FOKTHE PEOPLE FOR EDVCATION 1 FORSCIENCE LIBRARY OF THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY FALCO, unregelmäßig im Anschluß an das Werk „BERAJAH, ^^'^^''^(.^iS Zoographia infinita ' erscheinende Zeitschrift. V. Jahrgang, 1909 in 4 Heften. Herausgeber : 0. Kleinschmidt, Volkmaritz bei Dederstedt, Bez. Halle a. S. -^i^> *^ Kommissionsverlag Gebauer «Schwetsche, Druckerei u. Verlag m. b. H. Halle a. S., Gr. Märkerstr. 10. ^^- 9 5" OlO ^yw^^q Inhalt des fünften Jahrgangs. Seite Wanderfalkenzug im GoK von Mexico. Von Dr. R. Thielemann . . 1 Falco j)eregnnus anatum und Florida coerulea 3 Maße und Gewichte von Jagdfalkeneiern aus Island. Von B. Hantzsch 4 Aberration von Erithacus Domesticus 5 Zum Darwin - Jubiläum 6 Der Zug des Rosenstars, Passer roseus (L.) im Jahre 1908. Von Victor Ritter von Tschusi zu Schmidhoffen 8 Die Unterscheidung von Zug- und Standvögeln bei der Schwarz- amsel (Turdus Vernus) 12 Fringüla coelebs gengleri form, nov 13 Fringilla montifringilla subcuneolata form, nov 14 Der Formenkreis des Adlerbussards 14 Ist die Löffelente (Anas clypeata) in Deutschland fast so gut wie ausgestorben? 14 Flugbreite des • Seeadlers 15 Über Misteldrosseln 15 Mitteilungen über Berajah und Falco 16 Angebot für Sammler 16 Mitteilungen über Berajah 17 Ein weißer Jagdfalke als Gast auf der Insel Sylt. Von "Willy Schlüter 17 Beschreibung neuer Formen 19 Neue Brutplätze von Parus borealis in Ostpreußen. Von F. Tischler 22 Ein nachträglich aufgedeckter Schwindel Prazäks 23 Flückigers Sammelreisen in Algerien. IV. Die echten Haubenlerchen der algerischen Sahara 24 Ein Protest gegen die Ringversuche und ein Protest gegen gewisse Tierpsychologen 27 Literaturbesprechungen : Prof. Dr. A. Voigt, Exkursionsbuch zum Studium der Vogel- stimmen 28 Victor Ritter von Tschusi zu Schmidhoffen , Der Zug des Steppenhuhns 1908 29 F. Menzel, Die Vogeiwelt von Helmstedt 30 Alwin Haagner, The South African Birds of Prey 30 Dr. E. D. van Oort, Contributions to our Knowledge of the Avifauna of the Netherlands 31 G. von Burg, Katalog der Schweizerischen Vögel. VI. Liefe- rung: Calamoberpinae, 1909 31 Seite Hiesemann, Lösung der Vogelschutzfrage nach Freiherrn von Berlepsch, in. Aufl 32 Otto Hinsberg, Baiimpflegekaleuder 32 Verkäufliclie Büclier und Journale 32 Mono2)liyletismus und Polyj)liyletismus 33 Über einige Steinscbmätzerformen. Von Dr. Ernst Hartert .... 38 Weitere Beiträge zum Vorkommen des Hausrotscliwänzchens in Krain. Von Dr. Janko Ponebsek 37 Subspecies-Hetze von Seiten der Kosmosleitung 42 Subspecies-Mache von seiten der Kosmosleitung 43 Laubvogelzag im Mansfelder Seekreis 44 Avifauna von Ingelheim a. Rhein. Von Carl Hilgert ....'... 46 Zur Tannenheher-Monographie 48 Avifauna von Ingelheim a. Rhein. Von Carl Hilgert 49 Parus SaUcarius im Lübeckischen Gebiet. Von Werner Hagen 53 — 55 Abbildungen. ''Tafel I : Weißer Jagdfalke, erlegt am 19. Januar 1909 auf Sylt zu S. 17 / „ II : Nisthöhle von Parus Salicarius „ „53 (Von dieser Tafel wird ein verbesserter Neudruck ausgegeben, da die erste Auflage einen störenden Fleck zeigte.) Neu beschriebene Foruien: g^j^.^ Fringilla coelebs gengleri • 13 Fringilla montifringilla subcuneolata 14 Falco rudolfi 19 Strix saharae 19 Turdus pseudohodgsoni 20 Turdus hispaniae 22 Saxicola leucurus riggenbachi (Hartert) 36 Mit Falco wurde ausgeg-ebeii : ^^Jm Novembei-heft : Zum Deutschen Vogelschutzbuch: Tafel I. ^'v^ (^-tJ( Von Berajah wurden 1909 ausgeg-eben: Corvus Nucifraga Seite 1—6 August. Tafel 1-VII. „ VIII-XVII Dezember. Eritliacus Sialia Seite 1 — 2, „ Tafel I Berichtigung: S. 28 ließ „A." Voigt statt „J." Voigt. FALCO Fünfter Jahrgang. No. 1. April. 1909. Die geehrten Abonnenten werden in ihrem eigenen Interesse dringend gebeten, die lanfenden Mitteilungen iiber Berajah nicht zu übersehen. Der Yerlag. Der Herausgeber. Waiiderfalkeiizug im Oolf von Mexiko. Das Gefühl einer rein persönlichen Beziehung zum Wander- falken verlässt mich nie, ohne deshalb ein unbewusster Überrest eines Totemismus zu sein. Aber der Wanderfalk war meine erste genaue Raubvogelbekanntschaft in den Thüringer Bergen, und solche Jugendliebe vergisst man nicht. Wenn mich im Ausland der Peregrinus mehr anzog, als alle anderen Raubvögel, so erklärt sich das wohl auch aus einer Empfindung des heimatlich Vertrauten in der Figur des Wander- falken, während das Auge so viele uns Europäern fremdartigen Raubvogelbilder erst schärfer erfassen und wieder und Avieder kontrollieren muss. Der W^anderfalk begegnete mir auf einer Schiffsreise nach mexikanischen Häfen 4 mal: Am 6. X. 1908, ^j^ Tagesfahrt östlich von Vera Cruz, kam ein alter Wanderfalk mit sehr heller Brust vor Sonnenuntergang müde an Bord unseres grossen und sehr belebten Dampfers gestrichen und rastete eine Zeitlang in ca. ^/^ Mastenhöhe im Eisen- und Tauwerk der Masten, sich mühsam gegen den Wind behauptend. Ich beobachtete ihn lange in ca. 10 m Entfernung hoch oben vom Bootsdeck au^. Von den stets zu Tierquälereien neigenden Spaniern an Bord dann aus seinen Ruhesitzen verjagt, strich er matt und mühselig steigend nach dem Vorderschiff, um sich dem Wache tuenden Matrosen im Mastkorb dicht über den Kopf zu setzen. Der Mann erschrak furchtbar und versäumte den Vogel neben sich zu greifen. Der flog, nun wohl auch erschreckt, aufs Bootsdeck und strich plötzlich gleich nach Sonnenuntergang schräg Falco. 1 2 Wanderfalkenzug' im Golf von Mexiko. tief hinab nach der See, doch nicht weiter als ca. 100 m. In dem abendlichen Indigoblau der Wogen verschwand er, ohne sich wieder zu erheben, meinen Blicken und musste für mich als ertrunken gelten. (Land Avar Aveit entfernt und nirgends sichtbar, kleinere Vögel zeigten sich nicht während des ganzen Tages.) Ganz anders und in voller Kraft begegnete mir ein zweiter Wanderfalk unweit vom Meere am 11. X. 1908 über dem Flusse Panuco bei Tampico. Er zeigte mir, was ich nie erwartet hätte selbst zu schauen: eine Reiherbeize! Der sehr dunkle Falke, der stärkste, den ich je gesehen, ein richtiger „Klotzkopf", jagte in dem an Sumpf- und Flussvögeln reichen Gebiet des Panuco auf einen kleineren, weissen Reiher, Florida coerulea (L.), als ich gerade mit Schiffsoffizieren auf einem lustigen Jagdzug im Boot aus dem Hauptarm in die Lagunenland- schaft einbiegen Avollte. Der Reiher liess sich aus der Höhe aufs Wasser fallen und harrte da mit nach oben gerichtetem Schnabel ängstlich des Falkenangriffs: ein wundervolles Bild! Der starke Falke stiess in leichtem Bogen, nicht allzu schnell, wohl Reiherschnabel und Wasser scheuend, mehrere Male auf den Reiher, der sich bei unserer Annäherung zeitweilig erhob, dann aber, ängstlich schreiend, in seiner Not immer wieder aufs Wasser flüchtete. Er Aväre dem Falken jedoch in seiner sichtbaren Er- schöpfung schliesslich zum Opfer gefallen, wenn die Nähe unseres Bootes den Peregrinus nicht vertrieben hätte. Der Reiher, ein junges Weibchen, wurde, aus lilafarbenen Wasserblüten blendend weiss sich heraushebend, von uns erlegt. Zum dritten Male war's ein junges, dunkles Wanderfalken- weibchen, das, relativ wenig von der Stelle meiner ersten Begegnung entfernt, genau 1 Tagesfahrt östlich von Vera Cruz im Meer- busen von Mexiko am 16. X. 1908 vor Sonnenuntergang sich müde auf dem Tauwerk zwischen den Masten des Dampfers niederliess. Nachdem der Falke sich hier etwas erholt, stiess er von Zeit zu Zeit tief hinab nach der See, wo nichts anderes als fliegende Fische aus dem Wasser aufstoben! Mit mir beobachteten die Schiffsoffiziere durchs Glas dies uns ganz unverständliche Beginnen — Vögel waren weit und breit nicht zu erspähen, lag doch auch das nächste Land 50 Seemeilen von uns entfernt! — So musste ich annehmen, dass lediglich die Flugbewegung der Fische von oben her dem Wanderfalken als Vogelfluff er- Wanderfalkenzug im Golf von Mexiko. 