FESTSCHRIFT ZUM SIEBENZIGSTEN GEBURTSTAGE VON CARL GEGENBAUR IM IN AM 21. AUGUST 1896 iii D 0301 0014b91 b DRITTER BAND IIMIINNI MIT 17 TAFELN UND 98 ZUM THEIL FARBIGEN ABBILDUNGEN IM TEXT LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1897. —— Ohne Schutzmappe wird kein Exemplar zurückgenommen. a 6 “ nr‘ “ 5 BE = wer IR . PRICES ER K in pr Ft KrSSE “ ur FESTSCHRIFT ZUM SIEBENZIGSTEN GEBURTSTAGE VON CARL GEGENbAUR AM 21. AUGUST 1896 DRITTER BAND MIT 17 TAFELN UND 98 ZUM THEIL FARBIGEN ABBILDUNGEN IM TEXT LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1897. N; Jun ee ner ee 8 Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. : GAhlL GEGENBAUR IN DANKBARKEIT, LIEBE UND VEREHRUNG GEWIDMET VON SEINEN SCHÜLERN INHALT. N. GORONOWITSCH. Der Trigemino-Facialis-Komplex von Lota Vulgaris. (Mit Tafel I—II) B. Hauter. Der Ursprung der Vagusgruppe bei den Teleostiern. (Mit Tafel I-IV und 1 Figur im Text) Max WEBER. Vorstudien über das Hirngewicht der Säugethiere . WILHELM LecHe. Untersuchungen über das Zahnsystem lebender und fossiler Halbaffen. (Mit Tafel I und 20 Figuren im Text) . RıcHArD SEMonN. Das Exkretionssystem der Myxinoiden in seiner Bedeutung für die morphologische Auffassung des 'Urogenitalsystems der Wirbelthiere. (Mit Tafel I—II) GEORG Rute. Ueber das peripherische Gebiet des nervus facialis bei Wirbelthieren. (Mit 76 zum Theil far- bigen Figuren im Text). Max FÜRBRINGER. Ueber die spino-oceipitalen Nerven der Selachier und Holocephalen und ihre vergleichende Morphologie. (Mit Tafel I-VIII und 1 Figur im Text) . Seite 103 167 195 349 Yı t 002 77 ir T DER IREGE MINOR A CIAEISSR ENTE FOR UROST DR, N. GORONOWITSCH PUSCHKINO, RUSSLAND. MIT TAFEL I UND II Die vorliegende Arbeit versucht, die von Mayser (5) in seinen grundlegenden Untersuchungen festgestellten Komponenten der proximalen Kranialnerven der Knochenfische mit den von mir bei Acipenser ruthenus beschriebenen zu vergleichen. Für eine sichere Lösung dieser Aufgabe schien mir vor Allem (6. $. 428) eine erneute Untersuchung des peripherischen Verhaltens der Nervenstämme des Trigemino- Facialis-Komplexes bei Knochenfischen nothwendig. Indem ich jetzt diese Lücke für Lota und Esoxw erfüllt zu haben glaube, kann ich die im Laufe des phyletischen Entwickelungsprocesses bei Knochenfischen erworbenen Einrichtungen von Stand- punkten, welche uns das relativ primitive Verhalten des Knorpelganoiden liefert, zu beurtheilen versuchen. Für eine vergleichend-anatomische Arbeit dieser Art ist eine in’s Detail grei- fende Untersuchung der Histologie der Oblongata nicht von grosser Bedeutung. Daher ist auch die histologische Untersuchung der Oblongata von Lota in vorliegen- der Arbeit nur so weit geführt, als eine sichere Identificirung der Hauptbahnen der Nervenkomponenten bei Lota, Cyprinoiden (Mavser) und Acipenser es für noth- wendig erwies. Dem entsprechend ist auch die Technik auf die für die Unter- suchung der Markfaserbahnen so vorzügliche Methode von WEIGErT und die von mir früher geübte Karmintinktion beschränkt worden. Die Weriıcerr'sche Färbungs- methode erlaubte mir, meine früheren Angaben über die Kranialnerven von Acıpenser in wichtigen Punkten zu erweitern und zu verbessern. Der Kürze wegen werde ich in Folgendem die nach WEıIGErT bearbeiteten als H. Serien, die Karminserien als C. Serien bezeichnen. Die Wahl von Lota als Untersuchungsobjekt ist durch manche Vortheile, welche diese von Mayser nicht untersuchte Form für die Präparation der peripheren Nerven aufweist, bestimmt. Die breite Schädelhöhle und die weiche Konsistenz mancher Schädelknochen von Lota erleichtern besonders die Präparation der intra- kranialen Strecke des Nervenkomplexes. 1* 4 N. GORONOWITSCH [A I. Ergänzende Untersuchungen über die Kranialnerven von Acipenser ruthenus, Eine anatomische Beschreibung der Oblongata von Acipenser ruthenus ist in meiner früheren Arbeit (6, S. 429) gegeben. Hier sollen nur diejenigen Verhältnisse, welche zur Erläuterung des Folgenden dienen können, hervorgehoben werden. Die Oblongata von Acipenser unterscheidet sich von der Oblongata eines Knochenfisches hauptsächlich durch die ausserordentliche Länge der Rautengrube. Es ist dies ein sehr primitiver Charakter, welcher an das uns aus der Arbeit von GEGENBAUR (2) bekannte Verhalten der Oblongata von Hewvanchus erinnert. Ferner sind am Boden des Ventriculus IV bei dem Knorpelganoiden und bei Hewanchus keine unpaarigen Gebilde wie etwa der Lobus impar einiger Knochenfische ausgebildet. Bekanntlich fehlt auch der Lobus impar bei Amia sowie einigen Knochenfischen, z. B. bei Esow. Dadurch dokumentirt sich dieser Lobus als eine sekundäre Einrichtung (14, 8. 35). Die durch eine Reihe von mehr oder weniger deutlich segmentai angeordneten Anschwellungen markirten Lobi vagales von Acipenser vervollständigen die Aehnlich- keit der Oblongata der Knorpelganoiden mit der der Notidaniden auffallend. Der Mittellinie der Rautengrube entsprechend, verlaufen die bilateral symme- trischen hinteren Längsbündel. Auf der Höhe des Austritts des N. Facialis angelangt, senden diese Bündel seitliche Abzweigungen ab, welche die Wand der Oblongata durch- ziehen und als motorische Wurzeln des Facialis austreten. Lateral von den hinteren Längsbündeln verlaufen zwei tiefe Längsrinnen, welche von mir als Vorderhornrinnen bezeichnet wurden (vergl. Fig. 4, 6, 7, 15 und 14 Vr, die hinteren Längsbündel 2). Diese Rinnen sind wichtige Gebilde für die Ermittelung der Lage des Vorder- hornes. Der Anfang der Rinnen liegt in der Uebergangsstrecke zwischen Rücken- mark und Öblongata; sie durchziehen proximalwärts die ganze Strecke der Oblon- gata, in welcher die motorischen Centra der segmentalen Kranialnerven zu treffen sind. Die Rinnen schneiden tief in die graue Substanz der Vorderhörner ein. Durch dieselben wird demnach die Lage des Vorderhornes genau markirt. An den. Stellen der Oblongata, an welchen die graue Substanz der Vorderhörner durch Längs- und Bogenfaserbahnen in zerstreute Inselchen zertheilt ist, kann man dennoch ganz genau erkennen, welche motorischen Zellen dem Vorderhorn- gebiete und welche den lateralen, von mir als „Zwischenzellen“ bezeichneten Grup- pen angehören (6, S. 502). “Alle motorischen Zellen, welche ventral von der Vorder- hornrinne liegen, sind gewiss Vorderhornzellen. Die Präcision, mit welcher man in der Oblongata von Acipenser die Gebilde des Vorderhornes erkennen kann, erlaubte mir, die Vorderhornfasern der Kopfnerven in meiner früheren Arbeit nachzuweisen. In den distalen Abschnitten der Rautengrube bilden die Lobi vagales leisten- förmige Vorsprünge, welche in die Höhle des Ventriculus IV ragen (Fig. 14 Lvg). Hier bestehen die Lobi aus grauer Substanz. Proximalwärts von der Austrittsstelle Der TRrıGEmIno-FAcIALIS-KoMPLEX VON LOTA VULGARIS. 5 [> Ber des Glossopharyngeus aber wird die graue Substanz allmählich durch Längsfaserbahnen verdrängt. Diese Bahnen bilden zwei Stränge, welche mit einer absteigenden Üere- bellumbahn lateral umbiegen und als dorsale Wurzeln des Facialis austreten (Fig. 4 Frd). Die graue Substanz der Lobi vagales ist als Centrum, aus welchem die Hauptkomponenten der sensorischen Wurzeln des Vagus, Glossopharyngeus, Fa- cialis und, wie wir weiter sehen werden, auch anderer Nerven sich sammeln, zu betrachten. Demnach bezeichet der Terminus Lobi vagales die volle Bedeutung dieser grauen Substanzgebilde nicht. In den distalen Abschnitten der Rautengrube sind die Lobi die am meisten dorsal liegenden Gebilde der Oblongata; proximal werden sie allmählich durch je ein System von Längsfaserbahnen, durch die von mir genannten dorsolateralen Stränge (Fig. 14 DI), überdeckt. Weiter proximal wer- den letztere durch die Cerebellarleisten dorsal überlagert. Diese Leisten sind als distalwärts in das Gebiet des Nachhirnes sich fortsetzende Gebilde des Oerebellums zu betrachten. Die Struktur der Cerebellarleisten ist die des Rindengewebes des Cerebellums (6, S. 537). In den proximalsten Abschnitten der Oblongata schliesslich (Fig. 4) erscheinen dorsal von den Üerebellarleisten (CI) paarige Gebilde von grauer Substanz (Lt), aus welchen die Fasern der dorsalen Wurzeln des Trigeminus II sich sammeln; es sind die Lobi Trigemini. Die segmentalen Kranialnerven von Acipenser bestehen aus diskreten dorsalen feinfaserigen und ventralen dickfaserigen Wurzeln (vergl. 6. Taf. XVII Fig. 9). Um die Uebersicht der homodynamen Bestandtheile der Wurzeln zu erleichtern, ist es demnach möglich, mit der Beschreibung der Komponenten aller dorsalen Wurzeln anzufangen. In den distalen Querschnittsebenen der Obiongata, wo die Lobi vagales noch völlig aus grauer Substanz bestehen, zeigen die Bogenfasern folgende Verhält- nisse (Fig. 14 Bf): Der Verlauf der Bogenfasern ist bei Knorpelganoiden nicht auf eine bestimmte Stelle der Raphe ant. wie bei Knochenfischen (Commissura Ac. Mauthneri) limitirt; sie durchziehen die Raphe in zerstreuten Bündeln in beliebigen Höhen derselben, aber ventral von den hinteren Längsbündeln. a) Einige Bündel dieser Fasern erscheinen plötzlich zwischen den Längs- faserbahnen der Vorderstränge, welche unmittelbar ventral von den hinteren Längs- bündeln verlaufen. Diese Bündel durchkreuzen die Raphe ant. und ziehen dorsal- wärts zum Lobus vagi. In die graue Substanz des Lobus angelangt, zerstreuen sich die Bündel in einzelne Fasern (Fig. 14 Bf). Diese Kategorie von Bogenfasern ent- steht durch eine medianwärts gerichtete Umbiegung von Längsfaserbahnen. b) Einige Bündel durchziehen den Lobus Vagi und gesellen sich direkt zu den austretenden Fasern der dorsalen Wurzel des Nerven. Auf H.-Serien ist dies leicht nachzuweisen. c) Oefter durchziehen die Bündel den Lobus vagi und verlaufen zu den Längsbahnen des dorso-lateralen Stranges. d) Auf C.-Serien konstatire ich, dass einige Komponenten der Bogenfasern aus der Substanz des Vorderhornes kommen und die Raphe durchkreuzen. 6 N. GORONOWITSCH [6 e) Die Bogenfasern, welche die ventralen Abschnitte der Raphe durchkreuzen, entstehen durch eine medianwärts gerichtete Umbiegung von feinen Längsfaser- bahnen der ventro-medialen Abschnitte der Vorderstränge. Weiter steigen diese Bündel dorsalwärts, indem sie meistens in den peripherischen Schichten der Oblon- gata verlaufen. Diese Bündel gesellen sich zu den Längsbahnen des Dorsolateral- stranges sowie zu dem ventral von Letzterem verlaufenden Systeme y (vergl. Fig. 14 y). Im Lobus vagi entstehen zwei Sorten von Fasern‘). Die meisten konvergiren aus allen Abschnitten des Lobus und gruppiren sich allmählich in Bündel. Aus der Vereinigung solcher Bündel bildet sich die Hauptmasse der sensorischen Wurzel des Nerven (Fig. 14). Eine andere Gruppe von Fasern (Fig. 14 A) wendet sich dorso-lateral und verläuft zum Dorsolateralstrang; zu dieser letzteren Gruppe rechne ich auch solche Fasern, welche ventro-lateral zu System y verlaufen. In den Austrittsebenen des Vagus sind diese Fasern selten zu treffen. Die dorsale Wurzel des Vagus wird also aus folgenden Komponenten gebildet: a) aus Fasern, welche aus der grauen Substanz der Lobi vagales sich sammeln, b) aus Bogenfasern, welche die Raphe durchziehen. Sie bilden ein viel ge- ringeres Kontingent der dorsalen Wurzel. Mit meinen Untersuchungsmethoden konnte ich die centralen Ursprungsstätten dieser Fasern nicht genauer ermitteln. Im Gebiete des Glossopharyngeus sind das Verhalten der Bogenfasern, sowie die Bestandtheile der dorsalen Wurzel des Nerven dieselben wie beim Vagus. Proximalwärts von der Austrittsstelle des Glossopharyngeus findet man auf Querschnitten des Lobus vagi eine immer mehr wachsende Anzahl von Längsfaser- gruppen, welche inselartig in der grauen Substanz des Lobus zerstreut liegen. Diese Markfaserbahnen ersetzen proximalwärts die graue Substanz fast vollständig, Ein Rest derselben bleibt jedoch im Centrum des Längssystems bis zu den Austritts- ebenen des Facialis erhalten (Fig. 4 Lvg.). Die betreffenden Längsfaserbahnen bilden das Hauptkontingent der dorsalen Wurzel des Facialis. Auf gut orientirten hori- zontalen H.-Serien sieht man, dass die Faserbündel des Facialis (r. d.) aus den proxi- malen Abschnitten der grauen Substanz der Lobi vagales sich sammeln. In ihrem proximalen Verlaufe bilden sie paarige Längsfaserstränge, in welchen die einzelnen Bündel schraubenförmig durch einander gewunden sind. In den Querschnittsebenen der proximalen Abschnitte der Lobi vagales ist das Verhalten der Bogenfasern dasselbe wie in den distalen. Es ist leicht nach- zuweisen, dass die medialen Gruppen dieser Fasern zum Längsfasersystem des Facialis (r. d.) verlaufen. Ein T'heil dieser Fasern ist sicher ungekreuzt und kommt aus der x grauen Substanz des Vorderhornes (C.-Serien vergl. 6. S. 505). Weitere Untersuchungen 1) Es wäre richtiger, die Beschreibung des Verlaufes der centripetalen Bahnen von der Peripherie aus zu beginnen. Um den Vergleich meiner Angaben mit den Angaben anderer Arbeiten nicht unnöthig zu erschweren, behalte ich jedoch die ältere Beschreibungsweise bei. —ı [ar Der TrıGemino-Facıauıs-KomPLEx Von LOTA VULGARIS. 7 zeigten mir, dass meine vermuthungsweise ausgesprochene Ansicht, ein "Theil der Fasern des Facialis (r. d.) komme aus einer Gruppe von Zellen Az (6. S. 506.), un- richtig ist. Einen Theil seiner Fasern bekommt der Facialis (r. d.) durch ein absteigendes System, welches, wie von mir richtig angegeben, aus dem Üerebellum kommt, Höchst wahrscheinlich sind diese auf- und absteigenden Systeme der sensorischen Wurzeln der Kranialnerven von Acipenser ein Ausdruck der Bifurkation der in die Oblongata eintretenden sensorischen Fasern. Dies konnte jedoch nicht sicher ermittelt werden. Die dorsale Wurzel des Facialis besteht also aus folgenden Komponenten : a) aus Fasern, welche aus den proximalen Abschnitten der Lobi vagales sich sammeln, b) aus medialen Gruppen von Bogenfasern, von denen ein "Theil ungekreuzt ist. c) aus einem absteigenden System, welches aus dem Cerebellum kommt. Die dorsale Wurzel des Trigeminus II sammelt sich hauptsächlich aus der grauen Substanz des Lobus trigemini. Die Struktur dieses Lobus ist derjenigen der Lobi vagales sehr ähnlich. Man trifft hier öfters mittelgrosse Ganglienzellen an (Fig. 4). Ich bezweifle, dass die Fortsätze dieser Zellen direkt in die Nervenfasern übergehen (Vergl. 16, S. 512). Die graue Substanz des Lobus trigemini und die des Lobus vagi sind vollkommen von einander abgetrennt; zwischen beiden liegen die distalen Abschnitte der Cerebellarleisten (Fig. 4 OL). Beide Gebilde können dem- nach bei Knorpelganoiden als vollkommen von einander gesonderte Centra aufgefasst werden. Der sogenannte Lobus impar trigemini der Cyprinoiden steht dagegen be- kanntlich in innigster Verbindung mit den Lobi vagales. Der Lobus impar der Cyprinoiden ist demnach als eine Differenzirung der grauen Substanz der proximalsten Abschnitte der Lobi vagales zu betrachten. Die Lobi vagi et trigemini von Acipenser sind durch Faserbahnen bft, welche medial von den Cerebellarleisten verlaufen, verbunden. Ein Theil dieser Bahnen bildet sich aus medialen Bogenfasern, ein anderer Theil aus Fasern, welche un- zweifelhaft aus den Lobi vagales kommen. In den proximalen Querschnittsebenen, wo die Lobi vagales eine faserige Struktur haben (Facialis r. d.), kann man öfters beobachten, wie einige dieser Faserbündel in der Richtung der Cerebellarleisten ab- biegen und zu den medial von den Leisten verlaufenden Bahnen sich gesellen. Auf H. Serien finde ich, dass ein Theil der Bahnen bft in Längsbündel, welche ventral vom Lobus trigemini verlaufen, sich gruppirt. Manche dieser Längsbündel treten mit der dorsalen Wurzel des Trigeminus II aus, andere zerstreuen sich in der Substanz des Lobus, wie es für einen Theil der Bogenfasern, welche zum Lobus vagi ver- laufen, oben beschrieben ward. In den Querschnittsebenen des austretenden Nerven ist auf H. Serien leicht ein direkter Uebergang von Faserbahnen bft in die aus- tretende Wurzel nachzuweisen. Ein Theil der Fasern bft wird durch Zellen Pur- kinje’s aus der ventralen und dorsalen Gruppe unterbrochen, was schon früher von mir beschrieben wurde (6, S. 512 u. 537). Ich vermuthe, dass die peripherischen Ausläufer einiger von diesen Zellen direkt zu den austretenden Nervenfasern sich 5 N. GoRoNoWwITscH is gesellen. Dies ist an den Fortsätzen von zwei dorsalen Zellen auf Fig. 4 Pzd zu sehen. Viel klarer sind ähnliche Verhältnisse bei der Bildung der dorsalen Wurzel des Trigeminus I ausgesprochen. Die meisten Zellen von Purkinje senden ihre reich verzweigten Fortsätze in die Cerebellarleisten. Die dorsale Wurzel des Trigeminus II besteht also: a) aus Fasern, welche aus der grauen Substanz des Lobus trigemini sich sammeln, a’) höchst wahrscheinlich aus Fasern, welche aus den proximalen Abschnitten der Lobi vagales kommen, b) aus medialen Bogenfasern, c) aus besonderen, durch Zellen unterbrochenen Bahnen. Auf H. Serien finde ich, dass das Hauptkontingent der dorsalen Wurzel des Trigeminus I durch einen Theil des Systems y geliefert wird. Der dorsolaterale Strang wird, wie oben bemerkt, zum Theil aus Bogenfasern gebildet, welche die Substanz der Lobi vagi durchkreuzen. Ein grösseres Kontingent dieser Bahn bilden die peripher in der Oblongatawand verlaufenden Bogenfaserbündel. Ein Theil dieser letzteren gesellt sich auch zu dem ventral verlaufenden System y (Fig. 14). Ein noch orösseres Kontingent bekommt der Dorsolateralstrang durch die Fasern A, welche aus der Substanz des Lobus sich sammeln. Das System y wird schon in der Ueber- gangsstrecke zwischen Rückenmark und Oblongata durch seinen histologischen Cha- rakter von den umgebenden Längsbahnen der Seitenstränge different. In diesen distalen Querschnittsebenen wird es zum Theil durch die Bogenfasern dieser Gegend gebildet, höchst wahrscheinlich aber auch durch Fasern, welche ungekreuzt aus dem Vorderhorne kommen. Proximal gesellen sich zum System y noch Fasern, welche aus dem Lobus vagi stammen (vergl. Fig. 14; die Fasern unmittelbar ventral von Ygd). In den Austrittsebenen des Vagus ist das System y durch die dorsal-lateral ziehenden Bündel des Nerven vom Dorsolateralstrange getrennt. Stellenweise kann man einen Uebergang von Faserbündeln aus dem ventralen in das dorsale System konstatiren. Proximal von der Glossopharyngeus-Region geschieht dieser Uebergang von Fasern in grossen Massen. Daraus erklärt sich, dass trotz der konstanten Zufuhr von Elementen durch die Bogenfasern sowie durch die aus den faserigen Abschnitten des Lobus vagi kom- menden Bündel die Querschnittsfläche des Systems y proximal nicht wächst. Die Schnittfläche des Dorsolateralstranges wächst dagegen sehr rasch. Die Zufuhr von Faserbündeln aus dem faserigen Abschnitte des Lobus vagi hört in den Quer- schnittsebenen des Austrittes des Nervus lateralis auf. Proximalwärts besteht der late- rale Abschnitt des Systems y aus mehreren breiten, von den umgebenen Bahnen gut histologisch charakterisirten Bündeln (Fig. 4). Dadurch, dass der mediale Abschnitt des Systems y viele marklose Fasern enthält, wird er von den umgebenden Bahnen weniger different. In den Ebenen des Austrittes des Trigeminus I bildet der laterale Abschnitt des Systems y das Hauptkontingent der dorsalen Wurzel des Nerven. Ein Theil der Bündel des lateralen und der ganze mediale Abschnitt (Fig. 7 7, y) ver- > vu Der TrıGEmtno-FAcIALIS-KoOMPLEX VON LOTA VULGARIS. 9 laufen, wie von mir früher angegeben, zum Cerebellum (6, S. 508 u. 542). Das Ver- halten des Dorsolateralstranges zum N. 1. lateralis und Acusticus ist von mir früher beschrieben worden (6, 8. 10). Die dorsale Wurzel des Trigeminus I wird noch durch eine aus dem Üere- bellum kommende Faserbahn verstärkt (6, S. 513). Einen dritten Komponenten bilden die Bogenfasern, welche direkt unter dem Ependymepithel des Ventriculus IV ver- laufen (Fig. 7). Es handelt sich um sehr feine Fasern; auf C. Serien finde ich, dass ein Theil derselben ungekreuzt aus dem Vorderhorne kommt. Einige dieser Fasern sind unzweifelhaft durch Zellen unterbrochen (vergl. Pxz 2, Px I). Der distale Fort- satz der spindelförmigen Zelle richtet sich dabei gegen die Austrittsstelle des Nerven (vergl. Pz 1). Analoge, durch spindelförmige Zellen unterbrochene Bahnen fand ich, wie oben erwähnt, an der dorsalen Wurzel des Trigeminus Il. Die dorsale Wurzel des Trigeminus I besteht also: a) aus dem grössten Theile des lateralen Abschnittes des Systems y. Dieser Komponent zeigt analoge centrale Ursprungsstätten wie die sub a und a, notirten Komponenten des Trigeminus II r. dors. Ein Theil der Bahnen des Systems y sam- melt sich nämlich aus der grauen Substanz des Lobus vagi; b) aus medialen Bogenfaserbahnen; c) aus einem vom Cerebellum absteigenden Systeme; d) aus durch Zellen unterbrochenen Fasern. Die motorischen Wurzeln des Vagus und Glossopharyngeus zeigen ein iden- tisches centrales Verhalten. Einige Fasern, welche in den dorsolateralen Abschnitten der hinteren Längsbündel verlaufen, wenden sich ventralwärts und bilden Gruppen von Längsfasern, welche in der grauen Substanz des Vorderhornes eine Strecke weit proximalwärts ziehen (vgl. Fig. 14; die Inselchen von Längsfasern im Vorderhorne). In verschiedenen Querschnittebenen des Austritts des Vagus und Glossopharyngeus wenden sich diese Bündel dorsolateral und gesellen sich zu den austretenden mo- torischen Faserbahnen der betreffenden Nerven. Oefter sieht man, wie die Fasern der hinteren Längsbündel die Rinne des Vorderhornes umkreisen und direkt, ohne eine aufsteigende Bahn zu bilden, zur ventralen Wurzel gelangen (Fig. 14 u. 6). Durch die beschriebenen Fasern wird das Hauptkontingent der motorischen Wurzeln gebildet. Ein vollkommen analoges Verhalten zu den hinteren Längsbündeln resp. zu den dorsomedial verlaufenden Längsbahnen der Vorderstränge zeigen die mo- torischen Wurzeln der Spinalnerven bei Acipenser (6, S. 493 mediale Fasern) sowie bei den Knochenfischen (vgl. Harzer 13, S. 85). Ein anderer wichtiger Komponent der motorischen Wurzeln wird durch Fort- sätze der motorischen Zellen gebildet. In meiner früheren Arbeit (6, 8. 503) sagte ich: „Die Fortsätze der motorischen Zellen des Vorderhornes sind bis zu den Bün- deln dieser Fasern sicher zu verfolgen.“ - Die Richtung der Fortsätze der Zellen des Vorderhornes ist eine dreifache (Fig. 6 C..ant). Ein 'Theil derselben ist gegen die hinteren Längsbündel gerichtet, wo sie Festschrift für Gegenbaur. Ill. 2 10 N. GORONOWITSCH [10 ohne Zweifel in Längsbahnen sich umwandeln. Letzteres kann man aus den motorischen, aufsteigenden Bahnen des Facialis nachweisen. Ein anderer Theil der Fortsätze verliert sich in den Verzweigungen der grauen Substanz der Vorderhörner. In den Austritts- ebenen der motorischen Bündel sieht man endlich, dass manche Fortsätze der grossen Zellen des Vorderhornes sich zu den austretenden Bündeln gesellen, wie es für zwei Zellen des Vorderhornes auf Fig. 6 dargestellt ist. Die motorischen Centren des Vagus und Glossopharyngeus sowie anderer Kranialnerven bleiben nicht auf die ventralliegenden Gebilde des Vorderhornes be- schränkt. Man findet auch Gruppen von offenbar motorischen Zellen, welche dorsal von der Vorderhornrinne liegen (Fig. 6 Zz). Diese Zellen hatte ich schon früher beschrieben und nannte dieselben ‚Zwischenzellen‘ (l. cit. S. 502). Diese Zellengruppen erscheinen in der Uebergangsstrecke zwischen Rückenmark und Oblongata, wo sie im Öervixtheile des Cornu ant. gelagert sind. In proximalen Schnittebenen steigen sie allmählich dorsal und entfernen sich dadurch von den Gebilden des eigentlichen Vorderhornes.. Da die Zwischenzellen in distalen Abschnitten der Oblongata von Acipenser offenbar zu den Elementen des Vorderhornes zu rechnen sind, so sehe ich keinen Grund ein, dass dieselben als specifisch verschieden von den Vorder- zellen zu betrachten seien. Die Fortsätze der Zwischenzellen sind zum Theil direkt dorsalwärts gerichtet und verlieren sich unter den sehr feinen marklosen Bahnen, welche unter dem Epithel des IV. Ventr. zum Lobus vagi verlaufen. Ein anderer Theil der Fortsätze gesellt sich zu den austretenden motorischen Fasern des Vagus und Glossopharyngeus. Ein dickes Bündel von marklosen Fasern, welches durch die Fortsätze der Zwischenzellen gebildet ist, verläuft lateral (Fig. 6 F'2). Ich konnte dieses Bündel stellenweise bis zur Peripherie der Oblongata verfolgen, wo es plötzlich verschwindet. Wahrscheinlich wandelt sich das Bündel in Längsbahnen um. Ich vermochte jedoch hierüber keine sichere Beob- achtung zu gewinnen. Auf wenig differenzirten Weigerr’schen Präparaten bleibt dieses Bündel von marklosen, lateralen Fortsätzen genügend gefärbt, um nachgewiesen zu werden. Solche lateral gerichtete Bündel von Fortsätzen der motorischen Zellen trifft man nur in den Querschnittebenen des Austrittes eines motorischen Nerven (Fig. 9 Lota F%.). Die motorischen Wurzeln des Vagus und Glossopharyngeus werden also aus folgenden Komponenten gebildet: a) aus den nervösen Fortsätzen der Vorderhornzellen, a,) aus den Fortsätzen der Zwischenzellen, b) aus Fasern, welche durch die hinteren Längsbündel geliefert werden. Diese Fasern werden wahrscheinlich in distalen Ebenen durch die Fortsätze der motorischen Zellen der Vorderhörner dem hinteren Längsbündel zugeführt. Die Fortsätze wan- deln sich dabei in aufsteigende Bahnen um, welche nach kürzerem oder längerem Verlaufe zu den austretenden motorischen Wurzeln sich gesellen. Für die moto- rische aufsteigende Bahn des Facialis der Fische ist ein solches Verhalten längst bekannt. Dieser Komponent, welcher für alle segmentalen Kranialnerven von Acipenser 11] Der TrıGEmino-FAGIALIS-KOMPLEX VON LOTA VULGARIS. u nachzuweisen ist, entspricht vollkommen den medialen Fasergruppen der motorischen Spinalnerven (6, S. 493). Das centrale Verhalten der motorischen Wurzeln des Facialis wurde schon früher von mir beschrieben und in Bezug auf die Vorderhornfasern dabei Folgendes hervorgehoben (l. eit. S. 498): „Mitunter findet man, dass die Fortsätze der motorischen Zellen bis zu den Fasern des Facialis zu verfolgen sind“. Die ventrale Wurzel des Nerven wird durch eine aufsteigende Bahn, welche mit dem hinteren Längsbündel proximalwärts verläuft, gebildet. Die Fasern der Wurzel sind etwas feiner als die Fasern des hinteren Längsbündels. An der Austrittsstelle des Nerven angelangt, wenden sich die Fasern lateral, durchziehen die Vorderhornrinne dieser Gegend und treten als dickfaserige ventrale Wurzel des Facialis aus (Fig. 4 Frvo). Nicht alle Fasern der Wurzel werden durch die Fortsätze der Vorderhornzellen geliefert; ein Theil derselben wird von den in den Vordersträngen dieser Gegend zerstreut liegen- den Zellen abgegeben. Einen anderen Theil bilden die in der grauen Substanz des Vorderhornes verlaufenden Längsbahnen, jwelche in verschiedenen Querschnitt- ebenen dorsal umbiegen und der aufsteigenden Facialis-Bahn (Frv.) sich zugesellen. Die Bildung der motorischen Wurzel des Trigeminus II wurde in meiner früheren Arbeit z. Th. unrichtig, z. Th. sehr unvollständig geschildert. Die diesem Nerven von mir zugeschriebene, vom Cerebellum absteigende Bahn (l. eit. $. 512) gehört, wie ich mich auf H-Serien überzeugt habe, dem Acusticus an, welcher unmittelbar distal vom Trigeminus II und Facialis aus der Oblongata entspringt. Eine erneute Studie der ventralen Wurzel des Trigeminus II ergab mir Folgendes: a) ein Theil der Fasern entsteht, was früher richtig von mir angegeben ist, aus den Zellen (Fig. 4 €.T. IIm.). Da diese Zellen motorische Fortsätze senden, so müssen dieselben offenbar zu der Kategorie der Zwischenzellen gerechnet werden und können nicht, was ich früher irrthümlich und zwar hauptsächlich wegen ihres Verhaltens zum Acusticus glaubte, eine besondere Stellung einnehmen. Infolge des sehr komplieirten Bildes der Schnitte dieser Gegend gelang es mir nicht, die Fort- sätze der Vorderhornzellen bis zu den Bündeln, welche mit dem Nerven entstehen, zu verfolgen; b) ferner wird ein Theil des Trigeminus II (r.».) durch die Gruppen der Längs- faserbahnen (M. Fig. 4), welche in distalen Ebenen von dem hinteren Längsbündel sich abzweigen, geliefert. Dies ist am leichtesten auf horizontalen H-Serien zu be- stätigen. Als ein analoger Komponent sind auch die Fasern B. zu betrachten. Sie ziehen aus der grauen Substanz des Vorderhornes dorsalwärts und verlaufen in der Richtung der austretenden Bündel. Höchst wahrscheinlich sind auch diese Fasern als Abkömmlinge der hinteren Längsbündel zu betrachten. c) Einen grossen Theil von Fasern bekommt der motorische 'Trigeminus II durch die Längsbahnen, welche in den medialen Abschnitten der dorsolateralen Stränge verlaufen. Die Herkunft dieser Bahnen konnte ich nicht ermitteln. Ich bemerke hier nur, dass diese Bahnen durch die Dicke ihrer Fasern vom System y sehr scharf sich unterscheiden. Srrons (23, 8. 168 u. f.) kritisirt meine Auffassung 2% 12 N. GORONOWITSCH [12 Er der ventralen Wurzel des Trigeminus II und findet, dass ich keine genügenden Gründe gehabt hätte, um diesen Nerven als einen motorischen zu betrachten. Meine früheren sehr unvollständigen Angaben über die Zusammensetzung des Nerven konnten, was ich zugestehe, zu dieser Kritik Veranlassung geben. Ich muss jedoch bemerken, dass die von mir gegebene Beschreibung des Trigeminus II von Acipenser mit der Auffassung, wir hätten es hier mit einem rein sensorischen Nerven wie etwa mit einem N. 1. lateralis zu thun, sich schwerlich verträgt. Der Nerv besteht aus einer dor- salen feinfaserigen und ventralen dickfaserigen Wurzel (vgl. Fig.4 Tr. ITd. u. Tr. II v.) und besitzt ein selbständiges Ganglion (]. eit. S. 511). Dies sind Merkmale eines spinalartigen Segmentalnerven. Uebrigens glaube ich jetzt erwiesen zu haben, dass die ventrale Wurzel des Trigeminus Il eine “motorische ist. Entscheidend dürften hier die Komponenten, welche durch die hinteren Längsbündel geliefert werden, sowie der Nachweis eines motorischen Centrums sein. Die ventrale Wurzel des Trigeminus I bekommt einen Theil ihrer Bahnen durch die Fortsätze der Vorderhornzellen. Die motorischen Zellen, welche diese Bahnen liefern, liegen in mehr distalen Querschnittebenen als die Austrittsstelle des Nerven. Auf Querschnitten sind daher die centralen Verhältnisse der motorischen Bahn nicht so leicht zu demonstriren. Auf schräg-horizontalen C-Serien finde ich, dass der Nerv besteht aus: a) dicken Fasern, welche aus der grauen Substanz des Vorderhornes kommen. Ein Theil dieser Fasern, wie aus Fig. 7 vhz ersichtlich, wird sicher durch die Fort- sätze der Vorderhornzellen geliefert; a,) aus Fasern, welche durch die Fortsätze der Zwischenzellen Zz gebildet werden. An einigen dieser Zellen sieht man einen starken Fortsatz in der Richtung der austretenden Fasern des Nerven verlaufen (Tr. Ir. v.); der andere Fortsatz wendet sich lateral. Die Gruppen der lateralen Fortsätze bilden, wie oben beim Vagus er- wähnt, ein Bündel markloser Fasern, welches fast bis zur Peripherie der Oblongata zu verfolgen ist; b) einen grossen 'Theil seiner Bahnen bekommt der Trigeminus I (r. v.) durch die Fasern (Fig. 7 B.), welche in distalen Querschnittebenen von den hinteren Längs- bündeln sich auszweigen und in zerstreuten Bündeln (f, f/, f2) proximalwärts ziehen. Ein Theil dieser Bündel gesellt sich zu den austretenden Fasern des Nerven; die übrigen verlaufen proximalwärts. Ich konnte nichts Sicheres über die weiteren Schicksale letzterer ermitteln. Die segmentalen Kranialnerven von Acipenser haben, was ich in meiner früheren Arbeit genügend hervorgehoben habe, ihren primitiven Cha- rakter völlig erhalten (l. eit. S. 467, 479). Jeder dieser fünf Nerven be- steht, wie die Spinalnerven, aus einer dorsalen, feinfaserigen und einer ventralen, diekfaserigen Wurzel. Die dorsalen Wurzeln tragen Gang- lien. Der Trigeminus besteht, einer von GEGENBAUR geäusserten Ansicht entsprechend, aus zwei segmentalen Nerven. Die dorsalen Wurzeln dieser beiden Trigemini sind, wie wir oben gesehen haben, durch ihre centralen Verhält- 13] Dir Trıisemino-Facıauıs-KoMPLEx von LoTA VULGARIS. 13 nisse sogar mehr von einander verschieden, als die dorsalen Wurzeln des Vagus, Glossopharyngeus und Facialis. Der Trigeminus II besitzt für seine dorsale Wurzel ein besonderes Centrum von grauer Substanz, den l.obus trigemini. Dadurch wird der Nerv von dem nächsten distalen Nerven, dem Facialis, different. Trotz dieser Sonderung der dorsalen Gebilde der grauen Substanz finden wir jedoch bei den dorsalen Wurzeln der Kranialnerven dasselbe Verhalten wie bei den dorsalen Spinalnervenwurzeln. Die sensorischen Bahnen beider verbreiten sich über einen grossen Rayon der Oblongata. Die dorsalen Wurzeln aller segmentalen Kranialnerven zeigen mehr oder weniger ausgesprochene Beziehungen zur grauen Substanz der Lobi vagales. Diese Lobi, welche als eigentliche Centren des Vagus, Glossopharyngeus und Facialis auftreten, sind auch als Ursprungsquellen eines Theiles der sensorischen Bahnen des Trigeminus II zu betrachten. Diese Bahnen habe ich oben sub a) beschrieben. Für den Trigeminus I ist eine Verbindung mit den Lobi vagales durch das aufsteigende System y gegeben ( Aufsteigende Trigeminus-Bahn). Ein Vergleich der von mir aufgezählten Komponenten der dorsalen Wurzeln zeigt eine gewisse Differenz der Bestandtheile bei den proximalen und distalen Nerven. Freilich sind diese Untersuchungen mit gewissen Schwierigkeiten verbun- den und man kann niemals auf eine absolute Vollständigkeit derselben rechnen. Die ventralen Wurzeln des 'Trigeminus I, II und des Facialis sind auch durch ihre centrale Ursprungsstätte von einander different. Dies beweist auch, dass wir den Trigeminus II als einen selbständigen segmentalen Nerv und nicht etwa als ein Derivat des Trigeminus I oder Facialis betrachten dürfen. Die motorischen Wurzeln aller segmentalen Nerven von Acipenser bekommen einen Theil ihrer Bahnen von den hinteren Längsbündeln (sub b). Identisch ver- halten sich auch die ventralen Wurzeln der Spinalnerven. Ferner habe ich für die ventralen Wurzeln des Vagus, Glossopharyngeus und Facialis in meiner früheren Arbeit angegeben, dass ein Theil ihrer Fasern durch die Fortsätze der motorischen Zellen der Vorderhörner geliefert wird. In dieser Be- ziehung besteht also kein Unterschied zwischen den Kranial- und Spi- nalnerven. In vorliegender Arbeit konnte ich dasselbe Verhalten zu den motorischen Zellen der Vorderhörner auch für die Fasern des Trigeminus I nachweisen. Gleich- zeitig mit meiner Arbeit (6) erschienen die Untersuchungen von Hıs (15 a b) über die Kranialnerven von menschlichen Embryonen. Was die thatsächlichen Befunde betrifft, so stimmen im Allgemeinen unsere Arbeiten mit einander überein. His hat aber beim Embryo des am meisten entwickelten Säugethieres nicht den Austritt der motorischen Fasern des Vagus, Glossopharyngeus und Facialis aus dem Vorderhorn nachweisen können. In Folge dessen ist auch seine Auffassung des segmentalen Werthes der Kranialnerven von der meinigen eine abweichende geworden. Hıs glaubt, zwischen den segmentalen Kranial- und Spinalnerven bestehe der Unterschied, dass die ven- tralen Wurzeln der ersteren aus dem Seitenhorne (Zwischenzellen?), die ventralen Wurzeln der letzteren dagegen aus dem Vorderhorne kommen. Der einzige „Kranial- 14 N. GoRONOWTTScCH 114 nerv‘“, welcher mit den Spinalnerven in dieser Beziehung übereinstimmen solle, sei der Hypoglossus, welcher als ein ,„‚Vorderhornnerv‘ zu bezeichnen sei. Als Grundsatz der Methodik vergleichend-anatomischer Forschung gilt die Regel, dass wir als Ausgangspunkt für die Beurtheilung indifferenter Organisations- verhältnisse (Homodynamie der Kopfnerven) die primitivste uns zugängliche Form wählen müssen. Daher bringen, wie ich glaube, die Resultate einer Acipenser-Unter- suchung besseres Material für die Lehre über die Homodynamie der Kranial- und Spinalnerven als eine Untersuchung an menschlichen Embryonen. Uebrigens sind in einer späteren Arbeit von ZIimmERMAnNN (16) speciell für die Embryonen der Säuger (Mensch, Kaninchen) Vorderhornfasern für den Vagus und Glossopharyn- geus nachgewiesen worden. Die Theorie der Seitenhornnerven stimmt dem- nach mit den thatsächlichen Befunden nicht überein. Was die theoretischen Grundlagen betrifft, welche zu einer Widerlegung des „Seitenhornnerven‘“-Theorie dienen können, so sei hier auf die Erörterungen von GEGENBAUR über den Hypoglossus (18, S. 61), welchen Hıs als Vorderhorn-Kranial- nerv betrachtet, hingewiesen. Ferner erwähne ich die kritischen Bemerkungen aus einer posthumen Arbeit von SaGEMmEHL (17, S. 534, 540), wo unter Anderem folgen- der Passus besonders hervorzuheben ist: „Man kann den Vorgang, wie die Wurzeln des Hypoglossus allmählich unter den Vagus gelangen, auch in der Ontogenie der Säugethiere verfolgen, und verweise ich in dieser Hinsicht auf die von Frorırr (19) gegebenen Abbildungen. Aus dieser Thatsache scheint hervorzugehen, dass die Lage des Hypoglossuskernes und der Wurzeln dieser Nerven zum Vagus eine sekundäre, im Laufe der Phylogenie erworbene ist“ etc. — Es sind dies eben sekundär im Laufe der Phylogenie erworbene Einrichtungen, welche Hıs irre geleitet haben. Im primitiven Zustande sind alle segmentalen kranialen und spinalen Nerven Vorderhornnerven, und der Hypoglossus ist durchaus kein kranialer Nerv. Il. Zur vergleichenden Anatomie der Oblongata von Acipenser ruthenus und Lota vulgaris. Für die vergleichende Anatomie ist die Lösung der Frage von der Homo- dynamie der Kranial- und Spinalnerven an die Untersuchung der Kranialnerven eng gebunden. Daher findet man auch in den meisten Arbeiten, welche über die Kranial- nerven handeln, mehr oder weniger glückliche Beiträge zur Lösung dieser Aufgabe. In einer Arbeit von Mayser (5), welche in jeder Hinsicht für unsere Kenntnisse der Anatomie des Gehirnes der Knochenfische als grundlegend zu betrachten ist, wird nebenbei diese Frage berührt. Nun sind aber die Knochenfische kein geeignetes Material, um uns einen indifferenten Zustand der Kopfnerven, den Zustand, wo die- selben den Typus der Spinalnerven noch völlig oder zum Theil erhalten haben, zu 15] Der TrıGemino-FAciaLıs-KoMPLEX VON LOTA VULGARIS. 15 zeigen. Als Endglieder des Evolutionsprocesses im Stamme der Fische zeigen die Teleostier, wie sich nachweisen lässt, tiefgreifende Umwandlungen der Kranialnerven, welche einen Vergleich mit Spinalnerven so gut wie ausschliessen. Erst wenn man diese umgeänderten Einrichtungen auf einen primitiven Typus, etwa eines Knorpel- ganoiden bezieht, wird es möglich, die Spuren des primitiven Zustandes auch bei Knochenfischen noch zu erkennen und ein Urtheil über die möglichen Ursachen der stattgefundenen Umwandelungen sich zu bilden. Der spinale Typus, d. h. die Zusammensetzung eines Kopfnerven aus einer dorsalen, ein Ganglion tragenden und einer ventralen Wurzel, ist bei Acipenser für fünf Nerven, Vagus, Glossopharyngeus, Facialis, Trigeminus I und II vollkommen realisirt. Mit vollem Rechte sind daher diese Nerven als spinalartige oder als segmen- tale aufzufassen'). Alle übrigen, rein sensorischen oder rein motorischen Kopfnerven sind bei dem jetzigen Zustande unserer Kenntnisse nicht mit Spinalnerven zu ver- gleichen. Von einer anatomischen Untersuchung der Kranialnerven von Heptanchus ist vielleicht noch eine Aufklärung der Augenmuskelnerven zu erwarten. Alle segmentalen Kranialnerven der Knochenfische, den Facialis ausgenommen, haben keine diskreten Wurzeln; sie entspringen als senso-motorische Stämme. Man trifft mitunter, dass die motorische Wurzel eines Nerven in den Stamm des nächst- folgenden Nerven gerathen kann. Die grössten Variationen beobachtet man, wie seit Srannıus (3, S. Il u. f.) bekannt, an den Stämmen des Trigemino-Facialis-Komplexes. Es ist, wie wir sehen werden, völlig irrthümlich, die Stämme, durch welche die Nerven aus der Oblongata bei Knochenfischen entspringen, Wurzeln zu nennen. Bei verschiedenen Formen kann ein und derselbe Nerv verschieden entspringen. So entspringt der 'Trigeminus I von Lota mit zwei Stämmen: der ventrale ist gemischt, der dorsale rein sensorisch. Bei Esox entspringt derselbe Nerv mit einem einheit- lichen, gemischten Stamme. Durch alle diese sekundären Einrichtungen ist der primitive Typus der Kranialnerven bei den Knochenfischen völlig umgestaltet. Darin liegt auch die Ursache dafür, dass die für histologische Angaben so vorzügliche Arbeit von Mayser nicht Vieles für die Frage von der Homodynamie der Kranial- und Spinalnerven, ausser einer Bestätigung von dem, was für den Vagus seit Ronon (20) bekannt wurde, liefern konnte. Die Anwendung des Terminus ‚„Wurzel“ ist bei Mayser, wie ich finde, eine willkürliche. Dieser Terminus sollte bei Kranialnerven nur in demselben Sinne wie bei den Spinalnerven Anwendung finden. Auf Fig. 13 z. B. sind Tr. Ir du. Tr. Irv wirkliche Wurzeln des Trigeminus I von Acipenser, weil r d die Summe der sen- sorischen und r v» die Summe der motorischen Komponenten oder Bahnen des Nerven 1) In letzter Zeit wurde mittelst der GorgIschen Technik ein gemischter Charakter der dorsalen Spinal- wurzeln nachgewiesen (v. LENHOSSEK, 21). Einige motorische Fasern treten mit den dorsalen Wurzeln aus. Dieses Verhalten wird sich vielleicht auch für die Kranialnerven einer primitiven Form nachweisen lassen. Speeiell für die Frage über die Homodymanie der Kranial- und Spinalnerven wäre aber dieser Nachweis nicht von grosser Bedeu- tung. Die Bestandtheile der dorsalen Wurzeln der Kranial- und Spinalnerven werden dabei als gemischte, die ven- trale wird als rein motorische zu betrachten sein. Die in histologischer Hinsicht wichtige Entdeckung von v. LENHOSSEK und CAJAL beeinträchtigt nur in gewissem Sinne den BrLl/schen Lehrsatz. 16 N. GORONOWITSCH [16 darstellen. Mayser folgt zum Theil der Terminologie seiner Vorgänger und benutzt den Terminus Wurzel, wo es sich blos um eine Bahn oder einen Nervenkomponenten handelt. Bei rein sensibeln Nerven, Opticus und Acusticus, werden ferner die Stämme, mit welchen diese Nerven vom Gehirn entspringen, auch „Wurzeln“ genannt (5, S. 309, 339). Der Trigeminus, welchen Mayser als einheitlichen Nerven betrachtet, besteht aus folgenden „Wurzeln‘: a) aufsteigende Wurzel, b) absteigende Wurzel, c) dorsal gekniete Wurzel, d) transversale Wurzel. Als Homologon des Facialis ist nur die ventral gekniete Wurzel des Quintus aufgefasst (l. c. 8. 304), wahrschein- lich weil der Facialis der Säugethiere ausschliesslich oder vorwiegend als mo- torischer Nerv auftritt. Aus der aufgezählien Reihe können bei Knochenfischen, wie später erörtert, nur die „ventral gekniete“ Wurzel des Quintus,. sowie die ‚‚dorsal gekniete“ als ächte Wurzeln aufgefasst werden. Beide zusammen sind ein Homo- logon des zweiwurzeligen Facialis, i. e. des dritten segmentalen Nerven von Akci- penser. Bei Knochenfischen treffen wir schon einen dysmetameren. Zustand der Kranialnerven. Dieser Zustand dokumentirt sich in den oben erwähnten, bedeutenden Variationen der Stämme des 'Trigemino-Facialis-Komplexes. Auf Grund einiger An- gaben (Ewarr) glaube ich, dass auch bei höheren Selachiern eine Dysmetamerie der proximalen Kranialnerven nachzuweisen ist, und dass wir folglich nur von einer Untersuchung der Notidaniden Weiteres über den primitiven Zustand der Kranial- nerven erwarten dürfen. Die Oblongata von Lota ist von der dorsalen Seite auf Fig. 3 dargestellt. Die membranöse Decke ist abgetragen. Die Rautengrube (V) erscheint auffallend kurz. Das Epithel des Canalis centralis reicht jedoch in der Region der Gebilde Lglph (Lobi Glossopharyngei) bis zur dorsalen Mittellinie. Hier aber ist die Höhle des Ventr. IV durch die starke Entfaltung der grauen Substanzgebilde seitlich stark verengt und in Folge dessen spaltförmig. In der Uebergangsstrecke zwischen Rückenmark und Oblongata erscheint auf Querschnitten allmählich die graue Substanz der Lobi vagales, welche bei Lota sich direkt in die medialen Abschnitte der Hinterhörner fortsetzt. Die lateralen Ab- schnitte der grauen Substanz der Hinterhörner setzen sich in die Oblongata fort, wo man dieselben lateral von den Lobi vagales bis zu den Querschnittsebenen der Gebilde L. F. (Lobi Facialis) verfolgen kann. Die Lobi vagales sind eng an einander gelagert und stehen im innigsten Kon- nexe durch eine Reihe von Faserbündeln (Fig. 8). Die dorsalste Schicht dieser Faserkreuzungen ist als Commissura infima Halleri bekannt. Ich finde das Homo- logon dieser dorsal gekreuzten Bahnen in den Querschnittebenen der Calami scrip- torii von Acipenser, wo dieselben die distalsten Abschnitte der Lobi vagales mit ein- ander verbinden. Die meisten dieser Bahnen sind bei Acipenser marklos. In der Strecke der Lobi vagales, welche auf Fig. 3 distal vom Gebilde Zvg. imp. liegen, trifft man diese Faserkreuzungen überall an. Zwischen den einzelnen Bündeln findet man Spalten und Höhlen, welche mit Epithel ausgekleidet und von 17] Der TRrıGEMINo-FAcıALIs-KoMPLEX VON LOTA VULGARIS, 7 Bindegewebe erfüllt sind (Fig. 8). Dies sind Reste des ursprünglich vollkommen paarigen Zustandes der Lobi vagales. Der theilweise verschmolzene Zustand der Lobi, welchen wir auf Fig. 8 sehen, ist offenbar in Folge der allmählich in proxi- maler Richtung stattgefundenen Entfaltung der Commissura Halleri entstanden. Bei Acipenser ist diese Kommissur, wie bemerkt, nur auf das Gebiet des Calamus seri- ptorius eingeschränkt. In den proximalen Abschnitten (Log. imp.) sind die Lobi vagales von ZLota, wie Stıepa angiebt (22, S. 28), vollkommen mit einander verschmolzen. In den mittleren Abschnitten derselben finde ich kein Epithel oder Bindegewebsschichten mehr; die graue Substanz ist vollkommen homogen. Ventral vom unpaarigen Lobus verläuft der Canalis centralis. Dieser unpaarige Abschnitt der Lobi liegt unmittel- bar distal von den Austrittsebenen des Vagus, vgl. Schema (Fig. 2 V9g). Die graue Substanz der Lobi geht kontinuirlich in die proximal liegenden paarigen Gebilde (L. F. und ZLgiph.) über. Die medialen Gebilde (Zglph.) sind die Ursprungsstätten der sensorischen Bahnen des Glossopharyngeus, sowie eines Theiles der Vagus-Bahnen, und können demnach als Lobi Glossopharyngei bezeichnet werden (vgl. Fig. 2 GIph. u. Vg., Fig. 15 Lglph.). Aus den lateralen Gebilden L. F. sammeln sich die sensorischen Bahnen des Facialis (Fig. 15 Fr. d) und bilden dorsal-medial gelagerte Faserstränge, welche proximalwärts verlaufen (Fig. 2 Fr. d); L. F. sind also als Lobi Facialis aufzufassen. Die Lobi Facialis und Glossopharyngei sind durch eine Neurogliaschicht von einander abgetrennt. Diese Schichte ist nur stellenweise durch vereinzelte Nervenfaserzüge gekreuzt; sonst enthält dieselbe keine nervösen Elemente. Die Lobi Facialis sind bedeutend stärker als die Lobi Glosso- pharyngei entwickelt und reichen, wie aus Fig. 15 L. F. ersichtlich, weiter proximal- wärts als die Letzteren. Die Querschnittebene der Fig. 15 trifft das vordere End- gebiet der Lobi Glossopharyngei. Hier möchte ich nebenbei die Aufmerksamkeit der Histologen auf ein für das Studium der Neuroglia besonders günstiges Objekt lenken. An manchen Stellen der Oblongata von Lota, z. B. ventro-medial von den Lobi vagales (Fig. 8 N) und proximal von den vordersten Abschnitten der Lobi Glossopharyngei (Fig. 15 N), ven- tral von der distalen Kommissur der Cerebellarleisten (Fig. 3 Ng), trifft man grosse Strecken von isolirter Neuroglia an. An solchen Stellen kann man mit den gewöhnlichen Färbungsmethoden, sogar auch ohne Färbung (an differenzirten Weıcerr’schen Prä- paraten), die Neurogliaelemente, u. a. auch die merkwürdigen Spinnenzellen in ihren natürlichen Verhältnissen beobachten. Diese Stellen zeigen Bilder, welche glauben lassen, dass alle nervösen Elemente aus dem Neurogliagerüste sorgfältig ausgepinselt wären. Bei anderen von mir untersuchten Fischen fand ich nichts Aehnliches. Proximal von den Lobi glossopharyngei verläuft quer durch die dorsale Mittel- linie die Kommissur der Cerebellarleisten (Fig. 3 Ng). Durch diese Kommissur wird der Canalis centralis wieder ventralwärts abgedrängt. Der hintere Abschnitt der Kommissur enthält keine nervösen Elemente und besteht dorsal aus kompaktem Stütz- substanzgewebe, welches ventral allmählich in lockere Neuroglia übergeht. Der vor- Festschrift für Gegenbaur. III. 3 18 N. GORONOWITSCH [18 dere Abschnitt besteht dagegen aus Nervengewebe, dessen Struktur vollkommen mit der Struktur der Cerebellarleisten, i. e. mit der Struktur des Rindengewebes des Cerebellums identisch ist. Querzüge von marklosen Bahnen sind reichlich im ner- vösen Abschnitte der Kommissur vorhanden. Ich konnte nichts Sicheres über diese Bahnen ermitteln. Proximal divergiren plötzlich die Cerebellarleisten von einander; und so eröffnet sich der breite vorderste Abschnitt des Ventriculus IV. Auf Fig. 3 ist das Cerebellum bis auf die Stelle, an welcher die Leisten (CZ) in ihre seitlichen Theile übergehen, abgetrennt, Dorsal von den proximalsten Ab- schnitten der Leisten finden wir bei Lota keine Differenzirung grauer Substanz, welche mit dem Lobus trigemini (Fig. 4 Lt) von Acipenser zu vergleichen wäre. — Durch die Untersuchung der Struktur der Oblongata von Lota, zu welcher ich nun übergehe, wird dieser Unterschied erklärt. Die graue Substanz der Lobi vagales von Lota ist, wie oben bemerkt, eine Differenzirung der medialen Abschnitte der Hinterhörner. Lateral von der Raphe posterior wird die feinkörnige Grundsubstanz der Hinterhörner kompakter. Auf den proximalen Querschnittebenen wächst ihr Volum beträchtlich ; der laterale Abschnitt des Hinter- hornes wird dadurch von der Mittellinie abgedrängt. Mittelgrosse Ganglienzellen sind in den Lobi spärlich zerstreut. Die reichlich vorhandenen kleinen runden Kerne gehören offenbar den Neurogliazellen zu. Die distalen Abschnitte der Lobi liegen in den Austrittsebenen des N. spinalis I. Bei Lota besitzt dieser Nerv beide Wurzeln (Fig. 5 Sp I+ IT). Die Fasern der dorsalen Wurzel sammeln sich aus dem lateral abgedrängten Hinterhorne, aber auch aus den medialen Abschnitten der grauen Substanz, welche dem Lobus vagi angehört. Diese Beobachtung beweist eine gewisse Gleichwerthigkeit in der Bildung der dorsalen Wurzeln der distalen Kranial- und proximalen Spinalnerven. In den distalen Abschnitten der Lobi sammeln sich feine Markfasern. Ein Theil derselben verläuft dorso-lateral (Fig. S a) und ventro- lateral (c). Ein anderer Theil gruppirt sich in Bündel d, welche gegen die mediale Fläche des Lobus sich wenden, einen Theil dieser Fläche umkreisen, dann wieder lateral umbiegen und, durch die Substanz des Lobus verlaufend, dorso-lateralwärts ziehen. Aus den beschriebenen Fasern bilden sich in den proximalen Schnittebenen allmählich zwei Systeme von Längsbahnen. Ein System (S/d) verläuft dorsal von den Hinterhörnerresten, das andere ventral (Slv). Beide Systeme erscheinen als eine Fortsetzung der Hinter- und Seitenstränge der Rückenmarksregion in die Oblongata. Die Faserbahnen Beider erscheinen auf Querschnitten in einzelne grössere Bündel getheilt. Die Zahl dieser Abtheilungen varürt in verschiedenen Querschnittebenen beträchtlich. Man kann auch öfters einen Uebergang von grossen Fasermassen aus einer Abtheilung in die nächstliegende konstatiren. Auf C-Serien findet man, dass ein grosses Kontingent des ventralen Systems aus marklosen Fasern besteht. Letztere gelangen zum System aus den ventralen Abschnitten der Lobi vagales. Ein grosser Theil der Bahnen beider Systeme besteht aus dorsal und ventral gekreuzten Fasern. Die dorsalen Faserkreuzungen geschehen, wie MAyser fand, in der Commissura Halleri (Fig. 5 Com. inf. H.) Die im Lobus der entgegengesetzten Seite 19] Der TrıGEmINno-FacıAaLıs-KoMPLEX VoN LOTA VULGARIS. 19 entstandenen Fasern durchziehen die Kommissur und gesellen sich zum System (Sld) der anderen Seite. Ich konnte das Verhalten mancher Bündel jedoch nicht ermitteln. Ganz analoge Kreuzungen beobachtet man auf verschiedener Höhe der Raphe posterior. Es scheint mir danach unpassend, den Terminus Commissura Halleri nur auf die dorsalsten gekreuzten Bahnen anzuwenden Auf C-Serien findet man viele Kreuzungen von marklosen Bündeln. Die ventralen Kreuzungen finden hauptsächlich in der Mauthner'schen Kom- missur statt und sind am stärksten in den Austrittsebenen der Nerven entwickelt. Auf C-Serien ist leicht zu ermitteln, dass ein Theil der gekreuzten Fasern aus dem Vorderhorne der entgegengesetzten Seite kommt. Das Hauptkontingent bilden aber die Längsbahnen der Vorderstränge, welche gegen die Kommissur sich wenden. Der weitere Verlauf der gekreuzten ventralen Bahnen ist verschieden. Die meisten Bündel steigen lateral vom Lobus vagi hinauf und gesellen sich zu den dorsalen Abschnitten des Systems (S/d) Fig. Ss d). Auf C-Serien sieht man einen T'heil der Bündelfasern sich medial wenden und in der Substanz des Lobus sich zerstreuen. Ein kleiner Theil der Bündel verläuft zum ventralen System (Sl!v. Fig. Se). In den distalen Abschnitten der Oblongata, aus welchen die Fig. S genommen ist, sind diese gekreuzten Bahnen schwach entwickelt. Viel deutlichere Bilder erhält man in den proximalen Querschnittebenen. In der Region, wo die Lobi vagales völlig mit ein- ander verschmolzen sind (Fig. 3 Lvg imp.) erscheinen lateral vom Canalis centralis dichte Ansammlungen von motorischen Zellen (5, S. 298 Vaguskern von Srıepa 22, S. 29). Diese Zellen liegen dorsal vom Vorderhorne, etwa wie Zwischenzellengruppen von Acipenser. Die Fortsätze dieser Zellen bilden einen Theil der motorischen Fasern des Vagus. Auf H-Serien sieht man, dass die gefärbten Markscheiden sehr nahe bis zu den Zellenkörpern reichen; der nervöse Fortsatz bekommt also eine Mark- scheide in der Nähe der Zelle. Eine andere Gruppe von Zellenfortsätzen bleibt wie bei Acipenser (Fig. 6, 7 Fr) marklos und bildet ein Faserbündel, welches, ventro- lateral gerichtet, fast bis zur Oberfläche der Oblongata zu verfolgen ist. Ich konnte nicht ermitteln, ob ein Theil der motorischen Bündel des Vagus aus gekreuzten Fasern bestehe (5, S. 298). Die motorischen Zellen der Vorderhörner sind in den Querschnittebenen des Vagus- und Glossopharyngeus-Austrittes reichlich vorhanden. Ich konnte jedoch die Fortsätze solcher Zellen nicht bis zu den austretenden motorischen Bündeln verfolgen. Die stark entwickelten Kreuzungen der Commissura Mauthneri erschwerten die Unter- suchung der Verbindungen des Vorderhornes in dieser Region. Unzweifelhaft liefern einen Theil der motorischen Bahnen des Vagus manche lateral sich wendende Fasern der hinteren Längsbündel. Die feinfaserigen, sensorischen Komponenten des Vagus werden durch ein Faserbündel, welches aus den distalen Abschnitten des Lobus Glossopharyngei sich sammelt (vergl. Schema Fig. 2 Vg), ferner durch einen sehr grossen Theil der ven- tralen Bündel des Systems (Fig. S Sdl) gebildet. Dieser Komponent ist schon von Stıepa beschrieben worden (22, S. 32). 3* 20 N. GoRroNowITscH [20 Die sensorischen und motorischen Bündel verbinden sich schon vor dem Aus- tritte des Nerven aus der Oblongata. Der Vagus von Lota ist also folgendermaassen zusammengesetzt. Die sensori- schen Bahnen bestehen: a) aus Fasern, welche aus den distalen Abschnitten der Lobi Glossopharyngei sich sammeln. Bei Acipenser sind überhaupt noch keine Sonderungen der Lobi va- gales in Lobi Glossopharyngei, Facialis und Vagales proprii vorhanden. Demnach herrscht bei dieser Form noch der völlig indifferente Zustand. Die Centra, aus welchen die sensorischen Bahnen der drei segmentalen Nerven sich sammeln, sind ungesonderte paarige Stränge von grauer Substanz, welche nur durch ihre Volumen- verhältnisse von Hinterhornsäulen grauer Substanz sich unterscheiden. Bei Knochen- fischen sind dagegen verschiedene Differenzirungen dieser grauen Substanzanlagen eingetreten, welche, wie wir gleich sehen werden, in verschiedenen Gruppen der Knochenfische sich verschieden verhalten können. Zu derselben Kategorie der Fasern rechne ich auch die ungekreuzten Bahnen des Systemes (S/d), welche in distalen Querschnittebenen aus den Lobi vagales sich sammeln. b) Da ein Theil der Faserbahnen (S/d) in der Commissura Mauthneri sich kreuzt. so ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Theil der sensorischen Bahnen von Lota, ebenso wie bei Acipenser, ventral gekreuzt ist. Die Untersuchung der Zusammensetzung der sensorischen Wurzel des Vagus ist bei Acipenser durch die sehr lange Abgangslinie des Nerven von der Oblongata sehr erleichtert. Daher konnte ich dort die Komponenten des Nerven genauer als bei Lota ermitteln. Das motorische Bündel besteht aus: a!) Fasern, welche durch die Fortsätze der motorischen Zellen gebildet werden; b) aus Fasern der hinteren Längsbündel. Die Zusammensetzungen der motorischen Bündel des Vagus von ZLota und Acipenser sind demnach, abgesehen von den „Vorderhornfasern ‘“ letzterer Form, identisch. Die centralen Verhältnisse des Glossopharyngeus der Knochenfische sind erst von Mavser bestimmt ermittelt worden (l. c. S. 303). Die Bildung der Nerven ist vollkommen derjenigen des Vagus ähnlich. Die sensorischen Bahnen sammeln sich aus den proximalen Abschnitten der Lobi Glosso- pharyngei. Durch die Fortsätze der motorischen Zellen bildet sich ein dickfaseriges Bündel, zu welchem sich noch Fasern aus den hinteren Längsbündeln gesellen. Die Fasern des Nerven verlaufen eine kurze Strecke proximal, was Mayser für die Cyprinoiden beschreibt. Das sensorische Bündel wendet sich, etwas früher als das motorische, zur Austrittsstelle. Auf proximalen Querschnitten trifft man daher das fast isolirte motorische Bündel (Fig. 15 Glphm.). Es ist mir nicht gelungen, mit Sicherheit zu bestimmen, ob der Glossopharyngeus einen Theil seiner Fasern aus dem aufsteigenden System (Fig. 8 S/d) empfängt. Die Längsbahnen (S/d und Siv) sind proximal von der Austrittsstelle des Vagus 21] Dir TRıGEMINo-FAcIALIS-KoMPLEX. VON Lo1TA VULGARIS. 21 bedeutend schmäler. Die Reste der Hinterhörner, welche die beiden Bahnen in distalen Ebenen von einander trennen, schwinden allmählich. Dadurch vereinigen sich S/d und S%v mit einander. Sie bilden kompakte Faserstränge, welche in ein- zelne nicht scharf von einander getrennte Bündel gruppirt sind. Dadurch entstehen die wichtigen aufsteigenden Bahnen (Fig. 15) A. Tr. I — die aufsteigende Trigeminus- Bahn — und Sek. V. Tr. B., die sekundäre Vagus-Trigeminus-Bahn. Die Zahl und Anordnung der Faserbündel beider Bahnen variirt in verschiedenen Querschnitt- ebenen, wie ich bei Lota gefunden habe (vgl. Fig. 15 u. 9). Die zwei ventralen Bündel bestehen aus feineren markhaltigen und vielen marklosen Fasern. Proximal von der Austrittsstelle des Trigeminus I wenden sich diese Bündel, wie Mayser beschreibt, dorsal und verlaufen zum Rindenknoten des Cerebellums (5, S. 318). Die zwei ventralen Bündel sind also die sekundäre Vagus-Trigeminus-Bahn. Diesen Ter- minus finde ich nicht vollkommen passend, weil ausser den oben beschriebenen Fasern, welche aus der grauen Substanz der Lobi vagales stammen (Fig. 8 c), die ven- tralen Bündel (Sek. V. Tr. B) auch Fasern aus den Lobi Glossopharyngei und Facialis erhalten (Fig. 15). Die sekundäre Bahn enthält also Komponenten aus den Ursprungsstätten der dorsalen Wurzeln aller distalen segmentalen Nerven. Wie oben erwähnt, wird die Bahn zum Theil auch aus gekreuzten Fasern gebildet (Fig. $ ce). Die drei dorsalen Bündel A. Tr. I enthalten dickere Fasern; in proximalen Ebenen verschmelzen sie mitunter zu zwei Bündeln. Durch die ganze Strecke, welche von den proximalen Abschnitten der Lobi vagales bis zu der Austrittsstelle des Glossopharyngeus reicht, bekommt die aufsteigende Trigeminus-Bahn einen be- ständigen Zufluss von Fasern, welche zum Theile aus den Lobi Glossopharyngei et Facialis sich sammeln (Fig. 15a), zum Theil aber aus der Commissura Mauthneri kommen. Letztere sind demnach gekreuzt. In proximalen Querschnittebenen sind also die Verbindungen der aufsteigenden Trigeminus-Bahn dieselben wie die Ver- bindungen der Längsbahnen 8/d und S%v der distalen Ebenen der Oblongata. Bekanntlich bildet die aufsteigende Trigeminus-Bahn den wichtigsten Be- standtheil der sensorischen Fasern des vordersten Stammes des Trigeminus (vgl. Schema Beer: Das System 7 von Acipenser entspricht offenbar der aufsteigenden Trigeminus- und sekundären V. Tr. Bahn von ZLota zusammengenommen. Beide Bahnen von Lota bilden sich wie das System y von Acipenser zum Theil aus Fasern, welche aus den Lobi Vago-Glossopharyngeo-Facialis sich sammeln, zum Theil aus gekreuzten Fasern. Analog dem System y von Acipenser geht ferner ein "Theil der Bahn von Lota A. Tr. I in den vordersten Stamm des Trigeminus über, der Rest (Sek. V. T. B.) verläuft zum Cerebellum. Die Homologie dieser Bahnen ist unzweifelhaft. Der vorderste Stamm des Trigeminus von Lota (Fig. 5, Tr. 7), mit welchem die Bahn A Tr. I austritt, ist also dem Trigeminus I von Acipenser, dessen dorsale Wurzel zum Theil durch das System 7 gebildet wird, homolog. Diese Homologie ist eine kom- plete; denn sie wird auch durch das Verhalten der motorischen Bündel bestätigt. 22 N. GoRONOWITSCH [22 Ferner ist hier der niedrige Zustand der histologischen Differenzirung der homologen Bahn von Acipenser hervorzuheben. Das System 7 der primitiven Form ist nicht wie bei Zota in histologisch diffe- rente Abschnitte A. Tr. I und Sek. V. Tr. B (Fig. 9) gesondert, sondern besteht aus gleichartigen Fasern (Fig. 14, 4). Erst das Schicksal seiner Komponenten in den Austrittsebenen des 'Trigeminus I zeigt, welche Faserbündel als aufsteigende Trige- minus- und welche als sekundäre V. Tr. Bahn aufzufassen sind. An der Austrittsstelle des Trigeminus I von Lota gelangt zu den austretenden Fasern eine von Srırpa (22—33) nachgewiesene absteigende Bahn, welche vom Cere- bellum kommt. Dieser Bestandtheil verläuft dorsal vom Rindenknoten sowie von der Sek. V. Tr. Bahn; er ist vollkommen mit den oben sub. ce aufgeführten Komponenten des Trigeminus I von Acipenser zu vergleichen. Eine aufsteigende Bahn bildet sich in den proximalen Abschnitten der Lobi vagales (Fig. 15 A, Tr. II). Die Fasern der Bahn verlaufen dorsal vom System O, welches nicht zu den Komponenten der Kranialnerven zu rechnen ist. Die peripher gelagerte Faserschichte A. Tr. II entsteht zum Theil aus ventral von der Commissura Mauthneri gekreuzten Bahnen, zum Theil aber, was ich jedoch nicht mit voller Sicherheit nachweisen konnte, aus Fasern, welche aus der grauen Substanz der Lobi Glossopharyngei und Facialis kommen. Der ventrale Abschnitt von A. Tr. II gesellt sich zu den austretenden Fasern eines Nerven, welcher als Homologon des Trigeminus II von Acipenser sich nachweisen lässt. Das Verhalten des betref- fenden Systems ist sehr der aufsteigenden 'Trigeminus I-Bahn ähnlich (vergl. Fig. 2), und kann daher als aufsteigende Bahn des Trigeminus II bezeichnet werden. Der dorsale Abschnitt von A. Tr. II gesellt sich zu den austretenden Fasern des Acusticus. Die dorso-lateralen Fortsetzungen der Lobi vagales (Fig. 15 LF) sind von mir als Lobi Facialis bezeichnet worden. Aus der grauen Substanz dieser Gebilde sammeln sich die aufsteigenden Stränge der sensorischen Bahnen des Nerven des Hyoid- bogens des Facialis. Ihre Entstehung aus einem bei Lota gesonderten Abschnitte der grauen Substanz der Lobi vagales, ihr aufsteigender Verlauf in den dorso-me- dialen Abschnitten der Oblongata (Fig. 15 Frd), sowie das weiter unten beschriebene periphere Verhalten, zeigen eine vollkommene Uebereinstimmung mit den auf- steigenden Faserbahnen der sensorischen Wurzel des Facialis von Aecipenser (vgl. Fig. 4 Frd mit Frd der Fig. 9). Mayser (l. c. 8.299) bezeichnet die betreffenden Faserbahnen „‚dorsal ge- kniete Quintuswurzel‘‘; diese Deutung ist unrichtig. Zu Mayser’s Zeit war näm- lich das peripherische Verhalten dieser Bahnen bei einer primitiven Form, sowie bei Knochenfischen gänzlich unbekannt; in Folge dessen entstand obige Deutung. Die aufsteigenden sensorischen Bahnen des Facialis sammeln sich hauptsächlich, wie ge- sagt, aus der grauen Substanz der bei Lota paarigen Lobi Facialis. Dies ist am leichtesten auf horizontalen H. Serien nachzuweisen. Die zufliessenden Faserbahnen sammeln sich allmählich in den dorsal-medialen Abschnitten der Lobi (Fig. 15 Frd), 23] DER TrıGEmıno-FAcıaLıs-KoMPLEX voN LoOTA VULGARIS. 23 wo sie in einzelne Bündel gruppirte Faserstränge bilden. Einen Theil ihrer Fasern bekommen die Stränge aus den Lobi Glossopharyngei. Dies beweist eine trotz der stattgefundenen anatomischen Sonderung der Lobi noch zum Theil erhaltene Gleichwerthigkeit derselben. Dabei erinnere ich an das oben erwähnte Verhalten eines Theiles der sensorischen Vagus-Fasern zum Lobus Glossopharyngei, welches auch den Nachweis für eine gewisse Gleichwerthigkeit dieser Lobi mit den Lobi vagales bei Lota giebt. Vollkommen gleichwerthig und morphologisch von einander ungesondert sind, wie aus obiger Darstellung ersichtlich ist, die Ursprungsstätten der sensorischen Wurzeln der drei distalen Kranialnerven bei Acipenser. Ein anderer Theil der Fasern des sensorischen Facialis ist gekreuzt und kommt aus der Commissura Mauthneri. Die graue Substanz der Lobi Facialis wird in proximalen Querschnittebenen allmählich durch die Stränge der aufsteigenden Bahnen des Nerven ersetzt. Hier bilden dieselben bilateral-symmetrische, runde Bündel, welche, im Niveau der Austritts- stelle des Nerven angelangt, lateral umbiegen und, von den austretenden Fasermassen des Trigeminus II begleitet, aus der Oblongata austreten (Fig. 9, 2 Frd). Ich fand bei Lota keinen Komponenten der dorsalen Wurzel des Facialis, welcher mit der vom Cerebellum absteigenden (oben sub c aufgeführten) Bahn von Acipenser zu ver- gleichen wäre. Die sensibeln Bahnen des Facialis der Cyprinoiden (dorsal gekniete Quintus- Wurzel autor.) sammeln sich aus dem sogenannten Tuberculum impar (5, 8. 299). In Folge der unrichtigen Deutung dieser Bahnen als Trigeminus-Bahnen wird dieses unpaarige Gebilde grauer Substanz auch als Lobus Trigemini bezeichnet. Wie ich aus eigener Untersuchung von Gobio, Abramis, Tinca und Cyprinus erfahren habe, sind diese „dorsal geknieten Quintus-Wurzeln“ voll- kommen den sensibeln Bahnen des Facialis von Lota und Acipenser ho- molog; ich schlage daher vor, das Tuberculum impar der Cyprinoiden in Lobus Facialis umzutaufen. Dabei ist aber zu bemerken, dass das Tubereulum impar der Oblongata von Lota (Fig. 3 Lvg. imp.) nicht dem gleichnamigen Gebilde der Cyprinoiden homolog ist. Eırsteres ist der vor- derste Abschnitt der grauen Substanz, aus welchem ein Theil der sensorischen Bahnen des Vagus sich sammelt. Letzteres ist dagegen das Centrum der sen- sorischen Bahnen des Facialis. Die Lobi Facialis von Lota sind, wie wir oben ge- sehen haben, paarige Gebilde (Fig. 15 ZF). Das motorische Bündel des Facialis von Zota bildet sich so, wie es Mavser für die Cyprinoiden beschrieb (5, S. 304 ‚„ventral gekniete Wurzel des Quintus“). Die motorischen Zellen, deren Fortsätze sich in die Fasern des Facialis umwandeln, bilden auf jeder Seite der Oblongata je zwei sehr nahe und nicht scharf von ein- ander getrennte Gruppen. Ihrer Lage nach gehören diese Zellengruppen offenbar zu den motorischen Zellen des Vorderhornes; sie liegen ventral von der Commissura Mauthneri und begeben sich zu den hinteren Längsbündeln, denen sie sich zu- gesellen. Von den Fasern dieser Bündel sind die des motorischen Facialis leicht 24 N. GoORONOWITSCH 124 durch ihre etwas geringere Dicke und auch dadurch, dass sie einen gut abgegrenzten Strang bilden, zu unterscheiden. Mit den hinteren Längsbündeln verlaufen die motorischen Facialisbahnen eine kurze Strecke proximalwärts (Fig. 2 Fr. v.), um dann plötzlich lateral sich zu wenden, die secundäre VT-Bahn zu durchziehen und als ventrale Wurzel des Facialis aus- zutreten (Fig. 5 Fr. v. Fig. 9). Das centrale Verhalten des motorischen Facialis von Lota und Acipenser ist also identisch. In den Austrittsebenen des Acusticus, 'Trigeminus II und Facialis wird das histologische Bild der Oblongata sehr komplieirt. Der Schnitt Fig. 9 fällt etwas proximalwärts von der Austrittsstelle des Acusticus (Aec). In derselben Querschnitts- ebene wie der sensorische Facialis (Fr.d) treten auch die Bahnen des Trigeminus II aus der Oblongata (Tr. IIR und H). Eine Gruppe von zerstreuten motorischen Zellen (©. T. ITm) liegt medial von den aufsteigenden Bahnen A. Tr. I und Sec. V. Tr. B. Ein Theil der Fortsätze dieser Zellen (F Z) ist ventro-lateral gerichtet und bildet ein Bündel von marklosen Fasern, wie es für die Gruppen der motorischen Zellen des Vagus und Glossopharyngeus von Lota und Acipenser beschrieben ward (Fig. 6, 7, FZ.) Ein anderer Theil der Fortsätze gesellt sich zu den austretenden Fasern des Stammes Tr. II H. des Trigeminus II. Die Zellengruppe €. T. IIm ist also das moto- rische Centrum des Trigeminus II und entspricht der Zellengruppe €. T. IIm in Fig. 4 von Acipenser. Dies ist der von Srırpa beschriebene hintere Trigeminus-Kern (22, S. 30). Ferner bekommen beide Stämme des 'Trigeminus II ein Kontingent von ge- kreuzten Fasern aus der Commissura Mauthneri. Ventro-lateral von denselben ver- laufen einige zerstreute Faserbündel (4). Diese kommen aus den hinteren Längs- bündeln; ein Theil derselben gelangt zu den austretenden Fasern des Trigeminus II. Zum ventralen Stamme Trigeminus II H. gesellt sich ferner ein Theil der oben be- schriebenen aufsteigenden Bahn (Fig. 15 A. Tr. II). Der dorsale Abschnitt derselben gehört zum Acusticus. Das Hauptkontingent des dorsalen Stammes (Fig. 9 Tr. II R.) sammelt sich aus einem besonderen Oentrum grauer Substanz, welches den Knochenfischen eigenthümlich ist. Das Gebilde liegt proximo-lateral von den proximalsten Abschnitten der Cerebellarleisten, wo dieselben umbiegend zum Cerebellum steigen (Pedunculi cerebelli autor.). Auf den Pedunculi cerebelli von Lota sind flache und breite Vorsprünge vorhanden (Fig. 3 Kg.). Diese bestehen aus einer Lage von Körnergewebe von der Struktur, welche das Cerebellum zeigt. Unmittelbar ventral von diesen Gebilden liegen die betreffenden Centra. Die Struktur der Centren ist im Allgemeinen sehr der Struktur der Lobi trigemini von Acipenser ähnlich (Fig. 4 Lt.). In einem ziem- lich lockeren feinkörnigen Grundsubstanzgewebe sind viele mittelgrosse Ganglien- zellen zerstreut. In den proximalen Abschnitten des Ganglions erscheinen feine markhaltige Fasern, welche sich distal in Bündel gruppiren. Diese Bündel bilden das Hauptkontingent des Stammes (Tr. II R.); viele gelangen aber auch zum ven- tralen Stamme (Tr. II H.). 25] Der TrıGEmino-FaAcıALıs-KoMPLEX VON LOTA VULGARIS. 25 Zur Beurtheilnng der beschriebenen Centra von Lota, welche auch bei Esox dasselbe Verhalten zeigen, haben wir Folgendes zu bemerken: I. Aus jedem Centrum sammelt sich ein sehr grosses Faserkontingent eines Nerven, welcher weder mit dem Facialis noch mit dem Trigeminus I (vergl. unten) von Acipenser zu vergleichen ist. 2. Die Struktur der Centra ist sehr der Struktur der Lobi trigemini von Acipenser ähnlich. 3. Bei Acipenser treffen wir ventro-lateral von den Pedunculi cerebelli keine Gebilde von grauer Substanz, welche den von Lota zu vergleichen wären. 4. Bei Knochenfischen dagegen finden wir dorsal von den Cerebellarleisten keine Gebilde, welche den Lobi trigemini von Acipenser zu vergleichen wären. Da- rauszieheich den Schluss, dass die beschriebenen Centra von Lota den Lobi trigemini von Acipenser homolog sind. Beiden Knochenfischen sind diese Lobi proximo-lateral von den Üerebellarleisten verschoben, in Folge dessen fällt ihre Lage in die Querschnittebenen der Peduneuli cerebelli. Bei Acipenser liegen die Lobi unmittelbar distal von den Peduneculi cerebelli. Diese Homologie wird noch durch folgendes Verhalten der Bogenfasern be- stätigt. Es war oben beschrieben, dass der Lobus trigemini von Acipenser (Fig. 4) in gew’ssen Verbindungen mit der Bogenfaserbahn (bftj, welche medial von den Cerebellarleisten verläuft, stehe. Diese Bogenfaserbündel liegen unter dem Epen- dymepithel und durchziehen in ihrem Verlaufe das Gewebe der Cerebellarleisten bei Acipenser nicht. Bei Knochenfischen ist, wie angenommen, eine proximo-lateralwärts gerichtete Verschiebung des Lobus trigemini zu Stande gekommen. Infolge dessen durchziehen. die homologen Faserbahnen das Gewebe der Pedunculi cerebelli, indem sie einen kürzeren Weg zum Centrum einschlagen (vgl. Fig. 9 bft). Die meisten Bündel der Fasern (bft) verlaufen ventral vom Gewebe der Üerebellarleisten und bilden schief gegen den Lobus trigemini aufsteigende Bahnen. Bei diesen letzteren hat sich also das definitive Verhalten schon hergestellt. Proximal vom Facialis und Trigeminus II entspringt mit einem senso-motorischen Stamme der Trigeminus I (Fig. 5 Tr. I). Wie oben erörtert, wird das Hauptkon- tingent der sensorischen Bahnen des Nerven durch die aufsteigende Trigeminus-Bahn (A. Tr. I.) geliefert. An der Austrittsstelle des Nerven gelangt zu dieser Bahn ein vom Cerebellum absteigendes System. Das motorische Bündel wird durch zwei sehr nahe an einander liegende Gruppen von motorischen Zellen geliefert. Das motorische Bündel, welches von der distalen Zellengruppe geliefert wird, durchzieht die proximale Zellengruppe und bekommt dabei einen Faserzufluss von derselben. Die beiden, sehr nahe an einander liegenden Zellengruppen sind offenbar der vordere Trigeminus- Kern von Srıeva (22, S. 31). Das durchaus einheitliche motorische Bündel des Tri- geminus I (Transversale Wurzel des Quintus von Mayser 1. c. 8. 305) wird noch durch Bahnen, welche aus dem hinteren Längsbündel kommen, verstärkt. Das so gebildete motorische Bündel schliesst sich noch intracerebral an die ventro-mediale Festschrift für Gegenbaur. II. 4 236 N. GORONOWITSCH [26 Seite des sensorischen Bündels an, und beide zusammen treten als einheitlicher Stamm aus der Oblongata (vergl. Fig. 2 Tr. I vv.) Eine Uebersicht der Komponenten des Trigeminus-Facialis-Komplexes von Lota zeigt uns, dass der distalste Nerv des Komplexes, der Facialis, sowie der proximalste, der Trigeminus I, am vollständigsten mit den Verhältnissen derselben Nerven von Acipenser übereinstimmen. Für den Facialis von Lota haben wir die folgenden Komponenten zu nennen. Die Elemente der dorsalen Wurzel werden geliefert: a. durch Fasern, welche aus den proximalen gesonderten Abschnitten der grauen Substanz der Lobi vagales sich sammeln (Lobi faciales, z. Th. Lobi glossopharyngei) — dorsale gekniete Quintus-Wurzel (autor.); b. durch gekreuzte Bahnen, welche aus der Commissura Mauthneri stammen, i. e. wie bei Acipenser durch Bogenfasern. Einen vom Cerebellum absteigenden Komponenten konnte ich bei Lota nicht nachweisen. Ich glaube jedoch, dass trotz dieses Unterschiedes die Uebereinstimmung der übrigen Komponenten eine sichere Vergleichung der Bahn (Fig. 4 Frd) von Acipenser mit Fig. 2 und 9 Frd von Lota gestattet. Es kann kein Zweifel über die Homologie der motorischen Bahnen des Nerven von Lota (ventrale gekniete Wurzel des Quintus autor.) und von Acipenser bestehen. Ueberhaupt kann man für alle Nerven des Komplexes annehmen, dass die Komponenten der motorischen Bahnen von Acipenser und Lota mehr mit einander übereinstimmen als die der sensorischen. Dies kann auf dem bekannten, grösseren Konservatismus der motorischen Nerven im Vergleiche mit den sensorischen beruhen. Der Vergleich der Komponenten des Trigeminus I von Lota und Acipenser bietet keine Schwierigkeiten. Die aufsteigende Trigeminusbahn von Lota (Fig. 2, 9 ATr. I) entspricht dem lateralen Abschnitte des Systems y von Acipenser (Fig. 14), welcher einen 'Theil der dorsalen Wurzel des Trigeminus I bildet. Die sekundäre Vagus-Trigeminus-Bahn von Lota entspricht dem medialen Abschnitte des Systems 7 von Acipenser der Fig. 13 y. Beide Systeme zeigen dasselbe Verhalten zum Cerebellum. Ein vom Cerebellum absteigender Komponent der dorsalen 'Trigeminus I-Wurzel ist bei Lota, sowie ‚bei Acipenser nachzuweisen. Die motorischen Bahnen, ‚‚transversale Quintus- Wurzeln‘ (autor.), sind bei Lota und Acipenser vollkommen identisch gebildet. Der Vergleich des mittleren Nerven des Komplexes, des Trigeminus II, beider Formen ist mit grösseren Schwierigkeiten verbunden. Die Homologie wird jedoch durch die motorischen Bahnen, welche bei beiden Formen durch besondere motorische Centra sowie durch die hinteren Längsbündel geliefert werden, festgestellt. Die Bestandtheile der dorsalen Wurzel des Trigeminus II von Lota bestehen aus folgen- den Bahnen: a. aus Fasern, die aus einem Centrum grauer Substanz sich sammeln, welches dem Lobus trigemini von Acipenser zu vergleichen ist; b. aus den in der Commissura Mauthneri gekreuzten Bahnen, welche mit den - Dir TrıiGEmmo-FAcIALis-KoMPLEX VON LOTA VULGARIS. 37 167 —ı er oben sub b. für Acipenser giltigen Bogenfasern zu vergleichen sind. Den für Acipenser sub d. angegebenen Komponenten der dorsalen Wurzeln des Trigeminus I und Il fand ich bei Lota nicht. Die aufsteigende Bahn (Fig 2 und 15 A. Tr. II) von Lota ist kaum mit irgend einem Bestandtheile der dorsalen Wurzel des Trigeminus II von Acipenser zu ver- gleichen. Die Homologie der Stämme des Trigeminus II von Lota und Acipenser scheint mir jedoch durch das identische Verhalten der motorischen Bahnen, sowie durch den Nachweis eines mit dem Lobus Trigemini von Acipenser bei Lota ver- gleichbaren Centrums genügend gesichert. III. Die Stämme des Trigemino-Facialis-Komplexes. Der Trigeminus II von ZDLota entspringt, wie oben erwähnt, in derselben Querschnittebene wie der Facialis r. dorsalis mit zwei Stämmen: einem dorso-medialen Tr. II R. und einem ventro-lateralen 7r. II H. Etwas distal und ventral von diesen Nerven entspringt die schmale motorische Wurzel des Facialis (Fig. 5 Frv.) An die Wand der Oblongata eng angeschlossen, verläuft dieser Nerv eine kurze Strecke proximalwärts und ventral von den austretenden Fasern des Acusticus, dann wendet er sich lateral und gesellt sich zum ventralen Stamme des Trigeminus II (Tr. II. H). Die feinfaserige dorsale Wurzel des Facialis liegt ventro-medial von den Stämmen des 'Trigeminus II (Fig. 9, 5 Frd.). Der Trigeminus I entspringt ventral und proximal von den übrigen Nerven des Komplexes Fig. 5 Tr. I mit einem Stamme. Das dickfaserige, motorische Bündel des Nerven ist dem Stamme ventro-medial eng angeschlossen. Auf nach Weiserr gefärbten Serien sind die Fasern dieses Bündels jedoch leicht von den übrigen zu unterscheiden. Etwas proximalwärts von den Austrittsebenen des Trigeminus I erscheint auf Querschnitten das Ganglion des Facialis (Fig. 10 F). Aus ihm entspringt der N. Weberi (NWb). Seine Fasern sind spiralförmig durch einander gewunden. Der Nerv umkreist ventral den zusammengesetzten Stamm (Tr. II H. + Frv.), von welchem er, wie auf der Figur dargestellt, einen dicken Konnektivast bekommt. Weiter distal gesellt sich zum N. Weberi ein zweites Konnektiv vom Trigeminus I. Der N. Weberi wird also durch Fasern aller segmentalen Nerven des Kom- plexes gebildet. Von den ventralen Abschnitten des Facialis (r.d.) entspringt weiter distal eine varirende Zahl von Aesten (Fig. 12 Pi). Im weiterem Verlaufe bilden diese den Stamm des N. palatinus. In denselben Querschnittebenen sendet der Trigeminus I einen Ast ab, welcher dorso-medial verläuft. Es ist der N. ophthalmicus superficialis. In der Nähe des Austrittes der Nerven aus der Schädelhöhle (Fig. 12) trennen sich vom Trigeminus I sowie vom Facialis die Bündel Opr, und Opr,. Diese Bündel 4* I8 N. GORONOWITSCH [28 vereinigen sich distal zu einem einheitlichem Stamme, dem N. ophthalmicus profundus. Die beiden Nerven, N. ophth. profundus und superficialis, schliessen sich eng an einander, um in die Orbita zu verlaufen. Gleich nach seinem Austritte aus der Schädelhöhle wendet sich der ganze Stamm des Trigeminus II (Tr. IT H), sowie die diesem Stamme angeschlossene ventrale Wurzel des Facialis lateral (Fig. 12); zu diesen Nerven gesellt sich noch ein Theil der sensorischen Facialisfasern (F') und etwas weiter distal ein dicker Ast des Trige- minus I (Tr. 7). Der aus diesen drei Komponenten gebildete Nerv ist der Ramus hyoideo-mandibularis (R. H. m. Fig. 5). Es wäre wichtig, zu ermitteln, ob die motorischen Fasern des 'Trigeminus I zum R. hyoideo-mandibularis sich gesellen oder nicht. Durch direkte Beobachtung konnte ich leider den Uebergang der motorischen Fasern in den Ast nicht mit Sicherheit nachweisen. Die grossen Ganglienmassen, welche in den Bahnen des Nerven eingeschaltet sind, stören die Beobachtung sehr. Mir scheint aber doch ein Uebergang von motorischen Fasern aus folgendem Grunde sehr wahrscheinlich. Proximal von der Abgangsstelle des Astes zum R. hyoideo-mandibularis erfährt das motorische Bündel allmählich eine Umlagerung, Die in der proximalen Strecke des Trigeminus I medial gelagerten, motorischen Fasern ändern ihre Lage in der Nähe der Abgangsstelle des Astes zum R. hyoideo-mandibularis in eine laterale um. Diese Umlagerung begründet meine Annahme, dass ein Theil der motorischen Bahnen zum lateral sich abzweigenden Aste verlaufe. Distal von der Abgangsstelle des R. hyoideo-mandibularis schliessen sich all- mählich die Stämme des Trigeminus I und Facialis an einander (Fig. 11). Ehe aber eine komplete Fusion beider Nerven stattfindet, sendet der Trigeminus I den Ram. bezeichneten Ast ab. Es ist der Muskelast zum Adductor mandibulae. Zwei oder drei dorsale Bündel des Trigeminus I (Fig. I1 Tr. IR.) zweigen sich ferner ab und bilden einen einheitlichen Stamm, welcher ventro-lateral vom Stamme (Tr. II R) verläuft. In der kranialen Verlaufsstrecke der beschriebenen Nerven sind zahlreiche Ganglienzellen eingelagert, welche auf H-Serien als hellrothbraune Flecke (G) exschei- nen (Fig. 10—12). Nach seinem Austritte aus der Schädelhöhle besteht der Nervenkomplex aus folgenden Aesten: l. alle drei segmentalen Nerven des Komplexes bilden den Ram. hyoideo- mandibularis (RHm. Fig. 12, 5); 2. dorso-medial verlaufen die beiden eng an einander gelagerten Ophthalmiei (OSs#Opr Piel. Kl: 3. ventro-lateral ziehen zwei eng an einander angeschlossene Stämme: a) der dorsale (Fig. 11, Tr. IT R.), von welchem sich ein Ast (Tr. II R') abzweigt, b) der ventrale (Fig. 11, Tr. IR). Diese Nerven verlaufen am Boden der Orbita nach vorn (Fig. I Tr. II R. rother Nerv, Tr. Z/R blauer Nerv). Beide zusammen bilden den N. maxillaris superior von Srannıus (Fig. 5, Ma&s). Richtiger wäre, wie weiterhin erörtert wird, nur den blauen Nerv als N. max. superior aufzufassen. 29] DER TRIGEMINO-FAcIAaLıs-KoMPLEX VON LOTA VULGARIS. 29 4) ventro-lateral verläuft ein Nerv, welcher aus den Fasern des Trigeminus I und Facialis besteht (Fig. 11, F. Tr. IT. Es ist der N. maxillaris inferior, (Fig. 1 u. 5 Ma). 5) Diesem Nerven eng angeschlossen verläuft der durch die Fasern des Trige- minus I gebildete Muskelast zum Adductor mandibulae (Fig. 11, 5 Ram). 6) ventro--medial und dem Rande des Parasphenoids entlang zieht nach vorne der durch die sensiblen Fasern des Facialis gebildete N. palatinus (Fig. 1, 5, 11,142 2%). Ich habe vier nach WEIGERT gefärbte und zwei mit Osmiumsäure geschwärzte Nervenkomplexe von ZLota untersucht. Diese Serien zeigen einige unwesentliche Varianten. Auf einigen Serien z. B. entspringt der N. ad adduct. mandibulae etwas mehr distal von den vereinigten Stämmen des Trigeminus I und Facialis. Der Ast wird jedoch durch die dorso-laterale Portion der Fasern des Nervenstammes gebildet und gehört demnach ohne Zweifel dem 'Trigeminus I zu. Die Untersuchung der Nervenstämme des Komplexes ergiebt also folgende Resultate: Der motorische Facialis gesellt sich bei Lota nicht zu der ihm zugehörigen Wurzel, sondern zu einem senso-motorischen Stamme, welcher dem nächstfolgenden segmentalen Nerven, dem Trigeminus II, angehört. Beide zusammen liefern einen Kom- ponenten des R. hyoideo-mandibularis, zu welchem noch Fasern aus der sensorischen Wurzel des Facialis und Trigeminus I sich hinzugesellen. Ein Zufluss der motorischen Fasern aus dem Trigeminus I ist wahrscheinlich. Der N. Weberi besteht aus Fasern, welche durch alle drei Nerven des Kom- plexes geliefert werden. Der N. ophthalmicus superfic. von Lota ist ein Ast des Trigeminus II. Der N. ophth. prof. besteht aus Fasern des Trigeminus I und Facialis. Der N. palatinus ist ein Ast des Facialis. Ausser Lota wurde von mir der Trigemino-Facialis-Komplex von Esow unter- sucht. Die Knochen erschweren hier die Präparation. Ich verfertigte daher einige Serien durch mit Osmiumsäure geschwärzte und in toto gefärbte Köpfe von 2 cm langen Thieren. Auf diesen Serien fand ich gleichfalls, dass der R. hyoideo- mandib. dieser Form durch alle drei segmentalen Nerven des Komplexes gebil- det wird. Der Ophthalmicus superficialis ist ein Ast des Trigeminus II, der Ophth. prof. wird durch den Trigeminus I geliefert. Ich konnte jedoch bei Esow nicht mit Sicherheit nachweisen, ob zu diesem Nerven ein Faserbündel des Facialis sich gesellte. Beide Nn. ophth. sind eng an einander angeschlossen. In der hinteren Hälfte der Orbita kann man jedoch beide Nerven bei erwachsenen Fischen leicht von einander sondern. Der N. palatinus gehört wie bei Lota ausschliesslich dem Facialis an; er ent- springt in der Schädelhöhle und gelangt durch ein Loch des Petrosum in den 30 N. GORONOWITSCH [30 Augenmuskelkanal, wo er eine Strecke weit verläuft, bevor er die Orbitalregion erreicht. Für die vorliegende Arbeit habe ich neue H.-Serien durch den Trigemino- Facialis-,,‚Komplex“ von Acipenser verfertigt. Die Untersuchung derselben bestätigte meine früheren Angaben (l. eit. S. 477 u. f.). Ein Vergleich dieser Angaben mit dem, was für Lota und Esox ermittelt wurde, ergiebt Folgendes: Alle drei Nerven des Komplexes bestehen bei Acipenser aus dorsalen fein- faserigen, Ganglien tragenden und aus ventralen, dickfaserigen Wurzeln. Im einiger Entfernung von der Wand der Oblongata vereinigen sich die entsprechenden Wurzeln und bilden gemischte Nervenstämme. Dieser primitive Charakter der Nerven des Komplexes ist also bei den Knochenfischen, bei welchen die Trigemini I und II als senso-motorische Komplexe ent- springen, verwischt. Der N. ophth. superf. ist wie bei Knochenfischen ein Ast des Trigeminus I. Der N. ophthalmicus profundus von Acipenser ist ausschliesslich ein Ast des Trigeminus I und ist demnach kein vollkommenes Homologon des gleichnamigen Nerven von Lota, welcher Elemente des Facialis enthält. Der R. oticus (7, 8. 23) ist bei Acipenser ein Ast des Facialis und des Trigeminus II und kann demnach auch nicht mit dem N. ophthalmicus prof. der Knochenfische direkt verglichen werden. Der R. hyoideo-mandibularis von Acipenser ist nur von Fasern der beiden hinteren (distalen) Nerven des Komplexes, Facialis und Trige- minus Il, gebildet’‘(Li'e: 478ru..1.184481»w.! Taf. XXI, Big.782, 2y!). "Bei Knochenfischen (Lota, Esox) bekommt dieser Nerv auch Fasern aus dem vordersten (proximalsten) Nerven des Komplexes, aus dem Trige- minus I. Aus diesem Verhalten des Nerven bei Knochenfischen schliesse ich, dass der Suspensorial-Apparat (Hyomandibulare) dieser letzteren, im Vergleiche mit Ganoiden, nach vorne (oralwärts) verschoben ist und in Folge dessen in das Innervationsgebiet des nächstfolgenden vorderen segmentalen Nerven, Trigeminus I, gerathen sei. Lota und Esow sind für eine allgemeine Beurtheilung der hier durch das Verhalten der Nerven nachgewiesenen Verschiebung des Suspensorial-Apparates bei höheren Fischen interessante Formen. Bei diesen mit grossen Rachen versehenen Raubfischen konnte man am wenigsten eine oralwärts gerichtete Verschiebung anzu- treffen erwarten. Zieht man die stark entwickelten Mundwerkzeuge und deren Muskulatur in Betracht, so sollte man eher an eine Verschiebung des Hyomandibulare in die Oceipital-Region des Schädels denken. Diese Verhältnisse werden aber bei Raubfischen nicht durch eine distalwärts gerichtete Verschiebung, sondern durch eine wirksamere Einrichtung ausgeglichen, nämlich durch die Ausdehnung der Hyomandibular-Gelenkfläche in die Oceipital- 3l Der Trıczmino-Facıauıs-KoMPLEX VON LOTA VULGARIS, 3l region, bis in das Gebiet des Os squamosum. Die hier in Betracht kommenden Verhältnisse sind in einer Arbeit von SAGEMEHL durch eine Reihe von Characiniden- Schädeln näher illustrirt (9, S. 63). Diese Reihe beweist, dass bei Schlamm fressenden Formen (Citharinus) die Hyomandibular-Gelenkfläche sich in den vorderen Ab- schnitten der Postorbitalregion koncentrirt. Bei Raubformen dagegen dehnt sich diese Fläche weiter distal in die Occipitalregion des Schädels aus (Erythrinus). Auf Taf. II Fig. 2 (Sasement loc. eit.) ist die ventrale Fläche des Schädels von Citharinus dargestellt. Die überknorpelte Hyomandibular-Gelenkpfanne dieser Form ist auf das Petrosum und Postfrontale beschränkt. Bei der Raubform Hydrocyon (Fig. 13) dagegen greift die Gelenkpfanne auf das Gebiet des Squamosum über. Auf dem vorderen Abschnitte derselben erscheint die callöse Verdickung, welche, wie SaGE- MEHL betont (l. eit. S. 64), eine so wichtige Rolle für die Bewegungsart am Gelenke bei Raubformen spielt. Bei den mit grossem Rachen versehenen Erythrinus (Taf. I, Fig. 2) sind diese Verhältnisse noch weiter vorgeschritten. Am Hyomandibulare der von mir untersuchten Raubformen treffen wir also zwei Einrichtungen, welche auf den ersten Blick zu entgegengesetzten funktionellen Bedingungen angepasst zu sein scheinen. Die für Raubfische vortheilhafte Ausdehnung der Hyomandibular- Gelenkfläche auf die Ocecipitalregion ist bei Lot« und Esow scharf ausgesprochen. Die Innervation des Hyoidapparates beweist ausserdem eine Verschiebung dieses Apparates nach vorn. Wie lässt sich diese letztere Verschiebung erklären? Bei Ganoiden und Knochenfischen wird bekanntlich das primitive Verhalten des Visceralapparates, bei welchem die Visceralbögen ihre Lage an der Basis Cranii bewahren, sekundär wieder erreicht (Vgl. GEGENBAUR 1, 8. 254 u. f. 2, S. 536). Die Kiemenbögen verschieben sich dabei nach vorne. Bei Ganoiden finden wir aber im Vergleiche mit Selachiern auch eine Verschiebung der vordersten Glieder des Visceralapparates. Das Cranio-Hyomandibular-Gelenk, welches bei Selachiern weit distal vom Postorbitalfortsatze liegst, wandert bei Knorpelganoiden oralwärts und liegt unmittelbar distalwärts vom Postorbital-Fortsatze (vgl. 10, S. 13). Bei Knochen- fischen scheint die Verschiebung, wie die Innervation des Hyoidbogens zeigt, noch weiter zu gehen. Dasselbe Verhalten der Nerven konnte aber vielleicht ohne Ver- schiebung des Hyomandibulare zu Stande kommen? In Folge der starken Ent- wickelung der Muskulatur, welche die Insertionsfläche am vordersten Abschnitte des Hyomandibulare findet, konnte dieser Abschnitt, wie SAGENEHL meint, sich allmäh- lich stärker entwickeln, um schliesslich bis zum postorbitalen Fortsatze seine Gelenk- fläche auszudehnen ($, S. 213). Dadurch konnten auch die vordersten Abschnitte des Hyomandibulare in das Innervationsgebiet des Trigeminus I gerathen, und das Ver- halten der Nerven würde ohne die Annahme einer Wanderung des Skelettstückes seine Erklärung finden. Dieser Erklärungsversuch ist unzutreffend. Auf die Ent- wickelung der Muskulatur ist nicht die Ausdehnung der Hyomandibular - Gelenk- fläche auf den Postorbitalfortsatz zurückzuführen. Dies lässt sich leicht anatomisch sowie ontogenetisch nachweisen. Eher ist die distale Ausdehnung des Knochens durch diesen Faktor zu erklären, 32 N. GoRroNowITscH 32] In typischen Fällen besteht das Hyomandibulare bekanntlich aus einem dickeren stumpfwinkelig gebogenen, axialen Theile und zwei lamellösen Flügeln. Der ventrale Rand des vorderen Flügels ist durch eine Nath mit dem Metapterygoid verbunden. Der dorsale Rand erreicht die Artikulation des Knochens mit dem Postfrontale nicht. Diese Artikulation ist durch das dorsale Endstück des axialen Theiles gebildet. Der dorsale Rand des hinteren Flügels artikulirt mit dem Squamosum und trägt auf seinem dorso-distalen Winkel den Processus opercularis. Der hintere Flügel dient als Insertionsfläche für das System der Mm. operculares und ist sehr wahrscheinlich zum Theil im Dienste dieser Muskulatur entstanden, Der vordere Flügel, welcher ohne Zweifel im Dienste des M. adductor mandibulae sich entfaltete, erreicht, wie gesagt, das Postfrontale nicht. Als primär für die Knochenfische ist die Artikulation des axialen Theiles des Hyomandibulare mit dem Postfrontale zu betrachten. Dies wird durch das Verhalten des stabförmigen, knorpeligen Hyomandibulare von Em- bryonen erwiesen. Bei Forellen von 17 mm Länge, welche in starker Chromsäurelösung gehärtet wurden, kann man das Primordialeranium präpariren. Ein etwas späteres, für die betreffende Untersuchung noch passendes Stadium vom Lachse ist von PArkEr abgebildet worden (25, Taf. 4 Fig. 1). An dem betreffenden Cranium sieht man, dass das Hyoman- dibulare mit dem postorbitalen Fortsatze artikulirt. Eine Ausdehnung der Artikulation auf die Occipitalregion des Schädels fehlt noch in diesen früheren Stadien. Aus dem Gesagten folgt, dass die Artikulation des Hyomandi- bulare bei Knochenfischen im Vergleiche mit Ganoiden noch weiter oralwärts verschoben ist. Bei letzteren artikulirt das Hyomandibulare noch hinter dem Postorbitalfortsatze. Durch diese Verschiebung glaube ich das Verhalten des R. hyoideo-mandibularis bei Knochenfischen erklären zu können. Die Ursache der progressiven Verschiebung des Hyomandibulare in der Reihe der Ganoiden und Knochenfischen besteht zum Theil, wie ich glaube, in der Be- seitigung eines der Faktoren, welcher nach GEGENBAUR das ursprüngliche primitive Verhalten des Visceralapparats zum Cranium störte. Das halbknorpelige, massive Palatoquadratum der Knorpelganoiden wird durch den leichtgebauten, wenig Raum in Anspruch nehmenden knöchernen Kieferapparat der höheren Fische ersetzt. Dieser Apparat bekommt ferner eine terminale Lage, sowie Verbindungen mit den vordersten Abschnitten des Schädels. Dies sind genügende Bedingungen, um die Verschiebung des Hyomandibulare bei Knochenfischen zu erklären. Andere und wichtigere Faktoren müssen aber bei Selachiern die viel stärker als bei höheren Fischen ausgesprochene Dislokation des Hyoidbogens zu Stande ge- bracht haben. Eine oralwärts gerichtete Dislokation wurde bekanntlich durch GEGENBAUR schon unter den primitivsten Selachiern, bei den Notidaniden nachge- wiesen (I. 8. 39). Der Glossopharyngeus-Kanal bei Heptanchus liegt unter der Hyoidpfanne, bei Hewanchus hinter dieser Pfanne. Die Pfanne von Hewanchus liegt demnach mehr nach vorne als bei dem primitiveren Notidaniden. Eine Verschiebung ist also auch bei Formen mit massiven, knorpeligen Palatoquadrato-Mandibularbogen 33] Der TRrıiGEMINo-FAcIALıSs-KoMPLEX VON LOTA VULGARIS. 33 nachzuweisen. Bei den höheren Selachiern, welche dieselben relativen Volumenverhält- nisse des P.Q. Mandibularbogens aufweisen, geht die oralwärts gerichtete Verschie- bung des Hyomandibulare noch weiter. Das Skelettstück wandert dabei fast über die ganze Labyrinthregion des Schädels. Ohne Zweifel hat hier der Vorgang eine tiefe morphologische Bedeutung. Die progressive Entfaltung des prächordalen Abschnittes des Schädels; welche bei den jetzt lebenden niederen Selachiern nur noch ver- schiedene Evolutionsphasen darstellt, ist der Hauptfaktor, welcher die Dislokation des Hyoidbogens hier bedingt. Bei den Notidaniden steht der prächordale Abschnitt noch auf der Stufe eines Fortsatzes der antero-dorsalen Ecke des archaischen chordalen Abschnittes des Schädels, welcher nach vorn durch die Basalecke abschliesst. Wie GEGENBAUR lehrt, sind beide Abschnitte des Schädels der Notidaniden nicht nur morphologisch un- gleichwerthig, weil nicht vergleichbar mit einander, sondern auch in ihren Beziehungen zu den Visceralbögen ungleich angepasst. Durch die progressive Entwickelung des prächordalen Abschnittes kommt allmählich die Nivellirung der Basis cranii zu Stande. Dieser überaus wichtige Process der Cephalogenese lässt, wie GEGENBAUR sich ausdrückt „eine Eigenthümlichkeit ver- schwinden, welche den Schädel in zwei ungleichwerthige Abschnitte zerlegte‘“ (Vergl. l. c. S. 801.) Der bei den Notidaniden relativ schwach entwickelte prächordale Abschnitt zeigt bei höheren Selachiern dieselbe Volumenentfaltung wie der archaische chordale Schädel. Der erreichte Zustand vollkommener Gleichwerthigkeit der beiden morphologisch so differenten Abschnitte des Schädels kann nicht ohne Einfluss auf den Visceralapparat bleiben. Die wichtige funktionelle Bedeutung der terminalen Lage der Mundwerkzeuge ist ohne weitere Erörterungen klar. In Folge dieser funktionellen Bedingung verliert allmählich der Palatoquadrato-Mandibularbogen seine uralten Gelenkverbindungen mit dem postorbitalen Fortsatze des chordalen Schädels (1. S. 55, 186.) Die sekun- dären Verbindungen des Palato-basal-Gelenks entfalten sich dagegen weiter und werden zam Hauptträger des Mandibularapparates. Durch diesen Vorgang wird schliesslich die alte Verbindung des Visceralbogens (Postorbitalfortsatz) vollständig durch das recentere Palato-basal-Gelenk, welches in funktioneller Beziehung viel günstiger gelagert ist, ersetzt. Schon unter den Noti- daniden sind unzweifelhafte Merkmale dieses allmählichen Ersatzes von GEGENBAUR nachgewiesen worden. (1 $S. 52—53.) Bei der höheren Form (Hewanchus) ist die Palato-basal-Gelenkfläche stärker entwickelt, als bei der primitiveren Form (Hept- anchus). Umgekehrt verhalten sich die uralten Gelenkverbindungen mit dem Post- orbitalfortsatze. Durch die Nivellirung der Basis cranii, welche infolge der progressiven Ent- wiekelung des prächordalen Schädels zu Stande kommt, werden die Bahnen für die weitere Ausbildung der schon bei den Notidaniden angedeuteten Einrichtungen eröffnet. Die Gelenkverbindung des Palatoquadrato-Mandibularbogens mit dem postorbitalen Festschrift für Gegenbaur. III. 5 34 N. GORONOWITSCH [34 Fortsatze wird aufgehoben und, bei höheren Selachiern, durch den Bandapparat des Palato-basal-Fortsatzes ersetzt. Die Verbindung dieses Fortsatzes mit der Basis cranii finden wir aber nicht mehr auf der Basalecke im hinteren Abschnitte der Or- bita, also wie bei den Notidaniden, sondern weiter oralwärts auf dem basalen Theil des prächordalen Schädels. Unter den höheren Selachiern erreicht die Verbindung des Palato-basal-Fort- satzes verschiedene Grade oralwärts gerichteter Verschiebung. Bei Mustelus, Squa- tina etc. erreicht dieselbe sogar die hintere Grenze der Ethmoidalregion des Schädels. (Vergl. GeGEnBAuR.) Der Hyoidbogen, dessen proximales Stück bei höheren Fischen als Träger der hinteren Abschnitte des Palatoquadrato-Mandibularapparates dient, muss der Verschiebung dieses Apparates natürlich folgen. Infolge dessen treffen wir in den Endästen des Stammbaumes der Fische Formen an, bei welchen der postorbitale Fortsatz wieder wie bei den Notidaniden als Träger eines Visceralbogens auftritt, nicht aber wie bei diesen als der des ersten (Palatoquadrato-Mandibularbogens), sondern des zweiten (Hyoidbogens). Im primitiven Zustande gehören nach GEGENBAUR alle Vis- ceralbogen dem chordalen Abschnitte des Schädels zu und sind metamer angeordnet. Im Laufe der phyletischen Entwickelung gewinnt der vorderste Bogen Anschlüsse an den allmählich sich entfaltenden recenten prächordalen Abschnitt. Die ursprüng- liche metamere Anordnung wird dadurch gestört. Der zweite Bogen (Hyoidbogen), der Verschiebung des vordersten folgend, geräth schliesslich in das ursprüngliche fremde Innervationsgebiet des vordersten segmentalen Nerven, des Trigeminus I, (Knochenfische). Es kommt eine metamere Umwandlung der Kranial- nerven zu Stande. Durch dasselbe Verhalten der Nerven werden uns am eviden- testen auch die Verschiebungen der peripheren Theile in der Spinalregion erkennbar. Die Innervation des Hyoidbogens bei Knorpelganoiden ist auch, wie ich fand, keine primitive; denn dieser Bogen wird durch zwei segmen- tale Nerven, Facialis und Trigeminus II, innervirt. Der Visceralast des Trigeminus II besteht in der stark entwickelten Anastomose zum R. hyoideo-mandibularis. Ich halte die Frage nicht für spruchreif, ob der Palatoquadrato-Mandibularbogen der höheren Haie ursprünglich zum Innervationsgebiete des Trigeminus I oder des Trigeminus II gehörte. Manche Punkte in der Morphologie der Labialknorpel bei Haien, vor Allem aber das Verhalten der Visceralbögen zu den Kranialnerven bei Heptanchus sind als Voruntersuchungen für diese Frage unentbehrlich. Der ursprüng- liche Visceralbogen des Innervationsgebietes des Trigeminus I konnte im Laufe der Phylogenie eine Reduktion erfahren und durch den nächstfolgenden hinteren ersetzt werden. Ein Beispiel solcher Reduktion haben wir bei den Holocephalen. Der ventrale Labialknorpel von Callorhynchus, welchen J. Mürzer so stark entwickelt findet, dass er denselben einen ‚zweiten Unterkiefer“ nennt (26, S. 202), wird bei Chimaera in einen Bandapparat umgewandelt (vergl. HusrecHt, 27). Die physiologi- sche Bedingung dieser Reduktion des vordersten Visceralbogens bei Chimaera ist dunkel. 35] Der TRrıGEmINo-FAcıAaLıs-KoMPLEX VON LOTA VULGARIS. 35 Man könnte vielleicht annehmen, dass die merkwürdige meisselförmige Bezah- nung der Holocephalen, welche Anschlüsse an die hinteren Theile der Mundwerk- zeuge bekanntlich gewinnt, durch ihre kolossale Entwickelung die funktionelle Bedeutung des vordersten knorpeligen Bogens allmählich ersetzt. Dadurch könnte die Atrophie dieses funktionslosen Skelettstückes bedingt sein. Bis jetzt ist aber eine Reduktion des vordersten Visceralbogens nur für die Holocephalen nachzuweisen. Demnach ist, wie gesagt, von den oben erwähnten Voruntersuchungen erst eine Entscheidung zu erwarten, ob der Palatoquadrato-Mandibularbogen der höheren Haie ursprünglich dem Innervationsgebiete des Trigeminus I angehörte oder nicht. Die Verschiebungdes Palatoquadrato-Mandibular- sowie des Hyoidbogens, welche durch die funktionellen Vortheile der terminalen Lage der Mundwerkzeuge hervor- gerufen ward, ging gleichen Schrittes mit der progressiven Entfaltung des recenten prächordalen Abschnittes des Schädels. Beide Vorgänge sind innig mit einander verbunden und müssen als die Hauptmomente der Genese des Vorderkopfes der Wirbelthiere betrachtet werden. Die Struktur der Oblongata, sowie das Verhalten der peripheren Nerven werden auch durch diese Momente völlig beherrscht. Die langen aufsteigenden Bahnen der Komponenten der drei proximalen Nerven, welche dem Gebiete der sich verschie- benden Bogen angehören, sind als Resultat der Verschiebung dieser Bogen entstanden. Dasselbe Moment sowie die allmähliche Entwickelung des prächordalen Ab- schnittes als eines nach vorn gerichteten Auswuchses bedingte die Entstehung des nach vorn strebenden Innervationsapparates der Rami rostrales, welche auch den drei vordersten Kranialnerven angehören. In den grundlegenden Arbeiten von Srannıus und VETTER (4) ist das peri- pherische Verhalten der Kopfnerven sehr vollständig studirt worden. Wenig Neues kann demnach eine Bearbeitung des Verlaufes der Hauptäste bringen. Beide Ar- beiten betrachten aber den Trigeminus der Fische als einen einheitlichen Nerven. Es bleibt daher die Frage, welche Nerven wir dem System des Trigeminus I und welche dem des Trigeminus II zuschreiben müssen, noch offen. Für die Muskeläste ist diese Frage sehr wichtig. Der Vergleich der Kopfnerven von Knochenfischen und Acipenser ergiebt einige erwähnenswerthe Thatsachen. Eine vollständige Beschreibung der peripherischen Aeste des Trigemino-Facialis-Komplexes von Lota, welche die einzelnen Aeste auf bestimmte Segmentalnerven zurückführt, finde ich demnach für nothwendig. Alle Nerven des Komplexes von Lota, den N. Weberi ausgenommen, treten durch einen Nervenkanal in die Orbita aus. Die Austrittsöffnung ist durch das Alı- sphenoid, Orbitosphenoid und das membranöse Interorbitalseptum begrenzt. Dorso- medial eng an einander angeschlossen verlaufen die Nn. ophthalmici (Taf. I Fig. 1 Osetpr, Fig. 5). Fast durch die ganze Strecke des orbitalen Verlaufes sind sie leicht von einander zu trennen und senden folgende Aeste ab: Vom O. superficialis geht ein Ast zu den Schleimkanälen der hinteren Knochen der suborbitalen Reihe. 5* 36 N. GORONOWITSCH [36 Beide Nerven senden ein paar dicke Aeste in das dorsale Bindegewebspolster der Orbita, welche die Haut der supraorbitalen Gegend innerviren. Zwei oder drei terminale Abzweigungen verlieren sich auf der Oberfläche des Bulbus oculi. Das nähere Verhalten dieser letzteren zum Bulbus konnte ich nicht ermitteln. Bei Lupenvergrösserung fand ich an der Abgangsstelle dieser Nerven keine gangliöse Anschwellung (Nn. ciliares, 2, S. 503 für Barbus 12, S. 15). Einige Zweige inner- viren die Schleimkanäle des Frontale. Im vordersten Drittel der Orbita sendet der O. profundus einen Ast zu den Schleimkanälen des Antorbitale. Weiter distal sind die Nerven durch Faseraustausch untrennbar mit einander verbunden und verlaufen in die Ethmoidalregion, wo sie in einen medialen und lateralen Ast zerfallen. Beide Aeste umkreisen das Geruchsorgan, indem sie der binde- gewebigen Kapsel des Organs Zweige abgeben. Eine vergleichende Besprechung der Nn. ophthalmici von Acipenser ist oben angeführt. Das sicherste Kriterium zur Feststellung der Homologie der peripheren Nerven ist der Vergleich der centralen Ursprungsstätten ihrer Bahnen. Von diesem Stand- punkte aus versuchte ich hier die peripheren Nerven von Lota und Acipenser, welche zum Systeme des N. maxillaris superior gehören, zu vergleichen. Drei Nerven von Acipenser sind als Nn. rostrales zu bezeichnen‘): Die zwei Aeste der beiden Nn. rostrales externi des Trigeminus und ein Ast des Nn. rostralis internus des Facialis. Die Nn. rostrales externi verlaufen, eng an einander angeschlossen, lateral vom Vorsprunge der Basis cranii zur basalen Fläche des Rostrum (6, $. 482, Taf. XXIII). Sransıus hielt diese zwei Nerven für einen Nervus rostri externus, v. Wwme trennte beide Nerven und fasste den ventralen als N. maxillaris superior, den dorsalen als N. rostralis (buccalis) (7, 8. 232) auf. Ohne die Richtigkeit der Auffassung von v. WiumHe zu bestreiten, bemerke ich, dass diese Nerven bei Knorpelganoiden einen Zustand völliger In- differenz zeigen. Beide verhalten sich absolut identisch und verlaufen zur ba- salen Fläche des Rostrum, indem sie zur vorderen Hautfalte des protraktilen Mund- apparates und zu den Bartfäden Aeste senden. Auf Grund dieser Indifferenz beider Nerven finde ich es vortheilhaft, speciell für Knorpelganoiden den Terminus Nn. rostrales für beide Nerven beizubehalten. Der N. rostralis (v. Wise) ist ein Ast des Trigeminus II und kann demnach als N. rostralis trigemini II bezeichnet werden (6, Taf. XXIIL, rother Nerv). Der N. maxillaris sup. (v. Wumne) ist ein Ast des Trigeminus I, ist also ein N. rostralis trigemini I (l. c. blauer Nerv). Bei Lota werden der Nerv Fig. 1, Tr. IIR. als Ast des Trigeminus II dem N. rostralis Tr. II von Acipenser und der Ast des Trigeminus I Tr. IR. dem N. rostralis Tr. I von Acipenser homolog zu erachten sein. 1) Der für diese Nerven unzutreffende Terminus ‚„Nn. buccales“ wäre besser zu vermeiden. 37] Der TrıiGEmino-FAcıALIs-KoMPLExX VoN LoTA VULGARIS. 37 Beide Aeste von Zota, welche ich auch bei Esox und Gobio fand, ver- halten sich aber sehr different von einander; demnach dürfte der dorsale (rothe) Nerv als N. rostralis, der ventrale (blaue) Nerv jedoch als N. maxillaris superior mit vollem Rechte bezeichnet werden. Die Nerven verlaufen auf der Aponeurose des Bodens der Orbita von der Masse des M. adductor mandibulae bedeckt nach vorne und senden folgende Aeste ab: Auf der Höhe der hinteren Suborbitalia sendet der N. rostralis Tr. II R. einen Ast ab, welcher den M. adductor mandibulae durchbohrt und die Haut hinter dem Maxillare innervirt. Vgl. Querschnitt (Fig. 11, Tr. II, R,). Einen analogen Ast sendet der N. maxill. sup. (Tr. IR,) ab. Distal auf der Höhe des Palatinum trennt sich der N. rostralis, wo er mit einem Aste des N. maxill. sup. zu den vorderen Knochen der suborbitalen Reihe verläuft, um die Schleimkanäle dieser Knochen zu innerviren Fig. 1 (3, S. 42, Ast 1). Der N. maxill. sup. kreuzt dorsal das Pala- tinum, sendet einen Muskelast zum Adductor mandib. und zerfällt in zwei Aeste. Ein lateraler Ast umkreist mit einem vorderen und hinteren Endzweige das Maxillare Fig. 1 (vgl. über die Homologien dieses Astes 3, S. 43 und 2, $S. 509). Ein me- dialer Ast kreuzt dorsal den seitlichen Theil des Vomer und sendet einen Ast zu einem bei ZLota eigenthümlich von der Masse des Adductor mandibulae abgegliederten Muskel. Dieser entspringt vom vorderen Rande des Ento- und Metapterygoides und befestigt sich durch eine dünne Sehne an das proximale Ende des Maxillare. Der mediale Ast verläuft ventral vom proximalen Abschnitte des Maxil- lare und zerfällt in zwei Endäste. Der laterale Ast umkreist den hinteren Rand des Prämaxillare und innervirt die Lippenhaut; der mediale Ast anastomosirt mit dem N. palatinus facialis (Fig. 1 Pf). Das Verhalten dieses Endastes erinnert an den N. spheno-palatinus der Säuger. Aus dieser Beschreibung beider Nerven hebe ich besonders hervor, dass beide beschriebenen Muskeläste dem System des Trigeminus I angehören. Oben wurde noch ein vom Trigeminus I hoch entspringender Ramus ad m. adduct. mand. be- schrieben (Fig. 11,5 Ram). Er verläuft zur hinteren Portion des Muskels und sendet, bevor er ihn erreicht, ein Aestchen zum M. dilatator operculi. Das Aestchen ver- läuft tief und erreicht den Muskel an seiner ventralen Seite. Der M. leyator arcus palatini ist bei Zota vom M. adductor mandibulae nicht differenzirt. Bei Esox ist der Muskel gut entwickelt und wird durch einen be- sonderen Zweig des Trigeminus I innervirt, welcher den Muskel an seiner medialen Seite erreicht. Ehe ich zur Darstellung des N. maxillaris inferior von Lota übergehe, muss ich einige Bemerkungen über den N. palatinus bei Acipenser und Knochenfischen vorausschicken. Der N. palatinus von Acipenser ist ein Ast des Facialis (6, S. 482, Taf. XXIII Pt). Er verläuft zum Palato-quadratum, durchbohrt dasselbe, indem er einen Ast zur dorsalen Oberfläche des Skelettstückes sendet, und verzweigt sich in der Schleim- 38 N. GORONOWITSCH [38 haut des Gaumens. Der N. rostri internus (Srannıus) ist auch, wie ich fand, ein Ast des Facialis. Bei Knorpelganoiden hat dieser Nerv mit der Innervation des Gaumens absolut Nichts zu schaffen; er ist demnach kein N. palatinus. In seinem peripheren Verhalten ist er vollkommen den N. rostrales externi analog; er verläuft medial vom Vorsprunge der Basis cranii zum ventralen Abschnitte des Rostrum, wo er zahlreiche Anastomosen mit den terminalen Verzweigungen der Nn. rostrales ex- terni bildet, und innervirt die Bartfäden. Jeder der drei segmentalen Nerven, welche den Trigemino-Facialis-Kom- plex bei Acipenser bilden, besitzt also einen N. rostralis. Alle drei Nn. rostrales zeigen durch ihr analoges, peripheres Verhalten einen Zustand vollkommener In- differenz. Der Facialis von Lota, wie oben beschrieben, entsendet einen R. palatinus (Fig. 1, 12, Pf). Nach der Abzweigung des R. hyoideo-mandibularis schliesst sich der Endstamm des Facialis eng an den terminalen Stamm des 'Trigeminus I an (Fig. 11, TrI,F). Die vereinigten Stämme verlaufen nach vorne und bilden den N. maxil- laris inferior (Fig. 1 Mai). Es ist wohl kaum zu bezweifeln, dass wir in dem N. palatinus der Knochenfische das Homologon des N. rostri interni von Acipenser suchen müssen. Dafür spricht der identische Ursprung vom Fa- cialis, sowie die grosse Aehnlichkeit des peripheren Verhaltens. Die terminalen Aeste des N. palatinus von Lota anastomosiren sogar, wie oben bemerkt, mit dem Homologon des N. rostralis Tr. I, mit dem Maxillaris superior. Wo ist aber bei ZLota der Nerv, welcher dem N. palatinus von Acipenser ent- spricht? Dieser Nerv ist, glaube ich, in dem terminalen Aste des Facialis (Fig. Il, F) zu suchen, welcher, mit dem Trigeminus I vereinigt, den N. maxillaris inferior bei Lota bildet. Wie von mir früher dargethan ist, besteht der N. maxillaris inferior (v. WisHE) bei Acipenser nur aus Fasern des Trigeminus I. Da wir aber bei Lota keinen selbstständigen Nerv finden, welcher dem N. palatinus von Acipenser entspricht, so ist es klar, dass die vom Verhalten bei Acipenser abweichende Zusammensetzung des N. maxillaris inferior von Lota aus Trigeminus I und Facialis-Fasern nur durch die Verschmelzung zweier Nerven, welche bei Acipenser selbstständig auftreten, entstehen konnte. Der N. maxillaris inferior der Knorpelganoiden ist demnach kein kompletes Homologon des gleichnamigen Nerven von Lota. Nach seinem Austritte aus dem Cranium verläuft der N. palatinus von Lota dem Rande des Parasphenoids eng angeschlossen nach vorne. Auf der Höhe des hinteren Abschnittes der Orbita sendet der Nerv seinen ersten Ast zur Schleimhaut des Gaumens (3, S. 56). Dieser Ast entspricht wohl dem R. cutaneus palatinus, welchen Wericnt bei Amiurus beschreibt (24, S. 367). Unmittelbar hinter dem Vomer giebt der N. palatinus den zweiten Ast für die Schleimhaut des Gaumens ab. Weiter kreuzt der Nerv den Vomer dorsal und gelangt, ventral vom proximalen Stücke des Palatinum verlaufend, zu der Artikulationsgegend der Maxillaria und 39] DER TrıiGEMINo-FAcIALıs-KoMPLEX VON LOTA VULGARIS, 39 Intermaxillaria, wo er einen medialen und lateralen Ast abgiebt. Der laterale Ast anastomosirt, wie oben erwähnt, mit dem terminalen Aste des N. max. sup. (Tr. D). Der mediale Ast verliert sich in der Schleimhaut der proximalen, prämaxillaren und maxillaren Artikulationsgegend. Ueber die Homologie des N. palatinus der Knochenfische mit dem N. petrosus superficialis major der Säuger vergl. Stansıus (3, S. 71) und Ras (11, 8.225.) N. maxillaris inferior (Fig. 1 Mas). Dieser Nerv enthält bei Lota, wie oben dargethan ist, die Elemente von zwei, mit einander verschmolzenen Nerven, des N. maxillaris inferior (6, Taf. XXIII, A) und des N. palatinus (lc. Pt.) von Acipenser. Srannıus (3, S. 43) und v. Wume (7, S. 233) haben den N. maxillaris inferior von Acipenser vollkommen richtig bestimmt. In meiner früheren Arbeit (6, S. 484 bis 455) habe ich einige Betrachtungen über die Deutung dieses Nerven ver- muthungweise ausgesprochen. Diese Betrachtungen halte ich jetzt für irrthümlich. Die fehlerhafte Deutung dieses Nerven entstand bei mir dadurch, dass ich den Visceralast des zweiten segmentalen Nerven (des Trigeminus II) für reducirt, ferner dadurch, dass ich den N. maxillaris superior für einen interarkualen Nerven (Visceralast) hielt. Beides ist falsch. Der Visceralast des zweiten segmentalen Nerven (Trigeminus II) von Acipenser ist, wie oben erörtert, nicht reducirt. In Folge der oralen Verschiebung des Hyoidbogens ist bei Knorpelganoiden eine metamere Umwandlung der Nerven entstanden. Der Hyoidbogen ist in das Innervations- gebiet des zweiten segmentalen Nerven gerathen; dabei ist aber der ursprüngliche Nerv des Bogens, der viscerale Facialis-Ast, noch nicht aus dem Plexus aus- geschaltet. Der Hyoidbogen der Knorpelganoiden wird in Folge dessen durch die mit einander verbundenen Visceraläste von zwei segmentalen Nerven innervirt (Trige- minus II und Facialis). Der N. maxillaris superior der Knorpelganoiden ist, wie v. Wine richtig auffasste, in dem ventralen N. rostri externus von Acipenser (Ast des Trigeminus I) zu suchen. Dieser Nerv bewahrt bei Knorpelganoiden, wie gesagt, noch einen Zu- stand vollkommener Indifferenz, und als N. rostralis des ersten segmentalen Nerven (Trigeminus I) ist er durchaus nicht als ein interarkualer Nerv (Visceralast), sondern als ein R. pharyngeus aufzufassen. ri Der N. maxillaris inferior von Lota sendet, ehe er die Höhe des Palatinum erreicht, einen und mitunter zwei Muskeläste zu den vorderen Abschnitten des Ad- ductor mandibulae. Im weiteren Verlaufe kreuzt der Nery das Ektopterygoid und zerfällt in fol- gende Aeste: in den R. mandibularis externus (Me.), den R. mandib. internus (Me) und in eine variirende Zahl von Haut- und Schleimhautästen für das Artikulations- gebiet des Unterkiefers und das Gebiet des Os quadratum (vergl. Fig. 1). Der R. mand. ext. giebt einen Hautast für den seitlichen Theil und zwei Aeste für die ventralen Theile des Unterkiefers ab. 40 N. GORONOWITSCH [40 Der R. mand. int. geht auf die mediale Seite des Unterkiefers über und zer- fällt in einen dorsalen und einen ventralen Ast. Der feinere dorsale giebt Zweige an die Schleimhaut, sendet aber auch einen Muskelast für die Portion des M. add. mand., welche die mediale Fläche des Unterkiefers überzieht. Der dickere ventrale Ast verläuft ventral vom Mecker'schen Knorpel, sendet einen Muskelast zum schwach bei Lota entwickelten M. intermandibularis (vergl. VErTErR 46, 8. 496) und gelangt unter das Os spleniale (N. alveolaris). Der R. hyoideo-mandibularis sendet in der Nähe seines Abganges von den Stämmen des Nervenkomplexes einen Muskelast zu dem Adductor operculi und Adductor hyomandibularis.. Diese Muskeln sind bei Lota unvollständig von den hinteren Abschnitten des Adductor arcus palatini gesondert. Der Nerv verbindet sich mit einem Konnectivast des Glossopharyngeus, ehe er die von ihm innervirten Muskeln erreicht. Diese Anastomose fand ich auch bei Esow. Einen zweiten Muskelast sendet der R. hyoideo-mand. zum Adductor arcus palatini. Der Nerv erreicht den Muskel von der dorsalen Seite her (46, S. 501.) Ein dritter Muskel- ast verläuft zu den dorsalen 'Theilen des Opereulum und innervirt den Levator oper- euli (Fig. 1, LO). (Vergl. 46, 503). Nach der Abgabe dieser Aeste verläuft der R. hyoideo-mand. in einem Kanal des Hyomandibulare, wo er sich in zwei Aeste, den R. mandibularis und den R. hyoi- deus, theilt. Jeder Ast hat seine besondere Austrittsöffnung. Durch die vordere Oeffnung tritt der R. mandibularis auf die laterale Seite des Knochens (Fig. 1 Md.); durch die hintere Oeffnung verläuft der R. hyoideus (Hy). Der R. mand. nervi facialis entsendet gleich nach seinem Austritte aus dem Knochenkanal einen R. buccalis (Fig. 1, Be), welcher die Masse des M. adductor mandibulae durchzieht und auf der Höhe des hinteren Randes der Orbita unter der Haut verläuft. Der Nerv innervirt die Haut der Artikulationsgegend des Unterkiefers. Sein Innervationsgebiet ist dasselbe wie das der oberen Hautäste des Trigeminus 1. Ich fand diesen R. buccalis bei allen von mir untersuchten Fischen (Esow, Tinca, Abramis, Cyprinus carpio und Gobio). Bei Esox ist dieser Nerv von STAnnıus beschrieben worden (Nervus buccalis accessorius 3, 8. 44, 62.) Bei dieser Form hat der Nerv einen sehr eigenthümlichen Verlauf. Der Knochenkanal des Hyoman- dibulare hat beim Hecht nur eine Austrittsöffnung, welche am hinteren Rande des Knochens und ventral vom Processus opercularis liegt. Aus dieser Oeffnung treten die Rami mandibularis et hyoideus vereinigt aus. Gleich nach dem Austritte ent- springt der N. buccalis, umkreist dorsal den Proc. operc., zieht in sehr langer Bahn durch die Muskelmasse des Adductor mandibulae, ohne Aeste abzugeben, und erscheint auf der Höhe des hinteren Randes der Orbita als subkutaner Nerv. Sein Innervationsgebiet erstreckt sich noch etwa bis zum vorderen Drittel des Maxillare. Ich halte diesen Nerven, welcher allen von mir untersuchten Fischen zukommt, für einen, den Hautästen des Trigeminus I homodynamen Zweig. Nach Abgabe des N. buccalis sendet der R. mandibularis einen Ast, welcher das Symplecticum lateral kreuzt und zwischen dem Praeoperculum und Suboperculum 41] Der TRIGEMINO-FACIALIS-KOMPLEX VON LotA VULGARIS. al auf die mediale Seite des Opercularapparates verläuft (Fig. I). Der geringen Grösse des Objektes wegen konnte ich das weitere Verhalten dieses Astes nicht ermitteln. Weiterhin umkreist der Mandibularis- Stamm ventral das distale Ende des Symplecticum, kreuzt die mediale Fläche des Quadratum und gelangt auf die mediale Seite des Unterkiefers, wo er in ein System von terminalen Aesten zerfällt. Das System dieser Aeste liegt tiefer, also mehr lateral als das System der Veräste- lungen des R. mand. int. trigemini I. Einige von den terminalen Aesten des R. mand. n. facialis innerviren, wie Vetter richtig angibt, die medial vom Unterkiefer liegende Portion des M. adductor mandibulae (46, S. 497). Ein Ast verläuft unter dem Spleniale, dem N. alveolaris trigemini I folgend. Der R. hyoideus sendet gleich nach seinem Austritte aus dem hinteren Nerven- Joche des Hyomandibulare einen R. opercularis zur medialen Fläche des Opercular- apparates (Fig. 1, Op). Der Stamm des R. hyoideus (Hy) folgt dem ventralen Rande des Hyoidbogens und sendet Acste zur Muskulatur des Branchiostegalapparates. Die Muskeläste von Acipenser ruthenus sind von mir auch auf bestimmte seg- mentale Nerven zurückgeführt worden. Ich fand, dass der Constrietor superficialis vom R. hyoideus, welcher die dorsale Oberfläche des ventralen Abschnittes des Muskels erreicht, innervirt wird. Der Muskel gehört also zum Gebiete des 'Trige- minus II und Facialis. Leider konnte ich den von Verrer angegebenen Ast des R. maxillaris inferior (Trigeminus I) für die vordere Portion des Muskels nicht finden (4 b, S. 471). Die Präparation dieser Gegend an Exemplaren von etwa 30 cm Länge ist zu schwierig. Der M. protractor hyomandibularis wird durch einen Ast des 'Trigeminus I in- nervirtt. Der M. adductor mandibulae bekommt seinen Ast vom N. maxillaris inferior, welcher, wie oben erwähnt, dem Trigeminus I angehört. Der Ast gelangt zum Muskel an der dorsalen Seite und entspringt vom Nerven, bevor derselbe sich in die Lücke zwischen dem Muskel und der Cart. palatina einsenkt. Einen zweiten Ast bekommt der Muskel vom R. mand. n. facialis. Dieser Muskel gehört demnach dem Systeme des Trigeminus II und Facialis zu. Der M. retractor hyomandibularis und der beim Sterlett gut entwickelte M. opereularis werden durch einen Ast des R. hyoideo-man- dibularis innervirt. Wie Srannıus beschrieben hat, bekommt dieser Ast eine Anasto- mose vom Glossopharyngeus, ehe er seine Muskeln erreicht. Landhaus in Puschkino, I. Februar 1596. Festschrift für Gegenbaur. III, 6 42 N. GoORONOWITSCH [42 or -ı Litteratur-Verzeichniss. . C. GEGENBAUR, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. III. Das Kopfskelett der Selachier. 1572. . -— Ueber die Kopfnerven von Hexanchus und ihr Verhältniss zur „Wirbeltheorie“ des Schädels. Jenaische Zeitschrift. Bd. VI. j . Srannıus, Das peripherische Nervensystem der Fische. 1849, . B. VETTER, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Kiemen- und Kiefermuskulatur der Fische. a. Jenaische Zeitschrift. Bd. VIII. b. Ebenda. Bd. XII. . P. MAyser, Vergleichend-anatomische Studien über das Gehirn der Knochenfische mit besonderer Berücksich- tigung der Cyprinoiden. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. XXXVI. 1881. 5. N. GORONOWITSCH, Das Gehirn und die Kranialnerven von Acipenser ruthenus. Morphologisches Jahrbuch Bd. XUI. 188S. . W. van WIHE, Ueber das Visceralskelett und die Nerven des Kopfes der Ganoiden und von Ceratodus. Nieder- ländisches Archiv für Zoologie. Bd. V. . M. SAGEMEHL, Das Cranium von Amia calva. Morphologisches Jahrbuch. Bd. IX. —— Das Cranium der Charaeiniden ete. Ebenda. Bd. X. . ©. GEGENBAUR, Ueber die Oeceipitalregion und die ihr benachbarten Wirbel der Fische. A. v. KöLLIkERr's Fest- schrift. 1587. 11. K. RABL, Ueber das Gebiet des N. facialis. Anatomischer Anzeiger. Bd. II. . G. BÜCHNER, Memoire sur le Systeme nerveux du Barbeau (C. barbus). Soc. d’histoire naturelle de Stras- bourg 1836. . Beta HALLER, Untersuchungen über das Rückenmark der Teleostier. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XXIII. . G. Fritsch, Untersuchungen über den feineren Bau des Fischgehirnes. 1878. . W. Hıs, a) Die Entwickelung der ersten Nervenbahnen beim menschlichen Embryo. b) Die morphologische Betrach- tung der Kopfnerven. Archiv für Anatomie und Entwiekelungsgeschichte. Ausgeg. im Februar 1888. . ZIMMERMANN, Ueber die Metamerie des Wirbelthierkopfes. Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft. 1891. . M. SAGEMEHL, Das Cranium der Cyprinoiden. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XVII. . C, GEGENBAUR, Die Metamerie des Kopfes und die Wirbeltheorie des Kopfskelettes, im Lichte der neueren Untersuchungen betrachtet und geprüft. Morphologisches Jahrbuch. Bd. XIII. . A. FRORIEP, Ueber ein Ganglion des Hypoglossus und Wirbelanlagen in der Oceipitalregion. Archiv für Ana- tomie und Entwicklungsgeschichte. 1882. . J. RoHon, Ueber den Ursprung des Vagus bei Selachiern. Arbeiten des Zoologischen Instituts zu Wien. Hft. I. 1878. . M. v. LenHosstr, Ueber Nervenfasern in den hinteren Wurzeln, welche aus dem Vorderhorn entspringen, Anatomischer Anzeiger. Bd. V. 2. L. STIEDA, Studien über das centrale Nervensystem der Knochenfische. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Bd. XVII. (Auch separat erschienen.) 3. O. STRONG, The Cranial Nerves of Amphibia. A Contribution to the Morphology of the Vertebrate Nervous System. Journal of Morphology 1895. . R. WrısHT, On the Nervous System and sense Organs of Amiurus. Proceedings of the Canadian Institute To- ronto. 1884. . W. K. PARKER, On the Structure and Development of the Skull in the Salmon. Philosophical. 'Transactions. 1873. 3. J. MÜLLER, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Berlin 1835—1S45. . A. HusrecHt, Beitrag zur Kenntniss des Kopfskelettes der Holocephalen. Niederländisches Archiv für Zoologie. Bd. II. 43] DER TRIGEMINO-FACIALIS-ROMPLEX VON LOTA VULGARIS. 43 Tafel-Erklärung. Für alle Figuren gültige Bezeichnungen. Ab N. abdocens. Ale N. acustieus. As absteigendes System des N. acusticus. 4.Tr.II, 4.Tr.II aufsteigende Bahn des Trigeminus I resp. II. Bf, Bf‘, bf etc. Bogenfasern. Be Ramus bucealis Crb Cerebellum. CL Cerebellarleisten. C.ant Vorderhorn. Cps Hinterhorn. Com.inf.H. Commissura infima Halleri. Com.ac.M Commissura accessoria Mauthneri. C.T.II.m motorisches Centrum des Trigeminus II. Fz laterale Fortsätze der motorischen Zellen. "rd aufsteigende sens. Facialis-Bahn. Frv Facialis, radix ventralis. Glph Glossopharyngeus. @ Ganglienzellen. Hl hintere Längsbündel. Hy R. hyoideus. y aufsteigende Bahn des Trigeminus I und Sec. Vag. Tr. Bahn von dAeipenser. Ky Körmergewebsgebilde des Cerebellum. Lo Ramus ad musc. levatorem opereuli. LF Lobus facialis. L.gl.ph Lobus glossopharyngei. L.vg.imp unpaariger Abschnitt der Lobi vagales. Lvg Lobi vagales. Lt Lobus trigemini II. Ltr N. lineae lateralis. MF Mauthner'sche Faser. Mxs N. maxillaris superior. Me N. maxillaris externus. Mxi N. maxillaris inferior. Md R. mandibularis. Mi R. maxillaris internus. NWDb Nervus Weberi. N Neuroglia-Feld. Ng membranöser Abschnitt der Cerebellarleisten. Oe N. oculomotorius. Op N. opercularis. Opt N. opticus. Osetpr Nn. ophthalmieus superfieialis et profundus. Pt N. palatinus. Pzd, Pzv dorsale und ventrale Gruppen von Purkinje’schen Zellen. Ram. R. ad m. adductorem mandibulae. RHm R. hyoideomandibularis. Sec.F.Tr.B Sekundäre Vagus-Trigeminus-Bahn. SpI-+ II vereinigte Nn. spinales I und 2. TrIId, TrIIe Radix dorsalis, Radix ventralis trigemini II. Tro N. trochlearis. TrI, Tr II Nn. Trigeminus I resp. II. TrIrd, TrIrv Trigeminus I radix dorsalis und ventralis. Topt Tectum opticum. TrIR, TrIIR Nervi rostrales trigemini I und II; der erste Nerv, N. maxillaris superior propr., der zweite N. rostralis. TrIIH R. hyoideus trigemini II + facialis (radıx ven- tralis). Vgd, Vge Radix dorsalis et ventralis vagi. Vy N. vagus. V vorderer Abschnitt des Ventrieulus IV. Vhz Vorderhornzellen. Zz Zwischenzellen. Die übrigen Bezeichnungen im Texte. Alle mikroskopischen Präparate sind unter Zeiss Linse aa, die Fig. 6 und 7 unter Apochromat 16 mm mit Camera von ABBE gezeichnet. System des Tri- Die proximalen Theile der Rr. hyoideus et um die Zusammensetzung des R. hyoideomandibularis aus Fasern aller Nerven Karminpräparat. Vergr. etwa 5 mal. Tafel I. Fig. 1. Schädel von Zota vulgaris mit eingetragenen Nerven des Trigemino-Faeialis-Komplexes. geminus I blau, des Trigeminus II roth, des Facialis schwarz. mandibularis sind dreifarbig, des Komplexes anzudeuten. Fig. 2. Schema der Hauptbahnen der Nerven des Komplexes von Zota. Dieselben Farbenzeichnungen wie in Fig. 1. Die Nummern 9, 15 und 8 bezeichnen die Querschnittebenen der Schnitte Fig. 9, 15 und 8. Fig. 3. Oblongata von Zota. Vergr. etwa 5 mal. Fig. 4. Schnitt aus den Austrittsebenen des Trigeminus II von Acipenser. Fig. 5. Gehirn mit Kranialnerven (Zota) von der ventralen Seite. Fig. 6. Motorisches Centrum des Vagus von Acipenser. Karminpräparat. Fig. 7. Schnitt aus der Austrittsebene des Trigeminus I von Acipenser. Karminpräparat. 44 N. Goroxowınsch, DER TRIGEMINO-FAcIALıs-KoMPLEX VON LOTA VULGARTS. [44 Tafel I. Alle Schnitte sind nach WEIGERT gefärbt. Fig. 8. Aus den distalen Abschnitten der Lobi vagales von Zota. Fig. 9. Aus der Austrittsebene des Trigeminus II und Facialis von Zot«. Das Präparat wenig differenzirt, um das Verhalten der grauen Substanz zu demonstriren. Fig. 10, 11 und 12. Schnitte durch die Stämme des Trigemino-Facialis-Komplexes von Zota. Fig. 13. Aus den Austrittsebenen des Trigeminus I von Aeipenser. Fig. 14. Aus den Austrittsebenen des Vagus von Aeipenser. Fig. 15. Aus den distalen Abschnitten des Lobus n. facialis von Zota. ds a en a nd a DE | % Festschrift für Gegenbaun: TrıR Psetpr Zt Ten R Mi - Md Glph 77 u Uxs Oselpr Ram Mxt -kam Fz SDIen 6. Lglph u Zrg.ump Ar rg 29 von Wilhelm Engelmann, Teipzia TrIrd » er Pe 5 A < IR 1% & Festschrift für Gegenbaur: en - 5 a: Ulf ’G ä rg 2 ! Goronowitsch Taf H. | er a S. 14. ‚Com. infH. “ | brg TR -d Cps d TrIRam TFIR b W177 sim N | | Hl | (om acM | I0. | 2 Pt. lant: #- Ay] | | - | Bf BER “ | » Teer I vWD x + 13 Ch | bft -Irld 6 TrUuR 3) bft Frd Id .| 12. | CIam TraH Os - TEUR EG | X Iglph - 4 BED 17, a Com ach 5 = m Glphm “| ö Opr, er Se 777 B = en Seel TEB u Tr BP rin Hm 27 Pt bfK [2 "AT 19 von Wilhelm Engelmann ix leipzig DER BIESPBRUNG DERZUREESCRUELLRE BEI DEN FREFOSIIERN VON DR. B. HATLEER PRIVATDOCENT AN DER UNIVERSITÄT HEIDELBERG. MIT TAFEL I—IV UND 1 FIGUR IM TEXT. GEGENBAUR!) wies bekanntlich nach, dass der Vagus von einem Komplex von den Spinalnerven homodynamen Nerven dargestellt wird. Der Nachweis hiefür wurde nicht durch histologische Befunde an der Medulla oblongata, sondern durch die Feststellung des Verhaltens der Vagusäste zum Visceralskelett, sowie unter An- derem auch durch den Hinweis auf das Vorhandensein gewisser hinter einander liegender Knötchen in der lateralen Wand der Rautengrube, der sogenannten Lobi vagales erbracht. Nach GEGENBAUR wird ferner die Hauptmasse des Vagus von oberen (dorsalen) Spinalnervenwurzeln gebildet, denen sich nur wenige ventrale Nervenwurzeln zugesellen. Erstere treten durch die dorso-laterale gemeinsame Oeff- nung aus dem Kranium. Letztere begeben sich, entsprechend ihrer Zahl, durch kleine, von der obern Vagusöffnung ventro-median gelegene Kanäle nach aussen. Diese Auffassung erhielt sich bis zur Zeit, wo man dem Vagusverhalten der Fische nicht nur durch die Feststellung der histologischen Verhältnisse in der Oblongata, sondern zugleich auch durch das Verfolgen des peripheren Verhaltens der so- genannten unteren Vaguswurzeln näher trat. Da war es zuerst Ronon?, der auf Grund seiner histologischen Befunde die Behauptung aufstellte, dass der Vagus von einem gemischten System von vorderen (ventralen) und hinteren (dorsalen) Wurzeln gebildet wird und dementsprechend nur zum Theil den hinteren Spinalnervenwurzeln homolog ist. Die makroskopisch wahrnehmbaren, in der Rautengrube perlschnur- förmig hinter einander lagernden Lobi vagales geben nach Ronoxn den Ursprung für die hinteren (oberen) Wurzelbündel des gemeinsamen Vagusstammes, während die vorderen (ventralen) Fasern desselben ihren Ursprung zum grössten Theile aus den durch einander liegenden grossen Ganglienzellen des sogenannten Bodengraues, zum kleinen Theil aus der Raphe nehmen. Ob diese letzteren auch aus der anderseitigen Hälfte des verlängerten Markes entspringen, hierüber theilt Rormon nichts mit. 1) C. GEGENBAUR, Ueber die Kopfnerven von Hexanchus und ihr Verhältniss zur „Wirbeltheorie des Schädels“. Jenaische Zeitschr. f. Med. und Naturwiss. Bd. 6. 1871. 2) V. RoHmon, Ueber den Ursprung des Nervus vagus bei Selachiern ete. Arb. a. d. Zool. Instit. zu Wien. Bd. 1. 1878. 45 B. HALLER 4 Durch seine Untersuchungen an den Kopfnerven des Störes gelangte auch GoronowirscH') zu ganz ähnlichen Resultaten wie Ronox. „Der Vagusstamm ist nicht bloss einem Komplex von dorsalen Wurzeln spinalartiger Nerven gleich zu stellen, wie das GEGENBAUR meinte, sondern einem Komplex von Nerven, welche dorsale, sowie ventrale Wurzelelemente enthalten.“ Der dorsale Kern jeder Vagus- wurzel ist nach GoroxowIrscHh als die Verlängerung der Oberhörner aufzufassen. Diese Kerne bilden ausschliesslich die Lobi vagales, deren Zahl 12—15 ausmachen soll?) und von denen die hintersten und vordersten schwächer als die zwischen- liegenden sind. Jeder Lobus vagus führt, ähnlich wie bei den Selachiern nach Ronox, auch viele kleine Ganglienzellen. Die unteren Wurzelbündel des Vagus kommen aus der grauen Substanz des Vorderhornes, denn die Fortsätze der Vorderhornzellen sollen bis zu diesem Bündel verfolgbar sein. Auf diese Weise zieht die ventrale Vaguswurzel, der grauen Substanz lateralwärts anlagernd, dorsalwärts und bekommt einen Zufluss von Fasern aus einer Zellgruppe unterhalb der Lobi vagales. Die Zellen dieser Gruppe nennt Goroxowırsch Zwischenzellen; sie sind identisch mit jenen Zellen der Haie, welche Ronox als Zellen der grauen Substanz bezeichnet. Die dorsalen Vaguswurzeln führen feine, die ventralen grobe Fasern, doch sollen erstere im gemeinsamen Vagusbündel letztere an Zahl übertreffen. Die Ver- einigung der dorsalen Wurzel mit der ventralen erfolgt extramedullär und da Erstere unter der letzteren liegt, so ist auch äusserlich eine Uebereinanderlagerung der beiden Wurzeln in den hinter einander gelegenen 12—15 Bündelpaaren zu be- obachten. Von einem Ursprung von Vagusfasern aus der entgegengesetzten Oblongata- hälfte erwähnt auch Goroxowrrsch nichts. Der fest vor dem ersten Vagusbündel lagernde Glossopharyngeus soll beim Stör schon ziemlich abgetrennt vom übrigen Vagus sein, doch soll er ganz auf die- selbe Weise entspringen wie der Vagus. Der einzige Unterschied soll zwischen den beiden darin bestehen, dass der Glossopharyngeus im Verhältniss zum Vagus eine grössere Zahl von dorsalen Fasern führt. Auffallend ist es, dass weder Romon noch GoronxowItscH der als untere Vagus- wurzeln von GEGENBAUR aufgeführten Bündel ausführlicher gedenken. Die Erfor- schung des peripheren Verhaltens dieser Nerven erfolgte bei den Selachiern erst durch Jackson und CLARKE?) und nachher ausführlicher durch Onxopr?). Es wurde klar, dass diese „unteren Vaguswurzeln“ mit dem Vagus nichts zu thun haben, was GEGENBAUR auch sofort zugab und was aus seinen folgenden Worten 1) N. GoronowIrscH, Das Gehirn und die Kranialnerven von Acipenser ruthenus. Ein Beitrag zur Mor- phologie des Wirbelthierkopfes. Morphol. Jahrbuch. Bd. 13. 1887. 2) Bei Heranchus nimmt GEGENBAUR höchstens zehn Stämme für den Vagus an. 3) W. H. Jackson and W. B. Crarkz, The brain and cranial Nerves of Echinorhinus spinosus. Journal of anatomy and physiology. Vol. 10. 4) A. OxoD1I, Neurologische Untersuchungen an Selachiern. Internationale Monatsschrift für Anatomie und Histologie. Bd.3. 1888. 5] DER Ursprung der VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 49 ersichtlich ist. Er sagt: „Da es erwiesen scheint, dass die metameren Kopfnerven der Selachier, obwohl als hintere Wurzeln entstehend, doch sensible wie motorische Bahnen führen, besteht auch von dieser Seite kein zwingender Grund, eine Ueber- einstimmung mit Spinalnerven vorauszusetzen und von daher für sie auch untere Wurzeln zu postuliren').“ Bei den Cyelostomen hat Anuısorn?) den Vagusursprung ungenau erforscht und von Vaguskernen bloss die ..Zellen des Bodengraues“ gesehen. Auch er thut keine Erwägung eines Ursprunges aus der anderweitigen Hälfte der Oblongata. Im alten Sinne unterscheidet Anısorn sensible und motorische Vaguswurzeln und versteht offenbar unter letzteren den Postvagalnerven. Dieser verlässt in geringer Entfernung vor dem Hypoglossus (?) das Kranium, und tritt dann mit diesem, wenn auch getrennt, an das Ganglion nervi vagi. „Letzter Umstand veranlasst mich“ sagt AHLBORN, „die Wurzeln des Vagus und Hypoglossus zu einer gemeinsamen Vagus- Hypoglossusgruppe zusammenzufassen‘“. Soweit das spärliche Material es mir gestattete, habe ich den Vagusursprung bei den Plectognathen seiner Zeit verfolgt und beschrieben®). Meine Untersuchung ist jedoch ungenau ausgefallen, insofern ich nur den mittleren Vaguskern oder die „Zellen des Bodengraues“‘ für den Ursprung des Vagus in Anspruch genommen und den oberen Kern gar nicht berücksichtigt habe. Den mittleren Vaguskern habe ich nicht nur richtig beschrieben, sondern, soweit es die Carminpräparate gestatteten, auch die aus denselben abgehenden peripheren Fasern richtig erkannt und dar- gestellt. Mit Hilfe der Gorsr'schen Methode hat dann in letzter Zeit van GEHUCHTEN den Vagusursprung auch bei anderen Knochenfischen verfolgt‘). Speciell‘ waren es Embryonen der Bachforelle, an denen er seine Beobachtungen anstellte. Dieser Autor geht von der zur Zeit noch gangbaren Auffassung aus, dass die sensitiven Fasern ausserhalb des Rückenmarkes und Gehirnes entspringen und bloss dort enden’), dass mithin auch die sensorischen Vagusfasern (motorische Fasern wurden von VAN GenvcHten nicht beschrieben) ausserhalb der Oblongata in dem spinalen Vagus- ganglion entspringen. Dies geschieht auf die Weise, dass die centralen Fortsätze der bipolaren Ganglienzellen aus dem Spinalganglion sich in das verlängerte Mark be- geben. Gleich nachdem sie hineingelangen, biegen sie caudalwärts um und werden auf diese Weise zur „absteigenden Wurzel‘‘ des Vagus. An der Stelle nun, an der diese Fasern caudalwärts umbiegen, geben sie unter rechtem Winkel einen feineren Ast ab, der sich centralwärts wendet und in der Gegend des eigentlichen sen- sorischen Vaguskernes verästelt. Dies erfolgt in der Nachbarschaft ziemlich grosser 1) C. GEGENBAUR, Die Metamerie des Kopfes und die Wirbeltheorie des Kopfskelettes, im Lichte der neueren Untersuchungen betrachtet und geprüft. Morphol. Jahrb. Bd. 13. 1888. pag. 64. \ 2) FR. AHLBORN, Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 39. 1883. 3) B. HALLER, Ueber das Centralnervensystem, insbesondere über das Rückenmark von Orthagoriscus mola. Morphol. Jahrb. Bd. 17. 1891. 4) A. VAN GEHUCHTEN, Contribution a l’&tude du systeme nerveux des Tel&ostsens. La Cellule, Tom. 10. 1594. 5) Diese irrige Auffassung über den Ursprung der hinteren Spinalnerven habe ich ausführlich widerlegt, (s. B. HALLER, Untersuchungen am Rückenmarke der Teleostier. Morphol. Jahrb. Bd. 22. 1895). Festschrift für Gegenbaur. II. 7 50 B. HALLER [6 Ganglienzellen, „die wahrscheinlich die centralen sensitiv-nervösen Elemente, d. h. die wesentlichen Zellen des sensitiven Endkernes vom peripherischen Nerven dar- stellen.“ Ihrer Lage nach sind diese durch van GEHUCHTEn angegebenen Zellen die Zellen des mittleren Vaguskernes oder des Bodengraues der Autoren. Sonder- barer Weise sah van GEHUCHTEN keinen peripheren Achsencylinderfortsatz von ihnen in den peripheren Vagusstamm übertreten. Wichtig ist es, dass VAN GEHUCHTEN an diesen Zellen einen Achsencylinderfortsatz beobachtete, der die Raphe passirend, auf die anderseitige Hälfte der Oblongata gelangt. Hier biegt er dorsalwärts um und setzt sich auf diese Weise in das Längsbündel fort oder spaltet sich zuvor in zwei Aeste. Ob der Autor neben der angeführten Ursprungsweise auch noch eine andere (die motorische) für den Vagus voraussetzt, lässt sich aus seiner Schrift nicht feststellen. Innerhalb der Ordnung der Knochenfische kommt es durch Vereinigung der sogenannten unteren Vaguswurzeln mit ächten Vagusbestandtheilen zu einem Nerven- komplex eigener Art; doch möchte ich, bevor ich diese Verhältnisse geschichtlich erörtere, die viel einfachern diesbezüglichen Verhältnisse der Selachier besprechen. Bekanntlich kommen die sogenannten unteren Vaguswurzeln in der Drei- bis Vier- zahl vor (einmal fand GEGENBAUR bei Hewanchus sogar fünf), die durch ebensoviele Oeffnungen lateralwärts von dem Foramen oceipitale, aus dem Kranium nach aussen gelangen. Aus der Zahl dieser Oeffnungen lässt sich somit auch ihre Zahl bestimmen. Bei Hexanchus giebt es 4—5, bei Heptanchus 3, bei Scymnus 2 und bei Mustelus eine solche Oeffnung.') Diese letzte Zahl erhält sich bei den Rochen durchgehends. Es fand also bei den Selachiern eine Reduktion dieser Nerven statt, bis zum Schlusse ein einheitlicher Nerv sich bildete. Dieser vererbte sich dann sowohl auf Teleostier als auch auf die Ganoiden und ist als solcher auch bei den Dipnoern nachweisbar?) und ich möchte ihn in dieser Form als Postvagalnerven bezeichnen. Da er bei den Selachiern nur aus unteren (motorischen) Wurzeln besteht, so ist er auch bei den Tele- ostiern nur in dieser Form als primär zu betrachten. Nach den Untersuchungen von Jackson und CLARKE?) sowie nach jenen von Oxopı') gehen die sog. unteren Vaguswurzeln Beziehungen zum Vagus und zu den ersten Spinalnerven ein. Bei Echinorhinus, bei dem vier solche Nerven vor- kommen sollen, soll der erste von ihnen auch einen Schultermuskel innerviren, der den Skapulartheil des Schultergürtels mit dem Schädel verbindet. Die drei andern Nerven geben je einen Zweig auch an diesen Muskel, doch vereinigen sie sich dann insgesammt mit einem Nervenstrange, der von allen vier ersten Spinalnerven gebildet wird. Dieser Nervenstrang geht eine Anastomose mit einem Muskelzweig des vierten Kiemenastes des Vagus ein, worauf er dann den fünften Spinalnerven annimmt. Der so gebildete gemeinsame Stamm versorgt die Muskulatur der Brustflosse, aber 1) Siehe C. GEGENBAUR, Untersuchungen zur vergl. Anatomie der Wirbelthiere. III. Heft. Das Kopf- skelett der Selachier. Leipzig 1872. 2) Siehe R. BURCKHARDT, Das Nervensystem von Protopterus annectens. Berlin 1892. — Auch bei den Cyelostomen scheint er in dieser Form zu bestehen. 3) Le. 4) 1. e. 7) DER URsPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 51 auch Muskeln, die vor dem Schultergürtel lagern. Wie schon angeführt wurde, war GEGENBAUR anfangs der Meinung, dass die sog. unteren Vaguswurzeln dem Vagus angehören, doch ist er in Anbetracht der eben angeführten Beobachtungen heute der Ansicht, dass diese Nerven der Selachier ‚erst sekundär in den Bereich des Kopfes gelangt sind“. Ferner meint er, dass, da diese Nerven im Vereine mit den ersten fünf Nervenpaaren auch Bezirke innerviren, welche unmöglich jenem des Hypo- glossusgebietes zuzurechnen sind, aber auch das Gebiet des Hypoglossus versorgen ; man weder diesen Nerven noch den mit ihnen sich verbindenden Spinalnerven „und noch weniger beiden zusammen die Hypoglossusbedeutung zusprechen könne. Es kann vielmehr nur gesagt werden, dass der Hypoglossus erst aus jenen Nerven sich sondere“. Speciell als Hypoglossusgebiet betrachtet GEGENBAUR das „Ver- einigungsgebiet des Sammelstranges an ventrale Muskulatur, welche sich zu den Kiemenbogen verbreitet‘. Bei den Teleostiern giebt es bezüglich des Postvagalnerven Verhältnisse, die noch an jene der Selachier erinnern, die der Salmoniden u. A.; bei anderen Formen aber haben sich dieser Nerv und andere Nerven zu einem einheitlichen interkranialen Stamm vereinigt. Diese Vereinigung findet ihren höchsten Ausdruck bei den Cypri- noiden. Es entsteht bei ihnen auf diese Weise der Nervus accessorius Weberi. Durch E. H. Weser entdeckt, wurde er von Bischorr bei mehreren Cyprinoiden (Oyprinus carpio, Leuciscus, Barbus) ausführlichst beschrieben'). So tritt dieser Nerv bei Cyprinus carpio mit zwei Wurzeln aus der Oblongata heraus und beginnt dann sofort mit einer gangliösen Verdickung. In diese senken sich dann noch zwei andere Wurzeln ein, deren eine direkt aus dem Trigeminus-Ganglion und die andere aus einem Ver- bindungsast zwischen Trigeminus und Vagus stammt. ‘Aus der gangliösen Verdickung des WeEBEr’schen Accessorius treten ein mittlerer mächtigerer und zwei schwächere — ein medianer und ein lateraler — periphere Nerven ab. Der zweite Ast innervirt „Spinalmuskeln‘ während der dritte an die Befestigungsmuskeln des Ocecipitalbeines gelangt (ad musculos oceipiti affixos). Der mittlere ist der eigentliche Stamm. Bei Darbus soll sich zwischen dem Ganglion des Weer’schen Accessorius — der gleich wie bei dem Karpfen eine untere, aber dickere und eine obere dünnere Wurzel aus der Medulla oblongata erhält — und dem 'Trigeminus-Ganglion (das aber Bıscnorr fälschlicher Weise nur theil- weise mit dem gleichen Ganglion des Karpfens für homodynam hält und es das gemein- same Trigeminus-Acusticus-Vagusganglion nennt) nur eine, aber recht ansehnliche Ver- bindung vorfinden. Aus dem Ganglion treten bloss der eigentliche Stamm und ein Muskelast heraus. Weiter bezieht nach Bıscnorr bei Leueiscus das WEBer’sche Accessorius- Ganglion, das gleich wie bei den zwei anderen Formen durch zwei Wurzeln mit der Ob- longata verbunden ist, nur eine feine Verbindung mit dem Trigeminus-Ganglion. Von diesen kombinirten Nerven der Cyprinoiden, sowie von dem einwurzeligen, dem ersteren entsprechenden Nerven der anderen Knochenfische und dem des Störs nahmen CuyIer und Burchser an, dass er dem Nervus hypoglossus entspräche. 1) L. W. Tu. Bıscuorr, Neryi accessorii Willisii anatomia et physiologia. Diss. inaug. Heidelbergae. 1832. * D 52 B. HALLER [8 BuEcHNER') giebt sowohl von dem Ursprung als auch von der Verbreitung dieses Nervens eine zutreffende Schilderung für die Barbe. Nach ihm entpringt dieser vermeintliche Hypoglossus hinter der Oblongata mit einer dickeren, unteren und einer dünneren, dorsalen Wurzel. An der Vereinigungsstelle beider Wurzeln verbreitert sich die obere Wurzel zu einem kleinen Ganglion, aus welchem ein feiner Nerv abgeht, der sich nach oben begebend in die Spinalmuskeln gelangt. Auch die untere Wurzel giebt aus sich einen ähnlichen Ast ab. An dieser Vereinigungsstelle der beiden Wurzeln des gemeinsamen vermeintlichen Hypoglossus tritt auch die Verbin- dungswurzel aus dem Trigeminus an denselben. Auch befindet sich hier eine oblonge Verdickung, die jedoch BurcHhner nicht für gangliös hält. Bezüglich des peripherischen Verhaltens giebt BuEcHner von diesem Nerven an, dass er, nachdem er die Schädelhöhle durch die bekannte Oeffnung verlassen, hinter den Kiemen sich in zwei Aeste spaltet. Der hintere stärkere Ast vereinigt sich mit dem unteren Ast des ersten Spinalnerven und gelangt somit mit diesem in die Muskulatur des Schultergürtels. Der vordere schwächere Ast begiebt sich in die Muskulatur des Pharyn- gealknochens. Auch der Musculus sterno-hyoideus erhält von diesem einen Ast Nerven, wie dies übrigens bereits Cuvier ausgegeben hatte. Der Auffassung Cuvier’s, BUECHNER’S und E. H. Werser’s, dass dieser Nerv der Hypoglossus sei, tritt Srannıus?) entgegen. Es scheint ihm bedenklich, einen Nerven als Hypoglossus zu bezeichnen, der einen Ast zur Bildung des Plexus brachialis abgiebt. Dabei ist ihm der Umstand, dass dieser Nerv bei den Teleostiern direkt aus der Schädelhöhle austritt, nicht maassgebend, und er nimmt darum mit Desmouris an, dass derselbe der erste Spinalnerv sei, derallerdings die Hypoglossusfasern auch in sich führt. Die Annahme, dass es sich um einen Nervus accessorius Willisii handele, wurde schon von BiscHorr°) und E. H. Weser widerlegt. Nach GEGENBAUR wäre der Weser'sche Accessorius am ehesten so zu denken, dass er einen Theil des hintersten Abschnittes des Vagus, „als einen Theil des ge- sammten Vagus der Haie, als eine aus dem letzteren entstandene Sonderung, welche die auf einen Faden reducirten unteren Wurzeln, sowie den gleichfalls auf einen Nervenfaden reducirten hinteren Abschnitt der oberen Wurzelreihe des Vagus in sich begreift“‘.‘) Was ferner den selbstständigen Austritt des Weser’schen Accessorius aus der Schädelhöhle neben dem Foramen occipitale betrifft, so meint GEGENBAUR, dass die Oeffnung nichts Anderes, als die vereinigten, hinter einander lagernden Oefl- nungen für die von ihm dazumal als untere Vaguswurzeln gedeuteten Nerven dar- stellen müsste. Nach GEGEnBAUR würde somit der WEBEr’sche Accessorius ein aus den vermeintlichen unteren Vaguswurzeln (dem Postvagalnerven mihi) und aus einer oberen Vaguswurzel sich sekundär gebildeter Nerv sein. Darum gab ihm GEGEnBAUR den Namen WeEBrr’scher Accessorius. 1) G. BUECHNER, Memoire sur le systeme nerveux du Barbeau. Mem. d. ]. soeiete du Museum d’histoire naturelle de Strasbourg. Tom. 3. 1835. pag. 27—28. 2) H. Srannıus, Das peripherische Nervensystem der Fische. Rostock 1849. pag. 123. 3) 1. ec. pag. 51. 4) Die Kopfnerven von Hexanchus. Jen. Zeitschr. Bd. 6. 1871. pag. 529. DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN, 53 U) 1 Der Werer’sche Accessorius kommt in der Form, wie er sich bei Cyprinoiden vorfindet, soviel bisher bekannt, nur bei diesen 'Teleostiern vor und ist meiner Ansicht nach in dieser Form aus gewissen Verhältnissen der Koncentration der Oblongata dieser Thiere erklärbar. Ganz selbstständig kommt der Postvagalnerv u. A. bei den Salmoniden und Esow vor. Er soll nach Sranntus') bei den Gadiden einen weiter nach hinten gelegenen Ursprung besitzen und ausserhalb des Kraniums liegen (?). Für Aecipenser giebt Sransıus an, dass der Postvagalnerv mit zwei hinterein- anderlagernden Vorderwurzeln entspringt und einen äusserst langen Verlauf in der Schädelhöhle hat, doch erst aus dem Rückenmarkkanal nach aussen abtritt. Mit den Verhältnissen dieses Nerven bei zahlreichen anderen Teleostiern, wie sie von Stannıus beschrieben wurden, möchte ich mich hier nicht beschäftigen, da meiner Ansicht nach jene Fälle theils einer Kontrolle bedürfen, theils aber aus den Verhält- nissen der beiden hier angeführten typischen Fälle (Salmoniden und Cyprinoiden) erklärbar sind. Ich will nun versuchen, diese typischen Fälle nach eigenen Beobachtungen zu schildern. Bei der Gattung Salmo (Salmo fario und irideus) fand ich, dass der Postvagalnerv (Fig. 5 w) unterhalb und hinter dem Vagus (vg) mit zwei hinter ein- ander lagernden, kurzen ventralen (vorderen) Wurzeln entspringt, die sich nachher zu einem gemeinsamen Stamme vereinigen. Dieser legt sich eine kurze Strecke dem interkranialen Theile des Rückenmarks lateralwärts fest an, um dann durch die be- kannte Oeffnung aus dem Kranium nach aussen zu gelangen. Ausserhalb des Kra- niums verläuft der Postvagalnerv eine Strecke weit knapp hinter der Kiemenöffnung und vereinigt sich mit dem ersten (1) und zweiten Spinalnerven (2) zu einem recht an- sehnlichen Stamm (m), der sich in der Muskulatur der Brustflosse verliert. Vorher schon giebt. er einen Ast (p) ab, der sich verhältnissmässig oberflächlich fortsetzt, dessen weiteres Verhalten ich jedoch nicht verfolgt habe. Das interkraniale Rückenmark (er), welches zwischen den Wurzeln des Postvagalnerven und des ersten Spinalnerven liegt, ist bei der Gattung Salmo im Verhältniss zu dem anderer Knochenfische sehr kurz. Als wichtigen Befund möchte ich hervorheben, dass der Postva- galnerv bei Salmo nur untere (ventrale) Wurzeln besitzt und, mit den zwei ersten Spinalnerven sich vereinigend, die Muskulatur der Brust- flosse innervirt und somit zu jener Gegend, welche den Hypoglossus- bezirk der Fische darstellt, keine Aeste entsendet. Diese Gegend wird vielmehr von einem Ast des Vagusstammes versorgt (rAy), der, vor dem Ramus intestinalis n. vagi (ri) sich abzweigend, unterhalb (ventral- wärts) und hinter der Kieme die Schlundwand durchsetzt und sich in der hinteren seitlichen Schlundwand verästelt. Auch bei dem Hechte besitzt der Postvagalnerv nur ventrale Wurzeln und es scheint das Verhalten dem bei Salmo zu entsprechen. Weder bei Salmo noch bei Esox kommt an dem Postvagalnerven eine gangliöse Verdickung vor. Inlec 54 B. HALLER [10 Bei Anguilla ist der Postvagalnerv in jener Einfachheit wie bei Esow und Salmo nicht mehr anzutreffen, denn ausser den zwei untern Wurzeln (Fig. 25) be- sitzt er (w‘) noch eine feine dorsale Wurzel und an der Stelle, an welcher sich die drei Wurzeln treffen, befindet sich ein Ganglion, von dem dann der einheit- liche Nervenstamm abgeht. Das periphere Verhalten des Stammes habe ich nicht verfolgt. Das interkraniale Rückenmark ist sehr lang (cr), doch legt sich der Stamm des Nerven (w') demselben nicht an, sondern begiebt sich direkt in die Aus- trittsöffnung im Kranium. Dieser Nervenstamm des Aales ist dem einfachen Post- vagalnerven, wie er bei Salmo und Esox vorkommt, nicht mehr direkt gleich zu stellen, denn er fasst jenen bloss in sich. Ich habe bereits bei Besprechung der Literaturangaben angeführt, dass der Weser’sche Accessorius der Cyprinoiden auch eine Wurzel aus dem Trigeminus- ganglion erhält. Diese Verbindung wurde in neuerer Zeit auch bei Abramis brama von Bouperor') beschrieben. Seine diesbezüglichen Angaben für Cyprinus carpio sind nicht so genau, wie jene der älteren Autoren. Indem ich mich hier mit diesem Hinweis auf Bouperor’s Angaben begnüge, will ich mit der Mittheilung meiner eigenen Erfahrungen über das Verhalten des Werer’schen Accessorius bei Cyprinus carpio beginnen. Die beiden hinter dem Vagus entspringenden Wurzeln des WEBER- schen Accessorius sind bei dem Karpfen vermöge der grossen Koncentration des ver- längerten Markes, nach vorne gerückt. Die ventrale Wurzel (Fig. S 5), die mäch- tiger als die dorsale (y) ist, rückt etwas weiter nach vorne als diese und liegt in einer horizontalen Ebene mit dem hinteren Ende der beiden grossen Lobi vagi. Auch die obere Wurzel reicht bis zu der Stelle, an welcher das Rückenmark sich dorsalwärts zu verdicken beginnt (Fig. 15), um dann in die beiden Lobi vagi über zu gehen. Ueber den Ursprung der beiden Wurzeln soll erst weiter unten berichtet werden; hier möchte ich bloss bemerken, dass sie bei versch’edenen Individuen eine verschiedene Länge besitzen können (Figg. 8, 9). Das periphere Ganglion des Weser’schen Accessorius hat eine spindelförmige Gestalt und der aus demselben sich fortsetzende Stamm (Figg. 8, 9 w) eine ansehn- liche Dicke. Von vorne senkt sich in das Ganglion die recht breite Wurzel aus dem Trigeminus-Komplex («e). Von dieser habe ich ein viel komplieirteres Verhalten ermitteln können, als bisher angenommen ward. Sie zieht ventro-lateral dem ver- längerten Marke anlagernd, vom Trigeminus-Ganglion (Fig. 9, trg. g) bis zu dem Gang- lion des Weprr’schen Accessorius. Hinter dem Trigeminus-Ganglion, doch etwas nach hinten zu, entfernt von demselben, spaltet sich diese Wurzel in zwei Aeste, welche den N. abducens (Figg. 8, 9, abd) zwischen sich fassen. Während nun der äussere Ast sich in das Trigeminus-Ganglion derselben Seite einsenkt (Fig. 9), begiebt sich der innere Ast auf die anderseitige Hirnhälfte und senkt sich vor dem äusseren Ast der anderseitigen Wurzel in das I'rigeminus-Ganglion ein. Hierdurch entsteht eine Kreuzung der beiderseitigen inneren Wurzeläste (Fig. 9). Es giebt aber bezüglich 1) E. BOUDELOT, Recherches sur le systeme nerveux des poissons. Paris 1883. 11] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 55 dieser inneren Aeste noch zwei Variationen. Bei manchen Individuen habe ich nämlich gefunden, dass der innere Ast an der linken Wurzel fehlt, und diese an der Stelle, an der er sich zu gabeln hatte, mit seinem innern Rande hinter dem Abducens, dem ventralen Gehirntheil fest angewachsen war. Es kann sich bei manchen Individuen auch auf beiden Seiten so verhalten und die inneren gekreuzten Aeste fehlen dann. Diese beiden Variationen sind nur so zu erklären, dass, wie das ursprünglich auch sein musste, diese inneren Aeste einer oder beider ventraler Wur- zeln, innerhalb des Gehirns liegen. Ausser den zwei Endwurzeln erhält aber der Hauptwurzelstamm noch jeder- seits 2—3 Fäden aus dem Facialisaste (Figg. 8, 9 fa) des Trigeminus. In dem ab- gebildeten Falle gab der linke Facialisast drei, der rechte zwei Wurzelfäden an den gleichzeitigen Wurzelstamm ab. Dorsalwärts tritt aus dem Ganglion des Weser’schen Accessorius ein feiner Ast ab (Figg. 8, 9 s), der, der lateralen Schädelwand der Occipitalgegend fest an- lagernd, dorsalwärts zieht und sich hier mit einem feinen Nerven aus den hintersten Vagusbündeln (Fig. 8, s) zu einem gemeinsamen Stamme (d) vereinigt, der dann durch eine besondere Oeffnung (Fig. 4 nd) hinter dem Austritt der dorsalen Trige- minusastes (Figg. 4, 8, 9, rd) nach aussen gelangt. Etwas oberhalb der Vereini- gungsstelle dieser beiden feineren Nerven, tritt aus dem gemeinsamen Stamme ein sehr feiner, darum leicht zu übersehender Ast (Figg. 4, 5) ab, der sich inner- halb der Schädelhöhle sofort verästelt und allem Anscheine nach die Gehirnhaut innervirt. Nachdem der Weser'sche Accessorius die lateralwärts vom Hinterhauptloche gelegene Oeffnung passirt, nimmt er hinter der Kiemenöffnung eine sehr tiefe Lage auf der Leibeswand ein (Fig. 4, w). In dieser Lage begiebt er sich ventralwärts und theilt sich alsbald in zwei Aeste. Der vordere Ast (a) gelangt noch weiter nach unten, durchbohrt dann hinter der Kiemenöffnung die Leibeswand und breitet sich in derselben Gegend aus, die bei der Gat- tung Salmo der Hypoglossusast des Vagusstammes versieht. Der Hypo- glossusast des Vagusstammes fehlt bei Oyprinus vollständig. Der hintere Ast (b) verbindet sich mit einem Ast (c) des ersten Spinal- nerven (7), und der so entstandene gemeinsame Stamm senkt sich in die Brustflosse ein, deren Muskulatur zum grössten Theil innervirend. Ausser diesem Nerven ge- langten noch ein zweiter Ast (d). des ersten Spinalnerven und ein Ast (d) des zweiten Spinalnerven (2) an die Brustflosse, während ein sehr hoch vom ersten Spinalnerven abzweigender Ast (e) Rumpfmuskeln innerviıt. Der Weserr’sche Accessorius ist entstanden zu denken, durch Vereinigung ver- schiedener, bei manchen Vertretern der Teleostier (Salmoniden u. A.) noch getrennt von einander bestehender Nerven, beziehungsweise Nerventheile, wie dieses übri- gens, wie oben erwähnt, auch von GEGENBAUR angenommen wurde. Zu erörtern wäre aber immerhin. auf welche Weise und aus was für Nerven, oder aus welchen Theilen derselben dieser Nerv entstanden ist. 56 B. HALLER 12 Als ein Hauptbestandtheil desselben ist der Postvagalnerv zu betrachten. Dieser bei den Salmoniden sowie bei zahlreichen anderen Knochenfischen einheit- liche Nerv ist, wofür die älteren Vertreter der Selachier einstehen, durch die Ver- schmelzung mehrerer, (4—5) hinter einander lagernder, ausschliesslich aus ventralen Wurzeln bestehender Spinalnerven (untere Vaguswurzeln GEGENBAURr's) entstanden. Der Verschmelzungsprocess lässt sich bei den Selachiern noch feststellen, bei denen noch Uebergangsstadien bis zu dem einheitlichen Nerven (Mustelus, Rochen) zu beobachten sind. Dieser einheitliche Nerv ist dann bei den meisten Teleostiern er- halten, und wir dürfen somit das Verhalten, welches ich für die Gattung Salmo be- schrieben habe, als ein für die Knochenfische ursprüngliches und direkt von jungen Selachiern ererbtes ansehen und unsere weiteren Betrachtungen von hieraus beginnen. Bei diesen Knochenfischen geräth der Postvagalnerv in direkte Beziehung zu dem ersten und zweiten Spinalnerven und aus diesem so entstandenen sehr einfachen Plexus entsteht ein starker Nerv, der zur Innervirung des Schultergürtels und der Brust- flossen dient. Da weder aus diesem Plexus, noch aus dem Postvagalnerven ein Ast abgeht, der die Hypoglossusgegend versorgt, so ist anzunehmen, dass weder die beiden ersten Spinalnerven, noch der Postvagalnerv der Fische mit dem Hypoglossus der höher stehenden Wirbelthiere irgend eine Beziehung haben. Ein Hypoglossusast wird bei den Fischen vielmehr vom Vagusstamme abgegeben, der jedoch mit dem obigen Plexus in keiner oder doch nur scheinbar in Beziehung steht. Betrachten wir ferner die bekannten diesbezüglichen Ver- hältnisse der Selachier, wie sie besonders bei Echinorhinus, also einer nicht zu den älte- sten Formen gehörenden Gattung eruirt worden sind, so ergiebt sich, dass auch hier, wie ich es weiter oben angeführt, die Postvagalnerven in Verbindung mit den ersten fünf Spinalnerven die Muskulatur des Schultergürtels und der Brustflosse innerviren und der Hypoglossuszweig aus dem Vagus in diesen Plexus gelangt. Wenn nun GEGENBAUR behauptet, dass der Hypoglossus in diesem Plexus enthalten sei und sich aus diesem später herausbildet, so liesse sich gegen diese Annahme speciell für gewisse Selachier nichts Gewichtiges einwenden, Joch wäre in Anbetracht des Vorgetragenen zuzusetzen, dass jener primäre Hypoglossus erst sekundär aus dem Vagus- bündel in diesen Plexus gelangt sei. Vielleicht liessen sich dann bei den Notidaniden Verhältnisse antreffen, die dem primären Verhalten viel näher stehen und wo der Hypoglossusast sich noch aus dem Vagus direkt abzweigen würde, ohne vorher dem genannten Plexus sich beizugesellen und von welchem primären Ver- halten die Knochenfische (Salmoniden u. v. A.) ihr Verhalten ererbt hätten, denn für die Teleostier würde es wohl zulässiger sein, eine direkte Vererbung anzunehmen, als an eine tertiäre Erwerbung zu denken. Von dem Postvagalnerven der Selachier und dem der Teleostier und der Knochenganoiden (oder aller Ganoiden?) lässt sich wohl annehmen, dass sie die ersten Spinalnerven repräsentiren, deren dorsale Wurzeln sich rück- gebildet haben. Hiefür spricht nicht bloss ihr peripheres Verhalten, sondern auch ihr Ursprung, der sie als ächte untere Spinalnerven kennzeichnet 13] DER URSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 57 Der Postvagalnerv bildet den Hauptbestandtheil des Weser’schen Accessorius'). Es kommt diesem aber noch auch eine obere Wurzel zu, und an der Vereinigung beider Wurzeln befindet sich ein Ganglion. Darum wäre die Frage zu erörtern, welchem Bestandtheil anderer Teleostier, würden diese obere Wurzel und das Ganglion entsprechen? Obgleich die Auffindung von Zwischenstadien noch zur Erklärung beitragen wird, so glaube ich immerhin, dass bereits heute die Erklärung gesichert ist, nach welcher die obere Wurzel des Werer’schen Accessorius jenem Theil des Vagus entspricht, der die Hypoglossusgegend zu versorgen hat und welcher Theil unter anderen Vertretern der Teleostier auch bei den Salmoniden noch dem centralen Vagusgebiet angehört. Für diese Annahme sprechen zwei 'T'hatsachen: 1) der Ur- sprung der oberen Wurzeln des Weser’schen Accessorius und 2) das periphere Ver- halten derselben. Was speciell diesen Ursprung betrifft, so möchte ich vorgreifend der Beschreibung der histologischen Verhältnisse, auf die ich bezüglich der Details verweisen muss, mittheilen, dass er in jeder Beziehung dem des Vagus entspricht. Bezüglich des peripheren Verhaltens wäre bloss zu wiederholen, dass der Hypo- glossusast des Vagus bei jenen Teleostiern mit einem Weper’schen Accessorius, nicht mehr vom Vagus, sondern von jenem sich abzweigt. Ausser diesen beiden Befunden scheint mir aber noch ein dritter für meine Annahme zu sprechen. Wie ich es nämlich bereits weiter oben erörtert habe, tritt aus dem Ganglion des Werer’schen Accessorius ein feiner dorsaler Ast noch innerhalb des Kraniums ab, der sich mit einem feinen Aste des hintersten Vagusbündels vereinigend, das Kranium dorsalwärts durch eine besondere Oeffnung verlassend zur Kopfhaut gelangt. Die sensitiven Faser- ursprünge in der dorsalen Wurzel des Weser’schen Accessorius wären dann zum Theil wenigstens auf diesen feinen Nerven zu beziehen, dessen peripheres Verhalten dafür einsteht, dass er ursprünglich dem Vagus angehörte. Meine Behauptung geht somit dahin, dass der Weser’sche Accessorius, der nur bei einem verhältnissmässig geringen Theil der Knochenfische sich vorfindet, auf die Weise zu Stande kam, dass der Hypoglossustheil des Vagus sich von diesem abtrennte und allmählich nach hinten rückend, sich mit dem nach vorne rückenden Postvagalnerven vereinigte, wobei auch ein zugehöriger Theil des spinalen Vagusganglion mitwandern musste. Es musste dabei der betreffende Theil des Vagus sich abgeschnürt haben, um mit dem Postvagalnerven in der Oceipital- region allmählich zu verschmelzen und auf diese Weise eine gemeinsame Austritts- öffnung zu erhalten. Dieser Process wird wohl an dem Kranium phyletisch, viel- leicht auch ontogenetisch nachweisbar sein. Ob freilich dieser Process innerhalb der Gruppe der Cyprinoiden — wo eine Koncentration der Oblongata durch verschiedene Genera (Leueiscus, Barbus) hindurch bis Cyprinus verfolgbar ist — sich abspielte und von ihnen aus andere Formen, bei denen durch tertiäre Streckung jene Koncentration 1) Auf das Verhalten, wonach in manchen Fällen der Postvagalnerv aus zwei ventralen Wurzeln sich bildet., ist weiter kein Gewicht zu legen. Festschrift für Gegenbaur. III. 6} 58 B. HALLER [14 abermals ausgeglichen ward (Muraeniden n. A.), den Wep»rr’schen Accessorius ererbten, ist eine Frage, die erst mit der genauen Feststellung der in den Anfängen bearbeiteten phyletischen Beziehungen der Knochenfische unter einander zur Beantwortung ge- langen dürfte. Histologische Verhältnisse. Hier möchte ich nun auf die histologischen Verhältnisse des Vagusursprunges eingehen. Zuerst sollen dieselben bei Salmo fario besprochen und erst nach Erle- digung dieser einfacheren Verhältnisse, die durch die Koncentration erlangten kom- plizirten Einrichtungen des Karpfens erörtert werden. Was die Untersuchungsmethode betrifft, so habe ich als Untersuchungsmaterial für die langsame Gorcr'ssche Methode auch hier wie bei dem Rückenmarke mit Erfolg möglichst kleine Exemplare von Salmo fario verwendet. Embryonen und junge 'Thiere mit Dottersack kamen nur ausnahmsweise zur Verwendung. Selbst bei den möglichst kleinsten Exemplaren von Perca fluviatilis, Leuciscus argenteus, erythrophthalmus, rutilus, Squalius cephalus, Barbus fluviatilis und Cyprinus Carpio erlangte ich nurab und zu ein Präparat, an dem irgend eine Ganglienzelle gut geschwärzt war. Was den Vagusursprung der Forelle betrifft, so unterscheide ich, wie ich dies bereits in einem Vortrage in der fünften Versammlung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft in Strassburg mitgetheilt habe, drei Vaguskerne, die alle auf einem und demselben Querschnitt übereinander lagernd zu sehen sind. Es sind dies: 1) der sensorische dorsale Kern, 2) der motorische mittlere Kern und 3. der motorische untere Kern. Um diese Kerne auch nach ihrer Ausbreitung zu studiren, wurden vielfach auch Tinktionspräparate (Ammon. Karmin, Hämatoxylin), die der Quere und der Länge des Rückenmarkes nach geschnitten wurden, sowie des Faserverlaufs wegen auch Weicerr-Par’sche Präparate verwendet. Wegen der Orientirung sollen zuerst die drei Vaguskerne mit Berücksichtigung ihrer Topogrophie an Tinktionspräparaten erörtert werden. Dies geschieht wohl am besten, wenn ich mit der Schilderung des allmählichen Ueberganges von Rückenmark in die Oblongata beginne). 1) Ich bemerke hierbei, dass ich die vielfach aus der Gehirnanatomie der höheren Säugethiere entlehnten Benennungen der Autoren bei den Fischen nur insofern verwenden möchte, als die Homodynamie der Theile ausser Zweifel gestellt ist (wie z. B. von den Vorderstranggrundbündeln), dass ich aber in zweifelhaften Fällen solche Benennungen, besonders wenn sie blosse Namen sind, ohne weitere Bezeichnung der Beziehungen der Theile zu einander, vermeiden möchte. Dabei gehe ich natürlich von dem von mir schon oft betonten Standpunkte aus, dass die Hirn- anatomie erst bei den niedersten Wirbelthieren gründlich durchgearbeitet werden muss, und dass man, Schritt für Schritt in der Reihe der Wirbelthiere aufsteigend, die Homologien mit den einzelnen 'Theilen des Säugethierhirns festzu- stellen hat. Nur auf diese Weise wurden ja auch bisher allgemeine Gesichtspunkte erzielt. Ausserdem muss aber auch betont werden, dass gewisse Theile im Hirne der Säugethiere gar keine homodymamen Theile im Fischhirn besitzen können, da diese Theile hier gar nicht zur Scheidung von andern Theilen gelangten; sie lagern diesen Theilen zur Unkenntlichkeit ein, oder sind mit ihnen vermengt. Dies ist hauptsächlich der Fall bei Längs- bahnen. 15] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 59 Die Zellen des mittleren Vaguskernes reichen auch noch bis hinter die Rauten- grube (Fig. 27), wo sie dann an Zahl immer mehr abnehmen, bis zum Schlusse nur noch einzelne Zellen das Vorhandensein desselben andeuten (Fig. 15, 14). Die Strecke zwischen dem Ende der Rautengrube und dem hinteren Ende des mittleren Vagus- kernes ist bei Salmo nur kurz, bei Esox jedoch länger. Hinter der Rautengrube giebt es Stellen, an denen die Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes durch ihre typische dreieckige Form auffallen, doch giebt es auch eine grosse Zahl von solchen Zellen unter ihnen, welche diese Form nicht besitzen; bei der festen Aneinander- lagerung des mittleren Vaguskernes (Fig. 285 mA) an die Zellen des Vorderhornes (vA) wird dann besonders durch das Vorhandensein zahlreicher solcher Zellen im mittleren Vaguskern, der Uebergang in die Vorderhornzellgruppe ein so vollkommener, dass eine Abgrenzung beider Zellgruppen gegen einander unmöglich wird. Dies ist besonders gut bei Esow zu sehen. Am Ende der Rautengrube (Fig. 13) ist die Anordnung der einzelnen Theile der weissen Substanz, wie man sie im Rückenmark antrifft'), noch deutlich erhalten. An der dorsalen Peripherie des Dorsalstranges findet man bei Salmo jene Schichten feinster markloser Längsfasern (Figg. 13, 14 p), die ich bereits in dem vorderen "Theil des Rückenmarkes der Bachforelle beschrieben habe und von denen ich angab, dass „sie zum T'heil wenigstens sich in dem oberen Vaguskern in dessen Centralnetz auflösen und somit Verbindungen zwischen diesem Kern und Centren des Rückenmarkes her- stellen“.) Das Hinterhorn jeder Seite grenzt sich noch sehr deutlich der weissen Substanz gegenüber ab. Auch die Lateralstränge zeigen weiter keine Veränderung und nur in der dorsalen Peripherie derselben erkennt man einen keilförmigen Ab- schnitt (Fig. 13 2), der sich dem Dorsalstrang von unten fest anlegt und durch die dichtere Gruppirung der Längsfasern dem übrigen Lateralstrange gegenüber sich auszeichnet. Er wird dem letzteren gegenüber öfter durch ein radiär gestelltes Septum (s) abgegrenzt, das gerade an jener Stelle liegt, an welcher weiter vorne die Vaguswurzeln nach aussen gelangen. Dieser Strang führt viele feine und auch zahl- reiche breitere markhaltige Fasern. Er ist der oberste Theil der dorsalen Hälfte des Lateralstranges im Rückenmark (Fig. 13 /s), behält seine Lage auch in der hinteren Vagusgegend (Fig. 14 7) und bildet jenen Theil der äusseren Lateralbalın (Figg. ill) der Oblongata, welcher mit anderen Fasergruppen des letzteren zur auf- steigenden lateralen Vaguswurzel (Fig. 27 v) wird. Einige Schnitte hinter der Rautengrube und somit vor der bisher betrachteten Gegend ändert sich das Aussehen des Querschnittes bedeutend. Vor allem treten hier die Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes immer häufiger auf; doch sind sie an Zwischenstellen auch nur in geringer Zahl vorhanden. Das Oberhorn, der Dorsal- und Lateralstrang sind ganz verändert, und alles weist darauf hin, dass hier 1) Bezüglich der Rückenmarksstruktur muss ich die Kenntniss meiner Resultate als bekannt voraussetzen. siehe B. HALtER, Untersuchungen über das Rückenmark der Teleostier. Morphol. Jahrb. Bd. 23. 1895). 2) 1. c. pag. 67. g* 60 B. HALLER [16 bereits die Oblongata begonnen hat. Jener dorsale periphere Beleg von feinen Längs- fasern an den Dorsalsträngen, der sich aus dem vorderen Theil des Rückenmarkes bis hierher begiebt, ist noch deutlich vorhanden (Fig. 14 p)'), doch erkennt man an demselben bereits eine Abnahme seiner Fasern, was sich dadurch erklären lässt, dass die Längsfasern in verschiedenen Querebenen nach innen biegen und im Centralnetze des obern Vaguskernes ihr Ende finden. Dieser Vorgang lässt sich gut verfolgen und auf Schnitten, die aus Gegenden herrühren, welche etwas weiter nach vorne liegen, hört auf diese Weise dieser Strang feinster Längsfasern ganz auf. Er stellt somit eine Verbindung zwischen dem Dorsalstrange oder richtiger dem Oberhorne des Rückenmarkes und dem dorsalen Vaguskern dar, doch dürfte ein Theil seiner Fasern auch mit dem Hinterhirne in Beziehung stehen. Der Lage dieser Längsbahn nach wäre man versucht, an eine eventuelle Homologie mit den Gorcr'schen Strängen der Säuger zu denken. Ich möchte sie die dorsale oder sensorische aufsteigende gemeinsame Kleinhirn- und Vagusbahn nennen. Doch möchte ich gleich hinzufügen, dass ich nicht behaupte, dass ihre gesammten Fasern in den obern Vaguskern und Kleinhirn aufgehen, sondern bloss sage, dass dies von dem gröss- ten Theil ihrer Fasern angenommen werden kann. Es wäre ja immerhin möglich, dass einzelne ihrer Fasern sich in weiter nach vorn zu gelegenen verschiedenen Centren begeben. Immerhin wären aber solche Fasern nur in den oberen Vaguskern bloss eingestreute Elemente. Auch der übrige T'heil des Dorsalstranges verändert sich. Vor Allem schwinden die Septen, welche aus dem Oberhorne in die Dorsalstränge ausstrahlen, beziehungsweise, soweit sie nämlich neurogliale Bildungen sind, diesen durchsetzen und an die Neurogliahülle inseriren (Fig. 13); man erkennt dann nur noch blosse Ausstrahlungen, die aus dem noch erkennbaren Oberhorn (Fig. 14 AA) peripherwärts sich vertheilen. Mit Ausnahme der sensorischen aufsteigenden Vagus- wurzel (Fig. 14 p) giebt es an der früheren Stelle der Dorsalstränge keine kompakten Längsfaserbündel mehr, was daher rührt, dass an dieser Stelle der bei weitem grösste Theil der dorsalen Längsfasern sich in das centrale Nervennetz aufgelöst hat. In dieser Fasersubstanz (ok) sind ausser dem Nervennetz an nervösen Elementen noch sich nach allen Richtungen kreuzende, feine, zumeist marklose Achsencylinder und sporadisch auch markhaltige Längsfasern vorhanden. Ausserdem ist diese Stelle von jetzt an noch durch das immer häufigere Auftreten von kleinen Ganglienzellen charakterisirt. Die kompakten nervösen Längsbündel beschränken sich hier auf jene Einbuchtungen, die zwischen den septenförmigen Ausstrahlungen des Oberhornes liegen (rd). Sie sind dem Faserwerke gegenüber nicht scharf begrenzt, sondern gehen allmählich in dasselbe über. Weiter vorn in der Gegend der Rautengrube und zwar dort, wo bereits die Vaguswurzeln nach aussen biegen (vergl. Fig. 27), erhält sich die oben beschriebene, die Stelle des früheren Dorsalstranges einnehmende Fasermasse, doch besitzt sie hier zahlreichere kleine Ganglienzellen als zuvor und stösst median- 1) S. meine eitirte Rückenmarksarbeit Fig. 9 p. 17] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 61 wärts an die obere Lateralwand der Rautengrube an, die durch ein einschichtiges Ependym und die darunter gelegene kleine Ganglienzellenschichte der inneren Hälfte des sensorischen Kernes (Textfigur 04") gebildet wird. Diese Fasermasse stellt hier den grössten Theil des oberen oder sensorischen Vaguskernes (Fig. loA) dar. Von einem oberen Horne ist hier keine Spur mehr vorhanden, da es sich vollständig aufgelöst hat. Dafür tritt eine in seiner Form für diese Stelle charakteristische Bildung in Gestalt eines ansehnlichen Längsbündels auf, das seine Lage lateralwärts vom oberen Vaguskern hat. Ich will, ohne einstweilen auf seine weitere Bedeutung einzugehen, es die dorso-laterale Längsbahn (Fig. 1 rd und Textfigur) nennen. Sie kommt haupt- sächlich dadurch zu Stande, dass jene in den Einbuchtungen zwischen Oberhorn und dem beginnenden oberen Vaguskern gelegenen Einzelbündel (Fig. 14 rd) sich zu einem kom- pakten Strange vereinigen, wozu sich aller- dings auch noch absteigende Längsfasern ge- sellen. Die dorso-laterale Längsbahn führt viele verstreut liegende marklose und mark- haltige Längsfasern in sich. Auf dem Quer- schnitt hat diese Bahn, sofern sie von Vaguswurzeln nicht durchsetzt wird (Text- figur), die Gestalt eines mit der Spitze nach aussen und unten gerichteten Mandelkernes (Fig. 1 rechts). Mit der lateralen Seite stösst sie nicht an die laterale Neurogliahülle an, da zwischen dieser und ihr die aus dem oberen Vaguskerne kommende, bogenförmige obere Vaguswurzel (a) liegt. Aus dem Querschnitt ist ersichtlich, dass die dorso-laterale Längsbahn durch zahlreiche Septen, welche theils aus ihr nach aussen ziehen, theils aus dem oberen Vaguskerne in sie gelangen, durchzogen wird. Stellenweise wird sie durch die mittlere Vaguswurzel (ce und Text- figur) durchsetzt. Weiter oralwärts ändert sich insofern das Querschnittbild, als der dorsale Vaguskern durch eine aus Neuroglia fast ausschliesslich bestehende, nach innen und unten zu konkave, an der Rautengrubenwand an das Ependym stossende schmale Gewebsmasse (Textfigur «) in einen inneren (ok) und äusseren (ok) Abschnitt geschieden wird. Die Ganglienzellschnitte des mittleren Vaguskernes (mk) setzen sich in eine äusserst kleinzellige Ganglienzellschichte fort, die unterhalb des Ependymes gelegen (Fig. 1 und Textfigur) bis hinauf zur dünnen Adergeflechts- haut der Rautengrube reicht. Diese Ganglienzellschichte biegt an der Stelle, wo jenes neurogliale Septum in der vorderen Vagusgegend auftritt, mit ihrem obersten Ende bis unter dasselbe (Textfigur), wodurch der sonst auch oval gestaltete innere Abschnitt des dorsalen Vaguskernes ein höchst charakteristisches Aussehen gewinnt (Textfigur). Diese äusserst kleinen Ganglienzellen dienen, wie wir weiter unten sehen werden, zum 62 B. HALLER [1s Ursprung von Vagusfasern (Fig. 20 ©). Dem äusseren Theile des dorsalen Vaguskernes (Textfigur 0%) lagern hier bereits aufsteigende 'Trigeminusbündel (s) auf. Auch die Lateralstränge des Rückenmarkes gehen innerhalb der Oblongata bezüglich ihrer Gruppirung Veränderungen ein. Im Rückenmark bildet die vom Dorsalstrang bis zu dem Ventralstrang oder dem Vorderstranggrundbündel sich er- streckende weisse Substanz eine ganz einheitliche Masse, und man kann an ihr keine Differenzirung in einzelne Abschnitte erkennen. Nur in der Nähe der Oblongata mit dem ersten Auftreten von Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes differenzirt sich aus dem Lateralstrange die bereits beschriebene laterale aufsteigende Vagus- wurzel. Weiter nach vorn, hinter der Rautengrube, erfolgt nun, und zwar verhält- nissmässig recht plötzlich, die Gruppirung der einzelnen Bündel der Lateralstränge zu von einander getrennten Längsbahnen. Medialwärts scheidet sich jener Theil des Lateralstranges, der im Rückenmarke zwischen Oberhorn und der unteren Hälfte des Lateralstranges gelegen hatte (Fig. 13 /s‘) und sehr breite markhaltige Längsfasern führt, zu einem kompakten Bündel ab (Fig. 14 ill), das wieder aus fünf bis sieben rosetten- förmig an einander gruppirten kleineren Bündeln besteht. Diese Gruppirung wird aber nicht bei allen Individuen der Bachforelle so vollkommen eingehalten, wie ich es dargestellt habe, und vollends weiter nach vorn zu schmelzen die einzelnen Bündel zu einem einheitlichen, durch viele Septen durchzogenen Bündel zusammen (Fig. Lil). Dieses Längsbündel der Oblongata, welches also aus dem oberhalb des Uentral- kanals liegenden Abschnitte des Lateralstranges sich in die Oblongata fortsetzt, möchte ich — ohne hier bereits auf seine weitere Bedeutung mich einzulassen, was weiter unten erfolgen soll, — die innere Lateralbahn nennen. Sie setzt sich somit aus jener Hälfte der Lateralstränge des Rückenmarkes fort, die bei den meisten Knochenfischen sich durch breite markhaltige Längsfasern auszeichnet‘). Der Nach- weis ihres Zusammenhanges mit der inneren Lateralbahn des Rückenmarkes ist ausserdem auch durch die Verfolgung der Markscheidenentwickelung leicht zu er- bringen. Die erste Markscheidenentwickelung tritt im Rückenmark ausser in den beiden Ventralsträngen (Vorderstranggrundbündel Aut.) in diesem dorsalen Theile der Lateral- stränge auf. Innerhalb der Oblongata findet man dann bei gleichalterigen Embryonen die erste Markscheidenentwickelung zuerst auch in den Ventralsträngen und in den äusseren Lateralbahnen auftreten. Auch der untere Theil der übrigen oberen lateralen Hälfte des Lateralstranges gruppirt sich lateralwärts von der inneren Lateralbahn zu mehreren Bündeln, deren Zusammengehörigkeit sich durch ihr engeres Aneinanderschliessen zu erkennen giebt (Fig. 14 all). Ich möchte diese zusammengehörende Bündelgruppe die äussere Lateralbahn der Oblongata nennen. Ihr medialer Theil ist zwar immer kompakt (Fig. 1 all), doch geht ihre laterale Seite ganz allmählich und somit ohne bestimmte + Grenze in das lateralwärts anliegende Gewebe (Figg. 1, 14 pg) über, welches aus 1) S. meine eitirte Rückenmarksarbeit Figg. 3, 8, 9. 19] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. ID durcheinander liegenden Nervenfasern, Nervennetz, Neuroglianetz, Ependymfasern, eingestreuten Längsfasern und noch weiter nach vorn auch aus einzelnen kleinen Ganglienzellen besteht. Dieses Gewebe, das ganz wie die graue Substanz beschaffen ist, zieht lateralwärts nach unten und stösst ventro-median an das der anderen Seite (Fig. 1). In dasselbe lagert ventralwärts ein Längsbündel ein, das ich die ventro- laterale Längsbahn bezeichnen möchte. Sie ist nach keiner Seite scharf begrenzt und geht besonders lateralwärts in das anstossende Gewebe ganz kontinuirlich über. Ihre feinen, zumeist markhaltigen Achsencylinder setzen sich nicht aus dem Lateral- strange, sondern aus dem ventro-lateralen, dem Lateralstrange anstossenden Theil der Ventralstränge des Rückenmarkes in die Oblongata fort. Am besten erhält sich von den Längssträngen des Rückenmarkes bezüglich ihrer früheren Gruppirung in der Oblongata die dorsale Hälfte des Ventralstranges. Die beiden Ventralstränge (synon. Fasciculus longit. post, Haubenbahn, Vorder- stranggrundbündel) werden auch in der Vagusgegend durch die Raphe (Fig. 1, rpA) von einander getrennt und statt der Maurnsxer’schen oder accessorischen Kommissur des Rückenmarkes durchziehen die beiden Stränge zahlreiche Querfaserungen. Die Vorderstranggrundbündel führen auch hier die breitesten markhaltigen Längsfasern. Ihre ventrale Hälfte besteht bereits in der Vagusgegend nicht mehr, sondern ihre Stelle wird von der bereits beschriebenen grauen Substanz eingenommen. Zum Theil sammeln sich die die Vorderstranggrundbündel durchquerenden Bündel, soweit sie rein nervöser Natur sind, stellenweise jederseits zu einem mäch- tigen Bündel, das in der Oblongata zwischen der inneren und äusseren Lateralbahn nach oben zieht und hier theils in die abtretende Vaguswurzel, theils in die dorso- laterale Längsbahn ausstrahlt (Fig. 1, avds). Ich nenne dieses Bündel den äusseren ventro-lateralen Querstrang im Gegensatze zum inneren (ivds), der aus dem Unterhorn kommend, sich, oben angelangt, gleich dem ersten verhält. Sie liessen sich vielleicht mit den medianen und lateralen Schleifenfasern der Säuger vergleichen. Nach dieser Erörterung der topographischen Verhältnisse der Vagusgegend in der Oblongata, welche Erörterung ich des weitern Verständnisses halber für nöthig hielt!). möge auf den Ursprung des Vagus eingegangen werden. Aus dem dor- salen Kern erfolgt der Ursprung der sensorischen Vagusfasern, wesshalb ich diesen Kern auch als den sensorischen bezeichnet habe. Durch den kontinuirlichen Ueber- gang der dorsalen Rückenmarkshälfte in die Oblongata schwindet, wie wir oben ge- sehen haben, das Oberhorn des Rückenmarkes ganz allmählich, was einfach durch eine Auflösung desselben in das anliegende Gewebe erfolgt. An dieser Stelle, d. h. beiläufig etwas hinter der Rautengrube, löst sich auch ein Theil der peri- pherwärts gelegenen Längsfasern der Dorsalstränge allmählich in ein Netzwerk auf, welches den dorsalen Vaguskern gleichmässig durch- 1) Es müssten die Abhandlungen über Gehirnstrukturen besonders niederer Wirbelthiere, wo die Verhält- nisse einfacher sind, stets so gehalten werden, dass durch Vermeidung ungünstiger Benennungen dieselben auch in weiteren Kreisen der Zoologen verständlich werden. Nur auf diese Weise kann man hoffen, dass der Nervenanatomie in Zukunft von den Zoologen der wissenschaftlichen Richtung mehr Interesse entgegengebracht wird. 64 B. HALLER [20 setzt. Hierbei könnte man im Sinne v. KorrLiker’s den Vorgang sich so vorstellen, dass diese sich hier auflösenden Längsfasern bei der T'förmigen Theilung die kopf- wärts ziehenden Theiläste von peripheren oberen Spinalnervenfasern aus den ver- schiedensten Höhen des Rückenmarkes sind. Nur derjenige Theil der Längsfasern des Dorsalstranges durchsetzt den oberen Vaguskern, welcher das Rückenmark, beziehungsweise die dorsalen Spinalnervenwurzeln mit anderen Gehirncentren verbindet. Diese Fasern gruppiren sich in dorso-laterale Längsstränge. Nach vorne zu setzt sich der dorsale Vaguskern ganz kontinuirlich und ohne in seiner Struktur eine Verände- rung zu erleiden, fort. Während aus dem hinteren Theil dieses Oblongataabschnittes die oberen Vaguswurzeln ihren Ursprung nehmen (Fig. 26, Vy), entsteht weiter nach vorne aus seiner Fortsetzung auch die Glossopharyngeus-Wurzel (9). Damit hört er aber noch nicht auf, sondern dient gleich vor der obern Glossopharyngeus-Wurzel noch dem N. facialis (fac) zum Ursprunge. Aus seinem vorderen Ende entsteht der obere innere Ramus ascendens n. trigemini (r, atr, sup), der sich in die dritte Wurzel dieses Nerven (Figg. 26) fortsetzt. Der obere Vaguskern ist somit nach vorne zu nicht scharf begrenzt, son- dern setzt sich ohne Unterbrechung ganz kontinuirlich in den oberen oder sen- sorischen Trigeminuskern fort. So verhält es sich wohl bei den meisten Teleostiern (z. B. bei Anguilla, Salmo, Perca), und nur bei denjenigen Formen unter ihnen, bei denen der obere Vaguskern äusserlich sichtbare, in die Rautengrube vorspringende Verdiekungen bildet, ist der obere Vaguskern auch dem Trigeminuskern gegenüber eben durch das Aufhören dieser Verdiekungen begrenzt. Es giebt nämlich ähn- liche hinter einander lagernde Verdickungen des oberen Vaguskernes, wie sie bei den Selachiern bekannt sind, von den CUyprinoiden ganz abgesehen, auch bei manchen Teleostiern; allerdings sind dieselben bei diesen nicht in der gleichmässigen Grösse vorhanden wie dort. Als Beleg hierfür möchte ich Lota vulgaris anführen. Bei ihr erkennt man gleich hinter dem obern Trigeminuskern eine Verdickung des obern Glossopharyngeus-Kernes, der durch den Abgang dieses Nerven (Fig. 6, 4p) unzweideutig als solcher sich zu erkennen giebt. Dann folgt eine grössere vordere und eine um ein Drittel kleinere, der ersteren fest anliegende, hintere Verdickung des oberen Vaguskernes. Die Verdiekungen beider Seiten sind so mächtig, dass sie sich medianwärts beinahe berühren. Die letzte Wurzel des kräftigen Vagus (vg) besitzt aber auch noch eine kleine, am Ende der Rautengrube gelegene Verdickung ‘ihres oberen Kernes. Die Verdiekungen des oberen Vaguskernes sind zweifellos von Lota eventuell den Gadiden') selbständig erworben worden und sind darum phylo- genetisch gar nicht mit der grossen Verdickung jederseits am obern Vaguskern der Cyprinoiden in Beziehung zu bringen. Bei allen denjenigen Knochenfischen, bei denen solche Verdickungen am 1) BoupzroT (Recherches sur le systeme nerveux des poissons, Paris 1883) giebt hierüber für andere Gadi- den nichts an. Da er aber diese Verhältnisse auch bei Zota vollständig übersehen hat, so ist darauf und auf seine Abbildungen wohl kein Gewicht zu legen. 21] DER UÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN, 65 obern Vaguskern fehlen, geht dieser Kern kontinuirlich in den gleichen Kern des Trigeminus über, wie dies auch aus den Abbildungen Frırscn’s') für Belone sehr deutlich zu ersehen ist. Diesen gemeinsamen Bezirk der obern Wurzelursprünge des Vagus, Acusticus, Facialis und Trigeminus könnte man denn mit einigem Rechte als das sensorische Oblongatagebiet bezeichnen (Fig. 26 fk). Je nach der Länge der Oblongata ist es lang (Anguilla) oder kurz (Salmo). Fs hat überall dieselbe dorsalste Lage in der Oblongata und bildet stets die dorso-laterale Begrenzung der Rauten- grube. An seiner dorso-medianen Seite inserirt das gefässreiche Dach des Nachhirns (Fig. 1). Der dorsale Vaguskern bildet somit den hintersten Abschnitt des sensorischen Oblongatagebietes. Das sensorische Gebiet und mithin auch der obere Vaguskern kann zwar mit GoroxowirtscH als eine Fortsetzung des Oberhornes aufgefasst werden, ohne jedoch dabei zu vergessen, dass sich das Oberhorn hier ganz auflöst und der obere Vaguskern auch eine Stelle in der Oblongata einnimmt (dorso-medianer Theil) an der im Rückenmarke (Fig. 13) der mediale Theil des Dorsalstranges liegt. Innerhalb des dorsalen Vaguskernes liegt, wie ich weiter oben mitgetheilt habe, die dorso-laterale Längsbahn (Fig. I rd, rd’). Dieses starke Längsbündel zieht von dem dorsalen Vaguskern, wo es als solches sich konstruirte, nach vorne zu (Fig. 26, rd), senkt sich dann unter der Facialiswurzel (fac) nach unten und begiebt sich, soweit ich bisher feststellen konnte, nachdem es Fasern in den Acusticus und Trigeminus entsandte, in das Kleinhirn. Dieser-Theil der dorso-lateralen Längs- bahn würde dann eine aufsteigende Kleinhirnbahn vorstellen. Zwischen dem äussern obern Trigeminuskern (n, trg) und dem vorderen Ende des sensorischen Oblongata- gebietes (A) zieht ein ziemlich ansehnliches Längsbündel von vorne nach hinten (rd ch), welches scheinbar als die Fortsetzung der dorso-lateralen Längsbahn sich ausnimmt. Horizontale und sagittale Längsschnittserien von Karmin- und Weicerr’schen Präpa- raten lassen erkennen, dass dieses Längsbündel zu seinem grössten Theil aus dem Hinterhirne stammt und zwar sowohl aus derselben, als auch aus der anderseitigen Hälfte des Hinterhirns. In dieser absteigenden Kleinhirnbahn verlaufen dann auch Fasern der Purkinse’schen Zellen, die zu peripheren Vagusfasern werden oder sich doch mit Vaguscentren verbinden. Es ist aber die absteigende Kleinhirnbahn gewiss nicht ausschliesslich als solche aufzufassen, die nur solche Fasern führen würde, und ohne Zweifel gelangen von derselben auch Fasern in die Kerne des Trigeminus und selbst in dessen Wurzel. Es wäre dabei sehr leicht möglich, dass Fasern aus der- selben auch mit der aufsteigenden Kleinhirn- und Vagusbahn in direkte oder in- direkte Beziehung treten. Aus dem Dorsalkern des Vagus sammeln sich die sensorischen Fasern sowohl bei Anguilla, als auch bei Esow und Salmo entsprechend den beiden hinter einander gelegenen äusseren Vaguswurzeln (Fig. 5, vg) zu zwei hinter einander gelegenen Bün- deln (Fig. 26, Vg), die sich dann noch innerhalb der Oblongata der ventralen Vagus- l) G. FrıTscH, Untersuchungen über den feineren Bau des Fischgehirns. Berlin 1878. Festschrift für Gegenbaur. II. 9 66 B. HALLER [?2 wurzel anschliessend, — doch immer so, dass sie über die Fasern derselben zu liegen kommen, — mit dieser gemeinsam die Oblongata verlassen, um sich dann sofort in das Vagusganglion (Fig. 1, 099) zu begeben. Die oberen dieser Bündel (Fig. 1, a, «‘) beschreiben von innen und unten nach oben, aussen und unten einen schönen Bogen um die dorsale Seite des obern Vaguskernes herum, wobei sie der Neurogliahülle von innen fest anliegen. Diesen Wurzeltheil möchte ich den bogenförmigen nennen. Ein anderer Wurzeltheil, der untere (Fig. 1, c, c'), durchsetzt die dorso- laterale Längsbahn entweder etwas höher (c und 'Textfigur) oder etwas tiefer unten (ec) und gesellt sich dann mehr lateralwärts (Fig. 1 links) oder mehr medianwärts (Fig. 1 rechts) der ventralen Vaguswurzel (d, d’) zu, mit welcher er gemeinsam die Oblon- gata verlässt. Die aus dem oberen Vaguskern entspringenden peripheren Vagusfasern sind sehr fein, und nur selten findet sich unter ihnen auch ein etwas breiterer Nerven- faden vor. Sie unterscheiden sich durch ihre Feinheit von jenen der ventralen Wurzeln, und da sie ausserdem im gemeinsamen Vagusbündel oberhalb derselben liegen, sind sie von jenen auch gut zu unterscheiden. Ein Theil der sensorischen Vagusfasern, gleichviel ob sie durch den bogen- förmigen oder durch den untern Wurzeltheil nach aussen gelangen, hat einen indirck- ten Ursprung, d. h. entspringt aus dem centralen Nervennetz des oberen Vaguskernes (Fig. 19, 22, 22', 22", 22", 22”); doch giebt es auch Fälle, wo sich die Faser aus dem Nervennetz innerhalb der latero-dorsalen Längsbahn') konstruirt (Fig. 19, 28). Fin anderer Theil der Fasern entsteht aus Ganglienzellen. Es sind dies zum Theil jene Zellen, die bereits von RoHon und nachher von GoronowITscH im oberen Vaguskern der Haie und des Störes gesehen und beschrieben wurden. Sie sind ausnahmslos kleine Elemente und besitzen entweder mehrere Fortsätze (Fig. 19, 27’) oder sie erscheinen, wenigstens an Gorcr'schen Präparaten, sogar bipolar (27). Manche unter ihnen dürf- ten aber auch dem zweiten Gorsr'schen Typus angehören’), indem sie keinem peri- pheren Achsencylinder zum Ursprung dienen. Viele der letzteren erscheinen auf Gorsr'schen Präparaten sogar monopolar (25); ob sie es aber auch wirklich sind, dass anzunehmen bietet das bisher über Ganglienzellen Bekannte keinen Anhalte- punkt. Sie lösen ihre Netzfortsätze in das centrale Nervennetz des oberen Vagus- kernes auf. Diejenigen aber unter ihnen, welche auch Achsencylinderfortsätze °) besitzen, senden diese als periphere Fasern mit in die Vaguswurzel (Fig. 22, 27"). Solche Zellen giebt es auch zwischen den Fasern der latero-dorsalen Längsbahn (21) Ein anderer Theil von Fasern entspringt aus den kleinen Elementen (Fig. 20 «) jener Ganglienzellschichte, die unterhalb dem Ependym gelegen (s. Textfigur) und als die dorsale Fortsetzung des mittleren Vaguskernes zu betrachten ist. Somit 1) Wie ich nachgewiesen habe (Morphol. Jahrb. Bd. 23), giebt es auch innerhalb der weissen Substanz ein feines nervöses Netz, das mit jenem viel feineren innerhalb der grauen Substanz innig zusammenhängt. 2) Solche Zellen habe ich schon vor GoLGI bei Wirbellosen nachgewiesen (s. Morphol. Jahrb. Bd. 11.) 3) Die Bezeichnungen ‚Nervenfortsatz‘“‘ und „Protoplasmafortsatz‘“‘ sind, da naturgemäss alle Fortsätze einer Ganglienzelle nur nervöser Natur sein können, unbrauchbar! 23] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 67 wäre also der Nachweis erbracht, dass die sensorischen Fasern aus dem oberen Vaguskern sowohl aus dem Nervennetz, als auch aus Ganglien- zellen direkt entspringen. Auch aus der latero-dorsalen Längsbahn gelang es mir, Fasern zu schwärzen, die sich der dorsalen Vaguswurzel beigesellten (Fig. 20, 20, 2/) und als periphere Vagusfasern die Oblongata verliessen. Es sind dies entweder aus dem Kleinhirne durch die absteigende Kleinhirnbahn bis hierher gelangte Längsfasern oder aufstei- gende Längsfasern, welche aus dem Rückenmark sich nach aufwärts begeben. Ihre Herkunft konnte aber im einzelnen Falle natürlich wegen der Unzulänglichkeit der jetzigen Methoden, Einzelfasern auf grosse Strecken zu verfolgen, nicht festgestellt werden, und so weiss ich es auch nicht anzugeben, ob solche in den Vagusstamm nach aussen biegende Nervenfasern, Längsfaserenden oder blosse Kollateraläste von solchen sind. Sicher erkannt habe ich bloss, dass solche nach aussen biegende Fasern viele Aeste abzweigen liessen, die dann (Fig. 20, 79, 21, 22) in der Nähe der latero- dorsalen Längsbahn sich in dem centralen Nervennetz auflösten. Oft sieht man aber aus den Längsfasern blosse Kollateraläste (Fig. 19, 23, 25° 25°) in der medialen Hälfte des oberen Vaguskernes sich auflösen. Auf längsgeschnittenen Gorsr’'schen Präparaten der latero-dorsalen Längsbahn konnte bloss so viel ermittelt werden, dass zwischen den Längsfasern öfter Verbin- dungen bestehen, wie ich solche besonders in den Ventralsträngen der Knochenfisch e vielfach nachgewiesen habe'), ferner, dass manche stärkere Längsfasern sich in mehrere Aeste theilen, die sich dann als Längsfasern weiter fortsetzen. Die in die dorso- laterale Längsbahn eingestreuten kleinen Ganglienzellen lassen einen oder möglicher Weise auch zwei ihrer Fortsätze zu Längsfasern werden, die nachher sich in ent- gegengesetzter Richtung fortsetzen. Ich brauche kaum zu erwähnen, dass vielfach auch im dorsalen Vaguskern auf die eine oder die andere Weise entstandene peri- phere Fasern, bevor sie in den abgehenden Stamm einbiegen, sich als Längsfasern verhalten. Nach den Gesetzen der allgemeinen Nervenlehre muss eine Verbindung zwischen den beiderseitigen dorsalen Vaguskernen vorausgesetzt werden; da aber die Rautengrube zwischen den beiden Kernen liegt, so ist eine direkte Verbindung nur auf Umwegen möglich. Knapp hinter der Rautengrube befindet sich eine Querfaserung (Fig. 14 9), und diese ist in erster Linie als eine direkte Verbindung zwischen den beiden oberen Vaguskernen zu betrachten. Sie ist allerdings eine recht zarte Kommissur, doch entpricht sie jedenfalls den quergestellten Fasern in der oberen Kommissur des Rückenmarkes. Es müssen aber auch vielfach in dieser Gegend bei der Forelle und anderen 'Teleos- tiern mit nicht koncentrirter Oblongata einzelne Fasern von der einen Markhälfte zur andern ziehen, die dann der Beobachtung insbesondere an Querschnitten, wo sie öfter, da sie ja auch unter spitzem Winkel zur Schnittebene verlaufen können, g* 68 B. HALLER 4 sich entziehen. Ich schliesse dies daraus, weil in der koncentrirten Oblongata des Karpfens, wie wir das weiter unten sehen werden, an dieser Stelle (Fig. 17, Fig. 2 d) viele Querfaserungen zu beobachten sind, welche hauptsächlich dem Vagus angehören. Die hinter der Rautengrube gelegene Kommissur, die unter dem Namen „hintere Kommissur des Nachhirns‘“ bekannt ist, gehört somit dem oberen Vaguskern an, wesshalb sie auch besser die Kommissur des oberen Vaguskernes genannt werden kann. Das Verhalten dieser Kommissur kann man sich wohl so denken, dass eine Längsfaser, die aus dem Nervennetz oder aus einer Ganglienzelle des einen oberen Vaguskernes entspringt, sich auf die anderseitige Oblongatahälfte begiebt, oder dass Längsfasern, die weiter nach vorne entspringen, einen kommissuralen Ast nach hinten entsenden, der sich dann auf die anderseitige Markhälfte begiebt und sich dort im Nervennetz auflöst. Da mir keine direkten Beobachtungen hierüber vorliegen, muss ich mich zur Zeit mit dieser, jedenfalls nach dem Verhalten im Rückenmarke ge- statteten Annahme begnügen. Verbindungen zwischen den beiderseitigen Vaguskernen auf indirektem Wege sind vielfach vorhanden. Abgesehen von dem weiter unten zu beschreibenden Ver- halten gewisser Fortsätze ventralwärts gelegener Ganglienzellen, sind es manche unter den kleineren Ganglienzellen im oberen Vaguskern, die ihre Fortsätze lateralwärts in den lateralen oder ventralen Theil der Oblongata entsenden. In dem abgebildeten Fall (Fig. 20, 75) gab eine solche Zelle viele feinere Aeste ab, die sich im Nervennetz des dorsalen Kernes auflösten; einen langen Fortsatz sandte sie ventralwärts. Da auf dem Präparate sozusagen nur diese Zelle sammt ihren Fortsätzen geschwärzt war, so konnte dieser Fortsatz gut verfolgt werden. Er gab während seines Verlaufs viele Aeste von sich ab und liess sich bis unterhalb der gleichseitigen ventralen Längsbahn (vll) ver- folgen. Da sein Verlauf plötzlich unterbrochen ward, konnte ich sein weiteres Ver- halten nicht ermitteln, in andern Fällen war jedoch der ventralwärts ziehende Fortsatz stets ein Netzfortsatz. Nicht in jedem Falle geräth aber ein solcher Fortsatz so weit ventralwärts, sondern endet bereits in der Gegend der äusseren lateralen Längsbahn. Vielfach begeben sich aus der dorso-lateralen Längsbahn Fasern ventralwärts. Der Weg, den sie wählen, ist entweder der äussere oder der innere ventro-dorsale (uerstrang. Es ist dies ein Befund, der nach dem bisher bekannten nichts Befremdendes an sich hat. Solche Fasern verhalten sich nach meinen Beobachtungen, die aber noch ergänzungsbedürftig sind, in der ventralen Oblongatahälfte auf zwei von ein- ander verschiedene Weisen. Entweder sie lösen sich im Nervennetze des Unter- hornes (Fig. 20, 74, 14") oder unter letzterem (7/4) auf (vergl. damit Fig. 1) oder aber — diesen Fall habe ich zweimal beobachtet — die Faser gelangt durch die Raphe auf die anderseitige Oblongatahälfte (Fig. 20, 25) und wird dort in dem Hinterstranggrundbündel zur Längsfaser. Ob die ventralwärts ziehenden Fortsätze Kollateraläste von Längsfasern der dorso-lateralen Längsbahn vorstellen, werden zu- künftige Untersuchungen zu entscheiden haben. Alle die Fasern, welche aus der dorso-lateralen Längsbahn ventralwärts gelangen, lassen sich entweder als solche, die 25] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 69 aus dem dorsalen Rückenmarkstheile stammen, oder als solche, die ihren Ursprung im Kleinhirne haben, auffassen. Die richtigste Annahme ist aber wohl diejenige, nach welcher ein Theil dieser Fasern aus den dorsalen Hörnern und ein anderer aus dem Kleinhirn stammt. Dort wäre natürlich auch die Möglichkeit nicht aus- geschlossen, dass Längsfasern, die aus ventralen Ganglienzellen entspringen, zum Klein- hirn gelangen. Dies sind jedoch lauter Annahmen, die so einleuchtend sie auch sein mögen, noch des ferneren Beweises bedürfen. Indem ich nun den oberen Vaguskern verlasse, wende ich mich zur Be- schreibung des mittleren Vaguskernes. Von diesem habe ich bereits angegeben, dass er erst hinter der Rautengrube aufhört. Die Strecke vom Ende der Kauten- grube an bis zum hinteren Ende dieses Kernes ist bei verschieienen Teleostiern ungleich lang. Bei der Forelle ist sie z. B. sehr kurz, bei Eso@ jedoch etwa fünf- mal so lang, wesshalb man bei letzteren noch an Stellen den mittleren Vaguskern sehr gut entwickelt findet (Fig. 28), an denen bei Salmo höchstens noch einzelne Zellen auf das Vorhandensein des Kernes hindeuten (Fig. 14). Nach vorne zu hört der mittlere Vaguskern etwas vor dem Abgang der ersten Vagusbündel aus der Oblongata allmählich auf (Fig. 27). Die Achsencylinder aus dem hinteren Abschnitte des Kernes ziehen lateral- wärts und biegen dann nach vorne, wo sie dann in dem Vagusstamm wieder nach aussen biegen; dadurch werden sie für eine kurze Strecke zu Längsfasern. Wie ich schon erwähnt habe und wie es nach den Angaben von Goroxowmnsch für den Stör evident wird, sind die Zellen im mittleren Vaguskerne nicht gleichmässig vertheilt, sondern auf zellenärmere folgen zellenreichere Abschnitte. Bei dem Hechte ist dies gut zu beobachten, doch ist bei der Forelle die Vertheilung eine so gleichmässige geworden, dass man wenigstens in dem mittleren Theil des Kernes jene ungleich- mässige Vertheilung nicht mehr erkennen kann (Fig. 27). Jedenfalls bezieht sich jene ungleiche Vertheilung der Zellen im mittleren Vaguskern auf die Zusammen- setzung desselben aus einer Zahl hinter einander lagernder Kerne oder ebensovieler spinaler Nerven. Aus der Zahl der dichtgestellten Zellhaufen könnte man somit auf die Zahl der Spinalnerven schliessen, aus der der Vagus hervorgegangen ist. An dem koncentrirten Vaguskern der Teleostier ist dies jedoch nicht mehr ermittelbar, und ich bezweifle auch, ob dies bei dem Störe möglich ist, wie dies GoroNowITscH annimmt. Am geeignetsten wären hierzu selbstverständlich die ältesten recenten Haie, die Notidaniden. Es würde sich bei diesen die Zahl jener Nerven mit mehr Sicherheit aus der Zahl der mittleren Vaguskerngruppen ermitteln lassen, als aus der Zahl der abgehenden Vaguswurzeln, an denen höchst wahrscheinlich eine gewisse Verdichtung eingetreten ist.. Die Zahl der oberen Vaguskerne, die sich ja dort auch äusserlich zu erkennen giebt, wäre dann selbstverständlich auch zu berücksichtigen, doch nur nach genauer histologischer Betrachtung, da möglicher Weise dort bereits eine Ver- schmelzung mehrerer ursprünglicher Kerne stellenweise eingetreten sein könnte.') 1) Dies ist u. a. auch darum zu vermuthen, weil bekanntlich die oberen Spinalwurzeln bei den Fischen nicht in so regelmässigen Intervallen abtreten, als die ventralen. 70 B. HALLER [26 Wie bereits weiter oben mitgetheilt ward, lagern die Zellen des mittleren Vaguskernes stellenweise hinter der Rautengrube so fest den Zellen des Unterhornes an (Fig. 28), dass zwischen den beiden Zellgruppen — da hier besonders auch alle Zellformen im mittleren Vaguskern anzutreffen sind — jede Grenze schwindet, und es ist dann nicht mehr möglich, zu entscheiden, welche Zelle dem oberen Vagus- kern und welche dem Unterhorn angehört. Da, wie wir weiter unten sehen werden, aus den Zellen des Unterhornes ein Theil der motorischen Vagusfasern ent- springt — wesshalb wir an weiter nach vorn zu liegender Gegend diese Zellen auch als jene des unteren Vaguskernes ansprechen — und in Anbetracht dieser stellen- weisen Verschmelzung, können wir anstandslos annehmen, dass der mittlere Vaguskern sich aus dem Unterhorn herausdifferenzirt hat und zwar aus jenen Zellen, die am nächsten dem Centralkanal gelegen waren. In einer ähnlichen Gruppirung wie die Zellen des mittleren Vaguskernes hinter der Rautengrube (Fig. 28), trifft man Ganglienzellen um den unteren Theil des Üentral- kanals im Allgemeinen bei den Fischen nicht mehr an, doch habe ich bei der Forelle noch andeutungsweise diese Lagerung von Zellen vorgefunden'). Sie ist aber bei sehr primären Rückenmarken, in denen die weisse Substanz aus der grauen sich noch gar nicht differenzirt hat, und welche wir bei den Plektognathen antreffen, sehr deutlich zu erkennen. Ich beschrieb diese Lagerung sowohl für Orthagoriscus als auch für Tetrodon und nannte jene Zellen dort die innere Zellgruppe des Unter- hornes?). Es hat sich darum der mittlere Vaguskern aus einer solchen Gruppe von ventralen Ganglienzellen des Rückenmarkes differenzirt, die inihrer primären Lagerung nur noch bei den Plektognathen unter den Fischen?) sich erhält, bei den meisten anderen Fischen aber ihre frühere Lage aufgegeben hat. Wie überall wird der mittlere Vaguskern auch bei den Teleostiern zumeist von sehr charakteristischen, gleichschenkelig-dreieckigen Ganglienzellen gebildet, deren kurze Seite gegen die Rautengrube zugekehrt ist (Fig. 1, mA). In vielen Fällen tritt von allen drei Ecken je ein starker Fortsatz ab; doch entspringt der mächtige Achsencylinder') fast immer aus der nach aussen gekehrten Spitze der Zelle. Wie aus Karminpräparaten, die zwar ein unvollkommenes Bild von dem Ver- halten. der Ganglienzellfortsätze geben, dafür aber über die Zahl und Lage der Ganglienzellen guten Aufschluss ertheilen, ersichtlich ist, sammeln sich die Achsen- cylinderfortsätze zu mehreren hinter einander liegenden Bündeln (Fig. 27), denen (Fig. 1,) sich dann von oben die dorsalen Vaguswurzeln und ventralwärts noch andere Achsencylinder beigesellen. Manchmal freilich ziehen viele neben einander 1) 1. c. 2) Morphol. Jahrbuch. Bd. 16. 1890. 3) Bei den Batrachiern ist eine solche Lagerung noch einigermaassen erhalten. 4) Dieser ist hier eben so wenig wie im Rückenmarke der Teleostier ein glatter und feiner Faden. Diese glatte Form des Achseneylinders, wie sie als ziemlich allgemein giltig angenommen wird, ist nicht an allen Stellen des Centralnervensystems der Teleostier zu beobachten, doch tritt sie im Acustiecus und Trigeminuskernen häufig auf. 27] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 71 liegende, doch keine kompakten Bündel bildende Fortsätze auch lateralwärts (Fig. 1, %); doch möchte ich mich auf ihre Erörterung erst weiter unten einlassen. Nicht immer liegen die Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes in jener typischen Weise angeordnet, sondern stellen ihre Längsachse manchmal auch so, dass sie von innen, also von der Rautengrube her nach aussen, gegen das Vagusganglion ge- richtet sind (Fig. 1, vz), und es kommen im mittleren Vaguskerne ausser den ziem- lich grossen, bis 0,25 mm messenden Ganglienzellen auch kleinere von der ver- schiedensten Gestalt vor. Doch sind jene grossen Zellen immerhin vorherrschend und geben das charakteristische Aussehen dem mittleren Vaguskern. Ueber den mittleren Vaguskern zieht das Ependym der Rautengrube hinweg und zwischen letzterem und dem Kerne liegt eine schmale Schichte von eigenthüm- lich aussehendem Gewebe, welches als ein Theil des Meyxerr’schen Höhlengraues bekannt ist. Die beiden mittleren Vaguskerne stossen medianwärts nicht an einander, sondern werden durch eine seichte Rinne oberhalb der Raphe (Fig. I, rph), deren Wände von Ependymzellen gebildet werden, von einander getrennt. Da jeder mitt- lere Vaguskern seiner ganzen Länge nach sich in die Rautengrube etwas verwölbt, so bilden sie jederseits an dem Boden der Rautengrube eine lange, flache Leiste, die durch ihre weissliche Farbe auffällt. Diese beiden Leisten sind unter dem Namen Eminentiae teretes in der Literatur bekannt, und somit ist diese Benennung synonym mit der Bezeichnung mittlerer Vaguskern. Das Ependym der Rautengrube ist nicht überall gleichförmig. In der Rinne zwischen den beiden mittleren Vaguskernen sind die einzelnen Zellen durch ihren mächtigen Fortsatz ausgezeichnet. Diese Fortsätze vereinigen sich auf jeder Seite zu einem ansehnlichen Bündel, welcher dann neben und somit lateralwärts vom Vorder- stranggrundbündel sich ventralwärts begiebt; doch gelangen solche Ependymfasern auch in die Raphe. Bevor ich nun des Weiteren auf das Verhalten der Zellfortsätze im mittleren Vaguskerne eingehen möchte, will ich zuvor die Struktur des Meynerr'schen Höhlen- graues über dem mittleren Vaguskern, wie ich sie besonders auf Osmiumpräparaten kennen lernte, besprechen. Es ist dies als Ergänzung zyr weiteren Beschreibung von Wichtigkeit, denn obgleich ich die Struktur dieser Stelle bereits für Ortha- goriscus geschildert habe, so bieten meine neuen Präparate von andern Teleostiern doch Einiges, was das Verhalten der Ependymzellen hierselbst eingehender kennen lehrt. Meine folgende Beschreibung bezieht sich auf den Hecht, die Forelle und zum Theil auf Barbus und Leueiscus rutilus. Wie ich schon für Orthagoriscus mitgetheilt habe, geben von den meisten Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes viele feinste Fortsätze ab, die entweder zwischen den Ganglienzellen des Kernes in dem sich dort vorfindenden Nervennetz oder im feinen Nervennetz des Mryxerr'schen Höhlengraues auflösen (Fig. 19, 7, 4, #, 5; Fig. 20, 1, 2, 3, 24). Besonders bei Leuciscus sind öfter auch mächtigere Netzfortsätze an manchen Zellen vorhanden, die eine Strecke weit zwischen den übrigen Ganglienzellen des Kernes sich verzweigen, ihre Endäste aber doch schliesslich in das Höhlengrau gelangen lassen, wo sich dieselben in dem 72 B. HALLER [28 Nervennetze auflösen (Fig. 21). Am besten lässt sich freilich das feinere gewebliche Verhalten an gut gebräunten Osmiumschnitten verfolgen, die entweder nur so be- handelt oder auch mit Karmin gefärbt werden. Man erkennt dann bei starker Ver- grösserung (Fig. 3), dass die feinen Fortsätze der Ganglienzellen (92) in einem feinen nervösen Netz (nn), dessen Knotenpunkte kleine Verdickungen aufweisen, auf- hören. Ab und zu sind hier auch dickere, marklose Nervenfäden vorhanden. Ob- gleich, besonders bei schwächeren Vergrösserungen, manchmal auch das Ependym über dem mittleren Vaguskern eine Mehrschichtigkeit vortäuscht, so lässt sich bei starker Vergrösserung doch gut erkennen, dass dieselbe bloss durch die verschieden hohe Lagerung der Zellkerne hervorgerufen wird. Es sind nämlich unter diesen Zellen vielfach auch solche vorhanden, deren Zellkern ganz oben, knapp an der Oberfläche liegt (Fig. 3, v), wobei der Zellleib nach innen zu sofort in eine feine Faser ausläuft. Bei anderen Zellen liegt der Kern sehr tief unten (s), und zwischen diesen Extremen giebt es, wie dieses die Abbildung am besten vergegen- wärtigt, alle Uebergänge. Mögen die Fortsätze der Ependymzellen als lange Fäden (5) den mittleren Vaguskern ganz durchsetzen und in weiter entlegene Theile der Oblongata bis zur neuroglialen Hülle gerathen, oder sich bald nach ihrem Abgange in dem Höhlengrau verästeln, so geben sie doch immer viele Fortsätze ab, die sich mit den Fortsätzen von subependymal gelegenen multipolaren Neurogliazellen (nz), die unter einander vielfach anastomosiren, verbinden. Auf diese Weise entsteht, wie überall im Centralnervensystem, im Höhlengrau ein zierliches Neuroglianetz, an dem sich auch die Fortsätze der Ependymzellen betheiligen. Innerhalb des Höhlengraugewebes findet man zahlreiche feine Blutgefässe (gf), was auf ein feines, dichtes Kapillarnetz schliessen lässt; doch habe ich nie beob- achten können, dass Gefässe den Körper der Ganglienzellen durchsetzen, was bei der Kleinheit der Zellen auch nicht recht anginge'). Des Weiteren möge noch mit- getheilt werden, dass den Ependymzellen die bekannten Flimmerbüschel aufsitzen, die allerdings, wenn ihre Cilien, wie auf der Abbildung dargestellt ist, sich unter einander verkleben, den Eindruck von Stiftchen machen. Es lässt sich jedoch leicht zeigen, dass dies eine blosse Täuschung ist und dass hier kein Stiftchenaufsatz, wie dies neuerdings von v. LENHoss£k von dem Ependym des Centralkanales im Rücken- mark der Säuger behauptet wurde, sondern ein Flimmerüberzug vorliegt. Die Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes besitzen nur höchst selten Ver- bindungsfortsätze. Bei Orthagariscus habe ich zweimal Verbindungen zwischen zwei Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes beobachtet, beschrieben und auch abge- bildet, doch gelang es mir nachher nur ein einziges Mal, und zwar bei dem Hecht, eine solche Anastomose zu beobachten. Es sind somit hier hauptsächlich Achsen- cylinder und Netzfortsätze an den Ganglienzellen vorhanden. Jene Achsencylinder- 1) Ein solches Durchbohrtsein der Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes habe ich bei Orthagoriseus beobachtet |. e.). 29] DER URSPRUNG DER VAGUSGRUFPE BEI DEN TELEOSTIERN. 13 fortsätze, welche als periphere Nervenfasern in den gleichseitigen Vagusstamm ge- langen, sind bereits an Karmin- oder Osmiumpräparaten gut zu erkennen und wurden thatsächlich von Romon bei den Selachiern, von GoronowItscHh bei dem Stör und von mir bei Orthagoriscus beschrieben und abgebildet. Um so mehr muss es befremden, dass van GenucHTEen!) von all dem nichts gesehen hat. Freilich stellt er sich auf den Standpunkt jener Forscher, die allen Segen ausschliesslich von der Gorsr'schen Methode erwarten und alle Befunde ignoriren, die nicht mit dieser Methode gemacht wurden. Wohin ein solches Handeln führt, bezeugt der vorliegende Fall. Allerdings wundert es mich, dass van GEHucHTEN die Achsencylinder mit der Gorsr'schen Methode nicht darzustellen vermochte. Ich will somit da einsetzen, wo ich die Beschreibung von Orthagoriscus abgebrochen habe, und darauf die Dar- stellung der Achsencylinderfortsätze des mittleren Vaguskernes folgen lassen. Viele, doch nicht alle Ganglienzellen senden einen starken Achsencylinderfortsatz in die gleichseitige Vaguswurzel. Dies lässt sich sehr gut auch an Gorcr'schen Prä- paraten von der Forelle feststellen, doch gelang es mir nur zweimal, je eine solche Zelle von Cyprinus zu schwärzen (Fig. Ila, b). Es sind zumeist die dreieckigen Ganglienzellen, die solche Achsencylinder absenden (Fig. 19, 3, 4, #; Fig. 20, 3). Diese gelangen zumeist direkt mit der gemeinsamen Vaguswurzel nach aussen; doch machte ich ausnahmsweise auch den Befund, dass solch ein Achsencylinder (Fig. 19, 35) zuerst in die innere Lateralbahn gelangte und erst von dort wieder nach oben und aussen in die Vaguswurzel derselben Seite bog. Ab und zu habe ich auch wahr- genommen, dass eine Ganglienzelle (Fig. 19, 7; Fig. 11 a) zwei solche Achsencylinder abgab, welche dann beide (Fig. 19, 7", 7") in den gleichseitigen Vagusstamm sich nach aussen bogen’). Auch jenen Fall habe ich beobachtet, wo zwei Ganglienzellen (Fig. 20, 2’, 2) ihre Achsencylinderfortsätze mit einander verschmelzen liessen’), und die so entstandene starke Faser begab sich dann in den gleichseitigen Vagusstamm. Es giebt aber auch solche Ganglienzellen innerhalb des mittleren Vaguskernes (Fig. 20, 7), welche ihre Achsencylinderfortsätze durch die Querfaserungen der Vorder- stranggrundbündel oder oberhalb dieser Bündel (Fig. 20, 26, 26”) auf die anderseitige Oblongatahälfte hinüber senden, wo dann der Achsencylinder in den Vagusstamm ein- tritt. Solche Achsencylinder hat van GEHucHTEN bei Lachsembryonen vielfach darge- stellt, doch blieb ihm ihre Bedeutung unklar. Die Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes geben aber auch solche Achsen- cylinderfortsätze ab, die wenigstens direkt nicht in den Vagusstamm gelangen und viel- fach auch Verbindungen mit Kernen von Kopfnerven oder Rückenmarkscentren dar- stellen dürften. Vielfach ziehen, entweder zwischen den Vorderstranggrundbündeln und 0 Burn 2) Zwei ähnlich gestellte Achsencylinderfortsätze aus einer und derselben Ganglienzelle des mittleren Vagus- kernes habe ich auch bei Orthagoriscus beobachtet, 1. e. 3) Ein solches Verhalten ist von G. WALTER (Mikr. Studien über das Üentralnervensystem wirbelloser Thiere. Bonn, 1863) und von mir (Studien über marine Rhipidoglossen, Il. Morphol. Jahrb. Bd. 18. 1885) beob- achtet worden. Festschrift für Gegenbaur. II. 10 74 B. HALLEr [30 der inneren Längsbahn Fortsätze von Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes bis zu dem Unterhorn und durch diesen bis an die ventrale Peripherie, oder sie um- kreisen die innere Längsbahn und verlaufen zwischen ihr und der äusseren Lateral- bahn ventralwärts (Fig. I, %). Häufig durchsetzen aber solche Fasern beide Längsbahnen von oben nach aussen und unten, um zu ihrem Ziele zu gelangen. Sie legen sich, mögen sie wo immer ihre Bahn bis hierher lenken, an der lateralen Peripherie einem bogenförmigen Bündel an (Fig. 1, vqf). Dieses sehr lockere Bündel, das von der austretenden Vaguswurzel peripherwärts bis an die ventrale Längsfurche der Oblongata (Figg. 1, 20, si) zieht und Nervenfasern des verschiedensten Ursprunges und der verschiedensten Endigung führt, nenne ich die periphere bogen- förmige Querfaserung der Oblongata. Jene eben genannten Nervenfasern aus dem mittleren Vaguskern sind Fortsätze von Ganglienzellen, und zwar sind es ent- weder Achsencylinder oder lange Netzfortsätze. Von diesen Achsencylindern konnte festgestellt werden, dass sie entweder in derselben Oblongatahälfte oder in der ent- gegengesetzten zu Längsfasern der ventralen Längsbahn (Figg. 19, 20 vll) werden. Von denjenigen Achsencylindern, die zwischen innerer und äusserer Längsbahn nach unten gelangen, giebt es sowohl solche, die (Fig. 20, 25, 25’) ventralwärts zu Längs- fasern derselben Oblongatahälfte werden, als auch solche, die erst auf der ander- seitigen Hälfte diese Richtung einschlagen (Fig. 20, 29, 29, 29°; Fig. 19, 2, 2', 2). Manche Achsencylinder aus dem mittleren Vaguskerne vermehren somit die Faserzahl der ventralen Längsbahn derselben Seite, andere wieder jene der anderen Seite. Obgleich ich nicht zu ermitteln vermochte, ob diese Längsfasern aus dem mittleren Vaguskern sich caudalwärts oder nach vorne zu begeben, so ist es in Anbetracht des Umstandes, dass die ventralen Längsbahnen sich erst in der Oblongata aus den ventralen Strängen differenziren, doch wahr- scheinlich, dass sie den jederseitigen mittleren Vaguskern mit weiter nach vorne zu liegenden Centren auf irgend eine Weise verbinden. Es wäre hier noch die Frage zu erwägen, ob es im mittleren Vaguskern auch Ganglienzellen giebt, welche sowohl in den gleichseitigen als auch in den anderseitigen Vagusstamm einen Achsencylinder entsenden. Ich habe dies nie be- obachtet, doch giebt es bei Esox grosse halbmondförmige Zellen (Fig. 22), die sowohl einen Achsencylinderfortsatz in den gleichseitigen Vagusstamm (a) entsenden, als auch eine gleichstarke auf die anderseitige Oblongatahälfte schicken, und an dem eine Endverästelung nicht zu beobachten war. Obgleich ich mit dem Endverhalten solcher Fortsätze nie in's Klare kam. möchte ich doch eher annehmen, dass es sich um einen langen Netzfortsatz als um einen Achsencylinderfortsatz handelt. Die Netzfortsätze der Zellen des mittleren Vaguskernes können sehr kurz oder auch auffallend lang sein. Es giebt hier auch Ganglienzellen, die bloss Netz- fortsätze besitzen, doch gehören dieselben nie der grossen dreieckigen Art an. Es sind meist kleinere Zellen, die lateralwärts im Kerne lagern, welche dem zweiten Gorsr'schen Typus angehören. In dem abgebildeten Fall (Fig. 19, 20) lag eine solche Ganglienzelle sehr weit lateralwärts im Kern und besass zwei Fortsätze. Einer der- 31] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 75 selben verästelte sich theilweise im Vaguskern, theilweise in nächster Nähe desselben; ein anderer, der eine latero-ventrale Richtung einschlug, gab einen feinen Nebenast in die Vaguswurzel ab — doch verästelte sich dieser Fortsatz dort bloss — und ge- langte dann unterhalb der Vaguswurzel, zwischen dieser und den beiden lateralen Längsbahnen, zur Endverästelung. Ein anderer langer Netzfortsatz begab sich dorsal- wärts bis in den inneren Theil des oberen Vaguskernes (oA) und löste sich dort auf. Solche Netzfortsätze, die von Ganglienzellen beider Typen und jeder Form und Grösse abgehend in dem Nervennetz des oberen Vaguskernes ihr Ende finden, sind an den Zellen des mittleren Vaguskernes durchaus häufig. Sie gehen entweder direkt von dem Zellkörper (Fig. 19. 2; Fig. 20, 2, 3) oder erst von dem Achsencylinderfort- satz (Fig. 19, 7; Fig. 20, 25) ab. In manchen Fällen konnte ich einen solchen Netz- fortsatz (Fig. 20, 3) sogar quer durch den dorso-lateralen Längsstrang (rd) hindurch bis in die Gegend des bogenförmigen dorsalen Wurzeltheiles verfolgen, wo er sich in seine Endäste theilte. Andere Netzfortsätze verästeln sich in ventralen Gebieten und zwar entweder in der nächsten Nähe des Kernes selbst (Fig. 19, 4) oder tiefer ventralwärts. Besonders sind es jene langen Netzfortsätze, die vom mittleren Vagus- kern aus in Gemeinschaft mit Ependymfasern die beiden Lateralstränge durchsetzen und vielfach bis in die Gegend der peripheren bogenförmigen Querfaserung gelangen, die sich hierselbst in das Nervennetz auflösen (Fig. 19,2", 5, 5’). Solche Fortsätze können dann auch durch die Unterhörner nach unten gelangen (', 6). Sie geben bis zu ihrer Endverästelung fortwährend Nebenfortsätze in grosser Zahl ab (Fig. 20, 24). Eine Endverästelung kann aber auch in dem Unterhorn erfolgen. Andere lange Netzfortsätze sah ich vielfach von den sich in den Vagusstamm begebenden Achsen- cylindern abzweigen. Solche Aeste (Fig. 19, 7", 7") gelangen dann durch die peri- phere bogenförmige Querfaserung nach unten, wobei sie sich während ihres Verlaufes verästeln. Wird nun auf die beschriebene Weise ein inniger Zusammenhang des mittleren Vaguskernes mit anderen oft sehr entfernt liegenden Theilen der Oblongata herge- stellt, so wird dieser durch die zahlreichen feinen Netzäste der Achsencylinder ein noch innigerer, denn feinste Aeste geben die Achseneylinder durchgehends, ähnlich wie in dem Rückenmarke und wohl überall, ab, die sich dann im anliegenden Nerven- netze auflösen. Ausser den beschriebenen Netzfortsätzen besitzen die Zellen des mittleren Vaguskernes auch solche Fortsätze dieser Art, deren Endverästelung erst in der ander- seitigen Oblongatahälfte erfolgt, ein Verhalten, das ja in dem Rückenmark auch ein gewöhnliches Strukturverhältniss darstellt. Oft sind es kräftige Netzfortsätze, und zwar stets solcher Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes, die einen Achsen- cylinderfortsatz in den gleichseitigen Vagusstamm entsenden (Fig. 19,79; Fig. 20, 36), welche durch das Vorderstranggrundbündel hindurch auf die ander- seitige Oblongatahälfte gelangen. Solche Fortsätze sind entweder achsencylinder- ähnlich (Fig. 19, 33) oder beginnen bald nach ihrem Abgange ihre Verästelung in dem Vorderstranggrundbündel (Fig. 20, 38). Bei dem Karpfen habe ich dann auch 10% 76 B. HALLEr [32 beobachtet, dass oft ein ganzes Büschel solcher Fortsätze (Fig. 7) durch die Vorderstrang- srundbündel sich auf die anderseitige Oblongatahälfte begiebt. Die Verästelung dieser kommissuralen Netzfortsätze erfolgt zumeist in dem Nervennetz der Vorderstrang- grundbündel und im Nervennetz des Vorderhornes der entgegengesetzten Seite. Kom- missurale Netzfortsätze können an jeder beliebigen Stelle den oberen Vorderstrang- grundbündeltheil durchsetzen und auch ganz oben, unter der medianen Längsrinne der Rautengrube (Fig. 19, 33) ihren Weg nehmen. Ab und zu ziehen manche Netzfortsätze in der Raphe nach unten, um sich dann der anderen Oblongatahälfte zuzuwenden (Fig. 19, 73). Ferner habe ich noch gefunden, dass solche kommissu- rale Netzfortsätze des mittleren Vaguskernes auch hinter der Rautengrube zwischen der Kommissur des oberen Vaguskernes und dem Centralkanal auf die anderseitige Oblongatahälfte gelangen, und es ist anzunehmen, dass darin eine direkte Verbindung zwischen den beiden mittleren Vaguskernen vorliegt. Ich besitze ein Präparat von dem Karpfen, wo unterhalb einer gut geschwärzten Kommissurfaser des oberen Kernes (Fig. 2 d) zwei Ganglienzellen des mittleren Vaguskernes (a, b) und zwar je eine aus jedem Kern, mit ihren Fortsätzen gut geschwärzt sind. Während die untere dieser Zellen (a) auf die gleichseitige Oblongatahälfte einen Achsencylinderfortsatz entsendet (a), der einen Netzast besitzt, giebt die Zelle einen büschelförmig sich verästelnden Fortsatz in die anderseitige Oblongatahälfte ab. Die obere Zelle besitzt keinen Achseneylinderfortsatz, doch ausser seinem anderen Fortsatz auch einen deutlichen kommissuralen Netzfortsatz. Der feineren Netzfortsätze, die sich in dem mittleren Vaguskern oder in dem Höhlengrau verästeln, wurde schon gedacht, und so erübrigt es, noch den unteren Vaguskern und andere Theile, von denen der Vagus noch Fasern bezieht, zu be- sprechen. Als unteren Vaguskern bezeichne ich die direkte Fortsetzung des Unter- hornes in der Gegend des Vagusabganges (Figg. 1, 19, 20 u). Weiter hinten entspringt aus der Fortsetzung des Unterhornes der Postvagalnerv, auf dessen Ursprung weiter unten eingegangen werden soll, doch findet eine Unterbrechung zwischen dem Kern dieses Nerven und dem unteren Vaguskerne innerhalb der Zellsäule nicht statt. Bereits GoroxowırscH hat Achsencylinderfortsätze aus dieser Zellsäule in den Vagus- stamm treten sehen und spricht auch schon von seinem unteren Vaguskern. 'That- sächlich sieht man auch bei der Forelle und dem Hecht schon an Karminpräparaten aus dem unteren Vaguskern ein starkes Bündel von Achsencylindern zwischen dem oberen T'heil des Vorderstranggrundbündels und der inneren Lateralbahn nach oben ziehen (Fig. 1 rechts) und sich der mittleren Vaguswurzel beigesellen. An anderen Stellen oder selbst an der anderen Seite desselben Querschnittes (Fig. 1 links) ziehen solche Fasern in demselben Bündel, das ich weiter oben den inneren ventro-dorsalen Querstrang (ivds) nannte, nach oben bis in den oberen Vaguskern. Was die Ganglienzellen des unteren Vaguskernes betrifft, so sind dieselben weder der Form noch der Grösse nach von denen des Unterhornes verschieden. Ver- glichen mit dem mittleren Vaguskern, lässt sich der Satz formuliren, dass im unteren 33] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN ÜELEOSTIERN. 77 Vaguskern sehr grosse und sehr kleine Ganglienzellen vorkommen und dass beide an Grösse beziehungsweise an Kleinheit ihres Körperumfanges die Ganglienzellen im mittleren Vaguskerne übertreffen, und somit ist die Differenz der Grösse der Ganglienzellenim unteren Vaguskern bedeutend grösser als im mittleren Vaguskern. Auch kommen im unteren Vaguskern die für den mittleren Vaguskern so charakteristischen Dreieckszellen nicht vor. Die Zellen des unteren Vaguskernes dienen nicht bloss zur Vermehrung der peripheren Vagusfasern, sondern auch zur Vermehrung der Längsfasern der Vorderstranggrundbündel, der der inneren und äusseren Längsbahnen und der eingestreuten Längsfasern zwischen diesen Bahnen. Es sind somit auch Ganglienzellen im unteren Vaguskern vorhanden, die mit dem Vagus direkt wenigstens nichts zu schaffen haben und sich so verhalten, wie die Ganglienzellen in den Unterhörnern. Ich will zuerst diese Ganglienzellen, beziehungs- weise das Verhalten ihrer Fortsätse hier aufführen. Man beobachtet hier vielfach Ganglienzellen, die ihren Achsencylinderfortsatz entweder in das Vorderstrangbündel derselben Seite (Fig. 19, /7) oder in die innere (Fig. 20, 4, #) oder äussere (Fig.19, 27; Fig. 20, 6) Lateralbahn entsenden, wo dieselben zu markhaltigen Längsfasern werden. Es fehlt aber auch an solchen Ganglienzellen nicht, die mit ihrem Achsencylinder- fortsatz die Zahl der Längsfasern in der ventralen Längsbahn derselben Seite ver- ‚mehren (Fig. 19, 29). Andererseits giebt es aber auch solche Ganglienzellen, die ihren Achsencylinderfortsatz an solchen Stellen zu Längsfasern werden lassen, welche zwischen diesen Bahnen gelegen sind. Oft habe ich besonders solche Zellen be- obachtet, deren Achsencylinderfortsätze zu Längsfasern wurden, die ihre Lage zwischen dem unteren Ende, der inneren und äusseren Lateralbahn und dem oberen Rande der ventralen Längsbahn in der aus grauer Substanz bestehenden Stelle inne hatten (Fig. 19, 26, 26°; Fig. 20, 37). Dabei ist es bemerkenswerth, dass es auch öfter vor- kommt — wie ich dies für das Rückenmark der Knochenfische auch beschrieben habe —, dass der Achsencylinder sich in zwei Aeste theilt, die dann beide zu längs- gestellten Achsencylindern werden (Fig. 19, /7), oder dass der Achsencylinder mehrere kollaterale Achsencylinderäste abgiebt, welche, sich dann nach vorn oder hinten (caudalwärts) wendend, gleichfalls zu Längsfasern werden (Fig. 20, 57). Wie aus den Abbildungen deutlich hervorgeht, können die aufgeführten Ganglienzellen an jeder beliebigen Stelle des unteren Vaguskernes liegen. Gewiss ist es ferner, dass, ganz ähnlich wie in dem Rückenmark, auch Ganglienzellen der einen Oblongatahälfte in die andere Hälfte Achsencylinderfortsätze entsenden, denn ab- gesehen von einzelnen auf dem Präparate nicht im Zusammenhange mit ihren Ganglien- zellen stehenden Fasern, die durch die Querfaserung im Vorderstranggrundbündel auf die anderseitige Oblongatahälfte gelangen, sah ich einmal auch eine Ganglienzelle in der unteren Hälfte des rechten unteren Vaguskernes (Fig. 20, 5), die ihren Achsencylinder- fortsatz unterhalb der Vorderstranggrundbündel auf die anderseitige Oblongatahälfte sandte, wo dann dieserinnerhalb der ventralen Längsbahn (vl!) die Längsrichtung einschlug. Bezüglich des Verhaltens zum Nervennetz brauche ich kaum zu versichern, dass auch hier alle Achsencylinder zahlreiche feine Aeste abgeben, die längs des 78 B. HALLER [34 Achsencylinderverlaufes sich in das anliegende Nervennetz auflösen. Die längeren Netzfortsätze, welche direkt aus den Ganglienzellen entstammen, können sich in den verschiedensten Gegenden der ventralen Oblongatahälfte auflösen, und es giebt unter ihnen sogar solche (Fig. 20, 73; Fig. 19, 37), die bis unterhalb der gleichseitigen Vaguswurzel sich hinziehen, um sich erst dort zu verästeln. Andere verzweigen sich in dem Vorderstranggrundbündel derselben Seite (Fig. 19, 26), in dem unteren Vagus- kern (Fig. 19, 26’, 37) oder gelangen in entferntere periphere Theile der ventralen Oblongata (Fig. 19, 75, 16, 17, 18, 19). Unter den Nervenfortsätzen, die an letzt- genannter Stelle ihr Ende finden, befinden sich vielfach mächtige Fortsätze grösster Ganglienzellen (Fig. 20, #' 6). Viele Netzfortsätze verästeln sich aber erst auf der anderseitigen Oblongata- hälfte, und es bewahrheitet sich auch hier vielfach der Satz, dass Ganglienzellen, welche einen Achsencylinder an dieselbe Oblongatahälfte abgeben, oft auch mit dem Nervennetz der anderseitigen Oblongatahälfte durch einen Netzfortsatz sich ver- binden. Besonders oft habe ich dies in der ventralen unteren Oblongatakommissur (Figg. 1,19, 20 c) beobachtet. Da ziehen ausser vielen anderen Nervenfasern lange Netzfortsätze jener Ganglienzellen (Fig. 20, 6) auf die andere Seite hinüber und ver- ästeln sich dort im unteren Vaguskern oder doch in dessen nächster Nähe. Unter den Ganglienzellen des unteren Vaguskernes giebt es auch solche vom zweiten Gorsr'schen Typus’), d. h. Ganglienzellen die bloss Netzfortsätze aussenden; sie gehören zu den kleineren. Vielfach senden diese ihre Fortsätze auch in ausser- halb des Vaguskernes gelegene Theile derselben, oder einzelne ihrer Forsätze auch in die jenseitige Oblongatahälfte (Fig. 19, /6, /7). Aber auch an solchen fehlt es unter diesen Zellen nicht, die, ähnlich wie in dem Rückenmarke, ihre Fortsätze in die Raphe gelangen lassen und dieselben entweder in den Vorderstranggrundbündeln (Fig. 20,39) oder in dem anderseitigen unteren Vaguskerne enden lassen (Fig. 20, 70). Den Befund, dass auch innerhalb der Vorderstranggrundbündel kleine Ganglienzellen liegen, habe ich schon bei Orthagoriscus gemacht; ich kann dieselben hier bestätigen (Fig. 19, 74; Fig. 20, 9). Sie können unter Umständen auch einen Achsencylinder- fortsatz aufweisen. Es soll nun zur Beschreibung derjenigen Ganglienzellen geschritten werden, welche die Achsencylinderfortsätze in den Vagusstamm entsenden. Wenn auch zumeist die grossen mittelständigen Ganglienzellen Achsencylinderfortsätze in den Vagusstamm schicken, so entspringen solche Fortsätze auch aus Ganglienzellen jeder Grösse und aus jedem beliebigen 'T'heil des unteren Vaguskernes. Auch bezüglich der Gestalt giebt es keinen Unterschied zwischen diesen Zellen und den übrigen Ganglienzellen des unteren Vaguskerns. Der einzige Unterschied bestände unter ihnen, falls mein negativer Befund sich bewahrheiten sollte, bloss darin, dass die Vaguszellen immer nur einen Achsencylinder besitzen, der sich nie in zwei Achsencylinder theilt; wenig- 1) Ich rechne alle jene Ganglienzellen, die ihre Fortsätze innerhalb des Centralnervensystems auflösen, aus leicht begreiflichen Gründen zum zweiten Typus. 35] DER URSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 79 stens habe ich so etwas nie beobachtet. Die Achsencylinder gelangen auf zwei verschiedenen Wegen in den gleichseitigen Vagusstamm. Viele halten den Weg durch den innern ventro-dorsalen Querstrang ein (Fig. 19, $, 9; Fig. 20, 36), andere gelan- gen durch den äusseren ventro-dorsalen Querstrang (Fig. 20, 75) in den Vagusstamm. Oft können selbst an demselben Präparat zwei dicht an einander verlaufende Achsen- cylinder geschwärzt sein, wie in dem abgebildeten Falle (Fig. 19, $), wo der Breiten- unterschied zwischen den beiden Achsengliederfortsätzen ein grosser und auch die Grössendifferenz zwischen den beiden Ganglienzellen ($, 9) eine erhebliche war. Doch kann manchmal selbst eine sehr grosse Ganglienzelle (Fig. 20, 36) einen feineren Achsencylinderfortsatz entsenden, der bezüglich seiner Breite zu den allerschmälsten in der motorischen Vaguswurzel zählt. An diesen Vaguszellen habe ich gleichfalls mehrere Male beobachtet, dass sie einen ihrer längsten Netzfortsätze auf die ander- seitige Vagushälfte entsandten (Fig. 19, &, 8", 15; Fig. 20, 36) und der dort dann angelangt, sich im Nervennetz auflöste. Wenngleich die meisten dieser Netzfort- sätze durch die ventrale untere Oblongata-Kommissur hinüber gelangen, so bildet letztere doch nicht den einzigen für sie vorgeschriebenen Weg, sondern es können solche Fortsätze auch durch die Querfaserung der Vorderstranggrundbündel auf die andere Seite sich begeben. Es giebt unter diesen Ganglienzellen eine grosse Zahl, welche ihren Achsencylinderfortsatz in den anderseitigen Vagusstamm schicken, wo- bei auch diese Fortsätze verschiedene Wege einhalten können, um in den betreffen- den Vagusstamm zu gelangen. Manche unter ihnen begeben sich, indem sie die (Querfaserung der Vorderstranggrundbündel auf irgend eine Weise durchsetzen, in den inneren ventro-dorsalen Querstrang der anderen Seite (Fig. 19, /2; Fig. 20, 17, 17), andere (Fig. 19, 7) passiren die ventrale Oblongata-Kommissur und gelangen nachher durch den äusseren ventro-dorsalen Querstrang (7”) in den anderseitigen Vagus- stamm. Sämmtliche Achsencylinder geben auf beiden Oblongatahälften Netzästchen ab. Alle Netzfortsätze solcher Zellen, die ihren Achsencylinderfortsatz in den ander- seitigen Vagusstamm entsenden, bleiben auf derselben Seite, auf welcher die Zelle liegt. Vielfach habe ich aber beobachtet, dass solche Ganglienzellen (Fig. 19, 7) einen ihrer Netzfortsätze durch den inneren ventro-dorsalen Querstrang dorsalwärts sandten, wobei dann dieser Fortsatz in die Gegend des mittleren und oberen Vaguskernes ge- langte (7, 7) und sich dort verästelte. Zu einem ansehnlichen Theil besteht der innere ventro-dorsale Querstrang aus solchen Netzfortsätzen. Ich habe freilich nicht feststellen können, ob auch andere Ganglienzellen solche Netzfortsätze entsenden; doch habe ich in einem Falle einen Netzfortsatz gesehen, dessen (Fig. 20, 5") Zusammenhang mit der Ganglienzelle nicht geschwärzt war, der weit bis hinauf in den dorsalen Vaguskern sich begab. Neben ihm lag auch eine kleine Ganglienzelle (5), deren Bedeutung wegen ungenügender Schwärzung ihrer Fortsätze mir jedoch unklar blieb, und die ebenfalls einen solchen Netzfortsatz in das Nervennetz des dorsalen Vaguskernes entsandte. Es bleibt ferner die Frage offen, ob nicht möglicher Weise auch Kreuzungsfasern, also aus dem entgegengesetzten unteren Vaguskern in den dorsalen Vaguskern gelangen. Ausser jenen Achsencylinderfortsätzen, deren Ursprung ermittelt werden konnte, so B. HALLER [36 gelangen noch zahlreiche Achsencylinder in die Vagusstämme, welche aus’ Längs- bündeln stammen und deren Ursprungsstelle mir daher zur Zeit unbekannt ist. Es sind dies Fasern, welche aus dem Vorderstranggrundbündel, sowie aus den Lateral- bahnen stammen. Aus dem Vorderstrangbündel erhält der Vagusstamm eine grosse /ahl von peripheren Achsencylindern. Die längsverlaufenden Fasern des Vorder- stranggrundbündels — die ich nach meinen Mittheilungen über das Rückenmark der Teleostier nicht eingehender zu schildern brauche — geben eine grosse Zahl von Netzfortsätzen ab, die theilweise im Nervennetz des Bündels derselben oder der ent- gegengesetzten Seite, theilweise in den Vorderhörnern sich auflösen (Fig. 19, 30); andere von ihnen gelangen in der Raphe ventralwärts und verästeln sich erst ober- halb der ventralen unteren Oblongata-Kommissur (Fig. 19, 24, 24, 24). Auch an kleinen Ganglienzellen (Fig. 20, 9, 10; Fig. 19, 7/4) fehlt es, wie dies schon erwähnt wurde, innerhalb des Vorderstranggrundbündels nicht, und somit be- stehen hier in jeder Beziehung dieselben Strukturverhältnisse wie in dem Rückenmark. Die Achsencylinder, welche aus dem Vorderstranggrundbündel in den Vagusstamm gelangen, sind vorwiegend, wenn nicht ausschliesslich, gekreuzte Fasern; es ist mir wenigstens, einen einzigen aber auch zweifelhaften Fall abgerechnet, nie eine Faser begegnet, welche aus der gleichseitigen Vorderstranggrundbündel-Hälfte in den Vagus- stamm gelangt wäre. Wie weit aber dieser einzige Fall für eine solche Möglichkeit sprechen könnte, möge nach der Schilderung der Leser selbst beurtheilen. Es war das (Fig. 20, /2) eine breitere Nervenfaser, die aus der linken Vorderstrangbündel- Hälfte nach oben bog und bis in den mittleren Vaguskern gelangte. Hier hörte sie plötzlich auf, d. h. war nicht weiter geschwärzt worden. Obgleich nun diese Faser unten mit einem längsgestellten Achsencylinder zusammenhängt, so könnte derselbe möglicher Weise doch den Fortsatz einer Ganglienzelle im mittleren Vagus- kern vorstellen, der sich mit einem Achsencylinder des gleichseitigen Vorderstrang- srundbündels verband. Solch ein Fall dürfte nach dem von mir im Rückenmark beschriebenen Strukturverhalten nicht überraschen. Die gekreuzten Fasern aus den Vorderstranggrundbündeln lassen sich oft und deutlich zur Darstellung bringen. Sie (Fig. 20, 77, 17‘, 11‘, 11") gelangen durch die Querfaserungen des V orderstranggrundbündels auf die anderseitigeOblongatahälfte und ziehen.in dem inneren ventro-dorsalen Querstrang nach oben, sich hier in das Vagus- bündel mengend. Einen anderen Weg schlagen diese Fasern, um in die Vaguswurzel zu gelangen, nicht ein; wenigstens konnte ich etwas Aehnliches nie beobachten, denn diejenigen gekreuzten Fasern, welche durch den äusseren ventro-dorsalen Querstrang nach oben gelangen (Fig. 20, 25), sind solche Achsencylinder, die das Vorderstranggrund- bündel mit der dorso-lateralen Längsbahn verbinden und entweder Fasern Kleinhirn- ursprunges sind, oder Verbindungen zwischen Rückenmarkscentren und anderen Hirn- centren darstellen. Die Vagusfasern aus dem Vorderstranggrundbündel gehören zu der breiten Art und geben gleich anderen Achsencylindern viele Netzästchen ab. Ueber ihren Ursprung kann kein Zweifel bestehen, sie sind Längsfasern, welche lange Bahnen darstellen und aus den verschiedensten Theilen des RKücken- 37] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. s1 marke6s, in dessen Unterhörnern aus Ganglienzellen entspringen; man könnte sie daher als ventrale Vagusbahnfasern des Rückenmarkes bezeichnen. Aehnliche Längsbahnen sind es, die wohl alle Kopfnerven mit Rückenmarks- centren verbinden. Andere motorische Längsfasern gelangen aus den inneren und äusseren Längs- bahnen, und zwar stets derselben Seite in den Vagusstamm. Die Annahme, dass solche Fasern nur aus derselben Rückenmarkshälfte in den Vagus gelangen, scheint mir höchst wahrscheinlich, denn es gelang mir nie, eine Kreuzung hinter der Rautengrube von solchen Fasern zu beobachten (Fig. 27), was jedoch, da es sich ja, wie ich nach- gewiesen habe‘), in den lateralen Längssträngen des Rückenmarkes — aus denen die lateralen Längsbahnen der Oblongata sich differenziren — um kurze Bahnen handelt, anders nicht denkbar wäre. Es müsste denn sein, dass der Austausch solcher Fasern zu Beginn des Rückenmarkes durch die Maurnxerssche Kommissur erfolgte. Man könnte aber in Anbetracht der negativen Befunde eher denken, dass die gekreuzten Fasern aus ventralen, also motorischen Centren des Rückenmarkes, durch die Vorderstranggrundbündel, die unge- kreuzten durch die lateralen Längsbahnen in den Vagus gelangen. Zu- künftige Untersuchungen haben hierüber zu entscheiden. Die Vaguslängsfasern aus der inneren lateralen Längsbahn habe ich auf Wergerr’schen Präparaten öfter zur Darstellung gebracht (Fig. 27, ll). Es ist in der Längsmitte der Vagusgegend, wo diese Fasern, denen sich auch gekreuzte Fasern (c, v) aus dem mittleren Vaguskern beigesellen, in Form eines ansehnlichen Bün- dels (v) in den Vagusstamm gelangen. Aber auch an Karminpräparaten ist dies zu beobachten (v‘). Dabei ist es auch sicher, dass diese Fasern bei der Forelle in meh- rere hinter einander liegende Bündel vertheilt sind und sich auf die Weise in den Vagusstamm begeben. Der übrige Theil der lateralen Längsbahn setzt sich dann weiter nach vorne fort, wo er u. A. dann aus sich die aufsteigenden Trigeminus- wurzeln abgiebt (Fig. 27, r, asc, V'). Die Vagusfasern aus den lateralen Längsbahnen lassen sich auch auf quer- geschnittenen Gorsrschen Präparaten darstellen, und ich habe mehrfach Gelegenheit gehabt, solche Fasern sowohl aus der inneren (Fig. 20, 22), als auch aus der äusseren lateralen Längsbahn (35) in den Vagusstamm gelangen zu sehen. Besonders gut lassen sich jene aus der äusseren Längsbahn erkennen, da oft bis sieben solcher Vagusfasern geschwärzt werden. Es ist immer die obere Hälfte der äusseren late- ralen Längsbahn, welche diese Fasern führt. Dieses Verhalten lässt sich übrigens auch auf längsgeschnittenen Karminpräparaten zur Darstellung bringen (Fig. 27, w). Bevor ich zur Zusammenfassung der Resultate über den Vagusursprung schreite, um dann die Verhältnisse im spinalen Vagusganglion kurz zu besprechen, will ich zuvor noch die Struktur einzelner anderer Oblongatatheile in der Vagusgegend erledigen. Es wurde bereits mitgetheilt, dass jene Stelle, wo der lateralste Theil der 1) Morphol. Jahrb. Bd. 23. 1895. Festschrift für Gegenbaur. I. 11 Ss2 B. HALLER [38 Lateralstränge im Rückenmarke lag, in der Oblongata der Vagusgegend von’ grauer Substanz eingenommen wird (Fig. 1, pg), und dass innerhalb dieses Gewebes auch längsgestelle, markhaltige Fasern vorkommen. Dieses graue Gewebe zieht sich dann ventralwärts bis zum Sulcus longitudinalis inferior (si), wo es an das der andern Seite anstösst. Die Stelle, wo dies geschieht, wird von divergirenden Epen- dymfasern durchsetzt, die durch die Raphe (rph) aus dem Ependym der Rautengrube hierher gelangen und sich einzeln an der Neurogliahülle befestigen. Auch habe ich mitgetheilt, dass lateralwärts die eben besprochene, graue Substanz durch ein von oben nach unten und medianwärts ziehendes, diffuses Bündel von Nervenfasern durchzogen wird, das ich die dorso-ventrale Querfaserung oder Querstrang (Fig. 1, vgf) nannte. Die Fasern dieser Stränge kreuzen sich medianwärts, wodurch die untere Hälfte der unteren ventralen Oblongata-Kommissur (Figg. 1,19, 20,c) zu Stande kommt. Doch entsteht diese Kommissur nicht ausschliesslich durch die Kreuzung der Fasern der dorso-lateralen Querstränge, sondern es nehmen an ihrer Bildung auch kommissurale Achsencylinder und kommissurale Netzfortsätze aus dem unteren Vaguskern Theil. Obgleich stellenweise diese beiden Abschnitte der Kommissur (Figg. 19, 20, c, ec‘) von einander durch graue Substanz getrennt sind (Fig. 1), giebt es doch auch ebenso viele Stellen, an denen die Trennung des oberen Theiles vom unteren unmöglich ist, und wo dann nur eine einheitliche Kommissur existirt. Darum lässt es sich aber nicht bestreiten, dass die obere Hälfte (c) der Kommissur den beiden unteren Vaguskernen angehört, während die untere zum grössten Theil durch Kreuzungsfasern der dorso- ventralen Querstränge dargestellt wird. Die speciellen Ursprungsgebiete dieser Querfaserung brauche ich hier, da sie weiter oben angegeben wurden, nicht mehr zu erörtern und nur zwei Gruppen von Ganglienzellen, von denen wenigstens eine mit ihr in irgend einer Beziehung steht, mögen noch besprochen werden. Die eine Gruppe ist diffus und wird von sporadisch lateralwärts von dem unteren Vaguskern und der äusseren Lateralbahn in die graue Substanz eingestreuten, kleinen Ganglienzellen ge- bildet (Fig. I, m, m). Einzelne von diesen Zellen gelangen weit hinauf bis in die Vaguswurzel (Fig. 1), andere gerathen ventralwärts ganz nahe an den unteren Vagus- kern (Fig. 1, rechts). Diese Ganglienzellgruppe ist ohne allen Zweifel durch die Gruppirung von kleinen Ganglienzellen aus den Lateral- strängen des Rückenmarkes, die ich andernorts ausführlichst be- schrieben habe, und nicht aus Zellen des unteren Kernes heryor- gegangen. Gegen die letztere Annahme würde nicht nur ihre Kleinheit, sondern auch ihre zeitige Lagerung sprechen. An Gorsr'schen Präparaten konnte ich über diese Zellen nicht viel ermitteln, da ihre Fortsätze sich nur auf kurze Strecken schwärzen. Mehrere Male habe ich aber beobachtet (Fig. 19, «; Fig. 20, 76), dass sie einen langen Netzfortsatz bis in den dorsalen Vaguskern sandten, wo sich der- selbe dann im Nervennetz verästelt. Andere kürzere Netzfortsätze verästeln sich an Ort und Stelle. Vielfach waren aber zwei oppositipole stärkere Fortsätze von anderen wenigen und schwächeren zu unterscheiden; der obere zog nach oben, der untere nach unten ae a 39] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. S3 in den dorso-ventralen Querstrang (Fig. 20, 7, 7). Der obere Fortsatz möchte wohl in den dorsalen Vaguskern gelangen, was jedoch mit dem unteren geschieht, konnte ich, da derselbe nie auf längere Strecke geschwärzt ward, nie feststellen. Wie Längsschnitte aber lehren, geben diese Zellen auch nach vorne zu gerichtete, längere Aeste ab. Ihre wahre Bedeutung bleibt somit unklar, doch glaube ich immerhin, dass es sich hier um Ganglienzellen handelt, die eine Vermittelung mit nach vorne zu gelegenen Centren besorgen. Eine untere, viel kompaktere Zellgruppe liegt medianwärts in der Oblongata, lateralwärts von dem Sulcus longitudinalis inferior, dicht an der Neurogliahülle (Fig. 1, n, #). Ihre Genese ist wohl dieselbe wie die der oberen Gruppe, mit dem Unterschiede jedoch, dass Ganglienzellen aus den ventralen Strängen zur Verwen- dung gelangen. Diese Zellgruppe jederseits ist, wie ich es in einer späteren Arbeit zeigen werde, der hintere Trochleariskern. Er dient jederseits einem Längsbündel zum Ursprung, das, an gleicher Stelle wie hinten der hintere Trochleariskern gelegen, die ganze Oblongata durchzieht und bei dem vordern Trochleariskern zu diesem sich nach oben begiebt. Ich habe dieses Bündelpaar auch bei Orthagoriscus gesehen und gezeichnet, doch blieb mir damals seine Bedeutung unbekannt'). Hier mögen nun noch einmal die Ergebnisse über den Vagusursprung über- sichtlich zusammengestellt werden, was am besten an der Hand einer schematischen Abbildung (Fig. 29) geschieht, auf welcher mit Roth die Ventralstränge, beziehungs- weise ihre Fortsetzung, die Vorderstranggrundbündel, mit Blau die Lateralstränge und ihre Fortsetzung, die lateralen Längsbahnen, und mit Gelb die Dorsalstränge dar- gestellt werden. Der Vagus bezieht: 1. Fasern aus dem Hinterhirn derselben (ec) und aus der entgegengesetzten Seite (f). 2. Fasern aus unbekannten Centren des Gehirns (9), welche wohl durch die lateralen Längsbahnen, zum Theil aber auch den Vorderstranggrundbündel ihren Ver- lauf zum Vagus nehmen. 3. Fasern aus dem oberen Vaguskern sowohl direkten als auch indirekten Ursprunges (aus kleinen Ganglienzellen und aus dem Nervennetze). Diese Fasern können sowohl aus dem gleichseitigen (d’, ec‘), als auch aus dem anderseitigen Kern entstammen (a‘, b). Da anzunehmen ist, dass die Fasern indirekten Ursprunges sich zum grössten Theil dichotomisch theilen und ihre beiden Aeste weit nach oben, beziehungsweise unten reichen, so ist von dem unteren Aste vorauszusetzen, dass er unter Umständen weit hinunter in das Rückenmark gelangt, und dass solche Ast- fasern sich an bestimmten Stellen des Dorsalstranges gruppiren, wie dies thatsächlich zur Beobachtung gelangt (aufsteigende dorsale Vaguswurzel). 1) Ich möchte bis auf Weiteres die Verhältnisse der Vagusgegend, wie ich sie bei Orthagoriscus beschrie- ben. nicht mit denen der hier untersuchten Fische vergleichen, da bei Orthagoriscus in der Oblongata eine gewisse Koncentration sich eingestellt hat, und auf diese Weise Theile in die Vagusgegend gelangten, die bei anderen Teleostiern weiter vorn liegen. In einem späteren Aufsatze will ich jedoch den Vergleich durehführen. 11* S4 B. HALLER [40 4. Fasern aus den Ganglienzellen des gleichseitigen (a) und des anderseitigen (db) mittleren Vaguskernes. 5. Fasern aus dem unteren Vaguskern sowohl derselben (d) als auch aus der entgegengesetzten Seite (c). Da nun auch gekreuzte Längsfasern aus den Vorder- stranggrundbündeln in den Vagus gelangen, diese aber soweit sie aufsteigender Art sind, nur aus den Ganglienzellen der Unterhörner entspringen, so ist nur die An- “nahme zulässig, dass sie aus solchen Zellen an beliebiger Stelle des Rückenmarkes entstehen. 6. Fasern aus der gleichseitigen Hälfte der lateralen Längsbahnen. Da diese Bahnen aber als die direkte Fortsetzung der Lateralstränge zu betrachten sind, von denen ich den Nachweis erbracht habe'), dass sie kurze Bahnen, entstanden aus den Ganglienzellen der oberen Hälfte der Vorderhörner, darstellen, so ist es klar, dass diese Vagusfasern auch nur solche kurze Bahnen sein können, die wie die Beobach- tung lehrt, fortwährend auch in den unteren Vaguskernen entstehen, beziehungsweise mit anderen gleichen Zellen des Rückenmarkes kettenförmig zusammenhängen. Es ist die dorsale Vaguswurzel der dorsalen Spinalnervenwurzel und die ventrale der ventralen gleichzustellen. Ebenso wie für die motorische Spinal- nervenwurzel, lassen sich aber auch für die motorische Vaguswurzel innerhalb des Centrums zwei Bezirke unterscheiden, aus denen sich die Wurzel sammelt, und der Unterschied wäre bloss der, dass der eine dieser Bezirke in Form des oberen motori- schen Vaguskerns eine grosse Koncentration erfahren hat. Man könnte dies richtiger auch so ausdrücken, dass diejenigen Vorderhornzellen, denen die laterale Wurzel der Spinalnerven ihren Ursprung verdankt, sich von dem Zellkomplexe der Vorderhörner gesondert haben, wenn es nicht als festgestellt zu betrachten wäre, dass diese Son- derung selbst innerhalb des Rückenmarkes eine viel ursprünglichere ist (Plekto- gnathen), als das Vermischtsein der Ganglienzellen. Darum ist es viel richtiger, wenn wir sagen, dass ursprünglich die Sonderung jener Ganglienzellen, welcher die lateralen motorischen Wurzeln der Spinalnerven ihren Ursprung verdanken, von denen des ventralen Theiles gesondert war, dass dieser Zustand zwar später verwischt wurde, dass aber der Vagus denselben nicht nur gewahrt, sondern sogar weiter ausgebildet hat. Jene Neigung der lateralen Wurzelhälfte der Spinalnerven, sich von der ven- tralen auf kurze Strecke abzuspalten, habe ich für Esow beschrieben und abgebildet?). So mag es denn auch bei der Sonderung des Hinterhauptes gekommen sein, dass die beiden ventralen Vaguswurzeln einer Seite getrennt von einander aus der Oblongata abgingen, sich aber dann mit einander noch innerhalb der Skeletthülle vereinigten. Die Vereinigung mit der dorsalen Wurzel noch innerhalb des Primordialkraniums wäre dann als ein weiterer Schritt zu der Vereinigung der ventralen Wurzel inner- halb der Oblongata zu betrachten. Erst nachher erfolgte die intermedullare Ver- einigung aller drei Wurzeln, womit der momentane Zustand erreicht ward. Für den 1) Morphol. Jahrb. Bd. 23. 2) 1. e. Fig. 13. 41] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. SD Zustand, nach welchem alle drei Vaguswurzeln in verschiedenen Höhen die Oblon- gata verliessen, steht Protopterus ein. Nach Burck#Arpr') soll nämlich an dem Hirne dieses Thieres der Vagus mit drei über einander liegenden Wurzelreihen die Oblon- gata verlassen. Es ist dies ein primäres Verhalten auch dem der Selachier gegen- über, was wohl mit den vielen primären Verhältnissen des Dipnoergehirns zusam- menhängt. Hier wäre es für uns von einiger Wichtigkeit, die Art und Weise wie diese interspinale Wanderung der ventralen Vaguswurzeln erfolgen konnte, näher zu be- trachten. Hierbei ist der Grund, der die Aufwärtsschiebung veranlasste, für unsere Frage insofern gleichgiltig, da uns vorerst nur der Process interessitt. Man kann nicht ohne Weiteres annehmen, dass die untere Vaguswurzel (der Einfachheit halber will ich bloss von einer ventralen Wurzel sprechen) sich durch die Lateralstränge nach oben zu verschoben hätte, denn dieser Process in dieser Form, würde das Ein- wärtsschieben der Lateralstränge involviren, was doch nicht erfolgt ist. Ich will diesen Process durch das Verhalten einer einzigen Ganglienzelle wobei ich die Kenntniss meiner neueren histologischen Befunde am Rückenmark der Knochenfische voraussetze — klarlegen. Dabei mögen die gekreuzten Fasern nicht weiter in Be- tracht kommen, da sich diese auch so verhalten wie die ungekreuzten. Ich nehme an, was ich nach meinen neueren histologischen Befunden anzunehmen berechtigt bin, dass eine Ganglienzelle aus dem Unterhorn (unterem Vaguskern) einen Achsencylinder- fortsatz in den peripheren ventralwärts abgehenden Nerven entsendet, während er gleichzeitig einen zweiten Achsencylinderfortsatz hoch in den Lateralstrang gelan- gen lässt, der erst nach längerem Verlaufe als Längsfaser, sich etwas nach unten drehend, in den peripheren Stamm gelangt. Man könnte sich die Sache aber auch etwas anders vorstellen. Es könnte nämlich dieselbe Ganglienzelle einen Achsen- cylinder in den peripheren Stamm schicken und gleichzeitig sich mit einem anderen Fortsatz mit einer oben im Lateralstrang gelegenen Längsfaser, die in der angedeu- teten Weise später in den peripheren ventralwärts abgehenden Stamm gelangt, verbinden. Bei der Aufwärtsschiebung des peripheren Stammes würde dann ein- fach nur jener Achsencylinder verkümmern, der direkt in den Stamm gelangt, während der obere Achsencylinder sich stärker entwickelt und erhalten bleibt. Zum Schlusse möchte ich noch darauf hinweisen, dass in Zukunft bei der Beurtheilung eines Kopfnerven nicht mehr das äussere Verhaltenallein, sondern vor Allem auch der histologische Bau des Ursprunges maass- gebend sein muss, denn es zeigt sich bei dem Vagus, dass, trotzdem derselbe — mit Ausnahme von Protopterus — mit einer äusserlich einheitlichen Wurzel das Gehirn verlässt, diese sowohl die ursprüng- lich dorsale, als auch die ventrale Wurzel in sich vereinigt. 1) R. BURCKHARDT, Das Centralnervensystem von Protopterus anneetens. Berlin 1592. s6 B. HALLER [42 Es möge hier nun das histologische Verhalten des vagalen Spinalganglions kurz besprochen werden. Es ist durchaus nicht so einheitlich gebaut, als es nach den Angaben van GEHUCHTEN's anzunehmen wäre, denn es kommen in demselben Diffe- renzirungen vor, die es den Spinalganglien gegenüber als höher potenzirt erscheinen lassen. Schon Tinktionspräparate lehren, dass das vagale Spinalganglion, das bei allen von mir untersuchten Teleostiern fest der Oblongata anliegt (Fig. 1)'), äusser- lich aber unkenntlich ist (Fig. 5, 10), aus zwei Abschnitten besteht. Bei Salmo fario lässt sich ein kleinerer oberer und innerer Abschnitt (Fig.1, 19 vgg’) von dem übrigen Ganglion (vgg) gut unterscheiden. Gegen einander werden die beiden Abschnitte durch eine Querfurche begrenzt. Sie sind darin von einander verschieden, dass der grössere Abschnitt die bekannten kleinen Ganglienzellen führt, während der innere sehr grosse (bis 30 mm messende) Ganglienzellen in sich birgt. Bei Barbus sind die Strukturverhältnisse innerhalb des vagalen Spinalganglion insofern von jenen der Forelle verschieden, als es bei Barbus (Fig. 23) zu keiner Differenzirung von zwei Abschnitten gelangt und grosse und kleine Ganglienzellen nicht auf bestimmte Stellen im Ganglion vertheilt sind. Die kleinen Ganglionzellen fand ich stellenweise so gestaltet, wie sie VAN GEHUCHTEN beschrieben hat, d. h. mit zwei oppositipol gestellten Fortsätzen ver- sehen (Fig. 23, 6 6), oder so, dass diese zwei Fortsätze fest an aneinander liegend, die Zelle verlassen (6°) und die Zelle dann eine birnförmige Gestalt besitzt. Die Fortsätze dieser Zellen, die alle sensibeln Fasern aus dem oberen Vaguskerne (Fig. 19) angehören, sind sehr fein und öfters zart geschlängelt. Darüber, ob diese Ganglion- zellen bloss mit Fasern indirekten Ursprunges, wie es ja allgemein angenommen wird, aus dem dorsalen Vaguskerne zusammenhängen, oder ob sie sich auch mit Achsencylinderfortsätzen der kleinen Ganglienzellen jenes Kernes anastomosiren, konnte ich nicht feststellen. Auch die Frage, ob diese kleineren Ganglionzellen in dem Vagusganglion noch etwaige feinste Netzfortsätze abgeben, scheint mir noch nicht mit absoluter Sicherheit erledigt zu sein. Einstweilen möchte ich mit van GEHUCHTEN annehmen, dass sie keine besitzen. An dem inneren kleineren Abschnitte des spinalen Vagusganglions der Forelle gelang es mir nie, grosse Ganglienzellen zu schwärzen, obgleich oft sonst ganz hübsche Schwärzungen erzielt wurden (Fig. 19). Dafür gelang es mir bei Barbus öfter, auch grössere Ganglienzellen durch dieses Verfahren zur Darstellung zu bringen. Da ich aber trotzdem keine so vollkommene Schwärzung zu erzielen vermochte, dass sie volle Einsicht in die Struktur des Ganglions gestattet hätte, so will ich mich einstweilen mit der Beschreibung einzelner Beobachtungen begnügen und überlasse eine Verallgemeine- rung zukünftigen Untersuchern. Vor Allem ist es auffällig, dass es grössere Ganglien- zellen in dem spinalen Vagusganglion giebt (Fig. 23, 7), die ausser ihren oppositipol gestellten zwei Achsencylinderfortsätzen noch einen bis zwei feine Netzfortsätze aufweisen, 1) Bei älteren Embryonen und auch bei dem jungen Thiere mit Dottersack ist das Vagusganglion nie so koncentrirt, sondern die Ganglienzellen liegen mehr zerstreut um den Vagusstamm. Zum grossen Theil liegt dann das Ganglion ausserhalb des Schädels. 43] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. S7 und welche sich dann innerhalb des Ganglions verzweigen. Eine Ganglienzelle (2), an der nur einer ihrer Achsencylinderfortsätze geschwärzt wurde, besass sogar drei solche Netzfortsätze, und auch der geschwärzte Achsencylinderfortsatz aus der Oblon- gata gab innerhalb des Ganglions solche Aestchen ab. Andere Zellen der grösseren Art (4) waren fast immer unvollständig geschwärzt. An der Stelle, wo bei der Forelle der innere Abschnitt des Ganglions sich befindet (vgg’), habe ich peripher gelegene grosse Ganglionzellen mehrere Male geschwärzt, und einmal habe ich deut- lich gesehen ($), dass sich ein aus der Oblongata kommender breiter Achsencylinder, der zuvor in dem Ganglion einen kräftigen Netzfortsatz abgab, mit der Zelle ver- wachsen war. Gleich neben dieser Stelle trat dann aus der Zelle ein anderer Fort- satz ab, der jedoch nicht weiter geschwärzt war, doch allem Anscheine nach peri- pherwärts bog. Gabelförmige Theilungen von Achsencylindern im Ganglion gehören durchaus nicht zu den Seltenheiten (Fig. 19, 285; Fig. 23, 6°, 7), was vielfach zu einer Vermehrung der peripherischen Achsencylinder führt. Aber auch den Fall habe ich beobachtet (Fig. 23, 5), dass zwei feinere motorische Achsencylinder innerhalb des Ganglions mit einander zu einer recht breiten Faser verschmolzen, der dann als solcher das Ganglion durchsetzte. In manchen Fällen war an motorischen Fasern eine Ver- diekung zu beobachten ($), die feine Netzfortsätze abgab und von der ich nicht zu entscheiden vermochte, ob sie etwa einer langgestreckten Ganglienzelle entspricht, oder ob sie bloss eine Verdickung sei. Jedenfalls giebt es eine ganze Menge motorischer Fasern, die ohne Abgabe von Netzfortsätzen in dem Ganglion dasselbe durchsetzen, doch möchte ich warnen, dies von allen motorischen Fasern annehmen zu wollen, wie das allerdings heute üblich ist. So viel geht aus meinen Beobachtungen aber mit einiger Sicherheit hervor, dass in diesem Ganglion sich auch ein Nerven- netz vorfindet, denn sonst wären die Netzfortsätze der Ganglienzellen und der Achseneylinder unverständlich. Ursprung aus dem koncentrirten Nachhirn. Ich schliesse hier meine Erörterung über die Vagusgegend derjenigen Knochen- fische mit gestreckter Oblongata und werde an der Hand des Karpfenhirnes jene des koncentrirten Nachhirnes besprechen, wobei ich jedoch den Ursprung des Post- vagalnerven auch der anderen Formen mit erörtern möchte. Bei sämmtlichen von mir untersuchten Knochenfischen entspringt der Postvagalnery ganz so wie die ven- trale Wurzel des Werer’schen Accessorius. Dabei ist es ganz unwichtig, ob der Postvagalnerv mit einer oder zwei äusseren Wurzeln (Salmo) das Rückenmark verlässt. Sein Ursprung entspricht in jeder Beziehung der einer ventralen Rückenmarksnerven- wurzel (Fig. 15, v), warum ich diesbezüglich auf meine citirte Rückenmarksarbeit verweisen möchte. Der einzige Unterschied wäre nur darin gegeben, dass der Post- ss B. HALLER [44 vagalnerv ein viel mächtigeres Bündel bildet, was sich auch in seinem Ursprungs- gebiet ausspricht. So ist u. A. die noch in ihrer Ursprünglichkeit gut erhaltene Mauruser'sche Kommissur viel kräftiger als sonst wo im Rückenmark. Selbst- verständlich kommen auch viele auf- und absteigende Längszüge dem Nerven zu Gute. Wie ich das bereits in meiner Arbeit über das Rückenmark hervorgehoben habe, liegt jener Theil des Rückenmarkes, welcher sich von der Oblongata an bis zum ersten Spinalnerven erstreckt und bezüglich seines Baues sich durchaus dem Rückenmarksbau anschliesst, noch innerhalb des Kraniums. Ich hatte ihn darum das interkraniale Rückenmark genannt.') Es ist recht kurz bei der Forelle (Fig. 5 cr), etwas länger bei dem Hecht und auffallend lang bei Anguilla (Fig. 10 cr) und den Cyprinoiden (Fig. 9, er). Von ihm geht kein Nerv ab, was sich durch den Umstand erklären lässt, dass die meisten in ihm entsprungenen Längsfasern nach vorne sich begeben, um sich dort in die Wurzel des Postvagalnerven beziehungsweise der ven- tralen Wurzel des Weser’schen Accessorius einzusenken. Oder mit anderen Worten, alle die ventralen Wurzeln, die aus diesem Rückenmarksstück entstanden, wurden nach vorne verschoben und vereinigten sich dort zum Postvagalnerven. Besonders sind in Folge dieses Verschiebungsprocesses die motorischen Längsstränge reicher an Längs- fasern als sonst in dem übrigen Rückenmark und folglich das interkraniale Mark auch dicker als das übrige Rückenmark. Auffallend ist es, dass die ventro-lateralen Längsbahnen (Fig. 1, vll, vIf) bei den Cyprinoiden nicht so mächtig sind und auch nie so zum Ausdruck gelangen als bei Salmo, Esox und Anguilla. Hieraus kann man nun den Schluss ziehen, dass diese Längsbahnen viele absteigende Längsfasern in sich führen, die, aus ventralen Gehirnabschnitten entspringend, sich in die ventrale Rückenmarkshälfte begeben, und dass derjenige Theil dieser Bahnen, welcher in den Postva- galnerven gelangt, sich seiner ganzen Länge nach bei den Cyprinoidenin Folge der grossen Hirnkoncentration abgetrennt hat und nunmehr bei ihnen als die vordere Wurzel des Weser’schen Accessorius (Fig. 8, 9, «) ausserhalb des Centralnervensystems liegt. Aus dem äusseren Verhalten dieser Wurzel wissen wir ferner, dass sie in der Gegend des vorderen ventralen Trigeminus- kernes, sowohl derselben als auch der entgegengesetzten Seite, entspringt. Ihr äusseres Verhalten wurde weiter oben besprochen. Es erübrigt uns hier noch den Ursprung der dorsalen Wurzel des WEBER’schen Accessorius zu besprechen, um dadurch den Nachweis für meine weiter oben gemachte Behauptung, dass diese Wurzel ein abgetrennter Vagustheil sei, zu erbringen. Wie ich es bereits mitgetheilt habe, geht die ventrale Wurzel des Wesrr’schen Accesso- rius vor der dorsalen Wurzel ab, doch so nahe von ihr, dass auf einem Querschnitte 1) Sein Vorhandensein ist eben durch das Bestehen des Postvagalnerven verständlich. Bei den Cyelostomen Petromyzon Planeri) ist der Postvagalnerv und mit ihm auch das interkraniale Rückenmark vorhanden. Da letzterer entsprechend der Lage des Hinterhauptloches bis in die Gegend der vierten Kiemenspalte reicht, so ist er von ansehn- licher Länge. Bei der Larve (Ammocetes) ist er länger als bei dem erwachsenen Thiere. ei 45] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. sg noch das Hinterende der ventralen und das Vorderende der dorsalen Wurzel getroffen wird (Fig. 15). Dorsalwärts zeigt hier das Mark jederseits eine hügelförmige Erhe- bung (Figg. 8, 15 Ag), welche nach vorn zu immer mächtiger wird (Fig. 16 hg). Etwas hinter den Lobi nervi vagi wird dann die anfangs tiefe Längsrinne (Figg. 15, 16 rn), welche die beiderseitigen postvagalen Hügel von einander trennt, ganz flach (Fig. 17 rn), und die beiden Hügel (Ag, hg’) scheinen eine einzige Masse zu bilden. Die beiden postvagalen Hügel sind ja im Prineip auch bei den Knochenfischen mit gestreckter Oblongata vorhanden (Figg. 13, 14 d) und das Fremdartige bei den Cypri- noiden ist ausser dem grossen Koncentrationsgrad noch der Abgang eines Nerven- wurzelpaares (Fig. 15 y) aus diesem Hügelpaar. Innerhalb dieser Hügel liegt somit das Ursprungsgebiet der dorsalen Wurzel vom Werer’schen Accessorius, doch geht der vordere Theil der postvagalen Hügel ganz kontinuirlich in die Lobi nervi vagi über, und aus ihren vorderen Enden entspringen bereits Vagusfasern (Fig. 17a). Aber auch der innere Bau der Hügel bezeugt, dass wir es in ihnen im Wesentlichen bereits mit dem Vagusgebiete zu thun haben. Zu innerst liegt in jedem Hügel eine graue Masse (Figg. 15, 16 Ah), welche als die direkte Fortsetzung der Oberhörner zu betrachten ist. Lateralwärts von ihr erkennen wir die dorso-laterale Längsbahn (rd), die nach vorn zu immer kompakter wird (Fig. 16 rd), bis sie zum Schlusse in der Gegend, wo die postvagalen Hügel allmählich in die Lobi n. vagi übergehen und die Rautengrube bald davor aufhört (Fig. 17), ein ganz kompaktes Bündel darstellt (rd). Was den Ursprung der oberen Wurzel des Weser’schen Accessorius betrifft, so sehen wir vor Allem den bogen- förmigen dorsalen Wurzeltheil (Fig. 15 a’) von innen und oben nach unten und lateral- wärts sich biegen und in den Nerven (y) gerathen. Ein Theil dieser Wurzel durchzieht theils die Fortsetzung der oberen Hörner, theils die dorso-laterale Längs- bahn. Weiter vorne ist dieser Wurzeltheil (Fig. 16 a) viel mächtiger und zieht dann, nachdem er sich unten und lateralwärts von der dorso-lateralen Längsbahn zu einem Bündel gesammelt, eine ganz kurze Strecke nach hinten, um dann in den abtretenden Nerven zu gelangen. Medianwärts findet man oberhalb vom Centralkanal gekreuzte Fasern dieses Wurzeltheiles (Fig. 15, 16), und diese Kommissur würde dann den hintersten Abschnitt der dorsalen Vaguskommissur (Fig. 17; Fig 24, ev, cv, cv) bilden. Auch Zellen des mittleren Vaguskernes sind an dieser Stelle bereits vor- handen (Fig. 15, 16, mA) und geben Achsencylinderfortsätze in die dorsale Wurzel des Weser’schen Accessorius. Da ich vom Karpfen nur ab und zu gute GoLcı- sche Präparate herzustellen vermochte, so bin ich nicht in der Lage, mit Sicher- heit anzugeben, ob auch aus dem unteren Vaguskern Fasern in die dorsale Wurzel des Wesrr’schen Accessorius gelangen; doch in Anbetracht des Umstandes, dass in dem vorderen Ursprungsgebiet sich bereits auch ein äusserer ventro- dorsaler Faserstrang (Fig. 16 avds) vorfindet, glaube ich nicht im Geringsten daran zu zweifeln. Hier brauche ich mich weiter nicht auf die Details bezüglich der feineren Ursprungsverhältnisse einzulassen, wie ich es denn auch bei dem Vagusursprung des Festschrift für Gegenbaur. III. 12 gI0 B. HALLER [46 Karpfens nur ab und zu thun werde, und es genügt hier, auch auf rein histologischem Gebiete den Nachweis erbracht zu haben, dass die obere Wurzel des WEBER- schen Accessorius ein sekundär abgetrennter Vagustheil ist. Diese obere Wurzel ist aber mit Nichten als eine rein dorsale zu betrachten, denn als ein Theil des Vagus besitzt sie auch ventrale, motorische Elemente. Es ist desshalb mit Sicherheit anzunehmen, dass der Hypoglossus bei den Fischen überall aus einem Theil des Vagus hervorgegangen ist, _ Ich wende mich nun zur Besprechung der topographischen Verhältnisse des Vagusgebietes. Da in seiner Arbeit über das Knochenfischgehirn Mayser') auch der Vagusgegend der Cyprinoiden gedachte, so mögen seine diesbezüglichen Resultate hier mitgetheilt werden. Die hintere Vagusverbindung oder A. v. Harrer’s Com- missura cerebri infima soll nach MaAyser zum grössten Theil aus gekreuzten Vagus- fasern meist feinen Kalibers bestehen. Der ventrale Theil führt auch gröbere Fasern, die wahrscheinlich von den unter der Comm. infima liegenden grossen Zellen’) ent- stehen und zum motorischen Vagus gehören.“ Die dorso-laterale Längsbahn wird von Mayser, wie dies übrigens auch von Frırsca®) und früher auch von mir ge- schehen ist, als aufsteigende Trigeminuswurzel bezeichnet; diesem gesellt sich dann, als Längsbündel nach innen zu anliegend, die sekundäre Vagusbahn zu. Zu dieser Vagusbahn giebt nun die Kommissur ein Bündel ab. Der bogenförmige Theil der sensibeln Vaguswurzel wird einfach als die Hauptmasse der sensibeln Wurzel vor- geführt, während der eigentliche, sensible oder dorsale Kern als die gelatinöse „Sub- stanz“ bezeichnet wird. Letztere „besteht aus dichtem Grundgewebe mit zahlreichen, eingestreuten Nervenzellen“. Im inneren Dritttheil der gelatinösen Substanz „findet sich eine Anzahl solitärer Bündel feiner Vagusfasern, die sich erst an der Basis zur ersten Schichte (bogenförmiger Wurzeltheil H.) gesellen“. Zwischen unserem mittleren und oberen Vaguskern soll sich die Schichte der sekundären Vagusbahn befinden; von da zieht dieses Bündel vertikal nach unten und schliesst sich, wie es schon oben angegeben ward, der aufsteigenden Trigeminuswurzel als Längsbündel an. Wichtig ist es, dass MAyser unser sensorisches Oblongatagebiet richtig als sensorisches Ur- sprungsgebiet für den Vagus und den Trigeminus (aufsteigende und geknickte Quintuswurzel) erkannt hat. Auf die Schichte der sekundären Vagusbahn folgt das motorische Ursprungs- gebiet, das unserm mittleren Vaguskern entspricht. Die Zellen dieses von MaAYsEr richtig beschriebenen und abgebildeten Kernes sind nach dem Autor „gross, mittel- gross und sehr gross“, wobei letztere ventro-median, also in der Gegend des Üentral- kanals, beziehungsweise der der Bodenrinne der Rautengrube liegen. Einen unteren motorischen Vaguskern kannte Mayser nicht. Im Uebrigen glaube ich, wäre Mayser durch die richtige Auswahl des Untersuchungsobjektes weiter gekommen. 1) P. MAysEr, Vergl. anatomische Studien über das Gehirn der Knochenfische mit besonderer Berücksich- tigung der Cyprinoiden. Zeitschr. f. wiss. Zoolog. Bd. 36. 1881. 2) Mittlerer Vaguskern. 3) G. FritscH, Untersuchungen über den feineren Bau des Fischgehirns. Berlin 1878. 47] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 91 Es wäre fördernd gewesen, zunächst mit und vor dem Studium an der durch die Koncentration komplieirt gewordenen Cyprinoiden-Oblongata sich über jene anderer Teleostier mit gestrecktem Nachhirn zu orientiren. Ich will nun die Vagusgegend von Cyprinus nach den eigenen Beobachtungen schildern. Eine enorme Entfaltung erfahren die dorsalen Vaguskerne der Cyprinoiden und gestalten sich jederseits zu einem mächtigen Lobus. Diese sind unter dem Namen Lobi nervi vagi bekannt; doch ist diese althergebrachte Bezeichnung, da nicht alle drei Vaguskerne an ihrer Bildung Antheil nehmen, unrichtig. Darum würde ich vorschlagen, die Bezeichnung für diese Bildungen zu ändern und sie Lobi nervi vagi sensorii im Gegensatze zu den perlschnurförmig angeordneten Lobi n. vagi motorii der Selachier zu nennen. Diese Lobi sind noch sehr klein bei der Gattung Leueiscus, schon grösser bei Barbus, und endlich sehr gross bei Cyprinus (Figg. 8, 9 iv). Der hinterste Abschnitt der Lobi grenzt dicht an die postvagalen Hügel (Fig. 17), doch werden letztere von ihnen durch je ein Nervenbündel der Vagus- wurzel (a) getrennt. Weiter nach vorne geht mit dem Beginn der Rautengrube der postvagale Hügel in den Lobus kontinuirlich über (Fig. 24). Hinter der Rautengrube (Fig. 17) besteht der sensorische Lobus auf jeder Seite aus einem grauen Kerntheil, dem eigentlichen oberen Vaguskern (ok, oA), der von einer Randschicht von Vagusfasern (s) nach allen Seiten hin umgeben wird. Der äussere Theil dieser Faserschichte ist, wie der Vergleich mit der Vagus- gegend der Forelle lehrt, nichts Anderes, als der bogenförmige Theil der dorsalen Vaguswurzel (Fig. 17 a, Fig. 1 a), der von aussen den ganzen Lobus schalenförmig umgreift (Figg. 11, 12, 1S a). Diese Wurzel sammelt sich an dem oberen Vaguskern (Figg. 11, 12, 17, 15 ok), und man erkennt sehr deutlich, wie sich einzelne Bündel aus letzterem der schalenförmig anliegenden Wurzel beigesellen. Vielfach sieht man aber auch längsgestellte Bündel innerhalb des bogenförmigen Wurzeltheiles. Im hintersten Lobusabschnitte bilden diese Fasern eine kortikale Lage (Figg. 17, 15 s), doch fehlen sie in dem vordersten Abschnitt des Lobus, was daher rührt, dass diese von hinten nach vorn ziehenden Fasern zwar überall, zumeist allerdings hinten, aus dem oberen Vaguskern entspringen und so, entsprechend der Oberfläche des Lobus, bogenförmig von hinten nach vorn ziehen, um sich dann nach unten biegend in die peripheren Vagusbündel zu begeben. Der bogenförmige Wurzeltheil bildet aber keine einfache Schichte über dem oberen Vaguskern, sondern gliedert sich in einzelne dicht an einander liegende grosse Bündel (Fig. 24 a), welche von einander durch neuro- gliale Septen getrennt werden. Jener Theil der Wurzel. der dem innern Bündel- theil der dorsalen Vaguswurzel der Forelle (Fig. I c) entspricht und aus der inneren Hälfte des dorsalen Kernes entspringt, ist bei dem Karpfen nicht überall gleich stark. Ganz hinten im Lobus sind es die aus den vorderen Enden des postvagalen Hügels entspringenden Vagusfasern, welche sich dem inneren Wurzeltheile beigesellen und, mit diesem sich vermengend, in die hinteren peripheren Vagushügel sich begeben 12 92 B. HALLER [48 (Fig. 17 a). Zwischen diesen Fasern aus dem postvagalen Hügel giebt es auch viele sensorische Kreuzungsfasern, die im Verein mit Netz- und Achsencylinderfort- sätzen (Fig. 2) aus dem mittleren Vaguskern, die hintere dorsale Vaguskommissur bilden. Es handelt sich aber hier um keine kompakte Kemmissur, sondern um ein diffuses Fasersystem (Fig. 17), das sich nur oberhalb des mittleren Vaguskernes (mA) etwas dichter gestaltet (f"); dieser dichtere Theil gehört aber schon diesen Kernen an. An horizontalen Längsschnitten lässt es sich feststellen (Fig. 24), dass der sen- sorische Theil der Kommissur aus drei von einander nicht deutlich geschiedenen, hinter einander gelegenen Theilen besteht. Der hinterste Abschnitt zieht gerade vor dem vorderen Ende der die beiden postvagalen Hügel von einander trennenden Rinne aus dem einen Hügel (Ag) in den andern. Es sind dies (ev) jene bereits beschrie- benen Kreuzungsfasern, die den oberen Wurzeln des WeBEr’schen Accessorius ange- hören. Eine mittlere Partie von Kreuzungsfasern zieht aus dem einen postvagalen Hügel in die hintersten Bündel des bogenförmigen Vaguswurzeltheiles (cv‘). Der vorderste Theil der Kommissur (cv) endlich begiebt sich aus dem einen oberen Vagus- kern in den anderen. Etwas weiter nach vorn (Fig. 18), dort wo der Lobus auch nach innen zu eine rundliche Form besitzt, fehlt die obere Hälfte des inneren dorsalen Wurzel- theiles; die untere (a’) ist überall vorhanden. Weiter nach vorn in der Gegend, in der die Rautengrube eine grössere Weite besitzt (Fig. 11) und der obere Vaguskern in Form eines breiten Wulstes in dieselbe vorspringt (oA), erkennt man ein starkes Bündel (a‘), das sich aus der inneren Seite des oberen Kernes sammelnd, zwischen dem oberen (ok) und dem mittleren Vaguskern (mA) senkrecht nach unten zieht. Unten kreuzt es die Wurzel aus dem mittleren Vaguskern (9) und wird, indem es sich von innen der dorso-lateralen Längsbahn fest anschliesst, zum Längsbündel (d). Dieses Bündel bezeichnet Mayser als sekundäre Vagusbahn, und er hat darin inso- fern Recht, als diese Fasern erst sekundär bei den Cyprinoiden sich aus ihrer frü- heren Lage von anderen Bündeln getrennt haben. Es handelt sich thatsächlich in diesem Längsbündel um Längsbahnen, die aus im Gehirne gelegenen Centren — so u. a. aus dem Hinterhirn — kommend sich in dem oberen Vaguskern auflösen. Diese Bahnen liegen als Einzelfasern, wie weiter oben gezeigt wurde, bei der Forelle zerstreut innerhalb des dorso-lateralen Längsstranges. Ich möchte darum dieses Bün- del nicht als sekundäre Vaguswurzel, sondern als die absteigende Vagusbahn bezeichnen (Fig. 14 d). Sie zerfällt in der Gegend des Trigeminus in zwei Bündel, von denen sich das eine weiter hinten der dorso-lateralen Längsbahn (rd) fest anschlies- send nach hinten zieht und dann in der angegebenen Weise sich abtrennend in den oberen Vaguskern gelangt (Fig. 11 a‘). Ihr anderes Bündel zieht sofort nach oben und gelangt am obern vorderen Ende des Lobus n. vagi sens. als zartes Bündel (Fig. 12 «') in den oberen Vaguskern (oA) und in den kleinen, sekundären vom oberen abgetrenn- ten sensorischen Glossopharyngeus-Kern (oX”). Den Verlauf der absteigenden Vagus- bahn habe ich auf Fig. S mit Roth eingezeichnet. Ich betrachte seinen Ursprung ausser aus dem Kleinhirn aus anderen Hirntheilen zur Zeit als eine offene Frage. 49] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 93 Der mittlere Vaguskern besitzt überall die Form des Lobus und ist somit hinten oval mit von oben und innen nach aussen und unten gestellter Längsachse des Ovoids (Fig. 17), wird dann etwas weiter nach vorm rundlicher (Fig. 15), dann annähernd halbmondförmig nach innen zu gebogen (Fig. I1) und bildet hier mit seinem inneren Ende einen wulstförmigen Vorsprung in die Rautengrube An seinem vorderen Ende besitzt er zwar gleichfalls eine nach innen zu gebogene halbmondförmige Form, doch ist hier die Biegung nicht mehr so gross (Fig. 12). Aus all dem geht hervor, dass der Lobus nur von aussen wirklich seinem Namen entspricht. An dem vorderen Ende des oberen Vaguskernes gliedert sich aus demselben ein zwischen ihm und dem Lobus impar (Fig. 12 4) gelegener Nebenkern (oA”) ab, der mit dem Hauptkern aber kontinuirlich zusammenhängt. Auf diese Weise kommt es jederseits bei Oyprinus carpio zu einem sekundären, äusserlich schwer erkennbaren sensorischen Lobus, dem Lobus n. glossopharyngei sensorius. Die beiden Lobi wer- den von oben von einem Gewebe zusammengehalten (0), das absolut nichts Nervöses in sich führt und ausschliesslich aus einem zelligen Glianetz besteht (Fig. 25) und welches nur von Gefässen und wandlosen Lymphräumen durchzogen wird, Der Bau des oberen Vaguskernes sowie des oberen Glossopharyngeus-Kernes entspricht ganz und gar jenen der bisher behandelten Fische, und ich finde weder grössere Ganglienzellen noch eine grössere Zahl von Ganglienzellen dort. Durch die grosse Koncentration des oberen Vaguskernes wurde die dorso- laterale Längsbahn aus ihrer Lage gebracht und lagert nun statt in dem oberen Vaguskerne, wie bei den Fischen mit gestreckter Oblongata, unter demselben. Fremd- artig dabei ist bloss das Verhalten, dass, während diese Bahn bei der Forelle z. B. oberhalb der Vaguswurzel lagert, sie bei den Cyprinoiden unterhalb derselben zu liegen kommt. Von der dorsalen Vaguswurzel liegt allerdings der bogenförmige Theil auch bei den Teleostiern mit gestreckter Oblongata über der dorso-lateralen Längsbahn, und der mittlere Vagustheil durchsetzt ihn vielfach. Die vollständige Ueberlagerung durch die dorsale Wurzel würde somit der Erklärung keine Schwierigkeiten entgegenbringen, und bloss die Ueberlagerung durch die ventrale Wurzel bedarf einer näheren Er- örterung. Meiner Ansicht nach kann dies nur durch die Annahme erklärt werden, dass ein Theil der dorso-lateralen Längsbahn in Form eingestreuter Längsfasern bei sehr alten Vertretern der Teleostier auch die ventrale Vaguswurzel durchsetzt und in dieser Form etwas auch unter dieselbe gelangt. Bei einem Theil der Knochen- fische würde sich nun bloss der obere 'Theil dieser Bahn (Salmo, Esox etc.) und bei einem anderen nur der untere erhalten haben (Cyprinoiden). 'Thatsächlich bietet die Oblongata von Orthagoriscus in ihrem hinteren Abschnitt'), wo der Postvagalnerv (un. Vag.), aber auch schon die hintersten Vaguswurzeln abgehen’), Anhaltspunkte für \ 1) 1. e. Fig. 20. 2) Die Oblongata ist auch bei Orthagoriscus nach einer anderen Richtung hin sehr koncentrirt, und so ist unter andern auch der Postvagalnery nach vorn gedrängt worden. Wegen dieser Koncentration lassen sich die Ver- hältnisse in der vordern Vagusgegend nur mit grosser Vorsicht zum Vergleiche heranziehen, da dort bereits sonst 94 B. HALLER [50 ein solch vorausgesetztes ursprüngliches Verhalten dar. Dort ist nämlich in kom- pakter Form noch keine dorso-laterale lLängsbahn vorhanden, und es wäre darum möglich, dass ihre Elemente in der oben angegebenen Weise angeordnet sind. Der mittlere Vaguskern wird durch die Koncentration innerhalb der Oblon- gata naturgemäss auch beeinflusst, was sich sowohl in seiner grossen Gedrängtheit, als auch in der Anordnung der Ganglienzellen ausspricht. Auch das Vorkommen sehr grosser Ganglienzellen in dem unteren Abschnitte des mittleren Vaguskernes, deren bereits Mayser gedachte, ist auch auf eine Koncentration zu beziehen. Solche grosse Ganglienzellen kommen, wie ich nachgewiesen habe'), auch in dem oberen Abschnitte der Vorderhörner des Rückenmarkes vor, also in derselben Gegend, aus der sich der mittlere Vaguskern differenzirt hat; sie haben sich auch dort in Folge einer gewissen Koncentration im Rückenmark, bedingt durch die Ausbildung eines gedrungenen kurzen Körpers bei Cyprinus, so mächtig entfaltet. Wie wir es schon gesehen haben, beginnt der mittlere Vaguskern schon in der Gegend der oberen Wurzel des Weprer’schen Accessorius, wo er ja motorische Fasern in jenen Nerven abgiebt. Hier (Figg. 15, 16, 17), wie auch noch weiter nach vorne (Fig. 18), besteht jedoch dieser Kern bloss aus einzelnen Zellen, deren Zahl höchstens zehn beträgt. Diese wenigen Zellen lagern oberhalb und etwas lateralwärts vom ÜOentralkanal (Fig. 18) und sind durch ihre Grösse ausgezeichnet. Nachdem der Centralkanal als solcher aufgehört hat (Fig. 11), entfaltet sich der mittlere Vaguskern in seiner ganzen Mächtigkeit. Er hat hier eine etwas schalenförmige Gestalt auf dem Querschnitte, und die Zellgruppe wird nach innen und oben zu gänzlich von einem grauen Gewebe umschlossen. Nach innen, der Rautengrube zu, folgt auf dieses Gewebe ein äusserst heller, sonst aber mit Karmin sich gut tingirender breiter Saum (0), der an das Ependym der Rautengrube anstösst. Dieser breite Saum findet sich auch am Ende der Rautengrube (Fig. 18) vor, wo der Uentralkanal noch vor- handen ist, und wo der mittlere Vaguskern in seiner ganzen Mächtigkeit noch nicht auftritt. In der Rautengrube reicht er bis weit nach oben sogar bis auf den wulst- förmigen Vorsprung des mittleren Vaguskernes, doch wird dieser an seiner Kante von dem Saum nicht mehr überzogen (Fig. 11). Weiter nach vorn setzt sich dieses Gewebe zwischen dem Vagus- und Glossopharyngeuskern fort (0), wo es dann nach vorn zu allmählich aufhört. Geweblich besteht es nur aus rein neuroglialen Massen, wie ich dieses weiter oben beschrieben habe. Somit zieht sich der mittlere Vaguskern bei Oyprinus von der Rautengrube etwas nach aussen zu zurück, und mit diesem Process beschränkt sich auch sein feines Nervennetz auf jenes graue Gewebe, das den Kern allseitig umgiebt. An dem mittleren Vaguskern lassen sich zwei Abschnitte unterscheiden; der eine derselben ist die Fortsetzung jenes grosszelligen hintersten T'heiles, der oberhalb des Centralkanales allein den mittleren Vaguskern bildet (Fig. 18). Er zeichnet sich sehr weit vor der Vagusgegend liegende Theile dadurch, dass die Vagusgegend nach vorn gedrängt wird, in die Vagusgegend gerathen. 1) Morphol. Jahrb. Bd. 23. 51] DER UÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 95 dem übrigen Vaguskern gegenüber durch seine grossen Zellen aus und liegt stets zu unterst im mittleren Vaguskern (Fig. 11 mA). Stellenweise findet man in dieser Zellgruppe einzelne auffallend grosse Zellen (Fig. 11). Der übrige Theil des mittleren Vagus- kernes (Fig. 11 mA’) wird von kleinen, ziemlich gleichmässig grossen Zellen gebildet. Das motorische mittlere Vagusbündel (Fig. 11 9) konstruirt sich hauptsächlich aus den Fortsätzen jenes oberen Kernabschnittes, denen sich freilich auch viele Achsen- eylinder aus dem unteren grosszelligen Abschnitt beigesellen. Jene Fasern, die aus dem mittleren Vaguskern in die ventrale Oblongatahälfte gelangen, sind stets Fortsätze von Ganglienzellen aus dem grosszelligen kleineren Abschnitt des mittleren Vaguskernes. Bezüglich des unteren Vaguskernes und der ventralen Hälfte der Oblongata hätte ich dem bei Salmo Gesagten nichts beizufügen, besonders da ich es bereits erwähnt habe, dass ein Theil der absteigenden Längsfasern sich jederseits in der Form von einem Längsbündel aus der Oblongata abgetrennt hat. Zu bemerken wäre höchstens, dass die äussere laterale Längsbahn viel diffuser ist und von einer unteren diffusen Längsbündelgruppe, die zum Theil die ventro-laterale Längsbahn vorstellt (Fig. 11), sich nicht abgrenzt. Nöthig ist es, hier des Glossopharyngeus-Ursprunges zu gedenken, dessen ich bei Salmo nicht weiter Erwähnung that. Der Glossopharyngeus ist ein stets vor dem Vagus und in gleicher Höhe mit diesem aus der Oblongata abgehender Nerv (Figg. 5, 6, 85, 10, 26 gp), der auch durch seinen äusseren Abgang als ein der Vagus- gruppe angehörender Nerv sich zu erkennen giebt. Auch was seinen Ursprung anbelangt, so ist er als ein Abkömmling der Vagusgruppe zu betrachten. Wenngleich ich durch die Gorsr'sche Methode meine Beobachtungen noch nicht in der gewünschten Weise ergänzt habe, so habe ich doch so viel auch bei den Knochenfischen mit ge- streckter Oblongata ermitteln können, dass er gleich dem Vagus aus dem sensorischen Oblongatagebiet und zwar aus dem vor dem oberen Vaguskern gelegenen Theil desselben (Fig. 26 gp) eine dorsale Wurzel bezieht. Bei Lota vulgaris, wo der obere Vaguskern sich in mehrere in die Rautengrube vorspringende Lobi gliedert, wird auch der dorsale Glossopharyngeus-Kern zu einem Lobus (Fig. 6), der vor dem ersten Vaguslobus und hinter dem Kleinhirnschenkel in der Rautengrube liegt. Ausser dem oberen oder sensorischen Kern besitzt der Glossopharyngeus auch noch einen mittleren Kern, und nur darüber konnte ich in Ermangelung von Gorsr'schen Prä- paraten mir nicht Sicherheit verschaffen, ob auch ein unterer Glossopharyngeus-Kern gleich dem unteren Vaguskern als Fortsetzung der Unterhörner besteht. Doch bin ich heute der Ansicht, dass ein solcher vorhanden ist, wenigstens sprechen meine Beobachtungen an Tinktionspräparaten dafür. Der mittlere Glossopharyngeus-Kern ist als das vordere innere Ende des mittleren Vaguskernes zu betrachten. Er besteht aus ziemlich grossen, doch nur wenigen Ganglienzellen (Fig. 12 99). Die Achsencylinderfortsätze dieser Zellen gelangen zum Theil nach unten und gruppiren sich bei Cyprinus carpio unterhalb der dorsalen Längsbahn zu Längsbündeln (g9p). Diese, denen noch im Bereiche des Vagus- gebietes dorsale Wurzelfasern aus den Lobi n. glossoph. sensorii (Fig 12 oA”) sich bei- 96 B. HALLER [52 gesellen, ziehen weiter nach vorne, wo sie dann vor diesem Ganglion und hinter dem Acusticus (Fig. 8 ac) in den einheitlichen Glossopharyngeus-Stamm gelangen. Soweit ist auch nach meinen Untersuchungen der Glossopharyn- geus, wie das nach den Darstellungen und Auseinandersetzungen GEGENBAUR's kaum zweifelhaft war, als zur Vagusgruppe gehörig zu be- trachten. Hierfür spricht sowohl der motorische mittlere Kern als auch der aus dem sensorischen Vaguslobus sowohl bei den Cyprinoiden als auch bei Zota abgeschnürte sekundäre Lobus der Lobus nervi glossopharyngei sensorius. ‚Freilich ist der Glossopharyngeus weder als dorsale noch als ventrale, sondern als semischte Wurzel zu betrachten. Ich möchte hier den Glossopharyngeus nicht verlassen, ohne eines Ganglienzellen- paares von riesiger Dimension zu gedenken. Diese Zellen habe ich sonderbarer Weise bei kleinen Exemplaren von Cyprinus carpio auf mehreren Präparaten soweit schwär- zen können, dass ich dieselben auf Fig. 12 eintragen konnte. Sie lassen sich auch an Karminpräparaten mit ihren Achsencylinderfortsätzen gut verfolgen, und nur die Netzfortsätze sind auf diese Weise schwer und undeutlich zu erkennen. Diese gros- sen Zellen, die auch bei Salmo und Esov vorkommen, liegen etwas entfernt und nach innen zu von dem mittlern Glossopharyngeus-Kern, oberhalb und etwas nach innen von der inneren lateralen Längsbahn (Fig. 15 ill). Sie liegen in der gleichen Höhe mit der vorderen ventralen Oblongata-Kommissur (pA), wie ich einstweilen diese aus den Vorderstranggrundbündeln kommende Querfaserung nennen möchte. Sie besitzen ventralwärts mehrere Netzfortsätze, die theils in der Gegend des unteren Glosso- pharyngeus-Kernes, oder der Zellgruppe, die. als Fortsetzung des unteren Vaguskernes zu betrachten ist, sich verästeln, theils sich zwischen der inneren lateralen Längsbahn verzweigen. An ihrer oberen Seite besitzt jede dieser birnförmigen Zellen zwei mächtige Achsencylinderfortsätze, von denen der äussere in das Bündel des Glosso- pharyngeus derselben Seite gelangt. Der innere Achsencylinderfortsatz durchkreuzt oberhalb der Vorderstrangbündel und unterhalb des Aquaeductus Sylvii die Raphe und gelangt dann unterhalb der anderseitigen Zelle lateralwärts in das Grlosso- pharyngeus-Bündel. In diesen Zellen hätten wir somit einen Fall vor uns, wo eine Ganglienzelle seinen Achsencylinder sowohl auf die gleichseitige als auch auf die anderseitige Hirnhälfte entsendet. Hier ist es wohl am Orte, zu untersuchen, inwiefern die obengeschilderten Ursprungsverhältnisse der Vagusgruppe der Fische mit jenen der übrigen Wirbelthiere übereinstimmen. Es soll darum versucht werden, dies an der Hand der vorhandenen Litteraturangaben festzustellen. Was die Amphibien und die Reptilien betrifft, so sind wir über die Ursprungsverhältnisse des Vagus beziehungsweise der Vagusgruppe —I 53] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. (9) zur Zeit nur sehr unvollkommen unterrichtet, doch geht speziell für die Batrachier ') so viel mit Sicherheit hervor, dass bei ihnen ein oberer, mittlerer und unterer Vagus- kern bestehen. Der mittlere Vaguskern hat sich sehr weit von der Rautengrube entfernt und dehnt sich dabei sehr weit nach oben zu aus, doch ist darum durch- aus kein Grund vorhanden, mit Srıeva anzunehmen’), dass sein oberer 'T'heil dem Bezirk der Oberhörner angehören würde. Einer solehen Annahme würden die Ver- hältnisse bei den Fischen entschieden widersprechen. Wie weit die dorso-lateralen Längsbahnen, die Srıeva als die Längsbündel des Vagus bezeichnet, an der Be- reicherung der peripheren Vagusfasern Antheil haben, lässt sich nur aus dem Ver- halten bei den Fischen schliessen. Der Grad einer Verschiebung der einzelnen Vaguscentren, beziehungsweise Ver- schmelzung mit dem neu aus dem Halsmarke gesonderten Centren des N. accessorius Willisii, lässt sich in Ermangelung eingehender Detailangaben für die niedersten Amnioten nicht bestimmen; so viel ist aber wahrscheinlich, dass, da das Centrum des bei den Amnioten zur vollen Differenzirung gelangten Hypoglossus aller Wahr- scheinlichkeit nach aus dem Vaguscentrum erfolgt ist, seine Zusammenhörigkeit mit ersterem in den Centraltheilen sich noch zu erkennen geben muss. Der N. acces- sorius Willisii ist aber eine neu aus Spinalnerven entstandene Nervengruppe, und darum muss die Einreihung seiner Centren an die Vagus-Hypoglossus-Centren als eine sekundäre Erscheinung aufgefasst werden. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, sind die Ursprungsverhältnisse aus der Vagusgruppe bei den Vögeln um so mehr ver- ständlich, als durch die sorgfältige Studie Branpıs’’) wir heute über einzelne Details, wenn auch nicht erschöpfend, so doch bedeutend besser unterrichtet sind, als über die gleichen Verhältnisse der Saurier. Dieser Forscher unterscheidet drei verschiedene Gebiete, aus denen sich der Vagus konstruirt. Diese sind erstens der Branpıs’sche dorsale Kern, der mit dem mittleren Vaguskern der Fische homodynam ist, dann der ventrale Kern, der dem unteren Vaguskern der Fische entspricht, und endlich sind es Fasern, welche aus der Raphe in den Vagusstamm biegen. Niemals konnte jedoch Branpıs unter den Fasern aus der Raphe solche finden, die aus dem mittleren oder unteren Vaguskern der einen Seitenhälfte auf die andere sich begeben hätten. Obgleich jener Kern, welcher als die Fortsetzung dorsaler Rückenmarkstheile dem oberen Vaguskern der Fische entspricht und die dorso-laterale Längsbahn oder den Funiculus solitarius autorum in sich führt, bei den Vögeln vorzüglich in seiner Ursprünglich- keit erhalten ist und von Branpıs auch abgebildet wurde (Taf. XXXV Fig. 7 oben), beschreibt dieser Forscher keinen Ursprung von Vagusfasern aus demselben. Auch aus der dorso-lateralen Längsbahn sollen keine Fasern in den Vagus gelangen, obgleich sich solche nach ihm in den Glossopharyngeus begeben. Doch bildet Brannıs ein 1) Sehr wichtig wäre bei den Amphibien, wozu sich hauptsächlich der Axolotl eignen würde, zu erfahren, welche Centren, beziehungsweise Theile von Centren, nach dem Kiemenverlust sich rückbilden. 2) L. Sriepa, Studien über das centrale Nervensystem der Wirbelthiere. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. Bd. 20. 1870. (Auch separat erschienen.) 3) E. BRANDIs, Untersuchungen über das Gehirn der Vögel. II. Th. Arch. f. mikr. Anat. Bd.41. 1893. Festschrift für Gegenbaur. III. 13 98 B. HALLER [54 Präparat ab, auf dem in den gemeinsamen Vagus-Hypoglossus-Stamm Fasern aus den Solitärbündeln gelangen (Fig. 7). Der Vagusursprung der Orniden entspricht, wenn wir von einigen durch die komplieirten Verhältnisse bedingten irrigen Auffassungen Branvıs’ abstrahiren wollen, vollständig jenem der Fische und zukünftige, mit der Gorcr'schen Methode ausge- führte vervollständigende Untersuchungen werden auch bezüglich der feineren Details gleiche Verhältnisse erkennen lassen. Ist schon bereits bei den Vögeln durch die Koncentration der Oblongata eine gewisse Maskirung der ursprünglichen Verhältnisse eingetreten, so erschwert die weitergehende Koncentration die genaue Eruirung der Vagusverhältnisse bei den Säugethieren noch mehr. Darum traten statt direkter histologischer Beobachtung vielfach das experimentelle Vorgehen und die klinische Beobachtung resp. der patho- logische Befund vikarirend ein. Man unterscheidet hier einen sensorischen klein- zelligen und einen motorischen grosszelligen Vaguskern. Der sensorische Kern, von v. Körtker') auch als Endkern des Vagus bezeichnet, entspricht meinem oberen Vaguskern der Fische, Amphibien und der Sauropsiden. Allerdings ist bei den Säugern eine gewisse Lageveränderung eingetreten, doch nicht in dem Maasse, dass sie bei dem Vergleiche störend sein könnte. Da in diesem Kern die Fasern indirekten Ursprung besitzen (aber gewiss nicht alle, H.), so ist nach der heutigen irrigen Auf- fassung der Ausdruck Endkern (v. Köruiker) wohl zu entschuldigen. Es giebt aber in diesem Kern auch kleine Ganglienzellen, aus denen nach v. Köruıker Verbindungs- fasern mit anderen Hirntheilen entspringen sollen. Der Nucleus ambiguus ist als ein abgetrennter, dem Vagus und dem Glosso- pharyngeus zum Ursprung dienender Theil des gemeinsamen mittleren (ventralen Aut.) Vago-glossopharyngeus-hypoglossus-Kern der Vögel zu betrachten. v. KörLiker nennt diesen Kern den motorischen Vago-glossopharyngeus-Kern, doch entspricht dieser Kern trotz seiner nach lateralwärts verschobenen Lage einem Theil des mittleren Vaguskerns der Fische, Amphibien und Sauropsiden; allerdings nur einem Theil, denn der andere Theil, der nur dem Hypoglossus zum Ursprung dient und als Hypoglossus-Kern bekannt ist, hat seine ursprüngliche Lage unterhalb der Rautengrubenfläche auch bei den Säugern beibehalten. Dass der Accessorius mit dem Nucleus ambiguus in Beziehung steht, dies lässt sich von dem oben bei Be- trachtung der Vagusverhältnisse der Vögel ausgesprochenen Standpunkte aus beur- theilen. Aus dem Nucleus ambiguus gehen nicht nur Fasern zu dem gleichseitigen Vagus, sondern auch, was hauptsächlich OBERSTEINER?) vertritt, zu dem anderseitigen Vagus, beziehungsweise Glossopharyngeus. Ein dem unteren Vaguskern der übrigen Vertebraten entsprechender Kern wurde bei den Säugern bis zur Zeit nicht beschrieben. Der Vagus erhält noch Fasern aus dem Fasciculus solitarius, der sowohl nach 1) A. KöLtıker, Handbuch der Gewebelehre der Menschen. 5. Aufl. Bd. 2. 1. Hälfte. 1893. 2) E. OBERSTEINER, Nervöse Centralorgane. Leipzig 1892. 2. Aufl. 55] DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 99 MEyNnerT als auch nach GiErkE') eine Strasse darstellt, in der aus verschiedenen Theilen entsprungene Fasern sich vereinigen, um dann nach gemeinsamem Verlauf an ihre Bestimmungsorte zu gelangen. ÖBERSTEINER und CLARKE sehen mit Recht im Solitärbündel eine mit dem Rückenmarke korrespondirende Bahn, und Crawer’) hat thatsächlich nachgewiesen, dass das Solitärbündel aus dem Hinterhorne stammt, dabei aber auch Fasern aus dem Funiculus cuneatus erhält. Es wären dann diese Ver- hältnisse gut mit jenen der dorso-lateralen Längsbahn der Fische in Einklang zu brin- gen. Immerhin liesse sich die völlige Gleichstellung dieser beiden Bündel heute nicht mit Sicherheit durchführen, da es wenigstens für die Säugethiere möglich wäre, dass aus der ursprünglich dorso-lateralen Längsbahn der Solitärbündel durch Abspaltung einzelner Theile hervorgegangen ist. Wichtig ist die Entdeckung v. KörLuıker’s, die mit den von mir beschriebenen Verhältnissen in der dorso-lateralen Längsbahn der Fische gut harmonirt, dass aus dem Solitärbündel ,Bogenfasern abgehen, die als selbst- ständige Bildungen den Schleifenfasern sich beimengen, welche aus der Gegend des Funiculus gracilis abstammen und mit denselben in die Raphe mit gleichen Bündeln der anderen Seite sich kreuzend auf die andere Seite übertreten“. Ausserdem nimmt EpinGer’) an, dass der Vagus eine Wurzel aus dem Klein- hirn erhält, welche direkt eine sensorische Kleinhirnbahn ist. Wenn nun auch die Ursprungsverhältnisse der Vagusgruppe bei den Amnioten noch nicht erschöpfend genug durchgearbeitet sind, so ergänzen sich die Befunde bei den Säugern und den Vögeln immerhin erfreulicher Weise genug und lassen sich gut in Einklang bringen mit meinen hier mitgetheilten Befunden bei den Fischen. Heidelberg, im November 1895. 1) H. GIERKE in PFLügEr’s Archiv, Bd. VIII, eitirt nach CRAMER. 2) A. CRAMER, Beiträge zur feineren Anatomie der Medulla oblongata und der Brücke. Jena 1894. 3) L. EDINGER, Vorlesungen über den Bau der nervösen Centralorgane des Menschen und der Thiere. Leipzig 1893. 4. Aufl. 13* 100 B. HALLER [56 Tafel-Erklärung. Allgemeine Bezeichnungen. rd dorso-laterale Längsbahn. n ventro-mediane Zellgruppe. all äussere Lateralbahn. m ventro-laterale Zellgruppe. il innere Lateralbahn. pg laterale graue Substanz. vll ventrale Längsbahn. vq f periphere bogenförmige Querfaserung. /p Fascieulus longitudinalis posterior s. Vorderstrang- mz motorische Zellgruppe. grundbündel (FrırscH) s. Haube (RoHoN). ok oberer Vaguskern. mf Mauthner'sche Faser. mk mittlerer Vaguskern. rpf Raphe. Vg Nervus vagus. ivds innerer ventro-dorsaler Querstrang. Vgg Vagusganglion. avuds äusserer ventro-dorsaler Querstrang. a,c obere Vaguswurzeln, st? Suleus longitudinalis inferior. d untere Vaguswurzel. Tafel I. Fig. 1. Salmo fario L. Querschnitt über die Medulla oblongata beim Abgange des vorderen Vagusbündels. Vergr. 2/a. REICHERT. Fig. 2. Leueiseus rutilus, L., Querschnitt hinter der Medulla oblongata, Ganglienzellen aus der oberen Vagus- kommissur darstellend. GorGTsches Präparat. Vergr. %/,. R. Fig. 3. Esox lueius, L. Querschnitt aus dem mittleren Vaguskern. ep Ependymzellen, zz Neurogliazellen, nn fei- nes Nervennetz; gz Ganglienzellen. Vergr. 3/,, imm. R. Fig. 4. Cyprinus carpio, L. rd Ramus dorsalis des Facialis, d dorsaler Ast aus der Vereinigung eines dorsalen Vagusastes und eines Astes des WAGNnEr’schen Accessorius hervorgegangen, w WAGNER’scher Accessorius, a dessen Hypoglossusast, b dessen Verbindungsast, I erster, 2 zweiter Spinalnerv, bf Brustflosse. Fig. 5. Salmo ürideus. Das Gehim von der linken Seite. op N. opticus, ep Epiphyse, Ay Hypophyse, abd N. abdue., try N. trigem., 9p N. glossopharyng., vg N. vagus, / dessen Ramus lateralis, »” dessen Ramus intestinalis; »Ay dessen Ramus hypoglossus, I, 2 erster und zweiter Spinalnerv, m aus deren Vereinigung entstandener Nerv für die Brustflosse. ?/, nat. Gr. Fig. 6. ZLota vulgaris, Cuv. Das verlängerte Mark nach Abtrennung des Hirterhirns. 3/, nat. Gr. Cyp. carp. Eine Ganglienzelle aus der vordersten Vagusregion, welche zahlreiche feinere Netzfortsätze quer durch den Vorderstranggrundbündel auf die andere Rückenmarkshälfte sendet. Aus einem GoLGl'schen Prä- parate. Vergr. ?/a. R. Date: Fig. 8. Cyprinus carp. Das Gehirn von rechts. ' Fig. 9. Cyprinus carp. Das Gehirn von unten. 15) mat. /Gr. Op N. opticus, tr N. trochlearis, {rg N. trigeminus, try. g Trigeminusganglion, om N. oculi mot, ac N. acus- tieus, gp N. glossopharyngeus, fa N. facialis, rd dessen dorsaler Ast, /v Lobus nervi vagi sensorius, !.? Lobus impar, vg N. vagus; W WeEBER’scher Accessorius, I, 2 erstes und zweites Spinalganglion. Fig. 10. Anguilla vulg. Das Gehirn von der linken Seite. Bezeichnungen wie bisher. Fig. 11. COyprinus ecarp. Querschnitt aus der Mitte der Medulla oblongata. Fig. 12. Cyprinus carp. Querschnitt aus dem vorderen Theil der Medulla oblongata, durch den Lobus impar 1.:. Auf beiden dieser zwei Figuren sind die geschwärzten Zellen aus GorcI'schen Präparaten eingezeichnet worden. Fig. >- 22, 221. 238. 29. DER ÜRSPRUNG DER VAGUSGRUPPE BEI DEN TELEOSTIERN. 101 Tafel II. Salmo far. Querschnitt hinter der Rautengrube. / Bündel aus dem Lateralstrang (ls), das sich in den Vagus begiebt, z Zelle zum mittleren Vaguskern gehörig. Vergr. ?/. REICHERT. Salmo far. Querschnitt vor dem auf Figur I3. Vergr. w. z. Cyprinus ecarp. Querschnitt hinter der Medulla oblongata. Ebensolcher etwas vor dem Ersteren. Cyprinus carp. Querschnitt aus dem hintersten Theil der Medulla oblongata. Cyprinus ecarp. Querschnitt weiter vor dem vorhergehenden Querschnitt auf Figur 17. Salmo far. Querschnitt durch den Vagusursprung. Nach neun GorGT'schen Präparaten zusammengestellt. Vergr. 3/,. R. Salmo far. Dasselbe wie zuvor. Nach elf GorGl'schen Präparaten zusammengestellt. Barbus fluviatilis, Cuv. Eine Zelle aus dem mittleren Vaguskern. Esox lueius. Eine Ganglienzelle aus dem mittleren Vaguskern. Vergr. 3/4. R. Barbus fluviatilis. Längsschnitt durch das mittlere Vagusganglion. Fn centrales, Wy peripheres Ende. d dorsale, v ventrale Seite. Tafel IV. Cyprinus carp. Horizontalschnitt aus der hintersten Hälfte der Oblongata. cv vordere, cv’ mittlere, cv” hintere Portion der hinteren Vaguskommissur. Vergr. 2/4. R. Cyprinus ecarp. Schnitt aus dem den Lobus n. vagi sens. mit dem Lobus n. glossopharyngei sensorius verbindendem Stück. Neurogliales Netz. Vergr. 3/,, imm. REICHERT. Anguilla vulgaris. Horizontalschnitt aus der rechtsseitigen Hälfte der Medulla oblongata in der Höhe des oberen Vaguskernes. 4p Glossopharyngeus, ac Acustieus, Zr Trigeminus, rdeb Ramus descendens aus dem Hinterhirn, ® sensorischer Vagusbezirk. V. w. z. Salmo far. Horizontalschnitt durch die Medulla oblongata in der Höhe des mittleren Vaguskernes. fr Fossa rhomb., r.asc. V aufsteigende Trigeminuswurzel, » Wurzelbündel aus der inneren Lateralbahn in den Vagus, cv hintere Vaguskommissur, 7 Ursprung eines Achseneylinders in die aufsteigende Trigeminus- wurzel. Vorliegende Abbildung wurde nach einem KarminpräpaYat entworfen und einzelne Faserzüge nach einem WEIGERT'schen Präparat eingetragen. Vergr. ?’5. R. Esox lucius. Querschnitt hinter der Rautengrube. ds Dorsalstrang, !s Lateralstrang. V. w. z. Schema des Vagusursprunges, roth, Vorderstranggrundbündel: gelb: dorsales Längsbündel, AA Hinterhirn, fr Fossa rhomboidea, Yy Vagus, a ungekreuzte, 5 gekreuzte Fasern aus dem mittleren Vaguskern, e gekreuzte Fasern aus dem Vorderstranggrurdbündel, c’ ungekreuzte Fasern aus demselben (diese zwei letzteren können, soweit sie dem mittleren Vaguskern genähert entspringen, auch als Fasern des unteren Vaguskernes betrachtet werden), e kurzbahnige Fasern aus dem Lateralbündel, f,e’ gekreuzte und unge- kreuzte Fasern aus dem Hinterhirn, g Fasern unbekannten Ursprunges, a’,c’ gekreuzte und ungekreuzte Fasern direkten Ursprunges aus dem oberen Vaguskern, 5’d’ gekreuzte und ungekreuzte Fasern in- direkten Ursprunges aus dem oberen Vaguskern. a) Ar FR u y euere ru Eon 0 ° j . ya rg) ar w ar 4 P- Ihtrs% u j 3 PATDTERLIE M Ken uhr Ei ix ze war AR Ha} ve FRE FAT? / ups ul) ur MALTE zu N re My. u 2 — ‚Haller genbaur. 3 ir Ge fi Festschrift J on Wilhelm Engelmann in Leipzta. a Festschrift für Gegenbaur Haller. Taf: I. Hkelır Engelmann ! Leipzig. Dh Ina Dtsch, Jene Festschrijfi für Gegenbaur: Ai Ach Jet 2 A 9: Ss x S "SS ER S € T Festschrift für Gegenbaur. nase.” nase\ ind Vale Haller Taf. IV. nr ER, er en = ws iu — ern > = Lu} | > & ok a mk ca _ rlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig A tıltk EEE VORSTUDIEN ÜBER DAS HIRNGEWICHT DER SÄUGETHIERE VON DR, MAX WEBER 0. Ö. PROFESSOR DER ZOOLOGIE UND DIRECTOR DES ZOOLOGISCHEN INSTITUTES IN AMSTERDAM. Festschrift für Gegenbaur. III, 14 In Studien von allgemeinerer Tendenz über das Gehirn der Säugethiere wird in der Regel auch Bemerkungen über das Gewicht derselben einiger Raum ge- gönnt. Gewöhnlich beziehen sich dieselben auf das absolute Gewicht einiger Ge- hirne, sowie auf ein paar Verhältnisszahlen vom Körper- und Gehirngewicht ein- zelner, meist extrem grosser und extrem kleiner Säugethiere. Auch wird, bei einiger Vollständigkeit der Aphorismen über dieses Thema, der bekannte Satz angeführt, den CuviEr zuerst aussprach: „que, toutes choses &gales, les petits animaux ont le cerveau plus grand a proportion.‘“ Die Daten, die den obengenannten Bemerkungen zu Grunde liegen, wer- den fast ausschliesslich den klassischen Werken von Cuvier!) und von LE£urEr et Grariorer?) entnommen. In diesen Werken ist eine grosse Zahl von Relationen zwischen Körper- und Hirngewicht zusammengetragen. Sieht man sich aber diese Tabellen relativer Hirngewichte näher an, so enthalten sie einzelne schwache Punkte, wodurch sie unseren heutigen Ansprüchen nur theilweise mehr genügen. Wir wollen hierbei ganz davon absehen, dass häufig die genauere, systematische Bezeichnung der untersuchten Thiere vollständig fehlt oder aber, dass, wie bei Leurer und GRATIOLET, die Thiere bunt durch einander stehen, nur nach dem relativen Hirngewicht ge- ordnet. So findet man z. B. den ‚‚dauphin‘‘ dreimal an verschiedenen Stellen an- geführt, mit den relativen Hirngewichten 1:36, 1:66, 1:102. Dieses Beispiel führt uns von selbst auf den schwächsten Punkt dieser älteren Tabellen. In ihnen vermisst man jede Mittheilung über das absolute Körper- und Hirngewicht und damit jeden Maassstab über Grösse und Alter der untersuchten Thiere. Aus den drei Angaben über den „dauphin“ z. B. kann man nur den Schluss ziehen, dass die drei untersuchten Individuen, angenommen, dass sie dersel- ben Species angehörten, sehr verschiedenen Alters waren; ob No. 3 aber erwachsen war, inwiefern der Ernährungszustand eine Rolle spielte, bleibt uns verschlossen. Eine flüchtige Ueberlegung der Thatsache, dass der Körper im Gehirn so zu sagen vertreten ist, macht es bereits deutlich, dass die nach Inhalt und Oberfläche 1) G. CuvıEr, Lecons d’anatomie comparee. 1845. t. III. p. 77. 2, LEURET & GRATIOLET, Anat. comp. du systeme nerveux. 1839—1857. I. p. 429. 14* 106 Max WEBER E umfangreichere Maschine eines grossen Säugers ein grösseres Gehirn haben muss, als ein kleinerer Säuger. So wird es bei den grössten Cetaceen ungefähr 7 Kilo betragen, während es bei einer erwachsenen Maus nur 0,43 gr schwer ist. Im Gehirne spielen sich aber nicht allein automatisch-reflektorische Vorgänge ab, sondern auch die höheren geistigen Vorgänge. Letztere sind wohl nur in so weit abhängig von der Masse des Körpers, als die äusseren Sinne nach innen reflektirt werden und die Eingeweide- und Muskelnerven das 'Thier zu einem fühlenden Subjekt machen. Im Uebrigen aber werden die „geistigen“ Vorgänge in der Hauptsache unabhängig sein von der Körpermasse. Hieraus folgt, dass einerseits das Gehirn in seiner Masse — z. B. aus- gedrückt durch sein Gewicht — abhängig sein muss von der Masse des Körpers, gleichfalls durch sein Gewicht ausgedrückt; — andererseits folgt aber hieraus, dass andere Faktoren hinzukommen, die von Einfluss sind auf das Hirngewicht, unabhängig von der Körpergrösse. Einem Erinaceus europaeus z. B. mit einem Körpergewicht von 779 gr genügt ein nur 3,37 gr schweres Gehirn, während ein ganz ähnlich lebender Dasyurus viverrinus von 7130 gr bereits 6 gr Hirnmasse hat, eine Pithecia pithecia aber von nur 455 gr Körpergewicht hat ein 22 gr schweres Gehirn. Dasyurus hat zwar, im Gegensatz zum defensiven Charakter des Erinaceus, einen ächten Raubthier- charakter, und Pithecia wird als Baumbewohner ein umfangreiches Grosshirn nöthig haben, um die zahlreichen Sinneseindrücke, namentlich des Tastgefühls, zum Bewusstsein zu bringen und umgekehrt, vielseitige Bewegungsmechanismen mit kom- plieirter Muskelbewegung anzuregen, hiermit ist aber in weitester Ferne nicht Alles erklärt. Hieraus folgt für uns aber, dass einfach das relative Hirngewicht uns nur sehr unvollständig unterrichtet über die hier vorliegenden Fragen und dass absolute Gewichtsangaben über Körper und Gehirn nicht fehlen dürfen. Meine Liste enthält ausser eigenen, auch Angaben Anderer. Dass letztere nicht zahlreicher sind und scheinbar nicht im Verhältniss stehen zu dem Umfang der mammologischen Litteratur, hat seinen Grund in Folgendem. In genannter Litteratur stösst man wohl auf eine Anzahl — verhältnissmässig keine sehr grosse — Angaben über das absolute Hirngewicht, weitaus in den meisten Fällen fehlt aber jede Angabe über das Körpergewicht. Nur die Fälle, in denen letzteres berechnet ist, konnten in meiner Tabelle einen Platz finden. Fibenso wenig konnten die Mittheilungen der älteren Autoren, von denen oben bereits CuvIEr und LE£urer et GRATIoLET genannt wurden, ferner die der Veierinär-Anatomen benutzt werden, da sie nur das relative Hirngewicht nennen, nicht aber das absolute Gewicht von Gehirn und Körper, die beide zur richtigen Beurtheilung nöthig sind. Auch die Angaben mussten verwahrlost werden, in denen das Gehirn nicht frisch, sondern erst, nachdem es bereits länger oder kürzer konservirt war, gewogen 5] VORSTUDIEN ÜBER DAS HIRNGEWICHT DER SÄUGETHIERE, 107 wurde. Man hat zwar gemeint, den Gewichtsverlust, den das konservirte Gehirn erlitten hat, durch ein bestimmtes Gewichtsverhältniss ausdrücken zu können; dies kommt mir aber höchstens nur für gewisse Fälle ausführbar vor, während im Uebrigen solcher Korrektion eine grosse Unsicherheit anklebt. Der Gewichtsverlust wurde denn auch von verschiedenen Autoren nicht mit gleichem Endresultat be- rechnet. Nach Marsnmaın soll er %ı des ursprünglichen Gewichtes betragen. Broca berechnete den Verlust auf 30% in maximo, während er nach BiscHorr 25%, nach Vıerorpr 40%, des späteren Gewichtes betragen soll. Hierbei wäre natürlich auch die Art der Konservirung, deren Dauer und Erfolg, sowie die Art des gebrauchten Härtungsmittels zu berücksichtigen. In dieser Angelegenheit hat sich denn auch bereits Mörrer') in skeptischem Sinne ausgelassen und darin Grund sefunden, in seiner Tabelle von Hirngewichten der Anthropomorphen die Gewichts- Angaben über konservirte Gehirne von denen der frischen zu trennen. Bestimmungen, die ich in dieser Richtung an Gehirnen verschiedener 'T'hier- arten ausführte, ergaben gleichfalls verschiedene Resultate, was auch kaum anders zu erwarten ist. Denn die Menge der durch Alkohol z. B. extrahirbaren Stoffe wird in geringerem Maasse individuell, vermuthlich aber viel erheblicher und in verschiedenem Maasse nach der Thierart verschieden sein. Hält man alles dies im Auge, so kommt man zum Schlusse, dass konservirte Gehirne für Gewichtsbestimmungen nur dann zu gebrauchen sind, wenn es um ein Ergebniss zu thun ist, bei dem es auf grosse Ge- nauigkeit nicht ankommt, das aber befähigt ist, uns eine Vorstellung zu geben über das ungefähre Gewicht eines bestimmten Gehirnes. Mit Beiseitelassung der konservirten Gehirne wird wenigstens eine Gruppe . von Fehlerquellen vermieden. Dies ist wünschenswerth, da verschiedene andere nicht zu umgehen sind bei unseren Bestimmungen. Da ist zunächst zu nennen, dass bei der Herausnahme des Gehirnes aus der Schädelhöhle, die häufig sehr stark ent- wickelten Bulbi olfactorii nicht in toto extrahirt werden können, und dass das ver- längerte Mark nicht immer auf der gleichen Höhe durchschnitten wird. Auf einer Tabelle, die der Art der Sache nach eine Vergleichung beabsichtigt, erscheinen neben einander Thiere von ungleichem Lebensalter und verschiedenem Er- nährungszustande. Erstere Ungleichheit ist leichter zum Ausdruck zu bringen durch leicht erkennbare Merkmale der Jugend und durch Angabe der Körpermaasse. Schwieriger liegt es in dieser Beziehung mit dem Ernährungszustande und seinem Einfluss auf das Körpergewicht. Hiervon können eben nur die extremen Zustände durch Epitheta, wie „mager“, „fett“ etc. angedeutet werden. Dass diese Fehler- quellen aber nicht so gross sind, dass sie die allgemeinen Resultate unsicher machen, das lehrt wohl bereits ein oberflächliches Studium meiner Tabellen. | Bereits früher gab ich eine Tabelle über das Hirngewicht der Säugethiere’), die in der Hauptsache wie die vorliegende eingerichtet war. Seit jener Publikation 1) Mörter, Ahhdlg. u. Ber. d. Kgl. Zool. Ethnogr. Museums in Dresden. 1890/91. p. 2. 2) Bydragen tot de dierkunde. Feestnummer. Amsterdam 1858. 4. 108 MAx WEBER [6 wurden aber weitere, hierher gehörige Data gesammelt. Diese früheren Angaben erlaube ich mir nochmals vorzulegen; einmal der Vollständigkeit halber, dann auch weil die frühere Publikation an wenig zugänglicher Stelle und in weniger zugänglichem Kleide erschien. Den technischen Theil anlangend, so wurde stets, nachdem das Gewicht des ganzen T'hieres bestimmt war, das Gehirn frisch gewogen nach Entfernung der Dura mater. Nur in ganz vereinzelten Fällen (Elephant, Giraffe) wurde das Thier nicht in toto gewogen, sondern einigermaassen zerlegt. Von der gewöhnlichen Methode, ein Säugethier zu messen, von der Nasenspitze bis zum Anus, wurde nur bei Affen und Cetaceen abgewichen, wie in der Tabelle des Näheren an geeignetem Orte ver- meldet wurde. — | Länge des | Gewicht des Verhält: | 2 | ö | = | Ratio a SR rn: in = | E Ey = Procent > 2 2 | ©) Marsupialia. Petrogale penmieillata | Grar Q' 58 51° | 76200.)723,57|°1°226447 10538 Petrogale penieillata | Gray g' 56 19 | 4050| 24,9 |ı:163| 0,6 Didelphys marsupialis | 1lE (6% BR) 32 3480 6,5 12535 0,19 Dasyurus viwerrinus | Suaw g' 36 24 730 6 11200) 20,80) Macropus ruficollis Desm. | Kleines Exemplar v. bennetti Warn. © 62 52 4830| 28,65 |1:168| 0,59 mit Jungen. Macropus rufus Desm. © 106 820 0227501 058 1:392| 0,25 Maeropus rufus Desm.g' | 121 105 | 45500, 64 1.270110, 270,14 Trichosurus vulpecula | Kerr © 44 377 11 144:256) 10.1152: 161 221310)1.00%9 Trichosurus vulpecula Kerr Q 44 34 1724 10,6 |1:162| 0,61 Insectivora. Erinaceus europaeus L. 28 | 2 | 7a Fara BeDe Erinaceus europaeusL.g' | 30 | 2 1 3,37 |. 172342 0,42 Tupaja javanica | Hoxsr. g! 17 | DRS | Nase 2,5 | Tupaja javanica Horsr. 18,5 En os 2,5 |1:43,2l 2,31 | KoHLBRÜGGE!) p.38. 1) Natuurkdg. Tydschr. Ned.-Indie. LV. 7] VORSTUDIEN ÜBER DAS HIRNGEWICHT DER SÄUGETHIERE. 109 —T—mmmm nn ————=—°—— Länge des Gewicht des Verhält- 2 S = ea Ratio ur EB. Ele in 3 = a Ir) Procent 1 7) = ©) Chiroptera. Pteropus edulis | | | GEoFFR. I | 38 | 4250 1007, ler 20455 Pteropus edulis | | GEOFFR. g' 32 115 9 121084 720578 Pteropus edulis GEOFFR. — —_ 1275 10,5 1:121 | 0,82 | KoHLBrücge !)p.38. Pteropus edwardsi GEOFFR. © 24 — 287 7200 010740 2,5 Edentata, Bradypus tridactylus Tr. 51 4 2130 16,5 12 IE 05707 Bradypus tridactylus Et juy. 345) 2,5 7148 | 11,48 |1:65 | 1,53 Myrmecophaga jubata L. 131 76 20800 | 75 1:277| 0,36 | sehr mager. Myrmecophaga jubata L. 126 78 25500 54,9 1:302 | 0,33 Myrmecophaga zubata L. 135 66 23000 | 87 1:265 | 0,37 | sehr mager. Myrmecophaga zubata L. © 139 83 28086 54 1: 334 ‚29 Tamandua tetradactyla Q 37 30,2 11682175352 010:567 1,49 Dasypus sexeinetus L. g' 36 13 25670 3227 ‚a4 | Manis javanica Desm. 37,00 029 1750 9,5 ,1:184| 0,54 Manis javanica Desm. © — — 3500 11 1231828 0,341 Manis javanica Desm. 55 -- 8000 | 13 |1:615 | 0,16 | KoHLBRÜGGE!) p.36. Rodentia. Sciurus vulgaris L. g'juv. 20 14,5 172 5,790161.:230 a | Seiurus vulgaris L. G'juv. a1 15 191 5,78 |1:33 | 3,03 | Sciurus vulgaris L. © -. — 389 6 102652. 1.1.55 Sciurus bicolor SPARRM. g' 40 46 1400 | 12 1:116 | 0,85 | KoHLsrÜüsGE!)p.37. Pteromys nitidusDzsm.g' | 44 44 1600 | 11,8 |1:136| 0,74 | Arctomys marmota | | SCHRER. J' 46 17 6250 | 13,4 |1:467| 0,21 | Cynomys ludovicianus | | Baırp J | 28 7 807 | 6,28 |1:133| 0,8 Cricetus frumentarius | 24 4,5 195 2529517122783 en Kl Pırr. © 1) Natuurkdg. Tydschr. Ned.-Indie. LV. 110 MAx WEBER [s Länge des Gewicht des Verhalt- | e S a a Ratio ns Be: ls: 2 6} = 3 ir Procent | = 17} = [) Mus musculus L. g' juv. 7 8 11,58 0,37. | 10231 3,19 Mus musculus L. g' juv. 7,5 S 15,75 0,43 | 1:36 2,76 Mus musculus L. © 9,5 9 20,85 0,43 | 1:49 2,06 Mus decumanus @ 18 15 130 1552 012987 1,15 Mus decumanus g' 26 20 551 2,25 | 1:245 | 0,408 Mus decumanus g' 26 20,5 430 2 ze Mus decumanus g' 217 18 363 2,36 |1:154| 0,65 Myopotamus coypus GEOFFR. © 57 26 38002 |14,772217:7257)120,39 Myopotamus coypus GEOFFR. Q' 61 40 521008 218,352 122341712 0,3 Synetheres prehensilis F. Cuv. © 50 38 2046 20 122102770798 Dasyprocta aguti L. g' 56 >68“ a0 | 134 | 0,74 Hydrochoerus capybara | | Erxr. © 102 — 25500 75 1:393 0,26 Lepus cumeulus L. 9' 52,5 6 1970 9,52 n1E:22[0,7 02055 Castor canadensis KunL © zul 35 195001 35,67 °| 12575) 20,18 Lagostomus trichodacetylus BRooKES _ _ 3854 8,80 | 1:436 | 0,22 | Owen!). Carnivora pinnipedia. Phoca vitulina L. © Sn 18000 | 242 |1:74 er Phoca vitulina L. 104 | 9 19500 260 l1:75 1,33 Phoca vitulina L. g' 107 11 26250 , 290 | 12390 il Otaria californiana g' 174 10 105000 399 |1:266| 0,38 | Ein Jahr und 31/, Otaria californianaQ juav. | 111 | 6 31000 347 11:89 1,1 Monat alt. Otaria jJubata Forst. 170 71586 | 344 |1:208| 0,48 | Murım?). Carnivora fissipedia. Felis leo L. g' juv | 43 19 1379 a ne: 5,58 |5 Wochen alt. Felis leo L. © juv 83 37 13000] 163 |1:80 1,25 | 3—4 Monate alt. Felis leo L. © juv ı 122 65 35600, 193 1:184, 0,54 | 11 Monate alt. Felis leo L. © = — 68500 | 213 1:323| 0,31 | erwachsen, sehr | | | mager. Felis leo L. g' | 182 s4 119500 | 219 1:546 | 0,18 | erwachsen,ungefähr | 15 Jahre inGefan- | | | genschaft. Felis tigris L. © | 169 69 57800| 246 |1:235| 0,31 | erwachsen. Felis onca L. 2 | 110 49 | 29000| 149 |1:195| 0,51 nicht erwachsen. elis concolor L. 2 | 109 59 30000| 118 | 1: 2545| 0,39 Felis concolor L g' | 140 59 44000 | 137,5 |1:320| 0,31 1) R. Owen, Proc. Zool. Soc. of London. 1839. p. 175. 2) Murie, Trans. Zool. Soc. of London. VII. p. 534. VIII. p. 530. 9] VORSTUDIBN ÜBER DAS HIRNGEWICHT DER SÄUGETHIERE, la Länge des Gewicht des verkeik i Ratio | vis 5 =! 5 = in 2 EB a9 = 5 E= 5 er Procent = 2 = 16) Felis pardus L 2 juv. 33,5 16 492 48 1:10 9,75 Felis pardus L Q@ juv. 50 29 2044 83 11:725 4,06 Felis pardus L pw. 78 53 11900 | 110 1:108 | 0,92 Felis pardus L © Sıass 1E 52, 23820 | 130 1:183 | 0,54 Felis pardus Lg! 128 76 27700 | 164 1:168 | 0,59 FelisdomesticaGm. g'Jjuv. 23 10,5 3339) | 16,13 |119:721 4,76 Felis domestica Gm. Q' 51 26 2692 | 29,5 91 1,095 Felis domestica Gm. g' 56 25 3070 | 29,07 |1:105| 0,95 Felis domestica Gm. Q' 56 26 3224 | 33 102.98 1,03 Felis domestica Gm. g' 59 24 30132 73345 1:108| 0,92 Felis domestica Gm. Q' 56 23 390725 29152 112:713421.0,75 Felis domestica Gm. g' 56 25 4540 | 31,25 |1:145 | 0,68 | fettes Exemplar. Felis catus L. g' 59 41 4157 | 39,6 1:105| 0,95 Felis minuta Teum. 48 17 1235 | 23,6 1:56 1,9 mageres Thier. Felis minuta Temm. juv. 36 — eo 1727 3,68 | Milchgebiss, Kont- Viverra tangalunga BRÜGGE!). Grar Q 66 33 3130 | 30,2 127103.|7 0,96 Viverra civetta SCHREB. Q' 87 42 8500 | 42,1 1:202| 0,5 Paradozurus musanga GRAY. 57 43 3100 | 22 DET 0, Herpestes mungo Gm. 9' 41 28 1523 | 10,9 10105 0,7 Herpestes albicauda Cuv. gi 48 33 1827, ae (esse 12 Suricata tetradactyla SCHREB. 1 35 14 626 | 10,937 717257 175 Hyaena striata Zıum. © 111 27 17500 89 1:196 | 0,508 Hiyaena striata Zımm. © 117 19 28750 s1 197355410.0,28 Hiyaena erocuta Erxı. © — —_ 43500 | 168 10:259] 0.0.38 Canıs adustus SUNDEY Q juw.| 47 25 1550 | 39 |1:39 | 2,56 Canis adustus SUNDEY 9‘ 73 —_ 8000 | 47,4 19:21663 70,6 Canis lagopus L. © 56 24 6500 | 31 1:205 | 0,48 Canis lagopus L. g' 59 29 33700 39102 114: 82° | 1,2 Canis famelicus Rürr g' 57 27 2248 | 36,8 1:61 1,6 Canis jubatus Desm. © 116 40 23600 | 160 |1:147| 0,7 sehr mager. Canis mesomelas ScHREB. © 69 29 7450 | 53,8 14:213821 2.072 Canis lupus L. 107 31 19500 13176212 0,5069 Canis lupus L. © 123 36 | 36300:| 119,5 |1:304| 0,33 Canis familiaris: Leon- | 4 Jahre 6 Monat. berger. _ _ 59000 | 135 |1:437| 0,22 RüÜDINGER?). C. f. Bernhardiner © _ - | 570.008, 108271525272 2051 3 Jahre. RÜDINGER. C. f. Bernhardinee J | -— —_ | 53000 12308 1,19:74305 020°2 s—9 Jahre, Rüpın- GER. 1) Natuurkdg. Tydschr. Ned.-Indie. LV. p. 21. 2, Verhdlg. d. anatom. Gesellschaft. Jena 1894. p. 173. RÜDINGER giebt hier eine lange Reihe von Wägungen, beiden Autoren gebrauchten Namen, mit die ich zusammen mit einzelnen von WILDER, unter Beibehaltung der von meinen Wägungen vereinigt und nach dem Körpergewicht geordnet habe. Festschrift für Gegenbaur. III 15 112 Max WEBER [10 Länge des Gewicht des Vanslı ae ee ge 5 3 =) = in nu E & Be 3 = S = Procent 2) 7} = I) ©. f. Ulmer Dogge E= — 48000 | 114 1:421 | 0,23 | 2 Jahre 3 Monate, RÜDINGER. C. f. Bernhardiner g' — — 46000 | 123 1:373| 0,26 | 4 Jahre 7 Monate, RünınGEr. ©. f. Leonberger — = 41000 | 105 1:390| 0,25 |1 Jahr 4 Monate, RÜDINGER. 0. f. Newfoundland _ —_ 38345 | 120 1:319) 0,31 | erwachsen, WıL- DER!). ©. f. Jagdhund 2 —_ — 32000 | 109 a ek | a RüÜDINGER. 0. f. Hofhund = — 29000 62 1:467 | 0,21 | 2 Jahre, Rünınger. ©. f. Bernhardiner 2 —_ — 28000 | 116 1:241 | 0,41 | 5Monate, RÜDINGER ©. f. sagax venaticus + extrarius aquaticus terrae novae g' 110 34 27500 | 107 1:25 | 0,89 ©. f. sagax + extrarius aquat. terrae novae G' 113 37 25000 98 1:255 | 0,39 ©. f. Molossus 92 = 21000 95 1:221| 0,45 ©. f. leporarius © 107 36 16250 | 102 1521592 2:0)63 ©. f. sagax hirsutus + domestieus 9' 98 32 15444 83 1:186 | 0,54 ©. f. leporarius italieus® 102 30 14250 s6 1:165510..0,60 C. f. sagax g' 97 33 13539 95 1:142| 0,70 | junges Thier. ©. f. lapponieus 5' 77 27 12040 70 12172 00,53 alt: ©. f. domestieus + sagaz gallicus ragusanus so 24 12000 80,5 |1:149 | 0,67 ©. f. Jagdhund © — — 12000 82 1:146 | 0,68 | 3 Jahre, RüDınGer. ©. f. sagax venaticus + domesticus O s0 24 5586 84 1:102 | 0,98 ©. f. Affenpinscher — = s500 73 1:116| 0,85 |1 Jahr, 6 Monate, RÜDINGER. ©. f. caraibaeus medius 2 72 22 7919 66 1:120| 0,83 | sehr alt. Oje Pinscher. ® — = 7500 64 1:117| 0,85 | 9Monate,RüDInGER. ©. f. Spitz Q — == 6100 75 1:81,3| 1,22 | 6Monate,RÜDINGER. ©. f. Windhund 2 — = 6000 s1 1:74 1,35 | 2 Jahre, RüpIinGer. ©. f. extrarius aquaticus hirsutus 9' 69 21 5897 65 152290 1,1 ©. f. English Terrier (large) — == 5300 69 1:76,8| 1,3 3,5 Jahre alt, Wır- ©. f. Mops (zweifelhafte DER!) Rasse) = —— 4878 72 1267,70 1547 ©. f. Mops (zweifelhafte 4Monate, RÜDINGER. Rasse) — — 4775 74 1:64,5| 1,54 | 4Monate,RÜDINGER. ©. f. Pinscher — — 4496 zul 1 263,301. 1570 12 Jahr262. Monate; RüDINGER. ©. f. Hund v. engl. Rasse — = 4378 68 1:64,3| 1,55 | RüÜDInGeEr. ©. f. extrarius hispanieus hirsutus G' 60 17 4350 60,5 1 1,272 1,39 1) WILDER, Rep. Am. Assoc. London 1895. p. 122. Advancement of Se. 1873, cfr. H. H. DonaLpson, The Growth of the Brain. 11] VORSTUDIEN ÜBER DAS HIRNGE WICHT DER SÄUGETHIERE. 113 Länge des Gewicht des Vanae = 8 Ratio nn 5 3 5 A in a E EU = Procent “ 17] < © C. f. Spitz — 3750| 59 1:63,5 | 1,57 | 6Monate,RüpinGer. ©. f. Spitz _ 3400| 71 1:47,8 | 2,08 | 6Monate,RüpınGer. C. f. Spitz — — 3128 '70 1:446 | 2,23 ©. f. Englisch Terrier (small) — _ 1320 38 1:34,7 | 2,87 | 6 Monate, WILDER!) ©. f. Hund 9 — —_ 1137 54 1:13,5 | 7,38 | 4Monate,RÜDINGERr. ©. f. pomeranian _ E— 132 5 123.16,521°6,1 54 Stunden, Wır- DER!). Lycaon pietus Temm. 97 29 25400 | 131 1:193 | 0,52 | sehr alt. Ursus arctos L. © juv. s6 E= 9000 | 252 1:36 2,8 junges Thier. Ursus arctos L. Q' 188 15 197000 | 407 1:484 | 0,206 | mager. Ursus maritimus L. 9' — — [245800 | 530 1:464 | 0,218 UrsusmalayanusRarrL.g' | 114 7 20000 | 325 1262 1,62 Procyon lotor L. © 57 25 4380 41 173107 0,94 Putorius foetidus L. © 34 11,5 389 | et 1,41 Galictis barbara L g' 50 Bil 1490 47 lan) Bi Galietis vittata SCHREB. 1 52 17,5 elle, a ee ill Cetacea über den Rücken von der Schnauzen- bis zur Schwanzspitze gemessen). Phocaena communis Less. g' communis Less. g' Phocaena communis Less. © communis Less. gt Phocaena communis Less. g' Phocaena communis Less. g Lagenorhynchus albiros- tris Q Tursiops tursio FaBr. © Globiocephalus melas TRAILL. Phocaena Phocaena 1 WILDER, Rep. Am. Assoc. Advancement of Se. 1873, efr. H. London 1896. p. 122. 2, MURIE, J., Trans. Zool. Soc. of London VIII. 1874. zit! — 6750| 199 120001 300 14900, 381 245001 406 30200 408 53500| 512 675001 1126 275000| 1886 1000000, 2511 p- 273. H. DoNALDsonN. 105 432 | :400 sehr jung. jung. jung. junges Thier. MuriE?). The Growth of the Brain. 114 Max WEBER 12 Länge des Gewicht des an 2 8 H Ratio | Ass 8 5 3} 2 in nu = a B= 3 R=| 5 nn Procent id 2 2 @) Artiodactyla. Tragulus javanicus PALL. Q! 50 4 2037|) 15,85 |1 2129 | 0,78 Tragulus napu RAarrL. Q 53 8 26701 18,3 11271467 0,7 Tragulus memmina Erxr. © 53 2 2368| 17,1 1:139| 0,72 Cervus capreolus L G'juv. 108 —_ 14500| 97,5 |1:149| 0,67 Cervus porcinus GM. G' 128 16 30000| 142 |1:208| 0,47 Cervus elaphus L. g' 220 12 125530| A1l |1:305| 0,33 Camelopardalis giraffa SCHREB. g' _ — 150000| 389, |1:392| 0,259 | 2Monatealt. Crısp') Camelopardalis giraffa SCHREB. O1 —_ — |300000| 420 |1:761| 0,14 |jung. Crısp?) Camelopardalis giraffa lebte 22 Jahre in SCHREB. ' 305 71317529000) 226802 18.277777 2.0,12 Amsterdam. Oryz beisa Rürr. Wi 34 107000| 280 |1:382 | 0,26 Bubalis caama Cuv. 9 192 34 99500 | 269 1975704 7.0527 Damaliscus lunatus BurcH © = — 82000| 324 1:253 | 0,4 Boselaphus tragocamelus Sunpw. © 186 49 152000) 260 1:4589. 120,17 Antilope cervicapra Pırı. © 102 11 13500 90 1:150 | 0,67 Cephalophus mazwelli H. Sm. © 41,5 5 1202| 28,8 |1:42 2,39 | junges Thier. Cephalophus mazwelli H. Sm. g! 62 6 2463| 36,2 |1:68 1,47 | sehr mager. Cephalophus mazwelli H. Su. g! 60 7 24305 37:5 012228320 5612 Cephalophus De Sm. Q 60 8 3160| 35,4 1:89 1,12 Cephalophus a H. Su. © 68 8 3780| And 1:92) | 9.09 Rupicapra In L. g! 116 6 26500 | 118,5 1:223 | 0,45 Ovis musimon Scurn». Q 112 5 23000| 101 |1:227| 0,439 Perissodactyla. Tapirus indieus L. g' 219 — |201000| 265 |1:758| 0,13 Tapirus americanus L. g' 85 | 7 | 13750 | 157,50 1222100 | 1 | I Monat 4 Tage alt. 1) C. Crısp, Proc. Zool. Soc. of London. 1864. p. 64. 2) C. Crısp, 1. c. Als Gewicht für den Körper wird hier „about“ 16 ewt. — vermuthe, dass hier ein Fehler vorliegt, und dass es heissen muss: 6 ewt. 812800 gr angegeben. Ich 13] VORSTUDIEN ÜBER DAS HIRNGEWICHT DER SÄUGETHIERE. 115 Länge des Gewicht des Verhalt- R Ratio Dis 5 E 5 EI in 9 E nu e) 2 B= 12 a Procent 2 2 » 16) j) Tapirus americanus L.Q 99 6,5 18900) 134,5 |1:140| 0,71 | junges Thier. Tapirus americanus L.gQ! 197 160000) 169 |1:947| 0,1 Vater des 1 Monat alten Ex. Equus zebra L. © 224 42 166500 | 674 |1:247| 0,4 ziemlich mager. Hyracoidea. Hyrazx capensis L. 9' 55 - 1680 21 1:80 1,25 | sehr mager. Hyraz capensis L. Q' | — — 3500 19,2 |1:183 | 0,55 | Nach Grorer!). Das auffallend nied- rige Gehirnge- wicht erklärt sich vielleicht, da- Hyrax capensis L. — _ 2387 12 19211909 720,5 durch, dass die Hyraz capensis L. _ - 1997 11 je:zls10 20,90 | Gehirne aus Alkohol gewo- gen wurden, ob- wohl der Ver- fasser dies nicht sagt. Proboscidea. Elephas africanus LQ | — — [|1642000| 4370 |1:375| 0,25 lebte 10 Jahre in Amsterdam. Elephas indieus L. © | u — 12047000) 4660 |1:439| 0,23 | ungefähr 25 Jahre zalt. Elephas indieus L. © = _ Az 3750111255 0,8 C. Mayer). Elephas indicus L. g' 3048 hoch [3048000 5430 |1:560| 0,17 |C. Crısp3). Prosimiae. Chiromys madagasca- riensis Gm. © 44 | 43,5 1607 |-42,95 1021370 022,617 Perodicticus potto | | GEOFFR. — — 710 9,3 a Perodictieus potto | | GEOFFR. 32er 115 756 | 13,25 12:25, 01,75 Perodietieus potto | GEOFFR. 39 | 5 732 9,59 15:76, 1,34 1) GEORGE, Monogr. du genre Daman: Bibl. de l’&cole des Hautes Etudes. T. XII. No. 5. 1875. p. 130. 2) C. Mayer, Nova Acta Acad. Caes. Leop. Carol. XXII. 1847. p. 48. 3) C. Crısp, Proc. Zool. Soc. Lond. 1855. p. 186. 116 Max WEBER Länge des Gewicht des Verhält- 8 Ratio | "iss 5 3 5 | in E E = e = Re] 3 3 Procent ‚ 2 = Ö Nyeticebus tardigradus Lg | 315 1,5 500 8,18. | 1.61. ,| 1163 Nyeticebus tardigradus L: |. 31,5 1,5 116 72a 254.2, 1085 Lemur mongoz L. v. collaris Q 46 40 2140 28 E76 1,3 Lemur mongoz L. © 42 38 1268 ZU EE 512:060 1,66 Lemur varıus J. GEOFFR. 91 60 61 3411 33 17:51032 20,97 Lemur varius J. GEOFFR. © 63 60 216955. |, 25,7 10:75 1,3 Primates. ( ) bedeutet, dass das Thier vom Scheitel bis zum Anus gemessen wurde, das mit [ ] versehene Maass bei Anthropomorpha giebt die Länge vom Scheitel zur Fusssohle an. Midas midas L. Midas rosalia L. 2 Midas rosalia L. @ Chrysothrix usta J. GEOFFR. Chrysothrixz usta J. GEOFFR. g' Pithecia monachus GEOFFR. © Pithecia pithecia L. g! Aloutta senteulus L. g' Cebus capueinus L. Ateles ater F. Cuv. g' Ateles paniscus L. g' Ateles panisceus L. g' Cercopithecus talapoin Erxı. g' Cercopithecus albigularis SykEs © Cercopithecus cynosurus Scor. © Macacus maurus Kacwag! Macacus rhesus AuDEB. g' Macacus ceynomolgus Macacus nemestrinus L. g' 24 31 28 32 37 33 39 199,5 | 9,8 335 12,8 322 11,85 395 23,4 270 21,5 537,7 | 28,2 455 22 3419 | 43,5 1290 | 69,5 1854 | 126 1800 98 1698 97 755 39 1780 | 55,7 2170 | 70,5 4420 | 107 3560 | 82, 2790 | 54,5 1390 76 1) FLOwER, Proc. Zool. Soc. Lond. 1862. p. 328. 2, FLOWER, Proc. Zool. Soc. Lond. 1864. p. 336.. ie: 1% 20 26 bel = :18,5 5 3,8 3,7 sehr mager, Fwo- WER!). sehr mager, Fro- WER?). mager. nicht erwachsen. 15] VORSTUDIEN ÜBER DAS HIRNGEWICHT DER SÄUGETHIERE. lt Länge des Gewicht des Verhält- E S S & Ratio Bw} a E a) - Procent ‚ 2 hd ©) Macacus nemestrinus L.gf| 56 16,51) agaonı 11a | 1:as0| 9,3 Macacus nemestrinus L. 64 (50) 19 5000 117 17769 "1,46 Papio porcarius Bopp. G' 62 36 6342 163,52 119.139 2,6 castratus. Papio porcarius Bopn». Q 72 al 12250 164,5 | 1:74 1,34 | sehr mager. Papio sphinz GEOFFR. Q 64 11 9600 179 1:54 1,56 | mager. Papio sphinz GEOFFR. 53 Al 7523 160 1:47 le) Paptio babuin Desm. g' 66 38 6075 161 1:38 2,65 Papio babuin Desm. © 47 30 6500 146 02/61511029,78 Papio hamadıyas L g' 65 38 9206 142 11265 1,54 Semnopithecus melalophus Rarrı. © = = 9000 77,3 :116 | 0,85 Hylobates lar Tun. g' (40,5) — 3027 895 11:32401 9:94 Hylobates leueiscus Kuvun Q |52 (a8) — | 6250 94,5 |1:66 | 1,51 Hylobates syndactylus Desm. g' juv. |34,5(285) — 1250 100 10:219552 55 ungefähr 2 Monate alt, Milchgebiss Hylobates syndactylus 20 Zähne. Desm. © juv. |45 (35)| — 2057 116 1:18 5,64 | Milchgebiss 24 Hylobates syndactylus Zähne. Desm. © 62,5 = 9500 130 1:73 1,37 Simia satyrus L. 9' (39) — 5925 Bea INS 5,63 | junges Thier. Simia satyrus L. 9' [78,7] —_ 7600 | 340 112322, 334,4 gegen 4 Jahre. Ror- LESTON!). Simia satyrus L. g' 66,50525) — ss30 339 1:26 3,54 | junges Thier. Simia satyrus L. g' (58) _ 11275 375 1:30 3,3 Simia satyrus L. © == —_ 18598,51, 31554 145358 1,79 | lebte 3°/, Jahr in Gefangenschaft und war bei An- kunft 15108 gr. schwer. OweEn?). Simia satyrus L. © (68) — 20200 | 306 1:66 1 Simia satyrus L. g' [140] — 73500 400 1:183 | 0,54 | DEnıkEer & Bov- LART?°). Simia satyrus L. g' (90)140| — | 76500 | 395 1:194 | 0,52 | R. Fick‘) Gehirn- gewicht aus Al- Anthropopithecus troglo- kohol berechnet. dytes L. Q 157,5 (49) — 5550 | 340 j1:16. | 61 Anthropopithecus troglo- dytes L. g' [72] = 5550 347 1:16 6,1 stark abgemagert. MÖLLER?) gegen 3 Jahre. 1) ROLLESToN, Nat. Hist. Review. 1861, eitirt nach MÖLLER. 2) Owen, Proc. Zool. Soc. London 1843. p. 124. 3) DENIKER & BOULART, Nouy. Arch. du Museum. 3 ser. T. VII. 1895. p. 56. 4) R. Fıck, Arch. f. Anat. u. Physiol. Anatom. Abth. 1895. p. 69. 5) Mörrer, Abhdlg. d. Zoolog. Museums in Dresden 1892. 118 Max WEBER [16 Länge des Gewicht des Verhält- a RS 3 a Ratio niss al al ea n = E 2 3] Procent = 2 r Ö Anthropopithecus troglo- dytes I. St |57,5(45,5), — | 6115 | 348 |i:18, | 56 Anthropopithecus troglo- dytes L. gt! | [72,8] | 6540 862, eis | 955 023 jahre More Anthropopüthecus troglo- LER). dytes L. g' [71] — 7500 412 1:18,2|) 5,49 |2—3 Jahre, MaAr- Anthropopithecus troglo- SHALL2). dytes 1. ©: | 71,1] —_ 5000 269,3 |1:29,7| 3,36 | 3—4 Jahre, Par- Anthropopithecus troglo- KERS). dytes L. g' | [77] —_ 9760 367 1:26,5|) 3,75 | BorLau, MÖLLER!) Anthropopithecus troglo- dytes L. g' [90] | — 16650 391 1:42,5| 2,34 | MÖLLER!), über 4 Anthropopithecus troglo- | | Jahre alt. dytes L. @ 61 — 192520 372,9 1151 1,9 | Owen’) Anthropopithecus troglo- | A. B. MeyEr & dytes L. @ |[115/20]| — 121090 345 192761 1,63 BiscHorr®). Die T'hatsachen, die in vorstehender Tabelle zusammengetragen sind, können wir für einige allgemeine Betrachtungen verwerthen. 1. Der Annahme der Gelehrten des Alterthums, dass der Mensch durch sein absolutes Hirngewicht alle übrigen 'Thiere überrage, konnten bereits ältere Autoren entgegentreten, als sie das Gehirn des Elephanten kennen lernten. Bei einem asia- tischen Elephanten fand bereits Moursus’) (1682) dasselbe als 4890 gr, ein Gewicht, das durch den Elephanten, den Crısp‘) untersuchte, noch übertroffen wird, da dieses 5430 gr wog. Damit ist aber noch nicht das Maximum erreicht; denn GULDBERG‘) bestimmte das Hirngewicht einer 19 M. langen Balaenoptera musculus auf 6700 gr und bei Balaenoptera Sibbaldü ist es zweifelsohne noch schwerer. In meiner Tabelle konnte leider von diesen Gewichtsangaben GULDBERG’s, sowie von den früheren Forschern: Hunter, Scoresßy, Knox, RuporrHur und ErcHRrIcHT, die gleichfalls auf Cetaceen sich beziehen, kein Gebrauch gemacht werden. Sie sind nämlich entweder nur konservirten Gehirnen entnommen, oder aber die Gewichts- 1) Mörner, Abhdls. d. Kgl. Zoolog. Museums in Dresden 1892. 2) MARSHALL, Nat. Hist. Review 1861, nach MÖLLER eitirt. 3) PARKER, The Medical Record. 1880, nach MÖLLER ceitirt. 4) MöLtErR, Abhälg. d. Kgl. Zool. Museums in Dresden 1892. p. 3. 5) Owen, Proc. Zool. Soc. London. 1846. p. 2' 6) A. B. MEYER & BiscHorr, Mitth. Zool. Museum Dresden. 7) A. MouLivs, An anatomical account of an Elephant 1682, p. 37; nach MILNE-EDwARDs, Lecons sur la physiologie XIV. p. 189. 8) Crısp, Proc. Zool. Soc. of London 1862. p. 328. 9) GULDBERG, Christiania Vid. Selsk. Forhdl. 1885. p. 128. 17] VORSTUDIEN ÜBER DAS HiIRNGEWICHT DER SÄUGETHIERE. 119 bestimmung des Köpers fehlt oder ist nur geschätzt. Gerade diese Bestimmung stösst bei diesen Riesenthieren auf grosse Schwierigkeit. Darum ist es vielleicht nicht überflüssig — auch im Verband mit obigen Gehirnwägungen seitens GULDBERG — daran zu erinnern, dass W. Turner!) das Körpergewicht einer Balaenoptera Sibbaldü durch Wägung auf 7400 K. bestimmte. Aber auch weit kleinere Cetaceen überragen das absolute Hirngewicht des Menschen, so ein Tursiops tursio Fapr. @ mit 1886 gr schwerem Gehirn, ein Globio- cephalus melas wit 2511 gr. Hirngewicht. Cetaceen und Elephanten sind denn aber auch die einzigen Säugethiere, die hierin den Menschen übertreffen. 2. Diese Sachlage gestaltet sich sofort anders, wenn man das relative Hirn- gewicht untersucht. Solchen Gewichtsbestimmungen, die auf Cetaceen sich beziehen und, der älteren Litteratur angehörig, von GULDBERG?) zusammengestellt sind, kommt nur geringer Werth zu, da die Beurtheilung des Körpers, wie oben bereits ange- merkt, nur auf Schätzung beruht. Doch ist den Schätzungen, dass z. B. das relative Hirngewicht für Megaptera boops "io, das für Balaenoptera musculus "/soo, das für Balaena mysticetus "/20; sei, jedenfalls zu entnehmen, dass es ausserordentlich klein ist. Genauer konnte MurıE?) es für Globiocephalus melas zu '/i» und ich, durch exakte Wägungen, für ein weibliches Exemplar von Tursiops tursio auf '/i» bestimmen. Setzen wir das relative Hirngewicht eines erwachsenen Europäers — ohne auf Rassenverschiedenheiten zu achten — auf '/; an, so zeigt sich aber nach anderer Richtung hin, dass die exceptionelle Stellung des Menschen wirklich exceptionell ist, fast mehr, als man gewöhnlich annimmt. Cuvier') meinte, dass der Mensch bezüglich seines relativen Hirngewichtes „nest surpasse que par un petit nombre d’animaux tous maigres et peu charnus comme les mulots, les petits oiseaux etc.“ Üuvier giebt es für den „‚mulot“ zu '/; an. Da er aber weder Maasse, noch absolute Gewichte mittheilt, ist nicht zu beurtheilen, ob nicht ein junges 'Thier vorlag. Jedenfalls konnten die von mir untersuchten kleinen Nager wie Mus musculus, M. rattus, Oricetus frumentarius im erwachsenen Zustande nicht mit dem Menschen konkurriren. Dies konnten nur die kleinen süd- amerikanischen Aften wie Midas, Chrysothrix, Pithecia, Cebus, Ateles. Nicht die Kleinheit allein der Säuger giebt daher in dieser Sache den Durch- schlag. Das geringe Körpergewicht muss begleitet sein von einem verhältnissmässig hohen Gehirngewicht. Dies beweisen einmal die kleinen Nager, ferner die Insecti- vora, Chiroptera und kleinen Marsupialia, die — was ihr Körpergewicht betrifft — in den Kreis der kleinen südamerikanischen Affen fallen, dennoch aber ein ungünstiges relatives Hirngewicht haben, eben wegen der Kleinheit des Gehirnes. Einige Beispiele mögen das Gesagte klar machen; zunächst eine Anzahl süd- 1) W. TURNER, Transact. Roy. Soı. Edinburg. XXVI. p. 221. 2) GULDBERG, Christiania Vid. Selsk. Forhdl. 1885. p. 121 fig. 3) MURIE, Trans. Zool. Soc. London. VIII. 1874. p. 273. 4) CuVIER, Lecons d’anatomie compar£e. III. p. 77. Festschrift für Gegenbaur. Ill. 16 120 Max WEBER [18 amerikanischer Affen, die Thatsache, dass sie durch ihr relatives Hirngewicht, auch im erwachsenen Zustande, den Menschen übertreffen. Midas midas Körpergewicht 335 Hirngewicht 12,8 Verhältniss 1:26 Midas rosalia “5 5 322 on nn 11,85 R es a Chrysothrix usta 5 " 395 ® 5 23,4 = el Pithecia monachus er Dom ” x 28,2 5 2119) Pithecia pithecia nn 455 r ss 22. 55 120 Cebus capucinus: 5 i 1290 5 nr 69,5 55 121855 Ateles ater = En 1845 En aa 126 s 1515 Ateles paniscus ns 35 1800 x er 95 & EIS Dies sind die einzigen Säugethiere, von denen mir mit Sicherheit bekannt ist, dass sie im erwachsenen Zustande ein höheres relatives Hirngewicht haben, als der Mensch. Dass, wie oben gesagt, Kleinheit des Körpers als solche allein nicht genügt, dies Resultat zu erzielen, zeigen folgende Beispiele von Säugern aus ver- schiedenen Ordnungen, deren Körpergewicht unter zwei Kilo bleibt. Dasyurus viverrinus: Körpergewicht 730 Hirngewicht 6 Verhältniss 1: 121 Trichosurus vulpecula ” 1724 a 10,6 4 1E3162, Erinaceus europaeus ® 779 ” St ” 105234 Tupaja javanica > 108 * 2,5 = 1:43 Pteropus edulis 3 1250 . KR = real Pteropus edwardsü ” 287 hr 7,2 > 1:40 Mus musculus re 20,8 a 0,43 m il Sal) Mus decumanus et 551 Bi. 282 a 3 Aal Oricetus frumentarius se 195 an 2,29 n 12:85 Sciurus vulgaris . 389 ” 6 5 1:65 Putorius foetidus 5 389 Re 2.9 s 3] Felis minuta ir 1235 25 23,6 ee 1:56 Perodicticus potto x 756 7 13,25 Ss 1257 Nyeticebus tardigradus 5 500 - s,18 & 177611 Obige Beispiele genügen wohl, unsere Behauptung zu stützen, dass bereits hierdurch der bekannte Satz Uuvier’s: „que, toutes choses e&gales, les petits animaux ont le cerveau plus grand a proportion“, eine allgemeine Einschränkung erfährt. Er muss aber auch in sofern eine Einschränkung erfahren, als er kaum anwendbar ist bei Vergleichungen von Säugethieren, die verschiedenen Ordnun- gen angehören. Dies wird deutlich, wenn man sich die Verhältnisse bei ein- zelnen kleinen und grossen Säugern ansieht und z. B. so verfährt, dass man je ein kleines und grosses Säugethier aus ganz verschiedenen Ordnungen, die aber ein gleiches, oder wenigstens ähnliches relatives Hirngewicht aufweisen, vergleicht. Die Körperverschiedenheit kann man hier leicht durch das daneben gesetzte Körper- gewicht zum Ausdruck bringen: Erinaceus europaeus 1:234 — 779 gr Körpergewicht Rupicapra rupicapra 1:223 — 26500 „, 53 ss VORSTUDIEN ÜBER DAS HIRNGEWICHT DER SÄUGETHIERE. | Mus decumanus Equus zebra \ Seiurus bicolor | Semnopithecus melalophus | Dasyurus viverrinus | Canis familiaris caraibaeus [| Pteropus edulis | Phocaena communis Pteromys nitidus Canis famiharis Oricetus frumentarius Phoca vitulina 1:245 — 551 1 :247 — 166500 I :116 — 1400 1: 116 — 9000 1:121 — 730 1: 121 — 7919 1:121 — 1275 1 :105 — 53800 1: 136 — 1600 1 :146 — 12000 1:85 —- 195 1 :90 .— 26250 raschende Beispiele vermehrt werden. 121 gr Körpergewicht b&} ER} br) E) Die Richtigkeit meiner obigen Behauptung könnte leicht durch ähnliche über- Demgegenüber muss aber betont werden, dass der Cuvirr’sche Satz zu Recht besteht, wenn man grössere und kleinere Säugethiere, die zu einer Ordnung oder einer Familie gehören, vergleicht; ganz besonders ist dies der Fall, wenn man junge und alte Individuen einer Species vergleicht. weisen: Felis leo, 5 Wochen alt Körpergew. 1379 Hirngew. Felis leo, 3—4 Monate alt nn 13000 R Felis leo, 11 Monate alt e 35600 eb Felis leo, ©Q erwachsen (sehr mager) „, 68500 er Felis leo, g' erwachsen e 119500 ® Felis pardus juv. Körpergewicht 492 Felis pardus juv. Felis pardus juv. Felis pardus © Felis pardus © Gleiches lehrt uns eine Reihenfolge von Felis pardus: 2044 e 83 11900 a 110 23820 4 130 27700 : 164 77 Verhältn. 163 193 2 219 Hirngewicht 48 Verhältniss &) Diesen letzten Punkt betreffend, möchte ich auf folgende Reihenfolge hin- 1:18 € 1:80 an 1: 184 kn 1323 1: 546 1:10 1:25 1:108 1:183 1: 168 Zum Beweise, dass innerhalb einer Familie das relative Hirngewicht ab- nimmt bei Zunahme des Körpergewichtes, dienen folgende Beispiele von erwach- senen Thieren: Felis minuta Körpergewicht 1235 Felis catus en Felis pardus > Felis concolor Felis tigris © E Felis leo g' a 4157 27700 44000 57800 119500 Hirngewicht 9 29 &&) er} ei} 23,6 Verhältniss 39,6 » 164 , lastl-E “ 246 » 219 an a [er 0.0) 122 Max WEBER 20 Die lange Liste von Hunden, die in unserer Tabelle nach dem Körpergewicht angeordnet sind, lehrt dasselbe, trotzdem hier die Verschiedenheit der Rasse, weit mehr als sonst bei Individuen einer Art, sich fühlbar macht. Die kleine Liste von Affen, die hier zum Vergleiche zusammengestellt und zwar nach dem Körpergewicht geordnet ist, zeigt deutlich, dass hier ein anderes Moment hinzukommt, nämlich die artlich sehr verschiedene Entwickelung des Ge- hirns, deren hoher Grad beim Orang Utan verwischt scheint in Folge der enormen Körperzunahme: Macacus nemestrinus Körpergew. S000 Hirngew. 117 Verhältniss 1:69 Semnopithecus melalophus ”% 9000 ss 11,3 $ 1:56 Hylobates syndactylus > 9500 -$ 130 R 1212 Papio porcarius x 12000 2 164,5 = a ziel Anthropopithecus troglodytes 5 21090 > 345 53 1.3671 Simia satyrus 8 76500 r 395 BE 1:194 Ein warmer Vertheidiger des Satzes von Cuvier ist in Branpr!) aufgetreten. Es heisst bei ihm: „Deja Cuvier a observ& „„que toutes choses Egales, les petits ani- maux ont le cerveau plus grand & proportion.““ Dans les derniers temps on a presque oublie cette observation importante, qui, comme l’ont demontre mes recher- ches posterieures, peut etre consideree comme une loi morphologique.‘ Er beweist dies, indem er jedesmal zwei nahverwandte Arten von verschie- dener Grösse vergleicht, einmal was ihr relatives Hirngewicht?) angeht und zweitens indem er sonderbarer Weise das Verhältniss der Länge der Rumpf-Wirbelsäule zum Längsdurchmesser der Schädelhöhle berechnet. Ohne sich dessen scheinbar bewusst zu werden, hat er sich demnach der oben von mir geforderten Einschränkung des Cuvier’schen Satzes unterworfen, indem er jedesmal nur zwei Arten innerhalb einer engeren Familie vergleicht und zwar Felis Iyux und F. domestica; Mus decumanus und M. musculus; Pferd und Esel. — Trotzdem dies aber offenbar nicht die Ansicht Cuvıer’s war, geht Branpr viel weiter als Cuvıer, indem er von einem „loi morphologique‘ spricht: „la loi suivant laquelle le volume relatif du cerveau diminue a mesure de l’agrandissement du corps.“ Ein zweites „Gesetz“ besagt nach Branpr „quentre les individus de la meme espece les plus jeunes ont toujours le cerveau proportionellement plus grand.“ Als drittes „Gesetz“ stellt Branpr auf: „parmi les individus du m&me äge ) BRANDT, Bullet. d. 1. soc. des naturalistes de Moscou. 1867. No. 2. p. 530. ) Diese sehr sparsamen Angaben von BRANDT sind theilweise, insoweit ich sie beurtheilen kann, nicht ganz richtig. So wird das relative Hirngewicht von Mus deeumanus zu 1:172, das von Mus museulus zu 1:32 angegeben. Ich beobachtete für erstere ein relatives Hirngewicht von 1:245 und für letztere von 1:49. Und hinsichtlich der Angabe 1:82 für Felis domestica fand ich in einem Falle 1: 145. 1 2 21] VORSTUDIEN ÜBER DAS FIIRNGEWICHT DER SÄUGETHIERE. 123 et de la möme espece, les plus petits ont generalement un cerveau relativement plus grand.“ Hieraus schliesst Branpt: „Les trois lois exposdes, prises ensemble, peuvent etre formulees ainsi: plus un animal est petit, plus il a de cerveau relativement.“ Im Gegensatze hierzu möchte ich zum Schlusse die verschiedenen Punkte, die sich aus unserer Tabelle und unseren Besprechungen ergaben, folgendermassen zusammenfassen. I. Hinsichtlich des absoluten Hirngewichts wird der Mensch nur von den Proboseidien und Cetaceen übertroffen. Im Uebrigen überragt er alle Säugethiere. 2. Bezüglich des relativen Hirngewichts steht der Durchschnitts-Europäer günstiger, als im Allgemeinen angenommen wird, da er nur von kleinen Säugethieren übertroffen wird, die aber gleichzeitig ausgezeichnet sind durch ein relativ hohes Hirngewicht. Mit Sicherheit sind als solche bisher nur die kleinen süd-ameri- kanischen Affen bekannt. 3. Bei Vergleichung kleinerer und grösserer Säugethiere erhellt, dass das Ge- hirn nicht proportional zunimmt mit dem Körpergewicht. 4. Als Regel gilt, dass innerhalb einer natürlichen Ordnung der Säugethiere das relative Hirngewicht abnimmt bei Zunahme des Körpergewichtes, dass also, mit anderen Worten, innerhalb einer natürlichen Ordnung die kleinen Säugethiere ein verhältnissmässig grösseres Gehirn haben. Aber auch diese Regel ist nicht ohne Ausnahme. 5. Beim wachsenden Individuum nimmt das relative Hirngewicht ab, bis das Maximum des Wachsthums erreicht ist. Da das Wachsthum des Gehirns früher auf- hört, als die Zunahme des Körpers, ist diese Abnahme keine gleichmässige. er En u re iin era ut ELITE, ub‘ Posen ee le u Fr Er N en Ka BARWUKGE Kar Re PL a 77); BR 7) Tr 3 e Hör. see Ninna eat u Der erneuern ee rt) re Wr e „Bmw ‚nalfane nur ee ra) et; and er 2 3 >. | ze m” m u ker ak) “2 N er. oa Hull ee elta. x DET IVEr FL RS La vll + aaa ar. ei. es Fanie ro [Hjöng za ET NER, Much Sur ilen ikea wre Be DS NTRRRER BT ARUATATIE I a da UN RE una Hi hi all BERETEE ERIE ERREN rare ANERREN a aa Ten, Aurul In. vera Zufäri rethBEe ae at JR HN An u i ’ re: ir AR FR EN ine $ a U BTL 1er o IN Meran a er 5 je ; A 1 1 und iR] Ho \ \M Inrki! rule ee, an vu url je Ale IE yn ‚r rt? Mer, NR . il enurah sin um Twtltala Kislammmeirkl NIT: ih Sn Ei Fauna il AA EL, Ne dir | Nie ar Bin SUSI nr SR II, “4 imiıalı eng hiN NUR WugE UNTERSUCHUNGEN UEBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER I RN SEN VON DR, WILHELM LECHE PROFESSOR DER ZOOLOGIE A. D. HOCHSCHULE ZU STOCKHOLM. MIT TAFEL I UND 20 FIGUREN IM TEXT. 34.1280% CU FINAL MITANOHHAN aAd | | \ VSEHTÄRLIAH In meiner im vorigen Jahre erschienenen Arbeit „Zur Entwickelungsgeschichte des Zahnsystems der Säugethiere, T'heil I, Ontogenie‘“, konnte ich aus Mangel an Material keine Darstellung der ontogenetischen Entwickelung des Gebisses der Halb- affen geben. Da ich jetzt über einige geeignete Embryonen und jugendliche Thiere aus dieser Ordnung verfüge, so habe ich, obgleich mein Material immer noch als spärlich zu bezeichnen ist, ihre Durcharbeitung um so eher vorgenommen, als bisher keine an mikroskopischen Schnittserien gemachte Untersuchungen über die Entwicke- lung des Zahnsystems dieser für die Genealogie der höchsten Säuger so allgemein herangezogenen Gruppe vorliegen. Abweichungen principieller Natur habe ich in dem Entwickelungsgange des Halbaffen-Gebisses selbstverständlich weder erwartet noch gefunden; dagegen haben sich — ausser einigen für die Erkenntniss des Halbaffen-Gebisses anwendbaren 'Ihatsachen — besonders in Bezug auf die schliess- liche Resorption der Schmelzleiste und die Entwickelung der hinteren Molaren Befunde ergeben, welche eine willkommene Ergänzung zu meinen in der oben citirten Arbeit niedergelegten Beobachtungen bilden. In diesem Sinne sind also die vorliegenden Untersuchungen als eine Ergänzung der oben citirten Arbeit zu bezeichnen. Ein folgender Abschnitt enthält meine schon vor mehreren Jahren ange- fangenen Untersuchungen über die Morphologie des Milchgebisses der Halbaffen. Hieran wiederum schliesst sich eine vergleichende Darstellung des Zahnsystems zweier fossilen Halbaffen, Microchoerus (Necrolemur) und Adapis, von welchen Formen mir ein besonders günstiges, neue Aufschlüsse gebendes Material vorliegt. Schon jetzt möchte ich betonen, dass ich die folgenden Studien keineswegs als abgeschlossene betrachtet wissen möchte. Hier ist nur angestrebt worden, durch eine vergleichende Darstellung die bisher fehlende, empirische Basis für die Be- urtheilung des Milchgebisses dieser in mehrfacher Hinsicht so bedeutungsvollen Thiergruppe zu gewinnen, sowie die Stellung der fossilen Formen zu den lebenden näher zu fixiren. Die vollständige Verwerthung der festgestellten Thatsachen, d.h. die Erkenntniss der Beziehungen des Halbaffengebisses zu demjenigen nächstver- wandter Formen und die sich daraus ergebenden genealogischen Schlüsse hoffe ich in dem zweiten, dem phylogenetischen, Theile meiner oben erwähnten Arbeit geben zu können. Festschrift für Gegenbaur. II. gl Ontogenie. Lückenlose Frontalschnittserien sind von Tarsıus spectrum, Chirogaleus smithüi, Galago demidoffi und Lemur sp. untersucht worden. Tarsius spectrum. Die Zahnformel ist: 2. D: I. 2 3 4. 2% 3 Aue 2% 3 4. l 2» 3 J 2, c 1, P 9» 3 4. M 1 9, B DR l. D: >. 4") Die morphologische Berechtigung dieser Formel erhellt aus der nachfolgenden Untersuchung. Die Kiefer folgender Stadien wurden an lückenlosen Frontalschnittserien untersucht: Stadium A: Nackter Embryo, Länge vom Scheitel zur Schwanzwurzel 25 mm n B: Schwach behaarter Embryo, do Aline nr C: Junges Thier. Schwach behaart, blind do DARE; Dieses werthvolle und vorzüglich konservirte Material verdanke ich der Libe- ralität meines Freundes, Herrn Professor HugrecHht in Utrecht. Oberkiefer. Stadium A. Jd 2°) ist allen übrigen weit vorangeeilt, indem er allein be- reits stark verkalkt und der Schmelzkeim sehr reducirt ist. Cd und Pd 4 haben das 1) Ich bediene mich hier und im Folgenden der praktischen von WINGE (I) eingeführten Schreibweise der Zahnformel, in welcher die Beziehungen der Milchzähne (klein gedruckt) zu den Ersatzzähnen (grösserer Druck) klar hervortreten. 2) Wie in meinen früheren Arbeiten bezeichne ich mit J die Schneide-, mit C die Eckzähne, mit P die Prämolaren und mit M die Molaren, die entsprechenden „Milchzähne‘“ mit Jd, Cd, und Pd. 51 UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 129 glockenförmige Schmelzkeimstadium') erreicht und sich fast völlig von der Schmelz- leiste abgeschnürt, wogegen bei Jd 3 und Pd 3 noch ein starker Zusammenhang zwischen Schmelzkeim und Schmelzleiste besteht. Am wenigsten entwickelt sind Pd 2 und M 1, welche im Anfange des glockenförmigen Schmelzkeimstadiums stehen. Von der Gegend der Jd 3 an hängt die Schmelzleiste nach hinten noch mit dem Mundhöhlenepithel zusammen; theilweise ist sie am tiefsten Ende stark angeschwollen, ohne dass auf diesem Stadium ein Schmelzkeim des Ersatzgebisses gebildet wäre. Im Stadium B haben die übrigen Milchzähne — ausser Pd 3 — den Jd 2 fast eingeholt, indem Jd 2 und 3, Cd, Pd 2 und 4 alle sehr stark verkalkt sind und vom Schmelzkeim nur das innere Schmelzepithel übrig ist; bei Jd 2 ist auch dieses bereits stark rückgebildet. Am wenigsten avancirt ist Pd 3, indem bei ihm noch die Schmelzpulpa erhalten ist. Von den Ersatzzähnen stehen J2 und P2 auf dem glockenförmigen, © und P 4 auf dem Uebergange vom kappen- zum glockenförmigen und J 3 auf dem kappenförmigen Schmelzkeimstadium; P 53 tritt eben erst als eine Verdickung der Schmelzleiste auf. Die Schmelzleiste ist in der ganzen Kieferlänge erhalten, hängt aber nirgends mehr mit dem Mundhöhlenepithel zusammen. Bei M I und M 2 sind Hartgebilde angelegt; M 3 liegt als kappenförmiger Schmelzkeim lingualwärts vom hinteren Ende des M 2. Im Stadium © sind alle Milchzähne — mit S Ausnahme von Pd 2 — so weit ausgebildet, dass sie MM sich anschieken, das Zahnfleisch zu durchbrechen; Pd2 ist. völlig resorbirt, ohne Spuren zu sl hinterlassen. Von den Ersatzzähnen sind J 2 und P 2 stark, J 3 weniger stark verkalkt; bei Ü sind die Hartgebilde eben erst aufgetreten; P 4 steht auf dem glockenförmigen Stadium und P 3 im An- fange dieses Stadiums. Die Schmelzleiste ist in der Gegend des J 2 verschwunden; lingualwärts von J 9 Fig. 1. ist ein letzter Rest derselben, allem Anscheine nach y7sius spectrum. Stadium C. Oberer M3. ihr tiefes angeschwollenes Ende erhalten. Der we- 7 tiefes Schmelzleistenende. Vergrösse- e x « : 4 2 Ole rung 50/ı. — Diese sowie alle die folgenden niger weit entwickelte C steht im Begriff, sich von bis Fig. 12 sind mit Hilfe der Camera \ : er . Feige lueida entworfene Frontalschnitte und so der Schmelzleiste, deren oberflächlicher Theil schon orientirt, dass die rechte Seite vom Leser q “ T © ingualen Fläche, die linke der labialen verschwunden ist, abzuschnüren. Von P 2 ab er- er lingualen ntaiehte z hält sich die Schmelzleiste mit angeschwollenem Ende in allen Zwischenräumen zwischen den Anlagen der Ersatzzähne. M 3 liegt hier in einem Entwickelungszustande vor, wie er bisher noch nicht beobachtet wor- den ist (Textfig. 1): er befindet sich theilweise lingualwärts, theilweise hinter M 2 1) Bezüglich der Bezeichnungen des Ausbildungsgrades des Schmelzkeimes siehe meine frühere Arbeit pag. 14. 17# 130 WirHherLm Leone [6 und steht auf dem glockenförmigen Stadium; das tiefe Schmelzleistenende (S7) ist als starke, schmelzkeimähnliche Knospe von dem oberflächlichen Theile abgeschnürt, ganz wie bei den anderen Molaren. Unterkiefer. Stadium A. Jd 2!) ist nicht nur den übrigen unteren Milchzähnen in der Ent- wickelung weit vorangeeilt, sondern ist selbst noch etwa reifer als der obere Jd2; er ist stark verkalkt und vom Schmelzkeim ist nur noch das innere Schmelzepithel übrig; der Entwickelungsstufe nach folgt Pd 2, Cd, Pd 4 und Pd 3, welcher letztere im Anfange des glockenförmigen Stadiums steht. Die Entwickelung des Ersatzgebisses ist weiter vorgeschritten als im Oberkiefer: J2 steht auf dem Uebergange vom knospen- zum kappenförmigen Stadium, P2 ist knospenförmig und P 3 wenigstens angedeutet. Die Schmelzleiste steht zum grössten Theil in Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel. Bezüglich des Stadiums B sei nur bemerkt, dass hier sämmtliche Frsatz- zähne schon angelegt sind: J 2 ist glockenförmig mit Verkalkung, P4 und © stehen auf dem Uebergange vom kappen- zum glockenförmigen Stadium, P2 und 3 sind knospenförmig, somit eigenthümlicher Weise P 2 nicht weiter entwickelt als auf Stadium A. Der schwach verkalkte M 2 verhält sich im seinen Beziehungen zur Schmelzleiste ganz wie die Ante-Molaren, d. h. das angeschwollene Ende derselben liegt an der lingualen, nicht an der oberflächlichen Peripherie des Schmelzkeimes. M 3 ähnlich wie im Oberkiefer. Stadium ©. Die Milchzähne sind dem Durchbruche nahe; Pd 2 ist resorbirt, ohne Spuren zu hinterlassen. Von den Ersatzzähnen ist © am weitesten entwickelt, da vom Schmelzkeime nur noch das innere Schmelzepithel übrig ist, er hat J2 überholt; bei J2, P2 und P4 sind schon Hartgebilde angelegt, während P3 erst im Anfange des glockenförmigen Stadiums steht. Eine Eigenthümlichkeit, welche ich bisher nir- gends beobachtet habe, findet sich bei J2 (Textfig. 2): ein Zapfen senkt sich von dem aus glasklaren Zellen bestehenden Mund- höhlenepithel in das Bindegewebe und umfasst die Spitze des J 2. Die Deutung dieses Befundes erscheint mir unsicher; jedenfalls hat diese Epitheleinstülpung nichts mit der Schmelz- leiste zu thun. Vielleicht handelt es sich um eine Art mecha- Fig. 2. Tarsius speetrum. Stad.C. Unterer 19, Vergröss ©), nischer Vorbereitung für den bald erfolgenden Durchbruch des Zahnes, wenngleich der Umstand, dass Aehnliches bei den übrigen, ebenfalls bald durchtretenden Zähnen nicht vorkommt, diese Deutung wenig empfiehlt. — Bemerkenswerth ist das Verhalten der Schmelzleiste: dieselbe steht vor P3 in keinem Zusammenhange mehr mit den Schmelzkeimen, hat sich aber 1) Die Homologisirung dieses Schneidezahns ist provisorisch. 7] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 131 noch als kurze, mit schwach angeschwollenem Ende versehene Leiste, welche lingual- Lingualwärts vom wärts von den Ersatzzähnen liegt, erhalten. N RN , 4 zu m [ 1 / Cd Fig. 3. Tarsius speetrum. Stadium C. Von den beiden Schnitten ist der in Fig. 3 dargestellte der vordere. & Knospenförmiger Schmelzkeim, welcher nicht zur Entwickelung gelangt, lingualwärts vom vorderen Ende des unteren Cd, Vergr. 5%. Schmelzleistenende. vorderen Cd Fig. 4. Sl tiefes Ende des Cd ist an derselben ein gut ausgebildeter knospenförmiger Schmelzkeim ausgebildet. Dass dieser Schmelzkeim deutlich von der gewöhnlichen An- schwellung der Schmelzleiste abgesetzt ist, geht aus einem Vergleiche zwischen ihm und der Schmelzleiste hervor, wie diese sich auf den dahin- ter liegenden Frontalschnitten präsentirt. (Textfigg. 3 und 4.) Wahrscheinlich ist dieser Schmelzkeim als der Rest eines während der Stammesentwickelung des Tarsius ver- loren gegangenen Schneidezahns (J 3 oder Jd3?) aufzufassen. In der in Fig. 4 abgebil- deten Form erhält sich die Schmelzleiste unun- terbrochen bis P 2, mit welchem sie auf kurzer Strecke in Verbindung steht, um dann den Schmelzkeim des P 3 aus sich hervorgehen zu lassen. Der glockenförmige Schmelzkeim des P 4 steht im Begriff sich von der Schmelzleiste ab- zulösen. Der Vorgang bei der Abschnürung ist hier besonders deutlich zu verfolgen. (Textfig. 5). Es wird kein Theil der eigentlichen Schmelz- Fig. 5. Stadium C. Unterer P 4. Vergröss. %/,. Tursius speetrum. pulpa abgeschnürt, wie dies z. B. beim Menschen nach LsunGsren’s') (pag. 13) inter- 1) Hier und im Folgenden beziehen sich die Autorennamen auf das nachfolgende Verzeichniss der eitirten Litteratur. 192 WirnerLm Leone [8 essanten Beobachtungen der Fall sein kann. Ferner bemerken wir, wie das Cylinder- epithel sich von dem tiefen "Theile herausbildet. Die Schmelzleiste, von welcher der Ersatzzahn sich abschnürt, macht in keiner Weise den Eindruck eines schon verbrauchten, produktionsunfähigen Organs. Ferner sehen wir an diesem Schmelzkeime vom äusseren Schmelzepithel ausgehende Epithelialsprossen, denen ähnlich, welche WALDeyEr und Körnıker beim Menschen und Kalbe abgebildet haben, und zwar in besserer Entwickelung als ich sie bei anderen von mir untersuchten Formen angetroffen habe (siehe auch bei Galago). M 3 verhält sich wie im Oberkiefer. Chirogaleus smithii. Die Zahnformel für diese sowie die anderen auf Schnitten untersuchten Halb- affen ist: 22. l: 2 3, nA! 1. or le 2 3. 4. Zu I 2. CH P% 3% 4. M 1 Das 25) 1% Du ara Die Kiefer folgender Individuen wurden an lückenlosen Frontalschnitten untersucht. Stadium A. Zwei junge Thiere, schwach behaart, blind; Jd, Cd und unterer P 2 haben das Zahnfleisch durchbrochen. Länge vom Scheitel zur Schwanzwurzel 45 und 46 mm. Stadium B. Vollständig haarbekleidet; Augenlider unvollständig geöffnet; alle Milchzähne durchgebrochen. Länge vom Scheitel zur Schwanzwurzel 53 mm. Oberkiefer. Stadium A. Als fast oder ganz ausgebildet übergehe ich hier die Milchzähne. Bemerkenswerth ist der verschiedene Ausbildungsgrad der Ersatzzähne: J 1, J 2 und © stehen auf dem glockenförmigen Schmelzkeimstadium mit schon starken Hartgebilden, P2 ebenso, aber ohne Hartgebilde, P 4 ist noch knospenförmig und P3 nur durch eine Anschwellung der Schmelzleiste angedeutet. Von besonderem Interesse ist die Verfolgung des allmählichen Schwindens der Schmelzleiste, wie sie hier und im folgenden Stadium nachzuweisen ist. So sehen wir oberflächlich vom vordersten Ende des J 1 — und Aehnliches wiederholt sich bei J 2 — den letzten Rest der fast oder völlig vom Schmelzkeime getrennten Schmelzleiste, nämlich deren tiefen Theil mit lingualwärts gerichteter „Knospe“ am tiefen Ende (Textfig. 6). 