RISESO ERBE! dem Andenken an | Heinrich Burckhardt zur 100. Wiederkehr seines Geburtstages . gewidmet, von den Dozenten der Kgl. Forstakademie Münden 1811 26. Februar 1911 Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from University of Toronto | http://www.archive.org/details/festschriftdemanOOburc ch Burckhardt inri He EN LIBRART N FACULTY OF FORESTRY UNIVERSITY OF TORONTO Feſtſchrift, dem Andenken an Heinrich Burckhardt zur 100. Wiederkehr ſeines Geburtstages gewidmet von den Dozenten der Kal. Forſtakademie Münden. 26. Februar ISU—IIN. Standort3- und Beftandesbefejreibung i im Dienjte einer . Beftandesgefäice. Bon DOberforjtmeijter Fride : Beiträge zur Kenntnis des Klimas von Münden Son Prof. Dr. re er Grunewald. Staatswifjenihaftlihe Studie von Dr. Fr. Jentſch Einiges zu der Buchenmajt 1909. Bon Forftmeifter Michaelis e Ueber die Frucht und die Entwidlung der Rotbuche im erjtem Jahre. Von J. Delkers Über die Abhängigkeit des een der Striche, ſpeziel — Edelhirſches, vom Verlauf der Blutgefäße im Kolbengeweih. Von Prof. Dr. Ludwig RAhumbler . Der Wald und die Bondiwirtfgiaft Kon —— Dr. von Seelhorf Schuß der Buche! Bon Foritmeijter Sellheim Seite 131 139 155 167 187 193 Heinrih Burkhardt. Auf unferm deutſchen Waldgrund wächſt allerlei Holz: Nußholz, Brennholz, edle Holzarten, Weichhölzer, Wild- und Raumholz. Das beite, was durch das ungeftörte Walten der Natur geichaffen ift und ſich vor anderem durd Größe, Stärke, Schönheit auszeichnet, ift ein Gegenjtand menschlicher Bewunderung, wird al3 ein Naturdenfmal geehrt. Individuelle Veranlagung, glückliche Umjtände und Alter find die Vorausjegungen der Entjtehung, die Seltenheit ift die Urjache der Beachtung, weldhe den Wald- riefen gejchenft wird. Die große Zahl der Grünröde von einft und jegt ift ebenjo wie der Wald aus verjchieden bewerteten Individuen zuſammen— gejegt. Auch unter ihnen gibt es einzelne, welche, wie Naturdenfmäler, eine allgemeine Aufmerfjamfeit erregen, ſich durch Veranlagung, glücdliche Umftände und eine lange, erfolgreiche Wirkfjamfeit vor andern auszeichnen. Zu diefen Forftleuten, die fich infolge der Seltenheit ihrer Fähigkeiten und Leitungen eine bejondere Anerkennung der Mit» und Nachwelt erworben haben, zählt Heinrih Burdhardt, der als langjähriger, höchſter Forit- beamter in Hannover durch die Tat, und als Verfaſſer vom „Säen und Bilanzen”, jowie anderer forftliher Bücher dur das Wort Großes für den Wald geleijtet hat. Bor 100 Jahren — am 26. Februar 1811 — im Dorfe Adelebjen am Solling als Sohn eines NRevierverwalters geboren, hat Burdhardt von jeiner erjten Jugend an die Waldluft der Buchen- und Eichenforjten ge= atmet und ijt zünftig in einem Forſthauſe erzogen, in dem nach der Sitte der damaligen Zeit Einfachheit ohne Ärmlichkeit, Biederfeit ohne Unauf- richtigfeit, derber, natürlicher Frohfinn ohne Rohheit, höchſte Plichttreue ohne Strebertum, unermüdliche Arbeitsluft ohne Egoismus herrichten. Ge— denft man der Eltern eines großen Mannes, fo ftrahlt unwillfürlich ein Zeil des Glanzes auf jie zurüd, da der Begriff der Erblichfeit unjer Urteil beeinflußt, und da wir der Erziehung und dem Beijpiel im Elternhaufe nicht jede Bedeutung für die Charakterbildung eines Menichen abſprechen können. Allerdings ift durch Vererbung und Erziehung das Problem der 1 Pi. „0 i Genialität auch nicht annähernd gelöft, aber in den Entwidlungsreihen der Menjchheit jtehen doch immer die Eltern jowohl dem geiftig Großen wie auch dem geiftig Schwachen am nächften. Im Falle Burkhardt find wir berechtigt, jeinen Eltern einen Verdienſt um jeine Charafter- und Geiſtes— entwicklung zuzufprechen. Weiterhin ift Burdhardt ein wahrer Sohn feiner Heimat, ſeines Volksſtammes und feiner Zeit gewejen. Er gehörte nicht zu den fosmopolitiichen, mancherlei Gegenſätzen umfaljenden, äußerlich polierten und glänzenden Naturen, die in verjchiedene Gegenden und Zeiten hinein— pajjen, jondern jein Schein und Weſen jtanden unter ji wie mit jeinem Volksſtamm und jeiner Zeit in vollfter Übereinftimmung. Dadurch wird e3 auch verjtändlih, daß er mehrfach ehrenvolle Berufungen ausſchlug, deren Annahme ihn genötigt Hätte, jein engeres Heimatland Hannover zu verlaffen. Seine oft gefürchtete Strenge und feine Güte, feine Überzeu- gungstreue und jeine Berücjichtigung der realen Verhältniffe waren feine Gegenſätze, Jie gingen aus einer Eigenjchaft, aus feiner unbedingten Wahr- heitsliebe hervor. Wenn er VBernadhläffigung im Dienfte oder Charafter- ſchwäche wahrnahm, konnte und wollte er jeinen Unwillen nicht verbergen, bei wen er aufrichtige8 Streben nah guten Leiltungen, Luft und Liebe zum Beruf und ehrliche Gefinnung fand, dem zeigte er gern und reichlich jeine Freude über das Wahrgenommene Im Streben nad) Erfenntnis und Beachtung der Wirklichkeit juchte Burdhardt nah der Wahrheit auf dem Gebiet der Tatjachen, jein Feithalten an Grundſätzen entiprady der Wahrheit auf piychologijchem Gebiet, der Übereinftimmung des Empfindens und Handelns. Die Liebe zur Wahrheit als Grundzug des Charakters Burdhardts zeigt jJih in den Worten, die er einjt feinem jugendlichen Sohne Albert ins Stammbucd) jchrieb: „Es gibt einen Führer durch das Labyrinth des Lebens, der nod) niemals getäufcht Hat — die Wahrheit! Folge diefem Führer und wo es im Leben dunfel wird, da Schließe Dih ihm um jo feſter an, un ihn nicht aus dem Auge zu verlieren. Dieſe Worte widmet der Vater feinem lieben Sohne Albert.“ Burdhardt war durch das bejondere Vertrauen jeines Königs als Abgeordneter in die Hannoverjche Zweite Kammer berufen. Hier war er aus Überzeugung ein Gegner von Bennigfen und Miquel, aber bei allen Abjtimmungen ließ er fich nicht durch Rückſichtnahme nad) oben be- einfluffen, jo daß er als Abgeordneter vorübergehend den Ummillen jeines Königs erregte. Fügen wir zur Wahrheitsliebe noch Beharrlichfeit, Treue im Dienft und Treue zu feinem Könige, Freude an der Arbeit, eine gute Beob- achtungsgabe, einen lebhaften Forjcherfinn, gerichtet auf das jorgfältige Erfajien des Konfreten, Wirflihen und praftih Nützlichen, eine gute a allgemeine und ftaatswiljenichaftlihe Bildung, erworben durch ein eifriges Univerfitätsftudium, die Pflege eines Tebhaften geiltigen Verkehrs mit den bedeutenden Männern feiner Zeit, die Begabung leicht faßlich, anregend und mit dem Herzen zu ſchreiben, jowie angenehm mündlich zu unter- halten, Sinn für das Schöne in und außer dem Walde, Freude an der Muſik, gütige Fürjorge für jeine Angehörigen, jo ift wohl alles gejagt, was zur Schilderung Ddiejes vorzüglichen Mannes erforderlich erjcheint. Der Lebensgang Burdhardts ift Ihon mehrfach jowohl in Einzel- ſchriften wie auch in forjtlichen Zeitjchriften und in forſtgeſchichtlichen Büchern jo eingehend gejchildert, daß es überflüjlig iſt, über denjelben an diejer Stelle nochmals zu berichten. Nur feien kurz die dienftlichen Beziehungen Burd- hardts zu Münden erwähnt, welche die Forjtafademie Münden veranlaßt haben, die 100. Wiederkehr feines Geburtstages durch einen Feltaftus und durch die Herausgabe diefer Burckhardt-Feſtſchrift zu feiern. Burdhardt begann feine dienjtliche Laufbahn 1836 als Unterförſter in Bühren, jein Wirfungsfreis war der gleichnamige Schußbezirf der jetzt zur Forftafademie Münden gehörenden Lehroberföriterei Bramwald. 1840 wurde er zum Förſter in Landwehrhagen, im Oberamt Münden ge- legen, ernannt. Das Jahr 1844 bradte ihm die Berufung als Lehrer der Forjtwilfenihaft an der damals neu errichteten Forjtlehranitalt zu Münden. Hier wurden die Anwärter des Foritichuges und des Revier— jörfterdienites ausgebildet. In dieſer Stellung verblieb Burdhardt bis zu der 1849 erfolgenden Aufhebung der Forſtlehranſtalt, welche durch eine Neorganijation des Forjtverwaltungsdienites in Hannover veranlaßt wurde. Während jeiner Lehrtätigkeit in Münden (Suni 1847) erhielt Burdhardt den Ruf, als Aſſiſtent des DberforitratS Pfeil in den Lehrförper der Preußischen Forjtafademie Eberswalde einzutreten. Der damalige Vreußijche Dberlandforjtmeifter von Neuß, welcher eine gute wiljenichaftlihe Aus— bildung der preußiichen Forjtverwaltungsbeamten als eine notwendige Borausfegung einer gedeihlichen Entwicklung der heimiſchen Forftwirtichaft anjah, hatte mit Zujtimmung von Pfeil, welcher damals jchon 64 Jahre alt war, in Ausfiht genommen, Burdhardt dermaleinft zu dejjen Nach— folger zu maden. Da die Hannoverſche Domänenfammer den Wunſch ausſprach, Burdhardt dem vaterländiichen Dienjte erhalten zu jehen und ihm die „gnadenvolle Allerhöchite Anerkennung feiner Leijtung“ durch Er— nennung zum Oberförfter und Erhöhung des Gehalts zuteil wurde, lehnte Burkhardt die Berufung nad) Eberswalde ab. Für die im Sahre 1867 vom König Wilhelm I. genehmigte Errichtung der Forftafademie Münden bat Burkhardt mit großem Eifer gewirft. Wenn auch die Initiative zur Gründung einer zweiten Preußiſchen Forſt— akademie im Weiten der Monardhie vom damaligen Oberlandforjtmeiter von Hagen ausgegangen -und die Durchführung dieſer Gründung das 1* ee Ye- eigenjte Werf von Hagens gewejen it, jo it doch die Wahl des Drtes für die neu zu errichtende Forjtafademie durch die jachverjtändige Für— ſprache Burdhardts für Münden jehr jtarf beeinflußt worden. Wir haben daher Burdhardt als einen eifrigen Förderer der Gründung unjerer Akademie anzujehen. Über das Verhältnis Burdhardts zur forftlichen Zentralbehörde in Berlin nad) 1866 iſt in jeinen Biographien wenig oder Unrichtiges ent— halten. Da diejes Verhältnis flar zeigt, daß Burdhardts forftliche Be- deutung nicht allein im Nahmen des kleineren Hannoverd groß eridhien, ondern auch im größeren Preußen voll gewürdigt wurde, jeien einige darauf bezügliche furze Mitteilungen geitattet. Nachdem die Einverleibung Hannovers durch Preußen vollzogen war, beantragte Burdhardt im August 1867 feine Penfionierung. Darauf er- widerte der Finanzminiſter v. d. Heydt, daß er bejonderen Wert darauf lege, jeine Mitwirkung für die Forjtverwaltung nicht zu entbehren, jondern jeine Erfahrung und jeinen Eifer für das Gedeihen der vaterländiichen Wälder nody in dem Make nußbar zu machen, wie feine geijtige Friſche und förperliche Rüſtigkeit es erwarten ließen. Er beabfichtige daher, ihn Sr. Majeſtät zur Ernennung zum Landforjtmeifter und Mitgliede bei der Hentralforftdireftion des Finanzminiſteriums in Berlin in Vorſchlag zu bringen. Burdhardt bat, ihn als Oberforjtbeamten in Hannover zu be- lafjen. Der Finanzminister berüdfichtigte diefen Wunſch. Bis 1872 war Burdhardt alleiniger Oberforftbeamter für Hannover. In diefem Jahre wurde ihm auf feinen eigenen Antrag hin zur Erleichterung feines außer- gewöhnlich umfangreichen Dienftes „ein Gehülfe für die Direktionsgejchäfte durch Anjtellung eines zweiten DOberforjtbeamten gewährt”. Diejer zweite Oberforjtbeamte erhielt einen eigenen Bezirk, in dem er die verantwortliche Leitung des forittechnijchen Betriebes, insbeſondere auch die Beftätigung der Hauung3-, Kultur und Wegebaupläne zu bejorgen hatte. Er hatte auch für jeinen Bezirk die Leitung der Gejchäfte bei der Finanzdireftion, jedoch jollten Burdhardt alle neu eingehenden Forſtſachen vorgelegt werden und follte e3 ihm unbenommen jein, auch aus dem Gejchäftsbereich des zweiten Ober- forjtbeamten jede beliebige Sache dergeftalt vor ſich zu ziehen, daß fie nicht ohne jeine Mitzeichnung erledigt werden dürfe. Die General- und Perſonal— ſachen dieſes Bezirks follten ihm zur Einficht vorgelegt werden, bevor jie zum Abgange befördert würden. — Dieje Vorſchriften find nicht abgeändert worden, jolange Burdhardt im Dienjt geblieben ift. Es iſt leicht ver- jtändlich, daß er mit zunehmendem Alter immer weniger Neigung verjpürte, ih eingehend um den Dienft in dem zweiten Oberforjtmeifterbezirf zu be— fümmern und daß er cs jchlieklich ganz unterließ, die Oberförftereien dieſes Bezirks zu bereifen. ES ift aber ein Irrtum, anzunehmen, daß man in Berlin bemüht geweſen wäre, Burdhardts Einfluß durch die Anftellung Er eines zweiten Dberforjtmeifters zu vermindern und jtatt des „hannöverſchen“ einen „preußiſchen“ Geift in die Verwaltung der Staatsforjten der Provinz Hannover zu bringen. Burdhardts Tüchtigfeit als forſtlicher Techniker und Verwaltungsbeamter ijt in Berlin bis zu jeiner Benftonierung durch möglichite Gewährung von Freiheit und Selbitändigfeit im Dienjt voll ge- würdigt worden. Für die Beurteilung der Perjönlichfeit Burdhardts ijt es von Be— deutung, die Stellung fennen zu lernen, welche er zur Annektion Hannovers eingenommen hat. Als Kgl. hannöverjcher Forjtdireftor bejaß er das volle Vertrauen und das perjönlide Wohlwollen feines Königs. Er war öfter Gaſt im Eleineren Kreife der Königlichen Familie, deren Angehörigen ihn wegen feiner Zuverläffifeit und feiner guten Unterhaltungsgabe gern hatten. Nach 1866 Hat Burdhardt feinen früheren König und deſſen ganzen Familie perjönlihe Anhänglichfeit und treue Ergebenheit dauernd bewahrt. Seine intimen perjönlichen Beziehungen zum Hannöverihen Königshauſe haben bis zu feinem Tode nie aufgehört. Aber politiich ſtellte er ſich auf den Boden der realen Verhältniſſe, er erkannte die Annektion Hannovers al3 eine Hiftorifche, nicht wieder rüdgängig zu machende Tatjadhe an. Er war bemüht, bei dem Wechjel der Verwaltung von den bejtehenden Ein- richtungen ſeines Vaterlandes joviel wie möglich zu erhalten und die per= ſönlichen wie dienjtlihen Intereſſen jeiner bisherigen Untergebenen nad Kräften zu fördern. Nachdem er dieje Aufgabe mit großem Erfolge durch— geführt Hatte, bot er — wie bereits oben bemerft — 1867 in Berlin jeine Penfionierung an. Da ihm diejelbe nicht gewährt wurde, blieb er infolge jeiner Schaffensluft und feiner Freude an der forjtlichen Berufstätigkeit auch als preußiicher Staatsbeamter noch gern in jeiner Stellung als erjter Forſt— beamter Hannovers und iſt als jolcher ein treuer Diener und loyaler Untertan König Wilhelms gemwejen. Als Burdhardt 1867 von Bismarf in einer Audienz zum Vortrage über eine Anderung des Foritverwaltungs- dienftes in der Provinz empfangen wurde, jagte er gelegentlich folgende Worte: „Erzellenz Haben uns zu Preußen gemadt, num machen Ste uns auch zu Deutichen.” Dieſes Wort offenbart die politiiche Einfiht Burck— hardts, daß die Schaffung eines geeinten Deutichen Reiches von dem Itarfen Preußen ausgehen müßte, es enthält aber auch eine Anerkennung der ſtaatsmänniſchen Größe Bismards und das Vertrauen zu deſſen deuticher Gejinnung. So reizvoll e8 auch iſt, die Lebensgeihichte und perjönlichen Eigen- haften großer Männer fennen zu lernen, es trifft doch nicht den Kern— punft des Intereſſes, welches ihnen die Nachwelt entgegenbringt. Die Taten, Wirkungen jener Männer leben fort und erhalten die Erinnerung an ihre Perjönlichkeiten aufreht. Wert an ſich Haben aber für die Nach— welt nur jene Taten, ohne Rüdjiht auf die Perſon. Daher iſt e3 die —— höchſte Aufgabe des Biographen, nicht den Mann, ſondern ſein Lebens— werk, das auf die Nachwelt vererbt iſt, zu charakteriſieren. Burckhardts allgemeine Bedeutung liegt auf dem Gebiete der Forſt— wiſſenſchaft. In ſeinen zahlreichen Werken hat er zu allen wichtigen forſt— lichen Fragen Stellung genommen und zwar von einem Standpunkte aus, den man als einen praktiſchen und ideellen zu gleicher Zeit bezeichnen kann; als einen praktiſchen, inſofern ſein klarer Blick das Wirkliche richtig beob— achtete, ſein ſcharfer Verſtand das Beobachtete zutreffend beurteilte und fein praktiſcher Sinn das Anwendbare ſicher herausfand; als einen ideellen, in— ſofern er von einer warmen Liebe zum Walde beſeelt war und die durch die Schönheit des Waldes herbeigeführten Gemütsſtimmungen ſeinen forſt— lichen Gedanken eine Richtung zum Schönen gaben. Um Burckhardts Lebenswerk, die in ſeinen forſtlichen Büchern nieder— gelegten Lehren, gleichſam durch Stichproben zu ſkizzieren, ſollen im Nach— folgenden einige Zitate aus ſeinen Schriften aufgeführt werden. Die Aus— wahl derſelben iſt möglichſt objektiv vorgenommen, d. h. der Verfaſſer dieſes Aufſatzes hat nicht etwa nur ſolche Zitate gewählt, welche Anſichten wieder— geben, die mit ſeinen eigenen übereinſtimmen, ſondern Ausſprüche, welche ihm beim Durchblättern der Burckhardtſchen Werke als beſonders charak— teriſtiſch für den Autor aufgefallen ſind. In ſeinem berühmteſten Buche „Säen und Pflanzen“, aus deſſen 4. Auflage von 1870 ich zitieren werde, finden ſich folgende Sätze (Vorwort, Seite IX): Vor allem wünſchen wir bei Jung und Alt dazu anzuregen, die Waldbehandlung, bejonders die Kultur und die nicht minder wichtige Beitandspflege, intenjiv zu betreiben, gute, wertvolle und reiche Beſtände zu erziehen und den Waldboden zu Fräftigen. Manche Waldungen könnten viel mehr leisten, wenn es um dieje Punkte beſſer beitellt wäre. Nach der Richtung der Zeit mag es nicht überflüffig jein, daran zu erinnern, daß die großen Fragen im Walde jelbit Liegen, daß fie nicht in den Sternen zu leſen, auch nicht durch wucherndes Formenweſen gelöjt werden. Dffene Augen und reges Wirken im Walde find jchließlich der PBrüfftein des Forftwirts. Beſonders wünſchen wir der jüngeren forjt- männijchen Generation neben ihrer höheren Fahbildung Erfenntnis der Waldpflege, als des Gipfels forjtliher Tätigkeit, und ein warmes Herz, um fie beharrlich zu üben. An dich aber, du Hehrer, herrlicher Wald, der du anvertraut bift der Generationen Sorge und Pflege, an dich richte ich meinen ſchönſten Gruß: „Es lebe der Wald!” Er lebe in noch vielen, vielen (nicht zu £urzen!) Umtrieben. Er lebe immerdar, fräftig, marfig, ewig jchaffend, zu Nu und Frommen der Menjchheit! SEE Seite 2: Man ftellt die Eiche wegen ihrer vielfältigen und borzüglichen Nutzbarkeit und bei der Mannigfaltigfeit ihrer wirtjchaftlichen Behandlung gern voran. Sie ilt, wo immer erziehbar, geachtet in allen deutichen Gauen; fie gilt al3 die Königin der Waldbäume! Freili” hat in der Wirklichkeit feine Holzart, auch feine Betriebsart einen unbedingten Borzug; die natürlichen, wirtichaftlichen und anderen Verhältniffe beftimmen, welche die pafjendfte und darum örtlich beite ſei. Es find der Urfachen mehrerlei, welche die Eiche im Baummalde vermindert haben... das Humusfapitel und was mit ihm zujammenhängt, wodurch auch der geringere Boden befähigt wird, Eichen zu tragen, ilt vielfach vermwirt- ſchaftet . . . das kaum ſchon allenthalben bejeitigte Streben, auf größeren Flächen mir gleichartigen und aus je einer Holzart beitehenden Hochwald zu erziehen, hat die Eiche an vielen Drten verdrängt. Dunfele auf Buchenzucht gerichtete Schlagſtellungen liegen die lichtbedürftige Eiche außer Acht. Das Servitut— wesen und ftarfer Wildftand haben gleichfall8 der Eiche Abbruch getan. Was man auch der Eichenbaumholzzucht finanziell entgegenhalten mag, jo kann doch niemand ermefjen, wohin der in auffallender Zunahme begriffene Eichen- preis in Zukunft fich verfteigen wird. Für jeden Fall hat wenigftens die Staat$- forstwirtichaft ihre Pflicht zu erfüllen und der Erziehung des Eichennubholzes, welches Deutjchland in bejter Güte erzeugt, wo immer angebracht, fleißig obzu— liegen . . Ceite 5: Der Staatsforftwirt hat Sich ſolcher Kichenfchlächterei bei wachsbaren Beftänden billig zu enthalten, und auf nußbare Maffen hinzuwirken, ohne die Vorteile aus der Hand zu geben, welche die Durchforftung und der Pichtungshieb mit Unterbau in reichlihem Maße darbieten. Auch die Gemeinde und der größere Forſtbeſitzer dürften Urjache haben, nach folideren Prinzipien zu wirtichaften. Die Zinsformeln beftimmen längft nicht allein, was der Zufunfts- wirtfchaft zu raten ift. Gute Ware hat den Zukunftspreis nicht zu jcheuen. Seite 922: Wir verlaffen hier die Eiche, dieſe treffliche Holzart, welche jo- wohl durch ihre nußbringenden Cigentümlichfeiten wie durch Bielfeitigfeit in ihren Erfcheinungsformen einzig dafteht. Von alters her ein ſtets gehegter und gepflegter Baum, wird fie immer eine Zierde der deutjchen Wälder bleiben. Fort— fommend auf faft jedem Boden, wächſt fie in Tälern und an felfigen Hängen, im fetten Marfchboden bis zum armen Sande hin, freilich bald ein Rieſe, bald ein Zwerg. Mild gegen ihre Umgebung, herrſcht fie ohne zu drücden. Sturm— feit fteht fie noch al alter, vereinfamter Stamm, ein ehrwürdiges Denkmal aus grauer Vorzeit, vielen Iebenden Wejen eine Wohnftätte. Im Auftreten der Eiche vom ſchmucken Nutzholzſtamm an über ausgedehnte Schälmwälder hinweg bi zum verfrüppelten Stühbufch der Heiden, den Reſten vormaliger Eichenwälder, liegt ein jehr wechjelvolles Bild. In der Nutfähigkeit fteht fie unlibertroffen da. Schiffahrt, Aderbau, Gewerbe und das menjchlihe Wohlbefinden ftehen in mancherlei Beziehung zur Eiche, möge fie in diefer oder jener wirtjchaftlichen Form erzogen werden. Darum fei die Zucht und Pflege der Eiche dem forit- lichen Fleiße fernerhin empfohlen, und beharrlicher als das flüchtige Geldfapital möge der Baum der Väter der materiellen Richtung unferer Zeit nicht zum Opfer fallen! — —— Seite 95: Während der Buchenbetrieb am einen Orte ein geordnetes Hoch— waldganzes von ungeſchwächter Kraft hinterlaſſen hat und im ſicheren Gange fortſchreitet, ſteht der Buchenhochwald am auderen Ort auf ſchwächeren Füßen. Viele Beſtände haben dem Nadelholze weichen müſſen, anderen ſteht nichts beſſeres bevor. Manche derſelben bleiben in der Verjüngung ſtecken, als ein warnendes Beiſpiel, daß es mit dem Schlagſtellen und Abwarten nicht allenthalben getan ſei; Verödung war die Folge, oder Weichholzzucht mit und ohne Buche zeigte von der ungeſchickten Hand. Sorgloſes Wirtſchaften, Lichten ohne Nachwuchs und ohne zeitige Nachhülfe, Verſäumnis in der Schlagausbeſſerung, leidiges Plentern in den Baumorten, Viehhut, Wildſtand, Froſt, Mäuſefraß haben viel verdorben. Übereilter Hieb, wie zu dunkele Stellung auf großen Schlägen haben auch viel geſchadet; hier und da hat man es noch jetzt mit Reſten von Schlägen zu tun, die faſt ein halbes Jahrhundert alt geworden ſind und durch verfehlte Nachzucht, wie durch vergeblichen Kulturaufwand, weil die Hülfe zu ſpät kam oder nicht ausreichte, auch durch Verluſt an Bodenkraft viel gekoſtet haben. In anderen Fällen war das Materialkapital vergriffen, man war bei bedenklich niedrigen Umtrieben angelangt. Hin und wieder erſchien auch wohl der Buchenertrag zu wenig lohnend, die Verjüngung als ein langweiliges Spiel oder dem Rahmen der Betriebsregelung war dieſer und jener Beſtand nicht gefügig genug u. ſ.w. — So haben ſich manche Umſtände, hier mehr, dort weniger hervorgetan, um das Gebiet der Buche zu ſchmälern und eine Holzart preiszugeben, die an vielen Orten und in größeren Waldförpern zwar auch jetzt noch- feine hohen Gelderträge liefert, welche aber auf entjprechenden Standorten eine der ficherjten und beftän- digiten Wirtfchaftsarten begründet, den Boden unvergleichlich pflegt und Fräftigt, die trefflichiten Nutzhölzer in fich aufnehmen kann und durch weitere Entwidlung der Nubholzwirtichaft auch finanziell zu befriedigen vermag. Seite 226: Die Kiefer gehört aber auch deshalb zu den jehr nüßlichen MWaldbäumen, weil fie raſch wächſt, viel Holz erzeugt und auf den mittleren und bejjeren Bodenklafjen eine erhebliche Menge Bau- und Nutholz Tiefer. Die Gelderträge der Kiefernwirtjchaften ftehen im allgemeinen und nach dem Ber: hältnis ihres Bodens nicht ungünftig, wie ſehr auch öftere Unglüdsfälle den Ertrag herabdrüden und e3 ift auf den bejjeren feuchtjandigen Klaſſen des Kiefern- bodens nicht wohlgetan, mit Fichten zu fünfteln, während anjehnliche Kiefern- balfen hier eriwachjen. Seite 241: Der Kiefernbefamungsjchlag findet hin und wieder auch heute noch feine Verteidiger, welche darauf hinmweijen, daß gegebenen wirtjchaftlichen Berhältnijfen gegenüber Genügendes mit ihm geleijtet werde, ſelbſt bejjere Be- jtände erzogen feien, und wenn man zeitig mit Fünftlicher Kultur eingreift, fo wird ſich der Erfolg ohnehin befriedigender, als es font gemeiniglich der Fall ilt, geitalten. Große Nutungsflächen bei leichtem Boden, durch Kahlhiebe entjtehende Slugjandgefahr und andere Umftände können die Zuhülfenahme der natürlichen Befamung zur Notwendigkeit machen und wo der Boden in borübergehendent Anfluge eine bejondere Empfänglichkeit für freiwillige Anfamung verrät, kann man wohl der Natur bei gutem Samenjahre folgen. Wenn man aber in der foritlihen Finanzrechnung geneigt ift, die natürliche Erziehung der Kiefer in Be— Jamungsfchlägen zum Prinzip zu erheben, um aus dem exjparten Rulturauf- — 609 ze wande Kapital zu ſchlagen, ſo überſieht man, daß Erſparung am Einen, doppelten Verluſt am Andern nach ſich ziehen kann. Raſche Erziehung voller regelmäßiger Beſtände im Wege künſtlicher Kultur verſpricht mehr, als der zweifelhafte Aus— gang der Naturbeſamung auf leicht verödendem Boden, zumal bei einer Holzart wie die Kiefer, bei welcher voller Lichtgenuß die erjte Yebensbedingung ift. Die Verjüngung in Bejamungsfchlägen fällt bei der Kiefer in der Regel ungleich- mäßig aus; hier fteht der Anflug zu Dicht, dort zu dünn und auf anderen Streden verichleppt fich die Verjüngung, während der Boden mager wird; un- gleichwüchlige Beitände find eine häufige Folge. Gerne würde ich noch weitere Stellen aus Burckhardts Werfen, aus feinen Grundjägen für die Bearbeitung der Wirtfchaftspläne, aus feinen Hilfstafeln für Forfttaratoren feinen prächtigen Aufjägen in den Heften „Aus dem Walde” wiedergeben, aber ich Hoffe, daß das Wenige, was ic) zitiert, |hon genügen wird, das Intereſſe der Forftleute für Burckhardts Schriften neu zu beleben. Es kann dem deutichen Walde nur zum Segen gereichen, wenn in feinen Hütern der Geift gepflegt wird, welcher uns aus Burdhardts Werfen anjpricht: Liebe zum Walde, Freude an der Wald- pflege, Beachtung der uns im Walde entgegentretenden Wirklichkeiten und Zurückweiſung aller Künfteleien, deren Durchführung viel Geld, viel Zeit und Arbeit erfordert. Mit einer Ähnlichen Betrachtung ſchließt der verdienftvolle und hoch— begabte preußiſche Dberlandforjtmeilter D. v. Hagen fein Elaffiiches Werf „Die forjtlihen Verhältniffe Preußens”, in dem er feinem Iekten Satze fol- genden Wortlaut gab: „Wir jchlieken mit dem jchönen Wunfche Burd- hardt3 für die junge Forſtwelt heutiger und Ffünftiger Zeit, „daß fie neben wiljenjhaftlidem Streben praftijch bleibe, und tatfräftig für den Wald erwadhje, und daß fie von den Vätern die Liebe zum Walde, ihre Einfachheit, ihre Ausdauer und ihren Bieder- jinn ererben und bewahren möge.” ride. Studien über den Wafjergehalt einiger Baumſtämme. Bon M. Büsgen. Seit den Tagen Duhamel du Monceaus (1732 bis 38) ift der Waſſergehalt der Baumftämme mit feinem Wechjel in den verfchiedenen Sahreszeiten und auch die Verteilung des Wafjers in den verfchiedenen Höhen des Baumſtammes mehrfach unterfucht worden, da dieſe Verhältniffe praftiihe Bedeutung bejiten. Duhamel ließ allmonatlih Eichen fällen und wog gleichgemachte Stüde des friſchen Holzes. Die Gewichtsunter- ſchiede führte er auf Verjchiedenheiten im Wafjergehalt zurüd, und jo ge- langte er zu dem Schluß, daß Eichenholz im Winter wafferreicher ſei als m m im Sommer. Dies Ergebnis widerjpracd einer verbreiteten Annahme. Die Ausdrüde „das Holz jteht im Saft”, „der Saft jteigt in die Bäume” rufen unmillfürlic die Vorjtellung hervor, daß im Frühling der Baum fich raſch mit Saft fülle und dann im Sommer bejonders faftreich fei, während bei den Duhameljhen Unterfuchungen gerade das Gegenteil zutage tritt. Spätere Beobachter gaben Duhamel zum Teil Recht, zum Teil Unrecht, und je mehr Erfahrungen auf unjerem Gebiete gemacht wurden, um jo verwickelter gejtaltete jich die ganze Frage. Einige Angaben aus der Literatur !) mögen als Beleg dienen. Nördlinger, dem wir die einwandfreieften Be— obachtungen aus der älteren Zeit verdanfen (Gentralbl. f. d. ge). Forſtw., V, Wien 1879), fand im Eichenſtamm im Juli den Höchſtgehalt (38,8 °/,) im Dezember den Mindeitgehalt (32,4) an Wafjer; nad) Theodor Hartig (Bot.-Ztg. 1858, 61, 63, Allgem. Forſt- u. Jagdztg. 1871, 76) iſt die Eiche zwar im Sommer am wajjerreichiten (43 %/,); aber nicht im Winter, ſondern im Frühling amwaſſer— ärmſten (39°/,). Für die Fichte geben Nördlinger (l.e.) und Robert Hartig (65,2°/,) (Unter. a. d. forjtbotan. Inftitut zu München II, 1882) Höchſtgehalt im Sommer, Th. Hartig Höchſtgehalt im Winter (66°/,) an. Ihr Mindeſtgehalt fällt nad) beiden Hartigs ins Frühjahr (54,1 reip.51°/,) nah Nördlinger in den Dftober (57,4°/,). Bei der Buche fand Nördlinger ein Wafjermarimum im Mai(40,5°/,), ein Minimum im Oktober (35,2); Robert Hartigein Marimumin Dezember und Januar, und ein zweites, niedrigeres, im Juli, Minima im April und Mai und dann wieder im Dftober. Die Hajel zeigt nach Nördlinger ein Marimum im März, ein Minimum im Dftober, und die Eiche endlich ein Marimum im Juli, ein Minimum im Dezember. Auch die Angaben über die Verteilung des Waſſers in den Baumftämmen zeigen nad) den Arten und jelbjt nach verjchieden raſch erwachſenen Stämmen derjelben Art erheb- lihe und nicht immer leicht verftändliche Unterjchiede. In der neuejten Zufammenfaffung (Krais, Gewerbliche Materialien- funde I, Die Hölzer, Stuttgart 1910) ift ©. 342 angegeben, daß grünes Holz im Sommer mehr Wafjer enthalte als im Winter, andererjeit$ aber auch gejagt, daß Laubholz im Sommer am jaftreichiten jei, während Nadel- Holz im Winter dieſe Eigenjchaft aufweife. Was aljo im eriten Satz für alle Hölzer gejagt it, wird im zweiten für Nadelholz wieder aufgehoben. Nichtiger iſt jedenfalls die in Loreys Handbuch der Forſtwiſſenſchaft, I. Aufl, Bd. 2 (Forſtlich-chem. Technologie von Schwadhöfer, 1903, ©. 290), gegebene Daritellung der Sachlage, wonad der Wafjergehalt des Holzes jehr verichieden ift und von der Holzart, dem Alter des Holzes, der Jahres» und Tageszeit, dem Standort des Baumes und der Witterung abhängt. ALS Regel ift angegeben, daß der Wafjergehalt des Holzes im Frühjahr am größten, im Winter am geringften ſei. In der I. Auflage ! 9) Zufammenftellug bis 1832 j. Ebermayer, Phyfiologijche Chemie d. Pflanzen. I. 1882. p. 8 und folgende. Er > ſteht noch (S. 379), „bisher wurde angenommen, dab das Marımum des Wafjergehalts in das Frühjahr, das Minimum in den Herbit fällt”. Es it dann in beiden Auflagen darauf Hingewiejen, daß dieſe Regeln feine Allgemeingültigkeit bejigen, jondern viele Ausnahmen erleiden, und jelbit unter diejer Einſchränkung darf man den Begriff Frühling nicht allzu genau nehmen, wenn die Negel nicht felbjt zur Ausnahme werden jol. Angefichts ſolcher Unſtimmigkeiten mag es erlaubt fein, Hier einige bisher nicht veröffent- lichte Beobachtungen über den Wafjergehalt der Baumftämme mitzuteilen, Ein Teil der Abweichungen in den vorhandenen Angaben erklärt ſich aus der Verjchtedenheit der angewendeten Methoden. Theodor Yartig, der ein großes Beobadhtungsmaterial geliefert hat, benußte Späne, die mit einem Zuwachsbohrer aus 25 bis 40 jährigen Stämmen in Brufthöhe heraus geholt wurden. Dieje Methode bietet den Vorteil, daß zu verſchiedenen Zeiten aus demfelben Stamme Proben entnommen werden können, die fich leicht und ſicher vollftändig trodnen laljen. Man läßt die Späne aus dem Bohrer in Eleine Probierzylinder fallen, die gleich verforft und möglichſt bald gewogen werden. Die Methode Hat den Nachteil, daß der mit dem Bohren verbundene Drud und die Erwärmung des Bohrers Wajjerverlufte herbeiführen, deren Größe ſchwer zu ermeſſen ift. Dieſe Verluſte werden zwar bei jeder Bohrung wiederfehren und dadurd an Bedeutung verlieren. Ganz zu vernadjläffigen find fie aber nicht, denn die durch den Drud aus- gepreßten Waflermengen werden, in Prozenten des Holzgewichts ausgedrückt, verjhieden fein, je nad dem urjprünglihen Waffergehalt des Spans. Waſſerreiche Späne werden viel verlieren, während wajjerarme vielleicht gar feinen Verluſt erleiden. Ein weiterer Nachteil der Bohripanmethode it die Kleinheit der zu gemwinnenden Proben. Sie verleiht allen Fehler— quellen viel Gewicht und läßt Schlüffe auf die in größeren Abjchnitten des Baumjtamms herrſchenden Berhältniffe nur unter der Vorausfeßung zu, daß dieſe fi nicht jprungmweie ändern. Das letztere fommt aber vor. Nördlinger benußte ganze Abjchnitte jugendlicher Bäunchen von wenigen Zentimetern Stärfe.. Damit waren die angegebenen Mängel der Methode Th. Hartigs vermieden, aber auch der Vorteil aufgegeben, von ein und demjelben Stamm immer wieder Proben entnehmen zu können. Nobert Hartig arbeitete mit Spaltitüden, die er 7 em hohen Stammfcheiben ent= nahm. Es gelang ihm jo, den Waffergehalt von Splint und Kern in be— liebigen Tiefen des Holzkörpers zu bejtimmen. Sorgfältig gehandhabt ijt dieje Methode einwandfrei. Eine Verbeſſerung war nur injofern möglich, als man die Verjuchsftüce gleich nach) dem Ausſpalten in Iuftdicht zu ver— Ihließende Gläſer hätte gelangen laſſen fönnen, jtatt fie frei zu wiegen, wobei fie immerhin bis zu 10 Minuten lang Verdunftungsverluften, die mit dem auch im Walde nicht zu vernachläſſigenden Wechjel der Wind- geichwindigfeit fich ändern, ausgejegt waren. Beſonders hervorgehoben jei — die Beobachtungsmethode von Lauprecht (Allgem. Forſt- u. Jagdztg. 1871, mit Taf. IM. Buchenftangen führen im Zentrum eine bald jchmälere, bald breitere Partie waljerärmeren Holzes. Lauprecht ſchloß nun aus dem Verhältnis zwiſchen der Ausdehnung diejes: zentralen „Trockenzylinders“ zu der des feuchten Splints auf den größeren oder geringeren Waſſergehalt des ganzen Stämmchens. Er fand in der zweiten April- und erjten Mai- hälfte den Trodenzylinder jchmal, im Sommer in der Weite ſchwankend und von Mitte September bis zu einem Marimum im Dftober fi) aus- dehnend. Von da bis in den Januar erfolgte eine anfangs rajche, dann langjamere Verjchmälerung, dann bis in den März eine geringe Verbreite- rung, die endlich dem Frühlingsminimum wid. Die Brobeftämmchen Hatten demnad im Frühling, zurzeit des Laubausbruchs, im Kern einen marimalen, im Sommer ſchwankenden und im Herbjt einen minimalen, im Winter einen allmählich fteigenden Wafjergehalt. Das ift eine Beltätigung der auf ©. 2 angeführten Angaben von Nördlinger, ftimmt aber wieder nicht mit R. Hartigs Angaben über die Buche überein. In dem allgemeinen Ver— laufe der Kurve mit dem Marimum im Frühjahr, dem Minimum im Herbit fommt aber doch ein vielfach beobachtete und aus den ganzen Vegetations— verhältnijjen wohl verftändliches Verhalten zum Ausdrud. Won bejonderem ökologischen Intereije ift, daß die Lauprechtſchen Beobachtungen jo an— ichaulich erfennen laſſen, daß der Kern oder beijer das Neifholz als Wajjer- jpeicher eine jehr wejentliche Rolle jpielt. Die Hier mitzuteilenden Beobachtungen beziehen jich erjtens auf den Wechſel des Waffergehaltes einiger Baumftämme im Laufe eines Jahres, wie er fih in am 1. und 16. jeden Monats in Brujthöhe jedesmal dem- jelben Stamm entnommenen Bohripänen ausdrücdt und zweitens auf den Waijergehalt und die Wafjerverteilung in einigen älteren Buchen- und Fichtenftämmen, erjchloffen aus Spaltitüden von 8 em Länge und circa 1,25 gem Querſchnitt, die Abjchnitten der friih gefällten Stämme im Wald entnommen, in luftdicht durch Kautſchukhütchen verjchloffenen Gläſern im Laboratorium gewogen und dann bei 90 bis 100° C. bis zum konſtanten Gewicht getrocknet wurden. Die Tauglichkeit des Kautſchukverſchluſſes wurde befonders geprüft. Die Entnahme der Proben und die Wägungen der erſten Verjuhsgruppe, die vor einigen Jahren in Eiſenach bearbeitet wurde, verdanfe ich Herrn Oberförjter Werner in Erörode, die der zweiten meinem jegigen Aſſiſtenten, Herrn Forſtaſſeſſor Delfers. Die Eiſenacher Beobachtungsobjekte waren ältere Stämme, teils im Garten der dortigen Forſtakademie, teils am Fuße der Wartburg oberhalb der Reutervilla auf gutem Boden von wechſelnder Tiefgründigkeit: vier 60 bis 90 jährige Eichen, drei 35 jährige Hainbuchen, zwei 35 jährige und zwei 110 bis 140 jährige Spigahornftämme, zwei ca. 30 jährige Lärchen und drei 70 jährige Weymouthsfiefern. , —— Die Reſultate der Wernerſchen Beobachtungen habe ich in den neben⸗ ſtehenden Kurven (Fig. 1) dargeſtellt. Am Fuß und am Kopf der Figur find die Monate, rechts von den Kurven die Maffermengen in Prozenten des Friſchgewichts von 5 zu 5% angegeben. Die den Kurven jelbit beigejchriebenen Zahlen ſind die Nummern der Bäume. Die ſchraf— fierten Kurven find aus den Durd)- ichnitts zahlen aller Beobachtungen für die einzelnen Arten gewonnen und die unterbrochenen Teile der Kurven bezeichnen Ausfall der Beobachtungen. Sch will glei hier bemerfen, daß die oben kurz berührten Mängel der Bohripanmethode, zumal Zuſalls⸗ werte nicht ausgeſchloſſen ſind, es ver- bieten, den Eiſenacher Beſtimmungen eine ausſchlaggebende Bedeutung zu— „Fo Spitzahorn zumeſſen. Ihr Wert liegt nicht da— rin, daß fie ein zutreffendes Bild von den Zuftänden im ganzen Stamm zu geben vermöchten. Immerhin aber iſt es vielleicht von Intereſſe, aus ihnen zu erjehen, welche Ungleichheiten jelbft in nahe nebeneinander liegen- den Teilen des Baumfjtammes zu verichiedenen Zeiten vorhanden jein fönnen. Außerdem jpiegeln ſich in den Kurven troß aller Mängel einige auch auf anderem Wege erfannte Ber ziehungen ab. Schon Nördlinger (Kritiiche Blätter 52) machte darauf aufmerfjant, daß jeine Zahlenreihen eigentümliche Sprünge zeigen und daß fie „jaubere Kurven“ nicht ergeben. Dasjelbe (äßt ſich von ben Wernerſchen Be- ftimmungen jagen. Dennoch lajjen ſich gewiſſe allgemeine Züge aus den Darſtellungen der Fig. 1 herausleſen. Sehen wir von einigen Zufallswerten (3. B. bei Spitzahorn 4 und Eſche 2) ab, ſo findet ſich bei allen Verſuchs— bäumen ein hoher Waſſergehalt im Winter, dem im Frühling eine Abnahme I 9% 45 ST EMAMJJA. 5. 0N.D.J. (Monate) Fig. 1. u = folgt. Mitte oder Ende Mai ergaben fait alle Bohripäne ein Minimum des Waffergehalts. Dem Minimum folgen vorübergehende meiſt niedere Marina und Minima im Juni oder Juli. Von der zweiten Augufthälfte bis Mitte Dftober fehlen die Beobachtungen. Nach dem 2. Dftober hebt fih der Waffergehalt. Daß die Schwanfungen bei der Hainbuche mit ihrem ſchweren, an Hohlräumen verhältnismäßig armen Holz Eleiner find als bei dem leichten, eine große Wajjerfapazität bejißenden Koniferenholz und der mit großen Gefäßen und hohem Tranjpirationsvermögen verjehenen Eiche erjcheint Leicht verjtändlih. Much die Erklärung des Gejamtverlaufs der Kurven macht feine bejonderen Schwierigkeiten. Man verjteht leicht, daß im Winter, der Zeit geringiter Verdunftung der Waflergehalt des Baum— jtammes fi heben muß. Solange der Froſt noc nicht in den Boden eingedrungen ijt, arbeiten die Wurzeln weiter und erjeben allmählich das im Sommer entitandene Wallerdefizit. Der Winter des Beobadhtungsjahres 1897/98 war mild, die Lufttemperatur ſank auch im Januar und Februar nur wenig unter 0°, jo daß der Boden faum gefror und in geringer Tiefe Temperaturen von 3 bis 8° vorhanden gemwejen find. Es iſt aber nach— gewiejen (Rojaroff, Inaug.-Diſſ., Leipzig), daß bei 00 aus dem Boden noch erhebliche Wafjermengen aufgenommen werden und daß jelbit in Boden von —5°C. und in Eis die Wurzeln noch etwas zu arbeiten vermögen. Sch jelbit fand an den Nadelipigen junger Weymouthgfiefern ausgeprekte Wafjertropfen hangen, während der Boden faum bis zu einer Tiefe von 20 em aufgetaut war. Die Wurzeln hatten aljo in einer Umgebung von wenig mehr als 0° energiſch gearbeitet. R. Hartig fand im Holzkörper der Birke ein ſtarkes Anfteigen des mittleren Waſſergehalts von Mitte Februar bis Mitte März, in dem der Rotbuche und Kiefer im November und Dezember. Bei jolhen Abweichungen will e3 nicht viel jagen, daß in unjeren Tabellen das winterlihe Marimum bald in den Januar und „Februar, bald in den März und beim Spißahorn jelbit in den April fällt. Am meilten befremdet das vorübergehende Abjinfen des Wafjergehaltes im Januar oder Februar, das indeljen nur bei Spitzahorn 2 und Eiche 1 und 2 einen größeren Betrag erreiht. Aus dem Wetter der Beobadhtungs- termine erklärt e3 fich nicht, denn die Monate Dezember, Januar und Februar waren im Verſuchsjahr nicht jo troden, daß man eine bis zur Brufthöhe in den Stamm hinabreichende Berdunftungsmwirfung annehmen fünnte. Wir haben e3 hier wohl mit Zufallswerten zu tun. Anderſeits ijt die Tranſpi— ration der Baumzweige im Winter nicht jo gering, daß ſie ganz außer Betradht bleiben müßte. Für Roßkaſtanienknoſpen ijt eine tägliche Waſſer— abgabe von 1,5 bis 1,6 °/,, für zweijährige Zweige eine ſolche von 0,3%, jelbjt bei Temperaturen von —3 bis —10° ermittelt (vgl. Haberlandt, Phyſiol. Pilanzenanatomie, II. Aufl., ©. 127). Daß das Wetter im übrigen zur Erklärung unjerer Kurven herbeigezogen werden darf, zeigen die Be- ne, = obachtungen Th. Hartig3 über die Schwankungen im Waffergehalt der Bäume mit dem Wechjel der Tageszeiten (Allg. Forit- u. Jagd-Ztg. 1871). Am frühen Morgen am größten jinft der Wafjergehalt bis in die Nach— mittagsjtunden, und fteigt von da an über Nacht wieder bis vor Sonnen aufgang. TH. Hartig gibt für diefe Schwankungen zum Teil recht große Beträge an. Seine Zahlen unterliegen aber, der Methode wegen, Zweifeln, jo daß 3. B. auch einzelne Fälle, in denen bei anhaltend trocener Witterung der Wafjergehalt nachmittags 2 Uhr größer erihien als vor Sonnenaufgang der Beltätigung bedürfen. Einwandfrei find Nejultate, die Cieslar in Verbindung mit Sofef Friedrichs Unterfuchungen über die Volumjchwanfungen der Baumjtämme erhalten hat (Mitt. a. d. forjtl. Verſuchsweſen Ofterreihs, Heft XXL. Wien 1896). Er fand auf 100 Teile Friihvolum folgende Wafjermengen: Früh morgens | in Spaltjtüden 65,0 °/, am 23. Suni 1892 | Bohripänen 47,8 = Mittags 12 bis 1 Uhr | = Spaltjlüden 57,3 am 23. Juni 1892 J = Bohrjpänen 45,6 Abends 5°/, bis 6°/, Uhr | = Spaltitüden 59,6 am 22. Suni 1892 — Bohrſpänen 44,3 W Ai N Ai v R Die bis zu 8°/, ſteigende Differenz zwiſchen den Früh- und den Mittagsziffern erklärt ih daraus, daß in der Nacht die Tranjpiration, abgejehen von der größeren Luftfeuchtigkeit noch durch den im Dunfeln erfolgenden Spaltöffnungsverichluß herabgeſetzt wird. Dieje leßtere Ein— richtung begünftigt den Ausgleich des durch die Tranjpiration am Tage im Baume entitandenen Wafjerdefizits. Die Spaltöffnungen brauchen des Nachts nicht geöffnet zu fein, weil dann die Kohlendiorydaljimilation mit ihrem Gaswechſel wegfällt und infolgedellen wohl auch der Bedarf an Zufuhr mineraliiher Stoffe unter Vermittelung der Tranjpiration geringer it. Die von Sojef Friedrich (l. e.) im einzelnen nachgemwiejene Überein- ſtimmung der Volumjchwanfungen des Baumſtammes mit der Kurve der relativen Feuchtigkeit weiſt weiter auf weitgehende Abhängigkeit jeines Waljergehaltes vom Wetter Hin. Wenn Nördlingers Buchenjtangen und Hajelausjchläge feine in die Augen fallenden Hebungen und Senfungen auf Grund bejonderer Dürre oder Negenwitterung erfennen ließen, jo it damit nicht gejagt, dab dies auch bei älteren Bäumen mit großer Krone der Fal if. Daß jelbjt bei trodenjter Sommermitterung Eichen» und Buchenholz noch einen namhaften Saftgehalt bewahrt (30,4 bis 31,5 %/,) hängt wohl damit zulammen, daß die Wurzeln weiter arbeiten und bei beginnendem Welken der Blätter die Spaltöffnungen auch am Tage fi) Ihliegen und ſomit weiterer Waljerverluft verhindert wird. Fragen wir ung, wie weit die Schwankungen der aus den Wernerjchen Zahlen gewonnenen — — Kurven etwa mit dem Wetter in Verbindung gebracht werden können, ſo werden wir auf das Auf und Ab im Sommer geführt. Der Hochſtand des Waſſergehaltes im Stamm von Spitzahorn 3, Weymouthskiefer 1 und 3 und Lärche 2 zu Anfang Juni jteht im Einflang mit regneriſchem ſchwülen Wetter zu Ende Mai bei einer relativen Feuchtigfeit von 95 °/, vom 28. bi8 31. de3 genannten Monats, während gleichzeitig die Bodenwärme 11 bis 20° betrug. Der Tiefitand bei den drei Weymouthsfiefern, der Lärche 2 und dem Spitahorn 3 am 16. Juni könnte aus dem jehr warmen (bis 28°C.) und trocdenen Wetter vom 13. des genannten Monats an, wobei am Verſuchstage die relative Feuchtigkeit auf 45°/, Tank, erklärt werden. Hochſtand am 1. Juli trifft mit Negen am 30. Juni zujammen, der Tief- itand am 16. desjelben Monats mit ſehr warmem Wetter und relativer Feuchtigkeit, 37 °/, am Vortage. Daß ein Zuſammenhang zwiſchen dem Wetter und dem Wafjergehalt der Stämme nicht noch mehr Hervortritt, erklärt fich zum Teil aus den Mängeln der Methode, dann aber aud) daraus, dab Wafferaufnahme und Wajjerabgabe des Baumes von der Natur des Bodens und dem Verhalten lebender Zellen abhängen, das den Umjtänden nach jehr verſchieden fein kann. Die Zufammenftellung einiger Zahlen mag noch über die Größe der bisher bei unjeren Verfuhsbäumen auch von anderen gefundenen Schwanf- ungen Aufihluß geben. Es ift dabei zu beachten, daß Th. Hartig und Nördlinger mit Iufttrodenem Holze gearbeitet Haben, das nad) R. Hartig (Unterj. a. d. forftbotanifchen Inſtitut zu München, II, ©. 90, 1883) 5 bis 8°, und 10°, Waſſer enthalten Fann. Lärde. Ebermayer, Phyſiol. Chem. d. Pflanzen I. 1882 Durchſchnittsgeh. 44,3°/, Werner! Marimum. . 66,0 = Minimum. . 29,0 = Durchſchnittsgeh.44 °/, Marimun . 52,9 = Minimum . 37,9 = [am 24. März 23,2 9), ⸗ 2.&l 31,7» Marimum 61,3 %/, im Splint in Brujthöher am | 2. Zuli, 22,4 °/, im Kern Ganzer Stamm N. Hartig Minimum 41,1 °/, im Splint in Brufjthöhe am 24. März, 15,6%, im Kern furz vor Sonnen= aufgang » -. . 19% nachmittags 2lIhr 25 = [| Bohripäne in Brufte Ce ia! Th. Hartig)) | Höhe 25—32 %, !) Die Objekte wurden nur Lufttroden, nicht abſolut troden gemadt. Ban Weymouthsfiefer. Durhichnittsgehalt 44,3 °/, Moarimunn. sis 155,0 = Minimum . - . 25,5 = kurz vor Sonnen- nursangı 3 06 nachmittags 2Uhr 56 - Durchſchnittsgehalt 63,6°/, Werner Th. Hartig)) | | | Bohripäne in Brujt- \ Höhe 36—47 °/, — | | Nördlinger!) ! Marimum . . . 71,4 = (Februar) Minimum . . . 59,9 = (Dezb.), 59,0°/, (März) Hainbude. | Durchſchnittsgehalt 37,8 °/, Werner ! Marimum . . . 470 =» | oumim . „... 330» Th. Hartig!) Bohripäne in Bruſthöhe 23—27 °/, Spigahorn. | Durchſchnittsgehalt 41,0 °/, Berner: Mormum - . . 575 = | Minimum PDT IE Th. Hartig!) Bohripan in Brujthöhe 24 /, Eiche. | Durchſchnittsgehalt 40,33 °/, Werner ! Marimum . . . 64,00 - | Minimum . . . 23,00 - Th. Hartig‘) Bohripan in Brufthöhe 24—30 °/, Nördlinger Eſchenausſchlag 24,0°/, (September) bis 37,3%/, (Suli) Die Mündener Unterfuhungen wurden durch den Wunjch veranlaßt, - die mit dem Übergang aus der Vegetationsruhe in die Vegetationstätigkeit, aljo mit dem Knojpenaufbruch etwa verbundenen Veränderungen im Waſſer— gehalt der verjchiedenen Teile des Stammes und auch der Äſte näher fennen zu lernen. Es war nicht ausgejchlojfen, daß die erwachende Wachstums— tätigfeit der Knojpen und des Kambiums Wajjerverjchiebungen in der Längs- und Querridtung des Stammes mit ich brächte, die vielleicht einiges Interejje bieten mochten. Über die Beziehungen zwilchen Stamm und Zweigen und zwijchen Holzkörper und Rinde nad) dem Waflergehalt jind von Tonfel (Mitt. d. land- u. forjtwirtich. Akademie zu Petrowskoe, Jahre. 5, Heft 2, Mosfau 1832, Nef. Botan. Sahresber. 1883 I, 6) und Geleznow (Sur la quantite et la repartition de l’eau dans la tige des plantes !) Die Objekte wurden nur Iuftteoden, nicht abjolut troden gemadt. > — a ligneuses. Ann. d. sc. nat. VI ser. Bot. t. II, 1876) Angaben gemacht worden. Tonfel fand an Spaltjtüden nad R. Hartigs Methode im Juli und Auguſt, zurzeit verhältnismäßiger Waſſerarmut des Stammes, die Zweige waſſerreich und umgekehrt im Winter die Zweige wafjerärmer als den Stamm. Das erjte erflärt ſich aus dem allgemeinen Hinitreben des Waſſers nach den wachſenden und tranipirierenden Zweigipigen und Blättern während der Vegetationzzeit. Man darf annehmen, daß in dieſer Periode wie die Blattzellen, jo auch die lebenden Zellen der Zweige ſelbſt osmotiſch [ebhaft tätig find. Wenn aber aud) die Zweige nur eine pajjive Rolle, als Durchgangsweg des Tranjpirationswajlers jpielten, jo müßten fie während defjen Bewegung wajjerreich erjcheinen. Das zweite, die Wafjerarmut der Zweige im Winter, ergibt ji) aus dem ‘Fehlen des Tranjpirationsjtrons und dem Wajjerverluft der Zweige durch Verdunftung zurzeit des osmotiſchen Unvermögens ihrer lebenden Elemente. Der Stamm jelbjt verliert im Winter weniger Waller, da jeine Oberfläche Eleiner iſt als die Gejamtober- fläche der Zweige. Außerdem füllen die Wurzeln jeine Rejervoire von unten ber allmähli auf. Im einzelnen zeigen auch die Tonfeljchen Zahlen mande Abweichungen. So ijt bei der Kiefer im November der Wajjergehalt von Stamm und Zweigen fajt derjelbe (50 °/, und 48,3 °/,), während im Dezember ein Unterjchied von 10 °/, (Stamm 61,9 °/,, Zweige 51,2 °/,) zuguniten des Stammes hervortritt. Bei Zitterpappel und Birfe find die Zweige im November um 16°/, bzw. 9 °/, waſſerärmer als der Stamm; im Dezember übertreffen fie ihn um ein geringes (ca. 2%,) an Waſſer. In Birkenzweigen findet Tonfel im Juni 51,3%, im Stamm zur jelben Zeit nur 38,1 °%/,, von November bis März zwijchen 41 °/, und 46 %/, Waller. Bei der Zitterpappel liegt die größte Differenz im Auguft (Stamm 42,7 °/,, Zweige 53,1 °/,), bei der Kiefer im Juli (Stamm 52 %%/,, Zweige 60,2 °/,). Die Unterjchiede im Wajjergehalt der Zweige jelbjt in den verjchiedenen Monaten erheben jich bei der Zitterpappel bis auf 17,3 °/, (33,5 %/, im November, 50,8 °/, im Juli), bei der Birfe auf 18,57%, (32,73 %/, im November, 51,3 °%/, im Juni) und bei der Kiefer auf 13°, (48,3 %/, im November, 61,3 %/, im März). Geleznomw arbeitete mit 5 cm langen Abſchnitten 11 bis 30 jähriger 4 bis 10 em jtarfer Stämmcdhen. Ihr Wafjergehalt nahm im allgemeinen von der Bajis nad) dem Gipfel hin zu, indeſſen famen zahlreiche Unregelmäßigfeiten vor. Manchmal hatten ale Abjchnitte ungefähr den gleihen Waſſergehalt. Das Zopfende der Stämmchen enthielt im ganzen meijt einige Prozent Waſſer weniger als Die vorhergehenden Abjchnitte; doch machte fih Hier ein Unterjchied zwijchen Stamm und Rinde bemerkbar. Beim Spitzahorn jtieg im Juni in der Rinde der Waſſergehalt nach der Krone Hin, während er im Holz in der: jelben Richtung abnahm. Dasjelbe war bei der Birle im März und Januar, bei der Zitterpappel im April und November der Fall. Nur ein- mal, im Februar bei der Zitterpappel, nahm der Waljergehalt des Stammes nad oben hin in Rinde und Holz gleichzeitig ab. Bei derjelben Art war die Rinde während der Monate Juni bis September, aljo während der Zeit der Kambiumtätigfeit, wahjerreiher (54 bis 58 °%/,), von Dftober bis Mai aber wajjerärmer (46 bis 54 °/,) als der Holzförper, der jeinerjeits im großen und ganzen die normale Schwanfung von Wafjerreihtum im Winter zu Wafjerarmut im Sommer zeigte. Bei der Birfe erwies jih nur im Augujt und September die Rinde mwahjerreiher als das Ho. Eber— mayer (l. c. p. 17) gibt für Buche (57 jährig) und Lärche (4Ojährig) im Frühjahr und Sommer einen höheren, für Herbit und Winter einen niederen Waſſergehalt der Winde gegenüber dem Holzkörper an. Geleznomw nennt Baumarten, die ein ſolches Wechjelverhältnis im Waflergehalt von Holz und Rinde zeigen, amoebaeoxyl, während er jolche, bei denen das Holz jtets waſſerärmer ijt als die Ninde, wie beim Spikahorn, als xeroxyl (oder hygrophloeiſch), ſolche, deren Rinde den geringeren Waljergehalt be= ſitzt als Hygroryl (oder xerophloeiſch) bezeichnet. Vesque (Ann. d. sc. nat. VI ser. Bot. t. II 1876 p. 358) hat zur Grläuterung dieſer Verhältniffe darauf aufmerfiam gemacht, daß im Baume zwiſchen ſtrömendem und wenig beweglihem Waſſer zu unterscheiden it. Wenn das Holz eines Baumes der Waljerbewegung wenig Widerjtand entgegenjegt, jo wird jeine Waſſer— rejerve im Notfall jtarf verbraudht werden. Solches Holz ilt xeroryl (Hölzer mit weiten Gefäßen). Sind große Widerjtände im Holz vorhanden, (Pinus silvestris), jo wird das Waſſer energilcher fejtgehalten und der Baum it Hygroryl. Es würde vielleiht lohnen, dieje Ideen auf ihre Berechtigung zu prüfen. Zurzeit aber fehlen dazu noch fait alle Grundlagen. Dem Wafjergehalf der Rinden Hat auh N. Hartig jeine Aufmerkjamfeit ge— Ihenft. Er fand, daß fie bei Birke, Buche, Eiche, Kiefer und Fichte ein Marimum im Mai, ein Minimum im Februar oder März (Kiefer, Fichte) zeigten, daß aljo im Frühling ihr Wallergehalt zunimmt. Man muß wie bei den Zweigen annehmen, daß das mit der erwachenden Begetationg- tätigfeit veränderte osmotiſche Verhalten der lebenden Rindenzellen jie be= fähigt, aus dem Holzkörper zu jchöpfen. Ganz einfach liegt auch Hier Die Sade nicht. Mit dem allgemeinen Steigen des Wajjergehaltes im Holz fann, wie bei R. Hartigs Kiefer, aud) im Winter eine Zunahme des Wafjergehaltes in der Rinde verbunden jein, die im angegebenen alle allerdings Hinter der Zunahme des Waſſers im Holzförper weit zurüd- bleibt. Die Stämme unferer Mündener Unterfuhungen waren Nahbarbäume eines auf Buntjanditein in ca. 240 m Meereshöhe jtodenden Hocdywalds. Die Probeentnahme gejchah bei Buche I und Fichte I in der Weife, daß die frisch gefällten Stämme ſukzeſſive in 3 m lange Walzen zerjägt wurden, an deren unterem Ende man je eine 8 cm hohe Scheibe abichnitt. Fi * 20 3qug 10Q vho baollvgd Ge’Ir 28* str steh 5*8 3** 288 GIr ——— 698 2QUuNK 19Q pgaballusg cur 88* gg ech qc’Ir s’Ir 6% 3*7* or analloqaorg ua7gvE ausyjvgaa uaundlagox sung wg amıg aoq pou 195 uapalusgnyg uouobojob Hoaus qun auqıS (pvu uoq uoa saadıggfjog sag jvqobaollvgð aollouipaug wo c'Tp qun ga wxg non alpnz »Brahulczt Mi x ch a 9» di or L1lr Be s’Ir BL yon Fer Fir 0er 6er Ti S 68 wich aa ger cs'tr ze s'or T66 ser 1197 iS & ie mag an? sıqg saadıojfJog soq jvgobaollge or - rlamlpang wo cz aun Mo& u pz nog mmvylusipng asdıagulcor Lavpr6 L'ch »29 . vr er . or'Lr rır g’cH 81 8*9 ouihvujuo Igor 19Q sgagwumv}S avnuvS ‘OF mußplpang Gor muplgpang "Aa ION 1Uaq gro way uojhoß uarpnagad 7731 21% Q 9 Groh «898 6*f —M - 00 So >= ir — 088 ser 088 088 Les el — YIr 00 ber Yar art Yin - E51 —* 3 *28 8918 EUE or’Ir —8— — Ru r'Ir BLE ers TIFr ger 0er or Zar ge/or gEior 0/87 9668 — . €, EYES: 9668 ELE g'6E rer “Or 38 > erir ge’ge syer Teer yır ar — ce Tor Ler Year Tor eı’ör = el en sror 0 ETF Gr'or u g/9T —88 8— s’0r eror zer asian LE BIT Ti6E FisE 988 61 = E61 —28 & g'6E r’68 088 ror wu 85 —— — ouig vuju⸗ 8 er oma an? sıq uodnv uoa saodıojfjoß s9q jvhobaollvgd qoag; 19Q = 2 —— yayunuvya olmpang wo IE qun ayag wegg og uno aadıayplgcr avnagoL '6 A 9 uad UNOA uidg snv uam usgug uspnagad 773] 1% So 98 917 99 8* 668 SSR sor LIr war 0’ -:= 00 un ga 68 vLr 928 9803 | 766 98 98 — Ir = &1 F — ror gFF 9 or 908 | T88 1875 17 g - 67 6% FE — 0368 ger gor rs ,ı 79 9858 SEE vr - $L Lzr Da = OL’GE a eo u 77 see | LE Er Or 207 177 Az SR 99 28 828 907 398 85 88 8148 828 888 - 6el ger — 96 68 98 698 92 vse | syier 66€ 9 88 ⸗891 o oyr SS = 0r’'6& 888 Tor 866 er | IsE or T’LE ur 61 te NE EN = — — — wien: ae IR an 2 a * — — 64 IF 99 68 2 u | 6% 688 = 876 \ = = 3 088 gor rır er | 819 GIr u g'0z analllauaıs RS m URS = 53 |muplgang molhlagaoıg onng nolloaiquso ouihvujuooqoag Jod ohg huuvio "I o]129vR erg g'9F 079 1’OoF 9'649 9 88 0'869 8’19 19 qung 190 Vvgovao vo,ð erg ger mußplpangnuvlag 60 3 EZE -8'84 mupl@ang ElE BOB. =. 6:09 867 818 939 168 806 I6F 02 90 02 666 TIEs We Des 9 TI9 8 Iscr 2878 289 107 963 289 91* 388 889 le ——— — 361 er 889 e— se Her ar 08% Yr_ 789 069 Le Be 974 gııa 8089 auLa * IL s’r9 6,’79 ge 869 898 769 8089 G9’99 09 Fr 289 *79 299 nuwbQ uao juydgs ji a pımufplpang ynummuvg ma (pou uohnv uda sounudS sod ogabaollur = £’9L = { 61 — WU GG ouivujuooqoaꝙ aa HayumuvıS nolpaagingg am naga nodlonıg aallonlpang ws Jg Hay wgz/gz non a WG "ST 2175 | 999 | 089 | g9'c9 89 | muplpang 769 6'99 96 IF 0867 | r6 | 605 69 | L’i6E 166 7’69 LLlo 0% 60% 01: 39 #99 . 00 ggg 899 F89 084 gE 67 — 858 Tr 019 | 275 09 913 erise 119 7° E07 919 51. 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Waffergehalt von Äſten in °/, des Friſchgewichts. Das Material wurde bei 90— 100° abfolut troden gemadht. Bude 1. 10. Januar 1910. Buche 3. 18. März 1910. mweig 1. Drönung | „2 |sE |. 8 oe | Aft 1 gweig 8 83 De | = | 5 Aft aus ( Abjtand (m im 2m 3m aus — AbftandvonderBajis| 5Q | ER | E20 | & | FE — na unteren 2m 6m EI | 3 E höhe 0/0 36,9 51,3 45,5 48,1 Kronenteil | — 0%, 386 47,2 560,1 | 45,8 | 46,3 | 47,1 41,25 Aſte II. und folgender 48,7 47,7 46,9 | Zweig I. Ordnung | Drönungen a — Abſtand von der Baſis | | Kurztriebe: 39,60. mittleren 0m 3m 4m h o ® Summen | Knoſpen: 27,9? 48,65 0,45 447 92 | — | a5| — | 48,7|459 Aft 3 — — |) 494 | 45,25 Verjchiedene Äfte gemifht %, 48,8 494 49,4 46,8. Buche 2. 9. Februar 1910. Bude 4. 22. April 1910. Knoſpen 43,7% Alte bei 30,3m Höhe [ a Aft bei 33 m Stammhöhe entnommen . . 2.2... 463 % ; Rinde‘ 2... ZAUAES . „re j Rinde 42,9 Aft bei 31» 2 5 Hot; [men - 49,18 - Aſte bei 29,3m Höhe, Sol; 46,65 | a außen. 434 = — Rinde . . . 41,65 = | site bei 28,83m Höhe | Rinde 44,75 Aſt bei 9- - | So [uben! 2390 +2 te bei 28,3m Höhe | got; 42,40 dlinnen. 35,9 = | Fichte 1.. 20. Dezember 1906. Fichte 5. 12. Mai 1910. Nadeln und Knoſpen aus ver— Knoſpen eben im Aufbrechen. fchiedenen Kronenhöhen Bei 14m Stammhöhe entnom= | Spibe — und Holz) bei] Höhe Aſtlänge Nadeln Knoſp. mener At: Bafis 46,15. 23,25 m: 58,5 153m 175m 587 d.Bafi Nadeln Spiße: 64,6 ker Be 55,5 60 cm Abftand v. d. Baſis 37,35 \gyn Hei 16 m Höhe entnommen: Be B = e Dr — St — J < ‚ r Spike des Ajtes: 55,10 ftp Om 1m 2m Bibel 210-7 dA 54.0) — RE I. Rinde 55,1 58,7 58,0 28- O8b- * 1jährige Aſte mit Nadeln: 71,50 Hol 40,75 55,8 513 54,2 Durchſchnu 571 Dann wurden aus jeder Scheibe eine Anzahl von Spänen von 1,25 gem Duerjchnittsfläche in der Weile entnommen, daß je ein Span aus der Mitte der Scheibe nur Kernholz bzw. Neifdolz enthielt, zwei andere aus dem äußerſten Teil des Holzförpers (Südweſt- und Nordojtjeite, bei Fichte I Nordjüd- und Dftwejtlinie) nur aus Splintholz beitanden. Die Strede zwiſchen dem innerften und den Äußeren Spänen wurde in 2 bis 3 gleiche Zeile geteilt, welche an ihren Grenzpunkten zwei bzw. drei weitere Späne lieferten. Bei den übrigen Bäumen wurden den Endjcheiben 6 m langer Abjchnitte eine größere Anzahl von Spänen in Abjtänden von je 1 cm ns: im ganzen Verlauf des nach Südweſt gerichteten Radius entnommen; aus Scheiben, die den Mitten der Abjchnitte entjtammten, aber nur 3 Späne, je einer aus dem Zentrum, der Peripherie und der dieſe verbindenden Strede. Die Zahlen der unten folgenden Tabellen find jo angeordnet, daß fie zugleich die ungefähre Lage eines jeden Spanes im Stamme angeben. Die Buchen I, I, II Hatten einen roten Kern, der übrigens feinen wejent- lichen Einfluß auf den Waffergehalt ausübte Alles übrige it aus den Tabellen ohne weiteres erjichtlih. Die Mitteilung der in den Monaten Sanuar, Februar, März und April an Fichten gewonnenen Zahlen muß leider auf eine jpätere Gelegenheit verjchoben werden. Betrachten wir die auf die Buche bezüglichen Zahlen genauer, jo finden wir im Wafjergehalt des ganzen Holzkörpers der Stämme ein geringes Ab- jinfen vom Januar (40,66 °/,) zum Februar (39,76 °/,) und dann ein An— jteigen auf 42,55%, im März und 42,99%, im April. Es ift nicht ausgeſchloſſen, daß dieſe geringen Zahlenunterichiede auf individuellen Ab— weichungen der Probeſtämme beruhen; es ließe ſich aber auch der anfäng— liche Wafferverluft aus der Verdunſtung jeiten® der Zweige bei noch ſchwacher Wurzeltätigfeit, der jpätere Gewinn aus fleigender Wurzelarbeit im Frühling verftehen. Die Schwankungen erjcheinen im fronenjtändigen wie im aftfreien Schaft; doch nimmt der Splint im lebteren nicht an der Senfung im Februar teil. Die Wafjerzunahme tritt am deutlichiten in den äußerſten Splintringen zutage. Ihr durchichnittlicher Gehalt beträgt 40,69 (Sanuar), 42,7 (Februar), 47,02 (März), 45,35 (April). Die geringe Sen fung im April läßt ſich zu dem Laubausbruch in Beziehung bringen. Stärfer als der Holzkörper hat gegen ‘Februar (41,35 °/,) und März (45,53 °/,) die Rinde im April (49,99 %/,) an Wafjer zugenommen. Die Zunahme überfteigt mit 8°/, ganz bedeutend die des Holzförpers (von Februar zu März 5%). Wir müſſen annehmen, daß eine Wafjerver- Ihiebung aus dieſem Ießteren in die Rinde hinein jtattgefunden hat. Bei allen vier Bäumen nimmt der Waffergehalt von innen nad) außen zu. Der rote Kern der drei erften Bäume enthält 37,16 °/, (Sanuar), 36,82 %/, (Februar), 44,10 °/, (März) Waller gegen 40,74, 41,28, 44,55 im Splint in denjelben Monaten. Der vierte Stamm bejaß feinen roten Kern, aber auch bei ihm war in allen Baumböhen der Waljergehalt in der Mitte des Stammes um einige Prozent Eleiner als im äußerjten Splint (die ab— weichende Zahl 59,7 im 16,3 m Stammhöhe muß als zufällig hier außer acht gelafjfen werden). Weniger deutlih ausgeprägt find Unterjchiede im Waffergehalt nad) den Höhenregionen des Stammes. Bei den drei erjten Bäumen tritt eine geringe Abnahme, beim Aprilbaum eine Zunahme von der Bafis bis zum Kronenanjag hervor, im Kronenteil des Schaftes jelbit eine geringe Zunahme, wenn ein deutlicher Unterfchied gegen den übrigen Schaft überhaupt zu erfennen ilt. TE Die Äfte erwiefen fich bei allen Bäumen als wafjerreiher als der Schaft, auh im Januar und Februar. Eine Steigerung des Wafjer- gehaltes nach den Aftipigen Hin ift im einzelnen nicht deutlich zu erfennen; aber es wird fein Zufall fein, daß die Kurztriebe, die im März 39,60 °/, Waſſer zeigten, im April 51,75 °/, ergaben. Mit dem Beginne des Aus- treiben muß fich ein fräftiger Waſſerſtrom durch die blattragenden Sproßteile bewegen, der in der legtgenannten Zahl zum Ausdrud fommt. N. Hartigs (. e.) an der Buche gewonnenen Ergebnijje jtimmen nicht ganz mit den unjrigen überein. Hartig findet ein Sinfen des Wajjer- gehaltes im ganzen Stamm von Dezember bis Mai, und erjt nad) dem 7. Mai ein Steigen. Dies mag daran liegen, daß in jeinen Bäumen — fie zeigten an dem genannten Termin erjt Knoſpenſchwellung — die Vege- tationstätigfeit ſpäter erwachte. Der Verteilung im Stamm nad) fand er den Wafjergehalt von der Höhe von 8m ab im Februar bis zu 10,5 m rajch, dann langſamer zunehmend, weiter oben ſchwankend. Im März fiel die größte Zunahme des Waffergehaltes nach oben auf die Strede zwijchen BruftHöhe und 4m, um dann erjt langjamer, jpäter wieder rajcher weiter zu gehen. Unfere Beobahtungen bei der Fichte ergaben als Geſamtwaſſergehalt des ganzen Holzkörpers im Dezember 44,17 °/,, im Mai 45,6 °/,; Zahlen, die nur wenig höher find als die bei der Buche gefundenen. Auch die Wafferverteilung im Stamm jtimmt dem Wejen nach bei den beiden Holz— arten überein, doc treten bei der Fichte der Mehrgehalt des Kronenteilg und namentlich der Wafferreihtum des SplintS gegenüber dem des Neif- Holzes (im Dezember über 60 %/, gegen 29 °/,) mehr hervor. Won Intereſſe ift, daß der Ießtgenannte Unterfhied im Maiftamm weit geringer ift (58,8:32,3 °/,), der Waflergehalt des Splints ift mit dem Austreiben der Knoſpen zurücdgegangen. NR. Hartig gibt 1882 (). ec.) Zahlen für den Waflergehalt des Stammholzes der Fichte an, aus denen fich folgende Durhiehnittsziffern, bezogen auf 100 Gemwichtsteile friihen Holzes, berechnen: Januar 58,92%), März 63,8%, Mai 62,5%, Juli 65,3 %/,, Dktober 56,8%). 1885 (Holz der deutichen Nadelwaldbäume, Berlin) fand er bei neuen Unterfuchungen: 30. Dezember 46,6 °/,, 3. April 45,7 °/,, 27. Juni 50,03 °/,, 11. Oktober 50,05 %,. Die Zufammenftellung der Zahlen weilt auf relativ geringen Wafjergehalt im Herbit und Vorwinter, ein vorüber- gehendes Minimum im April und Hohen Waflergehalt im Sommer Hin. Intereſſant ift ein Vergleich mit völlig entälteten Fichten, die derjelbe Autor unterjuchte. Sie ergaben: 2. April (entäjtet anı 28. Dezember). . . 41,9 27. Juni (entäftet am 28. Dezember) . . 45,3 29. Juni (entäftet am 4. April) . . . . 473 9. Dftober (entäftet am A. April). . . . 45,0 mug: .— Wie man fieht, ift infolge der Entäftung feine Überfüllung mit Wafjer eingetreten, jondern die entäfteten Bäume find wafjerärmer als normale, wa3 auf einer Schädigung der gejamten Lebenstätigfeit beruhen dürfte. Der hohe Waflergehalt im Sommer tritt auch Hier hervor. Db er eine Ipezifiiche Eigentümfichkeit der Fichte ausdrüct oder ſich aus den äußeren Umftänden erklärt, muß zurzeit dahingeftellt bleiben. Vor anderen Be— obachtern fanden Schübler und Neuffer, die aber wieder nur das Luft- trocdengewicht benußten, vom 27. Januar big zum 2. April bei Fichte, Hajel, Roßkaſtanie, Bergahorn und Eiche Zunahmen des Waffergehaltes im Holz um 6,7 bis 9,8°/, (Ebermayer a. a. O.). Der Waſſergehalt der Fichtenrinde betrug im Mai 54,3 /,. Der Waſſergehalt der Aſte war Höher als der des Gejamtitanımes und im allgemeinen höher nad den Aftipigen Hin als nahe der Aſtbaſis. Der Wafjergehalt der Nadeln gleicht dem der Knojpen und des Splints. Geſetz— mäßige Unterjchiede im Wafjergehalt der Nadeln aus verjchiedenen Baum— höhen traten nicht zutage. Mit einigen Worten jei nod) des Verhaltens einiger von uns mit den Spaltjtüden zufammen entnommener und unterfuchter Bohripäne gedacht. Die Bohrjpäne erfaljen vor allem den Splint und enthaltendementjprechend verhältnismäßig viel Waller und zwar bis gegen 10°, mehr als Spalt- jtüde aus annähernd derjelben Baumhöhe. Eine Erklärung dafür fann nicht gegeben werden. Eine geringe Abnahme des Wafjers von der Balis zum Kronenanjaß läßt ſich auch aus den Bohripanzahlen Heraußslejen, doc) find die Prozente nicht diejelben wie bei den Spaltitüden. An den zur Mai-Fichte gehörigen Bohripänen fallen die großen Sprünge der Zahlen auf, die an die Sprünge in den Wernerjchen Beitimmungen erinnern. Zum Teil mögen fie auf der jehr unregelmäßigen Geſtalt des Trodenferns (NeifHolzes) beruhen, infolge deren die Späne teilweiſe aus Splint- und Neifholz in verjchiedenen Mengen zujammengejegt waren; zum Teil bringen fie aber wohl Iofale Schwanfungen im Wafjergehalt des Holzes zum Aus— druc, wie ſolche auch einige der aus Spaltitücden entnommenen Zahlen erfennen lafjen und wie fie gewiß in den Wernerſchen Angaben eine Rolle jpielen. Im Überblik über das gejamte Material an Beobachtungen erfcheint auch heute noch der Waffergehalt der Baumſtämme als eine außerordentlich wandelbare Größe. Cinigermaßen flar tritt aus den wechjelnden Zahlen etwa folgendes hervor: 1. Der Wafjergehalt des Holzkörpers iſt im Spät- herbit niedrig und erfährt im Winter, gegen die Zeit des neuen Laubaus— bruchs Hin, früher oder jpäter eine fräftige Steigerung. 2. Im Sommer finden jih große Unregelmäßigfeiten, die auf dem Zujammenwirfen der Seuchtigfeitsihwanfungen in Luft und Boden und der Zuftände der Organe der Wajjeraufnahme und Wafjerabgabe des Baumes beruhen. 3. Der Splint ift wafjerreicher al das Innenholz des Baumes. — — Neue Unterſuchungen hätten etwa die ſommerlichen Schwankungen des Waſſergehalts ins Auge zu faſſen. Doch dürften ſie nicht mit Bohrſpänen arbeiten und es müßte eine recht große Anzahl von Stämmen herbeigezogen werden. Das aber würde einen Aufwand von Zeit und Koſten bedeuten, der kaum im Verhältnis zum Wert des zu erwartenden Ergebniſſes ſtünde. Der Cattenbühl, das Heutige Lehrrevier der Forſtakademie Münden, im 18. Jahrhundert. Vor Julius Buſſe, Hann.