3 schienen sei. (Wie täuschend vogelähnlich das zuweilen sich aus- nimmt, habe ich selbst oft erfahren.) Wir beobachteten eine ganze Zeitlang dieses Hinabschiessen des Falken nach der Gegend, wo Schwärme fliegender Fische auf- gehuscht waren, und schössen ihn dann, als er sich über dem Bootsdeck ausruhte. Er hatte im Magen einen halb verdauten, kleinen Vogel. ^) Am Nachmittag darauf, also schon näher an Cuba, zog ein alter Wanderfalk mit sehr charakteristisch hellem Kopf — müh- sam gegen den Wind mit unserem Dampfer seinen Kurs, sass kurz auf dem Mastentakelwerk, strich ab und konnte trotz aller Flug- anstrengungen gegen den sich verstärkenden Wind das Schiff nicht wieder erreichen. Es war der Herbstzug des Falco peregrinus anatiim von Norden her, in den ich glücklicherweise auf meiner Mexikofahrt hineingeraten war. Geradezu erstaunlich ist die Ausdauer der Falken im Flug bei widrigen Winden, weit, Aveitab von Land. Doch mögen auch einige bei diesen Zügen ermattet im Meere unbemerkt umkommen. Habana, 18. Oktober 1908. Dr. R. Thielemann. Den am 16. Oktober erbeuteten Falken schenkte mir Herr Dr. Thielemann für meine Sammlung, Der Vogel stimmt genau mit Bälgen aus Grönland und Labrador überein. Diese alle sind oben viel dunkler (schwärzlicher) als unsere Wanderfalken, während der Scheitel auffallend hell gesäumt ist. Die Flügel messen 38 cm. Die hier von einem sicheren Beobachter fest- gestellte Ermüdung des fluggewandten Vogels wird begreiflich, wenn man das im Verhältnis zur Flügelfläche sehr bedeutende Körpergewicht des Wanderfalken in Betracht zieht und annimmt — was hier naheliegt — , dass er auf der Wanderung sehr weite Strecken in einem Zuge durchfliegt. Fast noch interessanter als der Falke ist der Reiher, Florida coerulea (L.). Diese Reiherart ist in der Jugend weiss, unter- scheidet sich aber von andern weissen Reiherarten, deren es dort *) Dieser Falke hatte anfänglich mit ausgebreiteten Flügeln vorn auf dem Stag des Stevens gesessen, mithin genau das Bild dargestellt, über welches ich in Falco No. 2, 1908, aus Japan berichtete. 1* 4 Masse und Gewichte von Jagdfalkeneiern aus Island. mehrere gibt, durch die niöwenartig gezeichneten grauen Flügel- spitzen. Im Alter wird der Vogel blaugrau mit rotbraunem Kopf und Hals, eine der wunderbarsten Metamorphosen, die es in der Vogelwelt gibt. Es sollen zwar auch alte Vögel mit weissem Ge- fieder vorkommen. Das vorliegende Stück zeigt aber mehrere neue Federn, die sich dem dunkleren Alterskleide nähern. Das weisse Gefieder mag ja den Vogel mehr den Nachstellungen der Falken aussetzen und das Alterskleid ihn mehr den Blicken der Feinde entziehen, es ist aber bemerkenswert, dass die dunkle Farbe zuerst wie so oft in ähnlichen Fällen an versteckten Gefiederteilen auftritt und zwar an den Stellen, wo das Gefieder am meisten der Abnutzung ausgesetzt ist. Bei dem vorliegenden Stück wenigtens ist dies sehr deutlich. Füsse, Schnabel und nackte Haut vor dem Auge waren hellgraugrün, was auf jugendliches Alter deutet. Wenn wir einen Analogieschluss wagen wollten, könnten wir folgern, dass die weisse Phase, nicht die graue, auch beim nordischen Jagdfalken die primitive ist. Doch wäre ein solcher Schluss nicht zwingend. 0. Kl. Masse und Gewichte von Jagdfalkeneiern aus Island. 1) 58 X45,l mm (5,6 g), 5) 58,3X47,3 mm (5,8 g). 57,4 X 45,3 !) (5,7 g), 58 X 47,2 « (5,9 g), 57,2 X 45,3 71 (5,6 g), 58 X46,4 » (6,4 g). 57,1X46,1 n (5,8 g), 57,2X48,1 . (6,5 g). 57,1X45,9 n (5,5 g). 6) 60,8X48,5 mm (6,7 g). 2) 63,3X45,5 mm (5,85 g), 59,1 X 48 . (5,6 g), 60,9 X 45,2 r (5,1 g), 59 X 47,9 . (6,2 g), 60,2 X 45,9 « (6 g), 58,9 X 47,3 . (6,0 g). 60,1 X 45,2 V (5,75 g). 7) 61,1 X 45,2 mm (6,4 g), 3) 58 X46,9 mm (6,7 g), 60 X46,8 . (6,8 g), 57,2X46,4 » (6,6 g), 59,2X47,1 . (6,8 g), 55,6 X 47,8 j) (6,1 g). 58,9 X 47,1 . (6,9 g). 4) 61 X47,5 mm (6,6 g), 8) 60,1 X 47,1 mm (6,2 g). 60,9 X 45,4 n (6,1 g), 59,6 X 47,7 « (6,9 g), 60,6 X 47,5 « (6,3 g), 58,8 X 47 » (6 g). 59,1 X 46,2 •n (5,7 g). 58,3 X 47 ■, (6 g). Aberration von 4 Erithacus Domesticus. 5 9) 59,6X47,3 mm (6,3 g), 10) 61 X45,8 mm (5,6 g), 58,9 X 47,6 „ (6,3 g). 60 X45,8 „ (5,7 g), 58,2 X 47,8 „ (6,2 g), 58,9X45,3 „ (5,9 g), 57 X 47,1 „ (6,2 g). 58,8X43,1 „ (5,4 g). 11) 62,6X48,8 mm (7,2 g), 61,3X49,1 „ (7,2 g), 60,3 X 48,1 „ (6,7 g), 59,6 X 47,2 , (6,1 g). B. Hantzsch. Im Begleitbrief zu vorstehender Tabelle bedauert Herr Hantzsch, der sich wieder zu einer mehrjährigen Polarreise rüstet, aus Zeitmangel nicht noch nähere Mitteilungen zu den ein- zelnen Gelegen geben zu können. Es handelt sich bei allen elf Gelegen um Eier, deren Masse und Gewichte noch kaum veröffent- licht sein dürften. Soweit sie sich (zum Hauptteile) noch in seinem Besitz befinden, sind die Masse bestimmt nicht, bei denen, die durch seine Hände gingen, schwerlich anderweitig verwertet. Die in seinem isländischen Buche mitgeteilten Masse sind in vor- stehender Liste nicht mit aufgenommen. (Diese Mitteilung ist für Durchschnittsberechnungen von Wichtigkeit. Es kann sonst z. B. vorkommen, dass mehrere Autoren deshalb gleiche Resultate mitteilen, weil sie, ohne es zu wissen, ihre Messungen auf dieselben Objekte gründeten, wodurch die Übereinstimmung ihrer Aussagen natürlich wertlos, ja irreführend wird.) Herr Hanizsch hat die Eier alle von Originalsammlern aus Nordwest-Island erhalten, so dass er eine Verwechslung mit Eiern anderer Herkunft für völlig ausgeschlossen halten kann. Krause gibt für isländische Jagd- falkeneier als Maximum 59,9X45,1, als Minimum 53,1 X45,8 mm an, als Gewicht 6,79 bis 5,2 g. 0. Kl. Aberration von Erithacus Domesticus. Herr Schlüter teilte mir unlängst mit, dass er vor kurzem einen deutschen Hausrotschwanz in Händen gehabt habe, der fast so schwarz war wie die auf Berajah Tafel I, Fig. 4 abgebildete Form (pleskei, Schalow). Sogar der Scheitel war ganz dunkel. Leider geriet das für mich reservierte Stück, ohne dass es Herr Schlüter rechtzeitig bemerkt hätte, unter die an Schulen verkauften 6 Zum Darwin-Jubiläum. Vögel. Derartige Fälle sind beachtenswert, da nielanistische Vögel von Sardinien als besondere Art beschrieben Avurden. 0. Kl. Zum Darwiii-Jubiläiiiu. Die Wissenschaft kennt eigentlich keine Gedenktage, denn die sind nur für vergessliche Leute da, und dass der Name Darwins wegen der Zweideutigkeit des Wortes Darwinismus von der Wissen- schaft vergessen werde, ist vorerst nicht zu befürchten. Aber es ist heut gerade der 12. Februar. Einiges zu denken gibt er doch. Beim Lesen mehrerer Gedächtnisschriften hat es mich ge- wundert, wie besonnen und zurückhaltend allmählich selbst be- geisterte Freunde der Selektionslehre über diese urteilen. Nun soll mit einem Male Darwinismus wieder = Deszendenzlehre gesetzt werden, und das ist richtig, wenn mau, dem Prioritätsgesetz folgend, mehr an Darwins Grossvater denkt. Es gibt ältere Grossväter. Beim Erscheinen dieser Zeitschrift habe ich ein scharfes Wort über Darwins Naturanschauung ausgesprochen. Wenn die Jubiläumsartikel der Anhänger Darwins fast über- einstimmend die Einseitigkeiten des engeren Darwinismus tadeln, dann wird hier umsomehr ein Wort darüber erlaubt sein, L Die individuelle Variation, auf die sich die Selektions- lehre aufbaut, besteht zum grössten Teil nicht in regellosen Aus- schlägen, sondern in regulären Pendelschwankungen. Dies haben umfassende mit minutiöser Sorgfalt ausgeführte Messungen zahlen- mässig festgelegt. Die Umbildung einer Form erfolgt meist nicht durch Bevorzugung einer Varietät, sondern durch Verschiebung des ganzen Varietätenkomplexes unter Beibehaltung der alten Schwankungsbreite, indem also z, B. Maximum und Minimum der Flügellänge beide um 1 mm hinaufrücken, IL Die geographische Variation, nicht die individuelle, muss die Grundlage einer ganz neu aufzubauenden Stammeslehre werden. Die Frage: „Wie entstanden neue Formen?" liegt schon beinahe hinter uns, und wir beginnen zu fragen: „Wie entstanden Formenkreise? " (Siehe Harterts Theorie über die schwarzen Fliegen- schnäpper.) III. Der Darwinismus verleitete dazu, die engste Verwandt- schaft immer bei der grössten Ähnlichkeit zu suchen. Die Zum Darwin-Jubiläum. 