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j FOR EDVCATION FORSCIENCE |

LIBRARY

OF

THE AMERICAN MUSEUM

OF

NATURAL HISTORY

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Ia.m.n.h.I

FALCO

unregelmäßig im Anschluß an das Werk

„BERAJAH,

Zoographia infinita''

erscheinende Zeitschrift.

Xni. Jahrgang, 1917 in 4 Heften, einem Flugblatt (Nr, 5) und 2 Sonderheften.

Herausgeber :

0. Rleinschmidt,

Dederstedt, Bez. Halle a. d. S.

Preis für Jahrgang 1917 und 1918 yorlänflg 9 Mark.

$^^

Kommissionsverlag Gebauer -Schwetschke, Druckerei u. Verla^r m. b. H. Halle a. d. S., Gr. Märkerstr. 10.

Inhalt des XIII. Jahrgangs.

Seite

Zum Jalirgaiig 1917 1

Dennler, Avif. Pripjetsümpfe 2

TiscUer, Zug Motac. thunbergi 4

Nomenclatorisclies und Systematisches 6

Darwins Entstehung der Arten 11

Kriegssammlung Bacmeister u. a 20

Mitteilung an Abonnenten 24

Linnes „Corv. corone" 19b*) ry»

Darwins Entstehung der Arten 21b

Corvus subcorone 33

Darwins Entstehung der Arten 35 ;

Deutsche Krähen 42

Hausgänse, schwarze Schnabelspitze 43

Bücherbesprechuugen : Klengel, Störche; Seitz, Großschmetterlinge . 44

Diels, Flora der Sahara 48

Mitteilungen 49

Zwei 70er 50

Die Ruhestellung der Rauch- und Mehlschwalbe 50

Betr. Imnte Tafeln 1916 50

Sonderhefte:

H. V. Berlepsch, Winterfütterung, 8 Seiten, ausgegeben April.

0. Kleinschmidt, Ornis Germanica, 10 Seiten, ausgegeben Mai.

Die Falco-Hefte in den aufgedruckten Monaten.

Berajah Falco Peregrinus Seite 47—54 im Dezember.

Partis Salicarius, Anlage II, Seite 1 und 2, mit 2 Tafeln (VIII u. IXi.

Abbildungen:

Tafel I. und IL Landschaftscharaktere ans den Pripjetsümpfen zu S. 2.

Neu beschrieben:

Falco alfred-edmundi Seite 9

10

10

24a

24a

24a

Falco christiani-ludovici . . .

Praedo p. u

Accipiter nisus galliae . . . Lanius excubitor galliae . . .

Pica galliae

Parus Salicarius tischleri

,, natorpi

Sitta Autositta reichenowi Picus Minor silesiacus Tetrao Bonasa rhenanus und viele Realgattungsnamen

Ornis Germanica Sonderheft.

*) Die Seitenzalilen 19 bis 24 sind durch Versehen des Setzers (wiederholte Paginierung) doppelt vorhanden.

FALCO.

Dreizehnter Jahrganj

Nr. 1. Appil 191

Schriftleiter: 0. Kleinschmidt, Dederstedt, Bez. Halle a. d. S. Kommis- sionsverlag: Gebauer-Schwetschke Druckerei u, Verlag m.b.H., Halle a.d.S. Gr. Märkerstr. 10. Postscheckkonto Leipzig Nr. 14288. Preis aller Veröffentlichungen von Berajah und Falco: jährlich 9 Mark.

Zum Jahrgang 1917.

Das Januar-Sonderheft gelangt erst mit dieser Nummer zur Ausgabe, weil das Schlußheft des vorigen Jahrgangs sich durch Zensur und zeitweilige Überlastung des Herausgebers sowie der Druckerei verspätete. Noch aus einem anderen Grunde unterließ ich die Ausgabe des Sonderheftes im Januar. Die Härte des Winters mit wiederholt abnorm tiefen Tem- peraturen und abnorm langer und hoher Schneebedeckung des Bodens stellte einige Vogelarten vor Bedingungen, die für die Beobachtung geradezu neu waren. Wenn irgend etwas, konnten diese die Ansichten meines verstorbenen Lehrmeisters in Frage stellen. Es wäre in seinem Sinne gewesen, sobald dies wirk- lich geschah, der Arbeit eine einschränkende Scldußbemerkung anzufügen.

Auf G-rund gewissenhafter Untersuchungen während der Kälte- und Schneeperiode, wie sie bloße Beobachter kaum an- gestellt haben dürften, kann ich jetzt erklären, daß die An- sichten des Grafen von Berlepsch sich auch in dem ver- gangenen harten Winter Wort für Wort als richtig erwiesen haben. Ich werde bei anderer Gelegenheit Näheres über meine Untersuchungen betreffs „Winternot" der Vögel ver- öffentlichen. Vogelschützler bitte ich zu beachten, daß Winter- fütterung zur Vergnügung von Kindern und zur Erhaltung der Anlagenornis in Großstädten, Gärten usw. anerkannt wird. Ich füge lediglich hinzu, daß sie einen hohen ethisch- pädagogischen Wert haben kann, aber auch leicht falsche Vorstellungen über das Naturleben erzeugt. 0. Kl.

2 Einige Feststellungen über die Avifauna der Pripjetsümpfe.

Einige Feststellungen über die Avifauna der

Pripjetsümpfe. (Hierzu Taf. I. u. II.) Von Dr. Dennler. Es gelang mir bis jetzt, in den Pripjet- bzw. Rokitno- Sümpfen über 90 Vogelarten festzustellen. Aus der großen Reihe sollen hier diejenigen Arten aufgezählt werden, welche mit Bälgen in der Kollektion Kleinschmidt -Dennler belegt sind. Sammelzeit Mai bis Dezember 1916. (Die beigesetzten Zahlen bedeuten die Monate.)

Aus der Ordnung der Singvögel:

An Drosseln : Turdus pilaris (L.) VIII., IX., dazu Fundort 6 und 1. Gefundene Verschiedenheiten sind indi- viduell, daher ohne geographische Bedeutung.

An Grasmücken: Phylloscopus rufus (Bechst.), 9 IX.

Acrocephalus schoenobaenus (L.) VIII., dazu Fund- ort 3.

An Meisen: Parus major (L.), XII. P. eristatus (L.), IX. P. communis (Bald.). X. P. borealis, X., XII.' P. coeruleus palhdus (Grote), XII.

An Spechtmeisen: S. stolcmanni, X., XII.

An Baumläufern: Certhia familiaris (L.), X., XI.

An Stelzen: Motacilla alba (L.), cf 9 ^^^ Jugendkleid, XTI. M. flava od. subsp. (L.), 9 VII., dazu Fundort 5, Strandbild am Motolsee.

An Lerchen: Alauda arvensis (L.), VII. Galerida cristata (L.), XI.

An Ammern: Emberiza citrinella (L.), IX., XII.

An Gimpeln: Pyrrhula pyrrhula (L.), cf und XII. Acanthis cannabina, VIII., IX.

An Finken : Fringilla montifringilla (L.). (^ und 9 ^^ Herbst- kleid.

Passer domesticus (L.), XL, XII. P. montanus (L.), X.

An Staren: Sturnus vulgaris (L.), VII., cf im Jugendkleid.

An Kurzfußstaren: Oriolus oriolus, VII., VIII.

FALCO, 1917.

Tat. I.

Osowniza, Gouv. Qrodno, Juli 1916.

Aufenthalt der Mandelkrähe.

Charakterbild aus den

Jasioldasümpfen bei Minitschi,

Gouv. Grodno, Juli 1916,

Heimat von Budytes.

Charakterbild aus den

Pripjetsümpfen bei Minitschi

Juli 1916,

Landschaftscharaktere aus dem Gouv.

Fhut. V. Dr. Dennler.

Grodno.

(U

c -o

Einige Feststellungen über die Avifauna der Pripjetsümpfe. 3

An Krähen: Garrulus glandarius, IX.

An Würgern: Lanius excubitor homeyeri (Gab.), 9 XI.

(heimisch?).

L. exe. major (Fall.), 9 XI. (zugewandert?).

L. minor (L.), VII.

L. collurio (L.), VII., VIIL, dazu Fundort B. An Schwalben: Ilirundo rustica (L.), IX.

Aus der Ordnung der Sitzfüßler: An Eacken: Coracias garrula (L.), VII. An Kuckucken: Cuculus canorus (L.), XIIL, IX. Jugendkleid.

Aus der Ordnung der Spechtvögel: An Spechten: Dendrocopus leuconotus (Bechst), 9 IX. D. major (L.). 9 IX., cf XII. D. medius (L.), 9 XI.

Aus der Ordnung der Eulen: An Käuzen: Strix aluco (L), cf im Jugendkleid, VIIL An Ohreulen: Asio otus (L.), cf XI., XII.

Aus der Ordnung der Raubvögel: An Bussarden: Archibuteo lagopus (Brünnich), 9 XII.

Buteo zimmermannae (Ehmcke), 9 XL An Falken: Falco subbuteo (L.), cf IX. An Habichten : Astur gentilis (L.), ^ XL, die lichte nordische

Form.

Aus der Ordnung der Scharrvögel: An Feldhühnern: Perdix perdix (L.), 9 X., (^ XL

Aus der Ordnung der Laufvögel: An "Wasserläufern: Tringa alpina (L.), IX.

Tr. alp. schinzi (B.), IX.

Tr. temmincki (Leisler), VIIL

Tr. minuta (Leisler), VIII. Alle am Strand dos

Motolsees (Abb. 5) erlegt. An Schnepfen: Gallinago gallinago (L.), VIII.

Scolopax rusticula (L.), X.

4 Über den Zug der nordischen Scliafstelze in Ostprsußen.

An Regenpfeifern: Charadrius hiaticula (L.), 9 IX. Ch. dubius (L), VIII.

Aus der Ordnung der Seeflieger: An See-Schwalben: Sterna hirundo (L.), VII.

Interessant ist die Feststellung, daß alle Arten, die geo- graphisch, variieren, die nördlichen Formen zeigen, obwohl die Prip jetsümpfe in Höhe des mittleren Deutschland liegen. Man kann demnach weder von einer östlichen und west- lichen noch von einer nordischen und südlichen Avifauna sprechen, sondern nur von einer südwestlichen und nordöst- lichen, wobei letztere auch ganz erheblich südlich gelegene Teile Rußlands umfaßt.

Über den Zug der nordischen Schafstelze

i3Iotacilla flava thunbergi Billb.)

in Ostpreußen.

Von F. Tischler.

Als erster hat Thienemann die nordische Form der Schafstelze für Ostpreußen nachgewiesen ; am 14. Mai 1901 erlegte er 2 (j^cT ^^^ der Kurischen Nehrung bei Rossitten. Er berichtet (Ornith. Monatsber. 1901 S. 151—154), daß sich noch bis Ende Mai gelbe Bachstelzen bei Rossitten in Schwärmen bis zu 100 Stück umhertreiben und in dem aus- gedehnten Rohrdickichte am Haff übernachten. In der Folgezeit konnte er diesen späten Zug gelber Bachstelzen nach ihren nördlichen Brutrevieren auf der Kurischen Neh- rung alljährlich feststellen, und zwar meist Mitte Mai, etwa in der Zeit vom 10. bis 24. dieses Monats. In den Jahres- berichten der Vogelwarte Rossitten finden sich darüber zahl- reiche Notizen, die ich in meinem Buche „Die Vögel der Provinz Ostpreußen" (Berlin 1914) S. 272 zusammengestellt habe.

Unter den bei Rossitten durchziehenden Schafstelzen be- finden sich außer zahlreichen ganz typischen (j^ cf auch viele Übergangskleider. Manche besitzen bei sonst dunkelschwarz- grauem Oberkopf mehr oder weniger ausgebildete Superciliar-

über den Zug der nordischen Schafstelze in Ostpreußen. 5

streifen ; andere haben ziemlich hellen Oberkopf, aber dunkle Wangen mit oder ohne Superciliarstreifen ; viele sind auch von typischen M. flava flava L. nicht zu unterscheiden. Da die letztere Form noch im mittleren Skandinavien brütet und auch in Rußland ziemlich weit nordwärts geht, da ferner in den Grenzgebieten zwischen M. fl. flava und timnhergi selbst- verständlich zahlreiche Übergangsexemplare vorkommen, kann es nicht wundernehmen, daß man auf der Kurischen Nehrung eine lückenlose Reihe von allen möglichen Abstufungen zwi- schen M. fl. flava und thunhergi sammeln kann. Daß letztere auch auf dem Herbstzuge die Nehrung passiert, ist durch zwei von Thienemann Ende August und Anfang September erlegte alte c^cf erwiesen. In der Regel ist aber eine Unter- scheidung der beiden Formen, namentlich bei jüngeren Stücken, im Herbstkleide nicht möglich.

Über den Zug von M. fl. thunhergi im Binnenlande von Ostpreußen lagen bisher Beobachtungen noch nicht vor. Nun- mehr ist es aber gelungen, auch für die Gegend von Barten- stein die nordische Schafstelze als regelmäßigen Durchzügler im Mai festzustellen. In meiner Sammlung besaß ich bereits ein altes cT, das ich am 9. Mai 1909 am Kinkeimer See er- legt, aber in meinem Buch versehentlich nicht angeführt hatte. Es hat recht dunkeln Oberkopf und schwach ange- deutete Superciliarstreifen, so daß ich es unbedingt zu thun- hergi ziehe. Am 9. Mai 1915 trafen sodann Herr W. Faber und ich am Kinkeimer See ziemlich viele gelbe Bachstelzen an, von denen wir vier erlegten. Zwei von ihnen sind nicht ganz typische thunhergi mit dunkelm Oberkopf und schwachen Superciliarstreifen ; die dritte hat hellen Oberkopf, aber dunkle Wangen und gleichfalls schwache Superciliarstreifen; die vierte ist eine typische flava. Am 12. Mai 1915 schoß Herr F a b e r sodann noch ein nahezu typisches cf von thunhergi. Im Jahre 1916 bemerkte ich am 15. und 22. Mai am Kinkeimer See gelbe Bachstelzen in größerer Anzahl und schoß an beiden Tagen je ein völlig typisches cf von thunhergi mit dunkelm Oberkopf und ohne jede Spur eines Superciliarstreifens. Neben verschiedenen Übergangsstücken sah ich ferner mit Sicherheit noch einige weitere cf cf dieser Form. Hiernach dürfte es er- wiesen sein, daß in jedem Frühjahr bei Bartenstein und jeden-

6 Nomenklatorisches und Systematisches.

falls aucli sonst in Ostpreußen etwa zu derselben Zeit wie bei Rossitten ein nicbt unbedeutender Durchzug von M. fl. thun- hergi stattfindet.

Wenn mir diese Form bisher entgangen war, so lag das daran, daß sie bei Bartenstein auf dem Zuge am Kinkeimer See dieselben Örtlichkeiten aufsucht, an denen M. fl. flava nicht selten nistet. Die nordischen Durchzügler erscheinen hier nun nicht in so zalilreichen Schwärmen, wie auf der Kurischen Nehrung; sie halten sich vielmehr meist paarweise zusammen und benehmen sich ganz wie unsere Brutvögel, die ich mitten in der Brutzeit ungern schieße. Die cfcT singen, soweit man bei der gelben Bachstelze von Gesang reden kann, jagen sich mit den einheimischen Brutvögeln umher, balzen vor ihren 9 9 "sw. Wer nur einmal und gerade in dieser Zeit, z. B. am 22. Mai 1916, den Kinkeimer See be- sucht hätte, hätte sehr leicht zu dem voreiligen Schluß kom- men können, daß bei Bartenstein beide Formen nebeneinander brüteten. Davon ist aber natürlich nicht die Rede. Die nordischen Durchzügler verschwinden allmählich, und Ende Mai bleiben nur die Brutvögel, die sämtlich durchaus typische M. fl. flava sind, zurück. Ich glaube, daß auf ähnliche Weise sich manche sonst unbegreifUche Angaben von Sammlern über das Nebeneinanderbrüten zweier Formen derselben Art erklären lassen werden.

Gleichzeitig mit den nordischen Schafstelzen traf ich am 15. und 21. Mai 1916 auch je einen rotkehligen Änthus cervinus (Fall.) am Kinkeimer See an, von denen ich den ersten erlegte. Ferner bemerkte ich an beiden Tagen, nament- lich aber am 21. Mai, sehr viele Tringa temminckii Leisl., im ganzen wohl weit über hundert, in kleineren und größeren Flügen. Dieser gleichzeitige Durchzug der drei nordischen Arten in der zweiten Hälfte des Mai ist recht charakte- ristisch.

Nomenklatorisches und Systematisches.

Die Unterbrechung überseeischer Verbindungen hat an- scheinend mehr Arbeitskraft und Aufmerksamkeit für die ein- heimische Ornis freigemacht. Am 30. Mai 1916 erschien ein

Nomcnklatorisches und System atisches. 7

sorgfältig ausgearbeiteter „Nomenciator der Vogel Bayerns" von C. E. Hellmayr und A. Laubmann (im Buch- handel zu beziehen durch Verlag Grust. Fischer, Jona), Im Juliheft 1916 des Journals für Ornithologie veröffentlichten Reichenow und E, Hesse eine „Neue Namenliste der Vögel Deutschlands". In den Verhandlungen der Ornithologischen Gesellschaft in Bayern 1917, Heft 1 Seite 89 u. ff. übt Hellmayr an letzterer Arbeit eine scharfe Kritik. Er nennt sie geradezu einen „bedauerlichen Rückschritt" und legt in vielen Punkten seine abweichenden Ansichten dar.

Ich meinerseits möchte in unserm kleinen Ornithologen- kreise den Burgfrieden wahren und zu seiner Wahrung er- mahnen. Die genannten Autoren sind alle drei ornithologisch hochverdiente Kräfte. Nomenklatorische Arbeiten sind aber so schwierig, daß der Beste darin endgültig Abschließendes und unantastbar Vollkommnes nicht zu leisten vermag. Ein voreiliger Abschluß würde den Tod der weiteren Arbeits- freudigkeit bedeuten. Die kui'zgefaßte Liste, die ich seit Jahren geplant demnächst ausgebe, soll auch nur als ein Schritt vorwärts aufgefaßt werden. Im Nachfolgenden will ich an Einzelheiten zeigen, wie vieles ständig verbesserungs- bedürftig bleibt.

Namen, die zu Mißverständnissen führen können, sind wohl nomenklatorisch klarzustellen und als älteste Namen an- zuerkennen, im praktischen Gebrauch aber durch Namen zu ersetzen, die als Ersatznamen gekennzeichnet sind. So kann viel Unheil verhütet werden und vielleicht auch viel unnützer Streit. Wir können wirklich nicht die Saatkrähe Corvus co- rone L. nennen (s. unten Nr. 3).

Auf internationalen Kongressen haben seither die Ameri- kaner, wie ich mich selbst überzeugt habe, einen Ton ange- schlagen, als ob sie berechtigt wären, alle Welt zu bevor- munden, ganz denselben Ton, der uns von der U-Boot-An- gelegenheit sattsam bekannt ist. Auch Kongresse ändern fortwährend ihre Stellung. „Opinions" halte ich für ganz un- wissenschaftlich. Das einzige, was die Gelehrten aller Nationen einen kann, ist der Glaube an das Vernünftige. Mir scheint es, daß die Amerikaner am allerwenigsten unsere deutsche Literatur aus der klassischen Zeit der Vernunftlehre kennen.

8 Nomenklatorisclies und Sj'stematisches.

Sie beweisen in Politik und Wissenschaft fortwährend das Gegenteil. Dies nur eine Vorbemerkung zu der Frage, ob der Gelehrte ein Patriot sein darf oder ein Kosmopolit sein muß, denn einiges von dieser Frage spielt in dem Streit Reichenow- Hellmayr eine Rolle. Mir schrieb einmal ein amerikanischer Professor sehr richtig, die Nomenklaturbestrebungen seiner Landsleute hätten eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Gesetzes- geist der alten Judaisten, gegen die sich Paulus wendet. Das ist gut gesagt. Nun zu den Einzelheiten.

1. Der Hausrotschwanz heißt bei Reichenow titys, bei H e 1 1 m a y r gibraltariensis. Beides ist unzutreffend. Weigolds Sammelausbeute beweist, daß der portu- giesisch-spanische Rotschwanz nicht mit dem deutschen identisch ist. (Siehe Berajah Tafel I.)

2. Der Kiefernkreuzschnabel ist vielleicht doch eine Nähr- pflanzenrasse. Bei den „Zigeunervögeln" könnten sich die Rassenbildungen anders verhalten als bei seßhaften Gruppen. Es wird zu untersuchen sein, ob Acanthis linaria holboelli und die dickschnäbeligen Rohrammern eine Parallele zu den Kreuzschnabelformen bilden.

3. Die Rabenkrähe darf nicht mehr Corvus corone heißen, denn unter diesem Namen beschrieb Linne deut- lich und unzweifelhaft eine junge Saatkrähe.

4. Neu einzufügen ist Corvus frugilegus (pro usu) tschusii, von dem ich ein unzweifelhaftes Stück am 22. Februar hier erlegte und am nächsten Tage ein vermutlich dazu gehöriges schoß. Dadurch wird es aber fraglich, ob unsere deutschen Saatkrähen mit den schwedischen identisch , also überhaupt Corvus frugilegus L. sind. Die ganze seitherige Nomenklatur ruht auf der eigentlich leichtfertigen Annahme, daß die schwedischen und deutschen Rassen identisch seien und daß die deutsche Ornis in ihrer Rassenbildung mit wenigen Aus- nahmen einheitlich sei.

5. Da westdeutsche Erlenzeisige im Frühling durch Schmutz (Rauch der Eisenbahnen und Rheindampfer) grünlicher aussehen als ostdeutsche, ist vielleicht beim Girlitz das- selbe der Fall und die Unterscheidung der deutschen Vögel nachzuprüfen. (Fortsetzung folgt.) 0. Kl.

Druck von Gebauer-Schwetschke G. m. b. H., Halle a. S.

FALCO.

Dreizehnter Jahrgang.

Nr. 2. Mai 1917.

Schriftleiter: 0. Kleinschmidt, Dederstedt, Bez. Halle a. d. S. Kommis- sionsverlag: Gebauer-Schwetschke Druckerei u. Verlag m. b. H., Hallea.d. S. Gr. Märkerstr. 10. Postscheckkonto Leipzig Nr. 14288. Preis aller Veröffentlichungen von Berajah und Falco: jährlich 9 Mark.

Nomenklatorisclies und Systematisches.

(Fortsetzung.)

6. Picus viridicanus findet sich bereits bei Bechstein.

7. Tunstalls Ornitliologia Britannica ist tatsächlicli nur eine Polyglotte und muß z. B. gelesen werden

{. . . Lagopus altera . . . Red Grame or Gor Cook . . . la Gelinotte kupee etc. Die meisten Namen sind vielleicht nur Einzelworte. Tetrao ist Masculinum, Lagopus Masculinum und Femi- ninum, die Saatkrähe heißt bei Tunstall einfach Feni- gilegus (sie!), der Baumrotschwanz Phaenicurus (sie!). „Sicher binär" ist kein Name in dem Werk gebildet. Der Name Falco aesalon und andere Tunstallsche Namen können also nicht angenommen werden.

8. Ob alle Merline, die bei uns durchziehen, mit der west- sibirischen Rasse Falco regulus Pallas identisch sind, ist fraglich. Auf Island tritt eine extrem dunkle Färbung auf, die schon Alfred Edmund Brehm Naumannia 1856, p. 216 erwähnt. Ich nenne die Form Falco alfred- edmundi. Das entgegengesetzte Extrem bildet die ganz lichte Rasse aus der Kirgisensteppe und vom Uralfluß. Ihr Name Falco pallidus (Suschk.) ist durch Falco tinnunculus pallidus Brm. und Falco pallidus (Schlegel u. Susem.) zweimal präokkupiert. Christian Ludwig Brehm hat an ägyptischen Vögeln offenbar schon ganz richtig die Neigung östhcher Vögel zu hellerer Färbung er- kannt und vermutlich diese mit dem Namen orientalis

10 Nomeriklatorisches und Systematisches.

kennzeichnen wollen, der aber nomen nudum ist. Ich nenne die kleine Steppenform nach Zugvögeln aus dem Kaukasus Falco christiaui-ludovici. Typen beider Ex- trem-Formen in meiner Sammlung. 9. Corvus mouedula coUaris ist hier ein häufiger Winter- gast. Bei zwei am 27. 12. 16 und am 19. 1. 17 von mir hier erlegten Vögeln sind die Halsseitenflecke so prachtvoll groß und rein weiß, daß es sich sicher um sehr fernöstliche Vögel handelt. Außer der sibirischen Saatki'ähe und der östlichen Dohle habe ich auch eine

10. Nebelkrähe mit extrem östlichen Kennzeichen, nänüich grauen Unterflügeldeckfedern am Handgelenk geschossen (im Beisein von Herrn Hauptmann Bacmeister). Doch könnte es sich hier um individuelles Variieren der Nebel- krähe handeln.

11. Totanus ochropus heißt schon in der vorlinneischen Literatur ocropus. Linne hat offenbar den griechischen Namen nicht verstanden, der eigentlich oochropus (vorn o-mega; nicht o-miki'on") heißt, d. i. Bleichfuß. Im neuen Naumann ist ochropus irrtümlich grünfüßig abgebildet.

12. Die Schwierigkeit Tringa-Totanus beseitigt man leicht, indem man beide vereinigt. Sie sind ja durch Ver- bindungsglieder verknüpft.

13. Ebenso beseitige ich die Schwierigkeit Saxicola-Pratin- cola, indem ich beide unter Saxicola vereinige.

14. Für alle Raubvögel, die nicht Falken und nicht Geier sind, also ungezähnten Schnabel und voll befiederten Kopf haben, stelle ich pro usu das Grenus Praedo auf, um die Lächerlichkeit zu beseitigen, daß jede Art ein besonderes Genus bildet. Die Gattungen müssen so ver- einfacht werden, daß sie nicht eine Geheimsprache der Ornithologen bilden, sondern ein Mittel, durch das sich auch der Nichtornithologe und der Anfänger zurecht- findet. Charakterform von Praedo ist der Mäusebussard.

(Fortsetzung folgt.) 0. Kl.

Kant. 11

Die wissenschaftliclie Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstehung der Arten.

3. Fortsetzung (siehe Seite 5 des vorigen Jahrgangs).

Die drei Meister der deutscheu Abstammuugslehre.

Nach einem großen Irrweg und Umweg muß die Ab- stammungslehre zu den Grundgedanken ihrer drei deutschen Meister zurückkehren. Ich wollte von ihnen erst am Schlüsse dieser Abhandlung schreiben, aber ich darf die Geduld des Lesers nicht zur Ungeduld werden lassen. Auch ist es das Einfachste, vom Urquell her den reinen Strom der Wahrheit hereinzulassen, damit der Augiasstall britisch-amerikanischer Denkweise in unserer "Wissenschaft sauber ausgespült werde.

