12,84 | 15,85 0,9743 || 17,82 | 21,86 0,9802 || 12,92 | 15,95 0,9742 || 17,90 | 21,96 0,9801 || 13,00 | 16,04 | 0,9741 || 17,98 | 22,06 0,9800 13,08 | 16,14 0,9740 || 18,07 | 22,16 0,9799 13,16 | 16,24 | 0,9739 38,19. 22:36 0,9798 || 13,25 | 16,34 09738 1118,23. 22:35 0,9797 || 13,33 | 16,44 | 0,9737 || 18,32 | 22,45 0,9796 13,41 | 16,54 | 0,9736 || 18,40 | 22,55 0,9795 | 13,49 | 16,64 0,9735 || 18,48 | 22,65 0,9794 || 13,57 | 16,74 0,9734 || 18,56 | 22,75 0,9793 13,66 | 16,84 0,9733 || 18,65 | 22,85 0,9792 13,74 | 16,94 | 0,9732 || 18,73 | 22,95 0,9791 || 13,82 | 17,04 0,9731 || 18,81 | 23,05 0,9790 || 13,90 | 17,14 | 0,9730 || 18,89 | 23,14 0,9789 | 13,98 | 17,24 | 0,9729 | 18,98 | 23,24 0,9788 || 14,07 |, 17,34 0,9728 || 19,06 | 23,34 0,9787 14,15 | 17,44 | 0,9727 | 19,14 | 23,44 0,9786 || 14,23 | 17,54 0,9726 || 19,22 | 23,54 0,9785 | 14,32 | 17,64 0,9725 || 19,30 | 23,63 0,9665 24,00 | 29,20 0,9784 || 14,40 | 17,74 0,9724 || 19,39 | 23,73 0,9664 24,07 | 29,29

0,9783 || 14,48 | 17,84 ; 19,47 | 23,83 0,9663 24,15 | 29,36

0,9700 21, 32, 26,03 0,9699 21,40 | 26,13 0,9698 | 21,47 | 26,22 0.9697 | 21,55 | 26,31 0,9696 || 21,63 | 26,41 0,9695 21,71 | 26,50 0,9694 || 21,79 | 26,59 0,9693 || 21,87 26, 69 0,9692 | 21,94 | 26,78 0,9691 22,02 | 26,87 0,9690 22,10 | 26,96 0, 9689 22,18 27,05 0,9688 22,25 | 27,14 7,9687 22,33 | 27,24 0, 9686 22,41 | 27,33 0,9685 22,49 27,42 0,9684 22,56 | 27,51 0,9683 22,64 | 27,60 0,9682 22,72 | 27,69 0,9681 22,79 | 27,78 0,9680 22,87 | 27,87 0,9679 22,95 | 27,95 0,9678 23,02 | 28,05 0,9677 23,10 | 28,14 0,9676 23,17 | 28,23 0,9675 23,25 | 28,32 0,9674 23,32 | 28,41 0,9673 23,40 | 28,50 0, 9672 23,47 | 28,59 0,9671 23,55 | 28,67 0,9670 23,63 | 28,76 0,9669 23,70 | 28,85 0,9668 23,77 | 28,94 0,9667 23,85 | 29,03 0,9666 23,92 | 29,11

ee) oo u Do LOZUN

0,9782 || 14,56 | 17,94 ‚97 19,55 | 23,93 0,9662 24,22 | 29,46 0,9781 14,65 | 18,04 0,9721 19,63 | 24,02 0,9661 24,29 | 29,55 0,9780 14,73 | 18,14 0,9720 19,71 | 24,12 0, 9660 24,37 | 29,64 0,9779 14,81 | 18,24 0,9719 19,79 | 24,22 0,9659 24,44 | 29,72 0,9778 14,90 | 18,34 0,9718 19,87 | 24,32 0,9658 24,51 | 29,81 0,9777 14,98 | 18,44 0,9717 19,95 | 24,41 0,9657 24,59 | 29,89 0,9776 || 15,06 18,54 0,9716 20,04 | 24,51 0,9656 24,66 | 29,98 0,9775 15,15 | 18,64 0,9715 20,12 | 24,60 0,9655 24,73 | 30,06 0,9774 15,23 | 18,74 0,9714 || 20,20 | 24,70 0,9654 24,80 | 30,15 0,9773 15,31 | 18,84 0,9713 20,28 | 24,80 0,9653 24,88 | 30,23 0,9772 15,40 | 18,94 0,9712 20,36 24,89 0,9652 24,95 | 30,32 0,9771 15,48 | 19,04 0,9711 20,44 | 24,99 0,9651 25,02 | 30,40 0,9770 15,56 | 19,14 0,9710 || 20,52 | 25,08 0,9650 25,09 | 30,49 0,9769 15,65 | 19,24 0,9709 || 20,60 | 24,18 0,9649 25,17 | 30,57 0,9768 15,73 |, 19,34 0,9708 |, 20,68 | 25,27 0,9648 25,24 | 30,66 0,9767 15,81 | 19, e 0,9707 || 20,76 | 25,37 0,9647 25,31 | 30,74 0,9766 15,90 | 19,5 0,9706 20,84 | 25,47 0,9646 25,38 | 30,82 0,9765 15,98 | 19, 65 0,9705 20,92 | 25,56 0,9645 25,45 | 30,91 0,9764 | 16,06 | 19,75 0,9704 21,00 | 25,66 0,9644 25,52 | 30,99

0,9763 || 16,15 | 19,85 0,9703 || 21,08 | 25,75 0,9643 25,59 | 31,07 0,9762 16,23 | 19,95 0,9702 || 21,16 | 25,84 0,9642 25,66 | 31,16

0,9761 16,32 20,05 0,9701 || 21,24 | 25,94 0,9641 25,74 | 31,24

XIII. Alkaloide. 273

Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol Spez. Ge- Alkohol wieht des | Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.- | wicht des || Gew.- | Vol.- Destillates| Proz. | Proz. | Destillates| Proz. | Proz. | Destillates|| Proz. | Proz.

| | | 0,9640 25,81 | 31,32 0,9633 | 26,30 , 31,89 0,9626 || 26,78 | 32,45 0,9639 25,838 | 31,41 0,9632 26,37 | 31,98 0,9625 26,35 | 323,54

0,9638 25,95 | 31,49 0,9631 | 26,44 | 32,06 0,9624 26,92 | 32,62 0,9637 26,02 31,57 0,9630 |; 26,57 | 32,14 0,9623 26,99 _ 32,70 0,9636 |, 26,09 | 31,65 0,9629 | 26,57 | 32,22 0,9622 | 27,05 | 32,78 0,9635 | 26,16 | 31,73 0,9628 || 26,64 32,30 0,9621 | 27,12 | 32,85 0,9634 | 26,23 | 31,81 0,9627 || 26,71 | 32,38 0,9620 || 27,19 | 32,93

von 5 ccm der Probelösung um 0,1 ccm Bichromat weniger, setzt Schwefel- säure zu und kocht auf. Die Lösung müßte nun noch. blaugrün gefärbt sein; in einer dritten Probe nimmt man 0,1 ccm Biehromat mehr, kocht auf, und die Lösung muß gelbgrün gefärbt sein. Dann ist die zuerst gefundene Zahl richtig. Ist aber die Probe bei 0,1 ccm Bichromat mehr noch blaugrün, so fügt man noch 0,1 ccm Bichromat hinzu, worauf der Umschlag eintritt. Ist n die Zahl der abgelesenen Kubikzentimeter Bichromat, so ist der Alkohol in Kubikzentimetern pro Kubikzentimeter

der untersuchten Lösung Ist die Alkoholmenge unter 1/90

n 1000° so bedient man sich einer Bichromatlösung von 0,95%. Zur Sicher- heit stellt man sechs Paar Vergleichsröhrchen her, in denen man 2. B. Alkohollösungen von 2, 1,5, 1, 0,8, 0,5, 0,2 °/,, verwendet, die 2, 1,5, 1, 0,8, 0,5, 0,2 ccm der 1,9 prozentigen Bichromatlösung bis zur Gelbgrünfärbung verbrauchen. Bei unter 1°/,„igen Lösungen von Alkohol nimmt man die halbverdünnte Bichromatlösung, von der man doppelt soviel Kubikzentimeter verbraucht. Man nimmt um 0,1 cem Bichromat weniger, um die gelbgrüne Farbe noch bestehen zu lassen. Bei der Probe vergleicht man dann die Färbung der zu untersuchenden Lösung nach dem Umschlag in Gelbgrün mit der am nächsten liegenden Färbung der Vergleichslösung. Die Anzahl der verbrauchten Kubikzentimeter Bichromat gibt sofort den Alkoholprozentgehalt, die Fehlergrenze be- trägt weniger als 8 %, der absolute Fehler liegt bei 0,0001 cem Alkohol bei Lösungen von 1—2 °/,, und bei 0,0002 ccm bei schwächeren Lösungen. H. Pringsheim empfiehlt die Methode nach seinen Erfahrungen ebenfalls, da auch der Farbenumschlag leicht zu erkennen: ist.

XII. Alkaloide’).

Zum Nachweis der Alkaloide dienen 1. gewisse Reagenzien, welche durch das Hervorrufen ven Niederschlägen die Anwesenheit von Alkaloiden anzeigen und 2. solche, welche durch die Entstehung bestimmter Färbungen mitunter auch die Individualität des vor- handenen Alkaloids erkennen lassen. Solche Fällungsreagenzien, welche zumeist schon mit sehr verdünnten Alkaloidlösungen reagieren, sind: | Phosphormolybdänsäure, deren Fällungen weiß bis gelb sind und bei manchen Alkaloiden auf Zusatz von Ammoniak blau werden. Die Niederschläge sind flockig, voluminös und werden manch-

!) Entnommen aus meinem gleichnamigen Beitrage im 6. Bande der Abder- haldenschen Biochem. Arbeitsmethoden.

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 18

974 XIII. Alkaloide.

mal im Laufe der Zeit kristallinisch; in verdünnten Säuren unlöslich, werden sie bei Zusatz von Alkalien zersetzt. Zur Herstellung der Phosphormolybdänsäure geht man folgendermaßen vor: 150 g kristalli- siertes molybdänsaures Ammon (NH,),M0,.0,;, + 4H,0 werden in 1 Liter Wasser gelöst und die Auflösung allmählich in 1 Liter Salpeter- säure (spezifisches Gewicht 1,2) gegossen. Zu dieser Mischung wird eine Lösung von Natriumphosphat so lange hinzugegeben, bis kein Niederschlag mehr entsteht (unter schwachem Erwärmen), dann filtriert man den hellgelben, schweren, pulverigen Niederschlag von Ammonium- Phosphormolybdat (NH,);PO, : 12MoO, ab, wäscht mit Wasser nach und suspendiert in einer Sodalösung. Nachdem Lösung eingetreten ist, wird am Wasserbad eingedampft und die Ammonsalze durch ge- lindes Glühen verjagt. Zweckmäßig befeuchtet man wiederholt mit Salpetersäure und glüht wieder. Schließlich wird der Glührückstand in Wasser, dem ein wenig Salpetersäure zugefügt wurde, gelöst, so daß auf einen Teil Rückstand zehn Teile Wasser kommen; nach dem Filtrieren ist das Reagens fertig. Wismutjodidjodkalium: Die mit Schwefelsäure ange- säuerten Alkaloidlösungen liefern orangerote, amorphe Niederschläge (Solanin, Digitalin, Veratrin, Narcein werden nicht gefällt). Wismutjodid BiJ, wird in einer gesättigten Jodkalilösung in ge- linder Wärme gelöst und noch soviel Jodkalilösung hinzugefügt, als zur Lösung des BiJ, verwendet wurde. Da nicht alle Alkaloide mit jedem der genannten Reagenzien gleich empfindlich reagieren, ist es zweckmäßig, mit beiden die Probe an- zustellen. Perchlorsäure hat sich bei der Fällung von Alkaloiden, und besonders auch bei der Trennung von Strychnin, Bruzin einerseits, Berberin, Hydrastin andrerseits bewährt !). Pikrolonsäure, 4-Nitro-1-p-nitrophenyl-3-methylpyrazolon N-CH.-NO liefert schwer lösliche Salze und kann auch zur

6774 2 4 .. D . NIC: OH Isolierung und näheren Bestimmung der Alkaloide II dienen. Die Darstellung der Pikrolonsäure, welche H,C:07—0 NO, mit Vorteil auch zur quantitativen Alkaloid- bestimmung verwendet wird, erfolgt nach Knorr und Bran (Disser- tation, Jena 1899) und Knorr und Zeine (Dissertation, Jena 1906) folgendermaßen: 90 ccm reiner Salpetersäure von 99,5 % werden mit Wasser unter Kühlung auf 100 ccm zu einer 90prozentigen Säure vom spezifischen Gewicht 1,495 verdünnt; 600 ccm dieser Säure werden in einen großen Erlenmeyerkolben von 2—3 Liter Inhalt gefüllt und von außen gut durch Eiswasser gekühlt. In diese Säure gibt man 200 g Phenyl- methylpyrazolon nach und nach in Portionen von zirka 1 ghinein. Das Phenylmethylpyrazolon löst sich in der Säure mit dunkelbrauner Farbe und das jedesmalige Eingeben von Substanz ist von einer kräftigen teaktion begleitet, deren Verlauf man unter tüchtigem Umschütteln abwartet, bevor man frische Substanz zugibt. Auf diese Weise kann man die Temperatur leicht zwischen 10 und 15 ° halten. Ist die Säure (nach Zusatz von etwa 100 g) mit Phenylmethylpyrazolon gesättigt,

ı) Gomberg und Gone, Liebigs Annalen 376, 194 (1910); K. A. Hof- mann und Mitarbeiter, Ber. d. d. chem. Ges. 43, 2624 (1910); 44, 1766 (1911); s. a. Alkaloidchemie in den Jahren 1907—1911 von J.Schmidt, Stuttgart 1911.

XII. Alkaloide. 375

so beginnt eine reichliche Kristallisation. Doch kann man bei häufigem Umschütteln unbeschadet weiter Phenylmethylpyrazolon zugeben und so mit 600 com HNO, von 90 % zirka 200 g Phenylmethylpyrazolon nitrieren. Die Kristallmasse wird von der Mutterlauge durch Absaugen über Glaswolle befreit, zuerst mit schwächerer Salpetersäure und dann mit Wasser nachgewaschen, bis das Waschwasser keine saure Reaktion mehr zeigt. Man erhält so das Trinitrophenylmethylpyrazolon in groben, würfelartigen Kristallen von gelbbrauner Farbe. Das fein zerriebene Rohprodukt wird zum Zwecke der Verseifung mit der sechs- fachen Menge 33prozentiger Essigsäure auf dem Wasserbade unter fort- währendem Umschütteln bis auf 60 ° erwärmt. Die in der Flüssigkeit suspendierten gelbbraunen Kristalle färben sich nach und nach gelb- grünlich und das Rohprodukt verschwindet, während eine flockige Kristallmasse die ganze Flüssigkeit erfüllt. Nach 20—-40 Minuten ist die Verseifung vollendet. Man läßt die Reaktionsmasse erkalten, filtriert und wäscht mit Wasser aus. Die Reinigung der erhaltenen rohen Pikrolonsäure geschieht durch das Natriumsalz. Das Ver- seifungsprodukt wird in Sodalösung zerrieben. Die Pikrolonsäure wandelt sich unter Entwicklung von Kohlensäure sofort in das gelbe Natriumsalz um; ist alles umgesetzt, so preßt man die Mutterlauge von den Kristallen ab. Aus verdünntem Alkohol 1:3 läßt sich das Salz gut umkristallisieren. Man erhält es in feinen gelben Nädelchen, die konzentrisch gruppiert sind. Das Natriumsalz läßt sich leicht zer- legen, wenn man es mit 20prozentiger HCl erwärmt. Die Pikrolon- säure scheidet sich als gelbes, mehliges Pulver ab, das man nach dem Absaugen tüchtig mit Wasser nachwäscht. Kaliumquecksilberjodid (Mayers Reagens) gibt mit den meisten Alkaloiden weiße oder gelbliche, meist amorphe Nieder- schläge, die nach 24 Stunden deutlich kristallinisch werden. Besonders zum Nachweis von Nikotin und Koniin geeignet. 13,5 g HgJ und 49,8 g JK werden zu 1 Liter Wasser gelöst. Die für quantitative

& . > N * Zwecke verwendete Mayersche Lösung ist eine 50 Lösung und enthält

6,775 g HgCl, und 25 g KJ auf 1 Liter.

Aromatische Nitroverbindungen!), besonders Nitro- phenole, haben sich als Alkaloidfällungsmittel bewährt und geben manchmal so charakteristische Niederschläge, daß sie zur Identifizierung des Alkaloids dienen können. In den weitaus meisten Fällen erfolgen die Niederschläge sofort. In der folgenden der genannten Arbeit ent- nommenen Tabelle sind die Fällungsgrenzen durch zwei Zahlenwerte bestimmt, von welchen die kleinere den Verdünnungsgrad anzeigt, bei welchem innerhalb einer Minute noch eine deutlich sichtbare Fällung eintrat, während die größere Zahl die Verdünnung anzeigt, bei welcher keine Reaktion mehr erfolgt. Eintretende Kristallbildung ist durch einen Stern bezeichnet (S. 276, 277) 2).

Zur Identifizierung eines Alkaloids können die Farben- resktionen mitunter viel beitragen, da manche von ihnen für bestimmte Alkaloide charakteristisch sind. Sie sind ferner ebenso

1) Rosenthaler und Görner, Zeitschr. f. analyt. Chemie 49, 340 (1910). ®) Indessen treten mit Trinitrophenol und Hexanitrodiphenylamin auch bei Strychnin und Bruzin (die nicht mit Sternchen bezeichnetsind) Kristallbildungen ein.

18

XIII. Alkaloide.

000 8008 5 008 T-00F I 006008 = FI a 007 T-00€ I 008 E-000 & unmgeIo 000 01-000 6 008 - 000€ 006008 OST 001 »0GT001 OST 001 008 1007 IT | 008 37000 8 uruyoKuls 006 1001 I 008 T—00# I Dr XT = zz OET—001 087008 UIBAOIS

008002 00° 057 = = a a = == ° urdıeyojtd

001 T--000 1 0035 T 006 008 7067 IF Fr Fr = ° ulaolo]]og »00G T—007 I 008004 a > 2a == = = "UIBMOAON »000 7000 & 000 1006 == = = = = unoyIN

08008 0852008 Rz = = = | = urydıom er *000 TI-000 6 = 77 = Sr | S= ° ulluo‘

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008 T=00# I 008 T-00# I Es = > 7 | 0987008 008004 "umwyoy 2: 3 Ei Be _ "ulagoy 002009 00° 067 2; = Ex | = = " ulapoy

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000 8006 I 000 T—006 005061 T; = = = = " ulo41oH

000 2—000 9 00€ 30008 | 008 I-00L I = En. 000 T—006 008 3000 3 urydıodny

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000 T006 008 067 Ze Te == == = am ° utuoll] 000 EG 000 04 000 2000 9 | 000 8006 I 057-007 008085 06T 001 008 3000 8 008 E-000 uruoqdut) 000 SC—000 08 000 20009 | 004% - 0008 009008 009008 0°°-008 00° 3000 & 00% 37000 3 - wu) 000 67 000 07 000 20009 | 006 8000 6 009 = 008 08008 0ST—001 009 T—-008 I 0119 T-006 I " urpliuug,)

000 9000 005 1=-00F I | 000 2000 9 =, a ug 000 8006 I 000 8008 & " wiznig 00003 00061 009 T-00% T | 000 1006 = 088008 008-002 | 000 IE—000 08 | 000 85-000 Ig "- uuloquogf

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-BAUFUBOALJIUCT

27T

Alkaloide.

ATIT.

000 07-000 6 000 IT000 OL »000 ET 000 FI 000 SE000 08 000 sE—000 08 000 CET000 O8 000 «E 000 08 000 6EF 000 OF 000 11-000 OL

000 87008 6 000 13-000 06

000 63000 F6 000 08000 &5 000 FI—000 EI 000 08000 && 000 9000 &l 000 3000 #6 000 07000 SE 000 IT—000 OL 000 18-000 08 000 CE 000 08 000 08000 &G 000 &F 000 OF 000 137-000 06 000 9900 000 «7000 07 00€ 9 000 9

001 8000 8 000 008 9

000 8000 L 000 T—006 000 #000 & 000 1006 006-008 008 I=001 I 008 T—005 I 000 51000 II 00°—08%F 006008 00€ T-00# I

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000 01000 6 006008 000 11000 OI 000 06000 61 000 E3000 FG 000 9000 000 835000 86

000 T-006 006 = 08T

000 T006 000 87006 I

002 1009 I 0ET—001

000 I 006 009008

007 008 000 T 006 000 9000

006 008

007008 009008 000 27-000 9 000 8006 I 000 2000 9

06T OL 000 1000 21 098008 000 8000 L 000 85-100 08 000 83000 F3 000 9000 000 ST 000 FL 008 OST

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978 XIII. Alkaloide.

empfindlich wie die Fällungsreaktionen, können also mit Vorteil auch zur ersten orientierenden Untersuchung auf die Anwesenheit von Alkaloiden verwendet werden. Diese Reagenzien bestehen entweder aus reiner konzentrierter Schwefelsäure oder einer Schwefelsäure, der etwas Salpeter- säure (Erdmanns Reagens), Molybdänsäure (Fröhdes Reagens), Kaliumbichromat heiß gelöst (Luchinis Reagens) oder Kalium- permanganat 1:200 (Wenzells Reagens) zugefügt worden ist. Häufig muß die Reaktion bei Wasserbadwärme ausgeführt werden; man nimmt sie dann in einem flachen Porzellanschälchen vor; ist das nicht der Fall, so kann man Porzellanplatten mit seichten Vertiefungen verwenden, wie sie zum Anreiben von Malerfarben dienen. Hier ist es ebenso wie bei den Fällungsreaktionen wichtig, daß man mit kleinen Quantitäten und bei reichlichem Luftzutritt, also in flachen Schalen oder Uhrgläschen arbeitet.

Um eine Fällungsreaktion durchzuführen, versetzt man den Verdampfungsrückstand der auf Alkaloide zu prüfenden Flüssig- keit oder des Extraktes mit einigen Tropfen Schwefelsäure 1:50!) und bringt durch gelindes Erwärmen zur Lösung. Ein Tröpfchen dieser Lösung wird mittels Glasstabes auf ein flaches Uhrglas gebracht, das auf schwarzes Glanzpapier gestellt wurde. Nun bringt man gleichfalls mit einem Glasstab einen Tropfen des Fällungsreagens an den Rand der Uhrschale und läßt durch vorsichtiges Neigen zusammentließen. An der Berührungsstelle der Flüssigkeiten entsteht bei Anwesenheit des Alkaloids eine Fällung.

Zur Ausführung der Farbenreaktion wird die gepulverte Substanz oder eine (alkoholische oder ätherische) Lösung derselben in die Uhr- schale gebracht; in letzterem Fall das Lösungsmittel völlig zum Ver- dunsten gebracht und nun mit dem Glasstab ein Tropfen des Reagens dazugebracht. Sofort oder nach einiger Zeit, eventuell beim Erwärmen, entsteht die Farbe, deren Nuance natürlich, abgesehen von subjektiven Momenten, von der Menge des Alkaloids abhängig ist, so daß ein genaues Festhalten der Zeit und der begleitenden Momente, eventuell Parallel- reaktionen mit dem reinen Alkaloid und schließlich die Prüfung des Absorptionsspektrums zur größeren Sicherheit notwendig ist. Die folgende Tabelle (S. 279—281) gibt die entstehenden Färbungen wieder.

Fröhdes Reagens wird zweckmäßig zuerst angewendet, denn wenn hier sich ein negatives Resultat ergibt, reagieren auch Erdmanns Reagens und reine Schwefelsäure nicht. Mit Fröhdes, Erdmanns Reagens und mit Schwefelsäure reagieren nicht: Atropin, Chinin, Cinchonin, Kokain, Koffein, Koniin, Hyosceyamin, Nikotin, Pilokarpin, Piperidin, Pyridin, Sc ‚opolamin, Spartein, Strychnin, Theobromin. Beim Betupfen mit konzentrierter HNO, wird Berberin rotbraun, Bruzin rot, orange, gelb, Colchiein violett, braungelb, Curarin purpurrot, Emetin orange, gelb, Hydrastin rötlich, gelb, braungelb, Morphin blutrot, braun, gelb, Papaverin rot, gelb, orange, Akonitin, Codein, Hydrastinin, Narcein, Narkotin, Nikotin, Strychnin, Thebain, Veratrin, Yohimbin gelb, Atropin, Chinin, Cinchonin, Kokain, Koffein, Cytisin, Hyoscyamin, Solanin, Spartein, Theobromin bleiben farblos.

Um ein Objekt auf die enthaltenen Alkaloide zu prüfen, muß man

!) S.a. J. Gadamer, Lehrbuch d. chemischen Toxikologie und Anleitung zur Ausmittelung der Gifte. Göttingen 1909,

279

Alkaloide.

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989 XIIT. Alkaloide. diese erst extrahieren. Man zieht auf schwach siedendem Wasserbad nach Dragendorff wiederholt mit Wasser aus, dem auf je 100 ccm 10 cem verdünnte Schwefelsäure 1:5 zugesetzt wurde. Colehiein, Solanin und Digitalin können auch schon durch gelinde Wärme zersetzt werden, in diesem Falle ist die Extraktion in der Kälte vorzunehmen.

Die Auszüge werden filtriert, die freie Säure bis zur schwachsauren Reaktion mit Magnesia neutralisiert und dann im luftverdünnten Raum am Wasserbad bis zum Sirup eingedampft. Der Rückstand wird mit dem vierfachen Volumen Alkohol und etwas verdünnte Schwefelsäure 24h bei 30—40 ® unter öfterem Digerieren gehalten. Nach dem Erkalten wird filtriert, der Rückstand mit Alkohol gewaschen, der Alkohol der Extrakte verdunstet und der wässerige Rückstand im Kolben bei 30—40 ° mit Petroläther unter häufigem Schütteln digeriert, um färbende Bestandteile zu entfernen. Ist Piperin anwesend, welches vom Petroläther aufgenommen wird, dann muß die petrolätherische Lösung im Scheideltrichter abgehoben und das Alkaloid durch Ver- dunsten des Petroläthers gewonnen werden. Die entfärbte wässerige Alkaloidlösung wird nun längere Zeit bei 40 ® mit Benzol digeriert, was mit frischen Mengen Benzol einigemal wiederholt werden muß. Dann werden die Benzolauszüge vereinigt, das Benzol verdunstet. Im Rück- stand kann vorhanden sein: Colchicin, Digitalin, Spuren von Veratrin, farblose Nadeln deuten auf Koffein, ein gelb gefärbter Rückstand zeigt Colchiein an. Schüttelt man den Rückstand mit Amylalkohol aus, so gehen Pikrotoxin, Salizin und Narkotin (teilweise) in Lösung. Die saure wässerige Lösung wird nach dem Ausschütteln mit Amylalkohol mit Chloroform ausgeschüttelt; dabei gehen Papaverin, Thebain und ein Teil von Bruzin und Narcein in Lösung. Ein kristallinischer Rück- stand nach Verdunsten des Chloroforms deutet auf Papaverin oder Bruzin. Nach dem Extrahieren mit Chloroform wird die wässerige Lösung nach Erwärmen auf 40 ° mit Petroläther überschichtet, dann mit Ammoniak im Überschuß behandelt. Strychnin, Bruzin, Chinin, Koniin, Nikotin, Papaverin werden dadurch extrahiert und! plaben nach dem Verdunsten des Lösungsmittels zurück. Koniin und Nikotin, welche einen charakteristischen Geruch besitzen, gehen mit Wasser in Lösung. Beim Erkalten der warmen Petrolätherlösung scheidet sich Chinin in Kristallen aus, ebenso Strychnin und Papaverin, wenn sie in größerer Quantität zugegen sind, amorph Bruzin und Veratrin. Wenn der trockene Alkaloidrückstand mit absolutem Äther behandelt wird, gehen Chinin, Papaverin und Veratrin in Lösung. Behandelt man mit absolutem Alkohol, so bleiben Strychnin und Bruzin zurück, welche in demselben schwer löslich sind.

Die ammoniakalische, wässerige Alkaloidlösung bei 40—50 ° mit 3enzol behandelt, läßt Chinidin, Cinchonin, Atropin, Akonitin und Kodein in Lösung gehen.

Beim Verdunsten des 'Lösungsmittels scheiden sich Cinchonin, Atropin, Chinidin, Kodein kristallinisch, Akonitin amorph aus.

Nach der Extraktion mit Benzol wird die wässerige ammoniakalische Lösung mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert, auf 50—60 ° erwärmt, mit Amylalkohol überschichtet, mit Ammoniak wieder alkalisch ge- macht und mit dem Amylalkohol durchgeschüttelt. Morphin, Solanin

XIII. Alkaloide. 283

und Narzein (teilweise) werden gelöst und scheiden sich beim Verdunsten der Lösung aus, und zwar Morphin kristallinisch, Solanin schon beim Erkalten als Gallerte. Der Rest des Narzeins scheidet sich ab, wenn die Lösung zur Trockene gebracht wird, und kann aus Alkohol oder Wasser umkristallisiert werden.

Qualitative Bestimmung der einzelnen Alkaloide.

Atropin: Die Erkennung erfolgt am sichersten durch den physiologischen Versuch. Die aus dem betreffenden Objekt isolierte und sorgfältig gereinigte Base wird in schwach angesäuertem Wasser gelöst, so daß die Lösung kaum sauer ist und ein Tropfen davon in den Konjunktivalsack des gesunden Menschen- oder Katzenauges ge- bracht; noch 0,0002 mg Atropin wirken deutlich mydriatisch (die Pupille erweiternd). Eine kleine Quantität, etwa 1 mg, wird in einer trockenen Eprouvette erhitzt, bis weiße Dämpfe aufsteigen und mit 1,5 cem kon- zentrierter H,SO, versetzt; beim Erwärmen tritt Bräunung ein, nun werden sehr allmählich unter Umschütteln 2 ccm Wasser zugesetzt, wobei ein angenehmer Geruch auftritt, der an den Duft von Orangen- blüten erinnert; wirft man nun ein Kriställchen von Kaliumpermanganat hinein, so geht der Geruch in Bittermandelölgeruch über. Nach Vitali entsteht sofort eine Rotviolettfärbung, wenn man die kleine Quantität Atropin mit fünf Tropfen rauchender Salpetersäure verrührt, auf dem Wasserbad zur Trockne bringt und den gelben Rückstand nach dem Erkalten mit einem Tropfen einer alkoholischen Atzkalilösung 1: 10 betupft.

Goldcehlorid erzeugt in der wässerigen Lösung eines Atropinsalzes einen gelben Niederschlag, der sehr schwer löslich und gut kristallisier- bar ist. Mit Hilfe der Goldsalze lassen sich auch die mydriatischen Basen Atropin, Hyoscyamin, Skopolamin voneinander unterscheiden.

Der mit einem geringen Überschuß von Goldchlorid entstandene Niederschlag löst sich beim Erwärmen auf und scheidet sich beim Er- kalten wieder aus, und zwar bei

Atropin ölig, allmählich erstarrend, Schmelzpunkt der glanz- losen Kristalle 135—137 °,

Hyoscyamin sofort kristallinische Blättchen, stark glänzend, Schmelzpunkt 160—162 ®,

Skopolamin sofort kristallinisch, mikroskopische, federbart- artige Kristalle, Schmelzpunkt 210— 214°.

Chinin: Die wässerige Lösung reagiert sauer und zeigt im auf- fallenden Lichte blaue Fluoreszenz, die nur in saurer Lösung auftritt und sich in neutraler Lösung zeigt, wenn man Weinsäure, Phosphor- säure usw., nicht aber Halogenwasserstoffsäuren zusetzt, die vielmehr die Fluoreszenz aufheben.

Versetzt man eine alkoholische Chininlösung mit einer Mischung aus einem Teil ‚Jod, gelöst in 1 Teil 50prozentiger Jodwasserstoffsäure und 50 Teilen 70 prozentigen Alkohols, und 0,8 Teilen Schwefelsäure und läßt kurze Zeit stehen, so entsteht eine in metallglänzenden Blätt- chen kristallisierende Substanz, die im durchfallenden Lichte blaß olivgrün, im auffallenden schön dunkelgrün aussieht und das Licht stark polarisiert Herapathitreaktion).

I84 XIII. Alkaloide.

Gibt man zu fünf Teilen der Chininlösung (zirka 1: 200) einen Teil Chlorwasser und unmittelbar darauf Ammoniak bis zur alkalischen Reaktion, so wird die Lösung smaragdgrün, bei eben eingetretener Neutralisation blau und beim Übersättigen mit Säuren violett bis feuer- rot (Thalleiochinreaktion).

Zu 10 cem der schwach angesäuerten Chininlösung wird je ein Tropfen Bromwasser, Ferrozyankali 1 : 10 und lO0prozentiges Ammoniak hinzugefügt. Schüttelt man nunmehr mit Chloroform, so tritt noch bei einer Verdünnung 1 : 1 Million deutliche Rotfärbungein (Erythro- chininreaktion). |

Beim Chinchonin treten die genannten Reaktionen nicht ein, mit Chlorwasser und Ammoniak entsteht ein weißer Niederschlag. In Äther ist es zum Unterschied von Chinin schwer löslich, worauf eine Methode beruht, die beiden zu trennen.

Morphin: Versetzt man eine Lösung des Alkaloids in kon- zentrierter H,SO, mit einem Körnchen KNO, und erwärmt, bis weiße Dämpfe auftreten, so entsteht eine rötliche Färbung. Läßt man nun erkalten und fügt noch ein Körnchen KNO, hinzu, so entsteht eine rotviolette Färbung, die schnell in Blutrot übergeht und sehr bald ver- blaßt (Husemanns Reaktion).

Dampft man die trockene Substanz mit trockener Salzsäure unter Zufügung von wenig konzentrierter H,SO, bei 100—120 ® ein, so erhält man einen roten Rückstand; wird nun wieder etwas HCl hinzugefügt, mit NaHCO, neutralisiert, so erhält man eine violette Färbung. Gibt man dann zu dieser Flüssigkeit einige Tropfen einer konzentrierten Lösung von ‚Jod in ‚JJodwasserstoffsäure unter Vermeidung eines Über- schusses, so geht das Rot in Smaragdgrün über und beim Schütteln mit Äther wird der Äther rot, während die wässerige Flüssigkeit grün bleibt (Pellagris Reaktion).

Versetzt man eine kleine Menge Morphin in der Porzellanschale mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure, der etwas Salpeter- säure zugefügt wurde, so entsteht eine schwach rosarote Lösung, die beim Erwärmen auf dem Wasserbade nach dem Erkalten blutrot wird.

Koniin: Einige Tropfen einer Lösung von 1 g KMnO, in 200 g konzentrierter H,SO, mit Coniin verrührt, liefern eine beständige violette Färbung, die sich von der anfänglichen grünen Lösung gut unterscheidet.

Nikotin: Mit Pikrolonsäure charakteristische, zu Büscheln ver- einigte Nadeln, die bei 213 schmelzen. Eine ätherische Nikotinlösung mit dem gleichen Quantum ätherischer ‚Jodlösung versetzt, gibt eine Trübung oder einen Niederschlag und nach einiger Zeit lange rote Kristallnadeln, die das Licht mit blauer Farbe reflektieren (Roussins Kristalle). Auch hier ist das physiologische Experiment den rein chemischen vorzuziehen. Ein Frosch, dem eine minimale Menge Nikotin injiziert wird, schlägt unter Muskelzuckungen die vorderen Extremi- täten nach rückwärts, so daß sich die Fußwurzeln am Becken berühren, während die Oberschenkel rechtwinklig vom Körper wegstehen.

Stryehnin: erzeugt in minimalen Dosen beim Frosch oder einer weißen Maus, unter die Haut gespritzt, tetanische Krämpfe. Löst man zirka 0,1 g unter Aufkochen in 5 ccm Wasser und setzt einige Tropfen K,Cr,O ,- Lösung zu, bis die Lösung orangegelb ist, und läßt abkühlen, so fällt ein feiner goldge :lber Niederschlag. Dieser wird abfiltriert und

XIII. Alkaloide. 285

davon mit einem Glasstab etwas auf ein Uhrglas gebracht, auf das früher wenig konzentrierte H,SO, getropft worden war. Streicht man mit der am Glasstab befindlichen Strychninverbindung durch die Schwefelsäure, so entstehen violette Wegspuren. Man kann auch die auf Strychnin zu prüfende Substanz auf der Uhrschale in Schwefel- säure lösen und ein Körnchen Kaliumbichromat mit dem Glasstab durch die Lösung schieben, wobei sich die blauvioletten Wegspuren zeigen, die aber bald abblassen.

Quantitative Bestimmung.

Bestimmung mit Kaliumquecksilberjodid nach Heikel!). Dieses sogenannte Mayersche Reagens hat sich für die quantitative Alkaloidermittlung bewährt und wird zu diesem Zweck

als = Normallösung mit 6,775 g HgCl, und 25 g K.J auf einen Liter

verwendet. Aus der Menge des Reagens, welche zu der Alkaloidlösung zufließen gelassen werden muß, bis vollständige Fällung erfolgt ist, kann die Menge des Alkaloids berechnet werden. Um diesen Zeit- punkt zu bestimmen, muß man von der Fällung abfiltrieren und von neuem fällen; tritt kein Niederschlag mehr ein, dann ist die Titration beendigt. Natürlich ist diese Methode sehr ungenau und es bietet wesentliche Vorteile, einen Überschuß des Reagens hinzuzufügen und das in der Lösung gebliebene Quecksilber zurückzutitrieren. Dadurch wird nicht nur die mit dem Alkaloid in Verbindung getretene Queck- silbermenge genauer bestimmt, sondern es fällt auch das Filtrieren fort, wodurch erheblich Zeit gespart wird. Heikel hat mittels dieser Restmethode die Anzahl Kubikzentimeter des Mayerschen Reagens bestimmt, die mit 0,1 g eines Alkaloids reagieren. Zu diesem Zweck wird das überschüssige Quecksilber des Reagens durch eine Zyankali- lösung bestimmten Gehaltes in das undissoziierte und daher reaktions- unfähige Quecksilberzyanid übergeführt und der Überschuß dieser Zyankalilösung durch Silbernitrat festgestellt. Die Zyankalilösung ist so eingestellt, daß ein bestimmtes Volumen derselben mit 10 ccm 10 prozentigen Ammoniaks und einigen Tropfen Jodkalilösung als

Indikator das gleiche Volumen 55 AgNO ,-Lösung erfordert, um die erste bleibende Trübung von ae zu erzielen.

Wird die zugefügte Anzahl 5 KON- Lösung mit K, die verbrauch-

ten Kubikzentimeter I AgNO,-Lösung mit A und die Anzahl von

20 Kubikzentimeter des Mayerschen Reagens mit M rg so be- steht zwischen den drei Lösungen die Beziehung M —=2 (K A). An-

genommen, es wären von dem Alkaloid 0,1 g in ie 10 ccm Wasser gelöst, 10 cem n-H,SO, zugefügt; man setzt einen Überschuß des Mayerschen Reagens (nicht unter 15 ccm) zu der abgemessenen Menge der Alkaloidlösung (5—20 ccm), verdünnt auf 100 ccm, schüttelt env durch (ein reichliches Durchschütteln ist nötig, weil besonders bei

1 G. Heikel, Chemiker-Zeitung 32, 1149, 1162, 1186, 1212 (1908).

DETE XIII. Alkaloide.

größerer Verdünnung der Niederschlag häufig kolloidal ausfällt und durchs Filter geht, bei gründlicher Koagulation erhält man aber klare Filtrate) und filtriert durch ein trockenes Filter in ein trockenes Gefäß. Zu 80 cem der filtrierten Lösung gibt man 10 ccm 10 prozentigen Ammoniaks und eine bestimmte Menge (meist 10 ccm)

- I en $ R genau eingestellter 0 KCN-Lösung. Unter Umrühren werden dann

5 AgNO;- Lösung bis zur bleibenden Trübung zugelassen. Die nach- ld Tabelle zeigt das Verhalten der einzelnen geprüften Alkaloide:

ee | 255 w2|1 ccm Reagens R s SEPEF entspricht 4 Bemerkungen zuasz|ı 8 Akonitin 6,3 0:0159 22 72225 Atropin . 10,8 0,0093 | 22, | bei starken Verdünnungen Berberin 10,9 0,0092 + 10 Be 10 ccm Reagens Bruein. 8,9 0,0112 + | auf 0,1 g nahezu genaue Resultate Chinn . 1152 0,00895 EE02: Chinidin . 19,5 0,00514 10) Cinchonin 11:5 0,0087 +5 '\bei starken Verdünnungen Cinchonidin 19,5 0,00514 + 10 Meeyen 13,2 cem Reagens Cocain 12592 0,0082 +7 |\fauf 0,1 g fast genaue Resultate Colchicin. 6,95 0,00144 +2 Heroin - 8,2 0,00122 Se 7 Hydrastin . 8,6 0,00116 +2 Die Endverdünnung darf Hyoscyamin . ; 10,8 0,0008 | +2 hi 1000 nicht überschreiten Ipecac. Alkaloide 11,2 0,00895 ae | a ' i Die Endverdünnun dar Morphin . 9,6 0,0104 = u : 1000 nicht übersentn '\bei starker Verdünnung er- ee ( geben 7 ccm Reagens auf buy al Nur an | an, = 5 ‚(0,100 g fast genaue Resultate. Pe | i = Großer Überschuß an Rea- gens erforderlich. Brartein . .: 34,2 | 0,00293 a8) Strychnin ., 7 ze, 12,0 0,00835 +2, Veran. . 0.4 5,2 0,0192 a al

Bezüglich der Einzeldurchführungen muß auf die Originalarbeit verwiesen werden.

Warren und Weiß!) teilen mit, daß die Pikrolonsäure infolge Erzielung der schön kristallisierenden Pikrolonate, welche sehr schwer löslich sind, zur Charakterisierung der Alkaloide sehr geeignet sind, und die Pikrate, mit denen sie sonst Ähnlichkeit besitzen, an Schwer- löslichkeit übertreffen. Die Verwendung des Fällungsmittels geschieht am besten in Form der gesättigten alhoholischen Lösung, in manchen Fällen der Lösung in Wasser, Benzol, Äther, Chloroform. Aus den Pikrolonaten lassen sich leicht die reinen Alkaloide gewinnen, indem

')W.H.WarrenundR.S. Weiß, Journ. of Biol. Chem. 3, 327 (1907).

XIII. Alkaloide. 287

man die Niederschläge mit verdünnter Schwefelsäure erwärmt und die Pikrolonsäure durch Essigäther entfernt. Die Pikrolonate von Coniin, Nikotin, Strychnin, Bruzin, Morphin, Kodein, Atropin, Chinin, Hydrastin sind von den genannten Autoren studiert, beschrieben und in Mikro- photogrammen abgebildet worden. Das Alkaloid wird zweckmäßig durch Umkristallisieren der aus den wässerigen Lösungen erhaltenen Niederschläge aus Alkohol gereinigt. Kokain, Akonitin, Koffein geben keine typischen Niederschläge, für Bruzin und Kodein ist Pikrinsäure das schärfere Reagens, für Nikotin, Chinin, Atropin, Hydrastin ist die Empfindlichkeit gegen beide Fällungsmittel, Pikrinsäure und Pikrolon- säure, gleich, für Koniin. Strychnin und Morphin ist Pikrolonsäure das empfindlichere Reagens. Die meisten der wichtigeren Alkaloide lassen sich sehr genau auf alkalimetrischem Wege unter Verwendung von Jodeosin als Indikator bestimmen (Gadamer, ]l. c. 498). Ausführung: Der die Alkaloide enthaltende Organextrakt wird nach sorgfältiger Reinigung im tarierten Wägegläschen eingedunstet und über Schwefelsäure im Exsikkator bis zum konstanten Gewicht getrocknet und der Rückstand, respektive, wenn es sich um flüchtige Basen handelt, dessen salzsaures Salz (über Atzkali getrocknet) zur Wägung gebracht. Dieser Rückstand wird in einer bestimmten über-

n me R schüssigen Menge 10 oder 100 Salz- oder Schwefelsäure gelöst und der

Überschuß mit r 0 der 1 55 KOH zurücktitriert. Zu diesem Zweck wird

eine etwa 250 ccm fassende Flasche mit eingeriebenem Stöpsel aus weißem, alkaliarmem Glas mit zirka 50 cem Wasser und soviel Äther versetzt, daß die ätherische Schichte nach dem Umschütteln 1—1,5 ccm hoch ist; dann wird nach Zusatz von fünf Tropfen ätherischer Jodeosin- lösung umgeschüttelt. Ist nach Trennung der Schichten die wässerige Lösung rosa gefärbt, so reagiert die Flüssigkeit alkalisch; in diesem 150 H,SO, in zehntel Kubikzentimetern solange hinzu, bis die wässerige Lösung nach dem Umschütteln farblos ist und auch nach längerem Schütteln keine Rosafärbung auftritt, welche sich ergeben kann, wenn das Glas Alkali abgibt, was die Bestimmung unbrauchbar

Falle gibt man

macht. Bleibt die Lösung farblos, dann gibt man 0,1 ccm 00 KOH

hinzu. Die ursprüngliche Mischung ist gewöhnlich von vornherein sauer, da der ee. Äther sauer ist; in diesem Falle neutralisiert man

zunächst durch 90 0 KOH und macht dann erst, wie vorher angegeben,

mit 06 Säure sauer. Nun wird zu dem Inhalt der Schüttelflasche die

sauere Alkaloidlösung zugegeben und Nachdem die

Rosafärbung verschwunden ist, fügt man Lauge in Portionen zu

Am zirka 1 ccm hinzu, bis die wässerige Schichte nach kräftigem Umschütteln wieder deutlich rosa gefärbt ist. Jetzt ist natürlich ein Überschuß

BERN. 7 von Lauge bis zu 1 ccm vorhanden; man gibt jetzt 1 ccm 100 Säure

988 XIII. Alkaloide.

hinzu und dann in Portionen zu 10 ccm KOH, bis die wässerige

vr Schichte dauernd schwach rosa gefärbt bleibt.

Die Berechnung der vorhandenen Alkaloidmenge erfolgt nach der Gleichung: Alk + HCl = AlkHCl, wonach 1 Molekül HCl zur Neu- tralisation von 1 Molekül Alkaloid erforderlich ist. Es ist daher nur

2 2 n "Tee i die Konzentration einer 100 Alkaloidlösung zu ermitteln: 1/90 Gramm-

äquivalent a einem Liter aufgelöst. 1 ccm zur Neutralisation ver-

brauchter 1 , 100 Säure Lösung entspricht daher- 1/00 Milligrammäquivalent.

Die Gesamtmenge der angewendeten Säure, vermindert um die zur Rück-

titration erforderlichen Kubikzentimeter Lauge gibt, mit diesem

n

100 Faktor multipliziert, die vorhandene Menge Alkaloid.

Beispiel: Das isolierte Alkaloid sei Atropin gewesen und die gewichtsanalytische Bestimmung habe 0,04 g ergeben, so würden nach der Gleichung C,,H,,;NO ,(Mol.-Gew. 289) + HCl = H,,H,;NO, : HCl 289 g Atropin 36,5 g HCl entsprechen, somit 2,89 g Atropin einem Liter

00 Säure, welche ja im Liter 0,365 g HCl aufgelöst enthält. Von dieser entsprach also 1 ccm = 0,00289 g Atropin. Demnach würden 20 cem dieser Salzsäure bereits 0,0578 g Atropin neutralisieren und zur

Auflösung der vorhandenen DE g reichlich genügen. Zum Zurück-

titrieren seien zunächst 7 cem 18 KOH verbraucht worden, dann nach

einem Zusatz von l ccm- 100 r Säure nochmals 0,5 ccm der Lauge. Dann

sind im ganzen 21 ccm Säure und 7,5 cem Lauge verwendet worden. Die Differenz von 13,5 cem wurde zur Neutralisation des Alkaloids verbraucht. Daher sind 13,5 x 0,00289 g = 0,0390 g Atropin vor- handen. Zur richtigen Ausmittelung des Alkaloids muß dieses in freier Form und nicht teilweise als Salz vorliegen. Letzteres kann sich besonders dann ergeben, wenn zur Ausschüttelung des Alkaloids Chloroform verwendet und dieses durch Erwärmen entfernt wurde. Durch stärkere Basen wird nämlich aus Chloroform Salzsäure abgespalten, welche das Alkaloid zum Teil in das Chlorhydrat über- führen kann. Chloroform sollte also bei der Ausschüttelung für die quantitative Bestimmung nicht verwendet oder wenigstens in der Kälte abgedunstet werden.

Folgende Alkaloide sind nach dieser Methode bestimmt und der Faktor festgestellt worden, mit dem die verbrauchten Kubikzentimeter Säure zu multiplizieren sind, um die Menge des Alkaloids in Grammen zu ergeben:

Akoniin .. . -*2.. 2... 0,006847 eg | dern: . . + 0,00411 g Atropiar 3. 22 ul. 2 10025 Bam (wasserfrei) . .- + 0002857 Hyoscyamin . . EN, Nikotin .. eh 0.00162 r Bruein (wasserfrei) 2 W003DARE Piloearpin . : . . „,. . OBERE: Kokamın Bene, ya, 2 0,00508% Protoveratrin . .:. . . . 205006253; Komm Bea ee 9 0,0027 Pseudojervin . ......„ »WDBBlTEE Emetin . . . 0,00254 Rubijervin . . . .... KLUDANNEE Granatwurzelalkaloide Btiryelmın 0 „L ani . 0,00334 ‚,

(Mittelwert) . -. . . . . 0,001475 „,

XIII, Alkaloide. 289

Quantitative Bestimmung des Chinins nach J. Katz!): Der Kern dieser Methode besteht darin, daß das freie Chinin durch Eindampfen in alkoholischer Lösung unter Zusatz von Salzsäure in das zweisäurige Salz verwandelt wird, daß die überschüssige Säure durch das zugefügte Kochsalz verflüchtigt wird und daß in dem erhaltenen zweisäurigen Salz die Säure in alkoholischer Lösung mit alkoholischer "7 Kalilauge und Poirriers Blau als Indikator titriert wird.

Ausführung: Die Methode ist für Extrakte, Tinkturen, Rinde usw. anwendbar. 6 g getrocknete und gepulverte Chinarinde werden mit 15 g Chloroform und 5 g einer 5prozentigen Natronlauge \, Stunde lang geschüttelt. Darauf setzt man 45 g Ather und zirka 1 g Magnesia usta zu, schüttelt kräftig um und filtriert 40 g der klaren Chloroform- ätherlösung ab. Der Chloroformäther wird bis auf etwa 1 cem ab- destilliert, der Rückstand wird mit 3.3 ccm Alkohol in ein Schälchen gespült, mit zehn Tropfen Salzsäure und zirka 0,25 g Kochsalz versetzt und auf dem Wasserbade zur Trockene eingedampft. Gegen Ende des Verdampfens sorgt man durch fleißiges Schwenken des Schälchens dafür, daß sich das Kochsalz als feines Kristallmehl und nicht in großen Kristallen absetzt und daß die Masse sich möglichst dünn auf dem Boden des Schälchens verteilt. Darauf spült man die an den Wänden des Schälchens befindliche Masse mit Hilfe der Spritzflasche mit Alkohol auf den Boden der Schale und dampft unter fleißigem Umschwenken wiederum ein. Der eingetrocknete Rückstand bleibt noch Y, Stunde auf dem Wasserbade oder besser im Wassertrockenschrank stehen. Darauf löst man die Masse in Alkohol etwas und spritzt sie mitsamt dem ungelösten Kochsalz in einen kleinen Erlenmeyerkolben, ergänzt die Flüssigkeit mit Alkohol auf etwa 25 ccm, setzt fünf Tropfen einer 0,2 prozentigen Lösung von Poirriers Blau zu und titriert mit einer alkoholischen 5 Kalilauge, die man durch Mischen von 10 ccm Normalkalilauge mit absolutem Alkohol zu 100 ccm hergestellt hat.

Die verbrauchten Kubikzentimeter . Kalilauge werden mit 1,62 (das

halbe Molekulargewicht des Chinins beträgt 162) multipliziert und er- geben durch 4 dividiert den Prozentgehalt der Chinarinde an Alkaloid. Der Umschlag des Indikators ist in diesem Falle scharf von himmelblau in zwiebelrot.

A. D. Thorburn hat folgende titrimetrische Morphinbestim- mungsmethode ausgearbeitet 2): Die wässerige Lösung der Morphin- salze wird ammoniakalisch gemacht und mit einer Mischung von drei Teilen Phenyläthylalkohol (das etwas mehr als !/,, seines Gewichtes Morphin bei Zimmertemperatur löst und selbst in Wasser sehr wenig löslich ist) und einem Teil Benzol ausgeschüttelt, bis eine Probe mit Mayers Reagens die vollständige Extraktion des Morphins aus der wässerigen Lösung anzeigt, was gewöhnlich nach zwei Extraktionen der Fall ist. Die Lösung wird eine Stunde auf dem Wasserbade er-

1) J. Katz, Ber. d. d. pharmazeut. Ges. 20, 316 (1910). ®) A. D. Thorburn, Journ. of Inv. and Engin. Chem. 3, 754 (1910).

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 19

290 XIII. Alkaloide.

Ri . er Re @ , x wärmt, eine bekannte Menge 10 Schwefelsäure zugefügt und die wässe-

. Kalilauge unter Verwendung von Hämatoxylin als Indikator titriert; 1 ccm der Säure entspricht 0,03 g kristallisierten oder 0,0283 g wasserfreien Morphins oder 0,0376 g kristallisierten Morphin- sulfats. Es können auf diese Weise Mengen von weniger als 0,175 g be- stimmt werden und die Bestimmung in vier Stunden durchgeführt sein.

Nikotinbestimmung nach Bertrand und Javillier!), modifiziert von R.M. Chapin: Soviel Substanz, als I—2 g Nikotin entspricht (von Extrakten mit viel fremden Substanzen nicht mehr als 30 g), wird in einen Rundkolben gespült und 1—1,5 g Paraffin nebst ein wenig Bimsstein und 5—10 cem starker Natronlauge 1: 2 hinzugefügt. Nunmehr wird das freie Nikotin mittels eines starken Wasserdampfstromes abgeblasen, bis einige Kubikzentimeter des Destil- lates sich mit Silikowolframsäure nicht mehr trüben. Als Vorlage dienen 10 cem Salzsäure 1:4. Das im Destillationskolben zurück- bleibende Flüssigkeitsvolumen soll bei Beendigung der Destillation so klein als möglich sein. Das Destillat wird auf ein bestimmtes Volumen aufgefüllt, durch ein trockenes Filter filtriert und in einem Teil durch Methylorange die sauere Reaktion festgestellt. Nun wird eine be- stimmte, ungefähr 0,1 g Nikotin entsprechende Menge des Destillates mit der Pipette abgehoben und auf je 100 ccm Flüssigkeit 3 cem Salz- säure 1:4 und auf zirka 0,01 g Nikotin 1 ccm einer l2prozentigen Lösung Silikowolframsäure hinzugefügt. Der entstehende Niederschlag wird gut umgerührt, elf Stunden stehen gelassen und dann über ein quantitatives Filter abfiltriert, mit kaltem Wasser, das auf einen Liter l ccm konzentrierte HCl enthält, gewaschen. Die ersten Anteile des Filtrates sind mit einigen Tropfen des Destillates auf einen UÜberschuß von Silikowolframsäure zu prüfen. Filter und Niederschlag werden noch feucht in einem Platintiegel vorsichtig verascht und zuletzt geglüht. Das Gewicht des Rückstandes mit 0,114 multipliziert, gibt die Menge des gefällten Nikotins an. Zur Erzielung noch größerer Genauigkeit kann der Niederschlag in einem gewogenen Goochtiegel gesammelt, bei 125° getrocknet und als wasserfreies Nikotin-Silikowolframat 2C,0Hı4N,; : 2H,0 - SiO, - 12 W,O, gewogen werden. Man kann den Silikowolfram-Niederschlag auch in Wasser verteilen, das Salz- säure und Reagens enthält, denselben nach dem Zentrifugieren durch MgO + H,O zersetzen, das abgespaltene Nikotin durch Wasserdampf übertreiben und mit Schwefelsäure, die im Liter 3,024 g H,SO, ent- hält, unter Verwendung von Alizarinsulfosäure als Indikator titrieren. l ccm dieser Säure entspricht 10 mg Nikotin.

In frischen Pflanzen kann man den Nikotingehalt nach Mellet?) be- stimmen. Etwa 250 g der fein zerschnittenen Pflanzensubstanz werden im verschlossenen Kolben mit siedendem Wasser übergossen, stehen gelassen und nach 24h mit Kalkmilch versetzt und im verschlossenen Kolben unter häufigem Umschütteln wieder 24h stehen gelassen. Das in Frei- heit gesetzte Nikotin wird mit Wasserdampf abdestilliert, wobei sich

rige Lösung mit

1) Bertrand und Javillier, Bull. de la Science Pharmakol. (4), 5, 241 (1909); 16, 7 (1909). ®) R. Mellet, Schweiz. Wochenschr. f. Chem. u. Pharmac. 49, 117 (1911).

XIII. Alkaloide. 291

das Volumen im Destillationskolben verringern muß. ‘Die Destillation ist beendigt, wenn das dreifache der ursprünglichen Flüssigkeit über- destilliert ist. Nun wird das Destillat mit Schwefelsäure angesäuert, unter möglichster Vermeidung von Luftzutritt eingeengt, Kaliumhydroxyd zugefügt und mit Äther extrahiert. Die ätherische Lösung wird ein- gedunstet, wobei das in der Lösung enthaltene Ammoniak entweicht. Der Ather wird, nachdem die Dämpfe kein Ammoniak mehr enthalten, bei gewöhnlicher Temperatur zur Trockene gebracht, der Rückstand in Wasser gelöst und mit 1 Schwefelsäure titriert. Der Gesamtverlust an Nikotin bei diesen Operationen beträgt im Mittel 0,06 g, die also den gefundenen Werten zuzurechnen sind.

Verfahren vonW.Koenig [Chemikerzeitung 35, 521 (1911)]: 20 g Tabakextrakt werden mit Seesand, dem 4 ccm einer Natron- lauge 1:1 hinzugefügt wurden, verrieben und soviel Gips beigegeben, bis ein fast trockenes Pulver entsteht. Dieses wird mit 100 cem Xylol (nach der Modifikation von Töth) 2—3 Stunden digeriert, nach dem Absitzen, das sehr schön und schnell vonstatten geht, 30—40 ccm abfiltriert und polarisiert. Zur Are Bestimmung werden 25 ccm des Filtrates mit 25—50 ccm n Salzsäure und 50—75 cem Wasser versetzt und nach Zugabe von 25 ccm Äther, dem vier Tropfen einer alkoholischen Auflösung von Jodeosin 1: 500 zugesetzt wurden,

kräftig geschüttelt und unter fortwährendem Schütteln mit 0 Natron-

ES n lauge bis zur Blaßrosafärbung zurücktitriert. 1 cem 10 Salzsäure

0,0162 g Nikotin. Die Art des Indikators ist für alle Nikotinbestimmungen von großer Wichtigkeit, je nach dem Indikator kann das Resultat auch bei gleich konzentrierten Lösungen sehr wesentlich differieren. Es ist deshalb nicht nur wichtig, stets ein und denselben Indikator zu be- nutzen, sondern auch das Auge mit dem betreffenden Umschlag genau vertraut zu machen. Es empfiehlt sich vielleicht auch, statt Jodeosin Cochenille (stets frisch bereitet) anzuwenden, dessen Umschlag von Blaßrot nach Farblos recht gut zu beobachten ist.

Von den Fällungsverfahren ist das zuverlässigste das nach Ber- trand-Javillier, von den maßanalytischen das nach König und das gleich zu beschreibendenach Töth. Das eleganteste, in kürzester Zeit auszuführende Verfahren, welches auch bei einiger Übung genaue Zahlen liefert, ist das von J. Töth: Man zerreibt den lufttrockenen Tabak möglichst fein (es ist eine wesentliche Bedingung für die genauen Resultate nach dieser Methode, daß das Pulver äußerst fein zerrieben ist und von den Blattrippen keine größeren unzerriebenen Stücke zurückbleiben, die bei der Extraktion Nikotin zurückhalten könnten), verrührt 6 g in einer Porzellanschale mit 10 ccm Natronlauge von 20 %, und gibt soviel Gips zu, bis die Masse pulverig geworden ist. Auch hier ist es sehr wesentlich, daß das Durcharbeiten mit der Natronlauge sorgfältig erfolgt und eine völlig durchtränkte Masse resultiert, in der aber keine zu- sammengebackenen Klumpen erscheinen dürfen. Das Durcharbeiten geschieht zweckmäßig mit zwei Nickelspateln, welche am Schlusse des Durchmischens mit Filtrierpapier quantitativ abgewischt werden, das

19*

292 XIIT. Alkaloide.

dann beim präparierten Tabakpulver verbleibt. Das ganze wird quanti- tativ mit zirka 100 ccm eines aus gleichen Teilen Petroläther-Äther hergestellten Gemisches in einen Kolben gespült und einige Zeit ge- schüttelt. Dann wird eine Stunde absitzen gelassen und möglichst schnell 25 ccm herauspipettiert. Zu dieser Menge gibt man 40—50 ccm Wasser und emen Tropfen Jodeosin (respektive Cochenille) und einen

Überschuß von 5, Schwefelsäure; den Überschuß titriert man dann

mit n n Natronlauge zurück. Von Tabaksaucen nimmt man 10 g in

Arbeit. Von dem vorhandenen Ammoniak geht im Höchstfalle 0,0005 g in die 25 ccm der Petroläther-Ätherlösung über.

KoffeinbestimmungnachK. Gorter!): Das Koffein ist im Kaffee größtenteils in Form der Doppelverbindung chlorogen- saures Kalikoffein enthalten, welcher das Koffein durch trockenes Chloroform nicht entzogen werden kann. Aus trockenem Kaffeepulver nimmt Chloroform auch bei neunstündiger Extraktionsdauer nur ein Zehntel der totalen Koffeinmenge auf. Wird aber das Kaffeepulver vorher mit Wasser durchfeuchtet, so gelingt es leicht, das gesamte Koffein innerhalb drei Stunden mit Chloroform zu extrahieren. 11 g sehr fein gepulverten Kaffees werden mit 3 ccm Wassers durchfeuchtet. Nach einer halben Stunde ist das Wasser genügend absorbiert; nun wird während drei Stunden im Soxhletschen Apparat mit Chloroform extrahiert. Man destilliert dann das Chloroform ab und zieht den aus Fett und Koffein bestehenden Rückstand mit heißem Wasser aus. Das Fett wird über einen dichten Wattepfropf abfiltriert und mit heißem] Wasser nachgewaschen, so daß alles Koffein in das Filtrat gelangt. Dieses wird nach dem Erkalten mit Wasser bis zu 55 ccm aufgefüllt und hiervon 50 ccm abpipettiert. Man führt nun durch viermal wieder- holtes Ausschütteln mit Chloroform das Koffein in dieses über und destilliert dann aus einem tarierten Kölbchen ab. Das rückständige Koffein ist von fast weißer Farbe und wird nach dem Trocknen bei 100 ° gewogen. Eine Hauptbedingung für die exakte Bestimmung ist feinstes Pulverisieren des Kaffees.

Koffeinbestimmung nach Lendrich und Nott- bohm ’?): 20 g feingemahlener Kaffee werden mit 10 ccm Wasser ver- setzt und damit 1—2 Stunden stehen gelassen; dann wird das Pulver 3 Stunden mit Tetrachlorkohlenstoff extrahiert, dem Auszug 1 g Paraffin zugesetzt, der Tetrachlorkohlenstoff verdunstet und der Rück- stand mit siedendem Wasser ausgezogen. Das abgekühlte Filtrat (200 ccm) wird bei Rohkaffee mit 10—15 ccm, bei geröstetem Kaffee mit 30 cem Ilprozentiger Lösung vom Kaliumpermanganat versetzt, nach Y,stündigem Einwirken das Mangan durch 3prozentiges Wasser- stoffsuperoxyd, dem 3%, Essigsäure zugesetzt wurden (100 : 1), als Superoxyd gefällt, gekocht und abfiltriert. Das Filtrat wird zur Trockene verdampft, kurze Zeit bei 100° © getrocknet und mit wässerigem Chloroform erschöpft. Nach Verdunsten des Extraktions-

ı) K. Gorter, Liebigs Annalen d. Chem. 358, 339 (1908). ®) K. Lendrich und E. Nottbohm, Zeitschr. f. d. Unters v. Nahrungs- u. Genußmitteln 17, 241 (1909). -

XIII. Alkaloide. 293 mittels wird das Koffein, das bei Rohkaffee rein weiß, bei geröstetem leicht gelbstichig ist, Y, Stunde bei 100 ° C getrocknet und gewogen.

Quantitativer Nachweis von Solanin nach v. Morgenstern: 100—200 g Kartoffeln werden zu einem feinen Brei zerrieben und unter Wasserzusatz mehrfach ausgepreßt; zwei- malige Wiederholung genügt in der Regel. Aus den vereinigten Lösungen wird durch Zusatz von 0,5 cem Eisessig und einstündiges Erwärmen auf dem Wasserbade das Eiweiß ausgefällt. Das Filtrat vom Eiweißnieder- schlag wird zum Sirup eingedampft und mit 96prozentigem Alkohol unter Umrühren solange versetzt, bis ein weiterer Zusatz keine Trübung mehr hervorruft; nach zwölfstündigem Stehen wird die Lösung abgegossen. Der Rückstand wird zweimal mit heißem Alkohol ausgeknetet. Die alkoholischen Lösungen werden auf dem Wasserbad vom Alkohol befreit, mit essigsaurem Wasser aufgenommen, erwärmt, filtriert, zum Sieden erhitzt und tropfenweise mit Ammoniak gefällt. Nach fünf Minuten langem Stehen auf dem Wasserbade wird der entstandene Niederschlag gesammelt, mit ammoniakhaltigem Wasser ausgewaschen und in sieden- dem Alkohol gelöst. Diese Lösung wird dann nach dem Verdampfen des Alkohols in der gleichen Weise noch einmal behandelt. Das Solanin kann auf einem bei 90 ° getrockneten Filter gesammelt und bei der- selben Temperatur getrocknet, oder nach dem Lösen in heißem Alkohol in einem tarierten Schälchen zur Trockne verdampft werden. Andere Pflanzenteile werden vor dem Extrahieren bei 100 ® getrocknet, fein gemahlen und dann mehrmals bei Siedehitze mit essigsäurehaltigem Wasser ausgezogen.

Bei manchen kolloidalen Medien, z. B. in Farbstofflösungen wie Nachtblau, Nilblau, Wollviolett usw., erfährt die Oberflächenspannung und damit die Tropfengröße eine oft bedeutende Anderung, falls Stoffe zugesetzt werden, die als Kolloidgifte bezeichnet werden können, wozu auch die Alkaloide gehören. Die Kolloidgifte sind identisch mit Blut- giften, indifferente Stoffe dagegen ändern die Tropfengröße nicht, so daß solche ‚‚kolloidgiftige‘“ Stoffe auch im Gemenge mit indifferenten Stoffen und in verschiedenen Lösungsmitteln nachgewiesen werden können. Für die Alkaloidbestimmung scheint Traubes kapillar- titrimetrische Methode!) recht verwendbar zu sein. Wenn man eine mit einigen Tropfen Quecksilberchlorid geimpfte Nachtblaulösung tropfenweise mit entsprechend äquivalenter Jodkalilösung versetzt, so nähert sich das Medium in dem Maße, als es ‚entgiftet‘‘ wird, wieder dem normalen Gleichgewichtszustande.

10 ccm einer 0,2prozentigen Nachtblaulösung (Tropfenzahl = 58,2) wurden mit zehn Tropfen t/,, äquivalenter HgCl,-Lösung mit dem Tropfglas versetzt. Die Tropfenzahl betrug jetzt 45,5. Die folgende Reihe zeigt den Einfluß eines tropfenweisen Zusatzes von !/,, äquiva- lenter Jodkalilösung zu 10 ccm Nachtblau:

Tropfen JK: 1 2 3 4 5 6 7 8 10 Tropfenzahl: 46,2 46,1 4825 52,05 542 543 51,05 502 49,9

Ein Tropfen äquivalenter HgCl,-Lösung wie !/,, äquivalenter JK-Lösung entspricht sehr angenähert 0,09 ccm. An Stelle der be-

!) s. a. Berichte d. d. chem. Ges., Bd. 20, 2644, 2824, 2829, 2831 (1887); Biochem, Zeitschr. 24, 341 (1910).

294 XIV. Kautschuk.

quemeren Tropfgläser kann man natürlich auch feinere Tropfpipetten verwenden.

Ein Maximum der ‚Entgiftung‘ in obiger Reihe ist bei Zusatz von 5—6 Tropfen JK-Lösung zu sehen, dann macht sich der ver- giftende Einfluß des überschüssigen Jodkalis geltend.

Bei Alkaloidtitrationen benutzt man Wollviolett und Tannin; bei hinreichender Verdünnung bleibt die Lösung vollkommen durchsichtig.

10 ccm 0,2 prozentiges Wollviolett . . . . . Tropfenzahl 55,65 dazu 1 Tropfen —= (0,075 ccm 2 prozentiges Kokainchlorhydrat nr 64,8 Sat 7 = 0,09 04 nr Tann. Wa = 63,7 = 2 0,09 5: 70,4 = 5 a re a. 63,2 BT P: = 0,09 -0,4 * » RE ADS EN hr 61,9 = 10 0,097, 04 55 AR 2 r 60,6 noch weitere 5 Tropfen 2 prozentiges Tannin IR ER LEER & 58,2 10 Er Er) Er} ae 1 cin 40 55,4 10 en Wollviolett . . . e Er 55,65 + - Tropfen = 0,09 cem Bl proz. Aconitinchlorhydrat : Y 55,95 2 Er) = —=(, 09 Er Er ° 56,2 +%# » —= 0,09 EE . 56,65 a) 0,09 EZ . 58,0 + 20 » = 0,09 2 „> . ER 60,2 dazu 2 Tropfen !/,. prozentiges Tannin . ........ = + 5 An 3 - EU BIN RE ER 59,9 u 3 = ENTER FRE u 59,55 m 2 BR n. ae ea re We > 58,4 TO nn = B ne Er ae re rs 56,95

XIV. Kautfchuk.

Für die Analyse von Kautschukarten haben C. Harries, C. 0. Weber und Th. Budde Methoden ausgearbeitet, die mehr- fach modifiziert worden sind. Gelegentlich einer Untersuchung !) habe ich Veranlassung gehabt, diese Methoden vergleichend zu überprüfen und sie als in befriedigender Übereinstimmung untereinander befunden. Der Gang dieser Untersuchung sei hier beschrieben. Die etwa manns- hohen Pflanzen von Lactuca viminea wurden zunächst mehrere Tage neben dem geheizten Ofen stehen gelassen, bis sich die Stammruten im Mörser zerstoßen ließen und dann möglichst fein gemahlen. Das Material wurde dann im Soxhletapparat bis zur Erschöpfung mit Petrol- äther behandelt, wobei ein klebriger, harzartiger Rückstand und eine gelbbraun gefärbte Flüssigkeit von schwach narkotischem Geruch er- halten wurden. Nach Abdestillieren des Lösungsmittels hinterblieb schon in der Wärme ein körniger, gelblicher Rückstand mit allen Eigen- schaften des Laktukons. Der harzige Rückstand nebst der gelbbraunen Flüssigkeit wurde nun mit 10%, alkoholischem Kali 24 Stunden am sückflußkühler gekocht, wobei ein Teil der Substanz verseift wurde, von dem Ungelösten abfiltriert, mit Wasser und hierauf mit Alkohol nachgewaschen, getrocknet und gewogen. Der Rückstand wurde dann mit Schwefelkohlenstoff behandelt, wobei eine tiefbraune Lösung resultierte; nach Abdestillieren des Schwefelkohlenstoffs und Trocknen der Masse im Ölbade resultierte eine gelbgraue, beim leichten Erwärmen

1) V. Grafe und K. Linsbauer, Über den Kautschukgehalt, von Lactuca viminea. Presl., Zeitschr, für das landwirtschaftl, Versuchswesen in Oster- reich 1909, 126,

XIV. Kautschuk. 295

elastische Substanz, die, angezündet, intensiv nach angebranntem Kautschuk roch. Dieser ‚„Rohkautschuk‘ wurde in einem Kolben gesammelt, am Wasserbad mit frisch destilliertem Azeton solange behandelt, bis nichts mehr in Lösung ging, worauf die graue Masse nicht mehr klebrig war. Die zusammengeballten, mehr oder weniger elastischen Stückchen wurden der Kautschukanalyse unterworfen. Zunächst wurden sie in Schwefelkohlenstoff gelöst, durch Eingießen in Alkohol wieder gefällt, abfiltriert und im luftverdünnten Raum über Schwefelsäure getrocknet.

Die Methoden von Harries und Weber beruhen auf der Be- stimmung der Produkte, die beim Einleiten von nitrosen Gasen in die benzolische Lösung des Kautschuks entstehen, die von Budde auf der Bildung des Tetrabromkautschuks durch Anwendung einer be- stimmten Bromierungsflüssigkeit. |

Bei der Behandlung einer wasserhaltigen benzolischen Kautschuk- lösung mit feuchter salpetrigen Säure erhielt Harries!) ein gelbes Produkt von der Zusammensetzung C,9H30Ng0,, sein Nitrosit C —. das er für die quantitative Bestimmung von Kautschuk in Gemengen vorschlug. Die Nitrositmethode hat sich, von Fendler?) und Diet- rich?) modifiziert, tatsächlich bewährt und in die Technik Eingang gefunden ?).

1,5 g des gereinigten, mit Azeton extrahierten und getrockneten Produktes wurden mit 75 cem Benzol übergossen und bis zur Lösung in der Kälte stehen gelassen (zirka drei Stunden). Zur Darstellung der salpetrigen Säure wurde Kartoffelstärke verwendet; 20 g gepulverte Stärke wurden mit HNO, (spezifisches Gewicht 1,3) übergossen und am Wasserbade bis zur Auflösung stehen gelassen. Sobald die ersten roten Dämpfe entweichen, muß der Kolben vom Wasserbad entfernt und die erste heftige Reaktion abgewartet werden. Nach fünf Minuten ist das erreicht und der Kolben wird mit dem Trockenturm verbunden, der mit glasiger Phosphorsäure in Stangen gefüllt ist, und nun mit dem Einleiten begonnen. Die Einleitung dauerte zwei Stunden. Das Benzol wurde dann vorsichtig durch ein Filter abgegossen, mit Benzol nach- gewaschen und der Kolben samt dem gebildeten Nitrosit im Vakuum- exsikkator getrocknet und gewogen. Dann wurden 50 ccm Azeton hinzugefügt, am Wasserbad einige Zeit erwärmt, durch ein gewogenes Filter durchgegossen und mit Azeton nachgewaschen. Das Becher- glas wurde nach dem Trocknen zurückgewogen, das Filter getrocknet und dessen Inhalt die eingelösten Anteile (Mineralsubstanzen) vom Gewichte abgezogen. Die Gewichtsdifferenz zuzüglich dem Abzug für das Ungelöste ergibt die Menge des erhaltenen Nitrosits, aus welchem nach der Proportion:

289 : 136 = gefälltes Nitrosit : x die Menge des enthaltenen Reinkautschuks berechnet werden kann. Diese quantitative Bestimmungsmethode wurde von Harries zwar zunächst nur für Parakautschuk durchgeführt, es zeigte sich aber später,

!)C. Harries, Zur Kenntnis der Kautschukarten. III.. Ber. d. d. chem. Ges. 36, 2, 1937 (1903).

®) Fendler, Ber. d. d. pharmak. Ges., Heft 5 (1904).

®) Dietrich, Chemiker-Zeitung 38, 82, 974 (1903).

*) OÖ. Gottlob, Über Einwirkung der salpetrigen Säure auf Kautschuk- arten, Zeitschr, f. angew,. Chemie 20, Heft 51, p. 2213 (1907).

296 XIV. Kautschuk.

daß auch aus ganz harzigen, schmierigen Produkten, wie aus dem mexikanischen Quagulekautschuk u. a., das Nitrosit C ebenso wie aus reinem Parakautschuk gewonnen und zur quantitativen Bestimmung des Reinkautschuks verwendet werden kann.

Die Methode von ©.O. Weber!) beruht ebenfalls auf der Fähigkeit des Kautschuks, sehr leicht mit nitrosen Gasen zusammenzutreten. Das erforderliche Stickstoffdioxyd wurde durch allmähliches Erhitzen von Bleinitrat im schwer schmelzbaren Rohre gewonnen, das Gas wurde in die Benzollösung des entharzten Produktes geleitet, bis die Lösung eine tiefrotbraune Farbe angenommen hatte, das gelbbraune Reaktions- produkt dann eine Stunde stehen gelassen und das Benzol durch ein Filter abgegossen. Die Masse, welche bei 50 ° getrocknet worden war, wurde mit warmem Azeton behandelt und zum Fällen der Mineral- substanzen einige Zeit stehen gelassen. Es schied sich tatsächlich eine kleine Menge anorganischer Substanz ab, die von der Azeton- lösung abfiltriertt und mit Azeton gewaschen wurde. Dann wird die Lösung in die zirka achtfache Menge gegossen, der Kolben dabei un- ablässig geschwenkt, der verschlossene Kolben dann noch zehn Minuten geschwenkt und vor dem Filtrieren 24 Stunden stehen gelassen. Das gelbe Reaktionsprodukt hat sich nach dieser Zeit zu Boden gesetzt und wird durch ein gewogenes Filter abdekantiert. Das Filtrieren an der Saug- pumpe nimmt relativ lange Zeit in Anspruch. Die Trocknung des Filters samt Inhalt wird bei einer Temperatur von 60—65 ° durch- geführt, bei welcher Temperatur eine Zersetzung des Produktes nicht stattfindet. Man erhält nach Weber die Menge des Reinkautschuks durch Multiplikation des Gewichtes des Nitroproduktes mit 0,6.

Schließlich hat Th. Budde?) eine Methode angegeben, die auf der Unlöslichkeit des Tetrabromkautschuks in Tetrachlorkohlenstoff beruht. Der zu untersuchende Rohkautschuk wird in Tetrachlorkohlen- stoff durch längeres Stehenlassen gelöst (1 g Substanz in 100 ccm Tetrachlorkohlenstoff, davon 10 ccm zur Analyse verwendet und mit Tetrachlorkohlenstoff auf 50 cem aufgefüllt) und nun die gleiche Volum- menge der Bromierungsflüssigkeit, nämlich 16 g Br+1 g J, gelöst in 1000 cem Tetrachlorkohlenstoff, zufließen gelassen, wobei sich eine gallertartige Substanz abscheidet, welche nach Hinzufügung von ab- solutem Alkohol in eine beständige weiße Form übergeht. Die filtrierte und gewaschene Masse wird bei 60° getrocknet; 456 g Tetrabrom- kautschuk entsprechen 136 g Reinkautschuk. Zu diesem Verfahren existieren Modifikationen von S. Axelrod?), der den Faktor mit 314 angibt, und von G. Fendler und OÖ. Kühn) Nach diesem wird der Kautschuk mit ToJuol in einem mit Glasstöpsel verschließ- baren 100 ccm fassenden Kolben übergossen, offen in ein Wasserbad gestellt und solange wiederholt geschüttelt, bis Lösung eingetreten

1), 0.0. Weber, Zur Analyse des Kautschuks und der Kautschukwaren. Ber. d. d. chem. Ges. 36, 3, p. 3103 (1903).

:) Veröffentl. aus d. Gebiete d. Milit.-Sanit.-Wesens 1905, Heft 29; Chem. Centralbl. 1905, II, 175, ferner ebd. 1908, I, 2175.

°) Methode zur direkten Bestimmung des Kautschukgehaltes in Kautschuk- mischungen. Gummi-Zeitung 21, 1229 (1908).

‘) G.Fendlerund OÖ. Kühn, Neue Studien über Kautschuk und Kaut- schukuntersuchung. Gummi-Zeitung Dresden 22, 132, 160, 215, 249 (1907). Aus dem pharmaz, Inst. d, Univers, Berlin, Chem, Centralbl, 1908, I, 491,

XV. Gesamtanalyse. 297

ist. Die Lösung wird über Glaswolle filtriert und davon 10 ccm unter Nachspülen mit Tetrachlorkohlenstoff in ein Becherglas gebracht und dieses in die Dämpfe eines siedenden Wasserbades gestellt. Nach Abdunsten des Lösungsmittels wird unter Umrühren mit 50 ccm Tetrachlorkohlenstoff aufgenommen und 50 cem des Bromierungs- gemisches hinzugegeben, dann 24 Stunden bedeckt stehengelassen. Nun werden unter Umrühren 50 ccm absoluten Alkohols hinzugefügt, das Tetrabromid abfiltriert, mit Tetrachlorkohlenstoff + Alkohol, dann mit Alkohol allein gewaschen, bei 50—60 ° getrocknet und gewogen. Erwähnt sei schließlich noch das für technische Zwecke ausreichende Alkaliverfahren, welches im wesentlichen darauf beruht, daß die Zell- membran durch Erhitzen mit starker Kalilauge aufgeschlossen wird, wobei der im getrockneten Ausgangsmateriale bereits koagulierte Kautschuk freiwillig austritt und sich schließlich auf der spezifisch schwereren Kalilauge ansammelt !).

XV. Gefamtanalyse.

In der Regel stellt man einen ernährungsphysiologischen Versuch in der Absicht an, die Veränderungen eines einzelnen Stoffes oder einer Stoffgruppe zu verfolgen, indessen ändern sich bei Veränderung einer Bedingung oder eines Bedingungskomplexes nicht nur die Ver- hältnisse, welche zu der gewünschten Abänderung führen, sondern infolge des bedingten Zusammenhanges aller Stoffwechselprozesse auch andere, nicht in den Bereich des Experimentes gezogene, was dann in Ver- änderung der Form oder Wachstumsverhältnisse zum Ausdruck kommt und sich häufig bei der Analyse auch durch Bildung von abweichenden Stoffwechselprodukten zeigt. So bringt eine Veränderung der Mineral- stoffernährung eine Veränderung des Kohlehydratstoffwechsels mit sich; die osmotischen Verhältnisse der Nährlösung bedingen, wie wir heute wissen, Aufnahme oder Rückwanderung von Mineralstoffen in oder aus der Pflanze, die Darbietung von gasförmigem Formaldehyd hat ein Unterbleiben der Stärkeformation und eine vermehrte Bildung löslicher Zuckerarten zur Folge, Temperaturverschiebungen bewirken gegenseitige Umwandlungen von Fett und Stärke und schließlich verändert sich je nach den äußeren Bedingungen die Enzymarbeit. Daß die Enzym- prozesse qualitativ und quantitativ mit dem Alter und Ernährungs- zustand der Pflanze wechseln, ist selbstverständlich und man sollte schon aus diesem Grunde für vergleichende Versuche nur nach allen Richtungen physiologisch gleiche Pflanzen verwenden. Infolgedessen wäre es richtig, nach Ablauf jedes Stoffwechselversuches nicht nur die Veränderungen jener Stoffgruppen zu studieren, auf deren Veränderung man hingearbeitet hat, oder nicht nur, wie das von den Pflanzen- physiologen in der Regel gemacht wird, sich auf die Messung der Pflanzenteile zu beschränken, also den Wachstumsverlauf zu verfolgen, sondern eine Gesamtanalyse der Pflanzen durchzuführen. Wenn ich

1) Alexander und Bing, Über die Gewinnung von Kautschuk aus getrockneten Kautschukpflanzen. Der Tropenpflanzer, 12. Jahrgang, Nr. 2. Siehe ferner R. Ditmar, Die Analyse des Kautschuksusw., Wien 1908, und desselben Autors Sammelreferat inE.Abderhaldens Biochemischem Hand- lexikon VII,2, Berlin 1912,

298 XV. Gesamtanalyse.

z. B. finde, daß nach Einwirkung der ‚„Laboratoriumsluft‘‘ das Längen- wachstum der Keimpflanze gehemmt ist, dagegen eine starke Ver- diekung eintritt, so sagt mir der ungewöhnliche Habitus zunächst noch nichts über die veränderten Stoffwechselvorgänge; wenn ich aber finde, daß der Turgor solcher Pflanzen stark erhöht ist und weiter eine An- häufung von löslichen Kohlehydraten und Aminosäuren, von Fett- säuren, von Glyzerin konstatiere, so habe ich nicht nur eine plausible Erklärung für die Erhöhung des Turgors gefunden, sondern ich kann auch darauf schließen, daß durch die Laboratoriumsluft die abbauenden Enzyme ihre Arbeit ungehindert oder in verstärktem Maße durchführten, etwa so, wie das beim Unterbinden der regulierenden Plasmatätigkeit der Fall ist, die synthetisierenden Enzyme vielleicht in ihrer Wirksam- keit gestört waren. Vielleicht kann ich durch weitere Analyse das Auftreten solcher Enzymaktivatoren, respektive Enzymgifte feststellen ; wollte ich nun weiter die Verhältnisse der Oberflächenspannung studieren, so könnte ich in deren Veränderungen einen Schritt näher zur Er- kenntnis der Plasmatätigkeit machen und würde vielleicht in der Ver- änderung des Dispersionsmittels der Plasmamembran die Ursache finden, warum gewissen Stoffen der Eintritt und Austritt durch die Plasmahaut ermöglicht oder verwehrt wird und warum also diese oder jene Stoffwechselprodukte entstehen müssen. Die schönen Arbeiten von Lepeschkin, Tröndle, Czapek u. a. zeigen, daß wir durch derartige Feststellungen die Fragen des Stoffwechsels in den Sitz der Plasmatätigkeit selbst verlegen können und daß auf diese Weise auch Reizeffekte, die ja im Grunde natürlich auch nur auf Stoff- wechselveränderungen zurückzuführen sind, ernährungsphysiologisch im weiteren Sinn des Wortes werden erklärt werden können. Wenn ich weiter durch Darbietung von gasförmigem Formaldehyd ein freudigeres Wachstum der Versuchspflanzen beobachte als unter gewöhnlichen Verhältnissen, so gibt mir eine Wachstumsmessung nur eine stärkere Verlängerung der Pflanzenteile innerhalb derselben Zeiten an, aber die chemische Analyse erst zeigt uns, daß die Bildung von löslichen Kohle- hydraten statt der Stärke die normalstärkeführenden Pflanzen ebenso zu rascherem Wachstum veranlaßt, wie das biologisch bei vielen Pflanzen unserer Frühlingsflora, den sogenannten ‚Zuckerpflanzen‘“, schon längst erkannt war, welche die Assimilate auch nicht in Form von Stärke aufstapeln, sondern gleich den Verbrauchsstätten zuführen und welche aus diesem Grunde in schnellerem Wachstum die Erde durchbrechen können. Die weitere Analyse zeigt dann eine Förderung der amylolyti- schen Wirkung durch den Formaldehyd. Die Untersuchung des Mineral- stoffwechsels würde wahrscheinlich auch einige Beiträge zur Erkenntnis des Vorganges liefern und so möchte ich empfehlen, den Ablauf eines jeden Stoffwechselversuchs auf breitester physikalisch-chemischer Basis zu kontrollieren. Man ist heute mit Recht zur Überzeugung gelangt, daß alle Vorgänge im Pflanzenkörper unter gegenseitiger Korrelation verlaufen, daß nicht nur die Nahrung im engeren Sinne wie Mineral- stoffe, Kohlensäure, Stickstoffquelle in gegenseitiger Abhängigkeits- beziehung stehen, sondern daß auch Licht, Feuchtigkeit, Temperatur den Ablauf und die gegenseitigen Beziehungen aller Stoffwechsel- vorgänge bei Veränderung dieser Einflüsse verschieben müssen. Es ist daher folgerichtig ‚”'’daß man sich nur durch die Untersuchung aller in Betracht kommenden Bestandteile des Pflanzenkörpers,@ also nicht

XV. Gesamtanalyse. 299

etwa allein durch Wachstumsmessungen ein Bild von den eingetretenen Veränderungen wird machen können. Ein fernerer Fehler besteht darin, daß man die individuellen Verschiedenheiten zu wenig berücksichtigt, d.h. daß man gewöhnlich woran freilich der Platzmangel und Material- mangel in unseren pflanzenphysiologischen Laboratorien schuld trägt viel zu wenige Individuen für eine Serie von Vergleichsversuchen wählt. Nur durch sehr zahlreiche Pflanzen kann man die Fehler einengen, welche durch individuelle Schwankungen selbst dann eintreten, wenn man für Auswahl von Samen der gleichen Ernte, für Auswahl gleich großer und gleich gesunder Samen gesorgt hat. Das gilt natürlich nicht nur für die Wachstumsmessungen, sondern auch für die chemische Analyse, bei der es ebenfalls auf Mittelwerte ankommt. Hier noch eine Bemerkung. Bei der Wiedergabe der Versuchsresultate sollten die Zahlen immer solche Mittelwerte aus einer Reihe von Parallel- versuchen darstellen und man sollte ein Ergebnis nicht für ein solches halten, wenn es nicht mit mindestens 500-—-600 untereinander ver- gleichbaren Pflanzen gewonnen ist. Wenn man sich dies zur Regel macht, wird auch die für den Leser höchst lästige Wiedergabe von Versuchsprotokollen wegfallen, welche ja nur für den Autor ein Mittel sind, das Ergebnis zu gewinnen, das allein den Leser interessiert. Man könnte durch Wiedergabe einer Zahl statt hunderter dem Leser viel Zeit und Mühe ersparen und überdies die Lektüre viel verständ- licher und übersichtlicher gestalten.