7 Umbildungsfähigkeit der Organismen, wenigstens die frühere, wird vom Darwinismus viel zu gering angenommen, Ihre Metamorphosen sind so gross, dass wir, wie schon der geistvolle Bonnet lang vor beiden Darwins sagte, ein Pferd, eine Henne in ihrer früheren Gestalt kaum erkennen würden. Haben wir doch Mühe und Not, die Zusammengehörigkeit der geographischen Verwandten allmählich zu erkennen. IV. Oft hört man Gegner Darwins sagen, das Einzige, worin der Darwinismus recht habe, sei der Kampf ums Dasein. Mag sein, aber neben dem Kampf ums Dasein, neben dem Überleben des Passendsten gibt es auch im Tierleben einen Tod der Besten. Häckel hat irgendwo betont, dass er diesen als Tatsache konstatiert und dass ihn diese rätselvolle Tatsache in seiner ursprünglichen Lebensanschauung irre gemacht habe. Dies ist die beste Aner- erkennung, dass es so etwas wirklich gibt. Der Stärkste rettet nicht sein Leben, sondern er wagt den Kampf mit den Feinden und bahnt fallend eine Gasse. In die Lücke der Gefallenen strömt die Flut der wirklichen Entwicklung. Die Riesenhirsche, deren mächtige Geweihfragmente ich als Kind an den Rheinufern auflas, gingen vielleicht infolge ihres sicheren behaglichen Daseins zu- grunde. Der Strom ihres Stammes war ein stagnierender Teich geworden, an dessen Ufern es keinen Tod der Besten, keine Lücke zum Ausfüllen, zum Weiterfliessen mehr gab. Das Leben gleicht einer Armee, die dahin stürmt, wo die meisten Krieger fallen. Ein feiges Heldentum ist nicht das Grundprinzip für vorwärts- dringendes Leben. Die Umbildungsprozesse gehen bezw. gingen in der Richtung des stärksten Konsums. V. Es gilt als Darwins Werk, die Umbildungslehre — sie war lange vorher da — in die breiten Massen hineingeworfen zu haben. Ob die damit entfesselten Leidenschaften, die sich auf allen Seiten in die wissenschaftliche Arbeit einmischten, ein Vorteil gewesen sind? Die wahre Würdigung der Verdienste Darwins bringt viel- leicht erst die Zukunft, wenn man einsehen gelernt hat, dass Schöpfung und Neubildung nur zwei einander gar nicht aus- schliessende Betrachtungsweisen ganz derselben Vorgänge sind und wenn die Leute, die über Entwicklungslehre schreiben, merken, dass das Wort etwas ganz anderes bedeutet, als das, was sie damit meinen. Die ruhige englische Arbeit, den sprühenden Geist des Fran- 8 Der Zug des Rosenstars, Pastor roscus (L.), im Jahre 1908. zosen in Ehren! Wir Deutschen ziehen vor jeder Leistung den Hut, aber ein gut Teil Geschichte der Wandlungslehre ist „made in Germany" — im spöttischen sowohl wie im ernsten Sinne, denn nicht alles daran ist „gemacht". Eine „Selektion" muss hier zuletzt übrig lassen, was „naturwüchsig" ist. 0. Kl. Der Zug des Rosenstars, Pastor roseus (L.), im Jahre 1908. Von Victor Ritter von Tschusi zu Schmidhof fen. Erst im vergangenen Jahre trat der Rosenstar in riesiger Zahl in Ungarn, im Hortobagy auch als Brutvogel, auf, und wir verdanken J. Schenck darüber eine ausserordentlich gründliche Arbeit, die in der ,Aquila' (XIV. 1907, S. 252—275) erschien und höchst wertvolles biologisches Material enthält, wie auch das weitere Vorkommen in Ungarn behandelt und die Gründe des Erscheinens des Vogels diskutiert. Diesmal war es Oberitalien und zwar die Provinz Venetien, welche diesen Nomaden in grosser Menge beherbergte. Aber auch Ungarn hatte gleichzeitig eine bedeutende, wenn auch geringere Invasion als die des Jahres 1907 zu verzeichnen. Mein verehrter Freund Conte E. Arrigoni degli Oddi hat in der ,Avicula^ (XII. 1908, Fase. 125 — 126) ausführlich über das Auftreten des Vogels in Oberitalien berichtet. Seine Mitteilungen gebe ich gekürzt hier wieder. In den letzten Tagen des Mai und im Juni erschien der Rosen- star in der ganzen Region Venetien, besonders um Villafranca und Verona, wo eine Schar von gegen 2000 Exemplaren be- obachtet wurde. Bis Ende der ersten Juniwoche waren sie noch nicht zur Brut geschritten. Später erhielt Arrigoni Nachricht von Dal Nero, dass sich die Vögel zwischen Vileggio und Quaderni im Veronesischen in grosser Menge niedergelassen und zur Fortpflanzung schreiten. Gegen 70 Exemplare aus verschie- denen Teilen der Provinzen Venedig, Verona, Vicenza und Mantua kamen ihm zum Präparieren zu. Ausserdem bekam Arrigoni Mitteilungen über beobachtete und erlegte Stücke aus der Umgebung von Padua und Rodigino. Ein Freund Arrigoni s sah am 24. VI. eine kleine Schar bei Der Zug des Rosenstars, Pastor roseus (L.), im Jahre 1908. 9 Sacilo (Udine) und jener selbst einen Flug von 7 Individuen bei Monghidoro in den Apenninen, in nördlicher Direktion ziehend. Grosse Züge irregulärer Wanderer entsenden stets kleinere Gesellschaften, die sich wohl meist infolge von Verfolgung noch zerteiten und in näheren und weiteren, oft sogar noch sehr weit vom Zentrum der Hauptmasse gelegenen Gegenden erscheinen. Ich gebe im nachstehenden die zu meiner Kenntnis gelangten Fälle: Herzegowina. Kustos 0. Reiser und Hauptmann Gross mann trafen am 27. und 28. V. in der Sutorina bei Castelnuovo etwa zehn Flüge, die eilends vom Meere kommend, dem Bache Sutorina folgend, ins Land zogen. Reiser schoss 3 cT cf und 1 9 (0. Reiser in litt. 11. VI. 08.) Kustos Dr. M. Hirtz in Agram bekam 1 Exemplar aus Siroki brijeg bei Mostar. [Hirtz in litt. 18. XII. 08.] Slavonien. Dem kroatischen Landes-Museum in Zagreb-Agram wurde 1 Exemplar von der Domäne Tompojevci bei Vukovar eingeliefert. [Dr. M. Hirtz in litt. 18. XII. 08.] Ungarn. Auch in diesem Jahre stellte sich der Rosenstar in grosser Menge — , wenn auch selbe nicht die gewaltige Zahl des Jahres 1907 erreichte — in Ungarn ein. Auch diesmal bildete das Hortobagy das Zentrum der Invasion, wo mehrere hundert Paare in den Ziegel- und Lehmziegelhaufen zum Brüten sich anschickten, jedoch durch die notwendig gewordene Verwendung und Wegfuhr derselben gestört wurden, während eine kleinere Kolonie von zirka 100 Paaren in der Nähe in einem Haufen ausgeschiedener Schlipper Brutgelegenheit fand. Die ersten Rosenstare zeigten sich am 3. und 4. V. in Beska (Kom. Szerem) in Flügen von 8 — 20 Stück. Der Hauptzug vollzog sich im letzten Drittel des Mai und im Anfang Juni, die letzten — 20 Stück — wurden am 15. Juli in Szekelyhid (Kom. Bihar) angetroffen. Der Abzug der im Hortobagy brütenden begann 10 Der Zug des Rosenstars, Pastor roseus (L.), im Jahre 1908. anfangs Juli und mit Ende des Monats waren alle verschwunden. Konstatiert wurde der Rosenstar einzeln, in Flügen und Scharen in den Komitaten Szerem, Torontal, Udvarhely, Veszprim, Zips, Bacs-Bodrog, Bihar, Pest, Zemplen, Arva, Szabolcs, Pozsony, Haromszek, Beckes. In der ,Aquila' 1908, S. 320 — 323 findet sich eine sehr ein- gehende Schilderung des Auftretens der Rosenstare in Ungarn, der vorstehender Auszug entnommen ist, und auf welche ich bezüglich der näheren Details verweise. Das auch in diesem Jahre stattgefundene Auftreten der marokkanischen Heuschrecke in mehreren Teilen des Hortobagy in grösserer Menge fesselte den Rosenstar abermals an diese ihm reichlich Nahrung gewährende Lokalität und veranlasste ihn, wieder da zu nisten. CJalizieii. W. S. erlegte [wann?] in Hurko ein Exemplar aus zirka 9 Stücken. Die Vögel waren völlig vertraut. Wenige Tage später zeigten sich noch zwei Flüge, die alle nach N-Westen zogen. [Waidmh. 28, 1908. No. 16, S. 324.] Mähren. In dem Jagdgebiete der Gemeinde Domeschau nächst Stern- berg wurde am 14. V. ein Exemplar erlegt, welches sich in Ge- sellschaft weiterer 5 — 6 Stück unter gewöhnlichen Staren befand. [K.: D. Jagdfr. VIII. 1908. No. 41, S. 647.] Steiermark. Prof. Knoteck in Brück a. M, erhielt vom Hörer N. Neuber ein am 3. IV. erlegtes jüngeres cf, das derselbe aus einer Schar von zirka 12 Stück daselbst erlegt hatte. Am 11. IV. kam Knoteck ein im Forstgarten geschossenes altes cf zu, das allein war. [Wild & Hund XIV, 1908. No. 27, S. 481.] Tirol. Prof. Aug. Bonomi erhielt am 1. VI. ein prächtiges cf aus Ar CO. Zwischen dem 2. und 6. VI. wurden gegen 20 Stück bei Tenna (Valsugana) gesehen und auch bei Marco unweit Rovereto Der Zug des Rosenstars, Pastor roseus (L.), im Jahre 1908. H 2 Flüge beobachtet. [A. Bonomi in litt. 11. VI. 08; Avieula, XII. 08. No. 123—124, S. 48.] Yorarlberg. Ein cf wurde am 5. Juni bei Höchst im Vorarlbergschen Rheintale geschossen. [A. Bau in litt. 25. YI. 1908.] Bayern. Der Sohn des Fasanmeisters der Kgl, Fasanerie in Hartmanns- hof en, K. Reindl, erlegte am 2, Juni ein (^ . [R. Hauck -Moosach : Wild & Hund XIV. 1908. No. 36, S. 646.] Provinz Sachsen. Ende August erhielt das Museum für Natur- und Heimat- kunde in Magdeburg vom Gutsbesitzer Seehaus in Trüstedt bei Gardelegen ein Exemplar. [„K. Ribbeck ", Mitteil. Vogelw. VIII. 1908. No. 18, S. 145.] Hannover. Den 10. August wurde bei Blumenthal ein Exemplar er- legt, das sich in Gesellschaft von Staren herumtrieb. [R. Coesfeld, Orn. Monatsber. XVI. 1908. No. 11, S. 181.] Schottland. Major A. Hughes-Onslow sah ein Exemplar den 2. Juli auf etwas sandigem Grunde bei Reay in Caithnes. [The Field, 11. VII. 08, S. 91; Brit. Birds IL 1908. No. 4, S. 139.] Dänemark. Aksel Tofte in Holbaek erhielt den 19, VI. einen Rosen- star zum Ausstopfen, [Dansk Orn, Foren-Tidsskr. II. 1908. No, IV, S. 211.] Finnland. Mitte Juni wurde 1 Exemplar auf Jussarö (Gouv. Nyland) erlegt. [Tidskr. f. Jägare och Fiskare XVI, 1908. No. 4, S. 104.] Über drei weitere Fälle berichtet Dr. K. M. Levander- Helsingfors in den ,Orn. Monatsber.' XVII. 1909. No. 1, S. 5—6: 17. VI. (/ auf dem Inselchen Segelskär (Finnisch. Meerbusen) 12 Die Unterscheidung von Zug- u. Standvögeln bei der Schwarzamsel. von Const. Linder erlegt und dem Universitäts-Museum in Helsins- fors gespendet. 