I. Immanuel Kant.

Eine Stunde in der Krähenhütte.

Knietief fast lag der Schnee. Ich saß einsam in Dr. Schellenbergs Krähenhütte bei Wehrshausen. Kein Raubvogel, keine Krähe erschien. Der Uhu blinzelte die großen Feuer- augen zu und wurde immer „philosophischer" in Haltung und Miene. Das bedeutete schlechte Aussichten für die heutige Hüttenjagd. Ich zog ein Buch aus der Manteltasche und begann zu lesen: Kants Kritik der reinen Vernunft. Ich hatte ein Kolleg darüber gehört. Aber: „Selbst aus den Quellen schöpfen", so lautete ja die stete Mahnung der Lehrer an der Universität Marburg.

Warm war die luftige Hütte nicht, aber hier war die rechte Ruhe zu solchem Lesestoff. Hier fühlte man sich herausgerückt aus dem bunten Studentengewimmel. Hier störte keiner von denen, die eine wackere Klinge höher schätzen als ein Buch und keiner von denen, die nur „fürs Examen'^ studieren. Hier redete ein Lehrmeister, vor dem jugendliche Besserwisserei verstummt und bei dem „Nachbeten" nichts nützt, weil man seine Gedanken ohne „Nachdenken" überhaupt nicht versteht. Ich kam nicht weit über die Vor- rede hinaus. Zu Schuß kam ich gar nicht. Aber ich trug von jener Hüttenjagd die reichste Beute heim, die ich je ge- macht. Ich hatte den ersten Blick getan in den wirklichen Kant , nicht in den Kant der Bücher und Epigonen. Für

12 Miaderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstehung der Arten.

die ist Kant nur ein trockener Philosoph. Der wirkliche Kant ist ein leidenschaftlicher Geograph und ein gründlicher Naturkenner.

Lassen wir ihn selber reden:

A. Ein paar Worte aus der Vorrede der Vernunftkritik zur Methode. „So ging allen Naturforschern ein Licht auf. Sie be- griffen, daß die Vernunft ... die Natur nötigen müsse auf ihre Fragen zu antworten, nicht aber sich von ihr allein gleichsam am Leitbande gängeln lassen müsse. Die Vernunft muß mit ihren Prinzipien ... in einer Hand und mit dem Experiment, das sie nach jenen ausdachte, in der anderen an die Natur gehen, zwar um von ihr belehrt zu werden, aber nicht in der Qualität eines Schülers, der sich alles vor- sagen läßt, was der Lehrer will, sondern eines bestallten Richters, der die Zeugen nötigt, auf die Fragen zu antworten, die er ihnen vorlegt . . . Hierdurch ist die Naturwissenschaft allererst in den sicheren Gang einer Wissenschaft gebracht worden, da sie so viel Jahrhunderte durch nichts weiter als ein bloßes Herumtappen gewesen war."

B. Einige Zeilen aus der Kritik der reinen Vernunft selbst zur Systematik.

„Auch äußert sich dieses an der sehr verschiedenen Denkungsart der Naturforscher, deren einige .... immer auf die Einheit der Gattung hinaussehen, die andern . . . die Natur unaufhörlich in so viel Mannigfaltigkeit zu spalten suchen . . . Auf solche Weise vermag bei diesem Vernünft- 1er mehr das Interesse der Mannigfaltigkeit . . ., bei jenem aber das Interesse der Einheit . . . Ein jeder der- selben glaubt sein Urteil aus der Einheit des Objekts zu haben und gründet es doch lediglich auf der größeren oder kleineren Anhänglichkeit an einen von beiden Grundsätzen . . . Wenn ich einsehende Männer miteinander wegen der Cha- rakteristik der Menschen, der Tiere oder Pflanzen, ja selbst der Körper des Mineralreichs im Streite sehe, da die einen z. B. besondere in der Abstammung gegründete Volkscharak- tere oder auch entschiedene und erbliche Unterschiede der

Kant. 13

Familien, Rassen usw. annehmen, andere dagegen ihren Sinn darauf setzen, daß die Natur in diesem Stücke ganz und gar einerlei Anlagen gemacht habe, und aller Unterschied nur auf äußere Zufälligkeiten beruhe, so darf ich nur die Beschaffenheit des Gegenstandes in Betracht ziehen, um zu begreifen , daß er für beide viel zu tief verborgen liege, als daß sie aus Einsicht in die Natur des Objekts sprechen könnten. Es ist nichts anderes als das zwiefache Interesse der Vernunft, davon dieser Teil das eine und jener das andere zu Herzen nimmt oder auch affiziert, mithin die Verschieden- heit der Maximen der Naturmannigfaltigkeit oder der Natur- einheit, welche sich gar wohl vereinigen lassen . . ., aber . . . nicht allein Streit sondern auch Hindernisse veranlassen, welche die Wahrheit lange aufhalten, bis ein Mittel gefunden wird, das strittige Interesse zu vereinigen , . .

Ebenso ist es mit der Behauptung oder Anfechtung des .... von Leibnitz in Gang gebrachten und durch Bonnet trefflich auf gestutzten Gesetzes der kontinuier- lichen Stufenleiter der Geschöpfe bewandt . . , . Die Sprossen einer solchen Leiter, so wie sie uns Erfahrung angeben kann, stehen viel zu weit auseinander, und unsere vermeintlich kleinen Unterschiede sind gemeiniglich in der Natur selbst so weite Klüfte . . ., daß auf solche Beobach- tungen ... als Absichten der Natur gar nichts zu rechnen ist. Dagegen ist die Methode, nach einem solchen Prinzip Ordnung in der Natur aufzusuchen, und die Maxime, eine solche ... in einer Natur überhaupt als gegründet anzusehen, allerdings ein rechtmäßiges und treffliches regulatives Prin- zip der Vernunft . . . (Reklam Ausg. 520.)

C. Einige Bemerkungen Kants zur Abstammungslehre. „Ginge man . . . den Zustand der Natur in der Art durch, daß man bemerkte, welche Veränderungen sie durch alle Zeiten erlitten habe, so würde dieses Verfahren eine eigentliche Naturgeschichte geben. (Schnitze*) 25.) Erwägt man z. B,, wie die verschiedenen Rassen der Hunde aus einem

*) Ich zitiere im Nachfolgenden die Seitenzahl nach Fritz Schnitze. Kant und Darwin, Jena 1875.

14 Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstellung der Arten.

Stamme entsprungen sind, und welche Veränderungen sich mit ihnen vermittelst der Verschiedenheit des Landes, des Klima, der Fortpflanzung usw. durch alle Zeiten zugetragen haben, so wäre das eine Naturgeschichte der Hunde, und eine solche könnte man über jeden einzelnen Teil der Natur liefern*). (Schnitze 24)

Wie sich aber eine solche zufällige Sache, als die Farbe ist, anarten könne, ist so leicht nicht zu erklären. Man sieht indessen doch aus anderen Exempeln, daß es wirklich in der Natur in mehreren Stücken so gehe. Es ist aus der Verschieden- heit der Kost, der Luft und der Erziehung zu erklären, warum einige Hühner ganz weiß werden, und wenn man unter den vielen Küchlein, die von denselben Eltern geboren werden, nur die aussucht, die weiß sind, und sie zusammentut, be- kommt man endlich eine weiße Rasse, die nicht leicht anders ausschlägt. Arten nicht die engiändischen und auf trockenem Boden erzogenen arabischen oder spanischen Pferde so aus, daß sie endlich Füllen von ganz anderem Gewächse erzeugen? (Schnitze 25.) . . . Dergleichen Veränderungen gehen mit den Schafen, dem Rindvieh und anderen Tiergattungen vor. . . . Ein Eichhörnchen, das hier braun war, wird in Sibirien grau. (2t3.) . . . Bisweilen (ist) noch lange hernach die Spur von ihrem (der Rasse) vorigem Aufenthalt anzutreffen. (26.) Denn wenn einmal durch den langen Aufenthalt . . . sich eine Rasse . . . gegründet hatte, so konnte diese durch keine ferneren Einflüsse des Klima in eine andere Rasse verwandelt werden (35)**).

(Ein) Albino oder Kakerlak (sind) beides Mißgeburten (140).

Wenn von . . . Brünetten einer eine blonde Frau hat, so zeugt er brünette oder blonde Kinder, nachdem sie auf die eine oder andere Seite ausschlagen; und so auch umge- kehrt (139)***).

*) Dies der Plan von Berajah.. **) Vgl. die spätere Lehre Vircliows von der Persistenz der Rassen- mei'kmale.

***) Kant kennt hier schon die Erscheinung der Mendel'schen Rückschlagsregeln. Wichtiger ist die Unterscheidung der Rasse von Aberration (z. B. Albinismus) und individueller Varietät (blonde und braune Haai-farbe in demselben Volke, vgl. Schulze pag. 60), die nach Kant nicht „notwendig erblich" sind wie jene.

Kaut. 15

Der Begriff einer Rasse enthält also erstlich den Begriff eines gemeinsamen Stammes, zweitens notwendig erbliche Charaktere des klassischen Unterschiedes der Abkömmlinge desselben voneinander. Durch das letztere werden sichere Unterscheidungsgründe festgesetzt, wonach wir die Gattung in Klassen einteilen können, die dann wegen des ersteren Punktes, nämlich der Einheit des Stammes keineswegs Arten, sondern nur Rassen heißen müssen (146).

Anfänglich, wenn man bloß die Charaktere der Ver- gleichung (der Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit nach) vor Augen hat, erhält man Klassen von Geschöpfen unter einer Gattung. Sieht man ferner auf ihre Abstammung, so muß sich zeigen, ob jene Klassen ebensoviel verschiedene Arten oder nui- Rassen seien. Der Wolf, der Fuchs, der Schakal, die Hyäne und der Haushund sind so yiele Klassen yier- füßiger Tiere. Nimmt man an, daß jede derselben eine be- sondere Abstammung bedurft habe, so sind es so yiele Ar- ten; räumt man aber ein, daß sie auch von einem Stamme haben entspringen können, so sind es nur Rassen desselben. Art und Gattung sind in der Naturgeschichte (in der es nur um die Erzeugung und den Abstamm zu tun ist) an sich nicht unterschieden. In der Naturbeschreibung, der es bloß auf Vergleichung der Merkmale ankommt, findet dieser Unter- schied allein statt. "Was hier Art heißt, muß dort öfter nur Rasse genannt werden (146 Anm.)."

Soweit eine Zusammenstellung aus Kants eigenen Worten ! Im Ordnungssystem heißt die Spezies species artificialis (200) oder Nominalgattung, im Verwandtschaftssystem werden die einen Spezies, species naturales (200), Realgat- tungen, die anderen Rassen (Schnitze 149). Die Rasse ist nach Kant eine Abartung, keine Ausartung, eine Pro- genies classifica, keine Progenies specifica, keine neue Art- bildung (180). Andererseits ist die Rasse mehr als nur ein Schlag (varietas nativa) (181).

Diese haarscharfe, sonnenklare Definition der Rasse''') hat sich die heutige Zoologie nicht angeeignet. Warum nicht? Diese Frage beantworte ich weiter unten.

*) Vgl. noch Schnitze pag. 183.

16 Minderwertigkeit von Darwüis Werk über die Entstehung der Arten.

Kant schrieb: Man muß, so sehr man auch, und z"war mit Recht, der Frechheit der Meinungen Feind ist, eine Geschichte der Natur wagen, welche eine abgesonderte Wissenschaft ist, die wohl nach und nach von Meinungen zu Einsichten fortrücken könnte." (Schnitze S. 76, 77, siehe auch S. 65.)

All diese Äußerungen sind nicht zufällige oder gelegent- liche Gedankenblitze bei Kant. Dazu kehren 'sie zu oft an ganz verschiedenen Stellen seiner Arbeiten in ähnlicher Fassung wieder. Fritz Schnitze hat sie unter dem Titel „Kant und Darwin" Jena 1875 nach der Zeit der Veröffentlichung zu- sammengestellt. Obgleich auf Seite 83 dieses Werkchens Schnitze ganz verständig die heutigen Entwicklungslehrer kritisiert, die Hypothesen und Tatsachen verwechseln, so zeigt doch schon sein Titel, daß er Kant für einen Vorläufer Darwins hält.

Wir finden bei Kant die Veränderlichkeit der Rassen, wir finden sogar an manchen Stellen den Selektionsgedanken. Warum ging er nicht noch einen Schritt weiter? Fern lag ihm der Gedanke nicht , die Realgattungen voneinander ab- zuleiten. Ein Wort nur, und die ganze Lehre Darwins, die mechanische Erklärung der lebenden Natur war bei Kant im Plane fertig. Kant hat dies Wort gesprochen, aber er hat es abgelehnt.

Dem modernen Biologen erscheint der Altmeister hier in der Lage Thors, der die Midgardschlange an der Angel- schnur gefangen hat und ihren Kopf über das Wasser zerrend schon den Hammer hebt, um sich die Beute zu sichern. Da zerschneidet ihm der Riese, um sein Boot besorgt, die Schnur, und die Schlange versinkt in die Tiefe. Hier zerschneidet nur Kant selbst den Faden.

„Wie dieser Stamm selbst entstanden sei, diese Auf- gabe liegt gänzlich über den Grenzen aller dem Menschen möglichen Physik hinaus, innerhalb denen ich doch glaube mich halten zu müssen" (201), sagt Kant. Er führt die Ähn- lichkeiten der Realgattungen auf die „Mannigfaltigkeit" der Natur zurück. (119—122.) „Eine Verwandtschaft unter ihnen, da entweder eine Gattung aus der anderen, und alle aus einer einzigen Originalgattung, oder etwa aus einem einzigen erzeu-

Kant. 17

genden Muttersclioße entsprungen wären, würde auf Ideen füh- ren, die aber so ungeheuer sind, daß die Vernunft davor zurück- bebt." (119—122.) Verwandtschaft .... Vom Menschen zum Walfisch und so weiter hinab (vermutlich bis zu Moosen und Flechten, nicht blos im Vergleichungssystem, sondern im Erziehungssystem aus gemeinschaftlichem Stamme)" . . . würde „zwar nicht machen, daß der Naturforscher davor als vor einem Ungeheuer zurückbebte (denn es ist ein Spiel, wo- mit sich wohl mancher irgend einmal unterhalten hat . . .) er würde aber doch davon durch die Betrachtung zurückge- scheucht werden, daß er sich hierdurch unvermerkt von dem fruchtbaren Boden der Naturforschung in der Wüste der Meta- physik verirre. Zudem kenne ich noch eine eben nicht un- männliche Furcht, nämlich vor allem zurückzubeben, was die Vernunft von ihren ersten Grrund Sätzen abspannt und ihr es erlaubt macht, in grenzenlosen Einbildungen herumzu- schweifen." (202.)

Als ein „gewagtes Abenteuer der Vernunft" nur stehen diese Gedanken „dem Archäologen der Natur frei". „Es mö- gen wenige . . . Naturforscher sein, denen es" („eine Hypothese solcher Art") „nicht bisweilen durch den Kopf gegangen wäre." (255.)

Ich habe möglichst Kant selbst reden lassen und Seiten- zahlen nach Schnitze beigefügt.

Man bezeichnet also nach Kant Formen als Nominalgattun- gen (künstliche Arten), um zu sagen, daß sie morphologisch verschieden sind. Man bezeichnet sie als Realgattungen (natürliche Arten), um zu sagen, daß sie ihrer Abstammung nach getrennt sind, so weit menschliche Erfahrungswissenschaft reicht.

Kant hat somit lange vor Darwins Existenz den ganzen Umfang der sogenannten darwinistischen Gedanken von der Bergoshöhe seiner Verstandesklarheit überschaut und als un- wissenschaftliches „Herumschweifen in grenzenlosen Einbil- dungen" abgelehnt.

Zugleich hat er versprochen, daß etwas Besseres an die Stelle solcher Einbildungen treten werde. Der Anfang zu diesem Besseren wurde gemacht, wie ein Blick auf die Arbeit der zwei anderen Meister uns lehrt.

18 Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstehung der Arten.

Den Philosophen Kant möge man meinetwegen zunächst hier ganz beiseite lassen. Man halte sich vorerst lediglich an den Naturforscher Kant, den' Lehrmeister der „physi- schen Geographie"*). Auf den Philosophen Kant komme ich bei anderer Gelegenheit zurück. Die Vorwürfe, die wissenschaftliche, staatliche und kirchliche (sowohl katho- lische wie auch evangelische) Autoritäten gegen Kant er- hoben haben, heben sich gegenseitig auf. Die einen nannten ihn einen „Freidenker". Er ist nur ein Rechtdenker, denn er hat lediglich richtig und gut denken gelehrt. Die anderen fanden ihn in altmodischen Ansichten befangen. So bemerkt Rädl in seiner dickbändigen Geschichte der Biologischen Theorien Seite 85, Kant habe den Versuch gemacht, die Vernunft von den Fesseln der Erfahrung zu befreien. Kant hat aber genau das Gegenteil getan. Er hat die entgleiste Eisenbahnlokomotive der „Vernunft" auf die Schienen der „Er- fahrung" gestellt und gezeigt, daß sie außerhalb dieser Schienen gar nicht fahren kann, sondern verunglückt. Das, was Radi Kant zuschiebt, hat dieser selbst mit dem törichten Turmbau zu Babel verglichen (Kritik der reinen Vernunft, Reklamausg. S. 544). Das Wort „Idealismus" erweckt oft falsche Vorurteile oder Mißverständnisse. Man lese in Kants Anthropologie die „Apologie für die Sinnlichkeit" § 8 10. Professor Goldschmidt's "Worte sind leider bittere Wahrheit: „Die Kritik der reinen Vernunft ist 1781 erschienen und bis heute trotz aller Lobpreisung und hundertfacher Widerlegung nicht verstanden. Auf dem Wege, der zu Kant zurückfühi-en sollte, ist sie nicht gefunden, und auf dem Wege, der an- geblich über sie hinausführt, lag sie nicht." (Verwahrung gegen die Behandlung Kants in Lehre und Schrift. Gotha 1914, Beilage zum Bericht des Herzogl. Gymnasium Ernesti-

*) Karl Vorländer (Imanuel Kants Leben, Leipzig 1911) bemerkt darüber: ,, Diese in der Eegel jedes zweite Semester wiederkehrende Vor- lesung blieb bis in sein Alter eins seiner Lieblingskollegien" (p. 41). „Es war für die Professoren Vorschrift, daß sie ihren Vorlesungen bestimmte Kompendien zugrunde legen mußten*' . . . „Von dieser Verfügung war einzig und allein »der Professor Kant und sein Kollegium über die physische Geographie« ausgenommen, »worüber bekanntlich noch kein gantz schickliches Leltrbuch vorhanden ist«, (p. 43.)

Kant. 11)

num 1913/14.) Dabei ist Kants Stil alles andere als unklar. Er ist nur da trocken, wo der Stoff es verlangt.

Er beweist in seinen Definitionen ein wunderbar feines Sprachgefühl und sachlich treffen seine Aussprüche immer den Nagel auf den Kopf. Man lese seine häufigen Auslassungen über Krieg und Frieden, über das europäische Gleichgewicht*) und über britische Menschlichkeit**). Man gewinnt dadurch vielleicht rascher das Vertrauen zu dem Meister der physischen Geographie, in der er Grundprobleme der Naturwissenschaft mit gleicher Sicherheit beurteilte wie die des Völkerlebens. Hier spricht wirkliche „Welt Weisheit". Es heißt von ihr, sie sei nebensächlich, sie sei nur die Magd der eigentlichen Wissen- schaft. Kant bemerkt dazu***) humorvoll: „Man sieht aber nicht recht, «ob sie der gnädigen Frauen die Fackel voranträgt oder die Schleppe nachträgt»''^. Hätte man sich längst von Kant den Weg erleuchten lassen, so hätten wir heute greif-

♦) Er vergleicht das „Hirngespinst" mit Swifts Haus, welches von einem Baumeister so vollkommen im Gleichgewicht gebaut worden war, daß es sofort einfiel, als sich ein Sperling darauf setzte.

**) In der Anthropologie (Kirchmann'sche Ausg., II. Aufl., S. 243): „Für seine Landesgenossen errichtet der Engländer große und allen an- deren Völkern unerhörte wohltätige Stiftungen. Der Fremde aber, der durchs Schicksal auf englischen Boden verschlagen und in große Not geraten ist, kann immerhin auf dem Misthaufen umkommen, weil er kein Engländer d. i. kein Mensch ist". Noch heute hat ja in britischen oder amerikanischen Gehirnen das Wort Menschlichkeit jenen empörend einseitigen Sinn, den Kant kennzeichnete und die Gegenwart für alle Zeiten festnagelte als ,,cant''. Siehe außerdem die Ausführungen über den Marine - Militarismus der Handelsvölker (Akad. Ausg., Bd. 8, S. 358, 359: .,Zum ewigen Frieden").

***) Akad. Ausg., Bd. 8, p. 369. Die Arbeiten über diesen Gegen- stand, welche ich besitze und z. T. schon erwähnte, haben die Sachlage meist nur zu einem kleinen Teile erfaßt: Fritz Schulze, Kant und Darwin, Jena 1875. Albrecht Bau, Kant und die Naturforschung, Kosmos 1886. E d m. K ö n i g , Kant und die Naturwissenschaft, Braun- scliweig 1907 (der Verfasser kennzeichnet Seite 69 sehr gut die Verfäl- schung der Kant'schen Lehre durch Schopenhauers irriges Schlagwort „Die AVeit ist ein Gehirnphänomen"). Paul Menzer, Kant.s Lehre von der Entwicklung in Natur und Geschichte, Berlin 1911. Als ty- pisches Beispiel des Mißverständnisses sei noch erwähnt ein tempera- mentvoller Artikel von B. Riemann, Neukantianer, das monistische Jahrhundert, 1Ö15, S. 242.

20 Küegssammlung der Herren Bacmeister, Schlüter usw.

bares Wissen*) an Stelle eines wiiTen Haufens widerspruchs- voller Theorien. Freilich ist es eine Schwäche des Menschen, daß er lieber durch die Vergeblichkeit von Irrwegen lernt, als durch direkte Erkenntnis von Wahrheit. 0. Kl.

über die Kriegssammliina^ der Herren Bacmeister, Schlüter, Rüdiger, Dennler u. a.

Von O. Kleinschmidt.

Weitere systematisch - nomenklatorische Bemerkungen werden am besten an die stattliche „Kriegssammlung" ge- knüpft, die hauptsächlich die in der Überschrift genannten Herren zusammenbrachten.

An Kleibern erhielt ich 2 europaea vom Kreise Smorgon (Schlüter), 14 stolcmanni aus den Prip jetsümpfen (6 von Rüdiger, 8 von Dennler), 1 von Gouv. Warschau (Bacmeister), 3 von Südostpolen (Gouv. Lublin u. Siedice Bacmeister), 14 von Frankreich (13 von Bacmeister, 1 von Stresemann).

Reichenows Aufstellung der Form sordida hat den dankenswerten Anstoß zu einer Neuprüfung der ganzen Gruppe gegeben. In seinem Handbuch ;,Die Vögel" hat Reichenow den Namem in sordidior geändert. Der „unreine Ton" auf der Unterseite findet sich bei allen Kleiberformen**), wenn ihre Unterseite von Rindenstaub verschmutzt ist, was je nach Jahreszeit und Wetter mehr oder weniger eintritt. Der Vogel aus dem Gouv. Warschau ist z. B. prachtvoll rein ockerfarbig. Den Typus bestimmte Reichenow aus West-

*) Vgl. die Schlußworte in Prof. J. v. W i e s n e r s Buch „Er- schaffung, Entstehung, Entwicklung und über die Grenzen der Berech- tigung des Entwicklungsgedankens", Berlin 1916: „Was aber den Begriff des Entstehens anlangt, so habe ich oben dargelegt, daß Kant es war, welcher die Forderung erhob , das empirisch faßbare Ent- stehen zum Gegenstand der Untersuchung zu machen. Man hat diese Forderung gänzlich unberücksichtigt gelassen. Ich habe es in dieser Schrift versucht, diesem heiklen Problem näher zu treten. Ob ich den richtigen Weg eingeschlagen , um der von Kant gestellten Forderung zu genügen, wird die Zukunft lehren, wenn überhaupt die Lethargie zu überwinden ist, welche bisher die Erörterung dieser wichtigen Frage un- möglich gemacht hat."

**) Die weißbrüstigen sehen oft unten ganz grau aus.

Kriegssammlung der Herren Bacmeister, Schlüter usw. 21

preußen. Er steht homeyeri sehr nahe, welche Form Reichenow bald anerkennt, bald verwirft. In seiner letzten Arbeit (Orn. Mtsber. 1917 p. 55) deutet er an, daß sordida nach Nord- osten blasser, in Schlesien dunkler wird.

Hellmayr findet die Aufteilung Reichenows „verkehrt" und „nicht durchführbar".

Hier haben wir nun das schönste Beispiel zu den Aus- führungen Kants in der Kritik der reinen Ver- nunft*). So wie es in unserm Belieben liegt, ob wir nach Zentimetern oder nach Millimetern messen, so liegt es auch in unserm Belieben, ob wir zwei, drei oder vier Kleiberrassen in Deutschland annehmen. Nur darf man nicht an einem Ende nach Millimetern, am andern nach Zentimetern messen. Ich kann von Osten nach Westen usw. folgende Formen ab- teilen, die alle in meiner Sammlung vertreten sind.

1. europaea (L.) bei Smorgon. Weiß oder rahmfarben.

2. stolcmanni (Domaniewski) Pripjet - Sümpfe. Etwas stärker ockergelblich angeflogen, in den hellsten Stücken nicht von 1, in den dunkelsten nicht von 2 unterscheid- bar. Ich sah ein Stück vom Autor im Berliner Museum, erhielt einem Auszug seiner Arbeit von Rüdiger und dann die Arbeit von ihm selbst, wofür ich meinen Dank ausspreche. Es ist bemerkenswert, daß die von Herrn Rüdiger und die von Herrn Dr. Dennler gesammelten Reihen beide die gleiche Variation s weite zeigen und daß eine solche Variationsweite für alle Kleiberformen charakteristisch ist.

3. homeyeri (Hart.) Ostpreußen. Herr Amtsrichter Tischler hatte die Liebenswürdigkeit, mir ein sehr dunkles und ein sehr helles Stück zu senden. Die Form variiert ebenso weit wie 2, ist aber deutlich gelber.

4. sordida (Rchw.) Westpreußen. Sehr nahe 3, zwischen 3 und 5 stehend.

5. reichenowi (form, nov.) Schlesien. In den hellsten Stücken nicht von 3, in den dunkelsten nicht von 6 (d. h. vom Mitteltypus von 6) unterscheidbar.