Bei der Gesamtanalyse wird man zunächst darauf zu achten haben, daß zahlreiche Verbindungen sehr leicht zersetzlich sind, daß sie schon, wie die Eiweißstoffe, vielfach beim Trocknen im Trockenschrank zer- fallen, daß also das Trocknen keinesfalls bei allzuhoher Temperatur erfolgen darf. Anderseits muß der Trocknungsprozeß doch wieder bei einer Temperatur erfolgen, die oberhalb des Wirkungsbereiches der Enzyme liegt, weil sonst leicht Enzymhydrolysen während des Trocknens stattfinden könnten. Deshalb ist es z. B. bei der Bestimmung von Glykosiden überhaupt nicht ratsam, das getrocknete Material zu ver- arbeiten, sondern man nimmt die frischen Pflanzenteile und unter- bindet die Arbeit der glykosidspaltenden Enzyme, indem man sie in kochenden Alkohol wirft. Auch bei der Bestimmung der Fette geht man ähnlich vor, indem man die vorher eventuell ausgequetschten oder abgepreßten Samen zuerst mit Alkohol mehrmals auskocht, die ausgekochte Masse gut abpreßt und bei gelinder Temperatur trocknet, dann in einer Mühle fein zermahlt und im Extraktionsapparat mit Petroläther völlig extrahiert. Stehen nur kleine Mengen von Samen oder dergleichen zur Verfügung, so umgibt man sie mit mehreren Lagen Filtrierpapier und preßt sie so in der Presse aus; das Fließpapier saugt dann das herausgepreßte Fett auf und kann später zusammen mit den Samen extrahiert werden. Das Trocknen soll keinesfalls bei höherer Temperatur als bei 110 0 C erfolgen, aber auch bei dieser Temperatur erfolgen häufig Zersetzung organischer Substanz und unkontrollierbare Veränderungen. Die Oxydationsfermente, welche noch bei sehr hohen Temperaturen wirksam sind, färben die Pflanzen meist braun infolge Bildung von Phlobaphenen aus Gerbstoffen, die Extrakte sind dann immer mehr oder weniger gefärbt, aus den Kohlehydraten entstehen schon bei relativ niederer Temperatur Karamelprodukte unter dem Einflusse anderer Stoffe. Deshalb ist es in allen diesen Fällen not-

300 XV. Gesamtanalyse.

wendig, bei einer niedrigeren Temperatur als bei 100° zu trocknen, aber im Interesse der rascheren Trocknung ist es geboten, im Vakuum zu erwärmen. Solche Vakuumtrockenschränke und Exsikkatoren sind heute in ziemlich vollendeter Konstruktion bekannt. Am zweck- mäßigsten erscheint mir der von A. Skita beschriebene Vakuum- exsikkator, der in feinem helmartig gewölbten Deckel zwei Glühlampen aus Rubinglas trägt, die durch Steckkontakt an jede elektrische Leitung angeschaltet werden können und den Exsikkatorraum heizen, während er an die Luftpumpe angeschaltet ist, welche den Luftdruck vermindert. So konnten bei 40 ° C in der Stunde 25 ccm abgedampft werden. Solche Trocknungsapparate lassen sich aber auch direkt aufs geheizte Wasser- bad stellen oder besitzen einen Doppelmantel, in den Wasser ein- gefüllt und auf beliebige Temperatur erwärmt werden kann. Die wasserentziehenden Medien innerhalb des Exsikkators bestehen meistens aus konzentrierter Schwefelsäure, Atzkalistangen, Chlorkalzium, ge- branntem Gips. Will man überhaupt das Erhitzen auf höhere Temperatur vermeiden, so kann man auch chemische Trocknungsverfahren anwenden, indem man das zerkleinerte Material mit feingemahlenem, gebranntem Gips innig vermengt; man kann dann die Masse, aus der der Gips das Wasser an sich gezogen hat, mit irgendeinem mit Wasser nicht misch- baren Lösungsmittel extrahieren. Mit entwässertem Natriumsulfat als Trocknungsmittel habe ich bei anthokyanführenden Organen wie Rosen- blättern u. dgl., gute Erfahrungen gemacht, deren Farbstoff schon beim Trocknen an der Sonne braun und mißfarbig wird. Auch hier ist es übrigens zweckmäßig, die Enzymtätigkeit durch siedenden Ather zu unterbinden. Sehr gute Resultate liefert das Trocknen durch Ein- werfen des Materials in flüssige Luft. Die Pflanzenteile sind nach dem Herausnehmen staubtrocken und können mit Leichtigkeit im Mörser gepulvert werden. Das getrocknete Material muß dann für die Extraktion oder Aschenbestimmung oder für die Sublimation weitgehend zer- kleinert werden, was in Mörsern, Mühlen, Reibschalen mit oder ohne Zufügung eines zerreibenden, scharfkantigen Mediums, wie Quarzsand oder Glaspulver, geschehen kann.

Eine sehr rationelle und elegante Reindarstellungsmethode orga- nischer Substanzen ist de Sublimation, welche durchaus nicht nur auf einige besonders flüchtige Substanzen beschränkt ist, sondern beinahe alle Körperklassen der organischen Chemie umfaßt, wenn man von den Kohlehydraten und Eiweißstoffen absieht. Aber auch viele hochmolekulare Verbindungen sublimieren unzersetzt, wenn man die Operation bei vermindertem Druck ausübt. Sehr zu beachten bei der Sublimation, die man am gewöhnlichsten in kleinen Porzellantiegeln ausführt, die oben mit einem durch Wasserfüllung gekühlten Uhrglas bedeckt sind, ist die Art und der Grad der Erhitzung. Manche Sub- stanzen sublimieren am besten bei sehr rascher Erhitzung, manche besser bei allmählicher. Einen einfachen Sublimationsapparat mit Wasserkühlung kann man sich aus einem Becherglas und einer Eprouvette selbst herstellen, indem die Eprouvette mittels eines Korkes, der auch noch ein Thermometer trägt, in das Becherglas eingesetzt und in die Eprouvette durch ein langes Glasrohr Wasser eingeführt wird, das durch ein kurzes Rohr dieselbe wieder verläßt, so daß die Eprouvette wie ein Kühler wirkt. Auf den Boden des Becherglases kommt die Substanz, welche durch die Heizfläche, auf welche der Apparat gestellt ist, bis

XV. Gesamtanalyse. 301

zu ihrer Sublimationstemperatur erhitzt wird, wobei sich die subli- mierenden Teile an die gekühlten Wandungen der Eprouvette anlegen. Für Sublimation unter Minderdruck verwendet man einen aus drei Teilen zusammengeschliffenen Apparat, bestehend aus einer Birne zur Auf- nahme des Sublimationsgutes, einem längeren Rohr, in dem die Birne durch Schliff festsitzt, zur Aufnahme des Sublimates und einer ab- schließenden Haube zur Verbindung mit der Luftpumpe. Die Er- hitzung der Birne erfolgt am besten im Luftbade eines Trockenschrankes. Wollen wir uns über den Mineralstoffgehalt der Pflanzenteile ein Bild machen, so darf man natürlich nicht die Analyse der Asche zugrunde legen, denn sie enthält nicht nur die ursprünglich in ionisierter Form vorgelegenen Mineralbestandteile, sondern auch die in den zerstörten, organischen Komplexen vorhanden gewesenen Aschenelemente, die also im Pflanzensaft oder im Gewebe direkt durch lonenreagenzien nicht nachgewiesen werden konnten. Namentlich Eisen, Phosphor, Stickstoff, also die mit Eiweißstoffen in Verbindung stehenden Elemente, aber auch andere Mineralstoffe liegen in solcher organisch gebundenen, „maskierten‘‘ Form vor und ihr Nachweis mit Ionenreaktionen kann erst gelingen, wenn die organische Bindung zerstört ist. Ja, es ist sogar wahrscheinlich, daß kein einziger Mineralstoff im Pflanzenkörper in Ionenform wandert, sondern daß er, in den Bereich der Stoffwechsel- prozesse gezogen, sofort in organische Bindung übergeführt wird, und wenn er doch in lonenform auftritt, als Stoffwechselexkret zu gelten hat. Will man sich ein möglichst genaues Bild von dem Vorkommen und der Bindungsweise der anorganischen Bestandteile machen, so muß man mit Wasser und ganz verdünnter (2prozentiger) Salzsäure Extrakte herstellen, welche man nach den für die qualitative und quantitative chemische Analyse geltenden Regeln [Einleiten von H,S, Fällung mit (NH,):S, (NH ,),CO,, also den ‚‚Gruppenreagenzien‘ der analytischen Chemie] untersucht. In solche Extrakte gehen wohl hauptsächlich oder ausschließlich die in anorganischer Form im Gewebe vorhandenen Mineralstoffe hinein, während die Bindung an organische Komplexe intakt bleibt. Nach sorgfältigem Trocknen kann man dann den Pflanzen- rückstand der Veraschung unterwerfen und findet in der Asche die organisch gebunden gewesenen Mineralsubstanzen; oder man führt die Verbrennung der organischen Substanz auf feuchtem Wege durch, wobei allerdings ein Teil der Säurebestandteile (Chloride, Nitrate, Sulfate) der Bestimmung entgeht.

Zu den in der Regel zunächst mit der Pflanzensubstanz vor- genommenen Bestimmungen gehört die Bestimmung der Feuchtigkeit, der allerdings infolge der immer vor sich gehenden Zersetzungen Un- sicherheiten anhaften. Man bestimmt das Wasser der ‚lufttrockenen“ Substanz, d. h. die Feuchtigkeit, welche die zerkleinerten Pflanzenteile beim Lagern im Exsikkator über wasserentziehenden Agenzien bis zum konstanten Gewicht abgeben, und das Wasser des im Trockenschrank bei 110 ® getrockneten und ebenfalls bis zur Gewichtskonstanz daselbst belassenen Materials. (Das Auskühlen nach Herausnehmen aus dem Trockenschrank bis zur Wägung muß ebenfalls im Exsikkator erfolgen. Bei genaueren Bestimmungen wägt man die Substanz zwischen auf- einandergeschliffenen, mit Spange zusammengehaltenen Uhrgläsern; beim Erwärmen und Abkühlen im Exsikkator muß natürlich das eine Uhrglas entfernt werden. Man trocknet entweder im Dampftrocken-

302 XV. Gesamtanalyse.

schrank oder im thermoregulierten Kasten, aber immer im Luftbade, also nie so, daß das Uhrglas direkt auf der erhitzten Metall- oder Asbest- fläche aufruht.)

Über die Art der trockenen und nassen Veraschung sind bereits oben ausreichende Angaben gemacht worden; es sei hier nur auf den sehr zweckmäßigen und dabei einfachen Apparat von E. J. Aps auf- merksam gemacht, der von der Firma Dr. Hodes & Göbel modifiziert und in den Handel gebracht wurde (Fig. 81). Auf einem Dreifuß, dessen Ring R ein rinnenförmiges Kugellager enthält, wird eine die Stützen für die Tiegelhalter tragende Ringscheibe S mit schräger Seitenfläche mittels eines Keilantriebes X in Bewegung gesetzt; die kleine Voll- scheibe s verhindert das Hochkippen von S. Die Träger T sind an der Spitze eingekerbt, um Dreiecke von verschiedener Seitenlänge auf- nehmen zu können. Die Flamme des mit gebogenem Aufsatze ver- sehenen Brenners bespült den Tiegel { von der Seite, so daß auf der Gegenseite stets wieder Sauerstoff zutreten kann. Es lassen sich mehrere Dreifüße dieser Konstruktion nebeneinander aufstellen, ohne daß eine weitere Antriebsvorrichtung nötig ist, da dann die Ring- schichten $ sich gegenseitig in Bewegung setzen, so daß die Scheibe s dann wegfällt. Bei diesem Apparat läßt sich die

Fig. 831. Apparat von Ap.s. Fig. 82. Fig.83. Lockemanns Zerstäubungsapparat. Veraschungstemperatur durch Änderung der Drehungsgeschwindigkeit und durch Verstellung der Flammengröße beliebig regulieren. Hochsiedende Flüssigkeiten, wie konzentrierte Schwefelsäure, Glyzerin, lassen sich so leicht abrauchen und eine Überhitzung einzelner Tiegelstellen läßt sich leicht vermeiden. Das Verflüchtigen von Alkalisalzen und das lästige Ver- spritzen beim Entfernen des Kristallwassers kann vollkommen vermieden werden. Die angekohlte Substanz kann bisweilen durch Zufügung von wenig 3prozentiger Wasserstoffsuperoxydlösung oder reinem (voll- kommen flüchtigen) Ammoniumnitrits zur völligen Verbrennung gebracht werden.

Zum qualitativen Nachweis der Alkalien und Erdalkalien bedient man sich, namentlich wo es sich um sehr geringe Substanzmengen handelt, der Spektralanalyse. Statt die zu prüfende Substanz mit dem Platindraht in die Flamme einzubringen, bedient man sich zweckmäßig der von E. Beekmann angegebenen Methode, welche darin besteht, daß man die Probelösung durch die Bläschen eines entwickelten Gases zum feinen Zersprühen bringt und der Sprühnebel des Salzes mit dem

XV. Gesamtanalyse. 303

zur Unterhaltung der Flamme notwendigen Luftstrom in diese bringt. Dadurch erreicht man eine andauernde Färbung der ganzen Flamme und nicht nur eine flüchtige eines einzelnen Flammenteiles wie durch Platindraht, der sich überdies mitunter schwer vollkommen ausgleichen läßt. Zur Gasentwicklung wird Zink und Salzsäure verwendet, wobei man vorher die kleinen Zinkgranula /f durch Schütteln mit einer 1,pro- zentigen Kupfersulfatlösung und nachheriges Abwaschen mit Wasser aktiviert. Für die Zerstäubung sind eigene, am Bunsenbrenner anzu- bringende Gaszerstäuber konstruiert (Fig. 82), die Luftzuführungsöffnung liest dann innerhalb der kugeligen Erweiterung c des Apparates cbdef. Bringt man in den U-förmigen Teil e des Zerstäubers die zu unter- suchende, mit Salzsäure (nicht Salpetersäure oder Schwefelsäure) an- gesäuerte Salzlösung und einige Stückchen verkupfertes Zink, so zeigt die Bunsenflamme bei a bald die Färbung des zerstäubten Salzes. Der Säurezusatz darf nicht größer sein, als daß die entwickelten Gasbläschen gerade eine Trübung der Flüssigkeit, aber keine Schaumblasen bilden; wäre das der Fall, dann müßte durch Zusatz von Wasser, durch Ein- stellen des Zerstäubers in Eiswasser oder vorsichtigen Zusatz von Ammoniak für Herabsetzung der Gasentwicklung gesorgt werden. Man kann schon mit ganz kleinen Lösungstropfen auf diese Weise Färbungen erzielen, verwendet aber in der Regel zirka 5 cem Flüssig- keit. Sehr bequem erscheint mir die einfache Anordnung von G.Locke- mann, durch die man den Sprühnebel der Salzlösung von außen der Flamme zuführt (Fig. 83). Die angesäuerte Salzlösung bringt man mit einigen Stückchen verkupferten Zinks in ein gewöhnliches Glühröhrchen E und befestigt dieses mit der Klammer K an _ den schiefgestellten Bunsen- brenner; die Öffnung des Glühröhrchens befindet sich etwas ober- halb der Mündung des Brenners, damit dieser durch verspritzte Säure- tröpfchen nicht leidet. Das Spektroskop wird so eingestellt, daß man oberhalb des inneren Flammenkegels in die Flamme blickt. Zweck- mäßig stellt man, um sich die Spektrallinien der einzelnen Metalle einzuprägen, Vergleichslösungen von Salzen her und entwirft deren Spektra parallel in einem Vergleichsprisma. Zum Nachweis von Eisen bedient man sich der Blaufärbung von Ferrosalzen mit Ferrizyankali und der Ferrisalze mit Ferrozyankali oder der Rotfärbung mit Rhodan- salzen. Meist führt man Ferrosalze durch Kochen mit Salpetersäure oder mit Bromwasser in Ferrisalze über; man darf aber nicht die mit Salpetersäure gekochten Lösungen in der Hitze mit gelbem Blutlaugen- salz versetzen, da auch ohne Anwesenheit von Eisensalzen durch die oxydierende Wirkung der heißen Salpetersäure auf das gelbe Blutlaugen- salz Blaufärbung eintreten kann. Auch die Rhodanreaktion kann, in der Hitze ausgeführt, ohne Vorhandensein von Eisen rotbraune Färbungen erzeugen, anderseits kann bei zu großem Salpetersäureüberschuß eine anfänglich infolge Gegenwart von Eisensalzen sich ergebende Rot- färbung wieder zerstört werden. In der Asche, namentlich in der an- dauernd stark geglühten, scheidet sich bisweilen das Eisen als braunes, in Wasser und Säuren unlösliches Oxyd ab, das nach Auflösung der Asche in verdünnter Säure abfiltriert und zur Bestimmung durch Er- hitzen mit konzentrierter Salzsäure oder Schmelzen mit Kaliumbisulfat in Lösung übergeführt werden muß. Bei sehr geringen Eisenmengen kann man zur quantitativen Bestimmung die kolorimetrische Methode verwenden, indem man eine gewogene Menge der Asche in einem be-

304 XV. Gesamtanalyse.

stimmten Volumen verdünnter Säure löst oder das Säuregemisch der nassen Veraschung auf ein bestimmtes Volumen bringt und nun 1 cem einer lOprozentigen Rhodankalilösung zusetzt, wodurch die charakteristi- sche, je nach der Eisenmenge mehr oder weniger intensive rotbraune Färbung erzielt wird. Durch passende Verdünnung von Ferrisalzlösungen bekannten Gehaltes stellt man eine Farbenstufenleiter her, indem man zu jeder der Vergleichslösungen die gleiche Menge Rhodanlösung zusetzt und nun die erzielten Färbungen mit der Färbung der Probe- lösung vergleicht. Mit dieser Methode habe ich die Erfahrung gemacht, daß ihre Fehlergrenze unter 1 % liegt; man kann noch 5 mg Eisen im Liter damit quantitativ genau feststellen. Weniger genau, aber immer- hin noch befriedigend kann man auch das Mangan in den mit Salpeter- säure durch Kochen oxydierten Lösungen bestimmen, die man bis zur Trockene verdampft und wieder mit starker Salpetersäure aufnimmt, indem man die stark salpetersaure Lösung mit einer Messerspitze voll Blei- superoxyd kocht; man läßt absitzen und filtriert die durch Bildung von Übermangansäure violettrot gefärbte Lösung durch Asbest in einen kolorimetrischen Vergleichszylinder, neben welchen man solche stellt, die

% n R mit entsprechenden Verdünnungen von -— Kaliumpermanganatlösung

10 n beschickt sind. 1 ccm 10 KMnO, entspricht 1,1 mg Mangan. Sind

größere Mengen Mangan in der Probe, so versetzt man die ursprüng- liche Lösung der Asche mit Ammoniumpersulfat, erhitzt einige Minuten zum Kochen, filtriert das abgeschiedene Mangansuperoxyd über Asbest und bringt den Asbest samt Niederschlag in ein Becherglas, setzt eine

n R 4 R abgemessene Menge 10 Oxalsäure und verdünnte Schwefelsäure zu,

erhitzt und verdünnt mit kochendem Wasser, worauf man die unzersetzte Oxalsäure mit gestellter Permanganatlösung zurücktitriert. Jeder Kubik- zentimeter der verbrauchten Oxalsäure entspricht 2,75 mg Mangan.

Zur Gewinnung und Bestimmung der in Pflanzenteilen vorhandenen organischen Stoffe wird die Sublimation oder (bei flüchtigen Sub- stanzen) die Destillation, schließlich und hauptsächlich die Extrak- tion verwendet. Zum Ausziehen in der Kälte benutzt man entweder das Ausschütteln im Schütteltrichter mit der Hand oder auf der Schüttel- maschine oder bei der Bewältigung größerer Mengen das Perkolieren, namentlich beim Arbeiten mit Alkaloiden. Man wird bei der Extraktion im allgemeinen immer bis zur völligen Erschöpfung des Materials arbeiten, d.h. solange, bis einige Tropfen des Perkolates keine Reaktion auf den zu gewinnenden Stoff mehr erkennen lassen. Man kann diesen Moment häufig daran erkennen, daß eine anfangs gefärbte Flüssigkeit farblos abläuft. Sind die Extrakte von vornherein farblos, so verdunstet man von Zeit zu Zeit eine kleine Menge des Extraktes auf einem Uhrglas, wo- bei kein Rückstand hinterbleibt, wenn die Extraktion beendigt ist. Fettlösungen kann man auf Papier tropfen lassen und einen Fett- fleck entstehen sehen, wenn noch Fett in Lösung ist. Will- stätter verwendet zur Extraktion von Chlorophylifarbstoff aus getrockneten Pflanzenteilen gläserne Perkolatoren von %—l1 Liter bis 15 Liter Inhalt. Große Perkolatoren aus Steinzeug sind weniger zerbrechlich und billiger, aber wegen ihres größeren Gewichtes schwer

XV. Gesamtanalyse. 305

zu handhaben. Vor dem Einfüllen des Pflanzenpulvers wurde das trockene Mehl mit 0,3 Liter per Kilogramm durchfeuchtet und in hölzernen Bottichen 3—4 Stunden stehengelassen. Dann wurde es gesiebt und in die Perkolatoren eingefüllt, deren Boden zunächst mit einer dünnen Schicht Watte versehen wurde, die als Filter wirkt. Das Material muß ziemlich lose, aber doch gleichmäßig eingefüllt und leicht gestampft werden. Ist es zu fest gedrückt, so verstopft sich das System leicht; ist die Füllung zu locker und ungleichmäßig, dann findet das Lösungsmittel Kanäle, durch die es abläuft, ohne zu extrahieren; die untere Grenze des herabsickernden Lösungsmittels soll einen fast hori- zontalen Kreis bilden. Bei den Perkolatoren mit 3 Liter Inhalt wurde einfach eine 6-Literflasche mit Alkohol umgestülpt und auf den oberen Rand des Perkolators gesetzt; sie entleert sich in dem Maße, als der Alkohol unten abfließt. Für die großen Perkolatoren (mit 9 kg Pflanzen- pulver gefüllt) wurden Flaschen mit je 17 Liter Alkohol hochgestellt, welche aufgeschliffene Helme tragen; eine Glasröhre geht durch den Halm bis fast auf den Boden der Flasche, eine zweite Röhre mündet im Helme, beide führen in den Perkolator bis dicht über die Füllung; dadurch wird der Zufluß des Alkohols automatisch reguliert, der Perko- lator selbst ist oben zur Abhaltung von Feuchtigkeit mit einer ge- schliffenen, mit Schlitz für den Durchzug der Glasröhren versehenen Platte bedeckt. Wann man das Extraktionsmittel ablaufen lassen kann, d. h. wann es gesättigt ist, hängt natürlich von der Menge des zu extrahierenden Materials ab, hier bei den großen Perkolatoren dauerte die Erschöpfung 25 Stunden. Das Ablaufrohr des Perkolators trägt einen Gummischlauch, an dem ein längs des Perkolators aufrechtstehendes Glasrohr befestigt ist, welches als Steigrohr dient.

Die perkolierte oder in der Wärme extrahierte Lösung muß nun vom ausgezogenen Material getrennt werden. Am besten geschieht das durch Zentrifugieren. Wo Zentrifugen nicht zur Verfügung stehen, filtriert man durch Papier- oder Asbestfilter am Büchner schen Nutschtrichter an der Wasserstrahlpumpe. Das Filtrieren geht häufig, wenn schleimige oder die Filterporen verstopfende Substanzen zugegen sind, sehr langsam vor sich. Besser läßt man die Lösung mehrere Stunden ruhig stehen und zieht die oberhalb des Niederschlags befindliche klare Flüssigkeit, ohne diese aufzurühren, mit Pipette oder Heber ab und bringt nur den Rest auf die Nutsche. Jedenfalls presse man diesen Rest ebenso wie auch das Ausgangsmaterial nach dem Perkolieren oder Extrahieren in einer starken Presse ab, da es immer noch erhebliche Flüssigkeitsmengen einschließt. Die Extrakte müssen dann gewöhnlich weiter gereinigt und geklärt werden, sei es durch Filtrieren mittels eines Pukallfilters, sei es durch mechanisches Niederreißen der Trübungs- stoffe durch Kaolin, Bolus oder Kieselguhr, sei es durch Schütteln mit Holzkohlenpulver oder durch Fällen mittels Schwermetallsalze wie Bleiazetat. Bei allen diesen Verfahren muß man sich bewußt bleiben, daß ein verlustloses Arbeiten mit denselben möglich ist. Zum Ab- dampfen des Lösungsmittels bedient man sich am besten der Destillation unter vermindertem Druck.

Die zurückbleibende organische Substanz wird man zunächst auf das Vorhandensein von anorganischen Bestandteilen prüfen, welche zurück- gelassen werden, wenn man die Substanz am Platinblech verbrennt. Um eine Substanz aschefrei zu erhalten, vorausgesetzt, daß es sich

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 20

306 XV. Gesamtanalyse.

um mechanische Beimengungen, nicht um konstitutive Bestandteile handelt, kann man sie fraktioniert lösen oder fällen, bei nicht dialy- sierenden wasserlöslichen Körpern kann man sich der Dialyse bedienen, wobei man zur Erleichterung der Dialyse etwas freie Säure zusetzen kann, falls die Substanz nicht darunter leidet. Man prüft ferner, ob die Substanz Stickstoff, Phosphor oder Schwefel enthält. Zur Prüfung auf Stickstoff erhitzt man 0,05—0,1 g der Substanz in einer trockenen Eprouvette mit einem Stückchen metallischen Natriums, taucht die heiße Eprouvette in Wasser, so daß sie zerspringt und das überschüssige Natrium sich zersetzt und weist in der filtrierten Flüssigkeit nach dem Ansäuren mit Salzsäure das aus der Verbindung der Stickstoffsubstanz mit Natrium hervorgegangene Zyannatrium als Berlinerblau nach, indem man die Lösung mit einigen Tropfen Eisenvitriol und Ferrichlorid kocht. Nicht immer, so bei manchen Enzymen, läßt sich nach Tschirch der Stickstoff auf diese Weise erkennen, sondern man erhitzt die Sub- stanz mit einem Stückchen Atzkali und prüft, ob ein mit Salzsäure befeuchteter Fichtenspan durch die sich entwickelnden Dämpfe gerötet wird (Pyrrolreaktion). Durch Erhitzen mit Natrium läßt sich auch der Schwefel nachweisen; das gebildete Schwefelnatrium erzeugt, mit Wasser befeuchtet, auf einer blanken Silbermünze einen schwarzen Fleck. Durch Erhitzen mit Atzkali und Salpeter wird der Schwefel zu Schwefelsäure (die sich dann mit Bariumchlorid nachweisen läßt), der Phosphor zu Phosphorsäure oxydiert, welche mit molybdänsaurem Ammon oder mit Magnesiamixtur erkannt werden kann.

Die Extraktion des Pflanzenmaterials wird nicht wahllos mit irgend- einem Extraktionsmittel, sondern in Form eines systematischen Ganges nacheinander mit verschiedenen Lösungsmitteln vorgenommen, wobei man mit dem betreffenden Lösungsmittel je 50 g Substanz warm extrahiert und kalt perkoliert. Man extrahiert 1. mit Petroläther (Siedepunkt 35—40 °) oder Äther. Der Auszug enthält Fette, Wachse, Phosphatide, Säureester, Harze, Terpene, Chlorophyll und färbende Substanzen, eventuell Alkaloide und Glykoside. Die letzteren kann man aus dem Petroläther durch Ausschütteln mit angesäuertem Wasser entziehen. Macht man das Wasser alkalisch und schüttelt es wieder mit Petroläther, so geht das in Freiheit gesetzte Glykosid oder Alkaloid in den Petroläther über und kann durch Verdunsten des Lösungsmittels aufgefunden werden. Man wägt das Pflanzenmaterial vor und nach der Extraktion in getrocknetem Zustand und erfährt so die Menge der durch Petroläther extrahierbaren Bestandteile. Von der mit Wasser ausgeschüttelten petrolätherischen Lösung destilliert man den Petrol- äther ab und nimmt den Rückstand mit siedendem 90prozentigem Alkohol auf, in dem sich alle noch vorhandenen Stoffe mit Ausnahme der Hauptmenge des Fettes auflösen. Immerhin geht in den Alkohol auch ein Teil des Fettes über, den man aber durch Abdampfen des Alkohols und Anwendung von Äther, Benzol, verdünntem Alkohol usw, von den übrigen Bestandteilen trennen kann. Man dampft den Alkohol ab und versucht durch fraktionierte Fällung mit Wasser, Äther, Benzol die einzelnen Stoffe voneinander zu trennen, was mit Hilfe von Spezial- reaktionen gelingt.

Den Rückstand von der Extraktion mit Petroläther behandelt man, nachdem man den Petroläther durch Ausbreiten des Materials an der Luft und Erwärmen vollkommen vertrieben hat, mit absolutem

XV. Gesamtanalyse. 307

Äther, der eventuell andere Alkaloide, Glykoside usw. aufnimmt, die man auch wieder, wie vorher, aus dem Rückstand durch Aufnehmen desselben mit Alkohol, angesäuertem Wasser usw. isoliert. Zuletzt zieht man das Pflanzenmaterial mit Chloroform aus, wodurch man für vollkommene Entfernung aller der genannten Substanzen aus den Pflanzenteilen Sorge getragen hat, denn Petroläther, Äther, Chloroform wirken im wesentlichen gleichsinnig. Als nächstes Extraktionsmittel wird 2. 5öprozentiger Alkohol angewendet, der Extrakt enthält Gerb- stoffe, Glykoside, Salze organischer Säuren, einen Teil der Zucker- arten, was man auch wieder mit Hilfe von Spezialreaktionen unter- sucht. Man befreit den Extrakt durch Destillation vom größten Teil des Alkohols und fällt die verbleibende Flüssigkeit mit Äther. Es fallen Gerbstoffe und Alkaloidsalze, die man in Wasser auflösen kann; in Wasser ungelöst bleiben die färbenden Phlobaphene, Zersetzungs- produkte von Gerbstoffen, die in Alkalien löslich sind und aus dieser Lösung durch Säuren wieder ausgefällt werden können. Den Rück- stand von der Alkoholextraktion extrahiert man 3. mit kaltem destil- liertem Wasser, welches die Zuckerarten, Salze, Gummi, Schleim und Eiweißstoffe enthält, soweit sie nicht durch die vorangegangene Be- handlung unlöslich gemacht, bzw. bereits extrahiert worden waren. Man versetzt mit dem gleichen Volumen Alkohol: dadurch fallen Schleim, Eiweiß und ein Teil der Salze aus; man löst wieder in Wasser und trennt die Salze durch Dialyse von Schleim und Eiweiß und durch Erhitzen mit Essigsäure das Eiweiß von Schleim. Durch Kochen mit Wasser wird die Stärke dextriniert, schwerlösliche Schleime, ferner Inulin, Hemizellulosen usw. gehen in Lösung und können durch Alkohol aus- gefällt werden. Schließlich extrahiert man das Pflanzenmaterial 4. mit sehr verdünnter (lprozentiger) Salzsäure oder Schwefelsäure zuerst in der Kälte durch mehrtägiges Schütteln. Schwerlösliche organische Salze, schwerlösliche Alkaloide und Eiweißstoffe gehen jetzt in Lösung. Erhitzen mit verdünnten Säuren erzeugt aus Stärke und Hemizellulosen reduzierende Zucker, welche sich nun im Extrakt vorfinden. Durch Erwärmen mit 5prozentiger Natronlauge zieht man außer Eiweißstoffen Hemizellulosen, Pentosane und andere Membranstoffe aus, auch Phlo- baphene gehen in Lösung. Diese sukzessive Extraktion wird also über die wichtigsten Inhaltskörper Aufschluß geben.

Solche Gesamtanalysenwerte auf Grund von ernährungsphysio- logischen Versuchen wurden von F. Darwin und H. Acton durch- geführt. Man muß sich aber bei solchen Schulversuchen vor Augen halten, daß die Pflanzen sehr große Unterschiede bieten und daß unter denselben Verhältnissen gezogene Pflanzen durchaus nicht immer die- selben oder auch nur ähnliche Ergebnisse bieten müssen. So enthielten einmal die Keimlinge von Onobrychis sativa, welche einige Zeit ins Dunkle gestellt worden waren, kaum Spuren von Amiden und ein andermal konnte nicht eine Spur Weinsäure im Safte von Beta ge- funden werden, welche gewöhnlich hinreichende, leicht auffindbare Mengen dieser Säure enthält. Die qualitative Prüfung des Natronlauge- extraktes von 8S—10 Wochen alten Keimlingen von Onobrychis sativa ergibt größere Mengen von in Wasser unlöslichem Eiweiß und der Extrakt gibt beim Neutralisieren eine reichliche Fällung; die wässerige Lösung enthält ebenfalls einige Eiweißstoffe und bisweilen in wechselnden Quantitäten Peptone und Albumosen, dagegen stets beträchtliche Mengen

20 *

308 XV. Gesamtanalyse.

von Amiden, während Ammoniak, Nitrate und Nitrite gewöhnlich fehlen. Die quantitative, vergleichende Analyse von Samen und Keimlingen bei Onobrychis ergab, auf lufttrockenes Material bezogen:

Rasen Keimlinge normale etiolierte Wasserunlösliches Eiweiß .. 64,3% 17,38 % 3,07% Wasserlösliches Eiweiß . . . . 235% 441495 4,2% Peptone und Albumosen . . . 0,7% 0,5% Aminosäuren . . ; Spuren 0,5% 58,9%

|

Ammoniak, Nitrate, Nitrite. ;

Die Keimlinge enthielten, wenn sie verdunkelt und bei Sauerstoff- ausschluß gezogen worden waren, 2,8°/, Ammoniak, solche, welche in Sandkultur, begossen mit einer !/,prozentigen Lösung von Ammonium- nitrat, gezogen worden waren, 1,3°/, Ammoniak, 1,7 °/, Nitrate und 0,8 °/, Nitrite.

Keimlinge von 15—20 Tage alten Lepidium sativum-Pflanzen liefern ein Öl, welches durch wässeriges oder alkoholisches Alkali un- verseifbare Bestandteile enthält; nach der Verseifung ergaben sich beträchtliche Quantitäten Glyzerin. Die auf Trockensubstanz (ge- trocknet bei 100° C) bezogenen quantitativen Werte sind:

Samen mit einige Keimlinge Samen |mm hervortretenden| mit Samen- Würzelchen resten Gnnd Net, 30,2 %/0 23,7 %o 9,2 0/0 Glyzerin aus der Verseifung von 100 g des bei 100°C getrockneten Materials 3,1 1,8 0,5

Der alkoholische Extrakt der Rinde von Salix viminalis gibt, nach- dem die Rinde vorher mit Benzol extrahiert worden war, um die Harze, färbenden Substanzen usw. zu entfernen, viel Tannin, welches am besten mit Hautpulver gefällt werden kann, ebenso durch mehrmaliges Be- handeln mit Bleiazetat. Von Glukosiden ist gewöhnlich Salizin in leicht auffindbaren Mengen und von löslichen Zuckerarten etwas Dextrose vorhanden. In den jungen, noch unreifen Früchten von Musa sapientum findet man reichlich Gerbstoffe und wenig Zucker, in den reifen beide Verbindungen in großen Quantitäten.

Die Blätter von Tropaeolum majus werden zur Prüfung auf Zucker- arten zunächst mit Benzol, dann mit Alkohol und Wasser ausgezogen. Nach Ausfällung der Gerbstoffe kann Dextrose, Rohrzucker und Maltose (mit Barfoedschem Reagens, 4%, kristallisiertes Kupferazetat und 1% Essigsäure) nachgewiesen werden. Für die quantitative Analyse wählt man Blätter von Beta vulg.. die durch Chloroformdampf getötet und dann getrocknet worden sind. Sie liefern nur wenig oder keinen Zucker. 3—4%, reduzierendem Zucker (Laevulose) aus Inulin findet man dagegen in den Blättern von Cichorium Intybus. In den Wurzeln von Beta, die am Ende des Sommers geerntet wurden, findet man Un- mengen von reduzierenden und Rohrzucker, so daß aus den gereinigten Säften direkt Kristallisation erhalten werden kann, aber wenig oder keine Maltose. Die quantitativen Werte, auf bei 100° C getrocknetes Material

XV. Gesamtanalyse. 309

bezogen, sind: Gesamtzucker (als Glykose berechnet) in den Blättern 0,2%, in den Wurzeln 6,8 %.

Die Bestimmung der Stärke in Kartoffeln ergibt 57%, bezogen auf Trockengewicht, in den Blättern von Acer pseudoplatanus, die am Abend geerntet wurden, im Mittel 4%, in den am frühen Morgen geernteten 2,4%. Die Zahlen wechseln bei den Blättern ziemlich stark, die größten Unterschiede zwischen Tag- und Nachtblättern treten dann ein, wenn auf eine warme, feuchte Nacht ein sonniger, klarer Tag gefolgt ist. Der Betrag an Stärke in Weizenkörnern ist 59,6 %, in Keimlingen, die drei Tage im Dunkeln gehalten worden waren, 3 %.

Zur Prüfung auf freie oder gebundene organische Säuren eignet sich der Preßsaft im Vergleich von jungen und alten Rhabarberblättern oder der von jungen und reifen Äpfeln und am besten Zucker- rübenwurzeln, welche wechselnde Mengen von Essigsäure, Glykolsäure, Äpfelsäure, Zitronensäure, Weinsäure, Oxalsäure, Bernsteinsäure und Akonitsäure enthalten. Die Gesamtazidität des Saftes kann durch

3: mt 5 Titration mit Barytwasser gegen Phenolphthalein und Beziehen auf eine dieser Säuren bestimmt werden.

Azidität, berechnet als Oxalsäure bei jungen Blattstielen von Rheum ra-

DE TTT eE u 0,6 %, bei alten Blattstielen 2,2% \ „2 Azidität, berechnet als Oxalsäure bei " =2

reRrRl Antenne. als ee 1,2% reifen Apfeln 0,3% | 5% reduzierender Zucker bei unreifen 3

Bplolaı ... un a,ue Basta EYE ce En 46 I 85 Rohrzucker bei unreifen Äpfeln... , ax w es Maltose Er LET ET 2 vr

Was die Asche anlangt, so wurde die Gesamtasche bei normalen Kartoffelblättern (4,7%) und bei etiolierten (2,5%) bestimmt. Die vergleichende Bestimmung der Asche von jungen Blättern und Samen bei Weizen ergab 4% P,O, in Blättern, 48,5% in Samen und 21,4%, Alkalien (Na,0, K,0) in Blättern und 7,9% in Samen, be- zogen auf das Gewicht der Gesamtasche. Die Asche von jungen und alten Blättern von Sempervivum ergab 1,3 %, respektive 4,1%, Kalium- oxalat, bezogen auf das Lebendgewicht der Blätter. Zur Bestimmung des Einflusses der allgemeinen Vegetationsbedingungen werden je 15—20 g kräftiger Spirogyra-Fäden A bei 30° C getrocknet und das Trockengewicht bestimmt, die andere Portion B wird in gewöhnlichem Wasser bei hellem Sonnenlicht gehalten. Nach 24 Stunden wird eine Zunahme des Trockengewichtes bei B um 2,6 g gefunden; die Zunahme an Eiweiß (Stickstoff x 6,3) beträgt nach 24 Stunden bei einem Anfangsgewicht von 21,5 g 0,8 g, die Zunahme an Zellulose 1,3 g. Der Einfluß von Mineralstoffdarreichung auf die Stärkebildung kann gezeigt werden, wenn man junge Blätter von Sparganium natans A in destilliertem Wasser, B in einer Nährlösung am Licht bei freiem Luftzutritt mehrere Tage vegetieren läßt. In A ist 0,4 % Stärke, in B 6,5%, in A 1,1% Asche, in B 4,8%, bezogen auf bei 100 C getrocknetes Material. Die Veränderungen, die sich während der Keimung im Reserve- material eines Fettsamens unter verschiedenen Bedingungen geltend machen, lassen sich folgendermaßen veranschaulichen: Es werden drei Portionen zu zirka 10g, A, B,C, von lufttrockenen Hanfsamen genommen,

310 XV. Gesamtanalyse.

Vergleich der Trockensubstanzen bei in H,CO

E In In

De

wu

or

—]

10 11

ei [SW

ee es

15

Ela | 3 [Se x N er H,C0O = H,CO = RB, 1 38 = E Kulturbedingungen ne = Eine = ohne = , = CO, z CO, zZ CO, | 2 CO, z Datum 3. Mai | 14. Mai | 19. Mai | 24. Mai

1] Trockengewicht von zehn | |

Samen. Bei den Formal- dehydpflanzen sind alle Werte aus 20 Exemplaren | für 10 berechnet. . . .| 3,379 13,39 | 3,489 3,0993 | 2,7018 |2,7947 | 2,6972 | 2,565

Trockengewicht der Testa| 0,602 0,5045 | 0,3662 ‚0,5846 0,199 0,2142 | 0,236 | 0,29

Trockengewicht der Samen

ohne Testa demnach . .| 2,777 12,8855 3,1228 [2,5147 | 2,5028 12,5805] 2,4612 | 2,275

Trockengewicht der Ko- tyledonen nach dreitägi- | ger Kultur der Pflanzen| 1,442 0,8655 | 1,8517 /1,5886 | 0,9018 |1,1146 | 1,699 | 2,036

Gewicht des Embryo dem- | BR, 1,335 2,02 1,3058 0,9261 | 1,601 1,4659 | 0,7622 | 0,239

Trockengewicht d.Wurzeln| 0,2669 0,2206 | 0,322 0,2832 | 0,5016 0,378 | 0,457 | 0,3459 Trockengewicht der ober- | | irdischen Organe. . . .| 0,5948 0.5488 | 0,43 0,5445 | 0,5576 |0,51 0,3493 | 0,3055

Trockengewicht der ganzen Pflanzen demnach . . .| 0,8617 |0,7694

0,752 ‚0,8277 | 1,0592 0,888 | 0,3063 | 0,6514 In Prozenten des testalosen

Samens ausgedrückt ea.| 31% 26,6%] 24% | 3290 42% | 3490 | 32,8%0 | 28,6°/o In Prozenten des Embryo] 64,3%/o | 380 | 57,6% | 89% | 66% | 60% | 106% | 273%/0

Bei normaler Kultur hätten die Samen nach ihrem Gewicht entsprechend | den normalen Pflanzen | |

ausbilden müssen . . .| 0,7669 0,7694 | 0,9317 | 0,8277| 0,8585 0,888 0,685 | 0,6514 Tatsächlich haben sie aus- | gebildet er nn her 0,8617 0,7694 | 0,752 | 0,8277| 1,0592 | 0,888 | 0,8063 | 0,6514

Differenz ........ ..[40,09488| [-0,179°7| [+0,2007]| |+0,1213]

Entsprechend dem Embryo- | nalgewicht der normalen | Pflanzen hätten sie aus- |

bilden müssen ... .. . .| 0,5085 '0,7694| 1,166 0,8277 | 0,968 |0,888 | 2,0774 | 0,6514 Differenz . 2.2.2.2... .|#0,85321 [04141 |+ 90912 _ em 2

B und auf feuchten Asbestplatten keimen gelassen und, wenn die Plumula eine Länge von 2—3 cm erreicht haben, wird B in eine Kultur- glocke bei Ausschluß von Kohlensäure gebracht, C unter dieselben Bedingungen, jedoch bei wngehindertem Zutritt von Kohlensäure,

XV. Gesamtanalyse. 311

ohne CO, und normal gezogenen Pflanzen.

In | In gr In In = In In = In In = H,CO | H,CO Ss H,CO | H,C0O S H;CO | H,CO Ss H;CO | H,CO | = ohne | ohne a ohne | ohne 5 ohne | ohne 3 ohne , ohne 5 CO, CO, zZ CO, CO, zZ [0/07 CO, zZ CO, 00,21%

30. Mai | 7. Juni | 1l. Juni 25. Juni 2,5667 | 2,7111 12,7778| 2,9118 | 2,9948 |2,6772]| 2,8754 | 3,005 2,9329 | 2,55646| 2,3739 | 2,6067

0,2937 | 0,2341 0,2415 | 0,361 | 0,4831 0,22 0,2285 | 0,5142 0,2919 | 0,4243 | 0,371 | 0,217

D D&D I] w

2,477 2,5363 2,13216| 2,0029

[) wo 16°) Io) [I

, I

2,5508 | 2,5117 En 2,6469 | 2,4908 12,461

1,133 | 1,6288 11,425 | 2,248 |2,1047 [2,0878 | 1,8656 | 1,8578 2,0293 | 0,20316| 0,2339 | 0,

[03 = »> Sr

1,14 | 0,849 us] 0,3028 | 0,407 osso« | 0,7813 | 0,633 osı97| 0020 1,269 2,1152 0,2081 | 0,543 0,4732] 0,085 | 0,1073 0,068 | 0,2132 | 0,1843 /0,143 |0,59 | 0,5822 | 0,4705

0,4031 | 0,169 10,221 | 0,1245 0,1 0,1295 | 0,4298 | 0,1518 0,1745 | 1,18 1,1643 | 0,9412

0,6112 | 0,712 0,6942 | 0,2095 | 0,2073 | 0,1975| 0,643 | 0,3361 0,3175 | 1,77 1,7465 | 1,4117

00 ©

SS

o

26,90 | 29% | 27%0 | 9%o 80/0 24%/0 | 13,5%0 | 12% | 83%o | 87%, | 5990 54% | 83,9%0 | 62%/0 | 69% |50,6%0 | 53% | 82,5%0 | 53,30/0 | 51%/o | 92%0 | 99% | 66,6°/0

0,6414 | 0,677 0,6942] 0,2144 | 0,2209 0,1975 | 0,3182 | 0,3235 |0,3175 | 1,3044 | 1,2853 | 1,4117

0,6112 | 0,712 0,6942] 0,2095 0,2073 0,1975 | 0,643 | 0,3361 10,3175| 1,77 | 1,246 | 1,4117 - 0,0302] +0,035| |-0,0049j+0,0136| |+0,3248/+0,0126| |+0,3856|+0,4607]

0,7121 | 0,5303 |0,6942| 0,162 0,2176 0,1975 | 0,4003 | 0,3243 0,3175 | 1,2874 1,1806 | 1,4117 —0,1009|+0,1817| |+9,0475-0,0103 1|+0,2427|+0,0118| Fe #0] %

B und C werden 14 Tage bei günstigem Licht und zusagender Tempe- ratur gehalten, dann durch Chloroformdampf getötet und bei 25 bis 30° getrocknet. Die Trockengewichte der drei Proben nach dem Versuch sind:

312 XV. Gesamtanalyse.

Trockengewicht 1 0% > £ en g | Eiweiß (Gesamtstickstoff 6 ae R 21,2% 14,6 % | 28,4% bezogen auf Öl und Fett... u NY a 6,2% | aus bei 30° Stärke . TEE ENTE: 7)1,3% getrocknete Zellulasg, «is - Kane alt: 18,6 % | 63,1 % | 25,5 % Material Kuckor - . - zus Berne u Spuren | Spuren |

Über die Beziehungen zwischen Eiweiß, Fett, reduzierendem Zucker und Inulin bei Samen und im Licht, respektive Dunkeln gewachsenen Keimlingen von Cichorium Intybus geben folgende Zahlen ein Bild:

Dunkelkeimung:

| 28 | 88 | ä „S id B) “13 Größe der ER 22 S 3 ES Er = 2 K l ar eo > r De Pe} ® en Keimlinge | 53 | 85 & 3 se je) 2 %o | % %o %o 0/0 | | | Samen | 3,49 | 1,4 17,8 1,2 | 0,84 | 0,98 | 7,01 nach 2 Tagen | Würzelchen . . 0,5—1 cm | 3,74 | 0,71 | 10,0 | 1,2 | 0,42 | 0,84 | nach 4 Tagen Stengel| 0,5—1 cm | 3,32 0,7 92! 6,8| 2,03 | 0,95 | KT REN Es 1—2 cm 3,36 | 0,6 7,4| 3,2! 3,34 | 1,82 | a = 2,5—3,5em. 3,5 0,6 6,5 5,8 | 2,86 | 2,00 | "1012 2555 de 3,5—5 cm | 3,2 0,6 5,8 6,3 | 2,12 | 2,86 | Lichtkeimung: nach 3 Tagen . . höchstens l cm 3,0 1,7 10,8| 39| 2,57 0222 ra) mar .„. 12m |36 |18 | 67| —| 15 | |— X 2 RR 2—3 cm 2 STE E50 750 | 0,5 12 Ar Er 3—4 cm —| 4,9 2,8 2,1

ie

Es zeigt sich also schon nach zweitägiger Keimung eine rapide Verminderung von Fett und Monosen, während das Inulin relativ wenig abnimmt. Schon nach vier Tagen ist auf Kosten des Fettes das Drei- fache des ursprünglichen Samenzuckers gebildet. Bei der Lichtkeimung vermindert sich der Fettgehalt schneller als bei der Dunkelkeimung, der reduzierende Zucker hat auch hier nach dreitägiger Keimung stark zugenommen, aber die Kondensation zu Inulin erscheint im Lichte ge- hemmt; nach sechs Tagen ist überhaupt kein Inulin vorhanden, da das Reserveinulin bei der Keimung verbraucht, neues aber noch nicht gebildet wurde. Wir sehen also Fett in reduzierenden Zucker über- gehen, dieser wird aber nicht wie bei der Dunkelkeimung neben dem Aufbau von Zellsubstanz zu Inulin kondensiert, sondern offenbar gleich im Baustoffwechsel weiter verarbeitet, in den auch das vorhandene Inulin eingeht. Was die Beträge an reduzierendem Zucker und Inulin in den einzelnen Pflanzenorganen anlangt, so sind in der Mittelrippe von im Freien kräftig erwachsenen Zichorienpflanzenblättern durch- schnittlich 9,5 % Lävulose und 3,5 % Inulin enthalten, in der Blatt- spreite 2,8 0, Lävulose und 3 % Inulin, in der Wurzel 1% Lävulose und 52%, Inulin. Bei Blättern, welche des Morgens und Abends unter- ah wurden, fand sich im Gegensatz zu den Stärkeblättern (in welchen

XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 313

am Morgen die Stärke zum größten Teil zu Zucker hydrolysiert ist, so daß am Morgen keine Stärke vorgefunden wird) kaum ein Unter- schied im Betrage von Lävulose und Inulin, bei der Wurzel geht mit dem Verlaufe der Vegetationsperiode eine sukzessive Anreicherung an Inulin vor sich, während der Lävulosebetrag gleichzeitig bis zu einem Minimum abnimmt, um von da, entsprechend einem Gleichgewichts- vorgang zwischen Inulin und Lävulose wieder zuzunehmen:

In Prozent der | Blattspreite ie Wurzel Tage alt n attstie BerEensnbstanz morgens] abends morgens | abends b5) | 62 | 74 | 3 | 120 Lävulose 2,64 | 2,9 9,8 9,4 4,3 3,4 | 2 0,9 4,94 Tinlin. .... 2,9 2,9 3,7 4,24 21, 30,6 | 48,9 | 52,29 | 60,85 Bee... 2,2 3991 207° 723,93, 22 , 12 Iha! 0,971,.031

Über die Verhältnisse, die sich im Trockengewicht der einzelnen Pflanzenteile ausdrücken, nachdem die Pflanzen unter abnormalen Be- dingungen erzogen worden sind, gibt die Tabelle auf p. 310, 311 Aufschluß. Die Pflanzen waren hier je 14 Tage in Formaldehyddampf von zirka 0,05 Vol.-Proz. bei Ausschluß von Kohlensäure gezogen worden, die aus dem Kulturraum durch konzentrierte Atzkalilösung entfernt worden war. Es war schon früher davon die Rede, daß bei Phaseolus vulgaris die Verluste an Trockensubstanz durch Atmung so groß sind, daß eine Vermehrung der Trockensubstanz gegenüber dem Samengewicht vor dem 20. Kulturtage nicht eintritt. Daher ist auch in den genannten Versuchen stets ein Minus zu konstatieren, welches aber bei den Form- aldehydpflanzen in der Regel kleiner ist als bei den normalen oder gar kohlensäurefrei gezogenen. Wenn man nicht an eine Depression der Atmung durch Formaldehyd und damit eine dauernde Instandhaltung des Trockengewichtes denken will, was mit den Erfahrungen mit Ather und anderen Stimulantien nicht in Einklang stünde, kann man aus dieser Beobachtung wohl auf eine Trockensubstanzvermehrung auf Kosten des Formaldehyds schließen. Durch Vergleich der Daten für die Ge- wichte von Samen- und Pflanzentrockensubstanz sind die Proportionen gegeben, welche zu berechnen gestatten, was die einzelnen Serien bei normaler Kultur gebildet haben müßten und was sie mit Formaldehyd ohne Kohlensäure tatsächlich an Trockensubstanz ergeben haben.

XVI Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.

Keine ernährungsphysiologische Arbeit dürfte mit höheren Pflanzen ausgeführt werden können, wenigstens soweit es sich um organisches Nährsubstrat handelt, solange es nicht möglich ist, die Kulturen steril zu halten. Aber selbst in anorganischen Nährlösungen ist es auf die Dauer schwer, Infektion hintanzuhalten, da abgestoßene Wurzelanteile oder abgestorbene Pflanzenteile die Veranlassung zur Ansiedelung von Mikroorganismen geben.

Gerade die Aufzucht von normal autotrophen Pflanzen in Nähr- lösungen, denen organische Substanzen beigegeben sind, ist ein Problem, dem viele neue Beobachtungen und Fragestellungen erwachsen dürften. So habe ich es mit Rücksicht darauf, daß die Wurzeln der höheren Pflanzen ihre Nährstoffe dem Substrat in Ionenform entnehmen, und

314 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.

mit Rücksicht auf die starke Herabsetzung der Giftwirkung von sonst toxischen Elementen in wenig dissoziierten Verbindungen versucht, die Bestandteile der normalen Nährlösung bei höheren Pflanzen durch wenig oder gar nicht dissoziierte organische Verbindungen zu ersetzen, also z. B. KNO, durch Kaliumstereat und Äthylnitrat usw., aber wie- wohl höchst interessante Erscheinungen auftreten (Bohnen wachsen z. B. ausgezeichnet in Schmierseife und bilden ein ganz merkwürdiges Wurzelsystem aus), konnten doch keine publikationsfähigen Resultate erhalten werden, da trotz aller Vorsichtsmaßregeln sehr bald Pilz- infektion und damit eine unkontrollierbare Veränderung der Nährlösung eintrat. Zu welchen Irrtümern mangelnde Sterilität der Pflanzenkulturen führt, beweist eine ausgedehnte Untersuchung von Lef&vre, welche die Lösung der Frage bezweckte, ob die Pflanzen auch bei vollständigem Mangel an Luftkohlensäure ihren ganzen Kohlenstoffbedarf aus Aminosäuren, wenn diese ihrem Nährsubstrat hinzugefügt werden, zu entnehmen imstande sind und ihre Gewebe damit aufbauen können. Auf Sterilhaltung der Kulturen wurde kein Gewicht gelegt, weil, wie Lef&vre ausführt, die verwendeten Aminosäuren und Säureamide bei Gärung und Fäulnis als letzte Produkte der Bakterientätigkeit auftreten, demnach kein Substrat ihres Stoffwechsels bilden könnten. Meine Nachprüfung dieser Untersuchungen !), aus welchen Lefevre den Schluß gezogen hatte, daß höhere Pflanzen bei Ausschluß von CO, ihren gesamten Kohlenstoff- und Stickstoffbedarf dem Aminosäuren- substrat entnehmen können, ergab, daß höhere Pflanzen in kohlensäure- freier Atmosphäre auch bei Vorhandensein von Aminosäuren zugrunde gehen, sobald ihre Reservestoffe aufgebraucht sind, vorausgesetzt, daß für möglichst sterile Kulturen gesorgt wird. In den Versuchen des französischen Forschers aber hatte das Moos, welches als Substrat benutzt wurde, in seiner Atmung Kohlensäure abgegeben und Boden- bakterien hatten aus den Aminosäuren Ammoniak freigemacht, welche beiden dann von den grünen Keimlingen zum Aufbau ihrer Körper- substanz verwendet worden waren.

In meinen Versuchen wurden die lufttrockenen Samen mit einer

1 0/,o. Sublimatlösung mit der Bürste gerieben, dann in sterilisiertem, destilliertem Wasser sorgfältig abgespült und dann in der bekannten Hansenschen Kammer auf Filtrierpapier keimen gelassen, das vorher im strömenden Dampf sterilisiert, steril in die Kammer gebracht und mit sterilisierttem Wasser befeuchtet worden war. Die Kulturgläser wurden im Dampftopf sterilisiert, mit Filtrierpapier umwickelt zur Kammer gebracht, von der Hülle befreit und rasch hineingeschoben. Drinnen wurden sie mit Organtin bespannt und mit der vorher bereiteten und sterilisierten organischen Lösung beschickt. Dann wurden nach Entfernung der Testa die Bohnen durch die Maschen gesteckt und nun möglichst rasch in die mit Sublimat gewaschene, völlig adjustierte und neben die Kammer aufgestellte Glocke gebracht. Nach jeder Sublimat- waschung muß natürlich sorgfältig mit sterilisiertem Wasser nach- gespült werden. Zwischen Testa und Samen sitzen die Bakterienkeime besonders hartnäckig fest; es ist deshalb zweckmäßig, die abgezogenen

I) V, Grafe, Untersuchungen über die Aufnahme von stickstoffhaltigen organischen Substanzen durch die Wurzel von Phanerogamen bei Ausschluß der Kohlensäure, Sitz,-Ber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien 118, (1909).

XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 315

Samenschalen sofort in ein innerhalb der Kammer befindliches Gefäß mit Sublimatiösung zu werfen und die angekeimten, von der Testa befreiten Samen vor dem Hineinstecken in den Organtin noch einmal kurz in sterilisiertes Wasser zu tauchen und dort leicht mit Filtrier- papier abzureiben. Das Hantieren innerhalb der Hansen schen Kammer wird leicht und völlig steril durch eng an den Armen anliegende ziehharmonikaartige Kautschukmanschetten ermöglicht, die an den beiden seitlichen Fenstern der Kammer befestigt sind und durch welche die nackten Arme durchgesteckt werden, nachdem alles (Arme, Man- schetten, Fenster usw.) gründlich mit Sublimatlösung und Bürste ab- gerieben wurde. Durch den paraffinierten Kork der Kulturglocke ragt ein geräumiger Tropftrichter, der mit der sterilisierten Nährlösung beschickt wurde und statt des Glasstöpsels oben einen gedrehten, abgeflammten Wattepfropf trägt, wie er für die in der bakteriologischen Technik verwendeten Eprouvetten gebraucht wird. Statt der 1 °/‚igen Sublimatlösung bewährt sich besser eine 1 prozentige Bromlösung wegen ihrer stärkeren Desinfektionskraft und wegen des Umstandes, daß das verdunstende Bromgas auch den Luftraum der Hansenschen Kammer sterilisiert. Eine ähnliche Methodik wurde auch von Grafe und von Portheim!) mit Erfolg angewendet.

In neuerer Zeit hat sich Iw. Schulow der Frage angenommen, wie es möglich wäre. Kulturen steril zu erhalten, bei denen die Sprosse aus den Behältern normalerweise in der freien Luft sich entwickeln, wobei die Infektion des Substrates sehr leicht geschehen kann. Ich gebe im folgenden Schulows Schilderung der Methode wieder ?):

Hohe Glaszylinder enthielten je sieben Liter recht verdünnter Nährlösung. In jedes Gefäß wurde oben dicht auf Watte ein Holz- deckel miteingebohrten (zu zwei großen und zwei kleineren) Öffnungen hineingedrängt. Diese Rundplatte adhärierte an den Gefäßwandungen vermittels dreier daselbst eingeschraubter Häkchen. In die breiten Öffnungen wurden alsdann auf Watte (zu je zwei auf ein Gefäß) zylindrisch kegelförmige Röhrchen r (Fig. 84) hineingesteckt, während in die eine der engen Öffnungen ein langes Glasröhrchen eingeführt wurde, das fast bis an den Boden des Gefäßes reichte und von außen mit einem großen Pfropfen aus Watte und Abzweigungen versehen war, während die andere Öffnung ein kurzes Röhrchen trägt. Das lange Rohr dient zum Ausblasen der Luft, seine Ab- zweigung zur Entnahme von Proben des Substrates vor Abbruch des Versuches, um die Sterilität festzustellen. Das kurze Röhrchen läßt die Verbindung mit dem kleinen Kolben herstellen, in dem sterili- siertes Wasser oder Nährlösung sich befindet, die so steril in das Kultur- gefäß gebracht werden können. In das zylindrisch kegelförmige oben durch Schlauch k und Quetschhahn v verschlossene Röhrchen, das unten mit einem Netz n umbunden wurde, trat bis zu letzterem ein etwas längeres, zylindrisches Glasröhrchen, um das sterilisierte und gequollene Samenkorn aufzunehmen. In den unteren Teil des äußeren Rohres bis zur Höhe von 7—8 cm vom Netz wurde Watte w, in kleinen Bäusch-

!) V.GrafeundL.v. Portheim, Untersuchungen über die Rolle des Kalkes in der Pflanze. Sitz.-Ber. d. kais. Akad. d. Wiss., Wien 115 (1906).

:2) J. Schulow, Zur Methodik steriler Kultur höherer Pflanzen, Ber. d. deutschen bot. Ges. 29, 504 (1911).

316 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.

chen untergebracht, welche nicht allzustark zusammengedrückt wurde. Oberhalb dieses Vorrates von Watte wurde ein (zirka 1 cm) Zwischen- raum zw belassen, durch den das innere Rohr sichtbar wurde, und noch höher, bis zum Ende des breiten Rohres K, befand sich ein kompakter Pfropfen aus Watte w, in welchen bis zur unteren Watte drei Glasstäbeg eingelassen wurden, die nach oben so weit hervorragen, daß man nach- träglich mit ihnen möglichst gut die untere Watte verdichten konnte. Die dergestalt montierten Behälter (überdies noch von oben mit einer genügenden Schicht Watte bedeckt) wurden dreimal jedesmal zwei Stunden lang vermittels Dampfes bei 100 ® sterilisiert, alsdann mit speziellen Samensterilisatoren verbunden, mit deren Hilfe die Körner mittels Bromwasser 20 Minuten sterilisiert, ausgewaschen und gequollen, in das innere zylindrische Röhrchen eingeführt wurden. Am achten bis zehnten Tage vom Beginn des Hervortreibens der oberirdischen Teile des Keimlings sp an erheben sich dieselben innerhalb dieses Röhrchens und gelangen in den Zwischenraum inmitten des Vorrates von sterili- sierter Watte ober- und unterhalb des breiten äußeren Rohres. In diesem Moment fand die Befreiung des Keimlings statt, und zwar folgen- dermaßen: Allmählich, zu %, cm auf einmal, wurde das innere zylindrische Röhrchen em- porgehoben und nach je- weiligem Emporheben die untere Watte möglichst stark mit den Glasstäben festgedrückt. Der große Vorrat an Watte des zylin- drischen Teiles im breiten Rohr wurdeaufdieseWeise in’ die’ sich verengende halbkugelförmige Abtei- lung gedrängt und mög- Fig. 84. Schulows Sterilzucht. lichst vollkommen zur

Ausfüllung derselben, so-

wie als Hülle für Samen und Sproß ausgenützt. Diese Manipulation kann bequem und gründlich durchgeführt werden, da ja oberhalb sowohl die Stäbchen als auch die obere Watte allezeit sterilisiert ver- blieben. Durch den Zwischenraum konnte bequem der Gang des Ein- pressens beobachtet werden. Sobald die Schicht der unteren Watte nicht gehörig hoch erschien, konnte man sie aus dem oberen Vorrat ergänzen (mit dem Stäbchen wurden Flocken aus dem letzteren los- gerissen und an die untere Watte gezwängt). Sobald sämtliche Be- obachtungen, die man durch den Zwischenraum vornehmen kann, da- für sprachen, daß der Keimling zuverlässig mit Watte umhüllt sei, wird das innere Röhrchen sowie der Rest; des oberen Wattevorrates entfernt. Auf der beigefügten schematischen Abbildung sind einige Stadien dieser Operation skizziert. Zeichnung 1 zeigt die integrierenden

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XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 317

Details der Geräte und auch, daß der Keimling durch den Zwischen- raum nach Befreiung verlangt. Zeichnung 4 zeigt den völlig befreiten Keimling, während 2 und 3 verschiedene Übergangsstadien darstellend, die Entfernung des innern zylindrischen Röhrchens neben gleichzeitiger allmählicher Verdichtung der unteren Watte veranschaulichen, wobei die Stäbchen zum Einhüllen des Keimlings in Watte benutzt werden. Das Resultat der Sterilität beträgt 75 %.

Eine andere Methode ist für Wasserpflanzen von G. Pollacei ausgearbeitet und beruht auf der relativen Unempfindlichkeit grüner Pflanzen gegenüber H,O,, welches niedere Organismen stark schädigt. Bevor die Beschreibung der einfachen Apparatur vorgenommen wird, sei darauf hingewiesen, daß sich auch gasförmiger Formaldehyd zur Sterilisierung grüner Pflanzen eignen dürfte, da derselbe bei intensiv bakteriziden Eigenschaften von höheren Pflanzen in Konzentrationen von 0,1 Volumprozenten vertragen wird !), wofern absolut reiner Form- aldehyd angewendet und für sorgfältigen Abschluß der Kulturerde oder Nährlösung vor dem Eindringen des Gases gesorgt wird. Freilich er- scheinen die enzymatischen Leistungen so behandelter Pflanzen nicht ungeändert), die Pflanzen also, obwohl nicht geschädigt, doch nicht mehr normal.

Bach und Chodat machten die Beobachtung ?), daß entgegen der Anschauung von O0. Loew, reines Wasserstoffsuperoxyd, wenn es nicht allzustark konzentriert ist, für das lebende Protoplasma kein Gift vorstellt. Setzt man eine höchstens lprozentige H,O,-Lösung einer Salpeterlösung zu, so erzeugt diese normale Plasmolyse. Dagegen übt Wasserstoffsuperoxyd auf Mikroorganismen noch in großer Ver- dünnung sehr schnell vernichtende Wirkung aus. Untersucht wurden Wasserpflanzen wie Lemna, Salvinia, Azolla, Nymphaea usw., die zum Teil sehr zarte Wurzeln besitzen. Die Pflanzen können für kurze Zeit ganz untergetaucht und dann mit sterilisiertem Wasser nachgewaschen werden. Bei den Versuchen wurde je eine der gebadeten Pflanzen in eine entsprechende Nährlösung, die andere in sterile Gelatine gebracht, wobei einerseits die vollkommene Sterilisation, andrerseits die voll erhaltene Lebensfähigkeit der Pflanze sich zeigte. Der Grad der Kon- zentration des zu verwendenden H,O, und die Dauer der Sterilisation hängen natürlich von der Art der Pflanze ab. Der verwendete ein- fache Apparat ist folgender (Fig. 85):

Ein Gefäß Fl von sterilisiertem Glas mit einigen Litern Fassungs- raum mit einem oberen und einem unteren Tubus ist mit sterilisiertem Wasser gefüllt, mit dem die erste Waschung vorgenommen wird. Der obere Tubus trägt sterilisierte Watte, der andere vermittelt die Ver- bindung mit einem andern Gefäß w, durch eine bis auf den Boden von mw, reichende Röhre, die den Zulauf besorgt, während der Ablauf in die nächsten Gefäße w, und w, auf dieselbe Weise geschieht. Jedes

1) V. Grafe und L. v. Portheim, Orientierende Untersuchungen über die Einwirkung von gasförmigem Formaldehyd auf die grüne Pflanze. Ost. bot. Zeitschr. 1909. V. Grafe und Emmy Vieser, Untersuchungen über das Verhalten grüner Pflanzen zu gasförmigem Formaldehyd I. Ber. d. d. bot. Ges. 27, 431 (1909). V. Grafe, Untersuchungen über das Verhalten usw. II. Ebd. 29, 19 (1911). V. Grafe, Die biochemische Seite der Kohlensäureassimilation durch die grüne Pflanze. Biochem. Zeitschr. 32, 114 (1911).

®) BachundChodat, Ber. d. deutschen chem. Ges. 35, 1275, 2466 (1902).

318 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.

dieser Gefäße trägt in einer dritten Bohrung ein Glasrohr, das auch wieder sterilisierte Watte trägt, so daß die Luft, ohne Keime mitzuführen, die Gefäße passieren kann. In das zweite Gefäß die Gefäße sind, wie man sieht, stufenförmig angeordnet kommt das zu sterilisierende Pflanzenmaterial. Man läßt nun den Strom des sterilisierten Wassers durch Offnen des Hahnes aus dem großen Gefäß durch die übrigen laufen, die Pflanzen können so hinlänglich gewaschen werden, ohne mit der äußeren Luft in Berührung zu kommen. Unter Benutzung eines genügend weiten Abflußrohres kann man die kleinen Pflanzen, welche gut gewaschen worden sind, direkt aus w,, ohne dieses Gefäß zu öffnen, herausspülen. Das Material kann so nach w, gebracht werden, welches Gefäß zum eigentlichen Wa- schen mit H,O, bestimmt ist. Vorher wird durch den Schlauch am unte- ren Tubus von ı, das Wasser heraus- gelassen und statt dessen durch ein mit Hahn versehenes Trichterrohr von obon die Wasserstoffsuperoxyd- lösung zufließen gelassen, mit dem Pflanzenmaterial eine bestimmte Zeit in Kontakt gelassen, um dann, ebenso wie früher das Wasser, durch den unteren Tubus entfernt zu wer- den. Nun wird wieder aus Fl mit reichlichen Mengen - sterilisierten Wassers nachgewaschen. Aus Fl gelangen die Pflanzen auf dieselbe Weise wie früher nach w,, wo das Wasser abgelassen und wie früher das Wasserstoffsuperoxyd nach ı,, so hier die Nährlösung eingefüllt wird. w, wird dann steril abgelöst und dient direkt als Kulturgefäß. Salvinia verträgt eine 45 Minuten | dauernde Behandlung mit 3prozen- Fig. 85. Sterilisierapparat nach Pollaci. tigem H,O, und noch 30 Minuten mit 3,6prozentigem, Lemna major 45 Minuten mit 1,8prozentigem und 5 Minuten mit 3,3 prozentigem, aber nicht mehr mit 3,6prozentigem H,0,.

Die große Widerstandskraft ungequollener Samen gegen trockene Wärme bringt es mit sich, daß man sie, z. B. Erbsen, ohne weiteres im Dampfdrucktopf sterilisieren kann (mit überhitztem Wasserdampf von 120° C durch zehn Minuten). Bei seinen Versuchen mit Giften, deren Einwirkung auf die Keimung untersucht wurde, fand Arcichovskij, daß die Resistenz der Samen gegen Entwicklung von Mikroorganismen durch die Gifte herabgesetzt wird, was die Verunreinigung der Samen erleichtert. Man muß in diesem Falle die Samen einzeln in be- sonderen Gefäßen aseptisch auskeimen lassen. Ein kleines kupfernes Stativ mit 24 Eprouvetten wird für jeden Versuch im Autoklaven sterilisiert. Jedes Stativ besitzt ein Scharnier, welches Auf- und Zu- klappen ermöglicht. Am Boden jeder Eprouvette befindet sich eine 2cm hohe Flocke hygroskopischer Watte, die mit 2 cem sterilisierten

XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 319

Wassers angefeuchtet wird. Um das Herauspressen der Watte durch kochendes Wasser zu verhindern, wird in die Eprouvetten ein dünnes Röhrchen gestellt, dessen oberes Ende etwas über die Watte heraus- ragt. Das sterilisierte Stativ mit den Probiergläsern wird in die Saat- kamera eingestellt und die nach der Behandlung mit der Giftlösung in fließendem Wasser gewaschenen Samen mit sterilen Pinzetten in die Probiergläser gelegt. Die Keimungen verlaufen völlig aseptisch.

R. Combes (Comptes rendus de l’acad&mie des sciences, T. 154, 891, 1912) gibt folgende Methode an, die der von Schulow ähnelt: Die Samen werden in 1°/,igem Sublimat gewaschen und nach dem Abspülen mit Wasser in sterilisierten Eprouvetten auf feuchter Watte zum Keimen ausgelegt. Sowie das Keimen begonnen hat, wird je ein Samen in das im folgenden zu beschreibende Gefäß gebracht: Ein Glas- gefäß mit abgerundeten Ecken (Fig. 86) besitzt einen seitlichen Tubus /u und endigt mit dem ausgebauchten Tubus r, der bei e, und e, eingeschnürt ist. Die eingeschnürte Partie bei e, ist von dem übrigen Gefäß durch die Ausbauchung r abgetrennt. In den Hals des Tubus bei e, wird ein zylindrisches Glasrohr / ein- geführt, das vorher in einen Wattebausch co ein- gehüllt worden ist, so daß es gerade noch in den Tubus eingedreht werden kann. Die untere Öff- nung des in den Tubus eingeführten Glasrohres ist vorher mit einem weitmaschigen Organtin über- spannt worden. Auch in die Einschnürung e, wird sterilisierte Watte eingeführt. Die obere Öffnung der Glocke cl, welche jetzt über den Tubus so ge- stülpt wird, daß sie vermittels der bei e, eingeführten Watte eng aufsitzt, wird ebenso wie die obere Öff- nung des seitlichen Tubus mit sterilisierter Watte versehen, wie das bei den Kultureprouvetten der bakteriologischen Technik üblich ist. Darüber wird dann noch das Glas ca gestülpt. Jeder solche Fis- 8%. Steriler Apparat kleine Apparat wird nach seiner Montierung eine halbe Stunde bei 150° C sterilisiert. Das vorher sterilisierte flüssige Kulturmedium der höheren Pflanze wird nun steril beim seitlichen Tubus so eingefüllt, daß der die untere Öffnung von { verschließende Organtin benetzt ist. Nachdem man sich durch mehr- tägiges Stehen des adjustierten Apparates und eventuell entnommene Probe zur bakteriellen Prüfung überzeugt hat, daß alles steril ist, wird der angekeimte Samen g aseptisch auf die Organtinunterlage des Apparates gebracht, wo nun die weitere Entwicklung erfolgt. Die junge Wurzel dringt in die sterile Nährlösung, der Sproß in den Luft- raum von {. Nachdem der Sproß hinreichende Länge erreicht hat, wird die Röhre / mit einer abgeflammten Pinzette langsam heraus- gezogen und in dem Maße, als sie sich heraushebt, sinkt die umgebende Watte tiefer und umgibt schließlich von selbst den sich erhebenden Sproß. Man muß nur rings um denselben die Watte mit der ab- geflammten Pinzette zurechtdrücken und ausbreiten. Auf diese Weise kommt die Wurzel im sterilen Nährmedium, der oberirdische Teil der Pflanze in freier Luft zur Entwicklung.

Die bisher üblichen Methoden der sterilen Aufzucht höherer Pflanzen geben doch immerhin, wie Schulow bemerkt, nicht immer die ge-

390 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.

wünschte absolute Sterilität. Diesem Übelstande sucht der einfache, von J. Gieklhorn konstruierte Apparat abzuhelfen, welcher den Prozentsatz der sterilen Pflanzen bedeutend erhöht und ebenfalls von dem Prinzip ausgeht, daß peinlichste Sorgfalt in erster Linie auf den vollkommen sterilen Abschluß des Wurzelsystems zu legen ist, während die oberirdischen Teile sich von frühester Jugend auf in einem sterilen Luftraum frei erheben, dessen steriler Abfluß aber, wenn die oberirdischen Organe erstarkt sind, nicht mehr strikte eingehalten werden muß. Das Verfahren ist dem einfachen Impfverfahren der Bakteriologie nachgebildet. Als Kulturgefäß wird eine ungefähr 5000 ccm fassende weithalsige Flasche @ benutzt (Fig. 87), über die einmal im Kreise herum eine un- gefähr vier Finger breite Lage Watte W gewickelt wird. Die Watte ragt über die Mündung der Flasche noch etwa zwei Finger breit hinüber. Der Wattestreifen wird an seinem heraus- ragenden Ende mit den Fingern erfaßt und leicht in die Mündung der Flasche deren Rande angedrückt. Uber diese Watte wird ein mäßig feuchtes Perga- mentpapier P locker darüber gespannt und mit einem in die Mündung der Flasche passenden Glas- oder Holz-

Fig. 87. Fig. 88. Apparate zur sterilen Aufzucht von J. Gicklhorn.,

stopfen P ungefähr zwei Finger tief hineingedrückt. Der überragende Teil des Papiers wird über die Watte geglättet und mit einem Kautschuk- band w (Fig. 88) locker festgehalten. Über das so montierte Kultur gefäß wird ein passender Zylinder K gesetzt, für dessen Einpassung auf die beginnende Wölbung G der Flasche noch ein einfacher Wattestreifen zwischen Zylinder und Flaschenhals gewunden wird, welcher Wattestreifen den Zylinder festklemmt. Bevor man das Festklemmen vornimmt, kommt in die durch den Stöpsel bewirkte Vertiefung ein lockerer, die Ver- tiefung ganz ausfüllender Wattepfropf Wa. Watte und Pergamentpapier werden mittels eines Trichters durchbohrt und durch den Trichter die (etwa organische) Kulturflüssigkeit eingefüllt. Dann wird der Aufsatz- zylinder, dessen oberes Ende mit einem Glasboden verschlossen ist (man verwendet am besten ein umgekehrtes, nicht gerandeltes Becher- glas) und der ein seitliches, schief angesetztes Zuführrohr R trägt, mittels des Watteringes fest aufgesetzt und der ganze so adjustierte Apparat in den Sterilisator gestellt.

Ein birnenförmiges (Fig. 89) Gefäß Ra mit breiter Mündung K,, an dessen Verschmälerung unten ein dickwandiger, mit Klemmschraube ver- sehener Gummischlauch angebracht ist, wird oben mit einem passenden.

XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. apa

‚doppelt durchbohrten Pfropfen verschlossen. Die eine Bohrung trägt ein engeres, mit sterilisierter Watte verschlossenes, die andere ein so weites 'Glasrohr, daß z. B. Erbsen bequem durchfallen können. Dieses breite Glasrohr trägt einen Kautschukschlauch S, der unmittelbar über dem Rohr- ende einen Quetschhahn H, angesetzt hat. Das andere Ende des etwa Y, m langen Schlauches ist über ein erweitertes Glasrohr gezogen (un- mittelbar vorher ist wieder ein Quetschhahn FH, vorgesehen), dessen schmälerer Teil in der Bohrung eines Stöpsels sitzt, mit dem ein wasser- gefüllter Erlenmeyerkolben E verschlossen ist. Die ganze Apparatur wird heiß sterilisiert, der Stöpsel des birnenförmigen Behälters danach einen Moment abgehoben und die Samen Sa eingeschüttet und mit 10/,niger Bromlösung bedeckt, der Stöpsel wieder eingesetzt und nun wiederholt geschüttelt, so daß Samen und das breite Rohr samt dem Stück Kaut- schukschlauch bis zum Quetsch- hahn gründlich desinfiziert wer- den; das Bromwasser wird nun unten aus der Birne abgelassen und aus dem Kolben unter entsprechendem Öffnen der Quetschhähne das sterilisierte Wasser in die Birne eingeführt und die Samen zwei- bis drei- mal damit geschüttelt, so daß das Bromwasser vollständig aus- gewaschen wird. Zuletzt wird der ganze Rest des Wassers aus dem Kolben in die Birne ein- gelassen und die Samen darin zur Quellung gebracht. Darauf wird die Birne umgekehrt und unter Öffnen des der Birne be- nachbarten und Verschluß des dem Erlenmeyerkolben benach- barten Quetschhahnes die Samen durch sanftes Schütteln in den Fig. &9. weiten Kautschukschlauch ge- Apparat zur sterilen Aufzucht von J. Gieklhorn. bracht, so daß sie nun in diesem sterilisierten Behälter wie in einem langen Beutel ruhen. Die ganze Appe- ratur ist an den Stativen Si, und St, fixiert. Eine mit Filtrierpapier ausgekleidete Petrischale wird in der gewöhnlichen Weise sterilisiert, auf einen Tisch gestellt und, nachdem die nun nicht mehr sterilen Enden des Gummischlauches jenseits der Quetschhähne in heißes Wasser gesteckt und so wieder steril geworden sind, die Samen in die sterilisierte Petrischale ausgeschüttet, wo sie also steril ankeimen. Dann wird der Keimapparat und die Petrischale nebeneinander auf den Tisch zur Seite einer Flamme gestellt, der Samen mittels einer langarmigen, ab- geflammten Pinzette mit breiten Schuhen gefaßt, zwischen welchen der Samen bequem ruht. Inzwischen ist, wie beim bakteriologischen Arbeiten, der Wattebausch aus dem seitlichen Ansatzrohr des Zylinders Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 21

322 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. herausgezogen worden, der Samen wird mit der Pinzette eingeführt und in den Wattebausch der Flaschenmündung eingedrückt, so daß er genau in das vorher für das Durchführen des Trichters in die Watte und das Pergamentpapier gebohrte Loch zu liegen kommt. Die Watte des Ansatzrohres wird abgeflammt und wieder hineingesteckt. Der Samen ist also völlig steril hineingebracht, die Möglichkeit der In- fektion ist nicht größer als beim gewöhnlichen bakteriologischen Arbeiten. Nachdem der Samen Wurzel und etwa 2 cm hoch seinen Stengel aus- getrieben hat, wird durch den seitlichen Ansatz eine steril vorrätig gehaltene Mischung von Vaselin, Paraffin und Wachs einfließen gelassen, die nicht härter ist, als daß in ihr das Wachstum der Keimpflanze leicht vor sich gehen kann und beim Einfließen nicht heißer, als daß sie gerade dünnflüssig ist. Die Mischung durchtränkt Watte und Pergament vollkommen, so daß eine spätere Infektion der Nährlösung von oben ausgeschlossen ist. Nachdem die Pflanze noch etwas größer geworden ist, wird der Aufsatzzylinder abgenommen, der Wattering, der ihn abgedichtet hatte, entfernt und der Keimling entwickelt sich im freien Luftraum mit vollkommen steril gehaltenem Wurzelsystem und Nährlösung. Es ist klar, daß nur mit Hilfe derartiger minutiöser Versuchsanstellungen Stoffwechselfragen mit or- ganischer Lösung, Wurzelausscheidungsfragen u. dgl. einwand- frei zu lösen sind.

W. Schmidt!) verwendet in einfacher Weise Gasglüh- lichtzylinder b (Fig. 90), die mit dem einen Ende in Becher- gläser d gestellt wurden, wo sie mit einem Wattering c fest- gehalten werden. In die Röhre sowohl wie in das Becherglas war zuvor gut ausgeglühter Sand f gegossen worden, in be- liebiger Höhe, je nach den zu verwendenden Pflanzen und der Weite der Röhren. Auf die Sandschicht, die die Röhre außen e im Becherglase umgibt, wird soviel Knopsche Nähr- Fig. 9. Sterile lösung gegossen, bis in dem Zylinder die ganze Sandsäule weormns®® schwach durchfeuchtet ist. Der Zylinder wird oben mit einem

Wattebausch a verschlossen und nunmehr das ganze im Dampf- topf dreimal je Y, Stunde sterilisiert. Um nun das Austrocknen zu verhindern, andrerseits die mögliche Infektion bei Lüften der Zylinder- bedeckung zu vermeiden, wird die untere Öffnung des Zylinders mit einer Zelloidinschichte g verschlossen, durch die die Nährlösung durch- diffundiert, wenn der Zylinder in die Lösung gestellt wird, während die Pilzkeime zurückgehalten werden. Um die Zelloidinplatte in dem Zylinder anzubringen, stellt man diesen zweckmäßig mit dem zu ver- schließenden Ende auf Quecksilber, gibt zirka 3—4 mm hoch Zelloidin in das Rohr und läßt das Alkoholäthergemisch abdunsten. In bezug auf späteres Sterilisieren ist zu bemerken, daß das fertig montierte Kulturgefäß mit trockenem, ausgeglühtem Sande in den Dampftopf zu bringen ist, nicht schon mit Knop scher Nährlösung wie vorher be- feuchtet. Es gelang auf diese Art speziell Rübenpflänzchen vollkommen steril aufzuziehen. Eine andere Methode besteht in der Verwendung von sterilem 2prozentigem Agar zur Anzucht höherer Pflanzen in weit- lumigen Reagenzröhren. Der Agar wird gut gekocht und heiß zweimal

1) W, Schmidt, Zur Methodik von Infektionsversuchen an höheren Pflanzen. Centralbl. f. Bakt. II, 25, 426 (1910).

XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen. 39233

durch Filtrierpapier und Watte mittels der Wasserstrahlpumpe filtriert. Das Filtrat wird in weite Glasschalen gegossen und nach dem Erstarren über die zirka 2 em starre Schichte destilliertes Wasser gegossen und das Ganze sich selbst überlassen. Nach einigen Tagen wird das Wasser, das einen leichten Fäulnisgeruch angenommen hat, abgegossen, durch frisches Wasser ersetzt usf. Nach etwa zwei Wochen wird der Agar neu aufgekocht, mit 20prozentiger Knop scher Nährlösung versetzt und in große Reagenzrohre (20 mm innere Weite) in 3—4 cm hoher Schichte gefüllt. Die Röhren werden dreimal je 4, Stunde im Dampf- topf sterilisiert; der Agar muß dann so durchsichtig sein, daß man Druckschrift durch ihn hindurch lesen kann. Ungeschälte Rüben- samen keimten allerdings in solchem Substrate schlecht und wuchsen schlecht, geschälte schon etwas besser; daher wurden später junge in Erdkästen im Freien herangezogene Rübenpflänz- chen gewissermaßen als Stecklinge verwendet, in- dem die Wurzeln abgeschnitten und das Hypo- kotyl mit der Pinzette in die Agarmasse einge- schoben wurde. Die Rübenpflänzchen waren zuvor in stark strömendem Leitungswasser, dann in destil- liertem, schließlich in sterilem Wasser gewaschen worden, die Wurzel wurde mit alkoholsterilisiertem Messer entfernt und das Hypokotyl schnell mit steriler Pinzette in das bereitgehaltene Röhrchen eingeführt. Die Pflänzchen trieben in wenigen

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Fig. 91a. Fig. 91b. Anordnung von Petri zur sterilen Kultur.

Tagen kräftige Wurzeln, welche bald die ganze Kuppe des Reagenzrohres durchzogen hatten. Der Blattapparat war üppig grün, Pilze traten selbst nach Wochen nicht auf. Die Gläser standen in großen Reagenzrohr- gestellen direkt am Fenster und wurden von der Sonne voll getroffen; etwas mehr dunkel gehaltene Kulturen gingen zugrunde, die Wurzeln wurden schwach oder gar nicht gebildet. Der Blattapparat muß also lebhaft assimilieren können, um die Regeneration der Wurzel zu unter- stützen.

Zur sterilen Kultur von aus Samen stammenden Weinreben hat L. Petri einen Apparat konstruiert. Zunächst wurden die Samen

!) L. Petri, Nodositätenbildung auf den Rebwurzeln durch die Reblaus in sterilisiertem Mittel. Centralbl. f. Bakt. II, 24, 146 (1909). 21*

324 XVI. Das Sterilisieren höherer lebender Pflanzen.

in einem geeigneten Gefäß mittels Durchleitens eines Stromes von lprozen- tiger Sublimatlösung durch 2—3 Minuten desinfiziert, dann mit sterilem Wasser nachgewaschen und dasselbe Wasser zum Anquellen der Samen benutzt. Der Apparat (Fig. 91a und b) besteht aus einem mit drei- röhrigem Kautschukpfropfen und einem Hahn T versehenen Glas- trichter. Der zylindrische Teil des Trichters ist unten durch das Sieb r aus Tüll oder Porzellan geschlossen, über welchem die zu sterilisierenden Weinbeerkerne V sich befinden. Der Trichter ist an dem Absauge- kolben b durch einen Kautschukstöpsel befestigt, der seitliche Ansatz des Kolbens ist durch sterilisierte Watte verschlossen. Die beiden seitlichen Röhren des oberen Pfropfens des Trichters befinden sich in Verbindung mit den beiden Flaschen A und B, welche die Sublimat- lösung, respektive das sterilisierte Wasser enthalten. Die beiden Flaschen sind mit einem zweiten Rohre versehen, damit Luft durch das Filter F ziehen kann. Das mittlere Rohr des Trichterpfropfens ist in Verbindung mit zwei Schwefelsäure enthaltenden Kolben. Ein Dreiweghahn T, verbindet abwechselnd die beiden Kolben mit dem Trichter. Wenn man einen Strom Sublimatlösung in den Trichter einlassen will, setzt man das Rohr eines Aspirators an das Rohr a des linken Kolbens, indem man die Hähne T, und T geschlossen hält und 7, und T, öffnet. Die Wirkung des Aspirators soll aufhören, sobald der Trichter ganz voll ist. Dann schließt man den Hahn T, und öffnet T und 7, (des rechten Kolbens). In dieser Weise wird das Sublimat abgezogen; dann muß man, um mit Wasser nachzuwaschen, den Hahn 7 schließen und den Hahn T, und T „öffnen (beim linken Kolben). Dann läßt man den Aspirator wirken. Das Wasser wird 4—5mal gewechselt und die Samen dann zirka neun Tage bei einer Temperatur von 20—22 ° C unter Wasser gehalten. Für manche Samen ist zweimaliges Desinfizieren notwendig, weil sich sonst doch ein Pilzmyzel bilden kann, das den Embryo zer- stört. Dagegen werden die erwachsenden jungen Pflänzchen nicht mehr angegriffen. Die Keimfähigkeit leidet unter der Desinfektion gar nicht, selbst wenn sie vier Minuten gedauert haben sollte. Die Glasröhren, in welche die desinfizierten Samen eingesät werden, zeigt Fig. 91b. Die Bohrung, welche die beiden weitesten Teile des Rohres verbindet, zeigt, entsprechend der Verengerung, einen Durchmesser von höchstens 3 mm, so daß es unmöglich ist, den Samen durchzuziehen. Der Samen wird vielmehr, wenn er ausgesät werden soll, in den oberen Teil a des Rohres hineingeworfen, indem man die Watte c ein wenig hochhebt. In den unteren Teil b wird ein wenig mit Bruch- stücken von Granit vermengter Sand gelegt, damit die untere Schicht sehr porös wird und die Ausbreitung der Wurzeln ermöglicht. Ein wenig Glaswolle !v verhindert das Durchfallen von Erde durch das den Pfropfen m durchziehende Rohr, das zum Abgießen des Wassers dient; dieses Rohr wird durch das Glasstäbchen n mit dem dazu- gehörigen Kautschuktubus geschlossen. Der mit Erde gefüllte Teil b ist mit einem kurzen seitlichen Rohre versehen, welches sich in Ver- bindung mit dem durch den Stopfen o geschlossenen Glasrohre e be- findet. Die Erde sowie die Granitbruchstücke in dem Glasrohr, mit Ausnahme der Teile aus Kautschuk, werden im Trockenschrank bei 130° © eine Stunde lang sterilisiert. Die Abgießungsröhre mit dem dazugehörigen Deckel und die Röhrchen e mit dem Kautschuktubus werden im Dampftopf sterilisiert. Diese Teile werden dann dem

XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 325

Apparat angefügt, die Erde mit einem Strom sterilisierten Wassers begossen, welcher durch das Rohr e ziehend, durch das untere Rohr schließlich abläuft. Darauf werden die Kulturapparate von neuem sterilisiert, indem man sie durch 20 Minuten feuchter Wärme von 105 0 C aussetzt. In den oberen Teil des Apparates a wird dann ein Kern getan und durch ein geeignetes Reagenzglas sofort ein wenig feinen sterilisierten Sandes s darauf gegossen, sowie eine ungefähr 3—4mm dicke Schicht von Specksteinpulver r. Indem der Sand die nasse Erde des Teiles b des Apparates berührt, feuchtet er sich durch Kapillarität nach und nach an, während die Specksteinpulverschichte trocken bleibt; sie läßt daher den zur Keimung des Samens notwendigen Sauerstoff durch. Gleichzeitig dient diese Schichte als ein Filter für die Luft, gleichsam wie ein Wattepfropfen, indem sie das Durchdringen der in der Luft vorhandenen Keime verhindert. In den Entwicklungsapparaten kann man ferner dem Wurzelsystem die nötige Luft zuführen, indem man einen Luftstrom durch das Rohr e in das untere ziehen läßt oder indem man dieses letztere einfach offen stehen läßt; dann muß man aber das untere Ende des Apparates in ein langes sterilisiertes Reagenzglas einführen, nachdem das Stäbchen n entfernt worden ist.

