FESTSCHRIFT SIEBENZIGSTEN GEBURTSTAGE VON CARL GEGENBAUR AM 21. AUGUST 185% li oO 7 ed -D = - je] oO a oO m [em] oO ERSTER BAND MIT 15 TAFELN UND 77 ABBILDUNGEN IM TEXT LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1896. — Ohne Schutzmappe wird kein Exemplar zurückgenommen. —— Te a er 4 r D ? N # ? T var Seh en an el m ee Ferse ar ee Eee ER Se N FESTSCHRIFT SIEBENZIGSTEN GEBURTSTAGE CARL GEGENBAUR AM 21. AUGUST 1896 ERSTER BAND MIT 15 TAFELN UND 77 ABBILDUNGEN IM TEXT LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1896. PT Te . ISK RR, GAhL GEGENBAUR IN DANKBARKEIT, LIEBE UND VEREHRUNG GEWIDMET VON SEINEN SCHÜLERN u, MR B or m EN He Be N ne u ee EEE 2 = Du mr, vr Bee ar RN Ey. rin er ' DALKBIN | (} \ i Ri ImR A | . H ee NR | 2 { f ar PT | | Ä wunnıon Mukl Ba B) N ; j \ - j Bin ( 1 n En h j ON ; ö - ı er j \ I ENIDALT. Seite E. Haecker. Amphorideen und Cystoideen. Beiträge zur Morphologie und Phylogenie der Echinodermen. (Mit Tafel I-V und 25 Figuren im Test . . . . re ee, Mb 1 F. Maurer. ie ventrale Rumpfmuskulatur einiger Reptilien. Eine vergleichend - anatomische Untersuchung. (Mit eb atelr]> IN ee Aa hr A Re ee Be LS] Di ® S Hermann Kraarsen. ie Brustflosse der Crossopterygier. Ein Beitrag zur Anwendung der Archipterygium -T’heorie auf die Gliedmassen der Landwirbelthiere. (Mit Tafel I-IV und 42 Figuren im Text) . 259 D = E. Görrerr. Die Morphologie der Amphibienrippen. (Mit Tafel I—II und 10 Figuren im Text) . . . ... 393 Fe A A T I ar; iv EN ur, y Pin DIE AMPHÖRIDEEN UND CYSTOIDEEN BEITRÄGE ZUR MORPHOLOGIE UND PHYLOGENIE DER ECHINODERMEN VON ERNST HAECKEL (JENA) MIT TAFEL I—V UND 25 FIGUREN IM TEXT „Die Phantasie ist ein unentbehrliches Gut; denn sie ist es, durch welche neue Kombinationen zur Veranlassung wichtiger Entdeckungen gemacht werden. Die Kraft der Unterscheidung des isolirenden Verstandes sowohl als der erweiternden und zum Allgemeinen strebenden Phantasie sind dem Natur- forscher in einem harmonischen Wechselwirken nothwendig, Durch Störung dieses Gleichgewichts wird der Naturforscher von der Phantasie zu Träumereien hingerissen, während diese Gabe den talentvollen Natur- forscher von hinreichender Verstandesstärke zu den wichtigsten Entdeck- ungen führt.“ JOHANNES MÜLTtER (1534). VORWORT. Die Beiträge zur Morphologie und Phylogenie der Echinodermen, welche in der vorliegenden Abhandlung über die Amphorideen und ÜUystoideen zu- sammengefasst sind, beruhen auf palaeontologischen und vergleichend-anatomischen Untersuchungen, die ich im Laufe des Jahres 1895 ausgeführt habe. “Diese Studien wurden veranlasst durch die Bearbeitung der Echmodermen für den zweiten Theil meiner „Systematischen Phylogenie“. Im Verlaufe derselben, und besonders bei den Untersuchungen über den Ursprung des Sternthier-Stammes, gerieth ich unbeabsichtigt in tiefer eingehende Betrachtung der Cystoödeen und ihrer nahen Beziehungen zu den Holothurien hinem. Das lebhafte Interesse für den räthselvollen Organismus der Echinodermen, welches mir im Jahre 1854 der nähere Verkehr mit meinem unver- gesslichen Lehrer, Jomasses Mürrer eingeflösst hatte, wurde dadurch neu angeregt. Eimgehende Betrachtungen über die vergleichende Anatomie und ÖOntogenie der Echinodermen, welche ich vor dreissig Jahren mit meinem theueren Freunde und damaligen Kollegen Cart GEGENnBAUR im ‚Jena gehabt hatte, kamen mir wieder in lebendige Erinnerung. Dazu trat der Umstand, dass ich bei meinen zahlreichen zoologischen Forschungs-Reisen an die Meereskiiste seit mehr als vierzig Jahren diesem wunderbaren Thier-Stamme stets ein besonderes Interesse bewahrt hatte. Zeugniss dafür legen einige kleinere Arbeiten ab, welche ich früher über die Augen und Nerven der Seesterne (1859), sowie über die Kometen-Form der Seesterne und den Generations-Wechsel der Echinodermen (1878) ausgeführt habe; nicht minder der Versuch, den ich vor dreissig Jahren in meiner „Generellen Morphologie‘ unternahm, den Ursprung des Stammes von den decentralisirten Asterideen und diese von Wurm- thieren abzuleiten (1866). Die Erkenntniss, dass die hier versuchte Ableitung und die damit verknüpfte „Cormus-Theorie‘“ der Echinodermen nicht haltbar sei, hatte sich schon seit längerer Zeit mir aufgedrängt; sie wurde zur Gewissheit durch das neue Licht, welches die Pentactaea-Theorie von Rıcnarn Semox über die Stammes- geschichte der Eehinodermen verbreitete (1888). 1* 4 ERNST HAECKEL [4 Indem ich nun den Versuch durchführte, die systematische Phylogenie der Ecehinodermen auf Grund der Pentactaea-Theorie neu zu gestalten, wurde mir nicht nur deren hoher Erklärungswerth für das Verständniss des schwierigen Echinodermen- Problems klar, sondern auch die Nothwendigkeit, emige empfindliche Lücken in dem umfassenden Hypothesen-Gebäude derselben auszufüllen und einige Folgerungen zu beriehtigen. Besonderen Anlass dazu gab das vergleichende Studium von mehreren inhaltreichen neueren Werken über die Palaeontologie der Cystoideen, welche Seuox theilweise unbekannt geblieben waren. Die wichtigen Thatsachen, welche in diesen neueren palaeontologischen Werken — besonders denjenigen von Angerın und Barkasnpe — niedergelegt und durch sehr zahlreiche vorzügliche Abbildungen illustrirt sind, haben überhaupt bisher nieht die gebührende Aufmerksamkeit und kritische Würdigung gefunden. Je mehr ich mich in deren Studium vertiefte, desto mehr drängte sich mir die Ueberzeugung auf, dass alle bisherigen Versuche der Cystoideen-Klassifikation unhaltbar seien, und dass ein natürliches System derselben auf ganz neuer Basis zu errichten sei. Naturgetreue und sorgfältig ausgeführte Abbildungen von mehreren hundert Arten fossiler Uystoideen besitzen wir jetzt in sehr grosser Zahl, in den älteren Werken von Buch und Forses, von Vorsorrn und Eıcnwarp, von Brrrises und Harr, in den neueren Werken von (Jvexsrepr und WoonwArn, von ANGELIN und BarraxDe. So werthvoll num auch die morphologischen Anschauungen sind, welche wir uns aus diesen und anderen Quellen iiber den merkwürdigen Organismus der palaeozoischen Cystoideen bilden können, so erschien es mir doch unerlässlich, dieselben dureh die eigene Untersuchung der wichtigsten Typen zu ergänzen. Da meine eigene Samm- lung von fossilen Oystoideen (grossentheils ein Geschenk von Dr. Frieprıcn Rorr:) nicht sehr reichhaltig ist, suchte ich mir Material aus verschiedenen Sammlungen zu verschaffen. Für liberale Ueberlassung von solchem bin ich zunächst meinen hiesigen Kollegen, den Professoren G. E. Lisex und Jomaxses Warner, verpflichtet, ferner den Professoren Karı Zırren in München und W. Waacen in Wien, Dr. Jaun in Wien und Dr. Srörrz in Bonn. Indem ich diesen verehrten Herren für die freundliche Unterstützung meiner palaeontologischen Studien meinen verbindliehsten Dank ab- statte, kann ich nicht unterlassen, zugleich meinen lieben Kollegen und früheren Schülern, den Professoren Rıcmarn Semox und ‚Jonanses Warrner, für ihre lebendige Theimahme an meinen theoretischen Untersuchungen noch besonders zu danken. Beide Naturforscher hatten sich vor längerer Zeit selbst mit dem Studium der Echinodermen eingehend beschäftigt und haben die schwierige Erkenntniss dieses eigenartigen Thier-Stammes durch ausgezeichnete anatomische, ontogenetische und palaeontologische Untersuchungen wesentlich gefördert. Vertraut mit den eigenthüm- lichen Schwierigkeiten, welche sich semem Studium entgegenstellen, und überzeugt, dass das Verständniss seiner Organisation und Entwickelung nur an der Hand der Descendenz- Theorie gewonnen werden kann, nahmen beide Freunde an meinen erneuten Untersuchungen das lebhafteste Interesse. In eingehenden Gesprächen über die vielen und grossen Aufgaben, welche uns die Morphologie und Phylogenie der 5] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 5) Echinodermen stellt, haben wir unsere Anschauungen gesenseitig gefördert und sind uns über manche Fragen klar geworden, die uns noch vor Jahresfrist kaum lösbar erschienen. Die alloemeinen Grundsätze der Entwickelungs-Lehre und meine persönliche Auffassung ihrer Anwendung sind in der vorliegenden Abhandlung dieselben geblieben, welche ich zuerst in der „Generellen Morphologie“ auf mechanisch-kausaler Grundlage ausgeführt habe. Dazu gehört im erster Linie die Annahme der progressiven Vererbung, der vielbestrittenen „Vererbung erworbener Eigenschaften‘; ich bin von der fundamentalen Bedeutung derselben, wie von der damit untrennbar verknüpften funktionellen Anpassung ebenso fest überzeugt, wie Lamarcr und Darwin, wie (HEGENBAUR, Huxtey, FÜRBRINGER, Core, Lester Warv, die Gebrüder Oskar und Rıcuarn Herrwis, und viele andere Naturforscher. Ich theile die Ansicht von Hurserr Spencer, dass die progressive Vererbung nicht nur ein unentbehrlicher Grundpfeiler der Epigenesis-Theorie, sondern der natürlichen Entwickelungs-Lehre überhaupt ist; die entgegengesetzte „Keimplasma-Theorie“ von Weısuann führt uns zur Irrlehre der Präformation und zur vitalistischen Teleologie zurück. (Vergl. meine Betrach- tungen „Zur Phylogenie der Australischen Fauna“, in der Einleitung zu Sumox’s Zoologischen Forschungs-Reisen in Australien, 1893; „das Problem der progressiven Vererbung“, pag. VI #t.). Die wichtigsten Ergebnisse meiner Untersuchungen habe ich am 13. Dezember 1595 der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft in ‚Jena vorgetragen und in eimer vorläufigen Mittheilung über „Die cambrische Stammgruppe der Echimo- dermen“ publizirt (im XXX. Bande der ‚Jena. Zeitschrift für Naturwissenschaft). Bej der weiteren Ausführung derselben für die vorliegende Abhandlung war ich schliesslich genöthigt, die ganze bisherige Litteratur über Uystoideen durchzuarbeiten und das System derselben bis auf die Genera hinab zu revidiren. Diese Aufgabe war sehr schwierig, da das bisherige System der Cystoideen eingestandener Maassen völlig ungenügend ist; viele beschriebene Gattungen (mindestens ein Viertel, oder selbst ein Drittel der ganzen Zahl) sind ungenügend bekannt, die Deutung der palaeontologischen Befunde ist äusserst widerspruchsvoll und mangelhaft. Vielfach musste ich den Versuch wagen, durch theoretische Vergleichungen die empirischen Lücken in den Beobachtungen auszufüllen; auch musste ich bei der Rekonstruktion der fossilen Fragmente der plastischen Phantasie denjenigen Spielraum einräumen, ohne welchen derartige palaeontologische Untersuchungen iiberhaupt nicht durchzuführen sind. Das neue System der Cystoiden — und der nunmehr von ihnen getrennten Amphorideen —, welches hier vorliegt, ist gewiss noch sehr der Verbesserung be- dürftig und wird gleich allen ähnlichen Versuchen gewiss nur theilweise sich dem erstrebten „Natürlichen System“ nähern. Indessen habe ich mich nach Kräften bemüht, wenigstens das bisher herrschende Chaos zu lichten und dureh Aufstellung bestimmter Definitionen für die Familien, Subfamilien und Genera brauchbare Angrifts- Punkte für die Herstellung eines künftigen besseren Systems zu: schaffen. Weiter als bis zu den Gattungen hinabzugehen, schien mir nicht ratlısam; auch wollte ich keine 6 Ernst HAECKEL AMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. [6 erschöpfende Monographie der Cystoideen liefern. Eine solche wird jetzt von Professor Orro Jarker in Berlin auf Grund mehrjähriger, sehr eingehender Studien vorbereitet. Die Ergebnisse derselben, welche dieser kenntnissreiche Palaeontologe in einem Vortrage „über die Organisation der Uystoideen“ 1895 (auf der fünften Jahres- Versammlung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft in Strassburg) mitgetheilt hat, weichen allerdings von den meinigen bedeutend ab. Die Ursache dieser Difterenz scheint mir einerseits in unserer verschiedenen Beurtheilung der Skelet-Strukturen und des Ambulaeral- Systems zu liegen, anderseits m dem Umstande, dass ich der ver- gleichenden Ontogenie der Echinodermen das grösste Gewicht beilege und dabei scharf die palingenetischen Prozesse von den cenogenetischen zu scheiden mich bemühe. ‚Jedenfalls darf man der umfassenden Monographie der Cystoideen von Orro Jarken mit lebhaftem Interesse entgegen sehen; denn die genaue Kenntniss dieser ältesten Behinodermen — gleichviel wie man ihre vermuthliche Organisation aus den unvollständig erhaltenen fossilen Resten beurtheilt — gehört zu den unentbehrlichen Vor-Bedingungen für die amnähernde Lösung des grossen „Echinodermen- Problems“. Möchten die vorliegenden Beiträge zu derselben nicht ganz unwürdig des grossen Meisters sein, dessen Lehre ich mein besonderes Interesse für die Echino- dermen-Forschung verdanke, des unsterblichen Jonaxses Mürrer! Jena, am 16. Februar 1896. ERNST HAECKEIL. EINLEITUNG. Als Jomanses Mürter (1) vor fünfzig Jahren die seltsame, bis dahin unbe- kannte Keimesgeschichte der Echinodermen entdeckte, begann sich über die räthsel- hafte Organisation dieses merkwürdigen Thierstammes ein ungeahntes Licht zu ver- breiten. Die bilateralen pelagischen Larven der fünfstrahligen Sternthiere wiesen unzweideutig auf eme nahe Verwandtschaft mit den scheinbar so entfernt stehenden Wurmthieren hin. Durch die Anwendung der Descendenz-Theorie gewann diese Form-Verwandtschaft später die kausale Bedeutung der Stammverwandtschaft (3). Zahlreiche und werthvolle Untersuchungen, welche über die vergleichende Anatomie und Ontogenie der Echinodermen im Laufe der letzten drei Deeennien angestellt wurden, haben unsere Erkenntniss mächtig gefördert; sie haben auch die wichtigen Fragen nach Ursprung und Verwandtschaft des Stammes bedeutend aufgeklärt. Die weittragende Bedeutung dieser Fortschritte tritt uns nahe, wenn wir die zusammen- fassende Darstellung des ganzen Stammes im den besten älteren und neueren Lehr- büchern der vergleichenden Anatomie neben einander stellen. Uarı GeGExBAaUR hatte 1570 in seinen klassischen „Grundzügen der vergleichenden Anatomie“ den ersten Versuch gemacht, diese Wissenschaft durch Anwendung der Descendenz-Theorie zu reformiren (2). Die Fruchtbarkeit dieses geistvollen Versuches, gerade für das schwierige Gebiet der Echinodermen, erwies sich in der grossen Zahl von Arbeiten, welche in den nachfolgenden 25 Jahren die Morphologie und Phylogenie dieses Stam- mes vielseitig förderten. Eine klare und kritische Uebersicht über die erfreulichen Ergebnisse derselben hat uns kürzlich Arsorp Lang im vierten Theile seines aus- gezeichneten „Lehrbuchs der vergleichenden Anatomie“ gegeben (5). Die phylogenetischen Hypothesen, welche zur Erklärung der Entstehung und der eigenthümlichen Bildungs-Verhältnisse der Echinodermen aufgestellt worden sind, gehen aber heute noch weit auseinander, ebenso wie die verschiedenen Ansichten über die Verwandtschafts-Beziehungen der einzelnen Klassen. Ich theile die Ansicht von Lan@, dass unter allen jenen Erklärungs-Versuchen die Pentactaea-Theorie von Rıcnarp Semox (4) bei Weitem am meisten geeignet ist, die verwickelten Thatsachen [0 0) ErNnsT HAECKEL [8 zu erklären. Bekanntlich hat dieser Forscher zuerst klar und bestimmt auf die bedeutungsvolle Uebereinstimmung hingewiesen, welche zwischen den verschiedenen Larven aller Echmodermen-Klassen auf einer gewissen, von ıhm als Pentactula bezeichneten Entwickelungs-Stufe besteht. Gegen dieses gemeinsame Durchgangs- Stadium hn konvergiren die bilateralen Larven (Dipleurula) aller verschiedenen Klassen, während sie nachher wieder divergent aus einander gehen. Srmox zieht aus dieser vergleichend-ontogenetischen Thatsache an der Hand des biogenetischen Grundgesetzes — den Schluss, dass die Pentactula-Larve die palingenetische, durch zähe Vererbung bedingte, Wiederholung emer uralten, längst ausgestorbenen, gemeinsamen Stammform des ganzen Sternthier-Stammes ist: Pentactaea. Zugleich bemüht er sich zu zeigen, dass unter allen lebenden Echmodermen die Holo- thurien, und unter diesen die Synaptiden, diejenigen sind, welche der Pentactaea im Körperbau am nächsten stehehen, und welche das meiste Licht auf den Ursprung des ganzen Stammes fallen lassen. Fast gleichzeitig hatte von anderer Seite, auf Grund palaeontologischer Argu- mente, Neumayr (8) den Versuch gemacht, eine andere Klasse, die Uystoideen, als die gemeinsame Stammgruppe aller Eehmodermen hinzustellen. Zunächst sprach für diese Ansicht schon das hohe Alter dieser Klasse; sie erscheint schon im unteren cambrischen System reich vertreten, während die meisten anderen Klassen erst m dem darauf folgenden silurischen System erschemen. Aber auch der emfache Körper- bau der Cystoideen, sowie der Umstand, dass sie durch verschiedene Uebergangs- Formen mit den anderen Klassen verknüpft erscheinen, konnte diese Auffassung recht- fertigen. Allerdings zeigte Semox bald darauf (32), dass Neumayr m der speziellen Deutung dieser Zwischenformen viel zu weit gegangen sei, und wies auf die Schwächen seiner Theorie hin, welche durch unsere unvollkommene Kenntniss des Uystoideen- Baues bedingt sind. Indessen fand die Ansicht Neumarr’s auch späterhm noch manche Vertheidiger — wie mir scheint, bis zu einem gewissen Grade, mit Recht. Bei sorgfältiger kritischer Prüfung aller bezüglichen Verhältnisse glaube ich zu finden, dass beide Klassen, sowohl die Holothurien als die C'ystoideen, zu den ältesten Gruppen des Echinodermen-Stammes gehören, dass jedoch keine von beiden als die gemeinsame Stammeruppe aller übrigen Klassen betrachtet werden darf. Beide Klassen sind sehr nahe verwandt, trotzdem sie bisher als höchst verschieden ange- sehen wurden; aber gerade die wichtigen Uebereinstimmungen im Körperbau, welche dafür sprechen, sind bisher von den Sternthier-Forschern theils ganz übersehen, theils nieht genügend gewürdigt worden. Die beiden Theorien von Semox und Nevumayr lassen sich in Beziehung auf sehr wichtige Punkte vereinigen, obwohl sie sich bei äusserlicher Betrachtung zu widersprechen scheinen. Als die wirkliche Stammgruppe aller Echinodermen aber betrachte ich eine ältere und primitivere Rlasse, welche ich als Amphoridea (oder „Urnensterne“) bezeichnet habe (50, p.2). Man könnte dieselbe auch, im Anschlusse an die Pentactaea-Theorie, als Pentactaria bezeichnen, wenn nicht dieser Name aus mehrfachen Grinden twnzweckmässig erschiene. Zahlreiche, höchst wichtige, fossile Reste derselben finden sich im cambri- g| ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDBEN. % schen und silurischen System begraben, wurden aber bisher imrthümlich als Cystor- deen beschrieben. Ihre innere Organisation lässt sich theilweise mit Ilülfe der Pentactaea-Theorie hypothetisch errathen. Amphorideen und Uystoideen sind nach meiner Auffassung ihrer Or- ganisation durch eine so tiefe morphologische Kluft geschieden, dass ich beide Klassen in der nachstehenden systematischen Darstellung ganz von eimander trenne. Die echten Oystoideen sind Anthodiaten, gleich allen übrigen Eehinodermen; sie be- sitzen das radiale „Anthodium* oder die „Ambulacral-Rosette*, welche für diesen Stamm so charakteristisch erscheint. Diese typische Bildung fehlt dagegen noch vanz bei ihren unmittelbaren Vorfahren, bei den älteren Amphorideen. Diese wich- tige Klasse bildet nicht nur die gemeinsame Stammgruppe aller Anthodiaten, sondern sie zeigt uns auch deutlich den langen und uralten Wege, auf welchem sie aus Hel- minthen sich entwickelt hat. Erste Klasse der Eehinodermen: Amphoridea, Ernsr Haercrern, 18595. Amphoridea, E. HAECKEL, 1895; „Die Cambrische Stammgruppe der Echinodermen“ (‚Jenaische Zeit- schrift für Naturwissenschaft Bd. XXX). COystoidea, AUTORUM, partim! Echinodermen mit bilateral-symmetrischer Grundform des Körpers, ohne radıales Anthodium, ohne Ambulacra. Theca bilateral oder monaxon, am Aboral-Pol der Hauptaxe mit emem freien Sehwanze, oder direkt, seltener durch einen Stiel befestigt. Tegument ursprünglich ein beweglicher Leder - Panzer mit Stickel-Skelet, meistens ein Platten-Panzer, welcher aus sehr zahlreichen polvgonalen Täfelchen irregulär zusammengesetzt ist; selten sind letztere theilweise zu grösseren Tafeln verschmolzen. Mundöffnung stets central, am Oral-Pol der Hauptaxe, ursprünglich ein Querspalt, meistens kreisrund, selten radial gespalten, mit 3—5 Lippen. After stets excentrisch, auf der Ventral-Seite, mit Klappen-Pyramide. Zwischen Mund und After meistens ein Gonoporus („dritte Oeffnung“*), selten noch ein Hydroporus („vierte Oetfnung“). Skeletale Gliedmassen tehlen oder sind nur am Munde entwickelt, als ein Paar laterale Brachiolen (Mundarme), oder als ein Peristom-Kranz von radialen Brachiolen; Pinnuletten fehlen auf der Theca ganz. Die Klasse der Amphorideen, die älteste und primitivste von allen Echinodermen, enthält die gemeinsamen Stammformen dieses Stammes; sie Ist einer- Festschrift für Gegenbaur, 2 10 Ernst HAECKEL 10 seits (unten) durch Uebergangs-Formen mit den Vermalien-Ahnen verknüpft, ander- seits (oben) mit den Üystoideen und Holothurien. Die Klasse ist auf die älteren Perio- den des palaeozoischen Zeitalters beschränkt, auf das Cambrische, Sibwrische und Devonische System. Schon im mittleren Cambrium (in der „Primordial-Fauna“ von Böhmen) finden sich Vertreter mehrerer Familien. Die grosse Mehrzahl der bekannten Amphorideen ist versteinert (oder m Abdrücken) im Unter-Silur gefunden worden; spärlicher sind sie schon im Ober-Silur und noch dürftiger in Devon vertreten. In der Steimkohlen-Periode scheint die Klasse bereits ganz ausgestorben zu sem: vielleicht waren damals noch vereinzelte Ueberreste am Leben. Die meisten Arten von Amphorideen sind im Unter-Silur von Nord-Europa gefunden worden (Skandimavien, Russland, Böhmen, England); viele auch im Unter-Silur von Nord- amerika (Canada, New-York, Ohio). Die Zahl der fossilen Genera von Amphorideen, die wir nachstehend in genügend sicherer Definition charakterisiren konnten, beträgt 26; dazu kommen noch 4 hypothetische Genera der Stamm-Familie (Eoeystida), welche als Vorläufer der ersteren mit Sicherheit angenommen werden können (O). Grenzen der Amphorideen-Klasse. Von allen übrigen Kehinodermen, und namentlich auch von den nächstverwandten (ystoideen, unterscheiden sich die Amphorideen auftallend und bestimmt durch den gänzlichen Mangel des Antho- dium, d. h. jener charakteristischen Ambulacral-Rosette, welche aus den perradialen Subvektoren des Tegumentes und den darunter gelegenen Prinzipal-Kanälen des Am- bulaeral-Systems zusammengesetzt ist. Dieses letztere, für den Echmodermen-Stamm so höchst charakteristische Organ-System erstreckte sich hier noch nicht auf die Theca, sondern beschränkte sich auf die unmittelbare Umgebung des Mundes und die vom Peristom ausgehenden Tentakeln (oder Brachiolen). Das Ambulacral-System bestand also (auch bei den höchst entwickelten Amphorideen!) nur aus denjenigen Theilen, welche uns die vergleichende Ontogenie im Pentaetula-Stadium aller übrigen Echino- dermen übereimstimmend nachweist: 1. dem Aydroeireus (dem den Mund umgebenden Hvdrocöl-Ring), 2. dem Hydroduetus (dem „Steinkanal“, welcher innen m dem Hydro- eireus, aussen auf der Tegument-Obertläche mindete), und 3. den eircoralen Ten- takel-Kanälen, welche vom Hydrocireus unmittelbar im die den Mund umgebenden „Primär-Tentakeln“ hinem gimgen. Dagegen fehlten den Amphorideen noch voll- ständig die Prinzipal-Kanäle des Ambulaeral-Systems, jene bedeutungsvollen perra- dialen Kanäle, welehe vom Hydroeireus eentrifugal im die Wand der Theca himem- wachsen und zusammen mit den darüber gelegenen Subvektoren (— den perradialen Flimmer-Rinnen des Kapsel-Tegumentes —) die eigentlichen „Ambulacra® herstellen. Bei den bilateralen Anomoeystiden war noch nieht das Pentactula- Stadium, vielleicht noch nieht emmal die Bildung des Hydrocöl-Ringes erreicht; hier unten lässt sieh die Grenze der Amphorideen gegen ihre Helminthen-Ahnen nur unsicher und willkirlich feststellen. 11] ÄMPHORIDEEN UND UYSTOIDEEN, ja Klassifikation der Amphorideen. Als vier Familien der Amphorideen habe ich in meiner vorläufigen Mittheilung über diese „cambrische Stammgruppe der Echinodermen“ (50) folgende vier Gruppen unterschieden: 1. Archaeoeystida oder Protamphorida (bilateral, mit lockerem Stiickel-Skelet, ohne festes Tafel-Skelet, ohne Brachiolen); 2. Aristocystida oder Caryoeystida (monaxon, mit festem Tafel-Skelet, olne Brachiolen); 9. Palaeocys- tida oder Echinosphaerida (monaxon, mit festem Platten-Panzer, mit einem Peristom- Kranz von radialen Brachiolen); 4. Anomoeystida oder Pleuroeystida (bilateral, mit festem Platten-Panzer, mit einem Paar lateralen Brachiolen). Diese vier Familien, welche ich für natürliche Gruppen der Klasse halte, und welehe durch deutliche Definitionen getrennt werden können, behalte ich auch hier bei. Nur verbessere ich die Reihenfolge der vier Gruppen, indem ich die bilateralen Anomoeystida unmittelbar an die primitive Stammgruppe der Archaeoeystida auschliesse, und diese letzteren passender als Eocystida bezeiehne. (— Die uralte Gattung Archaeoeystis, von der wir nur ein einziges unvollständiges Exemplar aus dem böh- mischen Cambrium kennen, dürfte besser den Palaeocystiden angeschlossen werden —.). Wenn man dann als massgebend die primäre bilaterale und die sekundäre mona- ‚one Grundform der Theca betrachtet. so kann man die vier Familien paarweise in zwei Ordnungen zusammenstellen, die ich als Amphoralien und Amphoronien unter- scheide. Die älteren Amphoralia (Koecystida und Anomoeystida) haben die primäre bilateral-symmetrische Grundform der Theca und theilweise auch die Fähigkeit der freien Lokomotion bewahrt. Die jüngeren Amphoronia hingegen (Aristoeystida und Palaeoeystida) haben sich der festsitzenden Lebensweise angepasst und dadurch «die bilaterale Grundform der Theca sekundär in die monaxone verwandelt. Die weitere Eintheilune dieser vier Familien m zehn Subfamilien ergiebt die nachstehende Svnopsis. Theea 1.2 Ordines: I. Ordnung: Amphoralia (= Amphoridea bilateralia.) Theca bilateral - symme- trisch, Rücken- und Bauchseite mehr oder weniger verschieden. Am Aboral-Pol ist die Tiheca mit einem stiel- artigen Schwanz ver- sehen, der zeitweise zur Befestigung dienen kann; seltener ist sie festgewachsen. II. Ordnung: Amphoronia (= Amphoridea monazxonia). monaxon, meist birnförmig oder ei- förmig, oft fast kugelig. Rücken- und Bauch- Seite nicht verschieden, — abgesehen von den Oeffnungen in der Ven- tralfläche. Am Aboral- Pol ist die Theca auf- gewachsen oder durch einen Stiel befestigt, selten im Alter frei. Theca Theca Ernst HAECcKEL System der Amphoridea. Familiae: IE Eocystida. (= Protamphorida.) Theca bilateral- symme- trisch, wenig oder nicht dorso - ventral depri- mirt. Tegument mit beweglichem Leder- Panzer und Stückel- Skelet. Peristom ohne Brachiolen. 11. Anomoeystida (= Pleuroeystida.) Theca bilateral -symme- trisch, stark dorso- ventral deprimirt. Te- gument mit Platten- Panzer und Tafel- Skelet. Peristom mit einem Paar lateralen, gegliederten Brachi- olen. JUDE Aristoeystida (= Holocystida.) monaxon, meist birnförmig oder ei- förmig, nicht dorso- ventral deprimirt. Te- gument IV. ’alaeoeystida — Archaeoeystida.) monaxon, meist eiförmig oder fast kugelig, nicht dorso- ventral deprimirt. Te- gument mit Platten- Panzer. Peristom ra- dial, mit einem Kranz von Brachiolen. mit Platten- | Panzer. Peristom nicht | radial,ohneBrachiolen. | eb | nn _—_— Pe ee Subfamiliae: a) Amphoraeida. Peristom ohne Tentakel- Peristom Dorsal- Kranz, mit nur einem Paar Mundfühlern. b) Pentactaeida. mit Tentakel- Kranz, mit drei bis fünf oder mehr Mund- fühlern. a) Placoeystida. und Ventral- wenig _ ver- gleichartig Panzer schieden, getäfelt, b) Ateloeystida. Dorsal-Panzer mit vielen Dorsal-Panzer mit weni- | kleinen, Ventral-Pan- zer mit wenigen grossen Platten. ec) Pleuroeystida. gen grossen, Ventral- Panzer mit vielen kleinen Platten. a) Pirocystida. Platten-Panzer irregulär, gonalen Tafeln zu sammengesetzt, ohne Poren-Rauten, b) Orocystidae. Platten-Panzer subre- aus einer sehr grossen Zahl von kleinen poly- gulär, aus einer mäs- | sigen Zahl von grossen, meist hexagonalen Ta- feln zusammengesetzt, oft mit Poren-Rauten, Trinemaecystida. Drei Mundarme. Citroeystida. Fünf Mundarme. Comaroeystida. Vier Mundarme. Acanthoeystida. Zahlreiche Mundarme — sa) m — a ori} 119 12. 13. 14. 15. 16. ra 18. 18), 20. [9] zZ [507 DV DD » u [SG] je 0) Fa m [oJ vo oo Es erigeı] os = 12 Genera. . Amphoraca ©) Eocystis ©) Pentactaca ©) Protamphora ©) Trochoeystis. Trigonoeyslis. Placoeystis. Anomoeystis. Ateloeystis. Mitroeystis. Pleurocystis. Aristocystis. Deutocystis. Amphoracystis. Pirocystis. Oraterina. Dendroeystis. Achradoeystis. Oroeystis. Helioeystis. Caryoeystis. Holocystis. Arachnoeystis. Trinemacystis. Echinosphaera. Citrocystis. Palaeocystis. Comarocystis. Acanthocystis. Archaeoeystis. 13] AMPHORIDEEN UND ÜUYSTOIDEEN, 15, Theca der Amphorideen, Die Theca oder „Kapsel“ der Amphorideen ist der einzige Körpertheil, den wir von dieser fossilen Thhierklasse kennen (— abgesehen von den Mundarmen oder Brachiolen, welche an der Mundöffnung der Theca bei zwei von den vier Familien sich finden —). Da wir demgemäss aus der Beschaffenheit der 'Theca und ihrer Oetfnungen auf die gesammte übrige Organisation dieser ältesten Echmodermen schliessen müssen, verdienen alle wahrnehmbaren Form- und Struktur-Verhältnisse die genaueste Analyse. Gewöhnlich wird die Theca der Cystoideen, von denen man bisher die Amphorideen nicht unterschieden hatte, als Kelch (Calyx) bezeichnet, wie bei den nächstverwandten Ürinoideen; indessen ist diese Bezeichnung desshalb un- zweckmässig, weil bei den ersteren nicht, wie bei den letzteren, der Gegensatz (des dorsalen „Kelchs“* (Calyx = Hypotheca) und der ventralen „Kelchdecke* (Epiealyx — Epitheca) ausgeprägt ist. Wir haben an der T’heca der Amphorideen zu betrachten: 1. die reale Gesammtform, 2. die ideale Grundform, 3. den Mangel der Radial- Struktur und des Anthodium, 4. die aborale Stielbildung, 5. die Thecal-Ostien, 6. die Zusammensetzung des Panzers, 7. die Brachiolen. 1. Die reale Gesammtform der Theca wird bei den Amphorideen ge- wöhnlich ebenso, wie bei den Uystoideen, als „birnförmig, eiförmig oder fast kugelig“ dargestellt, „seltener eylindrisch, irregulär oder bilateral“; sie würde demnach — wenn man von den Oeffnungen absieht — gewöhnlich monaxon sein, ihr (uer- schnitt kreisrund. Wenn man jedoch die Formen-Gruppen in dieser Hinsicht genauer vergleicht, so ergiebt sich alsbald ein tiefgreitender Unterschied zwischen den beiden Ordnungen der Amphoralien und Amphoronien. Die veale Kapsel-Form der Am- phoralien (Zocystida und Anomoeystida) ist bilateral-symmetrisch; die Theca ist dorso-ventral deprimirt, ihre Rückentläche von der Bauchfläche deutlich geschieden, der Gegensatz beider Antimeren - scharf ausgeprägt, rechte und linke Kapselhälfte spiegelgleich. Diese bilaterale Symmetrie fehlt, — wenn man von den 'Thecal- Ostien absieht! — bei den Amphoronien (Aristocystida und Palaeoeystida); hier ist die reale Gesammtform der Theca wirklich monaxon, ihr Querschnitt kreisrund; der Gegensatz von Ricken und Bauch, Rechts uud Lmks, ist äusserlich nicht aus- geprägt. Nur eine Axe springt hier sofort in die Augen, die vertikale Hauptaxe, an deren oberem (oralen) Pol die centrale Mundötfnung liegt, am unteren (aboralen) Pol die Insertions-Basis oder der Stiel. 2. Die ideale Grundform der Theca ist bei allen Amphorideen dipleurisch oder bilateral-symmetrisch (im engeren Sinne); ebensowohl bei den äusserlich bilateralen Amphoralien, wie bei den äusserlich monaxonen Amphoronien. Stets wird die Sagittal-Ebene oder Median-Ebene, welche den ganzen Körper in zwei spiegel- gleiche Hälften theilt, durch drei geometrische Pumkte fest bestimmt: I. Das Centrum des Mundes (am Oral-Pol der Hauptaxe), II. das Centrum des Afters (an der Ventral-Seite), und III. das Centrum der aboralen Basis oder des Kapsel-Stiels (am 1-4 Ersse HAEOKEL [14 Aboral-Pol der Hanptaxe). Die Linie, welche die Mittelpunkte des centralen Mundes und des exeentrischen Afters direkt verbindet, ist die Mittellinie der Bauchseite, die ventrale Median-Linie; die entgegengesetzte Fläche der Theca, in welche auch lie Basis oder die Stiel-Insertion fällt, ist als Dorsal-Seite zu betrachten (ebenso wie bei allen übrigen testsitzenden Echmodermen). Als die drei Euthynen oder ‚idealen Richt-Axen“ würden demnach bei sämmtlichen Amphorideen zu betrachten sein: I. Die Hauptaxe, Prinzipal-Axe (oder Längsaxe); an ihrem Oral-Pol liegt der Mund, am entgegengesetzten Aboral-Pol die Insertions-Basis oder der Stiel (— bei den Anomoeystida der Schwanz -——). U. Die Sagittal-Axe oder Dorsoventral- Axe; sie steht senkrecht auf der Mitte der Hauptaxe in der Median-Ebene; ihr ven- traler Pol wird durch die Lage des Afters m der Bauchlinie bestimmt, der entgegen- sesetzte ist der dorsale Pol. III Die Lateral-Axe oder Transversal-Axe, senk- veeht auf der Median-Ebene, verbindet den rechten und linken Pol. Die Median- Ebene oder „Sagittal-Ebene*, welche wir durch die prinzipale und sagittale Axec leven, trennt die beiden Antimeren, rechte und linke Körperhälfte; diese erscheinen bei den meisten Amphorideen völlig symmetrisch gleich; nur die einseitige Lage einer Oetfnung bedingt meistens einen geringen Unterschied (auffallend bei Mitro- cystis und Pleuryeystis). Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass bei allen Am- phorideen — ebenso wie bei allen übrigen Echinodermen — eine gewisse Uneleich- heit beider Antimeren schon durch die primär einseitige Lage des Hydroporus be- dingt ist, wenn dieselbe auch äusserlieh wenig oder gar nicht hervortritt. Dann würde also, streng genommen, die ideale bilaterale Grundform sämmtlicher Amphori- deen nicht eudipleurisch (völlig symmetrisch) sein, sondern dysdipleurisch (mehr oder weniger asymmetrisch). 3. Der völlige Mangel der Radial-Struktur im der Theea sämmtlicher Amphorideen muss hier noch besonders betont werden; denn er gehört zu jenen höchst wichtigen Merkmalen dieser Klasse, welche dieselbe vor allen übrigen Eehinodermen unterscheiden. Zwar wird fast alleemein angegeben, dass alle CUystoideen (— zu denen man bisher die Amphorideen vechnete —) ebenso „Radiaer-Thiere“ seien, wie alle übrigen Echimodermen; aber vergebens fragt man nach irgend einer Begrün- dung dieser weittragenden Behauptung. Die bilateral-syinmetrischen Anomoeystiden zeigen keine Spur von Radial-Struktur, ebenso wenig als die Helminthen und Crustaceen, denen sie äusserlich oft so ähnlieh sind; und dasselbe gilt von den imonaxonen Aristocystiden, welche viel äussere Achnlichkeit mit Aseidien besitzen. Nur eine Familie der Amphorideen könnte in. dieser Beziehung Zweifel erwecken, die Palaeoeystiden; hier ist der Mund von einem Kranze von Brachiolen (— oder „skeletalen Mundfühlern“ —) umgeben: 3 bei den Trinemaeystiden, 5 bei den Echinosphaeriden, 15-25 bei den Acanthoeystiden. Allein dieser strahlige Fühler- Kranz der Palaeoeystiden lässt nicht den mindesten Eimfluss auf die bilaterale oder monaxone Grundform ihrer Theca erkennen, oder auf irgend einem Theil ihrer übrigen Organisation; er verhält sich vielmehr genau so, wie der „radiale Tentakel-Kranz“ bei festsitzenden bilateralen Metazoen verschiedener Klassen: Bryozoen, Ascidien, 15 ÄMPHORIDEEN UND ÜUYSTOIDEEN, 15 Rotatorien u A. (— Stephanoceros mit pentaradialem Fühler-Kranz! Vergl. Taf. V, Fig. 12 —). So wenig man desshalb diese Helminthen als „Radiär-Thiere*“ be- trachtet, so wenig ist dies bei den Amphorideen gestattet. 4. Der Stiel oder Schwanz der Amphorideen (Pedunculus, Cauda). Die Mehrzahl der Amphorideen scheint (im erwachsenen Zustande) auf dem Boden des Meeres eine festsitzende Lebensweise geführt zu haben, «leich den meisten C'ystoideen. \on vielen Autoren wird das für alle Echinodermen angenommen, welche wir zu dieser Klasse rechnen. Eme genauere Untersuchung des sogenannten „Stieles“, der zur Anheftung dienen sollte, und eime kritische Erwägung seiner Beziehungen zur Grundform und zur Lebensweise dieser Benthos-Thiere hat mich jedoch zu der Ueberzeugung geführt, dass ein grosser Theil der Amphorideen — und besonders der bilateralen Amphoralien — freie Ortsbewegung besass und sich nur zeitweise (oder gar nicht) am Boden festsetzte; theils direkt mit dem Aboral-Pol der T'heca, theils mittelst eimes Stieles. Dieser sogenannte „Stiel ist nur bei schr wenigen Gattungen dieser Klasse ähnlich entwickelt wie bei vielen Cvstoideen und bei den meisten Crinoideen. Ich wunterscheide folgende Fälle als wahrscheinlich: I. Anomocystida (Taf. II, Fig. 1—16). Der „Stiel“ ist gegliedert, dorsoventral abgeplattet, am Proximal-Ende vorne breit und nimmt nach hinten gegen das Distal- Ende stark ab; es scheint, dass die ringförmigen Stiel-Glieder sich oft gleich den höhren eines Teleskops in einander schieben konnten, ähnlich wie die „Schwanz- ringe“ am hinteren Schwanz oder „Fuss“ der Rototorien — und wie bei diesen dürfte auch bei den Anomoecystiden der kräftige muskulöse Schwanz bald als Organ der freien Ortsbewegung, bald als Werkzeug der Anheftung (mit dem Distal-Ende) fungirt haben. II. Die Eocystida (Taf. V) die wir uns als verbindende Ueber- gangs-Formen von den freilebenden Wiirmer-Ahnen zu den Anomocystiden vorstellen, werden sich vermuthlich ähnlich den letzteren verhalten haben. III. Ein Theil der monaxonen Amphoronia war zwar nicht festgewachsen, steckte aber mit dem grössten Theile der Theca (oder doch deren unterer Hemisphäre) im Schlamme (ähnlich vielen Acephalen), so besonders diejenigen Aristoeystiden, deren eiförmige Theea unten am Aboral-Pol zugespitzt ist (Deutocystis). Bei einigen Aristoeystiden (Craterina, Aristocystis) ist das Basal-Ende der konischen oder eiförmigen Theca unten abgerundet und zeigte eine erubenförmige Vertiefung: wahrscheinlich diente diese „Zaptenhöhle* zum Umfassen eines fremden Körpers beim Ansetzen (wie bei manchen Ascidien und Korallen). Das Individuum von Aristoeystis, an welchem Barraxoe unten in der Zapfenhöhle eine Spirale abbildet (12, Pl. 10, Fig. 14—16), sass wahr- schemlich auf den Scheitel einer Schnecken-Schale auf. IV. Viele Arıstocystida (Taf. II, Fig. 17—28) waren am Aboral-Pol des birmförmigen oder fast kugeligen Körpers unmittelbar aufgewachsen, oder die bimförmige Kapsel verdiinnt sich hier allmählich und wird zu emem kurzen, ungegliederten Stiel; seine weite konische Höhle ist der unterste Theil der Leibeshöhle. V. Bei den meisten Palaeocvstida (Taf. I), sowie bei einigen anderen Amphorideen (Dendroeystis, Achradoeystis) ent- wickelt sich dieser basale Stiel-Fortsatz zu einem selbständigen, scharf abgesetzten 16 Ernst HAECKEL [16 Stiel, der geringelt ist oder m eme Reihe von Gliedern zerfällt, wie bei den meisten Urmoideen und einem Theile der CUystoideen. 5. Thecal-Ostien der Amphorideen. Bei allen Amphorideen lässt die Theca deutlich die beiden Darm-Oetfnungen erkennen, den centralen Mund (am Oral- Pol der Hanptaxe) und den excentrischen After, welcher in einiger Entfernung davon in der Mittellinie der Bauchseite liegt. Dazu kommt bei den meisten Gattungen dieser Klasse noch eme dritte Oeffnung, die zwischen beiden liegst und wohl mit Recht als Geschlechtsötfnung (Gonoporus) gedeutet wird; wahrscheinlich ist dieselbe allgemein verbreitet und nur in einigen Gattungen wesen ihrer geringen Grösse oder versteckten Lage übersehen (Holoeystis? Dendrocystis?). Endlich zeigt Aristo- cystis auch sehr deutlich eine vierte Oeffnung (Hydroporus?) in der Nähe des Mundes. A. Der Mund (Oseulum) liegst bei allen Amphorideen am Oral-Pol der Hauptaxe, zeigt aber m seiner Form und Ausbildung mancherlei Verschiedenheiten. — Bei den bilateralen Anomocystiden, Taf. IL, Fig. 1-16 (— und wahr- scheinlich ebenso bei vielen Eoeystiden-Alhmen —) liegt die Mundöfnung vorn auf der Bauchseite (unter dem Stirmrande des Riickenschildes) und bildet einen trans- versalen Spalt, welcher meistens breit ist, entsprechend der Distanz der beiden lateralen Brachiolen oder Mundarme; rücken «diese nahe zusammen (bei einigen Arten von Pleuroeystis), so wird auch der Mundspalt klein. Bei Mitrocystis erschemt das kurze und breite Mundrohr in Länesfalten gelest oder durch einen Platten- Kranz gestützt (ähnlich dem Kalkrmg der Holothurien?) Auch bei Aröstoeystis ist der Mund noch ein breiter Querspalt; bei den meisten übrigen Aristoeystiden (Taf. II, Fig. 17—28) ist er kreisrund, bisweilen im ein kurzes eylindrisches Mundrohr verlängert, dessen Mündung glatt abgeschnitten ist (Deutocystis, Orocystis, Heliocystis u. A.); bei Dendroeystis verlängert sich dieses Mundrohr zu emem ansehnlichen Rüssel. Bei den Palaeoeystiden (Taf. I) wird die Gestalt der Mundspalte durch die Zahl der Mundarme bestimmt, welche von ihrem Rande abgehen; sie ist dreispaltie bei Arachnoeystis und Echinosphaera, fünfspaltig bei Palaeoeystis, ein Längsspalt bei Comaroeystis (mit 2 lateralen Arm-Paaren). Bb. Der After (Ancs) lieet wahrscheinlich stets excentrisch in der Mittel- linie der Ventral-Seite und ist meistens mit einer ansehnlichen „Klappen-Pyramide“ bedeckt, welche auch bei den Uvstoideen und bei einigen Holothurien wiederkehrt (Psolus u. A.). Bei den bilateralen Anomoeystiden scheint dieselbe zu fehlen oder doch sehr klem zu sein; überhaupt ist die Lage und Beschaftenheit des Afters in dieser Familie zweifelhaft, und die Deutung, die wir derselben unten geben werden, ganz unsicher. Vielleicht liegt der After bei allen Anomocystiden versteckt auf der Bauchseite, am Ausschnitte der Schwanzwurzel; dann würde die asymmetrische Oetmune (links), welche wir unten als After deuten werden, vermuthlich der (onoporus sein. Bei den Aristocystiden und Palaeoeystiden ist der After stets deutlich zu erkennen, bald nahe dem Munde gelesen, bald entfernt auf der ;auchseite. Die Klappen-Pyramide, welche ihn bedeekt, ist aus einer wechselnden Zahl von dreieckigen Tafeln zusammengesetzt (3—15, meistens 5 oder 6). 17] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. l 1 ©. Die Geschleehts-Oeffnung (Gonoporus). Zwischen Mund und After liest bei den meisten Amphorideen (— vielleicht bei allen? —) eine kleinere „dritte Oeffnung“, welche früher für den After gehalten wurde, jetzt aber als Genital-Porus gedeutet wird. Indem wir uns dieser neueren Deutung anschliessen (sowohl für die Amphorideen, wie für die Uystoideen), stützen wir uns hauptsächlich auf die Homologie mit den Holothurien. Da wir alle Angehörigen dieser drei niederen Echinodermen-KRlassen als Monorehonien betrachten, dürfen wir auch für alle eine einfache Genital-Oetfnung annehmen. Gewöhnlich ist dieselbe ein kleines rundes Loch, bisweilen mit emer Klappen-Pyramide bedeckt. Meistens liegt sie etwas asymmetrisch, nicht im der Mittellinie der Bauchfläche, sondern etwas seitlich von derselben auf der linken Seite. Bei Aristoeystis liegt sie auf der rechten Seite; diese Gattung ist auch dadurch ausgezeichnet, dass sie noch eine „vierte Veffnung‘“ besitzt — wahrscheinlich den Hydroporus? —; sie liegt gleich hinter dem rechten Mundwinkel. Bei den übrigen Amphorideen dürfte gewöhnlich der Hydroporus mit dem (gleich dahinter gelegenen) Gonoporus verschmolzen sein. Deutoeystis ist dadurch ausgezeichnet, dass m der Mitte zwischen Mund und After, asymmetrisch links von der ventralen Mittellinie, eime grössere herzförmige Oeffnung liegt, welche dreitheilig ist; wahrscheinlich sind die beiden paarigen hinteren Löcher derselben Genital-Poren, das vordere unpaare der Hydroporus (wie bei der Tiefsee-Holothurie Elpidia purpurea). Sehr unsicher ist die Lage und Bedeutung der Thecal-Ostien bei den Anomoeystiden (Vergl. unten). Pleurocystis zeichnet sich unter diesen durch den Besitz von drei grossen dorsalen „Kamm-Rauten“ aus, welche den übrigen fehlen; die beiden vorderen lateralen sind vielleicht Madreporiten (?), die hintere unpaare ein Gonoporus (?). 6. Der Kapsel-Panzer der Amphorideen. Als vier verschiedene Hauptformen der Skeletbildung unter den Amphorideen ıwnterscheide ich: I. den Leder-Panzer der Eoeystiden, 1. den bilateralen Tatel-Panzer der Anomoeystiden, Ill. den irregulären Platten-Panzer der Piroeystiden und Palaeoeystiden, und IV. den subregulären Tafel-Panzer der Oroeystiden. A. Die Eocystida (Taf. V, Fig. 10 — 15), als die gemeinsame Stammgruppe aller Echinodermen, besassen wohl noch keinen zusammenhängenden Platten-Panzer, sondern einen Leder-Panzer, verstärkt durch ein primitives Stückel-Skelet; ähnlich wie bei den Holothurien waren in dem verdiekten Corium sehr zahlreiche kleine Kalk-Stücke (Spieula, Stäbe, Vierstrahler, Rädcehen, Plättehen u. s. w.) ohne festen Zusammenhang eingestreut. Ebenso wenig wie bei den Holothurien, war auch bei den Eoeystiden dieses primitive Dermal-Skelet der Erhaltung in fossilem Zustande fähig; diese wurde nur dann möglich, wenn die Täfelehen grösser wurden und sich locker an emander legten; vielleicht ist Lapillo- eystis fragilis aus dem böhmischen Uambrium der Ueberrest eimer solchen Eoeystide? (12, Pl. 2, Fig. 2730.) B: Die Anomocystida (Taf I, Fig. 1-16) zeichnen sich vor allen übrigen Echinodermen sowohl durch die rein bilaterale Zusammensetzung als durch die eigenthümliche Struktur ihres Tafel-Panzers aus. Derselbe gleicht äusserlich eher PR Festschrift für Gegenbaur. 3 \- = 18 Ernst HAECKEL [18 dem Panzer eimer niederen Urustacee oder selbst einer Schildkröte, als der Theca irgend eines Echinodermen. Entsprechend der starken dorsoventralen Depres- sion des bilateral-symmetrischen Körpers besteht der Panzer hier aus einem kon- vexen hickenschild und emem konkaven oder planen Bauchschild; beide sind verbunden durch einen marginalen Panzer-Gürtel (oder durch eine dehnbare Gürtel-Haut?). Bei den ältesten Formen (Trochoeystis) sind beide Schilder in ähnlicher Weise aus zahlreichen klemen polygonalen Täfelchen zusammengesetzt, ohne bestimmte Anordnung. Bei Placoeystis verschmelzen dieselben sowohl oben wie unten in der Weise, dass der dorsale und der ventrale Panzer aus wenigen grossen Tafeln symmetrisch zusammengesetzt erscheint. Bei Atelocystis und Anomoeystis tritt die Conerescenz der Panzer-Platten nur unten in der ventralen Hälfte der T'heca ein, bei Mitroeystis und Pleuroeystis umgekehrt nur oben in der dorsalen Hälfte. C. Die beiden Gruppen der Pirocystida (die grosse Mehrzahl der Aristo- cystida, Taf. U, Fig. 17—28) und der Palaeocystida (Taf. I) besitzen einen. Platten-Panzer von sehr primitiver Beschaffenheit. Sehr zahlreiche (meistens mehrere Hundert) kleme polygonale Täfelchen sind ohne alle Ordnung an eimander gelegt und meistens durch Naht fest verbunden; seltener scheint die Verbmdung der Täfel- chen oder „Asseln‘‘ eme lockere zu 'sein, so dass der gepflasterte Leder-Panzer dehn- bar war (so bei Dendroeystis, Craterina u. A.). Die Panzer-Platten sind bald solid, bald mit feineren oder gröberen „Poren“ versehen (selten mit Doppel-Poren oder Poren-Rauten); aber gewöhnlich (oder immer?) ist die Oberfläche der Theeca noch von emer homogenen dichten „Deckschicht“ überzogen, so dass die Poren sich nicht nach aussen öffnen können. D. Die Orocystida (die jüngere und höher entwickelte Abtheilung der Aristocystida) unterscheiden sich von der vorhergehenden Ahnen-Gruppe dadurch, dass die zahlreichen klemen Panzer-Platten gruppenweise verschmelzen und grössere Taten bilden; diese erscheinen meist hexagonal und häufige in transversale Zonen oder longitudinale Reihen ziemlich regelmässig geordnet. Die Versuche, die eim- zelnen Tafel-Zonen (z. B. bei Oroeystis, und Caryocystis) mit denjenigen der höheren Oystoideen (Glyptocystida) und mancher Urinoideen zu vergleichen, sind nutzlos, da bei den Orocystiden ebenso wenig als bei den übrigen Amphorideen eine korrelative Beziehung der einzelnen Tafeln zu bestimmten Organen besteht. Oft sind hier die grossen Tafeln reich mit Ornamenten verziert, mit Rippen-Sternen, konzentrischen Anwachs-Linien, Körmer-Reihen und Poren-Rauten. Alle diese Einzelbildungen der äusseren Tafel-Fläche besitzen nur untergeordnetes Interesse und können wohl zur Unterscheidung von Species, aber nicht von grossen Gruppen verwendet werden. Insbesondere besitzen die sogenannten „Poren-Rauten‘“ der Orocystiden durchaus nicht die hohe Bedeutung, die man ihnen bisher fast allgemein zuschrieb (Vergl. unten pag. 22). 7. Brachiolen der Amphorideen. Gleich allen übrigen Echinodermen sind auch die Amphorideen mit Ambuletten ausgestattet, d. h. mit „äusseren Anhängen des Ambulacral-Systems“‘, welche als Tast- und Greif-Organe, sowie als Kiemen 19] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 19 fungirten. Da aber die thecalen Ambulaeren und die perradialen Prinzipal-Kanäle, welche allen übrigen Klassen zukommen, in dieser Klasse gänzlich fehlen, so können wir hier nur die Existenz von Oral-Ambuletten, oder beweglichen „Mundfühlern“, mit Sicherheit annehmen. Bei emem Theile der Amphorideen lagern sich in diesen Mundfühlern oder „Oral-Tentakeln‘‘ kleine Ralk-Partikeln ab (wie bei vielen Holo- thurien); und imdem diese zu grösseren, gelenkig verbundenen Kalksstücken zusammen- treten, entstehen gegliederte Mundärmcehen (Drachiola). Solche sind uns in ver- steinertem Zustande (— wenn auch selten vollständig —) von zwei Familien erhalten, von den „Inomoeystiden und den Palaeocystiden. Die bilateralen Anomoeystida (Taf. II, Fig. 1—16) besassen wahrscheinlich alle ein Paar Brachiolen, welche zu beiden Seiten des Mundes eingelenkt waren; sie erinnern in Lage und Form an die gegliederten Antennen der Orxstaceen; am stärksten entwickelt sind sie bei Pleurocystis, wo ihre Gliederung und Zusammensetzung echten (einzeiligen) Armen von Crmoideen gleicht (mit einer Subvektiv-Rinne, die von zwei Reihen Saumplätt- chen eingefasst ist). . — Die monaxone Theca der polynemalen Palaeocystida (Taf. I) trug dagegen am Oral-Pol einen Peristom-Kranz von mehreren, mindestens drei Brachio- len; meistens sind sie sehr schwach und zart, selten stärker entwickelt. Arachno- cystis zeichnet sich durch drei sehr lange und schlanke zweizeilige Aermchen aus, Comaroecystis durch vier einzeilige Brachiolen, welche gegliederte Pinnulae tragen. Echinosphaera und Palaeoeystis besassen fünf Mundarme, die bei ersterer aus dreitheiligem Mundrohr, bei letzterer getrennt entspringen. Bei Acanthocystis und Archaeoeystis 25. Bei allen diesen steigt die Zahl der dünnen, einzeilig gegliederten Arme auf 15 Palaeoeystiden sind die Mundarme als echte Peristom-( )rgane anzusehen, gleich den Mundarmen der Holothurien. In den beiden Familien der Aristocystiden und Eoeystiden, denen solche Brachiolen ganz fehlen, missen wir annehmen, dass die Mundfühler weich und unverkalkt blieben. Die Tafel-Poren der Amphorideen und Cystoideen, Die Kalktafeln der Lederhaut, welche den Platten-Panzer der Theca zusammen- setzen, sind sowohl bei den Amphorideen wie bei den Öystoideen gewöhnlich deutlich porös, und die makroskopischen Poren in denselben zeigen oft eine charakteristische Form und Anordnung. Darauf hin unterschied schon Jonanses Mürter, der zuerst (1854) die wenigen, damals bekannten CUystoideen zu gruppiren versuchte, drei Ab- theilungen: 1. Aporita ohne Kelch-Poren, 2. Diploporita mit Doppelporen in Facetten der emzelnen Kelch-Tafeln, 3. Rhomboporita oder Rhombifera, mit Poren-Rauten an den Nähten der Kelch-Tafen (25, pag. 64, 66). Als vierte Gruppe würden die erst später entdeckten Haploporita anzufügen sein, mit einfachen Kelch-Poren (8, pag. 412). Die meisten jüngeren Autoren folgten dieser Eintheilung und fügten die später entdeckten Gattungen in jene Gruppen ein, so z. B. Zırren in seinem „Handbuche“ (29, pag. 413). Erschüttert wurde diese herrschende Auffassung erst 1887 durch Barrasoe (12, pag. 30—42); er zeigte: 1. dass bei nahe verwandten 3* 20 Ernst HAECKEL [20 Cystoideen, ja selbst bei verschiedenen Arten einer Gattung (z. B. Aristocystis) die Verhältnisse der Porosität sehr variabel sind, 2. dass bei vielen Uystoideen die Panzer- Platten aus drei über emander liegenden Schichten bestehen; sowohl an der inneren als an der äusseren Fläche findet sich eine solide, homogene, nicht poröse Deckschicht („„Epiderme interne et externe“) und zwischen beiden liegt die dicke kompakte Kalk- Tafel („Enveloppe solide“), welche meistens von Poren durchsetzt ist; 3. die Mün- dungen dieser Poren-Kanäle sind bald an der inneren, bald an der äusseren Fläche, bald an beiden Flächen durch die Decekschicht geschlossen; 4. die „Poren“ können daher nicht die hohe physiologische Bedeutung besitzen, welche man ihnen zuschrieb, in der irrthümlichen Annahme, dass sie sich nach innen und nach aussen öffneten, gleich den ventralen „Kelchporen“ der Crinoideen. Auf Grund dieser wichtigen und sehr sorgfältigen Beobachtungen von BarraxpE wurde die Kritik der Poren weiter ausgeführt durch Neumarr (8, pag. 402, 406); er betonte besonders, dass die Poren-Bildungen in den verschiedenen Gruppen eme sehr ungleiche Bildung und Bedeutung besitzen, aber zur systematischen Eintheilung nicht verwerthet werden können. Dagegen hat in neuester Zeit Orro Jarken der Poren- Bildung eine ganz hervorragende Bedeutung zugeschrieben und sie in enge Beziehung zum Ambulacral-System gebracht; er nimmt an, dass die ganze Körperwand der Cystoideen, als der ältesten Echmodermen , anfänglich porös war und Wasser zur Speisung des Ambulacral-Systems eintreten liess; er vergleicht dieses „Hydrophoren- System“ mit den „Hydrospiren“ der Blastoideen, den ventralen Kelch-Poren der Crinoideen u. s. w. (49, pag. 115). Meine eigenen Untersuchungen über die Poren der Amphorideen und Cystoideen haben mich zu der Ansicht von Neumayr geführt, und zu der Ueberzeugsung, dass dieselben weder in physiologischer noch m morphologischer Hinsicht die hohe Bedeu- tung besitzen, die man ihnen irrthümlich zuschrieb. Dass gerade die Palaeontologen, die sich vorzugsweise mit diesen Bildungen beschäftigten, dabei zu ganz irrthiimlichen und unhaltbaren Ansichten gelangten, erklärt sich theils aus ihrer unvollkommenen Kenntniss der Skelet-Struktur der Echinodermen überhaupt, theils aus unbegründeter Vergleichung dieser „Kelch-Poren‘ der Cystoideen mit den ganz davon verschiedenen Poren-Bildungen anderer Echinodermen. Manche Palaeontologen halten noch heute an der früher herrschenden Ansicht fest, dass der Panzer der ÜOystoideen, ebenso wie derjenige der Echinideen, eine äussere „Schale“ sei, die der euticularen „Schale“ der Mollusken und Urustaceen zu vergleichen sei. Glaubte doch selbst noch Barraxpe, der die feine Struktur des Gystoideen-Panzers so genau kannte, dass derselbe eine solche äussere Schale darstelle und dass das darin verborgene „eigentliche Thier“ nur locker mit ihr verbunden sei und sie theilweise verlassen könne. Dem gegenüber muss stets die längst festgestellte Thatsache betont werden, dass alle Echinodermen-Skelete — ohne Ausnahme — innere Dermal-Skelete sind, entstanden durch Ablagerung von kohlensaurem Kalk in der Lederhaut, ganz analog den Schuppen der Fische und den Panzer-Platten der Reptilien. Ursprünglich sind alle diese Corium-Bildungen noch von der Epidermis äusserlich bedeckt. Ebenso wenig als eine Schildkröte oder 21] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 2] ein Gürtelthier aus seiner „‚Schale‘ herauskriechen kann, ebenso wenig ist dies den Amphorideen und Cystoideen möglich. Verhängnissvoll für die Auffassung der Poren bei den Cystoideen war besonders der Umstand, dass schon die ältesten Beobachter derselben sie mit den ambulaeralen Poren der Echinideen-,‚Schale“ verglichen; Echinus und Echinosphaera erschienen ihnen als nächst verwandte Formen. Da die Poren bei den Echinideen zum Austritte der Füsschen dienen, glaubte man auch bei den Cystoideen ohne Weiteres dasselbe an- nehmen "zu können. Dieser Vergleich war aber eben so wenig berechtigt, wie derjenige mit den dorsalen Haut-Poren der Asterideen, durch welche deren fingerförmige Papular-Kiemen austreten. Wieder ganz anderer Art sind die ventralen Kelehporen in der Kelchdecke der Crinoideen, welche abgelösten Distal-Theilen von Steinkanälen entsprechen. Man darf diese echten „Hydroporen“, welche hydrocölen Ursprungs und entodermal sind, nicht mit den äusseren Dermoporen der Oystoideen vergleichen, welche im Corium liegen und ganz verschiedenen (mesodermalen) Ursprung haben. Die Litteratur über die Kelchporen der Cystoideen ist der umfangreichste und detaillirteste Theil ihrer gesammten Morphologie — und nach memer Ueberzeugung zugleich der werthloseste Theil derselben. Die Verwirrung und die Widersprüche, welche sich sowohl m der Beschreibung als in der Deutung der Poren finden, sind so gross, dass es heute noch unmöglich ist, sich davon ein klares Bild zu machen. Es gehört zu den dringendsten Aufgaben in der weiteren Erforschung dieser ältesten üchinodermen, dass mit Hülfe der neueren Untersuchungs-Methoden (besonders von vertikalen und horizontalen Schlitten) zunächst die anatomischen und histologischen Verhältnisse genau festgestellt und verglichen werden, besonders das Verhalten der Poren-Kanäle zu der inneren und äusseren Deckschicht der Tafeln. Soweit ich selbst im Stande war, mir Klarheit darüber zu verschaffen, bin ich zu folgenden Schlüssen gelangt: 1. Sämmtliche Thecal-Poren der Amphorideen und Oystoideen — eben sowohl die einfachen Poren-Kanäle in den Panzer-Platten, als die „Doppel-Poren“ einzelner Gruppen, und die „Poren-Rauten“ der Mehrzahl, — sind Hohlräume des Tegumentes, welche dasselbe nicht vollständig durchsetzen. 2.. Niemals durchbrechen diese dermalen Poren-Kanäle vollständig die Leibes- wand, so dass sie eine direkte Verbindung zwischen dem umgebenden Seewasser und der inneren Leibeshöhle vermitteln könnten. 3. Niemals stehen die dermalen Poren-Kanäle in einer direkten morpholo- gischen oder physiologischen Beziehung zum Ambulacral-System oder zu dessen Ursprungs-Organ, dem Hydrocoel; insbesondere sind sie nicht gleichwerthig den „ventralen Kelch-Poren“ im der Kelchdecke der Crinoideen. Auch zeigen die Gruppen der Poren-Kanäle niemals eine radiale Anordnung und eine gesetzmässige Beziehung zum Anthodium. 4. Dagegen ist es sehr wahrscheinlich, dass ein grosser Theil dieser Poren- Kanäle im lebenden Thiere mit unverkalktem Bindegewebe erfüllt und von ernäh- renden Blutgefässen durchzogen war, ähnlich den „Haversischen Kanälen“ in den DR) Ersst HAECKEL [22 Knochen und Panzer-Platten der Wirbelthiere; dies gilt namentlich von den „Poren- Rauten“, und von den „einfachen Poren-Kanälen“, welche regellos vertheilt in grosser Zahl die dieken Panzer-Platten von Aristocystis, Oraterina u. A. durchziehen, gerade oder gebogen von der inneren zur äusseren Fläche aufsteigend. 5. Ein anderer Theil dieser Poren-Kanäle hat vielleicht sich direkt nach aussen geöffnet, partiellen Eintritt von Wasser in das Tegument gestattet und somit die Respiration vermittelt (— wie vielfach angenommen wird —); oder es haben sich an der Oberfläche der Haut dünnhäutige (einem Handschuhfinger ähnliche) Papular-Kiemen erhoben, die aussen von Scewasser umspült waren, innen aber Blut aus dem Corium zugeführt erhielten. Vielleicht standen derartige Kiemenschläuche, ähnlich denjenigen der Asterideen, paarweise auf den „Doppel-Poren“, welche zahlreich in Griübchen oder auf Wärzchen der Tafeln mehrerer Familien sich finden (Viele Pomoeystiden, Fungocystiden, ein Theil der Agelacystiden u. A.) 6. Die sogenannten „Poren-Rauten“, welche der Mehrzahl der Amphorideen und Cystoideen zukommen, deuten schon durch ihre Vertheilung und Lage an den Verbindungs-Nähten der Panzer-Platten darauf hin, dass sie diesen ernährende Blutge- fässe zuführten ; denn im diesen Nähten findet das Wachsthum der Tafeln statt, wie es oft die konzentrischen Anwachs-Linien deutlich zeigen. Die parallelen Rauten- Kanäle stehen senkrecht auf der Sutur zwischen je zwei Platten; wenn sie kurz und von gleicher Länge sind, erscheint die Sutur als ein quergestreiftes Band (z. B. Palaeoeystis, Taf. I, Fig. 5B); wenn dagegen die Kanäle im der Mitte der Naht am längsten sind und nach beiden Enden derselben gleichmässig an Länge abnehmen, bilden sie zusammen die charakteristische Rhomben-Figur. Jeder Kanal schloss wahrscheinlich ein Blutgefäss ein, welches an beiden Enden des Röhrchens in das Bindegewebe emtrat, das die Oberfläche der Tafel bekleidete. 7. Indessen ist es auch möglich, dass ein Theil der Naht-Kanäle in den „Poren-Rauten“ bloss Bänder einschloss, welche quer iiber die Sutur von einer Platte zur andern gmgen — bei beweglichen Panzern vielleicht auch kleine Hautmuskeln, welche eme geringe Verschiebung der Platten ermöglichten (wie bei der Ascidie Chelyosoma, Tat. V, Fig. 8). Bei manchen älteren Amphorideen und Uystoideen schen solche Suturen wie die groben Nähte von zwei Kleider-Lappen oder Leder- Platten aus, die locker zusammengenäht sind, z. B. Zichenoeystis (Tat. IV, Fig. 22). 8. Die „Poren-Rauten“ der Oystoideen sind keineswegs eine besondere, nur dieser Klasse zukommenden Einrichtung, wie früher allgemein behauptet wurde; sie dürfen daher auch nicht zur Charakteristik dieser Klasse und zu ihrer Trennung von den Crinoideen benützt werden. Schon Neumark (8) und Lane (5, pag. 977) haben darauf aufmerksam gemacht, dass ganz dieselben Bildungen auch bei vielen älteren Crinoideen und Echinideen vorkommen, besonders bei jugendlichen Formen und im Apical-Theil des Kelches. Wacnsmurn und Springer (22) haben dieselben bei mehreren Palacriniden als tiefgchende parallele Schlitze oder Porenkanäle der Tafeln beschrieben, welche ganz denjenigen der Oystoideen gleichen ; bei Uyathoerinus fanden sie dieselben nur in den älteren silurischen Species ausgebildet, nicht in den jüngeren, devonischen 23] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 9: t und carbonischen Arten (22, I, pag. 84). Die unübertrefllich schönen und naturge- treuen Abbildungen, welche Axcerm (13) von zahlreichen silurischen Amphorideen, Cystoideen und Ürinoideen gegeben hat, beweisen überzeugend, dass die stufen- weise Entwickelung der Poren-Rauten in mehreren Familien aller drei Klassen in ganz analoger Weise polyphyletisch sich vollzogen hat. (Vergl. z. B. von den Am- phorideen Echinosphaera und Caryoeystis, 15, Tab. 14; von den Cystoideen Sycoeystis (= Echinoenerinus, Tab. 13), von den Crinoideen Crotalocrinus, Tab. 7, 8, 17, ete., Corymbocrinus, Tab. 9, Marsupioerinus, Tab. 10 u. s. w.) Ja sogar die- selbe charakteristische Ausbildung von „Poren-Triangeln“, welche emige Cystoideen in den Knoten-Punkten von je drei zusammenstossenden Tafeln zeigen, kehrt in einigen Crinoideen wieder (z. B. Euerinus, Tab. 10, Meloerinus und Abacoerinus, 13, Tab. 7 und 23). Und doch hat man trotzdem bis in die neueste Zeit die Palacrinide Poroerinus zu den Uystoideen gestellt und von dem sonst gleichgebauten Poterioerinus getrennt — bloss weil die erstere in den Knotenpunkten zwischen je drei Kelchtafeln eine winzige dreieckige Ergänzungstafel mit „Poren-Rauten“ zeigte, die letztere da- gegen nicht. Ueberhaupt ist es auffallend, dass die meisten Palaeontologen den Poren-Rauten der Ürinoideen gar keine oder nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt haben, während sie denselben Bildungen bei den Cystoideen den höchsten morpho- logischen und systematischen Werth beilesten. Diese befremdende Thatsache erklärt sich zum Theil wohl durch die falsche Deutung dieser Tegument-Bildungen, zum Theil dadurch, dass die Aufmerksamkeit und das Interesse der Palaeontologen bei den Urinoideen durch andere Verhältnisse gefesselt war, vor Allem durch die Zalhıl und Anordnung der Tafeln im Kelche, durch die Bildung der Arme u. s. w. Bei den einfacher gebauten Oystoideen war dies nicht der Fall. In der Klasse der Eehin- ideen kommen dieselben Poren-Rauten seltener vor (bei Palechiniden, Saleniden u. A.); bier hat Niemand darauf irgend welchen Werth gelest. 9. Die Kamm-Rauten (Pectinirhombi — „FPectinated rhombs"* —) sind eigen- thümliche Bildungen der Theca, welche nur in der einen Familie der Calloeystida allgemein verbreitet vorkommen, bei den G/yptocystida in einigen Gattungen; unter den alten und weit entfernten Anomocystida schemt sie nur das Genus Pleuroeystis zu besitzen (?). Die Kamm-Rauten haben äusserlich grosse Achnlichkeit mit „‚Poren- Rauten“‘ und werden gewöhnlich von diesen nicht getrennt; auch ist es möglich, dass sie durch weitere Entwickelung aus letzteren hervorgegangen sind. Es ist aber auch möglich, dass diese Aehnlichkeit auf Konvergenz beruht, und nicht auf einem phy- logenetischen Zusammenhang der beiderlei Bildungen. Die Cystoideen, bei denen Kamm-Rauten vorkommen, sind sämmtlich Megaplacten, mit einer geringen Zahl von grossen Panzer-Platten ausgestattet; meistens zeigen sie nur drei Peetinirhomben, an ganz bestimmten und konstanten Stellen: em paar adanale himten zu beiden Seiten des Afters, und eine unpaare frontal-basale unten vorn, dem After gegenüber. Die physiologische Deutung dieser eigenthümlichen Gebilde ist unsicher; wahrschein- lich fungirten sie als Madreporiten. Das Nähere darüber unten bei den Calloeystiden. 24 Ernst HAECKEL [24 Malacom der Amphorideen. Die Organisation des Weichkörpers, und namentlich des maassgebenden Ambu- lacral-Systems, lässt sich bei den palaeozoischen Amphorideen nur insoweit annähernd erkennen, als uns einerseits die vergleichende Morphologie ihrer fossilen Skelete, anderseits die vergleichende Anatomie und Ontogenie der übrigen Echinodermen, dafür unvollkommene Anhaltspunkte liefern. Immerhin halte ich diese Erkenntniss- Quellen für so bedeutungsvoll, dass ich mir daraufhin folgende hypothetische Vorstellungen vom Bau des Malacoms in den vier verschiedenen Familien der Amphorideen gebildet habe: (vergl. hierzu Taf. V.) 1. Tegument-System. Die Hautdecke aller Amphorideen bestand, wie bei den übrigen Echinodermen, aus zwei verschiedenen Schichten, Oberhaut und Leder- haut. Die Oberhaut (Epidermis) oder das „äussere Körper-Epithel‘* überzog die gesammte Oberfläche des Körpers und aller seiner Anhänge als eine einfache Zellen- schicht; diese war aus dem Exoderm der Larve hervorgegangen und auf einem grossen Theile der Oberfläche mit Flimmer-Haaren bedeckt (— bei den Eocystiden vielleicht überall —). Die Lederhaut (Corium vel Cutis), unmittelbar unter der Epidermis gelesen, war dagegen aus dem Mesoderm (bezüglich dem Mesenchym) der Larve entstanden und bildete eine dicke Bindegewebs-Lage, innerhalb deren sämmtliche Skelet-Theile erzeugt wurden. 2. Subvektiv-System. Der besondere Theil des Tegumentes, welcher als Subvektiv- oder Epineural-System in der Morphologie und Physiologie der Echmo- dermen eine so wichtige Rolle spielt, erscheint bei den Amphorideen weit unbedeu- tender als bei den Anthodiaten. Da das „Anthodium“ oder die „Ambulacral- Rosette“ der letzteren den ersteren noch gänzlich fehlte, waren auch „Subvektoren‘* oder perradiale Zufuhr-Rinnen an der Theca nicht vorhanden. Vielmehr beschränkte sich ihr Subvektiv-System auf die Ausbildung von Flimmer-Rinnen an der Ventral- Seite der Tentakeln (bei den Eocystiden und Aristocystiden) oder. der Brachiolen (bei den Anomoeystiden und Palaeoeystiden); diese „Subvektakeln“ führten direkt zur Mundöftfnung und vermittelten deren Nahrungs-Zufuhr. 3. Muskel-System. Da die Ausbildung des Muskel-Systems stets in Kor- relation zu derjenigen des Skelets steht, werden sich die vier Familien der Ampho- rideen darin ziemlich verschieden verhalten haben. Die Zocystiden, deren bewegliche Lederhaut nur ein unzusammenhängendes Spieular-Skelet enthielt, besassen noch die ursprüngliche, durch Vererbung übertragene Muskulatur ihrer Vermalien - Ahnen, einen „subkutanen Hautmuskelschlauch“, der aus einer äusseren Ringmuskel-Schieht und einer inneren Längmuskel-Schieht bestand. Ihr diekes kontraktiles Perisom wird in ähnlicher Weise wie bei den Holothurien und bei vielen Wurmthieren beweglich gewesen sein. In den drei übrigen Familien hingegen, wo sich im Corium ein festes und zusammenhängendes Tabular-Skelet entwiekelte, wird sich die darunter gelegene Muskulatur im grössten Theile des Perisoms rückgebildet haben, um so stärker 25] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 25 entwickelt dagegen an denjenigen Theilen, welche beweglich blieben, an den cireo ralen Tentakeln und an dem aboralen Stiel oder Schwanz. 4. Nerven-System. Entsprechend der niedrigen Bildungsstufe, auf welcher das centrale Nerven-System bei den Echmodermen überhaupt stehen bleibt, wird es auch bei deren niedersten und ältesten Klasse eine höchst primitive Bildung besessen haben. Es bestand wahrscheinlich bei allen Amphorideen aus emem eircoralen Nervenring, welcher seine ursprüngliche superficiale Lage in der Epidermis des Mundfeldes beibehielt (wie bei den Orinoideen und Asterideen). Von diesem runden, den Mund eng umschliessenden Nervenrmg gimgen periphere Nervenfäden an die verschiedenen Körpertheile ab. Es fehlten aber den Amphorideen noch ganz die Prinzipal-Nerven, welche allen übrigen Eehmodermen zukommen, d. h. jene perradialen Hauptstämme, welche zwischen den ambulacralen Primzipal-Kanälen und den oberflächlichen Subvektoren in der Körperwand aller Anthodiaten verlaufen. Dagegen ist es sehr wahrscheinlich, dass die ursprüngliche bilaterale Anordnung der peripheren Nerven, welche die Amphorideen von ihren Vermalien-Ahnen durch Vererbung erhalten hatten, bei den meisten (oder allen?) Gliedern dieser Klasse noch tortbestand. Sicher möchten wir dies für die älteren Amphoralien annehmen, die bilateralen Eoeystiden und Anomoeystiden; hier werden noch, wie bei den meisten Wurmthieren, ein paar longitudinale laterale Nervenstimme vom Schlundring an das Perisom gegangen sein; bei den Anomocystiden verliefen sie wahrscheinlich in der weichen Marginal-Haut, zwischen Ricken-Panzer und Bauch-Panzer. Aber auch bei den jüngeren Amphoronien (Aristocystiden und Palaeocystiden), wo die bilaterale Theca sich bereits durch Anpassung an festsitzende Lebensweise in eine monaxone verwandelt hatte, dürften sich diese paarigen Lateral-Nerven noch erhalten haben; auch ihnen fehlten noch die perradialen Prinzipal-Nerven, welche mit den Ambulaeren erst bei den Cystoideen zur Ausbildung gelangten. Dagegen dürfen wir als sicher annehmen, dass bei allen Amphorideen — ebenso wie bei allen CUystoideen — vom Nervenring nach vorn besondere Tentakel-Nerven abgingen und an der Oral-Fläche der Tentakeln bis zu deren Spitze verliefen. 5. Sensillen-System. Als besondere Sinnes-Organe können wir bei allen Amphorideen die eircoralen Tentakeln betrachten, welche in verschiedener Zahl den Mund umgaben: 2 bei Amphoraea und den Anomoeystiden, 3 bei Eoeystis und Arachnocystis, 4 bei Comaroeystis, 5 bei Pentactaea, Echinosphaera und Palaeocystis, mehr als 5 bei vielen anderen Gattungen (15 bei J/rotamphora und Acanthocystis, 25 bei Palamphora und Archaeoeystis, u. s. w.). Bei den zahlreichen Gattungen der Aristocystiden lässt sich die Zahl der Oral-Tentakeln nicht bestimmen, da sie hier zart und weichhäutig blieben, wie bei den Eocystiden, den Holothurien und den Hel- minthen (Bryozoen, Rotatorien). In den beiden Familien der Anomoeystiden und Palaeoeystiden hingegen sind dieselben wohl erhalten, da die vergrösserten Tentakeln eeoliederte Mundarme oder Kalk m ihrer Dorsal-Wand ablagerten und sich so in geg Brachiolen verwandelten. Da sich hier bisweilen (z. B. bei Pleuroeystis und Arachnocystis) eine Subvektiv-Rinne und als deren Einfassung eine Doppelreihe von Festschrift für Gegenbaur. 4 36 ErNsT HAECKEL [26 Saumplättchen an der Ventral- Seite der Brachiolen deutlich erkennen lässt, ähnlich wie bei den Urinoideen, so ist es sehr wahrscheinlich, dass die Tentakeln getiedert oder verzweigt waren, ähnlich wie bei dendrochiroten Holothurien. In einigen Gat- tungen tragen die gefiederten Brachiolen sogar entwickelte Seiten-Zweige, gleich den Pinnulae der Urmoideen, und hier werden wahrschemlich zahlreiche kleine Tentakeln dritter und höherer Ordnung von den Aesten sich erhoben haben. Die tetranemale Comarocystis hat solche gegliederte Pinnulae sehr deutlich konservirt. Der Bau aller dieser Oral-Tentakeln wird ähnlich wie bei den nächstverwandten Holothurien gewesen sein; ıhr exodermaler Ueberzug wird theilweise em differenzirtes Sinnes- Epithel gewesen sein, während die innere Höhle, als Fortsatz des Hydrocoels, eine entodermale Auskleidung von Flimmer-Epithel besass. 6. Darm-System. Vom Darmkanal der Amphorideen smd allgemein die beiden Oeffnungen an der fossilen Theca erhalten, der centrale Mund und der ex- centrische After (S. oben page. 16), Gewöhnlich liegen dieselben nicht weit von einander; wir können daraus schliessen, dass das Darmrohr eime huteisenförmige Biegung gemacht hat, wie bei vielen festsitzenden Helmmthen (Bryozoen, Brachiopoden und anderen Pleuropygiern); bei grösseren Formen verlief der Darmkanal vielleicht in einer oder mehreren Spiral-Windungen, wie bei vielen Crinoideen und Echinideen. Im Uebrigen dürfte der Darmkanal der meisten Amphorideen eine ziemlich einfache Beschaftenheit gehabt haben, wie bei den Zolothurien. Vermuthlich sind die drei urspriimglichen Abschnitte desselben, der exodermale Vorderdarm (Schlund), der entodermale Mitteldarm (Magen) und der entodermale Hinterdarm (Dünndarm) theilweise deutlich erhalten geblieben. Das dorsale Mesenterium, welches ursprünglich bei allen Astrolarven das Darmrohr am Perisom befestigt und die beiden Coelomtaschen trennt, hat vielleicht bei den älteren Amphorideen noch sehr primitive Bildungs-Verhältnisse gezeigt, während es bei den jüngeren Formen, den Windungen des verlängerten Enteron folgend, komplizirte Drehungen und Lage-V eränderungen annahm, ähnlich wie bei Holothurien, Crinoideen, Echinideen u. s. w. 7. Coelom-System. Die geräumige Leibeshöhle, welche wir m der Theca aller Amphorideen finden, ist sicher zum grössten Theile von zwei voluminösen Organen erfüllt gewesen, dem Darmrohr und den Geschlechts-Drüsen. Der übrige Theil derselben dürfte mit demselben Fluidum (— einer Mischung von Seewasser und Blut? —) ausgefüllt gewesen sein, wie bei den übrigen Echmodermen, Wie bei diesen, ist sicher das Coelom aus ein paar lateralen Enterocoel-Säcken entstanden, welche den hinteren Abschnitt der beiden primären, aus dem Mitteldarm hervor- gewachsenen Coelom-Taschen darstellten, deren vorderer Abschnitt die beiden Hydro- coel-Säcke lieferte. Vielleicht wird auch das ventrale Mesenterium, als mediane Scheidewand zwischen beiden Säcken, gegenüber dem dorsalen Gekröse, theilweise erhalten geblieben sein. Im Uebrigen wird sich die spätere Leibeshöhle als „Mega- coel‘“ bei den Amphorideen wohl ganz eimfach verhalten haben, ähnlich wie bei den Holothurien; insbesondere fehlten die komplizirten Sinus-Bildungen, welche als separirte Kammern des sekundären Coelom bei den höheren Echimodermen (Pentorchonien) [6] 1 | AMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 2 eine so grosse Rolle spielen; sicher fehlte der Paraxon-Sinus, ebenso wie die Paraxon- Drüse und der damit verbundene ringförmige Genital-Sinus. 8. Blutgefäss-System. Das eigenthümliche System von „wandungslosen Konnektiv-Lakunen“ oder von „bluterfüllten, netzartig verbundenen Hohl- räumen im Bindegewebe“, welches neuerdings für alle Echinodermen als „absolut charakteristisch“ gilt (5, pag. 1040), ist vermuthlich schon bei der Stammgruppe der Amphorideen allgemein vorhanden gewesen. Ich «deute als solche Blutgetässe die .„.Poren-Ranäle“ in den Tafeln der Theca, über deren anatomisches Verhalten und physiologische Bedeutung die Ansichten so weit aus einander sehen (Vergl. oben pag. 21). Insbesondere glaube ich, dass die „einfachen Poren-Kanäle“ m der dieken Schale der Piroeystiden, die „hauten-Kanäle“ im den Poren-Rauten der Oroeystiden und Palaeoeystiden nichts Anderes waren als ermährende Blutgefässe des Corium; besonders scheint mir das Verhalten der Rauten-Kanäle zu den Suturen zwischen den benachbarten Panzer-Platten (— in welchen deren Wachsthum statt- tindet! —) zu Gunsten jener Annahme zu sprechen. Ausserdem haben wahrscheinlich alle Amphorideen, gleich den nächstverwandten Holothurien, zwei grosse Darm- gefässe besessen, ein dorsales und ein ventrales, — uralte Erbstücke von den praecambrischen Vermalien-Ahnen. 9. Genital-System. Die vergleichende Anatomie der Amphorideen und der übrigen Echinodermen gestattet uns die sichere Annahme, dass die Amphori- den Monorchonien waren, gleich den Chystoiden und Holothurien. Da die Pentaradial-Struktur im dieser ältesten Echinodermen-Klasse iiberhaupt noch nicht ausgebildet und an ihrer fossilen Theca keme Spur derselben zu finden ist, so erscheint die Möglichkeit, dass die Amphorideen fünf Gonaden besassen (gleich den den Pentorchonien) für uns ganz ausgeschlossen. Sicher waren nur ein Paar «onaden vorhanden, wie bei den Holothurien und bei den Helminthen-Ahnen, und dem entsprechend fehlte auch die Paraxon-Drüse der Pentorchonien, jenes räthselhafte „Axial-Organ oder Dorsal-Organ‘ der höheren Echinodermen, welches nach unserer Ansicht aus dem Gonaden-Stamm der Monorchonien durch Arbeitswechsel entstan- den ist. Wahrschemlich besassen die Gonaden bei allen Amphorideen eine sehr einfache Bildung; sie Jagen als ein Paar laterale Schläuche, oder meistens wohl verästelte oder traubenförmige Drüsen, in den beiden Seitenhälften der Leibeshöhle, getrennt durch das «lorsale Mesenterium, in welchem ihr gemeinsamer Ausführgang eingeschlossen war und aufsteigend zum Tegument verlief. Hier mündete der Gonoduetus nach aussen dureh den Gonoporus, die einfache unpaare Geschlechtsöffnung, welche bei den meisten Amphorideen zwischen Mund und After zu finden ist, meistens etwas links (seltener rechts) von der ventralen Mittellinie. Doch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass bisweilen (oder allgemein?) der Geschlechtsleiter sich m den Enddarm öffnete („Kloake“), und dass jene sogenannte „dritte“ Oeffnung der Hydroporus war. (Zur Erläuterung der vorstehenden hypothetischen Darstellung des Malacoms vergl. Taf. V nebst Erklärung.) 4* 28 Ernst HAEcKEL [28 Ambulacral-System der Amphorideen. Das charakteristische Ambulacral-System der Echmodermen, welches diesem ganzen Thier-Stamme seinen exklusiven Stempel aufdrückt, zeigt in der Klasse der Amphorideen primitivere Bildungs - Verhältnisse, als in allen übrigen Klassen des Stammes. Die typischen Ambulacra, d. h. die eigentlichen „Ambulacral-Felder“ mit ihrem zusammengesetzten Bau, fehlen hier noch vollständig, und somit auch die radialen Prinzipal-Kanäle, welche in den Perradien der Theca verlaufen und deren „Radiär-Form“ in erster Linie bestimmen. In keiner der vier Familien, welche wir in der Amphorideen-Klasse unterscheiden, besteht irgend eine Andeutung von Radial- Struktur der Theca. Wir missen daher annehmen, dass das Ambulacral-System hier noch auf jener primitiven Bildungs-Stufe stehen geblieben war, welche uns die ver- gleichende Ontogenie vorübergehend in dem Pentactula-Stadium der lebenden Echinodermen-Klassen nachweist; es war ein Hydrocircus oder „Wassergefäss-Ring“ um den Mund vorhanden, und Fühler-Kanäle, welche von diesem in die Mundfühler eingen; ferner ein Hydroductus oder „Steinkanal“, dessen inneres Ende asymmetrisch in den Ringkanal mündete, dessen äusseres Ende auf der Oberfläche der Theca sich direkt nach aussen öffnete. Diese letztere Oetfnung, der Hydroporus, ist der einzige Theil des Ambulacral - Systems der Amphorideen, von welchem ihre fossilen Theca-Reste uns unmittelbar Kunde geben; alle übrigen Verhältnisse desselben müssen wir aus der vergleichenden Anatomie und Ontogenie erschliessen. Die werthvollsten Aufschlüsse geben uns dabei die Holothurien, die einzige noch lebende Echino- dermen-Klasse, welche mit den Amphorideen und Cystoideen zu den Monorchonien gehört. Von den beiden Oeffnungen, welche bei den Holothurien zwischen Mund und After liegen (häufig zu emer verschmolzen), ist die vordere der Hydroporus, die hintere der Gonoporus; wir dürfen schliessen, dass bei den nahe verwandten Amphorideen diese beiden genan in derselben relativen Lage befindlichen Oetfnungen auch die gleiche Bedeutung haben (Aristocystis u. A.) Gewöhnlich liegt allerdings zwischen Mund und After nur eine Oetfnung; dann ist wahrschemlich die Genital- Oeffnung entweder mit dem Hydroporus oder mit dem After vereinigt. Vielleicht miindeten auch bei den meisten Amphorideen die Gonaden in den Enddarm und dann dürfte die „dritte Oetfnung“ nur als Hydroporus zu deuten sem. Ueber das Ambulacral-System der vier Familien ist noch Folgendes zu bemerken. I. Das Ambulacral-System der bilateralen Anomocystiden (Taf. I, Fig. 1-16) ist durchaus problematisch; man könnte vermuthen, dass es hier über- haupt noch nicht selbstständig entwickelt war, oder dass es nur durch em paar laterale Hydrocoel-Kanäle vertreten war, welche um den Mund herum einen huf- eisenförmigen, hinten offenen Bogen bildeten, vielleicht auch einen geschlossenen Ring, von welchem ein paar „Tentakel-Kanäle“ zu den beiden gegliederten, antennenähnlichen Brachiolen gingen. Bei Pleuroeystis, wo die letzteren sehr stark und ansehnlich entwickelt sind, scheinen sie ächten Brachiolen ähnlich gebaut zu sein, mit zwei Reihen Saumplättchen an der Ventral-Seite; «diese Gattung ist auch 29) ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 29 durch drei dorsale Kamm-Rauten ausgezeichnet; die paarigen vorderen sind vielleicht Madreporiten, die unpaare hintere dagegen „Genital-Porus“ (?). Il. Das Ambulacral-System der monaxonen Aristocystiden (Taf. II, Fig. 17— 28) ist kaum weniger unsicher, als dasjenige der bilateralen Anomocystiden; auch hier fehlt das Anthodium. Als einzige Spur desselben könnte nur der Hydro- porus gedeutet werden; aber dieser ist (— als „vierte Oeffnung der Theca“ —) nur selten nachweisbar (bei Aristocystis); und auch dann ist seine Deutung unsicher. Die Mundöttuung zeigt bei den zahlreichen Gattungen dieser Familie — ebenso bei den Pirocystiden, wie bei den Orocystiden — kemerlei Andeutung davon, dass etwa Radial-Kanäle von ihr auf die Theca ausgegangen wären. Das pentaradiale Anthodium, welches als „subtegminale Ambulacral-Rosette‘“ von drei Gattungen dieser Familien beschrieben wurde (Aristoeystis, Pirocystis und Craterina) gehört nicht zu diesen, sondern zu Glyptocystiden (s. unten). Thatsächlich ist an der fossilen Theca der Aristocystiden ebenso wenig eime Spur von radialem Körperbau und von einem Ambulacral-System zu entdecken, als bei den äusserlich sehr ähnlichen Ascidien; nur der Bau des Platten-Panzers bei den ersteren, sowie ihre nahen Beziehungen zu Palaeocystiden und Pomocystiden, haben zu der Annahme geführt, dass sie wirklich schinodermen seien. (Vergl. unten: „Hydrophora palmata‘.) III. Das Ambulacral-System der Palaeocystiden (Taf. I) ist an der Theca dieser Familie ebenso wenig erkennbar, als in den beiden vorhergehenden Familien der Amphorideen; allein hier treten zum ersten Male fossil erhaltene Brachiolen auf, als skeletale „Arme‘“, welche den Mund umgeben. Da der Bau dieser segliederten Mundarme demjenigen von manchen Cystoideen und Crinoideen gleicht, da sich insbesondere an ihrer Ventral-Seite bisweilen eine Subvektiv-Rinne und eme Einfassung von zwei Reihen klemer Saumplättchen erkennen lässt, so glauben wir zu der Annahme berechtigt zu sein, dass unter dieser Rinne ein ambulacraler Arm- Kanal verlief, und dass derselbe Aestchen an die (fossil nicht konservirten) Tentakel- chen abgab, die von den Armen getragen wurden. Die „Mundarme‘ waren hier ver- muthlich auch schon durch emen geschlossenen Hydrocircus verbunden, der den Mund umgab. Es fehlten aber noch vollständig die eigentlichen „Prinzipal-Kanäle“, die „Radial-Kanäle* der Theca, welche von dem Mundringe centrifusal m aboraler Direktion abgehen. Mit der Entstehung der letzteren bei den Fomoeystiden und Fungoeystiden beginnt erst der eigentliche Cystoideen-I'ypus, und damit das typische Anthodium oder die .„.Ambulacral-Rosette‘ der Anthodiaten. IV. Das Ambulacral-System der Eocystiden — und namentlich der Amphoraeiden, als der gemeinsamen Stamm-Gruppe aller Echimodermen — ist uns, da fossile Reste dieser ältesten Stamm-Familie fehlen, nur hypothetisch durch die vergleichende Anatomie der übrigen Amphorideen zugänglich. Wir dürfen danach vermuthen, dass bei den ältesten Eoeystiden dieses Organ-System noch nicht selbst- ständig entwickelt, sondern durch ein paar laterale Hydrocoel-Kanäle vertreten war, welche als Exeretions-Drüsen fungirten und durch em paar dorsale Hydroporen nach aussen mündeten. Dann entsendeten dieselben jederseits emen Kanal in die beiden 30 Ersst HAECcKEL [30 lateralen Tentakeln (wie bei den Anomocystiden) und verbanden sich vor dem Munde durch eine bosenförmise Anastomose. Später schloss sich dieser hufeisen- 8 te) förmige Bogen zu einem vollständigen Mundrine, und nun wuchsen von diesem auch ambulacrale Kanäle in die sekundären Tentakeln hinem, welche sieh zwischen den beiden primären lateralen entwickelten. (Vergl. Taf. V.) Erste Familie der Amphorideen: Eoeystida, E. Harcker.. Archaeocystida, E. HAECKEL, 1895, 50, pag. 4. Protamphorida, E. HAECKEL, ibid. (Vergl. pag. 12). Taf. V, Fig. 10—15, Familien-Öharakter: Amphorideen mit bilateraler Theca, ohne zusammen- hängenden Platten-Panzer, mit dehnbarer Lederhaut, im welche zahlreiche isolirte Kalkstickel eingelagert sem können. Dorsale und ventrale Seite des Körpers mehr oder weniger verschieden. Mund am vorderen oder oberen Pole der Hauptaxe, von kontraktilen Tentakeln umgeben, aber ohne skeletale Brachiolen. Die Familie der Eoeystida (= Archaeoeystida und Protamphorida) bildet die hypothetische Stammgruppe der Amphorideen, und somit sämmt- licher Echinodermen. Wir müssen annehmen, dass diese wichtige Thiergruppe während der cambrischen und präcambrischen Zeiträume durch zahlreiche verschiedene Formen vertreten war und dass diese eine lange Reihe von verbindenden Zwischen- formen zwischen den bilateralen Astrelminthen (— den Vermalien-Ahnen der Echino- dermen —) und den ältesten pentaradialen Formen des Stammes herstellten. Ob aber unter den fossilen Echinodermen-Resten sich Vertreter dieser palaeozoischen Stammgruppe finden, ist sehr zweifelhaft; denn es ist in hohem Grade wahrschein- lieh, dass dieselben noch keinen zusammenhängenden, der Versteinerung fähigen Platten-Panzer besassen, dass vielmehr ihre Skelet-Bildung sich auf die Ablagerung von kleinen isolirten Kalksticken in der Lederhaut beschränkte, wie bei den Holo- thurien. Unter den bekannten Petrefacten könnte möglicherweise Lapilloeystis fragilis hierher gehören, welche Barraxpe aus dem Cambrium von Oentral-Böhmen 30). Das Skelet dieses eiföürmigen beschtieben hat (12, pag. 182, Bl22, Pig. 27 Körpers, der 23 mm lang und 22 mm breit ist, besteht aus Tausenden von kleinen polygonalen Kalkplättchen, welche unregelmässig geformt sind und ohne bestimmte Ordnung locker in das Corium eingelagert zu sein scheinen. Die Organisation dieser ausgestorbenen Stammgruppe und speziell ihrer ältesten Stammform, der hypothetischen Amphoraea, lässt sich bis zu einem gewissen Grade durch Verwerthung der mancherlei Anhaltspunkte errathen, welche uns einer- 31] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 3] seits die vergleichende Anatomie und Ontogenie der Echinodermen bietet, anderseits ihre Palaeontologie und Systematik. Aber wir missen gleich hinzufügen, dass die dadurch erlangten Vorstellungen nur den Werth von provisorischen Hypo- thesen haben, und dass sie natürlich abhängen von dem jeweiligen Zustande unserer empirischen Kenntnisse und unseres philosophischen Schlussvermögens. Ich selbst möchte die nothwendige Vorsicht hierbei um so mehr betonen, als ich meine Anschaungen darüber im Laufe der Zeit mehrfach geändert habe. (Vergl. unten die „Aphorismen“). Besondere Schwierigkeiten bereitet dabei der Umstand, dass uns die Organisation der fossilen Amphorideen nur sehr unvollständig bekannt ist, und doch die Form in den einzelnen Familien beträchtliche Verschiedenheiten darbietet. Die Anomoeystiden haben mit gepanzerten Helmmthen (oder selbst Crustaceen) — die Aristocystiden mit getäfelten Ascidien grössere Aehnlichkeit als mit ächten Echino- dermen; wenn nicht beide Familien durch konnektente Brückenformen mit den Palaeoeystiden, und durch diese wieder mit den ältesten Cystoideen (Pomoeystiden) verknüpft wären, würde man nicht berechtigt sein, sie überhaupt für wirkliche Echinodermen zu halten. Die Pentactaea von Rıcımarn Semoxn, welche dieser scharfsinnige Natur- forscher im seinen Studien über „Die Entwickelune der Synapta digitata und die Stammesgeschichte der Echinodermen“ (4) so klar definirt und als gemeinsame hypothetische Stammform derselben erläutert hatte, halte ich auch heute noch als solche für bedeutungsvoll; ich habe auch in meiner „Vorläufigen Mittheilung“ (50) mich 1895 dahin geäussert, dass ihre hypothetische Organisation derjenigen der fossilen Amphorideen entspricht. Zugleich habe ich dort darauf hingewiesen, dass dieser fünfstrahligen Stammform wahrscheinlich ältere, dreistrahlige und zweiseitige Formen vorausgegangen seien. Die fortgesetzte eingehende Untersuchung der Amphorideen hat mich im dieser Auffassung bestärkt, und ich möchte jetzt an Stelle der früher skizzirten Ahnen-Reihe eher die nachfolgende Stufenreihe (— jedoch mur als heuristische Hypothese! —) in Vorschlag bringen: l. Erste Stufe: Amphoraea (dinema), älteste Stammform der Echinodermen im weiteren Sinne! Vertreter der zweiarmicen Eocystiden. Körper frei beweglich, bilateral, im Ganzen den’ ältesten Anomocystiden ähnlich organisirt (Zrigonoeystis, Trochocystis), aber mit lockerem Stückel-Skelet, ohne das feste Tafel-Skelet dieser Familie. Bauchfläche und Rückentläche waren an dem eiförmigen, bilateral-sym- metrischen Körper dieser helminthoiden Stammform verschieden; Mund vorn, After hinten. Ueber dem Munde erhoben sich ein paar hohle Tentakeln, deren Hohlraum m direkter Kommunikation mit ein paar lateralen Hydrocoel-Kanälen stand. Die letzteren, als laterale Ausstülpungen des Mitteldarmes entstanden, und von diesem abgeschnürt, fungirten als Exeretions-Organe nnd miündeten durch ein paar Hydroporen nach aussen. Wahrscheinlich standen beide Hydrocoel-Röhren bereits durch einen trans- versalen Bogen unter dem Schlunde in Verbindung. (Vergl. Tat. V, Fig. 10.) II. Zweite Stufe: Eoeystis (trinema). Dreiarmige Kocystiden-Gruppe. Zwischen den beiden lateralen Mundfühlern der Amphoraea entwickelt sich oben in der 32 Ernst HAECKEL [32 Mitte ein unpaarer dritter Fühler, der Frontal-Tentakel. Dieses trinemale Stadium würde unter den gepanzerten Aristocystiden seine entsprechende Parallel-Stufe in Arachnoeystis finden. Wahrscheinlich war der Entstehung des dritten Tentakels vorausgegangen die Anpassung an festsitzende Lebensweise (Anheftung des bim- förmigen Körpers durch einen aboralen Stiel oder Schwanz), sowie die Verwandlung des subpharyngalen Hydrocoel-Bogens m einen geschlossenen eircoralen Ring (Hydrocireus); dieser kam dadurch zu Stande, dass die beiden Schenkel des hufeisen- förmigen, den Schlund unten umfassenden Hydrocoel-Bogens oben über demselben zusammenwuchsen und anostomosirten. (Vergl. Taf. V, Fig. 11.) III. Dritte Stufe: Pentactaea (pentanema). Fünfarmige Kocystiden. Das dreiarmige Stadium der Eoeystiden geht in das fünfarmige über, indem die beiden lateralen Tentakeln sich gabelförmig theilen; die Gabelung geht später bis zur Basis derselben herab, die beiden Gabeläste jeder Seite werden selbstständig und rücken auseinander. Dieser hvpothetische Prozess findet seine reale Wiederholung in der Familie der gepanzerten Palaeoeystiden. Bei Echinosphaera, die wir von trmemalen, Arachnoeystis ähnlichen Ahnen ableiten können, spalten sich die beiden paarigen Brachiolen schon nahe dem Ursprung; bei Palaeoeystis sind die fünf so entstandenen Arme selbstständig geworden und entspringen getrennt vom Mundrohr; wir bezeichnen dann die beiden vorderen Seiten-Arme (zwischen denen vorn der unpaare Frontal-Tentakel steht) als pectorale, die beiden hinteren als posterale (oder paranale). Dass die fünf Primär-Tentakeln, die auf diese Weise entstanden sind, den ersten Ausgangspunkt für die ganze weitere Pentanomie der Echinodermen darstellen, dass von ihnen der füntstrahlige Bau zunächst des Ambulacral-Svstems, und weiterhm aller übrigen Organe veranlasst wird, ist im Sinne der Pentactaea- Theorie jetzt wohl von den meisten Eehinologen anerkannt. Besonders bemerkens- werth erscheint mir die Analogie der hypothetischen Fentactaea mit der festsitzenden pentanemalen Rotatorie Stephanoceros Eichhornii (Taf. V, Fig. 12). Der ausgezeichneten Definition, welche Semox (4) von seiner Pentactaea-Stammform gegeben hat, stimme ich m allen wesentlichen Punkten bei, und besonders in der Annahme, dass das Ambnlaeral-System derselben bloss aus dem eircoralen Hydrocoel-kimg bestand, aus den fünf „Protentakel-Kanälen‘‘, welche von diesen in die fünf Primär-Tentakeln hinein gingen, und aus dem Hydroductus oder dem „primären Stemkanal“, welcher im Dorsal-Mesenterium lag und mit dem inneren Ende in den Hydroecireus, mit dem äusseren Ende durch den Hydroporus nach aussen mindete. Ergänzend wäre noch hinzu zu fügen, dass der bimförmige, durch einen kurzen aboralen Stiel befestigte Körper der Pentactaea asymmetrisch war, indem die Anheftung mit dem rechten Theile der Riückenseite erfolgt war; die Mundscheibe mit dem pentanemalen Tentakel-Kranze wird schief nach links gerichtet gewesen sein. Die geometrische Grundform der Pentactaea zeigte demnach zum ersten Male jene eigenthümliche Verbmdung von bilateraler Asymmetrie und pentaradialer Form, welche für den grössten Theil des Echinodermen-Stammes so charakteristisch ist. (Vergl. Taf. V, Pie. 12, 13.) 33] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 25) IV. Vierte Stufe: Palamphora (polynema). Vielarmige Bocystiden. Das pentanemale Stadium der Pentactaea geht in das polynemale der Palamphora über, mdem sich sekundäre Tentakeln zwischen den fünf primären vom Mundringe aus entwickeln; in jeden Tentakel schickt der Hydrocireus einen blinden Ausläufer hinein. Die vergleichende Ontogenie der Eehinodermen zeigt uns, dass dieses Wachs- thum der Tentakel-Zahl meistens gesetzmässig erfolgt. Wenn sich zwischen den fünf perradialen Primär-Tentakeln fünf interradiale sekundäre entwickeln, entsteht em Kranz von zehn Mundfühlern, wie ihn viele ältere Holothurien zeigen: Decamphora, Wenn dagegen die fünf Primär-Tentakeln sich verlängern und an ihrer Basis paarige Seiten-Aeste treiben, so entstehen Stadien mit 15 Tentakeln (Protamphora), mit 25 Tentaken (Palamphora), mit zahlreichen (7 X 5 oder mehr) Mundfühlern. Diese Bildungsstufen entsprechen denjenigen, die sich unter den ältesten Cystoideen, den Pomoeystiden, wiederholen, wenn die fünf Primär-Tentakeln, in aboraler Direktion anf die Theca wandernd, fünf perradiale Prinzipal-Kanäle bilden und diese paarweise stehende, laterale Seitenäste treiben (Vergl. ımten das System der Pomoeystiden). Die fossile Zapilloeystis fragilis aus dem böhmischen Cambrium hat wahrscheinlich zur Gruppe der Palamphoriden gehört. (Vergl. Taf. V, Fig. 13—15.) Man kann die vier vorstehend aufgeführten Typen der Eocystiden, die vermuthlich in der eambrischen und präcambrischen Zeit durch viele verschiedene Genera und Species vertreten waren, als Vertreter von vier Subfamilien dieser Gruppe betrachten, und diese wieder zu zwei Familien vereinigen: Amphoraeida und Pen- tactaeida. Die Familie der Amphoracida würde dann die dinemalen Amphorel- lina (Amphoraea und Verwandte) umfassen, die Familie der Pentactaeida dagegen die trmemalen Eoeystellina (Kocystis), die pentanemalen Pentaetellina (Pen- tactaea) und die polynemalen Palamphorellina (Palamphora). Zweite Familie der Amphorideen: Anomoeystida, Woonwarn, 1880. Anomalocystida, WOODWARD, 1880: 26, pag. 193, Pl. VI. Pleurocystida, NEUMAYR, 1889; 8, pag. 413. Pleuroeystida, BERNARD, 1895; 30, pag. 206. Anomalocystida, Ziurver, 1895; 7, pag. 156. Anomocystida,. E. HAEcKEL, 1895; 50, pag. 6. Taf. II, Fig. 1—16. Familien-Charakter: Amphorideen mit bilateraler, stark dorso-ventral deprimirter T’heca und zusammenhängendem Platten - Panzer; dorsaler und ventraler Panzer mehr oder weniger verschieden, meistens durch einen Marginal-Gürtel getrennt. cr Festschrift für Gegenbaur 34 Ernst HAECKEL [34 Mund am vorderen Pol der horizontalen Hauptaxe, auf der Bauchseite, mit ein paar lateralen gegliederten Brachiolen (oder skeletalen Mundarmen). Die Familie der Anomoeystida (oder Pleuroeystida) umfasst eine Anzahl von höchst merkwürdigen, theils cambrischen, theils silurischen Amphorideen, welche in der äusseren Gestalt eher einer ÜUrustacee als einem Echinodermen gleichen ; that- sächlich ist auch eine Gattung derselben (Placocystis) von Wiermergy als Urustacee beschrieben worden. Wie bei diesen ist der Körper vollkommen bilateral gebaut, mit eimer dorsalen und ventralen Kapselhälfte; vorn neben dem Munde sitzen ein paar Brachiolen, welehe Antennen gleichen; hinten sieht der gegliederte Stiel einem Crustaceen-Schwanz ähnlich. Nach meiner Ansicht ist diese auffallende Convergenz der Form nur durch gleichartige Anpassung an dieselbe Lebensweise erklärbar und durch die Annahme, dass die Anomoevstiden — wenn auch in der Jugend mit dem Stiel angeheftet — doch im Alter frei waren und sich kriechend (vielleicht selbst schwimmend) auf dem Meeresboden fortbewegten ; dabei scheint der abeelöste Stiel als Lokomotions- Organ — wie ein Urustaceen- Schwanz — mitgewirkt zu haben. Die Hauptaxe des Körpers lag dabei horizontal, wie bei den Holothurien; der Mund vorn, Als besondere Familie der Üystoideen: Anomaloeystida, wurde diese interes- sante Gruppe 1872 von Meer aufeestellt und von Woonwarn 1880 genauer beschrieben (26, pag. 8). Die ältesten bekannten Formen stammen aus Nord-Amerika und wurden von Bıruınas als Pleuroeystites (1354) und Ateleoeystitis (1858) beschrieben (15); von Harz als Anomaloeystites (1859). Später gab Konmer einer ähnliehen britischen Form den Namen Placoeystites (1369). Endlich gab Barranpe (1887) vortreftliche Abbildungen von zwei älteren böhmisehen Gattungen: Mitroeystites und Trochoeystites ; eine dritte, von ihm Balanocystites genannte Form ist ungenügend bekannt. Ich behalte hier diese sechs Gattunesnamen, als typische Vertreter der Familie, bei, wenn ich sie auch theilweise etwas anders definire (und die Endigung eystites durch die kürzere und bessere cystis ersetze). Die bilaterale Grundform, welche die Anomoeystiden auszeichnet, findet sich allgemein in folgenden sechs Eigenthümlichkeiten ausgesprochen: 1. die Theca ist dorsoventral abgeplattet; die eine, untere Seite, welche bei dem kriechenden 'Thiere auf dem Boden lag, ist plan oder konkav, die entgegengesetzte obere frei und konvex; erstere kann als ventrale, letztere als dorsale Fläche unterschieden werden. 2. Die horizontale Längsaxe der Theca, identisch mit der vertikalen Hauptaxe der übrigen Amphorideen — ist dadurch bestimmt, dass an ihrem vorderen Ende (Oral-Pol) die Mundöttnung liest, am hinteren Ende (Aboral-Pol oder Caudal-Pol) der Ansatz des Stieles (= Schwanz). 3. Demnach theilt eine ideale Median-Ebene, welche durch diese horizontale Länesaxe und durch die vertikale (Rücken und Bauch verbindende) Sagittal-Axe gelegt wird, den Körper in zwei spiegelgleiche Hälften: rechtes und linkes Antimer. 4. Die Symmetrie dieser beiden Antimeren ist niemals ganz voll- kommen, sondern stets mehr oder minder gestört; meistens liegt eine grössere Oeffnung (After?) asymmetrisch auf einer Seite. 5. Diese Asymmetrie ist gewöhnlieh auch in der bilateralen Anordnung der Panzerplatten angedeutet, imdem einzelne links grösser 35] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 35 sind als rechts (oder umgekehrt). 6. Vorn am Munde liegen ein paar Brachiolen oder gegliederte Mundärmcehen, ähnlich einem Antennen-Paar; sie fanden sich wahr- scheimlich bei allen Anomoeystida, sind aber nicht überall fossil erhalten, Die Theca der Anomoeystida ist allgemein dergestalt dorsoventral abge- plattet, dass von den drei Richtaxen oder Enthymen die längste die horizontale Hauptaxe ist, die kürzeste dagegen die vertikale Sagittalaxe; zwischen beiden Euthynen in der Mitte steht die Transversal-Axe (mit rechtem und linkem Pol). Der Umriss der abgeplatteten Panzerkapsel ist bald fast kreisrund oder herzförmig (Trochoeystis), bald parabolisch oder abgestutzt eiförmig (Mitrocystis); elliptisch („Inomoeystis) oder fast rechteckig (Ateloeystis); birnförmig (Placoeystis) oder dreieckig (Trigonoeystis, Pleuroeystis). Vom ist der Stmmrand bei den meisten Anomoeystiden bogenförmig abgerundet; dagegen ist er breit abgestutzt bei Atelocystis, zugespitzt bei Pleuroeystis. Hinten ist der aborale Rand der Theca meistens mehr oder weniger tief ausgeschnitten, besonders auf der Bauchseite. Der Platten-Panzer der Theca ist bei allen Anomoevstiden auf der dorsalen und ventralen Fläche verschieden, und zwar meistens sehr auffallend. Wir können in dieser Beziehung drei Unterfamilien unterscheiden, von denen jede durch zwei Grattungen repräsentirt ist: I. Subfamilie: Placocystida: Die dorsalen und ventralen Panzer sind nur wenig verschieden, beide m ähnlicher Weise aus gleichartigen Platten zusammengesetzt: bei Trochoeystis (Tat. II, Fig. 1—4) aus zahlreichen und kleinen Täfelehen, ohne reguläre Anordnung; bei Placocystis aus wenigen grossen Tafeln, welche bilateral geordnet sind (Fig. 5—7). II. Subfamilie: Atelocystida: Die Platten sind auf der konvexen Rickenseite zahlreicher und klemer als auf der ebenen oder konkaven Bauchseite; sie sind zwar allgemein bilateral geordnet, aber bei Anomoeystis theilweise asymmetrisch (Fig. 8, 9); bei Ateloeystis fast ganz symmetrisch (Fig. 10—12). III. Subfamilie: Pleurocystida: Die Platten sind gerade umgekehrt differenzirt, wie bei den vorigen; sie sind auf der konkaven Ventral-Seite zahlreicher und kleiner als auf der konvexen Dorsalseite; bei Mitrocystis (Fig. 13, 14) ist diese Ditterenz noch nicht so auffallend, wie bei Pleuroeystis (Fig. 15, 16). Die Struktur der Panzerplatten, welche meistens sehr dünn, aber fest zu sein scheinen, zeigt in den sieben Gattungen der Familie ebenfalls Verschiedenheiten. Sie sind sehr fein granulirt (oder porös?) bei Trochocystis und Mitrocystis. Bei Placo- cystis scheimen sie ganz glatt und homogen zu sem. Anomoeystis und Atelocystis zeichnen sich durch sehr feine aber scharfe Querstreifung der Tafeln aus. Pleuroeystis endlich zeigt auf den grossen Dorsal- Tafeln bald radiale Rippen und konzentrische (den Nähten parallel laufende) Streifen, bald „Poren-Rauten“ oder rhombische Naht- bänder, die sich ähnlich denjenigen der Palaeocystiden verhalten. Die Thecal-Ostien schemen in den Gattungen der Anomocystiden auftallende Verschiedenheiten bezüglich ihrer Zahl, Lage und Form darzubieten. Jedoch ist ihre Deutung meistens schwierig und sehr unsicher. Nur der Mund liegt überall vorn in der Mitte, am Oral-Pol der Längsaxe, und zwar an der Ventral-Seite. Er ist weit und rundlich bei Trochoeystis, dawesen sehr ene und klein bei Pleuroeystis; bei den Y ’ 85 5 Y ’ 5* 36 Erxst HAEcKEL [36 fünf übrigen Gattungen bildet er einen Querspalt, der namentlich bei Ateloeystis sehr breit wird. Der grosse Mund von Mitrocystis scheint die Oeffnung emes ansehn- lichen Schlundrohres zu bilden, dessen Wand in (10—20) Längsfalten gelegt ist, oder vielleicht aus Kalkplatten zusammengesetzt, ähnlich dem peripharyngalen Kalkring der Holothurien. Unmittelbar nach aussen von den beiden Mundwinkeln stehen rechts und links die paarigen Brachiolen. Die After-Oeffnung scheint in ihrer Lage charakteristische Differenzen darzubieten, die vielleicht als Genus-Charaktere zu verwerthen sind; doch miissen sie noch näher untersucht werden. Bei Trochoeystis und den meisten übrigen Anomoeysti- den scheint der After hinten am Bauche zu liegen, sonst Jinks am hinteren Thecal- Rande, neben der Schwanz- Wurzel. Bei Mitrocystis und besonders bei Pleuroeystis tritt hier (hinten links) ein besonderer „Aftersack* hervor, der an Dendrocystis erinnert. Dagegen scheint bei Atelocystis der After in der Median-Linie des Rückens, unmittelbar iiber der Sehwanz-Wurzel zu liegen (2). (Vergl. oben page. 16.) Gonoporus und Hydroporus sind wahrscheinlich bei emigen Anomoeystiden (wie bei den meisten Amphorideen ?) vereinigt, übrigens oft nicht sicher nachweisbar. Bei Trochoeystis liegt eime „dritte Oettnung“ rechts neben dem Munde, bei Atelocystis in der Median-Linie des Riickens (in einer besonderen Geschlechts-Platte?), vor dem After. Pleuroeystis (Tat. Il, Fig. 15, 16) zeichnet sich durch den Besitz von drei grossen Oeffnungen aus, welehe von emem erhöhten ovalen oder rhombischen Rande umgeben sind; sie scheinen durch ein paar schmale, fein quergestreifte Klappen ver- schlossen werden zu können, und gleichen den Peetinirhomben der Calloeystiden. (Vergl. pag. 23). Zwei von diesen drei Dorsal-Ostien liegen symmetrisch im Vor- dertheil der Theca (hinter den Brachiolen), die dritte unpaare dagegen hinten, schräg vor der Schwanzwurzel; erstere sind vielleicht Madreporiten, letztere der (ronoporus. (2) Die beiden Brachiolen oder „Aermehen“, welche zu beiden Seiten des Mundes am Stirnrande stehen, kommen wahrschemlich allen Anomoevstiden zu; da sie aber leicht abbrechen und verloren gehen, sind sie bei einigen noch nicht gefunden (bei den böhmischen Formen Trochoeystis und Mitroeystis). Sie gleichen in Lage und Form den Antennen der Arthropoden. Am stärksten entwickelt sind sie bei Pleuroeystis (Fig. 15, 16); sie sind hier länger als die Theca, gleichen einfachen Urimoideen-Armen und sind aus emer sehr grossen Zahl von kurzen Gliedern zusammengesetzt, welche in zwei alternirenden Reihen stehen (einer dorsalen und einer ventralen). Am inneren (der Längsaxe des Thieres zugekehrten) Rande verläuft eine Armrinne („Ambulaeral- Rinne“), welche mit emer Doppelreihe von kleinen Saumplättchen eingefasst ist. Wahr- scheinlich traten hier zahlreiche kleine Tentakeln vor. Bei den meisten Anomo- eystiden entspringen wahrscheinlich die beiden Arme dicht bei einander, oberhalb der klemen Mundöffnung, wie bei Pleurocystis. Bei Placoeystis und Atelocystis da- gecen liegt der Mund als ein breiter Querspalt unterhalb des breiten, quer abge- stutzten Stirmrandes, und die beiden lateralen Arme stehen weit auseinander, ein- gelenkt an den beiden Ecken des letzteren (Fig. 1, 2, pag. 40). ÄMPHORIDBEEN UND ÜUYSTOIDEEN. DT S$] -ı Der Stiel oder die „Säule® der Anomoeystiden den wir in dieser Familie wohl geradezu als „Schwanz“ bezeichnen dürften, ist meistens ungefähr so lang als der Körper und stets gegen «das Ende hin stark verdünnt und zugespitzt. Bei Pleurocystis ist er fast eylindrisch und dicht geringelt (Fig. 15, 16); bei Trochoeystis schlank kegelförmig und zweizeilie (Fig. 3, 4). Bei den meisten übrigen Gattungen ist der Schwanz im vorderen (proximalen) Theile breit und stark abgeplattet, im hinteren (termimalen) Theile sehr dünn und schwach (Fig. 1, 2, pag. 40). Er diente wahrscheinlich als Locomotions-Organ. Trigonoeystis hat den Schwanz verloren. System der Anomocystida. I. Subfamilia: Placoeystida, Hkl. Mund vorn zwischen zwei lateralen Dorsal-Panzer und Ventral- Panzer Oeffnungen, eine lela Aue 1. Trochoeystis wenig verschieden, in ähnlicher (Hydroporus?) und eine Seen (bohemica). Weise aus gleichartigen Platten rechts (Gonoporus?). Panzer mit zusammengesetzt. (After hinten vielen kleinen Platten. ventral ?) Mund vorn ventral, daneben nur Panzer mit vielen kleinen Platten. (rigona). Schwanz fehlt ganz. Mund vorn zwischen ein paar late- ralen Brachiolen. After hinten. | 3. Plaeoeystis (Gonoporus dorsal?). Panzer mit eine laterale Oeffnung rechts. | 2. Trigonoeystis | (erustacen). wenigen grossen Platten. II. Subfamilia: Ateloeystida. Hkl. Mund vorn, rundlich, zwischen ein Dorsal-Panzer aus einer grösseren paar dicht benachbarten Brachi- | 4. Anomoeystis Zahl von kleineren Platten, Ven- olen. After hinten dorsal, hinter (cormuta). tral-Panzer aus einer kleineren dem Gonoporus? | Zahl von grösseren Platten zu- , Mund vorn, ein breiter Querspalt sammengesetzt. (After hinten zwischen ein paar lateralen, weit | R Er dorsal ?) abstehenden Brachiolen. After | ”' LET hinten dorsal. Zwischen beiden Korea) ein dorsaler Gonoporus. III. Subfamilia: Pleuroeystida, Hkl. Mund vorn ventral (— ohne Brachi- Ir at F : : £ 6. Mitroeystis Dorsal- Panzer aus wenigen sehr olen?). After hinten links. (Gono- | a ni grossen Platten, Ventral- Panzer porus rechts ?) | a: aus sehr vielen kleinen Platten Mund vorn ventral, zwischen ein zusammengesetzt. (After hinten paar starken lateralen Brachiolen. | links ?) After hinten links? Dorsal drei 7. Pleuroeystis Oeffnungen: ein paar vordere (squamosa). (Hydroporen?) und eine unpaare | hintere (Gonoporus?) D) 58 ERNST HAECcKEL [38 5. Genus: Trochoeystis, Barkanne, 1850. a Trochoeystites, BARRANDE, 12, pag. 185. Bullet. Societ. G6ol. France, 1859, tome XVI, pag. 516. Mein, IDG My ey a {0 5 Anomoeystida, deren Platten-Panzer auf beiden Seiten wenig verschieden ist; sowohl das konvexe dorsale als das konkave ventrale Schild ist aus sehr zahlreichen klemen Platten ohne bestimmte Ordnung zusammengesetzt. Marginal-Panzer aus wenigen sehr grossen Randtafeln gebildet. Stiel schlank, zugespitzt, aus zwei alter- nirenden Tafel-Reihen gebildet. Mund vorn in der Mitte (zwischen zwei Brachiolen?). Neben dem Munde zwei ansehnliche Oeftnungen, rechts eine grössere (Gonoporus?), links eine kleinere (Hydroporus?). (After hinten ventral ?) Species typica: Trochocystis bohemica, Barkanoe, 1859, Trochocystites bohemicus, BARRANDE 12, pag. 188, Pl. 3, Pl. 4, II, Fig. 1—7. Fundort: Cambrium von Böhmen, Frankreich und Spanien. Das Genus Trochoeystis, welches im europäischen Cambrium ziemlich ver- breitet vorkommt, kann unter den bekannten Anomocystiden als die einfachste und älteste Form angesehen werden. Die Tätelung des Panzers ist auf der dorsalen und ventralen Seite nahezu gleich und besteht aus sehr zahlreichen kleinen Platten, welche meistens hexagonal, von ziemlich gleicher Grösse und nicht deutlich in Reihen geordnet sind. Auf den Durchmesser kommen sowohl in longitudinaler als in trans- versaler Richtung 12—16 Tafeln. Am Rande der kreisrunden oder herzförmieen Kapsel werden das konvexe hückenschild und das konkave Bauchschild durch einen breiten lateralen Gürtel getrennt, welche aus 12 grossen Tafeln zu bestehen scheint. Der schwanzähnliche Anhang oder „Stiel“, welcher vom Aboral-Pol der Kapsel abgeht, ist aus zwei alternirenden Tafel-Reihen zusammengesetzt und spitzt sich von der Wurzel bis zum Distal-Ende allmählich zu. An dem breiteren Oral-Pol liegen drei Oetinungen neben einander, von denen die mittlere (grösste) jedenfalls der Mund ist; von den beiden anderen (seitlichen) ist die linke wahrscheinlich der Hydroporus, die rechte der Gonoporus. Der After dürfte hinten auf der Bauchseite liegen, am Anfange der Schwanzwurzel. Brachiolen sind nicht erhalten. In einigen Figuren von Barranpe (Pl. 3, Fig. 14—18, 21—22) springt am Munde vorn eine grössere Mundplatte vor, und zu beiden Seiten derselben em paar kleinere Plättchen, viel- leicht die Basal-Platten von Mundfühlern ? 6. Genus: Trigonoeystis, E. Haszcker (nov. gen.). Adanız INT, Nase Al 2 Anomoeystida, deren Platten-Panzer auf beiden Seiten wenig verschieden ist; sowohl das konvexe dorsale als das konkave ventrale Schild ist aus sehr zahlreichen kleinen Platten unreeelnässie zusammeneesetzt. Maroinal-Panzer aus wenieen eTossen oO oO fo} Oo oO oO 39] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 39 Randtateln gebildet. Stiel oder Schwanz fehlt. Mund vorn in der Mitte, rechts daneben eine zweite klemere Oeffnunge (Gonoporus?). (After hinten ventral?) Species typica: Trigonoeystis trigona, E. Harcrer. Trochocystites bohemicus, variet., BARRANDE, 12, pag. 188, Pl. 3, Fig. 29-38. Fundort: Cambrium von Böhmen. Das Genus Trigonoeystis gründe ich für emige Formen von Anomoeystiden, welche von Barraxoe schr genau abgebildet, aber nur als Varietäten seines Trocho- cystites bohemieus betrachtet wurden. Sie sind offenbar von letzterem generisch ver- schieden, sowohl durch den Mangel des Schwanzes als durch die Abwesenheit einer „dritten (linken) Oeflnung“ am Peristom. Vorn neben dem centralen Munde ist nur rechts eine zweite Oetlnung sichtbar, auf der Bauchseite, wahrscheinlich Gonoporus und Hydroporus vereinigt. Der After scheint an dem spitzen Hinter-Ende zu liegen und durch eine dreiklappige kleine Pyramide geschlossen zu sein (Fig. 2a). Dass der Schwanz hier nicht zufällig abgefallen ist, sondern wirklich fehlt, ergiebt sich aus der symmetrischen Form und Anordnung der Platten am spitzen Hinter-Ende. Im Uebrigen ist die Täfelung am Rücken- und Bauch-Schild wenige verschieden, ähnlich wie bei Trochoeystis. Am Rande scheint auch hier der Gürtel der grossen Margmal-Tafeln weit vom hücken-Schild vorzuspringen und mit dem Bauch-Schilde durch eme weiche Randhaut verbunden zu sein. Die von Barraspe abgebildeten Formen scheinen zwei verschiedenen Species anzugehören: I. Trigonoeystis trigona (12 Sl Pl. 3, Fie. 29. 33) und II. Zrigonoeystis ovalis (ibid. Fig. 23—28). 7. Genus: Placoeystis, Koxıser, 1869. Plücocystites, Koxinck, 1869; Bulletin Acadöm. Bruxelles, Ser. II, Tom. 28, pag. 57. Placocystites (= Anomalocystites), WOODWARD, 26, pag. 8, Pl. VI, Fig. 6—8. Taf. IL, Fig. B—7. Anomoeystida, deren Platten-Panzer auf beiden Seiten wenig verschieden ist; sowohl das konvexe dorsale als das konkave ventrale Schild ist aus emer geringen Zahl von sehr grossen, bilateral-symmetrisch geordneten Platten zusammengesetzt. Stiel dreieckig, von der breiten Wurzel gegen das dünne Distal-Ende stark verjüngt. Mund vorn ventral, After hinten ventral (?), Gonoporus zwischen Beiden dorsal (?). Species typica: Placoeystis erustacea, E. Harcxer. Anomalocystites balanoides, MEEK, 1873; Geol. Surv. Ohio, Pl. II, Vol. I, pag 41, Pl. 3—6. Anoplura balanoides WETHERBY, 1879; Journ. Cineinnati Soc. Nat. Hist. Vol. II, No. 4, pag. 162, IaE NAHE Id, sler—aler Ateleocystites balanoides, WOODWARD, 1880, 32, pag. 8, Pl. VI, Fig. 6—15. Fundort: Unter Silur von Nord-Amerika (Cineinnati). Das Genus Placocystis wurde ursprünglich von Koxmer (1869) für die- Jenige britische Anomoeystide gegründet, die wir hier, nach dem Vorgange von 40 Erxst HAEcKEL [40 Woonwann, als Atelocystis Forbesiana auftühren. Wir behalten aber jenen Gattungs- Namen bei für eine andere Form, welche Woonwarn als Ateloeystis balanoides auttührt (32, page. 8, Pl. VI, Fig. 6—8). Die ähnliche Form, welche daselbst (Fig. 9—15) abgebildet ist und welche von Wermerey als Urustacee beschrieben wurde (Enoplura balanoides), scheint eime andere Species desselben Genus zu sem. Vor den übrigen Anomocystiden zeichnet sich diese Gattung dadurch aus, dass der Körper auf beiden Seiten (oben und unten) mit einer geringen Zahl von schr grossen, bilateral geordneten Panzer-Platten belegt ist. In der hinteren Hälfte der eiförmigen T’heca liegen auf der konvexen Rückseite 3 grosse Platten: eine mediane siebeneckige (mit einer klemen Oeftnung) und em paar laterale fünfeckige; auf der konkaven Bauchseite 4 grosse drei- eckige Platten: em paar mediale (hinten tief ausgeschnitten) und em paar laterale. In der vorderen (unvollständig erhaltenen) Hälfte der Kapsel liegen ebenfalls nur wenige grosse Tateln. Der dreieckige, emem Crustaceen-Schwanz ähnliche Stiel besteht in der breiten Proximal-Hälfte aus sehr kurzen und breiten, m der schmäleren Distalhälfte aus längeren und schmalen Plat- Fig. 1. Kg. 2. h ten. Die Grundform von Placoeystis er- Placoeystis erustacea (Restaurirt): 5 n ö 5 E Fie. 1 Dorsal-Ansicht. schemt fast vollkommen bilateral® eine Fig. 2 Ventral-Ansicht. o Mund, a After, g Gonoporus® Jeichte Störung der Symmetrie bedingt nur eine centrale Bauchplatte. Der After scheint eine mediane Lage zu haben, in der hinteren Hälfte. Bei dem böhmischen Anomoeystis ensifer, der wohl auch zu Placoeystis gehört, stehen vorn ein paar gegliederte DBrachi- olen zu beiden Seiten des engen Mundes, (Unter-Silur, d 3, von Trubin, Anomalo- eystites ensifer, Barranpe, 12, pag. 95, Pl. 5, IV, Fig. 1—4). Ss. Genus: Anomoeystis, Harn, 1859. Anomaloeystites, Haun, 19, Palaeontology of New-York, Vol. III, pag. 132. Mat u He 8,29: Anomoeystida, deren Platten-Panzer auf beiden Seiten sehr verschieden ist; die polygonalen Platten bilateral geordnet, aber wenig differenzirt; auf der konvexen Dorsalseite zahlreicher aber kleiner als auf der konkaven Ventral-Seite. Stiel zwei- zeilig, am Thecal-Ende verdickt. Beide Prachiolen nahe bei eimander sitzend am abeerundeten Stirnrande, über dem klemen Munde. After median , hinter der Anal-Platte auf der Dorsal-Seite (?). 41] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 41 Species typica: Anomocystis cornuta, Harı. Anomalocystites cornutus, Harz, 19, Vol. III, pag. 133, Pl. VII A, Fig. 5—. Fundort: Unter-Silur von Nord-America (Unter-Helderberg). Das Genus Anomoeystis und das nachfolgende Ateloeystis (— beide öfter verwechselt —) zeichnen sich vor den übrigen Anomocystiden dadurch aus, dass (die Panzer-Platten auf der konvexen Rückenseite zahlreicher und klemer sind als auf der konkaven oder ebenen Bauchseite. Man kann sie daher in emer besonderen Subfamilie vereinigen: Ateloeystida. Bei der älteren Anomoeystis ist der Unterschied beider Thecal-Flächen noch gering, bei der jüngeren Atelocystis schärfer ausgeprägt. Beide Genera wurden fast gleichzeitig für zwei verschiedene silurische Formen aus Nord- Amerika aufgestellt: Ateloeystites Huwleyi 1358 von Birumes (15, pag. 72) und Anomo- eystites cornutus 1859 von Harz (19, Vol. III, pag. 132). Spätere Autoren haben beide Gattungen für identisch erklärt und die Beschreibung mehrerer neuer Arten hinzu- gefügt (Vergl. Woonwarp, 26). Ich finde indessen bei genauer Vergleichung der Beschreibung und der Abbildungen, welche beide amerikanische Autoren (und später besonders Koxıser) gegeben haben, genügende Gründe, beide Genera aus einander zu halten. Die Theca von Anomoeystis (sowohl Anomoeystis cornuta als Anomoeystis disparilis) ist im Umriss fast eiförmig und vorm mit abgerundetem Frontal-Rand, an welchem ein paar Brachiolen dieht neben eimander über dem kleinen Munde sitzen („joining the angles at the summit of the convex side*, Harz 19, pag. 133). Dagegen ist die Kapsel von Atelocystis (sowohl Atelocystis Forbesii und Atelocystis Huzleyi, als Atelocystis Gegenbauri) im Umriss fast rechteckig, mit breitem quer abgestutzten Frontal-Rand, an dessen beiden Ecken die beiden Aermehen weit aus einander sitzen, über der breiten, eimen (@uerspalt bildenden Mundöffnung. Ein weiterer Unterschied beider Genera besteht in der Täfelung ihres Platten-Panzers. Die polygonalen Tafeln sind sowohl auf der dorsalen als auf der ventralen Fläche bei Anomoeystis an Grösse und Form weniger verschieden als bei Ateloeystis; auch liegen die beiden dorsalen Oeflnungen (Gonoporus und After) bei der letzteren weiter vorn als bei der ersteren. Soweit aus der Abbildung der Anomoeystis cornuta von Harn zu ersehen ist, liegt hier der After ganz hinten, über der Schwanzwurzel, am hintern Rande der Caudal-Platte (Tat. II, Fig. Sa), der Gonoporus hingegen am vorderen Rande der letzteren. ). Genus: Ateloeystis, Bıruınes, 1858. Ateleocystites, Bıruıngs, 15, pag. 72, Pl. I, II. Taf. II, Fig. 10—12. Anomoeystida, deren Platten-Panzer auf beiden Seiten sehr verschieden ist; die polygonalen Platten bilateral geordnet und stark difterenzirt; auf der konvexen Dorsalseite zahlreicher aber kleiner als auf der konkaven Ventral-Seite. Stiel zweizeilig, Festschrift für Gegenbaur, 6 42 Ernst HAECKEL 142 an der Basis breit und flach, Mund ein breiter (Juerspalt zwischen den beiden Brachiolen, welche auf den lateralen Eeken des breiten Stirnrandes weit von einander sitzen. After median, in der Anal-Platte. Species typica: Atelocystis Gegenbauri, E. Harrer, nov. spec. Taf. I, Fig. 12. @ Fundort: Ober-Silur von England (Wenlock-Kalk von Dudley). Das Genus Atelocystis ist dem vorhergehenden Anomoeystis nahe verwandt, unterscheidet sich aber von ihm durch die bereits angeführten Merkmale. Dieselben sind deutlich an den sorgfältigen Abbildungen zu erkennen, welehe Woopwarn von der obersilurischen Atelocystis Forbesiana (von Dudley) gegeben hat (32, pag. 5, Pl. VI, Fig. 1621). Ich finde fast dieselbe Täfelung, nur mit geringen spezifischen Differenzen, bei der neuen Art, welche ich auf Taf. II, Fig. 12 abgebildet habe und welche ich meinem Freunde GEsENnBAUR zu Ehren benenne; sie stammt ebenfalls aus dem obersilurischen Wenlock-Kalk von England. Als generische Figenthimlichkeit von Ateloeystis, gegenüber der älteren Anomoeystis, betrachte ich sowohl die stärkere Ditferenzirung (des Platten-Panzers, als die eigenthümliehe Stirnbildung. Der Frontal-Rand der viereckigen Theca ist sehr breit und fast gerade abgestutzt; (die beiden schwachen Brachiolen stehen an den beiden Ecken desselben, weit von einander entfernt (Fig. 12). Bei Anomocystis dagegen stehen sie nahe bei emander auf der Mitte (des abgerundeten Stirnrandes. Der konkave Schwanz-Ausschnitt nimmt bei der letzteren fast den ganzen Hinterrand der Theca ein, bei der ersteren kaum ein Drittel desselben. Die Täfelung der Theca ist bei Atelocystis sowohl oben als unten viel mehr differenzirt. Auf dem konvexen Dorsalschild sind ungefähr 20 grosse Tafeln streng symmetrisch geordnet, in fünf Längsreihen und vier (uerreihen. Die äussere marginale Längsreihe besteht jederseits aus drei langen Randplatten , die folgende laterale aus vier, die unpaare Median-Reihe aus sechs. In dieser Mittelreihe liegen vorn eine frontale und eine oceipitale binter einander: damn drei charakteristische Platten: ein paar symmetrische Sacral-Tafeln, welche die runde Genital-Platte (mit dem Gonoporus, 9) einschliessen, und hinter dieser die hexagonale Anal-Tatel (mit dem After, a). In dem planen oder konkaven Ventral-Schilde tritt eme unpaare centrale Sternal-Tafel durch besondere Grösse und asymmetrische Form hervor, ebenso wie bei Anomoecystis, Fig. 9 und Mitroeystis, Fig. 14. Hinten stossen an dieselbe ein paar grosse symmetrische Abdomimal-Platten (die mit ihrem Hinterrande den Schwanz- Ausschnitt bilden und bei Anomoeystis viel kleiner sind). Seitlich werden diese drei erossen Ventral-Tafeln von den drei langen Marginal-Schildern eingefasst. Vorn liegen vor der asymmetrisch geformten Sternal-Tafel vier kleine 'Täfelchen, drei am Stirnrande zwischen den Brachiolen; die vierte schiebt sich rechts unsymmetrisch zwischen das rechte Aermehen und den schief abgestutzten rechten Vorderrand der Sternal-Platte ein. 43] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 43 Die Brachiolen sind bei meiner Atelocystis Gegenbauri bedeutend grösser als bei Ateloeystis Forbesiana, fast so lang als die Theca und aus 10—12 Gliedern zusammen- gesetzt. Der Stiel oder Schwanz besitzt ungefähr dieselbe Länge, ist an der Wurzel abgeplattet und mit breiter Basis in den Caudal-Ausschnitt am hinteren Thecal- Rande eingefügt; er läuft am dünnen Distal-Ende zugespitzt aus. 10. Genus: Mitroeystis, Barkanpe, 1887. Mitrocystites, BARRANDE, 12, pag. 164, Pl. 4. Taf. II, Fig. 13, 14. Anomocystida, deren Platten-Panzer auf beiden Seiten sehr verschieden ist. Die irregnlären polvgonalen Tafeln im Dorsal-Panzer (dessen Mitte eine sehr grosse Uentral-Platte einnimmt) viel grösser und weniger zahlreich als im Ventral-Panzer, Marginal- Panzer mit wenigen sehr grossen Randtafeln. Stiel schwanzförmig, abge- plattet, aus breiter Basis rasch verjüngt, zweizeilig. Mund ein breiter ventraler (uerspalt mit Längsrinnen. Hinten ein paar ventrale Oeffnungen zu beiden Seiten des Stiel-Ansatzes (links After?, rechts Gonoporus?). Species typica: Mitrocystis mitra, Barkanoe, 1887. Mitrocystites mitra, BARR., 12, pag. 167, Pl. 4, I, Fig. 1—50. Pl. 5, I, Fig. 1—30. Fundort: Ober-Cambrium und Unter-Silur von Böhmen. Das Genus Mitroeystis und das nachfolgende Pleuroeystis zeichnen sich vor den vorhergehenden Anomoeystiden dadurch aus, dass die Panzer-Platten auf der konkaven Bauchseite viel kleiner und zahlreicher sind, als auf der konvexen Rücken- seite. Die Theca ist bei der böhmischen Mitrocystites mitra im Umriss parabolisch oder halbeiförmig, vorn abgerundet, hinten quer abgestutzt. Das Rückenschild zeigt eine sehr grosse, asymmetrisch geformte Central-Tafel, deren längste Axe von vorn und links nach hinten und rechts gerichtet ist. Sie wird rings umgeben von ungefähr 12 grossen Marginal-Tafeln, von denen die hinteren 2—3 mal so gross sind als die vorderen; Form und Lage der Randplatten ist rechts und links etwas verschieden. Das Bauchschild (wahrschemlich dehnbar, wie bei Trochoeystis und Pleuroeystis) ist aus zahlreichen, kleinen, polygonalen Tafeln ohne bestimmte Ordnung zusammengesetzt. Ein paar hintere, präcaudale Taten zeichnen sich durch beson- dere Grösse aus, und die linke von diesen, welche den After umschliesst, springt am linken Rande der Theca etwas vor. Der Mund von Mitroecystis, vorn auf der Bauch- seite gelegen, bildet eine weite Oeffnung am Ende eines kurzen Schlundrohrs, dessen reusenförmige Wand durch einen Kranz von 20 — 30 longitudinalen Kalkplatten gestützt wird. Barranoe beschreibt keine zweite Oetfnung der Kapsel, bildet aber eine solche sehr deutlich am hinteren Rande der linken Präcaudal-Platte ab, gleich links neben der Schwanz-Wurzel. Der Schwanz oder Stiel, sehr ähnlich einem 6* 44 Ernst HaAEcKEL 44 Crustaceen-Schwanz, besteht in der vorderen Hälfte aus 2 Reihen von kurzen und breiten, alternirenden Platten, in der hinteren Hälfte aus sehr kleinen Plättchen, (ähnlich wie bei Placoeystis, Fig. 1, 2, pag. 40). 