6. c a e s i a (Wolf) Thüringen. In den hellsten Stücken nicht von 5, in den dunkelsten nicht von 7, unterscheidbar.

0 Reklam-Ausg. Seite 510, 518, 519.

22 Kriegssammlung der Herren. Bacmeister, Schlüter usw.

7. hassica (form, nov.) Rhein bei Darmstadt. Verhält sich zu 6 wie 4 zu 3 oder 5 zu 3. Die dunkelsten Stücke den Italienern, die hellsten Nr. 5 nahe kommend.

8. a f f i n i s (Blyth) Frankreich, steht zwischen 7 und 9.

9. ci n ere a (Doderlein Sizilien)?*) Italien! (Dalmatien ?), schon fast gleich 10, immer wie oben erwähnt, variierend.

10. caucasica (Rchw). Kaukasus. Sehr nahe 8 und 9. unten lebhaft zimtbraun, Schnabel kurz.

11. britannica (Hart.) England, wenn nicht = minor (A. E. Brm. Spanien), kleinste Form, Unterseite = 4. Die Flügellänge variiert bei allen Formen individuell um

7 mm, ist in Frankreich um 2 mm kleiner als in Nordosten, in England weitere 2 mm kleiner. Die Maße bei Hartert (V. p. F.) sind (wohl durch Druckfehler entstellt) ganz unmöglich.

Man kann diese Übersicht vereinfachen und z. B. nur 1 und 8 oder 1, 10, 11, oder 1, 6, 9 herausheben, wofern man zugibt, daß dazwischen eine Stufenleiter besteht. Falsch ist es aber, die hellsten Schlesier mit dunkelsten Stücken von homeyeri, die dunkelsten Schlesier mit caesia oder die hellen Stücke von hassica mit caesia, die dunklen mit affinis oder cinerea zu vereinigen. Man muß das hellste Extrem von Schlesien dem hellsten von Ostpreußen gegenüberstellen usw.

Zweck der subtilen Formenscheidung ist es, nun erst der Frage näher zu treten, ob die Paläogeographie Polens (siehe die Karten in Beiträge zur Kenntnis des russischen Reichs, Band IV, 1888, p. 188 von Karpinski) die Verbreitung beeinflußt hat und ob sich in Polen oder an der Elbe an der Krähengrenze, wie Reichenow meint, in der allmählichen Abstufung Verbreitungsgrenzen nachweisen lassen. Aber ob hier die Beschaffenheit des Gegenstandes nicht „zu tief verborgen" liegt, wie Kant sagt? Jedenfalls wollen wir gemeinsam arbeiten und nicht rechthaberisch streiten, wenn bei Reichenow diesmal das „Prinzip der Spezifikation", bei Hellmayr das der „Homogenität"**) und in

*) Ich besitze nur Stücke aus Italien und Dalmatien. Letztere haben längere Schnäbel. Sizilianer könnten anders sein.

**) Betreffs sordida, bei homeyeri umgekehrt. Man müßte in Be- tonung der Mannigfaltigkeit oder der Vereinfachung konsequent ver- fahren, wie man auf einer Landkarte nicht an einem Ende die Dörfer, am andern nur die Städte angibt.

Kriegssammlung der Herren Bacmeister, Schlüter usw. 23

diesen Ausführungen das der „C o n t i nu i t ä t" genau so zur Geltung kommt, wie es K a n t klar auseinander- gesetzt hat bei seiner Besprechung der „lex continui in na- tura". Die drei Grundsätze wiederstreiten sich nicht, sie ver- vollständigen die Gesamtkenntnis. Man kann daher auch trotz Hellmayrs Widerspruch in dem Sinn von Graf v. Berlepsch und Reichen ow die Kapitalformen binär, die Subtilformen ternär benennen, wenn man nur nicht leug- net, daß 1 11 Rassen einer Realgattung sind, die von dem Felsenkleiber , so ähnhch derselbe äußerlich Nr. 1 und 2 sieht, weit getrennt blieb und selbständige Bahnen neben ihm ging.

Von Haubenlercheu liegen mir aus dem Osten 8 Stücke, 5 Bacmeister, 1 Rüdiger, 2 Dennler, vor, aus Frankreich 11 Stücke (Bacmeister). Die französischen Vögel sind bereits von C. L. Brehm gut als g a 1 1 i c a gekennzeichnet. Zuweilen etwas hellere Farbe, besonders oft rötlichere Oberschwanz- decken, vor allem aber mehr Rot an der Innenfahne der äußeren Schwanzfeder (verschiedene Variationsskalen). Herr Leutnant L. Schuster schreibt mir gleichfalls, daß ihm die Färbung der französischen Haubenlerchen auffiel.

Die Grauammern des Ostens sind von denen des Westens überraschend verschieden, in Osten grau oder frisch golbgrau, im Westen brauner und dunkler.

Die ostpreußischen Mattkopfmeisen erwiesen sich analog Sitta homeyeri als eine in Größe und ockerfarbenem Anflug zwischen borealis und salicarius stehende Form. Ich nenne sie Parus borealis tischleri.

Die schlesische Form steht auch hier zwischen sahcarius und den Ostpreußen und möge Parus salicarius natoi*pi heißen, damit sie nicht falsch hinüber oder herübergezogen wird. P. bianchii erwies sich als Aberration oder durch Regen und Rindensaft in Baumlöchern verfärbte borealis. Härmssche Vögel (jetzt in Coli, von Jordans) untersucht. Parus salicarius submontanus haben Reichenow und Hesse wohl nur vergessen anzuführen.

Herr Rüdiger schickte mir verschiedene Mäusearten, darunter 4 Feldmäuse aus den Pripj et -Sümpfen. Die Feld- mäuse bilden eine prachtvolle Parallele zu den Sumpfmeisen.

24 Kriegssammlung der Herren Bacmeister, Schlüter usw.

Herr Baron G-eyr von Scliweppenburg vermutete bereits früher in mündlichen Äußerungen mir gegenüber, daß Mäuse sehr lohnend für eine Untersuchung in dieser Richtung wären. Es stimmt genau. Die Russen sind grau und licht wie Parus boreaHs, die deutschen Mäuse braun wie salicarius. Der Unter- schied ist schon bekannt und nach Schmiedeknecht (Wirbel- tiere Europas) durch den Namen Arvicola arvalis arenicola (Selys) für die osteuropäische Form klargelegt.

Außerdem variieren die Mäuse bei uns in der Färbung der Unterseite analog den Kleibern.

Herr Tischler sandte mir auf meine Bitte eine ost- preußische Feldmaus. Sie kam leider verdorben an, ich konnte aber noch feststellen, daß sie den ostpreußischen Sumpfmeisen in der Färbung entsprach, also den Russen nahe- steht.

Neu sind aus Frankreich noch die Rassen des Sperbers, dunkel, stumpf flügelig, Accipiter nisus galliae^ des ßaubwürgers, kurzflügelig, Lanius excubitor galliae, der Elster, kurzflügelig, gram-ückig, Pica galliae, des Nesself alters, lebhafter in allen Farben und Varietäten,

Tanessa urticae galliae, vielleicht der Blaumeise, schmaler weißer Stirnfleck.

Ausführliches darüber später, wenn die Fundorte genauer angegeben werden können, als es jetzt die Zensur gestatten dürfte. 0. Kl.

Mitteilung an die Abonnenten.

Um den ungestörten Fortgang der Zeitschrift zu sichern, werden die zahlreichen rückständigen Jahresbeiträge in halb- jährlichen Raten durch Nachnahme erhoben. Unterlassung der Pränumerandozahlung gilt als Einverständnis. Alle Be- schwerden und Anfragen werden direkt an den Herausgeber, alle Zahlungen auf das Postscheckkonto des Kommissions- verlags (Leipzig 14288) erbeten. Das Wort „Kommissionsver- lag" ist auf der Anschrift überflüssig.

Druck von Gebauer-Schwetschke G.

IV M

FALCO.

Dreizehnter Jahrgang.

Nr. 3. Juni 1917.

Schriftleiter: 0. Kleinschmidt, Dederstedt, Bez. Halle a. d. S. Kommis- sionsverlag: Gebauer-Schwetschke Druckerei u. Verlag m. b. H., Halle a.d. S. Ur. Märke rstr. 10. Postscheckkonto Leipzig Nr. 14288. Preis aller Veröffentlichungen von Berajah und Falco: jährlich 9 Mark.

Beweis, daß Linnös „Corvus corone" tatsächlich

eine junge Saatkrähe und nicht eine Rabenkrähe

war.

Auf meine Bemerkung auf Seite 8 hin sind mir mehrere Anfragen zugegangen, die ich aus Zeitmangel*) hier gemein- sam beantworte.

Ich hatte mich auf eine kurze Notiz beschränkt, weil ich annahm, daß den Sachverständigen ein Hinweis genüge. Die Unkundigen werden ja sowieso jahrzehntelang weiter „Corvus corone" schreiben. Aber selbst die Fachleute recht- fertigen das in sie gesetzte Vertrauen nicht. Herr Geheim- rat Reichenow schreibt mir:

„Warum Sie annehmen, daß Linnes Diagnose von C. corone auf einen jungen frugilegus zu beziehen sei, kann ich nicht verstehen. Auch die Beschreibung von Rajus und die Abbildung von Albin (die angezogen sind) beziehen sich zweifellos auf die Rabenkrähe."

HerrHellmayr schreibt dasselbe und schlägt auch hier den etwas jugendlich aggressiven Ton an: „Völlig unbegreif-

*) Gleichzeitig schreibt mir ein Abonnent: „Wann werden in deutschen Landen wieder Friedensverhältnisse eintreten ? Wann werden Sie wieder Zeit . . . finden," . . . „so wie Sie es selbst wünschen," . . . „daß Sie Monographieen des Hühnerhabichts und der Jagdfalken, von welchen allen Ihnen „herrliches Material'- vorliegt, erscheinen lassen! !". Es läge in der Hand der Leser, ob sie Monographieen aller wichtigeren Vogelarten haben wollen. Die meisten Leser werden mir dankbar sein, wenn ich die für sie langweiligen Nomenklatorangelegenheiten, die nebensächliche, aber nötige Vorarbeiten dazu sind, so kurz wie möglich erledige.

18 „Corvus corone" eine junge Saatkrähe.

lieh ist es mir, wieso Sie hinsicMlich. des Namens Corvus corone einen so offenkundigen Irrtum begehen konnten. Sie wissen so gut wie ich, daß Linne die Rabenkrähe aus eigner An- schauung gar nicht gekannt, sondern lediglich aus Raius und Alb in geschöpft hat. Beide Autoren beschreiben ganz unmißdeutbar die Rabenkrähe. Namentlich Albin (Nat. Hist. of Birds II. 1738, p. 20 pl. 21) ist absolut klar. Dieser Schriftsteller war mit den morphologischen und biologischen Unterschieden zwischen Raben- und Saatkrähe durchaus ver- traut (siehe Text von The Rook 1. c. p. 21), besser als man- cher unserer heutigen Systematiker. Ich habe die Quellen- werke verschiedenen Ornithologen (Laubmann, Stresemann, Zimmer) ohne vorherige Aufklärung, um was es sich handelt, vorgelegt, und sie stimmen mir alle bei, daß über die Deutung des C. corone nicht der Schatten eines Zweifels herrschen kann. Ich kann mir Ihre Auffassung nur dadurch erklären, daß Sie Albins Werk nicht zurate gezogen haben. Linnes Diagnose allein ist nichtssagend."

Da hätten wir also eine ganze Nomenklaturkommission, einen kleinen Kongreß, eine „opinion". Resultat: „Kein Schatten eines Zweifels." Frage erledigt! Es kommt noch einer dazu: Hartert, der England als terra typica bestimmt (Vögel der Pal. Fauna).

Hier zeigt sich nun einmal, daß trotz alles consensus maßgebender Herren Irrtümer vorkommen und daß man auf dem früher üblichen "Wege kaum zu genügend sicheren Namen für die natürlichen Arten kommt. Letztere sind aber doch wichtiger als all die mit entsetzlichem Zeit- und Papierver- lust verbundenen Nomenklaturstreitigkeiten. Die gemeine Krähe heißt deshalb bei mir Corvus Trivialis = Dreiwegs- krähe

1. Rasse: cornix (L.)

2. Rasse: sub corone (Brm.) usw.

Warum subcorone? Weil subcorone der nächste Name ist nach corone.

Mit den Zitaten verhält es sich so, wie Reichenow und Hellmayr schreiben. Das wußte ich lange vorher. Auch das erste Zitat (Rajus) beschreibt ganz gut die Raben- krähe als kleine Ausgabe des Kolkraben. Die Herren haben

„Corvus coroae" eine junge Saatkrähe. 19

aber nicht alle Pflichten erfüllt, die dem ornithologischen Standesbeamten obliegen.

lu der Fauna Suecica 174G kennt Linne Corvus corone noch nicht.

Syst. Nat. Ed. 1758 beschreibt er ihn als schwarzblau mit den Schwanzspitzen des abgeriebenen Jugendkleides. Das stimmt treffend auf die Saatkrähe nach dem ersten Winter. Woher hat er diese Angaben? Falls sie nicht aus den zitierten Stellen entnommen sind, muß ihm ein frischer Vogel vor- gelegen haben.

Der übliche Hinweis auf Fauna Suecica fehlt, weil er 174H den Vogel noch nicht hatte.

Fauna Suecica 1761, die sich jeder, der über Linnesche Namen urteilen will (schon nach Graf Berlepsch) anschaffen muß, bestätigt die Richtigkeit dieses Schlusses. Da wird genau die Diagnose von 1758 mit den zwei Zitaten wiederholt, dann wird hinzugefügt:

Habitat in We strobothnia, semel occisa a. D. Adlerheim, rara avis in nostris terris,

Tota atro - caerulescens etiam abdomine, quod non in Corace; plumae ad rostrum detritae. Das heißt auf deutsch: Wohnt in Westerbottens Län (im nörd- lichen Schweden), einmal getötet von D. Adlerheim, ein seltener Vogel in unseren Landen.

Ganz schwarz-bläulich auch am Unterkörper, was nicht beim Kolkraben (sc. der Fall ist, auch nicht bei der Rabenkrähe, Kleinschm.); Federn am Schnabel abgerieben ( ! ! ).

Kann man mehr verlangen? Fundort, Sammler, Alter, beinahe die Jahreszeit (Frühling) und vor allem sichere Art- Bestimmbarkeit des Typus ! Wäre Linne nur überall so sorg- fältig gewesen und so klar wie hier in diesem Falle!

Wem das noch nicht ganz klar ist, der lasse sich auf die späteren Saatkrähen- Abbildungen in Berajah vertrösten.

Systema Naturae Ed. XII. 1766 wird durch Zitat Fauna Suecica 86 bestätigt, daß Linne mit dem schwarzbläulichen Raben nichts anderes meinte, als jenes schwedische Stück. Zum l'berfluß fügt er noch hinzu: Totus atro-caerulescens. sed antecedens tan tum dorso alarumque basi caerulescens.

20 ,,Corvus corone" eine junge Saatkrähe.

heißt auf deutsch: Ganz schwarzbläulich, aber der vorher- gehende (das ist der Kolkrabe) nur am Rücken und an der Flügelbasis bläulich.

Besser konnte es Linne nicht machen. Die Zitate waren ein Irrtum, wie so viele andere Zitate bei Linne. Diagnose und Typus gehen immer vor Zitat, wenn dies nicht Haupt- basis. Sind die Herren anderer Meinung, dann beweist das noch mehr, daß es Zeit ist, den Namen corone zu beseitigen. Andernfalls müssen sie in den saueren Apfel beißen und die Saatkrähe Corvus corone L. nennen, terra typica: Schweden.

Ich weiß um diese üble Sache seit etwa 10 oder 20 Jahren, habe sie vielleicht auch schon irgendwo erwähnt. Man wird mir glauben, daß ich lächelte, als ich die Worte von dem „offenkundigen Irrtum" las.

Ich habe noch manchen ähnlichen Fall auf Lager, aber es ist mir leid um das teure Falco-Papier (125 % Verteurung) und den wertvollen Platz, den ich hier für Wichtigeres und Interessanteres brauche. Ich bitte die Leser aber, dem zu entnehmen, daß manche kleine Zeile in einem Nomenkla- turverzeichnis die Frucht unendlich vielen Nachschlagens und Nachprüfens ist. Greringschätzig sollte man solche Arbeit nie behandeln.

Bei dieser Gelegenheit will ich noch erwähnen, daß ich vor vielen Jahren unter den mir vom Tring Museum über- lassenen Bälgen der Brehmschen Sammlung den vermutlichen Typus der amerikanischen Rabenkrähenrasse Corvus Trivialis brachyrhynchus (Brm.) fand, noch ehe die Amerikaner den Namen in der Literatur entdeckt hatten. Ich wollte damals ein amerikanisches Museum damit beglückc'n, fand aber nicht Zeit dazu, den Vogel abzusenden. Die Amerikaner haben den Corvus americanus inzwischen schon von selbst brachyrhyn- chus umgenannt. Vier amerikanische Krähenrassen erhalten einen neuen Speziesnamen, und da sich im Tierreich die alte und die neue Welt nicht so schroff gegenüberstehen wie in der Menschenwelt, muß Herr Hellmayr nach seinen Grund- sätzen die Rabenkrähe Corvus brachyrhynchus sub- corone Brm. nennen; denn brachyrhynchus ist von 1822, subcorone von 1831. Zu ersterem Namen vgl. Ridgway The Birds of North and Middle America Bd. III. pag. 74ö.

Blumenbach. 21

Wenn ich aber jede meiner noiucnklatorischen Notizen so genau begründen sollte und das nocli in vielen Briefen schreiben, wann sollte ich da zur Arbeit an der wirklichen Natur-Geschiclite, d. h. zu Berajah kommen? Meine neue Nomenklatur hilft mir aus jener Sisyphus-Arbeit und allen, die ihrer müde sind. Sie verhütet den weiteren Namenwechsel und macht frei zu besserer Zeitanwendung. 0. Kl.

Die wissenschaftliche Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstehung der Arten.

4. Fortsetzung (siehe Seite 11.)

II. Johann Friedrich Blumenbach.

Blumenbach ist 1752 zu Gotha, wo sein Vater Prorektor und Professor am G-ymnasium war, geboren und 1840 in G-öttingen gestorben. Er ist also ein jüngerer Zeitgenosse Kants, der 1724 bis 1804 lebte.

Man findet bei Blumenbach, wie wir sehen werden, die- selben Gedanken wie bei Kant. Sie weisen gegenseitig in ihren Schriften aufeinander hin. Wie weit Blumenbach Kantschem Einfluß seine großen Erfolge verdankte, wie weit Kant von dem trefflichen und berühmten*) Naturkenner Blumenbach Tatsachenmaterial (z. B. die Notiz von den grauen sibirischen Eichhörnchen) übernahm oder ob dieselbe "Wahrheit beide zu denselben Quellen und zu gleichen Zielen leitete, ist in den Einzelheiten schwer festzustellen. Hier kommt es nur darauf an, daß damals die Universitätszoologie vollkommen auf der Höhe der Zeit und auf dem richtigen Woge war, während sie heute bewundernd zu einem englischen Dilettanten empor- blickt**), ohne zu wissen, daß diesen ihre eigenen Vorgänger,

*) Seine Vorlesungen „zu besuchen, schien für Studierende aller Fakultäten uuerläßlich, und Schüler in diesem. Sinne hat er in allen Kreisen und aus fast allen Kulturländern gefunden". (E. Ehlers: Göttinger Zoologen, Festschrift zur Feier des 150 jäkrigen Bestehens der Königl. Ges. der Wissensch. zu Göttingen, Berlin, Weidmannsche Buch- handlung 1901.)

**) Die Abstammungslehre, zwölf gemeinverständliche Vorträge über die Deszendenztheorie im Licht der neueren Forschung, gehalten im Winter -Semester 1910 11 im Münchener Verein für Naturkunde von

22 Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstellung der Arten.

mit der Sachlage durchaus und besser vertraut, schon vor seiner Existenz widerlegten.

Mit Kant teilt Blumenbach das Schicksal, von der spä- teren Nachwelt nicht genügend gewürdigt und verstanden zu sein. Wie das kam, werden wir nachher sehen.

Schon als Sammler zeigt Blumenbach die liebenswürdigen Züge seines Wesens: planmäßiges, zielbewußtes Forschen im Sinne Kants und da- durch gesteigertes Interesse am Gegenstand. Über seine Schädelsammlung schreibt er selbst, daß . . . „jeder Schädel numeriert ist und in einer besonderen Sammlung von dazu gehörigen Belegen seinen ebenso bezeichneten Umschlag hat, der alle dazu gehörigen Zertifikate enthält; die Original- briefe*) u. a. Notizen, Vergleichung sowohl mit portrait- mäßigen Abbildungen" usw. Er sammelte von den einzelnen Völkerschaften möglichst „mehr als einen Schädel", um „die konstante Ähnlichkeit zu zeigen" , „mit welcher immer die Köpfe . . . dieser . . . Völker . . . gleichsam wie aus einer Form gegossen erscheinen".

Als Systematiker hat Blumenbach in seinem Handbuch der Naturgeschichte schon insofern ein vorbildliches Werk geschaffen, als er bei nicht zu knapper Auswahl des Stoffes die Sauberkeit einer „reinen Registratur" mit der „Anmut" fesselnder kurzer Lebensschilderungen verbindet, die das Lesen heute noch zu einer angenehmen Unterhaltung machen. „Den Tieren, die sich in Deutschland finden," ist „ein f vorgesetzt". „So hat man zugleich eine Art Fauna G-ermanica." Die Vorrede der I. Auflage**) besagt deutlich, daß es dem gelehrten Verfasser darum zu tun war, ein Buch für den „großen Haufen der Dilettanten" zu schreiben. Daher ist der Tadel ***) ganz

Abel, Brauer, Dacque, Doflein, Giesenhagen, Gold- schmidt, Hertwig, Kammerer, Klaatscli, Maas, Se- m o n. Statt eines Bildes von Kant oder Blumeubach trägt der Einband das grobe Gesicht Charles Darwins.

*) Derselbe Grundsatz wie bei Graf von Berlepsch, der nie Origi- naletiketten wegwarf.

**) Die der XHI. Auflage wurde in Falco 1916, S. 2 abgedruckt. ***) Oskar Schmidt in der „Deutschen Biographie".

Bluaieubach. 23

unberechtigt, Blumenbach habe sein System nicht auf ver- gleichende Anatomie gegründet, obschon er der erste war, der über vergleichende Anatomie Vorlesungen hielt. Blumenbach zeigt sich gerade dieser Frage gegenüber als Meister. Obschon er weiß, daß bestimmte Tiere, anatomisch betrachtet, gar nicht an den ihnen angewiesenen Platz passen, gruppiert er nach dem Totalhabitus. Rasches Zurechtfinden des uneingeweihten Lesers ist hier die nächste Aufgabe. Man muß alte Bücher mit historischem Verständnis in die Pland nehmen. Ich besitze von dem Werk die erste Auflage von 1779 und die zwölfte von 1831 (nach dem Titel von 1830, aber nach dem Vorwort von 1831). Vergleicht man die großen Veränderungen in den letzten Auflagen, so hat man ein Stück Geschichte der Naturgeschichte in 50 Jahren. Wir stellen noch in der heutigen Vogelkunde manches zusam- men (Ratiten. Raubvögel mit Eulen usw.) obschon diese Tiere nur genähert sind, aus dem einfachen Grunde, weil sie die meisten Leser an der Stelle suchen, bis einmal eine Zeit kommt, wo die vergleichenden Anatomen unter sich einig und ihre Ergebnisse Allgemeingut geworden sind.

Glückliche Zeit, wo noch die Zahl der bekannten Tiere so gering war, daß jedes Kind oder doch jeder Gebildete das System mit einem Blick überschauen konnte. Es mag ein grobes Beispiel sein, lehrreich ist es doch, wenn Blumen- bach die Zehentiere in Nager, Tiere mit Raubgebiß und Zahn- arme einteilt und die Tiere mit Schwimmfüßen gleichfalls in Nager (Biber), Tiere mit Raubgebiß und Zahnarme. Jedes einreihige System zerreißt Zusammengehöriges und verbindet Entferntes. Es ist eine Kette für das Gedächtnis, die es in der Natur nicht gibt. Die Gattungen schafft die Natur, die Geschlechter der Systematiker. Damit wird Blumenbach immer recht behalten. Das Natui'system beginnt mit seiner Arbeit am erforschbaren Ende, bei dem was die Natur schafft.

Aber auch an dieser Stelle hat man Blumenbachs Syste- matik abfällig beurteilt. Er sei der Begründer der Anthro- pologie, aber er habe die Zahl der Menschenrassen viel zu niedrig angenommen. Auch hier kam es auf Vereinfachung und Überblick an. Auf Seite 5 f. der XII. Auflage, die jene Kritiker nicht zu kennen scheinen, sagt Blumenbach in einer

24 Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstehung der Arten.

Anmerkung dasselbe, was sie sagen und deutet selbst eine weitere Trennung an*). Es ging damals, so wie heute in der Ornithologie. Man muß froh sein, wenn man dem wider- strebenden Publikum die Kenntnis der Eassen in groben Um- rissen beibringt. Viel wichtiger sind uns Blumenbachs syste- matische Begriffe, die schon ins Kapitel

Naturgeschichte gehören. Unter Naturgeschichte versteht man einmal die „erzählende" Naturschilderung**) im Gegensatz zu der „auf- zählenden" trockenen Beschreibung.

Von diesem volkstümlichen Begriff „Naturgeschichte" zu unterscheiden ist die wissenschaftliche Natm-geschichte.

Mit „Naturgeschichte" meint daher Blumenbach erstens erzählende, richtiger vielleicht die angenehm plaudernde, meist das Leben behandelnde Naturschilderung und zweitens, gemeinsam mit Kant, die Lehre von der Entstehung der Naturkörper. Dazu gehören aus seinen zahlreichen Veröffent- lichungen die entzückend geschriebenen und mit vornehmem Ge- schmack ausgestatteten „Beiträge zur Naturgeschichte" und das von Kant mit warmer Anerkennung ***) gepriesene Schriftchen: „Über den Bildungstrieb".

Das Handbuch der Naturgeschichte beginnt 1779 mit den Worten „Alle Dinge . . . zeigen sich entweder in der- selben Gestalt, in welcher sie aus der Hand der Natur ge- kommen." 1831 heißt es: „die sie aus der Hand des Schöpfers erhalten und durch die Wirkung der sich selbst über- lassenen Naturkräfte angenommen haben".