XVII. Bestimmung der Oberflächenfpannung, der Permeabilität und des osmotifchen Druckes durch Plasmolyse '.

Durch eine Reihe neuer Untersuchungen, die sich, von De Vries ausgehend, namentlich an die Namen Czapek, Lepeschkin, Dohkland, van Rysselberghe, Tröndle knüpfen, ist die große Bedeutung der Plasmaoberfläche für den Stoffwechsel der Zelle in das rechte Licht gerückt worden, so daß heute beim Studium der Lebenserscheinungen die Beachtung der physikalisch-chemischen Momente des Zellebens ausschlaggebend werden dürfte.

Von F. Czapek wurde eine Methode zur direkten Bestimmung der Oberflächenspannung der Plasmahaut von Pflanzenzellen ausgearbeitet, welche in der Feststellung der Grenzkonzentration von Lösungen ober- flächenaktiver Stoffe von bekannterOÖberflächenspannung, z. B. Athyl- alkohol, besteht, welche Konzentration eben imstande ist, aus Pflanzen zellen die Exosmose von leicht nachweisbaren Stoffen des Zellinhaltes zu erregen. Der Apparat, welcher hier für die Bestimmung der Ober- flächenspannung verschiedener Substanzen zweckmäßig benutzt wird, beruht auf dem Prinzip, nach welchem die Oberflächenspannung durch die Druckhöhe einer Flüssigkeitssäule gemessen werden kann, durch welche eben eine Luftblase durch die zu prüfende Lösung hindurchgepreßt werden kann. Czapek nennt seinen Apparat (Fig. 92), der im wesent- lichen ein Wassermanometer ist, dessen kürzerer Schenkel, nochmals U-förmig nach abwärts gebogen, mit einem Kapillarrohre endigt, Kapillarmanometer. Seine Kapillarweite beträgt 1 mm ; um durch eine Kapillare von solchen Dimensionen eine Luftblase durchzupressen, ist ein Druck notwendig, der einer Wassersäule von etwas über 50 mm

1) Unter Zugrundelegung meines gleichnamigen Beitrages im VI. Bande der „Biochemischen Arbeitsmethoden‘; ebenso der vorhergehende Abschnitt.

326 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.

entspricht. Die Gleichmäßigkeit der Kapillarmündung ist für den Erfolg der Bestimmung sehr maßgebend: als Kapillare wird eine Thermometer- kapillare gewählt, die genau halbkugelig abgeschliffen ist und deren Mündung Hochpolitur erhalten hat, die Lupe muß möglichste Dünne und Glätte der Mündung zeigen; die Länge ist hier 2 mm. Von der abgelesenen Druckhöhe muß man die Höhe der Flüssigkeitssäule von der Mündung der eingetauchten Kapillare k bis zum äußeren Flüssigkeitsniveau abziehen. Zu diesem Zweck ist auf der Wand des die Flüssigkeit enthaltendenGläschensE eine Millimeterteilung eingeritzt, das Gläschen wird unter Beobachtung mit einer starken Lupe in den federnden Haltern solange verschoben, bis die gewünschte Einstellung genau erreicht ist. Zum Einfüllen des Wassers in das Wassermanometer wird ein kleines Gläschen mit genau- gearbeitetem Glashahn benutzt, welches über dem offenen Manometerschenkel in Klammern angebracht ist. So kann das Wasser mit gut regulierbarer Tropf- geschwindigkeit zufließen gelassen wer- den; das Zufließen soll nicht schneller erfolgen, als man die Steighöheder Flüssig- keit im Manometer M an der Porzellan- Millimeterskala bis auf halbe Millimeter ablesen kann. Die Tropfen müssen an der Wand des Rohres herabfließen, weil eine Erschütterung durch freies Herabfallen ein frühzeitiges Losreißen der Luftblase an der Mündung der Kapillare bewirkte. Die Luft wird also langsam aus dem kürzeren Manometerschenkel und der Kapillare verdrängt, die Luftblase wölbt sich an der Kapillarmündung, um bei einem bestimmten Überdruck loszureißen, worauf das Wasser im kürzeren Mano- meterschenkel eine Strecke weit empor- steigt. Der Stand des Niveaus im kürze- ren Schenkel wird abgelesen, dann wartet man, indem man das Wasser im offenen Fig. 92. Kapillarmanometer von Schenkel langsam nachfließen läßt, bis Eu DEDBER- ein neuerliches Abreißen einer Blase er- folgt, die Differenz wird notiert und gleich eine nächste Bestimmung angeschlossen, wobei die Ablesungen um nicht mehr als \, Millimeter differieren dürfen, aus mehreren Bestimmungen schließlich das Mittel genommen.

Am Schlusse der Beobachtung wird zunächst das Gläschen mit der zu untersuchenden Flüssigkeit so weit gesenkt, daß die Kapillare nicht mehr eintaucht. Dann wird der in der Biegung des Manometers angebrachte Hahn geöffnet, worauf das Wasser aus dem Manometer abfließt. Nun befestigt man an dem Glasrohre des Hahnes einen Kautschukschlauch, schließt den offenen Manometerschenkel mit dem Finger und bläst den in der Kapillare festgehaltenen Flüssigkeitsrest heraus. Nun muß die Kapillare sofort zunächst mit destilliertem Wasser, dann mit heißer Chromsäuremischung sorgfältig wiederholte

XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 397

Male ausgespült werden. Die Waschflüssigkeit wird durch Ansaugen in die Kapillare gebracht. Schließlich wird mit vollkommen fettfreiem Wasser nachgewaschen, worauf sofort eine neue Bestimmung an- geschlossen werden kann. Das graduierte, etwa 10 ccm fassende Gläs- chen wird ebenfalls sorgfältigst gereinigt und dann die zu untersuchende Flüssigkeit hineingefüllt, von der 2—3 ccm im Notfalle genügen. Durch Ansaugen der Untersuchungsflüssigkeit und wieder Zurückdrücken in das Gläschen wird der Fehler vermindert, der gegeben ist, wenn die Kapillare noch feucht geblieben war. Hat man etwa verschiedene Konzentrationen einer und derselben Flüssigkeit zu untersuchen, so genügt das Ausspülen mit Wasser und das genannte An- und Absaugen der neuen Quantität. Das Wasser für die Manometerfüllung muß gleichfalls staub- und fettfrei sein, gewöhnliches destilliertes Wasser muß jedenfalls nochmals destilliert werden. Sehr bedeutend ist der Einfluß der Temperatur; am Stative des Apparates ist deswegen mög- lichst nahe der zu untersuchenden Probe ein Thermometer f angebracht, die Temperatur zu Beginn und am Ende des Versuches wird abgelesen, die Resultate werden unter Zugrundelegung der Gleichung o- = % (I-+yl) umgerechnet, wobei für y = 0,002 angenommen wird, was dem Wasser und den stark verdünnten organischen Lösungen, die hier in Betracht kommen, annähernd gleich entspricht. Die Resultate werden ferner auf Wasser (s) 1,00 berechnet, welches den Vorteil einer sehr hohen Oberflächenspannung besitzt, so daß die Differenzen zwischen den untersuchten Werten entsprechend groß ausfallen, wogegen freilich der Nachteil steht, daß minimale Fettspuren die Oberflächenspannungs- werte sehr beträchtlich ändern.

Die zahlreichen, von Czapek durchgeführten Bestimmungen des Wasserwertes ergaben für das benutzte Kapillarmanometer die besten Resultate bei einer Niveaudifferenz von 51,5 mm. Die Fehlergrenze der vorgenommenen Bestimmungen liegt bei 1 %, die Genauigkeit ist also bemerkenswert groß. Czapek hatte schon früher gefunden, daß die Gerbstoffexosmose aus den subepidermalen Blattzellen von Echeveria unter der Einwirkung verschiedener Alkohole bei Kon- zentrationen beginnt, welche dieselbe Oberflächenspannung haben. Solche Lösungen werden äquikapillar genannt. Die Unter- suchungsobjekte sind die gerbstoffreichen, unter der Oberhaut liegenden Blattzellen verschiedener Echeveriaarten. Mit Ammoniak, Koffein, Antipyrin, Pyridin, Ca(OH),, Ba(OH),, aliphatischen Aminen usw. sind hier Gerbstoffniederschläge zu erhalten. Befindet sich in der Pflanzenzelle der normale Gerbstoffgehalt (bei absterbenden oder ge- töteten Zellen diffundiert eine größere Menge des Gerbstoffes durch die veränderte Plasmamembran heraus, so daß in diesem Falle keine deutlichen Niederschläge zu erhalten sind), so treten mit Koffein ganz charakteristische, zu Ballen vereinigte Niederschlagstropfen, die Ag- gregationen auf; durch Zusammenfließen solcher Flüssigkeitstropfen entstehen eigenartige, schaumige Myelinformen. Mit Tannin treten die Fällungen um so leichter ein, je konzentrierter die Gerbstofflösung ist, und werden mit abnehmender Konzentration immer kleinertropfig, bis sie schließlich nur mehr als weiße (im auffallenden Licht) oder braune (im durchfallenden Licht) Trübung zu erkennen sind.

Von den verwendeten Echeveriablättern (besonders geeignet ist die diekblätterige Echeveria Scheideckerii) trennt man mit mehreren

398 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.

großen Schnitten von der Unterseite des Blattes mit dem Rasiermesser die Epidermis mit den anhaftenden Lagen von Mesophyll ab und dreht dann die Schnitte um, so daß die Mesophylizellen nach oben zu liegen kommen. Außer den Crassulaceen sind aber zur Untersuchung der Oberflächenspannung der Plasmahaut auch geeignet: Rosa, Oxalis, Paeonia (Blumenblätter), Fragaria (Blattepidermis), Pelargonium zonale (Haare und Epidermis), Primula sinensis (Blattepidermis), Taraxacum offiecinale (Wurzeln) usw. Bei Saxifraga sarmentosa, Tentakeln von Drosera, Epidermis von Acer bietet außer dem Gerbstoff auch noch der Anthokyanfarbstoff Vorteile der Beobachtung, der die Gerbstoff- ballen tiefrot färbt und so leicht unterscheidbar macht. Aber nicht nur Gerbstoffexosmose, sondern auch Exosmose von gelösten Zellsaft- pigmenten kann zur Beurteilung der Oberflächenspannung der Plasma- haut herangezogen werden, wobei man schon, wie bei der roten Rübe, in der Färbung des umgebenden verdünnten Alkohols ein Kriterium der eintretenden Exosmose besitzt, oder man beobachtet mikroskopisch den Zeitpunkt der Zellenentfärbung. Solche anthokyanführende Schnitte dürfen nicht allzulange in verdünntem Alkohol liegen, weil das zu sekundären Störungen Veranlassung geben kann; Schnitte aus roter Rübe werden in fließendem Wasser sorgfältig ausgewaschen und der Versuch der Abhängigkeit der Exosmose von der Oberflächenspannung wässeriger Alkohollösungen etwa zwölf Stunden nach der Aufstellung vorgeführt.

Schnitte von Echeveriablättern läßt man in wohlverschlossenen Glasfläschehen in zirka 50 ccm der Lösung an lichtgeschütztem Orte mehrere Stunden stehen, bevor man die Bestimmung des Exosmose- grenzwertes vornimmt. Soll auf Koffeinreaktion z. B. bei Spirogyra geprüft werden, so können die Schnitte aus dem Alkohol nach kurzem

Auswaschen in destilliertem Wasser in die Lösung (2,12 auf einen

m 100 Liter) des Koffeins gebracht werden, und die Prüfung wird nach mindestens einstündigem Verweilen in dieser Lösung vorgenommen. Am genauesten arbeitet man, soweit Alkohole in Betracht kommen, mit den beiden Propylalkoholen, welche von Prozent zu Prozent der Konzentration deutliche Tensionsdifferenzen aufweisen. Der kritische 'Tensionswert der Alkohole schwankt für die von Üzapek untersuchten Pflanzen- zellen zwischen 0,68 und 0,69 der Oberflächenspannung des Wassers.

Bei Verwendung von wässerigen Atherlösungen, wie überhaupt bei Flüssigkeiten niederen Siedepunktes ergibt sich in den Sommermonaten bei der Bestimmung der Oberflächenspannung die Schwierigkeit, daß infolge des großen Dampfdruckes eine Verzögerung des Durchpressens der Luftblase durch die Kapillare eintritt, so daß die Druckwerte zu hoch ausfallen. Durch leise Erschütterung des Manometers, wodurch die Luftblase zum Austreten gebracht wird, vermeidet man diese Fehler- quelle.

Nach den Untersuchungen von Czapek beginnen alle wasser- löslichen und oberflächenaktiven Stoffe auf die Exosmose von Inhalt- stoffen lebender Pflanzenzellen in jenen Konzentrationen zu wirken, welche dem Tensionswerte 0,685, bezogen auf die Oberflächenspannung des Wassers, entspricht. Nach dem Gibbsschen Theorem finden sich diejenigen Stoffe, welche die Oberflächenspannung am meisten er- niedrigen, am reichlichsten in der äußersten Plasmaschichte. Wenn

XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 329

dies ein Resultat der Üzapekschen Versuche unabhängig von der chemischen Natur der betreffenden oberflächenaktiven Substanz jedesmal bei einer bestimmten Oberflächenspannung die abnorme Durch- lässigkeit der Plasmahaut auftritt, so muß die eingedrungene Flüssig- keit die obertlächenaktiven Stoffe der Plasmamembran verdrängt haben, d. h. die eingedrungene Substanz muß selbst stärker oberflächenaktiv sein als zum Bestandteile der Plasmahaut. Auf diese Weise kann man aus der kritischen Tension der betreffenden oberflächenaktiven Substanz, welche gerade eine Störung des diosmotischen Verhaltens der Plasma- membran hervorruft, auf die Oberflächenspannung der Plasmahaut schließen, ganz ebenso wie der Turgor- druck der lebenden Zelle durch die Konzentration der Salzlösungen bestimmt wird, welche auf diesen Turgordruck einwirken. Auch der Turgordruck ist ebenso wie die Oberflächenspannung von der chemischen Natur der betreffenden Stoffe weitgehend unabhängig. Die Ober- flächentension der Plasmahaut muß also nach den ausgeführten Untersuchungen sehr nahe dem Werte 0,685 der Grenzspannung des Wassers gegen Luft oder bei 52,37 Dynen liegen. Zur Bestimmung der Oberflächenspannung ist zweckmäßig eine Flüssigkeit zu wählen, welche wie der leicht rein erhältliche Normalpropylalkohol deutliche Differenzen der Oberflächenspannung bei Konzentrationsintervallen von 1% deutlich zeigt, ohne daß kleine Fehler in der Genauigkeit der hergestellten Konzentrationen allzusehr ins Gewicht fielen. Besonders günstige Resultate liefert auch das Äthylurethan. Die Oberflächen- tension des Plasmas ist ein viel konstanterer Wert als der osmotische Druck des Zellinnern, welcher sich durch erhebliche Änderung den geänderten Außenverhältnissen anzupassen imstande ist, während die plasmatische Oberflächenspannung sich vielmehr unter verschiedenen anderen Bedingungen ziemlich auf gleicher Höhe hält.

Dieo-plasmolytische Methode ,von W. W. Le- pescehkin!t): Es seien zunächst die hier in Betracht kommenden Termini definiert. Turgor und Turgeszenz nennt man die Erscheinung der Straffheit der Zellen, hervorgerufen durch den inneren Zelldruck. Der gesamte Druck, welcher vom Zellinhalt auf die Mem- branen der Zelle (Zellwand oder Plasmamembranen) ausgeübt wird, ist als Turgordruck zu bezeichnen und wird in Atmosphären (1033 g auf 1 gem) ausgedrückt. Der Turgordruck ist wenigstens aus vier Kräften zusammengesetzt, aus dem osmotischen Druck, dem Zentraldruck (entstehend aus der Kohäsion der Moleküle des zähflüssigen Plasmas), dm QuellungsdruckdesPlasmas und dem osmotischen Druck der im Plasma gelösten Stoffe. Die beiden letzteren üben aber keinen Einfluß auf den Turgordruck vakuolisierter Zellen aus, weil sie gegen Zellwand und gegen Vakuole mit gleicher Kraft einwirken. Der Turgordruck der Zelle ist demnach P= p; Pa Pe, wobei p; = osmotischer Druck des Zellsaftes, p. = Druck der die Zellhaut durchtränkenden gelösten Stoffe, nn - Zentraldruck irgendeiner Vakuole bedeutet. Für die direkte

1) W.W.Lepeschkin, Über den Turgordruck der vakuolisierten Zellen. Ber. d. deutschen bot. Ges. 26 2, 198 (1908); ders., Uber die Permeabilitätsbe- stimmung der Plasmamembran für gelöste Stoffe, ebenda 27, 129 (1909).

330 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.

Bestimmung des Turgordruckes gibt es bisher keine genaue Methode, man muß ihn also aus den Komponenten berechnen. Der osmotische Druck der das Plasma umgebenden Flüssigkeit und auch der des Zell- saftes wird durch die Permeabilität der Plasmamembran für gelöste Stoffe beeinflußt. Nun ist die Permeabilität des Plasmas gerade für Salpeter, dessen plasmolysierende Wirkung am häufigsten für die Be- stimmung des Turgordruckes herangezogen wird, ziemlich groß, daher mußten die erhaltenen Werte des osmotischen Druckes immer mit Berücksichtigung dieser Permeabilität korrigiert werden. Wenn, wie das in der Natur meistens der Fall ist, die im Zellsatz gelösten Stoffe die Plasmamembran nicht so leicht durchdringen wie Salpeter, so müßte sich der tatsächliche osmotische Druck des Zellsaftes bei entsprechender Permeabilitätsänderung gerade da vermehrt haben, wo man durch Salpeterplasmolyse seine Verminderung feststellt.

Der osmotische Druck ist eine Funktion der diosmotischen Eigen- schaften einer Membran. Wenn wir mit P den beobachteten osmotischen Druck einer Lösung, mit P, den osmotischen Druck derselben Lösung, aber in Voraussetzung der Impermeabilität der Membran für gelöste Stoffe, mit u eine der Permeabilität der Membran proportionale Größe (Permeabilitätsfaktor) bezeichnen, so ist P=P, (l—yu). Denken wir uns in einem Zylinder über eine Zuckerlösung reines Wasser geschichtet und von dieser durch eine feste, verschiebbare, absolut semipermeable Wand getrennt und verschieben wir diese um eine sehr kleine Strecke nach unten, so beträgt, wenn das Volumen, um welches der Stempel 2 senkt wurde, mit A, bezeichnet wird, der dazu nötige Arbeitsaufwand 25

Wäre aber die Wand für Zucker permeabel, so wäre der Lösung 2 den Stempel nicht reines Wasser, sondern eine Zuckerlösung geringerer Konzentration entzogen worden, weil Zucker nach der Seite des Wassers hin diosmiert. Der Arbeitsaufwand wäre also in diesem Falle P le ;);

v

worin p den osmotischen Druck dieser entzogenen, verdünnteren Lösung bedeutet. Nun ist aber die Diffusionsgeschwindigkeit proportional der Konzentration der Lösung, von welcher aus die Diffusion stattfindet, also p proportional P, daher der Arbeitsaufwand P A,‘ 1 k), wobei k

eine Konstante bedeutet, die von der Permeabilität abhängig ist. Die Kraft wird dann ausgedrückt durch P, = P(1—.k). Der beobachtete osmotische Druck wird also wie früher durch den theoretischen Druck und die Permeabilität der Membran ausgedrückt. Nach der Regel von Arrhenius-Van t’Hoff ist der Druck von der Kon- zentration der Lösung, der elektrolytischen Dissoziation der gelösten Stoffe und der Temperatur abhängig: P = RGT[1 + (n— 1)«], worin R die Gaskonstante 0,0821, G die Konzentration in Grammolekülen pro Liter, T die absolute Temperatur, n die Ionenzahl und « der Dissoziationsgrad ist. Demnach ist

P=P,(— u) = REIT + (n— 1Je](1—u).

Die Abhängigkeit des tatsächlichen osmotischen Druckes von der Permeabilität der Membran für gelöste Stoffe muß sich auch am osmotischen Drucke des Zellsaftes und der die Zellwand durchtränkenden Flüssigkeit äußern, weil ja der Plasmaschlauch wohl für alle Stoffe mehr oder weniger permeabel ist.

XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. sol

Wenn man die isotonischen Koeffizienten der mittels Plasmolyse erhaltenen Werte mit den theoretisch berechneten vergleicht, so kann man den Einfluß der Plasmapermeabilität auf den osmotischen Druck am besten bei jenen Stoffen einschätzen, welche, wie Glyzerin, Harn- stoff, Salpeter, den Plasmaschlauch am leichtesten passieren. De Vries fand bei Glyzerin für den isotonischen Koeffizienten die Zahl 1,78, während der theoretische, auf Grund der Dampfspannungen von Glyzerin- und Zuckerlösungen berechnete Koeffizient 1,86 ist. De Vries be- nutzte eine Zuckerlösung von der Konzentration 0,2 Grammoleküle im Liter, welche eine Dampfspannungserniedrigung von 0,0168 mm zeigt. Die molekulare Dampfspannungserniedrigung der Glyzerinlösung mit der gleichen Dampfspannungserniedrigung ist 0,083 mm, daher die

0,0168 isotonische Konzentration der Glyzerinlösung 0.083 0,2024 Gramm-

moleküle im Liter. Als isotonischer Koeffizient von Glyzerin ergibt sich, den von Zucker 1,88 gesetzt, nach der Formel von Arrhenius 0,2. 1,88 0,2024 gefundene Wert 1,7, der theoretische 1,81, für Salpeter 3, respektive 3,38, immer werden infolge der Permeabilität der Plasmamembran die isotonischen Koeffizienten zu niedrig gefunden. Ist C, die Kon- zentration eines bestimmten plasmolysierenden Stoffes, C, die isotonische Konzentration eines andern, P, der gemeinsame osmotische Druck beider Lösungen, Impermeabilität des Plasmas vorausgesetzt. so sind die molekularen, osmotischen Drucke der beiden Lösungen:

1,86, also derselbe wie für Zucker. Für Harnstoff ist der

Po Prag = P% Pma = 6: . Daher Pmı ar C, Pms Cr Bezeichnen X, und K, die theoretischen isotonischen Koeffizienten, 5 eK so ist: =, daher FB j Pmy 2 Pm Ka

Im Falle der Permeabilität der Plasmamembran für die beiden plasmolysierenden Stoffe werden andere isotonische Konzentrationen erhalten. Bezeichnen wir diese durch C!, und C!, und den gemeinsamen osmotischen Druck mit P, so ist wieder:

Pr'ı = z el I Pr Pm 3 e> 1 @] ce! ä 2 IA: Pe: n und nn u wobei K!, und K!.

die wirklichen isoto- Pm!;, Kt, nischen Koeffizienten p„!, Kt,’ sind

3393 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.

Nach der früher abgeleiteten Formel ist Pm'ı = Pmı{l— v1); Pm'g = Pm; (1 p2). wobei u, und u, die Permeabilitätsfaktoren sind RK, (l—u) Be nk ee Ist einer der ee einranden Stoffe Zucker, der nicht permeiert, 1

so wird u; =o undK, = Kt, = 1,88. In diesem Falle ist u, = 1— K Die Größe u, ist der Permeabilität proportional. Unter Permeabilität der Membran für einen bestimmten Stoff verstehen wir mit Lepeschkin das Verhältnis der Anzahl Grammoleküle dieses Stoffes, die in einer Stunde durch die Membran passieren zum Konzentrationsabfall, aus- gedrückt in Grammolekülen pro Liter. Wenn yu,>o ist, so ist

1,88 Mu I M, wobei M = K, (1—u,); K, ist der isotonische Ko-

effizient von Zucker, vorausgesetzt, daß die Membran für diesen Stoff permeabel ist, der Permeabilitätsfaktor ist durch u, ausgedrückt. M wäre nahe dem Wert 1, z. B. 0,97, wenn die osmotischen Eigenschaften von Zucker denen des Glyzerins gleich wären. Mit Hilfe dieses Ausdrackes ist eine experimentelle Prüfung der Abhängigkeit des osmotischen Druckes von der Permeabilität des Plasmaschlauches für den plasmoly- sierenden Stoff möglich.

Die Versuche wurden mit der Alge Spirogyra und Glyzerin an- gestellt. Die isotonischen Koeffizienten K, können für Glyzerin mit einer Genauigkeit von 0,002—0,005 bestimmt werden, der theoretische Koeffizient K läßt sich natürlich ebenso genau berechnen. Ein Spirogyra- faden wird durch ein Glashärchen mittels eines Gemisches von Terpentin und Wachs auf einem großen Deckgläschen befestigt und dasselbe über einen niedrigen (11, em hohen und 21, cm breiten), auf den Objekt- träger geklebten Glaszylinder umgekippt. Das Deckgläschen wurde mit dem Gemisch von Wachs und Terpentin gedichtet. In den Zylinder, der seitwärts einen mit Pfropfen abgeschlossenen Tubus hatte, wurde zunächst die Zuckerlösung bestimmter Konzentration gebracht, in der die Alge eine Stunde verblieb; nachdem die plasmolysierten Zellen gezeichnet worden waren, wurde die Zuckerlösung durch die isotonische Glyzerinlösung ersetzt, worin die Zellen nach 30 Minuten und nach 2 Stunden wiederum gezeichnet wurden.

V, = erstes Volumen

V, = zweites %

V, = drittes 5

C, = Konzentration der Zuckerlösung

( . ‚„„ Gilyzerinlösung, demnach Cx, d.i. die Konzentration der Glyzerinlösung, die der Zuckerkonzentration C,

vr FI V V ZUR 3 i) a ( 2 4 ar Vi Caisse

Cx

isotonisch ist, gleich Cz und der isotonische Ko-

effizient von Glyzerin K, Die Permeabilität des Glyze-

XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 333

rins ist folgende: (Va =] ee & Grammolekül ist die Menge Glyzerin,

die während zwei Stunden eindringt, dann ist die Permeabilität ß, die mittlere Oberfläche des Protoplasten mit Pq : c berechnet,

oz 1000 P(1 & (V3 V, (V3 + 4 = Aus den Versuchen wurde 8 V, . v5;

der Proportionalitätskoeffizient h aus der Gleichung h ß= u berechnet, wo ß die Permeabilität, der Permeabilitätsfaktor ist. Die Größe u kann aus den isotonischen Koeffizienten nach der oben angegebenen Formel bestimmt und aus ihr ß berechnet werden. Noch mehr als bei Glyzerin, wo u = 0,08 ist, beeinflußt die Permeabilität den osmotischen Druck der Außenlösung bei Salpeter und Kochsalz; da im Ausdruck h ß = u. die Größe h bei diesen beiden Stoffen größer ist als bei Glyzerin, lassen sich hier die isotonischen Koeffizienten noch genauer bestimmen.

Zunächst wurde die Länge eines Spirogyrafadens in einer Zucker- lösung von der Konzentration 0,118 Grammoleküle im Liter und darauf in einer solchen von 0,16 Grammoleküle bestimmt (0,16—0,118 0,042 Grammoleküle, entsprechend einer Atmosphäre), die Längenzunahme des Fadens pro Stunde bestimmt und die Zuckerlösung durch eine bei- nahe isotonische Glyzerinlösung von der Konzentration 0,19 Gramm- moleküle ersetzt, die Längenzunahme des Fadens infolge Glyzerin- endosmose und Wachstum wiederum bestimmt. Darauf die Glyzerin- lösung durch eine Zuckerlösung von der Konzentration 0,181 Gramm- moleküle ersetzt und die Längenzunahme wieder gemessen. Die Länge / des Fadens vergrößert sich in Glyzerin um 0,052 Teilungen des Objekt- trägers pro Stunde, nach den mittleren Zahlen der Versuche, das Faden- wachstum macht gleichzeitig 0,018 Teilungen aus, daher die Vergrößerung durch Glyzerinendosmose allein 0,034 Teile pro Stunde. Beim Über- tragen des Fadens aus der Zuckerlösung von 0,118 Grammolekülen in die von 0,16 Grammolekülen, also bei einer Verkleinerung des Zell- turgordruckes um eine Atmosphäre (s. oben), verkleinert sich derselbe um 0,25 Teilungen. Infolge Glyzerinendosmose vergrößert sich also

0,25 entspricht einer Vergrößerung der Glyzerinkonzentration in den Zellen um 0,0063 Grammoleküle pro Stunde. Da das Verbleiben des Fadens im Glyzerin fünf Stunden dauerte, so war das Konzentrationsgefälle bei der ersten Beobachtung c, c, = 0,19 0,006 0,184 Gramm- moleküle und nach dem Verbleiben des Fadens im Glyzerin c, (5, = 0,19 0,0063 x 5 = 0,159 Grammoleküle. Das Fadenvolumen ist, da der innere Fadendurchmesser D 0,28 Teilungen, die Fadenlänge

der Zellturgordruck um 0,14 Atmosphäre pro Stunde: das

2 47,98 Teilungen beträgt, (=, !) 2.9544 kubische Teilungen des Objekt-

trägers, d. i. 72909 - 10-19 ccm, da eine Teilung = !/,, cem ist. In : i 2 ; , 72909 - 10-19 - 0,0063 einer Stunde diosmierte also in das Zellinnere 1000.03

45932 - 10-"° Grammoleküle Glyzerin, und da die Fadenoberfläche (r DI) 42,205 quadratische Teilungen = 77 074 * 10-7 cem ist, so ist

334 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.

2 45 932 ° 10 F r die Permeabilität ß = 2 P 2 35 ° 10°, wobei p die

777798072 ° 0,17 endosmierte Glyzerinmenge, c, die Glyzerinkonzentration außerhalb, C, jene innerhalb der Zelle ist, und das Konzentrationsgefälle c, C, nach obiger Berechnung im Mittel 0,17 Grammoleküle beträgt.

Methode von A. Tröndle: Tröndle!) machte die Be- obachtung, daß Palisaden- und Schwammparenchymzellen von Schnitten eines Lindenblattes und anderer Objekte, die in Kochsalzlösungen von 0,2—5 Moleküle lagen, nach zwölf Stunden noch nicht plasmolysiert, also für NaCl in hohem Grade permeabel waren. Während die Plasmo- lyse durch Kochsalz dergestalt schon nach 21,—5 Stunden völlig zurück- gegangen war, dauerte derselbe Vorgang bei einer annähernd gleich- starken Plasmolyse in Saccharose mehr als 11, Tage. Während also diese Zellen für Kochsalz relativ stark permeabel sind, dringt Rohrzucker kaum ein; diese beiden Stoffe können daher dazu dienen, eine allfällige Veränderung der Permeabilität für Kochsalz unter dem Einfluß der Belichtung festzustellen, von welchem Moment die Undurchlässigkeit für Saccharose unabhängig ist.

Die Überlegung, von der Tröndle ausgeht, ist folgende: Legen wir einen Schnitt, in dessen Zellen der osmotische Druck P herrscht, in eine Kochsalzlösung, deren osmotischer Druck ebenfalls P ist, so tritt keine Plasmolyse ein, denn während der Versuchszeit dringt eine gewisse Menge NaCl in die Zellen ein, wodurch ein Teil des Außendruckes aufgehoben wird. Der Druck einer osmotisch höherwertigen Lösung, die gerade Plasmolyse bewirkt, sei P,, sie hält also, da sie eben Plasmolyse bewirkt, dem Zelldruck P das Gleichgewicht, übt also nur den Druck P aus, obwohl sie theoretisch den höheren Druck P, erzeugen müßte, sie hat also einen Druckverlust P,— P erlitten. Dieser Druckverlust, den die permeirende Lösung erleidet, ist ein Mittel zur Messung der Permeabilität, ein doppelt so hoher Druckverlust bedeutet eine doppelt so hohe Permeabilität. Nun ist der Druck P der Zellen nicht konstant, daher auch nicht der Druckverlust und wir müssen den relativen Druckverlust einführen: den wievielten Teil ihres theoretischen Druckes hat die NaCl-Lösung verloren, also den Wert PR— P =yP,, wobei P, der theoretische Druck der Koch- salzlösung, P,Ä,— P ihr Druckverlust und u der Druck-, respektive Permeabilitätskoeffizient ist. u = 1 En (1). Um u experimentell

1 zu bestimmen, muß der theoretische Druck P, der eben plasmolysierenden Kochsalzlösung und der osmotische Druck P der Zellen bekannt sein, der gleich ist dem Druck der eben plasmolysierenden, nicht eindringenden tohrzuckerlösung. Man kann aber auch, statt mit NaCl und Saccharose parallel zu plasmolysieren, den Permeabilitätskoeffizienten anders be- rechnen. Es werden die plasmolytischen Grenzkonzentrationen von tohrzucker und Kochsalz ermittelt. Da die beiden Lösungen isotonisch sind, so ist das Verhältnis der Rohrzuckerkonzentration zu der des Kochsalzes, wenn Kochsalz nicht eindringt, gleich dem Dissoziations- C-Rohrzucker

faktor ! des Kochsalzes, also - 1.%..'(2)\r ADeeenee ; C-Kochsalz (2) :

!) A.Tröndle, Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasma- haut. Jahrb. f. wissensch. Botanik 48, 175 (1910).

XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. raB,

wie wir gehört haben, das Plasma für NaCl permeabel ist, so tritt bei der Konzentration C-Kochsalz nieht Plasmolyse ein, sondern erst bei der höheren Konzentration C,, d. h. die Konzentration C,— NaCl übt nicht ihren wirklichen Druck P,, sondern nur den Druck P aus. Die Lösung von der Konzentration C,-NaCl hat also einen Druck- verlust „P, oder, mit anderen Worten, den Konzentrationsverlust wC,— NaCl erlitten, da Druck und Konzentration parallel gehen.

C,-NaCl C-NaCl = uC,-NaCl

C -NaCl = C,-NaCl (1 —.e). Dieser Wert in (2) eingesetzt, ergibt: G-Rohrzucker . ie C-Rohrzucker

Ber.) > Mae Na

d. h. wenn die Plasmamembran für NaCl durchlässig ist, so ist der aus den plasmolytischen Grenzkonzentrationen von Rohrzucker und Koch- salz für NaCl ermittelte Dissoziationsfaktor i, identisch mit dem theoretischen Dissoziationsfaktor multipliziert mit 1—y. Aus (8)

ergibt sich für den Permeabilitätskoeffizienten der Wert u 1 SAN:

In Tröndles Versuchen schwankte die NaCl-Konzentration zwischen 0,6—1.1 Molekülen. Nach der FormelvonArrheniusi = 1+(k—l)a berechnet sich { für 0,5 Moleküle NaCl zu 1,742, für 1 Molekül zu 1,681, deren mittlerer Wert 1,70 für u eingesetzt wird.

Die experimentelle Berechnung von u geschieht folgendermaßen: Frisch hergestellte Schnitte von derselben Stelle des gleichen Blattes werden in kleine Näpfe gebracht, die einerseits Kochsalz-, anderseits Rohrzuckerlösung enthalten, und 25 Minuten darin belassen, hierauf die Schnitte auf Objektträger in die gleichen Lösungen übertragen und die Plasmolyse mikroskopisch in der Weise verfolgt, daß zunächst die Kochsalzpräparate von der schwächsten bis zur stärksten Kon- zentration und dann ebenso die Zuckerpräparate durchmustert werden. Für jede Messung werden die Näpfe aus den Stammflaschen frisch gefüllt, nachdem sie vorher mit Wasser ausgewaschen wurden. Es gelangten fünf aufeinanderfolgende Kochsalz- und Zuckerkonzentrationen zur Verwendung, deren Differenz beim Rohrzucker 0,075 Moleküle 2,565 %, beim Kochsalz 0,044 Moleküle = 0,257 %, betrug, welche beiden Differenzen isotonisch sind, da i = 1,7 genommen wurde. Bei diesen Konzentrationen ist die Plasmolyse in der nächstunteren Lösung deut- lich schwächer, in der nächsthöheren deutlich stärker zu beobachten. Die Zuckerlösung muß alle 4-5 Tage, die Kochsalzlösung in entsprechend längeren Zeitabschnitten frisch hergestellt werden. Bei dem angewendeten Konzentrationsunterschied der plasmolysierenden Lösungen reagieren die Zellen sehr deutlich und lassen die geringste Abhebung des Proto- plasten erkennen, so daß die Grenzkonzentrationen sich genau fest- stellen lassen, welche dann angenommen werden, wenn bei den meisten Zellen eben leichte Plasmolyse eintritt, die bei der nächstunteren Kon- zentration nicht mehr, bei der nächsthöheren deutlich stärker sichtbar ist. Die angewendeten plasmolysierenden Lösungen gestatten die Be- stimmung der Grenzkonzentration mit einer Genauigkeit von 0,037 Mol. Saccharose 1,282 %, und von 0,022 Molekülen NaCl = 0,128 % (= 0,22% Salpeter).

336 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.

Beispiel: Buxus sempervirens: NaCl Saccharose Molekül 0,75 keine Plasmolyse Molekül 1,05 keine Plasmolyse 0,794 2 » 4,125 ss Y 0,838 schwache „, * 1,2 :schwache ‚, Re 0,882 etwas stärkere 1 1,275 etwas stärkere Plasmolyse. Plasmolyse. Plasmolytische Grenzkonzentration: NaCl 0,838 Molekül

Saccharose 1,125 5 I, = 1,1250,838' = 1,43 wn—=1— nn 0.139 0160 Ka ana. a

Um den Permeabilitätskoeffizienten „u in Salpeterwerten aus- zudrücken, wird die Änderung von u bestimmt, wenn während des Versuches nur die plasmolytische Grenzkonzentration des NaCl sich um einen bestimmten Betrag änderte, die des Rohrzuckers dagegen gleich blieb. So wurde z. B. gefunden, daß eine Änderung von 0,022 Molekülen NaCl eine mittlere Anderung von u 0,0236 entspricht. Da wir 0,022 Moleküle NaCl isotonisch setzen dürfen mit 0,022 Molekülen Salpeter (= 0,22 %), so entspricht einem Wert von u = 0,0236 ein Salpeter- wert von 0,22%. Daraus berechnet sich für u = 0,010 ein Salpeter- wert von 0,093 % = zirka !/,, %. Das heißt also, wenn sich bei gleich- bleibendem osmotischen Druck der Permeabilitätskoeffizient für NaCl während des Versuches um den Wert 0,01 erhöht hat, so muß man, um mit NaCl Plasmolyse zu bekommen, eine Konzentration nehmen, deren osmotischer Wert den der anfänglichen Grenzkonzentration des NaCl um !/,., % Nalpeter übersteigt.

Neben den plasmolytischen Methoden gründen sich andere auf der Turgorspannung eines lebenden Gewebes, wobei man die Geschwindig- keit der Verlängerung, bzw. Verkürzung eines elastischen Gewebes in den betreffenden Lösungen mißt. Zur Bestimmung der Permeabilität eines gelösten Körpers bringt man das zweckentsprechend geformte Gewebestück in eine mit dem Zellinhalt isotonische oder hypertonische Lösung eines nicht permeierenden Körpers, z. B. Rohrzucker, wartet, bis er sich nicht weiter verkürzt, wechselt dann die Lösung gegen eine mit derselben isotonische Lösung des zu untersuchenden Stoffes aus und mißt die Geschwindigkeit der nun eventuell eintretenden Ver- längerung. Die Geschwindigkeit der Volumzunahme der Zellen ist jeden Moment der Beobachtung zugänglich und kann graphisch dargestellt werden; dabei verläuft bei Verwendung ganzer Gewebestücke Ver- kürzung und Ausdehnung langsam genug, um auch die Permeabilität schnell endosmierender Stoffe zu messen.

H. Lundegärdh!) hat eine bei Wurzeln mit Vorteil zu ver- wendende Methodik ausgearbeitet. Verwendet wurden Nebenwurzeln von Vicia faba. Die Keimpflanzen wurden vor der Untersuchung in Gefäße mit Wasser gebracht und dort einige Tage belassen; dann wurde die Spitze mit einem Rasiermesser 10 mm hinter dem Scheitel ab-

!) H. Lundegärdh, Kungl. Svenska ventenskapsakademiens Hand- lingar 47, Nr. 3, Upsala 1911.

XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw. 337

geschnitten und in den Apparat gebracht, welcher die Vorteile bietet, das Objekt mikroskopisch beobachten, die Ablesungen mikrometrisch machen und die Flüssigkeiten um das Objekt schnell wechseln zu können, ohne dieses selbst aus dem Gesichtsfeld zu verlieren. Zur Aufnahme des Objektes dient ein mit Zu- und Abflußrohr versehenes Glas- schälchen (Fig. 93). Dieses hat 3 cm Durchmesser, 1 cm Höhe, ist oben am Rande mattgeschliffen und mit zwei seitlichen Röhren (Z und A) am Boden versehen. In den Boden ist ein Platindraht ein- geschmolzen. Auf diesen Draht wird ein Korkstück K von 6—8 mm Höhe be- festigt und mit Paraffin getränkt. In 6 mm Abstand von diesem Korkstück wird ein Bänkchen B von Paraffin, ebenfalls 6-8 mm hoch, am Boden am er festgeschmolzen und außerdem wird, a en ee um den. freien Inhalt. der Schale;mae,

lichst zu verkleinern, ringsherum etwas Paraffin P gegossen. Zur genauen Temperaturbestimmung wird ein besonders konstruiertes Thermometer benutzt, dessen ringförmig ange- ordnetes Quecksilbergefäß in die Schale eingesenkt wird. Oben ist in das Korkstück mit einer Nadel ein enges Loch gebohrt, und hier wird das Objekt mittels einer eingestochenen dünnen Platinnadel befestigt, so daß seine Spitze auf dem Paraffinbänkchen W ruht. Während der Untersuchung

Fig. 9%. Lundegärdhs Anordnung zur Bestimmung der plasmolytischen Veränderungen an Gewebestücken.

wird ein großes Deckgläschen (24 x 32 mm) aufgelegt, jedoch so, daß an jeder Seite eine freie Spalte entsteht (D Deckglas), was für das richtige Funktionieren beim Durchströmen der Flüssigkeit wichtig ist. Die Schale steht auf dem ÖObjekttische des Mikroskops und wird hier durch zwei Klemmen, die auf den seitlichen Röhren a liegen (Fig. 94), fest- gehalten. Die Röhren sind etwa 6 cm lang, die eine rechtwinklig ge- bogen, mit einem dreigeteilten Geißlerschen Glashahn versehen. Das eine Zuflußrohr desselben steht mit einem Glasbehälter für destilliertes Wasser in steter Verbindung (d), das andere kann mit den Behältern

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 22

338 XVII. Bestimmung der Oberflächenspannung usw.

oder Trichtern für die plasmolysierenden Agenzien und die zu unter- suchenden Flüssigkeiten verbunden werden (b). Das Ableitungsrohr der Objektschale a ist am Ende etwas aufwärts gebogen und hier durch eine Ligatur mit einem Glasrohre folgenden Aussehens ver- bunden. Das Rohr besitzt eine seitliche Ausbuchtung und am Scheitel dieser Ausbuchtung ein Loch von zirka 3 mm Durchmesser; das Loch c ist nach unten gerichtet und liegt etwas niedriger als der Rand des Objektschälchens; unter dem Loch ist ein Trichterrohr befestigt, das zu einem am Fußboden befindlichen Ableitungsgefäß führt. Wird die Öffnung mit dem Finger oder mit Kautschuk ver- schlossen, so geht die Ableitung durch das Rohr f zum Gefäße e, das mit f Juftdicht verbunden und mit Glashahn versehen ist; ist dieser geöffnet, dann entleert sich a sehr schnell. Das Röhrchen c dient dazu, die Flüssigkeiten zu wechseln, ohne daß das Objekt der Luft ausgesetzt wird. Wenn nämlich durch den Hahn 9 Flüssigkeit langsam nach a strömt, wird sie, sobald die Schale voll ist, bei c hinaustropfen. Bei richtiger Niveauregulierung dieser Öffnung kann man es so einrichten, daß a immer voll ist, ob Flüssigkeit durchströmt oder nicht; das Be- wirkende sind dabei Verhältnisse der Öberflächenspannung und aus diesem Grunde darf das Deckglas die Öffnung der Schale nicht voll- ständig bedecken. Man kann dadurch die Flüssigkeit in a schnell und doch sanft wechseln lassen und auch ein kontinuierliches Durchströmen bewirken, dessen Schnelligkeit an der Anzahl der in der Minute fallenden Tropfen gemessen werden kann. Bevor die Wurzelstücke in den Apparat kommen, werden sie mit Marken versehen, damit die Volumveränderungen bequem abgelesen werden können. Dazu kann man durch Glühen von Eisenoxalat hergestelltes, fein verteiltes Eisenoxyd oder auch Kienruß verwenden.

Die abgeschnittenen Wurzelenden bieten den Vorteil einer kleinen Wurzelfläche, deren besondere Permeabilität man bei vergleichenden Versuchen mit demselben Objekt vernachlässigen kann. Beim An- bringen der Marken läßt man 1 mm Länge an der Spitze und 2 mm am Basalteil außer Betracht. Die Ergebnisse fallen wesentlich ver- schieden aus, je nachdem die Permeabilität, z. B. für Wasser, erhöht oder erniedrigt wird. Eine Erniedrigung der Permeabilität der äußersten, Zellschichten verlangsamt nämlich die Wasserbewegung ungemein, während eine entsprechende Erhöhung der Permeabilität in derselben Schicht nur einen geringen Einfluß auf das Resultat hat. Bei nur kurzer Einwirkung der permeabilitätsändernden Substanz kann man also eine geringe Erhöhung der Durchlässigkeit kaum, eine Er- niedrigung dagegen sofort nachweisen. Ein weiterer Übelstand liegt in den individuellen Schwankungen, die quantitative Unterschiede setzen, so daß aus einer unter denselben Bedingungen ausgeführten Bestimmung ein Mittelwert gezogen werden muß, mit dem die übrigen Versuchsergebnisse derselben Reihe zu vergleichen sind.

Die Permeabilität wird nun so bestimmt, daß man die Volumver- änderung mikrometrisch abliest, d. h. den Abstand zwischen den künst- lichen Marken (oder der Marke an der Spitze und der Platinnadel) von Zeit zu Zeit bestimmt. Die in Mikrometerwerten ausgedrückten Volum- änderungen können nicht ohne weiteres für die graphische Darstellung benutzt werden, da ja der Initialabstand der Marken nicht immer gleich ist, sondern man drückt etwa die Volumänderungen in Prozenten der

XVIIL. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 339

beobachteten Turgordehnung (bei hypotonischen Lösungen) aus und hat so ein vergleichbares Maß, das auf die Ordinate aufgetragen wird, während die Zeitintervalle auf der Abszisse Platz finden.

Da die Permeabilität proportional ist der Kontraktionsgeschwindig- keit, so verhält sich die Permeabilität der Kontraktionszeit gegenüber umgekehrt proportional. Stellen wir alle Versuche einer Reihe unter denselben Bedingungen an, vergleichen wir also übereinstimmende oder analoge Vorgänge, so sind die Volumveränderungen gleich groß den durchtretenden Flüssigkeitsmengen. Betrachten wir die Durchtritts- geschwindigkeit reinen Wassers. Wir haben also das Objekt in ein wasserentziehendes Medium gebracht. Die Verkürzung des Objektes geht anfangs am schnellsten vor sich, denn die elastische Dehnung der Zellwände ist anfangs groß, um bei fortschreitender Kontraktion immer kleiner zu werden, während die Konzentration des Zellsaftes fortgesetzt steigt. Die treibenden Kräfte für den Wasserdurchtritt werden also allmählich kleiner, die Volumänderung in der Zeiteinheit verringert sich und wird bei völliger Entspannung der Zellwand gleich Null. Die Kurve verläuft also anfangs steil und verflacht sich dann. Da die Zeit des Beginnes und des Endpunktes der Verkürzung schwieriger zu be- stimmen sind als dazwischenliegende Zeiten, empfiehlt es sich, beim zahlenmäßigen Darstellen nicht jene, sondern diese ins Auge zu fassen; denn der Wechsel der Flüssigkeiten in der Objektschale kann niemals augenblicklich geschehen, die Objekte sind von einer ungleichmäßig dicken Schleimschichte überzogen, der Abstand zwischen den Marken kann verschoben werden und endlich werden die Volumveränderungen gegen Ende des Versuches sehr klein. Würden also nur Anfangs- und Endpunkte bestimmt, so würde die Sicherheit der Ergebnisse leiden, und zwar desto mehr, je größer die Permeabilität und je kürzer die Versuchsdauer ist. Zweckmäßig wählt man nicht die Dauer der ganzen Verkürzung zum Vergleich, sondern die zwischen 25 und 75% der Turgordehnung verstrichene Zeit, welcher Mittelzeit die Permeabilität indirekt proportional ist. Die Ablesungen sollen nicht zu schnell auf- einanderfolgend gemacht werden, denn Verkürzung oder Verlängerung verlaufen nicht völlig regelmäßig. Immerhin muß man, wenn es sich um Permeabilität von Wasser handelt, Ablesungen nach Sekunden, jedenfalls Bruchteilen von Minuten machen, da hier die Volumver- änderungen sehr rasch vonstatten gehen. Im allgemeinen ist es zu empfehlen, entweder ganze Mikrometerintervalle oder ganze Zeitintervalle zu wählen und danach die Zeit- oder Mikrometerablesungen anzupassen !).

XVII. Anwendung von Adsorption und Kapillarität zur biochemifchen Analyse.

Adsorptionsmethode von A. Tswett?): Viele Farb- stoffe und farblosen Verbindungen, die in Petroläther, Benzol, Xylol, Tetrachlorkohlenstoff, Schwefelkohlenstoff löslich sind, werden aus den entsprechenden Lösungen durch pulverförmige Körper physikalisch

1) Den Abschnitten XVI, XVII, XVIII sind meine gleichnamigen Beiträge aus Abderhaldens ‚„Biochemische Arbeitsmethoden‘ zugrunde gelegt.

:) A. Tswett, Ber. d. d. bot. Ges. 24, 316, 384 (1906).

22 *

340 XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse.

niedergeschlagen, indem eine Menge des gelösten Körpers an der Ober- fläche der festen Partikelchen adsorbiert, d. h. kondensiert wird. Die Verteilung des Stoffes zwischen dem Lösungsmittel und dem Adsorbator gehorcht nicht dem Henryschen Gesetz und der Verteilungskoeffizient ist von der Konzentration abhängig; für einige gelöste Stoffe und Lösungsmittel wird dieser Koeffizient unendlich klein und der gelöste Stoff wird dann vollständig niedergerissen, kann durch das reine Lösungs- mittel nicht ausgewaschen werden. Aus ihren Adsorptionsverbindungen lassen sich die Stoffe durch Alkohol, Äther, Azeton, Chloroform be- freien. Ein Adsorbator, welcher mit einem Körper gesättigt ist, ver- mag noch von einem zweiten eine kleine Menge aufzunehmen, wobei Substitutionen eintreten können. EsgibteineAdsorptionsreihe, welche vom Lösungsmittel abhängig ist. So wird z. B. aus petrol- ätherischer Lösung Chlorophyll festgehalten durch: einfache Körper (S, Si, Zn, Fe, Al, Pb, Sb), Oxyde (SiO,, MgO, MnO,, PbO, Sb,O,, Fe,0,, Ag,0. HgO, U,0,), Hydroxyde (B(OH),, NaOH, Ba(OH),, AI(OH),), anorganische Chloride (NaCl, KCl, NH,Cl, CaCl,, MgCl,, AIC1,, FeCl,, CoCl,, CuCl,, HgCl,), Chlorate (KC1O,), KBr, KJO,, KNO,, Ca(NO,),, Ba (NO,),, Phosphate, Sulfide, Sulfite, Sulfate, Kar- bonate, Silikate, ferner KMnO,, K,Fe(CN),, K,Fe(CN),,, Oxalsäure, Wein- säure, Zitronensäure, Chinasäure, Gerbsäure, Harnsäure, Pikrinsäure, Phenolphthalein, Oxalate, Azetate, Harnstoff, Asparagin, höhere Alko- hole und Kohlehydrate (Mannit, Dulzit, Saccharose, Galaktose, Inulin, Dextrin, Amylose), Ovalbumin, Pepton, Hämoglobin, Chloralhydrat, Hydrochinon, Resorzin, Pyrogallol, Anilinfarbstoffe, Knochenkohle, Ackererde, Kieselguhr usw.

Wird eine Chlorophylllösung durch eine Säule eines Adsorptions- mittels durchgeschickt (am besten verwendet man im Trockenschrank getrocknetes CaCO,, das in Filterröhrehen möglichst gleichmäßig fest- gestampft wird, wie man sie bei der gravimetrischen Zuckerbestimmung verwendet), so werden die Farbstoffe, gemäß der Adsorptionsreihe von oben nach unten in verschieden gefärbten Zonen auseinandergelegt, indem die stärker adsorbierten Farbstoffe die anderen weiter nach unten verdrängen, die weniger intensiv zurückgehalten werden. Die Zonen grenzen sich viel schärfer gegeneinander ab, wenn man nach beendeter Filtration einen Strom des reinen Lösungsmittels durch den Adsorbator gehen läßt. Die Komponenten eines Farbstoffgemisches werden der- gestalt auseinandergelegt und lassen sich nachher qualitativ und quan- titativ bestimmen. Ein solches Präparat heißt Chromatogramm und die Methode die chromatographische. Außer Petroläther eignen sich auch Benzol, Xylol, Toluol und besonders Schwefelkohlenstoff als Lösungsmittel. Außer Chlorophyllösungen wurden chromatographisch schon Lezithin, Alkannin, Prodigiosin, Sudan, Cyanin, Solanorubin untersucht.

Sehr wichtig ist, daß das Lösungsmittel nicht durch Wasser, Alkohol und dergleichen verunreinigt sei. Nehmen wir das Beispiel des Chloro- phylis, so löst sich dieses Farbstoffgemisch wohl in Alkohol oder Ather mit tiefgrüner Farbe, Petroläther, Schwefelkohlenstoff usw. aber liefern immer mehr oder weniger gelbliche Extrakte. Wenn aber das Blatt- material vorher mit Alkohol durchtränkt wurde, liefern auch die eben genannten Lösungsmittel sattgrüne Auszüge. Der Petroläther soll etwa 10 %, Alkohol enthalten. Nun wird die grüne Lösung mehrmals mit

X VIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 341

dem doppelten Volumen Wasser im Scheidetrichter unter fortwährendem Umschütteln ausgewaschen. Der Alkohol geht vollständig ins Wasser und wird aus dem Petroläther so entfernt. Nachdem eine Trocknung des Extraktes über CaCl, vorgenommen wurde, filtriert man über dem Adsorbator, wobei man das Chromatogramm erhält, während Karotin als gelbe (aus Schwefelkohlenstoff als rosa gefärbte) Lösung durch- geht.

Die mit dem Manometer M (Fig. 95) versehene Dreiliterflasche R dient als Druckreservoir, in welchem durch die Röhre D mittels der Gummibirne P ein gewisser Luftdruck hergestellt werden kann. P ist mittels des Quetschhahnes Q von dem Rest des Apparates luftdicht abschließbar. Die Röhre D dient als Druckverteiler; sie ist mit einer Anzahl röhrenförmiger Ansätze versehen, an welche die eigentlichen Filtrationsvorrichtungen zu befestigen sind. Dazu verwende ich zylin- drische Filterröhrchen, wie sie bei der gravimetrischen Zucker- bestimmung angewandt werden, welche wie diese in einen schmäleren Teil auslaufen. Ein ausgebauchtes Filtrationsreservoir r dazu zu verwenden, wie es Tswett tut, hat sich bei meinen Untersuchungen wegen des

Fig. 95. Chromatographische Anordnung nach Tswett.

schweren Hinausschiebens des Adsorbators zwecks Analyse der einzelnen Farbstoffkomponenten als weniger zweckmäßig erwiesen. Das Fil- trationstrichterchen wird mit dem Druckverteiler D mittels eines fest- schließenden Pfropfens in Verbindung gesetzt, durch den eine Glas- röhre mit Gummiansatz zieht, wodurch das Filterröhrchen mittels Quetschhahnes beliebig vom Druckreservoir abgetrennt oder mit diesem in Verbindung gesetzt werden kann. Bequemer ist es, für größere Farb- stoffmengen das größer gewählte Filterrohr in den Hals einer Saug- flasche zu montieren und mittels der Luftpumpe durchzusaugen. Frisch gefälltes, äußerst feinpulveriges Kalziumkarbonat ist als Adsorbens besonders zu empfehlen, ebenso Saccharose. Es wird zwei Stunden bei 150 ° getrocknet, dann auf den Grund der Adsorptionsröhre ein dichter _ Wattepfropf eingepreßt, dann in dünnen Schichten das Pulver auf- gestreut und mit einem genau passenden Glaspistill sorgfältig fest- gestampft. Je homogener die Schicht des Adsorbens ausgefallen ist, desto schöner wird das Chromatogramm; die Höhe soll etwa 5—6 cm betragen. Dann wird eine Durchtränkung der Säule mit dem reinen Lösungsmittel vorgenommen; wird das unterlassen, so kommt es beim Filtrieren vor, daß sich die oberen Schichten des Adsorbens abheben und Luftblasen die regelmäßige Textur des Chromatogramms_ be- einträchtigen. Das Filtrieren im kleinen wird unter einem Über-

342 XVILI. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse.

druck von 250 bis 300 mm, das der größeren Röhren bei voller Kraft der Wasserstrahlpumpe vorgenommen.

Nach Aufgießen der Farbstofflösung läßt man einen Strom des reinen Lösungsmittels folgen, wodurch das Chromatogramm sich aus- breitet und verschärft. Nicht adsorbirte Stoffe werden herausgeschwemmt. Andere wieder wandern ringförmig durch und können für sich auf- gefangen werden. Nach beendeter Filtration wird durch Absaugen der Überschuß des Lösungsmittels entfernt und die Farbsäule sorgfältig hinausgeschoben, um dann durch das Messer vorsichtig in feine Be- standteile getrennt zu werden.

Chromogramm-Methode von J. Grüß zur Analyse von Enzymen!t): Auf ausgespanntes schwedisches Filtrierpapier bringt man zunächst einen Wasserring, d. h. man feuchtet eine ringförmige Zone gleichmäßig an (durch Aufdrücken von angefeuchtetem, um eine Glas- röhre gelegtem Filtrierpapier). In das Zentrum bringt man z. B. zwei Tropfen einer mit HgCl, und NiCl, gesättigten Lösung, die alsbald mit dem Wasserring in Berührung kommen und denselben nach außen drängen. Der Vorgang, der im dampfgesättigten Raume stattfinden muß und bei veränderlichen Körpern noch unter Wasserstoff, kommt schließlich zur Ruhe. Alsdann zerschneidet man das Kapillarisationsfeld in Sektoren, die man auf Fließpapier bringt, welches man mit den verschiedenen Reagenzlösungen getränkt hat. Nach der Einwirkung fügt man die Sektoren zum Chromogramm wieder zusammen, auf welchem dann verschiedene Zonen sichtbar geworden sind. Als Indikatoren kann man K,Fe(CN), und JK verwenden. Auf dem Chromogramm erscheinen dann zwei Zonen: die äußere ist blaugrün, enthält das Nickelsalz und hat eine Breite von 8 mm; die innere, zentrale Zone ist rot. enthält das Quecksilbersalz und hat einen Durchmesser von 7—-7,5 cm, die Breite der äußeren Zone ist ohne Wasserring nur 2 mm.

Die mit ein wenig Toluolwasser verdünnte Masse einer obergärigen Hefe, die mit Glaspulver und Glyzerin zerrieben worden war, wurde in der Weise in das Zentrum des Wasserringes gegeben, daß die einzelnen Tropfen nacheinander auffielen. Nachdem unter Wasserstoff sich ein Kapillarisationsfeld ausgebildet hatte, wurde auf demselben die Oxydasereaktion mit Guajak und H,O, hervorgerufen, wodurch ein weißes Feld mit violetten Ringen entstand. Die Hefe enthielt demnach Oxydase und Hydrogenase, welche H,O, spalten. Die violetten Ringe entsprechen den einzelnen Tropfen. Ein ähnliches Feld, aber mit ein- facher Ringbildung, wurde mit Schwefelblumen gleichmäßig bestäubt und dann halbiert. Die eine Hälfte wurde mit Toluolwasser, das zirka 10 % Glukose enthielt, das andere ohne Glukose angefeuchtet. Beide wurden mit in Bleizuckerlösung getränktem Papier, das auf einer Glas- platte haftete, in 1 mm Entfernung zum Auffangen des H,S überdeckt und kamen in Wasserstoff. Nach 24 Stunden war die Glukosehälfte des Bleipapiers weit mehr geschwärzt, hier war daher durch die Hydro- genase viel mehr H,S geliefert worden. Das vollständige Chromogramm, das man vom Zellsaft obergäriger Hefen erhalten kann, zeigt von außen nach innen die in den einzelnen Zonen bestehende Enzymwirkung an: Per-

1) J. Grüß, Ber. d. deutschen bot. Ges. 26a, 191, 620 (1908), 27, 313 (1909).

XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 343

oxydase, Hydrogenase, Oxydase, Invertase, Zymase, welche letztere auch stark reduzierende Eigenschaften besitzt. Die Enzyme können also durch gleichzeitige Kapillaritäts- und Diffusionswirkung von- einander getrennt, nebeneinander in ihrer Wirkung beobachtet und verglichen werden.

Beispiel der Cytase: Die herauspräparierten und sogleich unter Wasserstoff aufbewahrten Endosperme von Gramineen werden mit einigen Tropfen Glyzerin zerrieben und die Masse auf ausgespanntes Filtrierpapier in einem Wasserring unter Wasserstoff gegeben. Wenn sich das Kapillarisationsfeld nicht mehr ausbreitet, sucht man mittels einer mit Guajak und H,O, befeuchteten Rolle Filtrierpapier die Rand- linie zu markieren, die jedoch meistens ohnedies hervortritt. Man schneidet diese Randlinie in einer Breite von zirka 1 mm aus und schichtet Stücke derselben auf einem großen Deckglas spaltförmig zusammen. In den schmalen Zwischenraum bringt man die Testobjekte, also ausgewaschene dünne Schnitte aus den Kotyledonen der Lupine und Stärkekörner. Man läßt nun von der äußeren Seite der Papierstreifen ber je 1—2 Tropfen Thymolwasser hinzufließen und kittet dann das so beschickte Deck- gläschen mittels Vaseline auf den hohlen Glasklotz, der einige Tropfen Wasser mit Thymol oder Toluol enthält. Nach 48 Stunden kann man unter dem Mikroskop sowohl die Lösung der Hemizellulose als auch die Korrosion der Stärkekörner beobachten.

Beispiel der Oxydase: Die zerschnittenen Endknospen der jungen Triebe von Pteris aquilina werden mit Wasser ausgepreßt. Man bringt einige Tropfen des unter Druck filtrierten, mit Thymolwasser verdünnten Preßsaftes auf den Kapillarisator und behandelt das Feld mit Guajak und H,0,; es wird blau mit einer stärker gefärbten Mittel- fläche, umgeben von einer weißen Zone, die von einer intensiv blauen Randlinie begrenzt wird. Diese ungefärbte, weißbleibende Randzone enthält eine Antioxydase; dann untersucht man ein Kapillarisations- feld mit Ursoltartratlösung und H,O,, so erhält man eine weiße Kreis- fläche mit schwach dunkler, schieferfarbiger Randlinie, während unter- halb derselben die gelbbraune Färbung infolge Autoxydation erscheint. Verwendet man zur Kapillarisation einen an der Luft dunkel gewordenen Extrakt, so kann man sehen, daß der braune Farbstoff gleichfalls bis in die äußerste Randlinie vorgerückt ist, woraus man schließen kann, daß sich die Oxydase durch Autoxydation selbst verfärbt oder aber, daß sich Oxydase und Farbstoff in einer Bindung vorfinden, die durch Kapillarisation nicht getrennt werden kann.

Bringt man den alkalisch gemachten, braun gewordenen Extrakt auf den Kapillarisator und das sich bildende Feld, bevor es seine end- gültige Ausdehnung erlangt hat, in Essigsäuredampf, so tritt eine Fällung des Farbstoffes ein und die oxydierenden Enzyme kristallisieren über die Farbstoffgrenze hinaus. Nimmt man dann die Essigsäure durch Ammoniakdampf weg, so kann man durch entsprechende Reaktionen Oxydase und Peroxydase nachweisen.

Quantitative Bestimmungvon Säurenund Al- kalien durch Kapillarität:!) Zieht man auf einem Fließ-

1) J. Holmgren, Zeitschr. f. Kolloide IV, 219; Biochem. Zeitschr., Heft 3, 4 (1908); Zd. H. Skraup, Sitz.-Ber. d. kaiserl. Akad. d. Wissensch. Wien, 118,(1909).

344 XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse;

papier Striche mit Kongolösung, läßt dann in der Mitte aus einer kapil- laren Pipette die zu untersuchende Säure ausfließen und mißt den Durchmesser der zwei Kreise, die sich nach einiger Zeit bleibend ein- stellen, nämlich des durch das Reagens gefärbten und des anderen farblosen, durch reines, kapillar aufgezogenes Wasser gebildeten Kreises, so hat der innere Kreis den Kongostrich gebläut, der feuchte Ring um diesen jedoch nicht und dessen äußere Begrenzung gibt die Strecke an, bis zu der das Wasser gedrungen ist, während der innere Ring angibt, bis wohin die Säure gedrungen ist. Holmgren hat für die quantitative 2 Bestimmung die Formel aufgestellt: P=K. en, wo P der Prozent- gehalt der untersuchten Säure, r der Halbmesser des ‚sauren‘, R jener des ‚feuchten‘ Kreises und K die Konstante der benutzten Papier- sorte ist, welche man durch einen Versuch mit einer Säure bekannter Konzentration ermittelt. Man kann ebensogut die Adsorption in Längs- streifen von Indikatorpapier verwenden, die man in die zu untersuchende Lösung taucht, wobei man nicht die Steighöhen, sondern deren Quadrate in Rechnung zieht, also die Holmgrensche Formel auch hier verwendet. Die Konstante für das Holmgrensche Papier ist bei . . 5 HCl 0,20, 0,30, 0,32, bei der Absorption in Streifen 0,37, 0,30, 0,44. Läßt man HCl, HNO,, H,SO , in äquivalenten Konzentrationen aufsteigen, so findet man gar keinen Unterschied bei diesen stark dissoziierten Säuren. Die Steighöhe, bis zu welcher bei Lackmus- oder Kongopapier Farbenänderung eingetreten war, betrug, wenn das Wasser 100 mm auf- gestiegen war:

re N n n N

5 10 20 100 Balzsaurer. 95 sl 70 55 19 Bromwasserstoffsäure . . . . . _— 75 St 21 Jodwasserstoffsäure . . . .. . 67 54 21 Salpetersäure . .. . .... % | 68 54 21 Schwelsläure. “0 srmalie, ar 97 | 65 56 19 Nabronlauee.; "ne ee. Mike 94 75 66 50 IEEHRUGON een SE 97 73 63 48 Auktumiprualen. 0. al en ur 78 85 50 Aihrlamm, sa Fran 87 83 59 RC. 94 70 b3 18 Ameischsäute 7... Ha A ne En EN _ _ 87 75 39 Peothörsanter. Wr A. ee —, hu.’ BB 37 Valetiausäure ehr 2 a 85 | B— Berusteinsäure. „e.. . „00“ _— 90 87 53 ZIETONENEATTE N er ee or pie _ 839 712 39 Wemsaurer Sm TE _— 79 65 23

Starke Alkalielektrolyten verhalten sich also bei größerer Kon- zentration wie starke Mineralsäuren, bei verdünnten sind die Steig- höhen größer; bei schwachen Elektrolyten sind die Steighöhen auch wieder größer als bei äquivalenten Lösungen starker Elektrolyte.

Bei Salzen läßt sich auch die mit fortschreitender Verdünnung steigende Hydrolyse erkennen.

Biologische Methoden von J. Szücs zur quan-

XVIII. Anwendung von Adsorption u. Kapillarität zur biochemischen Analyse. 345

titativen Bestimmung basischer und sauerer Farbstoffel): Szücs hat gefunden, daß bei Gegenwart von sauren Farbstoffen die Aufnahme von basischen Farbstoffen in das Plasma gehemmt wird, indem sich saure und basische Farbstoffe zu salzartigen Verbindungen vereinigen, für welche die Plasmahaut impermeabel ist. Als Versuchs- objekt dienten Spirogyrafäden und die Würzelchen von Lemna minor, als diffundierende Farbstoffe Neutralrot, Methylviolett und Kongo- rot. Es sei eine Tabelle wiedergegeben (Tabelle XIII der Original- abhandlung):

Die letzte experimentell bestimmte

Konzentration des Konzentration des Kon gorots, Konzentration Methylvioletts | die noch nicht hinreicht, den Ein- des Kongorots in % tritt des Methylvioletts bis auf in % 10 Minuten herauszuschieben 0,00025 0,0001 0,00012 0,0005 0,00024 0,00028 0,001 0,00052 0,00056 0,002 0,00108 0,00112 0,004 0,00212 0,00224

Die hemmende Konzentration des sauren Farbstoffes steigt also streng proportional mit der Konzentration des basischen Farbstoffes,

Kongorots

en

in Prozent

Konzentration des

Konzentration des Methylvioletts in Prozenten 0,0005 0,002

Be ER ea je = ii rer ren ERENEES | 5 Ag a Br a are ENSE Tag UT MR: RUN KEN ae rag Wang zer hear 0

0,00025 0,001

was aus obiger Zeichnung noch deutlicher wird. Die verwendeten Spirogyrafäden müssen, sollen die Versuche untereinander vergleichbar sein, von derselben Art sein und von demselben Fundort stammen. Die Fäden werden in destilliertem Wasser sorgfältig abgewaschen und je nach der Empfindlichkeit der Art 5 Minuten bis eine Stunde darin belassen, die ausgewaschenen Fäden mittels eines am Ende gebogenen Platindrahtes in die betreffende Farbstofflösung gehängt und die Farbstoff- lösung während des Versuches beständig in Bewegung gehalten. Nach einer bestimmten Zeit werden die Fäden aus der Farbstofflösung heraus-

1) J. Szücs, Studien über Protoplasmapermeabilität, Sitz.-Ber. d. kais. Akademie d. Wiss. Wien, 119 (1910).

346 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

gehoben und in eine hypertonische Ca(NO,),-Lösung übertragen: da- durch wird der in der Zellulosemembran gespeicherte Farbstoff ent- fernt, die weitere Farbstoffdiffusion verhindert. Im Unterlassungsfalle bleibt in der Zellulosemembran eine bestimmte Menge des Farbstoffes, die nach dem Herausheben des Fadens aus der Farblösung noch eine unbestimmte Zeit hindurch weiter in die Zelle diffundiert. Durch das Eintauchen in die Elektrolytlösung kann man aber den Diffusionsprozeß nach beliebiger Versuchszeit praktisch momentan abbrechen. Die Versuchszeit wird mit der Stoppuhr gemessen. Bei Lemna wurden die Wurzeln abgeschnitten, die entwurzelten Exemplare auf nasse Garten- erde in Glaswannen gelegt. Die Kalyptrazellen der regenerierten jungen Wurzeln dienten als Versuchsobjekte.

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

Daß die grüne Pflanze atmet, d. h. wie jeder andere höhere Orga- nismus durch Oxydation von Körperstoffen die für ihren Lebensbetrieb erforderliche Energie gewinnt, ist für den Physiologen selbstverständlich, und doch können wir namentlich in ausgezeichneten Lehrbüchern der Chemie, auch in ganz modernen, Bemerkungen wie die folgende finden: „Auch die Pflanzen nehmen Luft auf; während aber die Tiere aus letzterer einen Teil ihres Sauerstoffs aufnehmen und für die Zwecke ihres Lebens verwenden und dafür Kohlenoxyd an die Luft abgeben, ist das Ver- hältnis bei den im Sonnenlichte atmenden Pflanzen ein umgekehrtes; sie nehmen nämlich aus der Luft vornehmlich Kohlensäure auf und geben Sauerstoff ab. Sie geben also gewissermaßen der Luft denjenigen Sauerstoff, welchen ihr die Tiere und die brennenden Körper entziehen, wieder zurück. Dies gilt aber nur von den grünen Pflanzenteilen im Lichte, die Atmung der Blüten ist der tierischen Atmung analog, und im Dunkeln nehmen sogar die grünen Pflanzenteile Sauerstoff aus der Luft auf, aber so langsam, daß nur ein Bruchteil der am Tage von einer Pflanze produzierten Sauerstoffmenge in der Nacht wieder von ihr verzehrt wird.‘‘ı) Wie man sieht, liegt hier eine und, wie gesagt, selbst unter Naturhistorikern anderer Disziplinen sehr verbreitete Verwechslung von Sauerstoffatmung und Kohlensäureassimilation vor. Während die Assimilation nur im Lichte vor sich geht und ihr Gaswechsel in der Absorption von Kohlensäure und Abgabe eines der Formation von Kohlehydraten entsprechenden gleichgroßen Sauerstoffvolumens be- steht, wird bei der Atmung bei Tag und bei Nacht Sauerstoff auf- genommen und Kohlensäure dafür abgegeben. Das Verhältnis der ab- gegebenen Kohlensäure zum aufgenommenen Sauerstoff ist natürlich von der Art des Verbrennungsmaterials abhängig; so ist der Atmungs-

koeffizient n bei der Verbrennung von Kohlehydraten gleich 1,

2 bei der Atmung keimender Fettsamen, also bei der Verbrennung eines Materials, welches viel sauerstoffärmer ist als die Kohlehydrate, bleibt er stark unterhalb 1, da relativ viel mehr Sauerstoff aufgenommen werden muß; werden aber Fettsamen auf Rohrzuckerlösungen kultiviert,

')H. Erdmann, Lehrbuch der anorganischen Chemie. Braunschweig 1910, S. 95.

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 347

wie das in den Versuchen von Pol wzow geschah, so wird der Zucker als Atmungsmaterial dem Fett vorgezogen und der Atmungskoeffizient nähert sich 1. Umgekehrt ist es beim Reifen von Früchten mit fett- haltigen Samen, also bei der Ablagerung des Reservefettes, das sich aus den Kohlehydraten der Assimilation bildet, wobei der überschüssige Sauerstoff abgegeben werden muß; es tritt also eine vermehrte Kohlen-

dioxydabgabe ohne entsprechende Sauerstoffaufnahme ein und 2 >12;

(0) so wurden von reifenden Mohnfrüchten in Versuchen Godle skis 23,72 cem Sauerstoff absorbiert und 32,62 cem Kohlendioxyd dafür

i 8) e abgeschieden, daher 0,” 1,5 > 1. Übrigens bleibt das Verhältnis es 2 2

während der Entwicklung der Pflanze überhaupt nicht konstant, ist auch bei Stärkepflanzen nur in den ersten Keimungsstadien 1, wird aber mit steigender Wachstumsgeschwindigkeit immer kleiner; auch Palladin fand bei herausgeschnittenen wachsenden Internodien ver-

schiedener Pflanzen ne 1, wachsende Organe absorbieren also einen > ÜberschußvonSauer- stoff; je kräftiger die Pflanze wächst, desto ausgiebiger ist ihre Sauerstoffabsorption und Kohlensäureaus- scheidung. Ebenso wie es eine Wachs- tumskurve gibt, in welcher sich das an- : fangs langsame, dann ne a ER A a z ee ae IE g. 6. Atmung: ac au: : anzenphysiol.

immer schneller wer- Praktikum p. 137. dend bi . Kohlendioxydabgabe pro 100 g Lupinus luteus in der Stunde ende, bI1S zu einem bei der normalen, —.—.—. bei der intramolekularen Atmung.

Maximum emporstei- gende und dann wieder langsam abfallende Tempo des Wachstums aus- drückt, so läßt sich auch eine der großen Wachstumskurve fast parallel laufende Atmungskurve (Fig. 96) ziehen, indem beide zu Beginn gering sind, dann immer rascher ansteigen, um von einem Maximum an wieder zu sinken. Diese Atmungskurve wird zuerst von A. Mayer mittels Sauerstoffbestimmungen und später vonBorodinundRischavi (Fig. 97) durch Messung der abgegebenen Kohlensäure aufgezeigt. Wiewohl die beiden Prozesse der Atmung und Kohlensäureassimi- lation einander parallel laufen und offenbar von verschiedenen Stellen des Plastids ausgehen, auch durch verschiedene Momente stimuliert oder geschädigt werden können (so sistierten BonnierundMangin durch Narkose wohl die Assimilation, bewirkten aber dadurch doch kein Stillstehen der Atmung), so ist damit aber durchaus nicht gesagt, daß diese beiden Vorgänge nicht in physiologischer Korrelation stehen, und man kann natürlich nicht die plasmatische Grundlage der Zelle alterieren, ohne auch die Atmung in Mitleidenschaft zu ziehen, wie namentlich Palladin zeigen konnte, der die Abhängigkeit der Atmung von den Zellipoiden, dem ‚Kitt‘‘ des Protoplasmas, nachwies. Aller- dings ist die Atmung als solche, nämlich als Gaswechsel, viel wider-

34 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

[e 0)

standsfähiger gegen äußere Einflüsse als andere Stoffwechselprozesse, denn sie wird zum Teil durch Enzymtätigkeit repräsentiert. Wiewohl der gesamte Atmungsvorgang nicht als Summe von Fermentwirkungen aufzufassen ist, sondern die regulierende Plasmatätigkeit die Haupt- rolle dabei spielt, kann man doch neben der plasmatischen die rein enzymatische, auch nach dem Tode des Plasmas (besser gesagt, um mich des Palladinschen Ausdruckes zu bedienen, nach ‚Abtötung“ des Plasmas, wobei die Enzyme intakt bleiben, also nicht nach dem „Absterben‘‘) vor sich gehende Atmung, d. h. Aufnahme von Sauer- stoff und Abgabe von Kohlendioxyd beobachten. Aber auch wenn die enzymatische Atmung sistiert, findet noch durch katalytische Vorgänge ein wenn auch bedeutend herabgesetzter gleichsinniger Gaswechsel statt den ich als ‚tote Oxydation‘ bezeichnet habe. Nach der Pal- ladinschen Gefriermethode abgetötete Keimlinge gaben noch reich- liche Mengen Kohlendioxyd ab. Molisch konnte an im Exsikkator rausch- dürr gewordenen Blättern, von Lamium album mit der Leuchtbakterien- methode nachweisbare Sauerstoffabsorption zeigen, und ich habe nach- gewiesen, daß Blätter von Eupa- torium adenophorum nach der Er- hitzung auf 120°, also nachdem sicherlich jede Enzymtätigkeit auf- gehört hatte, unter aseptischen Be- dingungen Kohlensäure abgaben. Ob alle drei Formen des Gasaus- tausches während des Lebens der Zelle vereinigt sind oder ob sie ein- ander an der Wirkungsgrenze ab- = lösen, läßt sich schwer sagen, aber Tage 236 8 WDRWRBRBM ZEHN (das erstere ist durchaus wahrschein- Fig. 97. Kurve nach Rischavi (aus Jost, Vor- lich. Es ist auch die Vermutung Iofüngen Ober, Plan zenph rel 2 Gon micht von der Hand zu weisen, daß bei 210 C. die Prozesse der Assimilation und Atmung auch insofern miteinander verknüpft sind, daß die Kohlensäure als Endprodukt der Atmung unter geeigneten Verhältnissen gleich Verwendung als Ausgangsmaterial für die Assimilation Verwendung findet und umgekehıt der Sauerstoff aus der Assimilationstätigkeit gleich in den Atmungsgaswechsel eingeht.

Ein Unterschied in der Atmung der höheren Pflanzen und Tiere liegt aber darin, daß die Pflanze längere Zeit ihr Leben ohne freien Sauerstoff fristen kann und in diesem Falle ihren Energiebedarf durch intramolekulare Spaltung höherer Kohlenstoffkomplexe deckt, während das Tier mit dieser Art des Energiegewinnes nicht ausreicht, sondern der oxybiotischen Verbrennungen bedarf (freilich sind von Pflüger Schildkröten und Frösche unter vollkommenem Sauerstoffabschluß tage- lang lebend erhalten worden). Diese intramolekulare Atmung ist wesens- gleich mit der Pilzgärung und führt auch zu denselben Produkten wie diese. Die Forschungen, namentlich der russischen Schule, haben ge- zeigt, daß auch die erste Phase der regulären Sauerstoffatmung die intramolekulare Zerspaltung ist, daß es aber nicht zur Stabilisierung der Endprodukte der Gärung, wie des Äthylalkohols, kommt, sondern daß schon die Vorstufen der normalen Gärungsprodukte der Ver- brennung anheimfallen. Nichtsdestoweniger hat Iwanoff gezeigt,

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 349

daß Phosphate, welche die Alkoholgärung stark stimulieren, auch auf die Atmung der Samenpflanzen dieselbe Wirkung ausüben, und Za- leskiund Reinhardt wiesen nach, daß durch Phosphate nicht nur die ana&robe, sondern auch die Oxydationsphase der Atmung stimuliert wird.

Sauerstoff ist schon für die ersten Keimungsstadien des Samens notwendig, ohne Zutritt von Luft ist keine Keimung möglich, was ja nicht wundernehmen kann, da die Keimung den Beginn des Wachs- tums darstellt, wozu natürlich Energieaufwand nötig ist. Werden Samen in Wasser versenkt, das nicht erneuert wird, so keimen nur die obenauf schwimmenden, mit der Luft in Berührung stehenden Samen. Bohnensamen oder Samen von Wasserpflanzen in ausgekochtes Wasser in ein gut verschlossenes Gefäß gebracht oder vor dem Zutritt von Luft durch eine Ölschicht geschützt, keimen nicht, ebensowenig wenn sie in sauerstoffreier Luft, in Stickstoff, Kohlensäure, Wasserstof. eingeschlossen sind, oder auch nicht, wenn sie sich in sehr engem Raume eingesperrt finden; deshalb gelingt es nie, angequellte, in eine Glas- röhre eingeschmolzene Samen zu weilerem Keimen zu bringen. Nach Osterhout (zitiert nach L. und K. Linsbauer) füllt man fünf gleich große Flaschen mit Wasser und wirft dann so viel trockenen Sand hinein, daß er die erste Flasche zu einem Sechstel, die zweite zu zwei Sechsteln usw., die letzte zu fünf Sechsteln ihrer Höhe anfüllt, wodurch ein Teil des Wassers verdrängt wird und akfließt. Nach dem Absetzen des Sandes gießt man auch das übrige Wasser fort, so daß in den Gefäßen nur luftfieier nasser Sand zurückbleibt. Nun setzt man überall eine gleiche Menge gequollener Samen oder gleichentwickelter Keimlinge hinein, verkorkt und versiegelt die Flaschen luftdicht. Den einzelnen Samen- oder Keimlingsportionen stehen also verschiedene Luftmengen zur Verfügung und man kann nun beobachten, daß diejenigen Samen, denen am meisten Sauerstoff geboten ist, sich am längsten entwickeln, die anderen je nach dem zur Verfügung stehenden Luftquantum früher oder später die Entwicklung einstellen. Kann zwischen das Sand- oder Sägespänesubstrat Luft eindringen, dann geht die Entwicklung normal vor sich. Besonders die Wurzeln haben ein großes Sauerstoffbedürfnis, und das ist auch der Grund, weshalb bei’ Wasserkulturen stets Luft eingeleitet werden soll. Unter Wasser versenkte Samen genießen aber genügend Luftzutritt, wenn das sie in nicht zu hoher Schicht bedeckende Wasser bewegt wird, ihre Keimung geht dann lebhaft vor sich. Eine kleine Menge Sauerstoff enthält ohnehin jeder Samen in seinem luft führenden Gewebe und je lockerer dieses ist und ein je geringeres spe- zifisches Gewicht es hat, desto mehr Luft schließt es ein, 7—50 % seines Volumens. Dieser Sauerstoff gibt den ersten Anstoß zur Keimung, so daß mit Wasser ganz injizierte, unter der Luftpumpe sauerstofffrei gemachte Samen aus diesem Grunde nicht keimen. Indessen ist umgekehrt auch eine überreichliche Sauerstoffdarbietung durchaus nicht keimungs- befördernd. In reinem Sauerstoff tritt keine Keimung ein oder zeigen doch die Keimlinge ein kränkliches Aussehen und gehen nachher auch in normaler Luft ein. Zea Mays, Ervum lens u. a. kommen nicht über die ersten Stadien der Wurzel- und Stengelbildung hinaus, Keime von Lepidium sat., Helianthus annuus bleiben in Sauerstoff durchschnittlich kleiner als normale und Triticum vulgaris usw. zeigen wohl größere Blätter als Normalpflanzen, die Blätter sind aber gelb und kränklich.

350 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

Die Keimung der Samen vollzieht sich auf Kosten des Reservematerials, welches dabei aufgebraucht wird. Aus diesem Grunde ist das Trocken- gewicht der Dunkelkeimlinge bedeutend kleiner als das Trockengewicht der Samen, aus denen sie sich entwickelt haben, und selbst bei im Lichte vegetierenden Keimlingen übertrifft der Verlust durch Verbrennung bei der Atmung die Ansatzgröße so bedeutend, daß gewöhnlich während der ersten Wochen kein nennenswerter Substanzgewinn gegenüber dem Samengewicht zu verzeichnen ist.

Bei der Keimung von Stärkesamen ist der Verlust auf Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff der organischen Substanz zu beziehen, während die Stickstoff- und Aschensubstanz ungeändert bleibt. Die Stärke wird zum großen Teil durch Diastase gespalten, so daß noch ein Überschuß von Zucker bleibt, auch der Betrag der Zellulose wird be- trächtlich vermehrt. Bei der Keimung von Leguminosensamen, die Eiweiß als Reservestoff führen, wird auch dieses unter Bildung von Asparagin und anderen Aminosäuren gespalten, als Nebenprodukt der Eiweißspaltung tritt Schwetelsäure in Form von Sulfaten in zunehmender Menge auf. Die Fettspaltung bei der Keimung ven Fettsamen hat eine Steigerung der Menge der Fettsäuren zur Folge, und zwar entstehen zuerst gesättigte und erst aus diesen ungesättigte Fettsäuren. Folgende ‘der Physiologie von Palladin entnommenen) Zahlen sollen diese Verhältnisse illustrieren:

Gsem-| c | ı ) N Asche gewicht g | ee | g | g | | 46 Weizensamen. 1,665 | 0,758 0,095 | 0,718 0,057 0,038 46 Weizenkeimlinge . 0,722 0,293 0,043 0,282 | 0,057 0,038 Differenz in Grammen. | 0,943 |— 0,465 | 0,052 —0,436 | Trocken- | Stärke + One W Kr > substanz | Dextrine | Saecharose zZ Aellalage | | 22 Maissamen ... | 8,6368 | 6,3868 | —....) OA | 0,516 22 Maiskeimlinge 4,5295 | 0,7778 0,953 | 0,150 g 1,316 g Differenz in Grammen | 4,107 | 5,609 + 0,953 | 0,313 | + 0,800 —— Mrockan- | 2 andere | | elL | TEcE Eiweiß | area Nhaltige Glukose | Zellulose Se von - BL] 8 | g g Samen \ 100,00 | 45,07 | 11,66 _ 3,24 | 0,385 Keim- Lupinus | | pflanzen ) luteus 81,70 11,06 18,22 23,97 | 2,10 6,47 0,610 Differenz in Proz. | 18,30 |—33,41 |+18,22|+12,31| +2,10| +3,23| + 0,225

Zwanzig Mohnsamen enthielten 8,915 g Fett und 0,975 g freie Fettsäuren; nach viertägiger Keimung wurden 3,770 g freie Fettsäuren und nur 3,900 g Fett gefunden. Glyzerin war jedoch in den Keimpflanzen nicht vorhanden. Indessen habe ich bei Keimlingen von Cucurbita Pepo und anderen Keimlingen aus Fettsamen, die in einer mit Leuchtgas

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 351

oder Azetylen verunreinigten Atmosphäre zur Entwicklung gebracht worden waren, nicht nur eine Vermehrung von Fettsäuren, sondern auch Glyzerin nachweisen können, offenbar weil das letztere nicht wie sonst schnell in Zucker übergeführt und veratmet wurde.

Daß die Entwicklung des Embryo mit einer starken Sauerstoff- aufnahme verbunden ist, hat auch Laskovsky in Versuchen mit Kürbissamen konstatiert, bei welchen er folgende Zahlen fand:

Prozent Verlust

Trockensubst. Trockensubst.