1) Die Homologisirung der Schneidezähne ist noch zweifelhaft. 9) UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER "UND FOSSILER HALBAFFEN. 133 Nicht minder charakteristisch ist das Verhalten der Schmelzleiste bei ©: noch nicht vollständig von diesem abgelöst, hat sich das stark angeschwollene tiefe Ende sowie Fig. 6. Fig. 7. Chirogaleus smithü. Stadium A. Oberer Jdı Chirogaleus smithi. Stadium A. und J1. Si! Schmelzleiste, S7 tiefes Ende der- Oberer Cd und C. SZ Schmelzleiste. selben. % Kieferknochen. Vergrösserung ®/ı. k Kieferknochen. Vergrösserung 5/,. ein bedeutenderes Stück des oberflächlicheren Schmelzleistentheiles erhalten (Textfig. 7). Mit dem Schmelzkeime des P 2, welcher viel weniger weit als die vorhergehenden avancirt ist, steht die Schmelzleiste noch im deutlichen Zusammenhange; an der Fig. 8. Fie. 9. Chirogaleus smithii. Stadium A. Zwei unmittelbar auf einander folgende Frontalschnitte durch den oberen P 2 mit Schmelzleiste. Vergrösserung ®%)/}. Abschnürungsstelle ist an der Leiste eine sehr starke Anschwellung, welche auf den einzelnen Schnitten ein etwas verschiedenes Aussehen hat, entwickelt, wie aus den 134 WILHELM LecHE [10 abgebildeten Schnitten (Textfigg. 8u.9) ersichtlich, welche beide der Mitte des Schmelz- keimes an der Stelle, wo die Emancipation von der Leiste zuletzt eintritt, entnommen sind. Besonders möchte ich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen, dass, wie aus den Abbildungen zu ersehen, die besagten An- schwellungen, die Knospen nicht aus dem Schmelzkeim, sondern aus den unveränderten Epithelzellen der Leiste hervorgehen. Lingual- wärts von Pd 3 erhält sich die Schmelzleiste nur neben dem mittleren und hinteren Theile des Zahnes mit deutlicher Anschwellung am tiefen Ende, also erst mit einer Andeutung des P3. Weder hier noch im übrigen Theile steht die Schmelzleiste im Zusammenhange mit dem Mundhöhlenepithel. Im Gegensatz zu anderen von mir untersuchten Säugethieren, wie vor Allem Erinaceus und auch Tarsius (siehe oben pag. 130), erfolgt also bei Chirogaleus die Differenzirung des Ersatzzahnes erst, nach- dem der oberflächliche Theil der Schmelzleiste bereits resorbirt ist. Stadium Be Während an J1, J2 und © nur noch wenig Schmelzpulpa vorhanden und P 4 glockenförmig ist, ist P2 wenig weiter als auf dem vorigen Stadium entwickelt; P 3 steht auf dem Anfange des kappenförmigen Schmelzkeimstadiums. Von Interesse ist die Verfolgung der im vorigen Stadium eingeleiteten Reduktion der Schmelz- leiste in der Region der vorderen Zähne. So finden wir oberflächlich von J I in der von dem Knochen gebildeten Kieferrinne einen schwachen Rest der Schmelzleiste (jedenfalls ihres tieferen 'Theiles) von jeglicher Verbindung mit dem Zahne abgeschnitten; vergleiche Textfig. 10 mit Fig. 6. Durch Verschluss der Kiefer- Fig. 10. Chirogaleus smithü. Stadium B. Oberer Jdı ; und 71. I Schmelaleiste. % Knochen. rinne oberflächlich vom hinteren Theile des Vergösserung /}. & ö ; J 1 geht auch dieser Rest zu Grunde. Aehn- lich ist das Verhalten bei J 2 und ©. Die fast gänzlich vom Schmelzkeim des P 2 abgeschnürte Leiste trägt hier im Gegensatze zu dem Verhalten im Stadium A (vergl. Textfig. 8, 9) keine „Knospe“ am tiefen Ende. Ueber M 1 und M 2, wo die Schmelzleiste bereits verschwunden ist, kommen „Epithelperlen‘ vor, ganz in der Art wie sie beim Menschen so häufig sind; ihr Ursprung als sekundäre Ablösungen vom Mundhöhlenepithel, welche niemals etwas mit der Schmelzleiste, resp. der Zahn- bildung zu thun gehabt haben, lässt sich hier in evidenter Weise konstatiren. Die Entwickelungsstufe des M 3 entspricht völlig dem im Stadium C des Tarsius (siehe oben pag. 127) beschriebenen Befunde. 11] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 135 Unterkiefer. Stadium A. J 1, I2, C und P 2 sind weiter ent- wickelt als im Oberkiefer. In der Region der vorderen Zähne kommen keine Schmelzleistenreste vor. Sonst wie im Oberkiefer. Im Stadium B ist besonders das Verhalten der Schmelzleiste in der Region derjenigen Zähne lehrreich, welche von vollständigen Alveolen umschlossen werden, wie z. B. bei C und P 2: ein winziges, in diesem Falle wahr- scheinlich produktionsunfähiges Stück der Leiste ist vom Zahn durch den Knochen getrennt (Textfig. 11). M 5, an dem bereits Hartgebilde auftreten, liegt völlig hinter M 2, während der vordere Theil des entsprechenden oberen Fig. 11. Zahnes noch medialwärts von M 2 liest. Die Schmelzleiste Chirogaleus smithii. Sta- R . 2 a: dium B. Unterer (€. verhält sich zum M 3 ganz so wie zu den übrigen ‚s27Schmelzleiste. 7 Knochen. Vergrösserung /,. Molaren. - a Galago demidoffi. Zahnformel wie bei Chirogaleus. Die an Frontalschnittserien untersuchten Kiefer gehören einem neugeborenen, schwach behaarten, blinden 'Thiere an, bei dem noch keine Zähne das Zahnfleisch durchbrochen haben. Länge vom Scheitel zur Schwanzwurzel 43 mm. Im Oberkiefer sind C und P 2 am weitesten entwickelt (glockenförmig), J 1 steht auf dem Uebergange vom knospen- zum kappenförmigen Stadium, J 2 ist knospenförmig, P 4 eben knospenförmig angelegt, P 3 noch nicht differenzirt. In Bezug auf die Schmelzleiste mag bemerkt werden, dass dieselbe im Gebiete der Schneidezähne noch mit dem Mundhöhlenepithel zusammenhängt, d. h. noch voll- ständig ist, während bei den Prämolaren, welche theilweise weniger weit entwickelt sind als jene, dieser Zusammenhang bereits aufgehört hat. Im Unterkiefer ist P 3 als knospenförmiger Schmelzkeim differenzirt, sonst wie im Oberkiefer. Ebenso wie bei Tarsius (Stadium O, Unterkiefer siehe pag. 132) sind auch hier und zwar an M 1 „Epithelialsprossen“‘ ganz besonders kräftig entwickelt. Die freie Schmelzleistenknospe oberflächlich vom M 2 ist so stark entwickelt, dass dieselbe als knospenförmiger Schmelzkeim angesprochen werden kann. Festschrift für Gegenbaur. III. 18 136 WILHELM LecHE f12 Lemur sp. Zahnformel wie bei Chirogaleus. Die an Frontalschnittserien untersuchten Kiefer gehören einem neugeborenen Jungen an, der dieselben Charaktere wie Galago (pag. 135) aufweist. Länge vom Scheitel zur Schwanzwurzel 88 mm. Dieses Thier ist vor Allem durch die späte Ent- wickelung der Ersatzzähne ausgezeichnet, da sowohl oben wie unten nur J 1, J2 und © eben als knos- penförmige Schmelzkeime angelegt sind, während die Prämolaren nur durch eine ganz leichte Verdickung des tiefen Schmelzleistenendes angedeutet sind. Die Schmelzleiste verhält sich zu M 1 ganz wie zu Pd 4; das Leistenende ist bei beiden gleich verdickt, ein Umstand, welcher für die Auffassung der Molaren als dem Milchgebiss angehörend von Bedeutung sein Fig 12. Lemur sp. Oberer Mı. SI Schmek- dürfte. Die erste Anlage des M 2 erfolgt in ent- leiste mit knospenförmigen Schmelzkeime sprechender Weise wie diejenige des M 3: wie des M2. Vergrösserung 5/.. aus der nebenstehenden Textfig. 12 zu ersehen, zeigt das tiefe Ende der Schmelzleiste oberflächlich vom hintersten Theile des M 1 eine deutliche Verdickung, aus welcher M 2 hervorgeht. Aus den obigen Untersuchungen mögen folgende Punkte hervorgehoben werden: 1. Bei Tarsius löst sich die Schmelzleiste vom Mundhöhlenepithel ab, bevor der Schmelzkeim des permanenten Zahnes angelegt ist (vergleiche meine früheren Ausführungen pag. 134). 2. Die Schmelzleiste ist ihrem Baue nach zu urtheilen produktionsfähig meist auch nach ihrer Ablösung von dem Schmelzkeime für den Ersatzzahn. 3. Die „Knospen“ lingualwärts von den Schmelzkeimen der Eısatzzähne werden von der Schmelzleiste, nicht von den Schmelzkeimen gebildet, wie dies besonders deutlich durch die Befunde bei Chirogaleus illustrirt wird (Textfig. 8, 9). 4. Bezüglich der Art und Weise der schliesslichen Reduktion der Schmelzleiste verweise ich auf die obigen Ausführungen pag. 132—134 und die Textfigg. 6, 7, 10, 11. 5. Bei allen untersuchten Halbaffen entwickelt sich das Gebiss früher im Unter- als im Oberkiefer. 6. Bezüglich der Anlage und Ausbildung des M 3 vergleiche pag. 129 und Fig 1. Die Anlage des M 2 erfolgt in entsprechender Weise wie diejenige des M 3. 13] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 137 7. Bei Tarsius, Chirogaleus und Galago erfolgt die Entwickelung des P 3 sowohl im Ober- als Unterkiefer bemerkenswerth spät. S. Bei Tarsius ist ein unterer Schneidezahn angelegt, der nie zur Reife kommt (Textfig. 3). Morphologie des Milchgebisses. I. Lemuridae, Bramsvirte beschreibt (pag. 43—44)') und bildet Schädel mit Milchgebiss von Lemur und Propithecus ab, während Owen (pag. 439) nur die Anzahl der Milchzähne bei Lemur aufzählt.e. Kurze Angaben (ohne Abbildungen) über Milchgebiss beim letzteren und bei Microcebus fureifer macht Mivarr. V. o. Horvenx beschreibt (pag. 26) und bildet das Milchgebiss bei Perodicticus ab. Nur der Vollständigkeit halber seien hier Murray’s wenig glückliche Abbildung und Beschreibung der Milchzähne bei Galago murinus (demidofi) erwähnt. Gervaıs (pag. 169) bildet die Milchzähne bei Hapalemur ab, ohne sie zu beschreiben. Von Chiromys verdanken wir Prrers (pag. 85) eine anerkannt vorzügliche Darstellung des Milchgebisses mit Abbildungen. Miırxe- Epwarps (pag. 28) giebt eine ungenügende Beschreibung, aber recht brauchbare Ab- bildungen vom Milchgebisse aller /ndrisinae; von vier Lemur-Arten sind bisher nur die Abbildungen erschienen. Kurze allgemein gehaltene Angaben macht Wiınge (I pag. 34); in seiner späteren Arbeit (II) wird nur die Anzahl der Milchzähne angeführt. ForsyrH Masor (pag. 24) beschreibt die Reihenfolge im Zahnwechsel des Chirogaleus milü. Am betreffenden Orte in der nachfolgenden Darstellung werde ich die Mehrzahl der obigen Angaben zu berücksichtigen haben. Wie aus dieser Uebersicht hervorgeht, bestehen — ebenso wie in Bezug auf die Mehrzahl der übrigen Säugethierordnungen — die bisher vorliegenden Angaben über die Beschaffenheit des Milchgebisses bei den Halbaffen meist aus gelegentlichen, zum grössten Theile sehr dürftigen Angaben, welche sich als völlig unzureichend erweisen, wenn es sich um Gewinnung einer morphologischen Einsicht handelt. Eine zusammenhängende Darstellung, welche die morphologisch wichtigeren Punkte hervorhebt und innerhalb der Ordnung vergleichend verwerthet, wird desshalb in der folgenden Untersuchung angestrebt. Für eine Darstellung liegen von Lemuridae?) folgende Exemplare mit mehr oder minder vollständigem Milchgebiss vor: 1) Vergleiche das Verzeichniss der eitirten Litteratur am Schlusse dieser Arbeit. 2) Tarsius sowie die fossilen Formen werden aus praktischen Rücksichten für sich besprochen werden. 15* 138 WitneLM Lecus [14 Lemur macaco 1 Exemplar, Lemur catta 1 Exemplar, Lemur varius 1 Exemplar, Lemur mongoz 1 Exemplar, Hapalemur griseus 2 Exemplare, Lepidolemur mustelinus 2 Exemplare, Chirogaleus milü 1 Exemplar, Chirogaleus smithii 3 Exemplare, Galago demidoffi 2 Exemplare, Galago crassicaudatus 3 Exemplare, Galago sp. 1 Exemplar, Propithecus verreauwi 1 Exemplar, Propithecus diadema 2 Exemplare, Avahis laniger 1 Exemplar, Nycticebus tardigradus 3 Exemplare. Die untersuchten Exemplare gehören den Museen zu Berlin, Leiden und London, sowie dem zootomischen Institut der Hochschule zu Stockholm an. Oberkiefer. Jd stimmen bei Lemur, Hapalemur, Galago und Indrisinae in der Form mit ‚J überein, sind aber schwächer. Bei Chirogaleus smithü dagegen sind Jd 1') und Jd 2 etwa gleich dick (im Querdurchmesser) und stiftförmig, während J I bedeutend stärker als J 2 ist; das Milchgebiss verhält sich also in dieser Beziehung wie J bei Galago, Loris und Perodicticus?). Bei Hapalemur haben Jd eine normalere Stellung als J, indem die ersteren in der Zahnreihe stehen, während J hinter einander gestellt sind. Bei einem Exemplare ist die Krone des Jd 1 zweispitzig, des Jd 2 dreigekerbt. Bei Lepidolemur fehlen, wie bekannt, beim erwachsenen Thiere die oberen Schneidezähne; bemerkenswerth ist desshalb das Vorkommen eines stift- förmigen oberen Jd, welcher dem Jd 2 zu entsprechen scheint (Textfig. 14). Cd. Von dem typischen Eckzahnhabitus weicht C bei Hapalemur ab, indem er wenig 1) Bezüglich der benutzten Zahnformel siehe oben pag. 132. 2) Bei @alago verhalten sich Jd ebenso; letztere sind mir bei Zoris und Perodictieus unbekannt. 15] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 139 höher als P 2, aber länger‘) als ein typischer Eckzahn ist (vergleiche die Abbildung bei Mivarr pag. 613); diese Prämolaren-Achnlichkeit ist noch ausgeprägter bei Cd. Ebenso verhält © sich bei Indris und Avahis, beim letzteren schwankt € stark zwischen Eckzahn- und Prämolarentypus nach Mırse-Eopwarps’ Abbildungen (Taf. 45, 46) zu urtheilen; Cd ist C ähnlich, aber sehr schwach. IdCcdPpa2 34 Mı Fig. 15. Fig. 13. Galago sp. Milchgebiss 3/, nat. Gr. Fig. 14 und 15 Lepidolemur mustelinus; Fig. 14 Milchzähne, Fig. 15 Permanente Zähne des Oberkiefers. Die Kieferstücke sind von innen und oben dargestellt und zwar derart, dass sowohl die Beschaffenheit der Kauflächen als auch die relativen Grössenverhältnisse erkennbar sind. ?/, nat. Grösse. Mehr eckzahnartig, aber zweiwurzelig ist C bei einem mir vorliegenden Exemplare von Lemur varius; dasselbe scheint bei dem von Miırne-Epwarps (Taf. 184 Fig. 1) abgebildeten Exemplare dieser Art der Fall zu sein: dem einzigen Lemuriden mit zweiwurzeligem ©. Cd hat bei derselben Art bemerkenswerther Weise nur eine Wurzel. Dagegen hat Cd bei allen drei Exemplaren von Galago crassicaudatus zwei Wurzeln, bei Galago demidoffi und sp. wiederum nur eine, was auch stets (Gal. crassicaudatus, senegalensis) der Fall bei © ist. Bei Chirogaleus smithii und milü lässt Cd eine deutliche Annäherung an den nach- folgenden Pd 2 erkennen, indem er nur wenig kürzer und höher als dieser ist, während C als typisch eckzahnartig wesentlich vom P 2 abweicht. Dagegen verhält sich bei ZLepidolemur mustelinus Cd zu Pd 2 wie C zu P2 (Textfig. 14, 15). Pd 2. Dieser Zahn ist stets kleiner als sein Nachfolger P 2. Bei Lemur mongoz und varius gleicht Pd 2 dem P 2, doch hat Pd2 zwei 1) Mit Zahnhöhe wird hier und im Folgenden die Ausdehnung in vertikaler Richtung, mit Zahnlänge diejenige in der Richtung des Kiefers bezeichnet. 140 WILHELM LEcHE 116 getrennte Wurzeln, während bei P2 innerhalb dieser Gattung alle Uebergänge von zwei getrennten Wurzeln zu einer einheitlichen, welche aus dem Verwachsen von zwei entstanden ist, vorkommen. Hapalemur verhält sich entsprechend: Pd 2 hat zwei divergirende, P2 zwei völlig verwachsene Wurzeln. Gewissermaassen im Gegensatz hierzu steht Galago, wo P 2 stets zwei Wurzeln hat, während Pd 2 bei Galago sp. nur eine, bei G. demidoffi zwei verwachsene, bei G. crassicaudatus zwei getrennte Wurzeln hat. Hieraus geht somit hervor, dass die Entwickelung dieses Zahnes inner- halb der Lemuridae in verschiedenen Richtungen geht, indem bei einigen (Galago) P 2, bei anderen (Lemur, Hapalemur) Pd 2 den am meisten ausgebildeten Wurzeltheil haben. Ein solcher Fall mag vor voreiligen Verallgemeinerungen warnen! Meist (Lemur, Hapalemur, Chirogaleus milü) ist Pd 2 länger im Verhältniss zur Höhe als P 2, oder mit anderenWorten Pd 2 ist dem nachfolgenden Pd 3 ähnlicher als P2 dem P 3. Der Unterschied ist besonders bemerkbar bei den grösseren Chiro- galeus-Arten, wo P 2 eine bedeutende Höhe erreichen kann (so besonders bei CA. furcifer); dass eine solche Gestaltung des P2 eine sekundäre Erscheinung ist, geht aus dem Verhalten im Milchgebiss hervor. Bei den kleineren Chirogaleus-Arten (z. B. Ch. smithü) existirt kein Unterschied in der Form des P2 und Pd 2. Bei Lepidolemur mustelinus ist von Pd2 zu P2 IV ein greifbar progressiver Entwickelungsprocess 14 zu konstatiren: bei P2 (Textfig. 16) ist als Anfang „ eines Innenhöckers eine gegen die Hauptspitze') Fig. 16. Fig. 17. Lepidolemur mustelinus. aufsteigende gut umschriebene Leiste an der lingualen Kronenfläche vorhanden; diese Leiste setzt sich auf die Fig. 16 Oberer P2; Fig. 17T Obe- Wurzel bis zu deren Spitze fort und bildet offenbar den rer Pd2, beide von der Medial- fläche. ?/, nat. Grösse. Anfang zu einerInnenwurzel. Dass diese Deutung richtig ist, geht unter Anderem aus dem Verhalten beim Pd 3 des Chirogaleus milü hervor (siehe unten); dass eine regressive Entwickelung in anderer Weise eingeleitet wird, erhellt aus dem Verhalten beim oberen Pd 3 von Tarsius (siehe unten). Pd 2 (Textfig. 17) zeigt keine Spur einer solchen Bildung: die Wurzel ist vollkommen einheitlich, eine Leiste fehlt vollständig. Bei Propithecus (Fig. I), bei dem wie bei allen Indrisinae P 2 bekanntlich fehlt, kommt ein rudimentärer Pd 2 vor; er ist | mm hoch, stiftförmig, mit kaum abgesetzter runder Krone. Wahrscheinlich durchbricht er nie das Zahnfleisch. Diesen Zahn, welcher bisher nicht beobachtet ist, fand ich nur bei einem der: von mir untersuchten Exemplare und zwar nur auf der einen Seite. 1) Um den Bezeiehnungen der Kronenhöcker jeden theoretisirenden Beigeschmack zu nehmen, habe ich hier und im Folgenden möglichst unschuldige, aber allgemein verständliche Benennungen gewählt. 17] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 141 Pd 3 ist immer kleiner als P 3, aber meist (Lemur, Hapalemur, Lepidolemur, Chirogaleus smithü, Galago, Nyceticebus) mit diesem übereinstimmend (Textfig. 14, 15). Abweichend verhält sich Chirogaleus milü: Pd 3 besitzt einen Innenhöcker; welcher sich als Leiste bis an die Hauptspitze fortsetzt und von einer besonderen Wurzel getragen wird; ausserdem hat er zwei äussere Wurzeln. P 3 hat einen gut ausgebildeten Innenhöcker ohne Leiste, und die drei Wurzeln sind verwachsen, die Trennungsspuren aber noch sichtbar. Pd 3 hat also hier noch den ursprüng- licheren Zustand bewahrt. Auch Propithecus (Fig. I) zeigt etwas Aehnliches: Pd 3 hat eine deutliche Innenknospe und drei getrennte Wurzeln, während bei P 2 die Innenknospe fast ver- schwunden und die Wurzeln verwachsen sind. Die Grössenverschiedenheit ist bedeutend: Kronenlänge des Pd 3 3,5 mm, des P3 6 mm. Da wir, wie ein Blick auf die neueste Litteratur über die Morphologie des Zahnsystems sofort lehrt, noch sehr im Unklaren sind, ob in einem gegebenen Falle ein progressiver oder regressiver Entwickelungsgang vorliegt, möchte ich besonders auf die oben beschriebenen 'T'hatsachen aufmerksam machen, wo wir aus dem Baue der Zähne mit Entschiedenheit entnehmen können, dass in Bezug auf PdA3+P3 bei Chirogaleus und Propithecus') eine Differenzirung durch regressive Entwickelung vorliegt — und zwar ist diese am weitesten vorgeschrit- ten -bei Propithecus —, während die Entwickelung von Pd2 zu P2 bei Lepidolemur (siehe pag. 140) rein progressiv ist. Pd4 weicht, wie bekannt, durch grössere Komplikation von P4 ab und ähnelt am meisten M 1. Dies ist besonders der Fall bei Lemur, Lepidolemur, Hapalemur, Galago und Nycticebus. Auch die Grösse ist etwa dieselbe bei Galago (Textfig. 13) und Hapalemur; bei Lemur ist Pd 4 etwas schmäler als M 1, bei Lepidolemur (Textfig. 14) und Nyeticebus sind alle Dimensionen etwas geringer. Bei Chirogaleus und Propithecus ist der hintere Innenhöcker (von Wiese II pag. 45 mit 7 bezeichnet), welcher beim M 1 vorkommt, am Pd 4 nur angedeutet, und der ganze Zahn ist besonders bei Propithecus viel kleiner als M 1. Pd4 schliesst sich somit bei den beiden genannten Gattungen näher den einfacheren M I an, wie er bei Lemur, Lepidolemur und Hapalemur auftritt, als dem komplieirteren M 1 derselben Gattungen. 1) Nach den Abbildungen bei MILNE-EDWARDS — eine Beschreibung fehlt leider — will es scheinen, als ob bei den beiden andern Indrisinse, Avahis und Indris, Pd 3 einfacher als P 3 wäre, jedenfalls macht der erstere verglichen mit dem letzteren den Eindruck des Verkümmertseins. 142 WirHeLMm LecHE [18 Unterkiefer. Jd und Cd stimmen mit J und C überein, nur sind sie kleiner. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass Jd und Cd bei ihrem Hervortreten beim Embryo und ganz jungen Thiere etwa dem Pd 2 parallel stehen und erst allmählich in die für die Lemu- ridae so charakteristische horizontale Lage übergehen. In dieser Beziehung schliesst sich aber der Jugendzustand der Lemuridae dem weniger modificirten Verhalten bei Adapis (siehe unten) an eu’2a2 73 Fig. 20. Fig. 18. Galago sp. Milchgebiss, ?/, nat. Grösse. Fig. 19 und 20 Lepidolemur mustelinus; Fig. 19 Milchzähne. Fig. 20 Permanente Zähne des Unterkiefers. ?/, nat. Grösse. Die Kiefer sind von innen und von oben dargestellt, um sowohl die Beschaffenheit der Kronenoberfläche als auch die relativen Grössenverhältnisse zu zeigen. Bei Chirogaleus smithii ist der Unterschied zwischen Id und Cd etwas grösser als zwischen I und C, oder mit anderen Worten: das Milchgebiss ist in diesem Punkte weniger abgeändert als das Ersatzgebiss. Bei Indrisinae fehlt bekanntlich C gänzlich, wogegen der entsprechende Zahn des Milchgebisses in winziger Gestalt vorhanden ist. Bei Propithecus (Fig. II) ist die Krone des kleinen Cd 1,5 mm lang, unregelmässig löffel- oder spatenförmig'). 1) Dass € und nicht J 1, wie WınG& (I, II) angiebt, bei den Indrisinae fehlt, scheint mir zunächst aus der rudimentären Beschaffenheit des Cd hervorzugehen; es ist somit schon aus diesem Grunde nur zu erwarten, dass sein Nachfolger im Ersatzgebiss fehle. Wollte man W.s Ansicht acceptiren, so würde die Reduktion im Milch- und Ersatzgebisse in ganz verschiedener Richtung vor sich gehen — was allerdings prineipiell keineswegs unannehmbar ist, wofür aber in diesem Falle keine zwingenden Gründe vorliegen. Entschieden unrichtig ist die von WINGE I, pag. 63) zu Gunsten seiner Auffassung gegebene Deutung der MILNE-Epwarps’ schen Figuren. Er findet nämlich, dass es den Anschein hat, dass gerade der kleine Milcheckzahn von dem grossen, vordersten, horizontalen Milch- schneidezahn verdrängt würde, während dagegen dem vordersten Milchschneidezahn ein Nachfolger fehlte. Dass dies nun thatsächlich nicht der Fall ist, geht aus dem Verhalten bei dem von mir untersuchten Propithecus (Fig. II) hervor, 19] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 143 Pd2 Bekanntlich zeichnet sich P 2 durch seine eckzahnähnliche Form aus. Pd 2 dagegen ist meist, wenn auch im Ganzen mit P 2 übereinstimmend, länger im Ver- hältniss zur Höhe (somit auch etwas niedriger im Verhältniss zu Pd 3, als P2 zu P 3) mit anderen Worten: Pd2 ist mehr prämolarenartig, d. h. weniger differenzirt als P2. So besonders bei Lemur, Lepidolemur (Textfigg. 19, 20) und Hapalemur ; beim letztgenannten weist die Wurzel des Pd 2 sogar eine deutliche Spur der Verschmelzung aus zweien auf. Bei Nyeticebus zeichnet sich Pd 2 durch die kleine und schmale Krone sowie durch die gefurchte Wurzel aus. Von P 2 kommen bei Galago zwei nach verschiedenen Richtungen hin dif- ferenzirte Formen vor, von denen, soweit ich es habe ermitteln können, je eine für die beiden von Gray aufgestellten, im Uebrigen unhaltbaren Gattungen Otogale und Galago charakteristisch ist. Bei Otogale (crassicaudata,: garnetti, monteiri, pallida) ver- hält sich nämlich P2 etwa so wie bei ZLepidolemur, d. h. er ist aufrechtstehend, eckzahnartig, während bei der Gray’schen Gattung Galago (maholi, sennariensis, senegalensis) P 2 in Kronenform und Lage sich dem Ü nähert, somit stark vorwärts geneigt ist. Pd 2 verhält sich bei Galago sp. (Fig. 18) und bei @. demidoffi wie P2 bei Galago (Gray). Propithecus (Fig. II): Pd 2, wesentlich wie sein Nachfolger, doch nur etwa halb so gross wie dieser. Avahis und Indris verhalten sich, nach MiıLxe-Epwarns’ Abbildungen zu urtheilen, ebenso. Pd 3 ist mit Ausnahme von Lemur bei allen kleiner als P 3, hat aber im Verhältniss zur Höhe eine relativ längere Krone als der letztgenannte (Figg. 19, 20). Bemerkens- werth ist, dass bei Lemur am Pd 3 der Innenhöcker des P 3 durch eine Leiste repräsentirt wird; bezüglich der Bedeutung dieses Befundes vergleiche den oberen Pd 2 bei Lepidolemur, sowie Pd 3 bei Chirogaleus (pag. 140—141). Bei Nycticebus weicht Pd 3 dadurch von P 3 ab, dass der hintere Basaltheil mehr ausgebildet ist, sowie dadurch, dass Pd 3 zwei Wurzeln hat, während die Wurzel bei P3 nur gefurcht ist. wo der fragliche grosse Ersatzzahn den J 2 meiner Deutung, aber nicht C verdrängt hat. WınGE (I, pag. 63) giebt ferner an, dass, obgleich der untere Eekzahn bei Zemur im Ersatzgebisse bedeutend grösser als die Schneidezähne ist, doch der Milcheckzahn verhältnissmässig klein sein kann; W. beruft sich dabei auf BLAINVILLE (pag. 45, Pl. XI). Aber diese Angabe ist unrichtig. BLAINVILLE’S Beschreibung kann sich nur auf ein Exemplar mit noch nicht völlig hervorgetretenen Cd beziehen, denn im vollständig entwickelten Milchgebisse ist Cd bei allen Zemurini und Nyeticebini grösser als Jd. Festschrift für Gegenbaur. II. 19 144 WILHELM LecHE [20 Pd 3 (Fig. ID) bei Propitheeus — und nach Mırne-Enwarps’ Abbildungen auch bei den anderen Indrisinae — ist ein stiftförmiges, rudimentäres, mit knopfförmiger Krone versehenes Zähnchen, das auf der Lingualfläche der Krone mit einer schrägen Leiste wie bei Lemur ausgerüstet ist; er ist ein vollkommenes Miniaturbild des Pd 3 des letztgenannten 'Thieres. Ein dem Pd 3 entsprechender Ersatzzahn, ein P 3, fehlt bekanntlich den Indrisinae'). Den vorliegenden Untersuchungen zu Folge können also die Homologien des Indrisinae-Gebisses folgendermaassen formulirt werden: ki a 11 an sry 1. 2 1% 2: 3 4. Rn 2. a PP, 3 4. M 19042: 0. 2. 4. 1 9003 Das Vorkommen bei Indrisinae von drei Zähnen im Milchgebiss (nämlich Pd 2 im Oberkiefer, C und Pd3 im Unterkiefer), deren Nach- folger wohl bei den übrigen ZLemuridae aber nicht bei Indrisinae vor- handen sind, bildet einen werthvollen Beleg für die schon früher (pag. 141, 145) ausgesprochene Anschauung, dass sich das Milchgebiss durch grössere Ursprünglichkeit vor dem Ersatzgebisse aus- zeichnet. Pd4 stimmt wesentlich mit M 1 überein und ist entweder etwa ebenso gross (Lemur, Hapalemur) oder kleiner und zwar ohne (Chirogaleus, Galago, Textfig. 18, Nycticebus) oder mit deutlichen Spuren der Verkümmerung (Indrisinae Fig. II). 1) Dass in der That P3 und nicht P 2 den Indrisinae fehlt, erhellt: a. daraus, dass bei der Mehrzahl der Zemuridae (Lemur, Hapalemur, Lepidolemur, den grösseren Galago- und Chirogaleus-Arten und allen Nyeticebi) P3 der am wenigsten differenzirte — somit der physiologisch am leichtesten zu entbehrende und morphologisch unbedeutendste — unter den Prämo- laren ist. Schon hierdurch wird es wahrscheinlich, dass bei Reduktion P 3 und nicht P 2 schwindet. Die kleinen Galago- und Chirogaleus-Arten, bei welchen P2 theilweise schwächer als P 3 ist, fol- gen einem anderen Differenzirungsmodus, da P2 sich bei ihnen physiologisch und morphologisch C und J anschliesst. Diese den Indrisinae übrigens in jeder Beziehung ferner stehenden Formen können somit nicht als Gegenbeweis angeführt werden. b. Bei Indrisinae ist von den drei Milchmolaren Pd 3 offenbar der am meisten reducirte, was also gut mit der Annahme übereinstimmt, dass der entsprechende"Zahn im Ersatzgebiss fehlt. e. Die Kronenform des vordersten Prämolaren bei Indrisinae stimmt viel besser mit derjenigen des Pd 2 als des Pd 3 überein. 21] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 145 I. Tarsius spectrum. Ueber das Milchgebiss dieser eigenartigen Form ist bisher nur eine Abbildung, auf welcher alle Milchzähne angegeben sind, ohne Beschreibung von E. BLANcHARD veröffentlicht worden. Mir standen für diese Untersuchung zwei Exemplare, nämlich die eine Kopf- hälfte des oben sub Stad. C erwähnten Jungen, sowie ein anderes, etwa S Tage altes Thier von 56 mm Körperlänge zur Verfügung. Die Zahnformel ist oben (pag. 128) angeführt. Oberkiefer (Fig. UI, V, VI). Allen oberen Milchzähnen fehlt das Basalband, welches die Er- satzzähne auszeichnet. Jd 2 ist stiftförmig, kaum 1 mm hoch, mit schwach abgesetzter, schief medial- wärts gerichteter Krone; steht medialwärts von der Alveole des J 2. Jd 3 bedeutend stärker als der vorige (Höhe 1,8 mm); die Krone ist deut- lich von der Wurzel abgesetzt; er liegt nahe der Maxillarsutur (also dicht am Cd), lateralwärts von und hinter der Alveole des J 3. Da im Ersatzgebisse die Grössenverhältnisse der oberen Schneidezähne sich umgekehrt verhalten (J 2 ist sehr hoch, dolchförmig, J 3 kurz, fast rudimentär), so haben wir eine gute Illustration für die schon früher von mir (pag. 135) aus- gesprochene Auffassung vor uns, dass eine grosse morphologische Unab- hängigkeit zwischen den einander lokal entsprechenden Zähnen im Milch- und Ersatzgebiss existirt. Cd ist ein stärkerer Zahn als die vorhergehenden, unterscheidet sich von Ü durch verhältnissmässig grössere Länge, hat einen schwachen, hinteren Basalhöcker, welcher dem © fehlt, und ist etwas mehr schneidend als C; stimmt überhaupt besser mit C bei manchen Lemuridae als bei Tarsius überein. Liegt am lateralen Kieferrande, dem C gegenüber. Pd 2 fehlt gänzlich bei dem einen Exemplare (cfr. oben pag. 129); bei dem anderen ist er ein ganz winziger Stift (0,4 mm hoch), welcher nur im Zahnfleische (nicht in einer Alveole) steckt und deutliche Zeichen der Resorption aufweist. Dieser Zahn steht offenbar auf dem Aussterbeetat. Wie immer in solchen Fällen ent- wickelt sich sein Nachfolger (P 2) in rascherem Tempo als die übrigen Er- satzzähne. Pd3 (Fig. VII) ist grösser als einer der vorigen (Kronen-Länge und -Höhe il mm); Krone zusammengedrückt, fast schneidend, mit hinterer Basalspitze. Drei Wurzeln sind vorhanden, zwei äussere und eine innere, welche letztere, schräg lin- 19* 146 WırnueLm LecuE [22 gualwärts gerichtet, keinen Innenhöcker trägt. Dieser letztere Umstand ist jedenfalls eine Reduktionserscheinung. Mit dem kurzen, pyramiden- förmigen P 3 desselben Thieres hat er viel weniger Aehnlichkeit als mit dem entsprechenden Zahne bei manchen Lemuridae. Pd 4 ähnelt dem Pd 3, ist aber etwas grösser und hat einen sehr star- ken, hinteren Höcker, sowie einen von der Innenwurzel getragenen, schwachen, knopfförmigen Innenhöcker, wodurch die Kaufläche dreieckig wird. Auch dieser Zahn ist weder mit P4 oder, wie sonst bekanntlich der Fallist, mit M 1 übereinstimmend; grössere Aehnlichkeit hat er mit P 3 eines Lemur, Hapa- lemur etc. Unterkiefer (Fig. IV, VII). Auch hier sind die Milchzähne, verglichen mit den Ersatzzähnen, sehr klein. Ein Basalband ist auch im Milchgebiss vorhanden. Jd2 und Cd stimmen allerdings in ihrem gegenseitigen Grössenverhältnisse mit J und © überein (Jd 2 auch in der Form) während dagegen Cd, sowohl was Form als Richtung der Zahnkrone betrifft, entschieden mehr mit dem P 2 bei den kleineren Arten von Chirogaleus und Galago und, was besonders die Richtung be- trifft, selbst mit dem C mancher Lemuridae als mit demjenigen des Tar- sius übereinstimmt. Wie im Oberkiefer ist auch im Unterkiefer Pd 2 bei dem einen Exemplar gänzlich resorbirt, während er bei dem anderen noch als ein rudimentäres, bereits stark von der Resorption angegriffenes Zähnchen von 0,52 mm Länge erhalten ist; er steckt in keiner Alveole, sondern ist nur im Zahnfleisch befestigt. Sein Nach- folger (P 2) ist in seiner Entwickelung weiter vorgeschritten, als die übrigen Er- satzzähne. Pd3 (Fig. IX) unterscheidet sich von P 3 dadurch, dass er relativ länger ist, indem der hintere Basalhöcker stärker ausgebildet ist und zwei Wurzeln hat, von denen die vordere in sagittaler Richtung an der Spitze gespalten ist, während P 3 nur eine Wurzel besitzt. Pd 4 ist etwas grösser als Pd 3 und ist ebenso wenig wie derjenige im Ober- kiefer dem M 1 ähnlich, vielmehr ähnelt er dem P 4 bei Tarsius ziemlich; hat zwei Wurzeln, von denen die vordere in sagittaler Richtung gespalten ist, während die- selbe Wurzel bei P 4 einfach ist. Aus der obigen Darstellung ergiebt sich somit, dass das Milchgebiss bei Tarsius nicht mehr als in seiner vollen Entfaltung stehend betrachtet werden kann; einige Zähne (Pd 2 oben und unten) verschwinden sogar, ohne das Zahnfleisch zu durchbrechen. Nichts desto weniger ist hier deutlich zu erkennen, dass sich die Eck- und Backenzähne des Milchgebisses mit Ausnahme des unteren P4 in ihrer Form näher den entsprechenden 23] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 147 Ersatzzähnen mancher Lemuridae als des Tarsius anschliessen. Die grosse Kluft, welche zwischen dem persistirenden Gebiss der Lemuridae und des Tarsius existirt, wird also durch das Milchgebiss des letzteren theilweise ausgefüllte Bemerkenswerth ist schliesslich, dass Pd 4 nicht wie sonst nach dem Molar-Typus gebaut ist. III. Adapis. Ueber das Milchgebiss dieser Gattung liegt bisher nur eine kurze Angabe von ScHLossER vor. Er beschreibt (II pag. 24) von Adapis parisiensis den unteren Pd 4 und giebt ausserdem eine (wenig glückliche) Abbildung desselben (I Taf. V Fig. 33). Vor diesem Zahne fand S. noch vier Alveolen, von denen er annimmt, dass sie zwei weiteren Milchbackenzähnen entsprechen; er schliesst daraus, dass Adapis einen Milchzahn weniger als Prämolaren hat. Die Zahl der Jd im (Unterkiefer) ist nach S. drei, „trotzdem nur zwei J im definitiven Gebiss vorhanden sind“. Ausser- dem beschreibt er zwei obere Milchbackenzähne. Mir liegt für das Studium des Milchgebisses des Ad. magnus folgendes Material vor: a. das bis auf einige obere Schneidezähne vollständige Milchgebiss im Ober- und Unterkiefer eines Individuums (Causs£e DE CAzare) Figg. X—XIU. b. Ober- und Unterkieferhälfte eines Individuums (ebendaher). c—g. fünf Unterkieferhälften mit Milchprämolaren (Bach, Lamannıne, Basse, CaAussE DE ÜAZARE). h. Oberkieferstück mit PdA3+4M 1 (Escanes). i. Untere Jd. Die Untersuchung dieses recht reichen Materials hat mich in den Stand gesetzt, eine vollständige Darstellung des Milchgebisses der in genealogischer Beziehung so wichtigen Thierform zu geben. Eine grössere Anzahl Kieferfragmente mit der persistirenden Dentition von sowohl Ad. magnus als parisiensis konnte zur Vergleichung herangezogen werden, wodurch ein Einblick in die Beziehungen dieses eocänen Säugers zu den lebenden Halbaffen ermöglicht wurde. Wie aus der nachfolgenden Untersuchung hervorgeht, ist die Zahnformel: www w Pop DD Q Dow w 148 WıruerLm Lechs [24 Oberkiefer. Alle Milchzähne sowobl im Ober- als au lea: sind schwächer als die entsprechenden Ersatzzähne. Von Jd ist an meinen Exemplaren nur der eine (Fig. XI), ein schief schaufel- förmiger Zahn, erhalten; er war aus seiner natürlichen Lage gerückt, wesshalb nicht zu ermitteln, ob er als Jd 1 oder Jd 2 zu deuten ist. Die J bei Ad. magnus waren bisher nicht bekannt; Fırnor kennt sie nicht. An einem mir vorliegenden Schädel- fragment (Fig. XVI) ist jedoch an den gut erhaltenen Alveolen zu erkennen, dass deren jederseits zwei vorhanden sind, ebenso wie bei Ad. parisiensis (Fırmoun Il B1..10, Fig). Cd (Fig. X) hat einen starken hinteren und die Andeutung eines vorderen Basalhöckers; grösste Länge und Höhe der Krone betragen 3 mm. Er ist nicht höher als die nachfolgenden Backenzähne und eher prämolar- als typisch eckzahn- artig; anderseits ähnelt er dem Cd mancher recenten Lemuriden mehr als seinem mächtig entwickelten Nachfolger (C, Figg. XIV, XVI, XVI). Dieser hat an der Kronenbasis einen Längsdurchmesser von 8 mm und eine Kronenhöhe von etwa 10 mm; er ist an der Hinterfläche mit einer starken Leiste ausgerüstet. Auch dürfte Cd bei Ad magnus den C des Ad. parisiensis — nach Fırnor’s Abbildungen (II Pl 10, Fig. 1, 4, 8) zu urtheilen — viel ähnlicher sein als dem C. des Ad. mägnus. Um zu einer richtigen Deutung des auf den Cd folgenden Zahnes zu kommen, ist es angezeigt, zunächst den entsprechenden Zahn (P 7) im Kiefer des erwachsenen Thieres zu mustern. Aus einem Vergleiche des in Fig. XV abgebildeten Kiefers mit den beiden anderen (Figg. X VI, XVI) geht nämlich hervor, dass sich individuell eine Verschiebung und wohl auch eine seitliche Abnutzung des Pi durch den auf denselben von den umstehenden Zähnen ausgeübten Druck vollziehen. Während nun P 1 bei den in Fig. XIV und XVI abgebildeten Individuen erheblich von dem vordersten Prämo- laren der Fig. X abweicht, erkennen wir unschwer, dass letzterer und P I der Fig. XV dieselbe Gestaltung haben‘). Und dass im jugendlichen Kiefer der vorderste Zahn wirklich P1 und nicht Pd 11 ist, geht theils aus dem ganzen Habitus theils und vor- nehmlich aus dem Umstande hervor, dass er viel weniger weit in der Entwickelung vorgeschritten ist als die umstehenden Milchzähne?). Adapis verhält sich in diesem Punkte ganz wie die Raub- und Hufthiere: durch Verlust des Pd 1 wird die Ent- wickelung des P 1 beschleunigt, so dass er zuerst von allen Ersatzzähnen erscheint und noch zusammen mit den Milchzähnen funktionirt?). Von besonderem Inter- 1) Der Kronenrand des P 1 der Fig. XV ist etwas beschädigt, wesshalb die Uebereinstimmung auf der Abbil- dung weniger gross erscheint, als sie wirklich ist. 2) Aus dem Fehlen eines Nachfolgers lässt sich seine Natur nicht erschliessen, da beim fraglichen Indivi- duum ebenso wenig verkalkte Nachfolger der ächten Milehzähne nachweisbar sind. 3) Vergleiche hierüber meine frühere Darstellung 1. c. pag. 60, 72. 25] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 149 esseist, dass Ad. parisiensis das für den jugendlichen Ad. magnus charakte- ristische Verhalten des PI auch im erwachsenen Zustande bewahrt. P 2 zeigt bei den drei untersuchten Exemplaren eine bemerkenswerthe Ver- schiedenheit: bei zwei Exemplaren (Fig. XV, XVI)') ist er kaum höher als P 3, die Krone verhältnissmässig lang (Höhe 5, Länge 5 mm) und die äussere Wurzel doppelt, während bei Fig. XIV P2 merkbar höher als P 3, die Kronenlänge geringer im Verhältniss zur Höhe (Höhe 5,5, Länge 4 mm) und die Wurzel einfach ist. Nach Fırnor’s Abbildun- gen (II Pl 10) zu urtheilen, verhält sich Ad. parisiensis in dieser Beziehung wie die in Fig. XVI abgebildete Form von Ad. magnus. Pd. 2 (Fig. X), schliesst sich zunächst der in Fig. XVI dargestellten Form an, aber die Krone ist im Verhältniss zur Höhe noch länger (Höhe 2,5, Länge 4 mm) und es sind zwei divergirende Wurzeln vor- handen. Wir erhalten somit folgende lückenlose Entwickelungsserie des P2 vom Prämolartypus zur eckzahnähnlichen Form: Pd2 (Fig. X) — P2 (Fig. XV,XVI); P 2 bei Ad. parisiensis — P 2 (Fig. XV]. Pd 3 unterscheidet sich von P 3, 1) durch stärkere Ausprägung des vorderen und hinteren Basalhöckers, 2) durch relativ grössere Länge (Kronenlänge 5, Höhe 3 mm), P3 (Kronenlänge 5,5, Höhe 5 mm, 3) durch fast gänzlichen Schwund des Innenhöckers. Besonders durch letztgenannte Eigenschaft ähnelt P 3 des Ad. parı- siensis mehr dem Pd 3 als dem P 3 des Ad, magnus. Es ergiebt sich aus der obigen Untersuchung, dass der vordere Theil der Oberkieferzahnreihe (C, P1 — 3) bei Ad. parisiensis näher mit dem entsprechenden Theile des Milchgebisses als mit dem des Ersatz- gebisses bei Ad. magnus übereinstimmt. Pd 4 unterscheidet sich von M 1 wesentlich nur durch geringere Grösse. Unterkiefer. Untere Schneidezähne vom Ad. magnus sind bisher nicht bekannt gewesen. Fırsor (II pag. 42) sagt hierüber: „Les incisives inferieures, si elles existaient, &taient plus petites qwelles ne le sont sur l’Adapis parisiensis, malgre la grande difference de la taille de ces animaux.“ Mir liegt ein Vordertheil eines Unterkiefers vor (Fig. XIX), an dem die äusseren J vollständig und Alveolen von den inneren erhalten sind. Zunächst ist also zu konstatiren, dass, wie zu erwarten, zwei J vorhanden sind. (Höhe des lateralen J von aussen 4, dito von innen 4,8 mm; Querdurchmesser der Wurzel aller J2 mm). Aus einem Vergleiche mit der von Fırnor gegebenen Ab- bildung (II Pl. 10, Fig. 2) der betreffenden Zähne bei Ad. parisiensis geht ferner her- vor, dass sie bei Ad. magnus nicht, wie Fırsor meint, kleiner, sondern grösser als beim ersteren sind. 1) In Fig. XV ist P 2 etwas aus seiner natürlichen Lage gerückt. 150 WILHELM LEcHE [26 Jd verhalten sich wie J, sind aber kleiner. Besonders bemerkenswerth ist, dass bei Jd die Hinterfläche der Krone nicht caudal-, sondern dorsalwärts gerichtet ist; in dieser Beziehung nähern sich also Jd denselben Zähnen bei Lemuridae. Diese Annäherung wird dadurch noch grösser, dass bei Jd und J von Adapis die dorsale Kronenfläche eine deutliche Längsleiste wie bei Lemuridae trägt. In Betreff der Anzahl der unteren Jd kann ich schliesslich mit Sicherheit feststellen, dass Schrosser’s Angabe, dass Adapis sechs untere Milchschneidezähne haben sollte, wenigstens was Ad. magnus betrifft, unrichtig ist. Es sind nur vier Jd vor- handen. Cd unterscheidet sich durch geringere Grösse und mehr horizontale Richtung der Krone von ©. Da ferner Cd und C mit einer starken Längsleiste auf der dorsalen, resp. hinteren Kronenfläche versehen sind (Fig. XII), so ist in der That der Unter- schied zwischen Adapis und den recenten Lemuridae, den manin der Beschaffenheit der unteren Schneide- und Eckzähne hat sehen wollen, durchaus nicht so bedeutend, hauptsächlich wenn man die Be- funde im Milchgebiss berücksichtigt. Ü bei Ad. parisiensis ähnelt nach Fır- Hor’s Abbildungen (II, pag. 22) zu urtheilen, mehr dem Cd als dem C bei Ad. magnus. Auch im Unterkiefer fehlt Pd1. Von P]/ gilt wesentlich das vom oberen P 1 Gesagte, wenn er auch nicht in gleich hohem Grade wie der letztere durch die umstehenden permanenten Zähne in seiner Entwickelung und Lage beein- flusst wird. P 2 variürt insofern etwas in seiner Ausbildung, als er bald mehr, bald weniger schief zur Längsachse des Kiefers gestellt ist, sowie bald länger, bald kürzer ist. Pd2 nähert sich der längeren Form des P 2, aber noch vollständiger stimmt er mit P2 bei Ad. parisiensis überein, indem er nicht höher als die um- stehenden ist, und seine Längsachse, wie bei diesem, mit derjenigen des Kiefers zusammenfällt. Pd3 ist durch das Vorhandensein eines deutlichen, vorderen Basalhöckers, sowie durch die bedeutendere Grösse des hinteren Basalhöckers im Verhältniss zur Höhe länger als P 3. PdA4 stimmt mit M 1 überein, ist nur kleiner als dieser. Bevor ich zu einer Verwerthung der obigen Beobachtungen gehe, möchte ich hier in Kürze eine bisher übersehene Eigenthümlichkeit im Bau des Unterkiefers hervorheben. Bei Adapis parisiensis ist der untere und hintere Theil des Unterkieferkörpers verdünnt und der untere Rand medialwärts stark eingebogen, so dass ein tiefer und breiter Sulcus entsteht, welcher hinter M 3 beginnt und, allmählich sich verflachend, 27] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 151 unter M 1 aufhört; nach hinten ist er durch eine starke Crista, welche in schräger Richtung von oben und vorne nach unten und hinten verläuft, von dem auf der Medialfläche ebenfalls etwas ausgehöhlten Pars angularis getrennt. Auch bei Ad. magnus ist diese Eigenthümlichkeit vorhanden, wenn auch viel weniger ausgeprägt. Wie aus Forsyru Masor’s Beschreibung (pag. 17) und Abbil- dung (Fig. 9) hervorgeht, ist die fragliche Bildung auch bei dem fossilen Megaladapıs — trotz aller Verschiedenheit im Bau des Unterkiefers im Uebrigen — wiederzu- finden, etwa in demselben Grade ausgeprägt wie bei Ad. magnus. Unter den recenten Halbaffen kehrt diese Bildung bei Indrisinae‘) wieder, und zwar etwa in derselben Ausbildung, wie bei Ad. magnus; unter den übrigen Halbaffen finde ich nur bei Nycticebus tardigradus eine erkennbare Andeutung der- selben. Auch bei Necrolemur fehlt sie gänzlich. Offenbar haben wir es hier mit einer höheren Ausbildung des Sulcus s. Fossa mylohyoidea zu thun, einer Bildung, welche ich beim Menschen stärker entwickelt finde, als bei den übrigen Primaten mit Ausnahme von Pithecia nocturna, wo sie mit dem Verhalten bei Ad. magnus übereinstimmt; auch beim Weibchen und bei jün- geren Individuen, aber nicht beim erwachsenen Männchen von Mycetes ursinus ist der untere Kieferrand schwach einwärts gebogen. Unter entfernter stehenden Thier- formen erwähne ich Caenotherium commune aus den Phosphoriten, welches eine sehr starke Fossa mylohyoidea besitzt; doch scheint bei dem letztgenannten Thiere eine recht bedeutende Variation in der Ausbildung der Fossa zu walten. Die Beziehungen des Adapis zu den recenten Halbaffen. Bekanntlich sind Adapis und einige andere fossile Gattungen als eine besondere Ordnung von den Prosimiae getrennt und als Pachylömuriens (Fırsor) oder Pseudolemuridae (ScuLosser) bezeichnet worden. Dass nun aber ScHrosser’s Ausspruch (II, pag. 27): Adapis und Genossen „bilden eine Gruppe, welche von den ZLemuriden (= Prosimiae) zum mindesten eben- so sehr abweicht als von den ächten Affen“, unhaltbar ist; dass vielmehr engere genetische Beziehungen zwischen ihnen und den recenten Prosimiae bestehen, ergeben sowohl die Analyse der von Schtwosser als „fundamentale Unterschiede“ bezeichneten Charaktere, als auch die oben von mir vorgeführten Befunde. ScHLosser betont (II, pag. 25) die riesige Entwickelung des Pfeilnahtkammes als ein Adapis von den Halbaffen trennender Charakter. Es ist dies aber aner- kanntermaassen eine Eigenschaft, welche lediglich durch stärkere Kauzähne und mächtigere Kiefer bedingt wird und desshalb durchaus nicht als ein für die Auf- stellung einer besonderen Ordnung verwendbares Merkmal betrachtet werden kann. 1) I. e. Propitheeus und Indris; von Avahis habe ich nur einen jugendlichen Schädel, an dem die frag- liche Eigenthümlichkeit nicht ausgeprägt war, untersuchen können. MILNE-EDWARDS erwähnt in seiner weitläufigen Beschreibung nichts von diesem Verhalten. Festschrift für Gegenbaur. III. 20 152 WILHELM LecHE [28 Um die Unzulänglichkeit dieses Charakters für genealogische Aufstellungen von weiterem Umfange zu illustriren, brauche ich nur an das Auftreten und die ver- schiedene Ausbildung des Pfeilnahtkammes bei der Gattung Canis (vergleiche besonders Huxrey), sowie auf das gelegentliche Vorkommen dieses Kammes beim Männchen und das Fehlen desselben beim Weibchen derselben Art (Orang, Gorilla) zu ver- weisen. Ausserdem aber ist das Fehlen eines ausgebildeten Pfeilnaht- kammes durchaus kein konstantes Merkmal der Halbaffen; ganz abge- sehen von Megaladapis, bei dem seine Ausbildung etwa derjenigen bei Adapis gleich- kommt.' und von Microchoerus (Necrolemur) finde ich denselben sehr stark entwickelt bei Nyeticebus tardigradus var. cinerea; ferner nähern sich die „Cristae temporales“ stark einander bei manchen Lemur- und Propithecus-Schädeln. Der weite Abstand des Adapis von den Halbaffen sollte sich nach ScHLossER (pag. 26) ferner daraus ergeben, dass die Zahl der Prämolaren vier ist — bei dem letzteren kommen höchstens drei vor —, und dass der hinterste viel komplicirter geworden ist. Mit Bezug auf den ersteren Punkt, so muss zunächst betont werden, dass, solange die I/ndrisinae mit nur % P als ächte Halbaffen betrachtet werden, kein Grund angeführt werden kann, Adapis aus der Ordnung zu entfernen. Ferner habe ich oben (pag. 148) nachgewiesen, dass P I (der den recenten Halbaffen feh- lende Zahn) bei der am weitesten differenzirten'!) Art, Ad. magnus, wäh- rend der individuellen, postfötalen Entwickelung eine regressive Entwickelung durchmacht, und dass schliesslich die vorderste Prä- molarregion schon so weit abgeschwächt ist, dass Pqdl sowohl oben als unten fehlt, ganz wie bei den recenten Raub- und Hufthieren. Bezüg- lich des zweiten Punktes, der grösseren Komplikation der hinteren Prämolaren bei Adapis, so ist zunächst daran zu erinnern, dass Galago durch ähnliche Entwickelung der hinteren Prämolaren charakterisirt ist; ferner auch daran, dass bei Tomitherium und Notharctus, deren nähere Verwandtschaft mit Ad. auch von Schtosser anerkannt wird, und welche Formen er ebenfalls seinen Pseudolemuridae zuzählt, die P4 viel einfacher gebaut sind als bei Adapis und somit in dieser Hinsicht den Halbaffen ähnlicher sind. Erweisen sich also die oben besprochenen Merkmale als ungenügend, um eine Scheidung der Pseudolemuridae und Prosimiae zu begründen, so würde als wesentliche Differenz nur noch die verschiedene Beschaffenheit der unteren Schneide- und Eckzähne übrig bleiben: während diese bei Adapis als denjenigen der Primaten sehr ähnlich erkannt werden, sind bei den ZDLemuridae die unteren Schneide- und Eckzähne in eigenthümlicher Weise differenzirt, nämlich pfriemen- förmig und mehr oder weniger horizontal gestellt. Nun ist aber oben nachgewiesen worden, dass einerseits die fraglichen Zähne im Milchgebiss des Adapis sich etwas mehr dem Verhalten bei Lemuridae nähern, andererseits die 1) Vergleiche in Bezug auf den Differenzirungsgrad der Adapis-Arten die folgenden Ausführungen. 29] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 153 Zustände im Milchgebiss der letzteren etwas weniger von den Be- funden bei Adapis abweichen als beim erwachsenen Thiere. Hieraus geht hervor, dass auch -diese Kluft zwischen den besagten Thieren in etwas durch die Beschaffenheit des Milchgebisses ausgefüllt wird — von dem Verhalten der fraglichen Zähne bei Tarsius einstweilen ganz abgesehen. In diesem Zusammenhange erinnere ich auch an die oben nachgewiesene Thatsache, dass der Vorgänger des enorm ausgebildeten oberen C d.h. Cd viel mehr als © mit den Befunden bei ZLemuridae übereinstimmt. Das Milchgebiss zeigt sich also auch hier als die historisch frühere Entwickelungsstufe, welche an dem genetischen Zusammenhang deutlicher zu erkennen ist, als an dem historisch jüngeren, nach verschiedenen Richtungen diffe- renzirten persistirenden Gebiss. Legen wir zu diesen 'Thatsachen die oben mitgetheilte, den Adapis und einigen Lemuridae gemeinsame Eigenthümlichkeit des Unterkiefers, sowie die auch von Fır- tor (III, pag. 131) und Schrtosser anerkannte, allgemeine Uebereinstimmung der be- kannten Skeletttheile des Adapis und der Lemuridae, so dürfte der Schluss berechtigt sein, dass Adapis ein wirklicher Halbaffe ist. Wenn ich mich in diesem Punkte also in Uebereinstimmung mit LyDEKKER (II) und Wine befinde, so kann ich den genannten Autoren nicht beistimmen, wenn dieselben Adapis mit Necrolemur (LxDExker) in eine Gruppe bringen, oder wie Wınge, Adapis, Necrolemur und Tarsius als Tarsüdae den übrigen Halbaffen als Lemuroidei gegenüberstellen. Für eine solche Gruppirung sind von genealogischem Gesichtspunkte meiner Meinung nach keine ausreichenden Gründe angeführt worden. Die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Tarsius und Necrolemur') einerseits und Adapis andererseits sind entschieden nicht intimer als zwischen Adapis und den Lemuridae s. str. Auf die näheren Beziehungen zwischen Adapis und Lemuridae einzugehen, dürfte mit dem vorliegenden Material noch als verfrüht erscheinen. Nur so viel lässt sich zur Zeit feststellen, dass, falls wir überhaupt in einer Adapis-ähnlichen Form den Ursprung der heutigen Lemuridae er- kennen wollen, diese ein Thier gewesen ist, dessen Gebiss näher mit dem Milch- als dem permanenten Gebiss des Adapis übereinstimmte. Schliesslich erhellt aus der obigen Untersuchung, dass das persistirende Ge- biss von Ad. parisiensis in vielen Punkten auf demselben Standpunkte steht wie das Milchgebiss bei Ad. magnus, während das Ersatzgebiss des letzteren stärker modifi- cirt ist (so besonders in Bezug auf C, P1, P 2 im Ober- und C und P 2 im Unter- kiefer; vergleiche die obige Beschreibung). Hieraus ergiebt sich: von den beiden Adapis-Arten?) ist Ad. parisiensis jedenfalls die ursprünglichere, ältere, und Ad. magnus die jüngere, abgeleitete. 1) Ueber diese vergleiche unten. 2) Ad. minor Fırn. fällt wohl innerhalb der Variationsgrenzen des Ad. parisiensis. 20* Das Gebiss des Micerochoerus. Wie aus der unten näher zu berücksichtigenden Litteratur hervorgeht, muss unsere Kenntniss vom Zahnsysteme der in mehrfacher Beziehung zo bemerkens- werthen alttertiären Gattung Microchoerus (Necrolemur') als im höchsten Grade mangelhaft bezeichnet werden. Das Material aus den Phosphoriten des Quercy, welches im zootomischen Institut der Universität zu Stockholm vorhanden ist, hat mich in den Stand gesetzt, eine vollständigere Anschauung, als bisher möglich war, von der Beschaffenheit des Gebisses dieser Thierform zu erlangen und dem Mangel an korrekten und genügenden bildlichen Darstellungen durch für mor- phologische Beurtheilung verwerthbare Abbildungen des ganzen Zahnsystems ab- zuhelfen. Untersuchte Stücke: Microchoerus antiquus a) Fast vollständiger Oberkiefer (Cazare) Fig. 20. b) Obere Ante-Molaren (CazarE) Fig. 23. En er = r Fig. 22. d)E #5; in a > > le e) Zwei obere Molaren-Reihen (Cazar). f) Vollständiger Unterkiefer (Uazare) Fig. 24, 25. 8) Unterkiefer; die beiden vordersten Zähne nur durch die Alveolen re- präsentirt (CAzare) Fig. 26. h—q) Unterkiefer mit mehr oder weniger unvollständigem Gebiss (CazARr, Bach). Microchoerus erinaceus a) Schädelfragment mit beiderseitigen Prämolaren und Molaren (CazARE) Rio. 27. b—c) Unterkieferfragmente (Cazare, Bach). 1) Ueber die Identität dieser Gattungen siehe im Folgenden. 31] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 155 Alle die aufgezählten Stücke sind mit permanenten Zähnen verschen; das Milchgebiss ist bis jetzt unbekannt. Wie aus dem Folgenden hervorgeht, ist die Zahnformel: 1% Muse 1,22. Ka Ar a2 ea: Ki 18: 1: N Ding ;R Oberkiefer‘'). Die Beschreibung und Abbildung des vollständigsten bisher bekannten Exem- plares von M. antiquus stammt von Fırnorn (I, Fig. 216) und ist, wie aus der nach- folgenden Darstellung ersichtlich, in wesentlichen Theilen verfehlt; die Beschreibung der Prämolaren und Molaren ist später von F. in etwas vervollständigt worden (IV, pag. 5l). Die oberen Schneidezähne waren ihm unbekannt, doch hat er (I, pag. 277) an der einen Seite „petits enfoncements‘“ gesehen, welche er als die Alveolen von zwei Schneidezähnen deutet. In Folge dessen schreibt Fırmor die Zahnformel des Oberkiefers 2 J, C, 3 P und 3 M. Dieser Auffassung hat sich LyDEkkER (II, Bd. 1 pag. 1) angeschlossen, während SchHrosser (pag. 44) meint, dass da ‚im Unterkiefer nur ein ganz rudimentärer J vorhanden war, so wird wohl auch oben nur ein etwas grösserer J oder zwei sehr kleine existirt haben.“ Die mir vor- liegenden Oberkieferstücke von M. antiquus gestatten mit vollkommener Sicherheit festzustellen, dass Microchoerus sieben obere Ante-Molaren besitzt, und dass somit die früheren Angaben nicht das Richtige getroffen haben. Die Homologisirung ist in der obigen Formel gegeben. J 1 (Fig. 21) besitzt eine ziemlich dicke, 2 mm hohe, hinten ausgehöhlte Krone. J2 (Fig. 21—23) schmächtiger, höher und spitziger als J 7. Die Kronenhöhe ist verschieden bei den drei Stücken, bei denen der Zahn vollständig erhalten ist: bei d) 3, b) 4 und c) 5 Mm. Ob hier sexuelle oder individuelle Variationen vor- liegen, muss dahin gestellt bleiben. Bei Stück ec) ist die Ähnlichkeit mit J2 bei Tarsius besonders ausgeprägt. J3 (Fig. 22, 23), der kleinste der oberen Zähne, hat im Verhältniss zu den übrigen Schneidezähnen eine relativ grössere Länge mit deutlichem hinteren Basal- zacken. Dieser sowie die folgenden Zähne sind mit einem Basalbande versehen. Varürt in der Grösse: winzig, rudimentär, bei einem Exemplare (Fig. 22) ist er viel stärker bei den beiden anderen (Fig. 23) entwickelt. Er ist relativ länger als J 3 bei Tarsius. 1) Die nachfolgende Beschreibung bezieht sicht bezüglich der vorderen Zähne nur auf M. antiquus. 156 WILHELM LechE [32 © (Fig. 21—23) hat eine seitlich zusammengedrückte, spitzige Krone (nicht so hoch una schlank wie J 2) mit schwachem Basalhöcker. Ebenso wie bei Tarsius ist er durch ein Basalband ausgezeichnet, ist aber mehr prämolarartig als dieser und da- durch dem Cd des Tarsius ähnlich (vergleiche oben p. 145). Ein Vergleich zwischen Meier. und Tarsius in Bezug auf die oben erwähn- ten Zähne macht es somit wenigstens wahrscheinlich, dass die in den obigen Zahn- formeln ausgedrückten Homologien richtig sind. P2 ist © ähnlich, aber hat eine niedrigere Krone (C ist. 2,5, P2 2 mm hoch); eine Wurzel. P3 (Fig. 20, 23): Krone kegelförmig; bedeutend grösser als P 2; zwei äussere, eine innere Wurzel, welche letztere einen Innenhöcker trägt, der durch die Abfla- chung der Innenfläche des Kronenkegels sowie durch das Basalband gebildet wird. Ein ähnlicher aber viel schwächerer Innenhöcker ist auch bei P 2 vorhanden. P4 (Fig. 20, 23) von gleichem Baue wie P 3, aber mit stärkerem Innenhöcker, so dass die Kaufläche viereckig ist; an deren Innenrande, somit vom Basalbande, er- hebt sich ein kleiner vorderer Innenhöcker. M. erinaceus (Fig. 27) unterscheidet sich von antiguus dadurch, dass sich auf der Innenkante des stark entwickelten Basalbandes zwei Innenhöcker, ein vorderer und ein hinterer, erheben, wodurch der innere Theil der Krone des P 4 näher mit einem Molaren übereinstimmt, während die Lateralwand sich abweichend verhält‘). — Von den lebenden Halbaffen stimmen Tarsius und Nyeticebini noch am besten in Bezug auf die oberen P3 und P 4 mit Microchoerus überein ohne jedoch grössere Aehnlichkeit darzubieten. Die Eigenthümlichkeit des Tarsius, dass der hintere der inneren Höcker bei P 4 und bei den Molaren am Basal- bande als winziger Höcker verbleibt und nur der vordere sich an der Kaufläche stark entfaltet, findet sich in dieser Weise ebenso wie die Kürze der Zahnkrone nur bei Anaptomorphus wieder und dürfte als gewichtiges Zeugniss für die nahe Ver- wandtschaft zwischen beiden Formen angesehen werden. Die Beschaffenheit der Molaren ist aus den Abbildungen (Fig. 20, 23) zu er- sehen. Die Grösse der Molaren nimmt von vorn nach hinten ab. Bei M. erinaceus (= Ne- crolemur Edwardsii?) haben M 1 und M 2 zwei Aussen-, zwei Zwischen- und zwei Innenhöcker; das deutliche äussere Basalband trägt zwischen den Aussenhöckern eine Knospe®). M 3 unterscheidet sich von M I und M 2 dadurch, dass die hintere Hälfte der Krone reducirt ist und die Knospe des Basalbandes fehlt. Die fraglichen Zähne bei M. antiquus unterscheiden sich durch geringe Grösse der Zwischen- und Innen- höcker und durch das Fehlen der Knospe am Basalbande‘). 1) Auch bei P3 des MM. erinaceus ist der Innenhöcker relativ und absolut grösser als bei antiquus, wenn auch die Form des etwas beschädigten Innenhöckers an meinem Exemplare des M. erinaceus nicht vollkommen zu erkennen ist. 2) Vergleiche unten pag. 158. E 3) Unter den lebenden Halbaffen nur bei Propithecus gefunden. 4) Sehr. stark abweichend von den genannten Arten verhalten sich die von RÜTIMEYER (p. 114, Taf. VIII 33] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 157 Unterkiefer. Die Anzahl der unteren Ante-Molaren ist sechs. Ebenso wie ScutLosser habe ich an dem besten der mir vorliegenden Unterkiefer an der Medialseite des Ö am Vorder- rande des Kiefers eine winzige Alveole gefunden, welche einen rudimentären J be- herbergt hat, welcher seiner Lage und Grösse nach jedenfalls ausser Funktion war. Fırsor hat diese Alveole nicht beobachtet, ist wohl desshalb zu der jedenfalls irrigen Auffassung der Unterkieferzähne gelangt, die sich in der von ihm gegebenen Unter- kiefer Zahnformel 2 J, C, 2P, 3M oder, wie er auch vorschlägt, 0. J, C, 4P, 3M ausspricht. Wie Lyvekker (Il, Bd. I p. 10) zu der von ihm aufgestellten Zahnformel 2J, C, 3P, 3 M gekommen ist, wird nicht angegeben, ScHrosser gründet mit Recht seine Homologisirung auf das Verhalten bei Tarsius und giebt die auch von mir angenommene Formel für die Unterkieferzähne. Aber auch ganz abgesehen von Tarsius ist jedenfalls diese Homologisirung die einzige, welche Microchoerus in greif- baren Zusammenhang mit den andern Halbaffen stellt, da nur bei Annahme dieser der vorderste grosse Zahn als C figuriren kann. Und dass dieser Zahn wirklich dem C der übrigen Halbaffen (Tarsius inbegriffen) entspricht, geht theils aus dem Verhalten der nachfolgenden Zähne, theils aus der Beschaffenheit des fraglichen Zahnes selbst hervor. Dieser (Fig. 25) hat nämlich wie © bei Tarsius, Adapis und wohl den meisten Lemuridae auf der Hinterfläche der Krone eine Leiste auf- zuweisen. Nach der Abbildung und Beschreibung bei Fırnor (U, Pl. 11 Fig. 4 und Pl. 12 Fig. 5) zu urtheilen — die Krone an meinem Exemplare ist nicht vollständig — ist die Richtung der Krone etwa so wie bei Cd des Adapis oder C des Nyeti- cebus, also viel schräger als bei © des Tarsius. Der Verlauf des Basalbandes ist etwa wie bei Cd des Adapis und bei C des Tarsius. In diesem Lichte gesehen, nimmt also C des Tarsius durchaus keine Sonderstellung innerhalb der Halbaffen-Ordnung ein, wie ihm allgemein zugeschrieben wird'). P1. Fırsor (II, p. 6) sagt von diesem Zahne, den er den zweiten Schneide- zahn nennt, dass er bei drei von ihm untersuchten Exemplaren von Neerol. antiquus und einem N. Edwardsiü ‚„absolument microscopique“ ist und nach aussen gedrängt von den von ihm als J 1 und C aufgefassten — nach meiner Deutung also von C und P2 — sitzt. Ebenso SchLosser. Mir liegen zwei Unterkiefer vor, welche über diesen Zahn Aufschluss geben. Von diesen verhält sich der kleinere Kiefer’) (Fig. 26), Fig. 12) unter dem Namen Necrolemur Cartieri beschriebenen und abgebildeten Oberkieferzähne P 4, M 1—3. Seiner Grösse nach könnte diese Art nach RÜTIMEYER möglicher Weise mit der grössten Neerolemur-Art von Caylux d. h. mit N. Edwardsii (= Mieroch. erinaceus) zusammenfallen. Dass nun dem nicht so ist, erhellt aus einem Vergleich mit meiner Fig. 27 (bezüglich der Identität von N. Edwardsii und Mieroch. erinaceus siehe unten). Es scheint mir nicht ganz ausgeschlossen, dass hier doch etwas Anderes als eine Neerolemur- (= Mierochoerus)-Art vorliegt. 1) Welchem der Schneidezähne der rudimentäre J entspricht, ist nicht zu entscheiden. 2, Betreffs der Artbestimmung siehe unten. 158 WILHELM LecHE [34 bei welchem nur die Alveole des P 1 erhalten ist, völlig wie bei den von FirHoL beschriebenen Exemplaren. Bei dem grösseren Kiefer (Fig. 26) dagegen, wo der Zahn selbst vorhanden, ist dieser allerdings den umstehenden Zähnen gegenüber reducirt, hat eine verlängerte Krone und schwache Wurzel, steht aber völlig in der Zahn- reihe und ist ebenso abgenutzt wie die umstehenden (übrigens wie diese etwas beschädigt), somit nicht wie bei den bisher beobachteten funktionslos. Halten wir diesen Befund zusammen mit Fırnor’s Beschreibung der kleinsten Art (Necrol. par- vulus, V, p. 39), bei welcher der fragliche Zahn ebenfalls in der Zahnreihe steht, so erhellt hieraus, dass sich innerhalb des Formenkreises der vorliegenden Gattung der untere P1 von einem fungirenden Zahne in ein funktions- loses Rudiment rückbildet. P2 und P3 (Fig. 25, 26) sind einander ähnlich, mit schräg nach vorne ge- neigter Krone und einer Wurzel. Diese Zähne stimmen besser mit den entspre- chenden bei Chirogaleus smithü als mit denen bei Tarsius überein, da die Kronen beim letzteren zur Kieferachse weniger geneigt sind. P4 (Fig. 25, 26) weicht von P 4 des Tarsius durch Entwickelung eines stär- keren hinteren talonartigen T'heiles, schrägere Kronenstellung, das Vorkommen eines Innenhöckers sowie zweier Wurzeln ab; stimmt besser mit P 4 bei Chirogaleus. P2—M 3 sind mit einem Basalbande versehen. Werfen wir endlich einen Blick auf die verschiedenen Arten, welche dieser Gattung angehören sowie auf die Beziehungen derselben zu anderen Halbaffen, so sind bekanntlich nicht weniger als vier verschiedene Arten von „Necro- lemur“ (antiquus, Edwardsü, Zitteli, parvulus) aus den Phosphoriten des Querey und eine (N. Cartieri) aus dem Bohnerze von Egerkingen (Schweiz) beschrieben worden. Von diesen ist N. Zitteli, von Schrosser (p. 47) auf einem Unterkieferfragment gegründet worden, dessen geringere Grösse nach 8. die specifische Trennung von N. antiquus und Edwardsii nothwendig macht: die drei unteren Molaren messen bei N. antiquus 7,2 mm. bei Zittei 6 mm. Die Untersuchung einer grösseren Reihe hat mir jedoch gezeigt, dass jener Grössenunterschied durchaus nicht eine Trennung berechtigt: von sieben Exemplaren des N. antiquus messen die drei unteren Molaren bei zweien 9, bei zweien 8,5, bei zweien 8 und bei einem 7 mm. Haben wir somit N. Zittei nur als eine kleinere Form (Weibchen?) des N. antiquus zu betrachten und ist die Necrolemur-Natur N. Cartieri, wie bereits oben (pag. 157) erwähnt, noch zweifelhaft, so haben wir z. Z. drei wohl begrenzte Arten: N. Edwardsü, antiguus und parvulus. Es lässt sich nun nachweisen, dass der 18850 von FırHoL beschriebene Necrolemur Edwardsii aus dem Quercy mit dem bald den Hufthieren, 35] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 159 bald den Insektivoren zugezählten, schon 1846 von Woon aufgestellten Microchoerus erinaceus vom Eocän in Hordwell (England) identisch ist. Von Neerol. Edwardsü war bisher kein Oberkiefer bekannt. Vor einiger Zeit erhielt ich für das zootomische Institut der Universität zu Stockholm ein Oberkieferstück (Fig. 27), welches vollkommen zu einem Unterkieferstück des N. Edwardsü von derselben Lokalität (CAausse de Cazare) aus dem Quercy passt. Die Zähne dieses Stückes stimmen nun vollständig mit der neuesten und jedenfalls auch besten Ab- bildung des Mier. erinaceus von HorpwEın in FrLowEer & Lyverker’s Handbuch (pag. 697, Fig. 332 B) überein!). Auch die von Woop und Lypexker (I, IM) gegebenen Abbildungen und Beschreibungen bekräftigen diese Auffassung. Die gesammte Zahnreihe, wie sie von den beiden letztgenannten Autoren abgebildet ist, stimmt ausserdem, sowohl was Anzahl wie Form der Zähne — abgesehen von den oben (pag. 156) angegebenen specifischen Merkmalen — betrifft, vollkommen mit der von mir bei N. antiquus festgestellten überein, nur dass, da bei dem Originale des Mier. erinaceus der Zwischenkiefer defekt ist, kein oberer J 1, sondern anstatt dessen eine (scheinbare) Zahnlücke vorhanden ist. Was den von Woop abgebildeten Unter- kiefer des M. erinaceus betrifft, so glaubt Lyvexker (I, pag. 530), dass diese Abbil- dung im vorderen Theile nicht ganz korrekt sei, macht aber selbst keine näheren Angaben. Dass aber in der fraglichen Figur die Zahl und im Wesentlichen auch die Form der Zähne richtig wieder gegeben ist, erhellt aus einem Vergleiche mit Necrolemur antiquus. Gegen die Deutung, dass bei M. erinaceus die Zahnformel C-- 4P — vom rudimentären J abgesehen — sei, führt ScHLosser (pag. 33) an: „Nach der Beschaffenheit der oberen Ü und J ist dies nicht recht wahrscheinlich, denn gewöhnlich ist die Zahl der J im Unterkiefer ebenso gross wie die der oberen und dürfen wir wohl auch hier 3 P, 1 C und 2 J im Unterkiefer erwarten.‘ Ganz abgesehen von den bereits oben (pag. 157) angeführten Gründen, wird diese Ein- wendung schon durch die 'Thatsache entkräftet, dass die Zahl der unteren Schneide- zähne durchaus nicht selten geringer als die der oberen ist; ich erinnere an die Pinnipedia, wo bei der überwiegenden Mehrzahl die oberen J zahlreicher als die un- teren sind (%% oder %ı), und wo dies immer der Fall ist, wenn eine verschiedene Anzahl oben und unten vorhanden ist; ferner an die Marsupialia, wo mit Ausnahme der einzigen Gattung Phascolomys stets oben mehr J als unten vorkommen, an Eri- naceus, Soricidae u. Ss. W. Aus obigen Ausführungen erhellt somit, dass nicht nur FLowEr & LyDEk- Ker’s Identificirung von Necrolemur und Microchoerus vollkommen berechtigt ist, son- dern auch, dass Microchoerus erinaceus und Necrolemur Edwardsü dasselbe Thier be- zeichnen. In den Nachträgen zu seiner Arbeit (pag. 66) meint auch ScnHLosser, dass „die Identität des Mier. erinaceus mit einer der Necrolemur-Arten nicht ganz ausge- schlossen“ sei. Da S. nun früher den Microchoerus zu seinen Pseudolemuridae gezogen 1) In FLOWER & LYDERKER's Beschreibung sind offenbar M. antiquus und erinaceus verwechselt worden. Festschrift für Gegenbaur. IH. 21 160 WırurLm LEcHE, UNTERSUCHUNGEN ÜB. D. ZAHNSYSTEM LEBENDER U. FOSS. HALBAFFEN. [36 hat, während er Necrolemur als ächten Halbaffen anerkennt, so geht auch hieraus hervor, wie unbestimmt diese Unterscheidungen selbst für den Urheber derselben sind (vergl. oben pag. 151 u. f.). Aber noch mehr! Lypekker (I pag. 530) hat die Ansicht ausgesprochen, dass Microchoerus wahrscheinlich identisch mit dem von Leipy aufgestellten Hyopsodus aus dem Eocän Nordamerikas ist. Wenn auch Lyvekker später (II, Bd. 5, pag. 303), auf Osgorv’s Autorität hin, diese Auffassung hat fallen lassen, so lässt sich aus den bisher veröffentlichten Darstellungen über letztgenannte Form nichts destoweniger erkennen, dass Hyopsodus und Microchoerus einander nahe stehende Glieder derselben Gruppe sind. Und zwar erscheint Hyopsodus als die am wenigsten modificirte Form, da die oberen Schneidezähne gleichartig und noch ein oberer P I sowie zwei untere Schneidezähne vorhanden sind. Auch Pelycodus gehört vielleicht derselben Familie an. Anaptomorphus, ebenfalls aus dem Eocän Nordamerikas, steht wohl dem lebenden Tarsius näher als irgend einem anderen Halbaffen, jedenfalls ist er mehr differenzirt als Microchoerus. Schlussbemerkungen. Die in den vorhergehenden Abschnitten niedergelegten Beobachtungen ent- halten einige Momente, welche von allgemeinerer Bedeutung sind oder doch bei einer künftigen Verwerthung von Nutzen sein können. Ich stelle dieselben hier zu- sammen’). Während der Eocän- und Oligocän-Periode war Europa und Nord-Amerika von zwei Gruppen Halbaffen mit zum Theil für beide Welttheile gemeinsamen Gattungen bewohnt. Mit dem Oligocän verschwindet jede Spur von Halbaffen in der nördlichen Hemisphäre, und erst in der heutigen Lebewelt begegnen wir diesen 'Thierformen wieder, aber nur in der äthiopischen und indischen Region. Es darf desshalb bei der völligen Unbekanntschaft mit Halbaffen aus der langen Zwischenzeit nicht gar zu sehr befremden, wenn die heutigen Halbaffen uns auf den ersten Blick als eine von den ausgestorbenen genetisch verschiedene Gruppe imponiren. Und doch ist, wie ich oben nachzuweisen versucht habe, die Verschiedenheit zwischen den lebenden und den ausgestorbenen Halbaffen durchaus nicht so gross, wie meist angenommen wird. Bei den alttertiären Formen hat sich die starke Differenzirung, welche den vorderen Theil des Gebisses der heutigen auszeichnet, noch nicht ausgebildet. Dagegen sind bei jenen bereits Anzeichen nachzuweisen, durch welche diese Differenzirung angebahnt wird. Für eine solche Auffassung sind in erster Linie die Befunde im Milchgebiss leitend und maassgebend. Bis auf Weiteres müssen wir, wie gesagt, zwei Gruppen fossiler Halbaffen unter- scheiden, als deren Repräsentanten die am vollständigsten bekannten Gattungen Adapis und Microchoerus zu nennen sind. Trotz aller Verschiedenheit dieser beiden Gruppen zeichnen sie sich doch durch gewisse, theilweise gemeinsame Charaktere aus, durch welche sie sämmtlichen lebenden Halbaffen gegenüber als ursprünglicher organisirt erscheinen. Um nur ein Beispiel hier anzuführen: bei den alttertiären Halbaffen treffen wir noch vier Prämolaren sowie drei obere Schneidezähne (Microchoerus) an, während bei den lebenden nie mehr als 3 P und 2 obere J vorkommen. 1) Bezüglich der wichtigeren Resultate des ontogenetischen Theiles dieser Untersuchungen vergleiche oben p..136. 21* 162 WILHELM Lu&cHhE [38 Unter den lebenden Halbaffen haben wir ebenfalls zwei Gruppen zu unter- scheiden: Lemuridae und Tarsüdae, welche letztere sich zunächst an Microchoerus und Genossen anschliessen. Wenn auch der heutige Tarsius in wichtigen Theilen seiner Organisation — wie vor Allem in der Placenta-Beschaffenheit, im Bau der Orbita und dem nicht gewundenem Kolon — eine von den übrigen Halbaffen verschiedene Ent- wickelungsrichtung eingeschlagen hat und desshalb, wie gesagt, eine Sonderstellung einnimmt, bietet doch sein Milchgebiss eine solche Annäherung an die Lemuridae dar, dass eine gemeinsame Abstammung beider Gruppen wenigstens als höchst wahrscheinlich bezeichnet werden muss. Für den von mir in meiner früheren Arbeit (l. c. pag. 140—141) versuchten Nachweis, dass die Milchzähne als die Repräsentanten einer älteren Entwickelungs- phase mit ursprünglicherem Gepräge als das permanente Gebiss aufzufassen sind, bietet auch das Zahnsystem der Halbaffen eine Anzahl Belege: 1. Bei Hapalemur haben die oberen Schneidezähne im Milchgebiss eine nor- malere Stellung als im Ersatzgebiss. 2. Der obere Pd 2 bei Adapis hat die ursprüngliche Prämolarenform voll- ständiger bewahrt als P 2. 3. Die unteren Jd der Lemuridae sind etwas weniger modificirt als ihre Nachfolger. 4. Bekanntlich hat der untere P 2 bei Lemuridae die Form eines Eckzahns angenommen, wogegen Pd 2 besser die ursprünglichere Prämolarenform beibehalten hat. 5. Bei stärkerer, durch Differenzirung veranlasster Reduktion des persistirenden Gebisses behält das Milchgebiss die vollständige oder nahezu vollständige Zahnanzahl bei; so bei Indrisinae und Chiromys. Auch Lepidolemur, dem alle oberen Schneide- zähne im Ersatzgebiss fehlen, hat einen oberen Schneidezahn im Milchgebiss bei- behalten. Fast ausnahmslos sind die Milchzähne der Halbaffen kleiner, schwächer als die entsprechenden Ersatzzähne. Erreicht das Ersatzgebiss einen höheren Grad von Differenzirung, so ist es, wie ich früher (l. c. pag. 142—144) des Näheren ausgeführt habe, erklärlich, dass das Milchgebiss einer mehr oder weniger ausgesprochenen Rückbildung zunächst in der Grösse der einzelnen Komponenten anheimfällt; dies ist der. Fall bei Tarsius, Indrisinae und Chiromys, ohne dass hier, wie schon bemerkt, die ursprüngliche Zahl wesentlich vermindert wird. In Bezug auf die Phylogenie einzelner Zähne verdient hervorgehoben zu werden, dass, während bisher nur bei Insektivoren und Säugern der Sekundär-Zeit sowie ganz vereinzelt bei Beutelthieren (Choeropus) und fossilen Suidae (Palaeochoerus) Eck- zähne mit doppelter Wurzel nachgewiesen sind —- ein Charakter, welcher jeden- falls als ein relativ ursprünglicher zu betrachten ist — ich bei Lemuridae sowohl im Milch- als Ersatzgebiss zweiwurzelige Eckzähne gefunden habe. Der Umstand, dass bald ein einwurzeliger Cd von einem zweiwurzeligen C ersetzt wird und bald das Umgekehrte der Fall ist, entzieht sich bis auf Weiteres einer greifbaren Erklärung. Dass die langgestreckte d. h. die mehr prämolarenartige Gestalt des oberen 39] UNTERSUCHUNGEN ÜBER DAS ZAHNSYSTEM LEBENDER UND FOSSILER HALBAFFEN. 163 Eckzahns die ursprünglichere Form dieses Zahnes bei den Liemuridae ist, scheint mir aus jenen Fällen hervorzugehen, wo C von Cd abweicht; dann ist nämlich Cd stets mehr prämolarenartig als C, siehe Chirogaleus (pag. 139), Adapis (pag. 145) und Tarsius (pag. 145). Ein Vergleich des C, beim alttertiären Microchoerus mit dem des modernen Tarsius führt zu demselben Resultate. Einzelne Befunde aus der Entwickelungsgeschichte sowohl des Stammes als des Individuums scheinen mir nicht anders gedeutet werden zu können, als dass bei den Halbaffen der Innenhöcker der oberen Prämolaren eine Neubildung ist. So fehlt dieser Höcker sowohl am Pd 3 des Adapis magnus als auch am P 3 des in jeder Beziehung primitiver organisirten Ad. parisiensis, während P 3 bei Ad. magnus einen wohl entwickelten Höcker besitzt (Fig. 17). Bei Lepidolemur haben wir gesehen, wie der an Pd 2 gänzlich fehlende Innenhöcker an P 2 im Entstehen begriffen ist (Text- fig. 16, 17); vergleiche die Ausführungen oben pag. 140. Dass andererseits der schon vorhandene Innenhöcker der oberen Prämolaren durch Reduktion wieder verschwinden kann, dafür bieten Pd 3 und P 3 bei Chirogaleus milii und Propithecus Belege (vergl. oben pag. 141). Schliesslich mag noch der prineipiell wichtige Nachweis der genealogischen Beziehungen der beiden Adapis-Arten zu einander hier betont werden: das per- sistirende Gebiss des Ad. parisiensis steht im Wesentlichen auf demselben Standpunkte wie das Milchgebiss d.i. die ältere Zahngeneration des Ad. magnus (siehe oben pag. 153), während das persistirende Gebiss des letzteren weiter differenzirt ist. | n' Pr a BETT ar. Be: Bun, dalanya hi} ut en a j Y rzBl A| En: au 5 in, "a ee JeRRT Kira‘ BR ÄRNSGRR. If ESYESETT NEDE RR A RN N Be | ‚ae er TE Bar 2 gr ä nmel lage Ale BEAT) 2 0e2 en tee ie: ee ef ni, bie: BRUST nz ia rei en Er e um BT ee E 7; ig IE viel; KH Na nah: 7) LOL er Ko Si es > Per PIE Fi RR Kan “Alta uam, Pt Un EEE aa ee fs 2 07 eg Ba le, Sulz Kleep Nr ART NE ES B Zu Zr 27 0 af EL DEN HR 2 u hi L aan #) ä At . ar a EN Bun: yagatl Ar re) Tai i ji PRGET er Pau TRuer 1973, ig, zu ala wunAan Weite Sl 3 a er, a ? rat: Ian. Hl er Pr kahet WUNgIA: SUITE Due Line ; eig arNE ER DONE N 7. 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[12 Tafel-Erklärung. .1—2. Propitheeus diadema. Junges Thier mit fast vollständigem Milchgebiss, Fig. 1 Obere, Fig. 2 Untere Zähne von der Lateralfläche. .3—4. Tarsius spectrum. Permanente Antemolaren. Fig. 3 Oberkiefer von der Lateralfläche, Fig. 4 Unterkiefer von der Medialfläche. .5—9. Tarsius speetrum. Etwa acht Tage altes Thier mit vollständigem Milchgebiss. Fig.5 Oberkieferzähne von der Lateralfläche; Fig. 6 dieselben von der Kaufläche; Fig. 7. Oberer Pd 3 von der Medialfläche; Fig. 8 Unter- kiefer von der Medialfläche; Fig. 9 Unterer Pd 3 von der Medialfläche. .10—13. Adapis magnus. Vollständiges Milchgebiss Fig. 10, Oberkiefer von der Lateralfläche; Fig. 11, Oberer Jd, @ von aussen und b von innen; Fig. 12 Unterkieferzähne von der Lateralfläche; Fig. 13 derselbe von der Kaufläche. Alle Stücke gehören demselben Individuum an. . 14. Adapis magnus. Permanente Oberkieferzähne von der Lateralfläche. . 15. Adapis magnus. Obere P 1—3.von der Lateralfläche. . 16—17. Adapis magnus. Permanente Oberkieferzähne, Fig. 16 von der Lateralfläche, Fig. 17 vordere Ober- kieferzähne von der Kaufläche. 18—19. Adapis magnus. Permanente Unterkieferzähne, Fig. 18 von der Lateralfläche, Fig. 19 von der Kaufläche. 20. Microchoerus antiquus. Permanente Oberkieferzähne von der Kaufläche. 21. Microchoerus antiquus. Obere J1 +2 von der Lateralfläche. 22. Miecrochoerus antiquus. Obere J2+3, C, P2 von der Lateralfläche. 23. Mierochoerus antiquus. Oberkieferzähne kombinirtes Bild eines Stückes mit Ante-Molaren und den Molaren der Fig. 20 von der Lateralfläche. . 24—25. Mierochoerus antiquus. Fig. 24 Unterkieferzähne von der Lateralfläche, Fig. 25 Unterer C von der Medialfläche. 26. Mierochoerus antiguus. Unterkieferzähne von der Lateralfläche. 27. Microchoerus erinaceus. Hintere Oberkieferzähne (P3 +4, M 1—3) von der Kaufläche. Vergrösserung ? natürl. Grösse mit Ausnahme von Fig. 7 und 9, welche in } natürl. Gr. dargestellt sind. Alle Figuren sind mit Hülfe der Camera lueida gezeichnet. Pı & „2 34 M1 23 Gd PTR? Cd Pi Pd2 2) II. Bundson del. Liehtdruck von Albert Prisch, Berlin Verras vos WILHELM ENGELMANN ıx Leirzig, DAS EXKRETIONSSYSTEM DER MYXINOIDEN IN SEINER BEDEUTUNG FÜR DIE MORPHOLOGISCHE AUFFASSUNG DES UROGENITALSYSTEMS DER WINDE LIT ENTE DR. RICHARD SEMON PROFESSOR UND PROSEKTOR FÜR HISTOLOGIE, ONTOGENIE UND VERGLEICHENDE ANATOMIE MIT TAFEL I UND II. Marie ASNZRI 2er aan aerer H a AN IE au Das Exkretionssystem der Myxinoiden ist schon mehrfach Gegenstand der Untersuchung seitens ausgezeichneter Forscher gewesen. A. Rerzıus erkannte und be- schrieb die Harnleiter, ohne indessen die ihnen anliegenden Marpicnischen Kör- perehen mit ihren kurzen Harnkanälchen wahrzunehmen. Den Pronephros, der nicht fern vom proximalen Ende der Harnleiter liegt, deutete er als eigentliche Niere. Die Grundlage unserer Kenntniss ist gelegt in J. MüLrer’s klassischem Werke: Ver- gleichende Anatomie der Myxinoiden (5), in welchem zuerst die Hauptbestandtheile des Exkretionssystems genau und zutreffend beschrieben und auf einer besonderen Tafel vortrefflich abgebildet sind. J. Mürrzer’s Beschreibung war für das eigentlich funktionirende Exkretionssystem, den Mesonephros, so erschöpfend, dass spätere Unter- suchungen hier nichts Nennenswerthes hinzugefügt haben. Seine Darstellung des Organs als Urbild einer Wirbelthierniere von wunderbarer Einfachheit ist denn auch in sehr viele Lehrbücher der vergleichenden Anatomie und Entwickelungsgeschichte über- gegangen. Auch den Pronephros, den er Nebenniere nennt, beschreibt er kurz und widmet ihm eine Anzahl Abbildungen (Eingeweide der Fische Taf. I Fig. 2 und 3). Er hält das Organ für eine Drüse ohne Ausführgang und deutet es als Nebenniere. Einen bemerkenswerthen Fortschritt in unserer Erkenntniss des von J. MÜLLER nur ungenügend erkannten Pronephros brachte die bekannte Arbeit von W. MüLrEr über das Urogenitalsystem des Amphioxus und der Cyklostomen (6). Seine Beschrei- bung der Vorniere lautet folgendermaassen: „Bei der mikroskopischen Untersuchung ergiebt sich, dass beide Körper drüsigen Bau besitzen. Der schmale Gang, in wel- chen bei jüngeren 'Thieren das vordere Ende jedes Harngangs sich fortsetzt, erweitert sich am hinteren Ende der beiden Körper rasch und verläuft längs der ventralen Fläche der Vena cava nach vorne. Er besitzt in dieser Strecke hohes, leicht gelb- lich gefärbtes Epithel; sein Lumen ist von ungleicher Weite. Dem Epithel liegt wieder eine dünne Membrana und darauf eine lockere Schicht fibrillären Bindegewebes auf. Die dorsale Wand des Ganges zeigt in dessen unterem Abschnitt eine geringe Zahl von Ausbuchtungen, welche alle gegen die anliegende Hohlvene gerichtet sind und in deren Lumen vorspringen. Diese Ausbuchtungen enthalten in ihrem Inneren je einen Glomerulus, welcher durch die dünne, ihn umgebende Kapsel von der gleich- falls dünnen Wand der Hohlvene geschieden wird. Der Bau dieser Glomeruli und 22* 170 RıicHARD SEMON a ihrer Kapsel verhält sich wie in dem hinteren Abschnitt des Harnganges. Von der ventralen und lateralen Fläche des Ganges entspringt eine grosse Zahl tubulöser Drüsengänge, welche zum Theil zu kleinen Büscheln vereinigt sind und nahe dem Ursprung sich theilen, schliesslich aber alle entweder geraden oder gewundenen Ver- laufs der Oberfläche des anliegenden Perikards zustreben, welche über dem freien Ende jedes Tubulus vorspringt. Am Ende des 'Tubulus verengt sich dessen Lumen etwas, um alsbald mit einer leicht trichterförmig sich erweiternden Oeffnung in die Höhle des Herzbeutels auszumünden. Der Durchmesser der Tubuli schwankt zwischen 0,1 und 0,14, sie bestehen aus einer epithelialen Wand und einer Bindegewebshülle. Das Epithel ist im ganzen Verlauf gleich hoch, cylindrisch, 0,03 : 0,04 messend, längs- gestreift und im Protoplasma feine gelbliche Körnchen in mässiger Zahl führend. Dicht vor der Ausmündung erhöht sich das Epithel etwas, dadurch die halsartige Verengerung des Lumens bedingend, um an der Ausmündungsstelle selbst in das Epithel der emporgehobenen Strecke des Perikards überzugehen. Cilien fehlen sowohl am frischen als am gehärteten Präparat im ganzen Bereich der Tubuli. Ihre binde- gewebige Hülle ist längs des Epithels zu einer dünnen Membrana propria verdichtet, welcher wieder eine Schicht lockeren fibrillären Bindegewebes sich anschliesst; an den vorspringenden Enden der Tubuli wird dieses Bindegewebe auf der inneren Fläche von dem Epithel der Tubuli, auf der äusseren von dem sich allmählich er- höhenden Epithel des Perikards überzogen.“ „Jede Drüse enthält zwei bis drei kleine Arterienstämmchen aus dem vordersten Abschnitt der Aorta, welche sich zunächst zu den Gefässknäueln begeben, um weiter- hin in der lockeren Bindegewebslage um die einzelnen Schläuche ein Netz verhält- nissmässig weiter Kapillaren zu bilden. Die Venenstämmchen beider Drüsen ergiessen ihr Blut, soviel ich am injieirten Präparate habe sehen können, in die Hohlvene, nicht in die Pfortader.“ W. MüLtzer deutet, wie aus der Schlussbemerkung seiner Arbeit hervorgeht, dieses Organ dann richtig als Vorniere oder Pronephros. Wervon (14) lieferte im Jahre 18854 eine Beschreibung der Vorniere von Bdellostoma Forsteri. Er beschreibt, dass die Trichterkanäle der Vorniere sich in einem centralen Hohlraum, „central duct“, öffnen sollen, der ein Blutgerinnsel enthält. Am distalen Ende wird dieser Centralkanal solide und besteht aus lymphathischem Gewebe. Hier liegt ihm ein deutlicher Glomerulus an, und WeLpon meint, dass das Blutgerinnsel dem Inneren des grossen Centralkanales durch die Blutgefässe des Glomerulus zugeführt werde. Werpon konnte keine Verbindung zwischen dem Harn- leiter und der Vorniere, beziehentlich dem ihr distal anliegenden Glomerulus wahr- nehmen. Er glaubt aber in jüngeren Stadien Spuren einer Verlängerung des Harn- leiters bis zur Vorniere wahrgenommen zu haben, obwohl niemals ein kontinuirliches Lumen in dem Verbindungsstück. Auf seine Auffassung des Organes als Homologon der Nebenniere komme ich später zurück. J. W. Kırkaroy (4) untersuchte unter Weroon’s Leitung im Jahre 1884 noch einmal die Vorniere von Mywine und konnte auch bei Mywine keine Verbindung 5] Das EXKRETIONSSYSTEM DER MYXINOIDEN. ılafıl zwischen Harnleiter und Vorniere auffinden. Wie Wırnerm Mürver schildert sie die Einbettung der Vorniere in die Venenwand und lässt wie derselbe Autor die Trichter- kanäle nach innen zu in Glomeruli münden, von denen in Wervon’s Darstellung der Vorniere von Bdellostoma keine Rede ist. Werpon spricht nur von einem Glomerulus am distalen Ende des Organs, der keinerlei Verbindung mit den Vornierentrichtern hat. Auch bei Mywine findet sich nach Kırkarpy ein solcher, der Vorniere distal angelagerter Glomerulus. Die Verfasserin lässt zwar wie Wrrpon die Vornierentrichter in einen sogenannten „central duct‘“ einmünden, beschreibt aber, wie erwähnt, Glomeruli innerhalb des letzteren, von denen Wervon nicht spricht. Im Gegensatz zu den Angaben W. Müırer’s für Mywine und Weıvon’s für Ddellostoma glaubt sie Spuren von Wimperung durch die ganze Länge der Trichterkanäle der Vorniere beobachtet zu haben. Bei älteren Exemplaren schildert KırkarLpoy dann noch Veränderungen an den Trichterkanälen der Vorniere, die von den distalen zu den proximalen fort- schreiten und die als Reduktionserscheinung gedeutet werden. Aus dieser Uebersicht der vorliegenden Litteratur werden die Leser ersehen haben, dass eine klare Einsicht in den Bau der Vorniere der Myxinoiden augen- blicklich nicht vorhanden ist, und dass es unmöglich ist, das so beschriebene Organ mit den Vornieren der gnathostomen Wirbelthiere, die uns durch entwickelungs- geschichtliche Untersuchungen genau bekannt sind, in allen Theilen zu vergleichen. Hierzu waren erneute Untersuchungen der Vorniere sowohl als auch des Zwischen- stückes zwischen Vorniere und sogenannter Urniere nothwendig, dem man bisher noch nicht die nöthige Beachtung geschenkt hatte. Eine Anzahl vortrefflich konservirter Exemplare von Mywine glutinosa, die die Herren Dr. Braus und Dr. DrÜnER aus Nor- wegen mitgebracht haben, gab mir Gelegenheit, eine derartige Untersuchung vor- zunehmen. Ich gehe zunächst an eine Schilderung meiner Befunde bei Mywine und werde an die Deutung derselben einige Betrachtungen knüpfen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Resultaten stehen, zu denen ich vor längerer Zeit durch die Untersuchung des Urogenitalsystems eines ganz fern stehenden Thieres, des Ichthyophis glutinosus (13) geführt worden bin. Die Untersuchung wurde vornehmlich an Querschnittserien vorgenommen und war recht schwierig und zeitraubend.. Um einen klaren Einblick zu erhalten, ist es unbedingt nothwendig, den ganzen proximalen Theil des Exkretionssystemes: Vorniere, intermediäre Region und vordersten Abschnitt der Urniere Schnitt für Schnitt genau zu zeichnen und: eine Rekonstruktion des Gebildes auf Millimeter- papier vorzunehmen. Die blosse Durchsicht der Serien reicht nicht aus. Die Arbeit wird erschwert dadurch, dass im proximalen Abschnitt die Trichter des Pronephros stellenweise ungemein gedrängt stehen, dass in dem intermediären Theil aber bedeu- tende Reduktionserscheinungen eingetreten sind, und es grosse Aufmerksamkeit er- fordert, die Gebilde, die vielfach zu feinen Strängen werden, durch hunderte von Querschnitten hindurch zu verfolgen. Die Figuren 3 und 4 Taf. I sind Darstellungen von Rekonstruktionen von Querschnittserien. Fig. 3 ist eine Rekonstruktion aus 320 Schnitten und gehört einem jungen Thier von 16 cm Länge an. Fig. 4, rekon- 179 RICHARD SEMON [6 struirt aus 230 Schnitten, bezieht sich auf ein etwas grösseres T'hier (19 cm), dessen Vorniere aber im Ganzen einfachere und weniger veränderte Zustände aufweist, als das von Fig. 3. Fig. I ist die Totalansicht des Anfangstheiles des Exkretionssystemes, das gefärbt, aufgehellt und gezeichnet, dann aber zur Kontrolle noch in eine Schnitt- serie zerlegt wurde. Fig. 2 das eines anderen stärker vergrössert. Ausserdem habe ich noch verschiedene andere Vornieren in Schnittserien zerlegt und untersucht. Da es sich um ein in Rückbildung begriffenes Organ handelt, ist es unbedingt noth- wendig, eine grössere Anzahl von Exemplaren zu untersuchen, weil das eine Detail bei diesem, das andere bei jenem Objekte deutlicher hervortritt, die Rückbildung oft bei kleineren Exemplaren weiter vorgeschritten ist als bei grösseren, weil also bei einem rudimentär werdenden Organ, wie diesem, allein die Vergleichung einer grösseren Anzahl von Objekten den richtigen Maassstab der Beurtheilung giebt. Die Beschreibung meiner Befunde gebe ich im Wesentlichen in Form einer Er- läuterung der Figuren, besonders der Rekonstruktionen, in denen ja die Hauptarbeit dieser Untersuchung steckt. Was die Nomenklatur anlangt, so brauche ich den Aus- druck „Marpicurscher Körper“ in dem in meiner früheren Arbeit (13, p. 107 Separat- abdruck p. 19) näher präcisirten Sinne. Glomerulus ist nicht synonym damit, sondern nur ein Theil davon, nicht das Ganze. Der Harnleiter der Myxinoiden entspricht dem Urnierengang, Worrr’schen Gang, Segmentalgang der gnathostomen Wirbelthiere. Ich bezeichne ihn wie bei diesen als Vornierengang, weil er bei allen Kranioten nichts Anderes ist, als der Ausführgang der Vorniere, und es mir richtig erscheint, dieses Verhältniss in der Bezeichnung mehr hervorzuheben, als die Beziehung des Ganges zu der später auftretenden Urniere (Urnierengang). Die Topographie der Organe ist durch die Untersuchungen von J. MÜLLER (5, p- 7 und S) mit hinreichender Genauigkeit festgestellt worden. Beginnen wir mit der Beschreibung des proximalen Endes des Exkretionssystems, so sehen wir das an- sehnliche, drüsenförmige Gebilde, das von den Autoren seit W. Mürrer schlechthin als Vorniere, Pronephros, bezeichnet wird. Auf meiner Fig. I und 3 ist es als Pronephros I, auf Fig. 4 als Pronephros Ia und Ib bezeichnet. Seinem distalen Ende liegt konstant ein Gebilde an, das ich als Mesonephros I bezeichnet habe. Der Vornierengang kann gleich distal an letzterem Gebilde als ein dünner, zunächst solider Strang beginnen (Fig. 3 linke Seite) oder aber beträchtlich weiter unten. Pronephros I ist ein komplicirtes Gebilde, dessen Bau durch die Rekonstruk- tionsfiguren 3 und 4 erläutert wird. In Fig. 3 ist das Gebilde beiderseits einheitlich, in Fig. 4 ist es in zwei gesonderte, hinter einander liegende Abschnitte, Pronephros Ia und Pronephros Ib zerfallen. Auf Oberflächenbildern (Figg. I und 2) sieht man eine grosse Anzahl von Kanälchen mit runden Oeffnungen frei in die Perikardialhöhle, die bei den Myxi- noiden bekanntlich offen mit der Leibeshöhle kommunieirt, münden. In ihrem Ver- lauf nach innen vereinigen sich oft eine Anzahl von Kanälen zu einem gemeinsamen Rohr, und dieses mündet dann mit einer oder auch mehreren Oeffinungen in einen inneren Hohlraum oder richtiger gesagt, in ein System von Hohlräumen, die im 7] Das EXKRETIONSSYSTEM DER MYXINOIDEN. 173 Inneren einer gefässhaltigen Gewebsmasse liegen. Nähere Untersuchung der letzteren lehrt, dass es sich um eine grosse Anzahl von Glomeruli handelt. Um das Verständniss des Marrıcht'schen Körpers der Vorniere — denn um einen solchen handelt es sich hier — zu erleichtern, reproducire ich in Fig. 5 die schematische Fig. 61 meiner früheren Arbeit (13, Taf. XIV). Wie man dort (a und b) sieht, durchsetzen im Marrıcnrschen Körper der Vorniere zahlreiche Glomeruli den ganzen Binnenraum des Körpers und erreichen die gegenüberliegende Wand. Indem sich dann Glomerulusgewebe auch an den Wänden ausbreitet, kommt der Hohlraum des Marrıcurschen Körpers scheinbar in das Innere des „Glomus“ zu liegen, und es entstehen Bilder wie die in Fig. 3, 4 und 6 für Mywine abgebildeten, die durchaus denen der Vorniere von Ichthyophis (13, Taf. VI) entsprechen. Freilich ist es mir nicht gelungen, bei Mywine eine segmentale Anordnung der einzelnen Glomeruli, und dadurch bedingt eine segmentale Kammerung des Marrishrschen Körpers der Vorniere nachzuweisen, die sich bei Ichthyophis sicher feststellen liess. Sie wird vielleicht auch bei Mywine früher vorhanden gewesen sein. Da ich aber nur junge Thiere, nicht frühe Entwickelungstadien untersuchen konnte, liess sich der Nachweis nicht mehr erbringen. Die bisher geschilderten Verhältnisse erblickt man in aller Deutlichkeit auf Fig. 3 und 4 und sieht dort auch zahlreiche individuelle Details, die naturgetreu wiedergegeben sind, deren Schilderung ich aber unterlasse. Fig. 6 giebt einen Quer- schnitt durch die linke Seite von Fig. 3 etwa durch die Mitte von Pronephros I wieder. Auf diesem Querschnitt erkennen wir nun, dass das ganze, bisher beschriebene Gebilde in einen weiten dünnwandigen Hohlraum von einer Seite her eingestülpt ist. Dieser Raum ist eine Vene oder ein venöser Sinus, der proximalwärts weit und offen mit der Vena cardinalis posterior kommuniecirt.. Dieser venöse Sinus erstreckt sich nur so weit distalwärts, als Pronephros reicht, nicht nur der Pronephros I, von dem wir eben sprechen, sondern soweit überhaupt Pronephrosreste zu finden sind, in Fig. 4 bis zu Pronephros IV. Eine weit offene Kommunikation distalwärts fand ich niemals, wohl aber sah ich zuweilen kleine Venenstämmchen, die mit den hinteren Kardinal- venen in Verbindung stehen, in den Sinus einmünden. Der venöse Raum enthält gewöhnlich Blutgerinnsel. Wie schon erwähnt, fasse ich die Trichter mit den inneren Hohlräumen, in die sie münden, sowie die Glomeruli, zwischen denen jene Hohlräume liegen, als einen MarpicHtschen Körper auf. Charakteristisch für das Organ von Myxine in diesem Ent- wickelungszustand ist, dass die einzelnen Trichterkanäle nicht in einen gemeinsamen Sammelgang, den Vornierengang, münden'). Diese Reduktionserscheinung ist indessen nichts Besonderes bei älteren Vornieren. Ich konnte sie in ganz ähnlicher Weise auch bei Ichthyophis in älteren Stadien beobachten (13, Taf. II Fig. 4b und 4e. Den Beginn dieser Rückbildung sieht man bei Ichthyophis auf Taf. I Fig.3. Vornierenkanal I und I). 1) Was WILHELM MÜLLER bei seinen Objekten als einen Abschnitt des Vornierenganges im Bereich der Vorniere beschreibt, ist offenbar nichts Anderes als die Wandung des MarriGHr’schen Körpers. Man vergleiche seine Beschreibung mit meinen Rekonstruktionsbildern Fig. 3 und 4. 174 RICHARD SEMON ; [S Das, was bisher bei Mywine als Vorniere beschrieben worden ist, ist also nichts Anderes als der abgelöste Marricnt'sche Körper einer solchen, der in die Wand eines venösen Sinus sozusagen eingestülpt ist. Genau wie bei gnathostomen Wirbelthieren bemerken wir, dass die Vornierenkanäle einen Aussentrichter, mit dem sie in die offene Leibeshöhle (hier Perikardialhöhle) münden, besitzen und einen Innentrichter, der in die abgekapselte Leibeshöhle, den Binnen- raum des MarrıcHtschen Körpers, führt (Fig. 6). Bemerkenswerth für das Organ bei Mys&ine ist nur die Vermehrung sowohl der Aussentrichter wie der Innentrichter bei vielen, nicht bei allen, Vornierenkanälen (vergl. besonders Fig. 4). Die Mündungen der Aussentrichter bedecken fast die ganze freie Oberfläche des Organes gegen die Peri- kardialhöhle hin. Doch lässt sich fast immer eine gewisse Anordnung in eine laterale und eine mediale Reihe erkennen (Figg. I und 2), obwohl auch intermediäre Trichter vorkommen, und diese Theilung setzt sich auch in das Innere des Organes, auf die Einmündung der Trichter in den Hohlraum des Marricnrsschen Körpers fort (vergl. Figg. 3 und 4). Wir beobachten demnach Andeutungen einer beginnenden Längsthei- lung des Marrıcnr’schen Körpers von Pronephros I. Dieselbe ist aber doch noch nicht so weit vorgeschritten, um die Einheitlichkeit des Gebildes ausgeprägt zu alteriren und erstreckt sich, soweit ich ausmachen kann, nicht auf die Glomeruli. Es ist sehr wohl möglich, dass auf früherern Stadien die medialen und lateralen Kanäle noch durch gemeinsame Verbindungsstücke verbunden sind und vereint, nicht getrennt, in den zu jener Zeit hier noch vorhandenen Vornierengang münden. Was die Zahl der Kanäle anlangt, so sind die individuellen Schwankungen sehr grosse. Dies wird sehr deutlich durch Figur 3 demonstrirt, wo man die be- deutende Verschiedenheit der rechten und linken Seite vor Augen hat. Im Allge- meinen sind proximal die lateralen, distal die medialen Kanäle besser ausgebildet. Während man bei dem Objekte von Figur 3 über ein Dutzend sowohl medialer als lateraler Kanalsysteme anzunehmen hat, finden sich bei dem Objekt Figur 4 Prone- phros Ia und Ib zusammen nur 6 mediale und 6 laterale Kanalsysteme. Dafür erstrecken sich aber rudimentäre Fortsetzungen des Pronephros (Pronephros IIa und b, III und IV) hier viel weiter hinab als in Figur 3, wo sie auf der linken Seite ganz fehlen. Ausser dieser beginnenden Längstheilung des Organs bemerkt man aber nicht selten eine mehr oder minder deutliche Quertheilung, einen Zerfall in zwei hinter einander gelegene Abschnitte. Bei den Objekten Fig. 2 und 3 war eine solche nicht wahrnehmbar. Bei dem Objekt von Fig. 1 ist sie, wie Schnitte lehren, eben angedeutet. Bei dem Objekt von Fig. 4 ist es zu einem wirklichen Zerfall von Pronephros I ge- kommen. Derselbe erstreckt sich aber nur auf den Marricnv’schen Körper (Pronephros Ia und Ib) und berührt nicht den venösen Sinus, in dem die beiden Theilstücke liegen. Dem distalen Ende des von mir als Pronephros I bezeichneten Organs liegt nun an seiner medialen vorderen Seite konstant ein kleineres Gebilde an, welches auch von KırkArpy gesehen worden ist und von ihr folgendermaassen beschrieben wird. „At the posterior end a glomerulus is present (Fig. 2, gl.), extending along 9] Das EXKRETIONSSYSTEM DER MYXxINOIDEn. 175 the inner side of the head kidney for about one fourth of its length. Posteriorly it is enclosed in a sheath of its own, but towards the front end this becomes indistinet and the glomerulus tissue is interwoven with that of the pronephros.‘* Ich bezeichne dieses Gebilde als Mesonephros I. Es besitzt durchaus den Bau eines Marpisnrschen Körperchens des Mesonephros oder der Umiere und liegt topographisch genau in der proximalen Verlängerung der Reihe der Marpicntschen Körperchen, die man seit lange als solche der Urniere aufgefasst hat. Dieses Marrisntsche Körperchen liegt dem Ende von Pronephros I gewöhnlich innigst an, ohne aber wie jenes in die Venen- wand eingestülpt zu sein. Es besitzt einen kleinen, zuweilen gelappten Glomerulus, der in den von der Kapsel umschlossenen Binnenraum frei hineinragt. Von dem Marricuischen Körper des Pronephros fand ich seine Kapsel wie seinen Glomerulus stets scharf gesondert. Zuweilen fand ich überhaupt keine Verbindung mit Prone- phros I (Fig. 3, rechte Seite). In anderen Fällen aber sah ich auf das Deutlichste Vornierentrichter in das Lumen jenes Marrıchr'schen Körpers münden, so in Fig. 3, linke Seite, und Figur 4 (Verbindungskanal ]). Fig. 7 auf Taf. II giebt einen Quer- schnitt der linken Vorniere von Fig. 3 wieder gerade an der Stelle, an welcher der Trichter des Verbindungskanals von Pronephros I einmündet. Distalwärts ist die Kapsel des Marrisntschen Körperchens von Mesonephros I gewöhnlich nicht abgeschlossen, sondern verengert sich zu einem mehr oder weniger feinen Strange, der meist ein Lumen behält, sich abwärts wieder erweitert und in dieser Erweiterung einen neuen Glomerulus in sich trägt. Ich habe diese zweite Erweiterung mit dem zugehörigen Glomerulus als Mesonephros II bezeichnet (Figg. I, 2, 3). Es kann vorkommen, dass Mesonephros II seinerseits wiederum in mehrere Theile zerfallen ist und mehrere Glomeruli besitzt (Fig. 2; Fig. 3, rechte Seite). In der Gegend von Mesonephros Il pflegt gewöhnlich der Vornierengang zunächst als solider Strang zu beginnen. Distal- wärts erhält er aber bald ein Lumen, und in dieses mündet der Hohlraum von Meso- nephros II durch einen längeren oder kürzeren Kanal (Fig. I, Fig. 3). Nur in einem der von mir untersuchten Fälle (Fig. 4) fehlte ein solcher Mesonephros II, das heisst ein Marrisnrsches Körperchen der Urniere, dessen Kapsel mit der von Mesonephros I offen kommunieirt, vollständig. Noch weiter abwärts tritt dann Mesonephros III auf; es ist ein gewöhnliches Marrıshrsches Körperchen der Urniere, und sein Hohlraum steht, was die von mir untersuchten Exemplare anlangt, weder mit Mesonephros II noch mit den nun in schöner segmentaler Ordnung folgenden distalen Marricnr'schen Körperchen in Ver- bindung. Von grosser principieller Bedeutung ist der Zusammenhang von Mesonephros I und Mesonephros II. Ich erblicke darin, wie ich unten noch weiter auseinander- setzen werde, eine vollkommene Bestätigung meiner früher ausgesprochenen Ansichten von dem Wesen der Marrıcurschen Körper. Auch Pronephros I hört in der Mehrzahl der Fälle distalwärts nicht einfach auf, sondern entsendet eine strangförmige, nicht selten hohle Fortsetzung abwärts, in der dann Erweiterungen und in diesen Glomeruli auftreten. Ihre Zahl und Anord- Festschrift für Gegenbaur. II. 23 176 j RicHARD SEMON [10 nung ist eine sehr wechselnde, wie das bei offenbar rudimentären Gebilden nicht anders zu erwarten ist. In Fig. I sehen wir zwei Pronephrosrudimente, Pronephros II und III, von denen das obere mit Pronephros I zusammenhängt und blind endist; das untere liegt abgeschlossen für sich dem Vornierengange an, ohne in denselben einzumünden. Bei den Objekten Fig. 2 und 3, linke Seite, konnte ich kein Rudiment von Pronephros II auffinden. Dagegen fanden sich bei dem Objekt von Fig. 4 nicht weniger als drei wohlausgebildete Vornierenrudimente unterhalb Pronephros I. Ich habe dieselben mit Pronephros II, III und IV bezeichnet. Pronephros II ist seiner- seits wieder in zwei neben einander liegende Stücke (Il a und II b) gespalten, und da auch Pronephros I aus zwei Stücken besteht, haben wir nicht weniger als sechs separate Vornierentheile. Das Wichtigste aber ist, dass dieselben sämmtlich mit Aus- nahme von Pronephros Ia und IV mit dem grossen MarrıcHr'schen Körperchen von Mesonephros I deutlich verbunden sind; Pronephros Ib durch einen schon ausgebil- deten Trichterkanal (Verbindungskanal ]), ähnlich wie in Fig. 3 linke Seite und Fig. 7; Pronephros Ila, Ib und III durch längere und dünnere Kanäle, Verbindungs- kanal I—IV, deren Lumina und Mündungen aber überall gute Ausbildung zeigen. Auch diese Pronephrosrudimente sind sämmtlich in venöse Räume eingestülpt, die mit demjenigen von Pronephros la und b in offener Kommunikation stehen und bei Pronephros IV als solche endigen, obwohl sich hie und da Kommunikationen mit kleineren Venen nachweisen lassen. Eine Verbindung von Pronephros I mit dem Vornierengange fand sich in keinem Falle, ebenso wenig eine solche der weiter abwärts auftretenden Vornieren- rudimente. Nur Pronephros IV Fig. 4 besass ein kleines Kanälchen, das aus seinem MarrisHrschen Körper austretend sich an den hier oben beginnenden Vornierengang anlegte, ohne indessen eine wirkliche Einmündung in ihn zu besitzen. Was die Gefässversorgung der Glomeruli der Vorniere und von Mesonephros I und II anlangt, so erfolgt dieselbe aus dem vordersten Abschnitt der Aorta. Da mir frisches Material nicht zur Verfügung stand, und genaue Angaben über so feine Ge- fässstämme und ihre Vertheilung ohne Kontrolle durch Injektionspräparate — in diesem Falle wenigstens — misslich sind, lasse ich diesen Gegenstand vorläufig auf sich beruhen und habe auch in die schematischen Rekonstruktionen Fig. 3 und 4 die Gefässversorgung des Pronephros und Mesonephros I und II nicht mit eingetragen. Von Mesonephros III an tritt je eine starke Arterie aus der Aorta an jedes ManpisHt- sche Körperchen heran, bildet im Inneren desselben den Glomerulus und tritt als Arterie wieder aus, um sich ausserhalb von Neuem in Kapillaren aufzulösen, wie dies schon von W. Mürver beschrieben worden ist und allgemeine Gültigkeit für alle Marrıcnrsche Körperchen des Mesonephros und Metanephros bei allen Kra- nioten hat. Noch auf einen Punkt möchte ich eingehen. Wie erwähnt, besitzt Prone- phros I wohlausgebildete Aussen- wie Innentrichter. Aussentrichter fehlen da- gegen den weiter abwärts liegenden Vornierenrudimenten, Pronephros II—IV, und 11] Das EXKRETIONSSYSTEM DER MYXINOIDEN. 177 ebenso allen Mesonephroselementen. Dagegen besitzen die Theile stets dann, wenn sie nicht allzu rudimentär geworden sind, eine Art Innentrichter. Derselbe lässt sich an günstigen Objekten auch in den unteren Abschnitten des Exkretionssystems deutlich erkennen. Untersucht man ein beliebiges Marpicntsches Körperchen des Mesonephros, so sieht man einen kurzen Kanal aus dem Vornierengang austreten und scharf abgesetzt in den weiten Hohlraum des Körperchens einmünden. Das Epi- thel des letzteren ist stark abgeflacht und zeigt das gewöhnliche Verhalten. Das Kanälchen besitzt ein mittelhohes Cylinderepithel, dessen Zellen, Protoplasma sowohl wie Kern, sich stark mit Farbstoffen tingiren. Dieses Kanälchen mündet scharf ab- gesetzt in das eine Ende des Säckchens, welches das Marrıcnische Körperchen dar- stellt (Taf. II Fig. $). Die Gefässe pflegen auf der entgegengesetzten Seite ein- und auszutreten. Das Epithel des Vornierenganges ist im Allgemeinen sehr hoch. Die verhältniss- mässig kleinen, runden Kerne liegen immer an der Basis. Das Protoplasma zeigt eine körnige Beschaffenheit und eine sehr deutliche Längsstreifung, wie dies schon von W. Mütter richtig erkannt worden ist. Ihre freie Oberfläche trägt einen deut- lichen Bürstenbesatz, der sich aber nur bei starken Vergrösserungen erkennen lässt und wegen seiner Feinheit auf der bei schwacher Vergrösserung gezeichneten Fig. 8 nicht dargestellt werden konnte. Auf dem Querschnitt erscheint die Schleim- haut gewulstet. Die Wülste resultiren aus einer verschiedenen Länge der frei in das Lumen ragenden protoplasmatischen Theile der Zellen. Es sind Längs- wülste. Die basalen Theile der Zellen mit den Kernen nehmen an jener Wulst- bildung nicht Theil. In dem Kanälchen, welches den Vornierengang mit dem Marprıcnrschen Körperchen verbindet, ist der Charakter der Zellen geändert. Die Kerne sind grösser, mehr elliptisch und färben sich stärker. Keine Protoplasmawülste springen in's Lumen vor, von einer ausgeprägten Körnelung oder Streifung ist nichts zu entdecken. An der freien Oberfläche sah ich weder einen Bürstenbesatz noch Wimpern. Nach Wimpern habe ich auch eifrig in den Trichterkanälen des Pronephros gesucht. Zwar läugnet ein so genauer Beobachter wieW. Mürrter nach Untersuchung von konservirtem wie frischem Material das Vorkommen von Wimpern, und Wernon macht dieselbe Angabe für den Pronephros von Bdellostoma forsteri. Dagegen glaubt Kırkaıpy deutliche Spuren von Wimpern überall in den Trichterkanälen von Mywine gesehen zu haben. Es erscheint mir im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass ein gegen das Coelom mit offenen Trichtern mündendes System der Wimperung entbehren soll. Die Entscheidung der Frage stiess aber auf besondere Schwierigkeiten, weil das Innere der in konservirtem Zustande untersuchten Pronephroskanälchen von Mywine stets mit eigenthümlichen, fädigen oder netzförmigen Gerinnseln erfüllt ist, welche man auf Figg. 6 und 7 bei schwacher Vergrösserung abgebildet findet. Dieselben unterscheiden sich @erchaus von Blutgerinnseln; sie stimmen vollkommen mit den Gerinnseln überein, die ich auch in den Vornieren von Ichthyophis und Uro- delen gefunden und (13, P. 118) beschrieben habe. Diese Massen im Inneren der 23* 178 RICHARD SEMON [12 Trichterkanäle stören die Beobachtung so sehr, dass ich mich nicht getraue, eine sichere Entscheidung über das Vorkommen von Wimpern in diesen Theilen abzugeben. Nach wie vor halte ich es aber für durchaus wahrscheinlich. Um die bei Mywine gewonnenen Resultate auch mit den Befunden bei Bdello- stoma zu vergleichen, habe ich Schnittserien durch den Anfang des Exkretionssystems von Bdellostoma bischofi angefertigt. Leider standen mir nur einige in toto konser- virte Alkoholpräparate zur Verfügung, deren Erhaltungszustand es unmöglich machte, die feineren Details zu erkennen und gute Abbildungen zu geben. So viel konnte ich mit Sicherheit konstatiren, dass in allen wesentlichen Punkten zwischen Bdello- stoma und Mywine Uebereinstimmung herrscht. Dementsprechend ist also auch die Beschreibung von Werpon (14) zu korrigiren und umzudeuten. Sein „central duct“ ist der venöse Sinus, in welchen ein Marrıcurscher Körper des Pronephros ein- gestülpt ist’). Allerdings scheinen die Glomeruli bei den von mir untersuchten Exemplaren von Bdellostoma — soweit der Erhaltungszustand der Gewebe das zu erkennen gestattet — stärkere Rückbildungserscheinungen durchgemacht zu haben als bei Mywine, wo solche Rückbildung allerdings auch bei ältereren Exemplaren vorzukommen scheint (siehe unten p. 188). Auch bei Bdellostoma sah ich einen Zerfall von Pronephros I in quere Theilstüicke und schien es mir, dass die Längstheilung, die bei Mywine nur angedeutet ist, bei Bdellostoma gelegentlich noch viel weiter fortschreiten kann. Auch dort findet sich Mesonephros im Bereich von Pronephros I, und in einem Falle sah ich einen deutlichen Zusammenhang von Pronephros mit Mesonephros I und II. Einmal sah ich eine Peritonealkom- munikation (Aussentrichter) von Mesonephros I. Im Allgemeinen scheinen die Verhältnisse bei Bdellostoma noch klarer und handgreiflicher die von mir bei Mywine aufgefundenen T'hatsachen zu demonstriren. Wesentliche Unterschiede scheinen aber nach keiner Richtung hin vorzuliegen. So erwähne ich dies bloss, indem ich die genauere Untersuchung bei Bdellostoma Forschern überlasse, denen gut konservirtes Material zur Verfügung steht, und stütze mich wesentlich auf Mywine, von der ich solches Material in ausreichender Menge besitze. Auch bei Mywine bleibt natür- lich noch Manches zu thun. Vor allem sind die arteriellen und venösen Gefäss- verhältnisse des Anfangs des Exkretionssystems womöglich an frischem Material mittels Injektionen genauer zu studiren. 1) Kırkatdy’s „central duct“ bei Myzine ist offenbar mit dem von WELDON unter diesem Namen bei Bdellostoma beschriebenen Gebilde nicht identisch. Was WELDON als „central duct‘‘ beschreibt, ist der venöse Sinus, der sich als solcher auch durch das fast konstante Vorkommen von Blutgerinnsel (blood elot‘, sowohl bei Myzine als bei Bdellostoma zu erkennen giebt. Was KırkaLpy als „central duct“ bei Myzxine beschreibt, ist dagegen nichts anderes als der Hohlraum des MArrıGHrTschen Körpers von Pronephros 1. 13] Das EXKRETIONSSYSTEM DER MYXINOIDEN. 179 Allgemeine Schlussfolgerungen, Bei der vorangeschickten Beschreibung des Exkretionssystems der Myxinoiden, habe ich in der Namengebung der einzelnen Theile schon eine Deutung derselben eingeschlossen, ohne die Berechtigung dieser Bezeichnungen und damit Deutungen näher zu begründen. Ich will mich zunächst dieser Aufgabe zuwenden und dann die prineipielle Bedeutung der bei den Myxinoiden gewonnenen Resultate für die Auffassung des Urogenitalsystems der Wirbelthiere im Allgemeinen in’s Auge fassen. Das Gebilde, welches ich als Pronephros I bezeichnet habe, ist von Wirnern MÜLrEr an von allen Autoren als Vorniere gedeutet worden, und obwohl wir bis jetzt die Details seiner Entwickelung nicht kennen, kann die Richtigkeit dieser Deutung doch keinem Zweifel unterliegen. Allerdings ist es keine vollständige Vorniere, sondern nur der Marricarsche Körper einer solchen mit Aussen- und Innentrichtern. Der Vornierengang und die Mündung der Trichterkanäle in denselben sind rückgebildet, ähnlich wie wir dies auch an älteren Vornieren anderer [hiere, zum Beispiel der Amphibien, eintreten sehen. Auf die innige Beziehung des Organs zu der Wand des Venensinus komme ich unten zurück. Dass es sich bei Pronephros I. wirklich um umgebildete Vorniere und nicht etwa um Urniere handelt, wird durch den Bau des Marrichrschen Körpers selbst, das Münden zahlreicher Trichter in den inneren Hohlraum, das Verhalten der zahlreichen Glomeruli zu der Wand und dem Hohlraum des Körpers bewiesen, ein Verhalten, wie es den Marricurschen Körpern der Vornieren anderer Thiere, nicht aber ihren Urnieren eigenthümlich ist, und das sich in sehr ähnlicher Weise bei Ichthyophis wiederfindet. Sehr interessant und wichtig ist dabei die beginnende Längstheilung des Organs durch Scheidung medialer und lateraler Trichter, die in mediale beziehentlich laterale Abschnitte des Hohlraums des Marrıcnr'schen Körpers zwischen den Glomeruli münden (vgl. Figg. 3, 4 und 7). Auch eine Quertheilung sehen wir sich einleiten. Einmal durch gelegentlichen Zerfall von Pronephros I wie in Figur 4 (Pronephros Ia und Ib). Dann aber sind Pronephros II bis Pronephros IV offenbar nichts Anderes als sehr rudimentäre distale Fortsetzungen von Pronephros I. Sie liegen in der unmittelbaren Verlängerung der Bildung und zeigen bei guter Ausbildung genau dieselben Beziehungen zur Venen- wand, indem sie in Fortsetzungen des venösen Sinus von Pronephros Il eingebettet sind (Fig. 4). Welches Recht aber habe ich, das Pronephros I medial anliegende Gebilde als Mesonephros I, also als den Beginn der Urniere zu bezeichnen? Nun, jedenfalls dasselbe Recht, mit welchem man die weiter abwärts gelegenen Nierenabschnitte als Urniere auffasst. Mesonephros II unterscheidet sich in keinem wesentlichen Punkte 180 RıcHARD SEMON 1a von Mesonephros Ill, das ein gewöhnliches Marricursches Körperchen der so- genannten Urniere von Myxine ist. Mesonephros I liegt aber topographisch in un- mittelbarer proximaler Fortsetzung von Mesonephros II, und seine Kapsel hängt fast immer unmittelbar mit der Kapsel des letzteren zusammen (Fig. 1, Fig. 3 rechte und linke Seite). Es fragt sich aber, ob wir überhaupt berechtigt sind, das gesammte distale Exkretionssystem der Myxinoiden als ein Urnierensystem aufzufassen. Diese Frage ist nicht ganz leicht zu entscheiden. Ich selbst habe bei Ichthyophis eine segmentale Kammerung des Marrıcntschen Körpers der Vorniere nachgewiesen. Denken wir diesen Process fortschreitend bis zum gänzlichen Zerfall der einzelnen Kammern, so würden wir ein Exkretionssystem erhalten, das demjenigen, wie wir es in den distalen Abschnitten bei Myxinoiden finden, wohl entsprechen würde. Wir hätten uns nur bei letzteren die Aussentrichter sekundär rückgebildet zu denken, was ja häufig auch an gewöhnlichen Vornieren einzutreten pflegt (Teleostier, Urodelen, Anuren). Der Auffassung dessen, was ich Mesonephros I, II und III nenne, und damit auch seiner distalen Wiederholungen, als Vorniere, steht aber entgegen das unmittel- bare Nebeneinandervorkommen mit Pronephros I, II und III (Fig. 1, 3, 4, 7). Wir haben hier handgreiflich zwei Systeme von MarrıcHischen Körpern neben ein- ander. Das eine davon gehört seinem Bau nach unzweifelhaft der Vorniere an. Das zweite stimmt ganz mit den Marrıscnischen Körpern der Urniere der höheren Wirbel- thiere überein. Man könnte meinen, es sei desshalb doch noch keine Urniere, sondern ein blosses Abspaltungsprodukt von den Marrıcnrschen Körpern der Vorniere. Die Lagebeziehungen von Mesonephros I zu Pronephros I legt diesen Gedanken sehr nahe, und derselbe wird noch weiter durch die Beobachtung gestützt, dass Trichter von Pronephros I in das Lumen des Marricur'schen Körperchens von Mesonephros I einmünden (Fig. 3 linke Seite, Fig. 4 und besonders Fig. 7). Ja, es kommt vor, dass auch die rudimentären Pronephros II und Ill Trichterkanäle zu Mesonephros I entsenden. In der That weist Alles darauf hin, dass Mesonephros I auf das Allerengste mit Pronephros verknüpft ist. Ob wir es als ein direktes Abspaltungsprodukt aufzu- fassen haben, oder als einen sekundär angegliederten Leibeshöhlenraum, in welchen Pronephrostrichter mündeten, und der einen seitlichen Gefässzweig erhalten, welcher einen eigenen Glomerulus bildet, wird sich nur durch Studium der Entwickelung entscheiden lassen. Jedenfalls handelt es sich um eine Art „Ableger‘‘ des MArLpıcHI- schen Körpers der Vorniere. Dürfen wir nun einen solchen Ableger als Marrıcursches Körperchen der Urniere, als Mesonephros bezeichnen ? Ich muss hier auf meine beiden früheren Arbeiten verweisen (12, 13), in denen ich von Anfang an die Ansicht vertreten habe, dass die Marricurschen Kör- perchen der Urniere überhaupt ursprünglich nichts Anderes seien, als Divertikel des Marriscurschen Körpers der Vorniere (13 P. 165, vergl. auch die Schemata 15] Das EXKRETIONSSYSTEM DER MYXINOIDEN. 1S1 Tafel XIV), die sich durch Längsabschneidung allmählich gänzlich von letzteren abgelöst haben. Wurde diese Ansicht durch meine Befunde bei /chthyophis schon sehr wahr- scheinlich gemacht, so wird sie durch die von mir bei Mywine beschriebenen Ver- hältnisse noch viel fester gestützt. Hier liegen die Marrisnrschen Körper der Vor- niere und Urniere in den proximalen Abschnitten nicht nur unmittelbar neben einander, sondern sie stehen durch wohl ausgebildete Trichter in direkter Kommu- nikation (vergl. besonders Fig. 4 und 7). Eine bessere Illustration meiner theoretischen Anschauungen kann man doch kaum verlangen. Freilich liegt das Marrısnrsche Körperchen von Mesonephros I bei Mywine medial und sogar etwas ventral von dem- jenigen von Pronephros I, während es bei Ichthyophis an entsprechenden Stellen, wo beide Systeme neben einander vorkommen, lateral davon liegt. Hier handelt es sich wahrscheinlich aber bloss um sekundäre Lageverschiebungen, deren Erklärung erst durch die Kenntniss der früheren Entwickelung dieser Theile wird gewonnen werden können. Ursprünglich lag wohl das Marrichrsche Körperchen des Mesonephros in allen Fällen dorsal von dem des Pronephros. Ebenso findet sich hier eine vortreffliche Illustration meiner Anschauung der Marrısnrschen Körperchen der Urniere, die ich früher in folgendem Satze zusammen- gefasst habe: „Wir sind genöthigt, das Marrıcnrsche Körperchen der Urniere nicht mehr, wie bisher geschehen ist, als eine blasenartig aufgetriebene Kanalstrecke des Urnierenkanälchens aufzufassen, in die ein Glomerulus eiugestülpt ist, sondern als ein abgeschnürtes Leibeshöhlendivertikel, in welches ein Urnierentrichter (Innen- trichter) einmündet, und in das ein Gefässkanal hineinragt.“ Blicken wir auf Fig. | und 3 der vorliegenden Arbeit, so bestätigt uns der Zusammenhang der Kapsel der Marrıcnr’schen Körperchen von Mesonephros I und II die Richtigkeit dieser Auf- fassung. Hier haben wir eben noch den Leibeshöhlenraum der durch das Eindringen des Glomerulus von Strecke zu Strecke aufgetrieben ist, ohne bisher noch in einzelne Theilstrecken zerfallen zu sein, wie dasselbe System in seinen höher ausgebildeten distalen Abschnitten (von Mesonephros III an) es erkennen lässt. Bovexı (1, 2, 3) homologisirt bekanntlich die Urnierenkanälchen der Kranioten mit den Genitalkammern des Amphiowus und leitet sie genetisch von letzteren Bildungen ab. In meinen beiden eitirten Arbeiten habe ich diese Anschauungen Bovzrrs be- kämpft, und letzterer hat meinen Argumenten in seinem letzten, 1892 erschienenen Werke (3) eine Gegenkritik entgegengesetzt. Leider bezieht er sich dabei nur auf meine erste Mittheilung im anatomischen Anzeiger (12), nicht auf meine ausführliche Arbeit (13), die er nur durch eine Anmerkung bei der Korrektur berücksichtigt, in- dem er meinen Ausspruch „Weiss sowohl wie Boverı halten diese Kanälchen für Homologa der Vornierenkanälchen der Kranioten“ richtig stellt. In Wirklichkeit hat Weiss zwar die Kanälchen ebenfalls entdeckt, hat sich aber über ihre Homo- logisirung mit Organen der Kranioten nicht weiter ausgesprochen. Viele Argumente, die Boverı gegen mich vorbringt, werden nun ohne Weiteres dadurch hinfällig, dass das, was Boverı in meinem Gedankengange vermisst, sich in breiter Ausführung in jener grösseren Arbeit findet. 182 RıcHmarp SEMON [16 Rückerr’s (10) und meine Auffassung der Urnierenkanälchen als einer zweiten Generation von Vornieren soll nach Boverr „im Grunde doch nur eine Phrase sein und in Rücksicht auf die Phylogenie ohne jeden Sinn“. Er fährt dann fort: ‚‚Dies wird auch sofort deutlich, wenn man sich darüber klar zu werden versucht, wie sich denn Semon nun eigentlich die phylogenetische Entwickelung der Urnierenkanälchen denkt. Ich finde keinen Anhalt, um seine Meinung über diesen Punkt, um den es sich doch vor Allem handelt, zu erkennen. Nimmt er an, dass die Urnierenkanälchen, so, wie wir sie jetzt finden, plötzlich bei irgend einem Wirbelthier sozusagen „über Nacht‘ aufgetreten sind? Dann ist ihre Entstehungsart (die, nebenbei bemerkt, schon durch die ontogenetischen Befunde vollkommen ausgeschlossen werden kann) doch wohl nicht weniger „wunderbar“ als die von mir vertretene „Heterogonie‘. Wie gesagt, habe ich schon in meiner ausführlichen Arbeit des Weiteren aus- einandergesetzt, wie ich mir phylogenetisch das Auftreten jener ‚neuen Generation“ von Exkretionskanälchen beziehentlich ihrer Marrıcnrschen Körperchen vorstelle, und habe dies durch schematische Darstellungen (Taf. XIV) erläutert. Mywine illu- strirt auch dafür meine Anschauungen vollkommen. Der Marrıcursche Körper (von diesem rede ich vorläufig allein) ihrer Vorniere zeigt in seinen proximalen Abschnit- ten den Beginn einer Sonderung in einen medialen und lateralen Abschnitt durch Sonderung der Trichter in eine laterale und eine mediale Reihe (Fig. 3, 4 und 6). Im distalen Abschnitt hat sich ein mehr medial gelegener Abschnitt ganz ab- gegliedert, liegt der Hauptmasse allerdings noch fest an und hängt mit ihm durch von einem zum anderen verlaufende Trichter zusammen. Es bedarf keiner leb- haften Phantasie, um sich mit Hilfe dieser Etappen die Entstehung der MarrıcHı- schen Körper der Urniere aus dem der Vorniere vorzustellen. So viel zu meiner Vertheidigung gegen den Vorwurf, meine Auffassungen seien phylogenetisch nicht vorstellbar und seien in Rücksicht auf die Phylogenie ohne Sinn. In meiner Erklärung liegt aber auch weiterhin schon die Widerlegung des ferneren Ausspruchs Boverrs: „Oder denkt Szmox sich den jetzigen Zustand aus ein- facheren Zuständen allmählich abgeleitet? Nun dann giebt er eben zu, dass die Ur- nierenkanälchen früher etwas Anderes waren, als das, was sie jetzt sind, dass sie also auch etwas Anderes waren als die Vornierenkanälchen, d. h. er steht im Prin- cip.auf meinem Standpunkt, und ich sehe nicht ein, warum er denselben bekämpft.‘‘ Diese Schlussfolgerung ist mir ganz unverständlich. Ich suche natürlich ebenso wie Boverı den jetzigen Zustand aus einfacheren allmählich abzuleiten, Ich thue dies aber, indem ich das Urnierensystem direkt an das Vornierensystem anknüpfe und es mir aus demselben durch eine Art Längsspaltung — zunächst des Marrıcurschen Körpers, dann durch eine allmählich fortschreitende Sonderung der Kanäle, die letzteren mit dem Vornierengang verbinden, — entstanden denke. Bovrrı lässt das Urnierensystem ganz unabhängig vom Vornierensystem aus den Genitalkammern des Amphiowus hervorgehen. Das ist doch etwas ganz Anderes. Boverr wundert sich, dass sich meine Einwände gegen seine Auffassung nicht auf entwickelungsgeschichtliche Thatsachen stützen, sondern vornehmlich das möglichst m -ı (a) Das EXKRETIONSSYSTEM DER MYXINOIDEN. 183 vollkommen ausgebildete Vornierenorgan in’s Auge fassen. Ich habe dies desshalb gethan, weil meiner Ansicht nach das Punktum fixum jeder morphologischen Ver- gleichung die Betrachtung der Organe in ihrer funktionsfähigen Beschaffenheit sein muss. Von da aus dürfen und sollen wir rückwärts gehen und werden dann erst in der Entwickelungsgeschichte einen Lichtträger zu erblicken haben, nicht aber, wenn wir ohne genügende Kenntniss des funktionsfähigen Organs bloss frühe Entwickelungs- phasen in’s Auge fassen. Ich hatte mir früher desshalb vor Allem zur Aufgabe gestellt, den Bau der wirklich funktionsfähigen Kraniotenvorniere, der bis dahin keineswegs richtig und vollständig erkannt worden war, festzustellen. Der Typus desselben, wie ich ihn bei Ichthyophis am besten ausgebildet vorgefunden habe, ist nicht etwa eine Eigenthümlichkeit dieses abseits stehenden Thieres, eben- sowenig eine Eigenthümlichkeit der Amphibien, sondern er gilt für alle Kranioten. Ohne die Amphibien zu kennen, könnte man allein durch ver- gleichende Betrachtung der Petromyzonten, Fische und Amnioten ein Idealbild der Vorniere entwerfen, welches genau die Verhältnisse von Ichthyophis, und, wie sich durch die vorliegende Arbeit gezeigt hat, auch von Mywine wiedergiebt. An der Vorniere von Ichthyophis beziehentlich der Amphibien überhaupt findet sich (ausser der segmentalen Kammerung des Marrısurschen Körpers der Vorniere) kein einziges charakteristisches Merkmal, das sich nicht — vielleicht schwächer ausgeprägt und undeutlicher erkennbar, aber doch vorhanden — auch an den Vornieren anderer Kranioten fände. Das Argument, es handle sich bei den Coecilien um hoch specia- lisirte, einseitig entwickelte Zustände an Vorniere oder an Urniere, muss ich desshalb als mit den Thatsachen nicht übereinstimmend zurückweisen. Die vergleichende Betrachtung der Vornieren und Urnieren, sowohl der aus- gebildeten Organe wie ihrer Entwickelung, schien mir durchaus zu dem Resultat zu führen, dass das zweite Organ das Produkt des ersteren sei, und zwar eine Art Abspaltungsprodukt. Wenn ich die Richtigkeit dieser Ableitung beweise, widerlege ich damit die Bovzrrsche Vorstellung von dem Funktionswechsel, den die Genital- kammern des Amphioxus zu Urmniereikanälchen der Kranioten durchmachen sollen. Warum ich aber gegen Boyzrı keine entwickelungsgeschichtlichen Argumente in’s Feld geführt habe? Einmal weil ich seine Auffassung durch meine Ableitung widerlegt glaubte. Zweitens aber, weil seine erste Mittheilung zu einer Vergleichung der Ent- wickelungsgeschichte der betreffenden Organe keine Handhabe bot. Inzwischen (2) hat er gezeigt, dass die Genitalkammern des Amphiowus aus dem am meisten ventral gelegenen Abschnitt des Urwirbels hervorgehen, und hat in seiner Hauptarbeit die ganze Frage ausführlich erörtert. Auf seiner Tafel 34 giebt er vier schematische Querschnitte zur Ilustrirung der Mesoblast-Differenzirungen bei Akraniern und Kranioten. Gegen diese Schemata habe ich nichts einzuwenden, aber sie sind in einem Punkte nicht vollständig, und dieser Punkt ist leider gerade ein fundamentaler. Boverı vergleicht die verschiedenen Abschnitte des Urwirbels bei Kranioten und Akraniern und unter- scheidet in Anlehnung an Rückerr ein Myotom (auf seinen Bildern roth), ein Sklerotom Festschrift für Gegenbaur. III, 24 184 RıicHARD SEMON [18 (blau) und das ventrale Ende des Urwirbels, das er mit gelber Farbe bezeichnet. Bei Amphioxus heisst diese Strecke nun auf seinen Bildern Gonotom (gt), bei den Kranioten aber Gononephrotom. Die Entstehung der von ihm selbst entdeckten Vornierenkanälchen bei Amphiowus übergeht Boverı bei allen diesen Erörterungen mit Stillschweigen. Im beschreibenden Theil seiner Arbeit hat er angegeben, dass er über sie keine Beobachtungen hat machen können. Vermuthungsweise leitet er sie aus dem parietalen Blatte des Mesoblasts ab (pag. 465). Mindestens ebenso wesentlich erscheint mir aber die Frage, aus welchem Theil der Leibeshöhle sie stammen, ob aus dem eigentlichen Urwirbel oder aus dem Abschnitt, der zur unsegmentirten Leibes- höhle wird und von Bovrrı auf seinen Bildern mit grüner Farbe bezeichnet wird. Boverı scheint letzteres anzunehmen, und die Entwickelung der Nierenkanälchen bei Amphioxus ist ja auch schwer anders zu denken. Bei den Kranioten entsteht die Anlage des Vornierensystems von der Stelle aus, wo Ursegment und Seitenplatten zusammenstossen (Selachier, Amphibien, Vögel). Das Rückerr'sche Gononephrotom enthält also in seinen proximalen Abschnitten das Bildungsmaterial für Vornierenkanälchen (ventral) und Urnierenkanälchen (dorsal), soweit beide neben einander vorkommen; in seinen distalen das Bildungsmaterial für Urnierenkanälchen und wenigstens bei den Selachiern auch der Genitalanlage. Oder anders ausgedrückt: aus dem Uebergangstheil von Somit in Seitenplattencoelom geht in proximalen Segmenten Vorniere, in distalen Segmenten (wenigstens bei Selachiern) Genitalanlage hervor. Vorniere und Genitalanlage entstehen also aus dem Uebergangs- stück von Somit in Seitenplattencoelom. Was den genauen Ort der Entstehung anlangt, so lässt sich, da beide Bildungen bei Selachiern nicht in denselben Segmenten auf-. treten, nicht entscheiden, welche von ihnen im Vergleich zur anderen im Ursegment mehr ventrale Lage hat. Jedenfalls ist kein Schatten eines Grundes dafür anzu- nehmen, dass bei Selachiern oder bei irgend welchen anderen Kranioten die Keim- drüse in mehr dorsal gelegenen Theilen des Coeloms angelegt werde, als die Vorniere. Bei Amphibien ist sogar sicher das Umgekehrte der Fall: die Vorniere entsteht noch im segmentirten Mesoblast, die Keimdrüse im unsegmentirten. Aber halten wir uns an die Selachier, die von Boverı ja in den Vordergrund gestellt werden, und an die Röckerr'schen Definitionen. Das Gonotom von Amphiowus entspricht ebenfalls nach Boverr dem ventral- sten Abschnitt des Somiten, in frühen Stadien dem Uebergangsstück zwischen diesem und den Seitenplatten. Der Ort der Entstehung der Nierenkanälchen, die Quelle, aus der sie ihr Bildungsmaterial beziehen, ist noch unbekannt. Es ist wohl möglich, dass auch bei den Akraniern das Material für die Bildung der Nierenkanälchen in letzter Linie aus dem sogenannten „Gonotom“ Boverr's stammt, dass es aber bei der sehr frühzeitigen Ablösung von Somit und Seitenplatten den letzteren an- geschlossen wird. Aber darüber wissen wir nichts, und die Entstehung der Nieren- kanälchen des Amphiowus ist eine Unbekannte in unserer Rechnung. Bekannt ist nur, dass aus dem Gonotom von Amphioeus Genitalkammer, aus dem entsprechenden Gononephrotom der Selachier Urniere, Vorniere und Genitalanlage entstehen. Wie 19] DAs EXKRETIONSSYSTEM DER MYyxINOIDEnN. 185 will man daraus folgern, dass das Gonotom des Amphiovus nun gerade der einen jener drei Bildungen, der Urniere der Kranioten homolog sein soll? Bei dieser Lage der Dinge glaube ich recht daran zu thun, die Gesichts- punkte für die Entscheidung der Frage, aus welchem präexistirenden Organ die neu auftretenden Urnieren der Kranioten abzuleiten sind, nicht bei den Akraniern, sondern bei den Kranioten selbst zu suchen. Die Vergleichung der fertigen und der sich entwickelnden Organe hat dabei Hand in Hand zu gehen, und die Resul- tate, zu denen meine Untersuchung der ausgebildeten Exkretionsorgane von Mywine geführt hat, dienen meinen früher ausgesprochenen Anschauungen durchaus zur Stütze. Könnten diese bei den Myxinoiden gewonnenen Resultate auch noch ent- wickelungsgeschichtlich gestützt und erweitert werden, so würde das natürlich von grosser Bedeutung sein. Leider schien dazu wenig Aussicht, als ich meine Unter- suchungen begann, denn alle Versuche, entwickelungsgeschichtliches Material der Myxinoiden zu erhalten, waren gescheitert. Da wurde die wissenschaftliche Welt durch eine kleine Mittheilung überrascht, in der von G. Ü. Pric£ drei verschiedene Entwickelungsstadien von Bdellostoma stouti kurz beschrieben, und eine ausführliche Bearbeitung in Aussicht gestellt wurde (7). Wir erfahren durch ihn, dass sich bei den Myxinoiden die Kiemenregion über ungefähr 35 Segmente ausgedehnt hat, und dass das Exkretionssystem ursprünglich nicht nur die hinteren Körperabschnitte durchzieht, sondern durch die ganze spätere Kiemenregion des erwachsenen Thieres sich erstreckt, ja noch eine Strecke weiter kranialwärts reicht. Die auf die Entwickelung des Exkretionssystems bezüglichen Angaben von Price sind so wichtig, dass ich sie hier in extenso wiedergebe: „Das Exkretions- system anlangend, so erstreckt es sich im Stadium A durch 69 Segmente. Im vor- dersten dieser Segmente, welches der Lage nach dem 11. Spinalganglion entspricht, findet man eine einfache Verdickung der Somatopleure. Im zweiten Segment be- wirkt eine leichte Ausstülpung die Anlage eines Vornierenkanälchens, und dieses ist durch eine verdickte Platte der Somatopleure mit einem gleichen Kanälchen des dritten Segmentes verbunden. Caudalwärts sind die Kanälchen in der Entwickelung weiter vorgeschritten. Die sie verbindende Verdickung wandelt sich zunächst in einen Wulst und dann in einen nun völlig von der Somatopleure abgelösten Strang um. Dieser Strang ist der Segmentalgang. Die Mündungen der Segmentalkanälchen schieben sich eine kurze Strecke weit in den Segmentalgang vor, ohne jedoch die gleiche Mündung im Nachbarsegment zu erreichen. Im letzten Segment ist kein Kanälchen vorhanden. In einigen der am weitesten caudal gelegenen Segmente haben die Kanälchen ihre Verbindung mit dem Coelom eingebüsst. Der Segmental- gang erstreckt sich in diesem Stadium ebenso weit, wie beim erwachsenen Thiere, kommt aber nicht mit dem Hypoblast in Berührung. Die angeführten Thatsachen berechtigen uns, das ganze System als Prone- phros zu deuten. Im Stadium B haben sämmtliche Kanälchen, mit Ausnahme einiger vorderer, ihre Verbindung mit dem Coelomepithel eingebüsst. In den letzten 19 Segmenten 24* 186 RICHARD SEMON [20 sind die Segmentalkanälchen spurlos verschwunden. Dasselbe soll beim erwachsenen Thiere in grosser Ausdehnung der Fall sein. Der grösste Theil des Segmentalganges hat eine Lichtung erhalten. Das hintere noch massive Ende desselben ist mit dem Hypoblast in Berührung gekommen. Im Stadium © sind alle Spuren des exkretorischen Segments in den 20 vor- dersten jener 69 Segmente verschwunden. In den zunächst darauf folgenden, d. h. den unmittelbar hinter den Kiemen gelegenen Segmenten, haben sich die Segment- kanälchen in die beim erwachsenen Thiere sogenannten Kopfniere (Werpon 1884) umgewandelt. Im vorliegenden Stadium sind jedoch die Verhältnisse noch viel ein- facher als beim erwachsenen Thiere. Die übrigen Kanälchen, welche dem Meta- nephros nach WELDoN entsprechen, haben Glomeruli erhalten. Der Segmentalgang öffnet sich in die Kloake. Diese Thatsachen zeigen, dass das exkretorische System in frühen Embryonal- stadien durch die ganze spätere Kiemenregiou des erwachsenen Thieres sich erstreckt, ja noch eine Strecke weiter kranialwärts reicht. Diese Verhältnisse gewinnen noch mehr an Interesse, wenn man die von Boverı bei Amphiowus nachgewiesenen Exkre- tionsorgane in Berücksichtigung zieht. Ich kann mit Bestimmtheit die Behauptung aufstellen, dass die von WELDoN 1884 als Pronephros und als Mesonephros unterschiedenen Abschnitte beim erwach- senen T'hiere sich aus einer in jeder Beziehung gleichartigen und einheitlichen Em- bryonalanlage differenziren, und dass der Segmentalgang im grössten Theil seines definitiven Verlaufs im Anschluss und in Verbindung mit den Anlagen der Segmen- talkanälchen entsteht.“ Diese kurzen Mittheilungen sind von ausserordentlicher Wichtigkeit. Was zunächst die Ausdehnung des Systems durch die ganze Kiemenregion und die da- hinter liegenden Theile des Rumpfes anlangt, so wird durch diesen Befund die An- schauung durchaus bestätigt, die ich früher mit den Sätzen ausgedrückt habe: „Aus der Ausdehnung des Vornierenganges und des Marrıcnrschen Körpers der Vorniere beziehentlich dessen Fortsetzung durch den ganzen Rumpf des Thieres, aus dem ganz allmählichen Rudimentärwerden der Querkanäle gegen die distalen Abschnitte hin, endlich aus dem Umstand, dass da, wo die Querkanäle ganz aufhören, sie durch Bildungen vertreten werden, die genetisch aus Theilen von ihnen abzuleiten sind, lässt sich der berechtigte Schluss ziehen, dass sich ursprünglich die Vorniere in voller Ausbildung von der Herz- bis zur Kloakengegend erstreckt hat“ (p. 150) und: „Bei den Kranioten fanden wir das Urogenitalsystem ebenso wie die unsegmentirte Leibes- höhle auf die hinter den Kiemen gelegene Region beschränkt. Bei Amphiowus er- streckten sich die Leibeshöhle, Harn und Geschlechtsorgane nach vorn durch die ganze Kiemenregion hindurch. In dieser Eigenthümlichkeit von Amphiowus sehe ich einen sehr primitiven Charakter. Die Entwickelungsgeschichte der Kranioten zeigt mit grösster Deutlichkeit, dass auch bei ihnen das Coelom ursprünglich ebenso weit nach vorn gereicht hat, als bei Amphiowus. Die Abwesenheit der Leibeshöhle und mit ihr der Harn und Geschlechtsorgane bei Kranioten im Kiemenbereich ist auf 21) Das EXKRETIONSSYSTEM DER MYXINOIDEN. 187 eine sekundäre Rückbildung zurückzuführen“ (p. 191). „Für weitere sekundäre Ab- änderungen bei Amphiowus halte ich — — — besonders die noch weitergehende räumliche Einschränkung der Exkretionskanälchen auf den vorderen Körperabschnitt, so dass sie über die Kiemengegend nicht weiter nach hinten reichen.“ (p. 192). Hat nun aber Price Recht, die Segmentalkanälchen, die er auf Stadium A und B beschreibt, auch sämmtlich als Vornierenkanälchen anzusprechen? Unbe- dingt, wenn seine Beobachtung richtig ist, dass der Vornierengang im grössten Theile seines definitiven Verlaufs im Anschluss und in Verbindung mit den Anlagen jener Kanälchen entsteht. Urnierenkanälchen entstehen bei allen Kranioten niemals im Anschluss und in Verbindung mit dem Vornierengang. Sie gewinnen erst viel später Beziehungen zu ihm. Dagegen geht die Bildung des Ganges konstant von den vorder- sten Vornierenkanälchen aus. Sein selbstständiges Weiterwachsen nach hinten habe ich stets für eine cänogenetische Erscheinung gehalten. Bei Mywine finden wir noch das primitive Verhältniss, dass der Gang im grössten Theile seiner Länge von den Kanälchen gebildet wird und einen von ihnen geschaffenen Sammelgang_ darstellt. Jedenfalls sind seine Bildner als solche ohne Weiteres als Vornierenkanälchen charakte- risirt. Auf die bisher nur für Selachier, Vögel und Säugethiere sicher nachgewiesene Beziehung des Ganges zum Ektoderm gehe ich nicht ein. Diese Frage scheint mir, ebenso wie die Homologisirung des Vornierenganges der Kranioten mit dem Peri- branchialraum von Amphiowus, noch nicht spruchreif, und wage ich hierüber kein positives Urtheil abzugeben. Es könnte als ein Widerspruch erscheinen, dass ich mit Prıcr die von ihm beschriebenen Segmentalkanälchen vom Stadium A und B als Pronephroskanäle auf- fasse, da ich doch bei meiner Beschreibung des ausgebildeten Exkretionssystems gewisse Theile als Mesonephros beschrieben habe. Dieser Widerspruch ist aber nur ein scheinbarer. So sehr ich sonst mit Price übereinstimme, halte ich doch seinen Ausspruch: „Ich kann mit Bestimmtheit die Behauptung aufstellen, dass die von Werpon 1884 als Pronephros und als Mesonephros unterschiedenen Abschnitte beim erwachsenen 'T'hiere sich aus einer in jeder Beziehung gleichartigen und einheit- lichen Embryonalanlage differenziren“, in dieser Fassung nicht haltbar ist. An den Vornieren aller Kranioten, soweit dieselben nicht ganz rudimentär bleiben, haben wir drei Elemente zu unterscheiden: den Vornierengang, die segmentalen Querkanäl- chen und den Marrıcnrschen Körper. An den Urnieren zwei Elemente: die Urnieren- kanälchen, die in den Vornierengang mit einmünden, und die Marrıcnrschen Körper- chen. Pkrıcz hat nun aber bloss gezeigt, dass die segmentalen Kanäle, auch diejenigen, die sich in sehr jungen Stadien in den distalen Abschnitten des Exkretionssystems der Myxinoiden finden, Vornierenkanäle sind. Ueber die Entstehung der MarpicHr- schen Körperchen sagen seine bisherigen Angaben nicht das Geringste. Dagegen habe ich durch Untersuchung von ausgebildeten oder nahezu ausgebildeten Myxinoiden bewiesen, dass bei ihnen Marrıcnr'sche Körper der Vorniere und der Urniere in den- selben Segmenten neben einander vorkommen, die da, wo sie am vollständigsten aus- gebildet sind (Figg. 3, 4, 6) noch in direktem Zusammenhange mit einander stehen. 188 RicHARD SEMoN [22 In dem Price’schen Material findet sich für die Feststellung der Entwickelung des Exkretionssystems zwischen Stadium B und © eine besonders empfindliche Lücke. Indessen glaube ich, dass selbst für den Fall, dass so bald keine Zwischenstadien aufgefunden werden, doch schon aus Stadium C, durch ein genaues Studium der Region, in der, wie ich gezeigt habe, Marrıcursche Körper der Vorniere und der Urniere neben einander vorkommen, die wichtigsten Fragen sich werden lösen lassen. Die erste betrifft den Bau und die Genese der Marricurschen Körper der Vor- und Urniere und ihr Verhältniss zu einander. Von der Theilung der Marricur'schen Körper aus habe ich schon in meiner früheren Arbeit (13 p. 166) die Entstehung der Urniere aus der Vorniere abgeleitet. Bei Myxinoiden finden wir an gewissen Stellen diese Theilung noch nicht fertig vollzogen. Die Untersuchung früher Stadien wird uns wohl sicher hier Einblicke in die eigentliche Natur der Theilung gewähren: handelt es sich um eine wirkliche Spaltung oder eine Art Knospenbildung, vielleicht auch um Angliederung einer neuen Leibeshöhlenkammer? Zweitens ist die Frage zu entscheiden: Münden da, wo beide Systeme von Marrıcui'schen Körpern neben einander vorkommen, dieselben zusammen oder getrennt in den Vornierengang, und ist letzteres der Fall: wie bildet sich die selbstständige Kanalverbindung des MarpıcHı- schen Körpers der Urniere in den Vornierengang heraus? Wahrscheinlich werden diese Verhältnisse bei den Myxinoiden, wo sich das Urnierensystem eben erst in statu nascendi befindet, weniger cänogenetisch verhüllt sein, als bei den höheren Kranioten. Allerdings darf nie vergessen werden, dass das Urnierensystem der Myxi- noiden, so primitiv es der Hauptsache nach auch ist, doch auch schon durch Verlust der Aussentrichter eine Umbildung erlitten hat, und dass der Mangel einer Verbindung des Exkretionssystems mit dem Genitalsystem bei Myxinoiden ebenso wenig etwas Primitives ist, als bei Petromyzonten und Teleostiern. Zum Schlusse habe ich noch auf die Frage einzugehen: was haben wir für die Nebenniere der Myxinoiden anzusehen, oder fehlt ein solches Organ vielleicht noch ganz bei der niedersten Klasse der Kranioten? Ich bemerke dabei, dass ich bei dieser Erörterung nur den nicht nervösen Theil der Nebenniere im Auge habe. Ich schliesse mich hier nun in einem Punkte durchaus an Wervon (15) an. Bei Myxinoiden funktionirt das, was ich bei den von mir untersuchten Thieren als Pronephros bezeichnet habe, wohl sicherlich als Nebenniere. Dass es kein schlechthin rudimentäres, funktionsloses Organ ist, wird dadurch bewiesen, dass es sich beim fortschreitenden Wachsthum des Thieres nicht verkleinert, sondern sogar voluminöser, besonders dicker wird, ohne sich in seinem Bau wesentlich zu ändern. Kırkarpy hat angegeben, dass bei geschlechtsreifen Exemplaren das Lumen der inneren Theile der unteren Vornierenkanäle sich verengert, wohl auch ganz obliterirt, der Charakter der Epithelzellen sich ändert. Auch sollen die Glomeruli in den untersten Ab- schnitten des Organs nicht mehr erkennbar sein und das Lumen des von KırkAaıpy sogenannten „central duct“, den ich ja als den Hohlraum des Marricntschen Körpers auffasse, verschwinden. Solche Veränderungen habe ich an nahezu geschlechtsreifen Exemplaren, die ich untersucht habe, nicht nachweisen können. Wahrscheinlich waren 23] Das EXKRETIONSSYSTEM DER MyXINOoIDEN. 189 aber die von mir untersuchten 'Thiere nicht alt genug. Aber ganz abgesehen von solchen Umbildungen, die das Organ auch histologisch dem nicht nervösen Theil der Nebenniere der höheren Anamnier noch ähnlicher machen würde, halte ich die Gleich- werthigkeit der Organe trotz ihres verschiedenen Aussehens doch für sicher. WELDon (14, 15) schreibt allerdings, die Nebenniere der höheren Kranioten sei ein in analoger Weise entstandenes Rückbildungsprodukt eines Theiles der Urniere. In meiner aus- führlichen Arbeit habe ich aber nachgewiesen, dass die Nebenniere der höheren Kranioten nichts Anderes ist als ein Umbildungsprodukt der distalen Fortsetzung des Marrıcni'schen Körpers der Vorniere. Ich konnte sogar zeigen, wie sich unter Ver- schwinden des Glomerulus und des Lumens des Marrıcnrschen Körpers das Ende der wohlausgebildeten Vorniere von Ichthyophis noch nachträglich in typische Neben- niere umwandelt. Wie es aus meinen Figuren 23—26 Tafel VII jener Arbeit hervorgeht, sind es wohl vorwiegend die Innentrichter und die Kanalstrecke, in die sie sich fortsetzen, die sich zu Nebennierenballen umwandeln. Hans Ragr (S) hat dann später die Entwickelung der Nebennieren bei Vögeln untersucht, und seine Befunde stehen in vollstem Einklange mit denjenigen, zu denen ich durch Unter- suchung des Urogenitalsystems von Ichthyophis gelangt war, und die ich auf die Nebennieren aller Kranioten ausgedehnt hatte. Natürlich habe ich durch diese neuen Funde und die Verallgemeinerung ihrer Resultate eo ipso die in einer älteren Ar- beit (11) von mir vertretene Anschauung zurückgenommen, die Nebennierenstränge stammten von der Urniere ab. Ich bemerke bei dieser Gelegenheit auch, dass ich jetzt nach meinen Untersuchungen bei Ichthyophis einen von Anfang an vorhandenen Zusammenhang der Genital- und Urnierenanlage für alle Wirbelthiere annehme, bei denen das ursprüngliche Verhältniss gewahrt ist und das Nierensystem zur Herausleitung der männlichen Keimstoffe dient, kein nachträgliches „‚Heraussprossen“ von Strängen aus der Urniere in die Keimdrüse, wie ich es früher selbst für das Hühnchen beschrieben habe. Was nun bei halb oder ganz ausgewachsenen Mywinen Pronephros genannt wird, ist ebenfalls, wie ich oben gezeigt habe, nichts Anderes als ein Marpıcnrscher Körper der Vorniere, der seine Verbindung mit dem Vornierengang eingebüsst hat und nur noch aus dem abgekapselten Leibeshöhlendivertikel nebst Glomeruli sowie dem Ende der abgelösten aber je unter sich noch verbundenen Segmentalkanälchen, den Aussen- und Innentrichtern, besteht. Von den Nebennieren der höheren Kranioten unterscheidet er sich dadurch, dass sein ursprünglicher Bau sich noch viel reiner erhalten hat. Ferner dadurch, dass hier allein der proximal von der Urniere gelegene Theil des Pronephros den Funktionswechsel zur Nebenniere durchgemacht hat und nur noch ein kleines Stückchen ‚‚Nebenniere“ in das Urnierengebiet hineinragt (vergl. besonders Fig. 4). Nach Nebenniere in den distalen Abschnitten habe ich bei Mywxine gesucht, allein vergeblich. Vielleicht werden sich doch noch hie und da Reste an der Venenwand finden. Besonders charakteristisch ist die Einstülpung des Vornierenrestes, der bei Myxi- noiden als Nebenniere funktionirt, in die Venenwandung. Aehnliche Beziehung 190 RICHARD SEMON 24 zur Venenwandung wiesen die Nebennieren auch bei Ichthyophis auf, wo ich die Gebilde stets und ausschliesslich in Begleitung der Venen (Vena cava inferior, Venae renales revehentes) antraf (vergl. 13, Taf. XIII; Fig. 52 ab; 53 ab). Oft waren sie auch dort geradezu in die Venenwandung eingesenkt und wurden fast ringsum von Venenblut umspült. Die Beziehung zur Venenwand hängt zweifellos mit der noch immer ganz dunklen Funktion der Nebennieren zusammen, und es ist interessant, dass die gleiche Beziehung und die gleiche Funktion schon bei den niedersten Kranioten hervortreten, bei welchen ein äusserlich noch wenig veränderter Marrishrscher Körper des Pronephros als Nebenniere funktionirt‘). Bei allen Kranioten aber ist demnach übereinstimmend ein mehr oder weniger umgebildeter Theil des Pronephros zur Nebenniere geworden. 1) Ich erinnere daran, dass sich selbst bei Säugethieren sogenannte „versprengte“ Nebennieren stets als Be- gleiter der Venenstämme finden, der Ovarial- und Parovarialvenen, am Plexus pampiniformis, im Verlauf der Vena sper- matica oder Vena suprarenalis. 157 we [et {e ) Das EXKRETIONSSYSTEM DER MYXINOIDEN. 191 Litteratur-Verzeichniss. Tu. BOVERI, Ueber die Niere des Amphioxus. Münchener Med. Wochenschrift. 1890. —— Die Bildungsstätte der Geschlechtsdrüsen und die Entstehung der Genitalkammern beim Amphioxus. Anat. Anzeig. VII. Jahrg. (1892). —— Die Nierenkanälchen des Amphioxus. Ein Beitrag zur Phylogenie des Urogenitalsystems der Wirbelthiere, Zoologische Jahrbücher. Abtheilung für Anatomie und Ontogenie der Thiere. V. Bd. 1892. J. W. Kırkarpy, On the head kidney of Myxine. Quarterly Journal of mieroscop. Seience. Vol. 35. New Series. 1894. JOHANNES MÜLLER, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden, der Cyklostomen mit durchbohrtem Gaumen. Schluss: Untersuchungen über die Eingeweide der Fische. Gelesen in der Königlichen Akademie der Wissen- schaften zu Berlin am 16. und 23. Juni 1842. Berlin 1845. WILHELM MÜLLER, Das Urogenitalsystem des Amphioxus und der Cyklostomen. Jenaische Zeitschr. für Natur- wissenschaft. 9. Bd., Neue Folge 2. Bd. Jena 1875. G. C. Price, Zur Ontogenie der Myxinoiden. Bdellostoma Stouti, Lockington). Sitzungsberichte der mathe- matisch-physikalischen Klasse der K. bayer. Akad. der Wiss. Bd. XXVI. 1896. Heft 1. München 1896. Hass Rat, Die Entwickelung und Struktur der Nebennieren bei den Vögeln. Archiv für mikroskop. Ana- tomie. Bd. XXXVII. A. Rerzıus, Anatomie des Ader- und Nervensystems der Myxine glutinosa. MEckELs Archiv f. Anat. u. Physiol. 1826 (siehe auch Abhandl. d. schwed. Akad. d. Wissensch. 1790). J. RÜCKERT, Ueber die Entstehung der Exkretionsorgane bei den Selachiern. Archiv f. Anatomie u. Physiologie. Anatomische Abth. 1888. R. Semon, Die indifferente Anlage der Keimdrüsen beim Hühnchen und ihre Differenzirung zum Hoden. Jenaische Zeitschrift für Naturw. XXI. Bd. Neue Folge XIII. Bd. —— Ueber die morphologische Bedeutung der Urniere in ihrem Verhältniss zur Vorniere und Nebenniere und über ihre Verbindung mit dem Genitalsystem. Anatomischer Anzeiger. Bd. V. 1590. —— Studien über den Bauplan des Urogenitalsystems der Wirbelthiere. Dargelegt an der Entwickelung dieses Organsystems bei Ichthyophis glutinosus. Jen. Zeitschr. für Naturw. 26. Bd. Neue Folge 19. Bd. Jena 1892 (separat bei G. Fischer, Jena 1891). W. F. R. Wervon, On the head kidney of Bdellostoma with a suggestion as to the origin of the suprarenal bodies. Quarterly Journal of mieroscop. Science. Vol. XXIV. 1884. —— On the suprarenal bodies of Vertebrata. Ibidem. Vol. XXV. 1885, Festschrift für Gegenbaur. Ill. 24+* RıcHARD SEMoN, Das EXKRETIONSSYSTEM DER MYXxINnoIDEn. [26 Tafel-Erklärung. Mit rother Farbe sind auf allen Figuren die Glomeruli des Pronephros, mit orange die des Mesonephros bezeichnet, mit gelb der venöse Sinus, in dessen Wandung die MALriGHrschen Körper der Vorniere eingestülpt sind. Fig. Fig. Fig. Tafel I. Proximales Ende des rechtsseitigen Exkretionssystems einer 24 em langen Myxine glutinosa. Oberflächen- ansicht. Betrachtung von der Bauchseite. Vergrösserung 32fach. Proximales Ende des linksseitigen Exkretionssystems einer 20 cm langen Myxine. Oberflächenansicht. Betrachtung von der Bauchseite, etwas stärker vergrössert. Rekonstruktion des proximalen Endes des Exkretionssystems einer 16 em langen Myxine aus einer Serie von 320 Schnitten. Betrachtung von der Bauchseite. (Gefässversorgung nicht mit eingetragen.) Rekonstruktion des proximalen Endes des linksseitigen Exkretionssystems einer 19 cm langen My.xine aus einer Serie von 230 Schnitten. Betrachtung von der Bauchseite. (Gefässversorgung im Allgemeinen nicht mit eingetragen.) Schematische Darstellung der Entwiekelung des Urogenitalsystems bei Kranioten (aus meiner 1891 erschie- nenen Arbeit: Studien über den Bauplan des Urogenitalsystems der Wirbelthiere ete. Taf. X1V Fig. 61). 5a Längsschnitt durch eine Gegend, in der sich nur Vorniere entwickelt. 55 Längsschnitt weiter unten durch eine Gegend, in welcher sich sowohl Vorniere als Urniere entwickeln. 5c Längsschnitt noch tiefer distalwärts durch eine Gegend, in welcher (bei höheren Kranioten) die Vorniere nur noch durch den Vor- nierengang und den zur Nebenniere umgewandelten MArpIGHrschen Körper repräsentirt wird. Tafel 1. Querschnitt durch einen linken Pronephros I von Myxine und zwar durch das auf Fig. 3 dargestellte Organ. Etwa die Mitte des Pronephros ist getroffen. Vergrösserung 180fach. Querschnitt durch denselben Pronephros sowie Mesonephros I weiter abwärts gerade an der Stelle, an wel- cher der Trichter des Verbindungskanals von Pronephros I und Mesonephros I einmündet. Vergrösserung 180 fach. Längsschnitt durch den Vornierengang, ein Segmentalkanälchen und ein MarpıGursches Körperehen des Mesonephros von Myzxine. Zeigt die scharf abgesetzte Mündung des Segmentalkanälchens in das MALPIGHI- sche Körperchen (Innentrichter). Vergrösserung 180 fach. 7 fi "Semon Tufıl. Aussentrichter | & $‘ > > Sl | Pronephros I . . | 3 1" : | | "Mesonephros I | | ' f Anfang d. ...- Vornierenganges Anfang d. | Vornierenganges | 1 \Zronephros IT | Mesonephros I | Mesonephros I £ | ‚Pronephros Mm! | | \ / / | | h | »Nesonephros II F | | Vornierengang ES | * ES S | | [I | | j IS \ I | = | 5 \ Ss \ | | or | | A ni SS | | Mesonephros Il + 9% | SI | 2 --Tornierengang ! | PS ganı — zZ | SZ SE X ° Aorta =: Vornierengang i ig ‚Aussentrichter\ 4. Ar /nnentrichter Ve 5& I VW & -Malpigh.Korp. |" je : 3 -Matpign Körp Ich Anst. r. Werner Allinter, Frankfurt rniere Malpigh. Kor) a Ber d PronephrosI ) -Malpigh.Körp. | d.Urniere ‚Pronephros IE -Verbindungs- kanalı Verlag von. Wilhelm Engelmann E Jeipaig. Venöser Sinus = -Pronephros I“ | ' -Pronephros Ib —Verbindungskanal I ‚Pronephros HM | | Pronephros W . | Mesonephros I AR 4 | i ‚Mesonephros a a Mesonephrosim j lVornierengang wAbUlsch gez. m Semor Festschrift für Gegenbaur: Semon Taf-H. l laterale Trichter f Aussentrichter mediale /N } Trichter N ” | Jnnentrichter Hohlraum des. j : Malpigh.Korp. ' KESSVE Se Z 8 \ | Pronephros I RR > Verbindungs- / % trichter | Blutgerinsel = Venoser Sinus -" Gefüsse a es BR Sjeiel Salsıo gang. I FE — - - — Rösemon u.A Gillsch. gez . h Verlag von Wilhelm Engelmann ix.Lepzig. ur Werner KWinter, Erankfüre FM. [77 | A a an a7 % 4 ! i 2 P, u: ’ * #% ® UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBERTEHIEREN VON D*. GEORG RUGE 0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE UND DIREKTOR DER ANATOMISCHEN ANSTALT IN AMSTERDAM. MIT 76 FIGUREN IM TEXT. Festschrift für Gegenbanr. Ill. >5 rg, Ir Die nr ; . “ Be a Das peripherische Gebiet, welches vom Nervus facialis beherrscht wird, zer- fällt bei den Gnathostomen in einen motorischen und in einen sensiblen Bezirk. Ein Bruchtheil des motorischen Endgebietes wurde vor Jahren eingehender untersucht und vergleichend behandelt. Die für dieses Studium verwertheten, anatomischen Befunde bezogen sich seiner Zeit auf die im Systeme am höchsten stehenden Säuge- thiere. Bei ihnen tritt die reich gegliederte Gruppe des motorischen Endgebietes des VII. Gehirn-Nerven-Paares als „Gesichtsmuskulatur“ auf, in welcher der Nerv mit seinen weit verbreiteten Zweigen hauptsächlich sich auflöst und wegen dieses Verhaltens den Namen eines „Gesichtsnerven“ hat erhalten können. Der oberflächlich entfaltete "Theil des motorischen Endgebietes, welcher beim Menschen die anatomische Grundlage auch für die mimischen Bewegungen abgiebt, bedeckt eine Reihe tiefer gelegener Muskeln. Dieselben sind gleichfalls vom „Ge- sichtsnerven‘“ beherrscht, ohne dass sie der Regio faciei je zugewiesen gewesen sind. Diese tiefere Facialis-Gruppe ist von der oberflächlichen „Gesichtsmuskulatur‘“ bei höheren Mammaliern so vollständig abgetrennt, dass aus den zu Tage tretenden Ein- richtungen kaum noch etwas sich hervorhebt, was zur Erkenntniss der näheren Zu- sammengehörigkeit jener beiden motorischen Gruppen-Schichten führen kann. Wohl gehören dieselben, was leicht zu erkennen ist, zu einer gemeinsamen Sippe. Stehen sie doch unter der gemeinsamen Herrschaft des Facialis. Hierdurch werden sie ebenso innig zu einer Familie zusammengefügt, wie die segmental benachbarte Mus- kulatur durch die Trigeminus-Innervation zu einer Gemeinschaft stets zusammen- geschmiedet bleibt. Sind andere Indicien der Zusammengehörigkeit für das motorische Endgebiet des Facialis fast ganz erloschen, so haben solche für das Quintus-End- gebiet in mancher Beziehung sich kenntlich erhalten; trotzdem letzteres bereits bei den Selachiern einen hohen Grad der Sonderung sich errungen hat. Meine Untersuchungen über die Gesichtsmuskulatur der Primaten bewegten sich auf einem Territorium, auf welchem die nach bestimmter Richtung hin aus- 25* 196 GeEor@G RucE [4 laufenden Zustände grösserer Umgestaltungen, und zwar von progressiver und regressiver Entwickelungsart, angetroffen wurden. Diese Untersuchungen fanden 1887 ihren Abschluss; sie konnten in Heidelberg unter der stetigen Anregung unseres hoch- verehrten Jubilars, einmal in Angriff genommen, durch Jahre hindurch fortgeführt werden. Zuvor war auf Veranlassung und unter Anleitung von derselben Seite her 1874 in Jena eine Arbeit gereift, welche die Kiemen- und Kiefer-Muskulatur der Fische behandelte. Dieselbe überragt, was Umsicht in der Auswahl des Materials, Genauigkeit in der Darstellung, knappe und präcise Fassung, kurz, Vortrefflichkeit betrifft, Alles, was bis auf den heutigen Tag auf diesem wichtigen Gebiete erschienen ist. Der Lehrer aber hatte die unentbehrliche Grundlage für diese werthvollen Bei- träge im III. Hefte seiner „Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbel- thiere“ im Jahre 1572 selbst geben müssen. In B. Verrer’s Abhandlung werden die bedeutungsvollen Zustände uns vorge- führt, in welchen das gesammte, motorische Endgebiet des Facialis noch in einer organischen Einheitlichkeit auftritt. Letztere ist der genaue Maassstab für die niedrige morphologische Rangstellung des gut abgrenzbaren Gebietes. Auf diese Weise ist uns durch B. Vrrrer der Ausgangspunkt für die vielen Wege angegeben, auf welchen die Entwickelung jenes Muskel-Gebietes bei den Wirbelthieren vorwärts geschritten ist. VErTER selbst ist diesen Pfaden bei Holocephalen, Ganoiden und Teleostiern nachgegangen. Die Forschungs-Ergebnisse wurden im Jahre 1875 veröffentlicht (Jenaische Zeitschrift Bd. XI). M. Sıcemens konnte unter Zugrundelegen der Vrrrer’schen Untersuchungen eine Darstellung der Muskeln des Kiefer- und des Kiemen-Apparates der Haie in Bronn’s Klassen und Ordnungen geben (Bd. VI, I. Abth., 4. Lieferung). Er fügte neue Beobachtungen hinzu und behandelte dort auch das betreffende Muskel-Gebiet der Rochen. Das Unternehmen wurde durch den Tod des jungen Forschers, der seine Thätigkeit als Prosector in Amsterdam unter Max FÜRBRINGER entfaltet hatte, jäh unterbrochen. Auf’s Neue sind auf der alten Pflanzstätte Jena’s Früchte gereift. Die Augen-, Kiefer- und Kiemen-Muskulatur der Haie und Rochen fanden durch Berrn. Tresing eine sorgfältige Schilderung (Jenaische Zeitschrift Bd. XXX, N. F. XXUD. Hier hat zielbewusste Arbeit auf den vor zwanzig Jahren gelegten Fundamenten weiter gebaut. Die Forschungen stammen aus demselben Laboratorium, in welchem die Direktion mittlerweile auf den Schüler unseres Jubilars übergegangen ist. So dehnt sich denn ein Cyklus von Arbeiten über zwei Decennien aus. Direkt oder indirekt wurden die Anregungen zu diesen Arbeiten von einer und derselben Persönlichkeit gegeben. Die Ergebnisse derselben sind auf der Ausgangs- und auf der Endstation für vergleichend-anatomische Studien bei Wirbelthieren gewonnen. Die grossen Lücken nun, welche zwischen den Resultaten jener Arbeiten noch bestehen, ausfüllen zu helfen, ist seit meinem Heidelberger Aufenthalt, welcher lehr- reich und beglückend zugleich für mich gewesen ist, mein Bestreben geblieben. Wenn einige neue Ergebnisse mühsamer Forschungen den älteren hinzugefügt werden 5] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 197 können, so stehen dieselben aus mehrfachen Gründen nicht ausserhalb der engsten Be- ziehungen zu dem persönlichen Einflusse meines hochverehrten Lehrers, und aus die- sem Grunde wage ich es, die Resultate aufrichtig gemeinter Bemühungen am heutigen Tage und an dieser Stelle dankerfüllten Herzens der Oeffentlichkeit zu übergeben. Das sensibele Endgebiet des Facialis ist in den Kreis meiner Untersuchungen hineinbezogen und namentlich bei den niederen Wirbelthieren berücksichtigt worden. Dasselbe steht in einer sehr engen, korrelativen Abhängigkeit zu dem oralwärts an- gefügten 'Trigeminus-Hautgebiete. Es ist bei Cyklostomen, Fischen und Amphibien bereits seit etwa einem halben Jahrhundert durch J. Mürrer, H. Stannıus, FIscHER u. A. eingehender studirt worden. Demgemäss sind viele Thatsachen über das ge- nannte sensibele Gebiet im Laufe der Zeit bekannt geworden. Unter neuen Gesichts- punkten jedoch wird, wie ich meine, eine erneute Behandlung des Stoffes nur er- wünscht sein können. Ich werde dieser Aufgabe hier nicht näher treten, denke aber, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn schon es nicht umgangen werden kann, hier und dort auch der sensibelen Facialis-Bahnen Erwähnung zu thun, so wird von einer systematischen Behandlung derselben an dieser Stelle Abstand genommen werden. Umgestaltungen in den Endapparaten des Facialis stehen, so geringfügig sie auch sein mögen, nirgends für sich allein da. Gleichzeitig mit ihnen vollziehen sich stets Umformungen in nächster oder weiterer Nachbarschaft, so dass Specialisationen im Facialis-Gebiete jeweilig auch als Symptome für den Gesammtzustand des Kopfes gelten können. In diesem Sinne dürfen wohl alle neuen Ergebnisse auch auf unserem Arbeitsfelde als Beiträge zur Anatomie des Wirbelthier-Kopfes bezeichnet werden; aber nur in aller Bescheidenheit möchten sie an die grundlegenden For- schungen auf diesem Gebiete angegliedert sein. Langsam, aber mit durchschlagendem Erfolge hat die Anschauung Eingang ge- funden, dass die Nerven wegen ihres organischen Zusammenhanges mit der Mus- kulatur die Führerrolle bei wissenschaftlichen, myologischen Forschungen übernehmen müssen. Diese jetzt wohl allgemein anerkannte Ansicht ist durch CarL GEGENBAUR begründet, in dessen Umgebung durch sorgfältige Prüfung ausgebaut worden. Auf Grund der so gewonnenen und sicher gelegten Vorstellungen darf es heutzutage für eine vornehme Aufgabe der anatomischen Forschung gelten, die Entwickelungs- zustände der Muskulatur des Kopfes in der ganzen Wirbelthier-Reihe durch streng systematische Untersuchungen darzulegen, und zwar derartig, dass die auf Grund gleichartiger Innervation natürlich zusammengehörenden Muskelgruppen je für sich in der ganzen Wirbelthier-Reihe studirt werden. Das ist bisher nirgends durchgeführt. Allein auf diese Weise kann ein klares Bild von den Umgestaltungen an der Mus- kulatur des Kopfes der Wirbelthiere gewonnen werden. Die Studien über die Facialis-Muskulatur bestärkten mich mehr und mehr in der Meinung, dass derartige Bestrebungen von Erfolg gekrönt sein müssten. Bei dem Streben, das Gebiet des Nervus facialis genau abzugrenzen, konnte 195 GeorG Ruce [6 es nicht umgangen werden, die Nachbarschaft desselben genau zu inspiciren, da Anga- ben über dieselbe gelegentlich auch hier einzuflechten waren. Die Veränderungen, welche ein Abschnitt des Muskel-Systems innerhalb der ganzen Wirbelthier-Reihe erlitten hat, lehren grosse Abstände kennen, welche auf den erforschten Wegen zurückgelegt sind. Die vergleichende Anatomie gewährt uns hier den nöthigen Einblick; sie ist die Lehre der Entwickelung der Organ-Systeme in deren weitesten Grenzen. Die Ontogenie bietet bei der gewünschten Erkennt- niss ihre Dienste dar. Sie jedoch als die alleinige Lehre der Entwickelung auf- zufassen, involvirt Irrthümer, welche oftmals von berufenster Seite hervorgehoben worden sind. Nicht alle Entwickelungsprobleme lassen sich durch die Ontogenie lösen. Den fertigen Zustand eines Organismus aber gar als ein Stadium der Onto- genie zu betrachten, welches jedem beliebig anderen Stadium der individuellen Entwickelung gleichwerthig sei, ist schon desshalb zurückzuweisen, weil die Existenzbedingungen für die ontogenetischen Stadien ganz verschiedenartige von denen des ausgewachsenen Organismus sind, beide unter sehr differenten, inneren sowie äusseren Einflüssen stehen. Da bei ontogenetischen Untersuchungen in der Organologie zunächst festgestellt sein muss, was sich zu entwickeln habe, so werden auch die betreffenden fertigen Zustände der in Betracht kommenden Thiere in erster Linie gekannt sein müssen. Dies erfordert eine methodische, allen Principien der Entwickelungslehre gerecht wer- dende Forschung. Dem forschenden Geiste drängt sich die Vergleichung der unter natürlichen und einfachen Lebensverhältnissen stehenden, fertigen Organisationen von selbst auf. Die Entwickelungsweise der Organe, welche die vergleichende Methode als Resultat ihrer Ueberlegungen enthüllt, kann durch die ontogenetischen Befunde an Thieren, welche mitten im grossen Entwickelungsgange eine feste, gekannte Stellung einnehmen, ausgebaut, ja korrigirt werden. Selbst aber kann die ontogenetische For- schung oftmals, und gerade auf dem Gebiete der Muskulatur, nicht das leisten, was die vergleichende Anatomie als Entwickelungslehre mit weiterer Ausschau uns er- schliesst. Die Führerrolle kommt meist der letzteren zu. Die Anregungen und eigentlichen Fragestellungen empfängt die ontogenetische Forschung sehr häufig von der vergleichenden Anatomie. Die auf die Metamerie des Kopfes z. B. sich beziehenden, entwickelungsgeschichtlichen Forschungen knüpfen an vorausgegangene, vergleichend- anatomische Untersuchungen an. Diese Thatsache sehe ich dadurch nicht erschüttert, dass an eine erneute Inangriffnahme lebendig gewordener Fragen Fortschritte in un- serer Erkenntniss sich anschliessen. Dadurch, dass eine neue, verhältnissmässig Jüngere Disciplin, die moderne ÖOntogenie, die ältere Wissenschaft ergänzt und verbessert, verliert diese nicht an Werth, was auch im umgekehrten Sinne nicht der Fall ist. Es kann immer nur eine vorübergehende Erscheinung sein, wenn die eine der Dis- ciplinen einer grösseren Pflege sich erfreut; denn beide ergänzen sich einander. Wo die eine in dem weiteren Ausblicke beschränkt ist, gewinnt sie an Sicherheit durch die Möglichkeit der Vergleichung oft vieler, unmittelbar an einander sich an- schliessender Entwickelungszustände. In dieser rein äusserlichen Beziehung ist die 7] UFBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 199 ontogenetische Forschung der vergleichend-anatomischen meistens voraus und ge- winnt durch sie oft einen grossen Vorsprung. Denn da die Entwickelung einer jeden Thier-Species eine Reihe von Formzuständen in sich fasst, welche auf bleibende Ein- richtungen der Vorfahren mehr oder weniger direkt beziehbar sind, so ergiebt sich für die ontogenetische Forschung von selbst der Vorsprung von nicht unerheblicher Art. Der Forscher braucht oft nur abzulesen, um den ontogenetischen Vorgang zu er- gründen. Der phylogenetische Process muss jedoch mühsam erschlossen werden. Die vergleichend-anatomische Forschung bedarf stets einer vorsichtigen und umsich- tigen Bedienung. Sie muss durch strengste Kritik ersetzen, was ihr durch äussere Verhältnisse an wichtigem Materiale entzogen ist. Ich muss der vergleichend-anatomischen Forschung hier vor Allem das Wort reden, da nur sie auf unserem Gebiete vorderhand erfreuliche Ergebnisse verspricht. Eine grosse Summe von Fragen hat sich aus meinen vergleichend - anatomischen Untersuchungen erhoben, welche durch ontogenetische Befunde eine strengere Be- antwortung erfahren werden. Aus ontogenetischen Bestrebungen allein jedoch wären derartige Fragestellungen wohl schwerlich zu Tage gefördert worden. Aus vollster Ueber- zeugung stimme ich den bedeutsamen Ausführungen C. GEGENBAURr’s zu, welche über die Stellung der Geschwister-Disciplinen zu einander an verschiedenen Stellen handeln). Wenn der Embryologe jede ontogenetische Thatsache gewissermaassen für baare Münze nimmt, für einen jeden Befund einen entsprechenden Zustand auch bei einer erwachsenen, hypothetischen Form voraussetzt, dann treten die schweren Fehler unkritischer Behandlung morphologischer Fragen in. die Erscheinung. Grosse Unvor- sichtigkeiten sind seit Jahren auf dem Gebiete der Gliedmaassen-Entwickelung begangen worden, und zwar nur aus dem Grunde, weil man der Embryologie die Anerkennung einer unfehlbaren Richterin gezollt hat. Diese Eigenschaft kam ihr aber keineswegs zu, wie es Frorıer 1887 (S. 831) u. A. ausführt. Wenn die Extremitäten desswegen zu metameren Bildungen gestempelt werden, weil mehrere Rumpf-Myomere Knospen für sie treiben, so wird aus einer einzigen, ontogenetischen Erscheinung ein Schluss gezogen, wobei eine Summe tief einschneidender Faktoren ganz ausser Acht gelassen wird. Die vergleichende Anatomie lehrt, dass bei Fischen und Amphibien die Myo- meren des Rumpfes vor unseren Augen einen ganz allmählichen, engeren Verband mit dem Gliedmaassen-Skelete eingehen. Diese Erscheinung, im Verband mit anderen, auf vergleichend-anatomischem Wege erkannten Vorgängen, weist auf ganz andere Deutungen jener gewiss wichtigen, embryologischen Daten hin. Die segmentalen Rumpf- Muskel-Knospen ändern rasch ihre Beziehungen zum Skelete der Gliedmaassen. Sie geben schon desshalb keinen Aufschluss über die Urgeschichte der Gliedmaassen. Von den eingreifenden Veränderungen, welche der Verschiebungs-Process der Gliedmaassen längs des Achsen-Skeletes mit sich führt, haben ontogenetische Unter- 1) C. GEGENBAUR, a) Die Stellung und Bedeutung der Morphologie; b) Einige Bemerkungen zu GöTTE's Entwieklungsgeschichte der Unke als Grundlage einer vergleichenden Morphologie der Wirbelthiere. Morphologisches Jahrbuch. Bd. I. 1876. 200 GEoRrG Rus [S suchungen an Muskeln und am peripherischen Nerven-Systeme bisher nichts erschlossen. Die Umgestaltungen an letzteren Organen sind durch vergleichend-anatomische Studien klargelegt. Die Ontogenie bildet auch hier „eine bedeutende Lücke, welche nur durch das Zurückgehen auf das definitive Verhalten des bezüglichen Organ-Systems bei niederen Wirbelthieren ausgefüllt werden kann. Für's peripherische Nerven- system...... ist es noch völlig ungewiss, ob die spätere Gestaltung den niederen Zuständen entsprechende Vorläufer besitze, oder ob die histiologische Differenzirung der betreffenden Theile gleich mit dem definitiven Verhalten beginne, indem die einfacheren Zustände übersprungen werden'). Diese vor 25 Jahren ausgesprochenen Anschauungen erscheinen heute eher befestigt als widerlegt. Um grösseren Verirrungen vorzubeugen, wird es zunächst auch auf unserem Gebiete der neuro- und myologischen Forschung erforderlich, die grossen Pfade der Entwickelung durch vergleichend-anatomische Untersuchungen aufzudecken. Wer aber den Versuch wagt, die Entwickelung von Muskel- und Nerven-System in der Wirbelthier-Reihe vergleichend-anatomisch darzulegen, der wird seinen Ausgangspunkt von den Fischen und unter diesen von den Selachiern nehmen müssen. Dass man hier in den Indifferenzzuständen, welche auch am Skelet so schlagend zum Aus- druck kommen, den Schlüssel zum Verständnisse für die komplieirten Verhältnisse findet, haben vor Allen die vielfachen Untersuchungen GEGENBAURSs uns gelehit. Von dieser Seite ist oftmals darauf hingewiesen worden, dass es vor Allem um die Organi- sation der Selachier sich handele, wenn wir einen Ausgangspunkt zur Beurtheilung der Zustände am Cranium, am Kopfe der höheren Wirbelthiere gewinnen wollen (vergl. z. B. 1887) ?). A. Anordnung und Verzweigung des Nervus facialis der Selachier als Grundlage für diejenigen der höheren Formen. a. Facialis als Schlundbogen-Nerv. Der Facialis umschliesst bei den Selachiern mit seinen peripherischen Aesten den Spritzloch-Kanal. Der die hintere Wand des Letzteren durchziehende Hauptast gehört den Weichtheilen des Zungenbein-Bogens zu. Er ist demgemäss ein wahrer Kopfnerv, da die Kopfregion durch die Kiemen und den Vagus ihre Grenze empfängt. Diese Ansicht hat GEGENBAUR uns in dem Gewoge widerstreitender Meinungen gesichert. Der Facialis ist mit Zweigen zur Haut, Schleimhaut und zur Muskulatur ausgestattet. 1) C. GEGENBAUR, Ueber die Kopfnerven von Hexanchus und ihr Verhältniss zur „Wirbeltheorie des Schä- dels“. Jenaische Zeitschrift für Mediein u. Naturwissensch. Bd. 6. 1871. 8.497—559. Taf. XIII (s. S. 498). 2) ©. GEGENBAUR, Ueber die Occipitalregion und die ihr benachbarten Wirbel der Fische. Leipzig 1887. 8.11. 9] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 201 Der Facialis wurde wegen seiner Hauptbeziehungen mit Fug und Recht als der Nerv des Zungenbein-Bogens bezeichnet. Die bei den Selachiern auf das Deutlichste aus- gesprochene Zusammengehörigkeit von Nerv und Weichtheilen jenes Schlund-Bogens ist streng auch auf höhere Formen insofern fortgeführt, als alle, auch beim Menschen vom Facialis innervirten Weichtheile ihre Entwickelung aus jenem Materiale genommen haben, welches bei Selachiern zum Zungenbein-Bogen gehört. Die vergleichend-ana- tomische Forschung hat diese Anschauung tiefer und tiefer begründen helfen. Das motorische Endgebiet des Facialis bildet ein Glied derjenigen Muskulatur des Vis- ceralskeletes, welche M. FÜrBrınGEr') als die kraniale oder cerebrale jüngst bezeichnet hat. Er stellte diese Gruppe der spinalen Visceralmuskulatur entgegen, welche das ventrale Längssystem (Mm. coraco-arcuales) umfasst. Aus dieser Erkenntniss erwächst für den Embryologen die Aufgabe, durch ontogenetische Forschung den Nachweis zu führen, wie viele Spuren bei den ver- schiedenen Wirbelthier-Abtheilungen von jenen phylogenetischen Sonderungs-Vorgängen im Facialis-Gebiete sich noch erkennen lassen. So könnte es eine verdienstliche Arbeit sein, die ontogenetischen Sonderungs-Vorgänge darzulegen, welche das zur Gesichtsmuskulatur werdende Material etwa beim Menschen auszeichnet. Wir müssen je die indifferentesten Stadien der Ontogenie kennen, damit wir die engeren Bezie- hungen mit der vergleichenden Anatomie knüpfen können. Wie weit die frühest wahrnehmbaren Entwickelungsstadien auf frühere, nunmehr aber verlassene Zustände zurückreichen, dies darzuthun, wird immer das vornehmste, wissenschaftliche Bedürfniss für uns bleiben. Wo dasselbe bei den Special-Embryologen fehlt, da können wohl auch die Grundanschauungen von den hier vertretenen völlig abweichen. W. Hıs hat sich denn auch dahin ausgesprochen, dass der N. facialis besonders deutlich zeige, wie nebensächlich die Beziehung der Nerven zu den Schlund-Bogen und über- haupt zu den primitiven Kopf-Gliedern sei. „Während nämlich dieser Nerv den aus dem zugehörigen Schlundbogen-Wulst hervorgegangenen T'heil der Zunge vermeidet, treten seine Ausstrahlungen späterhin innerhalb der unter dem Ohr verlaufenden Verbindungsbrücke in das Unterkiefer- und Oberkiefergebiet und schliesslich sogar in dasjenige der Stirnfortsätze ein“?). Hier ist auf der einen Seite übersehen, dass der Facialis thatsächlich den Ver- band mit den Weichtheilen des Zungenbein-Bogens bis zu dem Menschen hin treu bewahrt hat. Auf der anderen Seite wird angenommen, dass der Facialis den Theil der Zunge, welcher aus dem ihm zugehörigen Schlundbogen-Wulst hervorgegangen sei, vermeide. Das ist nun keineswegs der Fall; denn der Facialis bewahrte die Bezie- hungen zu jenem Theile der Zunge durch die Chorda tympani, was ja auch W. Hıs hervorhebt (l. ec. S. S9). Letzterer lässt nun aber auch Muskulatur der Zunge aus 1) FÜRBRINGER, Max, Ueber die mit dem Visceralskelet verbundenen, spinalen Muskeln bei Selachiern. Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft. Bd. XXX. N. F. XXII. 2) WILHELM Hıs, Anatomie menschlicher Embryonen. III. Zur Geschichte der Organe. Leipzig 1885. S. 89. Festschrift für Gegenbaur. II. 26 202 GEoRG Rus [10 dem zweiten Schlundbogen hervorgehen. Die vergleichende Anatomie wird einer solchen Angabe niemals Glauben schenken können, da, allerdings bisher nur durch sie, erkannt ist, dass die Muskulatur der Zunge niemals zum Facialis-Gebiet gehört hat und aus diesem Grunde sicherlich nicht aus dem Materiale des zweiten Schlundbogens herstammt, welcher dem Zungenbein-Bogen der Selachier homolog ist. Die Angaben von W.Hıs (1885 8. 57) über den N. hypoglossus scheinen uns nahe zu legen, dass am Ende doch gewisse Grundanschauungen der vergleichenden Anatomie entnommen werden müssen, um den embryologischen Irrthümern zu entgehen. Der Hypoglossus stehe, so heisst es, zur primären Kopf-Gliederung in keiner Beziehung. Sein Haupt- gebiet sei die von den Schlundbogen umgriffene Inframaxillargegend. Dagegen ist nichts einzuwenden. Die Ansicht, dass der Hypoglossus nur in sekundärer Weise auf den M. stylo-glossus und den M. hyo-glossus übergehe, ist ein Verstoss gegen die 'T'hat- sache, dass der Hypoglossus stets die engsten Beziehungen zu jener, aus der ventralen Längsmuskulatur ableitbaren Zungen-Muskulatur besessen habe. Das lehrte zunächst die vergleichende Anatomie. Ausserdem sollen jene Zungen-Muskeln den Schlund- bogen enstammen. Diese Annahme verträgt sich auch mit den Frorızr’schen Ergeb- nissen nicht, welche die spinale Natur des Hypoglossus durch entwickelungsgeschicht- liche Untersuchungen schon vorher dargethan haben (1882, 1883 Archiv für Anatomie und Entwickelungsgeschichte). Aus Schlundbogen, welche denen der Fische und Amphibien entsprechen, leiten sich jene Muskeln sicherlich nicht her. Es kann sich höchstens um Schlundbogen handeln, welchen neues Material apponirt worden ist, welche in Folge dessen keine Visceralbogen im ursprünglichen Sinne mehr sein können. Dieses eventuell hinzugekommene Material war dem Schlundbogen ursprünglich völlig fremd. Es gehörte immer dem ventralen, geraden Muskelsysteme zu. Soll es wunderbar sein, dass der Facialis es meidet? Im dieser Erkenntniss der einschlägigen Verhältnisse eilte die vergleichende Anatomie der Embryologie voraus (vgl. VETTER 1574). Entnimmt die letztere ihre wissenschaftlichen Fragestellungen nicht aus den Ergebnissen der ersteren, so können ihre Resultate leicht im Stande sein, sicher Erkanntes wieder zu umschleiern. Gerade in solchen Fragen kommt der vergleichen- den Anatomie oft eine prophetische Stimme für das, was die Ontogenie einmal zeigen wird, zu. Auf Grund ontogenetischer Untersuchungen waren van WiteE (1882)'), Donrn (1884)?) und Schseider (1590)') denn auch zu dem Ergebniss gelangt, dass die ventrale, mit dem Visceralskelete verbundene Längsmuskulatur der Haie sowohl spinalen als auch cerebralen Ursprunges (Vagus-Gebiet) sei. Die völlige Halt- losigkeit dieser Lehre haben die Untersuchungen Verrer’s (1874), Jackson’s und 1) J. W. van WIHE, Ueber die Mesodermsegmente und die Entwickelung der Nerven des Selachierkopfes Naturk. Verh. d. Kon. Akad. Wetensch. XXII. Amsterdam. 1882. S. 16, 42. 2) DoHRN, Studie IV. Die Entwickelung und Differenzirung der Kiemenbogen der Selachier. Mitth. aus d. Zoolog. Station Neapel, V. 1884. S. 17, 18, Anm. 1. 3) SCHNEIDER, Studien zur Systematik, zur vergleichenden Anatomie, Entwickelungsgeschichte und Histologie der Wirbelthiere. Breslau 1890. S. 260. 11] UÜLEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 203 Crarke's (1876)'), Braus (1892)°), Fürsrınger’s (1895) ergeben. Dass der Vagus an der genannten, ventralen Längsmuskulatur auch nicht den geringsten Antheil habe, hat FÜrßrınger bei Selachiern, Holocephalen und an anderen Vertebraten- Abtheilungen auf's Neue und nunmehr wohl endgiltig festgestellt (l. c. 8. 136). Meine eigenen Forschungen auf diesem Gebiete haben mich schon vor längerer Zeit zu gleichem Ergebnisse geführt. Dieser Umstand ist nicht dazu angethan, das Misstrauen gegen die Ergebnisse auf myologischem Gebiete zu heben, welche, nur auf Grund ontogenetischer Unter- suchungen gewonnen, den fundamentalen Einrichtungen keine Rechnung tragen. K.Rıası kommt das Verdienst zu, auf die Irrthümer, welche die Lehre von Hıs von der Unabhängigkeit der Gehirn-Nerven von den Schlund-Bogen birgt, hingewiesen zu haben ’). Es handelt sich zweifellos um Irrthümer, da weder Trigeminus, noch Facialis, noch der Hypoglossus je ihre alten angestammten Beziehungen gewechselt haben. Die Organ-Entwickelung ist aus der Ontogenie so ohne Weiteres nicht immer zu erschliessen, da sie nicht die geplanten, phylogenetischen Umwandlungen mehr in sich fasst und uns nur die Vorgänge lehrt, welche der Keim entfaltet, und welche durch verschiedene Momente abgeändert sein können. K. Rasr, hat die Diftferenzirung der Hyoid-Bogen-Muskulatur voll gewürdigt und nachgewiesen, dass das Platysma mensch- licher Embryonen von 22 mm grösster Länge hauptsächlich noch im Bereiche des früheren Hyoid-Bogens entwickelt ist und proximalwärts kaum über den Unterkiefer- Rand sich erstreckt, dass eine mimische Muskulatur noch nicht besteht (1857 8.223). Wenn Ras den Grund für die Verschiebungen, welche im Gebiet des Facialis Platz gegriffen haben, in der Entwickelungsgeschichte selbst sucht, so versteht er darunter die Ontogenie. Dieselbe birgt jedoch nach unserem Dafürhalten eine Er- scheinungswelt, die sich durch sich selbst nicht erklären lässt. Die Ursache der Existenz derselben ist vielmehr aus jener Unsumme von Veränderungen herleitbar, welche durch die Adaption der Organe an ihre Umgebung bei den ausgebildeten Organismen sich angebahnt haben. Was von diesen Veränderungen auf den Keim übertragen worden ist, entfaltet der letztere unter Beibehaltung strengster Korrelation der Organe zu einander. Was das motorische Endgebiet des N. facialis, d. i. die Zungenbein-Bogen- Muskulatur anbelangt, so liefert die vergleichende Anatomie den Beweis für deren allmähliche Umwandlung, welche die ontogenetischen Befunde bei den Wirbelthier- Klassen dem entsprechend hat beeinflussen müssen. Wenn der Embryologe daher nachweisen kann, dass der N. facialis beim Menschen aus dem ihm zugehörigen Schlundbogen-Wulst in das Unter- und Oberkiefer-Gebiet hineinwächst, so wird das 1) JACKSON and CLARKE, The brain and cranial nerves of Eehinorhinus spinosus ete. Journal of Anat. and Phys. Bd.X. 1976. 2) BrAus, Ueber die Rami ventrales der vorderen Spinalnerven einiger Selachier. Inauguraldissertation. Jena 1892. 3) KArı RABL, Ueber das Gebiet des Neryus facialis. Anatomischer Anzeiger. II. Jahrgang. 1887. No. 8. Seite 219—227. 