*) Derselbe Blumenbach, der bei den Eassen die Homogenität weitgehend als Prinzip der Vereinfachung und Verringerung der Zahl anwendet, ist scharfsinnig genug, unter den ägyptischen Mumien drei Rassentypen herauszufinden, weil hier die Spezifikation interessiert, (Beiträge n. 1811.)

**) Wie sie wohl zuerst in Raffs drolliger Naturgeschichte füi- Kinder, an der meine Freunde und ich uns in Marburg oft ergötzten und zuletzt in Brehms Tierleben ihren volkstümlichen Ausbau in Deutsch land fand. Raffs Naturgeschichte, in der die Tiere selbst im Wechsel gespräch mit dem Verfasser „ihre Geschichte" erzählen", schließt sich eng an Blumenbachs Schule an.

***) Kritik der Urteilskraft. Reklam-Ausg. S. 314, 315.

Blumenbach. 25

Auf der nächsten zweiten Seite heißt es in einer An- merkung: „in einer ununterbrochenen Eeihe bis zur ersten Schöpfung oder wenigstens bis zu ihren ersten Stammeltern hinauf. Denn ich habe im ersten Teil meiner Beiträge zur Naturgeschichte Facta angeführet, die es mehr als blos wahr- scheinlich machen, daß auch selbst in der jetzigen Schöpfung neue Gattungen von organisierten Körpern entstehen, und gleichsam nacherschaffen werden". Wo die Veränderlichkeit der Natur a,bgelehnt wird, ist, wie bei Kant, die Nicht -Ver- erbung von Verstümmelungen gemeint, z. B. (S. 171) bei der „Künstelei, einem Hahn seinen Sporn auf den Kopf einzu- pfropfen". Wer sich ein Vergnügen machen will, der lese in irgend einer modernen Schrift die Schilderungen von der Beschränktheit der alten Autoren und ihrer Konstanzlehre und dann Blumenbachs köstliches Kapitel „Über die Ver- änderlichkeit in der Schöpfung" in den „Beiträgen", die Bemerkungen über die Ausartung der Tulpe in 3000 Spiel- arten, über die „Ausartung des vollkommensten aller Haus- tiere, — des Menschen" und „Ein Wort zur Beruhigung in einer allgemeinen Familienangelegenheit." Es betrifft die Frage, ob Orangutang und Mensch zu einerlei Spezies ge- hören. Blumenbach beantwortet die Frage fast genau so wie heute F. von Luschan in dem kürzlich erschienenen Schriftchen „Kriegsgefangene" (Berlin 1917). Wundervoll sind die Enthüllungen über den Homo sapiens ferus Linne, den Hamelschen wilden Peter im II. Bändchen.

Erasmus Darwin finde ich bei Blumenbach nur ein- mal erwähnt (XII. Aufl. des Handbuchs S. 34). Kant wird dagegen mehrmals zitiert. S. 22 in dem soeben vermerkten Buche wird ausdrücklich hervorgehoben, daß Kant zuerst den Unterschied zwischen Rassen und Spielarten genau bestimmt hat. Auch Grirtanner wird dort angeführt. Es werden also unterschieden (S. 18 24) die für den Naturhistoriker (Natur- Archäologen) scharf zu trennenden Begriffe:

Geschlechter (= Gattungen des Schulsystems), Genera, Gattungen (= Arten des Natursystems), Spezies, Rassen (varietates ?) erblich nicht nur klimatisch, geo- graphisch,

26 Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstehung der Arten.

Spielarten (varietates, oder aberrationes) nicht not- wendig erblich,

Monstrositäten und Kakerlaken*) = Patienten, aber- rationes,

Bastarde sind Mischlinge verschiedener Gattungen,

Blendlinge sind Mischlinge verschiedener Rassen einer Gattung. Blumenbachs Lehre vom Bildungstrieb wird von E. Ehlers (Göttinger Zoologen - Festschrift S. 104) entschieden irrig gedeutet, wenn er meint, es handle sich dabei ,,um die Entstehung des Lebens aus dem Leblosen". Der „Bildungs- trieb = nisus formativus" soll ,, nichts weiter erklären" (Handb. 1831 S. 16) als die Weiterbildung einmal vorhandener Körper. Er wird dem, was Ehlers meint, der „vis plastica" der „Alten" gegenübergestellt. (Ebenda S. 15.) Er ist mit der organischen Natur erfahrungsmäßig gegeben, da keine „präformierten Keime präexistieren" („Bildungstrieb" S. 31), sondern der Bildungstrieb Keime bildet. Neues entsteht in der Natur dadurch, daß dei- Büdungstrieb veränderte (entgegenge- setzte) Richtung annimmt (Beiträge I. 2. Ausg. 23). Am klarsten hat Kant (Kritik der Urteilskraft s. Reklamausg. S. 315) den Blumenbachschen Begriff des Bildungstriebes definiert. „Von" (bereits) „organisierter Materie hebt er . . . an" . . . „zum Unterschiede von der . . . bloß mechanischen Bildungskraft". Bei letzterer wird entweder irrig der Materie eine ihrem Wesen fremde Eigenschaft (Hylozoismus = Holzleben) beigelegt, oder man verfällt, um dies zu meiden ins Gegenteil, indem man ihr ein fremdartiges Prinzip (eine Seele) beigesellt. (Kant, Kritik der Urteilskraft, Kehrbach, Reklam 255, 256.) Dabei wird entweder, wie Kant treffend sagt, organisierte Materie vorausgesetzt oder die Seele zur Künstlerin des Bauwerks gemacht und so das Produkt der Natur entzogen.

Blumenbachs Bildungstrieb konstatiert eine Tatsache, auf deren Erldärung wir ebenso noch verzichten müssen wie er damals. Das war von ihm ehrlich wissenschaftlich gehandelt.

*) Albinotische Menschen sind nicht mit blonden Menschen zu verwechseln. (Beiträge I. XIV., Von den Kakerlaken. S. 98—105, auch schon Handbuch 1779, S. 64.)

Blumenbach. 27

Blumenbach bekämpft mit dem Begriff „Bildungstrieb" die alte Entwicklungslehre (Einschachtelungslehre, d. i. Lehre von der Auswickelung eingewickelter fertiger Teile). Er meint mit seinem Bildungstrieb das, was sich die Meisten heute bei dem Wort Entwicklungslehi-e denken, die Weiter- bildung. Er hielt sich dabei meist an die erfahrungsmäßig gegebene Entwicklung der Einzelwesen und der Rassen*). Als Paläontologe vertrat er die Katastrophentheorie und zwar unterscheidet er:

1. Die ältesten Katastrophen, verschiedenartig, nicht gleichzeitig, zerstörten eine ganz fremdartige Schöpfung.

2. Die klimatische Revolution, welche in Europa tropische Tiere ausrottete, die der heutigen Tierwelt ähnlich („Analoga") waren.

3. Die neusten, historischen partiellen Lokalrevolutionen. Sie vernichteten Organismen, die den heutigen völlig gleich sind (z. B. an Seeufern).

Man ist vielleicht bei der Beseitigung der Katastrophen- theorie zu schroff vorgegangen. Jedenfalls hat das, was Blumenbach in den Beiträgen I. 2. Ausg., S. 113 122 vor- trug, Hand und Fuß. Wir erkennen nicht mehr totale Erd- katastrophen mit völliger Neuschöpfung an, wohl aber die Fremdartigkeit älterer Petrefakten, die erloschene voreilige Endglieder, nicht Urglieder sind. Wir erkennen nicht mehr totale Vernichtungskatastrophen an, wohl aber Vorgänge , die den ältesten unterdrückten Vorfahren der heutigen Tierwelt Bahn brachen, den Weg frei machten. Deshalb müssen wir es Blumenbach zum Verdienst anrechnen, wenn er eben.'^o wie Kant sich nicht darauf einließ, aus Zusammenstellung verschiedener G-attungen**) Naturgeschichte zu konstruieren, wenn er im „historischen" Gebiet büeb und sich vom „heroischen" und „mythologischen" fern hielt. Er selbst braucht diesen

*) Er fülirt diese auf Himmelsstricli , Nahrung und Lebensart zu- rück , wodurch z. B. „in Syrien vielerlei Säugetiere ein so auffallend langes und seidenartiges Haar haben". (Beiträge I., 2, Ausg. S. 30. i

**) Nur irrtümlich stellte er anfangs Sing- und Höckerschwan Linne folgend!) als Spielarten oder Rassen einer Gattung zusammen, entdeckte aber sofort den anatomischen Unterschied in der Bildung der Luftröhre und trennte sie später.

28 Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstellung der Arten.

Vergleich. Er lehnt offenbar die „durch die ganze Natur gehende Verwandschaft" ab, über die damals Kant an Schiller schrieb: „Etwas dergleichen läuft einem zwar bisweilen durch den Kopf." Blumenbachs System kennt Rassen nur da, wo sie damals bekannt waren, beim Menschen und bei Haustieren.

Das System soll ihm keine Darstellung der Tierver- wandtschaft sein , sondern ein Inventarium zum raschen Auf- finden. Von Linne ist er „immer ungern . . . abgegangen". Von Christian Ludwig Brelim erwähnt er die ersten Arbeiten, begreiflicherweise nur im Literaturverzeichnis. Die wich- tigeren Arbeiten Brehms erschienen ja erst später.

Auch rein ornithologisch hat Blumenbach manche Ver- dienste. Geschichtliche Rückblicke werden immer in Blumen- bachs Arbeiten den wichtigsten Maßstab für die Höhe der damaligen Zeit finden.

Blumenbach wies u. a. zuerst nach, daß der Vogel Minervas nicht der athenische Uhu, sondern das Käuzchen sei. Hier zeigt sich der feingebildete Hofrat, der Kenner antiker Kunst und Besucher ausländischer Museen so recht als der Mann gründlicher deutscher Bildung, die sich bei all seiner Begeisterung für die Natm'wissenschaft ausspricht in der beachtenswerten Mahnung, die Kenntnis der Natur solle nicht „füi' die Basis aller menschlichen Kenntnisse ver- schrieen werden, und am wenigsten etwa Huma- niora u. a. solide Grundwissenschaften verdrängen".

Der moderne Naturforscher braucht kein Kenner des Altertums und der Geisteswissenschaften zu sein, er sollte sich aber nie „rühmen", daß er darin Laie ist. Blumenbachs Bescheidenheit steht da in wohltuendem Gegensatz zu dem Protzentum so mancher modernen Ignoranz, die mit ihrer Unwissenheit noch prahlt und mindestens ebenso hohl ist wie eine alle Erfahrungswissenschaften voll Eigendünkel ver- achtende einseitig humanistische Bildung.

III. Christoph Girtanner.

Christoph Girtanner wurde am 7. November 1760 in ^t. Gallen geboren und weilte viel im Ausland, studierte aber 1780 in Göttingen, wirkte dort seit 1789 als Arzt und be-

Christoph Girtanner. 29

schloß daselbst sein vielseitiges SchriftsteJlerleben schon im Jahre 1800. Er schrieb außer seinen medizinischen Schriften u. a. ein Lehrbuch der Chemie gegen die phantastische Lehre vom alles erklärenden Grundstoff „Phlogiston". In historisch- politischen Betrachtangen über die französische Revolution (dreizehn Bände) und über Ludwig XVI. sucht er der Ver- herrlichung der Umwälzungen im Nachbarlande entgegenzu- wirken. Uns interessieren besonders zwei AVerke des eifrigen Mannes, von denen ich das erste, das wichtigste, in der All- gemeinen deutschen Biographie (Band IX, 1879) nicht einmal erwähnt finde. Es ist ein Band von 422 Seiten, betitelt: Über das Kantische Prinzip für die Naturgeschichte. Ein Versuch, diese Wissenschaft philosophisch zu behandeln. Von D. Christoph Girtanner, geheimem Hofrathe.

Auf dem Titelblatt stehen als Motto die Worte Kants: „Man muß, so sehr man auch, und zwar mit Recht, der Frechheit der Meinungen feind ist, eine Geschichte der Natur wagen, welche eine abgesonderte Wissenschaft ist, die wohl nach und nach von Meinungen zu Einsichten fortrücken könnte." Kant.

Das Buch hat dasselbe Ziel wie Berajah. Es will nicht mehr sein als ein erster Versuch, ein kühner Vorstoß, das was bei den Menschenrassen nach Kants und Blumenbachs Darlegungen sicher und klar ist, in der ganzen organisierten Natur aufzusuchen. Bescheiden bittet der Verfasser im Vorwort um Berichtigung etwaiger Miß- verständnisse gegenüber dem großen Meister in Königsberg. Erschienen ist das Werk 1796 in Göttingen bei Vanden- hoek & Ruprecht. Zu meiner Freude war die altehrwürdige Verlagsbuchhandlung imstande, mir noch ein neues Exemplar zu mäßigem Preise zu liefern*).

Das Buch bringt nicht selbständige neue Gedanken. Das ist nicht sein Zweck und die Art Girtanners. Ein Meister- werk ist es darin, daß es die Gedanken Kants und Blumen- bachs geistig verarbeitet , scharf ausprägt und deutlich

*) 3,50 bezw. 3.85 M. Ich mache Bücherfreunde auf die Gelegen- heit aufmerksam, da eine kleine Anzahl von Exemplaren noch vor- handen ist.

30 Minderwertigkeit von Darwins "Werk über die Entstehung der Arten.

formuliert zusammenstellt. Es ist wertvoll, daß dies möglichst mit Kants Worten geschieht.

Das Wort „Naturgeschichte" erhält hier ganz die Be- deutung „Physiogonie" gegenüber der bloßen „Physiographie" („Naturbeschreibung").

Ihre Grundbegriffe werden definiert: die Naturgattung (species naturalis, der Zeugungsstamm unter sich verschieden aussehender Tiere) wird der Schulgattung (spezies artificialis mit gemeinschaftlichem Merkmal) gegenübergestellt. Abartung, Nachartung, Ausartung, Rasse, Spielart, Varietät, Schlag, natürUche Anlagen, Einfluß von Klima, Nahrung uud seine Schranken, all diese für den Archäologen der Natur so wich- tigen Worte werden in das helle Licht der Kantschen Dar- legung gerückt. Ganz ausführlich wird dann die Realgattung des Menschen mit ihren Rassen abgehandelt, die teils Urein- wohner (aborigines) sind, teils als Einwanderer ermittelt werden. Auch die Fragen „Mensch und Affe", „Urstamm des Menschen" werden behandelt. Um die geistige Höhe dieser Ausführungen richtig zu beurteilen, muß man sie nicht nur mit der besten heutigen Literatur, sondern mit damaligen naturwissenschaftlichen Werken vergleichen und dann be- denken, wieviel Unsinn seitdem bis in die heutige Zeit über Menschenrassen und Affenverwandtschaft des Menschen ge- schrieben worden ist, während damals die einfachen Grund- lagen schon klargelegt waren.

Das Interessante an dem Buch und das über Blumen- bach Hinausgehende ist nun die Anwendung auf die Rassen der Tiere*) und Pflanzen.

*) Fast auf gleicher Höhe steht das Werk von E. A. W. Zimmer- mann, Geographische Geschichte des Menschen und der all- gemein verbreiteten vierfüßigen Tiere nebst einer hierher ge- hörigen Zoologischen Weltkarte, Leipzig 1778. Der erste Teil erschien im selben Jahre in einer anderen Ausgabe unter dem Titel: Über die Verbreitung und Ausartung des Menschengeschlechts.

Zimmermann lenkt das Interesse auf die Verbreitung der Säuge- tiere und ihren Zusammenhang mit der Erdgeschichte. Er erzählt uns, daß die Deszendenztheorie früher bei beschränkten Leuten beliebt war, um die Unterbringung der wenigen Stammarten in Noahs Arche be- greiflich zu machen (S. 28). Er bemerkt ganz richtig (S. 130): „Man kann nicht vorsichtig genug sein, wenn es auf Folgerungen aus der

Christopli Girtanner. 31

Hier hat Girtanner den Weg eingeschlagen den neuer- dings Prof. Po 11 aufs Neue betreten hat, nämlich die Ver- wandtschaft der Organismen durch Bastardstudien zu erforschen. Dieser Weg führt aber nicht zum gewünschten Ziele. Die Arbeiten von Chr. Ludwig Brehm haben nach fast hundertjähriger Sichtung das wichtige negative Ergeb- nis gezeitigt, daß die individuellen Varietäten keine getrennt vererbten Stämme bilden. Sie sind zwar teilweise erblich, kommen aber auch immer wieder in genau gleichgebildeten Extremen aus dem normalen Stamme hervor. Sie werden also in der freien Natur nicht gezüchtet, sondern immer neu hervorgebracht. Das legte schon Kant einst fest in dem Gte- danken: die blonden Menschen sind keine Rasse, sondern eine Spielart. Sie erben nicht notwendig halbschlächtig an. (Sie „mendeln", bilden mindestens nicht selbständige*) Neben- stämme.) Hier können Züchtungsversuche entscheiden, ob Spielart oder Rasse vorliegt. Nun darf aber nicht ohne weiteres der Schluß:

Halbschlag, also Rassen, nicht Spielarten

verändert werden in den Satz

Halbschlag, also Rassen, nicht Realgattungen. Diesen Fehler machte Gii^tanner und nahm Pferd und Esel usw. als Rassen einer Art, entsprechend dann Hirsch, Reh, Damhirsch und Elch usw. als einen Zeugungskreis, ebenso

Vermischung verschiedener Tierarten ankommt." Er bringt interessantes Material zu dieser Sache vor.

Aber Zimmennann widerspricht doch in drei Hauptpunkten Kant, bekennt sich also zur präkantischen Schule. 1. Er hält an der Lehre von der planmäßigen Kette aller Wesen, die in der Natur begründet sei, fest. 2. Er nimmt an, daß eine weiße Nation in Afrika in 500 Jahren zu Negern werden könne (S. 108). 3. Er meint, daß Ausartungen oder Varietäten „durch die Länge der Zeit ihren Stammeltern so unähnlich geworden sein könnten, daß wir sie nun für verschiedene Arten ansehen". (Kant würde sagen: unberechtigterweise oder nur im Schulsystem, während der moderne Ignorant hier zustimmt.) Zimmermanns Wider- spruch gegen Kant äußert sich übrigens sehr liebenswürdig und be- scheiden: „Elend ist der Ruhm, den sich ein jüngerer Schriftsteller durch das Tadeln großer Männer zu ei'werben sucht'*, sagt ei'.

*) Am deutlichsten ist dies vielleicht bei den Schmetterlingen, wo verschieden gefärbte Spielarten der Jahreszeit i,z. B. beim Land- kärtchen) einander abwechselnd erzeugen und nicht in 2 Stämme sich teilen, die sich getrennt fortpflanzen.

32 Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstehung der Arten.

Hund, Schakal, Wolf, Fuchs, Hyäne. Bei den Vögeln sagt er: „Hier feMt es noch an genauen Versuchen, um die Stämme, Rassen, Spielarten und Varietäten zu bestimmen." Er be- spricht dann nur die Kanarienbastarde und nennt sie irrig BlendHnge von Kanarienvogel mit Hänfling, Stiegütz, Lein- zeisig und Erlenzeisig, die er daraufhin für „bloße Rassen*) eines Stammes" erklärt, „die zu Einer natürlichen Gattung gehören". Das ist in der Tat in groben Umrissen der An- fang zu den Studien, die mit feineren wissenschaftlichen Mitteln Herr Professor Poll fortgesetzt hat.

Ähnlich verfährt Girtanner in einem längeren Schluß- abschnitt über die Pflanzen**). Die ungemein sorgfältig und gewissenhaft ausgeführten Bastardzüchtigungen des Herrn Geheimrat Fries an Tauben (vgl. Berajah Bastardstudien I.) zeigen zunächst die vielfach erwiesene Tatsache, daß ver- schiedene Tierstämme (Realgattungen) Bastarde erzeugen (da- her trennt Blumenbach Bastarde von Blendlingen). Sodann legen sie die Vermutung nahe, daß die Bastardierung in erster Generation bei genügender morphologischer Verwandtschaft der Stammeltern gelingt, daß aber dann die verschiedene Richtung des Bildungstriebes (um Blumenbachs terminus technicus anzuwenden) die Fortzüchtung der Bastarde er- schwert. 0. Kl. (Fortsetzung folgt.)

*) Im Prinzip verfälirt Girtanner ganz folgericlitig, wenn er sie Rassen nennt. Sie würden Rassen sein, wenn sie einen Stamm bildeten, selbst wenn sie durch die Länge der Zeit von ihren Stamm- eltern und unter sich noch so verschieden geworden wären,

**) Am Ende des interessanten Buches berichtet der Verfasser in einem „Anhang die schwarzen Karaiben betreffend'- über einen „Bara- long-Fall" vor mehr als 100 Jahren aus den Aktenstücken „des ersten Sekretärs der Großbritannischen Admiralität''. Wenigstens regt sich beim Lesen der Verdacht, daß die 80 Karaiben, welche, im Meere schwimmend, als angebliche Seeräuber und Angreifer heldenhaft (?) erschossen resp. ermordet wurden, zuerst harmlosen Handelsverkehr mit dem englischen Schiff gesucht hatten. So nur erklärt sich der blutige Haß der Karaiben auf St. Vinzent gegen die Engländer. Ein unfreiwilliger Beitrag zur Persistenz des Wesens der britischen Easse und ihrer noch heute an Schiffbrüchigen geübten „ritterlichen" Kampfweise.

Druok von Gebaner-Soh-iretsclike Q. m. b. H., Halle ft. S.

FALCO.

IV M,

Dreizehnter Jahrgang.

Nr. 4. Juli 1917.

Schriftleiter: 0. Kleinschmidt, Dederstedt, Bez. Halle a. d. S. Kommis- sionsverlag: Gebauer-Schwetschke Druckerei u. Verlag m. b. H., Halle a.d.S. Gr. Märkerstr. 10. Postscheckkonto Leipzig Nv. 14288. Preis aller Veröffentlichungen von Berajah und Falco: jährlich 9 Mark.

Oilt Corvus subcoroiie für alle europäischen Rabenkrähen ?

Es wäre bequemer, wenn Corvus corone beibelialteii werden könnte! Das „System" würde säuberlicli für alle Zeiten in Ordnung kommen, aber die Grund- und Hauptfrage der ganzen Ornis Germanica, der zuliebe es eine deutsche ornithologische Gesellscbaft, eine bayerische ornithologische Gesellschaft usw. gibt, wenn anders Ornithologie einen wissen- schaf tUchen Zweck *) hat, würde vielleicht auf ungewisse Zeiten vertagt und ungelöst bleiben.

Nun ist es die nächste Frage, ob die echten schwarzen Rabenkrähen wirklich bis zur Elbe reichen, oder ob Corvus Trivialis suhcorone (Brm.) eine mitteldeutsche Zwischenrasse zwischen Raben- und Nebelkrähe ist. Ich sammle seit Jahr- zehnten Material zu dieser Untersuchung. Es war ja schon früher auf Grund oologischer Präparate behauptet worden, daß Mischung mit Nebelkrähenblut weit nach Westen reicht. Im Sammelgebiet des alten Brehm kamen und kommen zweifellose Krähen-Blendlinge (man spricht immer fälsch- lich von Krähen- „Bastarden") nicht selten vor. Noch bei

*) Sie hat keinen Zweck, wenn sie sich darauf beschränkt, nur das Vorkommen von Arten festzustellen und zwar da, wo über deren Vorkommen von vornherein kein Zweifel besteht. Man vrärde gern für manche ornithologische Zeitschrift den doppelten Preis bezahlen, wenn ihr Umfang halb so groß wäre. Das Archiv würde dabei übersichtlicher und dadurch wertvoller. Die Faunisten sollten sich erst über die Krähen, Kleiber usw. ihres Gebietes orientieren, statt über die nebensächlichen Wasservögel und andere „Seltenheiten", deren Vorkommen nur den An- fänger lebhaft interessiert. Es ging mir in meiner Jugend selbst so.

34 Gilt Corvus subcorone für alle europäisclien Eabenki-ähen?

Schloß Berlepscli in Hessen schoß icli einen einjährigen Vogel mit Spuren von Grau an Brust und Schultern (16. März 1896 in m, Sammlung). G-rafBerlepsch meinte damals, es könne eine nicht ausgefärbte Rabenkrähe sein. Hier im Mansfelder Seekreise kommen gleichfalls solche Vögel vor. Die Sommer- krähen sind schwarz, aber mir fiel oft die helle Gefiederbasis auf. Im Westen fand ich dunklere, grauere Basis, aber sie variiert stark individuell zwischen graulich und weißlich, so daß es äußerst schwierig ist, nach diesem Merkmal zu ur- teilen.

Vielleicht gibt das Nestkleid einen besseren Anhalt. Von vier hier kürzlich einem Neste entnommenen Geschwistern ist das dunkelste schwarz; das hellste hat eine schwache graue Binde über die Oberbrust, die zwei andern, die ich zurzeit noch lebend halte, stehen in der Mitte.

Der schwarze Vogel würde nach der Farbe bestimmt für eine Rabenkrähe gelten, und doch hat er „Graublut" wie seine Geschwister.

Aufklärung über die Krähenrassen ist grundlegend für die Verbreitung und Entstehung der deutschen Vogelrassen, wenn auch die Rassengrenzen bei jeder Realgattung wohl anders sind.

Seither wurden meist Nebelkrähen beringt, da diese für Zugfragen interessanter sind als Rabenkrähen. Das Beringen von Rabenkrähen wäre noch wichtiger, denn es dient Fragen der Verbreitung und der Abstammungslehre. Zwar ist es schon sicher, daß mindestens ein Teil Rabenkrähen im Winter in ihrer Heimat bleibt. Aber es handelt sich hier um die Frage, wie weit von der Heimat sie zur Brut schreiten und wie sie sich vererben.

Noch mehr empfiehlt es sich, statistisches Material über die Färbung von Nestjungen und Bälge von solchen zu sam- meln, auch im westlichen Nebelkrähengebiet. Der denkbar interessanteste Experimentalfall spielt sich da fortwährend vor unsern Augen ab.

In der nächsten Ausgabe des Ornis Germanica wird viel- leicht unter allerlei*) Ergänzungen neben Corvus Trivialis

*) Die versehentlich, ausgefallene Ringdrossel mit ihren beiden Formen wird dann eingefügt.

Gilt Corvus subcorone für alle europäischen Rabenkrähen? 35

suhcorone (Mitteldeutschland) „prope subcorone^?? (Rhein) erscheinen oder ein anderer schon vorhandener Name. Namen sollen aber lediglich eine Anregung sein, in der Natur zu forschen und sich zu überzeugen. Französische Krähen habe ich vom Winter, zum Teil mit dunklem Flaum. Herr Ge- heimrat Reichenow hat die interessante Frage angeschnitten, ob Kleiber- und Baumläufer-Rassen der Krähengrenze ent- sprechen. Da wäre zunächst das Mischungs- oder Misch- rassengebiet der Krähen festzustellen.