11. Genus: Pleurocystis, Biruımes, 1354. Pleurocystites, BiLLınGs, 1854; Canadian Journal, Vol. II, pag. 250. dene, Ju Ida 3l5y SO: Anomocystida, deren Platten-Panzer auf beiden Seiten sehr verschieden Ist. Dorsal-Panzer aus wenigen sehr grossen hexagonalen Tafeln zusammengesetzt, welche bilateral-symmetrisch geordnet sind und Porenrauten tragen. Ventral-Panzer dehnbar, aus einem Pflaster von sehr zahlreichen und kleinen Tafeln gebildet. Stiel kräftig (meist länger als die Theca) sehr biegsam, hinten zugespitzt, annulat. Mund vorn ventral, zwischen ein Paar starken Brachiolen. After asymmetrisch auf einem lateralen Hügel, links neben dem Ansatz des Stiels. Auf‘ der Dorsal-Seite drei grosse Oetl- nungen („Kammrauten‘“), vorm ein paar laterale (Hydroporen?) hinten eine unpaare (Gonop« ITUS Do: Species typica: Pleuroeystis filitexta, Bıruiınes, 1858. Pleurocystites filitextus, BiuuinGs, 15, pag. 50, Pl. II, Fig. 1a, 1b. Fundort: Unter-Silur von Nord-Amerika (Canada). Das Genus Pleurocystis, von Biruıes 1854 begründet, gehört zu den merk- würdigsten Amphorideen und stellt unter den Anomoeystiden die höchste und am meisten differenzirte Form dar. Sechs verschiedene, vortrefllich konservirte Arten derselben wurden von Biruises im Unter-Silur von Canada sefunden und sehr sorg- fältig abgebildet (15, pag. 46—53, Pl. 1, 2). Die Theca ist von bimförmigem oder fast dreieckigem Umriss, vorn zugespitzt, hinten verbreitert. Ihr Platten-Panzer ist nur auf der konvexen Riückenseite entwickelt und besteht hier aus wenigen (d—7) sehr grossen hexagonalen Tafeln, zu denen vorn und hinten noch einige kleinere kommen. Auf beiden Seiten greifen die Ränder des hücken-Panzers nach unten über. Dagegen ist der grösste Theil der ebenen Bauchfläche von einer dehnbaren Lederhaut bedeckt, die mit sehr zahlreichen kleinen Plättchen geptlastert ist (40—50 bei Pleuroeystis filiteeta, 200 und mehr bei Pleurocystis squamosa). Thecal- Östien sind bei Pleurocystis fünf vorhanden, vorn der Mund, hinten Iimks der After, und drei grosse Rhomben-Spalten auf der Rückenseite. Der Mund ist ein kleiner Spalt vorn auf der Bauchseite, zwischen beiden Brachiolen. Der After liegt auf dem Gipfel eines Hügels, welcher hinten links neben der Schwanz-Wurzel vorspringt (ähnlieh wie bei Dendrocystis). Von den drei Rauten-Spalten des Rückens liegt eine unpaare (Gonoporus?) hinten, gleich vor dem Ansatze des Stiels, asyım- metrisch und schräg auf der rechten Seite. Die beiden anderen Rhomben-Ostien 45) AÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 45 (Madreporiten ?) liegen paarig im vorderen Theile des Rickens, rechts und links über dem Seitenrande; das Iimke ist stets etwas grösser als das rechte. Alle drei Rauten-Spalten sind von emem erhöhten und vorspringenden Rande eingefasst, der eine elliptische, lanzettliche oder rhombische Gestalt hat. Ihre schmale und lange Oetinung bildet emen Spalt auf der Naht zwischen zwei grossen Panzer-Platten; ein paar quergestreifte Klappen, welche von letzteren abgegliedert sind, schliessen den Spalt. Die Lage und Form der Kapsel-Oeffnungen bedingt eine leichte Asym- metrie der bilateralen Riicken-Schale, während ihre erossen Tateln symmetrisch geordnet sind. Der Stiel von Pleurocystis ist ausgesprochen annulat, etwas länger als die Kapsel und verjüngt sich von der dieken evlindrischen Basis allmählich gegen die teine distale Spitze. Wahrscheinlich war dieser schwanzähnliche Anhang beim erwachsenen Thiere frei und fungirte als Lokomotions-Organ. Die beiden lateralen Brachiolen sind grossen Antennen von Urustaceen ähnlich, und stärker als bei allen anderen Anomocvstiden. Sie entspringen dicht bei einander über dem Munde, sind eylindrisch, länger als die Kapsel, und aus zwei Reihen von alterniven- den Armeliedern zusammengesetzt (einer dorsalen und einer ventralen Reihe). Dazu kommen noch zwei Reihen von Saumplättchen, welche die orale (der Hauptaxe zugekehrte) Armrinne einfassen. Die Arme waren offenbar sehr beweglich und trugen zahlreiche Tentakeln. Dritte Familie der Amphorideen: Aristoeystida, E. Hırexer, 1895. Aristocystida, E. HAECKEL (— non NEUMAYR, 8! —), 50, pag. 5. Aristocystida et Echinosphaeritida, ZirTeL, 1895 (7, pag. 153, partim!) Taf. II, Fig. 17—28. Familien-Charakter: Amphorideen mit monaxoner, meistens birnförmiger oder eiförmiger Theca, deren Querschnitt kreisrund ist. Platten-Panzer vollständig, aus zahlreichen kleinen polygonalen Tafeln ohne bestimmte Ordnung zusammen- gesetzt, auf der dorsalen und ventralen Seite nicht verschieden. Mund einfach, am oberen Pole der vertikalen Hauptaxe, ohne radiales Peristom, von Tentakeln umgeben, aber ohne gegliederte Brachiolen. Die Familie der Aristocystida umfasst diejenigen (cambrischen und silurischen) Amphorideen, welche neben den Anomoeystida die ältesten von allen gepanzerten Echinodermen sind, und welche unter allen fossilen Formen der panzer- losen Stammgruppe der Eoeystida am nächsten stehen. Ich schreibe beiden Familien im Wesentlichen dieselbe hypothetische Organisation zu und nehme an, dass die Aristoeystiden in der ältesten cambrischen oder in der vorhergehenden präcambrischen 46 Ernst HAECcKEL [46 Periode aus den Eocystiden durch Erwerbung eines dermalen Platten-Panzers hervor- gegangen sind. Sie können als die wahren „Aristokraten des Echino- dermen-Stammes“ betrachtet werden, als die konservativen, höchst werthvollen „alten Ritter“, deren fossile Thecal-Panzer uns allein direkte palaeontologische Kunde von dem einfachen und ursprünglichen Körperbau der ältesten Pelmatozoen, der fest- sitzenden und gepanzerten Echinodermen geben. In dem Umfange, in welchem ich die Familie der Aristoeystida 1895 (50, pag. 5) definirt habe, umfasst sie elf verschiedene Genera; diese waren in dem bisherigen, vorzugsweise die Platten-Struktur berücksichtigenden, System der Uystoideen von Nevmayr auf drei verschiedene Familien vertheilt worden: I. Aristocystida (8, pag. 412), Il. Sphaeronitida (8, pag. 412), III. Echinosphaerida (5, pag. 413). Diese Anordnung ist auch neuerdings von Berxaro (30, pag. 203) und Zrrren (7, pag. 152) mit einigen Ver- besserungen angenommen worden. Ich kann derselben nicht folgen, da ich sowohl im der Deutung der fossil erhaltenen Körpertheile als in den Prinzipien der Klassifikation abweiche. Nach meimer Ansicht können in der Familie der Aristocystida zwei Gruppen nächstverwandter Gruppen veremigt werden, von denen die eine „Poren- Rauten“ besitzt, die andere nieht: Pirocystida und Orocystida. Zur Subfamilie der Pirocystida (ohme ausgeprägte Poren-Rauten) stelle ich vier nächstverwandte böhmische Genera (Aristocystis, Deutocystis, Pirocystis und Craterina; diesen schliesst sich wahrscheinlich nahe an die böhmische Dendroeystis und die baltische Achrado- cystis). Die Subfamilie der Oroc ystida (mit deutlichen Poren-Rauten) bilde ich aus der böhmischen Oroeystis, den baltischen Genera Heliocystis und Caryocystis und der nordamerikanischen Holocystis. Die gemeinsamen Charaktere aller dieser Aröstocystida sind nun folgende: 1. Die gepanzerte Theca ist monaxon; 2. ihre bilateral-symmetrische Grundform wird durch die Lage der beiden Darmöffnungen bestimmt (den centralen Mund am Oral- Pol, den excentrischen After auf der Ventral-Seite); 3. Brachiolen fehlen ganz; auch deutet die Form des Mundes nicht darauf hin, dass dergleichen vorhanden waren; 4. Ambulaera und Subvektoren fehlen völlig (sowohl superficiale als subteg- minale) ; 5. daher ist auch am fossilen Körper keine Spur von fünfstrahligem Bau zu entdecken (— an lebenden Thieren war derselbe vermuthlich durch den Ten- takel-Kranz angedeutet). Die Theca der Aristocystiden ist, an sich betrachtet, monaxon, weder bilateral, noch radial — wenn man von den Oeffnungen derselben absieht. Sie ist bei den meisten Gattungen eiförmig oder bimförmig, unten dünner und dureh einen kurzen Stiel befestigt, oben dieker und am Peristom abgeplattet. Seltener ist die Kapsel nahezu kugelig (bei Achradocystis und Heliocystis); — oder langgestreckt, spindelförmig oder eylindrisch (bei Caryocystis, Holocystis). Craterina zeichnet sich dadurch aus, dass der „kraterförmige Kelch“ einen Hachen Kegel bildet, dessen weite kreisrunde Oeffnung oben vermuthlich mit einer weichhäutigen (oder nur mit klemen Plättchen locker belegten) „Kelchdecke‘“ geschlossen war. Am Aboral-Pole scheint die Kapsel unten oft unmittelbar aufgesessen zu haben. Craterina und einige Formen 47] ÄAMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 47 von Aristocystis zeigen hier eine nabelförmige Insertionshöhle mit verdicktem Rande, ähnlich derjenigen mancher Ascidien und Korallen. Diese „Zapfenhöhle“ war ver- muthlich von dem fremden Körper ausgefüllt, auf dem das Thier festsass. Die meisten Aristocystiden waren wohl unten mittelst eines sehr kurzen und dieken Stiels befestiet. Im Alter scheinen die Thiere oft frei gewesen zu sem und sich vom Stiel abgelöst zu haben (Aristoeystis, Deutocystis u. A.). Selten ist der Stiel länger als die Kapsel (Dendroeystis, Achradocystis). Der Platten-Panzer der T'heca zeigt bei den Aristocystiden eine ziemlich mannistaltige Bildung; man kann zwei Haupttypen derselben und danach zwei Sub- familien unterscheiden: Pirocystida und Oroeystida. Die ersteren zeigen eine ältere und primitivere, irreguläre, die letzteren eme jiingere und vollkommnere, mehr reguläre Beschaftenheit; jedoch sind beide Typen nicht scharf zu trennen, sondern durch Uebergangstformen verbunden. Bei den Pirocystida bildet der Panzer ein irreguläres Pflaster und ist ohne Ordnung aus sehr zahlreichen und klemen Tateln zusammengesetzt, meistens von unregelmässig polygonaler Form und oft von ungleicher Grösse; die Täfelchen sind bald solid, bald von einfachen Poren, bald von Doppelporen durchsetzt; sie zeigen aber keine deutlichen Poren-Rauten, Bei den Orocystida hingegen sind die Tateln bedeutend grösser und weniger zahlreich, meistens subregulär hexagonal und oft ziemlich regelmässig in Reihen oder Kränze geordnet; auf ihrer Oberfläche treten gewöhnlich Sternrippen und dazwischen Poren- Rauten deutlich hervor, jedoch sind letztere m sehr verschiedenem Grade ausgebildet (schwach z. B. bei Holocystis, sehr stark bei Oroecystis). Nach meiner Auffassung besitzt die Bildung der „Poren-Rauten“ oder Nahtbänder keine Bedeutung für das Ambulacral-System und kemen hohen systematischen Werth (Vergl. oben 8. 23). Bei vielen Aristoeystiden ist die dicke poröse Plattenschicht des Panzers nach aussen durch eine solide homogene Deekschicht völlig abgeschlossen; bei einigen findet sich auch an ihrer inneren Fläche eine ähnliche innere. Deekschicht. Thecal-Ostien sind bei den meisten Amphorideen drei vorhanden; der centrale Mund (am oberen Pole der vertikalen Hauptaxe), der excentrische After auf der Bauchseite, und der kleine Gonoporus zwischen beiden. In zwei Genera (Den- drocystis und Holocystis) soll diese letztere „dritte Oeflnung“ fehlen; indessen ist sie vielleicht nur übersehen — oder sie ist mit dem After verschmolzen. Von besonderem Interesse ist die grosse Aröstocystis, weil hier stets sehr deutlich vier Oeffnungen zu unterscheiden sind; von den beiden klemeren, zwischen Mund und After gelegenen, ist die vordere (adorale) nach meiner Ansicht der Hydroporus, die hintere (adanale) der Gonoporus; ich stütze diese Deutung auf das ähnliche Verhalten mancher Holo- thurien (Vergl. pag. 18). Der Mund, der stets die Mitte des Peristom-Feldes einnimmt, zeist in dieser Familie interessante Verschiedenheiten. Er ist bei Aristocystis ein breiter (uerspalt, mit emer dorsalen Oberlippe und ventralen Unterlippe. Als einfache kreisrunde Oeffnung stellt sich der Mund bei Piroeystis, Caryocystis und Achradoeystis (?) dar; dagegen ist er bei Deutocystis, Orocystis und Heliocystis im ein kurzes eylindrisches Mundrohr 48 Ersst HAECKEL [48 ausgezogen, dessen obere Oefinung glatt abgestutzt erschemt. Dendrocystis zeichnet sich durch auftallende Verlängerung dieses Mundrohrs aus, welches zu emem schlanken kegelförmigen oder pyramidalen Rüssel ausgezogen ist; am oberen Ende desselben liegt die kleme Mundöffnung. Ein subtegminales Anthodium, bestehend aus emem pentagonalen Mundring und fünf fächerförmigen „Ambulacral-Rinnen“ (mit je fünf oder sechs Aesten) ist von Barraspe bei drei Gattungen von Aristocystiden unter der Bezeich- nung „Eydrophores palmees“ beschrieben worden. Neumark hat darauf hin diese drei Genera (Aristocystis, Pirocystis und Üraterina) in einer besonderen Gruppe: Aristocystina vereinigt (8, pag. 412). Vergl. auch Zırıen (7, pag. 153) und Bernarn (30, pag. 202). Ein sorgfältiges kritisches Studium der Darstellung von Barranoe hat mich überzeugt, dass die isolirten Fragmente, welche jene Hydrophora palmata tragen, nicht zu Aristocystiden gehören, sondern zu @lyptocystiden. (Vergl. unten pag. 92.) Der After liegt bei allen Aristoeystiden auf der Bauchseite der T'heca, excentrisch, bei Piroeystis, Holocystis und Achradocystis (?) ganz nahe am Munde, bei den meisten übrigen in einiger Entfernung, im oberen Drittel der 'Theea. Orocystis zeichnet sich dadurch aus, dass sich der After am Ende eines konischen Hügels erhebt, ebenso wie der daneben gelegene Mund; beide Oeffnungen sind hier durch eine tiefe Bucht getrennt, sehr ähnlich wie Ingestions- und Egestions-Oeftnung vieler Ascidien. Bei Caryoeystis liegt der After in der unteren Hälfte des Körpers, bei Dendrocystis ganz unten in einer besonderen ventralen Aussackung, neben dem Ansatz des Stiels. Wahrschemlich ist der After allgemein mit eimer Klappen-Pyramide bedeckt; die Zahl ihrer dreieckisen Tafeln beträgt meistens 5—6, selten 4, 7 oder 8. Oft sind dieselben nicht erhalten. Der Gonoporus liegt als „dritte Kelchöttfnung“* bei den meisten Aristocystiden in der Nähe des Mundes, links von der ventralen Mittellinie; bei Aristocystis dagegen rechts von derselben, dicht oberhalb der Afterötfnung. Bei Holocystis und Dendro- cystis soll sie fehlen; vielleicht ist sie hier mit dem Atter vereinigt. Sehr interessant ist die dreitheilige Form des herzförmigen Gonoporus von Deutocystis; ich vermuthe, dass das vordere unpaare Loch der Hydroporus ist, die beiden paarigen hinteren Löcher die Gonoporen (ähnlich wie bei der Tiefsee-Holothurie Zlpidia). Bei Aristocystis ist der Hydroporus wahrscheinlich ein kleines Loch unmittelbar unter dem rechten Mundwinkel. Bei den übrigen Gattungen der Aristocystida scheint der Hydroporus mit dem Gonoporus verschmolzen zu sein, wie es auch bei manchen Holothurien (besonders Elasipoden) der Fall ist. Indessen ist zu bedenken, dass diese Oeffnungen auch bei manchen lebenden Echinodermen wegen ihrer geringen Grösse oder ver- steckten Lage schwer aufzufinden sind. 49) I. Subfamilia: Piroeystida. Platten-Panzer irregulär, aus einer sehr grossen Zahl von kleinen, poly- gonalen Tafeln zusam- mengesetzt, Porenrauten fehlen an den Nähten der Tafeln wahrschein- lich allgemein. I. Subfamilia: Oroeystida. Platten-Panzer subregu- lär, aus einer mässigen Zahl von grossen, meist hexagonalen Tafeln zu- sammengesetzt. Poren- rauten an den Nähten der Tafeln gewöhnlich vorhanden. Festschrift für Gegenbaur. ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. System der Aristocystida. EB heca eiförmig oder birn- förmig, ohne Stiel oder mit ganz kurzem unge- gliedertem Stiel. (Bis- weilen ist die Theca unten zugespitzt oder abge- rundet, nicht festsitzend, sondern frei.) Theeal-Östien 4, zwi- schen Mund und After vorn ein Hydroporus, hinten ein Gonoporus. Theca birnförmig, unge- stielt. Theecal-Östien 3, zwi- schen Mund und After ein dreitheiliger Gono- porus. Theca eiförmig, ungestielt, mit polygo- nalen Platten. Thecal-Östien 3, zwi- schen Mund und After ein einfacher Gonoporus. Thecaeiförmig, ungestielt, mit runden Platten in- komplet bedeckt. —— 22T EEE PEN Va GES Thecal-Östien 3, zwi- schen Mund und After ein einfacher Gonoporus. Theca birnförmig, kurz- gestielt, mit volyaonaln | Platten. Thecal-OÖstien 2? Theca mit ba- trichterförmig,, 5 saler Zapfenhöhle und mit weicher ventraler Kelchdecke. Theca birnförmig oder fast (Thecal-Ostien 2? Mund kugelig, mit einem langen, gegliederten Stiel. mit einem grossen Rüssel. Theca umgekehrt birn- | förmig. Thecal-Ostien 3? Mund \ einfach? Theca kugelig. f -] Theca eiförmig oder fast (Thecal-Ostien 3, Mund kugelig, ohne Stiel oder mit ganz kurzem Stiel. Theca lang gestreckt, eylindrisch oder spindel- förmig, mit kürzerem oder längerem Stiel. neben dem After, | durch eine tiefe | getrennt. Thecal-Östien 3, Mund | höher als der After, beide ohne Zwischenbucht. | Thecal-Östien 3, Mund weit entfernt von hinten (oder mitten) se-| legenen After, Thecal-Ostien 2? ea und After dicht neben \ 11 einander am ÖOral-Pol. [e ) = dem | 10. 49 Aristoeystis (bohemica). . Deutoeystis (modesta). Amphoraeystis (erregularis). . Piroeystis (pirum). . Craterina (excavata). Dendroeystis (Sedgwiekäi) . Achradoeystis (Grewingkü). . Oroeystis (Helmhacker:). 9. Helioeystis (radiata). Caryoeystis (testudinaria). . Holoeystis (eylindrica). m ‘ 50 Erst HAECKEL 150 12. Genus: Aristoeystis, Barkanpe, 1887. Aristocystites, BARRANDE, 12, pag. 95—114, Pl. 9—14. Na, 106 deals Sl8E Arıstocystida mit irregulärem Platten-Panzer, zusammengesetzt aus sehr zahl- reichen polygonalen Tafeln ohne Poren-Rauten. Theca eiförmig, unten am Aboral- Pol abgerundet, stiellos, frei oder festsitzend (oft mit einem Grübchen). Im oberen, diekeren Oral-Theile sind vier Thecal-Ostien deutlich, hinter dem centralen Munde ein Hydroporus, vor dem ventralen After ein Gonoporus. Species typica: Aristocystis bohemica, Barraxpe, 1887. 4ristocystites bohemicus, BARRANDE, 12, pag. 108, Pl. 9—14. Fundort: Unter-Silur von Böhmen (d 4). Das Genus Aristocystis gründete Barranpe auf eine ansehnliche und sehr interessante Amphoridee, welche im einer bestimmten Zone des böhmischen Unter- Silur (d 4 massenhaft vorkommt, besonders bei Zahorzan. Seine sehr ausführliche Beschreibung und die zahlreichen Abbildungen geben uns ein vollständiges Bild von dieser eigenthümlichen, durch die Einfachheit ihres Baues ausgezeichneten Form. Die Theca ist eiförmig oder birmförmig, 70—80 mm lang, im oberen Drittel 4)—50 mm breit. Das untere dünnere Ende ist abgerundet und zeigt häufig am Aboral-Pol — oder etwas seitlich von demselben — eine kleine runde Grube, mittelst welcher (das Thier wahrscheinlich (einer Ascidie ähnlich) am Boden festsass, einen festen Körper umfassend. Von älteren Thieren nimmt BarraxpEe an, dass sie ganz frei waren. Im oberen Drittel der Kapsel treten vier Oeffnungen sehr deutlich hervor. Barranpe hat dieselben an zahlreichen Exemplaren sehr genau beschrieben und abgebildet (12, Pl. 9, 10); er betrachtet desshalb Aristoeystis als Vertreter einer besonderen Cystoideen-Gruppe, da er bei den übrigen Thieren dieser Klasse stets nur 3 oder 2 Oetfnungen, bisweilen nur eine fand (12, pag. 45, 49). Oben am Oral-Pol (ler vertikalen Hauptaxe liest die einfache Mundöffnunge, welche einen breiten (Juerspalt bildet, mit einer dorsalen Oberlippe und ventralen Unterlippe. Dicht unter demselben, am rechten Mundwinkel, zeigt sich ein kleinerer (uerspalt, den ich für den Hydroporus halte. Weiter vom Munde entfernt, bald in der ventralen Mittel- linie, bald rechts davon liest der kleine kreisrunde Gonoporus; und unmittelbar unter diesem der grosse kreisrunde After, welcher durch eine Klappen-Pyramide S dreieckigen Klappen) geschlossen wird. Der Zwischenraum zwischen den (mit 6 beiden vorderen spaltförmigen und den beiden hinteren kreisrunden Oeflnungen ist von wechselnder Länge (10—20 mm). Der Platten-Panzer von Aristocystis ist fest und sehr dick, wohlerhalten und besteht aus drei Schichten. Die diekste mitt- lere Schicht bilden zahlreiche polygonale Platten von mittlerer Grösse, die bald ganz unregelmässig, bald ziemlich regelmässige (hexagonal und in 12—18 transversalen 51 ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 51 Reihen geordnet) sind. Sie werden von zahlreichen, femen, gebogenen Kanälen (nach meiner Ansicht Blutgefässen) durchzogen, welche einfach (oder verästelt) von der inneren zur äusseren Fläche emporsteigen; das blinde äussere Ende derselben ist durch die solide Deckplatte nach aussen abgeschlossen; das offene innere Ende soll die poröse innere Deckplatte durehbohren. Ein Anthodium subtegminale (zusammengesetzt aus fünf fächerförmigen, sechstheiligen „Aydrophora palmata“) soll bei Aröstocystis vom Munde ausgehen und an der inneren Kapselfläche des Peristom liegen; es wird auch von Nevumayr (8, pag. 412) und von Zirren (7, pag. 155) angenommen. Vergleicht man jedoch kritisch die Beschreibung und Abbildung, welche Barranpe von demselben gibt, (12, pag. 41, 104, Pl. 14, Fig 1—6), so gelangt man zu der Ueberzeugung, dass die drei, derselben zu Grunde liegenden Fragmente nicht zu Aristocystis gehören, sondern zu Palmacystis oder eimer ver- wandten Glyptocystide. Barraxpe selbst betont, dass er diese Bildung niemals bei den zahlreichen typischen Exemplaren von Aröstocystis bohemica gefunden habe: er stellt die drei fraglichen Peristom-Fragmente (— die in einer ganz anderen Gegend gefunden wurden! —) nur desshalb zu dieser Gattung, weil ihm die Struktur der Panzer-Platten ähnlich erscheint. 13. Genus: Deutocystis, Barkanpe, 1837. Deutocystites, BARRANDE, 12, pag. 145, Pl. 15, 16. Taf. II, Fig. 19, 20. Aristocystida mit irregulärem Platten-Panzer, zusammengesetzt aus sehr zahl- reichen, ungleichen, rundlichen oder polygonalen Tafeln, ohne Porenrauten. Theca eiförmig, unten am Aboral-Pol zugespitzt, stiellos. Oben am Oral-Pol springt das kurze Mundrohr vor, unterhalb desselben auf der Bauchseite die grosse After-Oeft- nung mit Klappen-Pyramide; zwischen dem centralen Mund und dem ventralen After liegt links der dreitheilige Gonoporus (— vereinigt mit dem Hydroporus? —). Species typica: Deutocystis modesta, Barranoe, 1887. Deutocystites modestus, BARR., pag. 149, Pl. 15, II, Fig. 1—26. Fundort: Unter-Silur von Böhmen (d2—d4). Das Genus Deutocystis wird durch die eigenthimliche Amphoridee vertreten, welche Barranoe als Deutocystites modestus sehr sorgfältig geschildert hat. Dieselbe schliesst sich am nächsten an die vorhergehende Aristoeystis an, unterscheidet sich aber von ihr wesentlich durch das Verhalten der Thecal-Ostien. Die Kapsel ist regelmässig eiförmig (30—60 mm lang, 20—40 mm breit); der untere aborale Pol ist spitz und scheint ohne Stiel im Schlamm gesteckt zu haben. Am oberen diekeren Theile liegen, ziemlich nahe beisammen, die drei Kapsel-Oeffnungen, in der Mitte (am Oral-Pol der Hauptaxe) die einfache Mundöffnung, welche rüssel- m% d 52 Ernst HAECcKEL [52 2 förmig vortritt, und mit einem Kranze von fünf grösseren Platten umgeben ist. Unterhalb derselben auf der Bauchseite liegt die grössere After-Oeffnung, mit einer pentagonalen Klappen-Pyramide. Zwischen beiden Darmöffnungen im der Mitte, asymmetrisch auf der rechten Seite, zeichnet sich eine kleinere herzförmige Oeflnung durch ihre konstant dreitheilige Form aus (Taf. II, Fig. 19, 20). Von den drei Ostien dieser Apertura cordiformis betrachte ich das grössere, dem Munde zugekehrte, unpaare als den Hydroporus; die beiden kleineren, paarigen, dem After zuge- kehrten Oetfnungen als Gonoporen. Dasselbe interessante Verhältniss zeigt eine Tietsee-Holothurie: Zlpidia purpurea. Der Platten-Panzer ist dick, aus sehr zahl- reichen, subregulär-polygonalen Tafeln von geringer Grösse zusammengesetzt. Einzelne grössere Platten springen hier und da an verschiedenen (wechselnden) Stellen gewölbt vor. Die Tafeln sind zwar fem porös, aber ohne Porenrauten, mit innerer und äusserer solider Deckschicht. 14. Genus: Amphoraeystis, E. HarcreL (nov. gen.). Aristocystida mit irregulärem und inkompletem Platten-Panzer, zusammen- gesetzt aus sehr zahlreichen und ungleichen rundlichen Tafeln, ohne Poren-Rauten Theca eiförmig, unten am Aboral-Pol zugespitzt, stiellos.. Oben am Oral - Pol springt em starkes eylindrisches Mundrohr vor, unterhalb desselben auf der Baueh- seite liegt die grosse After-Oeflnung, zwischen beiden links der kleine runde Gonoporus. Species typica: Amphoracystis irregularis, E. Harckeı. Deutocystites irregularis, BARRANDE, 12, pag. 147, Pl. 15, I, Fig. 1—11. Fundort: Unter-Silur von Böhmen (d4, Zahorzan). Das Genus Amphoracystis gründe ich für die interessante kleine Amphoridee, welche Barranoe als Deutoeystis irregularis beschrieben hat. Sie unterscheidet sich von der echten Deutocystis (modesta) durch mehrere sehr wesent- liche Eigenthümlichkeiten. Der Platten-Panzer besteht nicht, wie bei allen anderen Aristocystiden, aus polygonalen Tafeln, welche mit ihren Rändern und Ecken zusammenstossen, sondern aus runden, meist elliptischen, theilweise auch kreis- runden Tafeln von sehr verschiedener Grösse; dieselben sind ohne alle Ordnung in das Bindegewebe des Corium ein- gelagert, so dass zwischen ihnen mehr oder weniger deut- liche (meist dreieckige) Lücken often bleiben. Die grösseren Tafeln sind in der Mitte verdickt und hügelförmig vor- 2 gewölbt. Ich glaube, dass man diese inkomplete Tabu- Fig. 3. lation der Theca, welche einem schlechten Strassen-Pflaster Amphoraeystis irregularis. oleicht, als eine ursprüngliche und sehr primitive Form Die Theca nach BARRANDE (]. c.), . a .. o Mundrohr, a After, g Gonoporus, der Bildung des Dermal-Skelets ansehen darf; man könnte dar- 53] AMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 53 auf hin auch Amphoracystis zuden Eocystiden stellen, oder als Uebergangs-Form von diesen zu den ächten, komplet getäfelten Procystiden betrachten. Die untersilurische Form, welche Barranpe als Deutocystites modestissimus beschrieben hat (12, pag. 148, Pl. 16, Fig. 6—18) scheint den Uebergang von Amphoraeystis (irregularis) zu Deutocystis (modesta) zu vermitteln. Von der ächten Deutoeystis, deren eiförmige stiellose Kapsel äusserlich sehr ähnlich ist, unterscheidet sich Amphoracystis ausserdem durch den sänzlichen Mangel von Poren-Kanälen in den Panzer-Platten, sowie durch den ein- fachen (— nicht dreitheiligen! —) Gonoporus. Die grosse rhombische After-Oeft- nung (Fig. 3a) scheint mit einer vierklappigen Pyramide bedeckt gewesen zu sein. 15. Genus: Piroeystis, Barranpe, 1837. Pyrocystites (— melius Pirocystites! —), BARR, 12, pag. 170, Pl. 29. 1, 106 10 Si, 2 Aristoeystida mit irregulärem Platten-Panzer, zusammengesetzt aus sehr zahl- reichen polvgonalen Tafeln, ohne Poren-Rauten. Theca birnförmig, unten am Aboral- Pol im einen kurzen dicken Stiel übergehend. Oben am abgerundeten Oral-Pol liegt central der kleine warzenförmige Mund, excentrisch der grosse After mit Klappen- Pyramide, zwischen beiden der kleine runde Gonoporus. Species typica: Pirocystis pirum, Barrınpe, 1887. Pyrocystites pirum, BARR., 12, pag: 174, Pl. 29, Fig. 6—28. Fundort: Ober-Cambrium und Unter-Silur von Böhmen. Das Genus Pirocystis gründete Barraspe für eine cambrische Amphoridee, welche er als nächstverwandt mit Aröstoeystis und Craterina betrachtet; namentlich soll die Struktur des dieken porösen Platten-Panzers dieselbe sein. Die Gattung soll sich besonders durch typische Birnform der Kapsel unterscheiden, wie auch der Name andeutet. Das untere Ende der Birne geht in einen dieken kurzen Stiel über. Am oberen abgerundeten Ende liegt in der Mitte der kleine, runde, etwas warzen- förmig vorspringende Mund; etwas entfernt davon springt auf der Bauchseite die ansehnliche, brustwarzen-ähnliche After-Pyramide vor, mit 6 dreieckigen Klappen bedeckt. In der Mitte zwischen Mund und After, etwas links von der ventralen Mittellinie, ist deutlich die kleine kreisrunde „Dritte Oeffnung“ zu erkennen, wahr- scheinlich der Gonoporus (l. ce. Pl. 29, Fig. 7). Ausser der typischen Species Piro- cystis .pirum zieht Barranpe zu dieser Gattung noch eime zweite Art: Pirocystis desiderata (l. e. Pl. 29, Fig. 29—34). Die beiden kleinen Fragmente, auf welche er dieselbe gründet, sind abgelöste Kelehdecken, an deren Innenfläche sich ein deut- liches subtegminales Anthodium zeigt, mit fünf „Hydrophora palmata“ ; nach meiner Ansicht gehören diese zu Glyptocystiden (vgl. zur Kritik derselben oben S. 48 und nnten page. 92, sowie Glyptocystis und Palmacystis). 54 Ersst HAECKEL \54 16. Genus: ÜCraterina, Barranpe, 1887. Craterina, BARR., 12, pag. 121—142, Pl. 17—21. ? (alix, MArıe RovAuLt; 12, pag. 140. Aristocystida mit irregulärem Platten-Panzer, zusammengesetzt aus sehr zahl- reichen, ungleichen, polygonalen Tafeln, ohne Poren-Rauten. Theca umgekehrt- kegelförmig, unten am Aboral-Pol stiellos, befestigt durch eine Zapfen-Höhle. Die weite obere Oeflnung des Kelches durch eime weiche Kelchdecke (?) geschlossen, mit zwei Oeflnungen (?), centralem Mund und excentrischem After. Craterina bohemica, Barkanpe, 1887. Oraterina bohemica (et excavata) BARR. 12, pag. 129-135, Pl. 17—21; Pl. 31, 34, 35. Fundort: Unter-Silur von Böhmen (d4, Zahorzan). Das Genus (raterina gründete BarraspE für eine grosse angebliche Uystoidee, welche massenhaft in den unter-silurischen Schichten von Böhmen (d 4) sich findet. Die Theca gleicht einem Aachen Trichter oder eimem umgekehrten Kegel, dessen obere Mündung kreisrund ist, der untere Scheitel aufgewachsen, mit einer Zapfen- Höhle zum Ansatz. Die Höhe des Kegels ist bald ungefähr seinem horizontalen Durchmesser gleich (Uraterina excavata), bald kaum halb so gross ((raterina bohemica), bald grösser (Craterina infundibulım). Nach diesen geringen Difterenzen des krater- förmigen Kelches unterscheidet Barkanpe nicht weniger als 14 Arten. "Trotzdem aber Hunderte von solchen konischen Kelchen gefunden wurden, konnte niemals eme vollständige Kelchdecke beobachtet werden. Es scheint, dass die weite Mündung des Kelches durch eine weiche Ventral-Membran geschlossen und diese nur mit kleinen Plättchen locker geptlastert war. Da dieselbe sich fast niemals erhalten konnte, bleibt auch die Zahl und Lage der Oeffnungen in dieser Kelchdecke unsicher; es scheint jedoch, dass oben in derselben unweit des centralen Mundes der excentrische After lag (12, .Pl. 17, Fig. 2); die „dritte Oeffnung“ ist an diesem Fragment nicht sichtbar. Die subtegminalen Subvektoren, welche Barranpe als „Hydrophora palmata® au zwei kleinen 'Theca-Fragmenten fand, und zu Üraterina zieht (12, pag. 125, Pl. 17, I. Fig. 7; Pl. 34, Fig. 19, 20), gehören sicher nicht zu dieser Gattung, sondern zu einer Glyptocystide (vergl. oben pag. 48, unten pag. 94). Die Zusammensetzung und Struktur der porösen Panzer-Platten ist bei Craterina die- selbe wie bei den nächst verwandten Gattungen Pirocystis und Aristocystis. 17. Genus: Dendroeystis, Barranpe, 1837. : Dendrocystites, BARR. 12, pag. 142, Pl. 26, 27. Taf. II, Fig. 23, 24. Aristoeystida mit irregulärem Platten-Panzer, zusammengesetzt aus sehr zahl- reichen, ungleichen, polygonalen Tateln ohne Porenrauten. T'heca umgekehrt birn- 55] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 55 törmig, dehnbar, wegen der Verschiebbarkeit der dünnen Tafeln von wechselndem Umriss. Unten am Basal-Pol ein starker konischer Stiel, der sich gegen das Ende dünn auszieht. Oben am Oral-Pol ein langer pyramidaler Rüssel, an dessen Ende sich der Mund öffnet, Unten neben dem dieken Stiel- Ursprung der After mit grosser Klappen-Pyramide. Species typica: Dendrocystis Sedgwicki, Barkanoe, 1887. Dendrocystites Sedgwickii, BARRANDE, 12, pag. 142, Pl. 26, 27. Fundort: Unter-Silur von Böhmen (d2—d4). Das Genus Dendrocystis wird nur durch eine einzige, sehr eigenthümliche Amphorideen-Form gebildet, die wahrschemlich den einzigen bekannten Vertreter eimer selbstständigen Familie darstellt: Dendroeystida. Barranpe hat von der- selben zahlreiche gute Abbildungen gegeben; seime Beschreibung ist jedoch sehr mangelhaft. Später hat Neumarr (1889, 8, pag. 407) eine andere Deutung ihrer Organisation versucht — wie mir scheint, nicht glücklich. Die Theca ist umgekehrt birnförmig und erreicht (ohne Stiel) einen Durchmesser von 30—40 mm. Ihre dünne Wand ist aus sehr zahlreichen polygonalen Tafeln zusammengesetzt, die m Grösse, Form und Anordnung keinerlei Regelmässigkeit zeigen. Die kleinen Platten sind völlig solid und porenlos, innen und aussen von einer feinen, soliden, homo- genen Deckschicht überzogen. Die auffallende Unregelmässigkeit und Mannigfaltig- keit der Körperform in den zahlreichen, von Barraxpe abgebildeten Exemplaren erklärt sich wohl nur durch die Annahme, dass der dünne Plattenpanzer sehr dehn- bar und beweelich war; bei der Verstemerung wurde er im der verschiedensten Weise gefaltet und 'zusammengedrickt. Von beiden Polen der vertikalen Hauptaxe scht ein einziger, hohler, starker Fortsatz aus, dessen dicke Basis sich gegen das Ende allmählich verdünnt. Eimer von diesen beiden Fortsätzen ist jedenfalls der Kapsel- Stiel; der andere wird von Barrasoe als ein Rüssel, von Neumark als der einzige entwickelte Arm gedeutet. Ich schliesse mich vorläufig der ersteren Deutung an, möchte jedoch die Frage aufwerfen, ob nicht umgekehrt der grössere (in BarranDE’s Figuren nach unten gekehrte) Fortsatz der hüssel, der klemere (obere) der Stiel ist? Der grössere untere Fortsatz („Stiel*) ist etwas länger als die Theca, an dem konischen proximalen Theile fast ein Drittel so dick und mit zahlreichen kleinen Platten unregelmässig getäfelt; am distalen Theile verdünnt er sich in eme doppelt so lange, cylindrische Röhre, die am Ende nur von einer heihe hohler Glieder gebildet wird. Ist die terminale Oeflnung der Mund oder das abgebrochene Ende der Ansatz-Basis? Oder steckte die Röhre im Schlamm? — Der kleinere obere Fortsatz („Rüssel“) ist etwas kürzer als die Theca und bildet eine schlanke drei- seitige (— oder fünfseitige? —) Pyramide; ihre Höhle öffnet sich oben am zuge- spitzten Ende durch einen kleinen Mund (2); ihre dünne Wand ist aus mehreren (5—5?) transversalen Reihen von alternirenden Tafeln zusammengesetzt. Sowohl der 56 Ernst HAECKEL [56 Rüssel als der Stiel sind in den zahlreichen Figuren von Barraxoe bald gerade, bald gebogen dargestellt. Thecal-Ostien hat derselbe nicht finden können; er bildet aber sehr deutlich ab: 1. Die termimalen Oetinungen an den beiden Enden der Fort- sätze (besonders des unteren!) und II. eme grosse excentrische Klappen-Pyramide, die unzweifelhaft dem After der übrigen Amphorideen und Cystoideen entspricht. Dieselbe wird von 5—6 dreieckigen Klappen gebildet, ist an der Basis von einem Kranze klemer Täfelchen (12—18?) umgeben und springt im unteren dickeren Theile der bimförmigen Kapsel bedeutend vor (im den meisten Figuren von Bar- RANDE auf der linken Seite) dieht neben dem Stiel- Abgang (12, Pl. 26, Fig. 1, 2, 14, 16, 18 u. s. w.) In mehreren Figuren hängt hier eine ventrale Ausstülpung, wie em (— mit Nahrung oder Geschlechts-Produkten? —) vollgestopfter Bruchsack auf der rechten Seite der citirten Figuren —) ist die Theca dünner und flacher; in eimigen Figuren sieht es aus, als neben dem Stiel-Ansatz herab. Gegenüber ( ob hier unten (rechts neben dem Stiel-Ansatz) eine dritte grosse Oeffnung vorspringe, der Gonoporus? (1. e. Pl. 26, Big. 1, 6, 10, 18; T1.27, Bier. 2,6, 19,7 200.822) Die Theca von Dendroeystis erlangt in Folge dieser eigenthümlichen Bildung eine ausgesprochen bilateral-symmetrische Form, während keine Spur einer penta- radialen Struktur zu erkennen ist. Wahrscheinlich war der „Rüssel“ an seiner Basis von einem Kranze von weichen Mundtentakeln umgeben. Die Deutung von Neumayr, dass der „Rüssel“ ein emziger, hoch entwickelter „Arm“ sei, scheint mir nicht begründet; die „doppelte, überaus regelmässige Porenreihe“, die er m einer Figur findet (12, Pl. 26, Fig. 15), existirt nach des Darstellung von Barranoe nicht. 18. Genus: Achradocystis, Vorsorru, 1870. Achradocystites, VOLBORTH, M&m. Acad. Petersburg, Vol. XVI. Oyeloerinus (?) EICHWALD, 1860, Lethaea Rossica, Vol. I, pag. 637, Tab. 32, Fig. 20, 21. Aristocystida mit irregulärem Platten-Panzer, zusammengesetzt aus sehr zahl- reichen und kleinen, polygonalen Tafeln, ohne Porenrauten. 'Theca kugelig oder eiförmig, unten mit einem langen gegliederten Stiel. After mit Klappen-Pyramide, in der Mitte der Höhe. Zwischen eentralem Mund und ventralem After ein Gonoporus (?). Species typica: Achradocystis Grewingkii, Vorsorrn, 1870. Achradocystites Grewingkii, VOLBORTH, 1870; M&m. Acad. Petersb. Vol. XVI, Fig. 3, 4. Das Genus Achradocystis gründete VoLBortn für ein einzelnes Exemplar einer kugeligen Cystoidee, welche er in untersilurischen Geschieben von Esthland zusammen mit Echinosphaeriten fand. Leider fehlte der oberste orale Theil der kugeligen Theca; doch ist es sehr wahrscheinlich, dass hier zwischen dem centralen Munde und dem ventralen After ein Gonoporus lag. Der After (in halber Höhe - der Kapsel) ist mit einer Klappen-Pyramide (mit 7 dreieckigen Tafeln) versehen. | ÄMPHORIDEEN UND UYSTOIDEEN. 57 Am Aboral-Pol sitzt ein starker eylimdrischer Stiel, länger als die Kapsel, aus einer lkeihe scheibenförmiger Glieder gebildet. Die kleinen und sehr zahlreichen Tateln, welche den Panzer zusammensetzen, sollen die Form eines runden Kammrades haben, aber nicht mit den Zähnen in einander ereiten; vielmehr sollen die Zähne der benachbarten Platten sieh so mit den Spitzen berühren, dass dreieckige Löcher zwischen ihnen bleiben. Sehr ähnlich scheinen sich auch die Täfelehen zu ver- halten, welehe den kugeligen Panzer von Üyeloerinus Spaski zusammensetzen (17, pag. 638, Pl. 32, Fig. 21); jedoch ist diese unter-silurische Art zu unvollständig bekannt, um die Identität beider Gattungen sicher behaupten zu können; beide kommen in denselben Vaginaten-Kalken von Esthland vor (!), den „Uveloermus- Kalken von Mounalass“. 19. Genus: Oroeystis, Barkanpe, 1587. Oroecystites, BARRANDE, 12, pag. 168, Pl. 7, 8. Aristoeystida mit subregulärem Platten -Panzer, zusammengesetzt aus einer mässigen Zahl von grossen hexagonalen Tafeln mit Porenrauten. "Theca rundlieh eiförmig, unten am Aboral-Pol zugespitzt und durch einen kurzen exeentrischen Stiel befestigt. Oben am Oral-Pol das vorspringende Mundrohr und daneben, durch eine tiefe Peristom-Bucht ge- trennt, das konische After-Rohr. Zwischen beiden Darm- öffnungen, links von der Ventral-Linie, der kleine Gonoporus. Species typica: Oroeystis Helmhackeri, Barkason. Orocystites Helmhackeri, BARRANDE, 12, pag. 170, Pl. 7, 8. Fundort: Unter-Silur von Böhmen (d 4, Chrustenitz). Das Genus Oroeystis bildet zusammen mit den drei toleenden Gattungen die Subfamilie der Orocystiden, aus- Fig. 4. Oroeystis Helmhackeri. gezeichnet durch die reguläre Struktur des Platten-Panzers, a dessen grosse hexagonale Tafeln Poren-Rauten und Rippen- Sterne zeigen, Auch im übrigen Körperbau erscheinen diese vier Gattungen nächst verwandt. Orocystis unterscheidet sich von den übrigen durch die eigenthümliche, oewissen Ascidien auffallend ähnliche Gestalt der Theca. Dieselbe ist rundlich eiförmig oder ellipsoid, 30-—40 mm lang, 24—27 mm breit, am Aboral-Pol dureh einen kurzen excentrischen Stiel festgewachsen, am Oral-Pol mit zwei vorspringenden, abgestutzt kegelförmigen Oeffnungen, welche dureh eine tiefe Ventral-Bucht getrennt sind. Die grössere, etwas höher gelegene Mundötfnung ist einfach, abgestutzt und scheint in ein dünnwandiges eylindrisches Mundrohr auszugehen; die kleinere, tiefer ventral eelegene Afteröffnung ist mit emer Klappen-Pyramide versehen. In der Mitte zwischen beiden Darmötfiingen liegt asymmetrisch, links von der ventralen Festschrift für Gegenbaur, 8 58 Ernst HAECKEL [58 Mittellinie, eme dritte, kleine, kreisrunde Oeffnung, der Gonoporus (vielleicht zugleich Hydroporus?). Der Plattenpanzer ist dünn, aus grossen, subregnlär-hexagonalen Tafeln zusammengesetzt, deren jede einen erhabenen Stern von 5—7 (meist 6) stark vorspringenden Rippen trägt. 20. Genus: Helioeystis, Eıcnwann, 1860. Helioerinus, EICHWALD; 1860, 17, pag. 629. Taf. II, Fig. 25, 26. Aristoeystida mit subregulärem Platten-Panzer, zusammengesetzt aus einer orossen, meist hexagonalen Tafeln mit Porenrauten. Theca to) mässigen Zahl von kugelig oder rundlich-eiförmig, unten am Aboral-Pol abgerundet, frei oder durch einen kurzen Stiel befestiet. Oben am Oral-Pol die einfache Mundöffnune und eleich daneben, links von der Ventral-Linie, der Gonoporus, tiefer unterhalb der After. Species typica: Heliocystis radiata, Eıcnwarn, 1860. Helioerinus vadiatus, EicHwALp, 1860, 17, pag. 630, Tab. 32, Fig. 16, 17. Fundort: Unter-Silur von Russland; Orthoceras-Kalk von Reval. Das Genus Helioeystis (= Heliocrinus) gründete Eıcnwarn für jene Uystoideen, welche früher zu Caryoeystis gerechnet wurden, sich aber von den iichten langgestreckten Formen dieser Gattung durch die kugelige oder rundlieh eirörmige Gestalt der 'Theca unterscheiden. Die Bezeichnung Helioerinus ist passender in Zelioeystis zu verwandeln. Die Mundöftnung am oberen Pol springt oft in Form eines kurzen eylindrischen Rohres vor, dessen Miindung glatt und schief abgeschnitten ist. Gleich daneben links liegt die grosse runde Geschlechtsöffnung; der After tiefer unten, aber doch stets im oberen Drittel der Kapsel. Die 6 Sternrippen auf den grossen hexagonalen Tateln der blasenförmigen Theca sind im den meisten Arten dieser Gattung auffallend stark entwickelt und rechtfertigen die Bezeichnung Helioeystis; selten sind einzelne 5strahlige und 7 strahlige Tafeln zwischen die 6strahli- een emgeschaltet. Einige Species dieser Gattung sind fast vollkommen kugelig (oder eigentlich „endosphärische Polyeder“); sie sind schr ähnlich Zehinosphaera , von der sie sich durch den Mangel der Brachiolen unterscheiden. Bei anderen Arten ver- lingert sich die vertikale Hauptaxe und die Kapsel wird eiförmig oder bumförmie. Man kann diese beiden Gruppen als Subgenera unterscheiden, das sphärische Helio- erinum und das eiförmige oder biumförmige Zeliopirum: I. Subgenus: Heliocrinum, Species globosae: 1. Helioceystis granatum (— (aryocystis granatum) L, Buch, 11, pag. 17, Taf. I, Fig. 20. 2. Heliocystis baltieca (= Echinosphaera baltica) EicHwALn, 17, pag. 630. 3. Heliocystis aranea (= Echinosphaerites aranea) VOLBORTH, 16, pag. 184, Tab. IX, Fig. 2, 3. 4. Heliocystis prominens (= (aryocystis prominens, ANGELIN, 13, pag. 29, Tab. XII, Fig. 18—-21. 5. Heliocystis geometrica (— (aryocystis geomelrica) ANGELIN, 13, pag. 29, Taf. XII. Fig. 22— 24. 59] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN, 50 Il. Subgenus: Heliopirum: Speeies ovatae vel piriformes. 6. Heliocystis radiata (= Helioerinus radiatus) EicuwALn, 14, pag. 630, Tab. 32, Fig. 16, 17. Heliocystis ovalis (= Caryocystis ovalis) ANGELIN, 13, pag. 28, Pl. 27, Fig. 11a, b. 8. Helioeystis tenuistriata (= (aryocystis tenwistriata) ANGELIN, 13, pag. 29, Tab. XI, 1 Fig. 25, 26 (copirt auf unserer Taf. II, Fig. 25, 26). 9. Helioceystis alutacea (= (aryocystis alutacea) ANGELIN, 13, pag. 29, Tab. XIII, Fig. 10-—15. 21. Genus: Caryoeystis, Lworonn Bucı, 1845. Caryoeystites, LEororLn Buch, 1845; 11, pag. 19. Heliocrinus, EicHwALD, 17, pag. 629. Daran, Rio 27% Aristoeystida mit subregulärem Platten-Panzer, zusammengesetzt aus emer mässigen Zahl von grossen, meist hexagonalen Tafeln mit Poren-Rauten. Theca langgestreckt, eylindrisch oder fast spindelförmig, unten am Aboral-Pol durch einen kurzen Stiel befestigt. Oben am Oral-Pol die kleine Mundöffnung und dicht daneben (links) der Gonoporus; viel tiefer (in der Mitte oder der unteren Hälfte der Kapsel) der After. Speciesstypiea: Garyocystis testudinaria, LworoLm Buch, 1845. Caryocystites testudinarius, LeoroLp Buch, 1845; 11, pag. 19, Taf. I. Fig. 20. Sphaeronites testudinarius, HisinGer, 1837; Lethaea Suecica, pag. 92, Tab. XXV, Fig. 9d. Fundort: Unter-Silur von Scandinavien und Russland. Das Genus (aryoeystis gründete Buvcn für zwei Arten seiner Uystideen, von denen die eine (Caryoeystites granatum) später von Eıcnwan» als Typus seiner Gattung Helioerinus abgetrennt wurde (= Helioeystis, pag. 58). Die andere, langgestreckte Art, Caryocystis testudinaria, betrachten wir als Typus dieser Gattung (Buen, 1. ce. Taf. I, Fig. 20). Die eylindrische Theca ist fast 4 mal so lang als breit (75 mm lang, 20 mm breit), oben und unten etwas verdünnt und abgerundet. Ihre Axe ist etwas verbogen. Am Aboral-Pol scheint sie unten durch einen sehr kurzen Stiel befestigt zu sein. Oben am Oral-Pol ist eine sehr kleine, zweilippige Mundöffunne sichtbar, und dieht daneben (links von der Ventral-Linie) ein runder Gonoporus. Der grosse runde After liegt ungefähr in der Mitte der Länge. Der Panzer wird durch 8 Poren-Rauten gebildet; in jeder Zone liegen ringsum 6—8 Platten neben einander. ) alternirende Zonen von grossen, regelmässig sechseckigen Platten mit Verschieden von Buc#’s Original-Form ist diejenige, welche Axcenın unter dem gleichen Namen sehr sorgfältig abgebildet hat (13, pag. 29, Tab. XIIL, Fig. 4-9). Die Kapsel ist hier spindelförmig, nach beiden Polen konisch verjiingt; der Mund ein Längsspalt mit verdiekten Lippenrändern; der After durch eine Klappen- Pyramide geschlossen. Besonders interessant ist bei dieser Form, die man als Caryo- cystis Angelini unterscheiden kann, die dreitheilige Form des Gonoporus (l. c. Fig. 6); g« 60 Ernst HAsccKEL |60 sie erinnert an Deutoeystis (vergl. pag. 5l). Eine dritte Form hat Eıcnwarn als Oaryoeystis pumila beschrieben (17, pag. 629, Tab. 32, Fig. 19 a—e.). Die Tateln, welche ihre Kapsel zusammensetzen, sind viel grösser, aber weniger zahlreich (mur 4 Zonen). Der After liegt viel weiter hinten. in der Nähe des Stieles. 22. Genus: Holveystis, Hart, 1868. Holocystites, Hau 24, Report 20, pag. 311, Pl. 12, 12A. Megacystites, Hau, 24, Ibid. pag. 380. Megacystis, ANGELIN, 1878, 13, pag. 29. Taf. II, Fig. 28. Aristocystida mit subregulärem Platten-Panzer, zusammengesetzt aus einer mäs- sigen Zahl von grossen, meist hexagonalen Tafeln (mit Poren-Rauten?). "Theca lang- gestreekt, eylindrisch oder länglich birnförmig, am dünneren Aboral-Pol in einen evlindrischen Stiel übergehend. Am Oral-Pol sind nur zwei Oeftnungen sichtbar, der centrale Mund und dicht daneben der excentrische After (?). Species typica: Holoeystis eylindrica, Harn, 1868. Holocystites cylindricus, Harı, 24, pag. 311, Pl, 12, Fig. 7. Caryocystites cylindrieus, HALL, 1860, Ann. Rep. Geol. Wisconsin. Fundort: Ober-Silur von Nord-Amerika (Wisconsin). Das Genus Holoeystis (= Megaeystis) wurde von Harn für eme Anzahl von nordamerikanischen Uvstoideen gegründet, welche sich von der nächstverwandten Caryoeystis durch den Mangel des Gonoporus unterscheiden sollen. Die eylindrische Theea ist 3 4 mal so lang als breit (S0—90 mm lange, 20—30 mm breit), unten meist etwas verdünnt und durch einen kurzen Stiel befestigt. Oben am Oral-Pol befindet sich die centrale runde Mundöffnung (ohne Spur von Brachiolen-Ansatz), und dieht daneben eine zweite, excentrische Oeffnung, welche entweder der After oder der Gonoporus ist. Im letzteren Falle würde der After (— als „dritte“, von Hann vermisste Oeffnung —) weiter hinten oder nahe der Stiel-Basis zu suchen sein, wie bei dem europäischen, sehr nahe verwandten Caryoerinus. In der That ist in eimigen Figuren von Harz (1. e. Pl. 12) hinten eme grössere Oetfnung angegeben, welche er als Stiel-Ansatz deutet. Es entsteht aber die Frage, ob Holoeystis nicht (— ebenso wie Aristoeystis) nur im der Jugend durch emen Stiel befestigt, später frei ist. Die langeestreekte eylindrische Körperform erinnert an Ascoeystis und an die Holothurien. Die sechs Species von Holoeystis, welche Harn abbildet (— sämmt- lieh aus dem ober-silurischen Niagara-Kalk von Wisconsm —), unterscheiden sich theils durch die Form der Theca, (bald mehr eylindrisch, bald mehr länglich birn- förmig), theils dureh die verschiedene Tätelung des Panzers. Diese ist bei den meisten sehr regelmässig, aus 6—0 Zonen von grossen, hexagonalen Platten zusammen- 61] ÄMPHORIDEEN UND UYSTOIDEEN, 61 gesetzt; nur bei Zoloeystis alternata (1. e. Pl. 12, Fig. 9, copirt auf unserer "Tat. Il, Fig. 25) ist zwischen je zwei Gürtel von erossen Tafeln ein schmaler Gürtel von kleineren eingeschaltet: dieser Modus der Panzer-Bildune ist sonst selten. l few} Vierte Familie der Amphorideen: Palaeocystida, E. Hancxun, 1895. Palaeocystida, E. HAwcKeL, 1895; 50, pag. 5. Echimosphaeritida, NEUMAYR, 1889, 8, pag. 413 (partim!) Echinosphaeritida, Zurer, 1895, 7, pag. 154 (partim!) Tan: Familien-Charakter: Amphorideen mit monaxoner, oft kugeliger, meistens birnförmiger oder eiförmiger Theca, deren (Juerschnitt kreisrund ist. Platten-Panzer vollständig, aus zahlreichen kleinen polygonalen Taten ohne bestimmte Ordnung zusammengesetzt, auf der dorsalen und ventralen Seite nicht verschieden. Mund am oberen Pole der vertikalen Hauptaxe, mit eimem radialen Peristom und einem Kranze von (3—5 oder mehr) vegliederten Brachiolen. Die Familie der Palaceocevstida umfasst diejenigen Amphorideen, deren Theca monaxon ist umd deren Mundöttnung von Brachiolen oder „Aermehen“ umgeben war, d. h. von Tentakeln mit geeliedertem Kalk-Skelet. Durch die Aus- bildung dieser „Mundarme“, welche deutlich artikulirt, oft mit Pinnmulae und Saum- plättchen besetzt sind, nähert sich diese Familie den ächten Uystoideen (besonders (den Glvptocystiden), sowie auch den älteren Urimoideen; sie unterscheidet sich aber von letzteren wesentlich dadurch, dass die „Arme“ noch den Charakter einfacher „Mundfühler“ behalten und nicht vom Munde auf die Theca in aboraler Direktion hıimüber rücken. Daher fehlen auch den Palaeoevstiden vollständig die Ambulacren und die perradialen, in deren Mittellinie verlaufenden Subvektoren, nebst den Prinzipal-Kanälen. Ich stelle zu dieser Familie die Genera Arachnocystis, Echinosphaera, Palaeoeystis und Comaroeystis; wahrschemlich sind ihnen auch die cambrischen Genera Acamthoeystis und Archaeoeystis anzuschliessen. Sie enthält demnach einen Theil der- jenigen Genera, welche Neuware (8, und nach ihm Zivrer, 7) als Cvstoideen-Familie der Echinosphaeritida zusammengefasst haben. Aber zu diesen letzteren werden auch armlose Genera gerechnet (Caryoeystis, Oroeystis, Dendroeystis u. A.). Die Theca der Palaeocvstiden ist, an sich betrachtet, monaxon, weder bilateral, noch radial — wenn man von den Ocffnungen derselben und von dem Brachiolen-Kranz absieht. Sie ist fast rein kugelig bei Eechinosphaera, und Trinema- eystis, eitronenförmig bei Citroeystis, binförmig bei Arachnoeystis, Acanthocystis und Palaeveystis, becherförmig bei Archaeoeystis, ellipsoid bei Comaroeystis. Demmach sind 62 Ernst HAEcKEL [62 bei Echinosphaera und Prinemaeystis alle Durchmesser der Kapsel von fast gleicher Länge, während bei den Uebrigen der vertikale (die Hauptaxe) stets grösser ist als die horizontalen (Queraxen). Am aboralen Pole ist die Kapsel meistens durch emen kurzen Stiel befestigt; bei Arachnoeystis wird derselbe so lang als die Theca und geht, nach oben verdickt, allmählich in diese über; bei (omaroeystis und Archaeoeystis scheint der schlanke Stiel eylindrisch zu sein und sich scharf von dem Basal-Pole der Theca abzusetzen. Echinosphaera sass auf dem Meeresboden mit einer wurzelartigen Basıs unmittelbar auf. Der Platten-Panzer der Theca besteht bei allen Palaeoeystiden aus einer schr grossen Zahl von kleimen polygonalen Platten, welche gewöhnlich unregehnässig geformt und angeordnet sind, überwiegend fünfeckig und sechseckig; nur bei Comaroeystis und Acanthoeystis, sowie theilweise bei Zehinosphaera, sind die hexago- nalen Tafeln meistens von eleicher Grösse. Bei Arachnocystis finden sich oft an einigen (unbestimmten) Stellen der Theca einzelne grössere elliptische Platten. Die Tafeln der meisten Palaeoeystiden sind durch deutliche Poren-Rauten verbunden (vergl. pag. 22). Die parallelen Sutur-Kanäle oder Nahtbänder, welche dieselben (senkrecht zu den Suturen) bilden, bleiben bald auf die Peripherie der Platten beschränkt (Comarocystis), bald erreichen sie fast deren Uentrum (Palaeoeystis). Gewöhnlich wölbt sich m der Mitte jeder Tafel ein glatter Hügel vor, von welchem 5, 6 oder 7 radiale Rippen sesen deren Ecken vorlaufen; diese Rippen trennen zugleich die benachbarten dreieckigen Rauten-Hälften. Eime deutliche, porenlose, homogene Deckschicht überzieht die ganze Aussenfläche des Panzers, so dass kemerlei Kommunikation der „Poren“*-Kanäle nach aussen möglich ist; bei emigen Palaeoeystiden wird auch eine homogene innere Deckschicht beschrieben. Thecal-Ostien sind wahrscheinlich bei allen Palaeoeystiden drei vorhanden: (der centrale Mund (am oberen Pol der verticalen Hauptaxe), der excentrische After, und die kleinere „dritte Oeffnung“, die wir als Gonoporus deuten. Indessen ist die letztere nicht immer nachweisbar. Die Mundöffnung liegt bald central im oberen Pol der 'Theca, bald am oberen Ende emes rüsselförmigen Vorsprungs, welcher als Hals (Colluım) bezeichnet worden ist (Axcerın, 13, Tab. XIV); seine Basis ist meistens von 5 Oral-Platten umgeben (sehr deutlich und konstant bei Arachnoeystis). Die spezielle Mundbildung ist in den Gattungen der Palaeoeystiden übrigens sehr verschieden und direkt abhängige von der Ausbildung der Mundarme. oo — Die After-Oeffnung ist stets ansehnlich, grösser als der Mund, und liest ziemlich entfernt von diesem, meistens an der Grenze des oberen und mittleren Drittels der Kapselhöhe. Der After erscheint stets durch eine „Klappen-Pyramide“ geschlossen, welche meistens aus 5, selten 6 oder mehr dreieckigen Tafeln zusammen- gesetzt ist. — Auch der kleine Gonoporus, die kreisrunde Geschlechts-Oeffnung (— und zugleich Hydroporus? —) scheint oft mit einer Klappen-Pyramide bedeckt gewesen zu sem; sie liegt meistens in. der Mitte zwischen Mund und After, links von der ventralen Mittellinie; bisweilen ist sie nahe an den Mund herangerickt; bei Citroeystis liegt sie in der Wand des Mundrohrs. 63] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 65 Die Mundarme (Drachiola) erscheinen bei den Palaeoevstiden zum ersten Male als selbstständige skelethaltige Organe, und zwar als reine Peristom-Theile, welche bald unmittelbar aus den Ecken der Mundspalte, bald aus dem oberen Rande des erhöhten Mundrohres sich erheben, ganz unabhängig von der Panzer-Kapsel des Rumpfes. Daher zeigt diese letztere auch keine Spur von radialer Platten- Ordnung, wie sie bei den Orinoideen und Uystoideen bemerkbar ist. Ich lege auf diesen Unterschied deshalb das grösste Gewicht, weil ich daraus auf die emfache primäre Bildung des Ambulacral-Systems schliesse ; dasselbe bestand hier nur aus dem Mundring, dem Stein-Kanal (nebst Hydroporus) und den Kanälen der Mundtentakeln; dagegen fehlten ächte Radial-Gefässe (= Prinzipal-Kanäle) in der Theca noch ganz und ebenso Subvektoren. Im Uebrigen besitzt das Skelet der Brachiolen hier schon denselben Bau, wie an den ächten Kelch-Armen der Cystoideen und Urinoideen. ‚Jeder Mundarm besteht aus einer einfachen (einzeiligen) odes doppelten (zweizeiligen) Reihe von Gliedern, die gelenkig verbunden sind. An der oralen (oder ventralen) Seite derselben verläuft ein Subvektakel oder eine „Ambulacral-Rinne‘ ; diese ist oft mit einer paarigen Reihe von Saum-Plättehen zugedeckt. Von den Gliedern der Brachiolen gingen oft gegliederte Pinnulae aus, die jedoch selten deutlich erhalten sind (z. B. bei Comaroeystis, Taf. I, Fig. 4). Ueberhaupt ist der Erhaltungs-Zustand der Arme meistens leider sehr unvollkommen. Die Zahl der Mundarme zeigt innerhalb dieser Familie wichtige Unter- schiede, welche mir zur Charakteristik der Genera am meisten geeionet erscheinen. Arachnoeystis hat drei sehr lange und schlanke Mundarme (länger als die T'hheca); ihr Skelet besteht aus zwei alternirenden Platten-Reihen, Pinnulae fehlen; sie ent- springen dicht nebeneinander aus dem oberen Ende des Mundrohres, dessen Basis von finf rundlichen Platten umkränzt ist. Ebenso entspringen auch die drei Arme von Echinosphaera; luer bleibt aber nur der unpaare (frontale) Arm einfach, die beiden paarigen theilen sich alsbald gabeltörmig in zwei Aeste, so dass auch hier fünf schwache Aermehen den Mund umgeben. Bei Palaeoeystis entspringen die fünf Arme getrennt von den fünf Mundecken, jeder durch eine Oralplatte an der Basis gestützt. Dieser pentaradiale Bau ist der erste Anfang jener fünfarmigen Bildung, welche für die ächten CUrmoideen so charakteristisch ist. Bei Comaroeystis finden sich nur vier Arme, welche schlank und mit Pinnulae besetzt sind; sie entspringen paarweise von (en beiden Eeken eines schmalen Mundspaltes; bei dieser Gattung schemt der fünfte (rontale) Arm riickgebildet zu sein. Eine grössere Zahl von fadenförmigen, langen und dünnen Aermehen findet sich in den alten beiden cambrischen Gattungen aus Böhmen, bei Acanthocystis (15) und bei Archaeoeystis (25). Diese letzteren Zahlen sind in sofern von Interesse, als sie später m der Ontogenie der Ambulaeren bei vielen Echinodermen eme wichtige Rolle spielen, das Pentadecal-Stadium mit 15, und das Pentapalmar-Stadium mit 25 Tentakeln (vergl. unten die Pomoeystida, Fig. 6—10, und die @/yptocystida, Tat. IV, Fig. 36 33). ERNST HAECKEL System der Palaeocystida. Subfamilien: I. Subfamilie: Trinemacystida (— Arachnoeystida) Drei Mundarme, un- getheilt,einfach. Mund dreispaltig. II. Subfamilie: Citroeystida (= Echinosphaertida) Fünf Mundarme (pri- mär aus dreitheiliger, fünf- ent- sekundär aus theiliger Basis springend). III. Subfamilie: Comaroeystida Vier Mundarme (in zwei Paaren). IV. Subfamilie: Acanthocystida Zahlreiche oder mehr, in einen Kranz dieht um den Mund gestellt). Mund-| arme (10 — 1525| 29% Brachiolen: . I} Drei Mundarme, sehr | lang und dünn. Drei Mundarme, kurz und stark. Fünf Mundarme (selten vier), aus dreitheiliger Basis entspringend. Fünf Mundarme (selten sechs), aus dreitheili- gem Mundrohr ent- springend. FünfMundarme, getrennt aus fünftheiliger Basis entspringend. Vier Mundarme (in zwei lateralen Paaren); der fünfte (frontale) Arm | rückgebildet. Fünfzehn Mundarme, einen geschlossenen Kranz um den Mund | bildend (Pentadekal- Kranz). Fünfundzwanzig Mund- arme, einen Kranz um den Mund bildend (Pentapalmar-Kranz). (senus: Theeca: Theca birmförmig, lang gestielt. Mund drei- | lippig. Theca kugelig, unge- stielt. Mund _ drei- | spaltig. Theca kugelig, ungestielt, Mundspalt triradial. Theca eitronförmig, kurz Mund gestielt. ein eylindrisches Rohr. er birnförmig, ge- stielt. Mund penta- radial. Theca ellipsoid, lang gestiel. Mund ein | schmaler Längsspalt. Theca rübenförmig, un- ten in einen kurzen | Stiel verdünnt. (Mund kreisrund ?) Theca becherförmig, lang gestielt. (Mund kreis- | rund?) a — Arachnoeystis, Neunarr, 1889. Genera: . Arachnoeystis (infuusta). . Trinemaecystis (trivadiata). Echinosphaera (anrantim). Citroeystis (eilrus). Palaeoeystis (pentolen«). ;. Comaroeystis (pumnclala). . Acanthocystis (briareus). Archaeoeystis (medusa). ‚Irachnoeystites, NEUMAYR, 8, pag. 408. Dar Brose, la,lüp: Palaeoeystida mit drei langen emfachen Brachiolen, welche dieht beisammen von den Lippen der kleinen dreieckigen Mundöffnung entspringen. Theca birm- 65] ÄMPHORIDEEN UND ÜUYSTOIDEEN. 65 förmig, mit einem langen dünnen Stiel. Panzer-Platten irregulär-polygonal, ohne vor- tretenden Rippen-Stern. Species typica: Arachnocystis infausta, Nuvmare, 1839. Arachmocystiles infaustus, NEUMAYR, 8, pag. 408. Echinosphaerites infauslus, BARRANDE, 12, pag. 155, Pl. 22—25, 39. Fundort: Ober-Cambrium und Unter-Silur von Böhmen. Das Genus Arachnoeystis gründete Nrumayr (1889, 1. e.) für die ansehnliche Amphorideen-Form, von welcher Barraspe unter dem Namen Zchinosphaerites in- faustus zahlreiche Exemplare sehr genau beschrieben und abgebildet hat. Charak- teristisch sind für diese Gattung die drei langen und schlanken, einfachen, ruthen- förmigen Brachiolen, welche aus zwei alternirenden Plättehen-Reihen bestehen und keine Pinnulae tragen. Sie übertreffen den Körper selbst an Länge und entspringen dieht neben einander aus dem abgestutzten Rande des kurzen Mundrohrs. Die Theca ist bimmförmig oder eiförmig, am oberen diekeren Ende um den Mund zusammen- gezogen, am unteren dünneren Ende in den langen biegsamen Stiel übergehend, welcher gesen die aborale Basıs verdünnt und mit zwei Reihen, oben verdickt und mit 3—4 Reihen von kleinen alternirenden Plättchen bedeckt ist. Der Kapsel-Panzer ist aus schr zahlreichen und kleinen, irregulär-polygonalen Platten zusammengesetzt, welche an den Nähten durch Poren-kauten verbunden sind. Einzelne grössere elliptische Platten wölben sich warzenförmig an wechselnden und unbestimmten Stellen der Kapsel hervor. Sowohl die äussere als die innere Fläche der Panzer- Kapsel ist von einer soliden, porenlosen Deckschicht überzogen, so dass jede Oetfnung der „Porenkanäle“ (oder „Nahtbänder“) nach innen und aussen ganz ausgeschlossen erscheint. Fünf porenlose grössere Platten von ovaler Gestalt umgeben die Basis des Mundrohrs. Fünf ähnliche, glatte, dreieckige Tafeln setzen die Klappen-Pyra- miden des Afters zusammen. 24. Genus: Trinemaeystis, E. Harcxer (nov. gen.). Palaeoceystida mit drei kurzen einfachen Brachiolen, welche unmittelbar von den lappen der dreispaltigen Mundöffnung entspringen. 'Theca kugelig, ungestielt, Panzer-Platten subregulär-hexagonal, mit vortretendem Rippen-Stern. Species typica: Trinemacystis triactis, E. Harexer. Echinosphaera aurantium, var. triactis, J. MÜLLER, 25, pag. 61. ? Echinosphaerites Gyllenhali, QUENSTEDT, 28, Tab. 114, Fig. 26—39. Fundort: Unter-Silur von Skandinavien. Das Genus Trinemaeystis stelle ich für diejenigen, bisher zu Echinosphaera Z al / gerechneten Formen der Palaeoeystida auf, deren kugelige Theca unten ungestielt Festschrift für Gegenbaur, 9 66 Ernst HAECcKEL [66 (oder nur mit einem kurzen Stiel-Ansatz versehen) ist, oben aber drei kurze einfache Arme trägt. Unter dem Genus Kchinosphaera (oder Echinosphaerites) wurden bisher eine ganze Anzahl von kugeligen (oder subglobosen) Palaeoeystiden begriffen, die oftenbar mehrere Gattungen repräsentieren; das ergiebt sich schon aus einer ver- gleichenden Prüfung der zahlreichen, höchst sorgfältigen Figuren, welche Ancenis unter dem Namen Zehinosphaera aurantium auf seiner Tafel XIV (Fig. 1 bis 21) abgebildet hat, ebenso wie der vielen Abbildungen, welche (Jvexsrepr zusammengestellt hat (28, Tab. 114, Fig. 20—44). Auf die Gattung Eelino- sphaera im engeren Sinne (= Urystallo- Fig. 5. cystis) beschränke ich diejenigen For- Trinemaeystis triactis. ö E : ® A men, deren drei Mundarme sich (alle A die ganze Theca, von der Anal-Seite. B das Peristom mit den r x 3 2 S= drei Mundarmen, von oben. C die Klappen-Pyramide des Afters. oder theilweise) sabelie theilen; N ypus D einige Panzer-Platten mit Poren-Rauten (pag. 22). o Mundöfl- & er e en k j y nung, h Mundrohr, a After, g Gonoporus, b Basis, am eine Sub- derselben ist die gewöhnlichste Art: vektiv-Rinne, e Platten-Suturen, p Poren-Rauten. Lchinosphaera aurantium. VDagegen unterscheide ich als Trimemaeystis jene älteren Formen, deren drei Brachiolen emfach bleiben, und die sich also zunächst an die vorhergehende Arachmocystis anschliessen. In der palaeontologischen Praxis ist diese Unterscheidung allerdings schwierig, weıl die Arme nur selten gut erhalten sind; theoretisch ist sie aber sehr wichtig, weil sie den stufenweisen Uebergang aus der primären trivradialen im die sekundäre pentaradiale Form demonstrirt (ähnlich wie unter den Fungocystiden die Genera Glyptosphaera, Protoerinus und Fungoeystis). Dieser Umbildungs-Vorgang ist polyphyletisch; er hat sich mehrmals in verschiedenen (Gruppen wiederholt. G 25. Genus: Echinosphaera, Wauneswere, 1821. Echinosphaerites, WAHLENBERG, 1821, Art. Soc. Se. Upsal. Vol. VIII, pag. 52. Eehinosphaera, ANGELIN, 1878; 13, pag. 28, Tab. XIV. Urystallocystis, E. HAECKEL (— Echinosphaera sensu strielissimo !) Taf. I, Fig. 3—3E. Palaeoeystida mit fünf kurzen Brachiolen, welche dicht beisammen aus den Lippen einer dreitheiligen Mundöffnung entspringen, je zwei laterale Aermehen aus gemeinsamer Basis jederseits. Theca kugelig ungestielt. Panzer-Platten subregulär- hexagonal, mit vortretendem Rippen-Stern. —1 67] AÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 6 Species typica: Echinosphaera aurantium, Axcknın, 1878. Echinosphaera aurantium, ANGELIN, 13, pag. 28, Tab. XIV, Fig. 1—21; Tab. XXVIII, Fig. 9. Echinus aurantium, GYLLENHALL, 1772; Vet. Acad. Stockholm Handl., pag. 239, Taf. VIII, IX, Echinosphaerites aurantium, VOLBORTH, 1846, 16, pag. 169—183, Taf. IX, Sphaeronites aurantium, HisINGER, 1828, Anteckningar IV, pag. 195. Urystallocystis aurantium, E. HAEcKEL, Taf. I, Fig. 3—3E, Fundort: Unter-Silur von Skandinavien und Russland. ; Das Genus Echinosphaera ss. vestr. (= Urystallocystis) ist die bekannteste und verbreitetste Form der Palaeoeystiden; grosse Massen dieser kugeligen „Krystall- Aepfel“ finden sich in den untersilurischen Vagimaten-Kalken von Skandinavien und Russland vor. Gewöhnlich ist aber nur die Theca, deren Hohlraum von radialen Kalkspath-Krystallen erfüllt ist, gut erhalten. Dagegen sind die Aermehen niemals vollständig und nur selten ihre Basal- Theile konservirt. An den besterhaltenen Exemplaren gehen vom Oral-Pol der vertikalen Axe aus der dreischenkeligen Mund- spalte drei starke und kurze Arme ab; sie wurden zuerst von Vorsorrn (16) und genauer von J. Mürrer beschrieben (25). An einem vorzüglich erhaltenen Exem- plare aus Schweden finde ich fünf kurze gegliederte Arm-Reste vor (Taf. I, Fig. 2a); der eine frontale Mundarm, welcher unpaar vom Uentrum des dreispaltigen Mundes nach vorn abgeht (dem After entgegengesetzt), bleibt einfach; die beiden anderen, paarigen Arme, welche von den lateralen, nach hinten gerichteten Mundspalten abgehen, theilen sich gabelspaltig. Uebrigens hat schon Vorsorru diese wichtige Thatsache abgebildet (16, Taf. IX, Fig. 6) und Jomanses Mürcer das Verhalten der Platten genau beschrieben (25, pag. 60; Taf. VI, Fig. 2, 3). Die beiden posteralen Brachiolen scheinen stärker zu sein, als die beiden pectoralen. Pinnulae-Ansätze sind an den Gliedern der zweizeiligen Aermehen nicht deutlich zu erkennen, wohl aber zwei Reihen von Saumplättchen, welche die ventrale (oder orale) Ambulacralfurche zudecken; Vorsorru beschreibt sie genau und bezeichnet sie als ‚„Tentakeln“. Der- selbe fand unter den sehr zahlreichen (mehr als tausend) genau untersuchten Exemplaren von Sphaeronites einzelne, welche nicht die gewöhnliche Dreizahl der Mundarme zeigen, sondern statt deren 4 oder 2. Diese Varietäten sind desshalb interessant, weil sie zu den anderen Gattungen dieser Familie hinüberfihren, namentlich zu Comaroeystis. Während das kurze Mundrohr von Echinosphaera gewöhnlich drei- seitig erscheint (Taf. I, Fig. 2a), wird es dagegen vierseitig bei der vierarmigen Varietät (Fig. 2e) und spindelförmig bei der zweiarmigen (2d); die Mundspalte ist bei der letzteren zweilippig, bei der ersteren kreuzförmig. Bisweilen geht die Gabel- theilung der beiden lateralen Brachiolen bis zu ihrer Basis hinab; dann entspringen aus dem Peristom fünf Arme nebenemander (Taf. I, Fig. 3, 3a); diese Form bildet den Uebergang zu Palaeoeystis. Die Basis des Mundrohrs ist auch bei der gewöhnlichen dreilippigen Form von fünf basalen Mundplatten umgeben. Die Klappen-Pyramide der excentrischen After-Oeffuung (= „Ovarial-Oeftfnung“ von Buen und Vorsorrn) wird meistens von 5 oder 6 dreieckigen Klappen gebildet, seltener von 4, 6 oder 8. g* 63 Ernst HAccKEL [68 Zwischen beiden Darm-Oetinungen, jedoch näher dem Munde, und etwas links von der ventralen Mittellinie, Imgt der kreisrunde Gonoporus (wahrschemlich vereinigt mit dem Hydroporus). Die Distanz und die besondere Form der drei Thecal-Aper- turen scheint bei Zchinosphaera vielfach zu variiren, ebenso die Beschaffenheit der polygonalen irregulären Panzerplatten, welche in grosser Zahl und ohne bestimmte Ordnung die Kapsel zusammensetzen. Auch ihre spezielle Struktur, die Verhältnisse der Poren-Rauten, der Tafel- Nähte und Ormamente, erscheinen sehr variabel, wie besonders die schönen Abbildungen von Anxgerin zeigen (13, Tab. XIV). Genauere Untersuchung dieser Verhältnisse (— namentlich auch an Durehschnitten und Schlitfen der Tafeln —) dürfte zur Unterscheidung mehrerer Arten führen. 26. Genus: Citroeystis, E. Hazcker, nov. gen. Echinosphaera et Echinosphaerites AUTORUM, partim! Taf. I, Eis. 2, 2\A. Palacoeystida mit fünf oder sechs kurzen Brachiolen, welche aus der oberen Miindung eines eylindrischen dreitheiligen Mundrohrs entspringen, je zwei laterale, aus oemeimsamer Basis. Theca citronförmig oder birnförmig, mit kurzem Stiel. Panzer-Platten subregulär-hexaeonal, mit vortretendem Rippen-Stern. Spie@les tvpıcar Citroeystis eitrus, E. Hascker.. Sphaeronites citrus, HISINGER, 1837; Lethaea suecica, pag. 91, Taf. XXV, Fig. Sa. Echinosphaera citrus, KLOEDEN, 1834, Verstein. der Mark Brandenburg, pag. 234. Echinosphaera aurantium, partim! AnGEL!N, 1878; 15, Tab. XIV, Fig. 4, 5, 5b. Fundort: Unter-Silur von Skandinavien. Das Genus (itrocystis gründe ich für diejenigen, bisher zu Echinosphaera serechneten Palaeoeystiden, bei denen die fünf Mundarme nicht unmittelbar von einer fünfspaltigen Mundöftnung getrennt abgehen, wie bei Palaeoeystis, sondern von der oberen dreitheiligen Oeffnung eines eylindrischen Mundrohrs, welches sich am Oral-Pol der Kapsel erhebt. Auch liegt der Genital-Porus nicht in der Kapsel-Wand, zwischen Mund und After (wie bei Echinosphaera), sondern m der Wand des Oral- Tubus (— Cbollum), wie es Axcenıv sehr naturgetreu abgebildet hat (13, Tab. XIV, Fig. 4). Aus dem oberen Rande dieses Mundrohrs erheben sich drei gegliederte Brachiolen, von denen der unpaare frontale (dem After gegenüber) eimfach bleibt, während die beiden paarigen lateralen sich gabeltörmig in je zwei Aermchen theilen (Taf. I, Fie. 2). Bisweilen scheint sich auch der Frontal-Arm zu gabeln, so dass sechs Mundarme entstehen (Anerum, 13, Tab. XIV, Fig. 5, 5b). Die Theca von Citroeystis ist nicht kugelie und unten abgerundet, wie bei Zchinosphaera s. vestr. (— Urystalloeystis), sondern eitronförmig, unten in einen kurzen Stiel ausgezogen. 69 ÄMPHORIDEEN UND ÜUYSTOIDEEN. 69 27. Genus: Palaeoeystis, Bi.uisas, 1858. Palacocystites, BinLınGs, 15, pag. 68. Taf. I, Fig. 5, 5A, 5B. Palaeoeystida mit fünf schlanken, gleichmässig entwickelten Brachiolen, welche getrennt von den fünf Ecken des Mundes entspringen. Theca birnförmig, mit kurzem Stiel. Panzer-Platten subregulär-hexagonal, mit vorspringendem Rippen-Stern. Species typica: Palaeoeystis pentolena. E. HasckeL, nov. spec. Fundort: Unter-Silur von Nord-Amerika (Oanada). Das Genus Palaeocystis gründete Bıruımes für mehrere nordamerikanische Eehmodermen, von denen Harı Panzer-Fragmente unter dem Namen Aetinoerinus tenuiradiatus beschrieben hatte. Die hexagonalen Tateln derselben zeichnen sich vor denen anderer Cystoideen und Amphorideen dadurch aus, dass die Nahtbänder (Porenkanäle der Porenrauten) beinahe bis zur Mitte der Platten reichen und sich auch im speziellen Verhalten etwas unterscheiden. Ich kann diesem Unterschiede keine Bedeutung beimessen (vergl. pag. 23). Dagegen finde ich bei emem Fragmente der oberen Thecal-Hälfte, dessen hexagonale Platten eme ähnliche Struktur zeigen, das Peristom so genügend erhalten, dass ich daraus auf die Anwesenheit von fünf gegliederten Mundarmen schliessen kann, die getrennt aus der oberen Oeffnung des kurzen Mundrohres entspringen. Das betreffende Bruchstück (aus dem Unter - Silur von Nord-Amerika) zeigt eine ähnliche Mundbildung, wie sie Barranpe von Arachno- cystis abgebildet hat (12, Pl. 23, Fig. 17, 18); während aber hier nur drei Arme von der oberen Mündung der Proboseis abgehen, spaltet sich dieselbe dort deutlich in fünf Arme von gleicher Stärke; leider ist nur die Basis derselben, mit emigen undeutlichen Gliedern erhalten. Natürlich lässt sich nicht bestimmen, ob dieses Frag- ment wirklich derselben Gattung angehörte, wie die drei von Bıruımes beschriebenen Arten, an denen die Theeal-Oeffnungen und Arme fehlten (Palaeoeystis tenuiradiata, Palaeoeystis Dawsoni und Palaeocystis Chapmani). Da jedoch die Platten-Struktur sehr ähnlich ist wie bei Palaeoeystis tenwiradiata (15, pag. 69, Fig. 1—3), beziehe ich die neue Species auf dasselbe Genus und nenne sie Palaeoeystis pentolena. Die Bildung von fünf emfachen Brachiolen, welche getrennt aus dem Mundrohre ent- springen, erscheint mir von hoher Bedeutnng. Uebrigens geht auch bei der gewöhn- lichen Orystalloeystis aurantium die Gabeltheilung der beiden lateralen Arme bisweilen bis dicht an den Mund heran, so dass nicht drei, sondern fünf Arme direkt vom Peristom zu entspringen scheinen (Taf. I, Fig. 3, 3 A) Zur Gattung Palaeoeystis gehört vielleicht auch die kleine fünfarmige Amphoridee, welche Harr als Urinoeystis chrysalis beschrieben hat (24, Report 20, 1868, pag. 318, Pl. 12a, Fig. 10, 11) — (rinoeystites chrysalıs. 70 Ernst HAEcKEL [70 28. Genus: Comaroeystis, Bırnınas, 1856. Comarocystites, BILLINGS, 15, pag. 61, Pl. V. Tara BiesAr ae) Palaeoeystida mit vier langen, gefiederten Brachiolen, welche paarweise von den beiden Ecken eimer schmalen Mundspalte entspringen. Theca bimförmig oder ellipsoid, scharf abgesetzt von dem dünnen, eylindrischen Stiel. Panzer-Platten sub- regulär-hexagonal, ohne Rippen-Stern. Species typica: Comarocystis punctata, Bıruncs. Comaroeystites punclatus, BivLınGs, 15, pag. 61, Pl. V. Fundort: Unter-Silur von Nord-Amerika (Canada). Das Genus (omarocystis ist bisher nur durch die Darstellung bekannt, welche Bınıınas von einer unter-silurischen Art aus Nord-Amerika gegeben hat. Danach unter- scheidet sich dasselbe von den verwandten Palaeocystiden besonders durch eme eigen- thiimliche Waben-Struktur des Panzers, dessen regelmässige hexagonale Platten eine srubenförmige Vertiefung zeigen; die Nahtbänder bilden keine Rauten-Figuren, sondern Trapeze. Wichtiger als dieser Unterschied in der Tafel-Struktur scheimt mir die Thatsache zu sein, dass (omaroeystis nur vier Brachiolen besitzt, welche paar- weise von den beiden Ecken einer langen, schmalen Mundspalte ausgehen. Die beiden posteralen werden von Biruınes (— welcher irrthümlich den After für den Mund hält —) als „vordere“ bezeichnet, die beiden peetoralen als „hintere“. Das fiinfte (frontale) Aermehen schemt ganz verschwunden zu sein; man kann durch Riickbildung desselben, und durch Auseinanderrücken der beiden Arm-Paare Comaro- eystis von Palaeoeystis ableiten. Die Brachiolen schemen lang und dünn zu sein, wie bei Arachnocystis (— länger als die Theca —); sie bestehen aber nur aus einer Reihe von Gliedern, welche eylindrisch, 4 mm lang sind und je eine (oder zwei?) fadenförmige, gegliederte Pinnula tragen. Der eylindrische Stiel (4 mm diek) ist aus einer Reihe von dinnen Platten zusammengesetzt und scharf abgesetzt von der eiförmigen oder ellipsoiden (40 mm langen) Kapsel. Der Stiel scheint lang zu sein und zeigte an einem Exemplar bei 80 mm Länge noch keme basale Verdinnung. Zwischen der longitudinalen Mundspalte und dem ventralen After (welchen eme Klappen-Pyramide deckte) scheint ein kleiner Gonoporus zu liegen. 29. Genus: Acanthoeystis, Barkaspe, 1887. Acanthocystites, BARRANDE, 12, pag. 180, Pl. 2, Fig. 13—15. Taf. I, Fig. 6—6B. Palaeoeystida mit 15 langen und dünnen, einseitig gezähnten Brachiolen, welche einen Rranz um den Mund bilden. Theca rübenförmig oder länglich birn- 71] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. zAl förmie (gestielt?.. Panzer-Platten subregulär-hexagonal, mit marginalen Stern- Rippen, ohne Poren-Rauten. Acanthoeystis briareus, Barkanoe, 1897. Acanthocystites briareus, BARRANDE, 12, pag. 181, Pl. 2, Fig. 13—15, 31, 32. Fundort: Mittel-Cambrium von Böhmen (C); Ginetz. Das Genus Acanthoeystis gehört zu den ältesten Amphorideen, aus dem Mittel- Cambrium, und zeichnet sich durch den Kranz von 15 dünnen und langen Aermcehen aus, welche um den Mund herum dicht neben emander sitzen; sie scheinen länger als der Kelch zu sem und sind au einer Seite fein gezähnelt (einzeilig gegliedert ?). Von der rübenförmigen Kapsel fehlt der untere Theil. Die kleinen Tafeln des Panzers sind ziemlich regelmässig hexagonal, in der Mitte mit emer runden Ver- tiefung (— wie bei Comaroeystis? —); von deren Umkreise gehen 20—30 starke radiale Rippen nach dem Rande der Tafel. Eigentliche „Poren-Rauten‘“ fehlen. 30. Genus: Archaeoeystis, Barranpe, 1887, Archaeocystites, BARRANDE, 12, pag. 94, Pl. 2, Fig. 4—6. Taf. I, Fig. ”—7B. Palaeoeystida mit 20—25 langen und dünnen Brachiolen, welche einen Kranz um den Mund bilden. Theca becherförmig, mit eimem dünnen, gegliederten Stiel. Panzer-Platten sehr klein und zahlreich, irregulär-polvgonal. Species typica: Archaeocystis medusa, Barkanoe, 1837. Archaeocystites medusa, BARRANDE, 12, pag. 95, Pl. 2, Fig. 4—6. Fundort: Mittel-Cambrium von Böhmen (C), Wosek. Das Genus Archaeoeystis wurde von BarkannE für ein einzelnes, unvollständig erhaltenes Exemplar gegründet, welches er in emem cambrischen Kieselknollen ein- geschlossen fand. Die becherförmige Kapsel scheint mit sehr kleinen und zahlreichen, irregulär-vieleckigen Plättchen dicht gepflastert zu sem. Sie ist unten scharf abge- setzt von dem dinnen, eylindrischen Stiel, dessen kurze, scheibenförmige Glieder einen Kranz von feinen, horizontal abstehenden Borsten zu tragen scheinen. Die 20 bis 25 dünnen Arme, welche oben um dem Mund herum emen Kranz bilden, sind gegliedert und scheinen am inneren (oralen) Rande ebenfalls feine Borsten zu tragen. Der Körperbau dieser eigenthümlichen Gattung ist zu unvollkommen bekannt, um sie sicher in der Familie der JPalaeoeystida eimreihen zu können. In memer vor- läufigen Mittheilung (1895, pag. 4) hatte ich die hypothetische Stammfamilie der Amphorideen als Archaeoeystida bezeichnet. Zweite Klasse der Eehinodermen: Cystoidea, Iworow Buch, 1845. Oystidea, LeoporLn Buch, 1845; „Ueber Cystideen eingeleitet durch die Entwickelung «der Eigenthüm- lichkeiten von Caryocrinus ornatus“ Abhandl. Berlin. Akad. COystoidea, AUTORUM, partim! Eehmodermen mit bilateral-radialer Grundform des Körpers, mit einem radialen Anthodium, welches aus mehreren (2—5 oder mehr) Ambulacren zusammen- gesetzt ist. Theca monaxon oder radial, am Aboral-Pol der Hauptaxe selten frei, meistens direkt aufsitzend oder durch einen Stiel befestist. Tegument selten mit einem beweglichen Schuppen-Panzer, meistens mit einem starren Platten-Panzer, welcher aus sehr zahlreichen polygonalen Täfelchen irregulär zusammengesetzt ist; häufig sind letztere theilweise zu grösseren Tafeln verschmolzen. Mundöffnung stets central, am Oral-Pol der Hauptaxe, selten eine (uerspalte, oft kreisrund, meistens radial-gespalten, mit 3—5 Lippen. After stets excentrisch, auf der Ventral-Seite, mit Klappen-Pyramide. Zwischen Mund und After meistens ein Gonoporus („dritte Oefl- nung“), selten noch em Hydroporus („vierte Oetinung“). Skeletale Gliedmaassen sind meistens in Form von Pinnuletten entwickelt, seltener als ein Peristom- Kranz von radialen Brachiolen, oder als ein Gürtel von Thecal-Brachien. Die Klasse der Cystoideen (— nach Ausschluss der Amphorideen! —) enthält eine grosse Anzahl von palaeozoischen Echinodermen, welche theils durch die primitive Einfachheit ihrer Organisation, theils dureh ihre eigenthümliche Diffe- renzirung sich von den übrigen Klassen des Stammes unterscheiden. Einerseits sind sie durch Uebergangs-Formen (unten) mit ihren Amphorideen-Ahnen verknüpft, ander- seits (oben) mit den höher entwickelten Klassen der Pentorchonien. Einige Gattungen der Uystoideen finden sich versteinert schon im Cambrium neben ihren Üystoideen- Ahnen; die grosse Mehrzahl aber findet sich im Silur, besonders im Unter -Silur. Viel germger ist die Zahl der Arten im Devon, und im Carbon kommen nur noch vereinzelte Ueberreste vor. In der permischen Periode scheimt die Klasse bereits ganz ausgestorben zu sem. 73| ÄMPHORIDEEN UND ÜUYSTOIDEEN. | Grenzen der Öystoideen-Klasse. Die unvollkommene Kenntniss, welche wir von der Organisation des Weichkörpers in dieser formenreichen, aber nur fossil bekannten Klasse besitzen, gestattet uns, ihre Grenzen gegen die verwandten Klassen des Echmodermen-Stammes nur theilweise und unsicher abzustecken. Leichter ist diese Abgrenzung nach unten hin, gegen ihre Amphorideen- Ahnen. Zwar bilden unter den letzteren die Palneoeystiden einen unmittelbaren Uebergane zu den Uystoideen ; aber von diesen, wie von allen anderen Amphorideen unterscheiden sich die Uystoideen bestimmt und klar dureh die Ausbildung des Anthodium. Der erste Beeinn und die stufenweise Ausbildung dieser „Ambulaeral-Rosette*, wie sie uns in den beiden Familien der Pomocystiden und Fungoeystiden entgegentritt, beweist einerseits deren Abstammung von jenen Amphorideen, andererseits die Richtigkeit der Hypothese, welche im der Uystoideen-Klasse die Stamm-Gruppe aller übrigen Echinodermen erblickt. Diese alle sind Anthodiatenz sie alle besitzen perradiale Prinzipal-Kanäle, welche vom Hydrocireus aus centrifugal in das Tegument der Theca hinein wandern und an deren ventraler Oberfläche, zusammen mit den darüber velesenen Subvektoren (oder Himmernden „Zufuhr-Rinnen des Tegumentes“) die ächten Ambulacra bilden. Den Amphorideen fehlen diese „Ambulacral-Felder“ noch ganz. Schwieriger ist die Abgrenzung der Uystoideen nach oben hin, gegen die übrigen Klassen der Anthodiaten; denn hier entwickeln sich mehrfach interessante Conneetiv-Formen, welche unmittelbar von verschiedenen Zweigen der Uystoideen- Klasse zu den einzelnen Pentorehonien -Klassen himüberführen. Die Agelacystiden erscheinen nahe verwandt den Stammformen der Pygocineten (Zchinideen, Ophiureen, Asterideen), — die Anthocystiden (Cystoblastus) denjenigen der Blastoideen, die Glyptoeystiden denjenigen der Örinoideen; die Ascocystiden stehen sehr nahe den Stammformen der Holothurien (falls sie nicht selbst dazu gehören). Wie weit cs jetzt schon möglich ist, diese höheren Echmodermen-Rlassen scharf zu definiren und von der gemeinsamen Stammegruppe der Cystoideen abzugrenzen, habe ich im zweiten Theile meiner „Systematischen Phylogenie* zu zeigen versucht. Klassifikation der Cystoideen. Als der geistreiche Geologe und Palaeontologe Leororn Buen vor 50 Jahren die Klasse der Cystoideen begründete, unterschied er sie als „armlose Urinoideen‘ von den armtragenden ächten Urmoideen; er beschrieb damals sieben verschiedene Arten als Typen von fünf Gattungen. Seitdem hat sich die Zahl der beschriebenen Genera um mehr als das zehnfache erhöht (30 Amphorideen und 45 Uystoideen). Vie sieben Uystoideen-Ärten von Buven (Lit. No. 11) gehören zu folgenden Familien: 1. Sphaeronites aurantium, 11, pag. 14, Tab. I, Fig. 21, 22. — Palaeocystida. 2. Sphaeronites pomum, 11, pag. 16. — Pomoecystida. 3. Caryocystites granatum, 11, pag. 17, Tab. I, Fig. 8-10. — Oroecystida. 4. (aryoeystites testudinarius, 11, pag. 19, Tab. I, Fig. 20. — Orocystida. Festschrift für Gegenbaur. 10 74 Ernst HAECcKEL [74 5. Hemicosmites pyriformis, 11, pag. 20, Tab. I, Fig. 11, 12. — Hexalacystida. 6. Sycocystites angulosus, 11, pag. 21, Tab. I, Fig. 15—19. — Sycocystida. 7. Oryptocrinites cerasus, 11, pag. 25, Tab. I, Fig. 15, 14. — Sycocystida. ‚Jonannes Mütter, 1854, (25, page. 58—66) beschrieb zuerst genauer die Struktur-Verhältnisse der Kelehtafeln und ihrer Poren; er unterschied danach drei Gruppen von (Üystoideen: I. Rhomboporita (Rhombifera), mit Poren -Rauten, Il. Diploporita, mit Doppel-Poren, II. Aporita, ohme Poren der Kelch-Tafeln. Diese Eintheilung wurde von den meisten folgenden Autoren beibehalten, so auch von Zırren (1876) in seinem Handbuch der Palaeontologie, in welchem die bis dahin bekannten Genera sorgfältig zusammengestellt und charakterisirt sind (29, pag. 405); hier sind bereits 40 verschiedene Genera aufgeführt; jedoch befinden sich darunter 10 ungenügend bekannte. Die Zahl dieser 30 Genera schien verdoppelt zu werden, als 1857 W. Waacen den VII. Band des grossen Werkes veröttentlichte, welches Joacım Darraspe (12) über „Le Systeme Silurien du Centre de la Boh@me“ geschrieben hatte (vergl. Anhang I). Auf den 39 Tafeln dieses kostbaren Werkes, welches erst vier Jahre nach dem Tode des Autors erschien, sind 30 Genera und sehr zahlreiche Species abgebildet; doch sind unter den Gattungen 10 nur unvollkommen bekannt, so dass ihre Zahl auf 20 reduzirt wird. Da BarraspE den Organismus der Echmodermen nur sehr unvoll- kommen kannte, verzichtete er auf eme Klassifikation seiner CUystideen und ordnete dieselben nach dem Alter in drei Gruppen; in jeder derselben werden die (enera in alphabetischer Reihenfolge beschrieben. Das inhaltreiche Werk von Barkanpe, mit mehr als 300 (Juartseiten Text, ist unter allen bisher erschienenen Werken über Cystordeen nicht allein das umfang- reichste, sondern auch das werthvollste durch die grosse Zahl von zuverlässigen Beobachtungen und höchst sorgfältigen Abbildungen. Allem der Text steht mit den letzteren oft in auftälligem Widerspruch und darf nur mit erosser Vorsicht und Kritik benutzt werden. Seme grossen Mängel werden durch die besonderen Umstände entschuldigt, unter welchen der ausgezeichnete Verfasser zur Abfassung des Textes schritt; dieselbe wurde ım 84. Lebensjahre durch den Tod unterbrochen, nachdem BarranpEe mit unermüdlichem Eifer und Fleiss 40 Jahre lang die kostbaren fossilen Schätze der cambrischen und silurischen Schichten von Uentral-Böhmen gesammelt hatte. Während dieses langen Zeitraums wechselten natürlich die Anschauungen des Verfassers vielfach; ältere Beobachtungen wurden mit neueren oft im nicht glück- licher Weise kombinirt; viele Notizen gingen auch wohl verloren. Vor Allem aber ist zu berücksichtigen, dass Darraspe in erster Linie Sammler und Beobachter war, dass er aber von der Organisation der Echinodermen nur eine sehr unvollkommene Vorstellung besass; die neueren Untersuchungen über die vergleichende Anatomie und Ontogenie dieses merkwürdigen Thier- Stammes blieben ihm ganz fremd. Nur so lässt es sich erklären, dass er das innere Dermal-Skelet der CUystoideen als eine äussere Schale (ähnlich emer Mollusken-Schale) betrachtet, mit welcher der lebendige „eigentliche Thierkörper“ nur locker zusammenhing. Die bedeutungsvollen Octnungen oO 75] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 7 De der Theca werden öfter im Texte nicht erwähnt, während die naturgetreuen Abbil- dungen sie deutlich zeigen. Die eigenthümlichen „Hydrophora palmata“* (— subteg- minale Anthodien —), welche ottenbar G/yptoeystiden angehören, werden irrthümlich drei Gattungen von Aristocystiden zugeschrieben, obwohl die Beschaffenheit ihrer Iheca deren Besitz ausschliesst,. Bei Ascoeystis wird der prismatische Körper als sechskantig beschrieben und (auf falsch konstruirten Querschnitten) abgebildet, obaleich aus den vortreffliehen Abbildungen zweifellos hervorgeht, dass er fiünfkantie war. bei Mitroeystis beschreibt Barkanoe die verschiedene Platten-Täfelung der dorsalen und ventralen Theca-Hälfte als eine „bizarrerie inewplicable* und erklärt sie dadurch, dass der Rückenpanzer die „äussere Schale“, der Bauchpanzer dagegen „der Körper des Thieres selbst‘ sei (12, pag. 165). Trotz dieser und vieler anderer seltsamer Irrthimer bleibt das Werk von Barraspe eine höchst werthvolle Fundgrube von wichtigen Beobachtungen; nur müssen sie mit scharfer Kritik, eingehender Aufmerk- samkeit und grosser Vorsicht benutzt werden. Mercomor Nevmayr (1889) widmete in dem ersten Bande seiner „Stimme des Thierreiches“ den Uystoideen zum ersten Male eme eingehende phylogenetische Betrachtung (S, pag. 400414). Er führte den Nachweis, dass die bisher gültige Eintheilung der Uystoideen auf Grund der Poren -Bildung im den Panzertafeln ganz unmatürlich und unhaltbar und die Deutung der Poren selbst grossentheils irrthümlich sei (8, pag. 412). Mit Recht wies er darauf hin, dass viel wichtiger die Bildung der „ambulacralen Organe der Uvstoideen sei, welche hier emen höheren Grad von Mannigfaltigkeit und Veränderlichkeit zeigen, als in irgend einer anderen Abtheilung der Echinodermen“ (8, pag. 410). Darauf hin versuchte er, „wenigstens einige gute natürliche Gruppen zu unterscheiden“, nämlich 1. Sphaeronitida (mit drei Sub- familien: A. Sphaeronitina, B. Aristocystina. ©. Mesitma). 2. Echinosphaeritida und 3. Plenrocystida (= Anomoeystida, Woopwarn, 1880, 26). Nevmarr betrachtet die Uystoideen als die gemeinsame Stammeruppe der Echinodermen, welche durch ver- bindende Uebergangs-Formen mit den anderen Klassen des Stammes zusammenhänge. Diese Auffassung wurde dann im bestimmterer Form zur Klassifikation benutzt von STEINMANN und Döperreim (1890) in ihren „Elementen der Palaeontologie“* (9, pag. 176 185); sie unterscheiden vier Familien der Uvystoideen. Von diesen stellen die Eueystidea (I) die typische Hauptgruppe der Klasse dar (Glyptosphaera, Echino- sphaera, Lepadoerinus); die Cystechinoidea (Il) führen von diesen zu den Schinideen hinüber (Mesites, Cystocidaris); die Uystasteroidea (III) schlagen die Brücke zu den Asterideen und Ophiureen (Agelacrinus); die Uystocrinoidea endlich (IV) bilden den Anschluss an die ächten Urmoideen (Sycoeystis, Caryoerinus, Poroerinus). Ferix Bersarp (1895) unterscheidet in seinen Blements de Palcontologie folgende sechs Familien der Cvstoideen: 1. Aristocystida, 2. Echinosphaeritida, 3. Glypto- sphaeritida, 4. Caryoerinida, 5. Callocystida, 6. Pleurocystida, (30 pag. 203). ZUTTEL kombinirt neuerdings m seinen „Grundzügen der Palaeontologie* (1895) diese Ein- theilung mit der von Neumark versuchten; er unterscheidet acht Familien (nach 10% 76 Erxst HAECKEL [76 Ausschluss der Oamaroeystida, welche Wurzel-Knollen von ächten Urmmoideen sind: vergl. Anhang Il: ZLobolithes). 1. Aristocystida (N.), 2. Sphaeronitida (N.), 3. Echino- sphaeritida (N.), 4 Uryptocrinida (Z ), 5. Caryoermida (B.), 6. Anomaloeystida (W.), 7. Calloeystida (B.), S. Agelacrinida (H.). Orro Jarken (1595) hebt in seinem Vortrage über „Die Organisation der Uystoideen“ besonders hervor, dass diese Echinodermen „keine einheitliche Abtheilung ‚darstellen. sondern m zwei sehr verschiedene Formenkreise zerfallen“ (49, pag. 109). Er stellt die Theeoidea (unsere Agelacystida) als besondere Klasse den ächten Uystoidea gegenüber; „der charakteristische Unterschied der Uvstoideen gegen- iiber den Thecoideen besteht darin, dass ihr Kelch-Skelet eime geschlossene Kapsel bildet, welehe dem Ambulaeral-Organ nur in dem oben gelegenen Mund eine Austritts- | ötfnung freilässt‘‘ (49, pag. 111). Die weitere Unterscheidung von Gruppen unter den Oystoideen versucht Jarkern hauptsächlich auf Grund der Unterschiede, welche das von ihm so genannte „Hydrophoren-System“ zeigt, d. h. „diejenigen Eimrich- tungen, welche dem Ambulacral- System seinen Inhalt zuführen‘ (vergl. hierüber pag. 6). Während ich die Agelacystiden für jüngere, relativ hoch organısirte und regulär ditterenzirte Uystoideen halte, sagt Jarken von ihnen: „Die Thecoidea stehen ihrer gesammten Organisation nach unzweifelhaft am Ausgangspunkt der Pelmatozoa; alle diese missen das Entwickelungs Stadium jener durchlaufen haben. Denn einfacher organisirte Pelmatozoen als diese kann es kaum gegeben haben“ (49, pag. 110). Die neue Klassifikation der Uvstoideen, welche ich selbst 1595 in meiner vor- läufigen Mittheilung über „Die cambrische Stammgruppe der Echinodermen“ vorgeschlagen habe und welche in der vorliegenden Abhandlung weiter ausgeführt ist, geht von wesentlich anderen Gesichtspunkten aus, als diejenigen memer Vorgänger. Während diese letzteren, als Palaeontologen, sich vorzugsweise an die Zusammen- setzung der Panzerkapsel und die Struktur ihrer Tafeln hielten, steht für mich im Vordergerunde die Ditferenzirung des Ambulacral-Systems und die innige erbliche Beziehung, welche dieselbe vermöge des biogenetischen Grundgesetzes zu den bekannten Erscheinungen in der Ontogenie der Echinodermen besitzt. Darauf gestützt, trenne ich zunächst die Klasse der Amphorideen, (als ältesten Eehino- dermen, ohne Anthodium!) ganz von den ächten Cystoideen; diese letzteren sind. gleich allen iibrigen Zchinodermen, Anthodiaten, mit emer „Ambulacral-Rosette“ versehen. Unter diesen „ächten Uystoideen“ ımterscheide ich sechs Familien, welche sich auf zwei Subklassen oder Ordnungen vertheilen: 1. Mikroplacta oder Zney- stidea (mit den vier Familien der 1. Pomocystida, 2. Fungoeystida, 3. Aygelacystida und 4. Ascoeystida; Theca irregulär zusammengesetzt aus sehr zahlreichen klemen Täfelehen) und Il. Megaplacta oder Pareystidea (mit den beiden Familien der 5. Calloeystida und 6. Glyptocystida; Theca subregulär zusammengesetzt aus einer geringen Zahl von grossen Tafeln (13—20, meistens 18 oder 19). ÄMPHORIDBEEN UND ÜUYSTOIDEEN. System der Cystoidea. u | Ordines: I. Ordnung: Microplaeta (= Enueystidea.) Theca mit irregulärem Platten - Panzer, zu- sammengesetzt aus zahlreichen kleinen, polygonalen Täfelchen (meistens 40— 80, oft mehreren Hunderten). | Il. Ordnung: Megaplacta (== Parcystidea.) Theca mit subregulärem Platten - Panzer, zu- sammengesetzt aus einer geringen Zahl von grossen polygo- nalen Tafeln (13—20, meistens 18 oder 19). Familiae: IE Pomoeystida. En Theca monaxon. dium regulär - penta- radial. 5 Ambulaeren sehr kurz, mit wenigen Aesten. IUE Fungoeystida, Theeca monaxon. Antho- dium irregulär. 2 bis 5 Ambulaeren lang, meist uniserial. 111. Agelaecystida. Theca pentaradial. An- thodium regulär. 5 Am- bulacren ausgedehnt, dicht gefiedert. IV. Ascoeystida. Theca pentaradial, An- thodium komplet. 5 Prinzipal-Kanälelang. Ein Kranz von Mund- armen. V. Calloeystida. Theeca ohne Armgürtel und ohne freie Arme; mit 2 bis 5 langen, offenen, oft verästelten Ambulaeren. VE Glyptoeystida. Theca mit einem Gürtel von freien Armen, welcher den dorsalen Keleh von der ven- tralen Kelchdecke trennt. 3—5 kurze, verdeckte oder subteg- minale Ambulacren. Antho- | Theca Theca Subfamiliae: la. Sphaeronitida. Theea mit5—20 Brachiolen. nicht demarkirt. IIa. @lyptosphaerida. Theca mit 3 oder 5 faden- förmigen Ambulacren. IIb. Maloeystida. Theca mit 2, 4, 6— 9 ketten- förmigen Ambulacren. IlIa. Hemieystida. mit beweglichem Schuppen-Panzer. IIIb. Asterocystida. Theca mit starrem Platten- Panzer. IV. Ascoeystida. Theca fünfseitig, prisma- tisch, mit horizontaler Hauptaxe. Va. Anthoeystida, Theca eine 5seitige Pyra- mide, mit 5 Ambulaeren. Vb. Apioeystida. Theca eine 4seitige Pyra- mide, mit 4 Ambulaeren. | Ve. Pseudoerinida. Theca eine 2seitige Linse mit 2 Ambulaeren. VIa. Hexalacystida. Theea mit triradialer Grund- form: 3 oder 3 mal x Ambulaeren. VIb. Sycoeystida. mit pentaradialer Grundform; 5 oder 5mal x Ambulacren. Anthodium scharf de- | markirt. Ib. Proteoeystida. Theca mit 25 oder mehr Brachiolen. Anthodium kenera: . Sphaeronites. 3. Pomoecystis. Pomosphaera. 2 1. Pomonites. 2 7 [9] Eueystis. Proteoeystis. 7. Glyptosphaera. 8. Protoerinus. Fungocystis. 0. Malocystis. . Amygdaloeystis. 12. Hemieystis. Agelacystis. Leprdodiseus. Agelacystis. Oyothoeystis. Gomphocystis. Asteroeystis. Asteroblastus. Edrioeystis. Mesites. 22. Psolocystis. C) 23. Thuriocystis. (>) . Ascocystis. Oystoblastus. Calloeyslis. Anthoeystis. Apioeyslis. . Sphaeroceystis. Stanrocyslis. Lepadoerinus. Psendoerinus. Hemicosmites. Hexalacystis. Enneacystis. Caryoerinus. Syeoeystis. Echinoeystis. Uryptoerinus. Hypoerinus. Lichenoeystis. 42. Mimocystis. Homoeystis. . Glyptoeystis. 45. Palmacystis. — | Ernst HAECKEL u | G 0) — ER [0 e) Theca der Cystoideen, Die Theca oder „Kapsel“ der Cystoideen schliesst sich im den meisten und wichtigsten Beziehungen an die Verhältnisse ihrer Amphorideen-Ahnen an; nur zeigt sie bei den ersteren eine weit mannigfaltigere und reichere Formen - Entwicke- lung als bei den letzteren. Der wichtieste Unterschied in der T'heca-Bildung beider Klassen besteht darin, dass alle COystoideen am Oral-Pol der Panzer-Kapsel ein radiales Anthodium besitzen, welches allen Amphorideen völlig fehlt. Man kann bei den Uvstoideen desshalb auch den Oral-Theil der Theca, soweit die Ambulacren des Anthodium reichen, als Kelchdecke bezeichnen (Zpitheca, Epicalyx oder „Ventral-Kapsel“), den aboralen Theil als eigentlichen Kelch (Hypotheca, Calya oder „Dorsal-Kapsel“). Indessen sind diese beiden Hauptbezirke der Kapsel nur bei zwei Familien mehr oder weniger scharf abgesrenzt, bei den Agelacystida und (Glyptoeystida; bei den übrigen Familien ist gewöhnlich der ambulacrale (ventrale) Theil der Theca vom antambularen (dorsalen) Theile nicht scharf geschieden. Behufs eingehender Vergleichung der Theca-Formation bei den Cystoideen und Amphorideen wird es zweckmässig sem, hier wie dort nach emander zu betrachten: 1. Die reale (Gesammtform der Theca, 2. die ideale Grundform, 3. das Anthodium und die hadial-Struktur, 4. die aborale Stielbildung, 5. die 'Thecal-Ostien, 6. die Zusammen- setzung des Panzers, 7. die Brachiolen. 1. Die reale Gesammtform der Theca ist bei den meisten (ystoideen ähnlich wie bei den Amphorideen, bei der Mehrzahl „birnförmige, eitörmig oder fast kugelig“, so namentlich in den Familien der Pomoeystida und Fungocystida, bei den Calloeystida und Glyptoceystida. Dagegen ist bei den meisten Agelacystida die vertikale Hauptaxe verkürzt, so dass die Kapsel niedergedrückt, halbkugelig oder scheiben- förmig erscheint. Umgekehrt ist die Hauptaxe bei den Ascoeystida verlängert und beim erwachsenen, freibeweglichen Thiere wohl aus der vertikalen in die horizontale Lage übergegangen, wie bei den Holothurien; die dehnbare Theca nimmt hier eine langgestreckte, eylimdrische oder fünfseitig-prismatische Form an. Aehnlich ist sie auch bei den drei böhmischen Glvptocystiden-Gattungen: Lichenoeystis, Mimocystis und Homoeystis. In einigen CUystoideen prägt sich die bilateral-asymmetrische Form der lateral-komprimirten Kapsel stärker aus, so bei Syeoeystis und Glyptocystis; in der stark komprimirten, höchst abweichenden Calloceystide Pseudoerinus nimmt sie sogar die seltene Form einer bieonvexen Linse an, die senkrecht auf dem Rande steht; ähnlich bei der mandelförmigen, ebenfalls „zweistrahligen“ Amygdaloeystis. Wenn hingegen das pentaradiale Anthodium stärker hervortritt, wird mehr der Charakter der füntseitigen Pyramide ausgeprägt. 2. Die ideale Grundform der Theca ist bei den (ystoideen wesentlich verschieden von derjenigen ihrer Amphorideen-Ahnen. Zu der ursprüngliehen bilateral- symmetrischen Grundform, welche sie von den letzteren durch Vererbung erhalten haben, tritt hier als eine wichtige neue Erwerbung die Radial-Struktur, bedingt durch die Entstehung des radialen Anthodiums. Indem nun diese neue, durch 79] AMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 79 Anpassung an festsitzende Lebensweise entstandene Grundform mit jener älteren erblichen „‚Zweiseitigkeit“ kombinirt und auf alle übrigen Echinodermen durch Vererbung übertragen wird, entsteht jene eigenthümliche Kombination von bilateraler „Asymmetrie* und radialer „Regularität“, welche wir mit einem Worte als Amphi- pleurie bezeichnet haben (3, Buch IV, pag. 500). Diese bilateral-radiale (— meistens pentaradiale — ) Grundform ist für alle Anthodiaten charakteristisch, d. h. für alle Eehmodermen mit einziger Ausnahme der Amphorideen. Die prinzipiell bedeutende, promorphotische Kluft, welche diese beiden Hauptgruppen des Eehino- dermen-Stammes trennt, wird sofort deutlich, wenn man die maassgebenden Axen der Grundform und ihre Pole betrachtet. Die drei Euthyvnen oder idealen Richtaxen bleiben bei allen ( 'ystoideen dieselben, welche wir vorher bei ihren Amphorideen-Ahnen unterschieden haben (pag. 14); I. Die Prinzipal-Axe mit oralem und aboralem Pole, II. die Sagıttal-Axe mit dorsalem und ventralem Pole; III. die Lateral- AÄxe mit rechtem und Iinkem Pole. Auch die mediane Ventral-Linie. welche (direkt vom centralen Munde zum excentrischen After führt, sowie die sagıttale Median-Ebene, welche den Körper in zwei spiegelgleiche Hemimeren theilt, bleibt bei den Oystoideen dieselbe wie bei den Amphorideen. Die letztere wird auch hier immer durch drei geometrische Punkte fest bestimmt, die Mittelpunkte des Mundes, des Afters und der Insertions-Basis (oder des Stieles). Zu diesen drei ursprünglichen Richtaxen kommen aber nun bei den Oystoideen noch die radialen Kreuzaxen, welche durch die Entwickelung der Ambulacren und ihrer perradialen Subvektoren bestimmt werden, ursprünglich drei oder fünf. Eine von diesen fällt stets in die Sagittal-Axe, während die zwei oder vier anderen sich paarweise zu beiden Seiten der Median-Ebene gruppiren. Die Variationen und Umbildungen, welche dieses radiale Anthodium schon innerhalb der Cystoideen-Klasse erleidet, smd von so hohem alleemeinen Interesse und so weitreichender spezieller Bedeutung, dass wir sie als Ursachen der manniefaltigen Radial-Struktur später noch besonders in's Auge fassen miissen. 3. Die Radial-Struktur der Theca, welche die ächten Cystoideen so wesentlich von ihren Amphorideen-Ahnen unterscheidet, ist im erster Linie durch die Entwickelung des Anthodiums bedingt, dessen Verhältnisse wir nachher noch beim Ambulacral-System gesondert betrachten werden. Hier sollen zunächst diejenigen promorphotischen Erscheinungen kurz betrachtet werden, welche für das klare Verständniss der radiären Grundform von fundamentaler Bedeutung sind. Ich bezeichne ein für allemal die primären Kreuzaxen oder die „Strahlen erster Ordnung“, welche bei den Echimodermen gewöhnlich schlechtweg Radien genannt werden, als Perradien; in ihnen liegen die Median-Linien der Ambulacren, ihre Subvektoren und Prinzipal-Kanäle. Dagegen unterscheiden wir als Interradien oder „Strahlen zweiter Ordnung“ die sekundären Kreuzaxen, welche den Winkel zwischen je zwei benachbarten Perradien halbiren. In manchen Fällen ist es nützlich, auch noch Adradien oder tertiäre Kreuzaxen zu unterscheiden, d. h. „Strahlen dritter Ordnung“, welche den Winkel zwischen je einem Perradius und Interradius halbiren; s0 Ernst HAECKEL [80 ihre Zahl ist natürlich stets doppelt so gross wie die der Ersteren. Wir hätten demnach zur exakten Darstellung der anatomischen Lagerungs-Verhältnisse bei der gewöhnlichen pentaradialen Grundform der Eehinodermen zu unterscheiden : A. 5 Perradien, B. 5 Interradien und U. 10 Adradien. Indessen unterliegt die normale Fiinfzahl der Parameren schon innerhalb dieser Klasse wichtigen Variationen. Die vertikalen Meridian-Ebenen, welche wir durch die vertikale Hauptaxe und die Perradien legen, nennen wir kurz „Perradial-Ebenen“, diejenigen, welche durch die Hauptaxe und die Interradien gelegt werden, „Interradial-Ebenen“. Der ganze Körpertheil, welcher zwischen je zwei benachbarten Interradial-Ebenen liegt, ıst ein Astromer oder Paramer, ein „Sternstück‘; die Perradial-Ebene ist die „sekundäre Median-Ebene“ oder „Sagittal-Ebene“* des bilateral gebauten Astromeres, welche dasselbe m em Paar spiegeleleiche Hälften theilt: Antimeren. Der ganze Körper einer regulär pentaradialen Uystoideen-Person (z. B. Asteroblastus, Cystoblastus) wird durch die 5 Interradial-Ebenen in 5 kongruente Astromeren oder 5 Paar Antimeren getheilt (abgesehen von der excentrischen Lage des Afters in einem Astromer). Grundzahlen der Uvstoideen. Die normale Fünfzahl der Astromeren ist allgemein vorhanden in folgenden drei Familien: Pomoeystida, Agelacystida, Asco- eystida. In den übrigen drei Familien ist dieselbe zwar vorherrschend, aber nicht selten durch eine andere Zahl ersetzt. Ich unterscheide dabei zwischen primären und sekundären Abweichungen von der Fiimtzahl. Als primäre Abweichung betrachte ich nur die Dreizahl; diese ist schon unter den Palaeocystiden dadurch vorbereitet, dass zuerst nur drei Arme am Munde auftreten: Arachnoeystis. Zwei von diesen oabeln sich bei Behinosphaera, so dass wir dann 5 Brachiolen haben, einen unpaaren (frontalen) und zwei Paar laterale. Dasselbe Verhältniss wiederholt sich unter den Fungoeystiden bei G/yptosphaera und Protocrinus; von dem dreispaltigen Munde schen drei Subvektoren aus, von denen der unpaare (frontale) einfach bleibt, die beiden paarigen (lateralen) sich gabeln. Die fünf so entstandenen Ambulacral- Rinnen trennen sich später bis zum Munde herab und entspringen dann einzeln vom Mundring (Fungoeystis). Auch im der Familie der Glyptoeystiden nimmt die ältere Subfamilie (Hexalaeystida) ihren Ausgang von dreistrahligen, die Jüngere (Sycocystida) von finfstrahligen Formen. Diese Thatsachen gestatten die Vermuthung, dass zunächst aus zweiseitigen Amphorideen dreistrahlige (Arachnoeystiden) entstanden sind, indem ein unpaarer (frontaler) Mundarım sich zwischen den ursprünglichen beiden lateralen entwickelte; indem dann letztere sich gabelig theilten (in eimen vorderen thoracalen und einen hinteren paranalen Arm), entstand der pentaradiale, Kranz, dessen Fiünfzahl dann erblieh wurde. Die angeführten triradialen CUystoideen, die mehreren verschiedenen Familien angehören, scheinen zu zeigen, dass der triradiale (primäre) Wypus noch in mehreren Gruppen fortbestand neben dem (sekundären) pentaradialen Typus, der später alleemein herrschend wurde. Als sekundäre Abweichungen von der Fiinfzahl, welche erst später aus dieser (dureh Riückbildung von mehreren Ambulacren) hervorgegangen sind, betrachte ich diejenigen Uystoideen, die nur vier oder zwei Subvektoren besitzen. Maloeystis unter 81] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. sl den Fungoeystiden, und die Subfamilie der Apioeystida unter den Calloeystiden, besitzen nur vier Ambulaeren; hier ist der frontale, unpaare Subvektor verschwunden. Bei Amygdaloeystis unter den Fungocvstiden und bei Pseudoerinus unter den Callo- eystiden verschwinden noch ein paar laterale Subvektoren, so «dass nur zwei gegen- ständige übrig bleiben (ein vorderer thoracaler und der gegenüber stehende hintere paranale, der dem anderen Antimer angehört). Die Theca nimmt im Folge dessen hier die seltene Form emer bikonvexen, vertikal stehenden Linse an. Ebenso auf- fallend ist die regulär vierstrahlige Form von Stauroeystis, auf dessen Oral- Fläche die vier gleichen Ambulaeren ein rechtwinkeliges Kreuz bilden. Durch die Vermitte- lung von anderen tetraradialen Apiocystiden (Apioeystis) lässt sich auch diese ab- norme Form von pentaradialen Ahnen ableiten (Calloeystis, Cystoblastus, vgl. unten). 4. Der Stiel der Öystoideen (Peduneulus). Die Theca ist bei der grossen Mehrzahl in dieser Klasse am aboralen Pol dureh einen kräftigen Stiel am Meeres- boden befestigt gewesen. Nur bei den älteren Formen, besonders denjenigen, deren Theca sich der Kugelform nähert (Pomoeystida, Fungocystida), war dieselbe bald unmittelbar mit dem aboralen Pol aufgewachsen, bald nur durch einen sehr kurzen Stiel befestigt. Mit sehr breiter Basis sind meistens die platt gedrückten Agelaeystida an den Boden angewachsen; hier kann sogar die Theca die Gestalt einer flachen, ganze untere, dorsale Fläche (Hypotheca) der Unterlage, meistens eine Muschelschale, aufgewachsen ist, während kreisrunden oder pentagonalen Scheibe annehmen, deren (die obere, ventrale Fläche (Zpitheca) von «dem pentaradialen Anthodium eingenommen wird. Durch einen sehr starken, geringelten Stiel sind die hoch entwickelten Familien der Callocystiden und Glyptoeystiden ausgezeichnet. Gewöhnlich ist der Peduneulus hier eylindrisch, etwa so lang als die Theca, und nach unten verdünnt; er ist meist gegliedert und es schemt, dass bisweilen die Glieder oder Scheiben, gleich den Röhren eines Teleskops, in einander geschoben werden konnten (wie bei Anomocys- tiden und Rotatorien). Vielleicht diente auch die geräumige Höhle, welche der dieke Stiel enthalten zu haben scheint, als Brutraum zur Aufnahme der Eier und Embryonen, wie bei Lepas. Einige Cystoideen waren nur in der Jugend gestielt und wurden später frei (Protoerinus, Ascoeystis u. A.). 5. Thecal-Ostien der Uvstoideen. Allgemein lassen sich an der Panzer- Kapsel bei den Uystoideen, ebenso wie bei den Amphorideen, zwei Oeffnungen erkennen; die kleinere, centrale, am Oral-Pol der Hauptaxe, ist der Mund; die orössere, excentrische, auf der Ventral-Seite, der After. Zwischen beiden Darm- Oeffnungen liegt auf der Bauchseite bei der Mehrzahl der Cystoideen eine „dritte Oetlnung“, die gewöhnlich — wohl mit Recht — als Gonoporus oder Geschlechts- öffnung gedeutet wird. Endlich ist auch bei einzelnen Gattungen noch eine vierte Oetfnung nachweisbar, welche derjenigen von Aristocystis zu entsprechen schemt (Hydroporus?); sie liegt in der Nähe des Mundes (Proteoeystis, Glyptosphaera). Ob die eigenthimlichen „Kamm-Rauten“ der Calloeystiden und Glyptocystiden zweiklappige 'Thecal-Ostien darstellen, ist noch unsicher. Festschrift für Gegenbaur. 1l 32 Ernst HAECKEL [82 A. Der Mund (Osculım) liegt bei allen Oystoideen, ebenso wie bei ihren Amphorideen-Ahnen, am Oral-Pol der Hauptaxe; er zeigt aber hier eime viel grössere Mamnigfaltiekeit der Bildung als bei den letzteren. Diese Thatsache ist in erster Linie durch die verschiedenartige Entwiekelung der Ambulaeren bedingt, welche vom Munde ausgehen. Je nachdem die Grundzahl derselben drei oder fünf beträgt, erscheint der Mundspalt entweder dreilippig oder fünflippig; er kann aber auch kreis- rund oder polygonal sein. Bisweilen entwickeln sich zwischen den drei oder fünf perradialen Mundspalten ebenso viele interradiale Oral-Platten (gabelförmig bei manchen Asterocystiden), oder ein Kranz von differenzirten Peristom-Platten. Häufig zeigt der Mundspalt bei den Oystoideen eine ausgeprägt amphipleure Gestalt, welche die Hufeisen-Form des primären, larvalen Hydrocoel-Bogens wiederholt, so z. B. bei vielen Pomoecystiden und Fungocystiden. Der Mund erschemt hier meistens als ein bilateral-symmetrischer Querspalt, von dessen Mittelpunkt nach vorne der unpaare, frontale Subvektor abgeht, während die beiden seitlichen Mundwinkel in zwei laterale Zufuhr-Rinnen auslaufen, die sich alsbald gabelförmig theilen, in je einen vorderen (thoracalen) Ast, und eimen hinteren (paranalen) Ast; die beiden Pektoral-Aeste diver- giren nach vorn, die beiden Paranal-Aeste nach hinten. Wem das unpaare frontale Ambulacrum rückgebildet wird (— bei den Apiocystida, den vierstrahligen Uallo- eystiden —), so nimmt der Mund die Form eines Längsspaltes an, von dessen Frontal- ünde die beiden pektoralen, vom Anal-Ende die beiden paranalen Subvektoren diver- girend abgehen (Apioeystis, Sphaerocystis). Wenn dann die vier Ambulacren gleich werden und sich unter gleiche Winkel ordnen, so wird die Oral-Fissur zu einem recht- winkeligen Kreuz (medusen-ähnlich, Staurocystis). Wenn aber drei Ambulaeren ver- schwinden und nur zwei gegenständige übrig bleiben (bei Ampgdalocystis und Pseudoerinus), so wird der Mund ein schräger Spalt, der von vorn und links nach hinten und rechts geht; das ergiebt sich aus der Lage des Afters, welcher m diesen beiden seltsamen zweistrahligen Gattungen, nicht etwa in der Mitte einer Seite der linsenförmigen Kapsel liegt, sondern am linken Rande des hinteren (rechten para- nalen) Ambulacrum. In vielen Oystoideen wird der Mundspalt von einer Reihe kleiner Saumplättehen eingefasst, welche sich auch auf die Ränder der von ihm ausgehenden Ambulaeral-Rinnen fortsetzen; jedoch sind dieselben selten gut erhalten. Die Familie der Glyptoeystida zeichnet sich dadurch aus, dass das Anthodium, und somit auch der eentrale Mund, subtegminal oder „unterirdisch“ wird, wie bei vielen älteren Urinoideen (den Aypascoerinen, s. unten). B. Der After (Anus) liegt bei allen Oystoideen excentrisch auf der Ventral- Seite, bald sehr nahe dem Munde (die meisten Pomocystida und Fungoeystida), bald weiter entfernt (die meisten übrigen Cystoideen). Gewöhnlich bleibt er jedoch im der oberen Hälfte der Theca; seltener rückt er in die untere hinab (z. B. G/ypto- cystis). Ganz am Aboral-Pol, wie bei den Holothurien, liegt der After nur bei der inerkwürdigen, diesen nächst verwandten Ascocystis. Gewöhnlich (— wahrscheinlich immer! —) ist die ansehnliche After-Oeffnung von einer beweglichen „Klappen- Pyramide“ bedeckt umd ausserdem häufig von einem Ringe kleiner „Periproktal- 3) 53] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDERN. 83 Plättchen“ umgeben. Die Zahl der dreieckigen Klappen, welche die After-Pyramide zusammensetzen, ist sehr wechselnd, zwischen 3 und 15, meistens 5 oder 6, selten 7-9. Früher hielt man die „Klappen-Pyramide des Afters“ für die „Ovarial-Oeffnung“ und betrachtete sie als eine, für die Klasse der Uystoideen höchst charakteristische Eigenthümlichkeit. Aber ganz dieselbe Bildung kommt nicht nur den meisten Amphorideen zu, sondern auch manchen Holothurien (Psolus u. A.). ©. Die Geschleehts-Oeffnung (Gonoporus). Bei vielen (vielleicht bei allen?) Cystoideen liegt zwischen Mund und After auf der Bauchseite eine kleine „dritte Oeffnung“, welche früher für den After gehalten wurde, jetzt aber ebenso wie bei den Amphorideen als Genital-Porus gilt. ‚Jedoch ist dieselbe nicht nach- zuweisen bei den Agelacystiden und Ascocystiden, sowie bei einem Theile der übrigen Uystoideen. In den älteren beiden Familien der Pomoeystida und Fungoeystida ver- hält sich diese Genital-Oeffnung noch gerade so wie bei ihren Amphorideen-Ahnen ; sie liegt etwas näher dem After als dem Munde, asymmetrisch, etwas rechts von der ventralen Mittellinie. Bisweilen ist die kleine runde Geschlechts-Oeffnung von emer Klappen-Pyramide bedeckt, gleich dem After. Bei den Callocystiden (— und einem Theile der G/yptocystiden —) scheinen an Stelle dieses unpaaren Gonoporus em paar laterale Genital-Oeffnungen mit kamm-Rauten zu treten (s. unten). Eine unpaare „vierte Oeffnung“, ähnlich derjenigen von Aristocystis (pag. 50) ist auch bei einigen Uystoideen nachzuweisen; bei Proteoeystis erscheint sie als ein kleiner Quer- spalt (zwischen Mund und After); bei @/yptosphaera an derselben Stelle als eine drei- eckige, quer gestreifte Platte, die schon ihr Entdecker, Vorsorrm, als „Madreporen- Platte‘ deutete (1846, 16, pag. 189). Ob diese „vierte Oefinung‘“ wirklich der Hydroporus war, und ob sonst dieselbe mit dem Gonoporus vereinigt war (wie bei manchen Holothurien und den Eehinideen), bleibt einstweilen zweifelhaft (vergl. pag. 17). D. Die Kamm-Rauten (Fectinirkombi = „FPectinated rhombs“*) sind eieenthiimliche Lokal-Bildungen der Theca, welche fast ganz auf die Familie der Calloeystida beschränkt erscheinen; ausserdem kommen sie nur bei einzelnen Glypto- eystiden (Sycoeystis, @lyptocystis) vor, sowie bei einer Anomoeystide (Pleuroeystis 2). Bei den meisten Calloeystiden sind drei Kamm-Rauten vorhanden und liegen an ganz bestimmten Stellen: zwei paarige, adanale, oben zu beiden Seiten des Afters; die dritte unpaare (basal-frontale) dem After schräg gegenüber, vorn unten über der Stiel-Insertion. Letztere ist vielleicht Genital-Mündung, erstere Madreporiten? Indessen ist sowohl das feimere anatomische Verhalten wie die physiologische Deutung dieser eigenthümlichen Gebilde noch ganz unsicher. 6. Der Kapsel-Panzer der Uystoideen. Der charakteristische Platten- Panzer, welchen die C'ystoideen von ihren Amphorideen-Ahnen geerbt haben, zeigt in der ersteren Klasse eine weit grössere Mannigfaltigkeit und Vollkommenheit der Bildung als in der letzteren. Dieser wichtige Unterschied ist in erster Linie durch die mannigfaltige Entwiekelung des Anthodiums bedingt, welches den Amphorideen noch ganz fehlt; bei den Uystoideen dagegen ist diese Ambulacral-Rosette nicht nur allgemein vorhanden, sondern sie zeigt auch neben einander alle Stufen historischer ıhk, Ss4 Ernst HAECKEL [84 Ausbildung und einen stetig wachsenden Einfluss auf die Skelet-Bildung der ganzen Kapsel. Als zwei Hauptgruppen der Cystoideen habe ich die beiden Ordnungen der Mieroplacten und Megaplacten unterschieden. Bei den Microplacta (oder Eneys- tidea) ist das Panzer-Skelet der Theca aus sehr zahlreichen polygonalen Täfelchen von geringer oder mittlerer Grösse zusammengesetzt (mindestens 40—80, oft mehrere Hundert); dieselben sind meistens ohne alle Ordnung zu einem festen Pflaster durch Nähte zusammengefügt, bisweilen aber decken sie sich schuppenartig mit abgerundeten Rändern, so dass der „Schuppen-Panzer‘' des Corium dehnbar und beweglich bleibt (Hemicystida). Auch wenn sich die Täfelehen der Microplacten mehr oder weniger regelmässig in Längs- oder @uer-Reihen ordnen, besitzt diese Anordnung meistens keine morphologische Bedeutung. Bei den Megaplacta (oder Pareystidea) ist dagegen der Platten-Panzer des Kelches aus emer beschränkten Zahl von grösseren Tafeln zusammengesetzt (13 20, meistens 18 oder 19); diese sind gewöhnlich in mehrere (3 4) transversale Zonen geordnet, und diese subreguläre Anordnung gewinnt dadurch eine gewisse morphologische Bedeutung, dass sie in bestimmter Korrelation zur Bildung des radialen Anthodium steht. Manche Megaplacten (sowohl Calloeystiden als Glyptocystiden) nähern sich dadurch den ächten Urinoideen, und von einigen (z. B. Uryptocrinus und Hypoerinus) ist es selbst zweifelhaft, ob sie nicht rückgebildete Zalacriniden sind. Die Art und Weise, wie die Panzer-Platten zusammengefügt und geformt sind, ist im übrigen innerhalb der sechs Uystoideen- Familien so mamnigfaltig, dass wir auf die spezielle Beschreibung derselben verweisen miissen. Die grösste Manniefaltigkeit zeigt in dieser Klasse die feinere Struktur und Ormamentik der Panzer-Platten; bald sind dieselben solid oder fein porös, bald mit einfachen Poren oder „Doppel-Poren‘ ausgestattet; in anderen Gruppen wieder treten „Poren-Rauten“" auf. Da diese Verhältnisse selbst bei nahe verwandten Gattungen einer Familie sehr variabel sind, können sie nicht zur Unterscheidung der Familien benutzt werden. (Vergl. oben pag. 19, 22.) 7. Appendikeln der Theca bei den Cystoideen. Alle Cystoideen sind mit Ambuletten oder „äusseren Anhängen des Ambulacral- Systems“ ausgestattet, welche als Tast- und Greif-Organe sowie als Kiemen fungirten. Die Uystoideen haben diese wichtigen „Ambulacral-Pedalien“ von ihren Amphorideen-Ahnen durch Vererbung erhalten; während aber bei den letzteren alle diese Anhänge als Oral-Ambuletten auf das Peristom beschränkt bleiben und nur bewegliche „Mundfühler“ (Oral- Tentakeln) darstellen, kommen dazu bei den Cystoödeen als neue Erwerbung noch die Thecal-Ambuletten oder „Kapselfühler“ (Thecal-Tentakeln); man kann sie auch als Fingerchen (Digitella) bezeichnen. Zur Stütze und zum Schutze dieser zarten und weichen Tentakeln entwickeln sich bei den meisten (vielleicht bei allen) C'ystoideen Kalkkörperchen, bald in der Aussenwand der Tentakeln selbst (— ähnlich wie in den Mundfühlern der Holothurien —), bald als selbstständige Pinnuletten oder Brachiolen. Wenn die Verkalkung dieser Knpendiken zu ihrer Erhaltung ın fossilem Zustande genügt, so können sie uns, im Zusammenhange mit den Ambulaeren, werthvolle Aufschlüsse über die Anordnung der zarten Ambulacral-Anhänge und die s5] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. s5 systematischen Beziehungen der Gruppen liefern. Die wichtigsten Verschiedenheiten derselben werden bei der Besprechung der Ambulaeren erwähnt werden; hier genügt es hervorzuheben, dass bei den meisten Uystoideen keine freien Brachiolen vor- kommen; solche finden wir eigentlich als freie eerliederte Mundärmechen nur am Peristom bei den Ascoeystida (— vielleicht Holothurien? —). Wirkliche Kelcharme (Brachia, ähnlich denen der Crinoideen), am Ende der radialen Subvektoren, haben die Glyptocystida. Die übrigen vier Familien besitzen nur Pinnuletten, als gegliederte (einzeilige oder zweizeilige) Anhänge an den Rändern der Ambulaeren; die kleinen Gelenk-Facetten an deren Rändern (an den Seiten-Aestehen der Sub- vektoren) deuten ihre ursprüngliche Stellung an. Die centrifugale Wanderung der primären Mundtentakeln erklärt die phylogenetische Entstehung dieser Thecal-Appen- dikeln (vergl. unten das Anthodium der Pomoeystida). Malacom der Cystoideen. Die hypothetischen Vorstellungen, welche wir uns vom einstigen Bau des Weichkörpers machen können, beruhen bei den fossilen Uystoideen ebenso wie bei ihren Amphorideen-Alınen, theils auf der Deutung der erhaltenen Skelet-Reste, theils auf der vergleichenden Anatomie und Ontogenie der übrigen Kehinodermen, vor Allen der Holothurien. ‚Jedoch smd die morphologischen und physiologischen Erkenntnisse, die wir so indirekt gewinnen, bei den Uystoideen viel reichhaltiger und bedeutungsvoller als bei den Amphorideen; denn die Ausbildung der radialen Ambulaceren, welche den letzteren noch oahz fehlen, lässt sich bei den ersteren Schritt für Schritt verfolgen. Da aber die stufenweise Entwickelung der Ambulacren auch die Ausbildung der meisten und wichtigsten übrigen Organe beherrscht, des Nerven-Systems, Blutsgefäss-Systems u. s. w., so können wir weiterhin aus der Mor- phologie und Phylogenie des Ambulacral-Systems der Uystoideen auch wichtige Schlüsse auf diejenige der übrigen Organe ziehen. 1. Tegument-System. Die Hautdecke war bei allen Cystoideen, ebenso wie bei ihren Amphorideen-Ahnen, aus zwei verschiedenen Schichten zusammengesetzt, Oberhaut und Lederhaut. Die Oberhaut (Epidermis) wurde durch ein emschichtiges „Ausseres Körper-Epithel“ gebildet, welches aus dem Zroderm der Larve hervor- gegangen war und deren Flimmer-Decke theilweise behalten hatte. Die darunter gelesene Lederhaut (Corium), die aus dem Mesoderm (Mesenchym) entstandene Cutis, bildete eine Konnektiv-Lage, innerhalb deren die Skleroblasten sämmtliche Skelettheile erzeugten. 2. Subvektiv-System. Die flimmernden „Zufuhr-Organe“, welche als „Subvektiv-Rinnen“ oder „Epineural-Kanäle“ dem centralen Munde der Cystoideen die Nahrung zuführten, zeigen in dieser Echinodermen-Klasse eme weit höhere und mannigfaltigere Ausbildung als bei ihren Amphorideen-Ahnen. Bei diesen letzteren beschränkten sie sich auf die Subvektakeln, d. h. auf die Flimmer-Rinnen, welche s6 Ernst HAECKEL [86 an der Ventral-Seite der eircoralen Tentakeln oder Brachiolen die Nahrung direkt zum Munde hinführten; die Theca selbst blieb dabei unbetheiligt. Bei den Oystoideen hingegen begegnen wir zum ersten Male den Subvektoren, d. h. den perradialen Flimmer-Rinnen auf der Ventral-Seite der Theca, jenen charakteristischen Organen aller Anthodiaten, welche zusammen mit den darunter gelegenen Prinzipal-Kanälen des Ambulacral-Systems das Anthodium zusammensetzen. Das Nähere über die manniefaltige Differenzirung dieser „Ambulacral-Rosette* und über inre Zusammen- setzung aus dem exodermalen Subvektiv-Stern und dem entodermalen Ambulacral- Stern werden wir unten bei der Betrachtung des Ambulacral-Systems anführen. Das besondere phylogenetische Interesse, welches die Cystoideen-Klasse in dieser Hinsicht darbietet, beruht darauf, dass wir bei ihnen erstens die frühesten Anfänge der Anthodium-Bildung finden (Pomocystiden und Fungocystiden), und zweitens verbindende Uebergangs-Stufen zu den verschiedenen Formen der „Ambulacral-Rosette‘ m den übrigen Klassen der Anthodiaten; die Ascoeystiden (Ascoeystis) führen unmittelbar hinüber zu den Holothurien, die Anthocystiden (Cystoblastus) zu den Blastoideen, die Glyptoeystiden (Caryoerinus, Mimoeystis) zu den Crinoideen, die Asterocystiden (Asteroblastus, Mesites) zu den Pygocineten (Echinideen, Ophiureen, Asterideen). Bei den meisten Oystoideen bleiben die Subvektoren und ihre Seitenäste offene „Flimmer- innen“ an der Oberfläche der Ventral-Kapsel; bei einigen Familien aber sinken sie in die Tiefe und verwandeln sich bereits m Epmeural-Kanäle oder „Subtegminale Ambulacren“ (Ascocystida, Glyptocystida u. A. (vergl. unten die „Hydrophora palmata“, pag. 92). 3. Muskel-System. Der ursprineliche, von den Vermalien und Amphori- deen durch Vererbung erhaltene Hautmuskel-Schlauch, bestehend aus einer subeu- tanen, äusseren Rmgmuskel-Schicht und einer inneren Längmuskel-Schicht, wird sich bloss bei jenen Cystoideen noch mehr oder weniger erhalten haben, bei denen der Platten - Panzer des Corium beweglich blieb, so bei einzelnen Fungocystiden (Proto- crinus) und Glyptocystiden (Lichenoeystis, Homoeystis), bei den schuppentragenden Hemicystiden und den Ascoeystiden; die letzteren haben vielleicht schon dieselben perradialen Längsmuskel-Paare besessen, wie die nahe verwandten Holothurien. Bei allen übrigen Cystoideen, wo die Panzer-Platten sich durch feste Nähte zur Bildung einer starren Kapsel veremigsten, dürfte die subeutane Muskel-Platte rückgebildet gewesen sein, mit Ausnahme derjenigen Muskeln, welche die Bewegungen des Mundes und Afters vermittelten. Zur Bewegung der Pinnuletten, der Saumplättchen u. s. w. werden überall kleine Muskeln sich in ähnlicher Weise wie bei den Orinoideen ent- wickelt haben. 4. Nerven-System. Der bedeutungsvolle Fortschritt, welchen die Oys- toideen iiber ihre Amphorideen - Ahnen hinaus durch die Ausbildung des Anthodium thaten, wird unmittelbar auch in der Entwickelung entsprechender Radial-Nerven sich gezeigt haben. Zu dem oberflächlichen eireoralen Nervenring, welchen die Cystoideen von den Amphorideen durch Vererbung erhalten hatten, und von welchem epidermale Nerven an die eircoralen Tentakeln abeingen, traten jetzt drei 87] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 87 oder fünf Prinzipal-Nerven, d. h. jene perradialen Hauptstämme des peripheren Nerven-Systems, welche bei allen Anthodiaten zwischen den superficialen Subvektoren und den ambulacralen Prinzipal-Kanälen an der ventralen Oberfläche der Theca ver- laufen. Die wichtigen Familien der Pomoeystideen und Fungoeystideen zeigen uns unmittelbar die bedeutungsvollen Anfänge dieser Anthodial-Organe m der stufen- weisen Ausbildung der primitiven Ambulacren; die wahren Ursachen derselben lehrt uns die vergleichende Ontogenie der Echinodermen in der centrifugalen Wanderung der Primär-Tentakeln kennen. Bei den meisten Uystoideen werden wahrscheinlich die Prinzipal-Nerven die ursprüngliche, oberflächliche Lage in der Epidermis bewahrt haben, wie wir sie noch heute bei Urinoideen und Asterideen finden. Bei denjenigen Gruppen hingegen, bei welchen die Subvektoren in die Tiefe sanken und sich in Epineural- Kanäle verwandelten (Aseocystiden und Glyptoeystiden), werden auch die darunter gelegenen Nervenstiämme ihnen gefolgt sein (wie bei den Holothurien und Schinideen). 5. Sensillen-System. Als Sinnes-Organe der Cystoideen können wir die älteren Circoral-Tentakeln betrachten, welche sie von ihren Amphorideen- Ahnen geerbt hatten, und die neugebildeten Thecal-Tentakeln des Anthodium, welche den letzteren noch fehlten. Die beweglichen Pinnuletten, welche wir bei der grossen Mehrzahl der Cystoideen an den zahlreichen Seitenästen der gefiederten Subvektoren finden, zeigen uns Zahl und Sitz der kleinen, weichen „Ambulacral-Tentakeln“ an, welchen sie zum Schutze und zur Stütze dienten. Wenig entwickelt in den beiden ältesten Familien (Pomoeystiden und Fungoeystiden), zeigen sie in den Familien der Agelacystiden und Callocystiden eine ähnliche reiche Entfaltung, wie bei den Asterideen und Echmideen. Die Ascoeystiden dürften sich ähnlich den Holothurien verhalten haben; die gegliederten Mundarme derselben konnten sich trefllich fossil erhalten, weil Kalk in grösserer Menge in denselben abgelagert wurde, als es in den Mund- fühlern mancher Holothurien der Fall ist. Die G/yptocystiden nähern sich dadurch, dass sich freie Thecal-Arme an den Distal-Enden der kurzen Subvektoren entwickeln, den Urinoideen, und wie bei diesen werden sich an der Innenseite der Pinnulae zarte Ambulacral-Tentakeln aus der Ventral-Seite der Arme erhoben haben. 6. Darm-System. Die beiden Oeffnungen des Darmrohrs, der centrale Mund und der excentrische After, liegen bei den meisten Uystoideen nicht weit aus- einander, ebenso wie bei ihren Amphorideen-Ahnen. Bisweilen rückt der After auf der Ventral-Fläche der Theca bis zur Mitte ihrer Höhe hinab, selten noch tiefer (einige Glyptoeystiden); bei Ascoeystis schemt der After an den Aboral-Pol der ver- längerten horizontalen Hauptaxe verlegt zu sein, wie bei den Holothurien. Bei den ältesten und primitivsten CUystoideen (Pomocystiden und Fungocystiden) dürfte das Darmrohr noch dieselbe einfache Beschaffenheit besessen haben, wie bei ihren Am- phorideen-Ahnen; bei den höher difterenzirten Familien ist dasselbe mehr verlängert und in Spiral-Windungen gclest gewesen, wie bei Urinoideen und Echinideen; bei den scheibenförmigen Hemicystiden hat der eentrale Darm vielleicht fünf radiale Blinddärme ausgestülpt, wie bei den ähnlichen Asterideen. Wie sich die drei ursprüng- 38 Ernst HAEcKEL [88 lichen Hauptabschnitte des Enteron, der exodermale Vorderdarın (Schlund), der ento- dermale Mitteldarm (Magen) und der entodermale Hinterdarm (Dünndarm) im den verschiedenen Gruppen der CUvstoideen difterenzirt haben, darüber geben uns ihre fossilen Reste keine Andeutung; ebenso auch nicht über das Verhalten des dorsalen Mesenterium, welches den Darm am Peristom befestigte. Doch giebt Orro Jarkeı an, dass Glyptosphaera „einen durchaus abweichenden Verlauf der Mesenterial-Leiste zeige“ (49, page. 115). 7. Coelom-System. Die geräumige Leibeshöhle, welche zum grössten Theile durch das Darmrohr und die Geschlechts-Organe ausgefüllt war, dürfte bei den älteren und niederen Gruppen der Cvystoideen noch dieselben einfachen Ban- Verhältnisse besessen haben, wie bei ihren Amphorideen-Ahnen (s. oben 8. 27). Bei den jüngeren und höheren Gruppen haben sich von dem Megacoel vielleicht schon separirte Kammern abgezweigt und als lokale „Coelom-Sinus‘“ (peripharyngaler, peri- proktaler u. s. w.) eine ähnliche Bedeutung gewonnen, wie bei den höheren Echmo- (lermen. Für die Annahme jedoch, dass die Uystoideen bereits einen Paraxon-Sinus besessen haben, liegt kein Grund vor; dieser hat ihnen gewiss ebenso gefehlt, wie den übrigen Monorchonien (Amphorideen und Holothurien). Ss. Blutgefäss-Svstem. Die eigenthümlichen „wandungslosen Konnektiv- Lakunen“, welche das charakteristische Blutgefäss-System aller Echinodermen zusammen- setzen, sind bei den Uystoideen vermuthlich ebenso allgemein vorhanden gewesen, wie bei ihren Amphorideen-Ahnen. Als Theile dieses Systems deute ich hier wie dort die Poren-Nanäle in den Panzer-Tateln, und namentlich auch die Rauten-Kanäle, welche an den Suturen der letzteren sich finden (vergl. oben S. 22). Dagegen ist es wohl möglich, dass die eigenthümlichen „Doppel-Poren“ in den Panzer-Platten der Pomoevstiden, Fungoevstiden, mancher Asterocystiden u. A. auf Dermal-Kiemen zu beziehen sind. Grössere Blutgefässe werden wahrscheinlich auch bei den Oystoideen am Darm gelesen haben (ein dorsales und ein ventrales Gefäss wie bei den Holo- thurien). Ausserdem aber treten num im dieser Klasse zum ersten Male die per- radialen Blutkanäle der Ambulacren auf, welche zwischen den prinzipalen Nerven und den Ambulacral-Röhren verlaufen, und welehe den Amphorideen noch fehlten. Die enge physiologische Korrelation, in der diese verschiedenen Organe des Anthodium stehen, lässt vermuthen, dass sie sich auch gleichzeitig historisch entwickelten. ). Genital-System. Die einfache Geschlechts-Oeffnung, welche bei der grossen Mehrzahl der Cystoödeen zwischen Mund und After liegt, gestattet den Schluss, dass dieselben Monorchonien waren, gleich den Amphorideen und Holothurien; wie bei «diesen werden nur ein Paar einfache oder verästelte Gonaden vorhanden gewesen sem, deren gemeinsamer Ausführ-Gang (Gonoduetus) durch jenen Gonoporus nach aussen mindete. Da der Gonoduetus oder der unpaare (ronaden-Stamm der Monor- ehonien der Paraxon-Drüse (oder dem „Axial-Organ‘) der Pentorchonien entspricht, wird auch diese letztere den meisten Uvstoideen gefehlt haben. Anders werden sich aber in dieser Beziehung vielleicht die beiden Familien der Agelacystiden und Glypto- eystiden verhalten haben; jene führen zu den Asterideen, diese zu den Urmoideen 89] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. sg hinüber; in beiden Familien ist eine „dritte Oeffnumg“ der Theca, welche dem ein- fachen Gonoporus der übrigen Cystoideen entspricht, theils noch gar nicht, theils nur unsicher nachgewiesen; vielleicht mündete hier der Gonoduetus in den Enddarm (Kloake). Da jedoch die Pentaradial-Struktur in diesen beiden Familien eine höhere Ausbildung zeigt, ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sie sich auch auf das Genital-System zu erstrecken begann, und dass dieselben bereits Pentorchonien waren. . Ambulacral-System der Cystoideen. Der wichtigste Unterschied, welcher die (ystordeen von den älteren, bisher mit ihnen vereinigten Amphorideen trennt, beruht auf der Ausbildung der Ambu- laeren und der perradialen, in ihrer Mitte verlaufendeu Prinzipal-Kanäle. Diese typischen Bildungen, welche allen übrigen Eehmodermen zukommen und ihre „Radiär- Form“ in erster Linie bedingen, fehlten noch den Amphorideen; sie treten zum ersten Male bei den Cystoideen auf und ihre stufenweise historische Ausbildung lässt sich Schritt für Schritt verfolgen. Die bekannten Thatsachen, welche uns die vergleichende Ontogenie der Echinodermen in der Entstehung und Ausbildung der Ambulaeral- Felder unmittelbar vor Augen führt, finden ihre phylogenetische Bestätigung und Erklärung in der vergleichenden Anatomie der Ambulaeren bei den Cystoideen. Von besonderer Wichtigkeit sind für ihr Verständniss die palingenetischen Verhältnisse der Holothurien, wie sie zuerst Rıcnarp Semoxn im seiner Entwickehingsgeschichte der Symapta digitata (4) richtig erkannt und für die Stammesgeschichte der Echino- dermen verwerthet hat. Als Ambulacra bezeichnet man seit ‚Jomanses Mürrer (1) allgemein die radialen „Ambulacral-Felder“, welche vom Munde der Eehinodermen ausgehen und auf deren Ventral-Fläche centrifugal über einen kleineren oder grösseren 3ezirk der Theca sich erstrecken. Die strahlige, einer Rose ähnliche, zusammen- hängende Gruppe der Ambulacren, oder die „Ambulacral-Rosette“, bezeiehne ich ein für allemal kurz als Anthodium; ihren Mittelpunkt bildet stets die Mundöftnung. Dieses ganze, für die Echinodermen höchst wichtige Gebilde besteht anatomisch aus zwei wesentlich verschiedenen Theilen, aus dem Ambulacral-System und dem Sub- vektiv-System; ersteres gehört seinem Ursprunge nach dem Entoderm an (Z/ydro- coel, Coelom-Taschen), letzteres dem Ektoderm (Epidermis und Corium). Die ober- flächlichen Rinnen des Subvektiv-Systems sind mit dem ezxodermalen Epithel der Oberhaut bedeckt; dagegen sind die darunter gelegenen Röhren des Ambulacral- Systems innen vom entodermalen Epithel des Hydrocoels und seiner Fortsätze aus- gekleidet (vergl. pag. 28). Beide Theile werden vollständig geschieden und zugleich gestützt durch das dazwischen gelegene Corium, in dessen mesodermalem Binde- gewebe sich das Ambulacral-Skelet entwickelt. Für die Phylogenie des Ambulaeral-Systems der Echinodermen ist die Klasse der Cystoideen von grösster Bedeutung; denn in dieser Klasse beginnt erst die Festschrift für Gegenbaur. 