-Münden. Die Anregung zu Ddiefer geichichtlichen Überfiht über den Cattenbühl ging von dem Herren Afademiedireftor Oberforjtmeifter Fride aus. Auch während der Ausführung der Arbeit bewies Herr Oberforſtmeiſter Fricke größtes Intereſſe, wofür id) meinen verbindlidhiten Dank auszujprechen bier nicht verfehlen möchte. Leitend war der Wunſch, für die im Sahre 1914 zu erwartende Neueinrichtung des Nevierd eine Grundlage zu Ihaffen, deren Wert vor allem in einer möglichjt weit zurücgreifenden Be— ſtandesgeſchichte liegen jollte. Durch erhebliche Lüden in den Akten — beim Brande der Königlichen Regierung in Hildesheim im Jahre 1885 ging unendlich viel wertvolles Material verloren — war es jedoch leider nicht möglich, eine fortlaufende Chronif zu jchreiben. In der Hauptjache jtanden an forſtgeſchichtlichen Quellen nur zur Berfügung die „Bejchreibung derer Forjten in den Aemtern Münden und Braden- berg” von „Foritregijtrator” und Oberförſter Jacobi in Clausthal?) aus dem Jahre 1739, und die „Forjtunterfuhung“ von Dberförfter Haje in Lauterberg?) aus dem Jahre 1776. Für die Kennzeichnung der allgemeinen Wirtichaft fonnte noch die Fleiſchmannſche?) Betriebsregulierung von 1827 — für den Brammald gejchrieben — aushilfsweile benußt werden.*) Won 1827 bezw. von 1776 bis zum Jahre 1878 fehlt es an weiteren Überlieferungen. 1) Derjelbe, welcher bei Einrichtung des Göttinger Stadtwaldes 1741 die Pro— portional-Schlageinteilung nad) Bodengüte (Ertragsfähigfeit) zur Anwendung bradıte. 2) Derjelbe, welcher nah) von Zanthiers Tode (1778) deſſen Ilſenburger Meifter- Ihule 1780 als Forſtinſpektor in Yauterberg fortzuführen juchte. 3) Auch Fleifhmann, Dberförjter zu Nörten, galt als bejonders tüchliger Forſtmann. ) Zur Ergänzung wurden außerdem herangezogen: Seidenſticker, „Rechts- und Wirtſchaftsgeſchichte norddeutſcher Forſten“ (1896), Zoe, „Geſchichte der Stadt Münden“ (1878). on. 2 Da ein Überbrüden einer jold weiten Zeitſpalte nicht ohne Kunjt ge- ſchehen kann, wurde die Trennung in dem durch die Überjchrift erläuterten Sinne vorgenommen. Es joll eine zweite Aufgabe jein, aus den beiden legten Betriebswerfen von 1878 und 1895 unter Zuhilfenahme des Hauptmerfbuches und Kontrollbuches abteilungsweile eine Bejtandesgeichichte auszuarbeiten, welche den bejonderen Zweck, zum afademischen Studium zu dienen, verfolgen wird. Die Geſchichte des 18. Jahrhunderts zerfällt naturgemäß in einen all gemeinen und einen bejonderen Teil. Der bejondere Teil hat die Aufgabe, die Forftorte einzeln anzuführen, Auskunft zu geben über den Boden, den Beltand und die Wirtihaft an Drt und Stelle. Zur Darftellung diejer Verhältniſſe dienen eine Neihe farbiger Karten, deren Veröffentlichung aus finanziellen Gründen nicht gut angängig iſt. Infolgedeſſen ift hier nur der allgemeine Teil abgehandelt. Der Name des Reviers — „Gattenbühl” — wird verjchieden erklärt. Die einen behaupten, e3 jei der Berg der Gatten, welche einjt vor ungefähr 2000 Sahren hier gelagert und gefämpft hätten; andere jehen darin eine Entftellung der Forjtortbezeichnung „Kaßenbeutel”, wie fie ſich für den heutigen Forſtort Cattenbühl in den Betriebswerfen des 18. Jahrhunderts angewendet findet. Das Nevier ift ein Teil des großen Kauffunger Waldes, welchen einst Kaiſer Heinrich II. der Neichsabtei Kauffungen im Jahre 1019 jchenfte. Später befindet fi) der Wald — wohl durch Säfularifierung nach der Reformation oder auch) Schon durch einen früheren jelbjtherrlichen Akt — im Bejig der Landesherren von Heſſen und Braunfchweig-Hannover. Er ift in diefer Zeit „gemein“, indem er von beiden Seiten gemeinjchaftlic) genußt wird („gemeiner” Wald — hier aljo nicht Allmendwald!). Nach zahllojen Streitigkeiten, welche durch die „jo jchädliche Gemeinschaft” ver» anlaßt find, fommt 1618 eine Trennung „in quantitate und qualitate“ zu— Itande. Der nördliche Teil des Kauffunger Waldes, u. a. die heutige Dber- förjterei Cattenbühl, fällt Hannover zu. Gemeinjam bleibt noch das Walddorf Niefte mit feinem jährlich zwiſchen Hefjen und Hannover wechjeln- den Landgericht. Dafür braucht das Dorf feine Soldaten zu jtellen. Eine endgültige Negelung wird jchlieklich im Jahre 1831 herbeigeführt. Heflen erhält die Hannoverjchen Nechte an Niejte und das Dorf Wahnhaufen, da- gegen fällt an Hannover das vom Revier einerjeitS und der Werra anderer= jeits völlig umfchloffene Dorf Laubadı. Sm 18. Sahrhundert unterfteht ſomit der Wald bereit allein der Ber- waltung in Hannover, der Königlih Großbritannischen und Kurfürſtlich Braunfhweigisch-Lüneburgifchen Kammer, infonderheit dem Amtzu Münden, weldyes wiederum fich in das Ober- und Untergericht ſpaltet (ſchon ſeit 1379. a Das Dbergericht befand fich damals im Schlofje zu Sichelnftein.). In das Bereich des Dbergerichts gehört der heutige Gattenbühl mit Ausnahme des Schußbezirts Hohefeld, welcher — bi 1854 zum Brammwald gehörig — mit diefem dem Untergericht zugeteilt ift. Ale Einnahmen und Ausgaben werden durch das Amt verbudht. Die technische und Perjonal-Dberaufficht führt jedoch das Oberforſtamt zu Göttingen. Zur Information der höheren Stellen und gleichzeitig für die Kontrolle der Wirtfehaftsführung befteht die Einrichtung der Forftichreibtage. Sie werden alljährlich im September abgehalten. Wünſche der Intereffenten über Freigabe von Schonungsflächen, über Holzabgaben aller Art dürfen hier geäußert werden. Über fie wird dann der Kammer berichtet. Wer zu bauen beabjichtigt, muß fih ſchon im Mai gemeldet haben, damit der be- eidigte Zimmermeifter im Laufe des Sommers die Anſchläge machen fonnte, wofür er mit 12 Mariengrojhen für den Tag entlohnt wird. Der Forit- Ichreibtag dient dazu, diefe „Speziftfationen” zu prüfen, um fie dann zur „Ratififation” an die Kammer weiter zu geben. Iſt im verfloffenen Wirt- Ihaftsjahre Holz ohne Anweiſung abgegeben worden, wie dies in bejonderen Notitandsfällen — z. B. bei einjtürzenden Häufern, für Mühlen — jtatthaft it, jo wird die Rechtmäßigkeit der Abgaben ebenfall3 an dem Schreibtage nachgeprüft. Für die Schmiede bejteht wegen ihres ftarfen Holzverbrauchs Die befondere Vorſchrift, daß fie am Schreibtage ihren genauen Jahres-Bedarf an— geben müffen. Die Hauptaufgabe der Forſtſchreibtage aber ift die, für das fommende Jahr die wirtichaftlichen Maßnahmen zu bejtinmen, vor allenı die Drte zu bezeichnen, welche in „Zuſchlag“ gelegt werden müfjen (zum Ver— jüngungsbeginn!). ber Neufulturen wird beratjchlagt, über den Stand der alten an die Kammer berichtet. Bejondere Erwähnung verdient noch die Vorjchrift, daß bei Gelegenheit des Forftichreibtage8 eine Umfrage nach der Bewirtichaftung auch der PBrivatforjten gehalten werden ſoll. Es joll „dahin gejehen werden“, daß fie nicht „ruinieret“ würden. Daraus erhellt, welch großes Intereſſe am Walde Schon die damalige Zeit hatte. Dieje8 bajiert weniger in dem Furchtgefühl vor dem Geſpenſt der Holznot al3 vielmehr in der aufrichtigen Sorge um die „PBoiterität”, wie fie häufiger deutlich zutage tritt. Das Amt in Münden ift auch die Strafvollitrefungsbehörde für die „Forſtwrogen“. Da früher bei jährlicher Aburteilung viele fich der Be— Itrafung zu entziehen verftanden, jchlägt Sacobi vor, daß monatlid) das Amt die Strafen fejtjeßen und vollitreden ſoll. Die Leibesitrafe, vor allem gegen Hirten, kommt vielfach zur Anwendung. Haſe will die Geldjtrafen erweitert willen und macht folgende Vorjchläge: 1. Für jedes übergelaufene Stück Vieh zahlen die Hirten 2 Reichs— thaler (gegen 1 rthl. früher), im Wiederholungsfalle das doppelte ujw. oder fie erhalten „proportionierte” Leibesitrafe. ee 2. „Für jede beim Grasjchneiden mit abgejchnittene Lohde find 6 Pfennige für das Stüd zu zahlen. 3. Bei nicht rechtzeitiger Abfuhr aus einer ordentlihen Hauung find für die Klafter 12 Mariengrojhen, für den Stamm 24 Marien grofchen Strafe zu zahlen. Vieh kann gepfändet werden und wird erjt nach Erlegung der Straf- gelder ausgeliefert. Wer verbotene Wege fährt, verfällt ebenfalls in Strafe. Auch die Forjtitrafarbeit ift befannt. Die Delinquenten können dazu ver- urteilt werden, die „Zuſchläge“ mit Gräben zu umziehen. Für jämtliche, im Dbergeriht Münden gelegene Forjten find 1739 ein reitender und vier gehende Förfter, 1776 ein Dberförfter und vier gehende Förſter angejtellt. Der reitende Förſter hat feinen Wohnfig in Niejte, die gehenden find auf der „Blume“, zu Zutternberg (heute Lutter— berg), Oberode und Kleinalmerode jtationiert. 1776 bewohnt der Dber- förjter daS herrichaftlihe Haus vor dem „Katzenbeutel“, die jetzige Förfterei Gattenbühl; die Stelle de3 reitenden Förſters in Niefte ift Föriterftelle ge- worden, dafür ift die Stelle auf der „Blume“ eingezogen. Die Forſt— bedienten — früher „Forſtknechte“ — wohnen zum Teil in Dienfthäufern, zum Teil in eigenen. Der Beamte in Lutternberg hat feine Dienftwohnung vermietet und weitab vom Nevier am Forſtort „Spork“ feine Wohnung genommen. Mit Rüdjiht auf feinen Fleiß und Eifer aber wird von der vorgejegten Behörde dagegen nichts eingewendet. Die Größe der Dienjtbezirfe ift nach heutigen Begriffen recht er- heblih. Der Förſter Buchholz in Dberode Hat — die jeßigen Schutz— bezirfe Hohefeld und Haarth und den Forſtort „Kleiner Steinberg” aus— genommen — die ganze heutige Oberförfterei Cattenbühl zu begehen, d. |. nad) feiner eigenen Vermefjung 6415 Morgen, 77 Duadratruten, 122 Fuß, dazu 100 Morgen, 94 Duadratruten, 45 Fuß Wiefen. Zu durchſchnittlich 1500 ha wird man einen Förſterbezirk zu damaliger Zeit rechnen dürfen. Die Bejoldung jteht zur NReviergröße in feinem Verhältnis. Genaue Zahlen für das 18. Jahrhundert fehlen. Für das 16. und 17. Jahr— hundert werden 4 und 8 Gulden’) Sahresbejoldung angegeben. Die Haupt- einnahme jind Anmeilungsgebühren für Holz und Trinfgelder für das ein- getriebene Bieh; dazu fommen einige Naturalien, Getreide, auch Kleidungs- jtüde. So hat die Stadt Hedemünden für die Erlaubnis ihres Schweine- eintriebes dem reitenden Förfter in Niefte ein Baar Stiefel jährlich zu geben. Fur den Gattenbühl werden im 18. Jahrhundert die „Aceidentien“ der Forſtbedienten normiert. Landwirtihaft zu treiben, ift den Beamten geitattet; in bezug auf Viehhaltung aber find fie bejchränft: fie dürfen feine 1) 1 Goldgulden — 1!/, Reihsthaler; 1 Reichsthaler (1 rthl.) = 36 Mariengrofchen (mgl.); 1 Mariengrofjhen — 8 Pfennige (Pfg.). — — Schafe und Ziegen halten und nur vier Stück Rindvieh. In Maſtzeiten haben ſie einige „Freiſchweine“. Strengſtens verboten iſt ihnen, ſelbſt Holz zu verkaufen und ſich am Holzhandel in irgend einer Form zu beteiligen. Um Unregelmäßigkeiten zu begegnen, wird jeder Förſter mit einem Wald— hammer ausgerüſtet, welcher eine Wolfsangel und außerdem den Anfangs— buchſtaben ſeines Namens trägt; er hat damit „alles Bau- und Brennholz und auch die überzuhaltenden Laßreißer“ zu zeichnen. (Der zweite Punkt dieſer Vorſchrift konnte wohl kaum je durchgeführt werden!) Jedem Förſter iſt ein „Eichenbinder“ zugeteilt. Er hat die Aufgabe, Eichen zu pflanzen, ſoweit nicht die Intereſſenten dazu verpflichtet ſind, und vor allem für ſichere Umwährung der Eichheiſter gegen das Weidevieh zu ſorgen. Jacobi macht den allerdings nicht erfolgreichen Vorſchlag, den Lohn der Eichenbinder nach der Zahl der wirklich angegangenen Eichen zu bemeſſen. Haſe muß ihre Tätigkeit in den letzten 6 Jahren lobend aner— kennen, ſo daß er ſich veranlaßt ſieht, eine Lohnerhöhung für ſie bei der Kammer zu befürworten. Ihr bisheriger Lohn wird auf 6 Thaler, 3 Malter!) Noggen und ein Drittel der Pfandgelder angegeben. Die Pfandgelder haben fie im Sahre 1739 bewilligt erhalten. Seit jener Zeit werden ſie vereidigt und fungieren al$ Beamte. Zu ihren Dienftverrichtungen gehört auch die Grenzbewahung. Ein Gewehr zu tragen find fie nicht berechtigt; ihre Ausrüftung bejteht in einer Barte. Auch ift ihnen unterjagt, nebenbei Aderbau zu treiben. Der Holzhauereibetrieb liegt zu Anfang des Jahrhunderts jehr im argen. Die Selbjtwerbung it die übliche Art. Im nahen Solling und im Harz it ſchon ein Stamm ausgezeichneter Holzhauer vorhanden. Um aud für den. Gattenbühl Holzhauer anzulernen, hat man zweimal Leute von dort hierher beordert. Sie haben ſich aber nicht halten fönnen troß des hohen Lohnes von 16 Grojchen für die Klafter, da die Einwohner- Ihaft ihnen äußert argwöhniſch gegemübertrat und fie jchledht behandelte. Dazu fam der Nachteil, einer doppelten Haushaltung und teueren Zehrung, vor allem aber nah Haſes Anficht der Umstand, daß fie hier nicht wie daheim auch das Zopfholz und die Äſte, „welche feinen Keil halten“, mit in die Klafter legen durften. Grit allmählich gelingt es der Verwaltung, die Hauungen durch eigene Holzhauer, welche vereidigt werden, ausführen zu lafjen. Ihr Lohn, dem, welchen die Leute an den Flüſſen und bei der MWegearbeit verdienen, angepaßt, beträgt 7 mgl. für die Klafter und 4 mgl., 4 Pig. für das Schod Wellen. Nur mit Mühe fönnen die Holzhauer daran gewöhnt werden, außer der Art auch die Säge zu gebrauden. Schließlich geht man in der Aufarbeitung jehr weit, indem jchon Holz= mengen von Klafter eingejegt werden und alle Stärfen von über ı) 12 Malter = 1 Fuder = 187 Liter. Bar 4 Zoll (rund 10 em)!). Davon find nicht ausgeichloffen „Wind-, Fall- und Lagerholz, auch Feuerjtuden”. Der „Abſchlag“?) wird zu Wellen gebunden. Allerdings wird Hinzugefügt, daß man im „gemeinen Walde” (jiehe ©. 34 ff.) nicht zu ängftlich damit fein jolle. Der Begriff des Fall- und Lagerholzes (au) Leſeholzes) ift genau bejtimmt. Die für den Gattenbühl damals gültige Definition aus der Berechtigungsnachweilung von 1748 lautet: „als und Lejeholz ilt, 1. was der Windjturm einzeln umgemweht, wenn darin fein Nußholz vorhanden, 2. was jonjt etwa an Zweigen und Aſten abgefallen oder abgejchlagen worden, 3. weiches Unterholz, als Ellern, Birken, Heimbuchen (!), Sahlweiden und Hafeln, welches die Intereſſenten zwar frei zu holen berechtigt, jedoh müßte jolches forjtmäßig geichehen, 4. Pollholz (te!) und Zweige, jo nicht mit in die Klafter gehauen würden, 5. Aſte und Zelgen, jo fie von der Erde mit der Art erreichen können, wenn jie aber auf den Baum gejtiegen, wären fie bejtraft worden.” Intereſſant it, daß die Begriffe des Fall- und Leſeholz für den Bram- wald damals weit engere find. Im der für ihn maßgebenden Definition fehlen ganz die Punkte 3 und 5. So bemängelt 1776 Hafe auch) dieſe Begriffsbeitimmungen. Zu 3. „Wenn nun auch zugegeben wird, dab die Intereſſenten das weiche Holz aushauen dürfen, jo wird doch nicht prätendiert werden können, daß das Heimbüchen zu den weichen Holze oder Unholze, wie es im Amte benennet wird, gerechnet werden fann, es ijt gerade eine der Härteften und brauchbariten Laubholzjorten.“ So nützlich der Aushieb des „wirklich weichen Holzes”, jo jhädlich Hält Hafe den Aushieb der Hainbuche. Sie bringt in Baumorten durch ihren geflügelten Samen und häufige Majt Blößen durd) Samenlohden in Kultur, im Schlagholz erzeugt fie die meijten und beiten Stammlohden. Zu 4. Die Berechtigung wird ungebührlich ausgedehnt. Nach Hajes Anficht erhalten z.B. die Schmiede ein Drittel Holz mehr, als ihnen zufommt. Mit aller Strenge muß darauf gejehen werden, daß alles Holz über 4 Zoll eingejeßt wird. Zu 5. Das üſten ift eine jchädlihe Maßnahme, „beionders in der Laubzeit”, und muß unterfagt werden. „Es entgehen dem Baum die durch die Blätter und Zweige aus der Luft zuzuführenden Nahrungsfäfte, der 1) Die jorgfältige Einklafterung des Holzes gelangte im Brammald weit früher zur Durchführung. 2) Wohl das Aſtwerk, welches bei der Fällung abichlägt! Bei Saft des Baumes und deijen äußere Ninde wird durch das Abhauen beichädigt, und wenn in die von den ſtarken Äſten entblößte Stelle die ein- dringende Näſſe nicht allemahl eine Fäulnis im Schafte verurjadht, jondern der Hieb wieder überwächlet, jo entjtehet doc nichts als ein ungejtalter und fnorrigter Stamm.“ Von der Zukunft erhofft Haſe einen jtrengen Beitandesihluß, welcher dann eine Selbitreinigung zur Folge Habe. Da- durch käme die Aſtung ohnehin in Fortfal. Die Kammer muß fi) wohl diejen Anfichten Haſes angejchloffen Haben; denn dieſer wie die übrigen Punkte bleiben unverändert bejtehen. Holztage ſind damals jchon der Dienstag und Freitag, und zwar find fie nit auf den Winter allein beichränft, da die Verwaltung aner- fennen muß, daß gerade im Sommer zwiſchen Saat und Ernte die freiejle und damit auch die bejte Zeit zum Holzholen ift. Solange das Holz von den Intereſſenten jelbjt geworben wurde, war von einer richtigen Aushaltung des Holzes nicht die Nede; der jeweilige Verwendungszweck bejtimmte die Aushaltung, viel, jelbjt noch gut verwert- bares Material blieb im Walde liegen oder wurde aud) eigenmächtig ver» fauft, wenn es transportabel war. Eine eigentlihe Holztare bildet ſich daher auch erit heraus, als man dazu übergeht, durch eigene Holzhauer beitimmte Sortimente herzuftellen. Für die Nutzſchäfte, welche bislang in ganzen Stämmen jtehend angemwiejen wurden, wird für die Preisfeitjegung entjcheidend die Stärfe. 1776 verfauft man fie nad) drei Umfangklaſſen: 2 und 3 jpännig, 4 jpännig und 6 und mehrjpännig. Die Spanne mißt 10 Zoll (rund 26 em), jo daß nad) unjerem Maß — der Umfang in den Durchmeſſer umgerechnet — 2 und 3 jpännig rund 20 em, 4 jpännig rund 35 em und 6 und mehripännig rund 50 cm und mehr Durchmeifer be= deutet. Für den Kubikfuß beträgt die Tare 1 Pfg. Foritzins und 31/, Pfg. Aceidens; für das Stammholz, welches aus den „Gehegebergen“ (jiehe ©. 34 ff.) abgegeben wird, dagegen 4 Big. Foritzins und 2 Pfg. Accidens. Früher wurden ohne Unterſchied der Quantität und Qualität des Holzes für den Stamm 27 mal. gefordert. In wie hohem Make dadurch der Willkür Tür und Tor geöffnet war, zeigt Haje an einigen Beilpielen: „Es find u. a. einem Einwohner aus Nienhagen 1136 Fuß Eichenholz von Königl. Kammer verwilliget, es find demjelben dazu 8 Stamm Eichen!) angemiejen und er hat davor à Stamm 27 gl. 6 rthl. bezahlet. Einem andern Einwohner aus Niejte find 1182 Fuß Eichenholz ver- williget, es jind ihm dazu angewiefen 5 Stamm?), er hat aljo à Stamm 27 gl. davor 3 rthl. 27 gl. entrichtet, verfolglich Hat leßterer, ob er glei) 46 Fuß Eichenholz mehr als erjterer erhalten hat, dennoch 2 rthl. 9 mgl. weniger in die Negilter bezahlet. 1) Die Eichen hatten i. D. einen Anhalt von 3,54 fm. 2) = - ä — ⸗ ⸗ ⸗5,88 ⸗ Sn dem Dorfe Dberode jind einem Unterthan 116 Fuß, dem anderen 52 Fuß und dem dritten 14 Fuß Eichenholz!) von Königl. Kammer be- williget worden, jedem von diejen dreien ijt ein Stamm Eichen angewiejen worden, und jo hat der leßtere von 14 Fuß eben den Forſtzins entrichten müffen, den die eriteren beiden von rejp. 52 und 116 Fuß bezahlet haben, und der zweite hat gegen den eriteren wieder verloren, der eritere aber gegen beide profitiert.“ Die Tare für die Klafter?) gejpaltenen Eichen-Nugholzes (Böttcher- Holzes) jegt Haje von 1 rthl., 18 mal. herauf auf 5%/, rthl. + rthl. Acc., indem er es mit dem Stabholz des Solling vergleicht, für weldhes 6 rthl. bezahlt werden’). Für das Schiffsbauholz iſt eine feſte Tare nicht beitimmt. Es ſoll in jedem Einzelfalle nah Stärfe und Güte eingejhäßt werden. Während die Berechtigten für Brennholz nur eine geringe Anmeife- gebühr bezahlen (der „Vollſpänner“ 18 gl., der „Halbſpänner“ 9 gl. jährlich; Schiebfarren und Rüdenholz ift frei), beträgt die Tare für die Nicht- berechtigten (Töpfer, Schmiede, Brenner u. a.) für die Klafter Buchenſcheitholz . . 24 gl. incl. Acc.) — Se ii... Intl tat ie er = = BE RIDELDDINER A. aan = 1 Schod Wollen . . Ei ale - - 15uder (15 Maaß) Schmiebefohlen (inkl. Köhler und Hauerlofn) . 2 rthl. 15 gl. Auswärtige haben zu zahlen für die Klafter Buchenſcheitholz . . Urthl. 6 gl. 2 = = Budenfnüppel . . . 30 = - 1 Schod Wellen . . . 9 > Zu den Auswärtigen in diefem Sinne rechnet auch die Militärver- waltung. Vom Fahre 1735, in weldem das alte Schloß zur Kajerne umgebaut wurde, bis zum Sahre 1766 ſteht in Münden ein Regiment. Das Amt jheint dem Militär nicht jehr gewogen; denn außer den hohen Preifen, welche die Garnifon zahlen muß, wird ihr das Holz ausdrücklich an den unbequemiten Stellen im Walde angewiefen, damit fie ihren Be- darf möglichjt von anderSwoher zu decken gezwungen wird. Der Jahres— bedarf der „Baraquen“ wird auf 600 Klafter angegeben. 1) 116 Zuß = 2,89 fm; 52 Fuß = 1,30 fm; 14 Fuß = 0,35 fm. 2) ı Klafter a 216 Kubiffuß = 5,378 rm. ®) Die Tare für Eichen-Nutzſcheite I. KL. ift heute 15 M. für 1 rm, d.h. 80,67 M. bezw. 26,89 Thl. für 1 Klafter. +) Die Tare für Buhen-Scheitholz ijt Heute 5 M. für L rm, d j. 26,389 M. für die Klaiter. ’) Die Taxe für Buchen-Knüppel ift heute 4 bezw. 3ZM (Stanım bezw. Ajtfniippel), d. j. 21,51 bezw. 16,13 M. für die Klafter. Heute it alfo etwa die Marf an die Stelle des alten Groſchens getreten. 3 Eine wichtige Beltimmung des Amtes bezw. der Kammer ijt Hin- jichtlih der Holztare noch die, daß alle, welche jih in Münden und den MWalddörfern ein neues Haus bauen, als Auswärtige gelten jollen. Die Nutzungsrechte am Walde find verjchteden, je nachdem er „privativ” oder „gemein“ ift. Im privativen Walde (in den „Gehege- forjten”, auch „Gehegebergen“) fteht die Nußung allein der „Herrſchaft“ zu; der gemeine Wald ift mit Berechtigungen aller Art belaftet. Won den 12 Forftorten, aus welchen 1739 daS heutige Revier ji) zujammenjeßt, gehören 6 zum privativen und ebenjoviele zum gemeinen Walde. Im Jahre 1776 ift die Einteilung plößlich eine andere. 2 Forſtorte jind dem gemeinen Walde abgenommen und dem privativen Walde zugelegt worden. Durch Objervanz hat fich die Herrichaft dazu berechtigt gehalten. Im privativen Walde üben die Weide aus die „Mündeſchen Anıtshaus- haltspächter” (Heute Domänenpächter) mit ihrem Hornvieh und Schafen von Walpurgis (1. Mai) bis Bartholomäi (24. Auguft). Die Majt ift zugunten der Herrichaft verpachtet. Aber jchon 1739 verzichtet jie auf diefe Ein— nahme mit Nüchicht auf die Schonung des Waldes. Wenn Holz aus dem privativen Walde abgegeben wird, jo liegt ein bejon= derer „Önadenbeweis” vor. ES wird nur gegen höhere Bezahlung (cf. Holztare, ©. 32) und gegen Revers verabfolgt, um die Entjtehung von Berechtigungen zu verhüten. Dennoch jeheint die Bauholzabgabe aus dem privativen Walde fich jehr jtark eingebürgert zu haben. Denn den Anftoß zu der Hajejchen „Forſtunterſuchung“ hat vor allem der Umſtand gegeben, „daß den Inter— ejjenten mit dem Bauholze aus den herrichaftlihen Gehegebergen hat ge— holfen werden müſſen“. Auf dem privativen Waldteile des Untergerichts, dem heutigen Schuß bezirk Hohefeld, laftet jogar eine Servitut. Das Dorf Wiershaufen ift be- rechtigt, im Hermannshagen zu hüten, das benötigte Bau- und Nubholz „gegen den üblichen Forſtzins“ verabfolgt zu erhalten und das „Unter— und Lagerholz” unentgeltlich zu holen. Die Berehtigungen im gemeinen Walde find Holz-, Hude» und Weider, Maſt- und jchlieglih Wege (Trift)-Berechtigungen. Die Taxations— fommijjion im Jahr 1739 fieht fi) gezwungen, von einer Aufzählung und Prüfung der Berechtigungen Abjtand zu nehmen, da über Zahl und Map die abweichendſten Anfichten herrſchen. Sie begnügt fich daher damit, die Berhältniffe in der Weiſe darzuftellen, wie fie jich zu jener Zeit tatjächlich vorfinden. Im Jahre 1748 wird dann eine Nachweifung gefertigt, welche die Grenzen der Berechtigungen einigermaßen genau feitlegt. Die Be— rechtigten erhalten ihr Bauholz gegen bejtimmten Forſtzins, das Brennholz haben jie frei, joweit fie fein Geſpann bejißen (ſ. o. ©. 33). An allen, jelbjt an den entlegenften Stellen Fann ihnen ihr Holz angewieſen werden. Bis die Kammer dieſe Entjcheidung fällte, ift gerade dies ein häufiger Er Beichwerdepunft gewejen. Sonderlidy Hatten die Intereſſenten ſich ge— Ihädigt und in ihrem Recht bejchränft gefühlt, wenn das Holz, welches jie nicht abgefahren hatten, anderweitig verfauft worden war. Während in der eriten Hälfte des Jahrhunderts den Berechtigten jeg— licher Holzhandel unterjagt iſt und hohe Strafen den treffen, welcher Holz verfauft — das Holz jelbjt wurde fonfisziert —, findet jich in der zweiten Hälfte diefe Beſtimmung aufgehoben. „Sn Rüdjicht auf den Holzvorrat“, welchen Haje günjtig beurteilt, wird den Untertanen gejtattet, nicht nur das von ihnen gekaufte Holz weiter zu verfaufen, jondern auch das Brenn Holz auf den Markt zu bringen, welches jie an dem ihnen überwiejenen Quantum erübrigen. Durch Klauſeln nimmt man nur darauf Bedadıt, daß dieſe Erlaubnis jich nicht zu einer Berechtigung auswächſt. Die Hude und Weide wird mit Rindvieh, Prerden und Schafen aus- geübt. Leßtere jind Hin und Her nad) „Ställen“ gerechnet. Der Stall zählt 200 Stüd. Biegen jind damals jchon nicht mehr im Walde geduldet. Die Beamten haben die generelle Anweiſung, jede Ziege, welche fie im Walde antreffen, jofort tot zu jchießen. Tun fie das nicht, verfallen fie jelbjt in Strafe. Die Hutung des Nachts mit Ochſen Hat fich als für den Wald jehr jchädlich gezeigt. Der jtarfe Verbiß, welcher Häufig zu Klagen jeiten3 der vrevidierenden Oberforjtbeamten Veranlaffung gibt, wird vor- nehmlih auf das Zugvieh zurüdgeführt; den Förftern kann eine Schuld nicht beigemejjen werden. Deswegen wird verordnet, dab die Ochſen des Nachts in Ställen gehalten werden. Um die Berechtigungen ſich nicht gar zu weit ausdehnen zu lajjen, gibt es noch eine ganze Reihe einjchrän= fender Bejtimmungen: Die einmal eingeräumte Zahl des Weideviehg muß innegehalten werden; die Beamten Haben von Zeit zu Zeit überrajchend Zählungen vorzunehmen; Schafe dürfen nur unter lichten Eichen, nicht in Buchenbeſtänden gemweidet werden; die Zujchläge müſſen wohl beachtet werden (ſcharfe Strafen für die Hirten! ſ. o. S.28); die Hirten werden dem reitenden Förſter präjentiert und durch Handichlag verpflichtet. Im übrigen it die Verwaltung bemüht, auch das Antereffe der Weide- berechtigten wahrzunehmen. Die Wirtfehaft bringt manches Opfer. Die Eichen werden einzeln ummährt, damit zwilchen ihnen das Vieh gehütet werden kann. Der Verjüngungszeitraum in den BZujchlägen wird abgekürzt, um dieſe für die Weide baldmöglichjt frei geben zu Fönnen. Sogleich bei der eriten „Durchhauung“ ift viel Oberholz zu entnehmen, lautet eine Beitimmung der Kammer, „mit Rücdfiht auf die Hutung“. Auch die Verfügungen, daß die Zahl der Schafe feinesfalls erhöht werden dürfe, daß feine fremden Schafe mit eingetrieben werden dürfen — auch nit vonjeiten der Amtsjchäfereien —, zielen darauf ab, die Hute- und Weidegelegenheit möglichjt günftig zu geftalten bezw. zu erhalten. 3* Die Maftberechtigung, der Eintrieb von Schweinen, ift örtlich nicht bes ſchränkt und unentgeltlich. Wo aber in den Zuſchlägenſchon Aufſchlag vorhanden, jollen die Schweine nur durchgetrieben werden, und wo noch fein Aufichlag vorhanden, follen fie erſt brechen dürfen, nachdem fie anderenort3 ſich jatt gefrejfen Haben. AndererjeitsS jollen gute tragbare Majteichen vom Hiebe verjchont bleiben. Die Berechtigten find zu Gegenleiftungen verpflichtet, welche vor allem darin bejtehen, daß fie Eichen pflanzen müſſen. Auch zu Verbeſſerungs— arbeiten aller Art fönnen fie herangezogen werden. Von Wiershaujen heißt e8 3. B., daß jedes Haus 2 Heifter jährlich pflanzen müſſe. Die Arbeiten find naturgemäß wohl nur in den jeltenjten Fällen mit der nö- tigen Sorgfalt ausgeführt worden. Auch die Güte des Material$ — von den Pflichtigen jelbjt gezogen — hat wohl meilt zu wünſchen übrig gelajjen. So bildet fih denn im Laufe des Jahrhunderts die Gewohnheit heraus, daß die Pflanzungen durch die Verwaltung von den Eichenbindern aus— geführt und die Heilter dazu aus eigenen Kämpen gewonnen werden. Die Koſten tragen die Interejjenten. Später geht man jogar joweit, die Pflich- tigen zur Aufbringung nur noch eines Teil3 der Koſten heranzuziehen, wenn es fi um folgende Arbeiten Handelt: Vorrichtung von Eichen- kämpen, Grabenziehung um die Zuſchläge und zur Entwäfjerung najjer Stellen. Über die Höhe der Umlage wird an den FForitichreibtagen Be— ſchluß gefaßt. Die zahlreichen und jtarf geübten Berechtigungen drüden dem Wald- bilde den Stempel auf. Die Holznugung gewinnt erſt nah und nad mehr Bedeutung; Weide und Maſt jind jozujagen Hauptnußung, deret— wegen jedweder Beltandesihluß unerwünjht it. Daher ftellt ſich der Wald — auch jelbjt der privative — als Plenterwald dar. Stellen- weile trägt er wohl auch mittelwaldartigen Charakter, nämlich dort, wo man im Unterholz mit bejtimmter Umtriebzzeit wirtjchaftet. In ihm ein- gebettet find mehr oder weniger große Blößen, entitanden durch rüdjichts- [ofen Hieb und mangelnde Schonung de3 jpärlichen Jungwuchſes. Das ganze Hühnerfeld, heute 16 Diftrikte umfaſſend, wird 1739 als „durchweg Blöße“ bezeichnet. Der regellofe, Iediglihd dem Bedarf folgende Einzelaushieb immer der beiten Stämme hat dem Walde dieje tiefen Wunden geichlagen. Die gebildeten Forftleute der damaligen Zeit verurteilen dieſe Wirtichaft ſcharf, jedoch vermögen fie nicht die Verhältniffe mit einem Schlage zu ändern. Wenn auch die Lofalbeamten fich der Nichtigkeit der neuen fort lichen Lehrſätze nicht verjchliegen, jo find fie doch noch gar zu jehr auf das SInterejje der Einwohner und damit auch auf ihren eigenen pefuniären Borteil bedacht. In den Betriebswerfen von Sacobi und Haſe finden jich eine unendliche Fülle der wichtigiten Wirtichaftsmaßregeln und mwald- baulichen Vorjchriften. Dbenan jteht der Sag: An Stelle der Einzelaushiebe. jollen „ordent- lihe Haye“ treten. Jacobi nennt ihn, Haſe muß ihn wiederholen. In den Berjüngungen joll zur Schonung des vorhandenen Aufichlages gehauen werden, „londerlih wenn Schnee vorhanden“. Kein Stamm foll im Laube gehauen werden. Welche Forjtorte zunächjt „rein gemacht“ werden jollen, wird bejtimmt. Aus den Hiebsorten it das Holz bis zu einem bejtimmten Termin abzufahren oder zu rüden. Durch nicht abgefahrenes Holz, vor allem durch Trümpfe, Pollholz und Abichlag, ift viel Schaden entjtanden. Die einfache Beitrafung hat nicht gefruchtet. Wenn der Termin verjtrichen, jol e8 daher fünftig auf Koften der Käufer gerücdt und der Betrag „erefutive beigetrieben” werden. Es darf aus den jüngeren Orten das Holz nicht durd) die älteren hindurch abgefahren werden. Die ſchweren Klöge (wohl in der Hauptſache Knorrholz!), welche an entlegenen Stellen in den Verjüngungen häufig liegen geblieben find, jollen jofort mit Pulver geſprengt und für die Schmiede verfohlt werden. Die Hiebsrihtung an den Hängen joll von der Höhe herab in gerader Linie nad) dem Tal Hin verlaufen. „Alles Holz, was in den eriten Durhhauungen als was in der Nahhauung weg- genommen werden ſoll“, it mit der „Mahlbarte” durch den Beamten anzujchlagen. Auf die Auswahl der Samenbäume ijt bejonderer Fleiß zu verwenden. Der Hieb fann jchärfer als früher geführt werden, ohne doch von der Regel abzumweichen, „daß die Samenbäume in Hinlänglicher Anzahl, damit der Boden nicht verangere, jtehen bleiben müßten“. Die Nach— hauungen find nicht zu jpät, aber auch nicht zu früh vorzunehmen. „Der zu hoch gewordene Anwachs verdumpfet und verbuttet und leidet durch die Fällung der Samenbäume und durch die Abfuhr unendlih und da der unmittelbar unter denjelben gejtandene Anwachs gar nicht Hat in die Höhe fommen fönnen, jo entjtehen bei der zu jpäten Nachhauung der Samen- bäume, joweit deren Traufe gereicht hat, Blößen, die fih auch nur zu fehr in den herangewachſenen Zuſchlägen der Mündeſchen Forjten finden.” Andererſeits joll den „Samenlohden” auch der nötige Schuß gewährt werden. Es find feine neuen Drter anzuhauen, wenn noch Nahhauungen erforderlih jind. In einem Falle, in welchem auf der Höhe ein Hieb ge= führt ift, wird montiert, daß nicht ein Streifen Holz an der Seite unberührt gelajjen ift „zum Schuß des Hayes vor den falten und fohren (wohl trodenen!) Winden“. Die Bedeutung eines Windmantels iſt alfo bekannt. Den Intereſſen der angrenzenden Feldbefiger fol Rechnung getragen werden durch Freihieb der Grenzen, um die „schädliche Beſchattung“ zu verhindern. Auf Anlage von Wieſen, zu denen mande Blöße als geeignet angejehen wird, jol Bedaht genommen werden. Viele Wege, „vor allem in den jungen Hayen“, jind überflüffig und zu „vergraben“ (durch Gräben zu jperren).. Bom 30. Oktober 1750 jtammt eine bejondere Verordnung „wegen Anlag- und nachmaliger Schonung der Zufchläge” von Georg dem Anderen. Eine nit ganz verjtändliche Vorſchrift ift, daß während der Maftzeit der Hieb ruhen joll. Hafe, von dem die meilten dieſer Beitimmungen jtammen, zweifelt wohl jelbjt an ihrer jofortigen und gründlichen Ausführung; denn er jagt, die Bedingung zur Herltellung der Drdnung in den „in Verfall geratenen Forften” jei „ein jleißiger und aktiver Oberforftbedienter”, welcher unterftüßt jein müſſe durch die Unterforjtbedienten. Hauptholzarten in dem Plenterwalde find Eiche und Buche. Einmal iſt die Eiche herrihend, an anderen Stellen wieder die Buche. eines Eichenoberholz jteht an der Duerenburg und Herrenjpiße. Der natürlihen Verjüngung der Eiche wie auch ihrer Fünjtlichen Nachzucht wendet man bejondere Aufmerkjamfeit zu. Selbjt die Privat: forjtbefiger jucht man zu beitimmen, die Eiche in ihren Forſten nachzuziehen. 1739 finden ſich jchon vereinzelt Eichenfämpe, 1776 Hat fajt jeder Forſtort einen und mehr Kämpe. Die ſchlechten Heijter werden hier zu gunjten der guten entfernt, die krummen injonderheit ausgemerzt. Man ift in jeder Meile damals ſchon darauf bedacht, jtufige Pflanzen zu erziehen, da man die Erfahrung gemacht hat, daß die jchlanfen Heijter dem Schnee und Reif erliegen. Die Auspflanzung Hat mit der größten Sorgfalt zu geſchehen. Vor allem find die Pflanzen mit allen ihren Wurzeln auszuheben. Als Regel gilt: „Stämme in trodenem Boden erzogen, gedeihen nicht auf naljen Grund verjegt und umgekehrt.“ Die Pflanzenentfernung wird auf 12 Fuß, jpäter 16 Fuß angegeben. Daß man dazu übergeht, die Pflanzenarbeiten mit Nüdfiht auf gute Ausführung durch Angeftellte vornehmen zu laſſen, wurde ſchon erwähnt. So jehr dafür eingetreten wird, auf Blößen, Triften, an Wegen, an den Grenzen zu ihrer Markierung und überall da, wo die Nüdjicht auf die Hutung es erfordert, Eichen zu pflanzen, jo möchte man doc gern die Pflanzung auf dieſe Stellen auch beichränft willen und fie im übrigen natürlich verjüngen. Zu dem Ende find geeignete Drte in Zuſchlag zu legen, „auf welde Weile am füglichiten und beiten Eichenholz, auch weit beijere Bauftämme, als mit Zupflanzungen angezogen werden können“. Dieſes Urteil iſt ganz bejonders interejjant. Sn der Verjüngung jchneidet man die Eichen frei. Es wird von einem VBerjuche erzählt, welcher gemacht wurde, die „Blümer“ Bürger zu beſtimmen, gegen den geringen Zins von 3 gl. für das Schod Wellen „das den Anwachs jchädigende weiche Holz“ herauszuhauen. Der Verjüngungs- bieb ilt an fein Schema gebunden. „Das Bedürfnis beftimmt die Stänme und deren Muswahl in der Forit.“ Auf Erhaltung der Eichenholzvorräte ift man außerordenilich bedacht, obwohl Jacobi 1739 den Vorrat — wenigitens im privativen Walde — mg al3 reichlich bezeichnet. (In den Forſten des Untergerichts, in der Haupt» ſache im heutigen Bramwald, iſt er damals „gleichmäßig ſchlecht“.) Zus nächſt fol. der Hieb nur abjtändige Stämme entnehmen; jedoch joll er aud) in die entfernt gelegenen Buchenbeftände hinein, um dort die vereinzelten Eichen herauszuplentern. Die Entlegenheit darf einen Unterſchied in der Stärke des Hiebes feinesfalls bedingen. Ganz in Verruf wird der ſtamm— weile Verkauf erklärt, bei welchem ein Stamm dasſelbe fojtet wie jeder andere (fiehe oben ©. 32). Aber auch die Verfaufsart des Solling nad) den drei Sortimenten — Schwelle, Säule, Niegel — wird dem ſchon vor— erwähnten VBerfaufsmodus nad) Umfang und Inhalt nachgeitellt. Es wird angeordnet, daß Balken und Sparten fünftig nicht mehr von Eichenholz jein follen, jfondern von „ohnehin dazu weit nutzbarerem“ QTannenholz (Fichtenholz!), „das auf der Werra zu haben ſei“ (wahrjcheinlich geflökte Thüringer Fichten!)., Das nötige Quantum beſchafft ein Holzhändler. Bevor den Untertanen Eichenholz aus dem privativen wie auch gemeinen Walde angewiejen wird, ijt zu prüfen, ob fie nicht aus ihren Gemeinde— forften ihren Bauholzbedarf deden können. Allerdings verfolgt diefe Be— ftimmung auch noch den Nebenzwecd der Erreihung möglichit hoher Eins nahmen für die Herrihaft; als Schiffsbau- und Stabholz wird die Eiche außerhalb de3 Landes weit bejjer bezahlt. Aus dem Eichen-Fall- und Lagerholz muß alles, was noch zu Nußholz tauglich ift, herausgeſucht werden, der Reſt wird eingeflaftert. Damit wird jegliches Eichenholz der Werbung als Fall- und Lejeholz entzogen. Für den Brammwald lautet die Definition für das Fall- und Lejeholz 1827 dementiprechend: Punkt 1. Das Eichen-Fall- und Lagerholz gehört nicht dazu. Das „Stahl- und Wellerholz” () (jährlicher Bedarf 150 Schod; der Erlös dafür rund 21 Neichsthaler) ift vom Weichholz zu nehmen, von Eichen nur, wenn dieſe zu weiter nichts al3 zu Feuerholz tauglich find. Der Umtrieb der Eiche iſt 200jährig — „nötig zur Vollfommenheit einer Eiche”. Der außerordentliche Eifer, mit welchem die Nachzucht der Eiche und die Erweiterung ihres Gebiete8 betrieben wird, verhindert nicht, daß auf geeigneten Standorten auch die Buche nicht nur geduldet, jondern aud) gefördert wird. So beitimmt Hafe für den Foritort Kleeberg: Es jollen mehr Buchen - Samenbäume jtehen bleiben, „damit man de3 Wieder: anwachſens von Büchenholze gewiß ſei“. Aber auch jchon aus dem Jahre 1739 find Belege genug vorhanden, welche beweilen, dak man die Buche feineswegs zu Gunften der Eiche verdrängen wollte. Das Betriebswerf ent- hält fpezielle für die Buchenmwirtichaft ausgearbeitete Regeln. Was jchon allgemein angeordnet wurde, wird für die Buche ausdrücklich wiederholt: Keine Einzelaushiebe, jondern ftrichweile ordentliche Hauungen; Feine neuen Anhicbe vor beendigter Aufräumung der alten Hiebsorte. Die Fällungs— ——— ſchäden laſſen ſich vermindern, wenn das Altholz nicht übermäßig lange wie früher übergehalten wird. Wo Rückſicht auf den Boden und die Expoſition es erfordert, ſoll andererſeits der Hieb vorſichtig geführt werden, „indem, wann ſolche Haye zu rein abgetrieben werden, der Boden leicht mit Gras überzogen wird, daß hernach der Same nicht in die friſche Erde kommen kann, auch von dem Winde gemeiniglich viele Laßreiſer umgeworfen werden“. Stockausſchläge ſollen nicht ſtehen bleiben; nur aus Kernpflanzen darf der neue Beſtand ſich zuſammenſetzen. Aber auch unter dieſen iſt Auswahl zu treffen, indem nur „Laßreifer von jungen und geraden Stämmen“ zu be- lalfen find. Die Pläge, auf denen Mutterbäume nicht mehr jtehen, jollen gehadt und mit Buchenſamen eingejät werden. Weitergehende Beitimmungen zu Gunſten der Buche find kaum zu wünjchen. Immerhin gilt die Eiche als die wertvollere Holzart. Wo „viele junge Eichen“ mit Buchen gemischt vorkommen, ſoll alle 30 Jahre die Buche ab» gehauen, als Unterholz behandelt werden. Die Eichen-Buchenmiſchung wird als ein erjtrebenswertes Wirtjchaftsziel angejehen. Zur „Konjervierung von Jungeichen“ ift einmal ein bejonderer Hieb geplant; dadurd) würde nicht allein den Eichen Luft gemacht, fondern es könnte unter ihnen „demnächſt gut Buchen-Unterholz angezogen werden”. Es iſt nit ganz fraglos, ob darunter fünftlicher Unterbau mit Buche zu verftehen it; immerhin fann man e3 annehmen. Fraglos aber ift, daß in diefer Begründung zu dem Vorſchlag der Hinweis auf Beitandesmijchung Liegt. Außer Eiche und Buche tritt beftandesbildend von Natur nur noch Die Erle auf. Über fie ift nicht viel gejagt. Sie nimmt die brudigen Stellen des Neviers ein und erhält ſich Hier durch ihren Stockausſchlag in der Hauptjache ohne menſchliches Zutun. Meift ift ihr Wuchs als Erüppelig und ftorrig bezeichnet. Hafe wünjcht ihren Holzvorrat zu jteigern, rät zur Anlage eines Erlenfampes und zur Bepflanzung von jährlich zwei Morgen. Nach Haſes Anficht kommt zur Kultivierung der brudigen Blößen jonit nur noch die Eiche in Frage, welche aber eine vorherige Wafjerableitung erforderlich mache, die für die Erle zu entbehren jei. Faft überall im Einzelftand finden fih Birken. Waldbaulich ſcheint man fie nicht gar zu niedrig veranjchlagt zu haben. Wenigitens ift einmal mit Bedauern davon die Nede, daß eine für eine fchlechte Bodenpartie am Braunewaldsgrund allein für geeignet erachtete Birkenſaat nicht zur Aus— führung gelangen kann, da die Birke als Weichholz im gemeinen Walde von den Holzberechtigten abgejchnitten wird. Abnehmer des Birfenholzes find die induftriellen Unternehmungen, das Alaunbergwerf auf dem Stein- berg, die Porzellanfabrif in Münden. Ein Teil ift auch zu „Kalfholz (!) vor die Kajernen“ verkauft. Die Hainbudhe („Heimbuche“) wurde jchon beim Kapitel über das Falle und Lejeholz erwähnt. Sie ift nicht nur Unterholz, jondern wird als En? 22 DOberholzbaum jogar Hoch geſchätzt. Zu dem bejonderen Zwed, eine Hede zu bilden, hat fie hin und her Verwendung gefunden. Die Trift zwifchen Hermannshagen und Querenburg wird beiderfjeitig durch eine „Plantage“ von Hainbuchen begrenzt zum Schuß der dahinterliegenden Verjüngungen vor dem Vieh und zur Verhütung der Erweiterung der Trift. Bon jonjtigen Laubhölzern werden genannt Eichen, Dehren (Ahorn!), Ilmen (Ulmen!) Ihr einziger Standort ift der Arenſiek. Wegen der Wertihägung Diejer „jo jeltenen edlen Hölzer” und wegen der erponierten Lage dieſes Forſtorts wird verfügt, daß er influfive der daranftoßenden Blöße „gegen den Anlauf des Viehes“ umfriedigt wird. Die Blöße foll dann mit Ejchen-, Dehren- und Ilmenſamen bejät werden, „um mit der Beit diefe Gattung nüßlichen Holzes nad und nach in den übrigen Forften verbreiten zu fönnen.t) 1776 ift von einer Ohren- und Eſchenpflanzung am Kapenbeutel „nach dem Dreſch Hin“ die Nede.?) Sm Unterholz it viel Sahlweide („Söhlen”) enthalten. Soweit das Unterholz für fich bemirtichaftet wird, ijt ein 20 bis 30 jähriger Umtrieb angenommen, welcher damit begründet wird, daß dann Stärken erreicht würden, die das Holz zum Einflaftern geeignet machen. Nadelholz ift zu Anfang des Jahrhunderts noch gänzlich unbekannt. ‚sn dem „syoritbereitungsprotofoll” von 1739 finden fich die erjten Vor— Ihläge zu Verfuchen mit der Nadelholzjaat. Die große Blöße des Hühner- felde3 joll durch Eichenpflanzung wieder in Kultur gebracht werden — oder auch durd „Tannenjaat” (Fichten!). Man hält dafür, „daß wohl Tannen in diefen Gegenden füglich Eönnten gejät und dadurch nach und nad diejer jehr große Drt zum Holzanwuchs gebracht werden“. Die Anlage eines Kampes, der vor allem gegen Schafe gut zu jhüßen ift, wird angeordnet; Zannenjamen jol hier „zur Probe” gejät werden. Auch für den „Kleinen Steinberg” wird die Tannenjaat empfohlen mit demfelben Hinweis: „indem fie, das leichtefte Mittel fein würde, diefe Gegenden zum Holzanwachs zu bringen.” Nah einem Forjtichreibtagsprotofoll find dann die erjten Probeſaaten im Sahre 1742 und zwar auf den Blößen der „Platte“ ausgeführt worden. Sie werden als „aufgegangen“ bezeichnet. Haſe hat 1776 aber von ihnen dort nichts mehr vorgefunden, jondern ftatt ihrer gut gelungene Eichenpflan- zungen. Seit 1770 find auf dem Hühnerfelde „aneinanderjchließende Tannenkämpe“ (1776 Hatte die Kultur eine Größe von 16 Morgen) „mit jehr großem Nutzen für die Pofterität angelegt“. Aus dem Jahr 1774 ') Der Arenfief trägt heute einen felten jchönen Ejchen-, Ahorn- und Eichen-Mijch- bejtand, welcher fih aus jener Saat entwicelt haben mag. ?) Bon der Pflanzung am Katzenbeutel ift nichts erhalten geblieben. = ftammt eine „Tannen, Fuhren (Kiefern!) und Birfenfaat” am Kabenbeutel „in den alten Steinfuhlen Hinaufwärts, wo der Boden milder wird“.') Seit jener Zeit iſt der Nadelholzanbau, injonderheit und faſt ausschließlich der der Fichte jtändig ausgedehnt worden (1895: 37,6 °/, der Holzboden- fläche Na. [6,9 %/, Ei, 55,5 %/, Bu). Für die Fünftigen Nadelholzjaaten wird 1776 bejtimmt, daß Eicheln nicht mehr mit einzufteden jind, da fie doch überwachen würden.) Der Graswuchs erweiſt fich in den meilten Fällen als bejonderer Feind der jungen Kulturen. Zu feiner Befänpfung Ihlägt Haje vor, man jolle im Nachſommer das Vieh durchtreiben und im Frühjahr darauf dann gründlich nachbeſſern. Man verjpriht jih außerordentlich viel von den „Tannen“. Einmal werden fie das nötige Bauholz für die Untertannen liefern, zum zweiten it mit einer „jehr großen Nevenue” zu rechnen wegen der hohen Berfaufs- preije und der leichten Abjeßbarfeit des Holzes, bedingt durch die günftige Lage der Forſten in der Nähe jchiffbarer Flüſſe. Ja, man geht jogar joweit, die Hoffnung auszujpreden, daß der Abflug des Geldes außer Landes aufhören wird. Andererſeits hat man doch auch wieder waldbau- lihe Bedenken. Da am Braunewaldsgrund die Birkenjaat nicht ausführbar ift (fiehe oben S. 40), ſieht man fich genötigt, „Tannen“ zu jüen. Man ift hier in Sorge, „daß jpäter die jenfeit3 der Braunewaldsgrund belegenen Laubholzreviere mit Tannen überzogen werden”. Aber „da der Tannen— jamen nur bei den Südweſtwinden größtenteils ausfliegt”, glaubt man dod) die Saat ausführen zu dürfen, „zumal wenn bei demmächjtiger Anlegung der Hauung gehörige Überlegung angeftellt wird“. Troß ihres Hohen Holz— werte will man zur Fichte alfo nur greifen, wo der Boden entblößt oder infolge falſcher Wirtſchaft rückgängig it. Fleiſchmanns Anfichten über das Nadelholz aus feinem Brammwalder Betriebswerf von 1827 mögen hier angefügt werden: Die Kiefer ijt der Fichte vorzuziehen. Bei der Fichte find die Nachbejjerungen teilweije ganz enorm. Ihr Anbau an den „jüdlihen dürren Wänden“ iſt zu loben; „aber ob ihr Gedeihen einen angemeljenen Holzertrag veripricht, ob fie den Boden nad) Wunſch bejjern und ob die Wohlfeilheit ihrer Anlage ihr den Vorzug vor dem Laubholze ſichern wird, das find Zweifel, welche ſich noch immer erhalten“. Mit einigen Beitimmungen und Anfihten wird man nicht Harmonieren, man wird fie fogar als veraltet und überholt bezeichnen dürfen, ohne zu Iharf zu urteilen; ihr weitaus größter Teil aber bejteht heute noch zu Recht 1) Diefer Beſtand ſteht heute noch und ift durch Reichtum an Mafje ausgezeichnet, an welcher die Kiefern den Hauptanteil haben; der Stammzahl nad) find die Fichten jtärfer vertreten. Er wird als Schönheits-Plenterwald bemirtichaftet. 2), Als die Herrihaft die Verpachtung der Majt aufgibt (fiehe ©. 34), it davon die Nede, dab man „Einfämungen“ vorzunehmen beabfichtigt. Außer Ddiejen beiden Stellen findet ſich eine Eichelfaat für den Cattenbühl nicht erwähnt. a und findet fi) in unjfern Waldbaulehrbüchern ungeändert wieder. Ja, man muß geradezu ftaunen, welch ſcharfer Blick die Forftleute diefer alten Zeit ausgezeichnet hat, der umſo höher deswegen einzujchäßen ift, weil ihm Die Kenntnis der fundamentalen Naturwiſſenſchaft noch nicht Hilfreich zur Geite jteht. Zum Schluß fei noch einiges über die Foriteinrichtung gejagt, endlih noch der gewerblichen Betriebe gedacht, welche im Gattenbühl zu jener Zeit ihre Stätte haben oder doch wenigitens auf ihn als Holz— lieferanten angemwiejen jind. Die Initruftionen für die Taratoren werden für den Einzelfall aus» gearbeitet. Der Begang der Grenzen und ihre Feltlegung bildet den Ans fang der Arbeiten. Zur Verhütung „alles Einräumens” müſſen fie mit „Haagen (!) und ſonſt mit Steinen oder Graben bemerfet“ fein, „umjomehr als entſchieden ftarfe Einräumungen vorgefommen find“. Selbſt die Grenze zwifchen privativem und gemeinen Walde joll verfteint jein, ebenjo wie die Grenzen gegen Brivat- uud Ortſchaftsforſten. Nur die Landes» grenze reguliert die „Rönigliche Geheimte Rathsſtube“. Die teilweiſe gänz- liche Unkenntnis des Grenzverlaufs wird 1739 gerügt. Fragliche Grenzen “werden in der Weije berichtigt, daß jeder der Angrenzer die Hälfte des fragliden Stüdes erhält. Die Bäume, welche darauf ftehen, werden gefällt und verkauft, der Erlös ebenfalls geteilt. Die „Ihädlihen Wieſenenklaven“ jollen angefauft oder eingetaufcht werden. Aus welchem Grunde jie als ſchädlich angejehen werden, wird nicht gejagt. Die Hauptaufgabe der Taration bildet die genaue Bejchreibung der Forjtorte und die Holzvorratermittlung. Der erſte Punkt ift dem jpe- ziellen Teil der Arbeit vorbehalten. Nur über die Bodenbeſchreibung, welche die Betriebsregelung von 1776 vor der von 1739 auszeichnet, jeien einige Worte gejagt. Sie beichränft fih auf ganz allgemeine Ausdrücke, wie „gut“, „Ichlecht”, „bruchig“ u.a.m. Man ſchätzt aber ſchon damals die Bodenqualität ein nach der Leiftung des Beſtandes und diefe nach der Länge der „Sahresihüffe”. Jedoch hütet man ſich vor Verallgemeinerung. Sn eimem Falle, welcher für den Verfaſſer bejonderes Intereſſe Hatte (cfr. AbHdlg. des Verf. Zeitichr. f. Forſt- u. Jagdw. 42.Sahrg. (1910), S. 568ff.), heißt es: Grund und Boden „mittelmäßig“; Beſtockung „sehr gut”. Hier iſt alfo Scharf unterſchieden zwiſchen Boden- und Beſtandesklaſſe! Die Holzvorratsermittlung geſchieht durch im Schätzen beſonders ge— übte Köhler und Holzhauer, welche aus dem Harz und dem Solling hierher verſchrieben werden. Sie gehen die Orte im Abſtand von „40, 50—7UV und 80 Schritten” je nach der Beichaffenheit des Beitandes dur („Forſtgang“) und jchäßen, „wie viel Klafter Holz 6 Fuß ins Quadrat!) vor jego daraus, ) d. ſ. 216 Kubiffuß — 5,378 rn. wann jolche excl. derer jtehen bleiben nötigen Laßreijer forſtmäßig abgetrieben würden, erfolgen könnten“. Auf den Zuwachs wird 1739 nicht „reflektieret”, 1776 werden außer dem Klafterholz (Buchenholz) auch die Eihen nad) Spannen zu 10 Zoll (rund 26 cm) gejhäßt und ausgezählt; für die Buche wird ein gleichbleibendes Mafjenzumachsprozent von 2,5 angenommen und die Aufrechnung einbezogen. Bei der Zujammenjtellung der Zahlen ergibt fi) 1739 ein Außerft une günftiges Bild. Der ermittelte Vorrat von 51 000 Klaftern (nur Buche!) — der Konjumtion gegenübergejtellt — iſt in etwa 12 Jahren aufgebraucht. Ein Verkauf des Holzes nach Caſſel unterbleibt daher künftig. 1776 dagegen it das Rejultat weit beſſer. Haſe findet einen höheren Vorrat (69265 Klafter Buchenholz, 57564 Stüd 3 bis 12jpännige Eichen), welchen er ſich dadurd) er- flärt, daß jeinerzeit der Zuwachs nicht berücjichtigt wurde und bezüglich des Be- darfs rechnet er mit andern Zahlen, indem er die tatjächliche jährliche Abnugung nad) Angabe der Förfter zum Ausgangspunkt nimmt. So fommen 3.8. bei ihm nur 2 Klafter Buchenholz auf jede Feuerſtelle des Dbergerichts Münden, deren Zahl er auf 636 angibt, während Jacobi 656 mit 5 multiplizierte. Sein Buhenholzvorrat reicht für 69 Jahre aus. 425 Klafter können noch jährlich verfauft werden. Der Einſchlag an Eichenholz kann 35 Jahre lang jährlihd 677 Stämme betragen. 377 Stück davon find verfäuflid; das Stück zu 5 Rthl. „durch die Bank“, dazu 425 Klafter Eichenholz, bedeutet eine Jahreseinnahme für die Herrichaft von 2355 rthl. 30 gl.?)’) Bei ftrenger Nachhaltigkeit dürfte der verfügbare Eihenholzvorrat nicht ſchon in 35 Jahren aufgezehrt fein, jondern erjt nach 65 Jahren. Haje weicht bewußt von der alten Haushaltsregel ab, welche er folgendermaßen formuliert: „die Forſten nicht zu ſtark anzugreifen, jondern jelbige auf eine nachhaltige Art zu behandeln“, weil ein großer Teil der Alteihen jchon jegt faul und „in 30 Jahren“ fiherlih ganz unbrauchbar ift. Deswegen meint er, kommt „die zweite Negel einer guten Forjtöfonomie” zur Anwendung: „beitmögliche Benugung der Forſten“. Nach Ablauf der 35jährigen Periode wünſcht er eine Neufeitiegung des Etats. Troß der Sorgfalt, mit welcher Haſe gearbeitet hat, ſcheint ihn — im Gegenjag zu Jacobi — dod ein gewijjer Optimismus beeinflußt zu Haben. Denn 1827 — das möge hier fogleih gejagt werden dürfen — findet Fleiſchmann den Eihenholzvorrat „ſtark angegriffen” vor, jo daß er, um einigermaßen die Abnußung in gleicher Höhe zu Halten, eine Umtriebs— erniedrigung befürmortet. 2) Die Kammer jegt die Gejamteinnahme aus Holz nachher feſt auf 2598 rihl. 18 gl. 3) Weitere genaue Zahlen zu bringen, würde zu meit führen und ziemlich wertlos jein, da alle Zahlenangaben ſich auf die gefamten im Obergericht liegenden Forjten be- ziehen. Ein Vergleich mit der heutigen Abnugung und Einnahme ift daher nicht ohne weiteres zuläjfig, weil die Flächen fich nicht decfen, SH ee ern Die Einrihtung eines Kontrollbuches bezüglich der Eichenholzabnußgung it befannt. Jeder „Nevierforitbeamte” führt über alles Eichenholz, welches aus feinem Revier herausfommt, Bud nah Gattungen getrennt — Baus, Nutz-, Schiffs-, Stab-, Teuer, Diebitahlholz,, Windwurf und ſonſtiges. Die Bücher werden „dem Rechnung führenden Forſtbedienten“ jährlich zu— geftellt und dem Negifter angehängt, „damit in Zujammenhaltung diejer jährlichen Konjumtionstabellen mit der entworfenen Qarationstabelle die Nichtigkeit diefer leßteren bewähret und der jedesmalige Vorrat der Eichen- ſtämme ausfindig gemacht werden könne“. Auch gibt es im gewiſſen Sinne ſchon ein Hauptmerfbuch. ber die Haye und Zuſchläge wird jährlich eine VBeränderungsnahmweilung aufgeitellt. Eine Bermejjungstabelle fehlt. Zwar ſchlägt die Tarationsfommiljion im Sabre 1776 eine Vermeſſung der Foriten vor. Die Kammer — „von dem großen Nußen derjelben jattjam überzeuget“ —, will jedocd für den Gattenbühl damit warten, bis die Vermeſſung im Golling beendet ift. Ebenjo fehlt ein Wegebauplar, da der Wegebau jelbit noch unbe- fannt ift. Die Berechtigungsnachweiſung wurde ſchon erwähnt. Bei jeder Taration wird jie revidiert. Als jelbitändige gewerbliche Betriebe finden fih im Walde mehrere Glashütten, Steinbrüche (am Kaßenbeutel), ein „Steinfohlen“- (!), ein Alaun- bergwerf (beide am Steinberg. Beliger: DOberhauptmann von Hanftein. Lebteres in derMitte des Jahrhunderts eingegangen. Heute werden dort Braun fohlen gewonnen), Tongräbereien (ebenda), außerhalb des Waldes — aber auf ihn angewieſen — PBottajchenbrennereien (in Niejte), Branntweinbrennereien, Brauereien und jchließlic) eine Porzellanfabrif (in Münden). Soweit fie als Holzkonjumenten in Frage fommen, jteht man ihnen feindlich gegenüber. Der jährliche Holzbedarf einer einzigen Glashütte wird 1580 ſchon auf 800 Klafter — rund 2900 fm veranjchlagt. Bei diejem Verbraudy war Holzmangel zu be= fürchten, jo daß man auf Verminderung der Hüttenzahl bedacht iſt. Man beſchul— diat auch die Glaſer der Wilddieberei; eine Büchje zu tragen iſt ihnen daher bei ihwerer Strafe verboten und nur die Ausrüftung mit Schweinejpießen ge- jtattet. Jetzt ſteht nur noch die Glashütte bei Ziegenhagen außerhalb des Neviers. Die Forjtortsnamen Hüttengraben und Glaſebach erinnern heute noch an diejen jhon aus dem 15. Jahrhundert jtammenden Betrieb. Gegen die vier Pottajchenbrenner in Niejte wird energisch vorgegangen. 1739 wird verfügt, daß fie fünftig ihr Holz nicht mehr frei befommen jollen, fie jollen es faufen oder „ihren ſchädlichen Betrieb“ einjtellen. Die 48 Töpfereien (vor allem in Dberode) mit 26 Brennöfen (ihr Jahresverbrauch wird zu 20 Klafter gerechnet), die 18 Branntweinbrennereien und die 12 Schmieden (je 10 Klafter Jahresverbrauch) dürfen die Zahl ihrer Betriebe nicht ver- mehren im Intereſſe der Befriedigung der „Notdurft“ der übrigen Unter- en tanen. Den Schmieden wird das Recht genommen ihre Kohlen jelbit zu gewinnen. Die Brenner und Brauer erhalten jenes Holz, „welches den Intereffenten zu weit und zu bejchwerlich zu Holen”. Die Hiebsorte werden ihnen erjt geöffnet, wenn der „Abſchlag“ (ſiehe ©. 31) durd Die Intereffenten „Eonjumieret” ift. Im Bezug auf die Tongräberei wird be= ftimmt, daß der Ton „in ordentlichen Bänken“ gegraben werden joll, nicht wie früher auf weit verteilter Fläche. Die Töpfer zahlen jährlich 18 mgl. „Tonforſt“. Ebenſo wird 1776 der Betrieb in den „Steinfuhlen“ geregelt. Der Abfall und Schutt darf nur an der Stelle aufgehäuft werden, welche von den Forjtbedienten dazu bezeichnet ift. Won einer Erhöhung des Pacht— geldes aber nimmt man Abjtand, da der Steinbruch viele Leute von aus— wärts bejchäftigt und dadurd) Geld ins Land fommt. Deswegen joll auch nicht auf den Bodenverluft „refleftieret” werden. Die vom Droiten von Hanftein (Water des oben Genannten) gegründete Porzellanfabrif, im heutigen Stadtpark gelegen (1855 wurde der Betrieb eingejtellt), bezieht ide Holz aus dem Werrahange des Kapenbeutels. Aus dem Grunde fehlen hier fowohl Samenbäume wie Laßreijer, was Haje 1776 moniert. Beiläufig ſei noch erwähnt, daß im Jahre 1638 der legte Wolf zur Strecke kam oder vielmehr lebendig eingefangen wurde. Kritiſche Gedanken über Forſtdüngungsverſuche. Von Prof. Dr. Paul Ehrenberg, Münden. Sft über das vielbefprochene Thema der Forſtdüngungsverſuche über- haupt noch etwas zu jagen, das nicht bereitS allbefannt wäre? Sind noch neue Anjchauungen heranzubringen, ift noch ein Standpunft zu finden, von dem aus über die wichtige Frage neues Licht verbreitet werden kann? Die Antworten werden jehr verſchieden lauten, und verjchieden wird wohl auch die Anficht mancher Leſer des nachfolgenden Aufjages darüber jein, ob es dieſes ſelbſt bedurft hätte. Denn dieje Seiten werden durchaus nicht lauter Neues bringen, vielmehr von Neuem vielleiht nur recht wenig. Da für mich aber die Notwendigkeit vorlag, bevor ich mich ſelbſt mit der Ausführung von Forftdüngungsverfuchen bejchäftige, mich über Die Methodif und die früher erzielten Ergebniſſe zu unterrichten und mir kritiſche Anſchauung über die bisherigen Erfolge zu verjchaffen, jo ergab ji die Aufftellung einer zujammenfaffenden Überfiht nahezu von jelbit. Vielleiht mag fie auch für den oder jenen Berufsgenoſſen Intereſſe haben. Die Anfichten, wie weit man bisher in der Foritdüngungsfrage ge— fommen jei, find recht verjchieden. Während von einem namhaften Forſt— mann die Außerung vorliegt, daß wir über das Stadium der grund« legenden Verſuche bereit3 hinaus feien,!) meint eine andere, ebenfall3 der Beachtung fichere Perjönlichkeit, daß noch viel Zeit vergehen werde, bis man in forjtlihen Düngungsfragen Elar ſehen Eönne,?) und endlicy ruft uns eine nicht weniger der Aufmerkfjamfeit werte Stimme die Mahnung zu, daß wir bisher auf dem hier erwähnten Gebiete noch tajtend die Nidy- tungen juchen, in denen jich die eigentlichen Verſuche jelbjt bewegen jollen. °) Da jcheint es doch wohl die Mühe zu verlohnen, ſich an der Hand Fritifcher Betrachtung ſelbſt ein Bild zu Schaffen. Wenn nun jemand, wie der Schreiber diejer Zeilen, lange Jahre aus- übend in der landwirtichaftlichen Verfuchstätigfeit geitanden hat, jo wird er natürlich geneigt fein, die dort gewonnenen Erfahrungen mit den geboten ericheinenden Beränderungen auch auf die forftlihen Düngungsverſuche zu übertragen. Und freudig beitärft wird er darin, wenn er Lieft, daß auch forstlihe Sachverjtändige empfehlen, die Erfahrungen der Landwirtjchaft zu verwerten.) Doc jchon weilt eine andere Seite darauf Hin, daß „der hervortretendfte Mangel, der unjeren bisherigen Düngungsverjuchen anhaftet, darin zu erbliden ift, daß fie eine direfte Übertragung in der Landwirtjchaft erprobter Methoden auf den Forſtbetrieb daritellen”.?) Alſo auch Hier fcheint zum mindeften große VBorficht und genügende Fähigkeit erforderlich zu fein, die Verichiedenheiten der beiden Arten unjerer Landnutzung zu erkennen und zu würdigen. Wird das gelungen fein? — Die Zeiftungsfähigkeit des Diingungsverfuds, Bevor wir uns dem Düngungsverſuch jelbjt zuwenden, ſei die Frage erlaubt, was denn eigentlich der Düngungsverjud) leilten kann, und welchen Anforderungen er nicht zu entiprechen vermag. Es gibt eine ganze Neihe von Anmwendungsmöglichkeiten für Düngung in der Forſt, jo in Kämpen, bei Beitandesbegründungen durch Saat oder Pflanzung, zur Wuchsförderung ſchlechter Kulturen, für Zwecke des Streu- erjages, der Holzzumwachgiteigerung,®) es kann aber auch in Frage kommen, junge Pflanzen jchnell über die eriten ſchwächlichen und allen Schädigungen bejonder8 ausgejegten Lebensjtadien Hinwegzubringen. In gleicher Weije fann die Hoffnung vorliegen, fränfelnden oder von Schmarogern irgend welcher Art befallenen Schonungen den Selbitihug gegen die Schädigung zu !) Zagung des Deutjchen Forjtvereins zu Regensburg, 1901, dritter Redner zur Forſtdüngungsfrage, nach Zeitſchrift f. Forjt- u. Jagdweſen, 33, 699/700 (1901). 2) Beitjchrift f. Forft- u. Jagdweſen, 40, 235 (1908). 3) Zeitjchrift f. Forjt- u. Jagdweſen, 39, 162 (1907). 4) Zeitichrift f. Forft- u. Jagdweſen, 33, 701: (1901). 5) Zeitſchrift f. Forjt- u. Jagdweſen, 37, 139 (1905). °, Zeitſchrift f. Forft- u. Jagdweſen, 33, 701 (1901). - — — erleichtern oder überhaupt zu ermöglichen.) Hier würde alſo die Düngung gewiljermaßen als augenblidliches Stärfungsmittel, als eine Art von Me- dizin anzujehen fein, die ohne NRüdjicht auf die etwa im Boden vor- handenen, langſam wirkenden Nährſtoffe eine jchnelle Kräftigung erzielen jol. Weiterhin fann aus bejonderen Gründen auf recht wenig geeignetem Gelände eine Aufforftung erzwungen werden jollen und die Düngung als Mittel dazu Bedeutung Haben. Ohne damit die Neihe der Möglich— feiten auch nur annähernd erjchöpfen zu wollen, jei zum Schluß noch von der allgemeinen Erziehung nnd Förderung von Waldpflanzen auf die be- jtimmter Holzarten hingemwiejen; häufig vermag, worauf ja ſchon Bezug ge- nommen wurde, bei reichlicher Ernährung eine Pflanze anderweitige Schädi- gungen zu ertragen. So fönnte unter Umfjtänden auch Anbau mwertvollerer Hölzer an Orten, die eigentlich jonjt dafür nicht genügende Bodengüte auf- weijen, durch Düngung ermöglicht werden. Billigerweiſe fann man von einem in jeder anderen Beziehung nun etwa einwandfrei gelungenem Düngungs— verjuch nicht verlangen, daß er für diefe ganze Fülle von Möglichkeiten die Antwort gibt. ES kann ebenjo auf reihem Boden eine zeitweile Zu— fuhr leichtlösliher Nährſtoffe — aber natürlich nicht in Mengen, die Ihädigen oder größtenteil® ausgewajchen werden — zwedmäßig fein, wie auf armem Boden troß jammervoller Nähritoffmengen im Boden eine Düngung völlig nußlos. Im erſten Fal zum Zwecke augenblidlicher Stärfung der Pflanzen. Im zweiten dann, wenn der Boden zu waſſerarm it; denn ohne die nötige Feuchtigkeit Hilft alle Düngung nicht. Wir jehen alfo jhon Hier, was noch oft als wichtige Grundlage für die Anjtellung jedes Düngungsverjuches wird herangezogen werden müjjen, und auch jchon von anderer Seite hervorgehoben worden iſt,“ daß nur eine präzije Frageſtellung fnapper und jpezieller Art an den Düngungs- verſuch Anforderungen jtellen wird, denen er gerecht werden fann. Weiterhin: Der Düngungsverfuh ſoll und fann uns nur auf Fragen der Düngung Antwort geben. Das liegt eigentlich bereit3 in jeinem Namen, mag aber doch nicht immer beachtet werden. Will man alfo über die düngende Wirkung, den Einfluß verbejjerter Ernährung der foritlichen Nughölzer Aufſchluß erhalten, jo darf man nicht gleichzeitig auch Er— fenntnifje über die Bedeutung phyſikaliſcher Bodenzujtände, die Beeinflufjung der Bodenvegetation und was der Dinge mehr find, erwarten. Sa, jolche Beeinfluffungen find, da jie das Bild trüben und gänzlich undeutlich machen fönnen, bei dem exakten Verſuch jogar jorgfältig auszuschließen. 1) Beitichrift f. Forjt- u. Jagdwejen, 37, 152 (1905); ebenda 39, 147 (1907). Mit- teilungen der Deutſchen Landmwirtichaftsgejellihaft, 25, 574, 576 (1910). Verhandlungen der XXV. Verfammlung des Heſſiſchen Forftvereins zu Hanau, 26 (1902). 2) Beitfehrift f. Forjt u. Jagdweſen, 40, 235, 309 (1908). Mitteilungen der Deutſchen Landmwirtichaftsgejellichaft, 20, 116 (1905). ee) Etwas anderes iſt der Verſuch in der Praris, der nur lofal und em— piriſch das Beſſere und Vorteilhaftere finden, nicht aber grundlegende Fragen entjcheiden will. Auf dieſen ſehr wichtigen Unterjchied möchte ich noch einige Worte verwenden. Ganz allgemein werden die Aufgaben des Düngungsverjuhs — und das gilt ebenjo für Verſuche über Beeinfluffung der phyfifaliichen Eigen- Ihaften des Bodens, über Wafjerwirtichaft im Waldboden, über Wurzel: entwicklung und jo fort — dreifache jein und dieſen Aufgaben entiprechend muß auch die Anjtellung jehr wechjelnden Anforderungen Rechnung tragen. Einmal muß, und das it in bezug auf forftlihe Düngungsfragen meiner ganz jubjektiven Meinung nad) noch faſt garnicht gejchehen, aber dringend erforderlih, eine wiljenjchaftlihe Grundlage für die Fragen der Ernährung unjerer Waldbäume durch Verſuche geichaffen werden, die an Eraftheit und Genauigfeit den Höhepunft des zurzeit Erreichbaren dar— jtellen. Im anbetradt der Koften und der Schwierigkeit folder Verſuche, wie des Wertes der dabei erzielten Erfahrungen für weitere Fortfegung derjelben können jie nur an den Stätten wiljenjchaftlicher Forſchung aus— geführt werden. Später wird auf ihre Methodif näher einzugehen fein. Dann wird e3 jih darum Handeln, die derart, gewiljermaßen losgelöſt von den DVerhältniffen der Praxis gewonnenen Erfahrungen im Zuſammen— hang mit anderen Erjcheinungen, kurz, hier im Walde, näher zu prüfen, fie in ihrer Wechjelwirfung mit der lebenden und toten Natur draußen fennen zu lernen. Cbenfall$ zur Gewinnung grundlegender Kenntniffe und eraft. Ein VBergleih: Ein Kriegsihiff wird zuerſt theoretiſch berechnet und konſtruktiv gezeichnet; unjer Fall Eins. Dann wird ein Modell angefertigt, Fall Zwei. Und endlich fommt der praftiiche Ausbau. Wenn nun auch diefer Vergleich, wie jeder, nicht genau paßt, jo mag er doc) immerhin meine Gedanken hierbei etwas deutlicher machen. Denn auch den dritten Fall, den des praftiichen Ausbaues, will ich nun er— wähnen. Auf Grund der durch Forjchertätigfeit gewonnenen wifjenjchaftlichen Unterlagen und der dann erzielten SKenntnilfe über deren richtige Anz wendung auf die Fälle im Walde wird nun der Praftifer im Revier jeinerjeits Düngungsverjuche ausführen. Aber Hier liegen die Anforde= rungen wie die VBorausjeßungen ganz anders als bei den beiden erſt— genannten Aufgaben. Die wiljenjchaftlichen Kenntniffe des Praftifers leiten ji) von den ihm auf der Hochſchule oder in der Literatur gewordenen Mitteilungen der Forſcher ab, welche die experimentellen Grundlagen der Forftdüngung und deren Anpafjung an die Verhältniſſe des Waldes feititellen follen. Dies nimmt der ‘Braftifer, dazu gibt er jeine Erfahrung der Verhältniſſe eines einzelnen Reviers, jeine Kenntnis der bejonderen Anforderungen der Wald- 4 ir bäume unter dieſen oder jenen Umjtänden. Und, nicht zuleßt, fein wirtichaftlihes Urteil. Damit wird er nun zwar nicht grundlegende Feſtſtellungen machen fönnen, zwar feine allgemeinen Nichtlinien geben; aber etwas für jeinen Arbeitskreis viel Bedeutungsvolleres: er wird die endgültige Entſcheidung treffen, was für ihn und ſein Revier wirflidy mit Nutzen anzuwenden it. Das kann nur er. Denn hier, und zum erjten Mal hier kommt die wirtichaftliche Frage zur Entiheidung. Es ift ganz ausgeſchloſſen, daß man durd einen noch jo vorzüglid ausgeführten Düngungsverſuch irgendwelche allgemeine Feititellungen für die Rentabilität der Düngung erhält. Das wäre gerade jo, als wenn ein Börjenmann auf Grund einer gelungenen Spefulation nun irgend ein Wertpapier al3 eine immer erfolgveriprechende Anlage anjehen wollte. Aber jeder Foritmann weiß, daß Holzpreile, Schwierigkeiten der Abfuhr, größerer oder geringerer Wert der Holzart und noch eine große Zahl von anderen Bedingungen, die jogar in einem einzigen Revier oftmals wechjeln fönnen, einen Einfluß auf die wirtichaftlich noch aufzumendenden Mittel und ıhre Höhe ausüben. Bon den NRüdjihten, welche der meitblidende Forſtman auf Kinder und Enfel zu nehmen hat, ganz abgejehen. Daher fann nur er, und er nur für jein Nevier enticheiden, welche Aufwendungen nad) Lage der Dinge finanziell zu verantworten find, und jo unter anderem, ob überhaupt und welche Summen er für Düngung ausgeben kann. Doch dieſe wirtſchaftliche Seite ift nicht allein der Kern der Sade. Auch bezüglid” der rein äußeren Erfolge einer Düngung kann nur der praftiihe Forſtmann das leßte Wort jprehen. Freilich nicht auf Grund irgend welcher „Überzeugungen“, die, ob auch durch ernſtes Nachdenken gewonnen, doch nur zu leicht täufchen fönnen, jondern nur als jtändig weiter lernender und jtrebender Schüler „eines“ Waldes. Auh er muß Düngungsverjude ausführen und fie jo gut und genau wie möglidy) anjegen, dabei belehrt und geleitet von den durch die Forichung gewonnenen Erfahrungen. Aber falſch würde es jein, wollte man an feine Verſuche nun auch die Anforderung Itellen, daß jie den höchſten Anſprüchen an erafte Durchführung genügen. Denn das fann der Praftifer nicht Ileiften, und das Hat er auch nicht nötig. Er will ja nur für jeine lofalen Berhältniffe Aufklärung gewinnen, die Grundlagen jollen ihm von anderer Seite fommen. Seine Verſuche wollen aud nicht und dürfen bei ihrer weniger eraften Ausführung auch nicht für weitere Kreife Aufichlüffe geben. Sie jollen nur ihm ſelbſt Fingerzeige bieten, wie fi) die Ergebniffe der Forihung gerade unter den Berhältnifjen jeines Neviers am beften verweıten lafjen, jo daß er, vom Standpunkt weitfichtiger Bodenwirtichaft gejehen, den Höchitertrag erzielen fann. Natürlich werden da, ſei es in Ausführung, jei es in Deutung der Ergebnifje von Düngungs— verjuchen, auch Fehler vorkommen. Aber fie werden immer nur für einen beichränften Kreis wirken und dem wohl unterrichteten Forſtmann über furz oder lang, wenn jie mit den auf eraftem Wege gewonnenen willenichaftlihen Erfahrungen im Widerſpruch jtehen, Bedenken aufjteigen lajjen, die zu nocdhmaliger Nachprüfung und zu weiterer Klärung führen. Sp würde alſo der Düngungsverjud notwendig in drei Abjtufungen er- icheinen: 1. in wiſſenſchaftlich exakter Weije, losgelöjt von Nebenumftänden zur Ermittelung grundlegender Tatſachen der Ernährung unjerer Forſt— pflanzen, 2. in wiſſenſchaftlich erafter Weife, in Verbindung mit den natürlichen Berhältniffen des Waldes, zur Prüfung der Bedingungen, unter denen die Grundgejege der PBflanzenernährung im Walde in Er— Iheinung treten, 3. in tunlichjt genauer, aber der Möglichkeit angepaßter Weile in der forjtlihen Praris, auf Grund der bei 1. und 2. gewonnenen Kenntniffe, um Die Frage der Düngung für die Einzelreviere zu flären. Namentlich genaue Berücdjichtigung der wirtichaftlichen Seite, die bei 1. gar nicht, bei 2. nur in nebenſächlicher Weile beachtet werden kann. Im Gegenjaß zu 1. und 2. fönnen Ergebniſſe und Erfahrungen im allgemeinen nur für den Iofalen, eng begrenzten Bezirk verwendet werden und müſſen jtändiger weiterer Kontrolle unter Beachtung aller neuen Tatſachen unterliegen. Wohl zu beachten ift, daß ſich in dieſer Weile der Düngungsverſuch von unten aufbauen muß, daß nicht etwa eine einzelne der drei hier ge= nannten Anmwendungsarten allein einen irgendwie dauernden Erfolg ver- heißt, jondern daß alle drei gleih notwendig find und nicht eine ohne die anderen ausgekbt werden ſollte. Natürlich wird, folange, wie zurzeit, die Grundgeſetze der forjtlihen Wflanzenernährung faum durch erperimntelle, erafte Forſchung geklärt find, für 2. und 3. mancher Mangel beitehen; das joll aber trogdem nicht die Tätigkeit dort verringern. Noch weniger aber, und dieſer Fehler mag der hHäufigere geweſen jein, darf man, dem Schlagwort vom „praktiſchen“ Düngungsverjuc folgend, und im blinden Eifer nur „praftiihe“ Ergebnifje juchend, darauf verzichten, gleichzeitig mit bejonderer Sorgfalt dad Studium der Grundgejeße für Die Ernährung unjerer Forſtpflanzen zu betreiben und zu fördern. Man meine nicht, daß davon bereits genug vorläge; nicht einmal in der Landiwirtichaft iſt hier eine ausreichende Grundlage vorhanden, obwohl dort jeit fait einem Jahr— hundert und mehr von vielen Seiten daran gearbeitet worden iſt. Und daß gerade die jcheinbar zu theoretiiche Wiſſenſchaft in glänzender Weile die Praris fördern und befruchten fann, das zeigen ſolche Erfahrungen wie die Berechnung des Mifrojfops, die drahtloje Telegraphie, die Mathematik in ihrer Anwendung auf Berjicherungsfragen und eine Anzahl anderer. 