Die Farbe der Eier und die daraus erbrüteten Jungen in einem Krähennest scheinen unabhängig voneinander zu variieren, wie ja auch aus dunklen Puppen nicht dunkle und aus hellen nicht helle Schmetterlinge schlüpfen, soweit ich bis jetzt beobachtete.

Das Wichtige bei der ganzen Frage ist nicht das Syste- matische, etwa die Ausdehnung der Bezeichnung „subcorone", sondern die Beurteilung der Begriffe „Mischblut, Mischrasse, Zwischenform" usw. Welche prächtigen Zuchtversuche könnte man mit Raben- und Nebelkrähe oder mit Paarung von Blendlingen machen. Krähen scheinen aber erst zweijährig voll brutfähig zu werden. Das ist dabei zu beachten. Es würde dann eine zweifelsfreie Beurteilungsbasis geschaffen für solche Fälle, wie sie z. B. Orn. Monatsber. 1907, pag. 173 einen Streitfall für die Meinungen zweier ersten Autoritäten bilden.

Das Hocherfreuliche aber, das sich diesmal mit einer Nomenklaturfrage verknüpft, ist der Nebenumstand, daß selbst die Ornithologen , die die Wichtigkeit des Realgattungs- studiums nicht zugeben, sich entscheiden müssen, ob sie Raben- und Nebelkrähe als Rassen einer Naturart begreifen wollen, oder nicht. Wenn man den deutschen Parus salicarius als Rasse des amerikanischen Parus atrica- pillus anerkennt, muß man auch die europäische Rabenkrähe als Rasse der amerikanischen Rabenkrähe anerkennen. Dieser Schluß ist zwingend. Nun muß sich aber die Hartertsche Mischmaschnomenklatur, die Schul- und Natursystem durchein- anderwirft, entschließen, ob sie unsere Rabenkrähe Corvus hrachy- rhynchus subcorone oder Corvus cornix subcorone nennen will.

36 Gilt Corvus subcorone für alle europäischen Eabenkrähen?

Hellmayr macht es mit Unrecht Reich enow zum Vorwurf, daß er die Kleiberformen Sitta caesia und europaea artlich trennt, ebenso die Alpenmeise und Weidenmeise Parus montanus und salicarius, denn Hellmayr tut ganz das- selbe wie Reichenow, wenn er Nebel- und Rabenkrähe artlich trennt und die eine Corvus cornix cornix, die andere Corvus coronecorone nennt. Daß Hartert es „absurd" nannte (V. pal. F. p. 9), die Artselbständigkeit beider zu verneinen, ist ein Zeichen für den Tiefstand der Ornithologie unter britischer Führung.

Man vergleiche die Anmerkung in Harterts Werk (Seite 9), der Hellmayr offenbar zustimmt, mit dem Wider- spruch Hellmayrs gegen Reichenow in einem ähnlichen Fall aus der afrikanischen Tropenornis: Orn. Monatsber. 1907 p. 173. Hellmayr deutet die Krähenblendlinge (schwankende Zwischenform mit ständig neuem Mischblut?) mit Hartert als Bastarde, protestiert aber gegen Reichenow, wenn dieser Tura- cus finscJii (blaugrün) als Bastard von T. emini (grünlich) und T. sharpei (blau) auffaßt. Reichenow ist konsequent, Hell- mayr inkonsequent. Das Schulsystem ist durchaus nötig und berechtigt, aber solche Inkonsequenzen entstehen, wenn man Verwandtschaftssystem und Schulsystem vermengt. „Was hier Art heißt, muß dort öfter nur Rasse genannt werden", sagte Kant (vgl. S. 15). 0. Kl.

Die wissenschaftliche Minderwertigkeit von Darwins Werlt über die Entstehung der Arten.

5. Fortsetzung (siehe Seite 32.)

Blumenbach hatte in seinem Handbuch ausdrücklich Pferd und Esel, obwohl sie „in äußerst seltenen Fällen" frucht- bare Bastarde erzeugen, als verschiedene Gattungen aner- kannt und, zwar ohne Kritik an Girtanner, aber doch auf derselben Seite, wo er seinen Namen erwähnt, die Büffonsche Unterscheidungsregel der Fruchtbarkeit der Nachkommen abgelehnt. Kein Wunder, daß wir also bei Blumenbach meist richtige Realgattungen, aber so gut wie keine wilden Rassen,

Christopli Girtanner. 37

bei Girtanner Realgattungen als Rassen aufgefaßt finden. Man ahnte ja damals nicht, wie endlos groß die Zahl der Tier- rassen sich bei genauer Kenntnis erweisen würde. Die damals bekannten exotischen Tierformen waren fast alle selbständige Arten. Das wirkliche „Kantische Prinzip" lautete: „Man kann ein Tiergeschlecht nicht zu einer besonderen Spezies machen, wenn es mit einem anderen zu einem und demselben Zeugungs- system der Natur gehört". (Schnitze p. 183.)

Nur drei Jahre nach dem „Kantischen Prinzip" gab Girtanner ein anderes interessantes Werk heraus: Ausführ- liche Darstellung des Darwinschen Systems der praktischen Heilkunde nebst einer Kritik desselben, Göttingen, bei Johann Georg Rosenbusch. Zwei Bände, 1799, 1097 Seiten. Nicht eine Übersetzung von Erasmus Darwins Zoonomie will das Werk sein*), sondern eine Zusammenarbeitung der Gedanken des älteren Darwin, der in Beseelung und Belebung der Natur, nicht in Mechanik und Chemie die Erklärung der Lebensgesetze suchte. Es wäre interessant gewesen, die er- kenntnistheoretischen Ausführungen Großvater Darwins an denen Kants, seine naturwissenschaftlichen an denen Blumen- bachs zu messen. Aber Girtanner wollte hier nur Darwins Gedanken wirken lassen, da „sogar Darwins Irrtümer lehr- reich seien". „Glücklich ist derjenige KJranke, dessen Arzt die richtigste Theorie**) hat" (I, S. 5). Die „Kritik" beschränkt sich auf spärliche kurze Fußnoten. So bemerkt er zu der Nachricht vom Bau eines U-Bootes unter Jakob dem Ersten von England: „Credat Judaeus Apella!" (I, S. 290): Ein andermal heißt es, Darwin scheine sich „in seinen eigenen Vernunftschlüssen zu verstricken". II, S, 81 polemisiert er gegen die Übersetzung von Brandis. Erst am Schluß werden die Anmerkungen schärfer: „Wie kann man so etwas be-

♦) Eine solclie war bereits 1795 (von J. D. Brandis) erschienen. **) Es ist interessant, daß Erasmus Darwin seine Theorien dnrcli viele biologische Beobachtungen an Vögeln zu stützen sucht. Er erzählt dabei vom Brüten eines Kuckucks (I, p. 527 Brandis I, 319 . Es war natürlich ein Ziegenmelker) in England und vom "Winterschlaf der Schwalben (I, 514). Die Baumnester der Sperlinge, meint er, könnten nicht durch Instinkt erklärt werden, oder man müsse zwei Instinkte annehmen (I, 523). Auch das Zugproblem wird behandelt.

38 Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstehung der Arten.

haupten?" (II, S. 214). „Schwer zu erweisen" (S. 253). „Warmn soll auch alles erklärt werden?" (S. 335). „Ich gestehe, daß mir alles dieses äußerst hypothetisch, wenig verständlich, und noch weniger überzeugend vorkommt. Es scheint hier den trefflichen Darwin ein kleines Dichter-Schläfchen an- gewandelt zu haben, dergleichen man ja sogar dem Vater der Dichter, Homer, zu verzeihen pflegt" (S. 327). „Sonderbarer Einfall, eine hypothetische Zeugungstheorie durch die Bibel beweisen zu wollen" (S. 395). Keinerlei Anmerkung macht er zu den Ausführungen Seite 411 (II. Bd.): „Was Linne von der Pflanzen -Welt vermutete, ist . . . auch von . . . Arten und Gattungen der Tiere nicht unmöglich: nämlich, daß sie ursprünglich alle von wenigen, unter sich gemischten Q-at- tungen abstammen. Wir müssen annehmen, daß unter den Bastarden . . . diejenigen, welche fähig waren, ihre Art fort- zupflanzen, dieselbe auch wirklich fortgepflanzt haben und daß aus diesen die zahlreichen . . . Arten der jetzt vorhan- denen Tiere und Pflanzen bestehen. Diejenigen Bastarde hingegen, die mit unvollkommenen Zeugungs-Gliedern hervor- gebracht wurden, starben." . . . (Also hier schon eine Art Selektion.) Nur bei der angeblichen Vererbung verstümmelter Hundeschwänze (II, S. 417) finde ich einen Hinweis auf die kritischen Bemerkungen im „Kantischen Prinzip". II, S. 420 steht der interessante Satz: „Die End-Ursache dieses Streites unter den Männchen scheint die zu sein, daß das stärkste und tätigste Tier die Art fortpflanze, damit dieselbe fort und fort verbessert werde." Seite 429 wird die Schutzfärbung der Vogeleier besprochen.

Ernst Krause hat, wenn ich recht sehe, Girtanners Werk nicht gekannt. Ich habe in seinem „Erasmus Darwin" nur Brandis erwähnt gefunden.

Man hat Girtanner (A. Hirsch in Allg. Deutsche Bio- graphie) den Vorwurf gemacht, er habe sich mit fremden Federn schmücken wollen. Vielleicht kann zu seiner Ehren- rettung die Bemerkung seines Konkurrenten Brandis (I, pag. XIII) dienen: „Wenn deutsche Übersetzer sich um fremde Systeme so viel Mühe geben, so pflegen sie sie lieber ihre eigenen zu nennen". Girtanner hat dies Kant und E. Darwin gegenüber nicht im entferntesten getan. Er soll sich dies Un-

Christoph Girtanuer. 39

reclit in einem medizinischen Werk zuschulden haben kommen lassen und der literarischen Ausplünderung überführt, später den damals benutzten Autor Brown mit scharfer KJritik an- gegriffen haben. Ich muß eine Nachprüfung dieser Anklage mit Aussicht auf eine Ehrenrettung des fruchtbaren Schrift- stellers Kennern der medizinischen Literaturgeschichte über- lassen. Ich habe von den rein medizinischen Schriften Gir- tanners nur seine zweibändige „Ausführliche Darstel- lung des Brownischen Systems der praktischen Heilkunde nebst einer vollständigen Literatur und einer Kritik derselben" von 1797 und 1798 zur Hand. Ungemein interessant sind für uns hier Vorrede und Schluß des zweiten Bandes dieses Werkes. Wir erfahren da, warum sich Girtanner so sehr für Darwin und Kant begeistert. Mit den höchsten Lobeserhebungen setzt er Darwins „herrliches System", über das er den ersten Band bereits „mit wahrer Seelen-Wollust" geschrieben habe, dem System des Alkohol- Professors Brown in Edinburgh entgegen. Er stellt z. B. gegenüber

„Browns Heil-Methode des Podagra:

Gänzliche Enthaltung von Vegetabilien und von allen wässerigen Getränken, reichlicher Genuß der Fleisch - Speisen und des Weines.

Darwins Heil-Methode des Podagra:

Gänzliche Enthaltung alles Weines und aller gegohrenen Getränke überhaupt; statt desselben aber Wasser zum ge- wöhnlichen Getränke.

Linnes Heil-Methode des Podagra:

Reichlicher Genuß von Erdbeeren."

Brown hatte von „jener giftigen Schlange der Philosophie" (11.593) gesprochen. Demgegenüber wird der Erfahrungsphilosoph Kant wider die in der Erfahrung nicht aufzeigbare Brownsche Erregbarkeitshypothese ins Feld ge- führt. Brown habe einzelne Wahrnehmungen zu falschen Erfahrungsurteilen irrig verallgemeinert. Es war also nicht die Abstammungslehre, sondern die Alkoholfrage, in welcher damals „Kant und Darwin" als Zeugen aufgerufen wurden. Daraus wird verständlich, daß Girtannor Kant und Darwin

40 Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstehung der Arten.

hinsichtlicli des Artbegriffs und der Abstammungslehre nicht scharf gegeneinander abwog, was sonst nahegelegen hätte.

Brown hatte nach G-irtanner (11, 314) Enthaltsamkeit von geistigen Getränken empfohlen, damit diese, als Arzenei gebraucht, um so mehr wirken sollten. Er wendete Alkohol und Opium bei zahlreichen Krankheiten zu weitgehend als Heilmittel an. Wie die von Girtanner angeführte Literatur zeigt, beschäftigten sich Ärzte aller Länder mit der Frage, ob die Ansichten des schottischen Arztes richtig seien. Gir- tanner sagt, in der dicken ägyptischen Finsternis der Un- wissenheit, in welcher viele damahge Arzte herumtappten, sei auch nicht der mindeste Strahl eines Lichtes vorhanden. Der geistreiche Arzt Erasmus Darwin und der Denker Kant erschienen ihm als Bringer dieses Lichtes. Ob die begeisterte Lobpreisung des Großvaters Darwin vor dem Forum der deutschen Ärzte dem Enkel Darwin später rascheren Ein- gang verschafft hat? Der Großvater war wohl fast vergessen, als der Enkel auftrat, denn eine andere Geistesrichtung war zwischen sie getreten.

Wie nahe hätte es für die auf Kant, Blumenbach, Gir- tanner folgende Generation von Zoologen gelegen, auf deren Grundlagen einen weiteren Ausbau der deutschen Rassen- kunde und Naturgeschichte in Angriff zu nehmen. Es sollte anders kommen.

Oken trat auf den Plan mit seiner Naturphilosophie. Die alten Meister waren ihm nicht geistreich genug. Blumen- bachs nüchterne Art war ihm zuwider. Das zeigen seine Worte: „Ich begreife nicht, daß ich einen so ganz einge- fleischten Haß gegen diesen Menschen habe, wenn ich ihn nur sehe, so gährt mir die Galle". „Was werden diese Leute (Blumenbach und Gravenhorst) für Zoologen bilden?, was für eine Richtung in Deutschlands Naturforscher bringen!" (Nach E. Ehlers, Göttinger Zoologen aus Ecker, Oken).

Nach Oken hat die Naturphilosophie zu zeigen, wie aus nichts etwas wird. An die Stelle mühsamen Forschens setzt er geniale Thesen. Sein Lehrbuch der Naturphilosophie*)

*) Ich. besitze die 2. Auflage von 1831 und die 3. von 1843. Ich zitiere hier die Nummern, nicht die Seiten und zwar nach der dritten Auflage.

Oken. 41

enthält neben einem Wust phantastischer Definitionen ein- zelne gute Gedanken. Z. B. 1507: Die künstlichen Pflanzen- systeme verhalten sich zum Pflanzenreich, wie das Lexikon zur Sprache. Die bisher sogenannten natürlichen . . . wie die gewöhnliche Grammatik zur Sprache. Oken will ein drittes, das genetische System, dazubringen. Das erste sam- melt ; das zweite ordnet ; das dritte baut. 932 : Die organische "Welt fängt nicht bloß mit einem Punkte an, sondern sogleich mit unendlich vielen. 948: Ein fertiger Organismus kann sich nicht allmählich in einen anderen umgestalten. 950: Die Zeugungsgeschichte ist ein Zurückgehen.

Statt nun aber in die konkrete Erfahrungswelt hinein- zugehen und ein natürliches oder genetisches System aufzu- stellen, macht sich Oken ein neues Schulsystem zurecht, das mit der wirklichen Natur so viel zu tun hat, wie die Reime an den Zeilenenden eines Dichterwortes mit dem Sinn dieses Wortes. Er wollte den Sinn der Welt aufdecken, aber er endigt in einer zwecklosen Spielerei mit gesuchten, oft an den Haaren herbeigezogenen Analogien*). So nennt er die Ko- libris Infusorien- Vögel und stellt sie (!) mit den Baumläufern zusammen, die Sumpfvögel nennt er Lurchvögel, die Strauße Haartier -Vögel, die Spatzen Muschel -Vögel, die Krähen Schnecken-Vögel, die Rinder Vogel-Säugetiere, weil die Horn- bildung Verwandtschaft mit den Federn zeige. Weiter aus- geführt findet man ein derartiges System, das nur eine kin- dische Spielerei ist, Naumannia 1855, S. 196 212.

Eine Weile bewunderte man Okens geniale Geistesblitze und seinen tollen Phantasiekram. Aber wie trefflich paßte auf seine Naturphilosophie Kants Wort von 1765 (Nachr. v. d. Einriebt, s. Vorlesungen) :

„Die frühkluge Geschwätzigkeit junger Denker, dieblinder

*) Z. B. 2282: „Die Federn sind vertrocknete Zweigkiemen, ge- fiederte Blätter." Vielleicht interessieren unter den gegenwärtigen Zeit- umständen die gleichfalls recht phantastischen letzten Sätze des Buches: „Wie in der Dichtkunst alle Künste sich vermählt haben, so in der Kriegskunst alle Wissenschaften und alle Künste. Die Kriegskunst ist die höchste, erhabenste Kunst; die Kunst der Freiheit und des Rechts, des seeligen Zustands des Menschen und der Menschheit das Prinzip des Friedens."

42 Minderwertigkeit von Darwins Werk über die Entstehung der Arten.

ist als irgend ein anderer Eigendünkel und unheilbarer als

die Unwissenheit."

Auf die Begeisterung für die „Genies" und „Kant- Ver- besserer" folgte der Rückschlag. Ein Ekel erfaßte die Natur- forscher an der phantastischen Naturphilosophie. Nun schüttete man das Kind mit dem Bade aus. Noch zu meiner Studien- zeit meinten viele Naturwissenschaftler etwas sehr Kluges zu sagen, wenn sie jede Orientierung über Philosophie weit von sich wegwiesen. Die brauchte man nur wenige Tage zum Examen, um die Würde eines Doktors der Philosophie zu er- werben, dann vergaß man sie rasch wieder.

Nachdem Okens Phantasieschwulst abgewirtschaftet hatte, begrüßte man in Charles Darwin den nüchternen Mann der mechanischen Naturerklärung. Man wähnte, großen Männern Deutschlands wie Kant und Goethe einen Ruhmes- kranz zu flechten, wenn man sie auf die unterste Treppen- stufe an Darwins Siegesdenkmal stellte. Man vergaß in echt deutscher Undankbarkeit, daß das eigene Vaterland in der Vergangenheit Geister besaß, die nüchtern und klar ein Fun- dament errichtet hatten, auf dem Besseres aufgebaut werden konnte. Dieses Bessere werden wir nun aufzuzeigen haben. (Fortsetzung folgt.) O. Kl.

Weiteres über deutsche Krähen.

Kürzlich war ich beim Ordnen der nachgelassenen Samm- lungen Alfred Brehms behilflich, den man in französischer Gefangenschaft unbarmherzig zugrunde gehen ließ.

In seiner Vogelsammlung, die voraussichtlich in den Besitz des Berliner Museums übergeht, fand ich eine Anzahl von Krähenbälgen vor. Ich hatte dem eifrigen jungen Sammler geraten, sein Augenmerk besonders auf Krähen zu richten und ihm gesagt, worauf es ankommt. Sein Material gibt be- reits wertvolle Beiträge zu der angeregten Frage, die genau mit dem Ergebnis meiner umfangreichen Krähensammlung übereinstimmen. Die wichtigsten Stücke sind:

1. von Nauen bei Berlin, Mai 08 eine Graukrähe mit übernormaler schwarzer Streifung.

Weiteres über deutsche Krähen. 43

2. Renthendorf in Thüringen, 24. Januar 11, ein altes Scliwarzkrähenmännclien mit grau-weiß- licher Gefiederbasis.

3. Siegen in Westfalen, 19. März 09, ein altes Schwarz- krähenmännchen mit ganz dunkelgrauer Gefieder- basis.

4. S i e g e n in Westfalen, 27. Januar 10, ein altes Schwarz- krähenmännchen mit grauer Gefiederbasis.

5. Renthendorf, 25. Mai 10, SchwarzkrähenpuUus, Unterseite licht, Basis licht.

6. S i e g e n , 6. August 09, Schwarzkrähe, puUus mausernd, PuUas-Gefieder dunkler als 5, Spitzen mehr schwarz, Basis dunkler.

Fünf andere Wintervögel von Siegen zeigen diesen Unterschied nicht und eine zweite Brutzeitkrähe von Nauen zeigt reinen Nebelkrähentypus. Aber zwei Blendlinge juv. von Siegen vom 23. und 31. Januar beweisen, daß im Winter dort fremde Gäste hausen. 0. Kl.

Hausgänse mit schwarzer Schnabelspitze.

Es überraschte mich, gestern (27. 6.) in Volkmaritz zwei blaugraue Hausgänse mit schwarzer Schnabelspitze zu sehen, eine alte (vorjährige) uud eine junge (diesjährige). Das In- teressante dabei ist, daß beide nicht Mutter und Tochter sind, sondern von weißen Müttern abstammen, freilich dieselbe Großmutter haben. Die zahlreichen Geschwister der jüngeren Gans sind alle heller, und zwar teils heller grau, teils rein weiß. Der Vater ist unbekannt. Kein Gänserich mit schwarzer Schnabelspitze ist auf der Weide vorhanden. Bastardierung mit wildem Melanonyx-Männchen ist ausgeschlossen.

Ein hül)sches Beispiel von dem Wesen der Spielart!

Von der wilden Graugans sagt Naumann : „Etwas Schwarzes am Schnabel einer Graugans ist uns niemals vorgekommen".

0. Kl.

« Büclierbesprecliungen.

Bücherbesprechungen.

A. Klengel. Störche und Storclinester im östlichen Sachsen, Sonderabdruck aus Mitt. des Landes Vereins Sachs. Heimatschutz Band VI.

Das mit sechs hübschen Aufnahmen und einer Verbrei- tungskarte ausgestattete Heft zählt den Storchbestand Ost- sachsens mit 42 Nestern auf, von denen viele nur beflogen sind. Unter den Gründen der Abnahme werden die Über- landzentralen und die lange Trauerzeit verwitweter Störche dem Volksmunde nach 7 Jahre erwähnt. In West- deutschland erlebte ich mehrmals eine überraschend große plötzliche Zunahme der Brutpaare, etwa Mitte und Ende der neunziger Jahre. Möchten einmal solche Zeiten wiederkehren !

Die Großschmetterlinge der Erde, eine systematische Bearbeitung der bis jetzt bekannten Großschmetter- linge, in Verbindung mit namhaftesten Fachmän- nern herausgegeben von Prof. Dr. Adalbert Seitz. Stutt- gart, Verlag des Seitzschen Werkes (Alfred Kernen).

Zwisdien Vogelkunde und Schmetterlingskunde gibt es drei wich- tige Beziehungen. Ich nenne die Worte Vogelschutz, Vogelzug, Zoogeographie.

Wer über Vogelschutz urteilen will, muß Ornithologe und Entomologe sein. Er muß das Insektenleben der Heimat, aber auch das der kulturfremden Länder mit berücksichtigen. Irgendwo las ich einmal die Schilderung einer Raupenplage, wobei der Beobachter bemerkte, nach 14 Tagen seien die Raupen verschwunden gewesen, also von den Vögeln restlos vertilgt worden. Er dachte wohl nicht daran, daß die meisten ein Versteck aufgesucht hatten, um sich zu verpuppen.

Vergleichende Untersuchungen über Vogelzug und Insekten- wanderungen sind oft angebahnt worden. Mich selbst hat schon manchmal die Frage beschäftigt, ob es nicht möglich wäre, wandernde Schmetterlinge, etwa Pyrameis cardui, Colias, Pieris durch entschuppende oder färbende weiche Stempel zu zeichnen*) und so etwas ähnliches zu schaffen, wie die herrlichen Beringungsstudien an der Vogelwelt.

*) Drücken sich doch die Maschen des Schmetterlingsnetzes auf den Flügeln mancher Falter ab. Besser noch wäre es, wenn auffällige Farben aufgetragen werden könnten, durch die gezeichnete Stücke so- gleich herausgefunden würden. Derartiges Zeichnen wäre auch bei Libellen möglich, von denen z. B. hier am 4. Juli starker Durchzug in nördlicher Richtung stattfand.

Bücherbesprechnngen. 45

Wichtiger aber als diese beiden Gesichtspunkte ist der dritte. Wer über tiergeographische Fragen sowie über die damit eng zusammen- hängenden systematischen Grundbegriffe, vor allem über Tierverwandt- schaften (Abstammungslehre) mitreden will, darf an der Schmetterlings- kunde nicht vorübergehen. Es ist mir seit Herausgabe meiner Zoo- graphia infinita immer wieder aufgefallen, daß Ornithologen, die zugleich Entomologen waren, für das Rassenstudium ein begeistertes Interesse und sofortiges Verständnis hatten, während die andern mit mancherlei „Wenn und Aber* kommen, über das sich jeder Entomologe längst klar ist. Ornithologie und Lepidopterologie sind Gebiete, wo ein „Verlieben in den reizvollen Gegenstand" am selbstverständlichsten ist und den Wissensstoff gewaltig bereichert hat. Aber auf ornithologischem Gebiet ist die Sammellust wegen der umständlichen Jagd und Präparation gering, während fast jeder Entomologe eigne Sammlungen besitzt.

Wohl die meisten Ornithologen sind in ihrer Jugend Schmetter- lingssammler gewesen. Jeder Ornithologe, der daheim oder auf Reisen sammelt, sollte auch Schmetterlinge sammeln. Wer sich keine Vogelsammlung anlegen kann, sollte wenigstens Schmetterlinge sammeln, wenn ihn die Fragen der Tierverwandtschaften interessieren. Die Ornithologie geht sonst geradezu wissenschaftlich zugrunde dadurch, daß ihr Gebiet zu klein ist und die Arbeit sich zu einseitig in Neben- sächliches vergräbt und verliert. Auf ornithologischem Gebiet vergehen Jahrzehnte, ehe man das Material von einer Verwandtschaftsgruppe bei- sammen hat, auf entomologischem Gebiet genügt ein Blick in das Seitzsche Werk und ein Brief an die Firma Staudinger & Bang- Haas in Dresden-Blasewitz, und man hat für 50 Mark, was dort 500 oder mehr kostet und vielleicht nie vollständig wird. Man vergleiche die Worte Alexander von Homeyers in der Orn. Monatsschrift 1884, Seite 235.