12 90 Ernst HAECKEL [90 Entwickelung der Ambulaeren und des radialen, aus ihnen zusammengesetzten Anthodiums. Sie wird dadurch emgeleitet, dass die Tentakeln oder Brachiolen, welche bei den Amphorideen im Kranze den Mund umgeben, beim Wachsthum des Peristoms sich vom Munde entfernen und in aboraler Direktion auf die Theca hinüber- rücken. Die Subvektiv-Rinnen aber, welche an der oralen Innenseite der Tentakeln verlaufen und dem Munde die Nahrung zuführen, kommen dadurch theilweise in die Kapsel-Wand zu liegen; und diese perradialen Subvektoren oder „Ampbulacral- Rinnen“ sind es, welche in der Ventral-Kapsel mit vollkommener Sicherheit die Lage der unmittelbar darunter gelegenen Prinzipal-Kanäle oder „radialen Ambu- lacral-Gefässe‘“ angeben. Auch die Lage des Hydrocircus oder des „circoralen Wassergefäss-Ringes“, von welchem die drei oder fünf Prinzipal-Kanäle ausgehen, wird entweder durch den sternförmigen Mund selbst bestimmt angegeben, oder durch einen Subvektiv-Circus, emen unmittelbar darüber selesenen, den Mund umgebenden Subvektiv-Rmg. Diese ektodermalen Subvektiv-Organe mit ihren mesodermalen Skelet-Theilen smd in der Regel allein der Verstemerung fähig und daher für die Palaeontologie der Echimodermen von höchster Bedeutung. Dagegen können von den eigentlichen entodermalen Ambulacral-Organen, welche unmittelbar darunter liegen, nur selten und ausnahmsweise emzelne Theile erhalten bleiben. Da jedoch der Verlauf der letzteren bis in seine Einzel-Verhältnisse hinem derselbe ist wie bei den ersteren, und da beide Organ-Systeme in engster Korrelation stehen, so dürfen wir aus den realen Struktur-Verhältnissen der versteinerten Subvektoren bei den Cystoideen die wichtigsten und sichersten Schlüsse auf den hypothetischen Bau ihres Ambulacral-Systems ziehen. Die kritische Morphologie des Anthodiums hat demnach schärfer, als es bisher meistens geschehen ist, die ektodermalen Organe des Subvektiv-Systems und die entodermalen Theile des Ambulaeral-Systems zu unterscheiden. Eigentliche Ambulacral-Organe des Anthodiums sind alle Theile, welche als Auswichse aus dem primär einfachen Hydrocoel entstanden, also 1. der Hydrocireus oder Ambulacral- Ring, welcher den Mund umgiebt (Wassergefäss-Ring); 2. die Prinzipal-Kanäle oder perradialen Ambulaeral-Röhren, welche die Perradien oder „Strahlen erster Ordnung“ bezeichnen; 3. die lateralen Fieder-Aeste, welche dieselben an die Thecal-Tentakeln und ihre Pinnuletten abgeben. Subvektiv-Organe des Anthodiums dagegen, welche den ersteren entsprechen, sind: 1. Der Subvektiv-Stern des Mundes, welcher entweder von den perradialen Mundrinnen gebildet wird oder von einem besonderen, den Mund umgebenden Subvektiv-Rmg; 2. die Subvektoren oder die perradialen Nahrungs-Furchen, welche in der ventralen Kelchdecke verlaufen (— und sich, wenn Arme an deren Ende stehen, als „Arm-Rinnen“ auf deren Ventral-Seite fortsetzen —); 3. die lateralen Fieder-Aeste, welche die Subvektoren an die Pinnuletten abgeben. Das Anthodium der Öystoideen zeigt bei seiner mannigfaltigen Entwicke- lung und Gestaltung folgende wichtige Differenzen in der Zahl und Lage der Ambulaeren, welche dasselbe zusammensetzen: I. Das Anthodium ist regulär drei- strahlig (ZHemicosmites und die übrigen Hexalacystida) — Anschluss an die Arachno- 91] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 9] cystida. — U. Das triradiale geht in das amphipleure pentaradiale Anthodium über, indem die beiden lateralen Subvektoren sich gabelig theilen (Glyptosphaerida); man unterscheidet nun einen unpaaren Frontal-Strahl und zwei Paare Lateral-Strahlen (vordere pektorale und hintere paranale). II. Das Anthodium wird regulär fünf- strahlig, indem die fünf Ambulaeren gleiche Grösse und Form annehmen: Die Mehrzahl der Pomoeystida, Agelacystida, Ascocystida; temer Cystoblastus unter den Calloeystida, und einige Glyptocystida. IV. Durch kückbildung des frontalen Ambu- lacrum wird das Anthodium vierstrahlig (Apioeystida); anfangs sind die vier Ambu- laeren noch paarweise verschieden (Apioeystis, Sphaerocystis); später werden sie ganz gleich und bilden ein rechtwinkeliges Kreuz (Stauroeystis). V. Indem drei Ambulaeren verschwinden, bleiben nur zwei gegenständige übrig, ein linkes vorderes (pektorales) und ein rechtes hinteres (paranales); beide verlaufen im emer Meridian-Ebene am Rande der linsenförmigen 'Theca (Amygdalocystis und Pseudocrinus). Form und Grösse der Ambulacren: I. Pomocystida; die Subvektoren bleiben sehr kurz und entsenden nur sehr wenige (je 2—5) kurze Aeste; die Zahl der Pinnuletten, welche am Ende derselben stehen, beschränkt sich demnach hier auf 5—25; das Anthodium bildet ein sehr kleines, regulär pentagonales Schild, das nur einen sehr beschränkten Raum oben auf der Kapsel eimnimmt und sich meistens scharf von dieser absetzt. II. Fungocystida; die Subvektoren werden sehr lang und kriechen als feme fadenförmige Rinnen iiber den grössten Theil der 'Theca hin, dabei kreuzen sie oft die Tafel-Nähte und können sich unregelmässig verästeln ; meistens geben sie in weiten Abständen (oft einseitig) kleine kurze Seitenäste ab, an deren Ende eine Pinnulette steht. Ill. Agelacystida; das Anthodium ist meistens regulär pentaradial, seltener amphipleurisch; die fünf Subvektoren sind von gleicher Länge, bald auf die obere Hemisphäre der Theca beschränkt, bald auf die untere üibergreifend, fast bis zur Basis (Edrioeystis, Mesites); bisweilen sind die Subvektoren nicht gerade, sondern gekrümmt, das Anthodium spiral (Agelacrinus, Gomphocystis, Edriocystis); auch können die beiden posteralen Subvektoren in entgegengesetzter Richtung gekrümmt sein und den After ringförmig umfassen (Lepidodiseus, Agela- cystis). Die Subvektoren der Agelacystiden sind stets dieht gefiedert, mit zahlreichen kurzen Seitenästen versehen, an deren Enden Pinnuletten stehen. IV. Ascocvstida; die fünf Subvektoren sind sehr lang und verlaufen unter der Haut als fünf subteg- minale Röhren, vom Munde bis zum After, entlang den fünf Kanten der verlängerten, fünfseitig prismatischen Theca (— vielleicht Holothurien? —). V. Callocystida; das Anthodium ist selten regulär pentaradial (Cystoblastus); meistens irregulär oder stark umgebildet, indem eimes oder mehrere Ambulacren rückgebildet, die übrigen ungleich werden; oft sind sie auch gegabelt oder unregelmässig verästelt (Antho- cystis, Sphaerocystis); die Subvektoren sind gefiederte offene Rinnen mit zahlreichen kurzen Seitenästen, an deren Enden Pinnuletten stehen. VI. Glyptocystida; das Anthodium ist triradial bei den Hexalacystida, pentaradial bei den Sycoeystida; die Ambulaecra liegen subtegminal, indem die kurzen Subvektoren durch Deckplättchen in geschlossene Kanäle verwandelt sind. Die Verästelung der drei oder fünf 12% 92 Ernst HAECKEL 192 primären Ambulaeren ist in dieser Familie innerhalb der Kelehdecke fächerförmig; erst nachdem ihre Aeste auf die freien Arme übergetreten sind, geben sie kurze seitliche Finderästchen für deren Pinnulae ab. Auf der inneren (oralen) Seite der Arme und ihrer Pinnulae verlaufen die Subvektoren als offene Rinnen, erst an der Basis der Arme, wo sie unter die Kelehdeeke tauchen, werden sie zu geschlossenen Kanälen oder subteemmalen Subvektiv-Röhren. Die Ambulacren der Cystoideen werden von den meisten Autoren, die sich mit ihrer Morphologie beschäftigt haben, als niederliegende oder dem Kelche aufgewachsene Arme bezeichnet. Viele Palaeontologen scheinen dabei anzunehmen, dass die ansehnlichen thecalen Ambulaeren der Agelacystiden, Callocystiden u. s. w. wirklich ursprünglich freie Arme waren, die sich (ähnlich wie bei der Palacrinide Barrandeoerinus) auf die Theca nach unten zurückschlugen und dann mit deren Oberfläche durch Uonerescenz verschmolzen. Zırren giebt dieser herrschenden Ansicht noch neuerdings Ausdruck, indem er sagt: „Bei den Calloeystiden und Agelaeriniden liegen die Arme mit ihrer Dorsal-Seite entweder auf dem Kelche oder sind in Rinnen desselben eingebettet; sie kehren ihre Ambulacral-Seite nach aussen und sind jedenfalls mit einer Reihe alternirend angeordneter Pinnulae besetzt, welche sich auf kleinen Gelenkflächen neben der Ambulacral-Furche erheben“ (7., page. 151). Ich halte diese Homologie der Ambulaeren und der Arme nicht für zulässig; denn sonst müsste man mit demselben Rechte auch die Ambulaeren der Echinideen als „angewachsene Arme“ bezeichnen. Wie bei den letzteren, so sind auch bei den Oystoideen die Ambulacren dadurch entstanden, dass die Primär-Tentakeln vom Munde weg centrifugal auf die Theca hmüber wanderten, dabei Seiten-Aestchen trieben, aber mit dem Peristom durch die Subvektoren im Zusammenhang blieben. Hydrophora palmata einiger Uystoideen. Als eigenthümliche, subtesminale Bildungen der Kelchdecke hat Barraxpe (12, pag. 41) bei drei angeblichen Cystoideen die von ihm so genannten Hydro- phora palmata beschrieben, und zwar bei drei Gattungen, welche zu unseren Amphorideen, zur Familie der Aröstocystida (— Subfamilie Piroeystida —) gehören. Die betreftenden Figuren der „Z/ydrophores palmees“ sind sämmtlich nur isolirten Fra@menten entnommen, welche das Peristom, den Mund und seine nächste Umgebung von der Innenfläche der Theca zeigen (von Aristocystis, Pirocystis und COraterina). Ueberall besteht das Organ aus einem pentagonalen Ring, welcher den Mund umgiebt und von dessen 5 Ecken 5 fächerförmige Röhren-Büschel aus- strahlen, jedes aus 5—6 divergenten Aesten zusammengesetzt. Barranpe vergleicht dieselben sowohl mit den „Poren-Rauten‘“ der Cystoideen, als mit den „Hydrospiren“ der Blastoideen. Indessen hat schon Neumark mit Recht betont, dass weder dieser noch jener Vergleich zulässig ist, dass es sich vielmehr nur um „innere, subtesminal gelegene Ambulacral-Rinnen“ handeln könne (8, pag. 409). In der That braucht 95] AÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN, 95 man bloss das subtegeminale und pentaradiale Anthodium von manchen Aypascoerinen (S, pag. 461) mit demjenigen der drei Amphorideen-Genera zu vergleichen, um sich von der wirklichen Homologie der beiden ähnlichen Gebilde zu überzeugen. Jedoch nimmt auch Nevmayr noch unbedenklich an, dass die „Z/ydrophores palmdes"* von Barranoe wirklich zu jenen drei Gattungen gehören, denen er sie zuschreibt; und diese Annahme theilen alle neueren Autoren, so namentlich auch Brryarn (30, pag. 202, 203) und Zimmer (7, pag. 149, 153) Gerade diese höchst wichtige An- nahme halte ich aber für einen foleenschweren Irrthunn. Durch sorgtältiges, wiederholtes Studium der vortreftlichen Abbildungen von Barkaspe und kritische Vergleichung derselben mit den ungenügenden Beschreibungen, bin ich zu der sicheren Ueberzeugung gelangt,‘ dass jene vielbesprochenen Hydrophora palmata zu keiner einzigen von den drei genannten Amphorideen-Gattungen gehören, zu denen ihr Entdecker sie gestellt hat. Vielmehr muss ich annehmen, dass die betreffenden Fragmente pentaradialen Glyptocystiden angehören, den einzigen (ystoideen, von welchen uns subtesminale Subvektoren bekannt sind (vergl. unten). Insbesondere lässt mir die treffliche Darstellung, welche Fr. Schmmr (18) von @l/ypto- cystis pennigera gegeben hat, keinen Zweifel, dass diese Syeocystide dieselben sub- tegminalen Anthodien besitzt, wie sie Barkanpe abbildet. Bei der grossen Wichtigkeit, welche diese Ansicht für die morphologische Deutung und systematische Stellung der genannten drei Genera von Aristocystiden besitzt, sehe ich mich genöthigt, dieselbe aus der eigenen Darstellung von Barranpe zu begründen. I. Aristocystis indeterminata (12, pag. 41, pag. 104, Pl. 14, Fig. 1—6). Die Abbildungen beziehen sich auf drei isolirte, ganz unvollständige Fragmente, von denen Barraxpe selbst angiebt, dass er sie nur unsicher und provisorisch zu einer „unbestimmten Art von Aristoeystis* stelle. Bei der typischen Species dieses Genus (Aristocystis bohemica) fand er niemals ähnliche Bildungen vor, trotzdem er sehr zahlreiche und vortrefflich erhaltene Exemplare derselben genau untersuchte. Auch sind die drei Fragmente nicht an deren Fundort (Zahorzan), sondern an anderen Orten gefunden worden (vergl. 12, Explications des Figures 1—6, Pl. 14). Da die fünf Subvektoren dieser Anthodien sechsästig sind, beziehe ich sie auf die Gattung Palmaeystis; wahrscheinlich gehören zu derselben die grossen, sechsstrahligen und sranulirten Panzer-Platten (offenbar von Glyptocystiden), welche Barkanpe als „zweitel- haften Ursprungs‘ auf derselben Tafel (14) abgebildet hat (Fig. 24—33). I. Piroeystis desiderata (12, pag. 172, Pl. 29, Fig. 29—34). Die Abbildungen zeigen zwei isolirte Fragmente eines Cystoideen- Peristoms, welches Barraspe „provisorisch“ zu einer unbekannten Art von Pirocystis stellt; bei der typischen Species dieser cambrischen Gattung (Pirocystis pirum) hatte er diese Bildung nicht gefunden. Die beiden Bruchstücke waren isolirt in zwei verschiedenen Kiesel- Knollen eingeschlossen und gehören wahrscheinlich zu zwei verschiedenen Arten von Glyptoeystiden. In dem einen Fragment, Fig. 29—31, zeigt jedes der fünf fächer- förmigen Ambulacren 5 Aeste, wie bei @lyptoeystis (Genus 44, mit 25 Brachien). 94 ERNST HAECKEL [94 In dem zweiten Fragmente, Fig. 32— 34, giebt jeder Subvektor 6 Aeste ab, wie bei Palmacystis (Genus 45, mit 30 Brachien). NS Oraterına bohemrear (12% pas 125, Pl 1er 5, ae Fig. 19, 20). Die Abbildungen beziehen sich auf zwei isolirte Fragmente, deren Zugehörigkeit zu Üraterina nicht im mindesten erwiesen, ja sogar höchst unwahr- scheinlich ist. Craterina (von welcher Barranpe Hunderte von grossen und wohl erhaltenen Kapseln sammelte!) zeichnet sich vor allen anderen Aristoeystiden dadurch aus, dass fast immer nur die Dorsal-Theca (= „Kelch‘“) erhalten ist, fast niemals dagegen die Ventral-Theca (= „Kelchdecke“); die Darstellung der letzteren ist in den wenigen Fällen, wo sie spurweise vorhanden war, ganz unsicher und ungenügend. Der dickwandige Kelch bildet einen flachen, umgekehrten Kegel oder „Krater“, dessen verdünnte Basis unten durch einen Insertionszapfen befestigt ist. Die konische Kelch- höhle öffnet sich aber durch eine weite kreisrunde Mündung, die nach meiner Ansicht von einer weichhäutigen (oder nur unvollständig mit kleinen Plättchen gepflasterten) Kelchdecke verschlossen war; die wichtigen Oeffnungen in derselben (der centrale Mund, der excentrische After, und zwischen beiden der Gonoporus) sind niemals deut- lich erhalten. Dass die abgebildeten „Hydrophora palmata“ in einer solchen Kelch- decke gelegen haben sollten, ist von vornherein höchst unwahrscheinlich; man darf diese Frage aber sicher vernemen, wenn man den ungenügenden Text von BarkanDE mit semen sorefältigen und objektiven Abbildungen kritisch vergleicht. Die eme isolirte Tafel mit einem Ambulacrum (12, Pl. 17, Fig. 5—7), ist sicher zufällig in den leeren Kelch einer Craterina hinemgefallen. Von dem anderen, sehr schlecht konservirten Kelche (Pl. 34, Fig. 19, 20) ist es überhaupt ganz zweifelhaft, ob er zu Craterina gehört; sollte dies auch der Fall sein, so würde die einzige, daran erkennbare Tafel, mit einem Ambulacrum, ebenfalls zufällig hineingerathen sein. Auch diese Fragmente gehören sicher einer Glyptocystide an. Erste Familie der Cystoideen: Pomoecystida, E. Hascxer, 1895. Pomocystida, E. HAECKEL 50, pag. 9. Sphaeronitida, M. NEUMAYE, 1889, 8, pag. 415 (pro parte!). Sphaeronitida, ZirtEL, 1895, 7, pag. 153 (pro parte!). Familien-Charakter: ÜOvstoideen mit monaxoner, meistens kugeliger oder a I fe} © birnförmiger Theca. Platten-Panzer aus zahlreichen irregulären (meist Doppelporen fo} {oe} traeenden) Täfelchen zusammeneesetzt. Theca mit vertikaler Hauptaxe, unten am to) C ) Aboral-Pol aufgewachsen oder kurz gestielt, oben am Oral-Pol mit einem kleinen, 95] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN, 35 subregulär fünfstrahligen Anthodium. Vom Munde gehen fünf kurze Ambulacral- Rinnen aus, die wenige (2—5, selten mehr) Aeste tragen; am Ende jedes Astes eine Pinnulette. After dieht neben dem Munde, zwischen beiden rechts der Gonoporus. Die Familie der Pomocystiden habe ich (1895, 1. ce.) für einen Theil von jenen ältesten und primitivsten Formen der ächten Uystoideen aufgestellt, welche bis- her (nach dem Vorgange von Neumayr) als Sphaeronitida zusammengefasst wurden. Sie unterscheiden sich aber von einem anderen Theile dieser letzteren, von den nächst- folgenden Fungoeystida, sehr wesentlich durch die ganz primitive Bildung der Ambu- laeren, deren phylogenetische Entstehung und Ausbildung hier vom ersten Anfang an zu verfolgen ist. Die Pomoeystiden besitzen daher eine ganz hervorragende mor- phologische Bedeutung; sie können nicht allein als die Stammgruppe der ächten Cystoideen betrachtet werden, sondern aller Echimodermen mit Ambulacral - Feldern — also eigentlich als die ältesten Ahnen des ganzen Stammes, mit Ausschluss der noch älteren Amphorideen (und wahrschemlich auch der Holothurien). Als wich- tigster und ältester Typus dieser Familie ist die Gattung Sphaeronites (im weiteren Sinne!) zu betrachten, deren typischer Körperbau namentlich von Axcerin vortrefflich dargestellt ist (13, Tab. XI). Die meisten Arten stammen aus dem Unter-Silur von Schweden, nur die böhmische Proteoeystis ist jünger (devonisch). Die Theca der Pomocystiden ist meistens kugelig oder subsphärisch, oft auch eiförmig oder birnförmig, seltener keulenförmig. Gewöhnlich ist sie am Aboral-Pol durch einen kurzen, dicken Stiel befestigt; bisweilen auch stiellos, mit breiter Basis aufsitzend. Die zahlreichen kleinen Panzer -Platten, welche die Kapsel zusammen- setzen. sind meistens ganz irregulär-polygonal, seltener subregulär-hexagonal; sie sind stets mit Doppelporen ausgestattet, und zwar trägt gewöhnlich jede Platte viele Doppelporen ohne bestimmte Anordnung (vergl. pag. 19, 22). Bisweilen jedoch liegen die länglichen Gruben der Doppel-Poren in Meridian - Linien (Pomosphaera oblonga). Unten geht die Tafelbekleidung unverändert auf den kurzen, dieken Stiel über, der nur den engeren Basal-Theil der Kapsel darstellt. Das Anthodium der Pomocystiden ist von ganz besonderem Interesse; es nimmt meistens nur emen sehr beschränkten Raum am Oral-Pole der Kapsel ein und setzt sich als ein pentagonaler Mundschild scharf von dem umgebenden Panzer ab. Oft ist das vertiefte Peristom-Feld von einem erhabenen Ringwall und Graben um- geben. Die circorale Ambulacral-Rinne bildet um die centrale Mundöffnung keinen geschlossenen Ring, sondern einen hufeisenförmigen Bogen, der nach hinten, gegen den After, often ist; sie wiederholt die charakteristische Bogenform der Hydro- coel-Sichel, welche bei den palingenetischen Pentactula-Larven aller Eehinodermen den Schlund umwächst. Wie bei dieser letzteren, gehen vom konvexen Rande des 3ogens fünf divergirende kurze Kanäle aus, welche sich zu den fünf Primär- Tentakeln begeben. Die Mundrinne des Bogens erscheint aber im zwei verschiedenen Formen; ursprünglich ist sie dreispaltig (so bei Sphaeronites globulus und Pomoeystis suleifera); der unpaare, vordere Ast (dem After gegenüber) bleibt einfach und geht zum Frontal-Tentakel; die beiden paarigen, seitlichen Aeste gabeln sich und versorgen 96 Ernst HAECKEL [96 die vier paarigen Tentakeln (zwei vordere, laterale und zwei hintere, posterale); — wenn aber die Gabelung schon an der Basis stattfindet, und die fünf Aeste ausein- ander rücken, wird die Mundrinne fünfspaltig (so bei Eueystis und Proteocystis). Die fünf kurzen, feinen Ambulacral-Rinnen bleiben nur bei der Stamm-Gattung Pomonites einfach, und die einfache Gelenkfacette an deren Distal-Ende zeigt an, dass hier der Mund von fünf einfachen Tentakeln und Pinnuletten umgeben war. Bei allen übrigen (— bisher als Species von Sphaeronites unterschiedenen —) Formen theilt sich Jede der fünf perradialen Mundrinnen in je 2—5 divergente Aeste, und am Ende jedes Astes zeigt sich eine deutliche Gelenk-Facette, auf welcher eine Pinnulette als Stütze eines Tentakels sass. Die verschiedenen Modi dieser Verzweigung sind von hohem morphologischen Interesse, da sie in mehreren Gattungen dieser Familie verschiedene Zustände der Ambulaeren-Genese bleibend darstellen, welche in der Öntogenie höheren Echmodermen aufeinander folgen. Auf Grund dieser Anschauung schemt es mir nützlich, in dieser Familie die nachstehend charakterisirten sechs Genera zu unterscheiden. Alle Pomoeystiden besitzen drei Kapsel-Oeffnungen, welche sehr nahe bei einander liegen; der grosse excentrische After unmittelbar hinter dem Munde, und zwischen beiden auf der rechten Seite (gleich hinter dem rechten posteralen Ambulaerum) der kleine Gonoporus. An gut erhaltenen Exemplaren sind alle drei Oeffnungen mit einer Klappen-Pyramide versehen, z. B. bei Sphaeronites ovalis (Vergl. Fig. 6—11). Die Zahl der Klappen beträgt am Munde stets fünf (— die unpaare poste- vale grösser als die vier paarigen lateralen —); am After ist die Zahl wechselnd (3—9), ebenso auch am Gonoporus (3—5). Die jüngste Gattung, Proteocystis, zeichnet sich vor den übrigen Pomocystiden dadurch aus, dass die drei Thecal-Ostien sich weiter von einander entfernen; auch ist hier zwischen Mund und Gonoporus eine vierte, schlitzförmige Oeffnung sichtbar, wahrscheinlich der Hydroporus (Fig. Ib): Genera der Pomocystida. on i | ee ee Zahl der | Form der , Text-Figur Pomoeystiden-Genus: Typische Species Tontakeln Suhrektoren | (@Peristom) 1. Pomonites pentactaea | 5 einfach 6 2. Sphaeronites pommm | 10 dichotom 7 3. Pomoeystis uva | 15 trichotom 4, Pomosphaera oblonga | 20 | vierästig 9 5. Eueystis raripunctala 25 | fünfästig | 10 6. Proteoeystis | flava Variat. | irregulär 11] 1. Genus: Pomonites, E. Harcker (nov. gen.). Pomoeystida mit fünf Tentakeln und Pinnuletten, je einer am Ende der fünf kurzen einfachen Subvektoren (oder thecalen Ambulacral-Furchen). 97] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 47 Species typica: Pomonites pentactaea. E. Harcker (nov. spec.). Fig. 6. Fundort: Unter-Silur von Skandinavien. Das Genus Pomonites kann als die gemeinsame Stammgattung aller penta- radialen Cystoideen betrachtet werden; es ist die einfachste und älteste Form dieser Fig. 6. Fig. 7 Fig. 8 Fig. 9. ) Fig. 6—11. Peristom der sechs Genera der Pomocystiden, von oben gesehen, vergr. o Mund, a After, g Gonoporus, s Subyektoren (oder Ambulaeral-Rinnen), p Insertionen der Tentakeln (Pinnuletten). Fig. 6. Pomonites pentactaea. Fig. 7. Sphaeronites pomum. Fig. 8. Pomocystis uva. Fig. 9. Pomosphaera oblonga. Fig. 10. Eueystis raripunetata. Fig. 11. Proteoeystis flava. Grösstentheils nach AnGELIN (13, Tab. XI). Klasse und schliesst sich unmittelbar an die Amphorideen- Ahnen an, und zwar an Pentactaea. Die fünf kurzen Ambulacral-Rinnen sind hier noch ganz einfach, unver- zweigt, und am Distal-Ende einer jeden steht eine einzige (Gelenk-Facette, zur Aut- Festschrift für Gegenbaur. 13 I8 Ernst HAECKEL [98 nahme einer eimzigen Pinnulette; der Mund war nur von den fünf Primär-Tentakeln umgeben. Wir können Pomonites von der Ahnen-Gattung Pentactaea einfach dadurch ableiten, dass die fünf Protentakeln der letzteren (mit ihren Pinnuletten) beginnen, sich von den fünf Mundecken zu entfernen und in centrifugaler Direktion auf die IKelehwand hinüber zu wandern. vor 2. Genus: Sphaeronites, Hısıncer, 1837. Text-Figur 7 (pag. 97). Sphaeronites, HiSINGER, 1837; Lethaea Sueeica, pag. 91. Sphaeronis, ANGELIN, 1878; 13, pag. 30, Tab. XI. Pomoeystida mit zehn Tentakeln und Pinnuletten, je ein Paar am Ende der tinf kurzen gabeltheiligen Subvektoren oder Ambulacral-Furchen. Species typica: Sphaeronites pomum, Hısıscer, 1837. Sphaeronites pomum, HisinGEr, Lethaea Suecica, pag. 91, Tab. XXV, Fig. 7. Sphaeronites pomum, ANGELN, 13, pag. 30, Taf. XI, Fig. 12; Tab. XXVIT, Fig. 14, 16; Tab. XXVIIL, Fig. 10—10b. Echinus pomum, GYLLENHALL, 1772; Vetensk. Acad. Stockholm Handl. pag. 242, Tab. VIII, Fig. 1—3. Fundort: Unter-Silur von Skandinavien und Russland. Das Genus Sphaeronites (— ursprünglich unsere sämmtlichen Pomoeystida umfassend —) beschränken wir hier auf diejenigen Formen, deren kurze Ambulacral- Rinnen am Distal-Ende in ein paar kurze Gabel-Aeste ausgehen, und welche dem- nach 10 Pinnuletten und dadurch gestützte Tentakeln trugen. Anxcenıs, welcher die genauesten Darstellungen des Anthodiums von Pomoevstiden gegeben hat, definirt sein Sphaeronis: „Area ambulacralis pentagona, vallo eireumdata; paria brachio- lorum quinque“. Unter den von ihm abgebildeten Sphaeronis- Arten besitzen diese Decamerie der Tentakeln: . Sphaeronites ponmm, ANGELIN; 13, Tab. XI, Fig. 11, 12. Sphaeronites globulus, ANGELIN,; 13, Tab. XI, Fig. 7—10. Sphaeronites ovalıs, ANGELIN; 13, Tab. XI, Fig. 13—16. vr 3. Genus: Pomoeystis, E. Harcxer, 1895. Pomocystis, E. HAECKEL; Die cambrische Stammgruppe der Eehinodermen, 50, pag. 9. Text-Figur 8 (pag. 97). Pomoeystida mit 15 Tentakeln und Pinnuletten, je 3 am Ende jeder der 5 kurzen Ambulacral-Furchen (ein unpaarer terminaler und ein paar laterale). 99] AMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 99 Species typica: Pomocystis uva, E. Harckvr.. Sphaeronis uva, ANGELIN, 13, pag. 31, Tab. XI, Fig. 23, 24. Fundort: Unter-Silur von Skandinavien (Dalecarlien). Das Genus Pomoeystis umfasst jene, bisher zu Sphaeronites gestellten Pomo- eystiden, deren Anthodium einen Kranz von 15 Pinnuletten trägt. Dieses phylo- genetische Stadium entspricht jener wichtigen ontogenetischen Stufe, auf welcher bei vielen Echinodermen die Pentactula 15 Tentakeln trägt. Jeder der fünf primären (per- radialen) Tentakeln hat an der Basis ein paar laterale Aeste getrieben und hat sich dabei von seiner Insertions-Basis in distaler Riehtung entfernt. Unter den silurischen von Axceriv sehr genau abgebildeten Arten seines Genus Sphaeronis (— im weiteren Sinne! —) zeigen diese typische Pentadecal-Bildung drei Species: 1. Pomocystis wva, ANGELIN, 13, Tab. XI, Fig. 23, 24. 2. Pomocystis suleifera, ANGELIN, 13, absexl-wEier 1920: Pomocystis minuta, ANGELIN, 13, Tab. XI, Fig. 21, 22. 34 4. Genus: Pomosphaera, E. Hazcker, (nov. gen.). Text-Figur 9 (pag. 97). Pomoeystida mit 20 Tentakeln und Pinnuletten, je vier an jeder der fünf kurzen Ambulacral-Furchen:: zwei unpaare (perradiale) und zwei paarıze (laterale). l ge\ ’ . Species typica: Pomosphaera oblonga, E. Hascker. Sphaeronis oblonga, ANGELIN; 13, pag. 30, Tab. XI, Fig. 17, 18. Fundort: Unter-Silur von Skandinavien (Dalecarlien). Das Genus FPomosphaera gründen wir für jene Formen von Sphaeronites, deren Anthodium 20 Pinnuletten und Tentakeln trägt. Jede der 5 kurzen Ambulacral- Rinnen zeigt vier Gelenk-Facetten, von denen zwei unpaare perradial liegen, die zwei paarigen zwischen diesen lateral (adradial); von den beiden unpaaren Tentakeln ist der distale als der ausgewanderte Primär-Tentakel zu deuten, der proximale als der jüngste der vier Tentakeln. Der typische Vertreter dieser Gattung, Pomosphaera oblonga, von welchem Axeerıs (]. ec.) eine schr gute Abbildung gegeben hat, zeichnet sich durch auffallend radiale Anordnung der zahlreichen, grossen und dieht gedrängten Doppel- poren aus (vergl. die Copie Fig. 9, pag. 97). 5. Genus: Eueystis, Axcerıs, 1878. Eucystis, ANGELIN, 13, pag. 31, Tab. XI, Fig. 25—28. Text-Figur 10 (pag. 97). Pomoeystida mit 25 Tentakeln und Pinnuletten, je fünf an jeder der fünf kurzen Ambulaeral-Furchen (ein unpaarer terminaler und zwei Paar laterale). 13* 100 ERNST HAECKEL [100 Species typica: Eucystis raripunctata, Anceum, 1878. Eucystis raripunctata, ANGELIN, 13, pag. 31, Tab. XI, Fig. 25—28. Fundort: Unter-Silur von Skandinavien (Dalecarlien). Das Genus Exeystis wurde von Anger (1. ec.) für die kleine Species rari- punctata gegründet. Die beiden Figuren, welche er vom Anthodium giebt (Fig. 26, 28), stimmen nicht genau überein und rühren wahrschemlich von verschiedenen Individuen her. Aus der Vergleichung mit emem anderen schwedischen Exemplar ziehe ich (len Schluss, dass diese Art in entwickeltem Zustande 25 Tentakeln besitzt, mithin (dauernd jenen bedeutungsvollen Zustand repräsentirt, welcher in der Ontogenie vieler höheren Echinodermen beim Besinne der Ambulacren-Ausdehnung rekapitulirt wird (Pentapalmar-Stadium). Der Primär-Tentakel (am Distal-Ende der Ambulaeral- Rinne) hat sich weiter vom Munde entfernt und hat im Proximal-Theil seines Ver- laufes zwei Paar laterale Aeste getrieben; das proximale Paar ist das jüngste. 6b. Genus: Proteoeystis, Barkaspe, 1887. Proteocystites, BARRANDE, 12, pag. 78, Pl. 29—31. Text-Figur 11 (pag. 97). Pomoeystida mit einer variabeln und irregulären Zahl von Tentakeln und Pinnuletten, meistens zwischen 15 und 25; die Zahl und Anordnung derselben an den fünf kurzen Ambulacral-Furchen ist verschieden und wechselnd. Species typica: Proteoeystis flava, Barkınoe, 1887 Proteocystiles flavus, BARRANDE, 12, pag. 80; Pl. 291, 30, 31 II. Fundort: Unter-Devon von Böhmen. Das Genus Proteocystis (= Proteocystites) wird durch jene Pomoecystiden gebildet, welche sich vor den übrigen Formen dieser Familie durch die unregel- mässige Verästelung der kurzen Ambulacral-Rinnen auszeichnen und die veränder- liche Zahl der Pinnuletten, welche an den Enden ihrer kurzen Aeste stehen. Die Gattung Proteoeystis bildet dadurch den Uebergang von den regulären typischen Pomoeystiden zu den irregulären Glyptosphaeriden (pag. 101). Sie nähert sich diesen letzteren auch dadurch, dass der excentrische After sich weiter von dem centralen Munde entfernt und dass der Gonoporus zwischen beiden Darmöffnungen ungefähr in der Mitte liegt, und zwar etwas rechts von der ventralen Median-Linie. Zwischen der kleinen kreisrunden Geschlechtsöffnung und der grossen fünfeckigen Mundöftfnung (Jedoch näher der ersteren) ist oft em transversaler Schlitz sichtbar, wahrscheinlich der Hydroporus. Die fünf kurzen Ambulacral-Rinnen, welche von den fünf Mund- ecken ausgehen, theilen sich an der Basis in je 2-5 divergirende Aeste; die Länge, die Anordnung und der bogenförmige Verlauf dieser Aeste ist schr variabel, oft selbst in den fünf Ambulaeren eines und desselben Individuums sehr verschieden. 101] AÄMPHORIDEEN UND ÜUYSTOIDEEN. 101 Am Ende jedes fadentörmigen Astes findet sich eine tiefe kreisrunde Gelenk-Facette, zur Insertion einer Pinnulette. Die Theca von Proteocystis ist im Ganzen birn- törmig, jedoch von sehr variabler Gestalt, bald nahezu kugelig, bald mehr gestreckt keulenförmig. Die obere Anthodial-Fläche ist abgestutzt; das untere Basal-Ende läuft in einen kurzen dieken Stiel aus. Die zahlreichen polygonalen Panzerplatten sind bald irregulär, bald mehr regulär; die Zahl, Form und Anordnung der Doppel- Poren auf denselben ist sehr variabel; man könnte danach wohl mehrere Species unterscheiden. 1. Proteocystis flava, BARRANDE; |]. e. Pl, 30, Fig. 1--22. Panzer-Platten irregulär, mit poly- gonalen Tafeln. 2. Proteocystis Barrandena, HAEcKEL; |. ec. Pl. 30, Fig. 23 mit hexagonalen Tafeln. 26. Panzer-Platten subregulär, Zweite Familie der Cystoideen: Fungoeystida, E. Harcrer, 1895. Fungocystida, E. HAECKEL, 1895, 50, pag. 9. Sphaeronitida, NEUMAYR, 1889, 8, pag. 415 (pro parte!) Sphaeronitida, ZiTTEL, 1895, 7, pag. 153 (pro parte!) Glyptosphaerida, E. HAEcKEL, 1895, 50, pag. 9. Familien-Charakter: ÜUystoideen mit monaxoner, meist kugeliger oder binförmiger Theca. Platten-Panzer aus zahlreichen irregulären (meist Doppelporen tragenden) Täfelchen zusammengesetzt. Theca mit vertikaler Hauptaxe, unten am Aboral-Pol aufwewachsen (oder im Alter frei), Oben gehen vom Munde drei oder fünf lange Ambulacral-Rinnen aus, welche sich meist unregelmässig verästeln und weit iiber die Kapsel hinkriechen; am Ende jedes Astes eine Pinnulette. After vom Munde entfernt, zwischen .beiden in der Mitte der Gonoporus. Die Familie der Fungocystida (= @lyptosphaerida) habe ich (1895) für jene primitive Gruppe von ächten Oystoideen gegründet, als deren typische Vertreter die untersilurischen Genera G/yptosphaera, Protoerinus und Fungocystis zu betrachten sind. Ausserdem gehören dazu wahrschemlich noch die beiden Genera Maloeystis und Amygdalocystis, aus dem Unter-Silur von Canada. Bisher wurden diese Cystoideen mit den Sphaeronitiden veremigt; sie unterscheiden sich aber von den Pomoeystiden dureh die eigenthiimliche, viel weiter gehende Ausbildung der Ambulaeren. Diese verlängern sich und kriechen in unregelmässiger Form und Vertheilung über weite Strecken der Kapsel hin, oft bis nahe an den Aboral-Pol; dabei kreuzen sie oft die Tafel-Nähte und geben in weitläufiger Anordnung und in sehr unregelmässiger Ver- theilung kurze Seitenäste ab. Am distalen Ende jedes Astes findet sich eme Gelenk- Facette, auf welcher eine Pinnulette und ein Tentakel stand. Die Zahl derselben ist sehr variabel und unbestimmt, ein weiterer Unterschied von den Pomoeystiden. 102 Erst HAEcKEL [102 Bei den meisten Fungocystiden stehen die Pinnulae nur in einer Reihe (uniserial) an einem Rande der Ambulacral-Rinne (am linken!) —; nur bei Fungoeystis stehen sie in zwei alternirenden Reihen (biserial). Die gegliederten Pinnuletten sind selten erhalten. Die Theca der Fungoeystiden ist meistens kugelig oder rundlich-eiförmig, seltener keulenförmig, nach unten verdünnt (Fungocystis), oder mandelförmig, von zwei Seiten komprimirt (Amygdaloeystis). Die Grösse ist ansehnlich; der Durchmesser der Kugel erreicht bei Glyptosphaera — einer der grössten Uystoideen — 6—8 cm. Meistens ist die Kapsel unten am Aboral-Pol aufgewachsen, bisweilen mittelst eines kurzen Stieles befestigt; bei einigen Arten (Protocrinus) wird sie im Alter frei. Die Panzerplatten der Kapselwand sind gewöhnlich sehr zahlreich und irregulär polygonal, ohne jede bestimmte Anordnung. Bei Glyptosphaera tragen sie sehr zahlreiche, bei Protocrinus weniger zahlreiche Doppel-Poren; bei Fungoeystis, wo die Poren einfach sind, ist eime innere und äussere Deckschicht nachgewiesen. Bei Malocystis und Amzygdalocystis sollen die Poren fehlen. Kapsel-Oeffnungen finden sich bei @Glyptosphaera vier: zwischen dem centralen Munde und dem excentrischen After liegt in der ventralen Mittellinie (oder etwas rechts neben dieser) der kleme runde Gonoporus, und zwischen diesem und dem Munde eine dreieckige oder rhombische Platte („Rhombus‘‘); schon Vorsorrn, der erste Beobachter derselben, hatte sie vor 50 Jahren als „Madreporen-Platte“ gedeutet (16, pag. 189), wahrschemlich mit Recht. Bei den übrigen Fungocystiden ist dieser Madreporit nicht beobachtet; vielleicht ist hier der Hydroporus mit dem Gonoporus veremigt. Bei den (— schlecht konservirten! —) canadischen Gattungen Malocystis und Amygdalocystis werden nur Mund und After abgebildet. Der Mund ist meistens von (3 oder 5) Platten umgeben, der After mit emer Klappen-Pyramide bedeckt und meistens weiter vom Mund entfernt, als bei den Pomocystiden. Wie bei diesen , so seht auch hier die triradiale Mundbildung der pentaradialen voraus. System der Fungocystida. 3 Ambulacra vom dreispaltigen De: kugelig, mit Doppel-Poren, | 1. @lyptosphaera Munde abgehend, ein unpaares mit 4 Östien. \ (Leuchtenbergi). uealalen und zwei paarige gabel- | Theca kugelig, mit Doppel-Poren, [ 2. Protoerinus theilige. (Alle 5 Ambulacral- mit 3 Osten‘ | (fragum). Rinnen uniserial, mit Aesten an FR einem Rande.) 5 Ambulacra getrennt vom Munde | Theca birnförmig, mit einfachen | 3. Fungoeystis ausgehend, biserial (mit alterniren- | Poren, mit 3 Östien. \ (rarissima). den Aesten an beiden Rändern). Weder 3 noch 5 Ambulacra (baldnur f Theca kugelig, mit 2 Ostien und 2, bald 7—9), uniserial, unregel- mit 7—9 gewundenen Ambulacren. mässig verlaufend. 4. Malocystis (Maurchisoni). Theca mandelförmig, komprimirt, . Amygdaloeystis (Horealis). mit 2 ÖOstien und mit 2 gegen- —— — [1 ständigen Ambulaeren. 103] AÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 1053 7. Genus: Glyptosphaera, JOHANNES MürLer, 1854. Glyptosphaerites, JOHANNES MÜLLER, 1854, 25, pag. 66. Text-Figur 12. Fungoeystida mit kugeliger oder eiförmiger Theca, die an der aboralen Basis (dureh eimen kurzen Stiel befestigt ist. Mund von fünf Klappen umgeben. Von der dreieckigen Mundspalte gehen drei lange Ambulacral-Rinnen aus, von denen die unpaare (frontale) einfach bleibt, die beiden paarigen sich alsbald gabeln; die fünf Rinnen sind von ungleicher Länge, unregelmässig gebogen und meist nur an einer Seite mit Aesten besetzt (am linken Rinnenrand). Zwischen Mund und Gonoporus ein dreieckiger oder rhombischer Madreporit. Species typica: Glyptosphaera Leuchtenbergi, ‚Jon. Mürrer. Glyptosphaerites Leuchtenbergi, JoH. MÜLLER, 25, pag. 66. Glyptosphaera Leuchtenbergi, ANGELIN, 1878; 13, pag. 31, Tab. XI, Fig. 1—4. Sphaeronites Leuchtenbergi, VOLBORTH, 1846, 16, pag. 187, Taf. X, Fig. 1--7. Sphaeronites Leuchtenbergi, QUENSTEDT, 27, pag. 692, Tab. 114, Fig. 10 —16. Fundort: Unter-Silur von Skandinavien und Russland. Das Genus Glyptosphaera (= Glyptosphaerites) gründete J. Mürrer für eme der ansehnliehsten Cystoideen-Formen, deren kugelige Kapsel über 7 cm Durch- messer erreichen kann; sie wurde anfänglich B zu Sphaeronites gestellt. Von der dreieckigen Mundspalte gehen zunächst drei primäre Am- bulaeral-Rinnen oder Subvektoren aus; von diesen bleibt die unpaare frontale (dem After gegenüber liegende) einfach; die beiden paari- gen dagegen gabeln sich alsbald in einen vorderen (lateralen) und hinteren (posteralen) Ast. Die fiinf Rinnen kriechen divergirend iiber die Theca fort und geben in unregel- mässigen Windungen kurze Seitenäste ab; diese ns - g. 12. liegen gewöhnlich nur auf einer Seite der Glyptosphaera Leuchtenbergii (nach VOLBORTH). Rinne und zwar auf der linken. Die vier A die Theea, schräg von der Frontal-Seite und von oben 5 > 5 MR | gesehen. o Mund, a After, g Gonoporus, rh Hydroporus, Oetfnungen der Kapsel sind bei dieser Gattung (,Rhombus“), af Subvektoren oder Ambulacral-Furchen sehr deutliel l liege ziemlich wei der Theca, f Panzer-Platten (Facetten). Fig. B drei sehr deutlich une 1egen ziemlich weıt aus- Panzer-Platten, © dieselben stärker vergrössert, um die emander. Der Hydroporus erscheint in Form LoppelzE ren zus zeigen. eines dreieckigen oder rhombischen, fein quer- gestreiften Madreporiten und liegt rechts von der ventralen Mittellinie, zwischen dem Mund und dem kleinen kreisrunden Gonoporus (vergl. oben pag. 85). 104 Ersst HascRKEL [104 Ss. Genus: Protoerinus, Eıcuwarn, 1540. Prötoerinites, EICHWALD, 1840, Silur. Schichten in Esthland, pag. 185. Fungoeystida mit kugeliger oder eiförmiger Theca, die in der Jugend unten aufgewachsen, im Alter frei ist. Mund von drei Klappen umgeben. Von der drei- eckigen Mundspalte gehen drei lange Ambulacral-Rinnen aus, von denen die unpaare (frontale) einfach bleibt, die beiden paarigen sich alsbald gabeln; die fünf Rinnen sind von ungleicher Länge, unregelmässig gebogen und meist nur an einer Seite mit Aesten besetzt (am linken Rinnen-Rand). Zwischen Mund und Gonoporus kem Madreporit (keine „vierte Oeffnung”). Species typica: Protocrinus fragum, Eıchwarn, 1860, 17, pag. 621. Protoerinites oviformis, VOLBORTH (— non EIcHWALD!! —), 1846; 16, pag. 191, Taf. X, Fig. 8—11. Fundort: Unter-Silur von Russland. Das Genus Protocrinus (= Protocrinites) stelt der vorhergehenden G/ypto- sphaera sehr nahe und theilt mit ihr die dreispaltige Mundöftuung und den triradialen Ursprung der fünf ungleichen Ambulaeren sowie den uniserialen Ursprung der Seitenästchen, an dem linken Rande der letzteren. ‚Jedoch ist die Madre- poren-Platte, welche bei @/yptosphaera so deutlich zwi- schen Mund und Gonoporus hervortritt, bei Protoerinus nicht selbstständig entwickelt; sie scheint hier mit der Geschlechtsöffnung verschmolzen zu sein. Ausserdem scheint auch Protoerinus nur in der Jugend festzusitzen, im Alter frei zu sem. Von dieser Gattung hat Eıcu- warn (l. €.) zwei verschiedene Species beschrieben: 1. Protocrinus fragum, Eiıcnwar, 17, Lethaea Rossica, Fig. 13. pag. 621; — Protocriniles oviformis, VOLBORTH, 1846, 16, pag. 191, Protocrinus fragum (nach VOLBORTH), Taf, X, Fig. 8-11. (— Lang, 5, pag. 900, Fig. 641). Theca Ansicht von oben. Das Anthodium nimmt die ganze obere Hemisphäre der Theca ? 3 ein. 1 Gonoporus, 2 After mit der Klappen- lang als die horizontale. Den " a \ er Ya nf “ R ® e Brandes a (oder Ambu 93. Protocrinus oviformis, EıcmwArLnp, 1840. Lethaea acral-Kinnen). Pi » pe . Rossica, pag. 622, Tab. 32, Fig. 14 a—c. Theca eiförmig oder kugelig oder fast halbkugelig; Vertikal-Axe kürzer oder eben so ellipsoid; Vertikal-Axe bedeutend länger als die horizontale. 9. Genus: Fungoeystis, Barrasoe, 1857. Funyocystites, BARRANDE, 12, pag. 157. Fungoeystida mit keulenförmiger oder eiförmiger Theca, deren unterer Theil mit abgestutzter Basis aufsitzt. Von der fünfeekigen Mundöffnung gehen getrennt 105] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 105 fünf lange, im Zickzack gebogene Ambulacral-Rinnen aus, welche an beiden Seiten zahlreiche, regelmässi kein Madreporit. & alternirende Aeste abgeben. Zwischen Mund und Gonoporus Species typica: Fungoeystis rarissima, Barranpe, 1887. Fungoeystites rarissimus, BARRANDE, 12, pag. 157, Pl. 17, I, Fig. 1-10. Fundort: Unter-Silur von Böhmen (d 4). Das Genus Fungocystis unterscheidet sich von den übrigen Gattungen dieser Familie durch die regelmässige Bildung der fünf langen Ambulacral-Kanäle, welche getrennt von dem fünfeckigen Munde abgehen und in Ziekzack- Iimien bis gegen den Aboral-Pol verlaufen ; ihre kurzen Aeste gehen nicht auf eimer, son- dern auf beiden Seiten der Prinzipal-Kanäle, in regelmässigen Abständen ab. Zwischen Fig. 14. Fungoeystis rarissima, nach BARRANDE, restaurirt. Mund und After liest ein ansehnlicher, bogen- u. . «| . . . ÖTMILEEr > 7 ‚ahırse i ONO- : : : t EL Schlitz, wahrscheinlich der Gono An den alternirenden Aesten der Subvektoren sind die porus, verbunden mit dem Hydrı« ‚porus; (lie _Tentakeln hypothetisch eingezeichnet, dagegen die Pinnu- e N 5) : < % j letten nicht angegeben. o Mund, a After, & Gonoporus, Konkavität des Bogens ist gegen die Mund- s Subvektoren, t Tentakeln. öffnung gekehrt. 10. Genus: Malocystis, Biruıes, 1858. Malocystites, BILLINnGS, 1858, Geol. Survey Canada, Dec. III, pag. 66. Fungoeystida mit kugeliger oder rundlich eiförmiger Theca, welche am Basal- Pol durch einen kurzen Stiel aufsitzt. Von der centralen Mundöffnung gehen mehrere lange Ambulacral-Rinnen aus, welche sich unregelmässig verzweigen und gabeln, und gewunden (theilweise in Spiralen) über die Kapselfläche bis gegen die Basis ver- laufen; nur an einem Rande eine Reihe von Pinnuletten. Zwischen Mund und After ist keme dritte Oeffnung sichtbar. Species typica: Malocystis Murchisoni, Bıuumes, 1858. Malocystites Murchisoni, Bıruınss; 15, pag. 66, Pl. VII, Fig. 1a—1f. Fundort: Unter-Silur von Nord-Amerika (Canada). Das Genus Malocystis (— Malocystites) ist nebst dem folgenden Amygdalo- cystis von Birrıses im Unter-Silur von Canada gefunden, aber so unvollständig Festschrift für Gegenbaur. 14 106 Ernst HAECKEL [106 beschrieben, dass die Stellung beider Gattungen in der Familie der Fungocystiden noch zweifelhaft erscheint. Die zahlreichen polygonalen Platten der Panzerkapsel sollen solid, nieht porös sem (wie in den vorhergehenden Gattungen). Zwischen dem eentralen Mund (— „Ambulacral-Oeftnung‘‘) und dem excentrischen After (— „Mund- öffnung“‘, Biruises) ist keine dritte Oeftnung sichtbar. Ueber die Beschaffenheit der langen Ambulacral-Rinnen, die Birrıses als „Zecumbent arms“ beschreibt, lässt sich nach den Widersprüchen seiner Abbildungen kein klares Urtheil gewinnen; angeblich sollen gewöhnlich acht Arme da sein, welche in zwei Bindeln von je vier an beiden Enden der Mundspalte (= „ambulacral groove“) stehen; die Arme sollen sich unregel- mässie theilen und in langen Windungen (zum Theil in Spiralen) über den ganzen Kelch weg kriechen. Wenn man aber die sechs Figuren la bis 1f (l. ce.) kritisch vergleicht, so wird es wahrscheinlich, dass vom Munde fünf Ambulacral-Rinnen aus- gehen und dass das unpaare (frontale) Ambulacrum (vorn, vor dem Munde) dreiästig ist, während von den vier anderen die beiden posteralen (den After umfassenden) einfach sind, dagegen die beiden lateralen zweitheilig. Die Ambulaeren sollen (wie bei Amygdaloeystis) nur an einem Rande eine Reihe von Pinnuletten tragen, was auch mit G/yptosphaera und Protoerinus übereinstimmen würde. 11. Genus: Amygdaloeystis, Bırumes, 1854. Amvpygdaloeystites, BiLuınss, 1854, Canadian Journ. Vol. II, pag. 270. y9 ! : pag Fungocystida mit mandelförmiger, zweiseitig komprimirter Theca, deren zuge- spitzte Basis unten auf einem kurzen Stiel aufsitzt. Von der zweilippigen, vor- sprmgenden Mundöttnung gehen nur zwei einfache, gegenständige Ambulacral-Rinnen aus, welche entlang den beiden Kanten der Kapsel verlaufen und nur an emem Rande eine Reihe von Pinnuletten tragen. Zwischen Mund und After ist keine dritte Oefl- nung sichtbar. Species typica: Amygdalocystis florealis, Biruımes, 1854. Amygdaloeystites florealis, BiLLınGs, 1858, 15, pag. 63, Pl. VI, Fig. 1a—1e. Fandort: Unter-Silur von Nord-Amerika (Canada). Amygdaloeystis florealis, nach BILLINGS. A die Theca von der analen, B von der linken, C von < ; B der frontalen Seite gesehen. o Mund, a After. D as (renus Ampgdaloeystis scheint nach der unvollständigen Darstellung von Bireıses dem vorhergehenden Maloeystis nahe verwandt zu sein, unterscheidet sich aber von ihm, wie von allen anderen Fungoeystiden, durch die auffallende bilaterale Kompression des mandelförmigen Körpers; es sollen nur zwei gegenständige Ambu- lacral-Rinnen (= „‚Recumbent arms“, Brurises) vorhanden sein, welche an den beiden 107] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN, 107 Kanten der mandelförmigen Kapsel bis gesen die Basis verlaufen und nur an einem Rande eine Reihe von Pinnuletten tragen. Zwischen dem vorragenden centralen Munde (= „Ambulaeral-Oetinung“) und der excentrischen Klappen-Pyramide des Afters (welcher nahe dem Ende des einen Ambulacrum liegt und von Bıruıses als „Mund“ bezeichnet wurde) ist keine dritte Oeffnung sichtbar. Die hexagonalen Platten der 'Uheca zeigen keine Poren, aber einen vorspringenden, sechsstrahligen Rippen - Stern. Dritte Familie der Cystoideen: Agelacystida, E. Hawcrer, 1895. Aygelacystida, E. HAEcKEL, 50, pag. 9. Agelacrinida, Harz, 24, Vol 24, 1872 (pro parte). Agelacrinida, ZiurveL, 7, 1895, pag. 157. Tafel III, Fig. 27—37. Familien-Charakter: Üystoideen mit pentaradialer, meist regulärer, selten amphipleurer 'Theca. Platten-Panzer aus sehr zahlreichen, kleinen (meist Poren tragenden) Schuppen oder Täfelehen zusammengesetzt. Theca mit vertikaler Hauptaxe, bald scheibenförmig oder halbkugelig, mit breiter Dorsal-Basis aufgewachsen; bald eiförmig oder keulenförmig, unten in einen kurzen Stiel verdünnt. Oben gehen vom fünfeekigen Munde fünf lange, perradiale Ambulacral-Rinnen aus, welche regelmässig gefiedert sind und ansehnliche Ambulacra bilden, am Rande mit zwei Reihen von Saum-Plättehen und Pinnuletten eingefasst. Zwischen dem centralen Munde und dem excentrischen After ist keine dritte Oeflnung sichtbar. Die Familie der Agelacystida (= Agelacrinida) umfasst eine Anzahl von charakteristisch geformten Cystoideen, deren phylogenetische Stellung sehr ver- schieden aufgefasst worden ist. Gemeinsame Charaktere aller Agelacystiden sind nach meiner Auffassung folgende: 1. Die Theca ist in eine ambulacrale (ventrale) Kelehdecke und einen antambularen (dorsalen) Kelch differenzirt. 2. Der dorsale Kelch ist unregelmässig getäfelt, ohne radiale Anordnung, aus zahlreichen kleimen Plättchen zusammengesetzt. 3. Auf der ventralen Kelchdeeke ist ein ansehnliches Anthodium entwickelt, mit fünf ausgedehnten Ambulacren, welche regelmässig gefiedert sind und am Rande Pinnuletten tragen. 4. Zwischen dem centralen Munde und dem excentrischen After ist keine dritte Thecal-Oeffnung wahrnehmbar. Als zwei Subfamilien in dieser artenreichen Familie unterscheide ich die Hemi- cystida und Asterocystida. Die Hemicystida entsprechen den „Agelacrinida“ im engeren Sinne und sind neuerdings von Jarker als besondere Klasse unter dem Namen Theeoidea abgetrennt worden (49, pag. 110); ihre T'heca ist dehnbar und mit 14* 108 Ernst HAECKEL [108 beweglichen Schuppen bedeckt. Dagegen besitzen die Asterocystida eine starre Kapsel, die aus unbeweglichen, durch Naht verbundenen Tafeln zusammengefügt ist. Im Uebrigen erscheint die Organisation beider Subfamilien, und namentlich die regu- läre Ausbildung ihres pentaradialen Anthodiums, nicht wesentlich verschieden. Die Theca der Agelacystiden ist stets unten am Aboral - Pol aufgewachsen, meistens mit breiter Basis, seltener mittelst eines kurzen Stiels. Ihre Gestalt ist mannigfach wechselnd, bei den Hemicystiden meistens flach gedrückt, halbkugelio oder selbst scheibenförmig; bei den Asteroeystiden bald halbkugelig oder becher- förmig, bald keulenförmig oder fast kugelig. In beiden Subfamilien ist gewöhnlich die obere (ventrale) von der unteren (dorsalen) Fläche der Theca deutlich geschieden, so dass man erstere als Kelchdecke (Epicalyx), letztere als Kelch (Calyx) unterscheiden könnte, wie bei den Urmoideen. Die horizontale Grenze zwischen beiden Theilen ist häufig durch einen kreisrunden oder pentagonalen Gürtel bezeichnet, der kammartig vorspringt. Die Anheftung der Agelacystiden auf dem Meeresboden (— häufig auf Muschel-Schalen —) erfolgte bei der Mehrzahl mit der breiten, aboralen Kelch-Basis. Seltener ist ein kurzer Stiel entwickelt, und dieser ist nur ausnahmsweise erhalten. Ür scheint bei emigen Gattungen deutlich gegliedert zu sem, ist übrigens ohne besonderes Interesse. Thecal-Ostien sind bei allen Agelacystiden nur zwei vorhanden, der cen- trale Mund oben am Oral-Pol der vertikalen Hauptaxe, und der excentrische After; das Interambulaerum, in welchem der letztere liegt, ist als anales oder posterales zu bezeichnen. Der After ist stets mit einer Klappen-Pyramide bedeckt; die Zahl ihrer dreieckigen Anal-Tafeln wechselt zwischen fünf und zehn. Der Mund ist häufig mit fünf Zähnen bewaffnet und von besonderen Peristom-Platten umgeben. Eine „dritte Oefinung“ ist bei keiner Gattung dieser Familie bisher nachgewiesen. Die Ambulaeren sind bei den Agelacystiden konstant m der Fünfzahl vor- handen, regulär gefiedert und durch hohe Entwickelung ausgezeichnet. Von den fünf Ecken des Mundes gehen fünf perradiale Ambulacral-Rinnen aus, welche regel- mässig alternirende Seitenästehen abgeben: am Ende der letzteren findet sich eine Gelenkfläche zur Insertion einer Pinnulette (und an deren Basis oft em Porus, zum Austritt eines Tentakel-Kanals). Viele (vielleicht Alle?) zeigen ausserdem zwei Reihen von klemen Saumplättchen, welehe die Zufuhr-Rinnen verdecken. Uebrigens bietet die Vergleichung der verschiedenen Struktur in den Gattungen der Agelacystiden und ihre Deutung mancherlei Schwierigkeiten. Gewöhnlich bleiben die fünf Ambu- lacren auf die Kelehdecke beschränkt; aber bei zwei Gattungen, Edriocystis und Mesites, greifen dieselben weiter nach unten auf den dorsalen Kelch über und wachsen hier bis gegen die Ansatzfläche hin. Die damit verknüpfte Reduktion der Antambular- Fläche erinnert an die Echinideen. Während hier die verlängerten Ambulacren schmal und bandförmig bleiben, wachsen sie dagegen bei Asterocystis und Asteroblastus in die Breite. Bei fünf anderen Gattungen gewinnen sie dadurch grössere Ausdehnung, dass sie sich spiralig um die Kelch-Axe winden. In den Gattungen Agelacrinus, Gomphocystis und Edrioeystis sind alle fünf Radien in gleicher Richtung spiralig 109] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 109 gekrümmt. Die beiden Genera Lepidodiseus und Agelacystis zeichnen sich aber dadurch aus, dass nur vier Radien in gleicher Richtung gekrümmt sind, der fünfte aber (der linke posterale) in entgegengesetzter Richtung; so liegt hier der After in einem Anal-Felde, welches von den beiden posteralen (mit ihrer Konkavität einander zugekehrten) Ambulacren eingeschlossen wird. Pinnuletten, als skelethaltige „„Tentakeln“ oder „Finger - Stützen‘, waren wahrscheinlich bei allen Agelacystiden vorhanden; die kleinen Artikulations-Flächen für dieselben finden sich meistens deutlich ausgeprägt an den Seitenrändern der Am- bulacra (an den Enden der kurzen Seiten-Aeste der Zufuhr-Rinnen). Aber nur selten sind diese zarten Gliedmaassen wohl konservirt; sie finden sich z. B. bei Asteroblastus als lange und dünne, zweizeilig gegliederte Fäden, welche den Ambulacral- Feldern aufliegen und sie ganz bedecken können (wie bei Blastoideen). Der Platten-Panzer der Agelacystiden zeigt im Ventral-Theil, entsprechend der hohen Difterenzirung der Ambulacren, eine ziemlich komplizirte und mannig- faltige Zusammensetzung, während er dagegen im Dorsal- Theil sich relativ einfach verhält. Hier ist derselbe bei den Zemicystiden aus dünnen, rundlichen Schuppen zusammengesetzt, deren freie Ränder sich nach oben hm decken. Bei den Astero- cystiden dagegen besteht er aus dickeren, polygonalen Tafeln, welche durch Nähte fest zusammengefügt sind; bisweilen können dieselben theilweise verschmelzen (C'yatho- cystis, Gomphoeystis).. Doppel-Poren sind in den Schuppen der Hemicystiden meistens nicht nachzuweisen, dagegen in den stärkeren Tafeln der Asterocystiden gewöhnlich gut ausgebildet; doch können sie auch hier fehlen (Cyathoeystis, Edrio- cystis), oder in sehr verschiedenem Grade entwickelt sein, selbst bei Arten einer und derselben Gattung; so sind sie z. B. bei Asteroblastus stellatus sehr scharf ausgeprägt, bei Asteroblastus Volborthi kaum nachweisbar (vgl. oben pag. 20). Im Anthodium der Ventral-Kapsel sind stets die interambulacralen Platten von denjenigen der Ambulacra verschieden, und an den letzteren können von den eigentlichen „Ambulacral-Platten“ die kleinen Saumplättchen unterschieden werden, sowie die Glieder der zweizeiligen Pinnuletten. In der Umgebung des Mundes sind oft besondere Oral-Platten und Peristom - Platten entwickelt (fünf grosse interradiale Gabel-Platten bei Asterocystis und Asteroblastus). Orro Jarken (49, pag. 110) hält die AZemieystiden (— welche nach meiner Ansicht von den Asteroeystiden höchstens als Subfamilie zu trennen sind —) für „die primitivsten Formen der Pelmatozoen“ und der Echinodermen überhaupt; er bildet aus ihnen die besondere Klasse der Theeoidea. Nach meiner Auffassung dagegen gehören dieselben zu den höchst entwickelten Formen der Cystoideen und enthalten vielleicht schon die Ahnen der Pygoeinceten. Wenn auch die bekannten Hemicystiden nicht direkt als die Urahnen der Asterideen und Ophiureen, die Asteroeystiden (Mesites) nicht direkt als die Stammformen der Ecehinideen zu betrachten sind, so zeigen uns doch diese Agelacystiden deutlich den Weg, auf welchem die hoch entwickelten und frei lebenden Pygocineten aus festsitzenden Cystoideen hervor- gegangen sind. (Vergl. Neumark, 8, pag. 419.) 110 Ernst HAECKEL 1110 Das Malacom der Agelaeystiden wird bereits zum T'heil eine hohe Stufe der Ausbildung besessen haben; sicher gilt dies von dem Ambulaeral-System, dessen reguläre, pentaradiale Struktur derjenigen der Pygocineten nicht nachsteht. Die Konstanz der fünf ansehnlichen, regelmässig getiederten Ambulacral-Felder, die grosse Zahl ihrer Seitenäste und der an diesen angehefteten Pinnuletten, ferner die ent- sprechende Differenzirung der finf Interambeln und des Peristoms, erheben die Agela- eystiden weit über die meisten anderen Cystoideen. Ich halte es selbst für möglich, dass dieselben bereits Pentorchonien waren und fünf Gonaden-Paare besassen. In diesem Falle würden sie eine besondere (neunte) Klasse des Echinodermen-Stammes bilden, welche neben den Blastoideen und CUrmoideen ihren Platz unter den Pelma- tozoen finden würde; man könnte zur Bezeichnung derselben nach dem Vorgange von Jarker den Namen Thecoidea beibehalten. Vielleicht wird es weiteren Forschungen über die Struktur der Agelacystida gelingen, auch noch Anhaltspunkte für die Erkenntniss der bedeutungsvollen Bildung und Zahl der Gonaden zu gewinnen. Bisher ist bei keiner Gattung dieser Familie die viel gesuchte „dritte Oeffnung“ gefunden worden ; weder von einem Gonoporus noch von emem Hydroporus ist eine Spur entdeckt worden. Dieses negative Ergebniss gestattet aber keine sicheren Schlüsse, da ja auch bei vielen Holothurien diese Oetl- nungen nicht auffällig vortreten (vergl. oben pag. S1, 83). System der Agelacystida. Ambulaera: Subfamilien: Theea: Genera: I. Subfamilia: Hemieystida. 'Theca dehnbar, miteinem | beweglichenSchuppen- Panzer. Tafeln rund- | lich (seltener polygo- nal), imbricat; meis- taradial; alle 5 Am- rade, \ (granulata). bulacra gerade oder in gleicher Richtung gekrümmt. Anthodium regulär pen- Ko ge- f 1. Hemieystis | 2. Agelacrinus fünf in gleicher Rich- \ Wortibellahn) Kar -Radien alle tung gekrümmt. tens (oder immer?) ohne Doppel-Poren. Anthodium amphipleu- risch; die beiden posteralen Ambulacra in entgegengesetzter Richtung gekrümmt und den After um- fassend. Ventralevr und dorsaler Schuppen - Panzer nicht verschieden. Ventraler und dorsaler Schuppen-Panzer sehr verschieden , beide durch einen Tafel- Gürtel getrennt. 3. Lepidodiseus (eineinnatiensis). . Agelaecystis (hamiltonensis). 111] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN Subfamilien: Theea: II. Subfamilia: Asteroeystida. VentraleKelchdecke von Ambulaera; Ambulacra gerade, durch Genera: Theca starr, mit einem dem dorsalen Kelch 5 grosse dreieckige ( 5. Oyathocystis unbeweglichen Platten- durch zen kreis- Interradial-Platten ge- | (Plautinae). Panzer. Tafeln poly- runden Gürtel ge- trennt, Sonalardnrche Nähte trennt. Mund nicht > d ’ < fest verbunden, nicht imbricat; meistens (oder immer?) mit Doppel-Poren. von Gabel-Platten um- geben. Ventrale Kelchdecke von Ambulacra spiralig ge- wunden (alle in gleicher Riebtung ge- krümnt),durch Reihen kleiner Platten ge- trennt. Ambulaera mässig breit, | an sich berührend, durch [ 6. («omphoeystis (tenan). dem dorsalen Kelch der Basis nicht durch einen decago- I 7. Asteroeystis nalen Gürtel getrennt. | mehrere kleine Kelch- \ (tuberculata). Mund von fünf inter- Platten getrennt. radialen Gabel-Platten uupeben Ambulaera sehr breit, an der Basis sich be- rührend und durch ( 8. Asteroblastus fünf grosse interradiale \ (stellatus). Trapez - Platten ge- trennt. Ventrale Kelehdecke von (Ambulacra spiralig ge- dem dorsalen Kelch krümmt (alle in glei- j 9. Edrioeystis nicht getrennt. Mund cher Richtung ge- \ (Bigsbyn). mit Täfelchen ver- wunden). ne a Ve Ambulaera in Meridian- ‚ 3 ! r | Linien verlaufend, | f 10. Mesites dorsale Kelchfläche ic} et 2 \ (Pusireffskyi). hinübergreifend. Senn: | E 12. Genus: Hemieystis, Harr, 1852. Hemieystites, Ha, 19, Vol. II, pag. 245. Cytaster, Harz, 24, Vol. 24, Pl. VI. Agelacrinites, BARRANDE, 12, pag. 83, Pl. 37. Taf. II, Fig. 27, 28. dessen rundliche Tafeln Alle fünf Ambulacra gleich Acelacystida mit beweglichem Schuppenpanzer , imbriziren. Ventraler und dorsaler Panzer gleichartig. geformt, gerade, nicht gekriimmt. 112 Ernst HAECKEL 112 Species typica: Hemicystis granulata, Harz, 1872. Hemieystites, (= Cytaster) granulatus, Haıı, 24, Vol. 24, Pl. VI, Fig. 1—4, Fundort: Unter-Silur von Nord-Amerika und Nord-Europa. Das Genus Hemiecystis und die «drei folgenden, nahe verwandten Gattungen bilden zusammen die besondere Subfamilie der Hemicystida. Ihre Theca ist nicht von einem starren Platten-Panzer umschlossen (— wie bei den Asterocystida —), sondern von einem dehnbaren und beweglichen Schuppen-Panzer. Die zahlreichen und kleinen Schuppen desselben sind rundlich und decken sich von unten nach oben, so dass ihr freier Rand gegen den Mundpol gerichtet ist. Die verstemerte Kapsel erscheint gewöhnlich als eme kreisrunde oder pentagonale Scheibe, welche mit ihrer ganzen unteren (dorsalen) Fläche einem fremden Körper (— gewöhnlich einer Muschel- Schale —) aufgewachsen ist. Indessen finden sich bisweilen auch fossile, wohlerhaltene Exemplare, welche den Körper in seitlicher Ansicht zeigen (z. B. Hemicystis granulata, Harn, 1. e., Fig. 2—4). Dann erscheint derselbe als ein ziemlich geräumiger Beutel, dessen vertikale Hauptaxe grösser ist als die Kreuz- axen. In anderen Fällen erscheint der Körper der Hemieystiden halbkugelig oder kelehförmig, mit eingesunkener Kelchdecke (ambulacraler Ventral-Membran). Man darf daher wohl annehmen, dass die flache Scheibenform grossentheils erst nach dem Tode, durch Zusammendrücken der dehnbaren Theca entstanden ist. Die Gattung Hemieystis ist nach meiner Ansicht als die älteste und primitivste unter den Hemieystiden (— und überhaupt unter den Agelacystiden —) aufzufassen; ihre fünf Ambulaeren sind von gleicher Grösse und Form, gerade gestreckt. Es gehören hierher drei von Hars beschriebene Arten (Hemieystis granulata, Hemicystis stellata und Hemicystis parasitica, 19); — ferner sieben untersilurische Arten aus Böhmen, welche Barraspe abgebildet hat (12, pag. 83—89, Pl. 57, Fig. 1—55). 13. Genus: Agelacrinus, Vaxuxen, 1842. Agelacrinites, VANUXEM, Geol. Report New-York, pag. 168. Taf. III, Fig. 29. Agelacystida mit beweglichem Schuppen-Panzer, dessen rundliche Tafeln imbriziren. Ventraler und dorsaler Panzer gleichartig. Alle fünf Ambulaera gleich geformt und in gleicher Richtung bogenförmig gekrümmt. Species typica: Agelacrinus vorticellatus, Harz, 1872. Streptaster vorticellatus, HAuL; 24, Vol. 24, pag. 215, Pl. VI, Fig. 11—13. Fundort: Unter-Silur von Nord-Amerika. Das Genus Agelacrinus, unter welchem die meisten neueren Autoren sämmt- liche Hemieystida zusammenfassen, beschränke ich hier auf jene Formen, bei denen alle geformt und in gleicher Richtung bogenförmig gekrümmt sind. Ambulaeren eleich 113 ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 3 {9} Das Anthodium bildet daher (— ebenso wie bei Gomphocystis und Edrioceystis —) emen Spiral-Wirtel mit fünf Bogen-Gängen, von denen ein jeder seme Konkav-Seite der Konvex-Seite des nächstfolgenden Bogens zuwendet. An den erodirten Exemplaren, welche Harn von Agelacrinus vorticellatus abgebildet hat, sind theilweise nur die fünf Ambulacren erhalten, jedes ausgezeichnet durch zwei alternirende, sehr starke Reihen von Ambulacral-Platten. Ausser dieser typischen Species gehört hierher: fo) Agelacrinus Dicksoni, Bıruings, 1858; 15, pag. 84, Pl. VIII, 3, 4. Diese Art wurde schon 1822 von Biss£y im Unter-Silur von Canada bei Ottawa entdeckt und ist die älteste bekannte Form unter den Hemieystiden. Aygelaerinus Buchianus, FORBES; 14, pag. 521, Pl. XXIII, gehört wahrscheinlich nicht hierher, sondern zu Edriocystis (vergl. unten). 14. Genus: Lepidodiseus, Harz, 1872. Lepidodiscus, Hau, 24, Vol. 24, pag. 214, Pl. 6, Fig. 7. Haplocystites, ROEMER, Verhandl. Nat. Ver. Rheinl. Vol. VIII. Agelacvstida mit beweglichem Schuppen-Panzer, dessen rundliche "Tafeln imbriziren. Ventraler und dorsaler Panzer gleichartig. Ambulacra verschieden; eekriimmt die beiden posteralen konkav gegen einander & und den After umfassend. Species typica: Lepidodiscus eincinnatiensis, Harr, 1872. 24, Vol. 24, pag. 214, Pl. 6, Fig. 7. Aygelacrinus eincinnatiensis, ROEMER, Verhandl. Nat. Ver. Rheinl. Vol. VIII, pag. 372, Taf. II, Fig. 3. Fundort: Unter-Silur von Nord-Amerika. Fig. 16. Das Genus Lepidodiscus und das nachfolgende Lepidodiscus eineinnatiensis, von oben gesehen, in der Mitte der vorhergehenden Gattungen dadurch aus, dass der After Mund. Zwischen den beiden posteralen > Zen ö 5 & u ® Ambulaeren ist der After mit der Klap- in der Mitte emes interradialen Anal-Feldes liegt, welches pen-Pyramide sichtbar. nahe verwandte Agelacystis zeichnen sich vor den beiden von beiden posteralen Ambulacren bogenförmig umfasst wird. Der rechte hintere Ambulaeral- Bogen (— in der Ventral-Ansicht der Figur umgekehrt der linke —) ist daher in entgegengesetzter Richtung gekrümmt, wie die vier anderen Bogen. Der Schuppen-Panzer von Lepidodiseus ist auf der dorsalen und ventralen Fläche gleichartig gebildet, während er bei der nachfolgenden Agelacystis stark differenzirt ist. Die typische Species dieses Genus, Lepidodiseus cineinnatiensis, findet sich häufig im Unter-Silur der Hudson -River- Gruppe von Cineinnati, festsitzend auf Muschel-Schalen (gewöhnlich Strophomena alternata). Die Richtung der Bogen-Krümmungen ist oft wechselnd (— bald vier Bogen konkav Festschrift für Gegenbaur. 15 114 Ernst HAECKEL [114 nach links, der fünfte nach rechts, bald umgekehrt —). Unter den verschiedenen, häufig kopirten Figuren, ist die beste diejenige von Harz (l. e. Fig. 7). Dieser Autor bildet noch eine zweite Art ab, deren 'Theca sich durch hohe, fast kugelige Glockenform auszeichnet; ihre interradialen Schuppen tragen zum Theil emen Knoten (Ansatz eines kleinen Stachels?): Lepidodiscus (Agelacrinus) pileus, Harz, 24, Vol. 24, pag. 214, Pl. VI, Fig. 8—10. 15. Genus: Agelaeystis, E. Harcxer, 1895. Agelacystis, E. HAECKEL. Die cambrische Stammgruppe der Echinodermen, 50, pag. 9. Taf. III, Fig. 30. Agelacystida mit beweglichem Schuppen-Panzer, dessen rundliche oder poly- sonale Tafeln theilweise imbriziren. Ventraler und dorsaler Panzer sehr verschieden, beide getrennt durch einen vorspringenden, aus breiten Tafeln gebildeten Gürtel. Ambulacra verschieden; die beiden posteralen konkav gegen einander gekrümmt und den After umfassend. Species typica: Agelacystis hamiltonensis, E. Harcker. Agelacrinites hamiltonensis, VANUXEM, 1842; Geol. Rep. New York. Agelaerınus hamiltonensis, Hau, 24, Vol. 24, Pl. VI, Fig. 14, 15. Fundort: Unter-Silur von Nord-Amerika. Das Genus Agelacystis habe ich (1895, 1. e.) für jene Hemicystiden gegründet, welche sich durch die starke Ditferenzirung des dorsalen und ventralen Schuppen- Panzers auszeichnen. Beide Theile der Theca verhalten sieh hier ähnlich, wie Kelch und Kelchdecke der Crmoideen; sie sind durch einen vorspringenden Gürtel-Kamm scharf getrennt. Der hohe Kamm dieses kreisrunden Gürtels wird durch einen Kranz von sehr breiten Marginal-Platten gebildet, welche viel grösser sind, als alle übrigen Tafeln des Schuppen -Panzers. Zwischen ihnen und den sehr kleinen Schüppchen (des unteren Kelchtheiles liegen mehrere Reihen mittelgrosser Täfelchen. Die Kelch- decke liegt innerhalb des Gürtelkammes wie in einem Krater und ist mit kleinen polygonalen Plättchen getätelt. Die fünf schmalen Ambulacren, welche innerhalb derselben liegen, zeigen die gleiche Bogenkrümmung wie bei Lepidodiscus. 16. Genus: Cyathoeystis, F. Scaumr, 1879. Oyathocystis, ZATTEL, 1880, Handbuch d. Pal. Bd. I, pag. 414. Aoelacystida mit starrem Platten-Panzer, dessen polygonale Tafeln nicht imbri- ziren und theilweise verschmolzen sind. Die fünfseitig-pyramidale Kelchdecke ist von 115] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 115 dem becherförmigen Kelche durch einen kreisrunden Gürtel getrennt. Ambulacra gerade, durch fünf grosse, dreieckige Interradial-Tafeln getrennt. Species typica: Cyathoeystis Plautinae, F. Scunr. Oyathocystis Plautinae, Fr. Scumipt, 1879, Verhandl. Mineral. Ges. Petersburg. Fundort: Unter-Silur von Russland. Das Genus (yathocystis zeichnet sich (nach der unvollständigen Beschreibung l. e. zu urtheilen) dadurch aus, dass der becherförmige, mit breiter Basis aufgewachsene Kelch aus einem einzigen Stick besteht. Ebenso sind die fünf interradialen Felder zwischen den fünf Ambulacren der Kelchdeeke durch ,.je eine grosse dreieckige Inter- palmar-Platte“ emgenommen. Es scheint demnach, dass hier sowohl im dorsalen als im ventralen Theile der Theca eine weitgehende Verschmelzung der Tateln, welche dieselbe ursprünglich zusammensetzten, stattgefunden hat (— älmlich wie bei emigen Formen von Gomphoeystis, der die Gattung auch sonst wohl am nächsten steht —). Die Kelcehdecke (oder Ventral-Kapsel) sitzt auf dem Kelche (der Dorsal-Kapsel) wie ein Deckel auf, ist von ihm durch einen Gürtel von Randplättehen getrennt und löst sich leicht ab. 17. Genus: Gomphoeystis, Harz, 1868. Gomphocystites, Hazr; 24, Report 20, pag. 309, Pl. XII, Fig. 14, 15; Pl. XIIa, Fig. 1—6. tn 100, Jr EX Agelacystida mit starrem Platten-Panzer, dessen polygonale Tafeln nieht imbri- ziren und theilweise verschmolzen sind. Die halbkugelige, ventrale Kelchdecke ist von dem umgekehrt kegelförmigen, dorsalen Kelche durch einen kreisrunden Gürtel getrennt. Ambulacra spiralig, alle im gleicher Richtung gekrümmt, durch Reihen von kleinen Platten geschieden. Species typica: Gomphocystis tenax, Harı, 1868. Gomphoeystites tenax, HAıL; 24, Report 20, Fi. XD, Fig. 15; Pl. XIII, Fig. 1, 2. Fundort: Ober-Silur (Niagara-Gruppe) von Wisconsin, Nord-Amerika. Das Genus Gomphocystis wurde von Harz (l. ec.) für drei untersilurische Uystoideen-Arten aus Nord-Amerika gegründet, die sich durch ihre hohe keulenförmige Gestalt und die scharfe Absetzung der halbkugeligen Kelehdecke von dem umgekehrt kegelförmigen Kelche auszeichnen. Die After-Oetfnung scheint unmittelbar neben der Mundöffnung zu liegen. In der Kelchdecke verlaufen, vom Munde ausgehend, fünf schmale, lange Ambulacra, welche spiralig gedreht sind, alle in gleicher Bogen- tichtung (wie bei Agelaerinus und Edriocystis). Die vertikale Hauptaxe erreicht 70 mm 15* 116 Ernst HAECKEL [116 Länge und ist mehr als doppelt so gross, wie die grösste (Jueraxe (an der Grenze der dorsalen und ventralen Theca, 33 mm). Der starre Panzer ist aus zahlreichen, test verbundenen Platten zusammengesetzt, welche nach den unvollkommenen Abbil- dungen von Harn zu urtheilen, bei Gomphocystis glans ziemlich regelmässig hexagonal, bei Gomphoeystis tenax dagegen irregulär-polygonal geformt sind. Sie schemen theil- weise (— besonders unten im Kelche —) verschmolzen zu sem (wie bei C'yathocystis?), ‚Jedoch ist der Erhaltungszustand der grossen und offenbar sehr festgefügten Kapseln ungünstige (die Oberfläche abgerieben?). In der Kelchdecke verlaufen wahrscheinlich ursprünglich zehn Paar alternirende Platten-Reihen (je zwei kleinere im den fünf spiralen Ambulaecren, und je zwei grössere zwischen ihnen). 18. Genus: Asteroeystis, E. HarckeL (nov. gen.). Taf. III, Fig. 34. Avclacystida mit starrem Platten-Panzer, dessen polygonale Tafeln nicht imbri- zıren. Die fünfseitie-pvramidale Kelchdecke ist von dem schüsselförmigen Kelche durch emen decagonalen Gürtelkamm getrennt. Ambulacra mässig breit, an der Basis sich nicht berihrend, durch mehrere kleine Platten getrennt. Species typica: Asterocystis tubereulata, E. Harcker. ‚Asteroblastus tuberculatus, FR. ScHMmipt, 1874; 18, pag. 33, Tab. III, Fig. 9. Fundort: Unter-Silur von Russland. Das Genus Asterocystis und das nachfolgende, nahe verwandte Genus Astero- blastus zeichnen sich vor den übrigen Asterocystiden durch ihre breiten Ambulacren aus, und durch die scharfe decagonale Abgrenzung des dorsalen Kelches von der ventralen Kelchdecke; ferner durch das charakteristische, regulär-pentagonale Peristom, welches einen geschlossenen Kranz von fünf imterradialen, gabelförmigen Platten bildet. Die perradialen Ambulacral-Furchen, welche von den fünf Mundecken aus- gehen, laufen zunächst zwischen je zwei Gabelplatten und bilden dann die Mittel- furche eines breiten, gefiederten Ambulacral-Blattes. Dieses trapezoide oder eiförmige Ambulacrum besteht aus 5—10 Paar alternirenden Ambulacral-Platten, deren Breite nach aussen rasch abnimmt. Die lateralen Rinnen zwischen den letzteren führen zu je einer Gelenk-Facette, auf welcher (am Seitenrande des Ambulacrums) eine gegliederte Pinnulette aufsitzt. Wenn die zweizeiligen Pinnuletten vollständig erhalten und auf die Fläche der Ambulacral-Felder zurückgeschlagen sind, bedecken sie dieselben voll- ständig, wie bei den Blastoideen. — Der schüsselförmige oder becherförmige Kelch ist mit sehr zahlreichen polygonalen Platten von ziemlich gleicher Grösse getäfelt, welche radiale Rippen, sowie zahlreiche Doppel-Poren tragen, und fest verbunden sind. Im Apex, am Aboral-Pol des Kelches, finden sich vier kreuzständige Basal- Platten, an welche sich ein kurzer, gegliederter Stiel ansetzt. 117] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 17 19. Genus: Asteroblastus, Eıcnwarn, 1861. ‚Isteroblastus, EICHWALD, Bulletin Soc. g&olog. France Ser. II, Vol. 19, pag. 62. Taf. III, Fig. 31 — 33. Agelaeystida mit starrem Platten-Panzer, dessen polygonale Tafeln nicht imbri- ziren. Die ftünfseitig-pyramidale Kelchdecke ist von dem schüsselförmigen Kelche durch einen decagonalen Gürtel-Kamm „getrennt. Ambulacra sehr breit, an der Basis sich berührend, nur durch fünf grosse interradiale Trapez-Platten getrennt. Species typica: Asteroblastus stellatus, Kıcmwarn. Asteroblastus stellatus, FR. SCHMIDT, 1874; 18, pag. 30, Tab. III, Fig. 2 —5. Fundort: Unter-Silur von Russland. Das Genus Asteroblastus stimmt im wesentlichen Bau mit der vorher- gehenden ancestralen Gattung Asteroeystis überein, unterscheidet sich aber von ihr durch die eigenthümliche Umbildung des Anthodiums, welches einen geschlossenen, vollkommen regulären Ambulacral-Stern mit fünf kurzen und breiten Strahlen bildet. Diese Transformation ist dadurch entstanden, dass die fünf eiförmigen Ambulacral- Blätter von Asterocystis in ihrem Proximal-Theile sich bis zur Berührung verbreitern; die fünf dreieckigen oder eigentlich trapezförmigen, interradialen Felder, welche zwischen je einer Gabelplatte des Peristoms und zwischen den proximalen Seiten- rändern von je zwei benachbarten Ambulacren übrig bleiben, werden durch eine einzige grosse Trapezplatte eingenommen, entstanden aus der Verschmelzung zahl- reicher kleiner, polygonaler Kelchtafeln, welche bei der Ahnen - Gattung Asterocystis diesen „proximalen Interambulacral-Raum‘ erfüllen. Die Doppel- Poren der Kelch- Platten stehen bei Asteroblastus stellatus zahlreich in tiefen, auffälligen Gruben, während sie bei einer verwandten Art, Asteroblastus Volborthi, nur undeutlich ın seichten Gruben zwischen den Radial-Rippen der Tafeln autzufinden sind. Die Ambu- lacren der ersteren sind fast rhombisch, aussen spitz, mit zehn Paar Fiederästen, die der letzteren breit eifürmig, aussen abgerundet, mit sechs Paar Aesten (18, pag. 32, Tab. HI, Fig. 6—8). 20. Genus: Edrioeystis, E. Harcker. Edrioaster, BıLLısss, 1858, 15, pag. 82. Cyclaster, Bıruings 1856, Report Geolog. Survey Canada, pag. 292. Taf. III, Fig. 35, 36. Agelacystida mit starrem Platten-Panzer, dessen polygonale Tafeln nieht imbri- ziren. Theca halbkugelig oder kissenförmig, ihre ventrale Kelchdecke von dem dorsalen Kelche nieht scharf getrennt. Ambulacra spiralig gekrümmt, alle im gleicher Richtung gewunden, weit auf die Dorsalfläche übergreifend. 118 ÖÜRNST HAECKEL [118 Species typica: Edrioeystis Bigsbyi, E. Harcxer. Edrioaster Bigsbyi, BirLings, 15, pag. 82, Pl. VIII, Fig. 1, 2. Agelaerinus Bigsbyi, F. SCHMIDT, 18, pag. 34. Fundort: Unter-Silur von Nord-Amerika (Ottawa). Das Genus Kdriocystis (= Edrioaster) und das nachfolgende, nahe verwandte Genus Mesites können als Vertreter einer besonderen Subfamilie der Agelacystiden betrachtet werden: Edrioeystida. Beide unterscheiden sich von allen übrigen Gattungen der Familie dadurch, dass die fünf Ambulacral-Felder nicht auf die Ven- tralfläche der Theca beschränkt bleiben, sondern nach unten sich verlängern und weit auf die Dorsalfläche hinübergreifen. Sie bahnen hierdurch Verhältnisse an, welche bei den Echinideen ihre höchste Ausbildung erlangen; in der That ist auch Mesites als eime direkte Uebergangstorm von den (ystoideen zu den Eehinideen betrachtet worden (vergl. oben pag. 73). Eine weitere Aehnlichkeit mit den letzteren entsteht dadurch, dass die Theca halbkugelig oder nahezu kugelig emporgewölbt wird; sie gleicht einem Echinideen, der mit dem Apical-Pole aufgewachsen ist und den Mund nach oben kehrt. Die fünf schmalen und langen, bandförmigen Ambulacra werden durch eine Doppelreihe von sehr zahlreichen Ambulacral-Platten gebildet, an deren Seitenrand je eine Gelenktläche zur Insertion einer Pinnulette steht. Die breiten Inter- ambulacral- Felder zwischen Ersteren sind mit sehr zahlreichen und kleinen polv- conalen Tafeln irregulär gepflastert; dieselben tragen Doppel-Poren und sind so fest in einander gefügt, dass die Theca starr und unbeweglich ist, wie bei den meisten Eehinideen. Daher ist die fossile Theca auch gewölbt erhalten, nicht zusammen- gedrückt wie bei den ähnlichen Hemieystiden. Die beiden Genera der Edriocystida unterscheiden sich dadurch, dass die Radien der Ambulacral-Bänder bei Mesites gerade sind, bei Edrioeystis dagegen spiralig gedreht (— alle fünf in gleicher Richtung sekriimmt, wie bei Gomphoeystis und Agelaerinus). Ausser der typischen Species von Canada (Bdrioeystis Bigsbyi) ziehe ich zur Gattung Edrioeystis auch den britischen Agelacrinus Buchianus, FORBEs. (1848, 14, pag. 521, Pl. 23). 21. Genus: Mesites, Horrnann, 1866. Mesites, Horrmans; Verhandl. Mineralog. Ges. Petersburg; II. Ser, Vol. I, pag. 1, Tab. 1. Agelaeystida mit starrem Platten-Panzer, dessen polygonale Tafeln nieht imbri- ziren. Theca halbkugelig oder fast kugelig; ihre ventrale Kelchdecke von dem dor- salen Kelehe nicht scharf getrennt. Ambulaera nieht spiralig gekrümmt, in geraden Meridian-Linien verlaufend, weit auf die Dorsalfläche übergreifend. 119) ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 119 Species typica: Mesites Pusirefiskji. Horemans, 1866. Mesites Pusireffskü, F. Scumivr, 1874, 18, pag. 34, Tab. III, Fig. 10a—d. Mesites Pusireffskü, NEUMAYR, 1859, 8, pag. 420. Mesites Pusireffskii, STEINMANN, 1890, 9, pag. 181, Fig. 176. Fundort: Unter-Silur von Russland. Das Genus Mesites ist dem vorhergehenden Zdriocystis sehr nahe verwandt und unterscheidet sich von ihm hauptsächlich dadurch, dass (die fünf schmalen band- törmigen Ambulacren nicht spiralig gekrümmt sind, sondern in gerader Meridian-Linie vom Oral-Pol bis nahe zur Basis verlaufen, an welcher die halbkugelige oder fast kugelige Theca mittelst eines kurzen Stiels angewachsen ist. Ein weiterer Unterschied könnte im Bau (ler Ambulacren ‚liegen, deren Ambulacral- Fig. 17. Mesites Pusireffskii. Rinnen hier durch mediale Fortsätze der Am- ‘ey: 2; a “le 1 N v = bulacıal- Platten, bedeekt und m; „subtesmi-r 4, u Se a an el SB Un nale Röhren“ verwandelt sind. "Jedoch ist oben, r Subyektoren, s’Insertions Basis, ’a After. C Quer- KON R e ? schnitt durch ein Ambulaerum, t Ambulacral-Platten, deren Deutung schwierig und die Vergleichung e Ambulacral-Kanal (?). mit den „inneren Ambulacral-Kanälen‘“ der Eehinideen zweifelhaft; auch bleibt zu untersuchen, ob nicht die weniger gut kon- servirte Edrioeystis ähnliche Verhältnisse zeigt. Vierte Familie der Üystoideen: Aseocystida, E. Harcrsı, 1895. Ascocystida, E. HAECKEL, Die cambrische Stammgruppe der Echinodermen (50, pag. 10). Taf. IV, Fig. 1—13. Familien-Charakter: Üvystoideen mit pentaradialer, cylindrischer oder fiinfseitig prismatischer Theca. Platten-Panzer aus Längsreihen von zahlreichen Tafeln zusammengesetzt (?). Theca mit horizontaler Hauptaxe, in der Jugend am zuge- spitzten Aboral-Pol durch einen dünnen gegliederten Stiel befestigt, später frei. Mundscheibe abgestutzt, mit emem Kranze von gegliederten Mundarmen umgeben. Von der fünfstrahligen Mundöffnung gehen fünf subtegminale Ambulaeren mit fächer- törmig divergirenden Aesten zu den fünf Arm-Gruppen und setzen sich unter den finf Längskanten der Theca bis zu deren Aboral-Pol fort. 120 Ernst HAECKEL [120 Die Familie der Ascocystiden gründen wir auf die unter-silurische, höchst interessante Gattung Ascocystis, von welcher bisher nur Barranpe eine vortreflliche Darstellung gegeben hat (12, pag. 115, Pl 32, 33) Trotzdem seine zahlreichen klaren Abbildungen und seme ausführliche Beschreibung die auffallenden Eigenthümlich- keiten dieser Cvstoidee sehr deutlich erkennen lassen, ist sie dennoch bisher weder von Palaeontologen noch von Zoologen in ihrer ausserordentlichen Bedeutung gewürdigt worden. Wie man auf den ersten Blick auf Taf. IV, Fig. 1—13 sieht, handelt es sich um em Echinoderm, dessen äussere Form die grösste Aehmlichkeit mit einer regulären Holothurie (2. B. Oueumaria Fig. 18) besitzt. Der langgestreckte Körper ist fünfseitig, am aboralen Ende zugespitzt und kurzgestielt, am oralen Ende Fig. 18. Fig. 19A. Fig. 19B. Cucumaria Planei (nach A. LANG). Psolus ephippifer (nach 'THEEL). Die doppelten Füsschen - Reihen von drei Ambulaeren Fig. 19A. Junges Weibchen, Dorsal-Ansicht. 1 Mundklappen, sind sichtbar. 1 die zwei kleinen Mundtentakeln, 2Mund, 2 After-Klappen. Fig. 19B. Weibehen, Dorsal-Ansicht. 1 Mund- 3 After. Klappen geöftnet, 3 Mundfühler, 4 Kalktafeln des Rücken-Panzers, 2 After-Klappen. abgestutzt und mit einem Tentakel-Kranz umgeben. Die zahlreichen, von BarranpE in den untersten silurischen Schichten (Bande d 2) gesammelten Exemplare seines Ascocystites sind sämmtlich Quartzit-Abgüsse, welche sehr scharf die eigenthümliche Gitter-Struktur der Kapsel-Oberfläche erkennen lassen, sowie die Bildung und zwei- zeilige Gliederung der 25 Brachiolen, welche den Mund in einfachem Kranze umgeben, ebenso auch die pentaradialen Verhältnisse ihres Ursprungs. Dagegen ist die Theca selbst aufgelöst und nur der innere Ausguss ihrer Höhle lässt vermuthen, dass ihre Wand dünn war. Die Deutung der scharf ausgeprägten Bauverhältnisse ist von Barranpe selbst mit wenig Glück, von anderen Palaeontologen noch gar nicht 121] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 121 versucht worden. Mir erschemt sie von höchstem Interesse, sowohl in allgemeiner als in spezieller Hmsicht. Durch sorgfältiges Studium aller von Barkanoe (Pl. 32, 33) gerebenen Figuren (64 an Zahl), sowie durch kritische Benutzung seiner Angaben im Texte, bin ich zu folgender Deutung gelangt: l. Die langgestreckte, emer Holothurie sehr ähnliche Theca von Asco- cystites war nicht starr, sondern dehnbar und beweglich. Die Figuren 23—31 auf Pl. 32 und 6, 19, 25, 27 auf Pl. 33 (l. ce.) zeigen deutlich, dass die muskulöse Körperwand contractil, biegsam und etwas spiralig um die Hauptaxe drehbar war, wie bei vielen lebenden Holothurien. 2. Die Gesammtform der gestreckten Theca war ein fünfseitiges Prisma, dessen Aboral-Pol pyramidal zugespitzt, dessen Oral-Pol abgestutzt war und die fünf- strahlige Mundscheibe trug. Die fünf Kanten des Prisma sind gezähnt und springen scharf vor. Zwar giebt Barraspe an, dass die Form des „verlängerten pyramidalen Sackes“ gewöhnlich sechsseitig, ausnahmsweise auch fünfseitig sei, und er zeichnet alle seine (hypothetischen!) Querschnitte hexagonal (Fig. 4, 10, 24, 28, Pl. 33). Indessen liegt hier offenbar eme irrige Deutung der Seiten-Ansicht vor; denn in Fig. 1—20, Pl. 32 ist nur eine Kante in der Mitte der freien Fläche sichtbar, dagegen in Fig. 21—31 zwei parallele Kanten (ebenso in Fig. 1, 27, Pl. 33). Rechnet man dazu die zwei Kanten der lateralen Profil-Konturen, so ergeben sich fünf longitudinale Kämme; ausserdem lassen die Figuren sämmtlieher Ansiehten der Mundscheibe (Pl. 33, Fig. 2, 3, 7, 12, 13) keinen Zweifel, dass dieselbe subregulär pentaradial war; zudem giebt Barranpe selbst an, dass dieselbe „constamment cing surfaces“ zeige (pag. 117). Die Gesammtform des Körpers von Ascoeystis ist demnach gleich derjenigen einer regulär-fünfstrahligen Holothurie (Pentacta, Oueu- maria). Die grössten Exemplare hatten eine Länge von 80 mm (— ungerechnet den Stiel und die halb so langen Aermehen ! —), einen (uer-Durchmesser von 20 mm. 3. Ascocystis war in der Jugend durch einen aboralen Stiel am Boden befestigt, im reifen Zustande frei beweglich, gleich einigen Aristocystiden, Fungo- eystiden, Comatuliden u. s. w. Diese wichtige Thatsache ergiebt sich unmittelbar aus der Vergleichung der zahlreichen vortrefflichen Abbildungen, welche Barranpe von jungen und von alten Thieren gegeben hat. Die gestielten Jugendformen (Taf. IV, Fig. 1, 2, — die kleinsten nur 12 mm lang, 3 mm breit —) sind im hinteren Drittel pyramidal zugespitzt, und auf der aboralen Spitze der füntseitigen Pyramide erhebt sich ein sehr dünner Stiel, zusammengesetzt aus einer Reihe von kurzen scheibenförmigen Gliedern, am aboralen Ende scharf zugespitzt (Pl. 32, Fig. 14—21). Die grössten Stiele erreichten nur 20—25 mm Länge und an der Basis 1'% mm Dicke. Den erwachsenen freien Reifeformen (Taf. IV, Fig. 3, 4) fehlt jede Spur des Stiels; der Körper ist hier hinten glockenförmig abgerundet (Pl. 32, Fig. 13, 16, 23—31). Uebrigens ist der dünne Stiel im Verhältniss zu dem starken Körper so schwach und am freien Ende so fein zugespitzt, dass er wohl nicht dazu gedient haben kann, Ascocystis am felsigen Meeresboden zu befestigen. Vielmehr dürfte dieselbe damit entweder im Schlamme gesteckt haben, oder sie hat Festschrift für Gegenbaur. 16 123 Ernst HAECKEL [122 ihn als rudimentäres Organ behalten und später ganz verloren; wahrschemlich hat sich Ascoeystis gleich den Holothurien kriechend bewegt, mit horizontaler Haltung der Längsaxe, den Mund mit dem Fühlerkranz vorangchend. 4. Das Dermal-Skelet von Ascocystis, von dem bloss der äussere Abguss in den Quartzit-Abdriicken erhalten ist, zeigt eine höchst eigenthümliche Struktur ; Barraspe selbst betont, dass sie von derjenigen aller übrigen Cystoideen abweiche. Zunächst zerfällt die ganze Oberfläche der Theca durch die fünf vorher erwähnten perradialen Liingskanten in fünf schmale und lange interradiale Felder. In jedem Felde liegt eine einfache oder doppelte (selten dreifache) Längsreihe von sternförmigen Figuren hinter einander. Die Sterne sind meistens ziemlich regelmässig achtstrahlig, seltener sechsstrahlig; die vorspringenden Strahlen entstehen dadurch, dass zwischen den fünf starken perradialen Längskanten schwächere interradiale Rippen verlaufen und durch transversale Parallelkreise, sowie dureh diagonale Balken gekreuzt werden. Vielleicht entspricht jedem hexaradialen oder octoradialen Stern eine Kalkplatte des Skelets (ähnlich wie bei Oroeystis, Mimoeystis und bei vielen Uystoideen). Es ıst aber auch möglich, dass die vorspringenden Strahlen, ähnlich wie bei Oreaster reticulatus und anderen Asterideen, stärkere Balken m dem retikulären Skelet der Lederhaut darstellen. Barranpe hebt hervor, dass er keinerlei Platten- und Tafel- grenzen habe entdecken können. Zirren (7, pag. 150) hat neuerdings Ascocystis zu den ächten Crinoideen gestellt, weil der Tafel-Panzer einiger Glyptocriniden eine äihnliche retikuläre Struktur zeigt (Euerinus, Sagenoerinus, Periechoerinus u. A.; Acer, 13, Tab. 10, 18, 27 ete.). Ich glaube aber, dass diese äussere Aehnlichkeit (— bei dem sonst ganz verschiedenen Körperbau —) auf blosser Konvergenz beruht. 5. Das Peristom von Ascoeystis bildet am abgestutzten Oral-Theile der Theca eine subreguläre pentagonale Scheibe, an welcher fünf perradiale Brachiolen- Biischel mit fünf interradialen Gruben des Mundfeldes alterniren (Pl. 33, Fig. 2, 3, 7, 12, 13, 16). Die fünf Peristom-Gruben sind eiförmig, mit dem breiteren abge- wundeten Ende der Mundspalte zugekehrt; das schmälere Distal-Ende verliert sich zugespitzt zwischen den fünf Armbüscheln. Eine unpaare (dorsale?) Mundgrube ist stets grösser als die vier anderen, welche zwei laterale Paare bilden; im die erstere fällt wahrscheinlich der Hydroporus, vielleicht auch der Gonoporus? Doch ist von diesen Oeffnungen nichts deutlich zu sehen, ebenso auch nicht vom After, der vielleicht am Aboral-Pole lag, wie bei den Holothurien. Die einzige deutlich sichtbare Oetnung ist die fünfstrahlige Mundspalte, von welcher fünf perradiale Rinnen zu den fünf primären Tentakeln gehen. An einigen Personen (Pl. 33, Fig. 13) erscheint der Mund eher dreispaltig, indem ein unpaarer einfacher Radius der grösseren unpaaren Mundgrube gegenüber liegt; die beiden paarigen lateralen Radien theilen sich erst weiter aussen in je zwei Gabeläste (Vergl. pag. 80). Es zeigt sich hier wieder der- selbe Uebergang der triradialen in die pentaradiale Form, wie bei Echinosphaera, Glyptosphaera und vielen Üystoideen. 6. Der Kranz der 25 Brachiolen oder Mundarme (Taf. IV, Fig. 5, 6) zeigt sich in mehreren Personen-Abdrücken von Ascocystis vorzüglich konservirt. 123 ÄMPHORIDEEN UND ÜUYSTOIDEEN. 123 Bisweilen scheinen sie mehr eleichmässig am pentagonalen Rande des Peristoms ver- theilt zu sein (Pl. 33, Fig. 15, 19, 25, 27). Gewöhnlich aber zeigen sie sich deutlich in fünf Gruppen von je fünf Fühlern vertheilt und meistens scheint der mittlere (perradiale oder primäre) Fühler jeder Gruppe bedeutend stärker zu sem als die vier lateralen oder sekundären (Pl. 33, Fig. 7, 8, 15—18). Wir finden hier wieder die wichtige Pentapalmar-Form (Vergl. pag. 100). Die fünf Arme im jedem der fünf Büschel scheinen schon an der Basis zwischen den Peristom-Gruben fächerförmig zu divergiren; sie scheinen mindestens die Hälfte der Körperlänge erreicht zu haben, sind dünn und schlank eylindrisch, zweizeilig gegliedert; die beiden Reihen der Gliederstücke alterniren regelmässig (Pl. 33, Fig. 29). 7. Die fünf Längskanten, welche an dem prismatischen Körper der Ascocystis vom Armkranz bis zum Aboral-Pol verlaufen, springen in allen Abdrücken sehr scharf hervor und scheinen mir den sicheren Beweis zu liefern, dass unter den- selben fünf Subvektoren und unter diesen fünf perradiale Prinzipal- Kanäle, sowie zwischen beiden fünf Prinzipal-Nerven verliefen. Diese fünf scharf ausgeprägten, parallelen Längskämme der Theca, welche hinten an ihrem pyra- midalen Aboral-Theil zusammenkommen, zeigen sicher die Existenz eines regulär- pentaradialen Anthodiums an, und die fünf Ambulacren desselben sind hier ebenso komplet entwickelt, wie bei der Agelacystide Mesites pag. 119; ebenso wie bei regulären Holothurien und Echmideen. ‚Jeder perradiale Kamm besteht aus einer Reihe von zweizähnigen Platten, die 2—5 mm hoch vorspringen, zwischen ihnen scheinen Poren zum Austritt von Thecal-Tentakeln oder Füsschen zu liegen. S. Die Gesammtheit dieser eigenthümlichen Merkmale, durch welche sich Ascocystis weit von allen anderen Uystoideen entfernt, schemt mir den Schluss zu rechtfertigen, den ich schon in meiner „Vorläufigen Mittheilung“ zog (50, pag. 10), dass dieses merkwürdige Eehinoderm „vielleicht keine Cystoidee ist, sondern eine ächte silurische Holothurie, oder auch ein Glied jener uralten Verbindungs-Gruppe, welche von den Cystoideen (— oder direkt von den Amphorideen) zu den Holothurien himüberführte“. Die Anwesenheit emes Stieles bei der jugendlichen Ascocystis kann gegen diese Auffassung keinen Einwand liefern, da wir auch die silurischen Stamm- formen der ächten Holothurien, — gleichwie aller anderen Echinodermen — uns als festsitzend vorstellen müssen; denn nur die Anpassung an die sedentäre Lebens- weise erklärt die Entstehung der Pentaradial-Struktur. Genera der Ascoeystida. Ascocystis drabowiensis BarkAanDE (l. ec.) — bisher die einzige bekannte Gattung dieser Familie — nimmt jedenfalls unter den bekannten Echinodermen eine sehr isolirte Stellung em, gleichviel wie man im Speziellen die Form-Verhältnisse ihrer fossilen, wohl erhaltenen Ueberreste deuten mag. Auf Grund dieser eigenthümlichen Bildung wird jeder Forscher, welcher deren Entstehung und Beziehung zu anderen 16* 124 Ernst HAECKEL [124 Formen phylogenetisch zu erklären versucht, nothwendig zu dem Schlusse geführt, dass dieser isolirte Typus ursprünglich durch eine Kette von unbekannten Zwischen- Formen mit älteren, theilweise bekannten Formen zusammenhing. Diese letzteren können wir entweder unter den Cystoideen oder unter den Amphorideen suchen — und besonders unter derjenigen Gruppe, welche die Stammformen der Holo- thurien enthielt. Von bekannten fossilen Gruppen würden dabei unter den Amphorideen die Palaeocystiden in Frage kommen, unter den Uystoideen die Agelacystiden. Die wichtigen Umbildungen, durch welche aus einer solchen älteren Gruppe, eventuell auch direkt aus Pentactaea-ähnlichen Formen, die Vorfahren der Ascocystis sich allmählich entwickelt haben, würden vor Allem das Ambulacral- System, das Subvektiv-System und das Skelet- System betroffen haben. Die Aus- bildung der fünf subtegminalen Ambulacren, welche unter den fünf perradialen Längskanten der Theca von Ascocystis verliefen, wird dabei ähnlich wie bei den nächst verwandten Holothurien erfolgt sein; die Hauptrolle spielte dabei die centriftugale Wanderung der fünf Primär-Tentakeln vom Oral-Pol nach dem Aboral- Pol, wie sie m der Ontogenese der meisten Anthodiaten sich noch heute palingenetisch wiederholt. Als hypothetische Genera der Ascocystiden, welche mindestens zwei Hauptstufen dieser langen Ahnenreihe bezeichnen, könnten wir provisorisch die beiden Gattungen P’solocystis und Thuriocystis aufstellen, erstere mit zehn Tentakeln und beeinnender Bildung der 'Thecal- Ambulaeren, letztere mit fünfzehn Tentakeln und fortgeschrittener Ausbildung des Anthodium. 22. Genus: Psoloveystis, E. Harcrer (genus hypotheticum). Ascoeystida mit zehn Brachiolen und mit beeinnender Ausbildung der fünf superfizialen Ambulacren (entsprechend dem Decanemal - Stadium der jugendlichen Anthodiaten). Species hypothetica: Psoloeystis deeanema. 23. Genus: Thurioeystis, E. Harerer (genus hypotheticum). Ascocystida mit 15 Brachiolen und mit fortgeschrittener Ausbildung der fünf Ambulaeren, welche von der Oberfläche in die Tiefe wandern, unter Umbildung der superfizialen in subteeminale Subvektoren (entsprechend dem Pentadecal-Stadium der jugendlichen Anthodiaten). Species hypothetica: Thurioeystis pentadecalis. 24. Genus: Ascoeystis, Barranpe, 1887. Ascocrinus, BARRANDE, 1843; 12, pag. 115; ZITTEL, 7, pag. 130. ‚Ascocystites, BARRANDE, 1887, 12, pag. 115, Pl. 32, 33. Ascocystida mit 25 Brachiolen (Pentapalmar-Kranz) und mit vollständiger Aus- bildung der fünf subtegminalen Ambulacren, welche vom Oral-Pol der verlängerten u) 125] AMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 127 Theca bis zum Aboral-Pol gehen. Der eircorale Kranz von 25 Mundfühlern ent- spricht demjenigen, welchen die jugendlichen Anthodiaten im Pentapalmar - Stadium zeieen (verel. page. 97, Fig. 6—11, und page. 100). E 8 8 8 Species typica: Ascocystis drabowiensis, Barrkanne, 1887. Ascocystites dıabowiensis, BARRANDE, 12, pag. 115, Pl. 32, 33. Fundort: Unter-Silur von Böhmen (d 2). Fünfte Familie der Uystoideen: Calloeystida, Brrsarm (Frux), 1895. Callocystida, BERNARD, 1895; 30, pag. 206. Callocystida, ZiTTEL, 1895; 7, pag. 156. Taf. III, Fig. 1—26. Familien-Charakter: Üvstoideen mit radialer, oft zugleich ausgeprägt bilateraler Theca, mit fünf, vier oder zwei Radien. Platten- Panzer aus wenigen (3—4) Zonen von grossen, polygonalen Tafeln zusammengesetzt (13—20, meist 18 oder 19 Kelchtafen). Theca mit vertikaler Hauptaxe, unten am Aboral-Pol durch einen sehr starken Stiel befestigt. Oben „ehen vom Munde zwei bis fünf lange, bisweilen verästelte Ambulacral - Rınnen aus, welche reeelmässie gefiedert und mit Pinnuletten besetzt sind. Freie Arme fehlen. Meistens sind drei Kammrauten vor- handen (selten nur zwei, oder mehr als drei). After excentrisch. Die Familie der Calloeystiden vereinigt in sich Charaktere der Agelaeystiden und der @lyptocystiden; mit den ersteren theilt sie die starke Ausbildung der band- förmigen, regelmässig gefiederten Ambulacren, ohne freie Arme; mit den letzteren die Zusammensetzung der Panzer-Kapsel aus einer germgen Zahl von grossen, poly- gonalen Tafeln; auch sind stets wenige (meistens drei) grosse Kammrauten vorhanden, welche sich durch konstante charakteristische Form und Lage auszeichnen. Man kann die Callocystiden von Agelacystiden ableiten, bei denen die zahlreichen, klemen Panzer-Platten gruppenweise zu grösseren Tafeln verschmolzen sind. Die Theca der Calloeystiden ist ursprünglich eiförmig, birnförmig oder fast kugelig, wie bei der Mehrzahl der Cystoideen ; sie unterliegt aber in einigen Gattungen dieser Familie auffallenden Umbildungen, dadurch bedingt, dass von den ursprünglich ausgebildeten finf Ambulaeren eines oder drei rückgebildet werden. Stets ist die feste Panzerkapsel (— abgesehen vom Skelet der Ambulaeren und der After-Pyramide —) nur aus einer geringen Zahl von grossen, polygonalen Platten zusammengesetzt (13 bis 20). Fast immer sind die 19 Tafeln so in vier horizontale Gürtel alternirend 126 Ernst HAECcKEL [126 vertheilt, dass die Stiel-Insertion von vier Basal-Platten umgeben wird; darüber liegen drei Kränze von je fünf Tafeln. Bei Cystoblastus, welcher zu den Blastoideen hinüber- führt, sind dieselben schon ähnlich wie in dieser Klasse differenzirt. Die Beziehungen der einzelnen Platten zu den Ambulacren und den Kamm-Rauten vererben sich mner- halb der Familie konstant. Die Skulptur der Platten, die meistens eimen sechs- strahligen Rippen-Stern tragen, erinnert besonders an die G/yptocystiden. Der Stiel der Theca ist bei allen Callocystiden sehr stark und von cha- rakteristischer Bildung, gewöhnlich ungefähr ebenso lang oder etwas länger als die Kapsel. Er stellt eine eylindrische Säule dar, welche sich nach unten konisch ver- dünnt, dicht germeelt erscheint und aus sehr zahlreichen, kurzen Gliedern zusammen- gesetzt ist. Oben, wo sich der Stiel an das Aboral-Stück der Theca ansetzt, erreicht sein Durchmesser ein Drittel oder ein Viertel von demjenigen der letzteren. In der unteren Hälfte verschmelzen die kreisrunden Stielelieder oft zu eimer kompakten, konischen Säule; in der oberen Hälfte können sie bisweilen in eimander geschoben werden, gleich den Stücken eines Fernrobrs (ähnlich wie am Schwanze mancher Rotatorien). Das Distal-Ende ist unten meistens zugespitzt. Die Ambulacra der Calloeystiden (— welche auch in dieser Familie oft noch als „angewachsene Arme“ unpassend bezeichnet werden —) sind sehr entwickelt und verhalten sich ursprünglich ähnlich denjenigen der Agelacystiden. Während aber bei diesen die fünf Ambulaeral-Bänder, welche von den fünf Mundecken entspringen, stets sehr regelmässig und gleichartig entwickelt sind, ist das bei den Calloeystiden nicht der Fall. Vielmehr zeigt sich meistens (mit Ausnahme des regulär-pentaradialen Oystoblastus) eine auffallende Neigung zur asymmetrischen oder bilateralen Umbildung des Anthodium. Sie beginnt bei Callocystis damit, dass das unpaare (frontale) Ambu- lacrum schwächer wird als die vier übrigen. Dasselbe geht ganz verloren in der Sub- familie der vierstrahligen Apiocystida. Hier sind die vier Ambulaeren anfänglich noch paarweise gruppirt; das laterale und posterale Paar sind bilateral -symmetrisch ausgebildet bei Apiocystis und Sphaerocystis, asymmetrisch bei Lepadoerinus. Dagegen zeichnet sich Stauroeystis dadurch aus, dass die vier grossen Ambulaeren (und ebenso die vier interradialen Felder zwischen ihnen) völlig gleich werden; die Kapsel nimmt hier die Gestalt eines regelmässig-vierseitigen Prisma an, und somit die regulär vier- strahlige Grundform (bei Echinodermen eine sehr seltene Form). Ebenso ist höchst seltsam die auffallende Gattung Pseudocrinus, bei welcher nur zwei gegenständige Ambulacren zur Ausbildung gelangen und sich in einer Meridian-Ebene gegenüber- stellen (das Iinke laterale und das rechte posterale); man kann diese Form von Lepadoerinus durch Rückbildung der übrigen Ambulaeren ableiten. Die 'Theca erscheint in Folge dessen bei dem zweistrahligen Psendocrimus bilateral - komprimirt, linsenförmig, und die beiden allein vorhandenen Ambulacren bilden zusammen einen vertikalen Gürtel, welcher fast den ganzen Rand der Linse umzieht, bis zum basalen Ansatze des Stiels herab. Auch diese Form steht im ganzen Stamm der Echino- dermen fast einzig da; nur die mandelförmige Amygdalocystis (unter den Fungo- eystiden) zeigt eme ähnliche biradiale Bildung (vergl. pag. 106, Fig. 15). 127] ÄAMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 127 Eine weitere Eigenthümlichkeit mancher Calloeystiden besteht darin, dass ihre bandtörmigen Ambulaeren sich gabeltörmig theilen und wunregehmässig verästeln (Sphaeroeystis und Anthocystis). Wahrschemlich ist diese Ramification durch die be- sonderen Bedingungen der Subveetion oder Nahrungs-Zufuhr veranlasst worden. Das Anthodium der Callocystiden erinnert mehrfach an die Verhältnisse der Fungoeystiden. Auch hier prägt sich auftallend die bilaterale Symmetrie aus, indem das trontale Ambulacrum rudimentär oder anders entwickelt ist als die vier übrigen. Die Struktur der Ambulaeren scheint dieselbe zu sein, wie bei der Ahnen- Gruppe der Ayelacystiden. Die ofttenen, schmalen und langen Ambulacral-Rinnen sind regelmässig gefiedert und von zwei Reihen kleiner, alternirender Saumplättchen eingefasst. ‚Jedes von diesen trägt eine Gelenk-Facette zur Insertion einer zweizeiligen Pinnulette. Ausserdem scheinen die schmalen Ambulacral- Rinnen und deren kurze Seitenäste (die zu den Fingern führten), mit sehr kleinen Deckplättehen bedeckt gewesen zu sein. Sehr sorgfältig hat die bemerkenswerthen Einzelheiten dieser Struktur- Verhältnisse Harn bei Calloeystis und Apioeystis abgebildet (19, Vol. Il, 1852, 1-50, 51). Thecal-Ostien sind bei allen Calloeystiden mindestens vier vorhanden, nämlich 1. die centrale Mundöffnung, 2. der excentrische After und 3. 4. zwei Kamm-Rauten. Gewöhnlich tritt aber dazu noch eine dritte Kamnm-Raute, sowie eine feine Oeffnung rechts am Munde (Gonoporus ?). Der Mund hat in dieser Familie eine wechselnde, von der gewöhnlichen Form abweichende Gestalt, entsprechend der Zahl und Lage der Ambulacral- Rinnen, welche von ihm abgehen. Selten hat der Mund noch die ursprüngliche, regulär fünfeckige oder kreisrunde Gestalt, so bei Cystoblastus. Schon bei Oalloeystis und Anthoeystis wird derselbe irregulär fünfspaltig. Bei allen übrigen Gattungen der Familie ist zugleich mit dem frontalen Ambulaerum auch die vordere Mundecke verschwunden; der Mund erscheint vierlippig oder zweilippie, meistens in Form eines Längsspaltes; von dem vorderen Mundwinkel gehen divergent die beiden lateralen, vom hinteren die beiden posteralen Ambulacral-Rinnen ab. Bei der regulär- vierstrahligen Staurocystis bildet der Mund em reguläres rechtwinkeliges Kreuz. Bei Pseudoerinus endlich liegt der Mund als ein femer Längsspalt oben auf dem Rande der linsenförmigen Theca (gerade gegenüber der basalen Stiel-Insertion) und setzt sich an beiden Enden direkt m die Ambulacral-Rinnen der beiden, alleın vorhandenen Ambulaeren fort. Der After liegt bei allen Calloeystiden excentrisch in der ventralen Mittellinie, in der oberen Hemisphäre der Theca, meistens an der Grenze vom oberen und mittleren Drittel ihrer Höhe. Die kreisrunde After-Oeffnung ist gross und von einer Klappen-Pyramide bedeckt, die aus 5—06 dreieckigen Anal-Plättchen sich zusammen- setzt. Bisweilen ist auch noch ein Ring von klemen (10—12) Periproctal-Plättchen erhalten (Horses, 14, PI- XL Fie. 1; Pl. XI Kig. 67 Hat, 19, Vol. U, Pl. 51, Fig. 13). 128 £ ERNST HAECKEL [128 Kamm-Rauten (Pectinirhombi, „LPectinated rhombs“) sind bei allen Callo- cystiden stark entwickelt, in sehr charakteristischer Zahl, Form und Lage. Gewöhnlich sind deren drei vorhanden, zwei paarige (oben) und eine unpaare (unten am Kelch). Die beiden paarigen können als adanale Kamm-hauten bezeichnet werden, da sie fast immer zu beiden Seiten des Afters liegen. Die dritte, unpaare Kamm-haute (die basal-trontale) liest dem After schräg gegenüber, vorn unten an der Frontal- Seite , eleich über der Stiel-Insertion. Bei den vierstrahligen Apioeystida liegt oben die eine im rechten, die andere im linken Interambulum, und zwar läuft die Rhomben- Axe rechts ungefähr parallel der ventralen Mittellinie, während sie links senkrecht auf derselben steht. Die Rhomben-Axe der unpaaren, basal-frontalen Kamm-Raute nähert sich der horizontalen, ist jedoch etwas schräg von oben und rechts nach unten und links gerichtet. Bei dem zweistrahligen, sehr abweichenden Pseudocrinus liegt die unpaare Basal- Raute unten auf der rechten Seite, der After oben auf der linken Seite der linsen- förmigen T'heca. Bei der füntstrahligen Calloceystis (und Anthocystis) werden allgemein irrthiimlich vier Kamm-Rauten beschrieben; eine aufmerksame Betrachtung der treff lichen Darstellung von Harz (19) ergiebt, dass auch hier nur die gewöhnlichen drei Rauten sich finden; die unpaare basale (irrthünlich in den Figuren 9 und 13, Pl. 50, Nr. 19, für eine „dritte obere Raute“ «ehalten) liegt unten rechts neben der Spitze des Frontal-Ambulacrum. Dagegen scheint (allocystis multipora (— vielleicht als besondere Gattung zu trennen —) ausser den drei gewöhnlichen noch zehn kleine accessorische Poren-Rauten zu besitzen (Biuuiıses, 15, Pl. III). Cystoblastus unterscheidet sich von allen anderen Callocystiden dadurch, dass sie nur zwei schwache „Poren- Rauten“ besitzt; beide liegen symmetrisch zu beiden Seiten der dorsalen Mittellinie, trontal-basal. Bei allen bekannten Callocystiden besteht jeder Peetinirhombus aus zwei symmetrisch gleichen, kammförmigen Hälften, welche zwei benachbarten Kelchplatten angehören und durch deren Verbindungs-Naht getrennt sind; ihre zahlreichen parallelen Kamm-Zähne sind senkrecht zur Naht gerichtet. Wahrscheinlich hatten die Kamm- Rauten die Funktion von Madreporiten. Daneben diente vielleicht noch eme von ihnen zum Austritt der Geschlechts-Produkte. Doch findet sich bei einigen Callo- eystiden noch ausserdem eine feine Oeflnung, die man als Gonoporus deuten könnte, rechts neben dem Munde (Calloeystis, Oystoblastus u. A.). 129] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEREN. 129 System der Callocystida. Subfamilien: Ambulaeren: Theea: Genera: I. Subfamilia: Anthoeystida. 5 Ambulaera regulär, en eiförmig bis kuge- Fünf Ambulacra, gleich, einfach, unge- lig, nur mit 2 basalen | | 1. Oystoblastus gleich oder ungleich | theilt, Mund kreisrund. Kamm-Rauten. (Quer- | (Leuchtenbergi). entwickelt. (Grund- | | schnitt decagonal). or ® ine - “nf | form der Theca e 5 Ambulaera einfach, Theca fünfseitig pyra- | midal oder eiförmig, fünfseitige Pyra- | frontale schwächer). | mit 3—9 oder 13 theilweiseungleich(das 2 = \ 2. Calloeystis mide). | | (Jewetti). Mund fünfspaltig. Kamm-Rauten. (Quer- | schnitt pentagonal). 5 Ambulacra theilweise Theca birnförmig oder ungleich, _ verästelt. eiförmig, mit 3Kamm- 3: Anthoeystis Rauten. (Querschnitt | (Halliana). decagonal). Mund fünfspaltig. II. Subfamilia: | | Apioeystida. 4 Ambulacra einfach, in | Theca vierseitig pyra- | Vier Ambulacra, 2 gleichen Paaren. midal oder eiförmig, | e j gleich oder ungleich Mund ein Längsspalt. mit 3 Kamm-Rauten. | | *- Apioeystis entwickelt. (Das un- | (Querschnittein Recht- | \ (elegans). paare, frontale Am- | eck). | bulaerum ist rückge- ————n 4 Ambulacra gabeltheilig je subglobos, mit 3 | bildet). Grundform der | 5 5. Sphaeroeystis £ ) 2 £ oder verästelt, in 2 Kamm-Rauten. (Quer- Euer E „ Theca eine vier- Em : j | (multifaseiata). gr a Paaren. Mund ein schnitt kreisrund). ; seitige Pyramide. % | Längsspalt. | 4 Ambulacra einfach, (Theca vierseitig pris- kreuzständig, unter | matisch oder fast ku- | : u 6. Stauroeystis sich gleich, regulär. | bisch, mit 3 Kamm- Bauten (Querschnitt (quadrifasetata). ein Quadrat). Mundspalt ein Kreuz. 4 Ambulacra einfach, | Theca bilateral kompri- sehr ungleich und mirt, mit 3 Kamm- 7. Lepadoerinus unregelmässig. Mund- | Rauten. (Querschnitt \ (Gebhardi). spalt ein Kreuz. oval). III. Subfamilia: | | Pseudocrinida. 2 Ambulacra allein ent- | [| Theca linsenförnig bi- | Zwei Ambulacra wickelt, gegenständig, konvex, stark bilateral | 8 Psondoerinns allein vorhanden (drei den Rand der verti- | komprimirt, mit 3 (ifaselale) R : € ö = ifasciatus). rückgebildet). Grund- kalenLinse umfassend. Kamm-Rauten. (Quer- £ form der Theca eine Mund ein Längsspalt. schnitt lanzeolat). bikonvexe Linse. Festschrift für Gegenbanur, 17 130 Ernst HAEcKEL 1130 25. Genus: Cystoblastus, Vorsorrm, 1869. Cystoblastus, VOLBORTH, Jahrb. f. Mineral., 1869, pag. 124. Text-Figur 20, 21, 22. Calloeystida mit fünf eimfachen, gleichen Ambulacren, welche ganz regulär gebaut und von fünf perradialen Gabel-Platten umfasst sind. Theca fast kugelig, mit regulärem Anthodium in der oberen Hemisphäre; (@uerschnitt kreisrund bis decagonal. Kamm-Rauten nur ein Paar (basal-frontal). Species typica: Gystoblastus Leuchtenbergii, Vorsorrn, 1870. COystoblastus Leuchtenbergüi, VOLBORTH, M&m. Acad. Petersb. 1870, Vol. XVI, Fig. 11—16. QUENSTEDT, 1876; 28, pag. 684 und 724; Taf. 113, Fig. 39 und 114, Fig. 98. ARNOLD Lang, 1894; 5, pag. 899 und 974, Fig. 640. Fundort: Unter-Silur von Russland (Vaginaten-Kalk). Das Genus (ystoblastus zeichnet sich vor den übrigen Calloeystiden durch mehrfache auffallende Eigenthümlichkeiten aus. Das pentaradiale Anthodium ist vollkommen regulär. Unter den 18 grossen Tateln der subelobosen Theca zeichnen sich fünf grosse perradiale Gabel-Platten aus, welche die fünf breiten eiförmigen Fig. 20. Fig. 22. Cystoblastus Leuchtenbergii, nach VOLBORTH, Fig. 20. Ansicht von der rechten Seite und etwas von hinten, Fig. 21 von der oberen (oralen) Seite, Fig. 22 von der 0 unteren (aboralen) Seite. 1 Interradiale Platten, 2, 3 Perradiale (fureale) Platten, 4 Mund, 5 Anthodium, 6 Gonoporus, 7 Analseite, 8 After, 9 Basal-Platte, 10 Infrabasal-Platte, 11 basaler Stiel-Ansatz, 12 die beiden basal-frontalen Kamm-Rauten. Ambulaeren in ähnlicher Weise umfassen, wie bei den Blastoideen. Die grosse excentrische After-Oeffnung liegt in halber Höhe der Kapsel. Eine kleine runde Oetfnung, welche in dem Winkel zwischen posteralem und pektoralem Ambulaerum der rechten Seite liegt, ist wahrscheinlich der Gonoporus. Kamm-Rauten sind nur zwei vorhanden; sie liegen frontal-basal, symmetrisch zu beiden Seiten der dorsalen Mittel- linie, gleich über der kreisrunden Insertion des dieken Stieles. Die Median-Ebene, welche die Kapsel in zwei spiegeleleiche Hälften theilt, geht mitten zwischen beiden Kamm-Rauten hindurch, ebenso wie dureh die Mitte des Stieles, des Afters und des -131] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN, 131 Mundes. Cystoblastus steht den Agelacriniden und der Stammform der Calloeystiden näher als die übrigen Gattungen der Familie; sie schliesst sich aber auch anderseits an die ältesten Formen der Blastoideen an (Üodonaster) und wird namentlich wegen der fünf Gabel-Platten als eine Uebergangs-Form zu dieser Klasse betrachtet. 26. Genus: Calloeystis, Harı, 1852. Callocystites, James Harz, 19, Vol. II, pag. 238. Taf. III, Fig. 18—22. Calloeystida mit fünf emfachen, zum Theil ungleichen Ambulacren. Theca füntseitig-pyramidal oder eiförmige; (Wuerschnitt pentagonal. Drei Kamm-Rauten, (zwei paarige adanale und eine unpaare basal-frontale); ausserdem bisweilen noch mehrere (bis zehn) accessorische. Species typica: Callocystis Jewettii, Harz, 1852. Callocystites Jewettii, Harz, 19, Vol. II, pag. 239, Pl. 50, Fig. 12—1S8. Fundort: Ober-Silur von Nord-Amerika (Niagara-Gruppe). Das Genus (alloeystis ist nach meiner Auffassung eines der wichtigsten und ältesten in dieser Familie; ja man darf es geradezu als die Stamm-Gattung derselben auffassen (nur Cystoblastus ist älter und steht ferner). Ich beschränke den Umfang der Gattung auf jene Callocystiden, deren Kapsel ausgesprochen bilateral- asymmetrisch und zugleich pentaradial ist, im Besitze von fünf ungleichen, unge- theilten Ambulacral-Feldern. Als Typus der Gattung betrachte ich jene Form von Callocystis Jewettü, welche Harz (l. c. Pl. 50) m Fig. 12—18 abgebildet hat; dagegen trenne ich die andere Form, mit dichotom verzweigten Ambulacren, als Typus der folgenden Gattung ab: Anthocystis. Auch die Form der Theca ist m beiden Gattungen verschieden. Die Theca von Calloeystis bildet eine finfseitige Pyramide mit abgerundeten Kanten; in der Mitte ihrer pentagonalen Basis inserirt sich ein dicker eylindrischer Stiel, welcher dicht geringelt, länger als die Kapsel und gegen das distale Ende verdünnt ist. Auf der Spitze der Pyramide liegt oben der Mund, von dessen fünf Ecken die langen und schmalen, bandförmigen Ambu- lacren abgehen. Niemals sind alle finf vollkommen gleich und regulär gebildet (wie bei Cystoblastus). Vielmehr ist stets das unpaare (frontale), das dem After gegenüber liegt, schwächer entwickelt und kürzer; oft ist auch das rechte pektorale und das linke posterale Ambulacrum kleiner als die beiden übrigen. Von den drei Kamm-Rauten liegen die beiden paarigen zu beiden Seiten des Afters, in den posteralen Interambeln; die Axe der rechten ist longitudimal, die der linken transversal. Die unpaare basale Kamm-Raute mit schiefer Axe liegt vorn unten im rechten frontalen Interambel. — Nahe verwandt der britischen Art erscheint eine nordamerikanische: 17 132 Ernst HAccKEL 1132. (alloeystis multipora (= Glyptoeystites multiporus, Biruises, 15, pag. 54, Pl. IIND, Zu den gewöhnlichen drei Kamm-Rauten sollen hier noch zehn kleinere accessorische kommen; besonders interessant ist aber, dass hier das unpaare frontale Ambulacrum nur noch als kleines Rudiment vorhanden ist (Uebergang zu Lepadoerinus). 27. Genus: Anthoeystis, E. Hascxer (mov. gen.). Taf. III, Fig. 23, 24. Calloevstida mit fünf Ambulacren, welche zum Theil ungleich und unregel- mässig verästelt oder gabelspaltig sind. Theca eiförmig oder birnförmig, Querschnitt pentagonal. Drei Kamm-Rauten (zwei paarige adanale, und eine unpaare basal- trontale). Species typica: Anthoeystis Halliana, E. Harcxeı.. Callocystites Jewettü, variet. HA, 19, Vol. II, pag. 239, Pl. 50, Fig. 1—11. Fundort: Ober-Silur von Nord-Amerika (Niagara-Gruppe). Das Genus Anthoeystis gründe ich für jene Formen von Calloeystis, welche sich durch Gabeltheilumg oder diehotome Verästelung der Ambulacren von dieser Stamm-Gattung entfernen. Die Theca ist m Folge dieser stärkeren Entfaltung des Anthodium im oberen Theile mehr ausgedehnt (birnförmig oder eiförmig); umgekehrt wie bei Callocystis (mit einfachen Ambulaeren und pyramidaler Kapsel). Gewöhnlich scheint bei Anthocystis das unpaare frontale Ambulacrum einfach und ungetheilt zu sein, während die vier anderen gabeltheilie sind. In dem von Harz abgebildeten Individuum (1. e. Fig. 9) ist auch das rechte posterale Ambulacrum ungetheilt. Die drei Kammrauten verhalten sich wie bei Calloeystis. 28. Genus: Apioeystis, E. Forses, 1848. Apiocyslites, EDWARD FORBES, 14, pag. 501. Taf. III, Fig. 4—9. Calloeystida mit vier emfachen, gleichen Ambulacren, welche paarweise von den beiden Ecken des langen Mundspaltes entspringen. Theca vierseitig-prismatisch oder länglich-eiförmig, mit vier abgerundeten Kanten; (@uerschnitt rechteckig. Drei Kamm-Rauten (zwei paarige adanale und eine unpaare basal-frontale). Species typica: Apiocystis pentremitoides, E. Forses, 1848, Apiocystites pentremitoides, EDwARD ForBEs, 14, pag. 503, Pl. XV. Fundort: Ober-Silur von England (Dudley). Das Genus Apioeystis behalte ich bei für jene Formen der Calloeystiden, bei denen nur vier gleiche und einfache Ambulacra vorhanden sind, welche paar- 133] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 133 weise auf die beiden Antimeren der Kapsel sich vertheilen. Das unpaare Frontal- Ambulacrum (welches schon bei Calloeystis multipora vudimentär wurde) ist hier vanz verloren gegangen. Der Mund bildet bei der britischen Apioeystis pentremitoides einen Längsspalt, von dessen beiden Ecken (vorn und hinten) zwei paarige Ambulaeren abgehen (— in der Figur 4 von Forses (]. c.), welche leicht zu irrthümlicher Auf- fassıng führen könnte, ist der Längsspalt quergestellt —). Sehr genau ist seine E 8 ! Bildung, sowie die ganze Tafelbildung der Kapsel, von Harn. bei der nahe verwandten nordamerikanischen Art dargestellt: Apioeystis elegans (aus dem Ober-Silur von Lock- port; 19, Vol. IL, 1852, pag. 243, Pl. 51, Fig. 1--17). Hier sind auch die fünf Klappen der After-Pyramide sorgfältig abgebildet, sowie die Doppelreihen der klemen Saumplättchen, welche die Ambulacral-Furchen und ihre Fiederäste bedeeken. Die drei Kamm-Rauten verhalten sich wie bei allen vierstrahligen Calloeystiden: Die unpaare basale liegt unten im Frontal-Feld (dem posteralen After diagonal gewen- er ? über); die beiden paarigen liegen in den Lateral-Feldern, rechts und links. 29. Genus: Sphaeroeystis, Harz, 1859. Sphaeroeystites, JAMmEs HALL, 19, Vol. III, pag. 130. Taf. III, Fig. 10—13. Calloeystida mit vier verästelten und theilweise ungleichen Ambulaeren, welche paarweise von den beiden Ecken des langen Mundspaltes entspringen. Theca fast kugelig (oder okta@drisch mit abgerundeten Kanten und Ecken). Querschnitt fast kreisrund. Drei Kamm-Rauten (zwei paarige adanale und eine unpaare basal- tfrontale). Species typica: Sphaeroeystis multifaseiata, Harn, 1859. Sphaerocystites maultifasciatus, Haut, 19, Vol. III, pag. 130, Pl. 7A, Fig. 1—4. Fundort: Unter-Devon von Nord-Amerika (Unter-Helderberg). Das Genus Sphaerocystis unterscheidet sich von der vorhergehenden Stamm- Gattung Apioeystis dureh die grössere Ausdehnung und die unregelmässige Verästelung der vier Ambulaera, welche auch hier paarweise von der vorderen und hinteren Ecke des Mundspaltes entspringen. In der von Harz gegebenen Abbildung finden sich 18 Aeste; von diesen kommen drei auf das rechte laterale, vier auf das linke laterale, fünf auf das rechte posterale und sechs auf das linke posterale Ambulacrum. Hinter der longitudinalen Mundspalte (welehe in der ventralen Mittellinie liegt, findet sich der After; vor derselben eine kleine „dritte Oeffnung“* (Gonoporus). Von den drei Kamm- Rauten liegt die unpaare vorn unten im Frontalfeld; die beiden lateralen zu beiden Seiten der Mundspalte (die rechte mit ihrer Axe derselben parallel, die linke senk- recht darauf‘). 134 Ernst HAECcKEL [134 30. Genus: Stauroeystis, E. ITasereın (mov. gen.). Taf. III, Fig. 1-——3. Calloeystida mit vier einfachen, gleichen Ambulaeren, welche ein reguläres rechtwinkeliges Kreuz bilden und auf den vıer Kelch-Kanten bis zum Stiel-Ansatz hinabwachsen. Theca vierseitig-prismatisch, mit quadratischem Querschnitt. Drei Kamm-Rauten (zwei paarige adanale und eine unpaare basal-frontale). Species typica: Stauroeystis quadrifaseiata, BE. Hascxer. Pseudoerinites quadrifasciatus, E. FORBES, 1848; 14, pag. 498, Pl XIII, Fig. 1—13. Psendoerinus quadrifasciatus, QUENSTEDT, 1876; 28, pag. 680, Tab. 113, Fig. 77, 78. Fundort: Ober-Silur von England (Dudley). Das Genus Staurocystis gründe ich für jene Formen von P’sendoerinites, welche sich durch ihren regelmässig vierstrahligen Bau auffallend auszeichnen. Die Theca bildet ein reguläres vierseitiges Prisma, dessen abgerundete Kanten von den vier breiten und starken Ambulacren eingenommen werden, Diese sind in ihrer ganzen Länge mit zwei Reihen von zweizeiligen Pinnuletten besetzt und bilden oben ein reguläres rechtwinkeliges Kreuz, in dessen Mitte der quadratische Mund liegt. Unten wachsen die Ambulaeren, schmäler werdend, bis zur Basis der Kapsel hinab, wo sie den breiten Ansatz des konischen Stieles berühren. Dieser ist sehr stark, etwas länger als die Theca, dieht geringelt und gegen das aborale Ende zugespitzt. Die vier eiförmigen Interambula sind mit wenigen (6—8) grossen polygonalen Platten belegt; im posteralen liegt oben der After (mit sechsklappiger Pyramide), im fron- talen (unten gegenüber) die unpaare Kammraute; im den beiden lateralen (rechts und links) oben je eine von den paarigen Pectinirhomben. Von Stauroeystis quadri- faseiata unterscheidet sich eine zweite, verwandte Art (Stauroeystis oblonga) durch längeren, mehr eiförmigen Kelch und viel schmälere Ambulaera. (Forges |]. c., pag. 499, Pl. XIV, Fig. 1—14). Vielleicht gehört zu dieser Gattung auch die kugelige, regulär-vierstrahlige Cvstoidee, welche Barranpe als Staurosoma rarım beschrieben hat (12, pag. 81, Pl. 31, II, Fig. 1—16); ferner Tiaroerinus quadri- frons von Lupwıs Scnurtze (1866, Eehinodermen des Eifel - Kalks, page. 114, Taf. XII, Fig. 8). 3l. Genus: Lepadoerinus, Coxkan, 1540. Lepadocerinus (= Lepocrinus vel Lepocrinites), Harz, 1859, Vol, III, pag, 125, Pl. VII. Taf. III, Fig. 14—17. Calloeystida mit vier ungleichen, asymmetrisch entwickelten, einfacheren Armen. Theca stark bilateral-asymmetrisch ; Querschnitt eiförmig. Drei Kamm-Rauten (zwei paarige adanale und eme unpaare basal-frontale.) 135] AMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 155 Species typica: Lepadocrinus Gebhardi, Harı, 1559. Lepoerinites Gebhardi, CoxkAnD, 1840; Ann. Report Pal. New York, pag. 207. Lepadoerinus (@ebhardi, Hau, 1859, 19, Vol III, pag. 127, Pl. VI. Fundort: Unter-Devon von Nord-Amerika (Unter-Helderberg). Das Genus ZLepadoerinus zeichnet sich unter den vierstrahligen Callo- eystiden durch die auffallende Asymmetrie des bilateralen Anthodium und der Theca aus. Die Axe der Kapsel steht schief geneigt, indem ihre Wölbung hinten auf der Anal-Seite unten stärker ist, während gegenüber auf der Frontal-Seite das längste Ambnlaerum eingesenkt ist. Rechts und links ist der asymmetrische Kelch oben komprimirt. Die vier Ambulacra bilden oben ein asymmetrisches Kreuz; das linke pektorale ist viel grösser als die drei anderen und reicht bis zum Stiel-Ansatz herab. Auch das gegenüberliegende (rechte posterale) Ambulacrum ist grösser als die beiden übrigen. Denkt man sich diese letzteren rückgebildet, so erhält man den Uebergang zu Pseudocrinus. Die drei Kamm-Rauten verhalten sich in ihrer Lage sehr ähnlich wie bei Apioeystis. Der starke eylindrische Stiel von Lepadoerinus ist doppelt so lang als die Theca, in der oberen Hälfte dieht germgelt: in der unteren Hälfte sind die Glieder zu emer homogenen Masse verschmolzen. Die schwedische Art (von Gotland), welche Anxserın sehr gut abgebildet hat, ist von der nordamerikanischen als Species zu trennen: Lepadoerinus Angelini (13, pag. 32, Tab. XI, Fig. 29—35; Tab. XIX, Fig. 18—18e). 32. Genus: Pseudoerinus, Prarcr, 1843. Pseudoerinites, PEARCE, 1843; Report of the Dudley Museum. Phacocystis, E. HAECKEL, 1895, 50, pag. 9. Taf. III, Fig. 25, 26. Ualloceystida mit zwei einfachen, gegenständigen Ambulaeren, welche den kreisrunden oder elliptischen Rand der linsenförmigen Theca umfassen. (Querschnitt der bikonvexen Theca lanzeolat. Drei Kamm-Rauten (zwei paarige adanale und eme unpaare basal-frontale). Species typica: Pseudocrinus bifaseiatus, Prarer (1. c.). Pseudocrinites bifasciatus, E. FoRBES, 1848; 14, pag. 496, Pl. XI, Fig. 1—7. Phacocystis bifasciata, E. HAECKEL, 50, pag. 9. Fundort: Ober-Silur von England (Dudley). Das Genus Pseudoerinus beschränke ich hier auf jene Formen von Pseudo- crinites, welche sich durch ihren auftallenden zweistrahligen Bau von allen anderen Uystoideen (-— und von allen Echinodermen überhaupt —) unterscheiden. Es gehören hierher zwei britische Arten aus dem Ober-Silur von Dudley; beide sind so sorg- 136 ERrNsT HAECKEL [136 fältig beschrieben und abgebildet, dass an der Richtigkeit der Darstellung wohl kein Zweifel erlaubt ist. Die bilateral- komprimirte, scheibenartige Theca hat die Form einer bikonvexen, kreisrunden (oder etwas elliptischen) Linse, deren Rand von zwei gegenständigen Ambulacren eingenommen ist; die Linse steht senkrecht auf ihrem Rande. Ein dieker, eylindrischer Stiel, etwas länger als der Durchmesser der Linse, ist am Rande derselben, unten am Aboral-Pol der vertikalen Hauptaxe befestigt. Oben gegenüber, am Oral-Pol befindet sich die kleme Mundöftnung, ein schmaler Spalt, von dessen beiden Ecken die zwei gegenständigen Ambulacral-Rinnen abgehen, von derselben Bildung wie bei Staurocystis. Die Zahl der zweizeiligen Pinnuletten- Paare, welche die beiden Ränder jeder Rinne säumen, beträgt jederseits bei Pseudo- erinus bifasciatus 12—16, bei dem grösseren P’seudocrinus magnifieus 30—34 (ForBes l. e., pag. 497, Pl. XII). Der Panzer wird auf jeder Seite der Linse durch wenige (auf vier Zonen vertheilte) grosse hexagonale Platten gebildet. Auf der einen (linken) Seite der Theca liegt hinten der After, vorm die Imke obere Kamm-Raute; auf der entgegengesetzten (rechten) Seite liegt oben hinten die andere adanale Kamm -Raute, unten vorn die frontal-basale, unpaare Kamm-Raute. Sechste Familie der Cystoideen: Glyptoeystida, E. Haszcxer, 1895. (rlyptocystida, E. HAECKEL, 1895; 50, pag. 10. Caryoerinida, F&Lıx BERNARD, 1895; 30, pag. 205. Caryoerinida, ZITTEL, 1895; 7, pag. 155. Taf. IV, Fig. 14—38, Familien-Charakter: Uystoideen mit radial-bilateraler, oft fast kugeliger Theca (ursprünglich triradial oder pentaradial). Eine ventrale Kelchdecke ist vom dorsalen Kelche durch einen Arm-Gürtel geschieden. Platten- Panzer des Kelches aus wenigen (3—4) Zonen von grossen, polygonalen Tafeln zusammengesetzt (13—20, meist 13 oder 19 Kelchtafeln). Theca mit vertikaler Hauptaxe, unten am Aboral- Pol durch einen starken Stiel befestigt. Oben gehen vom Munde drei oder fünf kurze, verdeckte oder subtegminale Ambulacral-Rinnen aus, mit wenigen kurzen Aesten, an deren Enden freie Arme stehen. After excentrisch. Die Familie der Glyptoeystida (= Caryoerinida) schliesst sich im der Panzer- Täfelung der Theca unmittelbar an die vorhergehenden Calloeystida an, unterscheidet sich aber von ihnen durch den Besitz freier, gegliederter Brachiolen, welche am Ende von kurzen (meist subtegmmalen) Subvektoren stehen. Damit ist zugleich verknüpft die Ausbildung eines Gegensatzes zwischen dem dorsalen Kelch (Hypotheca, Calyx) und der ventralen Kelchdecke (Zpitheca, Epicalyx); beide werden getrennt durch 137] AMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 1: -7T den Kelchgürtel (Thecozona), d. h. den Insertions - Kranz der Aermehen. Hier- durch, sowie durch die bestimmtere Täfelung der 'Theca, schliessen sich die Glypto- evstiden enger an die ächten Crinordeen an; sie unterscheiden sich aber von diesen wieder durch die geringe Entwickelung der Arme und durch die tiefe dorsale Lage des Afters, sowie dessen Klappen-Pyramide. Da eine dritte Kapsel-Oetfnung (— Gono- porus —) bei den Glyptocystiden nicht nachzuweisen ist, lässt sich auch nicht sicher entscheiden, ob sie Monorchonia waren (ächte Cystoideen) oder Pentorchonia (ächte Urinoideen). Vergl. oben pag. 73 und 88. Die beiden Grundzahlen in der radialen Gliederung der Echimodermen, Drei und Fünf, treten auch in dieser hoch entwickelten Cystoideen-Familie noch neben- einander auf; ich vertheile danach die zahlreichen Gattungen derselben auf zwei Subtamilien; die niedere Gruppe der Hexalacystida (mit der Stammform Zemi- cosmites) ist ursprünglich dreistrahlie; dageeen die höhere Subfamilie der Syco- eystida (mit der Urform Syeoeystis) fünfstrahlig. Die Beziehungen der ersteren zu den letzteren sind ähnliche, wie wir sie früher unter den Palaeocystiden zwischen Arachnoecystis und Echinosphaera angetroffen haben. (Vergl. pag. 63 und 67.) Die Theca der Glyptoeystida ist ursprünglich eiförmig, rundlich birnförmig, oder fast kugelig, wie bei der Mehrzahl der Uystoideen. Sie behält diese abeerundete Form bei den meisten Hexalacystida; dagegen wird sie bei den Sycocystida gewöhn- lich stark polvedrisch, indem die gorossen Kelchtafeln aussen nicht mehr konvex gewölbt, sondern abgeplattet sind und ihre Naht-Ränder stark vorspringen. In der Dorsal-Kapsel (Hypotheca) oder dem eigentlichen Kelche (Calyx) ist der Platten- Panzer aus wenigen (13—20) grossen polygonalen Tateln zusammengesetzt (— gewöhn- lich 18 oder 19 —), und diese sind in drei oder vier transversale Zonen geordnet. Bei der Mehrzahl der Glyptoeystiden folgen aufeinander: I. Eine Basal-Zone (B.) mit vier Tafeln (einem Paar kleineren vorderen und einem Paar grösseren hinteren); Il. eine Costal-Zone (Ü.) mit fünf oder sechs grossen Tafeln (sechs bei den triradialen Hexalacystida, fünf bei den pentaradialen Syeoeystida); IH. eine Dorsal-Zone (D.) mit acht, neun oder zehn kleineren Tateln, welche bald in einen, bald m zweı Gürtel geordnet sind. Nun folgt der Kelchgürtel, die Thecozona, welche durch die Insertions-Stellen der Brachiolen gebildet wird; und über diesen, innerhalb des Arm- Kranzes, liegt die Ventral-Kapsel (Epitheca), oder die Kelchdecke (Epiealys). Sie ist meistens von beschränkter Ausdehnung und wird durch eine wechselnde Zahl von kleinen Tafeln gebildet; meistens ist dieselbe sehr schlecht konservirt. Die Grundform der Theca zeigt bei den meisten @lyptocystiden eine eigenthümliche Kombination von triradialer oder pentaradialer Grundlage (— bedingt durch die Arm-Entwickelung —) und von bilateraler Asymmetrie (— bedingt durch die After-Lage und den Stiel-Ansatz —). Die Ungleichheit beider Antimeren ist bei den pentaradialen Sycocystiden auffallender als bei den triradialen Hexalacystiden ; sie tritt um so mehr hervor, je stärker sich unten auf der Ventral-Seite ein grosses Anal-Feld vorwölbt. Die besondere Form und Grösse der emzelnen Kelchplatten ist Festschrift für Gegenbaur. 