26* 204 GeEorG Ruce [12 noch eigentlich keine neue Einsicht gewinnen. Neu ist der aus der leicht zu be- greifenden Thatsache gezogene, unhaltbare Schluss, dass die Beziehungen der Hirn- Nerven zu den Schlund-Bogen und überhaupt zu den primitiven Kopf-Gliedern neben- sächliche seien. Wir halten daran fest, dass die Muskulatur vor Allem ihre Differenzirung nur im funktionirenden Zustande, d. i. postembryonal, hat erwerben können, und hiernach müssen wir die ontogenetischen Phasen ihrer Entfaltung nach deren ursächlichen Momenten beurtheilen. Der N. facialis gelangt bei menschlichen Embryonen in den zweiten, der Glosso-pharyngeus in den dritten Schlund-Bogen. „Die einfachen Beziehungen der Nervenstämme zu den Gliedern des Kopfes weisen auch auf einfache Grund- bedingungen der Zusammengehörigkeit hin‘ (o. ec. S. S6). Die in diesem Satze aus- gesprochene Anschauung trifft für alle Wirbelthiere zu, und es ist nur zu bedauern, dass W. Hıs seine eigene Aussage durch eine entgegengesetzte wieder zu Grunde gerichtet hat. Das beim Menschen zur mimischen Muskulatur werdende Facialis-Gebiet soll nach Hıs aus den drei Stim-Fortsätzen und dem Oberkiefer-Fortsatze hervorgehen (0. ec. 8. 91). Rasr’s Angaben, die erste Anlage der Facialis-Muskulatur in der Nähe des Hyoid-Bogens des Menschen betreffend (1887, 8. 223), leistet dafür Gewähr, dass der prineipielle Zusammenhang zwischen Onto- und Phylogenie auch in diesem Falle trotz der so wunderbaren, gegentheiligen Angaben nicht aufgegeben ist. So lange eine mimische Muskulatur besteht, geht auch der Facialis zu ihr. Derselbe war ihr daher niemals fremd; wohl hatte sie als motorisches Facialis- Endgebiet ursprünglich mit dem „Gesichte“ nichts zu thun. Der Facialis der Haie stellt sich als ein abgesonderter, segmentaler Nerv der Branchialregion des Kopfes dar; er unterscheidet sich in dieser Eigenschaft sehr wesentlich vom Facialis derjenigen anderen Fische und höheren Abtheilungen, bei welchen die Wurzeln des Facialis und des Trigeminus zu verschiedenen Kom- binationen verbunden sind. Die Berechtigung, den Facialis als selbstständigen, anderen Gehirn-Nerven ebenbürtigen Nerven zu betrachten, lässt sich denn auch vor Allem durch das Ver- halten bei den Selachiern begründen. Verschmelzungen des Facialis mit dem Quintus, wo sie sich auch eingestellt haben, sei es central oder in peripherischen Bahnen, müssen daher von dem einfacheren, für beide Nerven noch gesonderten Zustande der Haie ihre Erklärungen finden. Sehen wir von den Beziehungen des Facialis zu dem Acustieus ab, welche Gebilde Grsensaur als Glieder eines und desselben segmentalen Nerven betrachtet, so erscheint die Verästelung des dem Zungenbein-Bogen hauptsächlich zugehörigen Facialis der Haie in grösster Uebereinstimmung mit den bei diesen Formen caudal- wärts folgenden, segmental-homodynamen Nerven. Auch wegen dieser Ueberein- stimmung darf die Verästelungsweise des Facialis bei den Haien als eine für primi- tive Einrichtungen typisch sich erweisende aufgefasst werden. Es wird zur Aufgabe, das Schicksal der Endgebiete aller nennenswerthen Facialis-Zweige, welche bei Selachiern genauer abgrenzbar sind, in dem übrigen Wirbelthier-Reiche aufzudecken. 13] UÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEL WIRBELTUIEREN. 205 b. Verästelung des Facialis. Die in Betracht kommenden Facialis-Aeste der Haie sind hauptsächlich durch H. Srannıus'), ©. GEGENBAUR und B. VETTER in ihrer Bedeutung erkannt worden. Es sind deren drei: l. Der rostralwärts ziehende Ramus palatinus, welcher, die hintere Wand der Vena arteriosa der Spritzlochkieme kreuzend, zur Schleimhaut der Palatingegend zieht. Dieser Ast entspricht nach C. GeGEnBAuR (1871, S. 524) dem R. pharyngeus des Glosso-pharyngeus, sowie dem R. phar. je ‘eines Ram. branchialis des Vagus. Da der Nerv. palatinus bei den Selachiern keine motorischen Elemente führt, so geht mit Nothwendigkeit daraus hervor, dass kein Nerv der höheren Formen ihm gleich gestellt werden darf, welcher auch von motorischer Natur sich erweist. Der R. pala- tinus der Haie kann einem Gaumen-Muskelnerven der Säugethiere nur irrthümlicher Weise gleich gestellt werden. Wenn andererseits der N. petrosus superficialis maior der Säugethiere dem R. palatinus der Haie vollkommen entspricht, was nach Srannıus (1548, S. 11) der Fall ist, so können die Gaumen-Muskeln nicht vom Facialis inner- virt sein. GEGENBAUR forderte daher mit Recht, um die angedeuteten Zweifel zu lösen, zunächst die Beziehungen des N. p. s. maior zur muskulösen Gaumen-Wand klar zu stellen (l. c. S. 516). Das ist bisher nicht geschehen, und so konnte K. Rısı, wieder für die alte Sransıus’sche Ansicht eintreten, ohne dem kritischen Fragpunkte näher getreten zu sein (1587); denn durch die Bemerkung ist gar nichts gefördert, dass der N. petr. superf. maior bekanntlich den Levator veli palatini und den Azygos uvulae versorge, welche Muskeln als primitive Schlund-Muskeln ausgegeben werden. Es ist im Gegentheil fraglos, dass diese Gebilde keine ganz primitiven Schlund-Muskeln sein können. R. WIEDERSHEIM tritt in gleicher Weise dafür ein, dass der R. pala- tinus dem N. petrosus superf. maior entspreche, dass dieser aber bei den Säuge- thieren die Muskulatur des weichen Gaumens versorge (1893, S. 287)?). Der R. palatinus der Haie wird demgemäss bei der Darstellung der moto- rischen Facialis-Endgebiete keinerlei Berücksichtigung finden können. Die Annahme der Uebereinstimmung des R. palatinus mit dem Nerv. petrosus superficialis maior gewinnt dadurch an Werth, dass der Facialis-Stamm kurz vor der Abzweigung des R. palatinus von ihm eine Anschwellung bildet, welche bei Selachiern zuerst durch H. Srannıus (1894, 8. 32) wahrgenommen ist, dass eine ähn- liche Anschwellung am Facialis als Ganglion geniculi bei Säugethieren und beim Menschen unmittelbar vor dem Abtreten des N. petr. maior auftritt. Dieses Ganglion, welches mit der Portio intermedia Wrisbergii in Verbindung steht, stellt einen Theil 1) H. Srannıus, Das peripherische Nervensystem der Fische, anatomisch und physiologisch untersucht. Rektorats-Programm. Rostock. 1849. 2) R. WIEDERSHEIM, Grundriss der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere. 3. Auflage. 1893, 206 GeEorG RugE [14- des dem Acustico-Facialis zugehörigen Ganglion vor, dessen andere Abschnitte im G. spirale des N. cochlearis u. s. w. zu suchen sind. Die Gleichwerthigkeit des R. palatinus der Haie mit dem Nerv. petrosus superficialis maior kann auf die sensiblen Fasern, welche der letztere führt, be- zogen werden. Es bleibt indessen eine offene Frage, welche morphologische Be- deutung den motorischen Fasern für den M. levator veli palat. und M. levat. uvulae zukomme. Der Ram. palatinus der Ganoiden und Knochenfische hat durch J. MÜLLER') und H. Srasntus eine aufklärende Darstellung erfahren. Durch Letzteren ist die Zugehörigkeit desselben zum N. facialis festgestellt worden. Die Berücksichtigung vieler, verschiedenartiger Formzustände machte die Erkenntniss der stattgehabten Umwandlungen möglich. Durch die Beurtheilung des R. palat. der Haie als eines homodynamen Nerven mit einem Ram. branchialis n. vagi haben wir eine sicherere Basis gewonnen, von der aus die vielfältigen Zustände der Ganoiden und Knochenfische nach einem ent- wickelungsgeschichtlichen Princip beurtheilt werden können. Es lassen die bekannten Zustände nach ihrer Indifferenz sich in die folgende Reihe bringen: l a) Der Ram. palat. ist ein Ast des Facialis. Das von den Plagiostomen her übernommene Verhalten findet sich häufig bei Teleostiern. Die urodelen Amphibien haben es sich bewahrt. Es tritt bei den Larven der Batrachier vorüber- gehend auf. b) Der R. palat. verläuft anfangs mit dem Facialis gemeinsam, ist also ein Ast desselben, tritt dann aber selbstständig durch das Petrosum hindurch. c) Der R. palat. durchsetzt als selbstständiger Nerv das Petrosum. Srannxıus führt 31 Knochenfische aus sehr verschiedenen Familien an, welche dieser Ent- wickelungsform folgen. d) Der R. palat. neigt in seinem Ursprunge sowohl zum Facialis als auch zum 'Trigeminus hin. Der Befund bei Lophius zeigt in dieser Beziehung grösste Indifferenz, indem bei centraler Verwachsung von Trig. und Fac. der R. palat. einen selbstständigen Verlauf durch das Petrosum inne hält (l.c. 8. 33). e) Der R. palat. ist dem 'Trigeminus-Stamm mehr oder weniger eng angelagert und erscheint als Ast desselben. Acipenser, die Gadoiden, Silurus glanis bilden vor- treffliche Beispiele hierfür. Die enge Verschmelzung des Facialis-Astes mit dem Quintus war Veranlassung dafür, dass Desmourıss, Cuvier u. A. den R. palatinus dem Trigeminus zuwiesen, dass Büchner den Ast selbst für den R. supramaxillaris des 'Trigeminus erklärte, was Fischer und Srannıus seiner Zeit berichtigten. Aehnliche Verwachsungen des R. palat. n. facialis mit dem Trigeminus voll- 1) Jom. MÜLLER, Ueber den Bau und die Grenzen der Ganoiden und über das natürliche System der Fische. Akad. der Wissensch. zu Berlin. 15] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 207 ziehen sich bei Amphibien. Während die Urodelen (Perennibranchiaten, Derotremen und Salmandrinen) nach Fiscner’s Angaben (1843') und 1864?) den primitiven selbstständigen Charakter des R. palatinus der Selachier wiederholen, haben die Anuren durch Verwachsung von Facialis und Trigeminus einen analogen Entwickelungs- gang mit den Knochenfischen inne gehalten. Anuren-Larven indessen zeigen das primitive Verhalten der 'Irennung des Facialis vom Trigeminus (Fiscner 1843). Das Gebiet des R. palatinus ist auch bei den Amphibien die Schleimhaut des Mund- höhlen-Daches. Das Schicksal des R. palatinus bildet ein Stück Geschichte des N. facialis, da in den Fällen von Verschmelzung des ersteren mit dem Quintus auch der gesammte Facialis-Stamm einem gleichen l,oose anheimfallen kann. Die Verwachsung von Facialis und Trigeminus kann centripetal fortschreitend bis zum Austritte deren Wurzeln aus dem Gehirm sich erstrecken. Ueber diese Zustände sind die vorzüglichen Berichte von Stannıus und die neueren Arbeiten über den Gegenstand nachzulesen. Während der Facialis vom Trigeminus, nach den Angaben J. Mürter’s®) bei Cyklostomen (Mywine, Bdellostoma, Petromyzon), ausserdem bei Plagiostomen, bei sehr vielen Knochenfischen (z. B. Perca, Cottus, Trigla, Salmo, Esox), ferner bei Uro- delen getrennt bleibt, so ist er andererseits bei den Gadoiden, Lophius, Lepidoleprus centralwärts mit dem Quintus so sehr verwachsen, dass für beide Hirn-Nerven ein gemein- sames Ganglion (G. fusiforme) besteht (vergl. Stansıus, 1845 8. 32, 60). Aehnliche Verschmelzungen bekunden sich für Chimaera im gemeinsamen Verlaufe des Trig. und Fac. bis zum Boden der Augenhöhle, für Polypterus und Lepidosteus im Abgange des Truncus hyoideo-mandibularis vom gemeinsamen Trig.-Fae.-Stamme (J. Mürzer, 1844). Auf eine gleiche Weise ist die Konkrescenz auch bei den Anuren durchgeführt. Ueberall da, wo es zu centralen Verwachsungen benachbarter Gehirn-Nerven gekommen ist, müssen Strecken des Cranium unausgebildet geblieben sein. Hierdurch erheben sich naturgemäss Schwierigkeiten bei der Feststellung der einander ent- sprechenden Theile am Skelete. Diese Schwierigkeiten werden durch die Erforschung der Natur der Nerven gehoben, etwa in gleicher Weise, wie das Wesen der Nerven über die Homologieen und die Zusammensetzung in der Ocecipitalregion des Cranium Auf- schluss giebt. Das Wesen der Nerven aber, sei es motorischer oder sensibeler, sei es spinaler oder cerebraler Natur, wird aus dem terminalen Gebiete erschlossen. 2. Der Ram. anterior des Facialis der Selachier tritt bei den Formen, welche mit einem Spritzloche versehen sind, als ein R. spiracularis auf. Als solcher ist er bei Oentrophorus und Scymnus ein ansehnliches Gebilde und zieht bei MHexwanchus bis zur Kiemen-Blättchen-Reihe des Spritzloch-Kanales, an der Basis des Spritzloch-Knorpels 1) J. G. Fischer, Amphibiorum nudorum neurologiae specimen. Berol. 1843. 2) J. G. FIscHER, Anatomische Abhandlungen über die Perennibranchiaten und Derotremen. Ham- burg 1864. 3) JOH. MÜLLER, Vergleichende Anatomie der Myxinoiden. Abhandl. der physikalisch-mathematischen Klasse der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1834—1843. 208 GeorG Rue [16 verlaufend (vergl. C. Gr6enBauRr 1871). Durch diese zugleich zum Kiefer-Bogen aus- gesprochenen Beziehungen kommt dem R. anterior der Charakter eines R. maxillaris zu. Der Nerv führt wie der R. palatinus keine motorischen Elemente. Seine sensiblen Fäden sind der Wandung des Spritzloch-Kanales zugetheilt. Sucht man bei den höheren Formen nach dem Homologon dieses R. anterior, so müssen auch hier wieder die peripherischen Beziehungen ausschlaggebend sein. Man wird die Nervenzweige des Facialis in Betracht ziehen dürfen, welche durch Anastomosen mit dem N. tympanicus (IX) die Paukenhöhle bestreichen. Andererseits ist es nicht ausgeschlossen, dass der R. ant. mit den Umwandlungen im Gebiete des „Spritzloch-Kanales“ bei höheren Formen zu Grunde gegangen sei. Als sensibler Zweig dürfte der R. anterior Beziehungen zum Ganglion des Facialis-Stammes besitzen (Srannıus), wie er denn auch als ein Zweig des R. palatinus bei Haien angetroffen wird. Jene Anastomose des Facialis der Säugethiere mit dem N. tympanicus geht vom Ganglion geniculi aus. Dieser Umstand spricht für die Homologie des R. anterior mit jener Anastomose. Der Ram. anterior ist dem Angeführten gemäss bei der Besprechung motorischer Elemente nicht weiter zu berücksichtigen. 3. Der in der Gegend des Zungenbein-Bogens sich ausbreitende Ast ist der R. posterior des Facialis. Er ist ein gemischter, bei Weitem der stattlichste Ast und beherrscht eigentlich den Charakter des N. facialis. Seinem ursprünglichen Ver- halten nach kann er nichts Anderes als ein Ram. hyoideus gewesen sein. Mit der Umwandlung und gleichzeitigen Reduktion der Visceralspalte zwischen Kiefer- und Zungenbein-Bogen zum Spritzloch-Kanale hat der R. hyoideus durch ventrale Aus- breitungen der sensiblen Zweige und seines motorischen Endgebietes zur Mandibula neue Eigenschaften gewinnen können, welche bereits für die Selachier stationäre geworden sind, für die anderen Fische und die höheren Formen ihre volle Geltung bewahren. Durch die Benennung dieses eigentlichen R. hyoideus als Truncus hyoideo- mandibularis hat H. Sransıus bei den Plagiostomen und anderen Fischen das Wesen der Verbreitung dieses Facialis-Astes hinlänglich gekennzeichnet; aber das ursprüngliche Verhalten, welches dem Ram. posterior zu eigen gewesen sein muss, kommt durch diese Bezeichnung nicht zum Ausdrucke, da der eigentliche Kiefer- Ast des Facialis vor der Visceralspalte, vor dem Spiraculum, im Ram. ant. sich vorfindet. Es ist desswegen auch die von Sranntus herstammende Annahme (1848, S. 69) als irrthümlich zurückzuweisen, nach welcher der Ast der Unterkiefer-Region, der ja naturgemäss an das Gebiet des Ram. III nervi trigemini angrenzt, einen Ram. post., der R. mandibul. trigemini indessen einen R. ant. vorstelle. Eine solche vordere und hintere Lagerung zu einer Visceralspalte wird durch den R. ant. des Facialis und den R. mandib. trigemini, und zwar durch deren Beziehungen zum Spritzloche, vollauf erfüllt. Der Truncus hyoideo-mandibularis der Haie ist gemischter Natur. Die 17] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTIIEREN. 209 reichlichen, sensiblen Elemente werden in dem Ganglion des Facialis, mithin im Ge- biete dorsaler Wurzeln, sich befinden. Das Integument und die Schleimhaut der Mundhöhle in der Unterkiefer- und Zungenbein-Region werden durch den Facialis be- herrscht. Diesen sensiblen Elementen sind motorische Zweige zugesellt, welche in der Kiefergegend einen sogenannten R. mandibularis externus und einen R. mand. internus vorstellen (Sranntus 1. c. S. 65). Eine scharfe Scheidung zwischen mandibularen und hyoidalen Aesten besteht sehr häufig nicht, was aus der anzu- nehmenden Abstammung eines Truncus hyoideo-mandibul. aus einem Ram. post. s. hyoideus ohne Weiteres sich verstehen lässt. Der sogenannte R. mandib. int. folgt bei den Haien in der Regel viel mehr dem Hyoid- als dem Kiefer-Bogen und dürfte eher den Namen eines R. hyoideus int. verdienen. Die sensiblen, mandibularen Facialis-Zweige erhalten sich z. Th. in primitiver Anordnung bei den urodelen Amphibien, welche T'hatsache Fischer festgestellt hat. Auch bei Reptilien (Python) ist bereits 1539 ein Kieferast des Facialis durch C. Vocr nachgewiesen. Die sensiblen Kieferäste des Facialis gerathen vielfach mit denen des Trige- minus in Berührung, woraus Anastomosen hervorgehen, welche bei Fischen und Amphibien in einfacherer und wenig eingreifender Weise sich hervorthun. Der Kieferast des Facialis unterliegt bei den Dipnoern, Amphibien, Reptilien und Säugethieren tiefgehenden Veränderungen, welche eine ausführliche Bespre- chung erfordern werden. Sensible, in der Schleimhaut der Mundhöhle endigende Facialis-Aeste der Fische sind der Chorda tympani höherer Wirbelthier-Klassen vergleichbar. Nur diejenigen Schleimhaut-Aeste können in Betracht gezogen werden, welche zwischen Kiefer- und Zungenbein-Bogen sich verbreiten; denn diese terminalen Beziehungen sind die einzig maassgebenden. Die Chorda tympani des Menschen erfüllt die letzteren, indem ihre Geschmacks-, sowie ihre sekretorischen Fasern zwischen Hyoid und Mandi- bula gelagert sind. Verschiedentlich ist es versucht worden, das Homologon der Chorda tymp. bei den Fischen aufzufinden. Srannıus, Barrour, Marsnarı haben den R. anterior (R. praetrematicus) des Facialis in Betracht gezogen. Diese Anschauung ist zurückgewiesen worden, mit Recht, weil dem R. ant. die angegebene Ausbreitung nicht zukommt. Frorer'), welcher 1585 die morpho- logische Bedeutung der Chorda tympani als räthselhaft bezeichnet hat, erklärt 1557 dieselbe als einen Haut-Sinnesnerven, welcher dem R. buccalis etc. ähnlich sei (1857, S. 486). Er stimmt mit Jackson und CrArke darin überein, dass die Chorda tympani dem R. mandibul. ext. (Sransıus) des Facialis der Plagiostomen entsprechen müsse. 1) Auc. FRORIEr. a) Ueber Anlagen von Sinnesorganen am Facialis, Glossopharyngeus und Vagus, über die genetische Stellung des Vagus zum Hypoglossus und über die Herkunft der Zungenmuskulatur. Archiv für Anatomie und Entwickelungsgeschichte. 1885. b) Ueber das Homologon der Chorda tympani bei niederen Wirbelthieren. Anat. Anz. II. Jahrgang. 1887. No. 15. Seite 4856—493. Festschrift für Gegenbaur. III. 27 210 GuoRG Rue [18 Frorıep sucht seine Ansicht durch entwickelungsgeschichtliche Wahrnehmungen zu erhärten. Die Lehre, dass die Chorda tympani bei den Anamnia als Homologon einen Haut-Sinnesnerv besitze, welcher für einen Schleimkanal des Unterkiefer-Bogens be- stimmt sei (Frorırr, 1857, pag. 491, 492), ist nach meiner Ueberzeugung schon desshalb unhaltbar, weil die Chorda tymp. niemals den Vergleich mit einem Hautnerven aushält. Den Schleimhaut-Ast des Facialis, welcher den Plagiostomen in ganz ursprünglicher Weise wie den anderen Wirbelthieren zukommt, hat Frorızp bei seiner vergleichend- anatomischen Erörterung nicht in Betracht gezogen. Das entwickelungsgeschichtliche Material würde fraglos bessere Dienste geleistet haben, wenn die groben, anatomischen Verhältnisse zuvor richtig gewürdigt worden wären. Uebernimmt die Ontogenie in solchen vergleichend-anatomischen Fragen die Führerrolle, so stellen sich, was oben ausgeführt worden ist, Irrthümer gröberer Art leicht ein. Die bei R. Wırpersneim (1893, S. 256) sich findende Bemerkung über Frorızr’s Auffassung von der Chorda tympani ist durchaus zutreffend. Auch für W. bleibt es unverständlich, wie ein Haut-Sinnes- Nerv der Selachier bei den Amnioten zum Mundhöhlen-Boden, resp. in die Zunge gelangen, wie also ein gleicher Nerv dort nach aussen, hier aber nach innen vom Unterkiefer gelagert sein könne. Dass die Chorda tympani ein uralter Nerv sei, ist richtig; die Annahme jedoch, dass er wahrscheinlich der älteste Ast des Facialis sei (Ragr, 1887, 8. 225)'), entbehrt der Begründung. Er ist wohl ebenso alt, wie die anderen hier berück- sichtigten Aeste es sind. Die motorischen Elemente im Truncus hyoideo-mandibularis lassen sich in dorsal und in ventral verzweigte eintheilen. Sie endigen bei den Plagiostomen in Muskeln, welche hinter dem Spritzloche den vorderen Abschnitt des Constrictor- Systems darstellen und am Kiefer- und Zungenbein-Bogen angeheftet sind. In ihrer Stärke spiegelt sich ja die Mächtigkeit der ihnen zugehörigen Muskel-Lagen wieder. Das Muskel-Gebiet ist durchgehends durch den vorderen Abschnitt des Constrictors der Kopf-Darm-Höhle, sowie durch die Abkömmlinge dieses Abschnittes vertreten. Die Annahme, dass auch der zwischen Kiefer- und Zungenbein-Bogen sagittal ausgespannte Muskel (Genio-hyoideus) unter der Herrschaft des Facialis stehe, darf als eine irrtthüm- liche und als eine bereits wieder verlassene betrachtet werden (m. vgl. Srannıus 1549)°) 1) Kart Ragı, Ueber das Gebiet des Nervus facialis. Anatomischer Anzeiger. II. Jahrgang. 1887. No. 8. S. 219— 227. 2) H. Srannıus kam auf Grund sowohl von Reizversuchen als auch von anatomischen Untersuchungen zur Ueberzeugung, dass der R. hyoideus des Trune. hyoid.-mandib. den „Genio-hyoideus“ innervirte (1549. S. 30, 46, 62). Für Raja, Acipenser und Knochenfische galt die Angabe. Da der „Genio-hyoideus“ der Fische fraglos zum Rektus- System gehört, so fällt er dem Gebiete der vordersten, kranialen Spinalnerven oder der spinalen Kranial- nerven anheim. Abgesehen von dieser nicht stichhaltigen Angabe sowie von derjenigen, wonach der zwischen den Kieferhälften der Knochenfische ausgebreitete Muskel vom Trigeminus beherrscht sein soll, verdanken wir STANNIUS die wichtige Feststellung der Thatsachen, dass bei Selachiern (Spinax acanthias, Charcharias glaueus) von den Muskeln hinter dem Spritzloche der Heber des Quadratbeines und der vordere Abschnitt des Constrictors der Kiemenhöhle dem Facialis anheimfallen. In gleicher Weise ist das Muskelgebiet des Facialis durch Reizversuche bei Raja celarata, bei Aeipenser und bei Knochenfischen {Esox, Stlurus glanıs, Pleuronectes) durch STANNIUS ziemlich genau festgestellt worden. Bei den letzteren folgte der Reizung der unmittelbar vor dem Acusticus 19] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FAGCIALIS BEI WIRBELTHIEREN. >11 Bei den Fischen mit wohlentfaltetem Kiemen-Deckel-Apparate fällt hauptsächlich dem dorsalen Nervenast die Innervation der betreffenden Muskulatur zu. Dem ent- sprechenden Aste der Knochenfische ist durch Srannıus das Prädikat eines Ram. oper- cularis beigelegt worden. Srannıus erkannte die Uebereinstimmung dieses R. opereularis mit Nervenzweigen, welche bei Selachiern und Chimaera zum vordersten Abschnitt des Konstriktors der Kiemen-Höhle gelangten (1849 S. 61, 67). Durch diese Erkennt- niss ward auch wieder ein sicherer Boden für den Vergleich des besagten Nerven- astes mit Facialis-Aesten bei höheren Wirbelthieren gegeben. Den von Srannıus hierin gemachten Versuchen vermögen wir allerdings nur äusserst bedingt beizupflichten (l. e. S. 685). Cuvier, BÜCHNER, SCHLEMM und MÜLLER nannten in einer heutzutage verlassenen Weise den ganzen Facialis der Knochenfische einen R. opereularis des Trigeminus. Rorınno beseitigte den darin enthaltenen Irrthum (1828); Serres (1524) und Büchner hatten zuvor den „R. opereularis trigemini‘“ in zutreffender Weise dem N. facialis höherer Wirb elthiere verglichen (vgl. Sransıus 1849 S. 66). Ein jeder motorische Zweig im Truncus hyoideo-mandibularis findet seine schärfere Abgrenzung nur im Endgebiete. Ist dieses eirkumskript, und sind seine Veränderungen in der Wirbelthier-Reihe erforscht, so sind auch die Homologieen der motorischen Nerven erschlossen. Jeder Vergleich allein der motorischen Nerven nie- derer und höherer Abtheilungen mit einander, welcher ohne Berücksichtigung des Endgebietes geschieht, wird zu keinem sicheren Ziele führen. Wenn Srtannıus den R. auricularis der Säugethiere mit dem R. opereularis der Fische vergleicht, so leuchtet dieser Vergleich nur als ein Fünkchen von Wahrheit dem auf einem uner- forschten Gebiete Suchenden. Die Umgestaltungen aller Abschnitte des motorischen Endgebietes müssen also auf vergleichend-anatomischem Wege erforscht werden, um die Homologieen der moto- rischen Nerven festzustellen. Bestrebungen nach dieser Richtung fallen mit der hier gestellten Aufgabe zusammen. Es genügt heutzutage nicht mehr die allgemeine An- gabe, dass der R. hyoideus bei Amphibien einen M. vertebro-tymp.-maxillaris und einen M. stylo-hyoideus, bei Reptilien, Vögeln und Säugethieren einen M digastricus und die Hautmuskeln des Halses innervire (FiscHer-Stannıus u. A.). Derartige An- gaben sind immer nur theilweise richtig; sie erschliessen nicht den ganzen Sachver- halt und sind oft ganz unhaltbar, was z. B. Warter’s Arbeit (1557) beweist. Das elektrische Organ von Torpedo empfängt in Folge seiner Entstehung auch aus dem motorischen Facialis-Gebiete Zweige dieses Gehirm-Nerven. Der N. electricus primus ist denn auch seit Alters her als ein eigenthümlich umgewandeltes Element des Facialis gedeutet worden (Srtannıus 1849 S. 33, 69). Der Truneus hyoideo-mandibularis ist unschwer bei den Amphibien wieder aufzufinden. Motorische und sensible Aeste sind erhalten. J. G. Fischer, welcher 1564 vortreffliche Berichte hierüber schrieb, nannte die mehr selbstständig verlaufenden befindlichen Wurzel ein Heben des Kiemen-Deckels und Bewegen der Membrana branchiostega (vgl. Stannıus 1848. S. 21-30). 27* DEN? Grora Ruck 120 Hautäste einen R. alveolaris und einen R. mentalis und hiess den mit gemischten Fasern versehenen Stamm einen R. jugularis (l. c. 8. 137). c. Anastomosen des Facialis mit benachbarten Gehirn-Nerven. I. Verbindung mit dem Glosso-pharyngeus. Der Ram. posterior (R. hyoideus s. Trunc. hyoideo-mandibul.) des Facialis, welcher durch den Verlauf längs des Zungenbein-Bogens ein wahrer R. hyoideus ist, theilt bei den Selachiern die Nachbarschaft mit dem R. ant., d. i. einem R. hyoideus des dem ersten Kiemen-Bogen zugehörigen Nerven, des Glosso-pharyngeus. Mit der Um- bildung des Zungenbein-Bogens und seiner Weichtheile leiten sich Verbindungen zwischen Facialis und Glosso-pharyngeus ein, welche bei Ganoiden durch Srannıus (Acipenser) ') und durch J. Mürzer?) (Polypterus und Lepidosteus) bereits wahrgenommen worden sind, welche bei Knochenfischen (Perca, Tinca) (s. Sransıus) und bei allen Amphibien, Menobranchus und Siren ausgenommen, bestehen (G. Fischer 1543, 1564), fernerhin bei allen höheren Wirbelthieren häufige, wenn nicht konstante Vorkomm- nisse sind. Das hängt mit dem Ausfalle der Visceralspalten und der daraus resul- tirenden, engeren Vereinigung der Gebiete beider Nerven zusammen. Dadurch, dass auch der R. hyoideus des Glosso-pharyngeus bei Selachiern einen Zweig zur Schleimhaut der Mundhöhle entsendet, der bei Teleostiern in der Pseudo- branchie endigt, kommen in der Gegend von Kiefer- und Zungenbein-Bogen Schleim- hautäste von drei Gehirn-Nerven zur Verbreitung, von 'Irigeminus, Facialis und Glosso- pharyngeus. Im N. lingualis und in der Chorda tympani dürften jene Aeste bei den Säugethieren für den Trigem. und den Facialis wieder aufzufinden sein. Für den Glosso-pharyngeus erheben sich beim Auffinden des R. anterior s. hyoideus desselben bei den Säugethieren Schwierigkeiten. Man wird an den N. tym- panicus denken müssen. Derselbe ist im Caniculus tympanicus von jenem gefäss- reichen, zelligen Gebilde umgeben, welches von W. Krause (1878)°) als Glandula tympanica beschrieben und als der Rest einer Kieme gedeutet worden ist. Daher legte der Autor dem Gebilde auch den Namen einer Gl. tymp. branchialis bei. Ist die Deutung richtig, was wohl kaum zu bezweifeln ist, so kann der Nerv, welcher die sogenannte Drüse begleitet und mit feinen, marklosen Fasern durchsetzt'), nur dem R. ant. (hyoideus, des Glosso-pharyngeus der Fische gleichwerthig sein. Der R. post. endigt in der Pharynx-Muskulatur; seine sensiblen Zweige sind der Zunge, 1) Die Anastomose wird bei Acipenser durch den Ram. opercularis hergestellt (]. ce. 1848. S. 61). 2) Ueber den Bau und die Grenzen der Ganoiden, und über das natürl. Syst. der Fische. Berlin. 1844. 3) W. Krause, Die Glandula tympanica des Menschen. Centralblatt für die medie. Wissenschaften. 1978. No. 41, 4) BECK, Anatomische Untersuchungen über das VII. und IX. Hirnnervenpaar. 1817. 8. 60. 21] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 218 Tonsille und Epiglottis zugetheilt. Durch die Nachbarschaft des N. tympanicusIX zum Stapes könnten alte Beziehungen zum Hyoidbogen bewahrt geblieben sein. Durch die bekannte Anastomose des Facialis mit dem N. tympanicus könnten typische Verbin- dungen zwischen beiden Hirnnerven, welche bereits bei Fischen (z. B. der Pseudo- branchie) auftreten, ebenfalls erhalten sein. Es besteht aber ausserdem die Möglich- keit, dass in der Fortsetzung des N. tympanicus das Homologon des Ramus pharyn- geus (IX) enthalten sei. Ist dies der Fall, so entspricht der N. petrosus superficialis minor sowohl dem N. palatinus als auch einem der Rr. branchiales n. vagi der Fische. Die Anastomose, welche zwischen Facialis und Gl.-phar. ganz ausserhalb des Schädels besteht, darf mit der erwähnten nicht verwechselt werden. Sie ist sehr wahr- scheinlich durch die Verschmelzung der motorischen Endgebiete beider Nerven entstanden. Die Entscheidung über die Homologieen jener feinen Nervenzweige wage ich nicht zu treffen. Die Diskussion hierüber muss aber immer auf's Neue die kritischen Punkte hervorheben, wobei die Volum-Verhältnisse der Nerven natürlich völlig in den Hintergrund treten (GEGEnBAUR 1871 S. 510/11). 2. Anastomosen zwischen Aesten des Facialis und Trigeminus. Der mandibulare Ast des Ram. posterior n. facialis theilt sich mit dem Ram. mandib. des Trigeminus in das Haut-Schleimhaut-Gebiet der Unterkiefer-Gegend. Aus dieser nachbarlichen Beziehung leiten sich Verbindungen beider Nerven her, welche bereits bei Acipenser, Chimaera und besonders bei den Knochenfischen zu eng gefügten Anastomosen führen. In dieselbe pflegen auch motorische Facialis- Elemente hineinbezogen zu werden, so dass ganz neue Verhältnisse daraus entstehen. Die Angabe, dass der zwischen den Kieferästen ausgebreitete, quere Muskel bei Acipenser und 'Teleostiern dem Trigeminus zugehöre (Srannıus s. 46), ist auf das Verschmelzen von Facialis-Aesten mit solchen des 'Irigeminus zurückzuführen. — Die Kiefer-Aeste des Facialis kämpfen bei den Amphibien um die Erhaltung ihrer Selbst- ständigkeit; sie bewahren sich dieselbe noch hier und dort in sensiblen und moto- rischen Aesten. Einige motorische Gebiete des Facialis sind bei Amphibien konstant an den Trigeminus insofern überwiesen, als Facialis-Aeste der Bahn des Ram. III n. trigemini sich angeschlossen haben (Intermandibular-Gebiet). Es ist in dem einzelnen Falle meist schwer zu entscheiden, ob ein Nerv, welcher den 'Irigeminus verlässt, demselben nur in sekundärer Weise angeschlossen sei und einen T'heil der vom Facialis stammenden Wurzel-Anastomose zwischen V und VII darstelle. Da der anatomische, direkte Nachweis bisher nirgends geliefert ist, sind wir auf eine vergleichend-anato- mische Beurtheilung verwiesen. Man schiesst jedoch über das Ziel hinaus, wenn man Hautnerven des Trigeminus, welche zwischen Masseter und Temporalis heryvorkommen und bis zur Nasengegend sich begeben, auf Wurzel-Gebiete des Facialis bezieht, wie 214 GrorG Rue 22 dies J. Warpscnmipr') für Epierium glutinosum zu thun scheint. Hier handelt es sich wohl um einen wahren 'Irigeminus-Ast. Die thatsächlich auch bei Gymnophionen bestehende, intrakraniale Verbindung zwischen 'Trigeminus und Facialis darf ohne Weiteres für die Facialis-Natur jener Hautnerven nicht in Anspruch genommen werden. Bei Reptilien reisst der Trigeminus in höherem Grade die ursprünglich freien Kieferäste des Facialis an sich. Ein R. mandibularis des Facialis ist bei Ophidiern (Python) durch ©. Vocr nachgewiesen worden’). Bei den meisten Reptilien, Vögeln und bei Säugethieren scheint der R. mandib. n. facialis dem Trigeminus völlig ein- verleibt worden zu sein. d. Segmentation des N. facialis. Das Verbreitungsgebiet des Nervus facialis liegt bei den Selachiern in sehr deutlich ausgesprochener Weise am Zungenbein-Bogen; an ihm findet wenigstens der Hauptast sein Endgebiet. Dieser Ast entspricht dem Ram. posterior je eines R. branchialis des Vagus. Mit dem schwächeren, vorderen Aste verbreitet sich der Facialis am oberen Theile des Kiefer-Bogens in der Nähe der Spritzloch-Kieme. Dieser Ast entspricht, wie wir gesehen haben, dem Ram. anterior eines Ram. branchialis des Vagus. Da der R. pharyngeus eines R branchialis n. vagi am Facialis durch den R. palatinus vertreten ist, so wird die Annahme der segmentalen Homologie des N. facialis mit einem R. branchialis des Vagus eine unabweisbare. Auf der Erkenntniss dieser Uebereinstimmung der betreffenden Gebilde beruht die Lehre, dass der Facialis einen Einzelnerven, aber keinen Komplex von segmentalen Ge- bilden, wie der Vagus, darstelle. Durch C. GEGEnRAUR ist dies ausführlich dargelegt worden (vgl. z. B. 1871, S. 542). Die Ausbildung des R. post. (R. hyoideus) des Facialis zu einem 'Truncus hyoideo-mandibularis hat, wie wir gesehen haben, auch einen R. mandibularis in’s Leben gerufen. Wenn man diesem Nerven wegen seiner oft stattlichen Entwicke- lung eine morphologische Bedeutung als Begrenzungsnerven einer eigenen Visceral- spalte zuerkennt, so ist damit der Weg zu irrigen Anschauungen beschritten. STAN- nıus verfiel einem solchen Irrthum. Der R. mandib. des Facialis kann niemals mit dem R. mandib. des 'Trigeminus einem und demselben Visceralbogen angehört haben. Das Vorhandensein des Spritzloches und des Ram. ant. n. facialis streitet gegen eine solche Annahme auf sehr entschiedene Weise. Denkt man sich das Spritzloch bis zur ventralen Körperfläche ausgedehnt, so tritt die Zugehörigkeit des R. mandibul. n. trigemini und des R. anterior n. facialis 1) JuLrus WALDSCHMIDT, Zur Anatomie des Nervensystems der Gymnophionen. Jnaugural-Dissertation 1887. Bern. (Seite 11.) 2) ©. VoGT, MÜLLEr’s Archiv f. Anatomie. Jahrgang 1839. 23] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 215 zum Kiefer-Bogen deutlicher hervor. Nimmt man nun aber an, dass eine Kiemen- spalte am Hyoidbogen ausgefallen sei, so muss ihre einstmalige Existenz zwischen den R. hyoideus und den R. mandibularis des Facialis verlegt werden. Und in diesem Falle muss der R. mandibularis in sich einen R. ant. und einen R. post. enthalten, welche die vermeintlich ausgefallene Kiemen-Tasche umzogen haben. Um auch diese Forderung zu erfüllen, kann man wiederum in dem R. mandibularis des Fa- cialis die erforderlichen. morphologischen Eigenschaften eines R. externus und eines R. internus erblicken. Dann ist aber auch eine Reihe von vagen Annahmen auf einander gebaut, und es kann nicht verlockend sein, in ein solch locker gefügtes Gebäude von Hypothesen Einzug zu halten. Die Lehre von der einfach segmentalen Natur des Nervus facialis ist An- griffen von verschiedenen Seiten her ausgesetzt gewesen. J. W. van Wune (1582, S. 317) hatte im Anschluss an Srannıus in dem Facialis einen doppelt segmentirten Nerven erblickt. Für die Wahrscheinlichkeit dieser Meinung ist v. Wune auch späterhin eingetreten '), indem die Kranioten nach seiner Meinung niemals mehr als acht Kiemen-laschen — „‚abgesehen von einer im Hyoidbogen vielleicht abortirten‘ — besessen haben. R. WIEDERSHEIM ist in seinem Lehrbuch ebenfalls für den Auf- bau aus zwei Metameren eingetreten. Der Facialis gehöre als dorsaler Ast zum dritten und vierten Kopf-Metamer (1593, S. 251). Der Ram. mandibularis hätte danach vor, der Ram. hyoideus aber hinter einer abortiven Kiemen-Spalte gelegen. Das Ver- halten der Vertheilung der Facialis-Aeste ist also zur Stütze einer sehr differenten An- schauung auf’s Neue herangezogen worden. Ich vermisse dabei nun vor Allem einen strengen Nachweis über die Natur jener beiden Hauptäste des Facialis überhaupt. van Wwumne hatte dies seinerzeit unterlassen, und heute, wo wir noch besser über die terminalen Gebiete des N. facialis Bescheid wissen, könnte ich kein Moment an- geben, welches für die Lagerung jener beiden Hauptäste heranzuziehen wäre. Von Seiten der Facialis-Z/usammensetzung hat die Hypothese der Doppelnatur des N. fa- cialis die Gewähr des Haltbaren nicht erbracht. van WiuHE ist geneigt, in dem von Barrour bei Selachier-Embryonen beschriebenen und durch die Orbita ver- laufenden R. dorsalis einen Abschnitt des Facialis zu erblicken, welcher als Segment- stück die obige Hypothese von der Doppelnatur des Facialis-Gebietes stützen solle. Ein einfacher, dorsal sich verzweigender, vielleicht sehr harmloser Zweig kann ohne Weiteres als ein Argument für das Vorliegen eines ganzen Segmentes eigentlich nicht aufgerufen werden. Es ist wohl kaum ein einziges Nervenästchen zu nennen, welches die Berechtigung dazu abgegeben hat, für die Anwesenheit eines ganzen Segmentes zu plaidiren. Ein Nery an sich sagt nichts aus; das Bestimmungs-Gebiet ist ausschlaggebend! Was wissen wir aber in dieser Beziehung über den BaLrour- schen Nerven? Dass der Facialis ventralwärts vordere Aeste in die Mandibular-Region, hin- 1) J. W. van WuHE, Die Kopfnerven der Kranioten beim Amphioxus, nebst Bemerkungen über die Wirbel- theorie des Schädels. Anatomischer Anzeiger. IV. Jahrgang. 1889. No. 18. S. 56b. 216 GEORG Ruck [24 tere in die Hyoid-Gegend sendet, ist durchaus nichts Seltsames. Zieht man allein in Betracht, dass die erste Visceralspalte ventral zwischen erstem und zweitem Vis- ceralbogen abortirt sei, um dorsal als Spritzloch bestehen zu bleiben, so wird die Ausdehnung des motorischen und sensiblen Facialis-Gebietes zur Mandibular-Gegend vollauf verständlich. Lässt man hingegen zwei Kiemen-Spalten hier ausfallen, so bieten die genannten Facialis-Aeste keinen Anhaltspunkt für das immerhin schon Ueberraschende jener Hypothese. Ich halte es nicht für möglich, nach dem heuti- gen Stande unserer Kenntniss die letztere durch das Verhalten der Nerven-Veräste- lung zu unterstützen. Die Facialis-Aeste verrathen nichts von einer postulirten, doppelten Segmen- tation ihres Gebietes. Man wird sich daher dazu bequemen müssen, durch gründ- liche, erneute, neurologische Untersuchungen eine sichere Basis zu gewinnen. Die Legende von der Doppelnatur des N. facialis hat ihren Ursprung wohl auch in der früheren Annahme gefunden, dass der erste, auf das Hyoid folgende Visceralbogen von Amphiuma, Menopoma, Cryptobranchus wegen seiner Form und Verbindung mit der Kopula ein zweites Zungenbein-Horn sein müsse. Diese auf rein äusserlichen Gründen beruhende Ansicht ist aber bereits vor 30 Jahren durch J. G. Fischer (1864, S. 18)') zurückgewiesen worden. — Es sind neue Skeletsticke in der Medianebene zwischen Kiefer- und /ungenbein-Bogen aufgefunden worden. Man kann nur davor warnen, derartige Kopula-Stücke zu Gunsten von ausgefallenen Visceralbogen zu deuten. B. Motorisches Endgebiet des Facialis. Eine Fülle ungelöster Fragen breitet sich vor uns aus, wenn wir uns eine Vorstellung von dem Entwickelungsgange des motorischen Endgebietes des Facialis machen wollen. Ich wünsche, durch die folgenden Blätter unsere Kenntniss auf diesem Gebiete in festere Bahnen zu lenken. So fühle ich mich denn auch gezwungen, allenthalben auf das thatsächliche Verhalten zunächst einzugehen, da die Vergleichung, wie GEGENBAUR sich ausdrückt, erst durch die Kenntniss des genauen 'Ihatbestandes festen Boden gewinnt und erst durch sie gestattet, begründete Schlüsse zu ziehen. Wenn nach dieses Forschers Auffassung aber zu einer wichtigen Deutung der 'That- sachen vor Allem die volle Kenntniss derselben gehört”), so musste es ein Ansporn sein, an diesem Orte genaue Beobachtungen ausführlich darzustellen, um dieselben danach für das Ganze verwerthbar zu machen. 1) J. G. Fischer, Anatomische Abhandlungen über die Perennibranchiaten und Derotremen. 1. Heft. Hamburg 1864. 2) C. GEGENBAUR, Ueber die Oeeipitalregion und die ihr benachbarten Wirbel der Fische, Festschrift für A. v. KÖLLIKER. Leipzig 1887..8. 3, 28, 25] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FAGCIALIS BEI WIRBELTHIEREN. DT Oftmals ist unserer unmittelbaren Wahrnehmung die Abgrenzung der Organe, welche hier behandelt werden sollen, entzogen. Wir müssen dann durch Berück- sichtigung anderer Umstände die verwischte Grenze erschliessen. Bei der Konkres- cenz von Muskeln, welche je Aeste aus einem Nerven, etwa aus dem Facialis empfangen, ist die Entscheidung meist nur durch Rücksichtnahme auf verschiedene Nebenumstände zu geben. Die Nerven werden ausschlaggebend, sobald Verwach- sungen zwischen Muskeln entweder aus dem Facialis- und Trigeminus-, oder aus dem Facialis- und Glosso-pharyngeus-Gebiete vorliegen. Wo Derartiges stattfindet, erwachsen für die Erforschung des Thatbestandes Schwierigkeiten, welche hier keines- wegs alle haben bewältigt werden können. Ich werde mit der Darstellung des Sachverhaltes bei den Selachiern beginnen, denjenigen bei einigen anderen Fischen, bei Amphibien und Reptilien folgen lassen. Eine Beurtheilung für die Zustände bei Säugethieren wird sich daran anfügen lassen, da wir wenigstens eine einigermaassen sichere Basis hierfür nach der Erörterung der Befunde bei den niederen Wirbelthieren gewinnen. Das Untersuchungsfeld war zu gross, als dass es an allen Stellen gleich- mässig hätte bearbeitet werden können. Ganze Abtheilungen sind hier ausser Acht gelassen worden. Ganoiden, Knochenfische u. A. konnten nicht in den Kreis eigener Untersuchungen gezogen werden. Demgemäss erschien es mir auch zweckmässig die Litteratur nur da, wo sie direkt förderlich war, heranzuziehen. I, Fische. a sellarc.hıer: 1. Squali. Bens. VETTER’'S „Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Kiemen- und Kiefer-Muskulatur der Fische“ (1874) behandeln im ersten Theile die Selachier.') Die anatomischen Zustände der Haie sind hier in so vortrefflicher Weise zur Dar- stellung gekommen und beurtheilt worden, dass Verrer’s Untersuchungen in fast allen Ergebnissen bis auf den heutigen Tag maassgebende geblieben sind. Zwischen dem Hinterende des Schädels und dem Schultergürtel werden eine Reihe muskulöser Scheidewände gefunden, deren Anzahl von derjenigen vorhandener Kiemen-Spalten abhängig ist. Das Septum, welches zwischen das Spritzloch und die erste Kiemen-Tasche eingeschaltet ist, gehört dem Nervus facialis zu. Die vom 'Trige- minus versorgte Kiefer-Muskulatur schliesst rostralwärts, die muskulöse Scheidewand 1) Jenaische Zeitschrift, Bd. VIII. 1874. Festschrift für Gegenbaur. III 28 318 GEoRG Rue [26 zwischen I. und 2. Kiemen-Spalte indessen, welche dem Glosso-pharyngeus zugehört, fügt sich caudalwärts an das Facialis-Gebiet an. Die Grenzmarken zwischen den drei motorischen Nerven-Gebieten lassen an Schärfe der Ausprägung nichts zu wünschen übrig. Bei niedrig stehenden Formen sind die Grenzen so scharf, dass auf Grund dieser Befunde auch die Zustände bei specialisirteren Selachiern beurtheilt worden sind. Alle Muskel-Scheidewände, welche hinter dem Glosso-pharyngeus-Gebiete sich befinden, gehören dem Vagus zu. Sie sind es, welche bei den verschiedenen Species an Zahl wechseln, bei Heptanchus in fünf Paaren, bei Hewanchus in vier und bei den übrigen Selachiern in drei Paaren auftreten. Die septale Muskulatur des Glosso-pharyngeus und Vagus besteht je aus kleinen Gebilden, welche B. VErTErR die „oberen Zwischenbogen-Muskeln‘ und die „mittleren Beuger der Bogen“ benannt hat, und ausserdem je aus einem „oberflächlichen Ring- muskel“. Der letztere setzt in seiner Vielzahl ein System gleichartiger, serial homo- loger Bildungen zusammen, welche den Constrietor arcuum visceralium aufbauen. Obere Zwischenbogen-Muskeln, sowie mittlere Beuger sind dem Facialis-Gebiete abhanden gekommen. Der serial homologe Abschnitt des Constrietor superficialis ist bei den Haien der einzige Bestandtheil im Gebiete des Facialis geblieben. Das letztere hat also im Vergleich mit der Gliederung der hinter ihm liegenden Muskel- septen Einbusse erlitten. Dafür aber hat am oberflächlichen Ringmuskel ein sehr bedeutsamer Ausbau stattgefunden, wodurch das Facialis-Gebiet über die caudalwärts sich anschliessenden, serial homologen Bildungen schon bei den Selachiern sich er- hebt. Gehören die caudalwärts folgenden Gebiete in strenger, segmentaler Anordnung den auf einander folgenden Kiemen-Bogen zu, so ist in Uebereinstimmung hiermit die Facialis-Muskulatur dem Hyoid-Bogen zugewiesen, ebenso wie die Kiefer-Muskulatur dem Kiefer-Bogen anheimfällt. Vrrier hat die Kiefer-Muskulatur der Selachier auf das einfache Verhalten der Muskulatur eines hinteren Visceral (Kiemen-) Bogens beziehen können und deren hochgradige Differenzirung im Einklange mit der Ausbildung des Kiefer-Bogens ge- funden. Mögen hier auch in Einzelheiten Berichtigungen unvermeidlich sein, so dürfen die Verhältnisse doch im Ganzen als erschlossen betrachtet werden. Die Rückbildung des dorsalen Stückes des Hyoid-Bogens, sowie die Anlagerung des letzteren an die Innenfläche des Kiefer-Bogens stehen in engem Verbande einerseits mit dem Fehlen der oberen Zwischenbogen-Muskeln u. s. w., sowie andererseits mit der Ent- faltung der Constrictor-Portion über Gegenden, welche ihr ursprünglich fremd ge- wesen sein müssen. Die einzelnen Muskel-Septen sind nämlich in den Skelet-Anheftungen auf die ihnen zugehörigen Visceralbogen angewiesen. Die Facialis-Muskulatur macht hiervon aber eine Ausnahme, insofern der durch sie gebildete Constrietor-Theil nicht allein am Zungenbein-Bogen Anheftungen besitzt, sondern auch in sehr ausgedehnter Weise am Kiefer-Bogen Anheftungen findet. Diese Beziehungen, welche das moto- rische Facialis-Gebiet zum Kiefer-Bogen neu gewonnen hat, sind bei den Selachiern eingebürgert und erheben die Muskulatur des Hyoid-Bogens über die nach hinten 27] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 219 folgenden, serial homologen Constrietor-Abschnitte, welche auf dem Stadium der Indifferenz verharren: Die bei Selachiern bereits fixirte Anheftung an den Kiefer-Bogen ward auf höhere Wirbelthier-Abtheilungen übertragen. Sie ist das Hauptmoment, vermöge dessen die Facialis-Muskulatur das Uebergewicht über hintere, anfangs gleichwerthige Nach- bargebiete, erhalten hat, um schliesslich selbst bis zum Schultergürtel sich aus- zudehnen. An der ventralen Körperfläche ist das Gleichmaass der Constrietor-Abschnitte durch das Ueberwiegen der dem Facialis zugehörenden Portion über die hinteren Segmente gestört. Auch dieser Zustand gehört bereits zur Organisation der Haie; er ist, in gleicher Weise wie das Uebergreifen auf den Kiefer-Bogen, auf höhere Wirbelthiere übertragen. Der Constrictor ist, soweit er dem Facialis anheimfällt, durch Anheftungen an Kiefer- und Zungenbein-Bogen bei Selachiern streckenweise deutlich geschichtet. So bekommen wir es schon hier mit einer oberflächlichen und mit einer tiefen Portion zu thun, welcher je eine wichtige Rolle bei höheren Formen zugewiesen ist. Bei den Selachiern sind demgemäss schr tief greifende Veränderungen im Facialis-Gebiete eingeleitet, zum Theil sogar schon durchgeführt. Alle Abschnitte der oberflächlichen Ringmuskulatur liegen, was Verter her- vorhebt, der Vorderseite der Radien der Visceralbogen auf. Der mittlere Theil einer Muskel-Scheidewand zwischen den einzelnen Kiementaschen setzt sich je vom dorsalen und vom ventralen Abschnitte ab. Er bildet je das von Vrrrer als Kiemen-Scheide- wand-Muskel bezeichnete Gebilde, welches vom Visceralbogen aus bis zum freien Rande einer Kiemen-Scheidewand sich ausdehnt und grösstentheils in die Tiefe zu lagern kommt. Diese Lage ist zum Theil die Ursache der Ausbildung der Mm. interbranchiales. Der Zungenbein-Bogen lässt es wegen seiner Anlagerung an den Kiefer-Bogen, wegen der Rückbildung der in Betracht kommenden Kiementasche zum Spritzloche, sowie wegen der oberflächlichen Lage seiner Radien zur Ausbildung einer mittleren, interbranchialen Muskelpartie nicht kommen (vergl. VErTEr, S. 437). Dadurch wird der Facialis-Theil des Constrietor superfic. in einer sehr indifferenten Weise angetroffen. Es ist nicht auszumachen, ob ihr nicht ein differenter Zustand vorausgegangen sei. Da die den oberen Zwischenbogen-Muskeln und den mittleren Beugern der Bogen gleichwerthigen Gebilde am Zungenbein-Bogen fehlen, da es ausserdem zur Ausbildung eines M. interbranch. nicht gekommen ist, so gestaltet sich das motorische Facialis-Gebiet der Selachier zur einfach angeordneten Muskelplatte um, welche den hinteren Rand des Spritzloches bildet, am Kiefer- und Zungenbein-Bogen befestigt ist, rückwärts bis zur vorderen Begrenzung der ersten Kiementasche sich ausdehnt und dorsal sowie ventral an das Glosso-pharyngeus-Gebiet sich anlehnt. Der Constrietor superficialis der Haie ist von der dorsalen zur ventralen Körper- fläche ausgedehnt. Dabei besteht an der Seite der Scheidewände ein enger Zusammen- hang zwischen dorsalen und ventralen Muskelbündeln. Verrer hat der Bequemlichkeit 28* 220 GrorG Rue 128 halber den Constr. superf. in ventrale und dorsale Abschnitte eingetheilt und diese gesondert vorgeführt. Die Scheidung des Facialis-Antheiles am oberflächlichen Ringmuskel in einen ventralen und in einen dorsalen Abschnitt ist jedoch bereits bei Selachiern schärfer als an hinteren T'heilen des Muskels ausgesprochen. Diese Scheidung hat die Natur weiterhin durchgeführt, und die Eintheilung in ventrale und dorsale Abschnitte wird in Hinsicht auf die höheren Wirbelthiere ausserdem noch geboten. B. Verrer untersuchte je ein Exemplar von Heptanchus cinereus, Seymnus lichia und Acanthias vulgaris. Die vorzügliche Darstellung des Thatbestandes, namentlich von Hept. und Acanthias, und zwar immer unter der weitgehendsten Berücksichtigung der zugehörigen Nerven, macht es möglich, alle wichtigen Momente hier direkt nutz- bar zu machen. Vor Kurzem erschienen die unter M. FÜRrBRINGEr’s Anregung ent- standenen Untersuchungen B. Tırsıse’s, welcher Mustelus laevis mit in den Kreis seiner Forschungen zog. Meine Untersuchungen erstrecken sich je auf ein Exemplar von Heptanchus cinereus, Hexvanchus griseus, Acanthias vulgaris, Mustelus laevis. Aus Verrer’s, Tıesing’s und aus den eigenen Wahrnehmungen, welche mich von der Stichhaltigkeit derjenigen der beiden Autoren immer auf’s Neue überzeugt haben, entnehme ich für die folgende Darstellung die nöthigen Angaben. Das Material reichte hin, um den Entwickelungs- gang der Facialis-Muskulatur aus der Vergleichung der sich darbietenden Zustände abzuleiten. Die Resultate meiner Untersuchungen lehnen sich eng an die Vorstel- lungen an, welche aus den Vrrrer’schen Untersuchungen direkt zu entnehmen sind. Die Behandlung des Stoffes weicht von derjenigen Vrrrer’s gemäss der Verschieden- artigkeit der von einem Jeden von uns gesteckten Ziele ab. VErTER behandelte die Muskulatur unter Berücksichtigung der Innervation nach Systemen. Ich griff nur die von einem bestimmten Nerven beherrschte Muskel- Gruppe zur Darstellung heraus. B. Tıirsıse (1895) hat bei der Behandlung der Muskulatur der Haie und Rochen der Imnervation in gebührender Weise den Vorrang als Eintheilungs-Prineip eingeräumt. Der Stoff soll möglichst derartig geordnet werden, dass die auf niedriger Ent- wickelungsstufe befindlichen Zustände den Ausgangspunkt für das höher Ent- faltete bilden. In der Terminologie möchte ich mich dem Brauche der älteren Forscher entziehen und es gänzlich vermeiden, Muskeln niedriger Wirbelthiere mit den Namen menschlicher Gebilde zu betrauen. Rein äusserliche Merkmale und nur scheinbar klarliegende, funktionelle Eigenschaften sollten in der Wahl der 'Termini nie mehr ausschlaggebend sein. Die Beurtheilung myologischer Einrichtungen gestattet es heut- zutage nur schwer, den Muskel eines Fisches oder eines Amphibiums mit einem menschlichen direkt zu vergleichen. Wir müssen uns möglichst indifferenter Bezeichnungen bedienen, wenn die- selben auf die ganz verschiedenen Entwickelungs-Befunde einander homologer Muskeln in der ganzen Wirbelthier-Reihe beziehbar sein sollen. Ist die Durchführung ver- 29] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 221 gleichender Bearbeitung geglückt, so können den Muskeln der höheren Formen noch immer neue Prädikate zuertheilt werden, durch welche dann auch die nähere Ueber- einstimmung mit den menschlichen Formen zum Ausdrucke kommen darf. Auch die gebräuchlich gewordene Benennung der Muskeln nach Ursprung und Insertion kann je nach Bedürfniss Anwendung finden, u. s. f. Die Wahl der Bezeichnung der Muskel-Gruppen und deren Glieder bei den Selachiern, von B. VETTER getroffen, ist eine glückliche zu heissen. Ich schliesse mich denn auch der durch den letzteren angeführten Terminologie an, werde jedoch den einzelnen Gliedern der Facialis-Gruppe noch etwas einfachere Bezeichnungen beilegen und dieselben für alle Abtheilungen durchführen. Verrer gab dem Constrietor superficialis die Bezeichnung Cs, unterschied das Facialis-Gebiet als Cs, von den caudalwärts folgenden, serial homologen Abschnitten C's;_s. Von diesen ist das Gebiet des Glosso-pharyngeus mit C's; bezeichnet, indessen das Vagus-Gebiet die Bezeichnungen Cs, s führt. Die dorsalen Abschnitte sind von den ventralen Portionen des oberflächlichen Ringmuskels je durch Beifügung der Buchstaben d und v zu den Grundbezeichnungen direkt unterscheidbar. Ich werde für die Constrictor-Glieder des Facialis-Gebietes die einfachere Bezeichnung (©, einführen und eine dorsale und eine ventrale Portion unterscheiden, welche wiederum je in eine zum Kiefer- und in eine zum Zungenbein-Bogen 'ziehende Schichte eingetheilt werden. Hierzu gesellen sich ausserdem oberflächliche Bündel- lagen, welche von der dorsalen zur ventralen Körperseite durchlaufen. Es werden demgemäss die folgenden Abschnitte unterschieden: C,dv, dorso-ventral durchlaufende Bündel; Cymd, dorsale CO, mv, ventrale Oyhd, dorsale | C;hv, ventrale | In der 'Terminologie, sowie in der Bezeichnung der verschiedenen Theile in zum Kiefer-Bogen ziehende, oberflächliche Schichte; ‚ am Zungenbein-Bogen festgeheftete, tiefe Portion. den Textfiguren werde ich mich so viel, als nur irgend möglich, an Ü. GEGENBAUR (1572) und B. VErTErR anschliessen. Am Schlusse des Textes findet man eine Erklärung für die Figuren-Bezeich- nungen zusammengestellt. Um das hier behandelte, motorische Gebiet des N. facialis aus der Umgebung deutlicher heraustreten zu lassen, ist es allenthalben durch rothen Ueberdruck ausgezeichnet. Die knorpeligen Skelettheile setzen sich durch einen blauen Ton gegen ihre Umgebung ab. Die motorischen Nerven sind, im Gegensatze zu den doppelt kontourirten, sensiblen Nerven, durch einfache schwarze Kontourlinien absichtlich hervorgehoben. Anordnung und Ausdehnung des motorischen Facialis-Gebietes. Der Facialis-Antheil des Constr. superfic. besteht bei Heptanchus aus quer ange- 222 GeEorG Ruck [30 - ordneten Bündeln, welche hinten die erste Kiemenspalte beranden und in Anpassung an diese von der dorsalen Körperseite bis gegen die ventrale Medianlinie sich in ununterbrochener Weise erstrecken. Der Zusammenhang der dorso-ventralwärts ziehenden Theile besteht rostralwärts bis zum Kiefer-Gelenke, während die weiter vorn folgenden, dorsalen Bündel bis zum hinteren Rande des Spritzloches ausgedehnt sind. Die ventralen Bündel erscheinen vor dem Gelenke in intermandibularer Anordnung. Die stark winkelige Stellung des dorsalen Kiefer-Bogenstückes zum ventralen Stücke, sowie die Ausdehnung des Gelenkstückes in aboraler Richtung dürfen als Ursachen der Abtrennung der queren Constrictor-Bündel in eine dorsale und ventrale, vordere Partie betrachtet werden. Hiermit steht wohl auch die Verschiebung des Spritzloches in seine ihm dorsal angewiesene Lage im Zusammenhange. Die Ausbreitung des Kiefer-Bogens nach hinten hatte die Ueberlagerung des Zungen-Beinbogens durch den ersteren im Gefolge, ebenso die Anlehnung. des Hyoid-Bogens an die Innenfläche des ersteren. Die starke Entfaltung des Kiefer-Bogens zog die Reduktion des Dorsalstückes des Hyoid-Bogens nach sich. Die Anheftung der Facialis-Muskulatur an das Ober- und Unterkieferstück kann nur durch die Um- wandlungen ins Leben gerufen sein, welche zwischen Kiefer- und Zungenbein-Bogen Platz gegriffen haben. Die weiten Kiemenspalten, welche bei Heptanchus ventral beinahe die Mediane erreichen, dorsal bis zum oberen Drittel der Körperhöhe reichen (cf. Verrer, S. 407), bilden für andere Selachier den Ausgangspunkt von Umgestaltungen. Die quere Bündelordnung des Constr. sowie deren kontinuirliche Ausdehnung über dorsale und ventrale Körperfläche zwischen Kiemen-Spalte und Kiefer-Gelenke sind in Ueberein- stimmung mit der Anordnung der Kiemen-Spalten ebenfalls als primitive Zustände aufzufassen. Die Abspaltungen eines dorsalen und ventralen, vorderen Stückes des Constrietor indessen bedeuten für die Anordnung des ganzen Muskelstreifens Um- wandlungen, welche mit den Anordnungen hinterer Constrietor-Abschnitte nicht mehr übereinstimmen. Heptanchus hat hierin schon Verhältnisse angenommen, welche dem Facialis-Gebiete eine Sonderstellung anweisen. Diese äussert sich in der Abspaltung einer selbstständigen, dorsalen und ventralen Portion, deren Beziehungen zum Ober- und Unterkiefer bedeutsam geworden sind. Diese an dem Kiefer-Bogen festgehefteten, vom Facialis innervirten Bündel- lagen formen eine oberflächlichere Schichte, welche die zum Zungenbein-Bogen ziehen- den, tiefer gelagerten Bündel bedecken. Alle an den Hyoid-Bogen festgehefteten Elemente stellen den Rest einer ursprünglich wohl allein vorhandenen Schichte vor, von welcher aus die maxillo-mandibularen Elemente erst ihre Entstehung genommen haben werden. Das Auftreten des dorsalen und des ventralen, vorderen Muskelstückes bei Heptanchus geht gepaart sowohl mit der Anheftung an den Kiefer-Bogen als auch mit der Zweischichtigkeit des motorischen Facialis-Gebietes in den betroffenen Regionen. Diese mit der Ausbildung des Spritzloch-Kanales gleichzeitig erworbenen Einrichtungen lassen neben sich nur noch in der Nähe der ersten Kiemen-Spalte das primitive Ver- 31] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 993 halten eines Constrietor superfic. erkennen, welches die Gesammtanordnung weiterer Constrietor-Abschnitte kennzeichnet. Heptanchus steht unter den Selachiern bezüglich der Facialis-Muskulatur am tiefsten, und dementsprechend lassen für die anderen untersuchten Formen die hier erkannten Verhältnisse sich leicht in Anwendung bringen. Es handelt sich stets um das Auffinden: I) einer oralwärts abgesonderten, dorsalen-maxillaren Portion (C', m d) 2) einer oralwärts abgesonderten, ventralen-mandibularen Lage (C, m v) 3) einer dorsalen, tiefer gelegenen Zungenbein-Portion (CO) hd) 4) einer ventralen, tiefer gelegenen Zungenbein-Portion (C, A v) 5) und einer in der vorderen Begrenzung der ersten Kiemen-Spalte befindlichen Bündellage (C, dv). Durch die in der Nachbarschaft der ersten Kiemen-Spalte sich ausbreitenden Bündellagen sind die primitiven Befunde der Muskulatur in Spuren allenthalben bewahrt geblieben; sie finden ihren primitiven Ausdruck in der bewahrten Einheit der dorso- ventralen Constrictor-Partieen. Was bei Heptanchus bereits Fremdartiges an dem vom Facialis versorgten, serial homologen Constrictortheile gefunden wird, ist für alle Haie Gemeingut ge- worden. Und diese Eigenheiten werden auch bei höheren Wirbelthieren nirgends vermisst. Es handelt sich hier also um grundlegende Einrichtungen. Es gehört zu Verrer’s Verdiensten um die Erkenntniss der Visceral-Muskulatur der Haie, dass er die Zugehörigkeit der oberflächlichen Kieferbogen-Schichte, zum Facialis-Gebiet hervorgehoben, später allerdings sehr modificirt hat. Verrer’s dies- bezügliche allgemeine Anschauungen sind, wie ich meine, auch heute noch maassgebend, wie z. B. des Forschers folgende Formulirungen: „Unverändert aber musste sich die Innervirung der einzelnen Abtheilungen des Systems durch die jeweils den betreffenden Visceralbogen zukommenden Nerven erhalten, und sie allein kann den Maassstab abgeben für die Beurtheilung der Zu- gehörigkeit einer Muskelportion zu diesem oder jenem Visceralbogen: was in das Gebiet des dritten Astes des Trigeminus fällt, gehört den Kieferbogen, was vom Facialis versorgt wird, dem Zungenbeinbogen u.s.w. Darum musste denn auch der ganz hinter dem Spritzloch liegende und zum Oberkiefer gehende Abschnitt ebenso wie der zwischen den Unterkieferhälften ausgespannte Theil des Constrictors dort dem Zungenbeinbogen zuerkannt und demzufolge mit Os, bezeichnet werden“ (1874, 5. 413). Das einfachere, primitive Verhalten im Facialis-Gebiete der Selachier liegt nicht allein in der Nachbarschaft der ersten Kiemenspalte, sondern auch in der tiefen, ventralen und dorsalen Zungenbein-Bogen-Portion. Die progressiven Einrichtungen treten an den oberflächlichen Lagen zu Tage, welche den Kiefer-Bogen aufsuchen. Da die allgemeine Anordnung der Facialis-Muskulatur bei allen Haien in der angegebenen Weise angetroffen wird, so kann es der Deutlichkeit keinen Abbruch thun, wenn die verschiedenen Befunde in der Art vorgeführt werden, dass die An- knüpfung je an die differenteren Befunde, also nach oben hin, vorgenommen wird. 234 GrorG Russe [32 I) Der primitive Zusammenhang der ventro-dorsalen Schichte zwischen erster Kiemen-Spalte und Kiefer-Gelenke (Schichte ©, v d). Der Zusammenhang des dorsalen Abschnittes mit dem Ventraltheile des Facialis- Gebietes ist bei Heptanchus durch das breite Muskelband hergestellt, welches hinten an die erste Kiemen-Spalte grenzt und nach vorn bis an das Kiefer-Gelenk sich aus- dehnt, wo der Anschluss in oraler Richtung an die abgesprengte, dorsale und ven- trale Portion erfolgt. Das Muskelband zieht von der oberflächlichen, dorsalen Fascie zur ventralen Aponeurose, welche vom Schultergürtel medianwärts bis zur Symphyse der Mandibula sich ausdehnt (vgl. Verrer, S. 409, Figg. | u. 5). Da die schwachen Kiemenstrahlen des Zungenbeines bei Heptanchus mehr in der Tiefe liegen, so hängen die mittleren Theile von C» d und ©, v nur mit den äusseren Enden leicht zusammen, und eine mit der Kiefermuskel-Aponeurose zusammenhängende, sehnige Fläche schiebt sich am Kiefer-Gelenke statt des Kiemen-Strahles zwischen den dorsalen und ventralen Abschnitt der Platte CO, vd ein (Verrer, p. 410). Cd. Trap. Scap. Mand. Rıg.ıle Seitliche Ansicht des Kopfes von Hexanchus. ?/3. Die Erklärung der Buchstaben-Bezeichnung ist am Ende des Textes zu finden. Die knorpeligen Skelettheile sind blau, die vom Facialis innervirten Muskeln sind roth gehalten. Die motorischen Nerven sind einfach, die sensiblen Nerven sind doppelt kontourirt. Das Verhalten bei Hevanchus (vgl. Fig. 1) entspricht demjenigen bei Hept. im Wesentlichen. Der zwischen Kiemen-Spalte und Kiefer-Gelenke befindliche, quer ge- stellte Muskelstreif schliesst sich aboral an die erste Kiemen-Spalte an und geht rostralwärts in den dorsalen und ventralen, abgesprengten Abschnitt über. Die der Spalte parallel gerichteten Bündel werden durch eine schmale, horizontal gestellte Sehne, welche vom Kiefer-Bogen bis zum aboralen Rande des interbranchialen Septum zieht, in eine dorsale und eine ventrale Schichte so vollständig abgeschieden, dass ein eigentlich muskulöser Uebergang der einen in die andere vermisst wird. Der Verlauf der Fleischfasern in der Gegend der Zwischensehne gestattet aber den Schluss auf .ur 33] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN, 335 den einstmaligen organischen Zusammenhang derselben, zumal auch die Sehnenbündel in den Verlauf der dorso-ventralen Bündel eingelassen sind. Diese Zwischensehne stimmt mit der von B. Verrer bei Heptanchus wahrgenommenen überein. Dorsal gehen die Bündel von der oberflächlichen, dorsalen Fascie aus, welche den M. trapezius überlagert (Fig. I). Die von der horizontalen Zwischensehne ventralwärts ziehenden Bündel biegen medial von der ersten Kiemen-Spalte aboralwärts aus; sie sind an der ventralen Aponeurose befestigt. Die hintere Anheftung erfolgt etwa in der transversalen Ebene, in welche die zweite Kiemen-Spalte fällt (Fig. 2). Hintere Bündel von C,vd decken vordere "Theile des dem Glosso-pharyngeus zugehörigen Constrictor-Abschnittes Ü';. Die dorsale Anheftung, welche bei Hewanchus an der 'Trapezius-Fascie erfolgt, geschieht bei Heptanchus weiter dorsalwärts. Die ventralen Bündel, welche bei Hept. in der Nähe der Kiemen-Spalte endigen (VETTER, Fig. 5), begeben sich bei Hex. in sekundär verschobener Weise mehr als l cm medianwärts über diese Spalte hinaus, wobei sie in nähere Beziehung zu dem in R. e. ınd.- ment. fac. aboraler Richtung nächst folgenden Segment des Constrictor superfic. (C,) gelangen. Bei Acanthias vulgaris liegen grosse Umgestaltungen im Vergleiche mit den Zuständen bei den Notidaniden vor. Sie stehen im Zusammenhange mit den Um- bildungen der weiten Kiemen-Spalten bei letzteren zu spitz-ovalen Löchern, durch welche die Kiemen-Taschen nach aussen münden (Vrrrer, S. 413). An den Ver- schmelzungsstellen der freien Ränder der Kiemen-Scheidewände finden sich Sehnen Fig. 2. Ventrale Ansicht des Kopfes von Hexunchus. ?/a. Die vor, welche den Constrictor superficialis knorp. Skelettheile sind blau, die vom Facialis innervirten Muskeln sind roth gehalten. von den dorsalen und ventralen Ecken der Kiemen-Spalten aus durchsetzen. Diesen sehnigen Inskriptionen liegen die äusseren Kiemen-Bogen zu Grunde. Das dorsale Glied des Zungenbein-Bogens trägt als Hyo- Mandibulare den vom Schädel losgelösten Kiefer-Bogen. Die Fläche zwischen Hyo-Mandibulare und erster Kiemen-Spalte hat von vorn nach hinten, also in horizontaler Ausdehnung, sehr beträchtlich zugenommen (Fig. 9); sie ist dementsprechend von einer sehr ansehnlichen Muskelschichte bedeckt, welche rostralwärts des Zusammenhanges mit den dorsal und ventral angeschlossenen Portionen nicht entbehrt. Die Bündel dehnen sich parallel der Kiemen-Taschen-Oeffnung zwischen Festschrift für Gegenbanur, JII. 29 226 Georg Ruck [34 den Sehnen aus, welche von den Ecken der Oeffnung dorsal- und ventralwärts sich erstrecken. Im der Breite eines cm handelt es sich um dorso-ventral durchlaufende Bündel, während eine kräftige horizontale Sehne, welche an das Hyo-Mandibulare, an den Kiefer-Bogen sowie an die Radien des ersteren durch enge Auflagerung geknüpft ist, die Scheidung weiter oralwärts einleitet. Zu dieser Sehne ziehen von der dorsalen Zwischensehne, sowie von der oberflächlichen Dorsalfascie bogenförmig angeordnete Bündel, mit nach vorn gestellter Konvexität herab, um, durch die Sehne unter- brochen, den gebogenen Verlauf in gleichem Sinne zur ventralen Zwischensehne, des Constr. superf. sowie zur ventralen Aponeurose, welche vom Schultergürtel ausgeht, fortzusetzen (Fig. 4). Das von VETTER untersuchte Exemplar unterscheidet sich nicht unwesentlich vom Zustande auf der Fig. 4 dadurch, dass die ventralen Bündel nicht allein die Medianebene erreichen, sondern auch weit gegen den Schultergürtel ausgedehnt sind (Verrer, Fig. 6). Codv. Fa. Coamd. Cahd. [ wi Spr. p2 — Quadr, 1 : < TE SM N) zu) N Ö) N 3 7 l \ /\ \ ea, GN G DI __TR8 NN) Ze VERSN MAD Add.B. / RN N VE < en NDd- trig. Md. Cymv. De Fig. 3. Seitliche Ansicht des Kopfes von Spinax ucanthias. ?/,. Das motorische Facialis-Gebiet ist roth, die knorpeligen Skelettheile sind blau gehalten. Die Erklärungen für die Buchstaben- Bezeichnung findet sich am Ende des Textes. Es handelt sich bei Acanthias im Vergleiche mit Hept. und Hewanchus um eine Umordnung des Faserverlaufes, welche sowohl an die Verkleinerung der Visceral- Spalten zu Kiemen-Taschen, als auch an die Ausbildung der Zwischensehnen im Constrietor superficialis geknüpft ist. Scymnus lichia stimmt nach Vrrrers Angaben im Allgemeinen mit Acanthias überein. Die primitive, zwischen Kiemen-Spalte und Kiefer-Winkel ausgebreitete Muskelschichte C,vd zieht in der Nähe der Kiemen-Taschen-Oeffnung von der dorsalen zur ventralen Körperwandung. Die rostralwärts sich anschliessenden Elemente finden sich durch eine kräftige, am Hyo-Mandibulare befestigte Sehnenplatte wie bei Acanthias in dorsale und ventrale Stücke getrennt. Die aponeurotische Platte liegt bei Scymnus den verschmolzenen Zungenbein-Radien dicht auf. Auch hier dehnen sich die Bündel bogenförmig zwischen den ventralen und dorsalen Zwischensehnen des Constrictor, sowie zwischen den oberflächlich gelagerten dorsalen und ventralen, äusseren Kiemen- Bogen aus. Die aboralen Fasern der ventralen Portion (C,v) reichen bis zur Gegend 35] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 297 des Korakoidtheiles des Schulter-Gürtels (VErter, S. 424). Scymnus stimmt in diesem Punkte mit dem von Vrrrer untersuchten Exemplare von Acanthias (o. e. Fig. 6) überein, hat aber vom Verhalten bei Heptanchus, Hewanchus sowie bei Acanthias des auf Fig. 3 abgebildeten Exemplares sich in sehr beachtenswerther Weise entfernt. Die primitive Muskelanordnung von Heptanchus und Hewanchus hat also einer neuen Platz gemacht. Mustelus laevis (Figg. 5 und 6) weist in noch höherem Grade die besagte, differente Bündel-Anordnung auf und leitet ausserdem neue Zustände ein. Zunächst fällt die enorme Breite der zwischen er- ster Kiemen-Spalte und Riefer-Bogen befind- lichen, die Radien des Hyoid-Bogens ber- senden Fläche auf. Sie beträgt 3,5 cm. Eine dreieckige, aponeurotische Platte, die Basis gegen den Kiefer-Bogen und die Spitze rückwärts gegen die erste Kiemen- ; N Spalte gerichtet, scheidet die Muskellage C,vd GEBETEN amd. in grosser Ausdehnung in ein dorsales und ein z Auge. ventrales Stück, welche je den Zusammen- Re hang mit den vorn angeschlossenen Dorso- ns ac. ventral-Stücken übernehmen (Oymd, Cıymv). Cyvm. - M & 9 5 C R.hy.-md. Es bleibt nur eine etwa einen Centimeter en RE breite Zone übrig, welche von dorso-ventral — vd. durchlaufenden Bündeln erfüllt und so an spin. Längsm. - die erste Kiemen-Spalte eng angeschlossen ist. Dorsal wird die Anheftung am trans- P. Rumpfm. ART IR< Z _ le versalen Septum zwischen C)d und Cd, an der Dorsalfascie und am äusseren ersten Kiemen-Bogen, welcher in den Muskel- fasern eingeschlossen liegt, wahrgenommen. Dorsal von seinem frei liegenden Theile ziehen die Bündel zur oberflächlichen Dorsalfascie und sind hier dem aboral sich Fig. 4. anschliessenden Gliede des Constr. superf. yentrale Ansicht des Kopfes von Spinaz acanthıas. (Cyd) durch parallelen Verlauf so innig [: Das Kuorpel-Skelet ist blau, die Facialis-Musku- atur roth gehalten. Erklärung der Bezeichnungen angeschlossen, dass nach dem hierdurch siehe am Schlusse des Textes. bedingten Wegfalle einer Inscriptio tendinea die Abgrenzung des Facialis-Gebietes wohl erschwert, aber doch nicht unmöglich wird. Es laufen nämlich die vor der ersten Kiemen-Spalte gelagerten Muskelfasern direkt bis zur dorsalen Fascie. Im Ventralgebiete bestehen grössere Umformungen. Hier werden schärfere Grenzmarken, etwa durch Zwischensehnen oder äussere Kiemen- Bögen angegeben, völlig vermisst. Facialis-Gebiet bildet mit Glosso- pharyngeus- und 298 228 Grors Ruck [36 Vagus-Gebieten eine gemeinsame, ventrale Muskelplatte, welche die ganze Fläche zwischen Kiefer Bogen und Korakoidstücken des Schulter-Gürtels emnimmt Sämmtliche Muskelbündel verlaufen parallel. Die dicht vor der ersten Kiemen-Spalte liegenden und von hier aus median- und ventralwärts ziehenden Bündel dürfen wohl als die aborale Grenze für das Facialis-Gebiet angesehen werden. Diese Kiemenspalten- Bündel befestigen sich bei Mustelus laevis in grösserer Ausdehnung an dem Schulter- Gürtel. Mithin ist hier ein Entwickelungsstadium ausgeprägt, in welchem die Facialis- Muskulatur die breite Fläche zwischen Kiefer-Bogen und Schulter-Gürtel ganz erfüllt. Hierin kennzeichnet sich der differenteste Zustand, welcher bei den Haien bekannt geworden ist. Retr.p.s. Cymd. ITITnu——m—pi&dN \ N i > Flosse Bi TE NNRRRRRRRÜÜESSS eu — R.ce.max. R.ec. Camev. hor. Zw. Card. ‚Fae. md. fac. Fig. 5. Seitliche Ansicht der Kopf-Region von Mustelus laevis. !/s. Der oberflächliche Constrietor kommt in seiner ganzen Ausdehnung vom Spritzloche bis zum Schultergürtel zur Darstellung. Der N. facialis breitet sich mit Haut- und Muskelästen ventral vom Spritzloche aus. Er kommt am ventralen Rande des Retractor palpebrae superioris zur Oberfläche. Die Seiten-Rumpf-Muskulatur tritt caudalwärts von der Scapula zu Tage. Gäbe die erste Kiemen-Spalte an der Seitenfläche des Körpers nicht die na- türliche Grenze der Hirnnerven-Distrikte an, so verlören wir hier ein wichtiges Kri- terium für das Abgrenzen der serial homologen Abschnitte der oberflächlichen Ring- muskulatur. Die primitiven, zum Zungenbein-Bogen ziehenden, in die Tiefe verlagerten Bündellagen (C, A). Diese Lagen formen, wo sie gemeinsam mit den am Kiefer-Bogen adhaerenten Muskelplatten auftreten, tiefe Schichten. Sie werden in Beziehung zu den dor- salen und ventralen Gliedstücken des Zungenbein-Bogens angetroffen und repräsen- tiren demnach eine ventrale und dorsale, tiefe Muskulatur. Diese entbehrt einer Selbstständigkeit allenthalben, da sie sowohl an die Bündel der Schichte CO, vd als auch an die Kieferbogen-Portionen (C, m) des Facialis-Gebietes angeschlos- sen ist. 2) Der dorsale Abschnitt C,Ad wird in Anpassung an die verschiedene Ausbildung des dorsalen Zungenbein-Bogen-Stückes äusserst mannigfaltig angetroffen. 37] UEBER DAS PERIPHERISCHR GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 229 Mit der Ausbildung des Skelettheiles zum Träger des Kiefer-Bogens gestaltet sich der tiefe, dorsale Muskel zu einem ansehnlichen Gebilde um, während er anderer- seits auf ein geringes Maass der Entwickelung herabgedrückt ist. Bei Heptanchus löst sich nur eine dünne, tiefe Tage von dem hinten am Schädel entstehenden Muskel ab. Dieselbe ist mittelst kurzer Sehne an das obere, rudimentäre Glied des Zungenbein-Bogens festgeheftet (vgl. Verrer, S. 409). Fr Trig. III. p. orb. F. 3 2 Add. md. SGN}: % _ Quad. y IS ö En Mand. > ( actalıs. Dez: OS Om. Da; | Ay. Ma. \ - .hor. Zw. R u® Spr. , . 6. Max. 5 ——— (Obyo% Jar. —ır - Far. > CHhd. hor. Zw. > — (Camd. CV. 1 (ad. Dorsalansicht der Kopfregion von Hexanchus. a. Die oberflächlichen Schichten Ca dv und Camd sind Fig. 6 z. Th. entfernt, um die Ausbreitung von C;hd zur Anschauung zu bringen. Ventrale Ansicht der Kopf-Kiemen-Region von Mustelus laevis. 1. Der Adductor mandibulae breitet sich oral vom Constrietor superfic. aus, welcher caudalwärts am Schulter-Gürtel befestigt ist. In der Regio mandibul. verzweigen sich sensible Zweige des Trigeminus und des Facialis. Die dorsale, tiefe Facialis-Muskulatur ist auch bei Heranchus nur gering ent- wickelt (Fig. 7). Die Bündel erreichen das dorsale Gliedstück des Zungenbein- Bogens hinter dem Spritzloche. Bei einer Ausdehnung von 1,2 cm bleibt diese Schichte etwa 2,2 cm vom Kiefer-Gelenke entfernt. Die vorderen, oralen Elemente helfen das Spritzloch begrenzen. indem sie eine Strecke weit rostralwärts vor die 230 GEoRG RucE [38 oberflächliche Schichte sich hinausschieben und dadurch selbst in eine oberflächliche Lage gelangen. Die in die vordere, laterale Wandung des Spritzloches eingeschlos- sene, dem Ram. III n. trigemini zugehörige Muskelplatte ©, d bedeckt vordere Par- tieen des Facialis-Gebietes, wie der Vergleich der Figg. I und 7 lehrt. Zwischen Trigeminus- und Facialis-Gebiet ist hinten am Schädel ein abgesprengtes Knorpel- stiickchen, welches dem Cranium nur lose verbunden ist, eingelassen. Die Wirkung der tiefen Muskel-Platte kann in einem Heben des dorsalen Gliedstückes des Hyoid-Bogens beruhen, was wiederum nicht ohne Einfluss auf den Spritzloch-Kanal sein kann; denn der Skelettheil befindet sich in enger Nachbar- schaft zu dem letzteren und schiebt sich dorsal von ihm in oraler Richtung vor den Kanal. Die primitiven Dorsal-Abschnitte der Zungenbein-Bogen-Portion sind bei den Notidaniden deutlichst erhalten, aber nur schwach entw ckelt. Bei Acanthias vulg. und Scymnus lichia ist die besagte Schichte gut ausgeprägt. Das steht wohl mit der stattlichen Entfaltung des Hyo-Mandibulare im Einklange. Verrrer’s Angaben über das Verhalten bei Acanthias lauten: „Der vorderste ... Theil von C'sd, (C, hd) befestigt sich, über die nach hinten und aussen gewendete Fläche des Hyo-Mandibulare wegziehend, kurzsehnig an dessen vorderem, lateralen Rande, von dem oberen, hinter dem Spritzloche vorspringenden Winkel an bis zum unteren, hinteren Ende desselben, und am oberen verdickten Ende des Hyoidstückes, hier mit längerem, sehr dünnen, sehnigen Ansatz.“ (l.c. pag. 415). Die Fig. 3 lässt er- kennen, dass die bei Acanthias zum Hyo-Mand. sich begebende Schichte fast in ganzer Ausdehnung als eine oberflächliche besteht. Dieselbe schiebt sich zwischen die hinter dem Spritzloche befindliche und zum Quadrattheile des Oberkiefers ausgedehnte Portion C', md, sowie zwischen die in oraler Richtung zwischen Zungen- bein-Bogen und erster Kiemen-Spalte ausgebreitete Platte C', v d ein. Vorn ist der Anschluss an den benachbarten Abschnitt C', md ein unmittelbarer; hinten hingegen liegen durch verschiedenartige Verlaufsrichtungen der Bündel beider Nachbar-Ab- schnitte Andeutungen von Trennung vor. Der Muskel ist hinter dem Spritzloche 0,6, weiter hinten 0,4 em diek. — Bei Scymnus gelangen alle dorsalen Bündel hinter dem Spritzloche, welche nach VErtTer an der Occipitalregion des Schädels, von der oberflächlichen Fascie und dem äusseren Kiemen-Bogen entstehen, zum Hyo-Mandi- bulare und von diesem auf ein Band zwischen ihm und Oberkiefer (cf. VETTER, S. 424). Durch das Fehlen einer zum Oberkiefer ziehenden Dorsalportion CO, dm fällt der Zungenbein-Bogen-Muskulatur eine oberflächliche Lage zu. Das ist bei Scymnus in einer viel mehr ausgesprochenen Weise als bei Acanthias der Fall. Der Befund stimmt mit einem für die Selachier vorauszusetzenden Indifferenzzustande überein, und zwar mit einem solchen, in welchem das motorische Facialis-Gebiet auf den Zungenbein-Bogen noch beschränkt gewesen ist. Der Thatbestand bei Acan- thias und Scymnus jedoch darf ohne Weiteres nicht für indifferenter als derjenige bei den Notidaniden erachtet werden. Zutreffender dürfte es sein, die Zustände der- artig zu interpretiren, dass die Rückbildung einer oberflächlichen, dorsalen Ober- 39] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 231 kiefer-Schichte ©, md unter Verminderung des Volumens des Skelettheiles stattgefunden habe. Auf diese Weise hätte die vorauszusetzende, primitive Muskel-Anordnung auf Umwegen wieder in ihr Recht treten können. Der Zustand bei beiden Formen gleicht daher wohl einem primitiven Verhalten; dasselbe entspringt aber weder der Gesammtorganisation noch der Stellung jener Formen im Systeme. Verrer neigt zur Anschauung hin, dass bei Acanthias und Scymnus primitive Entwickelungsstufen vorliegen, schliesst aber die Möglichkeit nicht aus, dass es sich um Rückbildungen handle (o. c. pag. 437—43S). Trap. Syst. m —— Comd(h). Cavd. Cahd(pr.) ’ = a Lev. p.nict. p. orb. F. Lev. p. niet. Schl. kan. Lev. max. ' | \ @GI.-phar. Spr. Face. Hy-Md. Fig. 8. Seitliche Ansicht der Kopf-Kiemen-Region von Mustelus laevis. 2/3. Der oberflächliche Constrietor ist bis auf die Ursprungsportionen von (, entfernt. Der tiefe Ursprung von Cbhd (pr) liegt dorsal vom Trigeminus-Gebiet (Cd). Das zum 7—V Kiemen-Bogen und zur Scapula ziehende Trapezius-System liegt dorsal von den durehschnittenen Kiemen-Bögen. Mustelus laevis (Fig. 8). B. Tıesiıns führt den Muskel C,Ad als Levator hyo-mand. auf und vergleicht ihn mit dem schärfer ausgeprägten Gebilde der Rochen. Ueber- einstimmend mit meinen Wahrnehmungen giebt Tiesin« als Ursprungsflächen Labyrinth- und Oceipital-Gegend des Schädels sowie die dorsale Fascie an. Das Hyo-mandibulare bietet seinen hinteren, oberen Rand zur Insertion dar. Dahinter ist der Uebergang in die ventralwärts ziehenden Fasern der Schicht ©;vd wahrnehmbar. Die Figg. 5 und S vergegenwärtigen Lage und Ursprung des Muskels. Der oberflächlichen Ursprungsplatte gesellt sich hier zum ersten Male unter den Selachiern eine ansehn- liche, tiefe Portion hinzu, welche unmittelbar dorsalwärts vom Ursprunge des Nick- haut-Muskels sich ausbreitet (Fig. S O,hd (pr), Fig. 5). In ganz übereinstimmender Weise mit der Umwandlung von C,d in drei hoch entwickelte Muskeln, von Tir- sıng als Lev. palpebrae nictit., Retract. palp. sup und Constr. sup. dors. aufgeführt, bekundet auch der tiefe Ursprung von C;hd die Specialisirung von Mustelus unter den Haien. Mustelus hat unter den untersuchten Formen in vielen, wichtigen Punkten den höchsten Grad der Ausbildung erlangt. 292 GEorG Ruck 110 3) Die tiefe, ventrale Schichte (yAv tritt bei Heptanchus im mittleren Drittel der Länge des Unterkiefers auf; sie entsteht an der medianen Aponeurose und spaltet sich von der oberflächlichen Schichte erst gegen den unteren hand des Hyoidstückes des Zungenbein-Bogens allmählich ab. Die äussersten, aboralen Fasern gehen wieder in diejenigen der oberflächlicheren Schichte über (vgl. Verrer, S. 410, Figg. 5 und 7). Heptanchus (Fig. 9). Die tiefe, zum Hyoidstücke ziehende und an dessen Mand. ch. t. fac. ) 7 GE Se Cymv. mar : R. ce. md. trig. Za ; % R. ec. max.- Cmv. SS “r spin. Lüngsm. 1. Kiemsp. Fig. 9. v. Rumpfm. Ventrale Ansicht der Kiefer-Zun- genbein-Gegend von Hexanchus. 2/3. Die oberflächliche Muskel- lage Cam» ist bis auf die An- heftung an die Mandibula entfernt. Es breitet sich die tiefe, ventrale Schichte C3Av» mit ihrer Anhef- tung an’s Hyoid aus. Auf ihr verästelt sich der R. hyoid. des Facialis, welcher zwischen Mand. Fig. 10. und Hyoid den der Chorda tym- Ventrale Ansicht der Kopf-Kiemen-Region von Acanthias pani homologen Ast zur Schleim- vulg. ?/3. Die ventrale Kiefer-Bogen-Schichte Cam v ist haut entsendet. nahe der medianen Aponeurose durchschnitten und ent- fernt. Die Kiefer-Insertion ist angedeutet. Unterfläche festgeheftete Portion ist stattlich entfaltet und verhältnissmässig selbst- ständig. Der Ursprung liegt mit der oberflächlichen, mandibularen Portion C,mv gemeinschaftlich an der ventralen, medianen Aponeurose. Gegen das Hyoidstück zu leitet sich allmählich eine scharfe Trennung von der letzteren ein. Die trans- versal geordneten Bündel bleiben vorn 1,5 cm vom Unterkiefer entfernt. Die In- sertionslinie erstreckt sich 2,5 cm über das Hyoidstück derartig aboral- und lateral- wärts, dass sie ca. 2? cm vor dem Kiefer-Gelenk die Innenfläche der Mandibula er- reicht, wo das Hyoid der letzteren innigst anlagert. Und von hier aus dehnt sich 41] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 233 die tiefe Schichte in aboraler Richtung bis zum Anschlusse an die einheitliche Por- tion hin aus, welche zwischen Kiefer-Gelenk und erster Kiemen-Spalte als C,vd sich befindet (Fig. 9). Acanthias vulg. (Fig. 10). Das mittlere Drittel der breiten, ventralen Muskel- schichte spaltet sich nach B. Vrrrer wie bei Hept. in zwei Lamellen von glei- chem Faserverlaufe. Die tiefe, etwa 15 mm breite und dünne Hyoid-Schichte befestigt sich kurzsehnig an einem scharfen Wulst der Aussenfläche des Hyoid- Stückes des Zungenbein-Bogens (O. c. pag. 417). Das von mir gefundene Verhalten weicht von dem durch Verrer beschrie- benen ab. Die tiefe Schichte breitet sich, wie die Fig. 10 zeigt, in parallelem Faser- verlaufe mit der oberflächlichen (O,m v) aus; sie hängt mit dieser auch an der medianen Aponeurose zusammen (C,hv, spaltet sich aber gegen den Zungenbein-Bogen sehr rasch als en selbstständige Schichte ab. An das Skelet ist sie in der Ausdehnung von 3 cm befestigt. P" : ne E Re Die vorderen Insertionsbündel bleiben I cm Ä 7 von der Symphyse entfernt. Aboral- und N‘ lc pal fac: e SL 5 spin. lateralwärts setzt sie sich auf's Unmittelbarste Düncom. in die Elemente fort, welche als C,vd zu Auge. Lev. max. der auf den Radien des Zungenbein-Bogens Kr ausgebreiteten Sehnenplatte in Beziehung stehen. In der Gegend des Kiefer-Gelenkes Gie.= schlagen die tiefen, hyoidalen Bündel einen anderen Verlauf als die hinteren Elemente der oberflächlichen Schichte ein (vgl. Fig. 4), wodurch auch die Schichtung schärfer zum Ausdrucke kommt. Mustelus laevis (Fig. 11). Die tiefe, ven- Ventrale Ansicht der Kopf-Region von Mustelus laevis. trale Constrietor-Schichte ist sehr viel selbst- ?/. Der linke Unterkiefer ist entfernt. Das Ventral- eye 2 e stück des Hyoid-Bogens mit dem ihm angefügten ständiger geworden als bei den anderen Haien. C,hv tritt zu Tage. Der zwischen Kiefer -Zungen- = "Io : aa ur bein-Bogen zur Schleimhaut ziehende Facialis - Ast Die Figg: 6 und II lassen den verschiedenen (eh.t) liegt dem Hyoid auf. Die Levatores maxillae Faserverlauf beider Muskel-Lamellen (CO mv, et labii sup. sind durchschnitten. In den eröffneten z 5 ’ Spritzloch-Kanal sieht man in dorsaler Richtung C,hv) erkennen. Die höhere Stellung, hinein. welche Maustelus unter den Haien einnimmt, kommt hier wiederum, und vor Allem durch die eingeleitete Divergenz der Bündel- Richtung der ventralen Schichte zum Ausdrucke. Die Bündel der tiefen Muskelplatte sind an der Ventralfläche des Hyoidstückes befestigt; sie nehmen etwa die hintere Hälfte dieses Skelettheiles in Anspruch. Die aboralen, lateralen Bündel schliessen an die Kiefer-Bündel an. Die oralen, scharf Face. R.hy.-md. Fig. 11. begrenzten Elemente ziehen median- und rostralwärts; die hinteren verlaufen median- Festschrift für Gegenbanur. II. 30 . 334 GEoRG Ru [42 und analwärts. Vordere Bündel sind zur ventralen Aponeurose verfolgbar, hintere verstreichen auf ventralen Radien des Zungenbein-Bogens und auf der Kiemen-Taschen- wand vor dem 1. äusseren Kiemen-Bogen. 'Tırsıns beobachtete den Ursprung gleich- falls an der Fascie der ventralen Längsmuskulatur und hinter deren Zusammenhang mit C;mv. Die mediane Ventralaponeurose dient nur zur Befestigung der oberfläch- lichen, ventralen Muskelplatte C;vm; aber der unmittelbare Zusammenhang zwischen beiden Lamellen, welcher bei den anderen Formen die genetische Einheit noch vor- stellt, ist bei Mustelus aufgegeben. Der parallele Bündel-Verlauf besteht selbst schon in der Nähe des Ursprunges nicht mehr. Bei Scymnus zieht nach Verrer’s Angaben (l.c. pag. 439) die tiefe, ventrale Lage vom medianen Sehnenstreifen mit konvergirenden Bündeln zur hinteren Hälfte des kräftigen, unteren Zungenbein-Bogenstückes. Die fächerförmige Anordnung der Fasern giebt auch hier ähnlich wie bei Mustelus dem Muskel Selbstständigkeit, indem die vordersten Bündel diejenigen der oberflächlichen Lage fast unter rechtem Winkel kreuzen. Mustelus und Scymnus entfernen sich also gemeinsam bezüglich der selbstständigen Bündel-Anordnung am meisten vom Ausgangspunkte, welcher durch den innigen Verband von Chhv und Chymv gekennzeichnet ist. "Tirsıng weist dem glatten Haie den Entwickelungsrang zwischen Hept. und Acanthias an (l.c. pag. 99), wobei er auf das Verhalten des Constrictor-Systemes sich beruft. Ich pflichte dem Vorgeführten gemäss dieser Ansicht nicht bei. Die oberflächliche, am Kieferbogen inserirte Facialis-Muskulatur C,m. Sie zerfällt in einen dorsalen und in einen ventralen, dem Ober- und dem Unterkiefer-Stücke verbundenen Abschnitt. Beide sind sowohl im Ursprungsgebiete als auch in der Gelenk-Gegend mit der tiefen Lage meistens im Verbande verblieben. Hinten am Kiefer-Bogen schliessen sich dorsale und ventrale Schichten oft unmittelbar an die dorso-ventral durchlaufende, einheitliche Bündel-Zone C,vd an. An mehreren Orten kann also der Zusammenhang mit dem Grundstocke des Facialis-Gebietes erhalten bleiben. 4) Der Dorsaltheil C, md ist bei den Haien unbeständiger als die ventrale Muskelplatte; denn diese spielt überall eine bedeutende Rolle, während der dorsale Kieferbogen-Muskel oft nur ein bescheidenes Leben führt. Er grenzt mit vorderen Elementen an die Oeffnung des Spritzloch-Kanales und ist hier der serial-homologen Muskellage aus dem Trigeminus-Gebiete C\d benachbart. Heptanchus. Die kräftige Muskelplatte entspringt hinten am Schädel und in ansehnlicher Ausdehnung von der dorsalen Fascie. In aboraler Richtung erfolgt der Anschluss an die ventralwärts durchlaufende Zone Chvd. Die Insertion erfolgt an der Innenfläche des Oberkiefers bis zu dessen hinterem Ende. Die Schichte ist am Ursprunge mit der tiefen Lamelle zu einer Einheit verschmolzen. Die vorderen, an der Umwandung des Spritzloches betheiligten Partieen sind in einer geringen Ausdehnung vom Constrictor-Abschnitte, welcher dem '[rigeminus- Gebiete zugehört (Cıd), lateral bedeckt (vergl. VETTER, pag. 408, Fig. I). Verengerung der ersten Kiemen-Tasche wird bei der Kontraktion beider dorsaler Lagen (Ch, md, Cyhd) erfolgen müssen. 43] UÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 2335 Hewanchus. Die in einer Ausdehnung von 3,5 cm an der Dorsalfascie ent- stehende, oberflächliche Muskelportion C;md schliesst vorn an den Schädel an. Aber über sie hinaus schiebt sich in oraler Richtung die tiefe Zungenbein-Bogen-Portion Cs hd. Beide umwanden den Spritzloch-Kanal eine kleine Strecke weit (Figg. 1 und 7). Die Insertion erfolgt mittelst einer platten Sehne am hinteren, dorsalen Randtheile des Oberkiefers. Die vorderen Insertionen schliessen an die hinteren Bündel des Tri- geminus-Constrictor an (Fig 7 Cıd). Aborale Insertionsfasern lehnen sich an die ungeschichtete Zone Cyrd in der Kiefergelenk-Gegend an (Fig. 1). Die Muskelplatte lagert frei auf dem äusseren Kiemen-Bogen, welcher dorsal aus der Tiefe hervorkommt und bogenförmig in aboraler Richtung lateral- und ventral- wärts verläuft. Er endigt 0,6 cm frei vor der ersten Kiemen-Spalte. Acanthias vulg. Der dorsale Kieferbogen-Muskel ist in hinteren Regionen rückgebildet. Dies steht in Korrelation zur Ausbildung des Hyo-Mandibulare und zur gleichzeitigen Reduktion des Quadrat-Stückes. Der ovale, an die Wandung des Spritzloch-Kanales angeschlossene Theil ist allein erhalten. Dieser ist aber auch der kräftigste Theil des dorsalen Muskels überhaupt; er ist 0,6 cm dick (vergl. Fig. 13). Er inserirt an der oberen, hinteren Ecke des Quadrat-Stückes des Oberkiefers. Dies Verhalten stimmt mit dem durch B. VErter beschriebenen überein (o. c. pag. 415, Fig. 3). Aus dem Muskelbauche geht die ebenfalls kräftige, aboralwärts im Volum verminderte Portion des Zungenbein-Bogens hervor, um die Stelle einer oberflächlichen Platte zu übernehmen. Der zur Oberfläche sich hervordrängende N. facialis markirt die vordere Grenze des zusammengehörigen Muskel-Gebietes. Scymnus lichia. Die am Hinterrande der äusseren, oceipitalen Kante des Schädels und von der dorsalen Fascie entspringenden, vorderen und ziemlich starken Bündel der Portion Cd sind kurzsehnig „auf der Oberfläche einer starken Bandmasse befestigt, welche beinahe I cm breit von dem abgerundeten, oberen Rande des Hyo- Mandibulare entspringt und ziemlich zugespitzt an einer direkt nach aussen vom Spritzloche vorspringenden Ecke des hinteren Oberkiefer-Randes sich inserirt“ (VETTER). Ein Theil der Fasern geht in diese Sehne über. Der besagte Muskel ist als Homologon desjenigen zu betrachten, welcher bei Acanth. direkt zum Oberkiefer gelangt. Das Verhalten zum N. facialis stützt diese Annahme (VErTTEr, S. 423). Mustelus hat, wie es scheint, alle Bestandtheile einer dorsalen Kieferbogen- Portion Ozmd verloren. Ich habe wenigstens keine Spur einer solchen wahrnehmen können. Auch bei TıesmG finde ich keine Angaben, welche auf die Anwesenheit einer Schichte C’ymd hinweisen. Ich beurtheile diesen Zustand, im Vergleiche mit dem bei den Notidaniden gegebenen, als einen sehr differenten, obgleich er mit der für die Vorfahren der Selachier vorauszusetzenden Anordnung am meisten überein- stimmen dürfte. Die hierin sich äussernde Specialisation schliesst sich den kurz zuvor ange- führten Sonderungszuständen bei Mustelus an. 30* 236 GEorRG RuszE [44 Während die zum kräftigen Quadratstücke des Oberkiefers ziehende Muskel- masse bei den Notidaniden gut ausgebildet ist, ist dieselbe bei Acanthias und Scymnus unter Volumveränderung des Quadratstückes des Oberkiefers bis auf vordere Partieen reducirt, bei Mustelus aber völlig verschwunden. Allenthalben bleiben die Ursprungs- fasern der oberflächlichen Schichte Camd und der tiefen Cydh im genetischen Verband. Bei den Notidaniden fliessen die Insertionen in der Gegend des Kiefer-Gelenkes theil- weise zusammen und verschmelzen hier mit der ungeschichteten, dorso-ventralwärts durchlaufenden Zone Csvdvor derersten Kiemen-Spalte. Bei Acanth. und Scymnus hingegen besteht der Zusammenhang der Insertionsbündel der dorsalen Kiefer-Zungenbein-Bogen- Muskulatur nur noch andeutungsweise; er ist auf vordere Partieen beschränkt. Bei Scymnus bleibt der Zusammenhang durch die intermediären Abschnitte, welche an dem zwischen beiden Skelet-Thheilen ansgebreiteten Bandapparate angefügt sind, deutlich aus- gesprochen. Ein derartiger Anschluss wird auch bei Acanthias nicht vermisst (Fig. 3). 5) Die ventrale, oberflächliche Lage des motorischen Endgebietes des Facialis (C,mv) findet Insertionen längs der ganzen Ventralfläche der Mandibula. Es handelt sich stets um ansehnliche Muskelmassen, welche median von der starken, ventralen Sehnenplatte ausgehen. Ist letztere schmal, so stossen die beiderseitigen Muskelmassen naturgemäss an einander und stellen dann eine scheinbar einheitliche, intermandibulare Muskelplatte dar, deren funktionelle Bedeutung in erster Linie auf die Verengerung der Mundhöhle, deren Boden gehoben wird, gerichtet sein muss. Seiner oberflächlichen Lage entsprechend bedeckt C,mv die Zungenbein-Portion Oyhv. Mit dieser bleibt der Zusammenhang durch die medianen Ursprungsbündel in der Regel, sowie durch die in der Gegend des Kiefer-Gelenkes gelagerten Elemente her- gestellt. C,m» geht in der Kiefergelenk-Gegend aber auch direkt in die unge- schichtete, dorso-ventralwärts ausgedehnte Zone C,vd über. Das genauere Verhalten gestaltet sich für die einzelnen Formen in der fol- genden Weise. Heptanchus. Die beiderseitigen Muskelplatten berühren einander in der ventralen Medianlinie. Gegen die erste Kiemen-Spalte zu schiebt sich zwischen den paarigen Muskel eine Aponeurose ein, welche in aboraler Richtung mehr und mehr sich ver- breitert. Die bis zur Riemen-Spalte ausgedehnten Bündellagen von Cymv gehen in diese Aponeurose über, ohne dass sie oralwärts über die Ebene hinausreichen, in welche das erste Kiemen-Spalten-Paar fällt. Die ventrale Aponeurose pflanzt sich bis zum Schulter-Gürtel fort und bietet dabei allen hinteren Abschnitten des Constrictor Ursprungsflächen dar. Die Insertionsfläche von Cymv fällt mit dem ganzen ventralen Kieferrande zusammen. Der quere Bündel-Verlauf von C,mv, dessen Ausdehnung an die natürliche Grenze, durch die Kiemen-Spalte abgesteckt, sich hält, ferner der bestehende Zu- sammenhang der intermandibularen Schichte der tiefen Muskelschichte O,hv dürfen zusammen als indifferente Zustände für die Selachier gelten. Diese Indifferenz ist, wenn schon nur in geringem Maasse, beeinträchtigt bei: 45] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 237 Hexanchus (Figg. 2u. 9). Cymv bildet durch den Zusammenschluss mit seinem Partner eine intermandibulare Platte. Eine mediane Zwischensehne verräth allerdings noch den paarigen Aufbau der letzteren. Von der Symphyse aus liegt die Einheit- lichkeit des Intermandibular-Muskels in einer Ausdehnung von 4 cm in aboraler Rich- tung vor. Weiterhin schiebt sich zwischen die paarige Schichte eine aboral- und lateralwärts allmählich sich’verbreiternde Aponeurose ein. Dieselbe erstreckt sich bis zum Schulter-Gürtel. Sie lässt seitlich die aboralen Bündel von C, mv sowie die hieran angeschlossene, ungeschichtete, dorso-ventrale Bündelzone Cy»d entstehen. Die Ur- sprungslinie des Facialis-Gebietes von jener Aponeurose ist jederseits ca. 3 cm lang. Die Bündel halten einen queren Verlauf wie bei Heptanchus inne. Weiter hin- ten finden sie sich in einer leicht bogenförmigen Anordnung, indem sie von der Kiemen-Spalte aus median- und caudalwärts ziehen (Fig. 2). Mit dieser abgeänderten Bündel-Anordnung hängt deren mediane Ausdehnung über die Kiemen-Spalte hinaus innigst zusammen. Die Strecke dieser Ausdehnung beträgt 1,2 cm. In ihr liegt ein tiefer gehender Gegensatz zum T'hatbestande bei Heptanchus. Die Erscheinung selbst steht mit einer anderen, bedeutsamen T'hatsache im engsten Verbande. Die mediale Ecke der ersten Kiemen-Spalte von Hewanchus ist nämlich von der ventralen Median- linie dreimal soweit entfernt, als dies bei Heptanchus der Fall ist (Verrrer, Fig. 5). Dieser Befund lässt sich auch so interpretiren, dass die Oeffnung der Kiemen-Spalte bei Hewanchus, im Vergleiche mit Heptanchus, ventral eine Einbusse an medianer Aus- dehnung erlitten habe. Ein derartiges Verhalten tritt in der That bei anderen Formen sehr viel deutlicher in die Erscheinung. Der Constrictor-Antheil CO,» er- hält bei Hewanchus ventrale Nachbarschaft und Verbindung mit C,v. Da gleiche Verhältnisse die weiter aboral gelegenen Abschnitte des Constr. superf. betreffen, so fügt sich dieser zu einer Muskelplatte zusammen, welche, aus sechs Gliedern mit querer Bündel-Anordnung bestehend, medial von den Kiemen-Spalten bis zum Schulter- Gürtel sich ausdehnt. Die Ursprünge fallen mit der lateralen Kante der ventralen Aponeurose zusammen. i Die Insertionsbündel nehmen auch bei Hewanchus die ganze ventrale Rand- fläche des Unterkiefers ein (Fig. 9). Die Insertionsfläche zieht dem Gelenke zu, wo sie etwas nach aussen von denjenigen mandibularen Fasern erkennbar wird, welche den Anschluss an die tiefe Lage Chhv vermitteln. An der hinteren Ecke des Kiefer-Gelenkes jedoch schliessen oberflächliche und tiefe Fasern unmittelbar an einander. Acanthias vulg. (Figg. 3, 4 u. 10). Die beiderseitigen Muskelplatten stossen in der ventralen Medianlinie zusammen; sie sind hier an einen von der Symphyse zum Korakoid ziehenden Sehnenstreif geheftet, welcher, 3 cm von der Symphyse entfernt, in eine ventrale Aponeurose übergeht. Diese ist mit breiter Basis dem Schulter- Gürtel adhärent (Figg. 4, 10). Die nach aussen konvexen Ränder der Aponeurose dienen zum Ursprunge hinterer Abschnitte des Constrictor superfic. Der Ursprung von Cyv geschieht median in einer Ausdehnung von 3 cm. Die einander parallelen Fasern ziehen nach aussen und vorwärts; sie heften sich in einer Ausdehnung von 2338 GEoRG RuGE [46 - 4 cm an dem hinteren, unteren Rande des Unterkiefers fest. Aborale Grenzbündel setzen sich ziemlich scharf gegen die ungeschichtete Zone Cyvd ab, was durch eine Kreuzung der Bündel beider Lagen zum Ausdruck kommt. Bedeutendere Ab- weichungen von der Muskel-Anordnung bei Hewanchus liegen, soweit dargestellt, nicht vor. Solche treten aber in der aboralen, bis an die erste Kiemen-Spalte sich an- schliessenden und ungeschichteten Zone auf. Was bei Hewanchus erst in Andeu- tungen vorhanden ist, tritt hier deutlich in die Erscheinung. Die Oeffnungen der Kiemen-Taschen sind bis auf kleine, seitliche Spalten reducirt. Die serial-homologen Constrietor-Theile treten je in einer, von der ventralen Ecke der Spalte ausgehenden Zwischensehne zusammen. Eine derartige Sehne scheidet Csv von Cyv in einer ganz regelrechten Weise, wie diese auch zwischen C;_,® je sich äussert. Es besteht jedoch der Unterschied zwischen ihnen, dass C3v das Uebergewicht in der medialen Aus- dehnung über den hinteren Nachbarn hat. Die Schichte C,v ist im Ursprunge mit der tiefen J.aamelle genetisch ver- bunden, dehnt sich aber der Symphyse zu über die Zungenbein-Bogen-Portion aus (Fig. 10). Das von Verrer untersuchte Exemplar unterscheidet sich in einem wichtigen Punkte vom hier besprochenen Dornhaie. Der mediane Sehnenstreif ist nämlich dort ‘zwischen Mandibula und Schulter-Gürtel ausgesponnen und dient in seiner ganzen Ausdehnung für C,v zum Ursprunge. Die Bündel des Facialis-Gebietes haben sich demzufolge von vorn nach hinten ausgebreitet und das korako-mandibulare Feld vollständig oceupirt. Die aboralen, serial homologen Constrictor-Theile sind also durch die Facialis-Muskulatur sehr erheblich beeinträchtigt und zur Seite gedrängt worden. Nur ein unansehnlicher, medialer Muskelstreifen von C,v hat den Anschluss an die mediane Ursprungssehne noch nicht verloren. Die Faserrichtung von Chv ist durch diese Zustände aus der queren in eine schräge, von hinten und median nach vorn und aussen gerichtete, umgeändert. Bei Scymnus lichia fand B. Verrer ein etwa gleiches Verhalten wie bei Acanthias. Auch hier reichten die hintersten, medianen Ursprungs-Fasern von C,v bis zum stark oralwärts vorspringenden Korakoidtheil des Schulter-Gürtels. Mustelus (Fig. 6) reiht sich an Scymnus an. Cymv entspringt an der medianen Ventralsehne. Diese ist in der vorderen Hälfte ein feiner Streif; sie verbreitert sich jedoch in der hinteren Hälfte bis auf 0,5 em. Ursprungsbündel von O,mv greifen auf das Korakoid über. Die Faserrichtung ist vorn eine durchaus transversale; sie ändert sich aboral rasch in eine schräge. Die Zunahme dieser Schrägstellung bringt die hinteren Ele- mente von C,v allmählich in eine Winkelstellung von 45 Graden zur Mediane. In diesem Verhalten stimmt Mustelus mit Acanthias (Verver’s Exemplar) und Scymnus überein. Die Insertion erfolgt an der hinteren Kante der Mandibula bis zum Kiefer- Gelenke hin. Hier liegt der Zusammenhang mit der sehr selbstständigen, tiefen Hyoid-Schichte Che, sowie mit der ungeschichteten Zone O3vd vor. Von dieser ist 47] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 239 C;mv durch einen tiefen Ast des N. facialis schärfer abgesetzt, gewissermaassen ab- gespalten. Die ungeschichtete Zone des Facialis-Gebietes lehnt sich an die mandi- bulare bis zur ersten Kiemen-Spalte auf das Unmittelbarste an. Aborale, ihr zuge- hörige Grenzbündel verlaufen vom vorderen Rande der Kiemen-Tasche aus zum Korakoidtheile des Schulter-Gürtels, wo sie, 2 cm von der Mediane entfernt, befestigt sind. Diesen Bündeln schliessen sich die parallelen Fasern von C;v an. C,v ver- hält sich zu C;v, wie diese Portion zu C5v. Aehnliche Zustände lassen sich nach hinten hin verfolgen. Und so ist denn die ganze, zwischen Kiefer, der Mediane, Schulter-Gürtel und den Oeffnungen der Kiemen-Taschen befindliche Fläche durch eine mächtige, zusammengesetzte Muskelplatte eingenommen, in welcher keine sichtbaren Grenzen, wie etwa Zwischensehnen, zwischen den einzelnen, serial-homologen Theilen mehr auftreten. Die Grenzen können, abgesehen von der Innervation, nur noch aus der Verlaufsweise der Muskelfasern zu den einzelnen Kiemen-Septen erschlossen werden. Und danach fällt der bei Weitem ansehnlichste Theil jener Fläche dem Gebiete des Nerv. facialis (Cyv) zu. Der parallele Verlauf der Fasern von je zwei an einander stossenden Constrictor- Theilen, sowie das hiermit im Verbande stehende Fehlen der Zwischensehnen unter- scheiden den Muskel von Maustelus sehr erheblich von dem bei Acanthias und Scymnus. Wenn die Befunde bei Heptanchus und Hewanchus zum Vergleiche herangezogen werden, so können diejenigen von Acanthias und Mustelus je für sich von denen der ersteren direkt abgeleitet werden. Ob aber Acanthias und Mustelus bei der Aus- bildung ihrer, hier sich äussernden Eigenartigkeiten von vornherein eigene Wege beschritten haben, lässt sich wohl kaum entscheiden. Es liegt auch nicht der geringste Grund vor, um an der Ursprünglichkeit der Einrichtungen bei den Notidaniden zu zweifeln. Gesexsaur hat uns diese Erkenntniss erbracht, und für diese ist VETTER mit grossem Erfolge eingetreten. Die verhältnissmässig grosse Gleichartigkeit, welche die den Kiemen-Spalten benach- barten Constrietoren-Abschnitte bei ihnen zeigen, lässt auch das Facialis-Gebiet auf tieferer Stufe erscheinen. Eine grosse Differenz der Zustände hat sich in letzterem bei Acanthias und Mustelus eingestellt. Was das einmal erlangte Uebergewicht des motorischen Facialis-Gebietes über die hinteren, morphologisch gleichwerthigen Glieder betrifft, so zeigt Mustelus den höchsten Grad des Fortschrittes. Eine hochgradige Differenzirung kam bei dieser Form auch der tiefen Zungenbein-Bogen-Schichte Cyhv zu; sie fand aber ausserdem in manchen anderen Punkten lebhaften Ausdruck. Das motorische Endgebiet des Nerv. facialis ist bei den in Betracht gezogenen Formen insofern hoch entwickelt, als fünf Territorien auf ihm unterschieden werden können. Diese schliessen an bestimmten Stellen zusammen, um grössere Distrikte zu umfassen. Ein Knotenpunkt für die fünf Muskel-Portionen liegt in der Gegend des Kiefer-Winkels vor. Von hier setzt sich in aboraler Richtung fort: 340 GEoRG RuGE [48 1. die ungeschichtete, branchiale Zone C,vd; nach vorn und dorsal dehnt sich aus 2. u. 3. die geschichtete, an das Quadratstück des Kiefers, sowie an das Dorsalstück des Zungenbein-Bogens befestigte Muskelplatte C,md—+ C;,hd; ventral- und oralwärts erstreckt sich vom Kiefer-Gelenke aus 4. u. 5. die geschichtete, zur Mandibula und zum Hyoid-Stücke des Zungenbein-Bogens ziehende Muskelplatte C,mv + Cyhv. Die einzelnen Glieder dieses bei den Haien noch zusammenhängenden Fa- cialis-Gebietes können an den aboral folgenden, serial-homologen Abschnitten des Constrictor superfac. (CO, _,) verschieden hochgradig entfaltet, wohl auch von ihren Nachbarn abgegliedert sein. Nirgends ist aber der Verband zwischen den Gliedern eines solchen interbranchialen Constrietor-Theiles derartig gestört, dass auch nur der leiseste Zweifel an der Zusammengehörigkeit der reicher gegliederten Musku- latur auftauchen kann. Die Letztere bleibt dem vorderen Abschnitte des Constrictor superf. (Verrer’s), wie sie bei den Notidaniden ohne Schwierigkeit auf diese be- ziehbar ist, immer gleichwerthig. Die ungeschichtete, branchiale Zone eines C;_, ist der mittlere Abschnitt des Constrietor-Theiles. Zwischen den Kiemen-Taschen von Acanthias, Scymnus, Mustelus gewinnt diese mittlere Portion grössere Selbstständig- keit; sie wird von VrrrEr als M. interbranchialis bezeichnet. Als interbranchialer Muskel in strengem Sinne fehlt dieses Glied naturgemäss dem Facialis-Gebiete; aber das einem interbranchialen Gebilde entsprechende Material ist in der unge- schichteten, branchialen Zone enthalten. Die engste Zusammengehörigkeit der Mm. interbranch. mit dem Constr. superf. ist durch Verrer scharf hervorgehoben worden. „Wir dürfen somit mit Sicherheit annehmen, dass M. constr. sup. und M. interbranch. von Scymn. und Acanth. Homologa der muskulösen Kiemensepta von Hept. sind (o. c. pag. 436).“ Dass eine Scheidung des grossen Constrictors des Zungenbein-Bogens im Constr. sup. und Interbranchialis nicht eingetreten ist, hat nach Verrer seinen Grund in der oberflächlichen Lage des betreffenden Bogens und dessen Kiemen- Radien (o. c. pag. 437). Die Annahme, dass die zum Kiefer-Bogen ziehenden Muskel-Lamellen von O©, im Vergleiche zu denjenigen des Zungenbein-Bogens sekundäre Bildungen seien, ist mit gutem Rechte von VErTER vertreten worden. Da nun in der Kiefer-Gelenk- Gegend alle Schichten zusamentreffen, so liegt die Annahme nahe, dass die Aus- dehnung der ursprünglichen Zungenbein-Bogen-Muskulatur längs des Ober- und Unterkiefers vom Gelenke aus in rostraler Richtung geschehen, dass der Zusammen- hang aller Schichten in der Gelenk-Region erhalten geblieben sei. Die Ausdehnung der Zungenbein-Bogen-Portion längs der Kiefertheile konnte erst ermöglicht worden sein, nachdem der Zungenbein-Bogen seine typische Anlage- rung an die Innenfläche des Kiefer-Bogens, und zwar in dessen Gelenk-Region, sich vollzogen hatte. Bei Hexanchus und namentlich bei Mustelus ist der Bündel-An- schluss zwischen der oberflächlichen und tiefen Schichte ein äusserst enger, indem 49] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 241 die Insertionen vom Kiefer- auf den Zungenbein-Bogen durch Vermittelung der starken, hyo-mandibularen Ligamente direkt übergreifen. Hier besteht oftmals keinerlei Scheidung mehr. Verrer dachte sich die Verlegung der Muskulatur auf den Unterkiefer eben- falls von dem hinteren Ende des Hyoids aus (o. ec. pag. 439). Erleichtert wurde das Uebergreifen hyoidaler Fasern auf den Kiefer-Bogen durch das Auswachsen des Letzteren über den benachbarten, visceralen Skelettheil. Der Hyoid-Bogen ist vom Kiefer-Bogen von aussen her thatsächlich fast überall überlagert. Der Ausbildung der vom Facialis innervirten Kieferbogen-Muskulatur hat aber nothwendig auch ein wirksamer Faktor vorausgehen müssen, welcher die Spalte zwischen erstem und zweitem Visceralbogen in einen Zustand übergeführt hat, der im Spritzloch-Kanale verwirklicht ist. Die Reduktion der Spalte aber zu jener kleinen, dorsal befindlichen Oeffnung ist hinwiederum mit der hinteren An- lagerung des zweiten Visceralbogens an den Kiefer-Bogen in Einklang zu bringen. Es lässt sich also eine Reihe von Organisations-Verhältnissen anführen, welche in inniger Abhängigkeit zu einander stehen, unter welchen auch die Facialis-Musku- latur sich befindet. Da die Ausbildung der ersten Visceralspalte zum Spritzloche für die Se- lachier als eine alte Einrichtung gelten darf, da die Nachbarschaft der beiden an- deren Visceralbogen ebenfalls einen integrirenden Bestandtheil der Organisation bei Selachiern ausmacht, so darf daraus gefolgert werden, dass die oberflächliche Kiefer- bogen-Schichte des Facialis-Gebietes für die Haie in gleicher Weise eine alte Er- rungenschaft ausmacht. Von ausschlaggebender Wichtigkeit ist in dieser Beziehung deren ganz allgemeine Verbreitung bei den Haien. Dieser bei ihnen tief einge- bürgerte Organisationsplan ist auf die Amphibien, Reptilien und Säugethiere über- tragen. Die genannnte, oberflächliche Muskulatur lockt zu entwickelungsgeschicht- lichen Forschungen heraus, bei welchen zusammengehörige Einrichtungen gleich- zeitig zu berücksichtigen sind. Im Systeme der oberflächlichen Ringmuskulatur (Vrrrer’s) nimmt das Facialis- Gebiet eine Sonderstellung ein. Die oberflächlichen, auf den Kiefer-Bogen, also in fremdes Territorium übergreifenden Muskellagen sind den Glosso-pharyngeus- und Vagus-Gebieten fremd. Die weit oral- und aboralwärts ausgebreiteten, ventralen Schichten haben der Facialis-Muskulatur bei Selachiern eine Präponderanz über hintere Gebiete zugewiesen. Bezüglich der Specialisirung steht der zum Zungenbein-Bogen gehörende Theil des Constrietor superfic. dem Kieferbogen-Apparate bedeutend nach. Die Kiefer- Muskulatur hat bereits bei den Selachiern einen sehr bestimmten Charakter em- pfangen. Die Facialis-Muskulatur hat bei den Haien einen Weg der Sonderung wohl eingeschlagen; aber ihre, für alle höheren Wirbelthiere so überaus charakteristischen Verhältnisse bahnen sich doch erst bei den Amphibien an, Nichts destoweniger leiten Festschrift für Gegenbaur. IH. 31 242 GEorG Ruck [50 die hier vorgeführten Befunde direkt zu denen der anderen Wirbelthier-Abthei- lungen hin. Der ganze Komplex der Facialis-Muskulatur wirkt mit als Verengerer der Mund- und Kiemen-Höhle und als Schliesser der Kiemen-Löcher. Die vorderen, dorsalen Portionen mögen wohl auch zur Hebung von Zungenbein- und Kiefer- Bogen beitragen (VErTER, pag. 415). Dies muss aber gleichzeitig auf die Verenge- rung der Mundhöhle hinzielen. Der Boden der Mundhöhle wird durch den inter- mandibularen Muskel C,mv emporgehoben, was ebenfalls ein Verengern der Mund- höhle zur Folge hat. b. Des Nervus facialis motorische Aeste. Dieselben erschöpfen sich in der besprochenen Muskulatur. Verrer hat die Innervationsverhältnisse eingehend und zutreffend beschrieben. Wennschon es nicht Art.er.g. Fae. Ca hd. p.o.F. Cıd. HyMad. Cam d. Oadv. Kiem. sp. Lig. hy.-md. ch. t. fac. DS Mand. Cor. hy.-ınd. Hy. Fig. 12. Seitliche Ansicht der linken Kopf-Region von Hexanchus. 2/3. Die gesammte Muskulatur des Kiefer- und Zungenbein-Bogens ist entfernt; der Kiefer-Bogen ist exartikulirt. Der Zungenbein- Bogen, der Nerv. facialis sind in ganzer Ausdehnung erkennbar. Der Nerv zieht dorsal vom Spritzloche zur Seitenfläche des Zungenbein-Bogens. Die sensiblen Nerven sind doppelt kontourirt. Wunder nehmen kann, dass alle an den Zungenbein-Bogen festgehefteten Muskeln dem Facialis-Gebiete zufallen, so ist durch den Autor doch andererseits ausdrücklich die Innervation der Kieferbogen-Portion hervorgehoben worden. „Dass die ganze zwischen den Unterkieferästen befindliche Muskelmasse dem Zungenbein-Bogen zu- gerechnet werden muss, geht aus der Innervirung hervor“. Dafür, dass die ursprüng- lich vom dritten Aste des Trigeminus innervirte Portion des Kiefer-Bogens zwischen den Unterkieferästen so vollständig verschwand, hatte Verrer keine Erklärung ge- funden. Trotzdem auch meine Aufmerksamkeit der Innervation der gesammten Mus- kulatur sich zugewendet hat, ist es mir nicht gelungen, andere Aeste als solche vom Facialis zur intermandibularen Muskulatur verfolgen zu können. Der Nervenstamm, motorische und sensible Elemente enthaltend, gelangt nach Abgabe des R. anterior (palat.), welcher seit GsGensaur dem KR. pharyng. des 51] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 243 Glosso-phar. oder einem der Rr. branchiales des Vagus völlig gleichwerthig be- trachtet wird (1871, S. 524), bei allen Formen zur hinteren Wandfläche des Spritz- loch-Kanales. Der Nerv verbreitet sich am Zungenbein und am oberen "Theile des Palato-Quadratum, „der von seiner ursprünglichen Bedeutung als Kiemen-Bogen nur den unansehnlichen, anatomisch und funktionell modificirten Rest einer Kieme an der Spritzloch-Rinne behalten hat“ (Grsensaur 1871, S. 542). Der Facialis-Stamm dringt darauf zwischen Spritzloch und C©,d in oberflächliche Schichten vor. VETTER bildet den Stamm bei Acanthias in einer solchen Lagerung ab (o. e. Fig. 3) und be- schreibt dieselbe (pag. 417). Die Lagerung des Facialis-Stammes dicht hinter dem Spritzloche ist eine durchgehende Erscheinung. Sie trifft für Heptanchus zu. Auf der Fig. 7 erkennt man sie bei Hewanchus. Der Nerv ist auf der nebenstehenden Fig. 12 in seinem ganzen Verlaufe und Endgebiete zu übersehen. Die bei den Notidaniden regel- mässig bestehende, gelenkige Ver- bindung des Zungenbein-Bogens mit en Ad. Odr. dem Cranium erklärt das selbststän- - dige Austreten des N. facialis aus dem Schädel, welches Verhältniss auch dem Glosso-phar. noch zu- kommt. Der Facialis hält einen mehr indifferenten Verlauf inne und giebt für die Schädelkapsel den Indifferenzpunkt der Wachs- thumszone an, indem die hinter Fig. 13. x Seitliche Ansicht des Kopfes von Acanthias, nach Entfernung die vor ihm liegenden aber rostral- von Auge, der gesammten Kiefer- und Zungenbeinbogen-Musku- 3 . C ’ : latur. /;. Man erkennt den Facialis nach dem Austritte aus wärts gerichtet sind (vgl. GEGEN- dem Cranium, dessen Lage hinter dem Spritzloche. De Ram. = L; vn an . A palatinus verlässt den Schädel selbstständig. €’ d ist im Ursprunge Baur 1571, 8. 596, 54 1). Bei Acan- dargestellt. Zu ihm begiebt sich ein Ast des Trigeminus. ihm liegenden Nerven caudalwärts, thias ist die Lage des Nerven zwi- schen Spritzloch und C,d aus Fig. 3 und aus der nebenstehenden Fig. 13 ersichtlich. Die Figg. 5 und S veranschaulichen das Verhalten bei Mustelus. Der Nervenstamm verläuft, nachdem er vom Spritzloche sich abgewendet hat, längs des Aussenrandes des dorsalen Stückes des Zungenbein-Bogens. Er befindet sich hier zwischen den Insertionen der oberflächlichen und tiefen, dorsalen Schichten C,md und C,hd; er liegt demgemäss auch zwischen Zungenbein- und Kiefer-Bogen. Er ist also bedeckt von C,md. Der Stamm gelangt unter Beibehalten dieser Lage- beziehung hinter das Kiefer-Gelenk, wo die Auflösung in seine Endäste erfolgt. Verrer’s Mittheilungen über Hept. decken sich mit diesen Angaben. Die Figg. 7 und 12 zeigen den Nervenstamm zwischen Spritzloch und Zungenbein-Bogen, zwischen diesem und dem Kiefer-Bogen, ausserdem nach innen von der Insertion der ober- flächlichen Schichte C,md und nach aussen von der Insertion der tiefen Muskel- platte C,hd. Bei Acanthias (Fig. 3) und bei Mustelus (Fig. 5) liegt ein Abweichen 31* 244 GEORG RuGE [52 von jenem Verhalten vor, insofern der Nervenstamm sofort nach dem Verlassen des Spritzloches einen oberflächlichen Verlauf einschlägt und auf diese Weise seiner dorsalen Aeste sich entledigt. Der Nerv lagert bei Acanthias sogar oberflächlich von der zum Kiefer-Bogen ziehenden Portion C,md, deren Ausdehnung, wie oben ange- führt worden ist, als eine beschränkte sich zeigt. Dieser Umstand ist jedenfalls theilweise maassgebend dafür, dass der Nerv nach aussen vom Zungenbein-Bogen und von dessen Muskulatur eine subkutane Lagerung erworben hat. Dieser Zustand nähert sich einer primitiven Anordnung, ohne als eine solche ohne Umschweif bezeichnet werden zu können, da eine Reduktion der oberflächlichen Platte ©, m d stattgefunden haben kann. Auf der Verlaufsstrecke bis zum Kiefer-Gelenk entsendet der Facialis hinter dem Spritzloche einen oberflächlichen Ast zu Cyamd. Dieser dorsale Muskelast ist bei Heptanchus durch Verrer dargestellt worden (l. ec. Fig. 3). Bei Hewanchus (Figg. 7 und I2) werden Aeste zu beiden dorsalen Schichten Chmd und C,hd abgegeben. Dessgleichen spalten sich hier dorsale Aeste zur ungeschichteten, branchialen Zone O,dv ab (Fig. 7). Bei Acanthias und Mustelus (Fig. 3 und Fig. 5) lösen sich mehrere, stärkere Aeste vom Stamme los, welche, aboralwärts gewendet, in der ganzen dorsalen Muskel- schichte Cd sich auflösen. Bei Acanthias sind drei Aeste wahrgenommen, welche vom Stamme aus in caudaler Richtung divergiren. Mustelus lässt mehrere, derartige Muskeläste unterscheiden. Dieselben bilden, vielfach zur engeren Verbindung zu- sammentretend und sich wieder auflösend, ein Geflechte hinter dem Spritzloche. Die Nerven sind an dieser Stelle von einem, die Oeffnung des Spritzloch-Kanales dorsal und ventral umfassenden, sehr differenten Muskel theilweise bedeckt. Diese sekun- däre Lagebeziehung, welche der Muskel zum Facialis erlangte, dürfte als Ursache für die Entstehung des Nerven-Geflechtes anzusehen sein. Die Koincidenz der abgeän- derten Nerven-Anordnung und der Ausbildung der Spritzloch-Muskulatur legt diese Annahme nahe. Fin stärkerer Ast bildet mit dem Stamme selbst eine grössere Schlinge. Der differente Spritzloch-Muskel umschliesst die Oeffnung des Kanales und vermag diese zu schliessen; er begiebt sich aber ausserdem zu der Niekhaut und zum oberen Augenlide, für welche er ein Levator palpebrae nietitantis und ein Retractor palp. superioris ist. 'Tıesıng hat diese Verhältnisse jüngst beschrieben. Die Muskeln sind Abkömmlinge von (id. Die Verästelung an der ventralen Muskulatur geschieht in übereinstimmender Weise derartig, dass der Endstamm mit seinen motorischen Fasern am Gelenke in die Tiefe zwischen die oberflächliche und tiefe Schichte von- ©5v sich einsenkt und, dem Zungenbein-Bogen parallel nach vorn verlaufend, beiden letzteren Muskeln Zweige entsendet. Vrrrer schildert das Verhalten derartig von Heptanchus, Acanthias und Scymmus. Das genauere Verhalten von Heptanchus ist bisher unbekannt geblieben; das- jenige von Hexanchus ist aus den Figg. 1,2, 9, 12 zu entnehmen. Dicht über dem Kiefer-Gelenke dringen die Stammäste zur Oberfläche. Als sensible Stränge ziehen sie nach vorn und abwärts (Fig. 1). Ein starker Ast senkt sich hinter dem Gelenke, 53] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 245 in der Nähe der horizontalen Zwischensehne, welche die ungeschichtete, branchiale Muskelzone C,vd durchsetzt, in die Tiefe. Er verläuft zwischen Chmv und O,hv, dem Zungenbein-Bogen parallel nach vorn und medianwärts, wobei er sich in jenen Muskel-Schichten auflöst. Der Nerv formt anfangs eine lange Schlinge (Fig. 9). Ausser diesem tiefen Aste breiten sich zwei Nerven auf der Aussenfläche von C, mv aus. Ein kleiner Ast zieht unterhalb der horizontalen Zwischensehne zum Muskel Fig. 1); ein anderer kommt 1,3 cm vor dem Gelenke zum Vorscheine und löst sich, während er vor- und medianwärts verläuft, allmählich auf (Fig. 2). Vom tiefen Ast spaltet sich frühzeitig der einer Chorda tympani entsprechende Schleimhaut-Ast (ch. £.) ab; er kreuzt das Hyoidstück des Zungenbein-Bogens in der Nähe des Kiefer-Gelenkes (Fig. 12). Auf Fig. 9 erscheint er in medialer Ausdehnung zwischen den beiden ersten Visceralbogen. Wir haben es bei Hewanchus also mit tiefen und oberflächlichen, motorischen, ventralen Nerven zu thun. Ohd. Chdv. Oy-gd. Br / EEK 5. K. sp. spin. Längsm. GER | |RSS N R.c.md. Camv. Schl. Cav. —— > trig. kan. 6 Fig. 14. Seitenansicht der Ko Rue eBien von Acanthias. ?/3. Die vor und die hinter dem Spritzloche befind- liche Visceral-Muskulatur kommt zur Darstellung. Auf C%, breiten sich der Facialis und das von ihm beherrschte System der Schleimkanäle aus (Sehl.-K.) Acanthias. (Fig. 3, 4, 10, 14.) Der Nervus facialis spaltet sich dorsal vom Kiefer-Gelenke in mehrere stärkere Aeste, von welchen zwei die Haut aufsuchen. Ein zwischen ihnen befindlicher Ast (Fig. 14) spaltet sich wieder in zwei Nerven, deren einer als Homologon der Chorda tympani zur Schleimhaut zieht. Durch Kombination der Figg. 3, 14, 15 und 16 kann man den ganzen Verlauf dieses Nerven sich leicht veranschaulichen. Man sieht den Nerv ch. t. auf der Fig. 15 zwischen die Ventralstücke der beiden ersten Visceralbogen eintreten. Auf Fig. 16 wird ch. £. in seiner Verästelung zur Schleimhaut in der Nähe des Ventralstückes des Zungen- bein-Bogens angetroffen. Um dies darstellen zu können, hatte der Kiefer-Bogen zuvor entfernt werden müssen. Der zweite Nervenast ist ein motorischer; er verläuft hinter der Kau-Muskulatur bogenförmig ventralwärts und senkt sich in der Nähe der hori- zontalen Zwischensehne zwischen die Schichten C;,mv und (,hv ein (Figg. 4, 10). Beiden Muskellagen Zweige zutheilend, erschöpft sich der Nerv allmählich. Auch hier ist der Verlauf des Stammes dem Hyoidstücke parallel gerichtet. Verrer stellt 246 GEORG RuGE [54 das Verhalten des Nervenlaufes im Wesentlichen ebenso dar (o. c. pag. 417, Fig. 3), erwähnt jedoch noch eines Astes, welcher am Gelenke im oberflächlichen Verlaufe zu dem ventral und aboral von der breiten Horizontalsehne gelegenen Muskel-Abschnitte sich begiebt. Letzterer entspricht etwa dem dreieckigen Muskelfelde der Fig. 4, welches von der horizontalen Sehne, der ventralen Zwischensehne zwischen C,v und C,v und vom hinteren Rande von C,mv sich begrenzt zeigt. Mustelus. (Figg. 5, 6, 11.) Von den hinter dem Spritzloch-Kanale sich trennen- den Facialis-Aesten begiebt sich der eine ventral- und aboralwärts (Fig. 5); er dringt ventral von der Horizontalsehne in die Tiefe und verläuft zwischen C,mv und O,hv in medialer Richtung weiter (Fig. 6). Zwischen Kiefer- und Zungenbein-Bogen erfolgt eine 'T'heilung in den die Schleimhaut aufsuchenden Nerven ch. £. und in den die Muskulatur versorgenden Zweig (Fig. 11). Dieser bildet durch eine dreifache Schlinge, welche durch seine Zweige zu Stande kommt, ein langgestrecktes Geflecht. Ein Trig. LIT. Add. md. Lev. max. P. spir. Spr. Lig. hy.-mas. ch.t. [03 h D. Lig. hy.-md. Fig. 16. Ventralansicht der Kiefer - Zungenbein- Bogen-Region von Acanthias. ?/3. Der Fig. 15. linke Unterkiefer ist entfernt, um den Ventralansicht der Kiefer-Region von Acanthias vulg., nach Verlauf des Nerven ch.t. längs des Hyoids, Entfernung aller Muskulatur. ?/3. Verlauf des Schleimhaut- sowie die tiefe, ventrale Muskelschichte Nerven ch.t. (Chorda) zwischen Mandibula und Hyoid. C5hv zu zeigen. caudalwärts ziehender Zweig innervirt die aboralen, ventralen, tiefen Muskelpartieen, welche der Portion C,Av zugehören (Fig. 11). 2: Rajae. Die Kiefer-Kiemen-Muskulatur der Rochen ist jüngst durch B. Tıesme') neu bearbeitet und in ihrer Zusammensetzung genauer bekannt gemacht geworden. Da- durch ist eine Lücke ausgefüllt, welche bis heute bestanden hat. 1) BERTHOLD TIESING, Beitrag zur Kenntniss der Augen-, Kiefer- und Kiemen-Muskulatur der Haie und Rochen. Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaften. Bd. XXX., N.F. XXIII. nt, 55] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 347 Tıesıng gewann aus seinen Untersuchungen eine feste Handhabe zur Beur- theilung der systematischen Stellung der Haie und Rochen zu einander. Alle In- stanzen, soweit sie überhaupt aus dem visceralen Apparate mit dessen Skelete, Muskulatur und Nerven zu entnehmen waren, liessen erkennen, dass die Haie die primitiven Verhältnisse darboten, die Rochen aber hochgradige Differenzirungen auf- wiesen. Ich halte Tırsıng’s Resultate für so gut begründet, dass die anders lautenden Ansichten über die Stellung der Rochen zu den Haien kaum eine Berücksichti- gung verdienen. Diejenigen, welche mehr allgemeine entwickelungsgeschichtliche Fragen an Rochen-Material erledigen wollten, hatten wegen der hohen Specialisirung dieser Formen eine unglückliche Wahl getroffen, welche in den Ergebnissen sofort hervortraten. Die durch Tiesıng auf's Neue fest begründete Anschauung von der systema- tischen Stellung der Rochen kommt auch in der hochgradig und eigenartig entfalteten Facialis-Muskulatur zum vollsten Ausdrucke. Man trifft alle fünf Abschnitte, welche an der Muskulatur der Haie unterscheidbar sind, bei den Rochen wieder an. Da Acanthias, Scymnus und Mustelus erhebliche Rückbildungen im Gebiete Cu md auf- weisen, diese Muskellage aber bei den Rochen sehr specialisirt und stattlich ist, so halte ich es für erforderlich, den Anschluss der Rochen an die Haie bei primitiveren Formen, als Mustelus und Acanthias sind, zu suchen. Die Notidaniden geben, wie ich glaube, unter den untersuchten Formen wieder den natürlichen Ausgangspunkt ab. Die Einrichtungen im Facialis-Gebiete von Mustehus, Acanthias lassen sich aber nicht so unmittelbar an diejenigen der Rochen anschliessen. Tıesıng’s sorgfältige Untersuchungen setzen uns in den Stand, eine Gruppe von Erscheinungen hervorzuheben, unter welchen die Entwickelung von €, nach einer ganz besonderen Richtung sich auszeichnet. Dies tritt vor Allem bei CO,mv und Cymd in die Erscheinung. l. Cyvd. Diese hintere, das erste Kiemen-Loch begrenzende Portion, deren dorsale Fasern in die ventralen kontinuirlich sich fortsetzen, stellt sich auch bei den Rochen ein. Die dorsalen, spärlichen Elemente sind in der Occipitalregion des Schädels befestigt; sie haben hier den primitiven Zusammenhang mit dem Levator hyo-mandibularis (C,hd) bewahrt (Tıesıse, p. 101). Bei Rhinobatus fehlen diese dorsalen Bündel. Fernerhin sind dorsale, aborale Bündel dieser Constrietor-Portion an der transversalen Sehne zwischen C,d und C,d befestigt. Die ventralen Muskel- fasern hingegen sind mit der transversalen Sehne zwischen C,v und C;v verschmolzen. Dorsale und ventrale Fasern ziehen zur „Horizontalsehne“, welche auf diese Weise die schärfere Scheidung zwischen C;v und C,d bewerkstelligt. C;h. Die zum Zungenbein-Bogen verlaufenden Muskellagen werden bei den Rochen ebenfalls angetroffen. Ihre Elemente hängen hier und dort mit Cyvd zu- sammen. Auch hier stellen sie, wie bei den Haien, tiefe Schichten dar, die wir als C,hd und als C,Ahv unterscheiden können. 2. Die dorsale Schichte Chhd ist bei Rochen sehr deutlich ausgeprägt und selbstständig. Sie ist durch Tıesıng als Levator hyo-mandibularis aufgeführt. Der 248 GeorG Ruck [56 Ursprung bedeckt die Labyrinth-Region des Schädels und schliesst an O,d an. Die Insertion nimmt das obere Drittel bei Raja, das mittlere Drittel bei Torpedo, das untere Drittel der oberen Kante des Hyo-Mandibulare bei Rhinobatus ein. Die Gleichwerthigkeit des Lev. hyo-mand. der Rochen mit C;hd von Mustelus hebt Tırsıns ausdrücklich hervor (S. 100). 3. Die ventrale Portion C»hv ist nach Tirsine’s zutreffender Darstellung die tiefere Schichte von Csv. Sie kommt allen untersuchten Rochen zu und trägt bei ihnen den Namen eines Depressor hyo-mandibularis. Die ventrale Medianaponeurose bietet die Ursprungsflächen dar. Nach aussen konvergirende Bündel suchen eine schmale Fläche des Hyo-Mandibulare auf. Ein inniger Zusammenhang mit dem oberflächlichen C,mv scheint strecken- weise im Ursprunge erhalten zu sein. C;m. Die dem Kiefer-Bogen zugehörigen Muskellagen fehlen den Rochen nicht; sie treten als dorsaler und als ventraler Muskel auf. 4. Der dorsale Theil, Cx;md der Haie, hat bei den Rochen eine sehr be- deutsame und eigenartige Entwickelung eingeschlagen; er zeichnet sich seiner Funk- tion nach als Levator rostri aus. 'TiesinG beurtheilt ihn dementsprechend als ein Gebilde, welches frühzeitig eine weitgehende Differenzirung aus oberflächlichen Gebieten von C,d eingeschlagen hat. Ursprungsstätten bildet für ihn die dorsale Fascie zwischen Schädel und Schulter-Gürtel. Die Insertion liegt bei Raja und Rhinobatus am Vorderrande des Rostrum, bei Torpedo am Ethmoidalfortsatze. Da die Innervation des Levator rostri durch den N. facialis dessen Natur erschliesst, so stellt sich Tiesıng die lang nach vorn ausgezogene Endsehne durch sekundäre Veränderungen entstanden in folgerichtiger Weise vor. Wahrscheinlich handelt es sich um sehnig umgewandelte Fascien im Bereiche des Schädels, welche zur Herstellung der langen Endsehne beigetragen haben. Tiesınd’s Beurtheilungen der vorliegenden Befunde sind meiner Ansicht nach die einzig zulässigen. Der Dorsaltheil hat bei den Rochen die Beziehungen zum Kiefer-Bogen völlig verloren; er bildet einen sehr ansehnlichen Muskel. Da C,md bei den Notidaniden in voller Entfaltung angetroffen wird, bei Acanthias, Scymmus und Mustelus aber nur eine untergeordnete Rolle spielt, so begegnet man bei der Ableitung der Zustände bei den Rochen von denjenigen bei den primitiver sich verhaltenden Selachiern auf geringere Schwierigkeiten, als solche auftauchen, falls wir einen Vertreter der selbst wieder specialisirten Squalidae nictitantes zum Ausgangspunkte der Vergleichung wählen. 5. Der ventrale Muskel, C,mv der Haie, hat seine Beziehung zum Kiefer-Bogen bei Raja und Rhinobatus bewahrt. Er entsteht bei diesen breit von der ventralen Aponeurose und heftet sich verschmälert an der unteren Fläche des Unterkiefers fest. Tirsıng hat bei Torpedo ein Aequivalent für einen solchen Depressor mandi- bulae vermisst. Bei Torpedo ist das Gesammtmaterial eines O»mv der Haie wahrscheinlich zum Aufbau eines Muskels verwendet worden, welcher auch bei Raja und KRhinob. 57] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 349 besteht und als Depressor rostri als ein neues Glied im Facialis-Gebiete sich ein- gestellt hat. Der Depressor rostri ist vom Facialis innervirt; er ist ein Produkt von C,mv der Haie. Tıesıns nennt den Depressor einen Antagonisten des Levator rostri und denkt sich gleiche Faktoren bei dessen Entstehung thätig wie bei der des Levat. rostri. Was zunächst den anatomischen 'T'hatbestand betrifft, so ist der bei Raja, ?hinob. und Torpedo übereinstimmende Ursprung von der Fascie der ventralen, spinalen Längsmuskulatur hervorzuheben. Der platte Muskelbauch liegt oberflächlich von Cymv (Raja, Rhinobatus). Am Mundwinkel entfaltet der Muskel eine schlanke Sehne, welche bei Raja und Rhinob. zum Aussenrande des Rostrum, bei Torpedo zum Ethmoidal- fortsatze in der Nähe des Gelenkes sich begiebt. Der Muskel dürfte sich aus dem oberflächlichen Bereiche der Ventralportion des Constr. superf. in gleicher Weise wie der Levator rostri entwickelt haben (Tiesing). Da ein Depr. hyo-mand. (Cymv) bei Torpedo fehlt, so dürfte die ganze oberflächliche Ventralportion von C), bei dieser Form zur Bildung des Depressor rostri verwendet worden sein. Bei Notidaniden fehlt jegliche Andeutung eines solchen Muskels, desgleichen bei Mustelus. In dem Depressor rostri spricht sich wiederum die sehr specialisirte Organisation der Rochen aus. Die Ausdehnung des Muskels über Gebiete, welche dem N. facialis so ganz und gar nicht anheim zu fallen pflegen, hält jeden Versuch nieder, welcher darauf hinzielt, den Rochen einen primitiven Charakter aufzudrücken. Den Selachiern kommt ein solcher zu (cf. Tiesiıss, S. 119). Bisher sind die erwünschten Uebergangsformen zwischen Zuständen bei Selachiern und Rochen nicht bekannt geworden. Ein Befund bei Acanthias je- doch, von VETTER beschrieben, dürfte vielleicht darauf hinweisen, wie die Zustände, welche zu den Einrichtungen bei Rochen hinleiten, sich angebahnt haben. Vom hinteren Abschnitte des C,m» haben sich oberflächliche Lagen abgehoben. „Sie gehen in eine breite, dünne Fascie über, welche fast die ganze Aussenfläche des M. adduct. mand. überzieht und allmählich in die Fasern desselben sich verliert, theilweise auch namentlich an ihrem unteren Rande, den letzteren direkt als Ursprung dient, . . .“ (VErTER, 1874, p. 416). Dieses Verhalten vergegenwärtigt vielleicht eine Etappe jenes Weges, welchen jener Depressor rostri der Rochen hat zurücklegen müssen, um mit seiner Insertions- sehne aus dem Facialis-Gebiete bis zum Rostrum vordringen zu können. Sransıus hat durch Reizversuche an der dem Acusticus eng angeschlossenen, motorischen Facialis-Wurzel ziemlich genau deren Endgebiet ermitteln können (1848 S. 30). Die Reaktion der elektrischen Reizung äusserte sich in der Kontraktion der Muskeln hinter dem Spritzloche. Das Quadratbein wurde gehoben. Die Schnauze wurde durch die fleischigen Muskeln, deren lange Endsehnen zum Schnauzen-Ende gelangten, gehoben und gesenkt. Die ventrale Kieferbogen-Schiehte C;mv der Selachier ist als ein Glied des Facialis-Gebietes behandelt worden. Dies geschah auf Grund eigener Untersuchungen Festschrift für Gegenbaur. IH. 32 350 GeorG RuceE 158 und der daraus sich ergebenden Resultate. Meine Beobachtungen decken sich völlig mit denen, welche B. Verrer 1874 veröffentlicht hat. Hiernach hatte der Ram. III trigemini keinen Antheil an der Innervation von C,mv bei den Notidaniden und verschiedenen, anderen Squali. Für die hier vertretene, auf Grund genauer Beobachtungen gewonnene An- schauung der alleinigen Innervation von C,mv durch den Facialis möchte ich voll und ganz eintreten. Dieselbe befindet sich nichts destoweniger in einem sehr leb- haften Widerspruche mit einer kurzen Notiz VrrTers aus dem Jahre 1878. Es handelt sich um die sehr bestimmte Angabe, dass der unmittelbar hinter dem Kiefer- Winkel ausgespannte Abschnitt bei Sphyrna malleus, Prionodon glaucus, Seyllium cani- cula und Galeus canis einen Ast des R. max. inf. Trig. empfange (o. c. p. 471). Der Trigeminus-Ast gehe zahlreiche Anastomosen mit den feinsten Verzweigungen des R. hyoideus N. fac. ein. Verrer deutet diesen 'Trigeminus-Abschnitt von Cymv als den Rest der dem Kiefer-Bogen zukommenden, vordersten Portion. Die sehr bestimmte Angabe des hochverdienten Forschers trifft mit meinen Wahrnehmungen für verschiedene Haie nicht überein; sie zwingt mich dennoch, die Frage der Innervation von C,mv nicht als endgiltig abgeschlossene betrachten zu wollen. Sie wird sich durch ontogenetische Befunde vielleicht erledigen lassen. Meiner gewonnenen Ueberzeugung indessen gedenke ich in den folgenden Blättern vollauf Rechnung zu tragen, gern bereit, jeder Zeit dem Zwange der Thatsachen mich zu fügen. Verrer’s oben erwähnte und sehr bestimmte Angaben sind zu aphoristisch gehalten und können mich nicht überzeugen. Bei Mustelus glaubte ich auch einmal einen Ast des Trigeminus zu C,mv verfolgt zu haben. Es bestanden auch die Anastomosen mit den Facialis-Aesten. Ich hatte aber schliesslich die Vorstellung erhalten, dass es sich um sensible Trigeminus-Zweige handelte. B. Tirsıne hatte ebenfalls Mustelus untersucht. Ich finde aber keine Angaben, welche zu Gunsten von Verrer sprechen. Aber auch dieser Umstand darf nicht maassgebend für uns sein, der Frage dereinst nicht nochmals näher zu treten. b. Holocephali. Chimaera monstrosa. Die Beschreibung der Kiemen-Muskulatur von Chimaera durch B. Verrer (1878)') ist so vorzüglich, dass nach ihr eine Beurtheilung der ein- schlägigen Verhältnisse vorgenommen werden kann. Die durch den Autor unter- nommene Vergleichung der Befunde bei C’himaera mit denen der Selachier sind meist stichhaltig, In einigen Punkten indessen hat VeErrer nach meinem Dafürhalten sich geirrt, so dass ich seine Darstellung in einem anderen Sinne hier nutzbar mache. Eine Abbildung der Kopf-Nerven von Chimaera durch Srannıus?) hatte bisher 1) B. VETTER, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Kiemen- und Kiefer-Muskulatur der Fische. Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft. Bd. XII. N. F. Bd. V. 1878. 2) H. Srannıus, Das peripherische Nerven-System der Fische. Rostock. 1849. er me 59] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. >51 nur eine sehr ungenügende Vorstellung vom motorischen Facialis-Gebiete bieten können. Indessen giebt jene bildliche Darstellung Manches wieder, was die Beur- theilung der Eigenartigkeiten von Chimaera vielleicht kann erleichtern helfen. Um jedoch nicht zu viel oder zu wenig aus einer Figur herauszulesen, wollen wir er- neuerte Untersuchungen abwarten. I. C,vd. Dorso-ventral durchlaufende Bündel-Systeme bestehen bei Chimaera in einem Muskel, welcher die Kiemen-Deckel-Membran aufbauen hilft. Wie diese vom Zungenbein-Bogen gemeinschaftlich mit dessen Radien caudalwärts über die aboralen Kiemen-Bogen als Schutz ausgewachsen ist, hat sich auch die hinter dem Kiefer-Gelenke befindliche Schichte C,vd nach hinten bewegt. Als Kiemendeckel- Muskel fehlt er nun auch dem freien, hinteren Rande der Operkular-Falte nicht. Er schliesst dieselbe caudalwärts ab. Der Muskel bedeckt in sehr primitiver Weise die langen Radien der Kiemen- Deckel-Membran, sowie eine quadratische Knorpel-Platte, welche von der Grenze vom Hyo-Mandibulare und vom Hyoid aus in die Operkular-Falte sich erstreckt. Das Hyoid ist der Träger der langen Radien. Vom Hinterrande der quadratischen Knorpel-Platte indessen gehen die obersten Kiemen-Deckel-Radien aus. Die aus der Verschmelzung der vorderen Enden der Radien entstandene, flache Platte ent- spricht ähnlichen Bildungen bei verschiedenen Haien. O,vd schliesst vorm an den postorbitalen Fortsatz an, entsteht von der dorsalen Fascie, sowie mittels eines Sehnenbandes von der Wirbelsäule. Der Irapezius lagert dorsal vom Ursprunge. Die nahezu quer verlaufenden Bündel erreichen die ventrale Medianlinie, in deren Nähe die Muskel-Platte am stärksten entfaltet ist. Die vorderen Bündel ziehen hinter dem Kiefer-Gelenke vorbei. Eine Sehnen-Platte, deren Bündel in denjenigen der Muskelfasern sich fort- setzen, trennt einen dorsalen, schmalen und einen ventralen, kräftigen, breiten Muskel- streifen ab. Letzterer erreicht die ventrale Medianlinie. Die Innervation durch den Facialis, die allgemeine Anordnung, die Lage- Beziehung zu den Radien des Zungen-Bein-Bogens, der dorsale Ursprung, sowie die ventrale Ausdehnung zur Medianlinie bilden Momente, welche den Vergleich des Kiemen-Deckel-Muskels von Chimaera mit Cyvd der Selachier vollauf rechtfertigen. Die horizontal ausgedehnte Sehne ward durch VErTER mit derjenigen von Haien (Scymnus, Acanthias) verglichen. Auch sie scheidet in der That bei C’himaera eine Schichte C,d von einer Schichte Cyv. Die Lage der Sehne ist bei Chimaera inso- fern verändert, als sie nicht mehr, wie bei Haien, caudal vom Kiefer-Gelenke, sondern mehr dorsal von demselben sich befindet. C,vd ist mit dem Auswachsen des Deckels der ersten Kiemen-Spalte, wie er bei Selachiern besteht, bei Chimaera zu einem Operkular-Muskel geworden. Als solcher besteht er in einem sehr einfachen Gewande. Der Kiemen-Deckel-Muskel C,»d, dessen Bedeutung im Verschlusse des Vor- raumes zu den Kiemen-Spalten liegt, hat eine oberflächliche, neue Muskel-Platte ent- stehen lassen, dessen Wirkung eine antagonistische ist. Indem die oberflächlichen 32* 252 GEORG RuGE [60 Bündelmassen von jener horizontalen Sehne in C,vd ausgehen und, nach vorn und oben ziehend, seitlich über die Mund-Spalte fast horizontal gegen die Nasen-Gegend hin ausstrahlen, vermögen sie die Kiemen-Höhle zu eröffnen. VErrEr hat der Portio superfic. diese Funktion zugesprochen. 1 Die Abbildung der Muskulatur bei Srannıus unterstützt die Ansicht, dass der oberflächliche Muskel wirklich ein abgespaltener 'T'heil des tieferen sei. Vrrrer vergleicht die oberflächliche Portion mit dem bei Scymnus und Acanthias vom Kiefer-Gelenke ausgehenden Faserbündel, welches in eine breite, den Adduct. mand. bedeckende Fascie übergeht. Die Richtigkeit dieser Annahme ist meines Erachtens nicht über allen Zweifel erhaben. Eine eingehende Prüfung über die phylogenetischen Beziehungen des Muskels von C’himaera, sowohl zu demjenigen zum Rostrum der Rochen ziehenden Gebilde, als auch zu dem zum Auge ausstrahlenden Muskel vieler Haie bleibt erwünscht. 2. Oym. Die Kiefer-Bogen-Schichten finden sich bei Chimaera in einer sehr bedeu- tenden Umwandlung, z. Th. in völliger Reduktion. Der ventrale Abschnitt ist, wie es scheint, in eine aponeurotische Platte umgewandelt, welche ventral einen Anschluss an Chvd erfährt. Diese paarige Muskellage fasst eine vorn breiter werdende Apo- neurose zwischen sich, welche vom Kiefer-Gelenke in den intermandibularen Raum sich ausdehnt. Die Aponeurose ist den Kiefer-Hälften adhärent (vgl. VErTErR, S. 438). C,md ist stattlich entfaltet, von VETTER genau beschrieben, aber in seiner Be- deutung unbekannt geblieben, Der Muskel zeigt sehr erhebliche Abweichungen von C;md der Selachier. Die Verwachsung des Palato-Quadratum mit dem Cranium trägt die Schuld daran. Demgemäss sind alle zum P.-Q. der Selachier ziehenden Dorsal- bündel bei Chimaera verödet. Es haben allein diejenigen sich erhalten können, welche durch Anheftung an die dem Gelenke benachbarten Flächen der Mandibula funktionelle Bedeutung behalten haben, lebensfähig geblieben sind. Diese wenigen, dorsalen Bündel aber haben sich dadurch zum kräftigen Muskel entfaltet. Derselbe hat den Charakter einer dorsalen Kiefer-Bogen-Portion voll bewahrt; er hat aber seine In- sertion zum Quadratum aufgeben müssen, um diese mit der Anheftung an den benach- barten Unterkiefer zu vertauschen. C,md lehnt sich in der Nähe des Kiefer-Gelenkes an C,hv noch enger an. Der Ursprung geschieht mittels einer kurzen Sehne unterhalb des unteren Augen- Höhlen-Randes von einer starken Aponeurose, welche die vordere Kopf-Hälfte umgiebt. Der Muskel zieht fast senkrecht herab zu der nach hinten und unten vorspringenden Ecke des Unterkiefers (vgl. VErrEr, S. 440). Hier liegt ein Zusammenhang mit der kräftigen, spinalen Längsmuskulatur (M. coraco-mandib.) vor, deren Insertionsbündel die ganze ventrale Fläche des Unterkiefers eingenommen haben. Die Wirkung des Muskels zielt auf Bewegung auch des Unterkiefers hin; sie wird in der Eröffnung der Mund-Spalte gesucht werden können. Der Muskel ist zu einem Depressor mandibulae geworden. In dieser Eigenschaft tritt Cymd zum ersten Male bei Chimaera auf. Wir begegnen ihm bei Protopterus wieder. Er ist bei allen Amphibien und Reptilien gut entfaltet. 61] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FAOIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 953 Die Zungenbein-Bogen-Portion des motorischen Facialis-Gebietes hat sich bei Chimaera erhalten, ist aber in einem sehr dürftigen Grade der Ausbildung. Der Dorsalabschnitt ist von der ventralen Schichte, völlig abgetrennt, ebenso wie von den anderen Gliedern der Facialis-Muskulatur. 3. Oyhd ist das durch B. Verrer als M. hyoideus superior bezeichnete Gebilde, welches durch grösste Selbstständigkeit sich hervorthut. Die Unterecke des knorpeligen Bodens der Augen-Höhle giebt die Ursprungsstätte für das schmale Muskelband ab. Die Insertionsstellen sind durch den oberen Rand und die Aussenfläche jener Knorpel- Platte gegeben, welche die Basis des Kiemen-Deckels stützt. Die Insertion greift ausser- dem auf den Hinterrand des Hyo-Mandibular-Stückes über. ©, hd zieht die Kiemen- Strahlen gegen den Schädel an und trägt dadurch zum Verschluss der Kiemen-Höhle bei. Der dorsale Zungenbein-Muskel von Chimaera unterscheidet sich von (, hd der Haie durch völlige Loslösung von C,vd, indem er seinen Ursprung von der Aussen- seite des Schädels, wo derselbe bei den Haien gefunden wird, auf die Hinter- und Unterseite des Schädels verlegt hat. 4. C,hv hat den Zusammenhang mit dem Vorigen eingebüsst. Er ist an der nach unten und hinten gewendeten Ecke des Cerato-Hyale festgeheftet. Von hier aus erstreckt er sich vorwärts, ist also längs gerichtet und hat demgemäss die für die Selachier bemerkenswerthe, transversale Bündel-Anordnung mit einer longitu- dinalen vertauscht. Die Befestigung findet z. Th. am Unterkiefer, lateral von dessen median vorspringendem Höcker statt. Einige Bündel kreuzen sich mit den Bündeln des anderseitigen Muskels in der Medianlinie hinter der Symphyse; sie sind diejenigen Elemente, welche noch einige, wenn schon verkümmerte Merkmale des Muskels der Squaliden bewahrt haben. Es ist, wie dargethan, wohl möglich, alle bemerkenswerthen Abschnitte des Muskel-Gebietes der Squaliden auch bei Chimaera nachzuweisen. Die bedeutsamen, ja eingreifenden Veränderungen, welche die einzelnen Schichten erfahren haben, stehen im Einklange mit den Umgestaltungen, welche am Skelete, sowie an der Kon- figuration des Kopfes und der Kiemen-Region stattgefunden haben. Die Ausbildung von C,vd zum Kiemen-Deckel-Muskel, welcher aber auch auf den Radien des Zungen- bein-Bogens sich ausbreitet, spielt die hervorragendste Rolle. Während die ventrale Kiefer-Bogen-Schichte, zur Aponeurose umgewandelt, die Bedeutung verlor, welcheihr bei den Selachiern zukam, fand ein sehr eingreifender Wandel an der dorsalen Schichte C,md dadurch statt, dass das Palato-Quadratum fest mit dem Cranium sich verband. Der Muskel hat unter diesem Verhalten nur die zur Mandibula ziehenden Bündel ausbilden lassen und das Prädikat eines Depressor mandibulae sich erworben. Die Zungenbein-Schichten führen nur ein kümmerliches Dasein. Sie sind von einander völlig abgetrennt. Der Dorsaltheil ist durch die tiefe Lage deutlich von C,vd geschieden und lässt sich von diesem auch noch durch die selbstständige Anheftung an der knorpeligen Radien-Platte sowie dem Hyo-Mandibulare unter- scheiden. 254 GeorG Ruck [62 Der ventrale Abschnitt C', Av zeichnet sich durch den fast longitudinalen Verlauf seiner Bündel aus, welche vom Hyoid vorwärts zur Symphyse des Unterkiefers verlaufen. c. Ganoidei. Acipenser sturio. Die zuverlässigen Angaben Verrer’s (1878, S. 465—48S) über die Muskulatur, sowie diejenigen von Srannıus (1549) über das Nerven-System gestatten uns auch hier, die wichtigen Glieder des motorischen Facialis-Gebietes mit ziemlicher Sicherheit, meistens in grösster Umgestaltung wieder aufzufinden. Manche Punkte bleiben in der Feststellung der Homologieen völlig unaufgeklärt. Um mich in keine hypothetischen Erwägungen zu verlieren, wo neue Untersuchungen aufklären können, halte ich mich allein an das, was mir voll begründet erscheint. Den epikritischen Bemerkungen VErzer's ist im Allgemeinen die Zustimmung nicht zu versagen. Die Beurtheilung der Muskulatur im Einzelnen weicht hier von denjenigen Vrrrer’s ab. I. ©,vd. Die bei den Selachiern dorso-ventralwärts durchlaufenden Bündel- massen sind bei Acipenser, ähnlich wie bei Chimaera, zu einem Kiemen-Deckel- Muskel caudalwärts umgebildet worden. Es sind aber hauptsächlich die dorsalen Abschnitte in den Kiemen-Deckel hineinbezogen, so dass die ventralen Abschnitte von Cyvd, von der ventralen Medianlinie aus verfolgbar, nur theilweise den Kiemen-Deckel erreichen und auf ihm ausstrahlen. Etwa in der Mitte der Membran findet sich bei Acipenser sturio ein Belegknochen. Dieser dient zur Anheftung der dorsalen Bündel, sowie der zur Kiemen-Deckel-Membran tretenden, ventralen Bündel von C,vd. Der operkulare Knochen scheidet demgemäss eine dorsale von einer ventralen Portion ab. Verrer hat den dorsalen Abschnitt einen M. opercularis genannt; während der zum Belegknochen tretende Abschnitt den aboralen Rand des ganzen, ventralen Constrietors darstellt und als C's, bezeichnet ist (Verrer, Taf. XII, Fig. 4). Schwanzwärts vom operkularen Deckknochen ist ein direkter Uebergang beider Abschnitte von Cyvd erhalten. Es besteht also kein Grund, die beiden, zu einer Einheit gehörenden Theile in der Darstellung von einander zu trennen. Das breitet nur einen Schleier über deut- lich ausgeprägte Beziehungen. Der theilweise, in der That völlig in zwei Abschnitte durch den Deckknochen zerlegte, operkulare Muskel C,vd ist beim Stör nicht kräftig entwickelt. Das hängt wohl mit dem Aufbau der Kiemen-Deckel-Membran zusammen, welche jeglicher knorpeliger Stützen vom Hyoid-Bogen her entbehrt. Dieser, auf hochgradige Reduktionen hindeutende Umstand unterscheidet Acipenser so sehr einerseits von C’himaera und andererseits von den Dipnoern, dass eine specielle Vergleichung für den gesammten Operkular-Apparat keine Resultate verspricht. Der Dorsaltheil von C, od, Verrer’s M. opercularis, entsteht dorsal vom zweiten Kiemen-Bogen, verläuft als schwaches Gebilde nahezu senkrecht herab zur Kiemen- Deckel-Haut. Auf dieser endigt er schräg an der Innenfläche des operkularen Deck- knochens, entsendet andererseits Bündel in den ventralen Muskel (Verrer’s Os,). 63] UÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 355 Nach vom an den Ventral-Abschnitt des operkularen Muskels ©, »d ist eine mäch- tige Constrietor-Masse angeschlossen, welche schräg erstens zum lateralen Ende des Hyoid- stückes, zweitens aber frei über die Ventralfläche des Symplecticum rostralwärts zieht. Diese Constrietor-Partie (Vrrrer's Portionen Ü's,_,) findet schliesslich unter dem Auge an dem nach hinten vorspringenden Ende des lateralen Wulstes des Rostrum Anhef- tungen (Verrer's Cs, vergl. Fig. 2 Taf. XII). Eine hinten angeschlossene Portion (Cs,) geht hinter und unter dem Auge in eine starke Aponeurose über. In dieser, vor dem ventralen Operkular-Muskel befindlichen Muskel-Platte sind wahrscheinlich noch vordere Elemente von Cyvd, vielleicht auch solche derjenigen Schichte, welche bei Selachiern C, m darstellen, enthalten. Die starke Reduktion des ganzen Kiefer-Apparates kann hier mancherlei Neugestaltungen mit sich geführt haben. Um dorso-ventral durchlaufende Bündel handelt es sich bei Ü's,_, (VETTER'S) fraglos; zweifelhaft bleibt es aber, ob diese Schichten immer zu (,»d gehört, oder ob sie sich auch aus C,m aufgebaut haben. Der Umstand, dass die Schichte C,mv bei Acipenser besteht, spricht, wie mir scheint, zu Gunsten des Bestehens eines äusserst mächtigen, wahren O,vd, dessen orale Bündel bis zur Orbital-Gegend sich ausdehnten. Die Zungenbein-Bogen-Schichte hat dorsal den stattlichen Retractor hyo- mandibularis (Verrer’s) hervorgehen lassen, welcher hinter dem Spritzloche sich eingebürgert hat. Die ventrale Portion ist allerdings ein unansehnliches Gebilde, in ihrer morphologischen Bedeutung aber nicht richtig gewürdigt. 2. C,hd entsteht hinter dem Kiefer-Stiele und dorsal vom ersten Kiemen-Bogen an der Seite des Cranium, ferner von der Unterfläche der vorspringenden Schädel- Deckknochen. Der als Retractor hyo-mandibularis wirksame, dicke Muskel zieht nach unten und vorn zu dem hinteren Rande des Hyo-Mandibulare, aufwärts bis in die Höhe des Spritzloches. 3. C,hv erscheint bei ventraler Ansicht als tiefes, von C,vd zum Theil bedecktes Muskelband; es ist median mit letzterem verbunden. Der Verlauf ist ein querer. Die Festheftung erfolgt am hinteren Rande des Hyoidstückes. Von VErrer ist die als C,hv zu deutende Portion Cs, genannt. Im vorderen Anschlusse an den ventralen Operkular-Muskel C,vd, und aboral an den dorsalwärts bis zum Cranium durchlaufenden Constrietor-Theil angeschlossen, löst sich von der ventralen, einheitlichen Constrictor-Platte ein Bündel ab, welches zum lateralen Ende des Hyoidstückes des Zungenbein-Bogens sich begiebt. Es trägt bei Verrer die Bezeichnung C's,. Gemäss der oberflächlichen Lage dürfte die frag- liche Portion als ein zum Hyoidstücke in sekundäre Verbindung gelangter Theil von C,vd betrachtet werden, während die Insertion dem Muskel den Charakter eines CO, hv verleiht. Die bei Acipenser erfolgte Umänderung im Kiefer-Zungenbein-Apparate erschwert die Beurtheilung der Homologie der letztgenannten Partieen mit hyoi- daler Insertion. Die Kiefer-Bogen-Portionen des motorischen Facialis-Gebietes sind für 256 GEoRG Rute [64 Acipenser von geringer Bedeutung. Von einem dorsalen Abschnitte lässt mit Sicher- heit sich nichts auffinden. 4. C'ymv besteht indessen in einem kleinen Muskel, welchen Verrer als M. mylo- hyoideus mit Cs, bezeichnet. Eine ventrale Aponeurose, welche weit hinter die Mandibula ausgedehnt ist und dorsal von C,vd sich befindet, lässt den paarigen, kleinen Muskel entstehen. Die Bündel konvergiren zum Hinterrande des Unterkiefers, wo sie medianwärts von dessen breiter, ligamentöser Verbindung mit dem Symplec- ticum schmal festgeheftet sind. Die Innervation von C,mv bei Acipenser sturio ist weder durch VETTER noch durch Srannıvs sichergestellt. Auf Grund einer etwas fraglichen Kompilation neigt VETTER zu der Ansicht hin, dass der Mylo-hyoideus Aeste des Facialis und des Trigeminus (Ram. III) beziehe. Der noch ausstehende, positive Nachweis muss geliefert sein, bevor wir auf das Feld wichtiger Spekulationen betreffs der Herkunft vom fraglichen Muskel uns begeben. Es sei hier nur erwähnt, dass VETTER in ihm das Material aus dem Trigeminus- und dem Facialis-Gebiete erblickt. Er begründete diese Annahme damit, dass er das in dem vorigen Abschnitte als C,mv behandelte Facialis-Produkt bei Sphyrna malleus, Prionodon glaucus, Scyllium camie. und Galeus canis auch Aeste des R. max. inf. Trig. beziehen sah (cf. $. 471). Dieser viel umstrittenen Frage habe auch ich meine volle Aufmerksamkeit geschenkt, ohne mich bisher auf den 1575 von Vrrrer eingenommenen Standpunkt stellen zu können. Man vergleiche hierüber die Abschnitte über Dipnoer und Amphibien. Ich habe mich von der Doppelnatur der Schichte C,mv nicht überzeugen können und glaube, dass überall da, wo dennoch der Ram. III trigemini Elemente zu C,mv entsendet, dieselben als Facialis-Fasern dem Trigeminus angeschlossen seien. d. Dipnoi. Ceratodus und Protopterus werden den Gegenstand einer ausführlicheren Besprechung bilden; sie sind von mir genauer untersucht worden. Die allgemeine Anordnung der Facialis-Muskulatur ist bei ihnen unschwer auf die Verhältnisse der Squaliden zu beziehen. Hierin begegnen wir keinerlei Schwierigkeiten. Im Speciellen bieten sich jedoch bei den Dipnoern sehr bedeutsame Verschiedenheiten von Selachier- Zuständen dar. Diese Differenzen stehen im Verbande mit der Ausbildung eines Operkular-Apparates bei den Dipnoern, hängen ab von der festen Verschmelzung des Palato-Quadratum mit dem Schädel, von der Umwandlung des Dorsalabschnittes des Hyoid-Bogens, sowie von dem Auftreten von operkularen Skeletstücken. Die gesammte Muskulatur, welche den operkularen Apparat bedeckt, gehört dem Facialis-Gebiet zu. Sie wird durch die Operkularstücke in mehrere Abschnitte zerlegt. Mit dem Verluste eines beweglichen Quadratstückes sind die bei Selachiern diesem Skelettheile noch zugehörigen Muskel-Abschnitte bei den Dipnoern natur- gemäss verschwunden. Ihnen fehlt also die Portion C;md, während die in indiffe- 65| UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 257 renter Art die dorso-ventrale Körperwand bedeckende Schichte Cyvd als Oper- kular-Muskel stattlich entfaltet ist. Die zwischen den Aesten des Unterkiefers aus- gespannte ventrale, intermandibulare Platte C,mv erweist sich bei Dipnoern von egrösster Selbstständigkeit der Ausbreitung. Auch in der Innervation von C,mv haben sich neue Zustände eingefunden. Die Dipneusten stimmen unter einander in den angegebenen Punkten überein und weichen demgemäss gemeinsam von den diesbezüglichen Einrichtungen der Selachier ab. Ceratodus, der Vertreter der monopneumonen Paladipneusten, differirt in vielen Einzelheiten nicht unerheblich von Protopterus, dem dipnopneumonen Neodipnoer. Dieser Umstand lässt zunächst eine gesonderte Behandlung der Befunde bei Beiden sowie eine daran sich anschliessende Vergleichung zwischen ihnen wünschenswerth erscheinen. l. Ceratodus Forsteri. Das motorische Facialis-Gebiet breitet sich flächenartig hinter dem Cranium und dem Kiefer-Apparate in der Kiemen-Deckel-Falte bis zu dem hintersten, scharfen Rande aus. Es erstreckt sich von hier aus bis gegen die ventrale Medianlinie, um oralwärts zwischen den Unterkiefer-Aesten zugleich an Ausdehnung zu gewinnen. I. Die von der dorsalen zur ventralen Körper-Wandung durchlaufende Portion C;vd lagert im hintersten Abschnitte der Kiemen-Deckel-Falte, wo sie zwischen den in ihr auftretenden Operkular-Stücken und dem hinteren, freien Rande auftritt. Die Anheftung der Bündel dieser Muskelplatte geschieht dorsal an einer derben Sehne, welche aus der seitlichen, hinteren Ecke des knorpeligen Cranium caudal sich erstreckt und allmählich in unregelmässigen Krümmungen der Brustflosse sich zuneigt. Dorsal vom Ursprunge der durchlaufenden Bündel werden zwei, vom Cranium ab- gesprengte Knorpelstückchen angetroffen. Dieselben haben einen grössten Durch- messer von nur 2 und 3 mm; während 0,7 cm vor ihnen ein dreifach so grosser Knorpel in grösster Nachbarschaft zum Schädel lagert (Figg. 17, 18). Die parallel geordneten Fleischfasern ziehen nahezu senkrecht über die Seiten- fläche der Kiemen-Deckel-Falte zur Ventral-Region herab, wo sie auf der Fig. 19 wieder erkennbar werden. Die der Kiemen-Deckel-Oeffnung benachbarten Bündel reichen medianwärts über letztere nicht hinaus, indessen die oralwärts angeschlossenen Bündel der ventralen Mittellinie sich nähern, um an einer derben, medianen Apo- neurose in einer unregelmässig ausgezackten Linie zu endigen. Die etwa 2,5 cm breite, aus dorso-ventral durchlaufenden Bündeln bestehende Portion erreicht oral- wärts ihr Ende an den zwei Skelet-Komplexen des Kiemen-Deckels. Diese Skelet- theile bieten den vorn sich unmittelbar anfügenden Muskellagen Anheftungsplätze dar, zerlegen diese Muskel-Portionen aber gleichzeitig bis zum Cranium hin in drei Etagen, welche in dorso-ventraler Richtung über einander liegen. Es handelt zich hier also um eine dorsale, um eine intermediäre und um eine ventrale Muskel-Lage, deren hintere Bündel je direkt an vordere Elemente von C',yvd sich anlehnen. Festschrift für Gegenbaur. III. 39 358 GeEorRG Russ [6 6 Die dorsale und intermediäre Portion (M. er. op. und M.i. op. der Fig. 18) schliessen mit vorderen Elementen an den Schädel an und reichen bis in die Gegend des Kiefer-Gelenkes herab (M. er. s. op.), ohne jedoch an der Mandibula selbst sich anzuheften. Diese beiden Portionen liegen dorsal von der Horizontale, welche die Längsachse des Unterkiefers schneidet; sie gehören dementsprechend wohl auch zu dem Muskel-Abschnitte, welchem, im Vergleiche mit dem Verhalten bei den Se- lachiern, die Bezeichnung C,d zufallen muss. Da die Elemente der dorsalen und intermediären Portionen hinter dem Kiefer-Gelenk sich ausbreiten und keine Insertion weder am Quadratstück noch am Hyo-Mandibulare besitzen, so erweisen sie sich als gleichwerthige Bildungen mit den auf den Strahlen des Hyoid-Bogens der Se- Opercuhum Or. r. R. ce. lat. J — a Com’. R.c.ment. Lig. Cov. fae. subop.-mand. Fig. 17. Seitliche Ansicht der Kopf- und Kiemen-Deckel-Gegend von Ceratodus, 2/3. Die operkularen Skeletstücke sind in ihrer natürlichen Lage zum Kiemen-Deckel-Muskel erhalten. Der Pfeil deutet auf den Eingang zum Vorraume der Kiemen-Höhle. Dorsal vom Muskel C5vd finden sich drei vom Cranium abgesprengte Knorpelstücke vor. Der mit Cr. x. bezeichnete Knorpel ist dem Cranium noch fester verbunden. lachier ausgebreiteten Muskel-Abschnitten. Diese schlossen sich den Elementen von C,vd bei einigen Formen innigst an; bei einigen anderen wurden sie durch die horizontale Sehne, welche den Radien des Zungenbein-Bogens auflagerte, in dorsale und ventrale Segmente abgetrennt. Diese Scheidung ist bei Ceratodus durch die Ausbildung von knöchernen Kiemen-Deckel-Stücken in schärfster Weise vollzogen. Wir haben deshalb an der in Betracht kommenden Muskulatur einen ventral von den operkularen Skeletstücken befindlichen Abschnitt und eine dorsale, in deren Be- reiche auftretende Platte zu unterscheiden. Diese letztere erweist sich durch die Opereularia wiederum in zwei Etagen zerlegt. In gleicher Weise, wie wir die letztere aus den allgemeinen Lagebeziehungen in Uebereinstimmung mit Abschnitten von 67] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTNIEREN. 259 C,vd der Selachier zu bringen vermögen, schliessen wir, dass keinerlei Elemente bei Ceratodus bestehen geblieben seien, welche auf C,md der Selachier bezogen werden können. Die zwischen den operkularen Skeletstücken befindliche Muskelplatte. a. Der dorsale Muskel-Abschnitt (M. er. op. der Fig. 18) schliesst sich an Cyvd an: er füllt die dreieckige Lücke im Kiemen-Deckel zwischen dem lateralen, hinteren Rande des knorpeligen Cranium und einer horizontal gestellten, vom Schädel caudalwärts ausgedehnten Knorpel-Platte der Fig. 18 völlig aus. Der Muskel ist ein cranio-operkularer (M. cr. 0p.) zu heissen. Der Ursprung vom M. cr. op. liegt in der Fortsetzung von O,rd. Das vom Cranium abgesprengte, grössere Knorpelstück ist d. Rpl. M. er.-np. Fac. Hy-Md. M.i.op. Cr.x. TERNeS]! \ \ \ Com v- Ye / Y R.e. M.cr.- R. Hy. Subop. v.Kpl. Cyvd. ment. fac. s. op. hy. Fig. 18. Seitliche Ansicht der Kopf-Gegend von Ceratodus nach der Entfernung 1) des knöchernen Opereulare und 2) einer, das Hyoid und dessen Knorpel-Strahlen bedeckenden Muskel-Platte Car. ?/;, Man erkennt die zwischen den knorpeligen Radien-Platten ausgebreiteten Portionen des Kiemen-Deckel-Muskels und deren Uebergang in Cyvd. in den Bereich der Ursprungsfläche hineinbezogen. Der Muskel greift weiterhin auf den seitlichen Rand des Knorpel-Cranium über. Der Verlauf der Bündel ist hinten ein nahezu senkrechter; er ändert sich vorn in einen schrägen um, wobei die Richtung vom Cranium aus nach hinten und abwärts zieht Die Anheftung der eranio-oper- kularen Schichte geschieht am scharfen, oberen Rande der horizontalen Knorpel-Platte der Fig. IS. Der dorsale Rand ist am aboralen Abschnitte des Operkular-Knorpels zugleich die Grenzmarke für eine tiefer liegende Fläche, über welche die Muskel- fasern hinwegziehen. In gleicher Weise verlaufen hintere Bündel frei über eine im tieferen Niveau gelegene Knorpel-Partie hinweg, um weiter ventralwärts am suboper- kularen Apparate sich zu befestigen. Die Anwesenheit kleiner Knorpelstückchen an der Innenfläche des Opereulum 33* 360 GEORG RuE [68 und Interoperculum war Huxtey') nicht entgangen. Van WnHeE? weist auf die grosse Variabilität dieser rudimentären Knorpelstückchen hin. Das Fehlen bildlicher Darstellungen schliesst ein auf dem Wege der Vergleichung zu gewinnendes Urtheil aus. Der Operkular-Knorpel lässt durch seine Omi. Beziehungen zum Muskel zwei Abschnitte unter- scheiden. Die Aussenfläche des einen Ab- schnittes befindet sich im Niveau des M. cr. op.; sie bleibt von Muskelbündeln unbedeckt. Diese freie Fläche setzt sich scharf ab von - N. m.h. m Lig. subop.-md. u: dem tiefer gelegenen Abschnitte der Knorpel- _ CHhv. Platte, dessen Aussenfläche von den Fleisch- fasern bedeckt ist. Die Fig. 18 orientirt über die Lage-Beziehungen vom Knorpel zum Muskel. Die bedeckte Fläche nimmt zum — R. e. ment. —— Opere. - Subop. , > £ = 1 2 Muskel eine ähnliche Lage ein, wie die Ra- to) ’ - M.i. op. = . & . er dien des Hyo-Mandibulare der Selachier zu den \- ee Hy-Md. Cr. 2 d. Rpl. 4 Cr. ( [ Grenze d. Op. oe \ I _ v. Rpl. Zee I) — IT } Di / Membr. I N Lig. subop.-nd. G hy.-subop. AU 27% ER EU N ) N) Subop. \ File. )S - Hy. SEN b AN , \ Fig. 20. AN a Seitliche Ansicht des Hyo-Mandibulare und der dor- G AU salen, knorpeligen Radien-Platte, nach Entfernung des Ta Opereulum bei Ceratodns. Die Grenze des Oper- io. 19. culum ist durch eine schwarze Linie angegeben, um = dessen Ausdehnung zum Cranium (Cr) ete. erkennen Ventralansicht der Kopf-Region von Ceratodus zu lassen. Das Subopereulum bedeckt das Hyoid 2/;. Die Richtung des Pfeiles giebt den Eingang (Hy). Ihm sind die ventrale Radien-Platte und die “ in die Kiemen-Deckel-Höhle an. Membrana hyoideo-subopercularis angeschlossen. 2 3. über die Radien hinziehenden Bündeln der Muskel-Platte O,vd. Es wird also durch diese Muskelbündel-Anordnung die Vermuthung geweckt, dass in der Knorpel-Platte Radien des oberen Stückes des Zungenbein-Bogens enthalten seien. Das genauere Verhalten des Skeletstückes bestätigt diese Ausnahme. Die nebenstehende Fig. 20 1) Huxrev, On Ceratodus Forster. Proceed. Zoolog. Soc. of London. 1876. 2) J. W. van WwsmE, Ueber das Visceralskelet und die Nerven des Kopfes der Ganoiden und von Cera- fodus. Niederländisches Archiv für Zoologie. Bd. V. 1881. N 69] ÜEBER DAS PER'PHERISCHE GEBIET DES NERVUS FAGIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 261 zeigt, wie der Operkular-Knorpel vorn mit einem schmalen Griffe beginnt, wie diesem aboral eine um das Doppelte breitere Platte angefügt ist (vgl. auch Fig. 18). Der aborale, sich wieder verschmälernde Rand ist aus drei Knorpelstücken zu- sammengefügt, von denen das vordere Stück dorsal mit der Knorpel-Platte verschmolzen ist, ventral aber als abgegliedertes Stückchen auftritt. Dieses Verhalten macht es wahrscheinlich, dass der Operkular-Knorpel eine Radien-Platte vorstellt, wie sie auch bei Haien gefunden wird. - Scymnus und Squatina besitzen derartige Radien-Platten am Hyo-Mandibulare, welche nach Ü. GeGengBaur wahrscheinlich durch Differenzirung eines einzelnen Radius hervorgegangen sind'). Die Uebereinstimmung der operkularen Knorpel-Platte von Ceratodus bezüglich Lage und Beziehung zur Muskulatur mit den Radien-Platten bei Haien ist eine per- fekte. Die nunmehr freie Fläche der Platte hat erst nach stattgehabter Reduktion der anfangs über sie hinziehenden Muskelbündel an die Oberfläche gelangen können. Diese Umwandlung hängt mit der Entfaltung des operkularen Deckknochens zu- sammen, welcher der ganzen, freien Knorpelfläche fest auflagert. Von dieser knor- peligen Basis aus dehnt das Opereulum gegen den seitlichen und hinteren Kranialrand und nach abwärts sich weiter aus, um hier die Muskulatur zu bedecken (Figg. 17, 18). Wir bezeichnen diesen Deckknochen in Uebereinstimmung mit A. Güntmer?), Huxtey ein Operculum. Ü. GeGExtaur nimmt ein Operculum mit einem Suboperculum bei Ceratodus gleichfalls als vorhanden an (1878)°). Entspricht der besagte Knorpel von Ceratodus einer Radien-Platte, wie sie bei Squaliden auftritt, so ist es nicht un- wahrscheinlich, dass das vorn an ihn anstossende, aber doch völlig von ihm getrennte, ovoide Knorpelstück einen Rest des oberen Stückes des Zungenbein-Bogens, eines Hyo-Mandibulare repräsentire (vgl. Fig. 18 u. 20 Hm-Md). Huxtey ist für diese Ansicht eingetreten. v. Wurm hält es nicht für unmöglich, dass ein Interhyale in der Knorpel- Platte vorliege. Gründe für diese Meinung sind nicht angegeben. Der operkulare Deckknochen nimmt als Basis für seine Ausbreitung auch das Knorpelstück (HyMd) in Anspruch, mit welchem es fest verbunden ist. Das Operculum stellt eine viereckige Platte dar, deren oberer (dorsaler) Rand mit demjenigen der knorpeligen „Radien-Platte‘“ genau abschliesst. Mittelst des vorderen Randes ist das Operculum dem Schädel eingelenkt. Der untere (ventrale) und der hintere (aborale) Rand halten sich in der Höhe des Unterkiefers in der Nähe des Subopereulum. Die hintere, obere Ecke wird aboral von den abgegliederten Stücken der „Radien-Platte“ überragt. und zwar derartig, dass Biindel des Muskels der Kiemen-Deckel-Falte zwischen Knorpel und Knochen verlaufen. 1) C. GEGENBAUR, Untersuchungen zur vergl. Anatomie der Wirbelthiere. III. Heft 1872. S. 180. Taf. XI Figg. 1 u. 2. 2) A. GÜNTHER, Description of Ceratodus, a genus of Ganoid Fishes, recently discovered in Rivers of Queensland, Australia. Philos. Trans. MDCCCLXXI. p. 525. 3) C. GEGENBAUR, Grundriss der vergleichenden Anatomie. 2. Aufl. Leipzig 1878. $. 479. 2062 GiorG RusE [70 Ventralwärts von der Verwachsungsfläche mit dem Knorpelstücke dehnt sich das Opereulum über den Muskel aus, welcher als interoperkularer dargestellt werden soll. Hy-Md der Fig. 17 u. 19 ist etwa von ovaler Gestalt. Sein scharf zu- geschnittener Vorderrand ist dem Cranium ebenso wie das Operculum beweglich in einem Gelenke verbunden. Der Facialis-Stamm ist hier von Hy-Md überlagert. Die wenigen Muskelbündel, welche vom Schädel zum Dorsalrande von Hy-Md sich begeben, dürfen als Ueberreste eines O,hd gedeutet werden, falls die Deutung des fraglichen Skeletstückes als eines Hyo-Mandibulare zutreffend ist. Spekulationen hierüber schliesse ich aus; ebenso lasse ich die Frage des Weiteren unerörtert. in welcher Weise die dorsal vom Hy-Md befindliche, dreieckige Knorpel-Platte (Cr.), welche dem Schädel innig anlagert, zu deuten sei. Es kann sich ja um eine abge- sprengte Portion des Schädels oder nur um eine solche des Hyo-Mandibulare, oder gar um Reste anderer, zum Zungenbein-Bogen gehöriger Bestandtheile handeln. In letzterem Falle, den ich allerdings für den unwahrscheinlichsten halte, könnten vielleicht die drei dorsalen Knorpelstückchen gleichfalls einer verschiedenartigen Deutung an- heimfallen (Fig. 18 ©). Ich bin nicht im Zweifel, dass diese Fragen an entwickelungs- geschichtlichem Materiale sich werden lösen lassen. b. Als M.interopercularis ist der mittlere Abschnitt des durch die Skelet- theile des Kiemen-Deckels beeinträchtigten C;vd bezeichnet (Fig. 18, 19 M. i. op.) Aboral fällt der Uebergang in die durchlaufenden Bündel von C,rd auf. Die Elemente sind dorsal und ventral je an den operkularen Skeletstücken festgeheftet. Dorsal erfolgt die Anheftung erstens an dem unteren Rande des vergrösserten Hinterstückes der „Radien-Platte“, zweitens an der Unterfläche des Operculum in einer von der dorsalen Radien-Platte (d. R. pl.) zum Hyo-Mandibulare (Hy-Md) verlaufenden Linie. Die Richtung dieser Ursprungslinie ist auf Fig. 19 aus dem vom Operculum abge- schnittenen Ursprungstheile zu entnehmen. Der M.i. op entsteht drittens am Unter- rande von Hy-Md. Der vordere Rand des Muskels bleibt vom Schädel I em entfernt. Die Anheftung der interoperkularen Schichte erfolgt ventral am Dorsalrande eines Taschenmesser-förmigen Skelettheiles, den ich, in Uebereinstimmung mit A. GÜNTHER, ein Subopereulum heisse. Die Beziehung des M.i. op. zu ihm ist eine Ähnliche, wie diejenige vom M. cr. op. zum Operculum und zu dessen knorpeliger Unterlage, indem die Bündel vor ihrer Anheftung an dem oberen, hinteren Randtheil des Sub- opereulum eine mit ihm verlöthete Knorpel-Leiste bedecken. Aboral ziehen die Muskel- faseın frei über die suboperkulare Knorpelfläche und erreichen hier den Anschluss an Cyvd. Dem Vorderrande des M.i. op. fügt sich eine derbe, viereckige Sehnen-Platte an, welche dorsal mit Hy-Md, ventral mit dem Suboperculum und kranial mit einem abgesprengten Muskelbande vereinigt ist. Letzteres entspringt am Schädel oberhalb des Kiefer-Gelenkes und inserirt am Vordertheile des Subop. (Fig. 18). Der Muskel ist gemäss seiner Ausdehnung ein cranio-suboperkularer zu heissen. Unter ihm ver- läuft der N. facialis in ventraler Richtung, feine Aeste zu ihm entsendend. Da die Insertionsfläche am Subopere. die Nachbarschaft des Hyoid-Bogens theilt, so kann man 71] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIEL DES NERVUS FACIALIS BEL WIRBELTHIEREN. 263 auch der Annahme beipflichten, dass der M. cr. s. op. als das Produkt eines O,hd der Haie zu deuten sei. Gehört er aber zur anfangs dorso-ventral durchlaufenden Portion C,rd, so vergegenwärtigt er deren vorderste, umgewandelte Bündellagen. Die interoperkulare und die cranio-suboperkulare Portion sind vom Oper- culum bis auf kleine, aborale Partieen bedeckt (Fig. IT). Die Wirkung kann allein in einer Annäherung der Skelettheile der Kiemen-Deckel-Falte beruhen, welche Wirkung sich natürlich auf die Nachbartheile in besonderer Weise umzusetzen ver- mag und auf die Verengerung der Kiemen-Deckel-Höhle hinzielen wird. Der Kiemen-Deckel-Muskel von Ceratodus fand durch A. Güntuer eine kurze Beschreibung: „Ihe gill-cover is adpressed to the head by a singular broad muscle, which takes its origin from the lateral edge of the oceipital cartilage, attaches itself to the upper margin of the opercle, and penetrates into the soft portions of the gill-cover, descending as far as the subopercle. It is divided into eight or nine fascicles by fibrous sheaths which run parallel with the muscular fibres“ (1 c. P. 525). c. Der ventrale Abschnitt des von Cyvd ableitbaren und durch die oper- kularen Skelettheile gegliederten Muskels ist am ventralen Rande des Suboperculum festgeheftet. Aborale Bündel ziehen frei über die dem Subop. angefügten Knorpel- stücke hinweg. Die Fasern lagern weiter vorn einer eigenartigen, suboperkularen Membran auf (vgl. Fig. 20, M. hy-subop). Vor dem Deckknochen (Subop.) entstehen kräftige Bündel vom Ligamente, welches den ersteren mit dem hinteren, ventralen Rande der Mandibula in Verbin- dung setzt. Andere, äusserst ansehnliche Muskelbündel entstehen am Ventralstücke des Zungenbein-Bogens. Die gesammte, aus diesen Ursprungsfasern hervorgehende, ventrale Muskelmasse bildet eine einheitliche Platte, welcher oralwärts bis zum Eingange in den Vorraum der Kiemen-Höhle der ventrale Theil von C,vd sich an- schliesst (Fig. 19). Die ventrale Muskelplatte ist ein Theil des ventralen Constrictors; sie umfasst die Abkömmlinge von C,vd und enthält ausserdem die ventrale Hyoid-Schichte C,hv der Haie. Die Fleischbündel halten, mit Ausnahme der oralen, vom Hyoid-Bogen ent- stehenden, einen queren Verlauf inne. Sie heften sich an einer ca. 2 cm breiten, aponeurotischen, medianen Membran fest, welche bis zur Kiefer-Symphyse verfolgbar ist (Fig. 19). Die mediale Insertionslinie ist stark ausgezackt. Die vom Hyoid-Bogen auslaufenden Elemente zeichnen sich durch einen vor- wärts mehr und mehr gestreckten Verlauf aus; sie endigen in der medianen Apo- neurose, etwa 4 cm von der Kiefer-Symphyse, ca. 1,5 cm von der Mittellinie entfernt (Fig. 21). Die Sehnenfasern jedoch ziehen vor- und medianwärts, um nur 1,7 cm von der Symphyse entfernt zu endigen. Suboperculum. Das Skeletstück, welches zwischen mittleren und ventralen Abschnitt des Muskels C,vd eingeschaltet ist, zerfällt in einen tieferen, knorpeligen und in einen oberflächlichen, knöchernen Theil. Der Knorpel besteht aus mehreren, eng an einander gefügten, grösseren und kleineren Stücken (Figg. 18 u. 20). Solche 264 GEoRG Russ (vos -1ı [5 sind bereits durch Huxtey wahrgenommen worden. Den unteren Knochenrand über- ragen vier Knorpelstücke; ihnen schliessen sich noch zwei an, welche aboralwärts über den Knochen hinausragen. Dem aboralen Abschnitte des Dorsalrandes des Knochens ist ein schmaler Knorpelstreif angefügt (Fig. 20). Da die Muskelbündel die gegliederte Knorpel-Platte in gleicher Weise wie am Operculum bedecken, so darf die Platte auch hier als das Rudiment von Radien des Hyoid-Bogens gedeutet werden. Es ist möglich, dass es sich entweder um eine Summe von Radienresten, oder aber um eine „Radien-Platte“‘ im obigen Sinne handle. Ich legte auf den Figuren der gegliederten Knorpel-Platte die Bezeichnung einer ventralen Radien-Platte bei (v. Rrr.). Der Knorpel ist der Unterfläche sowie den Rändern des ihn bedeckenden Knochens fest angefügt. Dieser ist ein Deckkno- _R. e. md. fa. chen, welchen ich ein Subopereu- ae lum heisse (vgl. A. GüntHer, C. GE- a GENBAUR), welchen Huxrer und v. Wite aber als Interoperculum aufgeführt haben. Ich beabsichtige nicht, in eine Diskussion über die spin. Längsm. — Lig. subop.-md. — © 0 N 5 > I Homologie dieses Skelettheiles hier einzutreten. Mit der vorderen Hälfte \ R. ce. ment. face. N \ 2 j“ IQQ 5 \ Y, we) 1 I" N 2 \ IR liegt dasselbe dem Zungenbein-Bogen ron. beweglich auf. Das vordere, abge- N stumpfte Ende bleibt vom Kiefer- Winkel etwa I cm entfernt. Ein äusserst kräftiger Bandapparat, ho- rizontal angespannt, vereinigt beide Skeletstücke (vgl. Huxtery, v. WisHe). Das Band breitet sich fächerförmig Fig. 21. k : über die Ventralfläche der Mandi- Ventrale Ansicht der Kopf-Gegend von Ceratodus. 2/3. Vie inter- e mandibulare Schichte C5m» ist bis auf die Anheftung am Unter- bula aus und empfängt dadurch kiefer, die Schichte (ay»d ist ganz entfernt, um (yhv zu Tage treten zu lassen. eine sehr starke Anheftung (Figg. 19, 21 und 22). Es findet auch eine Abspaltung von Flächenbündeln zur Medianlinie bis gegen die Symphyse hin statt. Unter dem Bande verlaufen ventrale Aeste des N. facialis. Ueber die freie Oberfläche des Suboperculum zieht von vorn nach hinten eine seichte Furche (Fig. 19). Der dorsale Randtheil ist gleichfalls vertieft, indem gegen ihn das Operculum mit seinem ventralen Randstücke eingreift (Fig. 17). Ein Hinweis auf die bei Selachiern erwähnte „Horizontalsehne‘“, welche vom Kiefer-Winkel gegen die erste Kiemen-Spalte sich erstreckt, enthält zugleich einen Anhaltspunkt über das Entstehen des Subopereulum von Ceratodus. Dasselbe korre- spondirt in Lage und Ausdehnung, sowie im Verhalten zur knorpeligen Basis mit jener Horizontalzone, welche zur Basis die um den Mittelstrahl des Zungenbein-Bogens 73] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 265 sich ordnenden Gebilde besitzt. Entsprechend diesen kongruenten Verhältnissen bin ich geneigt, die Entstehung des Deckknochens (Subop.) in eine nähere, lokale Be- ziehung zu jener Horizontalsehne, die Knorpelstücke aber mit denjenigen Radien in Verband zu bringen, welche an der Grenze vom dorsalen und ventralen Stücke des Hyoid-Bogens eingelenkt gewesen sind. Näheres hierüber kann die Ontogenie von Ceratodus vielleicht an den Tag bringen. Die suboperkularen Skeletstücke haben zur Ausbildung eines vollkommeneren Apparates beigetragen, welcher als eine sehr derbe und ziemlich scharf begrenzte Membran vom ventralen Rande der Knorpel-Knochen-Platte ausgeht und sich ventral- yärts weiter ausdehnt, um vorn an einem Fortsatze des Hyoidstückes sich festzu- heften, welcher ventral- und oralwärts leicht gekrümmt ist. Die Figg. 18 u. 20 lassen den freien, scharfen Rand der suboperkularen Membran erkennen. Auf ihr breiten sich Theile der ventralen Muskelportion aus. Es handelt sich im Vergleiche mit den Zuständen bei Squaliden um sehr bemerkenswerthe Fortschritte, welche an die Ausbildung des Kiemen-Deckels u. s. w. geknüpft sind und auf Einrichtungen bei den Teleostiern hinweisen. Die an den Hyoid-Bogen festgeheftete Portion CyA. 2. Der dorsale Abschnitt C;hd darf bei Ceratodus im Wesentlichen als er- loschen betrachtet werden. Nur die wenigen Bündel, welche vom Cranium zu dem mit diesem verschmolzenen Dorsalstücke des Hyoid-Bogens (Fig. IS, Hy-Md.) ge- langen, können als spärliche Reste der bei Selachiern meist ansehnlichen Muskel- Platte gedeutet werden. Es bleibe unentschieden, ob der Muse. eranio-subopereularis (M. cr. sop.) Resten eines dorsalen Hyoid-Muskels der Squaliden zu vergleichen sei. 3. Der ventrale Abschnitt O,Av blieb als kräftiges Gebilde erhalten (vgl. die Figg. 19 u. 21). Der Ursprung ist auf diejenigen Partieen des Zungen-Beins beschränkt, welche unterhalb des Kiefer-Winkels sich befinden und vom Vorderende des Subopereulum bedeckt sind. Der Muskel ist der Ventralportion von Cyvrd un- mittelbar angeschlossen (Fig. 19). Die Bündel verlaufen anfangs quer, dann schräg und endlich gestreckt vor- und medianwärts, wie oben angegeben ist. Der Ursprung von C,Av hat sich im Vergleiche mit dem primitiven Verhalten bei Haien auf hintere Strecken des Hyoids zurückgezogen. Und dadurch, dass die Muskel-Platte nichts destoweniger die intermandibulare Gegend einnimmt, sehen wir den primitiven, queren Bündel-Verlauf bei Selachiern hier in einen lang gestreckten umgewandelt. Die Wirkung erfährt auf diese Weise ebenfalls eine Umgestaltung, insofern das Heben des Bodens der Mundhöhle, welches das Verengern der Cavitas oris zur Folge hat, nicht mehr der alleinige Effekt sein kann. Es tritt vielmehr die Fähigkeit für den Muskel neu hinzu, entweder das Hyoid nach vorn zu ziehen oder, bei Fixation desselben, die Mandibula zur Eröffnung der Mund-Spalte nach abwärts zu bewegen. Die derbe, mediane, an der Kiefer-Symphyse angeheftete Aponeurose leistet einer solchen Wirkung Vorschub. C,Av kann hierin durch die- jenigen Elemente unterstützt werden, welche von der Dorsalfläche aus durch Anheftung Festschrift für Gegenbaur. III 34 266 GEoRG Ruck [74 an das Subop. und vermittelst des zum Winkel und Ventralrande der Mandibula ziehenden Bandapparates (L. sop. m.) auf diesen Skelettheil einwirken (vgl. Fig. 17). Die in diesem Sinne wirksam gedachten Abschnitte der Schichte (©, d vergegenwärtigen potentiell einen Senker des Unterkiefers, einen Depressor mandibulae. Die Kiefer-Bogen-Portion C;m. 4. Eine dorsale Muskel-Platte C; md wird vermisst. Die Rückbildung einer solchen bei Ceratodus fällt mit dem Verluste jeglicher Beweglichkeit des Dorsal- stiickes des Kiefer-Bogens zusammen. Dasselbe ist dem Cranium einverleibt. 5. Der ventrale Muskel C,mv wird in voller Ausbildung angetroffen. Er entspringt an der Unter- und Innenfläche der Mandibula (Figg. 19 und 21). Die Ursprungsfläche dehnt sich von der Symphyse aboralwärts über die vorderen zwei Drittel des Skelettheiles aus. Der Muskel erreicht hier die beträchtliche Dicke von 5 mm. Die laterale Grenze der Ursprungsfläche fällt mit einer unregelmässig ausgezackten Linie zusammen (vgl. Fig. 19). Der Bündel- Verlauf ist vorn ein querer; er wird aboral ein schräger. Auf diese Weise ist „. der aborale, scharf geschnittene Muskelrand von vorn und aussen median- und caudalwärts gerichtet. R.c. md. fac.7 h ö R k 2 Die Muskel-Platte C,mv wird von einer kräf- ch.t... tigen, medialen Aponeurose aufgenommen. Letztere TE . 5 RR 9 - 0.8 ist mit der anderseitigen in der Medianlinie ver- Role Ben schmolzen. Durch die unpaare Sehnenplatte wird der paarige Muskel mit der Kiefer-Symphyse in Fig. 22. festen Verband gebracht. Die Sehnenplatte lässt Ventrale Ansicht des Unterkiefers und des o a : 5 Hvoids von Ceratodus. /. Zwischen dem eine gute Strecke weit von der tieferen Aponeurose, Knorpel und dem knöchernen Belegstücke "Al: e h IE tin, pr on a BT keckieferstwerlantiem weiter Iymphn ZU welcher der Muskel C,Av sich begiebt, auf prä raum (Can.2y.), welcher vor dem For.m.A. paratorischem Wege sich trennen; denn beide sind eine ventrale Oeffnung besitzt. : 2 aus Sehnenfasern zusammengefügt, welche den Ver- lauf der verschieden gerichteten Muskelbündel fortsetzen. C,mv» bedeckt mit seinem aboralen Abschnitte den oralen "Theil von Cy,Av, wobei die Bündel sich beinahe rechtwinkelig schneiden. Zwischen dem aboralen Rande von C; mv, dem Vorderende von C,hv und der Mandibula liegt ein dreieckiges, muskelfreies Feld. Dasselbe ist grösstentheils von einer derben, schnigen Ausbreitung des Lig. subop.