Das Seitzsche Werk bietet jedem Zoogeograph.en die denkbar bequemste Grelegenheit, seine Sachkenntnisse und da- mit seinen Horizont ins Ungemessene zu erweitern. Die mühsamen Wege, die unermeßlicher Fleiß durch das ver- worrene Walddickicht der Einzelarbeit zurücklegte, sind über- wunden. Wir stehen auf dem freien Berggipfel, wo das Auge spielend das Ganze überschaut. Die erste Abteilung: „die G-roßschmetterlinge des paläarktischen Faunengebietes" liegt bereits abgeschlossen vor. Ich will hier vorläufig nur auf den ersten Band, der die „paläarktischen Tagfalter" be- handelt, näher eingehen. Er zerfällt wieder in zwei Teil-Bände : 379 Seiten Text und 89 Tafeln mit 3470 Abbildungen. Die Tafeln sind über alles Lob erhaben. Sie sind insofern keine „Luxusausgaben*', als sie Raum sparen. Das ist dankenswert, denn das Werk wird dadurch für gewöhnliche Sterbliche an-

46 Büclierbesprecliungen.

schaff bar. Im Text behandelt Seitz Papilio^ Sticliel Par- nassius, Röber Pieris usw.

Bei jeder Art werden zuerst die individuellen Varietäten in ihren auffälligsten Extremen, sodann die geographischen Rassen aufgezählt und unter Hinweis auf die Abbildungen kurz gekennzeichnet (erfreulicherweise nicht langweilig*) be- schrieben). Bekanntlich werden in der Schmetterlingskunde auch die ersteren benannt und durch ein vorgesetztes „ab". (= aberratio) von den geographischen Rassen unterschieden**).

Gern hätte man gleich die indischen, amerikanischen usw. Rassen dabei, welche sich in den anderen Bänden finden. Indessen hat es gerade den größten Reiz, erst gleichsam eine Reise in die andern Faunengebiete anzutreten und dieselbe Art in den Bänden des Exotenteils unter weiteren Maskie- rungen versteckt, erneut aufzuspüren. Aus praktischen Grrün- den war die Teilung des Riesenwerkes in paläarktische, amerikanische, indo-australische und afrikanische Fauna not- wendig, weil Reisende so leichter die betreffenden Bände mitnehmen können. Sie erkennen mit Hilfe dieses Hand- buches sofort, wo ihre Arbeit einsetzen muß, damit nicht Zeit und Mühe nutzlos vergeudet und 100 mal Entdecktes zum 101. Male neu „entdeckt" wird.

Aber auch der Forscher daheim, der „sinnend im stillen Gemach den schaffenden Geist beschleicht" und das Ganze zu überschauen trachtet, zu dem aus allen Erdteilen rührige Hände die Bausteine heranschleppen, wird seine Freude haben an vielen Einzelheiten, welche die Bearbeiter von ihren eignen Reisen und Sammelerfahrungen in gelegentlichen bescheidenen Bemerkungen berichten. Besonders gilt dies von den Bei- trägen des Herausgebers selbst, der auf seinen vielen Reisen die Falterpracht aller Erdteile an Ort und Stelle studierte.

*) Rassen müssen kurz und treffend gekennzeichnet werden. Sie wie Spezies ausführlich, zu beschreiben, ist ein altmodischer Zopf, der mich an die Schulaufsätze der kleinen Kinder erinnert, wo es heißt: „Der Hund hat einen Kopf, vier Beine und einen Schwanz."

**) Ich habe dasselbe Verfahren in meiner Omis Germanica an- gewandt, obschon die normale individuelle Variation auch in ihren weitesten Extremen eigentlich von wirklich „aberranten" Fällen getrennt wei'den muß, wie ich in der Monographie „Falco Peregrinus" zeigte.

Bücherbesprecliungeu. 47

Während die Systematik in der populären ornitliologi- schen Literatur fortwährend geringschätzig behandelt und gleichsam bei jeder Gelegenheit mit Steinen beworfen wird, steht sie dem Entomologen im Vordergrunde des Interesses. Das zoogeographische Grundgesetz wird als ganz selbstver- ständlich angewendet. „Dieser Schmetterling fhegt mit jenem zu gleicher Zeit und an denselben Orten zusammen. Folglich sind beide getrennte Arten, nicht Rassen, da sie Spielarten nicht sein können." Während die Ornithologen erst nach jahrzehntelangem Sträuben und Widersprechen einsahen, daß es zwei ganz getrennte Sumpfmeisen- und Baumläuferarten gibt, kennt der Lepidopterologe ähnliche Beispiele längst in Hülle und Fülle. Man werfe einen Blick auf die Apollo- Arten und ihren Rassenreichtum. Man sieht beim Durch- blättern der Tafeln deutlich, wie die Artreihen eine Bon- netsche Leiter bilden, daß es aber ganz verkehrt wäre, aus jeder Ähnlichkeitsreihe eine Entwicklungs- oder Verwandt- schaftsreihe zu machen. Andrerseits fallen alsbald in der geographischen Variation übereinstimmende Entwicklungs- richtungen auf. Der Schwalbenschwanz, der gemeine gelbe Heuvogel (Colias hyale) und der gemeine Rübenweißling (Pieris rapae) erscheinen z. B. in Japan in Riesenausgaben. Die japanische Rasse des letzteren sieht dadurch dem großen Kohl- weißling täuschend ähnlich.

Es ist eine Glanzleistung deutscher Arbeitskraft, daß das Werk während des Krieges fortgeführt wird. Die Schatten- seiten des Geschäftsbetriebs sind dieselben wie bei Berajah, weil sie unvermeidlich sind. Man muß geduldig warten, bis die Lieferungen sich zum Aufbau eines vollständigen Ab- schnittes zusammenordnen. Der Verlag zeigt großes Ent- gegenkommen darin, daß er Subskription auf bestimmte Bände ermöglicht.

Wenn man bedenkt, welche Geldmassen für geringwertige Eintagsfliegenliteratur und für vergängliche Genüsse vergeudet werden, dann muß man die Ausgabe von 1 Mark für den Paläarktenteil und von 1,50 Mark für den Exotenteil pro Lieferung (und gegenwärtig pro Monat) außerordentlich niedrig finden. Wie schwer wii'd ein solches Unternehmen durch die Trennung vom Auslande getroffen. Möchte es im Inland

48 Bücherbesprecliungeii.

dafür um so mehr Dank und Anerkennung finden. Wer nicht selbst an die Anschaffung denken kann, beantrage sie bei Vereinen und Bibliotheken. "Wo die Wissenschaft diese Stufe erreicht hat, ist sie nicht mehr auf die „Fachsimpelei der Spezialisten" beschränkt. Sie wird Allgemeingut. Ein Austausch der Erfahrungen über die beiden Hauptgruppen beschwingter Prachtgeschöpfe, der Vögel und der Schmetter- linge, wird uns gewaltig fördern und vor vielen Abwegen einseitigen Dilettantentums bewahren.

L. Diels. Beiträge zur Flora der Zentral-Sahara und ihrer Pflanzeugeographie nach der Sammelausbeute des Frei- herrn Hans Geyr von Schweppenburg, mit einer Karte, Sonderabdruck aus „Englers Botan. Jahrbüchern", LIV. Bd. 5 Heft, Leipzig. W. Engelmann 1917.

Baron Qeyrs Reiseerlebnisse bringen uns außerordent- lich wertvolle Aufschlüsse, zumal der umsichtigen Pionierarbeit draußen eine sorgfältige und mit besonderer Freude sei es betont geistvolle Bearbeitung folgt. (Vgl. die Abhand- lungen im Journal für Ornithologie.) Die Pflanzen der Sahara und ihre erdgeschichtlichen Schicksale sind bedeutungsvoll für viele Fragen des Vogelzuges und der Tiergeographie, auch derjenigen unseres Erdteils. Das Maximum der Pflanzen- verwandtschaften weist auf südöstliche Herkunft hin. Schon bei Temassinin hörte der Sammler, daß es dort seit 6 Jahren ! nicht geregnet habe. Sehr beherzigenswert ist eine allgemeine Bemerkung des Bearbeiters gelegentlich der Berichtigung irriger französischer Bestimmungen: „Hier haben wir . . . ein Musterbeispiel für die Verantwortung des Systematikers; seine Irrtümer vergrößern sich rasch in ihrer Wirkung, denn ohne Nachprüfung werden sie von den Nachbarwissen- schaften angenommen und zu weittragenden Spekulationen verwendet, die nachher nur mühsam wieder auszurotten sind." Leider reicht der Raum nur zu diesem kurzen Hinweis auf die interessante Schrift. O. Kl.

Draek von Gebauer-Sohwetschke G. m. b. H., Halle ». S.

FALCO.

Dreizehnter .Tulirgang.

Nr. 5. Dezember i9i7.

Schriftleiter: O. Kleinschmidt, Dederstedt, Bez. Halle a. d. S. Kommis- sionsverlag: Gebauer-Schwetschke Druckerei u. Verlag m. b. H., Halle a. d. S., (ir. Märkerstr. 10. Preis aller Veröffentlichungen von Berajah u. Falco: jährlich 9 Mark.

Mitteilimgeii.

Die neuen Verordnungen über den Papierverbrauch schränken den Umfang von Falco und Berajah voraussichtlich ganz erheblich ein. Des- halb braucht niemand zu befürchten, daß das Unternehmen einschläft. Es sind vielmehr alle Vorarbeiten zu reichster Ausgestaltung fertig für den Zeitpunkt, wo die äußerlichen Hindernisse aufhören. Augenblicklich haben diese ihren Höhepunkt erreicht. Weiteres Erscheinen ist aber bei allen Schwierigkeiten gesichert. Die Ausgabe von Tafeln ist zur Zeit nahezu unmöglich. Doch befinden sich sowohl Text wie auch Tafeln von Berajah ständig in Arbeit. Falco muß vorläufig in Gestalt von Flugblättern erscheinen, die ich gut aufzuheben bitte. Bei der aufs äußerste herabgesetzten Auflage würde Ersatz verlorener Nummern sehr kostspielig sein.

Die Einsendung des Jahresbeitrags 191S bitte icli rorerst zu unterlassen. Es soll Tcrsucht werden, den Jahi-gang 1918 gratis zu liefern.

Dies wird sogar bei Genehmigung größeren Umfangs möglich, wenn im Laufe des nächsten Vierteljahrs die noch rückständigen Bei- träge einzelner Abonnenten eingehen. Vierteljährliche Ratenzahlungen werden auf Wunsch gestattet. Es ist peinlich, daran immer wieder er- innern zu müssen. Aber was soll man z. B. dazu sagen , daß gebildete Leute von Rang und Titeln jahrelang sich der Zahlpflicht entziehen, und dann einfach abbestellen, ohne ihre Schuld zu berichtigen? Es waren hauptsächlich Ausländer, die früher auf solche Weise Berajah belasteten. Störender als Papiernot und technische Kriegsschwierigkeiten ist es, wenn der Herausgeber für solche Angelegenheiten wertvolle Zeit opfern muß. Es liegt vollkommen in der Hand der Abonnenten, JJm- fang und Erscheinen von Berajah selbst unter schwierigen Umständen zu fördern. Die seltenen freien Stunden muß ich jetzt statt aufs Zeich- nen und Schriftstellern auf freundliche Mahnbriefe verwenden. Denn wenn der Briefschreiber nicht sehr liebenswürdig ist, wird „abbestellt" ! 0. Kl.

50

Zwei 70 er.

Die Deutsclie Ornitliologisclie Gesellscliaft hat des 70. Geburts- tags ihres Generalsekretärs des Herrn Geheimrats Professor Dr. Eeicheuow in würdiger Weise gedacht. Ich bedaure, daß ich nur nachträglich wegen Hindernissen oben angedeuteter Art hier den Dank aussprechen kann, den ich dem rüstigen, allzeit schaffensfrohen Siebziger für manche genußreiche Stunde im Berliner Musenm und den wir ihm alle für seine Arbeiten schulden. Um so mehr muß ich ferner bedauern, daß ein Münchener Ornithologe sachliche Meinungsverschiedenheiten, die ich stets als unwesentlich betrachtet habe, in wenig taktvoller Form unter Anführung meiner Ansichten gegen den um so viele Jahrzehnte älteren, hochverdienten und hochangesehenen Kollegen geltend machte.

Am 28. Dezember vollendet auch mein lieber Freund und Lehr- meister Victor Eitter von Tschusi zu Schmidhoffen sein siebzig- stes Lebensjahr. Einen kurzen Gruß nur kann ihm „Falco" dazu wieder senden. Die Zeit, der das Bildnis im Jahrgang 1907 angehört, Liegt weit zurück, aber unvergeßlich ist mir der Tag, wo er mir seine „Eeihen", seine Art des Sammeins zeigte.

Es gibt eine Systematik, die scharf und klar trennt. Sie hat ihre großen , ihre sehr großen Verdienste. Es gibt eine andere Systematik, die verbindet, die natürliche Eeihen und Brücken sucht und so der wirklichen Art nachspürt. Sie paßt Bruchstücke zusammen. Beide Methoden ergänzen sich.

Es gibt Zeitschriften, bei deren Empfang sich der Fachmann jedes- mal ärgern muß über dilettantische Lrtümer, die der Herausgeber über- sehen hat. Bei Tschusis Jahrbuch verläßt den Leser nie der Eindruck, daß das prüfende Auge des Meisters auf jeder Zeile geruht hat, des Meisters mit der selten schönen Handschrift. Wer mit ihm in Brief- verkehr gestanden, wer als Gast in der Villa Tännenhof geweilt, der weiß, daß es ein festes natürliches Band ist, das uns Deutsche und Österreicher verbindet, uns und alles was aufrichtig und treu ist in der Welt.

Heil unseren beiden Siebzigern von 19] 7 ! ^ j^.

Die ßuhestellimg von Rauch- und 31elilschwalbe.

Beide Schwalben kann man schon aus großer Entfernung daran unterscheiden, daß die Mehlschwalbe im Sitzen den Schwanz herabhängen läßt, wobei Schwanz und Flügel einen starken V/inkel bilden. Bei der Eauchschwalbe liegt der Schwanz mit den Flügeln fast in einer Linie, wenn sie nicht krank oder übermüdet ist. Auf Abbildungen werden beide Arten oft falsch dargestellt. O. Kl.

Die Ausgabe der buuteii Tafeln von 1916 und 1917 kann aus technischen Gründen erst 1918 erfolgen.

FALCO.

XIU. .Iah

rgang.

Sonderheft.

Januar

1917.

Herausgeber:

0.

Kleinschmidt,

Dedei

\stedt

Bez.

Halle a./S.

Von Graf H. von Berlepsch.

Unveränderter berechtigter Neudruck. Zuerst erschienen im „Witzenhäuser Kreisblatt u. Tage- blatt" 46. Jahrgang No. 32 (7. Februar 1915) und No. 33 (9. Februar 1915),

Kommissionsverlag Oebauer-Schwetschke Druckerei und Verlag m. b. H.,

Halle a./S., Gr. Märkerstr. 10.

Preis für Berajah und Faico mit allen Beilagen jährlich 9 Mark.

Einiges über die Winterfötterung der Vögel.

Von Graf von Berlepsch (Schloß Berlepsch).

1. Wer Brotgetreide verfüttert, versündigt sich am Vaterlande und macht sich strafbar;

2. Wer mit dem Brote spart, erwirbt sich ein Verdienst vor dem Vaterlande;

3. Gedenket der darbenden und frierenden Vögel;

so und ähnlich lauten jetzt die Aufrufe in den öffentlichen Blättern.

Der Aufruf zu 1 erinnert die Bevölkerung an die Befolgung gesetzlicher Vorschriften, deren Uebertretung schwere Strafen und sonstige Nachteile im Gefolge haben würde Die Zeitungs- redaktionen erwerben sich daher ein besonderes Verdienst, wenn sie die Bevölkerung an hervorragender Stelle auf die Beachtung dieser gesetzlichen Vorschriften aufmerksam machen.

Der Aufruf zu 2 richtet sich an den patriotischen Sinn der Bevölkerung und wird hie und da auf fruchtbaren Boden fallen, verdient also auch volle Anerkennung.

Der Aufruf zu 3, dem ich übrigens in diesem Winter noch nicht im Witzenhäuser Kreisblatt, wohl aber in großen Berliner Zeitungen (z. B. im ,,Tag') begegnet bin, richtet sich an die Vogelfreunde, ihm liegt die Vorstellung zu Grunde, daß die Wintervögel zu Grunde gehen müßten, wenn der Mensch ihnen das zur Erhaltung ihres Lebens notwendige Futter nicht ver- abfolgen würde.

Diese Vorstellung ist eine durchaus irrtümliche, wie im Folgenden nachgewiesen werden soll. Zunächst wäre zu unter- suchen, ob es jetzt überhaupt zulässig ist, Brotkrumen und Ge- treide als Futter an wilde Vögel auszustreuen. Wenn es schon Vorboten ist Brotgetreide zu verfüttern, so muß das Verfüttern von gebackenem Brot doppelt strafbar erscheinen, sei es, daß es sich "um das liebe Vieh, welches doch in erster Linie einen Anspruch daraif hat, gefüttert zu werden, sei es, daß es sich um herrenlose Vögel handelt. Jedenfalls kann es nicht gebilligt werden, wenn in dieser ernsten Zeit Brotkrumen und Getreide vergeudet und verstreut werden. Als Vogelfutter kommen frei- lich auch andere Sachen wie Hanf, Leinsamen, Hirse, Fette u dergl. in Betracht Es werden sogar besondere Präparate als Vogelfutter in den Handel gebracht, wofür nicht wenig Geld ausgegeben wird. Es ist daher wohl die Frage am Platze, ob solche Ausgaben in den jetzigen schwierigen Zeiten sich recht- fertigen lassen.

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Rs muß ja antMkannt werden, daß der Wunsch, den wilden Vögeln im Winter den Kampf ums Dasein zu erleichtern, einer edlen menschlichen Regung entspringt und es ist daher aufs Sorgfältigste zu prüfen, ob es gerechtfertigt ist, solchen Be- strebungen entgegenzutreten und i\cn opferwilligen Futter- spendern zu raten, ihre Tätigkeit einzustellen Jedenfalls ist aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen eine Aufklärung am Platze. Jeder mag dann seine Schlüsse ziehen und infolgedessen die ihm liebgewordene Tätigkeit entweder fortsetzen oder ein- stellen.

Sehen wir ims zunächst einmal unsere Vogel darauf an, welche Arten für die Winterfütterung in Frage kommen.

Wir teilen unsere Vogelarten ein in:

1) Standvögel (d. h solche Brutvögel, die mehr oder weniger zu allen Jahreszeiten am gleichen Standort anzu- treffen sind).

2) Strichvögel (d h. solche Brutvögel, welche nicht immer an den gleichen Standorten anzutreffen sind und sich vor und nach der Brutzeit von ihren gewohnten Standorten zeit- weilig entfernen, ohne vollständig zu verziehen)

3) Zugvögel (d. h. solche Brutvögel, die sich nur während der Brutzeit bezw. etwas vorher und nachher bei uns auf- halten und während der übrigen Zeit in südlichen Gegenden verweilen;,

4) Wintergäste (welche nur in den Wintermonaten bezw. etwas vorher und nachher sich bei uns aufhalten und im Frühjahr ihren nördlichen Brutplätzen [in Skandinavien, Rußland usw.] wieder zufliegen).

5) Durchzugs Vögel (d. h. solche, welche auf ihrem Durch- zuge im Frühjahr und Herbst nur kurze Zeit, aber ziemlich regelmäßig bei uns erscheinen).

7) Irrgäste (unregelmäßige und seltene Erscheinungen, die den Charakter der einheimischen Vogelwelt in keiner Weise beeinflussen und wirtschaftlich ohne Bedeutung sind). Die Zahl der in unserem Kreise Witzenhausen nachge- wiesenen Vogelarten dürfte 140 nicht übersteigen. Von diesen sind höchstens 90 als Brutvögel nachgewiesen. Von den Brut- vögeln verlassen uns nach vollendetem Brutgeschäft etwa 50 Arten, um erst im Frühjahr an ihre Brutplätze zurückzukehren. Solche Brutzugvögel werden von manchen Ornithologen als Sommergäste bezeichnet Nach Ansicht des Verfassers ist das nicht richtig, denn der Vogel ist da zweifellos heimatbe- rechtigt, wo er geboren ist, we^in auch zugegeben werden kann, daß es sich vielleicht '.m solche Arten handelt, welche südlicheren Ursprungs sind und nördlichere Gegenden nur aufsuchen, um das Brutgeschäft zu erledigen. Eine andere Vorstellung ist die, daß diese Vögel im Herbst nach Süden wandern, weil sie in den Wintermonaten in ihrer Heimat nicht die zusagende und ausreichende Nahrung finden. Da es sich bei den Zugvögeln meist um starke Insektenfresser handelt, so ist diese Erklärung

3

des Vogelzuges die wahrscheinlichste. Freilich bleiben auch einige Insektenfresser im Winter bei uns zurück. Das Somnier- goldhähnchen zieht fort, das nahe verwandte Winter- goldhähnchen überwintert bei uns und leidet im Winter durchaus keinen Mangel. Der Maue rse g le r (Turmschwalbe) verläßt uns schon Ende Juli oder Anfang August, sobald er seine Brut groß gezogen hat.

Jedenfalls handelt es sich bei dem Vogelzug nach dem Süden um eine anererbte Gewohnheit der Vögel. Der gefangene Vogel einer Art, welche uns im Herbst verläßt, wird zur Zug- zeit im Käfig unruhig und unbändig.

In Nordamerika vollzieht sich in jedem Jahr dieselbe Er- scheinung des Vogelzugs wie bei uns. Auch dort wandern die meisten Insektenfresser, Wasservögel usw. im Herbst nach dem Süden. Nach Abzug der etwa 50 Arten, welche uns nach voll- endetem Brutgeschäft im Herbst verlassen, verbleiben etwa 40 Arten die als Stand- und Strichvögel bei uns überwintern. Hierzu kommen noch etwa 15 Arten, die uns im Winter [bezw. Herbst und Frühjahr] als mehr oder weniger regelmäßige Gäste besuchen (darunter von kleineren Vögeln als regelmäßige Gäste: der Bergfink, die Weindrossel, der Krammetsvogel; als unregel- mäßige Gäste: der giüne Zeisig, der Leinzeisig, der Pallas- Würger, der Seidenschwanz und andere).

Die folgenden insektenfressenden Singvogelarten überwin- tern bei uns : 1 . die Schwarzamsel, 2. die Misteldrossel (nur strich- weise in einigen Gegenden vorkommend), 3. die Wasseramsel (die sich nur an Flüssen und Bächen in wenigen Exemplaren aufhält), 4. der Zaunkönig (nur in wenigen Exemplaren über- winternd, die meisten ziehen fort), das Rotkehlchen (nur selten in wenigen Exemplaren zurückbleibend, in kalten Wintern ganz fortziehend), 6. die Kohlmeise, 7. die Blaumeise, 8. die Tannen- meise, 9. die Sumpfmeise, 10. die Haubenmeise, II. die Schwanz- meise, 12. das Wintergoldhähnchen, 13. der Kleiber (Blauspecht, Spechtmeise), 14. der Baumläufer (von dem man jetzt 2 Arten unterscheidet), 15. die Gebirgsbachstelze, 16. die Haubenlerche (in Städten und an Bahnhöfen), 17. die Feldlerche (bleibt in milden Wintern in kleinen Gesellschaften zurück).

Ferner die nordischen Gäste: 18. die Weindrossel [Durch- zügler], 19. der Krammetsvogel

Von den Körnerfressern überwintern bei uns: 20. der Haussperling, 21. der Feldsperling (der aber oft weit verstreicht und nicht überall an den gewohnten Standorten zu finden ist),

22. die Goldammer (auch mehr oder weniger Strichvogel),

23. der Buchfink (nur wenige Männchen bleiben im Winter bei uns, die Hauptmenge der Männchen und Weibchen ziehen im Winter nach Süden), 24. der Dompfaff (Gimpel), 25. der Kern- beißer (ein scheuer und nicht häufiger Vogel der sich meist im Walde aufhält), ferner die nordischen Gäste: 26. der Berg- fink, 26. der Leinzeisig (nicht regelmäßig); von den Würgern besucht uns im Winter: 28. der große Pallas-Würger (Lanius

major Fall, mit mir einem weißen Fliiirelspiej^el auf den Iland- scliwinj^fen als Wintei\L;ast aus dem Norden und Osten, während die bei uns biiitende Form mit zwei Flüj^elspiegeln im Winter fortzielit),

Von den rahenartij^en Vögeln überwintern bei uns: 2'J. die Rabenkrähe, 30. die Saatkrähe (nur strichweise, wohl kaum Brutvogel im Kreise), 31. die Dohle (nur strichweise), 32. die Klster (nur strichweise), 33. der Häher; ferner als Gast aus dem Norden und Osten: 34. die Nebelkrähe. Der Tannenhäher ist ein sehr unregelmäßiger und seltener Wintergast.

Von insektenfressenden Spechten überwintern bei uns; 35. der große Grünspecht (nur strichweise) 3(). der Grauspecht, 37. der große Buntspecht, 38. der mittlere Buntspecht, 39. der große, seltene Schwarzspecht. Es überwintert ferner an offenen Stellen der Flüsse: 40. der Eisvogel.

Von Tagraubvögeln überwintern: 41. der Bussard, 42. der Habicht (welcher recht selten geworden ist), 43. der Sperber (jedoch nur in einzelnen Exemplaren). Von Nachtraubvögeln überwintern : 44. der Waldkauz, 45. die Schleiereule, 46. die Waldohreule (nicht häufig), 47. der Steinkauz (nicht regelmäßig) und als Wintergast ziemlich regelmäßig: 48. die Sumpfohreule.

Von hühnerartigen Vögeln überwintert: 49. das Rebhuhn, 50. der Auerhahn (aber nur in wenigen Revieren des Kaufunger Waldes); der Fasan kann wohl kaum bei uns als wilder Vogel angesehen werden. Er wird immer wieder aufs Neue ausgesetzt. Es überwintert in milden Wintern in einzelnen Scharen: 51. die Ringeltaube.

Von den Enten sind regelmäßige Wintergäste: 52. die Stockente, 5o. die Krickente. Die Schellente und die Pfeifente erscheinen nur selten.

Es überwintert in der Werra: 54. der kleine Steißfuß (Taucher).

Endlich kann als zeitweiliger Wintervogel betrachtet werden: 55. der Star (der in milden Wintern oft in kleinen Scharen zurückbleibt und jedenfalls oft schon im Februar wieder erscheint).

Von den oben genannten 55 Wintervogelarten kommen für die Winterfütterung an den Futterplätzen wohl nur die fol- genden als regelmäßige Erscheinungen in Betracht: 1. die Schwarzamsel, 2. das Rotkehlchen (soweit einzelne Exemplare überhaupt hier geblieben sind), 3. die Kohlmeise, 4. die Blau- meise, 5. die Sumpfmeise, 6. der Kleiber (Blauspecht oder Spechtmeise), 7. die Goldammer, 8. der Buchfink, 9. der Haus- sperling, 10. der nordische Bergfink.