18 138 Ernst HAECKEL [138 in den Gattungen und Arten der GlIyptoeystiden vielfach verschieden, und wichtig für die Species-Unterscheidung. Die Struktur der Panzer-Platten ist in dieser Familie sehr mannig- faltig; bei den meisten ist eine zierliche Skulptur der Oberfläche gewöhnlich sehr ausgeprägt, wie schon der Name der Familie andeutet; m der Mitte der grösseren Kelchtafeln (mit Ausnahme der vier basalen) erhebt sich gewöhnlich ein Uentral- Hügel, von welchem sechs erhabene Stern-Rippen nach den sechs Ecken ausstrahlen ; oft sind dieselben von zierlichen Körner- oder Tuberkel-Reihen (oder scheinbaren Poren) begleitet. Parallel den Rändern der Tafeln laufen erhabene konzentrische Wachsthums-Linien. Bei Hexalacystis und Echinoeystis tragen die grossen Kelch- tafeln eine Öentral-Warze, auf welcher ein beweglicher Stachel gesessen zu haben scheint. Gewöhnlich werden auch stark entwickelte Poren-Rauten als charakteristisch für alle @lyptocystida betrachtet; dieselben sind aber sehr verschieden entwickelt, . sehr stark z. B. bei Homocystis, während sie bei der kaum davon verschiedenen Mimoeystis ganz fehlen. Bei Caryocrinus sind die Poren-Rauten sehr gut ausgebildet, bei seiner Ahnen-Form Zemicosmites sehr schwach oder gar nicht. Poren-Rauten fehlen auch den beiden Gattungen Uryptoerinus (mit glatten, ganz dichten Tafeln) und Hypoerinus (mit glatten, fein porösen Tafeln). G/yptocystis hat 1D—13 Poren-Rauten, Sycocystis nur drei. Es ergiebt sich schon hieraus, dass diese Bildungen keineswegs die hohe Bedeutung besitzen, die man ihnen bisher zuschrieb (vergl. pag. 22). Der Stiel der Theca ist m den beiden Subfamilien der @lyptocystida sehr verschieden. Bei den trnomalen Hexalacystida ist er meistens sehr dünn und lang, eylindrisch, geringelt, aus gleichartigen dünnen Scheiben zusammengesetzt, welche sich nicht in eimander schieben. Bei den pentanomalen Sycocystida hingegen ist der Stiel meistens dick und kurz (etwa so lang als der Kelch), dieht geringelt, oben eylindrisch, unten konisch zugespitzt; die zahlreichen Stiel-Ringe können in einander geschoben werden, gleich den Röhren eines Teleskops oder den Schwanzeliedern mancher Rotatorien (ähnlich wie bei den Calloeystida). Die Brachiolen oder „Aermchen“, welche sich bei allen Glyptoeystiden aus dem Kelchgürtel erheben, sind meistens sehr dünne gegliederte Fäden, welche bald eimzeilig, bald zweizeilig zu sein scheinen; sie finden sich selten gut erhalten. Aber ihre Insertions-Flächen am Kelch-Gürtel sind stets deutlich nachweisbar und von grösster Wichtigkeit für die Unterscheidung der Genera. In beiden Subtamilien finden sich primäre Gattungen mit der einfachen Tentakel-Zahl: drei bei Femicos- mites, fünf bei Sycoeystis und Echinocystis. Unter den trinomalen Hexalacystiden besitzt Aewalacystis sechs, Enneacystis neun, Caryoerinus zwölf (oder 13) Brachiolen. Unter den pentanomalen Sycocystiden haben drei alte böhmische Gattungen zehn Aermehen (Lichenoeystis, Mimocystis, Homocystis); dagegen besitzt Glyptocystis 25 (im fünf Gruppen zu je fünf) und Palmacystis 30 (m fünf Gruppen zu je sechs). “Diese Zahlen-Differenzen sind desshalb von hoher morphologischer und taxonomischer Bedeutung &, weil sie mit korrelativen Veränderungen in der Tafel-Struktur der 'Theca 139) ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 139 Hand in Hand gehen, und weil sie auf eier gesetzmässigen Multiplikation der ursprünglich einfachen (drei oder fünf) Primär-Tentakeln beruhen. Die Subvektoren oder die perradialen „Ambulacral-Rinnen“, welche von den drei oder fünf Mundecken zu der Basis der Brachiolen gehen, scheinen bei allen (ilyptoeystiden subtegminal zu verlaufen; sie sind aber nur selten deutlich nach- weisbar. Bei //emicosmites, den ich für die älteste Form der ganzen Familie halte, hat sie ‚Jonaxses Mürrer 1854 sehr genau beschrieben (25, pag. 61, Taf. VI, Fig. 4, 5). Die drei „Ambulacral- innen“ erscheinen hier als drei gleiche Kanäle, welche von den drei Ecken des centralen Mundes unter gleichen Winkeln abgeheu und gerad- linie zu den Insertionsflächen der drei Arme verlaufen. Die untere Wand dieser drei Subvektiv-Kanäle wird von den sechs grossen polygonalen Tafeln der Epitheca gebildet, ihre obere Wand dagegen von zahlreichen kleinen irregulär-polvgonalen Plättchen. Wahrschemlich bilden diese „Deckplättchen“ ein geschlossenes Dach über dem Munde und den drei subtegminalen Rinnen, deren Eingang drei Poren an der Ventral-Seite der Arm -Insertion darstellen. Bei den nächst verwandten. von Hemi- cosmites direkt abzuleitenden Hexalacystiden (— früher „Caryoerinus"- Formen —) ist die dreieckige oder sechseckige Epitheca grösser und schon lange als eine gewölbte „Kelchdecke“ beschrieben, welche vollkommen geschlossen ist und nur am Rande eine einzige Oeffnung besitzt, den After (Bucn, 11, Taf. I, Fig. 1; Harz, 19, Vol. II, Pl. 49, Fig. lv, 1x). Die Mitte der getäfelten Decke wird von einer centralen Epistomal-Platte emgenommen und einem Kranze von 6—8 anstossenden Peristomal- Platten; um diesen herum liegt ein äusserer (marginaler) Gürtel von 15—20 kleineren irregulären Plättchen. Dann folgt der Kelchgürtel mit den Insertions-Flächen der (6—13) Arme. Wir miissen annehmen, dass an deren ventraler Seite sich die Subvektiv- Rinne der Arme in geschlossene Subvektoren fortsetzt, welche unter der Kelchdecke zu dem „unterirdischen“ Munde laufen. „Subtegminale Subvektoren“ dieser Art sind wahrschemlich bei allen Glyptoeystida vorhanden gewesen, bei den fintstrahligen Sycocystida ebenso gut wie bei den dreistrahligen Hexalacystida. Wir kennen sie aber bei den meisten nicht sicher, da die Kelchdecke nur selten gut konservirt ist. Ich beziehe auf die Epitheca der Syeocystiden die Aydrophora palmata, welche Barranpe genau abgebildet, aber irrthiimlich auf die Amphorideen-Genera Aristoeystis, Piroeystis und Oraterina bezogen hat (vergl. oben pag. 92). Bei G/yptocystis (pennigera) bilden die 15 peristomalen (oder die fünf dreitheiligen) Tafeln der Kelehdecke nur den unteren Boden des pentaradialen Anthodiums, dessen obere Decke aus den (nicht konservirten) Deck- plättchen zusammengesetzt war. Vom Ende einer jeden der fünf kurzen Ambulacral- Rinnen gingen fünf Aeste an die fünf zweizeiligen Brachiolen, die hier fächerförmig sich erheben (vergl. F. Schumr 18, Taf. I. Fig. 7g, 7 h). Bei Palmacystis, wo die fünf Subvektoren der Hydrophora palmata je sechs divergente Aeste zeigen, waren 30 Brachiolen vorhanden (8, pag. 409, Fig. 108). Theeal-Ostien sind bei den (Glyptocystida stets zwei anzunehmen, der centrale Mund und der excentrische After. Die Mundöffnung ist, wenn die vor- 18* 140 Ersse HAucKEL [140 hergehenden Deutungen richtig sind, allgemem unter der Kelchdecke versteckt gewesen, also subtegeminal, wie bei den Hypascocrinen (8, pag. 461). Die unter- irdischen Subvektoren, welche von ihm direkt zu den Armen führten (drei bei den Hexalacystida, fünf bei den Sycocystida) öffneten sich erst an der Basis der Arme (auf deren Ventral-Seite) und gingen hier in deren offene Armrinnen über. Die Afteröffnung (— früher irrthümlich für den Mund gehalten —) ist stets excentrisch und von ansehnlicher Grösse. Bei /Zemieosmites und bei sämmitlichen (?) Syeoeystiden liegt sie auf der Bauchseite unterhalb des Kelehgürtels, meistens sogar m der unteren Kelchhälfte; bei G/yptocystis findet sich hier eine sehr grosse, schief eiförmige Oeflnung, die wahrschemlich von emer dehnbaren getäfelten After- Decke geschlossen war. Bei den meisten Hexalacystiden hingegen liegt der After weiter oben, gleich unterhalb des Armgürtels, oder sogar etwas über demselben, also auf der Kelchdecke (wie bei den Crinoideen). Die Klappen-Pyramide, welche den After schliesst, ist ansehnlich, meist aus 5—6 triangulären Tafeln zusammengesetzt. System der Glyptocystida. Subfamilien: Brachiolen: | Theca: Genera: I. Subfamilia: Hexalacystida (Caryoerinida). | Theca ursprünglich | | 3 Brachiolen (perradial). | Theca birnförmig oder al Hemicosmites triradial, mit 3(oder | fast kugelig. Gürtel (piriformis). x X 3) Brachiolen. | dreieckig. Stiel der Theca meis- | E a ‘achı p} ra. ay P a0 -pris- | < ala tens lang, und dünn, 6 en \n perra- I ar | 2. Hexalaeystis eylindrisch, aus gleich- nL und interra- | | en Sürtel sechs- (verrucosa). ” Fr @j “ € . I} g. artigen dünnen Schei- | diale) | SCHE ben zusammengesetzt. |9 Brachiolen (3 perra- , | Theca eiförmig. Gürtel [ 3. Enneaeystis y . . | 15 Y > 1 je, | dr (@lyptoeystidatrinoma). diale Paare und 3 | dreieckig | (Buchtana). ; : einfache interradiale). Tafeln des Kelches ge- | > Wen wölbt, ihre Ränder 12 (oder 13) Brachiolen Theca eiförmig oder fast Aeaenmus wenig vorspringend. | (3 _perradiale Paare kugelig. Gürtel kreis- EL yo. N (ornatus). rue und 3 interradiale | rund oder sechseckie. Paare. 141] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN, Subfamilien: II. Subfamilia: Syeoeystida (Uryptoerinida). Theea ursprünglich > pentaradial, mit5 srachiolen: 5 Brachiolen (perradial) | Theea polyedrisch - bila- | (oder x X 5) Brachi- teral, mit 19 Tafeln, olen. Stiel der Theca mit Rippen oder meistens konisch, oben Stacheln. dick, unten dünn; aus zahlreichen Ringen zusammengesetzt, wel- che gleich Teleskop- 5 Brachiolen (perradial) | Theca fast kugelig, glatt, mit 13 Tafeln, ohne 2 ee Ringen seenden Rippen und Stacheln. geschoben werden können. (@lyptoeystida noma). Tafeln des Kelches flach, ihre Ränder stark vor- springend. ‚penta- Hemicosmites, Glyptocystida mit drei LroroLp Buch, 1840, 10 Brachiolen (5 perra- diale alternirend mit 5 interradialen). Theca eylindrisch - poly- prisma- | edrisch oder tisch. 25 Brachiolen (5 perra- diale Armstämme mit je 5 _ fächerförmig divergenten (Ambulacra pal- mala). 30 Brachiolen (5 perra- diale Armstämme mit je 6 _ fächerförmig divergenten Aesten (Ambulaera pal- | mata). Genus: Tarı lv, Aesten | in Karsten’s perradialen Brachiolen. oder fast kugelig, mit dreieckigem Gürtel, gehend. Hypothec: mit 19 polvgonalen Tafeln (4 B, Theea: | IIypotheca ohne Rippen- sterne, mit Stacheln. wenig verschieden, dicht, nicht porös. | C-Tafeln und D-Tafeln [e-r Tafeln porös, viel grösseralsdieD-Tafeln. Tafeln Rippen - Stern, ohne Poren-Rauten. Theca ungestielt, ohne Theca gestielt, Tafeln mit Rippen-Stern, ohne Theca gestielt, Tafeln mit Rippen-Stern, mit Poren-Rauten. teral, stark metrisch, mit einem der gewölbten Bauch- seite. Poren-Rauten, Theca birnförmig - poly- | edrisch (bilateral?) (mit | Kamm-Rauten ?) Fig. 14, 15. Theca Theca polyedrisch, bila- | asym- | grossen Anal-Feld auf Hypotheca mit Rippen- | sternen, ohne Stacheln. | 141 Genera: . Syeoeystis (angulosa). . Echinoeystis (armata). -] Cryptoerinus | (cerasus). . Hypoerinus | (Schneiden). Lichenoeystis | | (prisca). Mimoeystis (bohemica). . Homoeystis (altera). . Glyptoeystis | (pennigera). Palmaeystis | (palmata). Hemicosmites, Lsororn Bucn, 1840. Archiv für Bergbau, Bd. 15, pag. 32, Taf. I. rundlich, birnförmig unten allmählich in den kurzen Stiel über- 620. sechs grossen Platten (drei perradialen und drei interradialen). 9 D). Epitheca mit 142 Ernst HAECKEL 1142 Species typica: Hemicosmites piriformis, Lsoron» Buch, 1840. Hemicosmites piriformis, L. Buck, 1845, 11, pag. 20, Taf. I, Fig. 11, 12. Hemicosmites piriformis, Jom. MÜLLER, 1854, 25, pag. 61, Taf. VI, Fig. 4, 5. Fundort: Unter-Silur von Russland. Das Genus Hemicosmites ist als die älteste und primitivste Form unter den Glyptoeystiden zu betrachten; es ist wahrscheinlich die Stamm-Gattung dieser ganzen Familie, oder doch wenigstens der triradialen Subfamilie: Hexalaeystida. Die übrigen drei Gattungen der letzteren lassen sich alle durch Multiplikation der Arme von der dreiarmigen Hemicosmites ableiten (vergl. oben pag. 138). Anderseits schliesst sich diese Stammform eng an die dreiarmigen Trinemacystida und die trivadialen Fungoeystida an. Sie entfernt sich aber von diesen ältesten Formen durch die geringe Zahl, bedentendere Grösse und bestimmte Anordnung der Panzer-Platten (19 in der Hypo- theca, 6 in der Epitheca, zusammen 25). Darin nähert sie sich — ebenso wie alle anderen @lyptoeystida — den Calloeystida. Die Treimung des dorsalen und ventralen Kapsel-Theiles ist bei Hemicosmites noch nieht so ausgesprochen, wie bei den übrigen Gattungen der Familie; das regulär-trivadiale Anthodium nimmt nur einen beschränkten Raum an dem gewölbten Aktinal-Pol der Theca ein. Die drei kurzen Subvektoren sind mit kleinen Deckplättchen belegt und öffnen sich erst an der Basis der drei Arme in deren ventrale Rinnen. Der After liegt tiefer als bei den übrigen Caryo- eriniden, etwa in halber Kelehhöhe, und ist mit einer Pyramide von fünf oder sechs Klappen bedeckt. . A 34. Genus: Hexalaeystis, E. Hascxer (nov. gen.). Oaryoerinus (et Caryocrinites), AUTORUM, partim! Taf. IV, Fig. 16, 17. Glyptocystida mit sechs Brachiolen (drei perradialen und drei interradialen). Theca hexagonal-prismatisch oder polyedrisch, mit hexagonalem Gürtel, scharf von dem dimnen Stiele abgesetzt. Hypotheca mit 19 polygonalen Tafeln (4 B, 6C, ) D). Epitheca wahrscheinlich mit zwölf Platten (?). Species typica: Hexalacystis verrucosa, E. Harcker, Hemicosmites verrucosus, EıchwAnD, 1860; 17, pag. 636, Tab. 32, Fig. 3a, 3b. Fundort: Unter-Silur von Russland. Das Genus Hexalacystis gründe ich für jene Formen der Caryoerinida, welche sich dureh die Secehszahl der Arme auszeichnen; zu den drei primären, perradialen Brachiolen von Femicosmites sind hier noch drei sekundäre, interradiale Aermehen gekommen, welche mit den ersteren alterniren. In Folge dessen hat auch der Kelch eine ausgeprägt sechsstrahlige Form angenommen, wie sie namentlich 143] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 143 eine untersilurisch-baltische Form sehr deutlich zeigt, die Eıcnwar» unter dem Namen Hemicosmites verrucosa abgebildet hat (17, 1. e.). Der grosse Kelch, ungefähr ein Zoll im Durchmesser, bildet ein regelmässig sechsseitiges Prisma, dessen obere Fläche von der gewölbten Kelchdecke, die untere von der vierseitig pyramidalen Kelchbasis eingenommen wird. Die vier Basal-Tafeln sind glatt; die sechs costalen (unteren) und neun scapularen (oberen) Tafeln der vertikalen Kelchwand tragen einen stark vorspringenden Rippenstern und in dessen Mitte eine starke Warze, die vielleicht den Gelenkhöcker eines Stachels bildete. 35. Genus: Enneacystis, E. Hascren (nov. gen.). Caryoerinus (et Caryoerinites), AUTORUM, partim! Taf. IV, Fig. 18, 19. Glyptoeystida mit neun Brachiolen (drei perradialen Arm-Paaren und drei interradialen einfachen Armen). Theca eiförmig oder umgekehrt birnförmig, etwas dreiseitig, mit dreieckigem Gürtel, scharf von dem dünnen Stiele abgesetzt. Hypo- theca mit 18 polygonalen Tafeln (4 B, 6 C, 3 D). Epitheca mit 30—35 Platten (darunter sechs grössere centrale). Species typica: Enneacystis Buchiana, E. Harcrer. Caryocrinus ornatus, LEOPOLD Buch, 1845; 11, pag. 1, Taf. I, Fig. 1—7; Taf. II, Fig. 1—2. Fundort: Unter-Silur von Russland Das Genus Enneacystis gründe ich für diejenigen, bisher zu Caryoerinus gerechneten Formen, welche sich durch den Besitz von neun Armen auszeichnen (— eine sehr seltene Zahl bei Echinodermen! —). Wir leiten diese neunstrahligen Uaryoeriniden von der vorhergehenden sechsstrahligen Hexwalacystis dadurch ab, dass die drei perradialen Arme sich bis zur Basis herab gabelig theilen, während die drei interradialen einfach bleiben. Die Insertions-Flächen der neun Arme, sowie deren Verhältniss zu den acht Tafeln der Scapular-Zone, lassen über die Richtigkeit dieser Deutung wohl keinen Zweifel. Auch die Ordnung und Form der Kelchtafeln ist dem entsprechend modifizirt. Der After (mit fünfklappiger Pyramide) liegt hier etwas asymmetrisch, links von der ventralen Mittellinie der dreieckigen Kelchdecke, während der benachbarte einfache Arm des analen Interradial-Feldes rechts von derselben liegt. 36. Genus: Caryocrinus, Tnomas Sar, 1825. Caryocrinites, Tuomas Say, Journ. Acad. Nat. Sc. Philadelphia, Vol. IV, pag. 289. Taf. IV, Fig. 20, 21. Glyptocystida mit 12 oder 13 Brachiolen (drei perradialen und drei mter- radıalen Arm-Paaren. sowie meistens noch einem accessorischen Arm). Theca eiförmig 144 ERNST HAECKEL [144 oder fast kugelig, mit kreisrundem oder hexagonalem Gürtel, scharf abgesetzt von dem langen, dünnen, eylindrischen Stiel. Hypotheca mit 18 Tafeln (4 B, 60, SD). Epitheca mit 30—36 Platten (darunter sechs grössere centrale). Species typica: Caryoerinus ornatus, Tuonas Sar, 1825 (l. e. pag. 9). Caryocrinus ornatus, JAMES HALL, 1852; 19, Vol. II, pag. 216—227; Pl. 49, 49a, Fig. 1. Fundort: Ober-Silur von Nord-Amerika (massenhaft bei Lockport). Das Genus Caryocerinus umfasste ursprünglich nur die zwölfarmige Form, welche sich massenhaft im Ober-Silur von Nord-Amerika findet und welche von Tiromas Say schon vor 70 Jahren gut beschrieben wurde. Ich behalte diesen Caryo- erinus ornatus, von dem später Harz (]. ce.) eine sehr sorgfältige Darstellung „ab, als massgebenden Typus dieser Gattung bei. Später wurden auch die verwandten Caryoermiden, welche sechs oder neun Arme tragen, mit dem ächten zwölfarmigen (aryoerinus ornatus vereimigt. Ich finde jedoch bei näherer Vergleichung der vielen sorgfältigen Darstel- lungen, welche wir von diesen Hexalacystiden besitzen, dass die verschiedene Zahl der Arme (— und der entsprechenden Ambulacren! —) sich sehr wohl zur Unterscheidung von vier Gattungen in dieser eigenthümlichen Subfamilie eienet; denn mit der wachsenden Zahl der Arme, die stets ein Multiplum von drei darstellt, ist Fig. 23. Caryocrinus ornatus. auch eine entsprechende Difterenzirung der A Kelch mit Stiel (s) und 2 erhaltenen Armen (br). Platten-Zahl und Ordnung in der The 2a korre- I, II, III, die drei Tafel-Kränze der Dorsal-Kapsel. ee EMS ac Kae a0 p Poren-Rauten, i Insertions-Stellen der Arme, latıiv bedingt; und zwar gilt dies sowohl für SS LEE AyETIIAE Rap oder Le ar den dorsalen Kelch als für die ventrale Kelch- oben gesehen, ce Centrale Bauch - Platte. Ü eine Tafel des zweiten Kranzes von innen, mit den decke, besonders aber für die Gürtelbildune Naht-Kanälen (,,Poren-Rauten oder Hydrospiren‘) A £ 2 NEE zur Aufnahme von Blutgefässen oder Bändern. zwischen beiden. Ich leite demnach Caryocrinus von Hexalacystis dadurch ab, dass die sechs Brachiolen sich an der Basis gabelie theilten. Zu den zwölf Armen, die demnach paarweise auf dem Gürtel vertheilt stehen, kommt gewöhnlich — aber nicht immer! — noch ein accessorischer dreizehnter auf der linken Seite. Dieser iüber- zählige Arm (— ebenso auch bisweilen eine überzählige Kelchplatte auf einer Seite —) hängt wohl mit der asymmetrischen Lage des Afters zusammen (etwas links von der ventralen Mittellinie des bilateralen Panzers). 145] ÄMPHORIDBEN UND ÜUYSTOIDEEN. 145 37T. Genus: Syeoeystis, Leoronn Buen, 1845. Syeocystites, LzoroLp Buch, 11, pag. 21. Echino-Enerinus, HERMANN MEYER, 1826, partim! Gonoerinus, EICHWALD, 1860; 17, pag. 641. Text-Figur 24. Glyptocystida mit fünf perradialen Brachiolen. Theca polyedrisch-eiförmig und zugleich bilateral-asymmetrisch, mit diekem eylindrischen annulaten Stiel. Hypo- theca mit 19 Tafeln (4 B, 5 C, 10 D), welche einen zierlichen Rippenstern tragen, einzelne Poren-Rauten, aber keine Gelenkhöcker für Stacheln. Drei Peetinirhomben. After in der unteren Hemisphäre. Species typica: Sycocystis angulosa, Lrororn Bucn, 1845. Syeocystites angulosus vel Senckenbergii, LEoroLDd BucH, 11, pag. 21, Taf. I, Fig. 15—-19; Taf. II, Fig. 6, 7. Echino-Enerinus angulosus et striatus, HERMANN MEYER; QUENSTEDT, 28, pag. 668 - 675, Tab. 113, Fig. 51—67. Fundort: Unter-Silur von Russland: Pulkowa. Das Genus Sycocystis wurde zuerst von Hermann Meyer (1826 1]. c.), unter dem unpassenden Namen Eehino-Enerinites beschrieben, welcher dann später von Buch in die passendere Bezeichnung Sycocystites umgeändert wurde. Mehrere Arten dieser Gattung kommen im Unter-Silur von Russland vor (vergl. Quenstepr 28, ]. c.). Als maass- eebenden Typus betrachten wir die zuerst beschriebene Art: Syeoeystis angulosa (Bucn, l. e.). Diese und die folgende Gattung Echino- cystis zeichnen sich durch den Besitz von fiinf dinnen Armen aus, welche nahe bei Fig. 24. . es Aare, Syeoeystis granatum, nach VOLBORTH. einander aus den Distal-Enden von fünf per- _. at AR i e 3 { x Fig. A, Theca von der Seite, mit wohl erhaltenen fünf radialen Subvektoren entspringen. Der poly- (- scheinbar sechs —) Armen. a After. Fig. B, Theca . r . » ji von vorn, mit den beiden basal-frontalen Kamm-Rauten edrische Kelch ist stark asymmetrisch gebaut (n, h), s Stiel. Fig. C, Theea von oben, mit dem An- thodium, o Mund. Fig. D, Analyse der Theca (Tafeln aus einander gelegt). I, II, III die drei Tafel- Kränze unteren Hemisphäre auf der vorgewölbten der Hypotheca. e Basal-Kranz, a Alter, h Hytrospiren. Bauchseite. Die dieken Kelchtafeln zeichnen sich durch starke Rippen-Skulptur aus. Es sind drei Kamm-Rauten vorhanden, von und zeigt eine grosse Anal-Oeffnung in der denen zwei basale unten auf der Dorsal-Seite liegen, dem After gegenüber, die dritte oben auf der Ventral-Seite, zwischen Mund und After. Festschrift für Gegenbanur. 19 146 Ersst HAECKEL [146 38. Genus: Echinoeystis, James Harr, 1868. Echinocystites, JAMES HALt, 24, 1868, Report 20. Pl. 12, Fig. 10, 11. Echino-Enerinus, HERMANN MEYER, 1826, partim! Taf. IV, Fig. 31—34. Glyptoeystida mit fünf perradialen Brachiolen. Theca polyedrisch-subglobos und zugleich bilateral-asymmetrisch, mit diünnem, cylindrischen, annulaten Stiel. Hypotheca mit 19 Tafeln (4 B, 5 ©, 10 D), welche keinen Rippen-Stern tragen, aber theilweise Poren-Rauten und je eimen starken centralen Gelenkhöcker zum Ansatz eines Stachels. Zwei Peetinirhomben. After in der oberen Hemisphäre. Species typica: Echinoeystis armata, E. Harcxer. Eehino-Enerinites armatus, EDWARD FORBES, 1848; 14, pag. 507, 509, Pl. XVIII, XIX. Fundort: Unter-Silur von England. Das Genus Echinocystis gründete Harz ursprünglich für eine ober-silurische Uystoidee aus Nordamerika (Eehinoeystis nodosa, 24, 1. e.); doch ist dieselbe sehr unvollständig beschrieben. Zu derselben Gattung gehören wahrscheinlich zwei britische Glyptocystiden, welche Forses als Species von Echino-Enerinus oder Echino- Enerinites sehr genau beschrieben hat (Echinoeystis armata et Echinocystis baccata, 14, 1. e. Pl. 17, 18, 19). Dieselben schliessen sich eng an die vorhergehende Gattung Sycoeystis an und gleichen ihr in der Zusammensetzung der asymmetrisch- polyedrischen Theca, sowie in dem Besitze von fünf perradialen Brachiolen. Aber schon Zırren (29, pag. 422) hat mit Recht hervorgehoben, dass diese beiden britischen Arten sich von den russischen Echino-Enerinus-Arten (Echinoeystis angulosa, striata) durch mehrere wichtige Merkmale unterscheiden, „welche eine generische Trennung rechtfertigen dürften“. Die Kelchtafeln von Echinoeystis besitzen nicht die auffallende Rippen-Struktur von Sycocystis, dafür aber theilweise Gelenk-Höcker, auf denen starke Stacheln sassen (je einer auf jeder der fünf Kostal-Platten). Ferner besitzt Eehinoeystis nur zwei Kamm-Rauten (eine basale unten auf der Dorsal-Seite, und eine adanale, oben auf der Ventral-Seite); auch ihre Struktur ist verschieden von derjenigen bei Sycocystis. Der After liegt bei letzterer in der unteren, bei ersterer in der oberen Hemisphäre des Kelches. 39. Genus: Cryptoerinus, LeoroLp Buch, 1845. Öryptoerinites, L. Buch, 11, pag. 25, Glyptoeystida mit fünf perradialen Brachiolen. Theca fast kugelig, etwas fünfseitig, mit kleiner runder Stiel-Insertion. Hypotheca mit 13 glatten, soliden Tafeln 117] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 147 (3 B, 5 C, 5 D), ohne Rippensterne, Poren-Rauten und Gelenk-Höcker. After im der oberen Hemisphäre. Species typica: Cryptocrinus cerasus, l,isororLn Buch, 1845. Cryptoerinites cerasus, L. BucH, 11, pag. 25, Tab. I, Fig. 13, 14; Tab. II, Fig. 5. Echinosphaerites laevis, PANDER, pag. 147, Tab. II, Fig. 24—26. Fundort: Unter-Silur (Vaginaten-Kalk) von Russland. Das Genus Üryptoerinus und das nachfolgende, nahe verwandte Genus Hrypoerinus zeichnen sich vor den übrigen Glyptoeystiden durch die „eringe Grösse Y =) »PLOCH I =) des Kelches und die geringe Zahl der Hypothecal-Tateln aus; ferner durch die glatte Beschaffenheit der soliden oder fein porösen Panzer-Platten; es fehlen sowohl die l ; Poren-Rauten der beiden vorhergehenden Gattungen, als auch Rippen-Sterne und 8 5 I Panzer-Stacheln. Zırren hat desshalb neuerdings für diese Gattungen eine besondere Familie gegründet: Uryptocrinida (1895, 7, pag. 154). Er zieht dazu auch noch Echinocystis (Harz) und Poroerinus; dieser letztere ist nach meiner Ansicht keine J ) ) Uystoidee, sondern eine ächte Crinoidee; er besitzt ganz dieselbe Zusammensetzung des Kelches wie der Fistulate Poterioerinus und unterscheidet sich von ihm nur durch den Besitz von kleinen „Poren-Rauten‘“ (vergl. oben pag. 23, ferner 29, pae. 420 und 9, pag. 183). Sowohl bei Oryptoerinus als bei Hypoerinus ist die Hypotheca aus 13 Tafeln zusammengesetzt; die drei Basalien umschliessen die kleine kreisrunde Ansatz-Fläche für einen dünnen Stiel. Darüber folgen zwei Zonen von je fünf grossen Seiten-Tafeln; die fünf unteren (sepalaren) sind wenig grösser als die fünf oberen (petalaren). Letztere umschliessen eine sehr kleine pentagonale Kelchdecke, in welcher fünf kurze Subvektoren vom Munde zu den fünf kleinen Insertionsflächen der fünf sehr schwachen Arme führen. 40. Genus: Hypoerinus, E. Bryrtu, 1864. Hypoerinus, E. BeyricH, Abh. Berlin. Acad. 1864, pag. 83, Tab. II, Fig. 16. Glyptocystida mit fünf perradialen Brachiolen. 'Theca fast kugelig, mit klemer runder Stiel-Insertion. Hypotheca mit 13 glatten, porösen Tafeln (3 B, 5 C, 5 D), ohne Rippen-Sterne, Poren-Rauten und Gelenkhöcker. After in der oberen Hemisphäre. Species typica: Hypocrinus Schneideri, E. Brrkıcn. Hwypoerinus Schneideri, E. BEYRIcH, ]. c.; QUENSTEDT, 28, pag. 687. Tab. 113, Fig. 94. Fundort: Kohlenkalk von Timor. Das Genus Hypoerinus zeigt dieselbe Zusammensetzung des kugeligen Kelches und dieselbe glatte Oberfläche wie der vorhergehende Uryptocrinus; es unterscheidet 19* 148 rss HAECKEL [148 sich von diesem dadurch, dass die zehn Seitenplatten des Kelches nicht solid, sondern fein porös sind; ferner sind die fünf unteren, sepalaren Tafeln (C) sehr gross, mehr- mals grösser als die oberen petalaren Tafeln (D); bei Cryptocrinus sind die Platten beider Zonen fast gleich. Die Insertions-Pfannen der fünf Arme, welche oben am Peristom-Rande der fünf perradialen Petalar-Tafeln liegen, sind bei Hypoerinus grösser als bei OUryptocrinus. Der After (mit Klappen-Pyramide) verhält sich in beiden Gattungen gleich und liegt in der oberen Hemisphäre der Theca (zwischen Zone Ü und D). Namentlich dieses Verhaltens wegen stellen wir beide Genera zu den (ysto- ideen; wegen ihrer sonstigen nahen Beziehungen zu einfachsten Urinoideen könnte man sie auch für reduzirte oder verkümmerte Formen dieser Klasse ansehen. 41. Genus: Lichenoeystis, Barkanpe, 1897. Lichenordes (= Lichenocystis) BARRANDE, 12, pag. 183, Pl. 1. Taf. IV, Fig. 22—23. Glyptocvstida mit zehn Brachiolen (fünf perradialen und fünf interradialen). Theca eylindrisch-prismatisch oder fast eiförmige, an der abgerundeten Basis frei, ungestielt. Calyx mit 20 Tateln, je fünf in vier Zonen, ohne Poren-Rauten. Species typica: Lichenocystis prisca, Barkanpe, 1887. Lichenoides priscus, BARRANDE, 12, pag. 183, Pl. 1. Fundort: Mittel-Cambrium von Böhmen, Primordial-Fauna, C©. Das Genus Zichenocystis, welches Barranpe in den ältesten cambrischen Schichten von Böhmen fand, beschrieb er ursprünglich als Lichenoides; da dieser Name bereits verbraucht war, ändern wir ihn im Ziächenoeystis. Diese Gattung ist eine der ältesten bekannten unter allen Ecehinodermen, und in mehrfacher Beziehung von hervorragendem Interesse. Die kleine Theca ist 15 mm hoch, 10 mm breit, im Ganzen eylindrisch oder fast finfseitig-prismatisch, bisweilen mehr eiförmig, oben dieker. Unten ist sie abgerundet, ohne Ansatz-Fläche für emen Stiel; — das erwachsene Thier lebte demnach frei, wenn auch die Jugendform gestielt war. Der Kelch setzt sich aus zwanzig Tafeln zusammen, in vier Zonen zu je fünf Tafeln. In der Mitte der abgerundeten Basis liegen fünf sehr kleine, rundliche Basal- Tafeln. Dann kommen zwei Lateral-Zonen von je fünf grossen, irregulär-polygonalen Tafeln (jede fast doppelt so lang als breit). Oben ist die abgerundete Theca mit fünf klemeren, rundlichen Platten belegt. Zwischen diesen scheinen sich die zehn Arme paarweise zu inseriren; sie sind sehr dünn, fadenförmig, länger als die Kapsel und zweizeilig (?) gegliedert. Poren-Rauten fehlen; dagegen sind die Kelchtafeln am Rande gezähnt-gerippt, und die starken Zähne der benachbarten Platten greifen an den Verbimdungs-Nähten in einander; wenn die Zähne in der Mitte jeder Naht am 149] AMPHORIDEEN UND UYSTOIDEEN. 149 grössten wären und nach beiden Enden derselben abnähmen, würden diese Skulpturen als „Poren-Rauten“ imponiren. Ueber die Oeffnungen der Theca ist leider bei dieser uralten wichtigen CUystoidee nichts Sicheres bekannt. 42. Genus: Mimoeystis, Barkannoe, 1587. Mimoecystites, BARRANDE, 12, pag. 163, Pl. 28, 1. Meaerocystella, CaLLawAy, 1877; Quart. Journ. Geolog. Soc. London, Vol. 33, pag. 669, Pl. 24, Fig. 13. (?) Macrocystella, JOHANNES WALTHER, 1886; Palaeontographica, Bd. 32, pag. 194. Taf. IV, Fig. 28, 29. Glyptoceystida mit zehm Brachiolen (fünf perradialen und fünf interradialen) Theca eylindrisch-prismatisch oder polyedrisch, an der Basis mit einem starken annu- laten Stiel. Calyx mit 15 19 (?) Tafeln, m 3—4 Zonen, ohne Poren - Rauten. Species typica: Mimocystis bohemica, Barkanpe, 1887. Mimocystites bohemicus, BARRANDE, 12, pag. 163, Pl. 28, I, Fig. 1—20. Fundort: Unter-Silur von Böhmen (d2, Trubsko). Das Genus Mimocystis scheint dem vorhergehenden Lichenocystis sehr nahe verwandt zu sein und entbehrt gleich ihm der Poren-Rauten. Es unterscheidet sich von ihm durch den Besitz eines starken geringelten Stieles, der cylindrisch, länger als die Kapsel und gegen das Ende verdünnt ist. Die grossen Kelch- Tafeln tragen einen sechsstrahligen Rippen - Stern, welcher stark vorspringt. In dem dreieckigen Felde zwischen je zwei Rippen treten 1—3 kurze divergente Neben-Rippen vor, welche senkrecht auf den anstossenden Tafel-Nähten stehen. Man kann sie als die ersten Ansätze zur Bildung von „Poren-Rauten“ betrachten (vergl. pag. 22). Macrocystella Mariae (Taf. IV, Fig. 30) hat Unarues Uarvawar (]. c.) eine Glypto- eystide genannt, welche er in dem ober-cambrischen Tremadoc-Gebiet von England auftand (bei Wrekin im South-Shropshire). Seme kurze Beschreibung und kleine Abbildung genügen nicht, um sich daraus ein klares Bild von der Organisation dieser alten Uystoidee zu machen. Mir scheint aber, dass diese Gattung entweder mit Mimocystis oder mit Homoeystis identisch ist; mit ersterer theilt sie die besondere Bildung des Platten-Panzers, mit letzterer die eigenthümliche Bildung des langen Stiels. 43. Genus: Homoeystis, Barranpe, 1887. Homocystites, BARRANDE, 12, pag. 160, Pl. 28, II. Wars lyFBE10926 24. Glyptocystida mit zehn Brachiolen (fünf perradialen und fünf interradialen). Theca eylindrisch-polyedrisch, an der Basis mit einem starken annulaten Stiel. Calyx mit 15—19 (?) Tafeln, in 3—4 Zonen, mit mehreren (5— 10?) Poren-Rauten. 150 Ernst HAECKEL [150 Species typica: Homocystis altera, Barkanne, 1887. Homocystites alter, BARRANDE, 12, pag. 160, Pl. 28, II, Fig. 1—21. Fundort: Unter-Silur von Böbmen (d4), Zahorzan. Das Genus Homocystis hat fast dieselbe Organisation wie das vorhergehende Mimoeystis und unterscheidet sich von ihm wesentlich nur durch den Besitz von Poren-Rauten; es liegen deren mehrere (5—10?) sowohl im oberen als im unteren Theile der Theca. Genaues über ihre Vertheilung, sowie über die Lage der Kelch- Oetinungen ist leider aus den Abbildungen der (stark zerquetschten) Reste nicht zu entnehmen. Die Kelchtafeln tragen auch hier einen sechsstrahligen Rippenstern, wie bei Mimocystis; aber die starken Naht-Rippen, welche bei der letzteren senkrecht über die Nähte fortgehen, fehlen hier den meisten Platten (ausgenommen da, wo sie Poren-Rauten bilden!). / 44. Genus: Glyptoeystis, Birumas, 1858. Glyptocystites, Bırınes, 15, pag. 53, Pl. IV (— non III! —). Ohiroerinus (vel Cheirocrinus), EICHWALD, 17, pag. 646. Taf. IV, Fig. 36-38. Glyptocystida mit 25 Brachiolen, welche in fünf Gruppen von je fünf auf dem Kelchgürtel stehen und von fünf subtegminalen fünftheiligen Ambulacra palmata versehen werden. T'heca bilateral-asymmetrisch, mit einem grossen Anal-Feld auf der gewölbten Bauchseite, Hypotheca mit 20 irregulär-polygonalen Tafenm (4B, 50, 11D). Epitheca mit fünf dreitheiligen Tafeln. Species typica: G@lyptocystis pennigera, Fr. Scnumr, 1874. Chirocrinus penniger, EICHWALD, 17, pag. 646, Tab. 32, Fig. 1. Glyptoeystites penniger, FR. SCHMIDT, 18, pag. 15, Tab. I, Fig. ”7—12; Tab. II, Fig. 1—3. Fundort: Unter-Silur von Russland. Das Genus G/yptocystis wurde von Bıruıses (15, pag. 55) für mehrere, sehr verschiedene Uystoideen aus dem nordamerikanischen Silur gegründet. Sem G/ypto- cystites multiporus gehört zu Callocystis (vergl. oben pag. 132). Dagegen scheint sen Glyptocystites Logani (15, pag. 59, Pl. IV, Fig. 2) sehr nahe verwandt mit dem baltisch-silurischen G/yptocystis penniger, von welchem Fr. Scumpr 1874 eine sehr sorgfältige und ausführliche Darstellung gegeben hat; wir betrachten daher diese letztere Art als maassgebenden Typus der Gattung. Dieselbe zeichnet sich sowohl durch die auffallende bilaterale Asymmetrie des Kelches und der Kelchdecke aus, als durch den Gürtel von 25 zweizeiligen Brachiolen, welche in fünf getrennten Gruppen am Kelchrande stehen. Ihre Vertheilung entspricht ganz derjenigen der 151] AMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDREN. 151 „Hydrophora palmata“, welche Barranpe von einem böhmischen Fragment gut abgebildet hat, aber (— sicher irrthümlich! —) einer unbekannten Art von Pirocystis zuschreibt (12, pag. 41, 172, Pl. 29, Fig. 29—31, non 34!), Vergl. oben pag. 93. Glyptoeystis bleibt permanent auf der bedeutungsvollen Pentapalmar - Stufe stehen, welche viele junge Echinodermen höherer Klassen in der Ontogenese durchlaufen. (Fig. 25.) Auch bei @G/yptocystis werden die fünf Subvektoren wahrscheinlich mit Deckplättehen überdeckt, also „subtegminal“ gewesen sem; umgeben sind dieselben Pentapalmar-Stadium von Asterina gibbosa (nach Lupwig),. A die junge Asteridee, von der Dorsal-Seite, mit dem Reste des eigenthümlichen Larven-Organs, lo. B. Horizontal-Schnitt derselben dicht unter der Mundfläche, oe Oesophagus, lo Interradius des Larven-Organs. 1, 2, 3, 4, 5 die fünf perradialen fünftheiligen Anlagen der Ambulaeren, entstanden als Ausstülpungen des hufeisenförmigen Hydrocoel-Bogens. ax die beiden posteralen Ausbuchtungen des letzteren, die sieh bald zum Hydroeireus schliessen. von fünf dreitheiligen Platten-Gruppen (je einer oralen und zwei axillaren). Der Kelch ist aus 20 irregulär-polvgonalen Tafeln (in vier Zonen) zusammengesetzt, auf welchen gewöhnlich zehn Poren-Rauten asymmetrisch vertheilt sind. Der dicke eylindrische Stiel ist stark geringelt, ungefähr so lang als die Kapsel und am Distal- Ende zugespitzt. Oberhalb seiner Insertion wölbt sich die Bauchseite stark vor und zeigt eine grosse, schief stehende, rundliche Oeffnung, welche wahrscheinlich dureh eine dehnbare, klein getäfelte Afterhaut geschlossen war. 45. Genus: Palmacystis, E. Haercrer, nov. gen. Glyptoeystida mit 30 Brachiolen, welche im fünf Gruppen von je sechs auf dem Kelchgürtel stehen und von fünf subtegminalen sechstheiligen Ambulacra palmata versehen werden. Theca polyedrisch, mit einem grossen Anal-Feld auf der gewölbten Bauchseite (?). Platten-Panzer wahrscheinlich ähnlich Glyptoeystis. 152 Ersst HAECKEL [152 Species typica: Palmacystis palmata, BE. Harcker. MatsıRV,z B102 39,240: Aristocystites indeterminatus, BARRANDE, 12, pag. 41, 104, Pl. 14, Fig. 1-6. Pirocystites desideratus, BARRANDE, 12, pag. 172, Pl. 29, Fig. 33—34 (— non 29 —31)). Craterina bohemica, BARRANDE, 12, Pl. 17, Fig. 7. Hydrophora palmata, BARRANDE, 12, pag. 41; NEUMAYR, 8, pag. 409. Cystidea dubia, BARRANDE, 12, Pl. 14, Fig. 24—33 Fundort: Unter-Silur von Böhmen. Das Genus Palmacystis gründe ich für diejenige Form der Glyptocystiden, welche 30 Brachiolen besitzt, die höchste bisher beobachtete Zahl der Aermehen in dieser Familie. Leider ist diese interessante Gattung, die sich wahrscheinlich von der vorhergehenden Glyptocystis sonst wenig unterscheidet, nur sehr unvollständig bekannt. Ich beziehe auf dieselbe eme Anzahl von unter-silurischen Fragmenten, welche Barranpe (12) vortrefflich abgebildet, aber (nach meiner Ansicht) irrthümlich gedeutet und mehreren verschiedenen Gattungen von Amphorideen und Uystoideen zugetheilt hat. Es sind dies: l. Einzelne grosse hexagonale Kelchtafeln mit granulirter Oberfläche, con- centrischen Wachsthums-Streifen und sechsstrahligem Rippenstern, sehr ähnlich den- jenigen vieler anderer Glyptocystiden (12, Pl 14, Fig. 24—33). — ll. Drei Frag- mente — abgelöste Kelchdecken — mit fünf sechsstrahlisen Hydrophora palmata, welche BarraspE einer unbekannten Arzstocystis zuschreibt (12, Pl. 14, Fig. 1—6). III. Eine emzelne abgelöste Kelchplatte mit einer Hydrophore, welche (—- offenbar zufällig! —) in emen oftenen Kelch von Craterina bohemica hineingerathen ist (12, Pl. 17, Fig. 7). IV. Ein einzelnes Fragment (abgelöste Kelchdecke) mit einem voll- ständigen Kranze von fünf sechsstrahligen Hydrophora palmata, welches emer unbe- kannten Art von Pirocystis zugeschrieben wird (14, Pl. 29, Fig. 32— 34; das andere Fragment, Ibid. Fig. 29—31, auf welchem die fünf subtegminalen Subvektoren fünftheilig sind, ist auf eine unbekannte Art von G/yptocystis zu beziehen ?). Ich habe oben bereits die Gründe entwickelt, wesshalb ich diese isolirten Fragmente auf G/yptocystiden beziehe. (Vergl. pag. 92—94.) Die Organisation und der Kapsel-Bau der drei Genera von Aristocystiden, auf welche Barranne dieselben irrthümlich bezogen hat, smd so verschieden, und von so primitiver Einfachheit, dass ihre Verbindung mit den hoch-organisirten //ydrophora palmata mir unmöglich erscheint (vergl. pag. 48 und Taf. II). Aphor men zur Morphologie und Phylogenie der Echinodermen. =, als die ältesten Echinodermen, ohne Ambulacren — Die Amphorideen liefern in ihrer einfachen Organisation und in ihren primitiven Bildungsstufen den Schlüssel des Verständnisses für die übrigen Klassen dieses Stammes, die Anthodiaten; die ersteren besitzen für die Erkenntniss der letzteren dieselbe hohe Bedeutung, wie die Acranier (Amphioxus) für die Vertebraten, wie die Protracheaten (Peripatus) für die Tracheaten, wie die Promollusken (Amphineura) für die Mollusken. Aber auch die Üystoideen, die zweite Klasse der Echmodermen, besitzen für die Erkenntniss der Organisation und Entwickelung dieses Thier-Stammes einen sehr hohen Werth; denn sie sind die ältesten Anthodiaten und schliessen sich einerseits eng an ihre Amphorideen-Ahnen an, anderseits an die übrigen Anthodiaten, mit denen sie vielfach durch Uebergangsformen verbunden erschemen. Als solche bedeutungsvolle konnektente Zwischen-Gruppen führen uns die Ascoeystiden zu den Holothurien hinüber, die Cystoblastiden (Ualloeystiden) zu den Blastoideen, die Glyptocystiden zu den ÖOrinoideen, die Agelacystiden zu den Pygocinceten; und zwar schliesst sich unter den Asterocystiden wohl Mesites am nächsten an die Echinideen an, dagegen die Hemieystiden an die Ophiureen und Asterideen. Im zweiten Theile meiner „Systematischen Phylogenie‘ habe ich die Anschau- ungen über die Stammesgeschichte der Echinodermen, zu welchen mich die vorstehenden Studien über Amphorideen und Cystoideen geführt haben, ausführlich dargelegt; hier dürfte es zweckmässig sein, ganz kurz die alleemeinen Folgerungen zusammen zu fassen, zu welchen ich dabei über die wichtigsten „phyletischen Bildungs- Stufen“ der einzelnen Organ-Systeme gelangt bin; ich führe nach einander auf: 1. Das Skelet-System, 2. das Tentakel-System, 3. das Coelom-System, 4. das Ambulacral-System, 5. das Subvektiv-System, 6. das Nerven-System und 7. das Genital-System. Festschrift für Gegenbanur. 20 154 Ernst HAEcKEL 1154 1. Phyletische Bildungs-Stufen des Skelet-Systems. Erste Stufe: Lockeres Spieular-Skelet. Im Bindegewebe des Corium werden zahlreiche einzelne miskroskopische Kalk-Stücke (Spieula) abgelagert, ohne bestimmte Anordnung und Verbindung: Die ältesten Amphorideen (Eocystiden) und die grosse Mehrzahl der Holothurien. Zweite Stufe: Inkompletes Placoid-Skelet. Durch gruppenweise Verschmelzung klemer Ralk-Stücke entstehen grössere Kalk-Platten, welche sich theil- weise zu einem irregulären Pflaster zusammenlegen (ähnlich dem Placoid-Kleide vieler Selachier); zwischen den emzelnen Pflaster-Steinen können im dem beweglichen Corium grössere oder kleinere Liicken bleiben: Amphoracystis und andere Amphorideen, auch einzelne Uystoideen und Asterideen. Dritte Stufe: Imbrikates Schuppen-Skelet. Die Kalkplatten werden zahlreich und legen sich mit ihren Rändern dachziegelartig über einander (gleich Fisch-Schuppen); doch bleibt das Teeument dehnbar und beweglich: Einzelne Amphori- deen (Dendrocystida), viele Uystoideen (Femicystida) und einige Holothurien (P’solida); ferner einige Echinideen (palaeozoische Palechiniden und moderne Echinothurien). Vierte Stufe: Bewegliches Tabular-Skelet. Zahlreiche grössere Kalksticke (Stäbe, Platten) ordnen sich regelmässig, entsprechend der Bildung des Anthodium und der Gliederung der Arme; sie verleihen dem Tegument bedeutende Festigkeit, bleiben aber durch Gelenke oder lockere Nähte beweglich verbunden (wenigstens in der Peripherie des Körpers): Viele Amphorideen und Cystoideen, sowie der grösste Theil der Olenaten: Urinoideen, Ophiureen und Asterideen. Fünfte Stufe: Starres irreguläres Kapsular-Skelet. Zahlreiche grosse Kalk-Platten verbinden sich im grössten Theile des Tegumentes durch feste Nähte zur Bildung eimer unbeweglichen Panzer-Kapsel; dehnbar und beweelich bleibt die Hautdecke nur in einem Theile des Anthodiums (mit dem Peristom) und im Anal- Felde: Viele Amphorideen und Cystoideen, die meisten Blastoideen und Echinideen. Ursprünglich zeigt dieser starre Platten-Panzer noch keine Radial- Struktur; diese besinnt erst mit der Ausbildung des pentaradialen Anthodiums. Sechste Stufe: Starres subreguläres Zonar-Skelet. Die festge- fügten Panzer-Platten des irregulären Kapsular-Skelets ordnen sich regelmässig in eine bestimmte Zahl von horizontalen Zonen (Kelch der Blastoideen und vieler Crinoideen), oder von meridianen Platten-Reihen (Hchinideen). Die pentaradiale Zusammensetzung dieser subregulären Panzer-Kapsel ist um so mehr ausgeprägt, je stärker die Entwickelung und Ausbildung des fünfstrahligen Anthodiums ist. Eime gewisse Homologie der Tafel-Kränze besteht zwischen den einzelnen Gruppen einer jeden Klasse, aber nicht zwischen den verschiedenen Klassen der Echinodermen. Das sogenannte „ursprüngliche Echinodermen-Skelet“, welches aus einem Oral-System (5 interradialen Oral-Platten) und einem Apical-System (5 Basalien, 5 Radialien u. s. w.) zusammengesetzt sein, und durch den ganzen Stamm hindurch 155] AÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 155 “\ homolog sein sollte (5, pag. 904—996), ist demmach nichts weniger als ursprünglich; es ist erst spät und polyphyletisch entstanden; die scheinbaren Homologien beruhen auf Konvergenz. Die Tafel-Kränze der Oroeincten und Pygoeineten sind nach meiner Ueberzeugung nicht homolog (4 und 26). Il. Phyletische Bildungs-Stufen des Tentakel-Systems, ürste Stufe: Ein Paar laterale Tentakeln. Die ältesten Amphorideen (die Stammform Amphoraea und die Familie der Anomoeystida) besitzen nur ein Paar symmetrische Mundfühler, deren innerer Hohlraum mit den beiden bilateralen Hydro- coel-Taschen (Nephridien ?) kommunizirt. Bei den skeletarmen Zoeystida blieben die Fühler weich und eontractil, wie bei ihren /elminthen-Ahnen. Bei den gepanzerten Anomocystiden dagegen verwandelten sie sich m gegliederte „Mundarme“ (Urinoideen- ähnlich bei Pleurocystis). Zweite Stufe: Trinemaler Tentakel-Kranz. Zwischen den beiden lateralen Tentakeln entsteht ein dritter unpaarer (frontaler) Mundfühler mit einem entsprechenden Tentakel-Kanal vom Hydrocireus; Gruppe der „triradialen‘ Am- phorideen (Eoeystis, Arachnocystis ete.). Bei den nächstverwandten Citroeystida (Behino- sphaera, Citrocystis) spalten sich die beiden lateralen Tentakeln in zwei Gabeläste, während der frontale einfach bleibt. Dritte Stufe: Pentanemaler Tentakel-Kranz. Der triradiale Fühler- kranz verwandelt sich in den pentaradialen, indem die Gabeltheilung der beiden lateralen Tentakeln bis zur Basis geht; oder auch: zwischen den beiden primären lateralen und dem unpaaren frontalen Tentakel wachsen ein Paar pectorale Mund- fühler hervor, mit entsprechenden Ausläufern des Hydrocireus; die bedeutungsvolle Stufe der pentanemalen Amphorideen: Pentactaea, Palaeoeystis ete. ‚Jetzt ist diejenige phrlogenetische Bildungsstufe erreicht, welche in der Pentactula-Larve der meisten Anthodiaten durch Vererbung wiederholt wird. Vierte Stufe: Polynemaler Tentakel-Kranz. Die Zahl der Mund- fühler wird vermehrt, indem zwischen den fünf Primär- Tentakeln mehrere Sekundär- Tentakel hervorsprossen, oder indem die ersteren sich verästeln und die Basal- Aeste selbstständig werden; so bei den polynemalen Amphorideen und bei den meisten Folo- thurien. Als wichtige Multiplikations-Stufen sind hier besonders zu unterscheiden: das Pentadecal-Stadium (mit 15) und das Pentapalmar-Stadium (mit 25 Ten- takeln; vergl. pag. 63 und 151). Fünfte Stufe: Bildung der Thecal-Tentakeln. Die fünf Primär- Tentakeln entfernen sich centrifugal vom Munde (im Folge von Peristom-Wachsthum) und wandern auf die Ventral-Fläche der Theca hinüber; so entstehen gleichzeitig mit den fünf exodermalen Subvektoren die fiinf entodermalen, unter diesen gelegenen Prinzipal-Kanäle, die perradialen „‚Haupt-Wassergefässe“. Die Bildung derselben beginnt bei den ältesten Cystoideen (— Pomocystiden, Fungoeystiden —) und überträgt 20* 156 ERNST HAECKEL [156 sich von diesen durch Vererbung auf alle Anthodiaten. Bei der grossen Mehrzahl der Anthodiaten wird die Zahl der Theeal-Tentakeln sehr gross, und sie ordnen sich regelmässig in Radial-Reihen. Die ursprünglichen fünf Primär -Tentakeln bleiben meistens am Distal-Ende dieser Reihen als Terminal-Tentakeln bestehen. (Rück- bildung der Thecal-Tentakeln findet sich bei mehreren Holothurien-Gruppen (Bpedata). Sechste Stufe: Bildung der Ambulacral-Füsschen. Während bei den älteren festsitzenden Anthodiaten (Üystoideen, Blastoideen, Crinoideen) die Thecal- Tentakeln den Charakter der ursprünglichen Oral-Tentakeln behalten und als Organe des Tastsinnes, der Respiration und Mandukation dienen, verwandeln sich dieselben später durch Anpassung an freie Ortsbewegung in lokomotorische Saugfüsschen, mit terminaler Saugscheibe (Holothurien, Echinideen, Asterideen). Ill. Phyletische Bildungs-Stufen des Coelom-Systems. Erste Stufe: Aus dem Mitteldarm (Magen) der bilateralen Vermalien-Ahnen (Astrelmmmthen) wachsen ein Paar symmetrische Coelom-Taschen hervor (Gonaden). Bei den ursprünglichen coelenterischen Ahnen kommmnizirten dieselben noch mit dem Darmkanal (wie bei Medusen); bei den späteren Platoden-Ahnen (Turbellarien) hatten sie sich ganz vom Darm abgeschnürt. Zweite Stufe: Die beiden einfachen Coelom-Taschen, welche durch ein Paar Gonoporen nach aussen münden, zerfallen durch eine transversale Striktur in eme vordere Exkretions-Driüse (Nephridium) und eme hintere Geschlechts-Drüse (Gonade). Dritte Stufe: Indem die beiden lateralen Geschlechts-Taschen sich aufblähen und die Produktion der Geschlechtszellen sich auf einen Theil ihrer Wand beschränkt, entstehen ein Paar geräumige Leibeshöhlen, getrennt durch em medianes (dorsales und ventrales) Mesenterium; indem ferner das ventrale Mesenterium resorbirt wird, fliessen sie zu einem einfachen Megacoel zusammen. Vierte Stufe: Die beiden symmetrischen Nephridien erlitten eine sehr ver- schiedene Ausbildung, sobald die Anpassung der frei schwimmenden Astrelminthen- Ahnen an festsitzende Lebensweise erfolgte. Da die Anheftung auf dem Meeresboden mit der rechten Seite der Rickenfläche asymmetrisch erfolgte, wurde das rechte Nephridium rückgebildet (— oder verwandelte sich eine „Klebdrüse“ zur Insertion, ähnlich der „Fussdrüsse“ von Loxosoma etc. —?). Das linke Nephridium dagegen wurde zum Hydrocoel, indem das Exkret desselben (— oder das von aussen aufsenommene Wasser —) in die cireoralen Tentakeln eingetrieben und zu deren Schwellung benutzt wurde (ähnlich wie bei Pleuropygiern). Fünfte Stufe: Sekundäre Differenzirungen des Megacoel bei den Pentorchonien. Während die definitive Leibeshöhle bei den Monorchonien einfach bleibt und keinen Paraxon-Sinus bildet, spalten sich bei den Pentorchonien von ihr verschiedene Sinus und Nebenkammern ab; unter diesen ist der wichtigste der asym- 157] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 157 metrische Paraxon-Sinus, welcher den Steinkanal und die Paraxon-Drüse (Herz, Niere, Axial-Organ) sowohl bei den Orocineten als Pygoeincten eimschliesst. IV. Phyletische Bildungs-Stufen des Ambulacral-Systems. Erste Stufe: Primitives Hydrokanal-System der Amphoralien, der älteren bilateralen Amphorideen. Die Bildung des Ambulacral-Systems beschränkt sich auf ein Paar laterale Hydrocoel-Taschen (früher Nephridien); diese münden nach aussen durch ein Paar dorsale (oder laterale?) Hydroporen und setzen sich nach vorn in die beiden lateralen Mundfühler fort; anfänglich getrennt, verbinden sich beide Hydrocoel-Kanäle später unter dem Schlunde durch eine Quer-Kommissur und bilden einen ventralen (dorsal offenen) „hufeisenförmigen“ Hydrocoel-Bogen (Amphoraea, Anomoeystida ?). Zweite Stufe: Circorales Hydrokanal-System der Amphoronien, der jüngeren, trinemalen und pentanemalen Amphorideen. Indem die frei beweglichen Amphoralien sich mit der rechten Dorsal-Seite festsetzen und die Axotorsion des Peristoms nach Iinks und oben erfolgt, wird das rechte Hydrocoel rickgebildet (oder in eine Klebdrüse zur Insertion verwandelt?); das linke Hydrocoel entwickelt sich stärker und wird zum Steinkanal (H/ydroductus), seine dermale Oeffnung bleibt als Hydroporus bestehen (später Madreporit); indem sich zwischen den beiden primären Tentakeln eim oder mehrere sekundäre entwickeln, erhalten diese entsprechende Tentakel-Kanäle vom Hydrocoel-Bogen. Dritte Stufe: Bildung des Hydrocireus. Mit der stärkeren Ent- wickelung des cireoralen Tentakel-Kranzes (innerhalb der Amphorideen-Klasse) dehnen sich auch die inneren Tentakel-Kanäle aus, sowie der „hufeisenförmige“ Hydrocoel- Bogen, welcher dieselben auf der Bauchseite des Schlundes verbindet; indem die beiden Schenkel dieses Bogens iiber dem Schlund auf der Rückenseite verwachsen und anastomosiren, entsteht der geschlossene „Wassergefäss-Ring“ (Hydrocireus). Vierte Stufe: Prinzipal-Kanäle der Anthodiaten. Indem die fünf Primär-Tentakeln der Pentactaea ihre centrifugale Wanderung nach dem Aboral- Ende der Theca beginnen und an deren Oberfläche die Subvektoren ausbilden, entstehen gleichzeitig unterhalb dieser „Zufuhr-Rinnen“ die sie stets begleitenden perradialen Prinzipal-Kanäle (— die gewöhnlich schlechtweg „Radial-Kanäle“ genannten Hauptröhren des thecalen Hydrokanal-Systems —). Die Seiten- Aeste derselben gehen zu den thecalen Tentakeln oder Füsschen. Fünfte Stufe: Ampullen-Bildungen der vagilen Anthodiaten. Die Ambulaeral-Tentakeln, welche ursprünglich bei den festsitzenden Anthodiaten (Cystoi- deen, Blastoideen, Crinoideen) nur als Organe des Tastsinnes, der Respiration und Mandukation dienten, verwandeln sich bei den frei beweglichen Anthodiaten in loko- motorische Saugfüsschen, und zur Schwellung derselben entwickeln sich innere Ampullen (Holothurien, Echinideen, Asterideen). 158 Ersst HAECcKEL [158 V, Phyletische Bildungs-Stufen des Subvektiv-Systems. Erste Stufe: Circorale Subvektakeln. Die Bildung des Subvektiv- Systems beschränkt sich auf Flimmer-Bänder oder Flimmer-Rinnen an der Ventral- Seite der Mundfühler (oder Mundarme) und deren Aeste; diese Subvektakeln führen direkt die Nahrung dem Munde zu; thecale Subvektoren fehlen noch ganz: Amphoridea. Zweite Stufe: Offene Subvektoren. Indem die Primär-Tentakeln (in Folge von Peristom-Wachsthum) sich vom Munde entfernen und centrifugsal auf die Theca hinüberwandern, entstehen an deren Ventral-Fläche offene Nahrungs- Furchen oder Zufuhr-Rinnen, perradiale Subvektoren: Die meisten Cystoideen und Blastoideen, die Epascocrinen unter den Urinoideen. Bei den letztern, wie bei allen Asterideen, bleiben diese offenen „Ambulacral-Rinnen“ auf die Ventral-Seite beschränkt. Dritte Stufe: Geschlossene Subvektoren: Die offenen Zufuhr-Rinnen werden vom Tegument überwachsen und in geschlossene „subtegminale Ambulacral- Röhren“ oder Epineural-Kanäle verwandelt: Die Glyptoeystiden unter den Cystoideen, die Hypascoerinen unter den Crinoideen, die Holothurien, Behinideen und Ophiurcen der Gegenwart. Vierte Stufe: Ventrale Anthodien: Die offenen Subvektoren verästeln sich und treten in enge Korrelation zu den darunter gelegenen Seitenästen der gefiederten Prinzipal-Kanäle des Ambulacral-Systems; aus dem Ende jedes Seiten- Astes erhebt sich ein T'hecal-Tentakel (bei den sessilen) oder ein Füsschen (bei den ragilen Anthodiaten). Die fünf so entstandenen Ambulacren bilden zusammen das Anthodium oder die „Ambulacral-Rosette“. Dieselbe bleibt auf die Ventral-Seite der Theca beschränkt bei den meisten (ystoideen und Blastoideen, bei allen Crinoideen, Ophrureen und Asterideen. Fünfte Stufe: Komplete Anthodien: Die Ambulaeren bleiben nicht auf die Ventral-Seite des Körpers beschränkt, sondern wandern auf die Dorsal-Seite hinüber, so dass bloss ein kleines Apicalfeld von ihnen frei bleibt; sie umfassen die Theca in Form von fünf Meridian-Bändern. Diese Ausdehnung tritt schon bei eimigen Oystoideen auf (Fungocystiden, Mesites, Calloeystiden, Ascocystiden); ebenso bei einigen Blastoideen (Granatoerinus); sie ist allgemein und vollständig in den beiden Klassen der Eehinideen und Holothurien; unter den letzteren verschwinden jedoch die Anthodien in mehreren Gruppen durch Rückbildung (bei den Paractinoten und Molpadonien). Sechste Stufe: Amphipleure Anthodien: Die fünf Ambulaeren, die ursprünglich gleich und regulär sind, differenziren sich dergestalt, dass sie em bilaterales Trivinm und Bivium bilden: bei den sogenannten „irregulären‘ Holothurien, Blastoideen und Echinideen. Diese amphipleuren Anthodien smd poly- phyletisch, in den drei Klassen unabhängig von einander entstanden; bei den bilateralen Holothurien ist das Trivium ventral, das Bivium dorsal; bei den inregu- 159] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 159 lären Echinideen und Blastoideen hingesen ist das T'rivium frontal, das Bivium posteral; ähnlich auch bei einigen Oystoideen. VI. Phyletische Bildungs-Stufen des Nerven-Systems. ürste Stufe: Bilaterales Nerven-System der Amphoralien. Das Nerven-Centrum bildet anfangs eine dorsale Scheitelplatte (Acroganglion), später einen circoralen Nervenring, welcher um den Mund herum in der Epidermis liegt; von diesem gehen ein Paar laterale Aeste nach vorn an die beiden Tentakeln, ein Paar andere nach hinten an die „Seitenlinien“ der Theca: Amphoraea, Anomocystida. Das Nerven-System hat noch die ursprüngliche bilaterale Bildung der Helminthen-Ahnen (Platodarien, Rotatorien) beibehalten. Zweite Stufe: Circoraler Nerven-Kranz der Amphoronien. Indem zu den beiden lateralen Primär-Tentakeln der Amphoralien noch ein oder mehrere andere hinzu treten, wird auch entsprechend die Zahl der Tentakel-Nerven vermehrt, welche vom circoralen Nervenring an die Mundfühler gehen. Die trinemalen Arachnoeystida (und Eoeystis) haben drei, die pentanemalen Palaeoeystida (und Pentactaea) fünf Fühler-Nerven u. s. w. Dritte Stufe: Superfiziale Ambulacral - Nerven der niederen Anthodiaten. Mit der Entwickelung der thecalen Ambulacren, ihrer Subvektoren und Prinzipal-Kanäle, geht Hand in Hand die Ausbildung der ambulacralen Nerven- stimme, welche vom Mundringe abgehen und perradial in den Median-Linien der Ambulacral-Felder verlaufen. Ursprünglich liegen diese Prinzipal-Nerven ganz oberflächlich in der Epidermis, so wohl bei den meisten C'ystoideen und Blastoideen; ferner bei den Epascocrinen unter den Crinoideen, und bei allen Asterideen. Vierte Stufe: Subtegminale Ambulaeral-Nerven der höheren Anthodiaten. Indem die parallelen Hautränder der offenen Subvektoren sich nähern und verwachsen (— ähnlich den Medullar-Wiülsten der Vertebraten —), ver- wandeln sich die offenen Ambulacral-Rinnen des Anthodiums in geschlossene „Epineural-Kanäle‘; oleichzeitig sinken die perradialen Ambulacral-Nerven, welche oberflächlich in jenen Subvektiv-Rinnen lagen, in die Tiefe und verlaufen nun als subtegmmale Prinzipal-Nerven unter den Epineural-Kanälen (— die G/ypto- eystiden und Ascocystiden unter den Cystoideen, die //ypascoerinen unter den Urmoideen, alle Yolothurien, Echinideen und Ophiureen der Gegenwart. Fünfte Stufe: Apicales Nerven-System der Pentorchonien. Während das ambulacrale oder orale Nerven-System der Monorchonien eine relativ einfache Bildung zeigt und allein den Körper versorgt, tritt zu demselben bei den Pentorchonien noch ein besonderes apicales oder aborales Nerven-System, welches sich aus dem Coelom-Epithel entwickeln soll (?). Dasselbe versorgt die Dorsal-Seite des Körpers (besonders die Gonaden) und scheint ein Uentrum im Paraxon-Komplex zu besitzen. Am stärksten entwickelt ist das apicale Nerven-System bei den Crinoideen, 160 Ernst HAccKEL [160 wo von dem paraxonen Nerven-ÜUentrum fünf starke perradiale Nerven-Stämme in die Axen-Kanäle der Arme gehen und in alle ihre Verästelungen (bis in die letzten Glieder der Pinnulae) emdringen. Vil, Phyletische Bildungs-Stufen des Genital-Systems. Erste Stufe: Monorcehonia: Die drei Klassen der Amphorideen, Holo- thurien und Cystoideen. Es sind nur ein Paar laterale Gonaden vorhanden, welche im Coelom zu beiden Seiten des unpaaren Dorsal-Mesenterium liegen; ihr gemeinsamer Ausführgang (Gonoduetus) ist in diesem eingeschlossen und verläuft nach aussen zum Tegument, wo er sich durch einen einfachen Gonoporus öffnet. (Bei einer Gruppe der Holothurien, den Aspidochiroten, ist meistens nur die linke Gonade entwickelt, die rechte rückgebildet). Zweite Stufe: Uebergang von den Monorchonien zu den Pentor- chonien, bei einem Theile der Oystoideen. In Folge der Ausdehnung der fünf Ambu- lacren und der dadurch veränderten Korrelationen der übrigen Organe zerfällt das einfache Gonaden-Paar in fünf Paare, welche durch einen Genital-Ring an einem Ende des Gonoduetus zusammenhängen; dieser letztere verwandelt sich (durch Arbeitswechsel) in die Paraxon-Drüse, während fünf (oder fünfmal x) neue Gono- poren zur Entleerung der Gonaden entstehen. Zweifach verschieden verhalten sich darin die Orocineten und die Pygoeincten. Dritte Stufe: Pentorchonia orocineta: sessile Pentorchonien, deren Mund nach oben gekehrt ist und deren Gonaden sich hier oben an der Ventral-Fläche entwiekeln. Vom Oral-Pol der Paraxon-Drüse geht ein circoraler Genital-Ring ab, der den Mund umgiebt, und von dem fünf perradiale Stolonen auslaufen. Die Gabeläste der letzteren verhalten sich zweifach verschieden in den beiden Klassen der Pentorchonien; bei den Dlastoideen gehen sie an zehn adradiale, im Kelch gelegene Gonaden, die sich durch zehn ventrale (meist eircorale) Spalten öffnen; bei den Orinoideen dagegen gehen sie aus dem Kelch heraus auf die Ventral-Fläche der freien Arme und ihrer Aeste; baumförmig sich verästelnd, erzeugen die Genital- Stränge erst in den Aesten oder Pinnulae die Geschlechts-Produkte, die direkt nach aussen entleert werden. Vierte Stufe: Pentorchonia pygocineta: vagile Pentorchonien, die auf der Bauchfläche kriechen und deren Mund nach unten gekehrt ist; die Gonaden ent- wickeln sich an der oberen Seite, auf der Dorsal-Fläche Hier liegt am Aboral-Pol ein periproctaler Genital-Ring, von welchem finf interradiale Stolonen abgehen. Diese verhalten sich in den drei Klassen der Pygocincten verschieden: sie gehen bei den Echinideen direkt an fünf interradiale Gonaden, welche sich durch fünf dorsale Genital-Platten öffnen; bei den Ophiureen gehen sie an zehn adradiale Geschlechtsdrüsen, die sich in zehn perigastrale Bursal- Taschen entleeren und durch deren ventrale Bursal-Spalten nach aussen; bei den Asterideen wachsen die fünf Paar interradialen Gonaden in die Arme hinein und öffnen sich in verschiedener Weise. 161] AMPHORIDEEN UND ÜUYSTOIDEEN. 161 Ursprung und Verwandtschaft der Echinodermen. Die allgemeine Ansicht der Zoologen über die Stellung der Eehinodermen im Systeme des Thierreiches geht noch heute, wie vor fünfzig Jahren, dahin, dass diese Hauptgruppe scharf umschrieben und ganz isolirt dasteht, und dass keine Ueber- sangsformen zu anderen Thierstimmen existiren. Neumayr hat dieser herrschenden Auffassung noch neuerdings den schärtsten Ausdruck gegeben, indem er sagte, es gebe nicht ein einziges Vorkommen unter den Eehmodermen, über dessen Stellung in diesem Typus sich nur das geringste Bedenken erheben könnte (8, pag. 350). Die genauere Untersuchung und Vergleichung der Amphorideen hat diese allgemem angenommene Ansicht widerlegt; denn diese älteste Klasse besitzt noch nicht einmal die Ambulacren, deren Ausbildung bisher für den Begritt der Echinodermen unentbehrlich erschien. Bei den Anomocystiden dürfen wir fragen, wesshalb sie eigentlich als Echinodermen betrachtet werden; denn ihr bilateraler Platten-Panzer zeigt keine Spur von radialem Bau, und die mikroskopische Untersuchung desselben hat in den dünnen Panzer-Platten nicht jene charakteristische Gitter-Struktur erkennen lassen, welche sonst allen ächten Echimodermen zukommt (vergl. Woopwarn, 26, pag. 10). Man könnte diese merkwürdigen, CUrustaceen ähnlichen Amphoralien eher für gepanzerte Helminthen halten, aus jener Gruppe der Vermalien, zu welcher auch die hypo- thetischen Wiirmer-Ahnen der Echinodermen nach unserer Ansicht gehört haben. Jonasses Warrmer hat schon vor zehn Jahren auf die hohe Bedeutung hingewiesen, welche die bilaterale unter-silurische Ateloeystis, wenn auch nicht als direkte Stamm- form der pentaradialen Cystoideen und Crinoideen, doch als nahe Verwandte dieser Stamm- form besitzt (21, page. 195). Die Berechtigung dieser Auffassung, welche Neumark bezweifelte (8, pag. 413), wurde durch neuere Funde von cambrischen Placoeystiden (Trochocystis, Mitroeystis ete.) bestätigt. Wir haben keinen Grund für die Annahme, dass diese bilateralen Anomocystiden von pentaradialen Vorfahren abstammen. Wir leiten dieselben vielmehr direkt ab von cambrischen bilateralen Eocystiden, von der Stammform Amphoraea. Die eigenthümliche Pleuroeystis ist die einzige Gattung dieser Familie, welche in der Bildung der geeliederten paarigen Arme und in dem Besitze von drei Paar Kamm-Rauten (?) emige Aehnlichkeit mit anderen Eehmo- (lermen (Glyptocystiden?) besitzt. Dass uns die vergleichende Ontogenie berechtigt, die Echinodermen jedenfalls von niederen Helminthen, von irgend einer älteren Gruppe der „bilateralen wurmartigen Organismen“ abzuleiten, habe ich schon vor dreissig ‚Jahren zu zeigen mich bemüht (3). Nicht nur die äussere Gestalt der bilateralen Larven und ihrer Vibrissen, sondern auch ihr wesentlicher innerer Körperbau sind bei Eehinodermen und Vermalien so ähnlich, dass man sie früher überhaupt nicht unterschieden hatte. Selbst der klar blickende Jonaxses Mürver, der zuerst den ontogenetischen Zusammen- hang zwischen den bilateralen Pluteus-Larven und den pentaradialen Astrozoen der Ophiureen und Echinideen aufdeckte, hielt noch Tornaria für eine ächte Kehimodermen- Larve; ihr Zusammenhang mit den Enteropneusten (Balanoglossıus) wurde erst Festschrift für Gegenbaur. 2] 162 Ernst HAEcKEL [162 viel später entdeckt. Auch Aetinotrocha, die Larve von Phoronis, wurde eimmal zu den Echinodermen gestellt. Trotzdem wollen noch jetzt viele Autoren jene nahe und innige Verwandtschaft nicht anerkennen; so sagen z. B. Korscnerr und Heiner (1890, 43, pag. 306): „Mit der Frage, welcher Art wohl die bilateralen Vorfahren der radıären Stammform gewesen sein mögen, stehen wir vollkommen in der Luft; die Ontogenie giebt keine Antwort auf diese Frage.“ Nach meiner Ansicht können die Dipleurula-Larven der Echinodermen den ächten Vermalien ohne Bedenken angeschlossen werden; die rein bilaterale Körper- forın und der eircorale Flimmerkranz sind in beiden Stämmen dieselben, ebenso der mediane einfache Darm mit den beiden ventralen Oeffnungen, dem vorderen Mund und dem hinteren After. Neuerdings ıst sogar bei einzelnen Astrolarven von Semox u. A. ein primäres Nerven-System gefunden worden, welches ganz demjenigen mancher Wiürmer-Larven gleicht: eine Scheitel-Platte (Acroganglion) und ein Paar laterale Nervenstämme. Welcher Unterschied besteht überhaupt zwischen den einfachsten Formen der Astrolarven (Scaphularia, Aurieularia) und den mesotrochen Larven mancher Würmer (Chaetopteriden, Capitelliden) ? Die wesentliche Uebereinstimmung der Organisation m den bilateralen Dipleu- rula-Larven der Echmodermen und den ähnlichen Larven vieler Vermalien berechtigt uns aber nicht nur, die ersteren von einem Zweige der letzteren abzuleiten, sondern auch über den Körperbau einer gemeinsamen älteren Ahnen-Form beider Gruppen uns bestimmte Vorstellungen zu machen. Als solche betrachte ich vor Allen die Klasse der Rotatorien. Mit demselben Rechte, mit welchem viele neuere Zoologen die Trochophora-Larven von Helminthen und Anneliden, die Veliger-Larven von Mollusken u. s. w. als palingenetische Schattenbilder von uralten Räderthier- Ahnen dieser Gruppen ansehen, mit demselben Rechte betrachten wir als solche die Dipleurula- Larven der Echmodermen. Ecehinodermen und Rotatorien. Als charakterıstische Merkmale der Organisation, welche den Dipleurula-Larven der Echmodermen und den heutigen Rotatorien (— als verkiimmerten Ueberresten ihrer Trochozoen-Ahnen —) gememsam sind, betrachte ich folgende: 1. Die bilateral-symmetrische Körperform, 2. die eircorale Flimmerschnur (Vibrissa), 3. den dreitheiligen Darm mit Mund und After, 4. das primitive Nerven-System (Scheitel-Platte). Dazu kommen noch bei emzelnen Rotatorien besondere Bildungen, welche auffallende Aehnlichkeit (— wenn auch nur durch Konvergenz —) mit entsprechenden Oreanen mancher Astrolarven besitzen. Das 3 | 8 Räder-Organ von Noteus quadricornis (Tat. V, Fig. 9), dessen getäfelter Rücken- Panzer an denjenigen der Anomocystiden erinnert (Taf. Il, Fig. 1—16), ist in drei Wimper-Lappen gespalten, einen unpaaren frontalen und zwei paarige laterale; ihre Lage gleicht derjenigen der drei Mundfühler von Zoeystis (Taf. V, Fig. 11) und von trnemalen Palaeoeystiden (Arachnoeystis, Tat. I, Fig. 1). Stephanoceros Eiehhornii hat sogar einen eircoralen Kranz von fünf langen wimpernden Tentakeln, wie wir ihn bei Pentactaea voraussetzen (Taf. V, Fig. 12) und bei Palaeoeystis weiter entwickelt finden (Taf. I, Fig. 5). Diese pentanemalen, sowie viele andere Rotatorien 163] ÄMPHORIDEEN UND UYSTOIDEEN. 163 tragen hinten einen Schwanz-Anhang, der zur zeitweiligen oder bleibenden Anheftung dienen kann, wie bei vielen Amphorideen und Cystoideen. Hier und dort findet sich sogar oft die gleiche eigenthümliche Einrichtung, dass die emzelnen Rhöhren-Stücke des gegliederten Schwanzes in einander geschoben werden können, gleich den Stücken eines Fernrohrs, so bei Oalloeystiden, Glyptocystiden u. A. (vergl. Taf. III, Fig. 1—26). Echinodermen und Bryozoen. Nächst den Rotatorien sind es gewisse, diesen nahe verwandte Bryozoen, bei denen wir morphologische Beziehungen zu Astrolarven finden, und zwar besonders zu der festsitzenden Pentactula-Larve. Namentlich scheint mir ZLoxwosoma singulare, mit einem Kranze von zehn eircoralen Tentakeln, und einer schieten Mundscheibe, von Interesse für die Veränderungen, welche eine bilaterale Vermalien-Form durch Anpassung an festsitzende Lebensweise erfährt (Taf. V, Fie. 15). Die hohlen, aussen und innen fimmernden Tentakeln werden allerdings bei den Dryozoen direkt vom Coelom aus mit Lymphe gefüllt, bei den Amphorideen dagegen vom Hydrocircus aus; allein auch der letztere führt seinen Ursprung auf das Coelom zurück. Noch näher als diese Bryozoa endoprocta (Loxosoma, Pedicellina) scheinen den Echinodermen die Pterobranchia zu stehen: Cephalodisceus, Rhabdopleura (5. pag. 1191-1197). Die eigenthümlichen Coelom- Bildungen derselben sind besonders wichtig. Der sagittale Längsschnitt durch Cephalo- discus (5, pag. 1195, Fig. 851) entspricht im Ganzen dem hypothetischen Bilde, das wir uns von dem Median-Schnitt einer Amphoridee machen können. Auf der nach oben gekehrten Ventral-Fläche liegen dieht hinter einander vier Oeffnungen : l. der Mund, umgeben von einem Tentakel-Kranz, 2. die „Eichelpforte*, «die äussere Oetfnung des Eichel-Coeloms, 3. der Gonoporus, 4. der After. Wenn wir das unpaare „BEichel-Coelom“* (— welches demjenigen von Balanoglossus homologisirt wird —) mit dem Hydrocoel der Amphorideen, und seine Oeffnung, die Eichelpforte, mit dem Hydroporus der letzteren vergleichen, ist die Lage der vier Ostien dieselbe wie bei Aristoeystis (Taf. Il, Fig. 17, 15). Da anderseits Cephalodiscus und BRhabdo- pleura auch den Enteropneusten nahe zu stehen schemen, und diese wiederum den Ascidien, so kann man diese vereinzelten Ueberreste uralter Helminthen-Stämme als abgerissene Aestchen eines mächtigen und vielverzweigten Baumes betrachten, aus welchem zwei divergente Hauptstiämme hervorgingen, einerseits die Echinodermen (Ampbhorideen), anderseits die Chordonien (Tunicaten und Vertebraten). Echinodermen und Chordonien. Die entfernte Verwandtschaft zwischen den Sternthieren und den scheinbar ganz verschiedenen Chordathieren wird nicht allen durch die eben erwähnten Beziehungen beider Stämme zu den Entero- pneusten angedeutet, sondern auch durch andere Uebereinstimmungen; und zwar eilt dies für beide Hauptgeruppen der Chordonien, für die Mantelthiere und die Wirbelthiere. Unter den Tunicaten sind es die Ascidien, welche beim Uebergange von der frei schwimmenden zur festsitzenden Lebensweise ganz ähnliche Umbildungen erfahren, wie die Amphorideen und Cystoideen. Hier wie dort liegen die beiden Darm- Oetfnimgen bei der planktonischen Larve weit entfernt unten auf der Bauchseite, bei dem benthonischen sessilen Reifethier dagegen nahe bei einander auf dem Scheitel. 21” 164 Ernst HAECKEL System der Echinodermen. Charakter der Sub- klassen. Cladome., Klassen. I. Cladom: Monorchonia 1. Amphoridea. Theea bilateral, frei, dorso- (Noneineta). Anthodium fehlt ganz. ventral differenzirt. Gonaden einfach (ein Paar), mit unpaarem dorsalen Gonoduetus. 2, Holothurea. Paraxon-Drüse, Genital- Sinus und Genital- Ambulaeren und Sub- '\Theca monaxon, sessil, nicht | vektoren fehlen. dorso-ventral differenzirt. | Orale Tentakel-Kanäle aus dem Hydrocireus. Anthodium komplet. Kein Platten-Panzer. Subvek- Orale Tentakel-Kanäle aus Stolonen fehlen ganz. toren geschlossen. den Prinzipal- Kanälen Thecozoa. entspringend. 3. Cystoidea. Theca - Panzer mit zahl- | Anthodium ventral. Platten- reichen kleinen Platten | Panzer meist starr. Sub- (40—80 und mehr). vektoren meist offen. ‚\Theca-Panzer mit wenigen zen | grossen Tafeln (13—20). | II. Cladom: een 4. Blastoidea. Anthodium regulär- penta- [4 A. (Oroeineta). Anthodium ventral, Stern- radial; alle 5 Anıbulacra | Gonaden fünffach (fünf|| arme fehlen. Panzer- gleich oder I xXX Paare). Kapsel starr, Subvek- )Anthodium amphipleurisch | 5 Genital - Stolonen || toren meist geschlossen, (bilateral). Frontal-Am- || perradial, ventral. Paraxon-Drüse mit eirco- bulacrum verschieden. A mn FT [164 Subklassen oder Legionen. Amphoralia (‚Archamphoria). Amphoronia (Uystamphorta). Paractinota (Parholothuria). Aetinopoda (Autholothuria). Mieroplacta (Eneystidea). Megaplacta (Pareystidea). Eublastoida (Pentremitaria) Parblastoida (Astroerinaria). valem Genital-Sinus:| 5. Crinoidea. Theea mit Anal-Tafeln, {5 A. Palacrinida Festsitzend auf der ||Anthodium ventral, Stern- stärker als die Arme ent- | (Tessellata). Rückenfläche, Mund Arme gegliedert. Panzer- | wickelt. | oben. Kapsel dorsal starr, ven- |\Theca ohne Anal-Tafeln, (5 B. Neoerinida Pelmatozoa. || tral dehnbar. Subvek- schwächer als die Arme || (Articulata). | toren bald offen, bald | entwickelt. | geschlossen. | | III. Cladom: Pentorchonia 6. Echinidea. ' Theca mit zahlreichen (25 [6 A. Palechinida (Pygoeincta). Anthodium komplet, Stern- bis 75). Meridian-Reihen | (Palechinoidea). Gonaden fünffach (5 | Arme fehlen. Panzer- von Panzer-Platten. oder 5 X x Paare). Kapsel starr. Subvek- |Theca stets mit 20 Meri- (6 B. Autechinida 5 Genital - Stolonen toren geschlossen. | dian-Reihen von Panzer- || (Evechinoidea). interradial, dorsal. | Platten (in 10 Paaren). Paraxon-Drüse mit peri- proctalem _ Genital- | Sinus. Frei kriechend auf der Bauchfläche, | Mund unten. 7. Ophiurea. Anthodium ventral, Stern- Arme gegliedert. Platten- }Halbwirbel der Arme ver- Panzer beweglich. Sub- || schmolzen zu Vollwirbeln. || ARE: vektoren geschlossen. Echinozoa. | | | 8. Asteridea. \(Ambulacral - Platten der Anthodium ventral, Stern- Arme alternal. | Arme gegliedert. Platten- Ambulacral - Platten der Panzer beweglich. Sub- Arme konjugal (paar- | vektoren offen, ‚| weise gegenüberstehend). trennt, stabförmig. (8A. Halbwirbel der Arme ge- (7A. Palophiura (Palaeophiurordea). (7 B. Colophiura (Autophiurordea). ’alasterida (Emerinasteria). Colasterida (Evonasteria). 165] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 165 Stammbaum der Echinodermen. PENTORCHONIA OROCINCTA. PENTORCHONIA PYGOCINCTA. 8: Asteridea. Colasterida. 5. Crinoidea. 6. Echinidea. Neocrinida. a A Autechinida. 4. Blastoidea. 7. Ophiurea. Eublastoida. Colophiura. Palasterida. =. Palacrinida. Parblastoida. Palechinida. An De Cystoblastida. Cystechinida. Glyptocystida. Hemie BZ Calloeystida. Asterocystida. 3. Cystoidea. Mesits. 2. Thuroidea. Eucystidea. Agelaeystida. (HoLOTHUREA). (Mieroplacta). Parcystidea. Paractinota, Actinppoda. (Megaplacta). "ungoeystida. 1B. Amphoronia. a 1A. Amphoralia. (AMPHORIDEA MONAXONIA). (AMPHORIDEA BILATERALIA). Palaeoeystida. | ites. Anomoeystida. Aristoeystida. Eoeystida. Oroceystida. N Pentactaea. Piroeystida. Progenitor Astronium communis. = Amph ie += Confinium Eehinodermatum et Vermalium. Notocardia. = nthes. Chordonia. Articulata. Vertebrata. Mallusca. Tunicata. Rotatoria. Vermalia. Ss thes). Ro N OrIa. m (Stammgruppe aller Coelomarien). Turbellaria.. =-+ (Stammgrupps aller Bilaterien). Gastraßades. „> (Stammgruppe aller Metazoen). ll: er 2 SER PER EA VE 166 Ernst HAECKEL [166 Manche Ascidien tragen um die Mundöffnung auch einen ähnlichen Kranz von radiären Tentakeln, und andere an beiden Darm -Oetlinungen eine Klappen- Pyramide, die ganz derjenigen vieler Wonorchonien gleicht. Sehr ähnlich der bila- teralen gepanzerten Holothurien-Form Psolus verhält sich namentlich Ohelyosoma (Tat. V, Fig. 8); bei dieser Ascidie sind die Tafeln des beweglichen Panzers ganz ähnlich zusammengenäht, wie bei vielen Amphorideen und Üystoideen mit „Poren -Rauten,“ Den Vertebraten nähern sich die Echinodermen vor allem durch die eigen- thümliche Skeletbildung; sie sind fast die einzigen Wirbellosen, welche gleich jenen Kalk in grösserer Menge im Corium ablagern und durch Verbindung dieser Kalktateln ein dermales Tafel-Skelet herstellen. Die Placoid-Schuppen der Fische und die Panzer-Platten der Stegocephalen haben unter allen übrigen Skelet-Bildungen die meiste Aehnlichkeit mit dem Haut-Panzer der Echmodermen; sogar die mikro- skopische Struktur und die Entstehung im Konnektiv bietet mancherlei Ueberein- stimmung. Mit einem gewissen Recht konnten daher ältere Zoologen die Panzer- Stiicke der Echmodermen als „Knochen“ bezeichnen. Eine weitere bedeutungsvolle Uebereinstimmung bietet vielleicht die Entstehung der „Nervenröhren“ im beiden Stämmen. Die offene Medullar-Rinne der Vertebraten - Ahnen hatte möglicherweise eine ähnliche Bedeutung, wie die fHimmernden Subvektiv-Rinnen der Echinodermen, und der Verschluss derselben zum „Medullar-Rohr“, sowie dessen Versenkung in die Tiefe des Terumentes, finden ihr Analogon m der Bildung der geschlossenen Sub- vektoren oder der „Epineural-Kanäle“ bei Holothurien, Echinideen und Ophiureen. l. Anhang. Systematische Determination der Amphorideen und Cystoideen in BARRANDE, Systeme Silurien du Centre de la Boh&me. Vol. VII. 1887. Nota: Die I. Spalte erhält die Bezeichnungen von BarRANDE (12), nebst Angabe der Seite und Tafel in seinem Werke; die II. Spalte die Bezeichnung unseres Systems, die Ill. Spalte die Angabe der zugehörigen Familie (und in Klammern Ordnung), die IV. Spalte die Subfamilie, nebst Nummer unserer Tafeln. Von den 30 an- geführten Genera BARRANDE'S sind 10 ganz unsicher. (Vergl. hierzu pag. 74). A. Premiere Subdivision: Uystidces de la Faune troisieme. (Silurien sup£rieur.) T IE Ill. 10% 1. Homoecystites12, Homoeystis Glyptoeystida Sycoeystida, Taf. IV, > dr, 1a 2X AL altera. (Cyst. Megapl.). Fig. 26, 27. 2. Proteocystites Proteocystis Pomoeystida Proteoeystida, Text-Fig. pP. 48, Bl 30. flava. (Cyst. Mieropl.). 11 (pag. 97). 3. Bkhombifera 1, p: Forma dubia ! Orinoidea ? Haploecrinida? (Stephano- 0, 1a, Bl, IE erinida?). 4. Staurosoma, p. 81, Stauroeystis Calloeystida? Apiocystida? Taf. III, 1a Bil NUR eruciata? (Cyst. Megap!.) Fig. 1—3. 167] B. Deuxiöme Subdivision: Oystiddes de la Faune s&conde. 5. Agelacrinites, p. 83, BL 3% 6. Anomaloceysti- tes, p. 89, Pl. 5. 7. Archaeoeystites, p. 94, Pl. 2, Fig. 4. 8. Aristoceystites, p. 95, Pl. 9—14. 9. Ascoeystites, p. 115, Pl. 32, 33. 10. Baculoeystites, p. 118, Pl. 36, Fig. 1. 11. Dalanoeystites, p- ale}, LS UNE 12. (ardiocystites, p. 120, Bl 31, 2V: 13. Craterina, p. 121, Pl. 17—21. 14. Dendrocystites, p. 142, Pl. 26, 27. 15A. Deutocystites, p2 145, Bl 16. 15B. Deutocystites, p. 147, Pl. 15, 16. 16A. Echinosphaeri- tessıpr 502 EI: 22—25. 16B. Echinosphaeri- tes, p2 153, b1916, Fig. 1—23. 17. Fungoecystites, 15 laygn, Ja ale al. 18. Mespilocystites, p. 162, Pl. 38, Fig. 1. 19. Mimocystites, p. 163, BLS28TT. 20. Mitrocystites, p: 164, PL7A, 5: 21. Neocystites, p. 166, ab 25, ma 22. Orocystites, p. 168er, 8: 23. Pyroeystites, p. 170, Pl. 29. 24. Rhombifera,p.174, Pl. 6, Fig. 1—21. ÄMPHORIDEEN UND ÜUYSTOIDEEN. Hemieystis bohemica. Placoeystis ensifer. Archaeoeystis medusa. Aristoeystis bohemiea. Ascoeystis drabowiensis. Fragmentum dubtum! Forma valde dubia!! Forma incompleta ! Craterina excavata. Dendroeystis Sedgwickii. Amphoraeystis irregularis. Deutoeystis modesta. Arachnoeystis infausta. Helioeystis eonfortata. Fungoeystis rarissima. Forma dubra (Stephanoerinus?) Mimoeystis bohemica. Mitroeystis mitra. Forma valde dubia !! Oroeystis Helmhackeri. Piroceystis pirum. Forma dubia! Agelacystida (Cyst. Micropl.). Anomoeystida (Amphoralia). Palaeoeystida (Amphoronia). Aristoeystida (Amphoronia). Ascoeystida (Holothurea ?) Aristoeystida? Calloeystida ? Aristoeystida (Amphoronia). Aristoeystida (Amphoronia). Aristoeystida (Amphoronia). Aristoeystida (Amphoronia). Palaeoeystida (Ampbhoronia). Aristoeystida (Amphoronia). Fungoeystida (Cyst. Mieropl.). Chinoidea ? Glyptoceystida (Cyst. Megapl.). Anomoeystida (Ampbhoralia). Aristoeystida (Amphoronia). Aristoeystida (Amphoronia). Orinoidea ? 167 (Silurien inferieur.) Hemieystida, Taf. III, Bie27028: Placoeystida, Taf. II, Fig. 5--7. Acanthoeystida, Taf. I 1 To Pirocystida, Taf. II, Fig. kl, DSH Ascoeystida, Taf. IV, Fig. 1—13. Piroceystida ? ’ Apioeystida? Piroeystida. Piroeystida, Taf. II, Fig. 23, 24. Piroeystida, Text- Figur 3 (pag. 52). Pirocystida, Taf. II, Fig. 1920! Arachnoeystida, Taf. I Fig. 1. Oroeystida, Taf. II, Fig. 25, 26. Proteoeystida, Text-Fig. 14 (pag. 105). Haploerinida? Sycoeystida, Taf. IV, Fig. 28, 29. Pleuroeystida, Taf. IT, Fig. 13, 14. Oroeystida, Text-Figur 4 (pag. 57). Pirocystida, Taf. II, Fig. 21, 22. Haploerinida ? 168 Erxst HAECcKEL [168 GC. Troisieme Subdivision: Üystid&es da la Faune primordiale (Uambrien). 25. Acanthocystites, p- 180, Pl. 2, Fig. 13—15. 26. Cigara, p. 181, Pl. ?, Fig. 34. 27. Lapilloeystites, p- le24 Blss2, Rs. 27—30. 28. Lichenoides, p. ee, al ie 29. Pilocystites, p. 185, Ble2sBie20: 30A. Trochoeystites AN. 06 ie, IA), Acanthoeystis brıiareus. Fragmenbim dubium! Iragmentum dubinm ! Lichenoeystis prisca. Iragmentum dubium! Trochoeystis bohemica. Palaeoeystida (Amphoronia). Arıstoeystida? Eoeystida? Glyptoeystida (Üyst. Megapl.). Arıstoeystida ? Anomoeystida (Amphoralia). Acanthoeystida, Taf. T, Fig. 1—6. Pirocystida? Pentactaeida? (Vergl. Palamphora, pag. 33). Sycoeystida, Taf. IV, Fig. 23—25. Piroeystida ? Placoeystida, Taf. II, Fig. Dad: Fig. 1—22. 30B. Trochocystites B, p. 185, Pl. 3, Fig. 29—38. Trigonoeystis Anomoeystida Placoeystida, Tat. II, trigona. (Amphoralia). Eire1922 Il. Anhang. Camarocystida — Lobolithes. Im silurischen System von Böhmen hat BARRANDE (schon vor 50 Jahren) zahlreiche Reste von grossen Echinodermen entdeckt, welche er in dem „Programme Genöral“ seines grossen Cystoideen-Werkes unter der Bezeichnung „Lobolithes“ anführt (12, pag. 1). Er betrachtet dieselben als Typen einer neuen, ganz eigenthümlichen Klasse von Echinodermen, welche sich von allen anderen „durch die Ab- wesenheit jeder Regelmässigkeit“ in ihrer Bildung unterscheiden. BARRANDE hat die unregelmässig rund- lichen, blasenförmigen Körper dieser merkwürdigen Fossilien, welche mehrere (bis 18) Centimeter Durch- messer erreichen, auf 13 (noch nicht publizirten) Tafeln seines Werkes abgebildet (vorläufig als Pl. 67 bis 79 bezeichnet). Aehnliche Körper fand später im silurischen System von Nord-Amerika James Hart; er be- schrieb sie anfangs (1872) als Cystoideen (im Anschluss an Agelaerinus, 24, 24 pag. 216, Pl. 7, Fig. 1 bis 7: Lichenoerinus Dyeri und Lichenoerinus erateriformis). Später (1879) erklärte er sie dagegen für die modifizirten, blasenförmig aufgetriebenen Wurzeln von ächten Crinoideen (Scyphoerinus u. A.); es seien mit Luft gefüllte Schwimm-Apparate. Diese Ansicht theilen auch, brieflicher Mittheilung zu Folge, die Wiener Geologen, welche die böhmischen Lobolithen genau studirt haben, und welche die Tafeln von BARRANDE demnächst mit Erläuterungen publiziren werden, Prof. WAAGEN und Dr. JAHN. 169] ÄAMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. 169 In seinen trefflichen, vor Kurzem erschienenen Grundzügen der Palaeontologie führt Zrrrer unter seinen neun Familien der Cystoideen als dritte (— jedoch mit vorgesetztem ? —) die (amaroeystida an und definirt sie folgendermassen: „Kelch kugelig, aus zahllosen polygonalen Täfelchen zusammengesetzt, im Innern durch Scheidewände, welche sich äusserlich durch Einschnürungen erkennen lassen, in 4—6 Kammern abgetheilt, mit dem Scheitel zuweilen aufgewachsen. Unterseite mit langem dünnen Stiel.“ Indessen ersehe ich aus einer brieflichen Mittheilung, dass Zrrren sich jetzt auch der Ansicht von Hat, WAAGEN und Jan angeschlossen hat. Die 13 lithographirten Tafeln von BARRANDE, welche Herr Professor WAAGEN mir zur Ansicht zu senden die Güte hatte, enthalten die Abbildungen vieler Lobolithen in natürlicher Grösse: kugelige oder unregelmässig rundliche Blasen, deren dicke Wand mit kleinen polygonalen Platten getäfelt ist. Die meisten Kapseln haben die Grösse eines Kindskopfes; die grössten erreichen 0,2 m Durchmesser und darüber. Die vergrösserten Täfelchen mit ihrer eigenthümlichen Struktur lassen keinen Zweifel darüber, dass es sich um Echinodermen handelt. Beim ersten Anblick vieler Figuren könnte man denken, dass sie irreguläre Panzer-Kapseln von einfachen Amphorideen darstellen, ähnlich Aristoeystis, Deutoeystis ete. Gegen diese Annahme sprechen aber entscheidend zwei Thatsachen: I. die Panzer-Kapseln zeigen keine einzige Oeffnung, sondern sind völlig geschlossen. An der einen Seite sassen sie unmittelbar dem Meeres- boden auf (— sie sind, wie die Beschreibung lautete, „mit dem abgeplatteten Scheitel aufgewachsen“ —); an der entgegengesetzten Seite erhebt sich aus ihnen eine schlanke Säule, welche mehrere Meter Länge erreichen kann. II. Diese Säule ist fünfseitig- prismatisch, gegliedert und zeigt vollkommen die Struktur eines gewöhnlichen ächten Crinoideen-Stiels; die einzelnen Glieder zeigen an den Gelenkflächen eine centrale Oeffuung (Stielkanal) und eine regulär fünfstrahlige Sternfigur. Diese charakteristische Struktur ist ausschliesslich der Klasse der ('rinoideen eigenthümlich, sie findet sich bei keinen anderen Echinodermen ; sie fehlt ebensowohl den ächten (ystoideen, wie den Amphorideen. Diese Thatsache erklärt sich einfach dadurch, dass bei den Crinoideen allein das „gekammerte Organ“ oder der Fünfkammer-Schlauch sich von der Basis des Kelches aus in den hohlen gegliederten Stiel fortsetzt. Dagegen bleibt die Penta- radial-Struktur bei den Cystoideen auf die eigentliche Theca beschränkt. Durch eigene Untersuchung einiger trefflich erhaltener Lobolithen, welche Herr Dr. Jan ge- sammelt und mir zu übersenden die Güte hatte, konnte ich mich von der Richtigkeit seiner Deutung überzeugen ; es sind unzweifelhaft blasenförmige Auftreibungen von grossen (rinoideen-Stielen. ‚Jedoch möchte ich dieselben nieht für „Schwimm-Apparate“ halten, sondern entweder für Brutbehälter oder (wahrscheinlich) für pathologische Cysten, welche durch Parasiten veranlasst sind. Aehnliche Bildungen hat LupwiG von GrRAFrF sowohl bei fossilen als bei lebenden Urinordeen beschrieben und den Beweis geliefert, dass sie durch die bekannten Parasiten derselben, Anneliden aus der Gattung Myzo- stoma veranlasst sind; er vergleicht sie richtig mit „Pflanzen-Gallen“. (Ueber einige Deformitäten an fossilen Crinoideen, Palaeontographica Bd. 31, 1885.) Festschrift fir Gegenbaur. 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Der triradiale Mundspalt, zwischen den Insertions-Stellen der drei Arme, umgeben von fünf Circoral-Platten. Fig. 1b. Der After mit der fünfklappigen After- Pyramide. Fig. 2—2A. (itroeystis eitrus (= Echinosphaera citrus, Unter-Silur von Schweden). Fig. 2. Theca von der linken Seite, o Mund, g Gonoporus, a After. Fig. 2A der Hals („Collum“) oder das Mundrohr eines anderen Exemplars, von der linken Seite (nach AnGeuın, 13, Tab. XIV, Fig. 4). Fig.3—3E. Crystalloeystis aurantium (— Echinosphaera anrantium, Unter-Silur von Schweden). (Kopie nach Anger, 13, Tab. XIV). Fig. 3 Theeca von der linken Seite, o Mund, g Gonoporus, a After. Fig. 3A der Mund, mit dem Ursprung der 5 Arme, vergrössert. Fig. 3B drei Tafeln des Panzers, mit den Rippen-Sternen und Poren-Rauten, vergrössert. Fig. 30 Peristom eines anderen Exemplars, von oben gesehen, an welchem der Ursprung der fünf Mundarme sehr gut erhalten ist (der unpaare frontale ungetheilt, die beiden lateralen gabeltheilig); Subvektakeln mit Saumplättchen bedeckt. Fig. 3D. Peristom eines zweiarmigen (abnormen) Individuums, mit einfachem transversalen Mundspalt (von oben). Fig. 3E Peristom eines vierarmigen Individuums, mit kreuzförmiger Mundnaht, von oben (Fig. 3D und 3E Kopie nach VOLBORTH 16, Taf. IX). Fig. 4—4C. Comaroeystis punetata (Unter-Silur von Canada). Kopie nach Bivrıngs (15, Pl. V). Fig. 4 das ganze Tbier, mit restaurirten vier Mundarmen und Stiel, von der Anal-Seite. o Mund, a After, p Stiel, Fig. 4A der lange Mundspalt, mit der Insertion der zwei Arm-Paare an beiden Mund- winkeln. Fig. 4B der After mit fünftheiliger Klappen-Pyramide und fünf Perianal-Plättehen. Fig. 4C eine Panzer-Platte. Fig. 5—5B. Palaeoeystis pentolena (Unter-Silur von Canada). Fig. 5 Restauration des ganzen Thieres mit seinen fünf Armen, nach einem unvollständigen Fragment; Ansicht von der linken Seite: o Mund, & Gonoporus, a After. Fig. 5A der fünfspaltige Mund, mit dem Ursprung der fünf Arme, von oben gesehen (Konstruktions-Bild). Fig. 5B eine hexagonale Panzer-Platte mit den Hälften von sechs Poren-Rauten. Fig. 6-6B. Acanthoeystis briareus (Cambrium von Böhmen). Restaurirte und vergrösserte Kopie nach BARRANDE (12, Pl. 2, Fig. 13—15). Fig. 6 das ganze Thier, mit kompleten 15 Mundarmen (Pentadecal- Stufe) und mit reconstruirten Tentakeln, von der Anal-Seite; in der Mitte die sechsklappige After-Pyramide. Fig. 6A eine Panzer-Platte, vergrössert, Fig. 6B Stück eines Mundarmes, vergrössert. Fig. 7—-7B. Archaeocystis medusa (Cambrium von Böhmen). Kopie nach BARRANDE (12, Pl. 2, Fig. 4—6). Fig. 7 die Theea mit 25 Armen (Pentapalmar-Stufe). Fig. 7A Fragmente von zwei Armen, Fig. 7B das oberste Stück des gegliederten Stieles. 173] ÄMPHORIDEEN UND UYSTOIDEEN. | -ı co» Tafel Il. Anomoeystida Fig. 1—16. — Aristoeystida Fig. 17—28. Fig. 1, 2. Trigonoeystis trigona (Cambrium von Böhmen). Kopie nach Barkannz, 12, Pl. 3. Fig. 1 Dorsal-Ansicht, Fig. 2 Ventral-Ansicht. o Mund, & Gonoporus, a After. Fig. 3, 4. Trochocystis bohemica (Cambrium von Böhmen). Kopie nach BArRANDE, 12, Pl. 3. Fig. 3 Dorsal-Ansicht, Fig. 3a der Schwanz, vergrössert; Fig. 4 Ventral-Ansicht. Fig. 5, 6, 7. Placoeystis balanoides (Unter-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach Woonwann. Fig. 5 Dorsal-Ansicht, Fig. 6 Ventral-Ansicht, Fig. 7 Lateral-Ansicht. Vergl. Text-Fig. 1, 2, pag. 40. Fig. 8, 9. Anomoeystis cornuta (Unter-Devon von Nord-Amerika). Kopie nach Harz, 19. Fig. 8 Dorsal-Ansicht, Fig. 9 Ventral-Ansicht. Fig. 10, 11. Ateloeystis Forbesiana (Ober-Silur von Dudley, England). Kopie nach Woon»- WARD (26). Fig. 10 Dorsal-Ansicht, Fig. 11 Ventral-Ansicht. Fig. 12. Ateloeystis Gegenbauri (Ober-Silur von Dudley, England). Nach einem Original- löxemplar. Dorsal-Seite. Der Schwanz ist nicht conservirt. Fig. 13, 14. Mitrocystis mitra (Cambrium von Böhmen). Kopie nach BArrAnDe (12, Pl. 4, I). Fig. 13 Dorsal-Ansicht, Fig. 14 Ventral-Ansicht, o Mund, a After. Fig. 15, 16. Pleuroeystis filitexta (Unter-Silur von Canada). Kopie nach Bıruısss (15, Pl. II). Fig. 15 Dorsal-Ansicht, Fig. 16 Ventral-Ansicht: o Mund, a After, & Gonoporus? h Hydroporus ? Fig. 17, 18. Aristoeystis bohemiea (Unter-Silur von Böhmen). Kopie nach BArranDE (12, Pl. 9, 10). Fig. 17 Ansicht von der rechten Seite, Fig. 18 Ansicht von der Oral-Seite. Fig. 19, 20. Deutocystis modesta (Unter-Silur von Böhmen). Kopie nach BarrANnDE (12, Pl. 15). Fig. 19 Ansicht von der linken Seite, Fig. 20 Hydroporus (h) und Gonoporen (8)? Fig. 21, 22. Pirocystis pirum (Öber-Cambrium von Böhmen). Kopie nach BARRANDE (12, Pl. 29). Fig. 21 Ansicht von der rechten Seite, Fig. 22 Ansicht von der Oral-Seite: o Mund, g Gono- porus, a After. Fig. 23, 24. Dendroecystis Sedgwickii (Unter-Silur von Böhmen). Kopie nach BARRANDE (12, Pl. 26). Fig. 23 Ansicht von der linken Seite, Fig. 24 Längsschnitt durch den Rüssel. Fig. 25, 26. Heliocystis tenuistriata (Unter-Silur von Schweden). Kopie nach AnGELın (13, Pl. 12). Fig. 25 Ansicht von der linken Seite, Fig. 26 Ansicht von der Oral-Seite: o Mund, & Gono- porus, a After. Fig. 27. Caryoeystis testudinaria (Unter-Silur von Russland). Kopie nach LeoroLn Buch (11, Taf. I). Ansicht von der Ventral-Seite. o Mund, & Gonoporus, a After. Fig. 28. Holocystis alternata (Ober-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach Harı (24, Pl. 12) Ansicht von der Ventral-Seite: o Mixnd, a After. Tafel II. Calloeystida Fig. 1—26. — Agelacystida Fig. 27—37. Fig. 1—3. Stauroeystis quadrifasciata (Ober-Silur von England, Dudley). Kopie nach Forzes (14, Pl. 13). Fig. 1. Ansicht von hinten und links. Fig. 2. Ansicht von vorn und rechts. Fig. 3. Ansicht vom Mundfeld: o Mund, a After. Fig. 4—9. Apiocystis elegans (Ober-Silur von Nord-Amerika, Lockport). Kopie nach HALL (19, Vol. U, Pl. 51). Fig. 4 Ansicht von der Bauchseite, Fig. 5 von der rechten Seite, Fig. 6 von der Rückenseite, Fig. 7 von der linken Seite, Fig. 8 Subvektiv-Kreuz des Mundes, mit den Deckblättehen- 174 Ersst HascKEL [174 Reihen. o Mund, a After, d rechte paranale Kamm-Raute, I linke paranale Kamm-Raute, f frontale Kamm-Raute. Fig. 9 Stück eines Subvektors; zur Insertions-Fläche jeder Pinnulette geht ein bogen- förmiger Fiederast, der mit Deckplättchen bedeckt ist. Fig. 10—13. Sphaerocystis multifaseiata (Unter-Devon von Nord-Amerika). Kopie nach Harn (19, Vol. III, Pl. 7A). Fig. 10 Ansicht von der rechten Seite, Fig. 11 von der Mund-Seite, Fig. 12 von der Basal-Seite, Fig. 13 das Anthodium, vergrössert. o Mund, a After, & Gonoporus (?), d rechte Kamm-Raute, ] linke Kammraute, f frontale Kamm-Raute. Fig. 14—17. Lepadoerinus Gebhardi (Unter-Devon von Nord-Amerika). Kopie nach Hann (19, Vol. III, Pl. 7). Fig. 14 linke Seite der Theca, Fig. 15 Ventral-Seite, Fig. 16 rechte Seite, Fig. 17 Dorsal-Seite.e o Mund, a After, d rechte Kamm-Raute, | linke Kamm-Raute, f frontale Kamm-Raute. Fig. 18—20. Calloeystis multipora (aus dem Unter-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach Bıurıngs (15, Pl. III). Fig. 18 ventrale (anale) Seite, Fig. 19 dorsale (frontale) Seite, Fig. 20 Oral-Seite mit dem Anthodium. Fig. 21, 22. Calloeystis Jewetti (Ober-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach Harz (19, Vol. II, Pl. 50). Fig. 21 Seiten-Ansicht der Theca (von links). Fig. 22 das Anthodium. o Mund, a After, d rechte, 1 linke, f frontale Kamm-Raute. Fig. 23, 24. Anthoeystis Halliana (Ober-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach Harn (19, Vol. II, Pl. 50). Fig. 23 das Anthodium (Buchstaben wie in Fig. 22). Fig. 24 Stück eines Ambulacrums mit den Pinnuletten. Fig. 25, 26. Pseudoerinus bifaseiatus (Ober-Silur von England, Dudley). Kopie nach ForBks (14, Pl. 11). Fig. 25 Dorsal-Ansicht der linsenförmigen Theca; oben die rechte paranale, unten «lie frontale Kamm-Raute. Fig. 26 Ventral-Ansicht derselben; oben links der After, rechts die linke paranale Kamm-Raute. Fig. 27, 28. Hemieystis granulata (Unter-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach Harz (24, Vol. 24, Pl. 6). Fig. 27 Ventral-Ansicht, Fig. 28 Lateral-Ansicht. a After. Fig. 29. Agelacrinus Dicksoni (Unter-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach BırLinss (15, Pl. 8). Fig. 30. Agelaeystis hamiltonensis (Unter-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach Harz (24, Vol. 24, Pl. 6). a After, z Gürtel der breiten Marginal-Tafeln. Fig. 31—33. Asteroblastus stellatus (Unter-Silur von Russland). Kopie nach Fr. Scuamipr (18, Tab. III). Fig. 31 Ventral-Ansicht, Fig. 32 Dorsal-Ansicht, Fig. 33 Lateral-Ansicht. b Basis. Fig. 34. Asteroeystis tubereulata (Unter-Silur von Russland). Kopie nach Fr. Scuamipr (18, Tab. III. Peristom nebst einem Ambulacrum. o Mund. Fig. 35, 36. Edrioeystis Bigsbyi (Unter-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach Binuınes (15, Pl. 8). Fig. 35 vertikaler Meridian-Schnitt durch die scheibenförmige Theca, oben der Mund (o), unten die schmale Insertion der centralen Basis (b), Fig. 36 ein Stück eines Ambulacrums, asterideenähnlich, mit vier Poren-Reihen (?). Fig. 37. G&omphoeystis tenax (Ober-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach Hat (24, Vol. 24 P1.212,13)% 0. Mund. Tafel IV. Ascoeystida (Fig. 1—13). — Glyptoeystida (Fig. 14—33). Fig. 1—13. Ascoeystis drabowiensis (Unter-Silur von Böhmen). Kopie nach BARRANDE (12, Pl. 32, 33). Vergl. pag. 120, Fig. 18, 19. Fig. 1. Eine junge Ascoeystis, unten durch den Stiel befestigt, oben mit ausgebreitetem Brachiolen-Kranz. AMPHORIDEEN UND ÜUYSTOIDEEN. 1 _ — es 2. Untere, aborale Körperhälfte einer jungen Ascoeystis, mit dem gegliederten Stiel. Fig. 3. Eine freie, erwachsene Ascocystis, mit abgerundetem Hinter-Ende, ohne Stiel. Fig. 4. Eine freie Ascoeystis, ohne Stiel, an welcher die fünf perradialen Kanten des pris- matischen Körpers spiralig um die Hauptaxe gedreht sind. Fig. 5. Peristom-Feld von Ascocystis mit den fünf Arm-Büscheln. Fig. 6. Peristom-Feld von Ascoeystis mit den fünf interradialen birnförmigen Blasen und den fünf perradialen Ursprüngen der Arm-Büschel. Fig. 7. Ein Peristom-Feld von Ascocystis, ähnlich dem vorigen; die unpaare Anal-Blase ist doppelt so gross als die vier paarigen (— Poli’sche Blase? —). Fig. 8. Querschnitt durch die Theca von Ascoeystis (mit fünf Kanten — nicht mit sechs, wie die irrthümliche Konstruktion von BARRANDE zeigt.) Vergl. pag. 121. Fig. 9. Längsschnitt durch den Stiel von Aseoeystis, vergrössert; der Abdruck zeigt deutlich die Grenzen der Glieder. Fig. 10. Ein ähnlicher Längsschnitt durch den Stiel wie Fig. 9, vergrössert. Fig. 11. Stück eines zweizeiligen Mundarms von Ascocystis, von aussen, vergrössert. Fig. 12. Längsschnitt durch einen Mundarm, vergrössert. Fig. 13. Eine Panzer-Platte (?) vom Ascoeystis, mit achtstrahligem Rippen-Stern. Fig. 14, 15. Hemicosmites extraneus (Unter-Silur von Russland). Kopie nach Eıemwann (17, Tab. 32). Fig. 14 Seiten-Ansicht der Theca. a After, o Mund, b Brachiolen-Insertion. Fig. 15 Mundfeld (Kelchdecke), von oben. mit dem triradialen Anthodium. Fig. 16, 17. Hexalaeystis verrucosa (Unter-Silur von Russland). Kopie nach EıcnwAnLn (17, Tab. 32). Fig. 16 Seiten-Ansicht der Theca. b Brachiolen, e Stiel-Insertion. Fig. 17 Basal-Ansicht der Theca von unten mit den vier Basal-Platten und den sechs Platten der zweiten Zone. Fig. 18, 19. Enneaeystis Buchiana (Unter-Silur von Russland). Kopie nach LroroLn Buch (11, Taf. D). Fig. 18 Seiten-Ansicht der Theca. Fig. 19 Mundfeld (Kelehdecke) von oben. a After. Fig. 20, 21. Caryocerinus ornatus (Ober-Silur von Nord-Amerika). Kopie nach Harn (19, Vol. II, Pl. 49). Fig. 20 Seiten-Ansicht der Theca. Fig. 21 Mundfeld (Kelehdecke) von oben gesehen, a After, b Insertions-Pfannen der Brachiolen. Fig. 22—25. Lichenoeystis prisca (Cambrium von Böhmen). Kopie nach BARRANDE (12, Pl. 1). Fig. 22 Seiten-Ansicht, Fig. 23 die Theca vergrössert, Fig. 24 Basal-Ansicht derselben, Fig. 25 schräge Ansicht der Oral-Fläche. Fig. 26, 27. Homocystis altera (Unter-Silur von Böhmen). Kopie nach BARRANDE (12, Pl. 28, I). Fig. 26 Ansicht von der linken Seite, Fig. 27 Ansicht von der ventralen Seite (a After?). Fig. 28, 29. Mimoeystis bohemica (Unter-Silur von Böhmen). Kopie nach Barranne (12, Pl. 28, I). Fig. 28 Seiten-Ansicht, Fig. 29 eine einzelne Panzer-Platte. Fig. 30. Macroeystella Mariae (Ober-Cambrium von England). Kopie nach Carvawav (vergl. oben pag. 149). Fig. 31—34. Echinoeystis armata (Ober-Silur von England, Dudley). Kopie nach FoRrBEs (14, Pl. 18 19). Fig. 31 rechte Seite, Fig. 32 linke Seite, Fig. 33 Bauchseite, Fig. 34 Peristom. Fig. 35. Hemicosmites pyriformis (Unter-Silur von Russland), Kopie nach Jonaxnes MÜLLER (25, Taf. 6, Fig. 4). Das triradiale Anthodium. Fig. 36—38. Glyptoeystis pennigera (Unter-Silur von Russland). Kopie nach EıcmwAaLn und F. Schmipr (17, 18). Fig. 36 Seiten-Ansicht, Fig. 37 Oral-Ansicht, Fig. 38 Hydrophora palmata (Anthodium subtegminale). Kopie nach BarrAaxDeE (12). (Vergl. pag. 92—94). Fig.39, 40. Palmaeystis palmata (Unter-Silur von Böhmen). Kopie nach BarrAanDe (12, Pl. 14). Fig. 39 eine einzelne Panzer-Platte, Fig. 40 Hydrophora palmata. (Vergl. pag. 92—94.) 176 Ernst HAECcKEL 1176 Tafel V. Eoeystida. Diese Tafel soll die hypothetischen Struktur-Verhältnisse der Eoeystiden erläutern, welche ich als die gemeinsame Stammgruppe aller Echinodermen betrachte (vergl. pag. 12 und 30). Aus den oben erörterten Gründen nehme ich an, dass die Organisation dieser ältesten Sternthiere einerseits mit der realen Pentactula-Stufe der lebenden Eehinodermen im Wesentlichen übereinstimmte, andererseits mit dem Körperbau der übrigen Amphorideen, welche uns durch fossile Skelet-Reste bekannt sind. Die Eoeystiden besassen aber noch kein zusammenhängendes, der Versteinerung fähiges Tafel-Skelet, sondern nur ein lockeres primitives Stückel- Skelet, gleich den Holothurien. Wir sind daher bei der hypothetischen Rekonstruktion ihres weichen Körpers und ihrer Ontogenese auf die bekannten T'hatsachen der vergleichenden Anatomie und Ontogenie der heutigen Sternthiere, vor Allen der Holothurien angewiesen. Die Buchstaben bedeuten in allen Figuren dasselbe: a After. b Basis (Insertions- Stelle). ce Coelom. d Dünndarm (Hinterdarm). e Exoderm (Epidermis). f Fussdrüse (Klebdrüse, viel- leicht ursprünglich der rechte Hydroporus?). g Gonaden. h Hydrocireus. i Entoderm. k Klappen- Pyramide des Afters. ] Muskeln. m Magen (Mitteldarm). n Nephridia (Hydrocoel). o Mund (Osculum). p Sehlund (Pharynx, Stomadaeum). r Mesenterium. s Steinkanal (Hydroductus). t Tentakel-Kanal. u Nerv. v Flimmerschnur (Vibrissa). w Hydroporus (Wasserloch, Madreporit). x Gonoduetus (Geschlechts- gang). z Geschlechtsöffnung (Gonoporus). Fig. 1. Cytula der Amphorideen. Die „befruchtete Eizelle“ oder „erste Furchungskugel“, (Stammzelle), von derselben primitiven Gestalt, wie bei den meisten übrigen Eechinodernen. Fig. 2. Blastula der Amphorideen. Der primitive Keim von Gestalt einer Hohlkugel, deren Wand aus einer einfachen Schicht von gleichartigen Geisselzellen besteht (Keimhaut, Dlastoderma) (— wie noch bei vielen heutigen palingenetischen Echinodermen —). Fig. 3. Gastrula der Amphorideen. Der zweiblättrige Keim, entstanden durch inkomplete Invagination der Blastula; zwischen den beiden primären Keimblättern (Entoderm, i, und Exodern, e) ist die Gallertmasse ausgeschieden, welche nachher durch Einwanderung einzelner Entoderm-Zellen zum Mesenchym wird (m). a Urmund (Prostoma, Blastoporus). d Urdarm (Progaster, Archenteron). Fig. 4. Scaphularia, von der linken Seite; die kahnförmige Dipleurula-Larve der Amphorideen, aus der Gastrula entstanden durch Differenzirung der konvexen, dorsalen und konkaven ventralen Fläche, sowie Neubildung des Mundes (o) und Dreigliederung des Darms: p Schlund, m Magen, d Dünndarnı. Fig. 5. Scaphularia, von der Bauchseite, nach Ausstülpung der beiden primären Coelom-Taschen; diese beginnen sich durch eine Transversal -Striktur in ein vorderes Hydrocoel (n) und ein hinteres Einterocoel (c) zu theilen. v Wimperschnur. Uebrige Buchstaben wie in Fig. 4. Fig. 6. Scaphularia im Querschnitt, um die Anheftung des Darms durch das «dorsale Mesen- terium (r) zu zeigen, sowie die symmetrische Lage der beiden Coelom-Taschen, von denen ein inneres (dem Darm anliegendes) Stück zu den Gonaden wird (g). Fig. 7. Pentaetula, die typische pentaradiale Larve, welche nach Srmox’s Pentactaea-Theorie bei allen fünfstrahligen Echinodermen während der Astrogenese aus der Dipleurula entsteht. Oral-Ansicht. Fig. 8. Chelyosoma macleayanum (in Dorsal-Ansicht), eine gepanzerte Ascidie, welche so- wohl mit manchen Amphorideen (Oroeystida) als mit einigen gepanzerten Holothurien (Psolida) grosse Aehnlichkeit hat. (Vergl. Fig. 19, S. 120). Wie bei diesen ist sowohl der Mund (o) als der After (a) durch einer „Klappen-Pyramide“ geschlossen. Die acht polygonalen Tafeln des Rücken-Panzers sind durch bewegliche Nähte verbunden, und diese werden senkrecht gekreuzt durch Bündel von parallelen, kurzen und dünnen Muskelfasern. Die Tafeln erscheinen durch dieselben „wie zusammengenäht“, sehr ähnlich den „Poren-Rauten“ vieler Amphorideen, Cystoideen und Orinoideen. (Kopie nach NıcoLas WAGNER, Die Wirbellosen des weissen Meeres, 1885, pag. 152, Taf. 18, Fig. 19, 20). 177] ÄMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEEN. ıK -ı Fig. 9. Noteus quadricornis, von der Rückenseite. Dieses bekannte Kotatorium erinnert an primitive Amphorideen (— besonders Anomoeystiden! —) durch die polygonale Täfelung des bilateralen Rücken-Panzers und den gegliederten Schwanz (— Stiel). Das dreilappige Räder-Organ (mit unpaarem Frontal-Lappen und paarigen lateralen Wimper-Lappen) erinnert an die drei Tentakeln der trinemalen Ampbhorideen (Arachnocystis, Taf. I, Fig. 1; Eoeystis, Taf. V, Fig. 11). Vergl. Franz Leypie, Räder- thiere, in Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. VI, 1855, pag. 53, Taf. IV, Fig. 41. Fig. 10. Amphoraea dinema, pag. 31. Hypothetische Stammform der Eoeystida, von der linken Seite gesehen. Die äussere Körperform ist der ähnlichen Helminthen-Form Rabdopleura entnommen. (Vergl. hierzu Ray-LAnkEstEr in Quarterly Journ. Mier. Soc. 1884, Vol. 24), In den Schwanz der bila- teralen Amphoraea, welcher zeitweilig zur Anheftung diente, ist eine „Klebdrüse“ eingezeichnet (ursprüng- lich das rechte Hydrocoel?). Der Hydrocoel-Ring (h) ist dorsal noch nicht geschlossen. Fig. 11. Eoeystis trinema, pag. 31. Stammform der trinemalen Amphorideen (von der linken Seite). Zu den beiden lateralen Tentakelu der dipleuren Amphoraea (Fig. 10) ist ein dritter un- paarer Mundfühler hinzugetreten; dieser „Frontal-Tentakel“ entspricht dem ähnlichen Stirnlappen einiger Rotatorien (Noteus, Fig. 9). Fig. 12. Pentactaea pentanema, pag. 32. Stammform der pentanemalen Amphorideen (von der Ventral-Seite). Diese fünfstrahlige Eoeystide lässt sich von der dreistrahligen Kocystis (Fig. 11) durch Ausbildung von zwei neuen (pectoralen) Mundfühlern ableiten; diese sind entweder durch Gabelung der beiden primären lateralen entstanden (wie bei Echinosphaera), oder durch Einschaltung von ein Paar neuen Tentakeln zwischen letztere und den unpaaren Frontal-Tentakel. Die äussere Körperform der hypo- thetischen Pentaetaea ist der ähnlichen Stephamoceros Eichhornii entnommen (Vergl. Franz Luypis, Räderthiere, in Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. VI, 1855, pag. 5, Taf. I, Fig. 1-5). Nicht nur der fünf- armige Fühler-Kranz und der aborale Schwanz (— Stiel) kann sich bei Pentactaea sehr ähnlich wie bei Stephanoceros verhalten haben, sondern auch der dreitheilige Darm mit seinen beiden Oeflnungen. Das „eigenthümliche Organ“, welches Levi (l. ce. pag. 11) „unmittelbar über dem Vormagen“ beschrieben hat und welches „durch einen deutlichen Gang“ nach aussen mündet, könnte an das Rudiment eines Hydrocoel erinnern. Fig. 13. Decamphora loxosoma, Ansicht von der linken Seite, pag. 33. Pentactaeide mit zehn Mundarmen. Die äussere Körperform ist dem zehnarmigen Loxosoma singulare entnommen, (Vergl. W. KErFERSTEIN in: Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. 12, 1863, pag. 131, Taf. XI, Fig. 29; sowie ferner E. RAv-LANKESTER in Eneyelopaedia Britannica, Polyzoa, pag. 169, Fig. 16). Der dicke Fuss oder Stiel ist durch das Sekret einer Fussdrüse angeheftet (dem Rest des rechten Hydrocoel analog?). Fig. 14. Protamphora pentadeca, Ansicht von der Dorsal-Seite, pag. 33. Pentactaeide mit 15 Tentakeln. An der Basis jedes der 5 Primär-Tentakeln sind ein paar sekundäre hervorgesprosst. Die äussere Körperform ist dem Stadium der Antedon-Larve entnommen, welches ebenfalls 15 Mundfühler trägt (Pentadecal-Stadium). Vergl. Wyvır.e Tuomson, Embryogeny of Antedon, in Philosoph. Transact. 1865, Pl. 27, Fig. 2. Fig. 15. Palamphora pentapalma, pag. 33. Ansicht von der Dorsal-Seite. Diese Eocystide bleibt auf dem wichtigen Pentapalmar-Stadium stehen, mit 25 Mündfühlern. (Vergl. Proteoeystis, pag. 97, Fig. 10, und Glyptoeystis, pag. 151, Fig. 25.) Festschrift für Gegenbanur. 23 NB. Die obsoleten Namen sind eursiv gedruckt, die gültigen Namen des Systems gesperrt, die Familien-Namen fett. Acanthoeystida 12, 64. Acanthocystis 64, 70. Acanthoeystites 70. Achradocystis 49, 56. Achradoeystites 56. Agelacrinida 107. Agelacrinites 111. Agelacrinus 110, 112. Agelaeystida 107, 110. Agelacystis 110, 114. Amphoracystis 49, 52. Amphoraea 12, 31. Amphoraeida 12, 33. Amphoralia 12. Amphoridea 9, 12. Amphoronia 12. Amysdalocystis 102, 106. Amygdalocystites 106. Anomaloeystida 23. Anomaloeystites 40. Anomoeystida 12, 33. 37. Anomocystis 37, 40. Anomoeystites 40. Anoplura 39. Anthocystida 129. Anthoceystis 129, 132. Apioeystida 129. Apiocystis 129, 132. Apioeystites 132. Aporitida 49. Arachnoeystida 64. Arachnoeystis 64. Arachnoeystites 64. Archaeoeystida 11. Archaeocystis 64, 71. Archaeocystites 71. Aristoceystida 45, 49. Aristocystis 49, 50. Aristocystites 50. Register. Ascocrinus 124. Ascoeystida 119. Ascocystis 120, 124. Ascoeystites 123. Asteroblastus 111, 117. Asterocystida 111. Asterocystis 111, 116. Ateleoeystites 41. Atelocystida 37. Atelocystis 37, 41. ? Baculoeystites 167. ? Balanoeystites 167. ? Blastoidocerinus 130. Calıx 54. Calloeystida 125, 129. Callocystis 129, 131. Callocystites 131. T Camaroerinus 168. T Camarocystida 168. 7 Cardioeystites 167. Caryoerinida 196. Caryoerinites 143 Caryoerinus 143. Caryocystida 45. Caryocystis 49, 59. Caryoeystites 59. r Cheiroerinus 150. y Cigara 168. Citroeystida 64. Citrocystis 64, 68 Comaroeystida 64. Comarocystis 64, 70. Comaroeystites 70. T Coryloerinus 142. Craterina 49, 54. Crinoeystis 69. ? Orinoeystites 69. Cryptocrinus 147. Cryptoerinites 147. Namen der Familien und Gattungen. Crystalloeystis 66, 67. Cyathocystis 111, 114. 7 Oyelaster 117. T Oyeloerinus 56. ? Cyeloeystis 152. Cycelocystoides 152. Cystidea 72. Cystoblastus 129, 130. Cystoidea 72, 77. T COytaster 111. Decamphora 33, 177. Dendrocystis 49, 54. Dendroeystites 54. Deutocystis 49, 51. Deutoeystites 51. Diploporitida 49. Eehinoeystis 146. Echinocystites 146. Echino-Enerinus 145, 146. Echinosphaera 64, 66. Eehinosphaerites 66. Eehinosphaeritida 45, 61. Edrioaster 117. Edriocystis 111, 117. Eoeystida 12, 30. Eocystis 12, 31. Euceystidea 77. Eueystis 96, 99. Enneacystis 143. Fungocystida 101, 102. Fungoeystis 102, 104. Fungoeystites 104. Glyptoeystida 136. Glyptocystis 150. Glyptocystites 150. Glyptosphaera 102, 103. Glyptosphaerida 101. Glyptosphaerites 103. Glyptosphaeritida 101. 179] Gomphoceystis 111, 115. Gomphoeystites 115. T Gonocrinites 145. T Gonocrinus 145. rT Haploeystites 113. Haploporita 49. Helioerinum 58. Heliocerinus 58. Heliocystis 49, 58. Heliopirum 59. Hemicosmites 142. Hemieystida 110. Hemicystis 110, 112. Hemieystites 111. r Heterocystites 146. Hexalacystis 142. Hexalacystida 77, 140. Holoeystida 60. Holocystis 49, 60. Homocystis 149. Homocystites 149. 7 Hybocystites 147. Hypocrinus 147. 7 Iuglandoerinus 142. Lapilloeystis 33. Lapilloeystites 33. Lepadocrinus 155. Lepidodiscus 110, 113. j Lepocrinites 135. Lichenoerinus 148. Lichenocystis 148. Lichenoides 148. Lobolithes 168. Macrocystella 149. Malocystis 102, 105. Maloeystites 105. Megaeystis 60. Megacystites 60. Megaplacta 77. Mesites 111, 118. f Mespilocystites 166. Microplacta 77. Mimoecystis 149. Mimocystites 149. Mitrocystis 97, 43. Mitrocystites 43. T Neoeystites 147. Oroeystida 12, 49. Örocystis 49, 57. Oroeystites 57. Palaeocystida 61, 64. Palaeocystis 64, 69. Palaevcystites 69. Palamphora 33, 177. Palmacystis 151. Pareystidea 77. Pasceolus 56. Pentactaea 12, 32. Pentactaeida 12, 33. Phacocystis 155. T Piloeystites 168. Piroeystida 12, 49. Pirocystis 49, 53. Placocystida 35, 37. Placocystis 37, 39. Placocystites 39. Pleuroeystida 33, 37. Pleurocystis 37, 44. Pleuroeystites 44. Pomoeystida 94, 96. Pomocystis 96, 98. Pomonites %. Ernst HAECKEL, AMPHORIDEEN UND ÜYSTOIDEFN. Pomosphaera %, 99. Protamphora 12, 32. Protamphorida 12, 30. Proteocystis 96, 100. Proteoeystites 100. Protocrinites 104. Protocrinus 102, 104. ? Protoeystis 152. ? Prunoeystites 136. Pseudoerinida 129. Pseudocrinites 134, 135. Pseudocrinus 129, 135. Pyroeystis 53. Pyroeystites 53. y Rhombifera 167. Rhomboporita 49. Sphaerocystis 129, 133. Sphaerocystites 133. Sphaeronis 98. Sphaeronites-%, 9. Sphaeronitida 94, 101. Staurocystis 129, 134. 7 Staurosoma 134. Stephanamphora 33. ? Stephanoerinus 167. + Streptaster 112. Syeoeystida 77. Syeocystis 145. Sycocystites 145. Taxiporitida 49. Tiarocrinus 134. Trigonocystis 37, 38. Trinemacystis 64, 69. Trochocystis 37, 38. Trochocystites 38. T Zygoerinus 132. 23* 179 Inhalts - Uebersicht. Seite Vorwort i : N e 5 ; i ! 5 : : ; : ö 6 3 Einleitung . : \ : A ; i 5 E : : : : 7 Erste Klasse: Amphoridea . : ; : i : i ; 3 : s h ; 9 System der Amphorideen . : : 2 > : - - - : : 12 Theca der Amphorideen E b ; = i : : 5 5 - B 13 Tafel-Poren der Amphorideen und Cystoideen : ; : ; ; : B 19 Malacom der Amphorideen . : ; : : 3 ; : j i : ; 24 Ambulacral-System der Amphorideen . 3 B : : i s 28 I. Familie: Eocystida . e : N 5 i : 3 5 30 II. Familie: Anomocystida . 3 3 - & : : : . h ; 33 III. Familie: Aristocystida . : ; ; 1 : Ä 5 I 5 45 IV. Familie: Palaeocystida . 3 : : . : 4 B 2 : 61 Zweite Klasse: Cystoidea . : : ß : ; 3 2 : i > : . 72 System der Cystoideen ; ä : r i i ; : ; i : 5 77 Theca der Cystoideen . : » ; 4 5 i ; : A h 78 Malacom der Cystoideen : Ä ; ; ! e ; - 4 5 5 : 85 Ambulacral-System der Cystoideen A - ; ; \ | 3 2 : ; 39 Hydrophora palmata einiger Cystoideen 3 ; : S 3 5 92 I. Familie: Pomoeystida 3 i h 3 5 } | 2 2 94 II. Familie: Fungoeystida . b : 5 5 : : i 2 101 Ill. Familie: Agelacystida : . : : : ; . : : & & 107 IV. Familie: Ascoeystida 5 & e : 5 : d i 5 ö 5 119 V. Familie: Calloeystida : ; : i - : ; i : : 125 VI. Familie: Glyptoeystida . : s s 3 ä : 3 : 6 5 136 Aphorismen zur Morphologie und Phylogenie der Echinodermen . e : : : 153 Phyletische Bildungs-Stufen der Organ-Systeme . i x 2 i : ; ; 154 Ursprung und Verwandtschaft der Echinodermen . \ : ; 5 R . 5 161 System der Echinodermen . Ä ; h ; ; : ; : ; B ® 164 Stammbaum der Echinodermen . : : : ; : : ; z : h 165 I. Anhang: Systematische Determination der Amphorideen und Oystoideen von BARRANDE . 166 II. Anhang: Camarocystida — Lobolithes 5 5 5 5 6 > 5 : 6 5 168 Litteratur-Verzeichniss . i : : : : 5 f : ; : : 5 170 Tafel-Erklärung : : . e 5 5 8 ß e : ! : 172 Register: Namen der Familien und Gattungen x : ; ; : : : : 5 178 Haeckel Taf. l. Festschrift für Gegenbaur, N SAFTTTLLT LS 2 u: x I eipzig. on Wilhelm Engelmann \r Palaeocyslida Haeckel Taf. Hl. Festschrift für Gegenbaur. lg nabbbhu IDN 7 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig /-16 Anomoecystida. 17-25 Aristocystida. Festschrift für Gegenbaur. Vorf, 27 von Wilhelm Engelmahn in Leipzig. ich Anst.m.A. Giltsch, Jen.ay a 1-26 Callocystida. 27-57 Agelacystida. Haeckel Taf. W. Festschrift für Gegenbaur 2 AMAr INTEL, oe \* N . ‚ > arm wrrIRZ KO NOXT Fr, A “ In I) I = 24] internus abdominis darstellt. An den Interkostalmuskeln traten also keine Rück- bildungserscheinungen auf, wohl aber am Obliquus externus profundus und am Obli- quus Internus. Der erstere fehlt bei Chamaeleo völlig, bei Lacerta und Hatteria ist er in gleicher Vollständigkeit ausgebildet. Dass dies bei Chamaeleo kem emfacher Defekt ist, belehrt uns der hierfür äusserst wichtige Befund bei Cvelodus. Hier erkannten wir, wie der Obliquus ext. profundus in den drei vordersten Zacken genau wie bei Hatteria und Lacerta bestand, wie er auch in seiner Insertion mit dem Seitenrand der medialen Portion des Reetus verbunden war. Von da an aber setzte er sich als Intercostalis ext. longus fort. Wie der Intercostalis ext. longus ein Differenzirungs- produkt des Intercostalis ext. brevis ist, so stellt demnach der Obliquus ext. profundus einen weiter gebildeten Intereostalis ext. longus dar, er ist somit im Allgemeinen als ein Ditterenzirungsprodukt des Intercostalis externus aufzufassen. Dadurch wird das ganze Verhältniss des Obliquus externus aufgeklärt: Der Obliquus externus superficialis der Reptilien ist völlig homolog dem gleich benannten Muskel der Urodelen. Er ist bei beiden Gruppen sowohl in seinem Ursprung als in seiner Insertion ein völlig selbstständiger und in sich abgeschlossener Muskel. Dass er in letzter Linie ein Difterenzirungs-, d. h. Abspaltungsprodukt des Obliquus ext. prof. der Urodelen ist, ist durch die Entwickelung dort ersichtlich geworden. Bei Reptilien ist dies noch festzustellen, doch ist es für die hier vorzunehmende Ver- gleichung belanglos. Jedenfalls ist er bei Urodelen bereits ganz selbstständig geworden und hat sich diese Selbstständigkeit auch bei allen hier untersuchten Reptilienformen bewahrt. Er fehlt bei keiner Form und ist stets durchaus gleich- artir ausgebildet. Der Obliquus ext. profundus der Urodelen ist bei Reptilien weiter ditferenzirt, insofern seine Grundfasern einen Intercostalis ext. bilden. Indem dessen oberflächliche Fasern sich nicht mehr auf einen Interkostalraum beschränken, sondern, Rippen überspringend, einen Intereostalis ext. longus bilden, kann dieser noch weiter ausgebildet werden und eine kontinuirliche Muskellage bilden, deren Insertion mit dem Rectus in kontmuirliche Verbindung tritt (vergl. auch Gapow). Hierdurch wird bei Reptilien ein Verhalten hergestellt, welches die Ableitung des Obliquus ext. profundus + Intercostalis externus aus dem Obliquus ext. profundus der Urodelen nach allen Richtungen sicherstellt. Als Grund für diese komplizirte Differenzirung bei Reptilien fasse ich die vielseitige Leistung auf. Die Rippen haben hier eine schr hohe Bedeutung als Lokomotionsorgane und treten mit den Extremitäten sogar soweit im Konkurrenz, dass die letzteren bedeutungslos werden und eine Rick- bildung bis zu völligem Schwund erleiden können (vergl. Lacerta, Seps, Anguis und die ganze Ordnung der Schlangen). In der ganzen Muskeleruppe des Obliquus externus und Intercostalis externus, welche Muskelbiindel und Schichten verschiedenster Faserlänge und verschiedenster Beziehung zu den Rippen zeigen, ist ein Apparat geschaffen, welcher in der vollkom- mensten Weise die Bewegung einzelner Rippen, sowie verschiedener Rippenkomplexe und schliesslich der ganzen Rumpfwand in der feinst nilancirten Weise ermöglicht. Festschrift für Gegenbaur. al 242 F. MAURER [62 Diese Ausbildung ist nicht gleichartig, sondern im Einzelnen sehr verschieden, wie aus obigen Schilderungen hervorgeht. Die Extreme bilden wohl Hatteria und Uhamaeleo. Letzteres zeigt den ein- fachsten Befund, mdem der gesammte Apparat des Obliquus ext. profundus nur durch einen Intereostalis externus brevis dargestellt ist. Dieser Zustand stimmt noch am meisten mit dem Verhalten bei Urodelen überein, mag er nun durch Rückbildung aus emem komplizirten, Hatteria ähnlichen Befunde hervorgegangen sein, oder ein wirklich primitives Verhalten darstellen. Die dort bestehenden, bindegewebigen Myosepten sind hier durch die knöchern-knorpeligen Rippenspangen ersetzt. Eine Differenzirungsreihe wird dargestellt durch die Formen: Chamaeleo, Gyelodus, Hatteria. Für den Obliquus externus und Intereostalis externus liess sich eme kon- tinuirliche Reihe feststellen, welche die Difterenzirungsweise ganz klarlegte. Die Beziehung zu Urodelen ist ebenfalls daraus erwiesen: Der Obliquus ext. super- ficialis ist bei beiden homolog, der Obliquus ext. profundus der Urodelen stellt den Boden dar für den, Intercostalis ext. brevis, longus und den Obliquus ext. prof. der Reptilien. Der Intercostalis internus und Obliquus internus zeigen dies nicht im gleicher Vollständigkeit, vielleicht wird die hier bestehende Lücke durch Untersuchung weiterer Formen ausgefüllt werden. Es fehlt fir diesen Muskel ein Stadium, wie es durch Oyelodus für den Obliqguus ext. prof. dargeboten wird. Trotzdem muss ich doch den Boden für die Ausbildung des Obliquus internus im Intereostalis internus erblicken, und halte demnach dem Obliguus internus der Urodelen den Intereostalis internus -—- Obliquus internus der Reptilien fir homolog. Wir sahen, dass der Intercostalis internus am Lumbalbezirk des Rumpfes, nachdem die Rippen hier kürzer wurden, emen Obliquus internus abdomimis bildete, dessen Innenfläche aber noch em, sich über die ganze Thoraco-Lumbalwand erstreckender Obliquus internus angeschlossen war. Für diesen letzteren Muskel besteht die Möglich- keit, dass er ganz selbstständig gebildet wurde, oder dass er ein Ditferenzirungsprodukt des Intercostalis internus oder des Transversus ist. Bei Urodelen sahen wir diese Muskelgruppe dargestellt durch den Obliquus internus, welcher dadurch besonderes Interesse hat, dass er der in der Ontogenese zuerst gebildete Muskel der seitlichen Bauchwand ist. Innerhalb dieses Muskels kam später ein Transversus dureh Abspaltung von jenem zur Ausbildung. Wir sahen aber, dass bei Salamandra nach der Metamorphose sich wieder eime Beziehung zwischen Obliguus internus und Transversus herstellte, deren Resultat ein einheitlicher Muskel war, der in seinem dorsalen Ursprung den Charakter des Obliquus internus erhalten zeigte, insoferne er kontinuirlich aus der dorsalen Muskelmasse hervorging, ventral aber durch seinen Uebergang in eine der Dorsaltläche des Reetus aufgelagerte Aponeurose den Charakter des Transversus zeigte. Ein auf diesen Zustand beziehbarer Befund besteht bei den untersuchten Reptilien nieht. Der Transversus ist bei allen im gleicher Weise 63] VENTRALE RUMPFMUSKULATUR EINIGER REPYILIEN. 243 als ganz selbstständiger Muskel entwickelt, genau so wie bei Salamandra oder Triton. Der Obliquus internus aber ist bei Crocodilus und Chamaeleo überhaupt nicht vorhanden, während er bei Lacerta, Uyclodus und Hatteria in gleichmässiger Ausbildung besteht. Während wir aber den Transversus daneben unbeeinflusst und gleichartig in Bezug auf Ausdehnung und Dicke entwickelt sehen, finden sich an dem Intereostalis internus Ungleichheiten in der Ausbildung, welche beweisen, dass gerade dieser Muskel eine Anpassungs- und Ditferenzirungsfähigkeit besitzt, welche dem Transversus fehlt. So sehen wir, dass der Intercostalis internus bei Hatteria, ebenso wie der Intercostalis int., eine kurze und eine lange Portion unterscheiden lässt. Die langen Fasern überspringen eine Rippe, über deren Innenfläche verlaufend. Ebenso verhält es sich bei Lacerta und Uyelodus. Bei Crocodilus besteht auch ein Intercostalis internus longus und brevis. Der Longus ist kräftiger entwickelt, dagegen fehlt ein selbstständiger Obliquus internus vollständig. Der Intercostalis internus selbst bildet nur am Lumbaltheil einen kleinen Obliquus imternus abdominis. Bei Chamaeleo finden wir auch keinen Intercostalis internus longus mehr; der ganze Intereostalis internus ist, wie der Intereostalis internus, bei dieser Form ein kurzer Muskel. So findet man demnach Zustände, welche darauf hinweisen, dass doch gewisse Beziehungen zwischen dem Intereostalis internus und Obliquus internus bestehen, welche einen näheren Anschluss dieses Muskels an jenen gestatten (vergl. auch Ganow). Bei Uroeodilus ist dies aus der stärkeren Ausbildung eines Intereostalis imternus longus beim Fehlen eines selbstständigen Obliquus internus ersichtlich. Hieraus zeigt sich auch, dass der Intereostalis internus den konstantesten Bestandtheil dieser Muskelgruppe darstellt. So fasse ich diesen als homolog dem Muse. obliquus internus der Urodelen auf und betrachte den Intereostalis internus longus ebenso wie den Obliquus internus als Ditterenzirungsprodukte desselben, die erst bei Reptilien zur Ausbildung kommen. Ich bin mir wohl bewusst, wie ich auch oben angab, dass hier noch eine Lücke besteht, insoferne ich noch kein Stadium nachgewiesen habe, im welchem der Inter- costalis internus longus theilweise schon einen gleichmässigen Obliquus internus bildet, wie das bei der Bildung des Obliquus ext. prof. vom Interecostalis ext. longus aus bei Cyelodus besteht; doch ist ein ähnlicher Zustand bei anderen Formen viel- leicht verwirklicht. ‚Jedenfalls ergiebt sich aus dem Vorgeführten eine Wechselwirkung zwischen Intercostalis internus und Obliguus internus. Von einer solehen Beziehung des Obliquus internus zum Transversus ist nichts nachzuweisen. Dieser Muskel, wie er bei Reptilien ausgebildet ist, stimmt mit dem bei Urodelen gleichbenannten Muskel völlig überein, und ich stehe nicht an, ihn mit demselben für vollkommen homolog zu betrachten. Für den Transversus bestehen bei Urodelen die gleichen Entwickelungsbezie- hungen zum Obliquus internus, wie fiir den Obliquus ext. superf. zum Obliquus ext. profundus, d. h. der Transversus bildet sich als ein Abspaltungsprodukt vom Obliquus int. aus. Bei Urodelen bleibt dies z. B. bei Triton so. Bei Salmandra vereinigen sich die Reste des Obliquus int. mit dem Transversus wieder zu einem einheitlichen Muskel. Ob der Transversus auch bei Reptilien als ein erstes Differenzirungs- 31* 244 F. MAURER 164 produkt vom Intereostalis internus aus entsteht, sollen weitere entwickelungsgeschicht- liche Untersuchungen klarstellen. Jedenfalls bieten, wenn man die fertigen Zustände alter Reptilien mit dem Befund z. B. von einem ausgewachsenen Triton vergleicht, beide ganz gleiche Zustände für den Transversus, sodass man berechtigt ist zur Annahme, dass die Reptilien den Transversus von den Urodelen unverändert übernommen haben. Selbstständig weiter differenzirt hat sich dann bei Reptilien der Intercostalis mternus, welcher nicht nur einen Intercostalis internus longus, sondern bei manchen Formen auch eimen Obliguus internus trunci als selbstständigen Muskel hervorgehen liess. Es bleibt hier nur noch em Muskel anzuführen, welchen ich bei Reptilien dem Intereostalis zugerechnet habe und als Intercostalis internus dorsalis longus bezeichnet habe. Mit welchem Muskel der Urodelen ist dieser Muskel zu vergleichen? Es kann hier nur der Musc. subvertebralis in Frage kommen, dem ich den genannten Muskel bei Reptilien für homolog erklären muss. Trotzdem mag ihm bei Reptilien die angegebene Bezeichnung bleiben. Die Berechtigung dieser Deutung ist in Folgendem darzuthun: Der Subvertebralis bildet sich, meinen Ausführungen m einer früheren Arbeit gemäss, aus der einheitlichen Rumpfmuskelmasse und zwar am medialen veu- tralen Winkel des Urwirbels. Der ventrale Ast des Spinalnerven durchsetzt die Muskelfasern an dieser Stelle, sodass ein Theil der Muskelfasern medial vom Nerven liest. Wenn diese Fasern, welche Verbindungen mit den ventralen und seitlichen Flächen der Wirbelkörper eingehen, nun lateralwärts sich weiter ausdehnen und dabei durch die Intermuskularsepten segmentirt bleiben, so liegen sie ventral unter dem Nervenstamm. Wir sahen auch, dass die Fasern dieses Muskels in das dahinter oder davorgelegene Segment übergreifen und dann den regelmässig segmentirten Zustand aufgeben. Stets bedeckt dieser Muskel, wenn man die Innenfläche der dorsalen Rumpfwand untersucht, den ventralen Spmalnervenast. Hierdurch besteht eine Achnlichkeit mit dem Transversus. Wie dieser liest der Subvertebralis direkt ausserhalb des Peritoneum. Die Fasern des letzteren verlaufen schräg im Sinne des Obliquus internus, von welchem sie auch ein Abspaltungsprodukt darstellen, und zwar wie der Transversus weiter ventralwärts. Bei Reptilien findet sich der Muskel in gleicher Beziehung zum ventralen Spinalnervenaste. Sein enger Anschluss an den Intercostalis internus wird dadurch erwiesen, dass an der ganzen Strecke, wo er über die ventrale Fläche der knöchernen Rippen, nahe der Wirbelsäule verläuft, ein kurzer Intereostalis internus fehlt. Der letztere beginnt erst lateral vom Ende des Inter- costalis internus dorsalis longus. Wenn man ihn von der Innenfläche der dorsalen Rumpfwand ablöst, so kommt ausserhalb dieses Muskels sofort der dorsale Theil des Intercostalis ext. zum Vorschein. So besteht die Berechtigung, diesen Muskel bei Reptilien dem Intercostalis zuzurechnen. Bei Urodelen ist er im Subvertebralis vorgebildet. Bei Urodelen bildet er sich wie der Transversus von den primären humpfmuskeln aus als sekundärer Muskel. Löst man ihn bei Urodelen von der inneren Fläche der dorsalen Rumpfwand ab, so legt man den indifferenten, dem vereinigten Obl. int. und ext. prof. entsprechenden Theil der Rumpfmuskulatur bloss. Ich bezeichne ihn bei Reptilien nicht als Subvertebralis, sondern als Intercostalis 65] VENTRALE RUMPFMUSKULATUR EINIGER REPTILIEN. 