-mandib. erfüllt (Fig. 21). C,m» ist bei Ceratodus ein intermandibulares Gebilde; denn auch seine abo- ralen Insertionsbündel liegen vor der Querlinie zwischen beiden Kiefer-Winkeln. Die Wirkung darf der Dicke des Muskels entsprechend als eine sehr intensive gedacht werden; sie muss auf eine Spannung des Mund-Höhlen-Bodens hinzielen, welche hinwiederum eine Verengerung der Kavität zur Folge haben wird. Dies darf aber als eine Konstriktor-Wirkung betrachtet werden. ei 75] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 267 In Ursprung und Insertion sind dem Muskel Charaktere bewahrt geblieben, welche C,mv der Selachier auszeichnen. Auch in der oberflächlichen Lage zu C,hv ist ein wichtiges Merkmal der Uebereinstimmung gegeben, so dass an der Homologie der gleichbenannten Muskeln von Selachiern und von Ceratodus füglich wohl nicht gezweifelt werden kann. Es muss an dieser Stelle bereits scharf betont werden, dass, soweit unsere Kenntniss reicht, von Ceratodus aus keine anderen Muskel-Gebiete hergeleitet werden können, als aus dem bezeichneten Gebiete der Selachier. Es fehlt jede anatomische Grundlage dafür, C;mv als ein neues Glied in der Organisation von Ceratodus auf- zufassen. An der Homologie der mit O,mv bezeichneten Gebilde ist also fest zu halten. Das intermandibulare Gebilde erweist sich durch seine gesammte Anordnung als gleichartig mit dem gleichbezeichneten Abschnitte des motorischen Facialis-Gebietes der Haie und Rochen. C,mv hat bei Ceratodus, im Unterschiede zum Verhalten bei Haien, von C,hv sich völlig emancipirt. Dies ist durch die Beschränkung des Ursprunges der ersteren Schichte auf vordere Theile der Mandibula, der letzteren auf hintere Flächen-Abschnitte des Hyoids zu Stande gekommen. Auf diese Weise hat die fast rechtwinkelige Kreuzung der Bündel beider Schichten erfolgen können. Das oben gekennzeichnete, muskel- freie Feld hat ebenso seine Entstehung genommen. Da, wo die oberflächliche, mandibulare Platte die tiefer gelegene, hyoidale deckt, kommt die primitive Schichtung wieder zum Vorscheine. Die erhalten ge- bliebene, gleichartige Wirkung auf Abschnitte des Mund-Höhlen-Bodens steht im Konnexe hiermit. Wir erinnern uns, dass die beiden, ventralen Muskel-Schichten auch bei Haien schon eine schärfere Sonderung durch Umordnung des Faserverlaufes haben erfahren können. Ein Verhalten bei Mustelus (Fig. 11) und Acanthias (Fig. 10), nach einer bestimmten Richtung weiter ausgebaut, leitet zu dem Befunde bei Ceratodus hin. Die Gründe, welche zur Annahme der Homologie des intermandibularen Muskels C,mev von Selachiern und Ceratodus hindrängen, geben uns zugleich ein gewisses Recht, die den Muskel hier und dort versorgenden Nerven als gleich- werthige zu betrachten. Die motorischen Nerven für C,mv werden bei Ceratodus ebenfalls Aeste eines N. facialis desshalb sein müssen, weil sie bei allen Haien in einer solchen Eigenschaft auftreten. Dass Aeste des Facialis bei Ceratodus einen eigenartigen Verlauf einschlagen, ja selbst dem Ram. Ill des N. trigeminus, wie es scheint, angeschlossen sind, muss als merkwürdig und bedeutsam gelten. Dieser Umstand darf aber ohne nähere Begründung nicht dafür geltend gemacht werden, dass der intermandibulare Muskel C,mv von Ceratodus jemals dem Gebiete des 'Tri- geminus zugehört habe. Es ist zur Zeit nicht eine sicher gestellte Thatsache be- kannt geworden, welche für diese Interpretation eine Stütze bieten kann. Verschmelzungen von Aesten verschiedener Gehim-Nerven oder gar von ganzen Nerven-Stämmen während des Verlaufes durch das Cranium, und selbst bis zu deren Wurzel-Gebieten hin, sind häufige Erscheinungen. Trigeminus und Facialis aber sind 24* 268 Grore Rue [76 ganz besonders durch derartige Verschmelzungen bis zu den Centralapparaten hin ausgezeichnet. Es ist in dem ersten Abschnitt dieser Abhandlung ausdrücklich auf jene Erscheinungen hingewiesen worden. Schen wir aber von denselben ganz ab, so müssen wir auf Grund der Gleichartigkeit der Muskeln auch auf diejenige der Nerven schliessen, da die Homologie dieser Organtheile selbst durch einen sehr abgeänderten Verlauf nicht aufgehoben werden kann. Wir haben es hier mit der 'Thatsache zu thun, dass der Muskel, welcher bei allen Selachiern zweifellos dem N. facialis angehört, bei Ceratodus ausser „direkten“ Facialis-Aesten auch einen Nerv empfängt, welcher vom Ram. III des Trigeminus sich loslöst. Diese T'hatsache glaube ich so deuten zu müssen, dass jener Nervenast dem Trigeminus fremdartig sei, als ein vom N. facialis losgelöster Strang dem Tri- geminus sich angeschlossen habe. Die Schichte C,mv bezieht nach dieser Interpretation des Thatbestandes ausser jenen „‚direkten‘ Facialis-Aesten auch auf Umwegen Zweige des Facialis. Es besteht also nur scheinbar ein Widerspruch darin, wenn wir einen Muskel, welcher einen Ast vom Trigeminus empfängt, als ächtes Glied des Facialis- Gebietes hier vorgeführt haben. Dass dieser Ast des Trigeminus Facialis-Natur besitze, beweist die Vergleichung der einschlägigen Zustände unter einander. Wären Trigeminus-Aeste zu dem indifferenten Muskel der Haie durch mich ver- folgbar gewesen, so würde ich in meiner Ueberlegung durch die Wucht der That- sachen nach einer ganz anderen Richtung gedrängt worden sein. Die auf vergleichend- anatomischem Wege sich ergebende Annahme einer Umordnung im Verlaufe der Facialis-Aeste wird durch ontogenetische Studien sich vielleicht näher prüfen lassen. Diese werden von jenem vergleichend-anatomischen Ergebnisse beleuchtet werden können. Die Untersuchungen über den Ursprung der Nerven im Centralapparate werden zur Prüfung der hier vertretenen Anschauung vor Allem berufen sein. Da Verlagerungen von Facialis-Aesten und deren Anschlüsse an den Trigeminus nur allmählich erfolgt sein können, so ist zu vermuthen, dass auch Zwischenstufen dieses Wandlungsprocesses werden aufgefunden werden können. Ceratodus nimmt immerhin eine bedeutungsvolle Rolle in dieser Hinsicht ein, da ein peripherer, enger Anschluss von Elementen des 'Trigeminus und Facialis vorliegt. Wohl besteht noch eine andere Möglichkeit, das verschiedene Verhalten der Innervation des Muskels C,mv bei Selachiern und Ceratodus zu erklären. Es ist nämlich denkbar, dass, während C,; mv der Selachier allein aus dem motorischen Materiale des Facialis-Gebietes angelegt und aufgebaut worden ist, der Muskel bei Ceratodus auch seine Bausteine aus dem motorischen Materiale des Kiefer-Bogens (Trigem. III) entnommen habe. In diesem Falle wäre der motorische, für C,mv bestimmte Ast des Trigeminus in der That auch ein Theil des letzteren, und wäre kein diesem angeschlossener Facialis- Ast. Es würde bei C,mv der Haie und Ceratodus dann um Bildungen sich handeln, welche M. FÜürsrınger als imitatorisch-homologe bezeichnete. Dem Muskel als solchem ist nicht anzusehen, ob er dem Facialis- oder ob er dem Trigeminus-Gebiete zugehöre. Dies kann entweder aus dem Verhalten der 77) ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 269 Nerven oder auf ontogenetischem Wege erschlossen werden. Für die typisch-imita- torisch-homologen Muskeln der Gliedmaassen der Wirbelthiere lieferten die Bestim- mungen der Nerven untrügliche Resultate. Da in der Kiefer-Zungenbein-Bogen-Gegend jene Momente nicht wirksam sind, welche an den längs des Achsenskeletes sich verlagernden Gliedmaassen je benach- barte Myomeren zur imitatorischen Neubildung heranziehen, da ausserdem keine anderen Erscheinungen auf einen imitatorischen Umwandlungsprocess zwischen Facialis- und Trigeminus-Gebieten hindeuten, andererseits aber, wie bekannt, der’ ganze Facialis dem Trigeminus interkranial verbunden sein kann, so müssen wir vorderhand von jener Möglichkeit einer Erklärung durch imitatorische Umbildung absehen. Aber selbst wenn eine solche Erklärungsweise einmal an Raum gewinnen sollte, so würde O,mv von Ceratodus dennoch bei einer vergleichend-anatomischen Behandlung des Facialis-Gebietes Platz finden müssen, weil dieses den Ausgangspunkt für die Mög- lichkeit einer imitatorischen Umwandlung abgegeben hätte. Was hier über Ceratodus ausgesagt wird, trifft für alle anderen Wirbelthiere zu, bei denen C,ymv einen Ast des Ram. HI n. trigemini bezieht. Das ist aber bei Protopterus, bei Amphibien, Reptilien und bei Säugethieren der Fall. Bei ihnen hat sich aus dem einfachen Muskel der Selachier und Ceratodus die oft reicher gegliederte „Mylo-hyoideus-Gruppe‘ gebildet, deren Nerven, im R. mylo-hyoideus des N. man- dibularis verlaufend, wir eine portio facialis des Ram. III trigemini heissen. Die Darstellung des Sachverhaltes bei Dipnoern hat durch diese Betrachtung unterbrochen werden müssen, weil sie die Berechtigung für die in den folgenden Blättern vorgenommene Disposition der Materie abgiebt. Der intermandibulare Muskel C,mv wird auch weiterhin als dem Facialis-Gebiet zugehörig betrachtet. Der ihn ver- sorgende Nerv verliert seine Heimathsberechtigung nicht, trotzdem er dem benach- barten Trigeminus inniger sich verbunden zeigt. Der Nervenstamm, welcher den Schädel hinten an der Seitenfläche und, wie bei allen Ganoiden, unter der Artikulationsstelle des Hyo-Mandibulare (van Wim) verlässt, enthält Aeste, welche mit dem R. posttrematicus der Selachier überein- stimmen. Er kann nur mit einem solchen in Vergleich gestellt werden. Zunächst löst sich vom Stamme ein zarter, aber weite Gebiete versorgender Ast ab. Derselbe zieht in der Nähe des Cranium an der Innenfläche der Kiemen- Deckel-Falte dorsalwärts; er ist von dem postkranialen Knorpelstückchen anfangs bedeckt, erreicht hinter diesem die Aussenfläche des Operkular-Muskels, längs dessen dorsaler Grenze er rückwärts verläuft. Dieser dorsale Ast löst sich im M. cr. op. und in C,d auf (Figg. 17, 18). Der Stamm wendet sich am hinteren Rande des Schädels ventralwärts. Seine Aeste verzweigen sich in der Gegend der Mandibula mit dem Hyoid-Bogen. Er dürfte demgemäss dem R. hyoideus s. R. post. (einem 'Trunc. hyoideo-mandibul.) der Selachier entsprechen. Er enthält sensible und motorische Elemente. Anfangs von der Knorpel-Platte Hy-Md. bedeckt (vergl. auch v. WisHE), wird der Stamm ventral zwischen letzterer und dem Schädel auf den Figg. 15 u. 23 erkennbar. Hier zerfällt 270 GEorG RuceE [7s der Nerv in vier Aeste, von denen zwei sicher rein sensible Nerven sind und am Integument sowie an der Schleimhaut der Kiefer-Zungenbein-Gegend sich verbreiten. Ein Ast durchbohrt das Quadratum und durchdringt den Kiefer, der Schichte C, mv viel- leicht Zweige zuführend. v. Wine lässt den Facialis in einen R. hyoideus und einen R. mandib. sich theilen. Letzterer zerfällt nach dem Autor wieder in einen R. ext. und einen R. int. Der äussere Ast ist der zwischen dem Lig. hyoideo-mandib. und dem Lig. subopere.-mandib. ventralwärts bis zur Symphyse ziehende, während der R. int. das Squamosum durchsetzt. Ich übernehme diese Bezeichnungen der Aeste nicht, da wir mit solchen nicht weiter kommen. Die Hauptsache bleibt für uns vorderhand die strenge Unterscheidung von motorischen und sensiblen Nerven, sowie von deren Endgebieten. Diese Merkmale fanden aber keine Berücksichtigung bei der Einthei- lung der Nerven-Aeste durch jenen Autor, so- N ame —_.R. ec. md. trig. dass auch der wichtigste, motorische Ast & ne —— MR. e. md. fae. ganz ausser Acht gelassen werden konnte. Fi Der ventrale, mit seinen Aesten = ‚N. md. trig. R. c. md. face. —I\" TEE vor- und rückwärts verlaufende Nerv BZ al BEER der vier Zweige ist motorischer Natur. 2 nfraorb. = ul % nt Er liegt der Aussenfläche des Hyoids auf, Lig. orb.g. — Facialıs. gelangt dann zwischen letzterem und Sub- R..e.md. IS RA = operculum, resp. dem Lig. subop.-mandib., Der EN AN auf dem ventralen Abschnitte von C;vd R. TE ‘ | und auf C,Av zur Verbreitung. Die Figg. 17 Subop. —\) Hy. Hy-Ma. und 19 zeigen die Verbreitungsart'). Dieser : = Nerv sollte dem R. hyoideus eines Trunc. ig. 23. hyoideo-mandib. zugezählt werden müssen. In ob: uelntun, Hal and > Gelee " Caudalwärts verfolgebare Aeste, sowie me- iefer-Muskeln sind (Add. md.) von der ventro te) 9 lateralen ne (vgl. Fig. 22). dianwärts gerichtete bieten nichts Beson- a deres dar. Ein starker, oralwärts ziehender Ast jedoch ist in seiner Endverbreitung von mir nicht hinreichend genau erkannt worden. Ich glaubte Fäden in den hinteren Rand des intermandib. Muskels C,mv eindringen zu sehen. Ausserdem besteht eine Anastomose mit dem Nerven, welcher nach der Durchbohrung des Unterkiefers an dessen Unterrand zum Vorscheine kommt (N. m. h.), um ausser Hautästen auch Zweige an CO, mv zu entsenden (Fig. 19). Dieser die Mandibula perforirende Nerv empfängt, wie es scheint, Zufluss aus dem Trige- minus und aus dem Facialis. Er ist der zweite, in Betracht kommende, motorische Ast des N. facialis. In- sofern er motorische Elemente vom Ram. III trigemini empfängt, hat er als eine Portion des Letzteren zu gelten. Er bezieht andererseits, wie es scheint, vom lacialis 1) Stannıus, beschreibt den Verlauf des R. hyoideus der Knochen-Fische in ähnlicher Weise. Der Nerven- ast lagert zwischen Interoperkulare und Zungen-Bein-Bogen, von wo aus er auch Zweige zur Innenfläche des Sub- opereulum und des Interopereulum entsendet. 79] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 271 den das Quadratum durchsetzenden vorderen Ast und durch diesen Ast vielleicht auf direktem Wege motorische Facialis-Aeste. Mit sensiblen Elementen reichlich versehen, betritt er den oberen Rand der Mandibula (Fig. 23), durchsetzt diese zwischen dem Belegknochen und dem Mecxer’schen Knorpel in nahezu senkrechtem Verlaufe und kommt, 0,5cm vom aboralen Rande der Schichte C,mv entfernt, auf der Ventralfläche des Muskels zur Verbreitung, an ihn sowie an das Integument Zweige abgebend. Ein Ast, welcher den Stamm des Facialis unter dem Hyo-Mand. verlässt, darauf das Qua- dratum durchsetzt und am oberen Rande des Unterkiefers ebenfalls zwischen MzckEr- schem Knorpel und Belegknochen (Artikulare) in den Kiefer eindringt, scheint mit dem „TIrigeminus“-Aste eine Verbindung einzugehen. Ich habe es jedoch nicht sicher feststellen können. Aus der Darstellung v. Wıme’s (S. 301, Fig. 14) dürfte solches jedoch angenommen werden können. Der in Betracht kommende Facialis- Ast ist als Ram. int. eines R. mandibularis durch v. Wine bezeichnet. Er durch- setze das Squamosum und werde im Verlaufe durch den Unterkiefer aussen durch das Derm- Artikulo-Dentale bedeckt. Vier andere, sensible Aeste nehmen einen selbstständigen Verlauf durch den Unterkiefer (Fig. 23). Sie waren aus Ram. III trigemini verfolgbar. Die Austrittsstellen der vier Nerven aus dem Unterkiefer fallen in eine Linie der oberen Fläche des Letzteren, welche nahezu sagittal verläuft. Der vorderste Nerv verlässt nahe der Symphyse den Kiefer. Im Skelete liegen die Ner- ven zwischen dem centralen Knorpel und dem lateralen Deckknochen, dem Dentale. Auf Fig. 22 wird die Austrittsstelle des N. m.-h. zwischen Knorpel und Deckknochen erkennbar. Die Verbreitungsart des Trunc. hyoideo-mandibul. von Ceratodus stimmt mit derjenigen der Squaliden in den Hauptpunkten überein. Dorsale und ventrale Aeste nehmen zum Skelet und zur Muskulatur gleiche Lagerung ein. Der Tr. hyoid.-mand. ist jedoch um den Nervenast für einen Theil von C;mv oder gar um den Nerv für den ganzen Muskel geschwächt. Die Muskulatur, welche bei Ceratodus vom N. facialis sowie von der Portio facial. nervi trigemini innervirt ist, lässt sich von Einrichtungen bei Squaliden unschwer herleiten. 2. Protopterus amnectens. In der Kiemen-Deckel-Falte, welche bis zum Schulter-Gürtel auch bei Protopterus sich ausdehnt, befinden sich zwei operkulare Skelettheile. Dieselben sind in sehr ähnlicher Weise wie bei Ceratodus gelagert und in einer entsprechenden Art mit dem Schädel und der Mandibula verbunden. Sie werden desshalb unter gleicher Benen- nung wie bei Cerafodus aufgeführt werden dürfen. Nach Maassgabe dieser Umstände wird die Muskulatur des Facialis-Gebietes ebenfalls in grösserer Uebereinstimmung mit der- jenigen bei Ceratodus vorgefunden. In ventralen Regionen bestehen Differenzen. Dieselben sind aber keine tiefer eingreifenden, da alle Muskel-Schichten sich auf ein- 2372 Geror«e Ruck [80 ander zurückführen lassen. Im Ventralgebiete hat sich bei Protopterus eine primitive Innervations-Weise des intermandibularen Muskels C,mv erhalten. Die grössten Umwandlungen haben sich an der ventralen Grenze des Vorraumes der Kiemen-Höhle bei Protopterus eingestellt. Dieser Raum ist im Vergleiche zum weiten Raume bei Ceratodus langgestreckt und nur von geringer dorso-ventraler Aus- dehnung. Verhält sich die Längen- zur Höhen-Ausdehnung bei Protopterus wie 2:1, so kehrt sich diese Relation zwischen den Durchmessern bei Ceratodus um. Bei Pro- topterus ist jener Vorraum auf die Seitenfläche des Körpers beschränkt, indessen er bei Ceratodus auf die ventrale Körperseite sich ausdehnt. Dieses verschiedene Verhalten steht im Verbande mit der verschiedenen Breite der Basalfläche, welcher die Flosse verbunden ist. Die Fläche ist hier schmal, dort weit ausgedehnt. Ventral heftet sich die Kiemen-Deckel-Falte in der Nähe der Flossen- Basis fest. Fällt diese Festheftungslinie bei Ceratodus stellenweise selbst mit dem Ventralrande des Operkular-Muskels zusammen (Fig. 19), so liegt jene ventrale Anhef- tung der Kiemen-Deckel-Falte bei Protopterus an der Seite des Körpers, und zwar so, dass ein dorsaler, operkularer Abschnitt und eine ventrale Portion des Muskels C, unterscheidbar werden. Beide Abschnitte sind sogar deutlichst von einander abgesetzt. Ein anderer Faktor tritt bei Protopterus neu in die Erscheinung. Es handelt sich um die Ausbildung eines besonders kräftigen Muskels für den Unterkiefer-Winkel. Dieser Muskel hat sich aus denjenigen Bündeln geformt, welche bei Selachiern von der Dorsalaponeurose zum hinteren Ende des Unterkiefers verlaufen. Bei Ceratodus wird ein solcher Muskel völlig vermisst. Er erlangt eine ganz besondere Bedeutung, weil er bei höheren Formen (Amphibien, Reptilien) ebenfalls besteht und als ein Frbstück von gemeinsamen Stammformen sowohl für Protopterus als auch für die letzteren betrachtet werden darf. In einigen, allerdings wichtigen Punkten hat Protopterus Primitives sich bewahrt. Andererseits treten bedeutsame Fortschritte in dessen Organisation zu Tage. Diese Umstände erfordern eine besondere Behandlung auch dieses Vertreters der Dipnoer. 1. O,vd. Eine aus dorso-ventral durchlaufenden Fasern bestehende Portion besteht bei Protopterus nicht; es ist die Zerlegung einer solchen in eine dorsale C,d und in eine ventrale Platte C;v erfolgt. Cy,d ist von C,v durch eine sehnige horizontale Linie abgegrenzt, welche vom Unterkiefer-Winkel, zuerst dorsal-, dann direkt caudalwärts gerichtet ist. Das aborale Ende der Sehne befindet sich ventral von der Extremität. An C,d schliesst sich vorn C,md an. Cy,v reiht sich an C,Ahv un- mittelbar an (Figg. 24, 25). Der Ursprung von C;d fällt in die horizontale Genzlinie der dorsalen und ventralen Rumpf-Muskulatur. Der Beginn liegt in der Nähe des Schädels, das caudale Ende in der Ebene des dritten, dorsalen Lig. intermusc. Die Länge der Ursprungs- fläche beträgt 3,5 cm. Die Fasern verlaufen ventralwärts; sie schliessen hinten an dem Rande der sı] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTINEREN. 213 Kiemen-Deckel-Falte an. Oralwärts ändert sich der Verlauf allmählich in einen schrä- gen um, indem die Fasern dem Kiefer-Winkel zustreben. Die Anheftung findet am Sehnen-Strange statt, welcher bauchwärts von der Brustflosse anhebt und, nach vorn ziehend, am hinteren Rande des Suboperculum Befestigungen findet. Dieses nimmt die oralwärts angeschlossenen Bündel auf. Die vordersten Elemente, welche der Portion C,d zuzurechnen sind, finden am Suboper- culum, etwa 1 cm von dessen vorderer Ecke entfernt, Anheftung (Figg. 26, 27). Die dem freien Randtheile der Operku- larfalte aufliegende Portion ist im Ursprunge El von der Hauptmasse getrennt; sie nimmt eine tiefere Lage ein (Fig. 24). "Die vorderste Gruppe dorsaler Bündel, // 0,7 cm breit, ist durch Anheftung an die dorsale, hintere Ecke des Operculum wiederum in zwei ‚O&mv. ‚N. m.h. Abschnitte getheilt, von denen der dorsale 'Theil _ Fae. Vene. Camd. Nn.e.spin. C).d, — nn a N N Operc. B SI Ri | „mv. Cahv. Fac. Cav COprv. Ventr. Rumpfm. ubop. V. Rs Fig. 25. Fig. 24. R } Ventralansicht des Kopfes und des vorderen Seitliche Ansicht von Kopf und Kiemen-Deckel von Protopterus. ?/3. Rumpf-Abschnittes von Protopterus. ?]3- dem Musc. cranio-opereul., der ventrale Abschnitt aber dem Muse. interopereularis von Ceratodus entspricht. Der M. interoperc. ist bei Protopt. geschichtet. Die oberflächliche Lage ist an die dorsale Zwischensehne geheftet und stellt den vorderen Abschnitt von C',d dar. Die tiefe Schichte dehnt sich zwischen Operc. und Subopere. aus (Fig. 26). Die Zwischen- sehne setzt sich von der dorsalen Ecke des Operc. 7 mm in aboraler Richtung fort und zerlegt alle Bündel, welche am Subopereulum Anheftung finden, in eine dorsale und in eine ventrale Portion (Fig. 24). Durch den Nachweis der Existenz eines M. cranio-operc. und eines M. interopere. bei Cerat. und bei Protopt. ist auch die Handhabe eines genaueren Vergleiches gewonnen. Festschrift für Gegenbaur. II. 35 274 . Georg Ruck [s2 Bei Cerat. nimmt eigentlich der ganze, hinter dem Kiefer-Bogen gelegene Muskel Cyvd am Aufbaue eines operkularen Gebildes Antheil; er lässt sich dabei in einen dorso-ventral durchlaufenden, aboralen und in einen vorderen Muskel scheiden, welcher wiederum in einen dorsalen und in einen ventralen Abschnitt zerlegbar ist. Der dorsale 'Theil bildet den M. cranio-opereularis und den M. interopercularis. Der Dorsaltheil C,d sonderte sich bei Protopt. von C;v völlig ab, um einen Kiemendeckel-Muskel zu bilden, wobei seine vordere Partie wie bei Cerat. in den kranio- und interoperkularen Abschnitt zerfiel. C,v wurde also nicht in die Bildung eines Kiemendeckel-Muskels hineinbezogen. Die ventrale Platte C,» bleibt der dorsalen demnach angeschlossen; ihre Bündel heften sich am Suboperculum und an jener rückwärts ziehenden Zwischen- sehne fest (vgl. Figg. 24, 25). Die vordersten Elemente schliessen etwa mit dem Subopereulum ab, empfangen aber in einer kräftigen, ventralen Sehnen-Platte neue Ursprungsstätten (Fig. 25). Hier reihen sich stattliche Portionen an, welche am Hyoid entstehen und somit einer tieferen Schichte C,hv entsprechen (Fig. 28). Membr. opere. Nn. ce. spin. Opere. M.er.-op we \ —T \ r Ca md. N . \— = ) N —T ZUM \f a) Pu 7a / | \ nl Sr (es - Ü - = > 8 N " Membr. hy.-subop. / N ee Cmd. R.ny. M.i. op. (pr.) Subop. M. i. op. (pr.) Fig. 26. Fig. 27. Seitliche Ansichten der Kopf- und Kiemen-Deckel-Region von Protopterus. !/.. Es sind die zu den Operkularstücken in nähere Beziehung getretenen Muskelfasern dargestellt. C,v findet ähnlich wie bei Cerat. eine ventrale, bis zur Medianlinie gehende Ausdehnung. Hier schliessen die beiderseitigen Gebilde eine Strecke weit an einander, trennen sich aber oral und aboral mit ihren medialen Rändern. Auf diese Weise lagert sich an der entsprechenden Stelle je eine mediane Sehnen-Platte ein. Der aborale Muskelrand zieht von der Flossen-Gegend vor- und medianwärts. Hinten sind die Flossen quer, vorn mehr und mehr schräg gerichtet; sie schliessen sich den fast sagittal gestellten, hyoidalen Elementen an’). Die Wirkung von C;mv wird sowohl auf eine Spannung des Mundhöhlen- Bodens als auch auf die Verengerung des Kiemendeckel- Raumes hinzielen können. Letzteres wird natürlich nur im Verbande mit C,d zur Ausführung kommen können. 1) J. G. FIscHER beschreibt als „M. mylo-hyoideus post.“ von Protopterus einen Muskel, welcher die Be- standtheile von Cv und Cahv in sich fasst. Er findet ihn in ganz ähnlicher Anordnung, wie sie HyRTL bei Zepidosiren wahrgenommen habe. Die von den Ventralflächen des Zungenbein-Hornes und des an dasselbe eingelenkten Rudi- mentes des unteren Kiemen-Deckelstückes entstehenden Portionen des „Mylo-hyoideus post.“ vereinigen sich zu binem einheitlichen Muskel, dessen vordere Fasern, oralwärts divergirend, über den „Mylo-hyoideus ant.“ (Ca mv) sich aus- breiten (1864 $. 46.) 83] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTUTEREN, 275 Die operkularen Skelet-Stücke sind bei Protopt. von C,d bedeckt; nur ihre Randstücke durchbrechen gelegentlich den operkularen Muskel. Bei Oeratodus zeigten die knorpeligen Radien-Platten ein entsprechendes Verhalten zum letzteren, indem die Knochenstücke den Muskel bedeckten. Knorpelreste habe ich bei Protopt. nicht wahrnehmen können. Es erhebt sich daher die Frage, welche Stücke beider Formen einander homolog seien. Bei der Lösung wird die Lage-Beziehung zur Mus- kulatur nicht ganz ausser Acht gelassen werden können. Als ausschlaggebend wünsche ich sie indessen nicht ohne Weiteres zu bezeichnen; denn es werden auch andere Instanzen in Betracht zu ziehen sein. Nach der Lagerung der Skelettheile zur Muskulatur wäre das Operculum von Protopt. der dorsalen Radien-Platte von Cera- todus gleichwerthig. Die submuskulare Lage des knöchernen Skelettheiles bei Protopt., sowie diejenige der knorpeligen Radien-Platten bei Ceratodus fallen mit einem primiti- ven Verhalten fraglos zusammen. Die operkularen Knochenstücke von COe- Gh Be ratodus werden als Hautknochen von 27 aussen dem Muskel sich aufgelagert / _N.m.h. und ihn streckenweise vernichtet 4 haben. Schwierig bleibt die Ent- r7 Cara, scheidung bei Protopterus. Die An- nahme derjenigen Forscher, welche die Kiemen-Strahlen bei der Entste- hung der operkularen Skelettheile Antheil nehmen lassen, bleibt vollauf berechtigt. Die Bildung scheint aber eine verschiedenartige zu sein. „Dass Kiemen-Strahlen an der Bildung des Operculum theilgenommen haben, ist wahrscheinlich durch das Vorhanden- sein von Knorpel in seiner Gelenk- Pfanne bei Protopterus, und unter den Dipnoi durch die Knorpel-Stückchen, welche bei Ceratodus an seiner Innen- Nr spinal. fläche gefunden wurden.“ (v. Wine. 1881. S. 309.) Der Hinweis, dass Fig: 28, Inorpelige, zuweilen verzweigte Stücke Vene it der Kopf un ed ne an bei den Selachiern an Stelle des knö- heftungsstellen abgetragen. Die spinale Längsmuskulatur tritt x 5 in ihrem Uebergange in die ventrale Rumpf-Muskulatur zu chernen Skelets sich vorfinden, welche Tage, ebenso die von letzterer zur Gliedmaasse abgespaltene dem Zungenbein-Bogen als Kiemen- Eat; Strahlen ansitzen, sichert jene oben angedeutete Annahme (vgl. GeGEnBaurR. 1575. Seite 479 u.a. o.) Den hinteren Rändern von Opere. und Suboperculum fügt sich bei Protopterus je eine derbe und gegen die Umgebung ziemlich scharf abgesetzte Faserplatte an, 35* e Lig. hy.-md. Ca hv. Lig. subop.-mand. —— [073 hv. N N AUNDN I — Subop. ___ Membr. hy.- subop. 376 GezorG Rue [s4 welche, caudalwärts ca. | cm ausgedehnt, der Kiemen-Deckel-Falte eine festere Unter- lage verleiht (Fig. 27). Eine ähnlich kontourirte Faser-Platte war bei Ceratodus der ventralen Radien-Platte angeheftet (Fig. 18). Diese Uebereinstimmung dürfte wohl eine Stütze für die Ansicht abgeben, im Suboperc. von Protopt. den verknöcherten Radien-Komplex von Cerat. anzunehmen. Dann müsste aber das knöcherne Subopere. von Cerat. als neu hinzu gekommener Deckknochen betrachtet werden, welcher den Muskel zur lokalen Reduktion veranlasste, indem er ihm neue Anheftungspunkte gewährte. Das Operculum ist bei Protopterus langgestreckt, spindelförmig. Seine Aussen- fläche ist stark vertieft. Es ist mit der Längsachse schräg, dem hinteren Schädel- Rande fast parallel gerichtet. In der Nähe des Kiefer-Gelenkes ist der Skelettheil trig. Lı Proc. muse. R. c.md. trig. / L / R. ce. md. fae. \ oumd. Lig. Lig. qu-lab. hy-md. Fig. 29. Seitenansicht des Schädels von Protopterus. !/ı. Nach Entfernung der Muskulatur konnten Nerven und Skelettheile in ihrer natürlichen Lage zu einander dargestellt werden. Der Unterkiefer läuft vorn in einem knorpeligen Fortsatz aus. dem Quadratum hinten beweglich verbunden. Da die Anheftungsstelle mit der- jenigen übereinstimmt, welche das als Hy-Md. bei Ceratodus bezeichnete Knorpel- stick einnimmt, da ausserdem der N. facialis bei beiden Formen von den bezeich- neten Skeletstücken bedeckt wird, so sind die letzteren vielleicht auch gleich- werthig. Hiernach entspräche dann das bei Protopterus in der Kiemen-Deckel-Falte gelegene Operculum einem verknöcherten Hyo-Mandibulare. Es bleibt, wie mir scheint, gerechtfertigt, die strenge, gegenseitige Homologie der gleichbenannten Oper- kularstücke bei den Dipnoern anzuzweifeln. Das als Suboperculum zu bezeichnende Stück entbehrt bei Protopt. ebenfalls der knorpeligen Unterlage und konnte demgemäss, da es auch vom Muskel bedeckt ist, mit der knorpeligen, ventralen Radien-Platte von Ceratodus in genetischen Verband gebracht werden. Das Subopere. ist ein platter, nahezu dreieckiger Skelettheil. s5] UÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. DT Seine vordere Ecke ist gegen den Kiefer-Winkel gerichtet, mit diesem durch ein starkes Lig. subop.-mand. verbunden, welches wie bei Ceratodus längs der ventralen Fläche der Mandibula weit nach vorn sich ausdehnt. Der untere, konvexe Rand des Skeletstückes ist verdickt, bildet einen aboral gerichteten Wulst, welcher die vertiefte Aussenfläche begrenzt. Zwischen dem dorsalen Rande und dem Operc. ist ein Lig. interoperc. ausgespannt. Die Figuren 27 und 29 geben die natürliche Lagerung der Skelettheile zu einander wieder. Die Operkularknochen von Protopt. sind auch als rudimentäre Bildungen auf- gefasst worden (vgl. Wırpersmem. 1895. S. 111). Die reichen Beziehungen der Muskulatur zu denselben sprechen nicht ohne Weiteres gegen diese Ansicht. Bei Ceratodus hätten sich mit der Reduktion zugleich auch wieder primitive Zustände eingestellt, welche eine Art Neotenie bedeuten würden. C,h ist bei Protopt. durch einen zarten, dorsalen Muskel (O,hd) und durch eine kräftige, ventrale Platte vertreten, welche an C,» angeschlossen ist. Quadr. u: N R. c. md. fae. | Ms A IN ———.R. operec. > 74 ik R Ay. ande Ri Zu see ve Lig. hy-md. | COyoh. sl R. hy-md. ch.t. R.hy-md. 5 Fig. 30. Fig 31. Seitliche Ansicht des Hyoids und des Quadratum Seitliche Ansicht des Quadratum, Hyoids und von Protopterus. 2/3. Der Facialis ist in seiner der Facialis-Verbreitung von Lagerung zum Quadratum und Hyoid erkenn- Protopterus. 1/9. bar. Der R. opereularis entsendet Zweige zu Cahd. Der zum 1. Branchial-Bogen ziehende Muskel C;d bildet die Nachbarschaft zu Oshd. 2. C,hd (Fig. 30). Die Ursprungsfläche des Muskels breitet sich über die knorpelige Labyrinth-Gegend des Schädels aus. Hintere Bündel werden von aussen theilweise durch einen zum ersten Kiemen-Bogen gehörigen Muskel C,d bedeckt. Von der am Ursprunge S mm breiten Basis des dreieckigen und mit drei Portionen entstehenden Muskels ziehen die Bündel konvergirend zum aboralen Rande des Hyoid-Bogens. Der N. facialis tritt vor C;hAd über die Aussenfläche des Zungenbein- Bogens ventralwärts. Ein R. opercularis kreuzt in seinem caudalwärts gerichteten Verlaufe die Aussenfläche von Cd. Der Muskel ist seiner Ausdehnung gemäss ein kranio-hyoidaler, seiner Wirkung nach ein Heber des Zungenbein-Bogens. Die Lage von C,hd zum Facialis stimmt genau mit dem Verhalten bei Haien überein. Bei Ceratodus ist ein ähnlicher Muskel nicht erhalten geblieben. Protopterus hat also ein primitives Glied des Facialis-Gebietes bewahrt. 378 GeorG Ruck [56 3. O,hv (Figg. 25, 28) entsteht an der Unterfläche des Hyoids, im Anschlusse an die suboperkularen Elemente von C,r. Die Ursprungsbündel bedecken das Hyoid am Uebergange des ventralen Stückes in das dorsale. Hier ist das Hyoid ähnlich wie bei Ceratodus mit einer starken, ventral vorspringenden Knorpel-Leiste aus- gestattet (Figg. 28, 30, 39). Die aus den Hyoidbündeln sich formende Muskel-Platte schiebt sich medial vom Kiefer mit sagittal gestellten Fasern vorwärts (Fig. 25). Die Anheftung an eine aponeurotische, derbe, hinter der Symphyse der Mandibula ausgebreitete Membran erfolgt in einer schrägen Linie, welche von der Medianlinie ausläuft und nach vorn und aussen gerichtet ist (Fig. 25). Die laterale Insertionsgrenze bleibt S mm von der Medianlinie entfernt. Die tiefere Lage der ventralen Hyoid-Portion kommt nahe ihres Ursprunges als selbstständige Lage zum Vorschein. Entfernt vom Ursprunge ist sie zugleich sammt der oberflächlicheren Schichte von C,hv zu einer einheitlichen Masse mit C,v verschmolzen. Hierin stimmt Protopt. mit Ce- ratod. überein (vgl. Fig. 19). Die Wirkung des paarigen Muskels ist durch die Anheftung an die intermandibulare Aponeurose und vermittelst dieser an die Symphyse des Kie- fers in sichere Bahnen gewiesen. Ist der Unterkiefer Domat Ansicht destHinteren Abschniites Sfrxirt, 80‘ kann ‚der Hyoid Bogen dureh-den Muskel es knorpeligen Cranium des Quadratum und der Ursprungs-Portion des Operkular-- vorwärts bewegt werden. Nach stattgehabter Fixa- ng tion des Hyoid-Bogens wird jedoch der Unterkiefer zur Mund-Oeffnung ventralwärts bewegt werden können. C,hv vermag ausserdem gemeinsam mit C,v in den Dienst des Spannnervs des Mundhöhlen-Bodens gestellt zu werden. Die Kiefer-Bogen-Portion C;m (Figg. 24, 25, 26, 28 u. 29). 4. Die dorsale Muskel-Platte O,md, welche bei Ceratodus vermisst wird, be- steht bei Protopt. in einem sehr stattlichen Muskel. Es handelt sich bei ihr um Elemente mit dorsalem Ursprunge am Schädel, mit der Insertion am Unterkiefer- Winkel. Es besteht also hier ein kranio-mandibularer Muskel. Das Quadratstück des Oberkiefers hat mit der Beweglichkeit auch seine Muskelbündel eingebüsst. Der kranio-mandibulare Muskel von Protopterus darf demgemäss auch nur mit einer ge- wissen Einschränkung als O,md bezeichnet werden. Es handelt sich um die mächtige Ausbildung derjenigen Muskelbündel, welche bei Haien in der Gegend des Kiefer- Gelenkes die Horizontalsehne zum Ansatze aufsuchen und auf die Mandibula wirk- sam werden (vgl. Fig. 1). Der kranio-mandibulare C,md bewirkt Herabziehen des Unterkiefers, Oeffnung der Mund-Spalte. Er ist also ein Depressor mandibulae. C,d tritt als Synergist in- 87] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 279 soweit auf, als seine Elemente durch die suboperkulare Anheftung vermittelst des Lig. subopere.-mandib. Beziehung zur Mandibula erhalten. Der kräftige Cymd schliesst sich an C,d unmittelbar an (Fig. 23), was auch für alle Haie zutrifft. Der Breitendurchmesser des Muskels beträgt 1,5 em. Auf der Aussenfliche von C,md breitet sich vom Kiefer-Winkel aus die Insertions- sehne bis über zwei Drittel der Länge aus, ein Zeichen der funktionellen Bedeutung. Der Muskelbauch ist durch einen, ihn durchsetzenden, gemischten Ast des N. facialis streekenweise in eine vordere und in eine hintere Portion gespalten (vgl. Figg. 24—26). Das specielle Verhalten von C,md ergiebt sich aus den Abbildungen. Die Ursprungsbündel bedecken weite Flächen; sie gehen von den rauhen Rändern des Opereulum aus, heften sich an die dorsale, operkulare Zwischensehne fest und nehmen ein derbes Fascienblatt in Anspruch, welches C,md von der Trigeminus-Muskulatur scheidet und Beiden zugleich Ursprungsflächen darbietet. Auch der hintere, dem Operc. benachbarte Rand des Schädels lässt Bündel entstehen. Zwei starke, venöse Gefässe, vom Integumente stammend, dringen an der Grenze des Trigeminus- und Facialis-Gebietes zwischen Schädel und Opere. in die Tiefe (Fig. 26). Die der Aussenfläche zustrebenden Bündel finden hier an der Endsehne Aufnahme. Die eylindrische Sehne einer kräftigeren, aboralen Portion schiebt sich zur Ventralfläche des Kiefer-Winkels vor, wo die Anheftung ventral vom Lig. hyo-mandib. stattfindet (Fig. 28). Die platte Endsehne eines schwächeren, vorderen Muskel-Abschnittes findet vor jenem Ligamente am lateralen, ventralen Randtheile statt. Die hohe, funktionelle Bedeutung des kranio-mandibularen Muskels von Pro- topterus lässt sich aus dem grossen Volum ohne Weiteres begreifen. Der Muskel erhält für Protopt. morphologischen Werth, weil ein entsprechen- des Gebilde bei Ceratodus vermisst wird, andererseits aber bei Amphibien, Reptilien zu einem typischen Repräsentanten der Facialis-Muskulatur wird. Protopterus lässt in dieser Hinsicht einen Anschluss an Amphibien vermuthen, welcher bei Ceratodus schlechterdings nicht besteht. Anklänge an ursprüngliche Einrichtungen, überall durehmischt mit hochgradigen Umformungen, zeichnen die Organisation sowohl von Protopterus als auch von Ceratodus unabhängig von einander aus. Es ist daher ausgeschlossen, die beiden Formen begründeter Weise in eine engste, verwandtschaftliche Beziehung zu bringen. Der ventrale Muskel C,mv stimmt in Lage und Anordnung wesentlich mit dem gleichartigen Gebilde bei Ceratodus überein. Er befindet sich in intermandi- bularer Lagerung‘). Der genetische Anschluss an Cyv und Cyhv, der bei Selachiern besteht, ist ebenso wie bei Ceratodus auch hier völlig aufgegeben. In geringem Maasse bedeckt der Muskel wohl noch die primitive Zungenbein-Bogen-Portion CO, hv. 1) Hyrıı hat den homologen Muskel von Zepidosiren paradoxa einen M. mylo-hyoideus anterior geheissen (Ueber Zepidos. par. in den Abhandlungen der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Prag. 1845). J. G. FISCHER hat den Namen für Protopterus übernommen (1864. 8. 46.) 280 GEoRG Ruck [88 Die Anheftung an die ventrale Randfläche der Mandibula erfolgt in ca. 2 cm Ausdehnung mittelst einer sehr derben Sehnen - Membran, welche zugleich vom Perioste aus über die Ventralfläche des Muskels sich ausbreitet. Die Fleischbündel sind an der Medialfläche des Skeletes festgeheftet, und nur die aboralen Randfasern entstehen von jener Fascie. Die transversalen und medianwärts ziehenden Elemente bedecken das vorderste Ende von C,hv und begeben sich zur medianen Aponeurose in einer von der Symphyse aboral- und lateralwärts ziehenden Linie (Fig. 25). C,hv ist, bevor er sich bei ventraler Betrachtung unter die intermandibulare Platte einschiebt, an deren hinteren Rand durch Gewebsmassen fest verbunden. Dieser Umstand muss bei der gemeinsamen Wirkung beider Muskeln an Bedeutung ge- winnen. Diese bei ventraler Betrachtung auftauchende, aber nur scheinbare Einheit- lichkeit kommt in R. Owes’s bildlicher Darstellung von Zepidosiren zum Ausdruck '). C,mv wird durch einen Ast des Facialis innervirt (Fig. 25). Dieser Ast tritt zwischen den Portionen von O,md zur Oberfläche und führt der Intermandibular- und Symphysen-Gegend ausserdem sensible Elemente zu. Mit Genauigkeit wurde die Innervation zu erforschen gesucht. Der bedeutsame Befund, der durch neue Untersuchungen kontrollirt werden sollte, stimmt mit dem bei Selachiern überein. Protopterus bewahrte demgemäss hier wiederum ein primitives Verhalten, welches Ceratodus aufgab, da der betreffende Muskel-Ast des Facialis als Portio facialis dem Ram. III Trigemini einverleibt wurde. Protopterus erreicht durch die eigenartige Ausbildung von Cymd zu einem Depressor mandibulae, Ceratodus erreicht durch die Imnervation von C;mv An- schluss an höhere Formen in dem Sinne, dass gleiche, man darf sagen, speci- fische Einrichtungen bei ihnen angetroffen werden. Was die Innervations- Ver- hältnisse anbelangt, so muss ich wiederholen, dass erneute Untersuchungen nur erwünscht sein können, da auch eifrigstes Bemühen am je vorliegenden Materiale nicht immer zu definitiven Resultaten gelangen kann. Motorische Aeste des N. facialis. Der Facialis-Stamm dringt nach dem Verlassen des Schädels zwischen C;hd und der Labyrinth-Region nach aussen, wo er, noch bedeckt vom Operculum, in seine Hauptäste zerfällt. Ein sensibler, vorderer Ast durchsetzt das Quadratum (Figg. 29—31) und zieht zur Seite des Unterkiefers (R. c. md. fac.). Drei starke, motorische Zweige verlaufen caudalwärts über den kranio-mandib. Muskel C;md hinweg. Sie sind für die dorsale Gruppe Cyd, C,md und O,hd bestimmt. Ein stärkerer Zweig für den interoperkularen Muskel ist auf Fig. 26 erkennbar. Drei stärkere Aeste ziehen ventral- wärts. Der eine ist zwischen Hyoid und Mandibula der Schleimhaut der Mund-Höhle zugetheilt (ch. ft. der Figg. 30 u. 31). Der zweite, ventrale Ast ist gemischter Natur; er kommt am Ventralrande des Operculum zum Vorschein (Fig. 26); er durchsetzt C,md und innervirt denselben. Darauf zieht der Nerv über die Endsehne jedes 1) R. Owen, Description of Lepidosiren annectens. Trans. Linn. Soc. XVII. s9] UÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 281 Muskels, sowie des Kiefer-Winkels zur Regio intermandib., welcher er sensible Zweige zutheilt und innervirt O,mv. Sensible Fäden endigen median in der Nähe der Mund- Spalte (Fig. 25). Der dritte, ventrale Nervenast ist rein motorischer Natur; er ge- langt zwischen Hyoid und Subopere. (Fig. 28) zur Oberfläche von C',v, wo er anfangs von einer derben, an das Suboperculum angehefteten Fascie (Fig. 25) 1) in einen vor-, 2) einen rückwärts ziehenden Ast und 3) in zwei medianwärts ziehende Zweige auf O,hv und Oyv sich ausbreitet. Welche Namen den motorischen Nerven zuertheilt werden, ist für unsere Betrachtungen zunächst von sehr untergeordneter Bedeutung. Der Verlauf in der Nähe vom Kiefer- und Zungenbein-Bogen ergiebt sich aus den Beziehungen der Mus- kulatur zu diesen. Die Vertheilung in dorsal und ventral heimathliche Zweige ist ebenfalls durch die Anordnung des motorischen Facialis-Gebietes geboten. Als be- deutsam muss die Innervation von C,mv durch einen direkt vom Facialis sich ab- zweigenden Ast hervorgehoben werden, weil hierin eine tiefer eingreifende Ver- schiedenheit von Ceratodus zu Tage tritt, worüber auf S. 267—269 gehandelt ist. e. Teleostei. Zur Beurtheilung der hochgradigen Differenzirungen, welche im Muskel-Gebiete des Zungenbein-Bogens der Knochenfische stattgefunden hat, sind zunächst genaue Beobachtungen über die Innervation der Muskulatur der Teleostier selbst nothwendig. Die grundlegenden Arbeiten Verrer’s über die Muskulatur von Esox lucius, Perca fluviat., Oyprinus carpio und Barbus vulgaris lassen uns auch hier nicht im Stiche. Das vorliegende Material gestattet uns ein eigenes Urtheil, welches in den meisten Punkten mit den epikritischen Bemerkungen jenes Autors zusammen- trifft, oftmals jedoch auch nicht unerheblich davon abweicht. Unbestreitbar ist der Verband in der Organisation der Knochenfische mit derjenigen der Selachier, Holo- cephalen und Ganoiden (Acipenser) durch Verrer in verdienstvoller Weise aufgedeckt worden; aber die Kluft zwischen diesen Abtheilungen ist eine so grosse, dass die genauere Kenntniss der Einrichtungen von Ganoiden mir unentbehrlich erscheint, um einen tieferen Einblick in die Umwandlungen zu gewinnen, welche zum 'Teleostier- Zustande geführt haben. Eine specielle Anknüpfung der Knochenfische an die Dipnoer ist nicht statt- haft. Allgemeine Beziehungen walten zwischen ihnen in dem gleichen Grade vor, wie solche je zwischen ihnen und den Selachiern, Holocephalen sowie den Knorpel- Ganoiden bestehen. 1. Aus dem bei den Selachiern dorso-ventralwärts einheitlich durchlaufenden Bündelsysteme C,vd haben sich streng lokalisirte, selbstständige Muskeln bei den Knochenfischen gesondert. Der vielgegliederte, mächtige, knöcherne Operkular-Apparat hat am Kiemen- Festschrift für Gegenbaur. IIL 36 382 GrorG Ruck [90 k Deckel mittlere und ventrale Bündel-Gruppen zu Grunde gehen lassen. Dorsale Ab- schnitte gewannen als Beweger des gesammten Kiemen-Deckels indessen Bedeutung. Aus ihnen ist der . Levator und Adductor operculi hervorgegangen. Diese Muskeln entspringen am Schädel und greifen auch auf das Hyo-Mand. und Suprascapulare über. Das Operculum nimmt die Endsehnen der Muskeln auf. Der Levator operculi hat die oberflächliche Lagerung eines primitiven Constrictor-Abschnittes am meisten bewahrt; er ist direkt mit der dorsalen Portion des Operkular-Muskels von Ohimaera, Acipenser und mit dorsalen Bündelmassen des oper- kularen Muskels der Dipnoer vergleichbar. Verrer weist auf die Uebereinstimmung des Levator operceuli mit dem M. opercularis von Acipenser und mit dem Dorsaltheil der Zungenbein-Bogen-Muskulatur der Selachier hin (l. ce. S. 532). Die am Zungenbein-Bogen festgeheftete Portion des motorischen Facialis-Gebietes tritt bei Knochenfischen in einem selbstständigen, dorsalen und ventralen Gliede wieder auf. Der ventrale Muskel erscheint in grösster Mächtigkeit und in hoher Sonderung. 2. C,hd ist durch den Adductor hyo-mandibularis vertreten und ist durch VErTTER in zutreffender Weise mit dem morphologisch gleich charakterisirten Retractor hyo-mandibularis von Acipenser in Parallele gestellt worden (l.c. 8. 532). Das feste, knöcherne Cranium bietet grosse Flächen zum Ursprunge des Add. hyo-mandibularis. Das Hyo-Mandibulare nimmt die Insertionssehne auf. Der Facialis innervirt den Mus- kel. Mithin sind alle Faktoren für die Deutung des Muskels als C,hd gegeben. 3. O,hv tritt bei den Knochenfischen in sehr verschiedenen Zuständen auf, die, wie ich glaube, das Gemeinsame darin besitzen, dass eine in primitiver Weise trans- versal angeordnete, in Resten noch bestehende Schichte einen Muskel neben und aus sich hat entstehen lassen, welcher vom Hyoid-Stücke aus oralwärts zur Mandibula verläuft. Eine transversale, primitive Schichte und ein sekundärer Längsmuskel werden selbstständig und völlig von einander getrennt bei Barbus angetroffen, indessen die gesammte Schichte C,hv bei Esox aus dem transversalen Bündelverlaufe in eine mehr und mehr longitudinale übergegangen ist. Dadurch kam es aber auch nicht zu. einer derartigen Selbstständigkeit einer quer und longitudinal verlaufenden Platte wie bei Barbus. Der bei Barbus, Cyprinus aus quer, bei Esow mehr aus schräg verlaufenden Bündeln aufgebaute, primitive Stamm-Muskel ist als M. hyoideus inf. bezeichnet worden. Derselbe bringt einen ventralen Verschluss der Kiemen-Spalten und der Kiemen-Deckel-Höhlen zu Stande. Der längs verlaufende Muskel ist als Genio-hyoideus bezeichnet worden. Als Eröffner der Mundöffnung oder als Vorwärtszieher des Epihyale sammt der Kiemenhaut-Strahlen spielt der Längsmuskel eine grosse Rolle. Aus demjenigen Materiale, welches bei Chimaera den zarten, längsverlaufenden M. hyoideus inferior hat hervorgehen lassen, bauen sich die kräftigen, ventralen 91] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 283 Muskeln der Knochenfische auf. Bei Acipenser hatte sich nur ein kleiner, trans- versaler Muskel von der Schichte C;Ahv der Selachier erhalten. C,hv der Dipnoer zeigt eine derartige Anordnung, dass aus derselben die Sonderungszustände bei Teleostiern wohl in ungezwungener Weise ableitbar werden. Der Muskel war bei Ceratodus und Protopterus aus einer quergeordneten, aboralen Bündellage und aus einer oralwärts unmittelbar angeschlossenen, longitudinal an- laufenden Lage zusammengesetzt. Sie können als der Mutterboden für die Bildungen bei den Knochenfischen angenommen werden. Die specialisirten Verhältnisse von Chimaera und Acipenser dürfen als Aus- gangspunkte für diejenigen der Teleostier nicht ausgegeben werden. Das bei Teleostiern durch Verter als M. hyo-hyoideus superior beschriebene Gebilde breitet sich an der Innenfläche der Kiemenhaut-Strahlen aus. VETTER ist zur Annahme geneigt, dass der Muskel diese Lage durch Verlagerung von aussen her erlangt habe Ist das der Fall, dann ist der Hyo-hyoid. sup. ein von den Oper- kular-Muskeln (Levator et Adduct. op.) abgesprengter Theil und zu O,vd zu rechnen. Es besteht aber andererseits die Möglichkeit der Annahme, dass der Muskel vom Hyo-hyoideus und vom Genio-hyoideus aus neugebildet sei. In diesen Fällen hätten die Letzteren vom Epihyale aus sich über die Innenfläche des Kiemen-Deckels aus- gebreitet. Die an den Kiefer-Bogen angehefteten Schichten werden ebenfalls als dorsales und ventrales Gliedstück angetroffen. 4. Cymd trägt bei den Knochenfischen den Namen eines Adductor arcus palatini. Vom Parasphenoid, Petrosum und von benachbarten Skeletstücken (1. Kiemen- Bogen) entstehend, gelangt der Muskel bei Perca zum Metapterygoid und zum Hyo- Mandibulare, bei Esow, Cyprinus und Barbus zum Metapteryg., um weit auf das Entopterygoid überzugreifen. Der Add. arc. pal. zeigt sich mit der Ursprungsportion so weit nach vorn verschoben, dass er den Anschluss an andere Facialis-Glieder eingebüsst hat. Durch diesen Umstand wird die Homologie ein wenig verdunkelt. 5. C,mv ist bei Knochenfischen ein querverlaufendes Muskel-Band, welches hinter der Symphyse des Unterkiefers ausgebreitet ist. Die Portio longitudin. von C,hv fasst dasselbe zwischen sich. Bei Esox besteht ausserdem noch eine mehr oberflächliche, vom Unterkiefer median- und caudalwärts gerichtete Platte, deren sekundärer Uebergang in den Genio-hyoideus auffällt (G.A, bei Verrer, Taf. XIII Fig. 10). Das quere Muskel-Band ist als Intermandibularis bezeichnet, mit dem M. mylo- hyoideus von Acipenser durch Verrer homologisirt und auf den vorderen Abschnitt von C,mv der Selachier bezogen worden. Der Intermandibularis empfängt Aeste vom Trigeminus und vom Facialis (Verrer 8.513). Gleiches ist der Fall mit dem- jenigen Abschnitte von C,mv, welcher in den Genio-hyoideus sich fortsetzt. Die beiden, auch vom 'Irigeminus innervirten Muskeln werden durch VETTER zum Constrictor-Abschnitte gerechnet, welchem er bei den Selachiern die Bezeich- 36* 2854 GesorG Ruce [92 nung Us, gegeben hat. Ich halte diese Meinung, wie die Ausführung über C,mv der Dipnoer angiebt, nicht für zutreffend, jedenfalls nicht für erwiesen. II. Amphibia. Für die Darstellungen der Einrichtungen bei Amphibien werden Menobranchus, Menopoma und CUryptobranchus den, Grundstock abgeben. Diese Formen sind mir aus eigener Anschauung genauer bekannt geworden; an ihnen hat sich die Beurtheilung der einschlägigen Verhältnisse bilden können. Lehrreich und fördernd für unsere Bestrebungen sind die Angaben J. G. FıscHer’s') über Perennibranchiaten und Dero- tremen. Das Verhalten bei den genannten drei Formen, dasjenige bei Siren lacert., Siredon piscif., Proteus ang. und Amphiuma tridact. ist jenem Forscher genauer bekannt geworden. Litterarische Angaben über Salamandrinen, andere Amphibien und Gymnophionen gestatten ebenfalls ein Urtheil über die zum Facialis-Gebiete gehörige Muskulatur. Diesbezügliche Untersuchungen von FiscHER, ECKER, WIEDERSHEIM u. A. geben uns die nöthige Handhabe. a. Urodela. l. Perennibranchiata. Menobranchus lateralis. Fast alle bei den Selachiern unterscheidbaren Muskel-Schichten des Facialis- Gebietes treten bei Menobranchus wieder auf. Zum Theil stehen sie unter ein- ander. noch in primitivem Verbande; theilweise haben sie das Prädikat von selbst- ständigen Muskel-Individuen sich erworben. In dieser Eigenschaft haben sie selbst auf fremde Gebiete sich ausgedehnt, von wo sie neue Ursprungsbündel beziehen, wo sie andererseits weiter ausgedehnte Anheftungen finden. Siredon stimmt in allen Punkten von Bedeutung mit Menobranchus überein. Da die einzelnen Abschnitte von (€, auf diejenigen der Squaliden beziehbar sind, führe ich dieselben unter der indifferenten Bezeichnung auch hier wieder auf, damit die Uebereinstimmungen direkt zu Tage treten. l. C,vd. Die von der dorso-lateralen Körper-Fläche zur ventralen Medianlinie durchlaufenden Muskelbündel bilden bei Menobranchus eine sehr ansehnliche, un- mittelbar unter dem Integumente ausgebreitete Schichte. Oralwärts sind den ven- tralen Bündeln solche angeschlossen, welche hinter dem Kiefer-Winkel in tieferer 1) J. G. FiscHEr. Anatomische Abhandlung über die Perennibranchiaten und Derotremen. Erstes Heft. Hamburg 1864. MU eur N EP 93] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. >85 Lage an dem Zungenbein-Bogen zur Anheftung gelangen. Diesem, mit Cyvd zu einer einheitlichen Platte zusammenschliessenden Abschnitte kommt die Bezeichnung O,hv vollauf zu. Alle Fasern der aus O,vd und O,hv zusammengesetzten Muskel-Platte verlaufen nahezu transversal; sie haben die Funktion eines Constrictors, eines Sphincters, sich erhalten. Sie wirken auf die von ihnen umschlossene Wandungsstrecke der Mund- Höhle, was ja bei den Fischen so deutlich zum Ausdruck kommt. J. G. Fischer hat die beiden Abschnitte der oftmals einheitlich erscheinenden Muskel-Platte für Perennibranchiaten und Derotremen zu einem M. mylo-hyoideus post. zusammengefasst. Wir halten jedoch an der 'Trennung beider Abschnitte fest. Nn. e. bucco-m. md. face. d.Apon. I} N. e. md. trig. Comv. Chhv. Coavd. N.m.h. Trig.I, II. Add.md. Cymd. C3d. Thym. R.c. md. ig N R.e.b.-mx.- 7 ET md.-ment. fac. Ca en os aNn.v. yUd. ‚30. Figg. 33 u. 34. Seitliche Ansicht der Kopf-Gegend von Menobranchus lateralis, tJı. Auf Fig. 34 ist die nach der Entfernung der dorsalen Aponeurose hervortretende, tiefere Muskel-Schichte dargestellt. Cyvd stellt die aborale Portion der einheitlichen Schichte dar. Ihr Ursprung wird durch eine derbe Fascie vermittelt, welche vor den Wurzeln der äusseren Kiemen gelagert ist und vorwärts bis gegen den Kiefer zu sich ausbreitet (Fig. 33). Diese Fascie breitet sich über die Rücken-Fläche der betreffenden Körper-Region aus; sie ist dem oberflächlich gelegenen Doppelstücke des ersten Kiemen-Bogens fester verbunden. Die Muskel-Platte geht aus dieser Dorsalfascie in einer unregelmässig gezackten Linie hervor. Dieselbe fällt caudalwärts etwa in die Verlängerung der Mund-Spalte. Aborale Bündel sind am ersten Kiemen-Bogen festgeheftet, was nach der 286 GeEorG RuGE [94 Entfernung der dorsalen Ursprungsfascie deutlicher erkennbar wird (Fig. 34)'). Vier Millimeter vom Kiefer entfernt fällt jene Ursprungslinie oral- und ventralwärts jäh ab; die Bündel greifen hier mit dem Ursprunge auf das Hyoid über und stellen durch diese Eigenschaft eine Portio C,hv dar (vgl. auch Fischer). Zwischen den Abschnitten C,vd und C,Av konnte wohl eine kleine Spalte nahe dem Ursprunge wahrgenommen werden. Alle Elemente von O,vd sind nahezu transversal angeordnet; sie erreichen in geschlossener Lage die ventrale Medianlinie. In dieser sind sie an einem Sehnen- bande angeheftet, welches die beiderseitigen Muskeln zu einer einheitlichen Platte verbindet. Die aboralen Bündel sind in die ventrale Hautduplikatur eingelassen, : Q ? a spin. SD R. e. md. fae. = _____Längsm. S N.mh. F.mh = PZNEmM. ZE Ä : Rr.c. „Cahv. S bueco'mx. IST = md.ment. Fae ; S h S Cahev. md. = = S S s : S Cvd. Ö 22: S Cy vd. Fig. 37. Ventral-Ansicht der Kopf-Gegend von Figg. 35 und 36. Menobranchus nach Entfernung der auf Figg. 35 und 36 dargestellten Glieder der Ventrale Ansicht der Kopf-Gegend von Menobranchus lat. !).. Auf der Facialis-Muskulatur. Der Ursprung von Fig. 35 ist rechts die Ausbreitung von C,hv nach der Entfernung der Schichte CaAv ist erhalten. Die Insertion von Cymd Cymv zu erkennen. wird sichtbar. welche lateral bis an die erste Kiemen-Spalte hervorrückt und dadurch an den Kiemen- deckel der Fische erinnert. Einige Elemente von C,Av ziehen transversal zur Medianlinie, andere erreichen dieselbe nach schrägem Verlaufe, welcher sowohl oral-, als auch aboralwärts gerichtet ist (vgl. Fig. 35). Die caudalwärts ziehenden Bündel liegen dabei oberflächlicher als C,vd. Dieser Zustand musste einem solchen gefolgt sein, in welchem beide Por- 1) J. G. FiscHEr- beschreibt den Ursprung für denjenigen Abschnitt des „M. mylo-hyoideus post.“, welcher einem Cyvd entspricht, in einer von meiner Darstellung abweichenden Weise. Bei Menobranchus, Siren und Siredon soll der Muskel „von der ganzen Vorderfläche des dem ersten Kiemen-Bogen angehörigen Dorsalsegmentes“ entspringen (l. ec. 8. 43). Ich glaube, hier eine Ungenauigkeit der Darstellung annehmen zu dürfen. Für Proteus hingegen giebt der Autor den Ursprung so an, wie er bei Menobranchus nach meiner Darstellung besteht. 95] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 987 tionen in einer Ebene lagen, da C,hv die ursprünglich tiefere Schichte vorstellte. Als solche hat sie sich denn auch im Vergleiche mit C,mv erhalten (Fig. 36). Die vor- dere Bündelmasse schiebt sich nämlich bei ventraler Ansicht unter den Letzteren, wobei sie S mm von der Kiefer-Symphyse entfernt bleibt. C,Ahv bedeckt gemeinsam mit C,vd den mächtigen, ventralen, dem Glosso-pharyngeus-Gebiete zugehörigen Mus- kel (Figg. 37, 34) O,v, welcher als Cerato-hyoideus externus bezeichnet zu werden pflegt. Siren und Proteus besitzen nach Fıscner’s Angaben ebenfalls je einen O,hv, welcher an der vorderen Fläche des aufsteigenden Zungenbein-Hormes befestigt ist. Der Forscher stellt jedoch die Muskel-Schichten bei Menobranchus und Siredon in Abrede. In dem engen Verbande beider Abschnitte zu einer Platte liegt eine Ueber- einstimmung mit den Befunden bei Selachiern vor. In der Absonderung dieser ein- heitlichen Platte von C,mv knüpft das Verhalten von Menobranchus an dasjenige der Dipnoer an. Im Ursprunge von der breiten Fascie jedoch, wodurch C,vd aus der Dorsalregion sich eigentlich zu entfernen bestrebt, sind für Menobranchus im Gegen- satze zu den Squaliden nicht unerhebliche Differenzirungen eingetreten. Vermittelst der Fascie konnte C,vd in oberflächlicher Lage verbleiben, ohne jedoch dem ur- sprünglich oralwärts eng angeschlossenen C,md die Freiheit zu grösserer Ausbreitung zu beschränken. Letzterer kommt mit aboralen Ursprungsportionen, welche bei Fischen eine rein oberflächliche Lage bilden, bei Menobranchus unter das Glosso- pharyngeus-Gebiet, mithin auch unter Cyvd zu liegen (Fig. 34). Wenn den beiden Abkömmlingen des primitiven Constrietor, Cyvd + Cyhv, der Name eines Sphincter colli zuertheilt wird, so darf an einem solchen doch die Doppelnatur nicht übersehen werden. Uebrigens kann es wohl nur gut geheissen werden, wenn der Begriff eines Sphincter coli bei den halslosen Amphibien keinen Eingang findet. — (,vd und C,hrv, als einheitliche Muskel-Platte aufgefasst, sind als M. mylo-hyoideus post. beschrieben worden (G. F. Fıscner, Seite 42). Dieser durch Hyrrw eingeführte Name bringt die Beziehung zum Hyoid zum Ausdrucke; er erweckt andererseits die Vorstellung, dass er auch mit dem Unterkiefer im Ver- bande stehe. Aus diesem Grunde ist der Name unanwendbar. Es wäre unvorsichtig, wollte man den Befund bei Menobranchus aus sich selbst beurtheilen und die oberflächlichste, aborale Portion C,vd von der Hyoid-Portion C,hv ableiten, etwa weil der Facialis dem Zungenbein-Bogen angehörte. Man würde dabei übersehen, dass diese Portion allein von C,vd der Selachier abgeleitet werden muss und daher nicht erst bei Amphibien entstanden sein kann. 2. Von einem dorsalen, tieferen Muskel des Zungenbein-Bogens (,hd treten bei Menobranchus keinerlei Spuren mehr auf. 3. Die Kieferbogen-Portionen, welche im Facialis-Gebiete der Fische ober- flächliche Schichten bilden, sind erhalten; sie treten ventral in einem indifferenten, dorsal in einem veränderten Gewande auf. 4. Der dorsale Muskel C,md ist durch die Insertion am Kiefer-Winkel gekenn- 388 G&sorG RuGE [96 zeichnet; er ist kräftig entfaltet. In diesen beiden Eigenschaften stimmt er mit Cymd von Protopterus überein; er weicht aber von diesem durch neu erworbene Ursprungs- stätten ab. Dem stattlichen Muskel entsprechend, ist der Kiefer zur Aufnahme der Endsehne mit einem ansehnlichen, nach hinten gerichteten Fortsatze ausgestattet. a. Eine tiefer gelegene Portion entsteht an der hinteren-seitlichen Fläche des Cranium (Figg. 38, 40), nach Fischer am Parietale und Tympanicum. Ihr schliessen sich Bündel an, welche an der seitlichen Wandfläche von Hals-Wirbeln entspringen. Die konvergirenden Elemente begeben sich zur gemeinsamen Endsehne, welche die Hälfte des tiefen Muskels durchziehen und Zeugniss von der kräftigen Wirkungsweise des Letzteren ablegen. Diese Portion, welche die kräftigen Facialis-Aeste unmittelbar vor sich hat (Fig. 40), ist eine Stamm-Portion insofern zu heissen, als sie den primitiven Charakter von C,md am meisten bewahrt hat. b. Eine geschichtete, oberflächliche Portion fügt sich der tiefen Muskel-Lage an (Figg. 39, 40, 41); sie entsteht vom knorpeligen, auf den Zungenbein-Bogen fol- genden, visceralen Skeletstücke, welches das erste, äussere Kiemen-Büschel trägt (Fig. 40). Trig. LIT. Camd. Lev.are.bra. : Lev. are. branch. \ > | Trig,. I-1III. ee nd. > 2 | = va M. temp. m. dı | Ze II > Su — EN Z a N.m.h. Ric. N | \ I ment.fac. R. ec. md. \ —— : R. c. md. Czv. ‚face. V SZ trig. et fac. R. md. trig. spin. Längsm. Figg. 38 und 39. Seitliche Ansicht des Kopfes und der Kiemen-Gegend von Menobranchus later. %,. Während die Fig. 39 noch oberflächlichere Schichten zur Darstellung bringt, ist auf Fig. 38 eine tiefste Lage von Cymd abgebildet. Der Vorderrand, nach FiscHer die laterale Fläche, der oberen Hälfte des Dorsalstückes des ersten Kiemen-Bogens bietet die Ursprungsfläche dar (Fig. 3%). Die an die Kranialportion dorsal angeschlossenen Bündel entspringen in 4 mm Aus- dehnung vom umgebogenen, dorsalen Ende des Knorpelstabes; sie sind in dorsaler Ansicht leicht zu übersehen (Fig. 40). Bei der seitlichen Ansicht (Fig. 39) treten die ventralwärts angeschlossenen, tieferen Bündel zu Tage. Die konvergirenden Fleisch- fasern ziehen zum Theil direkt zum Kiefer-Winkel, zum Theil heften sie sich an der Endsehne der Kranialportion fest. Der Ausdehnung nach handelt es sich hier um einen brancho-mandibularen Muskel, um ein Produkt von Cymd. Die oberflächliche, dorsale Schichte schliesst oralwärts wie bei den Fischen an das Trigeminus-Gebiet an (Fig. 41). Diese nachbarliche Beziehung ist vom Ursprunge an bis zur Insertion deutlich ausgesprochen (Fig. 34). Die tiefere Schichte hat diese primitive Lage eingebüsst; sie ist vom motorischen Glosso-pharyngeus-Gebiet (;d 97) ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN, 389 bedeckt. \Man vergleiche die Figg. 34 und 35, von denen erstere Figur beide Gebiete, letztere allein den Facialis-Muskel vorführt.) C,d entspringt im Anschlusse an Oymd am ersten Kiemen-Bogen und begiebt sich ventralwärts zum Hyoid (Figg. 37, 42). In der Höhe des Unterkiefers ist C,d von C,md durch den Ursprungstheil von C,hv scharf abgegrenzt (Figg. 34, 37, 42). Die ventrale Hyoid-Portion des Facialis-Gebietes giebt also die Scheidung zwischen den beiden Abschnitten ©, und C, des Constrictor-Systemes an. Die Ueberlagerung des motorischen Facialis-Gebietes durch dasjenige des N. gl.-phar. ist eine Folge-Erscheinung zunächst der Anheftung von C,md an den ersten, branchialen Bogen. Dieser gehört aber dem Glosso-phar. zu. Die Ausbreitung SHE ES / | N \ \ Trig. III. | \ ma: | r Add. ma —_ Mu temp. r. c. fac. ne temp. R. e. fae. At, R.e.trig. III. Cam d.(p.bra) Thy. L Lev. are. branch. 1. CO) m d.- ea ErE 6 = : d. spin. Lüngsm. ne Br G@1l.-phar. Lev. are. bra. GIl.-phar. Vag. Vag. | \__d. spin. \\ Längsm. N DIN l Hi AN ZRH) Mm / | | | Figg. 40 und 41. Dorsal-Ansichten der Kopf-Gegend von Menobranchus later. !/ı. Auf Fig. 40 sind die tiefen Schichten von Cymd, auf Fig. 41 die oberflächlichen Kopf-Muskeln erkennbar. Die Thymus, auf Fig. 40 nicht dargestellt, hinterliess zwischen beiden Portionen Cymd eine Grube (Th. L.) der Ursprungsbündel längs des ersten Kiemen-Bogens darf fernerhin als ursächliches Moment für jene Lage-Verschiebung betrachtet werden. Der kranio-mandibulare Muskel-Abschnitt kann nur die Abwärtsbewegung des Unterkiefers zur Folge haben. Als Eröffner der Mund-Spalte wird er auf diese Weise auch in dem branchio-mandibularen Abschnitte einen Synergisten besitzen, dessen Hauptwirkung jedoch in einer Vorwärtsbewegung des ersten Kiemen-Bogens be- stehen dürfte. Eine genaue Darstellung des Muskels ist in den Untersuchungen Fıischer’s niedergelegt; sie deckt sich im Wesentlichen mit der hier gegebenen. FiscHEr rechnet den Muskel C,md zum Systeme der Depressores. Als Depressor maxillae inferioris war er zuvor von CARUS, ZENCKER, SIEBOLD, EcKER bei Amphibien vorgeführt worden. Festschrift für Gegenbaur. III. 37 290 . GerorG Ruck [98 C;md von Menobranchus trägt im Wesentlichen alle Merkmale des Muskels der anderen Amphibien; er kann nach Ursprung und Insertion ein kranio-vertebro- brancho-mandibularer geheissen werden. Die Kranialportion, welche bei Anuren enger an die Regio tympanica anschliesst, hat den Muskel hier zu einem vertebro- tympanico-mandibularen werden lassen. Einer gewissen Mannigfaltigkeit der Benennung für C,md begegnen wir daher schon bei Amphibien. Aus vielen, leicht ersichtlichen Gründen ist jedoch der Name eines M. digastrieus (Cuvier) für den Amphibien-Muskel völlig ungeeignet. Es fehlen die Zweibäuchigkeit, ferner selbst der Beweis, dass CO, md der Amphibien dem hinteren Bauche des Biventer maxillae der Säugethiere komplet homolog sei. Das Gegentheil vielmehr kann dargethan werden. Der Ableitung des dorsalen Kieferbogen-Muskels bei Menobranchus von Cymd der Selachier stellen sich keinerlei Schwierigkeiten entgegen. Näheren Aufschluss gewähren die Befunde bei Protopterus. Han- Fan delte es sich beim Letzteren aber auch um "u S einen markanten, mandibularen Muskel, so war derselbe doch im innigen Verbande mit C;vd verblieben (Fig. 24). Dieser ist bei "3 V.———— Ban Menobranchus vom benachbarten Cymd völlig (Hypes) By. abgetrennt. Bewahrt C,md im Anschlusse an spin. Längsm._ md. Cyvd bei Protopt. eine durchaus oberflächliche Gl.-phar. Lage, so besteht diese bei Menobr. in gan- zer Ausdehnung nur noch für Cyvd; Cymd 5 \ indessen ist längs des vorderen Randes des \ \N ersten Kiemen-Bogens in die Tiefe gerückt und so in sekundärer Weise durch (vd Ventralansicht der Kopf-Gegend von Menobranchus ‚Glosso-pbar.) von, der /Oberiäehe Az lat. !/ı. nach Entfernung der auf Fig. 37 dargestell- schlossen worden. ee on a DE Kranio-mandibulare Bündel sind bei Glosso-phar. und der Hypoglossus gehören zu ihren O,md als solche zu bezeichnen welche ventralen Endgebieten. = 2 den Vergleich mit den Elementen eines Oymd vertragen. Das mit dem Schädel fest verbundene Quadratum vermag dem Muskel auch Ursprungsflächen zu bereiten (Siren lacert.,. Diese ziehen dann von dem ursprünglichen, dorsalen zu dem ventralen Segmente des Kiefer-Bogens. Darauf macht Fischer aufmerksam (l. c. 8.49). Es ist jedoch unstatthaft, auf eine morphologi- sche Bedeutung aus dieser accessorischen Erscheinung zu schliessen. O,md von Proteus und Siredon theilt unter den Perennibranchiaten mit Meno- branchus den Ursprung vom ersten Kiemen-Bogen. Bei Siren lacert. indessen ist eine tiefe Portion in Verbindung mit dem Dorsalsegmente des Zungen-Beines getreten. Hierdurch empfängt der Muskel eine hyo-mandibulare Bündel-Gruppe (C,mhd) (siehe FiscHER S. 49, 50, 52). Der Muskel O;md entwickelt bei Siren lacert. ein kräftiges Insertionsbündel, welches zur Medialfläche der Mandibula zieht und bei ventraler Ansicht die Lücke 99] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 2391 zwischen C;me und C,Ahv ausfüllt. J. G. Fischer heisst diesen Abschnitt einen M. pterygoideus, trotzdem er die Facialis-Innervation zugiebt (l. ec. 8. 63). 3. Der ventrale Muskel des Kiefer-Bogens C,mv besteht in Lage und Aus- breitung bei Menobranchus in ähnlichen Eigenschaften wie bei den Dipnoem'). Er bildet eine oberflächliche Schichte und bedeckt Theile von Cyhv. Die Festheftung geschieht an der medialen Fläche der Mandibula, und zwar von der Symphyse an bis über die mittleren zwei Viertel der Länge dieses Skelettheiles (Fig. 36). Die oralen Fleischfasern verlaufen transversal, die aboralen etwas schräg median- und caudal- wärts zur Linea alba, deren sehnige Unterlage die beiderseitigen Muskeln vereinigt. Diese bilden eine intermandibulare Muskel-Platte, deren Wirkung im Heben, resp. im Spannen des Bodens der Mund-Höhle beruhen muss, und deren Ableitung von dem gleichbenannten Muskel der Haie als gesichert betrachtet werden darf. Ebenso wie bei den Dipnoern hat sich die ventrale, oberflächliche Kiefer- Bogen-Portion von der tieferen Schichte C,hv durch abgeänderten Faser-Verlauf sowie durch die Trennung der Ursprungsköpfe völlig von einander emancipirt. Auch bei Menobranchus hat sich zwischen Mandibula, zwischen C,hv und C,mv eine muskelfreie, dreieckige Zone ausgebildet, welche die Trennung Beider schärfer kennzeichnet. Beide Muskeln sind trotzdem als einheitliches Gebilde aufgefasst worden. Lxon Vaıtzant fasste sogar den ganzen Komplex (C;vd + O,hv + Cymv) als einen Mus- kel auf, übersah aber bei Siren lacertina die Zungenbein-Bogen-Portion. C;mv wird bei Menobr. durch einen Ast des Ram. III n. trigemini versorgt. Der Ast löst sich vom Ram. III beim Verlaufe durch die Kaumuskulatur dicht über der Mandibula los (Figg. 33, 36, 35). Zuvor hat der Trigeminus einen Hautast entsendet, welcher mit einem Haut-Kiefer-Ast des N. facialis anastomosirt (Fig. 38). Der für C,mv bestimmte Nerv durchbohrt in senkrechter Richtung die Man- dibula (Fig. 35) und kommt an deren ventralem Rande, etwas vor dem aboralen Rande von C,mv, zum Vorscheine (Figg. 33, 36, 38). Die motorischen Elemente ver- breiten sich auf der Ventralfläche des Muskels; sensible Elemente erreichen die Haut der Kinn-Gegend (Fig. 36). Die Gründe, wegen welcher der intermandibulare Muskel trotz seiner Innervation durch den Trigeminus-Ast dem Gebiete des N. facialis zuzurechnen sei, sind bei der Besprechung der Befunde bei Dipnoern angegeben worden. Sie haben für Meno- branchus und die anderen Amphibien vollste Geltung. Der intermandibulare Am- 1) Dieser Muskel ist vielfach als ein Mylo-hyoideus beschrieben und sogar in eine ganz direkte Verbindung mit dem menschlichen Gebilde gebracht worden.- F. WALTHER vertrat diese Ansicht noch im Jahre 1887 für den Muskel der Amphibien und Reptilien (l. ce. pag. 20 ete.). Camv der Letzteren ist nun weder eine Mylo-hyoideus, da er keine Beziehung zum Hyoid zu haben pflegt, noch ist er dem Mylo-hyoideus des Menschen komplet homolog. Wohl stellt er die Matrix für eine „Mylo-hyoideus-Gruppe“ dar, zu welcher aber auch der vordere Bauch des Biventer maxillae gehört. — J. Hykrr (1845) unterschied die intermandibulare Muskel-Schichte (Camv) bei Lepidosiren als einen M. mylo-hyoideus ant., welchen Namen J. G. FISCHER übernommen hat. Der Muskel ist dem M. submaxillaris gleichwerthig, welchen ECKER beim Frosch beschreibt. — FiscHER sah den intermandibularen Cymv bei allen Perennibranchiaten und Derotremen von der medialen Fläche der Mandibula, nahe deren Dorsalrändern, entstehen (l. c. S. 41). 37+ 3923 GeEorRG Rue [100 PA phibien-Muskel C,mv ist dem gleichbenannten Gebilde der Selachier in allen wichtigen und ausschlaggebenden Momenten der Lage, des Ursprungs und der Insertion gleich- werthig. Der Selachier-Muskel gehört aber dem Facialis-Gebiete an. Das Gebilde bei Protopterus macht davon keine Ausnahme, dasjenige von Ceratodus aber scheint sowohl dem Facialis als auch dem Trigeminus zuzugehören. Da vorderhand keine näheren Faktoren angegeben sind, welche den Muskel bei Ceratodus und Amphibien in imitatorischer Weise durch das Trigeminus-Gebiet aufgebaut betrachten lassen, da andererseits aber Aeste des Facialis bei Dipnoern das Quadratum und den Kiefer durchziehen, da fernerhin ganze Abschnitte des Facialis interkranial dem Trigeminus sich anschliessen können, und da der 'Trigeminus bei den Amphibien thatsächlich Fasern aus dem Facialis in seine Wurzeln aufnimmt; so liegt nichts Befremdendes in der Annahme, dass der Nerv für C,mv ein Ast des Facjalis sei, welcher bei Amphibien einen interkranialen Anschluss an den Ram. III n. trigemini erfahren habe, was für den ganzen Facialis der Anuren Geltung hat. Es ist zuzugeben, dass die hier sich aufdrängende Anschauung einer erweiterten, genauen vergleichend-anatomischen und einer entwickelungsgeschichtlichen Untersuchung Stand halten müsse. Nach meinem Dafürhalten ist der Beweis durch die vergleichende Methode erbracht, und desshalb wird der Muskel C;m» bei anderen Formen mit gleichem Verhalten auch mit gleichem Rechte als Glied der Facialis-Gruppe auftreten. Sollte die strenge Forschung dereinst darthun, dass der Muskel der Amphibien demjenigen der Se- lachier nur parhomolog wäre, so würde derselbe dennoch bei einer vergleichend-ana- tomischen Behandlung des hier behandelten Stoffes nicht fortgelassen werden können. Für eine jede andere Behandlungsweise dürfte aber die Frage gleichgiltig sein, in welchem Verbande die verschieden innervirten Muskeln zu einander ständen. Ich zolle einer bei J. F. Fischer sich findenden Bemerkung über das Naturell des Muskels C,mv» vollste Anerkennung. Des Autors Anschauung trifft mit der vorgetragenen zusammen. FiscHer kannte die Innervation des Muskels durch einen Ast des Trigeminus. Er gab aber zugleich an, dass der N. trigeminus bei allen Amphibien auch Fasern aus dem Facialis in seine Wurzeln aufnähme, dass daher auch die den Mylo-hyoideus ant. (C,mev) versorgenden Fasern bei Perennibranchiaten und Derotremen, obgleich in der Bahn des Quintus verlaufend, nicht mit Sicherheit dem Letzteren zugeschrieben werden ‚dürften. Aus Vorkmanns Versuchen (1835) „scheine“ im Gegentheil ihr Ursprung aus dem Facialis zu erfolgen (1. ce. 8. 45). Des N. facialis motorische Aeste. J. G. Fischer gab eine sehr gute Darstellung der Verbreitung des N. facialis bei Perennibranchiaten und Derotremen (1864 8. 124 und 152—139). Es ist hier nicht der Platz, auf diesen Theil der vortrefflichen Untersuchungen ausführlicher einzugehen. Ich hebe hervor, dass Fischer vier Aeste des Facjalis unterscheidet: Il. den zur Schleimhaut der Mund-Höhle ziehenden R. palatinus, ee EEE a An 101] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 293 2. den R. alveolaris, welcher die Haut der Mandibular-Region, 3. den R. mentalis, welcher die Haut der Intermandibular-Region versorgt, 4. den gemischten R. jugularis. Der R. jugularis Fischer’s versorgt die gesammte Facialis-Muskulatur, welche wir als O,vd, C,hv, Cymd unterschieden haben. Die sensiblen Aeste des R. jugularis finden in der Haut, welche C'y»d und C,hv bedeckt, Verbreitung. Von Bedeutung für unsere Bestrebung ist die 'T’hatsache, dass bei allen Amphibien Wurzel-Bündel des Facialis interkranial in das Ganglion des Trigeminus sich einsenken. Die so zum Ausdrucke kommende Aufnahme von Facialis-Elementen in die Bahnen des Quintus hängt fraglos von der Innervation von Cyvm durch den Trigeminus zusammen (siehe hierüber Protopterus). Eine Anastomose zwischen VII. und IX. führt dem R. jugularis Elemente des Glosso-pharyngeus zu. Diese 'Thatsache ist für uns in der Weise verwerthbar, dass, sofern es um motorische Aeste des Glosso-phar. sich handelt, sowohl an Cyvd als auch an O,md Elemente des Glosso-pharyngeus-Gebietes angegliedert sein können, ohne dass die Grenze zwischen (©, -und C, anzugeben noch möglich wäre. In diesem Sinne dürfte Fıscher’s Ausspruch, dass es unschwer sei, auf anatomischem Wege ein Urtheil über die Natur eines Ram. communicans sich zu bilden, eine Umwandlung erfahren. Zuweilen findet aber die Einlenkung von Glosso-pharyngeus- Aesten in die Facialis-Bahn eine einfachere Erklärung, und zwar dann, wenn weiter distal Aeste zu Gliedern des motorischen Glosso-pharyngeus - Gebietes sich wieder verfolgen lassen. Bei Siredon wird z. B. auf diese Weise der sogenannte Üerato- hyoideus externus innervirt (s. Fischer 1864, S. 134). Die Verzweigung des Nerven ausserhalb des Schädels tritt bei seitlichen An- sichten auf den. Figg. 33, 34, 35 und 39 zu Tage. Die dorsalen Ansichten auf den Figg. 40 und 41 ergänzen die bildliche, von der Seite aufgenommene Wiedergabe. Die Figur 34 lässt die ventrale Ausbreitung der motorischen Aeste erkennen. Der Facialis spaltet sich extrakranial rasch in mehrere Zweige, welche, soferr sie nicht sofort in tiefe Portionen von O,md sich einsenken (Figg. 38, 39, 40), zwischeı der Trigeminus- und Facialis-Muskulatur (Figg. 40, 41) zur Seitenfläche des Kopfes ziehen. Hier erreichen 4—5, von vorn nach hinten aneinander angeschlossene Haut- äste ihre Endgebiete. Sensible Trigeminus-Aeste erreichen ihr Gebiet längs der Spalte, welche vom Auge caudalwärts zieht und den medialen Muskel-Komplex von dem lateralen scheidet (Fig. 41). In der Muskelspalte zwischen O,md und C,d treten Aeste des Glosso-pharyngeus hervor. Es hat sich also eine segmentale Anord- nung der Kopf-Nerven, welche dem Integumente zugehören, erhalten. Anastomosen zwischen Facialis und Glosso-pharyngeus konnten bei Menobran- chus und Siren durch Fischer nicht wahrgenommen werden (1864, S. 134 und 137). Ebenso fehlte ein R. communic. bei Proteus'). Motorische Aestchen gelangen von der oralen Seite her in die verschiedenen Lagen von Cymd. Mit den Hautästen 1) J. G. FiscHER. Amphibiorum nudorum neurologia. 1843 pag. 36. 294 GeorG RuGE [102 gelangen drei zarte Nerven aboral und etwas dorsal vom Kiefer-Winkel zur Oberfläche (Figg. 33, 36). Alle drei Nerven senken sich in die aus C,vd und C,hv zusammen- gesetzte Muskel-Platte ein. Ein ansehnlicher, dorsaler Ast verläuft horizontal und caudalwärts, Der am weitesten oral zur Oberfläche gelangende Nerv breitet sich ventral über C;hv aus. Zwischen den genannten Aesten breitet sich der dritte Nerv ventralwärts aus. Ansehnliche Bestandtheile des Facıalis sind sensibler Natur; sie finden ihr Endgebiet in der Unterkiefer- und der aboral angeschlossenen Gegend, welche durch C,vd eingenommen ist. Der Schleimhaut-Ast (ch t), welcher zwischen Kiefer- und Zungenbein-Bogen dem Boden der Mundhöhle anheimfällt, fehlt nicht. Er ist ver- gleichbar einer Chorda tympani höherer Formen. Sensible, mandibulare und hyoidale Nerven bilden den Hauptantheil am Truncus hyoideo-mandibularis. Derselbe liefert auch die von Fischer als selbstständige Aeste aufgeführte Rm. mentalis et alveolaris. Alle motorischen Aeste sind in der Anordnung zu sehr von ihrer Muskulatur abhängig, als dass besondere Benennung und Eintheilung nöthig wären. Sie zerfallen, wie die Muskeln, in dorsale und ventrale Gebilde. Den motorischen Facialisästen haben wir jenen Nerv des Ram. III trigemini zuzuzählen, welcher nach Durchbohrung der Mandibula als N. m. h. in den Muskel C,mv sich einsenkt. Das genauere Verhalten wurde zuvor erörtert. Die im N. m. h. enthaltenen Facialis-Elemente sind dem 'Trigeminus bereits intrakranial angeschlossen (vergl. Fischer, 1884, Tafel 6, Fig. 8). Menobranchus darf als Paradigma derjenigen Amphibien, welche primitive Zu- stände besitzen, genommen werden. Sein motorisches Facialis-Gebiet unterscheidet sich von demjenigen der Selachier in dreifacher Beziehung. Zunächst ist die eingelei- tete Selbstständigkeit von C,vd hervorzuheben. Dieser hat den Verband mit den Kiefer- Bogen-Portionen C,md und C, mv verloren; er hat jedoch den Zusammenhang mit CO, hv bewahrt. Zweitens ist die Ausbildung des dorsalen Abschnittes der Kiefer-Bogen- Muskulatur zu einem mandibularen durchgeführt (C,md). Anklänge an ein solches Verhalten zeigte Protopterus, Anklänge, da C,md im Anschlusse an die aborale, dor- sale Schichte in ursprünglicher Weise verharrte. C,md war zudem bei Menobranchus einer sehr hochgradigen Differenzirung unterbreitet gewesen, was sein Volum, die Schichten-Ausbildung an ihm, sowie die neu erworbene Anheftung an den ersten Kiemen-Bogen beweisen. Drittens ist C,mr von Menobr., im Gegensatze zum Verhalten bei Selachiern, ganz unter die Herrschaft des Trigeminus (Ram. III), aber doch nur in dem früher angedeuteten Sinne, getreten. Ceratodus liess Anfangsstadien solcher Organisation erkennen; denn nur Theile des Muskels waren den Trigeminus-Zweigen überantwortet. Jene Herrschaft kennzeichnete sich als eine scheinbare. Als eine vierte Differenz zwischen Menobranchus und Selachiern dürfte die Unterordnung der Schichte C;hv und deren Wesen als Anhangsgebilde von C,»d hervorgehoben werden. Das völlige Erlöschen von C, hd theilt Menobranchus mit manchen Fischen. Vielfache Uebereinstimmungen mit Menobranchus, einige neue Formzustände haben sich bei der folgenden Form bestimmen lassen. 103] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FAGCIALIS BEI WIRBELTUIEREN. 295 l. Cadueibranchiata. Derotremata. l. Menopoma_ alleghaniensis. Den dorso-ventralwärts durchlaufenden Bündeln, welche das Facialis-Gebiet nach hinten abschliessen, fügt sich wie bei Menobr. die ventrale Zungenbein-Bogen- Portion eng an. Beide bilden eine gemeinsame Muskel-Platte, welche als O,vd eine rein oberflächliche Lagerung einnimmt, als C,hv» aber sowohl durch tiefe, hyoidale Ursprünge als auch durch tiefe Insertionen ausgezeichnet ist. Die Insertionen schieben sich, bei ventraler Betrachtung, unter den intermandibularen Muskel CO, mv. Diese Erscheinung wird von FiscHER für Menopoma und Amphiuma ausdrücklich hervorge- hoben, um die Verschiedenheiten eines M. mylo-hyoideus ant. (Cymv) und eines M. mylo-hyoid. post. (C,vd —+ C;hv) für die Amphibien darzuthun. Der Autor er- härtet diese Meinung durch die Verschiedenheit der Innervation beider Gebilde. I. ©,vd. Die dorso-laterale, oberflächliche Fascie verleiht allen Bündeln den Ursprung, und zwar in einer Linie, welche 3 cm hinter der äusseren Nasen-Oeffnung beginnt, dorso-caudalwärts in einer Länge von 4 cm allmählich ansteigt (Fig. 43) und etwa 1 cm dorsal von der Kiemen-Spalte endigt. Vordere Bündel bedecken die Kau-Muskulatur; sie ragen dementsprechend oralwärts über das tiefe Facialis-Gebiet hinaus. Hintere Bündel-Gruppen bedecken gemeinsam mit ihrer Ursprungsfascie so- wohl C,md als auch die Glosso-pharyngeus- und Vagus-Gebiete. (Digastricus, Leva- tores arcuum der Autoren.) Die Muskel-Schichte C,vd besitzt keine Beziehungen zum ersten Kiemen-Bogen, was für Menopoma von FiscHer angeführt wird. Darin ist ein Unterschied zu den Perennibranchiaten gegeben. Amphiuma hat, aus Fiscner’s Beschreibungen und Abbildungen zu schliessen, den oberflächlichen C,vd eingebüsst. Diese Erscheinung steht meines Erachtens von der Ausbildung des C,md in einer gewissen Abhängigkeit. Die ventralwärts ge- richteten Fasern sammeln sich zwischen Kiemen-Spalte und oraler Muskelgrenze. Sie konvergiren hier ein wenig, da der Raum im Verhältnisse zur Ursprungsfläche ein- geengt ist. Von ihm aus ziehen sie ventralwärts weiter. Orale Bündel erreichen die Ventrallinie, aborale heften sich an eine, in caudaler Richtung rasch sich ver- breiternden Aponeurose fest. Dies vollzieht sich in einer, zur Kiemen-Spalte in leichtem Bogen sich begebenden, Linie (Fig. 45). Der grösste, longitudinale Durchmesser der ventralen Platte beträgt weniger als die Hälfte der dorsalen Ausdehnung. Es handelt sich also um eine starke, dorsale Ausbildung von C,rd. Dieser hat caudalwärts in der Kiemen-Spalte ein Hemmniss erfahren. In der vorderen Wand der Kiemen- Spalte sind einige kräftige Bündel eingelagert (Fig. 43). Die Nachbar-Bündel der Kiemen-Spalte gehören dem Facialis-Gebiete nicht an. Die Constrictoren-Wirkung hat sich bei C,vd erhalten. In dessen Lostrennung vom dorsalen Kieferbogen-Muskel 296 GeorGc Ruck (104 treffen die Befunde von Menopoma und Menobranchus überein. Menopoma zeigt aber eine höhere Ausbildung als Menobranchus, nicht allein in der weiten Ausdehnung von C,vd über fremde Gebiete, sondern vor Allem darin, dass die Kiefer-Bogen- Portion (C,md) vollständig durch C,vd bedeckt wird, dass Letzterer sogar das moto- rische Trigeminus-Gebiet aus der ursprünglich oberflächlichen Lage verdrängt. Eine Neuerung tritt du. nn is bei Menopoma fernerhin d. Apon. | | darin zu Tage, dass die Rr. cut. face. | > Ventralplatte nicht wie bei Menobr. hinten durch eine transversale, sondern durch eine von der Me- dianlinie in dorso-caudaler Richtung ausbiegende Grenzkontour abgesetzt ist (Fig. 45). Dies hängt mit dem Schwinden der ven- tralen Hautfalte bei Me- nopoma zusammen. Nach | .R. e. md, fae. Rec. ment. Cyvd. Fae. > Kiem. sp. Vene. Thym. deren Wegfall haben die OGmd et | ventralen Bündel eine abo- Ca rale Zunahme erfahren R.e.trig. III. Oymd.(a.s.) | können! Einige Muskelbün- \ Sen del, welche die Ventral- N platte gegen die Kiemen- ) Spalte, also caudalwärts | | \ abgrenzen, sind dem Fa- I ne te = Ste ® . | | u \ cialis - Gebiete nur theil- | \ NG) weise eng angeschlossen. Oav. | A \ NS Sie gehören dem Glosso- Kiem. sp. | | Cy Pod. Figg. 43 und 44. 5 pharyngeus zu und sind durch die Bezeichnung 'v hinlängli ;harakte- Seitliche Ansichten der Kopf-Hals-Gegend von Menopoma allegh. %/;. Nach Os hinlänglich cha der Entfernung der auf Fig. 43 dargestellten, oberflächlichen Schichte konnten risırt. Nach der Entfer- auf Fig. 44 die nächst tieferen Lagen dargestellt werden. Dorsal von der Kiemen- j 9 Spalte liegen zwei als Thymus bezeichnete, von einander durch die ober-- nung des Dorsalabschnittes flächliche Vene getrennte Körper. Dieselben sind schon makroskopisch von DE 5 3 ‘ verschiedenartigem Aussehen. von Cyvd wird die Ver- laufsweise von C;» deutlich (Fig. 44). Das 2,5 mm breite Muskel-Band schiebt sich in dorsaler Richtung unter C,vd und unter C,md, um auf diese Weise das Dorsalende des ersten Kiemen-Bogens zur Anheftung aufzusuchen (Figg. 47 u. 48). Hier ist der Zusammenhang mit C';d erhalten. Ein feiner Ast des Glosso-pharyngeus innervirt den Muskel. 105] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTIIEREN. 297 Die ventralen Schichten, dem Constrietor-Systeme entstammend, sind dem Vorhergehenden gemäss bei Menopoma und Menobr. nicht gleichwerthig zu erachten. Bei Menop. sind Bausteine zweier Segmente, bei Menobr. solche eines Segmentes zur Verwendung gekommen. 2. C,hv. Die an den Ventraltheil von C,vd angeschlossene, ventrale Zungenbein- Bogen-Portion stimmt in der Hauptsache mit derjenigen der Perennibranchiaten über- ein. Medial vom Kiefer-Winkel am Hyoid befestigt, gewinnt die tiefere Schichte durch ihre quer verlaufenden Bündel Anschluss an C,vd (Figg. 46 u. 47). Vordere Elemente ziehen mehr und mehr median- und oralwärts und schieben sich dabei, a PS Camv.(a) Camv(a.) 7 spin. Lüngsm. >— Apon- spin. Lüngsm. mv (P.) Ca mv N. mh. Add. md. Rr. e. fac. Cohv. Co md. (a. s.) [09 vd. EZ ; an sp: Figg. 45 bis 47. Ventrale Ansichten der Kopf-Gegend von Menopoma allegh. *J;. Die Darstellungen ergänzen sich in der Art, dass auf Fig. 45 oberflächliche, auf den folgenden Abbil- dungen je nächst tiefere Muskeln hervor- treten. bei ventraler Betrachtung, unter den intermandibularen Muskel C,mv (Fig. 45, vgl. auch Fischer). Die Insertion erfolgt, wie bei Menobranchus, am medianen Sehnen- streifen, welcher dem beiderseitigen Muskel zur funktionell bedeutsamen Einheit verhilft. C,hv wird C,vd im Spannen und Heben des Mundhöhlen-Bodens unterstützen, ausserdem aber das Hyoid oralwärts zu bewegen ‘vermögen. Abgesehen von Volumsdifferenzen zwischen C,hv von Perennibranchiaten und Menopoma besteht bei Letzterem noch eine wichtige Weiterbildung. Sie besteht in Festschrift für Gegenbaur. III. 38 298 { Geore Ruck [106 neu erworbenen Ursprüngen der Hyoid-Schichte vom Schädel. Bei Menopoma handelt es sich um eine verhältnissmässig zarte Bündelmasse, welche, aus dem hyoidalen Verbande heraustretend, am Schädel oberhalb des Kiefer-Gelenkes befestigt ist. Fine dünne, sehnige Membran setzt sich von diesem kranialen Bündel auf das knorpelige Hyo-Mandibulare fort. Fischer fand die Festheftung des Muskels bei Menopoma Fae. Oma. Cd. Cu2d. Add. md. (a. s.) BREER Trig. M. temp. N AN = al \ an der „lateralen Kante des ZI ee nd N N hinter und unter dem Schä- > 2 2 a An ee 92 del vorragenden, platten End- R. e.md. fac. Add. md. Ri. theiles des Zungenbein- R.c. ment. fac. Fa. (ymd. Hornes. Bei Amphiuma hat der Ursprung eine grössere Dimen- sion gewonnen, indem er an — „der lateralen Fläche des hin- Cymd Add. ınd. (as) (yd ter dem Schädel vorragenden = Ca md. (p.) Endtheiles des Zungenbein- N f “ Hornes und an der breiten f- u 4 Sehne, wodurch dieser an dem — It 2 oberen Theil des Os tympani- Cymd(a.s.) | Cyva. cum angeheftet ist“, gefunden Buy: Jar. wird (l. ce, 8.42 u. 43)% Wenn man den neuen Beziehungen, welche der Muskel zum Cranium einge- gangen ist, Ausdruck verlei- Omdp) O4? Ca m d (a. s.) "3. d. MM. teınp. \ / DRUMS \ | \ \ hen will, so kann man ihn ei W) SS ß ‘ \ Sy AINNII\ als einen (yAhv (er.) bezeich- ae \ ) a 7 “ nen. Mit dem Erwerbe der ——L B I» 7 / N festen Verbindung des Hyo- Mandibulare mit dem Cra- nium werden sich auch am Muskel die Schädel-Ursprünge R. e. buce.- me£. fac. R.c.md. Fae. Oahv. Kiem. sp. CHvd. Osv. Figg. 48 bis 50. 3 ausgebildet haben. Seitliche Ansichten der Kopf-Gegend von Menopoma alleghan. %. Auf 3 I RE : Fig. 48 sind tiefe Schichten, auf den Figg. 49 bis 50 je nächst oberfläch- C,hv äussert demge- liche Schiehten zur Darstellung gekommen. Die Figg. 44 und 43 schlies- a = an sen sich betreffs Darstellung oberflächlicher Lagen an Fig. 50 an. mäss neben konservativen auch progressive Eigenschaf- ten. C,v schliesst sich an primitivere Verhältnisse an; O,d hingegen ist der Haupt-Vertreter progressiver Entwickelung, welche im Erwerbe neuen Gebietes sich kund thut. | 1 107) ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEL WIRBELTHIEREN. 299 Die Kiefer-Bogen-Portion ist wie bei Menobr. durch O,md und C,mv ver- treten. Die ventrale Schichte ist eine intermandibulare; sie wiederholt im Wesentlichen das Verhalten von Menobranchus. Dies bezieht sich auch auf die Innervationsver- hältnisse. Als wichtige Abweichungen treten indessen vordere, different gewordene Theile auf, welche die Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Der dorsale Abschnitt des Kiefer-Bogen-Muskels weicht in mehreren Punkten von demjenigen bei Menobr. ab. Dies trifft mit den Umwandlungen zusammen, welchen das Visceralskelet unterbreitet gewesen ist. 3) Cymd. Der dorsale Kieferbogen-Muskel zerfällt in zwei Schichten. Sie sind durch den motorischen Ast des N. facialis getrennt (Fig. 48). Im Ursprunge sowie in der Insertion sind beide Schichten mit einander verbunden. Die tiefe Portion entspringt an der Oceipitalregion des Schädels. Auf der Fig. 45 ist die Ursprungsfläche nach der Los- lösung des Muskels zu erkennen; sie dehnt sich längs des Hinterrandes des vom Glosso-phar. RE beherrschten C,d aus. Vor der tiefen Portion ee s » Faciali Vor & ne Y. — M.temp. verästelt sich der Facıalıs. or dessen motorl- nmd.(a.) — schen Zweigen befindet sich ein schlankes Muskel- 2 2 en =o elendo: bündel, welches im Verlaufe zum Kiefer-Winkel der oberflächlichen Portion sich anschliesst. am dB.) N Caudalwärts an die kranialen Bündel der Kenn tieferen Schichte ist eine sehr ansehnliche Platte AR: angefügt; die dorsale Fascie bildet für sie den Ursprung in einer Ausdehnung von 2 cm (Figg. 49, 50). Die zum Kiefer-Winkel konver- sirenden Elemente begrenzen zugleich C,md Fig. 51. (Fig. 50); sie bedecken die motorischen Glosso- ie 3 e De: R - rn 7 Dorsalansicht der Kopf-Nacken-Gegend von Me- phar.- und Vagus-Gebiete sowie einen Theil nopoma allegh. %s. Oberflächliche Muskellagen. von Cr (Fig 48, 49, 50). Von der bestehenden Pc Genie rad feräruhg shlenten, Kiemen-Spalte bleibt der Muskel 6 mm entfernt (Fig.49). Bei dorsaler Ansicht tritt die gegenseitige Lagerung deutlichst zu Tage (Fig. 49). Ein lang ausgezogener Nervenast versorgt die aborale Platte (Fig. 49)—50). Diese hat durch das Ausgreifen in caudaler Richtung und unter gleichzeitiger Ausbildung einer entgegengesetzten Bündel-Richtung, wie sie C,d aufweist, sehr grosse Selbstständigkeit erlangt. Bei Menobranchus hatte noch ein unmittelbarer Anschluss an C,d vorgelegen. Die Vene, welche die Bündel der tiefen Portion durchsetzt (Figg. 44, 49, 50), gehört dem Zungenbein-Bogen zu. Sie gelangt zur Oberfläche unmittelbar vor Cd (Fig. 45) und giebt demnach etwa die Grenze an, von welcher aus das Facialis-Gebiet in caudaler Richtung über die Glosso-pharyngeus- und Vagus-Region sich sekundär ausgebreitet hat. 38% 300 GeorG Ruck [108 Nach Maassgabe der Lagerung des motorischen Facialis-Astes zur tiefen Portion dürfte diese mit dem Gesammtmuskel C,md von Menobr. übereinstimmen. Ich möchte sie auch als den Grundstock von C,md, alle vor und oberflächlich von dem motorischen Nerven gelagerten Massen jedoch als sekundär entstandene betrachten. Wir begegnen den letzteren in der „oberflächlichen“ Portion. Ihr gehört zunächst jenes kleine Bündel- chen zu, welches vor und über dem motorischen Aste sich befindet (Fig. 49). Der Ursprung der Hauptmasse liegt gemeinsam mit demjenigen der tiefen Schichte am Schädel, seitlich von der dorsalen Rumpf-Muskulatur; er dehnt sich vor dem Glosso- phar.-Gebiete aus (Fig. 45). Ausserdem dehnen sich die Ursprungsbündel längs einer Leiste des knöchernen Schädels ventralwärts aus. Unmittelbar vor ihnen drängt die oberflächliche Kau-Muskulatur sich hervor (Figg. 50, 51), sodass die motorischen Ge- biete des Facialis und Trigeminus an einander stossen, und der N. facialis weite Strecken von seinem motorischen Endgebiete bedeckt wird. Die grosse Anzahl sen- sibler Facialis-Aeste bei Menopoma bewahrt ihren Austritt zwischen der Trigeminus- und Facialis-Muskulatur (Figg. 48, 50), indessen die motorischen Aeste am caudalen Rand- theile von C,md (sup.) in oberflächlicher Ausbreitung zu C,vd und C;hv gelangen (Figg. 44, 48, 49, 50). Die dorsalen Bündel der oberflächlichen, nahezu quadratischen Schichte bilden den aboralen, die neben dem Trigem.-Gebiete entspringenden den oralen Abschnitt des Muskels. Wie die Schnittflächen der beiden Lagen von O,md zeigen, handelt es sich um ein sehr kräftiges Gebilde von 4—7 mm Dicke. Die gemeinsame Inser- tionsfläche ist der nach hinten vorspringende Kiefer-Winkel, welcher, von der Ventral- fläche betrachtet, spitz ausläuft (Fig. 47). Die starke Endsehne dringt vom Kiefer- Winkel weit in’s Innere des Muskels ein. Die Wirkung von C,md beruht, wie mir scheint, einzig und allein in der Oeffnung der Mund-Spalte. Die Senkung des Unter- kiefers wird in sehr präciser Weise zu Stande kommen, da der Muskel z. Th. vor, z. Th. hinter der Insertion seinen Ursprung hat (vel. Fig. 47), und der Ausschlag der Wirkung in der Dorsalbewegung des Kiefer-Winkels sich äussern muss. Die Muskelwirkung erscheint demnach bei Menopoma als eine specialisirte, frei von jeder Nebenwirkung auf das übrige Visceralskelet. Von einer Constrictoren- Wirkung des Muskels kann wohl kaum mehr die Rede sein. 4. C,mv. Der Muskel ist in eine hintere Hauptplatte und in einen vofderen, kleineren Abschnitt getrennt. Der Ursprung der Ersteren liegt an der Innenfläche der Mandibula, dem ventralen Rande der Letzteren benachbart. Die vorderen Bündel der Hauptplatte bleiben von der Kiefer-Symphyse gleichweit wie die aboralen Ur- sprungsbündel vom Ende der Mandibula, ca. 1,4 cm, entfernt (Fig. 47). Die aboralen Bündel entspringen in der Nähe der Oeffnung des Nerven-Kanales, aus welchem der für C,mv bestimmte Trigeminus-Ast, N. m. h., heraustritt. Vordere Bündel verlaufen. der Kiefer-Wand angelagert, oralwärts, hintere schlagen mehr und mehr einen trans- versalen Verlauf zur medianen Sehne ein. Die hinteren Randbündel sind in ihrem Verlaufe median- und caudalwärts gerichtet (Fig. 45). Menopoma und Proteus sollen, wie FiscHEr angiebt, die einzigen Vertreter unter 109] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 301 den Perennibranchiaten und Derotremen sein, bei denen der paarige, intermandibulare C,mv in der ventralen Medianlinie nicht zu einem einheitlichen Muskel zusammen- fliesse, sondern durch eine Art Linea alba in derselben getrennt bleibe (1. c. 8. 41). Ein Zusammenfliessen der beiderseitigen .Muskel-Platten tritt nach meiner Erfahrung bei Amphibien nicht in die Erscheinung; es leitet sich erst bei höheren Wirbelthier- Abtheilungen ein. Vordere Muskelfasern von C,mv, welche bei Menobr. in rein transversaler Anordnung sich befinden, divergiren bei Menopoma vor- und medianwärts und heften sich an einer derben Sehnen-Platte fest, welche, mit der gegenseitigen vereinigt, der Symphysen-Gegend des Kiefers sich anfügt (Fig. 45). Die Sehnen-Platte bedeckt den zwar kleinen, aber sehr kräftigen, aus queren Fasern aufgebauten, vorderen Muskel- Abschnitt C',mv (a.). Sehnen-Platte und Muskel sind einander innig adhaerent, sodass die Endsehne der Hauptportion den Anschluss an den vorderen Abschnitt erhält. Nach der Entfernung des Fascien-Blattes zeigt die vordere Portion grösste Selbstständigkeit. Scharf geschnittene, aborale Randbündel laufen vom Kiefer, leicht gebogen, die Konvexität caudalwärts gerichtet, über die Medianlinie in die Elemente des Partners aus. Nach vorn schliessen kräftige Muskelbündel an, welche, in die Tiefe eintauchend, neuen Faserbündeln Platz machen. Die der Symphyse benachbarten, kurzen Elemente sind wie bei Menobr. quer gerichtet (Fig. 47). Die Kiefer-Insertion des Rectus-Systemes wird vom vorderen, intermandibularen Muskel bedeckt. Derselbe theilt die gleiche Innervation mit dem Hauptmuskel CO, mv (post.). Er füllt die Lücke aus, welche letzterer frei lässt. Er fehlt bei Menobranchus. In seiner Nachbarschaft ist kein anderes Gebilde namhaft zu machen, mit welchem eine Verwandtschaftlichkeit vorliegen kann. Der Muskel ist ein neues Glied in der motorischen Facialis-Gruppe: er lässt sich nur als ein von C,mv, bei Menopoma und verwandten Amphibien ab- gegliedertes Stück beurtheilen. Es werden ursächliche Momente für die Sonderung der vorderen Portion von C,mv vorgelegen haben, welche mit der Funktion der- selben in Einklang gebracht werden können. Wir begegnen dem Muskel bei Urypto- branchus und bei den Anuren wieder; wir wollen ihn fernerhin als C,mv (ant.) im Gegensatze zu O,mv (post.), zur Hauptmuskel-Platte, bezeichnen. Der entwickelungsgeschichtlichen Untersuchung fällt die Aufgabe anheim, die Ontogenie des Muskels klar zu legen, nachdem die vergl. Anatomie den Weg hierzu gewiesen hat. Der Nervenast für C,;mv entstammt, wie bei Menobranchus, dem 'Trigeminus. Der hier zum ersten Male in die Erscheinung tretende O,mv» (ant.) fehlt nicht allein bei Menobranchus, sondern auch bei allen anderen Perennibranchiaten. G. Fischer hebt mit Recht dessen Gleichartigkeit mit dem, beim Frosche von EckEr als Submentalis, von Cuvier als M. transversus, von Duczs als M. sous-mentonnier beschriebenen Muskel hervor. Der Autor hat nicht ermitteln können, ob C,mv (ant.) vom Trigeminus oder vom Facialis Aeste erhalte, wenn schon es ihm nach Vork- mAnNs Versuchen (1843) wahrscheinlich sei, dass der Facialis den Muskel des Frosches innervire (l. c. S. 48). 302 GEorRG Rue [110 Vergleich der Befunde bei Menopoma und Menobranchus. Menopoma hat im Vergleiche mit Menobranchus in allen Punkten Ausbildungen seines motorischen Facialis-Gebietes zu verzeichnen. C,vd ist durch die Ausbreitung über C,md und über die Kau-Muskulatur um Vieles selbstständiger geworden, als es bei Menobr. der Fall ist; der Muskel hat zugleich an Ausdehnung in caudaler Richtung ge- wonnen. Er verhält sich jedoch durch den Anschluss eines Theiles von O3» an seinen aboralen Rand zur Nachbarschaft ursprünglicher, als der Muskel von Menobranchus. C,hv hat bei Menopoma Ursprungsflächen am Schädel und Hyo-Mandibulare gewonnen und erhebt sich dadurch über den Muskel bei Menobranchus. C,dm hat bei Menopoma an Mächtigkeit zugenommen, zwei Schichten zur Ausbildung gebracht, jegliche Ursprungs-Beziehungen zum Visceralskelete verloren und dadurch wohl eine grössere Einseitigkeit, aber doch auch ein höheres Wirkungs- vermögen auf die Mandibula erworben. Der Muskel erscheint bei Menopoma aus- schliesslich als Senker des Unterkiefers bedeutsam. Fr hat bei Menobr. auch als Anzieher des Kiemen-Bogens gedacht werden können und besitzt demgemäss noch keine so hochgradige, funktionelle Differenzirung wie bei Menopoma. Bei diesem erwarb er sich das Prädikat eines „Depressor maxillae inferioris“. Die anatomische Loslösung der Schichte Cyvd von C,md hat die funktionelle Sonderung der Muskeln hochgradig beeinflusst. C,mv hat bei Menopoma einen neuen Spross getrieben, welcher als ein selbst- ständiger, wenn schon kleiner Muskel in der Regio intermandib. ant. hinter der Kiefer-Symphyse lagert. Bei Menobr. wird an der entsprechenden Stelle ein separater Abschnitt nicht angetroffen. Die ventrale Oberfläche des diskreten, neuen Gliedes von Menopoma ist von einer Fascie überkleidet, welche vordere Bündel von C,mv (post.) aufnimmt. Hierdurch kommt O,mv (ant.) in eine tiefere Schichte zu lagern. 5. Des N. facialis motorische Aeste. Nach dem Austritte aus dem Schädel in der Nähe des knorpeligen Hyo- Mandibulare, welches dem Cranium anlagert, zerfällt der Facialis in vier Aeste. Zwei von ihnen sind sensibler, zwei motorischer Natur. Die sensiblen Nerven ver- laufen zwischen der 'Trigeminus- und Facialis-Muskulatur ventralwärts. Finer der zwei motorischen Aeste bleibt im dorsalen Gebiete und versorgt den kräftigen, kranialen Ursprungstheil von C,md (Fig. 48). Der andere Ast zieht zwischen den beiden Schichten von C,md ventral- und caudalwärts und entsendet, bevor er am aboralen Rande der oberflächlichen Muskellage zum Vorscheine kommt, Zweige zur tiefen Schichte (Fig. 49). Ein dorsalwärts ziehender Nerv gehört dem von der Dorsal- fascie entstehenden Muskel zu (Figg. 44, 49 u. 50). Der ventralwärts weiter ziehende Ast innervirt Oyvd und C,Ahv. Der Nerv tritt am Vorderrande von C,vd zur Ober- fläche (Fig. 43, 45 u. 46), entsendet dorso-caudalwärts einen Zweig zu C,vd, desgleichen kleine Zweige in ventro-caudaler Richtung (Figg. 43 u. 45). Kräftige Aeste ziehen oralwärts und breiten sich auf O,hv aus (Figg. 45 u. 46). Nach Maassgabe der Anordnung “Aer Muskulatur in dorsale (dorso-laterale) und ventrale Glieder lassen ie 111] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 303 die motorischen Nerven in dorsal und ventral verzweigte Gebilde sich eintheilen. In dieser Beziehung besteht grosse Gleichartigkeit mit den Befunden bei Menobranchus. Wichtige Abweichungen von letzteren bestehen im Verlaufe des motorischen, ven- tralen Nerven unter der Portio superfic. von C,md, sowie im Hervortreten an deren aboralem Rande. Da der Nerv bei Menobranchus oral vom gesammten, motorischen Facialis-Gebiete, zwischen ihm und der 'Trigeminus-Muskulatur, heraustritt, so hat die Portio superfic. von C,md als Neubildung aufgefasst werden müssen. Der Aus- trittsplatz der sensiblen Facialis-Aeste zwischen Fac.- und 'Trig.-Gebiete hatte dabei keine Verschiebungen erfahren. Die auch bei Menopoma nahe den Austrittsstellen bestehende Anastomose zwischen Glosso-pharyngeus und Facialis, vermittelst welcher dem Letzteren Elemente des Ersteren zugeführt werden, legt die Annahme der Zusammensetzung der als C;md und C;,vd vorgeführten Gebilde aus zwei verschiedenen, motorischen Ge- bieten nahe. Die Innervation des vorderen, recenten Abschnittes und der hinteren Stamm- Portion von C,mv fällt, in übereinstimmender Weise mit dem Zustande bei Meno- branchus, dem Ram. III nervi trigemini zu. Der betreffende Nerv (N. m. h.) erreicht nach dem Verlaufe durch die Kiefer-Muskulatur (Fig. 45) die Mandibula, durchbohrt diese, erreicht C; mv am aboralen Rande und verästelt sich auf der ventralen Muskel- fläche (Fig. 45). Der Nerv erschöpft sich im O,mv (ant.). Es ist eine intrakraniale Wurzel-Verbindung zwischen Trigeminus und Facialis bei Menopoma in ähnlicher Weise anzunehmen, wie sie für Siredon und Menobranchus vorausgesetzt werden muss. Eine derartige Wurzel-Anastomose kann die Facialis- Natur des N. mylo-hyoideus erklären. 2. Oryptobranchus japonicus. Die Gesammt-Anordnung des motorischen Facialis-Gebietes ist eine gleiche wie bei Menopoma, und nur in Einzelheiten bestehen beachtenswerthe Differenzen. Cryptobranchus nimmt zu Menobranchus etwa eine gleiche Stellung, wie Menopoma zu Menobranchus, ein. l. C,vd. Dorso-ventral durchlaufende Bündellagen sind im Vergleiche mit denen bei Menopoma wunansehnlich; sie entstehen an der dorso-lateralen, oberflächlichen Fascie des Kopfes (Fig. 52)'). Es handelt sich um zwei, durch ein oberflächliches, venö- ses Gefäss von einander getrennte Muskel-Platten. Dieselben sind etwa von gleicher Mächtigkeit, | cm breit. Die vordere Platte entsteht an der Dorsalfascie in einer 1) J. G. FiscHer (l. ec. $. 43) giebt für den Ursprung derjenigen Portion des „M. mylo-hyoid. post.‘“‘, welche hier als Cavd aufgeführt ist, die oberflächliche Aponeurose der Nacken-Gegend an. Dieselbe reicht bis an die Proc. spinosi. Die Muskelfasern schlingen sich hinter dem Unterkiefer nach unten und innen herum, um an die Zungen- bein-Bogen-Portion sich anzuschliessen. 304 GrorG Rue 112 kranialwärts konkaven Linie, welche in der Höhe des Kiefer-Winkels beginnt und in caudaler Richtung ca. | cm dorsalwärts sich erhebt. Die vorderen, scharf beschnittenen Bündel ziehen ventralwärts zur Medianlinie (Fig. 53). Ein Faserstrang bedeckt in oberflächlicher Anordnung das genannte venöse Gefäss; er zieht ventralwärts und scheint selbstständig oberflächlich auszulaufen (Fig. 53). Die hintere Platte von C',vd entspringt in einer ausgezackten, horizontalen Linie von der Dorsalfascie; ihre Fleischfasern ziehen transversal zur Ventralfläche. Hier endigen sie zum "Theil in einer oberflächlichen Schichte, und zwar in einer Linie, welche in der hinteren Verlängerung des Unterkiefer - Astes gelegen ist (Fig. 53). Tiefere Bündel Com v (a.) Add. md. laufen zum ventralen, medianen Seh- nenbande und zur caudalwärts ange- schlossenen Aponeurose, um in letztere, Be) r ähnlich wie bei Menopoma, längs einer es RO — e md. Linie überzugehen, welche lateral- und aboralwärts gerichtet ist. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Theile der aboralen Muskel-Platte, Codv. C3-?2 Trap. u GE / ZN. Add. md. | ne ER R. c. md. (fac.) mn Fig. 52. N Seitliche Ansicht der Kopf-Region von Cryptobranchus. Bes !/,. Die von der Dorsalfascie entstehenden Muskel- Ventrale Ansicht der Intermandibular-Gegend von Oryptobran- Schichten, Abkömmlinge des Constr. sup., kamen zur chus. %/;. Das oberflächliche, motorische Facialis-Gebiet breitet ; Darstellung. sich in der ganzen Intermandibular-Region aus. vielleicht sogar die ganze, zum Gebiete des N.glosso-pharyng gehöre. Hierfür sprechen die Thatsache, dass oberflächliche und tiefe Insertionen vorliegen, zweitens die Er- scheinung, dass in den N. facialis von Uryptobranchus, nahe der Austrittsstelle aus dem Schädel, ein Ast des Glosso-pharyngeus sich einsenkt, dessen terminales Gebiet nicht mit Unrecht in den oberflächlichen Constrietoren-Rudimenten vermuthet werden kann. Die Facialis-Glosso-phar.-Anastomose wurde aufgedeckt, nachdem das Muskel- Gebiet zerstört worden war. Erneute Untersuchungen mit dem bestimmten Zwecke der Aufklärung jenes Punktes sind erwünscht. Drittens gewinnt die Annahme der a a sr ee 113] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEL WIRBELTHIEREN. 305 Abkunft jener aboralen Platte von Theilen der Schichte Cyv»d an Wahrscheinlichkeit durch den Vergleich des 'Thatbestandes bei Menopoma, bei welchem die betreffende Zusammensetzung der Ventralplatte aus O,vd und Cs» deutlicher vorliegt. Der mit Grlosso-phar.-Elementen versehene Facialis-Stamm innervirt den betreffenden Muskel. Hier liegt wiederum einer jener Fälle vor, in welchen die Nervenbahnen aufs Genaueste analysirt sein müssen, um einen Maassstab für die Beurtheilung der Muskulatur in der Hand zu haben. Dorsal und ventral hat die Muskel-Platte bei Cryptobr., im Vergleiche mi- Menobr. an Volum nicht unbedeutend eint gebüsst. Dasselbe trifft im Vergleiche mit Menobr. zu. Caudalwärts von Ü,vd breitet sich ein oberflächliches Muskel-Band aus, welches den Trapezius theilweise bedeckt. Ich bin geneigt, —— (um v (a.) spin. Lüngsm. Bi dasselbe dem Vagus-Gebiete zuzurechnen ne) (vergl. Figg. 52, 53, 54, 55). N. m. h. R. ce. trig Cohv. R.e. fac. Cyhmd.(er.) Chmd. Trap. Trap. >> / C3 vd. —— Al Oyvd. N ) | S en wen a il Fig. 54. R.c.md.fac. R.c. Fac. Thym. ment. fac. Ventrale Ansicht der Intermandibular-Gegend von Cryptobranchus. Ya. Auf der linken Körperseite ist Fig. 55. Cavum (p.) ganz entfent. Von Csvd ist der dorsale Abschnitt abgetragen, um die Anheftung von Cydm zu Tage treten zu lassen. 2. C;hv. Der Anschluss der ventralen Zungenbein-Bogen-Portion an Cy,rd ist in der Nähe der ventralen Medianlinie ein schr enger (Fig. 54). Lateralwärts, gegen den Unterkiefer und das Hyoid zu schiebt sich C,Av, bei ventraler Ansicht, unter C;rd (Figg. 53, 54). Der Ursprung befindet sich wie bei Menopoma am Hyo- Mandibulare und im Anschluss an die hyo-mandibularen Bündel am Schädel, weiterhin am Hyoid, sowohl medial vom Kiefer-Gelenke (Fig. 56) als auch weiter oralwärts an diesem Skelettheile (Fig. 54). J. G. Fischer hat den Ursprung der hier als C,hv streng unterschiedenen Muskel-Platte als den Theil eines M. mylo-hyoideus post. zutreffend angegeben, indem Festschrift für Gegenbaur. II. 39 306 GEoRG Ruck [114 er zugleich die Angaben des holländischen Forschers v. D. Horven') zurückweist. Dieser fasste die Portionen Cy»d — O,hv zu einem Muskel (Constrietor faucium ext.) zusammen. Die Anheftung erfolgt nach Fischer am Aussenrande der hinteren Partie des Zungenbein-Hornes, an welchem sie bis in die Gegend der Unterkiefer-Ecke sich ausdehnt. Es bleibt nur das hinter dem Schädel vorragende Ende des Zungen- bein-Hornes vom Muskel unberührt. Ein kleiner Bündel-Abschnitt heftet sich am Os tympanicum, hart über dem Kiefer-Gelenke fest (l. c. S. 43). Der kraniale Ursprung (Quadratbein) war auch v.p. Horven nicht entgangen (l. c. S. 28). Aborale Bündel erreichen in querem, orale Elemente in mehr schräg nach vorn gerichtetem Verlaufe die ventrale, mediane Aponeurose. Die Insertionen bleiben von der Kiefer-Symphyse weit entfernt. Der Muskel bedeckt das ventrale, spinale Rectus- und das Glosso- pharyngeus-Gebiet (Fig. 54). Das bedeutsamste Moment der Uebereinstimmung zwischen den Muskeln von Oryptobr. und Menopoma beruht im gemeinsamen Besitze einer Hyo-mandibular- und einer daran angeschlossenen Kra- BET ce a nial-Portion, durch welche der nd an SE a Muskel zu einem Ü,hv (cr) wird. Ti Beide Formen unterscheiden sich durch diese kranialen Ursprünge sehr wesentlich von Menobranchus, demgemäss auch von den Se- lachiern. Die kräftige, hyo-mandibu- lare Ursprungssehne bei Uryptobr. Mad. Mn. Ohv. : ne ; Fir. 56 bedeutet ein festeres Einbürgern g. 56. Seitliche Ansicht der Kopf-Gegend von Oryptobranchus %/5. Die linke dieser bei Derotremen vorliegen- Mandibula ist entfernt, um den Ursprung von C5hv, sowie den Ver-- den. neuen Acauisition. Dass es lauf vom VII. und IX. Gehirn-Nerven hervortreten zu lassen. PiRS: 2 a S sich um einen neu erworbenen Zustand handle, hat für die Hyo-Mandibular-Portion bei Menopoma bereits hervor- gehoben werden können. Die Kiefer-Bogen-Portionen zerfallen in das dorsale und das ventrale Glied- stück. Die Anordnung ist beinahe eine Wiederholung derjenigen von Menopoma. Die geringfügigen Abweichungen indessen bezeichnen hier den Werth. Fügen sich solche zu einem Kreise zusammen, so rundet sich mit ihnen auch unser Wissen ab. 3. OC,md. Der Muskel heftet sich ausschliesslich an dem caudalwärts stark vorspringenden Unterkiefer-Winkel fest (Figg. 54, 55). Die Wirkung geschieht von der dorsalen Körperfläche her. Der Muskel ist wie bei Menopoma ein Depressor maxillae inferioris. Er zerfällt in eine orale und in eine aborale Portion (Fig. 55). Die orale ist die kräftigste; sie ist geschichtet. Der motorische Ast des Facialis bildet auch hier die Grenzscheide zwischen oberflächlicher und tiefer Lage; er tritt 1) J. v.o. Horven. Aanteekeningen over de Anatomie van den Oryptobranchus japonicus. Haarlem 1862, ee Se ee are 115] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 307 am caudalen Rande der oberflächlichen Schichte hervor (Fig. 55). Letztere ist bedeu- tend schwächer als bei Menopoma; sie entspringt am Lig. intermuseul. zwischen Facialis- und Trigeminus-Gebiete und der scharfen Knochen-Leiste des Schädels zwischen diesen Muskel-Gebieten. Diese oberflächliche Portion sendet ihre Fasern horizontal und schräg zum Kiefer-Winkel. Die tiefe Portion entspringt am Cranium und in der Tiefe an der Seitenfläche vorderer Wirbel, wo sie von der Rücken-Muskulatur bedeckt ist. Sie ragt in caudaler Richtung weit über die oberflächliche Schichte hinaus (Fig. 55). Die aborale Portion von C,md entsteht an der Dorsalfascie wie bei Menopoma, bedeckt hier die dorsale, zu den Kiemen-Bogen ziehende Vagus-Muskulatur. Bei Menopoma wurde auch der Muskel C,d durch sie überlagert. Die Thymus-Körper schieben sich zwischen C,md und Vagus-Muskeln ein (Fie. 55). Der Muskel hat kein grosses Ursprungsgebiet; es ist nur 1,2 cm lang. Die Bündel verlaufen steil, unter Schichten-Bildung, zum Kiefer herab, den aboralen Randtheil von C,d dar- stellend. Bei Cryptobranchus fehlt eine vom ersten Kiemen-Bogen entstehende Portion, welche bei Menobranchus, vielleicht als eine mit C,d verbundene Glosso-pharyngeus- Portion, besteht. Es ist daher möglich, dass eine mit dem Prädikate C,d zu bele- gende Schichte der Portion C,md einverleibt ist. Es ist insofern unwahrscheinlich, als C,md seine Nerven direkt aus dem Ganglion des Facialis bezieht (s. FiscHEr S. 55). Die typische Anastomose des Facialis mit dem Glosso-phar. kann immerhin eine solche Annahme decken. Der direkte Nachweis steht indessen aus. Der Muskel C,md besitzt bei Cryptobranchus und Menopoma keinen Ursprung am ersten Kiemen - Bogen (Fischer). Amphiuma schliesst sich durch den Besitz einer solchen Ursprungsportion den Perennibranchiaten an (Siredon, Proteus, Me- nobranchus). Siren nimmt durch den Besitz hyoidaler Ursprungsbündel eine Sonder- stellung ein. Die Wirkung der brancho-mandibularen Bündel wird auf eine Erweiterung der Kiemen-Spalten, resp. der einen bestehenden Spalte hinzielen. Das Fehlen der Muskelbündel trifft bei Oryptobranchus mit dem Fehlen von Kiemen-Spalten zusammen. Letzterer Form schliessen sich diesbezüglich ‚die Salamandrinen und Anuren an. Das Fehlen des brancho-mandibularen Muskels bei Menopoma, welche Form in gleicher Weise wie Amphiuma eine Kiemen-Spalte besitzt, kann vom funktionellen Gesichtspunkte aus nicht ohne Weiteres verständlich erscheinen. Unter den Perennibranchiaten besitzt allein Siredon eine Ursprungsportion von der Fascia dorsalis. Dieselbe ist bei Menopoma, Amphiuma, Cryptobranchus und bei Anuren gut entfaltet. Die zahlreichen, sensiblen Facialis-Aeste treten zwischen dem Facialis- und Trigeminus-Gebiete, wie bei Menobr. und Menop., zur Oberfläche (Fig. 55). Wenn die oberflächlich vom motorischen Facialis-Aste befindliche Portion der Muskel-Platte C,md eine sekundär entstandene ist, so entfernt Menopoma sich in diesem Punkte weiter vom Indifferenzstadium, als Oryptobranchus. Es ist versucht worden, für C;md der Amphibien das homodyname, ins Ge- 39* 308 GeorG Rucz [116 biet des Glosso-pharyng. gehörende Gebilde anzugeben FiscHer vermuthete dasselbe in dem „M. cerato-hyoideus ext.“ (l. c. S. 53). Bei diesen gewiss berechtigten Be- strebungen wird äusserst vorsichtig zu Werke gegangen werden müssen, da die Muskulatur, den Gehirn-Nerven zugehörig, sehr verschiedenartig sich differenzirt hat. Das kommt, was das Facialis- und Glosso-pharyngeus-Gebiet betrifft, bereits bei den Selachiern zu lebhaftem Ausdrucke. 4. O,mv. Die vordere, abgespaltene und bei Menopoma durch grosse Selbstständig- keit ausgezeichnete Bündelgruppe C,m» (ant.) besitzt bei Uryptobr. eine noch ausge- sprochenere Individualität. Die Elemente sind fast senkrecht zu denen der Stamm- Platte gestellt (Fig. 53). Die Bündel ziehen ausschliesslich vom Kiefer aus median- und caudalwärts, während sie bei Menopoma noch einem transversalen Systeme zugehören. Die beiderseitigen Muskeln treten in einer medianen Raphe, welche bei Menopoma nicht erkennbar ist, zusammen. Eine derbe Fascie umhüllt auch hier den Muskel und nimmt vordere Bündel der Hauptplatte auf. Der unter den Derotremen bei Menopoma und Oryptobranchus auftretende Oyvm (ant.) fehlt bei Amphiuma (J. G. Fischer S. 47). Letztere Form schliesst sich dies- bezüglich einerseits den Perennibranchiaten, andererseits den Salamandrinen an. Nach Funk’s, Duczs’s, WIEDERSHEM’S u. A. Darstellungen wird der Muskel bei Letzteren vermisst (s. u.). Die Wirksamkeit des Muskels als Spanner des Bodens der Mund-Höhle hat durch den schräg caudalwärts gerichteten Faserverlauf bei COryptobranchus vielleicht grössere Bedeutung als bei Menopoma. In der Differenz der Faser-Anordnung zum Stamm-Muskel kommt jedenfalls nicht allein die morphologische, sondern auch die funktionelle Sonderung zum Ausdrucke. J. G. Fıiscrer’s Anschauung von der Funktion des Muskels scheint mir nicht unzutreffend zu sein. Er sieht in ihm nicht allein einen Annäherer beider Kiefer-Hälften gegen einander, sondern vor Allem einen Rotator der Letzteren um deren Längsachse in dem Sinne, dass er dem Masseter, welcher den ventralen Unter- kiefer-Rand als Nebenwirkung nach aussen bewegt, entgegenarbeitet (man vergl. Fischer S.48). Die natürliche Lage jeder Unterkieferhälfte also, welche durch den Masseter Störung erfährt, indem er Letztere um die Längsachse dreht, kann durch Cymv (ant.) erhalten werden. Fıiscner weist darauf hin, dass der Masseter gerade bei den beiden Gattungen, welche einen C,mv (ant.) besitzen, weit auf die Aussenfläche, ja selbst bis zum ventralen Rande der Mandibula übergreife und demzufolge eine drehende Nebenwirkung zu äussern vermöge. Eine befriedigende Vorstellung von der jedenfalls komplieirten Wirkungsweise des vorderen Intermandibular-Muskels ist wohl nur durch das Experiment zu erhalten. Der Muskel dürfte das Anrecht auf einen eigenen Titel beanspruchen, welcher jedoch zweckmässig gewählt werden sollte. Der Lagerung nach ist er ein vorderes intermandibulares, zugleich ein retromentales Glied. Den homologen Muskel hat man bei Anuren einen M. submentalis genannt. Da es aber bei ihm um eine sub- 117] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTMIEREN. 309 mentale Lagerung sich nicht handelt, so wollen wir diese Bezeichnung nicht über- nehmen. Für uns bleibt jener Muskel zunächst ein retromentales oder ein vorderes, intermandibulares Glied-Stück von C,mv. Am hinteren Stamm-Muskel O,mv ist im Vergleiche mit Menopoma die sehnige Ursprungsplatte erwähnenswerth, welche vordere, kinnwärts ziehende Bündel entsendet. Das aborale Randbündel hat seinen primitiven Ursprungsplatz aufgegeben; es verläuft von der medianen, sehnigen Naht bogenförmig lateral- und caudalwärts und sitzt an der Ventralfläche des Kiefer-Winkels fest (Fig. 53). Der Ursprung ist nach G. Fischer (l. ec. S. 43) bis zum hinteren Drittel der Mandibula ausgedehnt. Die mediane Sehnennaht, welche die beiderseitigen Muskeln aufnimmt, ist schärfer als bei Menop. und Menobr. ausgeprägt. Sie spaltet sich oral je in einen lateral auslaufenden Schenkel, welcher zwischen vorderes und hinteres Gliedstück von O,mv sich einschiebt und dadurch auch eine schärfere Scheidung zwischen ihnen bewerkstelligt. Die motorischen Aeste des N. facialis. Der Facialis verlässt den Schädel dorsal vom Hyo-Mandibulare, welches dem Letzteren verbunden ist. Ein vorderer Ast des Glosso-pharyngeus senkt sich in den Facialis ein (Fig. 57); er löst sich vom Stamme des IX. Gehirn-Nerven, unmittelbar nach dessen Austritte aus dem Schädel, los'). Die Länge des Glosso-phar.-Astes beträgt von der dorsalen Körperseite aus nur | cm transversalen Verlaufes, um einen hinteren Zweig des Facialis zu erreichen, welcher als der motorische Strang (R. jugularis FiscHer’s) sich zu erkennen giebt. Dieser Facialis-Zweig zieht vor der Hyo-Mand.-Verbindung über den Schädel (Figg. 56, 57), durchsetzt Cymd (Fig. 56), versieht dessen tiefe und oberflächliche Portion mit Zweigen und kommt am Caudalrande der oberflächlichen Schichte zum Vorscheine (Fig.55), wo die Aestchen für die von der Dorsalfascie entstehende Schichte C,md sowie für C,vd abtreten. Die Fortsetzung des motorischen Stranges sieht man über den nach hinten vorspringenden Kiefer-Winkel verlaufen (Fig. 55), um ventralwärts zwischen C;vd und C,Ahv, am Oralrande von C,vd eine oberflächliche Lage einzunehmen (Fig. 53). Zwei caudalwärts ziehende Fäden versorgen von der Unterfläche her C,vd, zwei oralwärts sich ausdehnende Stränge verbreiten sich wie bei Menop. und Menobr. auf der Ventralfläche von Cyhv. Die Nervenfäden, welche zu der dem Beschauer abgewendeten Fläche von Czvd sich begeben (vgl. Figg. 53, 55), scheinen im Vergleiche mit den Befunden von Menopoma und Menobr. neue Erscheinungen zu sein. Vielleicht enthalten sie die Elemente, welche dem Facialis aus dem Glosso-phar. zugeführt werden. Dies wird durch direkte Wahrnehmungen einmal sicher zu stellen sein. Der Ram. communic. inter. VII et IX wäre für die Erklärung eines solchen Verhaltens in Anspruch zu nehmen. Dem dritten Aste des Trigeminus ist unserer Annahme gemäss derjenige 1) Diese bei den Amphibien, mit Ausnahme von Menobranchus und Siren, bestehende Anastomose ist bei Cryptobranchus durch SCHMIDT, GODDARD und v. D. HoEVEN (1862 8. 57) beschrieben worden. - 310 GeorG Rucz [118 Facialis-Strang einverleibt, welcher, wie bei Menopoma und Menobranchus, zwischen der geschichteten 'Trigeminus-Muskulatur und durch den Unterkiefer zu C,mv verläuft. Die Figg. 53, 54 lassen diesen Nerv (N. m.h.) erkennen. Hier nimmt man zudem wahr, wie sensible Aeste den Ram. III tri- gemini verlassen, ventral- und caudalwärts ziehen, um Anastomosen mit sensiblen Facialis-Zweigen einzugehen. Letztere sind in horizontale Gruben jener senkrechten Knochen-Leiste des Schädels eingelassen, an welcher T'rigeminus- und Facialis-Mus- R. c. md. ——— ‚Ay. md. a ul) keln entspringen (Fig. 56). Die sensiblen ca Trigeminus-Facialis-Aeste treten zwischen en 2 I latvag. den motorischen Gebieten der beiden Rap — la \\/ such Gehirn-Nerven hervor (Fig.55), also an Stel- IT = Ban len, wo bei niederen Formen ausnahms- ya 7Z m f./ los nur Facialis-Zweige gefunden werden. \ IS Die vom Trigeminus sich abzweigenden zart S Stränge scheinen demnach dem Facialis a iR zuzugehören, aber ähnlich wie der motori- Nr sche Nerv (N.m.h.) für C,mv ihr Stamm- Gebiet aufgegeben zu haben und inter- R. lat. vag——— kranial bereits dem Quintus assimilirt zu sein. Der Nerv (N.m.h.) verlässt die Mandibula am aboralen Rande des Mus- Dora änsicht der Kopf und vorderen RuppeGesend kels und breitet sich. auf dessen Ven- nach dem Austritt aus dem Schädel. tralfläche aus. Ihm scheinen nur wenige, sensible Fasern beigemengt zu sein. Im Verlaufe durch den Unterkiefer liegen die Nerven den Flächen des Mecker’schen Knorpels auf. So folgt auch der von Hyrrr') beschriebene Canalis mandibularis dem Letzteren, unter Abgabe mehrer Seitenkanäle, bis zum Kinn. 3. Cypd von Amphiuma tridactylum. Das bei Fischen und Amphibien dorso-ventralwärts durchlaufende Glied der Facialis-Muskulatur C,»d hat sich, wie aus Fiscner’s Angaben entnommen werden kann, nach einer ganz besonderen Richtung hin entwickelt. Der Muskel hat seinen queren Bündelverlauf aufgegeben und denselben gegen eine schräge Anordnung ein- getauscht. Er hat gleichzeitig seine Anheftung an der Dorsalfascie verloren. Die Anheftungspunkte liegen für alle dorsalen Bündel an dem weit nach hinten vor- springenden Kiefer-Fortsatze. Die Anheftungen liegen für die ventralen Fleischfasern 1) Jos. HyRTL. Oryptobranchus japonicus. Vindobonae. MDCCCLXV. 119] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 311 an einer medianen Sehne sowie an einem quer von dieser zum Humerus ausgedehnten, aponeurotischen Streifen. Das Punctum fixum ist für den Muskel auf die ventrale Körperfläche verlegt; das Punctum mobile liegt am Unterkiefer. Die vom Facialis innervirte Muskel-Platte empfängt durch die gegen die Mandibula konvergenten Fleischfasern eine dreieckige Gestalt. Der von der Ventralfläche auf den Unterkiefer wirkende Muskel ist zu einem Schliesser der Mund-Oeffnung, zum Synergisten der Kau-Muskulatur geworden. FiscHer bezeichnete das zu grosser Selbstständigekeit empor- gestiegene Gebilde demgemäss auch als einen Levator mandibulae (max. inf.) adscendens (l. ec. S. 64—66). Die morphologische Bedeutung des Muskels wird durch diese Bezeichnung eher verdunkelt, als beleuchtet. Der laterale, obere, scharf geschnittene Rand des so zum Kiefer-Muskel um- gewandelten C,vd begrenzt mit dem freien, aboralen Rande der Schichte (Depressor mandibulae) ein dreieckiges Feld, dessen Spitze mit der gemeinsamen Insertion am hinteren Kiefer-Fortsatze zusammenfällt. Man vergleiche G. Fischer, Taf. V, Figg. L5und#?: Der ventral ausgebreitete Muskelbauch bedeckt mit vorderen Abschnitten den tiefer gelegenen ,,M. mylo-hyoideus post.‘“; dieser befindet sich selbst im oralen An- schlusse an den Mylo-hyoid. ant. Der Mylo-hyoideus post. besteht bei Amphiuma nur aus Cyhv; denn die bei den übrigen Urodelen ihm angeschlossene Schichte O,vd ist zum „Levator max. inf. adse.“ umgewandelt. Der Umstand, dass C,vd als ein frei durchlaufender, quer gebänderter Muskel bei Amphiuma fehlt, die 'Thatsache, dass der Levat. max. inf. adsc. aber an dessen Stelle sich befindet, die Erscheinung ferner, dass Letzterer die ventrale Hyoid-Portion C,hv (Mylo-hyoid. post.) bedeckt, lassen es hinlänglich gerechtfertigt erscheinen, den genannten Lev. mandibulae adscendens als den umgewandelten (yvd zu be- trachten. Die Sonderstellung, welche die Schichte C,vd bei Amphiuma einnimmt, hat durch die Festheftung aller dorsalen Bündel-Abschnitte an der Mandibula unter gleichzeitiger Zunahme ihres postartikularen Fortsatzes leicht zu Stande kommen können. Die Eigenthümlichkeit des „Levator max. inf. adsc.‘“ besteht aber in nichts Anderem, als in jener mandibularen Festheftung, welcher eine Bündel- Verlagerung und die Ausbildung der kräftigen Insertionsportion gefolgt sind. Es ist J. G. Fıscher’s Verdienst, darauf hingewiesen zu haben, dass die Gymno- phionen in dem Besitze eines eigenartig specialisirten, ventralen Kiefer-Hebers mit Amphiuma übereinstimmen. Die Beschreibung der Befunde von Cboecilia annulata bestätigt die Angabe. Dieselbe hat aber die hier vertretene, morphologische Bedeutung des Muskels keines- wegs erkennen lassen. Es war vielmehr verlockend, aus Fıscrer’s bildlicher Darstellung den Lev. max. inf. asc. als einen abgespalteten Theil von C,md zu be- trachten, verlockend auch desshalb, weil dann Anknüpfungspunkte beim Versuche einer Ableitung des motorischen Facialis-Gebietes, speciell des Platysma myoides der Säugethiere, von niederen Form-Zuständen sich ergeben hätten. 312 GeEorG Ruck [120 Diese Annahme besteht nicht zu Recht. Sie ist nach der Kenntnissnahme der Untersuchungen R. WIEDERSHEIMS') über das diesbezügliche Muskel-Gebiet der Gymnophionen völlig zu verlassen. Da das Interessanteste sowie das vom motorischen Facialis-Gebiete bei Gymno- phionen am genauesten Bekannte gerade auf die Schichte C,vd sich bezieht, so können die über dieselbe durch Fischer (1864) und Wirpersneim (1579) bekannt gewordenen Thatsachen hier mit Nutzen Verwerthung finden. 3. Gymnophionen. Oyvd,. 1. Epierium glutinosum und Coecilia owyura (1879. S. 67): Der Muskel ent- springt von der Dorsalfascie und ist an dieser so weit dorsalwärts ausgedehnt, dass er den Levator arcuum branchialium sammt der Thymus bedeckt. Vorn angeschlossene Bündel sind an der hinteren Cirkumferenz des Mandibular-Fortsatzes angeheftet. Die ventrale Bündel-Platte, deren Elemente zur medianen, schrägen Membran ausstrahlen, bleibt von C,mv (Intermaxillaris ant.) durch einen schmalen Raum getrennt. Das Verhalten des Muskels weicht nur darin von demjenigen urodeler Am- phibien ab, dass einige Fleischfasern an dem hinteren Arm des zweihebeligen Unter- kiefers Befestigungen finden. WIEDERSHEIM stellt daher auch den Muskel, welchen er einen Levator mandibulae nennt, mit dem Mylo-hyoideus post. der Urodelen in Parallele, wobei allerdings übersehen ist, dass letzteres Gebilde bei Epierium auch noch eine Zungenbein-Bogen-Portion (C,Av) enthält. Eine sehr gute, bildliche Darstellung des Unterkiefers mit dessen kräftigem, hinteren Fortsatze, welcher zur Aufnahme von C;vd bestimmt ist, findet sich auch auf der Tafel XV des grossen Werkes der Gebrüder Sarasın über Ichthyophis?). Die Anatomie der Muskeln und Nerven dieses 'Thieres hat indessen keine Förderung erfahren. 2. Coecilia lumbricoides (W 1EDERSHEIM S. 66): Die Festheftung der dorsalen Bündel erfolgt in einer starken Sehnen-Platte, welche vom hinteren Ende der Mandibula caudal- und ventralwärts gerichtet ist, um weiterhin spurlos zu verstreichen. Diese Sehnen-Platte ist, wie leicht ersichtlich, ein Produkt der Dorsalfascie, welche bei Epierium die Ursprungsstätte bildet. Die Muskel-Bündel ziehen vom hinteren Theile der Mandibula aus in fast querer Richtung ventralwärts, von der Sehnen-Platte ventro-caudalwärts. Die aboralen Fasern halten mehr und mehr einen horizontalen Verlauf inne. Die Festheftung oberflächlicher Lagen erfolgt in der Gegend der ersten Myocommata des Pubo- thoracicus (M. Fürsrınger’s); während die tieferen Faserlagen mit den Myocommata des Thoracico-hyoideus verschmolzen sind. Das Punctum fixum des Muskels ist längs der ventralen Anheftungen zu 1) RoB. WIEDERSHEIM. Die Anatomie der Gymnophionen. Jena 1879. 2) P. und Fr. Sarasın. Zur Entwieklungsgeschichte und Anatomie der ceylonesischen Blindwühle. Zeh- thyophis glutinosa, L. Wiesbaden 1887—1890. 121] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 313 suchen. Die Insertion wird durch den hinteren Kiefer-Fortsatz sowie durch die von ihm ausgehende horizontale, starke Sehnen-Platte gebildet. Der gesammte Muskel wird direkt sowie mittelst der modificirten, sehnigen Dorsalfascie als Herabzieher des hinteren, langen Kiefer-Fortsatzes, mithin als Schliesser der Mund-Spalte wirksam gedacht werden können. Nebenbei wird er die primitive Funktion von Cyvd als Constrictor der umwandeten Kopf-Darm-Höhle noch auszuüben vermögen. Der Muskel tritt hier in der That der Hauptsache nach als ein Levator max. inf. ascendens auf. Auf diese Weise hat sich O,vd, welcher bei Fischen und Amphibien ein treuer Be- gleiter von C,md ist, von ihm emancipirt und hat selbst zu dessen Antagonisten sich umgewandelt. 3) Coecilia annulata (J. G. FiscHer, S. 64—66): Auf Grund der Angaben über C,vd dieser Form müssen wir dem Muskel einen höheren Grad der Differenzirung zuerkennen. Der Ursprung liegt in aus- gesprochener Weise an der ventralen Körperfläche, die Insertion liegt am Kiefer, zu welchem alle Bündel konvergirend verlaufen. Vordere Bündel entstehen nahe der ventralen Medianlinie von einer die ven- trale, spinale Längsmuskulatur überziehenden Fascie. In caudaler und lateraler Rich- tung folgen Bündel-Ursprünge von einer in einem Halbkreise, medio-lateral ausge- spannten Sehne. Am lateralen Drittel der Bauchfläche entspringen in Schichten geordnete Bündellagen von den auf einander folgenden Inscriptiones tendineae des Seitenmuskels. Der schon 1843 durch Fischer (]. c. S. 42) als Appressor max. inf. beschriebene Muskel wird hauptsächlich als Schliesser der Mundöffnung wirksam sein. FiscHer weist auf die unverkennbare Uebereinstimmung des Muskels mit dem „‚Levator max. inf. asc.“ hin. Die Vervollkommnung von C,vd als Kiefer-Heber bei Coecilia annul. gegenüber denjenigen bei Coecilia lumbricoides beruht allein darin, dass alle Muskelbündel hier direkt dem Kiefer zustreben; während sie dort grösstentheils noch vermittelst der umgewandelten Dorsalfascie zum Kiefer in ein Insertions-Verhältniss gebracht worden sind. Der bei Coec. lumbric. noch erkennbare, primitive Querverlauf ist bei Coecilia annul., wie es scheint, ganz und gar in eine schräge Bündel-Anordnung umgeändert. Amphiuma und Coec. annul. weisen in den angeführten Punkten Momente grösster Uebereinstimmung auf. Beide entfernen sich dadurch von allen anderen Amphibien. Durch die Anheftung von C,»d an den hinteren Fortsatz des Unterkiefers liegen, wie wir sehen werden, Anknüpfungen an die Zustände bei Reptilien vor. Ob eine ventrale Zungenbein-Bogen-Portion C,hv bei den Gymnophionen be- stehe, wage ich nach den immerhin lückenhaften Litteratur-Angaben nicht zu ent- scheiden. C,mv ist als vorderer Abschnitt eines Intermaxillaris von WIEDERsHEmM (S. 67) beschrieben worden. Derselbe erscheint bei Epierium von C,hv (Omo-humero-ma- Festschrift für Gegenbaur. Ill. 40 31 4 GeorG RucE 1 39 xillarıs WIEDERSHEIM's) durch einen schmalen Raum abgetrennt. Bei Cvecilia lumbrie. indessen befindet sich C,mv im Anschlusse an C,hv (Levator mandib.). C,md ist von Fischer bei Coecilia annul., von WIEDERSHEIM bei Coeec. lumbric. in übereinstimmender Anordnung wahrgenommen worden. Der Ursprung liegt an der Regio petroso-occipitalis des Cranium und am Hyoid-Bogen, die Insertion fällt mit dem Hinterrande der Mandibula zusammen. Der Muskel ist dem cephalo-dorso- mandibularen Gebilde der Urodelen homolog erachtet (WIEDERSHEIM). Motorische Aeste des N. facialis. Die Angaben hierüber sind ungenau. Wir erfahren durch WIEDERsHEIM, dass der M. digastricus (C;md) und der Intermaxillaris s. Mylo-hyoideus (O,vd + O,hv (9) + C,mv) Aeste vom Facialis empfangen. Auch Waroschmipr (1887) tritt für die Innervation des gesammten Mylo-hyoideus, also auch der ventralen Kiefer-Portion C”’mv, durch den Facialis ein'). WIEDERSHEIM stellt die Innervation des intermandibularen C;mv durch den Trigeminus in Abrede (S. 62) und schiebt sie dem Facialis zu. Es ist jedoch zu bemerken, dass der Facialis intercranial wie bei allen Urodelen einen Ast zum Ganglion des Trigeminus entsendet, dass der R. mandibularis des Letzteren wie bei allen Urodelen einen die Mandibula durchsetzenden Nerv (R. mylo-hyoid.) zu deren Innenfläche entsendet, dass dieser Nerv in der Gegend von (,mv zur Verbreitung gelangt. Nach WiıErDersHEım versieht der Nerv bei Siphonops und Epierium die Haut des ventralen Mandibular-Randes. Nach Fıscner jedoch innervirt der besagte Ast den Muskel C,mv. Er könnte die Elemente führen, welche der Facialis dem Trigeminus auch nach WIEDERSHEIM zuführt. Die Gymnophionen werden wohl schwerlich bezüglich der Imnervation der Schichte C,mv vom typischen Verhalten der anderen Amphibien sich ausschliessen, und bevor die gegentheiligen Angaben nicht eine Bestätigung erfahren, möchte ich eher den Angaben Fiscuer’s beipflichten. 4. Salamandrina. 1. Geotriton fuscus. Die Beschreibung, welche R. WirversHheim (1875)’) vom Zungenbein-Apparate giebt, ist auch zur Beurtheilung des motorischen Facialis-Ge- bietes geeignet. Die bei Menopoma und COryptobranchus auftretenden Muskeln finden sich in etwas veränderter Gestalt auch hier wieder. O,vd. Die dorso-ventralwärts durchlaufenden Bündel sind am hinteren und aufsteigenden Fortsatze des Tympanicum festgeheftet; sie ziehen hinter dem Kiefer-Gelenke ventralwärts und strahlen in die mediane, ventrale Aponeurose aus. Die vorderen Bündel scheinen ventralwärts einen innigen Anschluss an (,Ahv 1) WALDSCHMIDT, JuL. Zur Anatomie des Nervensystems der Gymnophionen. Inaugur.-Dissertation. Bern. 1887, (Ersch. bei Fischer-Jena). Seite 12. 2) WIEDERSHEIM, RoB. Salamandrina perspicillata und Geotriton fuscus. Versuch einer vergleichenden Anatomie der Salamandrinen. Mit 17 lithogr. Tafeln und drei Holzschnitten. Würzburg 1875. 123] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 315 zu erfahren. Die Gesammtschichte kann eine stattlich entwickelte nicht geheissen werden. Von den Zungen-Bein-Bogen-Portionen besteht C,Av in vollster Entwicklung. Die Muskel-Platte entspringt vom gekrümmten, hinteren Zungenbein-Horne, welches mit dem Knorpel des Quadratum zu verschmelzen im Begriffe steht. Die Bündel der breiten Ursprungsmasse divergiren ventralwärts in oraler und aboraler Richtung. Sie heften sich an der breiten, medianen Aponeurose fest. Orale Theile schieben sich in ursprünglichster Weise unter C,mv. Die aboralen Grenzbündel, lateral noch von C,vd bedeckt, schliessen weiter medianwärts an diesen an, indem sie in gleiches Niveau zu liegen kommen. Auch hierin liegt eine principielle Uebereinstimmung mit Menobranchus, Menopoma, Oryptobr. vor. Die vom Zungen-Bein-Horne entspringende Portion „scheint nach Duses') und von Sırsorp’s’) Beschreibungen auch den Sa- lamandrinen zu fehlen“ (vgl. J. G. FiscHEr S. 44). Apon. —(ymv(a) C,md. Die dorsale Kiefer - Bogen- Portion scheint, soweit die kurzen Angaben ein Urtheil zulassen, keine Besonderheiten Cme(p) zu zeigen. Der ganzen Anordnung nach ist sie ein cephalo-dorso-maxillarer Muskel (M. Oma) FÜRBRINGER), welcher als ein Depressor maxil- lae inf. wirkt (SıesoLp). Die Bezeichnung des Muskels als Digastricus ist auch hier in jedem | Sinne zu verwerfen. \ N ZA C,mv. Die ventrale Kieferbogen-Platte | zeigt die wesentlichsten Modifikationen. Sie Chv. Cyvd. Fig. 58. : 6 e R Fi & Ventral-Ansicht des Kopfes von Geotriton fuscus ist intermandibular gelagert, gliedert sich wie nach R. Wırperstein (1875). Links ist die Schichte bei Menop., und Cryptobr. in einen vorderen, *”?entfernt, a lacht a kleinen Theil und in eine Hauptplatte. Der Intermaxillaris ant. (M. FÜRBRInGER's) ist völlig selbstständig geworden und schiebt sich bei entgegengesetzter Bündel-Richtung ventralwärts eine gute Strecke weit über die hintere Hauptplatte. Die oralen Bündel des Intermand. ant. gehen in einander über, bleiben aber beträchtlich weit von der Kiefer-Symphyse entfernt. Die Lücke ist von einer Fascie ausgefüllt. Die Stamm-Platte C, mv zeigt im Ursprunge und Verlaufe nichts Eigenthümliches. Die mediane Aponeurose jedoch, welche den beiderseitigen Muskel aufnimmt, zeichnet sich durch stattgehabte Breitenzunahme aus. Auf die vergleichend - anatomischen Bemerkungen, welche WIEDERSHEIM 1) Ant. Dusks. Recherches sur l’osteologie et la myologie des Batraciens A leurs differens äges. Savans Etrangers. Tome VI. Paris 1834. 2) voN SIEBOLD, C. Tir. E. Observationes quaedam de Salamandris et Tritonibus. Berolini MDCCCXXVI. 40* 316 GeorG Rue [124 (S. 183) seiner Beschreibung folgen lässt, weise ich nur hin; sie leisten unseren /wecken keinen Vorschub. Die Facialis-Muskulatur von Geotriton trägt den Charakter niederer Amphibien. Die Lücke zwischen Kiefer-Symphyse und zwischen C,mv (ant.) dient zur Aufnahme eines grösseren Packetes von Haut-Drüsen (Submaxillar-Drüse WIEDERS- HEIM’s) und ist vielleicht eine Adaptionserscheinung an diese. 2. Salamandra. Die Muskulatur von Salamandrina perspieill. stimmt mit der- jenigen von Salamand. maculosa überein (cf. R. Wırpersuem 1875, 8. 162). Nach F. Warrer (1587) besteht der M. mylo-hyoideus bei Urodelen aus Theilen, deren einer nach der intermandibularen Lage ein Cymv ist. Der andere Theil ist ein „Mylo-sternalis‘‘ genannt worden, und zwar wegen seiner Anheftung am hinteren Mandibular-Ende sowie an der Brustfascie. Dass dieser 'Theil einem CO, vd entspricht, welcher beim Triton von C,mv scharf abgesetzt, beim Salamander aber mit ihm vereinigt ist, unterliegt wohl kaum einem Zweifel. Die vordere Portion von C,mv, FÜRBRINGERs Intermaxillaris anter., ist durch WALTER (pag. 20), welchem der Muskel aus der Litteratur unbekannt geblieben ist, bei Salam. atra als eine „eigenthümliche Verstärkung“ des Mylo-hyoideus angegeben; sie fehlt bei Salam. maculosa. Wenn dem so ist, so stellt sich die Thatsache heraus, dass der Intermax. ant. den niedrigsten und den höchsten Vertretern der Urodelen fehlt, die Caducibranchiaten ihn indessen besitzen. 5. Anuren. Rana. Ecker’s genaue, sorgfältige Darstellung anatomischer Einrichtungen beim Frosche ist für unsere Zwecke verwerthbar'.. Wir entnehmen aus dem Buche, dass der Frosch auch bezüglich des motorischen Facialis-Gebietes als der Repräsentant eines Seitenzweiges der Amphibien betrachtet werden müsse, dass ein Anschluss an die höheren Wirbelthier-Abtheilungen nicht annehmbar sei. Das geht nämlich sofort aus dem gänzlichen Fehlen der Muskelschichte Cyvd hervor. Nach den Beschreibungen und den so klaren, bildlichen Dar- stellungen ist auch nicht ein Bündelchen auf eine dorso-ventral durchlaufende Schichte beziehbar. Die Reduktion derselben entfernt den Frosch weit von tiefer stehenden Amphibien und entzieht ihn dem Anschlusse an die Amnioten. Als ein Vertreter der anuren Amphibien gehört er auch in dieser Beziehung einem Seitenzweige mit sehr hoher Entwickelung an. Wwarrer’s Angaben (1857) weichen von denen Ecker’s ab. Nach ihnen entsteht eine Muskel-Portion vom Petrosum; sie verläuft hinter dem Kiefer-Gelenke zur Sternalgegend und wird als „Mylo-sternoideus“ Zenker’s (1825), der Petro-sternoideus Warrer’s, als ein Theil des Mylo-hyoideus, vorgeführt. Sie kann, wenn sie kein C,Ahv ist, nur als ©,»d gedeutet werden, was für Bombinator insofern besser zutrifft, als ein Muskelbündel zur Haut der lateralen Körper-Gegend zieht. 1) Ar. Ecker. Die Anatomie des Frosches. Ein Handbuch für Physiologen, Aerzte und Studirende. 1. Abth. Knochen- und Muskellehre. 2. Aufl. Braunschweig 1888. 125 ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 317 q I Die dorsale Zungen-Bein-Bogen-Portion Cyhd fehlt. Der Frosch theilt diesen /ustand mit den Perennibranchiaten sowie mit den Derotremen. l. ©,Av, die ventrale Zungen-Bein-Bogen-Portion hat sich erhalten; aber nur im bescheidenen Muskelbande wird sie als schwaches Residuum des bei niederen Formen äusserst stattlichen Muskels analysirbar. Sie hat die Selbstständigkeit fast ganz verloren und ist von Ecker als kleine, hintere Portion des M. submaxillaris, also von C,mv, aufgeführt (S. 75, Fig. 59)'). Der Ursprung vom vorderen, knorpe- ligen Zungenbein-Horne, welches aus dem knorpeligen Os petrosum hervorgeht, sowie der transversale Verlauf zur Linea alba charakterisiren den Muskel hinlänglich. Der Ursprungskopf steigt längs des Hyoids herab, um dem Submaxillaris sich anzu- fügen. Feine Bindegewebs-Lamellen verbinden den Muskel mit der Haut der „Kehle“. Vergleicht man diese genaue Beschreibung und die überaus deutlichen Abbil- dungen Ecker’s mit den gegentheiligen Darstellungen F. Warrer's, nach denen ein O,hv nicht, wohl ein Stylo-hyoideus bestehe, so ergeben sich Zweifel an der Richtig- keit der Letzteren (vergl. 1887 S.21 u. s. w.). Der Zungenbein-Muskel hat sich beim Frosch eine oberflächliche Lagerung erworben. Während (C,vd eliminirt ist, und C,Av auf dem Aussterbeetat sich befindet, treten die Kiefer-Bogen-Theile in ihr altes Recht. 2. C,md zeigt die Anordnung, wie der Muskel niederer Amphibien. Er ent- springt dorsal, zieht zum Kiefer-Winkel und wirkt durch Herabziehung des Kiefers als Oeffner der Mund-Spalte. Als Depressor maxillae inferioris (CARUs, ZENKER) entspringt C,md nach Ecker (l. ec. S. 72) fleischig vom hinteren, oberen Arme des IT'ympanicum sowie vom hinteren und unteren Rande des Trommelfell-Ringes. Ausserdem entsteht C,md von der Dorsalfascie, welche vorn den M. temporalis, caudalwärts die Scapula bedeckt. Die Bündel ziehen insgesammt zum hinteren Winkel des Unterkiefers. Die Fascien-Ursprungsportion der Anuren kann natürlich nur als ein Erb- theil von den urodelen Amphibien her ausgegeben werden. J. FiscHEr entfernt sich indessen von unseren Anschauungen, wenn er sagt, dass bereits beim Frosche jene Portion zu der kranialen hinzukomme, dass dieselbe bei den Perennibranchiaten stärker geworden sei. Der klassische Repräsentant der schwanzlosen Amphibien begab sich in jeder Beziehung auf Abwege von der grossen, vorwärts führenden Ent- wickelungsstrasse. Ihm muss in seinem phylogenetischen Verstecke von anderen Seiten Licht zugeführt werden, während er selbst die Organisationspläne niederer Formen wohl nur selten, und auch dann nur wenig, zu erleuchten vermag. Der Depressor max. inf. des Frosches enthält sehr wahrscheinlich Bestand- theile aus dem Glosso-pharyngeus-Gebiet. Es liegen ähnliche Verhältnisse wie bei Cryptobranchus vor; denn auch beim Frosche zieht ein Ast des Gl.-phar. zum 1) WIEDERSHEIM, R. Vgl. 2. Abth. Nerven- und Gefässlehre 1881. 318 GEoRG RuGE [126 Facialis. R. WiıEDERsHEIM beschreibt diesen Ram. commun. und bildet ihn ab (S. 31, Taf. 1). Wo die Elemente des Glosso-phar. den Facialis-Stamm verlassen, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich senken sie sich in den Depr. mand. inf. ein; danach wäre dann seine Formel: C;md —+ COyd. 3. Chmv. Das Verhalten des ventralen Kiefer-Bogen-Muskels knüpft auf das Engste an dasjenige von Menopoma und Cryptobranchus an. Es liegt eine Sonderung der intermandibularen Platte in ein vorderes, retromentales Stück und in eine hintere Hauptplatte vor. Jenem ist durch Duczs, Ecker der Name M. submentalis bei- gelegt; dieser ist als M. submaxillaris aufgeführt. Diese Namen verdienen den Vorrang vor den völlig unzutreffenden Bezeichnungen: M. lingualis (ZEnker; c. f. Ecker, 8. 75), M. mylo-hyoideus (Cuvier), M. mylo-sternoideus. Es ist erwähnt worden, dass Ecker’s M. submaxillaris in hinteren Bündeln einen C;hv befasst. Die Hauptplatte bildet den Boden der Mundhöhle; ihre Bündel entspringen an der Medialfläche des Kiefers, und zwar nahe dessen oberem Rande. Die Aus- dehnung geschieht auch hier nicht bis zum Kiefer-Winkel. Die transversal geordneten Fleischfasern treten mit den anderseitigen in der Linea alba zusammen; diese dehnt sich bis zur Symphyse aus. Die vorderen Muskelbündel reichen dementsprechend bis zur Spitze des Kiefers und bedecken hier die Ventralfläiche des Submentalis (Ecker, Figg. 59, 60). Die hintere, intermandibulare Hauptplatte C,mv (p.) des Frosches hat bezüglich der Ausdehnung in oraler Richtung eine Weiterbildung zu verzeichnen; denn bei Menop. und Oryptobr. füllt das retromentale Gebilde noch eine Lücke im Stamm-Muskel aus. Dem transversal zwischen beiden Dentalia aus- gespannten Submentalis kommt das Vermögen zu, die Unterkiefer-Aeste einander zu nähern (Ecker, 8. 75). Innervation. Die Innervation der vorgeführten und dem Facialis-Gebiete zufallenden Muskeln ergiebt sich aus den Angaben WIEDERSHEIM'. Motorische Aeste, welche vom Facialis-Stamme sich loslösen, sind zu C,md (Digastricus WIEDERSHEIM’S) verfolgt worden. Ob diesen Fäden Elemente des Glosso- phar. beigesellt seien, bleibt zu erforschen. C,md empfängt nach W. auch Zweige vom Ram. III n. trigemini (]. c. S. 24). Die Annahme, dass dieselben als Elemente des Facialis aufzufassen seien, welche mit dem Trigeminus verlaufen, erscheint nach dem heutigen Zustande unseres Wissens hierüber vollauf berechtigt. Oder sollten Abschnitte der Kau-Muskulatur dem Muskel C,md beigesellt sein? Da der Facialis dem Ganglion Gasseri anfangs angeschmiegt, dann aber gänzlich mit demselben verschmolzen ist (WIEDERSHEM, $. 27), da fernerhin die Aeste des Facialis nur nach Analogie-Schlüssen und durch die Natur ihrer Ver- zweigungen, resp. ihrer topographischen Beziehungen, nach WIEDERSHEIM erkennbar sind (o. ec. S. 19 Anm.); so wird wohl der zu C,mv ziehende, scheinbare 'Trigeminus- 127) ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 319 Ast ebenfalls dem Facialis zugehören, was bei der vorliegenden, centralen Verschmelzung beider Hirn-Nerven zu einem 'Trigeminus-Facialis auf keine Schwierigkeiten der Vor- stellung stösst. Ueber die Innervation von C,Ahv ist Befriedigendes nicht auszusagen. Die Versorgung von Cymv geschieht durch einen ansehnlichen Ast des Ram. III n. trigemini. Der Nerv durchbohrt den Unterkiefer nicht, und nur hierin bestehen Differenzen zwischen dem Frosch und den niederen Amphibien. Zweige ziehen zum M. submaxsillaris und M. submentalis, d. i. zu der vorderen und hinteren Portion des intermandibularen Muskels. Die ventralen Sphincter-Bündel, welche durch (yvd, C,hv und O,mv zusammen- gesetzt werden, bilden bei den Amphibien ein bewegliches Widerlager des Mund- Höhlen-Bodens und beherrschen denselben in ganzer Ausdehnung. Dadurch, dass diese Sphincter-Bündel die Kopf-Darm-Höhle zu verengen vermögen, können sie bei Salamandern und Anuren in den Dienst sowohl des Schluck-Aktes als auch der Respi- ration treten. Bei den Fischen hat die Beherrschung des Bodens der Kopf-Darm-Höhle durch die Facialis-Muskulatur sich angebahnt. Dieser Zustand hat bei den Amphi- bien als Einrichtung von grösster Bedeutung sich erhalten und wird uns auch bei den Reptilien wieder entgegentreten. III. Reptilia. a. Chelonii. Nach den Untersuchungen über die Anatomie der Schildkröten, welche in der Litteratur vorliegen, ist die Existenz folgender Glieder des motorischen Facialis- Gebietes anzunehmen. 1. C,vd. besteht aus dorso-ventral durchlaufenden Querbündeln, welche einen langgestreckten Sphincter colli (FÜRBRINGErR'), Horrmann”)), den Latissimus colli anderer Autoren (Bosanus’), Owen, Stansıus'), RATHRKE) bilden. Der Ursprung liegt bei Triony®, Emys, Testudo, Clemmys nach C. K. Horrmann an der breiten, dorsalen Fascie. Die ventralwärts vereinigten, beiderseitigen Platten sind vorn bis zur Median- linie hin muskulös und können hier in primitiver Weise unmittelbar in die inter- mandibulare Portion C,mv sich fortsetzen. Dies findet bei Emys europaea (Bosanus), Emys serrata (FÜrBrınGer) und bei Chelonia imbricata (Horrmans) statt. Caudalwärts 1) FÜRBRINGER, M. Zur vergleichenden Anatomie der Schultermuskeln. Jenaische Zeitschrift. Bd. VIII. 1872. 2) C. K. Horrmann. H. G. Bronn’s Classen und Ordnungen des Thier-Reiches. Bd. VI. II. Abth, Reptilien. 1879—1890. Leipzig-Heidelberg. 3) Bosanvs. Anatomia testudinis europaeae. 1819—1821. Vilnae. 4) H. Sranxıus. Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. 2. Aufl. 1854. 2. Band. 320 GEoRG RucE [128 schiebt sich bei C'helonia imbricata eine ventrale, nach hinten sich verbreiternde Apo- neurose ein (Horrmann Taf. XIX. Fig. 1). Die Muskel-Platten schliessen indessen in der ganzen, medianen Ausdehnung bei Emys zusammen (BoJanus, FÜRBRINGER, Fig. 49). In diesem Zustande tritt gegenüber demjenigen bei Chelonia eine Pro- gression auf. Der dorsale Ursprung von C;vd befindet sich bei Emys europ. nach WALTER (1557. S. 22) an der oberflächlichen Aponeurose; er tritt aber auch auf die Proc. transv. von Halswirbeln über. Der Ursprung ist bei Chelonia imbrie. von der oberflächlichen Fascie in die Tiefe gerückt. Nach Horrmann ist derselbe auf die laterale Fläche der vorderen Halswirbel verlegt, wo er durch zahlreiche, dünne Sehnen-Bündel vermittelt ist. Ein gleiches Verhalten liegt auch bei Emys europaea (Bosanus, Owen) und bei Emys serrata (FÜRBRINGER) vor. Horrmann hat über die Homologisirung des Sphincter colli der Schildkröten nichts Bestimmtes angeben können. Ueber die Anwesenheit von Zungenbein-Bogen-Muskeln, welche die Merkmale eines O,hd und eines (;hv tragen, entnehme ich aus der Litteratur nichts Sicheres. 2. C;md besteht als kräftiges Gebilde, welches Bosanus als Digastricus maxillae beschrieben hat. Dieser Name sollte nicht weiter geführt werden, da er völlig un- zutreffend ist. Srannıus nannte den Muskel einen Senker des Unterkiefers, Owen') einen Apertor oris s. Digastrieus; Horrmann bezeichnet ihn nach Ursprung und Insertion als einen M. squamoso-maxillaris und bestimmt die Anheftung an der hinteren und unteren Fläche des Articulare (o. c. S. 76, 79). C,ymd ist bei den Cheloniern ein streng gesonderter Muskel; er führt das Verhalten, das bei Amphibien ein all- gemein Giltiges ist, direkt fort. Bedeckt von den vorderen Ursprungsbündeln von O,vd, ist der Zusammenhang zwischen Beiden vielleicht ganz aufgegeben. Die vorderen Bündelmassen von C,md schliessen an die hintere Wand der Paukenhöhle an. Von ihnen scheinen sich tiefe Portionen durch Aberration mandibularer Insertions- theile Selbstständigkeit erworben zu haben und in dem Dilatator tubae (Bosanus) auf- zutreten. Dieser Muskel entspringt am Proc. squamosus, heftet sich an der häutigen Wandung der "Tuba fest und empfängt Facialis-Aeste. 3. O,mv besteht als stattlicher, intermandibularer Muskel, welcher den Zusam- menhang mit O,yvd bewahrt hat. Bosanus hat den Muskel als Mylo-hyoideus von Emys beschrieben. Owen hat diese Bezeichnung übernommen (l. c. 8. 236), C. K. Horrmann (o. c. 8. 82) giebt ihm den Namen eines Intermaxillaris. 4. Der N. facialis der Chelonier. Das Wurzel-Gebiet des Facialis bleibt bei den Cheloniern vom Trigeminus getrennt. Der Facialis durchbohrt das Prooticum und bildet innerhalb oder ausserhalb des Schädels ein Ganglion, welches nach FiscHEr auch bei Sauriern und Crocodiliern besteht. Distal vom Ganglion zerfällt der Stamm in einen I) RicHARD OwEn. On the anatomy of Vertebrates. Vol. I. Fishes and Reptiles. London 1866. 8. 223. 129) UÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. Sal vorderen Ast, den R. palatinus, und einen hinteren Ast, die eigentliche Fortsetzung des Facialis. Dieser wendet sich über die Columella distalwärts. Er verlässt nach C. Vogr') den Schädel über und hinter dem Kiefer-Gelenke. Er geht Verbindungen mit dem Gangl. petrosum und dem Gangl. supr. cervic. ein, welches dem Glosso-phar. anliegt. Er entsendet motorische Aeste an folgende Muskel-Schichten: I. O,md (Depressor mandibulae), 2. Dilatator tubae, den Abkömmling des Vorigen, 3. Cyvd (Sphincter colli). Der Glosso-pharyngeus giebt einen oft ansehnlichen Zweig zum hinteren Aste des Facialis (C. Vocr). b. Saurii. l. Rhynchocephala. Hatteria punctata nimmt unter den, mir genauer bekannt gewordenen Reptilien die niedrigste Stelle ein. Hier sind die Glieder der motorischen Facialis- Gruppe unschwer auf die Befunde bei Amphibien zu beziehen. An irgend welchen Oertlichkeiten hängen die vier in Frage kommenden Muskeln O,v»d, O,hv, O,mv und C;md bei Hatteria noch zusammen, ohne andererseits die Kennzeichen differenter Gebilde verschwinden zu lassen. An der Ventralfläche des Körpers dehnt sich vom Kinn bis in die Schulter- gürtel-Gegend eine Muskel-Platte aus, welche oral eine intermandibulare Lage besitzt, aboral aber auf die Lateralflächen des Halses sich schiebt. Diese ventrale Schichte verharrt durch eine mediane Sehnen-Naht in paariger Anordnung. In ihr sind ent- halten C,vd, Cyhv und C,mv, welche durch den Verfolg ihrer Bündel zur Dorsal- fascie, zum Hyoid und zur Mandibula als solche unterscheidbar sind. Es liegen demnach ventral im Grossen und Ganzen gleiche Einrichtungen vor, wie bei den Amphibien. Was C,md anbelangt, so springt die Uebereinstimmung der Befunde bei Hatteria und Amphibien in jeder wichtigen Hinsicht sofort in die Augen. Die Analyse des motorischen, theilweise verschmolzenen Endgebietes des N. facialis ergab das Folgende: l. C;ed. Von der oberflächlichen, dorso-lateralen Fascie des Nackens ent- springt in ganz ursprünglicher Anordnung eine sich rasch auf 1,5 cm verbreiternde Bündellage. Die vorderen Fasern schliessen an den aboralen Randtheil von C,md an (Fig. 59). Die Ursprungslinie fällt schräg nach hinten und ventral ab. Die 1) Cart VoGT. Beiträge zur Neurologie der Reptilien. Neue Denkschriften der allgemeinen schweizerischen Gesellschaft für die gesammten Naturwissenschaften. Band IV. 1818. Neuchätel. Festschrift für Gegenbaur. II. 41 399 GeorG Ruck [130 Bündel ziehen in steiler Querrichtung zur Ventralfläche, wo sie bis zur medianen Sehnen-Naht gelangen und an der sphincterartigen Platte den aboralen Abschluss Ca md. Cdv. / / Hk) MT ETT, | > / ? l N d. Apon. Nn. e. spin. Seitliche Ansicht der Kopf-Hals-Gegend von Hatteria punctata. %/; Zwischen Cydv(m) und vd treten der 1. Kiemen-Bogen mit der Gl.-phar.-Muskulatur, ferner der zarte Gl.-phar. und der stärkere Hypo- glossus zu Tage. Chdo(m) ist die am Kiefer befestigte Schichte Ca dv, welche ein Bündel, dorsalwärts zum aboralen Rande von Cu md entsendet. Die Grenze zwischen Ca dv(m) und Cm vo ist keine scharfe. übernehmen (Fig. 61). In der Sehnen-Naht ist ein Anschluss an vordere Bündel- Gruppen ausgesprochen. Gegen den Kiefer-Winkel zu entsteht indessen durch Trap.- N.acc. Urspr. Cy md. Gl-phar. Hy. Cahv. Hypogl. Facialis. Fig. 60. Seitliche Ansicht der Kopf-Hals-Gegend von Hatteria, nach der Entfernung der vom Facialis innervirten Muskeln, sowie des Trapezius. Von diesen sind nur die Ursprungsflächen angedeutet. Hinter der Ursprungsfläiche von (amd ist die- jenige des Trapezius angegeben, welche weit in caudaler Richtung ausgedehnt ist. ?/;. Auseinanderweichen der Elemente zur Dorsalfascie und zum Unterkiefer eine dreieckige Lücke an der Ventralfläche des Körpers. Bei seitlicher Ansicht ist eine Bündel-Gruppe von 2 mm Breite er- kennbar, welche an die genannte Schichte Cyvd sich anschliesst. Die- selbe ist zugleich den Elementen von C,md innigst angereiht und vermittelt die Verbindung zwischen beiden Mus- keln (Fig. 59). Diese Bündel-Gruppe begiebt sich ventral- und oralwärts, bedeckt die Kiefer-Insertion von O,md und steht hier im Zusammenhange mit einer weit nach vorn hin ausgedehnten Faser-Lage, welche mittelst einer zarten, aber festen, sehnigen Membran an der Aussenfläche des Unterkiefers befestigt ist (Fig. 59). Die Muskel-Platte bedeckt den wulstigen Insertionstheil des äusseren Kiefer-Muskels (Add. md.) und ent- 131] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIEU DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTIIEREN, 323 sendet ihre Elemente um den Kieferrand herum bis zur ventralen Mediansehne, wo der Anschluss an den, von der Dorsalfaseie entspringenden Theil C,»d erfolgt (Fig. 61). Die Kiefer - Ursprungslinie neigt sich in oraler und ventraler Richtung. Der allenthalben ausgesprochene, anfangs schräge Verlauf der Ursprungsbündel geschieht in der Weise, dass die aboralen Fasern naturgemäss in die dorsale Bündel- Gruppe sich verfolgen lässt, welche die Verbindungsbrücke zwischen O,vd und C,md herstellt. Aus dieser Anordnung entnehme ich, dass die gesammte, mandibulo-ven- trale Lage vordere Abschnitte von C,vd repräsentire. Da die oralen Fasern jedoch unmittelbar in diejenigen des intermandibularen C',m» übergehen, so wird man auch der Meinung beitreten können, nach welcher die Ableitung der fraglichen Portion von (C,mv anzunehmen sei. Ich halte dies jedoch für unwahrscheinlich, da die dorsal entstehenden, intermediären Bündel, welche C,md am Kiefer-Winkel bedecken (Fig. 59), mit Abschnitten des Muskels C,vd der Amphibien sich in Parallele stellen lassen. Diesbezüglich sei auf die Figg. 43, 44, 46 verwiesen. Dort dehnte sich C,vd von Menopoma vorwärts in oberflächlicher Lage über Cymd aus. Die Verlöthung der betreffenden Fleischfasern mit der Aussenfläche des Kiefers hat in leicht verständlicher Weise zu einem Zustande führen können, wie er bei Hatteria verwirklicht ist. Die ausführlich geschilderten Einrichtungen von Amphiuma und von Gymnophionen stehen mit denen von Hatteria im Einklange. Ist aber die Herleitung in der angegebenen Weise statthaft und zu Recht bestehend, so haben wir an C,»d von Hatteria eine dorsale, primitive Ursprungs-Portion und zweitens einen neu hinzugekommenen, mandi- bularen Abschnitt zu unterscheiden. Da, wo die Bündel der Unterkiefer-Portion von C,rd den Kiefer-Winkel passiren, schliesst sich der vom Zungenbeine herkommende (C',Av der dem Beschauer abgekehrten Fläche von Cyvd so innigst an, dass bei ausgesprochenem, parallelen Bündel-Verlaufe beider Muskeln auch die Grenzen zwischen ihnen verwischt sind Der anatomische Befund von der Kopf-Muskulatur einer Hatteria, welche ich vor Jahren in Heidelberg zergliederte, liegt mir in einer Skizze vor. Der obigen Interpretation des Zustandes auf der Fig. 59 wird hier durch den Thhatbestand Vor- schub geleistet; denn in einer sehr bestimmten Weise liegt der Anschluss der am Unterkiefer entspringenden Bündel an diejenige Portion von C,»d vor, welcher von der Dorsalfascie entsteht und zugleich an den dorsalen Kiefer-Bogen-Muskel (C,md) sich anlehnt. Die Fasern beider Portionen verlaufen parallel und erreichen, in kürzester, transversaler Ausdehnung, die ventrale Medianlinie. Die Insertions-Portion von C,md erweist sich auch hier von den Bündel-Gruppen bedeckt, welchen die man- dibularen Ursprungstheile oralwärts sich anfügen. 2. C,hv entsteht an der Aussenfläche des Hyoids in einer Ausdehnun; von ca. Il cm (Fig. 60). Die Ursprungsfläche befindet sich medial vom Kiefer-Winkel. Der motorische, ventralwärts sich begebende Facialis-Ast liegt lateral von der Zungen- Bein-Bogen-Portion. Die Bündel ziehen zur ventralen Medianlinie und verschmelzen dabei mit denen von C,rd. Die Kiefer-Bogen-Abschnitte lassen zunächst einen dorsalen Muskel unter- 41* 324 GEORG Rüge [132 scheiden, welcher wie bei Protopterus und Amphibien seiner ganzen Anordnung gemäss als ein Depressor mandibulae wirksam ist, zweitens einen ventralen Mus- kel, welcher, intermandibular angeordnet, als ein Spanner des Bodens der Mund-Höhle funktionelle Bedeutung gewinnt. 3. C,md. Der Ursprung ist ein zweifacher. Die Dorsalfascie gewährt nahe der Medianlinie einer etwa | cm breiten Platte Anheftung dar (Figg. 59, 60). Diesen Bündeln reiht sich caudalwärts der Ursprung von O,vd an. Die zweite Ursprungs- Portion ist kräftig, fleischig; sie nimmt die Nacken-Fläche des Schädels in Beschlag und schliesst in der Tiefe an die Ursprungsmasse des von C',md bedeckten Trapezius N. mh. N. m. h. / Comv. ; | | / In | Yan | Ca md. | Be \ Facialis. \ __ Faeialıis. \ Hoypogl. N Hypogl. \ \ N Oyvd. \ 4. \ \ \ \ 5 —_.spin. Lüngsm. / | / | / | | | | \ Fig. 62. Fig. 61. Ventrale Ansicht der Kopf-Hals-Gegend i von Hatteria, nach Entfernung der Fa- Ventrale Ansicht der Kopf-Hals-Gegend eialis-Muskulatur. 2/., Man erkennt die von Hatteria punet. %/;. Die Verästelung weit nach vorn und hinten ausge- des N. facialis scheint rechts durch die dehnten Aeste des N. facialis. Der Muskulatur hindurch. Hinter dem Facialis Hypoglossus giebt einen Ast an den ist der Hypoylossus erkennbar. zum Larynx ziehenden Längsmuskel ab. an (Fig. 60). Die Fleisch-Fasern ziehen konvergirend mittelst kräftiger Endsehne zum aboralwärts vorspringenden Kiefer-Winkel. Es ist schwer vorstellbar, dass dem Muskel noch eine andere Wirkung als die, den Unterkiefer abwärts zu bewegen, zukommen könne. Die funktionelle Specialisirung von CO, md erscheint demgemäss ebenso wie bei den meisten Amphibien, eine sehr ausgesprochene zu sein. Die anatomische Sonderung ging mit der funktionellen nicht gleichen Schritt, da der Zusammenhang mit Cyvd erhalten geblieben ist 4. Cymv tritt ventral als rein intermandibulares Gebilde zu Tage (Fig. 61). Die Ursprungsfläche liegt an der Innenfläiche der Mandibula und schliesst an diejenige der mandibularen Portion von C,vd an. Die ausgesprochene Gleichrichtung der 133] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 325 Bündel ist hier die Ursache völligen Verwischens der Grenzen Beider geworden. Quer gerichtet, dehnen sich die Fleischfasern bis zur Kinn-Gegend aus. Da keinerlei andere Glieder des Facialis-Endgebietes mehr in Betracht kommen, so fehlt bei Hatteria, im Vergleiche mit den höheren Amphibien (Menopoma ete.), ein vorderer, selbstständiger Abschnitt von C,mv. Einem solchen könnte bei Hatteria auch die Wirkung nicht zugesprochen werden, welche man ihm beim Frosche etc. beilegte. Die Kiefer-Stücke sind in der Symphyse verwachsen und erlauben keine Be- wegungen gegen einander. Dieser Umstand kann hier zur Ausschaltung des C', m v (ant.) der Amphibien beigetragen haben. C,mv empfängt demgemäss wiederum eine Gleich- artigkeit der Bündel-Anordnung, wie sie bei Selachiern, Dipnoern und Menobranchus angetroffen wird. Ich neige indessen keineswegs zur Annahme hin, dass die Befunde bei Rhynchocephalus einen direkten, phylogenetischen Zusammenhang mit denen der Selachier besitzen. Die Uebereinstimmung darf wohl nur als eine auf's Neue wieder eingeleitete aufgefasst werden. 5. Motorische Aeste des N. facialis. Der Facialis tritt unterhalb des für C,md und den T'rapezius bestimmten Ursprungsflächen aus dem Schädel. Der Nerven- stamm zerfällt sofort in seine Aeste, von denen eine Gruppe dorsal verbleibt, um mit auf- und absteigenden Zweigen zum Depressor mandibulae (C,md, sich zu be- geben (Fig. 60). Ein anderer, ansehnlicher Ast zieht, bedeckt von letzterem Muskel, zwischen Kiefer-Winkel und Hyoid zur Ventralfläche von Kopf und Hals. Hier ent- sendet er, bedeckt vom gesammten, sphincterartig angeordneten C,vd, oral- und aboral- wärts Zweige zur benachbarten Muskulatur. Das genauere Verhalten der Verästelung dieses ventralen Astes ist auf den Figg. 62, 63 dargestellt. Die Aeste, welche den dorso-ventral durchlaufenden Abschnitt von Cyvd versorgen, lassen erste Andeutungen eines Geflechtes zu Stande kommen. Vordere Nervenzweige des ventralen Facialis-Astes glaubte ich seiner Zeit bis zu vorderen, intermandibularen Muskellagen wahrgenommen zu haben (cf. Figg. 61, 62). Ich halte es jedoch für wünschenswerth, dass diese Inner- vations-Verhältnisse nochmals einer Kontrolle unterzogen werden, bevor sie zu weiter- gehenden Besprechungen verwendet werden. Dies ist um so mehr nöthig, als auch bei Hatteria ein den Unterkiefer durchbohrender Nerv (N. mh.) auf der Ventral- fläche von C,mv sich ausbreitet. Die betreffenden Zweige, aus dem dritten Aste des N. trigeminus stammend, galten mir seinerzeit für sensible. Auch diese Annahme wird einer nochmaligen Kontrolle zu unterwerfen sein, bevor auf etwaig vorliegende Differenzen zwischen Hatteria und den Amphibien hingewiesen werden darf. Die sonst in allen Grunderscheinungen so deutlich hervortretende Uebereinstimmung zwischen jenen Abtheilungen hat mich in der Stichhaltigkeit früherer Wahrnehmungen mistrauisch gemacht. Wenn wir die motorischen Aeste des Nervus facialis in einen Ram. dorsalis und in einen Ram. ventralis eintheilen, so sind, wie ich meine, die emfachsten und völlig zutreffenden Termini gewählt. Diese Eintheilung deckt sich zugleich mit der Gliederung des motorischen Endgebietes in dorsale und ventrale Gebilde. 326 GeEorG Russe [134 2. Varanidae. Varanus bivittatus, Die Facialis-Muskulatur erlangte einen sehr hohen Grad der Ausbildung. Die Möglichkeit, sie auf bekannt gewordene, niedere Zustände zu beziehen, sie selbst von diesen direkt abzuleiten, besteht zu Recht. In einigen Punkten habe ich auftauchende Schwierigkeiten der Deutung nicht beseitigen können: in einigen Form-Erscheinungen dürfte der Schlüssel zum Verständnisse der bisher gänzlich unverstandenen Säugethier-Muskeln erblickt werden. Dorso-ventral durchlaufende Muskel-Bündel bilden eine oberflächliche Schichte. Diese bildet einen imposanten, den langgestreckten Hals umhüllenden Sphincter. Ich kann nur vermuthen, dass der ganze Muskel der Herrschaft des Facialis zufalle, halte jedoch für den ventralen Abschnitt des Sphincter colli Kontroll-Untersuchungen Ca.d. Cymd. Add. md. | Ser a Cv. CGdm. Como. N (sup. f.) Fig. 63. Seitliche Ansicht der Kopf-Hals-Gegend Varanus bivittatus. %5. Hinter dem und ventral vom Trommel- felle breitet sich das motorische Facialis-Gebiet aus. Card ist durch eine horizontale Zwischensehne in einen dorsalen (Cd) und in einen ventralen Abschnitt (Cyv) geschieden. für durchaus erwünscht. Der Dorsalabschnitt empfängt sicher Facialis-Aeste. Mit einer gewissen Reserve behandle ich daher den ganzen Sphincter colli hier als ein Glied des Facialis-Gebietes. Als ein solches Glied kommt ihm die genetische Bezeich- nung Cyvd zu, durch welche seine morphologische Stellung präecisirt wird. 1. Cyvd (Figg. 63 u. 64). Der Muskel reicht an der Seitenwand des Körpers oralwärts bis hart an’s Trommelfell, caudalwärts bis in die Nähe des Schulter-Gürtels. Der Ursprung der Bündel liegt längs einer horizontalen Linie an der Dorsal-Fascie. Alle nahezu parallel gerichteten Bündel ziehen ventralwärts und erreichen die ven- trale Medianlinie, wo die Anheftung mit dem andersseitigen Muskel in einer Sehnen- Naht erfolgt. Die vorderen Fleischfasern empfangen in ihrem ventralen Verlaufe zugleich eine mehr orale Ausdehnung, so dass der Muskel C,vd vorn mit einem konkaven Rande versehen ist. Aborale Grenzbündel bleiben von der ventralen Mittellinie entfernt. Auf diese Weise zeigt der aborale Rand des beiderseitigen Muskels einen caudalwärts offenen Ausschnitt (Fig. 64). Die Wirkung von (yvd wiederholt die alte Funktion des Constrietor superficialis der Squaliden. 135] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 327 Die Sphincteren-Platte jeder Seite ist durch eine horizontale Zwischensehne (hor. Zw. s.) in einen dorsalen und einen ventralen Abschnitt getheilt. Die Zwischen- sehne ist mit der Ursprungslinie etwa parallel gerichtet; sie beginnt vom 5 mm unterhalb des Paukenfells und trifft den aboralen Muskel-Rand in gleichem Niveau. Die Fasern beider Abschnitte nehmen eine gleichartige, transversale Ausdehnung, so dass sie gemeinsam quere Bänder formen. Zum Dorsal-Abschnitte sind Facialis- Zweige mit Sicherheit verfolgt worden. Eine morphologische Erklärung für die Zwischensehne am Sphincter colli kann vorderhand nicht gegeben werden. C,vd stellt bei Varanus biv. einen, von seinen Genossen völlig abgesprengten Muskel vor. Er hat durch die Ausdehnung bis zum Trommelfelle die dorsale Kiefer-Bogen-Portion des Facialis- Gebietes in eine nächst tiefere Lage gebracht, und nur wenige, dorsale Ur- sprungs-Bündel von Ü,md ragen rückenwärts über den Sphincter hinaus (Fig. 69). Die Ueberlagerung von C,md durch C,v»d ist keine ganz neue Erscheinung; aber in so ausgesprochener Weise bedeutet sie wohl eine weitere Instanz für die erworbene Selbst- ständigkeit von C'yvd. Die Loslösung von C,md scheint durch hochgradige Umwandlungen an Letzterem stark beeinflusst zu sein. 2. Eine Zungenbein-Bogen-Portion C;A, welche bei Hatteria im Ventral-Gebiete deutlich, wenn schon schwach entwickelt nachweisbar f \ gewesen ist, besteht bei Varanus nicht. Ob / \ sie völlig verschwunden, ob sie in andere Bil- \ dungen, etwa in C,mev, übergegangen sei, bleibe dahingestellt. In der vom Facialis innervirten Kiefer- bogen-Muskulatur sind bedeutsame Fortschritte zu verzeichnen. C,md stimmt mit dem Muskel der Am- phibien und von Hatteria in der ausschliess- lichen Wirkung als Depressor mandibulae überein. Der Unterkiefer bietet die Insertions-Flächen dar. Aber, während bei Protopterus, Amphibien und Hatteria der Kiefer-Winkel ausschliesslich zur Sehnen-Anheftung gedient hat, so steht derselbe hier nur für eine tiefe Portion zur Verfügung. Eine oberflächliche Schichte von C',md hat durch caudalwärts gerichtete Verlagerungen der Ursprünge und durch gleichzeitiges Ausgreifen der Insertionsbündel nach vorn dem Muskel ein neues Gepräge verliehen. neeezrtHuä| Z I) / ! \ I — \ Fig. 64. Ventral-Ansicht der Kopf-Hals-Gegend von Va- ranıs bir. 328 GeorG Rust [136 Die Schichten-Bildung von C,md hat sich unter gleichzeitiger Sonderung der ven- tralen Kiefer-Portion C,mv in mehrere Portionen derartig komplieirt, dass eine ge- nauere Darstellung nöthig wird. a) Die oberflächliche Schichte O,md (superf.) (Fig. 65) entspringt an der dorsalen IL Cy md. (sup.f.) Com d. (pr.) | Fac. Cad. Face. Cyv? Fig. 65. Seitliche Ansicht der Kopf-Hals-Gegend von Varanus bivitt. %s. Die oberflächliche Schichte Cyvd ist entfernt. Fascie der Nacken-Gegend in einer Linie von ca. 2,5 cm Ausdehnung. Die Ursprungs- linie beginnt etwa 1,2 cm caudalwärts vom Trommelfelle. Verlauf: die lang- gestreckten Fleischfasern konvergiren ventral vom Trommelfelle, wo sie der Seiten- fläche des Kiefers anliegen, zu einer äusserst kräftigen Endsehne. Diese beginnt I. Cymd (med.) C) md (pr.) C5 mv (supf.) Ca m d (med.) C3 v. Cam d(hy.) Fig. 66. Varanus biv. #5. Seitliche Ansicht der Kopf-Hals-Gegend. Cu md (superf.) ist entfernt, um die tiefere Lagen zur Anschauung zu bringen. unterhalb des Winkels der Mund-Spalte und lässt sich mehr als 2 em vorwärts ver- folgen. Sie heftet sich an der Aussenwand des Kiefers nahe dessen Ventralrande fest (vgl. Fig. 67). Die oberflächliche Schichte bedeckt am Kiefer die Ursprungs-Portion von O,mv (Fig. 66), welche C,md (supf.) von den folgenden Schichten trennt. Die Wirkung wird auf ein Herabziehen des Kiefers energisch hinzielen können. b) Eine zweite Schichte, O,md (med.) (Fig. 66), besteht aus einem zarten Bündel, welches vom aboralen Randtheile der oberflächlichen Portion sich loslöst 137] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTMIEREN. 329 und, mit der folgenden gemeinsam von C; m» bedeckt, zum Kiefer zieht. Die In- sertion erfolgt mittelst langer Endsehne (Fig. 67) nahe dem unteren Rande des Kiefers. Die Anheftung erfolgt näher dem Kiefer-Winkel als der Insertions-Stelle der ober- flächlichen Schichte. c) Im caudalen Anschlusse an die Insertion der vorigen, mittleren Schichte, und bedeckt von C',mv erscheint eine tiefere, dritte Portion. Sie entspringt vom Vorderrande des Dorsalstückes des Zungenbein-Bogens; sie ist aus diesem Grunde als C,md(hy) unterschieden (Fig.66). Sie formt ein zartes Muskel-Band mit parallel ange- ordneten Fleischfasern. Ich habe mit Sicherheit für sie Facialis-Aeste nicht wahr- nehmen, aber auch keine andere Innervation feststellen können. Diese Portion darf daher auch nur mit einer gewissen Reserve zum Facialis-Gebiete gerechnet werden. Die Portion kreuzt die Kieferwinkel-Insertion der folgenden, tiefsten Schichte. Ich halte es für wahrscheinlich, dass der Ursprung vom Hyoid neu erworben sei. Mit dem schrägen Verlaufe der oberflächlichen Bündel-Lagen steht die Umlagerung des Dorsalstückes des Zungen-Beines im Ver- bande, und diese Nachbarschaft kann engere Hy. Camdepr.) Ursprungs- Beziehungen in's Leben gerufen \ | haben. d) Die tiefst gelegene Schichte C,md (prof.) stellt den alten Stamm-Muskel insofern vor, als sie im Ursprunge und in der Insertion wiederholt, was bei Am- Ploryg: Cmd Gmu Omi phibien und Hatteria auftritt. Seine Ur- (med) eur Ian sprungs-Bündel nehmen die scharfe, von der a e u - en H Seitliche Ansicht der hinteren Kopf-Gegend von Medianlinie -bis zur Trommelfell-Gegend Yaranus biv. 45. Die oberflächlichen Schichten von sich erstreckende Knochen-Leiste der Oceipital- Gr rer Cm a region des Schädels ein. Diesem kranialen sehen zu können. Ursprunge fügen sich caudalwärts Bündel von der Dorsalfascie an. Die Ursprungs-Linie hat eine Ausdehnung von 1,5 cm; sie findet eine horizontale Fortsetzung in der Ursprungs-Zone von C,md (superf.). Die konvergenten Bündel heften sich mittelst einer kurzen Sehne an den caudalwärts vorspringenden Höcker des Kiefer-Winkels fest (Fig. 67). Die Wirkung auf die Mandibula entspricht etwa derjenigen der Waden-Muskeln auf den Fuss. Beide ziehen je den kurzen Hebel-Arm der betreffenden Skelet-Stücke an und lassen am grösseren Hebelarme den gewaltigeren Ausschlag erkennen. Die Innervation der cranio-fascio-mandibularen Portion fällt dem Facialis an- heim (Fig. 67). 3. O,mv. Es liegen bei Varanus bivitt. drei Muskeln vor, welche als Theile eines ventralen Kiefer-Bogen-Portion des Facialis-Gebietes aufgefasst werden können. Da die Innervations-Verhältnisse unermittelt geblieben sind, andererseits aber eine lückenlose Reihe von Befunden nicht vorliegt, so begnüge ich mich hier mit der Wieder- gabe des Beobachteten. Die in Betracht kommenden, drei Muskeln stimmen in dem Festschrift für Gegenbaur. III 42 330 GeorG Ruck [138 Ursprunge am Unterkiefer sowie in dem intermandibularen Bündel-Verlaufe, welcher ein transversal oder schräg gerichteter zu sein vermag, überein. Die Grunder- scheinungen sind am meisten, wie mir scheint, in derjenigen Platte bewahrt, welche an der Innenfläche des Kiefers. bedeckt von der Endsehne der mittleren Portion des Depr. mand. C,md (med.) entsteht (Figg. 6S—70). Die Bündel dieser tiefen Schichte O,mv (prof.) erreichen die Medianlinie, aboral im transversalen, oral im schräg vorwärts gerichteten Verlaufe. Dem aboralen Rande des Muskels fügt sich mittelst seiner Fascie ein Glied des Rectus-Systemes an. Diese Verbindung ist als eine rein sekundäre zu betrachten (Fig. 70). Nur durch eine kleine Spalte getrennt schliesst sich oral ein zarterer Muskel an (Figg. 68, 69, C;mv [a.]), dessen Bündel die £ N en % \ u n / \ / j | Camd. Chdm(sup.f.) BEE NN.| — Com (a) (sup. F-) J) — (mv. (a.) —— Gvm(pr.) (5 dm (med.) " m mw. Be mR. 1 — (yom(sup.f.) (sup. f.) 3 3) Ydm(med.) Camd.(med.) - a a dena) Rn Oo m d. (hy.) Coamd. — 03%. C2dmehy.) U (sup.f.) Com d. (med.) > spin. spin. Lüngsm. Lüängsm. IN N ) 4 N in Figg. 68 bis 70. Ventrale Ansichten der Kopf-Hals-Gegend von Varanus biwitt. */5,. Die auf Fig. 68 dargestellten Schichten sind nach und nach entfernt, um auf Figg. 69 und 70 tiefere zur Anschauung zu bringen. Verlaufs-Richtung allmählich fast in eine longitudinale umändern. Während die aboralen noch zur Medianlinie gelangen, dringen die oralen gegen den Boden der Mund-Höhle in die 'Tiefe, um hier einer Auflösung zu unterliegen. Der ansehnlichste Abschnitt von C,mv ist der aborale; sein Ursprung liegt an der Aussenfläche des Kiefers in einer Linie, welche unterhalb des Trommelfelles beginnt und in einer Ausdehnung von 1 cm über den Insertions-Sehnen der Depr. max.-Schichten (C, md |med. + prof.]) sich hinzieht (Fig. 67). Die Muskel-Platte ist anfangs von der Endsehne der oberflächlichen Portion des Depressor mandibulae be- deckt (Figg. 63, 64), überlagert aber selbst die mittlere und tiefe Portion C,md med. —+- prof.) (Fig. 67). Die transversal angeordneten Fleischfasern finden oral- 139] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 331 wärts den Anschluss an die erstvorgeführte, tiefere Platte C',m v (prof.) (Figg. 69 und 70). Ihre Insertion erfolgt in der medianen Sehnen-Naht. Die beiden vorderen und zugleich tiefer gelegenen Portionen von (mv können unbedenklich mit dem intermandibularen Muskel der Fische und Amphi- bien in Parallele gestellt werden. Sie halten einen strengeren Vergleich aus; denn die Lage-Beziehungen dieser Schichten stimmen überein. Die hintere, kräftige Muskel- Lage weicht indessen bezüglich der Anheftung an die laterale Kiefer-Fläche sehr wesentlich vom Verhalten aboraler Abschnitte von C,mv der Fische ab. Der Mus- kel ist mit dem, an der entsprechenden Stelle liegenden Abschnitte bei Hatteria vergleichbar. Demgemäss verliert man aber auch den sicheren Maassstab, ob der vorliegende, mandibulare Ursprung durch eine orale Bündel-Gruppe von C,vd, wie sie bei Amphiuma und bei Gymnophionen deutlichst entwickelt ist, oder ob der Ursprung durch eine aboraie Zone von C,ımv erworben worden sei. Vielleicht ist diese Frage durch genaueste Feststellung der Innervation zu beantworten, da direkte und indirekte Facialis-Aeste (N. m. h.) in Betracht kommen können. Der Vergleich aller bekannt gewordenen Befunde sichert das Resultat, dass in der hinteren Portion von O,mv bei Varanus und bei anderen Reptilien ein gut ausgebildetes, eigenes Verhalten vorliege. Der intermaxillare Muskel scheint bei Ophidiern einer starken Reduktion zu unterliegen, bei fusslosen Sauriern ganz zu verschwinden (vgl. Warter 1857). Die von der Aussenfläche des Unterkiefers entstehende Portion tritt bei den Reptilien nicht zum ersten Male auf; derartige Anheftungen liegen bereits bei Amphiuma und bei Gymnophionen vor. Zieht man den Zustand bei Hatteria zum Vergleiche heran, so lässt es sich befürworten, die aborale Portion von Ü,mv, welche an der Aussenfläche des Kiefers entsteht, als abgesprengte Bündel von Cyvd auszugeben. 5. Motorische Aeste des N. facialis. Der N. facialis verlässt den Schädel hinter und etwas dorsal von dem Pauken- felle.e Er ist vom Depressor mandibulae überlagert, theilt diesem Muskel- Aeste zu, welche, wiederholt getheilt, in caudaler Richtung weit zu verfolgen sind (Figg. 66, 67). Diese Aeste dürften einem R. dorsalis anderer Formen gleich zu stellen sein. Ein anderer Ast kommt am aboralen Rande von C,;,md zum Vorschein Fig. 67), giebt einige ventrale Zweige sowie einen langen, caudalwärts ziehenden Zweig ab. Sie sind vom Sphincter colli bedeckt, zu dessen Unterfläche sie gelangen. 332 GEoRrG Ruck [140 3. Crocodilint. Alligator lueius. Die verschiedenen Muskeln der Facialis-Gruppe heben sich scharf von einander ab. Sie haben z. Th. auch hier hochgradige Sonderungen er- fahren. Die bei niederen Formen in dorso-ventraler Richtung frei durchlaufenden Bündel bilden beim Alligator eine Art von Sphincter colli. Sie sind als l. O,vd ihrer ganzen Anordnung nach leicht erkennbar. Es handelt sich um zwei, an einander schliessende, aber von einander doch derartig abgesetzte Muskeln, dass sie sowohl bei lateraler (Fig. 71), als auch bei ventraler Ansicht (Fig. 72) als ein orale und als eine aborale Portion zu unterscheiden sind. Die orale Portion gehört dem Facialis-Gebiete fraglos zu. Zur aboralen habe ich Aeste des Auge. Ohr. Pr.ang. Th. Ins. cut. Trap. Drüse. | \ Thym. | Add. md. O3 0d. Cyod. Nn.e. spin. Lüngsm. (a.) (P9.) sp. Fig. 71. Laterale Ansicht der Kopf-Hals-Gegend von Alligator lue. 3/5. Die oberflächlichen Schichten des Facialis-Gebietes breiten sich vom Kiefer bis zur Gliedmasse aus. Der Muskel Cyvd (post.) ist als ein Glied der Facialis-Gruppe hier bezeichnet; er gehört aber vielleicht dem Gl.-phar. zu. N. facialis mit Sicherheit nicht verfolgen können, so dass ich für sie auch die Deutung als einen Abschnitt des Glosso-phar.-Gebietes offen lassen möchte. a. Die orale Portion entsteht mittelst platter Sehne an der Seitenfläche des Unterkiefers, und zwar in der Nähe von dessen ventraler Randfläche. Die Ursprungs- linie erstreckt sich vom hintersten Ende bis zum mittleren Drittel des Skeletstückes nach vorn. In grösserer Ausdehnung ist die platte Ursprungs-Sehne mit der Insertions- portion des M. pteryg. int. verwachsen (Fig. 72). Caudalwärts vom Unterkiefer ent- steht ein 1,3 cm breites Bündel von der dorsalen Fascie. Die Anordnung der Fleischfasern ist im Allgemeinen eine quere. Die von der Dorsal-Fascie kommenden Bündel schlagen ventral indessen zugleich eine caudale Richtung ein und tragen dadurch zu einer sehr stattlichen, ventralen Verbreitung bei. 141] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 339 Die ventrale Anheftung erfolgt theilweise in der medianen Sehnen-Naht. Orale Bündel erreichen die Medianlinie nicht. caudalwärts ausweichenden, aboralen Elementen (Fig. 72). in eine oberflächliche Aponeurose über. eine tiefe Insertions-Schichte in der Nähe der ventralen Me- dianlinie wahrgenommen. Cervikale Haut-Nerven durchbohren den Muskel an verschiedenen Stellen der late- ralen und ventralen Fläche. Ein ventraler Ast des Facıalis innervirt den Muskel. Dieser trägt demzufolge die Hauptmerkmale eines Cyvd der Amphibien oder von Hat- Der Muskel bewahrt im Ursprunge von der Dorsal- teria. fascie eine primitive Anord- nungsweise. Die Anheftung von C,vd an den Unterkiefer ist eine Sekundärerscheinung, welche diesen Muskeltheil zu einem intermandibularen stem- pelt.e. Es handelt sich hier fraglos um einen Abschnitt von (C,vd; die Innervation erhärtet diese Annahme. Da die oberflächliche Muskel- Schichte bei Hatteria ebenfalls an die Kiefer-Aussenfläche be- festigt ist, und die Innerva- tionsverhältnisse ausserdem völlig mit denen bei Alligator übereinstimmen, so dürfte nach dem Vergleiche beider Formen mit einander das Er- gebniss dahin zu formuliren sein, dass die bei Hatteria und Das Gleiche ist der Fall mit den Beiderlei Elemente gehen Ausserdem wird eine oberflächliche und BI /f® spin. Längsm. ———// / ——— Opmvf(sup. f.) — N. mue. A R.eiN.m.h) INam.h. u — Dr Facialis. _ Di = Wi Cu Pteryg. int, _ 2 Cyv dm.) | . A Thym. Fig. 72. Ventrale Ansicht der Kopf-Hals-Gegend von Alligator lueius. 