4* re - 2 Die Methodik des Düngungsverſuchs. Wenn ic; mich nun zur Eritiichen Beſprechung der Methodik des forit- lihen Düngungsverjuches wende, jo wird ſich dieſe naturgemäß, den bereits gegebenen Auseinanderjegungen entiprehend, in drei Abteilungen gliedern, je nachdem der, jagen wir, theoretiiche Verſuch, oder deſſen Anwendung und Anpafjung an die Verhältniſſe des Waldes, oder endlich der, eigener Drien- tierung dienende Verſuch des Praftifers in Betracht kommt. Allerdings wird noch ein weiteres Moment, das auch bereitS erwähnt wurde, bei der Einteilung dieſer Beiprehung Beachtung erfordern, nämlich die Anwendung des Düngungsverjuches auf jüngere oder ältere Holzgewächſe. Wir würden demnach zunächſt in großen Zügen jehs Fälle unterjcheiden fönnen, die bezüglih der Methodif vorausfichtlich jeder ihre bejonderen Anforderungen itellen werden. a) Der theoretijhe Verſuch für jüngere Holzgewächſe. Bisher Liegt in dieſer Richtung meines Wiſſens nur recht wenig Material vor. Zwar find an einzelnen Stellen über bejtimmte Fragen Verſuche angejtellt worden, auf die Hier Hingewiejen werden fann. Aber einmal find es nur recht wenige und fie jtehen feineswegs im Verhältnis zu der großen Anzahl ungelöjter Fragen. Dann it aber wohl aud die Methodif infolge Mangels an Mitteln und Arbeitseinrihtungen durchaus noch nicht auf der für grundlegende, theoretiiche Ableitungen anzufordernden Höhe gemejen. Hier mag der Vergleich mit dem Forſchungsapparat der Landwirtichaft doc wohl nützlich jein, wie er in einer jehr interejjanten Abhandlung ſchon vor Jahren von einem praftiihen Forſtmanne gezogen wurde, deijen Worte ic) im mwejentlihen nur unterschreiben kann.) Nur werde ich hier auf Grund eigener Kenntnis der Sachlage vielleicht etwas mehr ins einzelne gehen fönnen: Es wäre aud für forjtlihe Verſuchszwecke zur Klärung grundlegender ragen der Düngung — abes das jei hier bejonders erwähnt, ebenjo zur erperimentellen Bearbeitung von Fragen der Bodenphyſik in ihrer Einwirfung auf die Pflanzen, von mancherlei Pflanzenihädigungen und vielem Ver— wandten — mit folgenden Mitteln zu arbeiten: 1. Verwendung des Begetationsverjuches in neutralen?) Gefäſſen, wie er mit feinen vieljeitigen Feinheiten?) durch die Agrifulturchemie ausgebildet 1) Zeitichrift f. Forjt- u. Jagdweſen 33, 707 (1901). 2) Die weder jelbjt auf Boden oder Pflanze wirken, noch ungehörige Beeinflufjungen, etwa ftärfere Erhigung durch Sonnenbeitrahlung, Algenwahstum infolge Belichtung, zulajjen. Vgl. 53.8. auch Landwirtſchaftliche Verjuchsjtationen 72, 15 (1910). 3) Kontrolle der Bemwäfjerung durch tägliches Wiegen der Gefäße, Fernhalten der atmojpäriihen Niederihläge dur; Glashaus, Verfolgung des ganzen Berjuhs von Beginn bis zum Schluß mit der Wage und Analyje, gleihmäßige Belihtung, Schuß vor allen Schädigungen, Ausgleich aller Verjchiedenheiten mit Ausnahme der einzigen, auf welche fich die Unterfuhung bezieht, u. dgl. mehr. a worden ilt. Wafjerfultur!) wird weniger, dagegen Sandfultur?) und Er— ziehung der Pflanzen in Naturboden?) häufig in Betracht fommen. 2. Bejonder8 für heranwachſende Foritpflanzen wichtig, Verwendung der von v. Seelhorjt empfohlenen Vegetationsfäften*), die etwa einen Kubikmeter Erdboden faljen und dabei genaue Kontrolle des Waflerhaus- halte und aller anderen Bedingungen in ähnlicher Weije wie der Vegeta— tionsverſuch geitatten. 3. Die Erziehung in jogenannten Lyfimetern?), die zwar feine gemichts- mäßige Kontrolle des gejamten Wafjerhaushaltes ermöglichen, dafür aber die Verwendung größerer Bodenmengen gejtatten, und, als einzige Me- thode, daS Arbeiten mit „gewachjenem” Boden erlauben. Ebenfalls für Unterfuchungen bei größer gewachjenen Pflanzmaterial bedeutungsvoll. 4. In gleicher Weife auch namentlich für größere Pflanzen verwendbar, Erziehung in durch gebrannten Ton oder Mauerwerf begrenzten, jonft aber in größerer oder geringer Verbindung mit dem freien Erdboden jtehenden und auch der Witterung mehr oder weniger preisgegebenen Behältern). Dhne damit abjolut jichere Angaben machen zu wollen, glaube id) dod jagen zu dürfen, daß von dDiejen Hilfsmitteln für die theoretijche Erforihung der Grundlagen der forjtlihen Pflanzenernährung in ganz Deutihland an feiner fortlihen Lehranftalt fih auch nur ein einziges in ausreihendem Umfang’) findet, zumeift wird überhaupt nur ihr völliges ) Heranziehung der Pflanzen in Nährftofflöjungen ohne irgend ein fejtes Medium. 2) Heranziehung der Pflanzen in reinem, indifferentem Sande, der mit verjchiedenen Nähritofflöfungen getränft ijt. 3) Heranziehung der Pflanzen in irgend einem Wald- oder jonjtigen Boden, der aber durch mweitgehendes Mijchen, Befreiung von Steinen u. dgl. völlig gleichartige Beichaffenheit angenommen hat. ) Vgl. Journal für Landwirtihaft 50, 277 (1902). ES Handelt fi um’ in ver- deckten Gräben aufgejtellte, mit der Erdoberfläche in gleicher Höhe abjchneidende maijer- dichte Käften, die mit Erde oder Sand gefüllt, den Pflanzen Wahstumsgelegenheit geben. Die Käften fünnen, da fie auf Schienen beweglich find, nad) Belieben über eine Wage geführt und auf ihr Gemicht fontrolliert werden, die Sickerwäſſer werden aufgefangen. Unter Umftänden müfjen fie vor den atmoſphäriſchen Niederihlägen geſchützt werden fönnen. Auch Hier müſſen alle Wahstumsbedingungen außer der jeweils zu unter- juchenden Frage, gleich gemacht und gehalten werden fönnen. 5) Aus Mauerwert und Metall hergejtellte größere Behälter, welche mehr oder weniger erhebliche Erdmengen aufnehmen fünnen und mit Vorrichtung zur Auffangung der Abwäſſer, eventuell mit Schuß gegen Niederſchläge, verjehen find. An der Verſuchs— ſtation Rothamſted in England hat man fie teilmeife um den gewachſenen Boden herum aufgeführt, jo daß Hier tatjächlit” mit Boden in feiner natürlihen Lagerung ge= arbeitet wird. 6) Vgl. dazu Iharander Foritlihes Jahrbuch 59, 189 (1909). Zeitihrift f. Forft- u. Jagdweſen 34, 203 (1902). 7) Zeitſchrift f. Forft- u. Jagdweſen 35, 262 (1903). ——— Fehlen feſtzuſtellen ſein! Hier könnte ein Ausbau, der ſpäter einmal reichſte Früchte auch materieller Art zeitigen muß, einſetzen. Was nun die Verwendung dieſer Hilfsmittel anbelangt, von denen wir hoffen wollen, daß die kommenden Jahre ſie den forſtlich-chemiſchen und biologiſchen Forſchern beſcheren, jo würde hier einmal ein wich— tiger Punkt hervorzuheben ſein, der auch ſonſt viel Beachtung bean— ſpruchen muß: Nicht die Anſchauung oder Theorie, mit der man einen Verſuch be— gonnen hat, darf Einfluß auf die Beurteilung ſeiner Brauchbarkeit gewinnen, ſondern man darf nie vergeſſen, daß zwar jeder Verſuch auf das ſchärfſte auf ſeine Brauchbarkeit kritiſiert werden ſoll, aber nur objektiv. Das klingt zwar ſehr ſelbſtverſtändlich, iſt aber ein Moment, das ſtets von neuem wieder hervorgehoben und vom Forſcher ſich ſelbſt eingeſchärft werden muß; denn nur zu nahe liegt die Verſuchung, einen nicht einwandfreien Verſuch, der aber die erwünjchten Ergebnifje zeitigt, zu verwenden, bei einem andern aber eine unbedeutende Schattenjeite als übergroß anzujehen. Ganz be- ſonders gehört hierher auch die Selbjtüberwindung und der Mut, einen vielleicht mühe- und opferreihen Verſuch, der aus irgend welchen Gründen feine maßgebenden Werte hat erbringen fönnen, nun auch als mißlungen, al3 verloren anzujehen und dementiprechend zu behandeln. Was fann man aber gelegentlic) leſen? „Auch nimmt das ungedüngte Feld einen ziemlich hohen Rang ein, was unmöglich ift“.!) Deshalb wird die Ermittlung, welche dies Ergebnis zeitigte, nicht der Verſuch als un— brauchbar verworfen. — Ja, wenn der Berjuch3aniteller vorher wußte, daß die Düngung Erfolg bringen wird, jo hatte er es wirklich nicht nötig, Verſuche anzujtellen und über fie weiteren Kreifen zu berichten. Beſſer wäre es wohl gewejen, in jolchen Fällen zu jagen: „Das Ergebnis iſt widerſpruchsvoll, aljo ift der Verſuch mißlungen, und ic) muß verjuchen, ihn genauer auszuführen”; oder „mir genügt das ſich meinem Auge bie- tende Bild, aber ich darf den Verſuch, da er der Beweiskraft für weitere Kreife ermangelt, nur für mich verwenden.“ — Das hier wiedergegebene Beijpiel ift übrigens bei einem in der PBraris ausgeführten Verſuch vor- gefommen, mag aber hier ebenfall3 zur Sluftration an feinem Plage jein. Wie jol nun der Forſcher ſich darüber flar werden, ob feine Ver— juche objektiv einwandfrei find, da ſich ja doch das eigene Urteil jo Leicht durh Wünſchen und Hoffen trübt? Zunächſt einmal durch ausgiebige Verwendung von Barallel- verjuchen, die natürlich auch bei der hier in erjter Linie zur Diskuffion jtehenden Erforſchung grundlegender Gejeße der Ernährung völlig unent- 1) Forſtwiſſenſchaftliches Zentralblatt 28, 575 (1906). an behrlich find.) Höchit jelten werden bei forjtlichen Verjuchen vier oder gar nur drei Barallelparzellen oder -gefäße genügen. Dieje, hoffentlich ſchon jegt als abjolute Selbjtverjtändlichkeit angejehene Forderung, über die jpäter noch an anderem Drte einiges zu jagen jein wird, genügt aber nit. Denn wenn nun mit Sarallelparzellen oder -gefäßen gearbeitet worden ift, jo wird in weitaus der Mehrzahl der Fälle eine jehr gute Übereinjtimmung der Ergebnilje der drei oder mehr Parallel— jtüde nicht vorhanden jein. WBielleicht jtimmen zwei leidlich gut zufammen, während das dritte abweicht. Man hat fih nun vielfah in ſolchem Falle dadurch geholfen, daß man einfach dies abweichende als unrichtig, als durch irgend welchen Umstand geihädigt anjah und ausjchaltete,) ohne irgend einen der Kritik jtand- haltenden Grund, falls nicht eine nachweisbare Sonderbeeinflufjung grober Art — jagen wir etwa Umbrechen oder Herausreiken der Pflanzen durd) mutwillige Hände — vorlag. Es ift jehr wohl möglich, daß gerade eine ſolche, von den beiden anderen Ergebniffen abweichende Zahl der richtige Wert ijt.?) Daher wird daran feitzuhalten jein, daß Parallelzahlen nur dann aus- geichaltet werden dürfen, wenn eine grobe und eindeutig nachweisbare Fehlerquelle in Betracht fommt. Behält man andererjeit3 auch von einander mehr oder weniger ab— weichende Barallelparzellen bei und verwendet die aus ihnen erhaltenen Mittelzahlen, jo kann es vorfommen, daß die Abweichungen zweier, bei ver— ihiedener Düngung erhaltenen Mittelwerte von einander geringer iſt, als die Unterjchiede zwiichen den Barallelwerten, die das eine oder das andere Mittel ergeben. Aljo 3. B.: Parallelparzelle 1 Parallelparzelle 2 Barallelparzelle 3 Mittel Düngung A gab Ertrag: 50 70 45 55 Düngung B gab Ertrag: 60 45 90 65 Kann man wirklid in diefem Falle jagen, da Düngung B der Düngung A überlegen ijt? Erfahrung und Überzeugung darf der Forjcher, wie bereitS oben er— mwähnt, nicht zur Enticheidung heranziehen, denn das jind jubjeftive Mo- !) Hinmeife auf die abjolute Notwendigkeit von Barallelreihen in der forftlichen Verjuhsmethodif finden fi) danfensmwerter Weile jhon mehrfah: Mitteilungen der Deutſchen Landmwirtichaftsgejellihaft, 20, 116 (1905). Tharander Foritlihes Jahrbuch, 55, 136 (1905). Über Düngung im forjtlihen Betriebe, Verlag Neumann-Neudanım, 113 (1906). Zeitichrift f. Forft- u. Jagdweſen, 40, 231 (1908). Tharander Foritlides Jahrbuch, 60, 282 (1909). Man vergleihe auch: Mitteilungen der Landwirtſchaftlichen Snftitute der Univerjität Breslau, 4, 616 (1909). 2) Zeitjchrift für Forjt- und Jagdweſen, 40, 311 (1908). ®) Bgl. aud) z. B.: Feftrede, gehalten zum Katfersgeburtstag 1910 in der Forjt- afademie Hann. Münden: Über die Entwidlung und Bedeutung der Vermeſſungskunde — 56 mente. Da ift es ein jehr wertvolles Hilfsmittel, daß andere Wiſſenſchaften in ähnlicher Lage ſich objektive Beurteilungsmöglichkeiten geſchaffen Haben, die auch der forftlihe Verſuchsanſteller Heranziehen fann und muß. Wenn Altronomen Beobachtungen der Stellung, jagen wir eines Ko— meten, vornehmen, um daraus jeine Bahn zu berechnen, jo find ihre Er- mittelungen im einzelnen auch nicht fehlerfrei. Und wenn mehrere Beobachter zu verjchiedenen Zeiten und an verſchiedenen Drten Feltitellungen machen, jo wird die verjchiedene Güte der Injtrumente, die verjchiedene Beichaffenheit der Luft in den wechjelnden Jahreszeiten mehrerer Beobachtungsorte, vielleicht auch die jic) verändernde Stellung der Erde zu dem Gejtien, ſowie endlich auch die verjchiedene, vom einzelnen Beobachter nad) Beichaffenheit feiner Augen, jeiner Geſchicklichkeit uſp. zu erreichende Genauigkeit der Feltitellung jeden Wert mit einem gemiljen Fehler belajten, der bald größer, bald £leiner it. Um nun für das Mittel einer Anzahl Beobachtungen gleicher Art Die Größe dieſes Fehlers, und damit die Genauigkeit der Beobachtung jelbft beurteilen zu können, wird an der Hand der durch Gauß begründeten ehlerwahrjcheinlichkeitsrechnung der jeder einzelnen Beltimmung bzw. dem Mittel anhaftende jogenannte „wahrjcheinliche Fehler” ermittelt. Um ihn fejtzuftellen, ift eine möglichft große Zahl von Parallelbejtimmungen er- forderlich, mindeſtens aber drei. Es beitehen nun ganz bejtimmte gefegmäßige Beziehungen zwijchen dem wahrjcheinlichen Fehler und den bei einer beftimmten Anzahl von unter gleichen Bedingungen ausgeführten Wiederholungen desjelben Verſuchs zu erwartenden Abweichungen. So gibt der wahrjcheinliche Fehler und jeine Bejtimmung dem Forſcher die Mittel an die Hand, ſich über Die Brauchbarfeit jeiner Verjuchsreihen ein objektives, völlig unabhängiges und maßgebendes Urteil zu bilden. Nun find außer den, ich möchte jagen, unvermeidlichen Fehlern, die in der Unvollfommenheit der Hilfsmittel, des Unterfuchenden jelbjt und vieler anderen Umftände Liegen — man bezeichnet fie in Fachkreijen als „kon— jtante“ oder „Iyitematische Fehler” -—, noch Fehler vorhanden, die durch die Sorgfalt des Unterjuchenden und die Zwecmäßigfeit feiner Vorbe— reitungen eigentlich ausgejchloffen fein fjollten, die aber doch wegen der Schwierigkeit, der Mannigfaltigfeit der Natur gegenüber ſolchen Anforde- rungen gerecht zu werden, zumeiſt ebenfall® eine Nolle jpielen können. Auch über ihr Vorhandenjein und die durch fie dem Verſuche gewordene Benachteiligung vermag man jich an der Hand der joeben erwähnten Fehler- wahrjcheinlichfeitsberehnung ein ungefähres Bild zu machen, jo daß nad) Lage der Dinge tatjächlich Klarheit über den Wert eines Verſuches gewonnen wird.!) 1) Sch gebe nachſtehend die mwejentlichite, über die Anwendung der Wahrſcheinlich— feitsrehnung in der landwirtſchaftlichen Verjuchstätigkeit veröffentlichte Literatur und be— ET ae Damit mag die Beiprehung der Methodik des theoretischen Düngungs- verjuhs für jüngere Holzgewächſe hier abgebrochen — nicht abgejchlofjen — fein. Es wird unter Umftänden möglich jein, die Beobachtung der Pflanzen bis, jagen wir, vielleicht zum zwanzigjten Jahr auszudehnen und in jüngeren Lebensjahren ganze Gruppen vergleichend zu beobachten. b) Der theoretijhe Verjud für ältere Holzgewädhje. Wenn es, jih überhaupt angejihts der außerordentlihen Schwierig- feiten, die einer Ausdehnung des theoretiichen Verſuchs auf ältere Holz- gewächje entgegenjtehen, als möglich herausſtellen jollte, ihn mit Ausſicht auf Erfolg durchzuführen, und wenn die dafür aufzumendenden Kojten den zu erwartenden Ergebniffen angemefjen erjcheinen jollten, jo kann doch jedenfall die hier erforderliche Methodik fich erſt aus den bei jüngeren, aber ſchon heranwachſenden Bilanzen erhaltenen BVerjuchserfahrungen er- geben. Da dieje aber, man muß leider jagen, bislang faum jpurenweile vorhanden find, jo wäre es völlig müßig, über die jpäter vielleicht einmal mögliche Berfuchsmethodif für Unterfuhung theoretiicher Fragen an älteren Waldbäumen zu jprechen. Nur ein Moment jei erwähnt: Es erijtieren in der Literatur Angaben, welche die Ajchengehalte ujw. ausgewachjener Bäume zum Gegenjtand haben.) So jchiwierig und mühſam ſolche Unterfuchungen Icheinen und jo unendlich jorgfältig fie ausgeführt jein mögen, jo iſt ihnen doch nur dann eine erhebliche Bedeutung beizumefjen, wenn fie nicht nur an etwa je einem oder ganz wenigen, jondern an größeren Reihen von Einzelftämmen der verschiedenen Holzarten gewonnen find. Und nicht genug damit, es muß auch noch gefordert werden, daß die Unterfuchungen für verjchiedene Böden, verjchiedene Klimate und Altersjtufen Wiederholung finden. Nur in diefem Fall wird man die Bürgichaft haben, am beiten mit Hilfe der Wahrjcheinlichkeitsrehnung zufällige, für die Geſamtheit der Hölzer bedeutungsloje Abweichungen und gejegmäßige, wichtige Unterjchiede auseinander halten zu fönnen. merfe nur, daß ſich die Benußung diejfer objektiven Ermittlung der Brauchbarfeit von Verſuchen mehr und mehr durchjegt. Zur furzen Orientierung: Fühlings Landmwirtichaftl. Zeitung, 58, 12 (1909). Dann weiter: Mitteilungen der Zandmwirtjchaftlichen Inſtitute der Univerfität Breslau, 2, 647 (1902). Ebenda, 4, 729 (1909). Ebenda, 4, 647 (1909). Ebenda, 5, 660 (1910). Sournal für Yandmirtichaft, 51, 305 (1907). Ebenda, 52, 145 (1905). Fühlings Landwirtichaftliche Zeitung, 56, 481 (1908). Cbenda, 56, 641 (1908). Ebenda, 58, 569 (1910). Zeitjchrift für die gefamten Staatswiffenihaften, Tübingen 1903, Ergänzungsheft VII. „Die Schwankungen der landmirtjchaftlichen Reinerträge.“ Arbeiten der Deutſchen Landwirtichaftsgejellihaft, Heft 125. Zeitihrift für das landmirt- Ihaftliche Verfuchsweien in Ofterreich, 1908. 1) Beitjchrift f. Forft u. Jagdweſen, 18, 353 (1886). Dort auch weitere Yiteratur, nr ec) Der wiffenihaftlide Waldverjud für jüngere Holzpflanzen. Wenn ich nun zur Beiprehung der Methodik für die Verfuche über- gehe, welche die Grundgejege der Ernährung für unjere Waldgewächſe im Zufammenhang und unter der Wechjelwirfung des natürlihen Standortes in wiſſenſchaftlich exakter Weife verfolgen jollen, jo bietet ji) mir ein weitaus größeres Material an bereit in diejer Richtung unternommenen Verſuchen, die ich auch gelegentlich zur näheren Erläuterung heranzuziehen haben werde. Um überfichtlicher vorzugehen, werde ich der Neihe nad) aus dem für den hier verfügbaren Raum ja weitaus zu umfangreihem Vorwurf einige mir bejonder3 der Kritik bedürftige Fragen herausgreifen. So will id Einzelheiten aus der Frageitellung, aus der Vorbereitung, aus der Pflege und aus der Ergebnigfeititellung des Verjuches behandeln, ohne in irgend einem diejer Fälle auf erſchöpfende Darftellung Anſpruch zu machen. Die Frageftellung: Ich Habe bereitS oben darauf Hingemiejen, daß fich mehr und mehr die Überzeugung Bahn bricht, daß die Frage— ſtellung durchaus einfach und eindeutig jein muß, ſoll nicht das Ergebnis des Verfuhs von vornherein bedroht erjcheinen. Was iſt aljo zu ver- meiden? Das Saatmaterial muß völlig gleihmäßig jein, um nicht zu einem ungewollten Vergleich verjchiedener Saatherfünfte oder Dualitäten Anlaß zu geben, wodurd unter Umftänden ſchon für den bloßen Beobachter der Verſuch als verloren erjcheint.)) Wird gepflanzt, jo iſt einmal für die Ge— winnung des Pflanzenmaterials die gleiche Vorficht erforderlid, dann aber muß in jorgfältigiter Weife eine objektive Zuteilung der Pflanzen jtattfinden, wie auch der Pflanzvorgang jo erledigt werden muß, daß auf jede Parzelle gleich viel von jeder pflanzenden Arbeitsfraft gejeßte Stüde fommen.?) Dann muß ganz jelbjtverjtändlicherweife das Unkraut auf der Fläche im voraus bejeitigt werden und auch jpäler in dieſer Richtung Vorjorge obmwalten. Andernfalls gibt der Verjuch nicht über die Wirfung der Düngung auf die forftlihen Gewächſe, jondern auf diefe und auf das Un— fraut Auskunft, ja wohl unter Umftänden nur über die Wirfung auf das Unfraut,?) oder der völlig verjchiedene Unfrautbeitand wird durch die für den Verſuch erfolgte Eingatterung erjt bemerkbar und bringt Unjicherheit in denfelben,*) oder der gleichfalls verjchiedene Unfrautbejtand wird durch 1) Zeitjchrift für Forjt- und Jagdweien, 39, 142 (1907). Tharander Forjtliches Jahrbuch, 59, 107 (1909). 2) Auch die neueren PVorjhriften für Forftdüngungsverfuhe, Mitteilungen der Deutſchen Landmwirtichaftsgejellichaft, 20, 113 (1905) gehen mit feinem Wort hierauf ein. Dagegen bringt einen Hinweis: Über Düngung im forftlihen Betriebe, Verlag Neumann- Neudamm, 113 (1906). 3) So z. B.: Mitteilungen der Deutihen Landmwirtihaftsgejellihaft, 20, 76 (1905). +) Tharander Forftlihes Jahrbuch, 60, 267 (1909). 2 die Düngung in verjchiedener Weife gefördert und übt nun Rückwirkung ganz verjchiedener Art auf die eigentlichen Forſtgewächſe aus. Es muß alſo unbedingt jowohl Unkraut wie jonjtiger Bodenüberzug bejeitigt werden, !) wenn man eindeutige Ergebnilje erzielen will, auch darf man den Boden- überzug nicht etwa unterbringen und jo die natürliche Ungleichheit des Bodens vermehren. Will man, was ja durchaus einleuchtend und not— wendig ijt, jih über die Wirfung der Düngung auf Waldgewächſe ein- ſchließlich Unkraut, oder auf joldhe in dem natürlichen Humus- oder Moos— politer unterrichten, jo muß man erjt wijjen, wie die Düngung ohne dieſe den Verſuch fomplizierenden Faktoren wirft, und befjer erjt dann in einem weiteren Verſuch an die Aufhellung ihrer Bedeutung gehen. Andernfalls wird man ji) den Vorwurf gefallen lafjen müfjen, die Schwierigfeiten des Düngungsverjuhs unnötig vermehrt, jeine Klarheit aber getrübt zu haben, jo daß vielleicht jchon deswegen von Anfang an ein Ergebnis ficherer Art nicht zu erwarten ift.?) Das und vieles andere jind Momente, die auch in das Gebiet der „Vorbereitung“ des Verſuchs gerechnet werden fünnen. Zur Frage— jtellung ſelbſt weile ih auf den mohlbefannten, aber bei forjtlichen Verjuhen meines Wiſſens noch nicht beachteten Umſtand Hin, daß viele unjerer Düngemittel neben ihrer eigentlihen Düngewirkung noch Nebeneinflüffe verſchiedener Art ausüben; jo Chilejalpeter phyſiologiſch baſiſche, Ammontumfulfat phyfiologish ſauere Wirfungen,?) Humus jtarfe Veränderungen der phyjifaliihen Bodeneigenjchaften und der Wafjerführung, ‘) Thomasmehl Kalkwirkfungen,’) Kalfgaben‘) wie Lupinengründüngung eine ganze Reihe von Nebenwirkungen.) Wil man auf eine einfache Frage— jtellung hinarbeiten, jo hat man nad) Möglichkeit diefe Sondereinflüffe durch entiprechende Gaben anderer Chemifalien bezw. auf anderem Wege für die zu vergleichenden Parzellen auszujchalten. !) Naturwiſſenſchaftliche Zeitfchrift für Forft- und Landwirtichaft, 8, 573 (1910). Mitteilungen der Deutſchen Landmwirtihaftsgejellihaft, 25, Stück 11 (1910). ?) Iharander Forftlihes Jahrbuch, 59, 202 (1909). 3) Vgl. 3. B.: Landmwirtihaftliche Verſuchsſtationen, 69, 259 (1908). ) So ijt bei einem in der Zeitichrift für Forft- und Jagdweſen, 37, 147 (1905) mitgeteilten Yumusdüngungsverfud) auf Flugfand jehr wahrſcheinlich ein großer Teil des Erfolges auf phyfifaliihe WBodenbejjerung zu beziehen. Vgl. auch Zeitjchrift für Forſt- und Jagdweſen, 39, 149 (1907). 5) Zeitjchrift für Forft- und Jagdweſen, 37, 142 (1905); 33, 711 (1901). 6) Zeitjchrift für Forft- und Jagdweſen, 40, 313 (1908). j ?) Vgl. dazu auch Tharander Forjtliches Jahrbuch, 59, 188, 209 (1909); ferner Uber Düngung im forjtlichen Betriebe, Verlag Neumann, Neudamm, 123 (1906). Mit- teilungen der Deutſchen Landmwirtihaftsgejelihaft, 24, 72 (1909. Daß zur eralten Ent- iheidung der Wirkung ſolcher Nebeneinflüffe nicht oberflächlihe Beobahtungen aus- reihen fünnen, wie fie am leßtgenannten Orte verwendet werden, liegt auf der Hand. ei re Ein weiteres, ganz außerordentlih wichtiges Moment ift die gleich- mäßige Feuchtigkeit im Boden; Hier wird man, was ja wieder in das Gebiet der Vorbereitungen hHineinreicht, durch weitgehende Bearbeitung, gleihmäßige Lage und was folder Vorjihtsmaßregeln mehr find, dafür zu jorgen haben, daß man nicht jtatt einer Frageitellung über Pflanzen— ernährung mit Stidjtoff oder Mineralftorfen unbeabjichtigt auch eine jolche über Ernährung mit Waller gibt. Endlich wird z. B. auch die gegenjeitige Entfernung der Verſuchspflanzen jo zu regeln jein, daß nicht der Wachstumsfaktor Belichtung irgendwie in den Verſuch jtörend eingreifen fann. Die Vorbereitung. Sie fennt als wichtigſte Aufgabe die Auswahl des Verſuchsſtückes. Daß dieſes möglichit gleihmäßig in feiner ganzen Beichaffenheit bis in den Untergrund Hinein jein jol, iſt allgemeine Anficht; jehr verjchieden find indes die Meinungen, wie man dieſe Gleihmäßigfeit zu prüfen vermag. Daß die Verwendung von PBarallelparzellen in ausreichender Anzahl aud) die notwendige Feititellung der Ausgeglichenheit des Verſuchsſtückes bringt, wurde bereit3 gejagt. Indes iſt das doch nicht das eigentlich Er- wünjchte zur vorherigen Drientierung, jondern es gibt erit Hinterher Die Aufklärung, ob der Verſuch brauchbar ift, nachdem vielleicht viel Mühe und Mittel auf ungleichartige Stüde verwandt worden find. Daß die äußeren Anzeichen für Gleihmäßigfeit des heranzuziehenden Stüdes in mweitgehender Weije beachtet werden, verjteht jich wohl von jelbit. Starf ungleihmäßige Oberflähe wie auch unregelmäßige Hebungen und Senfungen des Berjuchsgeländes werden jhon vor Anlage eines Verjuchs- feldes abjchreden, ebenjo Gräben, Waſſerzuflüſſe, Worhandenjein von ans ftehendem Fels in der Nähe und ähnliches. Land, das einmal eingeebnet oder aufgejchüttet worden ijt, vermeide man. Doch das iſt bei weiten noch nicht ausreichend. Auszuſchließen wird ebenfalls ein Waldland fein, auf dem vor fürzerer Zeit Baumftümpfe ge- rodet worden jind.!) Das bringt naturgemäß jehr mejeniliche Bodenver- Ihiedenheiten mit jih. Wie weit ſolche bei Bilanzen, die jahrelang das Land innehaben, gehen fünnen, habe ih vor Jahren einmal zufällig be— obadhten können, als auf einem Sandboden, der vorher längere Zeit Hopfen- pflanzen getragen hatte, die Stöde herausgenommen wurden und jpäter ein Teil des jo gewonnenen Yandes nad) der im Gartenbetrieb üblichen Bodenbearbeitung zur Heranzudt von Kohlrübenpflanzen verwendet wurde. Jede Hopfenjtelle markierte ſich auf das genaueite. Dagegen zeigt dieje Beobadhtung zugleich eine für forftliche Zwecke allerdings noch nicht erprobte Möglichkeit, ein Urteil über die Ausgeglichen- 1) Mitteilungen der Deutihen Landmwirtichaftsgejelihaft, 25, Stüd 11 (1910). a heit des Bodens wenigitens annähernd zu gewinnen. Man bereitet das in Ausficht genommene Stüd auf das beite vor, mißt die beabjichtigte Anzahl von Parzellen ab und baut nun irgend eine einjährige, auf Waldboden leidlih wachlende Pflanze an. Nachdem man ihr Zeit zu fräftiger Ent- widlung gelafjen, erntet man fie, ohne die Neife abzuwarten, ab, jede Parzelle für jih, und vergleiht nun die Erntemengen der Parzellen. Da alle gleich behandelt worden find, jo müſſen fie annähernd gleiche Ernte- mengen geben, falls ihre Bodenbejchaffenheit einigermaßen gleich iſt. Sit das Ergebnis derart, jo wird man mit erheblicher Zuverfiht an die Aus- jührung des eigentlichen Verjuches gehen können. Andernfalls liegt eine Warnung vor, deren Gewicht man immer no nad) eigenem Ermefjen in Rechnung ziehen kann, die aber den vorfichtigen Verſuchsanſteller meiſt ver- anlajjen wird, einen andern Plab zu wählen. — Wenn aud troß günjtigen Verlaufs der joeben erwähnten Vorprobe immer noch die Möglichkeit vor- liegt, daß in tieferen Bodenjhichten, welche die einjährigen Pflanzen nicht erreichen, oder im bejonderen für Forſtnutzpflanzen noch jtörende Ungleich- heiten des Bodens vorfommen fönnen, jo iſt doc eine große Wahrjchein- lichfeit für günjtige Beichaffenheit des Verjuchsplaßes bei gutem Ausfall der Probe vorhanden. Die Kojten und der Zeitverluft jpielen aber der jo erreichbaren Kenntnis des Verſuchsbodens gegenüber feine Rolle. Man hat num vielfach geglaubt, zur Feſtſtellung der Bodenausgeglichen- heit die chemiſche Bodenunterfuhung heranziehen zu fönnen. Kritiſche Erperimentalunterjuhhungen darüber, was die chemiſche Bodenunterfuchhung für den Waldboden zu leijten imjtande iſt, find mir leider nicht befannt geworden, liegen vielleicht noch nicht vor. Das wäre übrigens nicht auf- fallend, da auch in der viel älteren landwirtichaftlichen VBerjuchstechnif ſolche erjt jeit fürzerer Zeit vorhanden find. Ich muß daher für meine folgende Beiprehung auf dieje zurüdgreifen. Das glaube ich aber wohl tun zu dürfen, denn gewiß wird mir jeder zugejtehen, daß, was die Ausgeglichen- heit des Bodens und Untergrundes anbelangt, das Aderland dem Wald- boden weitaus überlegen it. Wenn wir aljo finden jollten, daß jelbit auf dem Aderland die chemiſche Bodenunterfuchung weit Hinter den an fie zu itellenden Anſprüchen zurüdbleibt, jo wird das Urteil für den Wald- boden natürli nicht günftiger jein fönnen. Nun beadte man das folgende: Schon jeit längerer Zeit galt es als ziemlidy ausgemadhte Sade, daß geringe Düngungsgaben zwar durch den Unterjchied der gedüngten und ungedüngten Pflanzen im Wachstum, nicht dagegen durd die Bodenunter- juchung feitgejtellt werden könnten. Indes iſt die exakte erperimentelle Prüfung erſt vor einigen Jahren ausgeführt worden. Zunächſt wurde be= wiejen, daß bei der Unterfuhung des Bodens auf Stiditoff — ich beziehe a mich auf das Urteil eines Forſtmannes,) wenn ich darauf hinweiſe, daß im Walde gerade dieſer Pflanzennähritoff?) bejonders hohe Bedeutung be- ſitzt —, Eleinere Schwanfungen im Gehalte des Bodens ſich analytiich troß jehr weitgehender Bemühungen nicht falfen laſſen, da die durch die Probenahme bedingten Unterjchiede jo groß waren, daß fie fait 10°/, betrugen!?) Spätere, mit noch weitaus verfeinerten und umfaſſen— deren Hilfsmitteln angejtelte Verſuche eine8 andern Forſchers führten diefen zu dem Ergebnis, daß „die Bodenprobenahme auf dem Felde, wenn man Stidjtoffumfeßungen jtudieren will, auf das allerjorgfältigite geſchehen muß. Wir Schlagen hierzu vor, auf jedem Quadratmeter eine Probe mittels Bohrjtoces zu entnehmen. Der Fehler wird dann je nad) dem Boden nicht mehr als 4 bis 6°/, der gemefjenen Größen betragen.”*) Endlich find für die mineraliihen Pflanzennähritoffe ebenfalls Erperimentalunterfuhungen ausgeführt worden, welche auf die Umficherheit der chemiſchen Analyje für die Beurteilung des Nährftoffzujtandes des Bodens ein deutliches Licht werfen.) In gleicher Weije lafjen ji) Angaben aus der Verjuchstätigfeit früherer Sahre gelegentlich verwerten. °) Wenn aljo für wohlvorbereitetes, jeit Jahrzehnten in landwirtichaft- licher Kultur befindliches Feld derart wenig auf die chemiſche Bodenanalyje zu bauen ift, jobald es ſich um Feititellung Eleiner Unterjchiede in dem Nähritoffgehalt des Bodens handelt — und dieje fommen doch bei den Ungleichheiten von Parzellen eines einzelnen Verſuchs im wejentlichen in Betracht —, was joll dann der Forjtverfuh von der Unterſuchung des Bodens eines Verſuchsſtückes erwarten? Es tritt no ein Moment Hinzu. Die chemijche Unterfuhung kann immer nur entweder die Gejamtmenge der in einer Bodenprobe vorhan= denen Pflanzennährftoffe bejtimmen oder die in irgend einem Löjungsmittel zu erhaltenden; was aber die Pflanze aufnehmen fann, iſt damit noch gar nicht gejagt.) Einmal gibt es noch feine Methode der Lölung der Pflanzen— !) Beitjchrift f. Forjt- u. Jagdweſen, 36, 35 (1904); ferner Mitteilungen der Deutjchen Landwirtſchaftsgeſellſchaft, 25, 575 (1910). 2) Wohl zumeijt an Humusjtoffe gebunden. 3) Mitteilungen der Landwirtihaftlihen Inſtitute der Univerfität Breslau, 3, 175 (1905). 4) Landwirtichaftlihe Jahrbücher, 39, 367 (1910). 5) Mitteilungen der Landwirtihaftlihen Imftitute der Univerſität Breslau, 4, 305 (1908). 6) 3.8. Feftichrift der agrikulturhemifhen Verſuchsſtation Kiel (1895), wo für dasjelbe Feldſtück (Bodenunterfuhung Nr. 21 bezw. 22) einmal ein SKalfgehalt von 0,461 %0, das andere Mal von 2,459 %, ermittelt wurde. Sehr beachtensmwert auch die Ausführungen in Zeitjchrift f. Forſt- u. Jagdweſen, 40, 234 (1908). Ferner u. a. Zeit— Ichrift für das landwirtihaftlihe Verſuchsweſen in Dfterreich, 742 (1910). ?) Dem kritiſchen Lefer der Abhandlung in den Landwirtſchaftlichen Jahrbücern, 36, 909 (1907) wird dies ebenfalls einleuchten. eg nähritoffe, die uns die Kenntnis der von den Pflanzen aufgenommenen Mengen verjchafft, wenn auch vielleicht ausjichtspolle Anjäge in jüngjter Zeit gemacht find. Dann aber wirft die verjchiedene Jahreswitterung, die Art der in Betracht kommenden Pflanzen, Bodenbearbeitung, Streu— decfe ujw. bei gleicher Menge von Nähritoffen im Boden ganz zweifellos in verjchiedener Weile auf die Zugänglichkeit der Salze für die jeweilige Pilanzenart ein. Der Ausſpruch eines alten Bodenforicherst): „Eine genaue chemische Analyje it jehr jchiwierig und unjicher und er— fordert neben einer manuellen Gejchiclichkeit viel Geduld und Ausdauer; fie hat auch für die Praxis nicht den Nußen, den man davon geträumt”, it alſo auch heut noch der Beachtung wohl wert. Wenn man auf hemijche Analyjen weniger Bodenproben?) allgemeine Anſchauungen aufbauen will, jo iſt man leicht jehr erheblichen Irrtümern ausgejeßt.?) Bereits die fritiihe Betrachtung des angeblich „erbrachten Nachweiſes“ zeigt, daß die Einzelergebnilje ganz außerordentliche Unregel— mäßigfeiten der verjchiedenen Klafjen des Waldbodens enthalten. So fand ein Autor gelegentlich Magnefiumpyrophosphat*) bei Kiefernboden: zweiter Klaſſe dritter Klajje vierter Klaſſe fünfter Klaſſe 0,0809 °/, 0,0919 °/, 0,0736 °/, 0,0729 %,, woraus wohl jcehwerlih ein enger Zuſammenhang von Bodengüte mit Analyjenzahlen für den Kundigen zu erjehen fein wird. Andere Analyjen ergaben: Magnejiumpyrophosphatausbeute bei Kiefernboden?): zweiter Klafje dritter Klaffe dritter Klaſſe vierter Klaſſe fünfter Klaſſe 0,0809 °/, 0,1050 °/, 0,0508%, 0,0663 7, 0,0729 9), Stalfgehalt bei Kiefernboden®): zweiter bis dritter Klaſſe Fünfter Klafje 0,0468 °/, 0,0538 9, Kaligehalt bei Kiefernboden”): erſter Klafje zweiter Klajje zweiter bis dritter Klaſſe fünfter Klafje 0,0339 °/, 0,1109, 0,0176 %/, 0,0246 °/, Das mag hier genügen. Eine Behandlung diejer und jämtlicher andern in der erwähnten Abhandlung angegebenen Wertszahlen nad) den Grundfäßen I) TZrommer, Handbuch der Bodenkunde, Berlin 1857. 2) Tharander Forjtliches Jahrbuch, 60, 283 (1909). &) Beitichrift f. Forjt- u. Jagdweſen, 37, 140 (1905). 9) Allem Anſchein nad) find nicht einmal die Beftimmungen jelbjt doppelt erledigt und jo eine Kontrolle über die Genauigkeit der Ausführung der unbequemen Methode ermöglicht worden. 5) Beitjchrift f. Fort u. Jagdweſen, 1, 509 (1869). 6) Ebenda, 3, 369 (1871). ?) Ebenda, 3, 373 (1871). a. der Wahrjcheinlichfeitsrehnung würde wohl deutlich zeigen, wie wenig fie zu weitgehenden Schlußfolgerungen berechtigen. Im Anschluß Hieran mag nod einmal darauf hingewieſen werden, daß die Probenahme mit großen Schwierigfeit verbunden, und Die Feſt— ſtellung des für unjere Forjtpflanzen aufnehmbaren Anteil$ der Pflanzen— nährftoffe mit Hilfe der hemifchen Analyje ein noch ungelöjtes Problem ift.!) Aus letzterem Grunde fann auch Die Beurteilung eines ſchwer löslihen Abfallprodufts für Düngezwede lediglich auf Grund einer hemifchen Unterfuhung zu außerordentlihen SFehlgriffen führen. 2) Sehr Klare und zwedentiprehende Ausführungen eines praftiichen Forts manns in ähnlicher Richtung jcheinen Leider wenig Lejer gefunden zu haben.) Solche ohne experimentelle Prüfung der Ausnutzung durd den wiljenjchaftlich eraften, von Nebenumftänden losgelöſter Verſuch, nur auf Grund der „Überzeugung“ gemachten Natichläge können, jo mohlgemeint fie find, doch die ganze theoretiiche Forihung bei der Praris in Mißkredit bringen, wenn jie fih nachher nicht bewähren. Und fie leiten zu Miß— griffen über, wie dieſelben in der Landwirtichaft durch das berüchtigte Henſelſche Steinmehl illujtriert werden. *) Doch dies nur beiläufig. — Um hier die Beiprehung der Vorberei— tungen für einen wijjenjchaftlih exakten, unter den Bedingungen des Waldes ausgeführten Düngungsverfuh zu bejchliegen, jei aus der großen Menge der fih noch aufdrängenden Fragen nur eine herausge— griffen: Sie wird freilich ſelbſtverſtändlich erſcheinen. In feiner Weiſe und unter feinem Vorwand dürfen Intereſſen irgend welcher Art außer denen der Forſchung dabei eine Nolle jpielen. . Namentlicy darf nicht durd) Zumendungen von jeiten der Düngerinterefjenten, die, auch wenn fie nur in £oftenlojer Überweilung größerer Düngermengen beitehen, leicht Miß— deutungen auögejeßt find, die Unabhängigkeit der wiljenjchaftlichen Verſuchs— tätigfeit auch nur von dem Schatten eines Zweifels berührt werden. Daß e3 noch weniger angängig iſt, irgend welchen Intereſſentenkreiſen einen Einfluß auf die Ausführung der Verſuche zuzugeltehen, bedarf wohl über- haupt nicht der Erwähnung.?) 1) So auch z. B. Tharander Forftliches Jahrbuch, 54, 157 (1904). 2) Zeitjchrift f. Forſt- u. Jagdweſen, 37, 145 (1905) — Auch rein wirtichaftlich dürften die hier angegebenen Werte Bedenken erregen. Es joll Bajaltgrus, 50 cbm pro Heftar, aufgebradyt werden, der allein ab Werk einen Preis von 50 bis 75 M. hat, wozu noch Transport diejer fiebenhundert Doppelzentner, ſowie Ausjtreuen fäme. ) Zeitſchrift f. Forſt- u. Jagdweſen, 33, 706 (1901). 4) In der unten zitierten Abhandlung wird Bajaltgrus als Kalfdünger empfohlen, in einem Zeitſchrift f. Forjt- u. Jagdweſen, 40, 746 (1908) bejchriebenen Verſuch jogar Sranitmehl angewendet. 5) Vgl dazu über die Direkte Beteiligung von Interejjenten an Düngungsverſuchen forjtlicher Art: Zeitſchrift f. Forjt: u. Jagdweſen, 33, 699 (1901). Tharander Forjtliches Jahrbuch, 54, 158, 175, 202 (1904). Ferner zu Diejer Frage; ebenda, 54, 185 (1904). - Bei Einrihtung der Berfuchsflächen darf nicht vergeſſen werden, einen aus— reichend breiten Schugitreifen, der mit der gleichen Pflanzenart bejegt werden muß,!) anzulegen, und womöglich außerdem einen weiteren, leeren Streifen. Die Pflege: Auch Hierüber finden fich weſentliche Vorſchriften bereit3 vor?), und es wird ſich nur noch erübrigen, Bejonderheiten hervor- zuheben, joweit nicht auch darüber jchon in dieſem Aufſatz Hinweiſe ger geben find. Daß es zwedmäßig ift, nicht durch Lage des Verſuches denjelben Rauchſchäden auszujegen, jeien diefe auch nur geringeren Umfanges, wird bejonder3 bei in der Nähe von Städten oder indujtriellen Unternehmungen bezw. Bahnlinien oder Bahnhöfen liegenden VBerjuchsitüden wohl zu be— achten fein, zumal fi) unter Umjtänden Rauchſchäden ja befanntlich auf recht erhebliche Entfernungen bemerkbar machen fünnen.?) Es fommt hin- zu, daß befanntlid Rauchſchädigungen von gut ernährten Pflanzen beijer ertragen werden, als von Hungernden,*) jo daß auf dieſem Wege Direkt Berichiedenheiten in den Verſuch Hineingetragen werden fönnen. Über die Beleitigung des Unterfrautes wurde bereits geiprochen; daran Hat ſich überhaupt eine regelrechte Pflege der phyſikaliſchen Be— Ihaffenheit des Bodens anzujchliegen, da man jonjt, wie jchon gejagt, die Trageitellung des Verſuchs zu jehr kompliziert. Der Berjuchsleiter muß mindeſtens allmonatlich, beſſer aber noch häufiger jelbjt oder durd einen wiſſenſchaftlichen Hilfsarbeiter genaue Auf: zeichnungen über jämtliche irgendiwie wichtig ericheinenden Momente machen, die bezüglich de3 Standes der Verſuchsflächen in Betracht fommen. Dabei it Verwendung eines Punktierſyſtems, das jpätere graphiſche Daritellung der Beobachtungen ermöglicht, jehr ratjam.?) Auch find natürlich Schädi- gungen aller Art, jo weit dies irgend durchführbar, jorgfältig auszu— Ichließen, da fie leicht alle aufgewandte Mühe erfolglos machen. °) Bejonders weiter Zeitjchrift f. Forjt- u. Jagdweſen, 33, 709 (1901); ebenda, 39, 141 (1907). Forſtwiſſenſchaftliches Zentralblatt, 23, 220 (1901); 28, 572 (1906). Tharander Forſtliches Sahrbud), 54, 210 (1904); 59, 200 (1909); 60, 254 (1910) und an anderen Orten. 1) Tharander Forjtliches Jahrbuch, 55, 120 (1905). Mitteilungen der Deutjchen Landwirtſchaftsgeſellſchaft, 20, 115 (1905). Über Düngung im forftlichen Betriebe, Verlag von Neumann, Neudamm 114 (1906); Zeitichrift f. Forft- u. Jagdweſen, 33, 704 (1901); 40, 309 (1908). Weiter: Mitteilungen der Deutihen Landwirtichaftsgeielihaft, 20, 116 (1905); ebenda, 25, Stüd11 (1910); Tharander Forjtliches Jahrbuch, 55, 136 (1905). 2, Mitteilungen der Deutjhen Landwirtſchaftsgeſellſchaft, 20, 116 (1905). 5) In der Literatur, vgl. Rauchbejchädigung, Leipzig, Verlag von Gebrüder Born— träger, 190, 191, 200 (1903), finden ſich Angaben bis 3'/,, 5 km und mehr. 4) Mitteilungen der Kgl. Zandmwirtichaftlichen Akademie Poppelsdorf, 2, 34 (1869). 5) Landwirtſchaftliche Verjuchsitationen, 69, 281 (1908). 6) Mitteilungen der Deutichen Landwirtſchaftsgeſellſchaft, 25, Stüd 11 (1910) — wilde Kaninchen. 5 a Da Forſtdüngungsverſuche eine mehrjährige Durchführung erfor- dern,!) muß von vornherein alles aufgeboten werden, daß auch trotz Itörender Bmijchenfälle ein einmal begonnener Verſuch lange Zeit hindurch von dem urjprünglichen Verſuchsleiter gepflegt und endlich beendet und miljenjchaftlid) bearbeitet werden kann. Daß in jeder Weife die Pflege eines derartigen Berfuches über etwaige andere Wünfche, etwa im Intereſſe des Forſtreviers oder dergleichen, gejtellt werden muß, erjcheint wohl auch ohne weiteres einleuchtend. Ebenjowenig dürfen irgend welche Eingriffe und Änderungen des Verſuchs, falls fie nicht von»dem Verſuchs— leiter jelbjt ausgehen, ftattfinden. Zumeiſt wird es aber auch nicht ratjamı für den Berjuchsleiter jelbit fein, an einem einmal in bejtimmter Abficht begonnenen Verſuch herumzuverbeſſern. Dann jchon lieber, wenn ſich erhebliche Fehler der Anlage zeigen, einen neuen Verſuch beginnen. Ein vielleiht noch zu erwähnender Umſtand ift die von den Pflanzen der Verjuchsfläche entfallende Streu. Es wird fi) wohl empfehlen, die Blätter bei den hier in Frage fommenden jungen Laubhölzern kurz vor dem Abfallen täglich zu jammeln, joweit fie ziemlich) abgejtorben find; Mage und Analyje find auc Hier nicht zu entbehren. Wenn man der Streu feine Beachtung jchenkt, kann fie auf andere Parzellen verweht, wie auch jelbjt auf den eigenen Stüden die Verfuchsergebnifje trüben. Bei Nadelholz wird weniger Sorgfalt ausreichen. Mit in die Pflegearbeiten Hinein wird vielfach die Verabreichung der beabfichtigten Düngung gehören. In voller Verfennung der Sachlage iſt zuweilen gegen die Düngung der Forftgewächle ein ungünftiger Einfluß angeführt worden,?) den einige der leichtlöslichen Düngemittel gezeigt haben, das jogen. „Verbrennen“ der Pflanzen.?) Daran ijt aber nicht der Kunftdünger ſchuld, fondern die Hand, die ihn ohne Sachfenntnis an- wendete. Der Unfundige kann auch mit einer Schießwaffe Unheil anrichten, aber man wird deswegen nicht auf deren Gebrauch verzichten wollen. So wird es wahrjcheinlich vielfach notwendig fein, die für einen Verjuch in Ausficht genommenen Düngemittel nicht auf einmal zu verabreichen, wodurch man auch zugleich der Auswafchung unter Umftänden großen Vorſchub leiftet, jondern fie in fleinen Mengen auf mehrere Jahre zu verteilen, wie entjprechend die Landwirtichaft dies feit Jahrzehnten ſchon für ihre ein= jährigen Pflanzen auf mehrere Monate tut. *) Zum Schluß jei darauf Hingewiefen, daß es ſehr zwedmäßig ift, alle ) Forftwilfenschaftliches Zentralblatt, 23, 225 (1901). 2) Beitjchrift f. Forſt- u. Jagdweſen, 37, 142 (1905). 8) Über Düngung im forjtlihen Betriebe. Berlag von Neumann, Neudamm, 101 (1906). Dort aud) weitere Literatur. ) Vgl. auch Verhandlungen der 25. Verſammlung des Hefjiihen Forjtvereins zu Hanau, 37 (1902). ; a Te an dem Verſuch irgendwie beteiligten untergeordneten Hilfskräfte für tadel- Ioje Erledigung der ihnen obliegenden Aufgaben durch Sondervergütungen zu interejlieren. Es liegt das im eigenjten Intereſſe des Verjuchsleiters. Die Mühe und Unbequemlichkeit iſt bei guter Durhführung der Dbliegen- heiten auch für dieſe Mitarbeiter oft nicht gering und fann nicht, wie dies bei wiſſenſchaftlichen Hilfskräften felbitverftändlicher Gebrauch ift, durch die Hervorhebung der Mitarbeiterjchaft im Titel des jpäteren Berichts belohnt werden. — Dies einige Winfe für die Pflege der hier beiprochenen Verjuche. Die Ergebnisfeftitellung. Der Schluß und gemwiffermaßen die Krönung des Düngungsverfuhs im Walde, jomweit er für wiſſenſchaftliche Zwecke in erafter Weiſe durchgeführt worden ift, wird die genaue Ergebnig- feſtſtellung und ihre £ritifche Bearbeitung fein. Auch an diejer, worauf einzugehen bier zu weit führen würde, fehlt es nur zu ſehr. Mit bloßer Mitteilung der Ergebniszahlen von Düngungsverfuchen ift wenig getan. Bei dem augenblidli zur Diskuſſion jtehenden Kapitel, in dem wir es mit Verfuhen an jüngeren Forjtpflanzen zu tun haben, wird unbedingte Forderung jein müſſen, daß zum Schluß die geſamten Verjuchsflächen, jede natürlich genau für fic), abgetrieben und mit Wage, und joweit dies cr: forderlich und möglich erjcheint, mit der hemischen Analyje auf ihre Erträge geprüft werden. Db bisher derart bereits verfahren worden it, vermag ich nicht genau anzugeben, !) häufig ilt es jedenfalls nicht geichehen. Und damit müſſen wir uns mit einem Kapitel befchäftigen, das wohl in weit höherem Grade als viele anderen wirklichen oder angeblichen Fehler unferer forftlichen Düngungsmethodif die Unficherheit der Ergebnifje verjchuldet.) Dei den Verjuchen des praftifchen Forjtmannes mag gelegentlid) die Rückſicht auf die ſchön ausgebildeten Pflanzen die Feititellung des Er- gebniffes durch Aberntung und Wiegen hintertreiben, meiner Meinung auch dann faum mit Recht;?) bei wiljenschaftlichen Verfuchen aber darf das fein Grund fein, den tatfächlihen Erfolg nicht jo genau wie nur irgend durchs führbar, feſtzuſtellen. Das gilt jelbitverftändlidy nicht nur dann, wenn der Verfuh nah einem oder zwei Jahren beendet wird, jondern auch bei längerer Dauer desjelben. Man hat nun als Hilfsmittel anderer Art, um zu einer Ermittelung der Wirkung zu fommen, die Mefjung, die Photographie, auch wohl nur die Beurteilung durch das praftiich geſchulte Auge herangezogen. Selbitverjtändlich werden diefe auch während des Verſuchs in der Zeit, die ih als Pflegezeit rechne, nach Ermeffen zu benußen fein, denn ) Über Düngung im forftlichen Betriebe. Verlag von Neumann in Neudamm, 116 (1906). 2) Beitjchrift f. Forſt- u. Jagdweſen, 37, 139 (1905). s) Forſtwiſſenſchaftliches Zentralblatt, 28, 575 (1906). 5* re, . Er es fann ja nur vorteilhaft fein, wenn möglichſt viel Ermittlungsverfahren verwendet werden. Indes werden ſie niemals die unparteiifche und eine jeite Zahl gebende Wage zu erjegen vermögen. Am wenigjten geeignet zu Feſtſtellungen ift ja unzweifelhaft das Auge. Sch bin in forftlihen Fragen nicht genügend bemwandert, um mir ein Urteil in dieſer Richtung auf Grund eigener Anjhauung zu erlauben. Doc) habe ih von praftiihen und wiſſenſchaftlich tätigen FForftleuten manches gehört, was meiner Anficht Necht gibt. Und was über den „Götterblick“ gelegentlich gejpottet wird, ift wohl auch nicht immer unbegründet. Jedenfalls aber weiß ich aus Erfahrung, daß oft Unterjchiede in landmwirtichaftlichen Erträgen von 15°/, und mehr durch erfahrene Praftifer nicht fiher durch den Augen— Ichein erfannt werden fönnen. Kommt gar noch eine Autojuggeltion dazu, die ja bei dem Leiter eines Verjuches bejonder3 nahe liegt, jo kann eine Schäßung allein nad dem bloßen Augenmaß jelbitverjtändlich niemals irgend welche wiffenjchaftliche Bedeutung beanſpruchen. Es würde ebenjogut eine Schägung unterblieben jein fönnen.!) Denn aud die Anforderungen des einzelnen Forſtmannes an eine „gute” oder „hervorragende“ Pflanze werden ihwanfen?), abgejehen davon, daß auch Beleuchtung, Hintergrund und ähnlihe Umftände auf das Urteil wirfen. Es werden aljo alle Ver— juche, über die nur allgemeine, auf bloßer Beobadhtung ohne Meſſung ujw. beruhende Angaben gemacht jind, niemals auf dauernde Bedeutung und Geltung für weitere Kreife Anjpruch erheben fünnen.) Doch aud) die Mefjungen find nicht ohne weiteres al3 maßgebend anzufehen. Zus nächſt it jehr Häufig nur ein Teil der Pflanzen gemejjen worden. Entweder wurde eine oder mehrere Reihen gemejjen.) Daß Diele Ermittlung nicht den berechtigten Anforderungen genügen fann, beweiſt bereit3 ein Bli auf die an gleihem Drt fich findende Angabe der Zahl der Pflanzen auf 1 m Rille, die bei den ungedüngten ganz erheblich höher it, im Durchſchnitt zweier Beete 41, gegen 3. B. 27 bei Kalijulfatdüngung. Es liegt auf der Hand, daß dadurd die ungedüngten Beete, was Aus— bildung der Einzelpflanze anbetrifft, gegenüber den gedüngten benachteiligt waren und daß durch das verwendete Ergebnisfeititellungsverfahren diejem Umftand nicht Nechnung getragen wird. Außerdem ijt auch Feinerlei Sicherheit vorhanden, daß gerade die verwendeten fünf Nillen dem Stande aller Pflanzen entiprechen. Vielmehr fann man jagen: Entweder waren nur fünf Rillen für den Verſuch notwendig, weshalb hat man dann zehn 9 Forſtliche Blätter, Heft 8 (1901). 2) Uber Düngung im forfllichen Betriebe, Verlag von Neumann, Neudamm, 116 (1906). 3) Zeitichrift f. Forft- u. Jagdweſen 23, 413 (1891); ebenda 39, 146/47 (1907); Verhandlungen der 25. Verfammlung des Heffiihen Forjtvereins zu Hanau, 48 (1902). +) Tharander Forftliches Jahrbuch 55, 121 (1905). rn benußt? Oder man verwandte mit Necht zehn Nillen bei der Ans lage, dann Hätte man fie auh alle zur Enpfeititellung heran ziehen müfjen. Es fommt noch hinzu, daß für die Mefjung wie für Die bei diefem Verſuch auch anerfennungdmwerterweie vorgenommene Ge— wichtöfeititellung!) nur je 100 Pflanzen pro Beet herangezogen wurden. Wie leicht können troß beſter Abſicht dabei Fehler unterlaufen, wie ſchwer ift es, richtige Durchſchnittsproben zu nehmen! Und endlich, e3 Liegt feinerlei Garantie dafür vor, daß der aus diefen 100 Bilanzen pro Beet erhaltene Mittelwert nun auch mirflid als Sichere Grundlage verwendet werden fann, wenn nicht auf Grund der Einzelabmweichungen der 100 Werte untereinander mit Hilfte der Wahrjcheinlichkeitsrechnung feitgeltellt wurde, daß der Fehler diejes Mittels fich in bejcheidenen Grenzen bewegt. Denn daß jedes Mittel, das man bildet, fehlerbehaftet ift, wird wohl befannt fein. Eine andere Methode der Meffung wählt gleichfalls nad) möglichit objeftivem Verfahren die zu meſſenden Kiefern aus.?) Sie ift aber zweifellos noch unvollfommener wie die eben bejprochene, obwohl fie nad) Lage der Dinge — Belihtigung eines Verſuches auf der Reiſe — kaum bejjer ge- ftaltet werden Eonnte. Andern Drts hat man?) „auf jeder Unterfläche in gleihmäßiger Ver— teilung je drei 10 bis 20 m lange Streifen abgeiteckt und die darauf be— findliden Pflanzen gemeſſen“. Auch hiergegen laſſen jich, zumal ebenfalls über die Einzelabweichungen der verjchtedenen Meſſungswerte Angaben fehlen, die Schon oben geltend gemachten Einwände erheben. Es find aber noch weiter die dankenswerterweiſe angefnüpften kritiſchen Säße nicht zu überjehen, welche einen weiteren Beweis für die unabmweisbare Notwendigkeit darjtellen, einen forstlihen, wiljenichaftlid eraft ausgeführten Düngungsverjuh zur Er- mittlung der VBerhältniffe unter den Verhältniſſen des Waldes durch einen vollitändigen Abtrieb der Verſuchspflanzen mit folgender Wägung zu be— enden. Es wird nämlich gejagt: „Sch muß jedocd) hervorheben, daß Diele Zahlen nicht unter allen Umftänden ein Elares Urteil zulaſſen. Man kann nämlih den gleihen Wert befommen einerjeitS aus vielen ziemlich gleich- mäßig, jedoch nicht bejonders wüchjigen Pflanzen, und anderjeitS aus Kulturen, in denen einige Pflanzen ſich bejonders jtarf entwideln und ihre Nachbarn vollfiändig unterdrüden; letzteres ift aber gerade dann der Fall, wenn die Düngung redht günftig wirkt. Die Meſſungsergebniſſe müſſen daher durch den Eindruck der örtlichen Befichtigung ergänzt werden.” *) Damit kämen wir aber wieder auf die von allerlei jubjeftiven Trübungen 1) Hierüber weiter unten nähere Angaben, 2) Zeitjchrift F. Forft- u. Jagdweſen 33, 710 (1901). 3) Zeitjchrift f. Forjt- u. Jagdweſen 39, 142 (1907). 4) Ebenda, vergleiche ferner: Mitteilungen der Deutihen Landwirtſchaftsgeſellſchaft 20, 77 (1905). = nicht freie Entiheidung nad dem Augenmaß, über die ja wohl nad) den vorhergehenden Ausführungen nicht noch ausführlider zu ſprechen ift. Wie bei ſolchen Ermittlungen nad) Meſſung eines Teils der Bilanzen und nad) Augenmaß beide jo erhaltenen Ergebnijje miteinander follidieren fönnen, zeigt deutlich ein Verſuchsbericht, dejjen Autor daher feine Meſſungen und Wägungen vermwirft, und erfreulicherweile auf den richtigen Schluß fommt: „Sa, wenn die gejamte Ernte ded Gartens zum Wägen gefommen wäre, dann würde ich den jo gefundenen Maßjtab für den einzig richtigen halten.“!) — Verfahren wir aljo danad)! Sch darf hiernach wohl die Verjuche, bei denen ohne nähere Angaben über die Art der Gewinnung der Zahlen einfach Mittelwerte für Höhe oder Länge der Jahrestriebe uſw. angegeben werden, ohne daß deren Nichtigkeit bezw. der ihnen anhaftende Fehler ſich auch nur entfernt beurteilen läßt, unbeſprochen lafjen.?) Ebenſo andere, bei denen nicht feſtzuſtellen ijt, ob nicht eine, natürlich optima fide mögliche Auswahl jtattgefunden hat.?) Nur noch ein Verfahren, durh Meſſung eines Teiles der Bilanzen das Ziel einer genügenden Ermittlung der Düngerwirfung zu erreichen, jei noch furz beſprochen. Bei ihm wird auf je 100 Pflanzen des Einzelitücfes eine der beſten ausgeſucht und aus der jo erhaltenen Anzahl von Elite- eremplaren wieder je die allerftärfite als Vergleichsobjekt.) Daß dies Ver— fahren zu Sertümern die weitgehendite Veranlafjung geben fann, wird bei furzer Überlegung einleuchten. Irgend eine durch zufällige Umftände be- günftigte Pflanze vermag dann ja über den ſchlechten Stand der jämtlichen anderen des betreffenden Verſuchsſtückes hinwegzutäuſchen! In drei neuen Veröffentlihungen find nun ſämtliche Verſuchspflanzen zur Meſſung herangezogen worden.) Allerdings fehlen in allen drei Fällen die Einzelzahlen, die ja zwar eine große Belaftung der Veröffentlichung in verlagstehnischer Hinſicht dargejtellt hätten, aber doc das einzige Mittel find, dem Leſer ein Bild über die Ausgeglichenheit der zufammengehörigen Einzelzahlen und damit über den Wert der mitgeteilten mittleren Höhen zu geben, falls nicht der Autor unter Benugung der Wahrſcheinlichkeitsrechnung diefen Wert durch Angabe des ihm anhaftenden wahrjheinlichen Fehlers fritifiert. So ift dem Leſer eine eigene Beurteilung in diefer Richtung benommen und damit aud) der Wert der Verſuche äußerjt verringert. Ohne daß ich damit, wie bereit erwähnt, die Mefjung für die Beur- teilung der forjtlichen Düngungsverſuche ausfchalten oder aud nur als im H Korftwifienfchaftliches Zentralblatt 28, 575 (1906). 2) Mitteilungen der Deutihen Landmwirtichaftsgejellihaft 20, 75, 79 (1905); 29, 513, 530 (1910). Tharander Forjtliches Jahrbuch 54, 184 (1904). 3) Mitteilungen der Deutſchen Landwirtichaftsgejellihaft 24, 72 (1909). 4) Iharander Forftliches Jahrbuch 54, 218 (1904). 5) Beitfchrift f. Forfte u. Jagdweſen 40, 310 (1908); Tharander Forjtliches Jahr. buch 60, 268 (1909); Mitteilungen der Deutſchen Landwirtſchaftsgeſellſchaft 25, 11 (1910). BEuBBr; -— allgemeinen entbehrlich bezeichnen will, jollte ſie als weniger bedeutungs- voll der Wägung des Ertrages gegenüber anerfannt werden. Ferner muß doch für fie einmal Meffung aller Verjuchspflanzen und zweitens Mitteilung der jämtlichen Mefjungen oder einfacher und beſſer der den daraus berech— neten Mitteln anhaftenden wahrjcheinlichen Fehler gefordert werden. Andern— falls werden auch die mweitgehenditen Mefjungen nicht auf eingehende Be— achtung jeitens des fritiichen Leſers Anſpruch machen können. Was endlich die Wägung bei der hier bejprochenen Art des forjtlichen Verſuchs anbetrifft, jo ift das dafür bislang vorhandene Material nur ein äußerſt geringes. Ein Verſuch, bei dem die gejamte Verjuchsfläche eines 22jährigen Stangen= holzes abgetrieben und gewogen wurde, entbehrt leider der Parallelſtücke und ift deswegen ohne überzeugende Wirfung.!) In andern Fällen, die zumteil bereit berührt jind?), fand nur die Wägung eines kleinen Bruchteils der Pflanzen ftatt, was bei einer ähnlichen Arbeit bereit3 dem Autor jelbit zu der Bemerkung Urſache gibt, „aus diejer Tabelle endgültige Schlüffe zu ziehen, dürfte bei der geringen Zahl der unterjuchten Bilanzen nicht ange- zeigt erjcheinen“.”) Noch mehr gilt dies natürlich, wenn nur Angaben des Gewichts einer Pilanze pro Parzelle jich finden, ohne dak man erfährt, ob dies ein Mittelwert ift und wie hoch der ihm anhaftende Fehler ſich be= läuft.) Man wird aber auch durch fomplizierte Verjuche, in einer geringeren Pilanzenmenge den maßgebenden Durchſchnitt der ganzen Parzelle zu er— halten, niemal3 die Ermittlung des gejamten Ertrages erjegen fünnen, ebenjowenig wie dies für die Meſſung gilt.?) Noch ein Hilfsmittel der Ergebnisfeititellung it furz zu bejprechen, die Photographie. Auch Hierbei hat man geglaubt, durd „offenes Auge und gutes Gewiſſen“, durch „größtmöglide Sorgfalt und Gewiſſenhaftigkeit“ ohne allzu große Schwierigkeiten ein Durchſchnittsexemplar auswählen und zur Abbildung bringen zu fönnen. Das auf diefem Wege nicht nur fein eraftes Ergebnis, jondern zumeijt nicht einmal ein Erjag für die allgemeine Abihäkung durch) das Auge geboten werden kann, wird bei eingehender Überlegung wohl auch dem Zweifler klar werden. Denn zu all den bereits beiprochenen Fehlermöglichkeiten jubjeftiver Schätzung fommt nun noch die Frage der Abbildung des Objekts auf einer Fläche und von einer Seite. Eine ältere Abhandlung, bei der man aud) feititellen fann, dab die gleiche Pilanze bei mehrfadher Abbildung bereits merfbare, wenn auch nicht auf: fällige Berichiedenheiten des Bildes aufweilt, wird für den aufmerkfjamen 1) Mitteilungen der Deutihen Landmwirtichaftsgejellihaft 20, 77 (1905). 2) Tharander Forjtlihes Jahrbuch) 55, 122 (1905). 3) Mitteilungen der Deutſchen Landwirtichaftsgejelihaft 25, Stück 11 (1910). +4) Verhandlungen der 25. Verfammlung des Hejfiihen Forjtvereins zu Hanau 30, (1902). 5) Tharander Forftlihes Jahrbuch 59, 106 (1909). ee , — fritiichen Leſer recht inftruftiv fein.) Im ganz richtiger, nur vielleicht noch nicht genügend jcharfer. Weiſe ift auf diefe Verhälniffe bereit3 furz von anderer Seite hingewieſen worden?), was allerdings nicht verhindert, daß nicht wenige Veröffentlihungen über Düngungsfragen als wejentliches Mittel der Ergebnisfeititellung die Photogaphie verwenden?), die höchſtens als Ergänzung zahlenmäßiger Angaben in manden Fällen Berechtigung bean- ſpruchen kann. Aber jogar in Form eines Gemäldes ift ein forftlicher Düngungsverfuch Ddargeftellt worden!) Damit wäre das, was ich über den wiljenfchaftlichen Waldverfuch für jüngere Waldpflanzen hier zu jagen hatte, erledigt. d) Der wiſſenſchaftliche Waldverfud für ältere Holzpflanzen. Hier wird ſich die Verfuchsanftellung naturgemäß viel fchwieriger ge- jtalten, und id) muß, wie bereitS oben, darauf hinweifen, daß die Weiter- bildung der exakten Methodif für jüngere Pflanzen und die dabei ge- wonnenen Erfahrungen wohl das befte zur Feititellung der hier notwendigen Verfahren tun werden. Nur einige Hinweife mögen auch hier nicht fehlen. Daß einmal die jchon bei den vorbeiprochenen Verfuchen leicht zu gering gewählte Breite der Schußitreifen hier eine ganz bejondere Rolle fpielt, liegt auf der Hand.) Dann ift ein jehr gewichtiges, aber auch ſchwieriges Moment die Zu- mejjung des notwendigen Lichtes. Wenn man von einer gedüngten Ver- gleichsfläche befjeres Wachstum verlangt, wird man vielfach nicht anders handeln fönnen, als den Einzelbäumen einen freieren Stand und damit bejjere Belichtung zu gewähren; denn alle Düngung vermag nichts auszu- richten, wenn der Wachstumsfaktor Licht fih im Minimum befindet. Man würde aljo wohl derart verfahren müffen, daß man bei Ers probung einer einzigen, vielleicht Kali, Phosphorfäure und Sticjtoff um- faffenden Düngung eine Gruppe von Parallelparzellen unbehandelt, eine unbehandelt und belichtet, eine gedüngt und unbelichtet und eine gedüngt und belichtet verwendet und dabei die bei der Lichtung gewonnenen Holzmengen bucht, um fie nachher dem Ertrage der gelichteten Stüde zuzählen zu können. Die Feititellung aber, ob ein älterer Beſtand überhaupt die notwendige 1) Forſtwiſſenſchaftliches Zentralblatt 28, 570 (1906). — Daß hier aud) fundamentale Veriuchsbedingungen verlegt find, indem 3.8. die verglichenen gedüngten und ungedüngten Pflanzen zumteil verjchtedenes Alter aufweiſen, daß ferner die Angaben im Tert und auf den Tafeln fich teilmeife widerjprechen, ſei nur beiläufig angeführt. 2) Über Düngung im forftlichen Betriebe, Verlag von Neumann, Neudamm, 118 (1906). ®) Tharander Forftliches Jahrbuch 54, 182, 219 (1904); Zeitfchrift f. Forft- u. Jagdweſen 39, 160 (1907). ) Beitfchrift f. Forft- u. Jagdweſen 39, 147 (1907). 5) Mitteilungen der Deutfchen Landmwirtichaftsgejellichaft, 20, 116 (1905). ans (= Gleichmäßigkeit für Verſuchsdurchführung befikt, wird kaum anders als durch Ver- wendung zahlreiher Varallelparzellen und damit nachträglich zu erreichen fein. Daß zur Ergebnigfeftitellung ſowohl die Maffe, bezw. das Trodengewicht wie der Taxwert der erzielten Holzmengen heranzuziehen ift, dürfte ſich von ſelbſt verſtehen. Ebenſo, daß wohl bei alten Bäumen noch mehr als bei jungen eine Düngung mit großen Nährftoffmengen unrichtig iſt, joweit nicht die Wahricheinlichkeit vorliegt, daß Verſickerung u. dgl. unterbleibt. Während des Verſuches wird man, wie die bereit$ bei derartigem Unternehmen auch gejchieht, die Meſſung heranziehen fönnen, ohne daß in— deffen die zu erzielenden Werte ander3 als mit Hilfe der Wahrjcheinlichfeit3- rechnung beurteilt und verwertet werden dürften. Doch werden hier wohl der eraften Meffung der Höhen zu große Schwierigkeiten entgegenitehen. e und f) Der nur eigener Drientierung und Beurteilung der wirt Ihaftlihden Verhältnifje dienende Verfuch des Praftifers an jungen wie alten Holzpflanzen. Hier liegen, wie Schon oben erwähnt, andere Bedürfniffe vor als für wiſſenſchaftlich exakte Verfuche. Für den praktiſchen Foritmann wird der Verſuch zur Kunſt des Möglichen werden und auch dann Nupen jtiften fönnen. Aber nur unter der Bedingung, daß der Praftifer während jeiner akademiſchen Ausbildung, wie jpäter durch Literaturjtudium, ſich darüber auf dem Laufenden hält, was von wiſſenſchaftlich eraften Verjuchen ver- langt werden muß, und ſich nach Kräften bemüht, diefen Anforderungen aud) für feinen Verſuch annähernd gerecht zu werden!) dabei ein offenes Auge, ein £ritiiche3 Urteil für die Schwächen feiner Verfuhsanftellung hat. Ver— wendung von Vergleihsitüden ift auch hier nicht zu vermeiden, will man wenigitens leidlich genaue Feſtſtellungen erhoffen. Damit ftehe ih am Schluffe meiner Betradhtung. Sie madht in feiner Weiſe den Anſpruch, vollftändig zu fein, dazu hätte ein Buch faum auögereicht, noch viel weniger aber meine geringe Erfahrung in foritlichen Fragen. Immerhin Hoffe ich, eine dem einen oder anderen willfommene Anregung, bejonder® nad der Richtung der Sicherheit der Verfuchsergeb- niffe Hin, gegeben zu haben. Wielleicht findet ſich die Möglichkeit, in einer ſich anjchliegenden literariſchen Diskuffion über die eine oder andere ‘Frage noch manches deutlicher und Elarer darzuftellen und etwa vorhandene Un— richtigfeiten zu verbeſſern. Eine mit den hier beiprochenen Dingen zufammenhängende Frage, die nad den Anſprüchen der Waldpflanzen an den Nähritoffgehalt des Bodens und den Mineralgehalt der Waldpflanzen, Eonnte ich nicht mehr in die Be— ſprechung Hineinziehen. Auch fie hätte wohl Gelegenheit zur Kritif geboten. 1) Forjtwijienfchaftliches Zentralblatt 23, 232 (1901). u Mir will e8 wenigitens nicht wahrjcheinlih dünfen, daß dem Hektar Land entzogen werden: Stidftoff Kali Phosphorfäure Kalt kg kg kg kg durch zwei Kartoffelernten . . . 