245 internus dorsalis longus, weil hier seme Beziehung zum Intereostalis internus klar hervortritt (Crocodilus) und seine Funktion als Beweger der dorsalen knöchernen Rippen- schenkel dies ebenfalls zeigt. Wenden wir uns nun zum Rectus, so sind die Verhältnisse bei Reptilien nicht so leicht von den Zuständen bei Urodelen abzuleiten. Durch die stärkere Ausbildung der Sternalplatte tritt eine viel ausgeprägtere Sonderung der prästernalen und post- sternalen Portion des Rectus hervor, als bei Urodelen. Auch zeigt die prästernale eine weitere Sonderung, auf die ich hier indessen nicht eingehen will. Die poststernale Portion des Rectus, die hier allem zu betrachten ist, zeigt im Ganzen komplieirtere Verhältnisse als bei Urodelen. Bei letzteren war stets ein primärer und sekundärer Reetus zu unterscheiden. Der erstere stand in direktem Zusammenhange mit den Musceuli obliquus ext. prof. und internus, welche sich mit ihren ventralen Enden in (diesem Muskel veremigten. Der primäre Rectus stellte also hier das gemeinsame, ventrale Ende dieser beiden Muskeln dar. An der ventralen Kante bildete sich von diesem Muskel aus ein sekundärer Rectus, der sich erstens bis zur ventralen Mittel- linie erstreckte und zweitens sich lateralwärts über den primären Reetus längs dessen ventraler Fläche ausdehnte, sodass er eine oberflächliche Lage einnimmt. In Folge dessen war nun ein Rectus superficialis (sekundär) und ein Rectus profundus (aus dem primären Rectus hervorgegangen) bei Urodelen zu unterscheiden. Alle Recti sind durchgehends segmentirt. Wir finden Unterschiede bei Urodelen insofern, als der primäre Rectus bei Larven und Perennibranchiaten und Derotremen sehr mächtig, der sekundäre nur ganz schwach entwickelt ist. Bei Caducibranchiaten wird der sekundäre Rectus sehr mächtig. Sem lateraler Rand wird durch den Obliquus ext. superficialis so überlagert, dass letzterer auf die ventrale Fläche des Reetus noch eme kurze Strecke verläuft, ehe er in eine Aponeurose übergeht. Der primäre Rectus verhält sich verschieden: bei Triton bewahrt er stets seinen direkten Zusammenhang mit dem Obliquus ext. prof. und internus, bei Salamandra löst er sich ganz ab und bildet ein selbstständiges Muskelband, das vom Becken bis zum Zungenbein verläuft. Bei Reptilien besteht in Chamaeleo eine Form, welche den Rectus in so em- fachem Zustande enthält, wie kein mir bekanntes Amphibium. Und doch lassen sich die Zustände aufeinander beziehen. Die Fasern des Rectus von Chamaeleo sind alle in den ventralen Fasern des Intercostalis ext. und internus enthalten. Wie die Rippen bis zur ventralen Mittellinie verlaufen, so tritt auch die gesammte Rumpfmuskulatur, die sich soweit erstreckt, zu ihnen in Beziehung. Es sind dies die genannten Inter- kostalmuskeln. Ihre Fasern nehmen im Bereich der ventralen Rippenschenkel allmäh- lich einen ganz geraden Verlauf an und entsprechen darum ganz einem primären Rectus der Urodelenlarven. Für den sekundären Reetus ist überhaupt hier kein Platz. Es wurde angegeben, dass derselbe sich vom ventralen Ende des primären teetus aus bis zur ventralen Mittellinie hin zuerst anlege. Ein solcher Raum besteht hier bei Chamaeleo nicht, weil die Rippen selbst bis zu dieser Linie reichen und zwischen ihnen eine Sonderung nur in soweit möglich ist, als Intercostalis int. und ext. zu trennen sind. Bestehen somit bei Chamaeleo so einfache Verhältnisse, dass 246 F. MAURER [66 ein selbstständiger poststernaler Rectus gar nicht zu unterscheiden ist, so finden wir bei Hatteria andere Verhältnisse, die dem Rectus der Reptilien eine selbstständige 3edeutung verleihen. Es ist nicht möglich, gesonderte Portionen des Reetus zu unter- scheiden, welche auf die geschilderten Befunde von Urodelen zu beziehen sind. Es fragt sich nun, ob in dem einheitlichen Reetus von Hatteria die Elemente der beiden Amphibien-Recti enthalten sind, oder ob nur emer derselben hier ausge- bildet ist. Wenn wir in den seitlichen Rumpfmuskeln die primären und sekundären Urodelenmuskeln gefunden haben, die primären nur in viel komplizirtere Verwendung venommen sehen, so ist von vornherein wahrschemlich, dass auch im Reetus die beiden Reeti der Amphibien enthalten sein werden. Zunächst ist der Zusammenhang les lateralen Reetusrandes mit dem Obliquus ext. prof. von Bedeutung, ferner seine Fortsetzung nach vorn und im vordersten Theil seines lateralen Randes diejenige in den Pectoralis und die Verbindung des Intercostalis internus mit seiner dorsalen Fläche. Wie verhalten sich dazu die Verbindungen der Amphibien-Recti? Der primäre Rectus geht an seinem lateralen Rande kontinuirlich in den Obliquus internus sowie m den Obliquus ext. prof. über, und zwar in der Weise, dass seine geraden Fasern allmählich einen schrägen Verlauf im Sinne der beiden genannten Muskeln annehmen. Der sekundäre Reetus hat einen freien lateralen Rand, nur nach vorn ist er es allein, welcher eine Verbindung mit der Sternal-Platte und vor allem mit dem Pectoralis erkennen lässt. Die Verbindung des Intercostalis internus, der Muse. scalares mit dem Reetus bei Reptilien ist wohl eine gleichwerthige mit derjenigen des Obliquus internus mit dem primären Reetus bei Amphibien; denn hier sieht man die Fasern ebenfalls ihren Verlauf dem Reetus anschliessen. Die Verbmdung des Obliquus ext. profundus mit dem lateralen Reetusrande bei Reptilien ist aber wohl nieht so ohne Weiteres derjenigen des gleichbenannten Muskels mit dem Reetus bei Urodelen zu vergleichen. Dass diese Verbindung sekundär entstanden ist, ergiebt der Befund von Cyelodus, wo er nur von den drei ersten Zacken erreicht ist; die hinteren Zacken enden alle als Intercostalis ext. longus an den Rippen. Der primitive Zusammen- hang des Intereostalis ext. mit dem lateralen Rand des Rectus, wenn er bei Reptilien embryonal bestand, muss danach näher der ventralen Mittellinie, auf der dorsalen Fläche des Reetus gewesen sein, nahe bei der Stelle, wo der Intercostalis internus diesen Zusammenhang bewahrt hat. Danach würde der laterale Rand des Reetus bei Hatteria dem freien lateralen Reetusrand des sekundären Urodelenreetus homolog sein. Dieser Rand ist bei Cyelodus auch ebenso frei wie bei Urodelen. Diese Auffassung wird noch weiter begründet durch den Uebergang des vorderen Rectusendes in den Pectoralis. Ich habe bei Urodelen hervorgehoben, dass die Entwickelung der Extre- mitäten-Muskulatur mit der Ausbildung der sekundären Bauchmuskeln zusammenfällt, und dass darin ein Grund liegt, warum der Peetoralis nicht mit dem primären, sondern dem sekundären Reetus m Verbindung steht. Wenn also eine ähnliche Verbindung bei Hatteria besteht, so hat man das Recht, sowie der Peetoralis bei beiden homolog ist, auch den mit ihm m ganz sleicher Weise wie dort verbundenen Muskel bei beiden für homolog zu erklären. 67 VENTRALE RUMPFMUSKULATUR EINIGER REPTILIEN. 947 241 Bei Hatteria treten nun Difterenzirungen des Rectus ein, welche bei Urodelen nicht bestehen. So finden wir die oberflächlichen Fasern durch die Bauchrippen in ihrem Verlauf unterbrochen und dadurch komplizirter segmentirt als die tieferen Fasern. Ferner fanden wir bei Hatteria vor dem Becken jenen dreieckigen bei Hatteria ganz selbstständigen Muskel, dessen Zugehörigkeit zum Rectus durch die Innervation noch zu erkennen ist, bei Oyclodus aber auch durch seinen noch bestehenden muskulösen Zusammenhang mit ihm erwiesen wird. Berücksichtigen wir alle hier für den Reetus bestehenden Verhältnisse bei Urodelen und Hatteria, so ergiebt sich, dass wir die Elemente beider Amphibienrecti im ein- heitlichen Rectus von Hatteria vor uns haben. Sie bleiben bei Hatteria aber zunächst zu einem einheitlichen Muskel vereinigt. Die weiteren Differenzirungen, welche am Rectus von Hatteria zum Theil angedeutet, zum Theil durchgeführt sind: ersteres durch die Ausbildung der Bauchrippen, letzteres im Triangularis profundus, sind Befunde, welehe nicht bei Urodelen vorgebildet sind, sondern als selbstständige, spätere Erwerbungen der Reptilien zu betrachten sind. Es ist für mich noch eime oftene Frage, warum bei Urodelen der sekundäre Rectus sich vom primären Rectus gänzlich ablöst, besonders in seinem medialen Theil. Bei der Tritonlarve ist er noch kontinuirlieh mit ihm verbunden, beim alten Triton taeniatus ist er von ihm abgelöst (vergl. Morph. Jahrb. Bd. 18 Taf. VI Fig. 15 und 14). Bei Hatteria und ebenso den anderen, von mir untersuchten Reptilienformen bestehen in dieser Beziehung offenbar primitivere Verhältnisse. Die bei Urodelen nachweisbare Sonderung in zwei Recti tritt nirgends auf. Dagegen finden wir nun bei anderen Reptilien Weiterbildungen, Difterenzirungen des hectus, welche wie gesagt, nicht bei Urodelen vorbereitet sind, deren Wesen aber vor allem m der Beziehung des Reetus zum Integument zu suchen ist, wie ich das oben sehon aus- führte. Wir sehen, dass diese Beziehung bei Lacerta und Uyelodus zur Bildung eines selbstständigen Reetus lateralis führte, welcher bei Hatteria, Chamaeleo und Croeodilus ganz fehlt. So besitzen die drei letzteren eimen einfacher gebildeten Reetus als die ausgebildeten Urodelen, während Lacerta und Cyclodus ihn nach einer ganz anderen Riehtung weiter gebildet zeigen. Darum habe ich auch für diese verschiedenen Muskeln nicht die gleichen Spezialbezeichnungen gewählt. Haben wir somit hinsichtlich der Schichtung der seitlichen Bauchmuskeln und der Differenzirung des Reetus eine Vergleichung der Zustände bei Urodelen, Amphibien und Reptilien vornehmen können, welche die Verhältnisse der letzteren von jenen wohl ableiten liess, aber bei Reptilien zugleich die Art der Weiter- bildung verständlich machte, so bleiben noch zwei Beziehungen dieser Muskeln zu besprechen, welche hierzu eme Ergänzung liefern. Dies ist erstens die Innervation der Muskeln und zweitens ihre Segmentirung. Hinsichtlich der Innervation bestehen im Allgemeinen bei Urodelen und Reptilien bekanntlich übereinstimmende Verhält- nisse, insofern die gesammte ventrale Rumpfmuskulatur hier wie dort von den Ramı ventrales der Spimalnerven versorgt wird. Was nun im Speziellen den Verlauf >48 F. MAURER [68 des Stammes dieser Nerven betrifft, so sehen wir, dass sie bei Urodelen nahe der Wirbelsäule durch die Masse der Muskelfasern des Urwirbels nahe deren medialem ventralen Winkel hindurch treten und dann innerhalb, ventral von der primären Muskelgruppe liegen, also längs der Innenfläche des Obliquus internus herabverlaufen. Sie waren nım durch zwei Muskeln der Ansicht von der Innenfläche der Rumpfwand entzogen, das ist: erstens durch den Subvertebralis und zweitens durch den Trans- versus. Der erstere bildet sich aus den medial vom Nervenstamm der Wirbelsäule angeschlossenen Muskelfasern aus und schiebt sich über den Nerven lateralwärts ver- schieden weit fort, und dann vom Ursprunge des Transversus an verläuft der Nerv ausserhalb dieses Muskels. Es bestehen aber schon bei Urodelen in dieser Beziehung Unregelmässigkeiten, welchen eine Bedeutung nicht abzusprechen ist. Die wichtigste besteht darin, dass in vielen Fällen der Nervenstamm auch ausserhalb des Obliquus internus verläuft, derart, dass er von grösseren oder kleineren Faserexemplaren dieses Muskels bei der Betrachtung von der Innenfläche der Rumpfwand überlagert wird. Einen solchen Fall habe ich auch von Triton eristatus abgebildet (Morphol. Jahrb. Bd448, Naty Vs Ri ax): Bei Urodelen, wo ein Thorakal- und Lumbalabschnitt des Rumpfes bei der gleichmässigen Rückbildung der Rippen nieht gesondert ist, finden wir auch keme Verschiedenheit m dem Bau der Rumpfwand, und ebenso zeigen die Spinalnerven überall im Wesentlichen gleichen Verlauf. Die oben angedeuteten Unregelmässigkeiten bestehen aber überall, und sie mahnen zur Vorsicht hinsichtlich der Verwendung des Nervenverlaufs bei der Beurtheilung eines Muskels. Bei Reptilien finde ich ver- schiedenes Verhalten am Lumbal- und Thorakalabschnitt des Rumptes. Am Thorax verläuft der ventrale Spinalnervenast bei Hatteria zwischen den beiden Interkostal- muskeln. Man sollte erwarten, dass er gerade ausserhalb des Transversus verliefe. Das thut er nirgends. Von der Wirbelsäule an verläuft er zuerst zwischen Intercostalis internus dorsalis longus und Intercostalis internus. Vom lateralen Ende jenes Muskels an zieht er zwischen den beiden Interkostalmuskeln herab. Man hat natürlich nicht (las Recht, danach alle innerhalb des Spinalnerven gelegenen Muskeln vom Transversus der Urodelen abzuleiten. Das wurde aber schon genügend dargethan. Sucht man nach einem Beginn in der Aenderung des Spimalnervenverlaufes, so sind offenbar jene oben angeführten, schon bei Urodelen auftretenden Unregelmässigkeiten wichtig. Sie zeigen, wie em Theil der Fasern des Obliguus internus auf die mediale Fläche gelangt. Denkt man sich diesen Vorgang weiter gebildet, so erhält man das bei Hatteria, Crocodilus und Lacerta bestehende Verhalten. Gerade dorsal vom Rippenwimkel geht der Ramus lateralis eines jeden Spinalnerven ab und kommt zwischen den Zacken des Obliquus ext. superficialis aussen zum Vorschein. — Untersucht man den Lumbal- abschnitt der Reptilien, so bestehen hier andere Verhältnisse. Der ventrale Spinal- nervenstamm verläuft hier stets ausserhalb des Intercostalis internus dörsalis longus und weiter ventralwärts ausserhalb des Musc. transversus, also an der Innenfläche des Obliguus internus. Das verschiedene Verhalten des Intercostalis internus dorsalis longus ist hier nur insoferne bemerkenswerth, als z. B. bei Cyclodus und Lacerta, 69] VENTRALE RUMPFMUSKULATUR EINIGER REPTILIEN. 249 wo dieser Muskel am ersten Lendenwirbel mit hinterem, freien Rande aufhört, in den dahinter gelegenen Segmenten der Nervenstamm von der Wirbelsäule bis zum Ursprunge des M. transversus subperitoneal verläuft. Bei Crocodilus, wo der genannte Muskel, sich allmählich verschmälernd, weiter nach hinten ausgebildet ist, tritt zwischen den schmächtigeren Partien des Muskels der Nervenstamm ebenfalls in weiterer Ver- laufsstrecke in subperitoneale Lage. Es bestehen demnach bei Reptilien hinsichtlich des Nervenverlaufs am Rumpfe insofern gleiche Verhältnisse wie bei den von Säugethieren bekannten Zuständen, als am Thorax der Nervenstamm zwischen Interecostalis ext. und internus verläuft, am Lumbalbezirk aber zwischen Transversus und Obliquus internus. In anderen Be- ziehungen möchte ich aber die Befunde der Reptilien mit denjenigen bei Säugethieren nicht vergleichen. In einer wichtigen Beziehung sind die ventralen Rumpfmuskeln der Reptilien mit den gleichen Muskeln der Urodelen weiterhin zu vergleichen: das betrifft ihren metameren Bau. Bei Urodelen finden wir bei gewissen Formen eine allen ventralen Rumpfmuskeln gleichmässig zukommende und genau mit der Körpermetamerie über- einstimmende Segmentirung. Am vollkommendsten bestand dies bei Uryptobranchus, wo überhaupt, speziell für die ventrale Rumpfmuskulatur, sehr primitive Zustände gegeben sind. Es besteht hier nur ein einziger Obliquus externus, der aber homolog ist den beiden Obliqui externi anderer Urodelen. Die oberflächlichen Fasern haben sich nur nicht zu einer selbstständigen Lage abgelöst. Ausser dem Obliquus ext. und internus ist auch der Transversus vollkommen entsprechend der Körpermetamerie segmentirt. Der Rectus ist bei allen Formen stets gleichmässig segmentirt in seinem primären und sekundären Teil. Ausser Cryptobranchus zeigt aber keine Urodelen- form alle seitlichen Bauchmuskeln segmentirt, und in der Aufgabe dieses Verhaltens kommt wieder ein Gegensatz der primären und sekundären Muskulatur zum Ausdruck. Der Transversus zeigt bei allen Urodelen (ausser Uryptobranchus) em Uebergreifen der ventralen Fasern in davor gelegene Körpersegmente. Dadurch schwinden unter Verlängerung der Muskelfasern die intermuskulären Septen und es bildet sich eine gleichmässige, nicht von Inskriptionen durchsetzte Muskellage heraus, die nur in ihrem Ursprunge, der an den Myosepten stattfindet, eine metamere Zusammen- setzung erkennen lässt (in der Innervation drückt sich eme solche natürlich ebenfalls aus). Bei Urodelen konnten wir am Transversus diese Ausbildung Schritt für Schritt verfolgen. Uryptobranchus— Menobranchus—Siren—Proteus bilden eme Reihe (vergl. Morph. Jahrb. Bd. XVII, Taf. V, Fig. 10, 9, 8, 7). Bei Siren ist der Transversus ganz unsegmentirt. Auch der Obliquus ext. superficialis zeigt ein Schwinden der intermuskularen Septen. Bei Siredon und Salamandra ist der Muskel noch regelmässig von solchen Septen durchsetzt, bei Triton bildet er eine gleichmässige, unsegmentirte Muskellage, die nur im Zackenursprung einen metameren Aufbau erkennen lässt (vgl. Morphol. Jahrb. Bd. XVIH, Taf. IV, Fig. 1 und 5). Die primären seitlichen Bauchmuskeln, der Obliquus ext. prof. und Obliquus internus, behalten bei allen Urodelen stets ihre segmentirte Beschaffenheit bei. Festschrift für Gegenbanr. 32 250 F. MAURER [70 Bei Reptilien finden wir diese Verhältnisse weiter gebildet. Bei keiner der von mir untersuchten Formen ist der Obliquus ext. superficialis mehr segmentirt. Dieser Muskel ist demnach wohl schon in diesem Zustande von Urodelen her über- nommen worden. Triton würde hier die Ausgangsform darstellen. Der Transversus ist nur bei Chamaeleo segmentirt durch seinen Anschluss an die Rippen. Bei allen übrigen untersuchten Reptilien ist er eme gleichmässige Muskelplatte, die nur durch die Ursprungszacken die metamere Zusammensetzung erkennen lässt. Die Interkostal- muskeln mit dem Obliquus ext. profundus und Obliquus imternus, welche wir den primären Urodelenmuskeln für homolog erklären müssen, sind bei Chamaeleo vollkommen segmentirt, nur am Lumbalabschnitt, der allerdings bloss drei Segmente umfasst, ist init der Rückbildung der Rippen auch die Segmentirung verschwunden. Bei allen iibrigen Formen, die mir vorliegen, finden wir eine Umbildung im Bereich der Inter- kostalmuskeln, welche zuerst Intereostales longi und dann gleichmässige Muskellagen im Obliguus ext. prof. und Obliquus internus hervorgehen lassen. Der Reectus der Urodelen ist durchweg der Körpermetamerie entsprechend segmentirt und bei Reptilien finden wir ihn ebenfalls als den einzigen ventralen Rumpt- muskel, der dureh Inseriptiones tendineae segmentirt ist. Bei Hatteria ist der ganze Reetus segmentirt. Wie seine oberflächlichen Fasern durch die Bauchrippen noch besonders segmentirt sind, wurde mehrfach erwähnt. Bei anderen Reptilien finden wir aber, dass auch der Rectus seinen metameren Aufbau zu verlieren beginnt. Der Rectus lateralis von Lacerta und Cyelodus entbehrt der Inseriptiones tendineae, wird aber von den segmentalen Spmalnerven versorgt. Einen unsegmentirten Reetus internus, den Gavow beschreibt, konnte ich nicht nachweisen, vielmehr finde ich die tiefen Faserlagen des Rectus stets segmentitt, wenn auch die Zahl der Inseriptionen gegenüber den Körpersegmenten eine Vermm- derung erkennen lässt. Die durch Rippen verursachte Segmentirung darf selbstverständlieh nicht ohne Weiteres mit derjenigen, welche durch bindegewebige Intermuskularsepten hervor- gebracht wird, verglichen werden. Ich bm darauf schon oben bei der Vergleichung der verschiedenen Reptilienbefunde eingegangen. Wenn wir hier speziell noch das Verhalten der Muskulatur zu den binde- gewebigen, transversalen Muskelsepten und den Rippen bei den niederen Wirbelthieren vergleichen, so wissen wir durch die Untersuchungen von GorrmE, dass bei Fischen zwei Formen von Rippen vorkommen, die einerseits durch die Art ihrer Verbindung mit der Wirbelsäule, andererseits aber durch ihr Verhältniss zur Muskulatur und den intermuskularen Bindegewebssepten verschieden sind. Durch Görrerr sind diese Beziehungen genauer erforscht und dargelegt worden und ich führe seine Resultate hier an. Ich sche ab von der verschiedenen Art und Weise der Arti- kulation der Rippen an der Wirbelsäule und beschränke mich auf die Verschieden- heit der Rippenspange in ihrem Verlaufe. Da finden wir, dass bei Calamoichtlys und Polypterus in ausgebildeter Weise zwei Rippenpaare an jedem Rumpfwirbel 71] VENTRALE RUMPFMUSKULATUR EINIGER REPTILIEN. 25] bestehen. Ein oberes (dorsales) erstreckt sich in das längs verlaufende Septum, welches die dorsale von der ventralen Rumpfmuskelmasse trennt. Das freie Ende dieser dorsalen Rippe erreicht die Seitenlimie und biegt an der lateralen Oberfläche der ventralen Rumpfmuskulatur leicht ventralwärts um. Sie liegt genau an der Stelle, wo ein transversales Muskelseptum auf jenes längs verlaufende, dorsale und ventrale Rumpfmuskelmasse trennende Septum stösst. Das zweite, untere oder ventrale Rippenpaar liegt subperitoneal im transversalen Muskelseptum, also an der medialen Fläche der ventralen Rumpfmuskulatur. Diese beiden Rippenpaare sind bei den angegebenen Formen kräftig ausgebildet. Bei Knochenfischen sind die ven- tralen Rippen stark entwickelt, die dorsalen sind ganz rudimentär. Bei Selachiern sind nur die dorsalen Rippen stark ausgebildet, die ventralen sind rückgebildet. Nach den übereinstimmenden Angaben von Goertz und Görrert sind die rudimentären einzigen Rippen der Amphibien homolog den dorsalen Rippen der Fische, und auch die Reptilienrippen sind hier anzuschliessen. Es bestehen Verschiedenheiten in der Art und Weise der Angliederung an die Wirbelsäule, die noch genauer zu erforschen sind, das soll hier nicht weiter erörtert werden. Für mich ist nur von Bedeutung, wie die Rippe, wenn sie eine grössere Längenausdehnung besitzt als bei Amphibien, zwischen die Schichten der ventralen Rumpfmuskeln hinein kommt. Bei den meisten Urodelen erstreckt sich die Rippe nur an der Grenze zwischen dorsaler und ventraler Rumpfmuskulatur bis zur lateralen Fläche der Muskulatur. Bei einigen Formen ist die Spitze der Rippe leicht ventralwärts umgebogen, bleibt aber an der lateralen Muskelfläche. Doch scheint ein von Görrerr angegebener Befund hier den Weg zu zeigen. Bei Menobranchus finden sich lange Sakralrippen ausgebildet und diese durchsetzen die ventrale Muskelmasse, sodass hier ein Beispiel vorliegt, an dem man erkennt, dass eine oberflächlich im Intermuskularseptum gelegene Rippe in dieses Septum einrückt und nun auch Verbindungen mit den ventralen kumpfmuskeln eingeht. Es ist nun sehr wahrschemlich, dass die rudimentären Rippen unserer heute lebenden Amphibien dieser Wirbelthiergruppe nicht von vornherein zukommen. Wir kennen von Stegocephalen neben Formen mit kurzen, auch Formen mit langen, sehr wohl entwickelten Rippen, welche grosse Aehnlichkeit mit den Zu- ständen bei Hatteria zeigen. Es kann also der rippenfreie Zustand der seitlichen Bauchwand und ihrer Muskeln durch Schwund der Rippen entstanden sein. Dann würde Menobranchus mit semen Sakralrippen zeigen, dass diese Rippen zwischen den Bauchmuskeln bestanden haben. Ausser diesen Rippen bestanden aber bei Urodelen im primitiven Zustand die sämmtlichen Schichten der ven- tralen Rumpfmuskeln durchsetzende bindegewebige Myosepten, welchen dieseknöchernen oder knorpeligen Rippen eingelagert waren. Von solehem Befunde aus sind die Reptilienzustände abzuleiten. Bei Urodelen sahen wir, wie die der Innenfläche sowie die der Aussenfläche der Bauch- wand zunächst liegenden Muskeln die bindegewebigen Septen verlieren und zu gleich- mässigen Muskelplatten werden. 252 F. MAURER [72 Die dazwischen gelegenen Muskeln bleiben segmentirt: Bei Urodelen nur durch bindegewebige Septen, weil die Rippen rückgebildet sind, bei Reptilien durch knöcherne Rippen, wodurch die Interkostalmuskeln zu Stande kommen. An deren Innen- und Aussenfläche liegen unsegmentirte Muskellagen. Die bindegewebigen Septen sind geschwunden, nur die Rippen beherrschen ausser der Innervation den segmentalen Charakter der seitlichen Bauchmuskeln. An dem Reetus und den dorsalen Rumpf- muskeln sind bindegewebige Intermuskularsepten aber auch bei Reptilien erhalten. Ohamaeleo ist deshalb eine interessante Reptilienform hinsichtlich der ventralen Rumpfmuskulatur, weil hier die knöchernen Rippen die ganze Dieke dieser Muskulatur durchsetzen und alle seitlichen Muskeln mit dem Transversus und Rectus zu gleichartig segmentirten Muskeln machen. Der Obliquus ext. superhicial. allein ist eine freie, selb- ständige, unsegmentirte Muskelplatte, welche über die Aussenfläche der ventralen Rippenschenkel verläuft. Die Rippen verhalten sich hier so wie die bindegewebigen Myosepten bei Urodelen. Bei beiden Formen sind die Verhältnisse in ihrer Art durch Rückbildung entstandene, und doch zeigen sie uns einen Zustand der Muskulatur, welcher mit dem, was man als primitiv betrachten muss, völlig übereinstimmt. Die Entwickelungsgeschichte der ventralen Rumpfmuskulatur bei Reptilien soll später genauer dargestellt werden; ich will hier nur zum Schlusse noch anführen, dass bei der Eidechse embryonal em ventraler Myotomtfortsatz von den Urwirbeln aus in gleicher Weise zur Entwickelung kommt wie bei Triton und Siredon. Es wird dadurch eine wichtige Thatsache geboten für die oben ausgeführte Anschauung, dass in der ventralen Rumpfmuskulatur der Reptilien auch die primäre Muskulatur der Urodelen enthalten ist. Heidelberg, Februar 1896. 73] VENTRALE RUMPFMUSKULATUR EINIGER REPTILIEN. SD) x o» Litteratur- Verzeiehniss. 1. Burrmann, De musculis Crocodili. Inaugur.-Dissert. Halle 1826. . Gapow, H., Untersuchungen über die Bauchmuskeln der Krokodile, Eidechsen und Schildkröten, (Morphol. Jahrbuch, Bd. VII, 1881.) 3. GEGENBAUR, (., Grundriss der vergleichenden Anatomie. 2. Aufl. Leipzig 1878. 4. GÖPPERT, Untersuchungen zur Morphologie der Fischrippen. (Morphol. Jahrb. Bd. XXIII) 5. Görrert, Die Morphologie der Amphibienrippen (in dieser Festschrift). [80 6. GoETTE, Die Entwickelungsgeschichte der Unke. Leipzig 1875. 7. Gorzkı, C., Ueber das Becken der Saurier. Inaug.-Dissert. Dorpat 1852. 8. Hunparey, G. M., Observations in Myology. Cambridge and London 1872. 9. Huxrey, Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. Deutsch von RATzEL, Breslau 1873. 10. MAURER, F., Der Aufbau und die Entwickelung der ventralen Rumpfmuskulatur bei den urodelen Amphibien ete. (Morphol. Jahrbuch, Bd. XVIII) 11. MAURER, F., Die ventrale Rumpfmuskulatur der anuren Amphibien. (Morphol. Jahrb., Bd. XXII.) 12. MECKEL, J. F., System der vergleichenden Anatomie. Bd. III, Halle 1828. 13. Mivart, G., Notes on the Myology of Iguana tubereulata. (Proceed. Zoolog. Soc., London 1867.) 14. MÜLLER, JoH., Vergleichende Anatomie der Myxinoideen (erster Theil: Osteologie und Myologie). (Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften, Berlin, aus dem Jahre 1834, heraus- gegeben 1836.) 15. Owen, R., On the Anatomy of Vertebrates. Vol. I. Fishes and Reptiles. London 1866. 16. RATHke, H., Untersuchungen über die Entwickelung und den Körperbau der Krokodile. Heraus- gegeben von W. v. Wittich, Braunschweig 1866. 17. SCHNEIDER, A., Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Entwickelungsgeschichte der Wirbelthiere, Berlin 1879. 18. SıeBorLD und Srannıus, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Berlin 1846. 19. WIEDERSHEIM, R., Grundriss der Wirbelthiere. 3. Auflage, Jena 1893. 20. WIEDERSHEIM, R., Die Anatomie der Gymnophionen. Jena 1879. Tafel-Erklärung. € | Y Tafel I. Fig. 1—4. Ventrale Rumpfmuskulatur von Hatteria, seitliche Ansicht. Fig. 1. Oberflächliche Schicht, nach Wegnahme des Integumentes. oes: Muse. obliquus externus superficialis. r: Rectus superficialis, von der Aponeurose des Obl. ext. superficialis bedeckt. p: Musc, pectoralis. ie: Muse, ileocostalis, pu: Processus uncinati costarum. pul: der Processus uneinatus der ersten Sternalrippe. pl: Processus lateralis pelvis. Fig. 2. Zweite Muskelschicht, nach Wegnahme des Musc. obliquus ext. superficialis mit seiner Aponeurose. oep: Muse. obliquus externus profundus. r: Musc. rectus superficialis mit den Bauchrippen, el: erste Sternalrippe. 254 F. MAURER [74 Fig. 3. Dritte Muskelschicht, nach Wegnahme des Musc. obliquus ext. profundus und des Musculus rectus. ice: Muse. intercostalis externus longus und brevis. iev: Muse. intercostalis ventralis. el: erste Sternalrippe. evI: erste Bauchrippe. St: Sternalplatte. Fig. 4. Vierte Muskelschicht, nach Wegnahme des Ileocostalis, Muse. intercostalis externus und der Bauchrippen. Auch die Processus uneinati sind abgetrennt. iei: Muse. intercostalis internus. ieid: Muse. intercostalis internus dorsalis longus. tr: Muse. triangularis. el: erste Sternalrippe. Tafel 1. Fig. 5 und 6. Fortsetzung der Tafel I: Die zwei tiefsten Lagen der ventralen Rumpf- inuskulatur von Hatteria in seitlicher Ansicht. Fig. 5. Fünfte Muskelschicht, nach Wegnahme des Muse. intercostalis internus und Intercostalis ventralis, sowie der Rippen, welche im oberen Drittel ihrer dorsalen Schenkel durchgetrennt wurden; nur die 8. und 9. Rippe wurde länger stehen gelassen und damit die Insertion des Muse. intercostalis internus dorsalis longus und der Ursprung zweier Zacken des Musc. obliquus internus erhalten. An den übrigen Rippen sind diese Muskelansätze abgelöst von den Rippen, aber in ihrer natürlichen Lage erhalten. oi: Muse. obliquus internus; bei x tritt der darunter liegende Muse. transversus zu Tage. icid: Muse. intereostalis internus dorsalis longus, bei y ist der direkte Anschluss des Intereostalis internus brevis an dessen lateralem Rand zu erkennen. tr: Muse. triangularis. eI: erste Sternal-Rippe. St: Sternal-Platte. pl: Processus lateralis pelvis. Fig. 6. Sechste, tiefste Muskelschicht, nach Wegnahme des Obliquus internus, Triangularis und Intereostalis internus dorsalis longus. mtr: Musc. transversus. pe: Pericardium. St: Sternal- Platte. Alle Rippen sind soweit abgetragen, dass nur die am weitesten dorsal von jeder Rippe entspringenden Fasern einer jeden Zacke in ihrem Ursprung von der Rippe erhalten sind, alle weiteren Fasern jeder Zacke sind genau am Ursprung abgetrennt, aber in ihrer natürlichen Lage erhalten. Fig. 7. Ventrale Rumpfmuskulatur von Cyelodus. Fig. 7. Seitliche Ansicht der vorderen Rumpfhälfte von Cyelodus, nach Wegnahme des Schulter- gürtels und seiner Muskeln, sowie des Muse. obliquus ext. superficialis. oep: Musc. obliquus externus profundus, welcher nur an .den drei vordersten Rippen ausgebildet ist; nach hinten setzt er sich als inter- ceostalis externus longus (icel) fort. iceb: Intercostalis ext. brevis, an einem Metamer, nach Wegnahme des Intercost. ext. long. dargestellt. iei: Muse. intereostalis internus und ieid: Muse. intercostalis internus dorsalis longus, nach Wegnahme des Intercostalis externus brevis und des Ileocostalis (ie) sichtbar. iev, sc: Muse. intereostalis ventralis, scalaris, in den Musc. reetus (r) übergehend. Um das sichtbar zu machen, ist vom Rectus ein Stück herausgeschnitten, durch Punktlinie angedeutet. iev: Musc. inter- costalis ventralis. St: Sternalplatte. eI: erste Sternal-Rippe. Fig. S—-10. Ventrale Rumpfmuskulatur von Lacerta agilis. Fig. 8 Vordere Körperhälfte in Seitenansicht. Nach Wegnahme des Integumentes ist die ober- flächlichste Muskellage dargestellt. oes: Muse. obliquus externus superfieialis. p: Musc. pectoralis. rm: Rectus medialis. rl: Musc. rectus lateralis. Fig. 9. Seitenansicht der zweiten Muskellage, nach Wegnahme des Muse. obliquus ext. super- fiecialis und des Schultergürtels mit seinen Muskeln. In der vorderen Körperhälfte ist auch der Rectus —] [s7] VENTRALE RUMPFMUSKULATUR EINIGER REPTILIEN. >55 lateralis abgetragen (vergl. Fig. 8). oep: Muse. obliquus externus profundus. rm: Musc. reetus medialis. rl: Muse. reetus lateralis. St: Sternal-Plattee An zwei Segmenten ist der Muse. obliquus ext. profundus abgetragen, dadurch wird sichtbar: ice: der Musc. intercostalis externus und ici: Muse. intercostalis internus, welcher hier zugleich ventralwärts einen oberflächlichen obliquus internus bildet. Pl: Processus lateralis pelvis. Fig. 10. Ventrale Muskulatur von der Bauchfläche aus gesehen. p: Muse. Peetoralis. oes: Muse. obliquus externus superficialis. oep: Muse. obliquus externus profundus. rl: Musc. reetus lateralis. rm: Muse. reetus medialis. iei: Intercostalis internus. oi: Muse. obliquus internus. tr: Muse. transversus. t: Muse. triangularis. Die linke Seite der Figur zeigt die oberflächlichste Muskellage, nur ein kleines Stück des Obliquus ext. superfieialis und Rectus lateralis ist abgetragen, um oep: den Muse. obliquus ext. profundus sichtbar zu machen. Auf der rechten Seite der Figur ist in der oberen Hälfte der ganze Rectus lateralis und Obliquus ext. superficialis abgetragen. In der unteren Hälfte ist auch der Obliquus ext. profundus, sowie der Reetus medialis entfernt, sowie von. oben nach unten zuerst seitlich der Intercostalis internus, dann der Obliquus internus abgetragen, sodass der Transversus noch eine Strecke weit sichtbar ist. Fig. 11. Hatteria. Fig. 11. Einige Metamere der rechten Hälfte der Bauchwand von Hatteria, von der Innen- fläche aus gesehen, nachdem sie von der ventralen Mittellinie her nach aussen geschlagen wurde. Von oben nach unten ist zuerst das Peritoneum, dann allmählich die verschiedenen Muskellagen abgetragen, sodass wieder die verschiedenen Schichten sichtbar werden. v: Wirbelkörper. 4: vierter Brustwirbelkörper. la: Linea alba. tr: Muse. transversus. oi: Muse. obliquus internus. ici: Muse. intercostalis internus longus und brevis. icid: Muse. intercostalis internus longus dorsalis. ice: Musc. intercostalis externus. oep: Obl. ext. profundus. oes: Musc. obliquus externus superficialis. rp: Muse. rectus profundus. rs: Muse. rectus superficialis. Tafel. Fig. 12. Ventrale Rumpfmuskulatur von Hatteria, von der Bauchtläche aus gesehen. Die linke Seite der Figur zeigt die oberflächliche Muskellage nach Wegnahme des Integuments, nur der vordere Theil des Musc. pectoralis ist abgetragen, um die von der Sternalplatte nach vorn ver- laufenden Muskelplatten sichtbar zu machen, welche dem System des Rectus zugehören. Auf der rechten Hälfte der Figur ist der Pectoralis, ferner die Obliqui externi superficialis und profundus, sowie der Rectus beseitigt. Auch die Sternalplatte ist auf dieser Seite grossentheils wegge- nommen. p: Muse. pectoralis. oes: Musc. obliquus externus superfieialis. rs: Musc. Reetus superfieialis. rp: Muse. reetus profundus, an zwei Segmenten sichtbar gemacht durch Wegnahme der Fasern des ober- flächlichen Recetus mit zwei Bauchrippen. ici: Muse. Intercostalis internus. iev: Muse. intereostalis ventralis. tr: Musc. triangularis, bei x: Ursprungsfasern desselben, welche sich dem Muse. intercostalis ventralis anschliessen. pl: Processus lateralis pelvis. Fig. 13—15. Einige Metamere der Bauchwand verschiedener Reptilien von der Innenfläche gesehen. Die Thiere in Rückenlage wurden längs der Linea alba eröffnet und die Bauchwand lateralwärts auseinander geschlagen. Dann wurde nach Herausnahme der Intestina das Peritoneum vorsichtig abge- tragen und von oben nach unten allmählich die einzelnen Muskellagen entfernt, sodass die verschiedenen Schichten sichtbar werden. 256 F. MAURER, VENTRALE RUMPFMUSKULATUR EINIGER REPTILIEN, [76 Fig. 13. Ein Stück der rechten Bauchwand von Chamaeleo. 4: Körper des vierten Brust- wirbels. tr: Muse. transversus. la: Linea alba. icid: Musc. intercostalis internus dorsalis longus. iei: Muse. intercostalis internus. ice: Musc. intercostalis externus. Fig. 14. Ein Stück der linken Bauchwand von Crocodilus. Bezeichnungen siehe Fig. 13. Fig. 15. Ein Stück der rechten Bauchwand von Üyelodus. 8: Körper des achten Brustwirbels. oi: Muse. Obliquus internus. iev: Musc. intercostalis ventralis (scalaris). rm: Muse. Rectus medialis. rl: Muse. rectus lateralis. Die übrigen Bezeichnungen siehe Fig. 13. Tafel IV. Fig. 16 und 17. Ventrale Rumpfmuskulatur von Crocodilus, Seitenansicht. K: Kopt-, S: Schwanzende. Fig. 16. Oberflächlichste Muskellage nach Wegnahme des Integuments. ie: Muse. ileo-costalis. p: Muse. pectoralis. oes: Muse. obliquus externus superficjalis. Bei oep ist derselbe an einem Segment weggenommen, um den Muse. obliquus ext. profundus (oep) zu zeigen. r: Musc. Recetus. te: Muse. truneo-caudalis. Fig. 17. Tiefere Muskellagen, nach Wegnahme des Schultergürtels mit seinen Muskeln, sowie des Obliquus externus superficialis und profundus. ice: Musc. intercostalis externus. iei: Musc. inter- costalis internus. icioi: Dessen lumbaler Theil, wo er den einzigen Muse. obliquus internus dieser Form darstellt. icid: Musc. intercostalis internus dorsalis longus. r: Musc. reetus mit den Bauchrippen. tr: Musc. transversus. ic: Muse. ileo-costalis. St: Sternalplatte. Fig. 15 und 19. Die ventrale Rumpfmuskulatur von Chamaeleo, Seitenansicht. Fig. 18. Oberflächlichste Muskellage nach Wegnahme des Integumentes. p: Musc. pectoralis. ic: Ileocostalis. oe: Einziger Musc. obliquus externus dieser Form. Bei ieid: ist der Ileocostalis an zwei Segmenten, sowie ein Stück einer Rippe weggenommen, um zu zeigen: icid: den Muse. intercostalis internus dorsalis longus und ice: den Muse. intercostalis externus. Fig. 19. Schultergürtel sowie Muse. ileocostalis, obliquus ext. und intercostalis externus abge- tragen zur Demonstration der tiefen Muskellagen. ici: Muse. intercostalis internus. oi: Derselbe bildet im Lumbaltheil den einzigen Obliquus internus dieser Form. r: Muse rectus, nach vorn sich direkt in den Intereostalis internus fortsetzend. icid: Musc. intercostalis internus dorsalis longus. An drei mitt- leren Rumpfsegmenten ist der intereostalis internus weggenommen. Dadurch kommt der Musc. transversus (tr) zum Vorschein, welcher an den Rippen nicht nur entspringt, sondern auch zum Theil inserirt (vergl. Taf. III, Fig. 13). P: Peritoneum. ü Inhalts - Uebersicht. Seite Einleitung . e > 5 - - 2 ; E : 5 : e . : : 183 Litteraturbesprochung. 3 : s » : ß i \ : ; > : £ 186 Befunde. ; 3 5 6 : 5 : e 5 : ; ö 5 6 2 5 191 Hatteria 5 ı : 5 £ : 5 : 5 : 3 5 ; 2 5 191 Lacerta : - : b : ° s 5 : i q ; 5 : 2 202 Crocodilus . 5 : ; ; » ; ö 3 . : : ; : 207 Chamaeleo . : : 5 \ ; : . : i : ; & 5 212 Cyelodus . : - A 3 : : 5 : ! : e E e & 216 Vergleichung der verschiedenen Befunde und ihre Bedeutung . : : : 219 Vergleichung der Verhältnisse der ventralen Rumpfmuskulatur bei Reptilien mit den Befunden bei Amphibien . : - i 6 ö B o i 237 Litteratur-Verzeichniss 5 ; ö 5 5 : > ; ö ; . 2 5 253 Tafel-Erklärung ; b 5 ; : e : - : : : 4 : i : 253 Festschrift für Gegenbaur. . 33 a DE ENG TE NEN Der S Festschrift für. Gegenbaur. Maurer TafT:. B: ö Hatteria Hatteriw > U B ö ? EMaurer del Verlag von Wilhelm Engelmann. ın Leipzig. Lüh.Ansew Werner &Wınbr, Fronkfürk IM, f I Festschrift für Gegenbaur Maurer Taf U. Hatteria Sy N I Il Hatteria E Maurer del Verlag von Wilhelm Engelmann. in Leipzig. Jh. Aust. cWerner Kilintez Frankfürk HM. Festschrift für Gegenbaur. Maurer Taf. II. | Chamaeleo \ \ | N 19: 0— —— — — ——GI = AL) cröcodilus IN) | I | I) D D— = = 6 A = — >; li ——L ZZ Ei PT u \ \ 0A m IBENN > 7 Re) . “ Maurer del Verlag vor Wilhelm Engelmann — . Lüb:Anse vWerner Alfinter, ——— HM. t Festschrift für Gegenbaur . Maurer Taf! W. Chamaeleo FMaarer dei Verlan vor Wilhelm Engelmann »s Zeipzig. Zilk AnskirWerner &Winten Frankfurt #DE. %, DIE BRUSTFLOSSE DER CROSSOPTER YGIER EIN BEITRAG ZUR ANWENDUNG DER ARCHIPTERYGIUM-THEORIE AUF DIE GLIED- MAASSEN DER LANDWIRBELTHIERE VON DR. HERMANN KLAATSCH 0. PROFESSOR UND ASSISTENT AM ANATOMISCHEN INSTITUT ZU HEIDELBERG. MIT TAFEL I—IV UND 42 FIGUREN IM TEXT. 99 EINEELLUNG Die Anregung zu der vorliegenden Arbeit wurde mir gegeben durch GEGEX- Baur s neueste Publikation über das Gliedmaassenskelet der Fische (1894). Durch eime erneute Untersuchung des Flossenskelets der Urossopterygier war er dazu geführt worden, dies Objekt mit Rücksicht auf die Archipterygiumtheorie anders als früher zu beurtheilen. Hierdurch wurde die Vergleichung des Flossen- skelets bei Crossopterygiern, Dipnoern und Selachiern in einer neuen Weise durch- führbar, indem bei jeder dieser Abtheilungen die eigenartige Entfaltung einer gemem- samen Urform sich oftfenbarte. Als solche stellte sich das Archipterygium heraus, eine biserial mit Strahlen besetzte Knorpelaxe. Bei diesem Anlass wies GEGENBAUR mit grosser Umsicht und Schärfe alle jene, in neuerer Zeit aufgetauchten, einseitig embryologischen Theorien zurück, welche die Archipterygium-Lehre zu gefährden gesucht hatten. Die Arbeit Gesensaur’s beschäftigt sich nur mit den Fischen. Jene andere Seite der Frage, wie denn die Landwirbelthiere bezüglich ihres Gliedmaassen- skelets mit den Fischen zu verknüpfen seien, wurde von ihm nicht berührt. Dennoch schien es mir beim Studium der Geerxsaur’schen Arbeit, dass dieselbe auch für den oben bezeichneten Theil des ganzen Problems von grosser Bedeutung werden könnte. Vor allem war es die primitive Stellung des Crossopterygier-Zustandes, welche mir geeignet schien, die ganze Frage in neue Bahnen zu lenken. Die Selachier zeigten sich noch deutlicher als früher in ihrer einseitig entwickelten Richtung. Dazu kam, dass gewisse gemeinsame Charaktere des Urossopterygiums und Cheiropterygiums zum Nachdenken anregen mussten. Damit war natürlich nichts als eine Idee gegeben, und diese erwies sich als solche nicht als neu. Von Emery war dieselbe zuerst vor- gebracht worden, indem derselbe eine ganz direkte Verknüpfung der beiden, in Frage kommenden Objekte annahm; dann hatte Porzarp sich dieser Hypothese bemächtigt; endlich ist Every in allerneuester Zeit noch einmal auf diesen neuen Versuch, eines der schwierigsten Probleme der Morphologie zu lösen, zurückgekommen. Das Studium dieser Arbeiten bestärkte mich in der Vermuthung, dass die ihnen zu Grunde liegende Idee etwas Wahres enthalten müsse, wenn auch die Aus- 262 HERMANN KLAatTscH [4 führung des Gedankens bei beiden Autoren mich kemeswegs befriedigen konnte. Ich vermisste eine genauere Feststellung der Thatsachen bezüglich der Crossoptery- sier, und die Vergleichung liess grosse Lücken erkennen, gerade in fundamentalen Punkten. Hierdurch will ich das Verdienst dieser Forscher nicht schmälern. Sie haben den richtigen Weg erkannt, wenn sie ihn auch nicht bis zum Ziele verfolgt haben. Um zu diesem zu gelangen, erschien es mir nöthig, auf emer breiten Basis die Vergleichung aufzubauen. In erster Linie war es geboten, das neue Vergleichungsobjekt, die Brustflosse der Crossopterygier selbst emer genauen Prüfung zu unterziehen, und zwar nicht nur bezüglich des Skelets, auf welches sich die bisherigen Vergleichungen beschränkt hatten, sondern auch mit Rücksicht auf die Weichtheile, die Muskeln und Nerven. Auch allgememere Verhältnisse, wie Form, Stellung, Bewegungen der Flosse durften nicht vernachlässigt werden. Ein relativ reichliches Material an Polypterus und Calamoichthys unterstützte mich bei diesem Vorhaben. Besonders fruchtbringend war die Möglichkeit, von dem letztgenannten, seltenen Ganoiden mehrere Stufen ver- schiedener Ausbildung der Flosse, zum Theil auch auf Schnitten untersuchen zu können. So wurde em Fundament gewonnen, welches eine genauere morphologische Verwerthung der T'hatsachen „estattete. Zunächst masste die Stellung des Urosso- pterygiums selbst zu anderen Archipterygiumformen dargelegt werden und in diesem Punkte konnte ich mich einerseits kurz fassen, da mich eigene Prüfungen vollständig zu den von GEGENBAUR ausgesprochenen Anschauungen führten; andererseits musste ich diesen Theil der Arbeit einschränken, theils um nicht die gesteckten Grenzen zu überschreiten, theils aus Mangel an geeignetem Material. Das Gewonnene genügte aber, um die Vergleichung des Ichthyopteryeium mit dem Cheiropterygium im All- gemeinen so weit durchführen zu können, dass sich die nähere Beziehung des letzteren zum Archipteryeium der Urossopterygier, als zu dem der Dipnoer und Selachier ergab, ein Resultat, welches auch durch die Untersuchung anderer Organsysteme gestützt wird. Damit war die Berechtigung emer spezielleren Vergleichung zwischen Urosso- pterygium und Cheiropterygium gewonnen, und das Ergebniss derselben führte zur Anwendung der Archipterygiumtheorie auf das Cheiropterygium in einer neuen Weise, wodurch Exwery’s und Porrarn’s Vermuthungen theils ergänzt, theils bestätigt, theils korrigirt worden sind. Welche Stellung ich den anderen Gliedmaassentheorien gegenüber einnehme, ergiebt sich aus der Arbeit selbst. Wenn ich in manchen Punkten von den früheren Lehren abwich, so wird man, hofte ich, erkennen, dass dies nicht in leichtfertiger Weise geschehen ist. In den Hauptpunkten liefert meine Arbeit eine Bestätigung der von GEGENBAUR geschaffenen Grundanschauungen. 5) BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 263 I. Zur Anatomie des Crossopterygiums. Wenn auch die anatomischen Verhältnisse der Urossopterygierflosse von verschiedenen Seiten her zum Gegenstand der Untersuchung gemacht worden sind, so fehlt es doch an einer Bearbeitung dieses Gebietes, welehe hinreichend gründlich und gleichmässig durchgeführt wäre, um als Basis für weitreichende, vergleichend- anatomische Betrachtungen dienen zu können. Aus diesem Grunde kann eine ein- gehende Behandlung des wichtigen Objektes nicht vermieden werden, eines Objektes, dessen Verknüpfung mit höhern und niedern Zuständen in den folgenden Kapiteln dargelegt werden soll. Hier handelt es sich zunächst um eme rein desriptive Darstellung der thatsächlichen Verhältnisse, und zwar aller Punkte, welche für eine vollständige und eimheitliche Erfassung des Objektes von Bedeutung sind. Nicht nur die inneren Befunde des Skelets, der Nerven, der Muskulatur, auch die äusseren Eigenthümlich- keiten der Brustflosse des Polypterus und des Öalamoichthys sollen in den Kreis der Betrachtung gezogen werden. Wenn hierbei manches Detail der Erwähnung werth gehalten wird, welches auf den ersten Blick zum Theil als selbstverständlich, zum Theil unwesentlich erscheinen könnte, so werden die späteren Betrachtungen das ein- seschlagene Verfahren rechtfertigen. Es wird sich zeigen, dass die einzelnen Theile der Flosse recht verschieden genau behandelt worden sind. Ueber das Skelet sind wir bisher am besten unter- richtet, namentlich durch Gesexgaur’s Angaben; Muskulatur und Nerven sind sehr wenig bisher berücksichtigt worden — wir waren darin wesentlich auf Porrarp’s kurze Mittheilungen angewiesen — und gerade die äusseren Verhältnisse der Form und Haltung der Brustflosse der betreffenden Ganoiden sind nirgends übersichtlich dargestellt worden. Ich hatte das Glück, über ein ziemlich reichliches Material der seltenen und werthvollen Objekte zu verfügen. Von Polypterus lagen mir drei ganze Exemplare verschiedener Länge (43 cm, 50 cm, 65 em) vor. ‚Jugendliche Stadien konnte ich leider nicht erlangen, nur ein Skelet, das offenbar einem relativ kleinen Thier angehörte, fand ich im der hiesigen Sammlung vor. Von Calamoichthys hingegen standen mir gerade einige Jüngere Stadien zur Verfügung. Besonders werthvoll war mir ein nur 12 em langes Exemplar, ferner ein solches von 25 cm Länge, von denen auch Schnittpräparate angefertigt wurden. Von einem dritten ca. 15 cm langen Objekt konnte ich das Flossenskelet untersuchen. Diese verschiedenen Materialien ergänzen sich gegenseitig. Naturgemäss werden die einzelnen Theile bald an diesem, bald an jenem Vertreter der Crossopterygier besonders zur Prüfung sich eignen; für die gröbern Verhältnisse der Muskeln und Nerven leistet der viel grössere Polypterus bessere Dienste als Calamoichthys, der wieder mehr für die feineren Verhältnisse herangezogen wurde. 264 HERMANN KLAATscH [6 Im Ganzen sind ja die Zustände bei beiden Formen im Wesentlichen über- einstimmende. Die Hintergliedmaasse, welche bekanntlich nur noch bei Polypterus und auch hier in reduzirter Form vorhanden ist, habe ich nicht weiter berücksichtist, da sie für unsere Zwecke keine weitere Bedeutung weder im positiven noch negativen Sinne besitzt, und da der rudimentäre Charakter derselben ausser Zweifel steht. A. Aeussere Verhältnisse, Form, Stellung und Bewegungen. Die Lage der Brusttlosse ist bei beiden Crossopterygiern durch die Beziehung des Schultergürtels zum Eingang der Kiemenhöhle gegeben, deren hintere Umrandung derselbe erst liefert. Der Opereularapparat kann bei der natürlichen Lagerung der Theile den Schultergiürtel und auch noch die Ursprungsstelle der Extremität über- vagen; dies ist namentlich bei dem jungen Calamoichthys der Fall: (Textfigur 1), dessen Opereulum sich in einen langen Fortsatz auszieht, den ich für das Rudiment eimer äusseren Kiemenbildung halte, wie ein solches in ähnlicher Weise bei Poly- pterus beobachtet worden ist. Bei den älteren Thieren und bei Polypterus (Textfigur 2, 3) tritt die Brustflosse freier hervor. Die Form der Brustflosse kann im Allgemeinen als die einer Platte bezeichnet werden, an welcher, wie bei jeder Fischflosse, zwei Abschnitte zu unterscheiden sind. mgp flb mgm my de Bie.l. Seitliche Ansicht des Vordertheiles eines 12 em langen Calamoichthys. Vergr. 7:1. Ich schlage für diese, wie für andere Formen die Bezeichnungen des „myalen“ und „dermalen‘ Theiles für die proximale und distale Partie des Pterygiums vor. Nur der proximale Theil (»y) wird von Muskulatur eingenommen und scheidet sich scharf von dem das dermale Flossenskelet bergenden Hautsaum (de). Die Trennungs- linie beider Abschnitte nenne ich die „Flossenbogenlinie“ (flb). [ BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 265 In der gewöhnlichen Haltung, die wir als die Ruhelage bezeichnen wollen, zeigt die Flosse eine mediale und eine laterale Fläche, einen dorsalen (mgp) und einen ventralen Rand (mgm), welche sich in der nicht immer besonders aus- geprägten, distalen Flossenspitze (ap) vereinigen. Die Flosse hebt sich mit emer verschmälerten Partie vom Rumpfe ab, welche wir als den Flossenstiel bezeichnen können. Den von hieraus sich durch Divergenz der Ränder zu bedeutenderer Ausdehnung entfaltenden Abschnitt des Myaltheils (dürfte man vielleicht als Flossenplatte im engeren Sinne noch besonders hervorheben. Alle diese Theile bieten uns im Einzelnen nicht unwesentliche Verschieden- heiten dar, die wir an der Hand der Textfiguren 1—D etwas genauer betrachten wollen. Das jüngste untersuchte Stadium — der 12 em langen Calamoichthys (Text- tigur 1) — zeigt auffallende Besonderheiten m Vergleichung mit den anderen Objekten. Die Länesaxe der Flosse ist schräg ventrocaudal gerichtet. Am Myaltheil sondert sich der Stiel deutlich von eimer Platte. Der Dermaltheil erscheint fächer- förmig, sodass an dem rundlichen distalen Rande eme Flossenspitze nicht zu unter- scheiden ist. Die Länge der ganzen Flosse beträgt ungefähr 4,5 mm, wovon 2,5 mm auf den Myaltheil kommen. Der Flossenstiel hebt sich in einer Linie vom Körper ab, welche schräg von dorsocaudal nach ventrocranial zieht. Die laterale Fläche des Stiels ist schwach sewölbt, die innere mehr plan. Der Flossenstiel verjüngt sich distal stark und erhält damit einen dorsalen und eimen ventralen Rand schärfer ausgeprägt. Der dorsale ist bedeutend kürzer als der ventrale. Der dorsale Rand zeigt eine starke im dorsaler Richtung konkave Einziehung; der distale Theil des Randes zieht steil empor zum entsprechenden Rande des Dermaltheils. Auch der ventrale Rand des Myaltheils zeigt eme Einziehung; diese ist aber mehr lokaler Art und liegt weiter proximal; auf dieselbe folet distal eine Vorwölbung, welche in einem stumpfen Winkel gesen den Rand des Dermaltheils sich absetzt. Diese starke Divergenz der Ränder verleiht dem Dermaltheil die eigenthümliche Art seiner Ausbreitung; auch spiegelt sie sich wieder in der Divergenz der knöchernen Flossenstrahlen, welche, wie GEGENBAUR bereits betont hat, ungetheilt sind und bei unserem Objekt in einer relativ geringen Anzahl vorhanden sind. Die Besonderheit der Platte verdient vor allem hervorgehoben zu werden; die laterale Fläche derselben zeigt eine eigenthümliche Pigmentirung. Hier fehlen noch Schuppenbildungen, während der übrige Theil, die laterale Fläche des Stiels, solche als sehr kleine Bildungen erkennen lässt. Das ältere Exemplar des Calamoichthys bietet ganz andere Befunde dar (Textfigur 2). Die Richtung steigt dorsocaudal ein wenig an. Die Dimensionen der ganzen Brustflosse haben der Flossenlängsaxe ist eme andere geworden; sie nicht mit der Grössenzunahme des Thieres gleichen Schritt gehalten. Die Figuren zeigen ohne Weiteres, dass die Extremität im späteren Stadium relativ klemer ist, Festschrift für Gegenbaur. 34 266 HERMANN KLAATSCH [8 als im früheren. Die Form des ganzen Gebildes ist dabei plumper und gedrungener geworden. Der Dermaltheil (de) hat sich in dorsoventraler Richtung verschmälert, der vorher ausgebreitete Fächer erscheint gleichsam zusammengelegt. Damit prägt sich eine Flossenspitze aus; die Zahl der Strahlen des Dermalskelets hat zugenommen. Der Myaltheil (»y) erscheint im Ganzen mehr abgeplattet, durch eine Ab- tlachung auf seiner lateralen Seite, welche nunmehr ganz die Beschaftenheit des umgebenden Integumentes mit seinen Schuppenbildungen angenommen hat. Der „Stiel“ ist nicht mehr deutlich von der „Platte‘® «esondert, und die Ränder haben fb mgp i N mgm N my Fig. 2, > Fr Seitliche Ansicht vom Vordertheil eines 25 em langen Calamoichthys. Vergr.: ihre charakteristischen Biegungen verloren, erscheinen mehr gerade gestreckt, und nur der durch die Kenntniss des früheren Stadiums geschärfte Blick vermag noch schwache Andeutungen der früheren Gestaltung zu errathen. 2 Die Flossenbogenlinie hat sich auch verändert; sie zieht jetzt schräg vom distalen Ende des dorsalen Randes m caudaler Richtung zum entsprechenden Punkte des ventralen. Ihre Kriümmungen lassen sich nicht mehr auf Theile eines Kreises beziehen, und damit prägen sich Besonderheiten aus, welche wir in grösserer Schärfe bei Polypterus antreften werden. Diese Veränderungen der Calamoichthystlosse deuten im Ganzen auf regressive Modifikationen des Organes hin, und in diesem Sinne scheint mir auch das Ergebniss einer gelegentlichen äusseren Prüfung der Brustflosse eines ca. 40 cm langen Exem- plares zu sprechen. Die Flosse hatte auch hier nicht in einer dem ganzen Körper entsprechenden Weise zugenommen, sie war noch gedrungener und ungegliederter geworden; die Ränder verliefen gerade, nur am ventralen zeigte sich eine kleine, vielleicht auf frühere Befunde der Art hinweisende Einkerbung. 9] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 267 Wenden wir uns nun zu Polypterus, so finden wir hier im Ganzen Zustände, welche an die ältesten von Calamoichthys sich anreihen lassen, nur ist die Brustflosse im Ganzen relativ mächtiger entfaltet, wie bei dem anderen Urossopterygier. Ich tinde die Zustände bei den verschiedenen Exemplaren wesentlich übereinstimmend und wähle als Beispiel das für die Textfiguren 3. 5. 6 verwerthete 50 cm lange Thier. In der Ruhelage würde eme durch die Mitte der Flosse gelegte Längsaxe in dorsocaudaler Richtung ansteigen. Eime solche Axe prägt sich jedoch nicht in «ler Mitte, sondern mehr dem ventralen Rande genähert aus, durch die am Dermal- theile befindliche Flossenspitze. Eime solche findet sich jedoch nieht immer mit gleicher Deutlichkeit; bei den klemeren Exemplaren tritt sie besser hervor als bei (den grösseren. mgp ' G Yu de mom my Fig. 3. Seitliche Ansicht des Vordertheiles eines 50 cm langen Polypterus. Etwas verkleinert. Der Dermaltheil (de) besitzt eine etwas grössere Länge als der Myaltheil (my). Die Ränder beider Theile gehen kontinuirlich im einander über und bilden nicht, wie bei Calamoichthys einen Winkel mit einander. Die distal sich gabelnden Strahlen des Dermalskelets sind in viel grösserer Zahl vorhanden, als bei Calamoichthys. Am Myaltheil sind Stiel und Platte nicht deutlich von einander gesondert. Ersterer hebt sich im einer annähernd senkrecht zur Körperlängsaxe, jedoch etwas schräg cranioventral absteigenden Limie vom Körper ab. Seine laterale Fläche ist stark gewölbt, so dass ihre Begrenzung auf dem Querschnitt sich konvex darstellen würde, während die mediale Fläche plan erscheint. Distal plattet sich die Flosse mehr ab und nimmt im dorsoventraler Rich- 34* --—— ap 268 HERMANN KLAATScH 110 tung schnell an Breite zu. Auch hier ist ein dorsaler und ventraler Rand deutlich ausgeprägt, von denen der erstere an Länge beträchtlich hinter dem letzteren zurück- steht. Beide Ränder verlaufen fast ganz gerade; sie zeigen nur ganz geringe Aus- buchtungen, welche die ganze Längsaxe des betreffenden Randes einnehmen. Dorsaler und ventraler Rand divergiren stärker als bei Calamoichthys, sie bilden mit einander einen Winkel von nahezu 45°. Bemerkenswerth ist die Verlauftsrichtung der Flossenbogenlinie. Dieselbe zieht bei Polypterus in der Ruhelage der Flosse vom dorsalen Rand zuerst caudal, dann biegt sie, zuerst allmählich, dann schärfer ventral um und erreicht in eranialer Richtung den Ventralrand. Ihre Krümmung ist keime einheitliche, lässt sich nicht auf einen Kreisbogen beziehen. Wir können dieselbe dadurch charakterisiren, dass wir die ganze Linie in zwei Abschnitte zerlegen, einen grösseren dorsalen und einen kleineren ventralen. Beide gehören verschiedenen Kreisbögen an, der dorsale emem solchen von grösserem und zwar etwa doppelt so grossem Radius als der ventrale. Auf Textfigur 4 ist diese Zerlegung der Flossenbogenlinie in chematischer Weise angedeutet. Da erkennt man, dass die Mittelpunkte der beiden konstruirten Kreise (1 u. 2) in die Flossenplatte zu liegen kommen 4 und zwar m die Nähe des ventralen Randes. Hier folgen sie einander so, dass der Mittelpunkt des dorsalen Kreises (p) mehr proximal, der des ventralen mehr distal (d) gelesen ist. Diese Betrachtung der Flossenbogenlinie ist freilich insofern etwas schematisch, als es sich nicht um reine Kreisbogen, sondern wohl cher um Theile von Ellipsen handeln dürfte; aber das Fig. 4, Charakteristische des ganzen Verhaltens kommt deut- E = nr EN Schema der Flossenbogenlinie des Poly- lich zur Geltung, das schärfere Umbiegen gegen den pterus. Zerlegung der Linie in die Theile er sn 5) E e 5 en ea TE zweier Kreise, eines grossen 1 mit Centrum Ventralen Rand zu, und damit ergiebt sich eine Kon- p, und eines kleinen 2 mit Centrum d. figuration, deren Bedeutung durch spätere Betrachtungen sich herausstellen wird. Fassen wir simmtliche über die äussere Form des Urossopterygium ermittelten Thatsachen zusammen, so gelangen wir zu foleendem Ergebniss: Das Orossopterygium stellt eine plattenförmige Extremität dar, welehe mit einem verschmälerten Stiel in einer annähernd dorsoventral verlaufenden Ursprungslinie sich vom Körper abhebt. Ihre beiden Abschnitte, Myaltheil und Dermaltheil werden dureh eine äusserst charakteristisch gekrümmte Flossenbogenlinie von einander geschieden. Dorsaler und ventraler Rand des Myaltheils, von denen der erstere der längere ist, laufen anfangs einander nahezu parallel, später divergiren sie stärker. Auch zeigen diese Ränder anfangs Einziehungen, welche sich später ausgleichen. 11] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 2609 Wenn eine Flossenspitze ausgeprägt ist, so findet sie sich dem ventralen Rand genähert. In der Ruhelage unterscheiden wir eine laterale und eine mediale Fläche, von denen die letztere dem Rumpfe flach anliegt. Die ganze Konfiguration des Urossopterygiums ist in Jugend- zuständen eine schlankere, weniger plumpe als später. Bei der grossen Uebereinstimmung zwischen den beiden Urossopterygiern genügt es, wenn wir die verschiedenen Stellungen, welche die Flosse zum Körper ein- nehmen kann und die verschiedenen Möglichkeiten der Bewegungen, welche die Flosse auszuführen vermag, an den gröbern und mehr übersichtlichen Verhältnissen des Polypterus prüfen. Hierbei wollen wir nur einige Hauptpunkte herausgreifen, die sich für die späteren vergleichenden Betrachtungen als wichtig erweisen. Die Bewegungen der Flosse können wir in zwei Gruppen unterbringen, je nachdem durch dieselben Theile der Flosse zu einander ihre Stellung ändern, oder die Flosse im Ganzen zum Rumpf in eine andere Lage gebracht wird. Beginnen wir mit den letzteren, so müssen wir die Art des Gelenkes berück- siehtigen, durch welches die freie Extremität dem Schultergürtel angefügt ist. Dies ist bekanntlich ein ziemlich freies Gelenk, welches wohl den Namen einer Arthradie verdient, wobei der Gelenkkopf vom Knorpel des primären Schultergürtels, die dem- selben nicht kongruente Pfanne von Theilen der Extremität geliefert wird. (Text- figur 10, Taf. IV.) Hieraus ergiebt sich eine grosse Freiheit der Flosse bezüglich ihrer Exkursionen, und diese können wir unter folgende Rubriken bringen. 1. Bewegungen um eine transversale Axe. Dieselben werden sich in einem Heben und Senken der Flossenränder äussern; sie sind nicht sehr ergiebig. Ich will sie als Levation und Depression unterscheiden. Bei der Levation wird der Dorsalrand dem Kopfe genähert, bei der Depression davon entfernt. 2. Bewegungen um eine dorsoventrale Axe. Hierbei verharren die Ränder im gleichen Niveau; die mediale Fläche wird vom Körper entfernt, oder ihm genähert. Die Ausdrücke Abduktion und Adduktion dürften dies treftend wiedergeben. Eime Abduktion ist bis zu emem rechten Winkel möglich. 3. Bewegungen um die Flossenlängsaxe. Wie schon betont, liegt die letztere, soweit eine Flossenspitze sie andeutet, dem ventralen Rand genähert. Dies bestätigt sich auch bei der Bewegung. Offenbar handelt es sich hier um Rotationen, bei welchen bald der dorsale, bald der ventrale Rand lateralwärts gebracht wird. In Analogie mit den Drehbewegungen an der Extremität höherer Wirbelthiere dürfen wir vielleicht die Extreme dieser Rotationen als Pronation und Supination bezeichnen. Das Einwärtsrollen der ganzen Extremität wird den dorsalen Rand naclı 270 HERMANN KrLAarTscH 12 aussen bringen, die mediale Fläche dorsal und die laterale Fläche ventral stellen *). Diese Pronationslage ist auf Textfigur 5 wiedergegeben. — Sie zeigt das Extrem dieser Bewegung an, wobei die Flosse senkrecht zur Körperoberfläche gestellt ist. 1 1 I | | | mgp Fig. 5. Seitliche Ansicht der Vorderfläche des Polypterus, Flosse in „Schwimmstellung“. Fig. 6. Seitliche Ansicht der Vordertheile des Polypterus, Flosse in „Stützstellung“. *) PorLarp hält die laterale Fläche für die eigentliche ventrale und die medial für die „true dorsa surface“, geht also von einer Pronationsstellung als der ursprünglichen aus. 15] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 971 Die andere Art der Bewegung, die Supination ist nicht in demselben Maasse aus- führbar, sie wird dies nur in Verbindung mit der Abduktion. Manche Bewegungen können sich miteinander kombmiren ; die drei angeführten Hauptaxen sind nicht die einzigen. So kann die Pronation mit Abduktion einher- sehen, oder es können Depression, Abduktion und Pronation den Flossenstiel annähernd senkrecht (Textfigur 6) zur Körperlängsaxe stellen. Die andere Art der Bewegungen, durch welche Theile der Flosse selbst ihre Stellung zu emander ändern, ergiebt zwei Möglichkeiten. Diese Verlagerungen können annähernd parallel zur Längsaxe sich vollziehen, oder annähernd senk- recht dazu. Den ersten dieser beiden Lokomotionsmodi werden wir uns als eine vom einen Rand der Flosse zum andern fortschreitende Wellenbewegung zu denken haben, wie ja dies wohl bei andern Fischflossen sich ebenfalls findet; interessanter ist für uns die Thatsache, dass Abknickungen von Theilen imnerhalb der Flosse senkrecht zur Axe ausführbar sind. Die Bezeiehnungsweise derselben macht eimige Schwierig- keiten, doch dürfte die Benennung als Flexion und Extension keine Unklarheiten mit sich bringen. Bei diesen Bewegungen kann vor allem der distale Abschnitt des Myaltheils in Winkelstellung zum übrigen gebracht werden. Dies ıst besonders im der Extensionsrichtung (Textfigur 6) ausführbar. Von allen diesen Stellungen der Flosse möchte ich zwei als besonders wichtig herausgreifen, die auf den Textfiguren 5 und 6 ihre Darstellung gefunden haben. Die eine derselben, die ausgesprochene Pronation, möchte ich als „Schwimm- stellung“ im engeren Sinne bezeichnen. Die andere, welche rem passiv dadurch erzeugt wird, dass man die Flossenplatte auf eme Unterlage bringt, nenne ich die Stützstellung. Bei der letzteren bildet der ursprünglich dorsale Rand, der nunmehr lateral gekehrt ist, mit seinem proximalen Ende eine schwache rundliche, caudal konvexe Krümmung Oo) während weiter distal im Bereich des Myal- und Dermal- theiles eine zweite, schärfere Knickungsstelle sich findet. Wesshalb ich auf diese beiden Stellungen besonderes Gewicht lege, wird sich aus dem Späteren ergeben. B. Skelet. Das Brustflossenskelet der CUrossopteryeier ist m allen Hauptpunkten durch GEGENBAURSs Untersuchungen genau bekannt geworden. Einige Ergänzungen erfuhren seine Angaben durch Porrarn und Parzer, während Exery bei der morphologischen Verwerthung des Objektes für dieses selbst keme neuen Thatsachen beibrmgt. — Ferner findet sich bei Howes eine Abbildung des Objektes. Gesexzaur hat sich zweimal mit dem vorliegenden Gegenstande beschäftigt. Seine Untersuchungen über die Brustflosse der Fische bringen die erste, gute Schil- derung und Abbildung des Skelets der Polypterusbrustflosse. Indem er dieselbe mit dem entsprechenden Organ der Selachier in Parallele setzte, bezeichnete er die 202 HERMANN KLAATSCH [14 Hauptskeletstücke des Crossopterygiums als Pro-, Meso- und Metapterygium, Pro- und Metapterygium stellen längliche, wie höhrenknochen gestaltete Stiicke mit knorpeligen Epiphysen und knöchernem Mittelstiick dar. Das kürzere Propterygium liest dorsal, das längere Metapterygium ventral (cf. Greexgaur 1865, Taf. VIII Fie. 6). Das Mesopterygium wird durch eine dreieckige Knorpelplatte repräsentirt, in welcher sich eine platte rundlich, begrenzte Ossinkation findet. „Der breite Rand“ des Mesopterygiums trägt 16 Radien, die nur an den Enden knorpelig sind und sich ähnlich den Radiengliedern der Kochen gestaltet zeigen. Am distalen Ende dieser Reihe von Radiengliedern folgt eine Reihe von klemen Knorpelchen, welche zahl- reicher sind als die Glieder der ersten Reihe, somit wenigstens theilweise nach der Erscheinung der Dichotomie beurtheilt werden müssen. Diese zweite Reihe wird vom sekundären Flossenskelet bedeckt und ist den früheren Untersuchern entgangen. Am Propterygium folgt auf das Basale nur ein einziges längeres Knorpelstück und ebenso verhält sich das Metapterygium (pag. 148). Das Mesopterygium ist von der Ver- bindung mit dem Schultergürtel ausgeschlossen. In einer späteren Arbeit (1894) hat GEGENBAUR mit der geänderten Auffassung der morphologischen Bedeutung auch die Bezeichnung der drei Hauptsticke modifizirt. Er erblickt in der Mittelplatte den Stamm des Archipterygiums, Pro- und Meta- pterygium stellt er mit den Radien zusammen und nennt sie „Margmalia“. Im Uebrigen bringt diese neuere Pnblikation auch einige thatsächliche Ergänzungen der früheren Schilderung, sowie eine solehe nebst Abbildung vom Brustflossenskelet des Calamoichthys. Im Ganzen findet GEsEnBaur den Zustand von Calamoichthys mit dem von Polypterus übereinstimmend, nur ist die Zahl der Radien geringer. Die einzigen früheren Angaben über Calamoichthys rührten von Parker her, dem Exwery die betreffende Abbildung entlehnt hat. Parker nennt die drei Hauptstücke präbrachiale, die „Radien“ (Gr6exBaur) postbrachiale Strahlen. Die auf pag. 16 Fig. le gegebene Abbildung ist in manchen Punkten äusserst unvollkommen und mit den Thatsachen nicht harmonirend; so fällt ein in natura gar nicht existirender Abstand zwischen den Hauptstücken und den Strahlen auf. Andererseits ist auf dieser Abbildung emiges von GEGENBAUR'S Schilderung recht abweichend wiedergegeben, — Punkte, in welchen Parker in der That zum Theil ganz gut beobachtet hat, wenn auch die Wiedergabe dieser Wahr- nehmungen nicht befriedigen kann. Die beiden präbrachialen Randstrahlen sollen nit einander an ihrer Verbindungsstelle mit dem Schultergürtel konfluiren, während GEGENBAUR sie als vollständige von einander gesondert darstellt. Ferner ist sehr auf- fallend der kontinuirliche Zusammenhang der distalen, knorpeligen Epiphyse des ersten präbrachialen Strahles (Geeexsaur’s Propterygium) mit der Mittelplatte. Während diesen Angaben etwas Richtiges zu Grunde liegt, stellt der angebliche Ausschluss des Metapterygiums vom Schultergürtel (— wenigstens auf der Figur sichtbar, im Text nicht weiter erörtert —) einen hırthum dar. 15] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 273 Ueber Polypterus finde ich in der Litteratur nur noch einiges bei Wirpers- um, Porrarn und Howzs. lirsterer giebt eine im Ganzen zutreffende Abbildune. Auffallend an derselben ist, dass der eime Strahl als distal gegabelt dargestellt ist, eine Angabe, die sich m ähnlicher Weise bei Porzarp wiederholt. Zwischen Propterygium und die Strahlen lässt Wiepersuemm eine schmale Knorpelpartie des Mesopterygium sich eimschieben. Im Mesopterygium sind mehrere Durchbrecehungen („Nervenlöcher“) angegeben. Dem Propterygium sitzt im distalen Drittel ein kleines knorpeliges Skeletstück aussen an, welches früheren Beobachtern entgangen war. Auch PorrLarnp macht auf dasselbe aufmerksam. Dasselbe Skeletstück findet sich auch auf der Abbildung, welche Howes (Taf. III Fig. 11) gegeben hat. Was letztere betrifft, so stimmt sie mit denen der Vorgänger im Allgemeinen überein. Als postaxiale Strahlen fasst Howes das Meta- pterygium und einen ihm benachbarten Strahl auf, welcher nach der Figur sieh dureh seine Grösse und mehr proximale Lage von den anderen unterscheiden würde. Die den Marginalien distal aufsitzenden Knorpel sind sehr richtig wiedergegeben. Am Mesopterygium fällt einiges mit Rücksicht auf die jugendliche Beschaftenheit des Objektes auf, das mit meinen Wahrnehmungen nicht ganz übereinstimmt. Aus dieser Litteraturübersicht ergiebt sich das Postulat einer erneuten, etwas mehr eingehenden Schilderung des crossopterygialen Skelets. Indem wir hierbei zunächst völlig von vergleichenden Betrachtungen absehen, wollen wir rein deskriptiv die Thatsachen feststellen und die Unterschiede memer Wahrnehmungen von denen meiner Vorgänger betonen. Was nun zunächst die Nomenklatur anbelangt, so schliesse ich mich in diesem Punkte an Gereengaur an, Neue Bezeichnungen für die einzelnen Hauptstücke hat er nicht eingeführt, abgesehen von dem Namen „Margmalia“, mit welchem er in passender Weise Pro- und Metapterygium zusammenfasst, eine Bezeielmung, die ich acceptiren möchte. Im Uebrigen aber werde ich die alten Termini, Pro-, Meso- und Metapterygium fortführen, obwohl ich ebensowenig wie GEGENBAUR dieselben den gleich- benannten Theilen der Selachierflosse für homolog erachte. Lieber würde ich für die letztere eine Aenderung der Nomenklatur wünschen, als dass diese Bezeichnungs- weise dem Crossopterygium entzogen würde. Für die Strahlen, welche dem Mesopterygium ansitzen, möchte ich eine andere Bezeichnungsweise einführen, und zwar scheint mir die von Exery gebrauchte der „Actinalia* recht geeignet zu sein. Auf die Theile des Dermalskelets gehe ich nicht ein, wie überhaupt nur die für Späteres wichtigen Punkte ausführlich behandelt werden sollen. Aus diesem Grunde möchte ich hier den Sehultergürtel nur ganz beiläufig berühren. Ich verweise bezüglich der Auffassung desselben auf Grezxsaur’s Arbeit über Ulavicula und Cleithrum. Seiner Auffassung und Nomenklatur mich anschliessend, bezeichne ich den paarigen, der Medianlinie sich anschliessenden, schuppenartigen Knochen als Clavi- cula (Olar.) und die darunter liegende, dem primären Schultergürtel angehörende estschrift für Gegenbaur. 35 Festschrift für Geg t > 274 HERMANN KLAATScH [16 Ossifikation als Cleithirum (Cle.)”). Es kommt aber bei Polypterus, wie GEGEN- Baur betont, noch eine zweite Ossifikation am Gürtel vor. Dieselbe liest dem Gelenkkopf (G/) genähert und nimmt auch jene medial vom Gelenke stark vor- springende Knorpelplatte ein, welche von einem Nerven- und Gefässkanal durchsetzt ist. Ich möchte diesen Theil als die Coracoidplatte und die dieselbe durchsetzende Durchbrechung als Foramen coracoideum (For. Co.) bezeichnen. Man mag diese 3ezeichnung als eine provisorische hinnehmen. (Textfiguren 7 und 8.) Für die freie Extremität interessirt uns besonders der Gelenkkopf (GI) des Schultergürtels, welcher bei beiden Crossopterygiern als rein knorpelige Bildung persistirt (Taf. IV). Stets fmdet sich dieselbe unmittelbar lateral vom Foramen coracoideum. Beim jüngeren Polypterus ist er weniger prominirend, als bei dem ältern. In dieser stärkeren Ausbildung tritt er auch schon bei dem Cal. A auf“”). Wir wenden ums nun zur Betrachtung der einzelnen Theile der freien Ex- tremität. Mesopterygium (so). Tar KNkTe. 1,2, 3,4: Dar II Rie. 9,10 Tara), Rs. 715 016, Mextisur 7.8, 10,11. Das Mesopteryeium stellt eine ziemlich dünne Knorpelplatte von dreieckiger Umgrenzung dar. Es fügt sich zwischen die beiden Marginalia em, ohne je den Schultergürtel zu erreichen und trägt an seinem distalen Rande den grössten Theil den Actinalıa. Wir können somit unterscheiden: eine Superficies lateralis und medialis, drei Ränder und ebensoviele Winkel. Die drei Ränder wollen wir bezeichnen als Margo actinalis, pro- und meso- pterygialis. Entsprechend der verschiedenen Länge der Margimalia ist der Margo propterygialis kürzer als die beiden anderen. Das Mesopterygium nimmt mit dem Wachsthum der Flosse nicht nur absolut, sondern auch relativ an Grösse zu, was besonders bei Polypterus sich deutlich aus- prägt. Die Knorpelplatte dehnt sich dabei nach allen Richtungen hin aus. Während bei dem jüngeren Polypterus die beiden Marginalia proximal eine Strecke mit einander parallel gestellt sind (Textfigur 7), drängt bei Pol. 3 die Mesopterygialplatte die beiden Randstücke weiter auseinander; auch wölbt sie die Marginalia etwas vor sich *) Was das Episternum betrifft, so glaube ich, dass man das Homologon desselben bei Polypterus in jener unpaaren kleinen Schuppe zu suchen hat, welche sich caudal in den Winkel der Clavieularsymphyse einfügt. Die Schuppe ist nicht grösser als die benachbarte, aber dies ist ja bei der typischen Lagerung (man vergl. GEGENBAUR, Figur 4 von Metopias, pag. 9) gleichgültig. **) Durch die Buchstaben A, B, C hinter den Namen Polypterus und Calamoichtliys sollen fortan die ver- schiedenen Altersstufen der betreffenden Thiere ausgedrückt werden. 17] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 275 her, sodass, wie namentlich bei Calamoichthys deutlich ist, die betretfenden Ränder aus der geraden Verlaufsrichtung in eine konvexe übergehen (Taf. I, IV, Texitie. 8). Auch distal drängt sich die Platte allmählich stärker vor. Ihr Margo actinalis ist mit zahlreichen, für die einzelnen Actinalien bestimmten Ineisuren versehen. Bei Pol. A ist er nur mässig distal konvex gekrümmt, bei Pol. 3 tritt dies schon deut- licher hervor. Dieselbe Aufeinanderfolge der Erscheinungen prägt sich bei Cala- moichthys aus, wie eine Vergleichung von Fig. 1 und 2 auf Taf. I lehrt. Der am meisten distal prominirende Punkt des betreffenden Randes findet sich immer in viel grösserer Nähe des meta- als des propterygialen Randes. Die Vergrösserung der Platte führt zu einer nicht unbeträchtlichen distalen Verschiebung des Margo actinalis längs der Marginalia. Die Fig. 1 und 2, Taf. I, und die Textfiguren 7 und 8 zeigen uns gut aneinander schliessende Stadien dieser Verlagerung. Als Ausgangspunkt muss das jüngere Stadium von Polypterus dienen (Text- tigur 7), in welchem die Marginalia relativ am weitesten distal über die Knorpel- platte hinausragen. Namentlich zwischen Metapterygium und Mesopterygium besteht eine tiefe Bucht, in welcher ein Actinale mit seinem proximalen Ende gelagert ist. Weiter vorgedrängt hat sich der distale Rand des Mesopterygium auf Textfig. 8 Ian roll, 76% Dieselben Stadien wiederholen sich bei Calamoichthys. Vom jüngsten, Cal. A, ist auf dem Flachschnitt (Textfigur 11) die betreftende Gegend des Meso- und Pro- pterygium dargestellt, und hier erkennt man die erwähnte Bucht leicht. Auf dem älteren Stadium Tafel I Fig. 1 ist sie fast ganz ausgeglichen (ef. auch Taf. IV, Fig. 16), und dieser Befund, sowie in noch höherem Maasse der auf Fig. 2 wiedergegebene gehen weit über den bei Polypterus sich findenden Zustand hinaus. In diesem Punkte also oftenbart sich Polypterus als die primitivere, Calamoichthys als die weiter ent- wickelte Form, und dieses Verhältniss tritt uns auch in anderen Punkten des Flossen- skelets*) entgegen Man hätte vielleicht erwarten können, Spuren emer Erscheinung zu finden, welche auf eme emstmalige weiter proximal sich erstreckende Ausdehnung des Meso- pterygiums zu beziehen wäre. Ist es doch, wie ich mit GeGengaur annehme, höchst wahrscheinlich, dass einstmals das Mesopterygium mit dem Schultergürtel in direkter Verbindung stand und erst sekundär durch die Marginalia davon ausgeschlossen wurde. Aber, wie schon betont, in der knorpeligen Materie finden wir keine Zeichen einer solchen Rekapitulation theoretisch zu postulirender Vorfahren-Zustände. Im Gegen- theil, das jüngere Stadium der Polypterus namentlich, zeigt einen Befund, den man nach dem allgemeinen Gang der Ereignisse als den späteren hätte erwarten sollen. Dächten wir uns im Stadium Pol. A die Mesopterygialplatte proximal in der dar- gestellten Weise ausgebildet, distal aber bereits m den später hier sich entfaltenden *) Auch bezüglich der Wirbelsäule findet sich die gleiche Beziehung zwischen Calamoichthys und Polypterus. ((OEPPERT.) 276 HERMANN KLAATScH [18 Dimensionen gegeben, so würden wir zu einer Verschiebung der ganzen Platte in distaler Richtung gelangen, die wir als ein Herausgleiten zwischen den Marginalien bezeichnen müssten und die wir uns leicht in mehr extremer Weise fortgesetzt denken könnten. Wenn auch nicht durch Knorpel, so bleibt doch durch Bindegewebe eme Erinnerung an die Beziehungen des Mesopterygium zum Schultergürtel gewahrt. Die Knorpelplatte wird von einer bindesewebigen Haut bedeckt, welche sich auch in schmalen Streifen zwischen die Ränder derselben und der benachbarten Stücke ein- schiebt. Sie steht ferner mit der Muskulatur in Beziehung und in ihr entsteht eine Ossifikation, auf die wir sogleich näher eingehen werden. Diese Haut nun ist nament- lich auf der medialen Seite- der Platte stärker entfaltet und lässt hier einen stärkeren Strang hervorgehen, welcher sich in die mediale Partie der (elenkkapsel des Schulter- selenkes fortsetzt und mit dieser den Schultergürtel an der Innenseite des Gelenk- kopfes erreicht. Diese als eme besondere Bandmasse imponirende Bildung ist für den Ursprung der medialen Muskelmasse von grosser Bedeutung (Taf. III, Fig. 13, Taf. II, Fig. 10). Ich möchte sie als das Ligamentum zonomesopterygiale (Lig. 2. Ms.) bezeichnen und ihr Auftreten durch die frühere Beziehung des Mesopterygium zum Schultergürtel erklären. Man könnte in dem Bande vielleicht den reduzirten Stiel der Knorpelplatte erblicken. Das Mesopterygium lagert zwar in gleichmässiger Weise den beiden Marginalien an, aber es zeigt zum Propterygium gewisse Beziehungen, die wir hier rein deskriptiv behandeln wollen. Bei Polypterus erscheint das Mesopterygium immer vom Propterygium geson- dert, in gleicher Weise, wie dies bezüglich des Metapterygiums sich bei den Orosso- pterygiern findet. Auch konnte ich niemals jene Knorpelmasse des Mesopterygiums nachweisen, welche nach Wirpersueim’s Beschreibung sich zwischen Propterygium und Actinalia einschieben soll. Bei Calamoichthys hängt aber in gewissen, früheren Stadien das Mesopterygium mit der distalen, knorpeligen Epiphyse des Propterygiums innig zusammen. (Taf. I, Bio] #3, Nat IV Bield a lextne.9.) An der Richtigkeit der Betrachtung, die allerdings mehr beiläufig und unklar schon durch Parker gemacht worden ist, kann kein Zweifel bestehen : An zwei Exemplaren des Calamoichthys, nämlich A und B, habe ich diese Ver- bindung konstatirt und zwar sowohl an Flächenbildern als auch auf Schnitten. Betrachten wir zunächst das Flächenbild Fig. 1 auf Taf. I, welches dem Cal. B entspricht. Sofort fällt das verschiedene Verhalten der distalen Epiphysen von Pro- und Metapterygium auf. Bezüglich der völligen Sonderung des letzteren besteht keme Unklarheit, aber am Propterygium geht die Knorpelmasse des distalen Endes kontinuirlich im die des, Mesopterygiums über. Dennoch sind einige Spuren einer Sonderung nicht zu verkennen. Ein kleiner Einschnitt am aktinalen Rande könnte in diesem Sinne gedeutet werden, zumal derselbe mit einer eigenthiümlichen Anordnung der Knorpelzellen an der kritischen Stelle in Beziehung steht. 19] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. DIT Wenden wir eme stärkere Vergrösserung an, so werden wir (Bis. 3,7 Tat] in der Annahme der Kontinuität dieser Theile nur bestärkt. Man sieht hier auf dem optischen Durchschnitt die dünne Knochenhülse des Propterygiums bei /n. Der äussere Theil derselben ist in einem stumpfen Winkel gegen den rein knorpeligen, actinalen Rand abgeknickt. Der gegenüberliegende Theil der Knochenhülse schmiegt sich dem Knorpel des Mesopterygiums imnig an und schneidet, allmählich distal auslaufend, in eine Knorpelmasse ein, welche einerseits mit dem Mesopterygium, andererseits mit der Füllmasse des Propterygiums in Zusammenhang steht. Fer Co Pen eoE (Ol gap g Sn: For Mo E Fig. 7. Fig. 8. Flossenskelet von Polypterus (Skelet der linken Brustflosse) von mir gesehen. Fig. 7 von einem jüngeren, Fig. 8 von einem älteren Thier. Alle Bezeichnungen wie auf den Tafeln. Vergr.: 2:1. Ueber die Anordnung der Knorpelzellen an der kritischen Stelle können nur Schnitte volle Klarheit verschaffen und ein solcher ist auf Textfig. 9 vor dem Cal. A wiedergegeben worden. Im Innern des Propterygiums findet sich der Knorpel noch völlig intakt; wir sehen hier Knorpelzelleruppen ohne bestimmte Anordnung. Dasselbe zeigt sich an den etwas entfernter gelesenen Partien des Mesopterygiums. Dazwischen aber treten andere Verhältnisse auf: Zwischen den distalen Enden der propterygialen DANS HERMANN KLAATSCH [20 Knochenhülse bilden die Knorpelzellen Reihen, wobei die ovalen Elemente annähernd senkrecht zur Oberfläche des Skeletstückes gestellt sind. Weiter distal gehen die Zellen in bogenförmige Reihen über. Eine derselben ist besonders deutlich und würde der distalen Verlängerung der Knochenhülse entsprechen. Wenn irgendwo, so müsste hier die Trennungslinie verlaufen — aber es findet sich keine Spur derselben. Dennoch halte ich die durch die Anordnung der Knorpelzellen sich markirende Besonderheit dieser Stelle für wichtig, denn an ihr findet sich in der That, auf dem älteren Stadium (Fig. 2, Taf. I, Fig. 15, Taf. IV) von Cal. C eine überaus deutliche Trennungslinie. Textfig. 9, Fig. 3, Fig. 2, Fi oO, fe) —eteı 15 geben verschiedene Phasen dieses Sonderungsprozesses wieder. oO Fig. 9. Calamoichthys 12 cm. Flachschnitt durch die distale Epiphyse, des Propterygium, welche mit dem Mesopterygium kontinuir- lich zusammenhängt. Bezeichnungen wie auf den Tafeln. Die Frage, wie diese merkwürdige Beziehung zwischen Meso- und Propterygium zu erklären und im welchem Sinne zu deuten sei, wollen wir weiter unten in diesem Kapitel betrachten. Die allmähliche Grössenzunahme des Mesopterygiums hängt mit der Ausbildung der auch von den früheren Untersuchern beschriebenen Ossifikation zusammen (Os. M so... Nat.l,.Rie, 1, 2, Va&ı IV, NBie,.14,,015, 16,,.Rexine,7, 83): An dem jüngsten Cal. A konnte ich noch keine Spur davon entdecken (Fig. 14) an Cal. B hat schon Geeexsaur ihr Auftreten wahrgenommen. Er spricht auf pag. 124 von der nur eine Ossifikation im Beginne zeigenden, mittleren Knorpelplatte des 21] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 279 Polvpterus, „die bei Calamoichthys ohne Verknöcherung erscheint“. „Ich glaube aber doch eine Andeutung davon in einer ausserordentlich dünnen sklerosirten Schicht, welche der Knochenkörperchen entbehrt, beobachtet zu haben‘. Diese ganz richtige Wahrnehmung wird durch das folgende Stadium Cal. € (Tat. I, Fig. 2) über jeden Zweifel erhoben. Hier tritt die Ossifikation als eine ovale Platte ım proximalen Bereich des Mesopteryeiums und in lokaler Beziehung zu zwei, die Platte durchsetzenden Oetinungen auf. Der Knorpel ist bereits innerhalb der Grenzen dieser Knochenplatte theilweise zerstört, und seine Elemente reagiren an der Peripherie dieser Platte durch lebhaftes Wachsthum auf die eingetretene Veränderung. An Stelle des Knorpels findet sich eine Masse von Fettzellen (Fig. 16). Wir werden die erwähnten Foramma Mesopterygn (For. Mso.) als die Stellen zu betrachten haben, wo die Knochenbildung zuerst festen Fuss fasst. Von hier aus dehnt sie sich auf beiden Flächen des Mesopteryeium in radiärer Richtung gleich- mässig aus. Daher kommt es, dass diese Knochenplatte auf beiden Flächen stets dasselbe Bild darbietet. So begeonet sie uns bei Polypterus wieder, wo aber eins der Löcher m ihren Bereich fällt, em anderes dem distalen Rande genähert liegt. (Textfigur 8.) Auf dem Stadium Pol. 3 ist ein doppelter Umriss an dem Os meso- pteryeüi sichtbar. Dies rührt daher, dass der innere Umriss die Ausdehnung bezeichnet, in welcher der Knorpel zerstört wurde, während der äussere den Rand der dünnen, sich über die Knorpelmasse fortschiebenden Knochenplatte andeutet. Solcher Foramina Mesopterygu finden sich immer drei bis vier, welche letztere Zahl an den mikroskopischen Objekten des Calamoichthys sich leicht nachweisen lässt. Wiepersuerm nennt sie Nervenlöcher; ich möchte aber die Richtigkeit dieser Auffassung sehr bezweifeln. Nach Untersuchung zweier Flachschnittserien von Cal. A und € halte ich sie für die Durchtrittstellen von Blutgefässen. Von einer Durch- bohrung des Mesopterygiums durch Nerven konnte ich auch makroskopisch nichts nachweisen. Diese Löcher besitzen zum grössten Theil eine ganz charakteristische Anordnung. Sie liegen in einer Reihe, welche in schräger Richtung annähernd gerade auf den am weitesten distal vorragenden Theil des actinalen Randes hinführt. So wird eine, dem Metapterygium annähernd parallele, aber distal von ihm, in schräger Richtung abweichende Linie beschrieben, deren Bedeutung ums noch mehrfach beschäftigen wird. Obwohl sie zum Mesopterygium gehört, können wir sie doch erst nach Kenntnissnahme der Actinalia betrachten. Das Mesopterygium besteht anfangs und später überall dort, wo es keine Modifikationen durch Knochenbildung erleidet, aus typischem hyalinen Knorpel (Taf. IV Fig. 14) und zwar in einer vollständig gleichmässigen Weise in der ganzen Ausdehnung der Platte. Trotz dieser Homogenität prägen sich doch durch die Anordnung der Knorpelzellen lokale Besonderheiten aus. Gegen die Peripherie zu stehen die Knorpel- zellen mit ihren Längsdurchmessern der Oberfläche parallel. Weiter nach innen lassen sie vielfach eirkuläre Anordnung um gewisse Punkte erkennen. Eine solche tritt schon bei Cal. A ım Bereiche der späteren Ossifikation auf. Aber auch weiter distal begegnen 280 HERMANN KLAATSCH [22 uns solche Andeutungen von Üentren, ohne dass sich ein sicheres Bild regelmässiger Anordnung oder von Beziehungen zu benachbarten Skelettheilen finden liesse. Diese, zum Theil ja nur in Andeutungen auftretenden Erscheinungen, sind insofern von Bedeutung, als sie auf eine Sonderung der Knorpelplatte hinweisen. Eine solche könnte auch in dem Vorhandensein der Gefässlöcher selbst erblickt werden. Auch makroskopisch fallen bei Polypterus seringe Unregelmässigkeiten der Knorpelplatte auf, doch nicht im der Anordnung und Deutlichkeit, wie sie Porzarv auf seiner Fig. 9 abbildet. Hier soll der distale Theil des Mesopterygium, entsprechend den Actinalien, in einer zum Rande senkrechten Richtung zerlegt erscheinen, — superficial indications of a former division of the apparently homogeneous part of the cartilage. — Ob diese Sonderung des Mesopterygiums im der That, wie Porrarp meint, auf das Hervorgehen dieses Skelettheils aus mehreren diskreten Abschnitten hinweist, oder ob sie nicht vielmehr als die erste Andentung emes beginnenden Zerlegungs- prozesses der einheitlichen Knorpelmasse in einzelne Stücke aufzufassen ist — dies lässt sich aus dem Objekt heraus nicht entscheiden. Nur eine allgemeine Betrachtung des ganzen Flossenskelets kann hierüber Aufklärung verschaffen. Marginalia, Propterygium (/’) und Metapterygium (Mta). 8 I g Fr) pteryg ( Taf. I, Fig. 1-4; Taf. II, Fig. 9, 10; Taf. IV, Fig. 14—17; Textfigur 7, 8, 9, 10, 11. Wie aus den Angaben der früheren Untersucher bereits hervorgeht, stellen die beiden Randstücke des Urossoptervgium längliche Skeletstücke dar, welche an die embryonalen Zustände der Röhrenknochen höherer Wirbelthiere erinnern. In den jüngsten Stadien (Cal. A und B) werden sie in ihrer ganzen Länge von hyalinem Knorpel gebildet, welcher von einer dünnen Knochenhülse umschlossen ist (Fig. 14, Textfig. 9, 11). Diese lässt nur die Enden frei, welche wir als proximale und distale, knorpelige Epiphyse von der mit Knochenbildung versehenen Diaphyse sondern wollen. Die knöcherne Manchette ist bei Cal. A noch sehr dünn. Sie liegt dem Knorpel aussen derartig auf, dass derselbe an ihrer Grenze keme störkere Volumensänderung erfährt. Auch noch bei Cal. B (Taf. I, Fig. 2) ist dies zu erkennen. Die Knochen- hülse ist von vorneherein in der Mitte. des ganzen Skeletstiickes am dicksten und läuft von da aus in proximaler und distaler Richtung allmählich aus, zuerst ganz verschmälert, dann in späteren Stadien bis zum Rande der Manchette (Fig. 1 u. 2 eine gewisse Dicke beibehaltend. Damit geht auch eine bedeutende Diekenzunahme in der Mitte Hand in Hand (Fig. 2, 15). Der Knorpel im Innern macht mit der Zunahme der Knochenhülse ähnliche Veränderungen durch, wie sie von den entsprechenden embryonalen Vorgängen der höheren Wirbelthiere her bekannt sind. An den Enden der Manchette nehmen die Zellen eine zur Oberfläche derselben senkrechte Anordnung an, während sie im Innern 23] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. >81] . sich bedeutend vergrössern und so die bekannte blasige Veränderung eingehen, welche als Vorläufer des lokalen Knorpelschwundes sich allgemein wahrnehmen lässt. Das Stadium des letzteren ist aber selbst bei dem ältesten Cal. C noch nicht erreicht; wohl aber besteht es, nach dem makroskopischen Bild zu urtheilen, bei Pol. B. Die weiteren histologischen Veränderungen dieser Theile habe ich nicht verfolgt. Was den Bau der Knochenhülse betrifft, so finden sich schon bei Cal. A Knochenkörperchen in der Grundsubstanz, jedoch in geringer Zahl; auch späterhin treten sie nicht sehr zahlreich auf. Die Knochensubstanz selbst zeigt Andeutungen einer Struktur in Streifungen, die vielfach etwas unregelmässig, doch im Ganzen auf eine der Längsriebtung und ferner der darauf senkrechten Richtung entsprechende Difterenzirung hinweisen. Die Form der Marginalia erfährt bei diesen Entwickelungsgängen Verände- rungen; soweit sich hierin für beide Gemeinsames ausprägt, soll es hier hervor- gehoben werden. Im Ganzen haben wir es mit stabförmigen Skeletstücken zu thun, doch sind dieselben insofern nicht ganz gleichmässig gestaltet, als Abweichungen von der reinen Cylinderform sehr deutlich hervortreten. Namentlich in den Jugendzuständen erscheinen die Marginalia sehr stark in einer zu den Flossenflächen senkrechten Richtung abge- plattet, besonders in der Mitte der Skeletstücke. Bei Polypterus lässt sich dies makroskopisch leicht feststellen. In Stadium Pol. 4 ist der Breitendurchmesser der gross, als derjenige der Dicke. Diese Differenz gleicht c Marginalia wohl doppelt so & sich später etwas aus und zwar in höherem Maasse für das Meta- als für das Pro- pterygium. Dass auch für Calamoichthys diese ursprünglich sehr lache Form der Knochen Geltung hat, ergiebt sich aus der Rekonstruktion eines Plattenmodells vom Flossen- skelet des jüngsten Stadiums Cal. A, während später auch hier mehr cylindrische Formen sich ausprägen. — Die proximalen Epiphysen zeigen von vorneherem eine von den distalen verschiedene Gestaltung. Während die letzteren gleichmässig gewölbte, rundliche Vorsprünge darstellen, sind die ersteren in Anpassung an den Schultergürtelgelenk- kopf (Gl) pfannenartig ausgehölt (Fig. 1, 2, 3, 14, 15, 16, 17, Textfig. 10). Bei Calamoichthys verbreitern sich diese proximalen Epiphysen allmählich bedeutender als bei Polypterus. Wir kommen nun zu den Besonderheiten der beiden Marginalien. Das dorsale Stück, das Propterygium ist allgemein viel kürzer als das ventrale — das Metapterygium. Bezüglich der einzelnen Maasse kann ich auf die Tabellen pag. 282 verweisen. Diese drücken in Zahlen gewisse Thatsachen aus, die sich auch schon dem blossen Anblicke der Objekte offenbaren. Das durchsehnittliche Verhältniss beider Marginalia zu einander ist 100:142; doch bestehen im Einzelnen nicht unwiehtige Verschiedenheiten desselben. Grösser ist die Differenz bei Polypterus (durehschnittlich 100: 150) als bei Calamoichthys (durehschnittlich 100 : 134). In den Jugendstadien ist ebenfalls der Unterschied grösser als in den älteren. Es prägt sich Festschrift für Gegenbaur. 36 282 HERMANN KLAATSCH [24 also eine Entwickelungsrichtung im dem Sinne aus, dass dieanfangs bestehende, beträchtliche Differenz allmählich etwas ausgeglichen wird. Calamoichthys, Exemplar A. Exemplar 5. Exemplar (. 12 cm 18 cm 25 cm Länge des, Myaltheils 1 2220025 2,0 3,2 4,0 Länge des Propteryguwm . .. ... Teil 1,4 2,2 Länge des Metapterygium. . . . 1,6 2,4 2 Länge des Mesopterygium. . . . iR2 242 2,D Grösste Breite des Mesopterygium . 1,2 1,% 2,4 Grösste Länge der Actinalien . 0,4 0,7 1,0 Alle Maasse in Millimetern. Polypterus. Exemplar A. Exemplar BD. käneerdes Myalthelsea ur mr 2.3 32 Bänse der Bropterygzum nz. m 1,0 1,4 Länge der Metapterysium ".'. 27: kan 2,3 Länge der Mesopterygum . . . . . 1,0 1,5 Grösste Breite des Mesopterygium . . . 11 165 Grösste Länge der Actinalien . . . . 0,9 13 Alle Maasse in Centimetern. Polypterus nimmt hierin wieder den niederen Zustand em, während Cala- moichthys die späteren Stadien eines Prozesses vorführt, dessen Endstadium durch einen annähernden Ausgleich in der Länge gegeben sein würde. Die Marginalia sind keine ganz gerade gestreckten Skeletstücke; sie zeigen Krümmungen zwiefacher Art: emmal solche, welche in der Ebene der Flosse gelegen sind, und zweitens senkrecht dazu gerichtete. Die letzteren sind unbedeutender Art. Am besten finde ich sie bei Pol. B ausgeprägt, als Biesungen mit einer medialen Richtung der Konkavität. Auch aus der Rekonstruktion des Cal. A ist Gleiches zu ersehen. Die anderen Krümmungen sind bedeutender und zwar mehr bei Polypterus als bei Ualamoichthys ausgeprägt. Gelegentlich des Mesopterygiums habe ich auf den Einfluss hmgewiesen, welchen das Wachsthum des letzteren auf diese Krümmungen, ausübt. Bei starker Ausprägung beschreiben diese Krümmungen eine S-Form (Textfig. 7 und 8) mit proximal konkaver, distal konvexer und randwärts gelegener Biesung. Die Marginalia gehen Beziehungen ein, theils zu einander, theils zu benach- barten Theilen, und diese beanspruchen ein grosses Interesse. 25] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 283 z=öod Auf den Anschluss des Propterygiums an das Mesopteryeium bin ich beim letzteren ausführlich emgegangen. Wenn auch die Entscheidung der Frage, ob wir es hier mit einer sekundären oder emer primären Erschemung zu thun haben, nur unter Berücksichtigung der allgemeinen Verhältnisse der Phylogenese des Crosso- pterygiums geschehen kann, so wollen wir hier doch diejenigen Punkte hervorheben, welche rein thatsächlicher Natur, den Objekten entnommen, die Antwort beeinflussen dürften. Da ist vor allem die Thatsache wichtig, dass bei Polypterus die Trennung deutlich ist. Freilich könnte ein Jugendstadium hier noch anderes kennen lehren. Dann aber scheint mir die in so vielen Punkten sich aussprechende Parallele zwischen den beiden Marginalia nur in dem Sinne gedeutet werden zu können, dass wir es hier mit homodynamen Bildungen zu thun haben, und dass die selbst bei der innigsten Vereinigung bestehenden Andeutungen einer Absrenzung zwischen Pro- und Mesopterygium als der Rest einer früher bestehenden und allmählich wieder sich deutlich ausprägenden Sonderung aufgefasst werden miissen. Wenn das Propterygium jedoch nicht dem Metapterygium gleichgesetzt werden sollte, so dürfte es vielleicht mit dem Mesoptervgium in genetischen Konnex gebracht werden. Dass in diesem Sinne die Thatsachen, speziell die in Rhede stehende Verschmelzung gedeutet werden müsste, scheint mir nicht geboten. Hier werden unsere weiteren allgemeinen Betrach- tungen anzuknüpfen haben. Am proximalen Theile liefern die beiden Margmalia gemeinsam die Gelenk- pfanne für den Kopf des Schultergürtels. Die einfacheren Verhältnisse bietet hierm Polypterus dar, während bei Cala- moichthys uns in dieser Gegend wenigstens in gewissen Stadien nicht unwichtige Komplikationen entgegentreten. Bei Polypterus stossen die beiden Margimalien mit den einander zugekehrten, planen Flächen eng an emander und liefern so eine ovale, mässig vertiefte Gelenk- pfanne. Mitten über dem Grund derselben verläuft eine gerade hellere Linie, die Grenze der beiden, die Pfanne bildenden Komponenten bezeichnend. Der Knorpel- rand der Pfanne ist überall gleich stark angehoben und geht m die Gelenkkapsel über, deren mediale Verstärkung bereits beschrieben wurde. Von aussen betrachtet sind die beiden Marginalien sehr innig zusammengefügt, ihre Epiphysen bilden scheinbar eine Einheit — nur durch die Grenzlinie wird die Sonderung angedeutet”). Diese innige Beziehung der beiden Marginalien prägt sich bei Polypterus schon im Jüngeren Stadium sehr deutlich aus; stehen doch hier die beiden Skeletstiicke eine Strecke weit einander parallel (Textfig. 7). Erst später werden sie dureh die Aus- dehnung des Mesopterygiums hier zu stärkerer Divergenz gebracht (Textfig. 8). (rehen wir von der — später noch genauer zu prüfenden Annahme aus, dass die Verbindung der Marginalia im Bereiche des Schultergelenkes eine erst allmählich *) Howes bildet den proximalen Theil der Marginalia anders ab, als ich ihn gefunden, indem er das Meso- pterygium ganz weit zwischen dieselben sich einschieben lässt. 36* 284 HERMANN KLAATSCH [26 nach Verdrängung des Mesopterygiums sich anbahnende Erschemung sei —, so haben wir in dem engen Anschluss der proximalen Marginalia-Epiphysen einen Prozess zu erblicken, welcher in die Verbindung von Extremität und Schultergürtel etwas Neues einführt, em vermittelndes Glied, welches aus der Veremigung von Pro- und Meta- pterygium sich heranbildet. In diesem Sinne zu deutende, wenn auch im Thatsäch- lichen etwas von Polypterus ditterirende Erscheinungen treten uns bei Calamoichthys entgegen (Fig. 3, 17, 18, Textfig. 10). Da es sich um Dinge handelt, denen ich eine hohe Bedeutung beimesse, ist ein näheres Eingehen erforderlich. Die proximalen Epiphysen der Margmalien liefern auch bei Calamoichthys die Gelenkpfanne, aber sie zeigen in dieser Betheiligung Verschiedenheiten, welche die laterale und mediale Flossenfläche betretfen. Dies ist bisher niemals bemerkt worden, höchstens vielleicht von Parker, dessen Darstellung je- doch nicht genügt. Das Flächenbild, welches (Taf. I Fig. 1 und 3) diese Verhältnisse erläutert, wurde durch die Schnittserie geprüft, welcher die Textfigur 10 entnommen ist. Auch das Plattenmodell gab über dies Verhalten instruk- tive Aufschlüsse. Auf der lateralen Seite liegen die Marginalia einander nicht sehr nahe. Hier schiebt sich reichliches Bindegewebe ein, und das Flächenbild erweckt den Eindruck, dass hier die beiden Skeletstücke gar nicht mit einander zusammenhängen. Fig. 10. et er N: Calamoichtiys 12 em. Flachschnitt durch den Proc. Ganz anders bei der Betı achtung von styloides, welcher durch den Zusammenfluss der der medialen Seite: Hier bekommt man bei proximalen Epiphysen der Marginalien gebildet wird. > E 4 E 2 a Schwache Vergr. Bezeichnungen wie auf den Tafeln. Einstellung auf die Oberfläche eine ein- heitliche Knorpelmasse zu Gesicht. (Fig. 3.) Wollte man dem Flächenbild nicht trauen, so brauchte man nur die Schnitt- serie zu Rathe zu ziehen. Von 23 Schnitten, welche die Pfanne getroffen haben, zeigen acht eine vollständige Kontinuität zwischen den beiden Margmalien. Figur 18 Tafel V zeigt, wie die Knorpelzellen sich in gleichmässiger Weise von dem einen ünde zum anderen hinübererstreeken, ohne in der Mitte etwa eine besondere An- ordnung zu zeigen. Es kann somit an der Kontinuität kein Zweifel bestehen. Sie wurde von mir zuerst an den Schnitten bemerkt und erst dann am Flächenbilde aufgefunden, wo sie mir bis dahin entgangen war. Das Rekon- struktionsbild der Schnittserie liefert ein völlig mit dem Flächenbild Fig. 3 Taf. I übereinstimmendes Resultat. Wir lernen dabei Einzelheiten über diese den Marginalien gemeinsame Bildung kennen — die wir fortan als den Processus styloides marginalium bezeichnen wollen (St). tv -1 BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 285 Dieser Fortsatz stellt eine scharfkantige Leiste dar, welche eine distale Ineisur gleichsam überbrückt (Fig. 3). Wir können an dem Fortsatz eine mediale und eine laterale Fläche, sowie einen freien Rand unterscheiden. Die mediale Fläche ist schwach gewölbt von der einen Seite zur anderen hinüber; die laterale ist ausgehöhlt und bildet den hinteren Theil der Pfanne. Der freie Rand zieht vom Metapterygium in schräg absteigend distaler Richtung zum Propterygium hinüber, sich an beiden Skeletstücken in eine auf eine spitze Vorragung auslaufende Kante fortsetzend. Diese Anordnung ist keine beiläufige, da sie sich an zwei Objekten (Cal. A und DB) vollständig in gleicher Weise darstellt. Aus diesem Zustand bildet sich später bei Oalamoichthys dureh näheren An- schluss der Marginalia auch auf der lateralen Fläche und durch sekundäre Abgliederung von einander ein dem Polypterus ähnlicher Zustand heraus. Wenn auch diese gemein- same Knorpelmasse bei den Crossopterygiern keine dauernde Bedeutung erlangt, so muss doch die Thatsache als solche sehr bedeutungsvoll erscheinen, dass aus der Vereinigung der beiden Marginalien hier ein neues Verbindungsglied zwischen Extremität und Schultergürtel hervorgeht. Dasselbe schiebt sich auf der medialen Seite des Gelenk- kopfes an den Schultergürtel heran. Damit wird ein von distalen Theilen her in proximaler Richtung sich vorschiebender Knorpel- überl weliefert, welcher sich in eine, eben vom Gelenkkopf lateral überragte Vertiefung des Schultergürtels einbettet. Dieses neue Glied des Extremitätenskelets bildet sich auf der medialen Seite aus. Es könnte dies vielleicht mit dem Vorhandensem des Lig. zonomesoptery- giale in Zusammenhang gebracht werden, oder auch mehr allgemem mit den gerade diese Partie des Schultergelenks auszeichnenden, alten Beziehungen. Wie dem auch sei, jedenfalls haben wir eine Bildung vor uns, von der man sich leicht denken kann, dass sie bei geänderten mechanischen Verhältnissen eine hohe Bedeutung für die Verbindung von Extremität und Schultergürtel gewinnen könnte. Wir brauchen uns nur vorzustellen, dass der Gelenkkopf des Schultergürtels eine Verkleinerung erführe, so würde der Processus styloides den natürlichen Stützpunkt der freien Extremität darstellen und als eine Art von Gelenkkopf, der diesmal aber von der Extremität sich ableitete, in eine vom Schultergürtel gelieferte Vertiefung eimragen. Dass unter solchen Umständen diese ganze einheitliche Knorpel- partie auch eine grössere Selbstständigkeit erlangen und den übrigen Theil der Marginalia ebenso aus der Verbindung mit dem Schultergirtel verdrängen könnte, wie diese einst das Mesopterygium verdrängt haben, ist keine sehr weit abseits liesende Konsequenz. Wir müssen hier die Betrachtung eimes kleinen Skeletstickes anreihen, über dessen morphologische Bedeutung ich keinen Aufschluss habe gewinnen können. Ich meine jenes kleme, zuerst von Wirpersuem, dann von Porrarn beschriebene, auch 986 HERMANN KLAATSCH [28 von Howzs abgebildete Knorpelehen, welches dem distalen Drittel des Propterygium aussen ansitzt. Was zunächst seine Verbreitung betrifft, so halte ich es für eine typische, beiden Crossopterygiern stets zukommende Bildung. Der Nachweis desselben kann freilich oft Schwierigkeiten bereiten, namentlich bei jüngeren Stadien, da es, wenn man nicht besonders darauf achtet, leicht bei makroskopischer Präparation beseitigt wird. Dies ist jedenfalls der Grund, wesshalb es auf dem Stadium Pol. A nicht zu finden war. Auf Textfigur 8 von Pol. B ist es deutlich sichtbar (Capr.). Dass es auch bei Calamoichthys trotz mancher negativen Befunde dennoch existirt, ersehe ich aus zwei Schnittserien von Cal. A und (', wo es auf Schnitten in ganz typischer Weise an der gleichen Stelle, wie bei Polypterus sich findet (Fig. 16, Taf IV). Es handelt sich um ein rundliches bis ovales Knorpelkörperchen, welches, ohne eine Spur von Verknöcherung zu zeigen, in die Insertionssehne einer hier das Proptery- ojum erreichenden Muskelmasse eingebettet ist (Fig. 9), und zugleich einer distal ziehenden schmalen Muskelpartie als Ursprung dient. Ueber seine Herkunft bin ich ganz im Unklaren, und da ich auch keinen Anhaltspunkt dafür gewinnen kann, dass es eine wichtigere Rolle in höheren Zuständen spielt, so will ich einstweilen dieser Cartilago para propterygialis, wie ich sie nennen möchte, keine weitere Beachtung schenken. Aectinalia. Dal, Kies 1,72: Dar BVe Bor 214 5,6 Mextheurmes nee: Die kleinen, bisher als „„Radien‘ bezeichneten Skeletstüicke, welche dem distalen Rande des Mesopterygiums aufsitzen, sind von den früheren Untersuchern nicht bis in Einzelheiten hinein geprüft worden. Bei eimer solchen genaueren Betrachtung ergeben sich manche interessante Punkte, die für die Auffassung des Flossenskelets im Ganzen von Bedeutung sind, es ergeben sich aber auch manche Schwierigkeiten, welche das Zustandekommen des fertigen Zustandes betreffen. Zu ihrer vollständigen Beseitigung hätte es eines viel reicheren, namentlich ontogenetischen Materiales bedurft, als es mir zur Verfügung gestanden hat. Man darf daher keme erschöpfende Behandlung des Gegenstandes erwarten. Ich muss mich begnügen, Fragen aufzuwerfen und die Punkte anzudeuten, wo eventuell neue Untersuchungen einzusetzen haben. Der hieraus entspringende Mangel ist jedoch für unseren vorliegenden Zweck, soweit ich es wenigstens übersehen kann, nicht von allzu grosser Bedeutung, da für die vergleichenden Betrachtungen eine genügende thatsächliche Basis auch hier geschaften werden kann. Die Actinalia stellten längliche, ursprünglich ganz von Knorpel gebildete Skeletstücke dar, welche in ihrer ganzen Form und im der Art ihrer Verknöcherung ausserordentlich an die Marginalien erinnern, worauf GEGENBAUR bereits mit Nachdruck hingewiesen hat. 29] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER, 287 Die Knochenbildung beginnt an der Diaphyse und liefert wieder die typische Knochenhülse, die Epiphysen vollständig freilassend. Letztere behalten auch in dem am weitesten vorgeschrittenen Zustande ihre ursprüngliche Beschaffenheit bei, während in der Diaphyse die zur Bildung des primären Markraumes führenden Veränderungen auftreten, die jedoch auch bei dem ältesten Calamoichthys auf der gleichen Stufe, wie bei den Marginalien verharren. Durch diese Knochenbildung gewinnen die Actinalien die längliche, an die köhrenknochen erinnernde Form. So treten sie uns bei beiden Urossopterygiern als schmale, eylindrische Stiicke entgegen, welche in der Mitte den geringsten Dicken- durchmesser besitzen, an den Epiphysen aber beträchtlich anschwellen. Im Einzelnen ergaben sich manche Verschiedenheiten, die nicht unabhängig von den Volumens- verhältnissen betrachtet werden können. Als relativ sehr kurze und plumpe Stücke treten sie uns bei Calamoichthys entgegen (Taf. I Fig. 1, 2). Die Tabelle giebt über die grösste Länge derselben Auskunft und zeigt, was ja auch der Augenschein bestätigt, dass Polypterus relativ sehr viel längere Actinalia aufweist. Dieselben sind hier viel graciler gebaut. Vor allem das Mittelstiick bringt dies zum Ausdruck, aber auch die Epiphysen sind schmaler, namentlich die distalen. Dies hängt freilich zum Theil auch mit emer gewissen Raumbeschränkung zusammen, die bei Polypterus im Unterschied von Calamoichthys sich zeigt. Die Epiphysen sind bei Ualamoichthys oft auffallend in die Breite gezogen — namentlich die distalen. Die Cylinder der Actinalien sind ebensowenig wie die der Marginalien regel- ınässig geformt. Sie besitzen alle eme beträchtliche Abplattung, welche mit der tlächenhaften Ausbreitung des Flosse korrespondirt. Auch treten leichte Krimmungen an ihnen hervor, weniger bei Calamoich- thys, mehr bei Polypterus. Auch unvollständige Actinalia kommen vor. Auf Textfigur 7 und 8 sind solche sichtbar. Sie bestehen nur aus der distalen Epiphyse und einem Theil des Mittelstücks. Weiter unten werden wir uns mit dieser Eigen- thümlichkeit abzufinden suchen. Wirvernerm bildet ein distal, etwa in der Mitte sich theilendes Actimale von Polypterus ab. Ich habe derartige im erwachsenen Zustand nicht bemerkt, doch könnten ontogenetische Thatsachen die Wiepersuem’sche Angabe bekräftigen. Den- noch möchte ich ihre Richtigkeit bezweifeln. Denn gerade an der Stelle, wo das getheilte Actinale abgebildet ist — (Porrarp hat übrigens den Befund in seine Figur mit übernommen), finde ich das unvollständige Actinale, bei zwei Exemplaren. Ich halte es für sehr möglich, dass diese Unregelmässigkeit Wirpersnem irregeführt hat; denn gerade an solchen Objekten, wie er sie abbildet, muss ich das Vorkommen gegabelter Actinalia als ganz unwahrscheinlich erklären. Die Actinalia sind von emander verschieden. Ihre Grösse ist ungleich, auch Form und Krümmungen wechseln. Die schönsten, längsten Stiicke werden metapterygiale Seite zu angetroffen, die kleinsten nach den Rändern zu. gegen die oO 288 HERMANN KLAATSCH 130 Den Abschluss der Actinalien-Reihe formiren zwei stets ganz knorpelig bleibende Skeletstiicke. welche mit den Actinalien nichts zu thun haben und daher weiter unten gesondert zu betrachten sind. Es sind die von mir als Epimargimalia bezeichneten Gebilde. Die Zahl der Actinalia ist eine beträchtliche, an meinen Objekten bis zu 15 ansteigende. Bevor wir aber auf diese eingehen, wollen wir versuchen, die Anord- nung der scheinbar ohne bestimmtes Gesetz an emander gereihten Stücke zu ergründen. In dieser Hinsicht ist mir manches aufgefallen, worauf die früheren Untersucher nicht geachtet haben. Betrachtet man den actinalen Rand des Mesopterygiums genauer, so zeigt sich ein Punkt desselben als am meisten distal vorspringend. Es ist jener Punkt, auf den uns die Anordnung der mesopterygialen Löcher hinwies und den wir bereits oben als dem Metapterygium näher gelegen bezeichneten. Dieser Punkt zeigt eine bestimmte Beziehung zur Anordnung der Actinalia. In seine Verlängerung fällt das unvollständige Actinale des Polypterus, welches ich an zwei recht verschieden weit entwickelten Exemplaren nachweisen konnte. Man wird dadurch auf die Vermuthung gebracht, dass hier etwas Besonderes vorliegt und wird angeregt, danach zu suchen, ob die Actinalia vielleicht die betreftende Stelle als eine für ihre Anordnung wichtige darthun. Dies ist in der That der Fall; denn von hier aus weisen die Actinalia nach den Rändern hin eine verschiedene Richtung auf. Sie lassen sich m zwei natürliche Gruppen zerlegen, von denen die eine gegen den propterygialen, die andere sesen den metapterygialen Rand zu gelegen ist. Beiden gemeinsam ist, dass die Actinalia mit ihrer Längsaxe annähernd senkrecht zum distalen Mesopterygium- Rand stehen; da dieser Rand ein schräger ist, so stehen auch die Actinalien schräg. Die propterygialen stehen dem Propterygium, die metapterygialen dem Metapterygium annähernd parallel, die ersten schauen mit ihren distalen Epiphysen in dorsaler, die letzteren in ventraler Richtung. Damit offenbart sich die schon durch mehrfache Besonderheiten ausgezeichnete Linie als eme Axe (Az), und nach ihrer Stellung zu derselben können wir dorsale und ventrale Strahlen unterscheiden (Fig. 1, 2, Textfig. 7 und 8). Nur von dem einen gerade in die Axe fallenden muss es zweitelhaft bleiben, welcher Gruppe wir ihn zurechnen sollen. Wir wollen die beiden Gruppen als die der Proaetinalia (Act. p.) und Metaetinalia (Aet. m.) unterscheiden. Wäre der Flosse die horizontale Stellung als Ruhelage eigen, so könnte man wohl von medialen und lateralen Strahlen sprechen. Bei Calamoichthys ist die Axe des Ürossopterygiums nicht so deutlich ausgeprägt wie bei Polypterus, doch werden uns hier ontogenetische Punkte auf dieselbe führen. Die beiden Gruppen sind von einander verschieden an Zahl, im Uebrigen in ihren Merkmalen übereinstimmend. Die Proactinalia sind stets viel zahlreicher als die Metactinalia. Für Pol. A und B finde ich trotz der Altersverschiedenheit für beide konstante Zahlen — nämlich 13 für die Pro-, zwei für die Metactinalia. Bei Cal. B zähle ich acht Pro-, zwei Metactinalia. Bei Cal. C stellen sich die Zahlen auf 11 und 2. Cal. A zeigt 31] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 289 hierin noch unentwickelte Verhältnisse, die wiederum in anderer Hinsicht recht interessant sind. Auffallend ist bei diesen Zahlen die geringe Entfaltung der Proactinalia und ferner die Konstanz ihrer Zahl gegenüber den sich stärker mehrenden Metactinalien. Bei Polypterus scheint aber auch für diese eine Periode des Stillstandes einzutreten. Wir kommen zu der am Anfang berührten schwierigen Frage: Wie vermehren sich die Actinalia? Ihr müsste eine andere vorangestellt werden: Wie entwickeln sie sich? Aber auf diese kann natürlich bei unseren Objekten eine bestimmte Antwort nicht gegeben werden, weder für die Actmalia, noch für die anderen Theile des Flossenskelets. Wir können es nur als wahr- scheinlich hinstellen, dass in Analogie mit anderen Flossenbildungen die ersten Actinalien sich als Fortsätze der Mesopterygialplatte ent- wickeln werden, wie das Morrmer für die Selachier gezeigt hat und nach Srmox’s Be- funden für Ceratodus wahrscheinlich ist. Ob aber dieser für die ersten supponirte Modus auch für die später sich entwickelnden Gel- Mso tung hat, dies ist mir nach den Befunden = 20 an den jüngsten Calamoichthys sehr zweifel- 1 haft geworden. Se Meine Wahrnehmungen an diesem werthvollen Objekte decken auffallende Facta auf und lassen es sehr bedauern, dass nicht en BR . ” \ = Y ” .Q jr ”. noch jüngere Stadien zur Untersuchung heran- Calamoichthys 12 em. Flachschnitt durch den distalen el EN .. z Theil des Metapterygium, das Epimarginale metaptery- oeZ0o y € ygıum, Ya: gezogen weil den können giale und das Metactinale. Schwache Vergrösserung. Wie die Untersuchung der Flächen- Bezeichnung wie auf den Tafeln. schnittserie lehrt, ist eine grössere Zahl von Actinalien bereits vollständig entwickelt, theils als Knorpel, theils bereits mit einer ganz dünnen Knochenhülse im Bereich der Diaphyse versehen. Dies gilt vor allem von den mehr aussen gelegenen Proactinalien. Gegen die Axe zu jedoch zeigen sich sehr eigenthümliche Befunde. Hier fällt auf eimigen Schnitten ein Knorpelstreif auf, welcher in einiger Entfernung vom aetinalen Rand des Mesopterygium diesem an- nähernd parallel verläuft (Fig. 14). Durch genaueres Studium der einzelnen Schnitte und Projektion der Schnittbilder auf einander erkennt man, um was es sich handelt. (Textfigur 9.) Dieser Knorpelstreif entspricht distalen Epiphysen von Proactinalien und gehört einer grösseren Anzahl von solchen zu. Gegen die metactinale Region hin hört er mit scharfem Rande auf, hängt also mit einer ähnlichen, dort gelagerten Bildung nicht zusammen. Von dieser gemeinsamen Knorpelmasse aus erstrecken sich gegen das Mesopterygium zu längliche Fortsätze, welche zum Theil bereits eine dinne Knochenhülse zeigen. An einer anderen Stelle hat man den Eindruck, dass die Festschrift für Gegenbaur. 37 290 HERMANN KLAATSCH [32 Knorpelmasse eine Einkerbung von der distalen Seite her erfahren hat. So ergeben sich Bilder unvollkommen von eimander gesonderter Actinalien, zum Theil höchst unregelmässiger Art, die ich als Stadien der Neubildung solcher Skelelstücke auf- zufassen geneigt bin. Instruktiver sind die Verhältnisse der Metactinalia. Für das eine derselben kann eine vollständige Reihe von Befunden aufgestellt werden, welche die sekundäre Hervorbildung eines Actinale aus einem anderen ziemlich unzweideutig doku- mentiren. Wir gehen aus von Cal. A. Hier ist nur ein Metactinale vorhanden, das- selbe hat jedoch eine ganz merkwürdige Gestalt (Textfigur 12). Während es proxi- mal das gewöhnliche Verhalten darbietet, läuft es distal in einen breiten Knorpelstreifen aus, welcher sich gegen das Epimarginale meta- pterygiale hin erstreckt. Die Anordnung der Knorpelzellen in diesem Auswuchs ist eine konzentrische und weist demselben bereits eine gewisse Sonderung zu. Fine solche ist auch äusserlich durchgeführt bei Cal. B (Fig. 1), wo Ar Admin man das MetactinaleIlals selbstständigen, längeren Fig. 12. Knorpel sich zwischen Metactinale I und Carti- Aus 7 Schnitte konstruirtes Kombinationsbild von i le 3 7 : E3e r 2 R ao a IV O* SE: Ye) as \ Ss 'eIVo Actinalien des Cal. 4A. Bezeichnungen wie auf den lago metaptery sialıs San das Mesopterygium Tafeln. Schwache Vergrösserung. zu sich erstreken sieht. Eine Ossifikation, wie bei den übrigen endlich, ist auf Stad. Cal. C' eingetreten, und damit simd die fertigen Zustände angebahnt (Fig. 3, Fig. 16.). Es erfolgt also die Vermehrung nach dem Rande hin und damit prägt sich die Axenlinie in einer neuen Bedeutung aus (s. u.) Was die Verbindungsweise der Actinalien mit dem Mesopterygium betrifft, so wird sich dieselbe zwar anfangs je nach dem Entstehungsmodus des betreffenden Actinale verschieden gestalten — einmal wird Synchondrose, das andere Mal Syn- desmose das Erste sein — schliesslich aber finden wir überall die Ausbildung kleiner Gelenkhöhlen, deren Sonderung an den Schnitten von Cal. A sich gut verfolgen lässt. Damit bilden sich am distalen Mesopterygiumrand die kleinen Incisuren aus, welche in ihrer Tiefe Schwankungen unterworfen sind. Indem. wir die über die Actinalien eruirten Thatsachen überblicken, sehen wir uns in die Lage versetzt, das Wesentliche vom minder Wichtigen zu trennen und aus den komplizirten Verhältnissen das Primitive zu vermuthen, wenigstens in einigen Punkten. Andererseits können wir uns vergegenwärtigen, zu welchen Extremen gewisse, sich bei den Urossopterygiern zeigende Entwickelungsbahnen führen könnten. Was das numerische Verhältniss betrifft, so könnte man wohl auf den ersten Blick geneigt sein, im der geringen Zahl der Actinalien den ursprünglichen Zustand zu erblicken. Dies ist gewiss insofern richtig, als damit eine ontogenetisch niedere 33] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 29] Stufe angedeutet ist; ob aber phylogenetisch Calamoichthys sich darin als die ältere Form herausstellt, ist mir sehr zweifelhaft. Nicht nur die durch andere Punkte bereits markirte Stellung der beiden Crossopterygier zu einander, auch Gründe allgemeinerer Art lassen es denkbar erscheinen, das Polypterus mit seinen vielen Strahlen, die noch dazu in viel schärferer Weise die Anordnung zur Axe sich be- wahrt haben, den älteren Zustand erhalten hat. Ist dem aber so, dann sehen wir bei Calamoichthys emen Fortschritt auf der Bahn der Reduktion der Actimalia voll- zogen, und diesen Wege kann man sich durch Unterdrückung der Abspaltung neuer Actinalia von präexistirenden leicht bis zu einer Stufe fortgesetzt denken, wo eine recht geringe Zahl nur noch den erwachsenen Zustand erreicht. Bei Cal. A ist ja die Zahl selbstständiger Actinalia eine sehr geringe. Zu ähnlichen Anschauungen führt die Betrachtung der Grösse der Actmalien. Nichts wäre falscher, als auch hier in der geringen Länge der betreffenden Stücke bei Calamoichthys durchaus etwas Primitives erblicken zu wollen. Wenn die zuerst von GEGENBAUR betonte Beziehung der Actinalien zu den Marginalien richtig ist (s. u.!), so muss auch die geringere Grössendifferenz zwischen diesen beiden Arten von Skeletstiicken den ursprünglichen Zustand repräsentiren. Ein solches Postulat sehen wir bei Polypterus erfüllt. Hier ist der Unterschied der Länge zwischen den grössten Metactinalien und dem Propterygium ein ganz minimaler, gar nicht zu ver- gleichen mit demjenigen zwischen Pro- und Metapterygium, während bei Calamoichthys von vorneherein eime mächtige Klutt Margimalia und Actinalia in ihren Grössen- verhältnissen scheidet. So würden wir denn als Extrem der bezüglich der Actinalien sich ausprägenden Entwickelungsrichtung den Besatz des Mesopterygium mit einer geringen Zahl kleiner länglicher Knochen zu erwarten haben. Vor allem aber wichtig ist die Anordnung der Actinalia, durch welche die sanze Betrachtung des Flossenskelets vertieft wird. GeeesBaur hatte schon die Besonder- heit jener kritischen Region des unvollständigen Strahls erkannt (94, pag. 127), ja er spricht bereits von einer Vermehrung knorpeliger Strahlen an diesem Punkte. Mit Recht schliesst er aus seinen Wahrnehmungen, dass eine völlige Gleichartigkeit der Radien nicht vorhanden sei. Nun sind diese Angaben durch meme Beobachtungen in willkommener Weise ergänzt. Eine Axe ist thatsächlich vorhanden, von welcher aus die Anordnung der Actinalien ohne Weiteres verständlich wird. Diese Axe geht aber nicht durch die Mitte, sondern liegt ‘dem Metapterygium viel näher. Diese Thatsachen deuten auch auf einen Prozess hin, den die Flosse durchmacht, doch können für die Bestimmung des Anfangs- und Endpunktes desselben nur allgemeinere Betrachtungen den Ausschlag geben. Epaectinalia (Zpa). Paf.ul, Biest: Dar IV, Ris.,15, 16: Unter diesem Namen fasse ich alle knorpeligen Differenzirungen zusammen, welche sich distal von den Actinalien finden. Sn 31x 299 HERMANN KLAATSCH [34 GEGENBAUR fand dieselben in einfacher Reihe und zahlreicher als die Actinalia diesen aufsitzend. Porrarnp konnte auf Horizontalschnitten der Flosse eines kleinen Polypterus noch eine zweite Reihe kleiner, mit denen der ersten alternirender, also in Verlängerung der Actinalıa gelegener Knorpelchen finden. Mit voller Sicherheit lässt sich über diese Gebilde in der That nur an mikroskopischen Schnitten Aufklärung gewinnen. Ich habe dieselben daher auf Textfigur 7 und 8 nicht mit angegeben, da ich bei Polypterus keime mikroskopische Prüfung dieser Dinge vornehmen konnte. Auch an den Totalpräparaten von Cala- moichthys kann man nicht sicher sein, ob bei der Entfernung der Weichtheile die zarten Knorpelchen vollzählig erhalten wurden. Die Epactinalien treten in emem (Gewebsstreifen auf, welcher sich distal von den Actinalien ausdehnt, und in welchem sich die Strahlen des Dermalskelets ein- senken. Ueber ihre Entwickelung konnte ich an meinen Objekten keimen Aufschluss gewinnen und konnte keine thatsächliche Bestätigung der gewiss berechtigten Annahme gewinnen, dass diese kleinen Knorpel als Abkömmlinge der Aetmalien zu betrachten seien. Wenn auch noch nicht vollständige histiologisch difterenzirt, so sind doch schon die ihnen entsprechenden Zellenmassen an dem jüngsten Calamoichthys- Stadium deutlich. Auch die alternirende Lage: zu den Actinalien scheint sich früh einzustellen. Von einer doppelten Aufreihung dieser Gebilde, wie sie Porzarn beschreibt, habe ich mich mit Sicherheit bei Ualamoichthys nicht überzeugen können. Da die Einzelheiten dieser kleinen Bildungen für unsere Zwecke keine Bedeutung haben, so gehe ich nicht näher auf sie ein. Epimarginalia (Zpm. pr. und Epm. mta.). Taf. 1, Fig. 1, 2; Taf. IV, Fig. 14, 15, 17; Textfig. 7, 8, 9, 11. Von besonderem morphologischen Interesse sind jene kleinen Knorpel, welche die Reihe der Actinalien an beiden Rändern abschliessen, hier mit den Marginalien in bestimmter Beziehung sich findend. Auf den ersten Blick könnte man geneigt sen, diese schon oben als Epimarginalia von mir bezeichneten Gebilde den Actinalien zuzurechnen. Im Anschluss an Gesengaer scheint es mir aber richtiger, sie davon zu sondern. Gemeinsam mit den Actinalien haben sie die Lage im Niveau, aber nicht die Beziehungen zu den Skelettheilen. Sitzen sie doch nicht wie jene dem Meso- pterygium auf, und damit ergiebt sich eime bedeutende Differenz. Aber auch im Verhalten selbst prägen sich Unterschiede aus. Während die Actinalia früher oder später der Ossifikation anheimfallen, bleiben die Epimarginalia, soweit es bekannt ist, immer knorpelig. Weder emer der früheren Beobachter, noch ich selbst, haben je eine Spur von Knochenbildung an emem Epimarginale gesehen. Weitere Unter- schiede ergeben sich bei der speziellen Beschreibung. 35] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 293 Was zunächst die thatsächliehen Verhältnisse betrifft, so unterscheiden wir die beiden Epimarginalia ihrer Lage entsprechend als Epimarginale propterygiale (Epm. pr.) und Epimarginale metapterygiale (Epm. mta.). (Gemeinsam ist den beiden, dass sie ziemlich kleme Knorpel darstellen, von länglicher Form, welche zum Theil als eine typisch dreieckige erscheint. Wir unterscheiden einen proximalen Rand und eine distale Spitze. Der proxi- male Rand bildet eine Art Pfanne von schwacher Aushöhlung, welche dem entsprechend gewölbten Theile des Marginals aufsitzt. Hier bildet sich immer em Gelenk aus (Textfig. 11). Durch bindegewebige Massen hängt das Epimarginale mit benachbarten Theilen zusammen, zum Theil auch mit dem Mesopterygium. Bei Polypterus sind die Epimarginalia etwas mehr lang und schmal, als bei dem anderen Crossopterygier (Textfig. 7 und 8, Taf. I, Fig. 1 und 2). Von den Besonderheiten der beiden Epimarginalien hätten wir folgendes her- vorzuheben : Das Epimargimale propterygiale ist im Allgemeinen etwas länglicher als das ‚andere; als ziemlich spitzer Kegel erscheint es bei Polypterus, als typisches Dreieck bei Calamoichthys (Fig. 1, 2). Man kann eine den übrigen Theilen völlig ent- sprechende Grössenzunahme für dieses Gebilde nicht konstatiren. Es macht eher den Eindruck, als bliebe es, ebenso wie das andere, relativ etwas im Wachsthum zurück. Das Epimarginale metapterygiale ist bei Polypterus entschieden grösser als das andere, namentlich mehr in die Breite entwickelt. Bei Calamoichthys hat es eine schwach konkave Basis und eine sanftgewölbte, distale Spitze. Man könnte die Form am passendsten derjenigen der Endphalanx eimes menschlichen Fingers vergleichen (Textfig. 12). In den älteren Stadien schiebt es sich mit einem kleinen Fortsatz gegen das Mesopterygium hm vor, eine Stelle, die schon bei Cal. A durch eine Bandmasse angedeutet ist (Fig. 19, Fig. 2, Fig. 16). Was nun die morphologische Bedeutung dieser Skeletstiicke betrifft, so hängt das Urtheil über dieselben allerdings von allgemeineren Betrachtungen ab, aber schon hier können wir die Beziehung zu den Marginalien betonen. Wenn die letzteren, wie dies GEGENBAuRr bereits gethan hat, mit den Actimalien verglichen werden, so missen die Epimargimalien mit den Epactmalien in eime Linie gestellt werden, und bezüglich der Genese ist es das wahrscheinlichste, dass wir m ihnen abgegliederte Stücke der distalen Epiphysen der Marginalien zu erblicken haben. Allgemeine Betrachtungen über das recente erossopterygiale Skelet. Wenn auch unser Material an lebenden Urossopterygiern ein sehr geringes, auf nur zwei Formen beschränktes ist, und obwohl wir von diesen fast nur den fertigen Zustand, und sehr wenig von der Entstehung im Erfahrung gebracht haben, so offenbaren sich doch Verschiedenheiten der einzelnen Befunde, welche uns auf bestimmte Entwickelungsbahnen innerhalb der recenten Zustände verweisen. Die 294 HERMANN KLAATSCH [36 Beziehungen derselben auf Fossile soll erst später beleuchtet werden; denn ich lege grosses Gewicht darauf, dass gerade das wohl gesichtete recente Thatsachen-Material als feste Basis für alle allgemeineren Ueberlegungen hingestellt werde. Aber schon innerhalb des eng begrenzten Gebietes sind gewisse werthvolle Anhaltspunkte gegeben, welehe die Geschichte des Crossopterygiums beleuchten. Die Zusammenfassung der speziellen Befunde wollen wir durch Einfügung derselben in einen Entwickelungsgang beleben. Als Ausgangspunkt betrachte ich einen Zustand, wie er sich in den Haupt- zügen theils bei Polypterus erhalten hat, theils aus später zu erörternden Gründen erschlossen werden kann. Eine homogene Knorpelplatte nahm die Mitte der Flosse ein. Mit ver- schmälertem, proximalen Ende erreichte sie den Schultergürtel. Ein längerer ventraler und ein kürzerer dorsaler Rand vereinigten sich in einem distalen, der seinerseits wieder durch einen mässig vorsprmgenden Apex in eine grössere dorsale und eine kleinere ventrale Partie geschieden wurde. Dieser Punkt bezeichnet das distale Ende eimer Linie, welche an der Knorpelplatte (Mesopterygium) selbst durch eine Reihe von Gefässlöchern markirt ist und welche sich als eine Axe offenbart mit Rücksicht auf die Anordnung von Strahlen, die dem distalen Rande der Platte aufsitzen. Solcher (Actinnlia) besteht eine geringere Zahl in ventraler Richtung sich erstreckend (Metactinalia) als im dorsaler (Proactinolia). Ihre Knorpeleylinder sind in der Mitte von Knochenhülsen eimgefasst. Den Actinalien gleichen grössere Skeletstiicke, welche den dorsalen und ven- tralen Rand der mittleren Platte einnehmen. Von diesen Marginalien ist das dorsale Propterygium annähernd von sleicher Länge wie die Actinalien, während das ventrale Metapterygium bedeutend länger erscheint. Die Verknüpfung dieses Zustandes mit anderen hat im nächsten Kapitel zu geschehen. Das Mesopterygium erfuhr eine Verschiebung im distaler Riehtung. Die beiden Marginalia verdrängten es und nahmen ihm die Verbindung der freien Extremität mit dem Schultergürtel ab (Texttig. 13). Dabei verwischte sich mehr und mehr der Längenunterschied der beiden, hingegen vergrösserte sich ihre Differenz von den velativ kleiner bleibenden Actinalien. Die gemeinsame Funktion der Marginalien liess innigere Beziehungen derselben zu emander am proximalen Ende hervorgehen. (Nexttis. 