2/3. Links ist ein Theil von (a»d entfernt, um die Ausbreitung des N. facialis erkennen zu können. Links ist ebenfalls die oberflächliche Schichte von Chmv abgetragen, um die tiefe Lage dieses Muskels zu Tage treten zu lassen. Alligator auftretenden, lateralen, mandibularen Ursprünge oralwärts ausgebreitete Theile, von C,vd und nicht aboral verschobene Abschnitte von C,mv, seien. Vorsicht bei der Beurtheilung solcher Verhältnisse ist geboten. Durch genaue 334 GEorRG Rue [142 Prüfung festzustellen, von welchen Gliedern der Facialis-Gruppe ein Anstoss zu Neu- gestaltungen gegeben worden sei, erhält namentlich für die Reptilien höheren Werth; denn deren Organisationen dürfen mit denen der Säugethiere nur unter Waltenlassen schärfster Kritik in einen engeren Verband gebracht werden. b. Die aborale Portion (Cyvd [post.|) der oberflächlichen Sphincter-Schichte schliesst im Ursprunge von der dorsalen Körperfascie an die vorige an; jedoch nicht unmittelbar, da eine von Muskelbündeln freie Spalte, welche erst ventralwärts sich allmählich schliesst, beide Portionen trennt. Unter geringfügiger Divergenz der sonst transversal angeordneten Bündel dehnt sich die Platte zur Ventralfläche aus; sie bleibt jedoch von der Medianlinie weit entfernt (Fig. 72). Die konvexe Insertionslinie greift bis an die aboralen Randbündel der vorderen Nachbar-Portion heran und kommt aboralwärts in der ventralen, subeutanen Fascie zu liegen. Bei seitlicher Ansicht fällt auf, dass Sphincter-Abschnitte nur eine kurze Strecke weit ihre Bündel parallel verlaufen lassen, dass diese ventralwärts senkrecht zu einander angeordnet werden. Das steht im Zusammenhange mit dem Ausgreifen der oralen Portion C,vd, welche an der Bauchseite in caudaler Richtung erfolgt. Der M. trapezius ist durch die hintere Sphincter-Portion streckenweise bedeckt. An beiden Körperseiten desselben Exemplares habe ich „Facialis-Aeste‘‘ wohl in den Bereich der aboralen Sphincter-Portion verfolgen können. Ich möchte es aber hier als offene Frage betrachtet wissen, ob letztere nicht doch ein Glied der Glosso- pharyngeus-Gruppe sei. Allerdings habe ich direkt zum Muskel verlaufende Aeste des Gl.-ph. nicht auffinden können. Wir müssen aber im Auge kehalten, dass der Glosso-phar. dem Facialis Aeste zusendet, welche, wenn sie zu C,vd (post.) sich be- geben, sich zum Facialis etwa ebenso verhalten, wie der Facialis-Ast (N.m.h.) zum dritten Aste des 'Trigeminus. Die eigenartige Gruppirung der beiden Sphincter-Portionen beim Alligator ist auf die Befunde der anderen, genauer dargestellten Reptilien keineswegs beziehbar. Es wäre übereilt, wollte man die durch eine horizontale Zwischensehne zum Aus- drucke kommende Zweitheilung des Sphincter von Varanus bivitt. in einen engeren Konnex mit dem Befunde bei Alligator bringen. Es ist aber denkbar, dass ein der- artiger besteht. Genaue, weitere Untersuchungen hierüber werden die Frage vor Allem zu lösen haben, inwiefern das Glosso-phar.-Gebiet zu demjenigen des Facialis sich hinzugesellt habe. 2. Eine tiefe, sphincteren-artig angeordnete Schichte wird von C,vd überlagert. Nur in der Nähe der ventralen Mittellinie kommen tiefere Bündel-Lagen in oberfläch- licher Lage zum Vorscheine (Fig. 72). An der ventralen Körperfläche sind die Bündel der oberflächlichen und der tiefen Schichte streckenweise durch parallele Anordnung zu einer einheitlichen Platte verbunden. Im lateralen Verfolge jedoch wendet sich die tiefere Schichte des Sphincters zur Medialfläche des Unterkiefers und trennt sich dementsprechend von C,vd (superf.); sie dringt in tiefe Regionen ein. /ieht man in Betracht, dass der Facialis diese tiefere Sphincter-Schichte versorgt durch Aeste, welche zwischen ihr und C,vd sich ausbreiten, so sind darin so gewichtige 143] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 335 Uebereinstimmungen mit dem als C,Av gekennzeichneten Gebilde ausgesprochen, dass ich keinen Anstand nehme, die betreffende, tiefere Schichte bei Alligator als eine ventrale Zungenbein-Portion zu deuten. Dass diese Schichte die für O,Ahv stets bedeutsame Eigenschaft, vom Zungenbein-Bogen zu entspringen, aufgegeben hat, ist zweifellos eine hochgradige Besonderheit, welche an die Organisation von Alligator geknüpft ist. C,hv entsteht nicht am Hyoid, sondern ist an die zwischen Rücken- und tiefer Hals-Muskulatur vorspringenden Theile der Wirbelsäule festgeheftet (Fig. 73). Die Ausdehnung des Ursprungs beträgt c. 2,5 cm. Die in aboraler und noch leb- hafter in oraler Richtung divergirenden Bündel erreichen die ventrale Medianlinie in einer Ausdehnung von beinahe 6 cm. Der Muskel findet hier theilweise das knorpelige Visceral-Skelet als feste Unterlage und geht theilweise mit dem Partner in der Linea alba eine feste Verbindung ein (Fig. 74). Com d. Fac. _ == Art. er.-md. _ @GI.-phar. a .Facialıs. I Schl.h. sv. sp. Längsm. C3v. Hypogl. Fig. 73. Seitliche Ansicht der Kopf-Hals-Gegend von Alligator lueius. */3. Der Unterkiefer ist exartikulirt und entfernt. Die oberflächlichen, auf Fig. 71 dargestellten Muskel-Schichten sind abgetragen, dessgleichen die Kiefer-Muskeln. In der Uebertragung des Ursprunges vom Hyoid auf das Achsenskelet liegt eine Specialisirung eines Gliedes der Facialis-Gruppe von Alligator vor. Der hierdurch erzielte Vortheil ist einleuchtend. Der Muskel wird ein vorzüglicher Constrietor für den von ihm umgebenen Pharynx-Abschnitt sein können. Er darf als ein tiefer Sphincter colli bezeichnet werden: ihm können nach Ursprung und Insertion auch andere Bezeichnungen zugelegt werden. Für uns ist der Muskel die im Ursprunge wesentlich veränderte Schichte C,hv. Es fehlen nach meiner Ansicht vorderhand die Anhaltspunkte dafür, den Muskel für eine tiefe, abgespaltene Schichte von C,vd auszugeben. Unter den Schildkröten treten bei Chelonia tiefe, vertebrale Sphincter-Festhef- tungen auf, während sie bei Trionya, Emys, Testudo, Olemmys vermisst werden (vergl. Horrmann o.c. 8. SI). Es sollte wohl lohnend sein, der Frage nachzugehen, in- wieweit die tiefen, cervikalen Ursprungs-Portionen der Chelonier und Krokodilier engere Beziehungen besässen. 336 Grore Rus f1aa Die Kiefer-Bogen-Schichten sind gut entfaltet. Der dorsale Muskel besteht in höchster Einförmigkeit als Depressor mandibulae; er hat den Anschluss an andere Glieder der Facialis-Gruppe verloren. Der ventrale Muskel tritt wie bei Amphibien als eine intermandibulare, kräftige Platte auf, deren Bündel aus- schliesslich quer verlaufen. Er empfängt vom dritten 'Trigeminus-Aste seine Ner- ven. Dieselben durchbohren den Unterkiefer in ähnlicher Weise wie bei Amphi- bien. Der ventrale Kiefer-Bogen-Muskel zeigt neben diesen Uebereinstimmungen auch bedeutsame Abweichungen vom Am- phibien-Typus. 3. Cymd. (Figg. 73, 75.) Die Ur- sprungsfläche ist eine rein kraniale; sie liegt am Supra-occip., Occip. lat. und am Quadra- tum. Ursprungsbündel von der dorsalen Fascie, welche bei keiner anderen Form \ bisher vermisst worden sind, fehlen beim spin. L.m._——\\Ni do! er Alligator vollständig. Der massiv geformte m Muskel-Körper, bei der Seitenansicht von spin. Längsm.- ch.t, Hrypogl.—— Thyr. en nahezu quadratischer Gestalt, findet seine 2 Insertion an der dorsalen Fläche des postar- tikularen, kräftigen‘ Mandibular-Fortsatzes Gvh.___ (Fig. 75). Diese Fläche ist vollständig, und zwar hart bis zum Gelenke, durch den Muskel in Anspruch genommen, wohl auch als ein Produkt des Letzteren aufzufassen. ae Lateral bleibt zwischen Insertion von C,;,md und Ursprung von C,vd nur eine : schmale Fläche frei. Der Muskel quillt über den Unterkiefer caudalwärts hervor. Seine Bündel sind in oberflächlichen Lagen anders als in tiefen angeordnet (Fig. 75). spin. Längsm. Fig. 74. Ventrale Ansicht der Kopf-Hals-Gegend von Alligator Die Insertionsbündel des gewaltigen M. lweitis. 2/3. Nach Entfernung der oberflächlichen, auf Fig. 72 dargestellten Schichten pteryg. int. schliessen an der Medialfläche . 72 darg des Kiefers hart an C,md an (Fig. 76); an der Lateralseite bleiben beide Muskel-Insertionen von einander entfernt. C, md wird der Möglichkeit Vorschub leisten, die Beute gewohnheits gemäss hastig erschnappen zu helfen, indem der Kiefer beim ersten Akt der Bewegung kräftig nach abwärts geführt wird. Die ansehnlich entwickelten Facialis-Aeste entsprechen dem anatomischen Baue des Muskels. Die Tendenz zur einseitigen Ausbildung, welche C,md bei den Amphibien verräth, welche bei Hatteria und Varanus zu grösseren Fortschritten geführt hat, ist 145] UÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 337 bei Alligator zur Wirklichkeit ceworden. Von Skelet zu Skelet ziehend, dabei nur ein Gelenk passirend, ist dem Muskel das Gepräge vollständiger Einseitigkeit gegeben. Es wird schwer fallen, irgend welche Nebenwirkungen an dem Muskel noch auf- zudecken, und so steht C,md von Alligator am Ende einer vergleichend-anatomischen Reihe, deren Anfang bei Selachiern vorliegt. Von Zuständen, wie von denen bei Alligator, leitet kein Pfad zu den neuen, mannigfaltigen Bewegungs-Erscheinungen, welche im Gebiete C',md der Säugethiere Platz gegriffen haben. Die Ausbildung von Ü',md zum stattlichen Depressor mandibulae vollzieht sich, wie wir gesehen haben, bei Am- phibien und Reptilien. Durch diese Ausbildung wird verständlicher Weise auch das zum Unterkiefer ziehende, Auge. Cymd. Th. Trap. ventrale Rectus-System in seiner Auf- gabe, die Mund-Spalte eröffnen zu helfen, sehr wesentlich entlastet wer- den müssen. Diese spinale Muskula- tur gewinnt dadurch Freiheit bei den = Umwandlungs-Vorgängen, welche die Add.md. 8. Pteryg. ” Thym. fleischige Zunge aus jener spinalen # E Fig. 75. Matrix entstehen lassen. & 3 Laterale Ansicht der Kopf-Hals-Region von Alligator lueius. Die Ausgestaltung des Hypo- !/.. Die oberflächlichen Glieder des motorischen Faeialis- es UT ® £ : : Gebietes sind entfernt, um die Ausbreitung von Cadm her- glossus-Gebietes, welche bei Amphi- lassen bien anhebt, bei Reptilien grössere Fortschritte macht, scheint demnach Camd. Art.md. A.md. (yv, Schl.h. Com v. unter einer gewissen korrelativen Ab- | an, | | hängigkeit vom motorischen Facialis- | Gebiete sich vollzogen zu haben. SET? ne ‘ S SIEHTS 4. C;mv (Fig. 72). Die trans- TE I versalen Bündel der intermandibularen Platte beginnen etwa | cm hinter Pteryg.i. Gr. N.m.h. Nn.mue, ch.t, M. Kn. der Symphyse des Unterkiefers. Zwi- Fig. 76. schen Letzterem und dem vorderen Ansicht der medialen Fläche des mandibularen Alligator. 3];. Feet : Die Anheftungsstellen der Muskeln und die in den Kiefer Muskelrande treten Theile des spinalen eintretenden Nerven sind zur Darstellung gekommen. Rectus-Systemes zu Tage. Die Quer- Bündel nehmen in caudaler Flucht an Mächtigkeit zu und bilden in einer Ausdehnung von 6 cm einen einheitlichen, intermandibularen Muskel. Demselben reiht sich aboral ein 2 cm breiter Abschnitt an, welcher von dem Partner durch eine mediane Sehnen- Naht getrennt ist und dadurch eine bilaterale Anlage verräth. Die aboralen Bündel entstehen von der medianen Sehnenplatte, welche auch für O,vd Anheftungen dar- geboten hat; sie sind scharf begrenzt und bedecken einen kleinen, oralen Abschnitt von ©,hv, welcher rechts auf Fig. 72 (linke Körperseite), als in tiefer Lage befindlich, eingezeichnet ist. Festschrift für Gegenbaur. III. 45 338 GEORG Rue [146 Die Anheftung geschieht beiderseits an der Innenfläche des Unterkiefers (Fig. 76). Vorn bedeckt die Schleimhaut des Mund-Höhlen-Bodens die Insertionsbündel, weiter hinten schiebt sich zwischen diese und die Schleimhaut die Insertionsportion eines Gliedes der Hypoglossus-, also der spinalen Muskel-Gruppe ein. Die Insertions- linie macht an ihrem aboralen Ende gegen den Unterrand der Mandibula zu eine ventralwärts gerichtete Biegung. Hier sind die aboralen Grenzbündel von O,mv an- gcheftet, welche den oralen von Cyvd wohl benachbart, aber von ihnen dennoch deutlich abgesetzt sind (Fig. 72). Einige, aberrante Bündel schlagen einen oberfläch- lichen Verlauf ein und heften sich gemeinsam mit einem Gliede der Glosso-pharyngeus- Gruppe am Unterkiefer fest (Figg. 72, 76), von welchem vorwärts gerichtete Bündel- Züge auch zur Haut-Drüse der Regio intermandibul. gelangen. C,mv von Alligator stimmt bezüglich der Insertion und Anordnung mit dem typischen Muskel der Amphibien darin überein, dass er Abschnitte von Cyhv überlagert. Fundamentale Verschiedenheiten zwischen Menobranchus und Alligator bestehen bezüglich jener Punkte insofern, als die mediane Zwischensehne beim Letzteren grösstentheils verschwunden ist. Im Vergleiche mit Formen wie Menopoma, Cryptobr., Rana etc. tritt die Differenz im Fehlen eines selbstständigen vorderen, retromentalen Muskels bei Alligator hervor, worin dieser mit Hatteria und Varanus zusammentrifft. Was O,mo von Alligator aber vor allen anderen Formen auszeichnet, ist die Schichten-Bildung desselben. Sie wird durch den Verlauf des ihm zugehörigen Nerven (N. m. h.) (Fig. 72 links) erkennbar. Der Nervenast zieht längs des Unterkiefers zwischen beiden Lagen des Muskels vorwärts. Einige, aborale Randbündel von C,mv sind von dieser Spaltung ausgeschlossen. Da der Nerv (N. m. h.) bei Amphibien an der ventralen Oberfläche von O,hv sich verbreitet, so ist der Befund bei Alligator durch die Annahme der Neubildung einer ventralen Bündel-Lage erklärbar. Diese Schichten-Bildung im Gebiete von C,mv ist vielleicht nicht ohne Bedeutung für die Beurtheilung der Vorgänge bei Mammaliern. Die Lagerung des Nerven wird Aufschluss darüber zu geben haben, welche Muskel-Lagen die neu hinzugekommenen seien. Die Lage des Nerven wird aber auch zur schärferen Ausbildung der ihn ein- schliessenden Schichten beitragen können. Motorische Aeste des.N. facialis. Nach dem Verlassen des knöchernen Schädels zerfällt der Facialis in zwei Aeste. Der eine Ast senkt sich sofort, mehrfach getheilt, in den Depressor mandi- bulae ein; er verbleibt im Dorsalgebiete (Fig. 73). Der andere, schlankere Ast zieht an der Medialfläche des M. pteryg int. ventralwärts, gelangt zwischen C,vd und C,hv, um beide Muskeln mit Zweigen zu versehen. Die auf der Aussenfläche von C,hv sich verbreitenden Nerven bilden im caudalen Verlaufe Schlingen. Ein Zweig überschreitet den aboralen Muskel-Rand und endigt, wie ich glaube annehmen zu 147] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 339 dürfen, im aboralen Abschnitte von Cyvd (Figg. 72, 73, 74). Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass dieser Nerven-Ast dem Facialis aus dem Glosso-pharyngeus zurückgeführt sei. Stattliche, ventral vor- und caudalwärts ziehende Nerven sowie ein dorsalwärts gerichteter, schlanker Nerv senken sich in C',yed ein. Dieselben sind auch links auf der Figur 72 zur Darstellung gelangt. Der Nerv für den intermandibularen Muskel C,mv ist ein Ast des Ram. III n. trigemini. Er betritt gemeinsam mit sensibelen Aesten den Unterkiefer, vor der Insertion des Pterygoideus internus und hinter einer Portion des Kau-Muskels, welcher die Höhlung im Unterkiefer ausfüllt (Fig. 72). Der Nerv (N. m. h.) sowie das zu ihm gehörige Endgebiet entsprechen den gleichbezeichneten Bildungen bei Amphibien. Beide müssen daher dem Facialis-Gebiete zugezählt werden. Da keine derartigen Anastomosen zwischen Trigeminus und Facialis auch im Verlaufe durch den Schädel vorliegen, welche auf einen peripher erfolgten Anschluss des Nerven N. m. h. an den Trigeminus hindeuten, so muss auch hier eine intrakraniale Ver- schmelzung beider Nerven angenommen werden. Durch den sicheren Nachweis der verschiedenartig verlaufenden Nerven für C,hv und O,mv bei Alligator wird die Annahme erhärtet, dass auch bei denjenigen Reptilien, bei welchen nur eine Muskel-Platte besteht (Hatteria), dieselbe durch die Verschmelzung von C;vd und C;mv zu Stande gekommen ist. Die Annahme muss jedoch durch den positiven Nachweis ersetzt werden. IV, Mammalia. Das motorische Facialis-Gebiet der Säugethiere ist in seiner reichen Glieder- ung ziemlich gut bekannt. Die vergleichend-anatomische, strengere Beurtheilung desselben ist bisher nur selten unternommen worden und wohl immer missglückt. Eine festere Basis gewinnen wir durch die vorhergehenden Auseinandersetzungen. Die Homologieen können aber jetzt noch nicht endgiltig festgestellt werden. Die Kluft zwischen der verhältnissmässig geringfügigen Sonderung im Facialis-Gebiete der Am- phibien und Reptilien einerseits und der hochgradigen Ausbildung bei den Säuge- thieren andererseits ist eine zu grosse, als dass alle Schwierigkeiten beseitigt werden können. Auf manche Fragen indessen kann, wie ich glaube, eine befriedigende Antwort gegeben werden. In eine specielle Erörterung der Facialis-Muskulatur der Säugethiere wird hier nicht eingegangen werden. Letztere, in ihrer allgemeinen Anordnung als bekannt vorausgesetzt, ist in ihrer phylogenetischen Beziehung zu den Einrichtungen der Anamnia und der Reptilien zu behandeln. Da es möglich ist, alle Glieder des be- sagten Gebietes, welche bei Fischen, Amphibien und Reptilien auftreten, wieder nam- haft zu machen, so können die einzelnen Muskel-Schichten auch hier der Reihe nach besprochen werden. a3* 340 GEoRG Ruce [148 Die Ableitung der sogenannten „‚Gesichts-Muskulatur“ hat bisher die grösste Schwierigkeit verursacht. Durch die bei Monotremen bekannt gewordenen Ein- richtungen sind wir in einigen Punkten weiter gekommen. 1. Cyvd. Die von der dorso-lateralen Körper-Fläche zur ventralen Mittellinie durchlaufenden Bündel-Lagen werden in einem sehr ursprünglichen Verhalten bei Ornithorhynchus angetroffen. Sie bilden hier einen Sphincter colli, welcher, aus- schliesslich aus quer verlaufenden Bündeln bestehend, von der dorsalen, oberfläch- lichen Fascie ausgeht und in der ventralen Medianlinie einen sehr lebhaften Austausch der beiderseitigen Elemente zu Stande kommen lässt. Der Sphincter colli überschreitet nach vorn den Mund-Winkel nicht. In diesem Punkte liegt ein enger Anschluss an die Zustände der Amphibien und Reptilien vor. Die Durchwachsung der beiderseitigen Muskel-Bündel in der ventralen Median- linie tritt uns bei Ornithorhynchus nicht zum ersten Male entgegen. Sie war auch bei Alligator wahrnehmbar. Bei Echidna hat sich ebenfalls eine sehr einfache Anordnung von C,vd in einem wohlentfalteten Sphincter colli erhalten. Das Ursprüngliche erscheint in der Festheftung an der dorsalen, oberflächlichen Fascie, ferner in der queren Bündel-An- ordnung. In drei wichtigen Punkten sind die Fortschritte zu verzeichnen, welche O,vd von Echidna gegenüber Ornithorhynchus und allen niederen Formen gemacht hat. Erstens findet eine sehr intensive Bündel-Durchkreuzung in der ventralen Mittellinie statt. Die betreffenden, aboralen Elemente haben ihren queren Verlauf mit einem schrägen, caudalwärts gerichteten eingetauscht. Zweitens hat sich ein primitiver M. buceina- torius von C,v»d abgegliedert. Derselbe dehnt sich vorwärts bis zur Begrenzung der engen Mund-Spalte aus. Der Buccinatorius bildet ein sehr bedeutungsvolles Glied in der Gesichts-Muskulatur aller Säugethiere, welches bei Echidna zum ersten Male auftritt, um bei höheren Formen nicht mehr zu verschwinden. Der Säugethier- Charakter von C,dv ist also durch den Buccinator ausgesprochen. Drittens haben sich bei Echidna tiefe Bündel-Lagen von C,dv abgeschieden, welche durch Anheftung an die Ohr-Muschel ausgezeichnet sind. Diese tiefen, auri- kularen Sphincter-Bündel tragen zur Eröffnung des äusseren Gehör-Ganges bei. Auch diese, bei Echidna zum ersten Male auftretend, bleiben ein integrirender Bestandtheil der „„Gesichts-Muskulatur‘ bei Säugethieren. Die ursprünglich dorso-ventralwärts durchlaufende Bündel-Lage C,d»v hat also den primitiven Charakter bei Echidna verloren, indem sie die Anlage zu specifischen Gesichts-Muskeln abgegeben hat. Eine genaue Darstellung der hier in Betracht kommenden Muskeln der Mono- tremen ist in Semon’s „„Zoologischen Forschungsreisen in Australien und dem malayi- schen Archipel“ gegeben '). 1) G. Rue. Die Haut-Muskulatur der Monotremen und ihre Beziehungen zu den Marsupial- und Mammar- apparaten. Jena 1895. 149] UEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 341 Da durch frühere Untersuchungen das Schicksal des Sphincter colli bei höheren Mammaliern klargelegt worden ist, so kann nunmehr ziemlich genau angegeben werden, welchen Weg der Sonderung C,dv von den Selachiern bis zu den Primaten durchlaufen hat. Wir werden einen M. nasalis, einen M. caninus, einen M. bucco- labialis, einen Triangularis oris, einen Risorius Santorini des Menschen von der Schichte C©,dv der Fische abzuleiten, uns berechtigt fühlen dürfen. Ich sehe keine Lücke in diesem vergleichend-anatomischen Ergebnisse, welches durch entwicke- lungsgeschichtliche Untersuchungen wohl hier und dort befestigt oder erweitert werden kann. Aber ebenso wenig, wie die Ontogonie zur Erkenntniss dieses grossen Entwickelungs-Ganges etwas hat beitragen können, wird ihr die Berech- tigung zugesprochen werden dürfen, etwa auf Grund negativer Instanzen Einspruch gegen das vergleichend-anatomische Resultat zu erheben. Die Grenzen, welche der entwickelungsgeschichtlichen Erkenntniss gesetzt sind, erweisen sich auf unserem Gebiete als engere, als sie für die vergleichend-anatomische Forschung bestehen. Die tiefe, am Zungenbein-Bogen festsitzende Muskelschichte C,A ist bei den Säugethieren zum Theil deutlich nachweisbar. Es erscheint mir fraglos, dass 2. C,hd bei den Säugethieren im Muse. stapedius sich erhalten habe. Dieser entsteht am Cranium und befestigt sich am Steigbügel, einem Produkte des Dorsal- stückes des Zungenbein-Bogens. Es soll vorderhand nicht als völlig ausgeschlossen gelten, dass der M. stylo- hyoideus ebenfalls als ein Derivat von C,hd aufzufassen sei. Der Muskel müsste allerdings bei dieser Annahme gleichzeitig mit dem Verwachsen des Proc. stylo- hyoideus mit dem Temporale seinen Ursprung vom Schädel auf jenen Fortsatz verlegt haben. Die Insertion spricht nicht direkt gegen die Deutung des Muskels als eines Theiles von C,Ad. Es ist für mich indessen in hohem Grade wahrscheinlich, dass der M. stylo-hyoideus mit einem C,Av in Parallele gestellt werden müsse. Eine andere, ventrale Portion, welche mit der ursprünglichen Zungenbein- Bogenschichte, C,hv der Fische, vergleichbar wäre, ist bei Säugethieren höherer Ordnung nämlich nicht mehr anzuführen. Sie könnte allerdings unter Ausbildung von C,vd zum mächtigen Sphincter colli zu Grunde gegangen sein. Andererseits besteht, und das ist vielleicht von ausschlaggebender Bedeu- tung, bei den Monotremen ein von der ventralen Medianlinie quer nach aussen ziehender Muskel, welcher bei Echidna am 'Temporale in der Nähe einer Pars sty- loides und der knorpeligen Ohr-Muschel festgeheftet ist. Die Innervation durch den N. facialis bringt diesen Muskel in die hier behandelte Gruppe; die Anordnung lässt ihn uns als Homologen von C,hv beurtheilen. Es sind in unserer Vorstellung keine sehr grossen Umgestaltungen anzunehmen, die Anheftungspunkte des queren, ven- tralen Muskels der Monotremen aus der Medianlinie bis in die Gegend der Zungen- bein-Hörner zu verlegen, wie sie etwa beim Menschen angetroffen wird. 3. C,hv besteht aber bei den Monotremen in einer sehr ursprünglichen An- ordnung, und zwar sowohl bei Ornithorhynchus (O. c. 1595 Fig. 36) als auch bei 342 GEorG Rue [150 Echidna (DO. c. Fig. 38). Dass der ventrale, transversale Muskel dieser Formen mit dem Stylo-hyoideus höherer Ordnungen übereinstimmt, soll hier nicht näher ausein- ander gesetzt werden. Die Wahrscheilichkeit einer solchen Annahme drängt sich uns auf, wenn wir die Festheftung der betreffenden Muskel an den mit dem Tem- porale verbundenen Zungenbein-Bogentheilen in Betracht ziehen. Dass der M. sta- pedius im Vergleiche mit C,Ad der Fische eine Rolle spielt, welche der M. stylo- hyoideus der Monotremen im Vergleiche mit der Schichte CA» übernimmt, erscheint mir als ein Ergebniss von Bedeutung. 4. Cymd. Die Vergleichung dieser Schichte niederer Wirbelthiere mit den Derivaten bei Säugethieren stösst auf Schwierigkeiten, die in unserer geringfügigen Kenntniss der Verhältnisse der Vorfahren der Säugethiere wurzeln. Die Schwierig- keiten werden ausserdem dadurch erhöht, dass in dem Gebiet C,md sehr eingreifende Umgestaltungen bei den Promammalia Platz gegriffen haben müssen. Aus C,md der Fische sind bei den Säugethieren nach meiner Meinung der hintere Bauch des M. biventer und die sogenannte Platysma-Gruppe entstanden. Diese Ansicht erfordert ihre Begründung, welche wir für beide Bildungen gesondert behandeln müssen. a. Der hintere Bauch des Biventer maxillae zeichnet sich durch seinen Ursprung vom Schädel aus. Diese Eigenschaft lässt den Säugethier-Muskel in Parallele mit dem M. depressor mandibulae bringen, welcher bei Protopterus, Amphibien und Reptilien aus C,md der Selachier hervorgegangen ist. Der Uebergang der End- sehnen des hinteren Biventer-Bauches in den vom N. mylo-hyoideus innervirten, vorderen Biventer-Bauch ist in jeder Beziehung als eine Sekundär-Erscheinung gekennzeichnet. Beide Muskeln haben, was durch zahlreiche und ausgezeichnete Untersuchungen zum Theil klar gelegt ist, allmählich einen innigen Verband empfangen. Dieser hat sich nur unter Umgestaltungen in der Mylo-hyoideus-Gruppe einstellen können, und zwar unter der Umordnung der ursprünglich transversal geordneten Bündel der oberflächlichen Schichte des intermandibularen Muskels in ein allmählich längs verlaufendes Gebilde, dessen Sehne in der Nähe des Zungen-Beines mit der- jenigen von C,md eine Vereinigung hat finden können. Die Beziehungen der bei Säugethieren aus dem Depressor mandibulae der Reptilien und Amphibien hervorgegangenen Muskel-Lage C,;md zum Zungen-Beine sind lockerer Art. Dies geht aus den vielfachen Zuständen, welche auch die menschliche Anatomie zu Tage gefördert hat, hervor. Es könnte schwierig sein, zu begreifen, aus welchen Gründen Cymd die bedeutsamen Beziehungen zur Mandibula bei den Säugethieren verloren hätte, wenn nicht gerade mit diesem Wechsel auch die Umformungen zusammenfielen, durch welche das Quadratum und das Angulare des ersten Schlund-Bogens in den Bereich des Gehör-Apparates gebracht worden wären. Mit der Neubildung des Kiefer-Gelenkes bei den Säugethieren, bedingt durch die Verlagerung des primitiven Kiefer-Gelenkes in die Paukenhöhle, fällt der Wechsel der Insertion von C,md zusammen. Ein Funktions-Wechsel am Muskel hat sich indessen in dem gleichen Grade nicht vollzogen. 151] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTHIEREN. 343 C,md bewahrte die Möglichkeit der Eröffnung der Mund-Spalte, indem er sich mit der gleichzeitig veränderten, oberflächlichen Mylo-hyoideus-Schichte zum zweibäuchigen Unterkiefer-Muskel verband. Nach vielfachen Versuchen erst, welche die vergleichende Anatomie kennen lehrt, ist ein zweibäuchiger Unterkiefer-Muskel in der Säugethier-Reihe zur Ausbildung gekommen. b. Die Platysma-Gruppe zeichnet die Kopf-Muskulatur der Säugethiere aus. Sie leitet sich von C,md der Fische, Amphibien und Reptilien her. Der Thatbestand, welcher die Anordnung von C,md bei Varanus auszeichnet, wird auf den in Betracht kommenden Zustand bei den Monotremen beziehbar. Eine Schichten-Bildung lässt bei Varanus einen tiefen Muskel unterscheiden, welcher auf den Figuren 65—67 als C,md (pr.) dargestellt und durch die Anheftung in der Nähe des Kiefer-Gelenkes gekennzeichnet ist. Diese tiefe Schichte entsteht am Cranium hinter dem Trommelfelle und wird durch die genannten Eigenschaften mit dem hinteren Bauche des Biventer maxillae der Säugethiere vergleichbar. Eine oberflächliche Platte entsteht bei Varanus mit aboralen Ursprüngen von der dorsalen Körper-Fascie. Die Anheftung am Unterkiefer erfolgt mittelst einer langen, kräftigen Sehne weit vorn, wie die Figuren 63—70 uns gezeigt haben, auf denen die oberflächliche Schichte als C;md (superf.) unterscheidbar ist. Der Muskel ist lang gestreckt und trägt bei Varanus fraglos zu der bedeutsamen Wirkung als Depressor mandibulae bei. Bei Monotremen stimmt die Anordnung des dorsalen Platysma in allen wesentlichen Eigenschaften mit C,md (superf.) von Varanus überein. Es handelt sich auch um eine Muskel-Lage, welche am Kiefer-Apparate befestigt ist, um von hier in caudaler Richtung oberflächlich auszustrahlen und an der dorsalen Körper-Fascie sowie an dem Integumente sich zu inseriren. Die vielfachen Textfiguren in den Untersuchungen über die Haut-Muskulatur der Monotremen lassen jene überein- stimmende Anordnung hervortreten. Alle wesentlichen Unterschiede zwischen C,md (superf.) von Varanus und der Platysma-Gruppe der Monotremen sind zugleich zu fundamentalen Eigenschaften für alle Säugethiere geworden. Der oberflächliche Abschnitt Oymd ist zu einer Platysma- Gruppe bei den Säugethieren dadurch geworden, dass die Lagerung nicht wie bei Varanus auf die Gegend hinter dem Trommelfelle beschränkt geblieben ist. Die Muskel-Schichte hat sich in ausgedehnter Weise vor die Ohr-Muschel bis zum Auge und selbst vor dem Auge bis zur Stirn ausgedehnt. Dieser neue Erwerb hat namentlich bei Echidna sich vollzogen, indessen der Säugethier-Charakter bei Ornithorhynchus durch Rückbildungen und Umbildungen in dem betreffenden Gebiete nicht so scharf zum Ausdrucke kommt. Da die Homologieen der Säugethier-Muskeln hier nur in grossen Zügen fest- zustellen sind, so muss auch von Betrachtungen abgesehen werden, zu welchen die Verwerthung des auf diesem Gebiete uns bekannt Gewordenen führt. 5. C,mv ist bei den Säugethieren wie bei allen niederen Wirbelthier-Abthei- lungen eine intermandibulare Muskel-Lage. Die Innervation stimmt mit derjenigen 344 GEoRG Rue [152 bei Amphibien und Reptilien überein. Die Einschichtigkeit ist durchgehends durch eine Sonderung in mehrere Lagen ersetzt worden. Der vordere Bauch eines Biventer maxillae und ein Musculus mylo-hyoideus sind die Produkte des einfachen C,mv der Selachier. Die Sonderung in eine oberflächliche und in eine tiefere Muskel-Platte trat versuchsweise schon bei Reptilien auf (Alligator). . Genauere Kenntniss der Anatomie des Kopfes dieser Thiere wird fraglos weiteren Aufschluss bringen. Die oberflächliche Schichte errang, indem sie ihre ursprüngliche, transversale Bündel-Anordnung mit einem Längsverlaufe vertauschte, Beziehungen zum primitiven Depressor mandibulae, C',md. Im Zustandekommen eines Biventer max. spricht sich wohl das höchst erreichte Differenzirungs-Vermögen der betreffenden Gliedstücke des ursprünglichen Facialis-Gebietes aus. Die tiefere Schichte des Muskels C,mv» hat durch neu erworbene Anheftungen am Zungen-Beine bei Mammaliern den Charakter eines Mylo-hyoideus sich erworben, welcher Name auch der oberflächlichen Lage oftmals mit vollem Rechte zukommt. Aus Utilitätsgründen dürften die bei Säugethieren aus C,mv der Fische ableitbaren Gebilde als Mylo-hyoideus-Gruppe bezeichnet werden. Der Nerv gleichen Namens, dem Ram. III des 'Trigeminus angeschlossen, beherrscht diese Gruppe. Aeussere Gründe veranlassten mich, auf eine specielle, vergleichend-anatomische Behandlung der Säugethier-Zustände nicht einzugehen, ebenso eine nähere Erörterung des sensibelen Gebietes des N. facialis ausser Acht zu lassen. Diesen Blättern werden daher Nachträge folgen, welchen einige ausführlichere Darstellungen bestimmter Fragen sich ausschliessen werden. Bei dieser Gelegenheit wird der litterarischen Errungenschaften gedacht werden, welche, in ihrem vollen Zusammenhange benützt, schöne Belegstücke zu den hier vertretenen Resultaten liefern. 155] UÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELTUIEREN. 34 Erklärungen der für die Textfiguren giltigen Bezeichnungen. 1. Skelet. Am Cranium. Cr. Cranium. Aug.st. Augenstiel. p.orb. F. Postorbitalfortsatz. Cr.x. Vom Cranium abgesprengtes Knorpelstück. Infraorb. Ossa intraorbitalıa. Am Visceralskelete. L. Prämaxillar-Knorpel. L,. Maxillar-Knorpel. Zs. Prämandibular-Knorpel. L;u.4. Die bei Protopterus am Unterkiefer festsitzenden Knorpel-Stäbe. P.-Q. Palato-Quadratum. Quadr. Quadratum. Mand. (Md.) Mandibula. M.K. Mecker's Knorpel. For.m.h. Foramen mylo-hyoideum, für den gleichnamigen Nerven bestimmt. Can.ly. Lymph-Kanal, welcher den Unterkiefer bei Ceratodus durchsetzt. Proc. ang. Caudalwärts gerichteter Fortsatz des Unterkiefers bei Alligator lucius. Hy-Md. Hyo-Mandibulare, dorsales Stück. Hy Ventrales Stück des Zungenbein-Bogens. Rpl | d dorsale P= ) v ventrale Op. Opereulum, Subop. Suboperculum. Art.er.md. Gelenk zwischen Mandibula und Schädel. Art.er.-pa. Gelenk zwischen dem Gaumen-Stücke des Palato-Quadratum und dem Cranium. Art. er.-q. Gelenk zwischen dem Quadratum und dem Cranium. Radien-Platte des Zungenbein-Bogens. Ligamentöse Bildungen. Lig. hy.-md.(mx.) Band zwischen Kiefer und Zungenbein-Bogen. Lig.hyo-opere. Band zwischen dem Operculum und Zungenbein-Bogen. Lig.subop.-md. Band-Apparat zwischen Suboperculum und Unterkiefer. Lig.i.op. Band-Apparat zwischen den Operkular-Stücken. Lig. orb.-q. Band-Apparat zwischen Quadratum und Orbital-Region. Lig.qua.-lab. Band-Apparat zwischen Quadratum und Oberlippe.* Memb.hy-subop. Bindegewebsmembran in der Kiemen-Deckel-Falte zwischen Hyoid und Subopereulum, Membr.opere. Bindegewebsmembran in der Operkular-Falte, vom Opereulum ausgehend. 2. Muskulatur. C, Abschnitt des Constrietor superfie., von Trigeminus innervirt. 2 Er » 35 „ „ Faeialis " 6 a R 2 "3 > E F » „ Glosso-pharyngeus innervirt. C4-7 „ Vagus innervirt. D „ ”„ „ ”„ Cı—v(d) Ventraler (dorsaler) Abschnitt der Vorigen. C, dv Dorso-ventralwärts durchlaufende Bündel des Facialis-Gebietes. C;h(v,d) Ventrale, dorsale, am Zungenbein-Bogen festgeheftete Schichte. Cam(v,d) Ventrale, dorsale, am Kiefer-Bogen festgeheftete Schichte. Cahd(pr.) Tiefe Lage der dorsalen Zungenbein-Bogen-Schichte. ymd(supf.,med..pr.) Oberflächliche, mittlere und tiefe Lage der dorsalen Kiefer-Bogen-Schichte. Camd(hy Am Zungenbein-Bogen festsitzende Portion der dorsalen Kiefer-Bogen-Schichte. Camd(er) Am Cranium entstehende Portion der dorsalen Kiefer-Bogen-Schichte. Camv(a.p.) Vorderer und hinterer Abschnitt der ventralen ” " ö Ins. cut. Haut-Insertion der Schichte Cyvd (Fig. 71). Add. md. Adductor mandibulae. P.spir. Die von der Wandung des Spritzloch-Kanales entstehende Portion des Vorigen. Lev. max. Levator maxillae. Add.s. Levator labii superioris (Lev. ]. s.) Festschrift für Gegenbaur. II. 44 346 GeoRrG RusceE [154 M.temp. Musculus temporalis. Tendo. Kräftige Ursprungs-Sehne im M. temporalis. Pter.i. Musculus pterygoideus internus. Lev.p.nict. Levator palpebrae nictitantis. Retr. p.s. Retractor palpebrae superioris. M.cr.-op. Muskel zwischen Schädel und Operculum. M.cr.-s.0p. „ a3 = r Ar MM. i.op. ” Si Opereulum und Subopereulum. M.s.op. Muskel ventral vom Subopereulum. Lev.arc. bra. JLevatores arcuum branchialium. Trap. M. trapezius. Trap.-Syst. Die Muskelgruppe, deren aborales Glied den M. trapezius darstellt. S.R.M. Seiten-Rumpf-Muskulatur. V. Rumpfm. Ventrale Rumpf-Muskulatur. spin. Längsm. Die, von spinalen Nerven versorgten, ventralen Längsmuskeln der Visceralregion. hor.Zw. Horizontal verlaufende Sehne in der Muskel-Schiehte (5 vd. Cor.-hy.-md. Die vom Schultergürtel zum Zungenbein- und zum Kiefer-Bogen ziehenden, spinalen Längsmuskeln. 3. Nerven. Trig. N. trigeminus. Trig. III. R. tertius n. trigemini. Fac. N. facialis. @l.-ph. N. glosso-pharyngeus. Vag. N. vagus. R.dors. Ramus dorsalis n. vagi. R.lat. ” lateralis n. vagi. R.trap. Zweig zum M. trapezius. Rr.branch. Die zu den Kiemen-Bogen ziehenden Zweige des N. vagus. R.card. Der zum Herzen ziehende Vagus-Ast. Hypogl. N. hypoglossus. R.c.md.(trig., face.) Hautast des Trig., resp. des Facialis zur Unterkiefer-Gegend. R.c.md.-ment.(fae.) Hautast des Facialis zur Unterkiefer- und Kinn-Gegend. R. ec. max ( face.) = n 5 „ Gegend des Oberkiefers. Rr.mx.-md.(fac.,trig.) „ Facialis, Trigem. zur Ober- und Unterkiefer-Gegend. Rr. e. bucco-mx.-md.-ment. Hautäste zur Gegend der Wange, des Ober- und Unterkiefers und des Kinnes. ‚R.hy-md. Der zum Unterkiefer und zum Zungenbein-Bogen ziehende Truneus hyoideo-mandibularis des N. facialis. R. pal.(fae.) Der zur Schleimhaut der Gaumen-Gegend gelangende Facialis-Ast. ch.t.(fae.) Der zur Schleimhaut der Gegend des Zungenbein-Bogens gelangende Facialis-Ast. R.op.d. Der im Kiemen-Deckel dorsal verbreitete Facialis-Ast. N. m.h. N. mylo-hyoideus, welcher vom Ram. III. n. trigemini sich loslöst, die Mand. durchsetzt, die Schichte Cam v innervirt und die Haut auf diesem versieht. R. comm.i. V et VIT. Anastomose zwischen Trigeminus und Faeialis. Nn.e.sp. Hautäste spinaler Nerven. N. mue. Schleimhaut-Aeste. 4. Verschiedenartige Körpertheile. Na. Nasengrube. Orb. Augenhöhle. Sp. Spritzloch. Kiemsp. Kiemen-Spalten. K. D. Kiemen-Deckel. Membr.ty. Trommelfell. vs a | doranle ' Aponeurose, welehe der Facialis-Muskulatur zur Anheftung dient. Ap.v.\ ventrale Thy Glandula thymus. Thy. L. Grube, welche nach der Entfernung der Thymus entstand. Schl.K. Schleim-Kanal. Schl.h. Schleimhaut der Mundhöhle. A. Gefässe am Halse. 155] ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FAGIALIS BEI WIRBELTHIEREN. Einleitung A. Anordnung und Verzweigung des Nervus facialis der Selachier als Grundlage Inhalt, für diejenigen der höheren Formen . a) Facialis als Schlundbogen-Nerv . b) Verästelung des Facialis . 2.9 Fk Ram. palatinus . Ram. Ram. posterior anterior c) Anastomose des Facialis mit den benachbarten Gehirn-Nerven . Verbindungen mit dem Glosso-pharyngeus . He . Anastomosen zwischen Aesten des Facialis und ee d) Segmentation des Facialis B. Motorisches Endgebiet des Facialis I. Fische. a) Selachier 1. 4. d. 6. Squali rer. . Der primitive Zen der ventro-dorsalen Schichte zwischen erster Kiemen- -Spalte und Kiefer-Gelenke (Cyvd) Dorsalabschnitt der zum Zungenbein-Bogen ziehenden Schichte (Chhd) . Ventral- ireonath der zum Zungenbein-Bogen ziehenden Schichte (0, Av) Ä Daher Yo Dorsaltheil der zum Keefer Bogen Hiehonden Schicht (Camd) Ventrale Kiefer-Bogen-Schichte Motorische Aeste des Facialis 2. Rajae b) Holocephali c) Ganoidei . d) Dipnoi 1. Ceratodus Forsteri 2. Brotoptenus anmectens 2»: a... e) Teleostei. 347 Seite 15 (6) 200 (8) 200 (8) 205 (18) 205 (13) 207 (15) 208 (16) 212 (20) 2 (20) 2 (21) 214 (22) 216 (24) ad (25) N ) 224 (32) 228 (36) 232 (40) 234 (42) 236 (44) 242 (50) 246 (54) 250 (58) 254 (62) 256 (64) 257 (65) 271 (79) 281 (89) 348 GeorG Rüge, ÜEBER DAS PERIPHERISCHE GEBIET DES NERVUS FACIALIS BEI WIRBELIMIEREN. |156 Il. Amphibia. a) Urodela 1. Perennibranchiata . Menobranchus lateralis — 2. Cadueibranchiata . Derotremata . 1. Menopoma alleghaniensis . 2. Oryptobranchus japonicus . 3. Amphiuma tridactylum . 3. Gymnophionen 4. Salamandrina . 5. Anuren Ill. Reptilia. a) Cheloni . D)ESaUrIr Eee 1. Rhynchocephala. 2. Varanidae . 3. Orocodilni. IV. Mammalia. Erklärung der Figuren-Bezeichnungen UEBER DIE nPINO-OGGIPITALEN NERVEN DER SELAGHIER UND HOLOGEPHALEN UND IHRE VERGLEICHENDE MORPHOLOGIE DR, MAX FÜRBRINGER 0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE UND DIREKTOR DER ANATOMISCHEN ANSTALT MIT TAFEL I— VIII, Festschrift für Gegenbanur. Ill. 45 % NA IC, BO lie er Srannıus hat bekanntlich in seinen Untersuchungen über das peripherische Nervensystem der Fische (1549) Nervenwurzeln bei den Selachiern beschrieben, welche in der Nachbarschaft des N. vagus, ventral von ihm, von der Medulla abgehen, sich hinsichtlich ihrer Ursprungsverhältnisse ganz wie ventrale Wurzeln verhalten und in gesonderten, ventral resp. ventro-caudal von der Vagusöffnung gelegenen Kanälchen die Oceipitalregion des Schädels durchziehen. Die Kenntniss dieser danach mehr vernachlässigten Nerven gewann neue Fort- schritte in GEGENnBAUrR's klassischer Abhandlung über die Kopfnerven von Hewanchus (1571) und in seinem fundamentalen Werke über das Kopfskelet der Selachier (1872). GEGENBAUR hat hier nicht nur durch ausgedehnte Untersuchungen unser thatsäch- liches Wissen über dieselben erheblich vermehrt, sondern auch durch die vertiefte Fragestellung nach ihrer morphologischen Bedeutung sehr wesentlich zur Erkenntniss derselben beigetragen. Wiederholt, namentlich aber in seiner Abhandlung über die Metamerie des Kopfes und die Wirbeltheorie des Kopfskeletes (1887), ist er seitdem auf diese Nerven zurückgekommen. Diese Abhandlung enthält nicht nur die kritische Zusammenstellung und Beleuchtung dessen, was die vergleichende Anatomie und die Ontogenie zu Tage gefördert, sondern auch ein reiches Programm für zukünftige Arbeiten. An seine Veröffentlichungen hat sich eine reiche, bis in unsere Tage fort- geführte Litteratur angeschlossen; anatomische und embryologische Forschungen haben sich die Hände gereicht und haben uns ein Material gewonnen, welches der weiteren Deutung als Grundlage dienen konnte. Namentlich zwischen zwei Alternativen hatte die Auffassung dieser Nerven zu wählen: gehören sie zum N. vagus, dessen ventrale Wurzeln darstellend, oder sind sie ihm fremde Elemente? Und damit verband sich die weitere Frage hinsicht- lich ihrer Relationen zu dem N. hypoglossus der höheren Wirbelthiere. Mehr und mehr wurde ihre spinale Natur und damit ihre Homologie oder Homodynamie zu dem Hypoglossus erkannt, und dieser Erkenntniss ist auch durch eine entsprechende Nomenklatur Rechnung getragen worden; u. A habe ich sie in einer kleinen Ab- handlung (1895) als spino-occipitale Nerven bezeichnet, womit der Titel der vor- liegenden Untersuchung erklärt sei. 45* 352 Max FÜRBRINGER [a Sind auch die Grundzüge unseres Wissens über diese Nerven gesichert, ist auch ihre vergleichend-anatomische Bedeutung namentlich durch GeEGEnBAuUR’s Ab- handlung aus dem Jahre 1587 festgestellt, kann damit die Frage nach ihrem Wesen keine höhere Bedeutung mehr beanspruchen, so bestehen doch noch genug Lücken und Streitfragen über dieselben, — ganz abgesehen davon, dass immer noch eine Anzahl Autoren, auf Grund ontogenetischer Untersuchungen, die nähere Verwandtschaft zu dem N. vagus resp. vago-accessorius festhält. Weiterhin sind es aber gerade diese Nerven, welche zufolge ihrer Lage an der Grenze von Schädel und Wirbelsäule, von Gehirn und Rückenmark, zufolge ihrer intimen Beziehungen zu den Spinalnerven, zu Folge der Assimilationsvorgänge, welche in dieser Körperregion beobachtet werden konnten, und zu Folge der sich gerade hier in der Reihe der Wirbelthiere vollziehenden Umwandlungen des spinalen Nervensystems immerhin ein weitergehendes Interesse darboten und eine speciellere Beschäftigung mit ihnen nicht als nutzlos erscheinen liessen. Endlich enthielten gerade GEGENBAURSs Ausführungen (1887) neben dem, was als gesicherter Besitz anzusehen sei, eine Anzahl von Fragen, an denen die künftige Arbeit einzusetzen habe. Diese dienten mir als Anregung, als Programm für die vorliegende Untersuchung. Dieselbe behandelt in dem ersten Abschnitt die specielle Anatomie der spino- occipitalen Nerven und der von ihnen versorgten Gebiete bei den Selachiern und Holocephalen. Ein zweiter Abschnitt dient der Vergleichung mit den entsprechenden Bildungen bei den höheren Vertebraten: Ganoiden, Teleostier, Dipnoer, Amphibien, Sauropsiden und Mammalia; zum 'T'heil mussten hier neue Grundlagen für den Ver- gleich geschaffen werden. Der dritte Abschnitt versucht die Anknüpfung an die tiefer stehenden Wirbelthiere (Petromyzonten, Myxinoiden und Acranier) und ge- langt dabei zu Vergleichungen des kranialen und vertebralen Gebietes der Nerven- und Skeletelemente. Ein letzter Abschnitt endlich handelt über einige einschlägige Fragen, zu welchen die vorliegenden Untersuchungen Anleitung gaben. I. Die spino-oceipitalen Nerven der Selachier und Holocephalen und die von ihnen versorgten Gebiete, Taf. I— VI. 1. Einleitendes, Litteratur, untersuchtes Material. Die spino-oceipitalen Nerven der Selachier und Holocephalen repräsentiren eine Anzahl von ventralen Nervenwurzeln, welche sich nach Ursprung, Verlauf und peripherer Verbreitung ganz wie die ventralen Wurzeln der Spinalnerven verhalten, ne nd e 5] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 353 auch mit diesen innige Plexusbildungen eingehen, aber im Bereich des Gehirns, central von dem N. vagus, entstehen und durch die Wand der Oceipitalregion des Schädels austreten. Auch eine dorsale Wurzel kann sich ihnen zugesellen, welche gleichfalls mit den dorsalen Wurzeln der Dorsalnerven übereinstimmt. Beiderlei Beziehungen, zum Spinalnervensystem und zum Schädel, werden durch die Bezeich- nung „spino-oceipital‘“ zum Ausdruck gebracht. Bei den Selachiern sind sie zum überwiegenden Theil in das Cranium auf- genommen, ohne dass es bis jetzt gelungen wäre, auf vergleichendem Wege ihre successive Einverleibung in dasselbe sicher nachzuweisen'). Bei den Holocephalen — wie bei der Mehrzahl der höher stehenden Vertebraten — folgen caudalwärts auf sie noch Nerven, deren Natur als ursprünglich freie und erst weiterhin dem Schädel assimilirte Nerven durch den Vergleich mit den Selachiern klar erkannt wird. Eıstere gehören der Ocecipitalregion des Schädels schon seit langer Zeit an; ich gebe ihnen desshalb den speciellen Terminus „occipitale Nerven“?) und bezeichne sie mit den Endbuchstaben des lateinischen Alphabetes Die Letzteren befinden sich hinsichtlich ihrer Aufnahme in das Cranium noch in statu nascenti, sie sind Ueber- gangsnerven zwischen den occipitalen und den freien spinalen Nerven; ich nenne sie deshalb „occipito-spinale Nerven“ und bezeichne sie mit den Anfangsbuchstaben des lateinischen Alphabetes. Oceipitale und oceipito-spinale Nerven sind somit wohlcharakterisirte Unter- abtheilungen der spino-occipitalen Nerven, aber in keiner Weise principiell gesondert, sondern mit einander und mit den freien spinalen Nerven durch mannigfache Ueber- gänge und Verknüpfungen verbunden. Beide Begriffe sollen nur vorläufige, pro- pädeutische sein, um eine erste Grenzbestimmung zu geben und ein erstes, immerhin nur relatives, Punctum fixum zu gewinnen; die weitere Untersuchung wird zeigen, dass eine bleibende Unterscheidung beider nicht festgehalten werden kann. Mit dem N. vagus haben diese Nerven meiner Auffassung nach direkt nichts zu thun; über eventuelle, sehr lose und ferne Beziehungen zu demselben wird später zu handeln sein. Die erste Kenntniss der occipitalen Nerven der Selachier verdanken wir Srannıus (1549 p. 85): „Eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit bieten die Haie, wenigstens die Gattungen Spinaw und Carcharias, dar. In die Bahn des N. vagus treten hier ein Paar vordere Wurzeln ein, welche, rücksichtlich ihrer Ursprungs- 1) Nur die Assimilation des letzten spino-oceipitalen Nerven hat auf Grund der neueren Untersuchungen von ROSENBERG (1884, 1886) bei gewissen Haien grosse Wahrscheinlichkeit gewonnen. Ueber die insbesondere von HorFMann (1894) und SEWERTZOFF (1895) bei Selachiern und Ganoiden gemachten Angaben, wonach die einzelnen Sklerotome der Oceipitalregion sich in Gestalt freier Wirbel anlegen und erst danach mit einander verwachsen, wird weiter unten Zu reden sein. 2) Nicht zu verwechseln mit SAGEMEHL’s „Oceipitalnerven“ bei Amia und den Teleostiern; diese sind nach meiner Nomenklatur „oceipito-spinale Nerven‘. 354 Max FÜRBRINGER [6 verhältnisse, ganz ebenso sich verhalten, wie die vorderen Wurzeln der Spinalnerven. Die vorderste dieser Wurzeln entsteht mit einem einfachen, die zweite mit einem doppelten Wurzelstrange. Jede tritt durch einen eigenen abgesonderten Knorpel- kanal auswärts, um in die die Schädelhöhle verlassende Nervenmasse überzugehen. Höchst wahrscheinlich sind diese Wurzeln dem eigentlichen N. vagus fremd und ihm nur temporär juxtaponirt.‘“ Auch in der Zootomie der Fische (1854 p. 148) werden dieselben erwähnt: „Bei einigen Haien treten an diese Wurzel durch einen eigenen Knorpelkanal ein Paar, vorderen Spinalnervenwurzeln analoge, Fibrillen- Komplexe heran, welche, später sich ablösend, in Schultermuskeln sich vertheilen.“ Prinıppeaux et Vurrıan (1853 p. 344, 1854 p. 343) thun derselben kurz bei Haien und Rochen Erwähnung; da sie mit dem Vagus verbunden seien, bestehe die Mög- lichkeit eines Vergleiches mit dem N. accessorius Willisii. Bonsporrr (1854) erwähnt ihrer bei der Beschreibung der Kopfnerven von Raja nicht. MixtucHo-Macray (1870 Taf. U, Fig. 9) bildet sie ohne weitere Erklärung bei Hewxanchus ab. GEGENBAUR (1871, p. 521 f.) handelt ausführlich über sie. Auf Grund der von StAnnıus gemachten Angabe ihrer Verbindung ausserhalb des Schädels mit dem Vagus-Stamme tritt er für nähere Beziehungen zu dem Vagus ein und deutet sie als ventrale motorische Wurzeln desselben, hebt zugleich die Homodynamie mit den motorischen Wurzeln der Spinalnerven hervor und kommt zu dem Schlusse, dass der Vagus bezüglich seiner motorischen Wurzeln einer Summe von Spinalnerven ent- spricht (p. 522). Durch weitere Vergleichungen erschliesst er, dass sie dem Hypo- glossus der höheren Wirbelthiere homolog seien (p. 532). Weitere genaue Mit- theilungen enthält das Kopfskelet der Selachier (1872, p. 33, 34); hier werden die von den oceipitalen Nerven durchsetzten Kanälchen in der Ocecipitalregion des Schä- dels bei zahlreichen Haien beschrieben; bei den Rochen wurden sie vermisst. Die eingehende Darstellung der Nerven selbst findet sich p. 268f. und giebt weitere Ausführungen zu den Mittheilungen von 1871. In gleicher Weise wird derselben in den beiden Auflagen des Grundrisses der vergleichenden Anatomie (1874, p. 542 und 1878, p. 544) als „untere Vaguswurzeln“ Erwähnung gethan. — Später (1887, p. 62—65) kommt GEGENBAUR nochmals auf die unteren Vaguswurzeln zurück; die inzwischen angestellten genaueren Untersuchungen von JAcKson and ÜLARKE, sowie von Oxopı über ihre dem Vagus gegenüber selbstständige, aber mit den Spinalnerven in Verband stehende periphere Verbreitung, sowie der Nachweis dem Vagus eigen- thümlicher motorischer Bahnen gaben ihm Anleitung dazu. Auf Grund dieser Unter- suchungen und weiterer daran angeknüpfter Erwägungen gelangt er zu dem Schlusse, „dass sie ursprünglich hinter dem Vagus folgten und damit nicht als dem Vagus selbst zugehörig gelten können“. „Die Vertheilung dieser Nerven oder von Portionen der- selben findet auch nicht an die eigentliche (aus den Seitenplatten entstandene) Kiemen- muskulatur statt, sondern an solche, die durch ihre Anordnung als hinter den Kiemen befindliche Muskulatur sich beurkundet. Wenn man sich das Gebiet des Kopfes mit der letzten Kieme vom Rumpfe abgrenzt, so wird jene von hinten her nach vorn sich verbreitende Muskulatur sammt ihren Nerven nicht dem Kopfe angehören, 7) ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOCEPHALEN ETC. 355 sondern dem Rumpfe entstammt sein. Auf alle diese Thatsachen kann sich also nur die Vorstellung gründen, dass jene „unteren Vaguswurzeln“ erst sekundär in den Bereich des Kopfes gelangt sind“ (p. 65). „Daraus erwächst die Frage nach ihrer metameren Bedeutung für den Kopf und zugleich auch für das Cranium. Ein vor- schnelles Urtheil möchte folgern: wenn jene Nerven metamere Gebilde sind und dem Kopfe sich anschliessen, so erhält letzterer um so viel Zuwachs, als die Zahl jener Metameren beträgt, und auch dem Cranium müssen diese Metameren zufallen, da die Nerven durch das Cranium austreten. Es folgen also hinter den durch den Vagus repräsentirten Metameren noch ebenso viele, als ‚untere Vaguswurzeln‘“ vor- kommen. Diese Folgerung halte ich in dieser Fassung nicht für richtig. Sie setzt die Metamerie als etwas Starres, Unveränderliches voraus, während wir gerade für die in Rede stehende Region das Gegentheil erfahren. Die Nerven haben sich wohl dem Kopfe angeschlossen, aber ihr Endterritorium ist nicht ein jenem der Kopf- metameren gleichwerthiges oder ein diesem nur ähnliches. Eine Metamerie ist nicht mehr vorhanden, sie ist aufgelöst. Will man jenes Gebiet dem Kopfe zurechnen, so hat man doch die nicht geringe Verschiedenheit zu übersehen, welche bei der Vergleichung mit der primitiven Kopfmetamerie obwaltet. Aus diesen Er- wägungen wird man jenen Zuwachs als eine Einschmelzung von solchen beurtheilen, als einen Vorgang, der wohl Metameren auflöst und das Material derselben dem ursprünglichen Metamerenkomplex zuführt, ohne dass dieses Material neue Metameren vorstellte. Dieser Process ist also sehr komplicirt, er wird aber kaum anders aufgefasst werden können, als er eben dargestellt wurde, und verlangt in seiner Eigenthümlichkeit eine scharfe Trennung von dem primären Aufbau des Kopfes‘ (p. 66). Des Weiteren wird die eventuelle Homologie der „unteren Vagus- wurzeln“ mit dem Hypoglossus der höheren Vertebraten besprochen. Sie versorgen zusammen mit den ihnen verbundenen Spinalnerven ein grösseres Endgebiet als dieser. Es kann somit „nur gesagt werden, dass der Hypoglossus erst aus jenen Nerven sich sondert‘“ (p. 67). Aber auch das Verhalten der Amphibien und Teleostier, wo der die Hypoglossus-Bahnen enthaltende Nerv ein ächter Spinal- nerv ist, mahnt zur Vorsicht, diese so überaus komplicirten Verhältnisse nicht schablonenhaft aufzufassen. Dazu kommt das Verhalten der Amnioten, bei denen von MAYER und FRorIEP auch dorsale, mit einem Ganglion versehene Hypoglossus- Wurzeln beobachtet wurden. „Desshalb könnte man dazu kommen, den Hypoglossus der Amnioten gar nicht jenen unteren Vaguswurzeln der Selachier für homolog zu halten, sondern etwas Neues darin zu sehen. Das bedürfte freilich erst wieder der besonderen Begründung, die jetzt noch nicht gegeben werden kann. Ich führe diese Dinge an, um ihre grossen Schwierigkeiten darzustellen und die Unmöglichkeit, gegenwärtig zu einer sicheren Vorstellung über die Vorgänge in der Oceipitalregion des Kopfes der Wirbelthiere zu gelangen“ (p. 68). Des Weiteren sei auch auf die Kritik der Arbeiten verwiesen, welche die vertebrale Vergrösserung der Occipital- region des Craniums behaupteten (p. 71—77). GEGENBAUR fasst in allen diesen Ausführungen zusammen, was von den bis- 356 Max FÜRBRINGER [8 herigen Funden als gesicherter Besitz in unsern Wissensschatz aufzunehmen und geistig zu verwerthen ist. Zugleich aber enthalten sie die Aufforderung zu weiterer Arbeit, die somit von verschiedenen Punkten einsetzen muss, um unsere Kenntniss und Erkenntniss dieses Gebietes zu erweitern und zu vertiefen. Die ferneren Untersuchungen über die spino-occeipitalen Nerven der Selachier treten gegenüber denjenigen GEGENBAURS zurück. Doch repräsentiren sie zusammen immerhin eine ansehnliche Summe von Arbeit. Ueber ihr allgemeines Verhalten, ihre Existenz, Lage und ihren Verlauf handeln Jackson and CrArkeE (1876: Echinorhinus), Vıauur (1876, vorwiegend reka- pitulirend), Barrour (1877: Scyllium), Romon (1577, 1878: mehrere Selachier, mit gutem Texte und guten Abbildungen), Rosengerg (1884, 1886: Mustelus, Carcharias), Garman (1885: Chlamydoselachus), Oxopı (1856, 1887, sie wurden von ihm nur bei Hewanchus, Heptanchus und Lamna gefunden, aber bei den anderen untersuchten Haien vermisst), T. J. Parker (1877: Carcharodon), von Wısue (1889: Scyllium), Ragı (1889, ihr Vorkommen bei allen untersuchten Squaliden), Smorz (1889: Raja u. A.), Ewarr (1889, 1890: ZLaemargus, Raja, Torpedo), Morzier (1894, erste Spinalnerven), M. Fürzrıncer (1895: zahlreiche Selachier und Holocephalen). Der centrale Ursprung wurde untersucht, z. Th. mit negativem Erfolge, von Reıchenueım (1873, 1877), Vıaurr (1876), Romon (1877, 1878; genaueste Arbeit), Frırsch (1878) und Sanvers (1886), der peripherische Verlauf und der Verband mit den folgenden Spinalnerven von Jackson and Crarke (1576: Echinorhinus; sehr genaue Darstellung), Garman (1885: Chlamydoselachus), Oxopı (1886, 1887; ziemlich gute, wenngleich verschiedene Mängel enthaltende Untersuchung an zahlreichen Haien), Shore (1889), Ewarr (1887: Laemargus, Raja), Braus (15892: Acanthias, Scymnus, Odontaspis), FÜRBRINGER (1875: Selachier und Holocephalen). Ueber die Assimilation spinaler Elemente in das Cranium handeln Rosex- BERG (1884, 1856) und GeEGENBAUR (1887. B.). Sehr verdienstliche ontogenetische Arbeiten verdanken wir Barrour (1877: Scyllium), von Wunr (1882: Sceyllium, Pristiurus,; die embryologische Hauptarbeit, jedoch in den Angaben über die peripherische Verbreitung der Nerven wesentliche Irrthümer enthaltend), Donks (1854—1885, 1890 A und B; ontogenetische, der Untersuchung verschiedener Selachier entnommene Angaben), Frormp (1885, 1891), BzeArn (1886), Osrroumorr (1889; namentlich Pristiurus) und Horrmann (1894: Acanthias). Vorwiegend auf Grund dieser Untersuchungen wird die Deutung der spino- occipitalen Nerven, insbesondere ihre Stellung zu dem Vagus-System oder zu dem Spinalnerven-System von zahlreichen Autoren behandelt, Jackson and CLARKE (1576), von Wıume (1882), WıEDERsHEIMm (1883—1893, in den verschiedenen Auflagen seiner vergleichenden Anatomie), Hıs (1857), Rast (1889), Osrroumorr (1889), HartscHeX (1892) vertreten intimere Beziehungen zu dem Vagus; Barrour (1877), Donrn (1885, 1890), Frorıer (1885, 1891), Bearn (1886), Ewarr (1889) und M. Für- BRINGER (1895) dagegen betonen gleich Srannıus (1849, 1853) und GEGENBAUR (1887) 9] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 397 ihre nahe Stellung zu den spinalen Nerven und entfernen sie von dem Vagus; Horr- mann (1894) nimmt eine vermittelnde Stellung ein. Pripeaux et Vurpien (1853, 1534) und Jackson and Crarke (1876) erwähnen die Homologie mit dem N. accessorius Willisii, welchem Vergleiche ich selbstverständlich nicht zustimme: der N. accessorius gehört zum Vagus. Die von den spino-oceipitalen und den nächsten spinalen Nerven versorgte Muskulatur wird kurz berührt oder (bald mit bald ohne Berücksichtigung ihrer Innervation) genauer beschrieben von Cuvier-Dumerın (1838, 1840: Rochen und Holocephalen), Sranxıus (1849, 1853), Bonsporrr 1853), Humpary (1872: Mustelus), Verrer (1874, 1878: Heptanchus, Acanthias, Scymnus, Chimaera, Hauptarbeit über das System), ALBRECHT (1876: Acanthias, Raja), SCHNEIDER (1879, 1890), van Wıme (1882), Donrn (1854, 1855, 1590 B), Sasement (1885: Galeus, Mustelus, Rochen), Oxopı (1986, 1587), Tıesıne (1875: Mustelus, Rochen), FÜRBRINGER (1895, neue Eintheilung der Muskeln des Visceralskeletes, Determination der Mm. subspinalis, interbasales und und coraco-arcuales). Insbesondere handeln, unter Zugrundelegung der Innervation über den M. subspinalis Verrer (1874, 1878), Dourn (1884, 1885, 1890 B) und FÜRBRINGER (1895), über die Mm. interbasales FÜrBRIınGEr (1895), über die Mm. coraco-arcuales VErTER (1874, 1878), ScHnEipEr (1879, 1890), van Wumhe 1882), Donurn (1884), Sacemean (1885, 1885 resp. 1891), Onopı (1886, 1887) und Für- BRINGER (1895); der GesEngBAaursche Vorschlag, diese Muskeln nach ihrer dorsalen oder ventralen Lage am Visceralskelet als epibranchiale und hypobranchiale Muskeln zu unterscheiden, wurde in meiner Abhandlung von 18595 erwähnt und von mir aufgenommen. Das untersuchte Material bestand aus folgenden 'T'hieren: I. Selachii. A. Squaloidei. l. Notidanidae: Hexanchus griseus Cuv. (3 Exemplare), Heptanchus cinereus, Cuv. (4 Ex.). 2. Spinacidae. Spinacinae: Oentrophorus calceus, Lowe, Ü. granulosus, Bl. Schn. (2 Ex.), Spinaw niger, Bonar. (2 Ex.), Acanthias vulgaris, NRısso (3 Ex.), Scymninae: Scymnus lichia, Cuv., Laemargus borealis, MürL. HENLE (2 Ex.) . Cestraciontidae: Cestracion philippi, Bl. Schn. \3 Ex.). Scylliidae: Scyllium canicula, L. (4 Ex.). Lamnidae: Odontaspis americanus, Mırcn. Festschrift für Gegenbaur. II. 46 > w [Di 358 Max FÜRBRINGER 10 6. Carchariidae. Mustelinae: Mustelus vulgaris MürL. Hente (4 Ex.). Zy- gaeninae: Zygaena malleus Suaw. Carchariinae: Galeus canis, RoNDEL. (2 Ex.), Prionodon glaucus Ronv. (2 Ex.), B. melanopterus Quoy u. Gam. . Rhinidae: Rhina squatina Dum£rır (2 Ex.). —1 B. Batoidei. 8. Pristidae: Pristis cupidatus LATHAn. 9. Rhinobatidae: Rhynchobatus djeddensis Rare. (= laevis Bl. Schn.), Rhino- batus columnae MürL. HEnLe (= annulatus MürrL. Hexe). 10. Torpedinidae: Torpedo narce Rısso (4 Ex.) 11. Rajidae: Raja clavata L. (5 Ex.). 12. Trygonidae: Trygon brucco Bonar. II. Holocephali. Chimaeridae: Chimaera monstrosa L. (3 Ex.), Callorhynchus antarcticus LAcer. 2. Zahl und Stärke der occipitalen resp. spino-occipitalen Nerven. lan JE=INY. Die Zahl der occipitalen Nerven variirt bei den untersuchten Selachiern und Holocephalen zwischen 5 und 0. Hierbei gilt, wie schon von GEGENBAUR (1872), Jackson and Crarke (1876), Ragr (1587) u. A. hervorgehoben worden, als nahezu durchgehende Regel, dass die vorderen (rostralen) schwächer als die hinteren (caudalen sind, so dass also eine successive Abnahme der Stärke von hinten nach vorn be- obachtet wird. Ausnahmsweise können zwei auf einander folgende Nerven gleich stark sein; nur einmal (bei einem älteren Exemplar von Hewanchus, D, rechts) wurde ein vorderer (y) stärker als ein hinterer (2) gefunden'). Der erste occipitale Nerv ist hierbei nicht selten von einer Feinheit, die ihn nur mit sehr starken Lupen (von 15—20facher Vergrösserung) resp. mit dem Mikroskop sichtbar macht. Durch die Vergleichung der verschiedenen Gattungen und Species, sowie durch die Beobachtung der individuellen und antimeren, namentlich aber der Alters-Variirungen stellt sich zugleich heraus, dass die mehr hinteren Nerven die konstanteren, die mehr vorderen die variableren sind. Es empfahl sich daher bei der Bezeichnung dieser Nerven für den letzten die Grenze festzusetzen resp. von ihm Ausgang zu nehmen; 1) Auch MıktucHo-MaAcLaAY (1870 Taf. II. 9) bildet bei Heptanchus den vorletzten Oceipitalnerven stärker als den letzten ab. 11] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 359 derselbe wurde demnach mit z, der vor ihm liegende mit y, und die noch weiter vorn befindlichen mit x, w, v bezeichnet. Danach sind bei Anwesenheit von 5 occipitalen Nerven diese mit v,w,2,y,2, 4 mit wa,y, 2, 3 mit @, y, 2, 2 mit y,x und 1 mit z zu determiniren'). Die folgende Zusammenstellung zeigt die Zahl bei den einzelnen von mir unter- suchten Gattungen: v, w, a, y, 2: Hexanchus (A, Taf. I Figg. 1—3; B, r)’), Heptanchus (A, Taf. I Ki) 5. Br). Hexanchus (B,!; C, Taf. I Fig. 4), Heptanchus (B, !; C, Taf. I Fig. 6; D), Centrophorus calceus (Taf. 1 Fig. 7). &, y, x: Centrophorus granulosus (A; B, Ü), Spinaw (A, Scyllium (A, Taf. I Fig. 8; B, Taf. I Fig. 9; C), Cestracion (A, Taf. I Fig. 10); Prionodon glaucus (A; B, Taf. I Fig. 11), Prionodon melanopterus, Mustelus (C, r; D,!)°’), Galeus (A), Rhina (A). y, 2: Spina® (B, Taf. I Fig. 12), Centrophorus granulosus (B, r), Acanthias (A; B; C, Taf. 1 Fig. 13), Scymnus, Laemargus (A; B), Scyllium (D, r), Cestracion (B), Odontaspis, Mustelus (A; B; C,!; D, r), Galeus (B), Zygaena, Rhina (B); Chimaera (A, Taf. I Fig. 15, Taf. IV Fig. 4; B)'), Callorhynchus (Taf. IV Fig. 6). Cestracion (C, r?)°); Torpedo (A, Taf. IV Fig. S; ganz junges Thier), Rhinobatus (Taf. IV Fig. 7), Rhynchobatus (Taf. I Fig. 14), Pristis, Trygon (r). 0: Torpedo (B; C; D), Raja (4; B;C; D; FR). 2 Ber, 2 U, ” Ich füge zugleich eine Zusammenstellung der Befunde früherer Untersucher bei, wobei ich mich aber lediglich auf die Wiedergabe der Zahl der ocecipitalen Nerven beschränke, dagegen auf eine Deutung, um welche Nerven es sich in den einzelnen Fällen handelt, verzichte. Es werden von den Autoren angeführt: 5: Hewanchus (GEGENBAUR 1872 p. 33; 5 Kanäle, von denen nach GEGENBAUR 1) Spätere Untersuchungen dürften möglicherweise bei diesem oder jenem Hai (speciell bei Curcharias und Mustelus auf Grund der Ausgang gebenden RosENBERG’schen Beobachtungen) eine Aenderung dieser Bezeichnungen ergeben, indem hier z sich als erster oceipito-spinaler Nerv, also als a, dagegen y als wirklicher letzter Ocecipital- nerv, also als z herausstellen mag. Weiteres darüber unten. 2) Mit 4—E bezeichne ich die verschiedenen Alters- resp. Grössestadien der untersuchten Thiere, wobei 4 das jüngste resp. kleinste, Z das älteste resp. grösste repräsentirt; wurde nur ein Exemplar untersucht, so unter- blieb die Hinzufügung. Die Buchstaben r und / bedeuten rechte und linke Seite; fehlen diese Bezeichnungen, so sind beide Seiten gemeint. 3) Bei Mustelus D. I repräsentirte x sicher einen Nerven; bei C. r, einem sehr schlecht erhaltenen Exem- plare, zeigte die mikroskopische Untersuchung nicht sicher die Merkmale eines solchen. Der erst erwähnte Fall ist mit Rücksicht auf die von ROSENBERG bei Mustelus gemachten Beobachtungen von Interesse. 4) Bei Chimaera und Callorhynchus treten 5 resp. 4 Nerven durch die Oceipitalregion des Schädels. Weiter unten werde ich darüber sprechen, dass nur die beiden ersten von ihnen ächte oceipitale Nerven (y, z) darstellen. 5) Bei einem älteren Präparate der hiesigen Sammlung. Dieser Befund bei Cestracion erscheint mir höchst zweifelhaft; wahrscheinlich war y bereits herauspräparirt, der feine Kanal dafür aber nicht zu finden. 46* 360 Max FÜRBRINGER 12 wenigstens 3—4 als Austrittsstellen der unteren Vaguswurzeln gelten müssen), Notidanidae (WIEDERSHEIM 1886 p. 344). 4: Chlamydoselachus (Garman 1885, Taf. XVI), Echinorhinus (Jackson and CLARKE 18768p..97; 98): 3—4: Hewanchus (GEGENBAUR 1872 p. 521. 522, 1872 p. 33). 3: Hewanchus (MixrucHo-Macray 1870, Taf. II, Fig. 9; Ronon 1878 p. 64; Ononı 1SS6 p. 326), Heptanchus (GEGENBAUR 1872 p. 34; Rast 1889 p. 230), Seyllium (van Wine 1859 p. 565; ausnahmsweise), Prionodon resp. Carcharias (RosEN- BERG 1SS6 p. 32. 33, beide Seiten eines älteren und linke Seite eines jüngeren Exemplars). 2: Centrophorus (GEGENBAUR 1872 p. 34), Spinax (Srannıus 1849 p. S3), Acanthias (GEGENBAUR 1872 p. 34; Ragı 1889 p. 230), Scymnus (GEGENBAUR 1872 p. 34), Laemargus (Ewarr 1889 p. 534), Seyllium (Ronon 1877 p. 64; Rast 1889 p. 230; van Wie 1889 p. 565), Cestracion (GEGENBAUR 1872 p. 34), Prionodon resp. Carcharias (Stannıus 1849 p. 83; GEGENBAUR 1872 p. 34, 1887 p. 8; Rosex- BERG 1886 p. 33. 34, rechte Seite eines jüngeren Exemplares und beide Seiten eines Embryos), Rhina (Vıauur 1876 p. 462); Torpedo (Vıausr 1876 p. 462), Raja (Snorz 1889 p. 440), Myliobatis (Ronon 1877 p. 64). Raja batis (Ewarr 1887 p. 537, »sometimes one or two ventral roots«). Seyllium (Batrour 1877 p. 462), Lamna (Oxovı 1886 p. 326), Carcharodon (PARKER 1887, Pl. VII. 22), Galeus (Gecensaur 1872 p. 34)!). 0: Acanthias (Oxovı 1886 p. 326), Scyllium (Sanners 1886 p. 740; Oxopr 1886 p. 326), Carcharias (Oxovı 1886 p. 326), Rhina (Sanders 18S6 p. 740); Raja clavata (Bonsporrr 1854, wenigstens nicht erwähnt), Rochen (Grsengaur 1872 p. 34; FÜRBRINGER 1895 p. 129, nicht mit Sicherheit)?). Die Angaben in dieser zweiten Tabelle weichen zum Theil erheblich von den meinigen ab. Insbesondere werden einerseits bei vielen Haien 1, 2 und selbst 3 oceipitale Nerven weniger angegeben, als ich fand, und andererseits werden ver- schiedene Rochen mit 2 occipitalen Nerven aufgeführt. Ich möchte diese Differenzen in den weitaus meisten Fällen auf Beobachtungsfehler oder auf ein mangelhaftes von den Autoren benutztes Material zurückführen. Sanpers’ und Onxoprs Angaben, die bei verschiedenen Haien jeden occipitalen Nerven vermissten, sind sicher falsch, letztere‘) wurden auch bereits von Ragr (1889 p. 223) im Allgemeinen richtig gestellt. Aber auch den Behauptungen bezüglich der Existenz nur eines occipitalen Nerven bei Haien möchte ich (gerade so wie meinem eigenen Befunde bei Cestracion) mit grossem Misstrauen begegnen; bei Carcharodon zeigt übrigens auf Pırker's eigener | Se 1) Auch bei Seyllium, Mustelus und Rhina bildet GEGENBAUR eine Oeffnung für die ventralen Vaguswurzeln ab. 2) Diese Angabe von 1895 konnte ich inzwischen, wie die von mir mitgetheilte Tabelle zeigt, an einem reicheren Materiale erweitern. 3) OnoDI, dem dieser Mangel selbst aufgefallen sein wird, scheint in der bei Acanthias und Seyllium beobachteten peripherischen Anastomose der Spinalnerven mit dem N. vagus eine gewisse Kompensation dafür zu finden. Auch darin bin ich anderer Ansicht. 13] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 361 Abbildung (Taf. VII Fig. 22) die Lage des einen occipitalen Nerven zum Vagus, dass es sich hier um y (wenn nicht ©) handelt, dass somit der letzte occipitale Nerv abgerissen ist. Ebenso nehme ich an, dass diejenigen Autoren, welche bei den No- tidaniden nur 3 oceipitale Nerven erwähnen, an ihren Präparaten ®e und w nicht zu sehen bekamen, ein bei der Feinheit und leichten Verweslichkeit dieser Nerven sehr erklärlicher Umstand; die drei Nerven, die Mixtucno-Macray abbildet, scheinen w, ©, y zu entsprechen, z fehlte an seinem Präparate. — Andererseits beurtheile ich aber auch die Angaben von der Existenz zweier Occipitalnerven bei Rochen mit Vor- sicht und Bedenken. Vraurr und SHorE haben ihre bezüglichen Angaben nicht durch Abbildungen belegt, Romox’s Abbildung von Myliobatis (Taf. IT Fig. 10) zeigt deut- lich, dass der hintere von diesen Nerven, wenn nicht beide, freie, durch die Wirbel- säule austretende Nerven sind; es handelt sich also hier um z, | oder um 1,2. Auf RosenBErg’s interessante Befunde an Carcharias und Mustehıs komme ich weiter unten zurück. In den angeführten Tabellen, von denen ich die erste ganz, die zweite auf Grund der eben gegebenen Korrekturen mit Auswahl benutze, heben sich die Noti- daniden (Hewanchus, Heptanchus und Chlamydoselachus) durch die grössere Zahl ihrer oceipitalen Nerven (5 und 4) von den übrigen pentanchen Haien und den Holo- cephalen ab, welche nur in zwei Fällen (Centrophorus calceus und Echinorhinus) 4, nicht selten 3, am häufigsten 2 besitzen; die Rochen kennzeichnet als Regel I occi- pitaler Nerv oder der gänzliche Mangel eines solchen‘). Auf Grund der spezielleren Untersuchung und Vergleichung, erscheint es mir nicht zweifelhaft, dass die successive Verminderung der Stärke und Zahl der occipitalen Nerven auf einer von vorn be- ginnenden Rückbildung derselben beruht”). Danach dokumentiren sich auch bier die Notidaniden als die primitivsten Formen der Selachier, die Rochen dagegen als diejenigen, bei denen die sekundäre Reduktion am weitesten fortgeschritten ist. Zu diesen vergleichend-anatomischen Ergebnissen bilden die ontogenetischen Untersuchungen der letzten 14 Jahre, insbesondere diejenigen von van WuHE (1882 p. 36), Bearp (1886 p. 143), Ragı (1889 p. 230), Ostroumorr (1889 p. 364) und Horrmann (1894 p. 650) eine willkommene Parallele. Van Wirme fand bei Embryonen von Scyllium und Pristiurus 5 distale (hinter dem Ohre gelegene) Urwirbelanlagen oder Somiten (5—9), von denen die erste (5) frühzeitig abortirt, ohne Muskelgewebe zu bilden, die zweite (6) sehr rudimentäre Muskeln erzeugt, die drei letzten aber (7.8.9) es zu bleibenden — „vom Schädel zum Schultergürtel ziehenden“ und den vorderen Theil des M. coraco-hyoideus repräsentirenden — Muskeln bringen. Diesen 1) Bei einem sehr grossen Exemplare von Zaja elavata vermisste ich selbst den ersten Spinalnerven, ein an die Verhältnisse bei den opisthoglossen Anuren erinnernder Befund. 2) Auf die eventuellen Fälle von sekundärer Vermehrung dieser Zahlen durch Hinzufügung eines auf z folgenden oceipito-spinalen Nerven a werde ich später eingehen. 362 Max FÜRBRINGER [14 drei letzten entsprechen die Anlagen von 3 ventralen Nervenwurzeln (nach meiner Nomenklatur «, y, 2), während für die zwei ersten keine Nervenwurzeln sich anlegen. Das Gleiche giebt Ragı, für die von ihm untersuchten Selachierembryonen (Pristiurus, Torpedo) an und ebenso beschreiben BrArp und Osrroumorr bei ihren Embryonen (Pristiurus, Scyliium) 3 ventrale Wurzeln. Horrmann, der Acanthias-Embryonen unter- suchte, findet 6 distale, aus gesonderten Myotomen und Sklerotomen bestehende Ur- wirbelanlagen (5—10)'), von denen sich die 5 ersten (5—9) in der Hauptsache wie die von van Wıme bei Scyllium gefundenen verhalten, die letzte (10) aber neu zu denselben hinzutritt und nach Horrmann eine neue Angliederung an den Acanthias- Schädel darstellt. Damit wird also im Vergleich zu Scyllium eine sekundäre Assi- milation des ersten Wirbels in das Cranium von Acanthias behauptet, ein Vorgang, der zu den weiter unten mitzutheilenden Befunden Rosengerg’s bei Mustelus und Carcha- rias in Parallele steht, aber gerade hier, angesichts der offenbar tieferen systemati- schen Stellung von Acanthias gegenüber Scyliium für mich einige Schwierigkeiten ent- hält. Entsprechend der vermehrten Zahl der Urwirbelanlagen finden sich auch 4 ventrale Wurzelanlagen, die somit in Vergleich mit Sceyllium als @, y, 2, a, d.h. als 3 oceipitale Nerven und 1 occipito-spinaler Nerv zu deuten wären; @ und y bilden sich noch im embryonalen Leben zurück. Aus diesen ontogenetischen Angaben, die ich hinsichtlich der Dreizahl der Nervenwurzeln bei mittelalten Embryonen von Acanthias und Mustelus bestätigen kann, resultirt somit, dass bei den pentanchen Haien, bei welchen im ausgebildeten Zustande nur 2 oceipitale Nerven (y, z) sich finden, in früheren ontogenetischen Stadien noch ein dritter (@), vielleicht selbst ein vierter (© bei Acanthias) nachweisbar ist. Es folgt daraus aber zugleich, dass die vergleichende Anatomie, welche bei den Notidaniden die gesicherte Existenz von 4—5 oceipitalen Nerven im ausgewachsenen oder nahezu ausgewachsenen Zustande darthut, in diesem Stücke mehr leistet als die ontogene- tische Untersuchung. Des Ferneren zeigen die obigen Tabellen die relative Häufigkeit der indivi- duellen und antimeren Variirungen, — alles Zeichen retrograder Bildungsgänge. Bei Hewanchus und Heptanchus finden sich Schwankungen von 5 und 4, bei Centro- phorus, Spinax, Cestracion’), Scyllium, Mustelus, Galeus, Prionodon und Rhina solche von 3 und 2, bei Torpedo von 1 und 0; und ferner ergab sich Ungleichheit der Zahl auf beiden Seiten (antimere Variabilität) an demselben Individuum von Hewanchus (B mit 5 Nerven r, 4 l), Heptanchus (B mit 5 r, 4 l), Mustelus (C mit Br, 21), Carcharias (mit 34, 2 v; nach Rosensgerc); selbstverständlich würde die Zahl der Variirungen bei weiterer Ausdehnung der Untersuchungen entsprechend zunehmen. 1) Zu den gleichen Urwirbelzahlen kommen bei Torpedo Dourn (1890 ZB) und Kırııan (1891 p. 85). KILLIAN unterscheidet hierbei 2 Somiten der Glossopharyngeus- und 4 der Vagus-Zone; seine Somiten decken sich somit nicht mit denen HorFFMANN’s, der bei Acanthias nur das erste zum Glossopharyngeus rechnet. Der zu den genannten Somiten gehörenden Oceipitalnerven wird von DOHRN und Kırııan keine Erwähnung gethan. 2) Bei Cestracion eventuell auch Variirung von 3, 2 und 1; doch habe ich bereits erwähnt, dass das von mir oben angegebene Vorkommen von nur 1 Oceipitalnerven bei diesem Hai wahrscheinlich auf einem präparatorischen Defekte beruht. 15] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 363 Die von Hexanchus untersuchten drei Exemplare hatten eine Länge des Cra- niums von 13.5 cm (A), 18.2 cm (B) und 20.5 cm (C), womit für das kleinste Exem- plar A die Nervenzahl 5, für die mittelgrosse B die antimere Varürung 5 und 4 und für das grösste © die Zahl 4 coincidirte. Desgleichen zeigten die untersuchten Exem- plare von Heptanchus mit kranialen Längen von 9.8 cm (4), 10.1 cm (©), 11.3 cm (€) und 11.9 (D) die Nervenzahlen 5 (A, B) und 4 (C, D), wobei der Occipitalnerv w von D äusserst fein und dünner als der von © war. Auch Exemplar A von Spinax mit 3 Nerven war kleiner und offenbar jünger als B mit 2 Nerven, und das Gleiche gilt für Galeus, wo A (mit 3 Nerven) eine kraniale Länge von 9.8 cm, B (mit 2 Nerven) eine solche von 15.5 cm hatte. Und endlich zeigte Torpedo A (mit einer Gesammt- länge des ganzen Thieres von 25 cm) z als ein äusserst feines, aus einigen Nerven- fasern bestehendes Fädchen noch erhalten, während B, € und D (mit Gesammtlängen von 35, 36, 36 cm) nichts mehr davon aufwiesen. Diese Beispiele dürften somit die Abnahme der Zahl der occipitalen Nerven mit dem zunehmenden Alter zur Genüge illustriren. Die anderen individuell variirenden Haie ( Centrophorus, Cestracion, Scyllium, Mustelus, Rhina) lieferten weder eine Bestätigung noch einen Einwand: sie dürften auch hier nicht zum Beweise heranzuziehen sein, da die Grösse der verschiedenen Individuen derselben Species eine nur in geringem Grade abweichende war'). A priori dürfte überhaupt nicht zu erwarten sein, dass bei den nicht unerheblichen Schwankungen, welche gleichalterige Individuen in ihren Körper- dimensionen zeigen können, in allen Fällen eine genaue Coincidenz von Grösse und Zahl der occipitalen Nerven innerhalb der Species zum Ausdruck kommt. Aus dem gleichen Grunde räth auch GEGENBAUR (1887 p. 8) bei der Beurtheilung von Rosen- BERG’s Befunden an Carcharias (1886) zur Vorsicht. In der bisherigen Darstellung ist mit dem letzten Nerven z als mit dem am meisten konstanten Faktor gerechnet worden, nach welchem das Verhalten der vor- deren mehr variabeln Nerven bestimmt werden konnte. Das lässt sich in der Mehr- zahl der Fälle durchführen. Wenn auch z hinsichtlich seines Ursprunges und Abganges sich von der ventralen Wurzel des ersten Spinalnerven nicht wesentlich unterscheidet, so bestimmt doch sein Durchtritt durch das Cranium, als letzten Nerv desselben, seine Stellung und Abgrenzung gegen den ersten N. spinalis, welcher hinter dem Cra- nium nach aussen tritt. Aber diese Abgrenzung kann unter Umständen grossen Schwierigkeiten begegnen, namentlich in den Vorkommnissen, wo ein- mal die Grenze zwischen Schädel und Wirbelsäule keine deutliche ist, wo ferner dem letzten durch den Schädel tretenden Nerven noch eine dorsale sensible — ein sonst den occipitalen Nerven abgehender Bestandtheil — zugerechnet werden muss und wo endlich Variirungen in der hinteren Abgrenzung des CUraniums resp. Assimili- rungen von Wirbeln zur Beobachtung kommen. Es betrifft das namentlich die Noti- 1) Ueber Prionodon werde ich weiter unten im Zusammenhange mit ROSENBERG’s Mittheilungen han- deln (p. 365, 366). 364 Max FÜRBRINGER [16 daniden, gewisse höhere Haie (insbesondere Carcharias und Mustelus) und die Holo- cephalen. ; Ueber die Verbindung des Occipitaltheils des Schädels mit der Wirbelsäule hat GeEGEnBAuUR (1872 p. 30. 31) in klassischer Weise gehandelt. Heptanchus und Hexanchus werden zuerst als diejenigen Haie angeführt, bei denen sich Oceiput und Wirbelsäule nicht komplet von einander abgrenzen. ‚Der Knorpel der Wirbelsäule bei Hexanchus setzt sich von der Chorda her ohne Grenze in die Schädelbasis fort, und der Bogen des ersten Wirbels reiht sich eng an die Cirkumferenz des Foramen occipitale, mit der er in bedeutender Dicke durch eine dünne Bindegewebslage ver- bunden ist; einmal fand GEGENBAUR auf der einen Seite die gänzliche Verschmelzung der einen Bogenhälfte mit dem Cranium, während die andere die '[rennungslinie auf- wies. Aehnliche Verhältnisse, aber minder ausgeprägt, zeigt Heptanchus. Bei Hewanchus hat die Ebene des Foramen occipitale eine ascendente (schräg von oben nach vorn und abwärts gerichtete), bei Heptanchus eine senkrechte, bei den übrigen Haien eine descendente (von oben nach hinten und abwärts gehende) Lage. — Meine Unter- suchungen ergaben, wie schon erwähnt, bei dem jüngeren Exemplare von Hewanchus A (Taf. I Figg. 1. 3) 5 occipitale Nerven v, w, @, y, 2, der erste durch seine Lage vor dem Vagusloch sich deutlich als » dokumentirend, 2" als der letzte motorische Nerv den Schädel durchsetzend, aber ausser ihm noch eine dorso-caudal von ihm ebenfalls durch das Cranium tretende sensible Wurzel (z”), welche nach Lage und peripherem Verhalten sich als zu ihm gehörig dokumentirt!). Die Begrenzung des Foramen occipitale geschieht in der charakteristischen ascendenten Ebene. Bei dem älteren Exemplare C (Taf. I Fig. 4) treten nur die 4 occipitalen Nerven w, ®, y, 2 durch das Cranium; ein nach Lage v vergleichbarer Nerv fehlt gänzlich, x geht allein als motorischer Nerv (z’) durch den Schädel, während die ihm zugehörige sensible Wurzel (2°) ebenfalls vorhanden ist, aber durch ein auf den Schädel folgendes, theilweise von ihm abgegliedertes Intercalare s. Intercrurale (J Cr. 1) hindurchtritt. Hier hat zugleich die Ebene der Occipitalöffnung sehr abweichend von dem Befunde bei A eine descendente Neigung. Der Vergleich dieser beiden Stadien zeigt mir, dass bei dem älteren Exemplare nicht nur der eine occipitale Nerv » sich vollkommen rückgebildet hat, sondern dass auch das erste Intercalare aus dem Cranium abgegliedert und damit für die sensible Wurzel 2’, welche somit sekundär wieder spinalen Charakter erhielt, eine gewisse Selbstständigkeit gegenüber der motorischen 2" ge- wonnen wurde; ein Vergleich der relativen Länge der Schädeldecken in diesem Be- reiche bei beiden Stadien (vergl. Taf. I Figg. 1 und 4) mit der neuen Grenze 7) spricht, ebenso wie die descendente Neigung der Begrenzung der Occipitalöffnung, nur zu Gunsten dieser Folgerung. Die Bedeutung dieses Befundes ist unverkennbar: er lehrt, dass Abschnitte des Schädels, die ursprünglich dem Palaeocranium aus der Wirbelsäule zuertheilt wurden (Neocranium)”), sekundär wieder 1) Auf dieses sehr primitive Verhalten von z wird weiter unten bei Besprechung der Wurzeln noch näher eingegangen werden. 2) Die Begriffe Palaeocranium und Neocranium rühren bekanntlich von GEGENBAUR (1887 4.) her. Bin > 17] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 365 eine Abgliederung von diesem zu Gunsten der beweglichen Wirbelsäule eingehen können. — Heptanchus zeigt in den kleinsten Exemplaren A und B 5 oceipitale Nerven v, w, ©, y, z, deren erster weit vor der Vagusöffnung, deren letzter 2") im hintersten Bereiche des Schädels, aber von dessen hinterer Grenze immer noch durch einen mehr oder minder breiten Knorpelabschnitt getrennt den Schädel durchsetzt; 2° ist vorhanden und geht bei A, r (Taf. I, Fig. 5) durch den hinteren Rand des Cranium, bei A, /, sowie bei B durch das erste Intercalare. das in Analogie zu den bei Hewanchus gegebenen Darlegungen wahrscheinlich auch sekundär vom Neocranium abgegliedert worden ist; doch konnte das Werden dieses Vorganges nicht an dem mir vorliegenden Materiale verfolgt werden. Bei den beiden grösseren Exem- plaren C© (Taf. I, Fig. 6) und D finden sich bloss 4 occipitale Nerven, indem v in v Rückbildung trat; x zeigt in dem Verhalten seiner beiden Wurzeln, von denen x durch das Cranium, 2° durch das Intercalare I, nahe seinem vorderen Rande tritt, im Wesentlichen die bei A, / und B geschilderten Verhältnisse. Es ergiebt sich da- nach, im Vergleiche zu Hewanchus, z° in seiner Existenz als der konstantere, v als der variablere Faktor. Zugleich aber lehrt der Vergleich der beiden Stadien A, r und €, ! (Taf. I Figg. 5 und 6), mit Rücksicht auf das Verhalten des Intercrurale 1, der Neigung der Occipitalöffnung und des Durchtrittes von 2°, dass die bei Hewanchus in Statu nascenti sich vollziehende Abgliederung des Intercrurale bei Heptanchus vollendet ist, und ferner, dass dieser Abgliederungsprocess nicht als ein ganz gleich- mässiger folgte, sondern in dem einen Falle (Taf. I, Fig. 5) gleich hinter, in dem andern (Taf. I Fig. 6) gleich vor dem Durchtritte von z° erfolgte. Bei 4, r tritt daher 2” durch den hinteren Rand des Schädels und die Lage des Foramen oceci- pitale ist eine annähernd senkrechte, bei C, ! dagegen verläuft z°, ähnlich wie bei dem alten Hewanchus C, durch den vorderen Rand des Intercrurale, und die Occipital- öffnung zeigt wie dort eine descendente Neigung. Von besonderem Interesse ist durch Rosengerg’s Untersuchungen (1876, p. 32 bis 34) Prionodon (Carcharias) glaucus geworden. RosENnBERG fand, wie schon oben angeführt, bei einem ausgebildeten Exemplare jederseits *, bei einem jungen, 45 cm langen 'Thiere links 3 und rechts 2, und bei einem Embryo beiderseits 2 oceipitale Nerven; bei dem jüngeren Thiere zeigte sich ihm zugleich, dass die Neurapophyse des ersten Wirbels linkerseits in die Occipitalregion des Craniums eingegangen, rechterseits aber freigeblieben war. RosenBErG schliesst aus diesen Befunden, dass Carcharias ursprünglich nur 2 „ventrale Vaguswurzeln‘ hat, aber im Laufe seiner Ent- wickelung den ersten Spinalnerven für das Cranium acquirirt. Nach meiner Nomen- klatur würden ihm somit nur 3 echte oceipitale Nerven (y, 2) zukommen, während der dritte ein neu hinzugekommener occipito-spinaler Nerv wäre, den ich mit a be- zeichne. GEGENBAUR (1887, p. S—11) beanstandet die Beweiskräftigkeit dieser Befunde und hebt die individuelle Veränderlichkeit in der Zahl der „ventralen Vaguswurzeln‘ hervor; er fand bei einem ausgewachsenen Exemplar nur 2 solche Wurzeln. Die Möglichkeit von Wirbelassimilationen bestreitet er nicht und erinnert an seinen eigenen — von mir auf p. 364 mitgetheilten — Befund bei Hewanchus. Meine Beob- Festschrift für Gegenbaur. III. 47 366 Max FÜRBRINGER [18 achtungen an zwei jüngeren Exemplaren derselben Species und an einem mittel- alterigen Thiere von Prionodon |Carcharias) melanopterus ergaben allenthalben 3 Wurzeln, dabei aber gerade so, wie es auch GEGENBAUR (1887, Taf. I Fig. I) abbildet, eine annähernd ascendente (also Hewanchus-ähnliche) Abgrenzung des Foramen oceipitale. Das würde, wenn man GEGeEngBAur's und meine Befunde allein vergliche, selbst eine Verminderung der Zahl während des Wachsthums bedeuten. Das zu behaupten, liegt mir aber gegenüber Rosengerc’s genauen Beobachtungen und angesichts der wenigen von mir untersuchten Exemplare fern. Ich kann somit nichts zur Ent- scheidung dieser Frage beitragen und ich glaube, dass es noch der Untersuchung eines reichen Materiales bedürfen wird, um dieselbe endgültig zu lösen. RosENBERG hat des Weiteren (1874, p. 21, 22 und 1876, p. 31, 32) jüngere und ältere Embryonen von Mustelus auf die Frage der Angliederung von Wirbeln an das Cranium unter- sucht und dabei, wie auch GEGENBAUR (1SS7, p. 10, 11) anerkannt, die Assimilation eines ersten Wirbelbogen-Paares zum Mindesten äusserst wahrscheinlich gemacht, wenn nicht festgestellt). Damit verliert für ihn das Selachiereranium seine hintere konstante Grenze und wird ein veränderlicher, auf Kosten der Wirbelsäule sich nach hinten ausdehnender Komplex. — Die fundamentale Bedeutung dieser Untersuchungen ist nicht zu verkennen. Sollte es glücken, die Rosexger@’schen Angaben auch bei Carcharias zu sichern, so würde damit erwiesen, dass bei zwei höheren Haien, Carcharias und Mustelus, der Occipitaltheil des Craniums in später embryonaler und selbst postembryonaler Zeit einen freien Wirbel und damit auch einen freien Spinalnerven assimilirt, dass somit schon bei den Haien zu dem occipitalen Nerven z noch der occipito-spinale Nerv a hinzukommt, somit die Grenze zwischen diesen beiden Kategorien der spino-oceipitalen Nerven sich schon innerhalb der Selachier verschiebt. Die oben (p. 362) erwähnten Befunde Horr- MAnN’s (1894) an jungen Embryonen von Acanthias bilden eine gewisse Parallele dazu, bedürfen aber ebenfalls der weiteren Untersuchung. Endlich kommt mit Rücksicht auf die hintere Begrenzung der occipitalen Nerven den von den eigentlichen Selachiern gerade in diesem Stücke erheblich abweichen- den Holocephalen Chimaera (Taf. I Fig. 15, Taf. IV Fig. 4, 5) und Callorhynchus (Taf. IV Fig. 6) eine besondere Besprechung zu. Bei ihnen setzt sich in einer, bei beiden im Wesentlichen übereinstimmenden Weise der Schädel von dem durch Verschmelzung der ersten 12— 13 Wirbel?) gebildeten Anfangskomplex der Wirbelsäule (Taf. I Fig. 15) scharf und deutlich durch ein gut ausgebildetes Gelenk (A.Arvb) ab. Durch den Schädel treten als rein motorische Wurzeln, ganz nach Art der Nn. occipitales der Haie, 4 (Callorhynchus) oder 5 Nerven (Chimaera) von nach hinten zunehmender Dicke, die beiden vordersten im Bereiche der Vagusöffnung, die 2—» letzten hinter derselben die Schädelwand durchsetzend. Sensible Wurzeln finden sich nicht in 1) Die genauere, mit Abbildungen versehene Darstellung dieser Vorgänge steht noch zu erwarten. 2) Ich finde 11—12 Nerven bei Chimaera, somit 12—13 Wirbelelemente in diesem Anfangskomplex der Wirbelsäule. J. Mürter (1835, Taf. V Fig. 1) bildet 12 Nerven in der Ansicht von aussen ab. 19] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 367 diesem Bereiche; erst mit dem erwähnten Anfangskomplexe der Wirbelsäule be- geinnen sie. Auf den ersten Blick wird man geneigt sein, das Gelenk der Holo- cephalen mit demjenigen der meisten Selachier und damit die 4—5 erwähnten Nervenwurzeln mit den Nn. occipitales w, @, y, 2 resp. v, w, @, y, 2 der Notidaniden zu homologisiren. Die Holocephalen würden danach in der Zahl der oceipitalen Nerven den Notidaniden gleichstehen, würden aber in der Ausbildung des cranio- vertebralen Gelenks eine viel höhere Stufe als sie einnehmen. Die genauere Betrach- tung zeigt indessen, dass gerade die 2—) letzten Nerven mit ihrem sehr breiten, aus vielen Wurzelfäden bestehenden Ursprunge von der Medulla (vergl. Taf. I Fig. 15)'), sowie mit ihrer peripherischen Verbreitung, welche den ersten von ihnen zu einem erheblichen Theil, den resp. die letzten aber ganz in den Plexus brachialis eingehen lässt), beträchtlich von den occipitalen Nerven der Selachier abweichen. Dazu kommt, dass der bei sämmtlichen darauf untersuchten Selachiern von den Wirbeln entspringende M. levator scapulae bei den Holocephalen im Bereiche des Austrittes des letzten Nerven, bei Chimaera mit seiner ersten Zacke selbst zwischen den beiden letzten Nerven seinen Ursprung nimmt'); auch dies spricht durchaus gegen die speciell oceipitale Natur dieser letzten Nerven. Auf Grund dieser Befunde erblicke ich nur in den beiden ersten der 4—5 Nerven die Repräsentanten occipitaler Nerven und bezeichne dieselben mit y, 2, fasse dagegen die 2—3 letzten als dem Cranium erst sekundär einverleibte, occipito-spinale, Nerven auf und nenne sie a, b resp. a, b, ec”). Damit ist auch das Holocephalen-Gelenk zwischen dem Cranium derselben und der Wirbelsäule ein anderes als das der echten Selachier; es repräsentirt ein inter- vertebrales Gelenk und entspricht der Verbindung des 2. Wirbels mit dem 3., resp. des 3. Wirbels mit dem 4. der Selachier”). Gegen diese Deutung könnten der weit vorn, im Bereiche der Vagusöffnung stattfindende Durchtritt der beiden ersten und der Mangel dorsaler Wurzeln bei den 2—3 letzten Nerven geltend gemacht werden. Beiden Einwänden gegenüber ist zu betonen: 1) dass auch bei einigen ächten Selachiern (Acanthias, Scymnus, Cestracion, Galeus) y und z im Niveau resp. in der nächsten Nähe der Vagusöffnung durch den Schädel treten und dass bei den Holocephalen für diese vordere Lage der weit nach vorn gerückte Ursprung des M. subspinalis derselben (s. unten sub 7) als besonderes Causalmoment gelten kann; 1) Bezüglich dieser drei Punkte verweise ich des Weiteren auf die spätere Darstellung. 2, Von einem gewissen Interesse ist die Abweichung in der Zahl der oceipito-spinalen Nerven bei den bei- den so nahe verwandten Holocephalen. Was ist das Ursprüngliche? Ich bin geneigt, bei Chimaera mit ihrer Drei- zahl der oceipito-spinalen Nerven das ursprünglichere Verhältniss zu erblicken, und leite davon die Zweizahl bei Callorhynchus ab. Schon Chimaera zeigte eine ziemlich weit gegangene Verschmelzung von b und ec; nur der erste Ursprungszipfel des M. levator scapulae hält die Trennung aufrecht (Taf. 1V Figg. 4, 5). Bei Callorhynchus ist dieser Sehnenzipfel rückgebildet und darum haben sich 5 und ce zu einem einheitlichen Nerven vereinigt, den ich auf Taf. 1V Fig. 6 als 5 bezeichnete, der aber jedenfalls noch Elemente von ce in sich enthält und somit in Wirk- lichkeit 5 + c darstellt. Aehnliche Verschmelzungen oceipito-spinaler Nerven sind auch bei den Teleostiern zu beob- achten (s. bei diesen). Höchstwahrscheinlich hat sich die Assimilation von a, b, e bei Chimaera in der phylogene- tischen Vorgeschichte nicht mit einem Schlage, sondern ganz allmählich vollzogen; Bestimmtes lässt sich angesichts des Mangels von direkten Beweisen nicht darüber aussagen. 47* 368 Max FÜrRBRINGER [20 2) dass ebenfalls bei verschiedenen Selachiern (Odontaspis, Torpedo, Rhinobatus, Raja), ganz zu schweigen von anderen Abtheilungen der Wirbelthiere, die 2 bis 3 ersten Spinalnerven der sensibeln Wurzeln entbehren können. — Die Holocephalen nehmen durch diese Assimilation zweier bis dreier Spinalnerven und Wirbel in den Schädel- bereich gegenüber den eigentlichen Selachiern eine besondere Stellung ein, die aller- dings keine unvermittelte ist (Carcharias, Mustelus), zeigen aber zum ersten Male eine Einrichtung — SAGEMEHTS auximetameren Typus — wirklich fixirt, welche bei Ganoiden, Teleostiern, Dipnoern und Amnioten, hier z. Th. noch in höherem Grade, zur bleibenden Ausbildung gekommen ist. Einigen Nachdruck möchte ich hierbei, mit Rücksicht auf spä- tere Vergleiche, aufdie Dreizahl dieser occipito-spinalen Nerven der Holocephalen legen. 3. Ventrale und dorsale Wurzeln, Ursprung und Abgang von der Medulla, Beziehung zum N. vagus, intracranieller Verlauf. Taf. I—IV. Wie im Vorhergehenden angegeben, sind die oceipitalen und oceipito-spinalen Nerven ventralen motorischen Wurzeln der Spinalnerven homodynam. Die wahr- scheinlich bei den Vorfahren vorhandenen, ihnen zugehörigen dorsalen sensibeln Wurzeln sind vermuthlich in Folge der hohen Entfaltung der Rr. laterales der Nn. glossopharyngeus und vagus fast durchweg in Rückbildung gekommen; nur bei den Notidaniden findet sich die letzte, z° (Taf. I, Figg. 1, 3, 4, 5, 6), als regelmässiges Vorkommen '), wurde auch bereits von GEGEnBAUR (1872 p. 34) und vielleicht auch WırpersHneim (1893 p. 290) vermuthet?). Einmal sah ich sie auch als äusserst feines, aus nur wenigen degenerirten Nervenfasern bestehendes Fädchen bei Cestracion (A, Taf. I, Fig. 10). Ihre einstmalige Existenz bei den phylogenetischen Vorfahren der jetzt leben- den Selachier wird auch durch die ontogenetischen Untersuchungen in mehr oder minder hohem Grade wahrscheinlich gemacht. An diesen sind in erster Linie von van Wume (1882), Brarn (1886), Osrroumorr (1889), Rası (1889), Donrn (1890 A) und Horrmann (1894) betheiligt. Van Wıme (1882 p. 36, 42) vermisst speciell dem Hypoglossus angehörende Anlagen dorsaler Wurzeln; was sich in dem entsprechenden 1) Vergleiche über dieselbe auch die p. 364, 365 gemachten Ausführungen. 2) GEGENBAUR beschreibt an einem mit fünf Löchern für die oceipitalen Nerven versehenen Cranium von Hexanchus noch eine andere Oefinung, welche in gleicher Höhe mit dem Foramen pro vago und der Austrittsstelle der dorsalen Wurzel des ersten Spinalnerven liegt. „Das sich hier öffnende Kanälchen beginnt immer in ziemlicher Entfernung von dem Hinterhauptloche, kommt aber aussen dicht an der Verbindung mit dem ersten Wirbelbogen zum Vorschein. Es bleibt nur fraglich, ob ein Nery durch dasselbe hindurch tritt. An dem zur Untersuchung der Kopfnerven dienenden Exemplare von Hexanchus habe ich nichts hieher Bezügliches wahrgenommen“. WIEDERSHEIM bemerkt: „Auch bei einigen Selachiern scheinen im erwachsenen Zustand Hypoglossuswurzeln vorzukommen“; nach den vorausgehenden Mittheilungen meint er vermuthlich nicht die selbstverständlichen ventralen Wurzeln, sondern die dorsalen. Bi, 21] ÜEBER DIE SPINO-OCGCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOCEPHALEN ETC. 369 Gebiete (6.—9. Myotom) davon findet, bildet den Vagus. Doch thut er gleichzeitig an der letzten Wurzel eines „sympathischen“ Ganglions Erwähnung, welches danach von Donrn (1890 A p. 81) als ächtes dorsales Spinalganglion angesprochen, noch später aber (Donrs 1891 p. 29 ff.), wenn ich recht verstehe, unter Berufung auf van Wine's neuere Funde an den ventralen Spinalnervenwurzeln (van Wuns ISSS p. 76) als eine den motorischen Wurzeln eigenthümliche Ganglienanlage aner- kannt wird. Rast (1889 p. 230) kommt bezüglich des Ueberganges der dorsalen Wurzeln in den Vagus zu den gleichen Anschauungen wie van WiHE. BeArn (1886 p- 145) fügt seiner Angabe, dass der Hypoglossus der Elasmobranchier von den ven- tralen Wurzeln der 3 ersten Spinalnerven abzuleiten sei, noch hinzu: „The posterior roots are developped in the embryo, but afterwards abort.“ Da keine Abbildungen beigegeben sind, ist unklar, ob er für alle drei ventralen Wurzeln oder nur für einen Theil derselben zugehörige dorsale Wurzeln angelegt fand. Osrroumorr (1889 p. 364) beschreibt bei Pristiurus-Embryonen zwei Ganglien für die beiden letzten Wurzeln des Hypoglossus (y,2), ein vorderes kleineres und ein hinteres grösseres, die aber beide im embryonalen Zustande wieder verschwinden, das vordere früher als das hintere. Seine Befunde bestätigt Dourn (1890 A. p. 82, 83) für alle von ihm unter- suchten Selachier (Haie und Torpedo); er findet genau so viel Ganglienanlagen als ventrale Wurzeln vorhanden sind (cf. Brarp); die vorderste derselben bringt es jedoch nicht zu einem eigentlichen Ganglion, wohl aber die beiden folgenden, um darauf sich wieder zurückzubilden, ohne je Nervenfasern und dorsale Wurzeln zu bilden. Horrmann (1894 p. 650) endlich beobachtete für alle 4 Wurzeln des Hypoglossus vom Acanthias-Embryo dorsale Ganglienanlagen, von denen die erste in den Vagus eingehe, die beiden folgenden wieder verschwinden, die letzte endlich mit dem ersten Spinalganglion verschmelze '). — Meine eigenen Untersuchungen geschahen nur an mittelalten Embryonen von Acanthias und Mustelus, welche allein die Existenz einer zu z gehörigen dorsalen Ganglienanlage erkennen liessen; für dieses letzte Ganglion kann ich also die Angaben der angeführten Untersuchungen bestätigen. Auch giebt die Parallele mit den Notidaniden demselben reelle Geltung. Zu y oder x gehörende dorsale Ganglien fand ich bei meinen, dafür zu alten Stadien nicht, möchte auch ihr Vorkommen als wirklich gangliöse Gebilde bei jungen Embryonen in keiner Weise bezweifeln, aber mit einiger Vorsicht beurtheilen. Dass sehr frühe phylogenetische Vorfahren der jetzt lebenden Selachier solche besessen haben, ist mir nicht zweifelhaft; doch liegt darin ein cänogenetisches Moment, dass die Ontogenie diese Gebilde, von denen kein ausgebildeter Selachier eine Spur mehr zeigt, zur Anlage bringt, nicht aber die vor © gelegenen ventralen Wurzeln, welche bei den Noti- daniden und einzelnen pentanchen Haien (Centrophorus, Echinorhinus) sich noch er- halten haben’). Ferner halte ich den behaupteten Uebergang eines T'heiles dieser 1) Auch Frorıer (1871 p. 61 Fig. 4) bildet bei Torpedo drei ventrale Wurzeln ab, deren letzte mit einer dorsalen Wurzel verbunden ist. Da aber auf der genannten Figur die Grenzbestimmung zwischen Kopf und Wirbel- säule fehlt, ist der Befund an sich für die vorliegende Frage nicht verwerthbar. 2) Zur Erklärung kann man die relativ späte Ausbreitung der Rr. laterales vagi anführen. 370 Max FÜRBRINGER [22 Ganglien in den N. vagus zum Mindesten noch für sehr diskutabel. Angesichts dieser Bedenken und Diskrepanzen zwischen ontogenetischen und vergleichend-ana- tomischen Befunden erscheinen weitere Untersuchungen recht erwünscht. Wie schon Ronon (1577 p. 90 und 1578 p. 9) am klarsten dargethan und durch Abbildungen (1877 Taf. VII, Figg. 52, 62) illustrirt hat!) und wie die Nach- untersuchung leicht bestätigt, nehmen die Wurzelfäden der occipitalen Nerven von den Ganglienzellen der dem Vorderhorn der Spinalnerven vergleichbaren, ventro- medialen Zellensäule der Medulla oblongata ihren Ursprung und verlaufen von da ganz nach Art ventraler Spinalwurzeln in vorwiegend ventraler Richtung durch die weisse Substanz zur Peripherie des Markes, um hier gleich ihren spinalen Homodynamen zwischen Pyramiden resp. Vorder- und Seitensträngen auszutreten. Meist geschieht der Abgang in einem geschlossenen Nervenstrange, mitunter, na- mentlich bei den hinteren Oceipitalnerven, mit 2 bis 3 getrennten Wurzelfäden, die aber schnell zu einem einheitlichen Nerven zusammentreten. Bei Cestracion und den Carcharüdae wurde das letztere Verhalten des Oefteren beobachtet, aber auch bei anderen Haien nicht vermisst. Entsprechend der geringeren und nach vorn ab- nehmenden Stärke der occipitalen Nerven ist die ihnen Ursprung gebende, ventro- mediale Zellensäule schmäler als bei den Spinalnerven und verjüngt sich zugleich rostralwärts bis zu ihrem vorderen Ende, das ungefähr mit dem Abgange des vor- dersten Occipitalnerven zusammenfällt oder wenigstens nicht viel weiter nach vorn reicht. Wie es scheint, entspricht sie auch mehr dem medialen Gangliengebiete des Vorderhorns des Rückenmarkes (ähnlich wie dies GoroxowItsch 1585 p. 529, 530 für Acipenser dargethan) ; doch genügte mein mässig konservirtes Material nicht, um diese nur durch sehr sorgsam und an vortrefflich erhaltenen Gehirnen ausgeführte Untersuchungen zu entscheidende Frage sicher zu beantworten. Desgleichen entspringt und verläuft bis zu ihrem Austritte aus der Medulla die bei Heptanchus und Hewanchus vorhandene dorsale Wurzel des letzten Occipital- nerven (2°) ganz nach Art der dorsalen Wurzel eines Spinalnerven. Weder die ventralen noch die dorsalen Wurzeln der Occipital- nerven haben in ihrem Ursprunge irgend welche direkteren Beziehungen zu dem N. vagus, dessen motorische Fasern der ventro-lateralen Zellensäule und dessen sensible Elemente dem dorso-lateralen sensibeln Vaguskerne entstammen und auch in ihrem Verlaufe bis zur Peripherie der Medulla eine ganz andere, in vor- wiegend lateraler Richtung erfolgende, Bahn als die Occipitalnerven einschlagen. Ich verweise hinsichtlich dieser Vagusursprünge auch auf Ronon (1578 p. 8, 9, Taf. I, 1) Vor ihm thut Vıaunr (1876 p. 487) der ventralen Zellensäule Erwähnung, welehe den vorderen Wurzeln der Spinalnerven, dem Hypoglossus und den meisten motorischen Kopfnerven Ursprung gebe. Diese Angaben con- fundiren, wie es scheint, die ganz anders entspringenden und verlaufenden Bahnen der ächten Kopfnerven Trigeminus, Facialis, Glossopharyngeus und Vagus mit den hier vorliegenden. 23] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOCEPHALEN ETC. 371 Fig. 6), dem wir insbesondere den unzweideutigen Nachweis der ersten motorischen Vaguswurzeln verdanken'.. Bei dieser Verschiedenheit der Wurzeln des Vagus und der Wurzeln der Oceipitalnerven erwecken auch alle die Angaben, welche die zu Letzteren gehörigen embryonalen dorsalen Ganglienanlagen an dem Aufbau des Vagus Antheil nehmen lassen, von vornherein wenig Vertrauen (cf. p. 369, 370). Der Abgang der einzelnen occipitalen Nerven von der Medulla schwankt mit Rücksicht auf ihre mehr vordere (rostrale) oder mehr hintere (caudale) Lage nicht unerheblich, selbst innerhalb der Species und des Individuums (individuell und anti- mer. Das zeigen auch die von MixtucHo-Macray (1870, Taf. II Fig. 9, Hewanchus) und Ronon (1578, Taf III Fig. 14, Hewanchus; Taf. IIl Fig. 20, Mustelus) gegebenen Abbildungen. Aus dem zahlreichen beobachteten Detail sei nur Einiges hervorge- hoben; der Abgang der in longitudinaler Richtung zu ansehnlicher Ausdehnung erstreckten Vaguswurzeln diene hierbei zur topographischen Vergleichung?’: Der erste occipitale Nerv v (Hewanchus, Heptanchus) entspringt im Bereiche des Anfanges resp. des ersten Viertels der Vaguswurzel’); w geht bei Hewanchus und Heptanchus im Bereiche des dritten Viertels (Ende des dritten Fünftels resp. zweiten Drittels), bei Chlamydoselachus (Garman 1855, Pl. XVI, dagegen vor der Mitte der Vaguswurzel ab. Der Abgang von ® entspricht bei Hewanchus und Heptanchus zu- meist dem hinteren Ende des Vagusursprunges, er kann aber auch ein wenig vor oder hinter demselben liegen; bei C’hlamydoselachus wie bei den mit drei Oceipitalnerven versehenen Haien dagegen liegt er in der Regel etwas weiter vorn, in der Mitte (Centrophorus, Prionodon, oder wenig hinter der Mitte des Vagusursprunges (Seyllium, Prionodon). y geht bei Hewanchus und Heptanchus immer in einiger Entfernung vor dem hinteren (caudalen, Ende des Vagusursprunges, bei Chlamydoselachus und den mit drei Occipitalnerven versehenen Haien am Ende oder wenig hinter (caudal) dem- selben, bei den Arten mit zwei Occipitalnerven endlich in der Regel direkt hinter diesem Ende, mitunter (z. B. bei Rhina) auch etwas vor demselben oder selbst eine ansehnlichere Strecke davor (Holocephalen) ab. z endlich entspringt allenthalben caudalwärts hinter dem Bereiche des Vagusursprunges von der Medulla und zwar bei den Notidaniden in grösserer Entfernung von dessen hinterem Ende, bei den mit einem Oceipitalnerven allein versehenen Rochen, denen sich in dieser Hin- sicht die Holocephalen anschliessen, in grösserer Nähe dahinter: die übrigen Selachier reihen sich zwischen diese beiden Extreme. Aus diesen Beobachtungen resultirt das allgemeinere Ergebniss, dass die Ab- gangsstellen der oceipitalen Nerven keineswegs dem Vagusabgange gegenüber eine 1) Auch REICHENHEIM (1873, 1877) bildet dieselben bei Torpedo deutlich ab. Danach handelt auch FrırscH 1878 p. 70) über sie. 2) Bei der folgenden Darstellung sehe ich, Heranchus betreffend, ganz ab von dem hier weit caudalwärts reichenden besonderen letzten Wurzeltheil, welcher dem Accessorius Willisii vergleichbar ist (s. unten p. 373, 374). Schliesst man diesen Antheil mit ein, so liegen sämmtliche, auch der letzte, Oceipitalnerv im Bereiche des Ursprungs des Vago-Accessorius und der Letztere reicht noch weiter hinab als z. 3) Damit stimmt auch die Abbildung von MIkLucHo-MAcLAY überein, während ROoHoN » gar nicht wieder- giebt. Was auf des Letzteren Figur als erster Occipitalnery abgebildet wird, ist w, wenn nicht x. 972 Max FÜRBRINGER [24 unveränderliche Lage darbieten, sondern vielmehr in dem Maasse, als die vor- dersten (v, w etc.) sich rückbilden, in einem successiven Vorrücken nach vorn (rostralwärts) begriffen sind. So kommen die letzten (y, 2), welche bei den Notidaniden mehr oder minder weit hinter dem Vagusursprunge abgehen, bei den mit nur 3 oder 2 oceipitalen Nerven versehenen Haien dem Niveau des Vagus- ursprunges immer näher und können — wenigstens gilt dies für y — selbst in seinen Bereich, direkt ventral unter ihm, eintreten; entsprechende Verhältnisse der Vorwärtswanderung bietet © dar. Dieses successive Vorrücken der hinteren Nerven dürfte zu der Rückbildung der vorderen im wirklichen Causalnexus stehen; durch die Reduktion der Ursprungsbereiche der vorderen wird Platz für die Ausdehnung der hinteren nach vorn gewonnen; nach dem so entstandenen locus minoris resisten- tiae richtet sich das Vorwärtsdrängen derselben. Es ist klar, dass damit bemerkens- werthe Umwandlungen des Vorderendes der ventro-medialen Zellensäule verbunden sein müssen; die genauere Durchmusterung derselben dürfte zu nicht uninteressanten Resultaten führen. Der Vagusursprung wird durch alle diese Lageveränderungen nicht oder nur ganz unwesentlich berührt; er bildet ihnen gegenüber den konstan- teren Faktor. — Es liegt nahe, angesichts dieser zu beobachtenden Vorgänge anzu- nehmen, dass bei den Vorfahren der Notidaniden vor » noch weitere Oceipitalnerven u,t,s etc. existirt haben, die aber, gerade so wie v und w bei der Mehrzahl der pentanchen Haie, in vollkommene Rückbildung traten, auch bei den uns bekannten ausgebildeten Notidaniden zum Schwunde gekommen sind. Möglicher Weise mag die ontogenc- tische Untersuchung von Hewanchus und Heptanchus, die bisher wegen Mangels an Material unmöglich war, noch etwas von diesen postulirten Occipitalnerven nebst ihren Myotomen zeigen. Für weitere Spekulationen fehlt jedoch zur Zeit die sichere Grund- lage (übrigens vergl. die späteren Ausführungen sub 9). Die zu dem letzten occipitalen Nerven gehörige sensible Wurzel der Noti- daniden (z“) entspringt ähnlich der motorischen (z”) entfernt von dem caudalen Ende des Vagusursprungs (excel. den Accessorius-Antheil von Hewanchus). Wenn ich im Vorhergehenden sagte, dass der Vagusursprung gegenüber dem der oceipitalen Nerven den konstanteren Faktor bilde, so bezog sich das nur auf sein relatives Verhalten in dieser Beziehung. An sich bildet er keineswegs eine konstante Grösse, sondern zeigt bei den verschiedenen Selachiern vielmehr recht beträchtliche, den früheren Untersuchern (Srannıus 1849, MixwucHo-Macray 1870, GEGENBAUR 1871, Ronon 1878, Frirsch 1875 u. A.) genugsam bekannte Varlirungen. Es ist hier nicht der Ort, des Genaueren auf diese Ursprungsverhältnisse einzugehen; ich verweise hinsichtlich derselben auf die angeführte Litteratur. Hier sei nur kurz erwähnt, dass der Vagus mit einer sehr wechselnden Anzahl (2—20) dorso-lateral von der Medulla oblongata ausgehender Wurzelbündel beginnt, an denen man bei genauerer Untersuchung eine kleinere, mehr ventral gelegene, und eine grössere, die dorsale Hauptmasse ausmachende Gruppe, künstlich sondern kann; erstere enthält 192 [2,1 ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACUIER UND HOLOCEPHALEN BTC. 13 die motorischen Vagusbahnen, die für die Versorgung der den Seitenplatten ent- stammenden visceralen Muskulatur bestimmt sind, letztere seine sensiblen Elemente. Die Zahl der Wurzelbündel varürt nicht nur individuell, sondern auch meist antimer; eine genauere Zählung derselben stösst, wie schon GeGEnBaur (1871 p. 515) bemerkt, desshalb auf grosse Schwierigkeiten, weil die gröberen Bündel in wechselnder Weise wieder in feinere zerfallen können. Das erste, am meisten rostral gelegene, rein sensible Wurzelbündel bildet in der Regel einen gröberen Nervenkomplex, der aber immer erheblich kleiner als die Summe der folgenden Wurzelbündel ist; es reprä- sentirt den Ramus lateralis nervi vagi, dessen relative Selbständigkeit dem übrigen Vagus gegenüber schon von Roranno (1825)') und Srannıus (1549 p. 50) hervorge- hoben wurde und neuere Autoren, wie GoroNxowItscH (1858 p. 474)°”), Smorz (1859 p- 444), Ewarr (1889 p. 524—536), Miırropmanow (1892 p. 5, 1893 p. 199) u. A., selbst veranlasste, den N. lateralis als einen selbständigen Nerven gegenüber dem Vagus aufzufassen. Die Totalität der übrigen aus sensibeln und motorischen Nerven bestehenden Wurzelbündel bildet den Haupttheil des Vagus, seinen Ramus branchio- intestinalis, der das Visceralskelet und die Eingeweide versorgt; meist nimmt ihre Dicke nach hinten (caudalwärts) ab, auch sind die letzten nicht selten lockerer an- geordnet, d.h. mehr oder minder von einander entfernt oder zu einem kleineren, von den mehr vorderen Bündeln etwas abgetrennten Bündelkomplexe gruppirt, so individuell bei Hewanchus (Grsensaur 1871, Taf. XIII Fig. 2, Rosox 1877, 'Taf. III Fig. 15, eigene Untersuchung), Chlamydoselachus (Garman 1885, Taf. XVI Fig. A, B), Carcharodon (Pırker 1887, Taf. VII Fig. 22, 23), Carcharias (Romon 1887, "Taf. I Fig. 6), Rhina (Ronon 1887, Taf. I Fig. 2) etc. Die Abgangsrichtung der Wurzelbündel des Vagus ist eine in der Hauptsache meist schräge, descendente, d. h. von vorn (rostral) nach hinten (caudal) und lateral gehende, wobei die ersten in einem longitudinal-descendenten, die letzten in einem descendent-transversalen Verlaufe nach aussen streben und sich zum Vagusstamme sammeln. Nicht selten verlaufen auch die letzten (am meisten caudalen) Bündel transversal, so bei Heptanchus (eig. Unters.), Chlamydoselachus (Garman 1555, Taf. XVI Fig. A, B), Acanthias individuell (Mixtucno-Macray, Taf. I Fig. 1), Carcharias (Mix- zucHo, Taf. IV Fig. I, Ronon, Taf. I Fig. 6, eig. Unters.), Zygaena (Mıxwucno, Taf. IV Fig. 2, eig. Unters.), Rhina (Mixtucno, Taf. I Fig. 9, eig. Unters.), Raja sp. (Mix- rucHo, Taf. III Fig. 7), Raja batis (Mixwucno, Taf. III Fig. 5), Raja Schultzu (Ronon, Taf. II Fig. S), oder ascendent, und zwar so bei Hewanchus (GeGEenBaurR 1871, Taf. XIII Fig. 2, Rormon, Taf. III Fig. 15, eig. Unters.), Heptanchus individuell (eig. Unters.), Carcharodon (Parker 1887, Taf. VII Figg. 22, 23), Scymnus (Cuvier-Dunerm 1536 p- 462, eig. Unters.), Oxyrrhina (Mixwucno, Taf. IV Fig. 3), Carcharias (Mixwucno, Taf. II Fig. 11, eig. Unters.), Rhina (Cuvier-Dumerın 1836 p. 452). Namentlich bei 1) RorAnDo beging, wie schon Sranxtus (1847 p. S0) hervorhob, den Irrthum, diese Wurzel mit dem eigent- lichen N. pneumogastrieus in Verband zu bringen. 2) Die Auffassung von GORONOWITSCH geht von der Untersuchung der Kopfnerven von Aeipenser aus. Festschrift für Gegenbaur. III. 48 374 Max FÜRBRINGER [26 Hewanchus ist dieser ascendente Verlauf der letzten Ursprungsbündel sehr ausgeprägt; bei einem von Ronoxn untersuchten Exemplar (1577 p. 65) sollen dieselben bis in die Gegend des 3. bis 4. Halswirbels hinab entspringen; Romon bezeichnet sie im Einvernehmen mit Craus als N. accessorius Willisii. Zu ähnlichen Deutungen gelangten schon Dumerı (Cuvier-Dumerı 1536 p. 462) und Owen (1566 p. 307), welche die letzten Ursprungsfascikel des Vagus gleichfalls dem Accessorius Wilisii vergleichen, während die Mehrzahl der Autoren die Ausbildung dieses 'Theiles des gemeinsamen Vago-accessorius erst für die höheren Vertebraten in Anspruch nahm. Auch ich habe diese weit herabreichenden und in recurrentem Verlaufe sich dem übrigen Vagus anschmiegenden Bündel bei zwei Exemplaren von Hewanchus gesehen, vermag sie aber nicht so weit caudalwärts wie Ronon, sondern nur bis zum Niveau des 1. Wirbels, jedenfalls aber bis in den Bereich des Ursprungs der beiden ersten Spinalnerven zu verfolgen. Sie stehen aber, wie ich mich durch eine sorgfältige Son- derung überzeugen konnte, zu dem bei Hervanchus besonders kräftig entwickelten M. trapezius im Konnex und können sonach ohne Zweifel mit dem Accessorius Willisii der höheren Vertebraten homologisirt werden. Aechnliche, wenn auch minder aus- geprägte Beziehungen bieten Heptanchus und die Carcharüdae dar. Dass diese letzten ascendenten Fascikel nicht wie bei den Amnioten so weit zwischen die dorsalen und ventralen Wurzeln der Spinalnerven hinabreichen, bildet keinen ernstlichen Gegen- grund gegen die erwähnte Homologisirung, sondern findet darin seine Erklärung, dass bei den Selachiern der Process der rostralwärts gehenden Vorwärtsbewegung der spinalen Nervenelemente noch nicht so weit vorgeschritten ist wie bei den Am- nioten'). Dass übrigens der Accessorius Willisii so innig zu dem Vagus gehört, dass man ihn füglich nicht von diesem trennen, sondern dass man beide zum Vago- accessorius vereinigen soll, ist durchaus meine Auffassung und folge ich darin voll- kommen den Anschauungen, welche Srtansıus (1849, 1853) und insbesondere GEGEN- Baur (1571, 1874, 1878, 1887 etc.) zu wiederholten Malen ausgesprochen und be- gründet haben. Demgemäss kann ich mich in keiner Weise denjenigen Autoren anschliessen, welche, wie Srönr (1881), WıEpErsHEIM (1883—18S93), BERANEcK (1884), Curarucı (1889), Marrın (1S91) u. A., ihn als spinalen Abkömmling dem Vagus s. str. gegenüberstellen. Der Vago-accessorius ist ein primordialer Hirnnerv, der mit Spinalnerven nichts zu thun hat'). Ebenso wenig kann ich mich natürlich mit den Deutungen von PHinippeaux et Vunrıan (1853, 1554) und Jackson and Crark (1876) befreunden, welche in den Oececipitalnerven die Homologe des Accessorius Willisii der höheren Vertebraten erblicken. Der intrakranielle Verlauf der occipitalen Nerven von dem Abgang von der Medulla bis zum Eintritt in die Schädelwand erfolgt durchgehends in ventro- I) Ueber alle diese Fragen wird später noch im Zusammenhange zu handeln sein. 27) ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 375 lateraler Richtung, derart, dass die Nerven von ihrem der Mittellinie genäherten Ursprunge aus schliesslich den lateralen Bereich der oceipitalen Schädelbasis er- reichen. Dieser Verlauf erfolgt aber nur z. Th. in rein transversaler Richtung; zu- meist streben die mehr vorderen Nerven zugleich schräg nach hinten (caudalwärts), also in einer descendenten Richtung, können aber auch einen transversalen und selbst einen schwach nach vorn gerichteten, ascendenten Verlauf darbieten; die mehr hinteren Nerven verlaufen transversal oder mässig descendent oder schwach ascendent. Die stärkste Descendenz wurde bei v, w und z. Th. auch v von Hewanchus und Heptanchus beobachtet; die Nerven bilden hier mit der Längsachse einen Winkel von 60— 50°"). Bei den übrigen Haien wurde © bald mässig oder geringgradig descendent (Seyllium) °), bald transversal bis selbst schwach ascendent (Centrophorus, Scymmus) gefunden; y zeigt einen transversalen oder ganz schwach descendenten oder ebenso geringgradigen as- cendenten Verlauf; x endlich bietet ein ähnliches Verhalten wie y dar. — Bestimmte Regeln vermag ich aus diesen Verschiedenheiten nicht abzuleiten. Aber durchweg gilt, dass selbst in den Fällen relativ grösster Descendenz bei den vordersten Nerven (Notidaniden) die hochgradig descendente Verlaufsrichtung der vorderen (rostralen) Ursprungsbündel des Vagus nicht erreicht wurde. 4. Durchtritt durch die Schädelwand. Taf. I, Taf. I Fig. 1, 2, Taf. IH Fig. 11, Taf. IV. Wie bekannt und insbesondere durch Gesexgaurs zahlreiche Abbildungen (1878, Taf. IV—VH, vg.) des Genaueren illustrirt wird, erfolgt der Eintritt der oceipitalen Nerven in die Schädelwand bei den Selachiern getrennt von dem Vagusloche‘) in einer ventral resp. ventro-caudal von demselben gelegenen Linie, welche meist caudalwärts schwach aufsteigt- (dorsalwärts geht). Die vorliegenden Untersuchungen konnten diese Wahrnehmungen in der Haupt- sache bestätigen: während die Eintrittsöffnungen der vorderen Occipitalnerven sich durchweg in ventraler Lage von der Vagusöffnung befinden, liegt diejenige von z meistens so hoch, dass sie die (dorso-ventrale) Höhe des Vagusloches annähernd oder ganz erreicht und somit in mehr oder minder rein longitudinaler Richtung hinter derselben zu finden ist. Doch kann auch dieses Aufsteigen unterbleiben, somit eine rein horizontale Richtung der Reihe der Eintrittslöcher zur Beobachtung kommen 1) Damit steht auch die Romox’sche Abbildung von Hexanchus (1877 Taf. III. Fig. 14) im Einklang, während MIKLucHO-MaAcLAY (1870 Taf. II. 9) bei den von ihrem Durchtritt durch den Schädel abgetrennten Nerven desselben Thieres eine viel zu grosse Descendenz (welche selbst diejenige der vordersten Wurzelbündel des Vagus übertrifft) abzeichnet. 2) Romox (1877 Taf. III. Fig. 20) bildet bei Seyllium eine etwas stärkere Descendenz ab. 3) Nur für Centrophorus und Seymnus beschreibt GEGENBAUR (1872 p. 34) eine partielle Einmündung der Kanälchen für y in den Vaguskanal. Das Gleiche giebt Romon (1877 p. 64) für Hexanchus und Scyllium an. 48* 376 Max FÜRBRINGER [28 (Heptanchus e. p., Cestracion, Mustelus e. p., Galeus e. p., Prionodon). Abweichend ver- halten sich die Holocephalen, bei welchen einer oder beide Occipitalnerven (y, 2) gemeinsam mit dem Vagus die Schädelwand durchsetzen. Die gegenseitige Entfernung der Eintrittsöffnungen von »v bis z ist eine derartige, dass kein Zweifel bestehen kann, dass es sich hier wirklich um separate Nerven handelt; doch ist sie keine ganz gleiche. Bei Hewanchus (Taf. I Fig. 1, 3, 4) wurde eine grössere Entfernung von v: w und y:z beobachtet. Bei Heptanchus wechselten die Entfernungen sehr erheblich nach den verschiedenen Individuen: bald (A.r, Taf. I Fig. 5) fand sich die grössere Entfernung bei v:w und w: x und die kleinere bei @:y und y:z, bald (A.l, B, C, Taf. I Fig. 6) warenv: w, w: x und @:y einander etwas mehr genähert als y:z. Bei Centrophorus calceus (mit 4 oceipitalen Nerven, Taf. I Fig. 7) waren die drei ersten einander etwas mehr genähert als y:: z. Bei den Arten mit 3 Occipitalnerven boten Centrophorus granulosus und Scylkum annähernd gleiche Entfernungen, Cestracion (Taf. I Fig. 10) eine etwas grössere, Galeus (individ.) selbst eine dreimal grössere Annäherung von ©: y im Vergleich mit y:z dar. Die Entfernung des letzten Occipitalnerven 2’ von der motorischen Wurzel des ersten Spinalnerven 1’ wurde fast allenthalben — nur ein Exemplar von Cestracion verhielt sich abweichend — grösser als die der Occipitalnerven unter einander : Ss gefunden'). Aus diesen Beobachtungen resultirt somit: I) in der Hauptsache eine grössere /usammendrängung der Eintrittsöffnungen der occipitalen Nerven in die Schädelwand im Vergleich mit denjenigen der Spinalnerven in die Wirbelsäule, 2) in den meisten Fällen entweder die gleiche Entfernung zwischen den Oeffnungen für die Oceipital- nerven oder auch eine grössere Annäherung derjenigen für die vorderen im Ver- gleich zu den hinteren; nur Hewanchus (und e. p. 1 Exemplar von Heptanchus) mit der grösseren Entfernung der beiden ersten Occipitalnerven von einander bildete eine bemerkenswerthe Ausnahme. Ich erblicke in der Annäherung der vorderen (rostralen) Nervenlöcher eine Partialerscheinung der schon oben (p. 361, 372) angegebenen Reduktion der vorderen und des damit möglich gewordenen Vorwärtsdrängens der hinteren (caudalen) Elemente, die sich somit auch in der Konfiguration der bezüglichen Schädelgegend, — der eine gewisse gewebliche Bildsamkeit nicht abgesprochen werden kann und die wegen ihrer geringeren Leistungsfähigkeit eine geringere Resistenz als die hinteren funktionell bedeutsameren Skelettheile darbietet — dokumentirt. Weiterhin kann möglicher Weise auch die Zusammenziehung der ursprünglich jedenfalls weiter in die Länge ausgedehnten Vagusöffnung auf die Lage der benachbarten Oeffnungen für die Occipitalnerven von einigem Einfluss gewesen sein’). Endlich kommt hierbei als 1) Weiterhin war auch meist die Entfernung der beiden ersten Spinalnerven von einander grösser als die von z:1. 2) Auf die Frage nach der ursprünglichen Beschaffenheit der Vagusöffnung bei den frühen Vorfahren der Selachier, namentlich mit Rücksicht darauf, wie weit dieselbe damals in die Länge ausgedehnt war und durch ein 29] ÜBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOGEPHALEN ETC. ayrerl bildender Faktor die peripherische Plexusbildung der occipitalen und spinalen Nerven in Frage, ein Punkt, auf den weiter unten noch einzugehen sein wird. Für die beiden letzten der geltend gemachten Momente kann aber gerade das Ausnahme- verhalten bei Hexwanchus (und Heptanchus) als Bestätigung dienen: die Oeffnung für v liegt ziemlich weit rostral vor dem Bereiche des Foramen pro vago und der Nerv v nimmt peripherisch nicht an der Plexusbildung direkten Antheil. Der Eintritt der einzelnen oceipitalen Nerven mit Rücksicht auf ihre relative rostro-caudale Lage zu der Vagusöffnung geschieht bei den eigentlichen Se- lachiern derart, dass die vordersten derselben ventral vor (rostral von) dem Vagus- loch, die mittleren direkt ventral unter derselben und die hinteren ventral hinter (caudal von) ihr in die Schädelwand eingehen. Auch hier sind neben dem Wechsel der Arten individuelle und antimere Variirungen ausserordentlich häufig zu be- obachten; wegen ihrer geringen Wichtigkeit verzichte ich auf die Wiedergabe der bezüglichen Beobachtungen. Die Oeffnung für v liegt stets ventro-rostral von dem Vagusloche, in ziemlich beträchtlicher Entfernung von ihr, bald von dem vorderen Rande des Foramen pro vago und von dem hinteren des Foramen pro glossopharyngeo ungefähr gleich weit entfernt (Hewanchus A, Taf. I, Fig. 3; Heptanchus A, Fig. 5), bald dem ersteren etwas mehr genähert (Hewanchus Br, Heptanchus Br)'). Die Lage der Oeffnung für w entspricht bei beiden Notidaniden und bei Centrophorus calceus ungefähr dem vorderen Rande des Vagusloches; entweder findet sie sich hierbei direkt unter ihm, oder zugleich etwas vor ihm (Hewanchus, Taf. I, Figg. 1, 3; Heptan- chus, Fig. 5; Centrophorus Fig. 7), oder zugleich mehr oder weniger hinter ihm (Heptanchus, Taf. I, Fig. 6); die bisher beobachteten Verhältnisse lassen hierbei keine bestimmte Regel erkennen. Die Oeffnung für ® liegt bei den Notidaniden entweder unter dem hinteren Rande des Vagusloches (Taf. I, Figg. 1, 3) oder etwas hinter demselben (Taf. I, Figg. 4, 5, 6), ebenso verhält sich Centrophorus calceus (Taf. I, Fig. 7); bei den mit nur drei Occipitalnerven versehenen Selachiern wurde sie in der Regel weiter vorn gefunden, bald noch vor dem Niveau des vorderen Randes des Foramen pro vago (einmal bei Scyllium, Taf. I Fig. 9), bald direkt unter ihm (zweimal bei Scyllium, Taf. I Fig. 8), bald gleich hinter diesem Niveau (Oentrophorus granulosus A, Galeus?), Prionodon, Taf. I, Fig. 11), bald annähernd unter der Mitte des Vagusloches (einmal bei Prionodon), und je einmal knapp vor (Prion. melanopterus) oder knapp hinter Multiplum von auf einander folgenden Nervenlöchern repräsentirt wurde, gehe ich hier nicht ein und verweise auf GEGENBAURr’s bekannte Ausführungen darüber (1871 p.533f und 1872 p. 264—280), sowie seine späteren die ventralen Vaguswurzeln betreffenden Einschränkungen (1887). Uebrigens bemerke ich zu der von mir oben angeführten Kor- relation zwischen der Umbildung der Vagusöffnung und der Lage der oceipitalen Nervenkanälchen, dass dieselbe für mich einen noch fraglichen Faktor vorstellt, lediglich eine Möglichkeit bedeutet, da an sich Vagus und oceipitale Nerven durchaus von einander unabhängige Nerven sind, und da über ein eventuelles zeitliches Zusammentreffen der Zusammenziehung des Vagusdurchtritts und der suecessiven Einverleibung der occipitalen Nerven in den Schädel- bereich, sowie ihre von vorn her beginnende Rückbildung bisher kaum mehr als Vermuthungen gehegt werden können. Auch auf diese Frage wird später voch einzugehen sein. 1) So auch auf GEGENBAURr’s Figur von Hezanchus (1872, Taf. IV. Fig.2, wo der Nerv mit X bezeichnet ist). 2) Hier war auch das Loch für den sehr feinen Nerven der Vagusöffnung sehr genähert. 978 I Max FÜRBRINGER [30 (Cestracion, Taf. I Fig. 10) dem hinteren Rande desselben. Die Oeffnung für y be- findet sich meist ventro-caudal in einiger Entfernung hinter dem hinteren Rande des Foramen pro vago, bald weiter (Hexanchus Ar., Taf. I Fig. 3, B. C. Taf. I Fig. 4; Heptanchus, Taf. I Figg. 5, 6; Centrophorus calceus, Taf. 1 Fig. 7; Cestracion A, Taf. I Fig. 10; Rhina) bald minder weit von demselben abliegend (Hewanchus Al, Taf. I Fig. I; Centrophorus granulosus, Scyllium, Cestracion B, Prionodon, Taf. I Fig. 11; Spinaw, Taf. I Fig. 12; Acanthias, Taf. 1, Fig. 13), doch kommt sie auch nicht selten direct unter oder selbst vor dasselbe (Acanthias, Scyllium, Mustelus, Galeus, Prionodon, Zygaena). Die Oeffnung für z endlich liegt stets hinter dem Vagusloche, in wechseln- der Höhe und Entfernung. Durch eine ventrale Lage (ventro-caudal von dem Vagus- loch) sind insbesondere Heptanchus (meiste Exemplare), Scyllium, Cestracion, Prion- odon und Rhina, namentlich aber Scymnus gekennzeichnet, während der Nerv bei Hexanchus (Al, Taf. I Fig. 1), Heptanchus (A I, C, Taf. I Fig. 6), Centrophorus calceus (Taf. I Fig. 7), Spinax (Taf. I Fig. 12), Acanthias, Cestracion (A, Taf. I Fig. 10, B), Mustelus, Galeus, Prionodon e. p. (Taf. I Fig. 11) in der Höhe des ventralen Randes des Foramen pro vago, bei Hexanchus (A r, Taf. I Fig. 3; B, C, Taf. I Fig. 4), Pristis und Rhynchobatus (Taf. I Fig. 14) in dem Bereiche der Höhe der ventralen Hälfte des Vagusloches in die Schädelwand eintritt. Die (rostro-caudale) Entfernung von der Vagusöffnung ist bei den Notidaniden, Centrophorus calceus, den meisten Selachiern mit drei Occipitalnerven und unter den mit nur zwei solchen Nerven versehenen Spinaw (Taf. I Fig. 12), Acanthias indiv. (Taf. I, Fig. 13), Cestracion (Taf. I Fig. 10), Mustelus, Galeus, Rhina eine beträchtliche, bei den mit zwei Oceipital- nerven versehenen Acanthias (indiv.), Scymnus, Cestracion (B), Galeus (Bl) eine mittlere und endlich bei den nur einen occipitalen Nerven besitzenden Rochen') Pristis, Rhinobatus, Rhynchobatus (Taf. I Fig. 14) und T’rygon eine geringe; immer liegt der Nerv dem Schädelende mehr oder minder genähert, befindet sich selbst bei Cestracion (A, Taf. I Fig. 13) wahrscheinlich in Folge einer partiellen Reduktion des hinteren Schädelendes in einem nach hinten geöffneten Ausschnitte desselben. In diesen Befunden giebt sich ebenfalls ein successives Vorrücken der Oeffnungen für die hinteren Oceipitalnerven in dem Maasse, als die vorderen Nerven in Rückbildung treten, deutlich zu erkennen. Die Eintrittsöffnung der sensibeln Wurzel des letzten oceipitalen Nerven z° der Notidaniden und des einen Exemplars von Cestracion liegt in schräger Lage zur Oeffnung der zugehörigen motorischen Wurzel 2’, dorsal und caudal hinter ihr, und zwar bei Hewanchus etwas mehr caudal als bei Heptanchus, während Cestracion zwischen beiden steht. Bei Hewanchus befindet sie sich zugleich im Schädel (A, Taf. V Figg. 1, 3, B) oder im vorderen Bereiche des von demselben abgegliederten Intercrurale (C, Taf. I Fig. 4), bei Heptanchus (A, Taf. I, Fig. 5) am hinteren Rande 1) Bei Torpedo, wo bei einem jungen Exemplare von 25 cm Körperlänge z äusserlich als ganz feiner Faden nachgewiesen wurde, gelang es wegen ganz mangelhafter Konseryation der Schädelhöhle nicht, den inneren Eintritt des Nerven in die Schädelwand aufzufinden. 31] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 379 des Cranium, bei Heptanchus (C, Taf. I, Fig. 6) am Vorderrande des Intercrurale, bei Cestracion (A, Taf. I. Fig. 10) knapp vor der Mitte des Intercrurale. Bei den Holocephalen treten die Occipitalnerven, wie schon erwähnt, nicht durchweg durch gesonderte Löcher. Bei Callorhynchus (Taf. IV, Fig. 6) geschieht dies noch für x, welcher in allernächster Nachbarschaft von dem ventro-caudalen Be- reiche der Vagusöffnung separat den Schädel durchsetzt, während y dem Vagus ventro-rostral anliegend gemeinschaftlich mit ihm verläuft; bei Chimaera (Taf. 1, Fig. 15, Taf. IV, Fig. 4) gehen y und z durch das Foramen pro vago, und zwar liegen sie hierbei dem Vagus ventral dicht an, y im rostralen, 2 im caudalen Be- reiche der gemeinschaftlichen Oeffnung. Der oben (p. 377 Anm. 2) besprochene Fall von Galeus, wo der Nerv « nur durch eine ganz schmale Knorpelbrücke von dem Foramen pro vago getrennt in die Schädelwand eintritt, sowie die von GEGENBAUR und Ronon angegebenen Fälle eines partialen gemeinschaftlichen Durchtrittes des Vagus mit Oceipitalnerven (s. p. 375 Anm. 3)') vermitteln die Befunde bei den Holo- cephalen mit denen bei den Selachiern. Die darauf folgenden, dem Schädel neu assimilirten, occipito-spinalen Nerven a, b und ec (resp. a, b + c) treten hinter der Vagusöffnung durch gesonderte Kanäle, verhalten sich somit in dieser Hinsicht wie y und x der Notidaniden und einiger anderen Selachier. Der Durchtritt der Oceipitalnerven durch die Schädelwand erfolgt bei den eigentlichen Selachiern in von dem Vagusloche gesonderten Kanälchen?), bei den Holocephalen, wie oben erwähnt, ganz oder z. Th. gemeinschaftlich mit diesem Nerven. Dementsprechend geben sich bei den Selachiern auch die Austrittsstellen der Nn. occipitales an der Aussenfläche des Schädels als von dem Vagus-Austritte ge- sonderte Oeffnungen zu erkennen. Doch kann während des Durchtrittes in einzelnen Fällen eine grössere Annäherung an den Vagus geschehen, so dass die Aus- trittsöffnung der Occipitalnerven in allergrösster Nähe von derjenigen des Vagus (Seyllium indiv., Galeus indiv.), mitunter auch (Cestracien) in einer gemeinschaftlichen Grube mit ihr zu liegen kommt. Der Durchtritt der einzelnen Nn. occipitales erfolgt in den von mir untersuchten Fällen’) kaum jemals in rein paralleler Richtung (zwei Exemplare von Heptanchus, auch Rhina kommen derselben allerdings nahe), sondern in der Regel derart, dass die Nerven während ihres Durchtrittes nach aussen kon- vergiren‘). So beträgt z. B. bei Hewanchus (Taf. I Figg. 1, 2) die Distanz der ersten 1) GEGENBAUR und ROHoN führen Fexanchus, Centrophorus, Seymnus und Seyllium an; ich fand bei meinen Exemplaren überall gesonderte Kanälchen. 2) Abgesehen von den von GEGENBAUR und RoHon angegebenen Fällen einer partiellen Vereinigung. 3) Da diese Art der Untersuchung nur durch successives Zerlegen der oceipitalen Schädelbasis direkt aus- zuführen war, somit viel Material kostete, so konnte ich nur einen Theil der mir zu Gebote stehenden Thiere in dieser Weise untersuchen. Indirekt, durch genaue vergleichende Messungen der Eintritts- und Austrittsöffnungen waren aber auch zahlreiche Aufschlüsse zu erlangen. 4) Bei Prionodon glaucus wurde in einem Falle (Taf. III. 11) ein Austritt von y mit zwei Wurzeln, die sich bald vereinigten, gefunden. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine sekundäre Spaltung während des Durch- trittes durch die Schädelwand. Leider musste die genauere Untersuchung des bezüglichen Verhaltens, welche mit einer Opferung des Schädels verbunden gewesen wäre, unterbleiben. 380 MAx FÜRBRINGER [32 und letzten occipitalen Nervenöffnung an der Innenfläche der Schädelwand 22 mm und an der Aussenfläche derselben 15 mm; die Nerven rücken somit während ihres Durchtrittes um ein Drittel näher. Eine ungefähr entsprechende Annäherung wurde bei Centrophorus, Scymmus, Prionodon gefunden. In gewissen Fällen ist die Kon- vergenz bedeutender und führt schon innerhalb der Schädelwand zu einer Vereini- gung der einzelnen Nerven; so finde ich z. B. bei Scyliium A (Taf. I Fig. S) ein /Zusammentreten von @ 4 y zu einem Nerven, somit 3 Eintritts-, aber nur 2 Austritts- öffnungen, bei Scylium B (Taf. I Fig. 9) selbst eine Verbindung aller drei Oceipital- nerven, also 3 Eintritts-, aber nur eine Austrittsöffnung; ähnlich verbinden sich bei Acanthias (Taf. I Fig. 13) y und z knapp vor dem Austritte. Die Richtung der Durchtrittskanäle ist im Allgemeinen eine schräge, nach unten (ventral), lateral und hinten absteigende. Doch geschieht der Durchtritt der einzelnen Nerven da, wo er nicht gerade zur Verschmelzung oder zu sehr grosser Annäherung der Oceipitalnerven führt, nicht in einer ebenen, sondern in einer windschief gelegenen Fläche, derart, dass die vorderen Nerven mehr in ventralwärts, die hinteren mehr in caudalwärts gerichtetem Verlaufe durch den Schädel dringen. Dem entsprechend ist die Linie der Austrittsöffnungen eine mehr von vorne nach hinten aufsteigende (dorso- caudal gerichtete) als diejenige der mehr in horizontaler Reihe gestellten Eintritts- öffnungen; 2’ kommt dem Höhenniveau des Austrittes der ventralen Wurzeln der spinalen Nerven nahe oder erreicht dasselbe (vergl. für Hewanchus Taf. I Figg. 1 und 2, sowie für Heptanchus Taf. I Figg. 5, 6 und Taf. I Fig. 1; ferner Laemargus Taf. Il Fig. 2 und Mustelus Taf. IV Fig. I). Da zugleich der Vagus in ähnlichem Verlaufe, aber unter Bevorzugung der lateralen Richtung den Schädel durchsetzt, so finden sich die Austrittsöffnungen der vorderen Occipitalnerven vorwiegend ventral, die- jenigen der hinteren caudal und medial von seinem Austritte (Taf. I Fig. 2, Taf. II lea 1,72). Die sensible Wurzel des letzten occipitalen Nerven der Notidaniden z° läuft dorsal von der zugehörigen ventralen =’ in ähnlicher Richtung wie diese durch den Schädel resp. das erste Intercrurale; doch zeigt sich auch hier eine Annäherung und zugleich eine minder schräge gegenseitige Lage der Austrittsöffnungen beider (Hexanchus, Taf. I Figg. 1 und 2; Heptanchus, Taf. II Fig. 1). Alle diese Konvergenzen der Occipitalnerven während ihres Durchtrittes durch die Schädelwand finden ihre Erklärung in der peripherischen Plexus- bildung, welche die occipitalen und spinalen Nerven mit einander eingehen. Bei den Notidaniden, aber auch bei einzelnen pentanchen Haien (z. B. Laemargus, Ech- norhinus, Mustelus individuell) und den Holocephalen nimmt der erste Occipitalnerv meist an der Plexusbildung keinen oder nur untergeordneten Antheil und geht ge- wöhnlich direkt zu dem von ihm versorgten Abschnitte des lateralen Rumpfmuskels und dem M. subspinalis; da aber auch er von den erwähnten Konvergenzerscheinungen keine wesentliche Ausnahme bildet, so bin ich geneigt, die Ablösung dieses Nerven aus dem Plexus-Verbande als eine mehr sekundäre Erscheinung zu deuten (Weiteres darüber im nächsten Abschnitt.) 33] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 381 5. Peripherisches Verhalten der oceipitalen und occipito-spinalen Nerven, Plexusbildung mit den Spinalnerven (Plexus cervicalis), Verhalten zur Rumpfmuskulatur, Plexus cervicalis und brachialis, peripherische Anastomose mit dem N. vagus. az DIT Ve: Das peripherische Verhalten der oceipitalen und oceipito-spinalen Nerven ist von verschiedenen Autoren behandelt, in seinen Beziehungen zu den Spinalnerven aber erst nach und nach richtig erkannt worden. Srannıus (1849 p. 83) lässt die Occipitalnerven nach dem Austritt aus ihren Kanälen in die Nervenmasse des Vagus übergehen und vermuthet, dass die vom Vagus abgehenden feineren Zweige, welche den, über dem äusseren Kiemenkorbe gelegenen, die Schulter vorwärts ziehenden Muskel (wahrscheinlich ist der M. trapezius gemeint) versorgen, wohl Elemente dorsaler Wurzeln enthalten. Ueber die ersten Spinalnerven handelt er an anderer Stelle (1549 p. 122): bei den Haien verbinden sich die beiden ersten Spinalnerven zu einem Stamme, der bald durch den Ramus anterior des dritten Spinalnerven verstärkt wird; dieser Stamm verläuft nach Abgabe eines Astes zur Vorderextremität längs dem Vorderrande des Schultergürtels und versorgt die Muskulatur zwischen diesem und dem Zungenbein, sowie den M. sterno- mandibularis. Bei Raja clavata vereinigen sich die 16 ersten Spinalnerven zu einem Stamm, der die vordere Extremität und die vom Schultergürtel nach den Zungenbein- Knorpeln, dem Kiefer-Suspensorium und der Mandibula sich erstreckende Muskulatur versorgt. In der Zootomie des gleichen Autors (1853 p. 142, 148) werden diese Befunde im Auszuge mitgetheilt; sie beherrschen auch die Mittheilungen der folgenden darüber handelnden Autoren (GEGENBAUR 1871 p. 522, Verrer 1874 p. 450, 452, 453, Sıcrment 1885 p. 102), von denen der erstere die „unteren Vaguswurzeln“ sich mit dem Vagus verbinden lässt, die letzteren die ventrale Längsmuskulatur (Mm. coraco-arcuales) von den zwei ersten Spinalnerven versorgen lassen. Mit den mustergültigen Untersuchungen von Jackson and Urarke (1576 p. 97 bis 99) beginnt die genauere Kenntniss des peripherischen Verhaltens der Occipital- nerven. Diese Autoren beschreiben 4 occeipitale Nerven bei Echinorhinus, deren erster sich selbstständig verästelt, während die drei anderen mit den 5 ersten Spinal- nerven sich zu einem Stamm (,„cervical cord“) vereinigen, der auch mit einem hinter dem vierten Visceralaste abgehenden Muskelzweige des Vagus eine Anasto- mose bildet. Zu ähnlichen Resultaten kommt, ohne Jackson and CrAarke's Arbeit zu kennen, zehn Jahre später Oxopı (1886 p. 326—328). Er vertheilt die von ihm untersuchten Haie in drei Kategorien. Bei der ersten existiren drei (Hexanchus, Heptanchus) oder ein (Lamna) occipitaler Nerv, welche sich bei den Notidaniden mit den vier, ‚bei Festschrift für Gegenbaur. II. 49 382 Max FÜRBRINGER [34 Lamna mit den acht ersten Spinalnerven zu einem Plexus verbinden und mit ihnen die ventrale Längsmuskulatur versorgen. Bei der zweiten Kategorie (Acanthias, Scyllium) fehlen diese Oceipitalnerven; lediglich die drei (Scyllium canicula) oder fünf ersten (Acanthias, Scyllium catulus) Spinalnerven bilden den erwähnten Plexus, der aber eine peripherische Anastomose mit dem Ramus intestinalis nervi vagi eingeht, auch ausser der ventralen Längsmuskulatur bei Sceyllium catulus wit einem Zweig den M. constrietor superficialis versorgt. Bei der dritten, durch Carcharias repräsentirten Kategorie endlich fehlen occipitale Nerven und die peripherische Anastomose mit dem Vagus gänzlich; die 11 ersten Spinalnerven verbinden sich zur Versorgung der ventralen Längsmuskulatur. Das unverkennbare Verdienst der Arbeiten Oxoprs liegt in dem Nachweise, dass die occipitalen Nerven an der Versorgung der ventralen Längsmuskeln des Visceralskeletes sich betheiligen und dass mit ihnen noch eine grössere Anzahl von Spinalnerven einen Plexus bildet, der sich schliesslich auch in der genannten Mus- kulatur verästelt. Irrthümlich ist aber, dass diese occipitalen Nerven vielen Haien fehlen sollen; ferner wird auf die peripherische Anastomose mit dem R. intestinalis n. vagi zu viel Gewicht gelegt, und endlich geschieht die Versorgung des Constrictor superficialis nicht durch die Spinalnerven, sondern durch Vaguszweige, welche denselben durch die angegebene Anastomose beigemengt wurden. GEGENBAUR (1557 p. 63 f.) übernimmt die Resultate der Untersuchungen von JACKSON and ÜULARKE sowie von Onxopı, durch welche verschiedene Irrthümer der An- gaben von Srannıus richtig gestellt wurden, und betont die nähere Stellung der Occi- pitalnerven zu den Spinalnerven; das Gleiche thut Ewarr (1559 p. 534—537). MorLıER (1595 p. 152) hebt in kurzer Bemerkung hervor, dass die beiden ersten Spinalnerven von Torpedo dem Hypoglossus-Gebiet angehören. Meine Arbeit (1595 p. 129 f.) bildet die Fortsetzung der genannten Unter- suchungen der englischen und des ungarischen Autors. Ich fand bei zahlreichen Selachiern und den Holocephalen Plexusbildungen zwischen occipitalen und spinalen Nerven und konnte nachweisen, dass von den diesem Plexus entstammenden Zweigen nicht nur die ventrale Längsmuskulatur, sondern auch die Mm. subspinalis und inter- basales versorgt werden. Soweit die bisherige Kenntniss. Nach ihrem Austritte aus der Schädelwand wenden sich die occipitalen Nerven durchweg oder zum grössten Theile nach hinten (caudalwärts) und gehen mit den auf sie folgenden spinalen Nerven eine Plexusbildung ein. Sie liegen hierbei von der Rumpfmuskulatur bedeckt, z. Th. auch in sie eingegraben, auf dem horizontalen Bindegewebsseptum, welches sich zwischen den einzelnen Rippen erstreckt und die- selben mit einander verbindet. Dieser von den occipitalen und spinalen Nerven gebildete Plexus ist in seiner Lage zunächst, im Bereiche einer bei den verschiedenen Haien sehr wech- 35] ÜEBER DIE SPINO-OCGIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC, 383 selnden Anzahl von Metameren, an die Rumpfmuskulatur gebunden, indem er in dem lateralen Abschnitte derselben in vorwiegend longitudinaler Richtung nach hinten verläuft, und zwar parallel zu dem lateral von ihm caudalwärts ziehenden Haupt- stamm des N. vagus und seiner Fortsetzung, dem R. intestinalis, aber bedeckt von dem Ramus lateralis dieses Nerven (R.lt.vg, Taf. II Figg. 2, 5). Weiterhin, in einiger Entfernung vor dem Schultergürtel, tritt der Plexus (Plexus cervico-brachialis) unter der Rumpfmuskulatur, speziell unter der ventralen (durch den R. lateralis nervi vagi von der dorsalen Hauptmasse abgetrennten) Abtheilung derselben, die M. levator scapulae') heissen mag, in latero-caudal gerichtetem Verlaufe hervor, wobei er suc- cessive noch weitere Spinalnerven aufnimmt, und überkreuzt nun den Hauptstamm Ramus branchio-intestinalis) des Vagus, der mit seinen intestinalen Aesten caudal- wärts zieht, um bedeckt von dem Schultergürtel zu den Eingeweiden zu gelangen. Der Plexus liegt bei dieser Ueberkreuzung stets oberflächlich, dorsal von dem Vagus und kann dabei mit ihm in mehr oder minder inniger Bindegewebsverbindung stehen s. unten). Zugleich theilt sich hier, während oder nach der Ueberkreuzung, der Plexus in den hinteren Theil, welcher unter dem Schultergürtel zu der vorderen Extremität zieht, sie mit einem wechselnden Multiplum noch weiterhin sich dazu gesellender Nerven versorgend (Plexus brachialis seu pterygialis, Pl. br.), und den vorderen Theil, welcher zwischen Schultergürtel und Kiemenskelet im Bogen nach vorn und unten (also ventro-rostralwärts) zu der hypobranchialen spinalen Muskulatur des Visceralskeletes (Mm. coraco-arcuales) verläuft und nun in der Tiefe derselben in vorwiegend longitudinaler Richtung rostralwärts bis zu ihrem vorderen Ende zieht. Diese vordere, praezonale Abtheilung des gemeinsamen Plexus, welche somit von dem Anfange bis zu dem Ende ihres Verlaufes einen langgestreckten, die Kiemenregion hinten umkreisenden und durch ihre caudale Verschiebung auch bedingten (GEGEN- Baur) Bogen bildet, mag entsprechend der Bezeichnung bei den höheren Wirbel- thieren Plexus cervicalis heissen. Sie kommt bei der folgenden Darstellung allein in Frage (vergl. über den Verlauf; Taf. II Figg. 1, 2, 3,5 und Taf. IV Figg. 1, 2). Bei den Holocephalen tritt an die Stelle des lang ausgezogenen Bogens des Plexus cervicalis der Selachier ein ganz flacher Bogen, indem hier der Plexus cervico- brachialis, zu Folge der rostralwärts erfolgten Zusammenschiebung der Kiemen und der damit zusammenhängenden Vorwärtswanderung der Brustflosse, sehr verkürzt ist und in einer der 'Transversalen nahe kommenden Richtung ventralwärts zu seinen Endgebieten verläuft (cf. Taf. IV Figg. 4, 6). Die Zusammensetzung des Plexus cervicalis resp. der ihm entsprechenden Nervengebiete?) aus occipitalen (v bis z), occipito-spinalen (a, b) und spinalen 1) Des Weiteren verweise ich auf die in der Folge gemachten Ausführungen über die Seitenrumpfmuskeln, 2) Wie weiter unten (p. 394) ausgeführt werden wird, tritt der vorderste oceipitale Nerv nicht immer in wirklichen Plexus-Verband mit den hinteren, sondern gelangt auch direkt, ohne Anastomose, zu seinem Endgebiete. 49* 334 Max FÜRBRINGER [36 Wurzeln (I, 2 u. s. f.) wurde bei den untersuchten Thieren folgendermaassen ge- funden; ich gebe hierbei die Aufeinanderfolge nicht nach der Anzahl der occipitalen Nerven, welche nach den früheren Darlegungen (p. 359) eine selbstverständliche ist, sondern nach der Anzahl der spinalen Nerven'): Y,2, a, b Chimaera, Callorhynchus (geringer An- theil von 5, Taf. IV Figg. 2, 4, 5), Spinax (Haupttheil von 2, Taf. III Fig. 7). 20,2, 12,8: Acanthias. ws, 2,08 Cestracion. v,w,0,9, 2%, 1, 2,9 Hexanchus, Heptanchus. 2,952, 1, 2,8 Hewanchus, Heptanchus (Taf. II Fig. 1). 2,2, 142,8 Cestracion. ZEN 203 Laemargus (Taf. II Fig. 2). DRDNEIUS Ze, 2, Ar Hewanchus (\ mal). w,2,92,1,2,3,% Heptanchus (l mal). &, 9%, 2, 1, 2, 3, 4° Rhina (Taf. TIL Fig. 12). 21,20, Scymnus Ar (Taf. III Fig. 5), Laemar- gus (Taf. III Fig. 3). „3, 4 Scyllium. Vz 2 Scymnus Al. 2,9, 4 Centrophorus (Vaf. III Fig. 6), Seyllium (ar IDRNe:8): or 6) BR) ru N Mustelus (\ mal, Taf. III Fig. 10). el 2er As 50 Mustelus (Taf. IV Fig. 1), Galeus. nz 20, 465 Scyllium. Y2,1.2,8,4,5 Mustelus. 80 2611..25.8,.495.0,1..8°(2) Prionodon (Taf. III Fig. 11). 95:2,.1..223,4,5,0,7, 8%, 9° Odontaspis (Taf. IIL Fig. 9). Zul 23, 10.7715, 8,9% 10: Torpedo juv.”). | ll: Rhinobatus. a sn ar ee Torpedo juv. (Taf. I Figg. 3, 4)?). I 2a AN De le Raja (Taf. II Figeg. 5, 6)?). 1,2,8,4, 5.06, 1.8: 95 10115, 12°°°27099200>). 1.2.8, 4,.0465.2008,97.107.112 127 Raya. 2,.3,1.,9,0..768.9,.105 112 12° Raya: 1) Mit o, w, x, y, z sind in der Tabelle die oceipitalen, mit a, 5 die oceipito-spinalen, mit 1.2.3..... 12 die freien spinalen Nerven bezeichnet. Ein den Zahlen beigefügtes e bedeutet, dass lediglich Hautäste (Rr. cutanei) der betreffenden Nerven sich dem Plexus cervicalis beimengen; die Zahlen ohne diese Beifügung drücken aus, dass mo- torische und sensible Antheile dieser Spinalnerven am Plexus theilnehmen. — In die hier angegebenen Zahlen passen die von OxoDI (1886) mitgetheilten, soweit Hexanchus (mit 3 Spinalnervenwurzeln), Seyllium catulus (mit 5 Sp.) und Lamna (mit $ Sp.) in Frage kommen, ziemlich gut hinein. Dagegen ist die Differenz, einerseits bei Seyllium canicula En. 37] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 385 Aus dieser Zusammenstellung resultirt die geringste Gesammtzahl von Wur- zeln (4) bei den Holocephalen, eine mittlere in weiten Extremen (4—11) bei den Haien, die grösste (I0—12) bei den untersuchten Rochen. Und zwar finden sich unter den Haien die kleineren Zahlen (4—6) bei den Spinacidae (excel. Centrophorus) und Cestraciontidae, die mittleren (”—9), bei den Notidanidae (bei welchen die ocei- pitalen Nerven die spinalen zumeist an Zahl übertreffen oder ihnen höchstens gleich- kommen), sowie bei Centrophorus, den Scyllüdae, Mustelus und Galeus, endlich die grösseren Zahlen (10, I1) bei Odontaspis und Prionodon (mit beträchtlich überwiegen- der Betheiligung der Nn. spinales). Die systematische Bedeutung dieser Zahlen ist unverkennbar. Auf die numerische Betheiligung speziell der occipitalen Nerven am Plexus cervicalis braucht hier nicht wieder eingegangen zu werden; sie fällt zusammen mit den bereits oben (p.359 f.) gegebenen Darlegungen über die Zahl dieser Nerven überhaupt. Die numerische Betheiligung speziell der Spinalnerven am Plexus cervicalis ist die geringste (2 occipito-spinale) Nerven bei den Holocephalen, eine mittlere (2—) Spinalnerven) bei den Haien, die beträchtlichste (9—12 resp. 9— 15, s. diese Seite Anm. 2) bei den Rochen, — somit die gleiche Reihenfolge, wie oben hinsichtlich der Gesammt- zahlen der Plexuswurzeln mitgetheilt wurde. Unter den Haien wiederum sind die tiefer stehenden Familien der Notidanidae, Spinacidae (excl. Centrophorus) und Cestra- ciontidae durch die geringere (2—4), die höheren der Scyllüdae e. p., Lammidae und Carcharüdae, aber auch der tiefer stehende Centrophorus, durch die grössere Antheil- nahme (5—9) gekennzeichnet, — somit Verhältnisse, die z. Th. den oben für die Ge- sammtzahl angegebenen entsprechen, zugleich aber eine noch bessere Parallele zu der systematischen Stellung der genannten Familien abgeben als jene. Es lag nahe, die geringere oder grössere Antheilnahme der gesammten oder wenigstens der spinalen Plexuswurzeln zu der geringeren oder grösseren Entfernung des Schultergürtels vom Kopfe in Zusammenhang, wenn nicht in einen gewissen Causalnexus zu bringen. Zu diesem Zwecke habe ich die zwischen beiden liegenden Myomeren der Seitenrumpfmuskulatur gezählt resp. zu zählen versucht. An der hier befindlichen Muskulatur, die nicht bloss von Zweigen spinaler, sondern auch von solchen oceipitaler Nerven versorgt wird, sind eine dorsale und eine (mit 3 Sp.), andererseits bei Heptanchus (mit 5 Sp.), Acanthias (mit 5 Sp.) und Carcharias (mit 11 Sp.) eine zu er- hebliche, als dass sie auf individuelle Variirungen zurückgeführt werden könnte. Ich kann nur annehmen, dass hier ONoDI im ersten Falle (‚Seyllium canicula) die hintere resp. die hinteren Wurzeln übersah, in den letzteren (Heptanchus, Acanthias und Carcharias) aber die zum Plexus brachialis gelangenden Zweige nicht gut genug von dem Plexus cervicalis abtrennte. 2) (Zu p. 384 gehörend.. Auf den eigentlichen Plexus von Torpedo folgen auch einige sensible Wurzeln (11—13 resp. 12—15), welehe in grösserer Selbständigkeit, aber doch noch vor dem Brustgürtel verlaufend zur Haut knapp vor oder auf dem Brustgürtel treten. Der entsprechende Sammelast von Raja (9—11) verschmilzt schliesslich mit dem Hauptstamme und wurde daher hier dem Plexus cervicalis zugerechnet. 3856 Max FÜRBRINGER [38 ventrale Abtheilung zu unterscheiden, welche durch den Ramus lateralis nervi vagi') von einander gesondert werden. Die dorsale, sehr mächtige Abtheilung kann man wieder in eine obere dorsale (d,Md) und eine untere dorso-laterale (dl, M.dl) Zone eintheilen, welche kontinuirlich mit einander zusammenhängen, aber sich darin unter- scheiden, dass die erstere (d,M.d, Taf. II Fig. 2, Taf. IV Fig. 1) dorsal von dem oberen Ende der Scapula intakt vorbeizieht, die letztere (dl,M.di, Taf. II Fig. 2, Taf. IV Fig. 1) dagegen zu einem grösseren oder geringeren Theile mit ihr in Ver- band steht’). Die ventrale Abtheilung ist erheblich schwächer als die dorsale, übrigens bei den verschiedenen Selachiern und den Holocephalen von sehr wechseln- der Stärke (recht schwach bei Centrophorus, Laemargus, Cestracion, von mittlerer Grösse bei den übrigen Selachiern); sie beginnt stets schmal und sehnig vom Schädel oder direkt hinter ihm und wird nach hinten zu, bis zur Anheftung an die Scapula’) suc- cessive fleischiger und kräftiger. Sie enthält in sich die Elemente der Mm. levator scapulae, scaleni und intertransversarii ventrales der höheren Wirbelthiere und mag — pars pro toto — M. levator scapulae (ls,M.is, Taf. II Fig. 2) heissen. Die Zahl der Myomeren der dorsalen Abtheilung — für die dorsale Zone d galt das von der dorso-rostralen Spitze resp. Ecke der Scapula ausgehende Septum, für die dorso-laterale Zone d! die Scapula selbst als hintere caudale Grenze — wurde bei den daraufhin untersuchten Haien bestimmt für d zu: 9. Spinaw, Cestracion, 10. Laemargus, Cestracion, 11. Seyllium, 12. Mustelus, 13. Centrophorus, Acanthias, Scymnus, 14. Centrophorus, 15. Rhina, 1) Derselbe tritt bald ziemlich weit vorn (im Bereiche des 2.—4. Myomers, so bei Acanthias, Seymnus, MMustelus), bald in mittlerer Entfernung vom Schädel (im Bereiche des 5.—7. Myomers bei Hexanchus, Heptanchus, Scyllium), bald noch weiter hinten (im Bereiche des 8.—10. Myomers bei Hexanchus individuell, Rhina) zwischen die dorsale und ventrale Rumpfmuskulatur ein. 2) Dieser Verband mit dem Schultergürtel, der bei den Holocephalen und Rochen eine grössere Ausdehnung besitzt als bei den Haien, ist bemerkenswerth, weil er den höheren Abtheilungen der Wirbelthiere abgeht, bei denen der Schultergürtel lediglich mit der ventralen, d. h. von ventralen Aesten der Spinalnerven versorgten Muskulatur (mag sie auch sekundär in eine ganz dorsale Lage gekommen sein) zusammenhängt. Ich deute den Zusammenhang der Scapula der Selachier und Holocephalen mit der dorso-lateralen Muskulatur als einen sekundären, mit der se- kundären Ausdehnung des Schultergürtels in das dorsale Rumpfmuskelgebiet zu Stande gekommenen, und finde die Causa movens für diese Ausdehnung in der mehr oder minder mächtigen Entfaltung der im Wasser agirenden Brust- flosse, die dann natürlich eines kräftigeren und ausgedehnteren Trägers bedurfte. Bei Cestracion und namentlich bei den Holocephalen scheint dieser dorsale Verband mit die höchste, übrigens bereits wieder auf dem Wege der Rückbildung begriffene, Entwickelungsstufe erreicht zu haben. In anderer, aber noch weiter fortgeschrittener Rich- tung gilt dies von dem Schultergürtel der Rochen, der selbst mit der Wirbelsäule in direkten Konnex tritt. Achn- liches findet sich bekanntlich auch bei höheren Vertebraten (gewisse Pterosaurier: Pteranodon). 3) Diese Anheftung gilt nur hinsichtlich der oberflächlichen Lage des Levator scapulae und kann unter Umständen (z. B. bei Rhina) eine so lose sein, dass man kaum von einer Insertion an der Scapula sprechen kann. Der tiefe Theil des Muskels (resp. bei Rhina der ganze Muskel) zieht, von der Scapula ununterbrochen, nur bedeckt von ihr, caudalwärts weiter nach hinten. D 39] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 387 16. Galeus, 17. Hewanchus, IS. Hewanchus, Heptanchus, Odontaspis, 19. Prionodon, und für dl! in meistens damit übereinstimmender, mitunter aber auch um I Myomer abweichender Anzahl'). Die Bestimmung der Myomeren-Zahl für den Levator scapulae (ls) unterlag wegen der oft sehr weitgehenden sehnigen Reduktion des vorderen Theiles desselben und wegen der hier meist schräg-longitudinalen Anordnung der Septen grösseren, durch die gewöhnliche Untersuchung erwachsener Thiere oft nicht zu bewältigenden Schwierigkeiten, wollte man nicht den bezüglichen Muskel ganz und gar abtragen und in feine Schnitte zerlegen. Es konnten daher oft das erste und mitunter selbst die beiden ersten Myomeren nicht ‚sicher gezählt und unterschieden werden, waren somit als ganz zweifelhaft in Abzug zu bringen. Des Weiteren ergab die meist?) ascendente, d. h. von oben und hinten nach unten und vorn (ventro-rostralwärts) ab- steigende, Stellung der Scapula auch am hinteren Ende des Muskels nicht selten eine Verminderung um I—3 Myomeren gegenüber der dorso-lateralen Zone des Seitenrumpf- muskels. Danach wurde die folgende — also nicht allenthalben ganz zuverlässige — Reihe für /s gefunden: 7— 8. (estracion, S. Spinaw, Laemargus, 9. Acanthias, 10. Centrophorus, Acanthias, Scymnus, Scyllium, 11. Scyllium, Mustelus, 12—13. Gealeus, 15. Hexanchus, Odontaspis, 16. Hexanchus, Heptanchus, 17. Heptanchus, 26. Prionodon. Für die Rochen war diese Zählung der Myomeren nicht durchführbar, da dieselben in dem bezüglichen Bereiche zu grosse Umwandlungen eingegangen waren. 25 Dieselben beruhten auf einer sehr beträchtlichen Verminderung, Verschmelzung und Verlagerung der ursprünglichen Myomeren, derart, dass bei Torpedo jedwede sicheren Grenzen innerhalb d vermisst wurden, bei d/, welches daneben weit ventralwärts ge- wuchert war, aber nur 3 bis 4 gut abgegrenzte, Myomeren vergleichbare, nach ihrer ganzen Bildung jedoch als sekundär zu beurtheilende Bildungen aufgefunden werden konnten, /s endlich als ein auf das hintere Drittel der betreffenden Strecken be- schränkter einheitlicher Muskel sich darbot. Bei Raja waren zahlreichere Myo- 1) Hierbei meist um ein Myomer kleiner in Folge von partieller Reduktion des ersten Myomers; bei Rhina um ein Myomer grösser. 2) Cestracion und Rhina mit transversal stehender Scapula bilden eine Ausnahme. 388 Max FÜRBRINGER [40 meren (4—7) in d und d/! ziemlich gut nachweisbar; dieselben waren jedoch mit den sie trennenden Septen in einer longitudinalen Richtung angeordnet, so dass die Er- kenntniss, was hierbei als primär, was als sekundär zu beurtheilen, was endlich ausge- fallen oder verschmolzen sei, an dem ausgebildeten Thiere nicht ohne Weiteres gewon- nen werden konnte. Hier hat die Ontogenie ein Erfolg versprechendes Feld vor sich. Die Zahl der zwischen dem Ende des Schädels und dem vorderen Rande der Scapula entspringenden Spinalnerven betrug bei Torpedo, Rhinobatus und Raja 19—21. Auch bei den Holocephalen gelang es wegen zu grosser Abweichung von den ursprünglichen Verhältnissen — auch hier zeigten die Myomeren von d und dl eine der longitudinalen Richtung sich nähernde Schrägstellung — nicht, zu ganz sicheren Ergebnissen zu kommen. Die Zahl der Myomeren wurde hier approximativ zu 3—4 bestimmt; der Levator scapulae bot sich als ziemlich ansehnlicher Muskel in der Länge von 2—3 Myomeren, aber ohne jede septale Scheidung, sondern von durchaus einheitlichem Bau, wie bei den höheren Vertebraten, dar. Offenbar handelt es sich hierbei um sekundäre Verschmelzungsprocesse von einstmals 'gut gesonderten Myomeren. Eine Vergleichung der Anzahl der Plexuswurzeln mit der Anzahl der zwischen Schädel und Scapula erstreckten Myomeren des Seitenrumpfmuskels auf Grund der angeführten Beobachtungen führte zu keinen Ergebnissen, die direkt für einen intimeren Causalnexus zwischen beiden Faktoren verwerthet werden könnten. Bei der Mehrzahl der untersuchten Haie erwies sich die Zahl dieser Myomeren um 6—10 grösser als die Zahl der spinalen Plexuswurzeln, resp. um 4—S grösser als die Gesammtzahl aller Wurzeln des Plexus cervicalis — also schon an sich in recht weitem Spielraume. Bei anderen Haien war diese Differenz noch weit erheblicher: Il bei Galeus und Riina, 13—15 bei den Notidaniden, 22 bei Prionodon für die spinalen und 9—11 bei den Notidaniden und Galeus, 18 bei Prionodon für die sämmtlichen (occipitalen und spinalen) Wurzeln des Plexus. Man wird diese Befunde besser zu Gunsten einer zwischen den Myomeren des Seitenrumpfmuskels und den Wurzeln des Plexus cervicalis bestehenden Diskrepanz verwerthen. Ein gewisses Interesse bietet das Verhalten der Wurzeln des Plexus cer- vicalis zu denen des Plexus brachialis dar. Der Plexus brachialis nimmt seinen Anfang mit folgenden spinalen resp. occipito-spinalen Nerven: a (= 1). Chimaera, Callorhynchus. 2: Spinax® (Spur von 2), Acanthias (feiner Faden)'), Squatina, Torpedo (Spur). 1) Ganz das Gleiche fand auch BrAus (1892 p. 9—11) bei Acanthias. 41] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 389 3. Hexanchus (kleiner Theil von 3), Heptanchus (kleiner Theil), Acan- thias, Scymnus'), Laemargus, Cestracion, Torpedo, Rhynchobatus. 4. Scyllium, Mustelus. 5% Prionodon. 6. Prionodon. l, Odontaspis'). Die Scheidung beider Plexus ist bei frischen und ziemlich frischen Exem- plaren, sowie bei jüngeren Thieren leicht durchzuführen, kann aber bei länger oder mässig konservirten Stücken, sowie bei älteren Thieren und namentlich da, wo viele Spinalnerven sich in beide Plexus theilen, recht erheblichen Schwierigkeiten be- gegnen. Zur Auflockerung und Aufhellung des verbindenden Bindegewebes erwiesen sich die gebräuchlichen verdünnten Lösungen von Essigsäure und namentlich von Ameisensäure oft sehr zweckmässig. Hauptsache aber ist, dass diese Scheidung bei möglichst starker Lupenvergrösserung (ich wandte dazu in der Regel 15—20fache Vergrösserungen an) ausgeführt wird, da man andernfalls stets Gefahr läuft, feine Nervenfaserkomplexe oder einzelne Nervenfasern, welche von dem einen zu dem anderen Plexus laufen, zu zerschneiden resp. zu zerreissen und diese Verletzungen gar nicht zu merken. Eine weitere Kautele beruht darauf, dass man beide Plexus nicht von der Peripherie nach dem Ursprunge zu trennt — eine Art der Technik, die a priori als gegeben erscheint, aber meist erheblichere Verletzungen der Plexus- wurzeln zur Folge hat —, sondern dass man alle diese Scheidungen vom Ursprung der Wurzeln aus, ihrem Verlaufe peripherwärts folgend, mit Geduld und Vorsicht vollzieht. Das Gleiche gilt für die Zerlegung jedes Plexus von seinen einzelnen Wurzeln ab bis zu seinen Endverzweigungen. Wie die mitgetheilten 'Tabellen zeigen, herrschen hinsichtlich der Aufeinander- folge beider Plexus erhebliche Variirungen, und zwar ergiebt der Vergleich, dass sich an der gemeinschaftlichen Versorgung beider Plexus betheiligen'): Ein Nerv: Spinax (N. spinalis 2); Hexwanchus, Heptanchus, Acanthias, Cestracion (3); Scyllium (4). Zwei Nerven: Chimaera, Callorhynchus (a, b); Acanthias (2, 3); Hewanchus, Heptanchus, Scymnus, Laemargus (3, 4). Drei Nerven: Rhina (2, 3, 4); Prionodon (5, 6, 7 resp. 6, 7, 8%); Odont- aspis (T, 8,9). Acht Nerven: Torpedo, Rhynchobatus ($—10). Neun Nerven: Torpedo (2? —10 resp. 3—11); Raja (3—11). Zehn Nerven: Raja (3—12). 1) Ganz das Gleiche fand auch Braus (1892, p. 9—11) bei Seymnus und Odontaspis. 2) Berücksichtigt man von dem Plexus cervicalis nur die motorischen Aeste, so vermindert sich die Zahl der gemeinschaftlichen Nervenwurzeln Bei Acanthias e. p. kommt es dann zu einer direkten Aufeinanderfolge der beiden Plexus, ohne dass ein Nerv gemeinschaftlich wäre; in den meisten Fällen sind bei den Haien nur ein Nerv, seltener zwei (Rhina, Prionodon) oder drei (Prionodon) gemeinschaftlich. Bei den Holocephalen partieipiren zwei, bei den untersuchten Rochen 4—7 Nerven gemeinschaftlich an der motorischen Versorgung beider Geflechte. Festschrift für Gegenbaur. IIL 50 390 Max FÜRBRINGER [42 Daraus resultirt, dass bei den Haien und Holocephalen nur wenige Nerven (I—3) gemeinschaftlich an der Versorgung beider Plexus participiren, dass hier somit beide Plexus in der Hauptsache aufeinanderfolgen, während bei den Rochen die Zahl der gemeinschaftlichen Nervenwurzeln eine erheblich grössere ist (S—10), somit hier eine ausgedehnte Deckung beider Geflechte statthat; stets decken hierbei die den Plexus brachialis bildenden Antheile in der Hauptsache diejenigen des Plexus cervicalis, erstere bilden somit die mehr dorsale, letztere die mehr ventrale Lage des gemeinschaftlichen Plexus-Abschnittes. Die Holocephalen mit nur zwei gemeinsamen Nerven liegen, wenn man nur die absoluten Wurzelzahlen berücksichtigt, innerhalb der Haie, aber bei der grossen Kürze ihres Plexus cervicalis ist die grössere hintere Hälfte seiner Wurzeln ihm und dem Brust- flossengeflecht gemeinschaftlich; man wird ihnen daher -- in dieser Hinsicht — eine relative Mittelstellung zwischen Haien und Rochen geben können. Dieses differente Verhalten coincidirt im Wesentlichen mit dem geringeren oder grösseren Grad in der Ausbildung der vorderen Extremität: Bei den Haien mit mässiger Entwickelung der Brustflosse besteht in der Hauptsache Auf- einanderfolge der beiden Plexus, und ich bin geneigt, in dieser Anordnung den primitiveren Zustand zu erblicken; bei den Holocephalen mit stark nach vorn ge- rückter Brustflosse vermengt sich im Bereiche der occipito-spinalen Nerven das cervicale und pterygiale Plexusgebiet; bei den Rochen mit ihrer an sich ziemlich weit hinten (caudal) liegenden, aber mächtig nach vorn (rostralwärts) entfalteten Brust- flosse hat sich auch der Plexus brachialis in ansehnlichem Grade nach vorn ver- grössert, und darum deckt er den wegen der mehr hinteren Lage der Flosse nach hinten ausgedehnten Plexus cervicalis in’ grosser Ausdehnung'). Auch innerhalb 1) Es ist hier nicht der Ort, diesen Theil der Extremitätenfrage des Genaueren zu behandeln; nur einige Bemerkungen hierüber mögen gegeben werden. Vorausgeschickt sei, dass ich Anhänger der Extremitätentheorie GEGENBAUR’'s bin, dass keine der in den letzten Decennien erfolgten Veröffentlichungen mich von der Verkehrtheit dieser Theorie und von der Richtigkeit der von den Gegnern vertretenen Anschauungen überzeugen konnte. Mit GEGENBAUR leite ich Schultergürtel und vordere Extremität resp. Brustflosse wie Beckengürtel und hintere Extremität resp. Bauchflosse von hinteren Visceralbogen und ihren Radien ab und finde unter allen bekannten Flossen in der biserialen von Ceratodus diejenige Form, welche dem primordialen Archipterygium am nächsten steht. Das, wie die Kiemenradien, ursprünglich mit seiner Fläche senkrecht gestellte Archipterygium ist successive unter Verlust seiner primordialen cerebralen Muskeln mehr und mehr in den Bereich der spinalen Muskulatur gekommen, die nicht nur seines Gürtels sich bemächtigte — so weit sie nicht schon von Anfang an damit in Verband stand (epibranchiale und hypobranchiale spinale Muskulatur) —, sondern auch unter zahlreichen zunehmenden Aberrationen die freie Extremität (Flosse) mit spinalen Muskelelementen versah. Mit diesen Umwandlungsprocessen verband sich naturgemäss eine Wanderung nach hinten, zugleich aber auch eine allmähliche Drehung der freien Extremität, die nun, in Anpassung an ihre neu gewonnenen Funktionen als Ruderorgan, nicht mehr die ursprüngliche senkrechte Lage festhielt, sondern mehr und mehr nach der wagrechten, horizontalen inklinirte. Damit war aber hinwiederum die leichtere Möglichkeit einer Verbreiterung — jetzt nicht mehr in dorso-ventraler, sondern in rostro-caudaler Ausdehnung — gegeben, und diese vollzog sich, je nach den geringeren oder grösseren Aufgaben, welche an die Leistungsfähigkeit der Extremität gestellt wurden, zugleich unter einer geringeren oder grösseren metameren Ver- mehrung der an sie herantretenden und auf sie übergewanderten Muskeln und der dieselben versorgenden Spinal- nerven, d. h. unter einer verschiedengradigen Vergrösserung des Plexus pterygialis. Anfangs aus nur ganz wenigen Wurzeln bestehend, konnte derselbe noch mit der Erhöhung der Funktionen 43] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 391 der Haie und der Rochen kann man im Grossen und Ganzen — nicht ohne gewisse Ausnahmen — die wechselnde Ausbildung der Brustflosse zu der verschiedengradigen Deckung der Geflechte an ihren gegenseitigen Grenzen in Verband bringen; doch sind die wenigen vorliegenden Untersuchungen zur detaillirten Beweisführung nicht ausreichend. Die Stärke der einzelnen Wurzeln des Plexus cervicalis ist im Allgemeinen eine von vorn (rostral) nach hinten (caudalwärts) zunehmende; mit der einzigen, schon oben (p. 358) erwähnten Ausnahme von Hexanchus Dr (Taf. III Fig. 2), wo y etwas kräftiger als z war — während die linke Seite normale Verhältnisse dar- bot —, gilt das für die oceipitalen Wurzeln. Die spinalen Wurzelantheile dagegen nehmen im Allgemeinen caudalwärts ab; der letzte oder die letzten in ihn eintretenden spinalen Nerven, die sich in die Versorgung des Plexus cervicalis und brachialis theilen (p. 389), somit nur zum Theil in den Plexus cervicalis eingehen, schicken dementsprechend zumeist schwächere Antheile in den Plexus cervicalis als die vor- hergehenden, ganz in ihm aufgehenden Nerven. Der hierbei zu beobachtende Wechsel ist gross, aber nicht bemerkenswerth genug, um in extenso mitgetheilt zu werden. Sehr instruktiv sind die Rochen mit ihrer über viele Nerven (p. 389) erstreckten gemeinsamen Versorgung beider Plexus: die successive Abnahme der Dicke der cervicalen und die successive Zunahme der Dicke der brachialen Antheile von vorn nach hinten (caudalwärts) ist hier sehr gut zu verfolgen (vergl. auch Taf. IV Figg. 4, 6). Wie oben (p. 368 ff.) ausgeführt worden, entsprechen die occipitalen Nerven ventralen motorischen Wurzeln der Spinalnerven; nur ausnahmsweise (Notidaniden, und mit der grösseren Verbreiterung der Extremität zu einem sehr vielwurzeligen Gebilde anwachsen, — er konnte aber auch unter sekundärer Verminderung der Leistungen und unter Verkleinerung der Extremität wieder auf eine geringere Wurzelzahl zurückgehen. Dipnoer, Amphibien und die Vorfahren der Amnioten mögen wohl niemals eine breite Extremität und einen vielwurzeligen Plexus besessen haben; bei den höheren Formen derselben wurde erst nach und nach innerhalb der ihrer Wurzelzahl nach beschränkten Plexusbildungen eine höhere Komplikation der von ihnen versorgten muskulösen Endorgane und damit allerdings eine einseitige Höhe der Entwickelung gewonnen, die in ihrer Art qualitativ alle anderen entsprechenden Einrichtungen übertrifft. Anders bei den als ausgezeichnete Schwimmer und Raubfische bekannten Selachiern; hier wurde — namentlich an der vorderen Extremität — sehr früh- zeitig eine Verbreiterung derselben und eine Vermehrung der Wurzeln ihres Plexus erreicht, die in der Regel weit über die bei den zuvor erwähnten Thieren beobachteten Maasse hinausgeht, und unter den Selachiern sind es wiederum die Rochen, welche das höchste Extrem von Flossen-Verbreiterung und Plexuswurzel-Vermehrung darbieten. Mit allen diesen Veränderungen sind die mannigfaltigsten Variirungen in der Rumpflage der Extremität und in der mehr rostralwärts oder mehr caudalwärts gehenden Vermehrung und Ausdehnung ihrer Plexuswurzeln verbunden. Eine Theilerscheinung dieser nach vorn gehenden Wurzelvermehrung der vorderen Extremität bildet aber die weniger oder mehr ausgedehnte Gemeinsamkeit oder Deckung der Wurzeln des Plexus cervicalis und brachialis. Auch die Holocephalen mit ihrer Vorwärtswanderung der vorderen Extremität zeigen damit im Causalnexus stehende Beziehungen beider Plexus. Auf alle diese Verschiebungen und Wanderungen mit ihren korrelativen Folgen ist hier indessen nicht weiter einzugehen; ich verweise dieserhalb auf meine früheren Ausführungen (1879 p. 344—355) und auf den obigen Text. Regressive Bildungsgänge und wie bei den Holocephalen rostralwärts erfolgende Wanderungen der vorderen Extremität führten zu den Verhältnissen bei den Ganoiden und Teleostiern, von denen noch später zu sprechen ist. >0* 392 Max FÜRBRINGER [44 Cestracion individ.) findet sich eine zu x” gehörende dorsale sensible Wurzel z” von meistens grosser Feinheit, welche durch den Schädel oder das Intercrurale I nach aussen geht. Auch bei dem ersten Spinalnerven (7) tritt der sensible Abtheil 1” noch gegen den motorischen 1” zurück: entweder ist hier eine schwache (Hewanchus, Taf. I Figg. 1—4, 'laf. III Figg. 1, 2; Heptanchus, Taf. I Figg. 5, 6; Taf. H Fig. 1: Cestracion, Taf. I Fig. 10) oder eine sehr schwache (Laemargus individ.; Prionodon, Taf. 1 Fig. 11, Taf. III Fig. 11) sensible Wurzel noch vorhanden, oder sie fehlt voll- ständig (alle sonst daraufhin untersuchten Haie incl. Laemargus individ., Taf. II Fig. 2 und Taf. III, Rochen und Holocephalen). Der zweite Spinalnerv (2) besitzt meist eine sensible Wurzel 2°, die bei den Haien mit vorhandener 1” gewöhnlich nur wenig schwächer als 2', bei denjenigen mit fehlender I” dagegen von recht wechselnder Stärke ist (mässig bei Mustelus, Taf. II Fig. 10 und Taf. IV Fig. 1, Galeus; schwach bei Centrophorus individ., Taf. III Fig. 6, Spinaw, Taf. III Fig. 7, Acanthias, Scymnus individ.; Rhina, Taf. Il Fig. 12; sehr schwach bei Centrophorus individ., Scymnus individ., 'Taf. Ill Fig. 5); ein kompleter Mangel dieser dorsalen Wurzel wurde unter den Haien nur bei Odontaspis (Taf. III Fig. 9), aber bei allen untersuchten Rochen (Torpedo, "Taf. II Fig. 3, 4 und "Taf. IV Fig. 8; Rhinobatus, Taf. IV Fig. 7; Raja, Taf. Il Fig. 5, 6) und Holocephalen (Chimaera, Taf. I Fig. 15 und Taf. IV Fig. 2, 4, Callorhynchus, Taf. IV Fig. 6) beobachtet. Die sensible Wurzel des 3. Spinalnerven (3) 3° kommt in der Regel der motorischen 3° an Stärke gleich und ist nur bei einzelnen Selachiern (Scymnus, Taf. 3 Fig. 5, Torpedo, Taf. 2 Fig. 3, 4, Taf. IV Fig. 8), sowie (?) bei Callorhynchus (Taf. IV Fig. 6)') schwächer als diese; bei Odontaspis (Taf. 3 Fig. 9) und Chimaera (Taf. I Fig. 15, Taf. IV, Fig. 2, 4) fehlt sie ganz. Der 4. Spinalnerv (4) ist bei allen untersuchten Selachiern und Holocephalen ein gemischter, meist mit ansehnlicher, z. Th. selbst die motorische übertreffender sensibler Wurzel 4°; nur bei Odontaspis (Taf. III, Fig. 9), einzelnen Rochen (Taf. II Figg. 5, 6) und den Holo- cephalen (Taf. I Fig. 15) tritt letztere gegen den motorischen Antheil noch etwas zurück. Die Verbindung beider Wurzeln erfolgt bekanntlich bei den Haien erst im weiteren peripheren Verlaufe derselben ausserhalb der Wirbelsäule. Hierbei wurden mannigfache Variirungen zwischen den Extremen einer recht späten (Notidaniden Taf. II Fig. 1, Taf. III Fig. 1, 2; Rochen, Taf. II Fig. 3—6, Taf. IV Fig. 7, 8) und einer recht frühen (Rhina, Taf. III Fig. 12) Verbindung beobachtet; auch erfolgt die Verbindung an den ersten Nerven mit sehr schwacher sensibler Wurzel meist später als an den hinteren mit gut entwickelten dorsalen Wurzeln; namentlich die Rochen (Taf. II Figg. 3—b, Taf. IV Figg. 7, 5) erwiesen sich hierfür sehr charakteristisch, indem hier die beiden Wurzeln 3° und 3° gesondert in den Plexus eintraten und erst bei den folgenden Nerven eine langsam successive zunehmende frühere Ver- einigung Platz hatte. 1) Wahrscheinlich handelt es sich hier bei Callorhynehus gar nicht um den dritten, sondern wie bei Chrmaera um den vierten Spinalnerven (vergl. die Ausführungen p. 367). 45] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 393 Auf Grund dieser Beobachtungen ist der Plexus cervicalis als ein über- wiegend motorischer, dessen sensible, für die Versorgung der Haut und des Bindegewebes bestimmte Zweige ganz gegen die muskulösen zurücktreten, aufzufassen. Diese Eigenschaft wird auch bei den Rochen auf den ersten Blick sichtbar, indem hier, wie schon oben (p. 390) erwähnt, die dem Plexus brachialis zugehörigen Plexus- wurzeln vorwiegend die ‘oberflächliche (dorsale), die für den Plexus cervicalis be- stimmten aber mehr die tiefe (ventrale) Lage einnehmen. Die Plexusbildung (Taf. II Fig. 3—6, Taf. III) vollzieht sich bei den Selachiern in der Regel derart, dass die beiden ersten Wurzeln in ventro-caudalwärts gerichtetem Verlaufe sich zur ersten Ansa verbinden und dass an den auf diese Weise entstandenen, nach hinten verlaufenden Nervenstamm die folgenden Nerven- wurzeln in nach hinten und unten gerichteten Bogen successive herangehen und sich an ihn anlegen. So gewinnt der Sammelstamm während seines Verlaufes nach hinten und aussen wachsende Dicke. Die Länge der einzelnen Plexuswurzeln ist dementsprechend ebenfalls eine nach hinten zunehmende. Uebrigens wechselt die- selbe sehr bei den verschiedenen untersuchten Gattungen; zwischen den Extremen sehr langer (Odontaspis, Taf. III Fig. 9, danach auch Galeus) und sehr kurzer (Rhina, Taf. II Fig. 12) Plexuswurzeln finden sich alle möglichen Längen derselben. Nicht minder varürt die Verlaufsrichtung der in das Geflecht eintretenden Wurzeln: sehr steil (d. h. der transversalen Richtung nahekommend) wird sie bei Prionodon (Taf. IT Fig. 11), sehr schräg (d. h. schräg bis longitudinal) bei Odontaspis (Taf. III Fig. 9) gefunden. Abweichend von den Selachiern verhalten sich die Holocephalen (Taf. IV Fig. 4, 6), deren Plexus einen eigentlichen längslaufenden Sammelstamm nicht zeigt, sondern in annähernd transversalem und nur wenig descendentem Ver- laufe ventralwärts absteigt; ausser der Kürze des Plexus kommt als kausales Moment hierfür auch die Zusammenziehung der Kiemenregion in Frage. In der Hauptsache folgt der Verlauf der zu dem Plexus zusammentretenden Wurzeln den durch die einzelnen Myomeren gegebenen Grenzen, doch nicht rein, indem diese Wurzeln während ihres weiteren Verlaufes — also im ventralen Rumpf- muskelgebiete — durch die auf die entsprechenden Myomeren folgenden Bindegewebs- septen zum Theil durchtreten und nun partiell auch in den nächsten Myomeren weiter verlaufen; namentlich gilt dies für die hinteren, dem Schultergürtel mehr ge- näherten Wurzeln. Somit innerviren diese Spinalnerven je zwei Myomeren und jedes Myomer wird auch von je zwei Spinalnerven versorgt'). 1) In den folgenden, der Lage des Schultergürtels entsprechenden und auf denselben folgenden Abschnitten des Rumpfes findet dieser schräge Verlauf der Spinalnerven durch die Myomeren nach den noch nicht veröffentlichten Untersuchungen von Dr. Braus, Assistenten an der hiesigen anatomischen Anstalt, in noch erheblicherem Maasse statt, derart, dass jeder Spinalnerv, je nach der untersuchten Art und je nach der Stelle des Rumpfes, 3—6 Myomeren versorgt und dass jedes Myomer von 3—6 Spinalnerven innervirt wird. Bereits in meiner kurzen Veröffentlichung vom vorigen Jahre (1895 p. 131) habe ich diese Frage berührt und auf die das kausale Moment hierfür bildenden metameren Verschiebungen im ganzen ventralen Gebiete des Körpers hingewiesen. Dass hierbei die Wanderung der paarigen Extremitäten das Hauptmoment bildet, brauche ich nicht zu wiederholen. 394 Max FÜRBRINGER [46 Von der allgemeinen Regel der frühesten Verbindung der vordersten Nerven kommen Ausnahmen vor. So fand sich bei Hewanchus Dr (Taf. III, Fig. 2) an einem auch sonst manche Abweichungen darbietenden Plexus (während D/, Taf. III Fig. 1 normal war) eine frühere Vereinigung von @, y und einem Theil von z und eine spätere von w mit @+y--z (e. p); desgleichen bei Scymnus (Taf. III, Fig. 5) eine spätere Vereinigung von y mit z-+ 1, bei Scyllium ind. eine solche von @-+y mit 2 +1 (Taf.I Fig. 8), bei Raja ind. eine solche von 1 mit 2-34 (Taf. I Fige. 5, 6). Desgleichen beschreiben und bilden Jackson and CLarke bei Echinorhinus eine frühere Verbindung von y--z-+ 1 und eine spätere von @ mit denselben ab. Auch wurden sonstige abweichende Ansenbildungen der ersten Nerven individuell bei Laemargus (Taf. Ill Fig. 3), Cestracion, Prionodon (Taf. HI Fig. 11) und Rähina (Taf. III Fig. 12) beobachtet. Alle diese Vorkommnisse leiten zu den Fällen über, wo überhaupt der erste oceipitale Nerv sich nicht oder nur ganz unvollkommen mit den fol- genden Nerven zum Plexus verbindet und direkt zu seinem Endorgan (An- fang der dorso-lateralen Rumpfmuskulatur und M. subspinalis) geht (vergl. 380). Dies wurde für v» oder w wiederholt bei Hewanchus (Taf. III Figg. 1, 2) und Heptanchus (Taf. II Fig. 1), für y je einmal bei Laemargus (Taf. III Fig. 3) und Mustelus (wo indessen ein ganz feines Fädchen von y noch den Verband mit dem Plexus herstellte) gefunden; das Gleiche gilt für w bei Echinorhinus nach Jackson and Crarke (1876, p. 97, 98 Taf. VII Fig. 3). Auch die Holocephalen (Taf. IV Figg. 4, 6), bei denen ein Theil des ersten Nerven (y) oder Theile der beiden Nerven (y und z) eine besondere von dem Hauptplexus mehr oder minder unabhängige Ansa für die epibranchiale Muskulatur bilden, sind hierher zu rechnen. Die Vergleichung lehrt, dass in allen diesen Fällen nicht eine primitive Selbstständigkeit des ersten resp. der ersten Nerven gegenüber den folgenden, sondern vielmehr eine sekundäre Aus- lösung aus einem ursprünglichen intimeren Verbande mit denselben vorliegt. Man hat Grund um anzunehmen, dass bei den Vorfahren der Notidaniden nicht nur w, sondern auch ® an der Plexusbildung innigen Antheill nahm, und es ist danach wahrscheinlich, wenn auch zur Zeit nicht erweisbar, dass diesen noch vorgehende Nerven (w, £ etc.) einstmals den Anfang des Plexus bildeten. Selbstverständlich waren die Plexusbildungen in diesem Bereiche nicht etwas von Anfang an Gegebenes, sondern sind erst im Laufe der phylogenetischen Entwickelung, aber wohl in sehr früher Zeit aus ursprünglich unverbundenen Nerven hervorgegangen, in Folge von Verschiebungen dieser Nerven, welches hinwiederum mit der metamerischen Umwand- lung der von ihnen versorgten Endgebiete und mit der Ausdehnung und Verlagerung des Visceralapparates im Kausalnexus standen. Doch ist hier nicht der Ort, diese primordialen Vorgänge des Genaueren zu behandeln. Es erübrigt noch, über die bereits oben (p. 383) erwähnte Kreuzung des Plexus cervico-brachialis mit dem N. vagus vor dem Bereiche des Schultergürtels zu sprechen. Beide sind hier bald lockerer, bald inniger mit Bindegewebe verbunden. Bekanntlich wurde diese Anastomose zuerst von Jackson and Crarke (1876, p. 99) angegeben, während Oxopı (1886, p. 326, 327) diesem Zusammenhange eine speciellere 47] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND FIOLOCEPHALEN ETC. 395 Aufmerksamkeit schenkte. Ich finde, dass diese Verbindung bei jüngeren Thieren insbesondere auch bei den Notidaniden, den meisten Spinaciden, bei Scymnus, den Carcharüdae und Rhina im Ganzen eine ziemlich lockere und leicht zu trennende ist, während sie bei älteren Thieren und im Besonderen bei Laemargus, Cestracion, Scyllium und Odontaspis sich als eine intime, selbst auf kleinere Nebenäste ausgedehnte ergiebt. So mengten sich z. B. bei Laemargus (Taf. III Fig. 4) und Odontaspis von dem Vagus (vg.) und den Spinalnerven (Pl. cv.) stammende Fasern so innig, dass es ohne genauere Sonderung den Anschein hatte, als ob Vaguselemente sich an die coraco- arcuale Muskulatur begäben. Die vorsichtige Behandlung mit den oben (p. 389) an- gegebenen Kautelen und Reagentien führte jedoch überall zu dem Ergebnisse, dass streng zwischen beiderlei Elementen zu scheiden sei, wobei nur die Abkömmlinge der spinalen Nerven die Mm. coraco-arcuales, die mit ihnen verlaufenden Vagusfasern die diesen Muskeln benachbarten und sich z. Th. in sie einschiebenden Theile des M. constrietor superficialis ventralis versorgten. Eine solche Versorgung des Constrictor gab auch Onxopı (1887, p. 327) bei Scyllium catulus an, leitete sie aber irrthümlich von Derivaten der Spinalnerven ab. An einen Ersatz der „unteren Vaguswurzeln“, d. h. der ersten Occipitalnerven, durch echte Vaguszweige ist nicht zu denken. 