A FE Gewinn Temperatur| vor d. Keimung | nach d.Keimun Trockens. SIT pP Ing 5 mg 5 Weklıst CmgH ÖO in mg 16 ® | 7081 6997 98,22 Sa) 320 16—25 ° 6947 6794 97,07 3385 —43 + 265 16 ° 6838 6416 92,23 600 881 263 16—22 6361 6081 94,59 533 61 316 25 9 6011 5892 97,28 239 39 159 25—32 7060 6646 95.32 601 76 249 25—28 9 5909 5575 93,67 554 94 319

Peters untersuchte Kürbissamen in vier verschiedenen Perioden: 1. im ruhenden Zustand vor der Keimung, 2. nachdem das Würzelchen eine Länge von 2 bis 4 ccm erreicht hatte, 3. als die ersten 5 bis 6 Nebenwurzeln 2—3 cm lang und die Kotyledonen grün geworden waren, 4. als die Primordialblätter in ausgebreitetem Zustand schon eine beträchtliche Größe erreicht hatten. Für jeden Versuch wurden 1000 Objekte verwendet:

Ruhender Keimpflanzen Bestandteile Keim 1. Periode | 2. Periode | 3. Periode 5 8 | 3 | 8

Bee, ..,.,... 136,65 103,51 |. 56.4222) 12,98 ZurelREi 10.08 Spuren 3,81 | 9,48 12,98 een Spuren 2,56 | 3,55 6,13 Si Tuer 2 ER Er 8,389 | 17,50 6,63 Be een 8,34 9,33 | 12,23 | 21,20 Bmabsintle . .. .. +... 110,07 109,60 98,33 94,62 Be... en: 14,08 14,14 | 14,57 | 18,08 Extraktivstoffe, Pektine, Bitter-

Bw. 6,86 22,96 33,01 | 43,48

Der Ölgehalt nimmt also fortwährend ab, der Zuckergehalt zu, weil er in den letzten drei Perioden in größerer Menge gebildet als ver- braucht wird; der Stärkeanteil nimmt bis zur zweiten Periode zu, von wo an sich die Zellwandbildung besonders stark geltend macht, was auch in der Vermehrung der Zellulose zum Ausdruck kommt. Infolge der Verbrennungsvorgänge hat sich ein Materialverlust von 21,7 % er- geben. Vergleichen wir damit die Keimung der Erbse, welche ohne Zwischenbildung von Zucker erfolgt, und zwar in dem ersten Stadium nach 114 Stunden, wo das Würzelchen noch zwischen den Keimblättern eingeschlossen ist, und nach 184 Stunden, wo schon eine Entwicklung der Primordialblätter und Würzelchen zweiter Ordnung beginnt, so gelangen wir zu folgenden Zahlen, welche allerdings mit den vorher- gehenden nicht direkt vergleichbar sind, da die Untersuchung in anderen Keimungsstadien vorgenommen wurde, was sich schon in dem ge- ringeren Materialverlust ausdrückt:

352 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

In je 1000 Gewichtsteilen der

Keimungsperiode bei 100° getrockneten Substanz Ruhezustand Erste j - Zweite Bebt Een SO RER 2327 22,4 | 20,3 Dextrin A 65,0 50,3 54,1 Zucker... 2 512 ar Stärke’... 22 ve fe 421,1 377,8 330,0 Zellulose . . . re dig.» 3 ze: 78,7 81,0 Unbestimmbares N 137,6 153,6 157,4 Biıweißstoffe *- Ir wen; 238,4 233,4 237,1 INSCHB> we. 1: far: k Arab sr 40,8 40,8 40,8 Verlusb % ze Eee 34,9 76,2

Die Stoffumwandlung bei der Keimung der Sonnenblume wird durch folgende Zahlen erläutert, wobei 100 Gewichtsteile der Samen 88,98 Gewichtsteile der Keimpflanzen lieferten.

In 100 Gewichtsteilen | In 88,98 Gewichtsteilen

Samen Keimpflanzen Eiweißstoffe . . BR 24,06 13,34 Nuklein und Plastin N 0,96 4,05 Asparagin und Glutamin .. 3,60 Lezithin . . . DEINEN 0,44 0,71 Beltz ... EEE 55,32 21,82 Rohrzucker u. del. TER 3,78 13,12 Lösliche organische Säuren . . 0,56 2,16 Zelluloser u: a ee 2,54 10,25 Hemizellulosen . . . .... 3,41

Daß bei der Atmung Wärme entwickelt wird, ist aus dem Gesagten klar; wie Molisch mit Hilfe der Dewar gefäße gezeigt hat, ist die Wärmeproduktion bei der Atmung dicht zusammengelegter Blätter so hoch, daß sie auf 50 0 C über die Temperatur der Umgebung steigen und Äther mit Leichtigkeit zum Sieden gebracht werden kann. Nach den Versuchen von Bonnier wurden bei der Keimung von 1 kg Erbsensamen in der Minute folgende Wärmemengen in Kalorien pro- duziert:

l. Gequollene Samen . . i ee 2. Junge Keimpflanzen (Wurzellänge 5 mm) Be ee 3. ws; > ( ir 50—60 nm). RAN 0 al A A Nahen (ein grüner Stengel von 20 mm) . 22 2 (die Kotyledonen schrumpfen ein) . . . .... 22

. Die Pflanze erhält nichts von den Kotyledonen. . . . „2 WER er

Hier zeigt sich, daß die Produktion von Wärme der Wachstums- kurve nicht parallel geht, sondern gerade dort einen beträchtlichen Abfall zeigt, wo man infolge starker Neubildungen einen besonders großen Aufwand von Energie erwarten sollte, ein Fingerzeig dafür, daß ein Teil der durch Verbrennungen erzeugten Energie nicht als Wärme, sondern in der mechanischen Arbeit des Zuwachses zum Ausdruck kommt. Die maximale Wärmemenge wird zu Beginn der Keimung erzeugt; die auf Grund des Gaswechsels berechneten Wärmemengen bleiben aber anderseits unter den wirklich gefundenen zurück, es wird also in bestimmten Keimungsstadien wieder bedeutend mehr: Wärme produziert, namentlich in den ersten Keimungsstadien, wo exotherme

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 353

Vorgänge, Hydrolyse von Stärke und Eiweißstoffen in großem Maß- stabe stattfinden. Die größte Wärmeproduktion erfolgt in derjenigen Keimungsperiode, wo der Atmungsquotient ein Minimum erreicht, die Sauerstoffaufnahme also ein Maximum.

Wärmeproduktion - von 1 > Gerste Wärmemenge| in Kalorien CO» in 1 Minute gefunden berechnet Os

1. Gequollene Samen . . . ..... 5 3 1,00 2. Attlage von Wurzeln... .:.. 62 45 0,65 3. Hauptwurzel von 3 mm ..... 40 31 0,80 4. Ende der Keimung. . . 15 12 0,95 5. Erwachsene, beblätterte Stengelteile 0 3 1,00

Bei der Verbrennung des organischen Materials entsteht nicht nur CO, sondern auch H,O. Wasserbestimmungen bei der Atmung wurden von Laskovsky ausgeführt, der fand, daß im ersten Keimungs- stadium sehr wenig, vielleicht gar kein Wasser gebildet wird, und zwar um so weniger, je höher die Temperatur ist. Diese auffallende Tatsache, welche sich mit der gerade in den ersten Keimungsstadien höchsten Intensität der Verbrennungsvorgänge nur schwer in Einklang bringen ließ, wurde erst durch den von Palladin geführten Nachweis er- klärlich, daß bei der Atmung eine Assimilation von Wasser stattfindet, worauf aber hier nicht näher eingegangen werden kann. Natürlich wird auch zu den gerade im Anfang in besonders ausgedehntem Maßstabe stattfindenden Hydrolysen Wasser verbraucht. Demnach stehen auch die abgeschiedenen Wasserstoff- und Kohlenstoffmengen in keinem konstanten Verhältnis zueinander. Sehr eingehend ist der Einfluß der Außentemperatur auf die Atmung studiert. Im wesentlichen ist die Atmungsenergie den Wärmegraden beinahe proportional (Wolkoff und Mayer maßen die Sauerstoffaufnahme der Keimpflanzen). Inner- halb der Grenzen des Lebens entspricht die Zunahme der Atmungs- intensität mit Zunahme der Temperatur der RGT-Regel, nach welcher - bei Steigerung der Temperatur um je 10 ° sich die Intensität des Vor- ganges verdoppelt bis verdreifacht. Die folgende Tabelle gibt nach den Versuchen von Clausen die Kohlensäuremengen in Milligrammen, welche bei verschiedenen Temperaturen von 100 g Lupinenkeimlingen, Weizenkeimlingen und Syringablüten in einer Stunde abgegeben werden, und die Quotienten der Mengen, die einem Temperaturintervall von 10 ® entsprechen:

Temperatur Lupinenkeime | Weizenkeime | Syringablüten | Koeffizienten

7,27 10,14 11,60 2,5, 2,8, 2,5 10.8 18,11 28,95 30,00 20 43,55 61,80 78,85 2,4, 2,1, 2,6 30 85,00 100,76 108,00 40 ° 115,90 109,90 176,10

50 46,20 63,90 152,80 Fl le

Im Mittel findet also hier eine Steigerung des Stoffwechsels um das 2,5 fache statt, wobei man noch zu bedenken hat, daß es sich hier um ein kompliziertes System von ineinandergreifenden Vorgängen handelt.

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 23

354 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

co

Ähnliche Werte erhalten wir in den folgenden von Wolkoff und Mayer ermittelten Zahlen mit Keimpflanzen von Tropaeolum majus, welche folgende Atmungsintensitäten aufwiesen:

ee lume Abnahme ; an) ß | absolut in der Stunde Temperatur Zeit cem cecm a } 0,74 0,53 16,2 C a 55,62 = 2,10 55,36 } 20 re 2,30 55,11 0,25 0,75 25,4 0 2,50 54,85 0,26 0,76 3,10 |) 0m | 200 iM 52,99 0,32 0,96 32,8 5,00 52,22 0,77 1,03 5,45 122 } De sn \ 17,80 3:10 51,06 0,16 0,48 J 8,30

Ein Versuch mit fünf unverletzten Keimpflanzen von Tropaeolum majus lieferte folgende Resultate:

Sauerstoff i in der Stunde

Temperatur aufgenommen

cem 22,4°C 0,60 DI.B2 5 0,77 30,5 0,76 30,00 5; 0,77 35,00 1,04 38,20 0,91

Dieses Verhältnis bleibt aber mit weitergehender Steigerung der Temperatur nicht konstant, sondern nimmt immer mehr ab, bis schließ- lich bei 40 C ein Maximum erreicht ist, über welches hinaus die In- tensität der Atmung bis zum Tode der Pflanze nicht mehr gesteigert wird. Folgende, von Rischavi ermittelte Zahlen zeigen dies an etio- lierten Weizenkeimlingen:

COs abgegeben

CO: abgegeben pro Stunde mg

Temperatur pro Stunde mg

Temperatur

5°C 3,3 300 C | 22,04

100% 5,28 350 28,38 150 9,90 409% 37,60 200 12,54 450. 37,80 250 . 17,82

L)

00 A A $ Das Verhältnis Ö ° erreicht ein Minimum bei 10—15° und steigt

sowohl bei höherer als auch bei niedrigerer Temperatur, und zwar ist in ersterem Falle die Zunahme nach Puriewitsch eine stärkere:

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 355

| Temperatur |

2— 4.0 0,45

Beybridum . 2. 2 2 ae 10—12 | 0,37 25—26 | 0,48

ac 0,75

Pelsssonium zonale . . .: 2.20... | 12—14° | 0,54 34—35 0,95

Auch Temperaturschwankungen üben großen Einfluß auf die In- tensität der Atmung. Palladin ließ etiolierte Keimsprosse der Bohne bei drei verschiedenen Temperaturen atmen; die eine Portion wurde bei 17—20 °, die andere bei 7—12 ° und die dritte bei 36—37 ° belassen. Es ergab sich aus der Bestimmung der Atmungsintensität, welche nach einiger Zeit bei mittlerer Temperatur vorgenommen wurde, daß die fortwährend bei mittlerer Temperatur belassene Portion die geringste CO,-Menge bildete, während die vorher bei hoher und niedriger Temperatur belassenen Portionen eine intensivere Atmung zeigten.

Vorhergegangene N, = 49 . Über- Temperatur CO2-Menge bei 18—22° Mittel SEhER mittlere (17—20 °) 54,5, 53,5, 55,0, 44,9, 58,1, 65,3, 59,8 55,8 niedrige (712°) | 89,8, 73,6, 80,2, 53,9, 78,9, 87,4, 829 | 781 | 0% 0) |; 31,4, : 94. -. —- | 841 | 8%

Dagegen bleibt die Menge der abgegebenen Kohlensäure im wesent- lichen ungeändert, wenn man die Keimlinge abwechselnd in kohlensäure- freier Luft, dann in einem Strome reinen Sauerstoffs, in normaler Luft und so fort im Turnus atmen läßt. Nach Kosinskiund Palladin zeigt ferner die Konzentration der Nährlösung großen Einfluß auf die Atmungsenergie; die Übertragung aus konzentrierterer in verdünntere Nährlösung bewirkt einen Aufschwung der Atmung, umgekehrt das Ver- setzen in konzentriertere eine Abschwächung; 100 g etiolierte Bohnen- blätter produzierten pro Stunde folgende Kohlensäuremengen:

mer: a en auf der Zuckerlösung

Konzentration

: - 2 in mg von Rohrzucker co 5

Differenz in °/o

15% 3 Tage 122,7 u

IEy 3 Ri 79,4 32,5 50 9, 1 Tag 69,7 —.1,2 0% (Wasser) Ir 154,0 + 120,9

Kurzdauerndes Versenken der Zwiebeln von Gladiolus in Wasser steigert nach Zaleski die Atmungsenergie bedeutend. Durch Ver- wundung und durch Gifte findet eine starke Stimulierung der Atmungs- größe statt und Zaleski hat gezeigt, daß dies sogar bei ruhenden Gladioluszwiebeln der Fall ist. Alkaloide, Glykoside, Äther, höhere Alkohole steigern in geringen Dosen die Intensität der Atmung, während größere Mengen lähmend wirken. 300 g Kartoffelknollen schieden 1,2—2 mg CO, pro Stunde aus; nachdem jede Kartoffel in vier Teile zerschnitten war, wurden bei derselben Temperatur in der 2. Stunde 9 mg, in der 5. Stunde 14,4 mg, in der 10. Stunde 16,8 mg, in der

23 *

356 NIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

28. Stunde 18,6 mg CO, produziert; nach 5l Stunden 13,6 mg, nach 4 Tagen 3,2 mg, nach 6 Tagen 1,6 mg. Nach der anfänglichen durch den traumatischen Reiz hervorgerufenen Steigerung der Atmung wurde also ein Abfall konstatiert, bis am 6. Tage die Atmung der zerschnittenen Knollen das Stadium der ursprünglich unzerschnittenen erreichte.

Zur Erkennung der von den Pflanzen (z. B. keimenden Samen) aus- geschiedenen Kohlensäure haben L. und K. Linsbauer einen höchst einfachen, sich sehr gut zur Demonstration eignenden Apparat kon- struiert (Fig. 98). Inden nahe dem Fuße verengerten Glaszylinder werden auskeimende Samen Sa einer Pflanze gebracht. Das trockenturmartige Gefäß ist mit einem Pfropf luftdicht verschließbar, durch dessen Bohrung ein langes, bis fast auf den Grund N des Turmes reichen- des Glasrohr führt. Man steckt das unterste Ende des- selben durch ein Stück Papier und setzt den Pfropf in den Hals des Gefäßes, so daß zwischen Kork und Hals noch Raum zum Einwerfen der angekeimten Samen bleibt. Beim Auffallen der Samen auf das Papier ver- schließt dieses die Einschnürung, welche zwischen dem oberen und dem unteren Teile des Trockenturmes vor- handen ist, so daß die Samen nicht in diese untere Partie hineingelangen können. Sollte dies doch ge- schehen sein, so kann man sie mittels eines spitzen Drahtes bei der seitlichen Öffnung des Trockenturmes, welche während des Versuches luftdicht verschlossen bleiben muß, entfernen. Ist der obere zylindrische Raum etwa zu drei Vierteln mit den Samen gefüllt, so setzt man nun den Pfropf fest in den Hals ein. Die Samen produzieren Kohlensäure, welches sich als spezifisch schweres Gas im unteren Teile des Zylinders ansammelt; zu seinem Nachweise bedient man sich der Nilblaubase. Man gießt in die Glaskugel K bei verschlossenem Hahn die Lösung der Niblaubase ein und steckt in die obere Kugelöffnung ein Natronkalkrohr, welches die Kohlen- säure der durchstreifenden Außenluft absorpiert. Läßt man nach 6 Stunden oder später Nilblaubase in den unteren Teil des Gefäßes abfließen, wobei der untere Fig.98.Linsbauers Ftropfen gelüftet wird, so färbt sie sich sofort blau, da der Aupkzer zum Nalı Farbstoff die Eigenschaft hat, in wässeriger Lösung, weıse der ‚mungs > . , = . ..

kohlensäure. in welcher wir ihn in den Apparat einfüllen, rot zu sein und sich bei Zutritt von Kohlensäure blau

zu färben. Mit Topfpflanzen arbeitet man unter einer auf einer Glasplatte aufgeschliffenen und mit Vaseline gut gedichteten Glocke, unter welche nebst der Pflanze ein Schälchen mit klarem Baryt- wasser gestellt wird, während sich in einem Parallelversuch dieselbe Versuchsanstellung ohne Pflanze befindet. Das Barytwasser trübt sich in der Glocke mit der Pflanze infolge Bildung von BaCO, viel schneller als im Parallelversuch; natürlich muß durch Verdunkelung der Glocke eine Wiederverwendung der Atmungskohlensäure im Assimilationswege ausgeschlossen werden. Man kann übrigens die ausgeschiedene Kohlen- säure schon erkennen, wenn man einen Halbliterkolben zu einem Drittel seiner Höhe mit Askulusknospen oder mit angekeimten Samen füllt und in den verschlossenen Kolben, der 24 Stunden in einem warmen Raum

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 357

gestanden hat, nach dem Öffnen des Stöpsels einen brennenden Holzspan durch den Hals einführt, welcher sofort verlöschen wird. Man nimmt einen gewöhnlichen Absaugekolben nach Büchner und befestigt an das Ansatzrohr desselben mittels eines dicken Stückchens Kautschuk- schlauch eine enge, gebogene Glasröhre, welche mit ihrem senkrechten Schenkel in Quecksilber taucht. Auf den Boden des Kolbens, dessen Mündung später luftdicht mit einem Stöpsel verschlossen wird, wird ein feuchtes Filtrierpapier ausgebreitet und dieses mit Weizenkörnern bedeckt. Getreide keimt nach 24 stündigem Anquellen und 24 stündigem Aufbewahren in einem warmen, feuchten Raum vor dem Versuch auch im Winter befriedigend. In den Kolben kommt ferner eine Eprouvette oder besser ein kleiner flacher Napf mit konzentrierter (2? KOH : 3 H,O) Kalilauge. Die entwickelte Kohlensäure wird von der Lauge absorbiert, der zur Kohlensäureproduktion verbrauchte Sauerstoff ist aus der Kolbenluft verschwunden und so wird das Quecksilber im Glasrohre emporsteigen. Es ist jedoch notwendig, vor Beginn des Versuches die Luft im Kolben zu erwärmen, bevor das offene Ende der Glasröhre in das Quecksilber eingetaucht wird, so daß das Quecksilber, wenn die Luft wieder erkaltet, im Glasrohr ein wenig emporgezogen wird, so daß ein bestimmter Stand des Quecksilbers als Nullpunkt für die Be- stimmung dient. Man kann zu diesem Zweck den Kolben einige Minuten in 40 warmes Wasser einstellen oder einfach die Handwärme dazu benutzen. Sollte das Quecksilber innerhalb sechs Stunden nicht steigen, so ist die Einpassung des Stöpsels daran schuld, welcher dort, wo er ins Glas eingepreßt ist, zweckmäßig mit einer Mischung von 15 Teilen Harz, 35 Teilen Bienenwachs und 50 Teilen Vaseline (Wachs und Vaseline werden gut vermischt und das feingepulverte Harz allmählich unter starkem Rühren zugefügt) gedichtet wird. Wird die Kohlensäure nicht durch Kalilauge absorbieren gelassen, so bleibt der Stand der Queck- silbersäule im großen ganzen ungeändert, entsprechend der Tatsache, daß einem aufgenommenen Volumen Sauerstoff ein gleich großes Volumen ausgeschiedener Kohlensäure entspricht.

Zum Zwecke der quantitativen Bestimmung der ausgeschiedenen Kohlensäure läßt man die Kohlensäure von Kalk- oder Barytwasser absorbieren und wägt nach dem Abfiltrieren entweder das gebildete Erdalkalikarbonat oder man mißt besser (da durch Kohlensäureüberschuß wieder ein Teil des Karbonates aufgelöst werden kann, wenn das Kalk- oder Barytwasser nicht in starkem Überschuß vorhanden ist) die Ge- wichtszunahme der in einem Geißlerschen oder Liebigschen Apparat befindlichen Kalilauge (von diesen Apparaten, welche bekannt- lich bei der organischen Elementaranalyse zu demselben Zweck Ver- wendung finden, existieren zahlreiche, sehr praktische Modifikationen; das Prinzip ist stets, die durchfließende Kohlensäure einen möglichst langen Weg durchlaufen zu lassen, um ihre Absorption möglichst vo!l- ständig zu gestalten). Gute Dienste leisten die Pettenkoferschen Röhren, denen Cl. Winkler eine handlichere Form gegeben hat (Fig. 99). Es sind ziemlich weite, diekwandige, in einem Winkel von 130 Grad gebogene, 130 cm lange Glasröhren, deren kürzerer Schenkel 10 cm, deren längerer 120 cm mißt, die Breite der Röhren beträgt 14 mm. Man füllt die Röhren mit titriertem Barytwasser und befestigt sie in geneigter Lage; ist die Röhre genügend lang und etwa zur Hälfte gefüllt, so kann man einer- seits der vollkommenen Absorption der Kohlensäure, anderseits der

358 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

nr

Vermeidung des Überfließens der Lauge bei noch so schnellem Durch- gang von Gas sicher sein. Die mittels einer Wasserstrahlluftpumpe durchgesaugte Luft passiert ein Natronkalkgefäß, wo die Kohlensäure der Luft zurückgehalten wird, und gelangt nun in das mit den Pflanzen beschickte Kulturgefäß, respektive in die Glocken, unter welchen sich die Pflanzen befinden, respektive wird durch eine bis auf den Boden der Glocke reichende Glasröhre eingeführt, um dieselbe durch ein kurzes,

Fig. 99. Pettenkofersche Röhren.

knapp unterhalb des Glockenverschlusses endigendes Rohr zu verlassen. Damit das Gas die Pettenkoferschen Röhren in möglichst kleinen Bläschen durchzieht, bringt man an das Ende des Zuleitungsrohres, mittels welchen durch einen Kautschukstöpsel die Röhren mit dem Pflanzenrezipienten verbunden sind, mit Hilfe eines Gummischlauches eine ausgezogene Glasröhre an. Da behufs vollkommener Absorption das Durchstreichen des Gases langsam erfolgen soll, kann man an dem Kautschukschlauch noch eine Klemmschraube anbringen, durch deren festere oder lockerere Stellung die Gaszuleitung reguliert werden kann. Die Pettenkoferschen Röhren R mon- tiert man auf einem Holzgestell, das aus zwei senk- rechten, miteinander verbundenen Platten besteht. Die vordere Platte ist 15 cm, die hintere 24 cm hoch. Beide Platten sind mit Rinnen versehen, die mit Tuch belegt sind; in diese Rinnen legt man die Röhren und befestigt sie mit hölzernen Schrauben- haltern., Jedes Holzgestell ist für sechs Röhren be- rechnet ; dasrückwärtige Ende jeder Pettenkofer- schen Röhre verbindet man mit einer der Ansatz- Pig. 100. Druckregulator Jöhren eines weiteren Glasrohres: dieses Sammel- nach Palladin. rohr hat sechs Zuleitungsröhren und ein Ableitungs- rohr, das direkt zur Luftpumpe geführt werden

kann. Da aber durch eine gutziehende Pumpe viel mehr Luft heraus- gezogen wurde, als in Form von Kohlensäure durch die Petten- koferschen Röhren geliefert wird, mußte sich im Apparate bald eine Luftverdünnung ergeben, die man mit Hilfe eines von Palladin angegebenen Regulators D vermeidet. Man gießt in eine dreihalsige Wulffsche Flasche (Fig. 100) eine zirka 2 em hohe Quecksilberschicht, darauf eine ebenso hohe Wasserschicht hinein. In die eine der beiden äußeren Öffnungen der Flasche führt man mittels eines durchbohrten Kautschukstöpsels das aus den Pettenkoferschen Röhren heraus-

Yen

Bl Il UT

\ 4

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 359

führende Glasrohr ein und versenkt es 1 cm in das Wasser; in die andere äußere Öffnung der Flasche steckt man das Ableitungsrohr, in die mittlere Öffnung ein gerades Glasrohr, dessen unteres Ende 1 cm weit in die Quecksilberschicht gesteckt ist. Bei Anwendung dieser Einrichtung kann die Luftverdünnung im Apparat höchstens 1 cm Quecksilberdruck betragen, denn wird die Gasdurchleitung verlangsamt oder vollständig eingestellt, so wird die der Luftpumpe fehlende Luft von außen durch das mittlere Rohr des Regulators zugeführt. Eine jede der Petten- koferschen Röhren beschickt man mit 100 cem Barytwasser. Zu- nächst wird im kurzen Schenkel das Gaszuleitungsrohr befestigt das man an einem durch Schraubenquetschhahn fest verschlossenen Kaut- schukschlauch anschließt; dann gießt man in eine größere Flasche die Barytlösung und läßt aus dieser mittels einer Bürette eine abgemessene Menge in das offene Ende der Pettenkoferschen Röhre ein- fließen, wobei man die Röhre geneigt hält. Dann wird das gefüllte Rohr auf dem Gestell befestigt und möglichst rasch durch den Kautschuk- stöpsel mit dem Sammelrohr verbunden, an dem sich schon der Kautschukschlauch samt Glasröhre zum Anschluß an- den Stöpsel be- findet. Zur Herstellung des Barytwassers löst man 7 g kristallisiertes Bariumhydroxyd in 1000 ccm destillierten Wassers; wird aber der Ver- such auf längere Zeit ausgedehnt, sind also die aufzufangenden Mengen Kohlensäure groß, so können auch 14 g oder 21 g genommen und auf je 1 Liter Barytwasser 1 g Bariumchlorid zugefügt werden. Nachdem der Apparat instand gesetzt worden ist, werden die Pflanzen in die Rezipienten oder Kulturglocken eingeführt. Verwendet man große Glocken, so ist es zweckmäßig, entweder die Luft vorher auszupumpen, was aber wegen des durch Saugung veranlaßten Zurücksteigens des Barytwassers beim Verbinden der Glocken mit diesem, wenn man nicht rechtzeitig die Pumpe in Tätigkeit setzt, Unannehmlichkeiten veranlassen kann, oder genügend lange kohlensäurefreie Luft durch- zuleiten, welche man ja ohnehin zur Ausführung der Bestimmung durch das System durchleiten muß. Die Luft passiert zu diesem Zweck zunächst, bevor sie zu den Pflanzen gelangt, einen Turm oder U-Röhren w, teils mit Natronkalk, teils mit Atzkali gefüllt. An je einem Rezipienten T sind zwei Pettenkofersche Röhren an- geschaltet. Der Apparat wird folgendermaßen in Tätigkeit gesetzt: Zunächst läßt man die Wasserstrahlpumpe laufen das Luftsaugen er- folgt durch das mittlere Rohr des Regulators.. Dann öffnet man den Quetschhahn am Pettenkoferschen Rohr an dem der Pumpe zugekehrten Ende und lockert dann auch den Quetschhahn des dem Pflanzenrezipienten benachbarten Endes der Röhre; mit Hilfe dieses Quetschhahnes wird, wie schon erwähnt, die Gasdurchleitung geregelt. Nach einiger Zeit stellt man die Absaugung ein und setzt die andere der beiden Parallelröhren in Betrieb. Zu diesem Zweck sperrt man erst den rückwärtigen, dann den vorderen Quetschhahn des ersten Rohres und zieht den das Rohr mit dem Rezipienten verbindenden Gummi- schlauch aus der Ableitungsröhre des Rezipienten heraus; letztere wird dann in den Gummischlauch des zweiten Pettenkofer schen Rohres eingeführt und das Rohr wieder auf dieselbe Weise wie früher in Betrieb gesetzt. Das ausgeschaltete Rohr ersetzt man durch ein anderes, das man frisch mit Barytwasser beschickt hat, und kann so unter be- ständigem Röhrenwechsel unbegrenzt lange Zeit arbeiten. Das aus-

360 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

geschaltete Pettenkofersche Rohr entleert man nach Umschütteln ohne zu viel Luftzutritt in eine 150 cem fassende Flasche mit ein- geschliffenem und mit Vaseline gedichtetem Stöpsel. Die Röhre wird dabei quantitativ mit Wasser abgespült und der Niederschlag in der Flasche mehrere Stunden sich selbst überlassen, damit er sich ordent- lich absetzt. Seine Menge kann nun in üblicher Weise gravimetrisch oder besser maßanalytisch mit Oxalsäure bestimmt werden. Man stellt eine Lösung von 2,8636 g reiner, umkristallisierter Oxalsäure in 1000 ccm Wasser her; 1 ccm dieser Lösung entspricht 1 mg Kohlen- säure. Für die Titration mißt man 25 ccm vollkommen klar gewordener Barytwasserlösung mit einer Pipette ab und titriert mit der Oxalsäure gegen Phenolphthalein. Nachdem man die Menge der vom Baryt ge- bundenen Oxalsäure ermittelt hat, multipliziert man die Anzahl der gefundenen Kubikzentimeter mit 4, womit man direkt die Menge der während der Versuchszeit gebildeten Kohlensäure in Milligrammen be- stimmt hat. Für eine größere Zahl hintereinander durchzuführender Titrationen leistet Maximows . automatische Pipette (Fig. 101) gute Dienste. Eine dreihalsige, unten mit einem Tubus für den Ablauf versehene, 2—3 Liter fassende Flasche M wird mit verdünnter Natronlauge gefüllt, die eine der beiden oberen Öffnungen trägt ein doppelt gebogenes Glas- rohr, an das mittels eines Kautschukschlauches mit Quetschhahn eine Pipette P angesetzt ist, in die andere führt man ein mit Quetschhahn versehenes Rohr, in die mittlere einen zum Eingießen der Lösung dienenden, mit eingeschliffenem Hahn versehenen Trichter Tr. Beim Öffnen des Ablaufes des bis zum obersten Rande mit der Lauge gefüllten Gefäßes fließt die Flüssigkeit heraus und durch die Luftverdünnung | wird von außen Barytlösung in die Pipette auf- gezogen. Man schließt dann den Ablauf und öffnet ee eine der oberen Röhren, worauf die Barytlösung in den automatische Pipette. Jitrationskolben abläuft. Die in der Flasche und der Pipette befindliche Luft ist infolge der Lauge in der Flasche vollkommen kohlensäurefrei und die Bestimmung jedenfalls einwandfreier, als wenn man mit dem Munde angesaugt hätte. Bei keimenden Samen ist ein vorheriges Durchleiten kohlensäurefreier Luft unnötig, wenn man dafür sorgt, daß der Rezipient fast vollkommen mit dem Pflanzenmaterial gefüllt ist; man bedient sich da der U-Röhren oder Chlorkalziumzylinder. Für die Bestimmung der Almung von Ober- und Unterseite eines Blalles hat F. Blackmann eine Atmungs- kammer (Fig. 102 und 103) konstruiert, die aus zwei Messingringen K besteht, denen an der einen Seite Glasplatten angeklebt, seitlich aber je zwei Kupferröbren aufgepaßt sind. Eine jede Kammer ist 5 mm tief, ihr Durchmesser beträgt 36 mm. Zwischen den Kammern wird das zu untersuchende Blatt B befestigt und mit Wachs fest- gemacht. Die Luft dringt durch das eine Rohr R ein und verläßt das System durch das andere Rohr R,; für schmale Blätter werden ent- sprechende längliche Kammern verwendet. Die Kohlensäure wird ebenso absorbiert wie oben. Die Pettenkoferschen Röhren, mittels deren sehr genaue

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 361

Resultate erzielt werden, können dort, wo es sich um Bewältigung großer Kohlensäuremengen handelt, und wo ein rascher Wechsel der Absorptionsgefäße nicht tunlich ist, durch Kaliapparate ersetzt werden, die zu zwei Dritteln mit starker Kalilauge beschickt und mit einem angeschmolzenen, mit Chlorkalzium gefüllten Rohre versehen werden, um das aus dem Kaliapparat verdunstende Wasser aufzunehmen; zweck- mäßig ist es, die Hälfte des Rohres statt mit CaCl, noch mit festen Kalistücken zu füllen, um einem Verluste an Kohlensäure absolut vor- zubeugen. Die Kalilauge im Apparat ist solange zu benutzen, bis in- folge übermäßiger Bildung von Kalikarbonat durch sehr lange Zeit fortgesetzte Versuche Verstopfung der Röhren eintreten kann. Vor den Kaliapparat, also in diesem Fall zwischen Pflanzenrezipienten und Absorptionsgefäß, wird noch ein mit Chlorkalzium gefüllter Trockenturm und eine mit Schwefelsäure gefüllte Waschflasche geschaltet, weil das vom Wasser befreite Kohlendioxyd von den Ab- sorbentien viel vollkommener aufgenommen wird. Chlorkalzium allein ist als Trocknungsmittel in der Regel unzulänglich; durch das Chlorkalzium muß vorher einige Zeit ein Strom von Kohlendioxyd durchgeleitet werden, um den immer beigemischten Natronkalk zu sättigen. Sämtliche Teile des Appa- rates verbindet man durch dickwandige Gummi- schläuche. Durch die an- gebrachten Quetschhähne ist auch hier einerseits eine leichte Regulierung des Gasstromes, anderseits die Fig. 102. Fig. 103. Möglichkeit gegeben, die Atmungskammer nach Blackmann. Kaliapparate ohne Verlust an Kohlensäure auszutauschen, wobei man durch den Druckregulator den Vorteil genießt, die Pumpe beim Wechseln nicht abstellen zu müssen (wo- durch sonst leicht ein Zurücksaugen von Wasser aus der Pumpe in den Apparat sich ergeben könnte), da während der Inaktivität der Kaliapparate Außenluft durch den Druckregulator eingesaugt wird, die Pumpe also einen Angriffspunkt hat. Ebenso wie man nach dem Durchleiten der Sättigungs- kohlensäure durch den Chlorkalziumturm die Kohlensäure vor dem Ver- such mittels Durchleitens von Luft verdrängen muß, so leitet man, um die Absorption der Kohlensäure, welche nach dem Versuch noch in dem Ap- parat steht, zu verhindern, einen Strom von trockenem Wasserstoff durch, der aber vor der Wägung durch Luft verdrängt werden muß, damit die Wägung beide Male unter den gleichen Bedingungen vor sich gehe. Sachs benutzt folgenden einfachen Apparat (Fig. 104). Die beiden Flaschen f und g dienen als Aspirator, indem das Wasser von / nach g durch x hinabfließt, wobei natürlich die Luft, welche rechts bei z eintritt, durch die verschiedenen Gefäße des Apparates strömen muß. Sie wird zunächst in dem Gefäß a, welches mit Kalilauge getränkten Bimsstein enthält, von der kleinen Menge atmosphärischer Kohlensäure befreit: daß

362 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

dies vollständig geschehen ist, beweist das Klarbleiben des Kalkwassers in der Flasche b. Die Luft kommt also völlig kohlensäurefrei in den Rezipienten C. In diesem befindet sich eine mit weitmaschigem Organtin überzogene Kristallisierschale, auf dem sich die angekeimten Samen befinden, deren Atmung bestimmt werden soll und die ihre Würzelchen in die Nährlösung in der Kristallisierschale einsenken. Die Glocke C ist Juftdicht auf der Glasplatte K befestigt. Die mit Atmungskohlensäure beladene Luft strömt durch die beiden Flaschen d und e, in denen Kalk- wasser enthalten ist; die Kohlensäure wird schon in d fast vollständig absorbiert, d. h. es bildet sich ein weißer Niederschlag von CaCO, und in der zweiten Flasche e entsteht, wenn die Luft vorschriftsmäßig lang- sam durchströmt, kaum noch eine Fällung. Sollte dies trotzdem der Fall sein, so muß noch eine dritte Flasche angeschaltet werden. Man kann natürlich auch hier sowohl die beiden Gefäße a, b, als auch die Flaschen d, e durch Kaliapparate ersetzen; Hauptsache ist, daß den Pflanzen beständig neue sauerstoff- haltige Luft zugeführt und die ge- bildete Kohlensäure entfernt wird, so daß die Pflanzen in einer nor- malen Atmosphäre atmen können, unddaß mandurch Wägung, respek- tive maßanalytische Bestimmung des abfiltrierten oder abgesetzten Kalziumkarbonates und Umrech- nung auf Kohlensäure in der Lage ist, die Atmungsgröße zeitweise zu bestimmen, ohne daß die Pflanze selbst dabei gestört wird. Was nun die Quantität der von einer bestimmten Menge Pflanzensub- stanz in bestimmten Zeiten ab- gegebenen Kohlensäure anlangt, so geben zwölf Knospen von Syringa vulgaris (Trockensubstanz 2 g) in K ee: 24 Stunden 70 cem CO, ab, fünf

Fig. 104. AÜDBEeN ann CB Ern Bone Knospen von Aesculus makro- . stachya (Trockensubstanz 0,85 g)

45 ccm, Keimpflanzen von Papaver somniferum (Trockensubstanz 0,45 g) 55cem, Keimpflanzen von Sinapisnigra (Trockensubstanz 0,55g) 32ccmab. Die Mengen der ausgeatmeten Kohlensäure sind also relativ groß im Ver- gleich zu dem Trockengewicht. Oberflächliche quantitative Schätzungen können folgendermaßen rasch durchgeführt werden. 21 g kristallisiertes Bariumhydroxyd werden mit 1000 cem destillierten Wassers geschüttelt und 12 Stunden in verschlossener Flasche stehengelassen oder so lange, bis es größtenteils gelöst ist. Dann wird in eine gut verschließbare Flasche abfiltriert. Vor dem Versuch werden 50 cem dieser Lösung in die unmittelbar hinter dem Rezipienten mit den Pflanzenteilen an- geschaltete Waschflasche und eine weitere Quantität in den darauf folgenden Absaugekolben getan. Wenn am Schluß des Versuches eine beträchtliche Menge von BaCO,-Niederschlag in der Waschflasche sich gebildet hat, werden 20 ccm der Flüssigkeit aus der Waschflasche ab- pipettiert (die Flüssigkeit muß für diese Bestimmung nicht ganz klar

nd

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 363

sein, da sehr verdünnte Salzsäure auf BaCO, kaum einwirkt) und rasch mit . HCl gegen Phenolphthalein titriert und 20 ccm der Original-

barytlösung mit den erhaltenen Zahlen titrimetrisch verglichen. Die Differenz zwischen den in den beiden Proben verbrauchten Salzsäure- mengen gibt ein Maß für die Barytquantität, die aus je 20 ccm der Flüssigkeit durch die eingeleitete Kohlensäure zum Verschwinden ge- bracht worden ist; der ganze Betrag der während des Versuches ge- bildeten CO, ist natürlich 21, mal größer und kann schnell aus folgender

5 n Relation berechnet werden: 1 ccm 10 HE = 2,2 mg CO, =71.197ecm

woher 15°C.

Durch den Apparat von Winkler-Hempel kann das Kohlen- säurevolumen, welches in einer bestimmten Zeit durch Atmung ab- gegeben wurde, ebenfalls grob bestimmt werden. Um verläßliche Werte zu erhalten, ist es hier immerhin not- wendig, mit größeren Mengen Pflanzen- substanz zu arbeiten, z. B. mit 200

Fig. 105. Hempelsche Gasbürette. Fig. 106. Timiriazeffs Eudiometer.

keimenden Erbsen; dieselben werden in einen Kolben von 400 bis 500 cem Inhalt gebracht, der durch einen Stöpsel gut ver- schlossen wird. Nach 1—2 Stunden wird eine Probe des Gases ab- gezogen, etwa durch die Apparatur in Fig. 45 auf pag. 113 in welcher in dem Maßstabe, als das Gas abgezogen wird, Wasser aus o nach i strömt. Der hier angegebene Apparat ist ursprünglich für Assimilationsversuche gemacht, wo mehrere Bestimmungen der CO, in dem Gefäße J zu machen sind. Für den hier besprochenen Fall der Atmungsbestimmung wird die Eprouvette i weggelassen und das Wasser fließt direkt auf den Boden des Zylinders. So kann nur eine Gasprobe genau bestimmt werden, da das in den Zylinder eingedrungene Wasser Kohlensäure absorbiert, aber man kann, wenn zwei Bestimmungen sehr schnell aufeinanderfolgen, auch noch eine zweite Gasprobe messen. Da die Eprouvette i herausgenommen ist, kann man den Zylinder vor der Bestimmung schütteln und so eine Anhäufung von Kohlensäure am Grunde des Gefäßes verhindern. In die Kugel a der Gasbürette (Fig. 105) wird die starke Kalilösung gebracht, bis ihr Stand 5b erreicht und dann

364 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

mittels Hineinblasens bei f die Lauge die enge Röhre e aufwärts gedrückt bis in den diekwandigen Kautschukschlauch, der mit ihr in Verbindung steht. Sobald die Lösung an dem offenen Ende der Röhre erscheint, wird der Quetschhahn e geschlossen. Die Röhren G und F der Meß- bürette (Fig. 106) werden dann etwas über die Hälfte mit destilliertem Wasser gefüllt, wobei keine Luftblasen in dem verbindenden Kautschuk- schlauch bleiben dürfen. F wird dann gehoben, bis Wasser aus H heraus- dringt, dann wird der Hahn Z geschlossen und H durch einen Kautschuk- schlauch mit dem Zylinder verbunden, der das zu analysierende Gas enthält. F, nunmehr wieder leer, wird gesenkt und L geöffnet, so daß eine Gasprobe in die Hempelsche Bürette hineingezogen wird. L wird jetzt ge- schlossen und die Verbindung von H ausgeschaltet. Das eingezogene Gas- volumen wird dann durch die Teilung in G zurückgemessen, nachdem das Wasser in beiden Röhren auf dasselbe Niveau gebracht ist. Um CO, zu ab- sorbieren, wird FH mit dem Kaut- schukschlauch e der Absorptionspipette verbunden, F wird gehoben und L so- wie der Quetschhahn bei e geöffnet. Das Gas wird so nach D hinüber- gepreßt, wo es beiläufig eine Minute lang gehalten und in Berührung mit der Lauge sanft durchgeschüttelt wird, wobei die Klemme e und der Hahn L geschlossen bleiben. Wenn man an- nehmen kann, daß die Absorption des Gases vollendet ist, wird das Gas nach @ durch Senken von F zurück- gezogen, während eund L geöffnetsind. L wird dann geschlossen und G und F wieder zur Niveaugleiche gebracht, worauf die Verminderung des Gases abgelesen werden kann. Die Differenz gibt die ursprünglich vorhanden ge- A ' wesene Kohlensäuremenge. Will man N indung mit einer Gaspipette ums, Sicher sein, ob die Absorption voll- kommen ist, kann man das Gas wieder nach b führen, schütteln und wieder zurückgehen lassen, wobei keine weitere Volumverminderung eintreten darf. Wenn eine Spur Lauge mit dem Gas nach G@ gekommen ist, müssen die Röhren vor einem nächsten Versuch sorgfältig gewaschen werden.

Für die genaue Analyse kleiner Gasmengen kann man die Petter- son schen Instrumente!) benutzen, bei denen gleichzeitig der Fehler kompensiert ist, welchen die Druck- und Temperaturschwankungen der Atmosphäre mit sich bringen. Jenach der Größe der Gasquantitäten, die gemessen werden sollen, bedient man sich dreier verschiedener

1) Nach W. Hempel, |. c. p. 49.

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 365

Formen von Gasbüretten mit Temperatur- und Barometerkorrektion ; in Fig. 107 und 108 zeigt / eine Bürette zur Messung von Gasquantitäten, deren Volumen zwischen 0,5—100 ccm schwankt; /I gibt die Einrichtung, die man zweckmäßig benutzt, wenn das Gasvolumen etwa 150 ccm beträgt; /II wird benutzt wenn das Gasquantum 10 ccm nicht über- steigt. Die Instrumente bestehen aus den graduierten Meßröhren A, den Korrektionsröhren B, den Manometerröhren F und den Niveau- kugeln G. Meßröhren und Korrektionsrohre stecken in einem Glaszylinder C von passender Weite, der mit Wasser zur Erhaltung der gleichen Temperatur gefüllt ist. Die Meßröhren sind durch doppelt gebohrte Glashähne geschlossen. Die Korrektionsrohre B bilden mit den Manometer- röhren F ein Stück, g ist eine Ansatzkapillare. Die Manometerröhren sind u-förmige Glasröhren, die sich bei k und { etwas erweitern. An diesen Erweiterungen befinden sich in gleicher Höhe angebrachte Marken. Mittels des etwa 11, bis 2 mm weiten Rohres / sind sie durch Gummi- stücke mit den Meßröhren verbunden. Ist die Bürette verunreinigt, dann nimmt man das Mano- meterrohr einfach ab und kann das übrige In- strument reinigen, ohne daß an dem im Korrek- tionsrohr abgeschlossenen Gasvolumen sich etwas verändern kann. Um die Apparate für den Ge- 1. 108. Pett 5 2 e ig. Ä ettersons Gas- brauch herzurichten, saugt man durch die Röhre g büretten (oberer Teil). etwas destilliertes Wasser in die Korrektionsröhren B und befeuchtet die Wände der Meßröhren A. Man füllt ferner die Niveau- kugelG mit Quecksilber und treibt durch Heben derselben, nachdem man die Glashähne in die Stellung / gebracht hat (Fig. 109), so viel Quecksilber in die Manometerröhren, daß dasselbe den Raum zwischen den Marken bei k und i erfüllt. Zur Normierung des Apparates müssen zunächst die Inhalte der Manometerröhren von Marke k bis a ermittelt werden. Das geschieht, indem man das in den Manometern befindliche Queck- silber bis nach a saugt, dann die Hähne D schließt I Stellung I und dann, nachdem die Hähne D in Stellung 2 ge- bracht sind, beliebig große Luftvolumina in die Büretten bringt. Man liest dann bei offenem Hahn die Größe dieser Volumina an den Skalen der Bü- retten ab. Hierauf dreht man die Hähne D so, daß die Büretten mit den Manometerröhren kom- D, D, munizieren, und treibt so viel von der eingeschlosse- nen Luft in die Manometerröhren über, bis das „Fig. 100. Gashähne der Quecksilber an den Marken k und i auf beiden Bu Seiten gleich hoch steht. Die Differenz aus der ersten und der zweiten Ablesung ergibt dann die Größe der Räume von der Marke k bis a in den Manometerröhren. Das Korrektionsrohr kann nun ent- weder in der Weise benutzt werden, daß man durch Abschmelzen des Rohres g ein beliebiges Luftvolumen zum Einschluß bringt, wie es dem gerade herrschenden Barometerstand entspricht, oder man kann den Inhalt von B mit gerade so viel Luft füllen, daß der Apparat immer direkt die auf und 760 mm Druck reduzierten Gasvolumina angibt. Um

LI

a b a b

366 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

nun die Apparate so einzurichten, daß den Beobachtungen an den Skalen . der Meßröhren A Volumina von 0 ° C und 760 mm Druck entsprechen, befestigt man am Ende der Kapillaren g ein Stück Gummischlauch mit Drahtligaturen. Durch Senken der Niveaukugeln saugt man das Quecksilber in den Manometerröhren bis in die Röhre /! und stellt dann die Büretten zwei Stunden in einen gleichmäßig temperierten Raum neben Barometer und Thermometer. Die Hähne D werden geöffnet, so daß die Inhalte der Büretten frei mit der atmosphärischen Luft kom- munizieren können.

Sobald ein Temperaturausgleich eingetreten ist, liest man ganz genau die Größe der Gasvolumina, der Temperatur und des Barometer- standes an den Instrumenten ab und schließt die Hähne D, worauf man die vorhandenen Gasvolumina reduziert. Das Gasvolumen betrage z.B. 97 ccm, der Barometerstand 753,3 mm, die Temperatur 8,75 0°C. Die Größe des Raumes von k bis a im Manometerrohr sei vorher mit 1,8 ccm ermittelt. Die Tension des Wasserdampfes ist 8,4 mm. Ist b = Barometer- stand, { = Temperatur, e Tension, V beobachtetes Volumen, so

b—e 760 (1 + 0,00367 1)’ Beispiel 92,1 ccm. Da bei der Messung mit dem Korrektionsrohr das Gas den Raum von k bis a ausfüllt, muß man noch die Größe desselben 1,8ccm davon abziehen, daher ist V,= 90,3ccm. Um das Korrektionsrohr zu normieren, stellt man den Hahn D so, daß das Meßrohr mit dem Mano- meterrohr kommuniziert, und drückt dann das abgemessene Gasvolumen auf die für 0 und 760 mm berechnete Größe zusammen. Das dadurch aus dem Gleichgewicht gebrachte Quecksilber bringt man so in die Ruhelage, daß man durch den Gummischlauch bei g so viel Luft in das Korrektionsrohr einbläst, daß das Quecksilber ins Gleichgewicht kommt, worauf dann der Schlauch g durch einen starken Quetschhahn zusammen- gepreßt wird; zur vollkommenen Dichtigkeit muß dann noch das Rohr g abgeschmolzen werden zu welchem Zweck man die Kautschukverbindung des Manometerrohres mit der Bürette bei a löst, hierauf das Korrektions- rohr B in eine Kältemischung von Kochsalz und Eis stellt und es so lange darin läßt, bis das Quecksilber im Manometerrohr anzeigt, daß im Innern des Korrektionsrohres ein geringerer Druck herrscht als in der äußeren Atmosphäre: dann erst erhitzt man das Rohr g, welches man zum Schutze vor Zerspringen, mit Ausnahme der Stelle, wo sie abgeschmolzen werden soll, mit wassergerührtem Gips überstreicht, dicht vor dem angesetzten Gummischlauch mit dem Gebläse und schmilzt es durch Ausziehen zu. Wird das so hergerichtete Korrektionsrohr dann wieder mit dem Meßrohr verbunden, so geben die Ablesungen direkt auf 0 und 760 mm reduzierte Gasvolumina, unbekümmert um die Temperatur- und Druckschwankungen, wenn man nur bei den Messungen dem Hahn D die Stellung 7 gibt und das Quecksilber im Manometerrohr durch Ausdehnen oder Zusammendrücken des im Meß- rohre befindlichen Gases zur Einstellung auf die Marken in k und i bringt. Die genaue Einstellung des Instrumentes erreicht man dadurch, daß man zunächst durch Heben oder Senken der Niveaukugel G@ die beiden Quecksilbermenisken k und i ungefähr in gleiche Höhe bringt, hierauf den Hahn n (Fig. 107) schließt und nun durch Drehen der Druck- scheibe o ein Stück Gummischlauch, welches sich zwischen dem Hahn n und dem Endstück der Bürette befindet, so in seinem Volumeninhalt ver-

ist das reduzierte Volumen V,=V also für unser

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 367

ändert, bis sich die beiden Menisken in gleicher Höhe befinden. Diese Art der Einstellung gestattet sehr schnell und bequem kleine Änderungen an der Größe eines Gasvolumens vorzunehmen. Beim Zurücksaugen des gemessenen Gases aus dem Manometer in das Meßrohr läßt man zweckmäßig etwas Quecksilber mit übertreten; man führt dann das Gas in die Pipetten und läßt, sobald das Meßrohr ganz mit Quecksilber erfüllt ist, nachdem man den Zweighahn in die entsprechende Stellung gebracht hat, wieder so viel Quecksilber in das Barometerrohr zurück- treten, daß es genau sein ursprüngliches Volumen hat. Um dies ganz genau machen zu können, befestigt man am Barometerrohr ein schwaches Eisenblech als Marke, an deren unterer Kante man den Quecksilber- meniskus einvisiert.

Zur Demonstration der Sauerstoffaufnahme durch die Atmungs- chromogene gießt Palladin die Lösungen, welche die Chromogene enthalten, mit recht beträchtlichen Mengen wässeriger Alkalilösungen (auf 100 cem Chromogenlösung werden 5 ccm oder mehr einer 50 pro- zentigen Lösung von KOH oder 100 ccm einer gesättigten Lösung von Ba(OH), hinzugefügt) in einen flachen Glaskolben mit breitem Boden, der ein Volumen von 420 ccm besitzt und dessen Öffnung durch einen doppelt gebohrten Gummistöpsel verschlossen ist. In der einen Öffnung steckt ein kurzes Glasrohr mit Hahn, in der andern ein enges, zweimal gebogenes Rohr, dessen mittlerer horizontaler Teil von 50 ccm Länge mit einer Millimeterskala versehen ist. Das äußere, nach unten um- gebogene Ende dieser Röhre taucht in ein Gefäß mit gefärbtem Wasser und die Sauerstoffabsorption im Innern des Kolbens ist von einer Fort- bewegung des gefärbten Wassers im horizontalen Abschnitt des langen Rohres begleitet. Es ist noch besser, dem horizontalen Rohre eine kaum merkliche Neigung in der Richtung nach dem Gefäße mit der Flüssig- keit zu geben: in diesem Falle strömt, nachdem das Röhrchen sich mit gefärbtem Wasser gefüllt hat, dieses letztere beim Öffnen des Hahnes wieder in das Gefäß zurück, um nach Schließen des Hahnes von neuem in dem Röhrchen aufzusteigen. Um die Sauerstoffabsorption zu be- schleunigen, wird der Kolben mit der Flüssigkeit geschüttelt.

WolkoffundMayer benutzten zur Bestimmung der Sauerstoff- absorption einen Apparat, der im wesentlichen aus einem U-Rohr be- steht, in dessen weites Gelenk die zu untersuchende Pflanze eingeführt wird; in diesem Gefäß befindet sich ein kleines Gefäß mit Kalilauge, das Ende des Rohres ist mit einem eingeschliffenen Stöpsel verschlossen, das andere, engere Rohr sperrt man mit Quecksilber. Das von der Pflanze gebildete Kohlendioxyd wird durch die Kalilauge absorbiert, und die Menge des aufgenommenen Sauerstoffs ergibt sich aus der Veränderung des Quecksilberniveaus im engeren graduierten Gelenk des Apparates.

Für die Bestimmung des absorbierten Sauerstoffs kann der einfache Apparat von Godlewski!) dienen (Fig. 110), welcher gleichzeitig die ausgeschiedene Kohlensäure zu bestimmen gestattet. Ein einfacher dick- wandiger Kolben A auf dem Tische T trägt dort, wo das Volumen von 400 cem mittels Wassers aus einer Bürette genau eingestellt ist, die Marke a. In diesen Kolben werden die zu untersuchenden Samen S oder anderen

1) E. Godlewski, Beiträge zur Kenntnis der Pflanzenatmung, Jahrb. f. wiss. Bot. 15, 491 (1882).

368 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

Pflanzenteile auf feuchtes Filtrierpapier gebracht und der Kolben mit einem gut schließenden, doppelt durchbohrten Stöpsel verschlossen, durch dessen Bohrungen einerseits die kürzere, rechtwinklig gebogene Röhre b zieht, welche an ihrem äußeren Ende ausgezogen und zugeschmolzen ist, während die andere Röhre e doppelt rechtwinklig gebogen ist und in das Quecksilber im Gefäße n taucht. Der äußere Schenkel dieser Röhre ist kalibriert und mit einer Millimeterskala versehen. b besitzt im Innern des Kolbens ein Häkchen zur Aufnahme einer kleinen Eprou- vette g, in der sich eine abgemessene Menge starker Kalilauge befindet. Für das Gelingen des Versuches ist ein absolut luftdichter Abschluß des Apparates erforderlich. Der Kork muß gut, aber nur 13—15 mm hoch sein, er wird bis zur Marke a in den Hals des Kolbens eingepreßt, so daß der Glashals desselben noch etwa 10 mm über die Oberfläche des Korkes hinausragt, und in diesen Teil des Kolbenhalses gießt man eine 6—8 mm hohe Schicht Quecksilber und auf diese noch etwas Wasser. Um das richtige Luftvolumen für die atmenden Pflanzenteile zu erhalten, muß man zu dem Volumen des Kolbens A den Inhalt der Röhre b bis zum Strich a und der Röhre e bis zum Quecksilber- niveau addieren, dagegen das Volumen sämtlicher im Apparate enthaltenen Objekte subtrahieren. Eine genaue Ablesung des Quecksilberstandes in der Röhre e ist nur dann möglich, wenn derselbe höher liegt als das Quecksilberniveau im Gefäße n; man erreicht ein Steigen der Quecksilbersäule, indem man den Kolben vor dem Eintauchen des Rohres erwärmt, ins Quecksilber versenkt und nun ab- kühlen läßt; es entsteht eine kleine Luftverdünnung, die das Quecksilber emportreibt, worauf sein Stand vor Beginn des Versuches markiert wird. Das korrigierte Luftvolumen berechnet man nach der Formel: gv=lgv!+lg(b —b’ b’), ig > (1 + 0 00366 f), worin die Reduktion auf Tempe-

DB: u ea ratur, Barometerstand und Trockensubstanz ent- halten ist. Man wartet nun vor der Volumenablesung

eine halbe Stunde, damit der Apparat die Temperatur der Umgebung an- nehmen kann. Sobald von den Samen Sauerstoff aufgenommen und Kohlensäure abgegeben wird, findet die Absorption der letzteren durch die Lauge statt, das Volumen der Luft im Apparat wird daher vermindert, und das Quecksilber fängt an, in der Röhre e zu steigen, und sein Stand wird zuzeiten unter Berücksichtigung von Temperatur und Barometer- stand abgelesen und aus der Luftverminderung der Betrag des ein- geatmeten Sauerstoffs bestimmt. Die absorbierte Kohlensäure ist in der Eprouvette als kohlensaures Kali in Lösung. Zu ihrer Bestimmung wird die ausgezogene, zugeschmolzene Spitze der Röhre b abgebrochen, der Apparat geöffnet und der Inhalt von g in einen kleinen Kolben ge- gossen, mit Wasser verdünnt und die Kohlensäure mit BaCl, ausgefällt. Der Niederschlag wird normalerweise gravimetrisch weiter behandelt, also abfiltriert, mit ammoniakalischem, von Ammonkarbonat freiem Wasser gewaschen, getrocknet, geglüht und aus dem Gewichte des BaCO, die Menge der Kohlensäure berechnet, die man schließlich auf Druck und Temperatur reduziert. Da das käufliche Kali stets etwas

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 369

Kalikarbonat enthält, wird dessen Menge vorher im Reagens gravi- metrisch festgestellt und das in die Eprouvette gefüllte Kali genau ab- gewogen.

Der von Polowzow!) konstruierte Apparat (Fig. 111) hat den Zweck, die Atmung von auf verschiedenen Nährlösungen und unter ver- schiedenen Verhältnissen keimenden Samen zu bestimmen. Für die Anfangsstadien der Keimung dient ein wagrechtes, zirka 250 ccm fassendes, beiderseits zugeschmolzenes Glasrohr A als Rezipient. Die eingeschmolzenen und mit Watte gefüllten Kugeln versehenen Röhrchen a und b ermöglichen die Luftdurchleitung. Die Samen werden in das mit Kautschukstöpsel verschlossene weite Rohr e ge- bracht, der Stöpsel kann mittels des Glasstabes i bequem bewegt werden. Durch c wird die zum sterilisierenden Auswaschen der Samen dienende Flüssigkeit (Bromwasser) eingegossen, die durch das Röhrchen d wieder entfernt werden kann. Der mit dem Apparat durch einen dickwan- digen Gummischlauch verbundene Kolben B enthält die zur Ernährung der Samen be-

3

A

Fig. 111. Fig. 112. Apparat von Polowzow zur sterilen Aufzucht der im Atmungsversuch verwendeten Pflanzen,

stimmte Flüssigkeit. Apparat und Kolben werden im Autoklaven steri- lisiert und die mit Bromwasser gewaschenen Samen in den Apparat eingefült, wo sie dreimal mit der Lösung aus dem Kolben B nach- gewaschen werden; der Untersuchung vorgeschrittener Keimungsstadien dient der aufrechtstehende Apparat (Fig. 112).

Der Apparat von Bonnier und Mangin zur Untersuchung des Atmungsgaswechsels höherer Pflanzen (Fig. 113) besteht aus einer Glocke, unter welcher sich die Pflanzen befinden. Die Luft wird durch die Kali- lauge in der Flasche F von Kohlensäure befreit und durch die Röhre a der Glocke zugeleitet und durch das Rohr b dem Aspirator zugeführt, welcher das Absaugen der Luft bewirkt. Nachdem die Glocke mit kohlensäurefreier Luft gefüllt ist, werden die Hähne 1 und 2 geschlossen.

1) Nach W. Palladin und 8. Kostytschew, „Methoden zur Bestimmung der Atmung der Pflanzen“, Abderhaldens Biochem. Arbeitsmeth. Bd. III, p. 485.

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 24

370 XIN. Die Vorgänge bei der Atmung.

Unter der Glocke befindet sich ein Gefäß mit Wasser, das den Raum feucht erhält. Von Zeit zu Zeit entnimmt man dem Apparat Gasproben, die man analysiert. Der Dreiweghahn R wird zur Entnahme so gestellt, daß die Röhre b mit der einen Gaspipette kommuniziert; durch Senken dieses Gefäßes führt man eine entsprechende Gasmenge aus der Glocke in die linke Pipette; dann stellt man den Hahn R so ein, daß sie mit der Röhre d kommuniziert, und verdrängt das Gas durch Heben des Gefäßes f in die Eprouvette, welche mit Quecksilber gefüllt und auf die Mündung der Röhre d aufgesetzt ist. Die entnommene Gas- probe analysiert man am besten mit Hilfe eines der im nachfolgenden beschriebenen Apparate. Das Volumen der Glocke bestimmt man auf folgende Art: man entnimmt aus der Glocke die Gasportion v, die man beim atmosphärischen Druck FH mißt. Das Manometer M gibt uns die Verminderung des Gasdruckes unter der Glocke an; bezeichnet h den Gasdruck in der Glocke vor Entnahme der Portion v, h! nach deren Ent- vH h—h"Y

nahme, so ist das gesuchte Gasvolumen x unter der Glocke =

Fig. 113. Atmungsapparat von Bonnier und Mangin.

Um bei der Entnahme des Gases eine Durchschnittsprobe zu erhalten, treibt man das Gas mehrmals in die linke Gaspipette und wieder zurück, wodurch ein gründliches Mischen des Gases bewerkstelligt wird. Für kleinere Mengen Versuchsmaterial kommt man mit der einfacheren, von Palladin angegebenen Versuchsanordnung (Fig. 114) aus. Wenn man für Keimpflanzen wohl die Bonnierschen Glocken nicht entbehren kann, ist es handlicher, für Samen die 200—500 cem fassenden, mit doppelt durchbohrtem Kautschukstöpsel und doppelt gebogenem Zu- und Ab- leitungsrohr versehenen konischen Kolben Palladins zu benutzen. Die Erweiterung c oberhalb des Stöpsels füllt man mit Quecksilber, um einen vollkommen luftdichten Abschluß zu erzielen. Nachdem man genügend lange Zeit kohlensäurefreie Luft durch den Kolben geleitet hat, versenkt man den rechten Schenkel des Ableitungsrohres b in Quecksilber, dieses Rohr dient als Manometer; das Zuleitungsrohr a verbindet man durch einen mit dem Schraubenquetschhahn d ver- sehenen dickwandigen Kautschukschlauch mit einer zur Entnahme der (asproben bestimmten Gaspipette. Durch Entnahme einer entsprechen- den Gasmenge stellt man das Quecksilberniveau im Manometerrohr

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 371

auf beliebige Höhe ein und füllt alsdann den Gummischlauch und den linken Schenkel des Rohres a mit Quecksilber; dadurch wird ein voll- kommen luftdichter Verschluß bewirkt, da die innere Atmosphäre des Kolbens von der äußeren Luft durch Glas und Quecksilber getrennt bleibt. Die Entnahme der Gasproben und die Ermittlung des Kolben- volumens führt man auf dieselbe Weise aus wie beim Bonnierapparat, nur daß man die dortige Gaspipette durch folgende zweckmäßige Modi- fikation ersetzen kann (Fig. 115). Außer dem Dreiweghahn R ist an der Pipette noch der einfache Glashahn S zwischen den beiden Gefäßen /! und !’ angebracht; durch entsprechende Drehung des Dreiweghahnes stellt man die Kugel ! je nach Bedürfnis entweder mit dem Rohr b oder mit dem Rohr d in Kommunikation. Der einfache Hahn $ dient zur Regu- lierurg des Quecksilberstromes. Handelt es sich darum, den Atmungskoeffizienten sehr geringer Mengen von Pflanzensubstanz zu be- stimmen, so sperrt man die zu untersuchen- den Objekte mit Quecksilber in sehr dick- wandige Reagenzgläser ein, wo die Pflanzen im oberen Teile durch Glaswolle festgehalten

‚Fig. 114. Kulturkolben nach Palladin für Samen Fig. }15. Gaspipette zur Entnahme oder Blätter. von Gasproben.

sind. Die Entnahme von Gasproben erfolgt mit der Gasbürette und die Messung in einem der üblichen Eudiometer.

Der genaueste der für die Pflanzenatlmung verwendeten Apparate, allerdings etwas komplizierter in der Handhabung ist der von Polowzow- Richter (Fig. 116), den ich in der Beschreibung Palladins vorführe. Der wichtigste Teil des Apparates ist das Meßrohr AA’A’’A’’; der kali- brierte Teil des Rohres befindet sich in dem mit Wasser gefüllten Glas- zylinder B, das äußere Ende A’’ in der Quecksilberwanne c, in welche auch die Enden der Gaspipetten D und E hineinragen. Das andere Ende des Meßrohres ist mittels eines diekwandigen Gummischlauches mit der Birne H verbunden, die mit Quecksilber gefüllt ist. Mittels dieser Birne und des Glashahnes e kann man das Quecksilberniveau im Meßrohr auf beliebige Höhe einstellen. Der nicht graduierte Teil des Meßrohres 000 A’’ A’’’ ist ein enges Kapillarrohr; dadurch wird eine bequemere und genauere Einstellung des Quecksilberniveaus auf dem Strich O erzielt; für feinere Verschiebungen des Quecksilbers dient die in einem Ansatzrohr in Quecksilber versenkte Stahlschraube e.

Die Quecksilberwanne c und die beiden Gaspipetten D und E sind durch diekwandige Gummischläuche und durch ein T-Rohr mit

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372 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. der Birne g verbunden. Wenn man die beiden Glashähne n und p schließt und den Quetschhahn M öffnet, so kann man die Wanne c mit Hilfe der Birne entleeren oder mit Quecksilber füllen. Wenn man den Quetschhahn M schließt und einen der beiden Glashähne n und’ p öffnet, so kann man durch die entsprechende Gaspipette Quecksilber, je nach Lage der Birne, in beliebiger Richtung fließen lassen. Für feinere Verschiebungen der Quecksilbersäule im oberen Rohre der Pipette D dient die Stahlschraube /; die Pipette D ist für Kalilauge bestimmt, die Pipette E ist eine Explosionspipette, in deren obere Räume Platin- drähte eingeschmolzen

sind, die aufwärts gerich- tet sind und an ihren Enden 1—2 mm von- einander abstehen ; außer- halb der Kugel sind die Platindrähte mit den Pol- drähten eines Ruhm - korffschen Funken- induktors in Verbindung gebracht, der seinerseits einem Zink - Kohle - Ele- ment angeschlossen ist, das mit einer Chromsäure- lösung aus 92 g K,Cr,O,, 93,5 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 900 g Wasser beschickt ist. Durch das Überspringen des Induktionsfunkens in der Kugel E ist das Ver- puffen minimalster Gas- quantitäten ermöglicht. Das Ablesen des Meß- rohres führt man mit Hilfe eines Horizontalmikro- skopes aus, das durch Auszug und Zahntrieb

= vertikal und horizontal = ver verstellbar ist. Man stellt Fig. 116. Apparat nach Polowzow-Richter, das Instrument so ein, daß

jeder Millimeterabstand des Meßrohres durch das Mikrometer im Okular des Mikroskopes in 20 Teile geteilt wird. Für die Analyse sind kleine Eprouvetten von 6—7 em Länge mit angeschmolzenem Glashalter notwendig.

Mittels der beiden Birnen g und H füllt man das Meßrohr, die beiden Gaspipetten D und E und die Wanne c mit reinem, trockenem Quecksilber. Nach dem Füllen der Gaspipetten und der Wanne c bis zum Strich Im dürfen nur 2—3 cem Quecksilber in der Birne g bleiben. Den Glaszylinder B füllt man mit destilliertem Wasser und deckt ihn mit einer Glasplatte zu. Von Zeit zu Zeit wird das Wasser abgehebert und durch frisches ersetzt. Die Kugel der Gaspipette D füllt man zu einem Drittel mit verdünnter Kalilauge (7 prozentiges KOH verändert

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 37a

die Tension des Wasserdampfes nicht, man braucht also in diesem Fall nach Absorption der Kohlensäure das Gas nicht wieder anzufeuchten, während man es bei Verwendung stärkerer Kalilauge vor der Messung in die Pipette E überzuführen hat, wo es durch das den Wänden der Pipette anhaftende Wasser angefeuchtet wird). Das Füllen der Ab- sorptionsgefäße mit Kalilauge geschieht auf folgende Weise: Eine Eprou- vette wird mit etwa 3—4 ccm Kalilauge beschickt und die Lauge mit Quecksilber abgesperrt; die Eprouvette überträgt man mittels eines eisernen Löffels in die Quecksilberwanne c und setzt sie unter Queck- silber auf die Mündung der Absorptionspipette so tief auf, daß das Ende der Pipette in Kalilauge taucht. Jetzt saugt man mit Hilfe der Birne g eine entsprechende Menge der Kalilösung in die Pipette ein, wonach man durch Aufheben der Eprouvette das obere Ende der Pipette in Quecksilber versenkt; dann saugt man eine Zeitlang Quecksilber in die Pipette ein, um die Lauge, welche den Wandungen des oberen Rohres anhaftet, zu entfernen. Nach dem Füllen der Pipette ist also die in der Kugel enthaltene Kalilauge durch das im oberen Rohr be- findliche Quecksilber gesperrt; die Bestimmung des Sauerstoffs ge- schieht durch Verpuffung mit Wasserstoff als Knallgas, den man sich durch Elektrolyse von Wasser bereitet und in den durch Quecksilber gesperrten Eprouvetten aufbewahrt.

Vor dem Gebrauche muß der Apparat sorgfältig kalibriert werden. Der linke Schenkel des im Glaszylinder B befindlichen Teiles des Meß- rohres ist in Millimeter geteilt, am rechten engeren Schenkel des Rohres ist aber nur eine Marke auf dem Niveau des Striches /Im der Queck- silberwanne aufgetragen. Bei der Analyse stellt man die Kuppe des Quecksilbermeniskus im rechten Schenkel des Rohres genau auf den Strich O ein; die Messung des Gases findet also bei Atmosphärendruck statt. Nun muß noch das Volumen des Raumes 0°0 ermittelt werden. Man sperrt in eine Eprouvette einige Kubikzentimeter Luft mit Queck- silber, überträgt die Eprouvette in die Wanne c, setzt sie unter Queck- silber auf das Ende der Meßrohres auf und saugt mittels der Birne H und des Hahnes a zuerst etwas Luft, dann eine geringe Menge Queck- silber, schließlich wieder Luft in das Meßrohr ein; das Volumen des eingeführten Quecksilbers hält man möglichst annähernd so groß wie der Raum 0 0’ ist, entfernt eventuell einen Quecksilberüberschuß durch die Schraube e. Die eingeführte Quecksilbersäule stellt man so ein. daß die Kuppe des unteren Meniskus mit dem Striche O zusammen- fällt, und notiert unter Ablesung mit dem Horizontalmikroskop die Lage des höchsten Punktes beim anderen Meniskus im linken Schenkel des Rohres; dann verschiebt man die Quecksilbersäule so, daß der rückwärtige Meniskus die Lage des vorderen einnimmt, und nofiert die neue Lage; so mißt man das ganze graduierte Rohr mit derselben Quecksilbersäule und kann die entsprechenden Korrekturen anbringen. zu denen noch die für den Raum O ermittelte Zahl addiert werden muß.

DieAnalyse: Das zu analysierende Gas muß in einer Eprouvette wit Quecksilber abgesperrt sein, die Eprouvette wird in die Wanne c übertragen, unter Quecksilber auf das Ende des Meßrohres aufgesetzt und eine entsprechende Gasmenge in das Meßrohr eingesaugt und dieses dann durch Aufheben der Eprouvette mit Quecksilber gesperrt. Dann entfernt man die den Gasüberschuß enthaltende Eprouvette aus der Wanne und ersetzt sie durch eine andere, die völlig mit reinem, trockenem

374 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

Quecksilber gefüllt ist; diese Eprouvette läßt man im Quecksilber schwimmen, indem man den Glashalter an dem Haken Ah aufhängt. Nun stellt man das Quecksilberniveau in der Wanne c genau auf den Strich Im ein, den Quecksilbermeniskus im rechten engeren Schenkel des Rohres stellt man mit Hilfe der Schraube e und einer Lupe auf den Strich O ein, notiert nach Ablesung mit dem Horizontalmikroskop die Lage des höchsten Punktes des Quecksilbermeniskus im linken Schenkel des Meßrohres und berechnet nach der Korrektionstabelle das korrigierte Gasvolumen. ‚Jetzt führt man das Gas aus dem Meßrohr in die mit Quecksilber gefüllte Eprouvette über, die man hierbei unter dem Queck- silber auf das Ende des Meßrohres so tief aufsetzt, daß das Ende des Rohres die Wölbung der Eprouvette berührt. Diese überträgt man dann unter Quecksilber auf das Ende der Absorptionspipette D und saugt das Gas mittels der Birne g und des Hahnes n in die Pipette ein. Bei Anwendung einer verdünnten Kalilösung muß das Gas etwa 10 Minuten in der Pipette bleiben, während dieser Zeit läßt man durch Senken der Birne g und eine entsprechende Drehung des Hahnes n Quecksilber tropfenweise aus der Wanne in die Pipette fließen; nach Ablauf von 10 Minuten treibt man das Gas aus der Pipette in die auf das obere Rohr aufgesetzte Eprouvette zurück; der größte Teil des Gases wird mit Hilfe der Birne g ausgetrieben; zuletzt schließt man den Hahn und ent- fernt den Rest des Gases mittels der Schraube /, wobei man das Queck- silberniveau in der Wanne c so niedrig einstellt, daß man das Ende des oberen Rohres mit der daraufgesetzten Eprouvette sehen kann. Beim Verdrängen des Gases aus der Absorptionspipette hat man dafür zu sorgen, daß keine Spur Lauge in die Eprouvette eindringt; sollte das geschehen sein, so führt man das Gas in die Pipette über und ersetzt die verunreinigte Eprouvette durch eine mit reinem Quecksilber ge- füllte, weil sonst beträchtliche Fehler bei der nachfolgenden Ablesung geschehen können. Nach Absorption der Kohlensäure wird das Gas wieder in das Meßrohr übergeführt und neuerdings das Volumen ab- gelesen; die Differenz beider Ablesungen ist die Menge der Kohlensäure. ‚Jetzt treibt man das Gas in die Eprouvette zurück, in die Wanne c führt man eine mit Wasserstoff gefüllte Eprouvette ein, setzt sie auf das Ende des Meßrohres auf und saugt in das Meßrohr ein Quantum Wasserstoff ein, das man nach dem mutmaßlichen Sauerstoffgehalt des zu messenden Gasgemisches wählt. War die Menge der Kohlensäure geringer als 8 %, so muß die aufgesogene Wasserstoffmenge etwa zwei Fünftel des ur- sprünglichen Volumens des zu analysierenden Gases betragen; man ermittelt das Volumen des Wasserstoffes und führt ihn dann in die Eprouvette über, welche das zu analysierende Gas enthält; der Inhalt der Eprouvette wird dann in die Explosionspipette eingesogen und ver- pufft. Die Explosion wird dadurch hervorgerufen, daß man das Zink- Kohle-Element einen Moment in Betrieb setzt. Dabei senkt man die Birne g möglichst tief und öffnet gleichzeitig den Hahn p, wodurch ein Quecksilberstrom von der Wanne c in die Pipette hergestellt wird. Nach der Verpuffung treibt man das Gas durch Heben der Birne g in die Eprouvette zurück, die Eprouvette überträgt man auf das Ende des Meßrohres, saugt das Gas in das Meßrohr ein und ermittelt das Volumen des Gases. War a das Volumen des zu analysierenden Gases nach erfolgter Kohlensäureabsorption, b das Volumen des Wasserstoffs und c das Volumen der Gasmischung nach der Explosion, so ist das

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 37

Volumen des Sauerstoffs a Der Stickstoff wird aus der Differenz berechnet. Ist der Sauerstoffgehalt des zu analysierenden Gases sehr gering, so ist es möglich, daß beim Überspringen des Funkens gar keine Explosion stattfindet; in diesem Falle fügt man eine gemessene Menge von etwa einem Drittel vom Volumen des zu analysierenden Gases an Knallgas hinzu und wiederholt die Verpuffung. Man kann mit dem Polowzow schen Apparat selbstredend nicht nur ein Gas- gemisch von Kohlensäure, Sauerstoff und Stickstoff analysieren, sondern auch Wasserstoff, Kohlenoxyd, Methan und anderer Gase mit Hilfe geeigneter Absorptionsflüssigkeiten bestimmen. Zur Analyse eines Ge- misches von Kohlensäure, Wasserstoif, Sauerstoff und Stickstoff bringt man das Gas nach Bestimmung des Gesamtvolumens zunächst in Kali- lauge, wo die Kohlensäure absorbiert wird, dann verpufft man es zur Bestimmung des Wasserstoffs in der Explosionspipette, wobei man bei Zuführung von Knallgas dessen Menge nicht zu hoch wählen darf, da sonst ein Teil des Stickstoffs zu Stickoxyden oxydiert werden kann. Hat nach der Explosion eine Volumenverminderung stattgefunden, so setzt man dem Gase eine im Meßrohr genau abgemessene Menge kohlen- säurefreier Luft zu und bringt wieder zur Verpuffung, wiederholt diesen Vorgang eventuell bei nochmaliger Volumverminderung; bleibt das Volumen des Gases nach der zweiten Explosion unverändert, so be- rechnet man das Volumen des Wasserstoffs folgendermaßen: war a das Volumen des Gases nach der Absorption der Kohlensäure und b

2 nach der Explosion, so ist das Volumen des Wasserstoffs 3 (a—b).

War das mit Sauerstoff verbrennbare Gas reiner Wasserstoff, so darf bei der Explosion keine Spur Kohlensäure gebildet worden sein, wovon man sich durch nochmalige Absorption in Kalilauge überzeugt. Für die Bestimmung des Sauerstoffs nimmt man besser eine neue Gasprobe und zieht bei der Zufügung von Wasserstoff zur Explosion die im Gas- gemisch bereits vorhandene Wasserstoffmenge in Rechnung.

Die Kohlensäurebestimmungen mit dem Polowzow schen Ap- parat haben eine Fehlergrenze von 0,15 % die Sauerstoffbestimmungen von 0,1 %. Für die Genauigkeit der Bestimmungen ist vor allem exaktes Kalibrieren des Meßrohres von Belang, ferner die Reinheit des Queck- silbers. Wenn man bemerkt, daß das Quecksilber sich nicht sehr leicht im Meßrohr bewegt oder gar an der Wand haften bleibt, muß das Rohr gereinigt werden. Man setzt unter dem Quecksilber eine mit 15 pro- zentiger Salpetersäure gefüllte Eprouvette auf das Ende des Meßrohres auf und führt die Flüssigkeit in das Rohr ein; nach einigen Minuten treibt man die Flüssigkeit in die Eprouvette zurück und wäscht das Rohr ebenso einigemal mit destilliertem Wasser. Dann entleert man das Meßrohr, den Gummischlauch P und die Birne H und trocknet das Rohr mittels Durchblasens erwärmter Luft. Die Einstellung der Quecksilbersäule auf den Strich O im Meßrohr muß immer durch eine Bewegung in der Richtung des Pfeiles erfolgen. Die Ablesungen während einer Analyse müssen bei konstanter Temperatur vorgenommen werden, die Temperaturschwankungen kontrolliert man mittels eines im Zylinder B in das Wasser getauchten Thermometers und gleicht durch Zugießen wärmeren oder kälteren Wassers aus. Man kann mit Hilfe dieses Apparates während kurzer Zeit (eine Analyse nimmt höchstens eine halbe Stunde

376 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

in Anspruch) eine ganze Reihe exakter Gasmessungen durchführen, für jede Analyse genügen sehr geringe Gasmengen; der Apparat erfordert wenig Quecksilber und seine Handhabung ist, einmal eingeübt, nicht schwierig. Die Art der Gasbestimmung durch Explosion ermöglicht nicht nur eine sicherere und elegantere Sauerstoffbestimmung als durch Absorption mit alkalischer Pyrogallollösung, sondern auch die Be- stimmung von Wasserstoff, Kohlenoxyd und anderer Gase.

Einfacher ist der Apparat von Bonnier und Mangin, von welchem zunächst die Modifikation von Baranetzky beschrieben sei (Fig. 117). Auf einem Holzbrettchen ist das etwa 0,7 mm weite mit der Kugel e und dem Glashahn A versehene Glasrohr montiert. Der etwa 70 bis 100 em lange Teil cd des Rohres ist in Millimeter geteilt und kalibriert. Ein an die Kugel angeschalteter Kautschukschlauch verbindet das Rohr mit der Birne /, die in einem auf einem Stativ verstellbaren Messingring liegt. Der Teil a des Rohres ist in eine (auf der Abbildung nicht dar- gestellte) mit Quecksilber gefüllte Glaswanne eingeführt. Das ganze Rohr, die Kugel e, der Gummischlauch und die Birne f sind mit Queck- silber gefüllt. Die Eprouvette, welche das zu analysierende Gas enthält, wird nun in die Queck- silberwanne eingeführt und unter Quecksilber auf das Ende des Rohres a aufgesetzt. Durch Senken der Birne / und gleich- zeitiges Öffnen des Hahnes h fängt man eine entsprechende Gasmenge in dem Teil ab des Rohres ein und sperrt das Gas durch Heben der Eprouvette r mit Quecksilber. Sobald das ci: sehn re a ir eingeführte Gas den graduierten

Raum des Rohres eingenommen hat, schließt man den Hahn h und legt die Birne f in den Messing- ring. Jetzt senkt man die Nadel 9, bis sie die Oberfläche des Quecksilbers in der Birne berührt, und schraubt sie in dieser Lage fest; diese Lage der Nadel bleibt während der ganzen Dauer der Analyse unverändert. Nachdem man die Länge der Gassäule er- mittelt hat, entfernt man aus der Wanne die den Überschuß des Gases enthaltende Eprouvette und ersetzt sie durch eine andere Eprouvette, welche mit konzentrierter Kalilauge gefüllt ist. Durch Senken der Birne f und Öffnen des Hahnes h führt man die Lauge in den Teil ab des Rohres ein. Durch Heben der Birne treibt man die Lauge sofort in die Eprouvette zurück und führt gleichzeitig das Gas in den Teil ab des Rohres über, wobei man darauf achtet, daß die Gassäule den Hahn Ah nicht erreicht. Die den Wandungen des Rohres anhaftende Kalilauge absorbiert die Kohlensäure aus dem Gasgemisch. Jetzt öffnet man wieder den Hahn h und treibt das Gas in den graduierten Teil des Rohres, wonach man die Birne f so einstellt, daß die Nadel g die Oberfläche des Quecksilbers berührt. Dann schließt man den Hahn und liest die Länge der Gassäule ab, die Differenz der beiden Ablesungen gibt die Menge der Kohlensäure. Jetzt führt man ebenso alkalische Pyrogallol- lösung in das Rohr ein und bestimmt durch dieselbe Manipulation die

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. SEE

Menge des enthaltenen Sauerstoffs. Nach Beendigung der Analyse entfernt man die Quecksilberwanne, verbindet das Ende a des Rohres durch einen Gummischlauch mit einem kleinen Trichter, füllt den Trichter mit verdünnter Salpetersäure, saugt die Säure in das Rohr ein und treibt sie in die Eprouvette zurück, welche Operation man zwei- bis dreimal wiederholt, um schließlich das Rohr in derselben Weise mehrmals mit destillierttem Wasser zu waschen. Dann entfernt man den Trichter, entleert durch Senken der Birne das Rohr und die Kugel e und trocknet das Rohr mittels Durchsaugens von Luft, wobei man den das Rohr mit der Birne verbindenden Gummischlauch entfernt. Der graduierte Teil des Rohres ist mit einer Glasplatte bedeckt, wodurch ein durch den Experimentator mögliches Erwärmen des Rohres verhütet wird. Auf diese Weise wird der Prozentgehalt an den einzelnen Bestandteilen eines Gasgemisches ermittelt. Ist auch die Kenntnis der absoluten Menge des absorbierten Sauerstoffs und der gebildeten Kohlensäure erwünscht, so muß nicht nur die prozentische Zusammensetzung, sondern auch das Gesamtvolumen des Gases im Rezipienten sowohl zu Beginn als am Ende des Versuches ermittelt werden. Handelt es sich aber nur

um den Koeffizienten nn so ist der Inhalt des mit den Pflanzen be-

2

schickten Rezipienten nicht von Belang; in diesem Falle genügt eine Bestimmung der einzelnen Bestandteile des Gasgemisches am Ende des Versuches. Es seien a, b und c die am Ende des Versuches für Kohlensäure, Sauerstoff und Stickstoff (welcher physiologisch nicht in Aktion tritt) gefundenen Prozentzahlen. Die Zusammensetzung der Luft im Rezipienten zu Beginn des Versuches sei O, = 20,9%, N; = 79,1%. Ist ce nicht 79,1 %, so bedarf die für den absorbierten Sauer- stoff gefundene Zahl einer Korrektur in folgender Weise: ist die Menge des Stickstoffs c, so war die dem Stickstoff äquivalente Sauerstoff-

B [6 e : - z

menge gleich 20,9 - 97 danach ist die Menge des absorbierten Sauer-

20,9 -c ir: CO, a Kae, y a A ee Be- stoffs gleich 79,1 b und der Koeffizient Ö, 20,9 e 79,1

ich ir den Quotienten __ mit q, so ist SE an

zeichnen wir den Quotienten „, | mi Q, so is Wr Br

ermittelt durch eine Reihe von Analysen den von 20,96 % bis 20,80 % schwankenden Sauerstoffgehalt der umgebenden Luft und berechnet danach die Größe von q.

Der Apparat von Bonnier und Mangin!), der eine sehr genaue Analyse von Gasgemischen auf einfachem Wege gestattet (Fig. 118), be- steht aus dem Pumpenkörper AB, der prismatisch oder zylindrisch geformt ist und nach rückwärts durch einen zylindrischen Teil RR, aus Bronze fortgesetzt wird und dort mit einer Schraubenmutter versehen ist, in welche durch Reibung der Stempel des Schraubenstückes T eingepaßt ist. Dieses ist an einer Seite durch den Pumpenstempel P begrenzt und auf der andern durch eine runde Scheibe mit dem Handgriff M, welcher den Stempel mehr oder weniger tief in den Pumpenkörper hineinzutreiben

1) Aubert, Nouvel appareil deM.M.Bonnier et Mangin pour l’analyse des gaz, Revue generale de botanique E39 ABI):

[0 0)

378 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

WW)

gestattet. Dieser letztere liegt mit einer seiner Flächen auf dem Brett X Y aufmontiert. Die entgegengesetzte Fläche besitzt zwei Öffnungen, die eine, O ist kapillar und ganz am Rande des Pumpenkörpers an- gebracht und kann hermetisch durch die Schraube V geschlossen werden; in der anderen, O,, ist eine Röhre C angebracht, die durch eine Art Trichterrohr mit dem langen Kapillarrohr DEFGH verbunden ist, welches eine Innenweite von zirka 1 mm besitzt. Am Beginn dieser Röhre ist eine Erweiterung von 1—2 ccm Fassungsraum angeblasen, die Röhre ist bei D rechtwinklig gebogen. Der horizontale Teil DE von 70 cem Länge ist fein kalibriert und gleichmäßig der Länge nach graduiert. Die 600 Teilgrade umfassen beiläufig 60 em. Die Röhre be- sitzt überdies noch drei rechtwinklige Biegungen bei E FG. Der aufrecht- stehende Teil GH ist am Ende ausgezogen und bildet die senkrechte Achse der dickwandigen Glaswanne L. Das Ende H ist außerhalb der Ebene gelegen, in welcher die horizontale Achse des Rohres DE lieg!. Die Wanne L ist an ihrem Grunde durch eiserne Schrauben an der Metallstütze N angeschraubt, die ihrerseits an dem Brett XY befestigt ist. Diese Metallfläche bildet in ihrem oberen Teile den Boden der

Fig. 118. Bonnier-Mangins Atmungsapparat.

Küvette, die überdies mit einer schmalen Rinne versehen ist, deren Lichte sich nach außen bei N erstreckt und durch einen Metallstöpsel verschlossen ist. Der Apparat wird folgendermaßen mit Quecksilber gefüllt. Der Schraubenstempel wird völlig nach rechts mittels der Handhabe M zurückgezogen, die Stütze XY wird von der Seite X gehoben und zirka 30 Grad geneigt. Nachdem die Schraube V gelüftet ist, gießt man mittels eines kapillar ausgezogenen Trichters durch die 3ohrung O vollkommen reines, trockenes Quecksilber. Nachdem der Pumpenkörper voll ist, klopft man ihn an seiner Oberfläche leicht, um eventuell hineingeratene Luftblasen bei O0 herauszutreiben, welche an den Wänden haften könnten. Man setzt die Schraube V wieder auf und bringt den Apparat in die Horizontallage. Die Wanne L wird darauf mit reinem trockenem Quecksilber so gefüllt, daß die freie Quecksilber- oberfläche über der Horizontalachse der Röhre DE liegt. Dann dreht man den Pumpenkolben in den Pumpenkörper ein. Das Quecksilber er- füllt allmählich die Erweiterung und alle Teile der Röhre DEFGH. So vorbereitet kann aber der Apparat noch nicht zur Analyse verwendet werden, da das Kapillarrohr immer noch Staubkörnchen enthält, welche an den Wandungen haften, so daß das Quecksilber sich nicht gleich- mäßig ausdehnen kann und Luftbläschen einschließt. Man wäscht also

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 379

die Kapillarröhre mit reiner verdünnter Salzsäure und darauf einigemal mit destilliertem Wasser.

Die Salzsäure befindet sich in einer Glasröhre, welche eng genug ist, um in den weniger breiten Teil der Wanne L eingeführt zu werden. Man kehrt die mit dem Daumen verschlossene Röhre T unter Queck- silber um und taucht sie soweit ein, daß der äußerste Teil der Röhre H in die Säure taucht. Sie sitzt jetzt fest und währenddes wird der Pumpen- kolben ein wenig nach rechts zurückgezogen, so daß die Säure bis gegen D eindringt, bis zum Beginn der Erweiterung, aber noch nicht in diese selbst hinein. Die Säure wird dann wieder durch vorsichtige Drehung des Kolbens nach links hinausgedrängt. Eventuell führt man noch eine Ausspülung mit der Säure durch. Wichtig ist, daß die Flüssigkeiten man wäscht dann auf dieselbe Weise mit Wasser nach nur ganz lang- sam hinausgetrieben werden. Dann trocknet man das Kapillarrohr: man nimmt eine völlig reine trockene Eprouvette, taucht sie mit der Mündung verkehrt in das Quecksilber oberhalb H. Man bewirkt eine heftige Vertikalschwingung der Eprouvette, so daß das Ende von H abwechselnd in Luft und Quecksilber ragt, und dreht unter- des den Kolben P nach rechts. Dadurch dringt in das Kapillarrohr abwechselnd eine Luftblase und etwas Quecksilber, das man langsam wieder hinaustreibt. Das an den Wänden der Röhre DE anhaftende Wasser wird durch den Quecksilbertropfen herausgezogen. Man tupft es vorsichtig mit Josephspapier ab, so daß die Quecksilberfläche in der Wanne trocken ist. Durch Wiederholung dieser Operation pflegt man eine vollkommene Austrocknung der Röhre bewirken zu können, und der Apparat ist zur Analyse fertig. Es sei eine Gasmischung von Sauer- stoff, Stickstoff und Kohlendioxyd zu analysieren. Man bereitet vor- her zur Absorption der Kohlensäure die Kalilauge und zur Absorption des Sauerstoffs die alkalische Pyrogallollösung vor. Über ein mit Quecksilber gefülltes sauberes Gefäß wird eine 7—8 cm hohe, 1 cm breite, mit dem Daumen verschließbare Eprouvette gestülpt. Man gibt ein kleines Stückchen Atzkali hinein und füllt den übrigen Raum mit Quecksilber. Mittels einer umgebogenen Pipette führt man 3—4 cem destilliertes Wasser ein und hat so eine Kalilösung bei Ausschluß von Luft hergestellt. Ebenso verfährt man behufs Herstellung des Pyro- gallats, nur daß man jetzt in die mit etwas festem Atzkali beschickte, mit Quecksilber verschlossene Eprouvette statt des Wassers 3—4 cem einer gesättigten, frisch in der Kälte bereiteten wässerigen Auflösung von Pyrogallol aufsteigen läßt. Man muß den Eintritt von Luft in diese Röhren verhindern und die Pyrogallollösung durch Umhüllung mit schwarzem Papier vor Belichtung schützen. So hergestellte Lösungen können für mindestens zwanzig Analysen dienen.