175,6 235,6 72,0 102,0!) durch zwei Haferernten . . . „78,0 56,0 25,8 20,6 dagegen durch junge Kiefern im Lan 2. Same. . LOT 101,9 46,0 73,4 dur junge Fichten im 1. u. 2. Jahr 158,6 79,1 62,9 93,6?) &3 würden demnach Fichten oder Kiefern in ihren beiden erjten Lebens— jahren dem Lande etwa doppelt jo viel Nährſtoffe entziehen wie gleich lange dauernder Anbau von Hafer und, mit Ausnahme des Kali, nahezu gleic) viel wie zwei Kartoffelernten von je 150 Doppelzentner Knollen plus 75 Doppelzentner Kraut pro Hektar! Doch diejer Hinweis genüge. Vielleicht bietet ſich mir jpäter, wenn ic) über eine wifjenjchaftlihe Hilfskraft zu verfügen habe, auch einmal Ge— legenheit, dieje Fragen experimentell zu behandeln. Uber die Luftinfektion de Mutterfornes (Claviceps purpurea Tul.) und die Verbreitung pflanzlicher Infektionskrankheiten durch Temperaturſtrömungen.“) Von Richard Falk. Am Jahre 1851 hat Tulasne*) nachgewieſen, daß die jchwarzen, hornförmigen Mutterförner, welche vorzugsweiſe in reifenden Roggenähren auftreten, da8 Dauermycelium (Sclerotium) eines Schlauchpilzes (Ascomy— ceten) darjtellen, der jchon unter dem Namen „Sphaeria purpurea Fr.“ befannt geworden war. Wenn man nämlich diefe Mutterförner in geeigneter Weiſe feucht legt, dann beginnen fie zu feimen und es werden kleine fopf- förmige Fruchtlörper ausgebildet, die dur einen vom SHeliotropismus gerichteten Stiel über die Oberfläche des feuchten Bodens Hinausgehoben werden (Fig. 1). Die ganze Oberfläche des Köpfchens iſt dichtbejegt mit jadförmig eingejenkten Höhlungen (Perithezien), und dieſe wiederum jind von einer großen Zahl jchlauchförmiger Gebilde, den Asfen, erfüllt. Jeder diefer Asken (Fig. 2b) enthält dann 8 fadenförmige Sporen, die, wie man ’) über Düngung im forjtlichen Betriebe, Verlag Neumann-Neudamm, 130 (1906). 2) Tharander Forftliches Jahrbuch, 44, 214 (1894). 3) Es handelt ſich hier zunächſt nur um eine vorläufige Mitteilung über die Sporen» ausftreuung und Sporenverbreitung. bei den Pyrenomyceten an dem Beijpiel des Mutter- fornes. Ausführliche Arbeiten, welche das ganze Gebiet der Ascomyceten auf erperimen- teller Grundlage behandeln, hoffe ich in kurzer Folge veröffentlichen zu können. 4) Tulasne, Ann. sc. nat. 3tXX. feit den Unterfuhhungen von Durieu und Kühn weik, auf die Narben von blühenden Roggenähren übertragen, in daS Gewebe des jungen Frucht— fnoten3 eindringen und diejenigen Entwicklungserſcheinungen hervorrufen, welche mit der erneuten Bildung der Mutterförner endigen. Sn den jungen Fruchtknoten veranlajjen die Miycelien des Mutterforn- pilzes (durch Reizwirkungen) eine erheblich gejteigerte Nahrungszufuhr, wo— durch die Ausbildung der befallenen Gewebe erheblich gefördert, die Ent- widlung der übrigen Körner der Ähre aber entſprechend beeinträchtigt wird. Deshalb fönnen auch bei totalen Infektionen in jeder Ähre immer nur ver- einzelte Mutterförner zu den befannten Hornförmigen Gebilden heran: wachſen. Bevor die Reifung dieſer ſich vollzieht, wird in den infizierten Fruchtknoten zunächit ein Gonidien bildendes Mycellager ausgebildet, dejjen Oberfläche zugleih mit den in großer Menge abgegliederten Coni- dien einen zuderhaltigen Schleim abjondert, der bei üppiger Er— nährung der Pflanze in Diden — Tropfen zwiſchen den Spelzen der befallenen Blüte Hervortritt und, von Inſekten auf weitere Blüten übertragen, erneute Infektionen der- Gefeimtes — mit den reifen Se U — ieſe einung war als beſon— Fruchtkörpern (Claviceps purpurea). ſchon früher bekannt und unter dem Namen „Sphacelia segetum“ (Lev.) beſchrieben worden. Den Ausgangspunkt einer jeden Mutterkornerkrankung bilden ſomit immer die Blüteninfektionen durch die Askenſporen, deren Zuſtandekommen hier näher behandelt werden ſoll. Bisher Hat man drei Arten der Sporenverbreitung bei den Ascompceten unterfhieden: Einmal das direkte gejchoßartige Ausmwerfen der Sporen nad dem zu hefallenden Subſtrat Hin, zweitens die Verbreitung der Sporen durch die Kraft des Windes und drittens die Vertragung der Keime durch Vermittlung von Inſekten. Keil Das Sporenwerfen und Sporenvereinzeln durch den Askus. Bei den meilten Ascomyceten werden die Sporen nad Eintritt der Neife mit einer gemwiljen Kraft jelbittätig aus dem jporenbildenden Frucht: förper herausgejchleudert. Wenn man dicht über einem reifen Ascomyceten— Fruchtförper parallel zu feiner werfenden Oberfläche ein Objekt: oder Ded- glägchen in geeigneter Weife befeftigt, jo kann man alsbald beobadıten, ZB u wie die nad) unten gerichtete Glasflähe von dem Fruchtförper her mit Sporen beworfen wird und wie diefe an der Glasfläche Fleben bleiben. Je länger das Gläschen über dem Fruchtkörper Liegen bleibt, deito größer wird die angeworfene Sporenmenge. reines Sporenmaterial von einem As— ompceten-Fruchtförper gewinnen will. Der Mehanismus des Spo- renwerfens, der Died veranlaßt, ift folgender: Der Askusſchlauch (Fig. 2) ift elajtijch dehnbar und wird nad Abſchluß der Sporenreifung durch die osmotiſchen Kräfte jeines Zelljaftes gedehnt. So- bald die Elaſtizitätsgrenze der Schlauch— membran überjchritten ift, reißt die- jelbe an der Spike auf; in diefem Augenblid fontrahiert ſich die elaftische Schlauhmembran und wird nach der in der Regel feftjigenden Baſis Hin mit entiprechender Kraft zurückgezogen. Dadurch wird der gejamte feſte As— feninhalt, die Sporen ſamt den an- figenden plasmatiſchen Inhaltsſtoffen, ausgeſchleudert, und zwar immer in der Richtung des Askenwachstums, welche der Oberflächenrichtung des wer— fenden Hymeniums entgegengeſetzt iſt. Die plasmatiſche Reſtſubſtanz, welche den Sporen anhaftet, verleiht ihnen zugleich die wichtige Eigen— ſchaft, an den Flächen feſtzukleben, an welche ſie geworfen werden. Wurfhöhe. Man hat nun viel— fach geglaubt, daß die vielen Ascomy— ceten, insbeſondere Ascolobeen, Sor— darien u. a, ihre Sporen auf weite Streden nad) einem bejtimmten Ziele hin auswerfen und fie in der ge- nannten Art an diefes fejtfleben können. So verfährt man Fig. 2. aud, wenn man Asten- Typen. 2. Askus mit ellipjoi- diſchen Sporen in einreih. Ordnung. b. Askus mit nadel- förmigen Sporen, in nebeneinander» gelagerter Drdnung (obenzerrijjen, Dieein- zelnen Sporen aus— einanderjpreizend). Aus diefem Grunde Hatte ich die Asfenjporen in der biologischen Wertung auf ©. 54 meiner früheren Arbeit über die Sporenverbreitung bei den Bafidiomyceten!) als „Zielſporen“ be= 1) Aus den Beiträgen zur Biologie der Pflanzen, Band IX, Heft 1, Breslau 1904. ee zeichnet. Deine weiteren Unterfuchungen haben aber gezeigt, daß Die Wurfhöhe, bis zu welcher die Sporen aus den Asken herausgeworfen werden, immer nur eine verhältnismäßig bejchränfte iſt, wenngleich fie un— vergleichlich größer ift wie diejenige der Balidiomyceten, bei denen immer nur eine nad) einigen Sporenlängen zu bemejjende aftive Abjtoßung der Sporen in Betracht gezogen werden fann. Bei der Untergruppe der Torrubieen zu der die Clavicepsarten gehören, bei den Selvellaceen (Morcdelarten) u. a. wird die Mehrzahl der Eporen nur einige Bentimeter weit ausgejchleudert. Sch führe hier Verfuche an, die mit dem Hymenium von Morchella esculenta ausgeführt worden find, weil bei diefem Pilz ganz flache Hymeniumftüde ausgefchnitten werden fönnen, die eine erafte Anordnung dDiefer Verfuche geftatten. Die Fruchtkörperſtückchen wurden mit der fterilen Unterfeite auf einer wagerechten, mit feuchten Fliespapier belegten Unter— lage befeltigt, jo daß die Asfen ihre Mündung gleihmäßig nad) oben richteten. Parallel der Oberfläche de Hymeniums wurden dann in den nadjtehend angegebenen Höhen Objefträger in genau magerechter Lage befeftigt und die nebeinander in verjchiedenen Höhen angeordneten Etagen mit einer Ölasglode bededt. Nach halbtägiger Verſuchsdauer konnten Die folgenden Refultate fejtgeitellt werden: Wurfhöhe 2 mm = - z | die Unterfeite der Gläschen dicht beworfen. a R ⸗ 10 | 50 bis 60 Sporen in jedem Gejichtsfelde. gr . | 20 bis 40 Sporen in jedem Gefichtöfelde. j : j | 6 bis 10 Sporen in jedem Gefichtsfelde. ⸗ 30 = ganz vereinzelt. ar ' alle Oläschen find frei. Aus diefen Verſuchen geht hervor, daß die Wurfhöhe der einzelnen Asken eine recht ungleiche if. Die meilten Asfen jchleudern ihre Sporen höchſtens bis zur Entfernung eines Zentimeters, ein gemiljer Prozentjaß ichleudert fie 1,5, verhältnismäßig wenige 2 cm Hoch; darüber hinaus jind nur noch ganz vereinzelte Wurfhöhen fonjtatiert worden. Andere Ascomyceten, insbejondere auch Pyrenomyceten, die unterlucht wurden, wieſen erheblich höhere Schleuderhöhen auf. Eine geſchoß— u 8 ähnliche Verbreitung der Sporen von den Fruchtkörpern aus unmittelbar nad dem zu erreidhenden Subjtrate Hin, wie fie bei den Gattungen Pilo- bolus, Thelebolus, tatſächlich vorfommt (Zieljporen), fonnte aber bei den von mir unterfuchten Ascomyceten nicht beobachtet werden. Was nun die Außeren Bedingungen des Sporenwerfens betrifft, jo hat fich ergeben, daß die Claviceps-Perithezien mit eintretender Reife ohne äußere Reizwirfung die Ejafulation der Sporen beginnen und diefelbe bis zur Erihöpfung fortjegen, wie dies auch für die Fruchtkörper ter Bafidiomyceten feftgeftellt worden ift (1. e.). Da die einzelnen Berithezien nicht gleihmäßig reifen und fih ohne Beihädigung nicht herauspräparieren laſſen, jind weitere Verſuche über die zeitliche Folge des Werfens und die Zahl der ejafulierten Sporen mit Nectria Peziza, die ebenfalls der Familie der Öypocreaceen (De Notaris) angehört, ausgeführt worden. Wurfgeſchwindigkeit. Einzelne Nectria=Berithezien fonnten mit Hilfe der Lupe von dem Subjtrat abgehoben und ohne Beihädigung in eine Eleine, feuchte Kammer mit der Mündung nad) oben eingebettet werden. Die nad) oben freie Seite der Kammer wurde mit einem Dedgläschen be- legt, jo daß die aus der Berithezienmündung ejafulierten Sporen an dieſem aufgefangen wurden. Die Dedgläschen wurden dann minutenweije ge= wechſelt und in derjelben Reihenfolge aufbewahrt. Die an der Unterfeite der einzelnen Gläschen angeflebten Sporen wurden unter dem Mikroſkop gezählt. Die Zählung ergab nach den erjten 2 Minuten 8 Sporen, - weiteren 2 — 16 ⸗ z 2 - 16 = e = 2 = 8 = = - 9 er —— — — — der nächſten Minute 16 = nad) weiteren 2 Minuten 16 E nad) einer weiteren Minute 8 ⸗ = z - — 8 = 8 = 8 = z = 8 — am Sn diefem Falle Hatte der Fruchtkörper von Minute zu Minute im Durchſchnitt je einen Ascus entleert und die 8 Sporen deöfelben fomit in ziemlich gleihmäßigen zeitlichen Intervallen verbreitet. Die jafulation der Sporen bei Nectria hört auf, jobald der Fruchtkörper eintrodnet, um mit eintretender Durchfeuchtung von neuem zu beginnen. Die Fruchtkörper von Glaviceps können das Austrodnen dagegen nicht überftehen. Nur die Zemperatur vermag einen wejentlichen Einfluß auf die Geſchwindigkeit der EntleerungSvorgänge auszuüben, denn es konnte an mehreren Arten be» x “ \ “ J I) 2 obachtet werden, daß mit dem Eintreten einer höheren Temperatur die in der Zeiteinheit geworfene Sporenzahl entſprechend zunimmt. Aus allen meinen Beobadjtungen geht hervor, daß in den Berithezien die Reifung der Asken in gefegmäßiger zeitlicher Folge unter Eonftanter Abhängigkeit von der Temperatur vor fi) geht, jo daß ein Askus nach dem andern in be— jtimmten, von der Temperatur abhängigen Intervallen zur Ejafulation ge— langt. Das gleihmäßige Nacheinander der Sporenejafulation fann bei Nectria Peziza auch unter dem Mikroſkop beobachtet werden. Asfenordnung. Abgeſehen von der bejtinmten, gleichjinnig ge= tihteten räumlichen Lagerung der Asken im Perithezium, wie fie durch ihr Vorrüden in diefelbe Perithezienmündung bedingt ift, muß daher aud) die zeitliche Aufeinanderfolge der Asfen im Reifungsgange eine geregelte jein, damit ein Askus nach dem andern zur Entleerung gelangen kann. So erklärt es jich, daß wir in einem Perithezium Asfen und Sporen in allen Entwidlungsitadien nebeneinander vorfinden, und feiner dem andern in jeiner Reife ganz gleichwertig zu erachten ift, im Gegenjaß zu den Asco— mpyceten mit offenem Hymenium, bei dem eine mehr oder weniger große Zahl von Asfen in gleihen Höhen nebeneinander liegen und gleichzeitig zur Reife und Ejafulation gelangen. Es fommt jomit bei der Zufammenfegung vieler Asken zu einem einheitlichen Fruchtkörper, insbejondereim Berithezium die- jenige Gefegmäßigfeit in der räumlichen Anordnung und in der Entwicklungs— folge in Betracht, die der fimultanen oder juccedanen Entleerung der Asken im Fruchtkörper zugrunde liegt. Asfkenorientierung. Der mwerfende Asfus befigt, und dies ift gemiljer maßen ein Zeil der Asfenordnung, ähnlich wie die werfende Bafidie eine bejtimmte räumliche Orientierung im Fruchtförper und zwar ijt der Asfen- Iheitel immer nad) dem Verbreitungsraum Hin (d. h. nach derjenigen Richtung hin, nad) welcher die Ejafulation der Sporen erfolgen fol), die Asfenbafis nad der entgegengejegten Subſtrat-Seite hin gerichtet. Asfengleihheit. Da nun der Nach- und Zuwachs der Asken im Perithezium wie alle andern Wachstumsprozeſſe bei den Pilzen ein von Zeit und Temperatur gejegmäßig abhängiger ift und anderjeit3 auch der Reifungsprozeß der Asken ſich in gleihfinniger gejegmäßiger Folge vollzieht — andernfalls würde ja eine Überfüllung des Peritheziums an nachreifenden Asken oder ein Mangel an diefen und damit eine Funktionsjtörung in dem fomplizierten Peritheziumorgan eintreten — müfjen die in der Zeiteinheit ejafulierten Sporenmengen ein bejtimmtes Maß von Stoff und Energie zum Ausdrud bringen. Damit hängt es zufammen, daß Form und Größe der einzelnen Asfen bei ein und derjelben Art als Eonjtante Größen anzu= ſprechen find, wie dies bereit von Brefeld erfannt und bewertet wurde. Sporenvereinzelung. Wenn man in der bejchriebenen Weife die Sporen eine3 beliebigen Ascomyceten in den Grenzen feiner Wurfhöhe auf der Unterſeite zu u des Fanggläschens auffängt, dann findet man, daß die jedem einzelnen Askus angehörenden acht Sporen in der Regel dicht beifammen lagern und von einem gemeinfamen Plasmahof umgeben find. Daraus läßt fih die Vermutung herleiten, daß die adht Sporen eines Asfus im Zufammenhange gleichzeitig entleert würden. Dies ift bei einer Anzahl Formen auch der Yall, z. 2. bei den Eroasceen, die ihren ganzen Inhalt auf einmal in Tröpfhenform entleeren. Nach meinen an Arten aus allen Klafjen vorgenommenen Unter: ſuchungen fann ich e3 jedoch als allgemeine Regel bezeichnen, daß bei allen werfenden Asfomyceten die Sporen jtet3 vereinzelt, d. h. eine Spore nad) der andern, in zeitlichen Iniervallen ausgeworfen werden. Dieje Intervalle find meift jo furz, daß die ganze Ejafulation dem Auge als zeitlich einheitliche ericheint. In geeigneten mikroſkopiſchen Präparaten, in denen die Ejafulation oft in verzögerter Folge vor ſich geht, kann man direkt verfolgen, wie eine Spore nad) der andern aus dem Asfus entleert wird, wie dies jchon früher beobachtet wurde. Dieje Vereinzelung der Sporen beim Ausmwerfen aus dem Askus ift nun neben der Ejafulation als jolcher die wichtigste Funktion des Askus, da fie, wie ich zeigen werde, die Verbreitung der einzelnen Sporen in dem Luftraum, worauf e3 bei diefem ganzen Vorgang ankommt, ermöglidt. Dieje Vereinzelung der Sporen läßt fich leicht nachweijen, wenn man die Sporen nicht, wie das in den bisher bejchriebenen Verjuchen ge- ſchehen ift, in den Grenzen ihrer Wurfhöhe auf der Unterjeite der Gläſer abfängt, jondern, wie dies jpäter näher ausgeführt wird, an beliebigen andern weiter entfernten Stellen des Berbreitungsraumes auf Fanggläschen abjegen läßt. Hier findet man die Sporen nicht mehr zu mehreren zu= jammengelagert, jondern ganz vereinzelt, wie fie ejafuliert, verbreitet und abgejegt wurden; mo dadegen der ganze Afeninhalt gleichzeitig ejafuliert wird, wird dieſer auch als ſolcher verbreitet und auf den Oberſeiten des Gläschens abgejekt. Konftanz der Sporenzahl. Dieje Vereinzelung der Sporen während des Auswerfens hat nun zur Vorausſetzung, dat die Zahl, die Größe und die Lagerung der Sporen im Asfus beftimmten Gejfegmäßigfeiten unterliegen. Was zunächſt die Zahl der Sporen im Asfus betrifft, jo it zu erwägen, daß der Vorgang des Ausjchleuderns, der auf der Kontraftionswirfung der elaftiichen Askusmembran beruht, in entiprechender Kraft nur in enger zeit licher Begrenzung wirkſam ſein kann. Wir finden daher bei allen die Eporen vereinzelnden Askomyceten die Sporenzahl auf 8 beſchränkt; die Zahlen 1, 2 bis 4 fommen nur vereinzelt vor. Sporenordnug. Auch die Anordnung und Reihenfolge der Sporen im Askus ift eine beftimmte und für alle Asfen derjelben Art gleichartige, entjprehend dem Nacheinander des Sporenwerfens und dem jpeziellen Asken— und Berithezienbau. AR Die beiden Haupitypen der Sporenordnung im Askus find in den nebenftehenden beiden Figuren 2 a und b dargeftellt. Die Asken mit runden oder ellipfoidiichen Sporen enthalten die Sporen in Reihen übereinander gelagert; die in der Fig. 2a abgebildete einreihige Anordnung ift die häufigfte. Es fonımt aber auch eine zweireihige Anordnung und eine ungleichreihige, für jede Art Fonftante Anordnung vor. Bei den Asken mit fadenförmig aus— gebildeten Sporen find dieſe ftetS nebeneinander gelagert. Hier muß ein bejonderer Mechanismus vorhanden fein, durch den der vereinzelte Austritt und ſeine Neihenfolge geregelt wird. Konftanz der Sporenform und Sporengröße. Neben Ddiejer beftimmten Anordnung der Sporen im Askus fommt nun noch ihre Fonjtante Form und Größe als wejentlihes Merkmal der aktiven Askenſporen in Betradt. Auch die fonjtante Größe der Askenſporen hängt mit dem ganzen gejeßmäßigen Aufbau des Ascomyceten-Fruchtkörpers und mit der Funktion der Sporenvereinzelung durch den Askus inSbejondere zuſammen. Morphologiihe Askenwertung. ES fommt mir num darauf an, an diejer Stelle zu zeigen, wie die von den Morphologen auf Grund ver— gleichend-morphologisher Unterfuchungen definierte Spezifität der Asken— form auch aus der fpezifiihen Funktion derjelben unmittelbar abgeleitet und entjprechend jchärfer definiert werden Fann. Nach der zuerjt von Brefeld aufgeitellten Definition find die Ascomyceten charakterijiert durch den Beſitz von Asken; „der Askus aber ift ein Sporangium, welches in Form, Größe und Sporenzahl bejtimmt geworden it.“ Aus dem Vergleich mit dem ähnlich gebauten Sporangium it aljo der geftaltlihe Charakter in der Unveränderlichfeit der Form, Größe und Sporenzahl erblidt worden, wo— durch er jich eben von jenem unterjcheidet. Phyſiologiſche Askenwertung. Wir haben aber gejehen, daß die Asfenorientierung, die gejegmäßige und Eonjtante Ausbildung der Askenform und Askengröße jomwie der Asfenordnung mit der gejegmäßigen Funktion der Asfen im Berithezium im Zujammenhang fteht, und daß die Eonjtante Sporengröße, Sporenzahl und Sporenordnung im Askus wiederum mit der Sporen-Ejafulation und =Vereinzelung zujammenhängt, wenn wir dieje Ge— jegmäßigfeit im einzelnen auch noch nicht mathematisch genau ermitteln und firieren können. Es Handelt ſich bei den Ascomyceten-Fruchtkörpern, wenn es ein Bergleih dartun kann, um einen fomplizierten Sporenverbreitungs- apparat von äußerſter Feinheit des Baues, bei dem alle einzelnen Teile wie bei einem Bräzijionsinftrument in genauem Maß und in bejtimmter Zahl ineinandergefügt find, damit das ganze feine fomplizierte Funktion ohne Störung vollziehen fann. Sn gleicher Weiſe ift die aftive Bafidie durch ihre bejtimmte Drientierung im Raume (Bafidienorientierung) ihre geregelte Anordnung im Hymenium und in der Entwidlungsfolge (Bajidienordnung), duch ihre Übereinftimmung in 6 — — Geſtalt und Größe Gaſidiengleichheit), durch die beſtimmte und beſchränkte Zahl der an ihr gebildeten Sporen (Sporenzahl), durch die beſtimmte An— ordnung und Orientierung derſelben (Sporenordnung) und durch die Über— einſtimmung aller von derſelben Art gebildeten Baſidienſporen in Geſtalt und Größe (Sporengleichheit) geſtaltlich zu charakteriſieren. Vereinzelte Sporangien oder Konidienträger, die in ihrer äußeren Ge— ſtaltung den vereinzelten Baſidien oder Asken zum Verwechſeln ähnlich ſehen, ſind deshalb noch nicht als Organe dieſer Art anzuſprechen. Hierzu bedarf es des Nachweiſes ihrer Funktion und der übrigen Charaktere, welche mit ihrem inneren Weſen in Übereinſtimmung ſtehen. Wir müſſen hiernach alſo den Begriff des Aslus noch enger faſſen, wie dies auf Grund morphologifcher Beobachungen möglich) war, und auch bei der ſyſtematiſchen Gruppierung der Formen diefem Rechnung tragen. Es gibt nämlich eine große Zahl von Pilzen, die den Ascomyceten und Bafidiomyceten al3 gleichwertig zugerechnet werden, deren jogenannte Asken die genannte Funktion aber nicht oder unvollitändig bejigen. Auch die ent- Iprechenden morphologiichen Charaktere find nicht oder nur unvollitändig vorhanden. Insbeſondere laſſen die Asken ſelbſt jede bejtimmte räumliche Drientierung und Drdnung vermiljen, und find au in Form und Größe nicht von derjelben Regelmäßigfeit wie jene; jie haben weiterhin eine Viel— heit oder eine unregelmäßige Zahl und Ordnung der Sporen. ch unter- iheide daher diejenigen Ascomyceten, welche ihre Sporen mit Hilfe ihrer Asken aktiv verbreiten, als aktive Asfomyceten mit aktiven Asken, von den inaftiven Ascomycetenarten, die diefe Funktion nicht bejigen und jenen auch in ihren morphologiſchen Charakteren nicht gleichwertig find, ohne ihre ſonſtige Zugehörigfeit bezw. nähere oder weitere Stammesver— wandtichaft an diejer Stelle zu berühren. Sm Sinne Diejer funktionellen und aus der Funktion abgeleiteten morphologischen Charaktere würden von den Exoascen-Formen die Endomyeceten, von den Garpoasceen die Gymnoasceen und die Berijporiasceen, mit Ausnahme der Erafipheen als inaktive Formen von den aktiven Ascomyceten abzu= grenzen jein. Protomyces und Thelobolus würden als aktive Hemiasci den aktiven Ascompceten, insbejondere den Eroasceen im Sinne Brefelds vor: anzujtellen fein. Bon den Bafidiomyceten find die bereitS von Brefeld an das Ende der Klaſſe geftellten Gajteromyceten und Phaloideen inaktiv, desgleichen die Pilacreen und Hemibajidii, die jede bafidienähnlihe Funktion vermiljen lafjen. Daß die Sporen der inaftiven Ascomyceten und Bafidiomyceten aud) in ihren Größen nicht mehr dieſelbe Konftanz aufmweijen, wie diejenigen der aktiven Formen, geht aus einer Arbeit Zopfs Hervor, in der die Angaben Brefeld3 über die Eonftante Größenausbildung der Asken und Bafidien- Freuen jporen auf Grund von Sporenmejjungen angezweifelt werden. Dieje Meſſungen Zopfs find aber ausnahmslos mit inaftiven ‘Formen vorge- nommen worden, weshalb ich fie für die obige Unterfcheidung und Ab- trennung in Anjpruch nehmen Fann. II. Teil. Die weitere Verbreitung der geworfenen Sporen durd Temperaturſtrömungen. In meiner früheren Arbeit über die Sporenverbreitung bei den Baſi— diomyceten und den biologiſchen Wert der Baſidien habe ich nachgewieſen, daß die Sporen dieſer Pilze in geſchloſſenen, gegen jeden Luftzug geſicherten Räumen in ungeahnter Vollkommenheit verbreitet und auf den in dem Raum vorhandenen Oberflächen gleichmäßig verteilt und abgeſetzt werden, und zwar durch feinſte, für unſer Gefühl und unſere bisherigen Meß— methoden unmerkliche Luftſtrömungen, die in den geſchloſſenen Räumen auf— zutreten pflegen. Es konnte nachgewieſen werden, daß dieſe Luftſtrömungen durch geringe Temperaturdifferenzen hervorgerufen werden, die durch die für jene Verſuche verwendeten großen Pilzfruchtkörper ſelbſt erzeugt werden, indem dieſe ihre Eigentemperatur in geſchloſſenen Räumen über diejenige der Umgebung nicht unbeträchtlich erhöhen. Dieſe feinen bisher nicht meßbaren Luftſtrömungen ſind von mir im Gegenſatz zu den Wind- und Zugſtrömungen als Tempe— raturſtrömungen der Atmoſphäre bezeichnet worden. In der genannten Arbeit von mir über die Sporenverbreitung bei den Bafidiomyceten (l. c.) habe ih auch einen Ascomyceten, und zwar den großen Fruchtkörper von Gyro- mitra esculenta für die Verſuche herangezogen und gefunden, daß Die Sporen dieſes Pilzes unter denjelben Bedingungen, unter denen ei ent- ſprechender Bafidiomycetenfruchtkörper feine Sporen in den abgejchlofjenen, gegen äußere Temperaturdifferenzen möglichjt geficherten Räumen volljtändig verbreitet Hätte, größtenteils unverbreitet in einem harakteriftiichen Sporenhof rings um den Fruchtförper liegen blieben, wie dies in der Abbildung 7 auf Zafel II jener Arbeit veranfchaulicht wurde. Nachdem ich jeßt die Be— dingungen für die Sporenverbreitung bei den Vertretern der wichtigiten Klafjen der Ascomyceten eingehend jtudiert Habe,!) kann ich meine Feſt— ftellung zunachſt dahin erweitern, daß auch bei den aktiven Ascomyceten der zweite Teil des Sporenverbreitungsprozejjes, nämlidy der Sporen- transport, die Sporenverteilung und die Sporenabjegung allgemein durch Zemperaturftrömungen erfolgt bzw. erfolgen kann. Diefe Temperatur: ftrömungen jind, wie ich im nächſten Abfchnitte noch näher darlegen werde, !) Die ausführlihe Darlegung der verſchiedenen Bedingungen und Einftellungen bei den übrigen Familien und Gruppen muß ebenfalls der jpäteren Arbeit vorbehalten bleiben. 6* — 4 in der freien Atmoſphäre ſelbſt faſt zu jeder Zeit des Tages und des Jahres vorhanden, und inſoweit dieſe nicht ausreichen, können ſie durch ſekundäre Einflüſſe, z. B. durch die von dem Fruchtkörper ſelbſt erzeugte Wärme— bildung zurzeit der Sporenausſtreuung ſich verſtärken. Um dies auch für die Ascomyceten zu begründen, ſollen hier in mög— lichſter Kürze und in der Beſchränkung auf das Mutterkorn einige Verſuche näher beſchrieben werden. Verbreitung im Raum. In einer erſten Verſuchsreihe wurde eine Anzahl gefeimter Selerotien mit Sporen werfenden Clavicepsfruchtkörpern in Sandſchälchen eingelegt und unter 20, 50, 100 und 150 cm hohen Zylindern im Zimmer aufgeftelt. In diefe auch am Grunde gegen äußeren Luftzutritt gut abgedichteten Zylinder wurde je eine entjprechend Hohe Etage mit Fang— gläschen (Objektträger, die in Abjtänden von 10 cm auf einer Hoizleijte in magerechter Lage leiterartig übereinander befejtigt waren) aufgeftellt und nach Beendigung des Berfuches mikroſkopiſch feitgeitellt, daß ſich auf der Dberflähe aller Gläschen in den verfchiedenen Zylindern die in ihrer Ge— italt äußerſt charakteriſtiſchen Sporen in ziemlich gleihmäßiger Verteilung abgejegt Hatten. In den Hohen Glaszylindern fanden fi auf den oberjten Tanggläschen in der Negel mehr Sporen, wie auf den übrigen Kontroll flächen, abgejehen von den in unmittelbarer Nähe unter den werfenden Köpfchen ausgelegten Eleinen Dedgläschen (vergl. die Verjuchsanftellungen in meiner früheren Arbeit über die Sporenverbreilung bei den Baſidiomy— ceten, 1. c.!). Die Verjuche wurden dann in der Art variiert, daß die Zylinder ein= ‚mal in einem gejchlofjenen Schrank gegen äußere Temperaturfchwankungen nach Möglichkeit gefehügt, dann in Zimmern von verjchiedener Temperatur im Freien und im Keller aufgeftellt wurden. In allen Fällen Eonnte be- obachtet werden, daß ſich die Elavicepsjporen auf den in dem Raum ver- teilten Gläschen ziemlich gleihmäßig abgejegt Hatten. Nur in den im Keller bei einer Temperatur von 6 bis 8° aufgeftellten Zylindern erwieſen jich die unmittelbar unter die Köpfchen auf den Boden des Gefäßes gelegten Ded- gläschen in erheblich höherem Grade beworfen, al$ die oben im Zylinder befejtigten Yanggläfer, woraus hervorgeht, daß hier die Verbreitung au unvollſtändigſten erfolgt it. Nähere Angaben über eine derartige Verſuchsreihe: Sn einem bei 19 aufgeitellten Verſuch Hatten die Kontrollgläschen am Boden in jedem Gefichtsfelde im Durchichnitt 8 bis 10, die in der Etage befindlichen Fanggläschen 10 bis 11 Sporen. Sn einem bei 17° im Schrank aufgeflellten Verfuch hatten die Kon— trollgläschen durchſchnittlich etwa 6 Sporen im Gefichtzfeld, die in der Etage befindlichen 4 bis 6. er an, Sn einem erfi bei 40°, dann bei 26° aufgeltellten Verſuch hatten die KRontrollgläshhen am Boden 9 bis 11, diejenigen in der Etage 12 bis 16 Sporen. Sn einem bei 8° im Keller aufgeftellten Verſuch waren auf dem Kontrolgläshen unzählige, in dem Gläschen auf der Etage 11 bis 12 Sporen im Gejichtöfelde. Eine volljtändige Verbreitung der Sporen in den gejchlojjenen Räumen findet auch Statt, wenn die Gefäße mit den Fruchtkörpern an höheren Stellen in den Zylindern aufgeftellt werden. Bedeutung des Stieles. Werden die Fruchtkörperſtielchen in den Sand verjenft, jo daß nur die Köpfchen frei an die Luft Hervorragen, dann kann nur ein fleiner Teil der Sporen verbreitet werden. Es iſt Daher erforderlih, den Stiel bzw. einen Teil desjelben frei über die Oberfläche hervortreten zu laſſen. (Fig. 1.) Hervorzuheben ift, daß alle geitielten Formen ihre Sporen mit geringerer Kraft und in entjprechend geringere Höhen werfen wie Die ungeltielten, die ihr Hymenium auch nur auf den Oberfeiten mit nach oben gerichteten Askenfcheitel ausbilden. Der der Wurfhöhe entiprechende Fallraum muß immer jo hoch fein, daß die Sporen beim Fallen durch die Luftitrömungen erfaßt und getragen werden fönnen. Die Verſuchsdauer richtet fi) nach der Menge und der Beichaffenheit des Clavicepsmaterial3 und der Größe des Verſuchsraumes. An den gefeimten Sclerotien find meiſt nur einzelne Köpfchen gleich- zeitig ausgereift und werfen die Sporen gleihmäkig und in größerer Zahl aus. ES find dann immer nur die mit jolchen werfenden Fruchtförpern verjehenen Sclerotien ausgewählt worden. Verbreitung auf geneigten Lagen. Wenn man Berjuche, wie bejchrieben, in Glaszylindern anordnet, Die Fanggläschen aber in verjchiedenen Lagen, in jenfrechter, wageredhler und allen dazmwilchen möglichen geneigten Ebenen befejtigt, jo ergibt die Unter: ſuchung nach erfolgter Sporenverbreitung (eintägige Berfuhsdauer) folgendes: Alle wagerechten und in geneigten Ebenen befejtigten Gläschen find auf den nach oben gerichteten Flächen ziemlich gleihmäßig von den Sporen beftreut (die nad) unten gerichteten Flächen find frei). Nur an den vollfommen jenfrecht geltellten Glasflächen find beiderjeit3 vereinzelte Sporen angeflebt. Iſt die Fläche aber nicht vollftändig jenfredht, dann ijt fie immer noch reichlich mit Sporen bededt. ES handelt fich hier jomit um diejelben Ver: breitungserfcheinungen, wie fie für die Bafidiomyceten bereitS nachgewieſen worden jind, nur daß die äußerſt feinen Sporen des Mutterfornes ſich jelbft auf Flächen von äußerſt geringen Neigungen abjegen, auf denen die ZUM TE großen und mittelgroßen Sporen anderer Arten nicht oder nur in jehr ge- ringer Zahl abgejeßt werden. Wärmebildung bei PBilzfrudtförpern. Bei früheren Verfuhen mit größeren Hutpilzen (Schwämmen) ift die Bildung beträchtlicher Wärmemengen in den geſchloſſenen Räumen nachge— wieſen worden, und es fönnte daher angenommen werden, daß es fich aud) bier um Temperaturerhöhungen Handelt, die von den Kleinen Clavicepspilzen ausgehend die Bildung der den Transport bewirfenden Temperaturfirömungen im Innern des Zylinders herbeigeführt haben. Wenn man aber eine größere Zahl der geftielten Glavicepsföpfhen in ein kleines Dewartſches Gefäß bringt, die Öffnung mit Watte verjchließt und die Temperaturmefjung vor- nimmt, wie ich dies in meiner früheren Arbeit über die Sporenverbreitung beichrieben habe, dann läßt jich Feine nennenswerte Temperaturerhöhung gegen die Umgebung feſtſtellen. Das gleiche Reſultat Haben übrigens auch die Verjuche mit vielen anderen Ascomyceten, jowie mit einer Anzahl von Bafidiomyceten ergeben, worauf ich aber an diejer Stelle nicht näher ein- gehen will. Dagegen läßt fi, wenn man eine große Menge von gefeimten, mit jporenreifen Fruchtkörpern verjehenen Mutterkförnern Ioje zujammenlegt, einen höheren Glaszylinder überdedt und in die angehäuften Pilzfrucht- förper ein Beckmannſches Thermometer einjenkt, alsbald eine Temperatur- erniedrigung feititellen, wie dies bei dem großen Waſſerreichtum und der ichnellen Wafferverdunftung diefer Organismen zu vermuten ift. Da die feuchten Clavicepsfruchtförper bei unjeren Verſuchen auch noch einem feuchten Subftrat (feuchter Sand oder Erde) aufgelegt werden müſſen, jo ift bejonders in den bei höheren Temperaturen und in größeren Luft räumen ausgeführten Verfuchen die Bildung von QTemperaturftrömungen im Innern der Zylinder nicht zu vermeiden, und wir werden hieraus bereits ableiten können, daß die Sporen, um die es fich hier Handelt, durch die aller: geringften Temperaturftrömungen getragen und verbreitet werden können. Bei der niedrigen Temperatur des Kellers, bei der die Verdunftung und damit auch das Temperaturgefälle auf das geringſte Maß herabgefjegt war, fand die Verbreitung auch am unvollftändigiten ftatt. Wenn wir num aber mit fporenftreuenden Peziza- oder Morchelfruchtförpern beliebiger Art ganz gleichartige Sporenverbreitungsverfuche anftellen, dann werden mir unter denfelben Bedingungen, bei welchen die Glavicepsfruchtförper ihre Sporen bereit in dem ganzen Luftraum verteilen und abfjeken, noch feine oder nur ganz unvollflommene Verbreitung feititellen. Wir beachten dann den oben bereit3 gejchilderten Sporenhof rings um die Fruchtkörper, und nur vereinzelte oder wenige Sporen werden ſich auf den im Raum verteilten Fanggläschen nachweifen laſſen. Ich Habe nun die Sporenverbreitung bei an einer größeren Zahl verfchiedener Ascomycetenformen in derartigen Ver: juchen vergleichend geprüft und gefunden, daß alle diejenigen Formen, welche große und entjprechend ſchwere Sporen Haben, diefelben in alljeitig ge= jchloffenen und vor äußeren Temperaturdifferenzen geſchützten Glaszylindern nur unvollftändig verbreiten, während die Feinften, zudem fadenförmig ver- längerten Sporen in derartigen Verſuchen noch eine volljtändige Ausbreitung erfahren, wie dies für die Clavicepsjporen bejchrieben worden it. Sporengröße, Sporengewidht und Sporenoberfläce. Wir fommen hier aljo zu einem weiteren Gefichtspunft für die Er- Härung der überrajchend vollfommenen Sporenausbreitung beim Mutter: forn in gejchlojjenen und ifolierten Räumen, der ſich auf das Bolumen und das Gewicht der Glavicepsjporen bezieht. Die Sporen des Mutter: kornes haben eine zylinderförmige Geftalt, fie find 50 bis 75 w lang, und nach meinen Mejjungen etwa 0,5 (genau 0,6 bis 0,7) u breit. Wenn mir eine zylinderförmige Geftalt annehmen, die Länge 60 4 und eine Breite von 0,5 u, dann berechnet jich das Volumen mit 11,78 u’ (u? = Würfel von 1 u Kanten länge), die Oberfläche von 94,64 u? (u? = Quadrat von 1 u Seitenlänge) und das Gewicht der einzelnen Clavicepsjporen mit 14,14 10° mg (= 0,0000000141 mg). Da3 Gewicht berechne id aus dem Volumen und dem fpezifiichen Gewicht 1,2, das ich für eine größere Zahl von Pilzſporen ermittelt Habe. Demgegenüber berechnen jich diejelben Werte für eine Spore von Peziza vesiculosa, die eine ellipjoidiiche Geftalt, eine Länge von 20 w und einen Breitendurchmeljer von 13 4 befißt und die ich hier als Typus für die Sporen der Helvellaceen und Pezizaceen Herausgreife, das Vo— Iumen mit 1769,8 48, die Oberfläche mit 729,45 u? und das Gewicht mit 2123,76 mg.10-°. Wir ziehen nun noch den Vergleich eines aftiven Ascomyceten heran, der die grögten Sporen bejigt, die in der ganzen Klafje vorfommen, Ascobulus immersus mit ellipfoidiihen Sporen von 70 u Länge und 40 4 Breite. Ihr Volumen berechnet ſich mit 5864: w°, Die Dberfläche mit 767,21 u’, das Gewicht mit 70372,8 mg.10-°. Hieraus ergibt fich, daß die Pezizafporen 161 mal, die Ascobolusjporen 5331 mal ichwerer find als die von Claviceps und die AScobolusjporen 33 mal jo jchwer find wie die von Peziza, jo daß aljo für die Fortbewegung der Clavicepsſporen entſprechend geringere Kräfte erforderlich find als bei jenen. Dazu kommt nun aber noch ein weiterer Umjtand, der für die Beurteilung diefer Verhältnifje grundlegend ift. Wir fehen, daß mit der Verringerung der Größe die Oberflächenausdehnung der Körper nicht in demjelben Ver: hältnis abnimmt wie das Volumen und das Gewicht derjelben. Dies fönnen wir zum Ausdrud bringen, wenn wir das Verhältnis des Gewichts zur Oberfläche bei den verjchieden großen Sporen vergleichend feftitellen. Dieſes Verhältnis beträgt für die Pezizafporen 729 :2924 = 0,3 ('/,), für BE Die etwa gleichgeftalteten Ascobolusiporen 7672: 70372 = 0,1 (Yo). Der Verringerung des Gewichts auf '/,, entfpricht eine Oberflächenverkleinerung von "/, auf Y/o, d. h., die Oberfläche der Pezizafporen ijt im Verhältnis zu ihren Gewicht mehr als 3 mal fo groß wie bei der Ascobolusſpore. Wenn wir nım annehmen, daß die zur Fortbewegung zweier Körper von gleichem Gewicht erforderliche Kraft (entiprechend dem größeren Widerjtande der Luft) proportional der Dberflächenvergrößerung zunimmt, jo ergibt ſich daraus, daß, abgejehen von dem 33 mal jo geringen Gewicht der Peziza- fporen eine etwa 3 mal fo geringe motoriſche Kraft für ihre Fortbewegung in der Luft erforderlich fein wird als für die Ascobolusſporen. Die Oberflächengröße der Glavicepsjporen hat fich aber nicht bloß in dem Verhältnis ihrer Volumenverkleinerung vergrößert, jondern es kommt hier nun noch, ganz ähnlich wie bei den Planktonorganismen des Meeres, die Dberflächenvergrößerung durch geftaltliche Differenzierungen Hinzu. Diefe find bei den Ascomycetenſporen darauf bejchränft, daß die Sporen mehr oder weniger langgeftredte, zylinderförmige Formen annehmen. Die längfte mir bekannte Form befigen die Sporen von Stietis arundinacea, Die bei einem Durchmefjer von 2 „ eine Länge von 200 4 erreichen. Die beiden Momente, die Volumenverfleinerung und die langgeltredte Formausbildung, haben bei den Glavicepsfporen dazu geführt, daß das Verhältnis des Ge- wicht3 zur Dberflächenausdehnung die Zahl 7 erreicht. Die Claviceps— fporen haben demnad im Verhältnis zu ihrem Gewicht eine 70 mal jo große Oberfläche wie die Ascobolusſporen (23 mal jo groß wie die Peziza- jpore) und zu ihrer Fortbewegung wird demnach, ganz abgejehen von ihrem mehr als 5000 mal fo geringen Gewicht, eine 7O mal jo geringe Kraft er- forderlich fein als bei jenen. Da fih nun bei meinen Unterfuhungen ergeben hat, daß aud die größten bei den höheren Bilzen vorkommenden Sporenarten noch in völlig gejchlofjenen zylinderförmigen Lufträumen durch QTemperaturjtrömungen, die einem QIemperaturgefälle von etwa 10° C. entjprechen, vollitändig verbreitet werden fönnen, jo läßt die obige Größenffala vermuten, welche geringe Ab— ftufungen in der Intenfität der QTemperaturftrömungen Bedeutung Haben, und wie feine Einftellungen in bezug auf die für die Sporenverbreitung in der Natur tätigen Kräfte in den fo verfchiedenen, konſtanten Sporen= größen zum Ausdrud fommen. Es hat ſich weiterhin bei den Unterfuchungen herausgeltellt, daß wir für die Beurteilung der leichten Transportfähigfeit diefer Sporen neben der Herab- jegung des für die Verbreitung in Betracht fommenden QTemperaturgefälles noch einen weiteren Maßftab in der Feſtſtellung der Abjaggeihwindigkeit befigen. Während die mittleren und großen Sporen (fiehe die Tabelle) ſich in gejchloffenen Räumen, in denen fie durch Temperaturftrömungen verbreitet find, ſehr ſchnell abfegen, wird dieſe Abjaßgeihwindigkeit mit der Ver: De kleinerung des Gewichts und der Vergrößerung des Volumens immer größer, ſodaß jchließlich mehrere Stunden erforderlich find, bis das vollitändige Ab— jegen der Sporen erfolgt. Aus diefem Grunde möchte ich dieje kleinen und kleinſten Sporenarten als Schmwebeiporen von den übrigen unterfcheiden. In der nahfolgenden Tabelle und der Skizze Habe ih ohne auf Die Einzelheiten hier weiter eingehen zu fönnen, die in Betracht fommenden Eporengrößen bei den Ascomyceten und Bajidiomyceten zujfammengeftellt und eine Berechnung ihres Volumens, ihrer Oberflädhe und ihres Gewichts Grenzgrößen und Mittelwerte der Durchmeſſer, Bolumina, Oberflädhen und Gewichte der Sporen höherer Pilze. | Gewicht i de 3 28 Volumen in Oberfläde in Er, Pilzform rehnele E32 mg10 Geftalt OF RR | u? u? (pez. el Ascompceten-Sporen: Größte Ascomyceten- Spore (von Ascobolus imersus) . Große Ascomyceten- Spore (von Peziza vesiculosa) . Mittlere Ascomyceten- Spore, berechneter Mit» telmert £ Kleine Ascomyceten- Spore, berechneter Mit- telwert Kleinjte Ascomyten- Spore von Hymenos- eypha subtilis Spore von Claviceps pupurea . — Baſidiomyceten-Sporen: GrößteBaſidienſpore (v. Aleurodiscus amor- hus) . Große Bafidienfpore, berechneter Mittelwert Mittlere Bafidiomy- ceten-Spore berechnete Mittelgröße . Kleine Bafidiommceten- Spore, er Mit» telmwert Uredo b. d. Rojtpilzen . Balterienipore (ſchätzungsweiſe) — u’ = Würfel i Zylinder Elipjoid = Kugel- | form | Elipjoid | 6 ı 30 1 Quadrat von 1 u Seitenlänge. von 1 % Kantenlänge. 30 0,5 125,64. 10° 53 644 1 769,8 288 42,41 3 901,9 435,6 104,7 28,27 | 14 137,0 11,781 0,1309 94,64 1210,93 288,69 111,36 48,33 2 827,4 1,342 mg = 0,0000001256 mg. 710 372,8 2 123,76 14.1372 4 682,28 522,72 125,64 33,92 16 964,4 0,1571 ih hinzugefügt. Die mittleren Sporengrößen find als Mittelwerte aus den von mir fo oft beftätigten Meffungen Schröters (von 722 Bafidiomyceten und etwa ebenſo vielen Ascomycetenarten) berechnet worden. Big. 3. Schematilche Darjiellung der Sporenjorm und Sporengröße bei den Ascomyceten. Vergrößerung 1:1000 (mm = 1). — Größte Große Spore von Kleinſte Nadelförmige Spore. Spore. a Spore. Spore von meif F Claviceps. Funktionsſtörung. Bei dem beſchriebenen feinen und komplizierten Bau der Perithezien iſt es nicht zu verwundern, daß unter abnormen äußeren Be— dingungen Funktionsſtörungen eintreten, die ein Verſagen der Apparatur zur Folge haben. Dies macht ſich nach meinen Beobachtungen bei Xylarien in der Art be— merkbar, daß die feine Perithezienmündung ſich verſtopft und die Asken infolgedeſſen nicht aus der Mündung heraustreten und die Sporen in die Luft ejakulieren können. Die Folge davon iſt, daß die reifen Asken ihre Sporen ſchon im Berithezium entleeren und daß diefe hier mit dem übrigen Plasma der entleerten Schläuche zu einem dicken Schleim zufammentreten. Durch die ftetig nachwachſende Asfenmenge wird diefer Schleim aus der Mündung des Peritheziums herausgepreßt. Man fieht ihn dann in der Regel in wurftförmigen Verbänden heraustreten und an der Oberfläche der Fruchtlörper fih anhäufen, wo er zur Berftopfung weiterer Perithezien- mündungen Beranlaffung gibt. Wenn man foldhe jchleimbededte Frucht förper dann durch Abjpülen mit Waffer von den angeflebten Sporen reinigt, jo findet aus den meiften Perithezien wieder eine normale Ejafulation der Sporen ftatt, bis erneute Verftopfungen eintreten und fo fort. In der freien ea Natur habe ich das Austreten der Sporen in fchleimigen Mafjen bei den Xylarien nicht beobachtet und glaube annehmen zu können, daß die abnormen Teuchtigfeitsverhältniffe, denen die abgejchnittenen Fruchtkörper bei den Ver— fuchen im Laboratorium ausgejeßt werden, die Berftopfung der Berithezien- mündungen zur Folge haben. Die gleihe Erjcheinung ift nun auch bei den Glaviceps-Fruchtförpern beobachtet worden, und dies Hat zu der Ber: mutung geführt, daß auch die Askenſporen des Mutterfornes durch In— jeften in die Noggenblüten vertragen würden. Robert Stäger!), der bis in die jüngfte Zeit hinein auf diefem Gebiet gearbeitet hat, äußert ſich jogar dahin, daß er die Übertragung von Sporen durch Inſekten für die einzige und weſentliche Verbreitungsart Halte, da er eine Ejafulation der Sporen nit beobachtet habe, das Herumfriechen zahlreicher Injekten in der Nähe der mit Schleim bededten Köpfchen dagegen oft gejehen habe. Bei den von mir herangezogenen Claviceps-Fruchtkörpern habe ich vorzug3weife die normale Ejafulation der Sporen beobachtet, die fich, wie in den bejchriebenen Verſuchen durdy ein unmittelbar über die Fruchtkörper gehaltenes Dedgläschen, an welchem die Sporen alsbald anfleben, oder bei geeigneter Beleuchtung auch durch das Aufleuchten (Gligern), wie dies ſchon Zulasne beobachtet hat, erfennen Lafjen. Nachweis der Sporenverbreitung bei Claviceps durch feinite Zemperaturftrömungen. Gleichwohl läßt jich num aber auch für die Sporen des Mutterfornes durd) eine geeignete Berfuchsanftellung die jporenverbreitende Wirfung der Tem— peraturftrömungen erweifen. Zu diefem Zwecke habe ich in die runden Glas— zylinder Widerftände eingefchaltet in Form durchbrochener Duerwände, welche die Intenfität der auffteigenden Strömung entſprechend herabjegen. Sept jind ftärfere Temperaturftrömungen erforderlich, um den Durchtritt der Sporen herbeizuführen, und nun läßt fih aud für dieſe durch feinfte Zemperaturftrömungen transportierbaren Sporenarten dartun, daß jie in Die nur durch feine Spalten und Öffnungen zugänglichen Räume eingeführt und verbreitet werden. Die einfachjte Verfuchsanftellung diefer Art beiteht darin, daß man runde Glas- oder Kartonfcheiben mit kleinen Öffnungen oder mit feitlihen Durchläfjen in verjchiedenen Abjtänden als Duerwände in die benugten Glaszylinder einbringt und das Schäldhen mit den Claviccp3= Sruchtförpern auf dem Boden des Verſuches unterhalb der Duermände aufitelt.e. Nur die in dem unterften Luftraum befindlihen Fanggläschen werden ftarf beworfen, während die in den oberen durch die Duerwände abgejchlojfenen Hohlräumen aufgeftellten Gläschen feine oder nur entjprechend wenige Sporen aufwiejen. Wurde derfelbe Verfuch unter Anwendung eines ) Stäger, NRob., Neue Beobahtungen über Mutterforn. Zentralblatt für Bak— teriologie, 27 Bd., ©. 72. a u ftärferen QTemperaturgefälles (über die Verſuchsmethode werde idy in der ausführlichen Arbeit berichten) aber wiederholt, dann zeigte ſich, daß nad) furzer Verſuchsdauer auch die Gläschen über der Duerwand ziemlid) gleich- mäßig beworfen waren. Das gleihe Reſultat fonnte mit einem WBerfuch erreicht werden, bei dem die FFruchtförper von allen Seiten mit Bläschen, wie von einem Kartenhäuschen umftellt waren, jo daß nur wenige fpaltenförmige Öffnungen für den Durchtritt der Sporen vorhanden waren. Auch Hier fand eine Verbreitung der Sporen außerhalb de3 von dem Gläschen gebildeten Naumes nur unter der oben genannten Vorausſetzung ftatt. Das Abjegen der Sporen fonnte fodann auf den Etagengläfern des Zylinders, jowie auf den Nußenflächen der um den Fruchtkörpern geftellten Gläschen beob— achtet werden. Die Sporen find jomit aus dem inneren Raum ausgetreten, haben ſich in dem größeren Zylinderraum verbreitet und in diefem auf allen Oberflächen abgejeßt. Die Verſuche jind dann durch genaue Regulierung des Temperaturgefälles und der Durchtrittsöffnung verfeinert und auf diefem Wege weitere Rejultate und Ableitungen ermöglidht worden, deren ausführ- lihe Mitteilung ebenfalls den jpäteren Arbeiten vorbehalten bleiben muß. Es mag hier nur furz erwähnt werden, daß die Sporen durd) die feinjten herftellbaren Offnungen, deren Durchmeſſer noch geringer iſt als die Länge der Glavicepsfporen (40 u Durchmeſſer) durch ein verhältnismäßig geringes Temperaturgefälle von einem Raum in den andern übergeführt werden fonnten. Hier fam e3 mir zunächſt darauf an, den Nachweis zu erbringen, daß es QTemperaturfirömungen find, welche die Sporen verbreiten, daß Hierzu Strömungen der verjchiedenften Intenjität erforderlih find und daß die feinften ſolcher bisher nachweisbaren motorijchen Kräfte, (bezw. Strömungen von geringfter Geſchwindigkeit) fich dadurch dofumentieren, daß jie in Fleinen, geſchloſſenen Lufträumen, welche gegen Temperaturdifferenzen nad) Möglichkeit gefhügt find, für den Transport und den gleihmäßigen Abjag der von den lavicepsköpfchen ausgemworfenen und vereinzelten Sporen in diejem und in beliebig größeren cylinderförmigen Lufträumen ausreichen. II, Zeil. Die Infektion der Roggenpflanzen durd Askenfporen, Die Infektionsverjudhe des Noggens mit den Asfenjporen de3 Mutter: fornes find in folgender Art ausgeführt worden: 1. Im Beginn des Blühens befindlihe Noggenjtauden, die in Töpfen herangezogen maren, wurden unten in der Topferde mit einzelnen, jporenwerfenden Claviceps- fruchtkörpern belegt, jo daß die werfenden Köpfchen mit ihren Stielen frei über die Erdoberfläche hervorragten. Die Töpfe wurden dann unter ent- iprehend hohe (1,4 m) Glaszylinder gebracht, jo daß fie fih in einem von Bl + der Außenluft abgejchloffenen Luftraum befanden. Dben im Zylinder, dicht über der Roggenähre, wurde ein Kontrollgläschen befeftigt, wie dies auch Fig. 4 darftellt. Der Verſuch wurde bereits nach einigen Stunden unter: brochen, nachdem Fontrolliert worden war, daß ſich die charakteriftiichen langen Sporen des Mutterfornes auf dem Kontroll» gläschen in reichlicher Zahl abgejegt Hatten. Oft find ſchon nad) einer Bierteljtunde Sporen auf den Kontrollgläschen nachzuweijen. Die infizierten Pflanzen wurden dann meiſt in einem mit Gaze be- zogenen Kaften im Freien belaffen, daneben nicht in— fizierte Kontrollpflanzen. Nach 8 bis 14 Tagen traten an den infizierten Pflanzen die charafterifti- ihen Erjcheinungen der Honigtaubildung hervor, um jo jtärfer, je kräftiger die Pflanzen ernährt waren. Trotzdem die Mehrzahl der Blüten befallen wurde, fonnten dann doch immer nur wenige Mutterförner an einer Ähre zur Ausbildung gelangen, da Die übrigen Fruchtknoten offenbar aus Mangel an Saft: zufuhr zurüdblieben. Die Ausbildung normaler Körner Eonnte an den infizierten Öetreideähren nur vereinzelt nachgemwiejen werden. Da bei diejer Art der Infektion eine große Zahl der Sporen ji auf den Blättern, an den Halmen und Glaswänden, jowie auf der breiten Grundflädhe des Verſuches ab: jegen und für die Infektion verloren gehen, wurden weiterhin die Verſuche derart angeordnet, wie dies die nebenjtehende Figur 4 veranjchauliht. Nur die Ahre wurde in einem entiprechend fleinen Glas- zylinder eingejchlojjen, der Zylinder unten mit einem Kork, der einen Schlig für den Halm hat, oben mit einem Glasdedel geſchloſſen; Iegterer trägt an einem Stäbchen das FKontrolgläshen. In dem Zylinder unterhalb der Ahre fteht ein Eleines Gläschen mit feuchtem Sand, das die Clavicepsfruchtförper ent: hält. Der ganze Zylinder ijt von einem Stab ge- tragen, der entiprechend befejtigt werden muß. Auf diefe Weife gelingt es, mit den Fruchtförperföpfchen eines Eclerotiums viele Ähren in kurzer Zeit zu infizieren. Um nun noch die Bedeutung der Windftrömung für die Verbreitung der Asfenjporen des Mutterfornes zu prüfen, find Verſuche in Roggen— feldern im Freien in derjelben Anordnung angejtellt worden, wie fie für die Zylinderverjuche bejchrieben worden ift. Entiprechend der Beobachtung, daß en mi das Mutterforn ſehr Häufig an alleinftehenden Roggenftauden auftritt, jind die Berfuche auch an foldhen Stellen ausgeführt worden. Sporenwerfende Fruchtförper des Pilzes wurden in größerer Zahl im Aderboden unter den zu infizierenden Roggenftauden ausgelegt und Fanggläschen in der Höhe der Noggenähren an Stäben befeftigt aufgeitellt. Desgleichen find dann an denjelben Stellen einzelne Stauden unter entjprehend Hohen oben offenen Glaszylindern derfelben Verſuchsanſtellung unterworfen worden. Die Kontrolle der Gläschen während der Blütezeit des Roggens ergab, daß jidh die charakteriftiichen Sporen des Mutterkornes nur in den Ölaszylindern nachweiſen ließen. Die Schwierigkeit bei derartigen Verſuchen befteht aud) darin, den Erdboden mit den Clavicepsfruchtförpern in geeigneter Weife feucht zu Halten, denn es muß berückichtigt werden, daß die Mutterförner nicht tief in der Erde liegen dürfen, wenn die Köpichen zur Sporenverbreitung an die Oberfläche her— vorgelangen follen, und daß die zarten Fruchtkörper beim Austrodnen Schnell zugrunde gehen. Schon aus dieſem Grunde werden nur gejdhüßte und dauernd feuchte Lagen als die Drte der Glavicepsinfeftion in Betracht zu ziehen fein. Wenn man nun die oben bejchriebenen Verſuche an einem derartig feuchten, vor Wind gejchüßgten Orte anftellt, dann kann man das Abjegen der Sporen auf den Fanggläschen alsbald beobachten und jpäter auch das Auftreten zahlreicher Infektionen feftitellen. Aber aud) an anderen, vollfommen windgejchügten Orten können die ejafulierten Sporen auf den in der Höhe der Ähren befeftigten Yanggläschen beobachtet und primäre Infektionen erreicht werden, wenn die am Erdboden befindlichen Claviceps— fruchtförper genügend feucht bleiben Hiermit ift die Kette der Verſuche gefchlojjen, welche den Nachweis er- bringen, daß die Infektion der Getreideblüten in völlig gejchlojjenen, wind- und zugfreien Räumen erfolgt, jobald zur Blütezeit die reifen Köpfchen des Mutterfornpilzes aus der Erde hervortreten und ihre Sporen ausıverfen. Sie zeigen zugleich, daß die Infektion ohne die Hilfe der Inſekten und ins— bejondere ohne jede Mitwirkung von Luftzug und Windjtrömung ſicher zu— ftande kommt, und daß für den Transport der ejafulierten Sporen von Erdboden aus, auf weldyem ſich die Fruchtkörper befinden, nad) den Ähren Hin Lediglid” die Temperaturftrömungen in Frage fommen. Der Raum, den die gejamten Halme eines Roggenfeldes bei windjtillen Wetter ein— ichließen, ift im Sinne unferer Verſuche als ein gejchlojjener zu betrachten; denn wir fonnten in hohen Zylindern, die oben offen blieben, auch in quantitativer Hinjiht ganz analoge Berbreitungserjcheinungen feſtſtellen wie in vollſtändig geichlojjenen Räumen. Die vom Erdboden ausgehenden Temperaturjtrömungen geringerer Intenfität tragen die Sporen nicht über das durch die Ährenjpigen gebildete Niveau des Noggenfeldraumes hinaus und jeßen ſie insbejondere auf den weit ausgebreiteten Fangflächen der aus den Blüten hervorragenden Narben ab. Ze; = Aus diefen Beobachtungen geht hervor, daß für die Infektion nicht, wie man bisher geglaubt hat, Windftrömungen irgend welcher Art in Frage fommen, fondern daß fie vielmehr nur an möglichjt windftilen Tagen und an Stellen auftritt, die nach ihrer ganzen Lage vor jtärferen Luftitrömungen befonders gejchügt find. So erflärt fi die von Stäger (l. ce.) mitgeteilte Beobadtung, daß Getreidefelder, die an einen Wald oder an größere Ge— büſche ftoßen, von der Clavicepsinfektion ftärfer Heimgejucht werden als ganz frei gelegene Felder. Die Feuchtigkeit des Erdbodens und die wind- geſchützte Lage des Feldes find ſomit die beiden Klimatifchen Faktoren, Die ein Roggenfeld für den Befall durch Askenſporen des Mutterfornes dis— ponieren. Zemperaturjtrömungen in der Natur. Um nun einen genauen Einblid zu erhalten über daS Borhandenfein und die Intenſität der Temperaturftrömungen in der Natur,. bejonders an der Erdoberfläche, wo dieſe Pilzarten vorzugsweiſe auftreten, Habe ich die auf dem Berfuchsfelde in Rofenthal bei Breslau durch täglid;e Temperatur mejjungen gewonnenen Zahlen, die mir Herr Profeſſor v. Rümker freund: lichft überlafjen Hat, mit bezug auf die hier in Betradht kommenden Ge— Jihtspunfte bearbeitet. Dieſe Zahlen find während mehrerer Jahre an der Erdoberfläche, in verjchiedenen Erdtiefen ſowie in verjchiedenen Lufthöhen, morgens, mittags und abends, zuverläffig abgelejen worden, jo daß fie einen Einblick über den Beſtand eines täglichen und jährlichen Temperatur: gefälles in den unterften Luftſchichten geftatten. Die ausführlide Dar— ſtellung der Ergebniffe auf diefen Zahlenreien muß einer ſpäteren Arbeit vorbehalten bleiben, Hier jollen nur die wejentlichiten Gefichtspunfte kurz dargelegt werden. Die höchſten durdhjchnittlichen Temperaturen wurden an der Erdober- fläche abgelefen. Mit dem Anfteigen in höhere Luftichichten nimmt die mittlere Temperatur immer erheblid ab, desgleichen mit dem Abjteigen im tiefere Erdfchichten (doch Hier nur in bejtimmten Perioden des Jahres). Die Erwärmung der Erdoberfläche, um die es ſich hier Handelt, Hat ihren Ur— jprung in der Somnenftrahlung, welche die Temperatur der Erdoberfläche über diejenige der umgebenden Luft und der darunter befindlichen Erd- Ihichten erhöht. Dieſe Erwärmung der Erdoberflähe hat ein entjprechendes Temperaturgefälle in den untersten Quftichichten zur Folge, und dieſem ent- jpriht die Intenfität der Temperaturftrömungen, die von der Erdoberfläche ausgehend mehr oder weniger jteil nach oben verlaufen und einen jchnellen Ausgleich der Temperaturen in den unteren Schichten des Luftmeeres zur Folge haben. Ein anderer Teil der von der Erdoberfläche aufgenommenen MWärmemenge wird in die unteren Erdfchichten abgeleitet, in denen Die Wärme aber nur langjam fortgeleitet, abgegeben und affumulatorähnlid) gejpeichert wird. a EB Sobald die tägliche Beſonnung aufhört, beginnt die Temperatur an der Oberfläche zu ſinken und erreicht ein tägliches Minimum, Furz bevor die Wärmejtrahlung von neuem einjegt (vor Sonnenaufgang). Die Ab: Kühlung der untersten. Luftichichten erfolgt immer erheblich ſchneller als die- jenige der Erdoberfläche, jo daß ein Temperaturüberfhuß an diefer aud) während der Nacht anhält und auch im diefer Zeit, entjprechend geringere, Zemperalurftrömungen in den unterften Luftfchichten zur Folge Hat. Die von der Erdoberflähe in der Zeit des Sommers aufgenonmene und von den unteren Erdſchichten gefpeicherte Wärmemenge ift jo groß, daß jie (in den Nächten nur zu einem Heinen Teil abgegeben) in unjerm Klima auch noch in der ganzen Zeit des Winters vorhält und für ein, wem aud) erheblidy geringeres Temperaturgefälle zureicht. Dies trifft beſonders für den Waldboden zu, der die gejpeicherte Wärme in noch höherem Grade jeithält. Die Erdoberfläche erfährt jomit während des ganzen Jahres im Sommer und des Tages Direkt durch Beftrahlung, des Nachts und im Winter durch Zuleitung aus den zu dieſer Zeit Höher temperierten unteren Erdidichten eine dauernde Wärmezufuhr. Die Erdoberfläche ift faft zu jeder Zeit des Jahres (abgefehen von dem durch die Windjtrömungen bedingten Unregelmäßigfeiten) wärmer als die umgebende Luſt, und es befteht daher in den der Erdoberfläche angrenzenden unterften Luftjchichten faft zu jeder Zeit ein poſitives DQTemperaturgefälle und dementſprechende QTemperatur- trömungen. Das Temperaturgefälle ift am geringften de3 Tags kurz vor Sonnenaufgang, des Jahres im Vorfrühling (Februar: April), jo daß zu diefen Zeiten die Temperaturftrömungen auf das geringite Maß herab: jinfen und zeitweife wohl auch vollitändig aufhören. An dem Beijpiel des Mutterfornes wollte ih hier den Nachweis füpren, daß wir für die Übertragung der Infeftionskrankheiten bei den Pflanzen eine „Luftinfeftion“ durch QTemperaturftrömungen von der In— feftion durh Wind und Luftzug („Windinfektion“) unterfcheiden müſſen. Diefer Unterfchied tritt noch deutlicher hervor, wenn wir nun der Luft— infeftion des Getreides durch das Mutterforn die Blüteninfefiion durch die Brandpilze gegenüberjtellen, die durch Die Unterfuchungen von Brefeld und mir!) aufgededt und befannt geworden it. Auch Hier findet die In— feftion in dem Blüten ftatt, indem die Sporen des Pilzes an die jungen Fruchtlhnoten gelangen und in das Innere derjelben eindringen. Dieſe von dem Brandkeim infizierten Fruchtfnoten bringen aber ein anfcheinend ganz gejundes Korn zur Entwidlung, aus dem nach der Ausſaat auch eine normal entwidelte Getreidepflanze hervorgeht. Erſt zur Blütezeit bringen 1) O. Brefeld, R. Fald: Die VBlüteninfeltion des Getreides und die natürliche Verbreitung der Brandkrankheiten des Getreides. Unterfuhungen aus dem Gefanıt- gebiete der Mycologie XI, Heft 1905. Ze. — diefe Pflanzen ihre Krankheit, die befannten jchwarzen Brandähren, zur Entwidlung. Die Mafien von Brandiporen, welde an diejen Ähren ge- bildet werden, find loſe mit einander verklebt, von bejonderen Stüßfajern, welche teil3 aus Blattanlagen, teil aus Blüten und Arenteilen umgebildet jind, zufanımengehalten und von den unveränderten Halmen bis zur Höhe der gefunden Ähren emporgehoben. In geichlojjenen Räumen fann feine der Sporen verbreitet werden, auch nicht bei Anwendung eines ftarfen Temperaturgefälles. Erſt wenn Luftzug und Wind eimmirfen, findet Die Berftäubung und Verbreitung der Brandiporen ftatt. Die verhältnismäßig voluminöfen Brandähren bieten jedem Luftzug genügende Angriffspunfte dar. Dabei wirken die in der ganzen Brandähre verteilten Stüßfajern als Widerjtände etwa wie die Kapilitiums?zajern bei den Myromydceten- Fruchtkörpern, dahingehend, daß die Sporen jich durch die Windjtrömungen zur Genüge vereinzeln und doch nur allmählich verjtäuben laſſen. Die ganze Drganijation ift hier aljo auf Windverjtäubung eingerichtet. | Die Blüten infizierenden Brandſporen find zwar relativ größer und ſchwerer als die Clavicepsſporen und find nicht wie dieje den eigentlichen Schwebeiporen der Atmojphäre zuzuzählen, doch gehören fie bezüglich ihrer Größe der großen Zahl von Pilzſporen an, die durch verhältnismäßig ge— ringe Temperaturjtrömungen getragen und abgejeßt werden. Die Verbreitung der Brandjporen durch den Wind ift daher nicht vorzugsweiſe jo zu denken, daß jie vom Wind direft an die Narben herangeweht werden. Der Wind übernimmt vielmehr nur ihre Verbreitung in horizontalen Richtungen über weite Flächen des Feldes. Das eigentliche Abjegen auf die Narbe wird auch hier durch Temperaturftrömungen vollzogen, und zwar in den Inter— vallen, welche den Windftößen zu folgen”pflegen.!) Der Unterjchied in der Wirkungsrihtung des Windes im Gegenſatz zu den Temperaturftrömungen fommt Hier bejonders zum Ausdrud. Der Wind verläuft vorzugsweiſe in horizontalen Richtungen ſenkrecht zur Erdoberflähe und in diefer Richtung vermag er die Sporen über weite Flächen des Feldes zu transportieren, während die Temperaturftrömungen von dem erwärmten Erdboden aus— gehend, vorzugsweiſe in vertifalen Richtungen, und zwar nur von unten nad) oben verlaufen. Die günftigften klimatiſchen Faktoren für die Blüteninfeftion des Mutterforns find daher, wie bereitS hervorgehoben wurde, feuchte Lagen und windjtilles Wetter. Die Blüteninfektion des Brandes ift dagegen be— günftigt in trodenen, fonnigen Lagen, welche die PBerftäubbarfeit der Sporenaggregate erhöhen und durch andauernde mäßige Winde, welche die Sporen verftäuben und verbreiten. 1) Ganz analog find die Vorgänge bei der Verbreitung und Übertragung der Uredofporen, ſowie der Pollenförner bei den auf Windbeftäubung eingeftellten Pflanzen arten ujw. | 7 ——— In der Organiſation macht ſich der Unterſchied der auf Windverſtäubung und der im weſentlichen auf Verbreitung durch Temperaturſtrömungen ein— geſtellten Pilze dahin geltend, daß bei den erſtgenannten Formen faſt aus— ſchließlich die Pilzſporen, und dieſe dann in übergroßer Zahl zur Bildung kommen, ſo daß man ihre Menge auf der gewöhnlichen Wage durch das Gewicht beſtimmen kann. Wägungen des geſiebten Brandſtaubes einzelner ge— trockneter Brandähren vom Gerſtenflugbrande und der Gallen des Hirſe— brandes ergaben, daß die erſteren 0,2 bis 0,8, Die letzteren 0,5 bis 2 g reinen Brandftaub enthielten, während die von den Köpfchen eines Sclerotiums auf Fanggläfern gewinnbaren Sporenmengen fi noch nicht durch Wägung feftitellen Ließen. !) Die bei den Brand», Noft:, Mehltaupilzen ufw. gebildeten Sporen- mengen reichen jomit dazu Hin, weite Qufträume zu erfüllen, wenn fie durd) den Wind verftäubt werden, jo daß die Infektion durch den Verluft der bei weiten größten Zahl von Sporen nicht in Frage gejtellt werden fann. Bei den; Infektionen des Mutterkornes, welche ausſchließlich durch Temperaturftrömungen zuftande fommen, find die Sporenmengen, welche zur Berbreitung gelangen, im Verhältnis Hierzu außerordentlich) gering. Wenn fie duch zu Starke Temperaturftrömungen oder gar durch Wind- ftrömungen über die Ähren hinaus in den freien Luftraum gelangen, fünnen fie bei ihrer geringen Abſatzgeſchwindigkeit in ungemefjene Entfernungen in dem unendlich weiten Luftraum verbreitet werden, bevor fie wieder an einen genügend zugfreien Ort gelangen, der das Abjegen ermöglicht. Ganz ähnlid) liegen die Verhältnilfe bei den am Erdboden überwinternden A3co- und Bafidiomyceten, den Teleuto-Sporen ujw. Bei der großen Zahl der Höheren Pilze der Bafidiomyceten und Ascomyceten werden die Sporen immer nur in verhältnismäßig geringen Mengen ausgebildet. Man muß die betreffenden Fruchtkörper ſchon kilo— weife zur Verfügung Haben, um die Sporen in Grammen zu geminnen. Hier wird die bei weitem größte Menge von Stoff und Energie dazu ver: wendet, die Fruchtförper mit den bejchriebenen fomplizierten Verbreitungs— organen zu erbauen, welche jede Spore vereinzeln, fie vereinzelt ausmwerfen und ihre jporenbildenden Organe räumlih in beitimmte Richtungen jo orientieren, daß jede ausgeworfeneSporeineinengenügend hohen freien Luftraum gelangt, in dem fie von den Temperaturjtrömungen erfaßt und verbreitet werden fann. Alle diefe Organismen werden vorzugsweiſe an mwindftillen feuchten Drten gebildet, in Lufträumen, die im Sinne dieſer Verbreitung alö ge— ſchloſſene zu betrachten find, wie dies für die unterhalb der Ähren befind- ) Schon in,den gejchlofjenen Zylindern, bei welchen eine große Zahl feimender Sclerotien ausgelegt wurden und bei denen alle Sporen in dem Heinen Zylinderraum verteilt worden find, find die auf den Fangflädhen abgejegten Sporen dody nur als feiner Hauch wahrzunehmen. —— lichen Lufträume eines komplexen Getreidefeldes bei windſtillem Wetter zu— trifft. In noch höherem Maße ſind die von unſern Wäldern beſtandenen Lufträume als geſchloſſene zu betrachten, und ſo iſt es zu erklären, daß die im Walde jo zahlreich vorkommenden Pilze in ihrer großen Mehrzahl den obengenannten Klajjen der Bafidiomyceten und Ascomyceten angehören. Auch joweit die Keime diefer Pilzarten Pflanzenkrankheiten verurfachen, werden für ihre Verbreitung fomit in erfter Linie die Temperaturftrömungen wirkſam jein, doc können fie ſekundär natürlich nad) horizontalen Richtungen durd) die im Walde vorfommenden Windjtrömungen weiter verbreitet werden, um dann jchließlich wieder durch Temperaturftrömungen abgejeßt zu werden. Erft wenn wir die verfchiedenen Kräfte und ihre fpezifiihe Wirkſamkeit trennen und unterjcheiden lernen, können wir die Vielheit der Möglich: feiten und ihr Zuſammenwirken in der Natur richtig verjtehen und bewerten. Mykologiſches Inftitut der Königl. Forſtakademie, Hann.