2. X. im Kirchspiel Karttula (zirka 03 n. Br.) 1 Stück von einem Bauer geschossen. 16. X. im Kirchspiel Rovanicmi (S.-Lappland) 1 Stück vom Forsttaxator 0. Stenberg erlegt. Die Unterscheidung von Zug- und Standvr^geln bei der Scliwarzanisel (Turdus Vernus). Vor einiger Zeit sandte mir Herr Hilgert eine Anzahl rumä- nischer Amseln zur Ansicht mit der Bemerkung, dass dieselben auffallend von unsern Amseln verschieden seien. Die Männchen sind namentlich im ersten Jahre mehr licht blaugrauschwarz. Unsere Vögel erscheinen dagegen braunschwarz. Die Weibchen sind mit einer Ausnahme gleichfalls mehr grau mit schwacher Fleckung. Es fehlt ihnen die braune Brustbinde. Bei einer An- zahl von Vögeln wollen freilich die Unterschiede nicht stimmen. Eingehende Untersuchung ergab, dass diese letzteren höchst wahrscheinlich nordische Wanderer des echten Turdus Vernus merula sind, was sich namentlich an Grösse und Schnabelfärbung zeigt, ferner, dass die Rumänier dem kaukasischen Turdus Vernus aterrimus so nahe stehen, dass eine Abtrennung kaum möglich ist. Interessanter noch und praktisch "wichtiger als die Unter- scheidung einer Subtilform dürfte in solchen Fällen die von Winter- gästen und Standvögeln von denselben Fundorten sein. Noch viel deutlicher und sicherer fand ich diese Unter- scheidung bei spanischen Amseln. Die spanischen Brut- bezw. Standvögel lassen sich auf Grund ihres ganz anderen, ausser- ordentlich stumpfen, kurzen Flügels leicht von den Amseln, die Spanien nur als nördliche Wintergäste besuchen, sondern. Die kurzflügeligen Vögel haben viel längere Schwänze als unsere Amseln, worin ich ein erdgeschichtlich altertümliches Merkmal erblicke. Die Flügelspitze wird statt von drei (III — V) von vier (III — VI) Schwingen gebildet wie meist bei den Nordafrikanern. Ich würde die Spanier neu benennen, Avenn ich sicher wäre, ob sie von den atlantischen Formen verschieden sind. Das ist aber trotz vorhandenen Materials schwer zu sagen, Aveil es sowohl in Fringilla caelebs gengleri, form, nov. 13 Algerien wie in Spanien kurz- und langschwänzige Vögel neben- einander gibt. Vielleicht ist dies ein Altersunterschied. Das eine wird aber hier deutlich. So wichtig Schwingenverhältnisse als Artkennzeichen sein können (Circus), so wenig dürfen sie allgemein als Beweis gelten, dass zwei Vögel etwas total Verschiedenes sind. 0. K. FriiigilLa caelebs geiigieri, form, nov* Von 0. Kleinschmidt. Herr Oberstabsarzt Dr. Gengier veröffentlichte unlängst in den Verhandlungen der ornithologischen Gesellschaft in Bayern eine interessante Studie über die bei unserm Buchfinken selten vor- kommende individuelle Varietät, bei der jederseits die drei äusseren Schwanzfedern eine Aveisse Zeichnung tragen, während die meisten Vögel nur an den zwei äussersten Schwanzfedern einen weissen Keilfleck besitzen. Man nannte jene Varietät schon vor alter Zeit den sechsspiegeligen Finken und schrieb ihr besondere Gesangs- tugenden zu. Ob man eine solche individuelle Varietät als var. oder aberr. nobilis benennen soll, wie es in ähnlichen Fällen die Käfer- und Schmetterlingssammler tun, darüber lässt sich streiten. Ich habe mir nun sowohl meine Finken, wie auch andere Vögel auf die Zeichnung der äusseren Schwanzfedern angesehen und dabei einiges Interessante gefunden. Beim Goldammer fand ich nur einen Sechsspiegier. Bei meinen Carduelis volgensis ist die Hälfte sechsspiegelig. Unter kontinentalen Edelfinken finde ich nur einige, dagegen finde ich bei englischen Buchfinken eine so überraschend hohe Prozentzahl sechsspiegeliger Vögel, dass ich die englischen Brutvögel, die mir längst von englischen Durchzugs- vögeln etwas verschieden vorkamen, wegen dieser Häufigkeit der var. nobilis abzutrennen wage. Nachprüfung an anderem Material erwünscht. Die Coli. Erlanger hat bereits insofern meinen Befund bestätigt, als von zwei englischen Stücken das eine mit intakten Schwanzfedern ein prächtiger Sechsspiegier ist. Typus in meiner Sammlung cf 22. VI. 69, Hampstead e. Mus. R. B, Sharpe, der innere Spiegel, wie meist auf beiden Seiten verschieden gross. 14 Fringilla montifr. subcuneolata. — Der Formonkveis d. Adlerbussards. Friiigilla moiitifriiigilla subcuneolata form. iiov. Von 0. Kleinschmidt. Die ostasiatischen Bergfinken trenne ich unter obigem Namen ab, da die Variationsreihe, welche die Färbung der äusseren Schwanz- feder ergibt, dunklere Allgemeinfärbung und schärfere Abgrenzung der im allgemeinen kleineren weissen Zeichnung ergibt. Der Unter- schied ist durch das Material dreier Sammlungen bestätigt. Ver- breitungsgrenze schwer feststellbar. Typus in meiner Sammlung von Japan (erhalten von Kobe). Der Formenkreis des AcUerbussards. Von 0. Kleinschmidt. Vorausgreifend will ich schon jetzt bemerken , dass die Englersche Sammlung von Kiautschou einen ganz^ tollen Irrtum in der Raubvogelkunde aufklärt. Die als Buteo hemilasius be- zeichneten Bussarde kommen mit befiedertem und nacktem Tarsus und in allen Zwischenstufen zwischen beiden Extremen vor. Sie sind die östliche Form des Adlerbussards. Dasselbe ist der Fall bei der Himalayaform. Was in Cat. o. Birds in the Brit. Mus. Vol. I. pl. VII, Fig. 2 als Archibuteo strophiatus abgebildet ist und was daselbst auf der prachtvollen Tafel VIII als adulter Buteo ferox abgebildet ist, sind lediglich individuelle Varietäten desselben Vogels. Buteo ferox wird im Alter weder hell noch dunkel, sondern kommt wie unser Bussard in hellen oder dunkeln Phasen, daneben mit schwach oder stark befiederten Fängen vor. Ich bitte die Fachgenossen um Nachricht, falls ihnen über diese Sache bereits vorhandene Literatur bekannt ist. Ist die Löffelente (Anas clypeata) in Deutschland fast so gut wie ausgestorben? Im Jahrbuch 1907 des internationalen Frauenbundes für Vogelschutz, p. 75 stellte W. Schuster neben anderen nicht ein- wandfreien Behauptungen den Satz auf: ,Die Löffelente (Anas clypeata) ist in Deutschland fast so gut wie ausgestorben." Ist die Löffelente usw. — Flugbreite d. Seeadlers. — Über Misteldrosseln. 15 Ich bat daraufhin in der Deutschen Jägerzeitung (Neudamm) um Mitteilungen über das gegenwärtige Vorkommen dieses Vogels in Deutschland. In No. 38 (Jahrgang 1909), Seite 595—597 des- selben Blattes finden sich als Antwort zehn Berichte über Vor- kommen, Brüten und sogar Zunahme der Löffelente in Deutschland. Entweder war also W. Schuster nicht genügend orientiert, oder er verbindet auch hier mit einem Wort („aus- gestorben") einen Begriff, den andere Menschen nicht damit ver- binden. 