Für die Analyse des genannten Gasgemisches, das sich in einer kleinen Eprouvette befindet, kehrt man diese, mit dem Daumen ver- schlossen, um und überträgt sie über Quecksilber in die Wanne L. Man schiebt sie darin so weit, bis das Ende des Kapillarrohres 7 mit dem Gas kommuniziert. Man zieht den Kolben P nach rechts, bis die auf- genommene Gassäule den Teil aFGH erfüllt. Die Gaseprouvette wird gehoben, das Quecksilber in L mit Josephspapier getrocknet und die Gassäule durch Rechtsdrehung des Kolbens mitgezogen und gelangt in den graduierten Teil der Röhre. wo das Gesamtvolumen V bestimmt wird. Wenn das Kapillarrohr nicht genau kalibrieıt ist, muß man die

380 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

Gassäule beiläufig immer in dieselbe Partie der graduierten Kapillar- röhre hineinziehen, um den Fehler, welchen die ungenau kalibrierte Röhre bieten würde, zu verringern.

Man bringt die Gassäule in den Raum bE aF zurück und appliziert über dem Quecksilber in L die kleine Eprouvette mit der Kalilösung. Durch Zurückziehen des Kolbens nach rechts wird eine kleine Menge der Lauge nach bDEFGH gezogen. Man treibt die Lauge wieder in ihre Eprouvette zurück und gleichzeitig trifft die Gassäule, welche sich in der Erweiterung K und dem vorderen Teile des Kapillarrohres aus- breiten konnte, welcher von der Laugensäule durch einen Quecksilber- index von mehr als 10 cm Länge getrennt ist, an der Innenwandung der Röhre, in bF, eine hinreichende Kalimenge, um das Kohlendioxyd aus dem Gasvolumen V vollkommen zu absorbieren.

Wenn die ganze Laugensäule aus der Kapillarröhre entfernt ist, verhindert ein Index von einigen Zentimetern Quecksilber das Ent- weichen des Gases. Man entfernt die Laugeneprouvette, dann wird die Oberfläche des Quecksilbers in L und die Spitze des Rohres H mit Josephspapier abgetrocknet und die Gaskolonne im graduierten Teil des Kapillarrohres angeordnet. Das neue Gasvolumen sei VÄ,<V, dann repräsentiert V V, das Volumen des Kohlendioxyds, welches in einem Volumen V der Gasmischung vorhanden war. Man läßt dann den Sauerstoff absorbieren, indem man von neuem die Gaskolonne nach b/’ im Kapillarrohr bringt und aus der kleinen Eprouvette Pyro- gallol einfließen läßt, das in derselben Weise wie früher die Kalilauge behandelt wird. Man bringt die Gaskolonne in jenen Teil der Röhre, die mit der Lösung benetzt ist, die Absorption des Sauerstoffs erkennt man an der mehr oder weniger großen Braunfärbung des Innenraumes der Röhre. Nachdem die Pyrogallollösung zurückgetrieben und das Quecksilber der Küvette sorgfältig abgetrocknet worden ist, liest man das Volumen V, des restlichen Gases ab. V, V,ist dann das Volumen des Sauerstoffs in der Gasmischung. V, ist schließlich die Menge des Stickstoffs. Aus den gefundenen Zahlen kann man leicht das prozentuale Verhältnis der Gasmischung feststellen. Nach der Analyse wäscht man das Kapillarrohr mit verdünnter Salzsäure, mit destilliertem Wasser und trocknet schließlich so wie früher mit Luft. Zuzeiten ist es gut. das Quecksilber in L durch neues, trocken und sauber gehaltenes zu ersetzen. Man kann den Apparat auch an ein Quecksilbereudiometer anschließen, welches als Explosionspipette dient.

Bringt man Pflanzen in sauerstoffreie Atmosphäre, so findet natür- lich keine Oxydation, aber doch Weitervegetieren auf Kosten einer intramolekularen Spaltung des Energiemateriales statt. Dabei wird neben Kohlensäure Alkohol gebildet; die Kohlensäureproduktion ist in der Regel bei Sauerstoffabschluß bedeutend geringer als bei Sauerstoff- zutritt. Wenn wir durch J die Menge des bei Sauerstoffabschluß, mit N die Menge des unter normalen Verhältnissen produzierten Kohlen- dioxyds bezeichnen, so finden wir bei verschiedenen Pflanzen nach

Palladin bei einigen Pflanzen folgende Werte von „;: junge Keim-

N‘ linge von Vicia Faba 1,197, Triticum vulgare 0,490, Zweige von Abies excelsa 0,077, von Ligustrum vulgare 0,816. Die Menge der gebildeten Kohlensäure ist vor allem von dem Kohlehydratgehalt der betreffenden Pflanze abhängig. Etiolierte, kohlehydratfreie Bohnenblätter erzeugen

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 3s1

bei Sauerstoffabschluß nur geringe Mengen Kohlensäure und sterben bald ab, nach dargebotener Zuckernahrung dagegen produzieren sie große Mengen Kohlensäure und bleiben länger am Leben und ergrünen am Lichte. Auf Kosten der Kohlehydrate entsteht auch der Alkohol, etiolierte Stengelspitzen von Vicia Faba bildeten in der Anaerobiose CO, :C,H,OH im Verhältnis 100 : 92,6, während dieses Verhältnis bei nicht mit Zucker ernährten Exemplaren derselben Pflanze wie 100 : 26,5 war. Nach sauerstoffreier Behandlung pflegt die CO,- Entwicklung bei Wiedereintreten normaler Verhältnisse einen starken Aufschwung zu zeigen, da die Produkte der intramolekularen Zerspaltung nunmehr oxydiert werden. Da die intramolekulare Verarbeitung eine geringere Energiemenge produziert als die Oxybiose, ist im ersteren Falle eine größere Quantität Betriebsmaterial notwendig als im letzteren.

Die Atmung, d. h. der Gaswechsel der Atmung, hält ferner auch an, wenn die Pflanzen durch Mittel abgetötet würden, welche der Enzym- arbeit keinen Eintrag tun; solche abgetötete Pflanzen scheiden große Mengen Kohlensäure ab. Dieses Abtöten kann auf folgende Weise aus- geführt werden: 1. Autolyse unter Zusatz eines von den Giften, welche das Protoplasma abtöten, auf die Fermente aber kaum einwirken, wie Chloroform, Nitrobenzol, Toluol; 2. Trocknen bei niederer Temperatur und darauffolgendes Zerreiben. Das erhaltene Pulver veranlaßt unter sterilen Bedingungen (in Gegenwart eines Giftes) fermertative Reaktionen; 3. Behandlung mit Azeton; 4. die von Pal- ladin ersonnene Methode der Abtötung durch niedere Tem- peratur. Diese letztere Methode soll später geschildert werden. Durch Erfrieren getötete Bohnenblätter wurden im Wasserstoffstrom bis zum Aufhören der CO,-Produktion belassen, dann wurde der Wasserstoffstrom durch einen Luftstrom ersetzt. Die Blätter erzeugten auch hier wieder beträchtliche Mengen Kohlensäure und nahmen eine schwarze Färbung an. Nachdem die Kohlensäureproduktion aufgehört hatte, wurden die Blätter zerrieben und mit Pyrogallollösung versetzt, wodurch wieder Kohlendioxydabscheidung eingeleitet wurde. Schließlich wurde Wasser- stoffsuperoxyd zugegeben und auch die hier gebildete Kohlensäure- quantität bestimmt. Von den im ganzen gebildeten 1183 mg CO, ent- fielen auf den Wasserstoffstrom 100 mg, auf den Luftstrom 142 mg, nach Zusatz von Pyrogallol entstanden 648 mg und nach Zusatz von Wasserstoffsuperoxyd 293 mg. Als Atmungsmaterial kommen in erster Linie Kohlehydrate und Fette in Betracht, sie nehmen ab, während die Quantität der stickstoffhaltigen Anteile konstant bleibt, solange jene nicht erschöpft sind. Die Anwesenheit von Kohlehydraten ist für eine normale Atmung auch bei Überschuß an Eiweißstoffen not- wendig, die Atmungsenergie sinkt aber auch bei Gegenwart von viel Eiweiß sehr beträchtlich, wenn Kohlehydratmangel eintritt. Etiolierte Bohnenblätter, die sehr eiweißreich sind, scheiden trotzdem nur ge- ringe Mengen Kohlensäure aus, da sie nur sehr wenig Kohlehydrate führen; ihre Atmungsenergie steigt fast ums Doppelte, wenn sie einige Zeit auf Rohrzuckerlösung schwimmen gelassen wurden; doch besteht kein konstantes Verhältnis zwischen Kohlehydratmenge und Atmungs- energie.

Die Tatsache der intramolekularen Atmung läßt sich übrigens sehr einfach demonstrieren. Sechs Bohnen werden 12 Stunden eingeweicht und dann die Samenschale abgezogen, ohne daß der Embryo verletzt

3892 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. wird. Ein Rest der Testa muß aber übrigbleiben, um die Kotyledonen zusammenzuhalten und das Eindringen von Luft zu verhindern, so daß gezeigt werden kann, daß Kohlensäure auch ohne Zutritt von freiem Sauerstoff entwickelt wird. Eine Eprouvette wird mit Queck- silber gefüllt und in einer Glaswanne unter Quecksilber umgekehrt (Nebenbei gesagt, soll man in allen Versuchen, in denen Queck- silber zur Anwendung kommt, das betreffende Gefäß in eine starke Holzfassung stecken, damit das Quecksilber, wenn irgend etwas passiert, nicht auf den Fußboden rollen kann.). Die geschälten Bohnen werden nun unter die Mündung der Eprouvette gebracht, so daß sie durch das Quecksilber in die Eprouvette eindringen und auf dem Quecksilber schwimmen. Am folgenden Tag ist die Eprouvette halb mit Gas ge- füllt und die Bohnen nicht mehr halb von Quecksilber bedeckt sondern deutlich sichtbar. Einige mit einer gebogenen Pipette eingebrachte Kubikzentimeter Wasser und ein Stückchen Atzkali bilden eine starke Kalilösung, welche das Gas absorbiert, so daß das Queck- silber fast biszur Kuppe steigt, ein Beweis, daß das von den Kohlen gebildete Gas Kohlen- säure ist. Nimmt man eine Röhre, die länger ist als 760 mm, füllt sie mit Queck- silber, dreht sie ebenso unter Quecksilber um und läßt in ihr die Bohnen aufsteigen, so befinden sich diese in einem luftleeren Raum, da das Quecksilber auf 760 mm, ent- sprechend dem äußeren Luft- druck herabgesunken ist und Fig. 119. Bardelebens Apparat für intramolekulare in der BELTEIEI Toricelli- TR ; Atmung hahere Pflanzen. ; ; sches Vakuum freigelassen hat. Nach einiger Zeit wird das Niveau des Quecksilbers um einige Zentimeter herabgedrückt sein, und hinaufsteigen gelassene Kalilauge wird uns auch hier wieder durch Absorption des Gases zeigen, daß dasselbe aus Kohlensäure bestand. Um intramolekulare Atmung bei Pflanzen oder Pflanzenteilen ein- zuleiten, muß man ihnen entweder die Sauerstoffzufuhr absperren oder durch das Kulturgefäß ein anderes, nicht atembares Gas durchleiten. Am geeignetsten ist für diesen Zweck Wasserstoff. In dem von Barde- leben angegebenen Apparate (Fig. 119) wird das Gas aus chemisch reinem (elektrolytisch gewonnenen) Zink z und fünffach verdünnter, reinster Schwefelsäure entwickelt; da aber chemisch reines Zink mit chemisch reiner Säure keinen Wasserstoff entstehen läßt, wird als Kontaktsubstanz etwas Platinchlorid hinzugefügt. Der entwickelte Wasserstoff wird aus s zunächst durch einen konischen, mit einer konzentrierten Lösung von alkalischem Pyrogallol beschickten Kolben L durchgeleitet, um ihn von jeder Spur Sauerstoff und Kohlensäure zu befreien. Der Kolben ist mit einem dreibohrigen Kautschukstöpsel verschlossen ; dieser ist durch- setzt von einem bis auf den Boden des Kolbens reichenden, rechtwinklig gebogenen Glasrohr, durch welches das Gas zugeführt wird, in der

jaja]

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 383

mittleren Bohrung steckt ein mit zwei Hähnen versehenes T-Rohr T,, in der dritten Bohrung ein Einfülltrichter mit Glashahn Tr. Alle Glas- verbindungen des Apparates, welche durch Kautschukschlauch her- gestellt sind, werden durch diekwandige Schläuche bewirkt und stehen Glas an Glas. Der konische Kolben wird mit Kalilauge gefüllt, der Apparat mit dem Wasserstoffentwickler verbunden und nunmehr Wasser- stoff eingeleitet, wodurch der Sauerstoff vollkommen verdrängt wird; jetzt schüttet man durch den Trichter die Pyrogallollösung hinzu, welche in dem sauerstofffreien Kolben auch nach monatelangem Gebrauch nur ganz schwach gefärbt bleibt. Auch der Bardeleben sche Wasserstoffentwickler kann sehr lange Zeit benutzt werden, wenn man dafür sorgt, daß die gebildete konzentrierte und darum zu Boden sinkende Lösung vom Zinksulfat abgehebert und neue Schwefelsäure zugegossen wird. Der so gereinigte Wasserstoff gelangt nun in die mit Pflanzen bestandene Glocke, aus der er in einen Kohlensäureabsorbator, also eine Pettenkofersche Röhre oder einen Kaliapparat eintritt, um die in der intramolekularen Atmung entwickelte Kohlensäure abzugeben. Den so montierten Entwicklungsapparat kann man mittels des T-Rohres mit zwei Pflanzenglocken re- spektive, wenn man an jedem Arm des T-Rohres noch je ein T-Rohr anschaltet, mit vier solchen verbinden.

Statt des Wasserstoffs kann man auch Sticksteff als neutrales Gas verwenden, den man durch Salmiaklösung aus Kalinitritentwickelt. Die von Kostytschew dazu kon- struierte Einrichtung(Fig.120) besteht aus dem 500. ccm fas- Fig. 12%. Kostytschews Einrichtung zur Entwicklung senden Rundkolben A, der va Stickstoff als Medium der intramolekularen Atmung. mit einem Gemisch von 85 g reinstem Kalinitrit, 53,5 g Chlorammonium und 180 ccm Wasser beschickt ist; das Gemisch ist zweckmäßig vor dem Gebrauch eine Nacht über stehen zu lassen, weil dann die Entwicklung gleichmäßiger vor sich geht. Der Kolben wird durch direkte Bunsenflamme erhitzt, wobei aber der Flammenkegel selbst den Kolben nicht berühren darf; der Inhalt des Kolbens löst sich bald auf und es beginnt die Gas- entwicklung, deren Lebhaftigkeit durch geringere Erwärmung oder Unterbrechen derselben abgeschwächt werden muß. Das Gas passiert dann zunächst das Waschgefäß B, welches mit konzentrierter Schwefel- säure getränkte Bimssteinstücke enthält, wo mitgerissenes Ammoniak, das während des Prozesses entstanden ist, zurückgehalten wird; das U-Rohr C ist mit Natronkalkstücken beschickt, um das entwickelte Chlor zurückzuhalten, und die Waschflasche D, welche konzentrierte Schwefelsäure enthält, dient hauptsächlich zur Kontrolle der Gas- blasengeschwindigkeit, welche man durch Erwärmen, bzw. Abkühlen des Entwicklungskolbens erzielt. Ein Quecksilberventil am Kolben dient zur Entfernung eines eventuellen Gasüberschusses, wenn die Entwicklung zu stürmisch werden sollte. Der Gasstrom wird mit der Wasserstrahlpumpe in Gang gehalten. Immerhin erfordert der Apparat

384 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

beständige Aufsicht und man wird ihn, obwohl dadurch sehr reiner Stick- stoff zur Entwicklung kommt, bei länger dauernden Versuchen durch eine Stickstoffbombe ersetzen, aus der das Gas zunächst in einen Gasometer geführt wird. Das Ableitungsrohr der Waschflasche D verbindet man durch einen mit Schraubenquetschhahn versehenen Vakuumschlauch mit dem zur Pflanzenglocke führenden Zuleitungsrohr. Das Ableitungs- rohr der Glocke senkt man in Quecksilber oder in Ol ein und entwickelt nun Stickstoff. Wenn aller Sauerstoff aus der Glocke verdrängt ist, sperrt man den Schraubenquetschhahn, zieht den Schlauch vom Ab- leitungsrohr der Waschflasche D ab und füllt ihn mittels eines Trichters mit ausgezogener Spitze mit Quecksilber und setzt ihn auf das Ende des Rohres C der Absorptionsröhre auf. Mit Hilfe der Gaspipette werden nun von Zeit zu Zeit Gasproben entnommen, um die Kohlensäureausscheidung der Pflanze zu kontrollieren. Selbstredend muß für luftdichten Verschluß des Apparates und für die Abwesenheit jeder Spur Sauerstoff gesorgt sein, wovon man sich durch eine Gasprobe zu Beginn des Versuches überzeugt. Will man untersuchen, ob bei der intermolekularen Atmung

Fig. 12]. Apparat von Nabokich für intramolekulare Atmung im luftleeren Raum.

e, du. c1, dı—= Absorptionsgefäße: e u. eı—= Vorstoß, um Schwefelsäure, bzw. Phosphorsäureanhydrid zurückzuhalten; ! u. A—= Quecksilberreservoir; # = Manometer.

neben Kohlensäure noch geringe Mengen anderer Gase entwickelt werden, so kann man im Kohlensäurestrom arbeiten (wodurch allerdings die Pflanzen wieder doppelt abnormalen Einflüssen ausgesetzt sind), indem mandieses Gas im Bardelebenschen Apparat aus Marmor und Salz- säure erzeugt, reinigt und durch die Pflanzenglocke leitet, worauf es in einem mit konzentrierter Kalilauge gefüllten Eudiometer aufgefangen wird; da die Kohlensäure hier zur Absorption gelangt, sammeln sich die nicht absorbierten Gase über der Lauge an und können analytisch be- stimmt werden. Statt ein neutrales Gas durchzuleilen, bedient sich Nabokich für Versuche über intramolekulare Atmung des Iuftleeren Raumes). Der diekwandige, beliebig große Rundkolben A (Fig. 121) wird mit den zu untersuchenden Pflanzenteilen beschickt, sein Hals dann am Gebläse zugeschmolzen und sämtliche Kolben mittels eines Sammel- rohres F mit einer Vakuumpumpe verbunden. In unmittelbarer Ver- bindung mit dem Kolben befindet sich der in ein Gemisch von Schnee und Kochsalz versenkte Kühlapparat b, auf welchen die Trockensysteme C und D folgen ; ist mit konzentrierter Schwefelsäure, D mit trockenem Phosphorsäureanhydrid beschickt; das Kühlrohr a dient zur Schonung der Absorptionsmittel. Die Pumpe liefert infolge der vollkommenen

1) Nach W. Palladin und 8. Kostytscher |. c.

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 3835

Absorption des Wasserdampfes durch die Trockenröhren eine Luft- verdünnung bis auf 0,25 mm Quecksilber, welche durch das Mano- meter E kontrolliert wird und in längstens einer halben Stunde erreicht ist. Nachdem die Luft vollkommen aus dem Kolben verdrängt ist, wird sein Ableitungsrohr am Gebläse zugeschmolzen und die intra- molekulare Atmung kann vor sich gehen. Zur Bestimmung der ge- bildeten Atmungskohlensäure schaltet man zwischen die Röhren C und D das große U-Rohr B ein, das zwei Glashähne besitzt; dieses Rohr ist mit grobgepulvertem Natronkalk gefüllt, der mit gepulvertem Ätz- natron bedeckt ist (am besten verwendet man, vorausgesetzt, daß die analytische Wage eine solche Belastung zu wägen gestattet, 300 g schwere Rohre, deren Füllung imstande ist, 25 g Kohlensäure zu ab- sorbieren), ein zweites Rohr ist dann überflüssig, einem Wasserverlust ist durch den Überschuß an Atznatron vorgebeugt. Nach dem Füllen wird das Rohr zwei- bis dreimal evakuiert und sodann genau gewogen. Das Rohr muß, da es an die Vakuumpumpe angeschaltet wird, dick- wandig sein und wird nach Beendigung des Versuches wieder im evakuierten Zustande gewogen, die vollkommene Absorption der Kohlen- säure wird durch das Manometer kontrolliert. Um nun die Kohlen- säure aus dem Kolben in das Rohr überzuführen, verbindet man das ganze System samt dem abgeschmolzenen Kolben mit der Luftpumpe durch F, evakuiert zunächst die Absorptionsgefäße, was fünf Minuten in Anspruch nimmt, schließt dann den rückwärtigen Hahn des Rohres B und bricht dann das innerhalb des Kautschukschlauches befindliche, schon früher angefeilte Ende des Kolbenableitungsrohres innerhalb des Schlauches ab; der Schraubenquetschhahn p gestattet ein Regulieren des aus dem Kolben entweichenden Gases, Alkoholdampf wird im Kühler a zurückgehalten. Nachdem die Hauptmasse der Kohlensäure absorbiert ist, wird die Pumpe wieder in Tätigkeit gesetzt und so der letzte Rest des Gases in die Absorptionsgefäße übergeführt. Zur Aus- führung einer Alkoholbestimmung geht man verschieden vor, je nachdem während des Versuches ein konstanter Gasstrom durchgeleitet oder das Experiment im luftleeren Raume vorgenommen wurde. Im ersteren Falle schaltet man zwischen Pflanzenglocke und die zur Absorption der Kohlensäure bestimmten Röhren eine in schmelzendes Eis ver- senkte, mit Wasser gefüllte Waschflasche, deren Ableitungsrohr auf- wärts gerichtet und schlangenförmig gewunden ist. Nach Beendigung des Versuches (von da an ist die Behandlung des Versuchsmaterials die- selbe, wenn das Experiment im luftleeren Raume vor sich gegangen war) wird der Inhalt der Versuchsglocke oder des Versuchskolbens und der Waschflasche in einen geräumigen Destillationskolben hinein- gebracht, Glocke und Flasche mit Wasser nachgespült, der Kolben mit einer beträchtlichen Menge destillierten Wassers versetzt und nun so lange destilliert, bis etwa die Hälfte der Flüssigkeit in die Vorlage über- gegangen ist. Das erhaltene Destillat wird von neuem destilliert, bis etwa die Hälfte der Flüssigkeit in die Vorlage übergegangen ist. Das erhaltene Destillat wird von neuem destilliert usf., bis man schließlich bei 50 ccm Destillat angelangt ist, welche man in einem gewogenen Kölbchen auffängt, so daß man das Gewicht der überdestillierten Flüssig- keit bestimmen kann, deren spezifisches Gewicht man pyknometrisch ermittelt. Ist das erste Destillat sauer, so setzt man, um schließlich eine neutrale Flüssigkeit zu erhalten, vor der zweiten Destillation etwas Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 25

386 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

Kalilauge oder Bleihydroxyd zu; ist die Reaktion alkalisch, so fügt man etwas Weinsäure hinzu; völlige Klarheit des Destillates erhält man, wenn man vor der zweiten Destillation den Destillierkolben etwas schief stellt, zur Verhinderung des Schäumens etwas Tannin zusetzt und schließlich eventuell das Destillat durch ein trockenes Filter filtriert. Das Destillat kann man natürlich nach den angegebenen Methoden qualitativ auf Alkohol prüfen, bevor man seine Menge ermittelt.

Da Palladin und Kostytschew das Auftreten kleiner Mengen von Azeton neben Alkohol bei der intramolekularen Atmung konstatiert haben, dieses Keton aber mit der Jodoformprobe reagiert, so muß man zunächst die Abwesenheit von Azeton etwa durch die Reaktion mit fuchsinschwefliger Säure prüfen, und erst wenn diese negativ ausfällt, kann man zum Nachweis von Alkohol die Jodoform- probe anwenden. Fällt sie aber positiv aus, so kann man die entstandenen Aldehyde, respektive das Azeton in der Weise entfernen. daß man die Flüssigkeit mit einem Überschuß von Natriumbisultit versetzt und bei gelinder Wärme so lange destilliert, bis die Hälfte der Flüssigkeit in die Vorlage übergegangen ist. Das Destillat versetzt man mit einem ge- ringen Überschuß von Barytwasser und destilliert nochmals, worauf das Destillat aldehyd- und ketonfrei ist, da diese Verbindungen in Form von nicht flüchtigen additionellen Körpern zurückbleiben.

Zum Studium des Gaswechsels abgetöteter Pflanzen, in denen die Enzymarbeit fortwirkt, wird heute zumeist das Abtötungsverfahren Palladins!) durch niedere Temperaturen angewendet. Große, etwa 100 ccm fassende Reagenzgläser werden mit unversehrten oder zerstückten Pflanzen vollgefüllt und mit Kautschukstopfen gut ver- schlossen. Damit die Salzlösung in die Reagenzgläser nicht eindringt, beschmiert man die Pfropfen mit etwas Vaseline. Die Reagenzgläser werden in einen mit Filz bezogenen Eimer gebracht und mit einem Gemisch von Schnee oder feinzerkleinertem Eis, Natriumchlorid und Ammoniumnitrat umgeben. Man tut zuerst eine Schneeschicht von etwa 2—3 cm in den Eimer hinein, den Schnee bedeckt man mit einer Schicht des Salzgemisches und legt darauf die Reagenzgläser, wobei man die Zwischenräume zwischen den Reagenzgläsern mit Schnee füllt. Die Reagenzgläser deckt man mit einer Schneeschicht, dann mit einer Schicht des Salzgemisches, legt darauf wiederum Reagenzgläser usf. Die oberste Reihe der Reagenszgläser deckt man erst mit einer Schnee- schicht, dann mit einer Schicht des Salzgemisches, schließlich mit Filz und stellt auf den Filz eine mit Schnee gefüllte Schale. Nach einer Stunde sinkt die Temperatur im Innern der Reagenzgläser bis auf —20 °C. Der mit den Reagenzgläsern versetzte Eimer wird in einem kalten Raume für 24 Stunden in aller Ruhe belassen. Nach Ablauf dieser Zeit steigt die Temperatur der Mischung, je nach den Temperaturverhältnissen des Raumes, auf 10 ° bis 3 °. Für die Abtötung von in der Periode starker Lebenstätigkeit begriffenen Samenpflanzen ist eine Temperatur von 20° bis 25° nötig. Nabokich verwendete für die Er- frierung der Pflanzen flüssige Kohlensäure; diese verflüchtigt sich aber sehr schnell; für eine vollkommene Abtötung der Pflanzen ist jedoch nicht so sehr der Grad als die Dauer der Temperaturerniedrigung von

1) W. Palladin, Zur Physiologie der Lipoide. Ber. d. d. bot. Ges. 28, 120 (1910).

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 387

Belang. Auch ist es wichtig, daß die Reagenzgläser möglichst dicht gefüllt sind; eine Erfrierung der Pflanzen in denselben Rezipienten, die dann für den Versuch selbst dienen sollen, ist zu vermeiden; ist dies jedoch unvermeidlich, so muß man ein Thermometer in das Innere des Gefäßes einführen, da die Temperatur der Kältemischung mit der- jenigen der zu erfrierenden Pflanzen nicht immer übereinstimmt. Für die Bestimmung der von den erfrorenen Pflanzen produzierten Kohlen- säure tut man das Versuchsmaterial in ein U-Rohr hinein und legt in das vordere Ende des U-Rohres etwas mit 4 cem Toluol getränkte Watte. Das die U-Röhre passierende Gas ist auf diese Weise mit Toluol- dampf gesättigt, wodurch eine Entwicklung von Bakterien verhindert wird. Toluoldampf hat keinen Einfluß auf den Titer des zur Absorption der Kohlensäure bestimmten Barytwassers. So abgetötete Pflanzen erzeugen viel größere Mengen Kohlensäure als bloße Preßsäfte oder als Pflanzen, die nach Buchner durch Azetonäther abgetötet wurden, wofür sich die saftreichen Samenpflanzen überhaupt nicht eignen, die Pflanzen sind ferner in ihrer Zellstruktur unversehrt, was sehr wichtig ist, da Zerstörung der Zellstruktur oder Zerkleinerung der lebenden Pflanzen die Enzymarbeit beeinträchtigt; dagegen liefern trockene Pflanzenteile sehr wirksame Azetondauerpräparate.. Wenn Weizen- keime mit verschiedenen Extraktionsmitteln in der Kälte behandelt und dann ihre Atmungsenergie bestimmt wurde, zeigte sich ein enger Zusammenhang derselben mit der Art des Extraktionsmittels, indem das betreffende Extraktionsmittel (Toluol, Azeton, Benzol, Äther, Chloro- form usw.) um so schädlicher auf die Kohlensäureabscheidung der be- treffenden Pflanzen wirkte, je mehr Phosphor es denselben entzieht, je mehr es also die Lipoide angreift.

Eine eigenartige Atmung zeigen auch bei normalem Luftzutritt die Sukkulenten, bei denen sich in der Nacht eine Erhöhung der Azidität des Zellsaftes unter Absorption von Sauerstoff zeigt, es wird hier nicht Kohlensäure und Wasser als Atmungsprodukt gebildet, sondern eine organische Säure als weniger hoch oxydiertes Zwischenprodukt der Atmung, entsprechend dem Alkohol bei der intramolekularen Zerspaltung. Ein Blatt von Rochea falcata oder von Bryophytum calicinum oder crenatum wird am Abend eines warmen Sommertages von der Pflanze abgeschnitten, in Stücke geteilt und in einer maßgeteilten Eprouvette mit Glaswolle befestigt; die Eprouvette wird umgekehrt in Wasser ge- stellt. Uber Nacht zeigt sich ein beträchtliches Aufsteigen von Wasser in der Eprouvette als Beweis, daß Sauerstoff absorbiert, aber dafür nicht entsprechend Kohlensäure gebildet wurde; zugleich kann man durch Titration mit Sodalösung die Azidität bedeutend erhöht finden.

Für die Bestimmung der oberen oder unteren Temperaturgrenze, welche die Blätter von Pflanzen aushalten, ohne zugrunde zu gehen, sind am besten Pflanzen zu verwenden, welche durch Anderung ihrer Farbe die Beschädigung anzeigen, so z. B. Oxalis acetosella, welche sich dabei in Braun verfärbt. Man taucht Blätter von Oxalis in Wasser ein, dasauf 250 C erwärmt ist, senkt ein Thermometer hinein und erwärmt nun allmählich: die Verfärbung tritt bei 52 °C ein. Die Verfärbung ergibt sich aber schon einige Grade früher, wenn die Blätter mittels der Pumpe mit Wasser injiziert wurden; sie vermögen also in der Luft höhere Temperaturen zu ertragen als im Wasser, denn die mit Wasser erfüllten Gewebe nehmen offenbar die Temperatur des umgebenden Wassers schneller an als jene,

25*

388 XIX. Die Vorgänge bei der Atmung.

deren Interzellularen noch mit Luft erfüllt sind. Wenn der Zellsaft, z. B. durch Anthokyan, gefärbt ist, dringt der gefärbte Saft erst in dem Moment heraus, in welchem die Zelle getötet und das Protoplasma für den Farbstoff durchlässig geworden ist. Man kann also dieses Verhalten als Indikator für die Tötungstemperatur benutzen. Schnitte von roter Rübe, etwa 3—4 mm stark, werden vollkommen von aus angeschnittenen Zellen stammendem Safte freigewaschen und nun in das 25 grädige Wasser eingelegt, das nunmehr sehr langsam erwärmt wird; bei 55—57 ° tritt eine Färbung des Wassers ein; noch genauer kann man die Er- scheinung mittels eines heizbaren Objekttisches mikroskopisch ver- folgen. Daß der Zellsait auch bei Abkühlen auf niedere Temperatur eine Rolle spielt, haben namentlich die eingehenden Untersuchungen. von Molisch und von Maximow gezeigt. Nach Molisch kann der Zellsaft einer Pflanze zu Eis gefrieren, es zeigen sich Eisnadeln im Gewebe, ohne daß die Pflanze stirbt, wobei im extremen Fall aller- dings ein Zerreißen des Gewebes durch die Eisbildung sich einstellt, welches den Tod der Pflanze bewirken kann; dagegen kann schon ohne Gefrieren Schädigung und Tod der Pflanze durch Erfrieren ober- halb des Eispunktes stattfinden; ein solches Erfrieren beruht auf Ver- welken, indem die Wurzeln bei dieser Temperatur zu wenig Wasser aufnehmen, um die fortdauernde Transpiration der Blätter zu decken; aber zahlreiche Gewächse warmer Gegenden erfrieren bei Wärmegraden über Null auch bei Ausschluß der Transpiration: in diesem Falle be- ruht das Erfrieren auf einer irreversiblen Verschiebung des kolloidalen Plasmagefüges. Wenn wir eine Gelatine erfrieren lassen, so beobachten wir an allen Stellen des Kolloids das Auskristallisieren von reinem Eis, zwischen welchem die ursprünglich homogene Gelatine nunmehr ein kompliziertes Maschenwerk bildet; man kann nach dem Verfahren von Molisch so die schönsten Eisblumen dauernd konservieren, indem man einen Kolben mit Gelatine an den Wänden ausgießt, diese gefrieren läßt und nun den Kolben innen mit absolutem Alkohol benetzt. Nach dem Auftauen des Eises ist die Form der Eisblumen in dem Gelatine- netzwerk ausgeprägt. Beim Gefrieren wird also Wasser aus dem Kolloid herausgepreßt und ganz ähnlich verhalten sich die Kolloide der Zellen. Durch den Wasserentzug schrumpfen die Zellen, indem der Turgordruck abnimmt und die Zellgrenzen kollabieren. Sehr häufig zeigt sich das Phänomen der Unterkühlung, d.h. die Tatsache, daß Lösungen von Salzen in Wasser nicht bei ihrem Gefrierpunkt sich in Eis verwandeln, sondern auf mehrere Grade unter Null abgekühlt werden können ohne zu erstarren. Die geringste Erschütterung bewirkt dann unter rapider Erwärmung auf den Eispunkt das Erstarren. Eine solche Verzögerung des Gefrierens findet auch bei der Verteilung der Flüssigkeit in kapillaren Räumen statt, wie das ja beim Plasma ebenfalls der Fall ist. Filtrierpapier mit destilliertem Wasser angesogen, läßt sich auf —4° © unterkühlen, eine wassergetränkte Tonkugel auf 7°, Wasser in dünnen Kapillaren ist bei 10° noch flüssig. Deshalb gefriert das Wasser auch nicht zunächst in den Zellen, sondern in den Interzellularen, welche relativ weitlumige Kanäle vorstellen, wobei freilich durch die spitzigen Eis- kristalle ein Zerreißea der Gewebe stattfinden kann. Haben sich aber in den Interzellularen Eisklumpen gebildet, dann ist die Gefahr des Gefrierens für den Plasmainhalt der Zelle selbst vermindert, denn das könnte nur unter Volumvergrößerung geschehen, die aber durch die

XIX. Die Vorgänge bei der Atmung. 389

Eisschollen in den Interzellularen behindert wird. Der Tod der Pflanze tritt schon bei der Eisbildung, nicht wie man früher vielfach glaubte, beim schnellen Auftauen ein. Im Zustande der Unterkühlung können Pflanzen lange lebend erhalten werden, auch wenn die Temperatur tief unter den Todespunkt herabgeht, sterben aber dann sofort bei der Eisbildung, während also die Temperatur steigt.

Ganz ähnlich wie beim Tier wirken auch bei der Pflanze die Fette als Wärmespeicher. Wenn die Pflanze dem Winter entgegengeht, häuft sie eine große Menge Reservestoffe in ihren Depots auf; diese Reserve- stoffe werden nun durch ihre Lokalisierung gegen die Gefahr des Ge- frierens möglichst geschützt, indem bei Bäumen die Stärke in den ge- schützten Zentralzylinder der Achse geleitet oder zum Teil in Zucker, zum Teil in Ol verwandelt wird. Das letztere hat Lidforß für alle wintergrünen Gewächse festgestellt; die fetten Öle verwandeln sich vor der Frühlingsmobilisierung wieder in Stärke. Nach der Theorie von Mez sind nämlich flüssige Stoffe ‚thermisch aktiv“, d. h. bei ihrem Gefrieren tritt Wärmeentbindung ein, während die festen Stoffe ‚‚ther- misch passiv‘ sind; eine große Menge fester Stotfe bedeutet also für die Pflanze beim Gefrieren eine Gefahr, der Besitz von flüssigen einen ge- wissen Schutz. Es wurde aber schon eingangs für die Inulinpflanze Cichorium Intybus gezeigt, daß mitunter die thermische Aktivität des Zellsaftes doch eine Gefahr für die Pflanze bedeuten kann, indem die Lösung wohl Wasser zurückhält und dadurch ein Schutz vor Erfrieren gegeben ist, daß aber gerade dadurch das Wasser für die Hydrolyse des Inulins erhalten bleibt, wodurch eine fortdauernde Verarbeitung des Reservekohlehydrates und dadurch ein Verarmen der Pflanze an Reservestoff gegeben ist. Fett und Zucker wirken gewissermaßen für den Fall der Kristallisation als Wärmespeicher und erschweren überdies die Unterkühlung. Bei den meisten Laubbäumen bleibt ein Teil der Stärke im Zentralzylinder zurück und nur ein Teil wird in der Rinde in Zucker umgesetzt; sie sind daher weniger beständig gegen Frost als die Nadeln der Nadelbäume, deren Zellinhalt während des Winters reichlich mit Fettröpfchen erfüllt ist; auch die Birke ist ein Fettbaum unter den Laubhölzern. Eine Anderung der Stoffwechselvorgänge besteht im Süßwerden der Kartoffeln, welches im letzten Grunde auf eine Enzymverschiebung zurückzuführen ist, welche in Zusammenhang mit den geänderten Wasserverhältnissen steht. Da (physiologische) Trocken- heit die Kondensationsvorgänge, Feuchtigkeit die Hydrolysen begünstigt, so wird durch die Kälte die Kondensation von Zucker zu Stärke ge- hemmt sein und überdies dürfte sich die vitale Zuckerverbrennung verlangsamen, so daß sich Zucker anhäuft. In demselben Sinn wirken Narko’ika, wie Chloroform, Leuchtgas und, wie wir bereits gesehen haben, auch Formaldehyd. Entsprechend der Mezschen Regel ge- frieren süß gewordene Kartoffeln erst bei niedrigeren Temperaturen als normale. Ebenso wie trockene Samen eine viel höhere Temperatur aushalten als gequollene, so auch lufttrockene Blätter und andere Pflanzenteile. Eine sehr merkwürdige Erscheinung ist die „Erkältung“ von Topfpflanzen, die Schädigung von Pflanzen oder Pflanzenteilen, die nur ganz kurze Zeit, etwa eine Minute, der Einwirkung der Kälte ausgesetzt waren. Wird ein Exemplar von Begonia metallica, Trades- cantia zebrina, Fittonia usw. bei —5° C nur quer über die Straße getragen, so zeigt es noch am selben Tage im Warmhaus braune

390 XX. Treiben und Wachstumsförderung.

Flecken, die Blätter werden braun und gehen unter den Erscheinungen des Erfrierens, also durch Vertrocknen, zugrunde. Ein Zweig von Fittonia, der bei dieser Temperatur nur einmal in der Luft geschwenkt und dann im Warmhaus ins Wasser gestellt wurde, sah am Nach- mittag welk, wie abgestorben aus, war aber am nächsten Tag wieder frisch; er hatte sich also ‚erkältet‘‘, konnte aber die Schädigung, welche vielleicht auf der durch Austritt von Wasser aus den Zellen in die Interzellularen geschaffenen Spannungsänderungen beruht, wieder über- winden.

XX. Treiben und Wachstumsförderung.

Die wenigsten Gewächse vermögen, wie Stellaria media, ununter- brochen zu vegetieren und der Samen kann in der Regel nicht, sowie er der Frucht entfallen ist, sofort wieder keimen; nicht nur die Ungunst der äußeren Verhältnisse hält den Vegetationsprozeß zurück, sondern die meisten Pflanzen, z. B. die Holzgewächse unseres Klimas stellen gegen den Herbst zu ihr Wachstum ein, die Blätter der Laubbäume werden abgeworfen und die Pflanzen machen eine sogenannte ‚‚Ruheperiode‘ durch, d.h. eine Zeit, in welcher sie meistens auch bei Versetzen in die günstigsten Vegeta- tionsbedingungen nicht ohne weiteres zum Weitervegetieren zu bewegen sind. Erst bis die Ruheperiode abgeklungen hat, tritt wieder unter normalen Außenbedingungen Weiterentwicklung ein. So treiben Zweige der Linde, welche Anfang Oktober, unmittelbar nach dem herbstlichen Laubfall, abgeschnitten und im Warmhaus in ein Glas Wasser gestellt werden, selbst zu Beginn des März noch nicht aus; die Knospen desselben Zweiges treiben aber auch bei viel niedrigerer Temperatur, als sie das Warmhaus bietet, sobald die Ruheperiode beendigt ist). Eine solche Ruheperiode, welche nicht nur bei oberirdischen Pflanzenteilen, sondern auch bei Zwiebeln, Knollen, Samen zu beobachten ist, kann nicht als Ruhe im eigentlichen Sinne des Wortes bezeichnet werden, wir müssen uns vielmehr vorstellen, daß unterdes tiefgehende chemische Veränderungen in der Ptlanze sich vollziehen, als deren Resultat sich ein Zustand er- gibt, aus dem heraus erst die Mobilisierung geeigneter Baustoffe einer- seits und die Möglichkeit der Anlage neuer Teile anderseits mit Hilfe dieser Stoffe gegeben ist. Man darf sich aber nicht vorstellen, daß es sich beim Frühtreiben bloß um Entstehung von Stoffen handelt, daß also dabei nur Enzyme aktiviert werden, die aus höheren Komplexen wie Stärke, Eiweißstoffen usw. niedrigermolekulare, direkt verwendbare Bau- stoffe schaffen ; die Treibverfahren sind also nicht nur als Reizprozesse oder Aktivatoren von Hydrolysenwasser aufzufassen, sondern der dispönibel werdende Stoff muß auch in ganz bestimmter Weise zur Anlage neuer Teile verwendet werden. Das Sistieren der Vegetation bei Eintritt der kalten Jahreszeit und das ‚Wiedererwachen“ im Frühling wiederholt sich in unseren Klimaten regelmäßig an den betreffenden Pflanzen und erscheint uns als Vegetationsrhythmus; die Ruhezeit ist aber nicht notwendig auf den Winter beschränkt, sondern kann auch bei vielen Knollen und Zwiebelgewächsen im Sommer eintreten und der Vegetationsrhythmus fällt namentlich bei den Pflanzen tropischer Gegenden mit dem Wechsel der Trocken- und Regenperioden zusammen. Die Ruheperiode der unterirdischen Pflanzenteile, um zunächst von diesen zu sprechen, kann

1) H.Molisch, Das Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen. Jena 1909.

XX. Treiben und Wachstumsförderung. 391

verschiedene Dauer aufweisen. So keimen manche Kartoftelsorten, wenn sie im Herbst aus der Erde genommen und ins Treibhaus gebracht werden, nicht sofort, sondern erst im Februar; die Samen. der Mistel keimen von selbst im Herbst und in den Wintermonaten nicht, wohl aber leicht im April; die Samen der Esche keimen in dem Jahre, in welchem sie entstanden sind und in dem darauffolgenden überhaupt nicht sondern erst im zweitnächsten Jahre. Die Ruheperiode ist in allen diesen Fällen so fest, daß sie durch Schaffung günstiger Wachstumsbedingungen, wie sie im Warmhaus gegeben sind, nicht überwunden werden kann. Diese Art von Ruheperiode nennt Molischdiefreiwillige. Eine andere Art der Ruhe ist eine aufgezwungene, wenn nämlich die Pflanzen durch ungünstige Wachstumsverhältnisse, z. B. durch Kälte, in der Entwicklung zurückgehalten werden, wenn man beispielsweise Mai- glöckchenkeimlinge im Winter in einen Kühlraum bringt und sie hier bis zum nächsten Herbst beläßt: sie treiben nicht, obwohl das unter normalen Verhältnissen im Frühling geschehen wäre. Diese von außen aufgezwungene Ruhe ist eine unfreiwillige. Die Ruheperiode der Kätzchen der Haselnuß oder der Blütenknospen von Forsythia klingt schon Ende Dezember aus. Wenn diese Pflanzen trotzdem sich nach Neujahr im Freien noch nicht entwickeln, so trägt die niedrige Außentemperatur daran die Schuld. Die Ruhe der Pflanzen zeigt ferner zu verschiedenen Zeiten verschiedene Grade der Tiefe. Johannsen unterscheidet drei Phasen der Ruheperiode, nämlich Vorruhe, Mittel- ruhe und Nachruhe. Nach ihm ist die „ganze Periode der Ausdruck einer Schwingung: abnehmende Austreibfähigkeit gänzliche Ruhe zunehmende Austreibfähigkeit.“‘ Beim Flieder z. B. sind die Winter- knospen von ihrer ersten Anlage bis etwa zum Hochsommer gewisser- maßen in Vorruhe, dann folgt bis etwa Ende Oktober die Mittelruhe und schließlich die Nachruhe, aus welcher die Knospen Ende Dezember oder Anfangs Januar heraustreten, um von da an nur mehr ‚unfreiwillig‘ durch Kälte an der Entwicklung gehindert zu werden. Während bei manchen Zweigen, wie bei Syringa, Forsythia, das Ausklingen der Ruhe sehr bald eintritt, stellt sich dieser Zeitpunkt beı der Linde und Rotbuche relativ spät ein, ja, die Ruheperiode kann bei verschiedenen Knospen eines und desselben Zweiges zu verschiedenen Zeiten abklingen, so die der männlichen Haselnußkätzchen schon im November, der weiblichen etwas später und der Laubknospen erst im März.

Man kann nun durch verschiedene Mittel die Ruheperiode ab- kürzen. Bei vielen Holzgewächsen können die jungen, noch gar nicht fertig ausgebildeten Knospen zum vorzeitigen Austreiben veranlaßt werden, wenn man ihre Sprosse entblätter!. Molisch hat solche systematische Entblätterungsversuche mit Zweigen vom Flieder und von der Hainbuche angestellt. Von Ende Mai bis Anfang Juni treiben vollends entlaubte Exemplare wieder aus und belauben sich reichlich, wenn auch mit kleineren Blättern; vom halben Juli an aber unterbleibt das Treiben fast ganz, vom 1. August völlig. Werden nur einzelne, 20 bis 100 cm lange Äste entblättert, während die übrige Hauptmenge der Äste belaubt bleibt, so findet, wenn die Entlaubung Ende Mai durch- geführt wird, ein Wiederaustreiben der inzwischen schon angelegten Winterknospen statt; das Austreiben erfolgt langsamer als bei total entlaubten Exemplaren, aber schon um Mitte Juni bewirkt eine teil- weise Entblätterung kein oder fast kein Austreiben mehr.

392 NX, Treiben und Wachstumsförderung.

Abkürzend auf die Ruheperiode wirkt ferner niedrige Temperatur. Kartoffelknollen, die von Müller, Thurgau, unmittelbar nach der Ernte in den Eiskeller gebracht wurden und hier 14 Tage bei einer Tem- peratur knapp über Null lagerten, waren imstande, sofort auszutreiben; Howard brachte die Zweige verschiedener Pflanzen 7—21 Tage in eine Temperatur von 6 bis und sah dieselben früher austreiben als die normal gehaltenen Kontrollzweige; dagegen wirkt nach Molisch ein täglich erfolgender Wechsel zwischen Wärme und Kälte, selbst durch mehrere Monate fortgesetzt, auf das Austreiben ruhender Knospen nicht nur nicht begünstigend, sondern häufig schädlich ein. Nach Johannsen werden Sträucher oder Zweige während der Ruheperiode

K-- TEICHE -—1 N \ 1I 11T Fig. 122. Ätherisierungskasten nach Johannsen.!) der Einwirkung von Ätherdampf ausgesetzt. Als Atherisierungsraum dienen luftdicht verschlossene Glas- oder Metallgefäße. Burger- stein?) verwendet Glaszylinder von 28 cdem Rauminhalt zu Treib- versuchen. Zur Bedeckung dient dann eine am Rande abgeschliffene und hier mit Talg bestrichene Scheibe aus dickem Glase, die fest angepreßt wird; außerdem wurde über den Glasdeckel ein Wachstuch in doppelter Lage gebunden und auf dieses zum Beschweren ein Gewicht gelegt. Für Versuche in größerem Maßstabe empfehlen sich große, festgefügte Holzkasten (Fig. 122 [/, II, III]), deren Innenwände mit Blech oder Stanniol ausgekleidet oder mit Chromleim glasiert sind; auch ein Wasser- glasinnenanstrich ist zweckmäßig. In eine Seitenwand des Kastens ist eine Tür ein- geschnitten, die herausgeschnittene Holz- ; platteruht in einem Falz, der gut eingedichtet ist, und wird nach dem Einsetzen des Ob- jektes in den Kasten durch Flügelschrauben möglichst luftdicht angepreßt (I). Die Di- mensionen zeigt /J. Man kann in die Öffnung auch eine Glasscheibe einkitten, damit die Versuche bei gleichzeitiger Belichtung ausgeführt

Fig. 123. Aymards Sandverschluß.

') W. Johannsen, Das Ätherverfahren beim Frühtreiben usw. 2. Aufl, Jena 1900. %

®) A. Burgerstein, Über die Wirkung anästhesierender Substanzen auf einige Lebenserscheinungen der Pflanzen. Verh. d. zool.-bot. Ges. Wien, 56 (1906); s. auch das Referat dieses Forschers „Fortschritte in der Technik des Treibens der Pflanzen‘‘ im Progressus rei botanicae 4 (1911).

XX, Treiben und Wachstumsförderung. 393

werden können. J. Aymard, Montpellier, hat für an der Oberseite D zu schließende Atherisierungskasten einen Sandverschluß S (Fig. 123) emp- iohlen. In der Mitte der oberen Kastenwand ist ein Loch angebracht, durch das der Trichter Tr gestreckt ist, unter dem im Innern des Kastens das zur Aufnahme des Athers bestimmte Gefäß hängt (die Manipulation mit Ather darf wegen der Explosionsgefahr natürlich niemals in der Nähe einer Flamme vorgenommen werden). Da der Atherdampf infolge seines größeren spezifischen Gewichtes nach unten sinkt, muß das Äthergefäß stets im oberen Teil des Kastens angebracht sein. Das Loch im Kastendeckel ist mit einem Stöpsel verschließbar, in die Atherschale wird ein Stück Watte oder ein Tuch gelegt, wodurch die Verdunstungsoberfläche vergrößert wird. Nachdem alle Öffnungen des Kastens gut verschlossen, eventuell mit Gips verschmiert sind, wird durch das obere Loch mittels des Triehters der Ather eingegossen und das Loch dann verstöpselt. Die Einwirkung des Athers soll möglichst nur auf die oberirdischen Teile stattfinden, deshalb werden die dicht nebeneinander gestellten Töpfe ganz oder wenigstens zur halben Höhe mit trockenem Sand E bedeckt; abgesehen davon, daß der Sand die Wurzeln schützt, verstärkt er noch die Dichtigkeit des Kastens und absorbiert den Ätherüberschuß; er muß aber ganz trocken sein, weil sonst zu viel Äther eingesaugt wird. Beim Atherisieren von Pflanzen aus dem Fieiland werden die Wurzeln samt den Erdballen ganz mit Sand zugedeckt; die Erdballen müssen wohl feucht, aber nicht zu naß sein. Die Zweige können, wenn sie für den Kasten zu hoch sind, auch gebeugt, doch dürfen die Knospen nicht angestoßen werden. Die Äste der Topfpflanzen können auch zusamme ıgebunden sein, um die Knospen beim späteren Herausnehmen aus dem Kasten besser zu schützen. Die Erde der Töpfe darf nicht zu kalt sein, die Töpfe müssen also vor dem Atherisieren einen Tag in einem warmen Raum gestanden haben. Der Einfluß des Atherdampfes ist um so ge- waltsamer, je höher die Temperatur gehalten wird. Eine Ätherdosis, welche in 24 Stunden bei C fast keine Wirkung ausübt, kann in derselben Zeit bei 30 °C die Pflanzen ernstlich schädigen ; die Temperatur- intervalle beim Atherisieren liegen zwischen 14 ° C bis 21 °C, am besten wirkt eine Mitteltemperatur von 17 bis 19° C, bei 25 bis 30 0 C wirkt eine kleine Äthermenge vorteilhaft. Die Dauer der Atherisierung und die Menge des Narkotikums hängen von der Pflanzenart oder Sorte, von der Phase der Ruheperiode, in welcher das Treiben vorgenommen wird, und von der Temperatur ab. Gegen Ende der Ruheperiode zu sind die Pflanzen auch gegen kleine Atherdosen viel empfindlicher als vorher. Die Ätherdosis wird am besten nach dem inneren Raume des Kastens berechnet, wenn Sand benutzt wird, muß man die halbe Höhe der Sand- und Erdschicht (respektive der Sand- und Torfschicht) in Abzug bringen. Wenn also diese Schicht z. B. 14 cm hoch ist, werden von der inneren Höhe des Kastens 7 cm abgezogen, bevor man den Raum berechnet. Die Dosen variieren dann zwischen 30—45 g flüssigen Äthers für einen Hektoliter Luftraum; die Anzahl der Gramme mit 14 multipliziert ergibt die Anzahl der zu verwendenden Kubikzentimeter. Stehen die zu ätherisierenden Zweige in Wasser, so ist die große Ab- sorptionsfähigkeit des Wassers gegenüber dem Ather zu berücksichtigen. Das Wasser nimmt pro Liter etwa 22 mal soviel Äther auf als die Luft. Will man also z. B. ein 10 Liter fassendes Zylinderglas als Ätherisierungsgefäß benutzen, so verwendet man 4 g Äther, also 0,4 g

394 XX. Treiben und Wachstumsförderung.

pro Liter Luft für trocken zu ätherisierende Zweige. Soll aber Wasser dazukommen, so muß die Menge Wasser abgemessen und be- rücksichtigt werden, daß dem Wasser die 22fache Äthermenge zu- zusetzen ist, damit das Äthergleichgewicht Luft-Wasser hergestellt sei. Dem Wasser (es sei ein Liter verwendet) wird also vorher 22 x 0,4

8,8 g Äther zugesetzt, das Wasser mit dem Äther gut durchgeschüttelt Bee dann noch überdies für die übrigen neun Liter Luftraum des Ge- fäßes 9 x 0,4 3,6 g flüssigen Athers genommen, die, auf ein Schwämm- chen aufgetropft, im Luftraum aufgehängt werden. Bei Zimmer- temperatur bedürfen im gut geschlossenen Kasten pro 100 Liter Luftraum Syringa im allgemeinen 35—40 g, Azalea mollis desgleichen, Viburnum Apulus 38—42 g, Tulpen (diese dürfen erst nach Beendigung der Wurzel- entwicklung ätherisiert werden) 20—25 g Ather. Immergrüne Sträucher verlieren beim Ätherisieren ihre Blätter. Nach dem Herausnehmen aus dem Ätherkasten müssen die Pflanzen gut begossen und bespritzt und sofort in einen warmen Raum zum Treiben gebracht werden; ein zu langer Intervall zwischen Ätherisieren und Treiben kann bewirken, daß der durch den Äther bedingte Reizprozeß wieder abklingt. Indessen kann gute Ätherisierung mitunter eine Nachwirkung von einem Monat haben, indem in der Nachruhe narkotisierte Sträucher einen Monat treibfähig bleiben. In der Mittelruhe ist das Treiben selbst bei An- wendung der stärksten Ätherdosen resultatlos. Um die Verwendung von Wasser zu vermeiden, die Zweige aber doch feucht zu erhalten, kann man nach Burgerstein die frisch abgeschnittenen Zweige in kleine Bündel binden, das Schnittflächenende des Bündels mit feuchtem Moos umhüllen, dieses in Wachsleinwand einschlagen, dann verbinden und so ins Ätherisierungsgefäß stellen. Durchschnittlich läßt man den Äther- dampf 48 Stunden einwirken, im Anfang der Nachruhe und in der Vor- ruhe läßt man 72 Stunden, am Ende der Ruheperiode 24—30 Stunden einwirken; bisweilen kann man zweimalige je 48 stündige Atherisierung mit 48 stündiger Unterbrechung anwenden; doch wirkt dieses Verfahren nur bei manchen Pflanzen, wie Platanus orientalis und Staphylea pinnata (nach Howard), günstig, bei anderen, wie Acer campestre, Tilia grandi- folia und anderen, ungünstig. Ein 100-140 Stunden dauernder Auf- enthalt in der Ätheratmosphäre schädigt die meisten Pflanzen empfind- lich, ein fünf- bis sechstägiger tötet ausnahmslos. Gewöhnlich bilden bei ätherisierten Pflanzen die Blätter weniger Farbe aus. Die Äther- wirkung ist eine lokale, so daß man einzelne Zweige der Pflanze, die man vom Ätherisiertwerden ausschloß, am Frühtreiben verhindern kann, die Knospenentwicklung der Pflanze fällt dann natürlich höchst un- gleich aus. Beim Treiben von Zwiebeln erzielte Aymard sehr gute Erfolge mit einem Gemisch von 20 g Äther und 5 g Chloroform pro 100 Liter Luft, wie überhaupt Chloroform dem Äther analog, nur viel stärker wirkt, so daß 6—9 g Chloroform für eine 48 stündige Chloro- formierung in Betracht kommen, d. i. 4-6 cem. Die Zwiebeln werden in Töpfe gesetzt und in frostfreiem Grunde belassen, bis sie angewurzelt sind und Triebe von 15 bis 20 mm Länge gebildet haben, und dann erst in den Ätherisierungsraum überführt.

Ein weiteres Treibverfahren besteht in der Verwendung des Warm- bades (Fig. 124 und 125), welches in russischen und deutschen Gärtnereien schon längere Zeit mit Erfolg verwendet wird (siehe Molisch, ‚Das Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen‘, Jena 1909); die wissen-

XX, Treiben und Wachstumsförderung. 395

schaftliche Analyse des Verfahrens verdanken wir H. Molisch. Frisch abgeschnittene Zweige der Haselnuß und Forsythia suspensa wurden in Wasser von 30 ° Ö untergetaucht und hier 9—12 Stunden belassen. Nach Ablauf dieser Zeit werden sie aus dem Bade herausgenommen, mit ihrer Basis in mit Wasser gefüllte Gläser gestellt und sodann im Warmhaus am Lichte bei einer Temperatur von 15—18° C weiter- kultiviert. Nach 8 Tagen zeigen sich die Kätzchen der gebadeten Zweige von 2,5 cm auf 5,5—7 cm verlängert und in voller Blüte, während die nicht gebadeten Kontrollexemplare unverändert sind; auch die Forsythia- zweige stehen nach 11 Tagen in voller Blüte, während sich die ungebadeten erst 14 Tage später öffnen. Dieses Verfahren gelingt bei den meisten Holzgewächsen, doch verhalten sich nicht alle gleich, manche werden durch das Warmbad schnell und ausgiebig, andere mäßig und noch andere, wie Linde und Rotbuche, gar nicht oder erst gegen Ende der Ruheperiode beeinflußt. Der Erfolg hängt aber auch von der Dauer und Temperatur des Bades und der Tiefe der Ruhe ab; am besten wirkt ein 9—12stündiges Bad, im Herbst und zu Beginn des Winters muß

Fig. 124. Warmwasserbad nach Molisch. Fig. 125. Warmwasserbad nach R = Dampfzohr;, W= Wasser; P —= Topt- Molisch. pflanzen; St = Strohmatte. h = Hahn; r = Dampfrohr.

man länger baden als im Winter oder gar gegen Ausklingen der Ruhe; so genügen im Winter bei Corylus schon 6 oder nur 3 Stunden, und endlich kann das Bad sogar hemmend wirken. Dasselbe gilt für die Temperatur des Bades, die noch wirksame Minimaltemperatur ist 25 0 C, die Maximalgrenze 40 C. Auch hier ist der Einfluß ein ganz lokaler. Zur Durchführung des Warmbades benutzt man am besten kleine, zementierte, durch Dampfrohre heizbare Behälter, in welche, nachdem sie auf die gewünschte Temperatur gebracht sind, die zu treibenden Topfpflanzen, nachdem sie genügend begossen wurden, so hineinhängt, daß die Krone ganz unter Wasser taucht und der Blumentopf mit dem Wurzelballen in die Luft ragt. Zur Konstanterhaltung der Temperatur wird der Behälter mit schlechten Wärmeleitern umgeben. Die Wurzeln dürfen nicht mit untergetaucht werden, weil sie in der Regel viel emp- findlicher gegen höhere Temperaturen sind als die resistenten ober- irdischen Teile. Nach dem Bade kann man die Pflanzen sofort im Warm- haus zum Treiben aufstellen, aber auch hier pflegt die Reizwirkung des Bades mehrere Wochen latent erhalten zu bleiben. Von großer Be- deutung ist die Vorkultur; so kann die Dauer des Bades bei Syringa um so kürzer, seine Temperatur um so niedriger sein, je länger die

396 XX. Treiben und Wachstumsförderung.

Pflanzen vorher in der Kälte verweilt hatten. In seinem Buche (l. c.) gibt Molisch die Resultate von Treibversuchen. Einen ähnlichen Erfolg gestattet auch die Verwendung von Wasserdämpfen zu er- zielen, dagegen läßt sich das Warmbad in den meisten Fällen nicht durch ein entsprechendes Luftbad ersetzen; es ist also nicht die Wärme allein, sondern der Komplex von Umständen beim Warmbad: Erschwerung der Atmung unter Wasser, vielstündige Berührung mit dem warmen Wasser, Aufnahme von Wasser und dadurch hervorgerufene Quellung von Zellwänden und gewissen Zellinhaltsstoffen im Einvernehmen mit der höheren Temperatur, welche den Treiberfolg bewirken.

Ein weiteres Mittel, die Pflanzen zu treiben, ist, sie vorher niederer Temperatur auszusetzen. Man beläßt die betreffenden Pflanzen durch eine Woche in einem Raume, dessen Temperatur zwischen 3—5 ° © schwankt. Einige Stunden vor dem Herausnehmen wird die Temperatur, um das Auftauen zu begünstigen, gesteigert. Solche gekühlte Pflanzen lassen sich bei niedrigerer Temperatur schneller und besser treiben als die nicht behandelten. Auch Kombinationen von Frost und Ätherisieren wurden mit Erfolg versucht. Dagegen hat eine dreiwöchige Frost- wirkung keinen günstigeren Effekt als eine einwöchige. Außer durch Frost kann man die Ruheperiode auch durch langsames Austrocknen in einem warmen, trockenen Raume abkürzen und die so behandelten Pflanzen oder ruhenden Organe zum schnelleren Austreiben veran- lassen.

Molisch studierte den Einfluß des Radiums!) auf das Frühtreiben von Pflanzen, wie Winterknospen von Syringa, Aesculus Hippocastanum und anderen. Es wurden dreierlei Radiumpräparate verwendet; eines enthielt 46,2 mg reines Radiumchlorid, ein anderes 29,5 mg. Diese beiden waren in Glasröhrchen eingeschlossen, so daß nur die ß- und y-Strahlen zur Wirkung gelangten, während das dritte Präparat aus einem Lackscheibehen bestand, in dem das Radiumpräparat gleich- mäßig ohne Glasbedeckung verteilt lag, so daß hier die «-Strahlen zur Wirkung kamen, welche einen Sättigungsstrom von 123,5 elektro- statischen Einheiten lieferten. Die Knospen der zusammengebundenen Zweige lagen in einer Ebene nebeneinander und wurden den Röhrchen direkt so aufgelegt, daß das Röhrchen in die Rinne zu liegen kam, welche durch die parallel stehenden Knospenpaare gebildet war. Nach der zirka 24 Stunden dauernden Bestrahlung wurden die Zweige direkt ins Warmhaus zum Austreiben im Lichte gebracht. Der Einfluß der Bestrahlung macht sich im Vorherbst nicht geltend, wohl aber zu einer Zeit, wo die Ruhe nicht mehr allzu fest ist; die Bestrahlung darf nicht zu kurz, aber auch nicht zu lang (nicht über 48 Stunden) dauern. Auch die Emanation hebt in einem gewissen Stadium der Ruhe (Dezember) die Wachstumshemmung auf, und veranlaßt ein frühzeitiges Austreiben, doch hört ihr Einfluß auf, sowie die Ruheperiode ausklingt, und kann in den entgegengesetzten umschlagen, das Wachstum also hemmen. Diese Förderung des Treibens durch Radiumpräparate und Emanation ist um so merkwürdiger, als ebenso starke Präparate auf Keim- pflanzen gewöhnlich ganz anders wirken. Wiewohl Falta und

ı) H. Molisch, Über den Einfluß der Radiumemanation auf die höhere Pflanze. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien, 121 (1912); Über das Treiben von Pflanzen mittelst Radium, ebendas.

XX, Treiben und Wachstumsförderung. 397

Schwarz einen intensiv fördernden Einfluß auf das Wachstum von Haferkeimlingen beobachtet hatten, die täglich erneuerter Emanation von 31 000—270000 Macheeinheiten ausgesetzt waren, konnte Molisch im Gegensatz zu diesen Autoren bei keiner Konzentration einen günstigen Einfluß auf Wachstum und Entwicklung weder bei Hafer noch bei anderen Pflanzen beobachten, vielmehr war bei allen Pflanzen eine Schädigung wahrzunehmen, die sich entweder unmittelbar nach der Bestrahlung oder kurze Zeit danach durch gehemmtes Wachstum oder durch Absterben äußerte. Durch die Emanation wird ferner das Abwerfen des Laubes in hohem Grade gefördert, selbst im Frühling, also zu einer Zeit, wo normalerweise vom Laubfall keine Rede ist; die Emanation wirkt hier wie Lichtabschluß oder Unterdrückung der Transpiration als Reiz auf die Anlage und die Ausbildung der Trennungs- schicht, veranlaßt also ganz lokal Gewebe zum Wachstum.

Von F. Weber!) stammt die Verletzungsmethode: Bei dieser ist die Tatsache, daß es sich beim Treiben um lokalisierte Wirkung handelt, bis ins Extrem verfolgt, denn da es nicht der Pflanzen- organismus als Ganzes ist, welcher bei der Treiberei Veränderungen erfährt, sondern nur die jeweils am Pflanzenkörper gereizten Partien, ging F. Weber von dem Gedanken aus, daß es genügen müßte, auch die einzelnen, in der Winterruhe verharrenden Knospen für sich allein zu reizen, um sie zur Entwicklung anzuregen.

An der Basis der zu behandelnden Knospe, dort, wo sich die Narbe des abgefallenen Blattes befindet, in dessen Achsel die Knospe zur Anlage kam, wird in dieselbe mit der Nadel der zu Injektionen in der Medizin gebräuchlichen Pravazschen Spritze ein Stich versetzt und 15 ccm Wasser, welche sich in der Spritze befinden, der Wunde injiziert. Ist die Knospe ziemlich groß, dann kann die Nadel horizontal durch die Mitte der Basis gestochen werden; ist sie aber sehr schmal, so würde die Spitze der Nadel an der anderen Seite der Knospe wieder nach außen dringen, und das Wasser könnte nicht in die Knospe gelangen; in diesem Falle ist es zweckmäßig, die Nadel ein wenig schräg nach aufwärts zu richten. Da die feine Nadelspitze sehr leicht durch Gewebeteile verstopft wird, empfiehlt es sich, vorher mit einer feinen Nadel den Einstich aus- zuführen und in diesen Stichkanal erst die Nadel der Spritze einzu- bringen. In allen Fällen macht sich durch den Turgor der Knospen- zellen ein mehr oder weniger starker Widerstand gegen das Einpressen der Flüssigkeit fühlbar, der z. B. bei Acer platanoides oft fast un- überwindlich, bei Syringa vulgaris und Tilia platyphyllos relativ gering ist. Beim raschen Einpressen spritzt das Wasser an der Spitze der Knospe, dort, wo die Deckschuppen zusammenneigen, in feinem Strahle kräftig hervor, und man darf sich dadurch, daß die eingepreßte Flüssig- keit ein leichtes Auseinanderweichen der Deckblätter bedingt, nicht täuschen lassen und annehmen, daß unmittelbar nach der Injektion sich bereits ein Entwicklungserfolg geltend macht. Es wurde gewöhn- liches Leitungswasser verwendet und festgestellt, daß ein Teil der ein- gepreßten Flüssigkeit tatsächlich von der Knospe aufgenommen wurde, mit dem Erfolg, daß so behandelte Knospen von Syringa vulgaris und Tilia platyphyllos in der Phase der Nachruhe zum Frühtreiben gebracht werden

2) E.Weber, Über die Abkürzung der Ruheperiode der Holzgewächse durch Verletzung der Knospen usw. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss., Wien 120 (1911).

398 NX. Treiben und Wachstumsförderung.

konnten und den unbehandelten Knospen um durchschnittlich drei Wochen in der Entwicklung vorauseilten. Für die Knospen von Tilia wurde festgestellt, daß die Verletzung durch den Stich allein, ohne nach- folgendes Einpressen von Wasser, den Frühtreiberfolg mit sich bringt, daß also die Verletzung an sich die Mobilisierung der Reserven bewirkt und dadurch in eine Parallele mit der Entblätterung zu stellen ist. Da- gegen bleibt die bloße Verletzung durch Stich ohne Einpressen von Wasser bei Acer platanoides unwirksam; es dürfte also neben der Ver- letzung auch dem eingepreßten Wasser eine gewisse Rolle zukommen, und es dürfte sich hier ebenso wie beim Warmbad eben nicht um einen einzigen verursachenden Faktor, sondern um einen ganzen Komplex von Faktoren handeln. Nach Bos wirkt auch der galvanische Strom auf die Abkürzung der Ruheperiode hin.

F. Jesenko!) verwendet als Mittel zum Frühtreiben die Injektion verschiedener Flüssigkeiten, wie verdünnten Alkohol, Äther, Säuren usw., in die Knospen. Die Zweige werden in die betreffenden Lösungen entweder eingelegt oder mit denselben injiziert. Die Injektion geschieht an der Schnittfläche mit Hilfe eines zur Einpressung von Flüssig- keiten in abgeschnittene Sprosse eigens von Jesenko konstruierten Luftkessels (Fig. 126). Mit der Handluftpumpe P wurde bei geschlosse- nen Hähnen der Druck im Kessel K auf eine Atmosphäre gebracht, die mit dem Kessel in Verbindung stehenden Glasröhren T wurden mit der Lösung von Alkohol oder Äther, bzw. Wasser gefüllt, an ihr freies Ende mittels eines kurzen Vakuumschlauches der zu injizie- rende Zweig Z angesetzt und mit Drahtklam- mern befestigt. Luftblasen. die sich zwischen Zweigende und Flüssigkeit einschieben, werden durch Klopfen an dem Glasrohr heraus- getrieben. Nun öffnet man die Hähne, worauf Fig. 126. Jesenkos Luftkesse. die komprimierte Luft die Lösungen unter kon-

stantem Druck von einer Atmosphäre, durch das Manometer M meßbar, in die Zweige hineintreibt. Durch Abbrechen der Terminalknospe wurde ein rasches Durchdringen der Zweige mit den Lösungen (Alkohol wurde in den Konzentrationen 20 %, 10%, 5%, 1%» 0,1% Äther in den Konzentrationen 10 Y% 5% 1: 9 GERNE verwendet) erreicht. Nach der Injektion wurden die Zweige mit dem unteren Ende in Wassergläser gestellt und in ein lichtes Warmhaus gebracht. Zur Zeit der Ruhe, wenn die Entwicklungsprozesse in den Knospen erst eingeleitet werden, ist die Wirkung der Lösungen eine günstige und beschleunigt die Knospenentfaltungen, während die Knospenentwicklung verzögert oder ganz unterbunden wird, wenn die Knospen bereits aus der Ruhe getreten sind. Bessere Wirkung als die Injektion hat das Baden der betreffenden 20-30 cm langen Zweige, die mit 6—10 Stück zu einem Bündel zusammengebunden werden,

!) F, Jesenko, Einige neue Verfahren, die Ruheperiode der Holzgewächse abzukürzen. Ber. d. d. bot. Ges. 29, 273 (1911), 30, 81 (1912).

XXI. Wachstumsmessung. 399

in den betreffenden Lösungen, schon deshalb, weil so gleichzeitig eine größere Anzahl Knospen denselben Bedingungen ausgesetzt werden kann. Salzsäure und Schwefelsäure wurden dabei in Verdünnungen von 0,5 % bis 5 % verwendet. Die Zweigbündel wurden mit dem apikalen Ende nach abwärts in die Lösungen getaucht (während die Temperatur des Bades konstant auf 12—14 ° C gehalten wurde), so daß ein kurzes Stück des basalen Endes und die Schnittfläche aus dem Bade hervor- ragten; die Lösung konnte demnach nicht im Holzkörper aufsteigen, sondern nur von außen her in die Knospen eindringen. Die Dauer des Bades variierte zwischen 3 und 12 Stunden. Nach dem Bade wurden die Zweigbündel mit der Basis in Wasser gestellt und ins Warmhaus gebracht. Es zeigte sich auch hier wieder eine günstige Wirkung an- organischer und organischer Säuren (Weinsäure) während der tiefen Ruhe in bezug auf Frühentwicklung, während am Ausgange der Ruhe- periode nur ganz verdünnte Lösungen die Entwicklung beschleunigen, stärkere aber schaden. Eine höher konzentrierte Alkohol- oder Säure- lösung, kürzere Zeit angewendet, wirkt bis zu einem gewissen Grade ähnlich wie eine schwache bei längerer Dauer der Einwirkung.

XXI. Wachstumsmessung.

Die Messung des Wachstums erfolgt bei schnell wachsenden Pflanzen durch Beobachtung der Verlängerung der Pflanze an einem neben dieser senkrecht aufgestellten Maßstab. Für die Demonstration des Wachs- tums verwendet Pfeffer als Objekt das 25-30 mm hohe erste Laub- blatt des Keimlings von Avena oder Hordeum, das in eine kleine Küvette gebracht und kurz vor dem Versuche ganz unter Wasser gesetzt wird. Als fixe Marke dient der Schatten eines Stabes, den man so richtet, daß die fortwachsende Spitze diese Marke in kurzer Zeit erreicht. Die Spitze rückt bei zirka 4000 facher Vergrößerung in einer Minute um 60 mm vor, wenn der reale Zuwachs in dieser Zeit 0,015 mm beträgt. Zur bequemen Beobachtung aufrecht wachsender Pflanzen dient das Horizontalmikroskop, welches in vertikaler Richtung an einer Säule verschiebbar ist, während die feine Einstellung mittels Mikrometer- schraube geschieht. Der Zuwachs kann an dem Okularmikrometer abgelesen werden.

Zur Messung des Dickenwachstums wird um die Pflanze ein feiner Draht geschlungen, dessen eines Ende unverrückbar fest ist, während das andere Ende sich bewegt, wobei die Bewegung direkt oder vergrößert an einem Hebelwerk verfolgt werden kann. Man kann es auch mit dem Horizontalmikroskop beobachten, indem man die Pflanze an einer Seite einer Widerlage unverrückbar anlegt und an der entgegengesetzten Seite eine Marke oder Metallspitze anbringt, deren Fortrücken man im Mikro- skop verfolgt. Man kann ferner zwei Marken an der Peripherie anbringen und durch deren Auseinanderrücken das tangentiale Wachstum verfolgen. Wenn man die Marken derart wählt, daß der Unterschied zwischen Bogen und Sehne vernachlässigt werden kann, so ist es auch möglich, exakte Bestimmungen des Partialzuwachses auch an den sich krümmen- den Pflanzenteilen zu erzielen. Biegsame Maßstäbe oder Benutzung von geteilten Kreisbogen gleicher Krümmung können ferner ebenfalls diesem Zwecke dienen. Tuschmarken werden entweder mit einem

400 XXI. Wachstumsmessung.

feinen Pinsel oder mit Hilfe eines Systems von parallelen, über einen Kork gespannten Roßhaaren oder bei massiven Objekten mittels des Wiesnerschen Teilrädchens (Fig. 127) aufgetragen, dessen Zähne genau im Abstande von Imm voneinander angebracht sind. Als Farbstoff kann der eines gewöhnlichen Stempelkissens verwendet werden, der für die Pflanzen ganz unschädlich ist und der sehr distinkte und distinkt bleibende Marken aufzutragen gestattet, während die mit Tusche in 1 mm Abstand angebrachten Marken leicht bis zur Undeutlichkeit verfließen.

Die Instrumente zur Wachstumsmessung sind entweder solche, bei denen der Beobachter fortwährend zugegen sein muß, oder es sind selbstregistrierende Auxanometer. Wenn eine Saite an der Spitze eines Pflanzenstengels angebracht und über eine senkrecht oberhalb der Pflanze angebrachte Rolle geleitet wird und am anderen Ende der Saite ein Gewicht hängt, so zeigt das Herabsinken des Gewichtes in einer bestimmten Zeit die Verlängerung des Pflanzenstengels an. Die Saite muß aus fein geflochtener und nicht aus gedrehter Seide bestehen, weil die letztere durch die Luftfeuchtigkeit bedeutende Längenänderungen erfährt. Solche Änderungen können übrigens durch Einfetten derselben oder Bestreichen mit Wachs vermieden werden. Das Gewicht darf nicht schwerer sein als notwendig ist, um die Saite vollkommen straff anzuspannen, weil sonst das Wachstum beeinflußt werden könnte. An der Pflanze kann die Saite durch einen einfachen Knoten oder eine Schlinge be- festigt werden ; die Gefahr, daß durch die Schnur ein Einschnitt in den Stengel gemacht werden könnte, mag durch Anbringung eines Streifens von gummiertem Papier zwischen Schlinge und Stengel vermieden werden. Jede Schwellung oder Schrumpfung der Erde muß natürlich Fehler verursachen, daher muß die Pflanze vor dem Versuch gründlich gewässert werden, Kie.128. Mikrometer. Um dann während des ganzen Versuches un- „Wien. ‚schraube zur Waohe- "bagossen zur! Bleiben; selbst wenn über die

rädchen. Darwin. Topferde keine wasserzurückhaltende Schicht

gebreitet wird, bleibt der Zustand des Bodens den Versuch hindurch erhalten. Der gefährlichste Irrtum wird durch spontane oder heliotropische Krümmung hervorgerufen, so daß eine Beleuchtung der Pflanze mit Oberlicht am vorteilhaftesten wirkt; ist das nicht möglich, so kann durch einen unmittelbar hinter der Pflanze angebrachten Spiegel die Wirkung des Vorderlichtes ver- mieden werden; durch Seitenlicht sehr wenig beeinflußt wird der Blüten- schaft von Nareissus. Die einfachste Art, den Weg des sinkenden Ge- wichtes zu verfolgen, ist, längs des Gewichtes eine Maßskala anzubringen. Ein Stück einer Bleiplatte, 15 x 20 mm, in der Mitte gefaltet, kann als Gewicht dienen und eine feine Nähnadel, die in die Falte horizontal gelegt wird und dort durch leichtes Hämmern festgefügt ist, dient als Zeiger, der das Wachstum auf 0,1 mm genau bestimmen läßt. Statt der horizontalen kann das Gewicht auch eine vertikale Nadel tragen, und ihr Abwärtssinken bringt die Nadel in Berührung mit Öl oder Quecksilber in einen Napf Q, der durch eine Mikrometerschraube $

XXI. Wachstumsmessung. 401

gehoben oder gesenkt werden kann (H. Dar win) (Fig. 128). Der Moment des Kontakts ist genau zu erkennen und man kann leicht 0,01 mm an M ablesen. Wenn Ol verwendet wird, muß das Gefäß zunächst so weit ge- senkt werden, bis die Nadelspitze deutlich zu sehen ist, die Schraube wird dann vorsichtig gehoben, bis die blanke Öloberfläche am Berührungs- punkt eingesenkt erscheint. Wenn Quecksilber verwendet wird, muß zwischen dasselbe und die Lichtquelle, ein vertikaler Faden oder Draht nahe am Mikrometer aufgehängt werden und der Moment der Berührung der Nadelspitze und des Quecksilbers ist durch Verschiebung des Faden- bildes gekennzeichnet, das durch Reflexion des Lichtes im Quecksilber entsteht. Der Apparat muß auf einer standfesten Platte stehen. Das Mikrometer trägt am unteren Ende eine Nadel, welche für verschiedene Messungen dienlich ist. Der Haken an der Kante der Tube kennzeichnet die Vertikalstellung der Schraube; wenn dies der Fall ist, bleibt die Spitze des Hakens in einer zur Oberfläche relativ konstanten Stellung, wenn die Schraube gedreht wird. Wenn die Tube gefüllt ist, so daß die Spitze gerade in die Oberfläche taucht, bleibt dieser Stand während der Dre- hung konstant erhalten.

Das selbstregistrierende Auxano- meter von. Wiesner (Fig. 129) funktioniert folgendermaßen: ein mas- siver Ständer aus Gußeisen trägt auf einer genau vertikalen Stahlsäule S einen mittels Schraube verstellbaren horizontalen Metallbalken, an welchem eine kleine aus Hartkautschuk ver- fertigte Rolle r drehbar befestigt ist, die mit einer gleichfalls aus Hart- kautschuk hergestellten größeren

Rolle R fix verbunden ist. Beide r

Rollen drehen sich konzentrisch um Fig. 129. Wiesners Auxanometer. dieselbe Achse, welche aus Stahl

verfertigt ist und in einem passenden soliden Lager läuft. Jede der beiden Rollen hat im Umfang eine rinnenförmige Vertiefung, welche zur Führung je eines Fadens dient. Einer der Fäden läuft um die kleine Rolle. Einfache Aufrollung genügt; größerer Sicherheit wegen kann man den Faden doppelt aufrollen, es ist dann aber selbstverständlich ein größeres spannendes Gewicht anzuwenden. Eines der beiden Enden dieses Fadens ist mit der Pflanze verbunden, das zweite trägt ein zur Spannung des Fadens dienendes Gewicht G. Auf der großen Rolle wickelt sich ein dieselbe in einem Halbkreis berührender zweiter Faden ab, welcher auf der einen Seite durch das Gewicht G, auf der anderen Seite durch das Zeigergewicht @’ gespannt ist. Dieses Zeigergewicht ist T-förmig gestaltet, aus Hartkautschuk verfertigt und besitzt eine besondere vertikale Führung. Dieselbe besteht aus zwei genau vertikal gestellten, sorgfältig geglätteten zylindrischen Metallstäben, welche an prismatischen Hartkautschukstücken befestigt sind; diese selbst stehen wieder mit dem Balken so in Verbindung, daß er der Rolle möglichst nahe steht, ohne sie doch zu berühren. Das Zeigergewicht ist an vier Stellen durch- bohrt behufs Durchlaß der zur Führung dienenden Metallstäbe. Die vordere breite Fläche des Zeigergewichtes steht senkrecht zur Fläche

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 26

402 XXI. Wachstumsmessung.

der Rollen. Von der Mitte des Zeigergewichtes geht ein zur Rollenfläche paralleler, horizontal gestellter, gegen den Zylinder in einer Horizontal- ebene vorgebogener, zugespitzter, 10 cm langer, als Zeiger dienender Platin- draht Z aus. Zur Aufschreibung dient der Zylinder C, welcher exzentrisch auf dem Stundengehwerke W statt des Minutenzeigers mit hoher Führung aufgesetzt ist und sich innerhalb einer Stunde genau einmal umdreht. Der Halbmesser der kleinen Rolle beträgt 1,5 cm, jener der großen Rolle 12 em. Da nun beim Aufwärtswachsen der Pflanze die große Rolle proportional der Höhenzunahme der Pflanze sich bewegt, so ist ersichtlich, daß das Auxanometer nur achtmalige Vergrößerung gibt, welche sich aber auch noch steigern läßt. Zur Spannung der Fäden dienen Gewichtehen von 7—-10 g, welche Belastungen völlig ausreichen. Die Gewichte müssen sorgfältig gewählt sein, G muß @G’ völlig das Gleichgewicht halten und das andere Gewicht einen möglichst geringen Zug auf die Pflanze ausüben. Ist g, = z, so lastet auf der Pflanze bloß g. Das Zeiger- gewicht bewegt sich parallel zur vertikal wachsenden Pflanze, an deren Stengel der Faden angebracht ist, der über die kleine Rolle r gespannt ist, deren Bewegung die Zeigerrolle R sich bewegen läßt, so daß der Zeiger vertikal übereinanderliegende Marken schreibt, deren Abstände die stündlichen Zu- wachse im Verhältnis von r: R vergrößert angeben. Das Zeigergewicht legt einen Weg zurück, der achtmal so groß ist als der Zu- wachs. Je nachdem man das eine oder andere Ende des Fadens der kleinen Rolle mit der Pflanze in Verbindung bringt, bewegt sich das Zeigergewicht nach aufwärts oder nach abwärts. Man umhüllt den auf W aufzu- setzenden Zylinder mit einem dicht anliegen- den Papier, welches an der Vorderseite be- TR rußt ist, zeichnet mit Nadel und Lineal die Ei er Vorderkante und stellt den ganzen Apparat so, daß der Zeiger an dieselbe leicht an-

gedrückt ist. Nach je einer Stunde markiert der Zeiger an der Zylinder- kante durch einen genau horizontalen Strich den vergrößerten Zuwachs. Das selbstregistrierende Auxanometer von Sachs besteht aus zwei Hauptteilen, von denen der erste im Prinzip den Sachsschen später zu betrachtenden ‚Zeiger am Bogen“ darstellt, der andere ein durch ein Uhrwerk langsam rotierender Zylinder ist, der ein berußtes Papier trägt, an welchem eine Zeigerspitze anliegt und so, ihrem jeweiligen Stande entsprechend, eine weiße Linie markiert. Die Drehungszeit des Zylinders läßt sich durch Verschiebung des Gewichtes am Pendel des Uhrwerkes regulieren. Der Bau und die Funktion des Apparates ist sehr einfach. Da der Apparat zahlreiche, z. T. schon von Sachs hervorgehobene Fehler zeigt und die Zuwachslinien keine richtigen proportionalen Werte geben, sei auf ein näheres Eingehen verzichtet. Der wichtigste (im Wiesnerschen Apparat vermiedene) Fehler ist, daß der Zeiger einen Kreisbogen (nicht eine vertikale, dem Zuwachs parallele Linie) beschreibt, daß der Zeiger nur bei horizontaler

XXI. Wachstumsmessung. 4083

Stellung mit dem exzentrisch rotierenden Zylinder Horizontallinien, in allen anderen Lagen aber selbst bei fixem Stande eigentümliche Reibungskurven verzeichnet, daß zur Vermeidung dieser Fehler ein großer, 90 cm im Umfang messender Zylinder und ein 60 cm langer Zeiger, ferner ein sehr großes Gewicht (20 g) verwendet werden muß, dessen Zug auf die Pflanze überdies nicht gleichmäßig ist, weil hier ein Zeiger und nicht, wie beim Wiesnerschen Apparat, durch die Rolle wieder eine Rolle bewegt wird. Die Messungen sind also hier nicht exakt quantitative.

Der von Pfeffer (Fig. 130) nach dem von Baranetzky ange- wendeten Prinzip konstruierte Apparat zeichnet mit dem Schreibzeiger dadurch eine Treppenkurve, daß der mit Papier überzogene berußte Zylinder T, je nach der Stellung des auslösenden Uhrwerkes, jede t/,, 1, 1, 2 Stunden usw. eine kleine Drehung macht. Die so markierten Strecken

Fig. 131. Bovies Auxanometer.

geben also den realen Zuwachs im Verhältnis der kleineren Rolle zur Rolle R vergrößert an. Wenn der durch ein Uhrwerk betriebene Zylinder, sich kontinuierlich drehend, in der Stunde eine Umdrehung macht, so ent- steht an seiner Peripherie eine Spirallinie, bei welcher der vertikale Ab- stand je zweier übereinanderliegender Linien den vergrößerten stünd- lichen Zuwachs angibt. Statt auf berußtem Papier kann man eine Schreibfeder mit Glyzerin-Anilinblautinte direkt auf Koordinatenpapier die Wachstumskurve schreiben lassen. Durch elektrische Übertragung kann man auch den registrierenden Apparat entfernt von der zu prüfenden Pflanze aufstellen, wie dies ja auch bei den Transpirations- messungen geschieht. Das Uhrwerk, welches elektrisch betrieben ist, dreht den Zylinder T, auf dem der Zeiger schreibt. Im übrigen ist der von der Pflanze kommende Faden F oder Draht ebenso wie beim Wiesnerschen Auxanometer um die kleine Rolle geschlungen, welche ihrerseits das große Rad R in Bewegung setzt, während ein Gewicht dem Zeiger das Gleichgewicht hält.