Die Tannenmeise, die Haubenmeise, das Wintergoldhähn- chen, der Zaunkönig werden sich nur selten einfinden, weil ihre Gewohnheiten ihnen das regelmäßige Erscheinen an den Futterplätzen nicht gestatten oder weil ihnen das dort gereichte Futter nicht zusagt. Daselbe gilt von einigen anderen Winter- vögeln. Sollte der eine oder der andere dieser Vögel gelegent-

lieh ciiinuil an den Initterplätzcn crschciiicii, so würde das doch Hir seine iegehiüißige h'rnähiung ohne Bedeutung sein. Aber auch von den oben genannten 10 Arten wird nur ein ganz geringer Prozentsatz der bei uns übeiwinternden hidividuen regehnäüig an den Futterplätzen erscheinen. Die überwiegende Mehrzahl der Individuen dieser 10 Arten (deren Gesamtzahl in unserem Kreise auf Hunderttausende zu schätzen ist) verbleibt im Walde, am Wasser, in den Dörfern und Gutshöfen, wo diese Vögel ausreichendes Futter finden. Was im besonderen die Waldvögel betrifft, so haben sie die Gewohnheit in größeren oder kleineren Scharen den Wald zu durchstreifen, um Insekten- eier und Puppen usw. zu suchen. Fs handelt sich um Beute- züge, bei denen der Instinkt die Vögel veranlaßt, gemeinsame Sache zu machen. Alle Meisenarten, das Wintergoldhähnchen, der Kleiber, der Baumläufer, Buchfink und Spechte vereinigen sich zu Gesellschaften, welche eilig und munter die Wälder durchstreifen und dabei jedenfalls auf ihre Rechnung konmien, denn fast alle diese Vögel setzen im Winter erheblich Fett an, wie man sich bei geschossenen und auch bei gelegentlich tot aufgefundenen Vögeln überzeugen kann.

Diese Beutezüge scheinen nicht einmal durch Futternot veranlaßt zu sein, denn man sieht dieselben Scharen bereits im August und September und früher die Wälder durchstreifen.

Dieselbe Erscheinung ist auch in den tropischen Urwäldern Südamerikas beobachtet worden, wo doch stets reich gedeckter Tisch vorhanden ist

Daß manche Vögel im Winter durch Erfrieren zu Grunde gehen, ist nicht unwahrscheinlich. Vielleicht tritt hin und wieder Gehirnschlag ein, infolge unregelmäßiger und zeitweise zu reichlicher Nahrungsaufnahme. Das kann gerade bei den Vögeln vorkommen, welche sich an den Futterplätzen durch ungewohntes Futter zu reichlich gesättigt haben. Es ist bekannt, daß Kohl- meisen durch Fressen von zuviel Hanfsamen fallsuchtartige Anfälle bekommen.

Jedenfalls muß sich die Mehrzahl der bei uns überwintern- den insektenfressenden Vögel auch ohne Hilfe des Menschen durchschlagen, wobei es natürlich auch vorkommen kann, daß hie und da einmal ein Vogel am Hunger zu Grunde geht. Ob man aber den Vögeln durch Verabreichung von sehr reich- lichem, nicht naturgemäßen Futter einen Dienst leistet, ist sehr fraglich. Die Vögel die regelmäßig die Futterplätze besuchen, werden derartig verwöhnt, daß sie es verlernen, die ihnen be- sonders dienliche naturgemäße Nahrung zu suchen.

Man denke daran, daß die in Gefangenschaft gehaltenen Vögel, wenn sie freigelassen werden, meist elend zu Grunde gehen, weil sie nicht mehr in der Lage sind, die Nahrung zu gewinnen, die ihnen in der Gefangenschaft gereicht worden ist. Setzen wir nun einmal den Fall : Es gelänge mit Aufwendung unverhältnismäßig großer Kosten in unsern Wäldern Tausende von Futterplätzen einzurichten und damit allen sich dort auf-

haltenden insektenfressenden Vögeln täglich ausreichende Fett- und Körner- (Samen-) Nahrung zu verabreichen. Was würde die Folge sein ? Die Vögel würden ihre Beutezüge einstellen und die hisektenbruten würden nicht mehr aufgesucht und zer- stört werden. Damit würde also gerade das Gegenteil erreicht von dem, was die V^ogelschutzleute beabsichtigen. Sie wollen den sogenannten Höhlenbrütern (Meisen usw.) besonderen Schutz angedeihen lassen, weil sie der Ansicht sind, daß diese Vögel der Land- und Forstwirtschaft durch Vernichtung der Insektenbrutcn großen Nutzen stiften. Verfasser dieses steht allerdings dieser Theorie etwas ungläubig gegenüber, jedoch ist hier nicht der Ort näher darauf einzugehen.

Sehen wir uns nun noch einmal die Liste der die Futter- plätze regelmäßig besuchenden Vogelarten darauf an, ob diese Arten wirklich menschlichen Schutz benötigen und verdienen.

Da kommt zunächst die Schwarzamsel in Frage. Diese hat sich in den letzten Decennien in geradezu unheimlicher Weise ve. mehrt. Der verstorbene Direktor der Forstakademie in Münden, Oberforstmeister Dr. Borggreve, ließ vor etwa 30 Jahren über 100 Schwarzamseln in einem Jahre im dortigsn Akademie-Garten abschießen und stellte im darauffolgenden Jahre fest, daß ihre Zahl sich keineswegs vermindert hatte.

Die Schwarzamsel hat keinen guten Charakter, sie frißt gelegentlich junge Vögel, ist zänkisch, verdrängt die Nachtigall, verursacht an Beeren- und anderem Obst großen Schaden usw. Trotzdem möchten wir sie wegen ihres angenehmen Gesanges und aus anderen Gründen nicht missen. Aber sie besonders zu schützen und zu füttern, dazu liegt absolut keine Veran- lassung vor. Eher wäre es angezeigt, ihrer übermäßigen Ver- mehrung zu steuern.

Die Kohlmeise steht ebenfalls in keinem besonders guten Rufe. Es ist nachgewiesen, daß sie gelegentlich andere kleine Vögel tötet und ihr Gehirn verzehrt. Auch sie vermehrt sich zusehends.

Die anderen kleinen liebenswürdigen Meisenarten und der Kleiber brauchen aus den oben angeführten Gründen nicht ge- füttert zu werden, weil sie stets die ihnen dienliche Insekten- Nahrung finden, Goldammer und Buchfink finden stets reichliche Nahrung auf den Miststellen in den kleinen Städten, Dörfern und auf Gütern, wobei auch manches Saatkorn er- wischt wird.

Sollen wir den nordischen Bergfink noch besonders füttern, der uns so großen Schaden an der Buchmast verursacht? Hat der Sperling einen Anspruch darauf, daß wir uns seiner besonders annehmen?

Sollen wir endlich für die wenigen hier zurückbleibenden Rotkehlchen besondere Futterplätze errichten, damit sie nicht zu Grunde gehen. Das wäre doch wohl eine übertriebene Sentimentalität!

Also die Herren Vogelfütterer mögen sich beruhigen. Die Wintervögel werden sich in der Regel gut durchschlagen auch wenn sie die Futterplätze des Menschen entbehren müssen.

Der Vogel hat Flügel und kann sich leichter in Gegenden begebe'!!, wo er das ihm zusagende Futter findet, als der Vier- füßler, dem es tatsächlich im Winter oft recht schlecht geht.

Das Füttern der Vögel im Winter ist nicht notwendig, ja es kann den Vögeln leicht Schaden bringen, wenn es unsach- gemäß betrieben wird.

Das Vogelfüttern ist nichts weiter als ein hübscher Sport, der dem Städter (oder sagen wir lieber dem Großstädter) sehr wohl zu gönnen ist, weil er dadurch der Vogelwelt von der er sonst nichts oder wenig weiß, näher tritt und wodurch in ihm die Liebe zur Natur geweckt wird. Nur soll er sich nicht ein- bilden, daß er damit ein großes nützliches Werk vollbringt. Brot und Getreide aber soll und darf er in diesen Kriegszeiten seiner Lieberei nicht opfern.

ORNIS GERMANICA

iillllillllllllllllllllllllllilliillllliilillllllllllllillli

von 0. Kleinschmidt.

Ausf;'egeben :

Mai 1917

Beilage zu Falco.

pp. = propo boi noch, unbenannten odor sehr wenig verschiedenen Formen. p. u. = pro usu bei Verwerfung älterer Namen. Helg. = Helgoland. ?? -= Zweifel botreffend Selb- ständigkeit der Kealgattung, Zugehörigkeit der Rasse, Namongebung, Unterscheidbarkeit (Berechtigung), Bestim.niung oder Vorkomm^en. ab. = aberratio.

1. Prunella Accentor (Kl.)

1. modularis (L. Schweden)

2. Prunella Alpina

1. collaris (Scopoli Kärnten)

3. Fringilla Petronia (Kl.)

1. pp. typo-petronia (L. Italien)

4. Fringilla Passer (Kl.)

1. pp. domestica (L. Schweden)

2. ? pagorum (Brm. M. -Deutschi.) bis 8,6

3. pp. hostilia (Kl. Engl.) Rhein bis 8,3

5. Fringilla Campestris (Kl.) 1. montanus (L. Schweden)

6. Loxia Nivalis

1. typo-nivalis (L. Schweiz ?)

7. Loxia Coelebs (Kl.)

1. typo-coelebs (L. Schweden)

8. Loxia Borealis (Kl.)

1. montifringilla (L. Schweden)

9. Loxia Coccothraustes (Kl.)

1. typo-coecothraustes (L. Italien)

10. Loxia Chloris (Kl.)

1. typo-chloris (L. Schweden)

11. Loxia Carduelis (Kl.)

1. typo-carduelis (L. Schweden)

2. ? pp. typo-cardueUs (L.) Rhein kleiner?

12. Loxia Spinus (Kl.)

1. typo-spinas (L. Schweden)

13. Loxia Linaria (Kl.)

1. ? sibirica (Hom. Sibirien)

2. typo-linaria (L. Schweden) 2a. ab. ? holboelli (Brm )

3. rufescens (Vieill. p. u.) statt cabaret?

14. Loxia Flavirostris (Kl.)

1. typo-flavirostris (L. Schweden)

15. Loxia CitrineUa (Kl.)

1. typo-citrinella (L. S. -Europa)

16. Loxia Cannabina (Kl.)

1. typo-cannabina (L. Schweden)

2. ?pp. typo-cannabina (L.) Rhein kleiner?

Loxia Metoponia

1. pusilla (PaU. Kaukasus) Helg. ?

17. Loxia Canaria (Kl.)

1. serinus (L. O.-Europa) !

2. (canaria ab. domesticae)

18. Loxia Pyrrhula (Kl.)

1. typo-pyrrhvila (L. Schweden)

2. ? germanica (Brm. Deutschland)

3. europaea (Vieill. Frankreich)

19. Loxia Erythrina (Kl.)

1. V erythraea (Endler & Scholz, Breslau)

20. Loxia Pinicola (Kl.)

1. enucleator (L. Schweden)

21. Loxia Auto-Loxia (Kl.)

? 1. pytyopsittacus (Borkh. Rhein?)

2. cvLTvirostra (L. Schweden)

3. caucasica (But. Kaukasus)

4. rubrifasciata(Bp.&Schleg. M.-Europ.)? ? 5. bifasciata (Brm. Thüringen)

22. Emberiza Vulgaris (Kl.)

1. citrinella (L. Schweden)

2. sylvestris (Brm. M. -Deutschland)

3. leucocephalos (S. O. Gmelin, Astrachan)

23. Emberiza Miliaria (Kl.)

1. calandra (L. Schweden)

2. ? germanica (Brm. Deutschland)

8. projer (P. L. S. Müll. Frankreich)

24. Emberiza Hortiüana (Kl.)

1. typo-hortulana (L. Schweden)

2. ? pp. typo-hortulana (L.) Westen kleiner ?

25. Emberiza Caesia. Sehr nahe 24.

1. typo-caesia (Cretzschm. Nil.) Helg.

26. Emberiza Cia (Kl.)

1. tyjio-cia (L. Österreich) ?

2. ? pp. typo-cia (L.) Rhein dünnschnäbl. ?

Realg'attuQgfsnaiiien schreil)t man groß! Kassenamen schreibt man klein!

ORNIS GERMANICA

Die Wisseuschaft ist niclit der Namen wegen da, sondern die Namen sind der Wissenscliaft wegen da I

27. Emberiza Cirlus (Kl.)

1. typo-cirlus (L. S.-Europa)

Emberiza Cinerea

1. typo-cinerea (Strickl.Smyrna) Helg.1877 ?

28. Emberiza Melanocephala

1. melanocephala (Scop. Kämthen?) Helg. ? 2. luteola (Sparrm. !) Helg. 1860

99. Emberiza Spodocephala (.I.f.Orn. Taf. 1911) 1. form, nov.? (Sibirien?) Helg. 1911

30. Emberiza Aureola

1. typo-aureola (PaU. Irtisch)

31. Emberiza Rustica

1. typo-rustica (Fall. Dauricn) Helg.

32. Emberiza Pusilla

1. typo-pusilla (Pall. Daurien)

Emberiza Chrysopbrys

1. typo-chrysophrys (Pall. Daurien) ? ?

33. Emberiza Nivalis (Kl.)

1. typo-nivalis (L. Lappland)

34. Emberiza Lapponica (Kl.)

1. typo-lapponica (L. Lappland)

85. Emberiza Schoeniclus (Kl.)

1. microrhynchos (Brm. Deutschland i

2. typo-schoeniclus (L. Schweden)

3. riparia (Brm. Deutschland) ?

? 4. pyrrhuloides (PaU. Wolga) Helg.

? Dolichonyx Oryzivorus

1. typo-oryzivorus (L. Cuba) Helg. (navi inductus ?)

36. Dendroica Virens

1. typo-\-irens (Gm. Pensilv.) Helg. 1858

37. Alauda Arvensis (Kl.)

1. typo-arvensis (L. Schweden) (la. ab. bugiensis Brm. Rügen?)

2. pp. typo-arvensis (L.)

38. Alauda LuUula

1. arborea (L. Schweden)

39. Alauda Galerita (Kl.)

1. pp. cristata (L.) Schlesien?

2. cristata (L. Deutschland!)

3. pp. galliae (Brm. Frankreich)

40. Alauda Otocorys (Kl.)

1. flava (Gm. Sibirien)

2. ? striata (Brm. Europa)

41. Alauda Calandra

1. tydo-calandra (L. Pyrenäen)

42. Alauda CalandreUa

1. brachydactyla (Leisler S.-Frankroich)

43. Alauda Alaudula

1. heinoi (E. v. Hom. Wolga) Helg.

44. Alauda Sibirica

1. typo-sibirica (Gmel. Irtisch)

45. Alauda Nigra

1. yultonensis (Forst. Wolga)

46. Anthus Arboreus (Kl.)

1. trivialis (L. Schweden)

47. Anthus Pratensis (Kl.)

1. typo-pratensis (L. Schweden)

48. Anthus Cervinus (nahe 47)

1. typo-cervinus (PaU. Ostsibirion)

49. Anthus Aquaticus (Kl.)

1. spinolettti (L. Italien)

2. littoralis (Brm. Dänemark)

3. pensilvanicus (Lath. N.-Amer. nee ru- bescens Tunst.!)

50. Anthus Campestris (Kl.) 1. mosellanus (Gm. Mosel)

51. Anthus Macronyx (nahe 50)

1. richardi (Vieill. Frankreich)

52. Motacilla Alba (Kl.)

1. typo-alba (L. Schweden) la. ab. cervicalis (Brm.)

2. pp. arduenua (Kl. Frankreich)

3. yarrelli (Goiild Brit. Ins.)

53. Motacilla Sulphurea (Kl.)

1. typo-sulphurea (Bechst. Thüringen)

54. Motacilla Citreola

1. typo-citreola (PaU. Ostsibirien)

55. Motacilla Budytes (Kl.)

1. thunbergi (BiUberg Lappland)

2. flava (L. Schweden)

3. rayi (Bp. Brit. Inseln)

56. Hirundo Rustica (Kl.)

1. typo-rustica (L. Schweden)

2. pp. rustica (L.)

2a. ab. i>agorum (Brm.)

57. Hirundo Daurica

1. rufula (Temm. Ägypt.)

58. Hirvmdo Urbica (Kl.)

1. typo-urbica (L. Schweden)

2. pp. meridionalis (Hart. N.-Afr.) Odenw.

Hirundo Riparia (IQ.)

1. typo-riparia (L. Schweden)

Hirundo Rupestris

1. typo-rupestris (Scop. Tirol)

BombyciUa Circumpolaris (Kl.) 1. garrula (L. Schweden)

Muscicapa Gi-isola (Kl.)

1. typo-grisola (L. Schweden)

Muscicapa Luctuosa (Kl.)

1. atricapilla (L. Schweden)

2. coUaris (Bohst. Thüringen)

Muscicapa Parva (Kl.)

1. typo-parva (Bebst. Thüringen)

Endziel der systeuiatisclien Wissenscliaft ist nicht Entdeckung von Arten, sondern Entdeckung der „Art"! Wer sich in der ersteren verliert, sielit zuletzt „ior Bäumen den Wald nicht", d.h. Tor „Arten" „die Art" nicht.

OJINIS OEllMANICA

Realgrattiinersnameii schreibt man mit großen Anfangsbiiclistabeii I

6"). LaiiiiLs Excubitor (Kl.)

1. major (Fall. N.-Rußland ! !)

i typo-oxcnbitor (L. Schweden)

3. |)p. excubitor (L.)

•t. hoinoyori (Gab. Wolga)

5. meridionalis (Temm. Provence)? HelK.V

Piö. Lanins Minor (Kl.)

1. tyiio-mmor (Gm. Italien)

07. Lanius Senator (Kl.)

1. typo-senator (L. Rhein)

68. Lanius Collurio (Kl.)

1. oxcollurio p. u.

2. isabeUinus (Hompr. & Elir. Arab.) Helg.

09. Saxicola Borealis (Kl.)

1. loucorhoa (Gm. Senegal)

2. oenantho (L. Schweden)

3. grisea (Brin. Deutscliland)

70. Saxicola Meridionalis

1. hispanioa (L. Spanien) Helg.

V -2. pleschanka (Lepech. Saratow Wolga

Helg.)

71. Saxicola Deserticola

). albifrons (Brandt Westsibir.) Helg. 1856/57/80 Saxicola Leucura

1. typo-leucura (Gm. Gibraltar) Helg. 1S80V

Saxicola Atricapüla (Kl.) 1. rubicola (L. Franlvreich)

73. Saxicola Pratensis (Kl.)

1. rubetra (L. Schweden) Zugv. ?. pp. rubetra (L.) Brutv.

74. Monticola Saxatilis (nee Ruticilla) 1. typo-saxatilis (L. Schweiz)

75. Monticola Merula (la. 1906)

1. solitarius (L. Italien) Helg.

76. Erithacus Domesticus (Ivl.) 1. ater (Brm. Deutschland) la. ab. atrata (Gm.)

77. Erithacus Diplootocus

1. moussieri (Olphe-Gall. Oran) Helg. 1842

78. Erithacus Arboreus (Kl.)

1. mesoleucus (Hempr. Ehrb. Djedda)

2. phoenicurus (L.) Brutv. 2a. ab. natorjji (Kl.)

79. Erithacus Astrologus (Kl.)

1. gaetkei (Kl. Helgoland) Zugv.

2. suecicus (L. Lappland) Zugv.

3. cyanecula (Wolf Anhalt) Brutv. 3a. ab. wolfi (Brm.)

80. Erithacus Dandalus (Kl.)

1. rubecula (L Schweden)

2. pp. monnardi (Kl. Frankreich)

81. Erithacus Poeta (Kl.)

1. phUomela p. u.

2. megarhynchos (Brm. Deutschland!

V .'!. paÜasi (Gab. Amerika)

82. Erithacus Ustulatus?

1. swainsoni (Gab. Amerika) Helg.

83? Erithacus Fuscescens

1. fuscescens (Steph. Amerika) Helg.?

81. Turdus Bragi (Kl.)

1. pliilomoloa (firm. M.-Deutschl.) Zugv.

9. pp. philomelos (Brm.) Brutv.

3. pp. clarkoi (Hart. Großbrit.) ?

85. Turdus Borealis (KI.)

1. exiliacus p. u. (statt musicus L.)

2. fuscatus (Pall. Daurien)

3. (ab.?) naumanui (Temm. Ungarn)

86. Turdus Arboreus (Kl.)

1. viscivorus (L. England Winter)

2. pp. viscivorus (L.) Ostpreußen

87. Turdus Socius (Kl.)

1. pilaris (L. Schweden)

2. atrogularis p. u. (statt dubius Bochst. 8. ruficoUis (Pall. Daurien)

88. ? Turdus Migratorius

1. typo-migratorius (L. Amerika)

89. Turdus Vernus (KL)

1. merula (L. Schweden)

2. pinetorum (Brm. M.-Deutschl.) ?

3. px>. vulgaris (Sclby. Brit. Ins.) ?

90. Turdus Obscurus

1. typo-obscurus (Gmel. Transbaic.)

91. Turdus Sibiriens

1. tyi50-sibiricus (Pall. Daurien)

£2. Turdus Dauma

1. varius (Pall. Krasnojarsk)

2. typo-dauma (Lath.)?

93. Turdus MoUissimus

1. typo-mollissimus (Blyth Darjiling)

94? Mimus Galeoscoptes

1. caroUnensis (L. Garolina) Helg. navi introd.?

95? Mimus Antimimus

1. rufus (L. N.-Am.) Helg. navi introd. ?

96. Troglodytes Parvulus (KL)

1. troglodytes (L. Schweden)

97. Cinclus Aquatüis (Kl.)

1. cinclus (L. Schweden)

2. medius (Brm. Thüringen)

3. tschusii (Kl. & HUg. Rheingogend

4. meridionalis (Brm. Kämthen)

98. Sylvia Nisoria (Kl.)

1. nisoria (Bchst. Deutschland)

99. ? Sylvia Orphea nahe 98

1. typo-orphea p. u. für hortensis (Gm.)

100. Sylvia Atricapilla (Kl.)

1. typo-atricapilla (L. Schweden) la. ab. rubiicapilla (Landb.)

101. Sylvia Glara (Kl.)

1. clarae (Kl. Tunis)

2. hippolais (L. York, England!)

102. Sylvia Rufocinerea (Kl.)

1. communis (Lath. England)

103. Sylvia Curruca (Kl.)

1. typo-cui-ruca (L. Schweden)

Sylvia Melanocephala

1. typo-melanocephala (Gm. Sardin.)?

Kasseiiamen schreibt man mit kleinen Anfangsbuchstaben!

OKNIS GERMANICA

Wenn in England, Amerika oder sonstwo ein halbrorgessener nnbedentender Autor „aus- gegraben" wird, dann Iialten es selbst znrückfasltendo Vertreter der beschreibenden Tier- kunde für ihre selbstrerständliche wissenschaftliche Pflicht, die „älteren" „neuen" Namen anzuerkennen.

107. ? 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116.

117. 118. 119.

, Sylvia Provinzialis

1. undata (Bodd. Provence) (Helg. ? ?)

2. dartfordiensis (Lath. Engl.) (Helg.?)

Sylvia Agrobates

1. familiaris (Menetr. S.-Kauk.) Helg.

Dendroica S. No. 36

Acrocephalus Hypolais (Kl.)

1. icterina (Vieill. Nancy, Frankr.) ?

2. polyglotta (VieiU. Frankr.) Helg. 1816

Acrocephalus Pallidus

1. typo-pallidus(Hempr&E.Nil) Helg.1883

Acrocephalus Olivarius

1. olivetorum (Strickl. Zante) Helg. 1860?

Acrocephalus Idnna

1. caligatus (Licht. Hek) Helg. 1851

Acrocephalus Agrioola nahe 110 1. typo-agricola (lerd. Indien) Helg.

Acrocephalus Calamoherpe (Kl.) 1. streperus (Vieill. Frankreich)

Acrocephalus Frumentarius (Kl.) 1. palustris (Bchst. Deutschland)

Acrocephalus Turdoidos (Kl.) 1. arundinaceus (L. Schweden)

Acrocephalus Phragmitis (Kl.)

1. ßchoenobaenus (L. S.-Schwedeu)

Acrocephalus Aquatious (Kl.) 1. typo-aquaticus p. u.

Locustella Certhiola

1. typo-certhiola p. u. Helg. 1856

Locustella Threnetria (Kl.)

1. naevia (Bodd. Italien)

2. lanceolata (Temm. Rußl.) Helg. 1909

Locustella Fluviatilis

1. typo-fluviatilis (Wolf. Donau österr.)

Locustella Luscinioides

2. typo-luscinioides (Savi Pisa)

Phylloscopus Zilpzalp (Kl.)

1. tristis (Blyth. Calcutta) Helg. 1816

2. abietinus (Nils. Schweden)

8. pp. coUybita (Tieill. Frankreich) i. collybita (Vieill. Frankreich)

Phylloscopus Fitis (Kl.)

1. acredula (L. Upsala)

2. typo-fitis (Bchst. Thüringen)

Phylloscopus Volitans (Kl.)

1. sibilatrix (Bechst. Thüringen)

2. erlangeri (Hart. Marocco) vermutl.

Phylloscopus Bonellianus 1. bonelli (Vieill. Piemont)

Phylloscopus Borealis

1. typo-borealis (Blas. Ochotsk. Meer)

124. Phylloscopus Nitidus

1. viridanus (Blyth Calcutta) Helg.

2. typo-nitidus (Blyth Calcutta) Helg. 18*57?

125. Phylloscopus Superciliosus

1. typo-superciliosus (Gm. Rußland)

Phylloscopus Fuscatus

1. fuscatus (Blyth Calcutta) Helg.?

126. Phylloscopus Occipitalis

1. coronatus (Temm. & Schi. Japan) Helg 1843

127. Phylloscopus Prorogulus

1. typo-proregulus (Pall. Daurien) Holg. 1845175

128. Regulus Vulgaris (Kl.)

1. regulus (L. Schweden)

2. pp. regulus (L,)

129. Regulus Brehmicus (Kl.)

1. ignicapillus (Temm. Frankreich)

130. Paiiurus Barbatus

1. biarmicus (L. Westeuropa)

131. Parus Fringillago (Kl.)

1. major (L. Schweden)

2. pp. major (L.) ?

132. Parus Cyanetes (Kl.)

1. caeruleus (L. Schweden)

2. pp. caeruleus fL.) ?

3. cyanus (Pall. Wolga)

4. tianschanicus (Menzb. Asien)

133. Parus Meridionalis (Kl.)

1. fruticeti (Wallongr. Schweden)

2. subpalustris (Brm. Renthendorf) 2. longirostris (Kl. Latour)

134. Parus Salicarius (Kl.)

1. tischleri Ostpreußen 6,0 6.6

2. natorpi Schlesien 5,9—6,5 oft

3. tyiio-salicarius (Brm. Renthend.)5,8— 6,5

4. rhenanus (Kl. M.-Rhein) 5,75—6,05

5. subrhenanus (Kl. & Jordans) 5,6.5—6,25

6. submontanus (Kl. & Tschüs.) 6,0—6,7

Parus Cinctus

1. typo-cinotus (Bodd. Sibirien) Helg.?