0. Kl. Flugbreite des Seeadlers. In No. 3 der Ornithol. Monatsschrift 1909 wird auf Seite 169 ein Seeadler von 1,67 m Flügelspannung erwähnt. Wenn diese Zahl richtig ist, kann es sich nicht um einen Seeadler, sondern nur um einen Fischadler handeln. Nach einer handschriftlichen Tabelle von Kronprinz Rudolf, die ich aus dem Nachlass von A. E. Brehm erhielt, schwanken Donau -Seeadler zwischen 212^) und 240 cm. 0. Kl. Über Misteldrosseln. Zwischen den Brutgebieten von Turdus Arboreus visci- vorus und Turdus Arboreus bonapartei wohnen Misteldrosseln, deren kleinere Stücke irrig zu ersterer, deren grössere Stücke irrig zu letzterer Form gezogen werden. Insbesondere dürften Eiersammlungen viel falsch bestimmtes Material enthalten. So- eben von Herrn Härnis erhaltene Stücke bestärken meine lang gehegte Vermutung, dass in West-Turkestan eine Form vorkommt, die den Algeriern in der Färbung ähnlich ist, aber längere Flügel und kleineren Schnabel hat. Ich messe 16,2 cm Flügellänge gegen 16,9 cm beim Himalayavogel und 15,8 beim deutschen Vogel. Ein Vogel von Moskau hat 16,1. Dies alles sind aber nur seit- her von mir gefundene Maxima. Wer besitzt männliche Brut- ^) Dass dies das Minimum wäre, will ich natürlich nicht behaupten. Ich habe, wenn ich mich recht entsinne, kleinere Masse gefunden, aber Stücke von nur 167 cm kann es nicht geben. Im neuen Naumann ist übrigens Sd. V. S. 164 infolge offensichtigen Druckfehlers gar von einem Stück die Flugweite nur mit 75 cm angegeben. 16 Mitteilungen über Berajah und Falco. — Angebot für Sammler. vögel aus West-Turkestan , und wer besitzt deutsche Vögel mit mehr als 15,8 cm Flügellänge? 0. Kl. Mitteilungen über Berajali und Falco an die Abonnenten. über die Ausgabe der auf dies Jahr entfallenden Teile von Berajah kann ich noch keine bestimmten Angaben machen. Jeden- falls kommt neben der Fortsetzung begonnener Hefte als eine der nächsten Monographien die des Tannenhähers in Betracht. Auch die Monographie von Falco Peregrinus soll bald begonnen werden. Vielleicht wird aber eine gleichfalls in Vorbereitung be- findliche Nummer über andere Vögel (Ringeltauben usw.) voraus- genommen. Die Abonnements pro 1909 = 8 Mark exkl. 1 Mark für Porto und Verpackung, also 9 Mark im ganzen, werden, soweit die Einzahlung nicht bereits erfolgt ist, an die Firma Gebauer- Schwetschke, D. u. V. m. b. H., Halle a. S., Gr. Märker- strasse 10 erbeten. Es ist Sache der Abonnenten, für rechtzeitige Pränumeration zu sorgen und sich andrerseits nach jedem Falco- heft zu vergewissern, ob sie die früheren Sendungen vollständig erhalten haben. Verzögerungen schädigen sämtliche Abonnenten. Nicht-Erledigung wird als Wunsch angesehen, dass der Betrag pro 1909 mit dem nächsten Falcoheft durch Nachnahme erhoben werden soll. Alle Beschwerden und Rückfragen erbitte ich vor- läufig direkt an meine Adresse. Falco wird 1909 ohne Umschlag ausgegeben. Seit der in Falco 1908, No. 3 auf der Rückseite veröffentlichten Liste sind erschienen ein Bogen Deutsches Vogel- schutzbuch und ein rotes Berajahheft. Eine Tafel liegt der heutigen Falconummer nicht bei. 0. Kleinschmidt. Volkmaritz bei Dederstedt, Bez. Halle. Angebot für Sammler. Algerische Vogelbälge hat billig abzugeben E. Flückiger, Präparator, Interlaken (Schweiz). Faico 1909. Tafel I. Weißer Jagdfalke, erlegt am 19. Januar 1909 auf Sylt. Fünfter Jahrgang. No. 3. August. 1909. Mitteilungen über Berajali. Mit dieser Nummer gelangt der erste Teil der Monographie des Tannenhähers zur Ausgabe. Die weiteren Tafeln werden dem nächsten Hefte beigefügt, desgl. der Umschlag, da sich der Umfang des Heftes dann besser übersehen lässt. Dringend erwünscht ist mir Material über Variation des Nest- kleides, über die Variation der nordeuropäischen Vögel und über die Frage, wieweit sich alte, d. h. mehrjährige Vögel am Zuge der dünnschnäbligen sibirischen Form beteiligen. Ich fand — vielleicht zufällig — unter den Dünnschnäbleru erst ein altes Stück. 0. Kl. Ein weisser Jagdfallie als Gast auf der Insel Sylt. Am 22. Januar d. J. erhielt ich von der Insel Sylt den dieser Falco-Nuramer als Schwarzdrucktafel beigefügten grossen Gerfalken im vollständigen Alterskleid frisch im Fleisch! Ich war von der Schönheit des Vogels geradezu überrascht, denn viele Hunderte von Bälgen des grossen Gerfalken aus Island und besonders Grön- land sind im Laufe von einigen 20 Jahren durch meine Hände gegangen, aber abgesehen von zwei ganz weissen Vögeln, also solchen ohne jede Fleckung, sind mir nur wenige so schöne, aus- gefärbte Stücke zu Gesicht fjekommen. Ich schrieb sofort an den glücklichen Schützen, Herrn Th. Otto, Leuchtfeuerwärter zu West- ellenbogen auf Sylt, bat um genaue Angabe der Umstände, unter denen der Jagdfalke erbeutet war, und erhielt die nachstehende ausführliche, wörtliche Antwort: , Antwortlich Ihres Schreibens vom 25. Januar kann ich Ihnen in betreff des übersandten Jagdfalken folgendes mitteilen: Am 17. Januar nachmittags um 3^2 Uhr beobachtete ich den Vogel über einer zirka 2 km von meiner Leuchtfeuerstation in östlicher Richtung befindlichen Dünenkette schwebend, es war Falco. 2 18 Ein weisser Jagdfalke als Gast auf der Insel Sylt. mir aber nicht möglich, auf Schuss heranzukommen. Am 18. nach stundenlangem Wandern habe ich aber den Vogel nicht wieder gesehen, bis ich am 19. morgens um 9^/^ Uhr den Vogel wieder bei hellem Sonnenschein über derselben Dünenkette schweben sah. Offenbar witterte er Beute, und ich sah auch in einer ziemlichen Entfernung eine Schar Singvögel, konnte aber die Gattung nicht erkennen, worauf ich versuchte, so nahe wie möglich an diese Schar heranzukommen, um eventuell zum Schuss auf den Falken zu kommen. Derselbe muss aber mein Vorhaben gesehen haben, denn er strich schon auf eine grosse Entfernung wieder nach Westen ab. Die Vögel suchten noch immer auf einer mit Gras bewachsenen Niederung eifrig nach Futter, und ich suchte nun an einem Abhang der Düne mög- lichst Deckung zu erlangen, um auf das Wiedererscheinen des Falken zu warten. Es dauerte denn auch nur ungefähr eine halbe Stunde, bis der Falke zirka 30 m hoch in der Luft wieder auf meinen Standort zuschwebte. Er stand dann einen Augenblick regungslos zum Stoss bereit über der Schar Vögel, und in diesem Moment erlegte ich ihn durch einen wohlgezielten Schrotschuss auf eine Entfernung von 45 Meter. Hoffentlich kann ich Sie durch diese Mitteilung befriedigen, und da der Vogel nur sehr selten in Deutschland erlegt wird, wäre es wohl im Interesse der Wissenschaft erwünscht, wenn Sie dieses veröffentlichen wollten." Auf den ersten Blick sprach ich den Falken als Männchen an, was durch die Untersuchung auch seine Bestätigung fand. Die Gesamtlänge beträgt 51 cm, der Fittich ist 36 cm, der Schwanz 21 cm lang. Der Schnabel ist weisslich, die Spitze schwarzgrau. Die Füsse schön zitronengelb mit einem Stich ins Rötliche, Wachs- haut und Augenringe rein hellgelb, Iris dunkelbraun. Das ganze Gefieder ist rein weiss, nur einige Schmitzchen am Hinterkopf, kleine herzförmige Flecken auf Rücken, Bürzel und Flügeldeck- federn soAvie die Spitzen der Schwingen sind schwärzlich braun- grau. Der Kropf war vollkommen leer, im Magen fand Herr Pastor Kleinschmidt, dem ich den Kadaver zuschickte, einen kleinen Käfer vor, der wohl als Rest von einem gefressenen insekten- fressenden Vogel bez. dessen mitgefressenen Magen herrühren dürfte. Wie mir Herr Pastor Kleinschmidt mitteilte, beabsichtigt er den Käfer einem der ersten Coleopterologen zur genauen Be- Beschreibung neuer Formen. 19 Stimmung einzuschicken, um festzustellen, ob es sich um einen Europäer handelt! Der Vogel wurde von mir käuflich erworben und als Balg präpariert, geht aber in den Besitz des Herrn Pastor Kleinschmidt über, in dessen hervorragender Sammlung dieser geradezu ideal schöne Vogel sicherlich zu weiteren Veröffentlichungen Anlass geben wird. Halle a. S., im Februar 1909. Willy Schlüter. Besclireibuiig neuer Formen. Von O. Kleinschmidt. 1. Falco rudolfl. Forraenkreis Falco Peregrinus. Terra typica Nord -Japan. Sharp e war anfänglich geneigt, den japanischen Wanderfalken mit der westamerikanischen Form zu vereinigen, erklärte ihn aber dann für identisch mit der europäischen Form. Herr Dr. Thiele- mann brachte mir von seinen Reisen ein schönes altes Weibchen aus Nordjapan (4. Febr., Hakodadi) mit. Der Vogel ähnelt in der Zeichnung etwas dem im neuen Naumann von mir abgebildeten Gerfalkenmännchen. W^as ihn von europäischen Vögeln trennt, ist vor allem sein robuster Wuchs, insbesondere der überaus kräftige Schnabel, neben dem alle Wanderfalkenschnäbel meiner Sammlung schwächlich und klein erscheinen. Ein junger Vogel aus der Kiautschoubucht in der Collectio Engler dagegen gleicht genau dem Japaner in Bezug auf die Stärke des Schnabels und des ganzen Wuchses, zeigt auch wie dieser einen weit dunkleren Typus als F. P. leucogenys. Die Übereinstimmung beider Ost- asiaten und das Fehlen ähnlicher Vögel in der Variationsbreite westlich paläarktischer Vögel ermutigt und berechtigt zur Ab- trennung der Nordjapaner auf Grund eines Stücks. 