26*

404 XXI. Wachstumsmessung.

Ein Auxanometer, welches vor allem die Fehlerquelle vermeidet, die durch Verlängerung oder Verkürzung des übertragenden Fadens gegeben ist, hat T. Boviet) konstruiert, welches Instrument gleichzeitig den Vorteil bietet, auch den kleinsten Zuwachs zu registrieren. Der Apparat, dessen Gesamtansicht Fig. 131 darstellt, besteht im wesentlichen aus einer Vorrichtung, welche aufwärtsgedrückt wird, wenn die Pflanze wächst. Wenn diese Vorrichtung eine kleine Strecke aufwärts gegangen ist, schließt sie einen elektrischen Strom, der die Schreibfeder des Chronographen in Tätigkeit setzt. Da die Verbindung der Pflanze mit der stromschließenden Vorrichtung aus einem Metall hergestellt ist, das einen außerordentlich kleinen Ausdehnungskoeffizienten besitzt, kann das Wachstum auf wenige Mikra genau gemessen werden. Die Pflanze wird (Fig. 132) mittels des Metallfadens a an der kleinen Feder b befestigt, welche ein wenig stärker aufwärts schnellt als notwendig ist, um das Gewicht des Drahtes zu tragen, so daß der Faden immer straff gespannt ist

| Ei N (man kann den notwendigen Zug durch eine Schraube er N regulieren), aber doch dem Wachstum der Pflanze (et | keinen Eintrag tut. Wenn die Feder nach auf- Rs) | wärtszieht, gelangt sie mit dem Block c an der | Spitze c’ in Berührung. Dadurch wird ein elek- trischer Strom geschlossen, der bis dahin offen war,

da beim Klaffen nämlich die Feder b von c an ihrem anderen Ende isoliert ist. Der Strom, welcher jetzt durch das System fließt, aktiviert die Spule d, N welche den Unterbrecherhebel aufwärts zieht. Der wu : Block c ist an der Schraube / befestigt, die durch ı ein Rädersystem bei /’' mit einer Uhrfeder ver- bunden ist, welche die Schraube so zu drehen strebt, daß der Block c aufwärtsgehoben wird. Die Schraube wird aber an der Drehung durch den Unterbrecher- hebel e gehindert, außer wenn derselbe durch den

% Elektromagneten d aufwärts gezogen wird, worauf ' sich die Schraube um einen Teil ihres Umfanges Kig. 132, Schematischh drehen kann. Dadurch wird der Block c eine be- Skizze des Bovieschen B e 3 =

Auxanometers. stimmte Strecke erhoben und der Strom geöffnet.

Die Pflanze muß also dann gerade um dieses Stück wachsen, damit der Strom wieder geschlossen werde. Die Aufwärtsbewegung von Block c ist durch die Ganghöhe der Windungen der Schraube f und die Anzahl der Windungen begrenzt. Durch Veränderung der Zahl der Zähne im Unterbrecherrade an der Spitze der Schraube / kann die Größe ihrer Umdrehungen bei jedem Kontakt kontrolliert werden. Sind 20 Zähne an dem Rade vorhanden, so kann die Schraube !/,, Umdrehung machen, respektive mehr, wenn einige Zähne entfernt werden bis zur vollständigen Umdrehung. Ist die Ganghöhe der Schraube 0,5 mm, so repräsentiert jede Bewegung 25 u. Um kleine Abstände zu messen, ist; eine Mikrometer- schraube höchst geeignet, wenn sie exakt gearbeitet ist (so leisten z. B. Phonographenschrauben gute Dienste). Der Unterbrecher muß so funktionieren, daß lediglich ein Zahn des Rades vorbeigehen kann,

!), W.T.Bovie, A precision Auxanometer, Botan. Gazette 53, 504 (1912). Herrn Bovie bin ich für die Zusendung der Photographie seines Apparates zu großem Danke verpflichtet.

XXI. Wachstumsmessung. 405

wenn der Strom einmal geschlossen wird. Die Trommel des Chrono- graphen dreht sich einmal in sechs Stunden um sich selbst, 1 mm ihres Umfanges entspricht einer Zeitminute; sie kann die Aufschreibungen von sechs Auxanometern gleichzeitig aufnehmen und ihr Uhrwerk funktioniert ununterbrochen eine Woche. Die Federn sind unbeweglich, die Trommel rotiert unter ihnen in der Richtung ihrer eigenen Achse, so daß jede Feder auf dem Registrierstreifen eine Spirale zeichnet. Bei jeder Stromschließung markiert die Feder auf der gezogenen Linie einen Punkt. Wenn der Streifen abgenommen wird, zeigt er eine Serie paralleler Linien, von denen jede sechs Stunden entspricht. Durch Zählung der Punkte in einem bestimmten Zeitintervall oder durch Messung von deren Abständen kann das Maß des Wachstums bestimmt werden. Mittels eines kleinen Schaltbrettes kann eine elektrische Glocke oder Glühlampe in den Stromkreis eingeschaltet werden, so daß immer ein Zuwachs durch Aufleuchten der Lampe oder Glockenton registriert werden kann. Ist der Abstand so kurz, daß eine gewöhnliche Glühlampe nicht aufleuchtet, muß eine Wolframlampe verwendet werden. Ein wachsender Hyazinthensproß, der aus dem feuchten Warmhaus in die trockene Luft des Laboratoriums übertragen wurde, ließ die Lampe etwas öfter als einmal in der Minute aufleuchten, dagegen viel öfter, wenn die Pflanze im Warmhause belassen und nur der Registrierapparat, mit ihr in elektrischer Verbindung, im Laboratorium aufgestellt worden war. Ein junger Helianthuskeimling gab alle 18 Sekunden eine Markierung; in solchen Fällen, also bei sehr schnell wachsenden Pflanzen, wären bei Experimenten längerer Dauer die markierten Punkte zu zahlreich, um bequem gezählt zu werden, man entfernt dann also entsprechend viele Zähne des Rades. Das Prinzip, durch die wachsende Pflanze automatisch einen elektrischen Strom öffnen und schließen zu lassen, ermöglicht, die Messung des Längenwachstums mit großer Genauigkeit vorzunehmen. Die einzige Schwierigkeit ist, daß leicht zwischen der Feder b und dem Block c ein Funke überspringt. Um das zu verhindern, muß der Draht a nahe dem fixierten Ende der Feder b angebracht sein, so daß die Spalte länger ist als die Funkendistanz, oder es wird um die Spalte herum eine Kühlung angebracht, wodurch auch ein Abbrennen der Enden ver- mieden wird. Elektroden von Gold oder Platin geben die besten Resultate.

Um die Unbequemlichkeiten zu vermeiden, welche beim Arbeiten mit berußten Papieren Regel sind, ferner um ein Versagen der Schreib- vorriehtung, wie sie bei den gewöhnlichen Auxanometern durch kleine Unebenheiten des Papiers, durch Luftströmungen gegeben sind, welche den Tragfaden der Feder in leichte Schwingung bringen oder die Feder abheben, bedient sich F. G. Kohl!) folgender Konstruktion. Die durch Uhrwerk U (Fig.133) in beliebig rasche kontinuierliche oder intermittierende Umdrehung versetzte Trommel wird mit Zelluloidfilm überzogen, natür- lich bei rotem Licht. Uber die Trommel T stülpt man einen viereckigen Kasten K, der auf einem von der Trommelachse durchsetzten Tragbrett ruht. Damit das Aufsetzen dieses Kastens lichtdicht und immer in richtiger Stellung vor sich gehe, sind auf dem Tragbrett vier Leisten

1) F. G. Kohl, Ein neuer Apparat zur Demonstration von Wachstums- und Plasmolyse-Erscheinungen. Ein photographisches Auxanometer. Ber. d. d. bot. Ges. 20, 208 (1902).

406 XXI. Wachstumsmessung.

angebracht, an welche sich die unteren Ränder der Kastenseiten an- legen. In der einen Seitenwand des Kastens gleitet in einem Ausschnitt ein Schieber S aus dünnem Aluminiumblech oder aus Hartgummi, der etwa in der Mitte ein Loch von 1 mm Durchmesser trägt und diesem gegenüber in einiger Entfernung ein sehr kleines elektrisches Glüh- lämpchen L, welches sich mit dem Schieber, in fester Verbindung mit diesem, bewegt. Die lichtempfindliche Schicht des Films gleitet bei der Rotation der Trommel dicht hinter dem Schieber vorbei, denselben fast berührend. Der Schieber hängt an dem Faden oder Draht f (Fig. 133), welcher entweder nur über eine Nutenrolle läuft und dessen anderes Ende am Scheitel der wachsenden Pflanze befestigt ist, oder es ist eine Rollen- übersetzung zur Vergrößerung des Ausschlages eingeschaltet, wobei der Schieber durch ein Gewicht balaneiert wird. Die Anfangseinstellung des Schiebers wird so gewählt, daß das Loch eben unter dem oberen

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Fig. 133. Kohls Auxanometer. Fig. 134. Apparat zur Demonstration von Wachtums- verlängerung und Verkürzung durch Plasmalyse. Rande der Trommel steht, die Rotation läßt man dann sofort einsetzen. Bei Streckung der Versuchspflanze senkt sich der Schieber und das durch das Loch einfallende Tageslicht oder das Licht des Glühlämpchens malt die Wachstumskurve auf die empfindliche Filmschicht. Nach Beendigung des Versuches entwickelt und fixiert man die abgenommenen Films; sie zeigen auf glasklarem Grunde die schwarze Kurve und können nun auf Koordinatenpapier aufgesteckt werden, wo dann mit Hilfe der von den Quadraten auftretenden durchscheinenden Linien die Ab- lesung vorgenommen wird. Fig. 135 zeigt den Apparat aus Fig. 133 in der Aufsicht. Ein einfacher Apparat von Kohl (Fig. 134, 136) dient auch zur Demonstration nicht nur von Wachstumsverlängerung, sondern auch von Verkürzung durch Plasmolyse. Der Apparat besteht aus dem Brettchen B mit Ausschnitt, in welchem die Glasskala G eingelegt und befestigt werden kann. Das Brettchen trägt an jedem Ende eine Nutenrolle an horizontaler Achse, von denen die eine, n, einfach, die andere, n, n,, zusammengesetzt ist und aus zwei fest miteinander ver-

XXI Wachstumsmessung. 407

bundenen Rollen besteht, deren Durchmesser in einem einfachen kon- stanten Verhältnis zueinander stehen. Über die linke kleine Rolle n und über die rechte größere n, läuft ein horizontaler Faden oder feiner Draht f, dessen linkes Ende das kleine Spanngewicht g trägt, dessen rechtes Ende an einem Punkte der Peripherie der großen Rolle n, be- festigt ist. Die Rollen sind leicht drehbar so angebracht, daß der Faden genau in der Mitte der Vorderseite des Brettchens, also auch genau in der hier liegenden Skala verläuft. Über die kleinere der zusammen- gesetzten Rollen wird ein zweiter, durch das Gewicht g, gespannter Faden gelegt (f,), dessen zweites Ende am Gipfel des wachsenden Pflanzen- organs oder am oberen Ende des zu plasmolysierenden Pflanzenteils befestigt ist. Die geringste Verschiebung dieses Endes ruft eine Drehung der Rolle n, und der mit ihr fest vereinigten Rolle n, und eine Bewegung des horizontalen Fadens von rechts nach links oder umgekehrt hervor. An diesem Faden ist ein kleiner Zeiger angebracht, der mit der Spitze der Glasschale anliegt und auf ihr hingleitet, wenn der tragende Faden

durch die Drehung der Doppelrolle, ”n welche von der Pflanze veranlaßt wird, eine Bewegung macht. Das Brettehen B trägt auf seiner Rückseite den Rohr-

OHIIMAIZZZ y satz R, den man unmittelbar über x

die Beleuchtungslinsen des Projektions-

FT

Fig. 155. Kohls Auxanometer in der Auf- Fig. 136. Meßbrücke des Kohlschen Apparates sicht, 7= Trommel; SS = Spalt; ZI = Fig. 134. Liektkegel; NN = Befestigungsrinne. ; apparates schiebt, oder es ist an der einen Seite verlängert. Die Verlängerung V endigt mit einem Rohre f, welches auf dem Stab S eines Stativs gleitet und in beliebiger Höhe fixiert werden kann. Das Skioptikon projiziert die Skala scharf auf den Schirm, auf welchem demonstriert werden kann, wie der Zeiger über die Skala gleitet. In Fig. 134 wird die Anordnung zur plasmolytischen Verkürzung eines Mark- zylinders wiedergegeben. Der Faden f, ist am oberen Ende des Mark- zylinders m durch die Nadel na und eine Schlinge befestigt; am unteren Ende wird der Markzylinder durch die seitlich in den Zylinder ein- geführte Nadel na, fixiert. Das den Zylinder ausfüllende Wasser kann durch das Rohr ru abgelassen, die plasmolysierende Lösung durch das Rohr ro zugeführt werden; man läßt die plasmolysierende Lösung zu- fließen, wenn die Verkürzung gezeigt werden soll, und nach Ablassen der Lösung Wasser, wenn man die Wiederverlängerung demonstrieren will. Für Demonstration der Zuwachsbewegung wird der Faden /, am Scheitel des wachsenden Stengels befestigt. Auch der Verbrauch an Wasser durch Transpiration läßt sich zeigen, indem das Saugrohr ss des Transpirations- apparates (Fig. 136), dessen Wasser zur besseren Anschaulichkeit gefärbt wird, durch zwei Klammern KK am Brettchen B oberhalb der Nutenrollen über die Skala gelegt und das Rohr solange verschoben wird, bis der Meniskus der gefärbten Flüssigkeitssäule auf den Nullpunkt der Skala

408

zu liegen kommt.

XXI. Wachstumsmessung.

Kohl führt folgendes Beispiel an: ein aus einer

Kartoffelknolle ausgebohrter Gewebezylinder von 100 mm Länge ver- kürzte sich in 16 prozentiger Zuckerlösung bei 20° C in einer Stunde

Fig. 137. „Zeiger am Bogen.

240 mm über die Skala.

um 4 mm; stehen nun die beiden Rollendurchmesser n, :n, im Ver- hältnis 1: 3, so wird der Zeiger auf der Skala um 12 mm ver- schoben;; bei einer Entfernung des Projektionsschirmes vom Skiopti- kon von 4m betrug auf jenem der Weg des Zeigerbildes 480 mm, also fast einen halben Meter. Bei der Demonstration von Verlängerung durchWachstum empfiehlt es sich, die Durchmesser der beiden Nu- tenrollen mehr voneinander ab- weichen zu lassen. Wählt man z. B. das Verhältnis der Durch- messer 1:6 und wächst das Versuchsobjekt innerhalb einer Stunde nur 1 mm, so bewegt sich unser Zeigerbild immer noch um Hat dieselbe in Wirklichkeit eine Zweimilli-

meterteilung, so erscheinen die Teilstriche auf der Projektionsfläche

o

Fig. 138. Die Samen A und B sind an ihren Kotyledonen durch die Nadeln n befestigt und von den Spitzen angefangen mit Marken (A) in gleich- mäßigen Abständen ver- sehen, die in B, entsprechend der großen Periode des Wachstums, auseinander-

rücken.

um 8 cm voneinander entfernt, bei Imm Teilung um 4cm und in letzterem Falle streicht der Zeiger auf dem Projektionsschirm über sechs Teilstriche der Skala innerhalb einer Stunde hinweg. Durch die Wahl der Übersetzungsgröße zwischen den beiden Nutenrollen n,n, kann man den Ausschlag auf der Skala den jeweiligen Umständen beliebig an- passen. Einige Vorversuche klären darüber auf und man braucht nur das Rollenpaar ein für allemal für jeden Apparat (Transpirationsapparat, Wurzeldruckapparat usw.) zu bezeichnen, um bei Anwendung annähernd gleicher Objekte dieselben Erfolge zu erzielen.

Das einfachste Auxanometer ist der Sachs- sche Zeiger am Bogen (Fig. 137): Ein von der Pflanzenspitze ausgehender Seidenfaden f geht über eine kleine Rolle r und wird durch ein kleines Ge- wicht gespannt gehalten. An einer leicht drehbaren Achse ist außer der Rolle noch ein langer Zeiger Z angebracht, der an einer Skala B spielt. Jede Ver- längerung der Pflanze bewirkt eine Drehung der tolle und damit eine Bewegung des Zeigers längs der Skala, welche die Verlängerung zu Demon- strationszwecken anzeigen kann.

Für die Messung des Wachstums von Wurzeln

(Fig. 138) ist noch heute die Methode von Sachs vorbildlich, deren Schilderung der genannte Forscher folgendermaßen gibt: Die Samen (von Vieia Faba oder Phaseolus multiflorus) werden zunächst 24—30 Stunden

XXI. Wachstumsmessung. 409

in Leitungswasser liegen gelassen, das man während dieser Zeit zwei- bis dreimal erneuert, wobei durch Bürsten den Samen anhaftende Fäulnisstoffe usw. entfernt werden. Noch vor dem Hervortreten der Hauptwurzel werden die Samen in feuchte Sägespäne gelegt, die vorher jedesmal zwischen den Handflächen zerrieben und zu einem möglichst lockeren Keimlager in großen Holzkasten zubereitet werden; dadurch werden einerseits gerade Wurzeln, andererseits genügende Durchlüftung erzielt und so Schimmelbildung vermieden. Die großen Samen, wie die von Faba, Phaseolus, Aesculus, Quercus, Cucurbita, werden immer einzeln aus- gelegt; die von Faba so mit der Mikropyle abwärts, daß die austretende Hauptwurzel keine Krümmung zu machen braucht, um senkrecht hinab- zuwachsen; die anderen legt man horizontal, so daß die Wurzel nach ihrem Austritt einen rechten Winkel mit der Längsachse des Samens bildet; kleine Samen werden einfach ausgestreut und gleich jenen mit Sägespänen bedeckt. Beim Herausnehmen aus den Sägespänen werden die Keimpflanzen sofort in reines Brunnenwasser gelegt und sorgfältig gewaschen, sie dürfen aber nicht zu lange mit dem Wasser in Be- rührung bleiben, weil sonst die Wurzelspitze leicht er- krankt; man kann beobachten, daß Wurzeln, deren Haube zu einer gummiähnlichen, gelatinösen Masse aufquillt, bald zu wachsen aufhören und erkranken.

Um die Wurzeln in feuchter Luft oder in Wasser wachsen zu lassen, werden große Präparatenzylinder mit eingeriebenem Deckel verwendet, deren Deckel- hohlraum mit Kork ausgekleidet ist; die Korkplatte ist während des Versuches stets feucht zu halten und kann, wenn sich Schimmel ansetzen sollte, durch Abflammen leicht gereinigt werden. An dieser Kork- scheibe werden nun die Keimpflanzen mit langen, reinen, nicht verrosteten Stecknadeln befestigt. Sollen die Wurzeln in Wasser wachsen, so werden zwei Drittel des Zylinderraumes mit Wasser angefüllt, während noch 1 Liter Luft frei bleibt (Fig. 139); die Samen gie. 139. Sachsscher müssen, wenn die Wurzeln gesund bleiben sollen, so Zylinder für Erzielung angesteckt werden, daß die Kotyledonen sich über Wasser. dem Wasser in der Luft befinden. Kommt es darauf an, die Wurzeln in feuchter Luft wachsen zu lassen, so wird nur der Boden des Zylinders mit Wasser bedeckt und die Wände mit feuchtem Filtrierpapier ausgekleidet. Innerhalb des Zylinders ist noch ein in Zehntel geteiltes Thermometer aufzuhängen. Das Wasser wird, um sich in seiner Temperatur mit der Umgebung auszugleichen, einen Tag vor dem Versuch in den Zylinder gebracht.

Um das Wachstum der Wurzeln aber auch in ihrem eigentlichen Element, der Erde, verfolgen zu können, dient der Sachssche Keim- kasten (Fig. 11 auf pag. 54), dessen Seitenwände aus Glas oder dünnen Glimmerplatten nicht senkrecht stehen, sondern unter einem Winkel von 10° gegen den Horizont geneigt sind. Das Gestell des Kastens, in den die durchsichtigen Platten eingelassen sind, besteht aus starkem Zinkblech, ebenso wie der Deckel, der die obere Öffnung mit übergreifenden Rändern schließt; der Boden des Kastens, seine metallenen Wände sowie der Deckel sind mit zahlreichen Luftlöchern versehen. Zur Beobachtung des Wachs-

410 XXI Wachstumsmessung.

tums der Nebenwurzeln braucht man natürlich Kästen mit viel breiteren und höheren Seitenwänden, während das Wachstum der Hauptwurzel allein schon in viel niedrigeren und schmäleren Keimkästen verfolgt werden kann. Jedenfalls wähle man aber relativ dünnes, durchsichtiges Material, wenn man Form und Partialzuwachs der Wurzel zu bestimmen wünscht, da man nur so den an der Außenwand angelegten Maßstab sicher ablesen kann. Die in die Kasten einzufüllende schwarze humose Gartenerde wird vor dem Gebrauche soweit angefeuchtet, daß sie sich zwischen den Händen zu einer feinkrümeligen Masse zerreiben läßt, dann gesiebt und eingefüllt. Ein Begießen in den näch- sten Tagen ist dann über- flüssig und könnte den Ver- such nur stören, die Erde ist nur einzurütteln, nicht festzudrücken und muß vor jedem Versuche neu ein- gefüllt, die Scheiben ge- waschen werden. In die nicht ganz gefüllten Kasten werden nun die keimenden Samen so gesteckt oder ge- legt, daß gleich anfangs die Hauptwurzel der durchsich- tigen Wand dicht anliegt; da sie immer senkrecht ab- wärts zu wachsen sucht, legt sie sich an die geneigte Wand immer fester an und bleibt sichtbar; daß sie an der Fensterseite von Erde ent- blößt ist, tut dem normalen Wachstum keinen Eintrag. Glaszylinder oder Erdkasten werden, um den Einfluß des Lichtes und des Temperatur- wechsels auszuschließen, in

| geräumige, gleichmäßig tem-

Fig. 140. Washstumsm ırken an Stengelorganen.

(0. kiechter.) perierte, innen geschwärzte Holzschränke gestellt.

Zur Markierung der Wurzeln wird chinesische Tusche oder, wie schon erwähnt, die Tinte der Patentstempelkissen verwendet, die den Vorteil bietet, auf der Wurzel nicht zu fließen. Man kann die Tusche auf einer Porzellanplatte mit Wasser anreiben und dann mittels eines steifen, sehr spitzen Pinsels in Form möglichst dünner, tiefschwarzer Querstriche auf der Wurzel auftragen. Vor dem Auftragen der Striche muß man die Wurzel abtrocknen, was am besten mit einem Stück dünner, weicher Leinwand geschieht, die man um die Wurzel herumlegt und mit leichtem Druck gegen die Spitze hingleiten läßt. Nachdem die Marken aufgetragen sind, läßt man die Keimpflanzen 1—2 Minuten in feuchter Luft liegen, um dem Tuschanstrich Zeit zum festen Adhärieren zu lassen, wenn die Wurzel in Wasser oder Erde weiterwachsen soll,

XXI. Wachstumsmessung. 411

welche die Marke dann nicht abzuwaschen oder abzuscheuern vermögen. Die Lage und Entfernung der Marken richtet sich nach der Absicht des Versuches. Um der Keimpflanze eine feste Lage zu geben und das Mar- kieren mit größerer Sicherheit vornehmen zu können, wird eine große, glatte Korkplatte von 2 cm Dicke benutzt, die am linken Rande mit einer runden Feile verschieden große Kerben erhält; von jeder derselben gehen auf der Oberfläche des Korkes einige mit dünner, runder Feile gemachte Rinnen nach verschiedenen Richtungen aus. Man probiert nun, in welche Kerbe der Samen sich mit einiger Reibung einschieben läßt, so daß er darin festhält, wobei die Wurzel gleichzeitig in die Rinne zu liegen kommt. Legt man nun neben die in der Rinne ruhende Wurzel eine Millimeterteilung, so kann man die Marken gleichsam als Verlänge- rung der Teilungsstriche des Maßstabes auftragen. Ebenso wird dann die beim Wachstum resultierende Verschiebung der Marken gemessen. Zur Messung der Krümmungsradien und Bogenlängen gekrümmter Wurzeln werden dünne Glimmerplatten benutzt, auf die mit der Zirkel- spitze ein System konzentrischer Kreisbogen eingeritzt ist. Die Qua- dranten werden durch fortgesetzte Halbierung in 8, 16, 32 Teile geteilt;

7 Tage

Fig. 141. Wachstumskurve nach Sachs.

man berechnet für jeden Radius die Länge eines solchen Bogenstückes und benutzt die so entworfene Tabelle zur Berechnung der Bogenlängen an den gekrümmten Wurzeln. Man legt an die Wand des Keimkastens die gradgeteilte Glimmerplatte und probiert, welcher der Kreise mit der Krümmung der Wurzel zusammenfällt. Durch bereitgehaltene gummierte Papierstreifen wird die geteilte Platte auf der Glimmerwand des Kastens befestigt und nun die Bestimmung vorgenommen.

Die Wachstumsmessungen sowohl oberirdischer (Fig. 140) als unter- irdischer Organe ergeben, daß ein wachsender Pflanzenteil mit kleinen Zuwächsen beginnt, dann immer schneller wächst, ein Maximum der Wachstumsgeschwindigkeit erreicht und von dort ab immer langsamer wächst, bis das Wachstum endlich zum Stillstand kommt (Fig. 141), eine Erscheinung, welche als die große Periode bezeichnet wird. An einem wachsenden Internodium zeigt jeder Abschnitt eine große Periode, die älteren Abschnitte haben bereits aufgehört zu wachsen oder befinden sich in der letzten Phase ihrer großen Periode, während die jüngeren erst zu wachsen beginnen: aus diesen großen Perioden der einzelnen Querabschnitte setzt sich die große Periode des ganzen Internodiums zusammen. Der Einfluß von Licht und Temperatur macht sich darin geltend, daß ein im Lichte gewachsenes Internodium sein Maximum früher erreicht

412 XXI. Wachstumsmessung.

als das etiolierte, daß die Ausgiebigkeit des Wachstums in allen Phasen seiner Periode geringer ist, und daß das Wachstum früher aufhört. Von Temperaturschwankungen zeigt sich das Wachstum insofern abhängig, als das grüne Internodium sein Maximum lange vor, das etiolierte lange nach dem während dieser Zeit eingetretenen Temperaturmaximum erreicht. Im allgemeinen folgt die Zuwachskurve der Temperaturkurve; zur Zeit der stärkeren Wachstumsfähigkeit, in der Mitte der großen Periode, verändern Temperaturschwankungen von einem bis zu einigen Graden in der Stunde das Wachstum mächtig, indem einem Steigen der Tem- peratur ein Steigen, dem Fallen der Temperatur ein Fallen des Zuwachses entspricht. Vom Abend bis zum Morgen steigen im allgemeinen die Wachstumskurven, auch wenn die Temperatur in der Nacht um einen oder mehrere Grade fällt; sie fällt dagegen nach Sonnenaufgang plötzlich und rasch, selbst wenn die Temperatur steigt; vom Morgen bis Abend herrscht also im allgemeinen eine Verminderung, während der Nacht eine Steigerung des Zuwachses. Wenn zu Mittag oder Nachmittag eine kleine Steigerung der Wachstumsgeschwindigkeit eintritt, die übrigens den Eintritt des abendlichen Minimums nicht hindert, so handelt es sich hier nur um die Wirkung der höheren Tagestemperatur, während die nächtliche Steigerung und das Sinken am Morgen durch innere Ursachen bewirkt wird. Das Licht bewirkt auf alle Fälle eine Retardation, die Dunkelheit eine Beschleunigung des Wachstums bei diesen Pflanzen. Es seien ferner einige von Sachs ermittelte Zahlen notiert: Phaseolus multiflorus, etiolierte Pflanze, große Periode der einzelnen Teile des epikotylen Internodiums; dasselbe wurde in zwölf Stücke zu 3—5 mm eingeteilt, die von unten nach oben mit a bis m be- zeichnet sind, die Messung fand in 24 stündigen Intervallen statt, die Temperatur war 10—11° C:

Be- Zuwachs bis zeielmung. | 51. | 22. | 28. | 4 | 5 | » |. | Serge der Stücke | April | April | April | April | April | April ı April April | April | April 1 1

mm | mm mm mm mm | mm | mm mm | mm | mm

oben m | 12 | 15.125 | 55.1 20. 9,0440 10,0 em | 2,0 l 1,5 1,5 6,0 9,0 9,5 9,5 3,5 1,0 =

k 2,1 3,0 6,5 6,0 20. |

i 3,9 2,5 3,0 1,0

h 3,3 1,0 0,5 en en: BEE. BE. BEE Ve ee Te I | re Be

© 0,6 0,3 En == |

d 0,6 _ n— | |

c 0,3 |

b 0,3 = OB

unten & 0,3 - —— | Ze

Bei der Wurzel wird der erste Teilstrich (Marke 0) so gesetzt, daß ein Querschnitt an dieser Stelle den Vegetationspunkt der Wurzel- spitze treffen würde; das ist nur annähernd möglich, da man den Vege- tationspunkt nur undeutlich durchschimmern sieht, aber man ver- meidet dadurch den Fehler, die vor dem Vegetationspunkt liegende, bis ®/,, Millimeter umfassende Länge der Wurzelhaube, die gar nicht in Betracht kommt, in die Messung mit aufzunehmen, wodurch die

XXI. Wachstumsmessung. 413 erste wachsende Zone zum Teil der Haube und nur zum Teil dem Wurzelkörper angehört, so daß sie mit den anderen nicht zu vergleichen ist. Man bringt nun, vom Vegetationspunkt angefangen, in gleichen Abständen einige Marken an und mißt deren Entfernung nach einiger Zeit: man findet dann eine letzte Querzone, die sich noch verlängert hat, während alle hinter dieser liegenden gleich geblieben sind oder sich verkürzt haben. Eine in Wasser senkrecht wachsende Wurzel von Vicia Faba war vom Vegetationspunkt aus in zehn Querzonen von je 1 mm Länge geteilt worden; die Zonen sind von der Spitze aufwärts mit I bis X bezeichnet; die Verlängerung ist nach 15 stündigem Wachs- tum bei 20—20,7 ° C bestimmt.

Zone Verlängerung Zone Verlängerung er |

X 0,0 mm V | 2,0 mm Be 2 IV | 2,8..,, VIII 3 5 IT 0, N 0,6, , ul | Las VI 1,4 ji 0,8 ee)

| Gesamtzuwachs 11,0 mm

Die letzte gewachsene Querscheibe von 1 mm anfänglicher Länge ist also die neunte und die Länge der gesamten wachsenden Region umfaßt neun Querscheiben von je 1 mm Länge. Die Länge der wachsen- den Region zeigt bei verschiedenen Individuen derselben Art selbst bei gleichen äußeren Bedingungen wesentliche Unterschiede, wie aus dem folgenden Beispiel von fünf Pisum sativum-Pflanzen A, B, C, D, E ersichtlich, deren Zuwachs in demselben Zylinder bei einer Temperatur von 18,7—20,5 C nach 17 Stunden bei anfänglicher Wurzellänge von 15 mm verzeichnet ist?):

Zuwachs in Millimetern

Querscheiben |

A B | C D E X 0,0 0,0 0,00 0,0 DE 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 NIIT 0,0 0,0 0,0 | 0,0 0,0 vi 0,5 0,0 0,0 | 0,0 0,0 vI 0,8 0,5 0,5 0,0 0,0 V 1,3 0,5 1,5 0,2 0,0 IV 2,5 1,5 2,0 0,3 0,8 ET 7,0 4,0 6,2 1,0 3,9 II 4,0 6,5 5,5 6,5 5,7 I 0,6 1,0 0,5 3,0 1,0

Die Länge der wachsenden Region ist danach bei A 6,5 mm,

bei B = 5,5 mm, bei C = 5,5 mm, bei D = 4,5 mm, bei E = 3,5 mm. In feuchter Luft ist die Länge der wachsenden Region meist kleiner als in Wasser und in lockerer Erde, bei Phaseolus multiflorus in Luft zirka 5,5 mm, in Wasser zirka 8,5 mm. Wurde an der Hauptwurzel von Vicia Faba eine Zone dicht hinter dem Vegetationspunkt durch zwei

1873, p. 416.

414 XXI. Wachstumsmessung.

daß diese an aufeinanderfolgenden Tagen um nachstehende Werte an Länge zugenommen hatte: 1,3, 5,7, 12,5, 10,5, 9,0 0,0. Die Größe des Zuwachses nimmt also anfangs langsam, dann schnell zu und hält sich eine gewisse Zeit auf der maximalen Höhe, um dann wieder zu fallen und endlich zu Null abzusinken. Es ist also auch bei der Wurzel ebenso wie bei den oberirdischen Pflanzenteilen die große Wachstumsperiode erkennbar.

Jost (Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Auflage, Jena 1908, S. 336) gibt folgende Tabelle über den Längenzuwachs der einzelnen Zonen bei der Wurzel von Vicia Faba, aus der man deutlich ersieht, wie eine bestimmte Zone (hier die dritte) schließlich die größte Länge er- reicht und die Zone größter Länge sich dabei immer mehr gegen die Spitze verschiebt. Die Zonen von je 1 mm haben nachstehende Längen- werte erreicht:

een 3 Fe a 15° Om 21

| | x 0 1,2 ausgewachsen IX 1,0 1,5 ausgewachsen VIII 1,0 1,3 ausgewachsen VII 1,0 1,3 2,0 ausgewachsen VI 1,0 1,6 2,8 ausgewachsen V 1,0 152 2,8: | 42 | 4,6 ausgewachsen IV 1,0 151 TA Sao 5,0 | 6,4 ausgewachsen III 1.0 10 | 12 | L4.| Da a 8,6 II 1,0 1,0 1.072217 .90 1,2 1,207 157 3,0 I 1,0 1,0 DEE 150 | 1,0 1,0: 20

Das Maximum des Zuwachses liegt hier nach drei Stunden in der 7. und 8. Zone, nach 8 Stunden in 6 und 5, es rückt dann immer mehr vor, bis es in der 18. und 21. Stunde in Zone 3 liegt, von wo es schließlich nach Zone 1 rücken muß.

Bei Vicia Faba-Wurzeln fand Sachs folgenden Zuwachs:

Zuwachs in Millimetern nach Stunden

Zone e an" v Berne... 7 6 | 17 | 24 22x24 Re

I N TE ee: 1,8 50 | 280 II 0,3 vr 4,5 15,0 17,0 III 0,5 5,5 5,6 6,6 6,6 IV 0,8 3,2 3,0 3,0 3,0 V 0,8 1,9 1,5 1,5 1,5 VI 0,5 0,8 u) 0, 0,5 0,5 VII 0,3 0,4 | 0,4 0,4 0,4 VIII 0,2 0,4 0,0 0,0 0,0 IX 0,2 0,1 0,0 0,0 0,0 2.4 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0

w w

Um von der Dauer des Wachsens der einzelnen Zonen unabhängig zu sein und die Geschwindigkeit selbst vergleichen zu können, ist es nötig, möglichst kurze Zeit nach der Markierung bis zur ersten Messung verstreichen zu lassen. Wortmann, welcher die Sachsschen Versuche wiederholte, bestätigte das Ergebnis, daß das Wachstums- maximum mit jedem Tage höher hinaufrückt, um mit der Streckung des Keimlings ganz zu verschwinden. Er markierte in Abständen von 0,5 em und erhielt (bei 22° C im Glashause) folgende Werte:

XXI. Wachstumsmessung. 415

Tag Abstände der einzelnen Marken

| | | 23.7. 0,5 0,5 0a,,.05 | 0:5, 10.,.0:8. eo 0,5 36.7. 0,5 0,6 0,6 08 ? Lore 08 0,5 27.7. 0,5 0,6 0,6 0,8: | 1,2 Ve en Ber 28. 7. 0,5 0,6 0,6 0,8. ||» 1,29. 391,9: na Se 89,7. 0,5 0,6 0,6 0,8 12 19 | 2,6 | 23,5 20. 7. 0,5 0,6 0,6 0,8 1,2; Be iR 3,5 7. 0,5 0,6 0,6 0,8 1,2 1,9 2,6 3,8 28, 0,5 0,6 0,6 0,8 1,2 1,9 2,6 3

In allen diesen Versuchen wurde ein Wachstumsmaximum ge- funden, während Wiesner in seinen Versuchen, solange der Keim- ling nutierte, deren zwei feststellte; das zweite Maximum verschwand mit der Lösung der Nutation. Nach Hoke!) sind zwei Maxima aber nur in Laboratoriumsluft zu bemerken, in reiner Luft dagegen nur eines; auch die Hypokotyle von Lupinus albus, Helianthus annuus zeigen dasselbe Verhalten wie das Epikotyl von Phaseolus multiflorus, dagegen findet sich bei Phaseolus vulgaris infolge der starken Nutation ein zweites Maximum auch in reiner Luft.

Daß zum Wachstum freier Sauerstoff notwendig ist, erkennt man an der Tatsache, daß dieses im sauerstoffreien Raume unterbleibt. Auch wenn die Kotyledonen ganz in Wasser versenkt sind, so daß der Luftzutritt gehemmt ist, findet man das Wachstum stark zurück- gehalten. Den großen Einfluß verschiedener Temperaturen kann man wahrnehmen, wenn man Erbsensamen mit eben austretenden Würzelchen in vier Töpfe versetzt, die bei konstanten Temperaturen, bei 39—40 °C, bei 35 0 C, bei 23 0 C und bei 10—12 ° © gehalten werden. Das durch- schnittliche Wachstum der Wurzeln bei 10 °, 23 ®, 35 ° C zeigt aufsteigende Folge, während das Wachstum bei 39 ° C geringer ist als das bei 35 ° C. Darwin gibt folgende Mittelzahlen aus Messungen nach 49 Stunden:

ber 10% -C7 5 mm es27T 7, 10885 al 2a 2 30.3,0, De

Auch durch Narkotika wird das Wachstum zurückgehalten. Die Notwendigkeit des Wassers für das Wachstum kann durch folgenden Versuch demonstriert werden: Erbsen, deren Wurzel die Länge von etwa 3 cm erreicht hat, werden in der geschilderten Weise in folgende Flüssigkeiten eingehängt: die einen in gewöhnliches Leitungswasser, die zweiten in 1 prozentige Kalinitratlösung, die dritten in 3 prozentige und die vierten in 5 prozentige Salpeterlösung. Während die Wurzeln in den beiden ersten Gläsern normal wachsen, ersehen wir aus den an- gebrachten Marken im dritten Glase eine sehr mäßige Verlängerung, im vierten sogar eine Verkürzung der Wurzeln. Der Einfluß farbigen Lichtes zeigt sich, wenn wir Keimlinge unter verschiedenfarbigen Glocken ziehen: wir beobachten, daß im roten Licht die Erscheinungen des Etiolements stattfinden, daß also trotz der gerade hier am stärksten vor sich gehenden Assimilation die Wachstumserscheinungen dieselben sind wie im Dunkeln, hier sind diestärker brechbaren Anteile des Spek-

1) F.Hoke, Wachstumsmaxima von Keimlingsstengeln in Laboratoriums- luft. Sitz.-Ber. d. k. Akad. d. Wiss., Wien 121 (1912).

416 XXI. Wachstumsmessung.

trums diejenigen, denen die größte Bedeutung zukommt, während für die chemische Arbeit der Kohlensäureassimilation die schwächer brech- baren Anteile die Hauptrolle spielen.

Wenn wir an den Epikotylen von im Dunkeln erwachsenen Phaseolus- pflanzen Marken anbringen und deren Entfernung nach je 24 Stunden messen, finden wir, wie schon erwähnt, daß diese nur im oberen, nicht aber im unteren Teile des Stengelgliedes größer geworden sind, hier ist also die Vegetationszone terminal; die Wachstumsregion ist recht ausgedehnt und kann über 30 mm betragen, während ja die Wachstums- zone der Wurzel nur wenige Millimeter beträgt. Wenn wir aus einem Halm von Secale oder einer anderen Graminee ein Internodium heraus- schneiden und in eine obere und untere Hälfte teilen, beide mit ihrer Basis in Wasser tauchen und unter günstige Wachstumsbedingungen bringen, so finden wir nur die untere, nicht die obere Hälfte durch Wachstum verlängert, da hier das an der Basis der einzelnen Internodien von der Blattscheide umschlossene Gewebe der Achse längere Zeit embryonalen Charakter behält, während die höheren Teile bereits aus- gewachsen sind: es ist also hier eine basale, interkalare Vegetations- zone vorhanden. Bringt man bei Weizenkeimlingen, die bereits das erste Laubblatt entwickelt haben, das auf das Scheidenblatt folgt, nahe der Spitze des Laubblattes zwei Marken in einer Entfernung von 3 mm an, ebenso ferner beim Scheidenblatt nahe der Spitze und zirka 15 mm höher auch beim Laubblatt, so findet man nach 24 Stunden diese Marken infolge des basalen Wachstums des Blattes stark auseinandergezogen, während an der Spitze des Laubblattes die Marken in gleicher Ent- fernung geblieben sind und sich nicht verschoben haben.

Ein Auxanometer, welches besonders geeignet ist, Diekenwachstum zu messen, aber auch zur Messung des Längenwachstums brauchbar ist, hat D. Frost!) konstruiert. Es leistet wegen seiner besonderen Leichtigkeit und Genauigkeit besonders gute Dienste bei der Wachstums- messung kleiner, zarter Pflanzen und kann auch, da es aus Aluminium gebaut ist, unter den normalen Feuchtigkeitsverhältnissen der Pflanze ohne Schaden eingestellt werden; die Pflanze mit dem Auxanometer kann, da die Übertragung elektrisch erfolgt, beliebig weit vom Registrier- apparat aufgestellt sein. Das Auxanometer besteht aus einem Zahnrad auf einer Stahlachse, welche auch eine Serie kleiner, gekerbter Räder von 1, 31, und 6 mm Durchmesser sowie ein etwas größeres Rad trägt, auf welchem ein Draht mit Gegengewicht aufgezogen ist. Der Durch- messer des größeren Rades beträgt zirka 5 cm und sein Umfang enthält 144 Kerben. Ein Sperrhaken, der in die Kerben eingepaßt ist, befindet sich auf einer der anderen ähnlichen Achse und trägt einen langen hori- zontalen Arm, welcher ein Platinende besitzt. Wenn sich das große Rad umdreht, greift der Haken in die Kerben ein, und die Platinspitze berührt beim Niederfallen einen Quecksilbertropfen, der in einem kleinen Napf am Arm des Balkens liegt. Dieser Arm ist vom übrigen Apparat isoliert und durch einen dünnen Draht mit dem einen Pol einer elek- trischen Batterie verbunden, während der andere Teil des Instrumentes mit dem anderen Pol derselben in Verbindung steht. Eine Schraube unterhalb des Quecksilbernapfes ermöglicht die Regulierung der Höhe

1) W,D. Frost, On a new electrical auxanometer and continous recorder. Minnesota botan. studies 9, 181 (1894).

XXI. Wachstumsmessung. 417

des Quecksilbers und damit des Zeitintervalls, innerhalb dessen der elektrische Strom geschlossen oder geöffnet wird. Der Rahmen des Apparates ist aus Aluminium hergestellt und wiegt im ganzen 15 g. Er kann an dem Arm eines Stativs befestigt werden und so zur Messung des Höhenwachstums dienen, während er für Messung des Dicken- wachstums vom Stativ aus an das zu messende Objekt angelegt wird, eventuell dort mit einer Klammer befestigt. Wenn der Apparat an Ort und Stelle ist, wird ein Seidenfaden von der Spitze des Apparates im entgegengesetzten Sinne des Uhrzeigers um den ganzen Umfang des Pflanzenteils (z. B. des Stengels) herumgelegt, von wo er durch ein Loch in der Achse des Auxanometers zieht, um dort sorgfältig befestigt zu werden, wobei das Gegengewicht am Rade hinreichen muß, um ihn gestreckt zu erhalten. Wenn die Pflanze in die Dicke wächst, wird der Faden von der Rolle abgewunden, auf welcher er aufgerollt ist; und indem diese sich dreht und die Zähne des großen Rades die Sperrstange passieren, wird der elektrische Strom abwechselnd geöffnet und ge- schlossen. Zur Messung des Längenwachstums ist das Instrument ober- halb der Pflanze befestigt, und der Faden geht vom wachsenden Teil zu den kleinen Rädern. Steht das kleinste derselben in Verwendung, so werden bei einem Zuwachs um 1 mm 46 Aufzeichnungen gemacht, d. h. !/,, mm Zuwachs bewirkt eine Schließung des Stromes, während das größte Rad das Wachstum von je !/, mm registriert.

Die automatische Registriervorrichtung besteht im wesentlichen aus zwei Walzen, von denen eine mit einem Uhrwerk versehen ist, durch dessen Bewegung ein Papierstreifen auf die andere Walze aufgewunden wird, und ein Elektromagnet, an dessen Anker ein Schreibstift angebracht ist, preßt denselben gegen das Papier. Während der Strom geöffnet ist, wird eine kontinuierliche Linie nahe dem Rand des Papierstreifens gezogen. Wenn der Strom geschlossen ist, wird der Schreibstift nach der anderen Seite des Papiers gezogen und die Länge des hier ver- zeichneten Strichs gibt die Zeitspanne an, während welcher der Strom geschlossen ist. Das Zahnrad des Uhrwerkes, welches acht Tage ohne Aufziehen funktioniert, dreht die Rolle in zwölf Stunden einmal um sich selbst. An der Oberfläche der Walze ist ein Zifferblatt mit in umgekehrter Reihenfolge stehenden Ziffern angebracht, am Stativ befindet sich ein Zeiger, so daß die vom Uhrwerk durchlaufene Zeit sofort abgelesen werden kann. Die andere Walze ist mit Ausnahme des Zifferblattes der ersten völlig gleich. Das Registrierpapier ist mit einem zweckmäßigen Liniensystem versehen, welches den Streifen in Stundenräume einteilt, die fortlaufend bezeichnet sind; die Zeit des Registrierens muß durch weitere Unterteilung von Minute zu Minute direkt vom Papier abgelesen werden können.

Der Zeitmarkierer besteht aus einem Stahlstift, der groß genug ist, um für zwei Wochen hinreichend Registriertinte zu halten; er ist mit einer Spiralfeder an dem Anker eines Elektromagneten befestigt, der an einem Scharnier nahe der Basis angebracht ist. Wenn der Anker infolge der Anziehung durch den Magneten sich bewegt, wird die Feder ein kleines horizontales Stück weit gezogen; die Feder drückt sich gegen das Papier auf der Rolle und kann durch eine Vorrichtung mit jedem beliebigen Druck am Papiere gehalten oder von diesem entfernt werden, wenn das Papier entfernt oder gewechselt werden soll.

Wenn der Strom geöffnet ist, wird der Anker durch die Uhrfeder

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 27

418 XXII Messung der Gas- und Wasserbewegung.

zurückgehalten, die Länge der Stahlfeder ist so bemessen, daß die Feder dann nahe der rechten Seite des Streifens eine gerade Linie zieht. Wenn der Strom geschlossen ist, wird der Anker angezogen und die Feder auf die andere Seite des Papierstreifens geschoben und verzeichnet dort im rechten Winkel eine kurze Längslinie auf dem Papier. Wenn der Strom einen Moment geöffnet ist, wird die Zeit der Registratur bloß durch eine einzige Kreuzmarke angezeigt, dagegen durch eine Linie linksseits des Papiers, wenn der Strom eine Zeitlang geschlossen bleibt. In diesem Falle wird die Länge der Zeit zwischen zwei aufeinander- folgenden Schließungen des Stromes durch den Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Vorwärtsbewegungen der Feder angezeigt oder, was dasselbe ist, durch die Länge der gezogenen Linie, während der Strom geschlossen ist, zuzüglich der Länge der Linie, welche verzeichnet wird, während der Strom geöffnet ist, wenn also eine Kerbe den Sperr- haken passiert. Das Auxanometer ist mit dem Registrierapparat ver- bunden und beide können ebensogut nebeneinander wie weit entfernt voneinander aufgestellt werden. Dieser kontinuierliche Registrierapparat kann natürlich nicht nur in Verbindung mit einem Auxanometer, sondern überall dort angeschaltet werden, wo das Resultat einer längeren Versuchs- reihe fortlaufend automatisch verzeichnet werden soll.

XXI. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

Zur Bestimmung der Transpiration!), d. h. zur Feststellung der Abgabe von Wasserdampf durch unverletzte Pflanzenteile sind mehrere qualitative und quantitative Methoden in Gebrauch. Die quantitative Messung wird am besten durch die direkte Wägung und Bestimmung des Gewichtsverlustes seitens der Pflanze innerhalb der Versuchsdauer ausgeführt.

Qualitative Methoden.

Der Beobachtung am besten zugänglich sind die Farbenänderungen hygroskopischer Salze bei Aufnahme von Wasser; wegen ihrer Einfachheit hat die größte Beliebtheit die Stahlsche?) Kobaltpapiermethode ge- funden. Streifen gewöhnlichen Filtrierpapiers werden durch Eintauchen in eine 3—5 prozentige Lösung von CoCl, getränkt und nach Ausbreiten an der Luft im Exsikkator bis zur völligen Wasserabgabe getrocknet. Legt man einen solchen, nunmehr tiefblauen Streifen auf die zu prüfende Blattfläche, so färbt sich der Streifen je nach der Menge des abgegebenen Wasserdampfes früher oder später rot, so auf der spaltöffnungsreichen Unterseite oft schon nach wenigen Stunden, auf der Oberseite langsamer. Durch sofortiges Bedecken des Streifens mit einer Glas- oder Glimmer- platte, die mit Klammern am Blatte befestigt wird, verhindert man möglichst den Zutritt der Luftfeuchtigkeit zum eingeklemmten Kobalt- streifen. Da das Kobaltpapier immerhin nicht sehr empfindlich ist,

1) Die gründlichste, umfassende Studie über Transpiration der Pflanzen be- sitzen wir in der ausgezeichneten Monographie von A. Burgerstein, „Die Transpiration der Pflanzen‘, Jena 1904. Hier ist auch das Methodische ent- sprechend gewürdigt und einige der vorliegenden Abbildungen sind dem genannten Werke (stets im Vergleiche mit dem Original) entnommen.

») Botan. Ztg. 52, 117 (1894).

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 419

wäre vielleicht die Verwendung von Jodblei-Lösung zur Imprägnierung von Papierstreifen vorzuschlagen; man erhält dieses Salz durch Fällen einer löslichen Bleiverbindung mit Jodkali. Mit einem Überschuß von Jodkali vereinigt es sich zu einem in farblosen Nadeln kristallisierenden Doppelsalz, welches aus seiner Lösung durch Äther fällbar ist. Das Doppelsalz wird in seinem vierfachen Gewichte Azeton aufgelöst und mit dieser Lösung wird Filtrierpapier getränkt, das man im Exsikkator über Chlorkalzium trocknen läßt; Spuren von Feuchtigkeit färben solches Papier gelb, da das Doppelsalz durch Wasser zerlegt wird. Durch Be- feuchten mit Azeton läßt sich dieses Reagenzpapier regenerieren, was der langdauernden Trocknungsmethode des Stahlschen Papieres gegenüber ebenfalls einen Vorteil bietet. Versuche, mit diesem Papier die Transpiration von Pflanzen schnell und bequem nachzuweisen. haben zu befriedigenden Resultaten geführt.

Bei Stahls Kobaltprobe wie auch bei manchen anderen pflanzen- physiologischen Experimenten, ist es wünschenswert, das Reagenzpapier auf zwei einander vollkommen entsprechenden Flächen der beiden Blattseiten aufzulegen; man verwendet dazu mit Spangen verschlossene Uhrgläser und dergleichen; besondere Ge- nauigkeit, Raschheit und Be- quemlichkeit des Arbeitens gewährt folgendes kleine, von Ganong!) angegebene Instrument: Zwei gleich- artige Messingringe, jeder von 3 cm Durchmesser und 5 mm Dicke, sind an den Enden paralleler, biegsam- elastischer Stäbe so befestigt, daß diese die Ringe fest und Fig. 142. genau Rand an Rand halten, wobei aber ihre Trennung durch eine Klemmschraube bis zu jedem gewünschten Maße möglich ist. Für jeden Ring sind zwei Zusatzringe vorgesehen. Einer von ihnen ist rechtwinklig geteilt und hält ein entfernbares Deckglas, so daß es, wenn es über den exponierten Rand des Messingringes geschoben wird, den letzteren in eine glasgedeckte Kammer verwandelt. Wenn die mit CoCl, getränkten Filtrierpapier- streifen (zweckmäßig ein wenig breiter geschnitten als die Messingringe, haften sie in der Mitte zwischen ihnen und lassen sich gut ausspannen) in die Ringe gelegt und diese dann aufs Blatt gelegt werden, kann man die Farbenänderungen durch Transpiration mit größter Genauigkeit be- obachten. Die Enge der Kammern gestattet, daß die Papiere, vom Blatt entfernt, ihren jeweiligen Zustand lange Zeit beibehalten, so daß man in aller Ruhe arbeiten kann. Der zweite Zusatzring ist geteilt und ist dazu bestimmt, Zinnfolie oder irgendeinen anderen Stoff eng an den Kammerring zu halten. Wenn also vorspringende Blattadern eine hin- länglich enge Berührung von Kammer und Blattfläche verhindern, die für manche Zwecke nötig ist, kann durch den geteilten Ring ein dünnes

Ganongs Glaskammer.

l) Ganong, Botan. Gaz. 39, 145 (1905). 27*

420 XXII Messung der Gas- und Wasserbewegung.

Kautschukband gegen das Blatt gepreßt werden, so daß es die Räume zwischen den Adern ausfüllt.

F. Darwins Horn-Hygroskopmethode!): c (Fig. 143) ist ein Kork- stück (5 x 4 x 4 mm), auf dessen Unterseite ein Streifen von einem Rasiermessergriff aus gepreßtem Horn (zirka 8 mm lang und 3 mm dick) angekittet ist, {. Dieser stellt einen hygroskopischen Streifen vor, der an seinem freien Ende eine Borste b trägt, die auf einer Einteilung spielt. Das aus dem Rasiermesser quer durch den Strich geschnittene Horn- material wird vorher zwischen Glasplatten über einer Gasflamme erhitzt. Ein Quadrant @ aus Pappendeckel ist an der Unterseite der Kork- scheibe befestigt und trägt längs der Krümmung die Skala. Wenn das Hygroskop sich auf einer trockenen Fläche befindet, so bleibt der Zeiger in Ruhe auf 0 stehen, auf einer transpirierenden Fläche dagegen, z.B. auf der spaltöffnungsführenden Seite eines Blattes, krümmt sich der Zeiger sofort von der Feuchtigkeits- quelle weg und streift dabei über die Skala. Der

Tuak : Vorteil des einfachen Instrumentes liegt darin, daß es A ra in wenigen Sekunden ein Bild über die Transpiration

gibt; es wird auch bei der später zu besprechenden Be- urteilung des Offenseins oder Geschlossenseins der Spaltöffnungen an- gewendet. Nach dem Grade der Abweichung ist auch ein Schluß auf die Größe der Transpiration möglich. Darwin hat eine Reihe von Transpirationsbestimmungen bei Ficus elastica gemacht, in welchen der Gewichtsverlust des transpirierenden Blattes in Milligramm mit den Hygroskopablesungen verglichen wurden:

27. August 1897 £ j ö A IM _ Januar 1898. Ei Verlust | Mittelwert || Verlust per Zeit per Ihund des Zeit 100 ebem in Hygroskop 100 gem Hygroskops || der Stunde mar 310 0 | 10%a.m 11751155 a,m, { a . ee } 216 15 96 _ 19:6 169 15 11192a%m: 116 10 12° - 12° p.m. { 96 12 U Tann: 61 5 9°__99 12 3 12% p, m 47 4 u { 60 2 | 920 » m 2 2 3°”—4® p. m. { 24 -— EM 2 %

Das Hygroskop muß sehr sorgfältig gearbeitet sein, das Horn sorg- fältig präpariert. Ein möglichst dünnes Rasiermesser von gepreßtem und erhitztem Horn, das auf einer Drehbank quer durchschnitten wurde, ist notwendig. Die besten Schnittstücke werden ausgesucht, mit destil- liertem Wasser befeuchtet und zwischen zwei Glasplatten ausgebreitet, die aneinandergepreßt werden. Das Horn wird so flach ausgespannt, während es sorgfältig über einer Gasflamme erhitzt wird. Die Scientific Instrument Cie., Cambridge, hat in der Regel ein Lager von brauch- barem Horn; sollte aber solches nicht erhältlich sein, so kann auch das Material (Zelluloid), aus dem hygroskopisches Spielzeug, wie

!) Philos. Transact. B., 190, 533 (1898).

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 421

Fische usw., gemacht wird, verwendet werden, das aber freilich nicht annähernd so haltbar ist wie Horn. Bei Ausführung der Messung ist es ratsam, das Instrument nur wenige Sekunden auf dem Blatte zu belassen, weil sonst das Horn sich dauernd krümmt. Beim Ablesen ist es am besten, die Stellung des Zeigers nach einer bestimmten Frist, z. B. 10 Sekunden, abzulesen oder auch abzuwarten, bis der Zeiger zur relativ längsten Ruhe gelangt ist. Für die Beobachtung ist es zweck- mäßig, das Blatt mit den Spaltöffnungen nach aufwärts auf einer hori- zontalen Unterlage durch kleine Metallgewichte zu befestigen. Sobald die Ablesung gemacht worden ist, muß das Hygroskop beiseite gestellt werden, bevor die nächste Beobachtung stattfinden kann. Der Zeiger krümmt sich oft mit der Zeit leicht, so daß der Nullpunkt oder die Differenzstrecke sich verschiebt. Es ist daher notwendig, jedesmal den Nullpunkt zu notieren und ihn von der Ablesung zu subtrahieren; so daß z. B. wenn die Ruhestellung des Zeigers auf 5 weist und die Ab- lesung bei der Bestimmung auf 30, der Versuchswert 25 beträgt. Die Hornunterlage des Instrumentes wirft sich bisweilen, die Blattfläche pflegt nicht eben zu sein, so daß der Zeiger oft eine plötzliche Bewegung ausführt, wenn das Instrument aufgesetzt wird. So ein Ruck ist aber leicht von der normalen Zeigerbewegung zu unterscheiden, denn wenn das Instrument abgehoben wird, kehrt der Zeiger nach einer regelrechten Aufriehtungallmählich zur Ruhelage zurück, dagegenplötzlich nach einem unregelmäßigen Ruck. DBisweilen ist es notwendig, das Hygroskop ganz leicht über die Oberfläche emporzuheben und einen dünnen Papierstreifen unter den Kork zu legen oder ein stärkeres Objekt unter das Eck des Papierquadranten; auf diese Weise steht die Fehler- quelle des Ruckes unter Kontrolle, wenn auch auf Kosten der äußersten Grenze der Empfindlichkeit. Die bedeutendste Fehlerquelle der Methode besteht aber darin, daß der Zeiger immerwährend zu Abbiegungen ge- neigt ist, wogegen nur ein angemessener Vorrat neuer Instrumente hilft. Wenn das Hygroskop auf eine warme, aber trockene Fläche gestellt wird, erhebt sich der Zeiger ebenso als wäre die Oberfläche feucht; die Temperaturänderungen werden auch von anderen hygroskopischen Sub- stanzen registriert. Jedoch ist diese Fehlerquelle praktisch nur für große Temperaturintervalle vorhanden und auch hier nicht unüberwind- lieh. Darwin führt folgenden Versuch aus: Um zu zeigen, daß die Spaltöffnungen sich schließen, wenn das Blatt abstirbt, wurde das Blatt zur Hälfte durch Darüberhalten über eine Gasflamme zum Einschrumpfen gebracht; die sofort vorgenommene Ablesung am Hornhygroskop zeigt, daß die Spaltöffnungen in der abgetöteten Hälfte scheinbar offen stehen, der Irrtum rührt daher, daß die Fläche noch warm ist; aber nach zwei Minuten, wenn das Blatt die Zimmertemperatur angenommen hat, zeigt sich diese Wärmewirkung nicht mehr: die Ablesung auf der toten Hälfte ist nunmehr Null, auf der lebenden so wie es der Öffnung der Stomata entspricht. Natürlich wird das Instrument auch durch die Luftfeuchtigkeit beeinflußt, aber diese Fehlerquelle fällt kaum ins Ge- wicht, außer bei annähernder Feuchtigkeitssättigung der Luft, und kommt um so weniger in Betracht, als ja meist nicht absolute, sondern Vergleichsbestimmungen gemacht werden. Ferner sollen die Be- stimmungen bei möglichst ruhiger Luft, jedenfalls nicht bei starker Windbewegung gemacht werden, weil dadurch (durch das Herbeiführen immer neuer Luft) die Transpirationsgröße schnell wechselt. Das Hygro-

422 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

skop zeigt eigentlich bloß den Ort der Transpiration an, es ist aber des- halb so wertvoll, weil es, indem es die Länge des Weges der auf dem Horn aufgeklebten Haarspitze zahlenmäßig zu bestimmen erlaubt, auch approximativ verschiedene ÖOffnungsweiten der Stomata ergibt (Mo- lisch); es bildet ferner einen Übergang zu den quantitativen Methoden, indem es, wenigstens bei vergleichenden Messungen, über die relative Weite der Spaltöffnungen etwas auszusagen erlaubt.

F. Darwins Yucca-Hygroskop (Fig.144): Wenn Stahls feuchtigkeits- empfindliches Papier unter eine Glasplatte gelegt wird, die auf der Oberfläche des Blattes befestigt ist, kann die Kobaltmethode sehr kleine Transpirationsgrößen anzeigen. Das Hornhygroskop dagegen kann als Indikator für de angesammelten Produkte der Transpiration nicht verwendet werden. Wollte man das Instrument unter jener auf der Blattoberfläche befestigten Glasdecke belassen, so würden die Ab- lesungswerte ab- statt zunehmen. Eine Zunahme von Wasserdampf zeigt dagegen das Yucca-Hygroskop an. Das Material besteht aus der getrockneten Epidermis von Yucca aloifolia; in trockener Luft ist es auf der einen Seite so konkav, daß es aussieht wie eine Papierrolle; in feuchter Luft rollt es sich sogleich auf, wird flach und rollt sich dann nach der entgegengesetzten Seite ein. c ist eine kleine Glaskammer (10x 5mm), wie sie für Pilzkulturen verwendet wird, auf einer Seite mit einem Deckstreifen geschlossen (in Fig. 145 ist die Decke s links, die offene Seite, die auf das Blatt zu liegen kommt, rechts). An der verti- kalen Wand der Röhre ist ein Stückchen Kork befestigt, welches einen Streifen

Fie. 14. Darwins Fir. 14 Dasein, Ger Yuccaepidermis trägt EEigzusE en im Quersehnitt. zeigt das Yuccahygroskop in der Auf- sicht mit eingerollter Membran, also in

der Trockenstellung. Eine an der Glasbedeckung des Zylinders angeklebte Papierskala gestattet eine Messung der Formveränderung der Yucca- membran a (resp. yin Fig. 145), welche am Korkstück k befestigt ist. Auf ein selbst nur sehr wenig transpirierendes Blatt gelegt, rollt sich dieMembran sofort auf, indem sie innerhalb weniger Sekunden von 0 bis 2 oder selbst bis 6 wandert. Das Yuccahygroskop kann nur in trockenen Räumen verwendet werden, in feuchter Luft ist der Zeiger so stark aufgerollt, daß man das Instrument nicht benutzen kann. Da die Stellung des Zeigers nicht davon abhängt, ob die Luft auf der einen Seite der Membran mehr feuchtigkeitsgesättigt ist als auf der anderen, sondern einfach von dem Feuchtigkeitsgehalte der Luft, so ist es natürlich, daß es dazu dienen kann, um geringe Anhäufung von Dampf anzuzeigen. Die Empfindlich- keit des Yuccahygroskops ist nicht immer von Vorteil; es ist leicht da- mit die Transpiration von spaltöffnungslosen Oberflächen zu messen und deshalb ist man bei kleinen Transpirationswerten nie sicher, wie- viel von stomatärer und wieviel von kutikularer Transpiration her- rührt. Bei dem folgenden, von Darwin beschriebenen Beispiel war die kutikulare Transpiration praktisch gleich null und eine sehr geringe stomatäre Transpiration war nachweisbar. Zwei Efeublätter wurden 19 Stunden lang nach dem Abpflücken welken gelassen und Yuccahygroskope dann mit Wachs auf der Ober- und Unterseite be-

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 493

festigt; eine Bewegung des Zeigers erfolgte nur an dem auf der Unter- seite befindlichen Instrument, also als Ausdruck der Spaltöffnungs- tätigkeit. Dasselbe wäre auch durch die Kobaltprobe oder durch Wägung gezeigt worden, nicht aber durch das Hornhygroskop. Die Kobalt- probe ist von Stahl nach zwei Richtungen ausgewertet worden, näm- lich um den Effekt bei Blättern, die vollkommen zwischen Glasplatten eingeschlossen waren, in ein bis zwei Minuten zu erkennen, oder in der Weise, daß das Reagenzpapier von einem kleinen auf dem Blatte be- festigten Gefäß bedeckt war. Diese beiden Anwendungsarten analo- gisieren im großen und ganzen das Horn- und das Yuccahygroskop, wobei jedoch zu bemerken ist, daß das erstere empfindlicher ist als die Kobaltmethode, wogegen zugunsten dieser ins Gewicht fällt, daß Be- obachtungen, welche mit einer bestimmten CoCl,-Lösung und einer bestimmten Filtrierpapiersorte angestellt wurden, vergleichbarer sind als die Ablesungen mit zwei Hygroskopen, daß ferner die Herstellung, Haltbarkeit und Manipulation des Kobaltpapieres leichter ist. Ein Blatt der Gartenchrysantheme gab auf Kobaltpapier zum Teil einen roten Abdruck, während der andere Teil des Papieres blau blieb; die Ablesung des Hornhygroskopes ergab für die blauen Partien die Zahl 7, für die roten 13, d. h. also, das Hornhygroskop zeigt noch Transpiration in dem Teile des Blattes an, welcher Kobaltpapier unverändert blau ließ. Die Erhärtung der Ergebnisse aller Methoden erfolgt schließlich durch Wägung. So, wenn z. B. ein Blatt auf seiner spaltöffnungführenden Oberfläche mit Wachs bekleidet ist: Wägung ergibt die Verdunstung seitens der Kutikula und so ist eine Korrektion der Wägungen eines Blattes möglich, das auf der stomatalosen Fläche mit Wachs bedeckt ist. Natürlich gewinnt man so nicht absolut genaue Werte, aber immer- hin die besterreichbaren. Darwin klassifiziert die Empfindlichkeit der verschiedenen Methoden folgendermaßen: 1. Vergleichende Wägung, 2. Yuccahygroskop und Kobaltmethode (bei langdauernder Exposition), 3. Hornhygroskop, 4. Kobaltmethode (kurze Exposition), 5. mikro- skopische Untersuchung des unverletzten Blattes. Diese letztere Methode ist von Lloyd!) modifiziert worden, indem die Oberhaut vom lebenden Blatte abgezogen, ganz kurz in absoluten Alkohol eingetaucht und dann unter dem Mikroskop betrachtet wird. Diese Arbeitsweise, welche hauptsächlich bisher bei Fouquiera splendens und Verbena ciliata erprobt wurde, soll an der Epidermis genau die Spaltenweite fixieren, welche am lebenden Blatte im Momente des Abtötens vor- handen war.

F. Darwin und D. F.M. Pertz?) beschreiben einen weiteren leistungs- fähigen einfachen Apparat zur Beurteilung der Spaltöffnungsweite, das Porometer (Fig.146 und 147): Eine kleine, glockenförmige Glaskammer C mit breitem Rand wird auf der spaltöffnungführenden Fläche des Blattes L befestigt. Ein Kautschukschlauch verbindet C mit einem T-Rohr (T') aus Glas, dessen langer Schenkel graduiert ist und in ein Gefäß V mit Wasser taucht. Der kurze Schenkel links trägt einen Kautschuk- schlauch, der durch die Klammer M verschließbar ist. Nachdem die Glaskammer auf dem Blatte (mit Gummi) angekittet ist, wird in der

Lloyd, Carnegie Institution, Washington 1908, Publication Nr. 82. a

la .Darwin und M. Pertz, Proceed. of the r. Soc. B., Vol. 84, 136

494 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

Richtung des Pfeiles angesaugt und dann der Quetschhahn M geschlossen, wodurch aus dem Wassergefäß eine Wassersäule, etwa bis A, empor- steigt. Durch die Spaltöffnungen wird in den luftverdünnten Raum in C Luft eingesaugt, und die Wassersäule fällt bis zu Punkt B. Durch wieder- holtes Ansaugen kann die Wassersäule wieder zum Steigen gebracht und die Beobachtung beliebig oft wiederholt werden. Die Zeit, welche verstreicht, während die Säule etwa von A nach B sinkt, wird notiert und so eine Reihe von Ablesungen, die zur Bestimmung des Absink- maßes beim Mitteldruck %, (A + B) dienen. Das Mittel ist gewöhnlich 20 cm Wassersäule, indem das Absinken des Meniskus zeitlich zwischen 23—17 em oder 22—18 cm begrenzt wird, wie es eben am bequemsten ist. Das Kaliber der Röhre ist gewöhnlich so gewählt, daß 1 cm Länge 0,1 ccm entspricht. Es ist klar, daß, wenn aufeinanderfolgende Ab- lesungen bei einem bekannten Mitteldruck gemacht wurden, eine Ver- minderung der Spaltöffnungsweite die Wassersäule langsamer von A nach B sinken lassen wird. Die Zahl der Sekunden, welche beim Fallen der Wasser- säule um eine bestimmte Höhe abgelesen werden, geben also geradezu die relative Weite der Spaltöffnungen an. Die beste Methode, die Glaskammer luftdicht und gleichzeitig ohne Schädigung des Blattes darauf zu befestigen, ist ge- wöhnlicher Leim, welcher sowohl am Glas als auch an der Blattflächehaf- tet und diese kaum schädigt. Der Leim wird auf zirka 30°C EEE FSRTTEEE r abkühlen gelassen ae Giöckenkanmerdes Poto. und dann dick auf

rg den Kammerrand aufgetragen, der sodann sanft auf die spaltöffnungsreiche Unterseite des Blattes so aufgedrückt und befestigt wird, wobei das Blatt auf einer horizontalen Glasplatte adjustiert ist. Eine andere Methode besteht darin, aus einer Lage 20—25 prozentiger Gelatine einen Ring, d. h. eine durchbohrte Scheibe von zirka 1 cm Dicke auszustechen und die Kammer fest auf den Ring niederzupressen und in dieser Lage zu befestigen. Hier muß das Blatt mit der Spaltöffnungsseite nach oben gerichtet und durch eine horizontale Glasplatte gestützt werden. Dieses Verfahren eignet sich besonders für lederartige Blätter, wie die von Ficus elastica, Prunus laurocerasus, Hedera helix usw., welche selbst beim Zusammenpressen zwischen Gelatine und Glasplatte nicht leiden; übrigens kann man mit der nötigen Vorsicht auch zartere Blätter diesem Verfahren unterziehen; Glyzerinzugabe zur Gelatine erweist sich als schädigend, ebenso Vaseline oder andere Substanzen, wie Fette usw. Die Pors»metermethode ist als eine direkte mit der mikroskopischen Probe zu vergleichen, indem bei beiden Werte sich ergeben, in welchen der durch die Stomata ziehende Gasstrom in keiner Weise durch den Wasserdampf beeinflußt ist, der durch dieselben Öffnungen dringt. Die

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 425

eben beschriebene Methode ist also scharf von den hygroskopischen zu trennen, sie dient nicht zur Messung der Transpirationsgröße, sondern mißt die jeweilige Weite der Spaltöffnungen (Fig. 148), die durch die hygroskopischen Methoden nur indirekt angegeben wird, wobei Änderungen der Öffnungsweite nur in sehr großen Zügen offenbar werden. Mit den genannten Methoden teilt das Porometer den großen Vorzug, eine kontinuierliche Methode zu sein, d. h. zu gestatten, daß ein Blatt durch längere Zeit beobachtet wird. Ferner beobachtet man hier das lebende Objekt, während bei Lloyds Verfahren das tote Blatt zum Versuche dient, wobei überdies jedem Versuche ein Blatt geopfert werden muß. Ein fernerer Vorteil des Porometers ist seine große Leistungs- fähigkeit. Die Größe des Gasstromes kann in einem beleuchteten Blatt jene des verdunkelten Blattes um das vierhundertfache übertreffen. Darwin hatte Gelegenheit, mit dem viel empfindlicheren Porometer Ergebnisse zu bestätigen, die er Jahre vorher mit den hygroskopischen Methoden über das Welken von Blättern gemacht hatte, bei denen die Stomata offensichtlich noch lange offen waren, nachdem das Blatt auf- gehört hatte mit dem Hornhygroskop zu reagieren.

Ein großer Vorteil des Lloydschen Verfahrens besteht darin, daß es absolute Werte liefert, d. h. es zeigt die wirkliche Weite der Spaltöffnung, während das Porometer nur relative Zahlen ergibt. Lloyds Methode leidet an dem Übelstande, daß an einem gegebenen Blatte und in einem gegebenen Zeitpunkt die Spaltöffnungen von 1 bis zu 10 Einheiten im Durchmesser wechselnd sefunden werden. Und da es unmöglich ist, auf jede Bestimmung unbegrenzte Zeit NN zu wenden, so folgt daraus, daß Lloyds "* * orehiedenen Weiten in Bestimmungen der Spaltöffnungsgrößen ziemlich ungenau sind. Das Porometer dagegen umfaßt in seinen Angaben einen Durchschnittswert von vielen hundert Spaltöffnungen bei jeder Ablesung; nun ist an einem gegebenen Zweig zu einer gegebenen Zeit bei den verschiedenen Blättern eine Vielheit von Spaltöffnungen in den verschiedensten Zuständen der Öffnungsweite vorhanden. Jeder Ver- gleich zwischen Transpiration und Spaltöffnungsweite, wenn er durch den Befund des Luftstromes an einem einzigen Blatte gezogen wurde, ist unzutreffend, da die Transpiration eines Zweiges von der durch- schnittlichen Öffnung der Stomata einer Anzahl von Blättern abhängt, während der Wert des Luftstromes von dem Verhalten des einzelnen Blattes abhängt. Daher müssen, wie Lloyd selbst hervorhebt, bei seiner Methode zahlreiche Blätter geprüft werden.

Infiltrationsmethode von H. Molisch: Die von M olisch!) beschriebene Methode, welche heute wohl als die leistungs- fähigste bezeichnet werden muß, beruht auf dem Gedanken, daß es möglich sein müsse, daß Offensein der Spaltöffnungen dadurch zu de- monstrieren, daß man auf die Stomata führende Epidermis Tropfen von Flüssigkeiten bringt, die rasch in sehr kleine Kapillaröffnungen einzudringen vermögen, wie sie durch die Spalten der Spaltöffnungs- apparate repräsentiert werden. Die Flüssigkeiten, welche durch die

1) H. Molisch, Zeitschr. f. Bot. 4, 107 (1912).

496 XXII Messung von Gas- und Wasserbewegung.

Spalten rasch in die Atemhöhle und von hier aus in die Interzellularen des Schwammparenchyms des Blattes eintreten, infiltrieren also das Blattgewebe an der betreffenden Stelle, welche dann im auffallenden Lichte dunkel und im durchfallenden durchscheinend aussieht. Sind die Stomata geschlossen, dann unterbleibt natürlich die Infiltration. Das ist in sehr schöner Weise z. B. bei Verwendung von absolutem Alkohol der Fall, welcher binnen wenigen Sekunden in die Spalten eindringt und das Blatt in der obenbezeichneten Weise infiltriert (Fig. 149). Molisch arbeitet in der Weise, daß aus einem kleinen Stiftfläschehen durch den Stift oder durch eine Glasröhre der Tropfen auf das Blatt gebracht wird, wobei aber jede unsanfte Berührung und damit eventuell einhergehende Verwundung des Blattes unterbleiben muß. Als Folge der Infiltration zeigen sich entweder zahlreiche dunkle zerstreute Punkte oder größere zusammenfließende, respektive getrennt bleibende Inseln oder schließlich ein momentanes Dunkelwerden der ganzen vom Tropfen bedeckten Fläche. Sehr gute Resultate lieferten die turgeszenten, im starken diffusen oder direkten Sonnenlicht befind- lichen Blätter von Syringa vulgaris, Stellaria media, Papaver somniferum, Senecio vulgaris, Plantago major, Urtica virens usw. Ein viel empfindlicheres Reagens als absoluter Alkohol ist Benzol, Xylol oder Terpentinöl; denn der Alkohol vermag unterhalb einer gewissen Spaltöffnungsweite nicht mehr ein- zutreten, die anderen genannten Flüssigkeiten aber wohl, wobei sehr oft das Xylol an Leistungsfähigkeit das Benzol übertrifft. Wenn der kapillare Wider- stand einer zu engen Spalte das Eintreten auch dieser Flüssigkeiten unmöglich macht, dann sind sie als praktisch geschlossen zu betrachten. Ather und Chloroform sind wegen ihrer allzugroßen Flüchtig- Kie. 1. Syringablattnach Reit, die namentlich beim Arbeiten im Freien die a nerdun- Infiltration nur sehr kurze Zeit andauern läßt, nicht her geschlossen gewesen. zu empfehlen. Zunächst wird mit Alkohol geprüft; dringt dieser nicht ein, so sind die Spalten jedenfalls nur wenig offen, man geht dann mit dem nächstfeineren Indikator Benzol oder Xylol vor, die durch ihr eventuelles Eindringen zeigen, daß die Spalt- öffnungen doch, wenn auch nur wenig, offen waren. Dabei hat man den Vorteil, daß Alkohol, wenn er nicht durch die Spalten eindringt, das Blatt- gewebe eine kleine Zeit unbeschädigt läßt, während Xylol, Benzol, Terpen- tinöl die Epidermiszellen sehr schnell töten, auch wenn sie nicht durch die Spalten eindringen. Dieses Durchdringen durch die geschlossene Wand der Oberhaut kann aber kaum zu einer Fehlerquelle werden, da sich die Infiltration durch die Spaltöffnungen sofort oder wenigstens nach sehr kurzer Zeit zeigt, während das Durchdringen durch die Oberhaut doch etwas länger in Anspruch nimmt, so daß man beides, besonders bei einiger Übung, leicht auseinanderhalten kann. Charakteristisch ist, daß beim Alkohol die Infiltration die von Tropfen bedeckte Fläche kaum jemals überschreitet, wohl aber bei Benzol, Xylol und ähnlichen Flüssigkeiten. Die großen Vorteile der Methode sind ihre Einfachheit, die Tat- sache, daß die Frage nach dem Offen- und Geschlossensein der Spalt- öffnungen augenblicklich beantwortet, ad oculos demonstriert und auch

XXI Messung der Gas- und Wasserbewegung. 497,

der Grad des Offenseins durch die verschiedenen Indikatoren angegeben wird. Über die Transpiration der Blätter allerdings sagt die Methode ebensowenig aus wie Darwins Poromete. Die Hygroskop- methode und die Kobaltprobe weisen also direkt auf die Transpiration hin, Molischs Infiltrationsmethode läßt das Offen- oder Geschlossensein der Spaltöffnungen erkennen und steht darin in einer Parallele mit Dar win s Porometer, dessen Angaben ebenfalls von der Transpiration unabhängig und lediglich abhängig sind von der relativen Weite der Spalten; dabei ist aber zu bemerken, daß die Infiltrationsmethode einfacher ist und kein Instrument erfordert. Ferner kann das Offen- oder Geschlossensein der Spaltöffnungen sogar am trockenen, toten Blatte damit erkannt werden, während die Kobalt- und Hygroskopmethode in solchen Fällen natürlich ganz versagt, da- gegen können geringe Differenzen in der Spaltenweite nicht angezeigt

werden, während das mit dem Porometer möglich ist.

filtrationsmethode von Molisch baut E. Stein!) eine Erweiterung derselben auf, indem sie die Reihe Petroläther, Petroleum und Paraffinum liquidum be- nutzt, welche Kohlenwasserstoffe infolge ihrer ver- schiedenartigen Viskosität die Öffnung der Spalten in drei Abstufungen beobachten läßt. Dringt Paraffin ein, so ist das ein Zeichen, für außerordentlich weit geöffnete Stomata; dringt Paraffin nicht, wohl aber Petroleum ein, so ist die Öffnung eine mittlere; Petrol- äther endlich dringt durch noch stärker verengte Spalten. Es ist also hier die Beobachtungsgrenze etwas weiter gesteckt, indem Paraffin in Spaltöffnungen nicht mehr eindringt, die für absoluten Alkohol geöffnet sind, während Petroläther noch den Weg in Interzellularen findet, die für Benzol und Xylol nicht mehr zugäng- lich sind; die für das Eindringen von flüssigem Paraffin nötige Spaltenweite wird überhaupt nicht von den Schließzellen aller Pflanzen erreicht.

Eine Methode zum Infiltrieren auch von Koni- ferennadeln veröffentlichte A. Dengler?): Ein etwa 10 cm langes, an einem Ende zu geschmolzenes

Auf der In-

u

Fig. 150. Schema des Denglerschen Infil- trationsapparates.

Stück Bleirohr

(Fig. 150), das 0,8 em lichte Weite und zirka 2,5 mm Wandstärke hat b, wird mit der Klinge des Taschenmessers auf der einen Seite mit etwa sechs kleinen Schlitzen versehen, welche dazu dienen, die zu untersuchenden Nadeln n mit etwas Spielraum aufzunehmen; die Wände des Schlitzes werden zur besseren Adhäsion etwas aufgerauht und die äußere Mündung des Schlitzes nach außen etwas trichterförmig erweitert, damit der Kitt, mit dem die Nadeln später befestigt werden,

gut zusammengedrückt werden kann. Dann wird der Kitt

am besten

das in den Apotheken in Stangenform erhältliche Bleipflaster, das sich in der warmen Hand gut kneten läßt und nach dem Erstarren erheblichen Druck aushält in die Schlitze fest eingedrückt, in den Kitt mit einer kleinen Lanzette r ein Spalt gestoßen und die zu untersuchende, an ihrer

ı) E. Stein, Ber. d. deutschen bot. Ges. 30, 66 (1912). ®) A. Dengler, Ber. d. deutschen bot. Ges. 30, 452 (1912); s. a.

F. W. Neger, ebendas. 30, 179 (1912).

498 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

Basis gekappte oder angestochene Nadel, die frisch abgepflückt worden ist, so in den Spalt geschoben, daß die geöffnete Stelle sich im Hohl- raum der Röhre befindet. Mit Hilfe eines Modelliereisens wird dann der Kitt zu beiden Seiten der Nadel und besonders nach untenhin sorg- fältig abgedichtet, so daß beim späteren Untertauchen keine Luftblasen durch etwaige Undichtigkeiten des Kittes aufsteigen; wäre das der Fall, so müßte die betreffende Stelle mit Filtrierpapier abgetrocknet und nach- gedichtet werden. Das Bleirohr mit den Nadeln wird dann durch einen Druckschlauch S mit einer Druckpumpe (etwa wie sie zum Aufpumpen von Fahrradschläuchen verwendet wird) verbunden, bei welcher die Führungsstange des Kolbens mit Marken versehen und bis zu einer bestimmten Marke hineingeschoben wird. Je nach dem Zustande des Spaltöffnungsapparates erfolgt nun bei der Kompression ein größerer oder geringerer Austritt von Luftblasen ! an der spaltöffnungführenden Nadelfläche, den man beim Untertauchen in einer flachen Schale mit Wasser mit Auge oder Lupe verfolgen kann. Die einzelnen Stufen der Blasenbildung wären dann mit Hilfe einer ad hoc festzusetzenden Skala einzuschätzen, nachdem eine Zählung der Luftblasen, die bei einem bestimmten Druck auf der Nadeloberfläche erscheinen, nicht möglich ist, weil sie sich sehr schnell ablösen, zerfließen, zerplatzen, weil es ja ferner nicht nur auf die Zahl, sondern auch auf die Größe der Blasen ankommt. Dengler bildet sechs Stufen, von 0 an, wo keine Blase auftritt, über Stufe 4, bei der die Nadel ganz dicht mit Blasen bedeckt ist, und Stufe 5, wo außer dieser Blasenbedeckung noch ein lebhaftes Perlen auftritt, bis zu Stufe 6, dem Maximum dieser Erscheinungen, während auf Stufe 1 nur wenige kleine Blasen auftreten; auf Stufe 2 erscheint dann etwa die Hälfte der Blasenanzahl, welche bei voller Be- deckung auftreten würde; natürlich kann man zwischen diesen Stufen noch Zwischenglieder einschalten. Diese sehr bedenkliche Unsicherheit welche in der subjektiven Schätzung gelegen ist, sucht Dengler dadurch zu vermeiden, daß er das Bleirohr nicht mit einer Druckpumpe, sondern mit einem Quecksilbermanometer M verbindet, dessen Schenkel durch einen diekwandigen Kautschukschlauch zusammenhängen und gegeneinander verschiebbar sind. Dadurch kann man in dem einen Schenkel einen beliebigen Überdruck erzeugen und dessen Ausgleich auf dem Wege durch die Spaltöffnungen zeitlich messen; an einem zwischen den beiden Manometerschenkeln angebrachten Maßstab kann man die Höhe des Überdruckes bestimmen: so wäre also ein zahlenmäßig darstellbares Maß für die Durchlässigkeit und damit für die Öffnungs- weite der Spaltöffnungen gegeben. Es ist klar, daß diese Methode nur bei großer Übung im Abschätzen und nur für Vergleichswerte ein brauch- bares Ergebnis liefern und hauptsächlich dort Dienste leisten wird, wo es sich darum handelt, Resultate, die mit anderen Methoden gefunden wurden, zu überprüfen; ihre besondere Verwendbarkeit liegt ferner dort, wo die einfache und sichere Infiltrationsmethode von Molisch keine Anwendung finden kann, also bei den Koniferennadeln.

Das Verfahren von L. Buscalioni und G. Pollaccit!) beruht auf der Fähigkeit des Kollodiums bei Berührung mit Spuren von Wasser aus- zufa'ien. Es wird eine verschieden starke Lösung von Kollodium in Alko-

ı) L. Buscalioni und G. Pollacci, Atti de R. Istituto Botanico dell’ universita di Pavia, Vol. VII (1901).

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 499

hol oder Äther verwendet, da es auf die Natur des transpirierenden Organs (Dicke der Kutikula, Zahl der Spaltöffnungen usw.) ankommt, ob das Kollo- dium kürzere oder längere Zeit flüssig bleibt. Die Lösung wird mit einem Pinsel auf die zu prüfende Organoberfläche in dünner Schicht aufgetragen, frei von Luftblasen; in wenigen Minuten ist bei Zimmertemperatur das Lösungsmittel des Kollodiums verdunstet, das Reagens bildet dann ein trockenes Häutchen, welche das Organ genau in dem Zustande bedeckt, in welchem es aufgetragen worden war und ihm anhaftet (Fig. 151), aber mittels einer Pinzette mit Leichtigkeit abgezogen werden kann; das Lostrennen erfolgt übrigens bei der Zusammenziehung des Häutchens von selbst. Während des Eintrocknens des Kollodiums beobachtet man, daß, wenn das untersuchte Organ wenig oder gar nicht tran- spiriert, das Häutchen durchscheinend bleibt, während es bei einigermaßen vor sich gehender Transpiration bald eine milchähnliche Färbung annimmt, die um so intensiver wird, je stärker die Wasserabgabe erfolgt. Das Abnehmen der Häutchen ist schwieriger und mitunter nicht ohne Zerreißen möglich, wenn die Oberfläche Fie. 151. Kol oh en zu des betreffenden Organs rauh, haarig oder es

dergleichen ist. Um gute Resultate zu erhalten, muß man mit ver- schieden konzentrierten Lösungen arbeiten; außerdem ist es unter manchen Verhältnissen gut, die kollodiumbestrichenen Organe einige Zeit in einem luftverdünnten und mit Atherdampf erfüllten Raume zu halten, um das Austrocknen des Kollodiums zu verzögern. Die Kollodiumhäutchen können nunmehr der mikroskopischen Untersuchung unterworfen werden, sie tragen den genauen Abdruck des Gewebes, an dem sie gehaftet hatten, und gestatten somit die Erkennung des Zustandes, in welchem sich die transpirierenden Organe im Momente des Auftragens des Häutchens befunden hatten. Das Häutchen wird auf einem Objektträger aufgespannt und dieser ganz mit einem Deck- glas bedeckt, das den Zweck hat, das Häutchen anzuspannen; das Ein- schließen in Wasser oder in einer anderen Flüssigkeit unterbleibt besser.

Quantitative Methoden.

Die zuverlässigsten Resultate werden erreicht, wenn man die ge- samte Versuchspflanze vor und nach dem Versuch wägt und aus der Gewichtsdifferenz auf die Menge des verdunsteten Wassers schließt. Hierbei sind einige Vorsichtsmaßregeln zu beachten; vor allem muß dafür gesorgt werden, daß die mechanische Verdunstung des Wassers aus dem Kulturgefäße und aus der Kulturerde möglichst aus- geschlossen sei; am besten ist es, Glasgefäße oder solche aus gla- siertem Steingut ohne durchlochte Bodenplatte zu verwenden, poröses Tongeschirr kann man durch Eintauchen in geschmolzenes Paraffin leicht luftdicht machen. Natürlich muß auch der Kulturboden selbst gegen Verdunstung geschützt sein, was am leichtesten durch Belegen mit Stanniol oder Guttapercha geschieht; freilich kann durch bleihaltiges Stanniol eine Schädigung der Kulturpflanzen er- folgen. Die Öffnungen, welche zwecks Durchtretens des Stammes

430 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

oder, wenn es sich um Keimpflanzen handelt, zum Einstecken des Würzelchens beim angekeimten Samen in den Nährboden, in die Bodenbedeckung gebohrt werden müssen, können mit Vaseline oder Paraffin zugeschmiert werden. Ich habe wiederholt mit Vorteil Weich- paraffin zur Bedeckung des Bodens benutzt, welches sogar über die Kulturerde im Gartentopf gegossen werden kann, wenn schon die Pflanzen eingewurzelt sind, denn eine Temperatur von höchstens 40 0 C, bei welcher das Paraffin noch gießbar ist, schädigt die Pflanzen keines- wegs und das Weishparaffin, welches leicht knetbar ist, läßt sich leicht an den betreffenden Pflanzenteil andrücken, so daß ein absolut dampf- dichter Verschluß geschaffen ist. Kann man den Boden vor dem Einsetzen der angekeimten Samen mit dem Paraffin übergießen, so sticht man in die Decke mit einer Nadel beliebig weite Löcher, setzt die Pflanzen ein und drückt, am besten nach einigen Tagen, wenn sich die Pflanzen erhoben haben, das Paraffin so zurecht, daß die kleine Öffnung vollkommen verschmiert ist. Bei Wasserkulturen erfolgt der Ab- schluß der verdunstenden Wasseroberfläche gewöhnlich mit einer 3—4 cm hohen Schicht von Olivenöl Oe (Fig. 152). Abgesehen davon, daß unter dieser Schicht die Wurzeln bei halbwegs länger andauernden Versuchen unter Sauerstoffmangel leiden, dringt das Öl doch auch nach relativ kurzer Zeit in die Pflanze. Zweckmäßiger ist es, nach dem Vorgange J. Gieklhorns die Be- deckung des Kulturglases nicht mit Organtin, sondern mit Leinwand vorzunehmen, die in geschmolzenes Paraffin getaucht worden war; dieses Verfahren ist bereits auf S. 63 beschrieben worden. Zur Messung der ausnützbaren Bodenfeuchtigkeit bedienten sich L. J. Briggs und H. L. Shantz!) zur Bedeckung des Kulturbodens einer Mischung von Paraffin, Paraf- finöl, Bienenwachs und Rindstalg (80% Paraffin, Schmelzp. 45°C, 20%, Paraffinöl), welche Mischung bei sehr niederer Temperatur schmilzt und sich beim ee en Erkalten an Glas und Pflanze fest anlegt. Auf ähn- Pflanzensproß, zum lichen Prinzipien basiert C. Hoffmanns Methode Bd ee der schwimmenden Paraffinblöcke (Paraffin Blocks

for growing seedlings in liquid culture solutions, Centralbl. f. Bakter. II, 33, 430 (1912), welche leicht in beliebige Form gegossen und mit Pfriemen für das Durchstecken der Würzelchen durchstochen werden können und vor den Korkverschlüssen jeden- falls den Vorteil haben, die Nährlösung nicht zu verunreinigen. Auch Drahtstützen für krautige Pflanzen lassen sich in ihnen leicht be- festigen.