6. Aeste des Plexus cervicalis. "Far BREIT EV VESBiIeIAE Die von dem Plexus cervicalis abgehenden Aeste sind theils motorische, theils sensible; erstere bilden den ganz überwiegenden Antheil. Die motorischen Aeste vertheilen sich in solche für die Seitenrumpf- muskulatur, für die epibranchialen spinalen (M. subspinalis und Mm. interbasales) und für die hypobranchialen spinalen Muskeln (Mm. coraco-arcuales). Die Muskeläste für die Seitenrumpfmuskulatur (Ar. d, Rr. dl, Rr. lv; auf den Abbildungen meist weggelassen) sind ziemlich kurze, verschieden dünne Zweige, welche von dem ersten Oceipitalnerven beginnend und von allen folgenden Nerven abgegeben, theils zu der dorsalen (d) und lateralen Zone (dl) des dorsalen Seitenrumpfmuskels') gelangen, theils den M. levator scapulae (/s) innerviren. Die zu d und dl! gelangenden Zweige entsprechen in der Hauptsache dorsalen Spinalästen der höheren Wirbelthiere?), die zu /s gehenden kann man den kurzen motorischen 1) Hier z. Th. für die am meisten dorsalen Bereiche auch von speeiellen dorsalen Aesten der Spinalnerven abgegeben. Diese besonderen dorsalen Aeste sind auf Taf. II Fig. 2 und Taf. IV Fig. 2 ohne Bezeichnung, wenigstens theilweise abgebildet, sonst aber auf den Abbildungen weggelassen. 2) Hinsichtlich dieser Zweige für die dorsale Rumpfmuskulatur weichen die Selachier (und mit ihnen viele niedere Vertebraten) von den höheren Vertebraten insofern ab, als bei ersteren die bezüglichen Zweige theils von besonderen dorsalen Aesten, theils von den ventralwärts ziehenden Stämmen abgehen, bei den höheren Vertebraten aber auf die Rami dorsales koncentrirt sind. 396 Max FÜRBRINGER [48 Nerven des Plexus cervico-brachialis derselben vergleichen. Namentlich bei den vordersten Nerven (Occipitalnerven) ist der Antheil derselben an der Versorgung der Seitenrumpfmuskulatur ein relativ erheblicher, so dass hier nicht selten nur noch ziemlich kleine Antheile für die epibranchiale und hypobranchiale Muskulatur übrig bleiben. Die zu den ersten Myomeren des Seitenrumpfmuskels gelangenden Zweige der Oceipitalnerven wurden bereits von Jackson and CLArkE (1876, p. 97, 98) und Horr- MANN (1824, p. 650) richtig angegeben. Die von ihnen versorgte Muskulatur entspricht auch den vorderen Myomeren der „vom Schädel zum Schultergürtel ziehenden Muskeln“ van Wısrue’s (1882, p. 42), welche aus dem 7.—9. Myotom des Selachier- kopfes hervorgehen. Von Muskeln welche „vom Schädel bis zum Schultergürtel ziehen“, kann man aber eigentlich nicht sprechen, da zwischen den hier in Frage kommenden drei ersten Myotomen und dem Schultergürtel noch eine sehr erhebliche Anzahl von Myotomen liegt, welche von freien Spinalnerven versorgt werden; bei Scyllium, welchen van WisHE untersuchte, sind dies $S Myotome, bei den anderen mir darauf bekannten Selachiern 7—26 (vergl. auch p. 387). Wie schon oben (p. 393) angegeben, halten bei den Haien die einzelnen Nerven die Myomerengrenzen nicht reln fest, sondern vertheilen sich, namentlich nach dem Schultergürtel zu, in ihrem weiteren, ventralwärts gehenden Verlaufe meist in 2 Myomeren. Dem entsprechend ist im dorsalen Gebiete (d und dl) die myomere Versorgung eine rein und regelmässig metamer angeordnete, also derart, dass die Zweige eines Spinalnerven sich auf die Innervation desihm ursprünglich zugehörigen Myomers beschränken; im ventralen Gebiete (ventrale Grenze von dl, Is) dagegen versorgt jeder Spinalnerv unter Durchbrechung der intermyomeren Septen zwei be- nachbarte Myomeren, ebenso wie jedes Myomer von den Zweigen zweier auf einander folgender Spinalnerven innervirt wird. Offenbar handelt es sich hierbei um sekundäre Verschiebungen, Umschmelzungen und Umgliederungen der Myomeren, welche in ihrem ursprünglichen Zustande genau den einzelnen Spinalnerven entsprechend ver- sorgt wurden; damit ging die Ausbildung neu angeordneter Septen in Zusammenhang. Der ursprüngliche Zustand ist im dorsalen, von den ventralen Verschiebungen unbe- einflussten Bereiche der Rumpfmuskulatur (d, Haupttheil von d) noch genau erhalten, im ventralen (ventraler Bereich von dl, /s) dagegen in Folge des Verbandes mit dem Schultergürtel zu Gunsten der neuen Anordnungen aufgegeben; die hauptsächlichste Causa movens bildet hierbei, für diesen vordersten Abschnitt des Rumpfes, die Ver- schiebung der vorderen Extremität!). Bei den Rochen ist die vordere Extremität 1) Wie schon oben erwähnt, haben die (noch nicht veröffentlichten) Unter suchungen von BRAUS für die im Bereiche der Brustflosse und hinter ihr liegenden Myomeren eine noch grössere Komplikation ergeben, indem hier nicht 2, sondern 3—6 Myomeren und Spinalnerven sich im Versorgtwerden und Versorgen gegenseitig vertheilen. Hier haben sich die die Umbildung der ventralen Myomeren bedingenden Momente summirt; mit der Verschiebung der vorderen Extremität verbindet sich diejenige der hinteren, und auch die Verlagerungen der Eingeweide und die Veränderlichkeit der Lage der Analöflnung üben einen, wenn auch indirekten, doch nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die umhüllende Rumpfwandung. 49] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 397 noch weiter nach hinten gewandert resp. gezogen worden als bei den meisten Haien; dabei sind aber die einzelnen Myomerengrenzen derart verwischt und verlagert, dass nur eingehende ontogenetische Untersuchungen Aufklärung verschaffen könnten. Bei den Holocephalen endlich hat die rückläufige (rostralwärts gehende) Vorwärtswande- rung der Extremität!) eine neue Komplikation bedingt, die sich in einer beträcht- lichen Verminderung der Zahl der übrigens sehr umgestalteten und eigentümlich differenzirten Myomeren ausspricht. Ich habe übrigens alle diese Verhältnisse, über deren ursprüngliche Bedeutung ich mich auch schon oben (p. 385— 388, 390) geäussert, nicht genau genug verfolgt, um darüber eingehende und definitive Mittheilungen zu machen; ich unterlasse dieselben auch um so lieber, als über diesen Gegenstand speciellere Untersuchungen von Braus und Wicksrröm angestellt wurden, deren Ver- öffentlichung in nicht zu ferner Zeit zu erwarten steht. Die epibranchiale, spinale Muskulatur, (M. subspinalis, sbsp., und Mm. interbasales, ib.) wird von einer Anzahl sehr feiner?) Nerven (Taf. II Figg. 1, 2, Taf. IH, Taf. IV, Rr. sbsp, Rr. ib.) versorgt, welche von der Ventralfläche des Anfanges des Plexus cervicalis resp. direkt von dem ersten, mit dem Plexus nicht verbundenen Oceipitalnerven (cf. p. 394) abgehen und medial am Vagusstamm vorbeiziehend an die Dorsalflächen der von ihnen versorgten Muskeln treten, um sich von hier aus im Muskelfleische zu verzweigen. Verrer (1874, p. 443 und 1878, p. 449) hatte angegeben, dass diese Muskeln — den M. subspinalis von Chimaera bezeichnet er als M. protractor arc. branch., die Mm. interbasales als Mm. interarcuales I — von Zweigen des Vagus versorgt würden, und erst Dourn hob auf Grund ontogenetischer Untersuchung von dem Subspinalis hervor, dass derselbe aus den vordersten sehr rudimentären Urwirbeln (van Wıme’s 6. bis 9. Somiten) seinen Ursprung nehme (1885, p. 446) sowie ferner, dass er die vordersten Hypoglossus-Myotome repräsentire, dass aber nicht festzustellen sein werde, ob er nicht auch seinerseits Material der hintersten Vagus-Myotome in sich schliesse (1890 B., p. 350). Ich habe (1895, p. 131—134), auf Grund direkter Präparation, den 1) Die Extensität dieser sekundären Vorwärtswanderung bei den Holocephalen soll man nicht überschätzen. Dass sie, im Kausalnexus zur Zusammendrängung des Kiemenapparates, stattgefunden, ist mir nicht zweifelhaft, aber die alten Vorfahren der lebenden Holocephalen haben eine Brustflosse besessen, welche wahrscheinlich dem Kopfe noch näher stand als bei den jetzt lebenden Selachiern. Man hätte also eine beiden gemeinsame Urform anzunehmen, wo Schultergürtel und Brustflosse eine mässige Entfernung vom Schädel zeigten® von dieser Urform aus entwickelten einerseits die Holocephalen unter mässiger, rückläufiger (rostralwärts gehender) Bewegung, andererseits die Haie und namentlich Rochen unter mehr oder minder weit gehender Fortsetzung der ursprünglichen vom Kopfe sie entfernenden Verschiebung nach hinten (caudalwärts) ihre jetzige Lage. Aehnliches wie für die Holocephalen gilt übrigens auch für die übrigen Anamnier; auch hier darf man sich die rostralwärts gehende rückläufige Wanderung nicht zu gross vorstellen. Ich verweise hinsichtlich dieses Punktes auf eine neuere kurze Bemerkung GEGENBAURs (1895 p. 19, Anm. 1), der ich zwar bezüglich des Sachlichen nicht ganz folge, deren fruchtbaren und vor Uebertreibungen in dieser Hinsicht warnenden Gedankengang ich aber vollauf anerkenne. 2) Diese Nerven sind vergleichsweise viel feiner als die Vagusäste, welche die Mm. arcuales dorsales VETTERs Interareuales II + III) versorgen. Festschrift für Gegenbaur. III Sl 398 Max FÜRBRINGER [50 Nachweis geführt, dass sowohl der M. subspinalis wie die Mm. interbasales (Vrrrer's Interarcuales I, die somit von dessen cerebralen Interarcuales II, III gänzlich abzu- trennen sind) von Zweigen der occipitalen, mitunter auch des ersten spinalen Nerven versorgt werden, und habe diese Muskeln, einer mündlichen Anregung GEGENBAuRr’s folgend (cf. meine Veröffentlichung von 1895, p. 134, Anm. 1) als epibranchiale spinale Muskeln zusammengefasst. Diese Zweige durchbohren die starke ventrale Fascie des Seitenrumpfmuskels und treten dann in einfacheren Fällen direkt (ZLaemargus, Taf. II Fig. 2, Taf. III Fig. 3), in komplieirteren unter Plexusbildung (Heptanchus, Taf. I Fig. 1) zu den Mm. subspinalis und interbasales; dieser feine, zierliche Plexus möge zum Unter- schiede von dem Hauptplexus den Namen Epibranchialplexus führen. Die höchste und vollkommenste Entfaltung zeigen sie bei den Notidaniden, wo sowohl der M. subspinalis (sbsp.) als die Mm. interbasales (£b.) in zahlreichster und kräftigster Ausbildung vorkommen; doch sind die Nerven (Rr. sbsp., Rr. ib) im Ver- hältniss zu den von ihnen versorgten Muskeln auffallend fein, vergleichsweise feiner als bei anderen Haien, daher nicht leicht vollständig darzustellen. — Bei Heptanchus (Taf. II Fig. 1) fand ich in vier untersuchten Fällen 4, 6 und S feine von dem Haupt- plexus abgehende Fäden, die sämmtlich vor der von z und I gebildeten Ansa sich abzweigten; die 2—4 ersten (Rr. sbsp.), von v, w, @, y abstammend, in einem Falle auch noch durch eine mikroskopische Zugabe von z verstärkt, begaben sich zu dem M. subspinalis (sbsp.), wobei sie in demselben Anastomosen bildeten, die 2—4 letzten (Rr. ib.) unter Bildung eines gut entwickelten Epibranchialplexus zu den Mm. inter- basales 1—5 (b'—ib’), von denen — in einem genauer untersuchten Falle — der erste von @ und namentlich y, der zweite von y, der dritte von y und z, der vierte und fünfte von z ihre Fasern bezogen'). — Bei Hexanchus (Taf. III Figg. 1, 2) liegen die Verhältnisse ähnlich. Von den hier gefundenen 4—6 Nervenfäden, von denen der letzte noch vor der Ansa der vorderen Nerven mit 2 abging, versorgen die 2—3 ersten, von v, w, @ und mit einem mikroskopischen Faden von y abstammenden (Rr. sbsp.) den M. subspinalis, die 2—3 letzten, von @,y und z stammenden (Rr. ib) die Mm. interbasales 1—4. — Von den Untersuchungen an anderen Haien gebe ich Folgen- des wieder. Meist wurden 3 von dem Hauptplexus selbstständig abgehende Fäden gefunden, seltener 4 (z. B. bei Mustelus) oder 2 (einmal bei Laemargus, Tat. III Fig. 3; Rhina, Taf. III Fig. 12), welche meist vor oder im Bereiche der Ansa z -+ 1, seltener hinter ihr abgehen und gewöhnlich keinen oder nur einen ganz mangelhaften Plexus bilden; irgend welche Regeln hinsichtlich dieser Zahlen lassen sich ebenso wenig wie bei den Notidaniden "aufstellen. Der vordere oder die zwei vorderen Fäden (Rr. sbsp.), welche bei Centrophorus (Taf. IIL Fig. 6), Scyllium (Taf. III Fig. 5), Mustelus 1) Nach den sonst nachgewiesenen Fällen von Variirung der Plexuswurzeln mögen die anderen Individuen deren mancherlei Abweichungen im Detail darbieten; doch glaube ich annehmen zu dürfen, dass bei Heptanchus der Schwerpunkt der Versorgung des M. subspinalis in v (wenn vorhanden), w und x, und derjenige der Mm. interbasales in y und z ruht, während, wie es scheint, 1 keine Nervenfaser dahin abgiebt. 51] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 399 indiv., Prionodon (Taf. IL Fig. 11), Rhina (Taf. II Fig. 12) von & und y, bei Spinax (Taf. III Fig. 7), Acanthias, Laemargus (Taf. III Fig. 3), Mustelus indiv. und Galeus von y resp. y und z abstammen, gehen zum M. subspinalis, der hintere oder die beiden hinteren (Rr. ib), bei Cestracion alle drei, welche von y und z abstammen, wozu sich (Seyllium, Odontaspis, Taf. IIl Fig. 9) auch ein sehr feiner Antheil von I beigesellen kann, zu den Mm. interbasales, deren Acanthias, Cestracion, Odontaspis, Mustelus und Galeus 3, Spinax, Centrophorus, Laemargus, Scyllium, Prionodon und Rhina 2 besitzen'). Bei Rhina ist der für den M. subspinalis bestimmte Zweig mikro- skopisch fein, bei Cestracion fehlt er mit der totalen Reduktion des Muskels gänzlich; bei Scymnus sind die epibranchialen Muskeln wie ihre Nerven vollkommen zurück- gebildet. Das Gleiche gilt von den untersuchten Rochen, bei denen jede Spur eines epibranchialen Muskels oder Nerven vermisst wurde. Die Holocephalen (Chimaera, Taf. IV Figg. 2, 4; Callorhynchus, 'Taf. IV Fig. 6) besitzen dagegen eine ausschliesslich oder zum grösseren Theile von y, zum kleineren von x gebildete epibranchiale Ansa (R. sbsp.), welche den sehr ansehnlichen M. subspinalis versorgt; das äusserst feine, für den sehr kleinen, allein vorhandenen M. interbasalis 2 (ib?) bestimmte Fädchen (R. ib.) scheint bei C’himaera meist von z zu kommen, doch gelang der Nach- weis dieses Abganges nicht allenthalben mit vollkommener Sicherheit. Bei Callo- rhynchus sah ich den feinen Faden auf der einen untersuchten Seite von y abgehen; ich vermuthe darin einen individuellen Befund. Eine Auswahl aus dem Mitgetheilten ergiebt in übersichtlicher Zusammenstel- lung das Folgende?): Epibranchiale Oceipitale (”—z) und spinale (1) Nervenwurzeln, f welche die epibranchiale spinale Muskulatur versorgen. spinale Bine - U Der Was Muskulatm: Heptanchus | Hezanchus Acanthias | Laemargus Seyllium Chimaera . | | A Ser iv wzı vw, x | Subspinalıs KT 2 2 W, ©, (Y Yy,2 | y,2 Ey) Yy,2 w,2,Y, (2) ©, 2,% | Interbasalis 1. . 2,4 z,y Y,2 | z y,2 | > | 55 3 2 dan? TER I Nalg = =, (1) 2 3 3 y,2 Yy z | : 2 92 | | Die epibranchialen spinalen Muskeln werden somit von Zweigen der oceipitalen Nerven, deren vorderste sich in der Regel in ihnen und den Anfängen der Seiten- 1) Bei Zaemargus zeigten die für die Mm. interbasales bestimmten Zweige einen auffallend geschlängelten Verlauf und kurz vor dem Eintritte in ihre Muskeln eine bogenförmige Umbiegung (Taf. II Fig. 2, wo aber nur die Umbiegung, nicht aber der geschlängelte Verlauf wiedergegeben wurde). 2) Die in der Tabelle in Parenthese eingeschlossenen Buchstaben oder Zahlen sollen ausdrücken, dass der von diesen Nerven abgegebene Antheil ein minimaler (mikroskopischer) ist. 5l* 400 Max FÜRBRINGER [52 rumpfmuskulatur erschöpfen, z. Th. auch von einigen vom ersten Spinalnerven abstam- menden Fäden versorgt, und zwar vertheilen sich die vorderen Zweige in dem M. subspinalis, die hinteren in den Mm. interbasales. Ein direktes Verhältniss in der Zahl dieser Muskeln zu der Zahl der sie versorgenden Nerven oder Nervenwurzeln ist nicht vorhanden; meist wird der M. subspinalis von mehreren Nerven innervirt und meist (wenn nicht sekundäre Verkümmerungen vorliegen) ist die Zahl der Mm. interbasales grösser als die Zahl der oceipitalen Nerven, von denen die motorischen Zweige für diese Muskeln abstammen. Es besteht somit eine bemerkenswerthe In- kongruenz in der Zahl dieser an die Kiemenbogen gebundenen Muskeln und der sie versorgenden Nervenwurzeln oder mit anderen Worten eine Dysmetamerie zwischen den Kiemenbogen und ihrer epibranchialen Muskulatur, die als eine von Anfang an gegebene aufzufassen ist und zeigt, dass das Visceralskelet und diese Muskeln ursprünglich nichts mit einander zu thun hatten. Der motorische Endtheil des Plexus, d. h. das, was nach Abgabe der Zweige für die Seitenrumpfmuskulatur und die epibranchialen Muskeln, sowie für die Haut übrig bleibt, tritt nach seiner Kreuzung mit dem N. vagus in die hypobranchiale, spinale Muskulatur (Mm. coraco-arcuales mit den Mm. coraco-branchia- les, cbr; M. coraco-hyoideus, chy; und M. coraco-mandibularis, cm) ein und geht, in der Tiefe derselben ventral nach vorn (mandibularwärts) verlaufend, ganz in der Versorgung derselben auf. Bezüglich der Innervation dieser Muskeln hatte schon Sransıus (1849, p. 122 und 1853, p. 142) angegeben, dass sie bei den Haien durch die zwei ersten, bei den Rochen von einer grösseren Anzahl von Spinalnerven geschehe; speciell wurden von ihm die vom Korakoid zum Zungenbein und zur Mandibula gehenden Muskeln (Verrer’s Mm. coraco-hyoideus und coraco-mandibularis) und ausserdem bei Raja der am Kiefersuspensorium sich befestigende „Sterno-hyoideus“ (in Wirklichkeit der M. depressor hyomandibularis) angeführt. Andererseits (1849, p. 89) erwähnt er eine Vertheilung der Rr. branchiales nervi vagi an die kleineren Muskeln der Kiemen- bogencopulae, worin wohl auch die Mm. coraco-branchiales Vrrrer’s einbegriffen sein mögen. Im Allgemeinen richtig an diesen Angaben ist die Innervation der Mm. coraco-hyoideus und coraco-mandibularis durch Spinalnerven, falsch dagegen die be- hauptete Versorgung des M. depressor hyo-mandibularis durch Spinalnerven und der Mm. coraco-branchiales durch den N. vagus; der genannte Depressor wird, wie Tıesıne (1895, p. 102) nachgewiesen, durch den N. facialis, die Coraco-branchiales wie VErTER (1874, p. 448 f.) gezeigt, durch den Plexus cervicalis versorgt. — BONSDORFF (1853, p. 221) giebt an, dass die „Mm. sterno-hyoidei und sterno-thyreoidei“ von dem Hypoglossus versorgt würden; bei dem Mangel jeder Beschreibung ist nicht zu ent- scheiden, was er unter den Mm. sterno-thyreoidei versteht (ob Coraco-branchiales?). — Verrer (1874, p. 448—453) fasste zuerst die Mm. coraco-branchiales, coraco-hyoideus und coraco-mandibularis auf Grund ihrer gleichmässigen Innervation als ventrale 53] ÜEBER DIE SPINO-OGCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 401 Längsmuskeln (Mm. coraco-arcuales) zusammen und liess sie sämmtlich von Zweigen des ersten und zweiten Spinalnerven versorgt werden. War auch die letztere Angabe bezüglich der Zahl der Spinalnerven nicht richtig, so war doch die Zusammenfassung der ganzen Gruppe ein bedeutender Fortschritt. — Eine rückläufige Bewegung in der Erkenntniss dieser Muskeln wurde durch van Wine (1882, p. 16, 42) eingeleitet; derselbe behauptete auf Grund ontogenetischer Untersuchungen, dass nur der M. coraco-hyoideus von Somitennerven (Spinal- resp. Occipitalnerven), dagegen die ge- sammten Mm. coraco-mandibularis und coraco-branchiales von Vaguszweigen innervirt würden. Donrx (1884, p. 17, 18) dagegen nahm, ebenfalls auf Grund ontogenetischer Untersuchungen, für die Mm. coraco-branchiales (die er auch einmal als Coraco-ar- cuales bezeichnet) eine Versorgung durch den N. vagus an, während er, wie es scheint, die Mm. coraco-hyoideus und coraco-mandibularis zum spinalen Systeme rechnet. Aehnlich spricht Oxonı (1886, p. 326) nur von einer spinalen Versorgung der Mm. coraco-mandibularis und coraco-hyoideus, schweigt aber über die Innervirung der Mm. coraco-branchiales; ob er letztere durch Vaguszweige — bei Acanthias und Scyllium werden innige Anastomosen der bezüglichen Spinalnerven mit dem Ramus intestinalis nervi vagi angegeben — versorgen lässt, muss dahin gestellt bleiben. Einen Fortschritt bedeutet aber die durch ihn nachgewiesene Versorgung der beiden erstgenannten Muskeln durch Occipitalnerven und eine grössere Anzahl spinaler Nerven. SCHNEIDER (1890, p. 260) stimmt van Wise und Donrn bei; doch ist mir seine Zu- stimmung nicht recht verständlich, da er, gerade im Gegensatze zu diesen Autoren, betont, dass der Coraco-arcualis nicht gleichen Ursprunges sei wie die Kiemen- muskeln. — Sıcenment (1885, p. 102, 108—110; 1885 resp. 1891, p. 535) kehrt wieder, auf Grund eigener Untersuchungen und in specieller Kontroverse gegen DoHRN, zu den Angaben Vrrrer’s bei Haien zurück und beschreibt ausserdem bei den Rochen eine spinale Versorgung der Mm. coraco-mandibularis, coraco-hyoideus, coraco- branchiales und hyomandibularis profundus. Die den zuletzt erwähnten Muskel be- treffende Beobachtung ist übrigens irrig; dieser Muskel ist identisch mit dem durch den N. facialis versorgten M. depressor hyo-mandibularis Tıesing’s. — Ich hatte gleich nach dem Erscheinen der van Wisue’schen Untersuchungen meine grossen Bedenken, ob die von diesem Autor angegebene '[rennung der ventralen Längsmuskulatur — und das Gleiche gilt für die von Donrn gemachte Scheidung — in eine spinale und cerebrale Abtheilung berechtigt sei; diese Muskelmasse macht einen durchaus einheit- lichen Eindruck. Zahlreiche und eingehende Untersuchungen an Selachiern und Holo- cephalen (wie auch an Vertretern der anderen Abtheilungen der Wirbelthiere) haben mir seitdem auf’s Sicherste ergeben, dass der Vagus an der gesammten ventralen Längs- muskelgruppe nicht den geringsten Antheil hat; lediglich ein Theil der oceipitalen und die spinalen Nerven innerviren die Muskelfasern derselben, während die aller- dings mannigfach und mitunter recht innig mit den Spinalnerven verbundenen und vereinzelt auch die ventrale Längsmuskulatur durchsetzenden Vaguszweige nur die in ihrer Nachbarschaft befindlichen Theile des M. constrietor superficialis ventralis, das Bindegewebe und die Haut versorgen. In meiner Abhandlung von 1895, p. 130 402 Max FÜRBRINGER [54 und 135, sprach ich mich derartig aus und betonte damit, im theilweisen Anschlusse an VETTER und Oxopi, die einheitliche Versorgung der gesammten hypobranchialen spinalen Muskulatur durch Nn. occipitales und Nn. spinales in verschiedener Anzahl. Diese Angaben kann ich auf Grund weiterer sorgfältig durchgeführter und mehrfach wiederholter Untersuchungen nur bestätigen. Lediglich der aus occipitalen und spinalen Nerven hervorgehende Plexus cervicalis versorgt die hypobranchiale spinale Muskulatur, wie ich GEGENBAUR folgend die Mm. coraco-arcuales VETTER’S benenne, während die kleinen Vaguszweige, die sich, z. Th. in innigem Verbande mit den Plexuszweigen, in jene Gegend begeben, an dieser Versorgung keinen An- theil haben; sondern (soweit es sich um motorische Fasern handelt) in den hier be- findlichen und die Mm. coraco-branchiales durchkreuzenden (cf. Taf. IV Fig. 1) Bündeln des M. constrictor superficialis ventralis (csv.) enden. In der Regel begiebt sich der motorische Endtheil des Plexus cervicalis (Pl. cv.) nach Ablösung von dem zur Flosse bestimmten Theile (Plexus brachialis, Pl.br.) und den Hautästen (Rr. cut, siehe unten) als einfacher Stamm zur hypobranchialen Muskulatur; nicht selten (z. B. bei Heptanchus, Laemargus, Taf. VI Fig. 4; Cestracion indiv., Mustelus indiv., Taf. IV Fig. 1'), Torpedo, Rhinobatus?)) theilt er sich aber auch früher oder später, vor oder nach dem Eintritt in diese Muskulatur in zwei ver- schieden starke Aeste, welche durch eine verschieden dicke Muskelmasse von ein- ander getrennt sind. Zuerst tritt der (einfache oder doppelte) Nervenstamm unter den letzten, am meisten dorso-lateral liegenden M. coraco-branchialis (cdr.), denselben mit zahlreichen Zweigen von innen her versorgend, und verläuft dann bei den Haien (ef. Taf. IV Fig. 1, Taf. VI Fig. 4) in der Tiefe des lateralen resp. dorso-lateralen Bereiches der metamer gegliederten hypobranchialen Muskelmasse, gerade da, wo von ihrer lateralen Grenze die einzelnen Mm. coraco-branchiales abgehen. Bei den Rochen (Taf. IV Fig. 9) verläuft er ebenfalls lateral, ist aber hier nicht so in die Tiefe ein- geschlossen, sondern leichter für die Präparation zugänglich. Auf diesem ganzen Wege giebt er laterale resp. latero-dorsale und mediale resp. medio-ventrale Zweige ab. Erstere (Rr. cbr.) wenden sich zu den Mm. coraco-branchiales (chr.), wobei sie meist zwischen je zwei auf einander folgenden verlaufen und von da aus mit zahl- reichen Fäden in den hinteren Rand der vorderen und den vorderen Rand der hinteren eintreten. Letztere versorgen die hypobranchiale Hauptmasse und geben dabei auch, als am meisten nach vorn gehende Zweige, die gewöhnlich ziemlich kräf- tigen Rr. coraco-hyoidei (Rr.chy.) und den etwas schwächeren R. coraco-mandibularis (R.cm.) ab; bei Rhina fehlt der letztere. Doch sind diese beiden Zweige, von denen der R. coraco-mandibularis der Mittellinie am nächsten verläuft und selbst mit dem der Gegenseite in Berührung kommen kann (namentlich bei Scymnus), keineswegs allein für die gleichnamigen Muskeln bestimmt, sondern senden während ihres Ver- laufes auch zahlreiche Zweige zu den hinteren Myomeren. Auf diesem Wege binden 1) Hier, bei Mustelus, treten beide Aeste wieder zu einem Stamm zusammen. 2) Bei Rhinobatus gleich von dem gemeinsamen Plexus cervico-brachialis separat und entfernt abgehend. 55] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 405 sich die Nerven nicht an die Myomerengrenzen, sondern durchbrechen rücksichtslos die zwischen ihnen befindlichen Septen, um nicht nur das zuerst berührte Myomer, sondern auch eine wechselnde Anzahl nach vorn (rostral) auf dieses folgender Myo- meren zu innerviren. Die sorgfältige und vorsichtige Spaltung der in die hypobranchiale Musku- latur eintretenden Nerven ergiebt, dass die hinteren (caudalen) Theile derselben, insbesondere die Mm. coraco-branchiales (cbr.) von mehr hinteren (caudalen), die mehr vorderen Abschnitte derselben, insbesondere auch die Mm. coraco-hyoideus (chy) und coraco-mandibularis (cm.) von mehr vorderen (rostralen) Nervenwurzeln des Plexus versorgt werden, aber sie lässt zugleich erkennen, dass auch hier, wie bei den epibranchialen Muskeln, kein genaues arithmetisches Verhältniss zwi- schen Myomeren und den sie versorgenden Nervenwurzeln besteht. So wurde beispielsweise gefunden: Spinale (5—1) und oceipitale (”—x) Nervenwurzeln, von denen die motorischen Zweige abstammen, Hypobranchiale spinale welche die hypobranchiale spinale Muskulatur Muskulatur. innerviren. Heptanchus | Hexanchus | Seyllium ') Mustelus Coraco-branchialis 7 3 tb} ” 6 2, 3 3 5; 5, 5 2,3 2,3 4,5 3,4 R A 4 2 2 4 3 R I 3 1, 2 3 2,3 e 2 ZN 12 DS 2 > „; 1 || 2,1 4,1 1,2 1, 2 Coraco-hyoideus. - | 3,1 |y21,2| 21,2 Zul? Coraco-mandibularis Y, 2 ae! a! a Ueber den Grad dieser Dysmetamerie zwischen der Anzahl der den hypo- branchialen Endtheil des Plerus cervicalis zusammensetzenden Nervenwurzeln und 1) Die hier bezüglich Seyllium mitgetheilte Betheiligung der oceipitalen Nervenwurzeln an der Innervation der hypobranchialen spinalen Muskulatur entspricht nicht vollkommen den Angaben van WısHur’s (1882 p. 15. 16). Van WIHE lässt bei Seyllium nur das letzte Kopfmyotom (welches von z versorgt wird) sich an dem Aufbau des M. coraco-hyoideus betheiligen, spricht aber bei dem vorletzten (von y innervirten) von keiner ventralwärts (in das hypobranchiale Gebiet) gehenden Verlängerung. Dies stimmt allerdings ganz genau mit der auch hier von mir mit- getheilten Versorgung des M. coraco-hyoideus (durch z, 1,2). Da aber hier nicht nur dieser Muskel, sondern das ganze hypobranchiale Muskelgebiet (dessen Beziehungen zum spino-oceipitalen Systeme allerdings hinsichtlich seines grösseren Theiles — Mm. coraco-mandibularis und coraco-branchiales — von VAN WIIHE mit Unrecht abgeleugnet werden) in Frage kommt, so gilt hierfür auf Grund der genaueren Untersuchung eine oceipitale Betheiligung von y und = und nicht bloss — wie VAN WISHE angiebt — von z. 404 MAX FÜRBRINGER [56 der Anzahl der Myomeren, aus denen die hypobranchiale Muskelmasse sich aufbaut'), kann des Weiteren folgende Tabelle orientiren?). Zahl der Zahl und Reihenfolge der oceipitalen z und spinalen Nervenwurzeln, welche die hypobranchialen Untersuchte Thiere. hypobranch. spin. Muskeln innerviren. nan Myomeren. 3 2, a,b 2 | Chimaera 3). 3—4 | Y2,2, 1,2 5 Spinaw. Anh 9 2 Callorhynchus?). 4 2 5 Laemargus. 5 mEZnl, 208 2 Cestracion. 5 Yy, 2,1,2,3 6—7 Sceymnus. 5 ee s—9 Hexanchus, Heptanchus, Rehina. 5 2, 1,2,3,4 5 Mustelus. 5 2, 1,2,3,4 7—8 Galeus. 5—6| z°,y, 2,1,2,3 8—9 ı Hexanchus. 5—6| 22,9, 2,1,2,3 9 \ Heptanchus. 5—6 De 7 | Centrophorus. 6 ee 7 \ Seyllium. 7 22,,1,.2,.3, A 7 \ Seyllium. 7 2, 1,2,3,4,5,6 3 Torpedo. 7 12,,3,49,6,7 3 Torpedo. 8 22 aA 5 8 Odontaspis. 8 15,2,,8,4,5,6,7,8 3—4 Raya. 8 2.3,.4.56,7,,859 34 Raya. 8s—9 ee 13 Prionodon. 9 Zul DS Ara TnS 3 Rhinobatus. Dieselbe ergiebt bei den Holocephalen und einigen Haien (Laemargus, Muste- lus, Scyllium, Odontaspis) eine genaue oder annähernde Uebereinstimmung der Ner- venwurzeln und Myomeren-Zahlen; bei der grossen Mehrzahl der untersuchten Thiere dagegen ist die Diskrepanz eine mehr oder minder bedeutende, wobei bald die Myomeren (namentlich bei Cestracion und den Rochen), bald die Nervenwurzeln 1) Zur Bestimmung dieser Anzahl wurden die Myomeren gezählt, aus denen der hintere Hauptstock der hypobranchialen Muskelmasse (welcher den Mm. eoraco-branchiales, eoraco-hyoideus und coraco-mandibularis Ausgang giebt) sich zusammensetzt und durch das eine, meist beträchtlich verlängerte, Myomer des die vordere Fortsetzung des hinteren Hauptstockes bildenden M. coraco-hyoideus vermehrt. 2) Da wo doppelte Zahlen der Nerven und die betreffenden Oceipitalnerven mit ? angegeben sind, gelang es bei dem, auf dem sehr langen Wege vom Oceiput bis zum ventralen Ende der hypobranchialen Muskulatur sich erstreckenden, Nervenverlaufe nicht mit Sicherheit, die — minimalen — Antheile der betreffenden oceipitalen Nerven- an der Versorgung des M. coraco-mandibularis ganz sicher nachzuweisen. 3) Durch den Verband der hypobranchialen Muskulatur mit dem M. depressor rostri (dr) kommt ausser dem ächten, hinteren Myomeren-Septum noch eine andere partielle Inscriptio tendinea zu Stande, welche somit keine primäre Bedeutung besitzt (Taf. IV Fig. 3). In Wirklichkeit existiren nur zwei, durch das hintere Septum getrennte Myomeren. 57] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 405 (namentlich bei den Notidaniden, Prionodon, Rhina) die Minorität bilden; den Ueber- einstimmungen ist demnach kein Werth beizumessen. Das Alles zeigt, dass auch in diesem ventralen Gebiete ganz erhebliche Verschiebungen, Auflösun- gen und Neubildungen der ursprünglichen Myomerensepten erfolgt sein müssen, und man wird kaum fehlgehen, wenn man als einen der wesentlichsten Faktoren dafür wieder die Wanderung der vorderen Extremität annimmt. Jeden- falls sind die vorliegenden Myomeren nicht als primordiale zu beurtheilen, und ebenso wenig wie bei der epibranchialen besteht bei der hypobranchialen Muskulatur eine Kongruenz ihrer Myomeren mit der Zahl der Visceral- bogen. Die sehr gegen den motorischen Antheil zurücktretenden sensibeln Zweige des Plexus cervicalis (Rr. cut., Taf’ II, IV, VI Fig. 4) gehören entsprechend dem Mangel sensibler Elemente an den vorderen (rostralen) Plexuswurzeln dem hinteren (caudalen) Abschnitte des Plexus an. Sie lösen sich in Ein- oder Zweizahl, seltener in Mehrzahl an der Grenze des Plexus cervicalis und Pl. brachialis, gewöhnlich während oder nach der Kreuzung mit dem N. vagus, ab und verlaufen hinter (cau- dal von) dem hypobranchialen Hauptstamm, wie dieser und parallel mit ihm zwi- schen letztem Visceralbogen und Schultergürtel in ventro-rostraler Richtung theils über, theils und hauptsächlich unter dem letzten M. coraco-branchialis. Während aber der motorische Hauptstamm in der Tiefe der hypobranchialen Muskulatur ver- bleibt, treten auch die von dem letzten M. coraco-branchialis zuerst bedeckten sen- sibeln Zweige an die Oberfläche und verzweigen sich in dem vor dem Schulter- gürtel liegenden ventralen Bereiche der Haut (Taf. III, IV Figg. 1,2, Taf. VI Fig. 4). In der Einzahl, aber danach in mehrere Zweige zerfallend, fand ich diese sensibeln Aeste bei Heptanchus, Spinax, Cestracion, Prionodon, Torpedo (Taf. IV Fig.)), zweiwurzelig (die vordere Wurzel von dem Hauptstamm des Plexus cervicalis, die hintere von der ersten Wurzel des Pl. brachialis sich ablösend) bei Centophorus (Taf. III Fig. 6), Mustelus indiv., Rhina (Taf. Ill Fig. 12), dreiwurzelig bei Odont- aspis (Taf. III Fig. 9), in der Zweizahl (bald von dem Plexus cervicalis und dem Pl. brachialis, bald nur von letzterem sich ablösend) bei Scymnus (Taf. III Fig. 5), Laemargus (Taf. VI Fig. 4), Scyllium indiv., Mustelus indiv. (Taf. IV Fig. |) und Galeus. Mit diesen Angaben ist der zu beobachtende Wechsel lange nicht erschöpft, doch besitzen die bestehenden Variirungen keine tiefere Bedeutung. In selteneren Fällen können feinere sensible Aeste (Rr. cut.) auch vor der Kreuzung mit dem Vagus abgehen (z. B. bei Heptanchus, Taf. II Fig. 1; Laemargus, Taf. I Fig. 2); selbst dem epibranchialen Plexus sind sie nicht fremd (Heptanchus, Taf. II Fig. 1) und entstammen hier der sensibeln Wurzel von z. Wie schon oben (pag. 368, 369) angegeben, fasse ich das auffallende Zurück- treten der sensibeln Elemente in dem Plexus cervicalis als eine sekundäre Erscheinung auf, die mit der hohen Entfaltung der sensibeln Rr. laterales Festschrift für Gegenbaur. IH. 52 406 MAx FÜRBRINGER [58 nervi vagi zusammenhängt. In dem Maasse, als diese sich mehr und mehr aus- breiteten und ihr Gebiet vergrösserten, wurden die ursprünglichen, spinalen, sensibeln Bezirke mehr und mehr von ihnen unterdrückt und verfielen nach und nach einem Reduktionsprocesse, der successive von vorn nach hinten in verschiedenem Grade — bei den höheren Abtheilungen meist weiter als bei der tieferen — sich ausdehnte (vergl. insbesondere auch die Zusammenstellungen über die Existenz der sensibeln Wurzeln bei den Spinalnerven (pag. 392). 7. Epibranchiale spinale Muskulatur. (M. subspinalis und Mm. interbasales). Taf. Figg.1,2, Taf. IV Figg. 1,2, Taf. V. Die erste Kenntniss der Mm. subspinalis und interbasales verdanken wir VErTER, der den M. subspinalis bei Acanthias (1874 pag. 444) und Chimaera (1578 pagg. 449 und 462) und die Mm. interbasales (von ihm Mm. interarcuales I genannt, 1874 pag. 441 f.), bei Heptanchus und Acanthias an sich richtig beschrieb, auch den Mangel der Interarcuales I bei Scymnus richtig erkannte, aber darin irrte, dass er Subspinalis wie Interarcuales I durch den Vagus versorgen liess und letztere mit den (wirklich von Vagus und Glossopharyngeus innervirten, den Interbasales aber ganz heterogenen) Interarcuales II und III zusammenwarf. Weiteres und Richtigeres theilt Domen über den M. subspinalis mit; derselbe sei etwa wie die Mm. coraco- hyoideus und coraco-mandibularis vielleicht nach vorn gewandert (1884 pag. 17), er nehme aus den vordersten, sehr rudimentären Urwirbeln (van Wine’s 6.—-9. Myotome) seinen Ursprung (1885 pag. 446), oralwärts vor ihm werde keine Urwirbelmuskulatur am Kopfe gefunden (1885 pag. 465), er repräsentire die vordersten Hypoglossus- Myotome, es werde aber nicht festzustellen sein, ob er nicht auch seinerseits Ma- terial der hintersten Vagus-Myotome in sich schliesse (1890 B. pag. 355). Der Mm. interbasales thut er keine Erwähnung. Ich fand dann (1895 pagg. 132—134), dass sowohl der M. subspinalis wie die Mm. interarcuales I Verrer’s in übereinstimmen- der Weise von Zweigen der Oceipital- und Spinalnerven versorgt würden, trennte darauf hin die Letzteren unter dem Namen Mm. interbasales von den vom Glosso- pharyngeus und Vagus versorgten und auch sonst recht abweichende Verhältnisse darbietenden Mm. interarcuales II und III Verrer’s (für die ich die Namen Mm. arcuales dorsales wählte) ab und vereinigte M. subspinalis und Mm. inter- basales nach Gecensaurs Vorschlage zu der epibranchialen spinalen Muskulatur. Die metamerische Zusammengehörigkeit des Subspinalis und der Interbasales dürfte meines Frachtens nicht zu bezweifeln sein; über die übereinstimmende Art 59] ÜEBER DIR SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 407 ihrer Innervation durch epibranchiale Nervenzweige resp. den epibranchialen Neben- plexus habe ich mich bereits geäussert (pag. 398 f.). In der Folge soll Einiges über die speciellere Anordnung und Struktur dieser Muskeln mitgetheilt werden. I. M. subspinalis. Taf. II Fige. 1, 2, Taf. IV Figg. 1, 2, 4, 6, Taf. V; sbsp. oD* Der M. subspinalis (sbsp.) stellt einen von der Ventralfläche des hinteren 'Theiles des Craniums (Cra.) und des Anfanges des Rumpfes (Seitentheil der Wirbel, ventrale Fascie der Seitenrumpfmuskulatur) entspringenden und entweder in das ventrale Längsband der Wirbelsäule (Zg. vb. c.) übergehenden oder an den Basalia des ersten resp. der zwei ersten Kiemenbogen (Br. / und Br.2) endenden Muskel dar, welcher somit der Ventralfläche des Craniums und des Rumpfanfanges dicht anliegt und von occipitalen Zweigen versorgt wird. Er ist also ein hypaxonischer und zugleich epi- branchialer spinaler Muskel. Nach seinem Bau kann man unterscheiden zwischen dem M. subspinalis der Notidaniden, der übrigen pentanchen Haie und der Holocephalen. Den untersuchten Rochen fehlt er. 1. Notidanidae. Taf. II Fig. 1, Taf. V. Figg. 1, 2; sbsp.a und sbsp.b. Der M. subspinalis der Notidaniden Heptanchus und Hewanchus stellt sich den gleichnamigen Gebilden aller anderen untersuchten Selachier und Holocephalen da- durch gegenüber, dass er unter Verbindung mit dem der Gegenseite in der Haupt- masse oder ausschliesslich einen unpaaren, aus mehrfachen Myomeren undeutlich zu- sammengesetzten Muskel bildet, der mit dem Basale des 1. Kiemenbogens in keiner direkten Verbindung steht, sondern ventral an demselben vorbeiziehend an dem Rumpfskelet resp. dem ventralen Bandapparat desselben (Lig. vertebrale longitudinale ventrale, Zg.vb.c.) endet (sbsp.a.); nur ein kleiner dorsaler, durch die erste Epi- branchialarterie (A.epibr.) von der Hauptmasse abgetrennter Theil inserirt an dem Basale 1 (sbsp.b). Bei Heptanchus (Taf. II Fig. 1, Taf. V Fig. 1, sbsp.a.) repräsentirt er einen kräftigen und dicken unpaaren Muskel von mässiger Breite, welcher in der Länge von 3'/;—4 Wirbeln von der ventralen Fläche der Schädelbasis entspringt. Mit seinem vorderen Ende ragt er bis zum Niveau der Austrittsstelle des Nervus facialis oder selbst noch ein wenig weiter vor, mit seinem lateralen Rande und seiner dor- salen Fläche verbindet er sich sehnig mit dem dorso-lateralen Rumpfmuskel (dl, M. dl), der bald ebenso weit vorn wie er (Taf. V Fig. I), bald noch etwas weiter vorn (Taf. II Fig. I) von dem Cranium Ausgang nimmt. Der im Inneren stark fleischige, 52* 408 Max FÜRBRINGER [60 an der Aussenfläche aber vorn und hinten sehnige Muskel (Taf. V Fig. I) ver- schmälert sich während seines Verlaufes nach hinten und geht vor den durch ein kräftiges Band fast symphytisch mit einander verbundenen Basalia des 1. Kiemen- bogens in eine schlanke, aber kräftige Sehne über, welche ventral von der genannten Symphyse vorbeizieht und sich dann in das Lig. vertebrale commune ventrale (Zg. vb.c.) einwebt. Die durch die Arteria epibranchialis I (A.epbr.?) von ihm abge- theilte, viel kleinere, dorsolateral von der Hauptmasse gelegene Partie (sbsp.b) geht schliesslich entweder ganz (1 mal) oder zum grösseren Theile (3 mal) in die Haupt- sehne über; nur ein ganz kleines, unter 4 Fällen I mal vermisstes, Muskelfascikel endet an dem Basale 1. — Bei Hexanchus (Taf. V Fig. 2) ist der Muskel (sbsp.a) viel mehr in die Breite ausgedehnt, aber nicht von der gleichen Dicke wie bei Heptun- chus; auch ist er in der Ursprungshälfte, die übrigens wie bei Heptanchus in der Längenausdehnung von etwa 4 Wirbeln von der Schädelbasis entspringt, von dem der Gegenseite etwas getrennt und erst in der Mitte seines Verlaufes mit dem der Gegen- seite zu einem unpaaren Muskel verbunden. Ferner gewinnt in der Insertionshälfte das sehnige Gewebe zunehmend die Oberhand — alles Zeichen einer weiter vorge- schrittenen Degeneration im Vergleiche mit Heptanchus —, um schliesslich unter bedeutender Konvergenz der Fasern in eine kräftige Sehnenausbreitung (Aponeurose) überzugehen, die wie bei Heptanchus, aber in grösserer Breite als dort entwickelt, über die syndesmotisch verbundenen medialen Enden des rechten und linken Basale hinwegzieht und in das Lig. vertebrale commune ventrale (Zg.vb.c.) übergeht; doch entwickelt sich aus der Dorsalfläche dieser Aponeurose ein tieferes, unpaares, schlankes Sehnenfascikel, welches direkt an der genannten Syndesmose der Basalia inserirt. Abgetrennt von der Art. epibranchialis I. beginnt die tiefere dorso-laterale Partie des Muskels (sbsp.b.), rechts und links vollkommen von einander getrennt, von dem letzten Ende des Craniums und des lateralen Randes des 1. Wirbelkörpers und inserirt an dem medialen Ende des rechten und linken Basale I. Diese bei Heptanchus nur sehr schwach entwickelte Partie zeigt hier somit eine relativ bessere Entfaltung, tritt aber gegen die Hauptmasse noch sehr an Stärke zurück. Hewanchus lässt damit eine weiter fortgeschrittene Tendenz zur Ausbildung des bei den pentanchen Haien zu ausschliesslicher Entfaltung gebrachten Partie b des M. subspinalis erkennen. Allein der paarige Ursprung des sbsp.a scheint ihm eine primitivere Stellung als Heptanchus zuzuweisen; doch kann diese Sonderung auch erst sekundär in Folge der Dickenabnahme des Muskels gegenüber Heptanchus erfolgt sein. Beide Notidaniden zeigen eine metamere Struktur des M. subspinalis, die aber nur auf Durchschnitten und nicht gerade deutlich erkannt wird; es wurden 3—5 ungleich entwickelte und durch sehr schräg gestellte Septen unvollkommen von ein- ander gesonderte Myomeren aufgefunden. Innervirt von 2—4 feinen Rami subspinales (Rr.sbsp.), welche den 3—4 ersten Occipitalnerven (v,w,@,y oder w,@,y, einmal bei Heptanchus auch einem freien Fädchen von z) entstammen. Dieselben treten am Lateralsaum der Dorsalfläche in den Muskel (sbsp.a) ein und verzweigen sich hier entsprechend den Myomeren des- 61] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC, 409 selben mit vielen feinen Zweigen. Der M. subspinalis 5 wird in der Regel von dem letzten Ramus subspinalis, der zum Haupttheile von y kommt, versorgt. 2. Pentanche Haie. Pat Ti Bio. 2, Far Ir Fig. 3, Tas vs Rio. 1,5 Tat, V Figs, 98 sbsp.. Bei allen anderen untersuchten Haien zeigt der M. subspinalis, wenn vor- handen, allenthalben eine lediglich auf das Kiemenskelet koncentrirte Insertion und zugleich eine Lage dorsal von der ersten Epibranchialarterie; er ist somit lediglich von der tieferen, dorsolateralen Partie bei den Notidaniden (sbsp. b) unter höherer Aus- bildung derselben ableitbar, während die Hauptmasse der Notidaniden (sbsp. a) voll- kommen in Rückbildung getreten ist; die Lage der Epibranchialarterie macht es zugleich ganz unwahrscheinlich, dass Theile von sbsp. a unter Lösung der alten Ver- bindungen mit dem Lig. vertebrale commune ventrale und unter Bildung von neuen aberrativen Verbänden mit den Basalien der Kiemenbogen erhalten geblieben sind. Dementsprechend ist der Muskel bei allen untersuchten pentanchen Haien in durch- weg paariger Anordnung vorhanden, und zwar sind beide Muskeln im grösseren Theile ihres Verlaufs meist durch einen mehr oder minder breiten Zwischenraum von einander getrennt, seltener (Scyllum Taf. V Fig. 5, namentlich aber Prionodon) a einander genähert. & 1 Die Grössenentwickelung schwankt bei den untersuchten Haien erheblich: IS a bei Laemargus (Taf. V Fig. 4) ist der Muskel nicht breit, aber dick und fleischig, ,, L 13m x Y bei Scyllium (Taf. V Fig. 5) breit aber mässig dick, bei Acanthias (Taf. V Fig. 3) und \ EN .- Dir Galeus in Breite und Dicke von mittlerer Entwickelung, bei Spina®w schmäler aber DIES dicker als bei Acanthias, bei Mustelus ähnlich Galeus, aber schwächer, bei Centro- EB phorus, Odontaspis (Taf. V Fig. 6) und Prionodon ziemlich schmal und dünn, bei Rhina (Taf. V Fig. 7) zu einem ganz schmalen, unbedeutenden Muskelbande reducitt, bei Scymnus (Taf. V Fig. S) und Cestracion endlich völlig rückgebildet; bei Scymnus fehlen zugleich die Mm. interbasales, bei Cestracion sind dieselben, wenn auch in mässigen Dimensionen, wohl ausgebildet. Scymnus tritt durch dieses Verhalten in bemerkenswerthen Gegensatz zu dem nahe verwandten Laemargus'). Nicht minder wechselt der Ursprung. Er beginnt bei Galeus von dem Ende der Schädelbasis und der Ventralfascie der dorso-lateralen Rumpfmuskulatur im Bereiche der 3—4 ersten Wirbel, sowie von den lateralen Theilen dieser selbst, soweit sie nicht von Muskeln bedeckt sind, bei Centrophorus, Acanthias (Taf. V Fig. 3), Scyllium (Taf. V Fig. 5) und Mustelus von der Rumpfmuskulatur und dem lateralen Bereiche 1) Diese Differenz, sowie eine weiter unten noch zu erwähnende, betreffend das Verhalten der Mm. coraco- branchiales, ist jedenfalls erheblich genug, um die Gattung Zaemargus von der Gattung Sceymnus zu separiren. Ob sie aber das Recht gebe, beide Genera als Repräsentanten besonderer Familien zu betrachten, wie TURNER (1873 p. 84) z. Th. auf Grund später widerlegter Beobachtungen will, möchte ich bezweifeln. 410 Max Fürskınger 162 der beiden ersten Wirbel, wobei der grösste Theil des Muskels vom ersten Wirbel resp. der hier befindlichen dorso-lateralen Rumpfmuskulatur entspringt, bei Zaemargus (Taf. V Fig. 4) vom Ende des Schädels und dem Anfang des ersten Wirbels, bei Spinaw und Rhina (Taf. V Fig. 7) allein vom Schädelende, bei Prionodon von der Rumpfmuskulatur und dem lateralen Bereiche der Wirbelsäule in der Höhe des 2.—5. Wirbels, bei Odontaspis (Taf. V Fig. 6) sehr weit vom Schädel entfernt von der ventralen Rumpfmuskelfaseie in der Höhe des 5. und 6. Wirbels und ein wenig von der hinteren lateralen Ecke des 4. Wirbels selbst. Der Schädelursprung be- schränkt sich allenthalben, sehr im Gegensatze zu den Notidaniden, auf den hinteren basalen Rand der Oeccipitalregion, mehr oder minder weit von der Mittellinie ent- feınt (Taf. V Figg. 3—7). Wie schon erwähnt, beginnt der Muskel bei Seyllium (Taf. V Fig. 5) mit zwei Köpfen, einem schmäleren und längeren lateralen von dem Cranium, und einem breiteren und kürzeren medialen von der Rumpfmuskulatur und dem lateralen Wirbelbereiche in der Höhe des 1. und 2. Wirbels; beide Köpfe varüren individuell hinsichtlich ihrer Schlankheit und Separation. Von seinem Ursprunge aus verläuft der Muskel nach hinten und medialwärts, somit im weiteren Verlaufe dem der Gegenseite sich nähernd; zugleich konvergiren hierbei seine Fasern unter Zurücktreten der fleischigen und Hervortreten der schnigen Elemente zu dem schmäleren insertiven Ende, das schliesslich rein sehnig an dem medialen Bereiche des Vorderrandes und der Dorsalfläche des Basale des ersten Kiemenbogens sich anheftet, die medialste Spitze desselben bald einnehmend, bald freilassend. Bei Mustelus beobachtete ich auch ein feines, von der Hauptmasse ziemlich abgesondertes Fascikel, welches an dem Basale des zweiten Kiemenbogens inserirte. Innervirt von 1—2 Rr. subspinales (Rr. sbsp.), die bei den Haien mit 3 Oceipitalnerven meist von @ und y, bei denjenigen mit 2 Oceipitalnerven in der Regel von y oder y und x abstammen. Die Nerven, deren Grösse sich nach dem Volumen des Muskels richtet, treten in die Dorsalfläche des Muskels ein und ver- sehen denselben hier mit zahlreichen, oft ungemein komplieirt verästelten Zweigen (siehe z. B. bei Laemargus, Taf. UI Fig. 3). Des Näheren verweise ich auf p. 398 f. 3. Rochen. Taf.:V Fig. 9. Bei den untersuchten Rochen (Torpedo, Rhinobatus, Raja, Taf. V Fig. 9) fehlt allenthalben ein M. subspinalis und war auch bei mikroskopischer Untersuchung nicht in Rudimenten nachweisbar. Man wird kaum fehlgehen, wenn man diesen Mangel durch die vollkommene Rückbildung eines wahrscheinlich bei den Vorfahren der Rochen vorhandenen Muskels erklärt. Ebenso wurde auch bei der sorgfältigsten Durchmusterung nichts von Rudi- menten eines N. subspinalis gefunden. 63] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. all 4. Holocephalen. Taf. IV Fig. 2, Taf. V Fig. 10, (sbsp.). Der M. subspinalis, welcher bei Chimaera (Taf. IV Fig. 2) und Callorhynchus (Taf. V Fig. 10) in der Hauptsache in gleicher Weise ausgebildet ist, schliesst sich am meisten an denjenigen der pentanchen Haie an, zeigt aber Besonderheiten, welche ihn nicht ohne Weiteres mit den Bildungen bei diesen vereinigen lassen. Er repräsentirt einen sehr kräftigen, namentlich in der Fläche mächtig ausgebildeten, alle unter 2 aufgeführten Mm. subspinales der Haie bei Weitem an Grösse über- treffenden Muskel, der von der basalen Fläche des Schädels und der in ihn ein- gegangenen oceipito-spinalen Wirbelelemente in grosser Ausdehnung entspringt, vorn breit von dem Boden der Orbita beginnend. Bei Chimaera gelingt es unschwer, den vom eigentlichen Cranium kommenden grösseren Theil und den von dem damit vereinigten occipito-spinalen Wirbelkomplexe entspringenden kleineren 'T'heil von ein- ander zu sondern. Bei Callorhynchus war diese Scheidung nicht so sicher, wie hier überhaupt der Muskel mit dem hinteren Wirbelschädel-Ende minder deutlich resp. nur mit seinem lateralen Rande verbunden war (Taf. V Fig. 10); das Alles mag aber auch in der mangelhaften Erhaltung des untersuchten 'Thieres (theilweise Auflösung des Bindegewebes, grosse Brüchigkeit der Muskelfasern) seine Ursache haben. Der rechte und linke Muskel sind am Anfange (rostrales Ende) durch einen breiten Zwischenraum getrennt (Taf. V Fig. 10), kommen aber im weiteren Verlaufe nach hinten und innen (caudal- und medialwärts) einander näher; zugleich konver- giren hierbei die Fasern jedes Muskels, so dass das insertive Ende ähnlich wie bei den pentanchen Haien, doch in minderem Grade als dort, schmäler ist als der Ur- sprungstheil. Die Insertion geschieht recht ausgedehnt an der Dorsalfläche der Basalia des 1. und 2. Kiemenbogens, welche (namentlich das Basale des 2. Bogens) sehr ansehnlich entwickelt sind und weit nach hinten reichen. Die Insertion an dem Basale 2 steht nicht ganz unvermittelt da; schon bei Mustelus wurde eine solche, allerdings in geringer Ausdehnung beobachtet (p. 410). Durch alle diese Verhältnisse dokumentirt sich der M. subspinalis der Holo- cephalen als ableitbar von dem der pentanchen Haie; er hat sich im Verhältniss zu diesen sehr erheblich vergrössert und hat sich dabei am Ursprung bis über einen Theil der Orbitalregion', an der Insertion bis auf das Basale des 2. Kiemenbogens ausgedehnt. Es sei beiläufig bemerkt, dass die Holocephalen mit ihrem mächtig entfalteten und die Cestracionten mit ihrem völlig rückgebildeten M. subspinalis in 1) Doch ist hierbei mit in Rechnung zu ziehen, dass die Orbitalregion des Schädels bei den Holocephalen in Folge der beträchtlichen Vergrösserung des Auges sich auch auf Kosten der hinteren Schädelregionen caudalwärts ausdehnte. 412 Max FÜRBRINGER [64 diametralem Gegensatze stehen; die hinsichtlich des Kieferapparates Beider bestehen- den Aehnlichkeiten sind einseitige. Innervirt von einer epibranchialen Ansa (R. sbsp.), welche bei C’himaera in der Hauptsache von y, zum kleineren Theile von einem feineren Zweige von z (Taf. IV Figg. 2, 4), bei Callorhynchus allein von y gebildet wird (Taf. IV Fig. 6). II. Mm. interbasales. Kat. Tl Pise. I, 2, Tat..IvV Riog. 1,2,4,6, Tar V:.0. Die Mm. interbasales (?b) repräsentiren kurze Muskeln von longitudinalem oder annähernd longitudinalem Faserverlaufe, welche, wie der M. subspinalis der pentanchen Haie resp. wie der M. subspinalis b (sbsp. b) der Notidaniden, ventral von den Epibranchialarterien (A. epbr. I—5) gedeckt (Taf. IV Fig. 5) und von epibran- chialen Nervenästen resp. dem epibranchialen Nebenplexus (p. 398.) versorgt werden. Sie verbinden die Basalia der auf einander folgenden Kiemenbogen und liegen immer dorsal resp. dorso-medial von den, von den Nn. glosso-pharyngeus und vagus inner- virten, Mm. arcuales dorsales (arc. d), bald dicht neben ihnen und dann meist mit ihnen alternirend, bald weiter von ihnen entfernt. Bei den Notidaniden zeigen sie nach Zahl (5 bei Heptanchus, A bei Hewanchus) und Volumen die höchste Entfaltung; bei den übrigen untersuchten pentanchen Haien sind sie stets schwächer entwickelt und entweder in der Dreizahl enthalten (Acanthias, Cestracion, Odontaspis, Mustelus, Galeus) oder — unter Rückbildung des letzten — nur in der Zweizahl (Centrophorus, Spinax, Laemargus, Scyllium, Prionodon, Rhina), oder sie sind gänzlich redueirt (Scymnus). Auch den untersuchten Rochen fehlen sie voll- kommen. Bei den Holocephalen wurde nur ein Interbasalis gefunden, welcher dem Interbasalis 2 der Haie entspricht. Uebrigens bieten sie in ihrem Bau bei den ver- schiedenen Vertretern der Selachier und Holocephalen keine wesentlichen Abwei- chungen dar. Von den fünf Mm. interbasales bei Heptanchus (Taf. Il Fig. 1, Taf. V Fig. I) verbindet der erste (ib. 7) die Basalia des 1. und 2. Kiemenbogens (Br. 7 und Br. 2), der zweite (ib. 2) die des 2. und 3., der dritte (ib. 3) die des 3. und 4., der vierte ib. 4) diejenigen des 4. und 5. und der fünfte (ib. 5) die des 5. und 6. Kiemenbogens (Br. 5 und Br. 6). Zwischen dem 6. und 7. Kiemenbogen findet sich bei dem Mangel eines Basale 7 kein M. interbasalis. Sie sind durchweg sehr kräftige Muskeln von nach hinten abnehmender Stärke, welche ventral und dorsal das Niveau der Basalia überragen und nicht nur die einander zugekehrten Ränder derselben, sondern auch einen grossen Theil ihrer Ventral- und namentlich Dorsalflächen bedecken; hierbei nehmen die Ursprünge vorwiegend die Hinterränder und Ventralflächen, die Inser- tionen die Vorderränder und Dorsalflächen der Basalia ein. Mit den ihnen direkt 65] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 413 benachbarten und dicht anliegenden Mm. arcuales dorsales (arc. d) alterniren sie. Der erste Interbasalis verbindet die lateralen '/, des Basale I mit den medialen , des Basale 2 (excl. dessen mediales Ende), der 5. Interbasalis die lateralen °/, des Basale 5 mit der medialen Hälfte des Basale 6; die drei andern nehmen in ihrer Breiten- entwickelung eine Zwischenstellung zwischen diesen beiden ein. An Masse ist die Abnahme vom Interbasalis | zum Ib. 4 eine sehr allmähliche, während der Ib. 5 er- h>blich kleiner als der 7b. 4 ist, somit einen beträchtlich weiter vorgeschrittenen Grad von Rückbildung zeigt als seine Vorgänger. — Hewanchus (Taf. V Fig. 2) schliesst sich Heptanchus an, besitzt aber entsprechend der Verminderung seiner Kiemenbogen um den letzten nur 4 Mm. interbasales (id. 7—4), welche die Basalia der 5 ersten Kiemenbogen verbinden; zwischen dem 5. und 6. Kiemenbogen ist ent- sprechend der Verkümmerung des Basale 6 kein Interbasalis aufzufinden. Auch hier sind die Mm. interbasales recht kräftig entwickelt, stehen aber denen von Heptanchus an relativer Grösse etwas nach und lassen demnach auch grössere Theile der Dorsal- und namentlich Ventralflächen der Basalia frei. Auch ihre Grösse ist eine nach hinten abnehmende, doch in anderen Verhältnissen als bei Heptanchus, indem der Interbasalis I den 7b. 2 reichlich um das Doppelte an Volumen übertrifft, während die I/bb. 2,3 und 4 in minderem Grade differiren. Der Interbasalis I verbindet die lateralen %, des Basale I (Br. 7) mit der medialen Hälfte des Basale 2 (Br. 2, excl. mediale Spitze), der Interbasalis 2 die lateralen %, des Basale 2 mit den medialen %/, des Basale 3 (excel. mediale Spitze), der Interbasalis 3 gleichfalls die lateralen */; des Basale 3 mit den medialen %; des Basale 4 (excl. med. Spitze), der Interbasalis 4 die lateralen '/, des Basale 4 (Br. 4 mit den medialen >, (also wieder einen relativ mehr ausgedehnten Abschnitt) des Basale 5 (Br. 5, excl. med. Spitze). Bei den pentanchen Haien mit drei Mm. interbasales (ib. 7—3), also Acanthias (Taf. V Fig. 3), Cestracion, Odontaspis (Taf. 5 Fig. 6), Mustelus und Galeus, verbindet im Interbasalis 1 (ib. 7) die Basalia des 1. und 2. Kiemenbogens (Br. 7 und 2), der Interbasalis 2 (ib. 2) die des 2. und 3., der Interbasalis 3 (ib. 3) die des 3. und 4. Kiemenbogens, und zwar nehmen die Ursprünge die hinteren Ränder und Spuren der angrenzenden Ventralsäume, die Insertionen die Vorderränder, in wechseln- der Ausdehnung auch die angrenzenden Dorsalsäume resp. Dorsalflächen der Basalia ein. Doch bleiben stets, sowohl auf den ventralen (Taf. V) als auf den dorsalen Flächen (Taf. II Fig. 2, Taf. IV Fig. 1), mehr oder minder grosse Strecken der Basalia frei; immer sind die Muskeln minder voluminös als bei den Notidaniden. — Bei Acanthias und Galeus zeigen die Muskeln eine mittlere Grösse, bei Odontaspis und Mustelus sind sie schwächer, bei ersterem namentlich in der Flächenentwickelung redueirt und sehr gegen die Basalknorpel zurücktretend, bei Cestracion am kleinsten und schwächsten und ohne jedes annähernde Verhältniss zu den ansehnlichen Basalia. Mit Ausnahme von Odontaspis, dessen M. subspinalis unbedeutender als die beiden ersten Mm. interbasales, aber grösser als der M. interbasalis 3 ist, und Cestracion, wo der M. subspinalis gänzlich fehlt, sind sie durchweg kleiner als der Subspinalis: Festschrift für Gegenbaur. II. 53 414 MAx FÜRBRINGER [66 ihre Grösse nimmt vom ersten bis dritten ab, bei Acanthias') und Cestracion sehr allmählich, während bei Odontaspis, Mustelus und Galeus der letzte gegen die beiden ersten, minder an Grösse differirenden, sehr zurücktritt. Damit ist ein gewisser Ueber- gang zu den Arten mit nur zwei Interbasales gegeben. Bei Cestracion und Odont- aspis entspringen die Muskeln mehr von den lateralen Bereichen (/;—/s) der Basalia und bevorzugen in ihren Insertionen mehr die medialen Abschnitte derselben (excl. die medialen Spitzen), bald in grösserer (Interbasales 1 und 2), bald in geringerer Ausdehnung (Interbasalis 3); bei Mustelus und Galeus liegen auch die Ursprünge mehr medial, d. h. entweder in der Mitte (mittleres '/—/;, bei Interbasalis 2 und 3) oder sie dehnen sich über einen grossen Theil der Länge der Basalia aus (mittlere Y;—’/ bei Interbasalis 1). Nur zwei Mm. interbasales (ib. Z7 und 2) besitzen Centrophorus, Spinaw, Lae- margus (Taf. II Fig. 2, Taf. V Fig. 4), Seyllium (Taf. V Fig. 5), Prionodon und Rhina (Taf. V Fig. 7); — Odontaspis, Mustelus und Galeus mit ihrem sehr reducirten Inter- basalis 3 bilden, wie schon erwähnt, den Uebergang von der vorhergehenden Gruppe der pentanchen Haie. Im Uebrigen verhalten sich beide Interbasales wie die beiden ersten dieser Gruppe. Bei Prionodon sind beide Muskeln von mittlerer Entfaltung, bei Laemargus sind sie ziemlich dick, aber von geringer Breitenentwickelung, bei Spinaw und Scyllium ist der Interbasalis 1 relativ gut, der Interbasalis 2 dagegen schwach ausgebildet, bei Centrophorus sind beide schwach entwickelt, bei Rhina zu ganz schmalen, auf die medialen Bereiche der Basalia beschränkten Bändern reducirt. Mit Ausnahme des Interbasalis 1 von Prionodon, der den Subspinalis dieses 'Thieres etwas an Masse übertrifft, sind sie durchweg kleiner als dieser Muskel, zugleich von nach hinten abnehmender Grösse, wobei beide bald wenig (Centrophorus, Laemargus, Prionodon, Rhina), bald erheblicher (Scyllium und namentlich Spinax) in ihrem Vo- lumen differiren. Die Ursprünge des Interbasalis 1 erstrecken sich über den grösseren lateralen (Spinaw, Prionodon) oder den grösseren mittleren Bereich (Centrophorus, Laemargus, Scyllium), oder beschränken sich auf das mediale '/; (Rhina) des Basale 1; die des Interbasalis 2 nehmen die lateralen ”; excl. das laterale Ende (Luemargus) oder die lateralen ”/; (Prionodon) oder das zweite laterale '/—'; (d.h. das zweite '/—'/; vom lateralen Ende her gerechnet, Spinaw, Scyllium) oder das dritte laterale 's (Centrophorus) oder das mediale '/; (Rhina) des Basale 2 ein; und zwar beginnen sie hier. von den Hinterrändern und z. Th. den angrenzenden Ventralsäumen dieser Basalia. Die Insertionen des Interbasalis I erstrecken sich, und zwar bei allen hier- her gehörigen Haien unter Freibleiben der medialen Spitzen der Basalia, bei ZLae- margus über den grösseren Theil, bei Spina® und Scyllium über die medialen 'a—"/s, bei Prionodon über die beiden mittleren Yı, bei Centrophorus über das 2. und ». mediale '/; und beschränken sich bei Rhina auf das mediale Ende des Vorderrandes und z. Th. der Dorsalfläche des Basale 2; der Interbasalis 2 inserirt breiter (mehr 1) Einmal war bei Acanthias (linkerseits) der M. interbasalis 3 in zwei Fascikel zerfallen (Taf. V Fig. 3). 67] ÜBEER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 415 als die mediale Hälfte bei Zaemargus, Seyllium und Prionodon) oder schmäler (weniger als die mediale Hälfte bei Centrophorus und Spinax), jedoch auch mit Ausnahme der medialsten Spitze an dem Basale 3; bei RäAina jedoch heftet er sich nur an dem me- dialen Ende des Basale 3 an. — Scyllium und namentlich Spinax mit ihren sehr reducirten Interbasales 2 leiten zu einem Zustande über, wo nur noch der Inter- basalis I erhalten geblieben ist, RäAina mit der beträchtlichen Reduktion der Inter- basales I und 3 zu einem solchen, wo die Interbasales gänzlich verkümmert sind. Die Existenz des M. interbasalis 1 allein wurde bei keinem der untersuchten Haie gefunden; dagegen zeigte Scymnus (Taf. V Fig. 2) auch bei mikroskopischer Durchmusterung der zwischen den Basalia der drei ersten Kiemenbogen gelegenen Interstitien keine Spur eines Gebildes, welches einem M. interbasalis verglichen werden könnte. Bereits Vrrrer (1874 p. 442) hat hier den gänzlichen Mangel der Interbasales (Interarcuales I Verrer’s) angegeben; sie fehlen an den von ihm und mir untersuchten Exemplaren spurlos. Auch bei den untersuchten Rochen (cf. Taf. V Fig. 9) wurde jede Andeutung eines Interbasalis vermisst. Nach den bei den Haien gemachten Erfahrungen und auf Grund der weitgegangenen Reduktion der Occipitalnerven wird man auch hier eine totale Verkümmerung der bei den Vorfahren vorhandenen Muskeln an- nehmen können. Bei den Holocephalen, Chimaera (Taf. IV Fig. 2) und Callorhynchus, wurde nur ein sehr kleiner M. interbasalis 2 (ib. 2) zwischen den Mitten der Basalia des 2. und 3. Kiemenbogens gefunden. Ob der Interbasalis I ganz verkümmert oder unter Aufgabe seiner Selbständigkeit und unter Aberration seiner Fasern in dem mächtigen, bis über das Basale 2 erstreckten Subspinalis (cf. p. 411) aufgegangen ist, konnte nicht entschieden werden. Ich neige zur ersteren Annahme. Innervirt werden die Mm. interbasales von den Rr. interbasales (Rr.ib.), welche den epibranchialen Nerven resp. dem epibranchialen Nebenplexus (p. 398 f.) entstammen. Bei den Notidaniden gehen in der Regel 2—4 Rr. subspinales zu ihm (2—4 bei Heptanchus, 2—-3 bei Hewanchus), welche den drei letzten Oceipitalnerven (v, y. 2) entstammen; bei Heptanchus wurde in einem genauer untersuchten Falle der Interbasalis | von © und namentlich y, der Interbasalis 2 von y, der Inter- basalis 3 von y und z, die Interbasales 4 und 5 von x versorgt. Bei den pentanchen Haien finden sich meist 1—2, doch auch mitunter (z. B. bei Cestracion) 3 Rr. inter- basales, welche y und z angehören und auch (z. B. bei Scyllium und Odontaspis) von einem feinen, dem N. spinalis I entstammenden Faden verstärkt werden können. Der äusserst feine R. interbasalis von Chimaera kam von z, der von Callorhynchus von y. Alle Rr. interbasales verlaufen medial von dem Vagusstamme zu ihren Muskeln und treten in deren Dorsalfläche ein, sich von da aus weiter im Muskel- fleische verästelnd (Taf. II Figg. 1 und 2); bei Laemargus bildeten sie vor dem Eintritte in ihre Muskeln einen rekurrenten Bogen. 416 Max FÜRBRINGER [68 III. Allgemeinere Bemerkungen über die epibranchiale spinale Muskulatur. Die Mm. subspinalis und interbasales bilden, wie ihre genauere Beschreibung zeigt, eine nach Bau, Lage und Innervation zusammengehörige spinale Muskelgruppe, welche ähnliche Beziehungen zu dem dorsalen Kiemenbogenbereiche aufweist, wie die Mm. coraco-arcuales zu dem ventralen. Sie wurde daher in Parallele zu diesen hypobranchialen spinalen Muskeln im Vorhergehenden als epibranchiale spinale Muskulatur bezeichnet und zusammengefasst. Die beiden Komponenten dieser Muskelgruppe charakterisirt der in der Hauptsache longitudinale Faserverlauf, die Insertion an den dorsalen Basalia (Pharyngobranchialia) der Kiemenbogen und die Innervation durch feine epibranchiale Nerven resp. Zweige des epibranchialen Neben- plexus; die hinteren Mm. interbasales unterscheiden sich aber von dem vorderen M. subspinalis dadurch, dass sie auch mit ihren Ursprüngen, also in ihrer ganzen Totalität, im Bereiche der Kiemenbogen-Basalia liegen, während der M. subspinalis stets von der Ventralfläche des Kopfes oder Rumpfanfanges ausgeht. Der Subspinalis stellt somit bei den pentanchen Haien und bei den Holocephalen einen in der Hauptsache hypaxonischen Muskel dar. Bei den Noti- daniden tritt diese hypaxonische Natur weit klarer zu Tage: hier bildet die über- wiegende Hauptmasse des Muskels (sbsp.a) in ihrem ganzen Verlaufe einen reinen hypaxonischen Muskel, der ausgedehnt von der Ventralfläche des Craniums beginnt und in dem Lig. vertebrale commune ventrale der Wirbelsäule endet, aber nur mit einer kleineren dorso-lateralen, von der Hauptmasse durch die erste Epibranchial- arterie abgesonderten Partie (sbsp.b) Insertion an dem, übrigens mit seinem medialen Ende von dem Sehnentheil der Hauptmasse von unten (ventral) her gedeckten, Basale I gewonnen hat. Diese kleinere Partie bildet den Ausgang für den M. sub- spinalis der pentanchen Haie und Holscephalen, der hier in grossem Wechsel der Lage und Grösse entwickelt ist und zumeist ansehnlichere Dimensionen erreicht als der Subspinalis d der Notidaniden; die rein hypaxonische Hauptmasse (sbsp.a) dieser primordialen Haie, von welcher sbsp.b erst abzuleiten war, ist dagegen bei den höheren pentanchen Haien völlig zurückgebildet. Die Variabilität in der Lage des M. subspinalis der pentanchen Haie, dessen ursprünglich an den Kopf gebundener Ursprung auch auf den Rumpf übergreifen und selbst (Prionodon, Odontaspis) unter Aufgabe der alten Ursprungsstelle sich auf letzteren beschränken kann, lässt auch die Existenz und Bildung der Mm. inter- basales nicht ganz unvermittelt erscheinen. Sie repräsentiren ganz auf das Kiemen- skelet lokalisirte Muskeln; ihre Innervation und ihr sonstiges Verhalten lässt jedoch erkennen, dass sie von einer ursprünglichen hypaxonischen Muskulatur in dieser Gegend abstammen. Aber nichts verräth mehr die Existenz dieser Muskulatur, will man nicht den Subspinalis « der Notidaniden als ihren Vater ansehen und ihre mehr caudale Lage auf die später erfolgte Wanderung des Kiemenskelets nach hinten 69] UFBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND FHOLOCEPHALEN ETC. 417 zurückführen. Hier kann zunächst nur die Hypothese als vorläufige Ergänzung ein- treten. Ich bin geneigt, bei den frühesten Vorfahren der Haie die Existenz eines rein hypaxonischen Längsmuskels anzunehmen, der sich vom Kopfe bis zum Ende des — damals noch wenig weit caudalwärts gerückten — Kiemenapparates erstreckte, zugleich die medialen Enden der Kiemenbasalia von unten (ventral) her deckte, aber nicht eigentlich an ihnen inserirte, sondern seine hintere Anheftung an der Ventralfläche der Wirbelsäule fand. Diese Muskelmasse wurde, gerade so wie der gesammte Subspinalis der Notaniden von der Art. epibranchialis I, von allen fol- senden (in ihrer Zahl von der Zahl der Kiemenbogen abhängigen) Epibranchial- arterien durchsetzt; die dorsal von diesen Arterien liegenden und nach ihrer Lage zu den Basalia in relativ näheren Beziehungen stehenden Muskelpartien waren an- fangs klein und wenig selbständig, entfalteten sich aber nach und nach zu ansehn- licherer Masse und grösserer Selbständigkeit und bildeten die Mm. interbasales, während die mehr ventral und medial liegende hypaxonische Hauptmasse sich zurück- bildete resp. zu dem Subspinalis a der Notidaniden zurückzog. Letzterer würde somit den vorderen (rostralen) Theil dieses ursprünglich etwas mehr nach hinten ausge- breiteten Muskels repräsentiren. So die Hypothese. — Bei den Notidaniden zeigen die Mm. interbasales noch eine hohe Entfaltung und grenzen mehr oder minder direkt an einander; bei den pentanchen Haien sind sie weiter zurückgebildet, durch grössere Skeletflächen von einander getrennt und bieten alle Stadien der Reduktion bis zum völligen Schwunde dar. Aehnliches gilt auch für die Rückbildung des M. subspinalis. Bei Scymnus und den Rochen ist jede Spur dieser primordialen Muskelgruppe (Subspinalis und Interbasales) verschwunden; sie kommt auch bei den höheren Fischen, Dipnoern, Amphibien und Amnioten nicht wieder zum Vorschein. Nur die Holocephalen zeigen noch Elemente derselben in besonderer, selbst recht hoher Ausbildung erhalten (Subspinalis,, während von den Interbasales nur noch ein winziger Rest persistirt (Interbasalis 2). Hervorzuheben ist die Lage der Nn. epibranchiales zu dem N. vagus. Während alle anderen den oceipitalen und spinalen Nerven entstammenden Zweige den Vagus derart kreuzen, dass sie oberflächlich lateral an ihm vorüberziehen, gelangen die epibranchialen Nerven medial vom Vagus zu den von ihnen versorgten Mm. sub- spinalis und interbasales.. Auch darin spricht sich ein primordiales Verhalten dieser Nerven und Muskeln aus, indem die zu medial gelegenen Urwirbel-Derivaten (Myo- tome) gehenden Nn. epibranchiales ihre ursprüngliche mediale Lage gegenüber dem lateral zu lateralen Seitenplatten- Abkömmlingen (viscerale Muskeln) gelangenden N. vagus gewahrt haben. — Dass die metamerische Gliederung und Aufeinanderfolge der einzelnen die epibranchiale Muskulatur zusammensetzenden Komponenten gegen- über derjenigen des Visceralskelets ihre durchaus eigenen Wege geht, wird durch die Innervation bewiesen (cf. p. 399, 400). Zwischen den epibranchialen Muskeln nebst ihren Nervenwurzeln und den Kiemenbogen besteht eine ursprüngliche Dysmetamerie und die anscheinend nach dem Kiemenskelet sich richtende Anordnung der Mm. 418 \ Max FÜRBRINGER [70 interbasales ist eine durchaus sekundäre Anpassung der ihm von Natur heterogenen Muskeln an dasselbe. 8. Hypobranchiale spinale Muskulatur. (Mm. coraco-arcuales mit den Mm. coraco-branchiales, coraco-hyoideus und coraco-mandibularis). Taf. IH, IV Figg. 1—3, 9, Taf. VI. Ueber die hypobranchialen spinalen Muskeln der Selachier und Holocephalen machen Cuvier-Dumerm (1838 p. 71, 1840 p. 271, 272) die ersten genaueren An- gaben, allerdings ohne Angabe der Innervation derselben. Sie — Dunerıv ist der Hauptgewährsmann für diese Angaben — unterscheiden bei Rochen und bei Chimaera Mm. coraco-maxillaris (coraco-maxilliens et coraco-geniens s. sterno-maxilliens s. genio- hyoidiens), coraco-hyoidei (coraco-hyoidiens et coraco-ceratoidiens) und coraco-pha- ryngei (coraco-pharyngiens); letztere sind identisch mit den Coraco-branchiales VETTER’s. Stansıus (1547 p. S9 und p. 122, 1553 p. 142) führt kleinere Muskeln der Kiemen- bogen-Copulae (p.59, wahrscheinlich grösstentheils identisch mit den Coraco-branchiales) und Muskeln, die vom Schultergürtel nach dem Zungenbein verlaufen (identisch mit dem Coraco-hyoideus) und den M. sterno-mandibularis (identisch mit dem Coraco- mandibularis), Boxsporrr (1853 p. 221) Mm. sterno-hyoidei und sterno-thyreoidei mit Berücksichtigung der Innervation, aber ohne genauere Beschreibung an; ob die Mm. sterno-thyreoidei Theilen der Coraco-branchiales entsprechen, muss dahingestellt bleiben. Kurze, zumeist aber kaum brauchbare Angaben enthält Humrnry's Arbeit über Mustelus (1572). — Die Hauptarbeit über die viscerale Muskulatur der Haie und Holocephalen bilden Verrer’s Untersuchungen über die Kiemen- und Kiefer- muskulatur der Fische (1874 und 1878), in denselben werden auf Grund des Baues und der einheitlichen Innervation durch Nn. spinales die Mm. coraco-branchiales, coraco-hyoideus und coraco-mandibularis als Coraco-arcuales oder ventrale Längs- muskeln des Visceralskelets zusammengefasst. — Zwei Jahre später, wie es scheint in Unkenntniss der Untersuchungen VErreEr’s. erscheint ALBRECHT’ Beitrag zur Morpho- logie des M. omohyoides (1576), in dem, ohne Angaben über Innervation, auch die Mm. coraco-hyoideus (Omozonio-hyoides ALBRECHTSs) und coraco-branchiales (Inter- branchiales ventrales interni ALgreont's) bei Acanthias und Raja abgebildet und be- schrieben werden; in der weiteren Darstellung konfundirt aber ALsrecHT mit diesen Muskeln auch Theile des Constrictor superficialis ventralis bei Ganoiden, Teleostiern, und Amphibien, ein Irrthum, der bei Berücksichtigung der Innervation unmöglich gewesen wäre; die Arbeit dokumentirt einen erheblichen Rückschritt gegenüber Verrer’s vortrefflichen Untersuchungen. — ScHsEier (1879 p. 123, 124) giebt eine kurze Beschreibung der ventralen Längsmuskeln, die er als Genio-hyoidei (identisch 71] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 419 mit dem Coraco-mandibularis), Sterno-hyoidei (identisch mit dem Coraco-hyoideus) und Sterno-branchiales (identisch mit den Coraco-branchiales) bezeichnet, und er- wähnt hierbei, dass bei Embryonen die Fasern der Sterno-hyoidei eine Kästchen- struktur haben, die der Genio-hyoidei aber nicht. — van Wune (1852 p. 16, 42) trennt die ventralen Längsmuskeln in den M. coraco-hyoideus, welcher von Somiten- Nerven (gleich occipitalen und spinalen Nerven) versorgt wird und einer ventralen, später (Stadium A—0O) nach vorn umbiegenden Verlängerung des letzten Kopf- und des ersten Rumpfsomiten sein Dasein verdankt (p. 15, 16), und in die Mm. coraco- mandibularis und coraco-branchiales, welche von dem N. vagus innervirt würden. Dieser verhängnissvolle Irıthum in der Sonderung dieser Muskulatur beherrscht die folgenden Untersuchungen; Donrn (1884), Oxopı (1886) und ScHxemwer (1890) sind mehr oder minder von diesen Angaben beeinflusst'); Oxopı gebührt aber das Verdienst, die speciellere Betheiligung der Occipital- und Spinalnerven an der Ver- sorgung der Mm. coraco-mandibularis und coraco-hyoideus dargelegt zu haben. — Erst Sacement (1855 p. 106, 105—110) stellt, im Wesentlichen im Anschluss an VErreR und im Widerspruche gegen Dornkx, die Einheitlichkeit der ventralen Längs- muskulatur und ihre spinale Innervation wieder fest. Ich (1595 p. 130, 131) kam auf Grund zahlreicher Untersuchungen an Selachiern und Holocephalen in der Hauptsache zu denselben Resultaten und gab der ventralen Längsmuskulatur, im Anschluss an eine mir mündlich gewordene Mittheilung GEGENBAUR'Ss, die» Bezeich- nung „hypobranchiale spinale Längsmuskulatur“. I. Speecielle Beschreibung der hypobranchialen spinalen Muskulatur. Taf: EV,VI. Die hypobranchiale, spinale Muskulatur (Mm. coraco-arcuales) bildet eine sehr ansehnlich entwickelte, in der Hauptsache mehr oder minder zusammenhängende und durch Verband der rechten und linken Seite grösstentheils unpaar gewordene Muskelmasse, welche durch Bindegewebssepten in eine verschiedene Anzahl von Myomeren gegliedert ist, dick und kräftig von der Vorderfläche des Korakoides, sowie von ihrer eigenen tiefen Fascie beginnt und von da aus (sich bei Haien und Rochen kegelförmig verjüngend, bei Holocephalen mehr mit parallelen Fasern) nach vorn verläuft, um mit einer Anzahl von Endzipfeln an den ventralen 'Theilen der Kiemenbogen, am Hyoid und am Unterkiefer zu inseriren. Sie bildet hierbei eine mittlere ventrale Scheidewand zwischen dem rechten und linken Kiemenbereiche und liegt dem Herzen und den von ihm ausgehenden arteriellen Gefässen (ventrale Aorta, Ao., und ventrale Anfänge der Kiemenarterien, A.br.) auf, zum Theil mit ihrer inneren tiefen Fascie eine Art Scheide um das Herz und den Anfang der Aorta 1) Des Näheren verweise ich auf meine Darstellung sub 6 Nervenäste für die hypobranchiale spinale Mus- kulatur (p. 400—405). 420 Max FÜRBRINGER [72 bildend (Taf. VI Fig. 2, Pred.); hinten wird sie durch das Korakoid resp. das Korakoid und den ventralen T'heil der Scapula von der hinter demselben befindlichen ven- tralen und ventro-lateralen Rumpfmuskulatur, welche ihr homodynam ist, geschieden, kann aber bei kräftigerer Entwickelung an der Oberfläche des Korakoids auch ober- flächlich, direkt oder nur durch ein bindegewebiges Septum von ihr geschieden, ın dieselbe übergehen. Zugleich wird sie von dem ventralen Constrietor superficialis gekreuzt; die oberflächliche Lage desselben bildet eine zusammenhängende, die hypobranchiale Muskulatur deckende Schichte'), tiefere Ursprungsfascikel greifen zwischen ihre an den Kiemenbogen und dem Zungenbein inserirenden Fascikel ein und tragen zu ihrer Scheidung bei (cf. Taf. IV Fig. 1. csv.); namentlich bei den tochen wird diese Sonderung durch den zwischen C'oraco-hyoideus (chy.) und Coraco- branchialis I (cbr. 7 resp. cbr. 7 + 2) sich einschiebenden Depressor hyo-mandibularis (dhm.) eine sehr durchgreifende (Taf. VI Fig. 9). An der ganzen Masse sind sonach ein hinterer, mittlerer Ursprungstheil, der eigentliche Hauptstock der hypobranchialen spinalen Muskulatur (car. p), und die von ihm ausgehenden Insertionstheile zu unterscheiden. Letztere von dem Haupt- stocke meistens mehr oder minder deutlich durch Bindegewebssepten (Inscriptiones tendineae) geschieden, bilden, soweit sie an den Kiemenbogen enden, die lateralen resp. dorso-lateralen, soweit sie zum Hyoid und zur Mandibula gelangen, die vordere Fortsetzung des Hauptstockes; doch besitzt gewöhnlich der zu dem letzten Kiemen- bogen und zu der Mandibula gehende Muskel eine grössere Selbständigkeit und ent- springt, zu einem grossen Theil wenigstens, mehr oder minder selbständig von dem Korakoid. In der Nomenklatur der Insertionstheile folge ich VErTER und bezeichne die- selben als Mm. coraco-branchiales, coraco-hyoideus und coraco-mandibularis. Die Mm. coraco-branchiales (cbr) gehen lateral resp. dorso-lateral in schräg nach oben und vorn (dorso-rostral) strebendem Faserverlaufe an die ventralen Theile der Kiemen- bogen; der letzte M. coraco-branchialis bekundet seine, schon erwähnte, grössere Selbständigkeit gegenüber dem Hauptstock darin, dass er in der Hauptsache dorso- lateral neben ihm vom Korakoid, in ziemlich grosser Ausdehnung dorsalwärts an dessen Vorderfläche z. Th. bis in den Bereich der Scapula (namentlich bei den Holo- cephalen) hinaufreichend, entspringt. Die an dem Hyoid endenden Theile bilden den bei Haien meist kräftigen M. coraco-hyoideus {chy), der die eigentliche Fort- setzung des Hauptstockes darstellt und in vorwiegend longitudinaler Faserrichtung nach vorn verläuft, seltener in paariger Anordnung (Scyllium, Rochen), meist mit dem der Gegenseite zu einem unpaaren Muskel verwachsen. Ihm liegt der zum Unterkiefer gelangende M. coraco-mandibularis (cm) oberflächlich auf; er bildet einen reinen Längsmuskel, der ebenfalls in der Regel total oder partiell mit dem 1) Auf den Abbildungen entfernt; nur Taf. V Fig. 2 zeigt sie an der linken Seite des Thieres als mit der Haut zurückgeschlagene, nicht gefärbte Lamelle. 73] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HoLoCEPHALEN ETC. 4>21 der Gegenseite zu einem unpaaren Muskel verbunden ist. Hinten (am Ursprung) beginnt er meist vom Hauptstocke; er kann sich aber auch von diesem emancipiren und entspringt dann direkt vom Korakoid. Gewöhnlich ist er schwächer als der Coraco-hyoideus und kann selbst gänzlich redueirt sein. Haien, Rochen und Holocephalen bieten im Grossen und Ganzen leicht auf einander beziehbare Verhältnisse dar, zeigen aber dabei manche Besonderheiten, die es zweckmässig erscheinen lassen, die hypobranchiale, spinale Muskulatur bei ihnen gesondert zu behandeln. Mm Hrare: Taf. IV Fig. 1, Taf. VI Fig. 1—8. Der von der Vorderfläche des Korakoids und z. Th. von seiner eigenen tiefen, das Herz deckenden Fascie kommende Hauptstock (car. p) des Muskels bildet eine nach vorn zu sich verjüngende kegelförmige Muskelmasse, welche bei den ver- schiedenen Gattungen und Arten von verschiedener Stärke und Länge ist und von einer wechselnden Zahl von Septen (Inscriptiones tendineae) durchsetzt wird. Die Notidaniden zeichnet eine kräftige Bildung des Hauptstockes aus; bei Hewanchus ist er gedrungen, bei Heptanchus (Taf. VI Fig. I) schlanker. Noch kräftiger und voluminöser erscheint er bei Scymnus (Taf. VI Fig. 3), dem Laemargus (Taf. VI Fig. 4) etwas nachsteht, und bei Rhina (Taf. VI Fig. 8). Eine gute, etwa zwischen der von Heptanchus und Hexwanchus mitten inne stehende Ausbildung zeigen Spinaw und Galeus, während Centrophorus (Taf. VI Fig. 2) und Acanthias wegen Ver- kürzung des sonst kräftigen Muskels etwas kleinere Dimensionen darbieten; noch mehr treten aus demselben Grunde Cestracion (Taf. VI Fig. 5) und Seyllium (Taf. VI Fig. 6) zurück. FPrionodon (Taf. VI Fig. 7) zeigt, sehr im Gegensatze von den letzt- erwähnten Haien, die grösste Schlankheit des übrigens auch nicht unkräftigen Haupt- stockes, übertrifft somit Heptanchus noch in der Längendimension. Nimmt man die grösste Länge der gesammten zwischen Korakoid und Mandibula erstreckten Muskel- masse als Einheit"), so besitzt der Hauptstock eine Länge von annähernd ?/, bei Scymnus, von °/; bei Spina®w und Prionodon, von '/ bei Heptanchus, Laemargus, Galeus, Rhina, von '/) bei Hewanchus, Odontaspis, von °/; bei Centrophorus, von '/; bei Seyllium und von reichlich '/; bei Cestracion. Die Zahl und Anordnung seiner Septen und der durch sie getrennten Myo- meren wechseln in erheblichem Breitengrade. Es fanden sich von Myomeren des Hauptstockes: 1) Bei Rhina (Taf. VI Fig. 8), wo der M. coraco-mandibularis fehlt, die Entfernung zwischen vorderem Rande des Korakoids und hinterem Rande der mandibularen Symphyse. Festschrift für Gegenbaur. II. 54 422 Max FÜRBRINGER [74 1 bei Cestracion, 4 „ Spinaw, Laemargus, Mustelus, 5 ,„ Acanthias, Scymnus, „ Oentrophorus, Scymmus, Scyllium, Galeus, 7, Heptanchus, Hewanchus, Odontaspis, Galeus, Rhina, „ Heptanchus, Hewanchus, Rhina, 12 ,„ FPrionodon, somit die unvermittelten Extreme sehr weniger und sehr vieler Myomeren bei Ce- stracion und Prionodon, ferner eine mässige Anzahl bei den Spinacidae, eine grössere bei den untersuchten Notidanidae, Lamnidae und Rhinidae, während die Carcharüdae beträchtliche Differenzen zeigten. Nach vorn zu nehmen die Myomeren an Breite ab, ihre Länge (d. h. der Zwischenraum zwischen je 2 aufeinander folgenden In- scriptiones) ist annähernd die gleiche, kann aber auch Verschiedenheiten zeigen, worüber die Abbildungen auf Taf. VI berichten. Einen mannigfachen Wechsel zwischen annähernd querem (Heptanchus, Centrophorus, Spinaw, Scymnus, Laemargus), schräg nach der Mitte und vorn aufsteigendem (Heptanchus, Hexanchus, Scymnus, Scyllium), schräg nach der Mitte und hinten absteigendem (Cestracion, Rhina), flach bogenförmigem (Hewanchus) und sehr tief bogenförmigem Verlaufe (Prionodon, in diesem Falle mit fast längslaufenden Schenkeln) bieten die Inscriptiones dar, wobei hinsichtlich des Details ebenfalls auf die Abbildungen verwiesen wird. Der Muskel entspringt, wie schon erwähnt, in der Hauptsache von der Vorder- fläche des Korakoides, mit seinen tieferen Partien auch von der eigenen tiefen Fascie; auch oberflächlich ragt er bei guter Entwickelung resp. bei mässiger Aus- bildung des Korakoides über das Niveau desselben und setzt sich dann, nur durch die gewöhnliche Inscriptio von ihr getrennt, in die postzonale ventrale Rumpf- muskulatur fort. Letzteres ist der Fall bei der Mehrzahl der untersuchten Haie; bei Prionodon nimmt der Muskel, in sekundärer Weiterwanderung seines Ursprungs- theiles nach hinten (caudalwärts), sogar Ausgang von der mehrere postzonale Rumpf- muskelmyomeren deckenden Fascie, liegt somit derselben oberflächlich auf. Anderer- seits fehlen bei Laemargus, Rhina und namentlich Cestracion die Zusammenhänge mit der postzonalen Muskulatur; der Muskel entspringt hier lediglich von dem Korakoid, das bei Cestracion zu einem grossen [heile als breite Platte gleich unter der. Haut zu Tage liegt (Taf. VI Fig. 5, Cor.). Seitlich und vorn resp. medio-ventral beginnen von dem Hauptstocke, wie schon erwähnt, die Mm. coraco-branchiales, coraco-hyoideus und coraco-mandibularis. Mm. coraco-branchiales (chr.) Die Zahl dieser seitlich resp. dorso-lateral von dem Hauptstocke ausgehenden Theile beträgt bei Heptanchus 7 (Taf. VI Fig. 1, cbr. 1—7) bei Hevanchus 6 und bei den pentanchen Haien 5 (Taf. VI Fig. 2—S, cbr. 1—5); der letzte entspringt in der Regel nicht von dem Hauptstocke, sondern neben ihm vom Korakoid. Am Ursprunge noch mehr oder minder mit einander zu- sammenhängend, sondern sich namentlich die vorderen Mm: coraco-branchiales gegen die Insertion hin in ziemlich deutlich getrennte Endzipfel, die meist muskulös, seltener 75] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 423 sehnig (Scymnus) an dem Visceralskelete enden; hierbei schieben sich zwischen sie tiefere Ursprungsbündel des M. constrietor superficialis ventralis (Taf IV Fig. 1, csv), sowie die Arteriae branchiales (Taf. IV Fig. I, A br 1—5) ein, zu der angegebenen Sonderung das ihrige beitragend. Zwischen dem ersten und zweiten Coraco-branchialis läuft, wie schon Verrer (1874 p. 450) richtig angiebt, keine Arterie; die entsprechende A. branchialis inferior 2 entspringt gemeinsam mit der zwischen Coraco-hyoideus und Coraco-branchialis | verlaufenden A. branchialis I (resp. 142). — Der letzte Coraco- branchialis (7 bei Heptanchus, & bei Hewanchus, 5 bei den pentanchen Haien) ist stets durch grössere Breite, sowie Selbstständigkeit im Ursprunge vor den übrigen Mm. coraco- branchiales ausgezeichnet; er erstreckt sich als breite, aber meistens mässig dicke Muskelplatte weit dorsalwärts am Korakoid hinauf und inserirt nur wenig schmäler an hinteren Kiemenbogentheilen. Die anderen Coraco-branchiales sind schmäler, aber meist etwas dicker, im Uebrigen von sehr wechselnden Dimensionen; doch ist von ihnen der Coraco-branchialis | ausnahmslos der kräftigste und kann selbst mitunter dem letzten Coraco-branchialis an Masse gleichkommen. Der schwächste und gegen den vorhergehenden Cbr. | sehr an Grösse zurückstehende ist meist der Coraca- branchialis 2; von da nimmt die Reihe meist successive bis Cbr. 5, wieder zu, doch finden sich auch Fälle, wo diese Muskeln gleich gross sind (Heptanchus, Scyllium) etc.; vereinzelt ist nicht Cbr. 2, sondern Cbr. 3 oder Cbr. 4 der schwächste (Cestracion, Scyllium). Gewöhnlich folgen die einzelnen Coraco-branchiales von vorn nach hinten der Reihe nach auf einander, doch kann es auch zu partiellen Deckungen der folgenden durch die vorausgehenden kommen (so namentlich bei Rhina, Taf. VI Fig. S; Scymnus, Taf. VI Fig. 3; Laemargus, Taf. VI Fig. 4; Scyllium, Taf. VI Fig. 6). — Die gegenseitige Selbstständigkeit der beiden letzten Mm. coraco-branchiales ist in der Regel eine geringe; meist zeigen sich beide in kürzerer oder längerer Strecke, selbst bis zur Insertion hin verwachsen; auch Cbr. 3 kann nur theilweise von br. 4-+-5 getrennt sein (Laemargus, Taf. VI Fig. 4; Rhina, Taf. VI Fig. S). Die vorderen dagegen sind in der Regel gut gesondert, doch wird bei Scymnus (Taf. VI Fig. 3)') eine fast vollkommene Verwachsung der insertiven Teile der beiden ersten Coraco- branchiales gefunden. Andererseits kann es auch zu Spaltungen kommen; so bot Scymnus eine Spaltung des Cbr. 3 in zwei, an verschiedenen Kiemenbogen sich an- haftende Insertionszipfel dar (Taf. VI Fig. 3, cbr. 3’ und cbr. 3")'). — Die Insertion, die in der Regel fleischig oder vorwiegend fleischig, mitunter aber auch mit mehr oder minder entwickelten Sehnen (so namentlich bei Scymnus (Taf. VI Fig. 3)') erfolgt, geschieht an der Copula des Hyoids (Basihyale) an den Copularia (Hypo- branchialia), den angrenzenden Theilen ventraler Branchialia (Keratobranchialia), dem lateralen Bereiche der grossen gemeinsamen Endcopula der Kiemenbogen (Basi- branchiale) und auch an den zwischen diesen Theilen liegenden Membranen; im Uebrigen bindet sie sich nicht an bestimmte Insertionsgebiete, sondern zeigt grosse 1) In diesen drei Besonderheiten weicht Scymnus erheblich von Zaemargus ab (siehe noch p. 409 Anm. 1). 54* 424 MAx FÜRBRINGER [76 Variirungen, bezüglich welcher nur Folgendes hervorgehoben werde. Der Coraco- branchialis 1 (cbr. 7) inserirt meist an dem Hinterrand der Copula des Hyoids, von wo aus er auch auf dessen angrenzende Dorsalfläche (so namentlich bei den Spinacidae) und oft auch auf die der Copula hyoidea folgende Membran übergreifen kann, bei Scyllium ausserdem noch an dem Copulare 1; bei Odontaspis dagegen endet er mehr lateral und zwar hauptsächlich an dem Branchiale und Copulare 1. Der Coraco-branchialis 2 (cbr. 2) wechselt in seinen Insertionen zwischen dem Copulare 1 (Centrophorus, Laemargus, Cestracion, Galeus, Prionodon; bei Cestracion auch noch an dem angrenzenden Theile des Branchiale 1) und dem Copulare 2 (Heptanchus, Acanthias, Scyllium, Rhina), dem sich zumeist noch das angrenzende Endstück des Branchiale 2 beigesellt; auch participirt die zwischen beiden Copularia liegende Membran dabei in wechselnder Weise. Der Coraco-branchialis 3 (cbr. 3) endet entweder am Copulare 2 (Centrophorus, Laemargus) oder an diesem, dem angrenzenden Theile des Branchiale 2 und der kleinen Copula 2 (Cestracion) oder am Copulare 2 und den Enden der Branchialia 2 und 3 (Galeus) oder mit zwei getrennten Sehnenzipfeln an den Branchialia 2 und 3 (Scymnus) oder nur am Copulare 3 (Scyllium) oder am Co- pulare 3 und Branchiale 3 (Heptanchus, Acanthias, Rhina)'). Der Coraco-branchialis 4 (cbr. 2) geht zum Copulare 3 und die daran angrenzende Membran (Centrophorus) oder an Copulare 3 und Branchiale 3 und die grosse Endcopula (Cestracion) oder an Copulare 3 und Branchiale 4 (Laemargus)') oder an Copulare 3, Branchiale 4 und die Endcopula (Galeus) oder an Branchiale 3 und 4 und die Endcopula (Prionodon) oder an Copulare 4 und Branchiale 4 (Heptanchus, Acanthias, Scyllium, Rhina) oder nur an Branchiale 4 (Scymnus). Der Coraco-branchialis 5 (cbr. 5) endet bei Heptanchus am Copulare 5 und dem angrenzenden Ende des Branchiale 5, bei den pentanchen Haien stets an der Endcopula und ausserdem, in wechselnder Weise, am Copulare 4 und den Branchialia 4 und 5 (Centrophorus) oder Copulare 4 und Branchiale 5 (Cestracion) oder Branchiale 5 (aber in ansehnlicher Ausdehnung, Acanthias, Scymnus, Laemargus, Scyllium, FPrionodon, Rhina). Der Coraco-branchialis 6 (chr. 6) von Heptanchus geht zu dem Copulare 6 und dem angrenzenden Ende des Branchiale 6, der Coraco-branchialis 7 (cbr. 7) von Heptanchus endlich zu dem Seitentheil der Endcopula und in beträchtlicher Strecke zu dem Branchiale 7. M. coraco-hyoideus (chy.) Er bildet, da der M. coraco-mandibularis (cm.) sich. von der gemeinsamen Masse meistens mehr oder minder emancipirt hat, die eigentliche direkte Fortsetzung des Hauptstockes nach vorn, gewissermaassen das vorderste, auf das 2',—6fache verlängerte‘) Myomer desselben darstellend’). Doch 1) Hierher gehört in beiden Fällen auch das von VETTER untersuchte Exemplar von Seymnus. Somit herrschen hier, wie es scheint, erhebliche individuelle Variirungen. 2) Unter den beobachteten Haien bilden Spinax mit einer — im Vergleich zu den hinteren Myomeren — 2!/sfachen, Odontaspis mit einer 5fachen und Prionodon mit einer 6fachen Verlängerung dieses Myomers die Extreme; bei den meisten Haien beträgt dieselbe das 3—4fache. 3) Einmal fand ich bei Hexanchus im Coraco-hyoideus selbst eine dem hinteren Ende näher liegende feine Inseriptio; VErTER (1874, p. 450) erwähnt das Gleiche für die Mitte des Coraco-hyoideus von Heptanchus. u nn m u + 77] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOGEPHALEN ETC. 425 neigen einige Haie, vor allen Scymnus, zu einer etwas grösseren Emancipation des Coraco-hyoideus, indem derselbe hier mehr von der Ventralfläche im Bereiche des ersten und zweiten Myomers des Hauptstockes ausgeht; dann bildet der Coraco- branchialis 1 die eigentliche Fortsetzung des Hauptstockes. Dementsprechend wechselt seine relative Länge gegenüber der des Hauptstockes erheblich: bald beträgt sie nur 'a—/s desselben, bald kann sie dessen Länge erreichen oder selbst übertreffen (Cestracion, Scyllium). Bezüglich des Details verweise ich auf Taf. VI. — Immer repräsentirt der Coraco-hyoideus einen ansehnlichen Muskel‘), der in der Regel auch den Coraco-branchialis 1 übertrifft, darum auch gewöhnlich den letzteren lateral überragt. Meist sind der rechte und linke Coraco-hyoideus in der Mittellinie zu einem unpaaren Muskel vereinigt; doch können beide auch paarig neben einander und selbst in einiger Entfernung von einander verlaufen (Scyllium). Sein hinteres Ende beginnt immer durch Vermittelung einer gut ausgeprägten Inscriptio tendinea von dem Hauptstocke, sein vorderes Ende inserirt breit und kräftig an der Copula des Hyoids (mit Ausnahme der seitlichen, unter den Hyoidbogen sich einschiebenden Verlängerung desselben, welche häufig dem Coraco-branchialis 1 als Insertionsstelle dient), hierbei bald mehr die hintere (z. B. bei Scymnus, Laemargus) bald mehr die ventrale Fläche desselben (Centrophorus, Spinaw, Acanthias, Cestracion) bevorzugend; bei Heptanchus, Scyllium und Rhina greift die Insertion auch auf das mit der Copula verbundene Ende des Hyoidbogens und die Kapsel des Hyo-Copular-Gelenkes über. Die Insertion geschieht meist vorwiegend muskulös; Rhina zeigte eine rein binde- gewebige Endsehne, die in einen unpaaren (medianen) und paarigen (lateralen) Zipfel gespalten war (Taf. VI Fig. 8, chy und chy'). M. coraco-mandibularis (cm). Für den Coraco-mandibularis hat sich die bei dem Coraco-hyoideus nur: angedeutete oder (Scymnus) nur in mässigem Grade vorgeschrittene Emancipation vom Haupstocke noch weiter vollzogen: der Coraco- mandibularis stellt einen von letzterem mehr oder minder selbstständigen Muskel dar, indem er entweder von dem medialen Bereiche der Ventralfläche desselben sich ab- hebt oder unter sekundärer Verlängerung nach hinten von dieser und dem Korakoid oder von letzterem allein ausgeht; mit dem zuletzt erwähnten Verhalten (Ursprung allein vom Korakoid) ist er ein vollkommen selbstständiger Muskel geworden. Auf der andern Seite bildet Cestracion (Taf. VI Fig. 5) eine bemerkenswerthe Ausnahme: hier bildet der Muskel die gerade Fortsetzung des aus einem einzigen Myomer be- stehenden Hauptstockes und ist hierbei von demselben durch eine kräftige Inscriptio tendinea geschieden. Eine Ablösung von der Ventralfläche des Hauptstockes im Bereiche der 2—3 ersten Myomeren findet statt bei Heptanchus (Taf. VI Fig. 1), Hexanchus, Scyllium (Taf. VI Fig. 6) und Odontaspis, von dem 2. und 3. Myomer bei Acanthias, von den 4 5 ersten Myomeren bei COentrophorus (Taf. 6 Fig. 2); bei Spinax geht der Muskel von dem letzten, vor der Mitte des Korakoids befindlichen Myomer, 1) Bei Cestracion und Scyllium ist er relativ am schwächsten, selbst schwächer als der Coraco-mandibularis entwickelt. 426 MAx FÜRBRINGER | [78 bei Mustelus, Galeus und Prionodon (Taf. VI Fig. 7) von den 2—3 letzten Myomeren aus, entspringt aber zugleich mit seinem hinteren Ende von der ventralen Mitte des Korakoids; einen lediglich auf das Korakoid beschränkten Ursprung bieten endlich Scymnus (Taf. VI Fig. 3) und ZDaemargus (Taf. VI Fig. 4) dar. Es folgen somit in der Reihe der successiven Emancipation und caudalwärts gehenden Wanderung des Ursprunges des Coraco-mandibularis: Notidaniden, Scyllium, Odontaspis; Centrophorus; Acanthias; Carchariüdae; Spinax; Scymninae. Diese Reihe steht zu der tieferen oder höheren systematischen Stellung der betreffenden Thiere in keiner direkten Relation; selbst innerhalb der Familien, z. B. bei den Spinacidae, finden sich alle möglichen Uebergänge: Centrophorus, Acanthias, Spinax, Scymnus, Laemäargus. Cestracion mit seinem die gerade Fortsetzung bildenden Coraco-mandibularis scheint am Anfange der Reihe zu stehen; die genauere Betrachtung zeigt indessen, dass es sich hier um eine nur scheinbar primitive Bildung handelt. In Wirklichkeit dürfte vielmehr der mäch- tige Coraco-mandibularis dieser Gattung in Korrelation zu der gewaltigen Kiefer- entwickelung sekundär die hohe und mächtige Entfaltung eingegangen sein, die zu seiner Verlängerung nach hinten und zur Verkürzung des hinteren Hauptstockes geführt hat. — Mit der Verlagerung des Muskelursprunges variirt selbstverständlich auch die Länge des Muskels. Seine Entwickelung nach Dicke und Breite ist in der Regel eine mittlere. Recht voluminös ist er nur bei Cestracion (Taf. VI, Fig. 5) entfaltet, wo er auch den Coraco-hyoideus an Stärke übertrifft; eine ziemlich gute Ausbildung bieten die Notidanidae (Taf. VI Fig. 1), Scymnus (Taf. VI Fig. 3), Laemargus (Taf. VI Fig. 4), Scyllium (Taf. VI Fig. 6) und die Carcharüdae, Mustelus, Galeus und Prionodon (Taf. VI Fig. 7) dar; schlanker ist er bei den Spinacidae (Taf. VI Fig. 2) und Odont- aspis,; die schwächste Entwickelung bietet Centrophorus (Taf. VI Fig. 2) dar. Bei Rhina (Taf. VI Fig. 8) ist er vollkommen zurückgebildet. — In der Regel verwächst er mit dem der Gegenseite zu einem unpaaren Muskel; nur bei Scyllium fand ich am vorderen Ende die Spur einer Trennung (Taf. VI Fig. 6)'), bei Prionodon (Taf. VI Fig. 7) aber die deutliche Ausbildung eines rechten und linken Endzipfels, dieses offenbar in sekundärer Anpassung an die hier bestehende bewegliche syndesmotische Verbindung beider Unterkieferhälften. — Der Ursprung des Muskels geschieht bald rein oder vorwiegend muskulös (Notidaniden, Cestracion, Scyllium), bald fleischig- sehnig (Centrophorus, Scymnus, Laemargus, Carcharüdae), bald überwiegend oder rein sehnig (Spinaw, Laemargus ind.). — Die Insertion findet in der Mitte der vereinigten Mandibulae statt, kann aber auch noch an dem daran angrenzenden Saum der Man- dibula und Copula hyoidea verbindenden Membran Platz greifen; bei Centrophorus ist letztere Insertion fast mehr als die an dem Unterkieferknorpel ausgebildet. Be- züglich der geweblichen Beschaffenheit der Insertion ist ein ähnlicher Wechsel wie für den Ursprung zu beobachten: bald überwiegt das muskulöse (Hewanchus, Cestracion, Scyllium), bald das sehnige Element (Heptanchus indiv., Centrophorus, Scymnus);, Heptan- 1) Vetter erwähnt Aehnliches von Sceymnus. PER 79] UEBER DIE SPINO-OCGCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 437 chus, Laemargus, Prionodon stehen hinsichtlich des geweblichen Verhaltens in der Mitte. Innervirt wird die gesammte Masse der hypobranchialen spinalen Muskulatur der Haie von dem Endtheil des Plexus cervicalis, der 3—9 oceipitalen und spinalen Nervenwurzeln entstammt (cf. p. 404); irgendwelche Versorgung durch Zweige des Vagus, wie sie von anderer Seite behauptet worden (cf. p. 400, 419), findet nicht statt; die in dieses Gebiet reichenden Vaguszweige enden theils an den in die Mm. coraco- branchiales eingreifenden, tiefen Ursprungszipfeln des M. constrietor superficialis ven- tralis und an dem in dieser Gegend befindlichen Bindegewebe. Der Endtheil des Plexus cervicalis tritt, an der Vorderfläche des Schultergürtels nach unten und vorn (ventro-rostralwärts) sich wendend, zunächst an die Innenfläche des letzten M. coraco- branchialis, wobei er denselben mit mehreren Zweigen versorgt. Hierauf verläuft er in der Tiefe des lateralen Bereiches der gesammten Muskelmasse, vorwiegend da, wo die Mm. coraco-branchiales sich von derselben abzweigen (cf. Taf. IV Fig. 1), nach vorn und giebt dabei dorso-lateralwärts sich wendende Zweige an die Mm. coraco-branchiales, sowie medialwärts resp. ventro-medialwärts gehende Aeste an den Hauptstock und die Mm. coraco-hyoideus und coraco-mandibularis. Alle diese Aeste respektiren die durch die intermyomeren Septen gegebenen Grenzen nicht, versorgen auch nicht ausschliesslich diese oder jene besondere Abtheilung des gesammten Muskels, sondern geben ihre Seitenzweige allen den Abschnitten, die sie gerade durchlaufen. Die grösste Selbstständigkeit kann der im M. coraco-mandibularis endigende Nerv gewinnen; derselbe wendet sich zunächst in dem Hauptstock am meisten medialwärts und tritt hierauf gewöhnlich durch die die beiden ersten Myo- meren desselben trennende Inscriptio heraus, um von da, dem der Gegenseite sehr benachbart, zur Innenfläche des M. coraco-mandibularis zu gelangen; da wo der M. coraco-mandibularis von dem Hauptstocke emancipirt ist und in seinem Ursprunge auf das Korakoid sich erstreckt, verläuft der N. coraco-mandibularis durch das Septum, welches das 2. und 3. Myomer des Hauptstockes trennt. — Direktere arithmetische Relationen zwischen der Zahl der Myomeren und der Zahl der Nervenwurzeln. welche die hypobranchialen Nerven zusammensetzen, existiren, wie die beiden auf p- 403 und 404 gegebenen Tabellen belehren, nicht. Bezüglich des Weiteren der In- nervation verweise ich auf die oben (p. 400—405, 419) gegebenen Ausführungen. 2. Rochen. TataEV HEieYıı TaeNVI Bie.9. Die untersuchten Rochen kennzeichnet gegenüber der Mehrzahl der Haie die mässige Entwickelung des hinteren Hauptstockes (car. p.), der am Ursprunge von der ihm folgenden postzonalen Rumpfmuskulatur weit getrennt ist, die schwache Aus- bildung des M. coraco-hyoideus, der selbst fehlen kann, die Verschmelzung sämmt- licher Mm. coraco-branchiales zu einem mehr oder minder einheitlichen Muskel und 428 Max FÜRBRINGER [80 das tiefe Eingreifen des zum Constrictor-System gehörigen und vom Nervus facialis versorgten M. depressor hyo-mandibularis zwischen die Mm. coraco-hyoideus und coraco-branchialis, welche damit grösstentheils scharf gesondert werden. Der Hauptstock (car. p) bildet immer einen mässig entwickelten Muskel, der sich in der Breite wenig nach vorn verjüngt, dagegen in seiner Dicke beträchtlich abnimmt und schliesslich im Bereiche des zweiten '/; oder '/, des coraco-mandibularen Raumes (von hinten gerechnet) sich zur membranösen Ausbreitung verdünnt, welche mit ihrer Innenfläche (Dorsaltläche) fest mit dem Ursprung des M. depressor hyo- mandibularis (dhm) verwachsen ist, mit ihrer Aussenfläche (Ventralfläche) dem M. coraco-mandibularis (cm) resp. coraco-hyoideus (chy) Ursprung giebt. Bei Torpedo beträgt seine von aussen sichtbare Länge (bis zum Ursprunge des M. coraco-mandibu- laris) ?/, bei Rhinobatus und Raja (Taf. VI Fig. 9) '/ı der Distanz zwischen Korakoid und Mandibula, bis zum Ursprunge des weiter vorn abgehenden M. coraco-hyoideus etwas mehr. Wie bei den Haien ist der Hauptstock auch durch schräg verlaufende Septen (Inscriptiones) in auf einander folgende Myomeren gesondert; dieselben über- schreiten nicht die Zweizahl und können durch partielle Auflösung der hinteren Inscriptio theilweise verschmelzen; letzteres ist bei Rhinobatus und Torpedo der Fall, während Raja (Taf. VI Fig. 9) meist deutlich geschiedene Myomeren besitzt. Von der vorderen Inscriptio geht der M. coraco-mandibularis ab, von der Sehnenausbrei- tung vor ihr der M. coraco-hyoideus. — Der Muskel entspringt von der vorderen (rostralen) Fläche des medialen Bereiches des Korakoid und ist dabei stets durch eine mehr oder minder breite, direkt von Haut bedeckte Fläche dieses Skelettheiles (Cor.) von der postzonalen ventralen Rumpfmuskulatur geschieden und entfernt; lateral hängt er mehr oder minder innig mit dem Ursprungszipfel des hinteren Ab- schnittes des gemeinsamen M. coraco -branchialis (cbr. 7—5) zusammen. Am Anfange sind der rechte und linke Muskel von einander geschieden, verschmelzen aber sehr schnell mit einander; spätestens im Bereiche des ersten Myomers, aber auch schon früher (Torpedo, Rhinobatus) ist der Muskel ein unpaarer geworden. Zu dem kora- koidalen Ursprunge kommt noch wie bei den Haien ein tieferer von der das Herz deckenden Innenfascie hinzu. Mm. coraco-branchiales (cbr., cbr. 1-5). Diese schon bei den Haien mannigfache Verwachsungen unter einander darbietenden, in der Hauptsache aber doch leicht zu separirenden Muskeln sind bei den untersuchten Rochen in der Haupt- sache zu einem einheitlichen M. coraco-branchialis verwachsen, der nur an den Insertionen durch den hier stattfindenden Durchtritt der Arteriae branchiales >, 4 und 5 (Taf. VI Fig. 9, A.br. 3, 4,5) undeutlich in seine Partien geschieden ist. Die gesammte Masse bildet somit einen dem Hauptstocke dorso-lateral angefügten Muskel, welcher bei Torpedo und Rhinobatus mehr in die Breite, also vorwiegend lateral- wärts, bei Raja mehr in die Tiefe, also dorsalwärts, entwickelt ist; im vorderen Bereiche wird er von dem mächtigen, zwischen ihn und die vordere Sehnenausbreitung des Hauptstockes (resp. die Mm. coraco-hyoideus und coraco-mandibularis) sich ein- schiebenden M. depressor hyo-mandibularis (dhm.) bedeckt. — Der Ursprung des 81] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SBELACHIER UND HOoLocEPHALEN ETC. 429 Muskels beginnt dementsprechend bei Raja ziemlich schmal, bei Torpedo ziemlich breit, bei Rhinobatus aber in erheblicher Breitenausdehnung (laterale ”,; von dem Korakoid; ausserdem geht er auch von dem lateralen Bereiche der tiefen Fascie Herzbeutelverstärkung)') aus und verläuft von da mit schräg nach vorn, lateral und dorsal aufsteigenden Fasern zu dem Kiemengerüste. — Der vor der Art. branchialis 3 (A.br. 3) liegende erste Abschnitt (M. coraco-branchialis 1 +2, cv. 1 +2), ist von mittlerer Stärke und inserirt in wechselnder Ausdehnung an dem Copulare 2 GEGENBAUR'S (Torpedo), oder an diesem und der darauf folgenden Membran (Rhino- batus, oder an zwei Copularia, einem medialen mit der grossen Endcopula ver- schmolzenen (GEGENBAURS Copulare 2) und einem lateralen rudimentären, welches der direkten Verbindungen mit den benachbarten 'I’heilen entbehrt und daher nicht sicher gedeutet werden kann?). Der zwischen den Aa. branchiales 3 und 4 (A.br. 3, 4) befindliche Theil (M. coraco-branchialis 3) ist kleiner als der ihm vorher- gehende und endet bei Torpedo und Rhinobatus an dem Copulare 3; bei Raja ver- misste ich jede Spur eines zwischen den beiden genannten Arterien liegenden Muskels (Taf. VI Fig.9). Noch kleiner ist die zwischen den Aa. branchiales 4 und 5 (A. br. 4,5, liegende Partie (M. coraco-branchialis 4, cbr. 2); dieselbe endet bei Rhinobatus und Torpedo am lateralen Theile des Copulare 4, bei Raja an den aneinander stossenden Theilen der Copularia 3 und 4. Auf Grund dieser Befunde an Raja ist eine zweifache Deutung möglich: entweder fehlt der M. coraco-branchialis 3 hier vollkommen oder der M. coraco-branchialis 4 enthält Theile von ihm (die an Co- pulare 3 inserirenden), wobei ein anomaler Verlauf der A. branchialis 4 anzunehmen wäre; zahlreichere Untersuchungen an einem grösseren Materiale mögen entscheiden, welche Auffassung die richtige ist. Der auf die A. branchialis 5 (A. br. 5) folgende Antheil (M. coraco-branchialis5, cbr. 5) übertrifft alle vorhergehenden Portionen des M. coraco-branchialis ganz erheblich; bei Torpedo ist er etwas, bei Rhinobatus und Raja viel grösser als alle vier (cbr. 7—4) zusammen. Seine Insertion findet in grosser Breite an dem ansehnlich entwickelten, ligamentös mit dem Schultergürtel verbundenen ventralen Mittelstück (Keratobranchiale) des 5. Kiemenbogens statt, bei Rhinobatus und Torpedo greift sie selbst auf die ventrale Fläche des dorsalen Mittelstückes (Epibranchiale, über und zwar kann man bei Torpedo diesen 'Theil als besondere separate Portion (M. coraco-branchialis 5. dorsalis) von dem an dem ven- tralen Mittelstück endenden M. coraco-branchialis 5. ventralis unterscheiden. M. coraco-hyoideus (chy.). Dieser 'Theil bildet die eigentliche Fortsetzung der vorderen Sehnenmembran des hinteren Hauptstockes und liegt zwischen dem oberflächlichen Coraco-mandibularis (cm.) und dem tiefen Depressor hyo-mandibularis 1) Bei Torpedo ist ein Theil derselben zu einer kräftigen Sehnenbrücke herangebildet. 2) Auf diesen Befund hin könnte man geneigt sein, das GEGENBAURr’sche Copulare 2 von Raja als Copu- lare 1 und das darauf folgende Rudiment als Copulare 2 zu deuten; damit käme auch eine grössere Konformität in die Insertionsverhältnisse des M. coraco-branchialis 1 + 2. Doch enthalte ich mich, bei den mir vorliegenden unzureichenden Materialien, die für die Behandlung dieser Frage nicht genügen, einer Entscheidung und folge bis auf Weiteres den in jeder Hinsicht gut begründeten Vergleichungen und Deutungen GEGENBAUR’S. Fesstebrift für Gegenbaur. III. or or 430 Max FÜRBRINGER [52 (dhm.) eingeschlossen; zwischen letzterem und ihm zieht die A. branchialis 1 + 2 hindurch. Er bildet einen ziemlich schmalen und dünnen bandförmigen Muskel, der abweichend von den meisten Haien die schwächste Partie der hypobranchialen spinalen Muskulatur bildet. Stets ist er von dem Muskel der Gegenseite getrennt und entfernt, also paarig vorhanden. Bei Raja (Taf. VI Fig. 9) ist er unter den untersuchten Rochen relativ am besten entfaltet und ragt lateral über den M. coraco- mandibularis (cm.) vor, bei Rhinobatus zeigt er eine geringere und schmälere Aus- bildung und wird vollkommen von dem genannten Muskel bedeckt; bei Torpedo wurde er vollkommen vermisst. Die Insertion geschieht (bei Raja) jederseits am medialen Theile der zu einem schmalen transversalen Stabe ausgezogenen Copula des Hyoids, wobei zu Folge der paarigen Anordnung die Mitte dieses Stabes frei bleibt; bei Raja kommt zu dieser Anheftung noch eine solche an der auf die Copula fol- genden Membran hinzu. M. coraco-mandibularis (cm.). Dieser Theil des gemeinsamen Coraco- arcualis übertrifft den M. coraco-hyoideus an Länge, Breite und Stärke und hat sich in seiner grösseren Ausdehnung mit dem der Gegenseite zu einem unpaaren Muskel vereinigt, während er an dem insertiven Ende von ihm noch getrennt geblieben ist (Taf. VI Fig. 9). Lateral steht er mit dem Mm. depressor mandibularis (dm.) und depressor rostri (dr.), deren aponeurotische Anfänge ihn überbrücken, in Verband. Der paarige Charakter des Muskels ist bei Raja am meisten ausgeprägt; hier zeigen der rechte und linke Muskel unter Umständen in ihrer ganzen Länge eine leise mittlere 'Trennungslinie; bei den anderen untersuchten Rochen sind sie mehr mit einander verschmolzen. Die Insertion geschieht im medialen Bereiche der Mandibula. Innervirt wie bei den Haien von den aus 7—9 oceipitalen und spinalen Nervenwurzeln stammenden Endtheil des Plexus cervicalis, der im lateralen Bereiche der hypobranchialen Muskelmasse verläuft, aber nicht so tief in dieselbe eingegraben ist, wie bei den Haien. Auch hier vertheilen sich die lateralen Zweige in dem M. coraco-branchialis (Taf. IV Fig. 9, Rr.cbr.), die medialen im hinteren Hauptstocke und in den Mm. coraco-hyoideus und coraco-mandibularis (Rr. chy und Rr. cm). Hin- sichtlich des Speciellen verweise ich auf p. 400—405 und Taf. IV Fig. 9. 3. Holocephalen. Data v Pie. 2.30) x Die Holocephalen theilen mit den Rochen die mässige Entwickelung des hinteren Hauptstockes und des M. coraco-hyoideus sowie die Vereinigung der ein- zelnen M. coraco-branchiales I—5 zu einem breiten und in der Hauptsache einheit- lichen M. coraco-branchialis. Auch steht ihre hypobranchiale Muskulatur mit dem 1) Ausser diesen Abbildungen verweise ich noch auf die guten von VETIER gegebenen von Chimaera (1878, Taf. XII). 83] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 431 nach der Gegend des Rostrum hinziehenden Muskelbande des Depressor rostri ähnlich wie bei den Rochen in einem intimen Verbande, während hingegen etwas, was dem Depressor hyo-mandibularis verglichen werden könnte, bei den Holocephalen nicht zur Beobachtung kommt. Eigenthümlich und mit keiner Bildung bei Haien und Rochen vergleichbar ist die zu der Ausbildung des holocephalen Kieferapparates in Correlation stehende enorme Entfaltung des M. coraco-mandibularis, welche die gesammte Muskulatur beherrscht und insbesondere den Coraco-hyoideus sehr in den Hintergrund stellt. Auch der bei Callorhynchus existirende M. coraco-praemandi- bularis bildet eine bemerkenswerthe Differenzirung der hypobranchialen Muskelgruppe der Holocephalen. Der Hauptstock (car. p.) repräsentirt einen mässig langen und oberflächlich auch mässig breiten unpaaren Muskel, der bei Chimaera etwa '/, der coraco-mandi- bularen Distanz, bei Callorhynchus noch weniger beträgt und oberflächlich mit parallelen (Chimaera) oder selbst etwas divergirenden Fasern (Callorhynchus) — also recht abweichend von den Haien — von dem Ursprunge an der ventralen Mitte des Korakoids nach vorn strebt und durch Vermittelung einer Insceriptio tendinea mit seiner Hauptmasse in den breiten und mächtigen M. coraco-mandibularis (cm), sowie mit einer kleinen seitlichen Partie in den M. coraco-hyoideus (chy) übergeht. Er besteht somit nur aus einem Myomer und tritt gegenüber dem M. coraco-mandibularis so zurück, dass er mehr einen hinteren Anhang desselben als einen Ausgangstheil für ihn bildet; auch ist. in Folge partieller Auflösung der Inscriptio namentlich in der Tiefe die ursprüngliche Scheidung beider sehr verwischt resp. aufgehoben und der Ursprung des Coraco-mandibularis erscheint damit bis auf den Schultergürtel zurück- verlegt. Dementsprechend sollen Ursprung und weiterer Verlauf Beider gemeinschaftlich behandelt werden. M. coraco-mandibularis (cm.) incl. Hauptstock (car. p.). Diese mächtige Masse, welche z. Th. die Hauptstock und eigentlichen Coraco-mandibularis scheidende Inseriptio noch darbietet, entspringt mit in die Tiefe zunehmender Breite sehr aus- gedehnt fast von der ganzen, sehr ausdrucksvoll modellirten Vorderfläche des mittleren Korakoides und greift auch noch auf die innere Hälfte der Vorderfläche des ventralen /s (Chimaera) resp. der ventralen %, (Callorhynchus) der Scapula über; der rechte und linke Muskel sind somit am korakoiden Ursprunge mit einander verschmolzen, am scapularen aber paarig geblieben‘. Von der postzonalen Rumpfmuskulatur sind sie durch das kräftige Korakoid (Cor.) weit geschieden. Bei Callorhynchus (Taf. IV Fig. 3) kommt dazu noch ein kleineres oberflächliches Muskelbündel (car. p’.), welches latero- caudal von der korakoidalen Hauptmasse von der sehnigen Oberfläche der ventralen Brustflossen-Muskulatur entspringt und bald mit einer ziemlich schwachen, schmalen Sehne sich in die laterale Fläche der Hauptmasse in der Höhe der Inscriptio einwebt?). 1) Diesen unpaaren Ursprung der ventralen und den paarigen der dorsalen Partie hat VETTER richtig beschrie- ben, aber beide Theile zu sehr getrennt. 2) Einmal (linkerseits) ging ein laterales Fascikel davon ab, welches sich dem Constrietor-System inniger anschloss, schliesslich aber doch dem vorderen Bereiche des Coraco-mandibularis sich einwebte (Taf. IV Fig. 3, car. p’*). 55* 432 Max FÜRBRINGER [sa Nach vorn geht der Coraco-mandibularis unter beträchtlicher fächerförmiger Divergenz seiner Fasern zur Mandibula und inserirt hier in einer Breite, welche diejenige des hinteren Hauptstockes um das Dreifache (C’himaera) bis Vierfache (Callorhynchus) über- trifft; trotz dieser Entfaltung in die Breite ist der Insertionstheil auch noch von einer erheblichen Dicke. Die lateralen Partien, welche namentlich bei Callorhynchus mit dem zum oberen Labialknorpelapparat ziehenden Muskelzuge des Constrictor-Systemes durch Vermittelung einer (neu gebildeten) Inscriptio tendinea verbunden sind, treten hierbei etwas oberflächlicher hervor als die mittlere mehr aus der Tiefe herauskommende Masse; erstere entstehen somit vorwiegend durch Auseinanderweichen der unpaaren (korakoidalen), letztere durch Verbindung der paarigen (scapularen) Ursprungsmassen!'). Bei Callorhynchus endet ein schmaler, unpaarer, mittlerer Zipfel nicht an der Mandibula, sondern geht in eine schlanke Sehne über, welche bis zu den hier vorhandenen mittleren Verbindungen der beiderseitigen unteren Labialknorpel (Praemandibular-Knorpel) zu verfolgen ist; man würde sonach hier von einer weiteren Verlängerung der korako- arkualen Muskulatur nach vorn, von einem M. coraco-praemandibularis (Taf. IV Fig. 3, cpm.) zu sprechen haben. M. coraco-hyoideus (chy.). Dieser, an Volumen ganz und gar gegen den Coraco-mandibularis zurücktretende Muskel entwickelt sich aus den lateralen und tieferen Partien des Hauptstockes und bildet in seiner Verbindung mit dem der Gegen- seite eine rinnenförmige Muskelplatte, auf welcher der Coraco - mandibularis ruht. Bei C’himaera kann die rechte und linke Hälfte des mässig entwickelten Muskels noch partiell gesondert sein, bei Callorhynchus ist der recht kleine Muskel gänzlich unpaar. Die Insertion geschieht an dem hinteren, ventralen Rande der Copula des Hyoides. M. coraco-branchialis (cbr., cbr. I—5). Wie bereits betont, sind die Mm. coraco-branchiales 1—5 der Haie hier, also ähnlich wie bei den Rochen, zu einem einheitlichen Muskel verschmolzen, welcher nur unter Berücksichtigung des Durch- trittes der Aa. branchiales (Taf. IV Fig. 2, A. br. 2—5) in seine ursprünglichen Partien gesondert werden kann. Der so entstandene Muskel bildet eine sehr ansehnliche, bedeutend in die Breite entwickelte und auch nicht unkräftige Platte, welche lateral an die vorher beschriebenen Theile des hypobranchialen, spinalen Muskelapparates angrenzt, aber nicht mehr mit ihnen verschmolzen ist. Der so emancipirte Muskel entspringt breit und einheitlich von dem lateralen Bereiche der Vorderfläche des Korakoides (nicht ganz bis zu dessen ventralem Ende herabreichend) sowie den ven- tralen %, der Scapula und geht mit etwas konvergirenden, dorsal fast rein longitudinal verlaufenden, ventral nach vorn und oben (dorso-rostralwärts) aufsteigenden Fasern nach dem Kiemenapparat. Hierbei endet die dem M. coraco-branchialis I entsprechende Partie an dem Copulare (Hypobranchiale) I, sowie an der kleinen’ Copula (Basi- branchiale) 1 und der an sie angrenzenden Membran, der M. coraco-branchialis 2 an Copulare 2, Copula 2 und der benachbarten Membran, der M. coraco-branchialis 3 1) Die betreffenden Verhältnisse werden auch von VETTER (1878, p. 450) gut beschrieben; doch scheidet derselbe die einzelnen Partien zu sehr. S5] ÜEBER DIE SPINO-OCGIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 433 an dem Copulare 3, der M. coraco-branchialis 4 an Copulare 3 und der angrenzenden Membran, der M. coraco-branchialis 5, welcher den breitesten Theil des gesammten M. coraco-branchialis repräsentirt, in grosser Ausdehnung am Branchiale (Cerato- branchiale) 5, sowie am Copulare 4 und dem vorderen lateralen Bereiche der grossen Endcopula. Innervirt wird die gesammte Muskulatur von dem Endstamm des Plexus cervicalis, der dem letzten oceipitalen (2) und den beiden ersten oceipito-spinalen Nerven (a, b) entstammt, zuerst an der Innenfläche des breiten M. coraco-branchialis verläuft, wobei er demselben wie der scapularen Ursprungspartie des M. coraco-mandi- bularis viele Zweige abgiebt, und dann die weiteren Theile des M. coraco-mandibularis, sowie den M. coraco-hyoideus mit seinen Neben- und Endästen versorgt (Taf. IV Fig. 2). II. Allgemeine Bemerkungen über die hypobranchiale spinale Muskulatur. Die vergleichende Betrachtung der verschiedenen hypobranchialen Muskel- bildungen bei den Haien, Rochen und Holocephalen lässt bei den Ersteren ein primitiveres, indifferenteres Verhalten erkennen, während die beiden Letzteren in der mässigen Ausbildung des hinteren Hauptstockes, in der sehr ungleichen Ent- faltung des ansehnlichen bis sehr mächtigen Coraco-mandibularis und des schwachen bis fehlenden Coraco-hyöideus, sowie in der Verschmelzung der einzelnen Mm. coraco- branchiales zu einem mehr oder minder einheitlichen Coraco-branchialis sekundäre, von dem Verhalten bei den Haien ableitbare Züge aufweisen. Auch sind die Beziehungen des Systemes des Constrietor superficialis ventralis zu demjenigen der hypobranchialen spinalen Muskulatur bei den Haien auf einer niedrigen Stufe stehen geblieben, bei den Holocephalen dagegen, namentlich aber bei den Rochen zu einseitigen Differenzirungen und mehr oder minder intimen, ebenfalls durchweg von den squaliden Bildungen ableitbaren Verbänden gelangt (Depressor hyo-mandi- bularis, Depressor rostri). Der weit auf die Scapula sich ausdehnende Ursprung bei den Holocephalen geht Hand in Hand mit der mächtigen sekundären Entfaltung des Coraco-mandibularis; auch das bei Callorhynchus von der sehnigen Oberfläche der Brustflossen-Muskulatur ähnlich dem weit über die postzonale ausgehende besondere Ursprungsbündel ist Rumpfmuskulatur nach hinten erstreckten Ursprung des Hauptstockes bei Prionodon — als eine sekundäre Bildung zu beurtheilen; dass hier die caudalwärts gehende Aus- dehnung nicht auf die postzonale, sondern auf die pterygiale Muskulatur erfolgte. spricht für den relativ späten Termin dieser Ursprungs-Aberration, welche erst nach hinten weitergriff, als bereits die Brustflosse von Callorhynchus und ihre Muskulatur zu ihrer sekundären und mächtigen Entfaltung gelangt war. In diesem und mehreren anderen Zügen (s. die speciellere Beschreibung) offenbart sich Chimaera als den primitiveren, Callorhynchus als den einseitig und höher differenzirten Vertreter der Holocephalen. 434 Max FÜRBRINGER [86 Fraglich erscheint die Beurtheilung des bei Callorhynchus an dem unteren Labial- knorpel (Prämandibular-Knorpel) inserirenden Sehnenstreifes, der von der Mitte des M. coraco-mandibularis ausgeht und von mir als M. coraco-praemandibularis bezeichnet wurde. Handelt es sich hier um den letzten Rest einer ganz primordialen, bei allen Selachiern und bei Chimaera verschwundenen Bildung oder um eine erst sekundär bei Callorhynchus zur Entwickelung gekommene insertive Aberration? Nach den von GEGENBAUR (1872, p. 229, 230) gegebenen ausführlichen Begründungen darf die Homodynamie der Labialknorpel der Selachier mit inneren Kiemenbogen, speciell mit dem Kieferbogen mit guten Gründen nicht bezweifelt werden; der praemandibulare Knorpel der Selachier repräsentirt das Rudiment eines vor der Mandibula liegenden ventralen Visceralbogens, der einstmals eine ansehnlichere Entfaltung und wahrschein- lich eine direktere Betheiligung an dem Mundschluss aufwies, aber Hand in Hand mit der sekundären, mächtigeren Ausbildung des Kieferbogens in Rückbildung trat. Diese Rückbildung hat auch zur Lösung der früheren ventralen Verbindung des rechten und linken Praemandibularbogens bei den Selachiern geführt; bei Callorhynchus aber ist dieselbe vorhanden; beide Praemandibularknorpel sind hier zu einer auf der Mandibula liegenden, gar nicht unansehnlichen queren Knorpelspange verbunden!). Wenn aber dieser knorpelige Verband bei Callorhynchus — bei Chimaera existirt an seiner Stelle ein die kleinen Rudimente der unteren Labialknorpel verbindendes Ligament — ein primitiver sein sollte, so würde man auch die Insertion der hypo- branchialen Muskulatur an dem praemandibularen Bogen als den sehnigen Rest des vormals in besserer Entwickelung bestandenen Vorderendes dieser Muskulatur ansehen dürfen. Die genauere Betrachtung dieses Verbandes der praemandibularen Bogenäste, sowie der Vergleich mit der in den meisten hier in Frage kommenden Zügen als primordialer zu beurtheilenden C’himaera mit ihren sehr kleinen Rudimenten?) lässt es mir indessen als viel annehmbarer erscheinen, dass die bei Callorhynchus bestehende Verwachsung und hohe Entfaltung des Praemandibular-Knorpels als eine erst sekundär zur Ausbildung gekommene zu beurtheilen sei®), und damit fällt auch die eventuelle primitive Bedeutung des — bei Chimaera ebenfalls vermissten — coraco-praemandi- bularen Sehnenzipfels. Ich erblicke somit auch in diesem ein sekundäres, wahr- scheinlich durch Aberration an das praemandibulare Bindegewebe entstandenes Gebilde, das primitive Beziehungen nur vortäuscht. — Damit ist selbstverständlich nichts gegen die dereinstige Existenz eines wirklich primordialen coraco-praemandi- 1) Einen Knorpel von ähnlicher Dimension, wie ich ihn fand, bildet auch HUBRECHT (1877, A, Taf. XVII, 1) ab, während das von JoH. MÜLLER (1835, Taf. V Fig. 2) untersuchte Exemplar viel grössere, dem Unterkiefer an Grösse gleichkommende (p. 138) Dimensionen aufweist. Die Anschauung MÜLLER’s, dass es sich hier wie überhaupt bei den Labialknorpeln um eigenthümliche, nicht zum Plane der Wirbelthiere gehörende Skelettheile handele, dürfte durch GEGENBAUR (l. c.) zur Genüge widerlegt sein. 2) Vergleiche auch SOLGER (1876, p. 220). 3) Ich stimme somit in dieser Beziehung HUBRECHT (HUBRECHT-BRONN 1878, p. 57) zu, wenn ich auch seine sonstige, an J. MÜLLER sich anlehnende Auffassung der Lippenknorpel, die „vielleicht nur von accessorischer Be- deutung“ seien, nicht theile. 87] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN RTC, 435 bularen Muskels gesagt; der Befund bei Callorhynchus kann nur nicht zum Beweise für denselben verwerthet werden. Von einem gewissen Interesse ist auch das oben (pag. 423) hervorgehobene gleiche Verhalten des letzten M. coraco-branchialis bei den untersuchten Se- lachiern und Holocephalen. Mag derselbe den M. coraco-branchialis 7 (Heptanchus) oder den M. coraco-branchialis 6 (Hewanchus und vermuthlich Chlamydoselachus) oder den M. coraco-branchialis 5 (pentanche Haie, Rochen, Holocephalen) repräsentiren, stets stimmt er in der Hauptsache in der Art seines Ursprunges und seiner Insertion und in seinem sonstigen Verhalten überein, während hingegen der M. coraco-bran- chialis 6 von Heptanchus so erheblich von dem M. coraco-branchialis 6 von Hewan- chus und ebenso der M. coraco-branchialis 5 von Heptanchus und Hexanchus so sehr von dem M. coraco-branchialis 5 der pentanchen Selachier und Holocephalen ab- weichen, dass man — unter blosser Berücksichtigung der Ausbreitung von Ursprung, Insertion, Grösse und allgemeiner Lage — eher geneigt sein könnte, den M. coraco- branchialis 7 von Heptanchus, M.cbr.6 von Hewanchus und M.chr. 5 der pentanchen Selachier und Holocephalen mit einander zu vergleichen, nicht aber M.chr.6 von Heptanchus mit M.chr.6 von Hexanchus und M.cbr.5 der Notidaniden mit M.cbr.5 der pentanchen Selachier und Holocephalen zu homologisiren. Und man könnte even- tuell diesen ersterwähnten Homologisirungsversuch durch die Annahme illustriren, dass der M.cbr.7 bei Heptanchus noch in seinen ursprünglichen Verhältnissen, ins- besondere der Insertion erhalten geblieben, dass aber die Insertionstheile desselben bei Hewanchus und den pentanchen Selachiern mit der successiven Verkümmerung des 7. und 6. Kiemenbogens allmählich auf den 6. und danach auf den 5. Kie- menbogen übergewandert seien, dort neue Anheftungen gewonnen und sich somit zu einem M.cbr.6 und M.cbr.5 umgebildet hätten. Diese Annahme ist aber irrig, ebenso wie der ganze Homologisirungsversuch; sie wird übrigens auch ohne Weiteres durch das Verhalten und die Vergleichung der Arteriae branchiales der Notidaniden und der pentanchen Selachier widerlegt. In Wirklichkeit ist nur diejenige Homo- logisirung gültig und gerechtfertigt, welche die gleichgezählten Muskeln, somit M. cbr.6 der beiden Notidaniden und M.cbr.5 aller Selachier und Holo- cephalen mit einander vergleicht, mögen dieselben auch in der speciellen Art ihrer Insertions- und Dimensionsverhältnisse noch so sehr von einander abweichen. Und zwar findet diese Verschiedenheit des M.cbr.6 bei Hexvanchus und des M.cbr.5 bei den pentanchen Selachiern und Holocephalen ihre Erklärung in der Annahme eines Umwandlungsprocesses, welcher diese beiden Muskeln bei den heptanchen Vor- fahren von Hexanchus und den pentanchen Selachiern betroffen hat und in folgender Weise vor sich gegangen sein mag: Die Bildung bei diesen heptanchen Vorfahren ') 1) Selbstverständlich kann man diesen ganzen Process theoretisch auch zurückverfolgen auf die noch früheren Vorfahren der lebenden Selachier, welche 8, 9 und mehr Kiemen besessen haben mögen; er wird hier vermuthlich in ähnlicher Weise verlaufen sein. Bei dem Mangel jeder reellen Grundlage für die Existenz dieser Vorfahren hat es wenig Werth, des Längeren auf diesen hypothetischen Annahmen zu verweilen. 436 Max FÜRBRINGER [88 wird in der Hauptsache die gleiche gewesen sein, wie bei Heptanchus, d. h. sie be- sassen einen breit entwickelten und breit an der Endcopula und dem ventralen Branchiale 7 sich anheftenden M.cbr.7, aber schmälere, in ihrer Insertion sich mehr auf die Copularia und die angrenzenden Enden der Branchialia 6 und 5 beschränkende Mm.cbr.6 und 5. Mit der völligen Rückbildung des 7. Kiemenbogens (der nur bei Heptanchus leidlich erhalten blieb) und der damit Hand in Hand gehenden Ver- kümmerung des M.cbr.T kam es auch zu einer beginnenden Reduktion des nun letzten 6. Bogens, der unter successiver Aufgabe seiner respiratorischen Funktion sich nach Art des 7. Kiemenbogens von Heptanchus umbildete und damit für den bisher schmalen, weil bisher von dem ausgebreiteten, respiratorisch wirksamen Ab- schnitt des Bogens beengten, jetzt aber zugleich von der bisherigen Hemmung durch den auf ihn folgenden M.cbr.7 befreiten M.cbr.6 Gelegenheit zur weiteren Aus- breitung seiner Insertion von dem copularen Bereich auf das ventrale Mittelstück (Branchiale, Keratobranchiale) und die Endcopula gab, also zu einer den einstigen M.cbr. 7 imitirenden Ausbildung desselben führte. Diese Etappe erreichten Hewanchus und vermuthlich Chlamydoselachus. Durch ein weiteres Fortschreiten des Reduktions- processes kam auch der 6. Bogen mit dem M.cbr.6 in mehr oder minder vollkom- mene Reduktion, worauf der nun letzte 5. Bogen die entsprechende beginnende Re- duktion und der zugehörige M.cbr.5 die entsprechende Vergrösserung und Umwand- lung einging, welche schliesslich zu der Imitation des bisherigen M.cbr.6 durch den M.cbr.5 führte. Diese zweite Etappe erreichten die pentanchen Haie und mit ihnen auch die Rochen und Holocephalen. In dem letzten M. coraco-branchialis liegt ein besonders beredtes Beispiel imitatorischer Homodynamie oder Parhomo- logie') vor. Wie hier im Speciellen der einzelne M. coraco-branchialis, speciell der letzte, sich an die ihm dargebotenen Bedingungen anpasst und durch dieselben, mögen sie begünstigende oder hemmende sein, seine Gestalt und sein sonstiges morphologisches Verhalten regeln lässt, so bietet sich auch die gesammte hypobranchiale spinale Muskulatur als das Produkt der Anpassung ursprünglicher Rumpfmuskeln an das Visceralskelet dar. Ursprünglich sind diese gleich den epibranchialen Muskeln ihm fremd, wie durch ihre spino-occipitale Innervation bezeugt wird; die autochthone Muskulatur des vom Paläocranium ableitbaren Visceralskeletes wird durch ächte Cerebralnerven (Trigeminus, Facialis, Glossopharyngeus und Vagus) versorgt. Für die Entstehung dieses Verbandes zwischen paläokraniogenen Skeletelementen?) und spinalen Muskelelementen sind namentlich zwei Momente wirksam zu denken: die caudalwärts gehende Rückwärtsbewegung des visceralen Apparates und die rostral- 1) Bezüglich dieser Begriffe verweise ich auf meine früheren diesbezüglichen Darstellungen (1875, p. 682—637, 1879, p. 332.). 2) Selbstverständlich rechne ich auch die Copulae dazu und kann die Vermuthung Donkn’s (1884, p. 17), dass dieselben wie die Mm. coraco-hyoideus und coraco-mandibularis nach vorne vorgeschobene Skeletelemente dar- stellen, nicht theilen. s9] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 437 wärts gehende Vorwärtsbewegung der spinalen Rumpfmuskulatur Beide Bewegun- gen sind übrigens auch von anderen Autoren, z. B. GEGENBAUR, VAN WIME, Donrn u. A., bezeugt worden. Heterogene Elemente haben sich somit hier gekreuzt, bekämpft, erobert und verbunden. Auch die Ontogenie scheint, nach van Wıne’s Beobachtung der ventralwärts gehenden nach vorn umbiegenden Verlängerung des hin- tersten Kopfmyotoms und der vorderen Rumpfmyotome (1882 pag. 16) zu schliessen, von diesen alten phylogenetischen Bildungsvorgängen noch Einiges zu recapituliren. Ueber die Zeitfolge, in welcher dieselben sich dereinst vollzogen haben, lässt sich etwas Bestimmtes nicht angeben, man wird sie aber jedenfalls in eine sehr frühe phylogenetische Zeit zurückverlegen müssen und darf sich dabei durch die erst bei mittelalten embryonalen Stadien (K bis O nach WisHuE) vor sich gehende ontogene- tische Ausbildung nicht zur Annahme einer späteren phylogenetischen Entstehung verleiten lassen. Offenbar liegt hier eine cänogenetische Heterochronie vor; das Verhalten der primitivsten Kranioten (Myxinoiden, Petromyzonten) bezeugt die sehr frühe Ausbildung des Verbandes. Darüber wird später noch zu handeln sein. In- folge dieser Bewegungen, mit denen sich diejenigen der — auch ursprünglich aus dem Visceralskelet stammenden — paarigen Extremitäten kombinirten, kam es zu ganz erheblichen Verschiebungen, Auflösungen und Neubildungen in der hypo- branchialen Muskulatur, welche die Myomeren derselben nicht als ursprünglich ge- gebene und unverändert gebliebene, sondern vielmehr als Produkte sehr wechsel- voller Bildungsgeschicke beurtheilen lassen; die Dysmetamerie dieser Myomeren und der sie innervirenden Nervenwurzeln (s. die beiden Tabellen auf pag. 403 und 404 und die feinere Verästelung der versorgenden Nervenzweige in der Muskulatur pag. 402) lässt von. diesen Komplikationen noch Manches erschliessen. 9. Zusammenfassung der wesentlicheren Ergebnisse'). Die Selachier und Holocephalen besitzen eine wechselnde Zahl von occi- pitalen Nerven, welche früher als „untere Vaguswurzeln‘‘ bezeichnet wurden, aber dem N. vagus fremd, dagegen den ventralen Wurzeln der Spinalnerven homodynam sind. Die Notidaniden und wenige pentanche Haie (Centrophorus calceus, Echinorhinus) haben deren 5—4, die pentanchen Haie in der Regel 3—2, wobei die Zweizahl bei den erwachsenen Thieren überwiegt, die Rochen 1 oder keinen, die Holocephalen 2. Hierbei nimmt, als Zeichen der von vorn beginnenden Reduktion, ihre Dicke stets von vorn nach hinten zu und ebenso vollzieht sich, wie Altersvariirungen und ontogenetische Untersuchungen mit Sicherheit erkennen lassen, die vollständige Ver- 1) Die folgende Zusammenstellung enthält zu Gunsten der zusammenhängenden Darstellung schon früher Bekanntes und Neues: hinsichtlich der Unterscheidung dessen, was von anderen Autoren, was von mir herrührt, verweise ich auf die vorhergehenden Kapitel mit ihren diesbezüglichen genauen Nachweisen. Festschrift für Gegenbaur. II. 56 438 Max FÜRBRINGER [90 kümmerung immer zuerst an den vorderen Occipitalnerven. Bezeichnet man sonach die 5—4 Oceipitalnerven der Notidaniden mit v, w, @, y, x oder w, &, y, 2, so be- sitzen die pentanchen Haie in der Regel w, y, z oder y, x, die Holocephalen y, z, die Rochen z oder 0. Auch darin wird die, durch zahlreiche andere Instanzen noch bestätigte, aber von einzelnen Autoren in neuerer Zeit verkannte, primitivere Stellung der Notidaniden gegenüber den pentanchen Haien, und der Haie gegenüber den Rochen bezeugt. Ob die noch primitiveren Vorfahren der Selachier in früherer Zeit noch mehr als 5 Occipitalnerven besessen haben, lässt sich mit den bisherigen Materialien nicht sicher nachweisen, ist aber wahrscheinlich. Der regressive Ent- wickelungsgang der Occipitalnerven wird auch durch die zahlreichen individuellen und antimeren Variirungen, welche dieselben darbieten, illustrirt. Uebrigens leistet hier die vergleichende Anatomie mehr als die Ontogenie: bei keinem pentanchen Selachier-Embryo wurden bisher die Anlagen der Nerven » und w gefunden, welche die Notidaniden im ausgebildeten Zustande besitzen'). Bei den Notidaniden hat der letzte Occipitalnerv auch eine zugehörige dorsale Wurzel z°; dieselbe kann bei alten Exemplaren von Hewanchus und bei Heptanchus unter Ablösung eines hintersten Stückes vom dorsalen und lateralen Bereiche der Oceipitalregion und Ausbildung desselben zum Intercrurale | aus dem Schädelbereiche entfernt werden. Es handelt sich somit hier um die sekundäre Abgliederung eines Skelettheiles, der dem Cranium höchst wahrscheinlich früher angegliedert wurde. Ueberhaupt liegt es nahe anzunehmen, dass alle Occipitalnerven und das ihrer Lage entsprechende Schädelgebiet ursprünglich dem alten primordialen Cranium (GegEnBaur’s Paläocranium) fremd waren und erst nach und nach demselben sich angliederten (Neocranium). Doch gelang es bisher nicht, diesen Process in seiner ganzer Totalität mit Sicherheit nachzuweisen; die ontogenetischen Untersuchungen, denen zu Folge hier zuerst getrennte Wirbelanlagen (Sklerotome) auftreten, die da- nach zu einem Knorpelcontinuum verschmelzen, sind nicht frei von beobachteten Cänogenien und gestatten darum keine reinen Schlüsse auf das wirkliche palingenetische Verhalten. Dass aber wenigstens der letzte dieser Nerven mit der zu ihm gehörenden Bogenbildung bei einzelnen höheren Haien sich sekundär seinen Vorgängern in dem Cranium angegliedert habe, dass somit die hintere Grenze des Selachiereraniums eine veränderliche, nach hinten sich verschiebende sei, wird durch Beobachtungen anderer Autoren sehr wahrscheinlich gemacht. Man würde in diesem Falle von einem Ueber- gange oceipitaler Nerven, die mit x abschlossen, zu einem ersten occipito-spinalen Nerven (a) sprechen können; strenge Grenzen giebt es überhaupt nicht zwischen beiden Kategorien. Bei den Holocephalen lässt sich durch den Vergleich mit den Haien und durch sonstige Instanzen erweisen, dass dem Cranium derselben drei solche oceipito-spinale Nerven (a. b. c.) sekundär angegliedert wurden. Damit sind Ver- 1) Die Vierzahl der embryonalen spino-oceipitalen Nerven von Acanthias ist nach HoFrMANN’s eigenen Darlegungen und Vergleichen mit Seyllium als x,y,z und a (drei oceipitale und ein oceipito-spinaler Nerv) zu deuten. 91] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLockEPHALEN ETC. 439 hältnisse angebahnt und fixirt, welche bei den höheren Fischen, Dipnoern und Am- nioten in grosser Verbreitung sich finden. Die bei den ausgebildeten Notidaniden und ausnahmsweise auch bei anderen erwachsenen Haien (Cestracion) vorkommende sensible Wurzel des letzten Occipital- nerven =” ist auch bei mehreren anderen Haien und Rochen als vergängliches embryo- nales Gebilde ontogenetisch nachgewiesen worden. Ferner wird von verschiedenen Autoren die embryonale Existenz ebenso vieler dorsaler Wurzeln resp. Ganglien behauptet, als ventrale Wurzeln der Oceipitalnerven sich anlegen. Ich halte es für im höchsten Grade wahrscheinlich, dass in früher palingenetischer Vorzeit die spinalen Vorfahren der Occipitalnerven mit sensibeln Antheilen versehen waren, die sich in- dessen, von vorn beginnend, in dem Maasse mehr zurückbildeten, als sie mehr und mehr in das Gebiet des Vagus drängten und als das cutane System der Nn. glosso- pharyngeus und vagus (Rr. laterales) zu höherer Entfaltung gelangte. Den erwähnten embryologischen Befunden stehe ich jedoch hinsichtlich ihrer Beweisfähigkeit mit einiger Vorsicht gegenüber, vermisse bei ihnen auch, z. Th. wenigstens, die zweifel- lose Ausscheidung sensibler Elemente des Vagus, wie ja auch einzelne Autoren gerade auf Grund ihrer ontogenetischen Untersuchungen nähere Beziehungen zwischen Vagus und Oceipitalnerven (,„‚ventraler Vaguswurzeln“) behaupten, und zwar, wenn die onto- genetische Beobachtung hierfür allein die entscheidende Instanz wäre, auch mit gutem Rechte. Wie leicht aber die ontogonetischen Befunde gerade zur Annahme der Zu- sammengehörigkeit von Vagus und Oceipitalnerven verleiten können, zeigen u. A. die an sich gewiss genauen Untersuchungen Kırrıan’s (1891, p. 90—92), der in der Glossopharyngeus- und Vagus-Zone des embryonalen Torpedo-Schädels einheitliche, einen gemeinsamen Ooelomraum umschliessende Urwirbel fand, deren dorsaler Ab- schnitt die Myotome, deren ventraler die Seitenplatten hervorgehen liess. Erstere werden von Occipitalnerven, letztere vom N. glossopharyngeus und vagus innervirt; also total heterogene, ursprünglich in longitudinaler Richtung weit auseinander gelegene und erst sekundär näher zusammengerückte Nerven betheiligen sich ontogenetisch an der Versorgung des gleichen Urwirbels! Offenbar handelt es sich hier, die Richtig- keit der betreffenden Untersuchungen vorausgesetzt, um cänogenetische Verkürzungen, welche vor der sicheren Instanz der vergleichenden Anatomie nicht bestehen können und ohne sie bezüglich ihrer wahren palingenetischen Vorgeschichte nur zu Trug- schlüssen führen. Der N. vagus hat mit seinen sensibeln und motorischen Bahnen nach Ursprung in der Medulla und nach Abgang von derselben nichts mit den auf ganz andere Weise in der Medulla entstehenden und von ihr abgehenden Occipitalnerven gemein. Beide sind ganz heterogene, in der Hauptsache durchaus von einander unabhängige Nerven. Der Vagus bildet einen alten, zum Paläocranium gehörenden Cere- bralnerven, dessen aus der ventro-lateralen motorischen Säule der Medulla (oblon- gata) stammende motorische Wurzelbündel sich sofort beim Austritte aus der Medulla oder selbst noch vorher mit den aus den dorso-lateralen sensibeln Vagus- kernen entstehenden sensibeln Wurzelbündeln vereinigen; die spino-occipitalen 56* 440 Max FÜRBRINGER [92 Nerven sind ursprüngliche Spinalnerven, die jedenfalls erst sekundär dem Schädel assimilirt wurden, mit ihren Skeletumgebungen das Neocranium bildend, und deren ventrale, der ventro-medialen motorischen Säule der Medulla (spinalis) entstammende Wurzeln wie bei den Spinalnerven ganz peripherisch, weit jenseits des Austritts aus der Medulla mit ihren dorsalen Wurzeln (wenn vorhanden) sich verbinden. Die letzten der ventro-lateralen Zellensäule entstammenden Vagus- wurzeln, welche namentlich das System des M. trapezius innerviren, können bei ge- wissen Selachiern ziemlich weit caudalwärts hinabsteigen und vereinigen sich dann unter ascendentem, rekurrentem Verlaufe mit dem Haupttheil des Vagus; insbesondere bei Hexanchus, der den kräftigsten M. trapezius unter den Selachiern besitzt, reichen sie bis in den Anfang der Medulla spinalis, zwischen die motorischen und sensibeln Wurzeln des ersten oder der ersten Spinalnerven sich einschiebend, und sind dann durch nichts Wesentliches von dem N. accessorius Willisii der Amnioten unterschieden. Man kann somit schon bei Selachiern von einem N. vago-accessorius sprechen, darf aber nie die Einheitlichkeit dieser Bildung aus dem Auge lassen; alle Angaben, welche den Accessorius als spinalen Nerven dem speciellen Vagus gegen- überstellen, sind irrthümlich. Hinsichtlich der Ursprünge und Abgänge der occipitalen wie spinalen Nerven lässt sich nachweisen, dass sie dem konstanteren Ursprunge des Vago-Accessorius gegenüber in einem stetigen Vorrücken nach vorn begriffen sind, welches mit der successiven Rückbildung der vordersten Occipital- nerven im Kausalnexus steht; dureh diese Reduktionen entstehen, so zu sagen, vorn gelegene Loci minoris resistentiae, welche von den nächstfolgenden, von hinten her herandrängenden Nerven eingenommen werden. Dass das Ende des Vago-Accessorius- Ursprunges zwischen die Wurzeln der Spinalnerven, also scheinbar in das Gebiet der Medulla spinalis gerieth, ist ebenfalls eine Folge dieser Vorwärtswanderung der spinalen Nervenursprünge und macht zugleich recht wahrscheinlich, dass sich einst- mals vor v noch weitere Occipitalnerven (u, t....) fanden, die inzwischen reducirt wurden. In Wirklichkeit gehört aber der Accessorius-Ursprung nicht dem Rückenmark, sondern dem Gehirn zu und bildet dessen letztes, von spinalen Elementen überkreuztes Ende. Selbstverständlich hat man sich alle diese Wande- rungen innerhalb des ventralen Nervensystems nicht roh vorzustellen, sondern muss hierbei zahlreichen Instanzen und feineren Korrelationen Rechnung tragen, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann. Der Eintritt der Oceipitalnerven in die Schädelwand erfolgt in einer ventral resp. ventro-caudal von der Vagusöffnung liegenden Reihe von feinen Oeff- nungen, die in ihrer gegenseitigen Lage und Entfernung und ihren Beziehungen zum Foramen pro vago veränderliche Verhältnisse darbieten, welche ebenfalls auf das angeführte Vorwärtsrücken der hinteren Nerven in Folge der Rückbildung der vorderen zurückzuführen sind, aber auch schon von ihrer peripherischen Plexus- Bildung mit den spinalen Nerven, möglicher Weise auch in beschränktem Maasse von Zusammenziehungen der einzelnen den Schädel durchsetzenden Vaguswurzeln beeinflusst werden: der letzterwähnten Instanz gebe ich aber eine nur sehr geringe an 93] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 441 Wahrscheinlichkeit. Ursprünglich sind die Kanälchen für die Oceipitalnerven durch mehr oder minder dieke Knorpelscheidewände von dem Vaguskanal getrennt; diese Scheidewände können sich aber bei einzelnen Selachiern verdünnen, partiell rari- fieiren und endlich bei den Holocephalen theilweise oder ganz schwinden, worauf dann der erste oder beide Oceipitalnerven gemeinschaftlich mit dem N. vagus durch den Vaguskanal verlaufen. — Die drei occipito-spinalen Nerven der Holocephalen durchsetzen immer getrennt vom Vagus den Schädel (kranio-vertebraler Komplex); die beiden letzten (b und c) treten aber durch eine gemeinsame Oeffnung und können bei Callorhynchus so zusammenfliessen, dass sie den Eindruck eines einzigen Nerven machen. Aechnliche Verhältnisse finden sich auch bei Teleostiern und Amnioten. Während des Durchtritts durch die Schädelwand findet meist, als Partialerscheinung der peripherischen Plexusbildung, eine Konvergenz der Oceipitalnerven statt, die unter Umständen so weit gehen kann, dass diese Nerven, in Mehrzahl (2—3) in die Schädelwand eintretend, dieselbe zu einem Stamm verbunden durch eine einzige Oeffnung verlassen. Alle diese Beziehungen geben zugleich Kunde von der Bildsam- keit des Schädels, welcher sich in seiner feineren Modellirung den Nerven anpasst. Nach dem Austritte aus dem Schädel verbinden sich die Oceipitalnerven mit den auf sie folgenden Spinalnerven resp. occipito-spinalen Nerven (Holo- cephalen) zu einem gemeinsamen Plexus cervico-brachialis, der mit seinen hinteren (caudalen) Aesten (Plexus brachialis und pterygialis) die Brustflosse, mit seinen vorderen (rostralen) zuerst die epibranchiale, dann die hypobranchiale spinale Muskulatur und in geringer Ausdehnung die vor und in dem Bereiche des Korakoids befindliche Haut versorgt (Plexus cervicalis). Während seines Verlaufes bildet der Plexus cervicalis einen die Kiemenregion hinten umziehenden Bogen mit vorn liegendem Anfange und Ende; es ist schon durch GEGENBAUR gezeigt worden, dass diese Bogen- bildung in der Hauptsache durch die Rückwärtsausdehnung des visceralen Apparates bedingt wird. Bei den Selachiern ist dieser Bogen mehr oder minder lang gestreckt, bei den Holocephalen, wo der Kiemenapparat in Folge rückläufiger Zusammen- schiebung wieder mehr rostralwärts rückte, flacher. Mit der verschiedenen Aus- dehnung der visceralen Region und der Streckung des cervikalen Bogens steht die Lage des Schultergürtels, der direkt auf diesen Bogen folgt, und damit die der Brust- flosse in engstem Konnexe. Die Entfernung des Schultergürtels von dem Cranium lässt sich durch Abzählung der zwischen beiden befindlichen Myomeren des Seiten- rumpfmuskels, an dem auch in diesem Gebiete eine dorsale (resp. dorsale und dorso- laterale) und eine ventrale Abtheilung (Levator scapulae) unterschieden werden kann, messen. Zwischen diesen Zahlen und denen der Wurzeln des Plexus cervicalis er- geben sich gewisse Korrelationen, die aber durchaus nicht immer im Sinne eines harmonischen Verhaltens zwischen beiden verwerthbar waren; häufiger wurden Dis- kordanzen beobachtet. Die Zahl der Wurzeln des Plexus cervicalis ist bei den verschiedenen Selachiern und Holocephalen eine sehr wechselnde; die Extreme von 4—12 für die Gesammtzahl aller Wurzeln (der occipitalen und spinalen) oder von 2—12 für die . e 442 Max FÜRBRINGER [94 spinalen Wurzeln allein wurden gefunden; zugleich zeigte sich, dass zumeist der hinterste Nerv des Plexus (Haie) oder mehrere hintere Nerven (Rochen) nur mit sensibeln Antheilen in den Plexus eingingen. Aus dem Wechsel heben sich die Holocephalen mit der geringsten Wurzelzahl (4 resp. 2), die Haie mit einer mitt- leren (d—I1 resp. 2—9), die Rochen mit der grössten (10—12 resp. 9—12) hervor, und auch innerhalb der Haie konnte, namentlich bezüglich des spinalen Antheiles, eime kleinere Anzahl für die tiefer stehenden, eine grössere für die höher stehenden Familien im Allgemeinen konstatirt werden. Auch bei den spinalen Nerven traten die sensibeln Antheile (Wurzeln) sehr gegen die motorischen zurück. Unter Umständen kann völliger Mangel der sen- sibeln Wurzeln bis zum 3. Spinalnerven (resp. occipito-spinalen Nerven) beobachtet werden; einmal (Raja clavata) wurde selbst eine totale Rückbildung des ganzen I. Spinalnerven gefunden. Auch darin spricht sich die Kontinuität zwischen occi- pitalen und spinalen Nerven aus. Die Verbindung beider Wurzeln zum Stamm erfolgt bekanntlich bei den Selachiern recht spät; namentlich die Notidaniden, aber auch die Rochen kennzeichnet eine sehr späte Vereinigung beider, die zum Theil (vorderste Nerven) erst im Plexus sich vereinigen; andererseits zeigt Rhina eine auffallend frühe Verbindung des motorischen und sensibeln Antheiles. Die Scheidung der den Plexus cervicalis und den Plexus brachialis zusammensetzenden Wurzeln zeigt zugleich, dass bei Haien und Holocephalen nur wenige (I—3), bei Rochen eine beträchtlich grössere Anzahl derselben (S—10) beiden Geflechten gemeinschaftlich ist; bei der blossen Berücksichtigung der moto- rischen Plexus-Antheile ergiebt sich, dass die Haie die Gemeinsamkeit von 0—3 Wurzeln, die Holocephalen eine solche von 2 Wurzeln, die Rochen die von 4-7 Wurzeln aufweisen, also bei den ersten direkte Aufeinanderfolge oder geringgradige Gemeinsamkeit, bei den letzten ausgedehnte Deckung, bei den Holocephalen mittlere Zahlen. In der Hauptsache ist dieses verschiedene Verhalten auf die wechselnde Lage und Ausdehnung der Brustflosse zurückzuführen: die Haie mit mässiger') ent- falteter und in mässigerem') Grade nach hinten gewanderter vorderer Extremität zeigen die einfacheren Verhältnisse; bei den Rochen hat die beträchtliche rostral- wärts”) gehende Vergrösserung der mit ihrer Anheftung am Schultergürtel ziemlich weit hinten liegenden Brustflosse zu der ausgebreiteten Deckung beider Plexus ge- führt; bei den Holocephalen wiegt die rückläufige Vorwärtsbewegung der vorderen Extremität vor und dem entspricht auch die — absolut — unansehnliche, aber — relativ (d.h. im Verhalten zu dem schmalen Cervikalplexus) — nicht unbedeutende Gemeinsamkeit der Plexuswurzeln. Die Plexusbildung erfolgt in der Regel derart, dass sich zuerst die Occi- 1) In der ganzen Thierreihe ist die Entfaltung der vorderen Extremität der Haie eine sehr ansehnliche auch die Entfernung vom Kopfe ist nicht unbeträchtlieh. Das „mässig‘ drückt nur das relative Verhalten inner- halb der Selachier aus. 2) Von der noch bedeutenderen Vergrösserung in caudaler Richtung wird, da für die interessirende Frage bedeutungslos, hier abgesehen. 95] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 443 pitalnerven unter einander verbinden, und zwar die vorderen früher als die hinteren, und dass danach die Spinalnerven nach und nach im den bei den Selachiern vor- wiegend in longitudinaler Richtung verlaufenden Sammelstamm (Collector) eintreten, denselben successive verstärkend. Die Länge und Richtung der Plexuswurzeln ist hierbei eine sehr wechselnde und zwar weisen gerade die am höchsten Stehenden unter den Haien die grössten Extreme auf; bestimmte Regeln bezüglich einer Koin- cidenz zwischen späterem oder früherem Zusammentreten der Wurzeln und zwischen tieferer oder höherer systematischer Stellung der betreffenden 'Ihiere lassen sich nicht aufstellen. Von dieser regelmässigen Plexusbildung kommen namentlich an den Anfängen der Plexus, d. h. im occipitalen Gebiete derselben Abweichungen der mannigfachsten Art öfters zur Beobachtung. Die bemerkenswertheste ist die partielle oder totale Auslösung des ersten Occipitalnerven aus dem Plexus, der dann nur durch einen kleinen Theil oder gar nicht mit dem zweiten Nerven verbunden zu seinem Endorgan ‘M. subspinalis, geht. Ich erblicke darin, im gegebenen Falle, eine sekun- däre Emancipation dieses ursprünglich intimer mit dem Plexus verbundenen Nerven. Aber selbstverständlich liegt es mir fern zu behaupten, dass die Plexusbildung über- haupt etwas von Anfang an Gegebenes gewesen sei. Sicherlich hat sich dieselbe erst im Laufe der phylogenetischen Entwickelung in dem Maasse vollzogen, als die Ver- schiebungen der Ursprünge der Nerven in Folge von Zusammenziehungen innerhalb des Craniums, als die metamerische Umwandlung und Wanderung der von ihnen versorgten Endgebiete und als die Ausdehnungen und Verlagerungen des visceralen Apparates mehr und mehr in Erscheinung traten. Aber wie sich dieser Process der Plexusbildung aufbauend vollzog, so kann er auch wieder in theilweise Rückbildung treten, wenn die ihn bedingenden Kausalmomente nicht mehr in Geltung bleiben oder durch neue ihnen feindliche Instanzen alterirt und abgeschwächt werden. Die von dem Plexus cervicalis abgegebenen Aeste sind zum kleineren Theile sensible, zum weitaus grösseren motorische. Erstere gehen zur Haut, knapp vor oder auf dem ventralen Bereiche des Brustgürtels, sowie zu dem intermuskulären Binde- gewebe; ihre geringe Ausbildung beruht auf einer sekundären Rückbildung, die zu der höheren Entfaltung der Rr. laterales des N. glossopharyngeus und N. vagus in Korrelation steht. Letztere versorgen die Seitenrumpfmuskulatur, sowie die epi- branchialen und hypobranchialen spinalen Muskeln. Die Nerven für die Seitenrumpfmuskulatur sind meist kurze Zweige, die während des Verlaufes der Plexuswurzeln durch diese Muskulatur hier und da ab- gehen und die Myomeren versorgen, welchen die Plexuswurzeln angehören. Im dor- salen und dorso-lateralen Gebiete der Rumpfmuskulatur geschieht diese Innervation 1) Wiederholt kann man bei verschiedenen Wirbelthierabtheilungen beobachten, dass die Plexusbildung ziemlich weit entfernt von den Wurzelursprüngen beginnt, nach und nach aber aus diesem peripheren Gebiete sich dem Centrum nähernd zusammenzieht. Der weite peripherische Plexus giebt sich meist als der primitivere, der engere, mehr centralwärts gerückte als der höhere, länger bestandene zu erkennen. Die Verhältnisse innerhalb der Selachier leisten dieser allgemeinen Regel keinen Vorschub. 444 MAx FÜRBRINGER [96 rein und genau nach den Myomerengrenzen, in dem ventralen treten aber gewisse Verschiebungen und Umlagerungen dieser Muskulatur ein, welche die Versorgung von je zwei Myomeren durch Zweige eines Nerven und zugleich eine Vertheilung von je zwei Nerven in einem Myomer bedingen. Die wesentlichste Causa movens für diese Umgliederungen und Abweichungen von dem ursprünglichen rein dorsalen Verhalten, die übrigens im hypobranchialen spinalen Muskelgebiete, sowie (nach den Untersuchungen von Braus und von Wicksrrön) in den folgenden Rumpfgebieten zu noch grösserer Komplikation entwickelt sind, ist gegeben in den — natürlich mecha- nisch von der Rumpfmuskulatur selbst abhängigen — Verschiebungen der paarigen Extremitäten und des Endes des Digestionsrohres (Analöffnung). Die für die epibranchialen spinalen Muskeln bestimmten Nerven zeichnen sich durch grosse Feinheit aus und zweigen sich in wechselnder Anzahl (3—8) von dem Anfange des gemeinsamen Hauptplexus ab, wobei sie, namentlich bei den Notidani- den, einen besonderen Plexus (epibranchialer Nebenplexus) bilden können; immer gehen sie medial am Hauptstamm des Vagus vorbeiziehend zu den von ihnen ver- sorgten Muskeln. Sie werden fast ausschliesslich von Occipitalnerven abgegeben; nur ausnahmsweise betheiligt sich der Spinalnerv mit einem feinen Zweige an ihrer Bildung. Dass hierbei der erste Occipitalnerv nicht selten eine grössere Selbstän- digkeit gewinnen kann, wurde bereits bei der Plexusbildung hervorgehoben. Die Vertheilung der bezüglichen Nerven in den von ihnen versorgten Muskeln geschieht im Allgemeinen derart, dass die vorderen den M. subspinalis, die hinteren der Reihe nach die Mm. interbasales versorgen; aber es besteht hierbei keine genaue Kon- gruenz zwischen beiden, sondern vielmehr eine ausgesprochene numerische Dys- metamerie zwischen den Nervenwurzeln, den Muskeln resp. Myomeren und den Theilen des Visceralskeletes, mit welchen letztere in Verbindung stehen. Bei den Notidaniden und unter diesen bei Heptanchus zeigen die epibranchialen Nerven die höchste Entfaltung, bei den pentanchen Haien sind sie schwächer entwickelt und bieten die mannigfachsten Grade von mittlerer oder geringer Ausbildung oder selbst völliger Rückbildung dar, bei den untersuchten Rochen sind sie völlig unterdrückt, bei den Holocephalen im vorderen (zum M. subspinalis gehenden Theile) sehr gut, im hinteren (den M. interbasalis 2 versorgenden) minimal ausgebildet. Sie befinden sich somit von den Notidaniden ab im Zustande zunehmender Reduktion. Der hypobranchiale Endtheil des Plexus ist entsprechend der ansehnliche- ren Muskelmasse, die er versorgt, weit bedeutender entwickelt als der epibranchiale. Ihn setzen in der Regel nur Theile des letzten oder der beiden letzten Oceipital- nerven'), sowie alle in den Cervicalplexus eintretenden motorischen Antheile der spinalen (resp. occipito-spinalen) Nerven zusammen. Die Nerven treten, nachdem sie den N. vagus lateral passirt haben, in ungemein wechselnder Weise, bald einfach, bald doppelt, in die hypobranchiale spinale Muskulatur ein; meist lässt sich ein im 1) Ganz ausnahmsweise kann auch von dem drittletzten Oceipitalnerven ein (übrigens noch nicht vollkommen gesichertes) mikroskopisches Fädehen noch an der Versorgung der hypobranchialen Muskulatur participiren. “7 97] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND FOLOCEPHALEN ETC. 445 lateralen Gebiete derselben, an der Grenze zwischen den Mm. coraco-branchiales und dem medialen Hauptstocke verlaufender Hauptstamm unterscheiden, der laterale resp. dorso-laterale Zweige an die Mm. coraco-branchiales und mediale resp. ventro- mediale Aeste an den hinteren Hauptstock, sowie die Mm. coraco-hyoideus und coraco-mandibularis abgiebt. Hierbei vertheilen sich die von den hinteren Nerven (Spinalnerven) stammenden Fasern vorwiegend in den hinteren Abschnitten (Haupt- stock und Coraco-branchiales), die von den vorderen Nerven (Occipitalnerven und Theilen der ersten Spinalnerven) kommenden Zweige in der Hauptsache in den vor- deren Theilen (Coraco-hyoideus und Coraco-mandibularis) dieser Muskulatur. Doch bestehen hier ebenso wenig wie in dem epibranchialen Gebiete kongruente Be- ziehungen zwischen Muskeln und Nerven; bald wiegt die Zahl der Myomeren, bald die der Nervenwurzeln vor. Die Nerven binden sich nicht an die durch die Myomeren gegebenen Grenzen, sondern treten durch die intermyomeren Septen hin- durch; allenthalben finden sich deutlichere Anzeigen von den mannigfachsten Um- lagerungen, Auflösungen und Neubildungen, welche diese Muskulatur in Folge der schon oben erwähnten Verschiebungen der Extremitäten und ferner in Folge ihrer Beziehungen zu dem ihr ursprünglich fremden visceralen Apparate eingegangen ist. Wie die früheren Darlegungen über die Zusammensetzung und peripherische Verbreitung des Plexus cervicalis und branchialis (pag. 383 ff.), insbesondere auch die oben (pag. 403, 404) mitgetheilten "Tabellen deutlich zeigen, besteht bezüglich der Versorgung der Endorgane und der metamerischen Folge der diese Versorgung über- nehmenden Nervenwurzeln die grösste Mannigfaltigkeit. Derselbe Muskel, z. B. der Coraco-branchialis 5 wird von N. spinalis 2 (Spinax, Acanthias, Cestracion), 2 und 3 resp. b und c (Notidaniden, Holocephalen), 3 und 4 (Centrophorus, Seyllium indiv., Mustelus), 4 und 5 (Scyllium, Mustelus indiv.), 5 und 6 (Torpedo juv.), 6 und 7 (Odon- taspis, Prionodon, Torpedo adult.), 7 und 8 (Rhinobatus, Raja), sowie 8 und 9 (Raja) versorgt, — und entsprechende Variirungen kann man auch für die anderen Muskeln oder Endorgane zusammenstellen. Angesichts dieser ungemein grossen und zahl- reichen Differenzen wird man die metamerische Abkunft der Endzweige bei Ver- gleichungen mit grosser Vorsicht beurtheilen, wird aber namentlich aus dem peri- pherischen Verhalten der Nerven niemals Schlüsse auf ihre Metamerie und ihr centrales Verhalten ziehen dürfen. Alle diesbezüglichen Vergleichun- gen, insbesondere die vielfach wiederholten Versuche, die speciellere metamerische Natur z. B. des N. hypoglossus aus seiner Endverbreitung zu erschliessen, haben stets zu irrigen Resultaten geführt, über welche später noch zu handeln ist"). 1) Uebrigens verweise ich auch auf meine älteren Arbeiten über diese Fragen (1875 und 1879), in welchen die grosse metamerische Variabilität und die Umbildungen der Nervenplexus im Zusammenhange behandelt und an mehreren Beispielen demonstrirt wurden. Festschrift für Gegenbaur. III. [ST 446 Max FÜRBRINGER [98 Hinsichtlich der Anordnung der epibranchialen und hypobranchialen spinalen Muskulatur selbst fasse ich mich kurz und verweise in der Hauptsache auf die schon bei den betreffenden Kapiteln 7 und 8 gegebenen allgemeineren Be- merkungen über dieselbe (pag. 416f. und pag. 433f.). Beide Muskelgruppen sind spi- naler Abkunft und haben sich, in sehr früher phylogenetischer Zeit, mit dem Vis- ceralskelete in Verband gesetzt, die epibranchiale Muskulatur mit seinen dorsalen Gliedern (Basalia s. Pharyngobranchialia), die hypobranchiale mit seinem ventralen Bereiche (Copulae, Copularia s. Hypobranchialia und angrenzende ventrale Mittelstücke s. Ceratobranchalia). Dieser Verband muss sich unter den mannigfachsten Ver- änderungen und Verschiebungen vollzogen haben, wobei noch alterirende Instanzen anderer Art umbildend, auflösend und neubildend mitwirkten; die Folge davon ist die bereits hervorgehobene Dysmetamerie zwischen den hierbei in Frage kommenden Skelet-, Muskel- und Nerven-Elementen, deren gründliche und von Gesichtspunkten geleitete, vergleichende Untersuchung uns die Vorgeschichte dieser Körpertheile mehr aufhellt als die rein ontogenetischen Beobachtungen an dieser oder jener Form. Für die Ausbildung der epibranchialen Muskulatur bildete ein hypaxonischer, die proximalen Enden der Kiemenbogen-Basalia zugleich einschliessender Muskel den Ausgang. Derselbe ist bei den Notidaniden, wenn auch nicht mehr in der ursprüng- lichen Bildung und Ausdehnung, noch nachweisbar (Subspinalis a), bei den pent- anchen Haien und Holocephalen aber verschwunden; nur seine Abkömmlinge (Sub- spinalis — Subspinalis 5 der Notidaniden, sowie die Interbasales) bestehen bei denselben noch in zahlreichen quantitativen und qualitativen Variirungen fort. Rück- bildungen der mannigfachsten Art kommen hierbei vor und führen bei Scymnus unter den Haien und bei den untersuchten Rochen zum völligen Schwunde dieser Muskel- gruppe, die ihre primordiale Natur auch durch die Art, wie die sie versorgenden Nerven zu ihr gelangen (medial von dem die Seitenplatten-Derivate innervirenden N. vagus), dokumentirt. Minder veränderlich in ihrer Existenz ist die hypobranchiale Muskulatur, sie findet sich, wenn auch einzelne ihrer Elemente (Coraco-hyoideus und Coraco-mandibularis bei einzelnen Haien und Rochen, Coraco-branchiales 6 und 7, bei den pentanchen Selachiern und den Holocephalen) ausfallen können, in guter Ausbildung bei allen untersuchten Selachiern und Holocephalen, zeigt aber bei den einzelnen Formen recht verschiedenartige Anpassungen, wobei die Bildungen bei den Haien und insbesondere bei den Notidaniden als die Ausgang gewährenden, die bei den Rochen und Holocephalen als die abgeleiteten sich zu erkennen geben. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen an den spino-oceipitalen Nerven und den von ihren versorgten Theilen lassen, mit Rücksicht auf die systematische Stellung der betreffenden Thiere, Selachier und Holocephalen als zwei nahe verwandte, aber zugleich wohl begrenzte Ordnungen erkennen, von denen die letzteren die höhere, mehr specialisirte Abtheilung repräsentiren. Das stimmt mit den An- schauungen, zu denen u. A. auch Jon. MÜLLER, Dum£rıL, GÜNTHER, GEGENBAUR, HUXxLEY und Wırper gelangt sind. Manches bei den Holocephalen (z. B. der M. coraco- praemandibularis) erscheint auf den ersten Blick ganz primordial, wird aber bei ge- 99] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN DTC, 447 nauerer Untersuchung doch als secundär erkannt. Dass neben den durchgehenden Zeichen einer höheren Differenzirung auch vereinzelte primitivere Züge in der Ge- sammtkonfiguration der Holocephalen sich finden, soll nicht geleugnet werden. Solche primordiale Relikten kommen aber auch bei noch viel höher stehenden T'hieren zur Beobachtung und sind auch naturgemäss zu erwarten, denn es liegt in dem Wesen der höheren Differenzirung, dass neben der Hauptmasse der höher ausgebildeten Organe und Organtheile auch einzelne in dem Kampfe um die höhere Differenzirung zurückbleiben und zum "Theil in dieser niederen Stufe verharren, da nicht alles, was primitiv bleibt, dem inneren Kampfe um das Dasein gänzlich zum Opfer fallen und verschwinden muss. Systematische Schlussfolgerungen haben sich aber nicht einseitig an diese vereinzelten primitiv gebliebenen Züge zu halten, sondern müssen die Totalität, in welcher die überwiegende Mehrheit der Differenzirungen den Schwer- punkt bilden, berücksichtigen. Danach aber kann kein Zweifel über die höhere Stellung der Holocephalen gegenüber den Selachiern bestehen. Unter den Selachiern wieder sind es die Haie, welche den Ausgang bilden, während die Rochen sich fast allenthalben als die höhere, einseitig differenzirte Abtheilung zu erkennen geben. Unter den hier untersuchten Gebilden der Haie ist kein einziges von den entsprechenden der Rochen ableitbar, überall aber liegt die. Ableitbarkeit der Differenzirungen bei den Rochen von denen bei den Haien klar zu Tage. Somit kompletiren und unterstützen diese Untersuchungen auch diejenigen, welche hinsichtlich ihrer taxonomischen Verwerthbarkeit an anderen Organen ge- wonnen wurden. Nur eine totale Verkennung der wirklich bestehenden Verhältnisse kann in den Irrthum verfallen, die Rochen als die primitiveren, die Haie als die höher stehenden Vertreter der Selachier hinzustellen. Unter den Haien endlich stehen die Notidaniden am Anfange und gewähren für die meisten Differenzirungen der pentanchen Haie den Schlüssel; unter ihnen wieder weist Heptanchus zahlreichere primordiale Züge auf als Hewanchus, in einzelnen aber zeigt auch letzterer ein ur- sprünglicheres Gesicht. II. Vergleichung mit den spino-oceipitalen Nerven der höheren Wirbelthiere, Taf. VII, Taf. VII. In diesem Abschnitte soll über die spino-occipitalen Nerven und die von ihnen versorgten Theile bei den höher stehenden Abtheilungen der Vertebraten, den Ganoiden, Teleostiern, Dipnoern, Amphibien, Sauropsiden und Säugethieren ge- 97* Du 5 448 Max FÜRBRINGER [100 handelt werden. Die Darstellung giebt allenthalben eine Vergleichung mit den Selachiern. A. Ganoiden. Taf. VII Figg. 1—5, Taf. VIH Figg. 14. Die Litteratur über die spino-oceipitalen Nerven der Ganoiden ist eine nicht unbeträchtliche. Ueber Acipenser handeln Srannıus (1839, 1843, 1849, 1853), Verrrer (1878), van Wyoe (1880, 1882), W. K. Parker (1882), Goronowirsch (1888) und Szwerrzorr (1895), über Polyodon Brincz (1879), über Polypterus Jon. MüLLEer (1846), van Wyae (1880, 1882), Sacemear (1885 resp. 1891) und Porzaro (1891, 1892), über Lepidosteus Jon. Mürter (1846), van Wyne (1880, 1882), SAGEMmEHL (1885 resp. 1891) und SEWERTZoFF (1895), über Amia‘) BrıngE (1877), van WyHe (1880, 1882), Mc MurricH (1885), SAGEMEHL (1885 resp. 1891) und SewErTzorF (1895). Endlich verdanken wir GEGENBAUR (1587 B.) eine zusammenfassende Darstellung der Ocecipital- „region der verschiedenen Ganoiden, die zahlreiche Hinweise auf die sie durchsetzenden Nerven enthält. Trotz aller dieser Untersuchungen hat unsere Kenntniss und Beurtheilung der spino-occipitalen Nerven der Ganoiden noch keinen genügenden Abschluss erhalten. Das liegt namentlich an der erheblichen Schwierigkeit, das Cranium der meisten Ganoiden gegen die Wirbelregion abzugrenzen. Aehnlich wie bei Holocephalen hat sich das Cranium der lebenden Ganoiden durch Assimilation einer Anzahl von Wirbeln, welche bei den Selachiern in der Hauptsache von demselben noch getrennt geblieben sind, caudalwärts verlängert und damit den Anfang der Medulla spinalis und die ersten Spinalnerven in seinen Bereich aufgenommen. Das Cranium zeigt, wie das Sasement (1885 resp. 1891 p. 526) ausdrückt, den auximetameren Typus und stellt sich damit dem protometameren der Selachier gegenüber?. Es ist somit zugleich, wie bei den Holocephalen°), zu dem ursprünglichen Kontingent der älteren occipitalen Nerven noch der jüngere Zuwachs occipito-spinaler Nerven hinzugekommen. Aber die Unterscheidung, welche von diesen als occipitale, welche als occipito-spinale 1) Smurerpr's Abhandlung (The Osteology of Amia calva. U. $. Fish. Comm. XI. Report for 1883 p- 747—879) war mir nicht zugänglich; ich weiss daher nicht, ob dieselbe auch der hier behandelten Verhält- nisse gedenkt. 2) Zwischen Holocephalen und Ganoiden besteht in dieser Hinsicht nur eine ganz allgemeine Ähnlichkeit m Detail weichen beide Abtheilungen total von einander ab. 3) Diese SaGzmeur’schen Begriffe »protometamerer« und »auximetamerer« Schädel decken sich nicht mit den GEGENBAURr’schen »Palaeoeranium« und »Neocranium<. Das Palaeocranium bedeutet ein Cranium ohne jede aus dem spinalen System ableitbare Zuthat, das Neocranium diese Zuthat; das protometamere Cranium dagegen drückt ein Cranium aus, welchem occipitale Nerven bereits assimilirt sind, das auximetamere ein solches, welches ausserdem noch oceipito-spinale Nerven in sich aufgenommen hat. Die beiden SAGEMEHL’schen Begriffe fallen somit unter die Kategorie des GEGENBAUR’schen Neocranium resp. Palaeocranium + Neocranium. 101] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 449 Nerven aufzufassen seien, ist bei der mehr oder minder innigen Verschmelzung der neuen Wirbelkomponenten mit dem ursprünglichen (protometameren) Cranium nicht ohne Weiteres durchzuführen, auch meines Wissens bisher nur von GEGENBAUR (1887) und SEwERTZoFF (1895) versucht worden. Mir dienten zur Untersuchung Acipenser sturio, L. (2 Exemplare), Polyodon ‚folium, Lacep., Polypterus bichir, Geoffr. (2 Ex.), Lepidosteus osseus, L. (2 Ex.) und Amia calva, L. Ich finde bei diesen Ganoiden 1—2 occipitale Nerven, welche z resp. yund z der Selachier zu vergleichen sind); auf sie folgen (nach meiner Deutung) die occi- pito-spinalen Nerven in der Zahl von 1—5 (a—e), wozu noch I—3 dem Cranium nicht vollkommen assimilirte?) Nerven (f[6]—A[S]) hinzutreten. Eine wirkliche Grenze zwischen den Kategorien der occipitalen und occipito-spinalen Nerven existirt in der Regel weder an der Medulla noch am Cranium und damit ist die Scheidung Beider auf Grund direkter Untersuchung bei den meisten Ganoiden eine unsichere. Für mich bildete das Verhalten an dem untersuchten Exemplare von Polyodon (Taf. VII Fig. 2), wo die erste dorsale Wurzel (a°) eine durch ein partielles Liga- ment (*) markirte Stelle des Schädels passirt, das entscheidende Kriterium. In dieser Stelle erblicke ich die noch nicht vollkommen verwischte Grenze zwischen dem selachierartigen (protometameren) Cranium und der Wirbelsäule und in der dorsalen Wurzel diejenige des ursprünglichen ersten Spinalnerven, der nun zum ersten occi- pito-spinalen Nerven (a) geworden ist. Danach sind die beiden vorhergehenden ventralen Wurzeln als occipitale Nerven (y und 2) aufzufassen. Dazu kommen noch die beiden, bereits von GEGENBAUR (1887 B p. 12 und 17) hervorgehobenen Charaktere des Störschädels: 1) die äussere Konfiguration, die an der entsprechenden Stelle eine den ersten Wirbeldorn von dem ursprünglichen Cranium etwas absetzende, wenn auch sehr unansehnliche Furche erkennen lässt, 2) das vordere Ende des nur im Wirbelbereiche sich findenden elastischen Bandes innerhalb der Bogentheile der Wirbel und seine Abgrenzung gegen das alte Cranium, welche desselben entbehrt. Auf Grund dieser Bestimmungen macht dann die Determination der Oceipitalnerven bei den anderen Ganoiden keine Schwierigkeit. Danach vertheilen sich die occipitalen (y, z resp. @, y, 2) und occipito-spinalen Nerven (a—c), sowie die ihm noch nicht vollkommen assimilirten Uebergangsnerven (f{6])—A[{S]) mit ihren ventralen und dorsalen Wurzeln (v und d) folgendermaassen: 1) GORONOWITSCH und SEWERTZOFF bei jungen Exemplaren von Acipenser ruthenus selbst 3, welche sonach x, y und z entsprechen. 2) Bei dem Cramium erst partiell angewachsenen, theilweise noch durch Band ihm verbundenen Wirbeln. 450 Max FÜrBRINGER [102 BER REN N RE Acipenser ruthenus juv. (SEWERTZOFF)'). za De. rd, dee Acipenser ruthenus juv. (GORONOWITSCH). VE a bc", dar ea iond Polyodon folium (laf. VII Fig. 2). De a a Acipenser ruthenus (GEGENBAUR), A. sturio (GEGENBAUR). Vz as, Drüsen ea al)re Acipenser sturio. y’, 2’, a, bi, ce, de, e°, f(6)°%, g(T)%, h(8)" Acipenser sturio (Taf. VII Fig. 1). y, 2 0 (0 De a e! r I, ala)“, h(8)"? Acipenser sturio. art Polypterus. ZuraE Polypterus (Taf. VII Fig. 3). ab ea alA) Lepidosteus (Taf. VII Fig. 4). 2a DE cr“ Amia (Taf. VOL Fig. 5). Die Vergleichung meiner Befunde mit denen der früheren Autoren ist zum Theil wegen der zumeist nicht durchgeführten Unterscheidung zwischen oeeipitalen und oceipito-spinalen Nerven und wegen der mannigfachen Ungenauigkeiten der älteren Untersuchungen keine leichte. Sehr vortheilhaft heben sich neben GeGEnBAurs Abhandlung auch die neuest verfassten Arbeiten von GORONOWITSCH und SEWERTZOFF ab. Bei Acipenser bildet Sransıus (1843 Taf. III, 2) zwei feine, auf den Vagus folgende ventrale Wurzeln ab und deutet dieselben (vergl. auch 1839 p. 29) als N. hypoglossus; dieselben ent- sprechen möglicherweise den beiden oceipitalen Nerven y und z, vielleicht aber auch z und a. Im peripherischen Nervensysteme der Fische (1849 p. 21. 22) und in der Zootomie der Fische (1553 p. 142) macht er weitere genaue Angaben über dieselben, insbesondere über den intra- kraniellen Verlauf, den Durchtritt durch die Schädelwand und die peripherische Verbreitung, die mit meinen Befunden im Allgemeinen übereinstimmen, fasst sie aber, wogegen van WYHE mit Recht Einwand erhebt, als einen einzigen Nerven auf. — VETTER (1878 p. 481. 482) macht, vor- wiegend auf Grund der Untersuchungen von Srannıus, Angaben über die Innervation des Mm. branchio-mandibularis und coraco-arcualis, welche durch die ersten Spinalnerven geschehe. — Van WyHr (1882 p. 35) beschreibt zwei hinter dem Vagus auftretende Nerven, welche lediglich ventrale Wurzeln darstellen und die er mit GEGENBAUR den unteren Vaguswurzeln vergleicht; auf sie folgen dann nach dem Typus der Spinalnerven gehaute, mit ventralen und dorsalen Wurzeln ver- sehene Nerven. Wahrscheinlich entsprechen die beiden ersteren meinen y” und =” oder =” und a”, die folgenden 2", c”@ ete. — W. K. Parker (1882 Pl. XVI, 2) giebt einen Durchschnitt durch den Schädel, der in”der Oceipitalgegend die Oeffnungen für sechs ventrale Wurzeln enthält. Bei der Mangelhaftigkeit der Abbildung, in welcher die Löcher für die dorsalen Wurzeln ganz fehlen, ist es unmöglich zu bestimmen, welche Nerven durch diese Oeffnungen gegangen sein mögen. — 1) Ueber die Zahl der oceipito-spinalen Nerven macht SEWERTZOFF keine Angaben. Individuell kann nach diesem Autor auch der erste Oceipitalnerv schwinden. 2) Bei Zepidosteus kennzeichnet sich d (4) auch als Uebergangsnery zwischen oceipito-spinalen und spinalen Nerven, aber in anderer Art als bei Aeipenser und Polyodon, indem bei diesen Knorpelganoiden beide Wurzeln von F 6), g (7) und A (8) zwischen partiell dem Cranium angegliederten Wirbeln hindurchtreten, bei Lepidosteus aber die ventrale Wurzel (dv) noch ‚durch das Cranium, die dorsale (d [4]@) durch das Cranium und den ersten freien Wirbel verbindende Ligament hindurchtritt. 103] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 451 TEGENBAUR (1857 B. p. 6—18) bestimmt auf Grund der äusseren Konfiguration und der Ausdehnung des nur den ursprünglichen Wirbeln zukommenden elastischen Bandes die Grenze zwischen dem ursprünglichen (dem den Selachiern homologen Cranium und dem mit ihm sekundär verschmolzenen Wirbelkomplexe und findet danach bei Acipenser ruthenus zwei Nerven (1. 2), welche er mit Wahr- scheinlichkeit denen der Selachier vergleicht (meine y und x) und sechs neu einverleibte spinale Nerven (a—f). — (ORONOWITSCH (1888 p. 471—473, 496) macht vortreffliche genaue Angaben über die betreffenden Nerven bei Acipenser ruthenus. Er unterscheidet zunächst drei ventrale, auf den Vagus folgende Wurzeln (= y.z.a” oder wohl x.y.z), welche er den medialen Theilen der ventralen Wurzeln des Rückenmarkes vergleicht, und dann vier spinale dem Schädel assimilirte Nerven (= 5 — e oder «— d) mit ventralen und dorsalen Wurzeln. Im Detail, insbesondere im Verhalten der Ganglien der dorsalen Wurzeln, weichen seine Angaben von meinen Befunden an Acıpenser sturio etwas ab, was sich hinreichend dadurch erklärt, dass er eine andere Species und jüngere Exemplare als ich untersuchte; in der Hauptsache besteht Uebereinstimmung. — Einen mächtigen Fortschritt bedeutet die ontogenetische Untersuchung von SEWERTZOFF (1895 p- 35—59, Taf. IV. V), der zu Folge die hintere Region des Sterletschädels sich zusammensetzt: 1) aus einem vordersten, an sich nicht segmentirt entstehenden Abschnitte (Parachordalia und Pars oceipitalis eranii, der eben durch seine Beziehungen zu Myotomen und Nerven die ursprüng- liche Segmentirung dokumentirt, 2) aus einem mittleren Abschnitte, der aus dem Schädel sich assimilirenden und danach mit ihm ein völliges Continuum bildenden Wirbeln sich aufbaut, und 3) aus einem hintersten, welcher ebenfalls aus dem Schädel sich angliedernden, aber ihre Indivi- dualität zeitlebens wahrenden Wirbeln besteht. Der erste Abschnitt legt embryonal vier Myotome und zwei vordere Nervenwurzeln (im Bereiche der beiden letzten Myotome) an, welche später sämmtlich verschwinden. Der zweite Abschnitt bringt ontogenetisch drei Myotome und drei voll- ständige, nach spinalem Typus gebaute Nerven mit ventralen und dorsalen Wurzeln zur Anlage, lässt aber dann Myotome und dorsale Wurzeln verschwinden, so dass nur noch drei ventrale Wurzeln (sogenannte ventrale Wurzeln des Vagus resp. Elemente des Hypoglossus nach SEWERTZOFF, meinen z, y und z vergleichbar), unter Umständen auch nur die beiden hinteren ventralen Wurzeln (y, z) persistiren. Der letzte Abschnitt endlich legt Myotome und vollständig entwickelte Spinal- nerven mit ventralen und dorsalen Wurzeln an, die zeitlebens erhalten bleiben (meine a, b, ce... .); über die Zahl dieser Elemente macht SEWERTZOFF keine Angaben. Diese Untersuchungen, wenn anders in der Vergleichung der einzelnen Stadien die speciell homologen Skelett-, Muskel- und Nervenelemente immer fest gehalten wurden '), leisten hinsichtlich der vordersten Oceipitalnerven mehr als alles, was die Ontogenie der Selachier bisher zu Tage gefördert hat. Ueber den mate- riellen Inhalt derselben wird noch weiter unten zu sprechen sein. Ueber die Muskeln von Scaphürhynehus existiren gute Angaben von Brurzer (1859). Von Polyodon giebt Brınaz (1878 Pl. 56. 6) die Abbildung eines Sagittalschnittes durch den Schädel, welcher je 7—8 hinter dem Vagusdurchtritt gelegene Nervenlöcher für ventrale (ar) und gleichviel dorsale (dr) Wurzeln aufweist. Die erste der ventralen entspricht dem Durchtritt des letzten von mir beobachteten oceipitalen Nerven (z), die übrigen alle den oceipito-spinmalen Nerven, doch ziehe ich die Grenze zwischen dem kranio-vertebralen Komplexe und der freien Wirbelsäule früher als Bring, der (p. 693) S—9 Wirbel mit dem Cranium komplet verschmelzen lässt. — Die von Herrıck (1891 Pl. XI. 15) gegebene Abbildung des Gehirns von Polyodon ent- hält ebenso wenig wie der Text der Arbeit etwas über spino-oeeipitale Nerven. Bei Polypterus erwähnt Jom. MÜLLER (1846 p. 96) zwei hinter dem Vagus aus dem Oeci- pitale austretende Nerven, deren erster als Hypoglossus zum M. sterno-hyoideus, der zweite mit den folgenden Spinalnerven zur Brustflosse gehe. Der erste entspricht z, der letzte a’. — Van 1) SEWERTZOFF hebt selbst hervor 'p. 39), wie gross die Schwierigkeit hierbei sei und dass er lange über die Rich- tigkeit der Beobachtung und ihre Deutung unschlüssig gewesen sei. — Die Myotome von x, y, z schwinden übrigens nicht. 452 Max FÜRBRINGER [104 Wyne (1882 p. 61) rekapitulirt in der Hauptsache diese Angaben und beschreibt, als bekannt, zwei hinter dem Vagus und dem Oceipitale austretende Nerven, deren erster der Hypoglossus sei und die Mm. coraco-arcuales versorge, während der zweite mit den zwei ersten Spinalnerven und einem Zweige des dritten den Plexus branchialis bilde — SAGEMEHL (1885 resp. 1891 p. 524) notiert einen freien von einem Nerven durchbohrten Oceipitalbogen; der Nerv entspricht meinem zweiten occipito-spinalen Nerven (d). — GEGENBAUR (1887 B. p. 20, Taf. I. 6) beschreibt und bildet eine weit hinter dem Vagus das Oceipitale laterale durchsetzende Nervenöffnung ab, welche ich der ventralen Wurzel von @ zuertheilen möchte; der anderen hierher gehörenden Nerven wird in dem vorwiegend die Osteologie berücksichtigenden Passus nicht Erwähnung gethan. — POLLARD bemerkt in seiner ersten Abhandlung (1891 p. 341), dass der Hypoglossus einen kompleten Spinal- nerven mit sensibler Wurzel und grösserem Ganglion bilde; in der zweiten Abhandlung (1892 p. 391. 392. 398. Taf. 27. 8, Taf. 28. 