2. Strix saharae. Formenkreis Strix Athene. Terra typica Algerische Sahara. In Falco 1907 p. 66 No. 15 war obiger Name schon gedruckt. Er wurde bei der Korrektur wieder gestrichen, weil das Vor- handensein von nur zwei Stücken einerseits und die rote Abbildung der Strix numida (Levaillant) die Benennung bedenklich machten. 2* 20 Beschreibung neuer Formen. Nun hat mir aber Herr Flückiger noch eine ganze Serie zugesandt, die er auf seiner ersten Reise bei Biskra und weiter südlich ge- sammelt hat. Das Flügelmaximum erhöht sich auf 16,3 cm^ Sonst bleibt es bei der an der citierten Stelle gegebenen Charak- teristik. Typus von Moulaina. Verbreitung von Biskra südlich (vielleicht bis ins südliche Tunesien). Strix numida ist eine rote Phase der Mittel-Algerischen Form, wenn man eine genaue Deutung dieser Abbildung überhaupt wagen will. 3. Tiirdus i)seiidolio(lgsom. Formenkreis Turdus Arboreus'), Terra typica Taschkent. Immer noch findet man die seltsamerweise im neuen Nau- mann")' als typisches Weibchen abgebildete asiatische Misteldrossel vielfach in Sammlungen als Turdus hodgsoni bezeichnet. Das ist ein doppelter Fehler. Erstens ist Turdus hodgsoni überhaupt keine Misteldrossel, die grosse Misteldrossel aus dem Himalaya heisst bonapartei (Gab.). Zweitens gehören die Vögel vom west- lichen Turkestan nicht zu dieser Riesenform, sondern stehen zwischen ihr und unseren Europäern ebenso in der Mitte, wie die dortige Amsel zwischen Himalaya- und Europa-Form steht. In der Färbung ist der Turkestanvogel lichter als jene und dem Nordafrikaner ähnlich. Da gleichzeitig mit dem Erscheinen des vorigen Falco-Heftes auch Reichenow im Journal für Ornithologie (Heft II p. 235 und 236) auf diese Drosselform hinwies, so trage ich kein Be- denken mehr, dieselbe zu benennen. Von der ähnlich gefärbten Algerischen Form unterscheidet sich T, A. pseudohodgsoni durch bedeutendere Grösse. Auch ist die Oberseite oft viel grauer. Kollibay schickte mir schon vor Jahren ein von ihm zu deichleri gestelltes Exemplar dieser Drossel von Merw zur Ansicht. Als Typus nehme ich ein Männchen von Taschkent vom 2. März. Ein Weibchen mit Brutfleck vom Ili (Kuldscha) wage ich nicht als ') Zu dem ich die Formen viseivorus, deichleri, bonapartei — auri- tiis — cardis rechne. 2) Daselbst sind auf Seite 228 zwei Totallängen mit 27 und 12,2 cm (!), zwei Flugbreiten mit 64 und 19,9 cm (!) angegeben. Die unsinnigen kleinen Masse beziehen sich auf den abgebild-eten Ferghaua- Vogel und bedeuten natürlich irgend ein Zollraass. Der kleinste Vogel meiner Sammlung hatte 28,4 cm Totallänge und 45,2 cm Flugbreite. Algerien, Deutschland, deiclileri (viscivorus) 15,4 15,8 bis 14,4 14,7 Beschreibung neuer Formen. 21 Typus zu nehmen, da es vielleicht der Himalaya-Form schon näher steht. Nach Westen hin findet sich auch wieder eine Zwischen- stufe, die den Übergang zu viscivorus vermittelt. Ich hatte kürz- lich in Ingelheim Gelegenheit, die Misteldrosseln der Coli. C. von Erlanger durchzumessen und fand eine Serie von Balkan- Winter- vögeln auffallend gross. Sie stimmen mit einem Vogel meiner Sammlung von Moskau überein. Da mir schwedisches Material fehlt, benenne ich vorerst diese Form nicht, halte sie aber für wohl unterschieden. Das seither untersuchte Material ergibt folgende Flügel-Masse in cm: Russland, West-Turkestan, Himalaja, Balkan pseudohodgsoni bonapartei 16,0 16,2 16,9 16,2 wird schwerlich das Maximum von pseudohodgsoni sein. Ein Ei vom Issyk-kul gehört zu den grössten Misteldrossel- eiern meiner Sammlung. Es misst 32,8 )x( 22,3 mm. Dass die viscivorus-Gruppe in der ganzen paläarktischen Region vorkommt, ist eine mindestens ungenaue Angabe des neuen Naumann. Im östlichen Asien hat der Formenkreis sehr abweichende Zwerglinien ausgesandt bezw. zurückgelassen. In der Coli. v. Erlanger befindet sich ein Gelege von 4 ent- zückenden kleinen Misteldrosseleiern von Sidemi (Amur) vom 7. Mai. Sie sind als Turdus pelios bezeichnet und messen 28,3 X 1^,9, 27,2 X 20,0, 25,6 X 20,3, 25,5 X 20,1. Turdus pelios ist aber ein Afrikaner; gemeint ist Turdus hortulorum. Dieser kann aber nach seinem Habitus nur Eier legen, die dem Singdrosseltypus ähneln. Die Eier gehören also wohl Turdus cardis (oder einer ihm nahestehenden Form) an, dessen Weibchen im abgeriebenen Kleide dem von Turdus hortulorum etwas ähnlich sieht. Ein Männchen von T. cardis in der Coli. v. Erlanger, das sich im Übergangs- kleide befindet, überzeugt mich vollends, dass T. cardis eine ver- düsterte Zwergausgabe von T. viscivorus ist, dass also T. auritus und T. cardis die nächsten Verwandten unserer Misteldrossel sind. So lange man sie nicht neben grossen Misteldrosseln in denselben Ländern brütend findet, liegt kein Zwang vor, sie als besondere Formenkreise aufzufassen. 22 Purus borealis in Ostpreussen. 4. Turdus hispaniae. Formenkreis Turdus Verims, Terra typica: Malaga. Nachdem mir die stattliche Serie von Turdus merula cabrerae aus dem Tring Museum vorgelegen hat und diese kurzschwänzige dunkle Amsel sich als weit verschieden von meinen spanischen Vögeln erwies, benenne ich die spanische Schwarzamsel als neue Form unter Hinweis auf Seite 12 dieses Jahrgangs. Zur Unterscheidung von den sehr ähnlichen Nordafrikanern mögen folgende Masse dienen : Spanien: Alte Männchen 12,7, 12,8, 12,3, junges Männchen 11,9. Marokko: Männchen 13,0—12,5, Weibchen 12,8-12,1. Algerien: Alte Männchen 12,9, 12,2, Weibchen 12,1. Tunesien (Coli. v. Erl.): 12,8 altes und 12,0 junges Männchen, letzteres nördlicher gesammelt. Die Algerier sind von Flückiger gesammelt, und zwar das kleine Männchen bei Kerrata (Küstengebiet), das grössere Männ- chen und das Weibchen bei Lambese (Mittelgebiet). Da Hauben- lerchen, Käuze und anscheinend auch Finken in beiden Gebieten verschieden sind, so wäre es möglich, dass auch die auffallend verschiedenen Amseln nicht individuelle, sondern geographische Verschiedenheiten darstellen. Wir haben also von der südlichen stumpf flügeligen und lang- schwänzigen Amsel in Spanien eine kleine, in Nordafrika eine etwas grössere Form (bezw. zwei mauritanicus und algirus). Viel- leicht stimmt algirus — eine Folge der früheren Land Verbindung — nahezu mit den Spaniern überein. Jedenfalls wird genaueste Aus- arbeitung dieser Formen wertvolles Licht in die Kenntnis des Zusammenhangs von Erdgeschichte und Formenbildung bringen. Neue Brutplätze a on Parus borealis in Ostpreussen. Von F. Tischler. In meinem Aufsatz über Parus Salicarius borealis (Falco 1907 p. 72 — 79) hatte ich alles zusammengestellt, was bisher über das Vorkommen dieser Art in Ostpreussen bekannt war. Im letzten Jahre ist es mir nun gelungen, die Art auch in den Kreisen Tilsit, Alienstein und Heilsberg zur Brutzeit festzustellen, und zwar konnte ich in den beiden zuerst genannten Kreisen vor kurzem ausge- Ein nachträglich aufgedeckter Schwindel Prazäks. 23 flogene Junge beobachten. Auch in Losgehnen (Kreis Friedland) hat mindestens ein Paar 1908 wieder genistet, und in Gallingen bei Bartenstein hörte ich ein pfeifendes Männchen am 26. April 1909. Die nordische Meise ist nunmehr für folgende ostpreussische Kreise bekannt: Tilsit, Insterburg, Oletzko, Alienstein, Rössel, Braunsberg, Heilsberg und Friedland. Sie wird also vermutlich in der ganzen Provinz als vereinzelter Brutvogel vorkommen, be- sonders häufig habe ich sie allerdings nirgends angetroffen. Bezüglich der Nahrung sei hier noch in Ergänzung meiner früheren Mitteilungen nachgetragen, dass Pariis borealis, allerdings wohl in geringerem Masse wie palustris, im Winter gelegentlich auch Sämereien verzehrt. Bisweilen habe ich die Meise auf den Futterplätzen der Fasanen angetroffen und öfters auch gesehen, wie sie auf dem Boden Fichtensamen aufsuchte. Im allgemeinen stimmt sie, ebenso wie in Aufenthalt und Betragen, auch bezüg- lich der Nahrung wohl mehr mit der Haubenmeise als mit der Nonnenmeise überein. Nachtrag. In den Monaten April und Mai 1909 habe ich die nordische Meise an drei weiteren Stellen im Kreise Heilsberg beobachtet und zwar stets im Nadelwalde. Ein nacliträglicli aufgedeckter Schwindel Prazalis. Es gibt Fälle, wo man an dem Grundsatz, die Toten im Grabe ruhen zu lassen, nicht festhalten kann. Unter Hinweis auf Falco 1905, p. 103 muss ich einen solchen Fall bekannt machen. In den Ornithol, Monatsberichten 1898, p. 35 habe ich 18 Sumpf- meisen, die mir Prazäk als ostgalizische Vögel mit genauer Angabe galizischer Fundorte schenkte, besprochen. Inzwischen habe ich nun von Herrn Dr. Natorp sichere galizische Parus Salicarius erhalten, die, wenn auch nicht weit östlich gesammelt, doch meine Zweifel an den Prazäkschen Stücken vermehrten. Ich sandte einige von diesen an Herrn Härms, der meine Vermutung bestätigte. Die angeblichen Ostgalizier Prazäks sind von Herrn Härms in Livland gesammelt und an Prazak gesandt worden, der die Fundorte veränderte, um die beginnenden Zweifel an die Existenz seiner ostgalizischen Sammlungen zu widerlegen. 