Wenn man Topfpflanzen aus ihrem Kulturboden in das auf die Wage zu stellende Gefäß überträgt, respektive die Erde samt der darin wurzelnden Pflanze, so darf das nicht unmittelbar vor Anstellung des Transpirationsversuches geschehen, weil dabei die feinsten Wurzel- enden, welche gerade für die Wasseraufnahme sehr wichtig sind, leicht abgerissen oder verletzt werden; das ist namentlich dann der Fall,

ı) L. J. Briggs und H. L. Shantz, A wax seal method for deter- mining t the lower limit of available soil moisture, Bot. Gaz. 51, 210 (1911).

XXIII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 431

wenn das Ausheben nicht aus einem anderen Kulturgefäß, sondern direkt aus der Erde des Gartenbeetes, etwa mit dem Spaten erfolgt. Soll der Versuch sich über mehrere Tage erstrecken, so ist für den Ersatz des Wassers Sorge zu tragen, welches die Pflanze dem Boden entzogen hat, denn der Wassergehalt des Bodens übt einen verändernden Einfluß auf die Transpirationsgröße. Am bequemsten ist «eine solche Wasser- zufuhr, wenn die Bedeckung des Kulturbodens mit zwei halbkreis- förmigen Glasplatten erfolgt war, von denen jede zentral eine Aus- nehmung besitzt, welche beiden Ausnehmungen beim Zusammenlegen der Platten einen Hohlkreis zum Durchtritte des Stammes bilden, wobei die noch offen bleibenden Lochteile durch Paraffin oder dergleichen ver- schlossen werden können. In eine solche Glasplatte, respektive in eine Bohrung derselben, kann dann durch einen Kautschukstöpsel die mit eingeriebenem Stöpsel versehene Röhre eingeführt sein, durch die das Wasser in den Kulturboden einfließen gelassen werden kann. Wenn der Versuch längere Zeit dauert, vergrößert die Pflanze ihre Blattoberfläche und ihr Gewicht; selbstredend wäre dadurch ein Fehler in der Rechnung bedingt, wie ja überhaupt neben der Gewichtsveränderung durch Wasser- verlust die Gewichtsveränderungen durch Zunahme an Pflanzensubstanz durch Kohlensäureassimilation und deren Abnahme durch Atmung Hand in Hand gehen. Bei Keimpflanzen von Phaseolus vulgaris über- wiegen beispielsweise die Verluste durch Atmung die Assimilations- zuwächse anfangs so bedeutend, daß bis zum 21. Kulturtage die Trocken- substanz der Keimpflanze noch nicht die Trockensubstanz des Samens erreicht, aus dem sie sich entwickelt hat. Man wird daher, um diese Fehlerquelle soviel wie möglich zu vermeiden, die Transpirations- messungen auf die Gewichts- oder noch besser auf die Flächeneinheit beziehen; aber selbst in diesem Falle sind womöglich langsamwüchsige Pflanzen für den Versuch zu wählen, bei denen die Vergrößerung der Blattoberfläche nicht allzusehr in Betracht kommt. Die Verwendung von Nährlösungen an Stelle fester Nährböden bietet vor allem den Vorteil, daß man die Ausbildung des Wurzelsystems besser beobachten kann; es hat sich nämlich gezeigt, daß die Ausbildung des Wurzelkörpers die Transpiration beträchtlich beeinflußt, so daß dieselbe Blattfläche eine viel bedeutendere Transpirationsgröße zeigt, wenn der Wurzelkörper stärker ist, als wenn er mangelhaft ausgebildet ist, ja, eine Erkrankung des Wurzelsystems kann unter Umständen die Transpiration gegen- über einem wurzelgesunden Exemplar derselben Blattoberfläche um die Hälfte herabsetzen. Das ist besonders dann wichtig, wenn man für den Versuch möglichst gleiche Exemplare auswählt, wobei also nicht nur die gleiche Ausbildung der oberirdischen Organe, sondern auch die des Wurzel- systems leicht beobachtet werden kann. Ferner darf man nicht Pflanzen der Erdkultur zur Anstellung des Transpirationsversuches in Wasser- kultur übertragen oder Pflanzen der Wasserkultur mit solchen der Landkultur bezüglich der Transpiration vergleichen, denn Versuche von Giltay!) haben ergeben, daß die letzteren mehr als doppelt so stark transpirierten wie die ersteren nämlich im Verhältnis 27 : 13 während des Tages zu 19: 12 während der Nacht, daß sie von der Witterung betreffs der Transpiration viel stärker beeinflußt werden und daß die Wasserabgabe bei Pflanzen der Wasserkultur von Tag zu

!) E. Giltay, Beihefte z. Botan. Zentralbl. 9, 112 (1900).

432 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

Tag abnimmt. Ferner ist es zweckmäßig, den Teil des Kulturgefäßes, welcher das Wurzelsystem umschließt, mit einer lichtdichten Umhüllung zu versehen. Die Versuchsdauer mit einzelnen Blättern oder abgeschnitte- nen Zweigen sollte sich nur auf höchstens einige Stunden ausdehnen und die Zweige unter Wasser abgeschnitten werden. Hier wird es sich natürlich immer empfehlen, in Kulturflüssigkeiten zu arbeiten, in die das Objekt durch einen halbierten, zentralgebohrten Kork (analog den oben erwähnten Glasplattenhälften) befestigt wird, wobei die beiden Korkhälften den Stammteil des Versuchsobjektes zwischen sich nehmen. Freilich kann es sich bei dieser Versuchsanstellung an zarteren Stengeln leicht ereignen, daß durch Quetschung die Wasser- leitung abnorm gestaltet wird. Kleinere Zweige, Blüten, Blätter usw. adjustiertt man deshalb lieber in kleinen Eprouvetten mittels dünnen Blumendrahtes wie in Fig. 152. Um den Rand der Eprouvette läuft ein stärkerer, an seinem freien Ende hakenförmig umgebogener Draht d, mittels dessen man die ganze Eprouvette an der Wage aufhängen kann, wobei die Verdunstung der Nährlösung an der Öberflächein der Eprouvette durch aufge- schüttetes Oli- venöl verhindert wird.

Für die Wä- sung kleinerer Pflanzen, so- lange diese nicht an den Wage- balken anstrei- fen, dienen die gewöhnlichen analytischen Wagen, aber auch große Objekte mit vielen Kilo Gewicht können auf großen, eigens konstruierten Hebelwagen mit einer Genauigkeit von 0,1 g per 20 kg jederseitiger Belastung gewogen werden. Gute Dienste leistet die selbstregistrierende Wage von Richard freres, Paris, das evaporometre enregistreur (Fig. 153), eine Tarawage, auf deren eine Wagschale zu Beginn des Ver- suches die im Blumentopf entsprechend adjustierte Pflanze gestellt wird, worauf man durch entsprechendes Auflegen von Gewichten auf die andere Wagschale genau äquilibriert. Mit dieser Wagschale steht durch eine Hebelübertragung ein Schreibhebel Z in Verbindung, der auf einem mittels Uhrwerkes rotierenden Zylinder Tr streift, auf den das tegistrierpapier aufgezogen ist. Hebt sich bei Wasserverlust die Wag- schale mit dem Blumentopf, so sinkt die andere, mit welcher der Schreib- hebel in Verbindung steht, so daß dieser seine registrierende Schreib- bewegung auf dem Registrierpapier ausführt. Ein Laufgewicht ermöglicht eine verschiedene Einstellung des Schwerpunktes der Wage zum Mittel- punkt der Drehachse und damit eine Regulierung der Empfindlichkeit j’; nach der Schwere des Versuchsobjektes; eine andere Einrichtung ermöglicht auch die Anwendung dieser Wage zu Versuchen im Freien, indem sie deren Oszillation durch Windbewegung verhindert. Statt

Fig. 153. Evaporometre enregistreur von Richard Freres, Paris.

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 433

der Konstatierung der Gewichtsverluste in bestimmten Zeiten kann man umgekehrt auch bestimmen, in welchen Zeitteilchen das Versuchsobjekt einen bestimmten Gewichtsverlust erfährt: man äquilibriert dann die Wage, hebt eine kleines Gewicht ab und notiert die Zeit, welche ver- streicht, bis der Wasserverlust des Objektes die Wage wieder in Balance bringt, und operiert in dieser Weise mehrere Male. Die bis zur Erreichung des Gleichgewichtes notwendigerweise verstreichende Zeitdauer steht in umgekehrter Proportion zur Transpirationsgröße.

Statt der Wägung kann man auch den von der Pflanze abeeeaeeh Wasserdampf volumetrisch oder gewichtsanalytisch messen, indem man das Wasser von irgendeiner hygroskopischen Substanz, ambesten Chlorkalzium, absorbieren läßt oder indem man den kondensierten Wasserdampf als tropf- bar flüssiges Wasser aufsammelt. Wenn diese Methode dem Chemiker natur- gemäß am nächsten liegt, wird sie doch beim Physiologen wenig Beifall finden, denn die Behandlung des Versuchsobjektes bei diesem Verfahren ist durchaus nicht den nätürlichen Verhältnissen entsprechend. Im Falle der Aufsammlung des kondensierten Wassers muß die Pflanze oder der mit der eingewurzelten Pflanze in Verbindung stehende Pflanzen- teil in einem Glasgefäß luftdicht eingeschlossen sein, wobei durch eine entsprechende Ablaßvorrichtung für die Entfernung des kondensierten Wassers Sorge getragen wird. Für kleine Pflanzen oder kleinere Pflanzen- teile ist diese Methode überhaupt nicht verwendbar, weil nur größere Mengen kondensierten Wassers eine annähernd verwendbare Bestimmung ermöglichen; dabei muß, wenn mit einem Zweig experimentiert wird, der in natürlicher Verbindung mit einer Topfpflanze steht, wobei also der betreffende Zweig in einen Ballon hineinragt, dessen Tubus an der Abzweigungsstelle des Astes vom Stamm mit Guttapercha oder dergleichen gasdicht verschlossen ist, die Erde des Topfes ausgiebig begossen werden (über die Verwendung von S. Bakers automatischer Bewässerungsvor- richtung s. Fig. 30 auf pag. 267), weil sonst die anderen, frei transpivieren- den Sprosse der Pflanze dem im Glasballon eingeschlossenen Zweige Wasser entziehen. Dazu kommt, daß überhaupt die Transpirationsgröße solcher eingeschlossener Pflanzenteile beträchtlich vermindert ist, weil das Glas- gefäß sehr bald dunstgesättigt ist; arbeitet man im Dunkeln, so häuft sich auch die Atmungskohlensäure bis zu einem schädigenden Maße an, während im Lichte diese Kohlensäure wohl im Prozesse der Assimilation wieder Verwendung findet. Solche Versuche können also jedenfalls nur von kurzer Dauer sein, wobei aber wieder, wenigstens bei kleineren Pflanzen- teilen, die Menge des erhaltenen Wassers ungenügend ist. Läßt man das abgegebene Wasser durch CaCl, oder dergleichen absorbieren, so ver- meidet man diesen Übelstand, schafft aber freilich mitunter zu trockene Lufträume. Zweckmäßiger ist es in diesem Falle, das mit CaCl, be- schickte Gefäß nicht unter dieselbe Glocke zu bringen, unter welcher die Versuchspflanze steht, sondern dasselbe durch einen diekwandigen Kautschukschlauch mit derselben zu verbinden; man verwendet dann Röhren mit CaCl, wie bei der Elementaranalyse, während die Versuchs- glocke mit einem paraffiniertem Korkstöpsel verschlossen ist, der in seinen beiden Bohrungen eine kurze und eine lange, rechtwinklig gebogene Glasröhre trägt, die mit den Kautschukschläuchen versehen sind, an welchen sich Quetschhähne befinden. Nach einer bestimmten Versuchs- zeit saugt man mittels Aspirators die Luft aus der Glocke in die vor-

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 28

434 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

gelegten gewogenen CaCl,-Röhren, wobei natürlich die Quetschhähne geöffnet und das lange Glasrohr, durch welches die Außenluft eingesaugt wird, mit einem vorgelegten Wasser absorbierendem Medium versorgt werden, welches dazu dient, die äußere Luft vor ihrem Eindringen zu trocknen. Nach einiger Zeit des Durchsaugens schließt man wieder die Quetschhähne und vermeidet so, die Gefahr des wasserdampferfüllten und auch des zu-trockenen Raumes. Es wäre noch zu bemerken, daß der Luftabschluß einer solchen Glocke nie durch Quecksilber bewirkt werden darf, dessen Dämpfe die Versuchspflanze schwer schädigen. Am besten ist es, eine auf Glasplatten aufgeschliffene Glocke zu ver- wenden, die durch Vaseline auf die Glasplatte gedichtet ist. Den Stöpsel für den oberen Tubus der Glocke kann man entweder (nach dem

Fig. 154. Apparat von Geneau de Lamarliere zur Bestimmung der relativen Transpirationsgrößen von Sonnen- und Schattenblättern.

festen Einsetzen in den Tubus) paraffinieren oder mit Kollodium über- gießen oder durch belichtetes Kaliumchromat abdichten.

Um die relativen Transpirationsgrößen von Sonnen- und Schatten- blättern zu bestimmen, hat Geneaude Lamarliere!) folgenden Apparat (Fig. 154) konstruiert: Die durch einen Aspirators angesaugte Luft passiert zuerst die mit Schwefelsäure gefüllte Flasche B zur Absorption des Wassers, dann das mit Atzkalistücken beschickte Rohr u, um mit- gerissene Schwefelsäure aufzufangen, um sich dann im T-Rohr T zu teilen und in die beiden luftdicht aufgeschliffenen und verschlossenen Glocken geleitet zu werden. Unter der einen Glocke steht die Sonnen-, unter der anderen die Schattenpflanze. Die aus den Glocken durch D austretende Luft durchzieht je zwei mit CaCl, gefüllte, gewogene U-Röhren D', welche den von den Pflanzen abgegebenen Wasserdampf auffangen. Den U-Röhren sind die Schwefelsäureflaschen E und E’

1) L. Geneau de Lamarliöre, Revue gen. de Bot. 4, 529 (1892).

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 435

vorgelegt, um keine Feuchtigkeit aus dem Aspirator sp hineingelangen zu lassen. Ein Rohr vereinigt die Luftströme wieder, die durch die Wasserflasche F', die mitgerissene Schwefelsäure auffängt, zum Aspirator ziehen. M ist ein Mano-

meter, das den unter

den Glocken herrschen- den Luftdruck anzeigt.

Verschäffelt!) hat einen Apparat (Fig. 155) gebaut, um den Einfluß des Kohlen- duozyds auf die Wasserdampfabgabe zu bestimmen. Inder Zeich- nung ist nur die eine Hälfte des symmetri- schen Apparates darge- stellt, nur daß in der linken Hälfte das eine a GEB #r mit meet Fig. 155. Apparat von Verschaffelt. fehlt. Auf einem Gestell befindet sich beiderseits unter einer zylindrischen Glasglocke Z und P je ein Exemplar der Versuchspflanze, deren Wurzel- system in die Nährstofflösung (das Gefäß ist auf ° der Zeichnung nicht sichtbar) taucht. Durch beide Glocken, deren Temperatur durch ein Thermo- meter gemessen wird, wird Luft gesaugt, welche die Waschflasche /l passiert, an das Atzkali und CaCl, in den beiden Türmen /r Kohlendioxyd und Wasserdampf abgibt, und dann in den Versuchs- zylinder P gelangt, von wo sie mit dem Tran- spirationsdampf der Pflanze beladen, durch Rohr und Schlauch b zu dem gewogenen u-förmigen CaCl,-Rohr w und aus diesem durch den mit Hahn verschließbaren Schlauch s zum Aspirator gelangt. Die andere Hälfte des Apparates hat dieselbe Ein- richtung, nur daß die Versuchspflanze dort infolge Fehlens des Kaliturmes trockene kohlensäure- haltige Luft erhält.

Eines besonderen Apparates (Fig. 156) be- diente sich Hellriegel?), um den Einfluß der Luftfeuchtigkeit auf den Ernteertrag von Gerstenpflanzen und auf die Transpiration kennen zu lernen. Auf den Pfosten A wird eine 120 cm hohe Glasglocke aufgesetzt, die, in einer ein- ! geingeschnittenen Rinne desselben stehend, am Rande mit einer Mischung von Wachs, Harz und Paraffin luftdicht verkittet wird. Die obere Mündung der Glocke wird durch die gebogene Glasröhre a mit der Zinkblechbüchse C

LIE NS JELZARmm il

Fig. 156. Apparat von Hellriegel,

')E. Verschaffelt, Botanisch Jahrboek uitgegeven door het kruit- kindig genostschap ‚„‚Dodonaea‘“ te Gent 2, 305 (1890). :)H. Hellriegel, Beiträge zu den naturw. Grundlagen des Acker-

baues. Braunschweig 1883. 28*

436 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

verbunden, die an dem Pfosten E angeschraubt ist, der seinerseits wieder von der Säule D getragen wird. In der Mitte des Büchsen- deckels befindet sich eine zirka 4 cm weite Öffnung mit kurzem Rohrstutzen, der zum Einsetzen einer 66 cm hohen Glasröhre b dient, die am Ende zum Schutze gegen mechanische äußere Einflüsse eine Blechkappe trägt. Der Boden der Büchse C kann durch einen Bajonettverschluß leicht auf- und abgeschraubt werden, so daß eine Petroleumlampe f leicht eingeschoben und entfernt werden kann. In den Pfosten unterhalb der Glocke sind zwei Öffnungen eingesägt; die zentral gelegene dient zur Aufnahme des oberen Teiles vom Kulturgefäß G, die andere kleinere, seitliche trägt das Glasrohr c, das den Eintritt der Außenluft ermöglicht. Nach Einsetzen der Lampe in entsteht ein lebhafter Luftzug in der Pfeilrichtung. Nach Belieben kann durch c trockene oder feuchte Luft eingelassen werden, je nachdem man das zirka 2 Liter enthaltende Gefäß AH mit schwefelsäuregetränktem Bimsstein oder mit einer 1—11, cm hohen Wasserschicht be- schickt, in der sich ein schlangenförmig ge- bogener und mit Filtrierpapierstreifen dicht behängter Glasstab befand. Die Vegetation von Gerstenpflanzen in einer solchen Glocke ist eine durchaus normale, auch wenn siemonate- lang darin verweilen; die Verdunstungsgröße der Pflanzen kann durch tägliche Wägung der Gewichtsabnahme der Gefäße ermittelt werden.

Bei dorsiventral gebauten Blättern führt die Blattoberseite ungleich weniger Stomata als die Unterseite, aber auch andere anatomische Verschiedenheiten bewirken, daß die Unterseite wesentlich mehr Wasserdampf abgibt als die Oberseite. Jedenfalls ist es oft wünschenswert, einen Vergleich der Transpirationsgröße bei den beiden Blattseiten zu ziehen. Einen Apparat (Fig. 157) zur experimentellen Bestimmung eines solchen hat M. Garreau!) konstruiert:

Fig. 157. Garreaus Apparat . : En 2 zur Bestimmung der meet AA sind trichterförmige Glasbecher 5 deren

ration beider Blattseiten.

jeder am Rande einen Leinwandring B trägt, der mit einer Mischung von Wachs und Burgunder- pech bestrichen und dann mit feinem Fett eingeschmiert ist, so daß er nach leichtem Druck fest an der Blattfläche haftet. Jeder Becher ent- hält ein Schälchen D mit CaCl, und trägt an seinem Ende, durch einen Kautschukstöpsel eingesetzt, ein gebogenes Röhrchen C mit einem Tropfen Ol zur Absperrung der äußeren Luft. Die Schalen mit dem CaCl, werden vor und nach dem Versuch gewogen, das Chlorkalzium darf aber in nicht zu großer Menge enthalten sein, um den Luftraum nicht zu sehr auszutrocknen.

Eine viel benutzte Methode beruht in der Messung des von der Pflanze aufgenommenen statt in der Bestimmung des durch Transpiration abgegebenen Wassers. Freilich muß man sich bewußt bleiben, daß man es

ı) M. Garreau, Anm. sciences nat. Bot. (3) 13, 321 (1849).

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 437

mit einem Lebewesen zu tun hat, bei dem es sich also nicht verhält wie bei einem Schwamm, bei dem allenfalls das eingesogene Wasser sowohl durch Abnahme des Wassers in dem Aufnahmegefäß, als auch durch Wägung des aus dem Schwamm ausdrückbaren Wassers bestimmen kann, mit anderen Worten, daß Wasseraufnahme und Wasserabgabe durch die Pflanze zwei voneinander physiologisch geschiedene Vorgänge sind, die nicht ohne weiteres quantitativ miteinander in kausale Ver- bindung gebracht werden können; nur bei länger andauernden Ver- suchen, nicht aber bei kürzeren Ablesungen ist ein gewisser Parallelis- mus vorhanden, während der Assimilationstätigkeit wird überdies ein Teil des aufgenommenen Wassers chemisch verwendet usw. Keines- falls kann man also statt Transpirationsgröße einfach Aufnahme- größe des Wassers setzen, dazu kommt noch, daß Veränderungen’der äußeren Verhältnisse, wie Temperatur, Licht usw., E die beiden Prozesse in verschiedener Weise beeinflussen, daß auch innere Verhältnisse der Pflanze in verschiedener Weise auf dieselben Ein- fluß nehmen können. Eine zartblätterige Pflanze aus einem kühleren Raum in einen wärmeren, aus dem zerstreuten Tageslicht in direktes Sonnen- lieht gebracht, wird viel mehr Wasser durch Transpiration abgeben, als die Wurzeln aus dem Nährsubstrat aufnehmen können, die Pflanze wird im extremen Falle trotz reichlicher Wasserzufuhr welken; wurde dagegen bei einer Topfpflanze der Boden trocken werden gelassen, so wird bei folgen- dem Begießen zunächst das Einsaugen des Wassers die Abgabe bei weitem übertreffen, eine konstante Parallelität ist also in keinem Falle gegeben. Immer- hin ist unter konstanten äußeren Verhältnissen und längerer Versuchsdauer die Methode auch für die Erlangung von approximativen Transpirations- Fig. 15%. Pfeffers Appa- E = E z ra estimmung von werten geeignet. Auf alle Fälle aber ist es vielfach Wasseraufnahme und -ab- eine Aufgabe für sich und physiologisch wünschens- a wert, die Menge des von einer Pflanze unter bestimmten Verhältnissen und in einer bestimmten Zeit zu kennen.

Wenn es mit einem Apparat möglich ist, sowohl den Betrag der Wasseraufnahme als auch den der Wasserabgabe zu bestimmen, ist die Beantwortung zweier physiologischer Fragen gegeben, man darf nur nicht in den einzelnen Versuchszeiten eine Übereinstimmung beider Werte erwarten, da, wie bereits erwähnt, die physiologischen Vorgänge der Wasseraufnahme und Wasserabgabe Leistungen der Pflanze ent- sprechen, die getrennt ablaufen und auch verschiedentlich beeinflußt werden. Pfeffer beschreibt (Pflanzenphysiologie I, S. 214) einen sehr einfachen derartigen Apparat (Fig. 158), bestehend aus einem graduierten Gefäß nach Art eines Meßzylinders Z, dessen obere Öffnung aber ver- engert und in welcher die Versuchspflanze mit Hilfe eines Stöpsels luftdicht befestigt ist; in der Nähe des Bodens besitzt der Zylinder elnen Tubus, welcher, mit einem Kautschukstöpsel versehen, das recht- winklig gebogene, mit einer Maßeinteilung versehene, mit dem Zylinder kommunizierende Glasrohr M trägt. Auch hier wird das Ursprungsgewicht des ganzen Apparates samt Pflanze und dann dessen Gewichtsabnahme

438 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

durch Wägung bestimmt und so die Größe der Transpiration gefunden, während gleichzeitig das Flüssigkeitsniveau im kommunizierenden Meß- rohr die aufgenommene Wassermenge anzeigt. Zu berücksichtigen ist dabei das von den Wurzeln verdrängte Wasservolumen, welches in ver- schiedenen Niveauhöhen ungleich ist.

MacDougals!) ,‚Potometer‘“ (Fig.159) besteht aus einem etwa meter- langen, engvolumigen Glasrohr, dessen Teilstrichabstände 100 mg Wasser entsprechen. Das eine Rohrende ist rechtwinklig nach abwärts gebogen a und taucht in ein kleines Gefäß mit Wasser, das andere Ende ist u-förmig nach aufwärts gebogen und dient zur Befestigung der Versuchspflanze. Nachdem der Apparat mit Wasser gefüllt wurde, läßt man durch Heben des Schenkels a eine Luftblase eintreten und notiert die Zeitintervalle, die verlaufen, wenn diese Luftblase von einem Teilstrich zum andern vorrückt. Verwendet man gefärbtes Wasser, so ist die durch das Vorrücken der Luftblase angezeigte Aufnahme des Wassers durch den

Fig.159. Mac Dougals Potometer.

Sproß einem größeren Auditorium sichtbar zu machen, die Transpira- tionsgröße wird allerdings dadurch nicht angegeben. Pfeffer?) hat für feinere Transpira- tionsmessungen, als sie mit seinem oben RR r beschriebenen einfachen Apparat möglich nn sind, ein Instrument ee . bei ee ein ganz ähnliches Versuchsgefäß verwendet wird wie bei jenem, nur daß hier der Tubus oben statt unten an- gebracht ist. Der Stöpsel, welcher das Gefäß (Fig. 160) verschließt, trägt in der einen Bohrung den zum Versuche verwendeten Sproß, in der anderen ein Thermometer, das ebenfalls in das Wasser eintaucht. Das englumige, in dem Tubus befindliche Rohr a trägt einen Maßstab und liegt horizontal, wodurch eine Veränderung des Wasserdruckes ver- mieden wird. Ein Wiederfüllen des Rohres ist durch den Hahn b mög- lich, welcher die Verbindung mit einem höher gestellten Gefäße her- stellt. Mittels dieses Apparates ist die Ablesung innerhalb sehr geringer Zeitintervalle und die Beobachtung der Aufnahme von sehr geringen Wassermengen möglich.

ı) Mac Dougal, Botan. Gaz. 24, 110 (1897) :) W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie I, S. 223.

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 439

Zur Bestimmung der Transpiration hat Vesque!) einen Apparat beschrieben (Fig. 161). Ein Kapillarrohr aus Kristallglas a ist an seinen beiden Enden rechtwinklignach abwärts gebogen ; das wieder nach aufwärts gekrümmte Ende reicht einerseits von unten in den mit Wasser gefüllten Zylinder b, der oben in der üblichen Weise mit dem Stöpsel verschlossen ist, in den die Versuchspflanze luftdicht eingepaßt wurde. Das andere nach aufwärts gebogene Ende ist mit folgendem Apparat verbunden: Der kleine Zylinder e ist an seinem unteren Ende mit einem doppelt gebohrten Stöpsel verschlossen, in dessen eine Öffnung eben das ge- bogene Ende des Rohres a eingeführt ist, in die andere Bohrung reicht der Schenkel des Zylinders d, der nach unten verschmälert ist und eben in jener gebogenen Röhre ausläuft; e und d sind mit Wasser gefüllt, in der Mitte von d ist eine nach aufwärts gerichtete Nadel c befestigt, deren Spitze zu Beginn des Versuches den Flüssigkeitsspiegel berührt. Das Kapillarrohr geht durch die Fassung /, mit der ein auf dem Balken g aufliegendes Prisma befestigt ist. :

Das ganze Instrument funktioniert wie eine Wage, und so wie bei einer solchen läßt sich mittels der Schraube s der Schwerpunkt nach oben oder nach unten verschieben.

Die Pflanze entnimmt ihr Wasser 2 Y aus dem Zylinder e, während das Gefäß b ständig mit Wasser gefüllt bleibt. Angenommen, zu Beginn des Experimentes sei das Instru- ment im Gleichgewicht, die Nadel- spitze sei auf Null eingestellt und das Gewicht jedes der Wagebalken sei mit P bezeichnet. Ist p der Betrag des durch die Wurzel aufgenommenen, der des durch die Pflanze in der Transpiration abgegebenen Wassers, so ist das Gewicht des Wagebalkens auf der Seite des mit der Pflanze pi. ı61. Vesques versehenen Zylinders b Transpirometer. FTD —pı- Das Gewicht des anderen Wagebalkens P—p.

Um das Gleichgewicht wieder herzustellen, muß auf dieser Seite Gewicht zugelegt werden, uns zwar We DB) (PP) 2D Do

Diese Zahl wird in der Regel positiv sein, d. h. das Gefäß b wird ge- sunken sein; im Falle sich c gesenkt haben sollte, wäre p, >2p,d.h. die Pflanze hätte mehr als das doppelte des aufgenommenen Wassers abgegeben. Wenn die Pflanze gerade doppelt so viel Wasser abgibt, wie sie aufnimmt, bleibt die Wage im Gleichgewicht. Sobald der Ver- such beginnt, sehen wir das Niveau des Wassers fallen und die Nadel aus d emportauchen.

Angenommen es wäre p>p,, d. h. die aufgenommene Wasser- menge sei größer als die abgegebene. Aus einem tarierten Fläschchen

1) J. Vesque, Annal. sc. de nat. Bot. 6, 201 (1878).

440 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

wird in das Gefäß e so viel Wasser gegossen, bis das Nullniveau in d wiederhergestellt ist. Die Gewichtsdifferenz des Fläschchens entspricht dem Gewichte des aufgenommenen Wassers p; das Gleichgewicht ist aber noch nicht hergestellt, man muß noch, um das zu erreichen, eine kleine Menge Wasser, entsprechend p p,, hineinschütten, welche mit der erstzugefügten zusammen die Menge x ergibt. Wir kennen 2 =p + (p—p,). Kennen wir nun p und z, so ist die in der Transpiration abgegebene Wassermenge aus der Gleichung Pı=2p—ı zu bestimmen. Der Apparat eignet sich vor allem zu Demonstrations- zwecken. An einem trockenen Ort auf den Boden gestellt, sinkt der Arm mit c. Unter gewöhnlichen Vegetationsbedingungen, in feuchter Luft und diffusem Licht, bemerkt man, daß gleichzeitig mit der Ein- stellung von Niveau d man das Gleichgewicht p herstellt. Es geschieht häufig, daß man mit einemmal nicht fertig wird, sondern eine neue Menge Wasser zufügen muß, um die Nadel wieder auf Null einspielen zu lassen. Ein einfacherer von Vesque konstruierter Apparat (Fig. 162) besteht aus folgendem: Ein Glaszylinder z ist mit einem Stöpsel verschlossen, in dem der Pflanzensproß luftdicht T befestigt ist; unten kommuniziert dieser Zylinder mit einem engeren Zylinder B, der so gekrümmt ist, daß er einen langen, vertikalen Schenkel bildet. An der Stelle a desselben ist der Zylinder eingeschnürt. In den Stöpsel des ersten Zylinders ragt das gebogene und ausgezogene Kapillarrohr K, durch das dieser mit der äußeren Luft in Verbindung steht. Der ganze kleine Apparat, der ungefähr 7—8 cm Höhe mißt, ist auf einem kleinen Holzbrettchen fixiert. Um den Apparat mit Wasser zu füllen, verbindet man B durch einen Kautschuk- schlauch mit dem unteren Tubus eines mit Wasser ge- füllten, erhöht aufgestellten Gefäßes; die Luft entweicht Fig. songatvon durch die Kapillare K; durch zweckmäßiges Neigen des Apparates kann man leicht die letzten Luftblasen entfernen, die an den Glaswänden oder an den Wurzeln haften. Wenn das Rohr C mit Wasser gefüllt ist, verschließt man es mit dem Finger, zieht den Kautschukschlauch von B ab, verschließt auch B mit dem Finger, und schmilzt an der Lampe das Ende des Rohres K ab. Indem die Pflanzenwurzeln beständig Wasser auf- nehmen, sinkt das Wasserniveau in B und man kann leicht die Menge des verschwundenen Wassers messen; die Menge des durch Transpiration abgegebenen Wassers zeigt die Gewichtsabnahme des Apparates an. Im Experiment entfernt man mit Filtrierpapier das Wasser jenseits der Einschnürung von B, wägt dann den Apparat möglichst schnell, ver- merkt sich die Zeit und überläßt ihn dann sich selbst. Die Versuchs- dauer muß möglichst lang sein, damit die kurze Zeit zwischen der Ein- stellung bei a und der Wägung vernachlässigt werden kann. Bei Be- endigung des Versuches wägt man von neuem und betrachtet den Gewichtsverlust als Transpirationsgröße. Dann schüttet man aus einem Fläschchen, nachdem dieses zur Hälfte mit Wasser gefüllt und gewogen wurde, Wasser in die Röhre B, bis wieder das Niveau von a erreicht ist, und wägt das Fläschchen wieder, dessen Gewichtsverlust das auf- genommene Wasser angibt. Es ist übrigens nicht notwendig, das Fläsch-

XXIII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 441

chen zu wägen, es genügt, die Pflanze am Schlusse des Experimentes zu wägen, in die Röhre B aus dem Fläschchen Wasser einzugießen, bis das Niveau a erreicht ist, und dann wieder zu wägen: die Gewichts- differenz ergibt die aufgenommene Wassermenge. Wenn man gleich- zeitig auch das Fläschchen wägt, besitzt man eine wünschenswerte Kontrolle, welche es ermöglicht, Versuche auszuschalten, in die sich ein Fehler infolge der Zeit eingeschlichen hat, die zwischen den einzelnen Operationen verstreicht.

Höchst einfach ist auch der von Krutitzky erfundene Apparat (Fig.163), mit dem Transpiration und Wasseraufnahme gleichzeitig be- stimmt werden können. Auf die Schale einer FederwageW wirdein Glasgefäß gestellt, in das die in Erde eingewurzelte Versuchspflanze P gestellt wird.

Fig. 163. Krutitzkys Transpirationswage. Fig. 164. Selbstregistrierendes Transpirometer von sanong. Der Topf besitzt nahe der Basis einen Tubus, in den ein doppelt gebogenes Siphonrohr abzweigt, das in einen aräometerähnlichen Schwimmer M taucht, der in einem nahe der Wage stehenden, mit Wasser gefüllten Glaszylinder stabil schwimmt. Seitlich von diesem Apparat steht auf einem Stativ ein Mariottesches Gefäß FI, welches dazu dient, das Wasserniveau im Zylinder konstant zu erhalten. Die freie Oberfläche im Schwimmer kann mit einer Olschicht bedeckt sein. Saugt die Pflanze durch den Siphon Wasser aus dem Schwimmer, so hebt sich dieser und, zeigt, da er in Kubikzentimeter eingeteilt ist, die Menge des aufgenommenen Wassers. Anderseits gibt der Zeiger auf dem Zifferblatt der Wage das jeweilige Mehr- oder Mindergewicht des Topfes samt Pflanze in Grammen an. Der Apparat kann auch selbstregistrierend eingerichtet werden. Zu diesem Zweck befindet sich auf dem Schwimmer nahe seiner Mündung ein Korkring, auf dem eine Glasnadel mit einem Gegengewichte befestigt ist; diese berührt wieder die berußte Oberfläche einer Trommel, welche,

442 XXIII Messung der Gas- und Wasserbewegung.

um eine vertikale Achse drehbar, in 24 Stunden eine Umdrehung macht. Gehen wir nun zu den sehr genauen, aber auch entsprechend kom- plizierteren Transpirometern über, so.seien hier nur die von Ganong, den Transeau!) vereinfacht hat, von Anderson, Woods und Vesque genannt.

Das selbstregistrierende Transpirometer von Ganong (Fig. 164) be- steht aus einem Zylinder R, der auf einem Spiralgeleise zwischen Außen- und Innenwand ca. 250 Kugelgewichte von 1 g trägt. Diese Gewichte sind Kugeln aus Stahl von 11% Zoll (englisch) Durchmesser, wie wir sie auch bei der Andersonschen Wage kennen lernen werden, welche untereinander nicht mehr als zirka 1 mg an Gewicht variieren. Diese versorgen durch ihre Schwere einzeln eine einfache Fallklappe, welche so angebracht ist, daß, wenn durch einen Elektromagneten ein Antrieb ausgeübt wird, eine gleitende Bewegung entsteht, die einen Ball durch eine Röhre in eine Wagschale G fallen läßt, worauf sofort ein neuer Ball dessen Platz auf der Gleitfläche einnimmt. An dieser Fallseite ist ein Stab angebracht, an dem eine Schreibfeder so adjustiert ist, daß sie die Gleitbewegung in Tätigkeit setzt, d. h. immer wenn eine Kugel fällt, zeichnet die Feder mit Chronographentinte eine feine, vertikale Linie auf dem Registrier- papier, das durch einen rotierenden Zylinder langsam vorbeigeführt wird. Die Pflanze P wird in der für Transpirationsversuche üblichen Weise be- festigt und befindet sich im Gleichgewicht auf der Wagschale irgend einer guten analytischen Wage, während das Transpirometer daneben ad- justiert ist. Wenn die Pflanze bei der Transpiration Wasser abgibt, er- hebt sich diese Wagschale und berührt auf der Höhe ihrer Schwingung einen Draht, wodurch ein elektrischer Strom geschlossen wird. Dieser setzt einen Elektromagneten E in Tätigkeit, welcher dann das Gleiten der Bälle bewirkt und eine Kugel in die Wagschale fallen läßt; diese wird dadurch sofort herabgedrückt und der Strom mithin unterbrochen. Dadurch entsteht ein Zeichen auf dem Registrierpapier. Dieser Vorgang vollzieht sich dann jedesmal, wenn die Pflanze ein Gramm Wasser ver- loren hat. Die Registriertrommel dreht sich einmal in 24 Stunden um ihre Achse, und das Papier ist in numerierte Abschnitte rastriert, welche den Stunden entsprechen. Diese Räume sind wieder in zwölf Teile unter- geteilt, von denen also jeder fünf Minuten entspricht. Jeder von ihnen ist 1 mm breit, so daß man also auch gewöhnliches Millimeterpapier ver- wenden kann. Diese wiederum können leicht abgelesen werden, so daß man durch Schätzung auch Zwischenräume von einer Minute bestimmen kann. Daher ist es möglich, von der Trommel direkt die Zahl der Minuten abzulesen, welche vergehen, während die Pflanze 1 g Wasser verliert, welche Zahlen leicht in andere Daten umgewandelt werden können. Nach horizontaler Richtung ist das Papier in sieben Räume geteilt, welche durch Anfangsbuchstaben bezeichnet werden, die je einem Tage der Woche entsprechen. Die Feder gleitet auf dem Stabe, welcher sieben Einkerbungen enthält; jeden Tag, wenn die Pflanze (alle 24 Stunden) begossen und das Uhrwerk aufgezogen wird, gleitet die Feder am Stabe entlang um eine Einkerbung tiefer. ‚Jeder Streifen des Registrierpapiers reicht daher für eine Wochenarbeit. Der Dreifußständer des Apparates ist nach der Höhe verstellbar und kann entsprechend eingestellt werden, während des Gebrauches wird der Apparat von einer Glasglocke bedeckt

1) E. Transeau, Botan. Gaz. 52, 57 (1911).

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 443

arbeiten gelassen. Für den Gebrauch im Freien ist es besser, den Gewichts- zylinder und die Registriertrommel getrennt aufzustellen, so daß man die letztere an beliebigem Orte, im Laboratorium, im Zimmer usw., plazieren kann, während das Meßinstrument beliebig entfernt davon arbeitet. Die Gewichte sind gewöhnlich Grammgewichte, aber es können natürlich auch leichtere oder schwerere Verwendung finden.

Die Andersonsche!) Registrierwage (Fig. 165) besteht im wesent- lichen aus einer Wage, deren einer Wagarm w sinkt, wenn das Gewicht eines wasserabsorbierenden Chlorkalziumgefäßes k wächst. Wenn der Arm sinkt, wird ein elektrischer Strom geschlossen, und ein elektromagnetischer Mechanismus läßt ein Gewicht los, welches auf den anderen Arm r des Wagebalkens oder besser direkt in die Wagschale fällt. So wird die Schale automatisch ins Gleichgewicht gebracht, nach- dem ein gleicher Zuwachs des Gewichies sich eingestellt hat. Sowie das Gewicht fällt, wird es auf dem Registrierzylinder verzeichnet, der in jeder beliebigen Entfernung von der Wage

Fig. 165. Andersons Registrierwage.

aufgestellt sein kann. Die Wage mitsamt dem ganzen Fallmechanis- mus ist in eine Kasette eingeschlossen, um vor Feuchtigkeit bewahrt zu sein. Die Wägevorrichtung besteht aus einer flachen Schale und ist auf !/,, g empfindlich mit einer Belastungsmöglichkeit von 5 kg. Der Balken ist 11 Zoll (englisch) und mit seinen Stützen an einer Eisen- platte angeschraubt, die am Boden der Kasette montiert ist. Die Messing- schalen haben 7 Zoll Durchmesser und werden durch Messingträger gehalten, welche an den Armen des Wagebalkens angebracht sind; die Träger der Wage sind aus Diamantstahl. Der elektromagnetische Balance- mechanismus besteht aus einem Gewichtehalter und einem Elektro- magneten e, ferner aus Metallkontakten auf dem Wagebalken, dem Queck- silbergefäß, Draht und Batterien. Der Gewichtehalter r ist eine spiralig zusammengedrehte Messingröhre, welche 125 Stück Gewichte enthält. Am unteren Ende dieser Rolle ist ein Hebel, der an einem Zapfen vor- und rückwärts gedreht werden kann. Ein Ende dieses Hebels ist durch

1) Anderson, Minnesota botan. studies 1, 177 (1894).

444 XXIL Messung der Gas- und Wasserbewegung.

einige Kettenglieder mit der Armatur des Elektromagneten verbunden und das andere Ende, welches durch eine Feder an seiner Stelle gehalten wird, wenn der Strom geöffnet ist, trägt eine Gewichtstasche, welche ein Gewicht von der Gewichtsröhre aufnimmt, wenn der Strom sich schließt, und läßt es, nachdem es zirka ?/,, eines Zolls seitlich geschoben wurde, durch ein Loch in der Messingplatte fallen, von wo es in die Wagschale gleitet. Sowie der Strom durch Wiederherstellung des Balkens ins Gleichgewicht wieder geöffnet ist, kehrt der Hebel in seine frühere Stellung zurück und empfängt ein anderes Gewicht aus der Röhre und ist von neuem bereit, es in die Wagschale fallen zu lassen, sobald das notwendige Anwachsen des Gewichtes am andern Ende des Balkens den Strom schließt. Der Gewichtehalter ist etwa !/,, Zoll breiter als der Durchmesser der Gewichte, er ist an den Elektromagneten an- geschraubt und erstreckt sich oberhalb und seitlich der Kasette, in welche er luft- und wasserdicht durch einen Kautschukstöpsel eingepaßt ist. Er kann also gegen einen solchen größeren oder kleineren Kalibers ein- getauscht werden, je nach der Größe der verwendeten Gewichte. Ge- wöhnlich werden Gewichte zu 1 g verwendet, Stahlballen, die im Gewichte um nicht mehr als 1 mg voneinander differieren dürfen. Ein gutes Kohle-Zinkelement genügt, um den Mechanismus in Tätig- keit zu setzen. Der Strom geht von der Batterie zu einem Quecksilber- gefäß durch den Magneten, dann durch den Kontakt am Wagebalken zu der Verbindungsstelle an der Kasette und von da zur Batterie zurück. Ein mit einem Schwefelsäureabsorptionsgefäß verbundenes CaCl,-Rohr wird auf die eine Wagschale gestellt. Die vorher in R getrocknete Luft, welche lie Transpirationsfeuchtigkeit aus der Versuchs- glocke g mit der Pflanze fortführt, wird durch die Absorptionsgefäße mit Hilfe eines Aspirators durchgeführt. Zwei Kautschukschläuche verbinden den Absorber mit der Glocke und den Aspirator vermittels durchgesteckter Glasröhren. Die Kautschukschläuche befinden sich im Innern der Kasette und können von außen nicht angegriffen werden, bewegen sich mit der Wagschale und den Absorptionsgefäßen. Beim Beginn des Versuches werden beim Tarieren der Wage diese Kautschuk- schläuche zum Teil mitgewogen und bilden einen Teil vom Gewichte des Absorptionsgefäßes, was aber im Vergleich, da ihr Gewicht konstant bleibt, keine Fehlerquelle bedeutet.

Der Registrierapparat (Fig. 166) von J. Vesque!) beruht auf folgen- dem Prinzip: Auf der einen Schale einer sehr empfindlichen Wage steht ein kleines Glas b mit Wasser, das von einer Ölschicht bedeckt ist. Eine in einem festen Zylinder befestigte Pflanze nimmt daraus ihr Wasser mittels einer zweimal gebogenen Kapillarröhre. Dadurch wird das Gewicht der Schale geringer und die Wagschale c sinkt. Ein kleiner Platinkontakt, der unterhalb dieser Wagschale befestigt ist, berührt das in einem kleinen Eisennapf befindliche Quecksilber und schließt einen elektrischen Strom, der durch den Elektromagneten x streicht. Der Kern f wird angezogen und gibt die Schwingung der Achse von Hahn s frei, welche durch ein Uhrwerk bewirkt wird. Dieser Hahn ist ungebohrt und trägt an zwei entgegengesetzten Enden zwei gleiche konische Ausnehmungen. Das kleine Gefäß 1 ist mit Quecksilber gefüllt und ergießt nach jeder halben Umdrehung des Hahnes stets eine genau gleiche, kleine Quantität,

1) J. Vesque,l.c.

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 445

0,09 g Quecksilber in das Glas a. Gleichzeitig mit Beendigung dieser etwa halben Umdrehung senkt sich der Stift p und sticht eine Punkt- marke auf die rotierende Trommel V. Die Wage ist auf einem Holzblock befestigt, eine ihrer Schalen trägt zwei kleine Gläser, von denen das eine, a, die Quecksilbertröpfchen enthält, die herausfallen sollen, das andere, b, das Wasser, welches zur Aufnahme durch die Pflanze be- stimmt ist. Das Wasser ist von einer Ölschicht bedeckt, um die physi- kalische Wasserverdunstung auszuschließen. Die Wagschale c trägt mitten an ihrer Unterseite die kleine Platinöse, die in den Quecksilber- napf eintaucht, wenn der Wagebalken eine bestimmte Neigung erreicht hat. Eines der Elektroelemente ist am Kontakt d befestigt, der an der Unterseite des Blockes mit der Wagesäule C kommuniziert; von hier geht der Strom durch die Aufhängeschneide in die Schale c. Wenn die Platinöse eintaucht, gelangt er durch e in den Elektromagneten x und

Fig. 166. Registrierapparat von Vesque

kehrt ins Element zurück. Die Achse des Hahnes s ist mit Hilfe eines Stiftes r (in Fig. B) an der Welle /g befestigt, von drei Stützen unterhalten und trägt ein gezahntes Rad u, das durch die Bewegung des Uhrwerkes ge- dreht wird, und ein Rad j, das an zwei entgegengesetzten Punkten ein- gekerbt ist. Die Uhrfeder q sucht die Welle beständig in den Hahn ein- zuführen. Der vertikale Schenkel des gebogenen Hebels hj, der um die Achse w sich dreht, ist durch eine kleine Rolle begrenzt, die an der Peripherie des Rades j läuft, bis einer der Einschnitte sich darbietet; dann senkt sich infolge des Zuges, den die Feder ih am anderen Ende ausübt, der Hebel; eine kleine vertikale Stange, die am Knie des Hebels angebracht ist, senkt sich gleichzeitig und läßt den kleinen Sperrhaken fallen, der das Uhrwerk zum Stehen bringt. Wenn der elektrische Strom den Elektromagneten durchläuft, wird das Stück /, das um Punkt g beweglich ist, angezogen und zieht mittels des Seidenfadens fh den

446 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

Horizontalarm des Hebels mit; der Haken k wird emporgehoben, die Be- wegung setzt ein und bewirkt eine halbe Umdrehung der Stange Is, bis sich dem Hebel von neuem eine Einkerbung des Rades j darbietet. Ein Quecksilbertröpfchen von 0,09 g wird dann in das Glas a geschüttet, die Schale c der Wage steigt in die Höhe und der Strom ist unterbrochen. Der Hahn muß besonders sorgfältig gearbeitet sein, wobei großes Gewicht auf die absolute Gleichmäßigkeit der beiden Ausnehmungen und auf die leichte gegenseitige Verdrängung von Luft und Quecksilber zu legen ist. Der Schenkel ! der Hahnstange trägt einen Hebearm, der bei jeder halben Umdrehung auf den um m beweglichen Hebel mn aufdrückt. Der Hebel seinerseits bewirkt eine Senkung der Spitze p, die ein kleines Loch in die Scheibe V einsticht und dann wieder durch die Wirkung einer Feder an ihren Platz zurückkehrt.

Es seien hier die ausführlichen Beschreibungen von Vesque als Beispiel einer Versuchsanstellung gegeben, wenn man nicht mit dem selbstregistrierenden Apparat arbeitet:

1. DieGrößederAbsorptionwirddureh Wägung bestimmt. Auf die eine Wagschale einer etwa auf 5 mg genauen Wage ohne Gehäuse wird ein etwa 6 cm hohes, mit Wasser gefülltes Gläschen gestellt. Die Pflanze, welche ihre Wurzeln in Wasserkultur entwickelt hat, ist an ein Thermometer angebunden, das ihr als Stütze dient und dessen Kugel beiläufig in der Mitte des Wurzelsystems steckt; die kleinen Würzelchen sind durch einen locker gebundenen Faden zu einem Zopf vereinigt. Eine Klemme hält Thermometer und Pflanze in aufrechter oder leicht geneigter Stellung, so daß die Wurzeln ganz im Wasser schwimmen, ohne am Boden oder an den Wänden des Ge- fäßes anzustoßen. Auf die Wasserfläche wird, um die Verdunstung zu hindern, eine dünne Ölschicht gegossen, die auch zarten, krautigen Stengeln kaum schadet; die Wurzeln bleiben so drei Wochen lang völlig gesund und erst nach dieser Zeit beginnen sie sich schwarz zu färben, die oberirdischen Organe waren aber noch vierzehn Tage nachher ganz intakt. Nachdem die Wage tariert ist, wird neben das Gefäß auf die Wagschale ein 20—30 mg schweres Gewicht aufgelegt. Die Pflanze nimmt Wasser auf, das Gleichgewicht wird wieder hergestellt und die Zeit notiert, die von Beginn des Versuches bis zu diesem Moment ver- läuft. Die Schwingungen der Wagezunge werden, um sie nicht zu be- einflussen, mit einer Lupe aus einiger Entfernung beobachtet. Diese Methode gibt bei gewöhnlichen Temperaturverhältnissen und genügend langen Beobachtungszeiten ausgezeichnete Resultate; aber die Einzel- versuche dauern sehr lange; um die Temperatur des Wassers zu ändern, muß man die Luft des Arbeitsraumes anders temperieren, wobei sich aber wieder die Transpirationsverhältnisse ungleichmäßig ändern. Eine einfache Heizvorrichtung, welche am wenigsten Übelstände zeigt, be- steht darin, daß neben die Wage ein zylindrisches Glas- oder Metall- gefäß gestellt wird, welches ins Wasser taucht, ohne die Wand des Wassergefäßes zu berühren. In diesen Zylinder läßt man einen Strom warmen Wassers laufen, den man durch einen Hahn reguliert, wo- durch man beliebige Temperaturänderungen herbeiführen kann. Frei- lich sind so Täuschungen infolge der Ausdehnung des Gefäßes und infolge der kleinen am Glas oder Metall haftenden Luftblasen nicht aus- geschlossen; so senkte sich die Wagschale, sobald das heiße Wasser in dem Glasgefäß zu rinnen begann, sofort und bei einer Temperatur

XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung. 447

von 30—40 ® C war eine Zugabe von 0,15 g zur Wiederherstellung des Gleichgewichtes notwendig: Der Versuch darf also erst begonnen werden, wenn ein Temperaturgleichgewicht hergestellt ist.

2. DieAbsorption wirdgemessen. Das Wurzelsystem der Pflanze wird hermetisch in einem kleinen Glaszylinder befestigt (Fig. 167). T ist das erweiterte Ende eines Trichterrohres, welches zur Aufnahme der Pflanzenwurzeln dient. Der Stöpsel trägt außer der Pflanze ein in Zehntelgrade eingeteiltes Thermometer /, welches zur Anzeige der Temperatur des die Wurzeln umgebenden Wassers dient. Um die Wasser- menge zu vermindern und die immer wenig Sicherheit gewährenden Stöpsel zu vermeiden, kann man folgende Versuchsanstellung verwenden: Die Röhre b (durch einen Glashahn verschließbar) dient zum Einfüllen von Wasser aus der Flasche k in den Zy- linder T. Die Röhre c, deren innerer Durchmesser sehr klein ist, ist geeicht und soll die Schnelligkeit der Absorption messen. Der ganze Apparat befindet sich in einer umgekehrten Glocke A von einem Fassungs- raum von 2—3 Litern, die mit Wasser ge- füllt ist; der Hahn a, der den Tubus der Glocke schließt, ermöglicht den Ersatz von kaltem durch wärmeres Wasser. Um die Temperatur während der Versuchszeit kon- stant zu erhalten, dient folgendes Ver- fahren: Der Zylinder T ist als Kugel eines Thermometers zu betrachten, dessen Säule die Röhre c ist. Dieses wassererfüllte Ther- mometer ist in Zehntelgrade einge- teilt. Die Graduierung geschieht durch das im Stöpsel steckende Ther- mometer {. Es genügt, die Tempe- ratur des Wassers unter Ablesung des Thermometers { zu erhöhen und gleichzeitig den Meniskus des Was- sers in der Röhre c zu markieren. Dabei muß natürlich angenommen Fig. 167. Apparat zur Messung der Absorption werden, daß der Ausdehnungskoeffi- nach-Yesdur: zient von Pflanzenwurzeln und Wasser derselbe ist, was aber wohl kaum jemals der Fall ist; man kann das Thermometer auch kalibrieren, wenn die Pflanze schon in Teingeschlossen ist, aber dann muß der Temperaturwechsel sehr rasch vorgenommen werden, damit die Pflanze währenddes keine erhebliche Quantität Wasser aufnimmt, was zu erreichen immer schwierig ist, so daß der ersten Methode der Vorzug gebührt. Wenn der Apparat also kalibriert ist, wird 0,1° als Volumeinheit genommen und die Ausdehnungsgröße des Wassers in der Röhre c gemessen. Angenommen, die Anfangstemperatur sei 15 °C. Ich will nun die Absorption während einer Temperaturerhöhung von 15° auf 20° C beobachten; während des Versuches macht z. B. der Meniskus den Weg von 30 Einheiten der Teilung. Die Ausdehnung an und für sich läßt ihn 5 x 10 = 50 Teilungseinheiten fortschreiten, die Absorption betrug also 50 30 20 Einheiten. Diese Methode hat manche Nachteile, die Kalibrierung der Röhre, welche eine Fehlerquelle ist, die Ungleichheit der Ausdehnung

448 XXII. Messung der Gas- und Wasserbewegung.

von Wurzeln und Wasser, die fortwährende Änderung der Ausdehnung durch den Druck des eingeschlossenen Gases. Ein kleiner Kunstgriff gestattet vielleicht die peinliche Konstanterhaltung der Temperatur zu vermeiden. Angenommen, wir sollen die Absorption bei zirka 25° messen, während die Temperatur des Laboratoriums 15 ° beträgt. Man erwärmt das Wasser der Glocke A, indem man nach und nach warmes Wasser zufließen läßt. Wenn das Thermometer ?{ 25 ° anzeigt, hört man auf, liest die Stellung des Meniskus in ce ab und notiert die Zeit. Die Tem- peratur des Zylinders T erhöht sich noch ein wenig und das Thermo- meter zeigt z. B. nach einer bestimmten Zeit die Maximaltemperatur 27°C. Bis hierher kann die Bewegung des Meniskus keine präzise Ab- lesung ermöglichen, weil sie gleichzeitig von der Ausdehnung des Wassers und der Absorption bestimmt wird. Aber von diesem Zeitpunkte an sinkt die Temperatur und erreicht nach einiger Zeit 25° ©. Jetzt liest man den Stand des Meniskus ab, be- zeichnet die Zeit und hat so den Einfluß der Ausdehnung ausgeschal- tet. Man erhält so die Absorption bei einer Temperatur zwischen 25 ° bis 27°C. Man muß sehr langsam arbeiten, um den Gasen der Pflanze zu ermöglichen, sich in den Luft- wegen der Pflanze frei zu bewegen, ohne in den Wurzeln lokale Drucke auszuüben, welche die Absorption beeinflussen müßten.

Schließlich möge noch die Be- schreibung des selbstregistrierenden Apparates vonCopeland!) Platz finden, und zwar vor allem deshalb, weil im Gegensatz zu den vorstehen- den selbstregistrierenden Instrumen- ten die Kosten dieses Apparates bei . En gleicher Leistungsfähigkeit bedeutend Fig. 108. Belbeirseninieronder Apparat von eringer sind als die jener; denpansr

Apparat (Fig. 168) stellt sich auf be- läufig 150 Mark. Das aus Eisenröhren $1 hergestellte Gestell ist 25 Zoll (eng- lisch) hoch und 15 breit. Jeder Arm endigt an seinem oberen Teile mit einem stabförmigen Stück Spiegelglas, das mit seiner Oberseite genau horizontal liegen muß. Zwei Aluminiumräder von 6 und 12 Zoll Durchmesser, so ausgeschnitten, daß sie möglichst leicht und vollkommen zentriert sind, R und r, besitzen eine gemeinsame Achse, deren Enden schmale Zylinder vorstellen, welche auf den genannten Glasplatten rollen. Über das kleinere Rad läuft eine Seide nschnur, die einerseits die Versuchspflanze g, ander- seits ein im untergetauchten Zustande im Gleichgewicht schwimmendes Aräometer sb trägt. Dieses besteht aus einem halb mit Quecksilber ge- füllten Fläschchen mit einem gut schließenden Stöpsel, in den eine Glasröhre eingekittet ist. Die Seidenschnur ist mit gekochtem Wachs geglättet, so daß die Reibung möglichst verringert ist. Wenn die Pflanze beim Transpirieren Wasser abgibt, sinkt das Aräometer, indem es genau

ı!) Copeland, Botan. Gaz. 26, 343 (1898).

XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 449

diejenige Wassermenge verdrängt, welche durch Transpiration am anderen Ende verlorengegangen war. Natürlich muß lie Schnur, welche durch die Glasröhre des Aräometers läuft und dort befestigt ist, gegen hygroskopische Änderung ihrer Länge und sorgfältig gegen Berührung mit Wasser geschützt sein. Wenn beispielsweise der Querschnitt des Zylinders 1 qcm beträgt und das Aräometer 1 cm sinkt, so hat die Pflanze lccm = 1g Wasser verloren. Das größere Rad dreht sich und eine dar- überlaufende gespannte Schnur, die mit einer Schreibfeder / in Verbindung steht, gestattet die Aufzeichnung der Drehung auf einem rotierenden be- rußten Zylinder Tr in der Art, wie das bei einem Auxanometer geschieht. Wenn der Apparat ordnungsgemäß behandelt wird, zeigt er nur einen Mangel, nämlich die Trägheit der Radlast. Die Achse dreht sich leichter, als dies auf Kugellagern möglich wäre.

Reibung ist praktisch keine vorhanden, das einzige, was der voll- kommenen Leichtigkeit der Bewegung Eintrag tut, ist die Oberflächen- spannung des Wassers; aber selbst ihr theoretisches Maximum ergäbe noch keinen sehr beträchtlichen Fehler und jedenfalls äudert sie sich kaum, wenn die Röhre sinkt, sobald diese nur gleichmäßig und rein ist; natürlich muß Zug und unregelmäßige Bewegung vermieden werden. Es können sowohl Topfpflanzen als auch Wasserkulturen verwendet werden; von der Enge der Glasröhren hängt die Empfindlichkeit des Apparates ab, eine dünne Röhre ist geeignet, wenn die Beobachtungs- intervalle sehr kurz sind, sonst sinkt das Aräometer so rasch, daß es sehr bald den Boden erreicht. Wenn der Durchmesser zirka °/, ccm beträgt, sinkt es 8 cm tief bei einem Wasserverlust von 5 g seitens der Pflanze. Wenn das Aräometer gesunken ist, steigt das Wasser ein wenig, aber das ist keine Fehlerquelle, weil das Wasser in demselben Gefäß war, als die Bewegungseinheiten beim Messen der Abstände auf dem berußten Zylinder bestimmt wurden. Bei den Messungen wird eine Genauigkeit von 0,1 mm erreicht. Es ist nicht zweckmäßig, das Rad höher zu belasten als mit 3,5 kg.

XXIN. Beobachtung des Transpirationsstromes.

Um in kleineren Pflanzen den Wasserstrom festzustellen, können wir erstens die Arbeit der Wurzeln in Betracht ziehen, also das, was man Wurzeldruck nennt, oder die Saugung durch den Sproß. Wenn wir auf dem Wurzelstumpf einer Pflanze, z. B. einer Fuchsie, einen Druck- messungsapparat befestigen, so wird das Wasser, welches aus dem Stumpf herausgepreßt wird, imstande sein, das Quecksilber des einen Manometerschenkels in die Höhe zu drücken; wenn man gleichzeitig an dem Sproß derselben Versuchspflanze ein Potometer anbringt, so kann man auch die Saugung durch den Sproß feststellen. Durch die gewaltsame Trennung von Sproß und Wurzel vollziehen sich aber Vor- gänge, die ein Urteil von den Erscheinungen bei den getrennten Pflanzen- teilen nicht mehr auf die bei der intakten sich vollziehenden Vorgänge übertragen lassen; es empfiehlt sich daher für solche Versuche einen von O. V. Darbishire!) beschriebenen und Pinometer ge- nannten Apparat zu benutzen, welcher mit Pflanzen zu arbeiten ge- stattet, bei denen diese Lostrennung von Sproß und Wurzel nicht voll-

1)0. V. Darbishire, Botan. Gaz. 39, 356 (1905). Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 29

450 XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes.

kommen erfolgt ist, sondern wo die beiden durch ein Verbindungsstück des Apparates in Konnex stehen, so daß, obwohl die Pflanze entzwei-

geschnitten ist, doch die Sproßsaugung mit dem Wurzeldruck und um- gekehrt verbunden ist. Das Pinometer (Fig. 169) besteht auseinergeraden Glasröhre bD—d, an wel- che ein anderes kurzes Glasrohr c—/ schräg an- geschmolzen ist. An der entgegengesetzten Seite, aber etwas höher, ist ein U-Rohr mit schie- fem Verbindungsstück angeschmolzen (a—e). Der Apparat; besitzt also hier vier Öffnungen, nämlich a, b, c, d. Die ZUHIIDI lichte Weite der für das

Fig. 169. Darbishires Pinometer. Pinometer verwendeten

Glasröhren hängt aus-

schließlich von der Sproßdicke der Versuchspflanze ab und wird un- gefähr der Stammdicke entsprechend gewählt. Die Glasröhren müssen vor dem Versuch sorgfältig gereinigt sein, weil namentlich kleine Erd-

Fig. 170. Darbishires Anordnung mit zwei Pinometern.

teilchen das Eindringen winziger Luftbläs- chen in das Röhrensystem ermöglichen. Auch die Kautschukschläuche sollen mög- lichst von Luft befreit und alle Mani- pulationen überhaupt so schnell als mög- lich ausgeführt werden. Wenn alle Teile des Apparates zusammengesetzt sind, wird die Pflanze mit ihrem Topf so in eine Unter- tasse mit Wasser gestellt, daß sie einige Zoll oberhalb des Punktes eintaucht, wo sie durchschnitten werden soll; die Blätter dürfen nicht mehr benetzt sein, als dies ab- solut notwendig ist. Der Pflanzenstengel wird nun so unter Wasser durchschnitten, daß oberhalb und unterhalb der Schnitt- stelle beiläufig ein Zoll des Stammes ohne Knospe oder Seitenzweig sich befindet. Wenn der Stamm schon einen vollkomme- nen Holzkörper besitzt, kann die Rinde einen halben Zoll oberhalb des Schnittes am Sproß und unterhalb an der Wurzel mit einem scharfen Messer entfernt werden. Das untere Ende des Sprosses wird nun, ohne

aus dem Wasser gehoben zu werden, mit einem Kautschukschlauch an der Öffnung a befestigt und der Teil a«—e des Pinometers bleibt mit Wasser gefüllt, selbst wenn es aus dem Wasser entfernt wird, und

XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 451

kann zeitweise durch die Klemme i in einem Stativ gehalten werden. Die Pflanze wird am besten durch einen Druckschlauch und eine Schraubenklemme, nicht aber durch Umschnürung festgehalten. Dann wird ein Stück Kautschukschlauch über das obere Ende des Wurzel- stumpfes geschoben, auch dieses mit Wasser gefüllt und nunmehr der ganze Blumentopf weggehoben. Das Ende b des Pinometers wird nun schnell mit diesem Schlauchende über dem Wurzelstumpf verbunden, an c wird ein Manometer k befestigt und Wasser vom Reservoir rin Fig. 170 nach d fließen gelassen, bis das ganze Röhrensystem mit Wasser gefüllt ist, Dann wird Quecksilber in den Außenschenkel des Manometers ge- schüttet und dadurch bewirkt, daß Wasser bei d zum Ausfließen kommt, wo ein Druckschlauch fest angebracht worden war. Wenn im Mano- meter genug Quecksilber vorhanden ist, so daß die Säulen entsprechenden Spielraum zum Steigen und Fallen haben, wird die Öffnung bei d durch einen Quetschhahn geschlossen, wodurch der Versuch eingeleitet ist; ein Millimetermaßstab k wird am Manometer befestigt.

Wenn Luft austritt, sammelt sie sich unter d, wenn sie aus irgend- einem Teil der Pflanze, den unteren Teil des Sprosses ausgenommen, kommt; sie kann durch Öffnen des Quetschhahnes und Einlaufen von Wasser aus dem Reservoir entfernt werden. Sollte sie sich aber unter a sammeln, so muß der Sproß aus dem Kautschuk herausgenommen und ins Glas getaucht werden, worauf man bei d vorsichtig Wasser ins Pinometer einfließen läßt; dieses fließt dann langsam bei a aus, worauf, nachdem das Wasser jede Spur Luft entfernt hat, der Sproß wieder be- festigt wird. Das Öffnen des Quetschhahnes und die Verdrängung der Luft bewirkt wieder einen Rückgang des Quecksilbers zur Aus- gangsstellung. Das kann aber vermieden werden, wenn man zwischen das schiefe Stück —c und das Manometer einen Stöpsel einschaltet. Das ist übrigens nicht absolut nötig, weil der Apparat ohnehin kaum für quantitative Zwecke zu benutzen ist. Die Resultate, die mit dem Pinometer zu erlangen sind, hängen sehr von der Stelle ab, an welcher man die Pflanze befestigt; es sollen daher einige Experimente von Darbishire in dessen Beschreibung wiedergegeben werden: Ein Pinometer wurde am Hauptsproß durch Abschneiden des Stammes ein wenig oberhalb des untersten Seitensprosses befestigt. Kurze Zeit darauf stieg das Quecksilber in dem der Versuchspflanze zugekehrten Manometerschenkel, da diese aus dem Pinometer Wasser ansaugte. So- bald das Quecksilber steigt, wird der Zug am unteren Ende des Sprosses und oberen Ende des Wurzelstumpfes der Pflanze stärker, Hand in Hand damit die Blätter des Sprosses oberhalb welker, während die Blätter des untersten Seitensprosses ganz frisch bleiben. Hier zeigt sich also, durch das Pinometer angegeben, Saugung durch den Sproß, die auch automatisch registriert werden kann, wenn ein Schwimmer auf der Quecksilberoberfläche des offenen Manometerschenkels angebracht wird. Derselbe ist an einem feinen Faden befestigt, der über eine Rolle läuft und an dem freien Ende eines Hebels angreift, dessen anderes Ende eine Schreibfeder versorgt, die auf einer rotierenden Trommel schreibt. In einem anderen Versuch wurde das Pinometer an eine Fuchsie befestigt, und zwar zirka einen Zoll über der Erde und knapp unterhalb des untersten Seitenzweiges. Hier zeigte sich der Wurzeldruck sehr bald, und das Quecksilber wurde aus dem inneren Schenkel herausgedrückt und stieg schnell im anderen Manometerschenkel. Die Blätter des Sprosses

23

452 XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes.

blieben so lange frisch, als der Druck andauerte, nämlich 16 Tage, an diesem Tage war der Höhenunterschied der beiden Manometerschenkel 20 mm. In einem dritten Versuch wurden zwei Pinometer (Fig. 170) ver- wendet. Eins war an einer Fuchsienpflanze gerade oberhalb der Erde be- festigt, ein anderes gerade oberhalb desuntersten Seitenzweiges. Die Pflanze war somit in drei Teile geschnitten, deren unterster, der Stumpf, jedes Seitenzweiges beraubt war. Das an dem unteren Pinometer P, be- festigte Manometer zeigte sehr bald Wurzeldruck, das des oberen Pino- meters P, Saugung von seiten der beiden Sproßteile an. Wurzeldruck und Sproßsaugung machte sich also hier durch die Höhendifferenz bemerkbar. Der Unterschied im Aussehen der Blätter an den beiden Sproßteilen war sehr auffallend. Die Blätter des oberen Sproßteiles waren tot, hier war ein starker Zug am unteren Ende vorhanden. Die Blätter des mittleren Sprosses waren frisch, da hier am unteren Ende ein Druck vorlag, ob- zwar das untere Pinometer von dem oberen nur durch zwei Zoll etwa getrennt ist (zwischen a, und b,). Nach 14 Tagen zeigte eine neuerliche Ablesung eine Differenz von 18 mm in der Höhe der beiden Quecksilber- säulen im unteren Pinometer, was einen Druck von seiten der Wurzel anzeigte, und eine Differenz von 20 mm im oberen Pinometer, eine Saugung seitens des Sprosses anzeigend. Auch mit drei Pinometern wurde an einer Fuchsie ein Versuch aus- geführt. Nach einiger Zeit zeigte das untere Pino- meter Wurzeldruck mit einer Differenz von 3l mm der Quecksilbersäulen ‚das mittlere zeigte Saugung mit einer Höhendifferenz von 85mm und das obere Pinometer ebenfalls Sau- sung mit 63,5 mm Diffe- h. 3 renz. Die Zahlen waren Fig. 171. Potometer von Renner. am nächsten Tag in Milli- metern: 39 (Zunahme um 8 mm) 127,2 (also 42,2) und 128 (d. i. 64,5). Die zwei unteren Pinometer befanden sich unterhalb der untersten Zweige. Das hier beschriebene Pinometer ist vor allem für Vorlesungs- und Demonstrationsversuche ge- eignet. Natürlich ist das Ansetzen des Pinometers an einen Fuchsien- sproß für diesen keinesfalls gleichgültig, so daß immer der Einwand ge- macht werden kann, die Vegetationsverhältnisse, unter denen der Ver- such durchgeführt wird, seien unnatürliche. Jedenfalls ist es mittels des Pinometers möglich, die Beziehungen zwischen Wurzeldruck und Sproß- saugung deutlich zu machen.

Das von OÖ. Renner zur Messung der Wasseraufnahme benutzte Potometer besteht aus einem ziemlich engen T-Stück (Fig. 171), in das der Versuchssproß durch enge, kurze Schlauchstücke luftdicht befestigt ist; diese müssen unter Umständen noch durch Bestreichen mit Pumpen- fett besonders gedichtet werden. Hat man mehrere Schlauchsorten verschiedener Lumina, so lassen sich Kombinationen für die verschiedenste Dicke der Versuchsobjekte herstellen. Das Darüberschieben der Schlauch-

1) O0. Renner, Flora 8 (n. F.), 173 (1911).

XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 453

stücke über den Stammteil geschieht unter Wasser, nachdem unter Wasser die Schnittfläche erneuert wurde. Auch durch Abschälen der Rinde läßt sich das Objekt in den Schlauch einpassen. Der Sproß wird nun unter Druckanwendung an seinem Kautschukbesatz in das enge T-Rohr eingeschraubt. An den horizontalen Arm des T-Stückes, dessen enges Lumen Temperaturschwankungen weniger empfindlich fühlbar macht, ist eine zirka 1 m lange Kapillarröhre P angesetzt, deren zirka 1 qmm starke lichte Weite möglichst konstant im ganzen Verlaufe eingehalten sein soll. Am anderen Ende derselben ist ein Kautschukschlauch mit Quetschhahn angebracht, der in das Sauggefäß g taucht. Am unteren Ende des T-Stückes befindet sich ein Dreiweghahn, der mittels eines längeren Kautschukschlauches die Verbindung mit einem wassergefüllten Trichter herstellt, der sich in gleicher Höhe mit dem Versuchssproß be- findet. Die seitliche Bohrung, welche den Hahn zum Dreiweghahn macht, und die gewöhnlich durch einen zugedrückten Schlauch ge- schlossen ist, gestattet Luft auszutreiben, wenn solche aus dem Trichter ins Potometer gelangt ist. Durch Ansaugen des T-Rohres wird die Kapil- lare vom Sauggefäße her mit destilliertem Wasser gefüllt, dann wird soviel Wasser wieder abgelassen, bis vom T-Stück her eine als Index dienende Luftblase in die Kapillare eintritt, wor- auf der Schlauch durch den Quetsch- hahn verschlossen wird. Jetzt läßt man vom Trichter aus mittels des Dreiweg- hahnes Wasser in die Kapillare ein- treten, wodurch die Luftblase zwischen zwei Wassersäulen eingeschlossen ist und nun durch ihre Bewegung als Index die- nen kann. Die Pflanze wird eingesetzt, der Schlauch zwischen Kapillare und Sauggefäß geöffnet und durch Manipu- lation mit dem Trichter die Luftblase en ne bestimmte, beliebige Stelle zu- Fig. 11. Polometer mit bewurzelter Keim- rückgeschoben. Gibt die Pflanze Wasser pflanze.

ab, so wird die Luftblase vom T-Stück

weggeschoben und läßt sich durch Senken des geöffneten Trichters unter das Niveau des Sauggefäßes oder durch Ansaugen des sonst abgeklemmten Schlauchstückes am Dreiweghahn wieder einstellen. Werden bei kräftiger Saugung längere Zeit keine Ablesungen ge- macht, so wird der Schlauch der Kapillare abgeklemmt, der Trichter geöffnet und so der Index eingestellt. Zwischen Kapillare und deren Saugschlauch kann auch mittels eines Dreiweghahnes an einem abwärts gerichteten Arm r als Widerstand eine weite, Queck- silber gefüllte Röhre oder ein blattloses, in Wasser tauchendes Zweig- stück in die Saugbahn eingeschaltet werden, so daß nicht aus dem normalen Sauggefäß, sondern aus der unter Quecksilber oder Zweig- widerstand stehenden Röhre das Wasser genommen wird. Zur gleich- zeitigen Messung von Wasseraufnahme und Transpiration wird ein wägbares, aus T-Stück und langer Kapillare bestehendes Potometer ohne Sauggefäß verwendet und die Regulation der Indexluftblase durch einen in dem unteren Teil des T-Stückes verschiebbaren Glasstab be- sorgt. Die Weite des Kapillarlumens muß genau bekannt sein und

454 XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes.

die Bestimmung geschieht durch Wägung einer Quecksilbermenge, deren Länge am Maßstab der Kapillare vorher gemessen wurde.

Wurde statt eines Zweiges eine bewurzelte Keimpflanze (Phaseolus multiflorus) verwendet (Fig. 172), so wurden die Pflanzen in großen Gefäßen mit Nährlösung zur Entwicklung gebracht, aber jedes einzelne Wurzel- system entwickelte sich in einer 15—30 cm langen, 2 cm weiten zylin- drischen, in dem gemeinsamen Gefäß durch einen durchbohrten Pappen- deckel festgehaltenen Röhre, die dann folgendermaßen als Potometer benutzt wurde. Die Pflanzen wurden am Epikotyl in einen einfach durch- bohrten, einseitig aufgeschnittenen Gummistöpsel gefaßt und dieser unter Druck in die Röhre gesteckt, die Bohrung eventuell noch weiter gedichtet. Die Röhre Z wurde dann umgekehrt mit Wasser oder Nähr- lösung gefüllt und dann ein zweiter Gummistöpsel mit Kapillare r und Maßabteilung eingesetzt. Das über- schüssige Wasser wird dabei aus der Röhre in die Kapillare gedrückt, welche dadurch gefüllt wird. Will man die als Index dienende Luft- säule, die sich durch Saugung ver- schiebt, wieder zurücksetzen, so steckt man die Kapillare entsprechend tiefer ein.

Noch einfacher ist das von F. Darwin!) verwendete Potometer (Fig. 173): Es besteht aus einem T- Rohr, dessen Schenkel a so gebogen ist, daß er zu den beiden anderen Schenkeln parallel steht, und in dem ein abgeschnittener Pflanzensproß mittels eines Kautschukschlauches be- festigt ist. Die beiden anderen Röh- renschenkel sind durch Kautschuk- stöpsel geschlossen, von denen einer von der Thermometerröhre b durch- gezogen ist. Das T-Rohr und die Thermometerröhre werden mit Wasser gefüllt und der Apparat im Stativ so befestigt, daß das Ende von b ' in das kleine Gefäß c mit Wasser

Fig. 173. Darwins Potometer. taucht, aus dem also alles vom

Stamm gebrauchte Wasser kommen muß. Um eine Ablesung zu machen, braucht man nur die Holzunter- lage d wegzuschieben und c zu entfernen: am Ende von b wird jetzt statt Wasser Luft eingesaugt, und wenn eine Luftsäule von einigen Millimetern in das Rohr b gelangt ist, wird c wieder an seinen Platz zurückgestellt. So ist nun eine Luftblase in c ein- geschlossen, welche das Rohr aufwärts steigt und die Schnelligkeit der Wasserbewegung in b anzeigt, indem die zum Durchlaufen einer be-

1) F. Darwin und R. W. Phillips, Proceed. of the Cambridge Philosoph. Soz. 5, 331 (1885).

un u

XXIII. Beobachtung des Transpirationsstromes. 455

stimmten Strecke nötige Zeit abgestoppt wird. Indem man die rezi- proken Werte dieser Ablesungen nimmt, erhält man eine Reihe von Zahlen, die den vom Zweig in einer bestimmten Zeit absorbierten Wasser- mengen entsprechen. Wenn die Ablesung z. B. 10’’ ist, deren reziproker Wert 0,1 ist, so ist die Absorption —= 100, bei 5’’ = 200, 20’’=50 usw. Die wirklichen, diesen Zahlen entsprechenden Wassermengen variieren entsprechend dem Lumen der Röhre. Die Zahl 100 2.B.in Darwins Versuchen bedeutet eine Quantität Wasser zwischen 4 und 8g pro Stunde. Bei jeder Ablesung tritt eine kleine Luftblase ins Potometer ein, und diese Luftblasen vereinigen sich unterhalb des oberen Stöpsels im T-Rohr und können durch fallweises Entfernen des oberen Stöpsels und Auf- füplen mit Wasser entfernt werden. In seltenen Fällen gelangen auch Luftblasen unter den Zweig im Schenkel a, was freilich eine bedenk- liche Fehlerquelle ist. Der Aufstieg der Luftblase in das Ende von b begegnet einigem Widerstande, infolgedessen tritt sie nicht ruhig, sondern mit einem Ruck ein und nicht erst, nachdem sie eine kleine Strecke in der Röhre zurückgelegt hat. Daher darf man die untere Meß- marke für die Wegstrecke der Luftblase nicht unmittelbar am Ende von b, sondern etwas weiter oben anbringen. Die ganze Strecke von b bis zum oberen Stöpsel ist zirka 10 cm lang, und das obere Ende ist gleich- zeitig die obere Marke der Meßstrecke. Die als Index verwendeten Luft- blasen sollen gleichgroß sein, abwechselnde Größen der Indices machen die Ablesungen ungenau, da längere Luftblasen schneller wandern. Der Verschluß des Apparates muß überall ein äußerst sorgfältiger sein. Der Apparat ist höchst einfach, schnell zusammengesetzt und abgenommen, jede Ablesung braucht nicht länger als einige Sekunden, so daß man in kurzer Zeit eine Reihe von Beobachtungen machen kann; die Pflanze wird schließlich nicht unnötig geschüttelt oder sonst unsanft behandelt. Beim Sinken des Wasserniveaus in c beim Aufnehmen von Wasser durch die Pflanze bleiben die Bedingungen wohl nicht ganz gleich, aber das spielt kaum eine Rolle, ebensowenig die kleinen Temperaturänderungen des Wassers. Die Prüfung des Apparates durch Ersatz der Pflanze mittels eines Saughebers, und durch Vergleichung der Ablesungen mit den gewogenen Wassermengen, die aus dem Heber geflossen waren, im Vergleich mit den von der Pflanze abgegebenen und schließlich mit den Ablesungen an einem Psychrometer ergaben seine gute Brauchbarkeit. ‘Wenn ein ab- geschnittener Zweig am Potometer befestigt wird, sind die Ablesungszahlen zunächst sehr hoch, sinken dann rapid und werden erst nach zirka einer Stunde annähernd konstant; diese Erscheinung muß sehr beachtet werden, weil arge Fehler resultieren können, wenn die Beobachtung früher ein- setzt, wie folgende Zahlen der englischen Forscher beweisen: Prunus lusitanica, unter Wasser abgeschnitten und sofort am Potometer befestigt, zeigte bei aufeinanderfolgenden Ablesungen folgende Werte:

SES3TR ID. TS ee ee 263 Se 5 ee 208 SE DD. a AT en 167 BeDAnın. AM er 159 A Eee 118 Be SR N LITE 87 DISS rar ee 76 DAMALS u a a Sa 80

Die Zahlen werden also erst ungefähr 1V, Stunden, nachdem der Zweig ans Potometer angesetzt worden ist, annähernd konstant.

456 NXIV. Das Bluten.

XXIV. Das Bluten.

Die Ausscheidung von tropfbar flüssigem Wasser kann entweder schon an der unversehrten Pflanze oder erst an der verletzten be- obachtet werden; letztere wird als Bluten oder Tränen bezeichnet. Bringt man am Wurzelstumpf (Fig. 174 Pf) ein gebogenes Glasrohr durch die Kautschukligatur K an, so kann man aus der Höhe der Wassersäule, die in dem Glasrohr emporgetrieben wird, die Menge, durch die Höhe der Quecksilbersäule, die durch das Blutungswasser emporgedrückt wird, die Kraft des Ausfließens bemessen. Dem Stengelstumpf d oder der Schnitt- fläche eines beblätterten Stengels einer in Erde oder Wasser gezogenen Pflanze (W. Pfeffer, Pflanzenphysiologie I, S. 238) wird mittels Kautschuks, der gut mit Draht oder Bindfaden umwickelt sein muß, das Glasrohr f angepaßt, in welches mit Hilfe eines Kautschukstöpsels das in eine Kapillare ausgezogene Glasrohr @ eingesetzt ist und die Kapillarspitze so abgeschmolzen, daß keine Luft im Apparate bleibt. Durch Herunterschieben von G kann man das Quecksilber im Manometer steigen lassen und so die Erreichung der endlichen Druckhöhe beschleunigen. Statt G kann man auch vorteilhaft einen Glashahn verwenden. Statt des Manometers kann man auch das abwärts gebogene (Fig. 175) Rohr r anbringen, das die Blutungsflüssigkeit in den Meßzylinder z führt, der durch den perforierten Kork «a (nicht luft- dicht) verschlossen wird. Mit Hilfe eines Gummistopfens kann man ein Manometer oder ein Ausflußrohr an das an einem Stamm angebrachte Bohrloch einsetzen, wofür die von 4 S 4 Schwendener verwendeten pfriem-

Fig. 174. Fig. 175. förmigen Einsatzstücke mit seitlicher Pfeffers ABER be RE EBENE, des Blutungs- Bohrung geeignet sind. Bara- Br netzky!) verwendet folgenden selbst-

registrierenden Apparat (Fig. 176), der auf dem Prinzip des Schwim- mers beruht, welcher mit dem steigenden Niveau der Flüssigkeit in einer Röhre gehoben und mit schreibendem Zeiger versehen ist. Die Röhre a ist eine 8&—10 mm weite kalibrierte Bürettenröhre, b ein 12 mm weites ebenfalls kalibriertes Röhrchen, die beide durch das dreiarmige Röhrchen r miteinander verbunden sind, dessen freier Arm durch ein Stückchen mit Quetschhahn versehenen Kautschuk- schlauches überzogen ist. Die beiden Röhrchen a und b sind in zwei Querbalken d aus Kork, mit dem dieselben verbindenden Stock ce parallel, gegeneinander unverschiebbar befestigt. Durch das Haltestück h, das am Stock c befestigt ist, kann die ganze Vorrichtung in vertikaler Lage fixiert werden, worauf durch Eingießen von Wasser aus einer Bürette in die Röhren die Länge der Wassersäule bestimmt wird, welche 1 cam Wasser in den kommunizierenden Röhren einnimmt. Wenn die Röhren so weit sind, daß 1 cem Wasser eine Säule von 25

1) J. Baranetzky, Abhandl. d. naturf. Ges. zu Halle, 13, 19 (1873).

XXIV. Das Bluten.

457

bis 26 mm Länge bildet, wobei das Steigen des Niveaus um Y, mm 0,01 ccm entspricht, so können Hundertstel eines Kubikzentimeters

noch sicher beim Steigen des Schwimmers abgelesen werden. Faßt der Apparat 12 ccm Wasser, so reicht das für 12 Stunden vollkommen aus. Das Röhrchen b dient zur unmittelbaren Aufnahme des von der Pflanze ausgeschie- denen Wassers, in der damit kommunizierenden Röhre a bewegt sich der Schwimmer s; derselbe ist ein mit Queck- silber beschwerter Bürettenschwimmer aus Glas und be- wegt sich im Rohre dicht, aber doch frei, er soll zirka 3 cm messen; oben ist er in eine Spitze ausgezogen, an der ein ganz gerade ausgezogener Glasfaden m von zirka 11,—2 mm Dicke mittels Siegellack so befestigt ist, daß er mit der Achse des Schwimmers genau parallel läuft. Der Schwierigkeit, daß Röhrchen und Schwimmer nie ideal zylindrisch sind und die Kapillarität der Flüssigkeit um den Schwimmer herum diesen an die eine Röhren- wand andrückt, wodurch. die freie Beweglichkeit ver- loren geht, wird man in der Weise Herr, daß man den Schwimmer bis zur Hälfte mit Quecksilber füllt und am Glasfaden eine über eine Rolle gehende Seidenschnur be- festigt, die ein den Schwimmer äquilibrierendes Gewicht trägt, so schwer, daß der Schwimmer das Wasserniveau gerade nur mit seiner konischen Spitze überragt. UÜber- dies wird an das obere Ende der Röhre a eine Blech- kappe n angesetzt, welche in der Mitte eine kleine Öffnung für den Durchgang des Glasfadens besitzt, so daß seine seitliche Ablenkung verhindert wird. Diese Führung n befindet sich aber erst am Ende eines 10—12 cm langen Glasrohraufsatzes, der a verlängert, so daß auch beim Emportauchen des Schwimmers eine seitliche Ablenkung unmöglich wird. Die Rolle k hat zirka 3 cm im Durch- messer und ist ein leichtes, feingearbeitetes, sehr leicht be- wegliches Messingrädchen. Wesent- lich ist auch eine absolut vertikale Aufstellung der ganzen Apparatur. In das Röhrchen b wird das Abfluß- rohr f der Versuchspflanze mit sei- nem dünn ausgezogenen Ende ein- geführt und an die Wand des Röhrchens angelegt, damit das Wasser nicht tropfenweise, sondern in kontinuierlichem Strom einfließe. Damit das Wasser nicht zusammen- laufe und durch seine, von Luft unterbrochene Ansammlung das Röhrchen verstopfe, muß es durch Alkoholäther von jeder Verunreini-

Fig. 176. Selbstregi- strierender Apparat von Baranetzkly.

gung sorgfältig gesäubert sein. Das Fig. 177. Scheibenapparat nach Baranetzky.

Röhrchen mit dem Quetschhahn

gestattet fallweise ein Auslassen des Wassers zur Fortsetzung der Beobach- tung, wenn aund bvollsind. Vor der Ansatzstelle der Seidenschnur ist der

458 XXIV. Das Bluten.

Glasfaden rechtwinklig abgebogen und dient als Zeiger, welcher den Stand des Schwimmers auf dem Zylinder des Apparates aufzeichnet. Auf das Ende dieses Zeigers wird ein 4—5 cm langes Stück Grashalm aufgeschoben, der zugespitzt wird; es ist zweckmäßig, den ganzen Schreibhebel nicht länger als 10—12 cm anzufertigen, aber auch nicht wesentlich kürzer. Die Spitze des Zeigers wird der Oberfläche des berußten Zylinders seit- lich in der Richtung der Zylinderbewegung angelegt. Damit aber bei der freien Bewegung von Schwimmer und Glasfaden um seine Achse die Spitze der Feder nicht vom Zylinder entfernt werde, hängt neben dem Zeiger an seiner, dem Zylinder abgewendeten Seite ein glatter Seiden- faden, der am unteren Ende durch ein, am Aufhänger p befestigtes kleines Gewicht geepannt ist, dieser beschwerte Faden wird mit seinem Ständer so nahe an den Zylinder angerückt und an den Zeiger angelehnt, daß er ihn nur leise andrückt, ohne sein Steigen zu behindern. Beim Beginn der Beobachtung wird der Stand des Zeigers durch einen Strich markiert und die Zeit notiert. Am Ende des Versuches zieht man eine vertikale Linie durch die Marke, um die Abstände der einzelnen Linien voneinander an dieser Vertikalen zu messen.