-Münden 1911. Standorts- und Beftandesbejhreibung im Dienfte einer Beitandes: geſchichte. Von Oberforſtmeiſter Fricke. Die Regeln des Waldbaus entſtehen aus der Erfahrung. Auch wenn die wiſſenſchaftliche Behandlung des Waldbaus den Regeln eine ſo allge— meine Faſſung gibt, daß das lokale Kolorit der Erfahrung verſchwindet, aud) wenn die Einordnung der Waldbauregeln in ein wifjenjchaftliches Syſtem das nachträgliche Urteil ftärfer hervortreten läßt als die urjprüng- liche Beobachtung, und wenn die naturmwifjenschaftlihe Begründung der Regeln durch Hinweiſe auf die wirkſamen pflanzenphyfiologiichen, klima— tiichen und bodenfundlichen Gejege vorwiegend ein Ergebnis menschlichen Nachdenfens it, die Duelle aller Waldbauregeln und der Prüfitein ihrer Nichtigkeit ift und bleibt ftetS die Beobachtung im Walde. Wirkliche Fort- Ihritte im Waldbau können wir nur dur) die Erforschung der im Walde erreichten Erfolge verjchiedener Maßregeln unter verjchiedenen Verhältniſſen erzielen. Dabei werden Unterfuhungen und Verſuche in Laboratorien als Hilfsmittel der waldbaulichen Forſchung oft wertvolle Dienfte leijten, die Forſchung im Walde zu erjeßen, jind fie aber nicht imftande. Da zwiſchen Saat und Ernte in der Forftwirtichaft meist mehr denn 100 Fahre liegen, iit es feinem Forſtmann vergönnt, die Entwicklung einer ganzen Beitandes- generation jelbjt zu erleben. Eelten ift dem Forfimann die Sugendgeichichte eines Bejtandes, den er fällen läßt, befannt, jelten erfährt er die vollen Erfolge feiner Kulturtätigfeit. Diefer Umftand nötigt zur genauen jchrift- lihen Aufzeichnung aller waldbaulihen Mafregeln, Nutzungen und Er— 7* — u fahrungen in den einzelnen Beftänden, damit die Dienftnachfolger ſich über die Vergangenheit der Beltände unterrihten und bei ihrem Abtriebe einen überblic über die vollen Erfolge der einzelnen bejtandesbegründenden und beitandeserziehenden Maßregeln gewinnen fönnen. Aus den einzelnen Auf- zeichnungen entjteht fürjeden Beſtand eine Geihichte, die Beſtandesgeſchichte. Die Kol. Sächſiſche Staatsforjtverwaltung hat bereit3 vor längerer Zeit Vorjchriften für das Anlegen und Weiterführen einer Gejchichte einzelner Beitände erlaffen, die Kgl. Bayeriſche Staatsforjtverwaltung Hat in der neuejten Anweiſung für Forfteinrihtung (1910) vorgejchrieben, daß das Formular für Standorts- und Beitandesbeichreibung „zugleih zur Führung einer Beitandeschronif” dienen joll. Die preußiiche Staatsforjtverwaltung befigt in dem Kontrollbuch, dem Hauptmerfbuch und den einzelnen Betriebs- plänen bereit die Baufteine zur Errichtung einer Beſtandesgeſchichte, jie müffen aber noch zugerichtet und zujammengefügt werden. Der Entwurf einer Anmweifung zur Ausführung der Betriebsregelungen in den preußijchen Staatsforften von 1908 hat die bisherige Gepflogenheit beibehalten, die Standorts- und Beitandesbeichreibungen in die alle 20 Jahre neu aufzu= itellenden Betriebspläne eintragen zu lajjen. Daraus ergibt fi) die Not- wendigfeit, die einzelnen, aufeinander folgenden Betriebspläne durchzu— blättern, wenn man fi) aus den periodischen Beichreibungen der Stand» orts- und Beitandesbeichaffenheit ein Bild von der allmählichen Entwidlung eines Beſtandes verichaffen will. Dieſe Arbeit ift jo zeitraubend, daß ſich nur jelten jemand zu ihr entſchließt, und daß die wichtigen Standorts- und Beitandesbejchreibungen für die Beitandesgeichichte gänzlich unbenugt bleiben. Eine Beurteilung der in dem Hauptmerkbuch niedergelegten Zahlen über den Kulturbetrieb und der Angaben des Kontrollbuchs über die Holzerträge ift nur möglich, wenn man die Entwidlung der mit ihnen im Zujammen- hange ftehenden Standorts» und Bejtandesbejchaffenheit fennt, und ums geehrt laſſen ſich aus der Iegteren nur dann fihere Schlüffe auf die Wirt- ichaft ziehen, wenn man über die vorhergegangenen Kulturen, Hauungen und ſonſtigen Ereigniffe unterrichtet if. Nur aus dem Zujammenfügen aller diejer Aufzeichnungen entjteht eine Beſtandesgeſchichte, welde die reichite und lauterſte Quelle forjtliher Erfahrung ift. ES empfiehlt fih, nach dem Mufter der neuften bayerijchen Vorſchriften für jeden Beitand einen bejonderen Bogen anzulegen, auf welchem alle Standortsverhältnifje und Beſtandeseigenſchaften, welche im Laufe der Geſchichte einem Wechſel unterworfen jind und Ertrag wie Nußungsweije beeinfluffen, bejchrieben werden. Bei jpäteren Betriebsregelungen werden die inzwilchen einge- tretenen Veränderungen auf dem vorhandenen Bogen vermerkt, jo daß auf dem einen Bogen die Entwidlung des Standort3 und Beitandes einer Abteilung von der Beitandesbegründung bis zum Abtrieb aufgezeichnet wird. Mit diefem Bogen werden dann noch weitere Bogen für. das Ver- €. — 11 — merfen der Kulturarbeiten, Holznugungen und bejonderen Ereignijje ver- bunden. Dann jind alle für die Geſchichte eines Beitandes wichtigen An— gaben auf wenigen, mit einander verbundenen Blättern zufammengetragen. Um das Entjtehen unhandlicher Bücher zu vermeiden, vereinigt man Die Blätter zu einzelnen Heften — vielleicht ſchutzbezirksweiſe —, welche nad) Syitem Sönnefen [oje geheftet werden. Die Eintragung der Standort3= und Beitandesbeihreibung in den Betriebsplan, desgleichen die Fortführung des bisherigen Hauptmerfbuhs und des Kontrollbuchs, Abjchnitt A, werden durch die Anlage der Bogen für Beitandesgeihichte unnötig. Werden die Standorts- und Beltandesbeichreibungen als ein wichtiger Teil der Be— jtandesgefchichte angejehen, jo müſſen fie nad) anderen Grundjäßen aus— geführt werden, al3 wenn fie nur zur Begründung der im Betriebsplan vorgeihlagenen Maßregeln dienen jollen. Letzterer Zweck fordert die Angabe aller Umftände, welche für die Wahl der zufünftigen Bewirt— ihaftung eines Bejtandes bedeutungsvoll fein fönnen, aljo auch die Be— ihreibung dauernder Umjtände als Höhenlage, Erpojition, Tiefgründig- feit des Bodens u. a. m. Die Angaben wurden bisher aus Rückſicht auf den beihränften Zweck möglichjt kurz gehalten, und da fie nach Genehmigung des Betriebsplans bedeutungslos wurden, reichten für fie beliebige Ab- fürzungen aus, wenn fie nur jeweilig von den Nächitbeteiligten, Forſt— einrichter und prüfender Behörde, verjtanden wurden. Die Standorts= und Beitandesbeichreibungen einer Beitandesgejchichte brauchen dagegen nur Die- jenigen Umjtände zu erwähnen, welche eine bemerfbare Veränderung inner- halb einer gewöhnlichen Umtriebszeit erfahren fönnen, jie müſſen aber jo ausführlich und allgemein verjtändlich dargeitellt jein, daß jeder Lejer noch nach Hundert und mehr Jahren in der Lage ift, ſich nad) der Be— ihreibung ein genaues und richtiges Bild von dem einjtigen Zuſtande und der Entwicklung des Bodens und Beitandes zu machen. Eine vollkommene Standortöbejchreibung, welche befähigt, ein Urteil über die Fruchtbarkeit eines gegebenen Standorts abzugeben, muß jich über das allgemeine und bejondere Klima, über die dauernden Bodeneigenjchaften und den gegenwärtigen Bodenzujtand äußern. Für die Beitandesgeihichte hat nur die Angabe des Bodenzuftandes als des wichtigiten, veränder- lihen Faktors der Fruchtbarkeit Bedeutung. Die übrigen Standort3- eigenschaften werden zwedmäßig in geologiich-agronomifchen Karten mit Höhenjhichtenlinien feitgelegt. Was in derartige Karten nicht Hineinpaßt, wie 3. B. allgemeines Klima, kann in einer allgemeinen Nevierbejchreibung dargeftellt werden. Der jeweilige Bodenzuftand wird am jhärfiten durch die Beichaffenheit der Zerjegungsprodufte der Walditreu (Humus) und dur die Bodenflora gekennzeichnet. Beide find nicht allein vom Klima und ſonſtigen Standorts— eigenihaften, jondern auch von der Forſtwirtſchaft abhängig. Waldbauliche — 12 — Fehler, welche die Bodenfruchtbarfeit beeinträchtigen, offenbaren fih am ichnellften und deutlichiten durch Veränderungen der Bodenflora, bezw. der Bodenbedeckung. Auch nad) der pofitiven Seite Hin find Humusbejchaffen- heit und Bodenflora der beite Prüfitein der Wirtichaft. Sie verdienen nicht allein als empfindlichites und ficherfte8 Neagenz des Waldhaus jorg- fältige Beachtung, ſondern auch weil fie jelbjt die Fruchtbarkeit des Stand- ort3 und damit die Wachstumsleiſtungen der Waldbeitände Häufig un- mittelbar beeinfluffen. Cine dichte Bedeckung des Bodens mit Heide ver- ichlechtert ihn allmählich jo jehr, dak eine Nachzucht der Eiche troß des Vorhandenſeins eines Leidlichen Alteichenbeitandes nicht mehr möglich ift, alte Buchenbejtände werden durch dichtes Beerfraut zopftroden gemacht und Ihließlih zum Abjterben gebracht, Fichtenbeſtände fönnen durch Sumpj- mooje in Baumfirhhöfe umgewandelt werden. Da das Borhandenjein einer für das Beſtandeswachstum nachteiligen Bodenflora und Humus— beichaffenheit deutlih auf vorhergegangene Mißgriffe der Wirtiehaft und auf nachfolgende Schäden Hinmweilt, fann eine Beſtandesgeſchichte, welche waldbauliche Erfahrung bringen fol, auf die Schilderung der Bodenflora und des Humus nicht verzichten. Dieje iſt Iehrreicher als die genaujte Beitandesbeichreibung, fie muß als der wichtigſte Teil der Be- tandesgejhichte angelehen werden. Für die Beichreibung der Bodenftreu und des auf dem Boden auf- liegenden Humus gibt die Anleitung zur Standorts- und Beltandes- beichreibung des Bereins deutſcher forjtlicher VBerjuchsanjtalten vom 3. Sep: tember 1908 eine ausreichende und leicht verjtändliche Anmeilung. Zur Beichreibung des Auflagehumus muß aber nod die Angabe der Schichten- Itärfe Hinzufommen, um von ihm ein zutreffendes Bild zu geben. Bei der Schilderung der Bodenflora braudt man ji nicht als bota- niſcher Spezialiſt zu erweiſen, es genügt die Angabe der befannten Pflanzen— arten, welche für den Grad der Bodenfeuchtigkeit, des Lichteinfalls, des Reichtums des Bodens an Nährſalzen oder für einen ſauren oder alkaliſchen Bodenzuſtand bezeichnend ſind. Da in einem Beſtande die Bodenflora ſelten auf der ganzen Fläche gleichmäßig ausgebildet iſt, müſſen die ört— lichen Verſchiedenheiten angegeben werden. Ferner iſt zu vermerken, ob der Stand der Bodenpflanzen ein vereinzelter, horſtweiſer oder flächenweiſer mit geringem, lockerem oder dichtem Schluß iſt, ob die Pflanzen ſchwach oder kräftig entwickelt ſind, ob ſie reine oder gemiſchte Beſtände bilden. Nach— ſtehend gebe ich einige Beiſpiele einer vollſtändigen Beſchreibung der Humusbeſchaffenheit und der Bodenflora: Im ebenen Teil der Abteilung auf der ganzen Fläche Cladonia rangiferina dicht beſtanden, kräftig entwickelt, vereinzelte ſchwache Calluna-Sträucher, Troden- torf 0,5 cm. Am öſtlichen Hang Nadelſtreudecke über 1 cm Moderhumus, unter- — 13 — brochen bon größeren Bejtänden Hypnum triquetrum und Schreberi über 0,3 cm Trodentorf, einzelne 1 bi$ 2 m hohe Juniperus-Sträucher. Dder: Auf 0,7 der Fläche (gejchlojjene Teil des Beitandes) 15 cm Troden- torf, darüber dünne, lockere Nadelitreu, 0,2 der Fläche (Schneebruchpartien) dichter Stand von 1 bis 1,5 m hoher Molinia coerulea auf Trodentorf, platzweiſe üppige Sphagnum-®olfter, 0,1 der Fläche (Wejthang am Bachlauf) Calluna und Vaccinium Vitis Idaea gleihmäßig gemifcht, loderer Stand, mittelmäßig entwidelt. Dder: Laubjtren über 3 cm Moderhumus, in den Senkungen 10 cm Trockentorf und zwei, 1bis 3 ar große Miffen mit dichtem, üppigem Polytrichum- Bolfter, am weftlichen Beitandesrand ein etwa 30 m breiter Streifen mit Vacc. Vt. Id., dihter Stand, Unterlager von 5 cm Trodentorf, der untere etwa 40 m breite Streifen des Südhangs ausgeweht, verhärtet. Durch derartige Beichreibungen wird die Beitandesgejhichte eine wahre Lebensgeihihte. Sie machen Angaben über Bodenfeuchtigfeit, Lockerheit, Tätigkeit der Bodenfauna, Nährjtoffreichtum des Bodens uſw. überflüjfig, fie führen auf einfachite Art zu einer genauen Kenntnis des Waldes. Ihre Ausführung ift feine ftumpffinnige, mechanijche Arbeit, denn jie erfordert Aufmerkjamfeit, Erfahrung, fie führt zur Beurteilung der früheren und gegenwärtigen Wirtjchaft, jowie zum Überlegen der zweckmäßigſten Zufunfts- wirtichaft. Mir erjcheint die Anfertigung einer guten Beichreibung des zeitlichen Bodenzuftandes interefjanter als alle anderen Arbeiten einer Be— triebSregelung. Zu einer vollftändigen Beitandesgeihichte gehören noch die von 10 zu 10, oder von 20 zu 20 Jahren zu wiederholenden Bejchreibungen der Ausformung und der Zuwachsleiſtungen der Bejtände, die jogenannten Beſtandesbeſchreibungen. Sit die Beichreibung eines Bejtandes ge— legentlich einer Betriebsregelung vollſtändig aufgeitellt worden, braucht ſie bei jpäteren Betriebsregelungen nur berichtigt zu werden, jofern und joweit in der Zwiſchenzeit Änderungen eingetreten jind. Um den Forde— rungen einer guten, Iehrreichen Bejtandesgejchichte zu genügen, d. h. um den Entwidlungsgang eines Beſtandes in Bezug auf Mafje und Wert genau feitzuftellen, muß die Bejtandesbejchreibung folgende Angaben ent- halten: Holzart, in gemiſchten Bejtänden das Verhalten der Holzarten zu einander, mittlere Bejtandeshöhe, Stammzahl und Stammgrundfläche je ha, mittlerer Durchmeſſer in Bruſthöhe und mittlerer 10jähriger Durchmeſſer— zuwachs der 200 jtärfiten Stämme je ha, Kronenlänge in Zehntel der Iotalhöhe, Höhenwahstum (gut, mittel, gering, fehlend, zopftroden), Be— ſtandesſchluß (gedrängt, geſchloſſen, Ioder, Lüdig, licht, raum), Schaftform (lang-, Eurzihäftig, gerad-, krummwüchſig, ajtrein, äſtig) und Gejundheit. Der Entwurf einer preußiihen Anweiſung zur Betriebsregelung ilt natürlih in jeinen Anforderungen an eine Beitandesbejchreibung weit be— ſcheidener, weil er die Schaffung einer Beitandesgeihichte nicht berüdjichtigt — 14 — und nur dem Grundjaße der Kürze Huldigt. Die bayerische Anweiſung für Forfteinrihtung von 1910, in der die Beitandesbejchreibung als ein Teil der Beitandeschronif bezeichnet wird, hat dagegen fajt alle vorhin von mir geforderten Angaben in ihr Mufterformular aufgenommen. Holzart. Eine Beitandesbejchreibung Hat zunächſt die Herrichende Holzart zu benennen. Kommen in einem Bejtande mehrere Holzarten vor, jollen nad) der preußischen Anweiſung das Mifhungsverhältnis ziffernmäßig und die Art der Miihung (einzeln, Horjtweife ujw.), gegebenenfalls auch die Unterfchiede in der Ertrag3flaffe und dem Alter angegeben werden. Das reicht aber weder für eine Beſtandesgeſchichte noch zur Begründung wirt- ichaftliher Maßregeln aus. Es iſt notwendig, aud das Wachstumsver— hältnis, in dem die Holzarten zu einander jtehen, anzugeben, 3.8.: Buchen (0,7) mit gleich hohen, aber eingeflemmten Eichen, oder: Kiefern (0,8) mit teil3 zwiſchenſtändigen, teil3 unterjtändigen Buchen, oder: jtarf vorwüchlige Fichten (0,4) und beherrichte Buchen (0,6), oder: Buchen, durchitellt mit einzelnen Lärchen, welche 2 bi$ 3 m höher find, deren Kronen aber durch die nachwachſenden Buchen ftarf verkürzt find. Noch jchärfer wird das Bild, wenn für jede Holzart die Stammzahl je ha, die mittlere Stamm— ftärfe und »Höhe der zum Hauptbeitande gehörenden Stämme angegeben werden. Um eine auf längere Zeiträume ausgedehnte Erfahrung über die Entwidlung von Mijchbeitänden verjchiedener Begründungsarten zu ge- winnen, ilt es notwendig, die Verjchiedenheit der Energie, mit der die ge— milchten Holzarten ihren Bla unter verjchiedenen Verhältniſſen zu behaupten und zu vergrößern vermögen, durch jorgfältige Aufzeichnungen über die Veränderungen in dem Verhältnis der Durchmefjer und Höhen £larzuftellen. Bei der großen Bedeutung der Mijchbeitände für Erhöhung der Wald- rente, Erhaltung und Beljerung der Bodenfraft, Verminderung der ſchäd— lihen Folgen von Kalamitäten muß gewünjcht werden, daß die immer von neuem wieder einjegenden Verjuche der Nevierverwalter mit Gründung von Miihbeitänden durch Feſtlegung derjelben in der Beitandesgeihichte und durch weitere Beobachtung der Entwicklung diejer Beitände der Belehrung nachfolgender Generationen dienjtbar gemacht werden. Wieviel Lehrgeld iſt nicht gerade auf dieſem Gebiete ſchon vergeblich gezahlt worden, weil der Nachfolger nicht erfuhr, was die Vorgänger erfolglos bereits verjucht Hatten! Beitandesalter. Auf die richtige Ermittlung des Beitandesalters ſoll nad) der preußiſchen Anweiſung „befonderer Wert“ gelegt werden. Die Anmweilungen anderer Staatsforjtverwaltungen betonen gleichfalls die Be— deutung einer richtigen Altersbejtimmung. Da die Hiebsreife der Bejtände in erjter Linie nach ihrem Alter beurteilt wird, und da Bonitierung, Vor— rats- und BZumachsermittlungen nad) den Ertragstafeln auf Grund der Altersbejtimmungen erfolgen, iſt die Wertihägung richtiger Altersermitt- lungen wohl verftändlid. Leider ijt aber das Beitandesalter feine jichere SIR — Stütze eines Urteils über Standortsklaffe und Hiebsreife, denn es fommen häufig Fälle vor, in denen die Entwidlung des Beitandes durch ungünftige Einflüffe (Verbiß, wiederholte FFroftbeihädigungen, Hemmung der Jugend- entwiclung durch langes Überhalten der Samenbäume u. a.) jo zurüd- gehalten wird, daß Vorrat und Zuwachs des Beitandes einer jüngeren Altersjtufe mit normaler Entwicklung entſprechen. In der bayerijchen Forfteinrihtungsanmweilung ift daher die Angabe des wirtſchaftlichen Alters gefordert, d. h. „bei einem fehr engen Jahrringfern ſoll nicht die gejamte Zahl der Jahrringe in die Altersbeftimmung einbezogen werden, fondern nur jener Teilbetrag, der bei ungejtörter Entwidlung nötig gemwejen wäre, um den Durchmefjer des engen Kerns zu erreichen”. Dieſe Bejtimmung ermöglicht jedoch nicht, die auf äußere Einflüffe zurüdzuführenden Zuwachs— Hemmungen jpäterer Jahre, z. B. durch zeitweiligen, übermäßigen Dicht- jtand, wiederholten Naupenfraß u. a. bei der Altersbejtimmung gebührend zu berüdjichtigen, jo daß jelbit das wirtſchaftliche Alter nur einen ganz ungenauen Maßitab für die Beurteilung der Hiebsreife der einzelnen Be- tände abgibt. Für die Beſtandesgeſchichte ift die Angabe des Beltandes- alters unnötig. In der Geſchichte wird für jede Kulturarbeit, jeden Samens, Lichtungs-, Näumungshieb das Jahr der Ausführung bemerft. Auf Grund dieſer Zeitangaben mag man dann jpäter zur Beurteilung der Beitandesentwiclung irgend ein Jahr als Gründungsjahr des Beitandes annehmen, für die Beitandesgeihichte ift das aber unmelentlih. Bei der Feſtſetzung des Gründungsjahres wird man Häufig willfürlich verfahren müſſen, weil fait alle Bejtände nicht in einem Jahre, fondern im Verlaufe vieler Jahre entitanden find, und der Anteil der einzelnen Jahre an der Beitandesbegründung jchwer ermittelt werden fann. Es gibt Buchen- beftände, welche während einer AOjährigen Verjüngungsdauer entjtanden find, und ein normales Kiefernjagen hat zu feiner fertigen Verjüngung in der Negel mindeitens eine PVeriodenlänge (20 Jahre) nötig; bei Maifäfer- und Schütteihäden wollen zuweilen die Nachbeiferungen gar fein Ende nehmen. Die hieraus hHervorgehende, unvermeidliche Unficherheit aller Altersbeitimmungen hat aber feine große Bedeutung, da eine ganz forrefte Altersangabe doch nur bei ungeltört, „normal“ aufgewachjenen Beltänden für die Bonitierung nach den „Normal”ertragstafeln und für die Beur- teilung der Hiebsreife von Bedeutung fein fann. Da nun aber normal aufgewachſene Bejtände eine Seltenheit find, fommt es in der Praxis bei der Altersbeitimmung auf ein paar Jahre mehr oder weniger nicht an. Die Bedeutung des Beitandesalters wird meift ftarf überfhäßt. Das ift darauf zurüdzuführen, daß durch die Ertragstafeln die Anſicht befeftigt worden it, Vorrat und Zuwachs jeien eine Funktion des Alters, kenne man nur Alter und Bonität, jo habe man auch ſchon Kenntnis von den gegen- wärtigen und allen zufünftigen Wachstumsleiftungen des Beftandes. Die — 16 — Ertragdtafeln weiſen ein Nachlaſſen des Beſtandeszuwachſes vom Stangen- holzalter ab nad. Auch im Tierreich nehmen nach Überjchreiten einer be— jtimmten Altersitufe die Kräfte ab. Da erjcheint es ganz felbjtverjtändlich, daß der Zuwachs der jungen Beltände zunimmt, die Kraft (der Zuwachs) im reifen Sünglingsalter ihre Höhe erreicht und darüber hinaus mit zu— nehmendem Alter nachläßt. Betrachtet man aber Einzeljtämme, jo muß man jtußig werden; da findet man nicht allein ſolche, die in der Jugend raſch und im Alter langſam gewachſen find, jondern auch Stämme mit langjamem Jugend» und rajchem Alterswuchd. Durch Begünftigung oder Beeinträchtigung der äußeren Wachstumsbedingungen hat der Forjtmann e3 ganz in der Hand, den Zuwachs der Einzelbäume in jedem Alter zum Sinfen oder zum Steigen zu bringen. Der Zuwachs der einzelnen Wald- bäume ijt bis zu den Altersgrenzen, welche für die Forftwirtichaft wirt- Ichaftlihe Bedeutung haben, von ihrem Alter unabhängig. Ganz ab- weichend vom Bau des tieriichen Körpers ift der Körper der Bäume von der höchſten Baumfpige bis zum legten Wurzelende von der Kambiumjchicht, einem Teilungsgewebe, überzogen, welches alljährlidy neue Lebende Zellen produziert. Nur die jüngiten Zellreihen find der Drt der Lebenstätigfeit. Altzährlid werden neue Wurzelſpitzen und Blätter gebildet, welche Die Nähritoffe aufnehmen und verarbeiten. Alles, was an den Bäumen alt it, nimmt am Leben nicht mehr teil, jondern dient als Borfe oder Kern- holz mechanischen Zweden, und alles, was am Leben der Bäume, felbjt taufendjährigen, teilnimmt, ift jung. Daher fann von einem „Altern“, d. h. von einer Nüdbildung vorhandener Organe, von einer regrejjiven Metamorphoje, wie jie bei den Tieren vorfommt, bei den Bäumen nicht gelprochen werden. Gehen einzelne Bäume in ihrem Wachstum zurüd, jo ift das auf Verjchlechterung des Standorts, oder auf Behinderung einer normaler Kronen oder Wurzelentwidlung, oder auf Zeritörung lebender Zellen durch Tiere oder Pilze, nicht aber auf Altersſchwäche zurüdzuführen. Betrachten wir allein das Höhenwahstum, jo muß allerdings ein jchon frühzeitige8 Nachlaſſen der Wachstumsleiftung ohne äußere nachteilige Ein- flüffe zugegeben werden. Diejer Nüdgang hängt aber nicht vom Alter de3 Baumes, jondern von der Höhe ab, die der Baum jchon erreicht Hat, d. h. von der Hubhöhe, bis zu welder das Waller aus dem Boden gehoben werden muß. Über eine gewiſſe Baumhöhe hinaus fann aus mechanischen Gründen das Waller im Stamm nicht emporfteigen. Dieje Grenze ift nicht vom Baumalter, jondern nur vom Klima, von der Bodenbejchaffenheit und der angeborenen Arteigentümlichkeit der Waldbäume abhängig. Eichen und Buchen, welche im 120 jährigen Alter infolge ungünftiger Bodenveränderung zopftroden geworden waren und während der nächiten 30 Jahre durch Abmwerfen des trockenen Wipfels 8 m von ihrer früheren Höhe verloren hatten, haben nad Wiedereintritt des früheren guten Bodenzuftandes im 150jährigen — 107 — Alter Höhentriebe wie 6Ojährige Bäume gemacht, jo daß die frühere Höhe im 200jährigen Alter annähernd wieder erreicht wurde. Die gleichalten Eichen und Buchen im Nachbarbeitande, welche den Wechjel des Boden— zuftandes nicht durchzumachen hatten, haben in dem gleichen Alterszeitraum von 150 bis 200 Sahren einen faum meßbaren Höhenzuwachs gehabt. Diejes Beijpiel zeigt, daß nicht das Beitandesalter, jondern die Baumhöhe das Höhenwahstum beeinflußt. Trogßdem ein Nachlaſſen des Stärkezuwachſes der Einzelbäume infolge zunehmenden Alter® nicht angenommen werden kann, weijen alle Ertragstafen nit nur ein Zurüdgehen des Höhenzuwachſes, jondern auch des Stammgrundflächenzumachjes auf der Flächenein— heit mit zunehmendem Alter nad. Diejer jcheinbare Widerſpruch läßt ih folgendermaßen erklären. Wenn der Geſamtzuwachs eines Cinzel- ſtammes nicht nachlaſſen jol, muß er in der Lage jein, alljährlich neue Seitentriebe mit neuen Blättern oder Nadeln zu entwideln, da die legteren nicht mit einer teilungsfähigen Kambialſchicht überzogen find, mithin im wahren Sinne des Wortes altern und nad verhältnismäßig furzer Zeit funftionslos werden. Das dauernde Bedürfnis der Kronenausbreitung für den Einzelſtamm macht im gejchloffenen Beftande eine dauernde Ber- minderung der Stanımzahl auf der TFlächeneinheit (ha) notwendig. Mit Abnahme der Stammzahl wird der Baumumfang aller Stämme in 1,5 m Höhe je ha geringer, weil die Zunahme des Durchmeſſers in BruftHöhe nicht in gleichem Maße jteigt al3 die Stammzahl abninımt. Da der Kreisflächenzuwachs gleich dem gefamten Stammumfang aller Stämme mal mittlerer Sahrringsbreite ift, muß bei gleihbleibender Jahrring3breite der Kreisflächenzuwachs je ha mit abnehmender Stammzahl, d. i. mit ab— nehmendem Baumumfang je ha nadjlaffen. In älteren Beltänden mit ge= ringem Höhenzuwachs wird der Maſſenzuwachs fajt allein durch den Stärkenzuwachs bejtimmt. Deshalb muß in diefen Beltänden auch ein allmählides Nachlaſſen des Maſſenzuwachſes des Beitandes je ha eintreten, während die Einzeljtämme des Beltandes, welche ihre Kronen normal entwideln fönnen, bei gleichbleibender Jahrringsbreite — alſo ohne Lihtungszumahs — eine Zunahme des Maſſenzuwachſes zeigen. Das Nachlaſſen des Stammgrundflächens und Maſſenzuwachſes je Flächen- einheit (ha oder qm) der Schirmfläche troß gleichhleibender Jahrrings- breite, aljo bei zunehmendem Zuwachs des Einzelſtammes, wird aus folgenden Überlegungen phyfiologifh erflärlich. Gleichen Beſtandesſchluß d. 5. gleiche ſeitliche Beſchattung der Kronen vorausgefegt, verhält fich der Stammgrundflächenzuwachs zweier Stämme ungefähr wie die zuge- hörigen DBlattmengen, die Blattmengen verhalten ſich ungefähr wie die Mantelflähen der Kronen, die Mantelflächen verhalten ſich unter Annahme einer Kalotte wie D.w.h (D = größter Kronendurd)- = MW = mejfer, h = Fronenlänge), unter Annahme eines Kegels ungefähr mie D. #.h. 0,5. Da die Kronenlängen in älteren Bejtänden fi nur wenig ändern, verhalten ſich in dieſen Beitänden die Mantelflächen mie Die Kronendurchmeifer, folglich verhält fih auch der Zuwachs wie die Kronen- durchmeſſer. Die Schirmflächen nehmen aber wie die Duadrate der Kronen— durchmeffer zu, mithin nehmen Zuwachs und Schirmflädhe nicht gleichmäßig zu. Beträgt der Zuwachs eined Stammes mit 5 m Aronendurchmeijer (= 19,6 qm Schirmfläche) 20 cbdem, jo ift der Zuwachs je qm Schirm— fläche = — 1 ebdem, je 10000 qm oder 1 ha= 10 fm. erhält ſich der Zuwachs wie die Laubmenge, Mantelfläche der Krone, Kronendurchmejjer, jo hat ein Stamm mit 6 m Kronendurchmeſſer (= 28 qm Schirmfläche) 5 — 0,857 ebdem, für 1 ha 8,57 fm. Im Iegteren Falle läßt mithin der Zuwachs des Beitandes nad, obgleich der Zuwachs jedes einzelnen Stammes, der bis zum Schluß der Zuwachsperiode ftehen geblieben ift, zugenommen hat. Die Annahme, daß fih der Zuwachs des Einzelftammes in älteren Bejtänden ungefähr wie der Kronendurchmeſſer verändert, wird noch durch die Erfahrung beitätigt, daß Sich in älteren Beitänden die Stammgrundfläde und daher auch die Abftandszahl (Kronendurchmeſſer geteilt durch Stammdurchmeſſer) wenig 24 cbdem Zuwachs und je qm Schirmfläche verändert, daß alſo 2 = J wenn D und D’ die mittleren Kronendurch— meſſer und d und d’ die mittleren Stammdurchmeſſer zweier verjchieden alter Bejtände bedeuten. Da fih der Stammgrundflächenzuwachs der Einzelftämme (z) bei gleicher Jahrringsbreite wie der Stammdurchmeijer verhält, aljo — und da = n, jo iſt auch = 3 d. h. der Zu— wachs des Einzelſtammes verändert ſich bei zunehmendem Kronendurchmeſſer, aber gleichbleibender Jahrringsbreite wie der Kronendurchmeſſer. Die Richtigkeit vorſtehender Ausführungen vorausgeſetzt, muß auch mit abnehmender Stammzahl in geſchloſſenen Hochwaldbeſtänden die Laub— bzw. Nadelmenge abnehmen. Dieſe Folgerung ſtimmt mit der Wahr— nehmung überein, daß die Beſtände, je ſtammärmer ſie werden, um ſo mehr Licht durch das Kronendach hindurchlaſſen. Ebenſo wie der Zuwachsgang des Einzelſtammes nicht vom Baumalter abhängig iſt, ſo auch nicht der Zuwachs des Beſtandes vom Beſtandesalter. Wie vorhin ausgeführt, hängt in älteren Beſtänden der Maſſenzuwachs vom Stammgrundflächenzuwachs, dieſer vom Stammumfang je Hektar ab, der Stammumfang aber wird durch Standort, Holzart und Wirtſchaftsart be— ſtimmt. Zwei gleich alte Beſtände auf gleichem Standort können ganz verſchiedenen Baumumfang und daher auch ganz verſchiedenen Grundflächen— — 19 — und Maſſenzuwachs Haben. Zur richtigen Würdigung der Wachstums- leiftung eines älteren Beſtandes fommt es daher nicht auf die Kenntnis des Beitandesalters jondern des Stammumfanges je Hektar, der mittleren Sahrringsbreite und der Höhe des Beitandes an.!) Es iſt dringend zu wünjchen, daß das Beitandesalter nur zur eriten, ganz allgemeinen Drien- tierung über die Hiebgreife eines Beſtandes benußt wird, etwa in dem Sinne, daß 3. B. ein 6Ojähriger Kiefernbeitand in allgemeinen noc) nicht als hiebsreif, ein 160jähriger Kiefernbeitand im allgemeinen als überhiebg- reif angejehen wird. Die endgültige Enticheidung über die Hiebgreife der einzelnen Beſtände jollte aber nur auf Grund der für jeden einzelnen Be— Itand feitgeitellten Wermwertbarfeit und Wacstumsleiltung erfolgen. Der preußiſche Entwurf zur Betriebsregelung fordert nur eine Angabe der Standortsgüte, des Alters und der Gejundheit; die Stärfe des Holzes und der tatfählihe Zuwachs Haben in jenem Entwurf leider feine Berück— ihtigung gefunden. Standort3flajfe. Was ift die „Standort3flaffe” der preußiichen Anweiſung? Sn der bayerijchen Anweilung heißt dasjelbe Ding „Bejtandes- bonität”, Schwappach nennt esin der Kiefernertragstafel von 1889 „Bonität“, in der von 1896 „Ertragsklaſſe“, in der neuejten von 1908 „Standortsklaſſe“. Auch andere forjtlihe Autoren gebrauchen bald dieſen, bald jenen Ausdrud. Daraus dürfte hervorgehen, daß die Vorftellungen, welche mit jenen Bezeic)- nungen verbunden werden, jchwanfende ſind, und eine Klärung dringend nötig it. Der offizielle Ausdruck der preußiſchen Anleitung „Standortsklaſſe“ deutet auf eine Einſchätzung der Fruchtbarkeit des Standortes. Bei dem gegenwärtigen Stande unferer bodenfundlihen und pflanzenphyfiologiichen Kenntnilje find wir leider zurzeit nicht in der Lage, aus den einzelnen Eigenjchaften eines Standortes auf die Größe der Wachstumsleiftung einer bejtimmten Holzart zu jchließen. Die Fruchtbarkeit des Standorte® hängt vom allgemeinen und dem bejonderen Klima der örtlichen Lage (Erpojition, Höhenlage, Um— gebung ufw.).ab, ferner von den verjchiedenen phyfifaliihen Eigenjchaften des Bodens (Feuchtigkeit, Durhlüftung, Feſtigkeit uſp.) und vom Gehalt an aufnehmbaren Nährftoffen (Kali, Kalt, Phosphorjäure, Stidftoff uſw.). Wird für jeden der vorjtehend benannten Standortsfaftoren ein für Die Pflanzenernährung günftiger, mittlerer und ungünftiger Zuſtand oder Vorrat 1) Der, Stammumfang je Heltar wird ausreihend genau nad) den Formeln: n.d.3,1 oder 7, d ermittelt (n = Stammzahl, G = Stammgrundfläde je Hektar, d — mittl. Beſtandesdurchmeſſer). Als mittlere Jahrringsbreite des laufenden Zuwachſes kann das befannte 4 der Schneiderjhen Formel (n = Anzahl der Jahresringe, welche auf einen Außenzentimeter gehen) an dem Beftandesmitteljtanmm gelten. Das n wird am -. einfadhften und genügend genau als arithmetifcher Durdjchnitt der Unterſuchungs— tefultate an etwa 10 bis 15 Stämmen von der ungejähren Stärfe des Beltandes- mittelftamms berechnet. — 110 — angenommen, jo ergeben ſich ungefähr 200 000 mögliche Kombinationen. Für diefe den Fruchtbarkeitsgrad des Standortes wiljenjchaftlic oder praktiſch feftzulegen, ijt natürlih unmöglid. Dazu fommt, daß die Ermittlung der Menge an Nähritoffen, welche die Wurzeln der einzelnen Holzarten aus dem Boden aufzunehmen vermögen, noch ein ungelöjtes Problem iſt, daß es ferner ein faſt ausficht3lojes Unternehmen ift, denjenigen Fruchtbarfeits- faftor (Wärme, Licht, Feuchtigkeit, verjchiedene Nährſtoffe ujw.) zu ermitteln, welcher ih auf einem gegebenen Standorte im Minimum befindet und deſſen Intenjität oder Vorrat daher für den Grad der Fruchtbarkeit ent- Iheidend iſt. Selbjtverjtändlih ift es möglich, durch phyfifaliiche oder chemiſche Bodenanalyje feitzuftellen, weldher von zwei Standorten der frudtbare jein muß, wenn ſie bezüglih aller Eigenjhaften bis auf eine übereinjtimmen. Aber jchon bei einer Werjchiedenheit von zwei Eigenjchaften iſt ein Urteil ohne Vegetationsverſuch jehr unjicher. Schönberg hat im Novemberheft 1910 der Ztſchr. f. Forſt- u. Jagdw. die Ergebnifje feiner Analyjen verjchiedener Böden der Dberförftereien Freien— walde und Biejenthal mitgeteilt. Die Böden Hatten verjchiedenen Gehalt an Nährjalzen, der Standort verjchieden hohen Grundwaſſerſtand. Der Kulturverfud, d. 5. die auf den Böden jtodenden Beſtände, bemiejen, daß in Diefem Falle der mineraliid ärmere Boden der frudt- barere war, die Höhe des Grundwaſſerſtandes war hier ausjchlaggebend für das Wahstum der Kiefern. Vor Jahren veröffentlidte Ramann in dieſer Zeitſchrift die Nefultate von Bodenunterfuchungen, gleich— falls aus der Oberförfterei Biejenthal, und ftellte feit, daß das bejjere Beitandeswahstum auf dem trocdeneren Boden angetroffen wurde. Emmerling!) teilt nachfolgende Durchſchnittswerte zahlreicher Boden— analyjen von landwirtichaftlihen Böden mit: Sticjof PIE Kali Kalt Prozente 9 Sandboden 4. Klaſſe 0,143 0,070 0,019 0,094 11 ⸗ TR 0,136 0,049 0,017 0,067 9 ⸗ BEA 2: 0,193 0,080 0,026 0,073 Nach dieſen Analyjen ergibt ſich für die 6. Bodenklaſſe ein erheblich größerer Reichtum an Stidjtoff, Phosphorfäure, Kali und Kalk als für die 5. Bodenklaffe, und die 4. Klaſſe ijt ärmer an Stidftoff, Phosphorjäure und Kali als die 6. Klaſſe. Chemijche Analyjen von Waldböden Haben gleich- falls jehr Häufig zu Ergebnifjen geführt, die ihre Unbraudhbarfeit zur Ein— ſchätzung feſter Ertragsklaſſen jchlagend beweiſen. Auch die Punktierverfahren von Birnbaum und von Krafft, nach welchen jede Bodeneigenſchaft mit einer verſchiedenen Anzahl von Punkten Anzahlder * Analyſen Bodenklaſſe 1) Emmerling, Eine Feſiſchrift, Kiel 1895. — 11 — bewertet wird, die Bunkte zufammengezählt werden und aus der Summe der Punkte die Ertragsklaſſe hergeleitet wird, fönnen zu feinen brauchbaren Nejultaten führen, weil die einzelnen Standortseigenjchaften bei verichiedenen Kombinationen ganz verjchiedenen Wert für die Fruchtbarkeit bejigen. Statt alle Standortsfaftoren bei der Beurteilung der StandortSgüte zu berüd- fichtigen, will ſich Mitjcherlich nur nad) der Benegungswärme bezw. Hygro— jEopizität, Albert (nah Remys Vorſchlag) nad) dem Beptonjpaltungs- vermögen des Bodens, Wagner nad) der Breite des Abjorptionzitreifens im Spektrum des durch Blätter Hindurchgegangenen Lichtes richten. Bon feinem diejer Verfahren iſt bis jegt nachgewieſen, daß e3 geeignet jei, als Mapitab für eine Einfhägung einzelner Standorte in fejtbegrenzte Frucht- barfeitsflafjen bejtimmter Holzarten zu dienen. Wenn wir von einer II. Kiefernftandortsflajfie (nah Schwappach, 1908) ſprechen, jo veritehen wir darunter einen Standort, auf dem in 100 Sahren zwiſchen 580 und 710, im Mittel 640 fm Kiefernderbholz erwachſen; die III. Standortsklaſſe joll eine Wachstumsleiftung zwilchen 450 und 580, im Mittel 520 fm auf- weilen. Nun fann man wohl von einem groben, wenig Feinerde ent- haltenden Kiesboden mit jehr tiefem Grundwafjerjtande jagen, daß auf ihm in 100 Sahren feine 450 fm Holz wachſen werden, daß er aljo jchlechter als III. Klaſſe iit, aber niemand wird imſtande jein, von einem mittelförnigen Sandboden mittleren Feuchtigfeitsgrades ohne Kulturveriud, d. h. ohne Befichtigung des aufjtehenden Holzes, anzugeben, ob auf ihm in 100 Jahren 440, 520 oder 600 fm Derbholz wachſen werden, ob er aljo zur II, II. oder IV. Ertragsflafje gehört. Wenn trogdem alle Standorte eingeihäßt werden, jo ijt das nur dadurch möglich, dak wir nicht den Standort nad) jeinen Eigenschaften, jondern die aufftehenden Beitände nad) ihrer Wüchfigfeit ihägen. Was der Forftmann feitjtellt, ift nicht die Fruchtbarkeitsklaſſe des Standortes, jondern der Wüchjigfeitsgrad des vorhandenen Beitandes. Wenn beides übereinftimmte, wäre es jchließlich fein Fehler, die eingejchäßte Klaſſe eine „Standortsflaffe” zu nennen. Es gibt aber viele Bejtände, die auf Standorten jtoden, welche eine höhere als die vorhandene Wachs— tumsleiftung der gegebenen Holzart ermöglichen würden, wenn eine andere Wirtihaft geführt oder der Eintritt äußerer jtörender Einflüffe verhindert wäre. Der Wüchſigkeitsgrad eines Beltandes ift daher immer nur als der unterjte Grad der Fruchtbarkeit jeines Standortes anzujehen, oft iſt der [eßtere größer als der erſte. Darum ift die Gleichitellung derjelben un— richtig. Durch die Wahl des Ausdrudes „Standortsflaffe” wird die zu falihen Schlüffen führende irrtümliche Vorftellung von der Übereinftimmung der beiden Einihägungen hervorgerufen. Um die Gejamtleijtung eines Bejtandes zu ermitteln, muß man jeinen gegenwärtigen Vorrat und jeine bisherigen Durchforſtungserträge fennen. Handelt es fih um die Schäßung eines jüngeren Bejtandes, und jind Die —- 112 — Ertragsklaſſen nad der Gejamtleiftung während eines 100jährigen Zeit raumes abgeituft, muß man auch noch den Zuwachs des Beſtandes bis zu feinem 100 jährigen Alter einſchätzen. Dieje Feititellungen find in feinem Falle auch nur mit annähernder Sicherheit zur Ausführung zu bringen. Daher ift man allmählich ganz davon abgefommen, die Leiftungsfähigfeit des Beitandes nad) dem Maſſenzuwachs zu ſchätzen und bejtimmt die „Bonität“ nad dem Höhenwahstum. So bildet Grundner!) „fünf Standort3-(Höhen-)Klafjen” nad) den Hauptbeitandshöhen im 100. Jahre: I. Klafje 32,0 m, II. Klaſſe 28,5 m ufw. Für die Beitandeshöhenftufen I bis V find dann mittel Durhichnittsberechnungen oder graphiicher Aus— gleihungen die mittleren Stammgrundflächen und Beitandesformzahlen er- mittelt. Nachdem mit Hilfe der Höhenanalyfen auch für die jüngeren Altersjtufen aller fünf Bonitäten die Beltandeshöhen feitgelegt, die zuges hörigen Stammgrundfläcden, Formzahlen und Mafjen auf Grund ftatiftifcher Erhebungen in verjhieden alten Beſtänden berechnet und auf ähnlicher Weiſe die Durdhforjtungserträge bejtimmt waren, fonnte man ſchließlich auch den Zuwachsgang der Bejtände verjchiedener Bonität und verſchiedenen Alters berechnen. Wir haben e3 aljo tatfächlich nicht mit „Standortsflafjen“, auch nicht mit „Ertragsflafjen”, jondern mit Bejtandeshöhenflafjen zu tun und jollten dementiprehend bei den Beitandesbeichreibungen nur von „Höhenklaſſen“ jprechen. Das Wort muß dem Begriff, welcher mit ihm ver- bunden ijt, angepaßt fein, damit Irrtümer vermieden werden. Der Irrtum, welher durch den Ausdrud „Ertragsflafje” herbeigeführt werden fann, beiteht in der Annahme, daß Beitände einer bejtimmten Höhenklafje den in den Ertragstafeln für die Höhenflaffe berechneten Zuwachs haben müßten, daß aljo das Bonitieren der Beitände nach den Höhenftufen der Ertrag3- tafeln zugleih ein Bonitieren der Zuwachsleiſtungen der Beſtände jei. Schwappad hat in der Kiefernertragstafel von 1908 den Derbholzzuwachs mitgeteilt, welcher während einer 20 bis 30 jährigen Zuwachsperiode auf den normalen Probeflächen jtattgefunden Hat, die jeinen Ertragstafeln zu— grunde gelegt jind. Man jollte annehmen, daß bei diefen Beftänden eine annähernde Übereinjtimmung zwiſchen den Beltandeshöhen und dem Be- ſtandeszuwachs vorhanden jein würde, weil die Beitände als „normale“ ausgejucht find und für die Ertragstafeln alles nötige Grundlagenmaterial geliefert Haben. Werden die von Shwappad nad) der Höhe bonitierten Probebejtände nad ihrem 20 bis 30 jährigen Derbholzzuwachs im Anhalt an die Zuwachsangaben für die Bonitäten in der Schwappachſchen Er- tragStafel bonitiert, jo ergibt jih: Won 51 Beltänden der I. Höhenklafje haben 34 den Zuwachs der I, 9 der IL, 5 der II., 2 der IV., 1 der V. Klaſſe; von 39 Bejtänden der II. Höhenklafje haben 11 den Zuwachs !) Unterfuhungen im Buchenhochwald von Dr. 5. Grundner, 1904. — 13 — der I., 12 der II., 9 der III., 1 der IV., 6 der V. Klaſſe; von 22 Beitänden der II. Höhenklaffe haben 6 den Zuwachs der J., 5 der II, 2 der II, 5 der IV., 4 der V. Klaſſe; von 23 Bejtänden der IV. Höhenklaſſe Haben 2 den Zuwachs der I, 2 der IL, 4 der II, 4 der IV. und 11 der V. Klaſſe; von 8 Beitänden der V. Höhenklaſſe Haben 1 den Zuwachs der IL, 7 der V. Klaſſe. Bon im ganzen 143 normalen PBrobebeitänden haben aljo nur 59 Bejtände denjenigen Zuwachs, welder ihnen nad den Ertragdtafeln zufommt. 53 Beitände gehören nad) ihrem Zuwachs in eine niedrigere Klaſſe, 31 in eine höhere. Da kann von einer Überein- ſtimmung der Höhenflaffen mit Ertragsklaſſen feine Rede jein. Grundner hat in jeinen „Unterfuhungen im Buchenhochwalde“ jelbjt darauf Hinge- wiejen, daB die Zumachsunterfuhungen auf den 144 normalen Buchen— probeflädhen der Braunſchweigſchen foritlihen Verſuchsanſtalt in zahlreichen Fällen einen Grundflächenzuwachs ergeben hätten (der Maſſenzuwachs it nicht angegeben), welcher mit dem Normalzuwachs der entiprechenden Höhen- Itufen nicht in Übereinjtimmung ftände. Das Gleiche ergibt fih aus einem Vergleich der in der Loreyſchen Fichtenertragstafel von 1899 angegebenen Zuwachsgrößen auf den Probeflächen mit dem Zuwachs, der in den Normal— ertragstafeln angegeben it. Unter diefen Umjtänden dürfen wir bei unjerer gegenwärtigen Art der Bonitierung nur von Höhenklafjen, nicht von Er— tragsflafjen jprechen, und dürfen nicht glauben, den Zuwachs eines Beſtandes richtig anzugeben, wenn wir ihn aus den Ertragstafeln nad) Maßgabe der Höhe, des Alters und des Bollbeitandsfaftors des Beitandes ablejen. — Die Benußgung der in den Crtragdtafeln angegebenen Zuwachsprozente kann zu beijeren Rejultaten nicht führen, da die Zumwachsprozente von der Art der Wirt- Ihaftsführung bezw. von dem Beltandesihluß abhängig find, und in den Ertragdtafeln die Prozente nur für einen Beltandesichluß, bezw. für eine Durdforjtungsart angegeben jind, jo daß die Berüdjichtigung eines ab- weichenden Beſtandesſchluſſes unmöglich it. — Das Miktrauen gegen den Zumwadsverlauf in den Ertragstafeln wird noch dadurch gejteigert, daß der mittlere Durchſchnitt der auf den Ertragsprobeflächen erhobenen, tatſäch— lichen Zuwachsgrößen in den jüngeren und höheren Altersitufen von den durch Rehnung gefundenen Zuwachsangaben der Ertragstafeln vielfach recht erheblih abmweiht. Wenn man den Derbholzzuwachs der in den Schwappachſchen Buchenertragstafeln aufgeführten und zur Konjtruftion der Ertragstafeln benußgten 7 Probeflächen II. Bonität über 100 Jahre alt mit Hilfe der in den Schwappachſchen Tafeln angegebenen Zuwachs— prozente für die legten 10 Jahre berechnet, jo erhält man für die 7 ha einen 10 jährigen Zuwachs von 5177 fm, berechnet man aber den Zuwachs nad) den Ergebnijjen der von der Verſuchsſtation auf jenen Flächen aus— geführten Vorrat3ermittlungen, jo beträgt er 6643 fm, alio 28 °/, mehr. Die 7 Kiefernertragsprobeflächen II. Bonität über 100 Jahre alt der 8 — 14 — Schwappachſchen Kiefernertragstafel von 1908 jollen nad) den Zuwachs— prozenten der Schwappachſchen Ertragstafel während der legten 10 Jahre einen Derbholzzuwachs von 3083 fm gehabt Haben, nad) den örtlichen Er: hebungen aber 3961 fm, alio gleichfalls 28 °/, mehr. Dagegen bleiben die Durcjchnitte der auf den Probeflächen erhobenen Zuwachsgrößen in den jüngeren Beltänden Hinter dem Zuwachsſoll der Schwappachſchen Ertragstafeln für Kiefer, Fichte, Buche zurüd. — Dffenbar muß bei der Konitruftion der Ertragstafeln das Abjtimmen der Grundflächen, Form- zahlen, Höhen, Mafjen für Hauptbeitand oder Nebenbeitand zur Annahme von Altersreihen diejer Größen geführt haben, welche der wirflichen, durch- Ihnittlihen Entwidlung nicht eniſprechen, jo daß fich rechnerisch Zuwachs— größen ergeben mußten, welche mit den Befunden auf den Ertragsprobe- flächen nicht übereinftimmen. Wir dürfen daher zurzeit aus den Schwap- pachſchen Ertragstafeln nur die eine Zuwachslehre entnehmen, daß der laufende Zuwachs in einem frühen Alter fulminiert und dann mit der Ab- nahme der Stammzahl langjam zurücdgeht. Der in den Tafeln angegebene BZeitpunft der Kulmination des laufenden Zuwachſes und des durchichnitt- lihen Gejamtzumwachjes, ferner die zahlenmäßigen Angaben über die Zu- wahsgrößen in den verjchiedenen Altersjtufen und Bonitäten müffen jolange beanjtandet werden, al3 fie mit den Befunden auf den eigenen Brobeflächen der Preußiſchen forftlichen Verjuhsanftalt in offenbarem Widerſpruch ftehen. Dieſe Vorſicht ift auch noch aus dem Grunde geboten, weil die Ertrags- tafeln, welche Schwappach zu verjchiedenen Zeiten für die gleiche Holzart aufgeftellt Hat, in ſich ftarf voneinander abweichen und mit den Ertrags— tafeln, welche andere Autoren für die gleiche Holzart aufgejtellt haben, wenig harmonieren. Soll man glauben, daß die Ertragstafeln den gejeß- mäßigen Zuwachsgang normaler Hochwaldbejtände wiedergeben, jo darf nicht jede neue Bearbeitung der Ertragstafeln zu abweichenden Ergebnifjen führen. Allerdings ergeben fi) aus veränderten Durchforſtungsgrundſätzen veränderte Vorratsgrößen, Stammzahlen, Stammgrundfläcdhen, auch ein ver- änderter Verlauf der Durchforjtungsergebnifje, aber der laufende Zuwachs der Beſtände fol nah Schwappachs eigenen Lehren durch Verjchieden- heiten des Durchforjtungsbetriebes nicht beeinflußt werden, und gerade die Berjchiedenheit des laufenden Zuwachſes in den verjchiedenen Auflagen der Ertragstafel machen bedenklich, ob ſchon jeßt der richtige gejegmäßige Zu— wachsgang aufgefunden ift. Sch verfenne nicht, daß es eine jehr jchwere Aufgabe ift, die ver- Ihiedenen Kurven für Stammgrundfläde, Stammzahl, Formzahl, Höhe, Borrat, Durhforjtung Zuwachs jo abzujtimmen, daß in den Rechnungsreſultaten feine Unjtimmigfeiten und widernatürlichen Sprünge zu Tage treten, aber eine für den allgemeinen Gebrauch bejtimmte, veröffentlichte Ertragstafel jollte im wichtigften Punkte, nämlich in bezua auf den Verlauf und die 7 — 15 — Größe des Zuwachſes, Feine erheblichen Widerſprüche mit den Ergebnifjen er eigenen zahlreihen und eraften Beobachtungen der Berjuchsanitalt enthalten. Für die Beftandesgeihichte Hat die Angabe einer Höhenklaſſe (Stand— orts⸗, Beſtandesklaſſe) Feinerlei Bedeutung. Wenn in der Beitandesgejchichte direft die Beitandeshöhen angegeben find, welche zu den verichiedenen Zeiten ermittelt wurden, jo weiß man jpäter genug, um ji) ein Bild von dem früheren Zuftand und der Entwicklung eines Beſtandes zu machen. Zu wiſſen, in welche Klafje früher einmal ein Forſtmann den Beltand ein- geihägt Hat, ift in Anbetracht des wechſelnden Schäßungsmaßitabes für jpätere Generationen ohne Wert. Bollbejtandesfaftor. Nach dem preußiſchen Entwurf der Anweiſung zur Betriebsregelung joll der WVollbeitandesfaftor oder Beſtockungsgrad das Verhältnis des wirklichen Vorrats zum Normalvorrat (nad) der Er— tragstafel) angeben. Da der zum Vergleich zu ziehende Normalbeitand nad dem Alter und der Höhe des wirklichen Beitandes ausgeludt wird, und da zur Mafjenermittlung in den Eonfreten Bejtänden ungefähr die gleichen Formzahlen verwandt werden als den DurchjchnittSmafjen der Er— tragstafeln zugrunde liegen, jo ılt der Unterjchied in der Majje des wirfliden und des Normalbeitandes nur dur die Verſchieden— heit der Stammgrundfläde bedingt, und zwar jtehen die Maſſen in dem gleichen Verhältnis zu einander wie die Stammgrundflädhen. Der Bollbejiandesfaftor ift daher das Berhältnis der wirklichen Stammgrund— flähe zur normalen. Diejes Verhältnis fann durch Schäßung oder durch Kluppen und Berechnung ermittelt werden. Das Schätzen des Voll- beitandesfaftor8 ijt eine jchwierige Aufgabe, weil die wirflihe Stamm— grundfläche nicht allein von der Beltandesdichte, dem Scyluß der Baum— fronen, jondern auch von der Stärfe der Stämme abhängig iſt. Es iſt meilt jchwer zu jchäßen, ob und wie weit der Vorteil des Stammreichtuns durch einen geringen Durchmefjer und der Nachteil der Stammarmut durd) einen jtarfen Durchmeifer wieder ausgeglihen werden. Cine richtige Schätzung wird aber am meilten dadurch erjchwert, daß verschiedene Normal- ertragstafel für die gleihe Holzart jehr verjchiedene Stammgrundflächen- al3 die „normale“ Grundfläche angeben. So finden wır z.B. für Hundert- jährige Kiefern III. Bonität folgende Angaben: Weije, 1880 — 35,5 qm —, Shwappad, 1889 — 37,2 qm —, derjelbe, 1896 — 35,0 qm —, ders jelbe, 1908 — 30,1 qm —, Borfampf-Laue, 1894 — 38,3 qm. Für 100jährige Fichten II. Bonität: Lorey, 1899 — 48,3 qm —, Shwappad, 1890 — 50,4 qm — derielbe, 1902 — 38,4 qm. Bei diejen jtarfen Scwanfungen des in den Ertragdtafeln niedergelegten Maßſtabes für die Berehnung bzw. Schägung des Vollbeitandesfaftors ijt cine Verſtändigung der deutjchen Forſtleute verjchiedener Gegenden und Zeiten eine jchivierige g* — 16 — Sade. Schwappachs „normaler“ Kiefernprobebeitand Nr. 106) (102= jährig mit 38,46 qm Stammgrundfläcde) hatte nah Schwappachs Tafel von 1889 einen Vollbeſtandesfaktor von 1,0, nad) der Tafel von 1896 1,1 und der von 1908 1,3. Der Vollbeitandesfaftor des Beitandes 107 (103=- jährig 41,14 qm Stammgrundfläcdhe) fteigt von 1,1 nad) der Tafel von 1889 auf 1,4 nach der Tafel von 1908, der Bollbeitandesfaftor des Be- itandes 108 (99jährige 28,83 qm Stammgrundflädhe) von 0,8 auf 1,0. — Der Schwappachſche Fichtenbeitand 78°) (101jährig 38 qm Stammi- grundfläche) Hat nad) der Schwappachſchen Fichtenertragstafel von 1890 einen Vollbeitandesfaftor von 0,8, nad) der von 1902 1,0. Der Beitand 79 (103jährig 44,43 qm Stammpgrundfläde) hat den Wollbeitandesfaktor 0,9 bzw. 1,2, der Beitand 80 0,8 bzw. 1,1, der Bejtand 81 1,0 bzw. 1,3 und der Beſtand 82 (101jährige) 1,2 bzw. 1,5. Hatte ſich ein preußijcher FForitbeamter auf das Einjchägen des Voll- beitandesfaftor8 in Kiefernbeftänden nad) der Ertragstafel der preußijchen Berjuhsanftalt von 1888 und in Fichtenbejtänden nach der Ertragstafel von 1890 eingeübt, jo mußte er in Kiefernbeitänden 1896 und 1908, in Fichtenbeſtänden 1902 umlernen. Bilder, die man der Erinnerung durd) häufige Wiederholung eingeprägt hat, um jie als Maßſtab bei Schäßungen zu verwenden, laſſen jih nicht wie die Kreide von der Wandtafel weg— wilden und durch neue Bilder erjegen. In der Erinnerung fämpfen Die alten Bilder mit den neuen, jo daß das Urteil unjicher wird. Hat denn nun aber der fortgejegte Wechjel des in den Ertragstafeln feitgelegten Maßſtabes jetzt jein Ende erreicht? Keineswegs! Denn die Stammgrund- fläche eines Beſtandes hängt von der Wirtichaftsart, insbejondere von der Art der Durdforjtung ab. Die Frage, welcher Durdforjtungsgrad der wirtjchaftlich richtige ift, fann troß des vielen Nedens und Schreibens über diefen Gegenjtand noch nicht als endgültig entichieden angejehen werden. Daher it auch die Frage nach) dem zwecmäßigiten Ausmaß der Stamm- grundfläche in den verjchiedenen Altersitufen und Bonitäten noch nicht als geflärt anzujehen. Schließlich jei noch bemerft, daß es der großen Mehr: zahl der mit Forfteinrihtung beichäftigten Forjtleute jehr jchwer fällt, normale Kiefern oder Fichtenbeitände zu 1,2 bis 1,3 oder gar 1,5 voll- beitanden einzujhäßen, was aber zuweilen nötig wird, wenn die neuejten Schwappachſchen Tafeln bei der Schäßung als Anhalt dienen jollen. Um grobe Unrichtigfeiten des Vollbeſtandesfaktors in Zehntel des Normalvorrats oder der Normalftammgrundflähe nad einer bejtimmten Ertragstafel zu vermeiden, erjcheint es notwendig, die wirkliche Stammgrundfläche mehrerer typifcher Beitände des Nevierd durch Kluppen zu ermitteln. Kennt man aber die Stammgrundfläche, hat man nicht mehr nötig, den Vollbeſtandes— u 1) Kiefernertragstafel, Shwappad, 1908, Seite 36. 2) Fichtenertragstafel, Schwappach, 1902, Seite 64. = Bl — faftor zu berechnen, denn die Majje eines Beitandes berechnet ſich ebenſo leiht aus der Stammgrundflähe, aus der Beltandeshöhe und den in den Schwappach-Grundnerſchen Maifentafeln angegebenen Beſtandesform— zahlen als aus dem Wollbeitandesfaftor und dem Vorrat der Ertragstafel. Letzteres Reſultat bleibt jogar an Richtigkeit Hinter dem erjteren zurück, weil ihm nicht die wirfliche Beitandeshöhe, jondern die mittlere Bejtandeshöhe der betreffenden Bonität zugrunde liegt. In der Regel it die mirf- lihe Beſtandeshöhe größer oder niedriger als die in der Ertragstafel an— gegebene. Die Kenntnis des Vollbeitandesfakftors in jüngeren Beſtänden it für die Betriebsregelung ohne Wert, da der Ertrag der Beltände zur Zeit der Hau— barfeit viel mehr von der Wirtichaftsführung als von ihrem früheren Voll» beitandesfaftor abhängig iſt. Lichte Stangenorte können bei vorjichtiger Durch— forftung zu geichloffenen Altholzbeftänden zuſammenwachſen, und ausgejchlofje= nen Stangenorten fönnen infolge jpäterer kräftiger Durchforftungen oder Lich— tungen lichte Altholzbejtände werden. Bei älteren Beltänden, deren Hiebs— reife gelegentlich der Betriebgregelung in Frage kommt, iſt aber nicht der VBollbeftandesfaftor nad irgend einer Ertragstafel, jondern die gegen- wärtige Nußbarfeit und der laufende Wertszuwachs entjcheidend für Die Entichliegung. Um für die wirtjchaftliche Behandlung eines Beitandes während des nächſten Wirtichaftszeitraums zweckmäßige Vorſchläge machen zu können, muß man die Kronenſpannung oder den Kronenſchluß beachten. Letzterer wird nicht durch den Vollbeſtandsfaktor zutreffend gekennzeichnet, da z. B. der Vollbeſtandsfaktor 1,0 nach den neueſten Schwappachſchen Ertrags— tafeln nicht den Beſtänden mit vollem Kronenſchluß zukommt. Der Kronen— ſchluß läßt ſich zahlenmäßig nicht angeben, denn er kann nicht ausgemeſſen werden, er muß geſchätzt und beſchrieben werden. Es dürften etwa folgende Grade des Beſtandesſchluſſes zu unterſcheiden ſein: gedrängt (Baumfronen hochangeſetzt und klein, vollgeſchloſſen), geſchloſſen (Baumfronen der herr— ſchenden Stämme von mittlerer Länge und Breite, voll geſchloſſen), locker (Baumkronen von mittlerer Länge und Breite, die Mehrzahl der Kronen hat Raum, ſich ſeitlich zu entwickeln, ohne größere Beſtandeslücken), lückig (im Beſtand zahlreiche einzelne Lücken, auf denen herrſchende Stämme Platz finden fönnten), licht (die Kronen der meilten Bäume jind von Lüden umgeben), raum (die überjchirmte Fläche beträgt weniger als 0,5 der ganzen Fläche). Bei einer Schilderung des Kronenjchluffes nach vorjtehend angegebenen Gefichtspunften find Fehler jo gut wie ausgeſchloſſen und das durd) fie gegebene Bild von der Durchforſtungs- oder Hiebsbedürftigfeit der Be— ftände ift Elarer als das, welches man ſich nad dem unficheren Voll- beitandsfaftor machen fann. — 18 — Für die Beitandesgeichichte it Die Angabe des Vollbeſtandsfaktors überflüffig, denn für die jpätere Beurteilung der Entwidlung eines Be— ſtandes ift es ganz gleichgültig, welche Stammgrundfläde oder welchen Vorrat irgend ein forftliher Echriftiteller früher einmal für normal ge- halten hat. Dagegen fann die Schilderung des Kronenjchluffes nicht ent- behrt werden, um zu einem vollen Verjtändnis des jeweiligen Beſtandes— und Bodenzuftandes zu gelangen. Auch auf dem Gebiete der Forſtein— richtung hat der Vollbeitandsfaktor nur einen zweifelhaften Wert, weil die Normalität der Beitände ein jchwanfender Begriff ift. Je mehr wir uns von der Herrichaft der Normalität frei machen, dejto mehr werden wir die individuellen Eigenjchaften der einzelnen Beſtände würdigen und zu einer freien Beitandesmwirtichaft gelangen. Die Ertragstafeln find aus den Auf- nahmerejultaten von Beſtänden hergeleitet, welche vor unjerer Zeit be- gründet und nach früheren Grundjäßen bemirtichaftet find. Je mehr wir itreben, in der Waldbautehnif zu Fortichritten zu gelangen, je weiter wir uns von den früheren Wirtichaftsgrundjäßen entfernen, um fo unzu— treffender wird für uns der in den Ertragstafeln aus früheren Zeiten herausfonftruierte Normalitätsbegriff, umjomweniger dürfen wir uns dur dieſe Normalität beherrichen Lafjen. Mittlerer Beſtandesdurchmeſſer. Nach der bayerifchen Anweiſung zur Forfteinrichtung gehört die Angabe des mittleren Beſtandesdurchmeſſers mit zur Beltandesbejchreibung. Die Kenntnis der Baumftärken iſt nötig, um den Wert und die Hiebsreife eines Beltandes zu beurteilen. Der mittlere Beitandesdurchmeijer it außer von Bonität und Alter auch von der Stamm- zahl abhängig. Je größer die Stammzahl, je mehr eingeflemmte, unter- drücdte Stämme in einem Beltande ftehen, um jo geringer iſt der mittlere Durchmeſſer. Dieje überflüjligen, ſchwachen Stämme beeinfluffen aber den Beitandeswert nur gering, die jtarfen Stämme des herrichenden Bejtandes geben den Ausſchlag. Daher ift es zwecmäßiger, nicht von allen Stämmen, jondern nur von den 200 ſtärkſten Stämmen pro Hektar den mittleren Durchmeſſer und von den gleichen Stämmen den Zuwachs zu ermitteln. Werden in der Beitandesgeihichte die mittleren Durchmefjer und mittleren Sahrringsbreiten der 200 jtärfften Stämme pro Hektar von Zeit zu Zeit aufgezeichnet, jo ift man in der Lage, die Entwiclung diejes wichtigiten Teils des Beitandes und den Verlauf der Zumachsenergie genau zu vers folgen. Werden aber die mittleren Durchmefjer des ganzen Beſtandes an— gegeben, jo fann man die tatjächlihe Durchmeſſerzunahme der einzelnen Stämme nnd Stammgruppen nicht beurteilen, weil jeder Berechnung des mittleren Durchmefjerd eine andere Stammzahl zugrunde liegt. — Wenn 3. B. in der Buchenertragstafel von Grundner der mittlere Beitandes- durchmeſſer II. Bonität vom 90. bis 100. Sahre von 25,8 auf 28,9 cm fteigt, Jo hat der Mittelftamm nicht etwa einen Zuwachs von 3,1 em, — 119 — iondern nur von 1,4 em gehabt, 1,7 em entfallen auf die Steigerung des mittleren Durchmeſſers infolge Aushiebs Schwacher Stämme. Die Standorts und Beltandesbeichreibungen werden oft alg ein uns nötiger Ballaft der Betriebsregelungen angejehen. Man ijt daher vieler- orts, jo namentlich im Entwurf der preußischen Anleitung zur Betrieb3- regelung bemüht, fie bis auf das dringend Notwendigite zu bejchneiden. In dem Betriebsplan können fie ganz fehlen, dafür müflen jie aber der mwichtigite Teil der Beitandesgejchichte werden. Die Beltandesgeihichte joll der Weiterentwiclung unferer Forftwirtfchaft dienen. Um diejes Hohe Biel zu erreichen, darf man nicht Kürze, jondern muß Vollftändigfeit und Klarheit der Standorts- und Bejtandesbejchreibung zum leitenden Grund— ja machen. Beiträge zur Kenntnis des Klimas von Münden. Bon Brofeffor Dr. Sornberger. Im Folgenden joll über einige klimatologiſche Ergebnifje der jeit einer Reihe von Jahren Hierjelbft gemachten meteorologiihen Beobachtungen berichtet werden, und zwar find es Mittel aus teils fünf, teils zehnjährigen Auf— zeichnungen, die diejen Darjtellungen zugrunde liegen.!) A. Die Windridfungen. Zunächſt jei die Häufigkeit der Windridhtungen in Münden nad) 5 jährigen (die Sahre 1905 bis 1909 umfafjenden) täglich dreimaligen Be— obachtungen (morgens 8 Uhr, nachmittags 2 Uhr, abends 8 Uhr) mitgeteilt. Die Ablefungen find von der 16 teiligen auf die Steilige Windroje reduziert und zwar in der Weile, daß die Zwilchenrichtungen nicht zu gleichen Teilen auf die Hauptrichtungen gelegt wurden, jondern in Teilen proportional der Häufigkeit der Hauptrichtungen. Die Lage der Luvſeite iſt durch fetten Drucd der betreffenden Zahlen kenntlich gemacht, d. h. von je zwei entgegengejegten Windrichtungen ift immer die größere Häufigfeitszahl fett gedruckt. Megen der ungleihen Länge der Monate find die Häufigfeiten in Prozenten der Zahl der Beobahtungstage ausgedrüdt. Die Zahlen in der Tabelle bejagen aljo, an wieviel Tagen in 100 Tagen der betreffende Wind zu dem angegebenen Termine weht. (j. Tab. 1.) Die Luftbewegung it in Münden durch das ganze Jahr um Mittag am lebhaftejten, morgens jind Windjtillen häufiger al3 mittags, und des Abends find fie, mit Ausnahme der Monate November und Dezember, am 1) Weshalb die Reihe der verwendeten Beobadhtungsjahre nicht größer tft, fiehe am Schluß. — 120 — häufigjten. Am meijten trifft dies in den Sommermonaten zu, wo Wind- jtillen um Mittag fait ganz fehlen, auch morgens jelten find. Dem entipriht aud, dab im Jahresdurhichnitt mehr Windrichtungen ihr Häufigfeitsmarimum auf den Mittag al3 auf einen andern Termin haben. Tab. 1. Häufigkeit der Windridtungen und Stillen in PBrozenten der Zahl der Beobadhtungstage. | Ise |s |sw|w morgens 8 Uhr Sanuar . 35 | 14,0 5,1 — — | 275 28,5 33 | 18,1 Se 6,7 10,8 2,0 1,6 32 ı 222 278 3,8 | 21,9 1 ER 79 91 9,4 — — 26,7 29,0 | 30 14,8 April. — 66 | 22,6 5,3 14 — | 3831| 366 | 82 | 62 Mars 19,0 12,7 33.1 0,6 2,5 231 | 20,6 | 14,3 3,9 BHUE-, . .... 174 16,7 1.3 — 2,3 235 | 295 | 82 | 14 EEE .. nt 134 LS 22:1 — |. 072 237,7 | 81,2 115.1 1,9 —— -u8' - 16.2 18%] 80,7 0,7 — 426 316 | 44 | 2,0 September . . . 139 155 |ı55.| — | 2,2 226 | 33 | 67 |103 BHnber, . .. 21; 65 8,9 8,9 15 | 15 | 0,6 136 | 5,0 | 13,5 November . . . 6,5 96 | 84 — | 16 | 28,6 | 164 | 2,9 | 26,0 Dezember . . . 2,3: | 140 |4750u| 42.01, 9,4. 885 | „A ir nadhmittags 2 Uhr Januar . 85 | 11,0 | 94 — — 381 | 310 | 25 | 45 Februar . 73 | 15,6 53 | 23 29 | 255 | 3L7 | 55 | 39 März . 120 | 53 13,4 06 6 365 | 206 | 65 ar April . 931 129 | 131 07.297. 16 233 | 274 | 104 1,4 Mai 12,4 14,3 10,0 — 1,6 284 | 191 | 148 — Sunt . inerıe 131 | 17,5 1:5 — 0,8 235 | 26,0 120 0,6 —————— e 110 1722,85 3,3 a "3031132 | 07 Auguft RN EB ve 2 — HM. 1 SSEHTBER EBENE September . 10,5 | 16,6 81 — 2,4 22,8 | 228 | 119 4,9 Dftober . 57 | 98 | 134 1 2) 52,8 8,5 | 3,0 2,6 November 90 | 133 8383| — 3,0 29,7 | 246 | 42 74 Dezember 98 | 115 7,5 | 15 3,7 379 | 184 | 236 7,4 abends 8 Uhr Sanuar . 1991| Ss 9| WI — 304 | 239 2,5 | 24,5 Februar . 9.071.103 | 5,9 | 0,8 2,5 209 | 264 41 234 März . BE. ST, 1,54 8 0,9 23,7 | 188 | 22 | 273 April . 5,6 | 12,0 | 10,6 | — 21 128 160 | 69 | 340 Mai se | 73|1|51 — | - |1we | 18 |189 |303 Juni . 159 | 120 | 14 — 09 | 108 | 13,6 168 | 28,6 Suli . BU 45 I 92 — 0,7 12,1 | 20,3 | 24,7 | 26,6 Auguft 103 — 0,7 0,7 — 193 | 317 3,3 | 34,0 September . 2 | %3| 34| — 1,5 128 8,5 9.0 48,3 Dftober . 34 | 74 TEN DE 21 248 | 117 | 14 | 40,7 November 62 | 7279| 81| 08 | 32 | 34 | 216 | 58 | 240 Dezember 7,9 12,7 1.06.2108 25 | 359 | 1412 | 35 |.148 1) E (vom englifchen East) ijt das international vereinbarte Zeichen für Dft, weil O im Franzöfiihen Weit (Ouest) bedeuten würde, auch (in den Wetterdepejchen) mit Null verwechlelt werden könnte. 2) Bedeutet Windftille. — 1 — Tab. 1b. Zujammenfaljung nah Jahreszeiten. N|w|E|s s|isw| w|nw| c morgenssühr | 43 13,9 | 40 | 10 15 98 251 38 | 19,6 Winter ! mittags 2 = 69 1127 | 741 13 | 22 | 88 |270-| 35 5,2 abends 8 - | 52 1106 | 71 | 0,6 | 17 | 291 121,5 | 34 | 20,9 Mitte | 55 [122 | 62 | 10 | 18 1302 245 | 36 | 152 morgenssübr | 112 | 148 | 60 07 08 | 43 4 85 | 83 Frühling‘ mittagg 2 - |11,2 | 10,8 122 | 04 | 16 | 29,5 | 224 | 104 | 15 abends 8 - [100 | 80 93 06 | 10 116,7 |162 | 77 | 30,5 Mittel | 10,8 | 112 | 92 | 06 | 11/385 213 | 89 | 134 | morgens Suhr | 15,6 | ss | 142 | o2 | 10 |sıs |so0 | ge | 18 Sommer | mittagg 2= [123 113 23, — | 03 1319 8309 10,7 | 04 \abenös 8- |11L7 55 1410205 |141 219 |149 | 2997 Mittel | 132 | 85 | 17 | 01 | 0,6 | 358 |279 | 116 | 10,6 —— Se | [ morgenss Uhr 30.1.1173. 11:7,671.0:5.:1:1,8,1,30.&*| 178. 1.749: 11.166 Herbſt I mittags 2 - 211521101 105127 |ı 51 1186| 64 [+50 | abends 8- | 58 | 82 64 05 | 23 1200 1189 | 52 37 Mittel | 77 |109 | 80 | 0,5 | 3,3 1286 1168 | 5,5 | 19,8 | morgenssuhr | 10,0 Iı19 | a8 | 0,6 | 13 |2a8 | 66 | 116 Sahr !mitiagg 2- | 97 1180| 80 | 05 | 17 |336 |247 77 | 30 \ abends 8- | sı | 8ı | 61 | 05 | 14 1199 | 184 781297 Mittel| 93 107 | 63 | 05 | 15 | 270 226 74 147 | | | Daß die Luftbemegung um die Mittagszeit am lebhaftejten iſt und gegen Abend abflaut, iſt eine allgemeine Erſcheinung, die mit der durch die Tageserwärmung bewirkten Bertifalbewegung der Luft zuſammen— hängt. Infolge der bis nad) Mittag zunehmenden Erwärmung der unteren Luftichichten duch die zunehmende Intenfität der Einſtrahlung ſtellt ſich ein vertifaler Luftaustaufch ein, der Luft von unten in die Höhe und dafür jolhe aus der Höhe nad unten bringt. Die lebtere (von oben fommende) hat aber eine größere Horizontalgejchwindigfeit al3 die unten fliegende, deren Bewegung durch die Neibungsmwiderftände an der Erdoberfläche verlangjamt ift, muß alfo, indem fie nad) unten verlegt wird, dajelbit die Geſchwindigkeit vermehren; gegen Abend aber, wo jener Luftaustaufch aufhört, muß die Geſchwindigkeit nachlaſſen. Daß jedod in Münden im ganzen ziemlich häufig — im Jahresdurchſchnitt faſt jeden dritten Abend (im Herbſt nod) mehr) — Windftillen zu verzeichnen find, daran dürfte noch die Yage der Stadt im Tale, rings umgeben von Höhen, wejentlich beteiligt jein, indem dadurd; wohl öfters leichte Winde, die außer- oder oberhalb wehen, für den Drt der Beobadhtung unmerflic) werden. Die Luvjeite liegt im Jahres- wie im Jahreszeitenmittel zu allen Tages— terminen durchweg in den Richtungen SW, W, NW, N, d.h. die Winde — 12 — aus jeder diefer Richtungen find häufiger als die aus der zu ihr entgegen- gejegten Nichtung. Dasfelbe zeigt fih in den Monatsmitteln mit nur zwei geringfügigen Ausnahmen: im Juni abends übertrifft der NE- den SW-Wind, und im Dftober mittags der E= den W-Wind an Häufigfeit. Die größte Häufigkeit im Jahresmittel weilt der SW-Wind auf, dem der W-Wind nur wenig nachſteht; dann folgt NE, N, NW, E; die Richtungen S und SE jind nur ganz jchwach vertreten. Die beiden Richtungen SW und W zujammen find im Jahres- mittel an allen drei Terminen häufiger als alle übrigen Rich— tungen zujammengenommen, und da3 ändert fih aucd in den Mitteln der einzelnen Jahreszeiten nur einmal und nur für den Abendtermin, indem im Frühling am Abend die Summe der SW=- und W-Winde etwas Fleiner it al8 Die der übrigen zujammen; und wenn wir das Mittel eines jeden Monats und Termins darauf prüfen, finden wir nur noch für die Abend- termine der Monate Juni, Juli, September die gleiche Ausnahme (indem in den wärmeren Monaten abends die SW-Winde ſtark zurüdtreten), während in allen übrigen 33 Mitteln die SW- und W-Winde vorherrichen. Es zeigt fich alfo in diefer Hinficht eine große Gleihmäßigfeit durchs ganze Jahr, obwohl die Häufigkeit der SW- und W-Winde und ihr Ver- hältnis bedeutende Schwankungen aufweilt, indem beiſpielsweiſe in den drei Sommermonaten (im Mittel aller drei Termine), jowie im Februar und April der SW-Wind jeltener it als der aus W, im Dftober (Mittagstermin) hingegen ſechsmal häufiger als Diejer. Um freilich den jährlichen (wie den täglichen) Gang der Windrichtungen mit Sicherheit bejtimmen zu können, dazu find weit längere Beobachtungen erforderlich als hier vorerjt verarbeitet werden fonnten. Immerhin Eönnen wir aus unjeren Zahlen entnehmen, daß die Winde aus SW, die im Winter am jtärfiten vorwalten, im Frühjahr etwas an Häufigkeit nachlaſſen, die aus NW, N, E dagegen zunehmen, daß im Sommer die NW= und N-Winde noch etwas häufiger, auch die W-Winde zahlreicher, die öftlichen jeltener werden, und daß im Herbſt die W-, NW= und N-Winde (im September auch die SW-Winde) an Häufigkeit ab, die NE» und E-Winde zunehmen, was alles im allgemeinen den Änderungen der durchichnittlichen Druckver— teilung in den einzelnen Jahreszeiten!) entipricht. 1) Sm Winter hauptjählich maßgebend das dauernde Drudmarimum in den jub- tropifhen Breiten jüdmeftlih von Europa in Wechfelmirfung mit dem niederen Drud über dem nördlihen Atlantifhen Dzean; außerdem hoher Drud über dem Innern des europäiichsafiatiichen Kontinents. Im Frühjahr Wachjen des Drudes über dem Ozean weftlih und nordmweftlic) von uns (zeitweilig auch über noch falten Teilen Nordeuropas), niedriger Drud über dem fi rajcher erwärmenden Binnenland im Südoften. Im Sommer hoher Drud über dem nordatlantiichen Dzean, niedriger im Innern des euro— päifcheafiatifchen Kontinents (infolge des Wärmeunterſchiedes). Im Herbit zunädjt rajcheres Erkalten des Kontinents, wachſender Drud dajelbit und Drudabnahme über dem Dean, dann allmähliger Übergang in die Drudverteilung des Winters. — 1223 — B. Bewölkung, Hebel, heitere und trübe Tage, Sn der Tabelle iſt die Häufigkeit der Bewölfungsgrade nad) 5jäh- rigen Beobadjtungen (1905 bis 1909) zujammengeftellt, getrennt nach den drei täglichen Beobachtungsterminen, um ſowohl den täglichen wie den jähr- lihen Gang erkennen zn laſſen. Die Aufzeichnungen gejchahen nach 4 Graden, jodaß ganz bededter Himmel mit 4, zu drei Bierteln bedecter mit 3 be— zeichnet ijt ufw., und die Zahl O wolfenlojen Himmel bedeutet. In der Tabelle jind die mittleren Bemwölfungsgrade 1 bis 3 vereinigt. Die Häufigfeiten ind in Prozenten der Beobadhtungstage ausgedrüct (wegen der ungleichen Länge der Monate). Für das Jahr find fie audh noch in abjoluten Zahlen (Tagen) angegeben. Tab. 2. Häufigkeit der Bemwölfungsgrade und Nebel Häufigkei Morgens 8 Uhr a Abends 8 Uhr — bar] - — |: OR o- © ou trüben Tage Morgennebel ‚Seiteren Tage ind o — | Ben Ha N o — | — Ha Nebel o | [36] Ha Nebel In Prozenten der Zahl der Beobadtungstage Dezember | 3,2 |16,1 165,2 15,5| 3,239,4 54,8 2, 6 110,3114,2 68, 4| 7,1] 3,2] 2,0 70,3 Winter |Samuan 10,3 20, 6 59, 4, 9,7112,337,4 48,4 11,9 20,019, 4| 58,7| 1,9114.2) — 58,7 Februar .| 3,1 17,1 69,0 10,0] 3,143,4 53,5 |— |12,4118,6 65.9 3,1 23,3) 0,8 69,8 Mittel| 5,5 18,0 64,5 12,0] 6,240,1 52,2 1,5]14,2117,4 64,3| 4,1] 6,6 0,9 [66,3 | | | — März ..7,14066 465 5,9 5,252,9 41,9 — 11,636,1 516 0,7] 9,0 — 484 zeihund April . .| 9,5 46,3 40,8 3,.4 6,861,9 31,3 — | 8,850,4 40,8 — | 7,511,3 ‚42,9 Mai ...