24 Flückigers Sanimelreisen in Algerien. Herr Härms erkannte die Vögel u. a. an der in denselben ent- haltenen Papierrolle sicher als seine Präparate. Auch abgesehen davon, dass Prazaks Bericht über seine ost- galizischen Sammlungen viele Seiten des Journals für Ornithologie füllt und dass viele seiner Notizen in den neuen Naumann über- gingen, wird diese Angelegenheit noch ein interessantes wissen- schaftliches Nachspiel haben, auf das ich später zurückkomme. Es ist unter Fachleuten offenes Geheimnis, dass es mehr solcher Schwindler gibt, die das wissenschaftliche Arbeitsgebiet verseuchen. Möchten sie noch bei Lebzeiten abgefasst werden. 0. Kl ein Schmidt. Flückigers S ?) 5. V 1905 5 !? » 10. V „ 6 V n 15. V . 6 „ etwas bebrütet, 18. n . 6 „ frisch. (Fortsetzung folgt.) Zur Taiineiilielier - Monographie. Für alle freundlichen Sendungen und Mitteilungen aus dem Leserkeise sage ich hier vorläufig besten Dank! Mehrjährige Individuen des sibirischen Tannenhehers werden vermutlich an den unverletzten Enden der mittleren Schwanzfedern und den weder verblichenen, noch beschädigten Flügelspitzen zu erkennen sein. Werden die alten Vögel wegen grösserer Scheu selten erlegt oder kommen nur junge Yögel zu uns? Nachrichten zur Lösung dieser Frage sind sehr erwünscht. Auch bei den Krähen scheinen jüngere Vögel zu wandern. Wer kann biologische Daten über einzelne der bereits abo^e- bildeten fremden Nucifraga-Formen aus eigener Anschauung geben? Wer ist imstande, die Originalbeschreibung von Pinus cembra sibirica (London) zu verschaffen? Dieser Baum ist bekanntlich für die Naturgeschichte des sibirischen Tannenhehers von grosser Bedeutung. Hinsichtlich der Tafeln wird auf das in Vorbereitung befi.nd- liche Textheft, sowie auf die weiteren Abbildungen verwiesen. Da ich für letztere noch einiges Material abwarten muss, wird sich die Ausgabe etwas verzögern, jedoch spätestens Weihnachten er- folgen, voraussichtlich schon früher und vielleicht in mehreren Teilen. Von Falco erscheint noch ein kürzeres viertes Heft. 0. Kl. Reichhaltige botanische Sammlung wegen Todesfalls zu ver- kaufen. (Salzflora des Mansfelder Sees bei Eisleben, Plantago- Varietäten und Aberrationen.) Näheres durch den Herausgeber. (35) O O 05 o o < 3 12 CT3 CQ 05 O 13. V 1 Stück, vom 15. ab häufig. 1907 , V 18. » 1908 , n 24. s Bis in den halben April hinein trifft man in der Regel noch grössere Partien auf dem Durchzuge. Volle Gelege bestehen wie bei dem Fitis fast immer aus 6 Eiern, Ich notierte folgende Gelege: 23. Mai 1895 6 Eier schwach bebrütet. 8. „ 1899 6 „ , 26. April 1903 6 „ frisch. (36) * 50 Avifauna von Ingelheim a. Rhein. 8. Mai 1904 2X6 Eier frisch. 10. „ 1905 6 „ am Ausfallen. 14. „ 1905 5 , frisch. 20. „ 1906 6 „ zirka zur Hälfte bebrütet, 3. „ 1908 5 „ etwas bebrütet. Öfter findet man noch Anfang August Nester mit Jungen. Dieses Jahr z. B. am 14. August Nest mit flüggen Jungen. Am 16. traf ich an einem anderen Platze Junge, die gefüttert wurden. Am 18. Oktober beobachtete ich noch einen kleinen Laubvogel, der sich fortwährend lockend in den Kiefern herumtrieb; ich glaube es war ein Weidenlaubvogel. Phylloscopus Volitans sil)ilator (Bechst.). Waldlaubvogel. Der Waldlaubvogel ist erst seit einigen Jahren hier Brut- vogel geworden. Die der Nachtigall so zusagenden Ortlichkeiten, alter lichter Laubholzbestand mit Buschunterwuchs, in den Klauern am Rheine, haben ihn an unsere Gegend gefesselt. Aber auch nur hier ist er Brutvogel. Gewöhnlich um Mitte April kommen die Waldlaubvögel bei uns an. Um diese Zeit trifft man sie allerorts oft in Massen, von denen der grösste Teil aber nach einigen Tagen wieder weiter gezogen ist. Öfter hörte ich Ende April und Anfang Mai auch singende (^(f in den beiden Parks hier, die zum Brüten wie ge- schaffen sind. Ich hoffte schon, dass sich daselbst eines oder das andere Paar häuslich niederlassen würde, was aber bis jetzt noch nicht der Fall war. Sie brüten, wie gesagt, nur in den Waldungen am Rheine. 1903 L Beobachtung bezw. L Gesang 18. April. 1904 , , „ „ , 13. , 1905 „ , , , „ 12. „ 1906 „ „ „ ^ „ um den 20. April. 1907 , , , „ „ 17. April. 1908 , „ , , „ 19. „ Ende April und Anfang Mai 1908 beobachtete ich einige Tage lang massenhaft Laubvögel aller drei Arten, die sich stets in den Birkenbeständen aufhielten, wo sie das junge Grün anscheinend nach Nahrung absuchten. Ihr Benehmen glich dabei ganz dem der Zeisige, wenn diese im Herbst und Winter den Birkensamen ausklauben. (37) Avifauna von Ingelheim a. Rhein. 51 Locustella Threnetria (Kl.). Schwirl, Locustella naevia (Bodd.). Wie schon Deichler, J. f. 0. 1896 Seite 446/47, erwähnt, fand ich 1894 am 28. Juni das Nest mit 7 Eiern, Im Jahre darauf konnte ich in der Nähe dieser Stelle ein q^ öfter schwirrend be- obachten. Auch in späteren Jahren hörte ich ab und zu in den Wiesen den Gesang, so 10. und 30. Juli 1903; in den letzten Jahren dagegen nicht mehr. Acroeephalus Hypolais (Kl.). Gartenlaubvogel, Hippolais icterina (Vieill.). Nicht sehr häufiger Brutvogel am Rheine in den Parks und grösseren Gärten, doch will es mir scheinen, als würde er von Jahr zu Jahr häufiger. Mit den Würgern und dem Pirol ist er einer unserer letzten Ankömmlinge. In den ersten Maitagen hört man den ersten Gesang. Ich notierte: 1. Mai 1904. 6. , 1905. 7, „ 1906. 6. „ 1908. Am 31. Mai 1904 fand ich ein Nest mit 4 frischen Eiern in Mannshöhe im Flieder, am 5. Juni 1903 ein Nest mit 5 frisch ausgefallenen Jungen, Das Nest stand 2^/^ m hoch im Holunder. Acroeephalus Frumentarius (KL). Sumpfrohrsänger, Acroeephalus palustris (Bechst.)- In manchen Jahren häufiger Brutvogel, in anderen wieder ganz vereinzelt vorkommend. Für die bei uns brütenden Paare wäre der Name Getreiderohrsänger bezeichnender als Sumpf rohr- sänger, denn sie lieben nichts weniger als sumpfige Gegenden, Hier leben sie ausschliesslich in den an den Wiesen liegenden Korn- und Weizenfeldern und brüten auch darin, weniger in den Wiesen selbst. 1903 und 1906 waren sie ungemein häufig und hörte man fast in jedem Getreidefeld singende q^. Zu Beginn der Brutzeit, Anfang Juni, sind sie am lebhaftesten und verfolgen sich die c^ ganz energisch, immerfort ihren Gesang hören lassend. Ich entnehme noch meinem Tagebuch: 20, Juli 1903 Acroeephalus palustris im Hafer mehrere (f^ singend beobachtet. Gesang hat (38) 4* 52 Avifauna von Ingelheim a. Rhein. nur wenig Ähnlichkeit mit dem der Rohrsänger. Er hat viele flötende Töne und längere Strophen. Ich hörte Strophen, die an einen jungen Kanarienvogel, andere, die an Alauda arvensis erinnern. Die ratschenden und zerrenden Rohrsängertöne hört man weniger. Andern Tags unweit dieses Haferfeldes im Korn einen Vogel Futter tragend beobachtet; einmal kam er mit einem Kohlweissling an- geflogen. Anfang Juni 1 908 hörte ich ein q^ fast täglich in einer Kopfweide, die neben Kornfeldern stand, singen. Jedes Jahr werden beim Getreidemähen, Ende Juli und Anfang August, Nester mit Jungen in verschiedenen Stadien, vom frisch ausgefallenen bis zum flüggen, gefunden. So dieses Jahr wieder vom 10. — 14. August ein Nest mit ganz kleinen und vier Nester mit flüggen bezw. halb- flüggen Jungen. Acroceplialus Calanioherpe (Kl.). Teichrohrsänger, Acrocephalus streperus (VieiU.). In den mit Schilf und Rohr reich bestandenen Rheinarmen und sumpfigen Niederungen sehr zahlreich brütend. Bei eintreten- dem Hochwasser im Vorsommer werden manche Jahre die ersten Brüten zerstört. In diesem Falle wird aber bald zu einer zweiten geschritten. Von einem regelmässigen Zweimal-Brüten kann natür- lich keine Rede sein. Mitunter treten Fälle ein, wo auch die zweite Brut verunglückt, so erfolgt dann nochmal eine dritte. Dies erklärt auch das öftere späte Auffinden von Gelegen und Jungen. 