10, Kies. 17.) Das Mesopteryeium dehnte sich mehr in die Breite aus, und die Stelle des Apex wurde undeutlicher. Bei dieser Entfaltung war es vorzugsweise der dorsal gelegene Theil, welcher seine schon vorher gegebene Prävalenz bethätigte. Dadurch kam er in nähere Beziehungen zum Propterygium, als zum Metapterygium. Vorüber- gehende Verschmelzung beider Stücke mit einander legt davon Zeugniss ab. Distale Abgliederungen vom Knorpelmaterial der Marginalia und Actinalia liessen die Epi- marginalia und Epactinalia hervorgehen. (Textfig. 14, 15.) Noch einen Schritt weiter führen uns die Urossopterygier-Befunde, und die 37] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 295 sich ausprägende Entwickelungsrichtung ist, um sie recht scharf zu kennzeichnen, in zum Ausdruck gebracht. 7 extremer Weise auf Texttie. 17 AMta.--- \ N Epm.p. N N 2 \ Act: Se \ N Epa FE Er Act.p Fig. 16. Fig. 17. Schematische Darstellung des Umwandlungsprozesses, welcher sich aus dem recenten Material am Crossopterygium-Skelet erschliessen lässt. Fig. 13 stellt den Ausgangs-Zustand dar. Fig. 14, 15, 16 annähernd den gegenwärtigen Befund (Polypterus). Fig. 17 das Extrem, welches sich bei weiterer Entwiekelung in gleicher Riehtung ergeben würde. 296 HERMANN KLAATSCH [38 Die distale Verschiebung des Mesopterygium dauert an, es tritt über das distale Niveau der Marginalien hinaus, immer zum Propterygium nähere Beziehungen als zum Metopterygium bewahrend. Der Längenunterschied von Pro- und Metapterygium gleicht sich mehr und mehr aus. Die Actinalia bleiben im Wachsthum zurück, auch im der Zahl. So trägt der distale Rand des Mesopterygium nur noch wenige Radien, deren Axenorientirung die Hauptzahl den Proactinalien zuweist. Die Beziehungen der Marginalien im Bereiche des Schultergelenks steigern sich bis zur partiellen Verschmelzung derselben mit einander (Textfig. 16, 17). Ein neuer Theil geht so und zwar am medialen Rande der Selbstverbindung hervor, der Processus styloides. Er übernimmt die Verbindung der freien Extremität mit dem Schultergürtel, so weit dieser eine Vertiefung darbietet. Die in diesen Vorgängen sich aussprechende Verschiebung der Skelettheile können wir durch das nachfolgende Schema zum Ausdruck bringen: Ik Schultergürtel. Metapterygium. Mesopterygium. Propterygium. Actinalia. 1: Schultereürtel. Metapteryeium. Propteryeium. ] ‘Oo ’< Epimarginale. Mesopterygium. Epimarginale. Actinalıa. Epactinalia. II. Schultergürtel. Processus styloides. Metapterygium. Propterygium. Epimarginale. Mesopterygium. Epimarginale. Actinalıa. Epactinalia. C. Muskulatur. Die Muskulatur der Urossopterygier-Brustflosse ist bisher nicht genügend unter- sucht worden. Die einzigen, in der Litteratur darüber niedergelegten Angaben von Porzarp könnten den Anschein erwecken, als ob hier sehr einfache Verhältnisse vorlägen, und doch ist dies nicht zutreffend. Sein allgemeines Urtheil fasst Porrarn dahin zusammen: „The muscles show signs of a differentiation from the primitive 39] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 297 Selachian condition but the differentiation does not proceed very far“. In ähnlich kursorischer Weise ist auch die Darstellung der Befunde gehalten. Dieselbe umfasst 14 Zeilen. Porrarn unterscheidet vier Muskeln: 1. M. levator. Ursprung von der inneren Fläche der „dermal clavicle“ (d. i. Oleithrum). Ansatz am propterygialen Flossenrand, mehr auf die mediale Fläche übergreifend. 2. M. protracetor oder extensor. Oberflächliche Portionen von Schulter- gürtel, tiefe von Metapterygium und Mesopterygium; beide gehen zur Grenze des Myaltheils. 3. M. depressor. Von Üoracoid und Cleithrum zum Metapterygium. 4. M. retractor oder flexor mit zwei correspondirend. Diese skizzenhaften Angaben sind nicht gerade unrichtig, aber sie geben doch höchstens eine schwache Ahnung vom Sachverhalt. Auch die Abbildungen Taf. 29, Fig. 16 und 17 sind unzureichend. Sonstige Angaben sind mir nicht bekannt geworden. Bevor wir uns zum speziellen Gegenstand wenden, müssen wir Einiges über den allgemeinen Charakter der uns hier vorliegenden Muskulatur vorwegnehmen. Aehnlich wie bei anderen Flossenbildungen können wir auch hier nur sehr mit Vor- behalt von besonderen „Muskeln“ reden*). Muskel-Individuen sind nur in unter- geordnetem Maasse ausgeprägt. An ihrer Stelle finden wir Muskelmassen, die zum grössten Theil eine mehr flächenhafte Ausdehnung besitzen. In den einzelnen Partien solcher Muskelplatten machen sich jedoch Verschiedenheiten des Faserverlaufs geltend, und gerade diese wollen beachtet sem; legen wir uns die Frage vor, wie würde diese Muskulatur eventuell bei einer höheren Komplikation der ganzen Extremität sich umgestalten, so werden wir mit der Möglichkeit zu rechnen haben, dass Muskeltheile, welche vorläufig lediglich durch den einigen Bündeln gememsamen, von der Umgebung abweichenden Verlauf ausgezeichnet sind, sich zu einem selbstständigen Muskel heran- bilden könnten. Bei einigen Muskelpartien, namentlich an den Rändern der Flosse prägt sich schon Derartiges aus, aber selbst hier ist es misslich, besondere Muskel- namen einzuführen. Um aber eine vergleichend-anatomische Basis zu gewinnen, sind gewisse Benennungen unvermeidlich. Die Schwierigkeiten liegen auf der Hand. Man kann hier ebenso leicht eme wichtige sich anbahnende Sonderung übersehen, als m die Gefahr und den Verdacht kommen, der Natur durch übertriebenes Betonen gewisser Besonderheiten Zwang anzuthun. Unter diesen Umständen musste mir vor allem daran gelegen sem, em recht gutes Bild vom thatsächlichen Verhalten zu geben; dadurch kann gerade hier in vielen Fällen eine detaillirte Beschreibung überflüssig werden. Auf Taf. II sind die betreffenden Verhältnisse in sechs verschiedenen Ansichten dargestellt. Als Ergänzung mögen auch die Nervenbilder der Taf. III herangezogen werden, sowie die Schnitt- *) Vergl. die Bemerkungen DAavıporrs über die Muskulatur von Ceratodus. Festschrift für Gegenbaur. 38 298 HERMANN KLAATSCH [40 bilder von Calamoichthys auf Taf. IV. Letztere Form zeigt eine fast völlige Ueber- einstimmung in allen wesentlichen Punkten mit Polypterus, an welchen wir uns in der Hauptsache halten wollen. Fig. 5, Taf. II stellt die Muskulatur der rechten Polypterusflosse von aussen dar, so weit sie nach Entfernung der Haut sichtbar ist. Der Dermaltheil ist hier wie auf den anderen Figuren nur angedeutet. Links liegt der dorsale, rechts der ventrale Rand der Flosse. Danach kann man leicht die Orientierung mit Rücksicht auf die Flossendarstellungen in situ vornehmen. Von Skelettheilen sind sichtbar das Üleithrum, rechts eme kleine Ecke des Coracoidknorpels und, leicht durchschimmernd, die distale Epiphyse des Metapterygium. Eine tiefere Ansicht der lateralen Fläche (linke Flosse) giebt Taf. III, Fig. 12, wo der Gelenkkopf des Schultergürtels sichtbar ist, und Fig. 9, Taf. II (linke Flosse), deren Beziehung auf die Skeletbilder sich leicht ergiebt. Ebenso sind die Bilder der Innenfläche Fig. 10 (tief) und Fig. 6 leicht zu deuten. Fig. 7 und 8 zeigen die Ränder der Flosse, Fig. 7 den dorsalen, Fig. 8 den ventralen. 3etrachten wir diese zuerst, so fällt an beiden eine gemeinsame Eigenthim- lichkeit auf, welche uns zu einer bequemen Disposition des Stoftes verhilft. Man wird vielleicht erwarten, dass dieselbe nach den Nerven vorgenommen würde, ich habe jedoch meine guten Gründe dies nicht zu thun. Als Eintheilungsmittel wähle ich jene Furchenbildungen, die sowohl auf Fig. 7 als 8 sichtbar sind und vom Schultergürtel aus gerade herunterlaufen, genau der freien Kante entsprechend. Es ist daher berechtigt, von einem Sulcus propterygialis und metapterygialis zu sprechen. Der Suleus propterygialis (sı. prt.) geht vom Oleithrum (Clei.) aus und endet als solcher im distalen Drittel des Propterygiums, von wo an eine starke Sehne seine Stelle einnimmt. Der Sulcus metapterygialis (su. ta.) beginnt am caudalen Ende des Coracoidknorpels (Co.) und bleibt als Furche weit distal erhalten, fast bis zum Ende des Myaltheils, au welchem die distale Epiphyse des Metapterygiums durch- schimmert. Durch diese beiden Furchen wird die ganze Muskulatur in zwei grosse Gruppen geschieden, die laterale und die mediale Flossenmuskulatur, deren jede wir nun geson- dert betrachten wollen. Laterale Flossenmuskulatur. Wir untersuchen diese zunächst in ihren oberflächlichen Theilen, wie sie sich nach Entfernung der Haut (Taf. I, Fig. 5) oder auf Flachschnitten (Textfig. 18) darstellt. — Da fällt zunächst eine wichtige, nicht muskulöse Bildung auf, welche im proximalen Theil gelegen als Mittel zur Eintheilung der Muskulatur dienen kann. Es handelt sich um eine Art Inscriptio tendinea, um ein Intermuskularseptum, 4 1] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 2399 welches die Muskulatur durchsetzt und theils am Anhaftungspunkt der Muskelfasern, theils als ihre Ursprungsstätte von Bedeutung ist. Dieses laterale Flossenseptum (spt. lat.) (Fig. 5, 7, Textfig. 18), wie ich diese sehr wichtige Bildung nennen möchte, bietet in seiner Entfaltung manche individuelle Schwankungen dar. Es läuft bald mehr in querer Richtung (wie Taf. II Fig. 5) oder mehr schräg dorsal absteigend über die Flosse; bald ist es mehr oberflächlich, bald mehr in die Tiefe entwickelt. Seine stärkste Ausbildung hat es immer ungefähr in der Mitte an der durch die Buchstaben -Erklärung markirten Stelle (siehe auch Texttie. 18). Dieses Septum sondert die oberflächliche laterale Flossenmuskulatur in einen proximalen und einen distalen Theil. Beide sind in sehr charakteristischen Punkten von einander verschieden. Die proximale Muskelmasse entspringt in einem grossen Umkreis, und ihre Fasern konvergiren zum grossen Theil zur Insertion hin, zum Theil laufen sie einander parallel. Die distale Muskelmasse verhält sich umge- kehrt: Ihre Fasern divergiren vom Ursprung, d. i. vom Septum aus und erreichen strahlenartig einen weiten Umkreis. Dies wichtige Bild der Muskelanordnung verdient mehr Beachtung, als die Einzelheiten, die sich noch über die beiden Gruppen hinzufügen lassen, und am liebsten würde ich jede Namengebung vermeiden. Da dies nicht gut angeht, so mag der proximale "Theil der lateralen Flossenmuskulasur als M. zonoseptalis (z. spt.) gelten. Der- selbe entspringt in der Hauptmasse vom primären Schulter- gürtel in der lateralen Umgebung des Gelenkkopfes, vom Coracoid und zum Theil von der Innenfläche des Cleithrums. Auf Taf. III, Fig. 12 ist der proximale Theil des Muskels durchschnitten dargestellt. An der Oberfläche prägen sich einige Portionen etwas selbstständiger aus. Namentlich die vom Üoracoid kommende (P. coracoseptalis) (co. sept.) fällt durch ihren schrägen Faserverlauf auf. Beı älteren Thieren wird er fast senkrecht zur Flossenaxe, in jüngeren ist er mehr schief gerichtet. Er bildet einen sehr scharfen distalen Rand, Fig. 18. unter welchem andere Muskeln zum Vorschein kommen. Die _sehnittdurch die laterale Flossen- muskulatur, der Oberfläche pa- rallel, von Calamoichthys 25 em über zu jener Muskelmasse, welche den dorsalsten Theil des lang. Bezeichnungen wie auf nächst dorsalen Partien richten sich mehr empor und leiten x ER £ s Ber R den Tafeln. Schwache Ver- Septums einnimmt. Hier ist dasselbe unvollständig, und wir grösserung. sehen daher diese Muskelmasse — sie stellt einen Theil dessen dar, was Porrarp „Levator“ nennt — am Propterygium direkt sich inseriren. Man übersieht diese Portion am besten auf dem dorsalen Randbild (Fig. 7). Wir wollen sie als Portio zonopropterygialis lateralis (z. prt. lat.) bezeichnen. Sie stellt eine starke Muskelmasse dar. In ihrer Endsehne eingeschlossen liegt die Cartilago parapropterygialis (Fig. 9). Einige Fasern erstrecken sich über diesen Knorpel fort bis zum distalen Ende des Propterygiums, andere (Textfig. 14) finden bereits weit proximal ihre Insertion. 38* 300 HERMANN KLAATSCH [42 Was die Funktion dieser Muskelmasse betrifft, so wirkt sie vermittelst des Septum auf das Mesopterygium ein; je nachdem die Fasern hier oder am Proptery- gium emgreifen, wird der Effekt der Kontraktion ein verschiedener sein. Die Randpartien werden in der That (Porrarn) die Levation der Flosse besorgen (siehe wegen dieser Bewegungen der Flosse im Ganzen weiter oben!), die mittleren Partien hingegen werden die Flosse abdueiren und im Vereim mit der coracoseptalen Portion drehen, in dem Sinne, dass das Propterygium nach aussen kommt. Dieser Muskel also ist es, welcher die von mir als Schwimmstellung bezeichnete Situation der Flosse vorzugsweise herbeiführen wird (s. Textfig. 5). oO Wir kommen nun zur distalen Gruppe, von welcher wir bereits den am Septum entspringenden Theil erwähnt haben. Es kommt aber noch jener andere hinzu, welcher zwar an den andern anschliesst, aber doch selbstständig unter dem freien Rand des Coracoseptalis hervortritt. Der erste Theil, dessen divergirenden Verlauf wir betonten, strahlt zur Flossen- bogenlinie aus und da er am distalen Theil der Actinalia in seine Endsehnenmasse übergeht, die ihrerseits mit dem Dermalskelet zusammenhängt, so können wir ihn als M. septoactinalis (sptact.) bezeichnen. Wir sehen ihn funktionell zweifellos als Extensor pterygii thätig, und daher mag er auch den Namen des Extensor superficialis führen (Fig. 5, Textfig. 13). Ventral ist er nur durch eine ganz leichte Furche von der anderen, eben erwähnten Muskelmasse geschieden, welche in der Insertion vollständig dem vorigen gleicht. An dieser unter dem Coracoseptalis erscheinenden Muskulatur sind wieder zwei Theile zu unterscheiden. (Fig. 5 u. 8.) Ich will sie sondern als M. mesopterygio- actinalis (ms. act.) superficialis und M. coraco-metapterygialis (co. mta.). Der erstere besitzt nur geringe Selbstständigkeit, leitet vom oberflächlichen zum tiefen Extensor über. Der andere hingegen ist eins der, am besten ausgeprägten Muskelindividuen der ganzen Flosse (Fig. 8, 14, 15, 16). Er entspringt genau am Rand des Coracoid, ventral vom Foramen und läuft längs des Metapterygium sich allmählich verjüngend bis zu dessen distaler Epiphyse und zum Epimarginale metapterygial. Dies ist der Muskel, den Porrarn mit Recht als Depressor bezeichnet hat. Am dorsalen Rande ist ein kleiner Theil des Extensor superficialis etwas selbst- stindig entfaltet. Man erkennt ihn auf Fig. 5, auch auf Fig. 16, wo sein Ursprung von der Cartilago parapropterialis deutlich ist. Man kann ihn als Musculus margi- nalis propterygii bezeichnen. Die distalen Partien des Extensor superficialis zeigen Unregelmässigkeiten des Faserverlaufs, namentlich bei Calamoichthys, im Bereich der Actinalia. 43] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 301 An die oberflächliche Muskelmasse schliesst sich eine tiefe der lateralen Flossenfläche. Dieselbe ist zum grössten Theil dadurch ausgezeichnet, dass sie von der Flosse selbst ihren Ursprung nimmt, nicht vom Schultergürtel. Nur ein Muskel ist davon ausgenommen, den wir als einen tiefen Kopf des Septoactinalis auffassen könnten. Lateral vom Gelenkkopf des Schultergürtels entspringt eine sehr zierliche rundliche Sehne (Fig. 12 Taf. III), von der Umgebung gesondert, bis zu einer auf- fallend hochgradigen Selbstständigkeit. Sie geht in einen entsprechend schlanken Muskelbauch über, der in den oberflächlichen Extensor übergeht; beide sind nämlich keineswegs scharf von einander geschieden. Legt man den tieferen frei, so werden viele vermittelnde Züge durchtrennt. Die eigenartige Muskelportion, die ich hier schildere, konnte ich auch auf den mikroskopischen Schnitten von Calamoichthys finden. Ich will sie M. gleno- pterygialis (gl. pt.) nennen. Vom tiefen Extensor giebt Fig. 9 ein vollständiges Bild, das keines Kommen- tars bedarf (vergl. ferner Fig. 12, Fig. 14, Fig. 16). Die Ursprünge werden haupt- sächlich vom Mesopterygium bezogen. Der Verlauf der Fasern ist nicht in der ganzen Dicke des Muskels der gleiche. Je tiefer man kommt, um so mehr weicht die radiäre Richtung einer schrägen. Dies konnte sowohl makroskopisch an Polypterus, wie mikroskopisch an Calamoichthys dargestellt werden. Fig. 16 erläutert das Verhalten hinreichend. Die Faserzüge gehen von der Gegend des Metapterygiums aus und erstrecken sich ganz schräg hinüber zu den dorsalen Partien des Mesopterygiums und zu den Actinalien. Nur ganz ventral bleibt der alte Zustand gewahrt. Hier strahlen die Fasern von einem dem distalen Drittel des Metapterygiums entsprechenden Punkte aus. Man wird daran erinnert, dass durch diese Gegend die Axenlinie läuft, und dass die dorsale Partie des Mesopterygiums sich besonders stark entfaltet. Im Bereich der Actinalia scheint, auch am tiefen Extensor, eine gewisse mit diesen Skelettheilen in Beziehung stehende Umordnung der Fasern sich einzustellen. Zwischen die Actinalia dringt diese Muskulatur, soviel ich sehe, nicht em. Wohl liest hier eine solche, aber diese stammt von der medialen Seite her. Mediale Flossenmuskulatur. Auch auf dieser Seite der Flosse finden wir ein sehniges Gebilde, welches die Muskelanordnung beherrscht und überaus charakteristisch ist. Keine quere Inseriptio tritt uns hier entgegen, sondern ein Längsstrang, welcher vom Schultergürtel aus- gehend dem grössten Theil der oberflächlichen Muskulatur als Ursprungsstätte dient. Wir wollen dies Gebilde als das mediale Flossenseptum (spt. med.) bezeichnen, ohne damit eine nähere Beziehung zum lateralen ausdrücken zu wollen. (Fig. 7, Mextis. 19. 302 HERMANN KLAATSCH [44 Das Septum entspringt vom Coracoidknorpel auf dessen medialer Fläche unweit jener grossen Trichteröffnung, die sich zum Foramen coracoideum verjüngt. Auf den mikroskopischen Schnitten lässt sich Ursprung, Verlauf und Bau des Stranges sehr gut beurtheilen. (Textfig. 19, Calamoichthys.) Es besteht aus typischem Sehnen- gewebe, parallel verlaufenden Fasern, zwischen RN > Hr Ar denen sehr schmale, lange Kerne sich finden. GE > 2 GD B ° ie . RE Me G, Vom Coracoid aus zieht das Septum in NW NM Si. mm fast seradem Verlauf distal. Eine leichte, dorsal- NS) Lmed. se m \ \ N konvexe Biegung tritt jedoch deutlich hervor. So schlägt das Gebilde eine dem ventralen Rand annähernd parallele Verlaufsrichtung ein und entspricht darin einer am Skelet deutlich er- kannten Linie, deren Natur als Axe wir wahr- scheinlich machen konnten. Darin liegt eine sehr beachtenswerthe Beziehung der Sehne aus- gedrückt. Dieselbe erreicht nicht die Flossen- Fig. 19. Ri ne Nor - = M ”» 6 Hr ske Schnitt durch die mediale Flossenmuskulatur, der bogenlinie. Sie endet in einer radıären Muskel- Oberfläche parallel, Calamoichthys 25 em lang. Be- EN ar IT 13575 en nn 3 Seiehnung wiö dk den Tafeln, | Schwankeiverer | TUBSSE, deren Züge gleichmässig den distalen Rand des Myvaltheiles emnehmen. Soweit aber diese Sehne vorhanden ist, scheidet sie die oberflächliche Muskulatur in eine dorsale und eine ventrale Portion. Die ventrale bildet die mediale Begrenzung des Sulcus metapteryeialis, die dorsale hingegen wird vom Suleus propterygialis noch durch eine Y8 £ Ye Muskelmasse geschieden, welche im Verlauf, Ursprung und Insertion dem Musc. zono- propterygialis dorsalis sehr ähnlich ist, und den wir daher mit dem entsprechenden Namen, nur durch medialis unterschieden, belegen wollen. Den anderen Theil fasst man am besten als Flexor superficialis zusammen, wenn auch damit die Funktion nur unvollkommen ausgedrückt wird. Der Muse. zono-propterygialis medialis (2. pri. med.) wird ausser auf Fig. 6, auf Fig. 7 gut übersehen. Er entsprinst neben dem Gelenkkopf, von der Innen- fläche des Cleithrum und der benachbarten Aussenfläche des primären Schultergürtels. Seine Fasern konvergiren stark und finden an der medialen Fläche des Propterygium ihren Ansatz. Dieser Muskel schliesst sich in seiner Funktion jedenfalls dem ent- sprechenden lateralen an, daher hat Porzarn auch beide als Levator zusammengefasst; in semer Anordnung aber möchte ich ihn dem Flexor mehr anreihen, von dem er auch bei Calamoichthys noch nicht so scharf wie später gesondert zu sein scheint. Der Flexor superficialis (flex. sup.) lässt sich, wie ausgeführt, leicht in zwei Portionen sondern. 45] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 303 Die dorsale ist die mächtigere. Wir nennen sie portio propterygialis und metapterygialis (p. prt. und p. mt.). Der Faserverlauf der ersteren entspricht ungefähr der Anwendung der Proactinalia, die in ihren Bereich fallen. Die Fasern gehen schräg vom Septum ab, im Alleemeinen damit einen Winkel von ca. 30° bildend. Die dorsale Partie scheint wiederum emige Selbstständigkeit zu besitzen. — Ganz all- mählich vollzieht sich gegen das distale Ende des Septums hier eine Umordnung der Fasern, sodass dieselben schliesslich in der Verlängerung des Septums gelegen sind. Damit wird die Verlaufsrichtung erreicht, welche dem ventralen Theil der Portio metapterygialis im Ganzen eigen ist. Ganz proximal aber hängt sein Ursprung mit dem Septum zusammen. Von da aus divergiren die Fasern dieses Muskels leicht zur Flossenbogenlinie hin. Was die Funktion dieser Muskellage anbelangt, so dürfte sie die der Flexion und der Adduktion mit einander vereinigen. Ausserdem werden die eimzelnen Faser- züge noch besondere Wirkungen entfalten können; die mehr dorsalen würden eine supinirende, die mehr ventralen eine pronirende Bewegung durch die Art ihres Faserverlaufs besorgen müssen. Auch deuten manche lokale Verschiedenheiten des Faserverlaufs auf weitere Komplikationen der Bewegung hin. Ebenso wie beim Extensor werden wir aber auch hier an wellenförmig von emem Rand der Flosse zum andern fortlaufende Be- wegungen zu denken haben. In der Tiefe hängt das mediale Flossenseptum mit anderen Theilen zusammen. Es geht hier in jene Bandmasse über, welche als Ligamentum zonomesopterygiale beim Skelet beschrieben wurde. Diese Thatsache ist wichtig für spätere Betrach- tungen. Ich will nur daran erinnern, dass hier sich jener Zusammenschluss‘ der Margimalien vollzieht, wodurch der Proc. styloides gebildet wird. Diese tiefen, binde- gewebigen Theile hängen mit einer tiefen Flexorenmasse zusammen, welche auf Fig. 10 Taf. II, Fig. 13 Taf. III, Fig. 15 und 17 Taf. IV, übersehen werden kann. Die Sonderung in einen M. flexor superficialis und profundus hat Porzarp ganz richtig erkannt. Kürzlich hat er gelegentlich darauf nochmals hinge- wiesen in der Diskussion des Vortrags von Eısrer über die Flexoren (Verhandl. der anatom. Gesellschaft Basel 1893). Vollständig glatt lässt sich aber auch hier die Scheidung der beiden Muskel- lagen nicht vernehmen, ebenso wenig wie auf der lateralen Fläche. Auch hier finden sich vermittelnde und verbindende Faserzüge. Aehnlich wie an der entsprechenden Extensorenmasse lässt auch der tiefe Flexor verschiedene Faserrichtungen in verschiedenen Niveaus erkennen. Wir treffen zuerst auf radiäre Fasermassen, welche von Lig. zonomesopterygiale ausstrahlen, mehr gegen das Skelet zu aber kommen schräge Faserzüge zum Vorschein, die gerade auf den mikroskopischen Flachschnitten äusserst gut zu sehen sind. Sie ent- sprechen genau den tiefsten Zügen des Extensor und gehen von der Gegend des 904 HERMANN KLAATSCH 146 Metapterygiums — von diesem und dem Mesopterygium entspringend — schräg distal gegen den dorsalen Rand hin (Fig. 15). Distal gewinnen diese Muskelmassen noch im Bereich der Actinalia Kom- plikationen. Ihre Fasern werden hier sehr zart und liegen eng an einander. Weiterhin senken sie sich zwischen die Actinalia em, wobei sie vielfach divergirende Verlaufsrichtung annehmen. So finden wir in Räumen zwischen der Actinalia besondere kleine Muskeln, welche bisher nicht beachtet worden sind — auch Porrarnp erwähnt sie nicht — und welche den Namen der Museuli interossei verdienen. Wie erwähnt, scheinen sie mir in toto von der medialen Muskelmasse herzustammen (Fig. 16). Das Thatsachenmaterial, welches wir über die Flossenmuskulatur ermitteln konnten, ist nicht so reich, wie das am Skelet gewonnene. Wir können hier nicht so feinen Unterschieden nachgehen, wie sie sich am Skelet als wichtige Fingerzeige ergaben. Als Uebersicht mag die beifolgende Tabelle dienen, in der die Muskel- massen übersichtlich geordnet worden sind. Bezüglich der allgemeinen Betrachtung der Muskulatur können wir hier, aut die Crossoptervgier uns beschränkend, nur emige wichtige Hauptpunkte hervorheben, welche die Eigenart derselben zum Ausdruck bringen. Vor allem ist wichtig, dass alle Muskelmassen sich in die beiden grossen Gruppen bringen lassen, die wir als laterale und mediale unterschieden haben. Darm liegt ein gewisser niederer Zustand ausgedrückt. Andererseits aber muss betont werden, dass eine bestimmte Ditterenzirung Platz gegriffen hat und in der allmählichen Ausprägung schärfer gesonderter Muskel- individuen uns gleichsam noch im voller 'Thätigkeit hier entgegentritt. Bei dieser Ditterenzirung ist es wichtig, dass sich ein verschiedener Gang derselben ausprägt für die mediale und für die laterale Fläche, für den dorsalen Theil und für den ventralen Theil. Auf beiden Flächen sehen wir sehnige Partien eine wichtige Rolle spielen, aber in ganz verschiedener Weise. Lateral finden wir eine ziemlich oberflächliche quer verlaufende Inseriptio, medial eine starke mit dem Skelet m der Tiefe zu- sammenhängende, in der Richtung der Flossenaxe verlaufende Sehne. Lateral finden wir die Sonderung in einen proximalen und distalen Theil, medial in emen dorsalen und ventralen Theil. Die grösste Selbstständiekeit der Muskeltheile wird an den Rändern erreicht. Auf beiden Flächen ist die Sonderung im oberflächliche und tiefe Muskulatur ein- getreten ö Man könnte vielleicht schon an dieser Stelle eine Erklärung dafür erwarten, dass die Muskulatur so und nicht anders beschaffen ist. Eine solche wäre im der 47 BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER, 305 05 Hauptsache gegeben, wenn die Phylogenese der beiden grossen Muskeleruppen mit den am Skelet sich vollziehenden Umwandlungen in genetischem Konnex nach- gewiesen würde. Diese schwierige Aufgabe verlangt jedoch den Nachweis eines Aus- gangspunktes, eines Urzustandes für Skelet und Muskulatur, und über diesen können wir am Objekt selbst nur unvollkommenen Aufschluss erlangen. Wir kommen daher im II. Kapitel auf diesen Punkt zurück. Uebersichtstabelle der Muskulatur an der Brustflosse von Polypterus. Laterale Gruppe. . | m. coracoseptalis. M. zonoseptalis 127 In x | m. zonopropterygialis lateralis. M. septoactinalıis. | M. mesopterygioactinalis supert. M. extensor superfie. M. marginalis propterygii M. glenopterygialis. M. coracometapterygialis. M. extensor profundus. Mediale Gruppe. M. zonopropterygialis medialis. er ). promesopterygialis. M. tlexor superticialis | Pl I ae | p- metapterygialıs. M.. tlexor profundus. Mm. interossei. D. Nerven. Die Nerven der Crossopterygier - Brustflosse sind bisher ebenso vernachlässigt worden, wie die Muskeln derselben, obwohl sehr primitive und wichtige Zustände vorliegen. Auch hier ist Porrarn der einzige Autor, von dem Angaben in der Litteratur zu verzeichnen sind, aber wie bei der Muskulatur, so ist auch bezüglich der Nerven die Darstellung so skizzenhaft und kursorisch, dass man kein deutliches Bild bekommt, und die bildliehen Darstellungen genügen auch hier keineswegs (cf. seine Fig. 17 und 18). Ich kann nur sagen, dass im Allgemeinen die meisten Angaben Porrarn’s sich mit meinen Wahrnehmungen in Einklang bringen lassen, in manchen Punkten freilich finde ich die Dinge anders und muss der Möglichkeit individueller Variation der Untersuchungsobjekte weiteren Spielraum geben. Festschrift für Gegenbaur. 39 306 HERMANN KLAATscH [48 Ich will zunächst ganz kurz seine Resultate anführen, indem ich seine Aus- drücke in meine Nomenklatur übersetze. Mit Recht betont Porrarn als wichtigstes Factum, dass eine geringe Anzahl der ventralen Aeste vorderster Spinalnerven die Flosse versorgen. Es sollen nach dem Autor fünf sein, deren ersten er als den Hypoglossus bezeichnet, dem sich die vier ersten Spinalnerven anschliessen. Ich will sie schon hier bei der Wiedergabe der fremden Schilderung als Nervi pterygiales I—V bezeichnen: N. I bildet mit II eme Anastomose, auch hängt er mit weiter cranial gelegenen Nerven zusammen. N. I soll den obersten Theil des „Protraetor“ versorgen, d. 1. nach meiner Ausdrucksweise den proximalen Theil der lateralen Muskelmasse. N. II. soll den Levator (M. zonopropterygialis lateralis und med. mihi), sowie den Extensor versorgen, ein anderer Zweig geht zu den Flexoren. N. IH theilt sich in zwei Aeste: der eine bleibt auf der medialen Seite und versorgt Flexoren, der andere dringt mit der Arterie durch den Schultergürtel (Foramen coracoideum) zu den Extensoren. N. IV. soll mit zwei Zweigen theils zur medialen, theils zur lateralen Gruppe gehen, indem das Metapterygium als Uebertrittsstelle dient. N. V soll der Nerv des „depresor“ sein, d. 1. meines Coracometapterygialis. Ich wende mich nun zur Darstellung meiner eigenen Befunde, welche an der Hand der auf Taf. III gegebenen Abbildungen keine Schwierigkeiten bereiten wird. Die drei Figuren sollen einander ergänzen. Als Orientirungsbild dient Fig. 11. Das- selbe zeigt die Lagerung der Nervi pterygiales zu den benachbarten Theilen. Fig. 12 und 13 geben Detailbilder des Verlaufs der Nerven auf der Flosse selbst und zwar einmal von der Innen-, das andere Mal von der Aussenseite, wobei immer die oberflächliche Muskelschicht fortgenommen wurde. Auch auf den Schnittbildern von Calamoichthys, Taf. IV, ist manches bezüglich der Nerven zu sehen. Unsere Schilderung gliedert sich naturgemäss in zwei Theile. Zuerst haben wir den Zusammentritt der Nerven und ihr Verhalten zu emander zu betrachten, sodann die Vertheilung derselben an der Extremität. Der erste Punkt lenkt sofort unsere Aufmerksamkeit auf eine Schwierigkeit. Man könnte versucht sein, im Analogie mit höheren Formen von emem Plexus pterygialis zu sprechen und dies geschähe mit ebensoviel Recht wie Unrecht. Denn von den Nerven, welche zur Flosse gehen, verbinden sich in der T'hat zwei mitein- ander nach Art eines Plexus, aber die anderen thun dies nicht. Wir haben also einen unvollständigen Plexus vor uns, und gerade dies ist ja von so grosser Bedeutung. Wir wollen daher den Namen des Plexus nicht benutzen und kurzweg von Nervi pterygiales sprechen. 49] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 307 Was die Zahl derselben betrifft, so kann ich nur vier finden. Wenn Porrarn fünf angiebt, so mag er ja für sem Objekt Recht haben; bei dem von mir speziell daraufhin untersuchten Exemplar sind es nur vier. Um die Situation dieser vier Nervi pterygiales richtig würdigen zu können, ist es geboten, einen Blick auf die Fig. 11 zu werfen: Der Schultergürtel ist auf der linken Seite in situ gelassen. Hier erkennt man die Clavieula (C’av.), noch theilweise das Herz (Cor.) deckend. Dieses ist im eröffneten Perikard liegend dargestellt. Von der distalen Spitze des Perikards gewahrt man die Lebervene (V. hep.), welche sich bis zur Leber (Z/ep.) verfolgen lässt. Seitlich davon sind die Schwimmblasen angedeutet. Der hintere Abschluss des Kiemendarms erscheint jederseits als eme schräge, leicht lateral-konvexe Linie (Vise.). Auf der linken Seite des Thieres (also rechts in der Figur) sind die Austrittsstelle der Pterygialnerven und ihr anfänglicher Verlauf mit Rücksicht auf die Verbindungsweise von Schultergürtel und Wirbelsäule dargestellt. Wir müssen hier eines Bandes Erwähnung thun, welches bisher sehr wenig beachtet zu sem scheint. Es ist mir nicht wahrschemlich, dass es gar nicht beschrieben sein sollte, aber ich finde in der Litteratur nichts darüber. Dasselbe geht von dem vordersten Theile der Wirbelsäule aus, von seitlichen Partien eines Wirbelkörpers und inserirt am Cleithrum; dieser Knochen läuft dorsal in zwei Fortsätze aus, einen breiten hinteren und einen sehr spitzen vorderen. An letztem geht das Band, welches ich als Ligamentum eleithro-vertebrale (Lig. Cl. V.) zu benennen vorschlage*). Zu den Nerven verhält es sich wie die bekannten Polypterus- Rippen, die als durchschimmernde Theile angedeutet sind. Der erste Nervus ptery- gialis erscheint eranial von dem Band, der zweite distal davon. Was die Natur des N. pteryg. I betrifft, so muss dieselbe hier ausserhalb der Untersuchung bleiben. Porrarn bezeichnet ihn als Hypoglossus und ich verweise auf die von diesem Autor gegebene Darstellung der Kopfnerven des Polypterus. Auch mag auf die in Aussicht stehenden Untersuchungen von Bra Harrer über dieses Nervengebiet verwiesen werden. Wir müssen hier eine Schranke ziehen und inner- halb der gesteckten Grenzen bleiben, und hierfür hat der m Rede stehende Nerv zunächst nur die Bedeutung, dass er der erste ist, welcher an der Versorgung der Gliedmasse theil hat. Auf der rechten Seite des Thieres ist der Uebertritt der Nerven zur Flosse dargestellt. Die Flosse ist in die Supinationsstellung gebracht, wesentlich desshalb, un alles möglichst übersichtlich zeigen zu können. Auch hat diese Stellung den Vortheil, dass die Vergleichung mit höheren Befunden erleichtert wird, da wir ja gewöhnt sind, den Plexus brachialis in der entsprechenden Situation zu prüfen. Die Rumpfmuskulatur ist bis zum Niveau der Flosse abgetragen und zeigt die Myosepten. An der Flosse ist die Muskulatur der medialen Fläche sichtbar. Cranial liegt die Gegend des Metapterygiums. Hier erkennt man den Sulcus meta- *) Es ist hier nicht der Ort, die Frage nach der Morphologie dieses wichtigen Anheftungsapparates des Schultergürtels zu besprechen, ein Thema, das gewiss interessante Ergebnisse liefern könnte. 39* 308 HERMANN KLAATSCH [50 pterygialis. Von Muskeln sieht man den Flexor superficialis und den Zonopropterv- gialis medialis. Die Knickungsstelle proximal von der Gliedmasse ist der freie Rand des Schultergürtels, welcher sieh unter dem Gelenkkopf befindet. Weiter zum Rumpf hin erschemt die tiefe trichterförmige Emziehung, welche zum Foramen coracoideum leitet. Auch dieses selbst ist sichtbar, und man sieht m ihm den grossen Arterien- stamm verschwinden, die Arteria pteryeialis (a. pt.), wie ich sie nennen will. Sie geht in ziemlich gerader Richtung mitten zwischen den Nerven durch auf ihr Ziel hin, ventral vom Lig. cleithrovertebrale. Den Verlauf der Nerven zur Gliedmasse können wir in sehr einfacher Weise skizziren. Nerv I und II veremigen sich zu einem Stamm (zeo), welcher die Gegend des Propterygiums aufsucht. Nerv III zieht in gerader Richtung zur meso- ptervgialen Region (uoo), und Nerv IV erreicht den metapterygialen Rand (uze). üinfacher kann der Thatbestand kaum gedacht werden. Selbst die einzige schein- bare Komplikation lässt sich leicht aufklären und beseitigen. Dieselbe beruht in der Ueberkreuzung der Nerven bei der Supinationsstellung. Betrachten wir zunächst, wie sich dabei die Nerven zu einander lagern. Die vordersten laufen am meisten dorsal, Nerv IV bleibt am meisten ventral, Nerv III hält die Mitte. Dies deutet uns schon an, wie die Ueberkreuzung aufzuheben geht. Wir wissen aus den früheren Betrachtungen über die äusseren Verhältnisse der Flosse, dass die Supimations- stellung die allerwenigst natürliche ist, welche herbeigeführt werden kann, und dass dies bei Erhaltung aller Theile kaum möglich ist. Gleichen wir also diese kiinst- liche Stellung aus und denken wir uns die Nervi pterygiales bei der natürlichen oder Ruhelage der Flosse, so kommen wir zu einem ausserordentlich einfachen Gesetz der Nervenvertheilung. Je weiter dorsal ein Theil der Flosse liegt, von desto weiter eranial entspringenden Nerven wird er versorgt. Wir haben jetzt auch zugleich eimen Anhaltspunkt gewonnen, um eme rationelle Nomenklatur der Flossennerven einzuführen. Wir wollen sie bezeichnen als Nervus propterygialis (ngo) (Nervus pteryg. I+ ID), Nervus mesopterygialis (uco) (Nervus pterygialis II), Nervus metapterygialis (ure) (Nervus pterygialis IV). Nervus propterygialis (ngo). Derselbe bildet sich unweit der Extremität aus seinen Komponenten (Fig. 11). Letztere geben aber auch vorher Aeste (1) in die ventrale Rumpfmuskulatur ab. Diese Eigenthümlichkeit theilen sie mit den anderen Flossennerven. Von diesen Aesten ist jedoch einer der N. 3. bemerkenswerth, weil er sehr lang sich in weit cramial gelesene Regionen erstreckt. Er konnte bis in die vordersten Theile der kumpfmuskulutur verfolgt werden, welche zwischen Perikard und Clavieula gelegen ist. Für unsere Zwecke hat dieser Nerv keine weitere Bedeutung, aber für andere Fragen dürfte es sich um ein nicht unwichtiges Verhalten handeln. 51] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 309 Schon vor der Vereinigung, dann wiederum gerade aus dieser gehen kleinere Zweige (2) in den M. zonopropterygialis medialis ab. Dann geht der ziemlich starke Stamm in die Tiefe und gelangt zwischen Schultergelenkkopf und den Mm. zonopro- pterygiales zum Propterygium hin. Hierbei durchsetzt er zum Theil die innersten Partien dieser Muskeln, und versorgt M. zonopropterygialis und zonoseptalis (Fig. 12). Die makroskopische Untersuchung dieser Verhältnisse lässt sich vervoll- ständigen durch das Studium der Schnittserien von Calamoichthys. Hier trifft man auf den Flachschnitten der ganzen Flosse den Nerv im Querschnitt etwa im Niveau der Basis des Schultergelenkkopfes (Taf. IV, Fig. 14. 15. 16. 17). Einige Muskel- züge bleiben zwischen dem Skelet und den Nerven. Hier lässt sich auch etwas konstatiren, worüber makroskopisch keme volle Sicherheit gewonnen werden konnte, nämlich dass der Nerv einen zarten Ast zur Kapsel des Schultergelenkes entsendet (6) (Fig. 12. 17). — So erreicht der Nerv die proximale Epiphyse des Propterygiums, um sich hier zu theilen in einen Ramus medialis (m) und einen Ramus lateralis (N). (Fig. 12. 13). Der Ramus medialis (m) schlägt sich bogenförmig um das proximale Ende (Fig. 17) des Propterygiums zur medialen Fläche. Auch mikroskopisch lässt sich das ausgezeichnet verfolgen. Er versorgt nun die mediale Flossenmuskulatur gemeinsam mit den Ramus medialis des N. mesopterygialis. Das Schicksal beider wird num em gemeinsames. Ihre Zweige legen sich zum Theil dicht an einander. Makroskopisch glaubte ich überall eme Trennung derart feststellen zu können, dass von einer „Ansabildung“ oder auch „Plexusbildung“* nicht gesprochen werden könnte. Mikroskopisch jedoch sieht die Sachlage anders aus. An dem jungen Objekt, von welchem die eine Schnittserie angefertigt wurde (Fig. 17), treten die Nerven überaus deutlich hervor und besitzen beträchtliche Dimensionen. Da erkennt man, dass die Aneinanderlagerung doch eine recht imnige ist, und dass man wohl das Recht hat, von einer peripheren Verbindung der Nerven zu sprechen. — Makroskopisch lässt sich der Antheil der beiden Nerven so abgrenzen, dass der Ast des N. propterygialis den dorsalen, der des N. mesopterygialis den ventralen Theil des Flexor superficialis und profundus versorgt (Fig. 13). Die Vertheilung geschieht in einer ganz typischen Weise. Die Hauptäste verlaufen in der Zone zwischen dem tiefen und dem oberflächlichen Extensor, und von da aus verbreiten sich die kleineren Zweige nach der Oberfläche und nach der Tiefe (Rami superficiales, rami profundi) (sup. prof.). Die reiche Verzweigung der kleinsten Nervenäste zwischen den Muskelzüsen des tiefen Flexor lässt sich mikroskopisch leicht feststellen. Der Ramus lateralis (7) geht in ziemlicher Stärke über den proximalen Theil des Propterygium fort zu den Extensoren (Fig. 12, 16). Hier vereinigt er sich (wie das mikroskopische Bild lehrt) in ähnlicher Weise wie dies bei den Flexoren der Fall ist mit dem entsprechenden Ast des Nervus mesopterygialis. Auch hier geschieht die Hauptverbreitung zwischen der oberflächlichen und tiefen Schicht zu diesen hin. (Rami superficiales et profundi). Zum tiefen Extensor tritt ein besonders starker, bogenförmig verlaufender Ast. (Fig. 16). 310 HERMANN KLAATSCH [52 Nervus mesopterygialis (woo). Dieser allein dem dritten Pterygial- und zweiten Spinalnerv entsprechende Stamm bleibt ohne Anastomose und tritt in geradem Verlauf (Fig. 11) zur Glied- masse. Dabei läuft er ventral vom Lig. cleithrovertrebrale, sowie vom N. proptery- gialis und von der Arteria pterygialis. Vor semer unweit des Coracoids liegenden Theilungsstelle entsendet er einige kleinere Aeste in die ventrale Rumpfmuskulatur, von denen einer wieder auffällt durch den langen kranial gerichteten Verlauf (4), wodurch er dem oben geschilderten Ast des N. propterygialis gleicht, dem er auch parallel verläuft und in dessen Nachbarschaft er sich m der Muskulatur verliert. Der Stamm theilt sich in einen Ramus medialis (m) und emen R. lateralis (7), die beide gleich stark sind. Der Ramus medialis läuft ganz gerade in der Fortsetzung des Stammes zum Flexor (Fig. 11). Nachdem er einen Ast zur metapterygialen Portion des Flexor superficialis abgegeben hat, senkt er sich unweit des medialen Flossenseptums in die Tiefe. Den oberflächlichen Flexor durchbohrend, gelangt er zwischen diesem und dem tiefen in das Niveau des R. medialis vom N. propterygialis, mit dem er in der oben beschriebenen Weise sich vereinigend die Versorgung der Flexoren vermittelst seiner Rami superficiales und profundi übernimmt (Fig. 13, Fig. 17). Der Ramus lateralis zieht zum Foramen coracoideum (Fig. 11). Hier trifft er mit der Arteria pterygialis zusammen, auf deren ventraler (resp. medialer) Seite er den Kanal passirt. Da er so über das Coracoid gelangt, so möchte ich ihm die Bezeichnung des N. supracoracoideus beilegen. Er versorgt (mit dem N. pteryg. I gemeinsam) den Zonoseptalis und geht dann in leichtem Bogen über die proximale Epiphyse des Metapterygium fort zur Streckmuskulatur. Ein besonderer Ast konnte zum M. glenopterygialis verfolgt werden, während die anderen Zweige sich mit dem lateralen Aste des N. propterygialis vereinigen zur Versorgung der Extensoren, des M. septoactinalis, mesopterygioactinalis und Extensor profundus (Fig. 12). Nervus metapterygialis (nz«). Dieser vierte Pterygialnerv entspricht dem dritten Spinalnerv und läuft ohne Anastomosen ventral von allen anderen Nerven zu seinem Ziel, dem Sulcus metaptery- sialis (Fig. 11). An seiner Stelle lässt Porzarp zwei Nerven verlaufen, was ich nicht bestätigen kann. Dies ist die Hauptdifterenz zwischen unseren Angaben. Schon vor dem Uebertritt zur Extremität giebt der Nerv mehrere Aeste zur Rumpfmuskulatur ab, namentlich zu den unter dem Coracoid gelegenen Muskelmassen. Sein Ende theilt sich im Sulcus metapterygialis in emen R. lateralis (/.) und einen R. medialis (m.). Der letztere verliert sich im Flexor superficialis, speziell in der metapterveialen Portion desselben, der andere ist der Nerv des „Depressor“, wie PorrLarp ganz richtig erkannt hat, d. i. meines M. coracometapterygialıs. Periphere Verbindungen dieser Nerven mit anderen konnte ich nicht auffinden. 53] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 311 Zusammenfassung. Die über die Nerven gewonnenen Erfahrungen zeigen uns für das Urossoptery- gium ausserordentlich emfache Verhältnisse, deren primitiver Charakter von vornherein einleuchtet. Wir werden im nächsten Kapitel darauf zurückkommen. Die Haupt- punkte, welche für die Urossopterygier charakteristisch sind, beruhen in Folgendem : Zunächst ist wichtig die geringe Zahl der die Gliedmasse versorgenden Nerven (vier). Ferner müssen wir beachten, dass es sich um sehr weit cranial liegende Nerven handelt. Die mangelnde Verbindungsweise derselben ist em weiterer Punkt, der sehr wichtig ist; ebenso wichtig sind aber auch die Andeutungen und Anfänge von Plexus- und Ansa-Bildungen, da sie uns den Weg zeigen, auf dem solche Verbindungen bei höheren Wirbelthieren sich herangebildet haben konnten. Zweierlei Arten von Ver- bindungen müssen wir unterscheiden. Zunächst mehr centrale, ferner periphere; von den ersteren haben wir eine einzige zu verzeichnen, die zwischen erstem und zweiten Ptervgialnerv. Periphere Verbindungen begegneten uns zwischen N. propterygialis und mesopterygialis. Am meisten isolirt erscheint der N. metapterygialis. Darin offenbart sich eine eigenthümliche Folge von eranialer im caudaler Richtung, indem der letzteren entsprechend die Nervenverbindung mehr und mehr zurücktritt. Für das Fehlen eines ächten Plexus ist es ferner wichtig, dass wir keine typi- schen Streck- und Beugenerven haben, sondern dass jeder Pterygialnerv diese Eigen- schaften in sich veremigt, indem er sich weit distal in einen Ramus medialis und lateralis theilt. Fügen wir hinzu, dass diese sich in gleichmässiger Weise in ober- flächliche und tiefe Aeste spalten, so haben wir alle Besonderheiten dieser Flossen- nerven aufgezählt. Auffallen muss endlich, dass die Dreitheilung des Skelets sich auch im Verhalten der Nerven wiederspiegelt. Im Ganzen kann man wohl sagen, dass uns hier Zustände von wahrhaft klassischer Einfachheit begegnen, deren hohe Bedeutung wir in den folgenden Kapiteln würdigen wollen. Schema der Nerven des Crossopterygium und ihre Beziehungen zu den Muskeln. N. pteryg. I. rr. superficiales. R. anterior Heintesaltz Extensor superficialis. M. zonopropteryg. None ealls ; | rr. profundi. Rumpfmuskulatur M. ren a ır. superficiales. N. pteryg. I. Schultergelenk-Ast | er nn M. zonopropteryg. R. medialis. rr. profundi. Rumpfmuskulatur | Flexor prof. 312 HERMANN KLAATSCH [54 R. lateralis (N. supracoracoidens M. zonoseptalis | Extensor superfie. N. pteryg. III. —= N. mesopterygialis. R. anterior. | r. profundi. Extensor prof. rr. superficiales. r. superficiales. Rumpfmuskulatur. Flexor superfic. r. profundi. Flexor prof. r 1 R. medialis n R. lateralis. M. coracometapterysgialis. N. pteryg. IV. —= N. metapterygialis R. medialis. Portio metapterygialis des Flexor superficialis. Ueber die Blutgefässe des CUrossopterygium konnte ich leider an meinem Material keinen genügenden Aufschluss gewinnen, da mir kein injizirtes Objekt zur Verfügung stand. Dieser Punkt ist jedoch nicht von fundamentaler Bedeutung für die morphologischen Betrachtungen der folgenden Kapitel. Wenn Skelet, Muskeln und Nerven genügend gewürdigt sind und zur Aufstellung gewisser Beziehungen gedient haben, so werden die Gefässe sich dem Gesammtbild fügen. In dieser Hm- sicht scheint mir auch das thatsächlieh Ermittelte sich den Erwartungen zu fügen. Der Hauptstamm der Arteria pterygialis tritt über den proximalen Theil des Meta- pterygium fort zur medialen Fläche (Fig. 17). Diese Arterie wird von einer grossen Vene begleitet, welche weiter distal liegt. Ein klemerer Zweig tritt zur lateralen Fläche. Die Hauptgefässe laufen annähernd in der als Axe ermittelten Linie und entsenden zahlreiche Aeste in die Flexoren-Masse hinein, welche in ihrer Richtung dem Faserverlauf derselben folgen. Andere Aeste treten durch die Foramina mesopteryei zur lateralen Fläche. Wir können die betreffenden Arterien passend, als Art. perforantes bezeichnen. Sie vertheilen sich in ähnlicher Weise im der Extensorenmasse, wie die entsprechenden Gefässe an der medialen Seite in den Flexoren. Ferner ist ein grosses arterielles und desgleichen venöses bogenförmiges Gefäss vorhanden, welches auf der Innenseite genau der Flossenbogenlinie entsprechend ver- läuft und welches mit Gefässen des propterygialen Gebietes zusammenzuhängen scheint. Die näheren Beziehungen dieses Arcus pterygialis konnte ich nicht ergründen. Viel- leicht wird es mir später möglich sein, diese sehr lückenhafte Notiz über die Gefässe des Crossopterygium auszufüllen. II. Crossopterygium und Archipterygium. Nachdem wir die Anatomie der Crossopterygier-Brustflosse eimer gründlichen Bearbeitung unterworfen haben, erwächst uns die Aufgabe, dieselbe mit anderen Fischflossen zu vergleichen, um ihre Phylogenese aufzudecken. Diese Aufgabe wird 55] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 313 als gelöst gelten können, wenn es gelungen sein wird, das Ausgangsstadium nach- zuweisen, den Urzustand, von welchem aus das Urossopterygium gemeinsam mit anderen Fischflossen sich entwickelt hat und die Veränderungen anzugeben, durch welche das Crossopterygium seine Eigenthümlichkeiten erlangt hat. Solche Vergleichungen wurden bisher fast gänzlich auf das Skelet beschränkt, und soweit dieses in Betracht kommt, finden wir m der Litteratur gute Vorarbeit. Vor allem ist durch GesEnBAUrRs neueste Publikation hier ein so trefflicher Boden geschaften worden, dass emem rascheren Fortschreiten die Bahn geebnet ist. Schwieriger steht es mit den Weichtheilen. Hier fehlt es noch fast gänzlich an durchgreifenden Untersuchungen der Muskulatur und Nerven der Brustflossen bei Selachiern, Dipnoern und Ganoiden. Hier kann vorläufig die Aufgabe, die Ver- gleichung des Urossoptervgierbefundes bis m alle Emzelheiten mit dem der genannten Fischgruppen durchzuführen, nicht völlig gelöst werden. Dies wird unter Benutzung eines reicheren Ceratodus-Materials geschehen können, und es sollen daher die hierüber von anderer Seite her in Aussicht stehenden Untersuchungen abgewartet werden, bis dies Gebiet mit Erfolg und in grösserem Maassstab bearbeitet wird. Es wird sich zeigen, dass durch Gründe, welche in den Thatsachen selbst liegen, der scheinbar grosse Mangel, welcher durch die fehlenden Vorarbeiten nahe gelegt ist, sich beim Anschluss des Urossopterygiums an niedere Zustände sich nicht so bemerkbar macht, als man a priori erwarten sollte. Was nun das Skelet betrifft, auf welches wir in erster Linie angewiesen sind, so bin ich durch meme Untersuchungen vollständige zu denjenigen Anschauungen gelangt, welche GEGENBAUR neuerdings vertreten hat, ja ich glaube, in einigen Punkten seine Auffassung noch weiter stützen zu können durch manche, im vorigen Kapitel aufgedeckte Thatsachen. In der Litteratur treten uns zwei verschiedene Auffassungen der Phylogenese des Urossopterygiums entgegen. Beide rühren von GEGENBAUR her. Die ältere Auffassung wurde von ihm bei seinen Untersuchungen über die >rustflosse ausgesprochen und auf Grund derselben die Bezeichnungen eingeführt, welche sich bis heute erhalten haben. Gesexsaur verglich die drei Hauptstücke des Polypterus-Flossenskelets mit den von ihm bei Selachiern als Pro-, Meso- und Meta- pterygium genannten Theilen. Diese Vergleichungsweise hat viele Anhänger gefunden und noch jetzt, nachdem sie von ihrem Urheber verlassen ist, findet sie sich bei manchen Autoren. In seiner ersten Publikation über das Gliedmaassenskelet schliesst sich Emerr an die ältere Geeexsaur’sche Deutung an; aber auch in seiner neuesten steht er noch vollständig auf demselben Boden, wahrscheinlich weil ihm bei der Abfassung derselben GeGEnBAuURr’s neuere Arbeit noch nicht bekannt war. Die weiteren Aus- führungen Ewery’s iiber die Vergleichung der Polypterus-Flosse mit der anderer Fische betreffen namentlich die Homologie des Beckens. Festschrift für Gegenbaur. 40 314 HERMANN KLAATSCH [56 Die uns hier spezieller mteressirenden Punkte der Phylogenese der einzelnen Flossentheile werden an der Selachierflosse dargelegt, jedoch ohne Beziehung auf die Polypterus-Flosse. Soweit ich ihn richtig verstehe, leitet Esmery das ganze Knorpelskelet von einem „Basale‘“ her, emem länglichen Knorpelstück, von dem aus sich Strahlen in den freien Theil der Flosse hinein entwickelten, wie das MoLLıEr ontogenetisch nach- gewiesen hat. Den theoretischen Folgerungen dieses Autors stimmt Ewery nicht bei. Zu einem näheren Eingehen auf FExerr’s Schilderung liegt hier kein Grund vor, da für die Auffassung des Ürossopterygiums sich nichts Neues daraus ergiebt, und die von Emery behandelten Fragen, die ganze Phylogenese der Flosse und des Beckens betreffend hier nicht in Betracht zu ziehen sind. Eine Fortführung der älteren Gesengaur’schen Ansicht finde ich auch bei Porrarn. Er bildet das Brustflossenskelet des Polypterus neben dem von Chlamodo- selachus nach (Garman’s Schilderung ab und führt die Vergleichung der einzelnen Skeletstücke in konsequenter Weise durch. Zweifel an der Richtigkeit seiner früheren Auffassung waren bei GEGENBAUR schon im ‚Jahre 1873 aufgetaucht in jener bekannten Abhandlung, welche zum ersten Male das neu entdeekte Flossenskelet des Ceratodus für die Archipterygiumtheorie verwerthete. Bekanntlich hatte GesenBauR einige Jahre vorher den Begriff des Urflossen- skelets, des Archipterygium auf seme an der Hinterextremität der Selachier angestellte 3eobachtung begründet und war dadurch zur Aufstellung eines uniserialen Archi- pterygiums gelangt. Durch die Auffindung der Ceratoduselielmaasse erfuhr GeeEX- paur's Theorie nicht nur eine überaus elänzende Bestätigung, sondern auch eine unerwartete Bereicherung. (GrEGENBAUR erkannte sofort, dass hier em uralter Zustand vorliege und dass an die Stelle des uniseralen das biseriale Archipterygium gesetzt werden müsse. Von diesem neuen Standpunkt aus klärten sich leicht gewisse bei Selachiern schon früher erkannte Thatsachen auf; es wurden die Reste medialer Strahlen am Stamm der Flosse gefunden, oder vielmehr die schon früher gefundenen wurden nun in ihrer wahren Bedeutung erkannt; werthvolle Ergänzung erfuhr diese Seite der Frage später dureh Buxee. In emer ganz ausgezeichneten Weise wurde sodann dureh die fossilen Befunde die Richtigkeit der neuen Beurtheilung der Selachier- flosse bestätigt. Das Brustflossenskelet von Pleuracanthus und Xenacanthus, wie es Frırscn beschrieben hat, zeigt in schönster Weise die allmähliche Reduktion der medialen Flossenstrahlen und vermittelt die Zustände der Dipnoer und Selachier. Dazu kamen die fossilen Funde bei Crossopterygiern, welche in ihren alten Vertretern eine längere schmalere Brustflosse zeigen und durch die Anordnung ihres Dermalskelets ein ähnliches Knorpelskelet vermuthen lassen, wie es jetzt noch Üera- todus zeigt. So musste denn die schon 73 o„eäusserte Vermuthung, es könne vielleicht „das Brustflossenskelet von Polypterus von einem vefiederten Archipterygium abgeleitet werden“, wobei der Flossenstamm durch die mittlere knorpelige Platte und ihr einst 57] BRUSTFLOSSE DER ÜRÖSSOPTERYGIER. 315 biserial besetzter Rand durch den „hinten im Bogen geschweiften Rand“ repräsentirt würde — allmählich die Oberhand gewinnen. In semer neuesten Publikation über dieses Thema — eben jener, welche wie ich in der Einleitung erwähnte, mir den Anstoss zu der vorliegenden Arbeit gab, führt GeEGEnBAUR den neuen Ideengang vollständige durch und reiht das Archipterveium des Polypterus und Calamoichthys den anderen bisher bekannt gewordenen Formen dieser primitiven Skeletform ein. Indem wir Gegexgaur's Auffassung folgen und zugleich die eignen, «dieselbe zum Theil in schönster Weise bestätigenden Wahrnehmungen verwerthen, wollen wir in grossen Zügen den phylogenetischen Entwickelungsgang des „Urosso-Archiptery- eiums“ entwerfen. Die Rechtfertigung einer solchen Ausdrucksweise dürfte nahe liegen. Da wir das Archiptervgium in verschiedenen Fischgruppen sich eigenartig entfalten sehen, so scheint es mir berechtigt, von einem Dipno-Archipterygium, Selachio-Archipterygium, Crosso-Archipterygium und Amio-Archipterygium zu sprechen, wobei die verschiedenen phvlogenetischen Stadien durch primär und sekundär unterschieden werden können. Das primäre Crosso -Archipterygium. Bei den fossilen Vertretern der Urossopterygier, die wir im Anschluss an Zırter, jedoch mit einer unserem Zweck entsprechenden Aenderung der Reihenfolge als Phaneropleurmen, Uvelodipterinen, Rhombodipterinen und Coelacanthinen unter- scheiden, tritt uns die Brusttlosse in emer mannigfaltigen Erschemungsform entgegen. Wenn uns auch nichts erhalten ist als die äussere Form und das Dermalskelet, so können wir doch, wie das GEGENBAUR in vorzüglicher Weise durchgeführt hat, Rück- schlüsse ziehen aus den erhaltenen Theilen auf solche, die nicht konservirt wurden. „Da wir sonst überall das dermale Flossenskelet durch ‚die Vermittelung von Radien des primären Flossenskelets dem letzteren angefügt sehen“, so dürfen wir aus der Anordnung der knöchernen Strahlen des Dermaltheils auf die Beschaffenheit der Actinalien — um meiner Nomenklatur mich zu bedienen — schliessen. Wir können aber noch weiter gehen. Durch das genaue Studium des recenten Objektes sind wir in die Lage versetzt, auch über andere im Myaltheil gelegene Bildungen wenigstens Vermuthungen zu äussern. Nicht nur für das Skelet gilt dies, bezüglich dessen ein biserialer Actinalienbesatz ein entsprechend geformtes Mesopterygium voraus- setzt, sondern auch für die Muskulatur. Nehmen wir den gegenwärtigen Bestand und denken wir uns in ihm rickläufig die Veränderungen des Skelets sich vollziehend, so werden wir angeben können, wie etwa die Muskulatur im ältesten Stadium beschaffen gewesen sein mag. Da aber die Muskulatur wieder mit den Nerven in bestimmten Beziehungen steht, so wird der Spielraum bezüglich deren Beschaffenheit auch kein allzuweiter sein. Die Vergleichung mit anderen Archipterygiumn - Arten liefert eine treffliche Stütze für die Rekonstruktion des Urzustandes. Gerade die Ver- 40* 316 HiRMANN KLAATSCH [58 schiedenheiten vom Dipno- und Selachio-Archipterygium verdienen dabei betont zu werden. Als Ausgangsstadium wird eine jener langen schmalen Flossenformen zu betrachten sein, wie sie uns z. B. die Phaneropleurinen darbieten. Wir haben ein Recht, diese langen Formen als die primitiven zu betrachten, weil wir überall in den älteren Zuständen auf dieselben hingewiesen werden und von dort aus durch Verkürzung die recente Gestalt hervorgehen sehen, nicht umgekehrt. Howes neigt zu der Annahme, dass die recente Form der ÜCrossopterygierflosse einen primitiven Zustand darstelle, em Punkt, in welchem ich ihm nicht beistimmen kann. Was die Lage betrifft, so ist ein bedeutender Unterschied vom recenten Befund nicht zu erkennen; der unmittelbare Anschluss an die Kiemenregion zeichnet auch den ältesten Zustand aus. Die Form der Flosse erscheint als die eines abgeplatteten Stabes, an welchem wir einen Myal- und einen Dermaltheil unterscheiden können. Der erstere wird vom letzteren fast vollständig umsäumt. Die Grenze beider, die Flossenbogenlinie besteht aus emem dorsalen und emem ventralen Schenkel, welche distal in spitzem Winkel in eimander übergehen. Eine Flossenspitze ist äusserst scharf an beiden Theilen der Flosse markirt. Wir werden als Ruhelage eine solche zu betrachten haben, wie wir sie im übereinstimmender Weise an den Fossilen finden. Die Flossenlängsaxe war leicht schräg caudal und ventral gerichtet. Wir können eine laterale und eine mediale Fläche, einen dorsalen und einen ventralen Rand unterscheiden. Die Ursprungslinie der Flosse vom Rumpf war sehr kurz und lief wohl schräg von dorsal und caudal nach ventral und cranial. Geringe Verschiedenheiten sind am dorsalen und ventralen Rand angedeutet, indem am letzteren nur die dorsalen Skeletstrahlen etwas länger zu sein scheinen. In dem sanzen geschilderten Habitus finden wir die trefflichste Ueberein- stimmung zwischen den Crossopterygiern und den Dipnoern, namentlich wenn wir die Ütenodipterinen mit heranziehen. Bei Ceratodus findet sich die gerimge Abweichung, dass der basale Theil der Flosse den dermalen Besatz vermissen lässt und dass sich Besonderheiten des ventralen Randes ausprägen (Ss. 1.). Ueber das muthmaassliche Skelet dieser Urform hat GesEnsBAuRr sich in voll- ständig erschöpfender Weise geäussert. Wo Dermal-Skelet, dort Knorpelstrahlen, wo Knorpelstrahlen, da eime Axe. So gelangen wir zum reinsten Schema des biserialen Archipterygium: Ein langer schmaler Knorpelstab trug in ganzer Länge auf beiden kändern relativ kurze Radien, welche sich jedenfalls (nach Ceratodus zu urtheilen) ziemlich weit in den Dermaltheil hinein erstreckten. Bezüglich ihrer Genese dürfte wohl das wenige, was wir über Ceratodus wissen, Geltung haben (Semox): Der axiale Knorpelstab ist ontogenetisch das älteste, 59] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 317 er liess durch sekundäre Sprossungsvorgänge die Actinalien hervorgehen. Wie sich aber phylogenetisch diese Dinge vollzogen haben, wollen wir nicht erörtern. Diese Frage gehört in das Gebiet der Ableitung der Extremität von anderen Organen, und auf diese soll hier nicht eingegangen werden. Ob die knorpelige Axe gegliedert war, ist schwer zu sagen, ich möchte es aber mit Rücksicht auf Ceratodus für äusserst wahrscheinlich halten. Die Muskulatur dieser Flosse muss eine äusserst primitive gewesen sein. Da die Endpunkte der Muskelfasern im Dermalskelet gegeben smd, so werden wir sie uns als Muskelmasse zu denken haben, welche der Längsaxe der Flosse entsprechend sich anordneten, nach den Rändern aber in der Richtung der Dermalstrahlen diver- giren mussten. Wir haben nach dem recenten Befund volles Recht, auch für den Urzustand eine Sonderung in die laterale und mediale Flossenmuskulatur anzunehmen. Beide dürften sich eimander gleichartig verhalten haben (vel. die Untersuchungen Davivorr’s iiber die Muskulatur von Ceratodus). Eine Vervollständigung und Bestätigung dieses Bildes werden uns durch Üera- todus geboten, denn auch hier sehen wir die entsprechende Scheidung der Muskulatur in einen Musculus pterygialis communis lateralis und medialis durchgeführt. Es tritt uns aber noch eime Besonderheit an diesem Objekt entgegen, dessen Bedeu- tung für die Urossopterygier nicht verkannt werden kann. Ich meine die Ausprägung einer Sonderung der Muskulatur in einzelne Folgestücke. Zwei Erwägungen bestärken mich in der Annahme, dass diese Eigenthümlichkeit in den Urzustand aufzunehmen ist. Einmal die grosse Aehnlichkeit des Flossen-Habitus, welche ähnliche mechanische 3edingungen für die Gliedmaasse eines Phaneropleuren oder Holoptychius, wie für Ceratodus voraussetzt. Ich betrachte also im Uebereinstimmung mit Davmorr die Ausprägung solcher Inseriptiones tendineae als einen mechanisch erklärlichen Folge- zustand der regelmässigen, in Anpassung an die gegliederte Axe sich vollziehenden Flossenbewegungen. Ferner geben mir verschiedene Vorkommnisse am recenten Material einen Anhaltspunkt, ich meine das Auftreten der Flossensepta, welche für die Anordnung der Muskulatur wichtig sind und deren Herkunft durch die Annahme alter Inskriptionen leicht verständlich würde. Dies gilt auch von den Nerven, soweit deren Zustände bekannt geworden sind. Mir stand für die Brustflosse kein genügendes Material zu Gebote. Wenn auch m der ganzen Anordnung der Muskulatur bei Oeratodus sich ziemlich primitive Zustände ausprägen, so sind doch im Einzelnen manche Kom- plikationen eingetreten. Aus diesem Grunde ist Ueratodus nur in beschränkter Weise fir die Rekonstruktion der Urform zu verwerthen. Die Mittheilungen Davivorr’s über die Beckenflosse zeigen recht bedeutende Komplikationen, gegen welche die Befunde der recenten Crossopterygier sich als sehr primitive ergeben. Aus diesem Grunde dürfen wir wohl annehmen, dass sie als eine ziemlich treue Fortführung alter Zustände aufzufassen sind. 818 HERMANN KLAATSCH [60 a In der geringen Anzahl ihrer Extremitäten-Nerven stimmen die lebenden Urossopterygier überein mit anderen weit abliegenden Gruppen, und daher wird ihnen eine primitivere Stellung zuzuweisen sein, als etwa den Selachiern, wo ja viele Nerven zur Gliedmaasse treten. Bezüglich der Verhältnisse der letzteren verweise ich auf die sorgfältigen Angaben von H. Braus. In diesen komplizirten Nervenverhält- nissen dürften die Selachier mehr mit Dipnoern übereinstimmen. Ich nehme also für den Urzustand ein ähnliches Verhalten der Nerven an, wie beim Polypterus, nur mit den nothwendigen Aenderungen der Lagebeziehung. Entsprechend der schmalen Form der Flosse, werden die Nervenstiämme emander näher gelegen haben beim Uebertritt zur Flosse als jetzt; aber ihre Sonderung in dorsale und mediale Zweige dürfte wohl einen ganz alten Zustand repräsentiren, sowie ihre Verbreitung im mittleren Niveau der Muskelmasse, welche wohl noch kaum eine Sonderung in oberflächliche und tiefe Schichten gezeiet haben werden. Phylogenese des sekundären Crosso -Archipterygium. Der Umwandlungsprozess, welcher aus der oben oeschilderten Urform das recente Urossopterygium hervorgehen liess, ist für die äussere Beschaffenheit der Flosse uns in mehreren Etappen erhalten geblieben. An die Phaneropleurinen schliessen sich die Cyelodipterinen an, unter welchen Glyptolepis bereits eine etwas verkürzte Flosse zeigt, und hieran reihen sich die Rhombodipterinen. Osteolepis besitzt eine bedeutend kürzere Flosse als die anderen. Die Stellung derselben ist auch anders geworden. Indem sie mit dem distalen Ende mehr angehoben erscheint, die Flossenlängsaxe mehr der des Körpers sich nähert, werden Zustände angebahnt, wie sie uns im früheren Stadium des Calamoichthys begegnet sind. Auch scheint mir bei Osteolepis nieht mehr der ganze Flossenstamm mit Dermalstrahlen besetzt gewesen zu sein, doch ist dies wegen der Ueberlagerung der Flosse durch Operkular- theile schwer zu sagen; soviel aber ist sicher, dass der Dermaltheil relativ viel bedeutendere Dimensionen aufweist, als bei den bisher betrachteten Crossopterygiern. Von diesen vermittelt Osteolepis den Uebergang zu den Coelaeanthinen. Auf die Aechnlichkeit der Undina-Flosse mit derjenigen der recenten Ürossopterygier hat GEGENnBAUR bereits hmgewiesen. Bei Undina penieillata scheint übrigens die Brust- tlosse bedeutend weiter caudal gerückt zu sem, als bei allen anderen Ürossoptery- giern, selbst als bei den Polypterinen. Die Längsaxe steht schräg caudal und ventral gerichtet. Die Flosse ist bedeutend verkürzt, mir scheint fast mehr als bei den Polypterinen. Der Dermaltheil ist schr mächtig, mächtiger fast als bei den modernen Formen. Eine etwas halb- kreisförmige Flossenbogenlinie sondert ihn vom nicht sehr grossen Myaltheil. In der leicht fächerförmigen Anordnung des Dermaltheils wird an junge Calamoichthys- stadien erinnert. Dorsale und ventrale Theile des Dermalskelets differiren, dorsal sind kleinere Knochenstrahlen entwickelt, als ventral. Gleiches lässt sich auch bei 61] BRUSTFTLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 319 den recenten Formen nachweisen. Man sieht, dass Undina in einigen Punkten noch über die lebenden Formen hinausgeht. Jedenfalls haben wir eine ziemlich voll- ständige Reihe, als deren einen Endpunkt wir die jetzt lebenden Vertreter betrachten dürften. Die Eigenthümlichkeiten der Form und Stellung des Urossopterygiums sind durch die Vorfahrenzustände erklärt. Die Lagerung der Flächen als laterale und mediale ist eine uralte Einrichtung. Ich kann somit Porrarn nicht beistimmen, wenn er die laterale Fläche als die eigentlich ventrale und die mediale als eigentlich dor- sale betrachtet. Von der ursprünglichen Anordnung von Myal- und Dermaltheil, dem Einragen des ersten in letzteren erhält sich noch bei jungen Calamoichthys ein Rest. Die Richtung der Flossenlängsaxe ist allmählich am Körper angehoben worden, daher bietet der jüngste Calamoichthys darin eimen primitiven Befund dar. Die Flossen- bogenlinie ist aus der Vereinigung eines dorsalen und ventralen Randes entstanden. Ihre distale Spitze, wie diejenige des Dermaltheils deuten nur noch an, wo einst die Hauptausdehnung der Flosse stattgefunden hat. Einige Punkte der äusseren Form des Crossopterygiums bleiben durch die Phylogenese unerklärt. Ich meine die vom jüngsten Calamoichthys (Textfigur 1) angegebenen Eigenthiimlichkeiten der Flossenplatte und der Ränder. Hier liegt offen- bar eine Entwickelungsrichtung vor, die m anderem Sinne erklärt werden muss und reschehen kann (s. u.). wir werden sehen, wie dies & Wir kommen nun zum Skelet und für dieses sind wir wesentlich auf ver- gleichend-anatomische Betrachtungen des recenten Materials angewiesen. Wenn wir uns auch in dieser Richtung ganz an GEgExBaur anschliessen können, so missen wir doch die Hauptpunkte beschreiben. Vom biserial mit Knorpelstrahlen besetzten Zustand eines Knorpelstammes aus missen sich folgende Veränderungen vollzogen haben: Der axiale Stab muss sich verkürzt haben mit Rücksicht auf seine Längsaxe und muss sich in senkrechter Richtung dazu verbreitert haben. So wurde aus dem Knorpelstab die mittlere Knorpelplatte, das Mesopterygium. Dabei dürften eventuell vorhandene Gliederungen geschwunden oder undeutlich geworden sein. Aus den Befunden am recenten Material schliesse ich, dass die Verbreiterung der Stammplatte wesentlich in dorsaler Richtung erfolgt ist. Die Besonderheit der Axe konnten wir ja noch an vielen Eigenthiimlichkeiten der Flosse nachweisen. Mit dieser Veränderung musste eine Beeinflussung der Radien Hand in Hand oehen. Die dorsalen gewannen den Vorrang über die ventralen, in deren Bereich die Stamm- platte sich weniger entfaltete. In diesem Stadium etwa muss die weitere Veränderung eingetreten sein, welche einen Wendepunkt in der Geschichte des Urossopterygiums bezeichnet. Die beiden am meisten dem Rande der Stammplatte genäherten Radien vergrösserten sich und 320 HERMANN KLAATSCH [62 wurden mehr und mehr von den übrigen verschieden. Welche Faktoren hierbei thätig waren, ist schwer zu sagen und wird auch von GeGeExBAUR nicht erörtert. Im Schlusskapitel werde ich versuchen, eine Hypothese dariiber vorzubringen; hier mag dcl.mri Mta. - Mta-- Ar. Fig. 22. Fig. 23. Schemata der Ableitung des Crossopterygium vom Archipterygium. Bezeichnungen wie auf den Tafeln. der Hinweis genügen, dass diese Veränderungen wohl mit dem Uebergriff der Ossi- fikation auf tiefere Theile zusammenhängen, und dass den Randradien eime grössere Bedeutung als den „Binnenradien“, wie sie GreenBAauRr nennt, zu Theil wurde, 63] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 321 An der ganzen Ableitung der Marginalia von den anderen Strahlen, wie sie Geeessaur begründet hat, scheint mir nicht gezweifelt werden zu können. Ich habe im deskriptiven Theil die schon von Geeexsaur beigebrachten Zeugnisse für Bezieh- ungen der Margmalia zu den Actinalien nur bestätigen können, so dass dieser Punkt wohl als gesichert gelten darf. Dass das ventrale Margmale oder Metapterygium zu eimer bedeutenderen Länge auswächst als das dorsale oder Propterygium dürfte mit der Nachbarschaft, welches ersteres mit axialen Thheilen besitzt, in Zusammenhang stehen. Fügen wir hinzu, dass diese Marginalien ihre Befestigung am Mesopterygium aufgeben und dieses aus der Verbindung mit dem Schultergürtel abdrängen, mit dem sie selbst nun in Beziehung treten, so haben wir das Stadium des Urossopterygiums erreicht, welches aus den recenten Befunden erschlossen werden konnte, als Ausgangs- punkt weiterer Umformungen, welche sich innerhalb der Polypterinen, von Poly- pterus zu Calamoichthys fortschreitend, vollziehen und bezüglich deren ich auf das vorige Kapitel verweisen kann. Schwieriger als beim Skelet ist es, sich iiber die Phylogenese der crossoptery- oialen Muskulatur zu äussern und dennoch müssen wir dies, wenn auch mit Vor- sicht, versuchen. Es handelt sich darum, den oben geschilderten und dem Ceratodus ähnlichen Urzustand in die vom Polypterus dargestellten Befunde überzuführen. — Wenn wir die Veränderungen des Skelets berücksichtigen, so scheint es mir in der That, dass einige Punkte der Muskulatur sich aufklären. Wir missen die laterale und die mediale Muskulatur gesondert betrachten. Beide gehen ihre eigenen Wege. Denken wir uns zunächst den lateralen Flossenmuskel vom Schultergürtel mit ausgedehnter Basis entspringend, so werden seine Züge zur Flosse hin leicht kon- vergiren, um sodann zu den Radien und zum Dermalskelet wiederum leicht zu divergiren, wie man das ja auch bei Ceratodus sehen kann. Diese Anordnung muss mit der Verkürzung der Flosse und des Flossenstammes eine Veränderung erfahren. Die distale Insertionslinie der Muskelfasern wird zur „Flossenbogenlinie“ umgestaltet, und da die Anordnung der Fasern stets der des Dermalskelets entspricht, dessen Strahlen aber annähernd senkrecht auf der Bogenlinie stehen, so wird der distale Theil der Muskulatur eine typisch radiäre Anordnung oewinnen. Anders sind die Schicksale der mehr proximal gelegenen Muskelmassen. Hier miissen eingreifende Veränderungen sich vollziehen im Zusammenhang mit den hoch- gradigen Verschiebungen der Skelettheile. Peripher gelegene Theile werden hier nach innen verlagert, indem sie auf einen gemeinsamen Zielpunkt — das Schulter- gelenk sich richten — die Margimalien. Ursprünglich ganz proximal gelagerte Theile erfahren eime bedeutende Verschiebung in distaler Richiung. Die Rückwirkung dieser Verschiebungen auf die Muskulatur muss eine doppelte sein. Durch die Ver- lagerung der Marginalien muss im proximalen Theil gleichsam eme Einkniekung der ganzen Extremität erzeugt werden, und diese prägt sich schon äusserlich aus in Festschrift für Gegenbanur. 41 322 HERMANN KrAAtscH [64 der Sonderung eines schmäleren Stieltheiles von der Flossenplatte. An der Muskulatur aber macht sie sich geltend durch die scharfe Ausprägung der verschiedenen Ver- laufsriehtung proximaler und distaler Muskelmassen — eine Verschiedenheit, die vorher nur leise angedeutet war. Als Grenze zwischen diesen proximalen und distalen Muskelzügen gewinnt eine der schon vorher gegebenen Inscriptiones tendineae erhöhte Bedeutung — wird zum lateralen Flossenseptum. So gelangen wir zum fertigen Zustand der Polypterinen, welcher uns die Einknickung der ganzen Mus- kulatur deutlich durch die Ausbildungen eines proximalen und eines distalen Theiles der lateralen Flossenmuskulatur zeigt. Im ersteren konvergiren die Faserzüge auf das Septum, im letzteren divergiren sie zur Flossenbogenlinie. Die andere Wirkung muss die Sonderung einer oberflächlichen und einer tiefen Schicht gewesen sein. Den Factor hierfür möchte ich m der distalen Verschiebung des Mesopterygiums erblicken, welches die ihm zugehörenden Muskelfasern mit sich führte, und sie so von denen, die am Schultergürtel entsprangen, sonderte. — Die gleiche Betrachtungsweise wird auf die Differenzirung oberflächlicher und tiefer Lagen auf der medialen Fläche der Flosse Anwendung zu finden haben. Viel schwieriger ist das Verständniss der Umwandlungen der oberflächlichen Theile eben dieser Muskulatur. Die eigenthiimliche Ausprägung des metapterygialen Theiles des Flexor könnte vielleicht mit der distalen Verschiebung des betreffenden Marginale in Zusammenhang gebracht werden. Für die anderen Theile wäre die Sachlage am einfachsten, wenn man sich das mediale Flossenseptum als eine alte, sehnige Bildung vorstellen könnte, welche — wie ja noch deutlich zu erkennen ist — längs der Flossenaxe in ganzer Länge derselben entfaltet war und von der aus sämmtliche dorsale Muskelfasern ent- sprangen. Damit würde aber eine fundamentale Verschiedenheit des Urzustandes von Ceratodus postulirt werden, bei welchem die mediale Muskulatur der lateralen völlig gleicht. Wir können aber den Üeratoduszustand nur sehr mit Vorsicht für die Rekonstruktion des Urossopterygier-Urzustandes gebrauchen und dürfen daher für diesen eine von den Dipnoern verschiedene Anordnung der Muskulatur auf der medialen Fläche der Flosse vermuthen. Was die Nerven betrifft, so habe ich schon gesagt, dass keine grossen Ver- änderungen vom Urzustand aus anzunehmen seien. Das einzige wäre die Verbindung des I. und II. Flossennerven und wohl auch die Verlaufsweise. Der starke bogen- förmige Verlauf der Nerven an den Rändern der Flosse dürfte mit der Verlagerung der Marginalien in Beziehung zu bringen sein. Was die Hauptpunkte betrifft, so dürfte das Postulat emer Ableitung des Crossopterygium von einem sehr einfachen Urzustande aus erfüllt sem; um die Eigenart der Polvpterinen-Extremität hervorzuheben, wollen wir sie in Kürze vergleichen mit den Ditferenzirungen, welche das Archipterygium im anderen Abtheilungen der Fische erfahren hat. Wir können das bisher Geschilderte als den Ausdruck einer Entwickelungs- bahn betrachten, welche vom Archipterygium ausgeht. Die anderen von hier aus- 65] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 393 gehenden Bahnen sind von Gusexpaur tabellarisch gesichtet worden. Sie interessiren uns hier nur als parallele Entwiekelungsriehtungen zu denjenigen der Urossopterygier. Das Verhalten dieser Bahnen zu eimander bietet im Einzelnen noch manche der Lösung harrende Frage dar; es sind die Weichtheile noch nicht genügend im die vergleichende Bearbeitung der Flossen der Dipnoer und Selachier aufgenommen worden, namentlich soweit es sich um die Brustflosse handelt. Eine Fortführung der werthvollen Davmorr’schen Beiträge in dieser Richtung wäre sehr erwünscht. Durch diese werden sich auch emige, gerade Ceratodus betreffende Punkte aufklären, die mir noch nieht hinreichend klargestellt erscheinen, wie z. B. die eigenthiimlichen Verschiedenheiten in Stellung und Bewegung der Flossen. Davivorr versucht ganz direkt die Selachierflosse von der der Dipnoer abzu- leiten. Howes ist dem entgegengetreten, und wenn ich auch seme Ansichten im vielen Punkten nicht theilen kann, so möchte ich doch auch das selbstständige Nebenem- ander der Bahnen betonen, welche uns vom Urzustand emerseits zu den Dipnoern, andererseits zu den Selachiern führen. Die Besonderheit der Dipnoer spricht sich schon darin aus, dass bei Protopterus nach Prrers und Busse die ventralen (medialen) Radien erhalten bleiben, während es bei den Selachiern die dorsalen (lateralen) sind, welche fast ausschliesslich die Hauptmasse der Flosse bilden. Hierzu dürfte vielleicht Ceratodus eine Vorstufe bilden, indem bei dieser Form eben dieselben Radien ın stärkerer Entwickelung, wenn auch in gerimgerer Zahl, vorhanden sind, als die gegenüberliegenden. Lassen wir die dorsalen (lateralen) Radien fort, so gelangen wir zum Protopterus-Zustand, denken wir uns hingegen die ventralen rückgebildet, so führt uns dies zu den Selachiern. Diese letztere Reduktion ist durch die geringere Zahl der betreffenden Radien ange- deutet, wie bereits Davınorr betont hat. Die Selachier-Reihe ist auch ohne Zuhilfenahme des Ceratodus durch die fossilen Formen (Pleuracanthus, Xenacanthus) sehr vollständig markirt. Sie findet bei den Haien selbst ihre Fortführung und gipfelt in dem uniserialen Archipterygium. Konvergente Bildungen treffen wir auch in anderen Abtheilungen an, so in dem streng uniserialen Archipterveium der Brustflosse von Amia. Bei dieser Form, wie m noch höherem Maasse bei Teleostiern iberwiest mehr und mehr der Dermal- theil m seiner Bedeutung über den Myaltheil. Der Grund der emseitigen Entfaltung von Radien ist von GEGENBAUR in der veränderten Stellung der Flosse gesucht worden. Diese Stellung ist durch die hori- zontale Lage der Flosse gegeben, wobei der dorsale Rand zum lateralen, der ventrale zum medialen wird. Diese „Schwimmstellung‘‘ wird immer wieder in den verschiedenen Reihen der Fische realisirt. Schon bei den Dipnoern stellt sie sich ein, wo der junge Ceratodus nach Sexmoy’s Abbildungen noch die primitive Flossenstellung hat, während an der Brustflosse des erwachsenen Thieres eine Annäherung an den Selachier-Zustand sich ausprägt. Bei Amiaden und Teleostiern kann man dasselbe beobachten. Noch zeigen 41* 394 HERMANN KLAATSCH | 66 Jugendzustände von Physostomen eme der von Amia mehr sleichende, primitivere Flossenstellung. Auch hier zeigt sich deutlich die vorherrschende Bedeutung des dorsalen Randes für die Funktion der Flosse; diese tritt stets hervor, mag sie durch innere Skelettheile oder durch besondere Entfaltung des Dermalskelets bedingt sein. In gewissem Sinne ist diese Beeinträchtigung der ventralen Radien auch bei den Polypterinen unverkennbar, wenigstens hinsichtlich der Binnenradien; niemals aber wird bei ihnen die Schwimmstellung zur typischen Flossenlage, und in dieser Erhaltung der alten Flossenstellung dürfte ein für die Konservirung wenigstens einiger gegeben sein. In der mächtigen Entfaltung eines derselben, des Metapterygium liest das ausschlaggebende Charakteristikum der Brust- medialer Radien wichtiger Punkt flosse der Crossopterygier allen anderen Flossenbildungen gegenüber. Die Entfaltung zweier Randradien findet sich nirgends wieder bei Fischen und muss daher als eine ganz eigenartige Entwickelungsrichtung betrachtet werden. Auch die Beckenflosse der Urossopterygier theilt diese Eigenthiümlichkeit nicht. Bezüglich derselben stehe ich ganz auf Gesexsaur's Standpunkt, welcher diese Flosse als eine rudimentäre Bildung beurtheilt. Sie hat nie das Stadium der „Marginalia‘ durchlaufen, sondern ist offenbar schon in einem sehr niederen Archipterygium- Stadium durch die Ossitikation in einseitiger Weise fortgebildet worden, um dam einer allmählichen Reduktion zu verfallen, welche bei Calamoichthys vollzogen ist. Für unseren Zweck hat daher die Beckentlosse des Polypterus keine weitere Bedeutung. III. Cheiropterygium und Ichthyopterygium. Bereits im der Einleitung habe ich es ausgesprochen, in welcher Richtung ich die Lösung des uns hier beschäftigenden Problems der Ableitung der Landgliedmasse von niederen Zuständen anzustreben geneigt bin. Die bisher vorgebrachten Lehren werden wir nun im Einzelnen zu prüfen haben, das Unberechtigte derselben zurück- weisen und das Berechtigte der bisherigen Versuche zu neuen Fragestellungen heran- ziehen missen, Da ich den einseitig ontogenetischen Versuchen, unsere Probleme zu lösen, eine Berechtigung nicht zuerkenne, so beschränke ich die historische Uebersicht auf die theils rein morphologisch, theils morphologisch und ontogenetisch durchgeführten Arbeiten. Es sind diejenigen von GEGENBAUR, Huxrey, GOETTE, Emery und PoLLArp, die wir zu betrachten haben. Eine jede derselben enthält Punkte, die ich acceptiren muss und solche, denen ich mich nicht anschliessen kann. Nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich ist es begründet, wenn wir GeGExBAur's Arbeiten voranstellen, da ihnen der Hauptantheil an allem bisher auf unserem Gebiete Geleisteten gehört. 67] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 395 Die erste wissenschaftliche Beantwortung der Hauptfrage wurde durch GesEx- gegeben: (p- 166) „Am Skelet der Vorderextremität der höheren Wirbelthiere lässt sich also saur (1865) in seinen Untersuchungen über die Brustflosse der Fische die gleiche Einrichtung, wie am Metapterygium der Selachier erkennen. Eine Folge von Skeletstücken, von denen die proximalen stärker sind als die distalen, bildet die Stammreihe, an welcher seitlich gegliederte Radien sitzen. Bei den Selachiern sind dieselben zahlreicher. Die oberen Glieder der Stammreihe, vor allem das Basale tragen viele Radien. Bei den Amphibien tritt von jedem Glied der Stammreihe auch von dem aus dem Basale des Metapterygiums hervorgegangenen Humerus, nur Ein Strahl ab, der wieder gegliedert ist und wie die folgenden Strahlen einige seiner Glieder in plattenförmige Stücke umgewandelt zeigt, die zusammen einen besonderen Abschnitt bilden, den Uarpus, von dem die Enden der Strahlen als Metacarpus und Phalangen hervorgehen.“ Eine bestimmte Ausarbeitung erfuhr dieser allgemeine Plan durch die Unter- suchung des Flossenskelets der Enaliosaurier, welches GEGEnBaur damals als ein ziemlich primitives auffasste. An diesem Objekt begründete er seme Anschauung, wonach ein Stamm der Flosse gegeben sei in Humerus, Radius, Radiale, Carpale I und Meta- carpale I, und dass von diesen aus Strahlen gehen, die sich leicht durch die Auf- reihung der Uarpalstücke ergeben. Es zeigte sich somit das Armskelet der Land- wirbelthiere als ein uniseriales Archipterygium, dessen Axe durch den Radius gelegt werden muss”). Ein neuer Anstoss zur Revision dieser Frage wurde gegeben durch die Ent- deckung des biserialen Archipterygiums bei Ceratodus. Dieser Befund musste auf die Beurtheilung der Landgliedmasse eine nachhaltige Wirkung ausüben. Huxrer war es, welcher die Verwerthung der neuen Erkenntniss versuchte und die Ceratodus- flosse zur direkten Vergleichung mit dem Cheiropterygium — diese vortreffliche Bezeichnung wird hier von Huxrer zum ersten Mal gebraucht — heranzog. Im Alleemeinen mit GeEGENBAuUR’s Anschauungen übereinstimmend, versucht er nur die Axe anders zu legen und die biseriale Form im Cheiropterygium zu erkennen. Houxrey führt die Axe mitten durch das Cheiropterygium (p. 56): durch Humerus, Intermedium, Carpale III, Metacarpus III. Daran sitzen zwei Strahlenpaare auf jeder Seite, welche Hvuxrrr als prae- und postaxiale bezeichnet. Diese Orientirung nimmt er so vor, dass er die radiale Seite der Gliedmasse für die praeaxiale erklärt, eine Anschauung, die sich aus dem Umstande erklärt, dass Huxrey die Horizontal-Stellung der Flosse fir das Primitive hielt. Die praeaxialen Strahlen sind: 1. Radius, radiale, Carpale I, Pollex. 2. Oar- pale II und zweiter Finger. Die postaxialen Strahlen sind: 1. Ulna, ulnare, Carpale V und fünfter Finger. 2. Carpale IV und vierter Finger. *) Für diese Auffassung ist später auch BAUR eingetreten. 326 HERMANN KLAATSCH [68 Durch Huxrer’s Schrift veranlasst, nahm Gesensaur (1876) eine Revision seiner Lehre vor, wobei er im Wesentlichen seine früheren Anschauungen über die Beziehungen der Amphibien-Extremität zur Selachierflosse beibehielt, aber in der Anwendung der Archipterygiumlehre auf die Landgliedmasse im Einzelnen Aenderungen vornahm. Als Gründe gegen Huxrev’s Auffassung führt GeGEnBaur an: emmal, dass die Axe zwischen den Vorderarmkvochen durchgehen müsste, also dort, wo kein Skeletstiel liege. Das Intermedium dürfe man nicht hierfür in Betracht ziehen, da „es nie bis zum Basale (Humenes oder Femur) reicht, selbst nicht bei Ichthyosauriern, wo die bedeutendste Kürze der Stiicke jene Beziehung am Möglichsten erscheinen liesse“. Als zweiten Gegenstand führt GeGENBAuUR die Duplieität des Centrale an, welchen Zustand er als einen ursprünglichen aufzufassen geneigt ist. Aus diesen Gründen möchte GEGENBAUR „die Vergleichung des vollständigen biserialen Archipterygium (resp. des Ceratodentypus) mit dem Gliedmassenskelet der höheren Thiere als mit den grössten Schwierigkeiten verbunden ansehen.“ Der Forderung Huxrer's, dass die Stammreihe, wenn überhaupt durch eimen der Knochen, eher durch die Ulna, als durch den Radius gelegt werden müsse, gesteht GegEnBAUR Berechtigung zu und zwar aus zwei Gründen: Zunächst sind es Betrachtungen allgemeinerer Art iiber die Stel- lung der Flossen, in welchen Geeexgaur Huxeey folgt. Ein zweiter, sehr wesentlicher Grund beruht für GEGENnBaUR in einem Befund am Intermedium (page. 405). GEGEN- paur konnte „an Larven bei etwas mehr difterenzirtem Skelet eine unverkennbare Beziehung des Intermediums zur Ulna an der vorderen, wie zur Fibula an der hin- teren Gliedmasse“ konstatiren, „so dass em Blick vorzüglich auf letzteres Objekt ge- nügt, um die darım sich kundgebende laterale Verbindung der Radien mit einer durch die Fibula sich erstreckenden Axe der Gliedmassen erkennen zu lassen“. Zugleich verweist GEGENBAUR auf Wiepersuem’s Abbildungen vom Carpus und Tarsus mehrerer Salamandrinen. „Wer die Formerscheinungen nicht für gleichgiltig ansieht, sondern sie als durch ursprünglich ausser ihnen gelesene Causalmomente entstandene demnach als gesetzmässig bedingte beurtheilt, wird im jenem Verhalten des Intermedium Bezieh- ungen erkennen missen, die auf eme Anfigung dieses Stückes an die Fibula schliessen lassen.“ So gelangt er zur Aufstellung von vier Reihen, deren erste durch Tibia, Tibiale, Tarsale 1 führt, die zweite von der Fibula durch Intermedium, Centrale Tarsale 2, die dritte vom Fibulare aus durch Uentrale, Tarsale 3, die vierte vom Tarsale 5 durch Tarsale 4, während der Stamm sich durch Fibula, Filulare, Tarsale 5 m die Phalangen des fünften Fingers festsetzt. Nach alledem hält Geezssaur die Ableitung des primitiven Gliedmassenskelets der höheren Wirbelthiere vom Flossenskelet der Selachier vollständig aufrecht. Als triftigen Einwand gegen diese Auffassung kann GEGENBAUR nur den Nachweis aner- fe) kennen, „dass in jenem zum orossen Theil noch bei den Amphibien vollständig existirenden primitiven Skelet kein dem‘ von ihm als Flossenstamm bezeichneter Komplex erkannt werden könne, und dass „die Anordnung der übrigen Stiicke nicht auf diesem Stamme angefiigte Radien (Strahlen) beziehbar sein‘ (pag. 406). 69] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 397 Was die Stellung von Flosse und Uheiropterygium betrifft, so stimmt GE6EN- BAUR im Ganzen mit Huxrey überein. Er hält für die Selachierflosse mit Recht die- jenige Stellung für die ursprüngliche, in welcher der Stamm (das „Metapterygium‘“) ventral liegt. In dieser Lage gehen die Strahlen in dorsaler und caudaler Richtung. Die Uebereinstimmung mit der Landgliedmasse soll nun dadurch zu Stande gebracht werden, dass die Selachierflosse ventralwärts umgeschlagen würde. Dann „läge das Metapterygium oben, entspräche dem Ulnarrande“. „So dürfte bei aller Verschieden- heit, welche diese beiden von einander entfernten Typen darbieten, doch das Gemein- same zu erkennen sein, und die höhere Form mit der niederen sich verknüpfen lassen“. — Den bisher besprochenen Arbeiten können wir zwei andere ontogenetische anreihen, welche mehr oder weniger bestimmt die gleiche Richtung einschlagen, es sind die beiden Untersuchungen von GoErTTE und Srrasser über die Eintwickelung des Exiremitäten-Skelets der Amphibien. Hinsichtlich der Frage, inwieweit die Onto- genese eine Bestätigung für die Riebtigkeit der Geeensaur’schen Anschauungen liefert, gelangt Strasser zu einem weniger bestimmten Resultate als Gorrre. Immerhin sind die Worte des ersteren sehr bemerkenswerth: „Die gewonnenen Thatsachen widersprechen nicht direkt der Archypterygiumtheorie; namentlich erscheint eine Uebereinstimmung zwischen der Entwickelung emer Flosse und einer von Gefässen durchbohrten axialen Gewebsplatte recht wohl möglich zu sein“. Freilich fügt er hinzu: „Die postulirte radiäre Anordnung zu einer Stammreihe ist in früheren Embryonalstadien weniger deutlich als in späteren“. Gorrre schliesst seine überaus wichtige Publikation mit den Worten: „Als Hauptergebniss meimer Untersuchungen darf ich aber bezeichnen, dass es mir, wie ich hoffe, gelungen ist, auch in der individuellen Entwickelungs- geschichte eine Bestätigung und im Einzelnen sogar eine nähere Begründung einer der bedeutendsten Theorien in der Morphologie der Wirbelthiere, der Archipterygium- Theorie GEGENnBAur’s zu finden.“ Da wir auf die Einzelheiten der Gorrre’schen Resultate noch öfter einzugehen haben werden, so mögen hier nur die Hauptpunkte hervorgehoben werden, in welchen GorrtE die frühere Theorie ergänzt. Auf Grund der in der Ontogenese sich aus- prägenden Anordnung der Carpal- resp. Tarsalstiicke in drei Strahlen, einem radialen und zwei von der Ulna ausgehenden, gelangt GorrrE dazu, die Axe (Taf. V Fig. 48) dureh die Fibula und durch den II. Finger zu legen. In ersterem Punkte also mit GEGENBAURr’s zweiter Theorie übereinstimmend, weicht er in anderen davon ab. Damit ist eine Art von biserialem Archypterigiums gegeben, dessen Stamm auf der einen Seite einen, auf der anderen drei Strahlen trägt. Ein ventraler Strahl geht durch den Radius (Tibia) und den I. Finger. Von den dorsalen betrachtet GorTrE als selbstständig die durch den IH., IV. und den Rest eines VI. Fingers, während er den V. Finger als Abgliederung dem IV. zutheilt. Was die primitive Extremitäten- stellung betrifft, so tritt Goerre mit Recht Huxrer’s Anschauungen entgegen und huldigt solchen, wie ich sie im vorigen Kapitel für die Fische vorgebracht habe. Mit Recht fragt er: „Wenn von allen bekannten Gliedmassen der Vertebraten diejenigen 298 HERMANN KLAATSCH 70 oO 08 [N des Ceratodus nach ihrem Bau anerkanntermaassen die ursprünglichsten sind, warum sollen ihre gewöhnlichen Lagebeziehungen nicht zum Ausgangspunkte für die Be- stimmung aller übrigen genommen werden? Geschieht dies aber, so haben wir von einer sagittalen Stellung der nach hinten gerichteten Extremität auszugehen.“ Auch seine weiten Ausführungen, durch welche er das Sekundäre der Horizontalstellung der Extremitäten darthut, treten ganz das Richtige. — Die alte Ilvxıey’sche Auffassung hat neuerdings in Harscner einen Ver- theidiger gefunden. Ohne auf die inneren Theile einzugehen, sucht er die Haltung von Flosse und Cheiropterygium in ihrer ursprünglichen Beschaftenheit aufzuklären: (pag. 85) „Wir werden also die beiden Typen der Extremitäten nur in einer bestimmten Stellung mit einander vergleichen und zwar in der Abwärtsstellung oder — da uns dies zu demselben Resultate führt und dabei theoretisch richtiger und praktisch anschaulicher ist — in der Horizontalstellung, wobei wir die Thiere in der identischen Lage etwa von der Bauchseite aus betrachten.“ Diese Sätze sind auch m das Lehrbuch von Wirperskeim übergegangen, der sie, wie es scheint, vollständig acceptirt. Wir werden unten auf dieselben zurück- zukommen haben. Auf den in neuerer Zeit von WIEDERSHEIM unternommenen Versuch, das Cheiro- pterygium mit den Flossen zu verknüpfen, möchte ich hier nur kurz eingehen, da ich offen bekennen muss, dass ich weder den Boden, auf dem diese Lehre ruht, noch die Art ihrer Durchführung als berechtigt anerkennen kann. Für überaus ungünstig halte ich den gewählten Ausgangspunkt — die Beekenflosse gewisser Knorpelganoiden, deren rudimentäre Natur bei Polypterus so klar zu Tage tritt — für durchaus nicht überzeugend, ferner halte ich den Modus, wie die Ableitung der Landgliedmassen von der Stöhr-Beckenflosse ımter Annahme des Schwundes einiger Radien vorgenommen wird. „Stellt man sich nun vor, dass unter gleichzeitiger Drehung der Extremität durch das Aufsetzen und Anstemmen (des Flossenrandes auf einer festen Unterlage ein Reizzustand gesetzt wurde, so ist es nicht undenkbar, dass jene distale Zone des Knorpelskeletes mit eimem kräftigen Sprossungsprozess, welcher zur Bildung emes Fusskeletes führte, darauf reagirte.“ Diesen Anschauungen kann ich ebensowenig folgen, wie denjenigen desselben Autors iiber die Phylogenese des Beckens. — Das Verdienst, eine ganz neue Richtung m der Anwendung der Archipterygiums- theorie auf das Cheiropterygium inaugurirt zu haben, gebührt Exery. Sein im Jahre 1887 im zoologischen Anzeiger veröftentlichter Artikel war früher von mir nicht beachtet worden, als ich unabhängig davon auf ähnliche Ideen kam. Wenn auch im Einzelnen manche grosse Differenz zwischen Emery und mir besteht, so muss ich doch es voll und ganz anerkennen, dass er der erste gewesen ist, welcher die Bedeutung der Urossopterygier für unser Problem erkannt hat. In jenem älteren Aufsatz vergleicht er die Polypterus-Flosse noch in der älteren Geeengaur'schen Weise mit der Selachierflosse (s. o.!). Mit Recht schliesst er dann, dass im Urossopteryeium allmählich das Mesopterygium vom Schultergelenk 71] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER, 329 ausgeschlossen wurde. Durch die unvollständige und ungenaue Abbildung Parker's verleitet (s. 0.!), nimmt er an, es sei bei Calamoichthys allein das Propterygium mit dem Sehultergürtel gelenkig verbunden; „es könnte hier bereits von einer Artieulatio gleuo-humeralis die Rede sein, falls nachgewiesen würde, dass der Humerus aus dem Propteryeium entstammt.“ — Er fährt fort (pag. 187): „Ich nehme an, dass bei schlammbewohnenden Fischen zur freieren Beweglichkeit des Schultergelenkes eine Verkleinerung seiner Fläche nützlich wurde. Es wurde zuerst das Mesopterygium, dann noch eines der beiden anderen Elemente des Basipterygiums vom Gelenke ausgeschlossen. Durch Verschiebung des Propterygiums dem Metapterygium entlang (oder umgekehrt) und Abgliederung des mit dem Schultergürtel in Berührung gebliebenen 'Theiles entstand ein Humerus. Das Propterygium bildete proximal den Radius, distal das Radiale carpi; gleicherweise entstanden aus Metapterygium Ulna und Ulnare carpi. Aus dem Mesopterygium leite ich das Intermedium und die Centralia ab.“ Ömery vertritt hierbei die Hwxrer’sche Anschauung von der Stellung der Gliedmassen. Bezüglich des Intermedium verweist er auf Fälle, in welchen sich dasselbe, wie z. B. bei Sauronodon und Ichthyosaurus, bis zur Berührung mit dem Humerus resp. Femur zwischen die Knochen des Vorderarms resp. Unterschenkel- einschiebt. „Die Carpalia der distalen Reihe sind wahrschemlich wie die Meta- carpalia und die Phalangen auf die Knorpelstrahlen der Flosse (Basalia) zu beziehen und von diesen abgegliedert zu denken.“ Exery „erkennt also im Cheiropterygium weder Aeste noch Hauptstrahl: also auch keinen Unterschied von praeaxialen und postaxialen Strahlen.“ Das Flossen- skelet von Ceratodus hält er für eine bereits nach der Humerusbildung vom Urosso- pterygium sich abzweigende Form. In Gorrre’s Resultaten findet Every eme gute Be- stätigung seiner crossopterygialen Hypothese. Die sekundäre Gliederung des Uentrale stimmt viel besser mit seiner Theorie, als die Annahme der primitiven Doppelnatur dieses Skeletstückes. Diese wichtigen Mittheilungen Exnery’s wurden sehr wenig beachtet. Der einzige, der sie aufnahm, war Porrarn. Die Aeusserungen desselben iiber die Stellung des Urossopterygium zur Selachiertlosse haben wir schon betrachtet. Die Vergleichung (les Crossopterygium und Cheiropterygium führt er an der Hand zweier Abbildungen durch, deren eime die Polypterusflosse, die andere das Vorderarm- und Handskelet von Ranodon nach Wirpersueim darstellt. Porrarn schliesst sich zwar im Ganzen an Exery an; aber in einigen Hauptpunkten modifizirt er dessen Lehre. Mit Recht betont er, obwohl es nicht genügend ausgeführt wird, dass wenn überhaupt die beiden Randknochen des Polypterus mit denen des Vorderarmes verglichen werden, die Ulna mit dem Propteryeium, der Radius mit dem Metapterygium in Parallele zu setzen sei. „Ihe mesopterygium forms probably the intermedium and centralia and the chief foramen in the ossified past represents the imtercarpal foramen.“ Die Meta- carpalien und Phalangen werden von den Actinalien und Epactinalien (meiner Nomen- klatur) abgeleitet. Festschrift für Gegenbanr. 42 330 HERMANN KLAATSCH [7 IV „From the above it is seen there is great probability, that the Pentadactyle hand ıs derived from a Crossopterygian fin.“ Die Hauptschwierigkeit erblickt PorıArv nicht mit Unrecht in der Frage nach der Homologie des Humerus. Für diese hat er eine neue, von Emery abweichende Theorie ausgebildet, die freilich, wie er selbst gesteht, mit Schwierigkeiten verbunden ist. Während Ewery versucht hatte, den Humerus vom Extremitätenskelet abzuleiten, erblickt ;Porzarn sein Homologon in einem Theil des Schultergürtels. Der Gelenkkopf und seime knorpeligen Nachbar- theile sollen sich beim Uebergang vom Wasser- zum Landleben zwischen den ossi- fizirten Theilen des Schultergürtels herausgelöst und so ein selbstständiges Skeletstiick geliefert haben. Das Schultergelenk des Polypterus wäre somit dem Ellbogengelenk des Cheiropterveiums homolog. Auf eme Vergleichung der Muskulatur und Nerven geht Porrarn ebensowenig ein, wie es Enery gethan. In einer neuen Publikation, deren Zusendung ich der Güte des Verfassers ver- danke, hat Emery noch einmal das uns beschäftigende Problem in Angriff genommen und hat seine Stellung zu Porzarp's Ansichten dargelegt. Zum Theil acceptirt er die von jenem vorgeschlagenen Aenderungen, zum Theil bleibt er aber auch auf dem friiheren Standpunkt. In anderer Hinsicht hat er selbst seine Meinungen modifizirt. Bezüglich des Humerus giebt Exerr seine frühere Meinung auf und schliesst sich der Hypothese Porrarp's an. Die Homologie des Pro- und Metapterygiums hingegen hält er in der alten Weise gegen Porrarn aufrecht. ' Den ontogenetischen Zusammenhang zwischen den Oentralien, Intermedium und Fibulare hält Exery für ein palingenetisches Faktum, welches ihn in der Ableitung dieses Skeletkomplexes vom Mesoptervgium des Polvpterus bestärkt. Diesem rechnet er neuerdings auch das Ulnare zu, welches er früher von seinem „Metapterygium‘ abgeleitet hatte. Die distalen Carpalien und Tarsalien hatte er früher als Abgliede- rungen der Basen von hadien betrachtet; jetzt glaubt er nicht mehr eine so scharfe Grenze zwischen dem Mesoptervgium und seinen Strahlen ziehen zu sollen. „Nelle forme attuali, i carpali distali sono difterenziati in rapporto co1 singoli raggi, alla cui base possono essere Oopportunemente referiti.‘ Von Einzelheiten der Vergleichung sei das Foramen im Mesopterygium des Polv- pterus erwähnt, welchem Ewery dasjenige im Uarpus gleichsetzt, welches sich zwischen Ulnare und Intermedium befindet. Sehr bemerkenswerth sind ferner die Versuche, die soviel diskutirten Fragen des Praepollex und Praehallux durch die Crossopterygium-Theile zu beleuchten — Punkte, auf die wir im Folgenden noch wiederholt zurückkommen müssen. Das Gesammturtheil Eumery’s über das Crossopterygium liegt in folgenden Worten (pag. 20): „Sarebbe follia pretendere di ritrovarvi un vero stadio della filo- genesi del chiropterigio; bisogna piuttosto considerare questo pesce interessantissimo (d. 1. Polypterus) come la terminazione di une ramo collaterale, staccatosi dal tronco dal quale seno discesi gli Stapediferi, ed in cui troviamo conservati alcuni caratteri dell’ antico stipite.“ : 73] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 33] Eine der Hauptschwierigkeiten, welche sich der Verknüpfung von Ichthyo- pteryeium und Cheiropterygium entgegenstellen, ist die Abgeschlossenheit, in welcher uns die letztere Form der Gliedmasse allenthalben entgesentritt. Diese ist so gross, dass es kaum einer besonderen Defimition des Cheiropteryeium - Begritts bedarf. Dennoch müssen wir, wenn wir dieses zweite Vergleichungsobjekt mit dem ersten, der Flosse, in Parallele setzen wollen, einen von allen nebensächlichen Dingen befreiten Typus aufstellen, mit dem fortan gerechnet werden muss. Das Material, aus welchem dieser „Urzustand des Cheiropteryeiums“ gewonnen werden muss, ist ein ungeheuer grosses. Wir haben dafür nicht nur die erwach- sene, sondern auch die ontogenetische, nicht nur die vordere, sondern auch die hintere Extremität zu verwerthen. Daraus erwachsen Schwierigkeiten, denen in erster Linie durch eine rationelle Nomenklatur abgeholfen werden kann und muss. Exeryr hat in dieser Reform den Anfang gemacht und zum Theil gute, praktische, fiir vordere und hintere Extremität gemeimsam geltende Bezeichnungen für das Skelet eingeführt. Ich werde dieselben zum Theil acceptiren; es lässt sich aber nicht vermeiden, dass einige meiner Benennungen mit den seinigen in Kollision gerathen. Ich halte es für das beste, die neuen Namen so sehr wie möglich ein- zuschränken. Exery hat darin nach meiner Meinung zuviel des Guten gethan. Bei der Aufstellung des cheiropterygialen Urtypus wollen wir nur die Haupt- punkte darlegen, über welche Meinungsverschiedenheiten nicht gut möglich sind, um einen Boden zu gewinnen, auf welchem eine rationelle Vergleichung ohne Schwierig- keit geschehen kann. Wir folgen hierbei derselben Disposition, wie wir sie oben bei den Flossen- bildungen durchgeführt haben. — Was die äussere Form und die Lage des Cheiropterygiums im Urzustand betriftt, so stelle ich mir dieselbe als eine in der Richtung der Körperlängsaxe ausgedehnte, sagıttal gestellte Platte vor, an welcher eine mediale und laterale Fläche, ein dor- saler und ventraler Rand zu unterscheiden sind. Beide gehen distal in einander iiber in emer durch freie Fortsätze ausgezeichneten Partie. Dass diese Stellung des Cheiropterygiums die ursprüngliche ist, geht aus der den Embryonen der ver- schiedensten Abtheilungen zukommenden anfänglichen Lage der Extremität ganz deutlich hervor. So finden wir es bei den Amphibien, desgleichen bei den Sauro- psiden und den Mammalien. Das einzige, was varlirt, ist die Richtung der Extremität, der Winkel, den die Längsaxe ihres distalen Theils mit der Körperlängsaxe bildet, und dieser hängt mit der Entfaltung der Ellenbeuge und Kniebeuge zusammen. Damit aber sind schon Differenzirungen gegeben, von denen wir hier abstrahiren müssen. Im ursprünglichsten Zustand müssen wir uns die Extremität als eine ein- heitliche Platte ohne besondere Abknickung vorstellen. Diese prägt sich erst mit der Verlängerung eines besonderen proximalen, ursprünglich sehr kurzen Theiles aus. 42* 332 HERMANN KTAATSCH [74 Die terminale Gliederung sehen wir ebenfalls erst allmählich sich entfalten. Ontogenetisch ist die Gegend des II. Fingers zuerst differenzirt, und giebt sich dadurch als etwas Besonderes kund. Eine die Finger mit einander verbindende Haut darf wohl gleichfalls in den Begriff des Urzustandes mit aufgenommen werden. Als einzige Gliederung innerhalb der Gliedmasse dürfte die Absetzung eimer distalen Platte von einem proximalen Theil oder dessen Extremitäten-Stiel zu gelten haben. Für das Skelet ist der Urzustand so klar vorgezeichnet, dass wir hier im Wesentlichen nur die neue Nomenklatur anzuführen haben. An den Schultergürtel wird die Gliedmasse durch ein stielartiges Skeletstiick angeschlossen, für welches ich den von Fmery gefundenen gemeinsamen Namen: „Stylopodium“ vorschlage. Darauf folgen die beiden Skeletstücke, welche Harcrer*) mit dem guten Namen des „Zeugopodium‘“ zusammengefasst hat. Leider aber hat er für jedes der beiden Stiicke keine besonderen Namen eingeführt, und so bleibt niehts übrige, als auch hier der recht treffend gewählten Nomenklatur von Ewery zu folgen, mit der einzigen, dureh die Differenz unserer Anschauungen über die ursprüngliche Stellung der Glied- massen gegebenen Aenderung, dass ich Ulma und Fibula als „Propodium“ und Radius, sowie Tibia als „Metapodium‘ bezeichne, während Exery, gerade so wie bei den Flossenbildungen (s. 0.!), beide Bezeichnungen mit einander vertauscht. Der nächste Abschnitt des Extremitätenskelets — Carpus und Tarsus — ist von Hazcxer als Basipodium zusammengefasst worden. — Auch hier möchte ich Enmerr folgen und seinen Ausdruck „Mesopodium“ übernehmen. Die vom Basipodium getragenen Strahlen nenne ich im Anschluss an Emery Actinalıa. Für die weiter distal folgenden Skeletstücke kann der frühere gemeinsame Name der Phalangen beibehalten werden. Ueber die Einzelheiten dieses Urzustandes des cheiropterygialen Skelets hätten wir Folgendes hinzuzufügen. Die Beschränkung der Strahlen auf fünf ist eine so allgemeine Erscheinung, dass sie wohl auch für den Urzustand angenommen werden muss. Trotzdem können wir jene immer wieder und von der verschiedensten Seite auftauchenden Zeugnisse für Komplikationen am dorsalen und ventralen Rand des Mesopodium nicht ignoriren, welche in den Theorien von Praepollex und Postminimus ihren Ausdruck gefunden haben. Dass an den betreffenden Punkten irgend eine auf Strahlenbildungen bezieh- bare Eigenart des Skelets vorliegen musste, kann nicht gut geleugnet werden. Andererseits sind alle Versuche, besondere Fingerbildungen hier nachzuweisen, so wenig geglückt, dass man für den Urzustand die fünf Finger beizubehalten hat, mit dem Vorbehalt, dass am propodialen und metapodialen Rand den Fingern ähnliche Bildungen existirt haben können. *) Systematische Phylogenie der Wirbelthiere. Berlin 1895. 1 o BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. a) Eine fernere, ganz konstante Eigenthümlichkeit der Skeletanordnung, mit welcher bei Konstruktion des Urzustandes gerechnet werden muss, ist die offenbare nähere Beziehung des Mesopodiums zum Propodium als zum Metapodium. Auf diese Erscheinung hatte schon Gesensaur Gewicht gelegt. Das Einragen des Meso- podiums zwischen die beiden Stücke des Zeugopodiums ist gleichfalls als em alter Charakter anzusehen; denn er tritt uns in den alten Zuständen der Gliedmasse besonders deutlich entgegen und geht allmählich in eine mehr distale Verlagerung des Mesopodiums über. Inwiefern ontogenetische Befunde, welche eine ontogenetische Kontinuität gewisser Skelettheile bezeugen, phylogenetisch verwerthbar sind, lässt sich aus dem Objekt heraus nicht entscheiden. Immerhm wird zu erwägen sem, ob die Kontinuität des Stylopodiums mit dem Zeugopodium, sowie die einheitliche Anlage eines grossen Theils des Mesopodiums nicht palingenetische Erscheinungen repräsentiren. Wir kommen zur Muskulatur und damit zu einem Gebiete, auf welchem für die einheitliche Auffassung der cheiropterygialen Zustände bisher so gut wie gar nichts geschehen ist. Das Problem, den gemeinsamen Ausgangspunkt für die Muskulatur der vorderen und der hinteren Extremität zu finden, ist bisher nicht gelöst worden. Bei der Rekonstruktion des Urzustandes der Muskulatur kann es sich nur um ein ganz allgemein gehaltenes Uebersichtsbild der Anordnung handeln, welche als Vergleichungsobjekt für die ın jedem Falle ziemlich ungegliederte Muskulatur einer Flosse dienen soll. Seit längerer Zeit mit den Gliedmassenmuskeln der Amphibien beschäftigt, möchte ich hier nur emige Punkte hervorheben, welche memes Erachtens dem betreffenden Urzustand angehört haben, während alle genaueren Erörterungen dieser schwierigen Fragen an anderem Orte erfolgen sollen. Bringt man das Cheiropterygium in die alte, ursprüngliche sagittale „‚Flossen- stellung“ unter Aufhebung aller Winkel und sonstigen Komplikationen, so finden wir an der Muskulatur der beiden Extremitäten auf der lateralen Fläche wichtige Uebereinstimmungen. Die Mitte der Extremität wird von einer (dem Gliedmassen- winkel entsprechenden) Bindegewebsmasse eingenommen, zu welchem hin Muskeln vom rürtel sich erstrecken, und von welchem aus Muskelmassen zu den distalen Theilen divergiren. Die erstere Muskelmasse ist in den niederen Zuständen mehr emheitlich für die hintere Extremität, während die vordere eine Sonderung in zonostylopodiale und stylo-zeugopodiale Masse erkennen lässt. Nehmen wir den mehr ungegliederten Befund als den primitiven an, so gelangen wir zu dem Resultat: Für die laterale Cheiro- pterygialmuskulatur charakteristisch ist die Sonderung in einen proximalen Theil und einen distalen Theil. Der erstere umfasst Muskelmassen, welche distalwärts zu einem 334 HERMANN KLAATSCH [76 „Septum‘ konvergiren, der (distale solche, welche von eben diesem Theil aus zur Actmal-Phalangeal-Grenze hin divergiren. Die distale Masse stellt einen Extensor dar, dessen weit verbreitete Sonderung in oberflächliche und tiefe Theile vielleicht mit m den Urzustand aufgenommen werden muss. Das Gleiche eilt von dem ihm auf der medialen Fläche entsprechen- den Flexor. Die proximalen Theile der medialen Fläche werden von Muskelmassen ein- genommen, welche vom Gürtel aus zum Metapodium und dessen Nachbarschaft sich erstrecken und welche nicht unmittelbar mit dem Flexor in eine Gruppe vereinigt werden können. Dies sind einige Hauptpunkte, die für die Vergleichung des Cheiropterygiums und Ichthyopterygiums von Bedeutung sind. Lassen sie sich bei irgend einer Form des letzteren wiederfinden, so erwächst daraus eine starke Stütze für die Homo- loeisirung der Skelettheile, wo nicht, so wird die Möglichkeit einer Verknüpfung bedeutend geschwächt. Die Nerven des Cheiropterygiums lassen trotz aller Mannigfaltiskeit im Ein- zelnen soviel Gemeinsames erkennen, dass die Rekonstruktion des Urzustandes keine Schwieriekeiten hat. Eine gerimge Anzahl ventraler Aeste von Spinalnerven, und zwar vier bis fünf, vereinigten sich zu einem Plexus, aus welchem — die Gliedmasse m der ursprünglichen Lage gedacht — laterale und mediale Nerven hervoreingen zur Ver- sorgung der entsprechenden Muskelmassen. Für die vordere Extremität, und mit dieser rechnen wir in erster Linie, sind sehr weit cranial gelegene Nerven als die Bildner des Plexus zu betrachten. — Da Niemand bezweifelt, dass die Plexusbildungen etwas allmählich Gewordenes darstellen, so muss für den Urzustand die Möglichkeit often gelassen werden, dass in demselben die Plexusbildung noch nicht vollständig eingetreten war. Auch könnte die Zahl der Plexus-Wurzeln geringer sein; dass sie grösser gewesen sein sollte, muss als höchst unwahrschemlich angesehen werden. Bezüglich der Arterien sind wir, namentlich durch Zuckerkanpr's Unter- suchungen, in den Stand gesetzt, uns ein Bild von der Beschaffenheit des Urzustandes am Cheiropterygium zu bilden. Es hat sich gezeigt, dass em axiales Gefäss die Versorgung der distalen Gliedmassentheile ursprünglich besorgte. Die Art. interossea offenbart sich als eine äusserst primitive Bildung. Sie verläuft auf der Beugeseite zwischen Pro- und Metapodium und entsendet Rami perforantes zur Streckfläche. Besonders bemerkenswerth ist ein das Mesopodium perforirender, ursprünglich ziemlich starker Ast. Dieser Befund des Foramen Mesopodii mit seiner Arterie ist von ZUCKER- KANDL, LeBovcg u. a. beschrieben worden. Auch Enmery hat mit Recht dieselben als wichtig hingestellt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass wir diese Anordnung 77] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 335 der Theile dem Urzustande werden beilegen müssen. So wenig an sich die Gefässe für die morphologischen Betrachtungen ausschlaggebend sind, so wird doch darauf geachtet werden, wo hinsichtlich der Flossenbildungen sich Aehnliches konstatiren lässt. Nach der Rückführung der komplizirten Verhältnisse der Landgliedmasse auf gewisse typische Zustände, erwächst uns die Aufgabe, die Urform des Cheiropterygiums mit den verschiedenen Flossenbildungen zu vergleichen, um zu erkennen, welche der letzteren die meisten Anknüpfungspunkte an die Landgliedmasse darbieten. Als Vergleichungsobjekte für das Cheiropterygium kommen folgende Flossen- bildungen in Betracht: 1. die Gliedmasse der recenten Selachier, — das Selachio- pterygium, 2. die Flosse des Oeratodus — das Dipnopterygium und 3. das Urossopterygium. Andere Flossenbildungen brauchen nicht herangezogen zu werden. Die Hintergliedmassen der Fische bleiben ausser Betracht, da sie keine wesentlich primitivere Charaktere als die Brustflosse sich bewahrt haben und zum grossen Theil als rudimentäre oder als einseitig fortentwickelte Bildungen erscheinen. Die Flossen der Amiaden und Teleostier, des Lepidosteus und des Störs sind gleich- falls keine primitiven Formationen. Dass auf der anderen Seite die Extremitäten der Enaliosaurier gänzlich aus der Betrachtung fern bleiben, wird bei der zweifellos völlig sekundären Umbildung derselben keiner Rechtfertigung bedürfen. Von den übrig bleibenden Flossenbildungen stellt das Dipnopterygium den ursprünglichsten Zustand dar, die beiden anderen repräsentiren (s. o.) die Endpunkte zweier von der Urform des Dipnopterygium (nicht direkt von diesem) ausgehenden Reihen. Wir wollen die Vergleichung in derselben Reihenfolge der emzelnen Punkte durchfiihren, wie bei den bisherigen Betrachtungen. Aeussere Form und Stellung. Die äussere Form der Extremität ist bisher sehr wenig bei den phylogeneti- schen Betrachtungen des Cheiropterygium herangezogen worden. Die grösste Differenz besteht in diesem Punkte zwischen dem Selachiopterygium und dem Cheiropterygium. Der steile laterale Rand des ersteren hat nichts ihm Ver- gleichbares beim Cheiropterygium. Eine Flossenbildung, die mit letzterem in nähere Beziehung gebracht werden soll, muss eine in dorsal und ventraler Richtung an- nähernd gleichartig entfaltete, längliche Platte darstellen. In dieser Hinsicht ent- spricht das Dipnopterygium schon eher den gehegten Erwartungen; namentlich wenn man die ‚Jugendstadien desselben, wie wir sie aus den schönen Abbildungen Semox’s entnehmen, mit denen des Cheiropterygium vergleichen, so ergiebt sich manche Ueber- einstimmung. Man könnte sogar versucht sein, in der starken zeitweisen Ausprägung des II. Fingers bei Amphibienlarven eine Erinnerung an die Flossenspitze des Gera- todus zu erblicken. Aehnliche Resultate, ja noch bessere, gewinnen wir, wenn wir 996 HERMANN KLAATscH [78 das Crossopterygium heranziehen. Zwischen Dipnopterygium und ÜUrossopterygium werden wir fortan zu wählen haben und können das Selachiopterygium bei Seite schieben. Dasselbe Resultat gewinnen wir bei Betrachtung der Flossenstellung. Die Hori- zontalstellung des Selachiopterygium ist keine ursprüngliche. Sie hat sich aus der Sagittalstellung entwickelt. Durch diese werden Dipno-, Crosso- und Cheiropterygium mit einander verknüpft, und zwar ın besonderem Maasse die letzteren beiden, da das Urossopterygium auch noch in erwachsenem Zustand dieselbe beibehält, während die Ceratodusflosse im ausgebildeten Zustande zu dem der Selachier hinneigt. Skelet. Dasselbe hat bisher fast ausschliesslich als Kriterium bei der Vergleichung gedient. Das Selachiopterygium wurde zwar früher von GEeExBaur mit dem Cheiro- pterygium in nähere Beziehung gebracht, doch geschah dies in einer Zeit, wo die Stellung der Selachier und ihrer Flossen zu noch primitiveren Formen wenig bekannt war: GeEGENBAUR erkannte gewisse gemeinsame Punkte an beiden Objekten. Aber selbst um diese aufrecht zu erhalten, bedürfte es der Annahme einer komplizirten Drehung der Selachierflosse (s. 0.), welche mit der jetzt ganz sicher erkannten, primi- tiven Flossenhaltung sich nicht in Einklang bringen lässt. Noch andere Schwierig- keiten stellen sich der direkten Verknüpfung von Selachio- und Cheiropterygium ent- gegen. Niemals ist behauptet worden, dass das eine in das andere in toto bezüglich des Skelets übergeführt worden sei. Es lag also stets den betreffenden Betrachtungen die Annahme zu Grunde, dass das Cheiropterygium-Skelet einem Theil und zwar einem sehr kleinen des Selachierflossenskelets entsprechen sollte. Es ist aber nie nach- gewiesen worden, wie es kommt, dass solche grossen Theile des Skelets geschwunden sind, oder wie diese Reduktion, die sich doch auf die Weichtheile ebenfalls erstrecken musste, zu denken sei. Alle diese Betrachtungen werden aber dadurch in eine ganz neue Richtung gelenkt, dass ja, wie wir jetzt wissen, das Selachioptervgium gar keine primitive Bildung darstellt, sondern auf eine dem Dipnopterygium ähnliche Form bezogen werden muss. Will man sich also nicht zu der Annahme verstehen, dass die Landwirbel- thiere der zu den Selachiern führenden Bahn sehr nahe stehen, so muss man sich der Ueratodusflosse direkt zuwenden. Durch viele Punkte, welche andere Organsysteme betreffen, wird eme Annäherung von Selachiern und Landwirbelthieren unwahr- scheinlich. Hier wollen wir nur konstatiren, dass, ganz direkt mit einander verglichen, das Skelet des Selachio- und Cheiropteryeiums äusserst wenig Achnlichkeiten mit einander erkennen lassen, ganz abgesehen von der verschiedenen histologischen Be- schaffenheit. Wo sollen wir bei den Selachiern die Homologa für Stylopodium und Zeugopodium suchen? Auch die Versuche Euery’s (die Porrarn in ähnlicher Weise 79] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. Sol anstellt), durch Vermittelung des Urossopterveiums die Selachiertlosse nit dem Cheiro- ptervgium zu verknüpfen — danach wären Pro- und Metapterygium der Selachier dem Zeugopodium homolog — sind schon desshalb ganz verfehlt, weil die Stellung des Urossopterygium zum Selachiopterygium in der älteren falschen Weise von den beiden Autoren aufgefasst wurde. Wir können also mit dem Skelet der Selachier-Flosse sehr wenig für unseren Zweck anfangen und wenden uns zum zweiten Objekt, dem Dipnopteryeium. Dass zwischen dem biserial mit Radien besetzten Knorpelstab und dem Cheiropterygium- Skelet eme recht bedeutende Verschiedenheit besteht, lässt sich nicht leugnen. Die einzige Aehnlichkeit ist eigentlich gegeben durch das basale Knorpelstück der Cera- todusflosse, welches einem Stylopodium verglichen werden kann. Acceptiren wir dies einmal zunächst, so muss man gestehen, dass damit sehr wenig genützt ist; denn die nun unmittelbar sich aufdrängende Frage, wo wir das Zeugopodium zu suchen haben, wird ohne Antwort bleiben müssen. Mit der allgemeinen Annahme, dass das Skelet des Cheiropterygiums desshalb dem Dipnopterygium ähnlich sei, weil m beiden Fällen sich die einzelnen Stücke im Strahlen anordnen lassen, ist recht wenig genützt. Denn wenn wir unbefangen die mannigfachen Versuche betrachten, die Axe in einem der fünf Finger zu erkennen, so müssen wir das Resultat trotz der Mitarbeit der hervorragendsten Kräfte als ein recht trostloses bezeichnen. Ist doch ausser dem vierten Finger kein einziger derselben dem Schicksal entgangen, einmal als der Träger der Axe verdächtigt zu werden! Wenn man ferner sieht, m wie mannigfacher Weise sich ohne grosse Schwierig- keit am Cheiropterygium die Strahlenanordnung vornehmen lässt, so muss man sehr misstrauisch werden und andere Nachweise fir die Axennatur einer bestimmten Region verlangen, als denjenigen, dass sich die Skeletstiicke zu der betreffenden Linie in Reihen anordnen lassen. Durch den Radius, durch die Ulna, durch keinen von beiden, hingegen durchs Intermedium ist die Axe schon hindurch gelegt worden. ‚Jeder dieser Versuche hat ebenso viel Berechtigung wie ein anderer. Aus diesen Betrachtungen ergiebt sich, dass eine direkte Ableitung des Cheiro- pterygiums vom Archipterygium auf die allergrössten Schwierigkeiten stösst. Selbst der einzige scheinbar sichere Punkt, dass das Basale der Ceratodusflosse mit dem Stylopodium zu vergleichen sei, kann mit vollem Recht angezweifelt werden. Das Kriterium ist die Verbindung mit dem Schultergürtel und dieses ist kein untrügliches. Es kann ein Theil aus der Verbindung mit dem Schultergürtel durch emen anderen abgedrängt werden, folglich ist diese Verbindung als solche keine geeignete Stütze für eine Homologie zweier Theile. Also auch das zweite Objekt kann uns nur wenig Aussicht auf eine glückliche Lösung des Problems eröffnen. Dass ich zum dritten mehr Vertrauen hege, wird dadurch begründet, dass uns die Vergleichung des Skelets vom ÜUrossopterygium und Cheiropterygium sofort einige Punkte der Uebereinstimmung entgegen bringt, welche das von den anderen Objekten Gebotene weit übertreffen. Die Marginalia des Crosso- pterygium entsprechen m Lage und zum Theil in Form dem Zeugopodium. Mit Festschrift für Gegenbaur. 43 338 HERMANN KLAATSCH [80 der Vergleichung des Mesopterygiums und des Mesopodiums wäre ein neuer Anhalts- punkt gewonnen, dem die Parallele der Actinalia sich anschliessen würde. Damit sind Punkte gegeben, die es der Mühe werth erscheinen lassen, die anderen fehlenden genauer zu prüfen. Sollte es gelimgen, eine befriedigende Ab- leitung des Stylopodium auf Grund des CÜrossopterygiums zu geben, so wären die Schwierigkeiten im Wesentlichen gehoben. Aber weder der von Emery früher, noch der von Porrarv neuerdings gemachte Versuch können befriedigen. Wir wollen diese Betrachtung hier nur so weit führen, als sie uns die Berechtigung giebt, in eine nähere Vergleichung von Urossopterygium und Cheiro- pterygium einzutreten. Sollte diese gelingen, so ist es klar, dass damit eine Durch- führung der Archipterygiumtheorie auf neuem Wege sich eröffnen wiirde; denn das Crossopterygium ist ja nur eine Form des Archipterygiums. Muskulatur, Nerven, Gefässe. Ebensowenig wie im Skelet bieten die Flossen der Selachier und des Üera- todus in den Weichtheilen Punkte der Aechnlichkeit mit dem Cheiropterygium dar, die derart wären, dass sie zum Versuche einer direkten Ableitung oder Verknüpfung veranlassen könnten. Die Nerven im Urzustande des Uheiropterygiums müssen, wie wir oben gesehen haben, ein ziemlich einfaches Verhalten dargeboten haben. Eine geringe Anzahl von Spinalnerven (4—5) war an der Versorgung der Gliedmasse betheiligt und die betreffenden ventralen Aeste brauchen kemeswees bereits in vollendeter Weise die Erscheinung eines Plexus dargeboten zu haben. Bedenken wir nun, wie ausser- ordentlich komplizirt gerade die Nervenversorgung der Selachierflosse erscheint, so miissen wir darin eime bedeutende Schwierigkeit ihrer Verknüpfung mit dem Cheiro- pterygium erblicken. Nur sehr triftige Gründe, die etwa in der Ueberemstimmung anderer Organsysteme begründet wären, könnten über diese Differenzen forthelfen. Da solche nicht vorhanden sind, so hat der Versuch, die Gliedmassennerven der Land- wirbelthiere von den durch Zahl und Verbindungsweise so eigenartig differenzirten Nerven der Selachierflosse herzuleiten, wenig Aussicht auf Erfolg. Auch die Dipnoer scheinen sich in diesem Punkte wenig primitiv zu verhalten. Soweit hier die Ver- hältnisse bekannt sind, scheint eine Annäherung an den Selachierzustand nahe zu lesen. Die Brustflosse der Crossopterygier hingegen zeigt uns so einfache Nerven- verhältnisse, dass darin eine neue Ermuthigung zur Durchführung einer näheren Vergleichung mit dem Cheiropterygium erblickt werden kann. „Jedenfalls tritt kein Punkt hervor, der etwa solche Differenzen darböte, dass durch ihn die Ueberein- stimmungen in anderen Punkten als eine illusorische erscheinen müsste. Dasselbe gilt von der Muskulatur. Bei eimer Flosse kann man keine Gliederung in vollständig gesonderte Muskelindividuen erwarten oder verlangen. Aber oO‘ oO auch das Cheiropterygium muss einen Vorläufer mit solcher wenig ditferenzirten si] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 339 Muskulatur besessen haben. Suchen wir nun bei den Fischen nach Formen, welche einige der früher als wichtig betonten Charakteristika der Cheiropterygium-Muskulatur aufweisen, so werden wir nicht lange in unserer Wahl schwanken können. An der Brustflosse der Crossopterygier ist bereits in den Hauptzügen und im emzelnen ganz bestimmten Punkten die Muskulatur der Landeliedmasse segeben. Mit Üeratodus und den Selachiern bestehen hingegen nur Aehnlichkeiten der allgemeinsten Art. Mit ersterem kann durch die Urossopterygier eine Vermittlung gewonnen werden, während die Selachier auch hier eine andere Entwiekelungsrichtumg repräsentiren. Fir die Gefässe der Fischflossen ıst das Thatsachenmaterial noch nicht hin- reichend gesichert; wir müssen uns daher begnügen, zu konstatiren, dass uns dies Organsystem keimen Hinderungsgrund für eine Vergleichung von Crossopterygium und Cheiropterygium bieten kann, im Gegentheil, der axiale Arterienstamm des letzteren mit semen perforirenden Aesten findet die schönste Parallele in dem am Urossopterygium sich ergebenden Befunde. Wir gelangen bezüglich der Flossenbildungen zu dem Ergebniss, dass für das Urossopterygium eine grössere Berechtigung als für die beiden anderen Objekte be- steht, zu einer näheren Vergleichung mit dem Cheiropterygium herangezogen zu werden. Dieses Resultat wird durch die Bericksichtigung der gesammten Organisation der Fische und Landwirbelthiere gestützt. Die einseitige Stellung der Selachier wird in neuerer Zeit mehr und mehr gewirdigt. Die Bedeutung dieser Gruppe als einer von ausserordentlich primitiven Zuständen abgezweigten wird hierdurch keineswegs beein- trächtigt, aber dass sie m dieser ihrer primitiven Beschattenheit eine eigenartige und damit einseitige Entwickelungsbahn eingeschlagen habe, kann nicht geleugnet werden. Dies offenbart sich am Skelet ebenso, wie am Nervensystem oder an den Urogenital- organen. Um ein mir nahe liegendes Beispiel herauszugreifen, so verhält sich die Wirbelsäule in ähnlicher Weise ursprünglich und doch abgeändert, wie das Flossen- skelet. Ursprünglich ist die Persistenz der Chorda und ihrer Scheide; eine ganz für sich stehende Entwickelungsrichtung wird aber durch die Verwendung der Chorda- scheide zum Aufbau der Wirbelkörper gegeben. In diesem Punkte zeigten die Dipnoer zum Theil eine Vorstufe des Selachierbefundes. Die Ganoiden hingegen verhalten sich primitiver und gestatten direkteren Anschluss an Amphibien. Die: weite Diver- genz innerhalb der Ganoidengruppe lässt bald im diesen, bald in jenen Punkten die eine oder die andere Form als den Landwirbelthieren näher stehend erkennen. Be- züglich der Wirbelsäulengliederung bietet ja Lepidosteus auffallende Beziehungen zu den Landwirbelthieren dar, in anderen Punkten wiederum sind es die Urossopterygier, welche in vorziüglicher Weise den Amphibienzustand vorbereiten. Dass in anderen Punkten, wie Huxrey bezüglich des Hyomandibulare gezeigt hat, die Dipnoer mehr an die Amphibien anknüpfen, kann bei der primitiven Stellung des Ceratodus nicht Wunder nehmen. Die letztere bringt es ganz naturgemäss mit sich, dass eine Form wie Ceratodus nach sehr verschiedenen Seiten hin Beziehungen 43* 340 HERMANN KLAATSCH [82 oftenbart. Aehnliches gilt auch von den Ganoiden. VDesshalb wäre es falsch, von dieser oder jener Form behaupten zu wollen, dass sie der Vorfahrenreihe der Land- wirbelthiere sehr nahe gestanden habe. So kann ich auch Porrarp nicht beistimmen, wenn er durch die Urossopterygier das Stadium der Selachier mit dem der Amphibien üiberall zu vermitteln sucht. „Jede dieser phylogenetischen Betrachtungen über die Stellung einer Thierform muss durch eine Verallgemeinerung etwas von der in ihr ruhenden Wahrheit embüssen. Wir missen uns vorläufig damit beenigen, mit Rück- sicht auf die einzelnen Organsysteme in dieser oder jener Form eine Annähe- rung an den Vorfahrenzustand anderer zu erblicken. Aus diesen Gründen können wir auch die Vergleichung der Extremitäten vornehmen, ohne auf die anderen Organ- systeme besondere Rücksicht zu nehmen. Wenn aber im anderen Punkten sich ähn- liche Beziehungen zwischen den betreftenden Gruppen offenbaren, wie sie hinsicht- lich der Gliedmassen sich aufdrängen, so werden wir darin eine willkommene Ergänzung und Erweiterung der auf dem speziellen Gebiete gewonnenen Anschau- ungen erblicken können. Wie die Amiaden ın so vielen Punkten zu den Teleostiern überleiten, so scheinen die Crossopterygier mannigfache Beziehungen zu den Landwirbelthieren aufzuweisen. Porrarn hat für mehrere Organsysteme diese Beziehung des Polypterus zu den Am- phibien nachzuweisen gesucht, und wenn er auch vielleicht in manchen Punkten in der Verknüpfung dieser Thierformen zu weit gegangen sein sollte, so scheinen mir doch viele seiner Ausführungen beachtenswerth und dürften die Anregung zu ein- gehender Prüfung des Thatbestandes geben. Ponzarp findet solche Aehnlichkeiten zwischen Urossopterygiern und Amphibien hinsichtlich der Visceralmuskulatur, der peripheren Kopfnerven, auch des Kopfskeletes; namentlich die Vergleichung der Kopf- knochen von Polypterus mit denen von Stegocephalen sind beachtenswerth*). Andere von Porzarn nicht erwähnte Punkte betreffen zum Theil allgemeinere, auch anderen Ganoiden zukommende Charaktere, wie z. B. die Beschaffenheit der Urogenitalorgane, welche von dieser Thiergruppe aus weit besser, als etwa von den Selachiern aus zum Amphibienzustand verfolgt werden können. Auch die Eigenthiim- lichkeiten des Integuments können wir hierher rechnen. Die Schuppen der Ganoiden, namentlich die Cyeloidschuppen fossiler Urossopterygier ähneln sehr den Komponenten jenes Schuppenpanzers, welcher uns von den Stegocephalen erhalten ist. Was die Cirkulations- und Respirationsorgane betrifft, so liegen manche Ueber- einstimmungen vor, und kemestalls treffen wir auf Ditferenzpunkte, welche etwa einer Verknüpfung der betrefienden Formen grössere Schwierigkeiten in den Weg legten. Die relativ gerimgere Zahl der Klappen im Bulbus braucht nieht unbedingt als ein Reduktionszustand beurtheilt zu werden; aber auch wenn dies der Fall ist, so ist die Verbindung zwischen Amphibien und Ganoiden näher als mit den Selachiern. Das Verhalten der Schwimmblase endlich ist für Polypterus sehr bemerkens- werth. Die ventrale Ausmündung der doppelten Blase liefert einen Befund, der zur *) Vgl. auch die während der Korrektur dieser Arbeit erschienenen Ausführungen G. Baur’s über die Be- ziehungen der Stegocephalen zu den Crossopterygiern (Anatom. Anz. 1896). 