Ein anderer selbstregistrierender Apparat (Fig. 177) wurde von Baranetzky (l.c.)nach einem anderen Prinzip konstruiert. Die Holz- scheibe a von 20 cm Durchmesser und 2 cm Dicke ist nahe dem Rande mit einer Anzahl in zwei konzentrischen Kreisen stehender Löcher versehen. Ein Lochkreis dient zur Beobachtung mit je einer Pflanze, so daß man soviele Lochkreise in der Scheibe haben muß, als gleichzeitig Versuchs- pflanzen beobachtet werden. Die Zahl der Löcher richtet sich nach der Anzahl der Stunden, für welche, ohne Eingreifen des Beobachters, der Apparat ausreichen soll. In die Löcher werden schmale, kalibrierte Eprouvetten k eingesenkt, die an ihrem verbreiterten Rande auf der Scheibe aufsitzen. Das Ende des Ausflußrohres jeder Pflanze befindet sich über der Mündung der Eprouvetten in einer Lochreihe. Die Scheibe macht in der Stunde eine ruckweise Drehung um den Abstand zweier Eprouvetten, so daß das Abflußrohr nach Ablauf einer Stunde über die nächste Eprouvette zu stehen kommt usf. Nach Ablauf einer Anzahl von Stunden sind alle verfügbaren Eprouvetten beschickt worden und braucht einfach den Stand der Flüssigkeit in jeder abzulesen. An der Achse der Scheibe befindet sich unterhalb ein Messingrad b, welches mit genau gleich geschnittenen Zähnen in der Zahl der vorhandenen Eprouvetten versehen ist. Neben dem Rade ist ein an seiner Achse horizontal beweglicher Haken h angebracht, welcher in den Zwischen- raum zwischen zwei Zähnen hineinpaßt und durch eine schwache Feder angedrückt wird. Dadurch wird die Bewegung des Rades nur in einer Richtung ermöglicht. Der ungleicharmige Hebel c, c dient dazu, die Bewegung von Rad und Scheibe durch das Triebwerk zu vermitteln; er ist um seine vertikale Achse d drehbar, sein vorderer Teil c, ist außer- dem mit dem übrigen Teil an einem Scharnier so verbunden, daß er sich in der Horizontalebene, aber nur rückwärts, ablenken läßt. An einem Rade des Triebwerkes m, welches eine Umdrehung pro Stunde macht, ist ein Stift n angebracht, der bei seiner Bewegung den langen Hebelarm c vor sich stößt; der kleinere Hebelarm c, biegt sich dabei rückwärts ab, um an dem Zahn vorbeizugehen; wenn er diesen ver- lassen hat, wird er aber durch die am Stifte / befestigte Feder mit dem langen Hebelarm c wieder in eine Linie gestellt; ist der Stift n an dem

XXIV. Das Bluten. 459

Ende des Hebels vorübergegangen und läßt ihn wieder frei, so schnellt der Hebel, durch die Spiralfeder d gezogen, in seine frühere Lage zurück; das Ende c,, welches jetzt den Zahn nicht mehr umgehen kann, schlägt an ihn und treibt ihn vor sich, bis der Hebel sich an den Stift / anlehnt und stehen bleibt. Der Haken h läßt bei dieser Bewegung einen Zahn vorbeigehen und wird durch seine Feder in den Zwischenraum zwischen die zwei folgenden Zähne eingedrückt, wodurch eine weitere Verschiebung des Rades b verhindert wird. In dieser Weise wird bei jeder Umdrehung des Rades m das Rad b um die Breite eines Zahnes und somit die Scheibe a um eine Eprouvette verschoben. Die Drehung der Scheibe kann auch elektromagnetisch durch eine Kontaktuhr bewirkt werden. Die Enden der Ausflußröhrchen p sind in dünne Spitzen ausgezogen und mit Fett beschmiert, so daß das ausfließende Wasser sich in kugelrunden Tropfen lange an der Ausflußspitze hält und beim Umdrehen der Scheibe nicht verloren geht. Das Röhrchen braucht nicht höher als 1 mm über dem Schiebeniveau zu stehen, so daß jeder Tropfen in die Eprouvette fällt und selbst, wenn während des Ausfließens eine Umdrehung der Scheibe erfolgt, am Rande der Eprouvette abgestreift wird. Die Verdunstung aus Tropfen und Eprouvette dürfen als sehr unbedeutend vernachlässigt werden. Zu den Versuchen werden am besten gehörig in Erde ein- gewurzelte, in geräumigen Töpfen längere Zeit gezogene Pflanzen ver- wendet. Der Stengel der Versuchspflanze wird nicht über 5 em hoch über dem Boden abgeschnitten und das Ausflußrohr mittels eines T- förmigen Röhrchens angesetzt, wobei kurze Stümpfe durch den ver- bindenden Kautschukschlauch gegen Verdunstung geschützt sind, während längere zu diesem Zwecke noch mit Stanniol umwickelt werden müssen. Eine gleichmäßige Feuchtigkeit des Bodens während des Ver- suches ist schon deshalb notwendig, weil die Hauptmasse der Wurzeln sich an der inneren Fläche des Topfes befindet, wo die dünnen Wurzel- fasern einen förmlichen Filzbelag bilden. Ein Begießen des Bodens während des Versuches würde den regelmäßigen Gang des Versuches stören, aber es genügt ein Verhindern der Verdunstung seitens der Oberfläche des Topfes, um die Feuchtigkeit des Bodens gleichmäßig zu erhalten. Man begieße den Boden so lange, bis er vollständig ge- sättigt ist und reichlich Wasser durchfließt; dann wird die Oberfläche des Topfes mit feuchtem Filtrierpapier und dann Boden und Wände sorgfältig mit Stanniol bedeckt, worauf der so gegen Verdunstung ge- schützte Topf in einen möglichst genau passenden Blechtopf eingehängt wird. Die Temperatur des Bodens soll mittels eines in hundertstel Grade geteilten Thermometers kontrolliert werden, dessen Kugel sich dicht am Rande des Topfes befindet, wo die Hauptmasse der tätigen Wurzeln sich ausbreitet.

Sehr häufig kommt es darauf an, den Blutungssaft so aufzufangen, daß er bis zur Untersuchung steril bleibt, was namentlich bei zucker- haltigen Säften in feuchten, höher temperierten Räumen nicht leicht ist, da sich hier Gärungsvorgänge schon binnen wenigen Stunden zeigen können. Die folgende, von J. Gieklhorn, Wien, angegebene Methode (Fig. 178) ermöglicht das sterile Auffangen von Blutungssäften oder Guttationstropfen:

a ist ein gebogenes, in eine Kapillare ausgezogenes Rohr, das einer- seits in ein auf beiden Seiten offenes zylindrisches Rohr K ragt. Dieses trägt zwei bakteriologisch geformte Wattepfropfen w, den einen als

460 XXIV. Das Bluten.

Umhüllung der Einmündungsstelle des gebogenen Rohres, den zweiten, zum Verschluß der freien Öffnung des Zylinderrohres. An diesem Ende ist ein kurzer Kautschukschlauch über das Rohr geschoben. Das kapillare Ende des gebogenen Rohres ragt ziemlich tief in das Glas- gefäß (etwa eine Eprouvette) E und auch hier ist die Einmündung durch den Wattepfropf verschlossen. Der ganze Apparat wird nun im Steri- lisator in gewöhnlicher Weise sterilisiert, dann wird die Versuchspflanze dort, wo sie abgeschnitten werden soll, mit 1°/,„iger Sublimatlösung ab- gewaschen, der Apparat mit der linken Hand bereit gehalten, während die rechte mit einem sterilisierten Messer den Schnitt durchführt. Der untere Wattebausch wird mit der Bunsenflamme abgebrannt, entfernt und der Pflanzenstumpf sofort durch den Kautschuk des Zylinderrohres, der über den Stumpf / gestülpt wird, mit dem Rohre verbunden, dann werden die Kautschukränder, die über die Schnittstelle ragen, mit vene- zianischem Terpentin verschmiert. So hat man einen luftdichten, voll- kommen sterilen Abschluß geschaffen, die Wundstelle ist steril und der Blutungssaft gelangt in einen vollkommen sterilen Behälter, wo er be- liebig lange belassen werden kann. Will man das Auf- fangegefäß wechseln, so kann das ebenfalls voll- kommen steril geschehen, indem man eine neue steri- lisierte Eprouvette nimmt, in deren Wattestöpsel vor- her eine entsprechende Bohrung zum Durchführen des Kapillarrohres gemacht TE = worden war. Durch Ab- et on Pie SO Eee ng ende Stöpsels, bzw.

des Kapillarrohres kann diese Einführung in steriler Weise geschehen. Der einfache Apparat hat sich schon wiederholt beim praktischen Arbeiten bewährt.

Wie groß der Unterschied der Transpirationsgrößen sein kann, je nachdem man bewurzelte Pflanzen oder abgetrennte Blätter verwendet, dafür ein Beispiel aus Burgersteins ausgezeichneter Monographie. Bei einer eingetopften Aucuba japonica (Topf sorgfältig verschlossen) fandBurgerstein die 24 stündige Transpiration in sechs aufeinander- folgenden Tagen pro 100 gem Blattspreitenoberfläche 482, 520, 524, 610, 585, 601 mg während gleichzeitig ein isoliertes, mit dem Stiel in Wasser tauchendes Aucubablatt pro 100 gem an Gewicht verlor: 304, 215, 144, 65, 62, 5l mg., die Wasserabgabe pro 100 ccm war also beim isolierten Blatt bedeutend kleiner als an der ganzen Pflanze und ver- minderte sich überdies hier ansehnlich.

Daß die Wasseraufnahme und Wasserabgabe verschiedene physio- logische Prozesse und durch Anderung der äußeren Verhältnisse in verschiedener Weise zu beeinflussen sind, so daß man nicht einfach eine konstante quantitative Proportionalität des einen mit dem anderen Vorgang annehmen kann, ergibt sich aus den von Kröber ermittelten Zahlen über Absorption und Emission von Wasser bei Tag und Nacht:

XXIV. Das Bluten. 461

Absorption | Transpiration cem 9h 15’ a. m. bis 6h 25’ p. m. 11,30 | 12,80 | +15 Be725/ p. m. 96h 50’ a. m. 8,05 | 6,48 EB 3u=50’ a: m. ,„ 7h 05° p. m. 11,30 11,80 | +05 sp. m. Th 25’ a m 7.67 5,21 | 2,46

Das Verhältnis der Absorption bei Tag und Nacht ist 100 : 70, das der Transpiration 100 : 50; im Dunkeln ist also die Absorption im Verhältnis zur Transpiration größer als im Licht, man kann also die Verdunstungsgröße nicht durch das von der Pflanze aufgenommene Wasser messen. Wenn auch bisweilen das von der Pflanze in 24 Stunden abgegebene Wasser fast gleich ist dem in der gleichen Zeit aufgenom- menen, so ist die Aufnahme und Abgabe doch während der einzelnen Tageszeiten sehr verschieden groß. Die Reduktion der gefundenen Transpirationswerte erfolgt entweder auf gleiche Oberfläche oder auf gleiches Gewicht der transpirierenden Teile und hier wieder auf gleiches Lebend- oder gleiches Trockengewicht. Vielfach ist die Reduktion auf die Fläche vorzuziehen, z. B. beim Vergleich von Sonnen- und Schatten- blättern, weil erstere bei gleicher Fläche mitunter doppelt so viel wiegen als letztere. Bei Topfpflanzen von Hydrangea hortensis und Opuntia cylindrica, also Pflanzen, die in Bau- und Lebensweise sehr diver- gieren, fand Burgerstein das Gewicht der Hydrangeablätter (lebend) 12,310 & mit einer Oberfläche von 496 gem, das Gewicht der Opuntia- blätter 97,665 &g mit 260,8 qcem Oberfläche. Der Transpirationsversuch ergab:

| Hydrangea | Opuntia Absolute Transpirationsgröße . -. .:......- 324 8 051 g Transpiration pro 100 g Gewicht ......... 263,2 DA »1007eem Oberlläche. .. .- 2! „= 6,54 0,2027

Die Transpiration der Hydrangea ist also bei Reduktion auf die Fläche 32,7 mal, bei Reduktion auf Lebendgewicht 506 fach größer als bei Opuntia. Das absolute Verhältnis der Transpirationsgröße zwischen Spreite und Stiel bei Roßkastanienblättern wurde zu 67 : 1, das Ver- hältnis derselben pro 100 g Lebendgewicht wie 135 : 1 und pro 100 qem Oberfläche wie 1: 1 gefunden.

Wiewohl die Blattunterseite infolge ihres größeren Reichtums an Spaltöffnungen stärker transpiriert, hängt doch die Menge des ver- dunsteten Wassers nicht allein von der Zahl der Stomata ab, es besteht also keine Proportionalität zwischen Transpirationsgröße und Spaltöffnungs- zahl. Bei vielen Pflanzen tritt nach 24 stündiger Verdunkelung Spalten- schluß ein oder die Spalten schließen sich nur teilweise; mitunter tritt diese Erscheinung (Avena) schon nach wenigstündiger Verdunkelung ein. Es bedarf auch keiner absoluten Verdunkelung, und deshalb können die Blätter einer und derselben Pflanze, je nachdem sie stark oder wenig vom Lichte getroffen werden, sich verschieden verhalten. Molisch fand diesbezüglich mit seiner Infiltrationsmethode folgendes:

462 XXV,. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.

LE sseeeeeeeeeeeerrerrrrrsrerenlll m

Name der Pflanze Spalten um 10h a. m. | Spalten um 91, hp. m. Polygonum fagopyrum . .... weit geöffnet | mäßig geöffnet a convolwulus . .. . ».» mäßig en | geschlossen

& lapathifolium . . . . weit „> ' nahezu geschlossen Cornus sanguinea .....x.. mäßig 5 | geschlossen Piras damesliea ‚I. wer: weit | Melandrium album . . . ... . S = weit geöffnet Solanum tuberosum. . . 2... r h; | geschlossen Trifolium pratense . . - .... % 5 , nahezu geschlossen

Bambteus nigea:"..%.,.= oa ae Chenopodium Bonus Henricus .

| „>

E I Brise mutlata,.. er ee mäßig er geschlossen Saponaria officinalis . . . .. .- weit > | R Arena Baar Be NS weit en | S Phasedlus ap. „nal ar.: Bade mäßig 6 | r

Wachsüberzüge an der Epidermis, Haarüberzüge usw. setzen be- kanntlich die Transpiration herab und die Wasserabgabe wird sofort größer, wenn der Überzug entfernt wird; grüne Pflanzen transpirieren stärker als etiolierte; rot gewordene Blätter von Vitis vinifera verlieren viel langsamer Wasser als grüne; junge Blätter geben unter gleichen Verhältnissen mehr Wasser ab als alte; die Transpirationsgröße der Keimblätter übertrifft die der Laubblätter ums Doppelte; Benetzung von Blättern befördert deren Transpiration und Wasserleitung. Was den Einfluß der Lichtfarbe anlangt, so fand Wiesner, daß der leuch- tende Spektralteil (orange, gelb) für die Transpiration weniger leistet als die roten und die blauen Strahlen. In kohlensäurefreier Luft findet nach Verschaffelt stärkere Transpiration statt als in normaler. In trockener Luft erreicht die Transpiration einen höheren Betrag als in feuchter, höhere Lufttemperatur steigert die Verdunstung, ebenso Luftzug. Man kann den ‚‚Wurzeldruck‘, der dadurch zustande kommt, daß Wasser durch die äußeren Gewebe der Wurzel bis zu den Gefäß- bündeln gelangt, in deren Leitungsbahnen es eingepreßt wird, auch künst- lich ersetzen, wenn man einen etwas welk gewordenen Sproß durch einen Kork in das eine Ende eines mit Wasser beschickten U-Rohres so ein- paßt, daß die Schnittfläche in Wasser taucht. Wird nun durch den längeren Schenkel Quecksilber eingegossen, bis es etwa 10 cm höher steht als im kürzeren Schenkel, so wird Wasser in den Sproß eingepreßt, der dadurch schließlich wieder straff wird. Wenn wir zu diesem Ver- suche einen Balsaminensproß wählen, Quecksilber im längeren Schenkel bis auf etwa 30 cm höher als im kürzeren eingießen und das Ganze in einen feuchten Raum stellen, so sehen wir an den Blattspitzen oder Blatt- rändern Wassertropfen auftreten , wie man sie auch ohne Quecksilber im feuchten Raume an Weizen- oder Maiskeimlingen oder an Wiesengräsern beobachten kann. (Guttation.) Es wäre interessant was bisher nur in einzelnen Fällen (z. B. von Lepeschkin) geschehen ist die Beschaffenheit der im Guttationstropfen gelösten Substanzen unter ver- schiedenen Verhältnissen zu untersuchen.

XXV. DerosmotifcheDruc pflanzlicherFlüssigkeiten.

Alle Flüssigkeiten des Organismus sind wässerige Lösungen von Elek- trolyten, wie Salzen verschiedener Art, und Nichtelektrolyten, Lösungen der verschiedensten organischen Substanzen bis hinauf zu den Proteinen,

XXV, Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 463

in welchen Lösungen man außerdem Kolloide verschiedener Art, Ei- weißstoffe, höhere Kohlehydrate, Gerbstoffe suspendiert findet. Wir besitzen aber kein sicheres Kriterium darüber, ob eine Lösung eine wirk- liche ist oder ob sie nur eine weitgehende Suspension vorstellt und bei welcher Kleinheit die vorhandenen gelösten Teilchen einen osmotischen Druck ausüben. Der osmotische Druck, welcher viel mehr an die Fähig- keit der Stoffe, Lösungen zu bilden als in Ionen zu zerfallen, gebunden ist, kann in erster Linie durch die Fähigkeit des betreffenden Stoffes, den Gefrierpunkt seiner Lösung zu erniedrigen oder ihren Siedepunkt zu erhöhen, bestimmt werden. ‚Der im Innern eines Lösungsmittels bis zu dem höchstmöglichen Grade zerteilte Stoff übt immer einen gewissen osmotischen Druck aus (erniedrigt immer den Gefrierpunkt der Lösung usw.), und wenn der Wert des osmotischen Druckes bei konstanter Temperatur nach dem Boyle-van't Hoffschen Ge- setze direkt proportional der Konzentration des ‚aufgelösten‘ Körpers ist, so versteht man, daß bei Gleichheit des Gewichtes der aufgelösten Substanz in einem gegebenen Volum der Lösung diejenige Substanz einen größeren osmotischen Druck ausüben wird, welche beim Auflösen sich in eine größere Anzahl von osmotisch wirksamen Teilchen zerteilt. Diese Teilchen können klein sein wie die H- und Cl-Ionen einer verdünnten wässerigen Lösung oder groß wie die Glykogen- oder Kaseinkörner einer stark konzentrierten Lösung dieser Substanzen; das ist von sekun- därer Wichtigkeit, sie verleihen fast immer der Flüssigkeit in höherem oder geringerem Grade die Eigenschaft der Lösungen, einen osmotischen Druck auszuüben.“ (Botazzi.) So üben auch die gelösten Eiweiß- stoffe als kolloidale Bestandteile der organischen Flüssigkeiten einen gewissen osmotischen Druck aus; dieser ist dann die Summe der par- tiellen Drucke, welche in diesen Flüssigkeiten die einzelnen aufgelösten Substanzen ausüben: Elektrolyt- und Nichtelektrolyt-Kristalloide und -Kolloide. Für alle Flüssigkeiten des Organismus, die man in größerer Menge haben kann, dürfte sich für die Bestimmung des osmotischen Druckes die kryoskopische Methode der Feststellung ihrer Gefrier- punktserniedrigung am meisten eignen; die Werte derselben, mit A bezeichnet, sind approximativ proportional der ganzen osmotischen Konzentration der Lösungen. Da jedem tausendstel Grad der Gefrier- punktserniedrigung ein osmotischer Druck von 0,0120 Atmosphären entspricht, ist es leicht, die Werte von A in Atmosphären zu berechnen. Man muß aber, wenn man den osmotischen Druck von Zellsäften grüner Pflanzen bestimmt, immer darauf Rücksicht nehmen, daß die Chloro- plasten durchaus nicht denselben osmotischen Druck zeigen müssen wie diese, ebenso wie ja die Blutkörperchen nicht den osmotischen Druck der Lymphe besitzen, und daß die Differenzen zwischen beiden zu inter- essanten Schlüssen führen könnten. Am gebräuchlichsten ist es, die zerkleinerten Organe mit der Presse auszudrücken und den Preßsaft zu filtrieren; hat man die Teile vorher mit Quarzsand gut zerrieben, so er- hält man gewöhnlich einen hinreichend klaren Saft; ein die Säfte sicherer unverändert lassendes Verfahren ist es aber, den Blutungssaft der de- kapitierten Pflanzenstengel aufzufangen, der, wenn die Transpiration genügend gehemmt ist, gewöhnlich in sehr großer Menge gewonnen werden kann. Die in der Pflanze zirkulierende Flüssigkeit führt die Produkte der assimilativen Chloroplastentätigkeit, entzieht den Chloroplasten ihre Erzeugnisse, gibt sie wieder durch Diffusion an andere Zellen ab und

464 XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.

muß so, je nach der Stoffwechseltätigkeit, nach der Art der Pflanze, nach den Bedingungen des Milieus, in dem sie lebt, nach Maßgabe der äußeren Bedingungen überhaupt in ihrer Zusammensetzung und ihrem osmotischen Druck sehr wesentlich wechseln (vie inconstante nach Cl. Bernard), was schon daraus hervörgeht, daß die Pflanze sich wechselnden äußeren Bedingungen sehr weitgehend anzupassen ver- mag. Reine Flüssigkeiten kann man besonders in den Milchgefäßen der Euphorbiaceen, Papaveraceen usw. und den Blutungssäften er- halten. Die Methode der Gefrierpunktserniedrigung (bestimmt man die elektrische Leitfähigkeit von Lösungen, so zieht man natürlich nur die Elektrolyte in Betracht) beruht darauf, daß gelöste Stoffe den Ge- frierpunkt des reinen Lösungsmittels herabsetzen, und zwar proportional der Zahl der gelösten Grammoleküle (des Molekulargewichtes der Sub- stanz in Grammen, auf den Liter gelöst), unabhängig von deren chemischer Natur. Man kann also aus dem Betrage der Gefrierpunktserniedrigung von Lösungen die Zahl der in der Volumeinheit darin gelösten Moleküle bestimmen, sobald man die Gefrierpunktserniedrigung einer gleich- artigen Lösung bekannter Molekularkonzentration ermittelt hat. Für Wasser beträgt die Gefrierpunktserniedrigung durch ein Grammolekül, im Kubikzentimeter gelöst, 1850°C. Hat man demnach die Konstante für ein bestimmtes Lösungsmittel experimentell bestimmt, so findet man die Zahl der im Kubikzentimeter einer Lösung von bekannter Gefrierpunktserniedrigung A gelösten Grammoleküle nach der Gleichung

. A A h Er ı 1880: 7 180° Besitzt ein Stoff das bekannte Molekulargewicht M,

x worin p = Prozente be- deutet, die für jede Konzentration in Prozenten Gramm pro 100 ccm Lösung zugehörige Gefrierpunktserniedrigung A ausrechnen und umgekehrt für jede Gefrierpunktserniedrigung die zugehörige Kon- zentration. Die Gefrierpunktserniedrigung bei einer bekannten Kon- zentration gestattet ferner die Ermittlung eines unbekannten Mole- kulargewichtes. Man bestimmt also zunächst den Gefrierpunkt des Lösungsmittels (z. B. des Wassers), dann die Gefrierpunktserniedrigung einer Lösung, welche ein Grammolekül eines Stoffes von bekanntem Molekulargewicht in einem bekannten Volumen des Lösungsmittels ent- hält. Die Gefrierpunktserniedrigung ist dann für das Grammolekül eines beliebigen Stoffes in diesem Lösungsmittel eine konstante Größe K. Bestimmt man nun die Gefrierpunktserniedrigung A eines Stoffes von unbekanntem Molekulargewicht M, so ist AM = konstant.

Für die praktische Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung ist der von Beekmann konstruierte Apparat in Gebrauch. Derselbe besteht in der Hauptsache aus einer weiten, dickwandigen Eprouvette, welche zum Einführen der Substanz mit einem seitlichen Aufsatzrohre versehen ist. In der Eprouvette befindet sich ein in Hundertstel Grade geteiltes Thermometer und eine Rührvorrichtung, die am besten elektrisch in Bewegung gesetzt wird. Das ‚Gefrierrohr‘‘ befindet sich in einem weiten, gläsernen Gefäß, das eine Flüssigkeit enthält, die das Lösungs- mittel bis unter seinen Gefrierpunkt abkühlt, und um dieses Abkühlen gleichmäßig zu gestalten, befindet sich das Ganze in einem gläsernen Luftmantel. Die Lösung läßt man unter fortwährendem Rühren bis

3 K so können wir nach der Gleichung M = -

XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 465

zur beginnenden Erstarrung abkühlen, wobei man das Erstarren eventuell durch Einimpfen eines Kristalls der festen Substanz einleitet. Dann hört man mit der Abkühlung auf, der Quecksilberfaden des Thermo- meters, welcher bis tief unter den Erstarrungspunkt gesunken war, steigt jetzt infolge Freiwerdens der latenten Wärme und hält sich schließ- lich 2—-3 Minuten an einem Punkte konstant, der als der wahre Gefrier-

punkt der Lösung betrachtet wird.

Noch einfacher gestaltet sich die Handhabung des in der Biochemie viel benutzten Friedenthalschen Apparates (Fig. 179). Das Außengefäß ist mit einem Gemenge von Eis und Kochsalz gefüllt, darauf wird soviel Wasser aufgegossen, daß das in Grade geteilte Außenthermometer anzeigt. Jetzt taucht man das mit etwa 25 ccm wiederholt destillierten

Wassers beschickte Innengefäß, in dem sich das geeichte, in

Hundertstel-

grade geteilte Thermometer T befindet, direkt in die Außenlösung und

beobachtet unter gleichmäßigem Rühren mit dem Platin- rührer r das Fallen des Quecksilbers. Wenn in der unter- kühlten Flüssigkeit die Eisbildung beginnt, steigt das Queck- silber wieder; in diesem Moment nimmt man es aus der Kältemischung, setzt es in den inneren Luftmantel und beobachtet mit der Lupe unter fortwährendem Rühren auch mit R das Erreichen des höchsten Standes, auf welchem Schwankungen von höchstens !/,.. Grad eintreten. Das ist nun der Gefrierpunkt reinsten Wassers, welcher ge- wöhnlich nicht mit dem am Thermometer ? angegebenen Nullpunkt übereinstimmt. Auf diesen gefundenen Null- punkt, der als Mittel von mehreren Beobachtungen gewählt wird, bezieht man die spätere Bestimmung. Für diese selbst wird der Innenzylinder mit einer Lösung bekannter Konzentration gefüllt und deren Gefrierpunkt bestimmt.

Mit Hilfe der Formel M = - m überzeugt man sich, ob das bekannte Molekulargewicht der gelösten Substanz in der bekannten Konzentration p aus der gefundenen Er- niedrigung A sich tatsächlich ergibt. Als Konstante nimmt man am besten 18,900 die Abweichung; des

Fig.179. Frieden- thals kryoskop.- scher Apparat.

bestimmten

vom berechneten Molekulargewicht soll nieht über 2 % betragen. Um das Versagen der Eisabscheidung zu vermeiden, ist dem Apparat ein kleiner Impfstift K beigegeben, bestehend aus einem Glasröhrchen mit kleinem Wattebausch an der Spitze. Tränkt man die Watte mit etwas Wasser und taucht den durch ein Außenrohr geschützten Impfstift in die Kältemischung, so gefriert das Wasser im Wattebausch und ver- anlaßt beim Berühren des Platinrührers mit den Eiskristallen und Ver- senken des Rührers in die unterkühlte Lösung sofortigen Beginn des Gefrierens. Die Unterkühlung kann mit Hilfe des Impfstiftes bei einer beliebigen Temperatur unterbrochen werden. Bisweilen bleibt der dünne Quecksilberfaden im Thermometer an einer Stelle hängen ohne sich weiterzubewegen. Man kann das vermeiden, indem man mit einem Kork- hammer die Kugel des Quecksilbers leise erschüttert; auch dieses Klopfen kann ebenso wie das Rühren durch einen elektrischen Mechanismus be-

sorgt werden.

Eine thermoelektrische Methode zur Bestimmung der Gefrierpunkts-

Grafe, Ernährungsphys. Praktikum.

30

466 XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.

erniedrigung sehr kleiner Flüssigkeitsmengen mit bemerkenswerter Genauigkeit beschreiben Dixon und Atkins. Das Beckmannsche Quecksilberthermometer wird von ihnen durch ein Thermoelement ersetzt und der Gefrierpunkt des Wassers direkt mit dem des Saftes in Relation gesetzt. Mit einem passenden Galvanometer und einem einzigen Element kann man leicht eine Bewegung des vom Galvano- meterspiegel herkommenden Lichtstreifens auf der Galvanometerskala um 1 mm bei einer Temperaturdifferenz von 0,01° C erzielen.

Ein Stück durch Seide isolierten Nickeldrahtes von 0,15 mm Durchmesser und 30 cm Länge wird zur Temperaturmessung benutzt. Die Enden des Drahtes sind einige Millimeter weit von der Seiden- umwicklung entblößt und an ein gut isoliertes Kupferblech angelötet. Der Nickeldraht ist in V-Form gebogen und jedes Blech ist an den Arm des V-Stückes angebracht, zu welchem es gehört. Am Zusammen- stoß der V-Enden sind die Bleche zusammengeklemmt und divergieren von da wieder, um mit den Galvanometerpolen in Verbindung zu stehen, und winden sich um die Stützen r und r herum, die gleichzeitig als Rührer dienen. Die betreffende Be- wegung wird in beiden Eprouvetten durch Führung mit- tels der Schraube S gleichmäßig gestaltet. Die Versteifung der V-Arme wird durch paraffinierte Holzstäbchen bewirkt. Die zu prüfende Lösung einerseits, das destillierte Wasser anderseits werden in kleine Eprouvetten J und J’ von 10 cm Länge und 1 cm Durchmesser gebracht und diese mittels eines großen Korkstückes c, das durch den starken Draht w festgehalten ist, in einem zylindrischen Glas- gefäß e untergebracht, welches letztere durch d in eine breitere Glaswanne m mit einer Kältemischung eingetaucht wird. Bezüglich der näheren Details, der Fehlerquellen und deren Vermeidung sowie des Kalibrierens muß auf das Original zus Anmarat verwiesen werden. Der Saft (es genügen 2,5—5 cem) kann

ig.160. Apparat % ä

BE aus Blättern leicht folgendermaßen _ gewonnen werden: erniedrieungauf Einige Blätter werden längs der Mittelrippe abgezogen yelektrischm und zu einem kleinen Kügelchen zusammengeknüllt, das sonuAtkins. Kügelchen in eine doppelte Umhüllung von feinem Leinen getan und zwischen zwei kleine Silberplatten einer starken Schrauben- presse gesteckt, wobei entweder schon nach der ersten mehr oder weniger starken Pressung oder nach wiederholtem Pressen genügend Saft ge- wonnen wird. Diese Methode liefert zuverlässigere Werte, als wenn etwa Blätterbrei mit Wasser versetzt und filtriert oder ausgepreßt würde. Sobald Galvanometer und Skala an Ort und Stelle und die Drahtenden an den Polen des Galvanometers befestigt sind, wird frisch gekochtes destilliertes Wasser in die eine Eprouvette und ca. 3 cem des Preßsaftes in die andere eingefüllt und die Leitenden des Thermo- elementes hineingetaucht. Die Kältemischung wird auf eine um ca. © tiefere Temperatur gebracht ‘als der erwartete Gefrierpunkt des Saftes. Im destillierten Wasser bildet sich eine Eissäule, in der die Drahtleitung steckt. Die Kristallisation des unterkühlten Saftes wird durch Impfung mit einem Eiskristall bewirkt. Nachdem diese ein- getreten ist, wird der Rahmen mit den beiden Eprouvetten in den Gefrierraum gebracht und durch die Klemmen die Verbindung mit dem Galvanometer hergestellt; während dieser Zeit dienen die Stützen

XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 467

der Leitungsdrähte in dem gefrierenden Saft als Rührer. Sobald die Verbindung hergestellt ist, wandert der Lichtfleck des Galvanometer spiegels nach aufwärts und seine endliche Einstellung bezeichnet die Gefrierpunktserniedrigung unter 0°C. Man läßt wieder aufschmelzen und wiederholt die Bestimmung mehrere Male und nimmt schließlich das Mittel. Durch Umkehrung des Stromes läßt man den Lichtfleck nach der entgegengesetzten Seite wandern und notiert auch hier den Punkt seiner Einstellung. Die Gefrierpunktserniedrigung A kann nach der Nernstschen Formel A: 12,03—= P in Atmosphären zur Berechnung des osmotischen Druckes verwendet werden.

Nach den Untersuchungen von Dixon und Atkins!) bleibt der osmotische Druck bei einem Individuum unter ähnlichen Bedingungen derselbe, verändert sich aber unter verschiedenen Verhältnissen sehr stark; so wurden bei Syringa vulg. Werte von 11,58 bis zu 24,58 Atmo- sphären gefunden, ohne Unterschied aber, ob die Blätter höher oder niedriger am Baume standen der osmotische Druck ist stets viel höher als der Wasserversorgung entspricht. Die Natur der den osmotischen Druck bedingenden Substanzen ist hauptsächlich durch die Kohlensäure- assimilation bedingt, ferner durch die Hydrolyse der osmotisch un- wirksamen hochmolekularen Komplexe in solche von osmotischer Wirksamkeit, wenn die abgepflückten Blätter im Dunkeln gehalten werden; er sinkt dagegen in Schattenblättern (z. B. von 18,10 zu 11,58 Atm.). Wurzeln zeigen immer geringe Drucke (4—6 Atm.). Die größte Gefrierpunktserniedrigung, 2,234° © entsprechend 26,87 Atm., wurde beim Safte von Syringa vulg., die niedrigste, 0,314 °C = 3,97 Atm., bei Chamaerops humilis beobachtet; aber dieses sind noch nicht die Grenz- zahlen, sondern es sind im Sommer, bei großem Zuckerreichtum der Blätter, bei Syringa sicherlich Werte von 30—40 Atm. erreichbar.

Kryoskopische Bestimmungen von Pflanzensäften sind vielfach, aber nur wenige methodisch gemacht worden. Es sei hier eine Reihe nach dem Referate von F. Botazzi (,Osmotischer Druck und elek- trische Leitfähigkeit der Flüssigkeiten der einzelligen pflanzlichen und tierischen Organismen‘, Ergebnisse der Physiologie 7, S. 222 [1908]) wiedergegeben. Sutherst stellte fest bei:

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1) H. Dixon and G. Atkins, On osmotie pressure in plants; and on a thermoelektrie method of determining freezing-points. Notes from the botanical school of Trinity College. Dublin 2, November 1910.

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Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.

XXV.

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XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.

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XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.

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XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. 475

Pantanelli ermittelte, daß die weißlichen Zellen von Sam- bucus nigra und Acer negundo einen konzentrierteren Zellsaft besitzen als die grünen, bei absterbenden Pflanzenteilen zeigt sich im allgemeinen eine Steigerung des osmotischen Druckes.

In systematischer Weise untersuchte Cavara die osmotischen Druckes sehr verschiedener Pflanzen und Pflanzenorgane in den ver- schiedensten Lebens- und Entwicklungszuständen, und durch diese Be- stimmungen wird erst klar, wie sehr das innere Milieu jeder Pflanze und sogar jedes Pflanzenteiles für sich, je nach den Lebensbedingungen sich ändert und wie die osmotische Konzentration durch die Stoffwechsel- vorgänge verändert wird. Wegen ihrer Wichtigkeit seien diese Tabellen hier S. 468—474 aus Botazzis Referat voll reproduziert.

In den Blättern oder Organen, welche sehr intensiv assimilieren, sehen wir den osmotischen Druck bei den verschiedenen Pflanzen sehr variieren und je nach dem Standort wechseln, in der Nähe von Salz- lagern bis zu 33 Atmosphären steigen. Die folgende Tabelle gibt, aus der Gefrierpunktserniedrigung berechnet, einige der Werte in Atmo- sphären:

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Bei der großen Ungleichheit der verschiedenen Werte ist doch eine gewisse Gleichmäßigkeit zwischen den Arten einer Gattung vorhanden, besonders wenn man ein und dasselbe Organ in Betracht zieht, ebenso wie dann wieder zwischen Gattungen derselben Familie. Diese Verwandt- schaft in den Werten für den osmotischen Druck ist der Ähnlichkeit der ökologischen Anpassungen zuzuschreiben. Saftige Pflanzen haben einen weniger konzentrierten Saft als fette, aber der osmotische Druck auch jener wird stark in die Höhe geschraubt, wenn sie auf sehr salzreichem Boden vegetieren !); Mittelwerte des osmotischen Druckes werden von Pflanzen mit sauren oder alkalischen Säften gegeben, wie von Poly- gonaceae, Rhammaceae, Oxalidaceae, Rosaceae usw. Die ökologischen Anpassungen bedingen aber osmotische Druckwerte, welche sich mit einer gwissen Konstanz erhalten, auch wenn das betreffende Exemplar auf andere Standorte übersiedelt; am interessantesten verhalten sich nach dieser Richtung die Halophyten, welche überhaupt die höchsten vorkommenden Drucke aufweisen. Im allgemeinen stammen bei allen Pflanzen die niedrigsten Werte von Pflanzen oder Organen, die im Frühjahr untersucht wurden, die höchsten von solchen, die im Sommer oder Herbst gesammelt sind:

1) H. Fitting, Die Wasserversorgung und die osmotischen Druckverhält- nisse der Wüstenpflanzen. Zeitschr. f. Bot. 3, 209 (1911).

476 XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.

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Sehr große Saftkonzentrationen, wie die von Salicornia (A —= 6,62 9), werden auch durch die rötliche Färbung dieser Pflanzen angedeutet und es ist ja bekannt, daß auch im Experiment auf Zuckerlösungen schwimmende Blätter Anthokyanbildung zeigen. Da Anthokyan ein Gerbstoffderivat ist, erscheint es wahrscheinlich, daß unter dem Ein- flusse der hohen Salzkonzentrationen im Zellsaft vielleicht eine Kon- densation organischer Komponenten zu dem roten Zellfarbstoff statt- gefunden hat. Die von anthokyanhaltigen Organen resultierenden kryo- skopischen Werte sind unter sonst gleichen Bedingungen immer höher als die von grünen Pflanzen erhaltenen:

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Halochnemum strobilaceum ah = Ta N —E8508 Salicornia fruticosa . 462 u rAS .. herbacea ea ‚> 6b

Der osmotische Druck ist erklärlicherweise stark von Ernährungs- verhältnissen beherrscht; am Morgen, vor Beginn der Assimilation, sind die Werte andere als am Abend. Ferner verändert die Transpiration den osmotischen Druck. Begreiflicherweise ändern sich die osmotischen Drucke, je nachdem sich die Pflanze im Licht oder im Dunkeln ent- wickelt. Ich konnte darin Verschiedenheiten erkennen, die auch durch das mikroskopische Bild ergänzt wurden, also z. B. je nachdem in den Zellen Aleuron (a in Fig. 181) oder Asparagin (A in Fig. 182) angehäuft war, oder fortschreitende Steigerungen im osmotischen Druck, wenn beim enzymatischen Abbau die Stärkekörner in aufeinanderfolgenden Stadien der Korrosion (Fig. 183) gesehen wurden. Turgeszente Blätter von Sedum maximum ergeben A = 0,40, verwelkte A = 0,58, frische Stiele dieser Pflanze haben A— 0,42, verwelkte 0,70°, frische Äste von Cereus Napoleonis A 0,40 ®, verwelkte 0,57°. Mit der Reife der Früchte nimmt der osmotische Wert regelmäßig zu (bei Pirus communis vom 9. Mai A = 1,031 ° bis zum

Juli A = 2,460) oder ab (Citrus medica A der Frucht von 14 mm

XXV. Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten. Ale

Durchmesser = 1,386 °, der reifen Frucht = 0,690°). Oder es kann der osmotische Wert (bei Vitis, Opuntia), nachdem er allmählich zugenommen hat, plötzlich auf einen ziemlich hohen Wert springen, wahrscheinlich indem lichtchemisch eine Zerspaltung osmotisch unwirksamer Inhalt- stoffe in solche von osmotischer Potenz bei der Reife stattgefunden hat. Auch über die elektrische Leitfähigkeit von Pflanzensäften liegen Versuche vor; es wurde gefunden, daß die spezifische Leitfähigkeit von Säften aus Pflanzenwurzeln immer beträchtlich geringer ist als des aus oberirdischen Pflanzenorganen stammenden Saftes. Auf Anregung Bo - tazzis unternahm Nicolosi eine Reihe solcher Bestimmungen und fand: bei dem ausgedrückten Saft von Keimwurzeln von Rieinus communis mit zwei kaum entwickelten Keimblättern war A = 0,415, K 355° = 117,9 - 10%; wenn die Pflänzchen außer den Keimblättern auch die zwei ersten Blättchen entwickelt hatten, war A = 0,68°, K ,.5° 104,7 - 10%. Hypokotyl derselben Pflanze mit kaum entwickelten Keimblättern K,,,,;’ = 91 - 10%, Saft des Epikotyls mit Plumula Kyı5 12512109 Sakırdes Hypokotyls mit entwickelten Keimblättern und ersten Blätt- chen .A——0,45517 Ra 20 l67 - 10#, Saft des Hypokotyls vom Einsetzen der Keimblätter 6 bis

Fig. 181. Zellen mit Fig.1°2. Asparaginin den Zellen Fig.183. Durch enzymatischen Abbau Aleuron. etiolierter Keimpflanzen. korrodierte Stärkekörner.

8cm abwärts A =0,77° K,,;' = 169 - 10-#. Saft des Stammes (Holz und Mark) von Cacalia anteuphorbium A = 0,69 °, K,;’ = 118,7 : 104. Saft von Rinde und Bast K,,° = 118,3 - 10. Milchsaft von Euphorbia helios- copia K,,,;' = 233 - 10. Milchsaft von Ficus sicomorus K,,,;' = 93,9 -10-4, Saft der Blätter von Gasteria maculata A —=0,28°, K,,’ = 63,6: 10, Saft des Stammes von Bulbine frutescens A = 0,03, K,,' = 185,4 - 104, Saft der Blätter A = 0,45°, K,,' = 118,3 - 10%. Es besteht also eine große Verschiedenheit der Werte der Gefrierpunktserniedrigung und der elektrischen Leitfähigkeit, je nachdem der osmotische Druck des Saftes vornehmlich von Elektrolyten oder von Nichtleitern herrührt. Mit Hilfe des osmotischen Druckes, welcher auf semipermeable Membranen (Fig. 184) ausgeübt wird, wäre es vielleicht möglich, die quantitative biochemische Analyse der Mineralsalze zu vereinfachen. Möglicherweise ist dazu das von K. Rosenberg zu Demonstrations- zwecken angegebene einfache Osmometer (Fig. 185) geeignet!).

1) K. Rosenberg, Experimentierbuch für den Unterricht aus Naturlehre. Wien 1912, p. 77.

478 XXV, Der osmotische Druck pflanzlicher Flüssigkeiten.

Bei dieser Gelegenheit sei auf einen von mir konstruierten Apparat (Fig. 186) aufmerksam gemacht, welcher zu quantitativen Messungen sehr geeignet wäre, wenn es gelänge, etwa nach dem Vor-

Fig.184. Semiperme- Fig

gange von Pfeffer oder von Morse und Horn!), eine dauerhafte semipermeable Membran herzustellen. Bei vielen ernährungsphysiologischen Versuchen mit einer

Salzlösung ist es von Wert, den Be- trag des durch das Wurzelsystem auf- genommenen Salzquantums einfach und schnell zu bestimmen. Ein zylindrisches Gefäß trägt eine Glas- platte, die in der Mitte eine weitere, in der Peripherie eine Reihe kleinerer Bohrungen besitzt; die weitere Boh- rung trägt einen Kautschukstöpsel, in den eine feingraduierte Meßröhre

5 3 eingesetzt ist, welche ihrerseits wieder . 185. Rosenbergs

able Membran nach semiperm. Membran (E. luftdicht in einer Tonzelle 2 befestigt

Pfeffer. M= Manometer; Z= M Thonzelle.

Heilpern del. - : : = en Has ko. Ist; dieser letzteren wurde vorher die

lodiumgefäß. semipermeable Membran eingelagert (sei es, daß sie mit Kupferchlorid

gefüllt in Ferrozyankalilösung eingetaucht worden war, sei es, daß durch die Lösungen der elektrische Strom durchgeleitet wurde, wobei die

Fig.186. Grafes Apparat

zur quantitativen Bestim-

mung der Entnahme von Mineralstoffen.

') Morse und

beiden Lösungen, innerhalb der Tonwand miteinander in Kontakt geratend, das Ferrozyankupferhäutchen bilden); die äußeren peripherischen Bohrungen dienen zur Aufnahme der angekeimten Samen, deren Würzel- chen durch das Loch in die Nährlösung eintauchen, der freibleibende Raum wird mit paraffinierter Watte oder dergleichen gedichtet. Das zylindrische Gefäß sowohl als auch die semipermeable Zelle sind mit derselben Lösung gefüllt, die in der Meßröhre zu Beginn des Versuches bis zu einer bestimmten Marke reicht. Das ganze Gefäß samt Pflanzen befindet sich unter einer Glocke; die Verluste durch Transpiration können bei länger dauernden Versuchen ersetzt werden. Nehmen nun die sich entwickelnden Pflanzen Mineralstoffe aus der Nährlösung auf, so sinkt die Konzentration im Kultur- gefäß im Vergleich zur Konzentration der Lösung innerhalb der Zelle; es erfolgt also in diese von außen eine Wassereinströmung, der aber nur das Wasser folgen kann, nicht die gelösten Stoffe, bis sich ein Gleichgewicht einstellt; mit fortdauernder Mineral- stoffentnahme wird das Gleichgewicht wieder ver- schoben und die Höhe der Wassersäule in der Meß- röhre S bei Abbruch des Versuches gibt die Menge der aufgenommenen Mineralstoffe an, da ein Parallelis- mus zwischen der Höhe der Wassersäule und der Menge der verschwundenen Mineralstoffe besteht. Es ist nur notwendig, ein für allemal durch quantitative

Horn, Amer. chemie. ‚Journ. 26, 89 (1901); Morse und

Frazer ebendas. 28, 1 (1902), 34, 1 (1905).

XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 479

Analyse die Parallelität dieser beiden Meßwerte zu bestimmen, um zu absoluten Zahlen zu gelangen. Selbstredend ist diese Methode nicht nur für einzelne Salze, sondern für jede Nährlösung anwendbar, wenn einmal das Zahlenverhältnis zwischen Wasserhöhe und Mineralstoffentnahme dafür tabellarisch festgestellt worden ist. Es ist auf diese Weise auch möglich, die von Monnier und Deleano und anderen Autoren festgestellte Wanderung von Mineralstoffen aus der Pflanze in die Nähr- lösung zu verfolgen und sichtbar zu machen; durch entsprechende Wägungen des ganzen Apparates ist es auch hier notwendig, den Betrag der Transpiration festzustellen. Eine große Schwierigkeit besteht aller- dings in der Herstellung der halbdurchlässigen Membranen, eine Schwierig- keit, die zu überwinden mir erst in ganz wenigen Fällen gelungen ist.

XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren.

Sehr häufig kommt man in die Lage, die Reaktion von Säften oder Ausscheidungen gegen Indikatoren zu bestimmen; im pflanzenphysio- logischen Laboratorium sind aber in der Regel nur die von der Maß- analyse her gebräuchlichen Indikatoren in Verwendung, während die Säfte häufig von einer solchen Beschaffenheit sind, daß uns nur andere Indikatoren Anhaltspunkte zu ihrer Beurteilung geben können. Aus der folgenden Tabelle können wir durch Vergleich die H+-Ionenkonzen- tration des zu prüfenden Saftes innerhalb enger Grenzen ermitteln. Wenn wir eine Säure mit einer Lauge titrieren, soll uns der zugesetzte Indikator den Punkt anzeigen, wo wir die genau äquivalente Menge der Base zugesetzt haben und umgekehrt; aber der Aquivalenzpunkt ist nur bei starken Basen und Säuren mit dem Neutralitätspunkt identisch, wenn also Säure und Base die gleiche Dissoziationskonstante besitzen ; anders, wenn Säuren und Basen verschiedener Stärke sich miteinander zur Salzbildung vereinigen; das entstandene Salz ist dann wohl chemisch neutral, reagiert aber sauer, wenn die Dissoziation der Säure überwog, alkalisch, wenn die der Base stärker war. Kennen wir die Dissozia- tionskonstante von Säure und Base, so können wir für jede Konzen- tration der Salzlösung den dazugehörigen H+-Ionengehalt berechnen.

Titrieren wir z. B. die schwache Borsäure mit der starken Natron-

n 10 lösung rechnerisch ermitteln. Die Hydrolysenkonstante von NaBO,:K

lauge !), sokönnen wir den H+-Ionengehalt einer Natriummetaborat-

a, k-Wasser = 1,2 - 10-29 (25° C), k-Borsäure = 1,7 - 10-12 2 25%); K = ar a Hydrolysengrad, c = molekulare Konzentration der Salzlösung. En DEE ce k-Säure Sauter, ne Ben _ V !-Wasser x k-Säure ae V 1:2x 109: 1:7x10° Con Feet 10-:

Gr 2 le lo

ı) Nach H. Friedenthal, Methoden zur Bestimmung der Reaktion tieri- scher und pflanzl. Flüssigkeiten, Abderhaldens Biochem. Arbeitsmeth. I, 541.

480 XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. CHaı+ 2n N | N N N N n N g in ccm 10-3 > | 1 Vase a I 10=3 1077 10 20% | | | i lizarin .. u 202 8 rün- E— rn == —, bräun- u, Salk | lichgelb AlizarinblauS... .: . bräun- gelblich, B: = r Be > lichrot | fast farblos Alizaringrün B.... lila fleisch = e> = rot Alizarinsulfos, Natron . | gelb- | _ _ = braun rot grün Bikslierun ua alas dunkel-| grün _ hell- schwach ganz grün grün | hell- | schw grün hell- | | grün Aalkanımn 20 By. rosa | _ _ _ u = j Br _ | 2 Azolithmin 2 22.08 rosa | _ _ —_ rosa, | Stich | violett Benzopurpuriu B blau blau- [violett rot- rosa |] gelb, = violett violett Stich rot Bittermandelölgrün . . | gelb- _ grün |} blau _ _ _ braun —- | - Cochenille. .. „2... gab a _ _ E= bräunl.|| lila | rosa KRONE de ee blau r082 _ -- - - Quzeumem. . 2..% lila rot- gelb | = E= = = - orange DIaNIE N se Birblos]| ‚era _ u = A BEN: me Dimethylamidoazobenzol| him- | _ —_ fleisch-[|| gold- _ —_ beerrot | farben || gelb ECHIROL.E N Eat ee gelbrot| gelb- rot Se -_ braun | Eosinmethylenblau. , grün hell- blau | blau- _ | —_ blau | violett |

XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren.

481 N N N N n n N N In 10-19 | 10-11 | 10-2 | 10=13 | 10-4 | 10-3 | 0-16 | 10-7 | 10-8 blaßlila lila —_ violett| blau, | blau —_ Stich violett grün- ‚schw. grün _ violett || blau blau- | grün en zB lieh | grün grün nennen sehr schwach. N: _ r bräun- !bräunl., lichgelbf| dann | grün | | u | er 2 ze lila [violett = = Spur E E= E= _ —; | Sarhlaae grünl., dann | | farblos == rot- violett || blau | er violett | | violett || blau- | blau dz 0 = _ violett | | —_- | rosa —_ _ | | _ E - blau, | blau, |[farblos dann |schnell heller | farblos 2 En Br a a en | ).— . ‚Gesättigte Lösg., | | | 2 Tropfen. —_ rot- [violett _ violett an Ss = —- —= '— |bräunl.-|| grün- E rot lieh Spur || violett 23 e = =. = hell- blau | | blau, | fast | farblos -— | ui B 24 u er en = = Sehr verdünnte | | Indikatorlösg. en we u Br 5 Ei PER u Ben a Rotfärbung nach der alkal. Seite | immer dunkler, 2 Tropfen. | er in se violett || lilarot | _ Grafe, Ernährungsphys. Praktikum. 3l

482 XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. CH+ 2n n a n | n n g in cem i0= | 10# | = | 95 | m ua | 10-3 | 109 Fluoreszein ...... grün- Zu | = grüne gelb | Fluoresz, | | | Gallen N orange gelb | gelb, orange-| rot rot, Stich rot Stich | rot violett I Guajaktinktur. .. . . farblos | _ .- E= | _ amaleine: au him- rosa grün- | grün- _ grün- —_ | bräun- beerrot lich- | gelb gelb lich, grau | dann Stich grau rot ahaskhin TV. 2. 2%: rosa | orange le | em | i ER: Hrhantiın II... rosa || grün- - E= | gelb | | Andenan. . 2.2... grün- || rosa _ Be: En gelb Konsarot „2. 2,2 5%; blau _ u _ violett || schar- —_ lachrot Baker u... 40.0. r098 | |). mioletkı aelar | | blau | | Magdalarot : .-... . - gelb | rosa | -- _ Be: | = Br | zenz Mauren. 2... gelb grün || grün- || blau [|violett) blau Methylgrün. grün- A grün || blau | = gelb | | Methylorange . . rosen- le orange-||orange| gelb rot rot Methylviolett . . gold- || zeisig- || grün- || blau [[violett gelb grün blau

#-Naphtholbenzoin . . gelb

bräunl.

a ua

XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. 483 n n n n | n |ın n n In 10 | 100 | 102 | 108 | WR OS pe oe | ne | | | | 20 a Er IE a Rn 3 | allmanj.| violett braun - grün- =. = | _ | gelb | | | hell- || violett|| rot- ee rot- |Idunkel- dunkel- |dunkelr.,|]| plau- | Die meisten lila violett [| später || violett,|| rot, rot, BUaNEE violett' Farben sind rot- |jschnellfl violett | später dann’ nicht lange be- braun || braun ' braun |gelbgrün ständig. | rg fe ee T a orange- rot | En —_ | | rot = - er u ee 2 | | gelb | | I —_ —_ ee _— _ 2 Rosafärbg., all- | mähl. stärker. Zu - -| 11-1015 = | | | | blau, | blau | Pe ERW | 1. Allmssber Stich | | | gänge, keine violett | Umschläge.

lila

blau, sehr

langsam

rot

violett-| gelbrot

Färbungen in den

drei letzten Kolon-

nen verblassen all- mählich.

allmäh- lich

blau, hellblau, farblos

sehr | schnell

| | | | |

heller | farblos farblos |

farblos

Sehr verdünnte In- dikatorlösung 50 mg auf 100 H2O, sonst Umschläge unscharf.

violett, ||violett, langsaml|sehnell farblos |[farblos

farblos

| grün | grün-

blau |

484 XXVI. Reaktion von Säften gegen Indikatoren. CH+ 2n n | n n n n n n g in cem 10? | 107® | 107% | 1076 || 10% |. 1077 | De Meutralret. „.. Zen. eyan- |} blau- || him- _ —_ blau |} violett [|beerrot p-Nitrophenol .. . . . farblagıl, » 5) 0 Meer ae a hell- grünl. Phenacetolin ..... gelb _ —_ -— _ bräun- | bräun- || rosen- lich- | lichrot rot gelb Phenolphthalein.. . farblos | _ —_ —_ Bosolsaure2.,..2..... gelb Zr an hell- Er er a bräun- lich PRERBBIN a ae er blau lila || rosen- = = = rot Säurefuchsin. . . . lila | lilarot —_— | _ _- Tetrabromphenol- farblos | - —_— | a phthalein . | | E Ed SPERERBIEFTSRH | Thymolphthalein. . . = = —- = le: | IEODADIMEN. 722.0 tea sed, rot- |ifleisch-|| gelb _ Bone violett || rot | ropaolin: 0:7. =. sm gelb _ E grün- | gelb ii Tropßelin 00... ;: - rot- | him- |[fleisch-[| gelb _ ai violett | beerrot|| rot Tropäolin 000... . . ros4 gold- —-— | _ = ar gelb |

Trinitrobenzol. .

XXVI Reaktion von Sätten gegen Indikatoren. 485 N n | N 7) N n n N IN 10-10 10 u | 10-12 10-13 10-14 10-15 10-16 10-17 10-18 l rosen- ||orange| gelb N E = = rot | | i | IE grun- I - _ I u === gelb | | a e | | | | = ,\ —. .[vielett-| violett, farblos‘ _ _ | rot |langsam | | heller | _ _ rosa rot —_ _ | rot, |jrot ein- Verdi Lone: Sons 1ederschla schnell [[fallend, i. starken ee farblos || darauf | Stufe 8 mit ein. gleich TrepfonTarbiosuhei % T. 4usatz ganz farblos een Sr rosa | rot | | | rot, | rot, u | | l langsam] schnell | | | heller | farblos | | | | | | | _ violett 2 Kae 2 TE | | 3 F T - 2 es lilarot,, |blaßlila,llila ein-| farblos| = | lang- später | fallend, | | sam | farblos | später | blasser farblos | z je BEE a RE Br ie | == _ violett = == | violett, | violett, || farblos Stufe 8 bei weit. | langsam schnell Zus. schwach | farblos farblos | violett. hell- blau _ blau, = | blau schnell | farblos —_ fleisch-[| rosen- u | _ —_ _ | rot rot | | | F SE a 3 | 5 = = = orange| rot- = | orange Be | 2 | _| |) 0] Mo 4 | | | | farblos Tee | | | == E == orangelorange- —— | rot - —_ E orange|| rot- fast

orange || farblos

YsejyaswnuagJeg J9p a]jaqgeL

01 479701A u ir pre _ = = a 2 = = | = > = en ı| "em neq "uruB.ıJeS rn ee or RR arora | HeIorA nejq |urındandozuag ä E - = [= | 2 120g | ve Pete < oa] Mai | sojq1rz | OFURBIO | „gunıo sorgaw 4 va - = ng ai. Er - = - sojq1eF |’ [JOzuaqoAayıuLL], 48%} -101 ar8} er 9DURBıo q[93 => er ee q193 er A a se = 93 * 0 uoedoa vz le end erg an = | -una8 0 uoydoxz, a nerg | g er je e2 = Ye _. 7 gp8 ° uIozuogq = ze Er u -unıS | u =- Er Fe 6 „uneig -[oygyden-® TGIRFaRp Sogar Six Ki za : ° uropeyyyd er ea | m | m | | ml S Bu -0uoyd -upo Jos) ‘oA u = sopqawz Aao]joy en un: ° Dumas | puyas, 'sduef 25 >= I =} 4041 BSOI EN zu => > = Ze qpo8 -[OSOY -ULIBZIIY Hol or u BR ö ER a > S unı3 |uoyen soınes = == 1797J01A at = 2 > 7 you uneIgq Er = Ze = = -q[83 -oJJasuLIteziYy - —_ _ —_ SR yojorA | nerq neJq * 20105U0]} = = = Keuet) 5 = | = 0; 2 neIq E) r i : 30147]03 m R = _ = _ _ 63 |»oporA| nerq | -unız un. qla3 | uUIDANUN m : | En: w TUR ot -0T, Me s-OR | 91-0L | sr-OT | v1-0T | 8r-OT | s1-0T | 1-0T | or-OT | 6-OT | 8-08 | 2-01 R 0-01 | a-0T | »-01 |+H° +9 10yeyıpu] i | | | . LT ===

XXVII. Anhang. Die Herstellung von Normallösungen. 487

Wir suchen daher bei Titration von Borsäure einen Indikator, welcher bei Cu+ =1 - 1071!eine möglichst scharfe Farbenänderung erleidet. Die vor- stehenden Tabellen (S. 480—486) von Salm und Friedenthal geben Indi- katoren für alle möglichen H+-Ionenkonzentrationen an, der Doppelstrich bezeichnet den scharfen Farbenumschlag, und durch Verwendung solcher Indikatoren, welche alle im Handel zu haben sind und deren Bereitung in dem kleinen Buch von F. Glaser, Indikatoren der Azidimetrie und Alkalimetrie, Wiesbaden 1901, nachgesehen werden kann, ist es leicht möglich, den H+-Ionenkonzentrationsgrad des zu prüfenden Saftes zu erkennen. Bei der Schärfe der Indikatoren ist es natürlich nicht ge- stattet, die betreffenden Pflanzenteile etwa mit Glaspulver oder mit Sand zu zerreiben, da von beiden Medien an den Saft lösliche Bestand- teile abgegeben werden, welche auf die Indikatoren wirken. Man muß das Zerreiben für sich in der Achatreibschale vornehmen. Linsbauer und Grafe verwendeten für die Aziditäts-, respektive Alkaleszenz- prüfung der ausgepreßten filtrierten Säfte in Vergleichsproben gleich- große (5ccm fassende) mit eingeriebenem Stöpsel verschließbare Röhrchen, in die je die gleiche Menge Saft und drei Tropfen der Indikatorlösung ge- tan wurden. Nach dem Durchmischen wurde die entstandene Färbung gegen eine weiße Unterlage kontrolliert und mit dem nächstliegenden Ton in den Raddeschen Farbentabellen verglichen.

Indikatoren mit sehr scharfen Umschlägen sind Dimethylamido- azobenzol, Neutralrot, Rosolsäure und Thymolphthalein. Starke Mineral- säuren können mit ätzenden Alkalien und alkalischen Erden gegen Methyl- orange sowohl als gegen Phenolphthalein und Lakmoid titriert werden, aber die Laugen müssen bei Lakmoid und Phenolphthalein frei von Kohlensäure sein, wenn nicht in der Hitze titriert wird, wobei die Kohlen- säure entweicht. Die stärkeren organischen Säuren, wie Oxal-, Milch-, Wein-, Zitronensäure, lassen sich nur gegen Lakmoid oder Phenolphthalein, schwache Säuren nur gegen letzteres titrieren. Ebenso sind bei den starken Basen, den Hydroxyden der Alkalien und Erdalkalien alle drei Indika- toren anwendbar, bei Aminbasen und bei Ammoniak nur Methylorange, allenfalls Lakmoid. Bei kleinen Mengen Alkaloiden verwendet man am besten Jodeosin (außer bei den Chinaalkaloiden), dessen Umschlag (Säure orange, Alkali kirschrot) scharf wird, wenn man die Titration im Schüttelzylinder bei Gegenwart von Ather ausführt (2 mg Jodeosin auf 1000 ccm säurefreien Äthers); für Chinaalkaloide eignet sich Häma- toxylin in alkoholischer Lösung 1 : 1000.

XXVI. Anhang. Die Herftellung von Normal- lösungen.

Unter Normallösungen, wie sie in der Maßanalyse verwendet werden, versteht man Lösungen, die im Liter ein Grammäquivalent (bezogen auf H = 1) des betreffenden Stoffes gelöst‘ enthalten. Z. B. Salzsäure HCl: eine normale Salzsäure enthält das Molekulargewicht von HCl = 36,5 g im Liter gelöst, entsprechend 1 Grammatom H; Salpetersäure HNO, ebenso 63 g HNO, im Liter, Schwefelsäure H,SO,

98 ein halbes Grammolekül H,SO, =

ae entsprechend einem

488 XXVII. Anhang. Die Herstellung von Normallösungen.

Grammatom H, im Liter gelöst. Kalilauge KOH enthält 56 g Ätzkali im Liter; Natriumkarbonat Na,CO, ein halbes Grammolekül Na,CO,

106 I ganats KMnO, zu bestimmen, müssen wir auf seine Wirkungsweise zurückgehen, welche durch die Gleichung ausgedrückt ist 2KMnO, K,0 + 2MnO + 50. Zwei Grammoleküle KMnO, entwickeln also 5 Grammatome Sauerstoff, entsprechend 10 Grammatomen Wasser-

A 15 stoff, und !/, Grammolekül KMnO, =: en 31,63 g entwickelt

5) 1, Grammatom Sauerstoff, entsprechend 1 Grammatom Wasserstoff. Wir müssen also 31,63 g KMnO, im Liter auflösen, um eine normale Permanganatlösung zu erhalten. Da die normalen Lösungen vielfach zu stark sind, bereitet man durch a: der halben, zehntel, zwanzigstel,

a a hundertstel Menge 2’ 10° 20° o

Als molar e Lösungen bezeichnen wir die Auflösung des Molekular- gewichtes im Liter ohne Rücksicht auf die Äquivalenz. Es ist klar, daß l ccm einer nHCl einem Kubikzentimeter jeder anderen Normallösung äquivalent ist, nicht aber z. B. 1 cem molarer HCl 1 ccm molarer Ba(OH),, denn beide beziehen sich nicht auf dieselbe Äquivalenzeinheit, während alle normalen Lösungen auf 1 Grammatom Wasserstoff bezogen sind.

Alle Normallösungen der Alkalimetrie und Azidimetrie stellt man unter Verwendung von besonders gereinigter und getrockneter Soda her, einem Salz, das leicht absolut rein hergestellt und unzersetzt aufbewahrt werden kann. Um z. B. eine normale Salzsäure herzustellen, verdünnt man reine konzentrierte Salzsäure mit Wasser unter Verwendung eines Aräometers in einem hohen Zylinder bis auf zirka 1,020 spezifisches Gewicht'!). Nun wägt man in einem Wägegläschen mit eingeschliffenem Stöpsel diejenige Menge der reinen, getrockneten Soda ab, die ungefähr 35—40 ccm der Säure entsprechen wird (1000 cem nHC]l entsprechen 1000 cem nNa,CO,, also einer Lösung von 53 g Na,CO,, daher entsprechen 40 cem nHCl einer Menge von 2,12 g Na,CO,). Man wägt also auf der analytischen Wage eine Sodamenge ab, die um 2 g herumliegt (lieber etwas weniger), löst sie in einem Becherglas in zirka 100 ccm destillierten Wassers auf, fügt 5—6 Tropfen Methylorange hinzu, bis die Lösung ganz schwach gelb erscheint, und läßt die Salzsäure unter beständigem Umrühren aus der Bürette zufließen bis der Umschlag von Gelb in Orange erfolgt, liest den Stand in der Bürette ab und fügt einen oder zwei Tropfen der Säure hinzu, bis eben die Rosanuance auftritt. Angenommen wir hätten zur Titration von 2,1132 g Na,CO,, 39,20 cem Salzsäure gebraucht. Wäre die Säure richtig normal gewesen, so hätten wir 39,83 cem nach der Propor-

—53g. Um die Menge des im Liter zu lösenden Kaliumperman-

Lösungen.

!) Den Gehalt einer Salzsäure an Chlorwasserstoff in Gewichtsprozenten er- fährt man, wenn man ihr spezifisches Gewicht mit dem Aräometer bei Zimmer- temperatur bestimmt und die beiden ersten Dezimalen mit 2 multipliziert. Zeigt also die Salzsäure z. B. das sp. G. 1,02, so enthält sie 4°/, HCl, eine Säure vom sp. G. 1,15 ist 30 prozentig ete.; bei Kali- oder Natronlauge lautet diese empirische Regel noch einfacher, hier drückt die Zahl hinter dem Dezimalpunkt (die Mantisse) direkt die Prozente KOH etc. aus, so daß also eine Kalilauge vom sp. G. 1,01 ein Prozent KOH enthält, eine solche vom sp. G. 1-19 ca. 20°/, u. #. f. nur bei den höchsten Konzentrationen ist die Übereinstimmung mangelhaft).

XXVII Anhang. Die Herstellung von Normallösungen. 489

tion 53,05 : 1000 = 2,1132: x verbrauchen müssen. Da wir nur 39,2 ccm verbraucht haben, ist unsere Säure zu stark, wir müßten also Wasser hin- zufügen. Gewöhnlich tut man das aber nicht, sondern berechnet folgender- maßen den Faktor: da 39,2 ccm der von uns verbrauchten Säure 39,83 ccm exakt normaler entsprechen, so entspricht 1 ccm unserer Säure x cem exakt normaler, nämlich 1,01607 ccm. Mit dieser Zahl müssen wir also jeden Kubikzentimeter der von uns hergestellten Säure multiplizieren, um den exakt normalen Titer zu erhalten. Diese Zahl wird also als ‚Faktor‘ auf die Säureflasche geschrieben. Um eine n-Natronlauge (40,06 g NAOH im Liter) herzustellen, wägen wir auf der Handwage 46 g reinsten Ätz- natrons (selbst dieses ist immer mit einer Schicht Natronkarbonat überzogen) ab, lösen in 1000 ccm Wasser und lassen die Lösung eine Stunde neben der eben hergestellten n-Salzsäure stehen. Dann pipettiert man 40 ccm der Lauge ab und titriert gegen Methylorange mit der Säure. Angenommen wir hätten für die 40 ccm Lauge 39,87 ccm Säure verbraucht, also mit dem Faktor multipliziert, 40,5 ccm exakt normaler Säure, so müssen zu 40 Kubikzentimetern Lauge noch 0,5 ccm Wasser hinzu- gefügt werden, also zu 1000 ccm Lauge 12,5 ccm Wasser, um die Lauge exakt normal zu machen. Man kann statt dessen natürlich auch hier den Faktor bestimmen.

. KMnO ‚-Lösung herzustellen, müssen wir 3,163 g des in hohem Reinheitsgrade käuflichen Salzes in 1000 cem Wasser lösen. Da aber das Wasser gewöhnlich Spuren oxydabler Substanzen enthält, wägen wir rund 3,2 g KMnO, ab, lösen auf und lassen nun 8—14 Tage n 10 vornehmen. Von dieser zweibasischen Säure (COOH), + 2 H,O = 126,05 lösen wir also den 20 ten Teil = 6,303 g im Liter auf. Nachdem wir eventuell noch die Exaktheit dieser Lösung durch Titration mit exakt n 10 ein Becherglas ab, fügen 10 ccm verdünnter Schwefelsäure (1:4) hinzu, verdünnen mit kochendem Wasser auf zirka 200 ccm und lassen die zu stellende Permanganatlösung aus der Bürette zufließen. Anfangs bleibt die Lösung mehrere Sekunden rot, wird dann beim Umrühren entfärbt, und von da an wird jeder zufallende Tropfen sofort farblos. Sobald ein Tropfen beim Umrühren nicht mehr entfärbt wird, die ganze Lösung sich also rosa färbt, ist die Oxydationsreaktion der Oxalsäure beendigt. Da zur Oxydation von 1 Grammolekül Oxalsäure 1 Grammatom Sauer-

Um eine

stehen, bevor wir die genaue Einstellung, am besten mit Oxalsäure,

Natronlauge überprüft haben, pipettieren wir 25 cem derselben in

stoff erforderlich ist und 1000 cem . Oxalsäure !/,, Grammolekül Oxal-

n

10 Oxalsäure !/,, Grammatom

säure enthalten, so entsprechen 1000 cem

Sauerstoff = 0,8g und 1 cem . Oxalsäure daher 0,0008 g Sauerstoff.

Sind z. B. zur Oxydation unserer 25 ccm ÖOxalsäure 24,3 cem Per- manganatlösung verbraucht worden, so entsprechen diese 24,3 ccm 25 - 0,00088 20 mg Sauerstoff oder 1 ccm Permanganatlösung 0,020

eo Ss stoff. 24.3 0,8304 mg Sauerstof

490 XXVII. Anhang. Die Herstellung von Normallösungen.

Als Grundlage der schärfsten Bestimmungsmethode, der jodo- metrischen, ist die Gleichung: 2Na,S,0; + J, = 2NaJ + Na,S,O, anzusehen, d. h. das in seiner Lösung (Jod löst sich in Jodkalilösungen überaus leicht) braunschwarze Jod wird durch Natriumthiosulfat in das farblose Jodnatrium und Tetrathionat verwandelt, ein Umschlag, der sich durch Verwendung des mit Spuren freien Jods tiefblau, mit größeren Mengen schwarzgrün sich färbenden Stärkekleisters überaus n 10 her, indem man von dem Salze Na,S,0, + 5H,0, von dem nach der Gleichung 1 Grammolekül einem Grammatom Jod entspricht, den

scharf zu erkennen ist. Man stellt eine Natriumthiosulfatlösung

zehnten Teil des Molekulargewichtes = löst und nach einiger Zeit den Titer mit dem kristallisiert sehr rein erhältlichen Kaliumbijodat bestimmt, von dem 389,858 g äquivalent sind 1512,5 g Jod. Löst man 3,2488 g reinen Kaliumbijodats in 1000 cem Wasser auf, (d. i., da man auf ein Grammatom beziehen muß und 1 Molekül Kalibijodat 12 Atome Jod ausscheidet, 389,858: 12 für eine Normal-, und weiter durch 10 dividiert, für eine Zehntelnormal- lösung), so scheiden 10 ccm dieser Lösung beim Versetzen mit über- schüssigem Jodkali und Salzsäure genau so viel Jod aus wie in 10 cem

rund 25 g im Liter auf-

einer n 0 Jodlösung enthalten sind; 1—2 g reines Jodkali werden in einem

Becherglas in möglichst wenig Wasser aufgelöst, 5 ccm Salzsäure 1:5 dazugefügt und dann 20—25 ccm der Bijodatlösung; das Jod scheidet sich sofort quantitativ aus und wird nach Verdünnen mit 200 cem Wasser mit Natriumthiosulfat zurücktitriert. 20 cem unserer Kaliumbijodat- lösung schieden 0,2537 g Jod aus. Angenommen wir hätten zur Titration 20 cem Thiosulfat gebraucht, so ist die Natriumthiosulfatlösung exakt zehntelnormal, brauchen wir mehr oder weniger, so ist der Faktor nach der obigen Überlegung zu berechnen. Der Titer der Thiosulfatlösung wird in Grammen Jod ausgedrückt. n

10 kali in möglichst wenig Wasser im Literkolben, fügt zirka 12,7 g Jod dazu, das man auf dem Uhrglas und auf der Handwage abwägt, schüttelt bis zur Auflösung und füllt bis zur Marke auf. Von der gut durchgemischten

Um eine Jodlösung herzustellen, löst man 20—25 g reines Jod-

Jodlösung titriert man 25 ccm mit der er Natriumthiosulfatlösung.

n 25 cem ‚Jodlösung hätten 25,16 ccm 10 Na,S,0,-Lösung verbraucht,

; Le daher ist 1 ccm = 1,0064 ccm einer exakt 10 Lösung.

Abkühlung als Treibver- fahren 392.

Ableitung der Assimilate 140.

Abschluß des Kultursub- strates gegen dunstung 430.

Absorption und Transpira- tion, verschiedene, bei Tag und Nacht 461.

Absorptionsbestimmung durch Wägung und Messung 446 ff.

Absorptionsbüretten 363.

Absterben 348.

Abtöten 348.

durch Erfrieren 386.

Adsorptionsmethode 339.

Adsorptionsreihe 340.

Apfelsäure 261.

Aquikapillar 327.

Aquıvalenz 479.

Atherisieren 392.

Atherzahl 185.

Athylalkohol 268.

Aldehyde 264.

Alkalien, qualitative Prü- fung 73, 902.

—, quantitative Prüfung 76.

Alkaliausscheidung 58.

Alkaloide 273.

—, quantitat. Bestimmung 285.

—, kapillartitrimetrische Bestimmung 29.

Amide 207.

Aminosäuren bei der Kei- mung 222.

Ammoniak 211.

Anaesthesierende Stoffe

als Treibmittel 392. Aschenanalyse 69. Asparagin 208. Assimilationskurven 115. Assimilationsprodukte 135. Assimilatorischer

197.

Atmung 346.

Ver- |

Sachregister.

Atmung auf verschiedenen Nährlösungen 969.

Einflüsse der Tempe- ratur und des Sauer- stoffmangeis 355.

—, intramolekulare 331.

Atmungsapparate 361 ff.

Atmungschromogene 235.

Atmungskoeffizient 346.

Atmungskurven 348.

Atmungsverluste bei der Keimung 350.

Atropin, Bestimmung 2833.

Aufbewahrung von Samen, Erhaltung der Keim- fähigkeit 9.

Aufnahme von Wasser bei der Samenquellung 3, 5.

198. Aufzucht, sterile 320 ff. Auslegen der Samen 14. Autolyse 331. Auxanometer 400. , selbstregistrierende 401 ff. , elektrisches 404.

der intramolekularen

Atmung 386.

| Azetylzahl 187.

Bakterienmethoden zum Sauerstoffnachweis 102. Benzoesäure 262.

\ Bernsteinsäure 262.

Bewässerungsapparat 266.

' Blasenzählmethode 103.

Blattflächen, Atmung 360. Blatthälftenmethode 111.

Blattober- und -unterseite, |

Transpiration 436.

| Blüten 456.

| Blut, | Sauerstoffnachweis10l. Effekt

defibriniertes, zum

Blutungssaft, 457.

Auffangen

Bodensterilisation 19. Bromwasser als Desinfi- ziens 321.

Chinin, Bestimmung 283, 289.

Chloride, quantitative Prü- fung 74.

Chlorose 60.

Chromatogramm 340.

Chromatogramm-Methode zur Enzymanalyse 342.

Cytase 343. 3

Dextrose, Nachweis 194. Dialyse 213.

Diastase 223, 227. Dickenwachstum 399, 416.

' Dissoziationskonstante479.

' Druck, osmotischer bei der Aufschließen des Bodens | ein ao

Quellung 1.

' Dunkelsamen 23.

Einserton 121.

Einsiedegläser mit Gaze- bedeckung 55, 69. Eisen 59.

' —, qualitative Prüfung 72. | —, quantitative Prüfung Azeton und Alkohol bei

75, 78. Eiweißreaktionen 203. Eiweißstickstoff 207. Elektrizität, Einwirkung

auf das Wachstum 81. —, pflanzliche, als Mittel

zur Keimkraftprüfung

16.

| Elektrokultur 8.

—, steriles Auffangen 459. |

Emanation, Einwirkung auf das Wachstum 8. Emulsin 223. Entblätterung als Treib- verfahren 391. Enzyme 217.

| —, glykolytische 220.

—, proteolytische 221.

—, quantitat. Feststellung der Wirkungsweise 226.

—, Wirksamkeit bei der Keimung 1.

492

Epidermismethode 475.

Erdalkalien, qualitative Prüfung 73.

—, quantitat. Prüfung 75.

Erde als Substrat &8.

als Substrat, Behand- lung 52.

Erfrieren 388.

und Hydrolyse 2.

Erkältung 389. n

Erstarrungspunkt von Ol 180.

Etiolement 130.

Exsikkatoren 300.

Extraktion 177.

systematische, von

Pflanzenmaterial 306.

Farbenreaktionen der Al- kaloide 275, 278. Fällungsreaktionen Alkaloide 273, 278. Farbentabellen 487. Farbstoffbestimmung durch Bio-Kapillarität 345. Fette 176, 181, 183, 189. als Wärmespeicher 389. Fettsäuren, Bestimmung der 186, 189. Feuchtigkeit, Bestimmung 301. Filtrierpapier als Keimbett 17; Flammenreaktionen 73. Flüssige Luft als Trocken- mittel 300. Formaldehyd 137. —, Bestimmung 264.

der

Galvanische Ströme, Ein- wirkung auf dasWachs- tum 8.

Gasabsorptionsgefäße 98.

Gasanalyse 373.

Gasdosierung 36.

Gasmengen, Bestimmung kleiner 365.

Gaszerstäuber 303.

Gefrieren 388.

Gelatine als Substrat 49.

Gerbstoffe 248.

Gerbstoffexosmose 327.

Gesamtanalyse 297.

Gesamtanalysen aus nährungsphysiologi- schen Versuchen 308.

Gewichtsveränderung bei der Quellung 5.

Gifte der Ausscheidungen von Samen 17.

eT-

Giftwirkung, Abhängigkeit

Sachregister.

v. d. Konzentration 38. | Glaskammer 419. Glukoside 256.

Glutamin 208.

Glyzerin, Bestimmung 191. Goochtiegel 77. Grammäquivalent 487. Grammolekül 487. Guttation 462.

Hautpulvermethode 255. Hehners Zahl 187. Hemizellulose, Bestim- mung neben Lignin, Pentosanen, Zellulose 173. Hexosen, Nachweis 144. Hungerstoffwechsel 69. Hydrolyse 1, 4. Hydrolysen von Reserve- stoffen bei der Atmung 352. Hygroskopmethoden 420ff.

Indigolösung zum Sauer- stoffnachweis 101. Indikatoren, gebräuch-

liche 497. —, Reaktionen der Säfte gegen verschiedene 479. Infiltration, graduelle 426. von Koniferennadeln

427. Infiltrationsmethode 425. Injektion von Flüssig-

keiten als Treibver- |

fahren 398. Inosit, Nachweis 145. Insolator 122.

Inulin 2, 136. —, Bestimmung 165. Invertase 223.

Jodlösung 49%.

Jodometrie 489.

Jodprobe 135, 138.

Jodzahl 188.

Ionenaufnahme aus Nähr- lösungen 58.

Kaliapparate 9.

Kaliumpermanganat- lösung 489.

Kalk 64.

Kälteschutz bei Samen 12.

Kapillaranalyse 179.

Kapillarisationsmethode zum Enzymnach weis246.

Kapillaritätsanalyse 343.

Kapillarmanometer 325.

Kautschuk 294.

Karbonate, Prüfung 74. Katalase 240. Keimapparat 26. Keimbett, Befeuchtung 14. Keimdauer 4. Keimfähigkeit 3, 8. —, äußere Einflüsse 9 ff. Keimkasten 54. Keimkraftprüfung 15. Keimlinge, Anzucht |]. —, Einwirkungen auf das Wachstum 81. Keimpflanze 47. Keimprozent 3. Keimschale 13. Keimstadium, Beendigung 132. Keimung 1. —, Einfluß von Kälte und Licht 12 ff., 19. —, Abhängigkeit Sauerstoff 41.

Beeinflussung durch fließendes Wasser 41. —, Beeinflussung durch H- und OH-Ionen 39. —, Beeinflussung durch

Gifte 30. —, Beeinflussung durch elektrische Ströme 42, Beeinflussung durch Radium 44.

qualitative

von

' —, Beeinflussung durch

Röntgenstrahlen 76. Beeinflussung durch Dämpfe 31.

| —, Beeinflussung durch

nasse und trockene Wärme 10.

—, Temperaturgrenzen 29.

Keimungsenergie 9.

Keimungsreize 4.

' Kjeldahlbestimmung 202.

Kleine Flüssigkeitsmen- gen, Bestimmung der Ge- frierpunkterniedrigung 466.

Kobaltpapiermethode 418.

Koffein, Bestimmung 292.

Kohlendioxyd, Einfluß auf die Transpiration 435.

Kohlensäureabsorptions- gefäße 357.

Kohlensäureassimilation 96.

—, Abhängigkeit von der Temperatur 111.

Kohlensäureaufnahme, Messung 112,

a

Kohlensäure, Bestimmung 356 ff.

Kohlensäureentwicklung

bei der Keimung 18.

Kohlensäurefreies Wasser 141.

Kohlensäuremangel Siärkebildung 141.

Kollodium zur Abformung der Epidermis 428,

Koniin, Bestimmung 234.

Konstanterhaltung der Keimungstemperatur

Konstante Temperatur- erhaltung, Apparat für 24.

Kryoskopische Bestim- mung verschiedenarti- ger Pflanzensäfte 467.

Kulturgefäße 52.

und

t, Abschluß | Kultursubstrat, Abschlu We

des 37, 48. Kutin 168.

Laboratoriumsluft 37 ££.

Laesionsstrom 16.

Laevulose 2.

—, Nachweis 144.

Lakkase 238.

latentes Leben 9.

Lichtfilter, flüssige 22, 115.

Lichtgenuß 122.

Lichthart 20.

Lichtfarbe, Einfluß auf die Keimung 21. Licht, Erzeugung ver- schiedenfarbigen 114. Lichtintensität, Bestim- mung 120 f.

—, Anderung der 28.

Lichtmessung, kontinuier- liche 127.

Lichtsamen 20.

Lichtzeiger bei Auxano- metern 406.

Lignin 168.

Lipasen 221, 225.

Luftfeuchtigkeit, Einfluß auf den Ernteertrag 435.

Luftkultur 68.

Luftleere bei intramole- kularer Atmung 384.

Maltose, Nachweis 146,

Malzbestimmung 231.

Mangan, qualitative Prüfung 73.

Markierung 410.

Membranen, semiper- meable 477.

Sachregister.

Mikro-Eudiometer 113.

Mikroanalysator 110.

Mineralstoffe, Entbehrlich- keit 63.

—, quantitative Analyse auf osmotischem Wege 478.

Mineralsubstanzen, Ver- luste beim Anquellen ne

Minimum, Gesetz des 59.

Molare Lösungen 488.

Morphin, Bestimmung 284. 289.

Nachreifung 23.

| Nährlösungen 50, 56.

Nährstoffetiolement 59.

Natriumthiosulfatlösung 4.

Neutralfett 190.

Neutralisation 479.

von

bungsstoffen 306.

Trü-

Nikotin, Bestimmung 284,

2».

Nitrate 198, 209.

Nitrite 199.

Nitrosit des Kautschuks 29.

Normallösungen, Herstel- |

lung 487. Normalton 121.

Oberflächenspannung 325. Öle 176.

—, Spezialreaktionen 182. |

—, trocknende und nicht- trocknende 182. Ösmotischer Druck

330.

—, Bestimmung durch Gefrierpunktserniedri- gung 462.

—, Verschiedenheit je nach denLebensbedingungen 475.

Oligodynamische Wirkung 37, 40.

Oxalsäure 260.

Oxydasen 343.

Öxydierende Enzyme 232.

Oxydimetrie 489.

325,

Papayotin 225.

Papier als Keimbett 17.

Pentosen, Nachweis 143, 159.

Pepsin 223, 228.

Perkolatoren 304.

Permanganatmethode 256.

493

Periode, große 411.

Permeabilität 325, 333 ff.

bei Wurzeln 336.

Permeabilitätskoeffizient 338.

Phosphate als Atmungs- stimulatoren 349.

Phosphatide 214.

Phosphor 61.

zum Sauerstoffnachweis 100.

Phosphorsäure, qualitative Prüfung 72.

| —, quantitative Prüfung

8l, 215. Phytin 214. Pinometer 449. Pipette, automatische 360. Plasmamembran 298, 325. Plasmolyse 325, 329.

| Porometer 423.

| Potometer

von Renner 452.

von Darwin 454.

Potometer 438.

Proteine, pflanzliche 200.

—, Farbenreaktionen 201.

—, quantitative Bestim- mung 202.

--, Darstellung 212.

Quellung 1.

—, Einfluß äußerer Ver- hältnisse 5 ff.

Quellungsdauer 5.

Radium als Treibmittel 396.

—, Einwirkung auf das Wachstum 86.

Reduktionskoeffizient,

enzymolytischer 257. Region, wachsende 413. Registrierwage 445. Reichert-Meißlzahl 185. Reinasche 72. Reservestoffe 1.

—, Abhängigkeit des Wachstums von der Menge 133.

Rohfaser 168. Rohrzucker, Nachweis 145. Ruhe, freiwillige und un- freiwillige 391. Ruheperiode 1, 23, 39%.

Samenhaut, Durchlässig- keit 1, 6.

Samenreinigung 70.

Samenspelzen 24.

494

Sauerstoff beiderKeimung 349. —, quantitative Messung 104 ff. Sauerstoffabgabe,Messung 97. Sauerstoffabsorption 99. —, Bestimmung 367. Sauerstoffaufnahme, monstration durch Chromogene 367. Sauerstoffnachweis 100 ff.

Säuren, organische, Be- stimmung nebenein- ander 262.

Säurezahl 154.

Schmelzpunkt des Fettes 180.

Schwefel, qualitative Prüfung 73.

Sesamöl 183.

Skioklisimeter 128.

Sachregister.

' Teilrädchen 400.

De-

Thermisch-aktive Stoffe 12, 389.

Thermoelektrische Me- thode der Bestimmung der Gefrierpunkts- erniedrigung 469.

zur Bestimmung der Lichtintensität 119.

Tonfilter 219.

Transpiration 418.

Transpirationsmessung, feinere 438.

Transpirationsgrößen, re- lative, von Sonnen- und Schattenblättern 434.

' bewurzelter Pflanzen

' Transpirometer,

Solanin, Bestimmung 293. |

Spaltöffnungsweite 425. Spektralanalyse 302. Spezifisches Gewicht des

Fettes, Bestimmung 179. |

Stärke 136, 139, 161.

—, Nachweis neben Zellu- lose 162.

Sterilisieren höherer leben- der Pflanzen 313.

des Bodens, Einfluß auf das Wachstum 19. Stickstoffassimilation 193.

—, Bestimmung 203.

Stickstoff, qualitative Prü- fung 306.

—, quantitative Prüfung 203.

Strahlenfilter, flüssige 22.

Strychnin, Bestimmung 2834.

Sublimation 300, 304.

Substanzen, organbildende 130.

Substrat, Einfluß auf die Keimung 26.

Sukkulente, Atmung 387.

Sulfate, qualitative Prü- fung 74.

und abgeschnittener Blätter 460. Transpirationsstrom 449.

sche 442 ff. Treibverfahren 3%. Trocknen von Pflanzen- material 299. Trypsin 224. Turgordruck 329. Tyrosinase 239.

Veraschung 69. —, feuchte 78. —, praktische 302.

—, trockene, Methoden 71. Veraschungsgeräte 70.

Verletzung als Treib- methode 397.

Verpilzen von Samen 4, 12, 14, 17, 89.

Verseifungszahl 134.

Wachstum, Einfluß von Narkotika und Licht- farbe 415.

—, terminales und basales 416.

Wachstumskurven 411.

Wachstumsmaxima 415.

Wachstumsmessung 399.

' Wägen der Pflanze 429. Warmbad als Treibmittel

394.

Wärmeentwicklungbei der Atmung 352.

bei der Keimung 18.

Waschapparat für Samen 38

Wasseraufnahme und Ab- gabe, gleichzeitige Be- stimmung 3, 437.

Wasser, Messung des von der Pflanze aufge- nommenen 437.

Wasserdampf, volumetri- sche und gravimetri- sche Bestimmung 433.

Wasseretiolement 14.

Wasserkultur 54, 62.

Wasserstoff und Stickstoff bei intramolekularer Atmung 382.

nn | Wasserstoffsuperoxyd als

Desinfiziens 317. Weinsäure 260. Wurzelausscheidungen

198.

Wurzeldruck 449. Wurzelknöllchen 19. Wurzelmeßmethoden 409.

Zeiger 408.

Zelle, Pfeffersche 478.

Zellulose, Bestimmung 166.

Zentrifugieren 305.

Zichorie 2.

Zitronensäure 261.

Zucker, Assimilation von 142.

—, qualitativer Nachweis 137, 143.

—, quantitative Methoden 147 ff

am Bogen 402,

Zuckeranreicherung beim

Erfrieren 389. Zuckerarten, Hydrolyse komplexer 159.

Aa Unterscheidung neben-

einander 146, 151 ff.

| Zuwachs 412.

Zymase 229.

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