1903 wurden die meisten niedrigstehenden Nester durch Wasser zerstört, worauf ich dann Ende Juni vier Nester mit 3, 3, 2 und 1 frischen Eiern fand. 1906 wurden ebenfalls Ende Mai fast alle Nester durch Hochwasser zerstört, was zur Folge hatte, dass die Vögel zu einer zweiten Brut schritten. Ich sah Mitte Juni und noch Anfang Juli mehrere frisch belegte Nester. Acroceplialus Turdoides (KL). Drosselrohrsänger, Acrocephalus ariindinaceus (L.). Nicht sehr häufig hier, da ihm jedenfalls die kleinen Rohr- und Schilfpartien weniger zusagen, als grössere damit bewachsene Sumpf stellen. 1902 am 15. Juli fand ich ein Nest 1 m hoch über dem Wasser mit vier zum Ausfallen reifen Eiern. Das Nest war aussen 20 cm hoch, die Mulde ausnahmsweise aber ganz flach. (39) Parus Salicarius im lübeckischen Gebiet. 53 Acrocephaliis Phragraitis (Kl.). Bruchweisskehlchen, Acrocephalus schoenobaenus (L.)- In früheren Jahren regelmässiger Durchzügler und von Deichler und mir auf dem Frühjahrszuge öfter erlegt. Im letzten Jahr- zehnt von mir zwar nicht mehr erlegt, aber auf dem Frühjahrs- zuge gewöhnlich beobachtet. In der Collection von Erlanger be- findet sich ein am 28. Juni 1905 von mir gesammeltes altes cT, wohl ein sicherer Brutvogel. Dürfte heute noch vereinzelt hier brüten. Parus Salicarius im lübecldschen Gebiet. Von Werner Hagen. In No. 4, 1908, der Ornithologischen Monatsschrift habe ich mich schon einmal über diesen Gegenstand verbreitet. Ich streifte bis vor einem Jahre fast nur im nördlichen und östlichen Teile von Lübecks Umgebung, in diesem Jahre jedoch hauptsächlich im südlichen und südwestlichen. In diesen Gebieten habe ich die Weidenmeise mehrfach feststellen, auch eine Brut bestätigen können. Des Zusammenhanges wegen führe ich die in der Monats- schrift gemachten Bemerkungen mit auf. Ich traf im Herbste 1903 in einer Kiefernschonung in der Nähe der Jahn-Eiche Sumpfmeisen, die mir durch ihre Stimme auffielen. Ich hatte ihr langgedehntes da, da, da noch nie gehört. An eine Bestimmung war nicht zu denken, denn zwar nicht scheu, aber sicher entzogen sie sich der genauen Beobachtung und waren mir bald entschwunden. 1905 schrieb mir Herr Pastor Clodius - Camin, dass er Parus Salicarius dort beobachtet habe. Im Herbst konnte ich die Art bei ihm am Balg und in der Freiheit kennen lernen. Die Stimme war die schon von mir gehörte. Erst am 28. III. 07 konnte ich Salicarius bei Lübeck wieder beobachten. Im März fand bei herrlichem Wetter ein grossartiger Raubvogelzug statt. Besonders schön Hess er sich in der oben erwähnten Schonung, auf Forstkarten Triangel genannt, beobachten, da diese im Zuggebiet lag. Am genannten Tage hörte ich wieder die charakteristische Stimme der Meise. Scheinbar waren es zwei Stück. Wieder waren sie fast plötzlich verschwunden. An späteren Tagen hörte ich sie nicht wieder hier. 54 Parus Salicarius im lübeckischen Gebiet. Am 2. IX. 07 sah ich einen grösseren Schwärm in den in der Nähe jener Schonung liegenden Travetannen. Die Stimme hatte mich wieder aufmerksam gemacht. Parus Salicarus befand sich im Schwärm mit anderen Arten, P. palustris, cristatus und ater, einige major waren in der Nähe. Der Schwärm wechselte gerade von den Wipfeln der Kiefern in einen kleinen Erlenbruch, durch- querte diesen und ging dann wieder in die Kiefern. Ich konnte dabei durch das Glas die gelblich überflogenen Seiten deutlich er- kennen, wie Kleinschmidt's Steinzeichnung es zeigt. Auf Grund dieser Beobachtungen nahm ich an, dass die Weidenmeise im lübeckischen Gebiet nur unregelmässig während der Zugzeit erscheint. 1909 hörte ich sie einmal im Osten von Lübeck, in den Wesloer Tannen, am 7. IV. Ich bekam sie jedoch nicht zu Ge- sicht und war sehr weit entfernt, so dass ich sie mit Bestimmt- heit nicht ansprechen konnte. Da ich hier jedoch — trockener Kiefernwald, der in die Palinger Heide ausläuft — mich nicht ent- sinnen kann, Parus palustris gehört zu haben, so vermutete ich, dass es Salicarius war. Das kleine lübeckische Gebiet ist landschaftlich sehr ab- wechslungsreich. Der Süden ist zwar auch sehr waldreich, hat aber ausserdem ausgedehnte Felder. Zwischendurch sind grössere und kleinere Brüche eingesprengt. Hier hoffte ich Salicarius zu finden, als ich mit meinem Begleiter, Herrn Peckelhoff, der diese Gegenden eingehend kannte, diese Gebiete durchstreifte. Am 28. III. trafen wir ihn bei Strecknitz in einem Erlenbruche beim Landgraben. Es waren zwei Exemplare, die in ihrer hastigen Weise den Bruch durchquerten und uns so nahe kamen, dass wir die bräunlich -gelben Hals- und Körperseiten deutlich erkennen konnten. Durch ihre Stimme hatten sie sich angekündigt. Am 11. IV. beobachteten wir diese Meise in einem kleinen Bruch mitten im Felde auf der Grenze des Strecknitzer und Falken- husener Gebiets und nachher am Landgraben beim Grönauer Baum. Diese Gebiete gehören zur Wakenitzniederung. Ich hoffte daher, in den den Flusslauf begleitenden Brüchen sie ebenso häufig zu finden, konnte sie jedoch nur einmal feststellen und zwar in der Nähe des „1. Fischerbudens". Wir hatten das Glück, sie am Neste zu beobachten. Dasselbe stand in einer alten Kopfweide. Die Höhlung ist von ihr selbst verfertigt. Im selben Baum hatte sie schon Parus Salicarius im lübeckischen Gebiet. 55 einmal gebrütet. Aber durch Menschenhände war das morsche Holz abgebrochen, so dass die Höhle frei lag. In diesem Jahre sind jedoch die Jungen ausgeschlüpft. Ich hoffe daher, dass die Höhle im nächsten Jahre wieder benutzt wird und ich dann in den Besitz eines Eies komme. Ich vermute, dass die in den be- nachbarten Brüchen gehörten Weidenmeisen mit denen identisch sind, die hier gebrütet haben. Um die Gegenden am Oberlauf der Trave kennen zu lernen, streifte ich einmal in diesem Jahre bei Niendorf und Hamberge, der Heimat meines Begleiters. Auch hier bei Niendorf trafen wir Salicarius in einer Erlengruppe an, desgleichen in einem Erlen- bruch an der Trave, gegenüber von Hamberge, auf der lübeckischen Seite des Flusses. Parus Salicarius kommt also im nördlichen und östlichen Teile des lübeckischen Gebietes nur auf dem Frühlings- und Herbstzuge gelegentlich vor, ist dagegen in den Erlen brüchen des südlichen und südwestlichen Teiles ziemlich häufig und wahrscheinlich in den Ge- bieten, wo ich sie antraf, überall Brutvogel, an der Wakenitz bestimmt. Die Stimme von Parus Salicarius ist zwar sehr charakteristisch, ist ein langsames da da da, öfters szi ski da da da, hat aber, aus weiterer Ferne gehört, Ähnlichkeit mit dem kürzeren da da da, das Parus palustris manchmal hören lässt, besonders im Sommer (nach Prof. Voigt die Jungen). Ich habe daher öfters sie nicht notiert, weil ich im Zweifel war. In der Nähe ist eine Verwechs- lung ausgeschlossen. Durch die Färbung fällt P. Salicarius eben- falls auf, am meisten aber durch das Benehmen, das viel hastiger ist als das der anderen Arten. Kaum hat man die Stimme in der Ferne gehört und ist aufmerksam geworden, so ist sie auch schon bei einem, um gleich darauf 10, 20 m weiter zu sein. Dann hört man noch einmal schwach die Stimme von weitem, und ver- schwunden ist sie. Selten sah ich sie kürzere Zeit in einem Baume verweilen. Auch am Nest ist sie umgemein scheu. Jede Meise schlüpft futtertragend in die Nesthöhle, wenn man sich in der Nähe angestellt hat, Salicarius aber entfernt sich sofort, kehrt ab und zu zurück, nähert sich aber nicht dem Nest, bevor man sich nicht entfernt hat. Bei aufmerksamer Beobachtung wird diese Meise sicher noch mehrfach in Norddeutschland gefunden werden als nur in Mecklen- burg und Lübeck, neuerdings auch in Westfalen.