83] BRUSTFLOSSE DER ÜKOSSOPTERYGIER. 341 Vergleichung mit Zuständen bei Landwirbelthieren in nicht geringem Grade er- muthigen muss. IV. Cheiropterygium und Crossopterygium. Dass die früheren Versuche, eme nähere Beziehung zwischen Crosso- und Uheiropterygium darzuthun und zu verwerthen, wenig Anklang, ja kaum Beachtung gefunden haben, ist begreiflich. Jene Versuche waren äusserst unvollständig und konnten eimer strengeren Kritik nicht Stand halten. Damit ein solches Vorgehen mit Erfolg gekrönt werde, ist es emmal nöthig, die Berechtigung der ganzen Frage- stellung darzulegen und zweitens auf Grund derselben die Vergleichung bis in die Einzelheiten durehzuführen. Den ersten Theil dieser Aufgabe glaube ich im vorigen Kapitel erledigt zu haben. Der zweite Theil soll jetzt in Angriff genommen werden. Wir müssen in ganz systematischer Weise die beiden Vergleichungsobjekte prüfen, einmal auf ihre Uebereinstimmungen hin und zweitens mit Rücksicht auf ihre Differenzen. Die letzteren müssen daraufhin untersucht werden, ob sie die Uebereinstimmungen als unwesentliche, als äusserliche und bedeutungslose Aehnlich- keiten zeigen, oder ob sie nur den Ausdruck einer nach verschiedenen Riehtungen hin erfolgten Entwickelung darstellen. Die Entscheidung iber die Berechtigung unseres ganzen Vorgehens wird also davon abhängen, ob wir die bestehenden Ver- schiedenheiten in befriedigender Weise erklären und eventuell in tiefer liegende Uebereinstimmungen auflösen können. Als Vergleichungsmaterial dienen uns auf der einen Seite alle vom Cheiro- pterygium bekannten Thatsachen, auch die ontogenetischen und palaeontologischen, auf der anderen Seite die Ergebnisse des I. Theils dieser Arbeit über die Anatomie und die am recenten Material zu verfolgende Metamorphose des Crossopterygiums. Gerade letztere wird naturgemäss eine grosse Bedeutung beanspruchen. Die Dis- position des Stoffes wird am besten in der gleichen Weise vorgenommen, wie bei den früheren Beschreibungen und Betrachtungen. A. Aeussere Form und Stellung. Wenn man emen Polypterus und ein ausgewachsenes Landwirbelthier neben einander legt und die Gliedmassen in der für beide als die primitive nachgewiesenen sagittalen Stellung vergleicht, so möchte vielleicht auf den ersten Blick die Difterenz so gross erscheinen, dass ein Suchen nach Uebereinstimmungen als em völlig ver- gebliches betrachtet werden könnte. Und doch ist dem nicht so. Es bestehen Ueber- einstimmungen nicht geringer Art zwischen beiden. Beide stellen längliche Platten dar, an welchen wir eine laterale und eine mediale Fläche, einen dorsalen und einen ventralen Rand unterscheiden können. Beide heben sich in einer von dorsal nach ventral verlaufenden Linie mit verschmälertem Stiel vom Rumpf ab. Die laterale 342 HERMANN KLAATScH [84 Fläche hat bei beiden die Neigung zu leichter konvexer Krümmung, während die mediale mehr platt erscheint. Distal laufen beide in eimen platten, annähernd kreisförmig begrenzten Abschnitt aus, dessen periphere Theile keine Muskulatur enthalten, sondern nur durch sehnige Endigungen derselben ausgezeichnet sind. mgp 1 ı ! \ i ı ı ! f ı 1 i > mgm Fiy. 24. Seitliche Ansicht des Vordertheiles von Menobranchus. Die Extremität in der ursprünglichen sagittalen Stellung. mgp flb mgm my de Fig. 25. Seitliche Ansicht des Vordertheiles von Calamoichthys. Damit gelangen wir für beide Objekte zu einer Sonderung der ganzen Extremität in einen Myaltheil und einen Dermaltheil. Der letztere wird beim Cheiropterygium durch die distal von den Actinalien gelesene Zone repräsentirt, also diejenige, welche die Phalange enthält. Die Grenze beider Theile haben wir bei dem Crossopterygium als Flossenbogenlinie bezeichnet. Beim Cheiropterygium müssen wir sie die Actinalphalangealorenze nennen. Vergleichen wir beide mit einander, so ergeben sich sehr merkwürdige Uebereinstimmungen. Wir haben oben die Flossenbogenlinie genau analysirt und sie beim erwachsenen Polypterus als aus 85] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 3453 den Theilen von Kreisen mit verschieden grossen Radien zusammengesetzt erkannt. Der propterygiale Theil wies den grösseren Radius als der metapterygiale. Ver- gleichen wir hiemit die Actinalphalangealgrenze einiger Cheiropterygier, wobei man ganz beliebige Beispiele wählen mas, etwa die Hand emer Schildkröte oder die- jenige vom Menschen, so offenbart sich die Uebereinstimmung in frappanter Weise. Auch beim Cheiropterygium sehen wir den flacheren Theil dorsal-propodial gelegen, den steiler abfallenden mesopodial. Wohl könnte diese Ueberemstimmung, wenn sie vereinzelt dastände, als unwesentlich bei Seite geschoben werden. Da sie aber nur eine von vielen ist, so verdient sie Beachtung. mgp = ap mgm my Fig. 26. Seitliche Ansicht des Vordertheiles von Polypterus. Uebereinstimmungen ergeben sich ferner in der Art der Bewegungen. Levation, Depression, Abduktion, Adduktion lassen sich bei beiden in gleicher Weise ausführen. sesonders wichtig aber ist die gemeinsame Fähigkeit zu den Drehbewegungen, der Pronation und Supination. Dies sind typische Flossenbewegungen, welche am Cheiro- pterygium sich zeigen. Auch das Cheiropterygium lässt sich durch übertriebene Pronation in die als Schwimmstellung bezeichnete Lage überführen. Stitzt man aber das Cheiropterygium auf und führt dasselbe mit dem Crossopterygium aus, so ergiebt sich eine Uebereinstimmung der „Stützstellung“, die bei einigermassen unbefangener Betrachtung nicht verkannt werden kann. Diese aus Pronation, Abduktion und Extension gemischte Stellung lässt den propterygialen resp. propodialen Rand ganz scharf lateral gewendet erscheinen. 544 Hermann KLAATScH 186 In beiden Fällen ist diese Stützstellung keme ursprüngliche. Soweit die Uebereimstimmungen, wir kommen jetzt zu den bedeutenden Diffe- renzen. Das Crossopterygium erschemt ungegliedert und ist nicht wie das Cheiroptery- gium in einen proximalen und distalen Theil gesondert. Ein Handtheil lässt sich Fig. 27. Seitliche Ansicht des Vordertheiles von Menobranchus. Extremität in Stütz-Stellung. mgp Margo propodialis. Fig. 28. Seitliche Ansicht des Vordertheiles von Polypterus. mgp Margo propterysialis. nicht abgrenzen. Die sogenannten Gliedmassenwinkel fehlen gänzlich. Am ehesten könnte man noch die ganze Flosse mit dem distalen Abschnitt des Cheiropterygiums vergleichen, sodass man den Eindruck gewinnen würde, als fehle der Flosse der stylo- podiale Theil. Die Flosse ist feiner dorsoventral viel breiter und in proximodistaler Riehtung viel kürzer als die Landeliedmasse. 87] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 345 Lässt sich diese Kluft irgendwie ausfüllen? Giebt es Zustände, welche uns diese Differenzen zu vermitteln und ihre Bedeutung abzuschwächen vermögen? Aller- dings ist dies der Fall und zwar in doppelter Hinsicht, einmal von der Seite des Cheiropterygium her und zweitens von der des Ürossopterygium. Die Entwiekelungsgeschichte des Cheiropterygiums zeigt uns dasselbe anfangs als eine ungegliederte, streng sagittal gestellte Platte von ausserordentlich fossenähn- licher Beschaftenheit. Für die Amphibien lehren uns dies die Untersuchungen Srrasser’s. Aber auch bei höheren Formen geben frühe Stadien Bilder, welche nicht nur an Fig. 29. Fig. 30. Zwei Embryonen von Lacerta muralis. Reprodueirt nach MOLLIER. eine Flosse im Alleememen, sondern gerade an em Urossopterygium erinnern. Um dies an einem Beispiel zu erläutern, reproduzire ich zwei Abbildungen, welche Morrrer kürzlich von der Extremitätenentwickelung der Eidechse gegeben hat. Bezüglich der Fingeranlagen freilich sind diese Zustände nicht so primitiv, wie diejenigen der Am- phibien, deren schnell verwachsender II. Finger vielleicht auf die ehemalige Flossen- spitze hindentet; auch das Verhalten einer Schwimmhaut mag nur beiläufig als Flossen- ähnlichkeit erwähnt werden; die Hauptsache ist, dass die Sonderung der Gliedmasse in emzelne Abschnitte noch so wenig ausgeprägt ist. Im jüngeren Stadium haben wir nur einen proximalen Stiel und eine distale Platte, und dies erinnert sehr an die Crossopterygier; auch die Form des distalen Theiles, die Biegungen der Ränder sind sehr auffallend; sogar die Sonderung im Myal- und Dermaltheil ist äusserlich an- gedeutet. Festschrift für Gegenbaur. 44 346 HERMANN KLAATSCH [88 der Humerustheil des Armes tritt noch fast Der proximale gar nicht hervor. Die Hauptmasse der Gliedmasse entspricht dem distalen Theil. Gerade aber in diesem Hauptpunkte, in der unver- hältnissmässigen Entwickelung der distalen Partien und dem all- mählich erfolgenden Hervortreten des stylopodialen Abschnittes wiederholt uns die Ontogenese des Üheiropterygiums, ein Urosso- pterygier-Stadium. Auf der anderen Seite lehren uns die wenigen über die Ontogenese des Urosso- pterygiums ermittelten Thatsachen, dass dasselbe in frühen Stadien eine grössere Aehn- lichkeit mit der Landgliedmasse besitzt, als in den späteren. Hierfür gewinnt der Befund, welcher vom 12 em langen Calamoichthys auf Textfigur 1 und 17 darge- stellt wurde, eine ganz besondere Bedeutung. Hier haben wir nicht nur in der leicht ab- wärts gerichteten Haltung der ganzen Extremität eine Erinnerung an das Oheiroptery- gjum, sondern auch die Aehnlichkeit der Formen ist bis ins Einzelne eine frappante. Ein schmalerer Theil geht in eine breitere Platte über — ganz wie beim Sauropsiden- embryo. ‚Ja sogar die eigenthümliche Umbiegung der Ränder, besonders das Aufsteigen des propterygialen Randes erinnert in merkwürdiger Weise an die Zustände einer Hand. Diese Eigenthümlichkeiten gehen später bei den Urossopterygiern verloren, und darin prägt sich eine allmähliche Reduktion aus. Man könnte diesen Umstand viel- leicht als Einwand gegen die primitive Bedeutung des Crossopterygiums geltend machen und behaupten, die Aehnlichkeit desselben mit dem Oheiropterygium beruhe auf einem näheren Zusammenhange der Vorfahrenreihe von Crosso- und Cheiro- pterygiern. Diesen Einwand würde ich zum Theil recht gern acceptiren. Ich habe schon erwähnt, dass die fossilen Funde uns nicht die jugendlichen Charaktere des Calamoiechthys erklären helfen. Wir können dessen Eigenthümlichkeiten kaum anders begreifen und erklären, als durch die Annahme einer einstmals m der Vorfahren- reihe dieses interessanten Fisches gegebene Annäherung an den Stamm der Land- wirbelthiere, eine Vorstellung, die ja mit einigen der oben skizzirten Organisations- verhältnissen gut übereinstimmt. Aus dieser Annahme emer gewissen Reduktion des Urossopterygiums oder einer einseitigen Fortbildung desselben erwächst aber noch nicht die Berechtigung, ihren primitiven Werth irgendwie anzuzweifeln. Dieser ist durch die palaeontologisch begründete Phylogenese des Organs über jeden Zweifel erhaben. — So gleichen sich also die Differenzen der Form bedeutend aus und die An- nahme, dass sich die Landgliedmasse aus einer dem Crossopterygium ähnlichen Flosse entwickelt habe, trifft auf keine Schwierigkeiten; im Gegentheil, sie wird geradezu postulirt durch die Thatsachen; die spezielle Vergleichung bestätigt das Ergebniss der im vorigen Kapitel angestellten allgemeinen, wonach ganz oftenkundige engere Beziehungen vom Cheiropterygium zum Crossopterygium als zu anderen - Flossen- bildungen bestehen. s9] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 347 B. Skelet. In der Vergleichung des Skelets lag bisher bei allen die Geschichte der Gliedmassen betrettenden Fragen der Hauptpunkt vor, um den sich die Diskussion bewegte, und auch für unser Problem werden wir dies Organsystem: ganz besonders zu würdigen haben. Für unsere Zwecke haben wir im I. Kapitel eine gründliche Vorarbeit geliefert. Wenn meine Vorgänger auf einem, wie ich glaube, ganz richtigen Wege doch nieht zu rechten Erfolgen gelangen und ihren Ansichten keine allgemeinere Geltung verschatten konnten, so liegt dies, wie mir scheint, daran, dass sie das Urossopterygium selbst nicht hinreichend genau untersucht haben. Wenn auch nur in beschränktem Maasse, so konnte ich doch einiges über die Geschichte des crosso- pterygialen Skelets ermitteln, und diese Errungenschaften ebnen uns jetzt m dem schwierigsten Theil der gestellten Aufsabe die Bahn. Wir folgen dem bisherigen Gang und wollen zuerst die Ueberemstimmungen im Skelet des Urosso- und Cheiropterygiums darthun, sodann mit den Differenzen fertig zu werden suchen. Die Hauptübereinstimmung an den beiden Objekten, durch welche Porzarn sowohl wie Exwery, und auch ich — unabhängig von den beiden anderen — auf unser Problem gebracht wurden, eine Uebereinstimmung, von der man sich wundern muss, dass sie nicht schon öfter zu ähnlichen Betrachtungen angeregt hat — ist das Vorhandensein zweier Randstücke in ähnlicher Beschaffenheit und in gleicher Lage. Em dorsales Stück korrespondirt dem Propodium (Ulna, Fibula), ein ventrales dem Metapodium (Radius, Tibia). In beiden Fällen haben wir es mit länglichen Skeletstiicken zu thun, die in dem erwachsenen Crossopterygier-Zustand vollkommen an den embryonalen der Cheiropterygier erinnern. 3ereits oben habe ich darauf hingewiesen, dass ich, was die Parallelisirung der Stiicke mit einander betrifft, mich ganz auf die Seite Porrarp’s gegen Exerr stelle. Letzterer wollte den Radius im Propterygium, die Ulna im Metapterygium erkennen. Diese Auftassung entspringt aber aus einer falschen Vorstellung von der ursprüng- lichen Haltung der Landgliedmasse. Man muss konsequenter Weise das dorsale Stick mit dem dorsalen, das ventrale mit dem ventralen vergleichen, und so ergiebt sich die Beziehung des Propodiums zum Propterygium, des Metapodiums zum Meta- pterygium. Dass ich dieselben nicht mit emander homologisire, brauche ich wohl kaum zu betonen. Ich spreche zunächst nur von Beziehungen, inwieweit die- selben auf Homologie beruhen, wird sich später zeigen. Die Uebereinstimmung der Marginalia mit den Komponenten des Zeugopodiums offenbart sich weiterhin in ihrer Beziehung zu einem dritten plattenförmigen Skelet- theil, welchen sie mit ihren distalen Enden zwischen sich fassen. Ihn haben wir konsequenter Weise offenbar dem Mesopodium (Carpus, Tarsus) zu vergleichen. Alle Differenzen bei Seite lassend, heben wir die Uebereinstimmung hervor, dass Meso- pterygium und Mesopodium plattenartige Skeletmassen sind, dass sie distal Strahlen 44* 348 HERMANN KLAATscH [90 tragen, dass sie proximal mit einer Spitze zwischen die Marginalien resp. die Theile des Zeugopodiums einragen, und dass sie hier zu einem derselben eine nähere Bezieh- ung bekunden als zum anderen. Ich muss hier auf die eigenthümliche Beziehung des Intermediums — das für uns hier weiter nichts bedeutet, als den proximalen Theil des Mesopodiums — zum Propodium zurückkommen. Dieser Anschluss der Skelettheile an eimander war von GEGENBAUR Zuerst betont und in hervorragender Weise zur Lösung der Gliedmaassenfrage herangezogen worden. Es würde ein Mangel sein, wenn wir diese Beziehung nicht auch beim Urossopterygium darthun könnten. Dies ist nun in einer ganz ausgezeichneten Weise möglich. Alle Thatsachen, welche ich oben im descriptiven Theil über den imnigen Anschluss des Propodium ans Mesopodium mit- getheilt habe, gewinnen durch die Verknüpfung mit ähnlichen Vorkommnissen am Cheiropterygium eine erhöhte Bedeutung. Wir sahen diese Beziehungen bei den Ürosso- pterygiern so innige werden, dass es bei Calamoichthys zu einer zeitweisen Verschmel- zung des Knorpelmateriales der beiden Skelettheile kam. Wenn auch beim Cheiro- pterygium eine solche nicht gerade sich zeigt, so ist doch die enge Anlagerung des Intermedium ans Propodium ganz evident, für Amphibien, Sauropsiden (z. B. Chelonier!) und Mammalia in gleicher Weise dargethan. Auch das Grössenverhältniss von Zeugopodium zu Mesopodium ist, wenn wir die Urodelen betrachten, annähernd das Gleiche, denn bei den niederen Amphibien hat letzteres einen relativ sehr bedeutenden Umfang. (Gehen wir weiter, so eröffnet sich eine neue und höchst einleuchtende Paral- lele zwischen den Actinalien in beiden Gruppen. Hier liegen die Verhältnisse so klar zu Tage, dass ich mich nicht gescheut habe, von vornherein gleich dieselbe Be- nennung für beide Gruppen von Skelettheilen einzuführen. Die Metacarpalien und Metatarsalien stellen längliche Skeletstücke dar mit peri- costaler Knochenhülse und knorpeligen Epiphvsen, ontogenetisch allgemein den Zu- stand der Urossoptervgier rekapitulirend. Distal von den Actinalien treffen wir knorpelige Skeletstiicke, welche bei beiden Objekten in ihrem genetischen Zusammenhang mit den Actinalien erkannt worden sind. Für die Epaectinalia kann keine andere Möglichkeit ihrer Herkunft bestehen und für die Phalangen ist der genetische Zusammenhang mit den Metacarpalien embryonal erwiesen (Lesoven). Die Reihe der Actinalien wird an den Rändern abgeschlossen durch knorpelige Skeletstücke, welche wir bei den Urossopterygiern als die Epimarginalia bezeichnet haben. Tretfen wir nun beim Cheiropterygium auch diese beziehbaren Bildungen an? Dies ist der Fall. und ich erblicke einen der grössten von Enery erzielten Fortschritte darin, dass er das Verhalten dieser Randpartien des Oheiropterygiums zur Aufstellung eimes neuen Gesichtspunktes in die so viel diskutirten Fragen des Praepollex und Postminimus gebracht hat. Hier, wo wir nur die gröbsten Uebereinstimmungen be- tonen wollen, sei nur hervorgehoben, dass sich die Homologa der Epimarginalia im Pisiforme und im sogenannten Radiale externum, oder im radialen Sesambein wiederfinden. Eine genauere Erörterung gerade dieser Punkte müssen wir weiter 91] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER, 349 unten vorbringen. Es handelt sich hier um Punkte, deren spezielle Durchführung nur dann einen Sinn hat, wenn das ganze Gebäude auf festem Boden ruht. Ist es alsdann möglich, auch bezüglich solcher Einzelheiten, die sich aus dem Ganzen er- gebenden Fragestellungen in befriedigender Weise zu lösen, so liegt darin eine vor- ganzen Vorgehens, während die Nicht- zügliche Bestätigung für die Richtigkeit des & durehführbarkeit dieser speziellen Vergleichung noch nicht für oder gegen die Richtigkeit des ganzen Problems von entscheidender Bedeutung werden könnte. Ueberblicken wir das Bisherige, so müssen wir die weitgehende Uebereinstim- mung zwischen Crosso- und Cheiropterveium voll anerkennen. Wir haben im ersteren alle Bestandtheile des letzteren bis auf einen — das Stylopodium. Könnten wir auch dessen Homologen nachweisen, so müsste auch der hartnäckigste Zweifel an der Vergleichbarkeit der beiden Objekte verstummen. Zu dieser Haupt- ditferenz kommt eine sehr grosse Zahl weiterer tiefgreifender Verschiedenheiten, welche alle bisher besprochenen Theile betreften. Ueber diese Nebendifterenzen zu diskutiren hat keinen Sinn, wenn nicht im Hauptpunkte die Vermittelung angebahnt wird. Bleibt letztere aus, so haben alle übrigen Aehnlichkeiten gar keine Bedeutung. Daher müssen wir uns in erster Linie auf die Frage nach der Homologie des Stylopodiums (Humerus, Femur) werfen. Meine Vorgänger haben zwei Wege eingeschlagen, um diesen schwierigsten Punkt der Vergleichung zu elimmiren. Die ältere Emerr'sche Auffassung war entschieden besser, als die zweite von Porrarn aufgestellte und dann von Emery übernommene. Die erste suchte den Humerus in der Extremität selbst und dies ist ein guter und richtiger Gedanke ; die andere Idee aber, dass das Stylopodium im Schultergürtel des Polypterus stecken soll, ist völlig unbegründet und imvolvirt die allergrössten Schwierigkeiten. Wenn jemand die Ansicht vertechten will, dass der Schultergelenkkopf den Humerus repräsentirt, so muss er, wenn auch nur theoretisch, verständlich zu machen suchen, wie denn dieser Theil sich aus dem primären Schultergürtel herausgeschält hat. — Dinge, die sich gar nicht begreifen lassen und welche mit den entwickelungsgeschichtlichen Thatsachen in völligem Widerspruch stehen. Diese lehren uns, dass bei den Amphibien das Stylo- podium von vornherem in Zusammenhang mit dem Zeugopodium angelest wird. In dieser Hinsicht haben wir durch Goertz vollkommen Aufschluss erhalten und seine Angaben scheinen mir trotz der ein wenig abweichenden Mittheilungen Srrasser’s doch maassgebend zu sein. Vom Schultergürtel ist die Anlage des Humerus schon sehr frühzeitig völlig getrennt, was auch durch Strasser betont wird. Hingegen hängt die Anlage des Stylopodiums mit dem Zeugopodium zusammen. Strasser betrachtet das Bindeglied beider nur als eine dichte Zellmasse, welche nicht in Knorpel über- gehen soll. GorrrE hingegen äussert sich bestimmter: „Das distale Ende der Humerusanlage geht kontinuirlich m eine ebensolehe diehte und dunkle Zellenmasse über, woraus die erste anfangs bestand. Diese Gewebsverdichtung setzt sich aber nun nicht einfach axial fort, sondern tritt in zwei Aeste auseinander“ ete. — Diese gehen bogenförmig auseinander und vereinigen sich distal wieder — sie stellen die 350 HERMANN KLaArscH [92 Anlage von Ulna und Radius dar. Weiter heisst es: „Die Humerusanlage und die beiden von ihm ausgehenden Aeste kann ich daher nicht als völlig unabhängig von eimander auftretende Bildungen ansehen.“ Wenn bei der Verknorpelung sich früh- zeitig eine Unterbrechung derselben im Bereich der Ellenbogengelenke markirt, so erblickt Gorrre darım mit Recht eine sekundäre Erschemung, wie sie bei der Abgliederung anderer ursprünglich kontinuirlicher Knorpeltheile sich gleichfalls findet. Für die hintere Extremität gelten die gleichen Befunde. Eine vorzügliche Bestätigung der gemeinsamen Anlage vom Stylo- und Zeugopodium wird ferner gegeben durch die Resultate der Gorrre’schen Versuche über die Regeneration des Extremitätenskelets einiger Urodelen, bei welchen die embryonalen Vorgänge voll- ständig wiederholt werden, aber in Anbetracht der weiter vorgeschrittenen Differen- zwung der Gewebe noch viel deutlichere Bilder ergeben. Durch diese ontogenetischen Befunde werden die Vermuthungen über die Vor- geschichte des Stylopodiums in bestimmte Bahnen gelenkt, und es wird uns dadurch die Prüfung des anderen Objektes des ÜUrossopterygiums erleichtert. Prüfen wir dieses jedoch zunächst ganz unabhängig von den Befunden am Cheiropterygium, so würden sich theoretisch verschiedene Möglichkeiten eröffnen, um den Verbleib, resp. das Fehlen eines Stylopodiums zu erklären. Aus der Vorgeschichte des Crossopterygiums ergiebt es sich, dass die knorpelige Stammplatte ursprünglich eine weiter proximal reichende Ausdehnung besessen haben muss, als dies im recenten Zustand der Fall ist. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass eimst das Mesopterygium bis zum Schultergürtel gereicht hat und erst durch die Marginalia davon abgedrängt worden ist. Aus diesen Thatsachen konnte man eine Hypothese über die Phylogenese des Stylopodiums aufbauen. Man könnte sagen, dass jener alte Zustand, wo das Metapteryeium noch den Schultergürtel berührt, das gemeinsame indifterente Stadium darstellt, von welchem aus Urosso- und Cheiro- pterygium sich nach verschiedenen Richtungen hin entwickelt hätten. Während es beim Crossopterygium zu einer vollständigen Verdrängung des Mesopterygiums durch die Marginalia kam, hätte sich im der Vorfahrenreihe der Oheiropterygier ein ähn- licher Prozess in den Anfängen angebahnt, um jedoch auf halbem Wege eine andere hiehtung einzuschlagen. Es wäre ein Stiick des Mesopterygiums am Schultergürtel verblieben, während ein anderes distalwärts von den Marginalien verdrängt und vom proximalen vollständig gesondert worden wäre. Also eine Zerlesung der Stamm- platte in zwei Theile müsste angenommen werden. Diese Theorie hat auf den ersten Blick manches für sich, und ich neigte mich anfangs der Annahme emer solchen „Humerocarpalplatte“ zu. Dieselbe hätte auch den Vorzug, dass die bisher allgemein acceptirte Homologie des Basale der Uera- todusflosse mit dem Stylopodium ungestört bestehen bliebe. Es fragt sich nun, inwieweit die Thatsachen eine Stütze für diese Ansicht zu liefern vermögen. Bezüglich des Crossopterygiums hoffte ich weiterzukommen dureh die Untersuchung des jüngsten Stadiums und erwartete hier ein weiter proxi- males Vorragen des Mesopterygiums zwischen den Margimalien zu finden. Aber die 93] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 351 Thatsachen lehrten, dass davon gar nicht die Rede sein kann. Schon in diesem jüngsten Stadium besteht eine beträchtliche Entfernung des Mesoptery- giums vom Schultereürtel. Der Zustand des alten Crossopterygier muss also in der Reihe der Polypterinen schon sehr lange zu Gunsten des recenten umge- wandelt worden sen. Ja, die Thatsachen zeigten in manchen Punkten das Gegen- theil des Erwarteten. Das Mesopterygium dehnt sich nach allen Seiten im Laufe der Entwiekelung stärker aus, schiebt sich sogar proximal wieder mehr vor. In dieser Richtung also waren die Versuche vergeblich und man musste sich fragen, ob die Ontogenese des Cheiropterygiums oder sonstige Befunde bei Landwirbel- thieren besseren Aufschluss bieten wiirden. Von erwachsenen Zuständen könnten etwa Fälle, wo das Intermedium mit dem Humerus in naher örtlicher Beziehung steht, herangezogen werden, doch mit wenig Glück. Solche Fälle beschränken sich auf Enaliosaurier und stehen auch hier ziemlich vereinzelt. Dass aber diese alte Reptiliengruppe nur mit der grössten Vorsicht bei phylogenetischen Fragen der Glied- masse verwerthet werden können, wird wohl nur noch von wenigen bezweifelt werden. Die rein sekundäre, im den Cetaceen eine Parallelerschenung ftindende Umbildung des Enaliosaurier-Cheiropterygiums tritt zu deutlich hervor. Aber selbst angenommen, diese Formen seien primitiv, so ergiebt sich bei ihnen nichts, was auf eine ehemalige Kontinuität des Mesopodiums mit dem Stylopodium zu be- ziehen wäre. Das gleiche negative Ergebniss liefert uns die Ontogenese. Die beiden Glieder des Zeugopodium divergiren gleich zu Anfang sehr stark vom Stylopodium aus. In der Mitte zwischen ihnen findet sich kein Skelettheil, welcher etwa die proximale Spitze des Intermedium mit dem Humerus im Verbindung setzte; ja diese proximale Spitze des Intermedium ist nicht einmal gegen das Stylopodium, sondern gegen das Propodium hin gerichtet. Von welcher Seite also auch diese Richtung der Lösung unseres Problems versucht wird, — überall ergiebt sich dasselbe negative Resultat. Prüfen wir nun das Crossopterygium darauf hin, ob es nicht eine besser mit der Ontogenese des Cheiropterygiums harmonirende Lösung des Resultats gestattet. Suchen wir nach einem einheitlichen Theil, welcher einerseits die Bedingung erfüllt, dass er mit dem Sehultergürtel sich verbindet, andererseits mit den Marginalien in kontinuirlicher Verbindung steht — so ergiebt sich ein solcher Skelettheil leicht in Form jenes Processus styloides marginalium, auf welchen ieh im deskriptiven Theil ausdrücklich die Aufmerksamkeit gelenkt habe. In diesem Theil erblicke ich das Homologon des Stylopodium. Die Uebereinstimmungen beider sind sehr bemerkenswerth. Der Processus styloides greift, wie das Stylopodium, in eine vom Schultergürtel gelieferte Vertiefung ein. Er findet sich dabei auf der medialen Seite des Gelenkes, und auch dieser Punkt ist wichtig. Denken wir uns den Fortsatz stärker entwickelt, so würde er von den Marginalien aus in medialer Riehtung gegen den Rumpf sich erstrecken, und damit ist die ursprüngliche Haltung der beiden Abschnitte des Cheiropterygiums schon im Keime angebahnt. s HERMANN KraarscH [94 Gegen diese weitgehenden Ueberemstimmungen treten die Differenzen m den Hintergrund. Dass das Volumens-Verhältniss em so sehr verschiedenes ist, wird kein erfahrener Morphologe in die Wagschale werfen wollen. Es ist wohl keme allzu schwere Vorstellung, dass solcher anfangs an Masse geringer Theil unter geänderten Bedingungen namentlich durch die Modifikation der mechanischen Verhältnisse des Schultergelenkes zu viel bedeutenderen Dimensionen heranwächst. Das Nähere dieses Umwandelungsprozesses werden wir im Schluss-Kapitel beleuchten. Ebensowenig kann die mangelnde Selbstständigkeit dieses Skelettheils als Gegengrund gegen meine Ansicht angeführt werden; denn ontogenetisch treffen wir ja beim Cheiropterygium dasselbe. Mit der Verlängerung und Abgliederung dieses anfangs unbedeutenden Knorpelstickes hat es auch allmählich seme selbstständige Ossifikation erhalten. Ich gelange somit zu emem bestimmten Ergebniss über die Entstehung des ersten proximalen Stiickes der Landgliedmaasse: Das Stylopodium (Humerus, Femur) ist ein Produkt der Komponenten des Zeugopodium (Ulna, Radius — Tibia—Fibula). Es ist von diesen aus entstanden durch allmähliche Verschmelzung der proximalen Epiphysen an ihren medialen Theilen und hat erst allmählich die Verbindung mit dem Schultergürtel über- nommen. Nunmehr haben wir festen Boden für die Vergleichung auch der übrigen Theile unserer beiden Objekte gewonnen. Die Marginalia sind offenbar nicht, wie meine Vorgänger annehmen, dem Zeugopodium homolog, wenigstens nicht komplet homolog. Das Propterygium ist homolog dem Propodium (Ulna, Fibula) plus einem Theile des Stylopodium (Humerus, Femur). Desgleichen ist das Metapterygium homolog dem Metapodium plus einem Theile des Stylopodium. Das Schultergelenk des Urossopterygium entspricht keineswegs, wie PorLLarn und Emery meinen, dem Ellbogengelenk, letzteres ist vielmehr noch gar nicht gebildet. Die Schultergelenkpfanne der Landwirbelthiere entspricht der tiefen, medial vom Schultergelenkkopf des Polypterus gelegenen Emziehung. Nach dieser Beseitigung des schwierigsten Punktes ist es gestattet, die vorher nur angedeuteten Beziehungen auch often als Homologien anzuerkennen. Es bleibt uns dies noch übrig für die distalen Theile. Das Mesopterygium ist homolog dem Mesopodium. Die Actinalia sind homolog den Actinalien. Die Epactinalia sind homolog den Phalangen. Die Epimarginalia sind homolog jenen kleinen Skeletbildungen, welche den Radial- und Ulnarrand der Hand auszeichnen: Das Epimarginale pro- pterygiale dem Pisiforme, das Epimarginale metapterygiale dem sogenannten „Radiale externum“ oder dem radialen Sesambeim. Wir missen jetzt dazu übergehen, die Difterenzen der emzelnen Theile einer genauen Prüfung zu unterziehen. Für das Stylopodium ist das genügend geschehen, wir kommen nun zum Zeugopodium. Wir sehen hier ab von der mkompleten Homo- 95] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 353 logie derselben mit den Marginalien. Die letzteren sind, wie wir gesehen haben, bei den Crossopterygiern ungleich lang, darin liegt eine Verschiedenheit vom Cheiroptery- gium vor. Von zwei Seiten her wird diese Differenz verringert. Einmal scheint mir nach Gorrre’s Abbildungen die Ulna auch embryonal etwas kürzer zu sein als der Radius und erst mit dem Auswachsen des Oleeranon denselben zu übertreffen. Zweitens fanden wir bei den Ürossopterygiern bereits eme Entwickelungsbahn angedeutet, in welcher die Verschiedenheit der Länge sich mehr und mehr ausgleicht. Die Stellung der beiden Knochen zu einander ist eine etwas differente. Bei den Landwirbelthieren stehen sie einander parallel, beim Urossopterygium divergiren sie. Abgesehen davon, dass dieser Unterschied mit der Veränderung anderer Theile zusammenhängt und durch diese hinreichend erklärt wird, bietet das frühe embryonale Bild von Ulna und Radius (vgl. z. B. Gorrte, Tat. I Fig. 1) eine sehr beachtens- werthe Divergenz der proximalen Theile von Pro- und Mesopodium dar, in welcher man die Erinnerung an eine früher bestehende andere Lagerung erblicken könnte. Die grössten Ditterenzen nächst dem Stylopodium bieten uns Mesopterygium und Mesopodium dar. Während das Erstere eme kontinuirliche Knorpelmasse darstellt, in welcher eine Ossifikation auftritt, begegnet uns das Mesopodium als ein aus zahlreichen, wohl gesonderten Knochenbildungen bestehender Komplex. Auch die Lagerung der Theile ist eine ganz verschiedene. In einem Falle treffen wir die Skeletplatte zwischen den Margi- nalien an, in anderen Fällen mit der Hauptmasse wenigstens, distal vom Zeugopodium. Dass die Zahl der die Platte durchbohrenden Foramma Mesopterygii nicht die gleiche zu sein scheint wie im Mesopodium, dürfte wohl nicht ins Gewicht fallen gegenüber der schon von Exery betonten Ueberemstimmung, welche an und für sich im Vorkommen dieser Gefässlöcher gegeben ist. Sehen wir zu, wie sich die Verschiedenheiten erklären lassen. Die verschiedene Lagerung von Mesopodium und Mesopterygium kann nicht als Einwand gegen unsere Aufstellung angeführt werden; denn sie ist etwas helatives, dessen allmählich sich vollziehende Aenderungen sich deutlich nachweisen lassen, sowohl bei Cheiro- wie bei Urosso- pterygiern. Was die letzteren betrifft, so kann ich auf die ausführliche Begründung der Annahme einer distalen Verschiebung des Mesopterygiums im deskriptiven Theil dieser Arbeit verweisen. / Dieser Prozess beginnt schon mit der Verdrängung des Mesopterygiums, aus dem Bereich des Schultergürtels durch die Margmalien. Er lässt sich weiterhin ganz deutlich verfolgen an der distalen Verschiebung des actinalen Mesopterygiumrandes, welcher sich über das Niveau der Marginalien hinaus verlagert. Mehrere Zustände, die in verschiedenen Stadien auftraten, mit einander kom- binirt, ergaben das vollständige Bild einer mit proximaler Reduktion verbundenen distalen Verschiebung der ganzen Skeletplatte (s. o. Theil I). Dabei bleibt die nähere Beziehung derselben zum Propterygium gewahrt, und dies sehen wir auch für das Festschrift für Gegenbaur. 45 354 HERMANN KLAATSCH 196 Propodium erhalten in jenem späteren Stadium des ganzen Vorganges, welches uns durch die Amphibien repräsentirt wird. Auch hier liegt ja noch ein nicht unbeträcht- licher Theil des Carpus zwischen den Theilen des Zeugopodium; das Endstadium des Prozesses ist noch nicht erreicht, wir sehen vielmehr noch eine Fortsetzung dieses Verlagerungsvorganges auf der zu den höheren Wirbelthieren führenden Bahn voll- zogen und zwar in höherem Maasse am Carpus als am Tarsus. Dass manche vermittelnde Stadien vermisst werden, kann nicht verwundern. Die Hauptsache bleibt, dass wir schon bei den Crossopterygiern eine Entwiekelungsrichtung nachweisen können, als deren Kon- sequenz sich der Befund am Mesopodium der Landwirbelthiere mit Nothwendigkeit ergiebt. Auch die andere Differenz zwischen Mesopterygium und Mesopodium lässt sich in befriedigender Weise aufklären. Die Einheitlichkeit des Mesopterygiums ist schon bei den Urossopterygiern keine vollständige. Abgesehen davon, dass in der Vor- fahrenreihe der recenten Formen sehr wohl bereits Difterenzirungen einzelner Stücke des Mesopterygiums bestanden haben mögen und dass die Foramina Mesopterygii auf solche hinweisen könnten, prägt sich, wie ich oben gezeigt habe, in der Stellung der Knorpelzellen eme beginnende Difterenzivung aus, indem das vollständig eleich- artige Verhalten aufgegeben wird. Auch das Auftreten der einen Ossifikation zeigt immerhin eine Besonderheit der Fortentwickelung, wenn auch darin nicht an die Zustände des Cheiropterygiums sich eine Anknüpfung bietet. Die letztere möchte ıch in einem gemeinsamen Urzustand vollständiger, gleichmässiger Entfaltung im ganzen Bereich des Mesopterygiums resp. Mesopodiums erblicken. Dass ein solcher für die Landwirbelthiere angenommen werden darf, geht aus ontogenetischen und aus palä- ontologischen Thatsachen hervor. Es ist auffallend, dass das Verhalten der fossilen Formen bisher für die Geschichte des Carpus und Tarsus gerade in einem sehr wichtigen Punkte keine Verwerthung gefunden hat. Wenn derselbe auch negativer Natur ist, so wirtt er doch Lieht auf das Verhalten des Mesopodiums der Stegocephalen, deren ungeheure Bedeutung für die Stammesgeschichte der Amphibien und Sauropsiden niemand mehr bezweifelt. Nach den iibereinstimmenden Angaben von Cxepxer und Frirsch, auf deren schöne Darstellungen ich verweise, war der Carpus und Tarsus vieler Ver- treter dieser Thiergruppe vollständig knorpelig. So zeiet es Frersen bei Branchiosaurus salamandroides (Fauna der Gas- kohle I, 1. Taf. 5), Limnerpeton obtusatum (I, 3. Taf. 35), Amphibamus orandiceps (I, 2. pag. 93), Melanerpton pulcherrinum (I, 2. Taf.14) u. a. Die Erscheinung, dass bei allen diesen Formen sich keine Knochenmassen im Bereich des Mesopodiums erhalten haben, kann nicht anders gedeutet werden, als dass hier eben keine solchen bestanden haben; sind doch alle übrigen, zum Theil sehr geringen Knochenmassen an den Actinalien und Phalangen auf’s Beste kon- servirt. So sagt auch Urepser von Branchiosaurus ausdrücklich, dass die Hand- 97] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 355 wurzel vollständig knorpelig war. „Aus diesem Grunde entspricht ihr, überall wo einigermaassen erhaltene Vorderextremitäten vorliegen, ein Zwischenraum von etwa 2 mm Länge zwischen Fingern und Carpalende der Unterarmes.* Dasselbe gilt vom Tarsus. (Zeitschr. der deutschen geol. Ges. XXXIII, pag. 323.) Diese Beispiele werden genügen, um die rem knorpelige Beschaftenheit des Uarpus und Tarsus in einer gar nicht so sehr weit zurückliegenden Vorfahrenperiode der Landwirbelthiere darzuthun. Freilich können wir uns an diesen Objekten kein Urtheil bilden über die Beschaffenheit dieser Knorpelmasse im Emzelmen. Es könnten ja die späteren Knochen des Mesopodiums bereits vollständig in knorpeliger Materie von emander gesondert aufgetreten. sein. Ich wollte aber eine vollständig kontinuirliche Knorpel- masse als Ausgangspunkt darthun. In dieser Hinsicht ergänzen die ontogenetischen Untersuchungen Srrasser’s in ausgezeichneter Weise die paläontologischen Urkunden. Bezüglich des Carpus möchte ich den Angaben Srrasser’s vor denen GorrteE's den Vorzug geben. Letzterer lässt von vornherein den Carpus in Form emzelner Knorpelsäulen hervorwachsen, welche von einander ganz getrennt sein sollten. Srrasser aber konnte vermittelst einer sehr empfindlichen Färbemethode, durch welche auch ganz geringe Spuren von Knorpelsubstanz sich nachweisen liessen, den Nachweis erbringen, dass sich zwischen diesen Knorpelsäulen noch ein zartes Netzwerk von Knorpelgrund- substanz befindet; er kommt daher mit Recht zur Annahme einer vollständig kon- tinuirlichen Knorpelanlage von Carpus und Tarsus und betont die darm sich aus- prägende Aechnlichkeit mit einer Flosse, in welcher eine kontinuirliche, von Gefässlücken durcehbohrte Gewebsplatte bestand. Schöner kann die Beziehung der Urodelen-Ontogenese zu einem Urossopterygierstadium gar nicht dargethan werden. In dieser Masse haben sich erst allmählich die einzelnen Theile des Carpus und Tarsus von einander gesondert, wobei den Gefässen eine gewisse leitende Rolle zuzukommen scheint. Die Ausprägung der Skeletstücke in jene Reihen, welche bei den früheren (Gliedmassentheorien eine so grosse Rolle spielten, tritt m früheren Stadien weniger deutlich hervor als später. Mit der Annahme, dass erst allmählich und ziemlich spät sich im Carpus und Tarsus jene Differenzirungen vollzogen haben, welche den typischen Befund der Meso- podiumknochen liefern, stimmt auch das Verhalten derselben in späteren Zuständen sehr gut überein. Abgesehen von der grossen Neigung der einzelnen Stücke, mit einander zu verschmelzen, während derartige Veremigungen zwischen Carpus und den angrenzenden Theilen nicht vorzukommen pflegen — eine Erscheinung, welche wohl als eine Art Rückkehr zu dem schon vorher einmal vorhandenen Zustand aufzufassen sein dürfte, ist es die grosse Inkonstanz der Zahl der Carpalien und Tarsalien, welche sich nun leicht erklärt. Namentlich die Erschemung einer sekundären Ver- mehrung der Carpalien (Fürsrıseer) stimmt viel besser mit der Annahme einer all- 45* 356 HERMANN KLAATSCH 198 mählichen Sonderung dieser Skeletstücke aus gemeinsamer Anlage überein, als mit der Auffassung eines jeden dieser Knochen als ganz primitiver Bildungen. Ich kann daher auch den auf die Duplieität der Centrale sich gründenden Anschauungen keine unbedingte Bedeutung zuerkennen. Wir kommen zum letzten Abschnitt der Gliedmasse. Die im Bereiche der Epactinalia vollzogenen Aenderungen mochte ich ebenso wie die Frage der Umge- staltung des Dermaltheiles nicht ausführlicher behandeln. Dass hier bedeutende Ver- änderungen mit der Aenderung des Aufenthaltes von Wasser zu Land sich vollziehen mussten, liest auf der Hand. Niemand aber wird aus der Unmöglichkeit, diese Dinge im Eimzelnen zu verfolgen, emen Einwand gegen die Richtigkeit unserer ganzen Theorie gestalten wollen. Auf diesen Punkt, sowie auf die funktionelle Seite aller bisher behandelten Umgestaltungen werde ich im Schlusskapitel noch zurückkommen. Wir besnügen uns also, zu konstatiren, dass von den Actmalien aus sich eine reichere Knorpelproliferation vollzogen hat, welche wie bei den Urossopterygiern die (manchmal doppelten) Epactinalien, so bei den Landwirbelthieren die knorpelige Grund- lage der Phalangen hat hervorgehen lassen. Viel wichtiger sind die Veränderungen, welche die Actinalia erfahren haben miissen. Freilich bezüglich der ganzen Formation dieser Theile und ihrer Anord- nung zu distalen überwiegen, wie wir gesehen haben, die Ueberemstimmungen weit die Ditferenzen. Die bedeutende Grössendifferenz der Metacarpalien und Metatarsalien von den Gliedern des Zeugopodium, welche wir in der höheren Abtheilung auftreten sehen, erweist sich von mehr als einer Seite her als eine ganz sekundäre Erscheinung. Wir konnten bei den Crossopterygiern die allmählich zunehmende Differenz zwischen Margimalien und Actinalien nachweisen. Polypterus bot die niedere, Cala- moichthys die weiter entwickelten Zustände dar. Der Unterschied wird schliesslich sehr bedeutend. Selbst wenn wir berücksichtigen, dass die Marginalien in Verglei- chung mit den Landwirbelthieren nicht genau dem Zeugopodium entsprechen, so ist dennoch die Verschiedenheit der Länge der betreffenden Skelettheile relativ viel grösser ? als bei den niedersten Cheiropterygiern. Bei vielen Amphibien und Stegocephalen sind die Metacarpalien resp. Metatarsalien gar nicht sehr viel kürzer als die Knochen des Zeugopodiums. Wichtiger ist die Verschiedenheit der Zahl und der Anordnung. Was zunächst die Zahl betriftt, so ist sie schon bei den Urossopterygiern keine fest bestimmte. Bei Polypterus ist sie grösser als bei Calamoichthys. Wie m so vielen anderen Punkten bezeichnete letztere Form das spätere Stadium emes Umbil- dungsprozesses, der sich am ÜUrossopterygiun vollzog, und den ich bereits im deskrip- tiven Theil in seme weiteren Konsequenzen verfolgt habe. Indem ich dies auch be- züglich der Actinalia that, gelangte ich ganz naturgemäss zu einem Zustande, wo nur noch wenige Strahlen dem Rand des Mesopterygium resp. nunmehr Mesopodium ansitzen; aber für diese wurde noch die alte Art der Vertheilung und Anordnung in Pro- und Metactinalia angenommen. Sehen wir zu, imwieweit sich hieran die Cheiro- pterygier anreihen lassen. Ist meine ganze Theorie richtig, so muss die Axe des Uheiropterygium in der Nähe des Radialrandes durch Zeugo- und Mesopodium gehen. 99] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 357 Am Stylopodium kann man insofern nicht von der Axe sprechen, als dasselbe aus Theilen hervorging, welche im Urzustande nicht in der Axenregion lagen. Wir haben es hier vielmehr mit Theilen von Strahlen zu thun, und dasselbe gilt vom Zeugopodium. Auch im den weiter distalen Theilen kann es sich meines Erachtens nur darum handeln, die Gegend nachzuweisen, welche der Axenlinie des Urosso- pterygiums entspricht. Die früher gestellte Forderung, dass solche Axe stets durch Skelettheile markirt sein müsse, scheint mir ungerechtfertigt, da dies Postulat nicht einmal für den proximalen Theil des Orossopterygium erfüllt werden kann. Dass ich auch am Carpus und Tarsus der Axe keine Bedeutung für die Anordnung der ein- zelnen Knochenstücke anerkenne, geht aus dem Früheren hervor. In diesem Punkte stimme ich mit Every überem, und ich werde im nächsten Kapitel versuchen, Licht zu verbreiten über die regelmässige Anordnung der Mesopodialknochen in Reihen, welche in der früheren Gliedmassentheorie eine so wichtige holle spielte. Praktisch wichtig scheint mir die Axenfrage nur für den Theil der Extremität zu sem, wo wirklich noch Strahlen intakt erhalten sind und sich in bestimmter Weise gruppiren. An der Stellung der Finger können wir einen neuen Prüfstein für die Richtigkeit der ganzen Lehre finden. In dieser Hinsicht bleibt denn auch die schönste Bestätigung nicht aus. Die Besonderheit des metapodialen Randes auch im Bereich der Actinalien ist eine so weit verbreitete Erscheinung, dass es gestattet ist, sie als ein Attribut des Urzustandes anzusehen. Schon bei den Amphibien, soweit sie primitive Zustände sich bewahrt haben und in allen Abtheilungen, welche die maximale Fingerzahl besitzen, sehen wir eine verschiedene Stellung der Finger zur Längsaxe der Gliedmasse. Der I. Finger nimmt eine Sonderstellung ein gegen- über den vier anderen. Der erste geht schräg metapodial, die anderen in schräg propodialer Richtung ab. In der Oppositionsfähigkeit des I. Fingers wird dieser pri- mitive Zustand weiter ausgenutzt. Den 1. Finger beziehe ich auf die Metaetinalien, hingegen 1l., III, IV. und V. Finger auf die Proaetinalien. Die Axe muss nach den Urossopterygierbefunden in der Gegend des Il. Fingers durchgehen. Darin hat Gorrre nahezu das Richtige getroffen, nur dass ich den proximalen Theil der von ihm konstruirten Axe nicht anerkenne, und dass ich es falsch finde, die Axe nothwendigerweise durcli einen Finger selbst legen zu wollen. Aber in der Erkenntniss der Gegend der Axe ist GoETTE weiter gekommen als GEGENBAUR und Huxrer. Während das Zahlenverhältniss der Pro- und Metactinalia zu einander am Uheiropterygium im Allgemeinen mit dem am Crossopterygium übereinstimmt, ist die absolute Zahl derselben bei beiden Objekten sehr verschieden. Die Reduktion der Actinalia ist jedoch sehr leicht zu deuten. Es wurde bei Calamoichthys sehr wahr- schemlich gemacht, dass eine rein sekundäre Vermehrung der Proactinalien statt haben kann, indem solche von distalen Epiphysen der bereits früher vom Mesoptery- gium aus entstandenen Actinalien sich entwickeln. Auch an den Metactinalien konnten wir das verfolgen. Beide Urossopterygier haben zwei Metactinalien. Wir brauchen uns nur zu denken, dass die Entfaltung des mehr am Rande gelegenen 358 HERMANN KLAATScH [100 unterbleibt (und bei Calamoichthys vollzieht sie sich sehr spät), so erhalten wir das Metactinale des Cheiropterygium. Dieselbe Vorstellung wird für die Proaetinalien keine Schwierigkeit haben. In ähnlicher Weise fasst auch Emery die allmähliche Reduktion der Actinalien auf „nella evoluzione che ha trasformato il erossopterigio in‘ chiropterygia“. Er betont, dass diese Reduktion nicht „dagli extremi della serie, ne per elimmazione di dleterminati raggi, ma per formazione di un numero diverso e successivamente mimore di raggi, nell’ ontogenesi delle singole forme della serie filetiea*, erfolgt sei (pag. 28). Die Verschiedenheit der Zahl der Actinalien kann somit die Vergleichbarkeit von Urossopterygium und Cheiropterygium nicht stören. Diese Verschiedenheit wird noch verringert durch das gegenseitige Zahlenverhältniss im den beiden Gruppen der Actinalien, insofern die Proactinalien bei Weitem überwiegen. Die Beschränkung der Actinalien auf die Fünf-Zahl muss emen relativ sehr alten Zustand bedeuten. Ueber den Faktor, der gerade diese Zahl bestimmte, können wir vorläufig nichts Bestimmtes aussagen. Eine andere Frage aber wird durch diese Beziehungen des ÜUrossopterygium zum Cheiropterygium beleuchtet, nämlich die Frage nach dem Wesen des Praepollex, Praehallux und Postminimum. Wir wollen diese Frage im folgenden Kapitel erörtern, hier aber missen wir die Thatsachen vorführen, die für dieselbe von Bedeutung sind. Von den Skelettheilen des Crossopterygiums haben wir zwei noch nicht auf entsprechende des Cheiropterygiums bezogen. Ich meine die beiden Epimarginalia. Dass sie den Aectinalien nicht gleichwerthig sind, habe ich oben gezeigt. Wir können daher nicht erwarten, sie als Finger an der Landeliedmasse anzutreffen. Ihnen können höchstens fingerähnliche Theile entsprechen, so gut die Epimarginalien den Actinalien in ihrer ganzen Konfiguration ähnlich sind. Fragen wir uns, wo die betreffenden Stücke werden liegen müssen, so ergiebt es sich, dass sie den Rand des Oheiropterygiums einnehmen werden, wobei sie ihre Beziehung zu Pro- und Meta- podium bewahren werden. Diese Voraussetzungen trefien in der That auf das Beste zu. Die gesuchten Skelettheile sind da, sie waren jedoch bisher durchaus unverständlich. Nun sind sie mit einem Schlage nicht nur begreiflich, sondern sie bilden einen nothwendigen Theil der Extremität. Es sind jene kleinen Skeletbildungen, die als Pisiforme, Radiale externum (radiales Sesambein) die Grundlage der Theorie von Praepollex, Praehallux und Postminium geliefert haben. Das Verdienst, diese Konsequenz aus der Vergleichung des Crossopterygiums und Cheiropterygiums gezogen zu haben, gebührt Emery. Er sagt: „Dopo ciö la questione tanto dibattuta del prepollice e dell prealluce prende un nuovo aspetto.“ — Gegen die wesentliche Uebereinstimmung dieser Skeletstücke miteinander, wie sie sich dureh die Lagebeziehungen ausdrückt, treten die Differenzen im Einzelnen in den Hintergrund. Damit wäre denn die Vergleichung der beiden Objekte bezüglich des Skelets vollständig durchgeführt, mit dem Erfolg, dass kein einziger Punkt im Unklaren 101] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 359 gelassen werden musste. Die grossen Verschiedenheiten beider Objekte sind keme derartigen, dass sie eine Vergleichung unmöglich machten, im Gegentheil, sie geben uns den besten Hinweis auf die Geschichte der Extremität, die wir im Schlusskapitel noch in übersichtlicher Weise behandeln wollen. Hier, wo nur die Gegenüber- we ee a. u v2 Mta,y------ Mta m W ar b =-Zpm.p Epm mt:-—-- } } “ % ) / > Ve Epm.mt.-—- Ü) \ u 4 n Y Nee A nAckp | zu | | L NG „Epa | Be Act.m. f ( I) Ar | U Fig. 31. Fig. 32. Schema des Crossopterygium. Bezeiehnungen wie auf den Schema des Cheiropterygium. Sty. Stylopodium, Meta, Meta- Tafeln. podium. Pr. Propodium. Epa. Phalangen. Act. Acti- nalia. Epm. mt. Praepollex. Epm. p. Pisiforme. stellung der Befunde zu ihrem Recht kommen soll, ist es angezeigt, durch beifolgende Tabelle und schematische Figur die Homologie der einzelnen Theile auszudrücken: Urossopterygium. Cheiropterygium. Processus Styloides. Stylopodium (Humerus), Propterygium (minus Proc. Styl.). Propodium (Ulna). Metapterygium (minus Proc. Styl.). Metapodium (Radius). Mesopterygium. Mesopodium (Carpus). Actinalia. Actinalia (Metacarpus). Epactinalia. Phalangen. Epimarginale propteryeiale. Pisiforme (Postminium). Epimarginale metapteryeiale. Radiale exsternum (Praeplloex). 360 HERMANN KLAATSCH 1102 C. Nerven und Muskeln. Die Muskeln und Nerven des Cheiropterygiums sind bisher bei den Glied- massentheorien sehr wenig berücksichtigt worden; speziell eme Vergleichung der- selben mit denen des Crossopterygiums ist bisher nicht angestellt worden. Enmery bringt hierüber nichts vor und Porrarp, obwohl er die betreffenden Theile bei Poly- pterus ganz kurz beschreibt, vergleicht doch nur das Skelett mit dem der Land- wirbelthiere. — Die Vergleichung der Weichtheile bei soweit auseinanderstehenden Formen ist auch viel schwieriger als die des Skelets. Man muss dabei immer im Auge behalten, was von Ergebnissen im dieser Hinsicht überhaupt erwartet werden kann. Diese Schwierigkeiten sind bei der Muskulatur noch grösser als bei den Nerven; denn bei der ersteren wird die durch die verschiedene Funktion bedingte Differenz sich ganz besonders deutlich ausprägen müssen. Da wir aber gezeigt haben, dass nähere Beziehungen zwischen Urosso- und Cheiropterygium bestehen, so dirfen wir auch vor diesem Theil der Aufgabe nicht zurückschrecken. Ich besinne mit den Nerven. Die Vergleichung der Nerven vom Urossopterygium und Cheiropterygium wird für letzteres den, Urzustand des Plexus brachialis heranzuziehen haben, wie ich ihn im vorigen Kapitel entwickelt habe: Eime geringe Anzahl —- vier bis fünf — der ventralen Aeste vorderer Spinalnerven verbindet sich durch Ansae und zieht zur freien Gliedmasse, zum Theil den Knorpel des Schultergürtels durchsetzend. Aus diesem Plexus gehen Aeste hervor, die sich in zwei Schichten sondern lassen. Auf diese beiden lassen sich die Fürsrmeur'schen Gruppen (Nervi thoraciei et brach. sup. — Nervi thorac. et brach. inf.) reduziren. Es werden also Nerven zur lateralen und zur medialen Fläche der Gliedmasse zu unterscheiden sein. Bezüglich der peripherischen Verbreitung konnten wir emiges als typisch hin- stellen: so die Vertheilung in oberflächliche und tiefere Bahnen zu entsprechenden Muskelschichten. Ueber den Verlauf der lateralen und medialen Nerven lässt sich nur wenıg ganz allgemein Gültiges aussagen. Wenn wir vordere und hintere Gliedmassen berücksichtigten, fanden wir emige immer wiederkehrende Momente ungeachtet der sonstigen Differenzen. Für die medialen Nerven oder Beugenerven bei den höheren Wirbelthieren ergab sich die Tendenz einer Sonderung derselben an der vorderen Extremität in einen mittleren Stamm (Medianus), emen radialen Randstamm (Mus- culo-cutaneus) und einen ulnaren Stamm (Ulnaris).. Obwohl diese Sonderung bei höheren Vertebraten besser ausgeprägt ist, als bei niederen, muss die Möglichkeit einer tieferen Begründung derselben in primitiven Zuständen oftengelassen werden. Von den die Streeknerven betreffenden Punkten erscheint der Uebertritt eines solchen über den dorsalen Rand (Radialis — Cruralis — Peroneus) als eine auffallende, immer wieder ausgeprägte Erscheinung. 103] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER, 561 Damit sind nur emige Grundzüge skizzirt, mit denen die Vergleichung zu rechnen hat. Wir dürfen keine weitgehende Uebereimstimmung zwischen den Arm- nerven eines Amphibiums und den Flossen-Nerven des Polypterus erwarten. Es fragt sich nur, ob die Zustände der letzteren sich der Vergleichung mit ersteren darin fügen, dass die bestehenden Differenzen eine Erklärung ohne Schwierigkeit zulassen. Es dürfen keine Differenzen bestehen, die von vornherein jegliche Ableitung von gemeinsamer Basis unmöglich machen. Dies ist auch nicht der Fall. Die Verhält- nisse des Polypterus bezüglich dieser Nerven sind zwar recht verschieden von denen der Landwirbelthiere, aber diese Verschiedenheiten sind gerade von grossem Werthe, weil sie den primitiven Charakter unseres Objektes auf’s Deutlichste dokumentiren. Von einem Plexus können wir allerdings kaum sprechen, und gerade dieses Factum ist wichtig. Vier (vielleicht manchmal fünf — Porrarp) Nerven sind es, die zur Gliedmasse treten, darın besteht eine fundamentale Uebereinstimmung, aber nur zwei verbinden sich miteinander — darin besteht die Differenz. Die Plexusbildung ist hier erst im Beginne, und dies steht im schönsten Einklang mit der Lagerung der ganzen Gliedmasse. Wir werden durch die Thatsachen veranlasst, der Plexus-Frage em wenig näher zu treten; denn wie ich glaube, smd die hier vorgelegten Facta von einer gewissen Bedeutung für dies Problem. Durch die Vergleichung der Urossopterygium- Nerven mit denen des Cheiropterygium werde ich zu ähnlichen Anschauungen gedrängt, wie sie GEGENBaur im Anschluss an eine der schönen Davivorr'schen Extremitäten- Arbeiten geäussert hat (Morphol. Jahrb. V). Indem Geeexgaur mit Recht das Ungenügende früherer Erklärungsversuche der Plexusbildungen betont, sagt er (pag. 525): „Die Plexusse an sich blieben unverständlich, wenn man sie nicht rein teleologisch erklären wollte. Was sie hervorrief, konnte nicht durch das Experiment am schon Vorhandenen gefunden werden. Dieses vermag wohl die gegebenen Zustände aufzuklären, aber nicht die Kausal- momente des Zustandekommens derselben zu enthüllen. In der Wanderung der Glied- massen liest nun ein solches Kausalmoment für die Plexusbildung und durch von Davr- DOFF ist deren Entstehung dargethan worden (pag. 467, 484). Es wird uns in der Bildung eines N. collector die erste Stufe gezeigt, an die andere sich anreihen (vergl. Davınorr, Taf. XXXI, Fig. 27). Wenn wir diese Befunde nur aus stattgefundener Lage- veränderung der Hintergliedmasse sammt ihrer, eben von jenen Nerven versorgten Muskulatur zu verstehen vermögen, so gilt das auch für die betreffenden Geflechte der höheren Wirbelthiere. Die hier bestehende Weiterbildung ist eine Difterenzirung, die sich aus der an der Muskulatur vorgegangenen Ditferenzirung ableiten lässt. Die Be- ziehung der einfacheren Geflechte der Selachier und Ganoiden zur Gliedmasse ist auch an der ziemlich distal von der Austrittstelle vorhandenen Verbindung der bezüglichen Nerven ausgedrückt. Auch darin liegt ein niederer Zustand, der allmählich einem andern weicht, in welchem die Nervenverbindungen näher gegen die Austrittstelle emporrücken.“ Wenden wir diese Betrachtungen auf unseren speziellen Fall an, so werden wir in erster Linie die ausserordentlich primitive Bedeutung des Poly- pterus-Befundes zu konstatiren haben. Festschrift für Gerenbanr. 46 362 HERMANN KLAATSCH [104 Hier liegen noch viel einfachere Zustände vor, als die von GEGENBAUR heran- gezogenen es sind, ja wir dürfen vielleicht die Sachlage so auffassen, dass hier ein erster Beginn der Plexusbildung vorliegt; dieser nun kann sehr wohl durch Lage- verschiebungen erklärt werden. Sind es doch gerade die vorderen Nerven, welche durch eine solche in erster Linie beeinflusst werden mussten. Die ganze Frage ist jedoch eine so schwierige und komplizirte, dass es äusserst schwer ist, sich eine genauere Vorstellung von dem Hersang der Plexus-Bildung zu machen. Dass die anfangs mehr distale Aneinanderlagerung der Nervenstiämme ein primitiver Zustand sei, aus dem die mehr proximale Verbindung resultirte, wiirde mit unseren Befunden ganz gut übereinstimmen, insofern zwischen II. und II. Nerven beim jungen Calamoichthys solche Ausbildungen sich fanden, während proximale Beziehungen fehlten. Andererseits kann ich nicht verhehlen, dass mir die Vorstellung solcher Verschiebung einige Schwierigkeiten bereitet. Solange aber keine bessere Erklärung vorgebracht wird, muss dieselbe acceptirt werden. Angesichts der Lagerung der Nerven, ihres so typischen Verlaufs zu den Rän- dern und der Mitte der Gliedmasse konnte ich mich des Gedankens nicht erwehren, ob nicht vielleicht auch die Aenderung der Gliedmassenstellung einige Bedeutung für die Ausbildung des Plexus haben könnte. Ich möchte aber diese Hypothese nur ganz vorsichtig andeuten. In der ursprünglichen Haltung laufen die grossen Nerven- stimme einander annähernd parallel, je weiter dorsal ein Theil der Flosse, von um so weiter kranial entspringenden Nerven wird er versorgt. Geht aber aus dieser Haltung jene andere hervor, welche für die Landglielmasse charakteristisch ist, so muss eine Ueberkreuzung der Nervenstämme eintreten. Dies sieht man ja schon an der auf der Fig. 11 künstlich hergestellten Supmationslage. Wird nun die neue Haltung zur Regel, wächst ferner gerade der Stieltheil der ganzen Extremität zu bedeutender Länge heran, so möchte es mir nicht ganz unmög- lich erschemen, dass sich eime nähere lokale Beziehung der grossen Nervenstämme zu einander entwickelt — denn auch beim Plexus handelt es sich doch nur um eine Aneinanderlagerung der Nervenstämme. Damit möchte ich aber nur in ganz beiläufiger Andeutung etwas geäussert haben, von dem ich mir wohl bewusst bin, dass es erst durch weitere Untersuchungen gestützt werden muss. Für uns kommt es auch nur darauf an, den primitiven Charakter des Crosso- pterygierbefundes zu beleuchten. Dieser tritt auch recht schön hervor, wenn wir die interessanten Arbeiten von Bor heranziehen. Bekanntlich hat dieser Autor bei höheren Formen die Beziehungen von Skelet, Muskulatur und Nerven in vorzüglicher Weise dargethan und die Sonderung der einzelnen Segmente selbst in den verwickelten Zu- ständen des Menschen erwiesen. Er hat dadurch auch die Möglichkeit gegeben, in manchen Punkten die Urzustände zu ergründen, von denen sich die Befunde bei Höhern werden ableiten lassen. Mit seinen Anschauungen dürften die Urossopterygier- befunde recht wohl sich vereinigen lassen. Die Sonderung der Nerven, die strenge 105] BRUSTFLOSSE DER ÜÖROSSOPTERYGIER, 363 Aufeimanderfolge ihrer Gebiete — dies sind eigentlich gerade solche Urzustände, wie sie fiir die Aufstellung der „Sclerozonen“ em Postulat darstellen. Dieses Ergebniss stimmt gut mit den vom Skelet gewonnenen Resultaten. Je primitiver der Crossopterygierbefund, um so mehr wird die Vorstellung erleichtert, dass das Cheiropterygium von emer ihm verwandten Flossenform sich herleiten lässt. Dass nun die Nerven so sehr einfach sich verhalten, wirft Licht auf das Wesen des Urossopterygium selbst, und, indem es die niedere Stellung desselben bekräftigt, be- seitigt es den Einwand, dass man etwa den Cheiropterygiumplexus von dort her nicht ableiten könnte. Was nun die periphere Ausbreitung der Nerven betrifft, so kann deren Ver- eleichung naturgemäss nur unter Berücksichtigung der abweichenden Zustände des Plexus geschehen. Nerven, welche bei den ÜUrossopterygiern getrennt zur Flosse treten, miissen wir uns zu grossen Stämmen zusammengeschlossen denken. Alsdann gelangen wir zur Aufstellung der folgenden Vergleichungspunkte: Die Nervi brachiales et thoracici inferiores sind repräsentirt durch die Rami mediales der Nervi pterygiales, während das Homologon der Nervi thoraciei et bra- chiales superiores in den Rami laterales der Nervi pterygiales gegeben ist. ‚Jede dieser Gruppen gliedert sich im oberflächliche und tiefe Zweige, wie die entsprechenden bei höheren Wirbelthieren zu den betrettenden Muskelschichten. Von den den „Beugenerven‘“ entsprechenden Stämmen konnten wir drei unter- scheiden: Die Aeste der Nervi pro-, meso- und metapterygialis. Versuchen wir für diese noch eine genauere Vergleichung mit höheren Zuständen, so ergiebt sich eine recht deutliche Parallele fir den Ast des N. mesopterygialis mit dem Hauptstamm der Beugenerven bei Amphibien, den wir dem Medianus höherer Wirbelthiere ver- gleichen dürfen. Bei manchen Amphibien besetzt er eine ähnliche Beziehung zu dem „N. supracoracoideus‘‘ — wie sich das für Polypterus ergab. Das Homologon des Nervus propterygialis ist in der gemeinsamen Beugenervenmasse der Amphibien zu suchen, während der betreffende Ast des N. metapterygialis zum Theil im N. coraco- brachialis sein Homologon finden dürfte. „Jedenfalls tritt hierbei eine viel schärfere Sonderung der Gebiete hervor, als bei den niederen Landwirbelthieren, und man wird an die Erscheinung bei höheren Thiergruppen erinnert. Von den Strecknerven der Urossopterygier erinnert der laterale Ast des N. pro- pterygialis in manchen Punkten an die entsprechenden Bildungen bei Cheiropterygiern. Er geht über den dorsalen (propterygialen) Rand der Gliedmasse zur lateralen Fläche in ähnlicher Weise, wie das der Radialis der Landwirbelthiere thut. In diesem Ueber- tritt iiber den betreffenden propodialen Rand ähnelt er auch dem Nervus peroneus. Bedeutende Abweichungen bietet der andere Strecknerv, der Nervus supra- coracoideus, der laterale Ast des Nervus mesopterygialis, dar. Wohl finden wir dem- selben entsprechende Aeste bei den Landwirbelthieren z. Th. durch den Schultergürtel hindurchtretend, aber niemals reicht ihr Gebiet soweit distal. Wir dürfen in dieser Verschiedenheit keinen, die Vergleichung der übrigen Punkte beemträchtigenden 46* 364 HERMANN KLAATSCH [106 € Umstand erblieken, sondern nur als Ausdruck dafür, dass eben auf dem Wege von Flosse zu Landgliedmasse auch in der Nervenverbreitung bedeutende Veränderungen eingetreten sind. Dies kann aber nicht weiter wunderbar erscheinen, da wir ja selbst bei den Landwirbelthieren die grössten Verschiedenheiten in solchen Punkten finden. Wir streifen damit die Frage nach der Umwandlung der Nervenplexus und die wichtige damit zusammenhängende Lehre von der Homologie der Muskeltheile auf Grund ihrer Innervation. Diese Lehre ist bekanntlich durch FürsrınGer im der hervorragendsten Weise gefördert, ja eigentlich erst durch ihn geschaffen worden. Durch die Berücksichtigung der Innervation wurde- erst eine wissenschaftliche Mvologie möglich gemacht. Es liegt mir hier völlig fern, in eine Diskussion über diejenigen Punkte ein- zutreten, welche trotz der grossen, namentlich durch Fürsrıneer erzielten Errungen- schaften nicht aufgeklärt sind, oder dem Verständniss Schwierigkeit bereiten. Ich will mich hier nur insoweit damit auseinandersetzen, als es nothwendig erscheint, um die Art meiner Darstellung der uns hier speziell beschäftigenden Ver- hältnisse zu rechtfertigen und auch zu erklären, wesshalb ich den Ausdruck „homolog“ gebrauche in Fällen, welche nach Fürskıseer's Anschauungen dies nicht gestatten würden. Der schwierige Punkt, um den es sich handelt, ist die Vergleichung von Muskel- gruppen, welche bei zwei verschiedenen Thieren in ihrem allgemeinen Verhalten, ihrem Ursprung, Insertion, Verlauf der Fasern ete. übereinstimmen, welche aber von verschiedenen Nerven versorgt werden. Dürfen wir solche Muskeln für einander homolog erklären? Fürsringer würde nach seiner Auffassung dies für falsch erklären und er hat, um der offenbaren Vergleichbarkeit trotz der verschiedenen Materie gerecht zu werden, die Ausdrücke Parhomologie und imitatorische Homologie emgeführt. Ich stimme Fürsriseer vollständig darin bei, dass Nerv und Muskel zusammen- gehören, dass mit der Aenderung des einen auch der andere Modifikationen erfährt, und dass die Abweichung der Innervationen den Weg zeigen, auf welchem em Muskel sich umbildet. Alles dies verstehe ich vollständig und ich erkenne gern an, dass ein solcher in seiner Materie veränderter Muskel materiell dann ein anderer geworden ist, wenn er seine Innervation gänzlich verändert zeigt. Das Einzige, was mir hierbei zweifel- haft bleibt, ist, ob wirklich durch diese Veränderung die Homologie aufgehoben worden ist, mit anderen Worten, ob wir genöthiget sind, im einer solchen rigorosen Weise den Ausdruck der Homologie nur für solche Organe und Organtheile beizu- behalten, für welehe die Uebereinstimmung des Substrates ganz sicher gewährleistet ist. Zwei Punkte sind es, welche es mir erschweren, mich unbedingt der Fürgrınger- schen Auffassung anzuschliessen. Zunächst die Konsequenz derselben, welche nichts anderes besagt, als dass die im Uebrigen ganz übereinstimmenden Muskeln zweier Individuen einer Species nur desshalb einander nicht homolog sein soll, weil sie aus verschiedenen Quellen ihre 107] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 365 Nerven beziehen. Müssen wir nicht mit der Möglichkeit rechnen, dass bei einem und demselben Individuum eine solche materielle Umwandlung eines Muskels sich vollziehen kann? An der Muskulatur der menschlichen Hand möchte Derartiges wohl möglich sein. Wenn dies aber der Fall ist, sind wir wirklich genöthigt, eime solche enge Fassung der Homologie beizubehalten? Ist es wirklich gerechtfertigt, von solchen Betrachtungen aus die Extensoren an Hand und Fuss in ihrer Homodynamie anzu- zweifeln? Ich muss often bekennen, dass ich mich sehr schwer zu einer solehen An- sicht bekennen kann. Ich habe vielmehr den Eindruck, als sei ein an sich äusserst wichtiges Moment der Muskelvergleichung ein wenig überschätzt worden, und was ursprünglich em Förderungsmittel auf dem Weoe der Erkenntniss war, könnte viel- leicht zu einem Hemmniss werden. Sehen wir doch auch — und damit komme ich auf den zweiten Punkt — an anderen Theilen und Organen Umwandlungen des materiellen Substrates sich voll- ziehen, welche uns nicht im geringsten stören, eme Homologie der betreffenden Theile anzunehmen, vor allem mit diesem Ausdruck die betreffende Beziehung zu bezeichnen — und gerade darum handelt es sich ja. Wir bezeichnen einen Humerus in gleicher Weise, mag er sich in der Periode vollständiger homogener, knorpeliger Beschaften- heit befinden, oder mag er durch die Ossifikation nahezu vollständig seines früheren Materials beraubt worden sem. Wir nehmen auch keinen Anstoss daran, dass die Knochen bereits in ihrer fertigen Beschaffenheit einem Umwandlungsprozess unterliegen. Hier liegen diese Veränderungen besonders klar zu Tage; an vielen anderen Theilen würden sie vielleicht ebenfalls den Begriff der Homologie stören können, wenn sie deutlich und vor allem durch makroskopische Veränderungen sich dokumentirten. Im Prinzip aber kann ich in den Verschiedenheiten der Muskeln nichts Anderes erkennen, als das, was uns auch jene anderen Organe zeigen, nämlich die Spuren eines be- ständig sich vollziehenden Umwandlungsprozesses. Schliesslich dürfte die ganze Diskussion auf die Frage hinauslaufen, innerhalb welcher Grenzen man ein organisches Gebilde noch als dasselbe ansehen darf. 3ezüglich unseres speziellen Objektes möchte ich durch diese Ausführungen nur die Berechtigung erkämpfen, Muskelmassen für einander homolog zu halten, welche in fundamentalen Punkten, wie Lage zur Gliedmasse, Ursprung, Insertion, Faserverlauf mit einander übereinstimmen, ohne dass dabei in jedem Falle die Inner- vation als Ausschlag gebendes Moment herangezogen wird. Bei einer Vergleichung der Muskulatur von ÜUrossopterygium und Cheiro- pterygium kann es sich nur um ganz allgemeine Punkte handeln. Ich habe schon vorhin darauf hingewiesen, dass in keinem anderen Organsystem die rein funktionelle Differenz sich deutlicher wird markiren können; ausserdem haben wir durch das Verhalten der Nerven die überaus primitive Beschaftenheit des Crossopterygiums kennen gelernt und dürfen uns daher nicht verwundern, auch in der Muskulatur ganz indifferenten Einrichtungen zu begegnen. Im speziellen Theil habe ich dies näher ausgeführt und gezeigt, dass wohl charakterisirte Muskel-Individuen fast noch gar nicht vorhanden sind. 366 HERMANN KLAATSCH [108 Es wird sich vor allem darum handeln, ob die ganze Anordnung der Crosso- pterygium-Muskulatur sich als eime solche darstellt, dass wir uns von ihr aus den Zustand der Cheiropterygium-Muskeln entwickelt denken können, und ob diese Beziehung der Weichtheile beider Objekte mit den am Skelet gewonnenen Ergeb- nissen harmonirt. Den speziellen Nachweis einzelner Muskel-Homologien wird man erst in zweiter Linie erwarten dürfen. Getreu dem bisherigen Vorgehen wollen wir auch hier zunächst einmal die ganz grob zu Tage tretenden Uebereinstimmungen der beiden Objekte hervorheben. Solehe sind vorhanden und zwar in mehreren Punkten. Vor allem zeigt sich der Grundplan der ganzen Anordnung der lateralen Flossenmuskulatur als der gleiche bei Crossopterygium und dem Urzustand des Cheiropterygiums. In beiden Fällen sehen wir die Scheidung der Muskulatur in einen proximalen und distalen Theil durchgeführt. Der proximale Theil umfasst Muskelmassen, welche vom Gürtel aus zu einer sehnigen Stelle — dem Septum — konvergiren, während die Fasern des distalen Theiles von hier aus zu den Actmalien divergiren. Diese ganz fundamentale Uebereinstimmung kann nieht genug betont werden. Sie bildet ein gemeinsames Attribut der beiden von uns verglichenen Extremitäten im Unterschied von allen anderen Flossenbildungen. Weder bei Selachiern, noch bei Dipnoern ergab sich Derartiges, wohl aber konnten wir zeigen, dass die Eigenart dieser Anordnung mit den am Skelet sich vollziehenden Umwandlungen in Beziehung steht. Hieraus ergiebt sich, dass wir die hinsichtlich des Skelets gewonnenen An- schauungen auch auf die Muskulatur ausdehnen dürfen. Im Cheiropterygium sehen wir dies Septum immer mit der Stelle des Glied- massenwinkels in enger lokaler Beziehung. Man könnte geneigt sein, daraus auf eine genetische Zusammengehörigkeit der beiden Bildungen zu schliessen. Nach dem Crossopterygierbefund muss dies sehr zweifelhaft sein: Das Septum ist eine uralte Bildung, welche schon vor der Existenz des Stylopodiums ausgebildet war. Mit der Ausprägung des Winkels gewann dasselbe jedoch Beziehungen zu dem letzteren. Daher treffen wir auch das Septum bei den Urossopterygiern relativ weit proximal gelegen. Die proximale Muskelmasse gewinnt erst mit der Ausbildung des Stylo- podiums eine grössere Entfaltung. Die Hauptmasse der Extremität ist durch den, dem Vorderarm plus Hand entsprechenden Theil repräsentirt, und dies spricht sich in der Muskulatur in gleicher Weise wie am Skelet aus. Die Extensoren-Masse stimmt in der ganzen Anordnung sowie in der Sonderung in oberflächlichem und tiefem Theil an beiden Objekten auf’s Schönste überein. Noch bei Formen, welche über den Amphibien stehen, prägt sich in dieser Muskel- masse der flossenähnliche Charakter aus. Ich erinnere an die Befunde bei Reptilien, namentlich bei Cheloniern. Bei Amphibien haben wir noch ganz primitive Zustände; aber schon hier tritt die Sonderung eines radialen Theiles der Extensorenmasse hervor, welche sich sogar mit den proximalen Muskeln in einer gleichen Lagebeziehung findet, wie dies bei Crossopterygiern der Fall ist, indem Theile des Anconeus ebenso wie bei Urosso- 109] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 367 pterygiern der Coracoseptalis jene distalen Muskelpartien mit freiem distalen Rande überdecken. Die proximale Muskelmasse lässt viel Gemeinsames erkennen. Vergleichen wir die Anconeus-Gruppe eines Amphibiums, so ergeben sich bis in Einzelheiten hinein (wie z. B. die Beziehung zum Coracoid) Aehnlichkeiten mit der bei Polypterus als Zonoseptalis unterschiedenen Muskelmasse (Zonopropterygialis lateralis, Coracosep- talis). Auch den Zonopropterygialis medialis werden wir hierherzuziehen haben. Eine fernere Uebereinstimmung beherrscht die Flexorengruppe. Schon Porzarp hat darauf hingewiesen, dass hier den Amphibien entsprechend die Sonderung in oberflächliche und tiefe Massen bereits bei Crossopterygiern eingetreten ist, Auch die Museuli interossei stellen einen gemeinsamen Besitz dar. Endlich möchte ich noch am metapterygialen Rande gewisse Parallelen kon- statiren. Das Homologon der als Biceps, Uoracobrachialis, Coracoradialis u. s. w. zusammengefassten Muskeln erblicke ich in dem wohlgesonderten Coraco-Metaptery- gialis der Crossopterygier, welcher in grosser Ausdehnung namentlich die distalen Partien des Metapterygium okkupirt. Die daneben existirenden Verschiedenheiten sind natürlich bedeutend. Sie kommen aber auch erst in zweiter Linie in Betracht, da es in erster Linie sich darum handelt, die Vergleichbarkeit der beiden Objekte zu begründen. Die Aufgabe nun auch im Speziellen darzustellen, wie sich allmählich die Muskulatur etwa der Am- phibien aus einem den Crossopterygiern ähnlichen Zustande entfaltet, kann hier gar nicht m extenso behandelt werden. Ist es doch klar, dass wir hierfür die Zustände der Amphibien selbst ganz ausführlich schildern müssten. Dies würde ein- mal den Rahmen dieser Arbeit weit überschreiten, und zweitens würde es nöthig werden, Resultate von Untersuchungen mitzutheilen, die an anderem Orte veröffent- lieht werden sollen. Ueber die Muskulatur der freien Gliedmasse bei den Landwirbelthieren sind wir durch die in der Litteratur niedergelegten Angaben keineswegs so gut unterrichtet, wie z. B. über diejenigen der Schulter, wo ja Fürsrıseer’s schöne Arbeiten ein aus- gezeichnetes Fundament geliefert. Hier aber sind es gerade distale Theile, mit denen wir rechnen müssen, und da besteht zwischen der Bearbeitung des Skelets und der Muskulatur eine weitgehende Ditferenz. Nicht einmal die Aufgabe, die Musku- latur der vorderen und hinteren Gliedmassen auf einen gemeinsamen Ausgangszustand zurückzuführen, ist bisher im auch nur einigermaassen befriedigender Weise in Angriff genommen, geschweige denn gelöst worden. Hier also eröffnet sich ein grosses Arbeits- feld. Für dieses — und ich bin mit der Bearbeitung desselben seit längerer Zeit beschäftigt — wird nach meinen bisherigen Erfahrungen die hier geleistete Arbeit eine gute Vorbereitung fir das Verständniss der ganzen Gliedmassenmuskulatur der Wirbelthiere liefern. Hier will ich nur einige Hauptdifferenzpunkte der erossopterygialen und chei- ropterygialen Muskulatur hervorheben, nur um den Weg anzudeuten, wie solche ver- 368 HERMANN KLAATSCH 110 ständlich gemacht werden können und um zu zeigen, dass aus ihnen keme triftigen Einwände gegen die ganze Lehre hervorgehen können. Es leuchtet ein, dass mit der Veränderung des Schultergürtels auch tiefgreifende Modifikationen der proximalen Flossenmuskulatur Hand in Hand gehen werden, und diese betreffen vorzugsweise die laterale Seite, auf welcher sich Theile des Zonosep- talis mit dorsalen, auch eaudalen Partien hin erstrecken. Beziehungen zur Rumpft- muskulatur bahnen sich an und kompliziren die einfachen Verhältnisse. Auch für die mediale Fläche gilt dies, wo aber nicht sowohl die eigentliche Flexoren -Masse als auch die metapterygiale Gruppe solche Beziehungen erwirbt. Ferner muss die Veränderung des Skelets der freien Gliedmassen von tief- greifenden Modifikationen der Muskulatur begleitet sein. Das Gleiche, was wir für die Phylogenese des Urzustandes der Cheiropterygialmuskulatur zeigen konnten, wird auch die meisten Komplikationen beherrschen. Je weiter distal, desto geringer wird die Wirkung dieser Komplikationen sein, und dies stimmt ja in ausgezeichneter Weise mit dem Verhalten des Skelets überein. Nur die Verschmälerung der ganzen Glied- massen, welche mit der distalen Verlagerung des Mesopodium einhergeht und die parallele Stellung der Zeugopodial-Knochen hervorgehen lässt, wird die Extensoren und Flexoren beeinflussen, deren oberflächliche Theile daher auch noch am aller- meisten den ursprünglichen Zustand wiederholen. Die tiefen werden zum Theil wenigstens weiter distal verlagert und erfahren bedeutendere Aenderungen der Ursprungs- und Faserverlaufs-Verhältnisse. Viel bedeutender werden die Veränderungen an den proximalen Theilen sein. Entfaltet sich doch hier em ganz neuer Skelet-Theil, das Stylopodium. Nieht nur eine Verlängerung und Verschmälerung der dasselbe iiberlagernden Muskelmassen, wie des Zenoseptalis wird die Folge sein, auch eine Aenderung der Ursprungsver- hältnisse distaler Muskelmassen wird dadurch herbeigeführt. Der neue Skelettheil gewinnt Beziehungen zu bindegewebigen Septen, welche schon früher als Ursprungs- stellen der Extensoren und Flexoren gedient hatten. Ich meine die Flossensepta der Urossopterygier. Das laterale Flossenseptum hat ja (s. o.!) ursprünglich gar nichts mit dem Gliedmassenwinkel zu thun; dass es aber nach dessen Bildung mit ihm lokale Beziehungen eingeht, ist nicht schwer verständlich. Ebenso verhält es sich mit dem medialen. Von diesem hatte ich im deskriptiven Theil gezeigt, dass es durch die Vermittelung des Ligamentum zonomesopterygiale mit tieferen Theilen, speziell dem Schultergelenk in Konnex steht. Erwägen wir, dass gerade an dieser Stelle sich das Stylopodium entwickelt, so dürfen wir nicht erstaunt sein, wenn wir sehen, dass im Cheiropterygium die oberflächliche Flexoren-Masse vom Humerus ihren Ursprung vorzugsweise bezieht. Auch die Veränderungen der Metapterygialgruppe schemt mir einer Deutung keine Schwierigkeit in den Weg zu setzen. Während die Ursprungsverhältnisse die- selben blieben, hat sich die Insertion verschoben und ist im proximaler Richtung am Metapodium aufwärts gewandert, weit mehr an der vorderen, als an der hinteren Extremität. 111 ] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 369 Wir wollen damit die vergleichende Betrachtung der Muskeln und Nerven schliessen, um bei einer späteren Gelegenheit auf diese Verhältnisse zurückzukommen und sie als Grundlage für die mannigfache Difterenzirung des Cheiropterygiums und seiner Muskulatur zu verwerthen. Für unsern vorliegenden Zweck haben wir das Erforderliche erreicht. Wir konnten zeigen, dass die Zustände der Nerven und Muskeln insofern mit denen des Skelets harmoniren, als auch sie durchweg auf die entsprechenden Punkte des Cheiro- pterygiums beziehbare Bildungen repräsentiren. Ja noch stärker als beim Skelet müssen wir bezüglich der Weichtheile den Eindruck gewinnen, dass das Crossoptery- gium sehr primitive Zustände fortführt, und dass das Cheiropterygium zweifellos von einer demselben ähnlichen Form abgezweigt sein muss. Dass auch hinsichtlich der Gefässe dieser Gesichtspunkt sich bewährt, scheint mir aus den vorliegenden Thatsachen hervorzugehen. Die grosse Arterie des Ürosso- pterygium, welche in der Gegend des Mesopterygium verläuft und von dort aus die Rami perforantes zur lateralen Fläche entsendet, fordert ja ganz direkt zu einer Ver- gleichung mit der Arteria interossea heraus, desgleichen finden die perforirenden Aeste die schönste Parallele bei den Landwirbelthieren (Art. perforans carpi). Auch das bogenförmige Gefäss am Rande des Myaltheiles dürfte an dem Cheiropterygium ver- gleichbare Bildungen ohne Mühe erkennen lassen. Ein genaueres Eingehen an der Hand injizirter Präparate des Urossopterygium wird ohne Zweifel noch weiter die Uebereinstimmungen hervortreten lassen. Die Beziehungen zwischen Urossopterygium und Cheiropterygium treten so klar zu Tage, dass man sie nicht länger ignoriren darf. Immerhin wird aber noch zu erörtern sein, wie man sich diese Beziehungen zu denken habe und auf welchem Wege das Gemeinsame der beiden Objekte seine Erklärung finden muss. Zunächst wird zugestanden werden, dass beide Gliedmassenarten auf eine ge- meinsame Urform zurückgeführt werden können — das Archipterygium. Damit ist aber nicht genug gesagt: Als solches können wir das Cheiropterygium nicht auf das Archipterygium zurückführen, wohl aber vermittelst des Ürossoptery- gium. Also eine vermittelnde Stellung sprechen wir dem letzteren zu, und damit ist die Sachlage schon etwas schärfer präzisirt. Natürlich kann von einer direkten Herleitung der Landgliedmasse vom Ürosso- pterygium nicht die Rede sem; wohl aber dürfen wir unsern Standpunkt dahin an- geben, dass eine auf längerer Strecke gemeinsame Entwickelungsbahn angenommen wird, von welcher aus in einer Richtung das ÜUrosso- pterygium, in einer anderen das('heiropterygium sichabgezweigt hat. Es könnte vielleicht versucht werden, alle hervortretenden Aehnlichkeiten ledig- lich als Konvergenzerscheinungen zu deuten. Selbst wenn dies zugestanden würde, so wäre der Gewinn, der uns aus der Erkenntniss des Urossopterygium erwächst, ein Festschrift für Gegenbanur. 47 370 HERMANN KLAATSCH [112 grosser, denn wir würden den Weg angebahnt sehen, wie sich ein solches Cheiro- pterygium entwickelt haben mag. Die hier vorgetragenen Anschauungen würden also nicht gefährdet. Aber ganz abgesehen davon dürfte es Schwierigkeiten machen, bei so vielen bis in’s Einzelne gehenden Ueberemstimmungen reine Konvergenz an- nehmen zu wollen. Ich muss dies mindestens für unwahrscheinlich erklären. Zweifellos hat das Urossopterygium namentlich in semen späteren Stadien eine eigenartige Entwickelungsbahn eingeschlagen, ja es scheint, dass es schon einmal dem Uheiropterygium näher gestanden und sich sekundär wieder davon entfernt habe. Selachier Amia. Lepidosteus. Dipnoer. Fosstle Crossopterygter. Polypterus. Calamorchtifs Cheıropierrzqier L Aa er Schema des Stammbaumes des Ichthyopterygium und Cheiropterygium. Sehr bedeutend aber ist diese einseitige Fortentwickelung, diese Abweichung von der grossen Bahn nicht gewesen. Sie prägt sich u. a. in der eigenartigen Össi- fikation des Mesopterygium, den späteren Schicksalen des Processus styloides, viel- leicht einer sekundären Vermehrung der Actinalien aus. Dies ist aber auch alles. In den Weichtheilen könnte eine theoretisch konstruirte Urform des Cheiropterygium kaum besser durch die Thatsachen illustrirt werden, als dies beim Cheiropterygium der Fall ist. Meine Ansicht also ist, dass wir nach Eliminirung gewisser Eigenthümlichkeiten in der Örossopterygierflosse ein schönes Zwischen- 113 BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 37 By stadium auf dem Wege vom Archipterygium zum Cheiropterygium gewonnen haben. Die Verwandtschaftsbeziehungen der betreffenden Thierformen widersprechen diesem Schluss keineswegs. Der beifolgende Stammbaum drückt im Einzelnen die Anschauungen über die Gliedmassen aus, zu welchen ich hinsichtlich der Fische und der Landwirbelthiere gelangt bin. V. Cheiropterygium und Archipterygium. Durch die Ergebnisse der vorangehenden Untersuchungen und Betrachtungen haben wir eine neue Grundlage für die Anwendung der Archipterygiumtheorie auf die Gliedmassen der Landwirbelthiere gewonnen. Aut dem weiten Wege vom pri- mären Archipterygium bis zum Cheiropterygium ist eine neue, beide Zustände ver- mittelnde Etappe geschaften worden. Beziehungen, die bisher in direkter Weise von einer derjenigen der Dipnoer ähnlichen Flossenurform zum Amphibien-Arm sich nicht herstellen liessen, sind durch das neue vermittelnde Stadium gesichert worden. Wir haben in den vorangehenden Abschnitten die beiden Strecken dieses Weges von einander gesondert betrachtet. Hier, zum Schluss, wollen wir in grossen Zügen die Ergebnisse der friiheren Kapitel zusammenfassen und ein einheitliches Bild von der Vorgeschichte der Landgliedmassen zu entwerfen suchen. Dabei wollen wir versuchen, das Wenige vorzubringen, was sich über die funk- tionelle Seite der betreffenden Vorgänge aussagen lässt, worauf ich bisher nicht weiter eingegangen bin. Schliesslich sollen diejenigen Punkte betont werden, welche uns bis in die höchsten Zustände als Erbstiicke früherer Perioden entgegentreten, welche nur durch das einstige Flossenstadium verständlich werden und zum Theil in eigen- artiger Weise bei den Landwirbelthieren sich entfalten. Hauptsächlich wollen wir hierbei das Skelet berücksichtigen, bezüglich der Muskeln und Nerven nur das Nothwendigste beifiigend. estellte Urflosse, welche als Skelet Als Ausgangszustand dient uns die sagittal das reine biseriale Archipterygium in knorpeliger Materie besitzt. Der Stamm trägt zahlreiche dorsale und ventrale Radien, welche mit dem Skelet des m eime Spitze auslaufenden Dermaltheils in Verbindung stehen. Eine gleichmässige dorsale und ventrale Muskelmasse mit einem der Axe im Ganzen parallelen Faserverlauf deckt das Skelet. 47* 372 HERMANN KLAATSCH [114 Bereits in einem solchen Stadium möchte ich die ersten Vorgänge annehmen, welche sich auf einen Wechsel des Aufenthaltes der betreffenden Vorfahrenformen vom Wasser- zum Landleben beziehen. Einen solchen Uebergang dürfen wir uns keineswegs plötzlich vorstellen. Das Wahrscheinlichste ist, dass er zunächst gar nicht definitiv erfolgt sei. Ich halte die Vorstellung für berechtigt, dass die betreffenden Ganoiden — denn um solche wird es sich handeln — durch äussere Umstände genöthigt, eine Zeit lang auf dem Lande sich fortzubewegen suchten, dass dann aber wieder eine Rückkehr in das feuchte Element stattfand. Also eine Art periodischer Versuche nehme ich an. Für diese Vorstellung schemen mir mehrere die jetzt lebenden Thiere betreffende Thatsachen zu sprechen. Einmal haben wir in allen Abtheilungen diese sekundäre Rückkehr in’s Wasser und zwar um so ausgedehnter, je niederer die betreffenden Thierformen stehen. Für die Amphibien ist es sehr wahrscheinlich, dass viele derselben eine längere Periode des Landaufenthalts hinter sich haben, und dass viele ihrer Einrichtungen als sekundäre Anpassungen an das erneuerte Leben im Wasser aufgefasst werden missen. Andererseits sehen wir bei manchen Fischen eine zeitweise Nöthigung zum Landaufenthalt eintreten. Man glaubte auch bisher vom Üeratodus, dass er seine Vordertlossen zur Fortbewegung auf dem Lande verwerthen könne. Nach Srmox’s trefflichen Angaben ist dies ein Irrthum gewesen. Er hat nie einen Ceratodus in solcher Lage gesehen und erklärt ihn für ein reines Wasserthier, dessen Lungen sich nicht von einem Landaufenthalt ableiten lassen. .„‚Schon Güstner hebt mit Recht hervor, dass die paarigen Flossen des Ceratodus zu schwach und biegsam sind, um den schweren Körper auf dem Lande fortzubewegen.‘ Mir scheint aber aus diesen Dingen nur hervorzugehen, dass die jetzt lebenden Formen Derartiges nicht vermögen; dass in der Vorfahrenreihe derselben aber Formen mit einem kräftigeren Archipterygium existirt haben mögen, lässt sich nicht abweisen, und bei solehen könnten doch die beim recenten Thier als Irrthum erkannten Vor- gänge sich abgespielt haben. Wir kommen auf keine Weise um diesen Punkt herum: Einmal muss der Versuch des Uebergangs von Wasser zu Land gemacht worden sein, und dass es im Stadium einer grossen Primitivität der Flosse geschah, ist sehr wahrscheinlich. Noch emen anderen Punkt müssen wir hier in den Kreis der Betrachtung ziehen. Wir haben in der von aussen nach innen sich entfaltenden Knochenbildung einen Faktor, welcher für die Funktion der Gliedmasse als Stützorgan schon bei jenen hypothetischen Urformen eine Rolle gespielt haben mag. Denken wir uns einen Zustand, wo das Archipterygium zwar in seinem ganzen Typus voll erhalten, die Strahlen aber theilweise von der Knochenbildung ergriften und von dünnen Knochenhilsen umhüllt waren. öine Verwendung einer solchen Gliedmasse als Stützorgan musste auf die innere Beschaffenheit von Wirkung sein. Wir werden diese Betrachtungen natürlich nur in ganz allgemeiner Weise anstellen können und missen uns die Einwirkung der Funktion auf den Bau des Organs als eine durch viele Generationen hindurch erst sich entfaltende denken. 115] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 373 Welche äusseren Anlässe etwa hierbei im Spiele waren, die eine Aenderung des Aufenthalts und der Lebensweise bedingten, können wir nicht erörtern und hat auch für unseren speziellen Zweck keine prinzipielle Bedeutung. Die Wirkungen der erworbenen Stützstellung erblicke ich in Folgendem: Einmal trat eine Verkürzung der ganzen Flosse ein, mit der eine Verbreiterung Hand in Hand ging. Am Skelet wird dies in der Umwandlung des schlanken Axentheils in eine breite Knorpelplatte zum Ausdruck gekommen sein. Damit in Zusammen- hang steht die Leistung, die jenen beiden Radien zufiel, welche am meisten gegen den Schultergürtel zu vom Stamm abgimgen. Diese werden naturgemäss bei jedem Stützversuch ganz hervorragend belastet worden sein. In diesen mechanischen Momenten möchte ich die Ursache erblicken dafür, dass im Unterschied von den anderen Thieren die Crosso- und Cheiropterygier sich ventrale Radien, wenn auch in geringer Zahl, so doch in sehr mächtiger Entfaltung bewahrt haben. Aus der Funktion des Ruderorgans wird der Bau des Ürossoptery- giums sehr schwer verständlich, denn für die Bewegung im Wasser sehen wir stets die dorsalen Radien die Hauptrolle spielen. Man erkennt, dass die Betrachtungen ein eigenthümliches Licht auf die Vor- geschichte der Polypterinen werfen; sie führen uns zu der Hypothese, dass in der Vorfahrenreihe derselben Formen existirten, welche, wenn auch nur vorübergehend, Anfänge emer amphibischen Lebensweise besessen haben. Diese Annahme wird unterstützt durch die Organisation der Schwimmblase, sowie durch manche andere, den inneren Bau betreffende Punkte, in welchen eine Annäherung an die Organisation fossiler und recenter niederer Landwirbelthiere hervortritt. Auch die äusseren Kiemen am Operculum von Polypterus und Calamoichthys sind bemerkenswerth. Mit der definitiven Rückkehr in das feuchte Element leiten sich sodann die sekundären Umwandlungen ein, welche am Crossopterygium den Flossencharakter wieder reiner hervortreten lassen. Mit den Veränderungen am Skelet waren auch Umwandlungen der Muskulatur verbunden. Ich habe gezeigt, wie die innere Einknickung der Extremität, welche durch die distale Vorschiebung mittlerer und die proximale Vorlagerung marginaler Theile zu Stande kommt, auch an der Muskulatur sich ausprägt durch die Sonderung eines proximalen konvergenten und eines distalen divergenten Theiles der lateralen Flossenmuskulatur. Andererseits verhilft die mächtige Entfaltung der Rand-Radien der marginalen Muskulatur zu grösserer Selbstständigkeit. Zum Propterygium vom Schultergürtel gelangende Muskelmassen sondern sich von den die Flächen drehenden Partien, und in noch höherem Maasse wird eine coracometapterygiale Muskulatur individualisirt. Mit dem Mesopterygium rückt medial ein primitiver „„Flexor“ distal, welcher ebenso wie der ihm gegeniüberliegende Extensor eine Sonderung in ober- flächliche und tiefe Theile erfährt. Die Nerven behalten zunächst sehr primitive Verhältnisse bei. In Zusammen- hang mit einer beginnenden caudalen Vorlagerung der Flosse bahnten sich die An- fänge einer Plexusbildung an. ©s =] y HERMANN KLAATSscH [116 Die Verhältnisse der Urossopterygier sind darin so einfach, dass wir sie wohl als ein ziemlich getreues Abbild des Vorfahrenzustandes der Landwirbelthiere betrachten können. Etwa vier ventrale Spinalnerven-Aeste lieferten die zur freien Extremität tretenden Stämme, welche wir als Pro-, Meso- und Metapterygialis unter- schieden haben. Jeder theilt sich in laterale und mediale Aeste zu den betreffenden Flächen der Flosse. Der Metapterygialis bleibt am betreffenden Rande, Pro- und Mesopterygialis vereinigen sich je mit ihren lateralen und medialen Aesten, sowohl funktionell als auch durch periphere Ansabildung zur Versorgung der primitiven Extensoren- und Flexoren-Massen. Im Einzelnen sei auf die betreffenden Beschreibungen im I. Theil verwiesen. In diesem Zustande trennen sich die Bahnen der Urossopterygier und Cheiro- pterygier. Der jugendliche Zustand der ersteren steht dem letzteren näher als der erwachsene. In gewissen Einzelheiten konnte dies sehr deutlich erwiesen werden. Ich erinnere an die Flossenform des jungen Calamoichthys, an die Beziehung des Mesopterygiums zum Propterygium, an die proximale Vereinigung der Marginalien. Die sekundäre Umwandlung innerhalb der Crossopterygier verwischt manche bereits gewonnene Eigenarten. Die mächtige Entfaltung des Schultergelenkkoptes verhilft der an sich wenig geschiekten Diekflosse zu freieren Drehbewegungen. Der schon erreichte proximale Zusammenhang der Margimalien wird wieder rückgängig gemacht. Das Mesopterygium dehnt sich unter dem Einfluss einer Ossifikation stark aus. Die Actinalien dürften eine sekundäre Vermehrung an Zahl erfahren haben. So gelangen wir zum fertigen Zustand der Urossopterygier, dessen Einzel- heiten ich bereits am Schlusse des I. Kapitels zusammenfassend dargestellt habe. Wir haben im dieser Gliedmassenform einen Parallel-Zweig des Cheiro- pterygiums vor uns. Dieser gliedert sich in zwei, dem Polypterus und Calamoich- thys entsprechende Reihen, von denen ich den letzteren für die weniger primitive, an manchen Punkten dem Cheiropterygium nähere beurtheile. Eine Reduktionstendenz tritt in beiden Reihen hervor. Wenden wir uns zur zweiten Wegstrecke der Entstehung des Cheiropterygiums. Die bisher betrachteten Umwandlungen werden durch das längere, schliesslich dauernde Aufgeben des Wasserlebens fixirt. Die Flosse wird zum Stützorgan auf dem Lande, und damit verlieren viele Punkte im Bau derselben jegliche Bedeutung, während andere, die sich schon auszubilden begonnen hatten, eine ausserordentliche Wichtigkeit erlangen. Bedeutungslos wird der Hautsaum, wenigstens in seiner der Flosse zukommenden Beschaffenheit. Die terminalen Theile werden äusserlich und innerlich umgestaltet, indem die distalen Produkte der Actinalien zu längeren und komplizirteren Skeletbildungen auswachsen, welche in Veremigung der knorpeligen Anlage mit distal hinzutretender Knochenbildung die Phalangen liefern. Die Kon- tinuität am distalen Rande wird gelöst entsprechend den einzelnen Fingern. Viel- 117] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER, 375 leicht geben die tiefgreifenden Umgestaltungen der Haut am distalen Rande das erste Moment ab für die in den Nagelbildungen uns begeenenden Komplikationen. Die Zahl der Actinalien wird reduzirt. Ein Metactinale und vier Proactinalia bleiben übrig. Warum gerade diese Zahl eine solche überaus konstante Bedeutung erlangt, ist sehr schwer zu sagen. Wir können nur vermuthen, dass dieselbe mit einer für die Stützfunktion wichtigen Eimrichtung in Beziehung stehen muss. Mit solchen mechanischen Faktoren müssen wir hier sicher rechnen. Sie könnten es annehmbar erscheinen lassen, dass die Pentadactylie sich vielleicht mehr- mals durch Konvergenz herausgebildet habe, weil dieser Zustand am besten der Abwickelung der belasteten Extremität vom Boden entspricht. Wahrscheinlich ist es, dass eine Urform zu Grunde liegt, und dass bei dieser in jener Zeit, wo das Urossopterygium alle wesentlichen Charaktere des Cheiro- pterygiums erlangt hatte, auch die Beschrönkung der Actinalien auf die Fünfzahl eingetreten war. An den Rändern der Flosse fanden sich noch weitere kleine Skeletbildungen, die Epimarginalien. So lange dieselben mit den Actinalien sich m einer Reihe fan- den, werden sie eine höhere funktionelle Bedeutung gehabt haben. Dass sie morpho- logisch den Actinalien nicht gleichwerthig sind, vielmehr den Marginalien zugehören, haben wir oben erörtert. Diese morphologische Ungleichwerthigkeit wird aber au der physiologischen einheitlichen Leistung aller an der Flossenbogenlinie gelegenen Skelettheile nichts geändert haben. Mit der Ausbildung der „Finger“ traten die Epimarginalien in den Hintergrund, wofür noch Modifikationen anderer Theile von Bedeutung sind. Die Epimarginalien sanken herab zu rudimentären Gebilden. Sie schwanden zum Theil, zum Theil aber blieben sie erhalten, ja in seltenen Fällen erfuhren sie eine Weiterbildung. Ihre Zwitternatur blieb bestehen. Als Theile von Strahlen, die doch nicht den Actinalien entsprechen, lieferten sie kleine Skeletbildungen (radiales Sesambein, Radiale externum, Pisiforme ete.), für die man bisher am Cheiropteryeium keine Erklärung finden konnte. Sie dienten der Theorie von Praepollex, Praehallux und Postminimus zum Ausgangspunkt (s. u.). Wir wenden uns nun zu den Veränderungen der mehr proximalen Theile des Skelets. Voranstellen müssen wir diejenigen, welche zur Bildung des Stylopodium führen. Wir haben gesehen, wie die Margmalien proximal zusammenschliessen, und dass im Processus styloides eine wirkliche Knorpelkontinuität derselben zu Stande kommt. Dass dies geschah, ist vielleicht mit der zeitweisen Rückkehr der hypothetischen Vorfahren- formen in’s Wasser in Zusammenhang zu bringen. Die Aufgabe der Margmalien war, für den proximalen Gelenkkopf eine Pfanne zu liefern. Nur so konnte eine einigermaassen zu Drehbewegungen geeignete Flosse wieder hergestellt werden. Als aber auf's Neue die Verwendung der Gliedmasse als Stützorgan sich geltend machte, da müssen ge- rade in dem kritischen Gebiet des Schultergelenkes die allergrössten Aenderungen der mechanischen Verhältnisse eingetreten sein. In erster Linie wich der Schulter- 376 HERMANN KLAATScH [118 gelenkkopf einer Pfannenbildung. Man darf sich wohl vorstellen, dass ganz direkt die Belastung der Gliedmasse durch den Rumpf einen Faktor bedeutet, welcher — unter der Aktion des die Skelettheile umhüllenden Muskelmantels — die Gliemasse gleichsam gegen den Schultergürtel verdrängt. Wohin aber mag sie sich vorgeschoben haben? Sollen wir etwa annehmen, dass der primäre proximale Gelenkkopf sich ver- kürzte und dass genau an seiner Stelle eine bedeutende Vertiefung entstand? Viel einfacher und richtiger ist es, anzunehmen, dass der Stieltheil der Extremität sich dort vorschob, wo er als Einheit zuerst sich gebildet hatte, nämlich medial vom Gelenk- kopf, genau m der Lagerung, wie wir es bei Urossopterygiern sehen. Ich erblicke also in der medial vom Gelenkkopf liegenden Vertiefung den Anfang einer Schulter- gelenkpfanne. Dann wurde der lateral davon gelegene Kopf reduzirt und er mag vielleicht theils im das Material jener Limbusbildungen übergegangen sein, die wir am Schulter- und Hüftgelenk treffen, andererseits dürften wir in den supraglanoi- dealen Unebenheiten Reste desselben finden. Durch diese Reduktion des Gelenkkopfes wurde em Raum frei, in den hinein die Extremität und das Stylopodium sich vorschob und zu bedeutenderen Dimensionen sich entfaltete. Dass dabei die Kontmuität dieses neuen Abschnittes von dem übrigen Theil der Marginalien sich gelöst hat, ist ausserordentlich begreiflich. Denn es ist ja zweifellos eine direkte Folge der Belastung, dass der Stieltheil gegen den übrigen Abschnitt der Gliedmasse eine Abknickung ertährt. Es bildete sich der Gliedmassen- winkel aus, und die Lage desselben stimmt sehr gut überein mit den primitiven Ver- hältnissen des Stylopodium. Wir sahen dasselbe sich in medialer Richtung entfalten. Daher ist auch die ursprüngliche Haltung des Humerus, besonders aber des Femur, eine horizontale und in medialer Riehtung vom Zeugopodium zum Gürtel sich erstreckende. Die laterale Wendung des Gliedmassenwinkels ist also in den Anfängen seiner Ge- schichte begründet und wird aus diesen erklärt. Fügen wir noch hinzu, dass am Stylopodium sich Knochenbildung entfaltete in derselben Weise, wie an anderen T'heilen von Strahlen, so ist der Urzustand der Landwirbelthiere erreicht. Die alte Kontinuität am Gliedmassenwinkel macht das Vorkommen intra- artikulärer Apparate an der hinteren Extremität verständlich. Von den Marginalien sind noch die distalen Theile als selbstständige Bildungen übrig, und wir bezeichnen diese nun als Pro- und Mesopodium. Beide blieben ziem- lich in der alten Beschaffenheit bestehen, nur ändern sie ihre Stellung zu eimander und zum Mesopodium. Die schon in der ersten Periode der Cheiropterygium-Phylogenese begonnene distale Verlagerung des Mesopterygium resp. Mesopodium (beide sind ja einander homolog) dauert an, und auch diesen Prozess können wir vielleicht von der mechani- schen Seite her beleuchten. Ein plattenförmiger, schon ziemlich weit distal ver- schobener Theil musste sich als Stützapparat des den Boden berührenden Abschnittes in vorzüglicher Weise eignen und zwar um so mehr, als das Mesopodium zwischen den Theilen des Zeugopodium hervortrat. 119] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 377 Dabei verhielten sich aber die beiden Zeugopodien verschieden von einander. Wir haben sowohl beim Crossopterygium als beim Cheiropterygium die eigenthüm- liche Beziehung der mittleren Knorpelplatte zum Propodium betrachtet. Lag doch gerade in diesem speziellen Punkte eine jener vorzüglichen Uebereinstimmungen, die nur durch meine Auffassung verständlich werden. — Dieses Verhalten ist, wie ich glaube, mit gewissen mechanischen Verschiedenheiten der Ränder der Gliedmassen in Beziehung zu bringen. Die Abwiekelung der Extremität vom Boden geschieht von einem Rande zum anderen. Sie beginnt stets am lateralen Rande und pflanzt sich zum medialen fort. Mit letzterem findet gleichsam das Abstossen statt. Erwägt man dies, so werden die Ditferenzen begreiflich. Es stützen sich Mesopterygium und Mesopodium gegen den lateralen Theil, d. i. gegen den ursprünglich dorsalen, das Propodium. Die Linien stärksten Druckes gehen von den Actinalien aus zu diesem Skelet- stücke hin und dieser Umstand wirkt auch (s. u.) auf das Mesopodium selbst schr intensiv ein. Der mediale — ursprünglich ventrale — Theil hingegen bleibt freier, weil er im Momente der bereits abnehmenden Belastung seine Hauptleistung verrichtet. Daher die Verschiedenheiten von Radius und Ulna, Tibia und Fibula. Dass diese schon bei den Urossopterygiern sich finden, kann eigentlich nur durch ehemalige Versuche, die Gliedmassen vom festen Boden abzuwickeln, erklärt werden. Das Mesopodium stützte sich also gegen das Propodium an, während es allmählich in seime definitive Lage gelangt. Da es distal mit den Actinalien in Beziehung stand, so mussten Linien stärksten Drucks in der Verlängerung der Actinalien durch das Mesopodium gegen das Propodium verlaufen. Diese halte ich für wichtig zur Erklärung der Anordnung der einzelnen Skelet- theile des Mesopodiums, deren sekundäre Ausbildung wir annehmen. Man wird sich diese Zerlegung der einheitlichen Carpal- resp. Tarsal-Platte als einen mit der Ver- lagerung gleichzeitig sich vollziehenden Prozess zu denken haben. Auch mag er mit dem Herantreten der Ossifikation an das knorpelige Mesopodium in Zusammen- hang stehen. Der Weg, den das Mesopodium zurückgelegt hat, wird durch die Membrana interossea gekennzeichnet. Die beiden Zeugopodien gelangten mehr und mehr in eine einander parallele Stellung, und dieser Zustand wird für die Belastung der günstigere sem. Das Mesopodium wurde nicht nur entsprechend den erwähnten Längslinien, sondern auch in dazu senkrechter Richtung zerlegt, und dies begreifen wir aus dem in transversaler Richtung erfolgenden Drucke bei der Fortbewegung. So gelangen wir zur Ausbildung einer grösseren Zahl von Skeletbildungen, deren Beziehung zu den Strahlen bei den Amphibien auf’s Deutlichste hervortritt. Auch die primitive Beschaftenheit des doppelten Centrale ist in diesem Sinne zu deuten. Vor allem aber ist es der Anschluss des Intermedium an das Propodium, welches die Anordnung beherrscht. ‚Jetzt wird es leicht begreiflich, dass man in vor- trefilicher Weise eme Axe durch die Propodialseite legen und Metapodium sowie die Festschrift für Gegenbaur. 48 378 HERMANN KLAATSCH [120 Mesopodialknochen auf Strahlen beziehen kann. Meine Auffassung ist nur darin eine abweichende von der früheren, dass ich diesen Zustand als einen sekundären erachte. Seine hohe und mit Rücksicht auf die höher stehenden Wirbelthierformen primitive Bedeutung wird dadurch in keiner Weise alterirt. Die Axe lege ich durch keinen bestimmten Finger, jedoch auf Grund der Ver- gleichung mit den Urossopterygiern durch die (Gegend des II. Damit wird eine An- näherung an die ältere Auffassung Ge«enBaurR’s und ein naher Anschluss an diejenige von GoETTE erreicht. Ueber die Veränderungen der Muskulatur und Nerven können wir uns kurz fassen. Die Hauptsachen wurden schon im vorigen Kapitel übersichtlich dargestellt. Auch werde ich bei späteren Gelegenheiten darauf zurückkommen Der Grundplan dieser Theile war schon im Crossopterygierstadium gegeben. Alles Weitere ist eine sekundäre Komplikation. An den Nerven besteht diese im Schaffen eines Plexus, einer Vereinigung der einzelnen Nervenstimme, für deren Zustandekommen mechanische Faktoren zur Erklärung herangezogen werden müssen, so die Lageverschiebung und die Stellungsänderung der Gliedmasse, sowie die Modi- fikation der ganzen Gestalt. In dem Verhalten der Landwirbelthiere sind aber noch viele, auf die Crossoptervgier beziehbare Zustände ausgeprägt, so die Sonderung in Beuge- und Strecknerven. Andererseits vollzogen sich beträchtliche Umwandlungen, namentlich auf der lateralen Fläche. Auf der medialen zeigen höhere Wirbelthiere Erinnerungen an die alten Zustände. Die Veränderungen der Muskulatur vom Urossopterygierstadium an habe ich bereits im vorigen Kapitel übersichtlich dargestellt. Hier will ich daher nur die Hauptresultate hervorheben. Das Wichtigste ist, dass das laterale Flossensystem allmählich Beziehungen zum Gliedmassenwinkel erlangt hat. Funktionell lässt sich dies leicht begreifen. Mit der Ausbildung des Stylopodium tritt eine bedeutende Entfaltung der zonosep- talen Muskulatur ein, die sich auch am Rumpfe weiter ausdehnt. Ihr schon vorher gegebener Konvergenz- und Endpunkt dient dem distalen Ende des Stylopodium zur Anlagerung und die sesonderte Funktion der beiden Gliedmassentheile kommt in emer stärkeren Entfaltung der betreffenden Bindegewebsmasse und völliger Sonderung der proximal und distal davon gelegenen Muskulatur zum Ausdruck. Am distalen Abschnitt, bleiben die primitiven Verhältnisse relativ lange bestehen. Dies gilt auch von der medialen Fläche, an welcher die Flexorenmasse sich konzentrirt, indem das mediale Flossenseptum und das damit zusammenhängende tiefere Lig. zonomeso- pterygiale zum Stylopodium Beziehung gewinnen. Die metapodiale Gruppe erhält sich in ihrer Sonderstellung, nur difterenzirt sie sich bedeutend zu vollständigeren Muskelimdividuen — eine Modifikation, die auch allen anderen Theilen zukommt, am wenigsten noch relativ den Flexoren und Extensoren des distalen Gliedmassentheiles. Auch bezüglich der Gefässe finden wir eine direkte Fortführung alter Zustände bei den Cheiropterygiern, indem die Art. interossea auch für diese als der älteste Zustand erscheint. 121] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. Wenn ich schliesslich mit besonderer Rücksicht auf das Gliedmassenskelet das Resultat meiner Untersuchung vorlegen soll, so fasse ich dasselbe folgendermaassen Fig. 36. Fig. 35. Fig. 33—36. Schemata zur Ableitung des Cheiropterygiur-Skelets vom Archipterygium. Bezeichnungen wie auf den früheren Textfiguren und Tafeln. zusammen, indem ich die in den früheren Abschnitten vorgebrachten Schemata hier zusammenstelle: Das Cheiropterygium leitet sich von einem biserialen Archi- Vom Stamm des letzteren ist das Mesopodium er- pterygium her. 48* 330 HERMANN KLAATSCH 122 halten geblieben, nachdem es eine bedeutende distale Verlagerung erfahren hat. Von den Strahlen haben zweiam Rande gelegene (Mar- ginalia) das Mesopodium (Carpus, Tarsus) aus der Verbindung mit dem Mta Zone N} jh m d 0 Epa. Mta; en ws Act.p. Act. m. Epa Epa Act.p Fig. 39. Fig. 40. Fig. 37—40. Schemata zur Ableitung des Cheiropterygium-Skelets vom Archipterygium. Bezeichnungen wie auf den früheren Textfiguren und Tafeln. 123] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 381 Schultergürtel verdrängt und sich proximal an diesem miteinander ver- einigt. Aus dieser Verschmelzung ist ein neuer Theil, das Stylopodium (Humerus, Femur), hervorgegangen, während die Reste der Marginalien als Komponenten des Zeugopodiums (Vorderarm, Unterschenkel) persis- tiren. Ein dorsales Stück leitet sich vom Propterygium niederer Zustände — Propodium (Ulma, Fibula), ein ventrales vom Metapterygium (Radius, Tibia) ab. Von den anderen Strahlen verbleiben vier dorsale (Pro- actinalia) und ein ventraler (Metactinale) erhalten. — Letzterer liefert Metacarpus I (und Metatarsus I), die anderen die übrigen Metacarpus- und TERN \ \ Ata,--------- \ Pr, \ , Epr.p NE | | 4 | dct.m l ) \ N Fig. 41. Fig. 42. Fig. 41—42. Schemata zur Ableitung des Cheiropterygium-Skeiets vom Archipterygium. Bezeiehnungen wie auf den früheren Textfiguren und Tafeln. Metatarsus-Knochen. Die von diesen Skeletstücken abgegliederten Epaetinalia liefern die Phalangen. Aehnliche Abgliederungen der Mar- ginalien sind die Epimarginalien (Praepollex, Praehallux und Postmini- mus). Die Axe fällt in die Gegend des ll. Fingers. Die Brustflosse der Urossopterygier stellt ein vermittelndes Stadium mit nur geringer ein- seitiger Abzweigung von der Bahn dar, welche das Öheiropterygium vom Archipterygium herleitet. Die Muskeln, Nerven und Gefässe des Ürossopterygiums bieten überaus primitive Zustände dar, welche fast in allen Punkten als Aus- gangspunkt für die Beurtheilung der Cheiropterygium-Befunde dienen können. 382 HERMANN KLAATSCH [124 Die Vorgeschichte der Gliedmasse wird naturgemäss auch auf ihre späteren Veränderungen einen wichtigen Einfluss ausüben. | In der "That bleiben gewisse Eigenthümlichkeiten von früheren Stadien der Phylogenese bis zu den höchsten Wirbelthieren hin an der Extremität erhalten, welche ohne die Kenntniss der Geschichte derselben ganz unverständlich waren. Wo sich ursprünglichere Zustände erhalten — und dies ist selbst bei manchen der höchsten Placentalier, ja gerade beim Menschen der Fall — da zeigen sich ohne Weiteres manche Punkte, welche uns noch an das Flossenhafte der ganzen Bildung erinnern. Als Beispiel hierfür können wir die Bewegungen am distalen Theile der Glied- masse wählen. Die Rotationsbewegungen, die uns hier als Pronation und Supination entgegentreten, sind uralte Lokomotions-Modi, weit älter als die Beuge- und Streck- bewegungen. Da der distale Theil der Extremität älter ist als der proximale, so treten hier die primitiveren Zustände deutlich hervor. Die Verschiedenheit der Ränder der Gliedmasse ist eme uralte Einrichtung. Sie kann bei vielen Formen undeutlich werden, sie kann aber auch sekundär sich wieder stärker ausprägen. Jedenfalls haben wir es hier nicht mit einer allmählich erst erworbenen Einrichtung zu thun, sondern dieselbe geht zurück auf die Archipterygium- Zeiten und erinnert uns an die Axe, welche einst die Anordnung aller Theile der Extremität beherrschte. Alle einseitigen Neubildungen der Landgliedmasse müssen an den Urzustand anknüpfen, sie sind gleichsam bestimmt durch denselben und werden so von der Vorgeschichte mitbeherrscht. Wenn der Werth einer Theorie auch in erster Linie sich dadurch zu erkennen giebt, dass Zusammenhänge zwischen Zuständen aufgedeckt werden, die bisher nicht auf emander bezogen werden konnten — so sind es doch oft gerade geringere Momente, welche dadurch, dass sie mit einem Schlage verständlich gemacht werden, in überzeugender Weise die Richtigkeit der ganzen Lehre zeigen, und selbst Dem- jenigen, der sehr skeptisch solchen Dingen gegenübersteht, die Augen öffnen. Es giebt wohl kein Problem der Morphologie, bei welchem diese Probe auf die Richtig- keit des Exempels sich nicht anstellen liesse. Auch in unserem Falle bleibt dies nicht aus. In diesem Sinne möchte ich die Theorie von Praepollex und Praehallux hier anführen. Wenn man erwägt, welche Schwierigkeiten jene kleinen Skeletsticke verursacht haben, welche am Rande der Extremität gelegen, einige Aehnlichkeiten mit Fingern darboten, so wird man es freudig begrüssen, dass nunmehr die Lösung der Frage nach dem Wesen der- selben angebahnt ist. Es ist eine Pflicht der Gerechtigkeit, anzuerkennen, dass diejenigen, welche auf diese Skeletbildungen die Aufmerksamkeit gelenkt haben, einem wichtigen Problem auf der Spur waren; freilich konnte die Deutung, welche man den betreffenden Bildungen gab, nicht befriedigen. Es waren eben keine Finger, und alle Versuche, 125] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 383 diese ihre Natur darzuthun, befriedigten nicht — konnten gar nicht, wie wir jetzt sehen. zu einem positiven Resultat führen. Dennoch hatten die Vertreter der Lehre vom Praepollex und Praehallux in manchen Punkten ganz richtige Vermuthungen. Sie betonten, dass es sich um alte Bildungen handelte, im Gegensatz zu anderen Forschern, welche die betreffenden Theile als eine Neuerwerbung darthun wollten. In diesem Punkte stelle ich mich auf die Seite BarpeLegen’s gegen Tornıer. Auch in dem anderen Punkte wurde Richtiges geahnt, dass es sich um Theile handelte, welche mit Strahlen in Beziehung zu bringen sind. Dies ist ja in der That der Fall, aber in anderer Weise, als man früher annahm. Um Finger handelt es sich nicht, ein atavistisches Auftreten von solchen am Rande ist nicht anzunehmen. Meine Anschauungen schliessen eine solche Möglichkeit sogar bestimmt aus, indem sie zeigen, dass „Praehallux“ und „Prae- pollux“ nieht den Actinalien homolog sind. Sie sind mit den Epactinalien auf eine Stufe zu bringen, und damit erklärt sich das Räthselhafte ihrer Natur. Sie können sich einseitig fortbildend an distale Theile von Fingern erinnern. Fine atavistische Polydactylie könnte höchstens innerhalb der Actinalienreihe sich finden, hier aber wird sie von Doppelmissbildung nicht zu unterscheiden sein. Mit diesen Resultaten hoffe ich eimes der schwierigsten Probleme der Mor- phologie seiner Lösung genähert zu haben. Einwände gegen meine Ansichten werden nicht ausbleiben und werden auch nur förderlich sein können, soweit sie sich gegen bestimmte Punkte und Einzelheiten richten. Die gesammte Ableitung selbst glaube ich hinreichend fest basirt zu haben, um sie vor einem vernichtenden An- griff als gesichert betrachten zu können, aber in Einzelheiten mag ja meine Auf- fassung vielleicht Aenderungen zu erwarten haben. Den Hauptwerth meiner neuen Anschauungen erblicke ich emmal darin, dass es num möglich ist, in sehr einfacher Weise Fische und Landwirbelthiere miteinander zu verknüpfen und den komplizirten Befund des Uheiropterygiums in grossen Zügen von einem Urzustand herzuleiten — ein Punkt, der auch didaktisch nicht zu unter- schätzen ist. Sodann aber handelt es sich um die Beseitigung der Kluft zwischen den Fischen und Amphibien im einem wichtigen Organsystem. Dies dürfte vielleicht auch auf die Beurtheilung anderer Theile zurückwirken und eine unbefangenere Anerkennung mancher Zusammenhänge herbeiführen. In einem dritten Punkte verspricht das Ergebniss für weitere Untersuchungen fruchtbar zu werden. Haben wir doch durch die Rückführung des Cheiropterygiums auf einfache Anfänge eine Anschauung über den Zustand gewonnen, von dem aus die Eigenthümlichkeiten der Landgliedmasse bis in die Einzelheiten hinem verstanden werden können. 84 2. 13. 14. HERMANN KLAATSCH [126 Litteratur- Verzeichniss. . BALFoUR, On the Development of the Skeleton of the Paired Fins of Elasmobranchii, considered in relation to its Bearings en the Nature of the Limbs of the Vertebrata. Proceedings of the Zool. Soc. of London 1881. BARDELEBEN, Hand und Fuss. Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft zu Strassburg 1894. Baur, Ueber das Archipterygium und die Entwickelung des Cheiropterygium aus dem Ichthyoptery- gium. Zool. Anzeiger VIII. 1885, pag. 663. Baur, Beiträge zur Morphologie des Carpus und Tarsus der Vertebraten. 1. Theil. Batrachia (Urodela). Jena 1888. . Boas, Ueber Herz und Arterienbogen bei Ceratodus und Protopterus. Morphol. Jahrbuch VI. Bd. 1880. . 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Mso. Mta. Act. BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. Tafel- Erklärung. Für mehrere Figuren gemeimsam „eltende Bezeichnungen. Aeussere Form. Myaltheil. Dermaltheil. Flossenspitze. Flossenbogenlinie. Margopropterygialis. — propodialis — dorsalis. Margo metapterygialis — metapodialis — ventralis. Skelet. Propterygium. Mesopterygium. Metapterygium. Actinalia. Act. p. Pro-Actinalia. Act. m. Met-Actinalia. Epa. Epm. Epm. Epactinalia. pr. Epimarginale propterygiale. mt. Epimarginale metapterygiale. Os. Mso. Ossifikation des Mesopterygium. For. Mso. Foramina Mesopterygii. Sty. Processus styloides Marginalium. Z. Schultergürtel. Gl. Olei. Ola. Co. For. Ar. Schultergürtelgelenkkopf. Cleithrium. Clavieula. Coracoidplatte. Co. Foramen coracoideum. Richtung der Flossenaxe. Ca. pr. Cartilago parapropterysgialis. Lig. C1 v. Ligamentum cleithrovertebrale. Lig. ZMs. Lig. zonomesopterygiale. Muskulatur. spt. lat. Laterales Flossenseptum. spt. med. Mediales Flossenseptum. 2. Spt. Musculus zonoseptalis. co. spt. es coracoseptalis. 49* [0 6] 3838 HERMANN KLAATScH |130 spt. act. Musculus septoactinalis. ms. act. 5 mesopterygioactinalis. ext. sup. 55 extensor superficialis. ext. prof. + extensor profundus. marg. pr. ” marginalis propterygii. gl. pt. 4 glenopterygialis. co. mia. % coracometapterygialis. 2. pri. med. , zonopropterygialis medialis. 2. pie lat 25 lateralis. flex. sup. 9 flexor superficialis. Nas ya 5 „ profundus. p. mia. Pars metapterygialis. p. prt. „ Propterygialis. su. prt. Suleus propterygialis. su. mid. ,„ metapterygialis. Nerven. I. Nervus pterygialis primus. 10T, ” N secundus. III. » tertius. IV. h H quartus. 90. Nervus propterygialis. 100. „ mesopterygialis. urTa. „ metapterygialis. l. Ramus lateralis. m. NRamus medialis. Tafel 1. Fig. 1. Skelet der linken Brustflosse eines 18 cm langen Calamoichthys, von der lateralen Seite her gesehen. Im Mesopterygium beginnt eine Ossifikation aufzutreten. Das Propterygium hängt bei x durch das Knorpelmaterial seiner distalen Epiphyse innig mit demjenigen des Mesopterygium zusammen. Alles Specielle ergiebt sich aus dem Text. Die Epactinalia sind nur zum Theil angegeben. Vergr. 35:1. Fig. 2. Dasselbe Objekt von einem 25 em langen Calamoichthys. Die Vergleichung mit Fig. 1 zeigt vor allem: 1. Die Grössenzunahme des Mesopterygium, dessen Ossifikation sich weiter ent- wickelt hat. 2. Die völlige Sonderung des Propterygium vom Mesopterygium. 3. Die distale Verlagerung des distalen Mesopterygium-Randes. 4. Das relative Zurückbleiben der Actinalia im Wachsthum. Im Uebrigen siehe Text. Vergr. 28:1. Fig. 3. Calamoichthys, 18 cm lang. Die mit © bezeichnete Stelle der Figur bei stärkerer Vergrösserung. 131] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 389 Auch bei dieser tritt die kontinuirliche Verbindung der Knorpelmasse des Pro- und Mesopterygium auf. An. Knochen, die dünne periostale Rinde um das im Innern noch ganz knorpelige Propterygium bildend. Vergr. 200: 1. Fig. 4. Calamoichthys 18 em. Die Gelenkverbindung der Marginalia für den Schultergürtel von der medialen Seite her gesehen bei stärkerer Vergrösserung. Zwischen Pro- und Metapterygium ist der proximale Angulus des Mesopterygium sichtbar. Die beiden Marginalia hängen in ihren proximalen Epiphysen mit einander zusammen und bilden auf der medialen Seite die von mir als Processus styloides bezeichnete Bildung, in welcher ich das Homologon des Stylopodiums (Humerus) am Cheiropterygium erblicke. Der Proc. styloides läuft in eine scharfe, vom Metapterygium zum Propterygium absinkende Kante aus, welche sich auf der medialen Seite des Schultergürtelgelenkkopfes proximal vorschiebt. Die beiden Marginalia sind im Innern noch ganz von Knorpel gebildet. An. bezeichnet auch hier die dünnen periostalen Knochenhülsen der beiden Skeletstücke. Vergr. 100: 1. Tatelell: Fig. 5—10 geben Darstellungen der Muskulatur der Polypterus-Brustflosse in natürlicher Grösse. Fig. 5, 6, 8 sind der rechten, Fig. 9, 10 der linken Flosse entnommen. Fig. 5. Ansicht von der lateralen Seite her. Zu beachten vor allem das laterale Flossenseptum und die Komposition der lateralen Flossenmuskulatur aus einem proximalen Theil, dessen Fasermassen zum Septum konvergiren und aus einem distalen Theil, in welchem dieselben zur Flossenbogenlinie divergiren. Die untere Spitze der Coracoidplatte ist eben noch sichtbar. Fig. 6. Ansicht von der medialen Seite her. Das mediale Flossenseptum. Sonderung des Flexor superficialis in eine pro- und metapterygiale Portion. © e r ‘, Fig. 7. Ansicht vom dorsalen oder propterygialen Rande aus. Sulcus propterygialis. Stärker ausgeprägte Gliederung einzelner Muskelgruppen. Verschmälerung der ganzen Extremität in ihrer Mitte. Fig. 8. Ansicht vom ventralen oder metapterygialen Rande aus. Unter dem freien Rande des Coracoseptalis erscheinen der Mesopterygioactinalis und Coracometapterygialis. Suleus metapterygialis. Fig. 9 und 10 zeigen die tiefe Extensoren- und Flexoren-Muskulatur nach Entfernung der oberflächlichen. Bezüglich des Skelets vergleiche man Tafel I und die Textfiguren. Fig. 9. Ansicht der lateralen Seite. Der Zonopropterygialis lateralis mit der in seine Endsehne eingebetteten Cartilago parapropterygialis ist in seinem distalen Theil erhalten. Divergenz der Fasern des tiefen Extensor. Fig. 10. Ansicht der medialen Seite. Theile des Zonopropterygialis und Coracometapterygialis erhalten. Das Ligamentum zonomesopterygiale und seine Beziehungen zum tiefen Flexor treten deutlich hervor. Ventral ist ein die beiden Flexoren verbindendes Muskelbündel durchschnitten sichtbar. Tafel II. Fig. 11 stellt den vorderen Theil eines 50 em langen Polypterus in der Ventral-Ansicht dar. Die Rumpfwandung ist jederseits zur Seite geschlagen. Der Schultergürtel ist in der Mitte durehschnitten und auf der rechten Seite zurückgeschlagen. Das Perikard ist eröffnet. cor. das Herz in demselben. 390 HERMANN KLAATScH [132 Rechts und links davon erblickt man die hintere Begrenzung des Kiemendarnms. Ferner ist sichtbar die Lebervene (V. hep.) und die Leber; auch die Schwimmblase. Seitlich davon sind die zu den Flossen tretenden Nerven dargestellt. Die linke Seite zeigt die Beziehung der vier Nervi pterygiales (I, II, III, IV) zu den Nachbartheilen, besonders zum Ligamentum cleithrovertebrale (Lig. CI. V.), welches von vorderen Theilen der Wirbelsäule zum dorsalem Vorsprung des Cleithrums geht. Auf der rechten Seite des Thieres ist die Flosse in die Supinationsstellung gebracht worden, sodass der metapterygiale (ventrale) Rand cranial, der propterygiale caudal gelagert ist. Die nach innen vom Schultergürtel gelegenen Muskelmassen sind grösstentheils entfernt. Von der Flossenmuskulatur ist sichtbar das mediale Flossenseptum, der Flexor superficialis mit seinen beiden Theilen, der Zonopropterygialis medialis, der Coracometapterygialis. Die scharfe Knickungs- linie nach innen von der Flosse bezeichnet den untern Rand des Coracoid; und weiter nach innen ist das Foramen coracoideum sichtbar. In dieses tritt die Arteria pterygialis ein (ar?). go Nervus propterygialis, hervorgegangen aus / und //. 1. Ast zur Rumpfmuskulatur. 2. Aeste zum Zonopropterygialis. 3. Ast nach vorn, lang und schmal sich zu den unter der Clavicula gelegenen Muskelmassen begebend. 100 Nervus mesopterygialis, aus /// hervorgegangen*). 7. Lateraler Ast von 400 ins Foramen coracoideum eintretend, mit der Arterie. wm. Medialer Ast zum Flexor sich begebend. wra. Nervus metapterygialis aus /V. 2 Aeste zur Muskulatur auf der Innenseite des Schultergürtels. !. Lateraler Ast zum Coracometapterygialis. m. Medialer Ast zum metapterygialen Theil des Flexor. Fig. 12 und 13 geben Detailbilder der Nervenvertreibung an der lateralen und medialen Fläche der Flosse. Die oberflächlichen Extensoren- und Flexoren-Massen sind entfernt. Fig. 12. Der Schultergelenkkopf (G/) ist in die Darstellung aufgenommen, um die Lage der äusseren Oeffnung des Foramen coracoideum zu demselben zu zeigen. Lateral vom Gelenkkopf entspringt der schmale, als Glenopterygialis (gl pt) bezeichnete Muskeltheil des Extensor. Die über dem Gelenk- kopf entspringenden Muskelmassen (zonoseptalis ete.) sind durchschnitten und zurückgeschlagen. Ueber die proximale Epiphyse des Pr. schlägt sich der mediale Ast der xg0 zur Medialfläche. rr90. Stamm des Nervus propterygialis entsendet 5.**) Ast zum zonoseptalis. 6. kleiner Ast zum Schultergelenk. 7. Ast zum oberflächlichen Extensor. 8. Aeste die oberflächlichen und tiefen Extensor versorgen und sich demgemäss in oberflächliche und tiefe Aeste sondern. 100 /. ist der laterale Ast der des «00, dessen Eintritt ins Foramen coracoideum auf Fig. 11 sichtbar ist. Uebertritt dieses Nerven über die proximale Epiphyse des Metapterygium. 10. Ast zum Glenopterygialis. 9. Aeste zu tiefem und oberflächlichem Extensor, wie 8. Fig. 13. Medialfläche der Flosse. Lig. Z. Ms. Ligamentum zonomesopterygiale. Theilung des zrgo in 1. Ramus lateralis (s. Fig. 12) und »n. Ramus medialis. Der oberflächliche Flexor ist durch- schnitten und theilweise erhalten, sodass man die Sonderung der Aeste der go m in oberflächliche und tiefe erkennen kann. Dasselbe ist bei «00 m der Fall, dem medialen Ast des 00 Nervus mesopterygialis. Tafel IV. Sämmtliche Figuren stellen Schnitte der Brustflossen von Calamoichthys dar, welche parallel zur Oberfläche derselben geführt wurden. Fig. 14. Calamoichthys 12 cm Länge. Rechte Brustflosse. Der Schnitt hat Pro- und Meta- pterygium in grosser Ausdehnung getroffen, desgl. Mesopterygium, dessen Zusammenhang mit dem Pro- *) In Folge eines Versehens ist der betreffende Strich auf der Figur nieht genügend weit gezogen worden, sodass er fälschlich bei N/ endet. Dasselbe ist bei dem Aste ! von u:o der Fall. **) Die Zahl 5 ist auf der Figur vergessen worden. Sie muss zwischen den Bezeichnungen zopt u. xp» stehen. 135] BRUSTFLOSSE DER ÜROSSOPTERYGIER. 391 pterygium sichtbar ist. Zu beachten ist die einander mehr parallele Stellung der proximalen Theile der Marginalia und die relativ geringe Ausdehnung des Mesopterygium in dieser Region. Auf der Aussen- fläche des Mesopterygium liegen Theile des Extensor profundus. Ferner von Muskeln sichtbar: Theile des Zono-propterygialis lateralis und des Coraco -metapterygialis. Von den Proactinalien erblickt man Theile der distalen Epiphysen, die zum Theil zusammenhängen. Links liegt ferner das Epimarginale propterygiale; rechts sieht man die proximalen Theile zweier Strahlen des dermalen Skelets. Vergr. 