| 9,753,5 31,0| 5,8] 2,674,2 23,2 — | 3,954,2 1419| — | 5,8 0,6 33,5 \ | | Mittel] 8,8 #6, 8 39, 4 5,01 4,963,0 32,11— | 8,1146,9 44,8 | 0,2] 7,4 0,7 141,6 Suni... een 2,7173,3 24,0 — 5,3163,4 1313| — 4,0 0,7 32,7 Sommers Juli ... .| 7,1 47,7 38,1) 7,1] 1,3)71,0 27,7 — | 5,255,5 39,3| — | 3,2] 2,6 43,9 Auguft. . 2,6 563339 115,2] 3,376,2 120,5 |— | 3,351,7 45,0 — 2,0 3,0 44,4 Mittel| 5,9 54,0 31,3| 8,8] 2,473,5 24,1 |— | 4,6,56,9 83] — 81un 7 40,3 | N September] 4,8 29,5 30,1 35,6| 7 ‚365,1 27, 4 — [15.138,3 #3, 2| 3,4 7,5 6,2 38,4 Herbjt Dftober .| 4,5 2 55' 8,41 45) 9,0 41,3 November| 5,3 16,7 59,3 18,7 6,035,3 54,7 4,0 |11, 320,7 Er 11,3] 6,7 2,0 65,3 Mittel | 4,9 24,2 41,0 29,9 9.0622 810 1,3[14,231,2 46,9 7,7] 6,2)5,8 48,3 I 2 AR 6,3 358 440 13,9 5,657,3 36,4 0rhosas 156 30 5,8 2,3 49,1 In Mail Sn Tagen auf das Jahr | 23 131160 51 [20 209/133] 3 [38 139177111 [21 8,4 1179 sm Jahresmittel iſt Wolkenlofigkeit mittags amı jeltenften, abends am häufigiten. Volle Bedeckung ift mittags ebenfalls am ſchwächſten, abends am ſiärkſten vertreten. Der Mittag weift vorwaltend mittlere Bewölkungs— — 12 — grade auf, der Morgen und der Abend find reicher an den extremen Sraden. Sm Herbit und Winter ift wolfenlojer Himmel morgens am jelteniten, mittags häufiger und abends am häufigiten (morgens an etwa 5, abends an 14 Tagen unter 100). Frühling und Sonmer zeigen dagegen morgens ihre größte Häufigkeit unbededten Himmels (die auch größer ift als die im Herbit und Winter morgens), mittags ihre kleinſte und abends nahezu wieder die von morgens. Im ganzen aber (in Mittel der Tageszeiten) haben Frühling und Sommer jeltener wolfenlojen Himmel als Herbſt und Winter; der Herbjt ſteht in diefer Hinficht obenan, der Sommer unten. Völlig bededter Himmel it in allen Jahreszeiten morgens häufiger als mittags, abends am häufigiten, nur im Winter ift Hierin der Abend wieder dem Morgen glei. Die größte Häufigkeit volljtändiger Bewölflung weilt der Winter auf, im Frühling nimmt fie ab, im Sommer noch mehr, im Herbſt wächſt fie wieder, und zwar gilt dies im ganzen wie auch für die einzelnen Tageszeiten. Dagegen find die mittleren Bewölfungsgrade im Sommer am häufigiten, im Winter am jeltenjten (ebenfall& im ganzen wie an den einzelnen Tages— zeiten). Es bleibt abzuwarten, wie weit dieje unjeren Zahlen zu entnehmenden Ergebnifje durch längere Beobachtungen bejtätigt, abgeändert oder ergänzt werden. Einſtweilen jcheint es, daß die mittägliche Temperaturfteigerung eine Verminderung der Bewölfung hervorbringt — es werden die mittleren Bemwölfungsgrade häufiger, die volle Bewölkung verliert an Häufigkeit — und zwar in allen Jahreszeiten, daß aljo aud in der wärmeren Jahres— zeit die mittägliche QTemperaturfteigerung nur ausreicht, die Wolfen teil- weile zur Verdampfung zu bringen, nicht, wie an vielen Orten, in der wärmeren Sahreszeit mittags durch Emporſchaffen reihliher Dampfmengen die Wolfenbildung zu vermehren. An leßteres erinnert hier nur das Sel- tenerwerden der MWolfenlofigfeit vom Morgen- zum Mittagstermine im Frühjahr und Sommer. Nebel jind in Münden ziemlich zahlreich, offenbar mit eine Folge jeiner Lage und des Wafjerreihtums durch jeine Flüffe. Ihre Häufigkeit zeigt eine jehr ausgejprochene tägliche und jährliche Periode. Am Häufigiten find die Nebel in allen Jahreszeiten am Morgen, weit jeltener des abends, und jolche, die über Mittag anhalten, jind nur ganz vereinzelt, und zwar in den Monaten November, Dezember, Januar zu verzeichnen. Die nebelreichjte Jahreszeit ilt der Herbit, wo durchſchnittlich fait jeder dritte Tag Morgennebel hat, vornehmlich wohl dadurd, daß die noch ver- hältnismäßig warm gebliebenen Waſſermaſſen der Flüſſe der jtärfer erfalteten zZuft mehr Dampf zuführen, als dieſe in Dampfform Halten fann. Im — 125 — Winter wird die Nebelhäufigfeit geringer, und die Frühlingsmonate bringen das Minimum, worauf fie im Sommer wieder zu wachſen beginnt. Bei Anwendung der zehnitufigen Einteilung der Bemwölfungsgröße pflegt man als „heitere” Tage diejenigen zu bezeichnen, deren mittlere Bemwölfung die Zahl 2 nicht erreicht, und als „trübe“ ſolche mit einer mittleren Bewölfung, die größer als 8 it. Dem entiprechen bei der vier- Itufigen Einteilung die Zahlen 0,8 und 3,2. Daher wurden als „heiter“ bezw. „trübe” die Tage genommen, bei denen die Summe der drei täglichen Bewölfungszahlen höchjtens 2 bezw. mindejtens 10 beträgt. Da jedod die Zahl der jo beitimmten heiteren Tage jih Hier ziemlich niedrig jtellt, find in der daneben jtehenden Spalte noch diejenigen Tage aufgezählt, welche morgens Nebel hatten, im übrigen aber den obigen Bedingungen entiprachen, aljo nach dem Verſchwinden der Morgennebel ebenfall$ den ganzen Tag fait wolfenlo8 waren. AndererjeitS wurden die Tage mit Morgennebeln noch als „trübe” gerechnet, wenn am Mittags- und Abend- termin der Himmel zu je mindeltens 3 Vierteln bedeckt war, dagegen nicht mehr, wenn er jich einmal zur Hälfte und das andere Mal ganz bedeckt zeigte. Aber auch mit Hinzurehnung der hHeiteren Tage mit Morgennebeln wird die Zahl der heiteren Tage in Münden nicht groß. Einen erheb- lihen Zuwachs erhielte nur der Herbit (eine Steigerung von 6 auf 12 für 100 Tage), der denn alle anderen Jahreszeiten überträfe. Die Zahl der Heiteren Tage (im urjprünglichen Sinne) beträgt im Jahresdurchſchnitt nur rund 6 auf 100, was durch die Lage Mündens im ozeanijch beeinflußten Klimagebiet im Verein mit den örtlichen Verhältniſſen leicht verjtändlih ift. Die meiſten hHeiteren Tage weit das Frühjahr auf (7,4 auf 100), am wenigiten der Sommer (3 auf 100). Die abjolute Zahl für das Jahr ift 21. Biel mehr hat auch Göttingen nicht, von welchem 241) angegeben werden. Das Marimum der Häufigkeit der „trüben“ Tage, an denen Münden feinen Mangel hat, fällt auf den Winter, wo durchjchnittli von 3 Tagen 2 zu den trüben gehören; im Frühjahr und Sommer (Zeit ihrer geringjten Häufigkeit) find in Mittel unter 10 Tagen 4 trübe. C. Häufigkeit der Niederfhläge und Gewitter (nad) 10jährigen Beobachtungen, 1900 bis 1909). Die Tabelle 3 gibt die jogen. Niederjchlags- (und Gemwitter-) wahres icheinlichfeit an, d. h. an wieviel Tagen unter 100 Beobadhtungstagen durchſchnittlich Niederjchläge bezw. Gewitter zu verzeichnen find, und zwar 1) Thiele, Deutihlands Iandwirtichaftlihe Klimatographie. Aus dejjen Tabellen ſei nocd für einige Drte die Zahl der Heiteren Tage (im Jahr) entnommen: Nord- haufen 39, Frankfurt a. M. 36, Potsdam 44, Meißen 39, Braunjchmweig 55. — 126 — drüden die Zahlen der eriten Spalte die gejamte Niederſchlagswahrſchein— lichkeit aus, aljo Regen, Schnee ujw. zujammengenommen. Gezählt jind dabei alle Tage mit Niederichlag, gleichgültig ob er in meßbarer Menge fiel oder nicht. Für das Jahr find aud noch die abjoluten Zahlen der Tage mit Niederichlag uſw. angegeben. Tab. 3. Zahl der Tage mit Niederſchlag Schnee Graupeln Hagel Gewittern Sn Prozenten der Zahl der Beobachtungstage | Dezember . DENT UNTBA 0,9 17 ,00,8 0,6 Winter Januar B42. .1.,7289 0,9 | — — | Februar 64,6 36,1 2,3 * 0,4 Mittel 68,6 26,1 1,4 0,1 0,3 März 57,7 23 er RR 6; 0,3 0,3 Frühling * April 62,0 11,7 3,7 1,0 4,0 Mai 54,5 2,0 Zr 1,0 13,9 Mittel 58,1 13,1 2,3 0,8 6,1 I Juni 50,7 — ——0 17,7 Sommer Null 2% 60,3 — — — 19,2 Auguft . 69,6 — 0,3 | — 12,7 Mittel 56,9 — 0,1 | 0,2 16,5 September 44,7 2. 0) 18 5,7 Herbjt $ Dftober 48,0 1,6 0,6 — 0,6 November . 54,3 11,3 1,0 _ 0,3 Mittel 49,0 4,3 0,5 0,4 2,2 Jahr PER. 0,4 6,3 abjolut, im Jahr 203 40 | 4,3 | 1,4 | 23 Danach ift die Zahl der Niederichlagstage im Winter am größten, im Frühjahr und Sommer nur wenig fleiner, aber beträchtlich Eleiner im Früh— herbſt (bejonder3 im September), der ja für Mitteleuropa die bejtändigite Zeit des Jahres bildet infolge der dann häufiger und anhaltender auf- tretenden trodenen öitlihen Winde. Im ganzen ift (gleichfalls durch die Lage Mündens in wajjerreicher Gegend inmitten bemwaldeter Höhen und die ozeaniſche Beeinfluffung) die Niederichlagshäufigfeit ziemlich groß, indem es ım Winter, Frühjahr und Sommer wie auch im Mittel des Jahres noch öfter als durchjchnittlich jeden zweiten Tag regnet oder jchneit, und auf das Jahr 203 Tage mit Niederichlag (irgendwelcher Menge) Eommen.!) ’) Wo man, wie vielfach geſchieht, als Tage mit Niederfhlag nur die zählt, an denen mindejtens 0,2 mm Niederſchlag fällt, werden natürlic, die Häufigfeitszahlen kleiner, was bei Vergleichen berücfichtigt werden muß. — 127 — Schneefalltage find unter 100 Tagen im Winter 26, im Frühling 13, im Herbft 4. Hagel und Graupeln haben ihre größte Häufigkeit im Früh— jahr, Gewitter im Sommer. Tage mit Gewittern gab es unter 100 Tagen im Sommer 16, im Frühling 6, im Herbit 2,2, auch Wintergemitter (Wirbelgewitter) fehlen nicht ganz. Bedenkt man, daß nur die Tage mit Gemittern gezählt find (23 im Jahr), nicht die einzelnen Gewitter, deren es jchr oft mehrere an einem Tage gab, jo erfennt man, dag Münden ziemlich gemwitterreich ift. Der erſte Schnee fiel in den 10 Jahren frühejtens am 17. Dftober, jpätejtens 24. Dezember; das mittlere Datum des eriten Schneefalls iſt der 20. November. Der legte Schnee fiel frühejtens 30. März, jpäteltens 19. Mai, durchſchnittlich 23. April. Die jchneefreie Zwilchenzeit betrug im Mittel 211 Tage. D. Temperaturextreme, Eistage, Frofffage, Sommerfage (nad) 10jährigen Beobachtungen, 1900 bis 1909). Tab. 4. Abjol. Extreme der Temperatur |: Mittlere Ertreme der Temperatur Zahl der | | I Som: t⸗ | | mer⸗ Schwankung Schwankuug Mittlere abſolute Abſolute Min. | Mar. | Min. | Mar. Sanuar — 13511. ,85-1— 20:0|,10,3::1 21,8: 30,3 83 | 16 — Februar —11,0| 9,7 |—22,7| 190 |207 |41,7 | 53 | 177 = März — 5,1| 15,6 |— 94| 22,0 | 20,7 1314 | 04 | 143 | — April — 24| 20,7 |— 5,0| 272 |231 |322| — a Mai 0,6 26,7 |— 1,4 29,2 | 26,1 30,6 | — 510720 Juni 4,7, 29,2 35| 30,5 [245 1270| — | — | 52 Juli 74 29,5 53| 32,8 | 221 1275| — | — 8,2 Auguft 6,3, 27,9 4,4| 31,0 | 21,6 | 26,6 | 3,9 September 2.6| 25,1 |— 02| 282 | 22,5 | 284 — 0,1 1! Dftober — 02 185 |— 68| 225 192 1298| — | 18 — November — 32,118 | 11,5) 15.071758 265 1509 \,936 | — Dezember —104| 99 |—175| 115 |203 1290 | 47 | 52 | — Jahr . —15,1| 30,7 |— 22,7) 32,8 | 45,8 | 55,5 | 196 803 | 20,5 (1901) | (1904) | Über die Bedeutung (bezw. Berehnung) der Zahlen in der Tab. 4 ſei folgendes bemerft. Nimmt man je von demjelben Monat aller Beobahtungsjahre (z. B. von jedem Sanuarmonat der ſämtlichen Jahre) vie niedrigite (je einmal be= obachtete) Temperatur, addiert dieſe Temperaturen und dividiert fie durd) die Zahl der Beobadhtungsjahre, jo erhält man das mittlere Minimum dos betreffenden Monats (Spalte 1). Entiprechend verfährt man zur Be— ſtimmung des mittleren Marimums (Spalte 2). Dieje Zahlen geben aljo die niedrigite und die höchſte Temperatur an, die man in dem betreffenden — 138 — Monat durhichnittlich zu gemwärtigen hat. Der Unterſchied beider ergibt die mittlere abjolute Shwanfung (Spalte 5). In gleicher Weile Jind die betreffenden Werte für das Jahr berechnet. Das mittlere Jahres- minimum (bezw. -marimum) it das arithmetische Mittel aus den niedrigiten (bezw. höchſten) Temperaturen, deren man’ in jedem Jahr eine beobachtet hat. — Die niedrigite (bezw. höchſte) Temperatur, die in allen gleichnamigen Monaten (z.B. in allen Sanuarmonaten) der ſämtlichen Beobachtungsjahre nur einmal vorgefommen it, bildet das abjolute Minimum (bezw. Marimum) des betreffenden Monats (Spalte 3 und 4), und ebenſo ift die niedrigjte (oder höchſte) Temperatur, die in allen Beobachhtungsjahren zus jammen nur einmal auftrat, das abjolute Jahresminimum (oder -marimum). Der Unterfchied zwiſchen den abjoluten Ertremen ift die abjolute Shwan- fung (Spalte 6), die natürlich in längeren Beobadhtungszeiträumen größer wird als in furzen. Die mittleren Monatsminima wie die Marima fteigen vom Januar, wo fie ihren tiefiten Stand haben, bis zum Juli ununterbroden an und gehen dann wieder herab. Denjelben jährlichen Gang zeigen die abjoluten Extreme, jedoch mit einer Ausnahme; nicht der Januar, der in unjeren Breiten im normalen jährlichen Temperaturgange der fälteite Monat ift, weilt die nie= drigjte, in unjeren 10 Beobadhtungsjahren vorgefommene Temperatur auf, jondern der Februar, und zwar trat dieſes abjolute Minimum mit —22,7° C am 21. Februar 1901 ein. Da andererjeits im Februar 1900 (am 26.) ein Marimum von 19° zu verzeichnen war, jo fommt auf den Februar eine abjolute Schwanfung von 41,7, die größte von allen Monaten. Das Steigen der mittleren Monatsertreme vom Januar bis Juli und das Fallen derjelben in der andern Jahreshälfte erfolgt zwar ohne Unter: brechung, aber doch nicht ganz gleichmäßig bei beiden Ertremen von Monat zu Monat. 3. B. wächſt vom April bis Mai das mittlere Minimum um 3°, das mittlere Marimum aber um 6°, woraus fich für den Mai eine um 3° größere (mittlere) Schwanfung ergibt als für den April, der jeinerjeitS durch die gleiche Urjache den März hierin übertrifft. Im Frühjahr, meiſt (mie hier) im Mai, erreicht die mittlere Schwanfung der Temperatur ihren höchſten Betrag (hier 26,1°), und damit hängen die Frühjahrsfröſte eng zuſammen. Es findet bei Tag durch die hochiteigende Sonne jtarfe Erwärmung jtatt, das hat beträchtlihe Lufttrodenheit zur Folge und hierdurch wird Itarfe nädtliche Erfaltung dur Ausftrahlung begünftigt; dazu fommt die Wirkung der um dieſe Zeit öfters auftretenden falten, trodenen, nördlichen bis öſt— (ihen Winde. Später (Juni, Juli) heben fich die Minima jtärfer als die Marima und die Schwanfung wird Eleiner. Desgleichen wird fie Eleiner, wenn von dem mun beginnenden (durch die Abnahme der Sonnenhöhe und die fürzere tägliche Beitrahlungsdauer verurjachten) Temperaturrüdfgang die Marimumtenperaturen jtärfer betroffen werden als die Minima, was — 129 — nad) unferer Tabelle für Auguft, Oktober, November zutrifft. So weift der meift trübe November hier wie an vielen andern Drten die kleinſte Schwan— fung auf, worauf fie durch relativ ftärferes Sinfen der Minimumtempera— turen wieder wächſt. Daß der September fich Hierin von feinen Nachbar— monaten abweichend zeigt (das Minimum etwas jtärfer ſinkt als das Marimum), hängt mit feiner meiſt Elaren, trodenen, deshalb tagsüber noch jommerli warmen, nachts aber jchon recht Fühlen Witterung (Nachſommer— wetter) zufammen, die ihrerfeitS durch die für dieſe Zeit charafteriftijche mittlere Drudverteilung bedingt ift. | Die mittleren SJahresertreme, 30,70 und —15,1° und die ſich daraus ergebende mittlere Jahresſchwankung von 45,8° find als jehr mäßig zu bezeichnen, wenn man berüdjichtigt, daß die mittleren Kälteertreme des Jahres im Gebiet des Deutjchen Reiches!) im allgemeinen zwilchen —21° und —14 bis 15° betragen, die Marima (mit Ausschluß höherer Gebirgspunfte) zwilchen 30 und 33°, und daß die mittlere Jahresſchwankung ih zwilchen 53% im Nordoften und 47° im Südmelten hält. Auch die „abjolute” Schwanfung, die in den 10 Jahren 55,5° beträgt, ift nicht groß, und mejentlich FEleiner als die (aus langjährigen Beobachtungen erhaltene) von Kafjel und Göttingen, welche beiden Drte demjelben Klimagebiet wie Münden (dem mitteldeutichen Waldgebirgögebiet) angehören und eine abjolute Schwanfung von 63,4 bezw. 63,9° aufweijen.?) Doch find Ddiefe Beträge mit dem obigen nicht wirklich vergleichbar wegen der ungleihen Länge der Beobachtungszeiträume und weil die hier ver- wendeten Beobachtungen aus andern Jahren ftammen als die dortigen. Auch mögen infolge des Umſtandes, daß das Inſtitut Hier im 2. Stod des Schlofjes liegt, und die Anbringung des Gehäufes?) mit den Thermos metern in geringerer Höhe nicht angängig war, die hier gefundenen Extreme vielleicht ein wenig zu flein jein. Daß es fich aber in Legterer Hinficht nur um ganz geringe Abweichungen handeln kann (vergleichende Verjuche darüber 1) Hann, Handbuch der Klimatologie, gibt S. 152 die mittleren Sahresertreme einer Anzahl Orte aus den verfchiedenften Gegenden des Deutfchen Reiches wie folgt an: Marimum Minimum Marimum Minimum Königsberg 31,8 — 21,5 Leipzig . 32,9 —17,4 Bromberg.. 32,4 —20,3 Erfurt. . 31,6 — 18,5 Berlin. . 33,0 —15,4 Bayreuth. 31,4 — 21,3 Halle . . 32,5 —— München . 30,4 —18,5 Broden . 23,2 —20,9 Augsburg 32,2 —18,8 Breslau . 30,9 —18,4 Heidelberg 32,5 —14,2 Ratibor . 32,5 —21,6 Kreuznach 33,0 —14,6 Dresden . 32,9 —17,1 2) Thiele, Deutjchlands landwirtihaftlihe Klimatographie. 3) Nah Art der vom Preuß. Meteor. Inſtitut angegebenen, mit verjtellbarer Be- ſchirmung. 9 — 130 — jollen angeitellt werden), geht unter anderm ſchon daraus hervor, daß der Unterfchied zwilchen dem mittleren Januarminimum und dem mittleren Juli— marimum in Kafjel mit 43,9% und Göttingen!) mit 43,4° nahezu derjelbe it wie in Münden mit 42,6° und daß fich für die froftfreie Zeit (jiehe weiter unten) hier wie dort fait genau die gleiche Dauer ergibt. Diejen relativ ausgeglichenen, von jehr niedrigen wie von jehr hohen Temperaturen jich frei haltenden Klimacharafter Mündens, wie er den ozeaniſch beeinflußten Gebieten eigen it, entipriht auch die Zahl der Eistage, Frofttage und Sommertage. BBezeichnet man, wie üblich, jeden Tag mit einem QTemperaturmarimum unter 0° al3 Eistag, einen jolchen mit einem QTemperaturminimum unter 0° als Frojttag, einen Tag mit einem Qemperaturmarimum von 25° und mehr als Sommertag, jo hat Münden nad unjeren 10 jährigen Beobachtungen durchſchnittlich im Jahr: 19,6 Eistage, 80,3 Froittage und 20,5 Sommertage. Das find, verglichen mit denjenigen eines Ortes in vorwaltend Eontinental beeinflußtem Gebiet, ziemlich niedrige Beträge. Eberswalde 3. B. Hat (im 15 jährigen Mittel von 1876 bis 1890?)) 32,1 Eistage, 124,2 Froſttage 45,0 Sommertage?), aljo mehr als doppelt joviel Sommertage, aber auch etwa 1!/,mal joviel Eis- und Froittage als Münden. Ganz frojtfrei befunden jind dort nur die Monate Juli und Auguft, hier außerdem noch der Monat Juni (wenigjtens in diejen 10 Jahren). Der legte Frojt wurde hier beobachtet: früheſtens im Mittel ſpäteſtens 19. April 3. Mai 16. Mai (1901) (1900) Der erſte Froſt: früheſtens im Mittel ſpäteſtens 20. September 26. Oktober 11. November (1904) (1906) Die frojtfreie Zeit betrug Tage mindeſtens im Mittel höchſtens 130 (1904) 176 196 (1901) in Eber3walde dagegen (Tage) 113 140 190 1) Die mittleren Jahresertreme diefer Orte find mir nicht zur Hand, 2) Schubert, Meteor. Zeitichr. 1892, ©. 235 ff. 8) Vielleicht jind die Eberswalder Zahlen ein wenig zu groß und mit den hiefigen nit ganz vergleihbar, da in dem Eberswalder Bericht geſagt ift, daß nad) dem Ver— gleich mit benachbarten Stationen die TIemperaturangaben der wärmeren Tages- und Jahreszeit etwas zu hoch (beim Marimum bis zu 2°) erichienen, und bei der Zahl der Frofttage ufw. die Ablefungen an einem ganz ungeſchützten Minimumthermometer (1,3 m bob) zugrunde gelegt find. Dennoch bliebe wohl der Unterfhied gegen Münden deutlich genug. Sedenfalls genießt Münden den Vorteil einer erheblich längeren Vege— tationszeit. — Andererſeits jtimmt Münden mit den beiden Nachbarſtädten Kaſſel und Göttingen Hinfichtlih der mittleren Dauer der frojtfreien Zeit faft ganz überein; Kaſſel hat 179, Göttingen 178 Tage, nur liegt Dieje Zeit dort etwas früher, indem fie in Göttingen vom 29. April bis 24. Ok— tober, in Kafjel von 27. April bis 23. Dftober zählt. Zu weiterem, bezw. zur Bearbeitung längerer Beobadytungszeiträume, wie fie zur Erzielung eigentliher „Normalmittel” erforderlich find, reichte die furze zur Fertigſtellung diefer Mitteilung zu Gebote jtehenden Frijt nit aus. Sind es alſo auch nod feine wirklichen „Normalmittel“, die hier zur Darjtellung famen, jo find es doch klimatiſche Werte, die jenen aielfah mindejtens nahe jtehen werden und jedenfalls ein jchon ziemlich Futreffendes Bild von den behandelten Verhältnifien Mündens gewähren. Grunewal. Staatwirtihaftlihe Studie von Dr. Fr. Jentfd. Die Berfäufe von Waldland in der Umgebung Berlins Haben, wie allgemein befannt, viel Anfechtung erfahren. Die Angelegenheit Hat ihre praftiihe Erledigung gefunden, eine genauere objektiv wiſſenſchaftliche Be- handlung in der Öffentlichkeit meines Wiſſens aber nicht erfahren. Es ericheint Iohnend, ihr näher zu treten. Die Nüglichfeit und Berechtigung ſtaatlicher Erwerbsunternehmungen wurde früher vielfach beſtritten. Der Staat wirtſchafte wegen der bei jeiner Wejensart unvermeidliden Mandantenwirtichaft teurer als der Pri— vate, entziehe der Privatunternehmung bedeutende Vermögensobjefte, mache den Staatsangehörigen in der freien Betätigung ihrer Kräfte unerwünjchte Konkurrenz. Die Praris und nahmals aud) die Wiſſenſchaft Haben längſt entjchieden, daß dieſe Lehrmeinung nur bedingt zutrifft, im bejonderen nicht gilt für die Forjtwirtihaft des Staats. Die Foritwirtihaft Hat volfs- wirtichaftlihe Eigentümlichkeiten und der Wald volkwirtichaftlihe Eigen- Ihaften, die die Staatsgewalt nicht nur befähigen, jondern unter gewiſſen Borausjegungen jogar verpflichten, Waldbefiß zu halten: Das Produft in der Forſtwirtſchaft ilt in beionders hohem Make Erzeugnis der Naturfräfte, bejonders des Bodens. Sie verlangt darum relativ große räumliche Er- jtrefung. Das im Holzvorrat jtodende Kapital ijt allgemein groß, eigen- artig gebunden, vom nachhaltig beziehbaren Materialzins nur mit Hilfe techniſch und wiljenjchaftlih qualifizierter Verwalter zu untericheiden. Die Summe dieſer Eigentümlichfeiten bewirkt, daß die Waldwirtichaft zweck— mäßig in der Hand ewig lebender juriftiiher Berjonen und im Großbetriebe, d. h. auf großer, zu einheitlihem Wirtjchaftsbetrieb verbundener Fläche 9* — 132 — betrieben wird. Die Statiftif der Bodenbenugung lehrt, daß die Groß— betriebe und im bejonderen die jtaatlihen Forſtbetriebe die ergiebigeren in bezug auf die erzeugten Werte find. Es ift danad) finanziell die Staats- foritwirtichaft wiſſenſchaftlich berechtigt und praktiſch bewährt. Sie iſt es aber auch adminiftrativ und kann in dieſer Hinficht jogar geboten jein. Das wird begründet dur die volfsmwirtichaftlidhen Eigen- Ihaften des Waldes. Die befanntejte und michtigfte ift die Lieferung des wirtichaftlicy notwendigen Holzes und anderer Waldprodufte. Sodann übt er in örtlicher und zeitlicher Begrenzung förderliche Wirkungen auf die Yandesfultur aus, die mit dem Ausdrude Schugwaldwirfungen zujammen- gefaßt zu werden pflegen, und ebenjolhe auf die Gejundheit und das Wohlbefinden der Menſchen. Schließlich auch ift auf gewiſſen Standorten die Waldwirtichaft die allein rentable oder die gegenüber anderen Boden- benugung3arten rentablere Bodenbenugungsart. Böden dieſer Art werden gemeinhin als abjoluter Waldboden bezeichnet. Die Lieferung von Holz und anderen Waldproduften vollzieht ſich am beiten im freien privatwirtichaftlichen Wettbewerb, an dem der Staat als einer unter vielen teilnimmt. Eine deswegen aus jeinem Wejen fließende Pflicht, Waldwirtichaft zu betreiben, befteht allgemein nit. Sie kann im befonderen etiwa vorliegen, jei e8 örtlich, wo und joweit die private Unter— nehmungsluft nicht bereit oder imftande ift, notwendige Waldprodufte zu liefern, oder zeitlich, wenn und jolange die private Unternehmungsluft verjagt. Anders Liegt es bei der Schugwaldmwirfung. Diejfe Wirkung ift ihrem Werte nach weder mekbar, noch tauſchfähig, mithin fein Gegenjtand privatwirtichaftlicher Leiftung. Der Waldbefiger, deſſen Wald fie ausübt, der berechtigtermaßen nur jein Intereffe, nicht dasjenige anderer verfolgt, muß und wird Schadloshaltung dafür verlangen, wenn die Erhaltung und Sicherung der wirfjamen Schugeigenichaft jeines Waldes ihm Koften oder Einbußen auferlegt. Das braucht nicht immer und nicht überall der all zu fein. Manche Waldungen wirken jchügend ſchon durch ihr bloßes Dafein. Sie müfjen nur erhalten bleiben, fönnen im übrigen ganz nad) ökonomiſchen Grundjägen auf den höchſten Ertrag bewirtjchaftet werden. Ihre Schußwaldeigenjchaft legt dem Eigentümer feine Einbuße auf. Eine ſolche tritt erjt ein, wenn die Erzielung und Sicherung der jhüßenden Wirkung Bemwirtichaftungsformen verlangt, die, wie etwa Vermeiden des Kahlihlags, des Stodrodens, des Bodenverwundens, Erhaltung der Streu- dee, Plenterwirtichaft, Weideihonung und ähnliches, die höchſt rentable Benugung einſchränken. Die Einjchränfung erreicht ihren Höhepunft, wenn die Schugmwirfung nur durch völligen Verziht auf privatwirtichaftliche Nußung des Waldes gejichert erjcheint. Auf die Art der Schutzwirkung des Waldes auf die Sandeskultur im einzelnen joll hier nicht eingegangen werden. Wenn man abjieht von den — 133 — gemeinhin angenommenen, aber wiſſenſchaftlich bisher nicht erweisbaren Einwirfungen auf das Klima durch Abſchwächung der Temperaturertreme, durch günftige Verteilung der Feuchtigkeit in Luft und Boden, durch Speifung der Quellen, jo bejteht doch eine Neihe von Wirkungen mejentlich mechanischer Art, die unbeftritten und bemwiejen find. Dazu gehört die Bindung des Bodens durch die Wurzeln der Bäume und durd die Streu- decke des Waldes. Sie verhindert im Gebirge das Abſchwemmen des Bodens, die Entjtehung von Waſſerriſſen, Wildbächen, Verſchotterungen, mindert dag jähe Abfliegen des Waſſers und die Gefahr von Hochwaſſer, in bedingtem Maße die Lawinengefahr, in der Ebene das Flüchtigwerden Iojen Bodens. Der Wald kann auch ſchützend wirfen gegenüber verhee- renden oder aushagernden Winden. Bei weiten jind es nicht alle Wal- dungen, denen ſolche Schußwirfungen eigen find. Für Diejenigen, die fie bejigen, ijt faum jemals der Umfang und das Maß der Wirffamfeit genau feftzuftellen. Dieje beiden Umſtände machen in der Gejeßgebung eine praftiih wirffjame Drdnung der Materie jo ſchwierig, daß ihr bis zur Gegenwart troß der generellen Anerfennung des Worhandenjeins von Schugwald und der Notwendigkeit einer Sicherung feiner Wirkungen für das Gemeinwohl eine einwandfreie Form nicht hat gefunden werden Fönnen. Grundjäglih und praftiih aber bejteht fein Zweifel darüber, daß die Staatsgewalt die Aufgabe Hat, für die Erhaltung und Behandlung des Schubwaldes zu forgen und im bejonderen deſſen Erhaltung oder Be— gründung und dauernde Bewirtihaftung in Eigenregie zu übernehmen, wo die adminijtrative Einwirfung auf den Privatbefiger die Schukwald- wirkung genügend nicht jihert. Hieraus fließt die Notwendigkeit von Staatswaldbejig mindeitens für den Umfang der fo umpfchriebenen Auf- gaben und dejjen Berechtigung ganz unabhängig von finanziell aus ihm erzielbaren Ermwerbseinfünften. Eine weitere gemeinjchaftliche Wirkung des Waldes und der Wald- wirtichaft beruht in der Fähigkeit, gewiſſe Böden, die gemeinhin als ab- jolute Waldböden bezeichneten, überhaupt rentabel oder doch rentabler als dur andere Bodenbenugungsarten zu machen. Iſt es jchwer, das Weſen und den Begriff des Schukwaldes jcharf zu umſchreiben, jo ijt eine präziſe Darftellung des abjoluten oder unbe- dingten Waldbodens noch jchwieriger. Schon das Wort jelbjt ift nicht glüdlih) gewählt. Die Zuftände, die die Benugung einer gegebenen Fläche nur mit Hilfe der Forſtwirtſchaft zulaffen oder doch die Forjtwirtichaft als die rentablere von mehreren möglichen Nußungsarten erjcheinen Iaffen, find weder unbedingte, noch unveränderlide. Sie können gegeben fein durd die chemiſche oder phyſikaliſche Beichaffenheit des Bodens oder durch die Ausformung und Lage des Geländes. Der Begriff ift nicht technifch, nur wirtſchaftlich erfaßbar. Die techniſche Möglichkeit, einen Boden anders als — 1341 — waldbaulid zu benußen, bejteht unbegrenzt. Graswuchs gedeiht noch auf jteilften Halden und flachgründigiten Böden, wenn genügend Feuchtigkeit vorhanden iſt. Selbſt wo er verjagt, kann, wie ſchon Lehr hervorhob, Opuntia oder ähnliches als PViehfutter angebaut werden. Bearbeitung, Bemwäljerung, Düngung, Umformung fönnen wohl beinahe jede Bodenart zum Anbau von Kulturgewächjlen geeignet machen. Die Entiheidung, ob im gegebenen Fall die waldbauliche Nutzung allein möglich oder allein am Blake ift, fann nur nad wirtichaftlichen Gefichtspunften erfolgen. Praxis und Erfahrung finden bier die Kriterien in der Negel leicht und ficher. Eine aus fach- und ortsfundigen Land- und Forftwirten zufammengejeßte Kommilfion wird in den meilten Fällen einhellig die Enticheidung finden, ob land» oder forjtwirtichaftlihe Nußung einer gegebenen Fläche die zweck— mäßige oder die allein mögliche iſt. Denn ſie berücfichtigt neben den die Bodenbonität bejtimmenden Faktoren die Art des Wirtichaftöbetriebes, dem die Fläche angehört, deſſen Größe, deſſen Umfang, die ökonomischen Qua— litäten des Bejiers, die Lage des Grundftüds zum Wirtichaftshof, die Zugänglichkeit, die Entfernung von Verfehröwegen und Konjumtions- pläßen. Unter voller Berüdjichtigung dieſer wirtichaftlichen Umftände und für die Dauer ihres Beitehens kann ein Boden wohl als unbedingter MWaldboden bezeichnet werden. Er ift es indejjen nicht abjolut. Übergang in andern Beliß, Ausbau eines Vorwerks, eines Weges, einer Eijenbahn, Errihtung einer gewerblichen Anlage, örtliche Zunahme der Bevölkerung und vieles ähnliches und anderes fönnen den Charakter desjelben mit Willen des Befiters oder unabhängig davon ändern. Umgekehrt wird ein Gelände bisheriger Zugehörigkeit zur Landwirtihaft durch Anderung der angegebenen örtlihen und zeitlichen Begleitumjtände wirtjchaftlich zu einem nur mehr der Forftwirtichaft zuzumeifenden werden können. Die bejtim- menden Faktoren jind alſo immer relative, niemals abjolute. Wenn gleich- wohl der Begriff des abjoluten Waldbodens von alter8 her und bis in die Gegenwart jih in Wiſſenſchaft und Wirtichaftsleben behauptet hat, jo liegt offenbar troß der ungenauen und darum unrichtigen Benennung ein Bedürfnis vor, eine tatjächliche wirtſchaftliche Erſcheinung begrifflih zu erfalfen: Böden, die nad) ihrer Zulammenjegung, Ausformung oder Lage bodenwirtichaftlih nur durch Erziehung von Holzpflanzen genußt werden fönnen. Sie fönnen jo bejchaffen fein, daß eine andere Wirtichaftsform überhaupt ausgeſchloſſen ift, oder jo, daß andere Wirtichaftsformen zwar möglich find, in ihren Erfolgen aber ficherlich der Forjtwirtichaft nachtehen. Man könnte fie unter Weglajjen des irreführenden Epithetons am beiten als Waldboden jchlehthin bezeichnen. Derartige3 „Waldland” gibt es. ES war vorhanden in ungemejjener Erftrefung zu Beginn der mirtichaftlichen Kultur, wurde in deren fort» Ichreitender Entwidlung, die man ſich nad) dem befannten Ricardojchen — 15 — Srundrentengejeg vor fi gehend denfen mag, verringert, erlangte im ganzen, nicht im einzelnen, eine gemwifje Stabilität jeit der Zeit, in der die jeßhafte Bejtedelung des Landes im mejentlichen abgejchlojjen war, unterliegt aber von da an und immer noch epochalen Wandlungen und mannigfachen territorialen Verſchiebungen. Se mehr die Staatsgewalt der Träger aud) von Kulturaufgaben ge= worden ijt, um jo wichtiger wird für fie auch die Aufgabe, den Boden jeiner jeweils beiten Benußungsart zuzuführen. Dieje Aufgabe erweitert ih in einem Staatswejen, das, wie Deutjchland, einer wachſenden Be- völferung Platz, Ermwerbsgelegenheit und Nahrung zu Ichaffen hat, noch dahin, daß bisher ungenußte oder gering nußbare Landesflächen rentablerer Benußgung zugeführt werden müſſen. Ländereien dieſer Art werden als Odland bezeichnet. Diejer Begriff ift minder ſchwerdeutig als jene beiden anderen de3 Schubwaldes und des abjoluten Waldbodens. Seine Be— grenzung nad unten iſt flar gegeben durch das Fehlen jeder Nutzung. Dagegen ijt die obere Grenze allerdings genau nicht zu ziehen. Dahin- gehende praktiſche Verjuche, wie die der preußiichen Grundjteuergejeßgebung, tragen den Stempel des Notbehelfs und der Willkür. Für die generell beitehende Staatsaufgabe, die jeweils beite Boden— benugungsart herbeizuführen, tft dDiefe Grenze ohne Belang: es fommt darauf an, jowohl ungenußten wie unzwedmäßig genußten Boden der je zweck— mäßigiten Benußung zu unterwerfen. Zwei Tatjahen jind bei Verfolgung diefer Aufgabe richtunggebend, einmal die, daß die je zweckmäßigſte Benußungsart feine für alle Ortlichkeiten und alle Zeiten dauernde, jondern eine veränderliche ift, ferner das unſerm Wirtſchaftsſyſtem zugrunde liegende Prinzip des Brivateigentums. Sie vers bieten eine einjeitig von der Staatögewalt ausgehende Iegislatoriiche oder adminiftrative, mit Zwang verbundene und einmalige Drdnung der Materie. Die Rückſicht auf die erſte Tatjache nötigt zu einem fortwirfenden all mählichen Vorgehen. Die Rüdjiht auf die zweite beichränft das Eingreifen der Staatsgewalt in die freie Verfügbarkeit des Staatsangehörigen über deſſen Eigentum auf die nur ausnahmsweije vorliegenden Fälle dringender oder großer gemeinmwirtichaftlicher Gefahr oder Not. Sm allgemeinen liegt es im eigenen Interefje des einzelnen, jeinen Grund— beſitz möglichſt zweckmäßig zu bewirtichaften. Aber auch, wo das nicht geichieht, bejteht nicht ohne weiteres Necht und Pflicht des Staates zu einem Eingriff. Dem engliihen Landlord, dem jchlefiihen oder böhmiſchen Magnaten ſteht e3 frei, unter Verzicht auf jeglihe oder auf die höchſte Bodenrente ein Sagdgehege auf ihrem Grunde zu machen, und ebenjo dem Zwergbauern der Eifel, jeinen „Waldboden” landwirtihaftlih zu nugen, dem Bewohner des Karſts oder der Lüneburger Heide, Vieh und Streu jtatt Hol auf jeinem „Waldland“ zu produzieren. Der Staat als Kulturträger kann — 136 — ihnen gegenüber mit Machtmitteln nicht eingreifen. Dagegen fann er es und joll er e8 mit all jenen nicht mit Zwang verbundenen Maßregeln der Beratung, der Belehrung, des Beijpiels, der Unterfiügung. Für die Wald- böden, die der Waldwirtichaft nicht unterliegen, jteht ihm weiter als ein wirffames Mittel zur Verfügung der Erwerb im freien Verfehr, die Über— führung und die Bewirtichaftung in Eigenregie. Eben hier ijt der Staat, mit Einfluß der nachgeordneten, mit Teilfunftionen der Staatsgewalt aus— geſtatteten Körperjchaften, bejonders geeignet, jeinerjeit3 einzugreifen, da der privaten Unternehmung zur Aufforjtung vielfach nicht jo jehr die Neigung wie die Kraft fehlt. So entjteht auch auf diefe Weile als eine Konjequenz ftaatlicher Kulturaufgaben ein Staatsforſtbeſitz. Das vorjtehend Ausgeführte jol, kurz zuſammengefaßt, darlegen, daß ganz unabhängig von dem vorhandenen, aus den verjchiedenartigften Quellen entjtandenen StaatSwaldbejig für die Staatsgewalt aus der Ber- folgung ihrer Zwede die Aufgabe beiteht, Wald oder Waldland zu über- nehmen und zu bewirtichaften. Die Sicherung der Schußwirfungen des Waldes unter gewiſſen Vorausfegungen, die Erjtrebung der je beiten Boden— benußung nötigen zur Begründung und Erhaltung von Staatswald, aud wenn aus anderen Entjtehungsgründen jonjt feiner vorhanden wäre. Der Staatswald ift ein Ausflug des modernen Staat3begriffs. Die Bewirtſchaftung de3 Staatswaldes und ebenjo die Verände— rungen in deſſen Befikitande erhalten dadurd ihr eigenartiges Gepräge. Die Schukwaldmwirfung, das jahen wir, ftreitet in verjchiedener Abitufung wider das privatwirtichaftliche Streben nad) einer höchiten Rente. Für den Staat al3 Eigentümer von Schußwaldgelände iſt dieje Wirkung bejtimmend. Sie in eriter Linie muß gewährleiftet werden, jelbjt bis zum völligen Ver— zicht auf einen finanziellen Reinertrag. Schutzwald als jolcher fällt aus dem Nahmen des Staatsgutes heraus und nimmt die Natur der Staat3- anftalt an. Dagegen dedt ſich das gemeinwirtichaftliche Streben nad} beiter Bodenbenugung bei der Behandlung des daraus rejultierenden Staats- waldes grundjäglich mit dem privatwirtichaftlichen Streben nach Neinertrag. Denn eben die Erzielbarkeit einer höchſten Nente veranlakt zum Erwerb und zur Erhaltung von Staatswald auf Waldboden. Es folgt daraus: Aller Staatswald, der nicht Schußwaldcdharafter Hat, muß nad) dem Prinzip . der größten Rentabilität bemwirtjchaftet werden. Er bildet einen Teil des Staat3gutes, des Erwerbsvermögend des Staates, das die Staatsforſt— verwaltung im Intereſſe aller Staatsangehörigen zu höchſter Ergiebigfeit zu bringen verpflichtet ift. Die gleihen Grundſätze bejtimmen auch die Änderungen. des Staats- forſtbeſitzes. Für den Erwerb find enticheidend Erwägungen der Verwaltung, für die Veräußerung jolche der Finanz. Der Erwerb fordert die mittelbare Förderung des Geſamtwohls, jei e8 durch Sicherung der Schugwaldivirfung — 137 — oder durch VBerbejjerung der Bodenbenugung. Für die Praris bilden hier» bei den Maßſtab die Dringlichkeit und der jchon in der älteren Finanz— politif vertretene Grundjaß, daß die Verpflichtung des Staates allgemein nicht über den Betrag Hinausgehe, der aus Beräußerung von Staatswald zur Verfügung ſteht. Auch ohne eine genaue ſtatiſtiſche Ausſcheidung deſſen, was Schußwaldeigen- haft Hat, ift e8 ficher, daß der Anteil des Schugwaldes wie am Gejamt- walde jo am Staatswalde nicht groß iſt. Die meilten Staatsforjten fallen unter den Begriff des Staatögutes. Iſt nun der Staat als Wirtſchafts— jubjeft eben zum Betreiben von Waldwirtichaft wohl geeignet, jo liegt zur Veräußerung von forjtwirtichaftlicd genußtem Staatsgut jo lange fein Anlaß vor, als dieje Nutzung die wirtichaftlich rentabeljte unter den technisch möglichen bildet. Iſt oder wird das aber anders, jo beginnt die Verpflichtung, ſolchen Staatsgrund, der anders als foritwirtichaftlih nur in der Hand der Privatunternehmung zu höchiter Rentabilität zu bringen ift, zu veräußern. Auch Hier beiteht praftijch eine Begrenzung, die in dem volfswirtichaftlichen Bedürfnis und der danach hervortretenden örtlihen Nachfrage gegeben ilt. In der Verwendung des Erlöjes ijt der Staat finangpolitiih gebunden. Die Pfliht der dauernden Erhaltung des Staatsvermögens, an dem der jeweil3 lebenden Generation nur der Fruchtgenuß zufteht, fordert, daß der Erlös wieder zum Erwerb von Staatsgut (oder zur Schuldentilgung) be— nußt werde. Der Forjtverwaltung bietet ſich derartiges von jelbjt in er- werbungsfähigem Schugwald, Schugwaldgelände, Waldboden. Bergleiht man mit dieſen Ddeduftiv gewonnenen Sätzen die Forſt— politif des preußijhen Staates, jo zeigt ich, daß dieſe ihnen ent- Iproden hat und auch heute noch entipricht. Dies gilt im bejondern aud) hinfichtlic) des in der Tagesprejje viel angefochtenen Verfaufs von Forlt- grund in der Nähe von Berlin. Mit diefem Hat die Forftverwaltung nicht nur recht getan, jondern eine wohlbegründete Pflicht gegenüber den Gemein- intereffen erfüllt, indem fie ein begehrtes Gelände zu Preiſen abgab, wie jie nur für Baugrund gezahlt werden können, und dafür Odland erwarb, das ganz oder nahezu ertraglos von ihr in gut rentables Waldland umge— wandelt wird. Hierbei muß jchließlich noch auf einen Punkt eingegangen werden, der in der bisher gegebenen Darlegung nicht berücfichtigt worden ift, in der Öffentlichen Diskuſſion aber eine bedeutende Nolle jpielt, der Einfluß des Waldes auf die Gejundheit und das Wohlbefinden der Menfchen. Ein folder Einfluß beſteht und gehört nicht bloß zu den wirtichaftlichen Smponderabilien. Zwar nicht der Wald als folcher ift es, der bejondere oder eigenartige Einflüſſe auf die menſchliche Gejundheit ausübt. Die Waldbewohner find im Urwald wie im Kulturland nicht die gejunderen oder fräftigeren. Eher ließe ſich das Gegenteil erweilen. Wohl aber bildet — 13 — der Wald für den Menjchen Hochgefteigerter Kultur, zumal den Bewohnern der Großjtadt eine Stätte zeitweiliger Ausipannung, Beruhigung, Erholung. Bon Alters her ift das deutjche Gemüt empfänglic gemwejen für die Schön- heit des Waldes, der mehr als ſonſt eine Landichaft den Urquell des Seins, die unverfäljchte, frei waltende Natur dem empfänglichen Auge zeigt. Die in den Großjtädten eng beieinander wohnenden Menichen bilden einen immerhin erheblichen Bruchteil der Gejamtbevölferung, Groß-Berlin allein ca. 8/, der Einwohnerihaft Preußens. Wenn die Staatswifjenichaft dem modernen Staate neben dem Macht: und Nechtszwed in fteigendem Make jowohl den Kulturzwed wie auch den Wohlfahrtszwecd beilegt, darf man wohl auch die Förderung und Erhaltung jener Waldivirfung unter deſſen Wohlfahrtsaufgaben einreihen, mit demjelben Necht wie die von Mufeen, Schaujfammlungen, Theatern, deren Kojtenaufwand audy nur jehr mittelbar reproduftiv wirft. Diejfer Aufgabe wird in der Tat auch Rechnung getragen. Die Forſt— verwaltung öffnet, nur unter den nötigen ordnungs- und ficherheitspolizei- lihen Beichränfungen, ihre Wälder dem naturhungerigen Wanderer, ja Ihafft Barfanlagen, Waldwege, Raſtplätze, oft mit erheblichen Aufwendungen, unter Verzicht auf den höchſtmöglichen Wirtichaftserfolg, nimmt auch damit verbundene oftmals vecht fühlbare Erjchwerungen des Forſtdienſtes in Kauf. Sm bejonderen hat fie in der Oberförjterei Grunewald dem Erholungs- bedürfniffe der Berliner in einem Umfange Nechnung getragen, der einen Ertrag aus foritwirtichaftlicher Bodenbenugung nachgerade ausjchliekt. Es wird auf Kahlichlag verzichtet, alte Bäume und Beſtände bleiben mit Rück— jicht auf das Landichaftsbild über ihre Haubarfeit erhalten. Für die park— artige Beſtockung werden Ziergehölze mit namhaften Aufwendungen erzogen und verpflanzt, Wege für Fußgänger, für Reit-, Fahrrad-, Automobil- Verkehr für Hunderttaufende von Mark hergeitellt und erhalten, für Be- leuchtung, die niemals der Wald, nur der Park braucht, umfajjend Sorge getragen. Die Summe derartiger Aufwendungen zujammen mit den dem Forſtfiskus aus der Aufgabe rein forftlicher Intereffenwirtichaft entgehenden Einnahmen find derart angewachſen, daß das Revier einen Reinertrag über- haupt nicht mehr liefern würde, würden nicht aus Verpadhtungen an Galt- wirtichaften, Bootsverleiher, Budenbejiger und aus fonjtigen wieder nur den ſtädtiſchen Bedürfnifjen entiprungenen und dienenden Bodenbenußgungs- formen einige Emnahmen erzielt. In ähnlicher nur minder umfänglicher Weiſe find die anderen fisfaliihen Waldungen in der weiteren Nachbarſchaft Berlins der Wohlfahrtspflege erſchloſſen. Aber Hierin über ein durch ge- wordene Tradition und allgemeine Staatsräjon etwa gebotenes Maß Hinaus- zugehen, darf der oberiten Staatsgewalt nicht mehr angejonnen werden, nachdem Ddezentraliftiih Teile der jtaatlihen Aufgaben und zumal die regionale Wohlfahrtspflege den nachgeordneten territorialen Organijationen, — 139 — den Kommunen im weiteren Sinne, übertragen jind. Für das Wohl: befinden der Berliner hat in erjter Linie die Stadt Berlin, nicht der Staat Preußen zu forgen. Den Vertretungen der Kommunalinterejjen liegt es ob, jene dem Walde zugejchriebenen förderlichen Einflüffe jicherzuftellen. Wollte der Staat einfeitig nur im Intereſſe dieſes relativ kleinen Teils der Landes— bevölferung ſolche Dpfer bringen, wie fie die Erhaltung eines jtandörtlich zumeift nicht einmal hochwertigen Waldes in der Nähe Berlins in ſich ſchließt, ſo würde er zugunften einer Eleinen Minderheit die Gejamtheit in nicht zu vechtfertigender Weile um die Früchte der fulturellen und materiellen Verbeſſerungen jchädigen, die der Erlös aus dem Verkauf ermöglichte. Hierbei kommt auch anteilig der oben erwähnte Faktor, die Fähigkeit des Waldes zur Lieferung des wirtichaftlic) nötigen Holzes, zur Geltung. Kürzlich iſt die Wuhlheide, etwa 500 ha, für 29 Mill. M., der Quadratmeter für 5 M., der Hektar für 50 000 M. veräußert worden. Die vom Grunewald veräußerten Teile haben mehr als den doppelten Betrag ergeben. Legt man dennoh nur 5 M. für den Quadratmeter zugrunde, jo ergibt der rund 4000 ha große Grunewald einen Erlös von 200 Mill. M. Sn den öftlihen Provinzen ift Odland und geringes Weideland für 100 bi3 120, im Ebbegebirge Weftfalens für 200 bis 300 M. pro Hektar fäuf- ih. Für jene 200 Mill. M. kann aljo eine Waldbodenfläche von °/, bis 1 Mill. ha erworben werden. Wenn auf folchem Gelände mit der Zeit ein ertragreiher Wald entiteht, wird das ganze preußiiche und deutſche Vater— land einfchließlih Berlins und jeiner Bewohner die Früchte der umfichtigen und weitblidenden Forjtpolitif danfbar genießen. Einiges zu der Buchenmait 1909. Bon Forjtmeiiter Midjnelis. Der reiche Segen des Maftjahres 1909 Hat nicht nad) allen Richtungen hin die Erwartungen erfüllt, die man darauf gejegt Hatte. Es müſſen zu viele vorhergehende, begleitende und nachfolgende Umftände ſich günjtig geftalten, um den vollen Erfolg zu jichern. Das zeigt in jedem Buchen revier die Geihichte. Kleine Maften haben häufiger unerwartet günjtigen Erfolg gebracht, große find troß aller daran gefnüpften weitgehenden Er— wartungen in Wirklichkeit nur mit unverhältnismäßig geringen Flächen in der Neihe der Beitandsbegründungen ihrer Zeit vertreten. Ein auf den Dberförjtereien der Provinz Hannover zu findendes Schriftchen Burdhardt3 vom Jahre 1861, unter dem Titel „Buchenzucht“, befaßt ſich mit der Aufgabe, das jüngſt Erlebte jener Zeit feitzuhalten und daraus die be- fehrenden Folgerungen zu ziehen. Es ſchließt an die Sprangmajten von 1853, 1857 und 1858, jowie an die gute Maſt von 1860 an und gibt im engeren über die dabei vom Dberforjtmeilter von Seebad im Solling ge— — 140 machten Wahrnehmungen Aufihlug. Alsdann bringt Burdhardt feine eigenen über dieſes Gebiet hinausgehenden Erfahrungen und jeine im weiteren Umfange darauf gegründeten allgemeinen Folgerungen zum Aus— drud. Was hier in bezug auf das Buntjanditeingebiet des Solling ausge- ſprochen ift, jpiegelt jih im grundjägliden auch in der umfafjender ge= haltenen Behandlung jeines „Säen und Pflanzen“ wieder. Der Kern diefer Ausführungen läßt jich furz dahin zuſammenfaſſen. Ein bejtimmtes Nezept, das für alle Verhältniſſe paßte, läßt fich nicht angeben. Der Buchenzüchter Hat dem Rechnung zu tragen, was die Berhältnifje, mit denen er zu tun hat, an die Hand geben. Je ſchwieriger ein Boden bei der Buchenverjüngung ſich anläßt, deſto mehr tut fünftliche Unterftügung not. Wo fie nicht zu entbehren, iſt baldige Hilfe doppelte Hilfe. Auch mit der Hade kann man zu jpät fommen. Deshalb jollte man dieje Hilfen, wo jie ſich als unentbehrlich erweifen, zeitig und gründlich anwenden. Weit- ausholende allmählich mweitergeführte Vorbereitungshiebe find von bejonderem Wert ſowohl für das Empfänglichwerden des Bodens wie für die Entwid- lung des Beitandes und jein Samenerträgnis. Im übrigen habe das alt- bewährte Eintreiben von Schweineherden jeinen unverfennbaren Nutzen. Es jet eins der beiten koſtenloſen Mittel zur Förderung der Anjamung. Bejondere Nachteile hätten die Spätfröfte gebracht. Späte Frühjahrs- jaaten, welche dieje vermieden, jeien regelmäßig gelungen. Zum Verholzen bleibe auch den Spätjaaten noch Zeit genug. Vor allem aber jei es bei der leichten Durchwinterung der Bucheln ratjam, allen möglicherweile drohenden Gefahren, die fih im Herbit noch nicht überjehen Lafjen, mit einem Nejerve- vorrat an Bucheln entgegen zu gehen. Bedürfe man ihrer unter glüdlichen Berhältniffen im Frühjahr nicht für die eigenen Buchenverjüngungen, jo biete jich in jedem Nevier Gelegenheit genug, fie zu Unterbau- und ähn- lihen Zwecken nüßlih zu verwenden oder Nachbarrevieren damit auszu- helfen. Sm Anſchluß hieran wurde 1909 angefichtS der reichen Majt folgender Plan für den Bramwald entworfen. Vorbereitende Hiebe waren feit geraumer Zeit in ausgedehnten Maße geführt und Hatten ihren Zweck erfüllt. Um fiher zu gehen, bedurfte e3 aber nod einer ganzen Reihe von Nachhilfen für die Gegenwart. Bedauerlicherweile hatte es nicht gelingen wollen, aus den benachbarten Ortſchaften auch nur eine einzige Schweineherde in den Wald zu befommen. Es war von vornherein bei den bejchränften zur Ver— fügung ftehenden Mitteln ausgeichlojjen, den gefamten Inhalt des reichhaltigen Wunjchzettel3 zu erfüllen und zu beitreiten. Im eriter Linie bedurften der Nachhilfe mit der Hade und entiprechender Nachjaat die jehr unficheren, mit Beerfraut überzogenen und jonjt verödeten Älteren Verjüngungsflächen. In zweiter Linie ſtanden jolche Bodenzuftände, die zwar nicht ganz jicher waren, aber bei günftiger Entwidlung der Dinge vielleicht der Nachhilfe entbehren — 141 — fonnten. Daneben gab es in dritter Linie Eichenbejtände, für die Unterbau in Frage fam, und ältere gelichtete Fichtenorte, für die es zwecks Bekämpfung ſtarker Trockentorfſchichten wünjchenswert erſchien, auf wohlfeile Weije Buchen einzubringen, die jpäter in den Jungbeſtand, und jei es auch nur als Stod- ausfchlag, mit übergehen und wohltuend die Humusmiſchung beeinflufjen fönnten. Zurüdgeftellt von ernſten Verjüngungsabſichten blieben die Beitände, in denen die Vorbereitung3hiebe noch nicht jo weit gediehen waren, daß von einer ausreichenden Empfänglichfeit hätte die Nede jein fünnen. Das fommt noch, hatte aljo für diesmal gar feine Eile. Solche Flächen waren übrigens nur in geringer Ausdehnung vorhanden. Für die jehr unficheren wurde gründliche Bearbeitung, zur Koſten— eriparnis in Plätzen, mit Einſaat von 1,5 Neuſcheffel Bucheln vorgejehen auf rund 27 ha. Bei den nicht ganz ficheren (32 ha) wurde die endgültige Entiheidung dem Befund im Mai 1910 anheimgegeben und gejagt: a) Falls ausreichende natürlide Anjamung ausbleiben jollte, Nachſaat Mitte Mai auf Pläken wie vor. b) Oder im Falle ausreichender natür- licher Anjfamung Verwendung des Saatgute3 zum Einftufen in den er- wähnten Eichen» und Fichtenbejtänden. Ausbleiben der Maifröfte und die jonjt günſtige Entwidlung der Witte- rungsverhältniſſe gejtatteten durchweg von dem Fall b Gebraud zu machen. Es kamen auf diefe Weije zur Verwendung: 28 Neuſcheffel auf 26 ha in Eichen, 23.02 - 29 = = Fichten. Sehen wir zunächft zu, in welchem Umfange der Herbit 1909 jeine reihe Buchenmaft über den Brammald ausgejchüttet hatte und wie es diefer weiter erging. Um in Zahlen einen Überblid zu gewinnen, wurde in 26 älteren Buchenbejtänden entiprechender Größe an fünf von einander getrennt liegenden Stellen, blindlings ohne Wahl herausgegriffen, je 1 qm abgejtect und auf jedem die Anzahl der darauf liegenden Bucheln gezählt, und dann weiter fejtgeitellt, wie viel Stüd in jedem Falle gut, wie viel ichleht waren. Dieje erjte Zählung geſchah vom 1. bis 15. November 1909, aljo zu einer Zeit, wo alles von den Bäumen herunter jein mußte und noc nicht gar viel von Tieren des Waldes aufgenommen jein fonnte. Zur Feititellung der Winterverlufte wurde in den nämlichen Ortlichfeiten eine zweite Zählung in der Zeit vom 1. bis 6. Mai 1910 vorgenommen. Ebenjo wurde in Beftänden der Dransfelder Stadtforit auf Mujcel- falf und Bajalt verfahren. Die Mittel ergaben pro Quadratmeter: _ Davon = \zmweifel 2 gut mel: Töleht| = Zeit der | lee a” der Zeit der B 8: = 52 are — Zählung Zählung 3 |"zZ85].2 = | |3 23 | esietlign| S [= f=} e |s@823.0|= 18 - 188 &8 | 5 159 | ker St St. | Stk. a) Auf Buntjandftein: 1900 | 1910 Be 1.—15. Nov. I592 [456 | 66 ! 1.—6. Mai [eo a2 | 5 | 53) 7 | 31 es Isıe Brozent|200| 87 | 13 s»lslılmıı)6o ale b) Auf Muſchelkalk und Bajalt: | 300 Ia24 | 36 |: AT Er 330 Prozent| 2001 90 | 10 | 82 ı2l.| 2} 219 Abgejehen vom Schlußjtand und Alter wird oft genug ohne weiteres angenommen, daß auch Güteklaſſe, Höhenlage, Abdachung einen ins Gewicht fallenden Einfluß auf das Samenerträgnis äußern müſſen. Doch ift wohl von vornherein vorauszujegen, daß in jo reichen Maftjahren wie 1909 der- artige Unterjchiede ji) am wenigſten bemerfbar machen werden. Die Probe darauf ergab, daß die Güteklaſſen I, I, II ungefähr den Durchſchnitt hielten und nur IV und V um etwas zurüdblieben. Die Höhenlagen von 200 bis 300 m jtellten jich etwa 5 °/, über, die von 301 bis 380 m um ebenjoviel unter dem Durchſchnitt. Die Abdahung ergab für die Hochfläche ſowie die Nord» und Oſthänge etwas weniger, für die Süd- und Weſtlagen ein geringes Mehr als den Durchſchnitt. Das Alter 61—100 blieb um rund 20°), Hinter dem Durchſchnitt zurüd, das Alter 101—140 nod um ungefähr 12 %/,, während das Alter 141—180 erheblich über den Durdjchnitt Hinausging mit einem Höchjtbetrag von 1090 Stüd pro Qua— dratmeter. Dabei jpricht aber weiter mit, daß dieſe älteften Beftände auch ausnahmslos bereit recht Licht ſtehen, von 0,7—0,6 bis herab zu 0,5—0,3 des Vollbeitandes. Am auffälligften find die Unterfciede im Samenerträgnis nad) dem Schlußſtand, fie beziffern fich in abjoluter Höhe für 0,9—0,8 zu 0,7 -0,6 zu 0,5—0,3 auf 492 Stüd, 630 Stüd, 484 Stüd, und Stellen jic) relativ wie 1,0 zu 1,7 zu 2,1. Noch fehlte es für die Schäßung des Umfanges der möglichen Anz jamung an einem Anhalt dafür, weldyer ungefähre Anteil von den als „zweifelhaft“ bezeichneten gefeimten Bucheln als heilbar, welcher als ver— loren anzuſehen ſei. Mein Sohn, der damals als Forftbeflifjener Hier in — 13 — der Lehre ſtand, richtete daher ein Lazarett für derartig beſchädigte Buchen feimlinge ein, um feitzuftellen, was davon unter Verhältnifjen, die denen im Freien möglichſt nahe famen, noch wieder zur Ausheilung gelangen fönnte, und mit welchem Zeitverlujt ſich das vollziehen würde. Die bejchädigten Keimlinge waren, nachdem jie etwa acht Froſtnächten auge gejegt gewejen, am 26. März 1910 entnommen, und zwar einerjeitS einem Beitande, der ungeſchützt an einem Wiejental zwiſchen 150 und 200 m ſich hinaufzieht und ſehr viele, faſt gänzlich erfrorene Wurzeltriebe aufwies, Diftr. 138. Getrennt beobachtet wurden die mit bejonder langen und weniger langen Wurzeltrieben. Ein zweiter Bejtand am Weſthang zwijchen 300 und 350 m Höhe, Diftr. 107, Hatte durch jeinen reichen Altbejtand entiprechend Schuß genojjen. Was hier entnommen wurde, fonnte nur als halberfroren oder angefroren gelten. Weiter famen dann noch joldhe in Betracht, die feinen Froftihaden zeigten, deren Wurzeltriebe aber an ver- ichiedenen Stellen jonjtwie beihädigt oder abgebrodhen waren. Eine Entfernung jchadhafter Teile hat nicht jtattgefunden. Das Buchenlazarett befand fi bis zum 30. März im Freien, mußte dann aber, um jeden Tier- ihaden abzuwenden, in einen unbewohnten. offenen Raum, mit derſelben Temperatur wie draußen, gebracht werden. Wafjer wurde je nach dem herrſchenden Wetter in möglichjt derjelben Menge zugeführt wie im Freien. Der Verſuch ergab, daß bei den durch Froſt beijchädigten Wurzeltrieben der erfrorene Teil abgeitoken wurde, während ſich am Ende der lebenden Wurzel ein Wuljt bildete, aus dem nad allen Seiten Erjaßwurzeln hervorwuchjen, die dem Keimling ermöglichten, ſich aufzurichten. Dasjelbe war bei den Bucheckern mit abgebrochenem oder jonjt beichädigtem Wurzeltrieb der Fall. Dagegen wurde beobachtet, daß einzelne der verlegten Keimlinge die Samen— lappen entwicelten, ohne ſich aufzurichten. Bei diejen waren die Erjaß- wurzeln noch garnicht oder zu ſchwach entwidelt, um den jchweren Kopf halten zu können. Die Wurzeltriebe, die nur angefroren waren, aljo nicht durch und durch vom Froſt gelitten hatten, wuchlen nad furzer Ruhe weiter, die verlegte Haut fiel wie Schorf ab. Die Nebenwurzeln entwicelten ſich hier, wie bei ganz unverlegten Wurzeltrieben, in verjchtedenen Abſtänden einzeln an der Hauptwurzel. Das Endergebnis war das folgende: Bom 18. April bis 21. Mai Hatten alle der am 26. März unter Be- obadhtung genommenen verlegten Keimlinge ihre Samenlappen vollitändig entwicelt oder waren verdorben. Dazu jei im übrigen bemerft, daß unter dem Schirm des Altbejtandes in gejhüßter Lage auf Südweithang in etwa 260 m Höhe die erjten Buchenfeimlinge mit volljtändig entfalteten Samen- lappen am 6. April gefunden wurden, am 20. April die erjte grüne herr- ihende Buche, während um Mitte Mai die Mehrzahl der Buchjenfeimlinge mit entiwidelten Samenlappen dajtand. Bon den Keimlingen mit fait gänzlich erfrorenem Wurzeltrieb waren 37°/, zur Weiterentwidlung ge— Du fommen, von denen mit ganz bejonders langem Wurzeltrieb nur 28 %/,, von den halberfrorenen 62 %/,, von den angefrorenen 78 %/,, von denen mit Jonjtigen Verlegungen ohne Froſt 100 °/,. Man wird aljo rechnen dürfen, daß von den im Wurzeltrieb erfrorenen und angefrorenen Keimlingen doch etwa 50 %/, fich weiter entwideln, während das bei jonjtigen Beihädigungen bald alle vermögen, allerdings immer mit entiprechendem Zeit» und Kraftverluft. Mithin würden mwir immer nod) rechnen können, daß im Mai 1910 hier a) auf Buntjandftein etwa 15%, de3 HerbitvorratS oder 80 Stück pro Quadratmeter, das wären pro Hektar 80000 Stüd, ſich zu brauchbaren Keimpflanzen entwidelt haben, b) auf dem Bajalt und Mufchelkalf bei Dranzfeld allerdings nur noch etwa 3%, oder 13 Stüd pro Quadratmeter, das wären pro Hektar 13 000 Stüd. Mittlerweile find es ficher nicht mehr, wohl aber weiter weniger geworden. Ins Auge fallende und annähernd gleichmäßig wiederkehrende Unter- ſchiede zwiſchen leicht begrünten und nicht begrünten, im Winter 1909/10 gehauenen und nicht gehauenen Beltänden treten Hinfichtlich der erlittenen Winterverlufte nicht hervor. Dagegen jcheinen die länger vom Schnee be- deckt geweſenen Flächen auf der Höhe, fowie an den Nord» und Dfthängen eine etwas größere Neigung zum Faulwerden der Bucheln gezeigt zu haben, wenngleich im allgemeinen der Abgang durch Fäulnis, alſo im wejentlichen durch Pilze, auffallend gering geblieben ift. Die Vermißten, 61°/, und 92%, des Herbitvorrats, die im Frühjahr nieht mehr zu finden waren, find auf das Konto der Tiere des Waldes zu jegen, und zwar in der Hauptjache wohl auf Mäufe und Finken. Großmwild fommt nur in bejchränftem Maße in Frage. Der einzige noch umher— bummelnde Keiler war allerdings, als er erlegt wurde, derart nur von zer- ſchrotenen Bucheln vollgepfropft, daß man hätte glauben jollen, er müßte davon geplagt jein. Das wenige Rotwild, das anfangs jehr gierig über die Buchedern herfiel, gab jchon Ende Dezember, wie der Mageninhalt er- legter Stüde bewies, die Vorliebe für Bucheln auf, jo daß etwa bis in den April, wo noch ein verunglücdtes Stück zur Unterfuhung Gelegenheit bot, von der aufgenommenen Aſung nur noch ein auffallend geringer Anteil auf Bucheln entfiel. Dagegen jah man Nehe fortgejeßt auf der Suche nad) Bucheln, bis der Buchenjalat ihnen die Koſt in noch ſchmackhafterer Form bot. Schon im Januar, bejonders aber im Februar und März 1910, wurden ungeheuer große Scharen von Bergfinfen beobachtet, deren eine der größten zum Vorüberziehen, nad) der Uhr gejehen, hier an der Weferfeite über 21/, Minuten gebraudt hat. Die das übrige Hügelland um rund 100 m überragenden Dransfelder Höhen haben von jeher in bejonderem Maße für den Vogelzug als Bogelsberge gegolten. Dort wird der überaus ftarfe Verluſt Hauptjähhlic auf Nechnung der Finken fommen, ſonſt im Brammwald noch mehr den Mäufjen zuzujchreiben jein. — 15 — Mit Beginn des Herbites machten fih im Walde die Mäufe bemerkbar, und zwar meijt Arvicola glareolus. Der Herbit mit feiner reichen Buchen malt, dazu der jehr milde Winter waren der weiteren Vermehrung jehr günftig. Im Frühjahr 1910 begann es im Walde von Mäufen zu wimmeln. Wie groß die Winterverlufte an Bucheln in Wirklichkeit bereit3 waren, fand erjt jeine Bejtätigung durch die zweite Zählung Anfang Mai. ES wurden die Mittel erbeten, um in größerem Umfange mit Zöfflerjchem Mäufe- typhusbazillus vorzugehen. Die Auslage fonnte leider erjt von Mitte Mai ab gejchehen, nachdem im Freien die Mehrzahl der Bucheln aufgelaufen war. Bedacht wurden außer den Kämpen rund 250 ha Buchenverjüngungsflächen in entſprechender Verteilung. In alten Stöden, Holzjtößen, zwiſchen ſpann— rückigen Wurzelanläufen waren hauptſächlich die Mäufequartiere zu finden. Die Auslage der Bazillen geſchah in Kämpen mit Weißbrotbroden, ſonſt mit Hafer. Beides wurde in gleicher Weife fofort angenommen und auf: gezehrt. Ein gemeinfames Vorgehen mit den benachbarten Feldmarfen fonnte im Frühjahr noch nicht, jondern erſt zur Herbitbeftellung erreicht werden. Sm Walde wurde es allmählic jtiler. Von eingegangenen Mäufen fonnte im Walde nur 1 M. silvatieus gebracht werden, in der dann Typhus— bazillen nachweisbar waren. Während man im Walde eine Abnahme der Mäuſe bemerkte, hörte man um jo mehr die Klagen der Landwirte über die Mäufeplage im Felde. Es hat nicht mit Bejtimmtheit feitgeftellt werden fönnen, daß A. glareolus im Felde angetroffen wäre, dagegen häufig M. silvatieus zwiſchen A. arvalis. Später aber, und zwar weit eher als aud) im Felde mit dem Mäufetyphus begonnen wurde, jind beim Mähen von Klee und von Roggen wiederholt tote Mäuſe von M. silvaticus im Felde gefunden. Es ijt nicht unmwahrjcheinlic), daß es jich um Zuwanderer han- delte, die bereitS im Walde verjeucht waren. Ein Zumwandern aus dem Walde muß unzweifelhaft nad) dem Auflaufen der Buchenmaft jtattgefunden haben. Bon der Zeit ab, wo etwa vom 1. bis 10. Juni der Roggen ge- blüht Hatte und die Körner anjeßte bis zur Ernte hin zeigte fich eine eigen- tümlihe Beihädigung der Noggenftüde, am auffälligjten gerade in der Waldnähe auf etwa 100 bis 300 m. Hier wurden mehr und mehr die Ahren mit dem oberften Halmende abgebiffen und lagen meiſt ausgefreſſen am Boden. Anjtandsjäger im Felde wollen beobachtet haben, daß Mäuſe die Halme als Kletterftangen benußten und, wo der Halm ſie nicht weiter trug, dieſen abbiſſen. An ſich nicht unwahricheinlich. Leider hat man feine von dieſen Mäujen zur Feltitellung der Art eingeliefert. Ein ſolches Roggen tüf an der Mündener Straße gegenüber Vaafe, in unmittelbarer Wald- nähe, umgeben von lauter Haferjtüden, deren Entwicklung entjprechend zurüd war, jtand zurzeit der Ernte auf der einen Hälfte mit lauter Halmen ohne Ähren da. Wild fonnte nicht in Frage kommen, das hätte fich fpüren 10 — 146 — müffen. Leider wurde auch hier feine Maus bei der Tat erfchlagen. Nur die geföpften Halme konnten durch die Kamera feitgehalten werden. Während im Verlauf des Sommers im Walde immer weniger Mäufe zu beobachten waren, jtieg die Mäufeplage im ‘Felde bis zur Unerträglichfeit. Im Walde mußten die Mäufe entweder eingegangen oder ausgewandert jein. Zurzeit der Herbſtbeſtellung entſchloß man fich endlih, auch im Felde gemeinjam vom Mäujetyphus Gebraud zu machen. Die Wirkung jcheint auch Hier nicht ausgeblieben zu jein. Leute, die noch jpät im November und Dezember gepflügt haben, jind auf viele tote Mäufe geitoßen. Won Herbjteinmwande- rung in den Wald iſt bisher nicht wahrgenommen, wie man denn auch jegt im Walde nur noch wenig von Mäufen fieht und jpürt. ES handelt ſich dabei auch jeßt meift um A. glareolus, weniger M. silvatieus. Nochmals im Herbſt und vor Winter in den Buchenverjüngungen zum Mäufetyphus zu greifen, erjchien daher nicht erforderlich. Nur für die Kämpe wurde eine jolche nochmalige Säuberung auf alle Fälle als ratſam angejehen. Aufgewendet find im ganzen gegen Mäuje in der angegebenen Weije 320 M. Beſonders verhängnisvoll jollte nody die Mäufjeplage für unjere jpäte Frühjahrsausſaat des ſorgſam aufbewahrten Nejervevorrats an Bucheln werden. Er brauchte, wie oben erwähnt, nicht zu Ergänzungsjaaten in den Buchenverjüngungen benußt zu werden, jondern fonnte zu Stedjaaten für Unterbauzwede in Eichen und für Einbringung von Buchen in gelichtete Fichten Verwendung finden. Allein es rächte ſich, daß wir nicht ſchon im Februar, anjtatt erſt im Mai, den Mäufen mit Typhusbazillen zu Leibe gegangen waren. Im Februar erihien die Mäufjevermehrung bereits be- denflihd. Man wollte aber an eine Gefahr noch nicht glauben, bis Die Maizählungen über den Umfang der Winterverlufte volle Klarheit brachten. Eine merflihe Verminderung der Mäuſe hatte daher in der furzen.Zeit noch nicht eingetreten jein fönnen, als die Buchedern Mitte Mai aufliefen und damit von der Speijefarte für die freßbegierige nod unverminderte Mäuje- ihar verichwanden. Juſt da erjchienen wir mit unjerem NRejervevorrat wohl: fonjervierter Bucheln und richteten damit in Wirklichkeit zunächſt weiter nichts aus, als eine HenferSmahlzeit für die zu vertilgenden Schädlinge. Ihre Freßluſt reichte gerade noch, unfere Reſerve zu verzehren, eimerlei ob dieſe in Eihen und Fichten verjtedt wurde oder als Ergänzungsjaat in den Buchenihlägen Verwendung gefunden hätte. Der hervorragenden Nüßlich- feit, welche die Erhaltung jolchen Nejervevorrats mit ſich bringt, vermag diefer Mißerfolg nicht den geringsten Abbruch zu tun. Man hätte eben nur den Kampf gegen die Mäufe jo viel früher aufnehmen und ihrer Herr jein müſſen, ehe die Ernährungsverhältnifje im Walde ſich derart verjchoben und die Saatzeit gekommen war. Dieje Zeit war verjäumt und nicht wieder einzubringen. — 141 — Das, was vom Buchenaufichlag 1910 vorhanden ift, befriedigt nad) jeiner Zahl mehr als nach jeiner fräftigen Entwicklung. Die beite Empfäng— lichfeit für die Anjamung hat auch Hier wieder der Boden gezeigt, der das bis auf eine dünne Reſtſchicht der legten Abfalljahre bejtzerjegte Laub und die Anfänge einer leichten Begrünung aufweilt. Ein Mehr joll und ein Mehr braucht für Buche mit den voraufgehenden Hieben nicht erreicht zu werden, aber es muß erreicht fein, wenn die Maſt fommt, jonjt zählt es nit mit. Neben den genannten find Ortlichfeiten genug vorhanden, die zwar zur Verjüngung noch nicht bejtimmt find, in denen aber infolge der voraufgegangenen Durchforftungen im Herrichenden jene VBorbedingungen er- füllt waren und ſich reichlih Aufichlag angefunden hat. Das jtört nicht, im Gegenteil wird von ſolchen Stellen in einigen Jahren jehr willfommienes Material zum Auspflanzen mit Buchen für die Lüden in den Verjüngungen zu erwarten fein. Üppig it, wie gejagt, von dem vorhandenen jüngiten Aufſchlag nichts zu nennen, aud auf den Hadplägen nicht, eher dünn, z. T. jogar dürftig. Aber alles ift fejt angewurzelt und macht nicht den Eindrud, al3 wollte e8 gleich wieder vergehen. Das weniger üppige Ausjehen braucht vorläufig nicht weiter zu beun— ruhigen. Wie jehr die Jungwüchſe in natürlichen Berjüngungen mit reichem Altholzihirn gegenüber den in Kämpen und gepflegten Handfulturen in der Entwicklung der erjten Jahre zurüdjtehen, it allgemein befannt, man fönnte fie durchweg im Vergleich zu diejen als fümmerlich bezeichnen. Auch iſt mir nicht erinnerlich, daß hier im Bramwald einjähriger Buchenaufichlag früherer von mir mit erlebter Maftjahre im allgemeinen fräftiger ausgejehen hätte. Man hält die Schläge dunkel genug, um im Fall des Miklingens ein neues Samenjahr abwarten zu können, ohne inzwiichen eine Schlagverwilderung befürchten zu müſſen. Das Auge wird natürlich jehr viel mehr erfreut durch eine gleihmäßig auf der ganzen Fläche verteilte, dichte und üppig entwickelte Anfamung. Indeſſen gehören dazu entweder jehr günjtige natürliche Ver— hältniffe oder ein Aufwand für Bodenbearbeitung, wie er ji nicht ohne weiteres überall aufbringen und vertreten läßt. Und jelbjt dann noch fann, wenn es das Unglüf will, unter der Einwirkung widriger Zufälligfeiten das Ziel unerreicht bleiben. Alles gleihmäßig nur aus einem Guß zu erhalten, die Verfüngungsdauer möglichjt abzufürzen, Hat daher jein Vorbild wohl mehr aus der fünftlichen als aus der Eigenart der Naturverjüngung genommen. Die lettere hat ji) noch immer etwas ablehnend gegen Die Bearbeitung mit der Heßpeitiche gezeigt. Wohl läßt ſich die Natur mit ihren willig gebotenen Kräften auf bejtimmte Ziele allmählich Hinleiten, aber nicht gut meistern und zu beitimmten Friſten zwingen, ganz abgejchen von ihren Verhalten gegenüber etwaigen PBlöglichkeiten. Die Naturver- jüngung ift an eine gewiſſe Langjamfeit gebunden und erfordert vom Wirt— ihafter neben gemeſſenem Vorgehen, daß er bei jteter Achtſamkeit und ruhiger 10* — 188 — Überlegung Geduld hat und warten fann. Gewiß zeigt uns die Geſchichte der Naturverjüngungen aud, daß fie mit einem Schlage und in fürzejter Zeit gelingen können, das jind aber meiſt Ausnahmen, mit denen man fich wenigitens hier in der Ausführung der Sache meift der Streifenjaat unter Schirm aus der Hand jehr erheblich genähert hat. Sehen wir ge- nauer hin, jo läßt fi in der überwiegenden Zahl der Fälle an der Hand jorgfältiger Altersabzählungen nachweilen, daß von einzelnen Maftjahren, einerlei ob reich oder gering, ein Teil vorweg hineingefrümelt ijt, dann folgen gewöhnlih ein oder auch zwei Majtjahre, weldye die Hauptrefru- tierung gebradjt haben. Dabei fällt oft genug die Fülle des Samenerträg- niſſes weniger ins Gewicht als die Gunſt der äußeren Umftände, wie Empfänglichfeit, begleitende und nachfolgende Witterungsverhältniffe. Später folgt ebenjo ein Nachkrümeln aus nachfolgenden Maftjahren, wobei wir dann aber in der Regel ſchwer feititellen fönnen, wie weit hier Menjchen- hand nachträglich im Spiele geweſen ift. Es iſt nicht ohne weiteres zu jagen, daß eine Verzögerung der An— jamung und damit Verlängerung des Berjüngungszeitraums ſchwerer wiegende wirtichaftliche Nachteile mit fich bringen müſſe. Geht es raſch, wird man fleinerer im Betrieb jtehender Flächen, geht es langjam, entſprechend größerer bedürfen. Das wird ſich allmählih ganz von ſelbſt auf das rechte Maß einftellen. Ein Zuwenig bringt Verlegenheiten, ein Mehr kann nicht Ichaden. Diejer Punkt läßt ſich alfo ohne Nachteil überwinden, nur muß der Zuſchnitt der Wirtichaft dazu beweglich genug fein. Wichtiger iſt die Frage der Entwicklung des Jungbeitandes. Man hört jo oft die Gleichaltrigfeit und Gleihmäßigfeit der Beltände über Gebühr betonen. Gleichaltrig iſt noch längſt nicht gleihmäßig und umgefehrt, auch lange nicht gleih Hoh. AU unfere Erziehungsmaßnahmen mit der Art zielen in der jpäteren Entwidlung darauf ab, nicht allein für Abjtandnehmen. zu jorgen und diejes gleichmäßig durchzuführen, jondern auch eine Differenzierung, namentlih in der Höhenentwidlung, nad mehreren Etagen einzufügen. Trogdem ich jeit langer Zeit hier Jahr für Jahr recht viele Heftare aller Holzarten und Altersflafjen ſelbſt auszeichne, ift mir bis jeßt noch nicht aufgefallen, daß das in Naturverjüngungen mit längeren Verjüngungs- zeiträumen jo viel jchwieriger gewejen wäre als in gleichaltrigen Saat- oder PBflanzbeitänden. Im Gegenteil, nad) meinem Geſchmack viel an— ziehender und wohl auch nußbringender in den erjteren. Nun fönnte ferner eingewendet werden, eine nicht dicht und gleichmäßig heraufgewachſene Ver- jüngung bereite nachher Schwierigkeiten, eine ausreichende Zahl gutgeformter Zukunftsſtämme herauszupräparieren. Sch beſchränke mic) Hier auf die jpäter noch genauer ing Auge zu faſſenden Beitände der legten 60 Jahre, weil hier die Auszeichnungen im heutigen Sinne noch plaßgreifen Eonnten, ehe etwa ſchon ein Teil der bejtgeformten, aber nicht mehr unbedingt herr— — 149 — Ihenden Stämme bejeitigt und dafür nach dem Grundſatz der Unantaſtbar— feit alles Herrjchenden die vorwachjenden Bejen ſtehen gelaffen waren. Sie alle bis herab zu den jüngſten ducchforjtungsbedürftigen und durchforſtungs— fähigen Beltänden find während der legten zwei Jahrzehnte alle 5 Jahre ausgemuftert und Haben nirgends einen Mangel an beijergeformten Zu- funftsftämmen hervortreten laſſen. Jedenfalls kann die Art Hinterher jehr vieles, ich möchte faſt jagen, alles, was ſolche Verjüngungen nicht ideal geliefert Haben, in das beite Verhältnis jegen, wenn man fie rechtzeitig und verjtändig gebraudt. Schwierig it das notwendige Abſtandnehmen Laffen nur da geworden, wo die Verjüngungen von Anbeginn tadellos dicht und ge= drängt „wie Haare auf dem Hunde” gejtanden hatten. Da wurde im Intereſſe der Standfeitigkeit, Stärfe- und Kronenentwidlung ein Abitands nehmen mit Hilfe von Durchreiferungen dringendes Erfordernis zu einer Zeit, als noch mit Überjchüffen für das gewonnene Holz nicht zu rechnen war, jondern die Arbeit in der Hauptjache nur Ausgaben brachte. Die Durch: forftungsbedürftigfeit lag vor, aber die Durchforftungsfähigfeit mit Ausficht auf Überjhüffe mangelt. Die däniſche, auf dichtefte Verjüngung jo ehr bedachte Buchenwirtichaft muß vielleiht noch früher mit ſolchen Durch— reiferungen anfangen, aber fie ift in der glücdlichen Lage, jedes Reis mit überſchuß ablegen zu können. Bei uns Eoftet im gleichen Falle das un- vermeidliche Abjtandnehmen nur bares Geld. Alfo doppelte Ausgaben, in den meilten Fällen zur Schaffung des dichten Standes Bodenbearbeitung, zur Bejeitigung nachteiligen Drängelns Durchreiferung mit abermaligen Geldopfern. Es entjteht daher die ernite Frage, ob der dichte und dichtelte Sugenditand wirklich jo viel Gewinn für die fünftige Ausformung der Be- ſtände in fich jchließt, daß dieſe Koſten dadurch gerechtfertigt würden. So weit ich nach den hieſigen Verhältniffen mir ein Urteil zu bilden vermag, ericheint das zweifelhaft. Lockerer — nicht lückiger — Stand der Anſamung Hat hier genügt. Gegenüber dem bei ung vorwaltenden Streben nach wohlfeiler Einbringung wertvollerer Nutzholzarten (Einjtufen oder Kleinpflanzung von Eichen, Einzeldurchpflanzung mit Nadelhölzern, beſonders Fichte) droht dichter und dichtejter Stand des Buchengrundbeitandes den Einjprenglingen noch mehr mit Nachteilen, als dies für die eigene Art gilt. Überall jind Hier die Verlujte an den eingejprengten Eichen in der Jugend um jo größer ge- wejen, je dichter die jie umgebende Buchenverjüngung im Grundbejtande war. Se jchlechter es der Buche zeitweilig erging (frühzeitiger Verluft des Buchenſchirmbeſtandes durch Sturm — Diftrift 134, 135, 139 bis 142, 146 —, loderer Stand im Diftrift 34, 36, 37, 93, 94, Froftlage im Diltrift 30, 31, 45, 46), um jo vollitändiger find die Eichen gediehen. Dabei zeigt ji) heute in feinem der für die letzten 60 Jahre in Betracht fommenden Beltände ein Mangel an dem erforderlichen Buchen-Zwilchen: — 190 — und Unterjtand. Wohl aber jind die als bejonders gut gelungen, d. h. ala dicht beftocft hervorgehobenen Buchenverjüngungen im Dijtrift 83, 88, 136, troß der erwähnten, mit Koften verfnüpften Durchreiferungen in der Ent- wicdlung, bejonders ihrer Stärfe und Kronen, zurücgeblieben. Sie ähneln darum dem Bild überjäeter Beitände. Ohne Voreingenommenheit nach diejer oder jener Nidhtung hin gewinnt man den Eindrud, daß heute der gelundere und wertvollere Zujtand der ganzen Entwidlung auf Seiten derjenigen Buchenbeitände zu finden ift, welche nicht aus dichten und Dichteften An— jamungen hervorgegangen find. Keinenfalls läßt der Iodere Stand der frühen Jugend irgendwelchen nachteiligen Einfluß auf die jpätere Entwid- [ung erfennen. Um ein rechtes Bild von dem zu erhalten, was die vergangenen Jahr» zehnte hier auf dem Gebiete der Buchenverjüngung erzielt Haben und auf welche Weiſe dies erreicht ijt, wollen wir nod 60 Jahre rüdwärts den Ber- jüngungsbetrieb des Brammaldes in jeinen Hauptzügen uns vor Augen führen. Wir bejigen umfängliche Altersbeitimmungen, abgeſchloſſen mit dem Sabre 1905. Dieje haben eine Aufgabe für ſich gebildet und find bei jeder jih bietenden Gelegenheit ergänzt und vervollitändigt worden. Wo Die übrigens recht zahlreichen geihichtlichen Nachweife fehlten — nebenbei be- merft, reihen die KRulturrechnungen in lüdenlojer Vollſtändigkeit bi3 1819 zurüd —, da haben Alterszählungen aller Art aushelfen müfjen. Jeden— falls ließen fich die Beitandsbegründungsjahre ſoweit jicher feftitellen, daß über die betreffenden Verjüngungsflächen und ihre Entjtehung für die hier in Betracht fommenden lebten 60 Jahre faum ein Zweifel offen bleiben fonnte. Die Beurteilung der Beichaffenheit diefer Buchenbeftände wird für mich durch meine genauere Bekanntſchaft mit ihnen erleichtert. Die ältejten habe ich bald nad) ihren erjten Durchforjtungen kennen gelernt, aljo zu einer Zeit, wo man ſich noch ein recht zutreffendes Bild davon machen fann, in weldem Zuftande fie aus dem Dikungsalter und ihrer Verjüngung herausgewachſen ind. In allen jpäteren bin ich, während fie Dickungen waren und werden wollten, bei jagdlichen Unternehmungen weidlich umhergefommen, habe dabei mandes in ihrer Entwidlung gejehen und alle Hieb3- wie Kulturmaß- nahmen, Läuterungen, Durchreijerungen, Durchforjtungen uſw. jelbjt mit- gemadht und angegeben. Die beteiligten Maftjahre find nad Zeit und Güte aus der tabella- rischen Überficht ſelbſt erfihtlih. Im übrigen gibt diefe von Jahrzehnt zu Jahrzehnt an, welche Flächengrößen zum Zweck der Buchenanjamung Bodenbearbeitungen erfahren Haben, wie viele gefammelte Bucheln dabei verwendet find und ferner, welche Beitandesbegründungen vorab in Buche, ergänzend dazu auch in Eiche und Nadelholz diefem Zeitabjchnitt ihr Dafein verdanfen. In der Hauptjache interejjiert hier nur die Buche. — 151 — Nur zur Diejer Zeit ent- Budhen- ftammen an Beſamung Beſtands— ei ae begründungen| Nad den Altersfejtitellungen = 28 fommen dafür in Betracht Bit | = |E8 davon die Buchen-Majtjahre haft⸗ 5 |35 = Jahre) E &5 ee = 5 SEES gut mittel gering 2 83 = Be 2 AR — * a ha oe ha | ha ha ha Für Kultur- (1840 1842 1843 1846 1848) 1850/59| 66 | 188 |zwedebis1881|251| 60 | 48 143] 1850 1853 1857 1858 frei verfügbar | (1860 1862 1866 1869). — jährlih rund (1850 1853 1857 1858) 1860/69] 67 | 364 | 1600 unent- 232| 69 32 131] 1860 1862 1866 geltliheHand- | (1869). — dienjttage. (1860 1862 1866) 1870/81| 167 | 222 |8i3 1877 jehr|220| 49 | 38 1133| 1869 1874 1875 1877 ausgedehnte (1881 18834 1888 1890). — Weidelaſten. Nach 1881 (1874 1875 1877) 1382/89 | 139 | 330 | lediglich auf |203| 35 118 50 1881 1884 1888 Barausgaben (1890 1893 1894 1896 1898) angemiejen. | (1881 1884 1888) 1890/99| 43 | 41 277 123 131 23 | 1890 1893 1894 1896 1898 | (1900 1904). — Nah 1877 (1890 1893 1894 1896 1898) weidefrei. 