135. Parus Ater (Kl.)

1. typo-ater (L. Schweden)

136. Parus Lophophanes (Kl.)

1. cristatus (L. Schweden)

2. mifciatus (Brm. Deutschland)

3. ? pp. mitratus (Brm.) W.-Deutschl. ?

137. Parus Acredula (Kl.)

1. caudatus (L. Schweden)

2. europaeus (Herm. Basel)

8. pp.expug-natus(Bacm.&Kl. G.-Frankr.)

138. Parus Pendulinus

1. typo-pendulinus (L. Polen)

Wenn wir uns auf die drei in der Systematik ganz rergessenen Altmeister ans Deutschlands klassischer Zeit besinnen, wird man dann begreifen, daß ihre Grundsätze uns eine Reform zur wissenschaftlichen Pflicht machen, nicht eine Reform ein- zelner Namen, sondern eine Reform aller Namen nach den Gesetzen der Vernunft und nach den Tatsachen der Natur i

ORNIS GERMANICA

Realgattungrsnaiuen schreibt man mit großen Anfangsbuchstaben!

139. Sitta Auto-SiUa (Kl.)

1. homeyeri (Hait. Ostpreußen)

2. roiohonowi. Schlesien, zwischen 1 ii. 3

3. caesia (Wolf Deutschland)

4. hassica, Rhein, dunkler ockerfarbig

110. Certhia Macronyx (Kl.)

1. familiaris (L. Schweden)

2. macrodactyla (Brin. M.-Deutschl. V)

3. rhenana (Kl. Rhein)

141. Certhia Brachyonyx (Kl.)

1. brachydartyla (ßrni. Roda)

2. Vinegarhyuchos (Brm. Wostphal.)

142. Tichodroma Alpina

1. muraria (L. S. -Europa)

M3. Corvus Hierocorax

1. corax (L. Schweden)

144. Corvus Trivialis

1. cornix (L. Schweden)

9. subcorone (Bmi. M.-Deutschland)

14.">. Corvus Trypanocorax

1. tschusii (Hart. Gilgit) Zug 1917

2. frugilegus p. u. (statt corone L.)

3. agrorum (Brm. N.-Deutschland) ?

140. Corviis Coloous

1. collaris (Drumm. Macedon.)

2. monedula (L. Schweden)

3. turrium (Brm. M.-Deutschland)

4. spermologns (Vieill. S.-Frankreich)

147. Corvus Pica

1. typo-pica (L. Schweden)

2. germanica (Brm. M.-Üeutschl.)

3. pp. melanotos (Brm. Spanien)

118. Corvus Nucifraga (Kl.)

1 macrorhyuchos jl n. (neo Wagl.) 9. caryocatactes (L. tichweden) 3. alpestris (p. u. Brm.)

149. Corvus Margolf

1. pp. sewertzowi (Bogd. Kasan)

2. glandarius (L. Schweden)

3. pp. rufitergum (Hart. Brit. Ins.)

Cor^ois Laletris

1. lanceolatus (Vig. Himalaya) import.?

Corvus Porisoreus (Kl.)

1. infaustus (L. Lappland) ? ir)\ Corvus Pyrrhocorone

1. pyrrhocorax (L. England)

1.--1. Corvus Pyrrholycos

1. graculus (L. Schweiz)

152. Sturnus Varius (Kl.)

1. vulgaris (L. Schweden)

153 Sturnus Pastor

1. rosous (L. Lappland)

1.54. Oriolus Galbula

I. oriolus (L. Schweden)

1B5. Clamator Cocc-. stos

1. {.landarius (L. N.-Afrika od. Gibraltar)

156. Cuculus Canorus

1. typo-canorus (L. Schweden) la. ab. hepatica (Sparrm.)

2. pp. canorus (L.)

Picus Martins

1. typo-martius (L. Schweden)

2. ■? pinetorum (Brm. Deutschland)

Picus Major

1. major (L. Schweden)

2. pinetorum (Brm. Deutschland)

3. pp. arduennus (Kl. Frankreich)

Picus Medius

1. tyijo-modius (L. Schweden)

Picus Minor

1. pipra p. u. (statt kamtschatkensis)

2. PX1. typo-minor (L. Schweden)

3. silesiacus zwischen 2 u. 4, Schlesien

4. hortorura (Brm. Renthendorf)

5. pp. bacmeisteri (Kl. Frankreich)

Picus Leuconotus

1. typo-leuconotus (Bechst. Sohles. corr.)

Picus Tridactylus

1. typo-tridactylu« (L. Dalekarl, Alpen)'?

2. alpinus (Brm. Schweiz)?

Picus Viridis

1. typo-viridis (L. Schweden)

2. frondium (Brm. Deutschi, nee pinet.)

Picus Viridicanus

1. canus (Gm. Norwegen)

2. V typo-viridioanus (Bechst! Deutsch!.)

Jynx Torquilla

1. typo-torquilla (L. Schweden)

2. ? arborea (Brm. Deutschland)

Ilalcyon Smyrnensis

1. typo-smyrnensis (L. Smyrna) ?V

Alcodo Ispida

1. subispida (Brm. Westfalen)

Morops Apiaster

1. typo-apiaster (L. Osteuropa)

Coracias Garrulus

1. typo-garrulus (L. Schweden)

LTpupa Epops

1. typo-epojjs (L. Schweden)

2. '? macrorhyuchos (Brm. M.-Deutschl.)

Cypselus Auto-Cypselus (Kl.) 1. apus (L. Schweden)

Cypselus Melba

1. ty230-melba (L. Gibraltar)

Caprimulgus Vulgaris

1. europaeus (L. Schweden)

Caprimulgus Aegyptius

1. typo- aegyptius (Licht. Ägypten) 1875

StrLx Bubo (Kl.)

1. ? germanicus (Brm. Deutschland)

Deut sehe Rassen durch faunenfälscheu- des Aussetzen selten s fanatischer Natur- schützlor in Gefahr, vernichtet zu wer- den.

StrLx Otus (Kl.)

1. typo-otus (L. Schweden)

Strix Brachyotus (Kl.)

1. accijütrinus p. u. (statt flammea T.

Kasfienanicu ^claeibt man mit kleinen Anfaugsbuclsstabenl

ORNIS GEEMANICA

Prima litera „originis" graiidis!

177. Strix Scops

1. typo scops (L. Italien)

178. Strix Dasypus

1. tongmalmi p. u. (statt funeroa)

179. Strix Athene (Kl.) 1. noctua p. u.

ISO. Strix Passeriua

1. typo-passorina p. u.

181. Strix Barbata

1. lapponica (Thuub. Lapplandl

182. Strix Uralensis

1. typo-uralensis (Fall. Ural)

183. Strix Nisoria

1. ulula (L. Schweden)

181. Strix Aluco

1. typo-aluco (L. Schweden)

2. pp. aluco (L.)

185. Strix llammeata ]i. u.

1. vulgaris (Brm. M.-Dcutschland) ab. adspersa (Brm.)

, obscura

guttata ,

splendens

2. rhenana (Kl. Rhein)

186. Falco Hierofalco (Kl.)

1. uralensis (Sew. & Monzb.) Falco, 09, T. 1

2. islandus p. u. (statt islandus Brunn.)

3. gyrfalco i). u. (statt lanarius L.)

4. cyanopus (Thienem. Böhmen)

187. Falco PeregTinus (Kl.)

1. leucogenys (Brm. Deutschland)

2. scandixiaviae (Kl. Schweden)

3. pp. scandinaviae (Ostiireußen)

4. germanicus (p]rl. Thüringen)

5. rhenanus (Kl. westl. v. Rhein)

188. Falco Subbuteo (Kl.)

1. typo-subbuteo (L. Schweden)

189. Falco Aesalon (Kl.)

1. pp. regulus (Fall. W.-Sibirien)

190. Falco Tinnunculus (Kl.)

1. typo-tinnuculus (L. Schweden)

191. Falco Cenchris

1. naumanni (Fleischer S. -Deutschland)

192. Falco Vespertinus

1. typo-vespertinus (L. N. -Rußland)

103. Praedo Vulgaris

1. buteo (L. Schweden?) ?

2. glaucopis (Morrem Göttingen)

3. zimmermannae (Ehmcke Ostpreußen)

191. Praedo Leucurus V Nahe 192 1. rufinus (Cretzschm. Afrika)

195. Praedo Archibuteo

1. lagopus (Brunn. Christiansoe)

196. Praedo Aquila

1. chrysaetos (L. Schweden)

197. Praedo Imperialis

1. heliacns (Savigny Ägypten)

198. Praedo Orientalis. Nahe 197 1. occidentalis p. u.

199. Praedo Naevianus

1. pomarinus (Brm. Pommern)

2. clanga (PaU. Rußland) 2a. ab. boecki (Hom.)

200. Praedo Penuatus

1. typo-pennatus (Gm. ohne terra typica)

201. Praedo Palumbarius

1. gentilis (L. Dalekarl. Alpen)

2. gallinaram (Brm. Deutschi.)

202. Praedo Nisus

1. typo-nisus (L. Schweden)

2. pp. nisus (L.)

Praedo Minullus

1. typo-minullus (Daud. S.-Afr.?) import?

203. Praedo Arundinaceus

1. rufus (Gm. Frankreich) la ab. unicolor (Radde)

204. 205. 206. 207. 208. 209. 210. 211. 212. 213.

Praedo Cyaneus

1. typo-cyaneiis (L. London)

Praedo Pallidus

1. macrourus (S. G. Gmel. Woronez)

Praedo Cineracous

1. pygargus (L. England)

Praedo Circaetus

1. gaUicus (p. u. Gm. Frankr.)

Praedo Pernis

1. apivorus (L. Schweden)

Praedo Pandion

1. fluvialis (Sav. Aegypt.)

Praedo Albicilla

1. typ. -albicilla (L. Schweden)

Praedo Regalis

1. milvus (L. Schweden)

Praedo Atromilviis

1. migrans (Bodd. Frankr.)

Praedo Elanus

1. caeruleus (Degf. Algier)

Für den Sammel-Namenkreis Praedo p. u. können die Gattungsnamen Buteo, Aquila, Accipiter, Circus, Circaetus, Pemis, Pandion, Haliaetus, Milvus, Ela- nus nach Belieben eingesetzt werden.

VultuT Gyps

1. fulvus (Hablizl Gilan)

Vultur Monachus

1. typo-monachus (L. )

(Vultar Percnopterus)

1. percnopterus (L. Ägypt.) unbewiesen

(Phasianus Vulgaris)

1. pp. colchicuB (L. )

"Vielfach Mischblut und eingebürgert, also ein unechtes Glied der Fauna, da- her nicht mitzuzählen.

Tetrao Perdix

1. typo-perdix (L. Schweden)

2. iip. perdix (L.)

Prima litera „progeniei'* minutal

ORNTS GERMANICA

Kealgattnugsnameii schreibt man mit großen Anfangslmchstabe»!

Tetriio Coturnix

1. typo- coturnix (L. Schweden)

Totrao Rufus

1. typo-rufus (L. S. Europa?)

Tetrao Saxatilis

1. typo-saxatilis (Wolf & Meyer S.Deutschl.)

Tetrao Urosjallus

1. major (Brm. Doutschland)?

Totrao Lyrurus

1. tetrix (L. Schweden)?

2. junipororuni (Brm. Thüringen)

Totrao

1. bonasia (L. Schweden! nicht Schweiz!)

2. sylvestris (Brm. Voigtland)

3. rhenana, Rhein, ganz rotbraun

Totrao Albus

1. ?-lagopxis? (L. Schweden)

(2. scoticus (Lath. Brit.) eingeführt

Der Einbürgerungs versuch in Ost- l^roußen war eine sinnlose Rassen- und Faunenfälschung, geeignet, die etwa noch vorhandenen letzten Reste der dort früher einheimischen Rasse ganz zu verderben, d. h. aufzusaugen.

Tetrao Mutus

1. montanus (Brm. Schweiz)?

Syrrhaptes Paradoxus

1. typo-paradoxus (Pall. Tartar. Steppe)

(Columba Livia

I. aberrationes domesticae haben wohl überall die einheimische wilde Rasse aufgesogen oder fehlen Felshöhlen?)

Columba Palumbus

1. typo-paluiubus (p. u. Schweden, pakim- bus L. geht teilweise auf C. Turturilla)

Columba Oenas

1. typo-oenas (p. u. Schweden, oenas L. geht teilweise auf livia)

, Columba Turturilla 1. turtar (p. u. Schweden, turtur L. geht teilweise auf C. Risoria)

(Columba Risoria 1. ab. domestica)

Ciconia Alba

1. ciconia (L. Schweden)

Ciconia Nigra

1. typo-nigra (L. Schweden)

. Platalea Leucorodia 1. typo-leucorodia (L. Schweden)

. Ibis Plogadis 1. falcinellus (L. Österreich)

. Phoenicopterus Roseus 1. typo-roseus (Pall. Caspi)

. Ardea Cinerea 1. typo-cinerea (L. Schweden)

. Ardea Purpuroa 1. typo-purpurea (L. Frankreich)

236. Ardea Alba

1. typo-alba (L. Schweden)

237. Ardea Qarzotta

1. typo-garzotta (L. Orient)

938. Ardea Ralloides

1. typo-ralloides (Scop. Kärnten)

239. Ardea Nycticorax

1. typo-nycticorax (L. S. Europa)

240. Ardea Botaurus

1. stellaris (L. Schweden)

Ardea Minuta

1. typo-minuta (L. Schweiz)

Otis Magna

1. tarda (L. Polen)

Otis Parva

1. totrax (L. Frankreich)

Otis Hubara

1. macqueeni (Gray & Hardw. Indien)

Grus Cinerea

1. gTus (L. Schweden)

Grus Anthropoides

1. virgo (L. Orient) Helg.

Fulica Porphyrio

1. coeruleus (Vandelli)?

Fulica Atra

1. typo-atra (L. Schweden)

Fulica Chloropus 1. typo-chloropus (L.

igland)

Rallus Aquaticus

1. typo-aquaticus (L. England)

Rallus Crex

1. typo-crex (L. Schweden)

Rallus Porzana

1. typo-porzana (L. Frankr.)

Rallus Zapomia

1. parvus (Scop. Kärnten)

Rallus Pygmaeus

1. bailloni p. u. (statt intermedia Herm)

Scolopax Silvestris

1. r-usticola (L. Schweden)

Scolopax Modiamajor

1. media (Lath. England)

Scolopax Coolestis

1. gallinago (L. Schweden)

Scolopax Tacita

1. gallinula (L. Europa)

Numenius Arquatns

1. typo-arquatus (L. Schweden)

Num.enius Tenuirostris

1. typo-tenuirostris (Vieill. Ägypten)

Numenius Phaoopus

1. typo-phaeopus (L. Schweden)

. Limosa Melanura 1. limosa (L. Schweden)

Rassenamen schreibt mau mit Iileineu Anfangsbuchstaben!

ORNIS GERMANICA

Die Festlegung der Bealgsttnngsnamen erfolgt dnrch Priorität ab 190U.

■26-2. Limosa Lapponica

1. typo-lapponica (L. Schweden)

263. Tringa Terekia

1. cinerea (Güldenst.)

264. Tringa Machetes

1. pugnax (L. Schweden)

•265. Tringa Totanus

1. typo-totanus (L. Schweden)

266. Tringa Fusca

1. exfusca p. u (=

Tot. fuscus auct.)

287. Tringa Glottis

1. nebTilnria (Guun.)

2G8. Tringa Stagnatilis

1. typo-stagnatilis (Bchst. Deutschi.)

969. Tringa Ochropus

1. typo-ochropus ? (Schweden corr.)

270. Tringa Glareola

1. typo-glareola (L. Schweden)

271. Tringa Trrngoides

1. hypoleuca (L. Schweden)

2. macularia (L. N. America)

272. Tringa Bartramia

1. longicauda (Bechst. N. America) WeiTa

273. Tringa Trj-ngites

1. subruficollis (Vieül. Paraguay) Helg.

274. Tringa Alpina

1. typo-alpina (L. Schweden)

2. ab. ■? schinzi

275. Tringa Subarquata

1. feiTuginea (Brunn. Island)

276. Tringa Minuta

1. tj'po-minuta (Leisl. Hanau)

277. Tringa Temminckiana

1. temmincki (Leisl. Hanau)

278. Tringa Islandica

1. canuta (L. Schweden)

279. Tringa Maritima

1. typo-maritima (Briinn. Norwegen)

280. Tringa Tridactyla

1. arenaria (L. Europa)

281. Tringa Limicola

1. falcinellus (Pontopp. Dänem.)

282. Phalaropus Angnstirostris 1. lobatus (L. Hudson-Bay)

283. Phalaropus Latirostris

1. fulicarius (L. Hudson-Bay)

284. Himantopus Candidus

1. himauitopus (L. S. Europ.)

285. Recurvirostra Avosetta

1. typo-avosetta (L. Oeland)

286. Haematopus Ostralegus

1. typo-ostralegus (L. Oeland)

287. Arenaria Strepsilas

1. interpres (L. Gotland)

288. C'ursorias Gallicus

1. typo-gallicus (Gm. Frankreich)

289. Glareola Pratincola

1. typo-pratincola (L. Österreich)

290. Charadrius Squatarola

1. typo-squatarola (L. Schweden)

291. Charadrius Auratus

1. apricarius (L. Oeland, Schweden)

2. fulvus (Gm. Tahiti) Helg.

8. dominicus (P. L. S. Müll. St. Domingo) Helg. 1877

292. Charadrius Asiaticus

1. typo-asiaticus (Pall. Tartarei)

293. Charadrius Morinellus

1. typo-m^orinellus (L. Schweden)

294. Charadrius Hiaticula

1. typo-hiaticula (L. Schweden)

205. Charadrius Cantianus

1. alexandrinus (L. Ägypten)

296. Charadrius Minor

1. curonicus (Gmel. Kurland)

297. Charadrius Cristatiis

1. vaneUus (L. Schweden)

298. Charadrius Oedicnemus

1. typo-oedicnemuä (L. England)

299. Anser Viilgaris

1. anser (L. Schweden) la. ab. domestica

300. Anser Albifrons

1. tj^o-albifrons (Scop. Camiola) ■? 2. finnmarchicus (Gunner Finnm.)

301. Anser Melanonyx

IV arvensis (Xaum. p. u.) vorläufig

la od. 2a ab. paradoxus (Brm.) Schnabel

ganz gelb 2? segetum ^Naura. p. u.) vorläufig

3. brachyrhynchus (BaiUon Frankreich)

302. Anser Hyperboreus

1. typo-hyperboreus (Pall. Sibirien)

303. Anser Bemicla

1. bemicla (L. Schwed. Zugv.)

2. ?

304. Anser Leucopsis

1. typo-leucopsis (Bchst. Deutschland)

305. Anser RuficoUis

1. typo-ruficollis (Pall. Russl.)

306. Anser Casarca

1 typo-casarca (L. Russl.)

307. Anser Tadoma

1. typo-tadorna (L. Schweden)

Anser Chenalopex

1. aegyptiaca (L. Ägypten) Import?

308. Anas Boscas

1. platyrhynchos (L. Schweden) la. ab. domestica

309. Anas Spatula

1. clypeata (L. Schweden)

Die Festlegung der Bassenamen erfolgt dnrch Priorität ab Linne 1758, soweit nicht miß- Terständliche und zweifelhafte Namen durch „pro nsu".Bezeichnungen ersetzt werden müssen.

ORNIS GKRMANICA

UcalgiiUniigsnaiucn Kchreiht raau groß I

326. ■627.

Anas Dafila

1. acuta (L. Schweden)

Anas Ohaulelasmus

1. stroiiorn (L. Schweden)

Anas Miiroca

1. ponelope (L. Schweden)

Anas Marmorata

1. angustirostriß (Menetr. Lenkoran)

Anas Querquedula

1. typo-querquedula (L. Schweden)

Anas Nettion

1. crecca (L. Schweden)

Anas Aix

1. sponsa (L. N. Amerika)

Anas Forina

1. typo-ferina (L. Schwedou)

Ajias Marila

1. typo-marila (L. Lappland)

Anas Cristata

1. fulignla (L. Schweden)

Anas Rufina

l. typo-rufina (Fall. S. Rußland)

Anas Nyroca

1. typo-nyroca (Güld. S. Rußland)

Anas ClangTila

1. typo-clangula (L. Schweden)

Anas Islandica

1. typo-islandica (Gm. Island)

Anas Harelda

1. hyemalis (L. Schweden)

Anas Histrionica

1. typo-histrionica (L. Amerika)

Anas Di spar

1. stellen (PaU. Kamtschatka)

Anas Mollissima

1. typo-moUissima (L. Schweden)

Anas Spectabilis

1. typo-spectabüis (L. Canada)

Anas Fusca

1. typo-fusca (L. Schweden)

Anas Perspicillata

1. typo-perspicillata (L. Canada)

Anas Nigra

1. typo-nigra (L. Lappland)

Anas Erismatura

1. leucocephala (Scop.)

2. mersa (Fall.)

Alergus Merganas

]. vulgaris p. u. (= merganser auct.)

Mergus Serrator

1. typo-serrator p. u.

Ifergus Albellus

1. typo-albellus (L. Schweden)

Ovgnus Olor

1. olor (Gm. Rußland)

837. Cygus Vates

1. cygnus (L. Schweden)

838. Cygnus Minor

1. bewicki (Yarell England)

839. Polocanus Onoerotalus typo-onociotalus (L. Africa)

310. Phalacrocorax Carbo

1. carbo (L. Schweden) Zugvögel?

2. subcormoranus (Brm. Holland) Brut- vogel

341. Phalacrocorax Graculus

1. typo-gxaculus (L. Schweden)

342. Phalacrocorax Pygmaeus

1. typo-pygmaeus (Fall. Caspi)

343. Sula Bassana

1. typo-bassana (L. Schottland)

344. Stema Caspia

1. tschegrava (Leji. S. Rußland)

345. Stema Gelochelidon

1. anglica (Mont. Engl.) nicht „nilotica"

346. Stema Cantiaca

1. sandvicensis (Lath. Kent) = typo-can- tiaca p. u.

.347. Sterna Rosea

1. dougalli (Mont. Schottland)

348. Sterna Fluviatilis

1. hiiundo (L. Schweden)

■349. Stema Macrura

1. paradisea (Brunn. Dänemark typo- macrura p. u.

Stema Minuta

1. typo-minuta (L. S. Europ.)

Stema Nigra

1. typo-nigra (L. Upsala)

Stoma Leucoptera

1. typo-leucoptera (Tcmm. Mittolmeer) (= fissipes)

Stema Leucopareia

1. hybrida (Fall. Ungarn)

. Larus Ridibundus 1. ridibundus (L. Küste, Zug)

Larus Melanocephalus

1. melanocephalus (Temm. Adria)

3. Larus Minutus

1. typo-minutus fPall. Sibirien)

? 2. Philadelphia (Ord Philadelphia)

7. Larus Rodostothia

1. roseus (Macg. Melville Halbinsel)

i. Larus Xema

1. sabinei (Sabine, Grönland)

3. Larus Rissa

1. tridactylus (L. M.Europa)

3. Larus Pagophilus

1. ebumeus (Phipps Arkt. Meer)

L. Larus Argentatus

1. tj'po-argentatus (Pontopp. Dänemark)

Rassenanien schreibt man klein 1

10

DENIS GERMANICA

Formenkreisnamen schreibt man ^roß!

362. Larus Leucopterus

1. typo-leucopterus (Faber Island)

363. Laras Glaucus ?

1. typo-glaucus (Brunn. Island)

364. Larus Marinus

1. typo-marinus (L. Gotland)

865. Larus Fuscus

1. typo-fuscus (L. Schweden) typo-affinis (Reinh. Grönland)

366. Larus Canus

]. typo-canus (L. Schweden)

367. Stercorarius Skua

1. typo-skna (Brunn. Faröer)

368. Stercorarius Spathurus

1. pomarinus (Temm. Arctis, Holland)

369. Stercorarius Brevacuticaudat Schwanz 1. typo-brevacuticauda p. u. (kurz u. spitz

370. Stercorarius Longacuticanda 1. longicaudus (Vieill. Norden)

37L Hydrobates Pelagicus

1. typo-pelagicus (L. Weiss. Meer)

872. Hydrobates Oeeanodroma 1. leucorhoa (Vieill. Picardie)

378. Puffinus Griseus

typo-griseus (Gm. Süd Hemisph.)

374. Puffinus Vulgaris

1. puffinus (Brunn. Faröer)

375. Fulmarus Laricolor

1. glacialis (L. Arct. Meer)

Ossifraga Gigantea

1. typo-gigantea (Gm. Südl. Ocean)

376. Podiceps Cristatus

1. typo-cristatus (L. Schweden)

377. Podiceps Griseigena

1. grisogena (Bodd. Frankreich)

378. Podiceps Comutus

1. auritus (L. Schweden)

379. Podiceps Nigricollis

1. typo-nigricollis (Brm. Deutschland)

380. Podiceps Minor

1. nigricans (Scop. ? )

381. Colymbus Maxinius

1. immer (Brunn, terr. typ.V)

382. Colymbus Meridionalis

1. arcticus (L. Schweden)

383. Colymbus Septentrionalis

1. stellatus (Pont. Dänemark)

384. Alca Torda

1. typo-torda (L. Nordeur. Meer)

385. Alca Lomvia

1. typo-lomvia (L. N. Europa)

386. Alca TroiUe

1. typo-troille (L. Nordmeer) la. ab. lacrymans (Val.)

387. Alca Cepphus

1. gryUe (L. Europ. Nordmeer)

388. Alca Mergulus

1. alle (L. Europ. Nordmeer)

389. Alca Fratercula

1. artica (L. Europ. Nordmeer)

Die Liste erscheint jährlich, mit Ergänzungen. Zu manchen strittigen Fragen kann erst nach und nach Stellung genommen werden. Man wende die Rassenamen nur an, wo man wirklich die Kasse festgestellt hat. Beim sogenannten Schulsystem wird der zweite Name weggelassen, weil man dabei an der natürHchen, wirklichen Art (Realgattung, Formenkreis oder Ur- stamm) kein Interesse hat. Es genügt bei vielen Vorarbeiten. Klarer ist aber das hier gebrauchte Natursystem, bei dem man stets weiß, ob der ganze ürstamm oder nur eine Rasse gemeint ist.

Druck von Gebauer-Schwetschke G. m. b. H., Halle a. S.

Rassenamen schreibt man klein!

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