50:1. Fig. 15. Calamoichthys 25 cm. Linke Brustflosse. Der Schnitt liegt etwas medial vom Meso- pterygium und trifft das Propterygium in ganzer Länge. Von Skelettheilen ist ferner sichtbar: Der Schultergelenkkopf, der proximale und distale Theil des Metapterygium, die Össifikation des Mesopterygium, ein Theil der Proactinalia, das Epimarginale propterygiale und zum Theil noch eben gefressen die Epactinalia. Von Muskeln Zonopropterygialis lateralis, der Coracometapterygialis, Theil der Flexor pro- fundus. Von Nerven sind in der Höhe des Schultergelenkes kleine Strecken des N. pro- und meta- pterygialis sichtbar. Von Gefässen erkennt man die Arteria pterygialis in der Nähe der proximalen Epiphyse des Metapterygium und die grosse Vena pterygialis. Vergr. 25:1. Fig. 16. Schnitt derselben Serie wie Fig. 15, nur etwas mehr lateral. Das Metapterygium ist jetzt der Länge nach getroffen, während vom Propterygium nur die proximale Epiphyse angeschnitten ist. Von Skelettheilen ferner sichtbar: Der Schultergelenkkopf, das Mesopterygium mit einem Theil seiner Ossifikation, die Cartilago parapropterygialis, zahlreiche Proactinalia und die Metactinalia, ferner das Epimarginale metapterygiale und einige Epactinalia. Von Muskeln dieselben wie auf Fig. 15, ferner eine kleine gesonderte Portion des Extensor, welche von der Cartilago parapropterygialis entspringt, und die im Text als Musculus marginalis Pro- pterygii erwähnt wird. Von Nerven sieht man den lateralen Ast des Nervus propterygialis über die proximale Epiphyse des Propterygium zum Extensor prof. treten; auch einige Aeste zum Zonopropterygialis sind sichtbar. Auf der anderen Seite zeigt sich ein ganz kleines Stück des Nervus metapterygialis. Von Gefässen ist eine kurze Strecke der Art. pterygialis sichtbar, ferner einige kleinere Gefässe auf der Lateralfläche des Mesopterygium, die theils auf Aeste der Art. perforantes, theils auf Quellen der Vena pterygialis externa zu beziehen sind. Vergr. 25:1. Fig. 17. Calamoeichthys von 12 em Länge. Schnitt von der medialen Fläche des Mesoptery- gium. Dieses ist nicht sichtbar, von dem Pro- und Metapterygium zeigt sich der proximale Theil und zwar jene Partie, welche durch die Verschmelzung der knorpeligen Epiphysen entsteht und als Proc. styloides bezeichnet wird. Von Muskeln sind Theile des Zonopropterygialis medialis in verschiedener Richtung der Fasern durchschnitten; ferner sieht man Theile des Coracometapterygialis und in grosser Ausdehnung den Flexor profundus, der aber nicht bis zum distalen Rand dargestellt ist. Von Nerven ist gerade der mediale Ast des N. propterygialis getroffen bei seinem Uebertritt zur medialen Fläche, wo er dem Stamm des Mesopterygialis begegnet. Beide lagern sich aneinander, eine Art Plexus bildend, von dem aus distale Aeste zum Flexor ziehen. Ein kleines Stück des Metapterygialis ist sichtbar. Von Gefässen sieht man den Uebertritt der Art. pterygialis über den proximalen Theil des Metapterygium seitlich zur medialen Fläche; ferner einige kleinere Gefässe weiter distal im Flexor profundus. Vergr. 40:1. Inhalts - Uebersicht. Einleitung I. Zur Anatomie des Crossopterygiums A. Aeussere Verhältnisse, Form, Stellung und Bewegungen B. Skelet C. Muskulatur D. Nerven II. Crossepterygium und Archipterygium . III. Cheiropterygium und Ichthyopterygium IV. Cheiropterygium und Crossopterygium A. Aeussere Form und Stellung B. Skelet : C. Nerven und Muskeln V. Cheiropterygium und Archipterygium . Litteratur-Verzeichniss Tafel-Erklärung Alaatsch Tafı --—--0s.Mso. S vı ur {1 = ILL > 11,7” NZ v S Ä au 38 St [58 R Sg S S I & S I N ' ; ; ı 1 08.Mso.------Äi Festschrift für Gegenbaur anf BRENNN os IB m -Aet: = Epmm&----5 0.2 So SRCHHN IN > Ss I 0068 ) @ Z 5 f ® mr Wilhelm Engelmannnlespztg WR) Ir, ve Keuztz del ng " Festschrift für Gegenbaur. Klaatsch Taf. 11. Lig. Z. Ms. > Meta. co. nmıla. 2. pet. lat. co. spt. lex prof. co. spt. lat. co. mıla. SPLIACh ms. act. su. mia. s.pri.med. —— __ Da.prt. lat. Co. mia. flex. sup. ae er su prt. H; ROTEN ? p- mta. h N nz spR su. mıla. > spk lat. flex.sup. ——- MS 00% co. mla. erResup: p. mt. flex. sup: "marg. pr. spt. act. B. KEILITZ DEL. VeErLAG von WILHELM ENGELMANN ıx Leipzig, Alaatsch Taf IV 0s.Msn. --——--Ms0 =ui= Epm pr | 14 I/j comia- rl llll) flex. prof. Haaisch del Verlag vor Wilhelm Engelmann leipzig Lich Anstr EA Funke Leipzig, MORPHOLÖGIE DER AMPHIBIENRIPPEN VON DR. E. GÖPPERT PRIVATDOCENT UND ASSISTENT AM ANATOMISCHEN INSTITUT ZU HEIDELBERG. MIT TAFEL I—II UND 10 FIGUREN IM TEXT. Festschrift für Gegenbaur. 50 EINBELBINIG Die vorliegende Arbeit stellt sich die Aufgabe, das Verhältniss der Amphibien- vippen zu denen der Fische eingehender zu erörtern als es bisher geschehen ist”). Eine Reihe von Untersuchungen, im erster Linie diejenigen GorrrE's (Littera- turverzeiehniss 17), haben erwiesen, dass man bei Fischen zwei Arten von Rippen zu unterscheiden hat: obere und untere, welch’ letztere auch als Pleuralbögen bezeichnet worden sind. Beide Rippenformen gehören zum unteren Bogensystem der Wirbelsäule und sind, wie die Entwickelungsgeschichte lehrt, als abgesliederte Fort- sätze oder Verlängerungen der primitiven Basalstiümpfe (Basalfortsätze) aufzufassen. Ihre Anordnung ist bestimmt dureh diejenige der Seitenmuskulatur, in deren Dienst sie stehen. Sie liegen in den transversalen Myosepten, und zwar die unteren Rippen in deren medialen Rändern, die oberen an ihren Kreuzungen mit dem Hori- zontalseptum jeder Seite. Bei dem ventralen Zusammenschluss der Muskulatur beider Körperhälften am Anfang des Schwanzes vereinigen sich die unteren Rippen sammt ihren Basalstimpfen zur Bildung der Hämalbögen*®). Die oberen Rippen dagegen betheiligen sich nirgends an deren Aufbau. Im Rumpfende rudimentär werdend, finden sie sich vielfach im vordersten Abschnitt der Schwanzwirbelsäule noch als seitliche Anhänge der Hämalbogenbasen vor. Ihre Ursprungsstelle kann hier durch einen seitlichen Fortsatz des Bogens ausgezeichnet sein. Voraussichtlich fand im Laufe der Phylogenese zuerst die Ausbildung der unteren Rippen statt. Die Dipnoer und die meisten Ganoiden erhielten sich auf jener ursprünglichen Stufe. Erst später kamen die oberen Rippen hinzu, sodass damit jedes Rumpfsegment zwei Rippenpaare enthielt. Die Crossopterygier sowie *) Die Arbeit schliesst sich unmittelbar an eine Untersuchung der Fischrippen an, die im XXIII. Band des Morphol. Jahrbuchs erschienen ist (Litteraturübersicht 14). Ein Theil ihrer Resultate ist bereits in einer vor- länfigen Mittheilung veröffentlicht (13). **) Nur die Teleostier machen hiervon eine Ausnahme, indem ihre caudalen unteren Bögen unter Aus- schluss der unteren Rippen von den Basalstümpfen allein gebildet werden (vergl. 14). 50* 396 i E. GörPpERT [a einige Teleostier (Salmoniden, Clupeiden*) bieten Beispiele für dieses Verhalten. Weiterhin trat aber bei manchen Formen, in Zusammenhang mit Umgestaltungen der Muskulatur, eine Rückbildung der unteren Rippen ein. Ualamoichthys calabaricus repräsentirt den Beginn dieses Vorgangs. Bei den Selachiern ist er vollendet. Wir treffen dann nur noch obere Rippen an (vergl. 14). Die Rippen der Amphibien werden nun wohl von der Mehrzahl der Forscher als Homologa der oberen kippen der Fische aufgefasst. Wie diese finden sie sich ja dem Horizontalseptum angeschlossen und zeigen keinen direkten Antheil am Auf- bau der unteren Bögen des Schwanzes. Das Verhalten der Amphibien würde sich also hierin an Zustände angliedern lassen, die bei den Selachiern repräsentirt sind®®). Zwischen der oberen Fischrippe und der Amphibienrippe zeigen sich aber erhebliche Unterschiede, die einer Erklärung bedürfen, bevor die Homologie gesichert erscheinen kann. Einen Differenzpunkt bildet zunächst die Befestigungsweise der Am- phibienrippen an der Wirbelsäule. Dass hier der primordiale Zustand des Skelets an erster Stelle in Betracht gezogen werden muss, ist selbstverständlich. Für die Urodelen und Anuren wissen wir nun bisher, dass die Rippen durch knorpelige Quer- fortsätze den oberen Bögen angeschlossen sind (Goerre [17]), während sie doch bei den Fischen sich unteren Bogenbildungen angliedern. Scheinbar verwandte Verhältnisse treffen sich aber auch bei manchen Fischen, so z. B. bei dem Cyprinoiden Rhodeus amarus. Auch hier tragen die Neuralbögen querfortsatzartige Stiicke, denen die (unteren) Rippen angeheftet sind. Diese (Quer- fortsätze rücken jedoch in den hinteren Theilen des Rhumpfes von den oberen Bögen auf die Wirbelkörper herab und werden endlich zu den Hämalbögen der Schwanz- wirbelsäule. Die Querfortsätze der oberen Bögen im Vorderrumpf sind also dorsal verlagerte Basalstiimpfe. Die knorpeligen @Querfortsatzbildungen der Urodelen gehen dagegen, soweit bekannt, am Schwanz nicht in die Hämalbögen über (Craus |4]). Sie finden sich hier vielmehr gleichzeitig mit diesen vor und entspringen dabei an derselben Stelle der Neuralbögen wie in den vorderen Theilen des Körpers (Fig. VI). Die knorpe- lisen Querfortsätze der Urodelen sind also nicht einfach als dorsal verschobene Basalstiimpfe anzusehen. Ferner wissen wir durch Kxıckuever (22), dass ontogenetisch die Querfortsätze der Urodelen zwar m Anlehnung an die Neuralbögen, aber doch unabhängig von *) Es ist selbstverständlich, dass bei den Teleostiern die oberen Rippen nicht mit den Seiten- gräten verwechselt werden dürfen, die zuweilen, wie z. B. bei Sygnathus, bei den Cottiden u. a. sehr stark entwickelt sind. Die ersteren gehören dem primordialen Skelet an und sind dargestellt durch die sog. Cartilagines inter- musculares Brucw’s (3 u. 14). Die Seitengräten dagegen sind einfache Sehnenverknöcherungen ohne knorpelige Grund- lage. Beide Theile kommen bei den Clupeiden gleichzeitig in einem Segment vor. **) Von einer direkten Ableitung der Amphibien von den Selachiern kann natürlich keine Rede sein. Ausser anderem zeigt das schon ein Blick auf die typische Verschiedenheit im Aufbau der Wirbelkörper beider Gruppen. 5] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 397 ihnen entstehen. Sie sind also auch nicht als einfache Auswiichse der oberen Bögen aufzufassen. Ihrer Genese nachzuforschen, muss demnach einen wesentlichen Theil unserer Aufgabe bilden. Bei der Prüfung dieser Frage wird sich voraussichtlich auch entscheiden lassen, ob die (uertortsätze der Anuren denen der Urodelen homolog sind oder anders beurtheilt werden missen. Bei den Gymnophionen endlich ist das primordiale Ver- halten der Rippenbetestigung noch nicht festgestellt und wird uns also im Folgenden beschäftigen. Üine zweite Reihe von Fragen schliesst sich an die Zweiköptigkeit der Rippen an. Bei den Urodelen, Gymnophionen und auch fast durchweg bei den Stegocephalen (12) entsendet bekanntlich die Rippe in der Nähe ihres proximalen Endes eine dorsale Spange, die sich selbstständig mit einem Theil der Wirbelsäule verbindet. Die nächstliegende und wohl auch verbreitetste Auffassung sieht in der dorsalen Spange einfach ein verlängertes Tuberkulum der Rippe, eme Apophysenbildung, die eine festere Anheftung der Rippe an die Wirbelsäule ermöglicht. Eine grössere Bedeutung misst ihr nun aber GoerrE (17) bei. Er sah nämlich in einigen Fällen bei jungen Salamandern und Tritonen, dass sie sich zwar an den Haupttheil der Rippe anlegt, aber dabei ihre Selbstständigkeit nicht ganz einbisst, sondern distal mit einem freien Ende ausläuft. Auf Grund dieser Beobachtungen fasst er die Amphibienrippe als eine Doppelbildung auf. Eine Bestätigung dieser Ansicht könnte man in den Ergebnissen der entwickelungsgeschichtlichen Untersuchung Ksıcknegyer's (22) finden. Nach diesem Autor erfolgt nämlich das erste Auftreten hyaliner Grundsubstanz in der Anlage der oberen Spange getrennt von dem Knorpel- gewebe der eigentlichen Rippe. Die Beobachtungen beider eben genannten Untersucher sind nun unzweifelhaft richtig. Sie gelten aber, wie mich auch meine eigenen Erfahrungen lehren, nur für einzelne, nicht für alle Rippen. Ob daher Zusammenhang oder Trennung der oberen und unteren Spange das Ursprüngliche vorstellt, ist durch eine erneute Prüfung zu entscheiden. Auch die Zweiköptigkeit der Amphibienrippe wird uns beschäftigen müssen. Wenn wir nun versuchen, den eben kurz gekennzeichneten Hauptfragen nach- zugehen, so wird sich die Untersuchung nicht auf die Skelettheile selbst beschränken dürfen, sondern wird auch die Weichtheile der Nachbarschaft zu berücksichtigen haben. Die erste Stelle nimmt unter diesen naturgemäss die Muskulatur em, denn sie ist als der bestimmende Faktor für das spezielle Verhalten der Rippen anzusehen. Ferner wird nicht allein der fertige Zustand der Theile, sondern auch ihre Ontogenese herangezogen werden missen. Das Verhalten der letzteren zur Entwickelungsgeschichte der Selachierrippe verlangt dabei eine besondere Prüfung. 398 E. GÖPPERT [6 I. Urodelen. Wir beginnen mit der Untersuchung der Rippenbefestigung bei den Uro- delen und wollen uns zunächst den Bau des knöchernen Wirbels vergegen- wärtigen. Alle für uns wesentlichen 'Thatsachen sind bereits zur Genüge bekannt. Abgesehen von anderen Forschern finden wir besonders im einer Untersuchung von Mivarr (23) über das Axenskelet der geschwänzten Amphibien eime klare, mit guten Abbildungen versehene Beschreibung der emschlägigen Verhältnisse. Als Beispiel wählen wir einen der opisthocoelen vorderen Rumptfwirbel eimer ausgewachsenen Salamandra maeculosa. Beim ersten Bliek fallen die stark ent- wickelten flügelartigen Querfortsätze im die Augen, die an der Seite des Wirbels, schräg nach hinten und aussen gerichtet, hervorragen. Sie stellen ziemlich breite, auch dorso-ventral entfaltete Knochenlamellen vor. An ihrer vorderen wie hinteren Fläche zeigt sich, dieht an der Basis beginnend, eme lateralwärts verlaufende Furche, die einen starken ventralen und schwächeren dorsalen Balken als Theile des Quer- fortsatzes unterscheiden lässt. Beide Balken verbindet eine, den Grund jener Furchen bildende dinne Knochenschicht. Die lateralen Enden beider Knochenbalken sind hohl. Sie sind hier mit Knorpelgewebe ausgefüllt, das ihre Verbindung mit dem ent- sprechend gebauten proximalen Ende der Rippe und deren dorsaler Spange ver- mittelt. Der Haupttheil der Rippe schliesst sich an den ventralen, die dorsale Spange an den dorsalen Balken an. Betrachten wir jetzt die Querfortsatzbasis genauer, so finden wir sie m ihrem ventralen Theil von emem Kanal durchbrochen, der für den Durchlass der longitu- dinal verlaufenden Arteria vertebralis collateralis und der entsprechenden Venen bestimmt ist. Das Bestehen dieses Kanals lässt eme ventrale und eine dorsale Quer- fortsatzwurzel unterscheiden. Die erstere entspringt vom Wirbelkörper und stellt eine schmale und dünne Knochenspange vor. Die dorsale geht vom Neuralbogen aus, der bekanntlich bei den Urodelen in eranio-caudaler Richtung stark in die Länge entfaltet ist. Von den beiden oben unterschiedenen Balken des Querfortsatzes gehört der dorsale ganz zur dorsalen Wurzel, am ventralen dagegen haben beide Wurzeln Antheil. Gegen den Schwanz zu vereinfacht und verklemert sich der Querfortsatz. Am Schwanz selbst interessint uns der Umstand, dass die ventrale Querfortsatzwurzel nieht mit den Hämalbögen in Zusammenhang steht. Zu betonen ist endlich, dass, soweit bekannt, nur die dorsale Wurzel des Querfortsatzes zu der knorpeligen Anlage dieses Gebildes gehört, während die ventrale gleich als eine dünne Knochenspange in Erschemung tritt (Gorrıe |[17)]). MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. | arı ) ) [S% Einige Abweichungen von dem soeben geschilderten Verhalten der @Querfort- sätze bei Salamandra bietet Menobranchus lateralis. Auffallend ist zunächst die grosse Länge der Querfortsätze. Dann tritt der dorsale Theil des Querfortsatzes nicht so deutlich als ein Balken hervor, wie bei Salamandra und entbehrt auch hier der distalen Höhlung, da die dorsale Rippenspange den direkten Anschluss an den Quer- fortsatz nicht erreicht. Ferner ist die starke Entwickelung der ventralen Querfortsatz- wurzel bemerkenswerth, die hier eine breite Platte bildend fast in der ganzen Länge des Wirbelkörpers entspringt. Auch hier stellt sie die ventrale Begrenzung des Kanals für die Vasa vertebralia vor. Von Bedeutung ist nun aber, dass diese ven- trale Wurzel an den vorderen Schwanzwirbeln mit der Basis der unteren Bögen ver- schmilzt (Sransıus [30], Mivarr |23]). Hiermit zeigt sich jetzt die Möglichkeit, dass die ventrale Querfortsatzwurzel in genetischer Beziehung zum unteren Bogensystem steht, dass also die Befestigung der Rippen doch an Theilen erfolgt, die wenigstens theilweise dem unteren Bogensystem zugehören. Die Entscheidung kann nur die Untersuchung von Larven von Menobranchus bringen, der wir uns jetzt zuwenden. Das hierzu nothwendige Material verdanke ich der Güte des Herm Professor Dr. H. Vırcnow. Ch Art. vert. B 22 Fig. I. Menobranchus lateralis. Larve 43 mm. 3. Rumpfwirbel. Flächenprojektion 60:1. ZL Ligament zwischen der dorsalen Rippenspange (r) und der knöchernen Verbreiterung (K‘) des Rippenträgers. Sonstige Bezeichnungen s. am Schluss der Arbeit. Als ein besonders günstiges Stadium erwies sich für uns eine Menobranchus- Larve von 43 mm Länge. Die Ausbildung des knorpeligen Skelets hatte hier ihren Höhepunkt erreicht. Es war durch die Entwickelung des Knochengewebes noch nicht in erheblicher Weise angegriften. Wir untersuchen zunächst einen vorderen Rumptwirbel, wie ihn uns Fig. I und Fig. 10, Taf. II vor Augen führt. Annähernd in der Mitte des ausgesprochen sanduhrförmigen Wirbels erhebt sich der knorpelige obere Bogen (N). Auffallend erscheint seine Schmalheit (Fig. 10). Die langgestreckte Tunnelform des fertigen Neuralbogens kommt also erst durch Knochenansatz an den cranialen und den caudalen Rand der knorpeligen Anlage zu Stande. Von den dorsalen Theilen des Neuralbogens ziehen die beiden langen knorpeligen Processus articulares anteriores (Pre art. a) eranialwärts. In entgegengesetzter Richtung ragt ein langer Fortsatz 400 E. GöPPERT 8 hervor, der in einen unpaaren Processus spinosus (Pre. spin.) und zwei seitlich von jenem gelegene Processus articulares posteriores (Pre. art. p.) ausläuft. Ventral von der Neuralbogenbasis geht von dem Wirbelkörper em Knorpel- stab aus, der lateral- und etwas caudalwärts gerichtet ist (5). Er ruht ebenso wie der Neuralbogen der Elastica chordae auf. Sem distales Ende erreicht das zugehörige transversale Myoseptum am medialen Rand des Horizontalseptums und liegt im Niveau der ventralen Hälfte der Chorda dorsalis. Ihm fügt sich die Rippe an (R). Beide Theile hängen kontinwrlich zusammen. Nur ist an ihrer Grenze die Inter- cellularsubstanz des Hyalinknorpels schwächer entwickelt und die Elemente selbst sind etwas kleiner als lateral und medial von dieser Stelle. Ganz entsprechende Verhältnisse zeigt die Basalstumpf-Rippenverbindung bei älteren Embryonen von Selachiern (14, Taf. XVI. Figg. 14 und 16). Etwa im der Mitte semer Länge sendet der beschriebene Knorpelstab einen Fortsatz dorsalwärts (B), der nach kurzem freien Verlauf die Aussenfläche des lateralwärts ausbiegenden Neuralbogens (N) erreicht, sich ihm anlagert und an seiner Aussenfläche bis etwa zum Ende des dritten Viertels seiner Höhe emporzieht. Dieser dorsale Theil verläuft dabei etwas schräg caudal- wärts und erreicht mit semem oberen Ende den hinteren Rand des Neuralbogens. Seine Lage entspricht genau dem medialen Rand des zugehörigen Transversalseptums. Er erfährt eine nicht unbeträchtliche Verbreiterung durch eine gegen das transversale Myoseptum vorragende Knochenlamelle (A), die ventral auf dem distalen Theile des vorher beschriebenen Knorpelstabs ruht und mit ihrem dorsalen Theile deutlich lateralwärts vorspringt. Der ganze eben geschilderte Rippenträger entspricht dem Querfortsatze des fertigen Thieres. Der Raum zwischen ihm, der Neuralbogenbasis und dem Wirbel- körper birgt die Arteria vertebralis collateralis (Fig. I Art. vert.) sammt zugehörigen Venen. Die ventrale Abgrenzung dieses kurzen Kanals, vom Rippenträger gebildet, entspricht der ventralen (uerfortsatzwurzel, die wir am fertigen Wirbel kennen lernten. Wir sehen also, dass diese hier eine knorpelige Anlage besitzt. Zugleich wird es wahrschemlich, dass der ganze als Knorpelstab bezeiehnete Abschnitt (2) des Rippenträgers, vom Wirbelkörper bis zum Anfange der Rippe reichend, dem Basal- stumpf der Selachier entspricht. (Gehen wir num allmählich caudalwärts (Fig. 2, Taf. I), so sehen wir, dass der basale Abschnitt des fraglichen Knorpelstabs zu den Hämalbögen des Schwanzes aus- wächst (77). Sem distaler Theil erscheint dann hier als ein lateraler Vorsprung (B‘) der Basis des unteren Bogens, der gegen das Horizontalseptum vorragt. Die knorpelige Verbindung mit der Aussenseite des Neuralbogens ist gleichzeitig verloren gegangen (vergl. 13 Fig. 4). Durch dieses Verhalten zeigt der Knorpelstab des Rippen- trägers von Menobranchus (Fig. I. B) eine im Wesentlichen völlige Uebereinstimmung mit dem Basalstumpf der Selachier®). Er ist ihm *) Augenscheimlich sind die Hämalbögen der Amphibien ebenso wie die der Selachier homolog denen der Ganoiden und Dipnoer, d. h. sie enthalten eine den unteren Rippen (Pleuralbögen) entsprechende Komponente. 9] MORPHOLOGIE DER ÄMPHIBIENRIPPEN. 401 homolog und soll in Zukunft auch als Basalstumpf bezeichnet werden. Die Rippen von Menobranchus stehen also mit Theilen des unteren Bogensystems genau ebenso in Verbindung, wie die oberen Rippen der Fische. Der Basalstumpf ist aber nur em Theil des Rippenträgers. Die Komplikation des letzteren erfordert eine Erklärung und zwingt uns zu einer eingehenden Unter- suchung. Von besonderem Interesse ist zunächst das Verhalten des Rippenträgers zum Neuralbogen. Sein dorsaler Theil (5) liegt letzterem zwar unmittelbar an; an mehreren Wirbeln trennte aber der Knochenüberzug des oberen Bogens das Knorpel- gewebe beider Theile völlig von einander (Fig. II). An anderen Wirbeln wies diese knöcherne Scheidewand ein oder mehrere, meist kleine Löcher auf, die einen Zu- sammenhang des Rippenträger- und Neuralbogenknorpels gestatteten (Fig. I), Auch an diesen Stellen waren aber gelegentlich die Elemente beider Theile derart ange- ordnet, dass eine Lamelle von Knorpelerundsubstanz das Fenster der Knochenscheide einnahm und dadurch eine Grenze bildete. Das ganze Verhalten zeigt jedenfalls, dass die dorsale Rippenträgerspange keinen integrirenden Bestandtheil des oberen Bogens bildet. Sie erscheint vielmehr als eine jenem ursprünglich fremde, ihm erst sekundär angeschlossene Bildung. Andererseits hängt in der grossen Mehrzahl der Fälle der dorsale Theil des Rippenträgers mit dem Basalstumpf kontinuirlich zusammen. Der Rippenträger bildet also ein einheitliches und selbstständiges Skeletstück. Nur an emzelnen Wirbeln der hinteren Rumpfregion fanden sich Ausnahmen. Der bereits vom Knochengewebe umschlossene dorsale Theil des Rippenträgers zeigte sich dicht an seinem ventralen Ende eingeschnürt. Hier war auch die Knorpelgrundsubstanz verändert. Sie fürbte sich mit Carmmm dunkler, als in den übrigen knorpeligen Theilen, und glich darin mehr der Intercellularsubstanz des Knochengewebes. Es liegt nahe, den Grund hier- für m einer Verkalkung der Grundsubstanz zu suchen. In anderen Fällen fand sich an der entsprechenden Stelle kem Knorpel, sondern Knochengewebe, das den Zusammen- halt des Basalstumpfantheils mit dem dorsalen Theil des Rippenträgers vermittelte. Augenscheinlich ist diese Durchtrennung der Einheit des Rippenträgers auf eine Zer- störung des Knorpels durch Knochengewebe zurückzuführen. Die Unterbrechung der Kontinuität ist als sekundär zu betrachten. Ein ganz analoges Verhalten zeigte sich übrigens auch an zwei Wirbeln im Bereich des dorsalen, dem Neuralbogen ange- schlossenen Rippenträgertheils. Das oben geschilderte allgemeime Verhalten der vorderen Rippenträger ändert sich ein wenige in den hintersten Rumpfabschnitten: Der Basalstumpf entfernt sich etwas von der Basis des Neuralbogens und rückt mehr auf die ventrale Seite des Wirbelkörpers. Ferner verkürzt sich der dorsale Theil des Rippenträgers (b). Am letzten Rumpfwirbel erreicht er zwar noch die Aussenseite des Neuralbogens, er zieht aber nur ein ganz unbedeutendes Stück an ihm empor. Festschrift für Gegenbaur. 51 402 E. GÖPPERT [10 Im Gegensatz zu diesen schwächer entwickelten Rippenträgern zeigt sich der ganze Apparat auffallend stark ausgebildet am Sakralwirbel (Fig. II). Dies steht natürlich in Zusammenhang mit der mächtigen Entwickelung der Sakralrippe (R) und der dieser zufallenden Leistung als Stütze des Beckengürtels (J/). Der sehr massiv gebaute Rippenträger erstreckt sich aber doch nicht soweit am Neuralbogen herauf, wie es an den vorderen Rumpfwirbeln der Fall war. Die Basis seines Basal- stumpfantheils (2) ist auch durch einen ziemlich grossen Abstand von der Neural- bogenbasis getrennt. Von dem oberen Bogen (N) war sein dorsaler Theil (2) durch Knochengewebe völlig getrennt. Er selbst war aber vollständig einheitlich. Besonders bemerkenswerth ist eine Eigenthümlichkeit, die ihn von den übrigen Rippenträgern Fig. II. Menobranchus lateralis. Larve 43 mm. Sakralwirbel. Flächenprojektion 60:1. Jl Becken, dem Ende der Sakral- rippe angefügt. Sonstige Bezeichnungen s. am Schluss der Arbeit. unterscheidet. Dieht iiber dem lateralwärts vorragenden Basalstumpfende (B) springt nämlich von dem frei auf den Neuralbogen zustrebenden Theil des Trägers (d) ein Höcker nach aussen vor, etwa m der Höhe der Arteria vertebralis (Art. vert.). Ex dient der Befestigung der kurzen oberen Spange (r) der Sakralrippe. Am Schwanz tritt an den beiden ersten Wirbeln wieder eine wesentliche Ver- einfachung des Rippenträgers ein. Es sind dies übrigens die letzten Wirbel, die Rippen aufweisen, und zwar in Gestalt von kurzen Rudimenten. Hämalbögen fehlen hier noch. Der dorsale Theil des Rippenträgers ist auf eim einfaches Knorpelstück reduzirt, das sich zwischen Aussenseite des Neuralbogens und Basalstumpfmitte ein- schiebt. In beiden ersten Schwanzwirbeln war es einseitig ganz vom oberen Bogen durch dessen Knochenschale getrennt, während auf der anderen Seite in beiden Fällen eine kleine Liicke beide Theile in Zusammenhang brachte. Ferner bildete an beiden Wirbeln der Rippenträger linkerseits ein einheitliches Knorpelstück. Rechts trennte Knochengewebe seinen dorsalen Theil in ein kleineres ventrales Stück, das mit dem Basalstumpf zusammenhing, und ein grösseres dorsales Stück, das sich an den Neural- 11] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 403 bogen anlegte. Für dieses Verhalten gelten wohl auch die oben gemachten Bemer- kungen, die eine Zerlegung des Rippenträgers, wie sie hier vorliegt, als die Folge einer Zerstörung des Knorpels durch Knochengewebe beurtheilten. Endlich sei noch erwähnt, dass die Basalstumpfbasis emes Wirbels auf einer Seite durch einen Ast der Aorta caudalis durchbohrt wurde, der zur Arteria vertebralis zog. Am dritten und den folgenden Schwanzwirbeln finden sich geschlossene Hämal- bögen vor (Fig. III). Dass diese eme Bildung der Basalstümpfe sind, ist oben bereits ausgeführt worden. Ebenso ist schon mitgetheilt, dass den lateralen 'Theilen der Basalstümpte der vorderen Wirbel seitliche Vorsprünge an der Hämalbogenbasis ent- sprechen, die gegen das Horizontalseptum vorragen (Fig. 2 Taf. I 2”). Von dem dorsalen Theil der vorderen Rippenträger fand sich am dritten Schwanzwirbel auf der einen Seite gar nichts mehr vor. Seime Stelle war eingenommen von einem INnochenstab (Fig. 2 Z), der von der Knochenrinde des oberen Bogens zu der des Basalstumpfs zog und den Eindruck eines verknöcherten Ligaments machte. Auf der anderen Seite sass an der Stelle, die am vorhergehenden Wirbel das obere Ende des dorsalen Rippenträgertheils einnahm, ein kleines Knorpelstück dem Knochenbelag des Neuralbogens auf. Vom Knorpel des letzteren war es völlig getrennt. Eine dicke Knochenschicht umhüllte es und liess einen Bindegewebszug entspringen, der die ganze Bildung mit dem Hämalbogen verband (Fie. 2). Es ist nun wohl nicht anzunehmen, dass hier in einem früheren ontogeneti- schen Stadium eine vollständige knorpelige Verbindung zwischen Neural- und Hämal- bogen resp. Basalstumpf vorhanden war, die der Rückbildung anheimfiel. Wohl aber scheint mir der letztbeschriebene Befund dafiir zu sprechen, dass in früheren phylo- genetischen Stadien an diesem Wirbel ein vollständiger Rippenträger bestand, der im Laufe der Stammesentwickelung seinen dorsalen Theil eingebisst hat. Diese Vor- stellung würde das Vorkommen des oben beschriebenen isolirten Knorpelstücks als eines Rudiments des dorsalen Rippenträgertheils verständlich machen. Es fragt sich aber, ob zur Zeit eines derartigen Zustandes der betreftende Wirbel wie jetzt den dritten Schwanzwirbel vorstellte, oder ob er nicht vielmehr noch im Bereich des Rumpfes lag, um erst unter Verkürzung des Rumpfes und Verlagerung des Beckens nach vorn zum Schwanzwirbel zu werden. Der damit emtretende Zusammenschluss beider Basalstimpfe im Hämalbogen würde die Rückbildung ihrer dorsalen Befestigung am Neuralbogen erklären. Mit diesem Gedankengang befinden wir uns aber auf ausserordentlich sehwan- kendem Boden. Wir wissen sicher, dass bei den Amphibien Veränderungen im der Längenausdehnung des Rumpfes unter Beekenverlagerung stattgefunden haben. Wir wissen ferner, dass bei bestimmten Formen eine Rumpfverkürzung eingetreten ist (Anuren), während bei anderen mit ausserordentlich hoher Rumpfwirbelzahl und schlangenförmigem Körperbau (Amphiuma, Siren) eine Verlängerung des kumpfes sich erkennen lässt (Craus [4]). Auch für die nach ihrer Rumpfwirbelzahl in der Mitte stehenden Formen wissen wir durch Davivorr’s Untersuchung (5), dass bei ihnen eime Veränderung der Rumpflänge unter Verschiebung des Beckens vor sich geht. Es 5l* 404 E. GÖPPERT 12 fehlen aber vor der Hand die Kriterien, die die Richtung dieser Verlagerung erkennen lassen. Mir scheint nun der Befund am dritten Schwanzwirbel der Meno- branchuslarve dafür zu sprechen, dass hier wenigstens ein Uebertritt früherer Rumpt- wirbel auf den Schwanz, also eine Rumpfverkürzung und eine Vorschiebung des Beckens, stattgefunden hat. Hinter dem dritten Schwanzwirbel fehlte jede Spur des dorsalen Rippenträger- theils. An jener Stelle fand sich nur ein schwacher Bindegewebszug vor. Endlich zeigte hier an einzelnen Wirbeln der Hämalbogenknorpel eine Trennung im zwei Theile, die beide vom Wirbelkörper ausgingen, aber durch einen schmalen von Knochen eimgenommenen Raum von emander gesondert waren (Fig. III); der eine Theil bildete den seitlichen Vorsprung (B’), der andere “ den eigentlichen Hämalbogen (77). Diese "Trennung, die für das Verständniss der Zustände bei den Sala- d at mandrinen werthvoll ist, wird jedenfalls als eine sekun- i& » däre zu betrachten sein. Wenn wir oben den ventralen Theil des Rippen- trägers als Basalstumpf bezeichneten (2), so kennzeich- neten wir hierdurch den ganzen dorsalen Theil () des Skeletstiickes als eine Neuerwerbung der Amphibien, denn bei Fischen findet sich nirgends eine entsprechende Anhangsbildung. Den Beweis hierfür ergiebt die Unter- Fig. II. NG » einer 1 ayızay /\ yp a Jgr 2 29 Menobranchuslateralis. Larve43mm, Suchung einer jüngeren Menobranchuslarve von 23 mm ‚Wirbel der vorderen Schwanzhälfte. Länge. Während die vorderen Rumpfwirbel derselben Flächenprojektion 60:1. B“ seitlicher = Fortsatz des Hämalbogens (H), von dm Zustände zeieten, die von denen der älteren Larve Haupttheil des letzteren rechts durch ö = 5 5 “u BE o Knochengewebe getrennt. Sonstige Be- Mieht wesentlich abwichen, finden sich weiter hinten zeichnungen? n-Tama Bohlum der Arbat 7 üngere Entwickelunssstadienvor (Bio, Tax gund 13, Figur 3). Die Neuralbögen (N) und die als Basal- stumpf (B) gekennzeichneten Theile des Rippenträgers bestehen schon aus wohl ent- wiekeltem hyalinem Knorpel. Dagegen findet sich an Stelle der dorsalen Spange des fertigen Rippenträgers ein Gewebsstrang, der noch nicht den Charakter hyalinen Knorpels 2) trägt (b). Er besteht aus Elementen mit meist ovalen, grossen Kernen, zwischen denen eine trübe Grundsubstanz liegt. Ausser durch das Fehlen der Homogenität unterscheidet sich diese von der Intercellularsubstanz des Hyalinknorpels dieses Stadiums dadurch, dass sie sich mit Borax-Karmin nicht färbt, während die Grund- substanz der Neuralbögen und der Basalstümpfe eine schwach röthliche Färbung annimmt. Der beschriebene Zellstrang, der wohl als vorknorpelig zu bezeichnen ist, wird vom Knorpel des Neuralbogens durch dessen eben im Entwickelung begriffene Knochenscheide getrennt, dagegen geht er in das Knorpelgewebe des Basalstumpfes ohne Grenze über. Dieses Verhalten zeigt, dass der dorsale Rippenträgertheil ontogenetisch jünger ist, als der eigentliche Basalstumpf und beweist damit auch sein geringeres 13] MORPHOLOGIE DER ÄMPHIBIENRIPPEN. 405 phylogenetisches Alter. Es zeigt ihn ferner schon in diesem frühen Stadium unab- hängig vom Neuralbogen, aber in Kontinuität mit dem Basalstumpf. Dadurch wird es wahrscheinlich gemacht, dass die dorsale Spange genetisch zum Basalstumpf gehört, der also durch sie eine sekundäre Verbindung am Neuralbogen erwarb. Fig. IV. Salamandra maculosa. Neugeborene Larve. 4. Rumpfwirbel. Flächenprojektion 60:1. B’ dem primitiven Basal- stumpf zugehöriges Knorpelstück. An den bei Menobranchus beschriebenen Zustand des Rippenträgers schliesst sich das Verhalten an, den dieser Theil bei jüngeren Larven von Salamandra maculosa aufweist (Fig. IV und Fig. 3, Taf. I, R—T). In erster Linie sehen wir, dass der dem Wirbelkörper unmittelbar aufsitzende Theil des Basalstumpfs (B) von Menobranchus (= ventrale Querfortsatzwurzel) bei Salamandra durch eine diinne Knochenspange vertreten wird (ß), die im Allgemeinen keine knorpelige Anlage besitzt. Ihre Befestigung am Wirbelkörper liegt an den vorderen Wirbeln im Niveau des Vorderrandes des schmalen knorpeligen Neural- bogens, an den hinteren Wirbeln etwas vor jenen. Charakteristisch ist ihre Lage ventral von der Arteria vertebralis (Art. vert.). Von dem medialen Theil des primi- tiven Basalstumpfs erhält sich bei Salamandra ziemlich allgemein ein kleines Stück als ein vom Rippenträger ausgehender Knorpelzapfen, der, cranial- und medianwärts gerichtet, die laterale Ansatzstelle der beschriebenen Knochenspange (8) bildet (Fig. IV). In einzelnen Fällen findet sich aber der mediale Theil des knorpeligen Basalstumpts vollständig erhalten vor. Der Menobranchuszustand tritt also gelegentlich auch bei Salamandra auf. Die wiederholt erwähnte knöcherne Spange (ß) wurde von GoETTE (15) längst dargestellt, aber naturgemäss als eine sekundäre Knochenbildung beurtheilt, da das Verhalten von Menobranchus und die nicht gerade häufigen Befunde bei Salamandra, die zuletzt erwähnt wurden, nicht bekannt waren. Weiter sehen wir den bei Menobranchus gut entwickelten lateralen Theil des Basalstumpfs (Fig. I) bei Salamandra stark verkürzt. Die Ansatzstelle der Rippe (a) kommt damit viel näher an den Wirbelbogen heran, als bei Menobranchus. Sie liegt hier auch höher als dort, etwa in der Höhe der dorsalen Hälfte der Chorda dor- salis (Ch.) 406 E. GÖPPERT 14 Durch diese Verhältnisse wird das Bild des alten Basalstumpfs verwischt, der dorsale (sekundäre) Theil des Rippenträgers bildet den Haupttheil des Rippen- befestigungsapparates. In ihm ging der primitive Basalstumpf, soweit er nicht rück- gebildet wurde, auf. Der Rippenträger reicht bei Salamandra nicht ganz so weit dorsalwärts hinauf wie bei Menobranchus. Er erreicht etwa die Mitte der Neuralbogenhöhe. An seinem dorsalen Ende zeigt er eine leichte Anschwellung, an der sich die dorsale Rippen- spange befestigt. Beide Theile stehen hier ebenso in kontinuirlichem Zusammenhang mit eimander (a‘), wie der Haupttheil der Rippe mit dem ventralen "Theil des Rippenträgers. Auch bei Salamandra besteht aber kein vollkommener Anschluss des Rippen- trägers an den oberen Bogen. Auch hier erscheint der Rippenträger (R-T) mehr als eine dem oberen Bogen (N) nur angelehnte Leiste (Textfig. IV u. Fig. 5 Taf. I). Beide werden grösstentheils durch den Knochenüberzug des Neuralbogens von einander getrennt. Fast überall aber finden sich Fenster in der trennenden Knochenschicht in annäbernd regelmässiger Anordnung. Ein grösseres lässt den ventralen Theil des Rippenträgerknorpels mit dem Neuralbogenknorpel in Verbindung treten, ein meist kleineres, oft ganz unbedeutendes Fenster leistet dasselbe für den dorsalen Theil des Rippenträgers. In den hinteren Theilen des Rumpfes nimmt der Rippenträger allmählich an Höhe ab. Er bildet schliesslich nur noch ein kurzes Knorpelstück, das dem basalen Theil des Neuralbogens angeschlossen ist und nur dem ventralen Abschnitt der vorderen Rippenträger entspricht. Erheblichere Ausdehnung gewinnt der Rippen- träger aber wieder am Sakralwirbel, wo er die starke, zweiköpfige Sakralrippe trägt. An den ersten beiden Sehwanzwirbeln finden wir dagegen an seiner Stelle wieder einen einfachen kurzen, knorpeligen @Querfortsatz an der Basis des Neuralbogens, der schräg gegen den medialen Rand des Horizontalseptums hmabzieht. Sein Verhalten zum Knorpel des oberen Bogens ist verschiedenartig. Beide können durch eine Knochenschicht getrennt sein, die gelegentlich auch eme Oeffnung aufweist, oder sie stehen in breitem unmittelbarem Zusammenhang. Auch hier besteht noch die Knochen- spange (vergl. Fig. VI $) zwischen Rippenträger und Wirbelkörper. Sie befestigt sich am letzteren getrennt von den unteren Bogenbildungen, die der Ventralseite der beiden ersten Schwanzwirbel ansitzen. Am dritten Schwanzwirbel, der zuerst einen geschlossenen Hämalbogen aufweist, fand sich nur noch einseitig ein kleines, vom Neuralbogen durch dessen Knochenscheide getrenntes Knorpelstück als Rest eines Rippenträgers vor. Im Verhalten der knorpeligen Schwanzwirbelquerfortsätze zeigt sich also ein erheblicher Unterschied zwischen Menobranchus und Salamandra. Die @Querfortsätze bei Menobranchus liegen ventral von der Arteria vertebralis und hängen mit dem unteren Bogensytem zusammen (Fig. 2 Taf. I). Die @Querfortsätze von Salamandra liegen dorsal und nach aussen von der genannten Arterie und befestigen sich am 15] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 407 oberen Bogen (ebenso wie im Fig. VI). Dieser Unterschied klärt sich nach den obigen Ausführungen leicht auf. Bei Menobranchus liegen am Schwanz noch die primitiven, von den Fischen übernommenen Zustände vor. Bei Salamandra dagegen besteht nur das laterale Ende des knorpeligen caudalen Querfortsatzes von Menobranchus sammt einer sekundären Verbindung mit dem Neuralbogen. Seine ursprüngliche Kontinuität aber mit dem Hämalbogen ist verloren gegangen. Die caudalen knorpeligen @ner- fortsätze bei Menobranchus sind also denen von Salamandra nicht komplet homolog. Die Richtigkeit dieser Beurtheilung wird dadurch nicht in Frage gestellt, dass bei Salamandra die Knochenbrücke (3) zwischen Querfortsatz und Wirbelkörper, die doch den hier rückgebildeten Theil des caudalen Querfortsatzes von Menobranchus ersetzen soll, nieht mit den Bestandtheilen des unteren Bogensystems in Verbindung steht, sondern getrennt von ihnen am Wirbelkörper endet. Dieses Verhalten fanden wir ja schon bei Menobranchus vorbereitet. Wir sahen hier verschiedentlich eme Zer- lesung des Hämalbogens in zwei neben einander am Wirbelkörper wurzelnde Theile (Fig. III), von denen der eine (ventrale) den Bogen darstellt, der andere einen Quer- fortsatz (B’') bildet. Dem grössten Theil des letzteren entspricht aber die fragliche Knochenspange (9) bei Salamandra. Finden wir also bei Salamandra am Schwanz Rippenrudimente in Verbindung mit Theilen, die den oberen Bögen ansitzen, neben Hämalbögen vor, so handelt es sich dabei um ein vom Ursprünglichen weit entferntes Verhalten, das nicht gegen die Zugehörigkeit der Rippen zum unteren Bogensystem, sondern bei richtigem Ver- ständniss für dieselbe spricht. Das verhältnissmässig einfache Verhalten des Rippenträgers bei jüngeren Larven erfährt im späteren Larvenleben eine Komplikation, die, wie ich gleich betonen will, für Salamandra charakteristisch zu sein scheint. Wenigstens ist sie mir bei Triton und Pleurodeles nicht begegnet. Untersuchen wir z. B. ein unmittelbar nach der Metamorphose stehendes Thier (Fig. 5 Taf. I), so sehen wir der Aussenseite des noch knorpeligen Rippenträgers (R—T) ein diesem parallel laufendes, dünnes Knorpelstück angeschlossen (r—t1), an dessen Stelle m früheren Stadien indifferent erscheinende Zellen lagen (Fig. 3). Da der obere T'heil des Rippenträgers als eine sekundäre Bildung beurtheilt wurde, werden wir den neu hinzugekommenen Theil als „tertiäre Knorpelspange“ bezeichnen müssen. Sie verbindet den Vorsprung des Rippenträgers, dem sich der Haupttheil der Rippe anheftet, mit dem verdickten oberen Theil des- selben. Ihre Zellen sind etwas kleiner als die Knorpelzellen der übrigen Theile der Wirbelsäule. Die tertiäre Spange verhält sich zum Rippenträger sehr ähnlich, wie dieser zum Neuralbogen (Fig. 5), d. h. sie erscheint bis zu einem gewissen Grade selbstständig von ihm, da Knochengewebe sich zwischen beide trennend einschiebt. So gut wie immer stand sie aber mit dem dorsalen und ventralen Theil des Rippen- trägers in Kontinuität. Gelegentlich besass sie auch in ihrem mittleren Theil direkten Zusammenhang mit dem Rippenträgerknorpel. Nur einmal fand ich die Spange auch an ihrem ventralen Ende durch eine Knochenschicht vom Rippenträger getrennt. Sie bildet eine nicht unbedeutende Verstärkung des ursprünglichen Rippenträgers. A408 E. GÖPPERT [16 Eine besondere, soviel ich sehe, noch nicht beschriebene Eigenthümlichkeit der Salamanderlarven besteht darm, dass sich hier an der Ventralseite der Rumpf- wirbel dem unteren Bogensystem zugehörige Knorpelstücke finden. Sie sitzen bei Jungen Thieren als kleme rundliche Höcker der Chorda an (Textfig. IV und Fig. 4, Taf. I 5°). Zuweilen finden sich je zwei vor, die die Aorta zwischen sich fassen. Meist aber sind sie in der Einzahl vorhanden und liegen dann entweder rechts oder links von der Aorta, seitlich von der Medianebene. Diese Störung der Symmetrie ist mit Sicherheit auf den hier eingetretenen Ausfall eines zweiten Knorpelstückes zurückzuführen. Wie sagittale Längsschnitte zeigen, liegen die Knorpel gerade der Mitte der Wirbelkörper an. Sie nehmen in den hinteren Theilen des Rumpfes an Länge etwas zu. Am Schwanz bilden die Hämalbögen ihre Fortsetzung. Sie stehen mit der Knochenspange des Rippenträgers (Fig. IV $) m keiner Verbindung. Diese Trennung beider Theile wird ebenso als sekundärer Zustand zu beurtheilen sein, wie das entsprechende Verhalten der Hämalbögen an der Schwanzwirbelsäule (s. o.). Ob die beschriebenen Knorpelstücke ein regelmässiges Vorkommniss bilden, kann ich nicht sagen. Ich fand sie bei zwei neugeborenen Larven an dem grössten Theile der Rumpfwirbel. Jedenfalls werden sie frühzeitig durch die fortschreitende Knochen- bildung zerstört. Bei älteren Larven habe ich nie mehr etwas von ihnen wahrnehmen können. Nachdem wir uns eben eingehend mit dem Rippenträger von Salamandra beschäftigt haben, können wir uns bei der Darstellung der entsprechenden Verhält- nisse von Triton alpestris kurz fassen. Der Rippenträger ist auch hier, wie Fig. V zeigt, als ein leistenartiger Vorsprung der Aussenseite des Neuralbogsens (N) ange- N schlossen (R—T') (vergl. Kxıckweyer |[22]) und bi N . . Be: E EG A wa entspricht dem medialen Rand des zugehörigen £ | CD. ER PR transversalen Myoseptums. Er zeichnet sich { \ \ - RE A ar N°r dem von Salamandra durch die mächtige fi x 7 a öntfaltune seines dorsalen Theiles aus. Mit 'B __ i 8 Pe letzterem überragt er den oberen Bogen nach A Kali hinten zu (Fig. 7 Taf. ID). Hier ist ihm die f Ch Lan Pe ) obere Spange der Rippe angeschlossen (r). \ AT Wie bei Salamandra dient ein kurzer lateral- Fig. V. und etwas caudalwärts gerichteter Vorsprung Triton alpestris. Larve 23 mm. Zweiter Rumpf- seines ventralen 'Theiles dem Haupttheil der A ae Aalen Rippe zur Befestigung (Fig. V a). Von diesem Theil, meist von einem Knorpelvorsprung desselben, geht wie bei Salamandra eine dünne Knochenspange (P) aus, die ventral- wärts von der Arteria vertebralis (Art. vert.) nach vorn und medianwärts verläuft und sich am Wirbelkörper ansetzt, und zwar an der Grenze seines vorderen ersten und zweiten Viertels. Sie entspricht natürlich auch hier der Basis des primi- 17] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 409 tiven Basalstumpfes und damit der sogenannten ventralen @uerfortsatzwurzel des fertigen Wirbels Nur einmal fand a sie durch emen Knorpelbalken vertreten. Auch bei Triton trifft man demnach gelegentlich wenigstens Rückschläge in ein Meno- branchusstadium. Am Schwanz bestanden Rippenträger an den ersten beiden Wirbeln. Sie verhielten sich ganz entsprechend wie bei Salamandra, sodass von einer beson- deren Schilderung Abstand genommen werden kann. (Fig. VI.) Auch bei Triton ist also der basale Theil des kmorpeligen Basalstumpfes, wenigstens der Regel nach, verloren gegangen. Der laterale Theil, bei Meno- branchus weit vorragend, hat sich verkürzt. In dem dadurch erheblich veremfachten knorpeligen Rippen- träger erscheint der noch erhaltene Rest des alten Basalstumptes nicht mehr als ein besonderer, deutlich ’ N abgeorenzter Bestandtheil, wie es bei Menobranchus Ki ; IL der Fall war. ce 4 TEN zii Von Bedeutung ist nun, dass besonders an den < dL > j ” 7 - 30 Ch Se vorderen Wirbeln der Zusammenhang zwischen Rippen- Art vert träger und Neuralbogen ein weit ausgiebigerer ist, als bei EN Salamandra (Fig. V). In vielen Segmenten hängen | len 05 beide in langer Linie unmittelbar mit einander zu- sammen; nur dorsal und ventral greift vom Ueber- zug des Neuralbogens her eine kurze Knochenlamelle Fig. VI. zwischen beide ein. Auf horizontalen Längsschnitten on alpestris. Larve 23 mm. > /weiter Schwanzwirbel. Flächenprojektion (Fig. 7 Taf. II) zeigt sich allerdings zwischen Neural- 60:1. Bezeichnungen s. am Schluss der bogen (N) und Rippenträger (R.-T.) oft vorn wie A hinten eine seichte Furche, die beider Grenze andeutet. Ferner finden sich die Knorpelzellen beider Theile zuweilen derart angeordnet, dass eine Scheidewand von Knorpelgrundsubstanz zwischen ihnen besteht. An vielen Schnitten aber könnte man entschieden den Eindruck bekommen, dass der Rippen- träger zum oberen Bogen gehört (Fig. 7). Da wir num durch die bereits zitirte Untersuchung Kxiıckwerer’s (22) und auch aus unserer bisherigen eigenen Erfahrung wissen, dass Rippenträger und Neuralbogen ursprünglich nur einander angelehnt, aber nicht mit einander verschmolzen sind, so können wir bei Triton von dem Fort- schritt einer Assimilirung des Rippenträgers an den oberen Bogen sprechen, die sich schon bei Menobranchus und Salamandra angebahnt zeigt. Em weiterer Fortgang dieses phylogenetischen Vras könnte zu einem völligen Anschluss des Rippen- trägers an den Neuralbogen, d. h. zu der Umbildung desselben in einen (Querfortsatz des oberen Bogens führen. Dass damit der Zustand erreicht wäre, den die Saurier aufweisen, liegt auf der Hand. Einige Besonderheiten zeichnen den Rippenträger von Pleurodeles Waltlii 8 Pl 8 ’yn* “rpm \ = D Fr aus (Fig. 6 Taf. I), von welcher Art eine 3,5 em lange Larve untersucht wurde. Im Grossen und Ganzen finden sich allerdings dieselben Verhältnisse wie bei den Festschrift für Gegenbaur. 52 410 IE. GörrErRT [18 vorher behandelten Salamandrinen. Die vorspringende Betestieungsstelle der unteren Rippenspange am ventralen Ende des Trägers liegt aber etwas höher als es dort der Fall war, etwa im Niveau der Dorsalfläche der Wirbelkörper. In dieser Be- ziehung liest also ein Fortschritt in der von den vorher untersuchten Formen ein- geschlagenen Richtung vor. Andererseits bleibt Pleurodeles in der Innigkeit des An- schlusses des Rippenträgers (R.-7.) an den Neuralbogen (N) hinter Triton zurück. An den vorderen Rumpfwirbeln fand sich ein Zusammenhang zwischen beiden nur im Bereich des obersten Theiles des Rippenträgers an der etwas verstärkten Stelle, welche die dorsale Rippenspange aufnimmt. In den hinteren Theilen des Rumpfes wurden beide Theile zuweilen in ganzer Ausdehnung durch Knochengewebe von einander getrennt (vergl. Fig. 65); an anderen Stellen fanden sich in der Knochen- scheidewand mannigfaltig angeordnete kleme Verbindungsöffnungen vor (vergl. Fig. 6a). Fast überall aber lehnte sich der Rippenträger nur mit einem verhältniss- mässig klemen Theil seiner Oberfläche an den oberen Bogen an (Fig. 6) und zeigte dadurch seine Selbstständigkeit von jenem. Wir schliessen jetzt die Prüfung der Rippenträger der Urodelen ab. Die Schwierigkeiten, die sich ihrer Beurtheilung entgegenstellten, wenn man sie mit den bei Fischen bekannten Verhältnissen verglich, sind gehoben. Auch bei den Urodelen werden die Rippen ursprünglich (Menobranchus) von vollkommen erhaltenen knor- peligen Basalstimpfen getragen, welche am Schwanz in die Hämalbogenbildungen übergehen”). Die Basalstiimpfe gewinnen aber eine sekundäre Verbindung mit den Neuralbögen durch ein dorsalwärts aufsteigendes, sich letzteren anschliessendes Knorpel- stück. Der Rippenträger der Urodelen baut sich also aus zwei sehr verschieden alten, aber unmittelbar zusammenhängenden Theilen auf. Das sekundäre Knorpelstück wird nun bei den Salamandrinen allmählich zum Haupttheil des Rippenträgers; der proxi- male Theil des knorpeligen Basalstumptes geht verloren und wird durch eine Knochen- spange ersetzt; der laterale Theil des Basalstumpts verklemert sich, sodass schliesslich sein, die ventrale Rippenspange tragender Rest nicht mehr als ein besonderer Theil des Rippenträgers m die Augen fällt. Wir kommen nunmehr zur Untersuchung der Rippen der Urodelen selbst und zwar in erster Linie ihres knorpeligen Zustandes. *) In seinem Lehrbuch der vergleichenden Anatomie (2. Auflage) beschreibt Wieversmueim den (uerfortsatz des ausgebildeten Urodelenwirbels als aus zwei Wurzeln zusammengesetzt, einer ventralen, die vom Wirbelkörper und einer dorsalen, die vom oberen Bogen entspringt. Ich hebe nun besonders hervor, dass WIEDERSHEIM die ventrale Wurzel ein „Homologon des Basalstumpfes der Ganoiden und Selachier“ nennt. WIEDERSHEIM hat damit bereits einen sehr wesentlichen Punkt der obigen Ausführangen kurz bezeichnet. + 19] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 411 Die Rippen der 43 mm langen Menobranchus-Larve sollen an erster Stelle behandelt werden. Dass sie ebenso wie die der übrigen Urodelen den Transversal- septen eingelagert und gleichzeitig dem Horizontalseptum angeschlossen sind, ist selbst- verständlich. Wie eine genauere Priifung zeigt, liegt der basale Theil der Rippen der Unterseite der horizontalen Scheidewand an, ragt also wesentlich in das zuge- hörige ventrale Transversalseptum ein; die lateralen Theile springen gleichmässig in das dorsale und ventrale Transversalseptum vor. Die vordersten Rippen erreichen mit ihrem distalen Ende die Oberfläche der Muskulatur am Grunde der Längsfurche, die den dorsalen und ventralen "Theil der- selben, der Seitenlinie entsprechend, äusserlich scheidet. Nur die erste Rippe zeigt hier eine termmale Gabelung (Fig. 1. pag. 399 [7|). Em kurzer Ast steigt dorsalwärts an. Er folgt dabei dem lateralen Rand des dorsalen Transversalseptums, das an der Oberfläche der Muskelmasse zum Vorschein kommt. In entsprechender Weise ist dem lateralen Rand des ventralen Transversalseptums (der untere, etwas längere Gabelast eingelagert, von dem ein schwacher, zur Skapula ziehender Muskel entspringt. Auf- fallend ist übrigens die ventrale Lage des dorsalen Skapularandes, wenn man sie mit der hohen Stellung bei den Salamandrınen vergleicht. Nach dem Schwanz zu nehmen die Rippen ganz allmählich an Länge ab. Bemerkenswerth ist dabei, dass dem lateralen Ende der zweiten Rippe einer Seite ein kleines, ganz selbstständiges Knorpelstück angelagert war. Die letzte humpf- > rippe stellt ein ganz kurzes Stäbchen vor, das gerade nur in die Muskulatur hinem- ragt. Es mass etwa ein Sechstel der Länge der vordersten Rippe. Im Gegensatz hierzu zeigt die Sakralrippe eine auffallende Entwickelung, die nicht hinter der der vordersten Rumpfrippe zurückbleibt (Fig. II pag. 402 [10] A.) Anders als jene schliesst sie sich aber nur in ihrem Anfangstheil an das horizontale Myoseptum an, dann senkt sie sich, nach unten abbiegend, tief“m das ventrale Transversalseptum hinein. Sie erreicht schliesslich die Aussenfläche der Muskulatur in einem Niveau, das um den doppelten Betrag des Chordaquerdurchmessers ventral von der Wirbelsäule liegt. Hier verbindet sie sich mit dem dorsalen Theil des Beckengürtels (J/), der demgemäss eine sehr tiefe Lage einnimmt. Hinter dem Sakralwirbel fanden sich nur noch zwei Paare ganz unbedeutender Rippenrudimente vor. Dass die Rippen mit dem Basalstumpfende in Kontinuität stehen, ist bereits oben dargestellt worden (pag. 400 [8]). Auch bei Menobranchus tritt die Zweiköpfigkeit der Urodelenrippe im Erschei- nung. Am ersten Rippenpaare ist die dorsale Spange am stärksten entwickelt (Fig. I r.). Sie geht etwa in der Mitte des Horizontalseptums von der Rippe (AR) ab. Im dor- salen Transversalseptum gelagert, zieht sie nach vorn und medianwärts auf das obere Ende des Rippenträgers zu. Sie erreicht dasselbe aber nicht, sondern wird durch ein Ligament (Z) an der knöchernen Verbreiterung (K‘) des Rippenträgers und zwar an deren oberen lateralen Vorsprung befestigt. Die Verbindung der dorsalen Spange mit dem Haupttheil der Rippe ist dagegen eine kontinuirliche. Sie bildet eine ein- fache Abzweigung derselben. Die gleichen Verhältnisse zeigte das zweite Rippenpaar. > 52+* 412 E. GöPPERT [20 Nur war hier die dorsale Rippenspange em erhebliches Stück kürzer als vom. An der dritten Rippe der einen Seite war nichts mehr von einer dorsalen Spange zu bemerken, während auf der anderen Seite ein kleiner Höcker an der Dorsalseite der Rippe ihre Stelle andentet. Beiderseits war das Ligament, das in den vorderen Seg- menten dorsale Rippenspange und Rippenträger miteinander verband, bis zum Haupt- theil der Rippe selbst verlängert und vertrat damit die hier fehlende dorsale Spange. Es fand sich auch in den folgenden Segmenten noch vor. Erwähnt muss werden, dass dicht an der vierten Rippe der einen Seite in seinem ventralen Ende eine Gruppe isolirter Knorpelzellen eingelagert war, zwischen denen sich Spuren hyaliner Grund- substanz zeigten. Ausgebildete Zweiköptiekeit weist dann wieder die Sakralrippe auf (Fig. ID. Dicht an ihrer proximalen Ansatzstelle (a) erhebt sich von ihrer dorsalen Seite ein kurzer, medianwärts gerichteter Höcker (r). Ein kurzes Band (a‘) verbindet ihn mit dem oben beschriebenen zweiten Vorsprung an der Aussenseite des Rippen- trägers (s. pag. 402 |10]). An beiden Enden gehen die Fasern dieses Bandes in die Grundsubstanz der miteinander verbundenen Knorpelsticke über. Zwischen ihnen finden sich einzelne oder in Gruppen angeordnete Knorpelzellen mit spärlicher hya- liner Grundsubstanz. Einige Abweichungen von den Verhältnissen bei Menobranchus zeigen die Rippen der Larven von Salamandra maculosa. Wir finden hier die Zweiköpfig- keit viel weiter ausgebildet als dort (Fig. IV par. 405 [13]). An den vorderen Wirbeln wenigstens erreicht die dorsale Spange (r) den oberen "Theil des knorpeligen Rippen- trägers (R.-T.) und hängt mit ihm ebenso kontinuirlieh zusammen wie der Haupt- theil der Rippen mit dem ventralen Theil des Trägers. Weiter caudalwärts werden die oberen Spangen allmählich kürzer und stehen dann, wie diejenigen von Meno- branchus, nur noch durch ein Band mit dem Rippenträger m Verbindung. Schliess- lich schwinden sie ganz. In gleichem Maasse verkürzen sich die Rippen selbst und stellen schliesslich nur noch ganz kleme Knorpelstücke vor. Die Sakralrippe ist im Gegensatz zu ihnen wieder mächtig entwickelt und ausgesprochen zweiköpfig. Beide Köpfe sind dem Rippenträger im gleicher Weise angeschlossen, wie die vorderen Rippen. Die erste Schwanzrippe entspricht dann wieder an Klemheit etwa der letzten Rumpfrippe. Die © stellen, da jenes hier, wie überhaupt bei den Urodelen, ausserordentlich zart ist. enaue Lage der Rippen zum Horizontalseptum ist nicht leicht festzu- Soviel ich erkennen konnte, liegt die Rippe in ihrem grössten Theil der Dorsalseite des Septums angeschlossen, also etwas anders als bei Menobranchus. Dabei dient sie natürlich auch der Festigung der ventralen Myosepten, deren Fasern von der Bauchseite her sich an die Rippen anheften. Bekannt ist die terminale Gabelung der Rippen: Die vorderen gelangen ebenso wıe bei Menobranchus bis zur Seitenfurche zwischen dorsaler und ventraler Muskulatur. Hier tritt der Haupttheil in das ventrale Transversalseptum ein und zieht dessen Aussenrand eingelagert ein Stück ventralwärts (vergl. Fig. 9 Tat. II). Der dorsale 21] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 3 3) Gabelast, etwas kürzer und dünner als der ventrale, nimmt die entsprechende Lage im dorsalen Trausversalseptum ein. Der ventrale Ast erfährt, wie bekannt, an den beiden ersten Rippen eine plattenartige Verbreiterung, von der ein Muskel entspringt, um zur Scapula zu ziehen. Letztere reicht hier, anders als bei Menobranchus, weit dorsalwärts hinauf in die Höhe der Dorsalseite der Neuralbögen. Die ventralen End- äste der übrigen Rippen dienen den oberflächlichen Lagen der Bauchmuskulatur zur 24). Erwähnenswerth ist endlich, dass die Sakralrippe hier nicht wie bei Menobranchus Befestigung (Rectus lateralis, Obliqguus externus superficialis) (vergl. F. Maurer tief in die ventrale Muskulatur eindringt, sondern ebenso, wie die vorderen Rippen, annähernd horizontal nach aussen zieht, um am lateralen Rand des Horizontal- septums, etwa in der Höhe des transversalen Chordadurchmessers sich durch Binde- gewebe mit dem Beeken zu verbinden. Das etwas nach der Ventralseite umgebogene Ende der Rippe ist an der Aussenseite der Muskulatur sichtbar. Aehnlich wie den Schultergürtel sehen wir also auch den Beekengürtel bei Salamandra ein erhebliches Stiick höher emporragen als bei Menobranchus. Wir untersuchen jetzt die obere Rippenspange genauer. Wie schon in der Einleitung hervorgehoben wurde, zeigen Gorrre's Abbildungen (17) die obere Rippen- spange zwar in Verbindung mit dem Haupttheil der Rippe, an der Verbindungsstelle weisen sie aber eine Einschnürung oder Furche auf, die eine Grenze zwischen beiden Theilen andeutet. Andere Figuren zeigen, wie die dorsale Rippenspange sich an den Haupttheil der Rippe anlegt, ihr ein Stück parallel vorläuft und dann von ihr diver- eirt, um frei zu enden. Beides scheint eine Gleichwerthiekeit beider Theile der Rippe anzudeuten. Bei neugeborenen Salamanderlarven fand ich nun die obere Spange der Rippe stets in völligem Zusammenhang mit dem Haupttheil derselben; sie erscheint als ein integrirender Bestandtheil desselben, indem sie an ihrem ventralen Ende ohne die geringste Andeutung einer Grenze in ihn übergeht (Fig. IV). Die distalen Theile der vorderen Rippen sind jenseits der Anheftungsstelle der dorsalen Spange etwas ver- breitert. Ihre Querschnitte zeigen aber deutlich, dass es sich hier um ganz einheit- liche Bildungen handelt, dass die Verbreiterung nicht etwa durch die Anemander- lagerung zweier parallel laufender Stücke zu Stande kommt. An den hinteren uppen fehlt diese Verbreiterung; der Querschnitt der Rippe ist lateral von der dor- salen Spange ebenso rund gestaltet, wie medial von ihr. Vielleicht verdient Erwäh- nung, dass sich gelegentlich lochförmige Durchbohrungen für Getässe in den Rippen zeigen. Ein derartiges Loch fand ich an dem lateralen verbreiterten Theil einer vorderen Rippe, während ein anderes den ventralen Theil eimer dorsalen Spange durchsetzt. Die Verschiedenheit ihrer Lokalisirung zeigt, dass ihnen keine besondere morphologische Bedeutung zukommt, wie etwa dem Foramen thyreoideum am Schild- knorpel des Säugethierkehlkopfes. Bei älteren Thieren, z. B. bei dem schon oben untersuchten eben metamor- phosirten Salamander finden sich zum Theil dieselben Verhältnisse, wie bei der jungen Larve, d. h. in einer grossen Reihe von Fällen stellt die dorsale Rippenspange ein- 414 E. GÖPPERT [22 fach eine dorsale Abzweigung der Rippe vor. Beide Theile sind übrigens hier in ihrer knorpeligen Anlage noch völlig erhalten. In anderen Segmenten dagegen zeigen sich ähnliche Verhältnisse wie sie Gorrre abbildete. Die dorsale Spange steht hier zwar in kontinuirlichem Zusammenhang mit der Rippe, von ihrem ventralen Ende sendet sie aber einen kurzen, oft unregelmässig gestalteten Fortsatz aus, der an der Dorsalseite der Rippe lateralwärts zieht. An seinem Ende entfernt er sich im einzelnen Fällen etwas von der Rippe und kommt dadurch mehr in das Innere des dorsalen Transversalseptums zu liegen. In seiner ganzen Länge verbindet ihn Knochengewebe mit dem knöchernen Ueberzug der Rippe. In einem Fall endlich fand ich die dor- sale Spange von dem Rippenknorpel ganz durch eine dünne Knochenschicht getrennt. Die Rippen der Larven von Triton alpestris stimmen in ihrem Verhalten derart mit denen von Salamandra überein, dass ich von einer allgemeineren Schilde- rung Abstand nehmen kann, um gleich die uns besonders imteressirenden Verhältnisse darzustellen. Meist bildet die dorsale Spange eme einfache Abzweigung des Haupt- theils der Rippe (Fig. V pag. 408 |16]). Häufig finden sich aber auch Abweichungen von diesem Verhalten. In eimem Fall besass die dorsale Spange an einem der vordersten Rippenpaare eime besondere Verstärkung. Von ihrem mittleren Theil ging hier em Knorpelstab aus, der ventralwärts zog und sich mit der Rippe medial von der Ansatzstelle der dorsalen Spange selbst verband. Er bildete eine Art von Stütz- pfeiler zwischen beiden, durch ihn verbundenen Theilen. Auf der einen Seite war dieser Pfeiler dieht vor seinem ventralen Ende noch gegabelt. Weiter findet sich gelegentlich in den hinteren Theilen des Rumpfes die dorsale Spange setrennt vom Haupttheil der Rippe. Sie hängt hier auch nicht mehr direkt mit dem Rippenträger zusammen. KBinmal reichte dabei die dorsale Spange noch unmittelbar an die Rippe heran. In einem anderen Segment vertrat sie ein kleines, ganz isolirtes Knorpelstück, das von Rippenträger und Rippe gleichweit entfernt war. Bedeutsam ist ferner, dass auch an dem Haupttheil der Rippe selbst Unregel- mässigkeiten vorkommen. Vom Ende der dritten Rippe emer Seite war bei einer jungen Larve der dorsale Gabelast völlig getrennt. Die siebente Rippe eines anderen Thieres war einseitig, lateral von der Ansatzstelle der dorsalen Spange auf einer kurzen Strecke derartig verdünnt, dass man bei Untersuchung mit schwacher Vergrösserung die Rippe hier unterbrochen glauben konnte. Die Untersuchung der Larve von Pleurodeles Waltlii ergab keine für unsere Fragen wesentlichen Resultate. Ueberblicken wir noch einmal das Verhalten der Urodelenrippen, so finden wir sie zunächst, ebenso wie die Rippen der Fische den Basalstiimpfen resp. deren Resten verbunden. Ferner nehmen sie dieselbe Lage wie die oberen Fischrippen ein, nämlich die Kreuzungslinien der transversalen und des horizontalen Transversal- septums. Germgfügige Abweichungen finden sich hier allerdings zwischen den Ver- 23] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 415 hältnissen bei Menobranchus und bei den Fischen einerseits, bei den Salamandrinen andererseits. Wenn wir aber entsprechende Schwankungen auch innerhalb der Fische selbst wahrnehmen, so werden wir ihnen keine wesentliche Bedeutung beilegen können (vergl. 14, Textfig. VII u. II). Ob also die Rippe der Dorsal- oder Ventralseite (des Septum horizontale angelagert ist, kommt für ihre Beurtheilung nicht in Betracht. Wenn wir bei den Urodelen die Rippe mit ihrem Ende m die ventrale Mus- kulatur mehr oder weniger tief eindringen sehen, so finden wir auch diese Verhält- nisse bereits bei den Fischen vorbereitet. Bei Calamoichthys gehört das Ende der oberen Rippe der ventralen Muskulatur an (vergl. 14). Bei einem Squaliden: Seyllium anieula ist dies Verhalten besonders ausgeprägt; hier ragt der laterale Theil der Rippe nicht unerheblich m die ventrale Muskelmasse em und entfernt sich damit vom horizontalen Septum (vergl. 14, Textfig. III und XIX.). Beachtenswerth ist, dass auch in den Fällen, in denen bei den Urodelen die Rippen am weitesten im die ventrale Muskulatur eingreifen, sie doch hier ganz anders gelagert sind, als die speziell der ventralen Rumpfmuskulatur angehörigen unteren Rippen (Pleuralbögen) der Fische. Während diese den medialen Rand der ventralen Transversalsepten ein- nehmen (vergl. 14, Textfig. X, XI, XII) liegen jene in den äusseren Theilen dieser Septen eingeschlossen. Auch die termmale Gabelung der Urodelenrippen besitzt bei den Fischen eime Analogie: Bei einigen Teleostiern finden sich knorpelige Reste oberer Rippen vor, in Gestalt der sog. Cartilagines intermuseulares Brucw’s (s. 14). Bei den Clupeiden haben sich nun die lateralen Enden von oberen Rippen erhalten, und diese zeigen eine ausgesprochene Gabelung (14, Textfig. IV und XI). Was nun die proximale Gabelung betrifft, so bildet m der Mehrzahl der Fälle die dorsale Spange eine einfache Abzweigung der Rippe, die entweder kontinuirlich mit dem oberen Theil des Rippenträgers zusammenhängt oder durch Bindegewebe mit ihm verbunden ist. Sie liegt im dorsalen Transversalseptum®). Von diesem einfachen Verhalten finden sich nun Abweichungen nach zwei verschiedenen Rich- tungen. Zuweilen ist die dorsale Spange durch besondere Fortsatzbildungen ver- grössert. Diese können entweder von dem ventralen Ende der Spange ausgehen und, der Dorsalseite der Rippe angeschlossen, diese lateralwärts begleiten, oder sie bilden Pfeiler, die zwischen der dorsalen Spange und dem medialen Theil der Rippe ausgespannt sind. In anderen Fällen finden sich Verkleinerungen der knorpeligen dorsalen Spange. Sie erreicht dann die Rippe selbst nicht; auch mit dem Rippen- träger ist sie in diesen Fällen nur durch Bindegewebe verbunden. Es braucht sich hierbei nicht um eine Verringerung der Leistungsfähigkeit des ganzen Apparates zu handeln, wenn nämlich dorsale Spange und Rippe durch Knochengewebe zusammen- hängen. Eine geringere funktionelle Bedeutung der dorsalen Spange liegt aber dann vor, wenn sie nur durch ein kleines isolirtes Knorpelstück gebildet wird. *) Wenn Ragr. (27 p. 112) bei den Amphibien eine proximale Spaltung des Horizontalseptums annimmt und meint, dass zu dem dorsalen Theil desselben die dorsale Rippenspange gehört, so stimmt diese Annahme mit den bestehenden Verhältnissen nicht überein 416 E. GÖPPERT [24 Es ist nun wohl von vornherein wahrscheinlich, dass es sich in den letzt- erwähnten Fällen um rückgebildete, nicht etwa erst in Ausbildung begrittene "Theile handelt. Dann missen sich aber noch andere Symptome emer Rickbildung im Bereich der Rippen erkennen lassen. Als ein solches ist zunächst jedenfalls das oben erwähnte Vorkommen kleiner selbstständiger Knorpelstücke zu betrachten, welche im der Fortsetzung der distalen Rippenenden liesen. Sie weisen auf eme früher erheb- lichere Ausdehnung «der Rippen hin. Dann gehört hierher die streckenweise Ver- dünnung des Rippenknorpels, die oben (pag. 414 |22]) beschrieben wurde. Auch das Verhalten der Sakralrippe scheint mir für eine ursprünglich allge- mein grössere Länge der Rippen zu sprechen. Wir haben auf die bekannte That- sache hingewiesen, dass die Sakralrippe die Nachbarrippen ganz erheblich an Länge überragt. Man könnte diesen Unterschied damit erklären, dass von den ursprünglich kurzen hinteren Rippen des Rumpfes em Paar sich verlängerte und mit dem Becken- gürtel in Verbindung trat. Für einen derartigen Vorgang würde aber keine Veran- lassung sich erkennen lassen, wenn man nicht etwa das Endresultat desselben, die Fixirung des Beckengürtels als solche gelten lassen wollte. Die einzig inögliche Erklärung der fraglichen Verhältnisse ist vielmehr die, dass die hintersten Rippen ursprünglich eine annähernd gleichmässige und zwar erheblichere Länge besassen, als es jetzt der Fall ist, sodass an eines ihrer Paare die Anheftung des Beckengürtels erfolgen konnte. In Folge dieser besonderen Inanspruchnahme erhielt sich dann die betreffende Rippe, als Sakralrippe, in starker Ausbildung und überragt nun die sich allmählich verkürzenden Nachbarrippen beträchtlich an Länge. Die geringe dorsale Entfaltung des Iliums von Menobranchus muss als ein ursprünglicher Zustand gelten. Sie entspricht dem Verhalten des Beckengürtels bei den Fischen noch am meisten (vergl. auch Wirversneim [33 und 34]). Das Becken erfährt imnerhalb der Urodelen eine Vergrösserung in dorsaler Richtung. Das Gleiche gilt übrigens auch für den Schultergürtel. Da die Länge der Sakralrippe von der Lage des dorsalen Endes des Darmbeins abhängt, wird die starke Längenausdehnung der Sakralrippe von Menobranchus emen ursprünglicheren Charakter darstellen, als ihre geringere Länge bei den Salamandıınen. Daraus ergiebt sich, dass die hinteren kumpfrippen der Vorfahren unserer Urodelen in einem bestimmten phylogenetischen Stadium mindestens die Länge der jetzigen Sakralrippe von Menobranchus besassen. Wenn nun diese Annahme berechtigt ist, so folgt weiter, dass in jenem Stadium die vorderen Rumpfrippen ganz erheblich länger gewesen sem müssen, als es jetzt der Fall ist, denn wir sehen ja überall, dass die Länge der Rippen inner- halb des Rumpfes von hinten nach vorn stark zunimmt. Damit tritt eine Beziehung der Rippen zu den bekannten Sternalbildungen der Amphibien in den Bereich der Möglichkeit, wie sie bereits GEGENBAUR (12) und Rvce (28) auf Grund Gorrre’scher Untersuchungsresultate angenommen haben: Sowohl bei Anuren (Bombinator igneus) als bei Urodelen sind Bauchrippen nachgewiesen, d. h. Knorpelstücke, die in der Gegend des Schultergürtels in den ventralen Enden eines (Bombinator) oder auch mehrerer Paare von Transversalsepten (Menopoma und 25] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 417 Menobranchus, Wirpersuem [33]) eingelagert sind. Sie hängen entweder paarweise mit einander in der Mittellinie zusammen oder bleiben hier getrennt. Zu demselben System von Skelettheilen rechnet übrigens Gorrre noch das Epipubis der Urodelen und von Daetylethra (Xenopus), (Cartilago ypsiloides). Alle diese Theile liegen, was hervorgehoben zu werden verdient, in den oberflächlichsten Schichten der Bauchmus- kulatur, also ebenso wie die distalen Enden der Rippen selbst. ös hat sich nun im Laufe der letzten Jahre immer mehr herausgestellt, dass knorpelige Theile nieht ohne Weiteres im Bindegewebe zu entstehen pflegen, um in irgend einer Weise Stützapparate zu bilden, sondern dass auch in den Fällen, die anfänglich hierfür zu sprechen schienen, das Knorpelgewebe von einem älteren bereits ausgebildeten Skelettheil stammt. Die Knorpel des Kehlkopfskelets und die Rippen bilden gute Beispiele für jene Art phyletischer Entwickelung. Diese Ergebnisse stellen einen nicht unerheblichen Fortschritt unserer Erkenntniss vor. Bei der An- nahme autochthoner Entstehung knorpeliger Skelettheile konnten wir den ersten klemen Anfängen derselben keinerlei Leistung zuerkennen und entbehrten damit eines Verständnisses für ihre weitere Ausbildung. Nunmehr sehen wir, dass bereits der erste Beginn einer Ausbildung der betrettenden Theile von funktionellem Werth für den Organismus gewesen sein muss, da sie eben von bereits leistungsfähigen Theilen ausging. Damit verstehen wir jetzt auch die Thatsache ihrer allmählich fortschreitenden Entwickelung. Das erste Auftreten hyalinen Knorpels wird also auf immer frühere Epochen der Stammesgeschichte zurückverlegt werden miissen. Erkennt man die Berechtigung der obigen Sätze an, so wird man es nicht für wahrschemlich halten, dass die Sternalbildungen der Amphibien, wie sie jetzt bestehen, in loco entstandene Theile bilden, sondern wird sie mit primitiveren Bil- dungen in Zusammenhang zu bringen suchen. Als solche stellen sich aber eben mit Wahrschemlichkeit die Rippen dar. Fassen wir alles zusammen, so werden wir die Rippen der Amphibien für rückgebildete Theile ansehen müssen). Isolirte Stiicke, die an Stelle der dorsalen Rippenspange liegen, werden also in Zusammenhang damit als Rudiment früher stärker entwickelter Bildungen aufzufassen sein. Damit sind wir aber noch immer nieht über die Phylogenese der dorsalen Spange im Klaren. Wir können jedoch auch hierüber von einer Prüfung der Ontogenese Aufschluss erhoffen und wenden uns ıhr jetzt zu. [eo Die Entwickelungsgeschichte der Urodelenrippe ist durch die bereits citirte Untersuchung Kxıckweyer’s (22) aufgeklärt worden, welcher die Ergeb- nisse einer Arbeit von Eugen Fick (9) und die kurzen Angaben Gorree’s (15. 17) ın *) Als rückgebildet fasste auch WIEDERSHEIM zeitweilig die Urodelenrippen auf (32), nahm aber neuerdings (33) diese Anschauung zurück. z ur @ Festschrift für Gegenbaur. 418 E. GÖöPPERT [26 wesentlichen Punkten ergänzte. Wir wissen jetzt, dass die Anlagen von Rippenträger (Querfortsatz) und Rippe bei Triton im vorknorpeligen Stadium zusammenhängen und eine Einheit bilden (Fig. 8, Taf. II. Rt-R). Dabei lehnt sich der Rippenträger in Form emer Zellleiste an die Aussenseite des Neuralbogens (N) nur an, geht nicht aus jenem hervor und zeigt dadurch seine Unabhängigkeit von ihm*). Die unmittel- bare Fortsetzung seines ventralen Endes bildet die Rippenanlage. Die gesammte Anlage besteht aus dieht angeordneten Elementen. Von einer dorsalen Rippenspange ist noch nichts wahrzunehmen. Der Uebergang des „häutigen“ Zustandes der Anlage in den hyalinknorpeligen geht in den verschiedenen Segmenten verschieden von statten. Der erste Ort, an dem gewöhnlich hyalime Grundsubstanz zuerst auftritt, ist das ventrale Ende des Rippenträgers, das ja, dem alten Basalstumpf zugehörig, den ältesten Bestandtheil des Trägers bildet. Später wandeln sich auch die dorsalen Theile seiner Anlage in Hyalinknorpel um. Im Bereich der späteren Rippe tritt in den vordersten Rumpf- segementen hyaline Grundsubstanz in dem distalen Ende der Anlage zuerst auf. Dies erfolgt hier sogar vor der Ausbildung hyalinen Knorpels im Rippenträger. Die Um- bildung der Rippenanlage schreitet dann medianwärts fort. In manchen Rippen- anlagen kommt zu dem distalen Knorpelherd noch ein solcher in ihrem proximalen Theil hinzu, während in anderen die Ausbildung von hyalinem Knorpel im proxi- malen Theil der Anlage beeinnt und von hier sich über die lateralen Theile aus- breitet. Diese Verschiedenheit der Rippen unter einander lässt dem Ort des ersten Auftretens von hyaliner Grundsubstanz innerhalb der vorknorpeligen Anlage keine wesentliche Bedentung beimessen. Von Wichtiekeit ist aber, dass der Grenzbezirk zwischen Rippe und Träger eine Zeit lang auf dem Vorknorpelstadium stehen bleibt, während die durch ihn zusammengehaltenen Theile bereits hyalinknorpelig sind. Erst etwas später tritt auch zwischen den Zellen dieser Zone hyaline Grundsubstanz auf, die mit derjenigen des Rippenträgers und der Rippe kontinuirlich zusammenhängt. Hier bleibt aber die Intercellularsubstanz stets schwächer entwickelt. Auch die Elemente selbst sind etwas klemer, als die des Hyalınknorpels der Nachbarschaft. Sie zeigen ausserdem vielfach längliche Form und stellen sich dann mit ihrer Längs- axe in die spätere Trennungsebene zwischen Rippe und Träger ein. Trotz dieser Eigenheiten des Grenzbezirkes müssen wir doch einen hyalinknorpeligen Zusammen- hang von Rippe und Rippenträger feststellen. Soweit wir bisher, im Anschluss an die Knıckmever’sche Arbeit, die Ent- wickelung der Urodelenrippe kennen lernten, finden wir sie m Uebereinstimmung *) Wenn wir später Rippenträger und Neuralbogen durch dünne Knochenlagen getrennt finden, so erklärt sich dies offenbar dadurch, dass schon vor dem Auftreten der Rippenträgeranlage Osteoblasten der Oberfläche des Neuralbogens anlagern. Die Fenster, die sich in der Knochenscheidewand finden, kommen entweder dadurch zu Stande, dass in ihrem Bereich von vornherein Knochengewebe nicht zur Ausbildung kam, oder dass Osteoblasten und dünne Knochenschichten durch die jungen Knorpelelemente zerstört wurden. Dass eine derartige Leistung jungen Knorpelzellen zugetraut werden kann zeigt die Erfahrung bei der Entstehung der chordalen Wirbel der Selachier. Hier wird die Elastica chordae (die primäre Chordascheide) von den Zellen der knorpeligen Bögen durchlöchert, sodass sie jenen den Eintritt in die Chordascheide gestattet. i 27] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 419 init der Entwiekelung der Selachierrippe (14). Bei den Selachiern hängt die erste Anlage der Rippe vollständig zusammen mit der des Basalstumpfs (l. ce. Taf. XIV. Fig. 8), genau wie bei Triton. Der ventrale Theil des Rippenträgers der Salaman- drinen stellt ja den Rest des Basalstumpfes vor. Auch bei den Selachiern unter- bleibt wie bei Triton eine Zeit lang die Ausbildung hyaliner Grundsubstanz an der späteren Abgliederungszone, nachdem sie schon in Basalstumpf und Rippe selbst ein- getreten ist (14. Taf. XIV Fig. 11 und Taf. XVI Fig. 15) Erst später bildet sich auch hier homogene Knorpelgrundsubstanz aus (14. Taf. XVI Fig. 14 u. 16). Wir führten bei den Selachiern das zeitweilige Zurückbleiben des späteren Trennungsbezirkes in der Entwickelung auf dieselben Faktoren zurück, welche endlich die Abgliederung der Rippen bewirken, d. h. auf den Einfluss der Muskelbewegungen, die ja bereits beim Embryo ausgiebig stattfinden. Es ist verständlich, dass an der Stelle, an welcher die Rippe gegen den Basalstumpf bewegt wird, feste Grundsubstanz später auftritt, als in den übrigen Theilen der Anlage, und sich auch nicht zu einer Stärke ausbildet, die Bewegungen der Rippe hemmen könnte. Dieselbe Erklärung werden wir auch auf die entsprechende Erscheinung bei Triton anwenden. Wenn also Kxıckmever, dessen Beobachtungen wir bisher folgen konnten, aus dem zeitweisen Fehlen hyalimer Grundsubstanz im Grenzbezirk zwischen Rippenträger und Rippe schliesst, dass beides streng gesonderte Bildungen sind, so müssen wir dem auf Grund der obigen Ausführung widersprechen. Ebenso wie die Selachierrippe ist die Rippe der Urodelen ein abgegliederter Theil des primitiven Basalstumpfes und gehört also auch genetisch zum unteren Bogensystem. Wie entsteht nun die dorsale Rippenspange? Durch KxiıckmeyEer wissen wir, dass in den dorsalen Transversalsepten junger Tritonlarven eine Gewebsverdichtung sich findet, die Dreiecksgestalt besitzt. Eine Seite des Dreiecks wird von dem dor- salen Theil des Rippenträgers begrenzt, eine andere füllt mit dem unteren Rand des dorsalen Transversalseptums zusammen, in der dritten nach aussen und etwas dorsal gerichteten findet sich die Anlage der dorsalen Rippenspange. Wir untersuchen zuerst das zweite Rippenpaar einer 17 mm langen Larve von Triton alpestris (Fig. 9, NR ere Rippe selbst (ZA) ist hier bereits hyalin-knorpelig. Zwischen ihr und dem Knorpel des Rippenträgers besteht aber eine ziemlich breite Zone, in welcher hyaline Grundsubstanz noch fehlt. Auch der dorsale Theil des Rippenträgers ist noch im Stadium des Vorknorpels. Vom distalen Theil der Rippe aus geht nun ein kurzer Strang von dicht an einander gedrängten Zellen in das dorsale Transversal- septum hinein (r). Die Kerne desselben sind mehr oder weniger kugelig und unter- scheiden sich dadurch von den länglichen Kernen der oben erwähnten dreieckigen Gewebsverdichtung, dessen lateralem Rand sie zugehören. Dieser Zellstrang bildet die Anlage der dorsalen Rippenspange. Er reicht etwa bis zur Mitte zwischen Rippe und Rippenträgerende empor. Obwohl hyaline Grundsubstanz noch im ihm fehlt, hängt er doch kontinuirlich mit der Rippe zusammen. Die nächstalte untersuchte Larve von Triton alpestris, von 18 mm Länge, zeigt die dorsale Spange der zweiten Rippe schon bis zum Dorsalende des hier fertig R9x 99 420 E. GÖPPERT [28 ausgebildeten Rippenträgers fortgesetzt und mit ihm in kontinuirlichem Zusammenhang. Sie war in ganzer Ausdehnung hyalinknorpelig. Wir sehen aber, dass in ihrem ven- tralen, von der Rippe ausgehenden Theil die Zellen grösser sind und eine grössere Menge hyaliner Grundsubstanz entwickelt haben als weiter dorsalwärts ‚Je mehr wir uns dem Rippenträger nähern, desto kleiner werden die Elemente und desto geringer die Masse der Grundsubstanz, die schliesslich eben erst in Spuren zu erkennen ist. Auch durch geringere Tingirbarkeit zeigt sie hier ihr jüngeres Alter an. Bei älteren Larven fehlt der eben erwähnte Unterschied im Verhalten der Intercellularsubstanz der dorsalen Spange. Auch in dem oberen Theile derselben findet sich wohl ausgebildete Grundsubstanz. Die Zellen selbst smd aber m den oberen Theilen der Spange etwas kleiner als in den ventralen. Am kleinsten sind sie im Grenzbezirk gegen den dorsalen Theil des Rippenträgers. Hier ist auch die Grundsubstanz nur schwach entwickelt, ähnlich wie an der Grenze zwischen Rippen- träger und Haupttheil der Rippe. Wir sehen also, dass die dorsale Spange als ein kleiner Fortsatz der Rippe auftritt und erst später, sich dorsalwärts ausdehnend, den Rippenträger erreicht, dass ferner in gleicher Richtung auch die Ausbildung der vorknorpeligen Anlage in Hyalin- knorpel vor sich geht, sodass die ventralen Theile den dorsalen in jeder Bezieh- ung vorangehen. Wir erkennen damit, dass dem unmittelbaren Zusammenhange des Rippenträgers mit der dorsalen Rippenspange eine ganz andere Bedeutung zukommt, als seiner Kontinuität mit dem Haupttheil der Rippe. Der erstere ist sekundärer, die letztere primärer Natur ®). Kxieruerver beschreibt nun, dass das erste Auftreten hyaliner Grundsubstanz in der Anlage der dorsalen Spange getrennt erfolet von dem Haupttheil der Rippe, wenn auch in dessen Nähe, und dass der kontinuirliche hyalin-knorpelige Zusammen- hang beider erst später sich ausbildet. Die Richtigkeit der Einzelbeobachtungen, die jener Auffassung zu Grunde liegen, ist ohne Weiteres anzuerkennen. Im Laufe meiner Untersuchung fand ich, wie mitgetheilt, wiederholt die dorsale Spange getrennt von der Rippe. Dass aber dieser Zustand regelmässig auftritt und dem Zusammenhang beider Theile vorausgeht, muss ich auf Grund meiner Erfahrungen bestreiten. Sal Kxickuever obere Spange und Rippenhaupttheil getrennt von einander, so handelte es sich um jene Fälle von Rückbildung, die im vorhergehenden Theil meiner Arbeit erörtert wurden. Fanden wir andererseits den Knorpel der oberen Rippenspange und des Haupttheils der Rippe zwar von einander oesondert, aber durch Knochen- sewebe zusammengehalten, so liegt hier jedenfalls eine theilweise Zerstörung und Ersetzung von Knorpelgewebe durch Knochen innerhalb einer ursprünglich einheit- lichen Anlage vor. Nach allem scheint mir also die Frage der Zweiköptigkeit der Urodelenrippen endeültig dahin entschieden zu sein, dass die dorsale Spange auch phylogene- *) Noch bei einem erwachsenen Triton alpestris fand ich die Rippe in kontinuirlichem Zusammenhang mit ihrem Träger. Die Verbindung vermittelte Knorpelgewebe, dessen Intercellularsubstanz nicht etwa einen fibrillären Zerfall aufwies. Aehnlich hing auch die dorsale Spange mit den Rippenträgern zusammen. 29] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 421 tisch einen einfachen Auswuchs der Rippe vorstellt, der im Dienst einer sekundären Befestigung derselben an der Wirbelsäule entstanden ist. Dass dieser Fortsatz auch seinerseits Vorsprünge und Ausläufer entsenden kann, wie oben geschildert wurde, kann diese Beurtheilung in keiner Weise stören*). 4. Die Untersuchung der Fische ergab, dass hier das Vorkommen oberer Rippen bei gleichzeitigem Fehlen unterer Rippen sich dann findet, wenn die ventrale Musku- latur schwach, die dorsale stark entwickelt ist und in Folge dessen das Horizontal- septum tief steht (14). Es wird sich nun fragen, ob auch im Verhalten der Muskulatur ein direkter Anschluss der Urodelen an die Fische zu erkennen ist. —J. Irsv. u R S.hor. N. Oblext.sup. Obl.ext. prof. Ibl.int. Transv. Red prof Fig. VII. Menobranchus lateralis. Larve 43 mm. Querschnitt durch den Anfang der hinteren Rumpfhälfte 18:1. D Drüsen, Mes Mesenterium. Obl. ext. sup. und prof. Musculus obliquus abdominis externus superfieialis und profundus. Obl. int, Musculus obliquus abdominis internus. Transv. Muse. transversus abdominis. Rect. prof. Muse. reetus abdominis profundus. Wir untersuchen an erster Stelle die Menobranchuslarve von 43 mm Länge und zwar zunächst einen (Querschnitt durch den Hinterrumpf (Fig. VID, in welchen *) Eine besondere Auffassung über die Zweiköpfigkeit der Amphibienrippen äusserte Dorro (7). Die zwei- köpfigen Amphibienrippen sind nach ihm entstanden durch Verbindung der unteren und oberen Fischrippen jederseits zu einem einheitlichen Skeletstück (eitirt nach Baur [1]). Der ventrale Gabelast würde also zur unteren, der dorsale zur oberen Rippe gehören. Der erstere liegt aber nun innerhalb der Muskulatur genau ebenso wie der proximale Theil der oberen Fischrippe, nämlich am Horizontalseptum. Der ihm entsprechende Theil der caudalen Rippen behält diese Lage bei und stimmt damit auch wieder mit der oberen Fischrippe überein. Es ist also nicht abzusehen, warum der ventrale Gabelast sammt seiner Fortsetzung in den Haupttlieil der Rippe etwas anderes sein soll als eben ein Homologon der oberen Fischrippe. Dass in keiner Beziehung eine wesentliche Differenz zwischen beiden besteht, habe ich oben zeigen können. Dass endlich die dorsale Rippenspange der ventralen nicht gleichwerthig ist, sondern eine sekundäre Bildung vorstellt, hat sich eben noch ergeben. Damit ist, wie ich glaube, die Dorro’sche Ansicht als irrig erwiesen. 422 E. GÖPPERT [30 gerade die medialen Enden der Rippen fallen. Wir finden den inneren Rand des Horizontalseptums (5. Zor.) mit den Rippenanfängen (#.) in der Höhe der Unterfläche des Wirbelkörpers. Von hier zieht das Septum annähernd horizontal, nur ein wenig ventralwärts abfallend, nach aussen. Vor und hinter dem Basalstumpf tritt die Mus- kulatur dieht an den Wirbelkörper heran, während sie im Niveau des Basalstumpfs erst etwas lateral von jenem beginnt; gleichzeitig liegt hier em grösserer Theil des Chordaquerschnitts im Bereich der ventralen Muskulatur als dort. Dies beruht zum Theil auf einer leichten Hebung des mneren Randes des Septums in den imterverte- bralen Partien, zum anderen Theil aber auf der hier eintretenden Vergrösserung des Wirbelkörperquerschnittes, die der Sanduhrform des Wirbels entspricht. Die gleiche Differenz zwischen dem Verhalten der Muskulatur im Querschnitts- niveau des Basalstumpfes und Rippenanfanges und den vor und hinter dasselbe fallenden Transversalebenen, ist auch im ganzen übrigen Körper anzutreffen. Im Anfangstlieil des Schwanzes finden wir das Horizontalseptum in derselben Lage, wie eben dargestellt wurde (vergl. 13, Fig. 4). In der vorderen Hälfte des Rumpfes tritt aber kopfwärts allmählich eine Aenderung ein. Einmal hebt sich der mediale Rand des Horizontalseptums um ein Geringes. Die Anfangsstücke der Rippen . Sıtrsu bekommen dadurch eine etwas höhere Lage. N Dicht hinter dem Kopf liegen sie etwas über Bo dem Niveau der Unterdäche des Wirbels. Do Verhältnissmässig noch deutlicher ist eine A Hebung des lateralen Randes des Septum An. £ P 5 horizontale. Letzteres steigt hier nach aussen .Obletsyp zu etwas an und zwar bis zur Höhe der —Abatprof «lorsalen Theile des Wirbelkörpers. Gleich- = Obl.int. ‚zeitig tritt eine Verschmälerung der Seiten- muskulatur und damit auch des Horizontal- septums em. Bei den Salamandrinen finden „Rect prof pet, Wir das Septum horizontale in bedeutend höherer Lage als bei Menobranchus. Rası (27) erwähnt die Hochstellung «des Septums Fig. VII. i bereits und führt darauf auch die Betestie- Salamandra maculosa. Neugeborene Larve. Quer- R 7 schnitt durch die Rumpfmitte. 30:1. Beet. sup. Mus- ung der Rippen am oberen Bosen zurück eulus reetus abdominis superfieialis. Sonstige Bezeichnungen ER 5 7 s. Erkl,. zu Fig. VII und pag. 434. Links ist die Ver- (vergl. pag. 431 Anm.). bindung der Aorta ER vertebralis colla- Im Rumpf einer jungen Larve von Salamandra maculosa (Fig. VIII) liegt das Horizontalseptum mit seinem medialen Rand etwas über dem Niveau des Chorda- querdurchmessers. Damit liegen die proximalen Rippenenden (AR.) in der Höhe der dorsalen Hälfte des Uhordaquerschnitts. Lateral steigt das Horizontalseptum (8. hor.) etwas dorsalwärts an. Während in der @uerschnittsebene des Rippenanfanges die 31] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 4923 Musknlatur etwas von der Wirbelsäule entfernt ist, tritt sie vor und hinter dieser Stelle unmittelbar an den Wirbelkörper heran, ohne dass jedoch der mediale Rand des Horizontalseptums hier eine höhere Stellung einnimmt. Das Gleiche wie am Rumpf findet sich auch am Schwanz. Der Innenrand des Horizontalseptums fällt hier annähernd in die Ilöhe des transversalen Chordadurchmessers. Sehr ähnliche Verhältnisse wie Salamandra weist die Larve von Triton alpestris auf. Kinen Fortschritt dagegen findet sich bei der Larve von Pleuro- deles Waltlii (3,5 em). Hier liegt nämlich der mediale Rand des Septum hori- zontale in der Höhe der Dorsalfläche der Wirbel, also ein erhebliches Stick weiter dorsal als bei den beiden vorher erwähnten Arten. Der laterale Rand des Septums dagegen nimmt eine etwas tiefere Lage ein; er liegt in der Höhe des Chordaquer- durchmessers. Die Salamandrinenlarven stehen also im Verhalten ihrer Muskulatur weit ab von denjenigen Fischen, mit denen sie den Besitz oberer, das Fehlen unterer Rippen gemein haben. Dort findet sich Tiefstand, hier Hochstand des Horizontalseptums. Ersteres bedeutet Schwäche, letzteres Stärke der ventralen Muskulatur (vergl. 14). 3eide Zustände sind aber mit einander verknüpft durch den Befund bei der Larve von Menobranchus. Hier können wir noch von einem Tiefstand des horizontalen Septums sprechen, der sich direkt anschliessen lässt an die Verhältnisse bei den in Betracht kommenden Fischen (vergl. 14 Fig. VII). Jedenfalls bietet uns Meno- branchus also auch hierin primitivere Verhältnisse als Salamandra und Triton. Die ventrale Lage des Septum horizontale bei Menobranchus äussert sich in der tiefen Stellung des Rıppenanfanges. Dies bewirkt andererseits, dass sich hier in der Befestigungsweise der Rippe noch ursprüngliche Zustände erhalten haben, dass der alte Basalstumpf noch in ganzer Ausdehnung besteht. Auf der dorsalen Ver- schiebung des Septums und damit auch des proximalen Rippenendes beruht dagegen die besondere Ausbildung des Rippenträgers und die theilweise Einschmelzung des Basalstumpfes bei den Salamandrinen. Wir haben nun aber auch bei Menobranchus nicht mehr ganz ursprüngliche Verhältnisse. Man kann sagen, dass auch hier schon die Dorsalverschiebung des Horizontalseptums begonnen hat. Sie äussert sich in geringem Maassstab im den vorderen Theilen des Rumpfes, aber auch in jedem Segment vor und hinter dem Querschnittsniveau des Rippenträgers und proximalen Rippenendes (s. o.). Es hat den Anschem, als wenn der Befestigungsapparat der Rippen der Verschiebung der Muskulatur ein Hinderniss bereite, das erst allmählich unter Veränderungen des Skelets iiberwunden werden konnte. Nach allem besassen demnach, ebenso wie die nur mit oberen Rippen (resp. Seitengräten) ausgestatteten Fische, auch die Vorfahren der heutigen Urodelen ein tiefgelagertes Horizontalseptum, d. h. auch bei ihnen überwog für die Bewegungen des Axenskelets die dorsale Muskulatur den ventralen Theil derselben. 424 E. GÖPPERT [32 Wir schliessen hiermit die Untersuchung der Urodelenrippen ab. Es hat sich in jeder Beziehung der direkte Anschluss derselben an die Verhältnisse der oberen Fischrippen darthun lassen. II. Gymnophionen. Wir wenden uns jetzt den Rippen der Gymnophionen zu. Die Möglichkeit, auch diese in den Kreis der Betrachtung zu ziehen, verdanke ich Herrn Professor Dr. Ruvorrn Bureknarpr, der mir Theile von Larven von Iehthyophis glutinosus aus dem von P. und F. Sarasın gesammelten Material zur Verfügung stellte. Es ist bekannt, dass die beiden Gabeläste der Rippen eines ausgebildeten Exemplares von Iehthyophis nicht an einem einheitlichen Rippenträger befestigt sind, wie bei den Urodelen, sondern sich zwei von einander getrennten (Juerfortsätzen an- schliessen, die als em oberer und unterer bezeichnet werden (Wieversheim 31.) Der Processus transversus superior trägt die dorsale Rippenspange und ist bei Ichthyophis auf einen schwachen Höcker an der Aussenseite des vorderen Gelenk- fortsatzes reduzirt. Der letztere entspringt am eranialen Rand des tunnelartig lang- gezogenen, knöchernen Neuralbogens. Der Processus transversus inferior entspringt am gleichen Rand des Neuralbogens, aber an dessen Basis und gleichzeitig von dem benachbarten Stück des Wirbelkörpers selbst. Er zieht vorwärts und etwas ventral und bildet mit seinem Gegenstück eine Gabel, welche den eaudalen Theil des nächst- vorderen Wirbels von hinten her umfasst. Seine Aussenseite trägt eine kleine mit Knorpel überzogene Erhebung zur Befestigung der unteren Rippenspange *). Die Untersuchung emer jungen Larve, bei der die Knochenbildung eben erst eingesetzt hat, giebt uns Aufschluss über die primordiale Anlage dieser Theile**). Betrachten wir ein Plattenmodell eines vorderen Rumpfwirbels, wie es Fig. 11 Taf. II darstellt, so fällt in erster Linie die Schmalheit des knorpeligen Neuralbogens auf (N). Genau wie bei den Urodelen kommt die langgestreckte Form des oberen Bogens im fertigen Zustand erst durch ausgedehnten Knochenansatz an die knorpelige Anlage zu Stande. Die letztere trägt ein Paar vorderer nnd ein Paar hinterer Gelenk- fortsätze (Pre. art a. und p.) Den Processus transversas inferior des ausgebildeten Wirbels erkennen wir ohne Schwierigkeit wieder in einem langen rundlichen Knorpelstab (2), der von *) Die Ansatzstelle der unteren Rippenspange erscheint bei manchen Gymnophionen als ein Höcker an der Aussenseite des oben beschriebenen nach vorn gerichteten Fortsatzes. In einer genauen Beschreibung der Gymno- phionenwirbel, die K. Prrer gab (26), werden daraufhin diese kleinen Höcker als die Processus transversilinferiores bezeichnet, während die vorderen Fortsätze selbst als Processus inferiores anteriores unterschieden werden. Die Untersuchung von Larven zeigt jedoch, dass die Anlage beider Theile ein einheitlicher, einfacher Knorpelstab ist (Fig. 11.8). Man thut daher besser, die oben im Text gebrauchte Bezeichnungsweise beizubehalten. **) Da mir nur Theile von Larven vorlagen, kann ich die Länge der untersuchten Exemplare nicht angeben. 33] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 435 den unteren Theilen des Neuralbogens entspringt und von hier vorwärts und etwas nach aussen zieht. Gleichzeitig senkt er sich mit seinem vorderen Ende etwas nach der Ventralseite zu. Der untere (@uerfortsatz steht mit dem Neuralbogen in kon- tinuirlichem Zusammenhang. Mit dem Wirbelkörper hat er keme Verbindung. Erst in späteren Stadien der Entwickelung bringt ihn Knochengewebe auch mit dem Wirbelkörper in Zusammenhang. In der Nähe semes eranialen Endes entspringt von ihm die Rippe (2). Beide Theile hängen direkt mit einander zusammen. Eine Zone mit schwach entwickelter Intercellularsubstanz lässt sie jedoch geren emander abgrenzen. Die Rippe zieht, mit dem (@uerfortsatz einen spitzen Winkel bildend, caudal- und etwas lateralwärts, dabei dorsal ansteigend, und endet etwa in der Quer- schnittsebene des freien Endes des Processus articularis posterior. Etwas hinter der Mitte ihrer Länge verbindet sie sich mit der dorsalen Rippenspange (r), die von der Aussenseite des vorderen Gelenkfortsatzes jeder Seite ausgeht und von hier caudalwärts und etwas nach aussen verlaufend auf den Haupttheil der Rippe zustrebt. Von einem deutlichen Processus transversus superior ist hier nichts zu bemerken. Auch das Knorpelgewebe der oberen Spange und des Gelenkfortsatzes hängen kon- tinuirlich zusammen. Abgeplattete Knorpelelemente bilden jedoch durch flächenhafte Einstellung eine Grenzschicht zwischen beiden Theilen. Vertolgen wir das Verhalten der oberen Rippenspange in den hinteren Theilen des Körpers, so finden wir, dass ihr Ursprung den Processus artieularıs verlässt und allmählich auf die Aussenseite des Neuralbogens selbst übergeht. In den Segmenten unmittelbar vor dem After entspringt sie hier ein erhebliches Stück ventral vom vorderen Gelenktortsatz. Auch dann besteht noch Kontinuität zwischen ıhr und dem Neuralbogen. An dem im Bereich des hintersten Theiles des Afters gelegenen Wirbel lehnt sie sich aber mit ihrem dorsalen Ende nur an die Knochenschale des Neuralbogens an, während sie mit der Rippe selbst in Kontinuität bleibt. Am tolgenden Wirbel erreicht sie auf einer Seite den Neuralbogen nicht mehr. Noch weiter nach hinten, an den letzten Rippen fehlt sie gänzlich. Es braucht kaum besonders betont zu werden, dass die dorsale Spange ebenso beurtheilt werden muss wie der homologe Theil der Urodelen, d. h. als ein sekundärer Auswuchs der Rippe. Während wir bei den Urodelen einen verhältnissmässig komplizirten Apparat antrafen, der beiden Gabelästen des proximalen Rippenendes zur Befestigung dient, tinden wir also bei Ichthyophis einen einfachen Fortsatz des Neuralbogens (Processus transversus inferior), der den Haupttheil der Rippe trägt, während die obere Rippen- spange am Processus articularıs anterior oder am oberen Bogen selbst angeheftet ist. Für die Deutung des unteren (@Querfortsatzes liegen verschiedene Möglichkeiten vor: Entweder ist er eim direkter Auswuchs des Neuralbogens, oder er ist em dorsal ver- schobener Basalstumpf, oder er ist dem ventralen Theil des knorpeligen Rippenträgers von Triton homolog (vergl. Fig. V pag. 408 [16]). Zur Entscheidung der Frage prüfen wir zunächst das Verhalten des Processus transversus inferior zur Arteria vertebralis collateralis, die auch bei Ichthyophis in longitudinalem Verlauf jederseits die Wirbelsäule begleitet. Die Arterie zieht nun Festschrift für Gegenbaur. 54 426 E. GÖPPERT 134 über die Dorsalseite des (Juerfortsatzes hinweg. Damit ist erwiesen, dass der letztere nicht einfach mit dem knorpeligen Rippenträger von Triton homolog sein kann, denn zu jenem liegt die Vertebralarterie in ventraler Lagerung. Andererseits liegt aber der Processus transversus inferior genau ebenso zur Arterie, wie der Basalstumpf von Menobranchus (vergl. Fig. I pag. 399 [7)). Beim Verfolg des Verhaltens des unteren (uerfortsatzes nach dem Schwanz zu finden sich auch hinter dem After bei der Larve, im Gegensatz zum fertigen Thier (vergl. Prrer [26]), eine Reihe gut ausgebildeter Wirbel vor. In der Gegend des Afters werden zunächst die unteren (uerfortsätze etwas kürzer. Am ersten Wirbel hinter dem After, den wir als ersten Schwanzwirbel bezeichnen können, rückt der Ursprung des (uerfortsatzes auf die Aussenseite der Chorda selbst. Er hängt aber mit der Neuralbogenbasis noch unmittelbar zusammen. Gleichzeitig reicht die Spitze des cranialwärts laufenden Fortsatzes weiter ventral als vorn und zieht gleichzeitig etwas medianwärts. Am folgenden Wirbel (Fig. IX) ist aus den (uerfortsätzen unzweideutig ein Hiämalbogen (//) geworden, wenn auch hier wie an den folgenden Wirbeln ein ventraler Schluss desselben nicht zu Stande kommt. Ein ganz gleiches Verhalten zeigen übrigens auch die Hämalbögen der Schwanzwurzel von Sela- chiern. Die Basis jeder Hämalbogenhälfte trägt noch an ihrer Aussenseite ein kurzes Rippenrudiment (2). Auch hierin erkennen wir eme Uebereinstimmung mit den Selachiern (vergl. 14, Fig. 17 Taf. XV). Am dritten Schwanzwirbel hängen Hämal- und Neu- ralbogen nur noch durch eme schmale Knorpelbriücke mit einander zusammen. Am vierten Schwanzw irbel sind beide ganz von einander gesondert. Der Hämal- bogen liegt dabei cranial vom zueehörigen Neural- bogen, also ähnlich, wie bei den Reptilien. Gleich- Fig. IX. zeitig finden wir hier das letzte Rippenrudiment als Ichthyophis glutinosus Aeltere Larve. ein kleines Knorpelstiick der Aussenseite des Hämal- Zweiter Wirbel hinter dem After. Flächen- . Te: . . projektion 100 : 1. Ch-Kn Chordaknorpel. Pogens in der Nähe seiner Basis angeschlossen. SL EDEN TEEIEN EN Damit ist der Uebergang des Processus transversus inferior in die Hämalbögen des Schwanzes nachgewiesen. Es kann also nicht mehr daran gezweifelt werden, dass in ihm ein Homologon des Basalstumpfs der Fische vor- liegt. Er hat hier seine ursprüngliche Selbstständigkeit aufgegeben und ist auf die Basis des Neuralbogens emporgerickt. Eisenthiimlich sind der eranialwärts gerichtete Verlauf des Basalstumpfs von Ichthyophis und die dadurch bedingte Winkelbildung mit der Rippe (Fig. 11). Untersuchen wir nun aber die Muskulatur, so sehen wir, dass in der Höhe der Wirbelsäule jedes transversale Myoseptum des Rumpfes eine knieartige Einbiegung besitzt, deren Winkel sich caudalwärts öffnet. In dem medialen, von der Wirbel- 35] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 427 säule ausgehenden und cranial- und lateralwärts gerichteten Schenkel dieses Winkels liegt der Basalstumpf und zeigt infolge dessen auch die eben bezeichnete Orientirung. Seine Verbindung mit der Rippe findet sich gerade an der Umbiegungsstelle des Septums. Die Rippe selbst liegt im lateralen Schenkel des vom Septum gebildeten Knies und zieht demgemäss caudal- und lateralwärts. Die auffallende Verlaufsrichtung des Basalstumpts findet also offenbar in dem Verhalten der Muskulatur ihre Er- klärung. Dass auch die Rippe von Icehthyophis im horizontalen Myoseptum liegt, ist in den Segmenten des Hinterrumpfs und des vorderen Schwanztheils unzweifelhaft festzustellen. Hier ist das Horizontalseptum als ein breiter Bindegewebszug ausge- bildet. Weiter vorn schliesst sich der obere Theil der ventralen Muskulatur so mnig an die dorsale Muskulatur an, dass eine Grenze zwischen beiden nicht nachweisbar ist. Auch hier liegen die Rippen aber dort, wo die Grenze, also das Horizontal- septum, gesucht werden musste”). III. Anuren. An dritter und letzter Stelle wollen wir die Anuren im den Kreis unserer Betrachtung ziehen. Die thatsächlichen Verhältnisse sind, soweit sie für uns von Interesse sind, geniigend bekannt (vergl. A. Goertz |15]). Die stark entwickelten WR. B a Fig. X. Bombinator igneus. Junges Thier unmittelbar nach Beendigung der Metamorphose. Dritter Rumpfwirbel. Flächen- projektion 35:1. Bezeichnungen s. pag. 434 (42). Querfortsätze der Rumpfwirbel des fertigen Thiers zeigen sich in knorpeligem Zustand (Fig. X) aus zwei Theilen zusammengesetzt, einem inneren, am Neuralbogen ent- springenden Wurzelstiick (B.) und einem Aussenglied, dem Aequivalent einer Rippe *) Bei der grossen Komplikation der Seitenrumpfmuskulatur, namentlich auch ihrer ventralen Hälfte, muss man sich hüten, eine der letztere durehziehenden Scheidewände für das Horizontalseptum anzusehen und dasselbe demgemäss zu weit ventral zu suchen. 54* 428 E. GÖPPERT [36 (A). Durch den Mangel einer dorsalen Spange unterscheidet sich letztere von der Rippe der Urodelen und Gymnophionen. Das Knorpelgewebe der Rippe und des Wurzelstücks oder, wie wir besser sagen, des Rippenträgers, hängen kontinuirlich zusammen. An beider Grenze ist aber, wie bereits GoETTE zeigte, in einer schmalen Zone (a.) die Knorpelerundsubstanz durch stärkere Timgirbarkeit vor der Nachbar- schaft ausgezeichnet. Im Bereich dieser nach aussen etwas gewölbten Grenzschichte ist ferner die Intercellularsubstanz nur schwach entwiekelt; die Knorpelzellen sind verhältnissmässig klein und vielfach im Sinne der Zwischenzone abgeplattet. Auf- fallend ist ferner, wie gleichfalls Gorrrz bereits beschrieb, dass die Verbindungsstelle von Rippe und Rippenträger von dem Knochenbelag frei bleibt, der im Uebrigen jene Theile überzieht. Die Rippe ist also offenbar gegen den Rippenträger noch beweg- lich. In ganz ähnlicher Weise, wie hier fanden wir auch die Verbindung zwischen Rippe und Rippenträger bei den Larven der Urodelen, bei Ichthyophis und auch bei den älteren ümbryonen der Selachier (14). Wenn num bei den Anuren mit dem Fortschreiten der Verknöcherung Rippen- träger und Rippe zu dem einheitlichen @Querfortsatz des Neuralbogens verschmelzen, so steht das offenbar in Zusammenhang mit der Art der Ortsbeweeung beim fertigen Thier. Sie erfolet ausschliesslich durch Vermittelung der Extremitäten, nicht mehr wie bei der Larve durch schlängelnde Bewegungen des Körpers. Gerade bei den letzteren, durch die Seitenmuskulatur erzeugten Bewegungen ändert sich aber dauernd die Stellung der Rippe zu ihrem Träger. Die Abgliederung der Rippe ist die Folge hiervon. Hört diese Bewegungsform auf, wie eben bei der Metamorphose der Anuren, so fällt der Grund für die Beweglichkeit der Rippe fort und die Rippe verschmilzt mit ihrem Träger®). Wenn wir uns jetzt fragen, wie der Rippenträger zu beurtheilen ist, so liegen auch hier wie bei Ichthyophis von vornherein drei Möglichkeiten vor. Die eine der- selben, den Träger als einen einfachen Auswuchs des oberen Bogens anzusehen, wird nach unseren bisherigen Erfahrungen bei Fischen und Amphibien von vornherein verworfen werden missen. Stets fand sich ja die Rippe in Zusammenhang mit dem primitiven Basalstumpf oder wenigstens mit einem Theil desselben. Ermsthaft wird aber erwogen werden müssen, ob der Rippenträger den Basalstumpf selbst vorstellt, der wie bei Ichthyophis auf den Neuralbogen übergegangen ist, oder ob er dem ventralen Theil des knorpeligen Rippenträgers der Salamandrinen homolog ist (vergl. Fig. V pag. 408 |16]). Ein wesentliches Kriterium zur Lösung der Frage fehlt uns bei den Anuren. Die Beziehung des Rippenträgers zu den caudalen Hämalbögen kann bei dem Fehlen der letzteren nicht zur Beurtheilung herangezogen werden. Ob wenigstens das Bestehen eines der Arteria vertebralis collateralis homologen Gefässes die Ent- scheidung ermöglicht, soll jetzt untersucht werden. *) Auch in der Reihe der Amnioten verliert die Seitenmuskulatur allmählich die lokomotorische Bedeutung, die ihr bei den Fischen, auch bei Urodelen zukommt. Wenn dann doch die Rippen beweglich mit der Wirbelsäule ver- bunden sind, so steht dies im Dienste der erst von den höheren Formen erworbenen Art der Inspiration unter Erwei- terung des Thorax, die ja doch zum grossen Theil durch Hebung der Rippen erfolgt. 37] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 429 Wohl bei allen Anuren geht, wie bekannt, von jeder der beiden Aortenwurzeln, dort, wo sie die dorsale Rumpfwand erreicht, um caudalwärts weiter zu ziehen, ein als Arteria oceipito-vertebralis bezeichneter Ast ab (BEerer [5))- Er entsprmgt gemein- sam mit der Arteria subelavia derselben Seite oder auch oberhalb derselben (Buto vulgaris). Die Arterie zieht zur Seite des Atlas zwischen Schädel und @Querfortsatz des zweiten Halswirbels dorsalwärts und theilt sich, bedeckt von dem als Longissimus dorsi bezeichneten Muskel, in zwei Endäste. Während der eine als Arteria oceipitalis sich am Kopf verbreitet, läuft der andere, die Arteria vertebralis, unter den langen Riickenmuskeln längs der ganzen Wirbelsäule caudalwärts. Sie zieht dieht neben den Gelenktortsätzen der oberen Bogen vorbei und liegt hier dorsal von den Wurzel- stiicken der @uerfortsätze. Die Arteria vertebralis versorgt die Riickenmusken (Rami dorsalis), schickt Aeste in den Vertebralkanal (R. spinales) und in die Interkostal- räume, sowie zur Bauchwand (R. intercostalis). Es fragt sich jetzt, ob die Art. vertebralis der Art. vertebralis collateralis der Urodelen homolog ist. Folgen wir der Darstellung Hyekır’s (21) für Crvptobranchus, so sehen wir die fragliche Arterie jederseits von der Aortenwurzel, dieht vor deren Veremigung mit der anderseitigen, abgehen. Im Ort ihres Ursprunges stimmt sie im Wesentlichen mit der Art. oceipito-vertebralis der Anuren überein. Sie entspringt unterhalb der Carotis und oberhalb der Subelavia. Letzteres fand sich ja auch bei Buto vor. Ebenso wie die Art. oceipito-vertebralis zieht die Vertebralarterie bei Crypto- branchus seitlich vom Atlas dorsalwärts und wendet sich ‚dann zur Seite der Wirbel- säule, wie die Art. vertebralis der Anuren, caudalwärts, um in der oben schon viel- tach erwähnten Weise die @uerfortsatzwurzeln zu durchsetzen. Die „leichen Ver- hältnisse zeigen auch die übrigen Urodelen. Die Art. vertebralis coll. versorgt die ganze Nachbarschaft, die Wirbelsäule, den Inhalt des Vertebralkanals, die Mus- kulatur, gleicht also auch darım der Vertebralarterie der Anuren. Nun steht aber ferner die Art. vertebralis bei Proteus und Siren durch Vermittelung der Interkostal- arterien in jedem Segment mit der Aorta in Verbindung und bekommt also auf ihrem Verlauf dauernd Zuschuss (Hyerr). Die Art. vertebralis collateralis bildet ein Sammelgefäss, augenscheinlich entstanden aus den Anastomosen der Interkostalarterien. Diese Verbindungen mit der Aorta sind bei Öryptobranchus und Menopoma auf einige wenige Segmente beschränkt; dasselbe zeigen auch die Larven von Salamandra und Triton (vergl. Fig. VIII pag. 422 [30] links). Bei ausgebildeten Exemplaren der Salaman- drinen fehlen sie aber ganz (Hyekrr). In der Reihe der Urodelen sehen wir also die segmentalen Verbindungen der Aorta mit der Vertebralarterie allmählich schwinden, sodass schliesslich deren Ursprung auf die Aortenwurzel beschränkt wird. Dann zeigt aber die Art. vertebralis collateralis völlige Uebereinstimmung mit der Art. vertebralis der Anuren. An der Homologie der genannten Arterien kann also nicht gezweifelt werden. Kehren wir jetzt wieder zum Ausgangspunkt der letzten Abschweifung zurück, so sehen wir den Rippenträger der Anuren in derselben Lage zur Art. vertebralis. wie den Basalstumpf von Menobranchus und Ichthyophis zu dem gleichen Gefäss, d.h. 430 E. GörrERT [38 ventral von ihm. Daraus erhellt, dass der Rippenträger der ÄAnuren ein Basalstumpf ist, der nur dorsal verschoben, nur dadurch in Verbindung mit dem oberen Bogen getreten ist. Der Zusammenhang dieser Verschiebung mit dem Verhalten der Muskulatur ist leieht zu erkennen. Das horizontale Septum, dessen Dorsalseite der @Querfortsatz angeschlossen ist, liegt hoch über dem Niveau des Wirbelkörpers. Scehlussbetraehtung. Wenn wir uns beim Beginn dieser Untersuchung die Aufgabe gestellt hatten, zu untersuchen, wie sich die Rippen der Amphibien zu denen der Fische verhalten, so können wir jetzt die Aufgabe wohl als gelöst betrachten. Es hat sich gezeigt, dass die wesentlichsten Besonderheiten der Amphibienrippen sich zwanglos ableiten lassen von den einfachen Verhältnissen der oberen Fischrippen. Zunächst ergab sich, dass auch die Rippen der Amphibien, wie die Fisch- rippen, sich überall mit Basalstümpfen oder doch wenigstens mit Resten von solchen verbinden, dass ferner diese Basalstiimpfe, ganz wie bei den Fischen, ursprünglich der Ventralseite des Wirbels resp. der Chorda dorsalis ansitzen und am Schwanz in die Hämalbögen übergehen. Von diesem Urzustand aus wurden nun zwei verschiedene Entwickelungsrichtungen eingeschlagen. Bei Iehthyophis, also wohl allgemein bei den Gymnophionen (Fig. 11 Taf. II), ebenso bei den Anuren (Fig. X) ver- lagerten die knorpeligen Basalstiimpfe im Rumpf ihren Ursprung von der Oberfläche der Chorda auf die Aussenfläche der Neuralbögen. Bei den Gymnophionen nannte man sie: Processus transversi inferiores (31), bei den Anuren: Wurzelstück des @Quer- fortsatzes (15). Es ist wohl anzunehmen, dass beide Ordnungen ähnliche Zustände unabhängig von einander erwarben. Bei den Anuren steht die Wanderung des Basalstumpfursprungs in augenscheinlichem Zusammenhang mit dem Hochstand des Septum horizontale. Bei der Komplikation der Rumpfmuskulatur von Ichthyophis konnte ich eine entsprechende Ueberemstimmung nicht feststellen. Bei den Urodelen auf der anderen Seite bleibt der Basalstumpf zunächst dem Wirbelkörper selbst angeschlossen. Er entwickelt aber etwa in der Mitte seiner Länge einen Fortsatz, der zur Aussenseite des Neuralbogens emporsteigt und an ihr eine Strecke weit dorsalwärts zieht. Zwischen diesem und dem Knorpel des oberen Bogens bleibt der Knochenüberzug des letzteren zunächst zum erössten Theil wenigstens als eine trennende Wand bestehen. Der Basalstumpf und sein sekundärer Fortsatz bilden die knorpelige Anlage des (@uerfortsatzes oder Rippenträgers von Menobranchus (Fig. D. Bei den Salamandrinen wird nun der sekundäre Theil des Rippenträgers Haupttheil der ganzen Bildung, während er gleichzeitig immer mehr 39] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 431 und mehr mit dem Knorpelgewebe des Neuralbogens in kontimuirliche Verbindung tritt. Der proximale "Theil des knorpeligen Basalstumpfes kommt dabei bis auf seltene Ausnahmen nicht mehr zur Entwickelung. Seine Stelle vertritt eme Knochen- spange. Der distale Theil des alten Basalstumpfes, der den Haupttheil der Rippe trägt, verkürzt sich und ist nieht mehr ohne Weiteres als ein besonderer Bestandtheil des Rippenträgers erkennbar. Der ganze knorpelige Rippenträger macht nunmehr den Eindruck einer Bildung des oberen Bogens, während er thatsächlich ein Produkt des unteren Bogensystems darstellt (Fig. IV und V). Diese Veränderungen gehen Hand in Hand mit einer dorsalen Verschiebung des Rippenanfanges und sind zurückzuführen auf eme innerhalb der Urodelen nach- weisbare dorsale Verlagerung des horizontalen Myoseptums*®). Auch in letzterer Beziehung zeigt Menobranchus noch die primitivsten Verhältnisse. Im Tiefstand seines Horizontalseptums gleicht er den nur mit oberen Rippen ausgestatteten Fischen (Fig. VII und VII). Bei keinem der heutigen Amphibien finden wir also ganz ursprüngliche Ver- hältnisse der Rippenbefestigung. Es ist aber noch möglich ohne sonderliche Schwierigkeit einen Urzustand zu rekonstruiren, der allen drei lebenden Amphibienord- nungen gemeinsam ist und gleichzeitig bei den Fischen noch jetzt besteht. Es schien nun nicht aussichtslos, einmal unter den als Stegocephalen zusammengefassten fossilen Amphibien nach jenem Urzustand zu suchen. Wie aus dem Stegocephalenwerk von A. Frrrsch (10) hervorgeht, findet er sich in der That bei zwei sonst sehr verschiedenen Formen. Bei Mierobrachis mollis Fr. (1. e. Bd. I. 4. Hft. pag. 150) befestigt sich die Rippe an einer deutlich abeesetzten Stelle des Wirbel- körpers, die wohl ohne Zweifel einen kurzen Basalstumpf repräsentirt. Noch klarer liegen die Verhältnisse bei Diplovertebron punctatum Fr., wo wir einen starken ventral- und caudalwärts gerichteten Fortsatz am vorderen der beiden zu einem Segment gehörigen Wirbelkörper als Rippenträger finden (Bd. II. 1. Hft. Taf. 50 Fig. 14). Hier ist ganz sicher der Basalstumpf in seiner primitiven Lage noch vorhanden. Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, dass ich dabei den beiden genannten Stegocephalen keine direkten phylogenetischen Beziehungen zu den heut lebenden Ueber- resten der Amphibien zusprechen will. Was nun die Rippe selbst anlangt, so findet sie sich ebenso wie die obere Fischrippe dem Horizontalseptum der Seitenmuskulatur angeschlossen. Vielfach aber *) Die Verlagerung der Rippen stellt nach dem Obigen einen viel verwickelteren Vorgang dar, als es nach Ragr’s „Theorie des Mesoderms“ den Anschein hat (27). Rasr’s Darstellung erweckt die Vorstellung, dass eine dorsale Verschiebung des Horizontalseptums einfach ein Ueberwandern des Rippenursprunges von den Basalstümpfen auf den Neuralbogen zur Folge haben müsse. Ragr. geht dabei von der, wie ich denke, irrigen Ansicht aus, dass Rippen und Basalstumpf genetisch nichts mit einander zu thun haben, dass die Rippe eine selbstständige Bildung des (rewebes der Myosepten wäre. Thatsächlich verlässt aber das proximale Rippenende bei den Amphibien den Basalstumpf niemals, ebenso wenig, wie bei den Fischen. Auch hierin spricht sich die enge Zusammengehörigkeit beider Theile aus, die ja die Ontogenese unzweideutig erkennen lässt. Diese Untrennbarkeit der Rippe von ihrem Mutterboden, dem Basalstumpf, komplizirt erheblich den Process ihrer Verschiebung, der selbst aber wie Ragı bereits zeigte, eine Folge der Ver- lagerung des horizontalen Myoseptums ist. 432 E. GÖPPERT [40 tritt ihr distales Ende ein erhebliches Stick ventralwärts unter das Niveau des hori- zontalen Septums. Damit ergeben sich Uebereinstimmungen mit der Amniotenrippe, die reifenartig die Thoraxwand umspannt. Dieses Eindringen des Rippenendes in die ventrale Rumpfmuskulatur ist aber andererseits in den ersten Anfängen bereits bei der oberen Fischrippe zu beobachten (Squaliden, Calamoichthys [14]). Selbst die ter- minale Gabelung der Amphibienrippe ist schon von Fischen erworben worden. Das zeigt sich noch an den Rudimenten von oberen Rippen, den Cartilagines inter- musculares der Clupeiden (14). Wenn wir nun bei Urodelen und Gymnophionen auch das proximale Rippenende sich gabeln sehen, so ergiebt sich, dass die dorsale Spange desselben einen sekundären Auswuchs des Haupttheils der Rippe dar- stellt, welch’ letzterem die ventrale Rippenspange zugehört. Die dorsale Spange ist ein verlängertes Tuberculum, das im Dienst einer ausgiebigeren Befestigung der Rippe steht. Ihre sekundäre Bedeutung äussert sich auch in der Verschiedenheit ihrer proximalen Verbindungsstelle. Sie heftet sich bei den Urodelen an verschiedene Theile des Rippenträgers, bei Ichthyophis an verschiedene Stellen des oberen Bogens selbst. Ferner hat sich auch durch die Untersuchung der Amphibien, besonders der Urodelen, der genetische Zusammenhang von Rippe und Basalstumpf feststellen lassen, welchen die Entwickelungsgeschichte bei den Fischen zeigt. Die Rippen sind nicht selbstständige Bildungen, die erst sekundär mit Theilen der Wirbelsäule in Ver- bindung treten, sondern Abgliederungen der Basalstümpfe. Endlich haben sich wenigstens bei den Urodelen Gründe dafür ergeben, dass ihre Rippen rückgebildete Theile darstellen, die früher grössere Länge besassen als jetzt. Das Gleiche gilt auch für die Anuren. Wenn ich den vorliegenden Beitrag dieser Festschrift übergebe, so hofte ich damit, Herrn Geheimrath GEGEnBAUR, ein Zeichen meimer aufrichtigen Dankbarkeit geben zu können. Ihm verdanke ich nicht nur die Anregung zu den Untersuchungen, denen auch diese Arbeit zugehört, sondern ganz allgemein die Einführung in das weite Gebiet morphologischer Forschung. Möge meine Arbeit des Lehrers nicht unwerth erscheinen. Heidelberg, den 4. November 1895. 41] 20. 23. Festschrift für Gegenbaur. MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN. 433 Litteratur-Verzeichniss. (Vergl. das Litteraturverzeichniss in 14.) . G. Baur, Ueber Rippen und ähnliche Gebilde und deren Nomenklatur. Anat. Anz. Bd. IX, No. 4. Jena 1894. . Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. VI. Bd. 2. Abth. herausgegeb. von ©. K. Horr- g seg MANN. Leipzig, Heidelberg 1873— 1878. C. Bruch, Vergleichend -osteologische Mittheilungen. III. Ueber eigenthümliche Anhänge der Fisch- wirbel. Zeitschrift f. wissensch. Zool. Bd. XI. Heft 2. Leipzig 1862. . €. Craus, Beiträge zur vergleichenden Östeologie der Vertebraten. Sitzungsbericht d. kais. Akad. g g o- >- d. Wiss. Mathem.-naturw. Klasse. LXXIV. Bd. 1876. 1. Abth. Wien 1876. . M. Daviporr, Ueber die Varietäten des Plexus lumbo-sacralis von Salamandra maculosa. Morphol. Jahrb. Bd. 9. Leipzig 1884. . L. Dorr.o, Sur la morphologie des cötes. Bulletin seientif. de la France et de la Belgique. T. XXIV. Paris 1892. L. DorLo, Sur la morphologie de la colonne vertebrale Ibidem T. XXV. Paris 1893. A. ECKER, Die Anatomie des Frosches. Braunschweig 1864. A. EuG. Fick, Zur Entwickelungsgeschichte der Rippen und Querfortsätze. Arch. f. Anat, u. Phys. Jahrg. 1879. Anatom. Abth. Leipzig 1879. . A. Fritsch, Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Permformation Böhmens. Bd. I. 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Bd. 15 und 16. Bonn 1878 und 1879. . C. Hasse und G. Bors, Bemerkungen über die Morphologie der Rippen. Zool. Anz. II. Jahrg. 1879. No. 21. Leipzig 1879. . B. HarscHer, Die Rippen der Wirbelthiere. WVerhandl. d. Anat. Gesellschaft auf der III. Vers. in Berlin, 10.—12. Oktober 1889. Herausgegeben von K. BARDELEBEN. Jena 1889. C. K. Horrmasn, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. Niederländ. Arch. f. Zool. Bd. IV. Leyden-Leipzig 1877—1878. . J. Hyrrr, Cryptobranchus Japonieus. Schediasma anatomieum. Vindobonae 1865. . ©. KnıckMEvER, Ueber die Entwickelung der Rippen, Querfortsätze und unteren Bogen bei Triton taeniatus. Inaug.-Diss. (philos. Fakultät) München 1891. G. Mivarr, On tbe axial skeleton of the Urodela. Proceedings of the Zoolog. Soc. of London for the year 1870. London. ar St 454 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 3 32. 39. 34. E. GÖPPERT [42 F. Maurer, Der Aufbau und die Entwiekelung der ventralen Rumpfmuskulatur bei den urodelen Amphibien und deren Beziehung zu den gleichen Muskeln den Selachier und Teleostier. Morphol. Jahrb. Bd. XVIII. Leipzig 1892. R. OwEs, On the anatomy of vertebrates. Vol. I. London 1866. K. Prrer, Die Wirbelsäule der Gymnophionen. Inaug.-Diss. (medizin. Fak.). Freiburg 1894. G. Ragr, Theorie des Mesoderms. Fortsetzung. Morphol. Jahrb. Bd. XIX. 1. Heft. Leipzig 1892. G. Ruge, Untersuchungen über Entwickelungsvorgänge am Brustbein und an der Sterno-elavicular- verbindung der Menschen. Morphol. Jahrb. Bd. VI. Leipzig 1880. C. ScHEEL, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Teleostierwirbelsäule. Morphol. Jahrb. Bd. XX. Heft 1. Leipzig 1893. Srannıus, Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. 2. Aufl. Berlin 1854. R. WIEDERSHEIN, Die Anatomie der Gymnophionen. Jena 1879. R. WIEDERSHEIM, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. 2. Aufl. Jena 1886. R. WIEDERSHEIM, Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. 3. Aufl. Jena 1893. R. WIEDERSHEIM, Das Gliedmassenskelet der Wirbelthiere. Jena 1892. Tafel-Erklärung. Mehrfach gebrauchte Bezeichnungen (auch für die Textfiguren geltend). a Verbindung zwischen Rippe und Rippenträger. a’ Verbindung der dorsalen Rippenspange mit dem Rippenträger. Ao. Aorta. Art. vert. Arteria vertebralis. B. _Basalstumpf. b. Dorsaler Fortsatz des Basalstumpfes. i Knochenspange an Stelle des proximalen Theiles des Basalstumpfes. Oh. Chorda dorsalis. ©. h. Hämalkanal. C©.v. Neuralkanal. H. Hämalbogen. K. _Knochengewebe. M. Rückenmark. N. _Neuralbogen. N.!. Ramus lateralis nervi vagi. R. Rippe IR Dorsale Rippenspange. R-T. Rippenträger 8. trsv. Transversales Myoseptum. S. hor. Horizontales Myoseptum. WA. Wirbelkörper. In allen Figuren, auch in den Textabbildungen ist das Knochengewebe durch dunklere Tönung von dem Knorpelgewebe unterschieden. 43] MORPHOLOGIE DER AMPHIBIENRIPPEN, 435 Tafel 1. Fig. 1. Menobranchus lateralis. Larve 22 mm. Hinterer Rumpfwirbel. Querschnitt 115 :1. Anlage des dorsalen Fortsatzes des Basalstumpfes (D) noch nicht hyalin-knorpelig (b). Fig. 2. Menobranchus lateralis. Larve 43 mm. Dritter Schwanzwirbel. Querschnitt 100: 1. Der ventrale Schluss des Hämalbogens (4) fällt in die folgenden Schnitte der Serie. B’ seitlicher Fort- satz des Hämalbogens, entspricht den lateralen Theilen der Basalstünpfe der Rumpfwirbel. Sein freies Ende trägt an den vorderen Schwanzwirbeln das Rippenrudiment. Z Band zwischen B’ und dem Neural- bogen (N), rechts verknöchert, links mit einem Knorpelstück im oberen Ende. Fig 3. Salamandra maculosa. Neugeborene Larve, Zweiter Rumpfwirbel. Querschnitt 90:1. Theilweise Trennung von Rippenträger (R-T) und Neuralbogen (N) durch eine Knochenlamelle. Fig. 4. Salamandra maculosa. Neugeborene Larve. Dritter Rumpfwirbel. Querschnitt 90:1. Der Schnitt geht durch den caudalsten Abschnitt des knorpeligen Neuralbogens (N), 5’ den primitiven Basalstümpfen zugehörige Knorpelstücke (vergl. 13 Fig. 2). Fig. 5. Salamandra maculosa.' Junges Exemplar, unmittelbar nach Beendigung der Meta- morphose. Horizontalschnitt durch die eine Seite des oberen Bogens und den Rippenträger 110 : 1. K knöcherne Verlängerung des Neuralbogens in cranialer und caudaler Richtung. r-t laterales knorpeliges Verstärkungsstück des Rippenträgers (R-T). Fig. 6 a und b. Pleurodeles Waltlii. Larve 35 mm. Horizontalschnitte durch die eine Seite eines oberen Bogens (N) und den zugehörigen Rippenträger (R-T.), der in der Nähe seiner Mitte getroffen ist 150:1. a fällt etwas weiter dorsal als b. Tafel II. Fig. 7. Triton alpestris. Larve 22 mm. Horizontalschnitt durch den dorsalen Theil des Vorderrumpfes in der Höhe des Centralkanales des Rückenmarks. Linke Seite 90:1. Die getroffenen Neuralbögen (N) gehören zum zweiten und dritten Rumpfwirbel. Sie sind beide nicht in genau gleicher Höhe getroffen. An dem einen ist noch die Verbindung der dorsalen Rippenspange (r) mit dem Rippen- träger (R-T) im Schnitt. (@ Spinalganglion. Srm. Seitenrumpfmuskulatur. Fig. 8. Triton alpestris. Larve 14 mm. Horizontalschnitt in der Höhe des basalen Theiles des Neuralbogens. Rechte Seite. 190 :1. ZAt-R zusammenhängende Anlage für Rippenträger und Rippe. Srm. Seitenrumpfmuskulatur. /-An. Intervertebralknorpel. i Fig. 9. Triton alpestris. Larve 17 mm. Querschnitt durch den dritten Rumpfwirbel 190 : 1. Von der einen Seite des Schnittes ist die Nachbarschaft des Horizontalseptums wieder gegeben. Zur Orientirung vergl. Textfig. VIII, pag. 422 (30). Der Schnitt zeigt die Anlage der dorsalen Spange (r) der zweiten Rippe (ZA) in ihrer ganzen, in diesem Stadium erreichten Länge. Die Anlage ist deutlich zu unterscheiden von dem Bindegewebe, das im Uebrigen das dorsale Transversalseptum ($. Irsv.) einnimmt. R stellt das freie Ende der Rippe vor. Ep. Epidermis. Der Neuralbogen (N) fällt nur mit seinem dorsalen Theil in die Schnittebene. Fig. 10. Menobranchus lateralis. Larve 43 mm. Ansicht eines vorderen Rumpfwirbels von rechts und etwas von der Dorsalseite her. Ausser dem Wirbelkörper sind nur knorpelige Theile darge- stell. Nach einem Plattenmodell. 80:1. Pre. art. a und p Processus articularis anterior und posterior. Pre. spin. Processus spinosus, Fig. 11. Ichthyophis glutinosus. Junge Larve. Rumpfwirbel von rechts, Nach einem Plattenmodell. 120 : 1. Knorpelige Anlage des Neuralbogens (N) und seiner Anhänge incl. der Rippe (R). Pre. art. a und p vorderer und hinterer Gelenkfortsatz. Inhalts- Uebersicht. Seite Einleitung . : ; : ; : B : e A R 5 - : : ; 395 I. Urodelen . ; : 5 ß £ : b e > 5 & Ä : 2 398 II. @ymnophionen . e 2 Ä - 5 e ; : i : 2 ; ; 424 III. Anuren : : : A . - - : : : : : : ; 427 Schlussbetrachtung . : ; : : ! B : 3 . : e . : 430 Litteraturverzeichniss 2 . : ; > ; i ; : ; Ä 5 : 433 Tafelerklärung . . 5 5 ; : . : ; Ä { : E : 5 434 Festschrift für Gegenbaur: Salamandra. nn do Frg.6. Pleurodeles. e; NE -- -Art.verb: I BogDErE Ze. Ver.ag vor Wilhelm Engelmann m kepzig ar er SE A) N E Göppert. Taf n ba ) Menobranchus. an SG, 5 .% 1 ui, = Da ae EEE ERBE NEN 2 Per n e ve = 2: 2 i ’ a j T e] AIR B +4 5 a re De a ke 12 iR fi Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Untersuchungen vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere Dr. Carl Gegenbaur Professor der Anatomie in Jena. Erstes Heft: Carpus und Tarsus. Mit 6 Tafeln. 4. 1864. Mk. 8.—. Zweites Heft: 1. Schultergürtel der Wirbelthiere. — 2. Brustflosse der Fische. Mit 9 Tafeln. 4. 1865. Mk. 11.— Drittes Heft: Das Kopfskelet der Selachier. Ein Beitrag zur Erkenntniss der Genese des Kopfskeletes der Wirbelthiere. Mit 22 Tafeln. 4. 1872. Mk. 20.-. Zur Kenntniss der Mammarorgane der Monotremen on Carl Gegenbaur. Mit einer Tafel und zwei Figuren im Text. 4. 1886. Mk. 4.—. Die Epiglottis. Vergleichend-anatomis sche Studie von Carl Gegenbaur. Mit 2 Tafeln und 15 Figuren im Text. gr. 4 1892. Mk. 10.—. Lehrbuch. der Anatomie des Menschen von E C. Gegenbaur o. ö, Professor der Anatomie und Direktor der anatomischen Anstalt der Universität Heidelberg. > Sechste, verbesserte Auflage. Zwei Bände. Mit 713 zum Theil farbigen Holzschnitten. Gr. 8. 1896. Geheftet Mk. 2.7; gebunden (in Halbfranz) Mk. 29.50. Handbuch der Gewebelehre des Menschen von A. Koelliker Professor der Anatomie zu Würzburg. Sechste, umgearbeitete Auflage. Bisher erschien: Erster Band: Die allgemeine Gewebelehre und die Systeme der Haut, Knochen und Muskeln. Mit 329 zum Theil farbigen Figuren in Holzsehnitt und Zinkographie. Gr. 8. Geh. Mk. 9.—; geb. Mk. 11.—. Zweiter Band: Nervensystem des Menschen und der Thiere. Mit 516 zum Theil arbigen Figuren in Holz- schnitt und Zinkographie. Gr. 8. 1896. Geh. Mk. 24.—, geb. Mk. 26.50. Studien über docoglosse und rhipidoglosse Prosobranchier nebst Bemerkungen über die phyletischen Beziehungen der Mollusken untereinander von Dr. Bela Haller in Heidelberg. Mit 12 Tafeln und 6 Textfiguren. 4. 1894. Mk. 32. — Die Epidermis und ihre Krone von Prof. Dr. Fr. Maurer Prosektor in Heidelberg. Mit 9 Tafeln und 28 Figuren im Text. gr. 4 1895. Mk. 24.—. Druck der kel. Universitätsdruckerei von H. Stürtz in Würzburg,