1900/0090)1 — — | Noch nicht 1900 1904. — ı910 | 27 | 40 j biblnpfähig. Bemerfungen. Die eingeflammerten vor und hinter dem betreffenden Jahrzehnt verzeichneten Maftjahre find bei den Altersbeitinnmungen als an der Beitandsbegründung mitbeteiligt gefunden morden, jedodh ohne einen erheblichen Anteil auszumachen. Die Angabe gut, mittel, gering bezeichnet nur die Güte der betreffenden Majt- jahre, bejagt aljo nichts über den Anteil, den die betreffende Majt an der Anjamung genommen hat. Die Eigenart der Nechts- und Nußungsverhältniffe vor und nad) der Auseinanderjegung um 1880 fonnte nicht ohne Einfluß auf den gejamten wirtihaftlihen Zujchnitt jein und mußte auch für den Verjüngungsbetrieb Wandlungen tief einjchneidender Art mit ſich bringen. So ausgedehnte Weide- und Streuredhte, wie fie hier beitanden, fönnen dafür nicht ohne Bedeutung bleiben. Hauptträger aller und alleiniger Träger der Weide- berehtigungen war von den 2626 ha Holzboden der etiva 1700 ha um— fafjende „gemeine Bramewald“. Er beherbergte zur Weide und Maft nad) den Zählungen von 1870 etwa 1700 Std. Rindvieh, 7500 Schafe, 3200 Schweine, zujammen 12400 Std., nicht mitgerechnet das ebenfalls berechtigte Spannvieh und die Gänfe. — 12 — Der Auffichtsdienit war für die geringe Beamtenzahl nicht Leicht. Überhüten, zumal auch nächtliches, war faum zu verhindern. Die Klagen über die durch das Weidevieh „ruinierten” Verjüngungen werden daher nur zu gerechtfertigt gewejen jein. Diejer Nachteil überwog, jo jehr aud) der Nutzen des Schweineeintriebes zur Förderung der Anjamung in den Naturverjüngungen als eine willkommene koſtenloſe Hilfe zu jchägen war. Weiteren Einfluß auf den gejamten Verjüngungsbetrieb und die von ihm einzufchlagende Richtung übten die mit rund 1600 Arbeitstagen von den Holzberechtigten unentgeltlich zu Ieiftenden Handdienfte, welche bis 1881 dem Wirtichafter für Kulturzwede frei zur Verfügung ſtanden. Damit wäre auch heute noch der Aufwand für den Holzanbau glatt zu deden. So hat fich denn auch der Verjüngungsbetrieb jener Zeit darauf zugeſpitzt, daß man von Vorbereitungshieben, namentlid) von weit ausholenden und langjam weitergeführten, feinen ausgedehnten Gebrauch machte, jondern das Hauptgewidht auf die Bodenbearbeitung mit der Hade gewöhnlich itreifen=, jeltener platzweiſe und durch Schweineeintrieb legte. Die beiden Sahrzehnte 1850/59 und 1860/69 zeigen, daß das für die gehadte Fläche ausreichte, darüber hinaus aber nichts brachte. Der auffallende Mik- erfolg 1870/81 ift wahrjcheinlich darauf zurüdzuführen, daß große Flächen, aber aus Sparjamfeitsrücdjichten weniger gründlich, d. 5. meift nur platz— weile vorgenommen worden find, und es noch immer an weiter ausholenden Vorbereitungshieben fehlte, andererjeit3 die Stürme von 1868/69 und 1876 eine größere Zahl der gründlicherer Nachhilfe bedürftigen Flächen geichaffen hatten. Nachdem jeit 1882 jämtlihe Kulturausgaben bar bejtritten werden mußten, galt e3 weiter auf wohlfeile Hilfen bedacht zu jein. Sm übrigen wies der lafjtenfrei gewordene Wald darauf Hin, den Kulturbetrieb tunlichit auszudehnen. In Buchen gewannen weit ausholende vorbereitende Hiebe mehr und mehr an Bedeutung, vermochten aber nicht jo raſch wirffam in die Erjcheinung zu treten. So hat denn auch der Buchenverfüngungs- erfolg für die Zeit 1882/89 noch manches zu wünſchen übrig gelajfjen. Es darf dabei aber nicht überjehen werden, daß der größere Erfolg der Ipäteren Jahrzehnte mit feinen Anfängen in jener Zeit ruht und von hier jeinen Ausgangspunkt genommen hat. Die jehr reiche Buchenmaft von 1888 traf es ganz bejonders ungünitig. Die joeben beendete Betriebsregulierung hatte die I. Periode mit den erforderlichen Buchenflächen neu und reichlich ausgejtattet. Allein es waren volle Orte, in denen von einer irgendivie nugbringenden Vorbereitung feine Nede war und fein fonnte, da ja nad den damals geltenden, der Kahl- Ihlagmwirtihaft entnommenen Grundjäßen die bisherige II. Periode als ein Nührmihnichtan Hatte behandelt werden müſſen, deſſen Freigabe be» jonderer Genehmigung der Zentralinftanz bedurfte. Unter diefen Umftänden hatte es troß der Lüdenbüßerfahlhiebe in Fichten und der Nugung von Eichen — 53 — und Buchen, von deren natürlicher Verfüngung nur wenig erhofft werden fonnte, nicht gelingen wollen, der drängenden Etatserfüllung gerecht zu werden, ohne in noch nicht genügend verjüngten Buchenichlägen über das waldbauliche Brdürf- nis hinaus weiter zu lichten. Die Maſt von 1888 fand aljo überwiegend volle, unvorbereitete Drte mit Anhäufung roher Laubdede, dazu noch eine Anzahl länger in Betrieb ſtehender, ſchon reichlich Lichter Schläge ohne ausreichende Berjüngung. Dem aus den lebten Majtjahren vorhanden gemwejenen Auf- Ihlag war außerdem durch Schneden 1885 empfindlicher Abbruch getan. Die 1888er Maſt jelbjt erlitt in dem nachfolgenden milden Winter im dichten Laub durch frühes Anfeimen und PVerpilzung auffällig viele Ver- Iufte. Laub und Bucheln waren derart dur Pilzfäden mit einander ver- Iponnen, daß man zujammenhängend ganze laden vom Boden aufheben fonnte. Die dennoch in ausreichender Zahl erjcheinenden Keimlinge ver- gingen in dem tiefen Laube auch ohne Froſt und ausgejprochener Dürrezeit bei blauem Himmel und Sonnenſchein, noch ehe fie recht im Boden jtanden. Die noch im Winter 1888/89 vorgenommene Durdlichtung aller zur Ver— jüngung jtehenden Drte mit hoher Laubdede Hatte nicht mehr vermodt, Erfolg zu bringen. Das Haden, und zwar in PBläßen, war auf die ver- wilderten Bodenzujtände beſchränkt geblieben. Mehr als die bisher laut gewordenen Hinweile, daß es ohne Vor— bereitung nicht gehen werde, und wie jehr man mit weit ausholenden Vor— bereitungshieben unter hiejigen Verhältniſſen das Anjchlagen der Buchen- verjüngung günjtig beeinflujfen fönnte, hatte der negative Erfolg von 1888 überzeugend gewirkt. Was damals hatte verjagt bleiben müſſen, holte die gut entwidelte Sprangmaft von 1890 mit den nachfolgenden außerordentlich günſtigen Witterungsverhältnilfen wenigſtens zu einem Teil wieder ein. Einem jehr jtrengen, jchneereihen Winter folgte eine regenreiche Frühjahrs- und Sommerszeit, die dem gedeihlihen Anwachſen des Aufichlages vor— trefflich zuftatten fam. Der Ausfall von 1888 wurde leidlich wieder ein- gebracht, toßdem auch diesmal die Bodenbearbeitung nur auf das not: wendigite bejchränft geblieben war. Zudem fingen die Vorbereitungshiebe ein wenig an, ihren Einfluß zu äußern. Um früh genug mit diejen be- ginnen zu fönnen und ihnen recht lange Zeit zu ihrer nur langjam fort- Ihreitenden Wirkung zu laſſen, fehlte es zunächft noch an ausreichender Freigabe von Beltänden II. Periode. Dieje konnte erſt 1894 erreicht werden. Seit 1890 war die Wirfung der eingelegten Vorbereitungshiebe und deren maßvoll gehaltene Wiederfehr alle 5 Jahre immer mehr zur Geltung gefommen. Sie werden ihrerjeitS noch weiter ausholend vorbereitet durch die ebenfalls alle5 Jahre ſich wiederholende Durchforſtung im Herrichenden. Der Umſchwung, wie er demzufolge in dem Anjteigen der verjüngten Flächen ji äußert, ohne daß jonjtige Hilfen in größerem Umfange zur Anwendung gekommen wären, jpricht deutlich für den günftigen Einfluß diefer Maßregel — 14 — auf das befjere Empfänglichwerden des Bodens für die Buchenanſamung. Nichts kann font in Frage fommen, was diefen Wandel der Dinge herbei- geführt haben ſollte. Die Maftjahre traten weder häufiger noch reicher auf, noch waren die begleitenden und nachfolgenden Witterungs» und jonjtigen Berhältniffe durchweg ſoviel günftigere.e Man könnte eher das Gegenteil behaupten. Auch alles, was ſonſt als beionders förderlich gilt, Boden— bearbeitung und Ergänzungsjaat, hat nicht in größerem jondern in geringerem Umfange Anwendung gefunden. _ Und dennoch betragen die in diejem Jahrzehnt mit Buchen verjüngten Flächen ein Vielfaches von den vorher verzeichneten. Nur die mit vorbereitenden Hieben der angeführten Art bedachten Flächen find geftiegen. Etwaige Zufälligfeiten bejonderer Art und Umfanges kommen nicht in Frage, die hätten ſich bemerfbar machen müffen. &3 bleibt aljo nur übrig, diefe Wandlung zum Beljeren den Vor- bereitungshieben zugute zu rechnen. Damit wäre für ihre Wirkung auch einmal ein ungefährer Maßitab gegeben und gezeigt, daß ihre fördernde und jparende Kraft doch fein leerer Wahn ift. Im Gegenteil, was hier zutage getreten, gibt Burdhardt, Srebe und allen anderen, die warm für möglichit weit ausholende Bor- bereitungshiebe eingetreten find, nur zu jehr recht. Man fann damit koſtenlos ganz erheblich die Empfänglichfeit des Bodens fördern, namentlich hier im Buntjandfteingebiet mit feinen fich jchwieriger anlajjenden Bodenzujtänden. Auch Hat man dabei noch den nicht gering zu veranſchlagenden Gewinn, mit der Ausmufterung des Beſtandes die Gelamtwerterzeugung zu heben gerade unter den Schlußverhältniffen, die fich hier durchweg als die am beiten arbeitenden erwiefen haben, d. h. um 22 _| m Stammgrundfläcdhe pro Hektar herum. Nur darf man nicht erwarten, daß man damit von heute auf morgen ihon etwas erreichen fönnte, es will auch das jorgfältig von langer Hand vorbereitet und geübt fein. Es Eoftet nichts, müßt und jpart an-Ausgaben. Möge es mehr Beachtung finden als das bis in die jüngite Zeit vielerorten der Fall gewejen zu jein jcheint. Das Verfahren wie es hier geübt wurde, war jehr einfah. Die alle 4 bis 5 Jahre auf derjelben Fläche wiederfehrenden Hiebe wurden in ganz allmählihem Fortichreiten nur ſoweit geführt, bis der erwünſchte für die Buchenanfamung günftige Zuftand fich einftellt. Hat er ſich eingefunden, jo gilt es, ihn bis zum Eintreten und Anjchlagen einer oder mehrerer Majten feftzuhalten, d. h. ihn nicht infolge weiterer, etwa lediglich durch den Zwang der Etat3erfüllung veranlaßter Hiebe auf den abjteigenden Aſt geraten und durch zu weit gehenden Lichteinfall zu jehr die Züchtung von Gräjern und Schlagunfräutern überhand nehmen zu laſſen, ehe die Anſamung voll- ftändig ift. Alſo nicht weiter lichten, jondern nun auf Majtjahre und An— famung lauern. Die etatsmäßige Holzmenge muß inzmwijchen, neben Nahlihtungen und Räumungen bereitS gelungener Verjüngungen, Die — 155 — weitere Ausdehnung der Worbereitungshiebe mit DVorgriffen in Die II. Beriode liefern. Se weiter man ausgeholt und je allmähliger man die Vorbereitung durchgeführt Hat, um jo ficherer ift bei der nur langjam ſich vollziehenden Wandlung des Bodenzujtandes zum Beſſeren der Erfolg gemejen. Über die Frucht und die Entwicklung der Notbuche im eriten Jahre. Bon 3. Delkers, Hann.-Münden. Das Buchenmaftjahr 1909/10 ermöglichte es mir, auf Wunjc des Herrn Profefjors Dr. M. Büsgen die folgenden Unterfuhungen im botanifchen Inſtitute der Kal. Forjtafademie zu Hann.-Münden auszuführen. Ihm gejtatte ich mir, bevor ich weitergehe, für den bereitwilligiten Rat und das große Interejfe, womit er meine Arbeit ſtets unterjtüßte, bei dieſer Gelegenheit aufrihtig zu danken. 1. Fruchtform der Bude. Aus den Dberföritereien Sieber i. Harz, Brammwald a. Wejer, Gahren— berg b. Münden und Hejjiih-Lichtenau ftellten die Herren Forſtmeiſter Kautz, Michaelis, Sellheim und Wetz freundlicherweile Bucheln mit zugehörigen Fruchtbechern zur Verfügung. Dieſe waren an feitbezeichneten, einzelitehen- den Bäumen gejammelt. Die Standorte der teils freijtehend, teils im ge— ſchloſſenen Beſtande erwachjenen Mutterbäume liegen zwiſchen 290 und 600 m über N. N., weiſen janfte bis jteile Hänge aller Himmelsrichtungen auf, gehören der 2. bis 4. Standortsflajfe und den Vermwitterungsböden des Buntjanditeins und der Grauwade an. Das Alter der Stämme beträgt 90 bis 200, in der Hauptſache 140 Jahre. Die Früchte und Becher jind mit zugehörigen Zahlen abgebildet in Büsgen, Cupuliferen (2). Die darin angegebenen Zahlen jind Durchſchnittswerte von mindeſtens 50 Mejjungen je Stamm, und zwar der Länge und größten Breite der Früchte. Lebtere fand fi durchweg im unteren Drittel und ſchwankte zwilchen 0,6 und 1,0 em. Die Länge betrug 1,1 bis 1,7 em, das Ber hältnis von Breite zu Länge 0,54 bis 0,67. Farbe, Glanz, Oberflächen- ausbildung und Kantenflügelung der Buceln, Länge des Stiels, Größe der Klappen, Art und Stärfe der Behaarung der Cupula waren für den einzelnen Baum jo Eennzeichnend, daß etwaiger Einfluß von Standort und Alter des Mutterbaumes durch individuelle Form- und Größenunterjchiede völlig verwijcht wurde. 2. Bau und Wafjeraufnahme der Budel. Die in Fig. 1 angegebene Lagerung der Keimblätter in der Frucht— ihale erwies fich bei Verjuchen über Froftempfindlichfeit als wichtig. Wie — 156 — der etwa durd die Mitte der Buchel geführte Duerjchnitt zeigt, beteiligt fich das untere Keimblatt zu ?/,, daS obere, innere, zu !/, an der Oberflächen- bildung. War das äußere, jchraffierte, oft teilweife durch Froſt zerftört, jo erwies fi) das innere ſtets als unverleßt. Der Schub des Buchenjamens wird gewährleiftet durch die Cupula, den Fruchtbecher, nad Trennung von ihr, regelmäßig, am Baume oder erit nad Abfall — vielfah wird die Gupula auch erſt durch das Wachstum der Keimpflanzen gejprengt — durch die glänzend braune Fruchtſchale und eine darunterliegende matt rotbraune, gerbjtoffhaltige, dünne Haut. Beide legtgenannten Hüllen jpielen eine Rolle bei der für die Keimung nötigen FFeuchtigfeits- aufnahme Um die Eingangzftellen für das Waſſer feitzuftellen, wurde eine Anzahl Bucheln mit Hilfe grobmajcdiger Drahtnege jo über dem Spiegel der Wafjerflähe einer Glas— Ihale angebracht, daß entweder nur die Spiße i Sig. 1. der Frucht (A) oder nur der Cupulafled (B) in geimblätter der Buchenteim- das Waller tauchte. Ein anderer Teil wurde pflanze in der Anfiht der 3 teils mit (C), teil ohne Fruchtichale (E) ganz Seiten und im Querſchnitt. Ein Keimblatt iſt jchraffiert. in Waſſer gelegt oder dicht über diefem auf RR einem Drahtnetz feuchter Luft ausgeſetzt (D). Die einzelnen Proben, unter luftdichtem Verſchluß nebeneinander auf» geitellt, Fonnte die Sonne nicht unmittelbar bejcheinen. Die Zunahme des Gewichtes der Früchte infolge von Wafjeraufnahme wurde durh Wiegen im Berlaufe von 96 Stunden öfter8 ermittelt und ift in — —— 1 mitgeteilt. BZufammenftellung 1. Waſſeraufnahme von je 16 Bucheln, dargeſtellt nach S— der⸗ ſelben in v. H. der Anfangsgewichte. Dezember 1909. Temperatur während der Verſuchszeit 16 bis 18° C. Nah 7 22 31!), 96 Stunden Eg 2, 27,80 14,9 16,4 — 6 19,8 24,1 — N We 19,1 27,2 27,2 Waſſer — 1,6 4,2 5,2 10,7 2 609 42,0 43,0 43,0 Die Waſſeraufnahme geſchieht nach vorſtehenden Zahlen vornehmlich durch den Cupulafleck, im geringeren Maße auch durch den baſalen Teil der Kanten, in welchen die drei Karpelle zuſammengewachſen ſind. Be— ftätigt wurde dieſes Ergebnis durch mikroſkopiſche Unterſuchung der harten — 457 — Wandungen und der zwilchen ihr und dem Keimling befindlichen Innenhaut von Bucheln, nach) mehr oder weniger langem Eintauchen derjelben in Methylen- blau, Eofinlöjfung oder Kaliumferricyanid und Ferroſulfat (Sievers 12). Den dabei feftgeitellten Bau der Kanten, der Seitenwände, der Innenhaut und des Cupulaflecks veranihaulicht Fig. 2 in den Abbildungen 1 bis 6. Der Mittelguerjchnitt durch die Kanten einer trocdenen Buchel, etwa nad) der Fig. 2. Querſchnitte durch Kanten und en von Budeln. Abb. 1. Innenhaut der Kante (Abb. 4) Abb. 2. Innenhaut des Cupulaflecds (Abb. ei Abb. 3. Kante der Eupula trodener Bucheln. Abb. 4. Kante der Eupula gefeimter Bucheln. Abb. 5. Vergrößerung der Stelle a—b der bb. 4. Abb. 6. Eupulafled. Vergr. f. Abb. 1—4 und 6 = 1:25. Vergr. f. Abb.5 = 1: 150. beide nad Waſſeraufnahme. übermwinterung (Abb. 3), zeigt viel mehr helle, in der Natur gelbliche Flächen und weniger dunfle, hell- bis dunfelbraune, als derjenige einer waljerreichen, gefeimten Frucht (Abb. 4). Alle hellen Flächen der Fig. 2 beitehen (ver— gleiche Abb. 5 bei a) aus englumigen, dickwandigen Zellen, welche jtarf das Kicht brechen und ich bejonders da in der Buchelmandung finden, wo eine — i8 — Ausfteifung gegen mechanische Beihädigungen notwendig oder vorteilhaft ift; gleichzeitig unterjtügen fie au) das Aufipalten der drei Garpelle bei der Keimung in vorgebildeter Mittellinie der Kanten durch ſchwaches An— quellen. Die dunflen, durch Gerbitoffgehalt hell- bis dunfelbraun gefärbten Figurenteile zeigen die Struftur der Abb. 5 bei b. Längliche, jehr dünn- wandige Zellen mit großem Lumen ermöglichen im Verein mit vielen Inter: zellularräumen eine reichlihe Wafjeraufnahme. Die Innenhaut quillt von der Dicke etwa einer Zellſchicht durch Waſſeraufnahme jtarf auf zu den Ausmefjungen der Abb. 1 und 2. Die Struftur gleicht der von Abb. 5 bei b, jedoch fehlen die Zwilchenzellräume, und die Zellen jelbjt find mehr iſodiametriſch. Dieſe Innenhaut vermittelt die gleihmäßige Verteilung des Waſſers vom Eintritt desjelben durh Kanten und Cupulaflef. Das Vor herrſchen der dunfleren Flächen, Fig. 2, Abb. 6, aljo der Ioder gebauten Wandteile an der organischen Verbindungöftelle (Gupulafled) der Frucht mit der Mutterpflanze, trifft man nad) Haberlandt (5) auch bei den Früchten anderer Pflanzen an. Zujfammenjtellung 2. Wafferabgabe von je 50 Bucheln, dargejtellt nach Gewichtsverluft — in v. H. der Anfangsgewichte; 9. VII. 10 bis 28. VII. 10. Trockene Lagerung der Früchte im Zimmer bei 16° bis 19°C. I mit äußerer Fruchtichale, IT ohne diefe. nad Stunden: 7 38 52 65 0 6 IV. 20:9 a3 a v. 9. des I 22.2.2475 31,8 39,9 39,95 39,97 39,97 Anfangsgewichts Die äußere, harte Fruchtichale jeßt die Verdunftung aljo etwas herab. Die Wafjerabgabe ift der Hauptſache nad) in 52 Stunden erfolgt. 3. Aufbewahrung von Budeln und Eideln. Die Übermwinterung von Bucheln und Eicheln wurde jtudiert an Saat- gut aus 100 bis 150jährigen Beltänden der Stadtoberförfterei Hannover, welche erfahrungsgemäß beim Einfammeln in der Zeit von Ende Dftober bis Mitte November gute Früchte liefern. Am 15. November 1909 wurde mit den Verfuchen begonnen, deren Ausführung in Bufammenftellung 3 angegeben if. Zur Beurteilung des Wertes der einzelnen Art ift nach dem Vorgange von Haad (3) der v. H.-Satz gelunder Pflanzen vom 15. DE tober 1910 fejtgeftellt. Die Ausfaat von je 800 cem erfolgte am 1. Mai 1910 im hieſigen botanischen Garten auf Beeten feuchten, mit reichlid) Sand und alter Kompojterde vermilchten Lehms als Stedjaat in 10 x 20 em-Berband. — 159 Zujammenftellung 3. Aufbewahrungs- Nr. der Proben Art | Drt ner Flaſche mit | Gartenmeijter- | wohnung, JMuftig, zml. warm, | geihügt vor un— ( mittelbarem Ein- fluß der Feuchtigkeit paraffinierten 5 nei Strge mi Hausboden der 2 | Stopfen 6 N grobmaichiger J Sad 7 N mie zu 5 und 9 |) Botanifcher Gar— 11 J | ten, unter Schub: dach eines offenen | Schuppen. 8 || wie zu 6 und 10 | Schuß gegen 12 Niederichläge im fließenden Waſſer der Weſer | ' veranfert, 1m | unter dem Waſſerſpiegel grobmaſchiger Sack | in jtehendem, reinem Regen— waſſer 1 m tief 15 MBunt.d. Waſſerober⸗ Jfläche befeſtigt. | Schuß gegen 16 | Sroft durd) Holz= | dedel und Yaub | le | Aufbewahrung Auf dem Küchen- ſchrank des Gärt- ners, in wechſeln— der Wärme und Luftfeuchtigkeit 21 || grobmaſchiger 23 Sad 22 || luftdichtinglaiche, wie 5 und 9 j 5 Minuten lang | gewajchen mit | 0,01 %/ Subli= || in faltem Zimmer matlöjung. || d. Bot. Inſtituts 26 Dgl. mit 0,001, nach oberflädl. Sublimatlöjung || Abtrodnung in Dgl. mit 0,15 9, grobmaſch. Sad Formalinlöjung — — — — — — — — — — — —— — — — — — —— —— — — — — — — 1. 5. 1910 Stück Ausjaat Anzahl d. Bilanzen 14 17 14 15. 10. 1910 nod) vor⸗ v.9. der bandenen Ausſaat Durd- ſchnitts⸗ höhe in cm — 160 — Vollſtändiger Luftabſchluß wirkte auf Buche ftets, auf Eiche meift ebenfo jchädlich, wie der unmittelbare Einfluß des Wetter. Die Unter: bringung in fließendem und jtehendem Waſſer war nur bei Eiche ziemlich günftig. Die Proben 21 bis 24 jind aufbewahrt unter den wechjelnden Luftfeuchtigfeits- und Wärmeverhältniffen einer Arbeiterfüche und laſſen deutlich den ſchädlichen Einfluß erkennen, welchen die jpäte Übernahme des Saatgutes von dem Einjammler ausübt. Der geringe Erfolg des Ab- waſchens mit Sublimat und Formalin gegen Berpilzung entipriht wohl nicht den Koften. Die beiten Ergebnilje für Buche und gute für Eiche er— gibt die in der Stadtforft Hannover nach) Alemanjcher Art jeit 40 Jahren erprobte Überwinterung. Nah Abnahme auch jelbit Eleiner Mengen, um die Erfahrung aus Probe 21 bis 24 zu vermeiden, werden die Bucheln Y,m hoch aufgejhüttet auf dem Betonboden eines Fachwerkgeräteſchuppens, welcher gegen Mäuſe abgedichtet ift, gut gelüftet und bei Kälte geſchloſſen werden kann Zur Ablüftung werden die Bucheln jo lange mit einem Holzrechen täglich einmal durchharft, bis ihre fajtanienbraune Farbe infolge von Wafjerabgabe in ein Graubraun übergeht und damit anzeigt, daß ein vorteilhafter Trodenheitsgrad erreicht it. Von nun an bis zur Ausjaat wird das Durchharken nur in Zwiſchenräumen von 2 bis 3 Wochen wiederholt. Die Ausjaat findet in der Eilenriede ſechs Tage vor den „ge- jtrengen Herren“ (11. bis 13. Mai) jtatt. — Drei Wochen vorher werden die Bucheln mit Waſſer ſtark bejprengt und öfters durchharkt, bis jich die dunfelbraune Kaltanienfarbe wieder einjtellt, etwa drei Tage vor der Ausfaat in kegelförmige Haufen gejchaufelt, ftärfer gegojjen und mit Sadleinen bededt. Bald zeigen fi die Keime; die Ausſaat findet ftatt, die Erdbedeckung beträgt faum 1 em Stärke. — Die Eidheln werden zur Überwinterung ebenjo getrodnet, bis jie nach etwa drei Wochen beim Schütteln „Elappern”, dann etwa 3 cm hoch mit ebenjo ftarfer Lage trodnen, feinförnigen Sandes auf oben erwähnter Unterlage wechjelnd geihichtet, im ganzen 30 bis 40 cm body. Unberührt ruhen jie jo 2 bis 3 Tage vor der Ausjaat (Mitte April), werden vom Sande durch Sieben getrennt und ohne Anfeimen verwendet. Bemerkenswert erjcheint mir hierbei die ſorgſame Verhinderung raſcher Feuchtigkeitsab- und -zunahme. 4. Keimling, Keimlage und Keimlingsmwahstum. Mit den vorerwähnten Bucheln und Eicheln find von Dezember 1909 bis Mat 1910 eine Reihe von Keimverjuchen angejtellt in regelmäßig durch— lüfteten Thermojtaten bei Temperaturen, welche zwilchen 5° und 26°C lagen und für die Dauer jeder Keimprobe mit Schwankungen bis zu 3° Eonjtant blieben. Sleih den Temperaturen wurden auch die äußeren Verhältnijje ge- wechjelt: Licht, Dunkelheit, freie Lagerung auf der Erde, auf und zwijchen — 161 — Buchenblättern, in Buchenmull und im Iehmig-jandigen Freibeet bei 1 cm jtarfer Erdbodendedung [Haad (3)]. Abgang durch Faulen, Eintritt von Schimmel, Fraß von Fadenwürmern aus der Familie der Anguillulen wurde vielfach, bejonder3 bei Keimung im Dunkeln, beobachtet, die beſchä— digten Samen und Schädlinge forgfältig entfernt. Nennenswerte Unter— Ihiede ergaben die Verſuche nicht. Zur Beurteilung des Einfluffes der Keimlage auf die Entwidlung der Keimpflanze habe ich in den Frühjahren 1902, 1905 und 1909 in jährlich je drei Verfuchsreihen Bucheln und Eiheln in guter, lockerer Gartenerde, bei Eihe mit 2 em, bei Buche mit 1 cm Bedeckung erzogen, unter regel- mäßigem Begießen und Lodern des Bodens. Ein Drittel der Früchte war mit dem Gupulaflet nad) oben (3), ein gleicher Teil mit demjelben nad) unten (2) gerichtet, bei dem Reſt war die Längsachje horizontal (1) gelagert, in der Weife, wie wir im Walde meist die Eicheln und Bucheln unter den Mutterbäumen Liegen jehen. Am Ende der 17 wöchigen Verſuche wurde ge= mejjen: Abgangs- v. H., Stammhöhe, Blattlänge und -breite, Hauptwurzel— länge und -durchmeſſer, Zahl und Länge der Nebenwurzeln 1. und 2. Ord— nung, Zahl der lebenden Wurzelipigen. In allen Verjuchen zeigte ſich übereinftimmend bei Buche ein geringer, günftiger Einfluß auf die Ent- wiclung der Wurzellänge und Nebenmwurzelausbildung bei der Keimlage (3). Die lineare Gefamtwurzellänge der drei Lagen verhält ſich zueinander: ()22):8)=135174.7: Biel deutlichere Unterfchiede zeigten die Eichenfeimlinge. Hier erwies fi) die Horizontale Lage als die vorteilhaftefte. Bei ihr übertrifft die ge— fundene Anzahl und Ausbildung von Wurzeln (Länge der Hauptwurgzel, Zahl und Länge der Nebenwurzeln) erheblich diejenige der beiden anderen Lagen. Das Berhältnis der linearen Gejamtwurzellängen betrug: — V Ge er ee Die oberirdiiche Ausbildung gut entwidelter Pflanzen aller Lagen Hatte ſich nad) Abſchluß der Beobachtung, 17 Wochen, ziemlich ausgeglichen. Das Wachstum von Buchen- und Eichenfeimlingen in den erjten beiden Monaten nad) der Keimung wurde im März und. April 1910 an je fünf fräftigen Pflanzen beobachtet. Die Samen wurden furz nad) Hervortreten der Wurzel mit Watte in der Öffnung einer Korfplatte jo über einem Gefäß mit Waſſer befeitigt, daß eine Behinderung des Wachstums nicht jtattfinden fonnte. Die Gefäße waren mit TFließpapier ausgefleidet, ihr Durchmeſſer jo groß gewählt, daß ein Anſtoßen der Wurzeln an die Wände verhindert und doch eine gleichmäßige Luftfeuchtigkeit durch die Wajjerichicht am Boden des Glaſes und des Fließpapieres gemwährleiftet war. Gegen das Licht ihüßte eine Außenbefleidung des Gefäßes mit jchwarzem, Lichtdichtem Papier. Die Temperatur und Luftfeuchtigkeit wurde täglich dreimal abge- lefen, jie ſchwankte zwiſchen 9,3 bis 19,3° C und 59 bis 86 °/, Feuchtigkeit. 11 — rer Auf der Figur 3 find die Wochenertreme und -durchſchnitte angegeben. Täglide Mefjungen ftellten die Bildung, das Wahstum und Verhalten der Organe jeder Pflanze gejondert feit, der Durchſchnitt der Mebzahlen wurde berechnet und diejenige Eiche und Buche dargeitellt, welche diejen 3.IH. 70. II. 75. IH, 71.IV: 70.107 20IV, 258.IV. Hänge ‚Breite WStammhöhe S — —J—— [sed er SETS ENG Hypokolyl (Länge) auptwurs ld EEE | | Länge nee em 35 Nebenwurzeln Z Ordnung, | | VAnzahl im Ganzen 2) Länge der einzelner, NW, Nebenwurzeln I. Ordnung | ,„, _ gebildet ar, rn "Wurzeln 1.0, = Stück + Wurzelhaare : T | T — gebildet an sn xt 0x 3 KR «+ x bei Eiche x welkend l + abgesturben x+ —J 4 24 3 » Duche Temperetur \ 10,3- 16,2°C \ 93-15,5 | 70,0-17,2 1 I00-193 716,0-19,0 in °C 1r.Durchschn. 131° 71,9 73,6 76,2 17,5 | 726 | huft- 72-850 61-84 | 59-83 60-76 60-86 | 5 — Yo 59 - _ -86 67-83| re * — — i.Dschn. 759% 75 71 67 | 66 Sr; Fig. 3. Entwidlung der Keimpflanzen von Buhe — und Eiche ------ in den eriten 8 Wochen. Durchſchnittszahlen am nächſten fteht, um feine theoretiichen Mittelwerte, jondern in der Natur ermittelte Ziffern zu bringen, angeregt durd) die in der preußiihen Betriebsregelung vorgejchriebene Art der. Beitandsaltersbe- ſtimmung. Die Mitte der Fig. 3 nehmen die Zuwachskurven von Hypofotyl und Hauptwurzel ein, an fie gliedern ſich die der Keimblätter, Stammhöhe, Laubblätter nad) oben, Nebenmwurzeln, Wurzelhaare nad) unten an; die Zu— — 163 — wahsgrößen jind für jede Kurve gejondert an dem rechten Nande anges geben. Gleichzeitig mit den Keimblättern der Buche entwidelten jich die Nebenmwurzeln eriter Ordnung. Dieje nahmen an Zahl bei der Buche fait doppelt jo jtarf zu als bei der Eiche, wo fie Schon zeitiger erichienen. Ihre Länge betrug je nad) ihrem Alter 1 bis 3 cm. Die Bildung der Neben— wurzeln zweiter Drdnung jeßte gleichzeitig ein mit der Blattentfaltung. Die gelblih bis rojibraunen Wurzelhaare entjtanden in unregelmäßigen Zeit— räumen durchichnittlid 1 em oberhalb der Spige auf einem Naume von 0,5 bis 1,5 em Länge der Wurzel, lebten 1 bis 2 Tage, welften und itarben ab. Duch Auftragen von Tuſchmarken (im Abjtande je eines Millimeters) auf dem aus der Buchel hervorgetretenen Keime [Pfeffer (1O)] ließen ſich zwei Zonen des Längenwachstums feititellen, die eine bis zu 5 mm über der Wurzelipiße, die andere 2 bis 4 mm unterhalb der Keimblätter. Das Dikenwahstum fand gleihmäßig an der ganzen Hauptwurzel jtatt, mit geringer Zunahme von der Wurzeljpige ab aufwärts. Bei Beihädigungen der Wurzel durch Froft, Abbrechen, Abfreſſen oder Abjchneiden bildeten ſich über den Trennungsfläden normale Nebenmwurzeln, gleichzeitig nahm das Längenwahstum in der angegebenen Zone unterhalb ver Keimblätter er— heblich zu. 5. Einwirkung von Kälte und Trodenheit. Die Wirfung von Froft auf gefeimte Bucheln, deren Reimblätter fich noch im Schuße der Frudhtichale befanden, wurde im März und April 1910 unterjucht an frisch gefammelten Keimlingen aus einem Buchenjamenjchlage des Diſtriktes 85 der Dberförfterei Kattenbühl. Gegen die Anwendung von Gewächshauspflangen jpricht die Feltitellung Schaffnits (11), daß die Frojtempfindlichfeit der Pflanzen abhängt won der Temperatur, unter welcher fie erzogen find. Während der Keimung der Bucheln im Freien herrichte frojtfreies, mildes Wetter. Und verwendet find nur Keimlinge ohne jede äußerlich wahrnehmbare Bejhädigung. Der Erfolg der Verſuchseinwirkungen wurde hier in derjelben Weife wie bei der Übermwinterung, durch Zählung der überlebenden Pflanzen und Meſſung der Höhenentiwidlung (am 1. und 23. April uud 15. Dftober 1910), feitgeftellt. Die einzelnen Verjuche find mit je 50 big 100 Keimlingen ausgeführt. Nach der Einwirkung der Ver— juhsbedingungen wurden die Keimlinge zujammen mit den aus jeder Sammlung entnommenen Vergleihsproben unter günftigiten Wadstums- bedingungen zunädjt im Gewächshaus, vom Mai ab im Freien gehalten und ihre Weiterentwidlung beobachtet. Das Gefrieren habe ich vorgenommen in einer jtarfwandigen Holzkilte, in welcher gegen Feuchtigkeit gut verjchließbare Blechdojen in dickwandigen Gläſern die Objekte aufnahmen. Die Gläfer waren ijoliert durch feitge- jtampfte Heufhichten und Sadleinen. Die Ablejung der Temperaturen ge— 11° — 14 — ſchah ohne Dffnen des Gefrierglafes, unter Hochziehen der beweglichen Thermometer. Die Quedfilberfugel war in die Keimlinge jelbit eingebettet. Zur Erzeugung der Kältegrade wirfte eine Miſchung von Kodjalz bzw. Viehſalz und zerfleinertem Eis unmittelbar auf die Blechdoſen. Zujfammenjtellung 4. Berſuchszeit 3. III. bis 26. IV. 1910. Beichaffenheit und Behandlung der Keimlinge (Stuuden) 1.1IV. 23.1V.15.X. ı53| 2 2 | sı | 50 | el 9 120| 91%, — 76 Germifchte Länge der Keim- 63 50 |84| 90 117 1), —10 mwurzeln f. u. 5 80 8,7100 154| 7 0 100 Te Frucht⸗ 124 | 0,5—1,0 cm ss |ihaleng 6 | 70 Keim: | . — öffnen 1255| 9, | —558—1 mu - Er 40 | 85 90 123 länge —— 66 48: |: 8 1260 161| 7 FRE ae 21 5 76 9,2 174 | 30 5 in deftillirtem Wafjer gefroren 84 * 30 9,0 1600| 7 — 2 \ gefroren auf trodnem Fließ- 22 b,5 10 as 175 | 30 UN papier 28 3 5 102 ‚be De — 2 33 5 8 9,0 1277| 91,|- 568 —ı Fruchtſchale entfernt 39 5 2,5. 92 E Be baeſchni Frucht⸗ ver⸗ 1199 1 — 2 Keimwurzel abgeſchnitten 50 nd tummert 7 — 2 2 +10 162|| 3,| Ze 4 a Auftauen in der Sonne 24 0,2 54 85 165. Ir 8bis +15 Frucht⸗ 18 — 56 ſchale 4,4| 9,7 3 4 bis +15 öffnend 163 wie 162 | 40 |emblie.| 441120 166 wie 165 Auftauen im Schatten 44 faltend | 571120 I. Froſtwirkung an Buchenkeimlingen mit entfalteten Keimblättern. Bi | Nah Froft langſam aufs a | | ir Mio | ⸗ getaut im Schatten 0,5 75 | 9,1 202 bis 213 Alle Verfuche mit niedrigeren Temperaturen und längerer Einwirkungsdauer hatten 100 v. H. Abgang. — #65 — (Fortjegung der Zufammenjtellung 4.) * | Abgang |Pflanzenhöhe in cm — in v. H. der am ie, a Beſchaffenheit — * | a [8 8 e und Behandlung — —J— — =» der Keimlinge Reimlingel 1- IV. Rz R am 23. IV. 1910 IH. Verdunſtung. Frucht⸗ 1701 4 |+15bi3 +21 Sonne 50 fhale | 4,3 10,9 Lagernd öffnend 171 4 |+11,7€+17,2 in Der Schatten — 3,0 7714433 172 6 I+7,5-+21,0) bezw. im Sonne 22 2,0 7,09 114,6 173 6 |+88-+15,2 Schatten 20 30 | 83 |10,7 IV. Erwärmung. 141 1 | | 8 60 11 101 144 | 5%/, + 30 in deſtillirtem Waſſer 44 AB. 0 9,1 107) 9, || 68 30 | 5,4108 = EN | + 30 | im Wärmeſchrank auf er Kr | $ Hr a7 | j trodnem Fließpapier 4 ITar & 146 | 9, 58 30 | 6,4|10,0 V. Mehanifhe Beijhädigungen, 149 | Keimmurzel ganz abgejchnitten | Keimblätter 39 behötofen. 2,4|11,3 in 148 = halb = 35 20 | 6,2|10,6 164 | Hälfte der Keimbltr. - | Srustihate | 3 — 214/5| Keimblätter * verkümmert Be 216/7| Plumula - | Keimblätter | Beilnojpen ausgetrieben |11,7 218/9| Plumula u. Keimbltr. - entfaltet abgejtorben — — 221/2| Hypokolyl. mit Meſſer beſchädigt. ausgeheilt — 11,0 | VI Bergleihsproben im Durchſchnitt aller — | effungen. 6,5 8,5 | 100 Die Forſtverſuche zu I der Zujammenftellung 4, ausgeführt mit Buchen feimlingen, deren Keimblätter unentfaltet in der Fruchtichale jtedten, Haben ergeben, daß die Dauer des Froſtes von größerer Bedeutung ift, als der Kältegrad, bei — 10° C. und fiebenjtündiger Einwirfung waren alle Keim- linge abgetötet. Alle niedrigeren Temperaturen und höheren Einwirkungs— zeiten ergaben das Gleiche. Die Froſtgrade von +0 bis — 10° C. töteten in bis 91/,jtündiger Einwirkung den vierten Teil bis zur Hälfte ſämt— liher Keimpflanzen ab. Mit Rüdjicht auf die oben angeführten Beobach— tungen Schaffnits (11) muß von der Angabe einer bejtimmten Grenze für den Eintritt des Frojttodes abgejehen werden. Die Berjuche jprechen für die Anfiht, daß nur ein verhältnismäßig fleiner Teil des großen Abgangs der Majt 1909/10 auf Rechnung des Froites zu ſetzen ift, welcher die Bucheln traf, jolange die Keimblätter in der Fruchtichale zulammengefaltet waren. Ziemlich hohe Kältegrade werden einige Zeit ertragen. In der Keimungs— — 166 — periode 1910 dürfte jelbjt in den fältelten Nächten und Tagen die Tem- peratur nicht viel über 7 Stunden lang — 10° C. und weniger betragen haben. Die Proben 124 und 125 waren geordnet nad) Längen der aus der Fruchtſchale Hervorgetretenen Keimmurzeln. Am günftigften verhielten fich die längiten Keimlinge, was im Abgangs- v. 9. und der Höhenentwicdlung ih ausdrüdt. Bei allen jonjtigen Verſuchsproben ift darauf geachtet, daß jtetS Keimlinge gemifchter Wurzellängen verwendet find. Db der Buchen feimling im Waſſer liegend oder auf trodener Erde gefror, war ohne Ein- fluß. Der Kälteſchutz der Fruchtſchale allein erwies ſich als nicht jehr be— deutend. Berjtümmelung und Froſt zujammen wirkten verfümmernd. Zweimaliger Wechjel von Frojt und Auftauen erhöhte den Abgang nicht wejentlih. Das Auftauen im Schatten wirfte günftiger, als das in der Sonne. Bedeutend emfindlicher wurden die Buchenfeimlinge, jobald fich Die Keimblätter entfaltet Hatten. Froftwirfungen unter — 2° C. hinab und über 3 Stunden lang vertrugen fie dann nicht mehr. (Zuf. 4, II.) An den überlebenden Keimlingen verurſachte die Froſtwirkung eine Berzögerung des Zumachjes, wie joldhe in den 3 Ießten Spalten der Zus jammenftellung 4 mitgeteilt iſt. Ob der Einfluß des Frojtes die Keim— linge empfänglicher machte für Pilzangriffe, ift nicht feſtgeſtellt. Es wurde bei allen Berjuchen fein Fall von Phytophtora omnivora de Bary beobachtet. Zum Studium der Einwirkung der BVerdunftung durd Wind mwurde im biefigen botanischen Inſtitut ſtarke Zugluft erzeugt durch geeignetes Öffnen von QTüren und Fenſtern und vor einem Fenſter Proben von Buchenfeimlingen teil in der Sonne, teil dicht daneben im Schatten auf sließpapier gelagert. Die im Abjtande von halben Stunden am Piychro- meter abgelejene Differenz der Temperaturen de3 trodenen und feuchten Ihermometer8 betrug 0,8% bis 3,5°, im Mittel 2,2°C. Der Verluſt war bei den bejonnten Proben etwas größer als bei den Schattenproben. Gegen Erwärmung auf + 30° C. zeigten ſich die Keimlinge ziemlich empfindlich, gegen ſolche im Waſſer mehr als in der Luft. Um das MVerhalten der jungen Buchen gegen mechaniiche Be— Ihädigungen fennen zu lernen, wurden, als Nahahmung tieriicher Ein- griffe, an Keimlingen mit gejchlofjener Fruchtichale die Keimmwurzeln Halb und ganz abgejchnitten oder die Bucheln mitfamt den Keim: blättern in der Mitte durchſchnitten. Nicht ganz die Hälfte ging dabei zugrunde, der Reſt bildete nach Verheilung der Wurzelwunde über den Schnittflächen 5 bis 10 normale Nebenwurzeln. Sobald diejelben fich im Boden befeitigt hatten, bog fich der liegende Keimling nad) oben; die Stamm— verbiegung war im Dftober verjhwunden. An Keimlingen, welche in Blumentöpfen bis zu der vollen Entfaltung der Keimblätter erzogen waren, jind teil$ dieje Keimblätter oder die Gipfelfnofpe bezw. der junge Mittel- — 167 — trieb oder beide zugleich entfernt, endlih am Hypofotyl durch Meſſer— ſchnitte Beihädigungen hergeſtellt, wie fie durch Anfreſſen, z. B. von Schneden, entitehen. War mehr als die Hälfte der Keimblätter abgetrennt, jo fümmern die Pflanzen und gingen ein, wenn nicht die Beifnojpen der Gipfelfnojpe zwiichen den Keimblättern genügend weit zum Austreiben ent- widelt waren. Entfernung von Keimblättern und Plumula töteten die Buchen ab. Die Beihädigungen am Hypofotyl heilten meilt aus.!) Benußte Literatur. 1. Bartesfo, Unterfuhung über das Erfrieren von Schimmelpilzen. Jahrb. f. wiſſ. Bot. 1909. 2. Büsgen, Gupuliferen: in Kirhner, Yoem und Schröter, Lebensgejchichte der Blütenpflanzen Mitteleuropas. Bd. IL, 1. 3. Haad, Über die Keimung und Bewertung des Kiefernjamens nad Keimproben. Zeitihr. f. Forſt- u. Jagdw. 1906. 4. Derſ., Der Kiefernfamen. Zeitichr. f. Forſt- u. Jagdw. 1909. Haberlandt, Die Schugeinrihtungen der Keimpflanzen. Wien 1877. Kienig, Einfluß der Lage gejäter Eiheln auf die Entwicklung der Keimpflanzen. Zeitihr. }. Forjt- u. Jagdm. 1882. 7. Derf., Über Formen und Abarten heimischer Waldbäume. 1879. 3. Derf., Vergleichende Keimverjuche mit Waldbaumjamen aus Elimatifch verichtedenen Orten Mitteleuropas. Bot. Unterfuhungen von Dr. N. 3. €. Müller, I,1. Heidel- berg 1879. 9. Nobbe, Handbuch der Samenfunde. Berlin 1876. 10. Pfeffer, Pilanzenphyfiologie. 2. Aufl., Zeipzig 1904. 11. Schaffnit, Studien über den Einfluß niederer Temperaturen auf die pflanzliche Zelle. Mitteil. d. Kaiſerl. Wilh.-Initituts f. Landwirtſch. in Bromberg. Heft 2, IH. 12. Sievers, Über die Wafjerverjorgung der Flechten. Wil. Beil. z. 38. Jahresberichte der berecht. landw. Schule Marienberg zu Helmjtedt. Dftern 1908, I. C. Schmidt, Helmjtedt 1908. ng Über die Abhängigkeit des Geweihwachstums der Hirfche, ſpeziell des Edelhirſches, vom Verlauf der Blutgefäße im Kolbengeweih.”) Von Dr. Ludwig Ahumbler, Prof. in Hann.-Münden. Bor zehn Jahren hat E. Hoffmann?) folgende Gejtaltungsregeln für den Aufbau der Hirichgeweihe aufgefunden. 1. Jede Stange eines mehriprofjigen Geweihes zeigt gegenüber dem Anja der Sprofje jedesmal einen, jhon von Blaſius feitgeitellten, Knid, der das Stangenende von der Sprojjenanjagitelle aus nad rücmwärts beuat (Fig. 2). 1) Für die jehr jorgfältige Ausführung aller geleifteten Hilfsarbeiten bin ich Herrn Gärtner Meine im Botanifhen Garten der Forjtafademie zu Dank verpflichtet. 2) Ermeiterter Teil eines im „Foritlich-naturmwifjenichaftlichen Verein zu Münden“ gehaltenen Vortrags. 3) E. Hoffmann, „Zur Morphologie der Gemweihe der rezenten Hirſche“. Köthen 1901. 75 Seiten, 9 Textfig , 23. Tafeln. — 168 — 2. Zwiſchen je zwei Sprofjen zeigt die Stange eine „kompenſatoriſche Krümmung“; d. h. die Hauptitange wächſt nicht in derjenigen Richtung weiter, die fie durch den Knick am Sproſſenanſatz erhalten hat, jondern fie biegt fi in einem mehr oder weniger jtarfen, mit der Konfavjeite nad) vorn gerichteten, Bogen wieder nach vorn. Durch diefe Krümmung wird verhindert, daß die Hauptitange, der jedesmaligen durch die Sproffen- abgabe hervorgerufenen Ablenfung folgend, in einer geradgebrochenen Linie nad rückwärts (Fig. 2), nach dem Halje oder Rüden des Hirjches fich neigt, vielmehr erreicht, daß fie in wellenförmig gebrodhener Linie ihre urjprüng- Sig. 1. Fig. 2. Schema fol zeigen, wie Schema foll die Form einer Gemeih- eine Geweihſtange mit ftange zeigen, die durch die jedes- Vorderſproſſen ausfehen malige Stangenfnidung am Sproß- müßte, wenn fie feine anjaß entjtehen müßte, wenn dieje Knikungen und Bir Knickung nit durch die nad gungen in ihrem Ver- vorn gerichtete Konkavkrümmung lauf erführe. (Fig. 3kK) fompenfiert würde. Fig. 3. Geweihſtange des Edel- hirſches; KK fompenja- toriſche Krümmung (nad) Hoffmann). Ihe Richtung nad) aufwärts beibehält und zugleich ihre Sprofjen in der Kampfrihtung nad vorn richtet (Fig. 3). 3. An der Stelle, wo eine Sprofje entipringt, flacht fi die Stange jeitlih ab und es wird oberjeit3 zwijchen Stange und Sprojje eine urjprüng- lich jpißbogenartige Bucht gebildet, die aber dadurch ausgerundet wird, daß fih zwilchen der oberen Kante der Sprofje und der vorderen Kante der Hauptitange eine firjtführende Verjüngung oder eine Hautartige Bildung, ähnlich der®erbindungshaut, wie wir fie an der Hand zwilchen Daumen und Zeigefinger haben, hinzieht!) (Fig. 4). Kürzer gejagt, die obere Sproſſenbucht trägt eine Verbindungslamelle. Die Einhaltung diejer Regeln jtempelt, wie Hoffmann in jehr an- Iprechender Weife gezeigt hat, daS Geweih zu einer äußerſt fampftüchtigen Waffe. 1) Diejer Hautfaum entmwidelt fih um fo jtärfer, je näher die Sprofjen aneinander rüden und veranlaßt bei ſtark genäherter Stellung der Sprofjen eine ſchwimmhaut— ähnliche Verwachſung der Bafisenden der Sprofjen, die im Verein mit der zmweijeitigen Abflahung am Sprofjenanjag bis zur Schaufelbildung (El, Damhirſch) führen kann. — 169 — Aus diefen Eigentümlichkeiten des Geweihaufbaues folgt nämlich, daß der tiefite Bunft der von Sprofje und Stange eingeichlojjenen Bucht genau in der Achſe des unteren Stangenteil3 liegt. Fällt nun beim Kampfe zweier Hirjche ein Stoß aus irgendweldher Richtung in diefe Bucht, jo wird er nad) dem tiefiten Punkte der legteren abgleiten müjjen und bier niemals quer oder jchräg auf Hauptitange bezw. Sproſſe, jondern ſtets in der Richtung der Stange auftreffen (Fig. 5). Dadurch wird fich die Kraft des Stoßes aber auf den ganzen unterhalb liegenden Stangenförper verteilen und dadurd natürlich die Bruchgefahr außerordentlich verringern. Wäre x IA Fig. 4. dig. 5. Big. 6. Bindehaut (ſchwarz) Die Stoßwirktungen Schema ſoll zeigen, wie Sprojjen in der ‚ auf die Sprofjenbucht oder Stangen durchbrechen Sprofjenbudt. werden auf den da— müßten, wenn die Stange ohne runter liegenden Knidung und fompenfatorijche Stangenteil abgeleitet. Krümmungen aufgebaut wäre (nah Hoffmann). nämlich die Stange nicht gefnict, läge aljo der tiefite Punkt der Bucht außerhalb der Stangenachſe, dann würde entweder die Stange jchräg durchbrechen oder es würden die Enden abbrechen (Fig. 6) müſſen, was jie befanntlih gewöhnlich) nicht tun.’) Wäre ferner die abgehende Sproſſe oberjeit8 nicht durch jene, den Winkel ausfüllende, jehr harte, zu einer First ſich zuſchärfende Bindelamelle mit dem Stangenteil verbunden, jo würde die Stange leicht beim Auffangen des Stoßes vom tiefiten Punkt der Bucht aus der Länge nad) aufiplittern. Die Bindelamelle aber verhindert einen derartigen Zwieſelbruch. Es joll nunmehr verjucht werden, die diskutierten Geweiheigentümlichkeiten auch von entwicklungsmechaniſchen Geſichtspunkten aus verjtändlich zu machen, denn die von Hoffmann vorwiegend herangezogenen Zwedmäßigfeitsgründe zeigen zwar, wie die betreffenden Bildungen jih im Kampf ums Dajein oder in unjerem Falle jpezieller ausgedrücdt, im Kampf um die Weibchen, 1) Abgefämpfte Stangenteile erjcheinen in normalen Fällen über oder unter einer Bucht, aljo zwiſchen zwei Enden, nicht aber an der Anjagjtelle einer Sproſſe durch- gebroden. Ausnahmefälle jind äußerit jelten. — 110 — bewähren und jih darum nad) dem Siege auf die nachkommenden Gene» rationen vererben konnten, jobald fie erjt einmal da waren; fie zeigen aber nicht — und jollten natürlih von Hoffmann aus auch gar nicht zeigen —, wie das in diefem Kampfe zum Siege Gelangte phyfiologijch entitanden ift; fie jagen nichts darüber aus, durch weldhe anatomiſch-phyſiologiſche Faktoren das Geweih in feiner Zweckmäßigkeit aufgerichtet wird, ehe es in diejer Zwedmäßigfeit als Erbgut der Spezies an die Deszendentenreihe durch Bererbung weitergegeben werden fann. Natürlich Fällt die Wirffamfeit der Faktoren, die an dem Zuſtande— fommen der Gemweiheigentümlichfeiten beteiligt find und die bei ihrer Wieder- fehr in den aufeinanderfolgenden &enerationen immer wieder ähnliches Ihaffen und hierdurch die Vererbung diejer Gemweiheigentümlichkeiten ver- mitteln, in die Zeit des Gemweihaufbaues, d. h. alfo in das Stadium des Kolbengeweihes. In diefem Stadium ift das im Wachstum begriffene Geweih von der Körperhaut (Baft) überzogen.!) Die Geweihſtange jelbit wird unter der Körperhaut zunächſt aus verhältnismäßig weichem, plaftiichen Bindegewebömaterial angelegt, das in der Negel als „preosseuses“ Gewebe (vielleicht beijer „praeosseales“ Bildungsgemwebe) bezeichnet wird, und das erit jefundär, aber ziemlich bald nad jeinem Aufbau unter Ablagerung von Kalkſalzen verfnöchert wird. Das Wachstum der Geweihfolben mit jeinen Sprofjen findet durch Neuanjaß ſolcher Bindegewebsſubſtanz vor- wiegend an den oberen Endipigen jtatt, während ein irgendwie bemerfens- wertes Didenwahstum der einzelnen Geweihanteile nad) diejer eriten Er- zeugung nicht mehr eintritt. Das Wachstum des Gemeihes ift aljo vor— wiegend oder ausjchlieglich ein Spigenwahstum. An der durd) das Spißen- wachstum aufgeitellten Geweihform wird durd die nachfolgende Verfnöche- rung dieſer Form nicht3 weſentliches geändert. Aus anderwärts gemachten Erfahrungen?) darf man ohne Bedenken annehmen, daß das bei dem Spigenwahstum „führende“ Gewebe in der äußeren Dedihicht der das eigentliche Geweih hervorbildenden Bindegemwebs- maſſe zu ſuchen ift, eine Schicht, die wir als „Perioſtſchicht“ bezeichnen wollen, da fie jpäter bei der nachfolgenden Verknöcherung zahlreiche Knochen— bildungszellen, die jogenannten Dfteoblaften, zur Ablagerung von Knochen— jubjtanz in die Bindegewebsmaſſe Hineinjendet und dann als Perioſt (oder ') Über das Verhalten der Gewebe während des Wachstums und über die Vor- gänge der Verknöcherung des Gemweihes, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, findet fich eine gute Zufammenftellung bei A. Rörig in Archiv für Entwidlungs- mechanif, ®d. 10; 1900, ©. 620 ff. 2) So regeneriert z.B. einkurzgejchnittener Molchſchwanz (Triton taeniatus), jein verloren gegangenes Ende dadurd, daß fein Schwanzjfelet nad) der Schnittwunde hin vorwächſt und Dabei die übrigen Gewebe mitnimmt. Das Wahstum von Skeletteilen geht aber von dem Beriojt, aljo von der oberflächlichen Umgrenzungshaut des Knochens aus vor fih. E. Tornier im Archiv für Entwidlungsmedanif, Bd. 22, 1906, ©. 348 bis 369. — 11 — Knochenhaut), die in Bildung befindliche Knochenſubſtanz von den übrigen, nach außen gelegenen Geweben des Kolbengeweihes, aljo vor allem von den unterfjten Bindegewebsichhichten der äußeren Körperhaut, des Bajtes, abgrenzt. Diefer PBerioftichicht, die alfo dem Geweih jelbit, nicht dem Bajtüberzug zugehört, find zu diefer Zeit zahlreiche Blutgefäße in innigiter Verbindung von außen angepreßt, welche die Aufgabe haben, einerjeit3 als Arterien!) und Rapillaren das bei dem Wachstum notwendige organische Material nad) den Bauftellen Hinzuführen und anderjeitS als Venen die bei dem Wachs— tum unverbrauchten Blutitoffe wieder in den Körperfreislauf und nad) dem Herzen zurüczuführen. Die Wachstumsſcheitel an den freien Kolbenenden bejigen, da fie ja in erjter Linie das Längenwahstum zu bejorgen haben, befondere wirbelartige Zufammengruppierungen von Blutgefäßen, welche an die, das Wachstum leitenden, „führenden“, Scheitel der Perioſtſchicht be— ſonders reichliches Ernährungsmaterial abzugeben vermögen. Auch die das Junggeweih ald Baſt überziehende Körperhaut, die ſich naturgemäß mit dem Wadhstum der Kolben entiprechend vergrößern muß, erhält zwar ohne Zweifel die zu ihrem Wachstum benötigten Stoffe von diefen Gefäßen der Perioftichicht geliefert; ſie wächſt aber aller Vorausſicht nach nicht eigentlich aftiv oder beſſer gejagt nicht eigentlich initiativ, ſondern ſozuſagen paljiv; fie wird zum Mitwachſen gezwungen, indem ſie durch die vordringenden Kolbenenden über die Norm gedehnt wird.) Die hierdurd) der Haut aufgezwungene Längendehnung bleibt alsdann durch interfalare Einſchiebung neuer Subſtanzteilchen erhalten. Es läßt fich leicht begreifen, daß gerade die Beriojtihicht das Wachstum „führt“, denn fie ift diejenige Gewebeſchicht des Kolbens, die in betreff der Ernährung durch) die ihr zahlreich eingejenkten großen Blutgefäße am beiten geitellt erjcheint und die darum auch die ſtärkſte Wachstumsenergie zu äußern vermag, eine Energie, welche auch alle anderen, an der Gemweihaufitellung beteiligten Gewebe, alfo auch beijpielsweije die den Blutgefäßen nahe an— geichloffenen Nerven ujw. ganz in derjelben Weife wie die Körperhaut zu entjprechendem Wachstum veranlaßt. Wir fünnen nun ganz in allgemeinen die jpeziellere Ausgeitaltung des Gemweihes darauf zurüdführen, daß bejondere Teile der Kolben be- !) Für die nachjtehenden Erörterungen ift zwar der Verlauf der Arterien als er- nährender Blutgefäße in erjter Reihe maßgebend, da es fich aber dabei um den Blut- reihtum der einzelnen Gemeibteile handelt und dicke Venen nur da abfliegen, wo viel Blut gebraucht worden tft, jo fünnen auch die Venen in zweiter Neihe über durch Blut- zufuhr bejonders begünjtigte Gemweihabjchnitte Auskunft geben. Es verjchlägt daher unferen Ableitungen nicht allzuviel, wenn fie zumteil fich auf den Verlauf der Gefäßrillen fügen müfjen, von denen fich nicht enticheiden läßt, ob fie urjprünglich eine Arterie oder eine Bene enthalten haben. ?) Vgl. die analogen Erfahrungen bei der Regeneration der Molchſchwänze. Tornier in Arhiv für Entwidlungsmechanit, Bd. 22, 1906, ©. 472. - 12 — ſonders reihlid mit Arterien und den von ihnen transportierten Ernährungsftoffen beijhidt werden, und daß deshalb audy nicht alle Teile de3 Geweihes in gleichem Grade und mit derjelben Gejchwindigfeit größer werden, jondern daß die einen mehr oder längere Zeit hindurch, die andern weniger oder doch nur während einer fürzeren Zeit wachſen, je nachdem, ob fie von der Blutzufuhr begünftigt find oder nit. In ent- widlungsgej&hichtlicher Sprachweile ausgedrüct würde man zu jagen haben: die Geweihanlage bildet ihre typijche Gejtalt (mit ihren VBerzweigungen, Sprofjen, Knickungen, Biegungen ufw.) dur „differentielles Wachs— tum“) das von einer lofal verjhiedengradigen Blutzufuhr ab- hängt, und zwar in der jpezielleren Weile, wie ſchon gezeigt wurde, daß das neue Material immer an den oberen, den Blutgefähwirbel tragenden Kolbenenden aufgeitellt wird und das Aufgeitellte dann die anfangs er- langte Form beibehält und in diejer auch der Verknöcherung anheimfällt, wenn die Wachstumsſpitze weiter nach oben vorgedrungen ilt. Eine gewiſſe Strede unterhalb der Wachstumsipige findet aljo ein Wachstumsſtillſtand ftatt, dem bald der von der Geweihbafis aus nad) oben auffteigende Verfnöcherungsporgang der äußeren Geweihſchicht (ef. die dichte knöcherne Nindenfubitanz, d. h. die jogenannte Compacta des reifen Geweihes) folgt. Aus dem Spibenwahstum und dem baldigen Stehenbleiben des Wachstums Hinter der Spiße, läßt ſich die Entitehung des Stangenfnides Hinter dem jedesmaligen Sprofjenanjag (Fig. 3; ef. auch Fig. 2) leicht erklären, und zwar, wie mir jcheint, in wejentlich wahrjchein- licherer Weije al3 dies Hoffmann im Anſchluß an frühere Anjichten von Berthold geglüdt it. Hoffmann glaubt wie Berthold, „daß bei der Bildung einer Sprofje eine gegenjeitige Abſtoßung des Bildungsmaterials der Sproße und derjenigen der Hauptitange jtattfindet, daß aljo der Knid in der Stange einer rein mechaniſchen Wirkung feinen Urjprung verdankt”; eine derartige Annahme ist jedoch jchwer vorjtellbar, da jie Fernwirkungen vom Sproß zur Stange verlangt, die fi) wie der Magnetismus durch die umgebende Luft hindurch Außern müßten. Derartige Wirkungen fennt man ſonſt nirgends im organiſchen Gejchehen. Diefe Annahme iſt aber auch durd;aus nicht nötig. ES genügt vielmehr, daß während des Wachs— tums der Winfelpunft der Abzweigung zur Ruhe fommt, um an diejem Punctum fixum das Wachstum der beiden Zweige auseinander zu treiben, ohne daß die Zweigſpitzen jelbjt irgendwie abjtoßende Kräfte zwiſchen ſich zu entfalten brauchten. Sciebt man beilpielsweile in dem, in Fig. 7 abgebildeten einfachen Modell den jchleifenförmig zulammengebeugten langen Bapierftreifen PP, durd) \ „Differentielleg Wachstum“ heißt alſo, an verjchiedenen Orten eines organijchen Gebildes ſich mit verjchiedener Intenfität abjpielendes Wachstum. — 193 — die auf dem Brett aufgeftellten Drahtöjenreihen (Oe) mit feinem Schleifen- jcheitel gegen den feftitehenden Nagel (N) Hin vor, jo wird jich Diejer Scleifenjcheitel, jobald er gegen den Kagel anitößt und ihn dann als Punetum fixum paffiert, eindellen, und bei weiterem Zuſchieben von PBapier- ſtrecken durch Die Ofen hindurch werden fich zwei Zwieſeläſte der Papier— ichleife bilden, deren Scheitel in dem anfänglich” aufgenommenen Winfel immer weiter auseinander treten, je mehr Papier nachgeſchoben wird, ohne daß — daran wird niemand zweifeln — abjtoßende Fernkräfte zwiſchen den beiden Scheiteln der Schwefterjchleifen angenommen werden fönnten. Schiebt man den einen Schenkel des PBapierftreifens jtärfer durch Die Oſenreihe vor als den andern, jo wächjt begreiflicherweije der auf der ent- Fig. 7. Bapierjtreifenmodell zur Veranſchaulichung des Auseinandermeichens zweier Zmeigäfte (Ae, Ae,), ohne da eine Ddirefte abjtogende Wirkung der Scheitel der Aſte angenommen werden fann. Weiteres im Text. ſprechenden Seite liegende Schleifenaft jtärfer als derjenige der andern Seite, ohne daß darum der Verzweigungsminfel, aljo der Grad der Knickung der urjprünglichen Schleifenachje (Fig. 7e, AA,) eine wejentliche Veränderung erfährt. Es ijt dies für unjeren Zweck nicht ohne Intereſſe, denn auch die Knickung der Geweihe ift, wie Hoffmann ſchon hervorgehoben hat, im wejentlichen unabhängig von der Stärfe der abgehenden Sproſſe; fie findet durch den firierten Winfelpunft immer jtatt, auch wenn der eine Zweig ich nur zu einem unjcheinbaren Höder entwidelt und nur der andere jtärfer ausmächit.!) ') Das bier benugte PBapierjtreifenmodell entipriht allerdings nicht ganz den Wahstumsverhältnijjen des Gemweihes, denn die Schleifen des Modells wachſen durd) Zuſchiebung von Streifenftreden einzig von den Außenjeiten her, während die Gemeih- tolben an ihren Scheiteln wachſen; es iſt aber jelbftverjtändlich, daß durch ein derartiges Sceitelmahstum die einmal durch den Firpunft herbeigeführte Richtung der Zweigäſte — 114 — Unjere Auseinanderſetzungen zeigen vorerjt nur, wie die entitandenen Zweige winflig mit ihren Enden auseinander treten, nachdem fie ent» Itanden find, und es muß nod) gezeigt werden, wie die Verzweigung jelbjt entiteht, ehe jie den Fixpunkt des Verzweigungswinfels, der das Ausein— anderweichen der Zweigjpigen bejorgt, fejtlegen fann. Wir müſſen hierzu folgendes in Betracht ziehen. Es läßt fich leicht einjehen, daß auf Grund der Abhängigkeit der Wachstums- energie von der Blutzufuhr die Innenſchichten der Stangenfolben langjamer wachen müſſen als deren Außenjchichten, die in direkter An— ſchmiegung an die blutgefäßreiche Bertoftichicht Nähritoffe F reichlicher Fülle zur Verfügung Rn. RL. haben. Die Iunenjchichten der Kolben bejigen ameigung in Sig.d 1 0070 zwar ihre eigenen Blutgefäße, die aus dem < 00, 0, in Fig. Be Innern des Nofenitods direft in den Innen— partien des Bildungsgewebes der Geweihkolben hoch jteigen; dieje im Stangeninnern geborgenen Gefäße erreichen aber nirgends die Durchmefjer derjenigen Blutgefäße,!) die auf der Berioftihicht der Außen— fläche des Geweihförpers verlaufen, fie werden darum aud dem Geweih— innern weniger Bauftoffe zutragen als die Perioſtgefäße der Außenfeite des Ges weihes; furz gejagt: die Außenſchicht des Geweihes wächſt rajcher als jeir.e Snnenfchichten oder, um dieſem Berhalten einen technischen Ausdruck zu geben, die Außenjchicht zeigt „Supererescenz” den Innenſchichten gegenüber. Würden die Innenfhichten des Geweihes mit der. genau gleihen In— tenjität wachjen, wie die Außenjchichten, jo würde fi) das Geweih als ein — vollkommener Zylinder auf den Roſenſtöcken emporrichten; * viel weniger abgeändert werden kann, als bei dem Papiermodell, das unter dem einſeitigen Druck der außenſeitig zugeſchobenen Papierſtrecken viel leichter noch den Winkel nachträglich zuſammendrücken könnte, während ſich bei dem gleichmäßigen Scheitelmahstum des Gemweihes überhaupt fein Seitendrud ableiten läßt, der die einmal aufgenommene Winkelrichtung verändern könnte. Der Knid bleibt alſo beim Geweih erhalten, nahdem er einmal durch den Stillfitand des Wahstums am Wintkelfcheitel entjtanden ijt. Natür— lich Hätte fi) dur pafjende Anordnung von Papierftzeifen und Öjenreihen auch das Sceitelmahstum leicht zum Ausdrud bringen laſſen, ein derartiges Modell und feine Beichreibung Hätte aber umjtändlicher ausfallen müſſen; da nur bewiejen werden joll, daß die Scheitel der Schweiterjchleifen ohne abftoßende Fernwirkung von Scheitel zu Scheitel auseinander weichen, jo genügt die einfachere Form des Modells. 1) Die geſetzmäßige Beziehung zwiſchen Gefäßdurchmefjer und der mittleren durch— jtrömenden Blutmenge ift im Arterienfyftem mit einer gewifjen Einfchränfung ungefähr diefelbe, wie in dem für die anorganifche Natur geltenden Poijeuillejchen Geſetz, d. 5. die mittlere durchſtrömende Blutmenge ift proportional der vierten Potenz des Gefäß- durchmefjers, vergl. Thome in Arhiv f. d. gejamte —— Bd. 82, 1900, S. 474 bis 504, und Oppel (meiter unten zitiert) ©. 46. — mM — jeder Wachstumsüberſchuß der Außenfläche muß aber eine Abweichung von der Zylinderform veranlafjen, eine Abweichung, die je nad) der Sonderlage der die Wahstumspdifferenzen begleitenden Blutgefäße ganz verschieden ausfallen fann. Aus der Supercrescenz der Außenſchichten des Geweihes läßt ſich nunmehr in erjter Linie für die Verzweigung des Gemweihes ein Ver: tändnis gemwinnen, denn jede Verzweigung wird, da jeder Zweig feine Oberfläche für ſich beanjprucht, eine erhebliche Vergrößerung der Gejamt- oberfläche zur mathematischen Vorausfegung haben. Schon der Beginn der Verzweigung fordert, wie Fig. 8 zeigen wird, eine Zunahme der Gejamt- oberfläche; in Fig. 8b ift die Oberfläche O O, O, des punftierten Zuwachs— ſtückes nicht unerheblicdy größer al3 die entiprechende Dberfläche O O, O, des jonft volumengleichen Zuwachsſtückes in Fig. 8a. Auch die Fortführung der DVerzweigung erfordert mehr Oberflächenerzeugung als das Weiter: wadjen eines einheitlihen Zylinders. Ein zahlenmäßiges Beijpiel mag das genauer belegen. Denkt man jich ein Geweihitüf von 4 em Durch— mejjer in zylindriſcher Form um 10 em in die Höhe wachſen, jo wird es dabei nad) befannter Formel nur 125,7 em? Mantelfläche erzeugen;t) fein Inhalt würde in diefem jpeziellen Falle ſich zu ebenfoviel em? berechnen; denft man fi) aber diefen Inhalt (125,7 em’), der Verzweigung ent- Iprechend, der Einfachheit halber auf zwei gleiche Zylinder von gleich- bleibender Höhe verteilt, jo würde jeder dieſer Zylinder mit feinem halben Bolumen eine Mantelfläche von 88,62 em?, beide zufammen alfo = 177,24 em? Oberfläche erzeugen,?) das iſt aljo nach der Teilung um 51,54 em? mehr als dann, wenn der Zylinder ungeteilt bliebe, aljo feine Verzweigung jtatt- fände. So erſcheint die Verzweigung als eine Regulation zwiſchen der ungleihen Wachstumsgejchwindigfeit von Außen- und Innenſchichten des Kolbens; die Abgabe des Zweiges verbraudt den Dberflächenüberjchuß, dann fann die Stange eine zeitlang in annähernder Zylinderform weiter wachſen, bis die Ungleichheit in der Wachstumsgeſchwindigkeit wieder fo groß ift, daß ein neuer Zweig, ſozuſagen als Ventil für den Wachstums überſchuß der Oberflächenſchicht, die allzuftarfe Erpanfionsipannung der Stangenoberfläche bejeitigt. Aus derjelben Supercrescenz der Außenjchichten läßt ſich aber außers dem auch die allmähliche fegelfürmige Verjüngung, melde fih an den Enden der Gemweihjprojjen findet, die ja niemals eigentliche Zylinder von gleichbleibendem Durchmeſſer darjtellen, leicht ableiten. Denfen wir uns beijpiel3weije unjer 10 em Hohes Zuwachsſtück von vorhin, das bei zylindriihem Wachstum 125,7 em? Mantelfläche mit 125,7 em? Inhalt , J=rrh; a r=2cm md h= 10cm, fbift J=407 =125,7cm}; M= 2rarh; M=407 = 125,7 cm?. 2) 0r7=1r,%. 10; daher sn = V2=1,4lcm. M =2V2”7.0=20#.V2 = 62,83 .1,41 = 88,62. M, + M, = 177,24. — 116 — aufwies, in einen inhaltsgleihen Kegel von gleicher Grundfläche, aljo von 4 em Durchmefjer umgewandelt, jo würde deſſen Mantel nicht weniger als 188,5 em? bejigen, und feine Höhe würde fi auf 30 em ausreden.') Durd die Verjüngung der Sprojjen gegen die Endipigen Hin wird aljo eine recht erhebliche Vergrößerung der Mantelfläche erzielt, die gleichzeitig mit einer vergleichsweile jehr beträchtlichen Längsitrefung der Sproſſe einher- geht; auch die Sprofjenverjüngung gibt jomit ein jehr wirfjanes Ab- flußventil für das überfchießende- Oberflächenwachstum der entiprechenden Geweihteile ab; fie iſt in der Tat in der genannten Beziehung noch wirf- jamer als die Verzweigung. Man jollte denken, daß diejes Mittel vollauf für ſich allein ausreichen müßte, das überihüjfige Oberflähenwahstum zu bändigen, und daß darum alle Geweihe jich eigentlich in Form langgeſtreckter Spieße entwideln müßten, ohne je Berzweigungen zu bilden. Man muß aber bedenfen, daß bei einem derartigen fegelföürmigen Geweihaufbau zwar die Innenmaſſe tat- jählih dem Volumen nach jehr viel weniger Subjtanz anzujegen brauchte als die Oberfläche, daß fie aber dabei das relativ geringe Hinzugefommene Bolumen ganz außerordentlih raſch in die Längsachſe einſchieben müßte (auf das dreifache derjenigen Länge bei zylindriihem Wachstum, bei dem Innenmaſſe und Oberfläche Schritt Halten). Eine ſolche rapide Längs- anordnung vermag die Innenmaſſe aber nur dann ausreichend zu leijten, wenn es ſich um bejonders dünne Geweihteile handelt, deren Innenlumen von den in der Perioftichicht verlaufenden Hauptgefäßen nicht zu weit ab- liegt, um deren Nähe zu dem erforderlichen raſchen Subjtanzanjag auf einer langen Strede hin gleichzeitig ausnußen zu fönnen. So bleibt das Prinzip der fegelförmigen VBerjüngung nur bei relativ dünnen Geweihteilen ans mwendbar, und wir finden ed darum in merflidem Grade nur bei den relativ dünnen Spießgeweihen und den Sprofjenenden jtärferer Gemweihe realijiert, wo es zugleich dieſe Enden fampftüchtig zujpigt und das Wachs— tum an der Kegelipiße abitoppt, während es an den jtärferen Stangen teilen normalerweije faum andeutungsmweile, nie aber jehr erheblich hervor— tritt. Für die jtärferen Geweihteile, unter welche nicht nur die Beitandteile der eigentlichen Hauptitange, jondern auch beilpielsweije die jtarfen Vorder— ſproſſen des Nenntiergeweihes zu rechnen jind, bleibt die Verzweigung als das unbeſchränkt anwendbare, regulierende und zugleich jehr zweckmäßige Pro— dukt der Wahstumsdifferenz von Oberfläche und Innenſchichten in Wirkſamkeit. Wie der „allgemeine“ Gefäkreihtum der Perioſtſchicht die externe Supercrescenz im Geweihfolben und hierdurd die Verzweigung und Die ») Kegelmantel M=rrs; wobei s — Vr?+h?; h berednet fih aus J = 40 7 = 407.3 _ 3.40 1 — > == „rrh; h Fe 4 3 188,49 cm?. =30; s=YV4-900 ; M demnad = 2 VW4 = — 117 — koniſche Verjüngung bejtimmter Geweihteile veranlakt, jo erweiſen fich fürderhin auch andere Geweiheigentümlichkeiten von dem „ſpeziellen“ Ver— lauf der Blutgefäße, der an den Blutgefäßrillen des gefegten Gemeihes mehr oder weniger jicher erfennbar bleibt, in deutlichjter Weife abhängig. Als joldhe, von dem bejonderen Verlauf der Blutgefäße auf der Berioft- Ihicht abhängige Geweiheigentümlichfeiten laſſen fich folgende anführen, die im nachjtehenden furz behandelt werden jollen. Erjtens: Die bogen- fürmigen Mufwärtsfrümmungen der Sprofjen, und fernerhin die ſchon von Hoffmann her befannten, entwicklungsmechaniſch aber noch nicht behandelten Tatjahen, die Hoffmann in jeiner oben angeführten dritten und zweiten Gejtaltungsregel zum Ausdruck gebracht Hat, nämlich zweiten: die Entjtehung der Bindelamelle in der Sprofjenbudt, uud jchlieglich drittens: die kompenſatoriſche Krümmung der zwiſchen je zwei Sprojjenetagen liegenden Stangenabjchnitte. 1. Die von der Hauptitange abgehenden Sprojjen erjcheinen nor— malerweije ihrer Hauptrihtung nad) bogenförmig nad) oben gekrümmt. Bei diefen bogenförmigen Aufwärtsfrümmungen ift aus matema= tiichen Gründen die nach unten gewendete Konverfeite jtetS länger als die nad) oben liegende Konfavfeite; die Konverjeite muß daher im Kolben- geweih rajcher gewachlen jein als die Konkavſeite. Wir müffen auf der unterer Konvexſeite jtärfere Arterien bezw. Blutgefäßriefen erwarten, wenn unjere Behauptung, daß verjchiedengradiges Wachstum mit verjchieden- gradiger Blutzufuhr verbunden ift, zutreffen ſoll. Dieje Vermutung findet ih nun meiner Erfahrung nad durchaus in zu erwartendem Grade überall da bejtätigt, wo nit etwa durch jtarfes Abfegen der betreffenden Geweih- teile die Gefäßfurchen jelbjt mit abgejcheuert find, was fich leicht an dem weißen Ausjehen jolcher Fegeſtellen erkennen läßt. Die Hauptgefäß: rillen verlaufen an den nad) aufwärts gebogenen Sproſſen auf der fonveren Unterjeite (Fig. 9), und zwar find es, wie ich mich an einem Snjektionspräparat des Marburger zoologiſchen Inſtituts!) überzeugen fonnte, in der Negel zwei Arterienrillen, von denen je eine rechts und links von der Medianebene der Sprofje auf deren Unterfeite hinziehen, die ſich aber bei jtarfen Sproſſen in jederjeitS zwei nebeneinanderherlaufenden Arterien jpalten können und hierdurch nun als rechts und links verlaufende Einzelarterien oder rechts- und linksſeitige Arterienpaare die ſtärkſte 1) Herrn Prof. Dr. Eugen Korſchelt fühle ich mic) zu befonderem Danke ver> pflihtet, daß er mir Diejes jomwohl als ein ergänzendes Präparat aus der Marburger Anatomie zu genauerem Studium zugängig machte. In den betreffenden Präparaten, die vermutlich die einzigen Injektionspräparate von urjprünglihen Kolbengemweihen darjtellen, die erijtieren, find die Arterien mit roter, die Venen mit blauer Wachsmaſſe injiziert, jo daß ſich leicht feititellen läßt, welche Gefäßrille einer Arterie, welche einer Vene zugehört. 12 — 118 — Konverbiegung in der Medianebene der Sproffe zwilchen ji) nehmen. Auf dem Firft der Konverbiegung können fie begreiflicherweife nicht Liegen, weil die Arterien erſt Kapillaren abgeben müſſen, bevor fie durch deren Ver— mittlung Ermährungsfubitanzen an das wachſende Kolbengemwebe abliefern fönnen, wozu eine gewilfe, wenn auch geringe Entfernung zwijchen dem eigentlichen Gefäß jelbit und dem zu ernährenden Gewebe notwendig wird. Wir können alfo jagen: die ernährenden Arterien liegen auf der unteren Konverfeite der Sproſſen jo dicht an dem Firſte der Konverität, als es die notwendige Ausjpinnung von Kapillaren nach dem Firſt Hin geitattet Hat. Auch bei. anderen (auch anormalen) Biegungen von Sprofjen und ſonſtigen Gemweihteilen oder bei partiellen Geradejtredungen der Sprofjen wird man die Ab- hängigfeit vom Blutgefäßverlauf meiſt unjchwer erfennen fönnen; wo Fig. 9. Blutgefäße prävalieren, wird man Verlauf der Arterien auf dem unteren Teil eine Konverfrümmung antreffen, wo einer rechtsſeitigen Zehnenderſtange (nach ſich gleich ſtarke Blutgefäßrillen auf einem Injektionspräparat des Marburger zoologiſchen Inſtituts). RA = Arterien der verſchiedenen Seiten der Geweih- Geweihrückenſeite; u A — Arterien der abſchnitte gegenüberjtehen, da wird unteren Konverjeiten der Sproffen. man meift auch Ddeutlih eine Seradeitredung des betreffenden Sproſſenabſchnittes oder jonjtigen Geweihteiles wahrnehmen. Die Prävalenz der unterfeitigen Sprofjenarterien über die auf der oberen Konkavfeite verlaufenden, erheblich ſchwächeren Blutgefäße verjchafft ſich auch dadurch Ausdrud, daß die prävalierenden unterjeitigen Gefäße entweder direft von dem Kranzgefäß aufiteigen, das ſich als Ring dicht unter der Roſe Hinzieht, wie bei den Sprojjen der drei unteren Etagen, oder daß fie wenigjtens, jelbit wenn fie ſich als Zweigarterien (bei den oberen Etagen) von anderen auffteigenden Arterienftämmen abzweigen, in der allgemeinen Verlaufsrichtung von dem Nojenftod nad) den Geweih— Ipigen Hin halten, während die an ſich ſchon ſchwächeren Arterien der kon— faven Oberjeite immer nur Zweiggefäße find und hierbei noch einen eigen= tümlichen rücdläufigen Gang einſchlagen, der wahrjcheinlicherweile eine ge- wife Hemmung auf den Blutjtrom ausüben muß,!) jo daß neben der Ver— I) Diefe Verringerung der Blutjtromgejchmwindigfeit wird bei der durh Rour nad)» gewiejenen relativ geringen Reibung des Blutes innerhalb der. Gefäße nicht als jehr bedeutend anzunehmen fein; fie wird ſich aber durd) die Dauer ihrer Wirkfamfeit. doch Geltung verichaffen. In dem Marburger Injektionspräparat find die Gefäße der kon— — 179 — tingerung der Blutzufuhr, welche die Verzweigung mit jich bringt, auch die Rückläufigkeit diejer Gefäße eine geringere Nährjubjtanzzufuhr zu der Dberjeite veranlaßt. Zu dieſen Faktoren der Beeinträchtigung der Ober: jeite betreffs der Blutzufuhr fommt noch ein dritter Hinzu, nämlich der, daß, wie gleich gezeigt werden fol, die an jih Schon jchwächeren und durch ihre Rückläufigkeit benachteiligten Arterien obendrein noch Subjtanzen an die Bindelamelle der Sprojjenbuht abzugeben haben. Man fieht, die Unterjeite der Sproſſe wird bei der Nahrungs- zufuhr bevorzugt, die Oberjeite aber in mehr- facher Hinfiht (geringere Stärfe von Zweig— arterien, Nücläufigkeit und Abgabenbelajtung) benachteiligt, ergo, wächſt die Unterjeite raſcher als die Dberjeite der Sprofje, d. h. die Sprojje frümmt ſich nad) aufwärts. 2. Auf die erwähnte Nücdläufigfeit der Buchtarterien ift die Bildung der Bindelamelle zurüczuführen, die ſich in wechjelnden Aus- bildungsgrade zwijchen Stangenteil und Sproß hinzieht und dadurch, wie oben gezeigt wurde (Fig. 4 bis 5), einen Zwieſelbruch zwiſchen Stange und Sproß in Kampfesnöten verhindert. Die oberjeitigen Gefäße entipringen aus anderen Hauptjtämmen weit, zuweilen, wie der betreffende Rillenverlauf an manchen Geweihen dig. 10. zeigt, fogar fehr weit über der Etage, auf Yberes Ende der rechtsſeitigen . —— Zehnerſtange des Marburger welcher die Sproſſe ſteht, die ſie zu verſorgen hoologifhen — haben, ſie laufen in einem entſprechenden tionspräparat. r A Se Bogen auf die Etage zurüd und hier in die Täufige Arterie der Sprojjen- Sprofje hinein in der Weife, wie es in Fig. 10 bucht (die rot injizierte Arterie deutlich zu fehen ift. Diefer eigentümliche Ver- iſt zur Erleichterung der pho- lauf darf wohl ohne Bedenken darauf zurüc- HOGEEHD Een. BUIONNIEG MuEl 1 i s Kreide überftrichen). geführt werden, daß die betreffenden, vom Unter- rojenringgefäß aufiteigenden, Gefäße an ihrem an das Ninggefäß an— Ichließenden bajalen Ende noch nachträglich wachſen,) nachdem fie jchon faven Oberfeite durchgängig viel weniger prall mit Injektionsmaſſe erfüllt als die an fih ſchon jtärferen Gefäße der fonveren Unterfeite der Sproffen und die Gefäße des Stangenrüdens, die demnach dem VBordringen der Injektionsmaſſe weniger Widerjtand boten. ') Auf das gleiche nachträglide Wahstum deuten auch hin- und herjchlängelnde Krümmungen der Gefäße, die man zumeilen direkt über dem Rojenjtod an den Gefäß— tillen wahrnimmt, und diejenigen, die fich noch häufiger auf den abgeplatteten Seiten unterhalb des Buchtwinfels im Gebiet der unteren Etagen wahrnehmen lajjen. 1% — 180 — ihre Zweige für die oberjeitigen Sprofjengefäße abgegeben haben. Da- durch wird, wie die theoretiiche Fig. 11 zeigt, die Abzweigſtelle über die Stage hinaus verihoben und es entjteht die Rücläufigfeit, die im Bogen nach der Sproſſe zurüdführt. Während nun aber der- Ver- zweigungspunft (V) der Arterie nad) oben verjchoben wird, muß der Bogen- teil mit nach oben gezogen werden, und die weiche, plaltisch reagierende Mafje!) des wachſenden Kolbenbindegewebes wird notwendig dieſem Bogenzuge nach oben folgen müſſen, ſo daß ſich nun unter der Wirkung der Bogengefäße die Bindelamelle emporhebt, die zugleich, . U. da ſie eine Oberflächenvergrößerung Fig. 11. bedeutet, die oberjeitigen Gefäße mit Schema, fol die Verlagerung des Ver- bejonderer Nährftoffentziehung belajtet zweigungspunftes (V) durch nachträgliches und auch darum wieder eine Benad)- Wachstum der Arterienjtrefe uV und = Er _ bie dadurch Hervorgerufene Rückläufigkeit teiligung der übrigen fonfaven Ober- det Brthlaiierte Tr A) göinen jeite der Sprojje bewirft, die an der zig.a) erfte Aufftellung des Verzweigungs- Konfavbiegung der Dberjeite ebenjo punttes V; Fig. b) Verlagerung von V. beteiligt ijt wie die früher genannten Faktoren (nämlih wie die jchwächere Ausbildung und die Rücdläufigfeit dieſer Gefäße), So erklärt der eigenartige Verlauf der oberjeitigen Bucht- gefäße einmal die Entjtehung der Bindelamelle und er iſt außerdem aber auch gleichzeitig an der Aufwärtsfrümmung der Sprofjenenden beteiligt. 3. Die fompenjatoriide Krümmung, melde das durch Die Sprofjenabgabe nad) Hinten gefnickte Geweih (Fig. 2) zwilchen den Sprojjen- etagen jedesmal wieder nad) vorne beugt (fig. 3, KK) erklärt ſich in ein- fachiter Weife dadurdh, daß nad) jedesmaliger Abgabe von Blutgefäken und wachstumsfähiger Subitanz an die Sproijen die Vorderjeite der zwiſchen den Sproſſen gelegenen Stangenabjchnitte in ihrer Wahstumsfähigfeit be- einträchtigt wird, während die Blutgefäße der Nückenfeite ſich nicht in gleicher Weife an der Vlutzufuhr nach den Sprofjen Hin beteiligen,?) fondern die überwiegende Hauptmenge ihres Blutes der Nüdenjeite der Stange zur Verfügung jtellen (Fig. 9, RA). Genau wie bei der Aufwärtsfrümmung ') Der plasmatijche Yelleib jugendlicher, nicht durch ein Gerüft ausgefteifter Zellen reagiert auf „längere“ Zug und Druckwirkungen wie eine plaftifch knetbare Maſſe ef. Rhumbler in Ztſchr. f. allgem. Phyfiologie (Verworn), Bd. 1, 1902, ©. 367 fi. ?) Einige der Gefäße der Niüdenjeite verlaufen in gerader Richtung von dem Unterrofenring bis in die oberjte Gemeihetage, ohne Gefäße nad den Sprofjen hin ab- zugeben. — 181 — der Sprojfen muß auch hier die Schwächung der Blutzufuhr, welche die Borderjeite der Stange durch die Abgabe von Sprosjengefäßen erfährt, zu einer Konfavbiegung der Vorderjeite führen, während die Hinterjeite der Stange ji konvex biegen muß, weil fie in ungehemmtem Tempo, aljo periodiſch raſcher als die Vorderjeite zur Zeit der Sprofjenabgabe, weiter- wächſt. „Worderjeite des zwiſchen zwei Sproſſen gelegenen Stangen abjchnittes fürzer und fonfav, Hinterjeite länger und fonver”, das iſt die hiermit erflärte, mathematisch notwendige Eigentümlichkeit der kompen— ſatoriſchen Krümmungen. Man jieht, wie fih dem Prinzip des durch die Blutgefähverteilung induzierten differentiellen Wachstums der einzelnen Geweihteile die morpho- logiihen Merkmale der normalen Gemweihbildung zwanglos fügen. Das— jelbe Prinzip Hält aber auch bei denjenigen Mikbildungen ftand, die man als Nebenjtangenbildungen bezeichnet. Sie entjtehen durch accidentelle Spaltungen der Rojenjtöde oder der Bajen der Stangenfolben; die ab- gejprengte Nebenjtange kann dabei das ungefähre Abbild der Hauptitange zur Entwidlung bringen!) und hat gleichzeitig in der Negel umjomehr Enden, je größer der abgeiprengte Stangenteil ift. Die Supercrescenz der Rindenſchicht veranlagt auf der Nebenitange ebenjogut Sprofjenbildung als auf der Hauptitange, und zwar in deito größerer Zahl, je größer die Aus— gangsmafje (der Nebenjtange) war und je mehr Arterien ſie mitbefommen hat, denn umjo größer wird die Diſſonanz zwiſchen Rinden- und Innenwachstum werden, und deito häufiger muß darum die Regulation diefer Diffonanz durch Sprojjenbildung eintreten. Auch wäre es durchaus faljh, wenn man bei jedem anormal ent- widelten Geweih etwa jede von der Stange aus nad) Hinten abgehende Sprojje für eine durh anormale Bedingungen nad Hinten verlagerte Borderiprojje anjehen wollte. Werden durch Verlegungen auf der Hinter: jeite der Kolben Geweihteile ſo abgeiplittert, daß die Splitter mit ihrer Bafis dem Kolbengeweih anhaften bleiben, jo wächſt die Rindenſchicht der Abjplitterung infolge ihrer Supercerescenz um den Splitter herum, und da die dem Splitter beigegebene Innenjubjtanz dabei jehr häufig nur in relativ geringer Menge vorhanden jein wird, wird hierbei ſehr leicht (ef. S. 176) eine langgezogene, ſich allmählich verjüngende Sprojjenform entjtehen, wie lie die Abbildung (Fig. 12) eines mir von Herrn Kollegen Forſtmeiſter Sellheim gütigjt zur Verfügung geitellten anormalen Geweih3 bei a) 1) Diejes Abbild zeigt aber fajt jtetS ein Defizit in der Anzahl der Sprofjen oder menigjtens in der Stärfe ihrer Ausbildung; auch diejenige Stange, von welcher die Nebenitange abzuleiten ijt, weiſt oft ein derartiges Defizit einer wohlerhaltenen Normal- itange gegenüber auf. Dieje Defizite erklären ſich leicht dadurd, dat die erterne Super» crescenz die Spaltflähen der voneinander getrennten Stangen überwudhern mußte und darum für die Sprofjjenbildung weniger Subjtanz übrig behielt. — 12 — deutlich zeigt. Dieſe Hinterfproffe zeigt weder vor ihrer Anjagjtelle auf der Stange, noch in ihrem eigenen Verlauf irgendweldye Drehung der Blut- gefäßrillen, die auf eine Verlagerung einer urjprünglicen Vorderſproſſe in die Stellung nad hinten, aljo auf eine Umwandlung einer Vorderjprojje in eine Hinterfproffe deuten fünnte; fie ijt eben ein anormal [osgefaferter Geweihteil, der, ohne ein Homologon bei normalen Geweihen zu haben, ebenjo infolge der Supererescenz Der Außenſchicht entjtanden ift, wie auch jonjt be- fanntermaßen fogenannte unechte Sprofjen aus Geweihverwundungen entjtehen können, weil die freigejpaltenen Fetzen von der Supercrescenz der Rindenſchicht mit einem Blutgefäßnetz ein- gehüllt und von der Perioſtſchicht mehr oder weniger fprojjenartig ausgebildet werden. Das Vorauseilen einer Geweihitufe A jowie da3 Zurüdjegen der Geweihe, aljo die Erjeheinungen, daß etwa an Stelle eines normalerweife zu erwartenden Spießes eine Babel, ein Scechjergeweih uw. aufgejegt wird, oder daß umgekehrt (bei dem Zurückſetzen) minderendige Geweihe an Stelle der zu erwar— tenden Geweihe mit einer höheren Endenzahl Fig. 12. Anormale rechtsjeitige Geweih— ſtange eines Edelhirſches. A — Augſproſſe; a= anormale, nach hinten gerichtete „acceſſo— ſiſche“ Sproſſe (aus der Samm— lung: Forſtmeiſter Sellheim). Entfernung aA 29,3 cm. aufgejeßt werden, verlieren unter dem Geſichts— punkte des Differentiellen Wachstums jede morphogenetifche Abftrufität; fie erflären ſich einfah dadurch, daß bei bejonder8 günftiger Ernährung eine größere Subjtanzmalje der Geweih- bildung zur Verfügung fteht, bei jchlechter Ernährung oder (mit dem Alter) abnehmender Konftitutionsfraft aber eine geringere; die Supercrescenz der Rindenſchicht veranlaßt unter fonjt gleichen Verhältniſſen (gleichen Außen- und Innenbedingungen) die Erzeugung einer um jo größeren Zahl von Enden, je größer das Volumen der dem Kolbengewebe zugejhhidten Wachs— tumsſubſtanzen ift, und fie veranlaßt die Bildung einer um jo geringeren Zahl von Enden, je geringer das dem Kolbengeweih für jein Wahstum zur Verfügung geftellte Subjtanzguantum ift, bis zu einem gewiljen Grade unabhängig davon, wie alt im Spezialfalle daS geweihtragende Individuum it. Wenn die palaeontologiiche Entwiclung der Geweihe [entiprechend der normalen Aufeinanderfolge der Gemweiftufen bei demjelben rezenten Hirjch- individuum!)] zunächft im Mittelmiocan bis zum Obermiocän nur Spieper 1) Die Entwidlung des Einzelindividuums (= Ontogenie) entſpricht aljo in der Negel der geologifhen Stammegentwidlung (= Phylogenie), jo daß die Geweihentwid- — 13 — nnd Gabler vorführt, dann zwiſchen PBlivcan und Obermiocän die erjten Sechſer und dann erſt vom Oberpliocän ab die erjten Achter und Mehr: ender einjtellt, jo deutet das darauf, daß erjt allmählich (wahrjcheinlich unter dem Einfluß der natürlichen Zuchtwahl) der Organismus dazu ver: anlaßt worden ift, immer größere Subjtanzmengen dem Geweih zu feinem Aufbau zuzuſchicken, nicht aber darauf, daß das Höherfteigen der Endenzahl dur) einen Erwerb neuartiger Organijationsfähigfeiten bedingt ſei, und diefe Auffafjung wird dadurd belegt, daß mit der Zunahme der Endenzahl in der zeitlichen Aufeinanderfolge der geologischen Schichten gleichzeitig auch die Länge des Geweihes und hierdurch auch fein Volumen, gradatim in der Schichtenfolge mehr und mehr anmwädit.‘) Die Spießer und Gabel- geweihe der miocänen Dieroceru3=-Geweihe fommen über 25 em nicht hinaus und bleiben zuweilen jogar unter 10 em, die erjten Sechjer zwiichen Miocän und Pliocän (Capreolus matheronis Gerv.) haben eine Stangen- länge von ca. 30 em und die nachkommenden Sechſer im, Oberpliocän (Axis etuerarium) erreichen bereitS eine Länge von annähernd 60 cm, während die im Dberpliocän neben den zuleßtgenannten zuerjt auftretenden Achtender durchſchnittlich Geweihe von ca. 75 em aufzumweilen Haben; eine Längenfteigerung die im Poſtglazial dur den Rieſenhirſch Megaceros giganteus (Bl.)| mit Stangenlängen von ca. 1,50 m ihr Marimum er- fährt; e8 geht aljo die Endenerzeugung mit der Längen» und Volume zunahme Hand in Hand. Die Frage nah) der Endenzahl der Geweihe erjcheint alledem zufolge eritens eine Frage nad) dem auf die Geweihbildung verwendeten Subjtanz- quantum. Se größer diefes Duantum iſt, deſto öfter wird ſich ceteris paribus die Sprofjenbilduug als Negulation zwiſchen der verjchiedenen Wahstumsenergie der Außenfläche des Geweihes einerjeitS und der Innen— mafje anderjeit3 wiederholen; die Anordnung der einzelnen Geweihteile it zweitens eine Frage nach dem Verlauf der Blutgefäße, welche die Subjtanz- zufuhr nad) den wachjenden Ktolbenteilen zu leilten haben; ein Geweihteil wächſt um fo ſtärker, je dicker und je zahlreicher die ihm zufliegendn Arterien iind. Die Anordnung der Blutgefäße ilt jchließlich eine Frage nach dem Wahstumsverhältnis der Blutgefäße und des diejelben „führenden“ Perioſt— Ihichtgewebes. Man wird bei den genannten Faktoren des Geweihwachstums die Er— wähnung eines Einfluſſes der Nerven vermiſſen. Man hat lange Zeit an— lung ein ſchönes, aber angeſichts des Voraus- und Zurückſetzens von Geweihen nicht ausnahmslos geltendes Beiſpiel für das von Haeckel aufgeſtellte biogenetiſche Grund— geſetz bietet, das bekanntlich ausſagt, daß die Ontogenie in großen Zügen die Phylogenie wiederholt. 1) Man vergl. hierzu die Zuſammenſtellung foſſiler Geweihtypen bei A. Rörig in Arhiv für Entwidlungsmehanit, Bd. 10, 1910, ©. 525 bis 617, T. 5 bis 10, — 14 — genommen, dab das Wachstum des tierischen Körpers ganz allgemein unter dem direkten dirigierenden Einfluß des Nerveniyitems vor ſich gehe, und dementjprechend die Eriftenz jogenannter „trophiicher” Nerven behauptet, welche diejes Wachstum in gejegmäßig geordneter, wenn jchon völlig un— aufgeflärter Weile veranlaffen follten. Die neuere Zeit hat aber gezeigt, daß die Eriftenz ſolcher „trophiicher” Nerven mehr wie fraglich, zum min- dejten in feinem Fall ficher bewiejen ift [ef. P. Senjen!)] und daß ein eventueller Einfluß der Nerven auf das Wachstum nur auf indireftem Wege annehmbar bleibt. Gerade bei der Geweihbildung der Hiriche Liegt ein be— jonderer Erjcheinungsfompler vor, der auf irgend eine derartige, wenn aud) indirekte Beeinfluffung des wachjenden Kolbengemweihes durch) das Nerven- ſyſtem mit geradezu zwingender Deutlichfeit hinweiſt. Es find die eigen- tümlihen Rümmerungen und Deformationen von Stangen, nad Verlegung von Weichteilen und Knochen der Hinterertremität,?) Die in ſolchen Fällen fat immer fi in diagonaler Richtung äußern, bei Ver- legung der linken Hinterertremität alfo an der rechten Stange, bei Ver— legung der rechten Hinterertremität an der linken Stange geringere Ent» widlung und ſonſtige Ungewöhnlichkeiten (der meiſt normal bleibenden anderen Stange gegenüber) zu Wege bringen. Es gibt fein anderes Organs Igftem, das eine derartige Beeinfluffung durch Vorgänge, die fich Hinten ein» jeitig abgejpielt haben, nach vorn auf die andere Seite übertragen könnte al3 das Nerveniyitem, das in feinen Zentralteilen (Hirn und NRüdenmarf) reichlich Gelegenheit bietet,?) Neize oder Schädigungen, die von irgend einer Stelle der einen Seite herfommen, auf die andere Seite Hinüberzuleiten, von dem außerdem derartige diagonale Übertragungen auch ſonſt in großer Zahl bekannt find, während Fein anderes Drganfyitem erijtiert, das Die Diagonaljeiten mit einander in anatomijche Verbindung brächte und darum Diagonalwirfungen der genannten Art vermitteln könnte. Trophiiche Wirk— jamfeit im früheren Sinne liegt aber auch hier nicht vor, man wird fich vielmehr vorftellen müſſen, daß die Alteration der Nerven an der Ber: legungsjtelle auf Ddiagonalen Bahnen die vajomotoriihen Nerven*) der andern Geite fo beeinflußt, daß die Blutzufuhr nach diejer Seite Hin Un— 1) P. Jenſen, „Das Problem der trophiichen Nerven” in Medizin. naturwiſſenſch. Archiv, Bd. 2, 1910, ©. 459 bis 495. 2) cf. A. Rörig, Archiv für Entwicklungsmechanik, Bd. 11, 1901, ©. 299. 5) Sch weiß durch liebenswürdige perfönliche Mitteilungen außerdem, daß B. Dürken, Mjfiftent am Göttinger zoologifhen Inftitut, eine Arbeit dem Abſchluß ent« gegenführt, die für die Ertremitätenbildung von Amphibien den betreffenden Gemeih- fümmerungen und Deformationen ähnliche Mifbildungen durch Vermittlung des Nerven- ſyſtems nad) Verlegungen unabweislich fejtjtellen wird. 4) Vaſomotoriſche Nerven find folche, die durch Kontraktion oder Schlaffmachen der in der Arterienwand gelegenen Muskeln, das Lumen der Arterien lokal verengern oder ermeitern und dadurd die Blutdurdhfuhr beftimmen. — 15 — regelmäßigfeiten erleidet, und darum auch das von der Blutzufuhr ab- hängige Formwachstum entſprechende Schädigungen aufzumweifen hat. Eine ftärfere Kontraftion der unter dem diagonal übermittelten Neiz etwa jtärfer als normal Eontrahierten Gefäße wird beiſpielsweiſe eine geringere Blut- zufuhr und hierdurch die Kümmerung der entiprechenden Stange verurjadhen fönnen u. dergl. m. Auch Hier bleibt aljo die Blutzufuhr als jchließlich maßgebender Geftaltungsfaktor, der Nervenreiz wirkt nur indireft durch Bermittlung der ihm unterftellten Arterien auf die Blutzufuhr ein. Die Ausgejtaltung der Gemweihform erſcheint ſomit in letzter Inſtanz als das gemeinfame Produft von dem führenden Wachstum der Perioſt— Ihiht und dem in ihr eingejenkten Verlauf der die Nährjubltanzen zu- führenden Blutgefäße; und zwar kann fich die Initiative zur Ausformung diefes gemeinfamen Produktes — das jcheint mir von allgemeinerer ent- wiclungsmechanifcher Bedeutung — periodisch verjchieben. — Während das an dem Wachstumswirbel zugejeßte neue Material der Perioſtſchicht dem Weiterwahstum der Arterien das Feld bereitet und dabei die Initiative!) trägt, kann andererſeits, wie die Entjtehung der Bindelamellen in der Sproſſenbucht zeigt, auch ein Gefäß dadurch die formbildende Initiative temporär und lokal erlangen, daß es in der ihm dargebotenen Gewebes maſſe jelbftändig weiterwädhlt und eine Gefäßanordnung bewirft, die be— ſtimmten Kolbenftreden fefundär zu bevorzugter Blutzufuhr und darum bevorzugtem Wachstum verhilft. So verihlingen fich in dem wechjeljeitigen Wachstumsverhältnis bzw. in verfchiedenartiger Wachstumsgeſchwindigkeit von Blutgefäßen und Perioſtſchicht die legten Gründe, welche für die Aus- prägung des Einzelgeweihes ebenjo wie für diejenige der für die verjchiedenen Hirſchſpezies typiichen Geweihformen maßgebend fein müfjen. Auf dieſes offenbar bei verschiedenen Hirſcharten verfchiedene Wachs— tumsverhältnis?) der Blutgefäße einerfeit8 und der PBerioftihicht anderjeits ) W. Rour, dem grundlegende Unterfuhungen über diejenigen Faktoren, welche die Geftalt und den Verlauf der Blutgefäße beftimmen, zu verdanken find, jagt in einem von ihm ſelbſt bearbeileten Abjchnitt der auch fonft für unſer Thema wichtigen Abhand- lung von A. Dppel „über die geftaltlihe Anpafjung der Blutgefäße unter Berück— fihtigung der funktionellen Transplantation” (Heft X der von Roux herausgegebenen „Vorträge und Aufſätze über Entwicklungsmechanik“, Leipzig 1910): „Das Parenchym wird zunächſt neben jeder Kapillare jo lange in die Länge wachſen und daher auch die Kapillare durch leichte Dehnungsipannung zu Längenwachstum anregen, als das Parenchym am Dijtalen Ende der Kapillare noch ausreichend von der Kapillare aus ernährt wird” (loc. cit. ©. 88). Dieje Verhältniffe gelten allgemein und find darum auch für die obige Darjtellung maßgebend. 2) Wollte man die Tatjache, daß beftimmte Hirfcharten nur bejtimmte, für Die einzelne Hirjchart charakterijtiiche Geweihe auffegen, furzweg durch „Vererbung“ erklären, jo würde man dabei überjehen, daß Bererbung feine entwicklungsmechaniſche Erklärung, jondern ein „entwiclungsmechanifches Problem“ iſt. Es gilt für die Entwicklungs— mechanif gerade feitzuftellen, auf Grund welcher mechaniſcher Faktoren die Vererbung — 16 — näher einzugehen, hätte nur dann Sinn und Wert, wenn außer vollftommen geglücten imjizierten Gefäßpräparaten der betreffenden Kolbengeweihe aud) eine genaue mifrojfopiiche Unterfuhung der Wachstumsdiſtrikte der ver- Ihiedenartigen Kolbengemweihe vorläge, was leider nicht einmal für eine einzige Hirichipezies in ausreichender Weile der Fall ift. Obgleich jomit auch die eriten Gründe für die jpezielle Anordnung ber in diefem Aufſatz analyfierten Gejchehniffe zurzeit nody nicht angegeben werden fönnen, jo wird doch die gebotene Erörterung der durch den Verlauf der Blutgefäßriefen dofumentierten Wachstumsdifferenzen jchon einiges Intereſſe verdienen. Unter der wahrjcheinlichen — allerdings noch nicht bewieſenen — Vor— ausjeßung, daß ſich bei den aufeinanderfolgenden Geweihbildungen eines Hiriches die Wachstumsdifferenz zwilchen der Gemweihoberflähe und dem Geweihinnern, die bei der Geweihausformnng die Hauptrolle ſpielt, nicht weſentlich ändert, läßt ſich vorausfichtlid) ſchon aus den abgeworfenen Schmaljpiegen eines Hirſches erfennen, was von feinen jpäter nachfolgenden Geweihen zu erwarten iſt. Es werden fich um jo jtärfere und jprofjen- reichere Gemweihe?) erwarten laſſen, je mehr Anzeichen für einen idividuell großen Wachstumskontraſt (zwifchen Außenfläche und Innenſchichten) fich an den abgemworfenen erſten Geweihen ſchon finden, alſo je breiter die Baſis bei gleicher Länge der Spieße ift; von gleidhlangen Spießen werden die- jenigen mit der breitejten Baſis und jtärfften koniſchen Verjüngung bei ſonſt gleichen Verhältniſſen (gleicher Ernährung, gleicher Bewegungsfreiheit ujw.) die verheißungsvolliten jein. Stärfer gefrümmte Spieße verjprechen mehr als weniger gefrümmte ſonſt ähnliche; auch ftarfe Verſchiedenheit in der Breite der Gefäßrillen läßt eine reiche Gliederung kommender Geweihſtufen vermuten. Die Nichtigfeit der Vorausſetzung könnte durch Bergleih der aufeinanderfolgenden Abwürfe der gleichen Tiere bündig be— wiejen werden, wozu mir bis jeßt noch geeignetes Material fehlt. zuflinde fommt, d. 5. wie von Ähnlihem Ausgangspunkt ber (in unjerem Falle Srontal- höcker des Hirichlalbes) durch erjt feftzuftellende mechanische Faktoren wiederum ähnliche jpätere Bildungen (in der Sprofjenzahl und Verzweigungsform übereinjtimmende Ge- weihtypen) zuftande gebracht werden. 2) Die oben gegebenen Hinmeife beziehen fi) nur auf die Form des Gemweihes nicht aber auf die Art feiner Verfnöherung. Das Material für die Verknöcherung wird zwar auch von den Arterien zugetragen, es hat aber auf die Formgeftaltung feinen Einfluß. Unveredte oder ſchlecht veredte Geweihe find nicht auf Formfehler, fondern auf Verfnöcherungsdefelte zurüdzuführen. Auf die Verfnöherungsvorgänge, die ein Thema für fi) bilden, fann diesmal nicht mehr eingegangen werden; nur jei hier nod erwähnt, daß die Gemeihoberflähe infolge des Blutgefäßreihtums der Perioſtſchicht viel ftärfer verfnöchert als die Innenſchichten des Gemweihes; fie wird von der dichten Compakta— Knochenſubſtanz nah dem Hohljäulenprinzip ausgefteift und ſtark gemacht, während die Spongioſa-Knochenſubſtanz im allgemeinen nur in loſem Maſchenwerk das Innere der Stange füllt. — 197 — Der Wald und die Landwirticait. Bon Prof. Dr. v. Heelhorft, Göttingen. Land- und Forſtwirtſchaft Haben das mit einander gemeinfam, daß fie Urproduftionen find, d. h, daß ſie die im und auf den Boden wirkenden Naturkräfte wirtichaftlih in der Weile auszunußen ftreben, daß fie die größtmöglihde Menge der für den Menfchen notwendigen PBrodufte und zugleich den größtmöglichen Neinertrag von der ihnen zu Gebote ftchenden Fläche erzielen; aber fie arbeiten Häufig nicht zufammen. Meiſt ftchen der Aderbau und der Waldbau fich als feindlich einander befämpfende Brüder gegenüber und nur auf einer gewiſſen Kulturftufe und unter gemiljen äußeren Bedingungen gehen fie brüderlih Hand in Hand. Sn den Anfängen der Kultur führt der Menſch einen heftigen Kampf gegen den Wald, wie wir ihn Heutzutage noch in abgelegenen Waldgebicten jchen. Der Wald erjcheint Hier dem Menfchen als ein Fulturfeindliches Element. Er gewährt ihm nicht die Möglichkeit der Niederlaffung. Ader: bau, Handel und Induſtrie Fönnen nicht zur Entwidlung fommen, jolange der Wald den Boden bededt. Mit Feuer und Art wird er deshalb vom Menſchen bekämpft, der Pla für feine Beficdlung, Pla für den zur Ge— winnung feiner Brotfrücdhte notwendigen Aderbau, Pla zur Gewinnung von PViehfutter, Platz für feine Verkehrsſtraßen gebraudht. In diefem Kampf ift der Menfc oft weiter gegangen, wie es feinem dauernden Intereſſe entiprochen hätte. Die Schädigungen, welche eine Waldverwüſtung für die Allgemeinheit haben kann, beſtehen bejonders in dem durch fie verurjachten fchnelleren Abfließen der atmosphärischen Niederjchläge, welche einerfeits Leicht Überfchwemmungen, andererfeitS zu ſtarkes Fallen des Waſſerſtandes unferer Ströme und Flüſſe in nieder— ihlagsarmen Zeiten im Gefolge Haben. Dft auch Hat ſich der Menſch dur die Waldverwäftung des ihm erwünfchten und notwendigen Schußes jeiner Niederlaffungen durch den Wald und ferner der Möglichkeit der Gewinnung de3 für ihn nötigen Baus, Nuß- und Brennholzes beraubt. Erſt wenn eine beſtimmte Kulturftufe erreicht ift, fängt man an, den Wert des Waldes Höher zu ſchätzen. Das Holz ift feltener geworden, die Nachfrage nah ihm iſt dadurd und infolge des immer mehr geftiegenen Dedarjs vermehrt, jein Wert und fein Preis find infolgedefjen geſtiegen. So fommt c3, daß der Bert der auf der Flächeneinheit, auf den Morgen, auf dem Hectar feither gewachfenen Brodufte des Waldes in vielen Fällen mit dem Wert deraufdergleichen Fläche gewachſenen Brodufte des Ackerbaues konkurrieren fanı, ja diefen nicht felten übertrifft. Dann beginnt der Kampf des Waldes gegen die Landwirtſchaft. Der Grundbeſitzer hat jorgfältig zu erwägen, welche Nutzung ihm auf die Dauer den größten Vorteil verfpricht, denn fein Biel it, wie erwähnt, die Erreihung des größtmöglichen dauernden Neinertrags. — 18 — Es fann fich dabei um Anlage von Wald in bisher waldlofen Wirt: ichaften oder um die Vergrößerung des Waldanteil® in Wirtjchaften, die ihon vorher Wald bejaßen, Handeln. In beiden Fällen wäre die Land: wirtfchaft und die Forſtwirtſchaft in einem Betriebe vereint. Die Bereinigung beider Betriebsarten hat eine große Menge von Vor— teilen im Gefolge. Als der größte derfelben ift zu nennen, daß die mit einem Walde verbundene Landmwirtichaft einen größeren Wrbeiterftand zu halten in der Lage iſt als die ifolierte Landwirtſchaft. In dieſer fehlt es unter den heutigen mirtjchaftlichen Verhältnifjen, in welchen die Dampf- dreſchmaſchine einen großen Teil der früher von den Arbeitern geleiteten Winterarbeit ausführt, Häufig an genügender Winterbefchäftigung für die Arbeiter. Und die Folge davon ift, daß dieſe fih nach anderen Arbeits- gelegenheiten umfehen und dadurch mehr oder weniger der Landwirtichaft verloren gehen. Dadurch ift der Wirtjchaftgleiter zur Bewältigung der Sommterarbeit, die mit der Intenjität der Kultur an Menge zugenommen hat, genötigt in immer höherem Maße Wanderarbeiter heranzuziehen. Dieje find in volf3wirtfchaftlicher und befonders in fozialer Hinficht feine ſehr erfreuliche Erjheinung, bejonder® dann, wenn fie, wie dies meilt der Fall ijt, der einheimischen Bevölkerung rafjenfremd find. Und brachten fie in den erjten Zeiten, da fie noch weniger ftarf gebraucht wurden, dem Landwirt, vom privatiirtfchaftlihen Standpunkt angejehen, aud große Vorteile, weil fie billiger arbeiteten als die einheimischen Arbeiter und außerdem leichter zu lenken waren, jo it das jet ander3 geworden. Die Wanderarbeiter erhalten jet diefelben Löhne wie die einheimischen und bringen die Wirtjchaftsleiter Häufig in fchwierige Lagen durch Kon: traftbrühe. Zudem müffen die Landwirte jet mit der Gefahr rechnen, daß, durch irgend welche Verhältniffe bedingt, der Zufluß der Wander: arbeiter plößlich aufhören und dadurd ihre Wirtfchaft zum GStillftand ges bradt werden kann. Ein mit Wald verbundener landwirtichaftlicher Betrieb ift dagegen im— ftande, die im Sommer von ihm in der Landwirtichaft gebrauchten männ— lichen Arbeiter im Winter im Forft lohnend zu beichäftigen, denn im diefe Sahreszeit fällt die Hauptarbeit im Walde. Durd) den das ganze Jahr hindurch gefiherten und gleichmäßigen Lohnverdienjt werden aber die Ar- beiter an die Scholle gefeffelt. Ein fefter Arbeiterftamm gewährt den Vor- teil der Sicherung zahlreiher Hilfskräfte für die leichtere Sommerarbeit durch Heranziehung der Arbeiterfrauen und Kinder. Und umgekehrt Hat auch die Forftwirtichaft, welche mit Landwirtſchaft verbunden ift, den Vor— teil der leichteren Beſchaffung der für fie nötigen Arbeitskräfte. In ähnlicher Weife wirft die Verbindung von Land» und Forſtwirt— ſchaft nützlich auf die Ländliche Gejpannhaltung. Die Forftfuhren fallen Hauptfächlich in die Zeiten, in welchen die Aderarbeit ruht. Die Gejpanne — 189 — und die Knechte können infolgedejjen leichter ausgenußt werden. Sowohl für die Landwirtfchaft wie für die Forftwirtfchaft wird die Gefpannsarbeit dadurch verbilligt. Es iſt unter ſolchen Berhältniffen auch möglich, eine bejonders ftarfe Anjpannung zu halten. Und Dies ift wieder für eine jchnelle Durchführung der Beſtellungs- und Erntearbeiten, von welcher die Höhe und die Güte der Ernten oft in jo hohem Maße beeinflußt wird, wieder von Bedeutung. ALS weiterer wichtiger Vorzug einer mit Wald verbundenen Landwirt: ſchaft ift anzuführen, daß durch jie die Einnahmen des Landwirts gleich- mäßiger werden. Wenn auch der Wald Hier und da Schädigungen durd) Inſekten, Wind und Schneebruch ausgejegt iſt, jo fehlen doch die bei dem Aderbau häufiger eintretenden Ernterückſchläge, welche durch ungünftige Witterung veranlaßt werden, folt gänzlich. Trodenheit, Näſſe und Hagel, welche die Hoffnungen des Landwirts jo häufig zu nichte machen, können dem durchichnittlichen Sahresertrag des Waldes nicht ſchaden. So werden die Einnahmen aus ihm eine große Regelmäßigfeit aufmweifen und deshalb dem forjtbefigenden Landwirt einen jicheren Rückhalt gewähren. Aber nicht nur dies; der Wald fann von dem Beliger bis zu einem gewiſſen Grade als eine Sparfalje angejehen werden, in welcher ein bejtimmtes zinsbrin= gendes Kapital liegt. Sind die Einnahmen aus der Landwirtichaft infolge von Mißwachs oder aus einem anderen Grunde für die Anſprüche des Betriebes oder des Beſitzers zu gering oder hat der Beſitzer im landwirt— Ihaftlihen Betriebe Kapitalverlufte, 3. B. durch Biehfterben, erlitten, die ihn zu befonderen Baraufwendungen nötigen, dann ift er in der Lage, in jeine Sparfajje, den Wald, zu greifen und nicht nur die laufenden Zinjen aus ihm mittelft des planmäßigen Holzſchlags zu entnehmen, jondern auch jo viel von den Zinjen eines oder mehrerer Jahre vorweg zu nehmen, wie zur Füllung feiner Kaffe notwendig ift. Natürlid muß er dann in den nächſten Jahren die vorweg genommenen Zinfen durch entjprechend verminderten Holzichlag wieder einzufparen bemüht jein, um jein Wald- fapital wieder auf die urjprüngliche Höhe zu bringen. Vermag er das nicht, ift er dauernd auf einen über den planmäßigen Einjchlag erhöhten Holzverfauf angemwiejen, dann zeigt dies, daß die Wirtſchaft ungefund ift und daß das Ende der Bankerott jein wird. Der Nachteil, der bei dem erwähnten Verfahren, der zeitweiligen Ver: mehrung des Holzichlages dadurch entjteht, daß der Zuwachs nicht ganz ausgenußt wird, ijt viel geringer als der Borteil, der dem Landwirt da= duch wird, daß er fremde Kapitalien aufzunehmen nicht mötig hat, um jeinen Betrieb in normaler Weije fortführen zu können. Ein weiterer Vorteil erwächſt dem Landwirt aus dem Waldbefig da— durch, daß er durch ihn jederzeit imftande ift, feinen Bedarf an Bau, Nuß- und Brennholz zu deden. In früheren Zeiten, in welchen die Verkehrs— — 10 — verhältnifje ungiünftig waren, war aus Ddiefem Grunde der Bejiß eines Waldes für dem Landwirt fait eine Notwendigkeit. Ein Ankauf von Holz war wegen ver jchlechten Verkehrsverhältniſſe jchwierig und Eoftjpielig. Das ift bei uns in Deutjchland jegt allerdings jehr anders geworden. Als Brennmaterial werden heut jtatt des Dolzes, abgejehen vom Torf, vielfach Braun: und Steinfohlen verwandt, die meiften Geräte, Die früher in der cigenen Wirtfchaft verfertigt wurden, werden gekauft. Das Bauholz wird häufig durch Eijen eriegt. Das in der Wirtjchaft nötige Holz kann Leicht und verhältnismäßig billig beichafft werden. Der Wald Hat in diefer Be— ziehung an wirtjchaftlicher Bedeutung zweifellos verloren. Aber immerhin it es auch mit Rüdjicht auf den Holzbedarf in der eigenen Wirtſchaft für den Landwirt erwünjcht, daß er über eine gewiſſe Holzerzeugende Fläche verfügt, umfomehr, je ungünjtiger die Verkehrslage feiner Wirtjiyaft ift. Er wird unabhängiger von den Zufällen des Anfaufs und jpart Die Transportkojten. Er kann jomit feinen Bedarf an Holz billiger deden. Dazu fommt noch ein Weiteres. Die geringeren Holzjortimente, welche jih bei jeder Durchforſtung wie bei jeder Forſtnutzung ergeben, haben wegen ihres großen Vulumens und wegen ihres geringen Wertes nur eine geringe Transportfähigfeit. Sie bieten aber dem Beliger ein gutes Mittel, feinen Arbeitern das für ihre Wirtjchaften jo nötige Brenmmaterial, ohne große Koſten jeinerfeits, billig zu gewähren. Die Abfälle des Waldes wird er ihnen am beiten ohne jede Entihädigung überlajjen. Die Frauen und Kinder der Arbeiter können dur) das Sammeln und Heranjchaffen derjelben an die Wohnungen einen Zeil ihrer font unbenußten Arbeitskräfte veriverten. Durch diefe und ähnliche BVergünftigungen, wie 3. B. die Erlaubnis zum Pilze- und Beerenfammeln, werden die Arbeiter mehr an die Arbeitsſtätten gefejjelt und jo vor der Abwanderung in die Städte abgehalten als durd) manche anderen für den Beliger Eoftjpieligere Maßnahmen. Schließlich kommen noch die fogenannten Nebennußungen des Waldes, die MWaldweide und die Streuentnahme in Betradht. Beide mit Ausnahme der gelegentlihen Schweinemaft jollten in der modernen Landwirtjchaft in der Regel ganz fehlen. Sn früheren Zeiten Hatten beide eine arößere wirtichaftliche Bedeutung. Der Holznugen aus dem Walde war gering. Holz war in größerer Menge vorhanden als wirtichaftlic nötig. Dagegen fehlte es Häufig an Futter und Streu für die Nußtiere. Was war natürlicher, als dab man diefe im Sommer in den Wald tried. War die Nahrung, die fie dort fanden, auch nur färglih, jo genügte fie doch zur Produktion der wenigen tierischen Produkte, welche man benötigte oder verwerten Fonnte. Was wollte dagegen die durch die Weidetiere verurſachte Schädigung des Waldes bedeuten. Sie fiel wirtfchaftlih nicht ins Gewicht. Und ähnlich war es mit der Entnahme der Waldftreu. Die Landwirtjchaft bedurfte ihrer zur — 11 — Einftreu in die Ställe, zur Vermehrung des für die Düngung des Aders erforderlichen Miſtes. Ob der Wald dadurd) Schaden Iitt oder nicht, be— achtete man nicht oder man ging doch darüber hinweg, wenn man es be— merfte. Mit der Zunahme des Wertes und damit der Wertſchätzung des Waldes fiel die durch die Streunugung erfolgte Schädigung des Waldes immer mehr ins: Gewicht, während anderſeits mit der Zunahme der Intenfität der Landwirtſchaft der Wert beider für die Landiirtichaft immer geringer wurde. "Die Waldweide chädigt den Wald umjomehr, je mehr Jungholz vor— handen ift, weil dieſes von den Tieren ſtark verbiljen wird. Die Waldjtreu muß dem Walde erhalten bleiben, ſoll feine Entwidlung nicht in hohem Maße Schaden leiden. Die Gründe für Ddiefe von den Forftwirten ganz allgemein und mit Recht aufgeitellte Forderung find zahlreiche. Zunächſt erhält der Wald in der durch den Blatt» refp. Nadelfall er- zengten Waldftreu einen großen Teil der Nährſtoffe, welche die Bäume während ihrer jommerlichen Produktion dem Boden entnommen haben, wieder zurüd. Das ijt deshalb jo wichtig, weil der Wald fonft eine Düngung nit erhält. Die bei der Verrottung der Waldjtreu entjtchende Kohlenjäure. wird vom Regenwaſſer aufgenommen und gelangt mit diejem in die Erde, um dort zur Aufſchließung der Mineralftoffe beizutragen. Der Waldhumus iſt ferner der Ernährer einer größeren Menge ftijtoffjammelnder Bakterien. Und jchließlih ift er wie die Waldftreu der Negulator der Feuchtigkeit deS Waldes. Sie jaugen die Niederfchläge auf, jhüßen fie vor dem schnellen Abfließen und geben fie nur allmählih an den Untergrund ab. Sie forgen aljo auch dafür, daß die Waldbäume ſtets die zu ihrem Wachstum erforderliche Feuchtigkeit erhalten. Wird dem Walde die Streudede entzogen, muß er alle durd) jie her: beigeführten . Vorteile 'entbehren. Er wird dementjprechend Schaden leiden. Und dennoh muß die Forderung nad) Waldweide und Waldftreu für die Landwirtfchaft erhoben werden, wenn fie in diefer einen größeren Nußen abmwerfen würden, als der durch fie dent Wald zugefügte Schaden beträgt. Das ijt aber unter unferen heutigen wirtjchaftlichen Verhältniffen nur ganz ausnahmsweiſe der Fall. Die Waldweide gibt wie erwähnt nur ein kümmerliches Futter. Eine unter den. heutigen Verhältniſſen wirtſchaftliche Produktion durch die Wald— weide kann nur in ganz abgelegenen Walddiſtrikten in Frage kommen. Und für die Waldſtreu, welche nur ein ganz ſchlechtes Streumaterial bildet, gilt das letztere ebenfalls. Allerdings muß erwähnt werden, daß der mit Wald— ſtreu erzeugte Miſt infolge ſeiner geringeren Zerſetzungsfähigkeit auf leichtem Boden gewiſſe Vorteile bringt. Sm allgemeinen aber iſt feſtzuſtellen, daß nur in ganz abnormen Jahren, in welchen es an Futter und Streumaterial gänzlich fehlt, der rationelle — 192 — Landwirt geneigt fein wird, im Intereſſe feiner Landwirtichaft Forderungen an den Wald zu jtellen. Sn ſolchen Fällen wird der Nußen der Waldjtreu in der Landwirtjchaft größer fein, als der Schaden, welchen der Forſt durch die Entnahme der— jelben erleidet, vorausgejeßt, daß dieſe in vernünftiger Weife geichieht. Ich Habe durch die Beiprehung von Waldweide und Waldftreu ein Thema angejchnitten, welches noch immer aktuell it. Noch immer bejtehen Waldjervitute, welche fih auf Weide und Streunußung erjtreden, die aber bei einigermaßen fortgejchrittenen Verhältnifjen eine Berechtigung nicht mehr haben. Sie follten, wo fie beftehen, abgelöft werden. Und kann die Land- wirtfchaft ohne fie nicht beitehen, weil die Bodenverhältnijje zu gering find, dann fol fie aufgegeben und der Boden dem Waldbau zurüdgegeben werden. Eine Vereinigung von Aderbau und Waldbau kann, wie aus dem zuerjt Angeführten hervorgeht, große wirtſchaftliche Vorteile mit ſich bringen. Es gilt aber im einzelnen Yal abzumägen und dur Rechnungen möglichſt zu ermitteln, ob in der jedesmal vorhandenen Ausdehnung beider der höchſt— mögliche Geſamtreinertrag zu erzielen ift, oder ob eine Verjhiebung des Berhältniffes zugunften des einen oder andern angezeigt erjcheint. In den Fällen, in welchen beide Bodennußungen ifoliert waren, wird es jih um Klarftellung der Frage handeln, ob nicht eine Vereinigung beider von Vorteil ift und ferner in welchem Verhältnis dieje zu gejchehen Hat. Betrachten wir den erjten Fall der vorhandenen Vereinigung. Hierbei ift die Bodenrente aus beiden Betriebsarten für die einzelnen Bodenbonitäten gejondert zu unterſuchen. Scheint fie für den einen Betriebszweig zu gering zu fein und verfpricht die Überführung in den andern eine größere Rente, dann ift zu überlegen, ob die dadurch bedingte Änderung der Arbeitsver- hältniffe in Hand und Gejpannarbeit nicht doch zum Nachteil des gejamten Neinertrags ausfällt. Die Änderungen werden meift entweder in einer Ausdehnung des Aderbaus auf guten von Wald befcgten Boden durch Waldrodung oder durch Ausdehnung des Waldbaus auf die ſchlechten Bodenarten beitehen. Sm erſteren Fall ſoll man fidy nicht täufchen laſſen. Der Waldboden er- jcheint Häufig infolge der durch feinen Humusgehalt und jeine größere Feuchtigkeit bedingten dunkleren Farbe beijer, als er in Wirklichkeit ift. Man ſoll ihn deshalb forgfältig prüfen, ehe man fich zu einer Rodung entjchließt. Man fol ſich ferner klar machen, daß die Rodungskoſten jehr bedeutende find und daß die Ausdehnung des Aderlandes meilt auch eine Vermehrung des toten und lebenden Inventars und nicht felten auch des Stall- und Scheunenraumes bedingt. Die NRodung wird aljo einen wirtjchaftlichen Nußen nur dann haben, wenn die Erträge des Aderbaus jo hoch find, daß fie nicht nur die Erträge des Waldes übertreffen, fondern auch die Zinſen — 13 — und Amortifationen der Rodungskoſten und der durch die Umwandlung in Ader bedingten Neuanihaffungen und Bauten deden. Umgefehrt verhält es jich bei den neuen Anſchonungen. Diefe bringen gar feinen Ertrag, jchmälern vielmehr den Gejamtertrag der Gutswirtſchaft, einmal durch die Anpflanzungskoften, dann infolge des Ausfalls der ge: ringen Bodenernte, welche der bisherige Aderbau brachte. Bei der Neu- anpflanzung wird aljo ein Teil des Grundfapital3 gemifjermaßen auf BZinfeszins gelegt. Diejes kann fich nur ein Landwirt leiften, welcher auf eine längere Reihe von Jahren hinaus den jährlichen Neinertrag aus dem betreffenden Boden entbehren und die Auslagen für die Neupflanzungen machen kann. Sein Gut wird zwar wertvoller, aber in den erjten Jahren doch nicht entiprechend dem Zinsausfall, jondern viel langſamer. Erft in einer ſpäteren Zeit erhält er die volle Bodenrente und den Zinjeszins für das Grund» und Anlagefapital zurüd. Wie dieſe zu berechnen find, braucht in einem Aufjag, der dem Andenfen Burdhardt3 gewidmet ijt, nicht aus— geführt werden, da dieſer ja die Anleitung dazu in feinen Hilfstafeln für Forſttaxatoren gegeben Hat. Schuß der Bude! Bon Foritmeifter Sellheim. Nach Langer Pauſe brachte das Fahr 1909 endlich eine volle Maft, vom Buchenwirtſchafter mit Freuden und großen Hoffnungen begrüßt. Manche Enttäufhung ift uns nicht erjpart geblieben, troß großer Sorgfalt und oft erheblicher Geldaufwendungen find viele VBerjüngungen mißglüdt. Froſt, Mäufe und Finfen Haben vernichtet, was nicht genügend dur Boden= oder Laubbedeckung geſchützt war, unzulängliche Bodenvorbereitung hat in zu dunklen oder zu lichten Beitänden den Keimling vergehen laſſen. Da ift es nicht zu verwundern, daß Mancher ji) von der mühevollen Buchenwirtſchaft abıwendet, die viel Geduld und Beobachtung erfordert, und ſich der einfacheren, jelten verfagenden und, wie e3 den Anjchein Hat, weit rentableren Nadelholzmwirtichaft zumendet. Wurde der Buchenboden von der IV. Klafje abwärts jchon bisher dem Nadelholz zugemiefen, fo ift zu befürchten, daß in Diejer Richtung bald weiter gegangen werden wird und auch die bejjeren Böden zum Teil für die Buche verloren gehen. Es it deshalb nicht unberechtigt, daß Alle, denen das Gedeihen des Waldes am Herzen liegt und die in dieſem Übergange eine ſchwere Schädigung der Zukunft erbliden, für die Erhaltung der Buche eintreten, ſelbſt auf die Ge— fahr Hin, für den nicht neuen Gegenftand wenig Gehör zu finden. Bei der Überführung zum Nadelholz haben wir zwei Gruppen von Beitänden auseinander zu Halten, diejenigen, welche in vollem Umfange einem anderen Betriebe zugeführt werden und jolche, in denen die mehr 13 — 14 — oder weniger großen Flächen fchlechten Bodens dem Nadelholz anheimfallen jollen. Bei erjteren iſt mit einem Schlage alles aufgegeben, bei leßteren ift der Berluft ein allmählicher, verjchleierter, über furz oder lang aber doch den ganzen Beltand umfafjender. Vom Horit, vom Band aus frißt fich die Fichte immer mehr hinein, jede neue Wirtichaftsfarte wird ſchwärzer und bald ift daS Braun vollfommen verfhwunden. Diefe horſtweiſe Ein- jprengung der Fichte, die in Nachbeijerungen unjerer Buchenbeftände ein weites Feld einnimmt, ift für die. Erhaltung. der Buche verhängnisvoll. Auf den meift feuchten und flachgründigen Stellen wirft der Wind im Stangenholzalter die Fichte, wenn fie nicht rotfaul wird und genußt werden muß. Die entjtandene Blöße, die faum oder nur mit Schwierigkeit und unvollfommen wieder in Beltand zu bringen ift, verfumpft, die Verfumpfung jchreitet über die Ränder hinaus weiter, der angrenzende Buchenbejtand geht im Wuchje zurüd und ift für die Verjüngung verloren. Die Flächen, welche dem Nadelholz zugemwiejen werden jollen, haben der Buche jeitJahrtaufenden als Standort gedient, fie jind von dieſer aus eigener Krafterobert. Das wäre der Buche nicht gelungen, wenn die Flächen auf DieDauer anderen Holzarten ein bejjeres Gedeihen gemwährleijtet hätten, ihr Schatten- erträgnig allein Hätte der Buche nicht zum Siege verholfen. Wenn fie jegt an vielen Stellen ein fümmerliches Dafein friftet, To ift nicht jie oder der ur— jprünglihe Standort daran Schuld, fondern meiſt wirtjchaftliche Eingriffe verjchiedeniter Art, die, aus Unkenntnis oder unter dem Zwang der Ber: hältnifje durchgeführt, tiefeingreifende Schädigungen hervorgerufen haben: Weide, Streunugung, Entwäjjerungen, Freiſtellungen an Bejtandesrändern und anderes mehr. Wind und Sonne erhielten freien Zutritt, auf dem fahlen, durch Algen abgejchlojjenen Boden floß das Waſſer jchnell ab. An anderen Stellen bildete jich Trodentorf, auf ihm fiedelte ſich die Heidelbeere an, der die Heide folgt, deren „Nohhumus als eine der für die Kultur ungünftigften Humusformen gilt“.) Der Boden wurde durch die Aus- waſchung nährjtoffärmer, der Mangel an Salzen vernichtete die Krümel- jtruftur, die Waſſer- und Luftbewegung im Boden wurde gejchädigt, Die Regenwürmer und Bakterien verjchwanden. Werden wir diefem ungünftigen Bodenzuftand durch Übergang zum Nadelholz abhelfen? Inwieweit die chemische Zufammenfegßung beeinflußt roird, iſt Schwer zu entjcheiden. Die Anjprüche der Fichte und bejonders der Kiefer an den Mineralftoffgehalt des Bodens find ja geringer als die der Buche, dem gegenüber mag aber darauf Hingewiefen werden, daß die von der Buche genußte Bodenſchicht eine mächtigere ift, und das, was der Buchenbeitand durch feine Abfälle dem Boden wiedergiebt, zum Teil aus größerer, von der Fichte nicht genußter Tiefe heraufgeholt wird. ı) Hamann, Bodenkunde, 3. Aufl, ©. 197. — —— — 15 — Aber die hemifchen Zujammenfegung tft e8 ja nur zum Teil, die Die Minderwertigfeit, Die geringe Produktionskraft des Bodens bedingt. Es find vielmehr, in vielen Fällen jogar ausſchließlich, die phyſikaliſchen Eigen: ichaften, die jo jtarf gelitten haben. Und die werden durch das Nadelholz jicher nicht günftig beeinflußt. Wo die Fichte dem lückigen Buchenbeftande gefolgt ijt, mag als Wirkung des Schluffes zuerjt eine Beſſerung eintreten. Nach und nad) aber findet jich infolge der ſchweren Serjeßbarfeit ihrer Nadeln eine jchnell fortjchreitende Nohhumusbildung, viel jtärker als jie der frühere Buchen— beitand aufwies, und von Umtrieb zu Umtrieb wird der Schaden größer. Nimmt auf leichteren Böden die Kiefer die Stelle der Bude ein, jo Jchreitet die meijt vorhandene Verödung noch jchneller weiter. Unter ihr kann die Heide Schon in jugendlichem Alter den Boden wieder erobern und nach viel- leicht kurzer Bejjerung während des erjten Didungsalters an der Boden- vernichtung weiter arbeiten. Mag man dem Napvelholzanbau nod) jo optimiſtiſch gegemüberftehen, eine Beljerung franfer Böden duch ihn wird niemand behaupten fönnen. Aber wie ilt zu helfen? Einzig dur Erhaltung der Buche, wo fie noch vorhanden, durch Rückkehr zu ihr, wo wir jie vertrieben. Und gerade auf den jchlechteiten Böden brauchen wir fie am nötigften, gute können ſchon eher eine Mikhandlung ertragen. Es wird gewiß niemand annehmen, daß ich dem reinen Buchenbetriebe das Wort reden will, beſonders auf den jchlechten Böden, aber die Grund» lage der ®irtjchaft joll die Buche jein, die „in ihrem Speicher für mancherlei Gäſte Nahrung hat“.) NRamann jagt in jeiner Bodenfunde: Die Verdrängung von reinen Laubhölzern und gemijchten Beltänden durch Fichten hat unter dem Einfluß des Menjhen große Ausdehnung erreicht und fchreitet bei ſchlechter Forliwirtfhaft vajch fort! Sorgen wir dafür, daß man uns diefen Vorwurf nit machen kann. Sm Buchengrundbeitande joll das Nadelholz in Einzelmiſchung wachen, duch ihn genährt und gefördert werden und mit ihm, bei richtiger Behandlung, die günſtigſte Humusbildung, die des gemijchten Beltandes, erzeugen. Nur jo wird es möglich fein, dieſe Böden zu bejjem und gejund zu erhalten und dauernd auf ihnen Beitände zu erziehen, die nicht, wie die reinen, mit jedem Umtrieb fchlechter werden. Die Frage der Mifchung von Buche mit Nadelholz it viel behandelt. Die Wünjche betreffs des Mijchungsverhältnifjes gehen oft weit auseinander. Meines Erachtens jol erſter Grundja fein: Die Buche muß in folder Stellung und Mafje vorhanden fein, daß jie im hiebsreifen Alter des Be— jtande3 wieder eine volle Buchenverjüngung gewährleijtet! Und das ijt nur bei einem gleichmäßigen Buchengrundbeitand der Fall. Geringe Bei: 1) Burdhardt, Aus dem Walde, Heft 3, S. 191. 13* — 16 — mischungen im Jungwuchs ſelbſt von einigen Zehnteln der Pilanzenzahl verſchwinden im Didungsalter, quälen ſich vielleicht bis ins Stangenholz- alter hinein und geben niemals malttüchtige Stämme, wenn ihnen nicht zeitig und ftändig geholfen wird. Und darauf fol ſich niemand verlaiien, daß die jpäteren Wirtjchafter jahrzehntelang genau das tun, was wir be- abjichtigt Haben, die Anlage muß Klar jein und fich zur Not allein durch— helfen. So iſt e&& auch ein ſchöner Gedanke, Buchenverjüngungen dicht mit Fichten zu durchpflanzen, um dieſe jpäter als Weihnachtsbäume oder Schwache Stangen zu nußen. Gefährlid it das immer umd recht oft nicht einmal rentabel. Aber wie man es auch anfange, Grundbedingung joll die volle Buchenverjüngung jein, nicht jo eine, bei der man die Lücken zur Ein= bringung des Nadelholzes benußgen will und muß. Nichts foll unbejamt bleiben, nicht der jchlechte verheidete Kopf, nicht die nalje Senke, gerade ihnen ift die Hauptaufmerfjamfeit zuzumenden, wenn nötig, Bodenbearbeitung und Wajjerregulierung vorzunehmen. Aber nicht erft, wenn das Maftjahr da ift! Dann fol der Boden im ganzen Beftande fo fein, daß der Wir!- Ichafter mit Sicherheit auf volles Gelingen rechnen darf. In diefen Grumdbeitand it das Nadelholz im Einzeljtand einzubringen. Welche Holzart, ob Saat, ob Pflanzung, welches Material, warn, das find ragen, die ſich nicht allgemein beantworten lajjen, der Wirtfchafter wird in feinem Revier Bejtandsbilder im Stangenholzalter, wenn auch nur in geringer Ausdehnung, finden, die ihm einen Fingerzeig für die richtige Wahl geben fönnen. In der Oberförjterei Gahrenberg hält fich die Buche noch bi zum 60. Jahre qut entwidlungsfähig zwiſchen Fichten, die 7 bis 8 m von einander entfernt jtehen, doc ilt dies die Außerjte Grenze. Be— rüdjichtigt man nun, daß doch immer einzelne Pflanzen verloren gehen, jo wird die Entfernung von 6 bis 7 mimlI für Fichte als Negel zu betrachten jein, aljo ungefähr 200 bis 250 Stüd auf den Hektar fommen. Wählt man die lichtfronigere Kiefer oder Lärche, oder miſcht man beide Holzarten mit der Fichte, jo wird man den Verband etwas herabjegen fönnen. Db die Fichte die Buche überholt, mit ihr Schritt Hält oder vielleicht zuerit der Hilfe bedarf, wird die zu treffenden Wirtihaftsmaßregeln beeinfluljen. Jeden— fall3 ift vom Stangenholzalter ab darauf acht zu geben, daß eine Anzahl Buchen zu guter Kronenentwiclung fommen, damit jie bei der VBerjüngung reihlih Majt tragen fönnen. Hierzu find nicht allzu viel Stämme er- forderlih, Die Buchel fällt ziemlich weit. Daraus darf aber nicht der Rückſchluß gemacht werden, daß es nur einer geringen Buchenbeimiſchung bedarf, um das Ziel zu erreichen. Einmal wäre damit der wohltätige Ein- Muß der Buche auf den Boden und die Vorteile der Einzelmiſchung zum Zeil aus der Hand gegeben, und dann ijt die Gefahr zu groß, daß dieje wenigen Buchen vollfommen verloren gehen. Die Vereinzelung der Buchen, — 17. — der Aushieb aller für die Verjüngung nicht erforderlichen Stämme im jtarfen Stangenholzalter bietet den weiteren Vorteil, daß der zu erwartende ftarfe Lichtungszuwachs den Nugholzitämmen zu gute fommt. Bei der Verjüngung des Beitandes ijt wieder auf eine volle Buchen- verjüngung hinzuarbeiten, die nötigenfalls durdy Bodenbearbeitung erzwungen werden muß. Man mache nicht den Einwand, daß diefe mit zu großen KRoften verbunden ſei. Nach meinen Verſuchen werden dieje überall, wo es fih um Nutzſtämme Handelt, durch Zumachsfteigerungen im Altbeitande reichlich wieder eingebracht, und dem Samen wird ein Keimbett gejchaffen, der jungen Pflanze ein Bodenzuftand geliefert, der jpätere Nachbeijerungen vollfommen ausſchließt. Es wird ſich außerdem die TFichte Leicht zwiſchen den Buchen anfiedeln und ift nur für ihre richtige Verteilung durch Aushieb zu jorgen. Am zwedmäßigjten würden dieſe Bodenbearbeitnngen während der eriten Periode dreimal in Zwiſchenräumen von vielleicht fünf Jahren durchzuführen fein, doch wird fich dies bei dem jegigem Stande unſerer Be- arbeitungsmethoden nur felten erreichen lajjen. Die Frage des Ertrages darf natürlich nicht unbeiprochen bleiden. Können derartige Beſtände mit 200 Nutzſtämmen Erträge geben, wie reine Fichtenbeftände? Ein Beweis läßt ſich mangels BergleichSmaterials nicht erbringen. Daß diefe 200 Stämme den 200 beiten des reinen Beltandes an Gejundheit, Maſſe und Wert weit überlegen jein werden, vorausgeſetzt, dab ihnen nötigenfalls durch rechtzeitige Trodenäftung die erforderliche Stammpflege zuteil wird, das dürfte niemand bezweifeln, der die einzel- ftändige Fichte im Buchenbejtande gejehen hat. Und ähnlich iſt es bei Lärche und Kiefer. Mag auf den beiten Böden, für die bei reiner Fichten— wirtſchaft wenigfiens vorläufig ein Nachlaſſen der Produktionskraft nicht zu fürchten it, die Frage nach der größeren Rentabilität berechtigt jein, bei den hier hauptfächlich in Betracht fommenden jchlechten Böden darf fie exit an zweiter Stelle ftehen. Aber ich bin feſt überzeugt, daß fie überall, aud) ihon im erjten Umtriebe nad; der Umwandlung, zuguniten des Mijch- bejtandes zu beantworten it, in den jpäteren Umtrieben wird der Vorzug desjelben in noch größerem Make hervortreten. Die größten Schwierigkeiten bei Begründung derartiger Mijchbejtände werden die Böden mit hoher Buchen» oder Heiderohhumusauflagerung be— reiten, hier ift eine ducchgreifende, auf einen längeren Zeitraum fich er= jtredende Behandlung nicht zu umgehen. Dabei iſt ſtets im Auge zu behalten, daß der Rohhumus der Beſſerung der chemischen und phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens dienſtbar zu machen ift. Wie wir ihn in unjeren Kämpen nad) jahgemäßer Kompojtierung vielfach ald Düngemittel benugen, jo wird auch im Beſtande jein Wert in diefer Hinſicht nicht zu unterſchätzen jein. Bei Mifhung mit dem Mineralboden wird ferner feine wafjerhaltende Kraft von günftiger Wirkung jein, die fejte Lagerung wird der Krümel: — 18 — ſtruktur weichen, die Durhlüftung und Waſſerführung werden bejjer und all daS wird zulegt das Anjchlagen der Verjüngung Jichern. Wie das am eimfadhiten und billigiten erfolgreich durchzuführen, das allerdings ift eine Frage, die wir augenblicklich noch nicht in der Lage find, zu beantworten. Die Behandlung des Rohhumus iſt eine fchiwierige Auf: gabe, deren Löſung nur durd umfangreiche, zielbewußte Verſuche möglich iit, die aber gelöjt werden muß, wenn wir nicht große Flächen jdhlechter Buchenböden dem Nadelholz und - damit weiterem NRüdgange preisgeben wollen. Daß mit Kleinen Mitteln fo große, auf lange Zeit zurüdreichende Schäden ſich nicht abjtellen Lajjen, das müfjen wir uns von vornherein jagen, wollen wir etwas erreichen, jo dürfen wir Mühe und Geld nicht jheuen. Die Verfuhe Haben uns den gangbarjten und billigften Weg zu zeigen. Daß wir im erjten Umtriebe des Buchen- und Fichtenmiihwaldes die gegenüber einem Kahlhieb mit nachfolgender billiger Fichtenpflanzung nötig werdenden Mehrkojten wahrjcheinlih nicht herausmwirtichaften werden, darf uns nicht abjchreden. Wir müſſen die Ausgaben als eine Kapitalsanlage betrachten, gemwijjermaßen eine Neuerwerbung, wo frühere Wirtſchaft mit oder ohne Schuld Verlufie herbeigeführt hat, das find wir unferen Nach— fommen jchuldig. Wir ſprechen jo viel von Nachhaltigkeit der Wirtſchaft und ſuchen jie durch genaue Maſſen- und Zumachsermittlung, durch vorfichtige Abnugung oder durch Reſerven zu gewährleilten. Grundlage aller Nachhaltigkeit aber und viel wichtiger als richtige Verteilung der Mafjen iſt eine gute Boden- wirtichaft, die Erhaltung bzw. Beſſerung der Bodenkraft, das jollten wir nicht nur in vorliegendem Falle, jondern überall (Kahlſchlag!) beherzigen. Drud von Emil Drey er's Buchdruckerei, Berlin SW. Ba EN 4 N Wr & —** Ben. ar ak 7 KerLaıı 16% — 6 0 01 HI St 01 6€ 9 W3ll SOd JIHS AVg 39NVY4 Q M3IASNMOG Lv ıln