12) giebt er eine genaue, durch treffliche Abbildungen illustrirte Be- schreibung der bezüglichen Verhältnisse, die in allen Hauptsachen mit den Befunden meiner Untersuchungen übereinstimmt; hinsichtlich der Deutungen komme ich allerdings zu sehr ab- weichenden Befunden. Sein Nervus XI entspricht meinem Oeccipitalnerven z, sein mit ventraler und dorsaler Wurzel versehener Nervus XII (Hypoglossus) meinem oceipito-spinalen Nerven a”; die erstere Deutung POLLARD's ist selbstverständlich nicht aufrecht zu erhalten, da der dem Vagus angehörende Accessorius nicht in dieser Weise als besonderer Nerv ausgebildet sein kann. In der peripherischen Verbreitung und in der Antheilnahme der folgenden vier Spinalnerven (2—5) an dem Plexus brachialis besteht zwischen POLLARD und mir Uebereinstimmung; die Betheiligung des sechsten Spinalnerven an dem Plexus brachialis wird von ihm nicht erwähnt. Auch für Lepidosteus macht Jou. MÜLLER (1846 p. 99) gute Angaben über die betreffenden Nerven. Er beschreibt und bildet vier hinter dem Vagus durch das Oceipitale tretende Nerven, von denen die beiden vorderen zu dem M. sterno-hyoideus, die beiden hinteren zur Brustflosse gehen. Die beiden ersten entsprechen wohl meinen x und a, .die beiden letzten meinen 5 und e. -— Van Wyue (1882 p. 74) verweist hinsichtlich der hinter dem Vagus durch das Cranium aus- tretenden Nerven auf Jon. MÜLLER. — SAGEMEHL (1885 resp. 1891 p. 523. 524) erwähnt einen von einem Nerven {wohl mein ec) durchbohrten Oecipitalbogen. — GEGENBAUR (1887 B. p. 19. 20, Fig. 4) handelt unter Bezugnahme auf die früheren Veröftentlichungen von VoGr und BrüutL über die Oecipitalregion und den ihr benachbarten Oceipitalbogen. Er findet in ersterem und in letzterem je eine Nervenöffnung, welche wahrscheinlich den Löchern für die von mir als db und c gedeuteten Nerven entsprechen; der anderen durchtretenden Nerven wird keine Erwähnung gethan. — Herrıck (1891 Pl. XIII. 9. 10) bildet das Gehirn, jedoch ohne jede Spur eines spino-oecipitalen Nerven ab. — SEWERTZOFF (1895 p. 54, Fig. 2) findet in dem Oceipitalbogen ausser der GEGEN- BAur’schen Oeffnung noch eine darauf folgende (somit ausser ce noch d) und schliesst daraus, dass derselbe zwei Wirbelbogen entspreche. Zahlreicher sind die über Amia in der Litteratur gemachten Angaben. BripeE (1887 Pl. XXIII. 5) bildet ab und beschreibt die zwei dem Oceipitale angegliederten Oceipitalbogen („meural arches attached to the basioceipital‘“) mit ihren Nervenlöchern. — VAn WynuE (1882 p. 90) findet hinter dem Vagusloch drei durch das Oceipitale resp. zwischen diesem und den ihm an- geschlossenen beiden ersten Wirbelbogen austretende Nerven; der erste besitzt nur eine ventrale, die beiden anderen ventrale und dorsale Wurzeln; ich bin geneigt, den ersteren mit a”, die beiden letzteren mit 5" und c”@ zu vergleichen. Auch über die Innervation der den fünften Kiemen- bogen mit dem Schultergürtel verbindenden Muskeln handelt er p. 89) und findet diese durch einen Zweig des Vagus gegeben. Mit letzterer Angabe kann ich ebenso wenig wie mit der die Betheiligung von «a am Plexus brachialis betreffenden mich vereinigen. — SAGEMEHL (1883 p- 193. 194) beschreibt die gleichen Nerven wie VAn WyHr, bezeichnet sie als „Oceipitalnerven‘ und hebt mit gutem Rechte hervor, dass sie dem Cranium assimilirte ursprüngliche Spinalnerven seien, deren erster infolge sekundärer Reduktion seine dorsale Wurzel verloren habe. — Mc MurrıcH 105 ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 3 Dr (1585 p. 135f.) giebt eine gute Darstellung der Muskeln des Schädels und Visceralskeletes von Amia und der Innervation desselben und handelt danach vergleichend über die oceipito-spinalen Nerven, die er „Post-oceipital und Hypoglossal Nerves“‘ benennt, wobei er von den Befunden SAGEMEHL'S ausgeht, dessen Folgerungen aber mit einiger Reserve gegenüber steht. Seinen An- gaben über die peripherische Verbreitung der bezüglichen Nerven von Amia kann ich in der Hauptsache beistimmen, finde aber im Detail einige Abweichungen geringeren Grades von seinen Befunden. — GEGENBAUR (1887 p. 19) geht von SAGEMEHL's Untersuchungen aus und stimmt diesem Autor hinsichtlich der Deutung der beiden letzten Nerven zu, während er hinsichtlich des ersten die Frage offen lässt, ob derselbe das Rudiment eines spinalen, erst sekundär dem Cranium angeschlossenen Nerven oder eine sogenannte ventrale Vaguswurzel repräsentire. — SEWERTZOFF 1595 p. 55) bestätigt auf Grund eigener Beobachtungen die Befunde und Folgerungen SAGEMEHT's. — Die neueste Arbeit von Aruıs (The Cranial Muscles and Cranial and First Spinal Nerves in Amia calva. Journ. of Morph. XI p. 485—491. Boston 1895) enthält nichts über die spino- oceipitalen Nerven und die von ihnen versorgten Muskeln. SHUFELDT's Abhandlung (a. a. O. 1883) ist mir im Original unbekannt geblieben; sie scheint in der Hauptsache an Saszmenvs Befunde anzuschliessen. Ueber die Hypobranchial-Muskulatur der Ganoiden handeln Cuvier-Dum&rın (1840 p- 271), ALBRECHT (1876 p. 29. 30), VETTER (1878 p. 479.) BRUTZER, (1858 p. 20 f.) und Mc MurrıcH (1885 p. 135f.), die drei ersten über Acipenser, BRUTZER über Scaphirhynchus Me Murkıcn über Amia. Cuvier-DumErtt und ALBRECHT machen nur ganz kurze Angaben ohne Berücksichtigung der Nerven, während die Darstellungen von BRUTZER, VETTER und Mc MurricH genaue Beschrei- bungen der Muskeln und (bei den beiden letzten Autoren) ihrer Innervation enthalten. Stets bestehen die oceipitalen Nerven (@. y. z.) bei den ausgebildeten Thieren nur aus ventralen Wurzeln; die zugehörigen dorsalen sind auch mikroskopisch nicht nachweisbar und — wenn man die Verhältnisse bei den erheblich tiefer stehenden Selachiern in Erwägung zieht — jedenfalls schon seit ziemlich langer phylogenetischer Zeit vollkommen rückgebildet. Dass sie einstmals in Wirklichkeit vorhanden gewesen sind, ist a priori anzunehmen, wird auch durch die oben an- geführten ontogenetischen Untersuchungen von SEWER1Z0FF (1895) zu einem, hohen Grad von Wahrscheinlichkeit erhoben. Aber auch die noch persistirenden ventralen Wurzeln tragen deutlich die Kennzeichen einer mehr oder minder fortgeschrittenen Rückbildung: sie sind immer nur von mässiger bis geringer Grösse und nehmen wie bei den Selachiern in der Richtung von hinten nach vorn an Stärke ab; der erste kann bei den verschiedenen Ganoiden bis zum mikroskopisch feinen Faden oder selbst vollkommen reducirt sein. Bei den Knorpelganoiden finden sich drei (w.y.z.) oder im der Regel nur zwei (y. 2.) Occipitalnerven; erstere Zahl wurde nur bei jungen Exemplaren von Acipenser ruthenus individuell beobachtet (GoRoNowITscH, SEWERTZOFF), während mittelalte und und ältere Exemplare von Acipenser (ruthenus und sturio) und Polyodon nur 2 Nerven aufweisen, deren erster (y) bei Acipenser von ziemlich geringer, bei Polyodon von sehr geringer Dicke war (Taf. VII Fig. 1, 2). Bei jungen Embryonen des Sterlets scheinen sich nach SEwErTZoFFr's Untersuchungen noch zwei vor x befindliche ventrale Wurzeln Festschrift für Gegenbaur. III. 58 454 Max FÜRBRINGER [106 (und zwar diese allein) nebst zugehörigen Myotomen anzulegen, die aber bald wieder in Rückbildung treten; sie würden ® und w der Notidaniden entsprechen'). Bei Polypterus konnte y nur bei den jüngeren Exemplaren auf der rechten Seite als mikroskopisch feines, aus wenigen Fasern bestehendes Fädchen nachgewiesen werden; die linke Seite und das ältere Stadium zeigten y als ersten und einzigen Oceipital- nerven (Taf. VII Fig. 3). Lepidosteus und Amia fehlte y spurlos. Der Nerv z wurde bei allen Ganoiden gefunden und erscheint bei Acipenser, Polyodon und Polypterus als mittel- starker Nerv, bei Lepidosteus und Amia dagegen in weiter vorgeschrittener Rück- bildung als recht feiner (bei Amia auch bisher übersehener) Faden (Taf. VII Fige. 4, 5). Diesen ächten, denen der Selachier vergleichbaren, occipitalen Nerven schliessen sich die dem Cranium neu einverleibten occipito-spinalen Nerven (a.b.c.... ) an, wegen der intimen Konkrescenz der Wirbel mit dem Cranium, sowie nach Ursprung von der Medulla und nach sonstigem Verhalten den ganz allmählichen Uebergang von den oceipitalen zu den spinalen Nerven bildend. Alle (Acipenser indiv., Poly- odon, Polypterus, Lepidosteus) oder die Mehrzahl derselben (Acipenser indiv., Amia) besitzen gleich den spinalen Nerven beide (ventrale und dorsale) Wurzeln; nur der erste kann unter gänzlicher Reduktion der dorsalen Wurzel nur aus einer ventralen Wurzel (a’) bestehen (Acipenser indiv., Taf. VIl Fig. 1; Amia, Taf. VOL Fig. 5). Die oben (p. 450) gegebene Tabelle lässt zugleich im Verhalten der occipito- spinalen Nerven drei verschiedene Entwickelungsrichtungen unterscheiden. Die erste, Acipenser (Taf. VIL Fig. 1) und Polyodon (Taf, VII Fig. 2), ist durch eine grössere Anzahl von dem Schädel assimilirter oceipito-spinaler Nerven gekennzeichnet, deren letzte sich auch noch post partum angliedern. So wies Acipenser ruthenus je nach dem Alter der untersuchten Thiere 4—6, Acipenser sturio 5—6 komplet assimi- lirte Nerven, denen sich noch 2 3 bloss partiell aufgenommene Uebergangsnerven anreihen, Polyodon 5 occipito-spinale und 1 Uebergangsnerven auf. Polyodon zeigte sowohl in der Existenz der beiden Wurzeln des ersten occipito-spinalen Nerven, dessen dorsale Wurzel durch eine noch theilweise ligamentöse Stelle des kranio- spinalen Schädelkomplexes durchtritt, wie in der kleineren Zahl seiner Uebergangs- nerven etwas primitivere Zustände als Acipenser sturio, wo die Wurzel a” öfter fehlte und mehr Uebergangsnerven sich fanden; Acipenser ruthenus dagegen scheint noch tiefer als Polyodon zu stehen. Uebrigens genügt das bisher untersuchte geringe Material nicht zur Entscheidung dieser Frage. — Die zweite Entwickelungsrichtung charakterisirt Polypterus, indem hier nur ein mit ziemlich weit auseinander liegenden ) SEWERTZOFF beschreibt vor diesen noch 2 nervenlose, bald sich rückbildende Myotome. Falls deren ontogenetische Existenz gesichert ist, gestatten sie den Schluss auf ein eventuelles palingenetisches Vorkommen von zwei noch mehr rostral gelegenen Oeccipitalnerven, die danach mit v und £ zu bezeichnen wären. Alle diese Voraussichten, bezüglich welcher uns die bisherigen ontogenetischen Untersuchungen an den tiefer stehenden Se- lachiern im Stiche gelassen haben, wollen aber mit grösster Vorsicht gestellt sein. Jedenfalls knüpft sich aber an SEWERTZOFFs8 Befunde ein sehr grosses Interesse, lässt jedoch — angesichts des unerwartet verschiedenen Grades von Leistungsfähigkeit der ontogenetischen Befunde bei Selachiern und bei den Knorpelganoiden — weitere Unter- suchungen an Beiden als sehr wünschenswerth erscheinen. 107] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 455 ventralen und dorsalen Wurzeln versehener oceipito-spinaler Nerv (a'“) in den Schädel aufgenommen ist (Taf. VII Fig. 3). — Die dritte endlich findet sich bei Lepidosteus und Amia, wo die oceipito-spinalen Nerven in mittlerer Anzahl (3 bei Amia, 3—4 bei Lepidosteus) vertreten sind: die Konkrescenz der betreffenden Wirbelbogen, durch oder zwischen denen diese oceipito-spinalen Nerven austreten, mit dem Schädel ist hier eine partielle, übrigens auch bei Lepidosteus und Amia ihre besonderen Wege gehende, wie aus der Ansicht der betreffenden Abbildungen (Taf. VII Fig. 4, 5) am besten erkannt wird. In den meisten Grundzügen lässt Zepidosteus eine niedrigere Stellung als Amia erkennen; doch zeigt auch letztere in der deutlichen Sonderung der in das Cranium einbezogenen Wirbelbogen einen primitiveren Charakter als ersterer. Oceipitale und oceipito-spinale Nerven zeigen in ihrem Ursprunge und Ab- gange von der Medulla, gleich ihren Homologen bei den Selachiern und Holoce- phalen. durchaus die Eigenschaften spinaler Nerven, mit den Besonderheiten, welche bereits bei der genauen Beschreibung bei den Selachiern vermerkt wurden (p. 370 f). Mit gutem Rechte hebt Goroxowirsch (1588 p. 496) hervor, dass sie den medialen Fasern der ventralen Spinalnervenwurzeln vergleichbar sind. Die Abgangsstellen der oceipitalen Nerven entsprechen dem hinteren Bereiche des Vagusursprunges. Der inter- kraniale Verlauf der Nerven vom Abgang von der Medulla bis zum Durchtritt durch den Schädel ist durchweg ein längerer und schrägerer (von vorn nach hinten, also rostro-caudalwärts gehender) als bei den Selachiern; er kann selbst, namentlich bei den Knorpelganoiden und bei Polypterus, der longitudinalen Richtung nahe kommen und dann, was schon Srannıus hervorhebt, ein sehr langer sein. Diese Richtungs- änderung steht mit der grösseren Verkürzung resp. Zusammenziehung des centralen Nervensystems im Zusammenhang. Der Durchtritt des oceipitalen Nerven y durch den Schädel erfolgt stets in einiger Entfernung hinter dem Durchtritt des Vagus durch denselben; bei den Knorpelganoiden, namentlich bei Polyodon') ist dieselbe selbst grösser als die von 2 bei Lepidosteus und Amia; Polypterus zeigt mittlere Grade der Entfernung. Ist der Occipitalnerv © vorhanden (Acipenser ruthenus juv.), so tritt er (nach der von SEWERTZOFF gegebenen Abbildung und Beschreibung) in grösster Nachbarschaft von dem Vagusloch in die Schädelwand. Auch hier ist die schon bei den Selachiern ausführlicher behandelte (p. 372, 376) Vorwärtswanderung der hinteren Oceipitalnerven Hand in Hand mit dem Schwunde der vorderen leicht demonstrirbar?). Die zwei 1) Die Entfernung der Durchtrittsstelle von y von derjenigen des Vagus ist hier erheblich grösser als bei irgend einem Selachier. Ich erblicke darin eine namentlich bei Polyodon ausgesprochene Besonderheit des Schädels der Knorpelganoiden, welcher in dieser Hinsicht grössere relative Längenmaasse aufweist als der Selachierschädel. 2) Dieses Vorwärtsdrängen der hinteren Nerven findet auch, nach den Beschreibungen und Abbildungen von SEWERTZOFF (1895) zu schliessen, sehr ausgiebig in frühester post-embryonaler Zeit bei Aeipenser ruthenus statt: In dem Stadium A (am ersten Tage nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei) liegt das erste beobachtete Myotom vor und auswärts von der Anlage des N. vagus, das fünfte, entsprechende aber um 4 Myotomlängen hinter diesem und dem N. vagus, während die Abbildung des Schädels eines erwachsenen Sterlets (Fig. 10) die Durchtrittsstelle von x direkt ventral unter der Vagusöffnung zeigt, — somit, die Richtigkeit der betreffenden Untersuchungen voraus- gesetzt, ein Vorschieben um 4 Myotom-Längen. Auch GoroNowItscH (1858, p. 529— 531) beschreibt die gleiche 58* 456 Max FÜRBRINGER [108 oder drei Occipitalnerven von Acipenser und Polyodon gehen in annähernd gleicher oder nur wenig geringerer Entfernung als Spinalnerven von einander durch separate Kanäle durch den Schädel, in dem einen Falle bei Polypterus, wo ein minimaler Rest von y noch existirte, geschah der Durchtritt jedoch in grösster Nachbarschaft von z, weiterhin selbst in dessen Kanal einmündend. Die Durchtrittsstellen der occipito-spinalen Nerven folgen auf die der Occipitalnerven und sind allenthalben separate. Auch hier kennzeichnet Acipenser, Polyodon und Polypterus eine grössere relative Entfernung dieser Stellen, Lepidosteus und Amia eine etwas grössere Zusammendrängung derselben; die gegenseitigen Ent- fernungen sind übrigens selbst innerhalb desselben Individuums recht wechselnde und können an der Hand der Abbildungen (Taf. VII Figg. I—5) am besten über- schaut werden. Auch zeigen die Durchtritte der zusammengehörigen ventralen und dorsalen Wurzeln eine ungemeine Mannigfaltigkeit; bald liegen die ersteren, bald die letzteren mehr rostral oder mehr caudal, und auch hier bieten die einzelnen auf einander folgenden Nerven sehr charakteristische Differenzen dar, welche z. Th. für die verschiedenen Gattungen von differential-diagnostischer Bedeutung sind. Ebenfalls, insbesondere bei Acipenser (Taf. VIL Fig. I) und namentlich bei Lepidosteus (Taf. VII Fig. 4), wechselt die (dorso-ventrale) Höhe des Durchtrittes der dorsalen und ventralen Wurzeln. Nach ihrem Austritte aus dem Schädel verlaufen die occipitalen und occipito- spinalen Nerven in descendenter Richtung ventral- und caudalwärts und bilden, nach längerem Verlaufe durch die Rumpfmuskulatur und nach Abgabe zahlreicher Zweige an dieselbe, einen einfachen Plexus (Taf. VIII Figg. I—4), der sich mit seinen vor- deren Aesten in der hypobranchialen spinalen Muskulatur (Plexus cervicalis, Pl. cv.), mit der hinteren Hauptmasse und meist unter Verbindung mit weiteren folgenden Spinalnerven in der Brustflosse vertheilt (Plexus brachialis s. ptery- sialis, Pl. br). Fast durchweg ist die Plexusbildung der Ganoiden durch sehr lange Plexuswurzeln, also einen sehr späten peripherischen und meist nur partiellen Ver- band derselben unter einander gekennzeichnet und unterscheidet sich dadurch von den Geflechten bei den meisten Haien; nur Odontaspis unter diesen nähert sich den Verhältnissen bei den Ganoiden. Selbst der typische frühere Verband der ersten Nerven (w. y. z. a. oder y.z. a. oder 2. a) kommt klar und deutlich nur bei Acipenser (Taf. VIII Fig. I) zur Beobachtung, während Polyodon und Amia (Taf. VIII Fig. 4) denselben minder ausgesprochen darbieten, Lepidosteus (Taf. VIII Fig. 3) und namentlich Poly- pterus (Taf. VII Fig. 2) aber gerade hier eine sehr peripher ausgebildete oder sogar in der Hauptsache unterbliebene Ansenbildung zeigen. Lage von x bei seinen Exemplaren und tritt im Anschluss an FRORIEP für einen allmählichen Einschuss distaler Neuromeren und Mesomeren in die Oblongata und in die Oceipitalregion des Schädels ein. — Noch deutlicher han- delt SAGEMEHL bei anderer Gelegenheit (1885 resp. 1891) über diese Vorwärtsbewegung; darüber wird später noch zu sprechen sein. 109] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 457 Die Zusammensetzung der beiden Plexus wurde folgendermaassen gefunden: Plexus cervicalis. Y% 2 Acipenser Y2, Polyodon 3.q Polypterus, Lepidosteus (@)slas.b; ;€ Amia') Plexus brachialis.) alba Chdske Acipenser 2..0.b,.c, d, e, f(6) Acipenser, Polyodon‘) a, b,.c, d, e, f(6) Polyodon a209,45 Polypterus BD ad 3310 Lepidosteus 5,.6,4.4,,9,.6,77:98, :9).110:3 U Amsa: Auch hier erfolgt, ähnlich wie bei den Selachiern und Holocephalen, die Aufeinanderfolge der beiden Geflechte derart, dass sich mindestens 1 Nerv (Acipenser, Polyodon, Polypterus, Lepidosteus), mitunter aber auch 2 (Polyodon indiv.?, Amia) ge- meinschaftlich an der Bildung der beiden Plexus betheiligen. Diese gemein- samen Nerven sind 2 (Acipenser) oder a (Polyodon, Polypterus, Lepidosteus) oder z(?) und a (Polyodon) oder b und c (Amia). Die Ganoiden zeigen damit in der Hauptsache einfachere Verhältnisse als die Selachier, bei denen I—10 beiden Geflechten gemeinsame Wurzeln zur Beobachtung kamen (p. 389). Bei einem direkteren Vergleiche sind von vorn herein die einseitig entwickelten Rochen (mit S—10 gemeinschaftlichen Plexuswurzeln), sowie diejenigen Haie auszuschliessen, deren gemeinsame Wurzeln die Zahl 2 überschreiten oder in der Reihe der Spinalnerven weiter hinten (caudal) liegen; es bleiben sonach nur die Notidaniden, Spinaw, Acanthias, Cestracion und die Holocephalen als den Ganoiden hinsichtlich dieses Verhaltens vergleichbar übrig, unter diesen bieten aber Spinax (mit gemeinsamem N. spinalis 2), Acanthias (mit gemeinsamem 2 oder 2 und 3) und 1) Der oceipitale Nerv z konnte bei Amia (Taf. VIII. Fig. 4) seiner Feinheit und mangelhaften Konservation wegen an dem einzigen zur Verfügung stehenden Exemplare nicht bis zur hypobranchialen Muskulatur verfolgt werden; an besser erhaltenem Material wird das leichter gelingen. Auch fand sich hier ein von dem zweiten freien Spinalnerven (5) nach vorn strebender Ast (R. pev.), der bis in den hinteren (caudalen) Bereich der hypobranchialen Gegend zog, sich hier verästelnd. Danach könnte man dem Plexus cerviealis von Aria auch eine weitere Ausdehnung nach hinten resp. eine grössere Anzahl von Wurzeln zuertheilen. Weitere Untersuchungen an besser erhaltenem Materiale sind sehr wünschenswerth. 2) Eine genauere Untersuchung der am meisten caudal gelegenen Wurzeln des Plexus brachialis, die übrigens nicht immer mit den vorhergehenden Nerven Ansen bilden, unterblieb, da diese Verhältnisse für die vorliegenden Fragen von keiner specielleren Bedeutung sind. Es ist daher wohl möglich, dass ausser den hier angegebenen Nerven auch noch der folgende sich mit seinen Zweigen an der Bildung des Armgeflechts betheiligt. 3) Bei Polyodon nimmt möglicherweise auch z mit einem feinen Fädchen an der Bildung des Plexus bra- chialis Antheil; doch konnte dies bei dem sehr schlecht erhaltenen Exemplar, das mir zur Verfügung stand, nicht sicher ausgemacht werden. - 458 Max FÜRBRINGER ftıo die Holocephalen (mit gemeinsamen a und 5) die relativ nächsten Beziehungen zu den Ganoiden dar. Dass die gemeinsamen Wurzeln bei Letzteren in so geringer Anzahl sich finden und so weit vorn liegen, hat seinen Grund in der relativ mässigen Ausbildung und der dem Schädel mehr benachbarten Lage der vorderen Extremität derselben, in welcher Hinsicht namentlich zwischen Holocephalen und Ganoiden spe- ciellere Vergleichungspunkte bestehen. Wie weit hierbei sekundäre Vereinfachungen und rostralwärts gehende Verschiebungen der Extremität vorliegen, ist hier nur an- zudeuten (vergl. auch p. 591 Anm.). Später wird auf diese Frage noch weiter einzugehen sein. Ein Blick auf die obige Tabelle zeigt, dass Amia, die hinsichtlich des cen- tralen Verhaltens ihrer occipitalen und occipito-spinalen Nerven sich an Lepidosteus anschloss (p. 455), bezüglich der Plexusbildung eigene, von Lepidosteus und den anderen Ganoiden abweichende Wege geht, während Polypterus und Lepidosteus in dieser Hinsicht einander näher zu stehen scheinen; doch ist bei beiden die Grösse der Antheile von a für den Plexus cervicalis und den Pl. brachialis eine sehr differente. Der Plexus cervicalis wird in der Regel durch I—2 Aeste repräsentirt, welche sich nach der Kreuzung mit dem N. vagus') von dem gemeinsamen Pl. cervico- brachialis abzweigen und in nach vorn und unten (rostro-ventralwärts) gehender Richtung zu der hypobranchialen spinalen Muskulatur begeben. Dabei verbinden sie sich, wenn doppelt abgehend, meist in kurzer Strecke zu einem Stamme; bei Amia wurden etwas komplicirtere Verhältnisse beobachtet, die am besten aus der Abbildung erkannt werden können (Taf. VIII Fig. 4). Die zu der genannten Mus- kulatur gehenden Zweige zeigen im Detail ein sehr wechselndes Verhalten, auf das aber hier nicht eingegangen werden soll. Irgend welche epibranchialen spinalen Muskeln existiren ebenso wenig wie epibranchiale Nerven. Die von dem Schädel resp. dem kranio-ver- tebralen Komplexe zu den dorsalen Abschnitten der Kiemenbogen gehenden resp. Letztere unter einander verbindenden Muskeln werden, wie sehr sie auch in Ursprung, Insertion und Verlauf an die epibranchiale Muskulatur der Haie erinnern, durch- weg von den Nn. glossopharyngeus und vagus versorgt, sind also Mm. arcuales dorsales. Die hypobranchiale spinale Muskulatur, über die hier einige kurze Mittheilungen gemacht werden sollen, zeigt bei den Ganoiden eigenthümliche Bildungs- sänge und mannigfache Varürungen, die indessen allenthalben eine Vergleichung mit den entsprechenden Muskelbildungen der Selachier gestatten; meist finden sich 1) Die zum Theil mit diesen Nerven bestehenden Zusammenhänge sind nur durch ganz lockeres Binde- gewebe vermittelt. In der Hauptsache gehen Plexus und Vagus an einander vorüber, ohne dass man — im Gegen- satze zu manchen Selachiern (p. 39%, 395) — von irgend welchem intimeren Verbande sprechen könnte. 111] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC, 459 auch Rückbildungen dieser oder jener Portion, die insbesondere bei Polyodon und Lepidosteus zu weitgehenden Verkümmerungen geführt haben. Die hypobranchiale Muskelmasse repräsentirt wie bei den Haien einen durch Verwachsung der beiden Hälften unpaar gewordenen, medianen Muskelkegel oder Hauptstock'), der mit seiner Basis hinten beginnend und unter zunehmender Ver- jüngung nach vorn geht, wobei er sich früher oder später in die rechte und linke Hälfte theilt, somit zweispitzig endet. Er entspringt von dem vorderen Bereiche des Korakoides, ausserdem aber noch mehr oder minder ausgedehnt von der mächtigen Deckknochenmasse des Korakoides (Clavicula und Cleithrum)?), bei Polyodon auch von dem vor der Olavicula liegenden Jugulare’), bei Acipenser steht seine tiefere Partie direkt resp. durch Vermittelung einer Inscriptio mit der hinteren (postzonalen) ventralen Rumpfmuskulatur in Zusammenhang. Nach der Seite und nach vorn setzt sich diese Muskelmasse in ihre Insertionszipfel fort, welche in wechselnder Weise an den Kiemenbogen (Coraco-branchiales) und dem Zungenbein (Coraco-hyoideus) enden; die an dem resp. den hintersten Kiemenbogen sich anheftenden Theile haben sich meist, in der Hauptsache ähnlich wie bei den Haien, im Detail aber davon ab- weichend, von der Hauptmasse gesondert und beginnen lateral oder dorso-lateral ziemlich selbstständig neben ihr‘); ferner hat auch der zum Kieferbogen gehende "Theil (Coraco-mandibularis)’) bei Acipenser, Scaphirhynchus (cf. Brurzer) und Amia eine eigenthümliche Entwickelungsrichtung eingeschlagen, die ihn fast gänzlich von der übrigen Muskelmasse separirt. Bei Acipenser, Scaphirhynchus und Amia bildet der Hauptstock eine sehr ansehnliche Muskelmasse, bei Polypterus ist er schwächer, aber immer noch gut ent- wickelt, bei Lepidosteus von mässiger Breite und Dicke, aber in grosser Ausdehnung sehnig degenerirt, bei Polyodon endlich sehr schlank und dünn. Wie bei den Selachiern setzt er sich aus Myomeren zusammen; doch begegnet die Zählung und Abgrenzung derselben, namentlich da, wo die sie trennenden Septen unvollkommen sind, oder wo sie sehr schräg stehen und wo das Sehnengewebe in den Vordergrund tritt, er- heblichen Schwierigkeiten. Die Gesammtzahl der Myomeren (incl. das vorderste zum Hyoid gehende) wurde zu 4 (Acipenser, Polypterus), 5 (Amia), 6—T7 (Polyodon) und S—10 (Lepidosteus) bestimmt; doch bin ich bei den beiden letzterwähnten Thieren dieser Zahlen nicht ganz sicher. 1) Coraeo-hyoidien von CUVIER-DUMERIL. — Retractor ossis hyoidei et areuum branchialium von BRUTZER. — Omozonio-hyoideus von ALBRECHT. — Coraco-branchialis anterior von VETTER. — Hyopectoralis s. Genio-hyoideus von MCMURRICH. 2) GEGENBAUR hat nachgewiesen, dass gerade die Ganoiden hinsichtlich dieser beiden elavikularen Deck- knochen einen grossen Wechsel darbieten: bald tritt ventral die Clavicula in den Vordergrund (Acipenser, Polyodon), bald theilt sie sich mit dem ventralwärts ausgedehnten Cleithrum in den ventralen Bezirk (Polypterus), bald findet, unter gänzlicher Reduktion der Clavicula, nur das Oleithrum sich hier (Zepidosteus, Amia, Teleostier). Des Näheren sei auf die Abhandlung selbst (1895) verwiesen. 3) Auf dieses Jugulare sind wohl auch die beiden Flagella von Amia zu beziehen; das hintere Flagellum ist noch mit dem Hauptstock der hypobranchialen Muskulatur, und zwar dem mittelsten Myomer derselben verbunden. 4) Coraco-branchialis posterior von VETTER, Pharyngo-clavicularis externus und internus von Mc MURRICH. 5) Depressor maxillae inferioris von BRUTZER. — Branchio-mandibularis von VETTER und Mc MURRICH. 460 Max FÜRBRINGER [112 Die einzelnen von dem Hauptstocke oder neben ihm ausgehenden Theile der hypobranchialen spinalen Muskulatur verhalten sich folgendermaassen: Mm. coraco-branchiales. Bei Acipenser sind dieselben in zwei Komplexe getrennt. Der hintere, mehr selbstständig entspringende Komplex (Coraco-branchialis posterior VErTErs)') repräsentirt einen dicken Muskel, der sich in eine breite und kurze Sehne für den 5. Kiemenbogen (Coraco-branchialis) 5 und eine schmälere und längere für den 4. Kiemenbogen (Coraco-branchialis 4) theilt. Der vordere Komplex bildet mit dem Hauptstock und dem Coraco-hyoideus eine ansehnliche, ein- heitliche Masse (Coraco-branchialis anterior VErTTER’s), von der sich die für die Copu- laria (Hypobranchialia) 3, 2 und I bestimmten Sehnenzipfel (Coraco-branchiales 3,2 und I) successive ablösen; die für 1 bestimmte ist 3—4 mal stärker als die zu 2 und 3 gehende. — Bei Polyodon existirt allein der Coraco-branchialis 5 als breiter, aber dünner Muskel, der getrennt von dem Hauptstocke von Korakoid und Clavicula beginnt und breit an die medialen 4/7 des langen ventralen Mittelstückes des 5. Kiemenbogens (Ceratobranchiale 5) sich ansetzt; die Coraco-branchiales 4—1 sind völlig rückgebildet. — Polypterus zeigt im Verhalten seiner Coraco-branchiales die meisten Uebereinstimmungen mit den Haien; doch ist zu Folge der völligen Reduk- tion des 5. Kiemenbogens der Coraco-branchialis 5 ausgefallen, dafür aber hat sich der Coraco-branchialis 4 ihm ganz ähnlich ausgebildet?). Derselbe stellt einen breiten, aber ziemlich dünnen Muskel dar, der breit an die medialen 3/5 des ventralen Stückes des 4. Kiemenbogens inserirt. Die Coraco-branchiales 3, 2 und I, sind vor- handen, aber, eine Mittelstellung zwischen den Selachiern und Acipenser einnehmend, ziemlich innig mit dem Hauptstock und dem Coraco-hyoideus verbunden; Coraco- branchialis 3 repräsentirt einen schwachen Sehnenzipfel mit ganz kurzer muskulöser Basis, Coraco-branchialis 2 ist etwas dicker und kräftiger, Coraco-branchialis 1 dem Cbr. 3 ähnlich; alle drei sind viel unbedeutender als der Coraco-branchialis 4. — Lepidosteus hat keine Coraco-branchiales mehr. — Bei Amia ist der Coraco-bran- chialis 5 wieder ein ganz selbstständiger, flächenhafter Muskel, der breit neben dem Hauptstock von dem Cleithrum entspringt und im weiteren Verlaufe sich in zwei Theile sondert, von denen der kleinere, laterale (Pharyngo-clavicularis externus Mc MurricrH's) an dem medialen 1/3 des ventralen Stückes des 5. Kiemenbogens (Hypo- branchiale + Ceratobranchiale), der grössere mediale (Pharyngo-clavieularis internus Me. Murrıc#’s) an der Copula 5 inserirt. Von dem Hauptstocke löst sich der Co- raco-branchialis 2 als mittelschwache zu dem Oopulare (Hypobranchiale) 2 gehende Sehne ab. Die Coraco-branchiales 4, 3 und 1 sind vollkommen zurückgebildet. — 1) Retraetor apparatus branchialis von BRUTZER. — ALBRECHT bezeichnet den letzten Coraco-branchialis als Interbranchialis internus VI s. Omozonio-branchialis und stellt ihn in dieselbe Reihe mit den‘Interbranchiales interni V—I (auf Fig. 3 sämmtlich durch rothe Farbe hervorgehoben). Damit werden zwei total heterogene Muskelabtheilungen konfundirt, indem der Interbranchialis int. VI ALBRECHT’s ein ächter spinaler Coraco-branchialis ist, die Interbranchiales int. V—I dagegen zu dem vom Vagus und Glossopharyngeus versorgten Constrietor superficialis ventralis gehören. 2) Der M. coraco-branchialis IV von Polypterus setzt damit die imitatorisch homodyname Umbildung der Mm. coraco-branchiales 6 und 5 fort, welche bei Zexanehus und den pentanchen Haien im Vergleich zu dem M. coraco-branchialis 7 von Heptanchus stattfand (vergl. p. 435, 436). 113] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN RTC. 461 Will man den auch von dem clavicularen Apparate des Schultergürtels (Clavicula und Qleithrum) beginnenden Ursprung in dem Namen dieser variabeln Muskelgruppe zum Ausdruck bringen, so wäre dieselbe als Mm. coraco-cleido-branchiales zu bezeichnen. M. coraco-hyoideus (s. M.coraco-cleido-hyoideus). Er bildet die gerade Fortsetzung des Hauptstockes und dessen spitzeren Endtheil und repräsentirt den beständigsten Abschnitt der hypobranchialen spinalen Muskulatur, der bei keinem Ganoiden fehlt. Bei Acipenser, Polypterus und Amia ist er im weiteren Verlaufe nach vorn stets von dem der Gegenseite getrennt und bildet mit ihm einen schmäleren oder breiteren Spalt, welchen der Coraco-mandibularis einnimmt; bei Polyodon und Lepid- osteus bleiben der rechte und linke Muskel verbunden und gehen in eine anfangs unpaare Sehne über, die sich erst in der Nähe der Insertion spaltet. Die Insertion geschieht in der Regel an dem Copulare des Hyoids (Hypohyale), kann aber auch medial auf die Copula (Basihyale) und lateral auf das ventrale Hauptstück derselben (Ceratohyale) übergreifen. Bei Acipenser endet der paarige Muskel als kräftiger Sehnen- zipfel, der aber nicht so stark ist, wie der den Coraco-branchialis I repräsentirende. Bei Polypterus inserirt er als ansehnlichster Theil der hypobranchialen Muskelmasse fleischig-sehnig. Bei Amia ist die Insertion rein sehnig, aber zugleich schlanker als die bei Acipenser, an die sie übrigens erinnert. Bei Polypterus geht der schlanke unpaare Muskel in eine noch schlankere Sehne über, die sich schliesslich gabelig in zwei feine, ziemlich lange Endzipfel spaltet, die an dem rechten und linken Copulare des Hyoids sich anheften. Bei Lepidosteus trennt sich die gemeinschaftliche breite Endsehne in zwei kurze und kräftige, paarige Zipfel, welche an dem rechten und linken Hyoid-Copulare (Hypohyale) enden, und einen längeren und schmäleren unpaaren Zipfel, der sich ausgedehnt mit der Ventralfläche der Copula des Hyoids (Basihyale) verbindet. — Polypterus weist auch hier die meisten Beziehungen zu den Haien auf; Lepidosteus steht ihnen am entferntesten. M. coraco-mandibularis. Bei Polypterus bildet das Homologon des Coraco- mandibularis der Haie einen schlanken, aber ganz ansehnlichen, dem der Gegenseite dicht anliegenden Muskel, der mit dem Hauptstocke von der Mitte des Schultergürtels, und zwar in der Hauptsache vom Cleithrum entspringt, wobei sein Ursprung ganz in der Tiefe liegt und ventral von demjenigen der übrigen Theile der ganzen Masse gedeckt wird. Er verläuft als ein ziemlich selbständiger, der Inscriptiones entbehrender Muskel nach vorn und tritt etwa in der Mitte der coraco-mandibularen Strecke zwischen den hier nach rechts und links aus einander weichenden Coraco-hyoidei zu Tage, um sich von da aus unter mässiger Divergenz seiner Fasern nach dem Unter- kiefer zu begeben, an dessen medialem Bereiche er direkt neben dem der Gegenseite sich anheftet. Polypterus zeigt auch hinsichtlich des Coraco-mandibularis, der, wenn man den clavicularen resp. cleithralen Ursprung besonders ausdrücken will,auch Cleido- mandibularis genannt werden mag, die nächsten Beziehungen zu den Selachiern, unterscheidet sich aber von ihnen durch die tiefe Lage des Ursprungstheiles. In dieser Hinsicht treten die Holocephalen vermittelnd auf, indem schon bei diesen in Folge Festschrift für Gegenbaur. II. 59 462 Max FÜRBRINGER ‚ [114 besonderer Verbindungen mit dem Hauptstocke sich der Ursprung des Coraco-mandi- bularis mehr in die Tiefe verlegt (p. 431 f.). Schon Verrer hat bei Besprechung von Acipenser an die Verhältnisse bei den Holocephalen erinnert (1878, p. 487, 488); die immerhin zwischen diesen beiden bestehende weite Kluft wird durch ‚Polypterus einigermaassen ausgefüllt. — Acipenser und Amia zeigen in der Bildung ihres Coraco- mandibularis, der aber hier nicht mehr diesen Namen verdient, sondern im Anschlusse an VETTErR und Me MurricH als Branchio-mandibularis bezeichnet werden kann, viel Uebereinstimmung. Der sehr schwache Muskel beginnt, gedeckt von dem Coraco- hyoideus und Coraco-branchialis 1, jederseits (rechts und links) bei Acipenser mit zwei, die Insertionsfasern des Coraco-branchialis 3 zwischen sich fassenden muskulösen Ursprungszipfeln von dem Hypobranchiale 3, bei Amia dagegen von der Endsehne des Coraco-branchialis 2, verbindet sich hierauf mit der Gegenseite zu einem unpaaren bandförmigen Muskel, der zwischen den beiden Coraco-hyoidei an die Oberfläche steigt und sich nach der Mandibula begiebt, wo er, schliesslich wieder in den rechten und linken Muskel getrennt, paarig neben der mittleren Symphyse endet. Dieses Gebilde ist ableitbar von einem Muskel ähnlich demjenigen von Polypterus unter der Annahme, dass derselbe seinen Ursprung vom Schultergürtel aufgab und an mehr vorn (rostral) gelegenen 'Theilen des Visceralapparates neuen Ursprung gewann; bei Acipenser geschah das im Bereiche des 3., bei Amia noch weiter vorn im Gebiete des 2. Kiemenbogens. — Lepidosteus und Polyodon fehlt ein dem Coraco-mandibularis entsprechendes Gebilde. Ob eventuell der mittlere, an der Copula hyoidea weit nach vorn sich erstreckende Endzipfel des Coraco-hyoideus von Lepidosteus auf einen ur- sprünglichen, gänzlich sehnig gewordenen und seine Endinsertion an der Mandibula verloren habenden Coraco-mandibularis zurückzuführen sei oder nicht, entzieht sich z. 2. jeder Bestimmung. Die gabelige Endsehne des Coraco-hyoideus von Polyodon zeigt noch den medianen Spalt, durch welchen ein Coraco-mandibularis wie bei Acipenser verlaufen könnte; derselbe ist aber völlig verschwunden und auch mikroskopisch nicht mehr nachweisbar. B. Teleostier. Taf. VII Figg. 6—7, Taf. VIII Figg. 5—17. Bei den Teleostiern findet sich die unter den Ganoiden zu Amia leitende Ent- wickelungsreihe einseitig weiter fortgeführt. Der schon bei Amia sehr reducirte letzte occipitale Nerv ist, soweit Untersuchungen vorliegen, bei allen erwachsenen Teleostiern völlig rückgebildet, so dass die ersten auf den Vagus folgenden Nerven oceipito- spinaler Natur sind; ihnen schliessen sich die zwischen den freien Wirbeln und durch sie austretenden Spinalnerven an. Der hierbei zu beobachtende Wechsel ist gross, soll aber hier nicht im Detail dargestellt werden, da die bei aller Varlirung doch | 115] UEHER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 463 einseitigen und in der von Amia abgesteckten Grenze ablaufenden Wege, welche die Teleostier hierbei einschlagen, für die Bereicherung unserer allgemeinen Erkenntniss bezüglich der spino-oceipitalen Nerven nur von geringer Bedeutung sind. Ich hebe darum aus der ziemlich reichen Litteratur auch nur das Wesentlichste hervor. Mit Stannıus’ Arbeiten (1842 p. 357. 358, 1849 p. 121. 122, 1853 p. 142) beginnt die genauere Kenntniss der occipito-spinalen Nerven; dieselbe berücksichtigt auch zugleich die frühere Litteratur (E. M. WEBER 1820, 1827; Cuvier et VALENCIENNES 1828; BÜCHNER 1835; CUVIER- Duvmerın 1836 p. 489 u. A... Hiernach treten durch das Occipitale bald zwei komplete, vordere und hintere Wurzeln besitzende Nerven (Trigla, Lophius, Rkombus, Pleuronectes, Diodon), bald zwei Nerven, deren vorderer aber nur noch eine ventrale Wurzel hat (Gadus callarias, G. aeglefinus), bald ein kompleter Nerv und eine darauf folgende dorsale Wurzel (Lurioperca, Caranr, Raniceps), bald nur ein kompleter Nerv (Cyprinoiden, Silurus, Anguilla), bald lediglich eine ventrale Wurzel (Salmo, Cottus, Belone). Bei anderen Arten (z. B. Esor, Lota) tritt der erste Nerv nicht durch das Oceipitale, sondern zwischen demselben und dem ersten Wirbel oder zwischen den beiden ersten Wirbeln aus, ist somit ein rein spinaler Nerv. Eine Vergleichung dieser Nerven unter einander wird nicht gegeben, ist auch auf Grund der Angaben von Srannıus allein nicht möglich. Der bereits von WEBER und BÜCHNER gefundenen Anastomose mit dem R. reeurrens trigemini wird eingehend Erwähnung gethan, auch die peripherische Verbreitung behandelt, wonach (mit Ausnahme von Coifus, wo der oceipito-spinale Nerv lediglich aus einem Aste bestehe) die betreffenden Nerven allein oder in Verbindung mit dem ersten oder den beiden ersten Spinalnerven den Plexus brachialis bilden und einen nach vorn zu dem M. sterno-hyoideus gehenden Nerven abgeben. — Owen (1866 p. 308) erwähnt in Kürze einen hinter dem Vagus von der Medulla oblongata abge- sandten Nerven bei einigen Fischen, welcher sich in den Muskeln zwischen Scapula und Hyoid- bogen verzweigt und mit dem ersten Spinalnerven verbindet; er bezeichnet ihn als Hypoglossus. — GEGENBAUR (1871 p. 527—530) handelt im Anschlusse an WEBER (1820, 1827), DesmouLıns (1825) und BiscHorr (1832) über die namentlich den Cyprinoiden eigenthümliche, hinter dem Vagus gelegene Kombination einer ventralen und dorsalen Wurzel, welche beide zu dem Vagussystem in näherer Beziehung stehen, und bezeichnet sie als Accessorius Weberi. — VErTER (1878 p. 525) behandelt bei Esor, Carpio, Barbus und Perea die Innervation des M. sterno-hyoidens, der allein von allen zum Visceralskelet gehenden Muskeln von dem Ramus anterior der vereinigten Nn. spi- nales 1 und 2 versorgt wird. — FrırscH (1875) bildet verschiedene Teleostiergehirne ab, an denen der erste auf den Vagus folgende spinale (oceipito-spinale) Nery namentlich in seinen motorischen Wurzeln die Zusammensetzung aus 2 Nervenwurzeln (Trigla, Fig. 20; Lophius, Figg. 17. 18) ziemlich deutlich erkennen lässt. — Nach Sanpers (1887 p. 746. 747) bildet der oceipito-spinale Nerv (nach meiner Nomenklatur) bei Gadus einen Komplex von zwei kompleten Spinalnerven, welche aber durch ein Loch des Occipitale austreten; nach ihrem Austritte wird im Verbande mit dem nächsten Spinalnerven (N. spinalis 3) ein Plexus gebildet, der die Muskulatur des Zungenbeins und der Brustflosse versorgt. — MAysEr (1881 p. 392) bildet ab und beschreibt namentlich bei Cyprinoiden den zunächst auf den Vagus folgenden Nerven, der aus einer ventralen und dorsalen Wurzel besteht; die erstere repräsentire mindestens in ihrer vorderen Abtheilung ein Homologon des Hypoglossus. — Aehnliches geben Mc MurricH (1884 p. 322. 325. 326) und R. Wrisurt (1584 p. 359) für den occipito-spinalen Nerven von Amiurus an, dessen ventrale und dorsale Wurzeln gemeinsam oder gesondert durch den Schädel treten. Zusammen mit den drei nächstfolgenden Spinalnerven bilden sie einen Plexus, der die Mm. trapezius, sterno-hyoideus, pharyngo-clavieularis externus und internus und die vordere Extremität versorgt. Die den M. tra- 59* 464 MAx FÜRBRINGER [116 pezius betreffende Angabe stammt von Wrı6HT und beruht wohl auf irriger Deutung; den anderen Angaben kann zugestimmt werden. Eine höhere Erkenntniss der oceipito-spinalen Nerven der Teleostier wird durch SAGE- MEHL's Arbeiten über den Schädel der Characiniden (1884 p. 52f.) und Cyprinoiden (1885, nach seinem Tode 1891 herausgegeben, p. 526. 527 und p. 543) eingeleitet. SAGEMEHL vergleicht diese Nerven, die er „Oceipitalnerven“ nennt, und die Oceipitalbogen, zwischen denen sie austreten, mit denen von Amia und findet Folgendes. Der Oeccipitalnerv der Charaeiniden entspricht dem zweiten Occipitalnerven von Amia (also d nach meiner Bezeichnung), während der erste und dritte von Amia bei den Characiniden rückgebildet sind. Der erste Oceipitalbogen von Amia ist bei den Teleostiern in der Regel vollkommen mit dem Schädel verschmolzen, der zweite Oceipital- bogen dagegen kann entweder: 1) ziemlich unverändert bleiben (Esor, Salmoniden, Clupeiden) oder 2) in den sogenannten Stapes sich umbilden (Östariophysen: Siluroiden, Gymnotiden, Characi- niden und Cyprinoiden) oder 3) innig mit dem Schädel resp. dem ersten Occipitalbogen verschmelzen (Cyprinodonten, Scomberesoces) oder 4) ganz reducirt werden (Umbra, einige Skopeliden). Auch können 5) beide Oceipitalbogen sich rückbilden (Perca) oder 6) dazu noch die dem hinteren Oceipitalbogen angehörige Spange schwinden (Gadoiden). — Danach verhalten sich die oceipito- spinalen Nerven (nach meiner Nomenklatur) sehr verschieden: bei 1), 2) und 3) treten zwei oceipito-spinale Nerven (5 und c) gesondert durch den Schädel, soweit nicht ce reducirt ist (Ostario- physen), bei 4) verläuft 5 durch den Schädel, aber c gemeinsam mit dem ersten Spinalnerven zwischen Schädel und erstem Wirbelbosen, bei 5) treten 5 und ec ganz dicht neben einander durch das Occipitale, bei 6) endlich sind beide mit dem ersten Spinalnerven zu einem einheitlichen Nervenkomplex verbunden, der zwischen Schädel und erstem Wirbel den Rückgratskanal verlässt. — McMuvrricnH (1885 p. 140) beschreibt die Versorgung der Mm. hyo-pectoralis und pharyngo- elavieularis der Teleostier durch den ersten Spinalnerven (oceipito-spmalen Nerven) und homo- logisirt diesen mit dem Postoceipitalnerven oder dem ersten Spinalnerven von Amica, welche das gleiche Endgebiet versorgten. Dieser, der peripherischen Verbreitung ein zu grosses Gewicht zuertheilenden, Vergleichung kann aus den bereits früher (p. 445) angeführten Gründen nicht bei- gestimmt werden. Als eine Vervollständigung und Erweiterung der SAGEMEHL'schen Ausführungen können GEGENBAUR'S Darstellungen der Oceipitalbogen der Teleostier (1887. B. p. 22f.) betrachtet werden. Dieselben behandeln Esox, Salmo, Fario, Gadus und verschiedene andere Teleostier und sind hinsichtlich des Verhaltens der Occipitalbogen, bei denen Konkrescenzen, Rückbildungen, variable Lagerungen, sekundäre Umwachsungen der Nervenlöcher durch das Cranium im mannigfachster Weise wechseln, von hervorragendem Interesse, während die oceipito-spinalen Nerven nur so weit zur Behandlung kommen, als es sich um ihre Durchtrittsstellen handelt. Le: Roux (1887 p. 93) lässt den mit ventraler und dorsaler Wurzel beginnenden ersten Spinalnerven (oceipito-spinalen Nerven) zur Brustflosse und den Mm. sterno-hyoideus und pharyngeus (?) gehen. Seine Abbildungen sind unbrauchbar. — Nach SÖRENSEN (1890) geht der durch den Ramus recurrens nervi trigemini verstärkte erste Spinalnerv (oceipito-spinale Nerv 5) von Plecostomus zur Brustflosse, während der zweite Spinalnerv (c) fehlt. — HERRICK (1891 p. 217, Taf. XVII Fig. 5) beschreibt und bildet den in gleicher Weise mit ventraler und dorsaler Wurzel beginnenden ersten Spinalnerv (oceipito-spinalen Nerv d) der Skluridae ab. — B. HALLER (1891 p. 253. 253, Taf. XV Fig. 20) giebt bei Orthagoriseus eine vorzügliche Abbildung des ventralen Abganges des occipito- spinalen Nerven, den er nach GEGENBAUR als „unteres Vagusbündel“ bezeichnet; gleich neben dem Kern desselben entsteht ein zweites Faserbündel, welches sich dorso-lateralwärts wendet, dem Vagus sich anschliesst und von HALLEer dem Hypoglossus homologisirt wird. Ich deute dieses letzterwähnte Bündel als ächte motorische Vaguswurzel. Ueber die von den oceipito-spinalen und den ersten spinalen Nerven versorgte hypo- branchiale spinale Muskulatur handeln CuviEr-VALENCIENNES (1828 p. 412), CUVIER-DUMERIL 117] VUEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 465 (1838 p. 184, 1840 p. 262. 263), Srannıus (1853 p. 115), Owen (1866 p. 207), Augeeent (1876 p. 33. 34, Fig. 4) und namentlich Verrer (1878 p. 513.) und Mc Murrich (1821 p. 322. 325. 326). Ich untersuchte Physostomi: Esow lucius, L.; Salmo salar, L.; Tinca vulgaris, Cuv., Cyprinus carpio, L. — Anacanthini: Gadus callarias, L.. — Acanthopteri: Trachinus draco, 1.., Caran® trachurus, Castr., Dentex vulgaris, Cuv., Mullus surmuletus, L.., also ein recht beschränktes Material, das aus den oben (p. 462, 465) angegebenen Gründen nicht einmal vollkommen ausgenutzt wurde. _ Auf Grund meiner eigenen Beobachtungen und unter Berücksichtigung der zuverlässigeren unter den Untersuchungen der früheren Autoren, wobei zugleich SaıGEmenrs Ausführungen für mich die leitenden Gesichtspunkte ergaben, nehme ich an, dass bei keinem mir bekannten Teleostier im ausgewachsenen Zustande ein occipitaler Nerv erhalten ist. Aber auch die Existenz eines ersten oceipito- spinalen Nerven (a) ist nirgends zu erweisen‘: bei den am tiefsten stehenden Physostomen und den Familien der Esocidae, Salmonidae und Cflupeidae, bei denen er noch am ehesten zu erwarten wäre, tritt der erste hinter dem Vagus gelegene Nerv durch die mehr oder minder deutliche Grenze zwischen dem Schädel und dem Ocei- pitalbogen, der auf Grund der überzeugenden Ausführungen SAGEMEHT's dem ersten freien Oceipitalbogen von Amia verglichen werden muss. Dieser Nerv ist also nicht a, sondern b, d. h. das Homologon des zweiten oceipito-spinalen Nerven von Amia. Auf ihn folgt c, das Homologon des dritten occipito-spinaldn Nerven von Amia. Damit schliessen, soweit bisher die Materialien vorliegen, die oceipito-spinalen Nerven ab. Der nächstfolgende Nerv ist ein freier Spinalnerv. Je nach dem Verhalten der beiden Oceipitalbogen, hinsichtlich dessen ich auf SAGEmEHTs oben kurz rekapitulirte Darstellung (1585) verweise, zeigen b und ec recht wechselnde Beziehungen zu einander und zu dem ersten freien Spinalnerven (4). Bei guter Ausbildung beider Bogen treten sie getrennt, bei Rückbildung des ersten Bogens vereint durch den Schädel. Schwindet der zweite Bogen, so verbinden sich ce und 4; schwinden beide Bogen, so findet eine direkte Anlagerung von b, c und 4 statt. Bei den Ostariophysen ist infolge der eigenthümlichen Umwandlung des ersten freien Oceipitalbogens c rückgebildet. Bezeichnet man diesen zurückgebildeten Nerven wit ) und drückt man den gesonderten Verlauf durch die Nerven trennende —, den gemeinsamen durch die Nerven verbindende + aus, so ergiebt sich Folgendes: 1) Ein bei Mullus surmuletus gefundenes minimales Fädchen, das nach seiner Lage an a erinnerte lauf Taf. VII. Fig. 7 auch mit a” bezeichnet und zu dick angegeben), erwies sich bei mikroskopischer Untersuchung als aus Bindegewebe bestehend. Für die Angabe, dass es der zurückgebildete erste oceipito-spinale Nerv sei, spricht wenig, namentlich auch nicht die hohe systematische Stellung der den Acanthopteri angehörenden Gattung. 466 Max FÜRBRINGER [118 b—c—4. Esow, Salmonidae'), Clupeidae, Cyprinodontidae, Scomberesocidae'\. b—0—4. Siluridae, Gymnotidae, Characinidae, Cyprinidae. b—c-+4. Umbra, einige Scopelidae. b+c—4. Diodon,; Pleuronectes, Rhombus, Raniceps?), Gadus?); Trigla‘), Le- phius, Trachinus, Caranx, Dentex, Mullus, Lucioperca, Perca. b+c+4. Gadus?). Daraus folgt, dass bei den Physostomen die beiden occipito-spinalen Nerven soweit nicht c verkümmert ist (Östariophysen) immer getrennt den Schädel durch- setzen, während die Anacanthinen und die bisher genauer untersuchten Acan- thopteren einen vereinigten Austritt beider zeigen. Von geringerer systematischer Bedeutung ist das Verhalten von ce zu #, indem sowohl innerhalb der Physostomen, wie innerhalb der Anacanthinen bald ein getrennter, bald ein gemeinsamer Austritt zur Beobachtung kommt. Wie schon betont, zeigen auch bei den Teleostiern die occipito-spinalen Nerven deutlichst den spinalen Typus. Der letzte (c) ist zumeist der stärkere Nerv und hat stets eine ventrale und dorsale Wurzel, letztere mit einem Ganglion versehen. Der erste (b) ist meist schwächer und bietet wechselnde Verhältnisse dar, indem er bald noch beide Wurzeln besitzt, wobei die dorsale in der Regel schwächer ist als die ventrale, bald aber nur noch die ventrale Wurzel aufweist. Bezüglich des Details verweise ich auf die Abbildungen und auch auf die Angaben von Sran- nıus. Selbstverständlich handelt es sich hier allenthalben um sekundäre Rückbil- dungen, die zuerst an der dorsalen, danach an der ventralen Wurzel sich abspielen. Der Abgang-des ersten occipito-spinalen Nerven (b) von der Medulla, sowie der Durchtritt durch den kranio-vertebralen Komplex erfolgt immer hinter dem Vagus. Mitunter ist der Abstand von diesem, namentlich hinsichtlich des Abganges von der Medulla, nur ein geringer; mitunter ist aber auch die Entfernung, insbeson- dere bei dem Eintritte in die Schädelwand eine mittlere. Bestimmte Regeln hier- für aufzustellen, verbietet einstweilen noch der beschränkte Umfang des untersuchten Materials. Immer aber ist die Annäherung an den Vagus eine viel bedeutendere als bei den Knorpelganoiden und bei Polypterus und meist auch eine beträchtlichere als bei Zepidosteus und Amia. Esox und Salmo unter den untersuchten "l'eleostiern stehen in dieser Hinsicht den beiden letzterwähnten Ganoiden noch ziemlich nahe, während die anderen, namentlich aber die Acanthopteren eine mindere Entfernung des Vagus von b darbieten. Alle diese Verhältnisse bekunden deutlich die bei den 1) Die Angabe von STAnnIus, dass bei Salmo und Belone nur 1 ventrale Wurzel durch das Cranium trete, bedarf einer Nachuntersuchung. Wahrscheinlich handelt es sich hier um defekte Exemplare. 2) Raniceps gehört wahrscheinlich hierher. Die Beschreibung von STANNIUs ist mir nicht ganz klar. 3) Der selbst individuell zu beobachtende Wechsel bei den Gadus-Arten, wonach in dem einen Extrem die vereinigten oecipito-spinalen Nerven in weiter Entfernung von 4 den Schädel durchsetzen, in dem anderen Falle gemeinsam mit 4 austreten, findet durch das sekundäre Auswachsen des kranio-vertebralen Komplexes seine Erklärung 8. GEGENBAUR 1887 B. p. 27). Ob auch andere Anucanthinen sich so verhalten, ist erst noch zu untersuchen. 4) Auch die Angabe von STAnNnIus über Cottus bedarf der Kontrole. -. 119] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 467 Teleostiern weiter vorgeschrittene Vorwärtswanderung der occipito-spinalen Nerven und die Zusammenziehung des oceipito-spinalen Schädelbereiches. Nach dem Austritte aus dem cranio-vertebralen Komplex verlaufen die oceipito- spinalen Nerven (b und c) in descendenter Richtung nach unten und hinten, wobei sie zunächst mit einander eine Ansa bilden, danach aber auch mit dem ersten freien Spinalnerven (4) sich verbinden (Taf. VIIL Figg. 5—7). Auch mit dem darauf folgenden (5) resp. den darauf folgenden (5 und 6) können Zusammenhänge bestehen 's. z. B. Taf. VIII Fig. 7), werden aber in der Regel nur durch ganz peri- pherische Ansae im Bereiche der Brustflosse vermittelt. Ein ausgiebigerer Verband besteht, soweit ich finde, nur zwischen b, ce und 4. Die Vereinigung von b und « erfolgt bei den Arten mit gesondert durch den Schädel tretenden occipito-spinalen Nerven (Physostomen, cf. Taf. VIII Fig. 5) zumeist später als bei denjenigen (Ana- canthini und Acanthopteri, cf. Taf. VIII Figg. 6, 7), wo beide durch eine gemeinsame Oeffnung den Schädel verlassen; in letzterer Hinsicht boten Mullus (Taf. VIII Fig. 6 mit anfangs noch durch einen Ursprungszipfel des M. levator scapulae (/s.) geschie- denen und erst darauf (fast so spät wie bei Esow) sich verbindenden Nerven und Caranx \laf. VIII Fig. 7) mit schon während des Durchtrittes durch den Schädel vereinigten Nerven die Extreme dar; Gadus stellte sich näher zu Mullıs. Zwischen c und 4 schiebt sich eine auch schon von anderen Autoren beobachtete und den occipitalen Rippenbildungen bei den Ganoiden und Dipnoern homologisirte sehr kräftige Sehnenbrücke ein und gestattet erst im weiteren peripherischen Verlaufe der Nerven die Verbindung derselben. Auch mit Zweigen des 'Trigeminus, Vagus und Sympathicus bilden die occipito- spinalen Nerven peripherische Anastomosen, von denen insbesondere die mit dem Trigeminus (R. recurrens trigemini) schon seit alter bis in die neueste Zeit von den Autoren eingehend berücksichtigt worden sind (vergl. WEBER, BÜCHNER, STANNIUS, SÖRENSEN); Anastomosen mit dem Vagus (R.a.vg.) zeigt Taf. VIII Figg. 5 und 6 (Esow und Mullus), mit dem Sympathieus (sy.) Taf. VIII Fig. 7 (Caran®). Immer aber gehen die hiermit dem Plexus beigemengten Nervenfäden früher oder später wieder von dem Plexus ab und zum visceralen Endgebiete'). Der von b, ce und 4 (resp. 4, 5 und 6) gebildete Plexus ist ein Plexus cervico-brachialis, der zum kleineren vorderen T'heil die hypobranchiale spinale Muskulatur, zum Haupttheile aber die Brustflosse versorgt; ersterer repräsentirt den Plexus cervicalis, letzterer den Plexus brachialis s. pterygialis. Ueber die speciellere Zusammensetzung des Plexus brachialis (Pl.br.) soll hier nicht berichtet werden’. Der den Plexus cervicalis (Pl.cv.) repräsentirende Theil bildet bei den untersuchten 'Thieren stets einen einfachen Ast (Ramus cervicalis', der sich von dem 1) Die Anastomose mit dem Sympathieus ist keine Beimengung dieses zu dem Plexus, sondern bedeutet vielmehr den Abgang von Rr. viscerales der Plexuswurzeln nach dem Sympathieus (in Taf. VIII. Fig. 7 auch zwei- wurzelig von + sich ablösend). 2) Bezüglich des Näheren verweise ich namentlich auf Sraxxıus (1849 p- 124. 125) und von IHERING (1878 p- 57 58); Letzterer zählt anders als ich. 468 Max FÜRBRINGER [120 durch b und c (resp. bei den Ostariophysen nur durch b) gebildeten Stamm abzweigt, und zwar entweder vor (proximal von) der Ansenbildung mit 4 (Tinca, Gadus) oder nach (distal von) derselben (Esow, Mullus, Caran®, Taf. VIII Figg. 5—7). Meist ist derselbe ansehnlich und nicht zu übersehen; er kann aber auch recht fein sein (z. B. bei Mullus) und verlangt dann immerhin einige Aufmerksamkeit. Bei allen untersuchten 'Thieren wird er entweder zum überwiegenden Haupttheile (meiste Teleostier) oder allein (Östariophysen) von b gebildet; der von c abgegebene Antheil ist in der Regel sehr unbedeutend, kann aber auch (z. B. bei Esox, Taf. VIII Fig. 5) etwas ansehnlicher werden, bleibt jedoch stets hinter dem von b abstammenden "Theile zurück. Die Zusammensetzung des Plexus (Ramus) cervicalis lautet somit b oder b—+- c, wobei b )) c oder b)c gilt. Wie bei den Ganoiden wendet sich der R. cervicalis nach seinem Abgange von dem gemeinsamen Plexus in rostro-ventralwärts gehender Richtung nach vorn und unten zur hypobranchialen spinalen Muskulatur und endet mit zahlreichen, in ihrem Abgange und ihrer Verzweigung selbst individuell sehr variabeln Zweigen (Rr.cbr. und Rr.chy.) in derselben; die mehr dorsal strebenden begeben sich zu den Mm. coraco-branchiales 5, die ventralen, stärkeren zu dem M. coraco-hyoideus. Irgend welche Spuren von epibranchialen spinalen Muskeln oder für sie bestimmten Nervenfäden wurden ebenso wenig wie bei den Ganoiden gefunden. Die hypobranchiale spinale Muskulatur') zeigt gegenüber derjenigen der meisten Ganoiden und namentlich der Selachier eine ungemeine Vereinfachung; der bei Amia schon ziemlich vorgeschrittene Reduktionsprocess ist bei den Teleostiern noch weiter gegangen und bis zum völligen Ausfall der Mm. coraco-branchiales 1—4 und des M. coraco-mandibularis gelangt; bei Amia (p. 460 f.) existirten die Mm. coraco- branchiales 5 und 2, coraco-hyoideus und coraco-mandibularis.. Dagegen hat die bei Amia schon begonnene Sonderung des M. coraco-branchialis 5 bei den 'Teleostiern zu der Ausbildung von zwei ganz selbständigen, gänzlich von einander getrennten Mus- keln geführt”). Die bisher bekannten 'Teleostier besitzen somit nur Mm. coraco- branchiales 5 und den M. coraco-hyoideus. Die Mm. coraco-branchiales 5 werden bei den Teleostiern stets durch zwei vollkommen gesonderte Muskeln, einen mehr lateralwärts und oberflächlich verlaufenden und einen von diesem bedeckten, mehr in longitudinaler Richtung er- streckten, vertreten; ersterer, der Pharyngo-clavicularis externus der Autoren, kann auch unter Berücksichtigung seines Ursprunges vom Cleithrum und zugleich im Ein- I) Die folgende Skizze nimmt nur auf wenige Formen Bezug. Es ist nicht zweifelhaft, dass genauere und ausgedehntere Untersuchungen der mannigfachen Formen der Teleostier uns viel zahlreichere Variirungen und Specia- lisirungen zeigen werden. 2) In der blossen Existenz eines Coraco-hyoideus und Coraco-branchialis 5 bilden die Teleostier eine Parallele zu Polyodon. Lepidosteus mit seinem allein noch existirenden Coraco-hyoideus zeigt einen noch höheren Grad von Rückbildung. 121] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 469 klange mit der von den Selachiern ausgehenden Nomenklatur als Cleido-branchialis 5. externus, letzterer, der Pharyngo-clavicularis internus der Autoren, aus den gleichen Gründen als Cleido-branchialis 5. internus bezeichnet werden. Der M. cleido- branchialis 5. externus (pharyngo-clavicularis externus)') beginnt ziemlich schmal und in den Ursprungstheil des M. cleido-hyoideus mehr oder minder tief eingreifend von dem ventralen Bereiche des Cleithrum, wobei sein Ursprung bei den verschiedenen Teleostiern manchen Wechsel darbietet. Von da begiebt er sich mit parallelen oder etwas divergirenden Fasern in transversal-descendentem Verlaufe, also mehr dorsal- und medial- als rostralwärts, zu dem 5. Kiemenbogen, hierbei den M. eleido-branchialis 5. internus an dessen Aussenseite kreuzend, und inserirt an dessen Ceratobranchiale (Os pharyngeum inferius) im mittleren oder medialen Bereiche desselben, aber immer mit Ausnahme des medialen vorderen Endes. Bei den Physo- stomen repräsentirt er meist einen ziemlich schlanken Muskel, der schwächer als der M. cleido-branchialis 5. internus ist; bei den Anacanthinen und Acanthopteren wird er stärker und kann dem genannten Muskel an Stärke gleichkommen. Der M. cleido-branchialis 5. internus (pharyngo-clavicularis internus)’) nimmt meist mehr dorsal resp. dorso-lateral neben dem M. cleido-hyoideus Ursprung an dem Cleithrum und geht von da in longitudinal-descendenter Richtung, also vorwiegend rostralwärts nach vorn, wobei er den M. cleido-branchialis 5. externus an dessen Innenseite kreuzt. Mit konvergirenden Fasern begiebt er sich an das Cerato- branchiale 5 (Os pharyngeum inferius) und endet an demselben mehr vorn (rostro- medial) als der M. clbr. ext. Er ist meist der stärkere Muskel und kann bei ge- wissen Teleostiern (z. B. Cyprinoiden) auch die Tendenz zu einer noch weitergehenden Spaltung in zwei Theile darbieten. — Ueber die Innervation der beiden Pharyngo- claviculares differiren die Angaben der Autoren. VerrEer bemerkt für den Ph. cl. externus von Esox, sowie den Ph. ce]. internus von Esow und Perca eine Versorgung durch den R. pharyngeus inferior des Vagus, für den hinteren Theil des Ph. el. in- ternus von Oyprinus eine solche durch die beiden ersten Spinalnerven, giebt aber der ersteren Innervation den Vorzug und trennt daraufhin beide Muskeln gänzlich von der ventralen Längsmuskulatur ab. Mc Murric#H beschreibt bei Amiurus eine Versorgung beider Mm. ph. cl. durch den ersten Spinalnerven, der dem occipito-spinalen Nerven b entspricht. Ich schliesse mich nach specieller Untersuchung an Esox, Gadus und Caran® McMuvrricH in der Hauptsache an und statuire ebenfalls für beide Muskeln eine Innervation durch b resp. b + c. Der Nachweis der sehr wechselnd abgehenden 1) Nr. 36 (p. 413) von CUVIER et VALENCIENNES; einer der Coraco-hyoidiens von CUVIER-DUMERIL; Nr. 2 (p- 115) von Stannıus (1853); Branchi-retractor inferior von OWEN und ALBRECHT; unterer Theil des Omozonio- branchialis s. Interareualis internus VI von ALBRECHT (der ihn wie bei den Ganoiden mit den vom Vagus versorgten Interarcuales interni III—V konfundirt); Pharyngo-clavieularis externus von VETTER und MCMURRICH. 2) No. 37 (p. 412) von CUVIER et VALENCIENNES; einer der Coraco-pharyngiens von .CUVIER-DUMERIL; No. 1 (p. 115) von Stannıvs (1853); Branchi-retraetor superior von OWEN und ALBRECHT; oberer Theil des Omozonio- branchialis s. Interbranchialis internus VI von ALBRECHT (vergl. die vorhergehende Anmerkung); Pharyngo-elavicularis internus von VETTER und McMURrRICH. Festschrift für Gegenbaur. III, 60 470 Max FÜRBRINGER [122 und verlaufenden Zweige ist allerdings nicht leicht zu führen und wird durch das Interkurriren von Vagusästen noch gestört; die Angaben von VETTER sind somit sehr erklärlich und entschuldbar. Der M. coraco-hyoideus oder cleido-hyoideus'), wie er mit Rück- sicht auf seinen Ursprung vom Cleithrum auch heissen kann, repräsentirt den Haupt- theil der hypobranchialen spinalen Muskulatur. Er bildet einen schlanken, aber nicht unkräftigen, aus 2—4 Myomeren bestehenden Muskelkegel, der unpaar, d. h. mit dem der Gegenseite verwachsen, theils von dem medialen Bereiche der beiden in der Mittellinie zusammenstossenden Cleithren beginnt, theils die direkte (nur durch Inscriptio tendinea unterbrochene, Fortsetzung der postzonalen ventralen Rumpf- muskulatur bildet. In der Regel bildet der von dem Cleithrum kommende Theil die Hauptmasse, wenn nicht den ganzen Muskel; bei den Cyprinoiden dagegen kann er gegen den aus der Rumpfmuskulatur sich fortsetzenden Theil zurücktreten. Der Muskel verläuft, sich verjüngend, nach vorn und kommt bald mit dem ausserordent- lich verschieden, meist aber sehr ansehnlich entwickelten unpaaren Zungenbeinstiel (Urohyale) in Berührung, an dessen beiden Seiten inserirend, und wird durch den- selben in seine rechte und linke Hälfte getheilt, die schliesslich vorn an der Copula hyoidea und mit zwei mehr divergirenden kräftigen Sehnenzipfeln am Copulare des Hyoids (Hypohyale) sich ansetzen. Auch hier herrschen im Detail recht wechselnde Verhältnisse. Ueber die Innervation des Cleido-hyoideus durch oceipito-spinale Nerven b resp. b + c) besteht keine Kontroverse. C. Dipnoer. Taf. VII Figg. S—10. Taf. VIII Fig. 8. Die Kenntniss der spino-occipitalen Nerven der Dipnoer ist erst durch neuere Untersuchungen eine befriedigende geworden; die früheren Arbeiten thun derselben nur ungenügend Erwähnung und enthalten auch mehrfache falsche Angaben. Beschreibungen resp. Abbildungen der betreffenden Verhältnisse bei Cera- todus finden sich bei Güntner (1871 Pl. XXXV Fig. 2), Beaurecarn (1881) und Sınpers (1889). Ueber Protopterus handeln WIEDERSsHEIM (1879, 1850, 1856, 1888), dem sich W. N. Parker (1889, 1892) anschiesst, Iversen (1886), Furniaurr (1886), Burcknarpr (1592) und Pınkus (1894, 1595); namentlich den drei letzten Autoren ver- danken wir eine treffliche Schilderung der bezüglichen Nerven, deren Deutung ich indessen nicht allenthalben zustimme. Ueber Lepidosiren macht Hyrrı (1545) und im Anschluss an ihn Sranntus (1849) einige Angaben. — Auch seien die kurzen Beschreibungen der Muskeln von Ceratodus durch Hunrery (1873 p. 253 fl, von 1) No. 1 von CUVIER et VALENCIENNES; Sterno-hyoideus von CUVIER-DUMERIL, STANNIUS und VETTER Retraetor hyoidei von OwEN; Omozonio-hyoides von ALBRECHT; Hyopectoralis von Mc MURRICH. 123] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLoCEPHALEN RTC. 471 Protopterus durch Owen (1840) und Hunrary (1873 p. 279 f.) und von Lepidosiren durch Hyrrr (1845 p. 157) erwähnt; W.N. Parker (1888 und 1892) macht einige Angaben über Zungenmuskeln resp. an dem Hyoid endende Muskeln. Verschiedene an- dere bekannte Arbeiten über die Dipnoer, wie von Huxrey über Ceratodus, BiscHorr über Lepidosiren etc. enthalten nichts über die hier zu behandelnden Verhältnisse. Ich habe Ceratodus Forsteri Krerrr in 4 Exemplaren (die ich der Güte des Herrn Professor R. Semon verdanke) und Protopterus annectens, Owen in 2 Exem- plaren untersucht; von Lepidosiren paradowa, Fırz (resp. L. articulata Entwers) hatte ich nur ein schlecht erhaltenes Rohskelet zur Verfügung, das über die Kanälchen der spino-oceipitalen Nerven nur Wahrscheinlichkeitsangaben erlaubt. Die Verhältnisse bei Ceratodus und Protopterus stimmen in den Hauptzügen überein und lassen nur im Detail geringere Abweichungen von einander erkennen. Die Occipitalregion der Dipnoer zeigt bezüglich der hier in Frage kommenden Ver- hältnisse unter allen bisher behandelten Vertebraten die meisten Anklänge an die Knorpelganoiden, geht aber zugleich durchaus ihre eigenen Wege, so dass hier mehr von einer Parallelität oder einem annähernd gleich hohen Grad der Entwickelung, aber nicht von einer intimeren Verwandtschaft gesprochen werden kann. Letztere wird auch durch das sonstige Verhalten des Schädels (vornehmlich Kiefer- und Hyoid- bogen, und der spino-oceipitalen Nerven ohne Weiteres ausgeschlossen. Die Knochen- ganoiden, Polypterus nicht ausgenommen, zeigen noch erheblichere Abweichungen von den Dipnoern, die den Versuch einer Begründung von näheren genetischen Be- ziehungen zwischen beiden Abtheilungen auf Grund der hier in Frage kommenden Bildungen aussichtslos erscheinen lassen. Bei Ceratodus (Taf. VII Figg. 8, 9) und Protopterus (Taf. VII Fig. 10, Taf. VIIL Fig. S) finden sich 4 resp. 5, insbesondere bei Ceratodus individuell variirende Nerven, welche in gesonderten Kanälen durch den Schädel treten; die zwei bis drei vorderen derselben bestehen in der Regel nur aus ventralen Wurzeln (nur an der hinteren von ihnen wurde bei Ceratodus A beiderseits eine nur mit sehr starker Lupen- vergrösserung nachweisbare dorsale Wurzel gefunden); die 2—»3 hinteren derselben haben ventrale und dorsale Wurzeln. Im Vergleiche mit den Holocephalen und Knorpelganoiden fasse ich die ersteren als occipitale Nerven auf und homologisire sie mit y, 2 resp. x, y, z, die letzteren als occipito-spinale Nerven und vergleiche sie mit a,b, resp. a,b,c, — Lepidosiren hat nach dem Verhalten der Nervenlöcher zu schliessen, vielleicht 3 occipitale und 2 (mit ventralen und dorsalen Wurzeln ver- sehene) occipito-spinale Nerven; die Nerven selbst waren an dem untersuchten Exemplare nicht vorhanden. Es stellen sich sonach die Verhältnisse: 2°, y’, 2°, a, 6° Ceratodus (A.r.) RE Protopterus (A.l.), Lepidosiren (?) sb Ceratodus (A.1, B.) Ye, abe Ceratodus (C.l.), Protopterus (A.r, B. Taf. VII Fig. 10). y’, 2”, a”, 5" c(3)“ Ceratodus (C.r,D., Taf. VII Figg. 8, 9). 60* 472 Max FÜRBRINGER [124 wobei c(3)"” einen Uebergangsnerven bedeutet, dessen ventrale Wurzel durch den Schädel nach Art eines occipito-spinalen Nerven, dessen dorsale Wurzel zwischen Schädel und Wirbel (nach Art eines spinalen Nerven) nach aussen tritt. Auch hier ist ein Vergleich mit den Angaben in der Litteratur nicht leicht, da jeder Autor die betreffenden Gebilde mit verschiedenen Namen bezeichnet und eine Bezugnahme auf die Ver- hältnisse bei den Selachiern vermissen lässt. Die von GüÜntnHer (1871 Pl. 35 Fig. 2) gegebene Abbildung des Schädelinneren von Ceratodus weicht hinsichtlich der in Frage kommenden Nervendurchtritte ziemlich erheblich von den von mir beobachteten Verhältnissen ab. Vermuthlich wurden einige Oeffnungen übersehen, wie auch die Grenze zwischen dem Schädel-Wirbel-Komplex und der beweglichen Wirbelsäule nicht markirt ist. Den Kanälen für die Nerven y und z entspricht die vordere Oeffnung, während für « nur eine ventrale Durchtrittsstelle angegeben wird; die Oeffnungen für 5 und c scheinen richtig wiedergegeben zu sein. — BEAUREGARD (1881 p. 240. 241, Pl. XVI Fig. 1) beschreibt nur zwei auf den Vagusursprung folgende Wurzeln, die er als Hypoglossus bezeichnet, aber sich mit dem Plexus axillaris (= Pl. brachialis) verbinden lässt; ihnen, die ich nur mit a und d zu iden- tifieiren vermag, folgt dann sofort der erste freie Spinalnerv. Mit diesen durchaus unvollständigen und dem wahren Verhalten nicht entsprechenden Angaben, die offenbar z. Th. durch die von WIEDERSHEIM bezüglich Protopterus gemachten Mittheilungen (1880) influenzirt wurden, kann ich in keiner Weise übereinstimmen. — SANDERS (1889 p. 167) beschreibt zwei von der Ventralseite der Medulla hinter dem Vagus abgehende Nerven mit doppelten Wurzeln, die sich nicht mit dem Vagus verbinden, sondern in eigenen Kanälen verlaufen, aber nicht als Hypoglossus (dessen Homo- logon von den Nn. spinales 2 und 3 gebildet werde) aufgefasst werden könnten. Ich iden- tifieire diese Nerven mit a und d, während y und z von SANDERS übersehen wurden. Bei Protopterus beschreibt und bildet WIEDERSHEIM (1880 p. 186. 187 Taf. VIII Figg. 10 und 19) zwei ventrale kräftige Wurzeln ab, von denen die vordere die hintere weit an Stärke übertrifft; beide vereinigten sich zum Hypoglossus, der sich weiterhin mit dem ersten Spinal- nerven und einem Aste des Vagus (Sr) zu dem Plexus axillaris verbinde und die vordere Extremi- tät bis zu ihrer freien Spitze versorge; ein vorderer, einmal bei einem kleinen Exemplar auf- gefundener Zweig der Hypoglossus-Schlinge, innervire den M. cephalo-hyoideus. Ich bin geneigt, den vermeintlichen Vagusast Sr mit y und z oder mit =, die beiden Hypoglossus-Wurzeln aber mit a” und 5° zu vergleichen, und identificire den Zweig für den M. cephalo-hyoideus mit dem Ramus (Plexus) cervicalis. Im Uebrigen aber finde ich nichts, was mit den von mir beobachteten Ver- hältnissen in Einklang zu bringen wäre. Später (1886 p. 345) beschreibt WIEDERSHEIM zwei ventrale Wurzeln des Vagus, welche sich schon intrakraniell mit den sieben dorsalen Wurzeln des Vagus vereinigten; ich identifieire dieselben mit y und z. Weitere und z. Th. verbesserte Angaben, im Anschlusse an die von IvERSEN ausgeführten Untersuchungen, enthalten die zweite und dritte Auflage des Grundrisses der vergleichenden Anatomie (1888 p. 178. 179 und p. 187, 1893 p. 290), wonach die beiden ersten mit dem Vagus sich verbindenden und zu ihm gehörenden Wurzeln (identisch mit meinen y und z) als die zwei ersten, die auf sie folgenden und durch besondere Kanäle verlaufenden zwei letzten Wurzeln (identisch mit « und b) als die zwei letzten Hypoglossus- Wurzeln aufgefasst werden; diese beiden letzten besitzen ventrale und dorsale Wurzeln und 'sind ursprünglich spinale Nerven, welche erst sekundär dem Kopfe einverleibt wurden. — FULLIQUET (1886 p. 33. 67. 75, Pl. I B.C II 6. 7) beschreibt und bildet zwei vordere (rostrale), bloss ventrale Wurzeln besitzende Nerven (identisch mit y und z) und zwei hintere (caudale), separat durch den 125] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHTER UND HOLOCEPHALEN ETC. 473 Schädel tretende Nerven ab, deren erster (identisch mit a) bloss eine ventrale, deren zweiter (2) eine ventrale und dorsale Wurzel hat. Die beiden ersten rechnet er dem Vagus zu, die beiden letzten bilden nach ihm den Hypoglossus. — Die oben kurz erwähnten Befunde von WIEDERS- HEIM’s Schüler IvERSEN (1886 p. 2, 3) beruhen in dem Nachweise einer Existenz dorsaler Wurzeln bei den beiden Komponenten des Hypoglossus (« und 5 nach meiner Nomenklatur), deren hinterer auch ein Ganglion besitze. Es handelt sich somit hier um spinale Nerven, die unter Ver- schmelzung der ersten Wirbel mit dem Cranium Kranialnerven geworden seien; wie WIEDERSHEIM gezeigt, schliesse bei ganz jungen Exemplaren von Protopterus die Schädelkapsel mit der Labyrinth- region ab. Der ächten oceipitalen Nerven (y und z), die FuLLIQUET unzweifelhaft beschrieb, thut IvERSEN keine Erwähnung. — W. N. PARKER, ein anderer Schüler WIEDERSHEIM's, schliesst sich in seiner ersten Abhandlung (1888 p. 88), wie es scheint, ohne besondere bezügliche Unter- suchungen gemacht zu haben, seinem Lehrer in den betreffenden Verhältnissen an; in der zweiten (1892) sagt er nichts über das Nervensystem. — BURCKHARDT giebt in den zwei kürzeren (1572 A.p. 93 und 1892 B. p. S9) und der ausführlicheren Abhandlung über das Centralnervensystem von Protopterus (1592. C. p. 12 Taf. I Figg. 2. 3) ausführliche und genaue Mittheilungen und Abbildungen von den betheiligten Nerven, welche in der Hauptsache mit denen von FULLIQUET übereinstimmen; lediglich in der Beschreibung von drei vorderen (rostralen) Nerven, welche er als ventrale motorische Wurzeln des Vagus auffasst und welche mit den oceipitalen Nerven x, y, z identisch sind, weicht er von diesem Autor, der nur zwei (y, 2) angab, ab. Offenbar liegt hier nur eine individuelle Variirung vor. — Eine weitere Vervollständigung erhält unsere Kenntniss der einschlägigen Verhältnisse durch die vortreffliche Untersuchung von Pınkus (1895 p. 325 —329, Taf. XV Figg. 3. 6. 8. 9). Auch Pıykus unterscheidet drei vordere (rostrale) ventrale Wurzeln (identisch mit z, y, z), welche er als ventrale Wurzelgruppe des Vagus bezeichnet, und zwei hintere (caudale) Nerven (identisch mit « und 5), welche beide ventrale und dorsale, mit Ganglien versehene Wurzeln besitzen; letztere fasst er als die beiden Komponenten des Hypoglossus und zugleich als Homodyname der Spinalnerven auf. Diese fünf Nerven verlaufen in gesonderten Kanälen durch den Schädel; die drei ersten (z, y, z) versorgen die viscerale Muskulatur, die beiden letzten (a, 5) Rumpf und vordere Extremität. — Ich stimme den Angaben von BURCKHARDT und Pınkus in allem Wesentlichen bei; lediglich des Letzteren Angabe betreffs der Versorgung der visceralen Muskulatur modifieire ich dahin, dass es sich hier nur um die hypobranchiale spinale Muskulatur (die Mm. coraco-arcuales) handelt. In welcher Weise ich in der Deutung dieser Nerven von allen Autoren abweiche, geht aus der von mir gebrauchten Nomenklatur und meinen früheren Angaben hervor. Ueber Lepidosiren existiren nur mangelhafte ältere Angaben von Hyrrı, (1845 p. 47. 48), die auch Srannıus (1849 p. 124) zum Theil rekapitulirt. Einerseits (p. 47) beschreibt Hyrru als dritten Ast des Vagus einen Zweig, der in dem M. coraco-hyoideus und dem unteren geraden Stammmuskel bis zum hinteren Ende der Bauchhöhle verläuft, beide Muskeln mit Zweigen ver- sorgend, andererseits (p. 48) erwähnt er einen haarfeinen Nervenfaden, der in besonderer Bahn den Schädel durchsetzt, um sich danach mit dem Vagus zu verbinden. In dem ersten Nerven finde ich den rein sensiblen Ramus lateralis inferior n. vagi, dem HyrrL irrthümlich motorische Zweige zuschreibt, wieder, in dem letzteren einen der oceipitalen Nerven (y oder 2). Durch das Vorhandensein von zwei und nicht selten selbst drei oceipitalen Nerven (y, z resp. @, y, 2), sowie durch die, allerdings nur an einem Exemplare beiderseitig beobachtete, Existenz einer feinen dorsalen Wurzel von z stellen sich die Dipnoer auf die gleiche Stufe wie die Knorpelganoiden, ja selbst noch ein wenig tiefer, indem bei diesen bisher nur in der Jugend bei Acipenser ruthenus (p. 453), die 474 MAx FÜRBRINGER [126 ed Dreizahl der ventralen Wurzeln, nie aber 2° beobachtet werden konnte. Nur bei einzelnen pentanchen Haien, sowie bei den Notidaniden finden sich bezüglich der occipitalen Nerven primitivere Verhältnisse. — Die feinen occipitalen Nerven nehmen wie gewöhnlich von vorn nach hinten successive an Dicke zu und bestehen in der Regel nur aus ventralen Wurzeln. Die bei dem kleinsten Exemplare von Ceratodus (A) beobachtete dorsale Wurzel, welche diesem eine ungemein tiefe Stellung anweist, bestand aus wenigen degenerirten Nervenfasern, lässt aber Ganglienzellen nicht mehr erkennen. In ihrem centralen Ursprunge von der ventro-medialen Zellensäule der Medulla und in ihrem Abgange von derselben bekunden sie unzweifelhaft ihre Homo- dynamie mit den ventralen Wurzeln der Spinalnerven und unterscheiden sich durch- aus von den ächten motorischen Vaguswurzeln. — Ihr Abgang von der Medulla liegt im Gebiete der Vagusursprünge, derart, dass @ vor der Mitte, y und z in der Regel im Bereiche der hinteren (caudalen) Hälfte bis '/, derselben liegen; unter Um- ständen (Befund von Pınkvs) kann der Abgang von © selbst dem Abgange der ersten Vaguswurzel entsprechen.') Die occipito-spinalen Nerven (a, b resp. a, b, c) sind stärker als ihre occi- pitalen Vorgänger, werden meist caudalwärts dicker, können aber auch die gleiche oder selbst eine nach hinten abnehmende Dicke zeigen. Das steht zu Rückbildungen im peripherischen Gebiete (vordere Extremität) in Korrelation. Allenthalben, bei Ceratodus (Taf. VII Figg. 8, 9) und Protopterus (Taf. VII Fig. 10), besitzen sie ventrale und dorsale Wurzeln, letztere mit Spinalganglien. Bei a bestehen die Spinalganglien aus nur wenigen Zellen, welche eine äussere Anschwellung in der Regel nicht er- kennen lassen, aber bei mikroskopischer Untersuchung leicht und unzweifelhaft nach- gewiesen werden konnten’); bei b sind sie recht ansehnlich. In jeder Hinsicht gleichen die occipito-spinalen Nerven den auf sie folgenden Spinalnerven; der erste von ihnen (a) dokumentirt in dem Verhalten seiner dorsalen Wurzel einen weiter fortgeschrittenen Grad der Rückbildung. Zwei Exemplare von Ceratodus (C rechter- seits Taf. VII Fig. 9, D beiderseits Taf. VII Fig. S) zeigten drei ventrale, aber nur zwei dorsale durch den Schädel gehende Wurzeln; die zu der ventralen Wurzel c gehörende dorsale ging zwischen Schädel und Wirbelsäule nach Art eines freien Spinalnerven (3°) hindurch; der letzte occipito-spinale Nery erwies sich also hier als Uebergangsnerv (c(3)', cf. p. 472). Hier liegt gegenüber den anderen Exemplaren von Ceratodus, wie gegenüber Protopterus eine sekundäre Ausdehnung des Schädels resp. des kranio-vertebralen Komplexes vor, welche zur Aufnahme von 3° (welches v damit c’ wurde), aber noch nicht zur Einverleibung von 3° führte. — Die Abgänge der oceipito-spinalen Nerven von der Medulla finden stets hinter (caudal von) dem Vagusursprung statt. Der intrakranielle Verlauf der occipitalen und occipito-spinalen Nerven 1) Die von FULLIQUET gegebene Abbildung (Pi. I. C.). wonach y und z in der Höhe der vorderen (rostralen) Hälfte des Vagusursprunges abgehen, verlegt diese Nerven wohl etwas zu weit nach vorn. 2) IVERSEN vermisste sie, PINKUS bildet eine kleine Anschwellung ab. 127] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND FIOLOCEPHALEN ETC. 475 vom Abgange von der Medulla bis zum Durchtritte durch den Schädel ist wie bei den Ganoiden ein sehr schräger, z. Th. in der schrägen Richtung selbst den Vagus übertreffender, und findet in dem bereits angegebenen Vorrücken der ventralen Ur- sprungssäule seine Erklärung. Dem entsprechend liegen die Durchtrittsöffnungen an der inneren Schädel- wand auch bei den ersten dieser Nerven immer caudal von dem Foramen pro vago (Taf. VII Figg. S—-10), wobei Ceratodus eine etwas grössere Entfernung vom Vagus und zugleich beträchtlichere Distanzen der einzelnen Nervenöffnungen (mit Anus- nahme von yzuz) unter einander, Protopterus und noch mehr Lepidosiren eine etwas grössere Zusammendrängung derselben aufweisen. Die Oeffnung für y liegt übrigens dem Vagusloch etwas benachbarter als bei den Knorpelganoiden. Ceratodus zeigt zugleich eine grosse Annäherung von y zu z, welche in eine gemeinsame Grube eintreten, jedoch, wie die genauere Präparation lehrt, in gesonderten Kanälen durch die Schädelwand hindurchtreten (Taf. VII Fig. 9). Hinsichtlich des Genaueren ver- weise ich auf die Abbildungen. Der Verlauf aller dieser Nerven und Wurzeln durch den Schädel findet wie bei den Selachiern und Ganoiden in separaten Kanälen statt, welche wie dort eine gewisse Konvergenz nach aussen darbieten. Austritte unter Benutzung des Vagus- kanales beobachtete ich niemals. Nach dem Ausgange aus dem Schädel bieten die oceipitalen und occipito- spinalen Nerven gesonderte Beziehungen dar (Taf. VIII Fig. 8). Die Ersteren bilden eine Ansa, welche einen Nerven hervorgehen lässt, der zum weitaus über- wiegenden Theile die hypobranchiale spinale Muskulatur versorgt, somit einem Plexus cervicalis (Pl. cv.) entspricht; die Letzteren dagegen verbinden sich zu einem Plexus, der in Gemeinschaft mit den darauf folgenden Spinalnerven sich an der Versorgung der vorderen Extremität betheiligt, Plexus brachialis (Pl. br.). Die Zusammensetzung beider Plexus lässt sich somit folgendermaassen aus- drücken: Plexus cervicalis. 2,9% 2 Ceratodus, Protopterus Y, 2 Ceratodus, Protopterus Plexus brachialis. a,b, v3 Protopterus li, en ah Oeratodus a, b,c(3), 4,5 Ceratodus a, b, c(3), 4, 5,6 Ceratodus Es ist nicht zweifelhaft, dass die Beschränkung des Plexus brachialis von Protopterus auf drei Wurzeln‘) mit der Rückbildung der Brustflosse dieses Thieres zusammenhängt. 1) Einmal gelangte auch ein feines Fädehen von 4 zur Brustflosse. 476 Max FÜRBRINGER [128 In der rein durchgeführten Trennung zwischen Plexus cervicalis und brachialis') — nur zweimal wurde bei Ceratodus ein ganz feiner den Verband von ersterem zu letzterem vermittelnder Faden gefunden, der aber (zu Folge seiner grossen Feinheit und Brüchigkeit an dem untersuchten Exemplare) nicht bis zur vorderen Extremität verfolgt werden konnte und möglicher Weise auch bloss aus für die Rumpf- muskulatur bestimmten Fasern besteht — liegt ein Verhalten vor, welches bisher weder bei Selachiern und Holocephalen, noch bei Ganoiden und 'Teleostiern zur Beobachtung kam und zugleich die separate Stellung der Dipnoer gegenüber den Ganoiden bezeugt; auch Polypterus unter den Letzteren zeigt einen Plexus cervicalis, der nur zum kleineren Theile einen selbstständigen Verlauf darbietet, zum grösseren dagegen von dem gemeinsamen Plexus cervico-brachialis sich abzweigt (Taf. VIII Fig. 2). Andererseits kommt in dieser Selbstständigkeit beider Plexus bei den Dipnoern eine Entwickelungsrichtung zum Ausdruck, welche sich bei den Amphibien und in höherer Entwickelung bei den Amnioten wiederfindet. Der den Plexus cervicalis repräsentirende Nerv bildet einen zuerst ventro- caudalwärts, dann ventro-rostralwärts absteigenden Bogen und verläuft dann im ven- tralen Gebiete nach vorn (rostralwärts), hier einen Stamm bildend, der sich mit zahl- reichen Zweigen in der hypobranchialen spinalen Muskulatur vertheilt, lediglich deren Versorgung übernehmend. Auf diesem Wege kreuzt er den Vagus, an dessen Aussenseite vorbeiziehend, und steht mit dessen Aesten in einem wechselnden, immer leicht zu lösenden Zusammenhange. Epibranchiale spinale Muskeln finden sich bei den Dipnoern ebenso wenig wie bei den Ganoiden und Teleostiern. Die hypobranchiale spinale Muskulatur der Dipnoer unterscheidet sich wesentlich von derjenigen der Ganoiden und gestattet nur eine Ableitung von den entsprechenden Bildungen der Selachier. Ceratodus bietet hierbei die ursprüng- licheren Verhältnisse dar, während Protopterus z. Th. ganz einseitige Differenzirungen aufweist, die sich überhaupt bei Wirbelthieren nicht wiederfinden. Doch werden dieselben unter Vergleichung mit Ceratodus verständlich; die kausalen Momente bilden 1) Meine an mehreren Exemplaren beider Gattungen kontrolirten Untersuchungen stimmen mit den von Pınkus bei Protopterus gemachten Angaben am meisten überein, weichen dagegen von denen WIEDERSHEIM’s (1879 p- 3, 1880 p. 187, 188) total ab. WIEDERSHEIM findet einen gemeinsamen Plexus, wobei auch der Vagus (wahr- scheinlich sind damit die occipitalen Nerven gemeint) sich an der Innervation der Bauchflosse betheilige, und erblickt in diesem Befunde das Beweismaterial, „um die GEGENBAURr’sche Hypothese über die Entstehung des Schultergürtels zur unumstösslichen Thatsache zu erheben“. Die Funde WIEDERSHEIM’s differiren indessen gerade in dieser Hinsicht so sehr mit den meinigen, dass man glauben möchte, es habe ihm für diese Untersuchung ein ganz anderes Thier als Protopterus vorgelegen. Jedenfalls kann von einer Betheiligung des Vagus am Plexus brachialis, unter welchen Einschränkungen auch, bei den Dipnoern keine Rede sein. — Später ist WIEDERSHEIM bekanntlich zu sehr anderen Anschauungen über die ontogenetische und phylogenetische Natur der vorderen Extremität gelangt, hat aber die Untersuchung der oben erwähnten bezüglichen Verhältnisse bei den Dipnoern nicht wieder aufgenommen. 129] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND FIOLOCEPHALEN ETC. 477 hierbei die beträchtlichere Rückbildung der vorderen Extremität und die höhere specifische Ausbildung der Rumpfmuskulatur in jener Gegend. Beide Dipnoer sind gekennzeichnet durch die mächtige und breite Entfaltung der zum Hyoid gehenden Hauptmasse (Hauptstock und M. coraco-hyoideus), durch die mehr oder minder vollkommene Emancipation des M. coraco-mandibularis von derselben und durch die sehr schwache Ausbildung der zu einem Muskel vereinigten Mm. coraco-branchiales. M. coraco-mandibularis. Der Coraco-mandibularis von Ceratodus') bildet einen breiten und nicht unkräftigen unpaaren Muskel, der, am meisten an denjenigen von Scymnus (Taf. VI Fig. 3) erinnernd, von dem Vorderrande und der Innenfläche der Mitte des Schultergürtels (Korakoid und Clavieula) entspringt, mit in der Haupt- sache parallelen (nur in der Mitte des Verlaufes etwas ausgebauchten) Fasern nach vorn geht und breit sehnig-muskulös am mittleren Theile des Hinterrandes der Mandibula endet. Am Ursprunge ist er wenig mit dem von ihm gedeckten Haupt- stocke verbunden, sonst gänzlich von diesem getrennt. Fine zum Sehnenspiegel aus- gebreitete Inscriptio an der Innenfläche lässt daran denken, dass er ursprünglich aus 2 Myomeren bestand; doch kann die genannte Bildung auch eine sekundäre sein. Nach seinem Ursprunge kann er als Coraco-cleido-mandibularis bezeichnet werden. — Bei Protopterus?) hat sich der Muskel völlig von der übrigen Masse emancipirt und zugleich zu Folge der mächtigen Entwickelung der ventralen Rumpf- muskulatur und der vorgeschrittenen Rückbildung des Schultergürtels jeden Zusammen- hang mit Letzterem verloren. Er stellt einen ganz dünnen aber ziemlich breiten, unpaaren Muskel dar, der die unmittelbare, nur durch Inscriptio von ihr getrennte Fortsetzung der oberflächlichen dünnen Schichte der ventralen Rumpfmuskulatur bildet und mit in der Hauptsache parallelen Fasern nach vorn gelangt, um schliess- lich mit einer sehr dünnen, aber nicht unbeträchtlich in die Länge und Breite aus- gedehnten Aponeurose an dem Hinterrande des Unterkiefers zu enden. Die Stelle, wo der Muskel sich hinten von der oberflächlichen ventralen Muskulatur ablöst, entspricht der 4. Inscriptio tendinea (von vorn gezählt), die Stelle dagegen, wo der Schulter- gürtel sich befindet, der ersten Inscriptio; man wird somit den Muskel ursprünglich als einen monomyomeren bezeichnen. Oberflächlich wird er wie bei Ceratodus von der oberflächlichen Lage des Constrictor superficialis ventralis bedeckt; derselbe ist zugleich sehr fest mit der Insertionsaponeurose des Coraco-mandibularis verwachsen. Auf Grund des hinteren Ursprungs kann man den Muskel auch Thoracico-mandi- bularis benennen. Hauptstock und M. coraco-hyoideus. Bei Ceratodus‘) bildet der Haupt- 1) Genio-coraeoid von HumpHry (1873 p. 285). 2) Genio-hyoideus von OWEN (1840); tiefe Schicht des Superfieial stratum of ventral musele or Genio-hyoid von HumpHry (1873 p. 261). Die oberflächliche Schichte des Superficial stratum HumrHry’s entspricht dem — zum cerebralen Systeme gehörigen — Constrietor superficialis ventralis. 3) Coraco-hyoid von HuMPHRY (1873 p. 285, 286). Festschrift für Gegenbaur. III, 61 478 Max FÜRBRINGER [130 stock, der vorn am Hyoid endet (Coraco-hyoideus), eine sehr breite und mächtige unpaare Muskelmasse, die in ihren Dimensionen und sonstigen Verhältnissen am meisten an die entsprechende Bildung von Rhina (Taf. VI Fig. 8) erinnert; doch besteht sie nur aus 4 durch drei Inscriptionen getrennten Myomeren, von welchen Inscriptionen lediglich die mittlere an der ventralen Oberfläche deutlich zu Tage tritt. Der Muskel entspringt dreimal breiter als der Coraco-mandibularis von dem Vorder- rande und der Innenfläche des Schultergürtels (Clavieula und Korakoid) und steht zugleich in ausgedehntem Verbande mit dem Herzbeutel, der sich grösstentheils caudalwärts unter und hinter den Schultergürtel erstreckt; seine Ursprungsfasern reichen hierbei ziemlich weit an der Innenfläche des Pericards hinab und kommen hierbei den tiefen Myomeren der postzonalen Rumpfmuskulatur nahe. Mit konvergirenden Fasern geht der Muskel nach vorn und sondert sich hierbei in eine dünnere, ober- flächliche, und eine viel stärkere, tiefe Lage. Die oberflächliche Lage wird rein sehnig und sondert sich in einen breiteren unpaaren und einen schmäleren rechten und linken paarigen Zipfel; ersterer endet an der Ventralfläche der Copula des Hyoids, letztere inseriren an der Ventralfläche der Verbindungsstelle des Copulare (Hypohyale) und Ceratohyale. Auch darin zeigt Ceratodus Aehnlichkeit mit Rähina. Die tiefe sehnig-muskulöse Hauptmasse heftet sich an die hintere und z. Th. auch dorsale Fläche des Hypohyale und des angrenzenden Endes des Ceratohyale. Nach seinem Ursprunge ist der Muskel als Coraco-cleido-hyoideus zu bezeichnen. — Bei Pro- topterus') entsteht der noch mächtigere Muskel zum kleineren Theile vom Schulter- gürtel (Korakoid und Clavieula); mit dem grösseren Theile bildet er die, nur durch Inscriptio getrennte Fortsetzung der tieferen Lage der ventralen Rumpfmuskulatur, und zwar entspricht seine Abgrenzung von derselben im Niveau des Schultergürtels der zweiten oder dritten Inscriptio tendinea (von vorn gezählt); er besteht sonach aus drei Myomeren, von denen die beiden vordersten nicht vollkommen von einander getrennt sind. Mit konvergirenden Fasern geht der Muskel nach vorm und spaltet sich hier auch in eine dünne oberflächliche und eine viel dickere tiefe Lage. Die oberflächliche Lage geht in eine dünne und mässig breite Aponeurose über, die ventral am Hyoid vorbeiziehend, sich zur Schleimhaut des Mundbodens begiebt und hier endet, eine Art Vorläufer für den M. hyo-glossus bildend’); doch besteht 1) Genio-hyoideus (?) und Coraeo-hyoideus von OWEN (1840); Retractor ossis hyoidei s. Sterno-hyoideus und Coraco-hyoideus von HyktL (1845 p. 15, 16); Cervicalis profundus s. Coraco- or Ventro-hyoid von HUMPHRY (1873 p. 263). 2) Auch W. N. Parker führt in seiner ersten Veröffentlichung über Protopterus (1888 p. 11) einen mächtigen im Bereiche der hinteren zwei Dritttheile der Zunge liegenden M. hyoglossus und einen am 7. Kiemenbogen ent- springenden M. branchioglossus an, beide ohne sonstige Beschreibung. In der grösseren Monographie (1892 p. 131) wird die Existenz von eigentlichen Zungenmuskeln (intrinsie muscles of the tongue) in Abrede gestellt, aber als extrinsie muscles werden die mächtige Fortsetzung der ventralen Rumpfmuskulatur an das Hyoid, sowie ein kleines Muskelband vom 1. Branchialbogen zum Hyoid angeführt. Ersterer, der wohl dem Hyoglossus der ersten Veröffent- liehung entspricht, ist identisch mit dem im obigen Texte beschriebenen Coraeo-hyoideus, letzterer, der Branchio- glossus der ersten Mittheilung, repräsentirt den Kerato-hyoideus internus meiner Beschreibung. Die von mir als Hyo-glossus oder Thoracico-glossus bezeichnete oberflächliche Partie führt PARKER nicht an. 131] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 479 zwischen diesem und der hier vorliegenden Bildung. die eher den Namen Thoracico- slossus verdient, keine speciellere Homologie, mehr Verschiedenheit als Ueberein- stimmung. Die tiefe Hauptmasse geht, kurz vor der Insertion in die rechte und linke Hälfte sich sondernd, vorwiegend muskulös ziemlich breit an die hintere Fläche des medialen Theiles des Hyoid (Ceratohyale). Nach seinem Ursprung kann man den Muskel bei Protopterus Coraco-cleido-thoracico-hyoideus nennen. Mm. coraco-branchiales'.. Achnlich wie bei den Rochen und Holo- cephalen bilden die Coraco-branchiales einen der Hauptmasse der hypobranchialen spinalen Muskulatur lateral angelagerten Muskel, der einheitlich entspringt und erst gegen die Insertion hin in seine einzelnen Zacken zerfällt. Entsprechend der Rückbildung der an Zahl nicht, wohl aber an Volumen erheblich verminderten Kiemenbogen tritt er, gegenüber den Rochen und lHolocephalen, beträchtlich an Masse zurück. Von keiner Bildung bei Ganoiden kann er abgeleitet werden; die Entwickelungswege derselben und der Dipnoer sind von Anfang an divergente. Bei Ceratodus entspringt der dünne und ziemlich unbedeutende Muskel am Schulter- gürtel dicht neben dem Hauptstocke und erstreckt sich neben demselben in einiger Ausdehnung dorso-lateralwärts an der Vorderfläche des Schultergürtels hinauf; von diesem dorso-lateralen Theile beginnt die für den 5. Kiemenbogen bestimmte, von dem mehr medialen, dem Hauptstocke angelagerten die zu den 4 ersten Kiemen- bogen gehende Partie. Der M. coraco-branchialis 5 bildet den breitesten Theil des Muskels und inserirt ziemlich ausgedehnt am 5. Kiemenbogen; auch dorsal von dem- selben erstrecken sich seine Fasern und aberriren hier, wahrscheinlich in Folge der Rückbildung des dorsalen 'Theiles des Kiemenbogens, am Schädel. Die Mm. coraco- branchiales 4 und 3 enden mit schlanken Zacken muskulös am 4. und 3. Kiemen- bogen, im medio-ventralen Bereiche derselben, jedoch nicht an den medialen Enden, die frei bleiben. Die M. coraco-branchiales 2 und I gehen in kurze feine Sehnen über, die an den entsprechenden Stellen des 2. und 1. Kiemenbogens sich anheften; der medial neben der Imsertion des Coraco-branchialis 1 befindliche Bereich des I. Kiemenbogens wird von dem muskulösen Ursprunge des ziemlich kräftigen (vom N. glossopharyngeus innervirten) M. cerato-hyoideus internus’) eingenommen. Die 4 ersten Coraco-branchiales sind annähernd von gleicher Grösse. — Bei Protopterus‘) 1) Soweit mir bekannt, von keinem Autor erwähnt. 2) Entsprechende Gebilde wurden bei Teleostiern auch von VETTER (1878 p. 518) beschrieben. 3) Wie W. N. PARKER (1892 p. 161, 162) und Pınkus (1895 p. 318) zähle ieh bei Protopterus auf Grund der Innervation der Kiemenbogen durch die Nn. glossopharyngeus und vagus und der sonstigen Verhältnisse 5 Kiemenbogen. Owen (1840), PETERS (1845), Mc DonneLL (1858—60) und WIEDERSHEIM (1880 p. 166, sowie 1883—18S8 in den beiden ersten Auflagen des Lehrbuches und Grundrisses der vergleichenden Anatomie) hatten bekanntlich die Existenz von 6 Kiemenbogen angegeben, indem sie vor der ersten Kiemenspalte, zwischen dieser und dem Hyoid einen ersten Kiemenbogen annahmen (von WIEDERSHEIM 1880 Taf. VII Fig. 8 abgebildet) und danach die weiteren Kiemenbogen als 2 bis 6 bezeichneten. PARKER (1892 p. 161f.), auf den ich auch hinsichtlich der Litteratur ver- weise, tritt für die Existenz von nur 5 Kiemenbogen ein und WIEDERSHEIM korrigirt auch in der 3. Auflage des Grundrisses der vergl. Anatomie (1893 p. 111 Fig. $0) dementsprechend seine früheren Angaben. Endlich handelt Pınkus (1895 p. 318) darüber und giebt an, dass der früher als 1. Kiemenbogen gedeutete Knorpel seinem Bau nach den übrigen Kiemenbogen gleiche, aber bei jungen Thieren nur 1,08 mm resp. 2,36 mm lang sei; es scheine sich hierbei um eine Abspaltung vom 1. Kiemenbogen zu handeln. Ich habe denselben bei den mir vorliegenden Thieren 61* 480 Max FÜRBRINGER 132 ist der Coraco-branchialis noch weiter zurückgebildet, so dass es einiger Sorgfalt bedarf, um ihn genau darzustellen. Er bildet hier einen sehr dünnen und unbe- deutenden Muskel, dessen Insertionszacken, zu Folge der Reduktion, früher gesondert sind als bei Ceratodus. Der M. coraco-branchialis 5 ist breiter als die vorderen Coraco-branchiales, aber namentlich im dorso-lateralen Bereiche von ausnehmender Dünnheit; hier sind die letzten Fasern nur noch mikroskopisch nachzuweisen. Der. M. coraco-branchialis 4 repräsentirt eine äusserst unbedeutende Zacke, der M. coraco- branchialis 3 ist doppelt so stark, der M. coraco-branchialis 2 ein wenig schwächer als der Cbr. 3; der M. coraco-branchialis 1 ist völlig zurückgebildet. Alle Coraco- branchiales inseriren muskulös, genau an den Ceratodus entsprechenden Stellen der Kiemenbogen; medio-rostral von dem Cbr. 2 beginnt der bei Protopterus mit 2 kurzen Sehnenzacken vom 1. und 2. Kiemenbogen entspringende schmale M. cerato-hyoideus internus. D. Amphibien. Taf. VII Figg. 11—14, Taf. VII Figg. 9—12. Die Amphibien beginnen, wie im Allgemeinen genugsam bekannt ist, eine neue Richtung, welche an die Selachier anknüpft, aber in den wesentlichen Be- ziehungen nichts mit den bei Ganoiden, Teleostiern und Dipnoern bestehenden Ver- hältnissen zu thun hat; nur in vereinzelten Zügen bestehen bei den Dipnoern An- klänge an die Amphibien (p. 476). Die Litteratur ist eine reiche. Abgesehen von den mehr zusammenfassenden Behandlungen von Srannıus (1856), GEGENBAUR (verschiedene Auflagen der vergl. Anatomie), Horrmann-Bronn (1873— 78), WIEDERSHEIM (1577 und versch. Auflagen der vergl. Anatomie) Mc Murrıch (1855) u. A. handeln über die Urodelen Benpz 1545: Salamandra, Triton), Fischer (1843: Proteus, Triton, Salamandra, 1864: Siren, Öiredon, Proteus, Necturus, Amphiuma, Menopoma, Cryptobranchus), VAN DER Horven (siehe SCHMIDT, GODDARD EN VAN DER HoEvEn 1862: Oryptobranchus), HumpHRrY (1ST1: Oryptobranchus), M. FÜRBRINGER (1873: Proteus, Siredon, Salamandra), VON IHERING (1878: Necturus, Proteus, Menopoma, Siredon, Salamandra, Triton), OsBorn (1888: Proteus, Oryptobranchus), STRONG (1590: Spelerpes, Desmognathus), Fısu (1590: Des- mognathus), Wırper (1890: Siren), v. Pressen und Ragımoviez (1891: Salamandra), Kınssıey (1592: Amphiuma), Gase (1893: Diemictylus), C.J. Herrıck (1894: Amblystoma), bald als minimales Rudiment gefunden, bald gänzlich vermisst, indem nur verdicktes Bindegewebe seine Stelle ein- nahm. Ob esin das Gebiet des Hyoidbogens oder in das Gebiet des 1. Kiemenbogens gehört, oder ob es eine atypische Verknorpelung sui generis darstellt, wage ich bei dem bisherigen ungenügenden Material nicht zu entscheiden; als selbständigen Kiemenbogen vermag ich es aber auch nicht aufzufassen und finde sonach bei Protopterus gerade so wie bei Ceratodus und Lepidosiren 5 Kiemenbogen. 133] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 481 Perer (1895: Urodelen), Davıson (1895: Amphiuma), SEwERTzZoFF (1895: Siredon), Kıncs- purY (1895: Necturus), Mc Grecor (1896: Menopoma); — über Anuren Benpz (1843: Bufo), Fıscner (1843: Pipa, Rana, Hyla, Bufo, Bombinator, Pelobates), Wyman (1852: Rana), Scnusss (1857: Rana), Srıeva (1570: Rana), M. Fürsrınger (1573: Rana, bufo; 1874: Pipa, Dactylethra, Ceratophrys, Tomopterna, Engystoma, Breviceps, Phyllomedusa, Kalohyla‘, Görte (1875: Bombinator), von Iuerıng (1878: Pipa, Dactylethra, Rana, Bom- binator, Pelobates, Bufo, Hyla, Polypedates; 1580: Pipa), Wirpersheim (1881: Rana), Strong (1590: Rana, Chorophilus, Bufo), Criarucı (1891: Bufo), Gaurr (1893: Rana), Avorpnr (1893: Bufo und andere Anuren, auch Pipa; 1895: Pelobates, Rana), GRÖN- BERG (1894: Pipa), Perer (1895: Anuren), SEWERTZoFF (1895: Pelobates); — über Gymnophionen Fischer (1843: Siphonops), WIEDERSHEIM (1579: Gymnophionen). Zur eigenen Untersuchung dienten: Urodelen: Proteus anguineus, Laur., Menopoma Alleghaniense, v. D. HoEvEn, Urypto- branchus japonicus, v. D. HoEven, Necturus maculatus, Rar., Siredon pisciformis, Wacr. (Amblystoma tigrinum, Dumerıv), Triton cristatus, Laur. (erwachsene Thiere und Larven), Salamandra maculosa, Laur. (erwachs. Thiere und Larven). Anuren. Aglossa: Pipa americana, Laur., (2 erwachsene Exemplare und drei Larven- Stadien), Dactylethra capensis, Cuv. — Opisthoglossa: Rana temporaria, 1. (Erw. u. Larven), R. esculenta, L., Bufo vulgaris, L., Hyla viridis, Laur. Einiges sei aus der Litteratur hervorgehoben. Uebereinstimmend geben die Untersucher an, dass hinter dem Vagus kein Nerv existirt, der den Schädel durchsetzt. Der erste auf den Vagus folgende Nerv tritt jenseits des Schädels, im Bereiche der Wirbelsäule, und zwar bei den erwachsenen Urodelen durch den ersten freien Wirbel heraus; er ist somit ein N. spinalis 1, der nach Abgabe von Zweigen an die Rumpf- muskulatur, meist im Verbande mit dem zwischen erstem und zweitem Wirbel durchtretenden N. spinalis 2, das Muskelgebiet, welches der hypobranchialen spinalen Muskulatur der Fische und Dipnoer zu vergleichen ist, versorgt. Er verhält sich somit in seiner Endverbreitung wie der N. hypoglossus nebst Nn. descendentes cervicales der Amnioten und ist auch von den meisten Autoren, allein oder in Gemeinschaft mit dem N. spinalis 2. mit dem Hypoglossus homologisirt worden. GEGENBAUR (1871 p. 531) neigt dieser Homologisirung nicht zu, sondern betont, dass der erste Spinalnerv der Urodelen den Hypoglossus der Amnioten ersetzt, aber ihm nicht identisch sei. Eine Ausnahme soll nach FiscHEr (1864 p. 158) Necturus bilden, wo der erste auf den Vagus folgende Nerv selbst einen Accessorius Willisii repräsentire, der Hypoglossus aber von dem zweiten und dritten Spinalnerven gebildet werde; dieser Befund wird auch von WIEDERSHEIM (1877 p. 521) und Gaupp (1893 p. 368) übernommen, dagegen von Kın6sBurY (1895 p. 149) abgewiesen; nach diesem Autor verbinden sich die drei ersten Spinalnerven in der Innervirung des sonst nur von den beiden ersten versorgten Gebietes, womit ich übereinstimme. Noch schwerer verständlich ist mir die Angabe und Abbildung von vAN DER HoOEVEN (1862 p. 57 Fig. XXVII), wonach bei Oryptobranchus japonicus die letzte Wurzel des Vagus' einen Ast des N. hypoglossus (ersten Spinalnerven) erhalte, welcher als N. recurrens Willisii zu deuten sei; zugleich wird ein längslaufender Verbindungsast zwischen Vagus und Hypoglossus abgebildet, der in beide Nerven peripherwärts einmündet. Ich fand nichts Derartiges, könnte auch der angegebenen Deutung nur zustimmen, wenn der beschriebene und abgebildete Ast von der Medulla begönne und nur nach dem 482 Max FÜRBRINGER [134 Vagus peripherwärts verliefe, so wie das z. B. Ossorx (1888 Pl. IV) abbildet und wie ich es selbst bei Oryptobranchus und bei den grossen amerikanischen Urodelen fand. — Der Durchtritt des N. spinalis 1 durch den ersten Wirbel hat mehrere Autoren beschäftigt und die meisten von ihnen (HorrmAnn 1873—78, PARKER 1877, ALBRECHT 1883, CorE 1889, Howzs 1893) dazu geführt, anzunehmen, dass hier ein aus zwei Wirbeln verschmolzener Wirbel vorliege; PETER (1895 p. 569. 570) ') und SEWERTZOFF (1895 p. 66) verdanken wir den Nachweis, dass der Nerv bei Embryonen vor dem ersten Wirbel, also zwischen Schädel und erstem Wirbel austritt und erst später von letzterem umwachsen wird. — Alle darüber handelnden Autoren berichten überein- stimmend, dass der N. spinalis 1 der erwachsenen Urodelen lediglich aus einer ventralen Wurzel bestehe, die aber unter Umständen mit mehreren Wurzelfäden die Medulla verlassen könne (mit 4—5 bei Amblystoma, cf. Herrıck 1894 p. 194, Pl. XIX. XX). Die dazu gehörige dorsale Wurzel nebst Ganglion wurde aber bei Embryonen und jüngeren Larven von Siredon (SEWERTZOFF 1895 p- 55), Amphiuma (KınssLey 1892), Diemyetylus (GAGE 1893) nachgewiesen; auch v. PLESSEN und Ragınovicz (1891 p. 20, Taf. I. II) bilden bei älteren Salamanderlarven ein der ventralen Wurzel anliegendes Ganglion mit rudimentärer davon abgehender Nervenfaser ab, das den Rest der früher besser entwickelten dorsalen Wurzel darstellt; so wenigstens fand ich es bei jüngeren Embryonen. — Wurde auch nirgends ein hinter dem Vagus das Oceipitale durchsetzender Nerv gesehen, so finden sich doch nach SEWERTZOFF (1895 p. 65. 72) bei Embryonen von Siredon zwei (der Nerven also ermangelnde) Kopfmyotome°), deren vorderes abortirt, ohne Muskeln zu bilden, deren hinteres aber sich gut entwickelt und in seinem oberen und unteren Theile sich während des ganzen Lebens erhalte; der betreffende Autor giebt nicht an, wie es innervirt werde. — Mannigfache Anastomosen mit dem N. vagus wurden besonders von FiscHer (1843, 1864) und Mc GrE6or (1896) hervor- gehoben. Bei den bisher untersuchten Anuren geht in der Regel (mit Ausnahme von Pipa) der erste Nerv hinter dem Vagus zwischen dem ersten und zweiten Wirbel®) nach aussen und wurde dem- entsprechend von mir (1873 p. 286) als N. spinalis 2 gedeutet. Während eine Anzahl Autoren auch danach noch die ältere Auffassung (wonach er den ersten Spinalnerven vorstellt) festhielten, wurde meine Deutung von HOFFMANN (1873—78 p. 234), von InerınG (1880 p. 295), Mc MUurrICH (1885 p. 147), CHurarugı (1891 p. 238), GAupP (1873 p. 368), ApoLrut (1893 p. 316f., 1895 p. 451 f., PETER (1895 p. 570), SEWERTZOFF (1875 p. 84. 85) getheilt und durch den Nachweis eines in der Ontogenese angelegten, aber später sich redueirenden N. spinalis 1 (Cmmarust 1891 p. 238 bei Bufo, SEWERTZOFF 1895 p. 83 bei Pelobates) des Weiteren fundirt. Diesem ersten Spinalnerven entspricht auch ein erstes spinales Myotom. Vor demselben wurden von CHIARUGI und SEWERTZOFF auch noch zwei Kopf-Myotom-Anlagen bei Embryonen gefunden, deren erstes sehr früh, ohne Muskelelemente zur Ausbildung gebracht zu haben, schwindet, während das letzte Muskelfasern entwickelt, aber schliesslich auch schwindet (im Gegensatz zu Süredon, wo es zeitlebens persistirt); zu diesen Kopfmyotomen gehörige Nerven wurden nicht gesehen. Uebereinstimmend geben beide Autoren (SEWERTZOFF auch für Süredon) an, dass in dem Maasse, als das resp. die vordersten Myotome schwinden, die darauf folgenden vorwärts rücken. — Der betreffende N. spinalis 2 soll 1) Die betreffende Abhandlung enthält eine gute zusammenhängende und auch die Litteratur eingehend berücksichtigende Behandlung der betreffenden Frage. Betrefls der Litteratur verweise ich auf dieselbe. 2) SEWERTZOFF vergleicht seine Befunde an Siredon auch mit denen von Miss J. PLATT an Neeturus (1594) Bezüglich dieser Vergleichungen ist SEWERTZOFF’s Abhandlung selbst einzusehen (p. 68 f.). 3) BEenpz (1843 p. 22) giebt für Dufo (cinereus) einen Durchtritt des ersten Nerven zwischen Schädel und 1. Wirbel an. Nach den Untersuchungen von mir (1873), Horrmann (1873—78) und namentlich von Anpouruı (1893 p- 315f.), der 212 Exemplare von Bufo (variabilis) auf das Genaueste untersuchte und stets den ersten vorhandenen Nerven zwischen dem 1. und 2. Wirbel durchtreten sah, kann kein Zweifel bestehen, dass diese — selbst von den Verhältnissen bei den Urodelen abweichende — Angabe von BENDZ eine irrthümliche ist. ne — # nn 135] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 483 Ü nach Angabe der meisten Autoren nur aus einer ventralen Wurzel bestehen; doch wurde die dazu gehörige dorsale Wurzel schon seit alten Zeiten bei Aana (VOLKMANN 1838 p. SS, Wyman 1852 p. 42 Taf. I Fig. 1, Scmiess 1857 p. 21, WIEeDersmeim 1881 p. 15. 16), sowie auch bei Choro- philus (STRONG 1890 p. 603) nachgewiesen. Abweichend von den anderen (opisthoglossen) Anuren verhält sich die aglosse Pipa durch die zeitlebens bestehende Existenz eines ersten Nerven, welcher wie bei den Urodelen durch den 1. Wirbel austritt. Während Srannıus (1856 p. 16) denselben unter der Annahme, dass der erste Wirbel von Pipa aus zwei ersten verwachsenen Wirbeln bestehe, mit dem ersten Nerven der anderen (opisthoglossen) Anuren verglich, betonte ich (1874 p. 180) die Einheitlichkeit dieses Wirbels und verglich demnach den ersten Nerven von Pipa dem wirklichen N. spinalis 1, wie er bei den Urodelen entwickelt ist, während der zweite Nerv von Pipa, der zwischen den beiden ersten Wirbeln austritt, dem ersten vorhandenen Nerven der opisthoglossen Anuren (N. spinalis 2) zu homologisiren sei. Diese Deutung wurde von voN IuurınG zuerst (1878 p. 75, 76) zu Gunsten der Srannıus’schen Auffassung angegriffen'), dann aber (1880 p. 303) hinsichtlich der thatsächlichen Materialien (Untersuchung von jungen Pipalarven) bestätigt; doch gelangte von InzrınG bezüglich der weiteren Homologien zu anderen Schlüssen, die in der Annahme des Ausfalles (Exkalation) des 2. Wirbels der Opisthoglossa bei Pipa gipfeln. Neuerdings haben einige Autoren wie Howzs (1893 p. 70), Aporeur (1893 p. 315, 262, 363), GRÖNBERG (1824 p. 641) und Prrer (1895 p. 571) diese Frage wieder aufgenommen, die meisten (ausser ApoLrui), ohne die betreffenden Angaben von mir und von IHERING zu kennen. Diese Autoren vertreten wieder die alte Annahme einer Ver- wachsung der beiden ersten Wirbel bei Pipa: Howes führt dafür Fälle von Verwachsung der beiden ersten Wirbel bei Rana macrodon und R. catesbiana ins Feld; Aponruı gelangte durch Untersuchung von Pipalarven zur Ueberzeugung, dass der fragliche Skelettheil von Prpa den zwei ersten Wirbeln der übrigen Anuren homolog wäre, doch sei es ihm nicht möglich gewesen, diese Untersuchung so weit abzuschliessen, dass er sie zusammen mit der 1593 vorliegenden Arbeit veröffentlichen konnte; GRÖNBERG und PETER untersuchten Wirbel von Pipalarven, ohne allerdings damit beweisen zu können, was sie zu beweisen wünschten. — Dass bei vielen Anuren Verwachsungen der ersten Wirbel, zweier oder mehrerer existiren, ist u. A. durch STANNIUS, Howes, ADoLPHT sowie meine eigenen Untersuchungen zur Genüge bezeugt, beweist aber nichts für die vorliegende Frage. Inzwischen habe ich mich aber durch erneute Untersuchungen an jüngeren und älteren Pipalarven von der Richtigkeit meiner Auffassung aufs Neue überzeugen können. Ich halte sonach, bis nicht die genannten Autoren wirkliche Beweise für ihre Anschau- ungen bringen, fest, dass bei Pipa der erste Wirbel ein einheitlicher Wirbel und der erste spinale Nerv der N. spinalis 1 ist. Auch bei den Anuren wurde der erste vorhandene spinale Nerv von der Mehrzahl der Autoren auf Grund seiner peripherischen Verbreitung mit dem N. hypoglossus verglichen. — Ueber Anastomosen mit dem Sympathieus handelt namentlich Scmiess (1857). Bei den Gymnophionen wurden von FiscHer (1843 p. 42. 43, Taf. III Fig. 2) und WIEDERSHEIM (1879 p. 63. 64, Fig. $0) an die Urodelen erinnernde Verhältnisse gefunden: die Nn. spinales 1 und 2, von denen der erste ziemlich intime Anastomosen mit dem Vagus und Sympathieus eingeht, verbinden sich zu einem Nerven, der danach die ventrale (der hypo- branchialen spinalen vergleichbare) Muskulatur innervirt. Prrer (1895 p. 570) wies nach, dass der bei erwachsenen Thieren von Chthonerpeton durch zwei Löcher des ersten Wirbels (also ähnlich wie bei den Urodelen) austretende N. spinalis 1 bei der Larve vor diesem Wirbel nach aussen tritt. I) Bei dieser Gelegenheit thut voX IHERING auch eines feinen zwischen Atlas und Kopf hervorkommenden und zu den benachbarten Muskeln sich begebenden Nerven, der wohl der 1. Spinalnerv sei, Erwähnung. Die Existenz eines solchen Nerven habe ich trotz zahlreicher Untersuchungen an Pipa nicht bestätigen können. 484 MAx FÜRBRINGER [136 Ueber die peripherische Verbreitung der betreffenden Nerven und über die von ihnen versorgten Muskeln handeln mehr oder minder ausführlich viele Autoren, von denen namentlich Benz (1843), Fischer (1843, 1864), Wyman (1852), ScHiess (1857), HoFFMmAnNn (1873—78), WIEDERSHEIM (1881) und WILDER (1890 p. 682f.) hervorgehoben seien. Auch SCHMIDT, GODDARD en VAN DER HoEVEN (1862 p. 29 ff.) geben eine, allerdings die Innervation nicht berücksichtigende Beschreibung dieser Muskeln bei Oryptobranchus, ECKER (1864) eine solche von Rana, DAvısoN 1595 p. 356) von Amphiuma und WALTER (1887) von verschiedenen Amphibien. Ganz abweichend von dem bei Holocephalen, Ganoiden, Teleostiern und Dip- noern beschriebenen Verhalten kennzeichnet die occipitale Region des Amphibien- schädels der Mangel einer sekundären Assimilation von deutlichen Wirbelbogen und Spinalnerven. Der Amphibienschädel entspricht damit dem protometameren Typus des Selachiercraniums (cf. SAGEmeHL, 1885 resp. 1891, p. 526) und stellt sich dem auximetameren der erwähnten Fische und der Dipnoer gegenüber'). Die Frage, ob der Amphibienschädel vollkommen aller ungegliederten Wirbel- elemente entbehre oder nicht, ist bekanntlich wiederholt behandelt worden, aber noch nicht zu einer einheitlichen Beantwortung gekommen. GEGENBAUR (Ver- gleichende Anatomie, sowie 1887 A. p. 71. 72) und SacEmeEnHL (1885 resp. 1891) schliessen alle Wirbelelemente aus. Sıönr dagegen hat in zwei, im Uebrigen höchst verdienstlichen Abhandlungen (1879 und 1881) den Anschluss eines der Wirbel- säule entstammenden Ocecipitalbogens an das primordiale Cranium betont und hat, auf Grund eigener Untersuchungen bei Gaurr (1893) und SeweErtzorr (1895) Unter- stützung gefunden; der zuletzt erwähnte Autor vergleicht den „Occipitalbogen“ der Amphibien dem ersten, direkt auf den Vagus folgenden Oceipitalwirbel von Acanthias (vergl. insbesondere die auf p. 72 mitgetheilten Diagramme). Welche von den beiden Richtungen Recht oder Unrecht habe, scheint mir mit den bisherigen Materialien noch nicht entscheidbar zu sein, da uns bisher die sicheren Kriterien dafür fehlen, was hier von den in der Öntogenese separat auftretenden Knorpelkernen eine wirkliche palingenetische Rekapitulation von bei den phylogene- tischen Vorfahren separat bestandenen Skelettheilen repräsentire, was nur als cäno- genetische gesonderte Chondrifikation innerhalb ursprünglich einheitlicher Skelet- elemente (in Folge sekundärer Reduktionen, cf. GrGENBAUR, 1887 p. 71, 72 oder aus anderen Ursachen) aufzufassen sei. So baut sich nach Sröur’s Untersuchungen das Primordialeranium der Urodelen in der Öntogenese jederseits aus drei getrennten Knorpeltheilen, dem Balken mit der Balkenplatte, den Occipitalbogen und den Ohr- kapseln auf, die auch später mit einander verwachsen. Wer in der Ontogenie die reine und unverfälschte Rekapitulation der Phylogenie erblickt, könnte mit demselben 1) Natürlich gilt dieser Anschluss an das Selachiereranium unter Berücksichtigung der auch dort eventuell sich vollziehenden Angliederungen (ef. 362, 365). a — 137] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 485 Rechte, wie er die mit besonderen Kernen verknorpelnden Occipitalbogen als einstmals diskrete Wirbel ansieht, auch der Ohrkapsel gegenüber dem übrigen Primordial- cranium die gleiche selbstständige Rolle zuertheilen. Das würde aber zu Konse- quenzen führen, die er sich wohl hüten wird anzunehmen. Bei dem, am Schädel der Selachier, Ganoiden und Teleostier zur Genüge nachgewiesenen Ausfalle oceipitaler Nerven liegt es selbstverständlich nahe, auch bei den Amphibien, bei denen selbst durch die freien Wirbel hindurchtretende Spinal- nerven sich rückbilden, den Ausfall occipitaler Nerven zu postuliren. Auf Grund der bisherigen ontogenetischen Untersuchungen konnte Keiner derselben realiter nach- gewiesen werden; man wird sonach mit einigem Rechte annehmen dürfen, dass bei den Amphibien die Ontogenie eine so verkürzte Rekapitulation der Phylogenie ist, dass sie solche Oceipitalnerven, auf deren einstmalige Existenz aus vergleichend- anatomischen Gründen mit grösster Wahrscheinlichkeit geschlossen werden darf, nicht einmal vorübergehend in jungen embryologischen Stadien zur Beobachtung bringt. Und mir will scheinen, dass man dies mit grösserem Rechte thun darf, als mit SEWERTZOFF annehmen, dass der bei den Amphibien sich dem Paläocranium an- gliedernde Oceipitalbogen dem ersten Occipitalwirbel von Acanthias, die ersten drei freien Wirbel der Amphibien aber den drei letzten in das Cranium eingehenden Occipitalbogen des genannten Selachiers entsprechen. SEwERTzZoFF ertheilt damit den Amphibien eine viel primitivere Stellung als den Selachiern, verfällt somit einer ähnlichen Auffassung wie Stöhr, gegen welche bereits GzGensaur (1887 p. 72) sich wendete. Eine solche Annahme steht mit der sonstigen Konfiguration der Amphibien und mit ihrer allgemein angenommenen systematischen Stellung gegenüber den Selachiern in zu grosser Differenz. Mehr als mit primitiven Zügen hat man bei den Amphibien mit Rückbildungen zu rechnen. Der sog. Occipitalbogen der Amphibien scheint mir, seine phylogenetische Realität vorausgesetzt, viel eher das Rudiment eines Multiplums von primären Oceipitalwirbeln zu repräsentiren und somit, aller- dings in viel weiter vorgeschrittener Verkümmerung, der Summe der Occipitalwirbel der Selachier vergleichbar zu sein. Wie ferner aus GEGENnBAURr’s Untersuchungen am Selachiereranium (1872 p. 31, 32) erhellt und wie auch Gaupp (1893 p. 370) mit gutem Rechte hervorhebt, bestehen zwischen der kranio-vertebralen Artikulation der Selachier und Amphibien mannigfache Uebereinstimmungen; mit diesen Autoren bin ich daher geneigt, diese Artikulation, also die Grenze zwischen Schädel und freier Wirbelsäule bei beiden Wirbelthierabtheilungen direkt zu vergleichen. Ich homologisire somit die hintere Schädelgrenze der Amphibien mit der- jenigen der Selachier. Die primäre Angliederung von Oceipitalwirbeln an das Amphibienkranium scheint mir danach durchaus möglich, selbst wahrscheinlich zu sein, wenn ich auch den bisherigen ontogenetischen Untersuchungen darüber keine beweisende Kraft und namentlich kein den gewiss recht komplicirten phylogenetischen Process zur Genüge aufhellendes Moment zuerkennen kann. Diese Angliederung unterliegt bei den Amphibien denselben Kriterien wie bei den Selachiern (cf. p. 439), ist aber bei den ersteren, zu Folge ihrer höheren Stellung und ihrer mannigfachen Festschrift für Gegenbaur. III. 62 456 Max FÜRBRINGER [138 Reduktionen, noch weit mehr verwischt als bei den letzteren. — Eine sekundäre Angliederung von Wirbeln, wie sie bei den Holocephalen, Ganoiden, "Teleostiern, Dipnoern und Amnioten thatsächlich stattfindet, ist aber bei den Amphibien, soweit untersucht, gänzlich auszuschliessen '). Wenn also, was mir wahrscheinlich ist, durch den Schädel der alten paläon- tologischen Vorfahren der Amphibien hinter dem Vagus Nerven ausgetreten sind, so waren das nur oceipitale Nerven; oceipito-spinale Nerven dagegen fehlen, da sie wie bei den Selachiern noch freie Spinalnerven darstellen. Bei der genauen Durchmusterung der mir zur Verfügung stehenden Urodelen- schädel nach letzten Resten occipitaler Nerven glaube ich auch einmal bei einem jungen Exemplare von Cryptobranchus japonicus (Taf. VIL Fig. 12) einen äusserst feinen, in einiger Entfernung hinter dem Vagus durch das Hinterende des Schädels durchtretenden Nerven gefunden zu haben, den ich dem letzten Oceipitalnerven der Selachier vergleiche und mit 2” bezeichne. Derselbe verlief dorsal neben einem gleich hinter ihm durch den Schädel tretenden Blutgefässe (auf der betreffenden Ab- bildung mit Querstreifung versehen und mit Art. bezeichnet) und zeigt bei der mikroskopischen Untersuchung eine Zusammensetzung aus nur wenigen und, wie es scheint, grösstentheils degenerirten Nervenfasern’). Die Existenz dieses Nerven gerade bei Cryptobranchus hat mich überrascht; viel eher hätte ich einen solchen bei den kleineren und tiefer stehenden unter den Urodelen erwartet; doch ergab mir alles Durchsuchen bei diesen mit den stärksten Vergrösserungen nur negative Resultate. Bei seiner Deutung könnte man auch an einen sympathischen Nerven denken; doch ist mir kein Fall eines gleichen Verlaufes bei niederen Vertebraten bekannt, während die Stelle, wo der Nerv bei Cryptobranchus durchtritt, genau derjenigen entspricht, wo man 2’ zu erwarten hat. Sollte sich sonach die Realität dieses letzten Occipitalnerven noch durch weitere Untersuchungen bei den Amphibien bestätigen, so dürfte damit der Beweis erbracht sein, dass der sogenannte Occipitalbogen der Amphibien kein einfacher Wirbel ist, namentlich aber nicht dem ersten — vor dem oceipitalen Nerven ® liegenden — Decipitalwirbel von Acanthias entspricht, sondern vielmehr ein Multiplum solcher vorstellt. Was hinter z liegt, repräsentirt den letzten Oceipitalwirbel; was davor, 1) An frühere, aber nicht im Srönk’schen Sinne aufgefasste, Angaben SröHr’s anknüpfend, hat bekanntlich WIEDERSHEIM (1863 p. 60), nachdem ihm HArTINnG (1867) darin vorausgegangen, die Meinung ausgesprochen, da:s das Homologon des Atlas der Amnioten in dem Schädel der Amphibien enthalten sei und dass der erste Wirbel der letzteren, der bei einigen Urodelen eine Zahnfortsatz-ähnliche Vorragung besitzt, dem Epistropheus der höheren Wirbelthiere verglichen werden müsse. Diese Meinung wurde auch durch alle Auflagen seiner vergleichenden Ana- tomie bis zur neuesten (1393 p. 64) von ihm festgehalten. — Es bedarf keiner besonderen Betonung, dass diese Auffassung in keiner Hinsicht den thatsächlichen Verhältnissen entspricht, dass sie vielmehr dieselben völlig umkehrt. WIEDERSHEIM ist durch eine durchaus bedeutungslose äussere Achnlichkeit getäuscht worden. In Wirklichkeit sind Homologe der ersten freien Wirbel der Amphibien im Amniotenschädel e.uthalten. Ich verweise übrigens auf die Widerlegung und Kritik der betreffenden Anschauungen durch SAGEMEHL (1885 resp. 1891 p. 531) und auf die diesbezüglichen Ausführungen von PETER (18)5 p. 572). 2) Eine genaue Untersuchung des Grades der Degeneration verbot die mangelhafte Konservation des be- treffenden Thieres. Leider misslang auch der Versuch, den Nerven peripherwärts zu verfolgen. 139] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 487 zwischen ihm und dem Vagusloche, sich findet, ist den zu y, © gehörenden Occipi- talwirbeln vergleichbar, aber zu Folge der völligen Reduktion dieser Nerven, der gewiss auch eine mehr oder minder weitgehende Rückbildung der sie umgrenzenden Skelet- elemente entsprechen mag, nicht mehr in seine metameren Komponenten aufzulösen. Die Tabelle für die occipitalen Nerven der Amphibien, soweit bisher be- kannt, stellt sich danach sehr einfach: 29): Oryptobranchus japonicus individuell, einmal') 0 : Alle anderen untersuchten Amphibien. Die zwei ersten Spinalnerven (/, 2; Taf. VII Fig. 11—14) scheinen onto- genetisch, soweit darauf bezügliche Untersuchungen vorliegen, allenthalben als kom- plete, mit ventralen und dorsalen Wurzeln versehene Nerven angelegt zu werden. Bei dem N. spinalis 2 (2) persistiren, soweit meine Beobachtungen reichen, beide Wurzeln zeitlebens’. Der N. spinalis I (7) unterliegt verschiedenen Reduktions- graden, die bei den Urodelen, den aglossen Anuren (Pipa, Dactylethra) zur totalen Verkümmerung der dorsalen, aber nur zur partiellen Rückbildung der ventralen Wurzel führen, bei den opisthoglossen Anuren dagegen zum völligen Schwunde des ganzen Nerven fortschreiten; bei Letzteren ist im erwachsenen Zustande der N. spinalis 2 der erste auf den Vagus folgende Nerv’). Dass der den ersten Wirbel der Gymnophionen, Urodelen und aglossen Anu- ren durchsetzende Nerv wirklich 7 ist, dass dieser Wirbel bei allen genauer unter- suchten Amphibien eine einheitliche, nicht aus der Konkrescenz eines |. und 2. Wirbels entstandene Bildung darstellt, dürfte gesichert sein. Bei Gymnophionen und Urodelen ist durch hinreichend zuverlässige Beobachtungen bewiesen, dass dieser Nerv embryonal zuerst vor dem ersten Wirbel austritt, dann aber durch eine kra- nialwärts stattfindende Verbreiterung desselben von ihm umfasst und umwachsen wird, aber auch bei Pipa halte ich gegenüber den neueren Ausführungen von Howes (1893 p. 270, 271), Anorpnı (1893 p. 315, 362, 363), GröngEers (1894 p- 641) und Perrer (1595 p. 571) meine früher (1574 p. 150) ausgesprochene An- schauung fest, dass dieser Wirbel kein Konkret zweier Wirbel, sondern nur ein einziger 1) Ich möchte hier auch die Beobachtung WALDscHMmIDT's (1887 p. 470, Taf. XXXI Fig. 32) anreihen, der bei dem gymnophionen Siphonops annulatus einen N. hypoglossus beschreibt und abbildet, der mit dem N. vagus anastomosire, gleich bei seinem Austritte in zwei Aestchen getheilt erscheine, eine Faser von dem Sympathieus erhalte und darauf zur Muskulatur in die Tiefe dringe. Auf ihn folge der N. spinalis 1. Da aber WArpscuwipr weder bei seinem Hypoglossus noch bei dem N. spinalis 1 angiebt, auf welche Weise dieselben austreten, ist es nicht möglich zu entscheiden, ob es sich hier um z und 1 oder um 1 und 2 handelt; wahrscheinlicher ist das Letztere. 2) Kınsspury (1595 p. 149) leugnet bei Neeturus die dorsale Wurzel. Das ist wohl ein individueller Befund. Ich fand sie bei dem von mir untersuchten Exemplare. — Auch wird Mangel derselben bei vielen Anuren angegeben; " STRONG (1890 p. 603) hebt ihre Existenz bei Chorophilus besonders hervor. 3) Recht interessant, ist die von PETER (1895 p. 570) gemachte Mittheilung, der bei einem erwachsenen Exemplare des gymnophionen Chthonerpeton indistinetum fand, dass der 1. Wirbel von zwei distinalen Kanälen für die „beiden Aeste‘“ des 1. Spinalnerven durchsetzt werde. Handelt es sich hier um Aeste oder um Wurzeln, und wenn letzteres, um zwei ventrale Wurzelfäden oder um eine ventrale und dorsale Wurzel? Sollte die letzterwähnte Annahme thatsächlich der Fall sein, so nähmen die Gymnophionen in dieser Hinsicht die tiefste Stelle unter den Amphibien ein, indem sie zeitlebens das wahren, was bei den Urodelen und Anuren nur im embryonalen Zustande persistirt. 62* 488 Max FÜRBRINGER [140 Wirbel ist. Von Inerıng konnte bei 14 mm langen Larven mit durchweg knorpeligem Skelet nirgends eine Trennung finden. Meine eigenen Untersuchungen an drei ver- schiedenen Stadien, deren jüngste (4) eine Rumpflänge von $S mm und eine Schwanz- länge von Il mm hatten, deren mittlere schwanzlose (B) 13,5 mm und deren älteste ebenfalls schwanzlose (C) 14,5 mm lang waren, zeigten gleichfalls') nirgends eine Spur von einer durchgehenden Trennung in dem Bereiche des ersten Wirbels. Bei den Jüngsten Stadien A war derselbe ganz einfach gebildet, sein relativ schmaler Bogen zog sich als einfache undurchbohrte Spange dorsalwärts, ein N. spinalis I verlief rostral vor ihm. Bei dem zweiten Stadium B zeigte der etwas verbreiterte Bogen im ventralen Bereiche den schrägen Nervenkanal für den N. spinalis 1; die denselben hinten (caudal) begrenzende Spange war stärker als die vordere (rostrale), dabei ganz ein- heitlich, während an der schmäleren vorderen eine durch Karmin lebhaft roth ge- färbte, bindegewebige Knorpelnaht sich deutlich präsentirte. Das älteste Stadium C endlich zeigte den knorpeligen Wirbel durchaus einheitlich, mit gleich breiter vor- derer und hinterer Spange, die vordere aber ohne Naht. Die Vergleichung dieser drei Stadien gewährt die Überzeugung, dass hier (zwischen Stadium A und B) eine Umwachsung des ersten ursprünglich vor dem ersten Wirbel verlaufenden Nerven durch den 1. Wirbel stattfand, dass die so gebildete Incisur sich durch Naht schloss (Stadium B) und endlich vollkommen durch Knorpel ersetzt wurde (Stadium C). — Bei Pipa (Taf. VII Fig. 13, Taf. VII Fig. 10, 7) ist der N. spinalis 1 noch von leidlicher Dicke, bei Daectylethra (Taf. VIII Fig. 18, /) dagegen zu einem äusserst feinen Faden reducirt; letztere Gattung vermittelt damit den Übergang zu den des N. spinalis 1 entbehrenden opisthoglossen Anuren?). Das Verhalten der beiden ersten Spinalnerven bei den untersuchten Amphi- bien stellt sich danach: 1. 2° Embryonen der Amphibien’). 1°. 2” Gymnophionen, Urodelen, aglosse Anuren (Pipa, Dactylethra). 2'%. Opisthoglosse Anuren. Nach dem Austritt aus der Wirbelsäule verlaufen die ersten Spinalnerven in einer bei den Urodelen, Coecilien und aglossen Anuren nur wenig descendenten (latero-caudalwärts gehenden), bei den opisthoglossen Anuren aber fast rein transversalen (lateralwärts gehenden) Richtung nach aussen, wobei sie Zweige an die Rumpf- 1) Kann ich somit diesem Theil der von ImrrınG’schen Untersuchung zustimmen, so ist dieses nicht der Fall hinsichtlich der ferneren Behauptung dieses Autors (1886 p. 301), dass bei Pipa gegenüber Rana der zweite Wirbel exkalirt sei, sonach die Nn. spinales 2, 3 ete. von Pipa den Nn. spinales 3, 4 etc. von Rana homolog seien, Von Imerıng hat hier offenbar dem peripherischen Verhalten des Plexus cervico-brachialis zu grosse Bedeutung beigelegt. Letzterer adaptirt sich immer dem Verhalten der von ihm versorgten Endorgane, mögen diese nun rostral- oder caudalwärts verschoben sein, wie ich ausführlich (1875 und 1879) dargelegt habe. Seine Annahmen und Begriffe der Interkalation und Exkalation sind rein theoretische, durch keinen thatsächlichen Befund erweisbare. 2) Einmal fand jch auch bei Rana mugiens ein feines dem I. Wirbel entstammendes nervenähnliches Fädchen, das aber bei mikroskopischer Untersuchung nicht sicher als Nerv erkannt werden konnte. Dieser Befund ist somit mindestens zweifelhaft. 3) Eventuell wäre hier auch der erwachsene C’hthonerpeton anzureihen. 141] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC, 489 muskulatur und das System des M. levator scapulae (serratus) abgeben und verbinden sich schliesslich nach kürzerem oder längerem Verlaufe zu einem die vordere Ex- tremität und die vor ihr gelegene hypobranchiale Muskulatur versorgenden Plexus cervico-brachialis resp. (bei den Gymnophionen) Pl. cervicalis. Hierbei bietet die speciellere Richtung der einzelnen Plexuswurzeln, von denen die vorderen (ro- stralen) und mittleren die descendente und transversale, die hinteren (caudalen) selbst die ascendente Richtung bevorzugen, mannigfache Variationen, bezüglich welcher ich auf die hier beigegebenen Figuren (Taf. VIII Fig. 9—12), namentlich aber auf meine früheren Abbildungen (1873 Taf. XIV, 1874 Taf. VII) verweise. Auch die Länge der Plexuswurzeln ist eine verschiedene; wie ich schon früher hervor- gehoben, hat der Plexus der Urodelen im Ganzen längere, der der Anuren kürzere Wurzeln; ersterer ist somit ein später und weiter, letzterer ein früher und enger geschlossener. Die Zahl der Wurzeln des Plexus cervico-brachialis') ist bei den Uro- delen die grössere, bei den Anuren zu Folge der hier ausgebildeten sekundären Ver- kürzung des Körpers und der Vorwärtswanderung der vorderen Extremität die geringere: Urodelen. 1.2.3.4.5 Mehrzahl der Urodelen (incl. Necturus). 1.2.3. 4.5.6. Oryptobranchus japonicus (HumrHury, eigene Untersuchung) 2.3.4.5 Necturus indiv. (FiscHEr, eigene Untersuchung)?). Anuren. 192239. Pipa’). 1.2.8: 4. Dactylethra'. 2.9. Pipa indiv.°). 2.8.4. Opisthoglosse Anuren. Und ferner ist hinsichtlich der Betheiligung dieser Wurzeln an der Versorgung der hypobranchialen spinalen Muskulatur (Plexus cervicalis) und an der Innervation der vorderen Extremität (Plexus brachialis) das Folgende mitzutheilen: 1) Von dem Gebiete des Plexus brachialis schalte ich hier die Aeste für das Levator- und Serratus-System, die ich in meinen früheren Arbeiten (1873, 1874, 1875, 1879, 1588) als Nn. thoraeiei superiores resp. als dorsalen Nebenplexus bezeichnet habe, aus. 2) Der 1. Spinalnerv erschöpft sich in diesem Falle in der Versorgung der Rumpfmuskulatur und des M. levator scapulae, während er bei anderen Exemplaren von Neeturus auch einen, allerdings in der Regel recht feinen anastomotischen Ast zu dem N. spinalis 2 abgiebt (Taf. VIII Fig. 9). 3) Die Zusammensetzung des Plexus von Pipa aus den drei ersten Nerven (meine frühere Untersuchung 1574 Taf. VII Fig. 37) ist die gewöhnlichere; individuell (Taf. VIII Fig. 10 dieser Abhandlung) kommt aber auch zur Beobachtung, dass der erste spinale Nerv sich von dem gemeinsamen Plexus emaneipirt hat und nur an die Rumpf- und Bauchmuskeln, sowie an den M. levator scapulae Aeste abgiebt. 4) Der feine N. oceipitalis 1 von Dactylethra (Taf. VIII Fig. 11) erschöpft sich in der Hauptsache in dem M. levator scapulae und giebt darum nur einen äusserst feinen Verbindungsfaden zum N. spinalis 2 ab. 490 MAx FÜRBRINGER [142 Plexus cervicalis'). IN Meiste Urodelen, Pipa, Daectylethra, Gymnophionen. 112.3 Cryptobranchus, Necturus. 2. Pipa indiv., opisthoglosse Anuren. 2.8, Necturus indiv.?). Plexus brachialis’). E..2248% Pipa. 2. Pipa indiv. 2.0D. Dactylethra, Mehrzahl der opisthoglossen Anuren. Einzelne opisthoglosse Anuren'). Urodelen (incl. Necturus und Proteus). [892 [9% 5 215, Necturus indiv., Proteus indiv.’). 9.6. Oryptobranchus. Aus dieser Zusammenstellung folgt, dass meist ein Nerv, seltener (Crypto- branchus, Pipa) zwei Nerven sich gemeinschaftlich an der Bildung der beiden Plexus betheiligen; bei Proteus (indiv.) und einzelnen opisthoglossen Anuren, bei denen der Plexus (Ramus) cervicalis von 2, der Plexus brachialis von 3-—+4+5 (Proteus) resp. 3 + 4 (Anuren) gebildet wird, besteht eine vollkommene Scheidung beider Plexus, wie dieselbe als Regel bereits bei den Dipnoern zur Beobachtung kam. Aber auch den Amphibien (Mehrzahl aller untersuchten Thiere), wo der N. spinalis 2 eine Anastomose nach dem N. spinalis 3 zur Bildung des Plexus brachia- lis schickt, repräsentirt diese zumeist nur einen kleinen Theil des N. spinalis 2 und besteht oft nur aus wenigen Nervenfasern. Man kann also auch hier in der über- wiegenden Mehrzahl der Fälle von einer nahezu durchgeführten Scheidung der bei- den Plexus sprechen. Es liegt somit wie bei den Dipnoern auch bei der Mehrzahl der Amphi- 1) Bei Desmognathus giebt Fısu (1895 p. 243) lediglich eine Betheiligung des ersten Spinalnerven an. Hier empfiehlt sich eine Nachuntersuchung. 2) Vergl. Anm. 2 auf p. 489. 3) Der Plexus brachialis der Urodelen endet mit dem 5. oder 6., derjenige der Anuren mit dem 3. oder 4. Spinalnerven. Es liegt auf der Hand (wie auch Aporrur 1593 das angegeben), dass diese Differenz auf einer rostralwärts gegangenen Wanderung der vorderen Extremität bei den Anuren beruht. Unter diesen wieder zeigt Pipa den grössten Grad der Verschiebung nach vorn. 4) Von allen von mir untersuchten Anuren fand ich eine Beschränkung auf 3 und 4 nur individuell bei Rana, Engystoma und Tomopterna. Nach CUVIER, Scuiess, WYMAN und Owen soll dieses Verhalten die Regel bei den Anuren darstellen, womit ich aber nicht übereinstimmen kann, da ich bei der überwiegenden Mehrzahl der unter- suchten Thiere eine, allerdings oft äusserst feine, aber doch sicher erkennbare von 2 zu 3 gehende Anastomose auf- finden konnte (vergl. auch 1874 Taf. VII Figg. 38, 39). Ungewöhnlich dick ist die Anastomose in dem von ADOLPHI 1593) auf Taf. XII Fig. 2 abgebildeten Falle von Bufo variabilis; hier verbindet sich der ganze 2. Nerv (ähnlich wie der 1. Nerv bei Pipa) mit dem 3. Spinalnerven. 5) Amphiuma mit seinem gewiss erheblich zurückgebildeten und wahrscheinlich aus recht wenigen Wurzeln bestehenden Plexus brachialis stand mir für die Untersuchung nicht zu Gebote. 143] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOGEPHALEN ETC. 491 bien, der Schwerpunkt in der relativ grossen oder absoluten Selbständig- keit des Plexus (Ramus) cervicalis und Plexus brachialis von einander, und damit stellen sich beide Abtheilungen den Fischen mit ihren in grösserer Ausdehnung gemeinschaftlichen Geflechten gegenüber. Nur Pipa (Taf. VIII Fig. 10) zeigt — jedoch nicht ganz unvermittelt, wie der von Aporpnı abgebildete Fall von Buro ergiebt (ef. pag. 490 Aum. 4) — ein sehr abweichendes Verhalten, indem hier aus dem einheitlichen Plexus cervico-brachialis erst ganz peripher, d. h. erst von dem N. supracoracoideus (R.spe.) sich trennend, der Ramus cervicalis (R. cv.) sich ablöst In diesem langen Verbundensein der beiden Plexus kommt ein Extrem zum Ausdruck, wie es in dieser einseitigen Ausbildung bei keinem untersuchten Fische sich wie- derfindet. Dass in diesem Verhalten von Pipa ein als durchaus sekundär zu beurthei- lender Verband des Ramus cervicalis mit dem Plexus brachialis vorliegt, bedarf keiner besonderen Begründung. Was andererseits die Selbständigkeit der Wurzeln beider Plexus bei der Mehrzahl der Amphibien und der Dipnoer anlangt, so möchte man, mit dem Blick auf die Verhältnisse bei den Selachiern, geneigt sein, anzunehmen, dass der Plexus (Ramus) cervicalis sich hier erst sekundär aus einem ursprünglichen gemeinsamen Plexus cervico-brachialis zu grösserer Selbständigkeit herausgebildet habe, wobei die Verschmächtigung der vorderen Extremität und die Rückbildung der Kiemenregion (Letzterer wenigstens bei den Amphibien) als kausale Momente in Anspruch genommen werden könnten. Es ist hierbei indessen nicht ausser Acht zu lassen, dass die Flosse nicht nur der Rochen, sondern auch der Haie ihre breite Entwiekelung und die damit Hand in Hand gehende Vermehrung der Wurzeln ihres Plexus ebenfalls erst einem weit- gehenden sekundären und einseitigen Entwickelungsprocesse verdankt. Wie ich bereits oben (pag. 390, Anm. 1) ausgeführt, nehme ich als überzeugter Anhänger der Gesengaur’schen Gliedmaassentheorie an, dass sämmtliche Extremitätenbildungen, von welcher Gestalt und Grösse auch, sich von einem ursprünglich ziemlich schma- len oder mässig breiten Archipterygium ableiten, das zuerst nur mit 1 bis 2, da- nach aber ganz allmählich unter Drehung seiner Achse mit einer successive zuneh- menden Zahl spinaler Myomeren in Verband trat und dem entsprechend seine spinalen Plexuswurzeln vermehrte. Gerade bei den Selachiern ist diese Vermehrung zu Folge der hoch entwickelten Ruderfunktion der Selachierflosse zu einer excessiven Höhe gediehen und hat zu einer ausgebreiteten Gemeinsamkeit des Plexus cervicalis und brachialis geführt; bei der Mehrzahl der anderen Fische, namentlich aber bei den Dipnoern und den Vorfahren der Cheiropterygier (Amphibien und Amnioten) hat sie niemals einen derartigen Grad erreicht, sondern ist immer innerhalb bescheidenerer Grenzen geblieben, womit die Möglichkeit einer grösseren Selbständigkeit beider Plexus von vorn herein gegeben war. Damit sage ich aber nicht, dass alle schmä- leren Formen der Extremitäten niemals früher eine grössere Breite gehabt haben; vielmehr ist den sekundären Reduktionsprocessen, die ja bei so zahlreichen Gattungen mit ausgesprochen rückgebildeten Extremitäten innerhalb aller Rückbildungsgrade 4923 Max FÜRBRINGER [144 bis zum vollkommenen Schwunde sich darbieten, ein nicht geringer Spielraum zu gewähren. Selbstverständlich darf man diese Verhältnisse — wie überhaupt Alles in der Welt — nicht nach der Schablone bemessen und beurtheilen und darf die verschie- denen Formen nicht grob einander gegenüber setzen. Vielmehr sind fast in jedem einzelnen Falle die Indicien gegeben, dass hier ein grosser Wechsel in den phylo- genetischen Entwickelungsgängen der Extremitäten (Verbreiterungen, die dann wie- der von Rückbildungen, Verschmälerungen gefolgt wurden, und umgekehrt) sich ab- gespielt hat, und dem entsprechend sind die Konsequenzen für das gegenseitige Ver- halten der beiden Plexus zu ziehen. Weiter auf diese Verhältnisse einzugehen, ist hier nicht der Ort. Einiges darüber habe ich bei früheren Gelegenheiten (1879 und 1888) mitgetheilt; auch denke ich noch auf diese Fragen zurückzukommen. — Auf dem Wege zu seinem Endgebiete bildet der Plexus (Ramus) cervicalis der Urodelen und Gymnophionen wie bei den Dipnoern einen die hintere Kie- mengrenze umkreisenden Bogen, wobei er zuerst in descendenter Richtung nach unten, aussen und hinten (ventro-latero-caudalwärts), dann aber in der Richtung nach vorn und unten und schliesslich nach vorn (ventro-rostralwärts und schliesslich rostralwärts) zu den von ihm versorgten Homologen der hypobranchialen spinalen Muskulatur (Sterno-coraco-hyoideus, Genio-hyoideus, Hyo-glossus, Genio-glossus) tritt, sie mit zahlreichen, z. Th. auch caudalwärts strebenden Zweigen versorgend; früher abgegebene Seitenzweige verästeln sich zuvor in den entsprechenden Myomeren der Rumpfmuskulatur und dem System des Levator scapulae. In der Regel bildet der cervikale Nerv während dieses Verlaufes einen einfachen Stamm; bei Necturus (Taf. VIIL. Fig. 9) vertreten ihn zwei Stämme, ein vorderer selbständiger, der aus dem ersten und zweiten Spinalnerven abstammt, und ein hinterer, vom dritten Spinal- nerven kommender, der sich aus dem Plexus brachialis abzweigt. Bei der Mehrzahl der Anuren ist zu Folge der weiter vorgeschrittenen Rückbildung des Kiemenap- parates der denselben hinten umkreisende Bogen weniger ausgesprochen; der in der Regel vom N. spinalis 2 gebildete Nerv verläuft hier zunächst in einer mehr transversalen Richtung ventro-lateralwärts, wobei er gleichfalls zuerst an die ent- sprechende Rumpfmuskulatur und die Levatores scapulae Nerven abgiebt, und theilt sich dann (nach oder ohne Abgabe von kleineren Seitenzweigen für Theile der hypobranchialen Muskulatur) in einen hinteren und vorderen Ast, welche für die hintere und vordere Region der ventralen Längsmuskulatur bestimmt sind. Bei Pıpa (Taf. VIII Fig. 10) ist, wie schon z. Th. erwähnt, der Nerv (R.cv.) dem Plexus bra- chialis so innig angeschlossen, dass er erst von dem vorderen Aste des N. supra- coracoideus (R.spe.), nach dessen Durchtritte durch den Brustgürtel, sich abzweigt und jenseits des Procoracoides (Pe.), d. h. an dessen Aussenfläche verlaufend, zu der von ihm versorgten und auch hier sehr eigenthümlich entwickelten hypobranchialen Muskulatur tritt. Während seines Verlaufes steht der R. cervicalis zu den von ihm gekreuzten Aesten des Vagus und Sympathicus z. Th. in einem recht intimen Zusammenhange, a4 145] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 493 der bei flüchtiger Untersuchung dazu verleiten kann, selbst grössere Aeste des Vagus, wie z.B. den R. lateralis inferior n. vagi als Theile des Cervicalis aufzufassen. Bei Beobachtung der nöthigen Sorgfalt gelingt es aber stets, beide Nervengebiete voll- kommen zu sondern. Epibranchiale spinale Muskeln und Nerven fehlen den Amphibien gerade so, wie den Ganoiden, Teleostiern, Dipnoern und auch den Amnioten.') Zur Charakterisirung der hypobranchialen spinalen Muskulatur (ven- tralen Längsmuskulatur) der Amphibien möge Folgendes dienen. Bei den Urodelen, wo ich hinsichtlich des Genaueren namentlich auf FiscHer (1564) und Maurer (1895), sowie die oben citirten Specialarbeiten verweise, bildet im Gegensatze von den Selachiern die hypobranchiale spinale Muskulatur die direkte, nur partiell durch Sternum und Schultergürtel unterbrochene Fortsetzung des Rectus- Systemes des Rumpfes. Die Unterbrechungen beziehen sich auf die oberflächliche Lage (Rectus superficialis MAurER), während die tiefere (Rectus profundus MAURER) ununterbrochen vom Becken bis zum Visceralskelet zieht. Das Rectus-System ist namentlich in der tiefen Lage nur unvollkommen von dem Obliquus-System gesondert; die lateralen Züge der homobranchialen Muskulatur enthalten somit auch den Obliqui des Rumpfes homodyname Fasern. Der vom Bereiche des Brustbeines und Schulter- gürtels bis zum Zungenbein gehende Muskel wird gemeinhin als M. sterno-hyoideus, der vom Zungenbein nach dem Unterkiefer sich erstreckende Theil als M. genio- hyoideus determinirt. Der M. sterno-hyoideus besteht somit aus zwei mehr oder minder deutlich gesonderten Lagen (M. sterno-hyoideus superficialis und profundus), von denen die tiefere direkt resp. nur durch Inscriptio tendinea gesondert aus dem Rectus profundus sich fortsetzt, die oberflächliche theils vom Rectus superficialis, theils, in wechselnder Weise, vom Sternum oder vom Prokorakoid oder von der Scapula ausgeht”). Man kann demnach, wenn man auf die einzelnen Ursprünge besonderen Werth legt, auch von einem besonderen Thoracico-hyoideus, Uoraco- hyoideus und Omo-hyoideus sprechen‘). Die vordere Insertion des Muskels findet in der Hauptmasse am Hyoid statt; tiefere und laterale Partien enden aber auch an dem Copulare des 1. Kiemenbogens, sowie, durch die Zacken des soge- nannten Hyo-pharyngeus in einzelne Bündel gesondert, an der caudal daneben be- findlichen ventralen Pharynxwand (Sterno-pharyngeus FiscHer); auch die Stimmlade 1) Der über die ganze Länge der Wirbelsäule erstreckte M. subvertebralis der Urodelen erinnert in seinem vorderen Theil sehr oberflächlich an den M. subspinalis a der Notidaniden, ist aber, wie MAURER (1892 p. 101, 147) nachgewiesen hat, ein sekundär von der primären Rumpfmuskulatur abgespaltener Muskel. Er ist somit nur ein ganz inkompletes Analogon, aber kein Homologon des Muskels der Notidaniden. 2) Hinsichtlich aller dieser, im Speciellen sehr wechselnden Verhältnisse vergl. FISCHER (1864). Der skapulare Ursprung findet sich bei Menopoma und COryptobranchus. 3) Die Fortsetzung des Rectus wird von DAvıson als Thoracico-hyoideus bezeichnet; sie besitzt mehrere Inseriptiones tendineae. Festschrift für Gegenbaur. III. 63 494 Max FÜRBRINGER [146 kann als Insertionspunkt in Frage kommen. Man wird den am Hyoid endenden Theil dem Coraco-hyoideus der Selachier, die am Copulare I und an der darauf- folgenden Pharynxregion (also der Gegend, wo bei diesen die folgenden Kiemen- Copularia sich finden) den Coraco-branchiales der Selachier vergleichen können, wobei die durch den Hyo-pharyngeus (der dem Constrictor superficialis ventralis der Selachier homolog ist) gegebene Sonderung ein weiteres Moment für die speciellere Vergleichung bildet. Der sogenannte Sterno-hyoideus der Urodelen ist somit ein sehr zusammengesetzter Muskel; zu Folge der Rückbildung des Kiemenapparates tritt aber der hyoidale Antheil desselben in den Vordergrund. — An den Sterno-hyoideus schliesst sich nach vorn der M. genio-hyoideus an; er kann die direkte, nur durch Inscriptio tendinea getrennte Fortsetzung des ersteren bilden (Amphiuma), er kann partiell durch den zweiten resp. zweiten und dritten Kiemenbogen von diesem Muskel gesondert sein (Menopoma, Cryptobranchus), endlich kann er mehr oder minder komplet durch das Hyoid von dem Sterno-hyoideus getrennt sein (Mehrzahl der Urodelen)'). Unschwer ist in dem Genio-hyoideus der Urodelen das Homologon des Coraco-mandibularis der Selachier, der schon bei diesen in seinem Verhalten zum hinteren Hauptstocke der gemeinsamen Coraco-arcuales recht wechselnde Verhältnisse darbot (cf. p. 425f.), wieder zu finden. — Endlich zeigen die Urodelen die Anfänge der Mm. genio-glossus und hyo-glossus in Gestalt von Aberrationen der Innen- theile der Mm. genio-hyoideus und sterno-hyoideus an die zwischen Hyoid und Man- dibula befindliche Mundschleimhaut. Bei Perennibranchiaten und Derotremen kann man von einer entwickelten Zunge und einer ausgebildeten Zungenmuskulatur noch nicht sprechen, bei Larven von Salamandra und Triton ist, wie GEGENBAUR in seiner bedeutungsvollen Abhandlung über die Phylogenese der Zunge (1894 p 4 ff.) aus- führlich dargelegt hat, hier ein ungemein reicher Drüsenapparat entwickelt, der die Zunge bereits als Wulst hervortreten lässt, und an diesen Drüsenapparat schliesst sich während der Metamorphose ein tieferes Eindringen der vom Sterno- hyoideus und Genio-hyoideus aberrirenden Muskelfasern an, die nach und nach zu einer vollkommenen Muskularisirung der Zunge, zu der Ausbildung einer eigentlichen Zungenmuskulatur führt. GEGENBAUR erblickt in der vorausgehenden Glandularisirung der Zunge geradezu das kausale Moment für die Muskularisirung derselben. Alle anderen, von diesem oder jenem Autor hierher gerechneten Muskel- bildungen, namentlich die querverlaufenden wie z. B. der M. transversus maxillae inferioris (mylo-hyoideus), haben nichts mit der hypobranchialen spinalen Muskulatur zu thun und werden von ächten Kopfnerven (Trigeminus und Facialis) versorgt; anders lautende Innervationsangaben sind irrthümlich ?). Die hypobranchiale spinale Muskulatur der Gymnophionen knüpft, wie 1) Vergl. Anm. 2 auf der vorhergehenden Seite. 2) Auch der M. kerato-hyoideus internus gehört hierher; er wird trotz seines longitudinalen, an die hypo- branchiale spinale Muskulatur sehr erinnernden Verlaufes von dem N. glossopharyngeus innervirt. Ich erwähne ihn hier auch, um auf die grosse Uebereinstimmung hinzuweisen, welche hinsichtlich seiner zwischen Dipnoern und Urodelen existirt. 147] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 495 Fischer (1564) und WiEepersHem (1579) gezeigt haben, am meisten an diejenige von Amphiuma an. Auch hier lässt sich eine oberflächliche und tiefe Schichte, eine in der Hauptsache direkte resp. durch Inseriptio vermittelte Fortsetzung des Rumpf- Rectus in den Sterno-hyoideus (I'horacico-hyoideus WIEDERSHEIM) und den Genio-hyoideus erkennen. Die tieferen Partien inseriren an den Kiemenbogen Homologe der Coraco-branchiales der Selachier) und erleiden auch sonstige Unter- brechungen, wozu indessen der M. cerato-hyoideus zwischen 1. Kiemenbogen und Hyoid nicht zu rechnen ist. Die Verhältnisse bei den (opisthoglossen) Anuren sind leicht von denen bei den Urodelen ableitbar. Der Rectus bietet in seinem Rumpftheile, wie MAURER (1594 p. 245) gegen Kästner (1893 p. 285) ausführt, insofern ein einfacheres Ver- halten als bei den Urodelen dar, als seine beiden Lagen nicht wie bei diesen ge- schieden sind, sondern zusammenhängend einen einheitlichen Muskel bilden. Da- gegen zeigt der Halstheil des Rectus-Systems eine weiter vorgeschrittene Differen- = [oe zirung, indem an Stelle des bei den Urodelen einheitlichen Sterno-hyoideus (Sterno- coraco-omo-hyoideus) zwei getrennte Muskeln, ein M. sterno-hyoideus (Thora- cico-sterno-coraco-hyoideus), der theils die Fortsetzung des Rumpfes bildet, theils vom Sternum und Korakoid entspringt, und ein M. omo-hyoideus, der von der Scapula ausgeht, zur Ausbildung gekommen sind; für den Omo-hyoideus dient die bei Meno- poma und COryptobranchus von der Scapula entspringende Partie des gemeinsamen Muskels als Ausgangspunkt. Die Insertion des genannten Muskels erfolgt vorwiegend an dem Zungenbein-Körper und den sog. hinteren Hörnern, also an Theilen, welche der Copula hyoidea und den Copularia der Kiemenbogen entsprechen; die Muskeln sind somit Homologa des Coraco-hyoideus und der Coraco-branchiales der Selachier. — Vorn schliesst sich an den Sterno-hyoideus der M. genio-hyoideus an, immer gut von ihm getrennt und von dem Hyoid und zwar meist mit zwei getrennten Zipfeln ‘vom Körper und den sogenannten hinteren Hörnern) entspringend. — Die Mm. hyo-glossus und genio-glossus zeigen eine höhere Ausbildung als bei den Urodelen und bilden unter mannigfacher Durchkreuzung und Verfilzung ihrer Bündel die gut entwickelte fleischige Zunge der Opisthoglossi; der Hyo-glossus hat seinen Ursprung auf die hinteren Hörner des Zungenbeins verlegt. — Hinsichtlich der specielleren Verhältnisse verweise ich namentlich auf Fıscner (1843), Wyman 1553), ScHiess (1857), Ecker (1864) und WIEDERSsHEIM (1882). Sehr interessante und weitgehende Umbildungen zeigt die hypobranchiale spinale Muskulatur bei den aglossen Anuren, namentlich bei Pipa. Ueber die Anheftungen der Mm. sterno-hyoideus (profundus) und genio-hyoideus am Zungenbein (Theil der Stimmlade), sowie über die angesichts des Mangels einer ausgebildeten Zunge lediglich in die Mundschleimhaut ausstrahlenden Mm. hyo-glossus und genio- glossus hat bereits Henze (1539 p. 24, 25) ausführliche Mittheilungen gemacht; hin- sichtlich des M. mylo-pectori-humeralis, der eine eigenartige Weiterdifferen- zirung eines Homologons des Coraco-mandibularis der Selachier repräsentirt, verweise ich auf meine frühere diesbezügliche Beschreibung (1874 p. 195—200). 63* 496 Max FÜRBRINGER [148 E. Sauropsiden. Taf. VII Figg. 15—19, Taf. VIII Figg. 13—15. Ueber die hier in Frage kommenden Nerven der Reptilien und Vögel existiren zahlreiche Arbeiten, welche die thatsächlichen Verhältnisse mehr oder minder genau wiedergeben, für die Anknüpfung an die tieferen Vertebraten aber wenig leisten ; nur die kurzen Bemerkungen von GEGENBAUR (1871), McMurrıcH (1885), SAGEMEHL (1885 resp. 1891), van Wie (1886), sowie die ontogenetischen Untersuchungen von Frorıep (1883), van Wie (1883 resp. 1886, 1889) Beraneck (1887), van BEMMELEN (1889), Crrarucı (1889) und Horrmann (1890) sind hierfür brauchbar. Die weite Kluft, welche die Sauropsiden von den Anamniern trennt, erklärt zur Genüge diesen Mangel. Andererseits ist zu Folge der näheren Beziehungen zu den Säugethieren der Anschluss an diese fast allenthalben berücksichtigt: die be- treffenden spino-oceipitalen Nerven sind demzufolge von den Autoren meist als N. hypoglossus bezeichnet und beschrieben. Eine ausführliche und genaue Wiedergabe der einschlägigen Litteratur ist nicht angezeigt, da die vielen existirenden Arbeiten, wie schon erwähnt, für die eigent- liche Erkenntniss der spino-occipitalen Nerven zumeist nicht in Betracht kommen. Darum sei nur das Hauptsächlichere hervorgehoben. Ueber die Reptilien handeln theils in mehr oder minder genauen Beschrei- bungen, theils in kürzeren, aber erwähnenswerthen Bemerkungen Bo,sanus (1819— 21: Emys), Biscuorr (1832: einige Saurier; Crotalus; Crocodilus), Swan (1835: Boa; Chelone), Cuvier-Dumeriv (1836: Emys, Saurier und ‘Ophidier), Hexte (1839: verschiedene Reptilien), Vocr (1839: Python; 1840: Lacerta, Varanus, Amphisbaena; Chelone; Jacare (Champsa), Crocodilus), Jon. Mürter (1840: Python, Orotalus), Bexoz (1843: Lacerta, Chamaeleo, Amphisbaena; Tropidonotus; Chelone; Alligator), Fischer (1852: zahlreiche Saurier; Crocodilus, Alligator), Sransıus (1856: Reptilien), Owen (1866: Reptilien, namentlich Chelonier), FÜRBRINGER (1870: mehrere Saurier, namentlich Scincoiden und Zonuriden; 1874: Trionyx, Chelone, Emys; 1876: Platydactylus, Trachysaurus, Seps, Salvator, Phrynosoma, Iguana, Varanus, Amphisbaena, Chamaeleo; Alligator, Crocodilus) , GeEGENBAUR (1871: Reptilien; 1875: Saurier), von Inerına (1878: zahlreiche Saurier, Ophidier, Chelonier und Krokodilier), ScHneiper (1879: Schlundring der Reptilien), Mayser (1882: allgemeine Bemerkung), Wiırpersnem (1883, 1888: Reptilien, ins- besondere Chelonier), van Wine (1883 resp. 1886: Entwickelung von Lacerta), Beraneck (1884: Lacerta), MceMurrıch (1885: Reptilien), SAGEmEHL (1885 resp. 1891: allgemeine Bemerkung), CAarrsson (1886: Saurier und Ophidier), van BEn- MELEN (1888: Hatteria, Iguana, Tropidonotus, Coronella, Testudo, Emys, Chelone; Crocodilus; 1889: Entwickelung von Lacerta), Sraperını (1889), Horrmann (1890: Saurier, Ophidier, Chelonier und Krokodile, mit ontogenetischen Ausführungen), Humpurey (1894: Chelydra, Chelone, Chrysemys), Baur (1895: Proatlas der Reptilien). — 149] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 497 Bezüglich der Vögel verweise ich auf Tıenrmann (1810)'), A. Mecren (1816: Anser), Biscnorr (1832: Anser, Ciconia, Psittacus), Swan (1835: Pelecanus, Anser, Cygnus, Ardea), Cuvier-Dumgrı (1836), Hente (1839), BaAmgerG (1842), Stannıus (1846), CrAauDE Bernarn (1851: Gallus), Bonsporrr (1851 resp. 1852: Grus, Corvus), Wyman (1864: Struthio, Anser), Stıeva (1868), GEGENBAUR (1571), von Inering (1878: mehrere Vögel), Fürgeısger (1879, 1880: zahlreiche Vögel), Frorırr (1883: Entwickelung von Gallus), Gapow (1883, 1891), van Wıme (1883 resp. 1886: Entwickelung von Larus und Gallus), Beraneck (1887: Entwickelung von Gallus), Kocn (1888: Anas, Columba), Cnrarusı (1889: Entwickelung von Gallus und Cypselus), Sraperinı (1889: Gallus und Meleagris), Snureror (1890: Corvus, mit Anmerkungen über andere Vögel), Turser (1891: Anser, Botaurus, Ardea, Butorides, Bubo), Branvıs (1893: zahlreiche Vögel). Allgemein werden die ventral von dem Vago-accessorius von der Medulla abgehenden und den Oecipitaltheil des Schädels durchsetzenden Wurzelfäden dem N. hypoglossus zugeschrieben. Ueber ihren centralen Ursprung handeln bei Vögeln Srızpa (1868), Koch (1888), TurNER (1895) und namentlich BrAanpıs (1893). Die dem Hypoglossus Ursprung gebenden Zellen liegen ventral neben dem Accessorius-Kern und sind von ihm deutlich getrennt (TurNER p. 275). Koch und BrAnDIs unterscheiden zwei motorische Kerne, einen mehr ventral und einen mehr dorsal gelegenen, die bei den einzelnen Gattungen in sehr verschiedener Weise entwickelt sind (Larus, Anser und die Hühner haben nur einen ventralen Kern; daneben findet sich der dorsale sehr schwach ausgebildet bei Phoenicopterus, Fulica, Syrnium, mässig entfaltet bei zahlreichen Vögeln, kräftig entwickelt und den ventralen selbst an Volumen übertreffend bei Psittacus und Corvus; bezüglich des Details sei auf BRANDIS verwiesen). Der Abgang von der Medulla erfolgt ventral resp. ventro-caudal vom Vagus, erstreckt sich aber in der Regel nicht so weit caudalwärts wie der Ursprung des Accessorius Willisii, der bei allen untersuchten Sauriern, Cheloniern, Krokodiliern und Vögeln bis in das Gebiet des ersten, zweiten und selbst dritten Spinalnerven hinabreicht (ef. BiıscHorF, BENDZ, VAN BEMMELEN, TURNER und HunpHnrey; die Vögel und Chelonier zeigen zumeist, aber nicht ohne Ausnahmen, den am tiefsten, die Krokodilier den am wenigsten tief hinabreichenden Ursprung dieses Nerven; bei den Sauriern finden sich wechselnde, in der Hauptsache aber mittlere Verhältnisse). Die Zahl der Wurzeln des „Hypoglossus“ der erwachsenen Thiere wird wechselnd, zu 1—3, angegeben. Bei den Sauriern finden sich nach FıscHer (1852) drei bei Platydactylus, zwei bei der Mehrzahl (7 Species) der untersuchten Thiere (inel. Salvator nigropunctatus), eine bei Salvator Merianae und C’hamaeleo; CUVIER-DUMERIL (1836) giebt zwei Wurzeln für Lacerta an; BENDZ (1843) findet bei Lacerta und Amphisbaena zwei, VAN WıJuE (1883 resp. 1886), VAN BEMMELEN 1889) und Horrmann (1890) bei Zacerta drei Wurzeln?. Bei den Ophidiern beschreiben die Autoren 1—2 Wurzeln; 1 wird angegeben von Jom. MÜLLER (1810) bei Crotalus, von STANNIUS 1856) überhaupt bei Schlangen; 2 finden sich nach Cuvırr-Dum&rıL (1836) bei Ophidiern, nach JoH. MÜLLER (1840) bei Python, nach Benpz (1843) bei Tropidonotus, nach VAN BEMMELEN (1888) 1) Wo keine speciellen Gattungen genannt sind, handelt es sich zumeist um allgemeinere Darstellungen der betreffenden Klasse resp. Subklasse. 2) BERANECK (1884 p. 76) giebt an, dass der Hypoglossus von Lacerta die zwei ersten Spinalnerven reprä- sentire. 498 Max FÜRBRINGER [150 bei Tropidonotus und Coronella. Bei den Cheloniern beschreiben die darüber handelnden Autoren (Cuvier-Dum£rın 1836, Benpz 1843, Owen 1866, Horrmann 1890, Humpurey 1894) als Regel zwei gesonderte Wurzeln, doch wurden auch von Hunpnrey bei Chelydra, Chelonia und Chrys- emys individuell drei gefunden. SrAannıus (1856) giebt 1—2 Wurzeln an. Den Krokodiliern kommen nach den Beschreibungen und Abbildungen von Bexpz (1843) und Fıscuer (1852) zwei Hypoglossus-Wurzeln zu. Bei den Vögeln werden von Sranxıus (1856), BERANECK (1887), STADERINI (1889) und Gapow (1891) zwei Wurzeln angeführt; GEGENBAUR (1871 p. 531) erwähnt mehrfach diskret austretende Wurzeln. Bei allen Sauropsiden sind es nur ventrale Wurzeln, welche von den meisten Autoren (am frühesten von STIEDA 1868 p. 29) den ventralen Wurzeln der Spinalnerven verglichen werden. Stets nimmt die Stärke dieser Wurzeln nach hinten zu. Die Entwickelung dieser Nervenwurzeln ist von FRORIEP (1883), van WısuE (1883 resp. 1886), BERANECK (1887), Cmrarucı (1889), van BEMMELEN (1889) und HorFMmAnN (1890) untersucht worden; die vollständigsten und auf die jüngsten Embryonen zurückreichenden Angaben verdanken wir VAN WIJHE, ÜHIARUGI, VAN BEMMELEN und HorFMmAnN. Diese Untersuchungen be- stätigen vollkommen die Zusammensetzung des „Hypoglossus“ aus einer Summe von ventralen Wurzeln, welche den ventralen Wurzeln der Spinalnerven homodynam sind und ganz successive in dieselben übergehen. Die einzelnen Komponenten werden dem entsprechend auch als oceipi- tale oder als präcervikale Nerven bezeichnet. Ob hierbei der ihnen als Durchtritt dienende Öceipitaltheil des Schädels in der Form von ursprünglich diskreten und erst später verschmelzenden Wirbeln oder gleich als Continuum sich anlegt, erhellt nicht mit gleicher Deutlichkeit aus den verschiedenen Angaben; beides scheint vertreten zu werden; separat auftretende, aber bald ver- schmelzende Knorpelkerne zwischen den einzelnen Nervengebieten dürften erwiesen sein. Die Anlage separater Myomeren (Myotome, Somiten), welche denen des Rumpfes entsprechen, wurde über- einstimmend sicher gestellt. Aus diesen ontogenetischen Untersuchungen geht aber zugleich hervor, dass ausser den bei dem erwachsenen Thiere erhalten bleibenden 2—3 Wurzeln resp. spino-oceipitalen Nerven, und zwar rostral vor ihnen, noch ein resp. zwei weitere zur Anlage kommen, im Laufe der Entwickelung aber wieder verschwinden. Bezeichne ich die bleibenden spino-oceipitalen Nerven mit a, 5 und c resp. mit 5 und ce, die vor ihnen liegenden vergänglichen aber mit x, y, z!), so ergeben die Untersuchungen bei Zacerta nach HOFFMANN noch die Anlage von z, nach CHIARUGI von y und z und nach van BEMMELEN vielleicht selbst von x, y und z?). Bei Embryonen von Tropidonotus findet CHIARUGI 2, a, b, c, bei Embryonen von Cypselus und Gallus a, b, c, wovon aber a von vornherein sehr rudimentär angelegt ist; FRORIEP und BERANECK konnten bei Vogelembryonen nur 5 und ce nachweisen, van WuHE fand a, 5 und c. — Auch die Myomexen legen sich in grösserer Anzahl an und vermindern sich durch Rückbildung der vorderen. HOFFMANN fand bei Zacerta fünf spino-oceipitale Myotome (deren vorderstes aber sehr rudimentär und nervenlos war), ÜHIARUGI und VAN BEMMELEN nur vier; Tropidonotus zeigte nach UHIARUGI 4; bei Vogelembryonen wurden übereinstimmend von FRORIEP, VAN WIJHE, BERANECK und CnraruGı vier beobachtet, von denen der erste (ÜHraruGI) oder die beiden ersten (FRORIEP und BERA- NECK) nervenlos waren. — Die Diskrepanz in der korrelativen Existenz von Nervenwurzeln und Myomeren, wie sie hier bei Zacerta gegenüber den Vögeln gefunden wurde, fordert zu ferneren 1) In diesen Bezeichnungen der spino-oceipitalen Nerven ist zugleich die Deutung von a, b, ce als oceipito- spinale, von x, y, z als oceipitale Nerven enthalten. Weiter unten wird über diese Deutung zu diskutiren sein. 2) Diese beiden anderen Oceipitalnerven (ce und y nach meiner Bezeichnung) legen sich aber nach VAN BENMELEN von vorn herein rudimentär sowie ohne Myomeren an und scheinen sich sehr bald zurückzubilden; auch liegen sie einander und x benachbart, so dass man eventuell auch an Wurzelfäden einer einzigen Wurzel denken könnte. Jedenfalls bieten sie in ihrer ganzen Anlage und Anordnung soviel Besonderes und Abweichendes von den sonstigen Eigenschaften der spino-oceipitalen Nerven dar, dass weitere Untersuchungen sehr erwünscht erscheinen. N ee 3 En zer. Sr 151] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 499 Untersuchungen auf. — Auch Rudimente zugehöriger dorsaler Wurzeln und dorsaler Ganglien wurden von den Autoren gesehen; bei Embryonen von Zacerta fand Cmarucı drei (a, b, ce), VAN BEMMELEN 2—3 und Horrmann ein (ce); bei Embryonen von Gallus wurden dieselben bald ver- misst (FRORIEP), bald in der Einzahl (BErAnEcK) oder Dreizahl (Omrarusı) gefunden; doch wird die Existenz des von BERANECK beschriebenen dorsalen Ganglion von OmiaruGı abgeleugnet, der nur Wurzelrudimente hier fand. Ueber die weiteren Schicksale dieser dorsalen Anlagen differiren die Angaben erheblich. Nach van BEMMELEN und HOFFMANN schwinden sie während der Embryo- nalzeit, nach van WıIJHE und CmmAruGı verbinden sie sich zur Bildung des N. vagus resp. N. accessorius vagi, der somit nach Cmaruge intimere Beziehungen zu dem N. hypoglossus auf- weist!); FRORIEP und HOFFMANN stellen dagegen beide Nerven genetisch scharf einander gegen- über, van BEMMELEN (1889 p. 250) vertritt eine mehr vermittelnde Richtung. Ich stehe hierbei auf dem Standpunkte FRORIEP's. Auf Grund ihrer Beobachtungen an ausgebildeten Sauropsiden homologisiren MeMurrrcu (1885 p. 149) und SAGEMEHL (1585 resp. 1891. p. 535) den »Hypoglossus« mit den zwei ersten Spinalnerven der Selachier und Urodelen; MAyser (1582) dagegen vergleicht ihn dem vorderen Abschnitte des ersten Spinalnerven der Teleostier. Die folgende Darstellung wird zeigen, dass die beiden erstgenannten Autoren der Wahrheit nahe kamen, während die Vergleichung Mayser’s in keiner Weise haltbar ist. Der Durchtritt der einzelnen Wurzeln des „Hypoglossus“ erfolgt nach den Angaben der Autoren durch separate Oeffnungen, welche ventral vom Vagusloch sich im Oceipitale befinden; nur WIEDERSHEIM (1883, 18S$) erwähnt für Zmys einen gemeinsamen Austritt mit dem Vagus. ‘ Während oder nach dem Austritt aus dem Schädel vereinigen sich die Hypoglossus- Wurzeln unter einander zu dem gemeinsamen Hypoglossus-Stamme, der zugleich in den meisten Fällen auch mit dem ersten oder den beiden ersten Cervikalnerven- resp. mit Zweigen derselben sich verbindet und mit ihnen einen einheitlichen Stamm bildet, der sich nach Art des Plexus s. Ramus cervicalis der tieferen Vertebraten verzweigt. Einzelne Autoren (CHrAruGI, VAN BEM- MELEN) bezeichnen diese Vereinigung oceipitaler und spinaler Nerven als N. hypoglossus. Die Antheilnahme dieser ersten spinalen Nerven (die bei den erwachsenen Thieren meistens auch nur von ventralen Wurzeln gebildet werden) zeigt nach den Angaben der Untersucher einen erheblichen Wechsel. Der Mangel jedes Verbandes zwischen oceipitalen und spinalen Nerven kennzeichnet nach Vogr. (1890) Jacare, nach FiscHer (1852) Orocodilus und Alligator; ein Verband mit dem 1. Spinalnerven allein findet sich nach BıscHorr (1832) bei Amphisbaena und Crotalus, nach Vogr (1839, 1840) bei Zacerta, Amphisbaena und Python, nach BENnDZ (1843) bei Chelone, nach BoNs- DORFF (1851) bei Grus und Corvus, nach Fiscuer (1852, bei Platydactylus, Euprepes, Lacerta, Salvator, Zonurus, Agama, Chamaeleo, nach VAN BEMMELEN (1889) bei Zacerta?), nach CuraruGı (1889) bei Lacerta, Tropidonotus, Gallus, Cypselus, nach GADoWw (1881) bei Vögeln (ohne nähere Angabe‘ ; eine Verbindung mit den beiden ersten Spinalnerven wurde beobachtet von Vo@r (1840) bei Varanus, Chelone, Crocodilus, von FISCHER (1852) bei /guana, Varanus, von VAN BEMMELEN (1858, 1837) bei Lacerta!), Iguana, von GADow (1881) bei Vögeln (ohne nähere Angabe). Weitere Anastomosirungen des N. hypoglossus mit Gehirnnerven (Aeste des Tri- geminus, Glossopharyngeus und namentlich Vagus) und mit dem Sympathicus werden von zahl- reichen Autoren (Swan 1835, Vor 1839, 1840, Jou. MÜLLER 1840, SrAannıus 1846, 1856, Bons- DORFF 1851, FISCHER 1852, GEGENBAUR 1871, VAN BEMMELEN 1888, HorFMmAnN 1890) angegeben; bezüglich des Näheren sei auf diese Veröffentlichungen selbst hingewiesen. 1) Auch BERANECK (1884 p. 76) scheint den Accessorius Willisii mit dem Hypoglossus zusammenzuwerfen; wenigstens giebt er an, dass beide Nerven nicht kraniale, sondern spinale Nerven repräsentiren. 2) van BEMMELEN konstatirte während der Entwickelung die suecessive Anastomosisung zuerst mit dem I. Spinalnerven, dem sich danach der 2. Spinalnerv zugesellte. 500 Max FÜRBRINGER [152 Zu dem Plexus brachialis bestehen nur ausnahmsweise noch Beziehungen; derselbe wird von mehr caudalwärts gelegenen Nerven gebildet und beginnt bei den Reptilien in der Regel mit dem 3.—7., bei Vögeln erst mit dem 10.— 22. Spinalnerven; nur für Amphisbaena (CARLSSON 1886), sowie Enygrus und Coronella (IHErınG 1878, CARLSSON 1886) wird ein Beginn des rudimentären Plexus brachialis mit dem 2. Spinalnerven, der hiermit an dem Plexus brachialis und cervicalis Theil nehmen kann, angegeben. Die periphere Verbreitung des »Hypoglossus« erfolgt in der Regel mit kleineren Aesten in den Nackenmuskeln, mit den Hauptästen, R. anterior s. hypoglossus (FiscHEr) s. laryngo- lingualis (BONSDORFF, GADOW) und R. posterior s. descendens (FISCHER) s. recurrens s. laryngeus (BONSDORFF, GADOW), in der Muskulatur der Zunge und den Längsmuskeln, welche sich zwischen dem Brustgürtel und Unterkiefer erstrecken; bei den Vögeln, namentlich bei den Passeres ge- winnen besondere Zweige des R. posterior eine stärkere Ausbildung durch Versorgung der hier (Oseines) hoch entfalteten Syrinxmuskulatur (GADow 1883, 1891, FÜRBRINGER 1888). Bezüglich des Details sei namentlich auf Swan (1835), Vogt (1839, 1840), BEnDz (1343), BONSDORFF (1851), FISCHER (1852), Stannıus (1856), van BEMMELEN (1888), HorFFMAnN (1890), GADow (1891) verwiesen; einige Fehler in den Angaben älterer Autoren (VogT, FiscHer), welche auch den Retractor ossis quadrati und den Mylohyoideus durch den Hypoglossus, die Zungenmuskeln aber z. Th. durch den Glossopharyngeus versorgen lassen, sind zu korrigiren. Im Uebrigen handeln über die hypobranchiale spinale Muskulatur (ventrale Längs- muskeln) noch TiEDEMANN (1810), HENLE (1839), Brücke (1852), FÜRBRINGER (1870), LEypIe (1872), GEGENBAUR (1875), SHUFELD (1890), WALTER (1887), KATHARINER (1875) u. A. Besondere Aufmerksamkeit erregte die ventrale Anastomose (Chiasma) des rechten und linken Hypoglossus bei Krokodilen (Vo@r 1840, FıscHer 1852, Stannıus 1856) und bei Vögeln (Wyman 1864: Struthio, Anser), SCHNEIDER (1879) widmete ihr einen besonderen Artikel und verglich sie (im Verbande mit ähnlichen Anastomosen des N. inframaxillaris bei Myxinoiden und Teleostiern, des N. laryngeus bei Sauropsiden) sehr mit Unrecht dem ventralen Schlundring bei Wirbellosen. Zur eigenen Untersuchung dienten folgende Thiere'): o° oO oO / Rhynchocephalia: Hatteria punctata, Gray. Sauria: Platydactylus guttatus, Kunt, Prtychozoon homalocephalum, Kunt (Embryonen: & ’ $) 9 \ A von 4 mm, B von 5 mm, © von 5 mm Kopflänge)?); Anguis fragilis, L. ) $) O4 . 9 (Embryo von 2.75 mm Kopflänge); Lacerta viriddis, L., Lacerta agilis, L. \ IN e) $) ’ (Embryonen: A von 2.5 mm, B von 4 mm Kopflänge). Ophidia: Python reticulatus, Gray, Tropidonotus natrie (Embryo von 4 mm Kopflänge). Chelonia: Amida mutica, Ag.; Chelone imbricata, L. (Embryonen von 7 mm Körper- länge); Chelydra serpentina, Ag., Emys europaea, 1.. Crocodilia: Crocodilus vulgaris, Cuv., Crocodilus biporcatus, Cuv. (Embryonen: A von 6.75 mm, B von 8.75 mm Kopflänge), Jacare sclerops, GRAY. ’ to hP &) &) Aves: Struthio camelus, L.; Anas wanthorhyncha, FoRsTErR, Anser cinereus, MEYER, b) } ’ ’ 2 Botaurus stellaris, STEPH.; Grus cinerea, Becnst.; Gallus domesticus, L. (versch. Embryonen); Pastor roseus, Ten. 1) Die Embryonen von Pfychozoon und Chelone verdanke ich der Güte des Herrn Prof. R. SEMmon. 2) Wegen der bei allen Sauropsiden-Embryonen sehr beträchtlichen Krümmung des Körpers giebt die Scheitel-Steiss-Dimension kein richtiges Maass der Grösse; es wurde desshalb die Kopflänge (bis Condylus oceipitalis) angegeben. Nur bei den sehr jungen, weniger gekrümmten Embryonen von Che/lone wurde die Körperlänge gemessen. 153] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 501 Die Deutung des sogenannten Nervus hypoglossus der Sauropsiden und seine Zurückführung auf die bei den Anamniern sich findenden spino-oceipitalen Nerven fällt zusammen mit der Entscheidung, wie viele Wirbel dem Cranium derselben sekundär assimilirt sind. Dass eine solche Assimilation überhaupt stattgefunden hat, ist auf Grund der ontogenetischen und vergleichend anatomischen Untersuchung nicht zweifelhaft; der Schädel der Sauropsiden stellt sich durchaus an die Seite desjenigen der Holocephalen, Ganoiden, Teleostier und Dipnoer. Lediglich die Zahl dieser sekundär assimilierten Wirbel und Spinalnerven (Nn. occipito-spinales) steht in Frage. Ein Ueberblick über die Verhältnisse bei den erwähnten Anamniern zeigt eine wechselnde Anzahl dieser Wirbel und Nerven; bei den meisten und zwar bei Ver- tretern aus allen vier Abtheilungen (Chimaera und wohl auch Callorhynchus, Amia, Lepidosteus e. p., Teleostier, Ceratodus), und namentlich auch bei solchen, deren Schädel sich durch ein deutliches Gelenk gegen die Wirbelsäule absetzt, ist die Dreizahl bevorzugt, d. h. die occipito-spinalen Nerven schliessen mit c ab, während der darauf folgende 4. Nerv ein freier Spinalnerv ist. Auch bei den Sauropsiden zeigt der „Hypoglossus“ diese typische Zusammensetzung aus drei Wurzeln. Wo die direkten Stammeltern der Sauropsiden zu suchen seien, entzieht sich z. Z. noch jeder genaueren Bestimmung. Alle bekannten Anamnier zeigen diese oder jene einseitige Specialisirung in dem einen oder dem andern Gepräge ihres Baues, welche eine direkte Ableitung von ihnen verbietet. Doch mag die Wurzel der Sauro- psiden in der Nähe der Wurzeln der Selachier und Amphibien, und auch nicht allzu fern von derjenigen der Dipnoer und gewisser Ganoiden ihren Ausgang ge- nommen haben. Die kranio-vertebrale Konfiguration, um die es sich für unsere Frage in erster Linie handelt, gestattet jedenfalls neben zahlreichen anderen Differenzirungen diese genealogische Ableitung und setzt damit die erwähnte Dreizahl der occipito- spinalen Nerven und Wirbel in das rechte Licht. Es besteht meines Erachtens kein Gegengrund, welcher die Homologisirung der drei Wurzeln des „Hypo- glossus“ der Sauropsiden mit den drei occipito-spinalen Nerven a, b, c bei der Mehrzahl der mit einem auximetameren Cranium versehenen Anamnier verböte. Mit noch geringerem Rechte aber dürfte die Homologie der drei occipito- spinalen Nerven innerhalb der Sauropsiden bezweifelt werden; die verschiedenen Reptilien und Vögel stehen in zu nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zu ein- ander und bieten eine zu weit fortgeschrittene Fixirung ihrer Differenzirungen dar, als dass man hier noch von einer grösseren Flüssigkeit ihrer Konfiguration sprechen dürfte. Ich halte sonach die Grenze zwischen Schädel und Wirbelsäule oder mit anderen Worten das kranio-vertebrale (richtiger intervertebrale) Gelenk der Sauropsiden für eine fixirte Bildung und erblicke in der Pars condyloidea des Hinterhauptes den konstanten Abschluss des sauropsiden Neocraniums. Befestigt werde ich in dieser Anschauung durch das Verhalten des ersten freien Wirbels, der allenthalben ein geringeres Volumen besitzt und das Gepräge einer benachtheiligten, Festschrift für Gegenbaur. IIL 64 502 Max FÜRBRINGER [154 gedrückten Existenz zeigt, gar nicht so selten auch (bei Vertretern fast aller fossilen und recenten Abtheilungen der Sauropsiden) mehr oder minder weitgehend verkümmert und in seiner Selbständigkeit behindert ist und u. A. den Namen „‚Proatlas“ erhalten hat‘). Man erkennt in dieser reduktiven Bildung das Produkt des nach vorn (rostral- wärts) gerichteten Druckes der Wirbelsäule, die mit ihrem vorderen Ende an dem hochdifferenzirten und fixirten Occipitale ein kräftiges Widerlager fand und somit, bei nicht genügender Widerstandsfähigkeit, dem von vorn und hmten wirkenden Drucke zum Opfer fiel?). Ich finde bei allen von mir untersuchten Sauropsiden drei ventrale Wurzeln des Hypoglossus, die ich sonach als occipito-spinale Nerven auffasse und mita, b, ce bezeichne. Aber das Verhalten dieser Nerven ist nicht allenthalben dasselbe. Bei Hatteria, Platydactylus (Taf. VII Fig. 15), Lacerta indiv., Chelydra (Taf. VII Fig. 17), Amyda, Struthio und Anser (Taf. VII Fig. 19) treten dieselben als im Ganzen gleichwerthige, in gewissen Abständen von der Medulla abgehende und durch drei besondere Oeffnungen durch den Schädel tretende Nerven auf; bei Lacerta indiv., Python (Taf. VII Fig. 16), Emys, Jacare (Taf. VII Fig. 18) und Crocodilus sind die beiden ersten Nerven einander sehr genähert und verlaufen in der Hauptsache nur durch eine Bindegewebsscheide von einander geschieden durch die gleiche Schädel- öffnung (ab), während der dritte (c) das Occipitale selbständig durchsetzt. In diesen zuletzt angeführten Stellen kann dann die minder genaue Untersuchung zu dem Resultate kommen, dass nur 2 oceipito-spinale Nerven (b, c) existirten; so mag wohl ein Theil der Angaben in der Litteratur (s. oben p. 497, 498) von der Existenz nur zweier Hypoglossus-Wurzeln zu erklären sein. Doch will ich nicht leugnen, dass bei einem andern Theil der Befunde früherer Autoren wirklich eine völlige Reduktion von a und die Persistenz von nur b und c vorliegt; namentlich bei Ophidiern, Kro- kodiliern und den höheren Ordnungen unter den Vögeln halte ich diese Rückbildung für sehr möglich, wenn ich sieauch bei dem geringen von mir untersuchten Material niemals sah. Die in der Litteratur angegebene Existenz von nur einem occipito- spinalen Nerven (c) hingegen, wie dieselbe sich bei Salvator, Chamaeleo, Crotalus und gewissen Cheloniern finden soll (p. 497, 498), scheint mir auf Beobachtungsfehlern resp. schlecht konservirtem Material zu beruhen. Die Grösse der occipito-spinalen Nerven ist entsprechend der schon bei den Anamniern zur Genüge bestätigten Regel eine von hinten nach vorn (rostralwärts) abnehmende; doch sind hierbei verschiedene Abstufungen zu beobachten. So finde ich bei Python und Chelydra eine nur sehr mässige Abnahme der wenig verschie- 1) Ich verweise hinsichtlich der Proatlas-Bildungen bei den Sauropsiden und Mammalia auf die verdienst- volle Abhandlung von Baur (1895), die zugleich eine genaue Zusammenstellung über das Vorkommen und die Litteratur dieser sehr verschieden bezeichneten Bildung enthält. 2) Selbstverständlich ist dieser Vorgang nicht in grob mechanischer Weise zu deuten. Es spielen hierbei auch sehr verschiedenartige Instanzen (insbesondere Einwirkungen der Weichtheile) mit, die namentlich bei dem Vergleiche mit denjenigen Wirbelthieren, wo der 1. Wirbel gut und sogar höher entwickelt ist, wohl berücksichtigt sein wollen. Doch ist hier nicht der Ort, weiter auf diese Frage einzugehen. 155] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN EiIC. 503 denen Nerven, dagegen bei Hatteria, namentlich aber Jacare und Anser eine beträcht- liche Rückbildung von a gegenüber b. Die anderen untersuchten Sauropsiden stehen in der Mitte. Weiter hat die ontogenetische Untersuchung von Lacerta und Tropidonotus (Crarusı, van BEMMELEN, Horruann) noch die embryonale Existenz eines oder einiger rostral vor a gelegener, ventraler Wurzeln ergeben, die sich aber noch im embryo- nalen Leben zurückbilden. Dieselben würden oceipitale Nerven repräsentiren und im Anschlusse an die Terminologie bei den Anamniern als ©, y und x zu bezeich- nen sein. Das Vorhandensein von x konnte ich bei Embryonen von Ptychozoon und ZLacerta bestätigen‘). Für den Nachweis von @ und y fehlten mir jüngere Sta- dien. Die Existenz von & halte ich überhaupt für nicht vollkommen gesichert (vergl. pag. 4985 Anm. 2). Die untersuchten Reptilien besitzen somit im embryo- nalen Zustande occipitale und oceipito-spinale Nerven, im ausgewachsenen aber nur noch ocecipito-spinale Nerven. Bei den untersuchten Vogelembryonen konnte weder von früheren Autoren, noch von mir das embryonale Rudiment eines occipitalen Nerven nachgewiesen werden. Die Zusammenstellung der mitgetheilten Verhältnisse ergiebt somit?): ©? y. 2. a. b. c. Junge Embryonen von Lacerta (van BEMMELEN)’). y. 2. a. b. c. Junge Embryonen von Lacerta (Cmraruci) und vielleicht auch Tropidonotus (CHiarugi). a. b. ce. (Aeltere) Embryonen von Ptychozoon (ich) und Lacerta (Cnurarugı, van BEMMELEN, ich); Embryonen von Tropidonotus (ÜHrarusi). ”r 1) Der Befund von Piychozoon ist sehr bemerkenswerth, indem hier bei recht alten Embryonen z noch in bester Ausbildung existirte, während es bei jüngeren Stadien von Zacerta schon eine gewisse Rückbildung zeigte. Auch darin dokumentirt sich die tiefe Stellung der Askalaboter. Auffallender Weise fand ich z bei den beiden Stadien 3 und € (von 5mm Kopflänge), nicht aber bei 4 (von 4 mm Kopflänge). Bei Zacerta sah ich z nur bei A (2.5 mm Kopflänge), nicht aber bei P (4 mm Kopflänge). Bei Anguis (2.5 mm Kopflänge), Tropidonotus (4 mm Kopflänge) und Crocodilus A (6.75 mm Kopflänge) und B (8.75 mm Kopflänge) waren nur noch a, b und e vor- handen, bei dem grösseren Embryo von Crocodilus a zugleich in Rückbildung. Desgleichen zeigten die Embryonen von Gallus nur noch undeutliche Rudimente des ersten oceipito-spinalen Nerven. — An allen diesen Schädeln be- stand jedes Parachordale bereits aus einem einheitlichen Knorpelstücke, das im medialen Bereiche ausser den Durch- brechungen durch z, a, 5 und c keine Trennung seiner Kontinuität aufwies; seine Länge hinter dem Labyrinth ist etwa 5, bei Piychozoon 6 Skleromeren gleich zu setzen. Die Somiten-Muskulatur erstreckte sich bei Zacerta und Anguis nicht ganz bis zum Bereiche des Labyrinths, bei Pfyehozoon noch etwas weiter nach vorn, fast bis zum Niveau der Mitte desselben; doch gelang es nicht mehr, deutliche Somitengrenzen nachzuweisen. — Der junge Embryo von Chelone (T mm Körperlänge) zeigte 3 deutlich getrennte Skleromeren und 3 oceipito-spinale Nerven zwischen ihnen. 2) Damit im Zusammenhang sei auf Grund der Mittheilungen der Autoren die Zahl der Myotome zusammen- gestellt, wobei die eingeklammerten Zahlen solehe Myotome bedeuten, bei denen keine Nerven gefunden wurden: (y). » a. b. cc. Lacerta (HOFFMANN). z. a. b. c. Lacerta (CHIARUGI, VAN BEMMELEN). (2) a. b. c.. Tropidonotus (ÜHIARUGI?), Zarus (VAN WIHE), Gallus (v. W., CH., ich), C'ypselus (CH.). z.) (a.) b. ce. Gallus (FRORIEP, BERANECK, ich). Der Vergleich mit den oceipitalen und oceipito-spinalen Nerven ergiebt bald die Zahl dieser grösser als die der Myotome (Zacerta, Tropidonotus?), bald sind beide gleich (Zacerta), bald übertreffen die Myotome die Nerven an Anzahl (Zacerta, Vögel). Dieser Wechsel hänet z. Th. von Altersabweichungen ab, z. Th. liegen auch generische Ver- schiedenheiten vor. Die weite Ausdehnung der hypaxonischen Muskulatur von Piychozoon macht wahrscheinlich, dass hier noch mehr (5—6) Myotome angelegt werden. 3) Das ? an x rührt von mir her (vergl. auch Anm. 2 auf p. 498). 504 Max FÜRBRINGER [156 a. b. c. Hatteria, Platydactylus, Lacerta und andere Saurier; Python und wohl noch andere Ophidier; Amyda, Chelonia, Chelydra, Chrys- emys (HunpHREy); Jacare, Crocodilus, Embryonen von Larus (van WumE), Gallus (van WuuE, CHrrugı, ich), Oypselus (Cura- RuGI), sowie erwachsene Exemplare von Struthio und Anser. b. ce. Möglicher Weise verschiedene Saurier und Chelonier, vielleicht und z. Th. wahrscheinlich gewisse Vertreter der Ophidier, Krokodile und Vögel. Zu den occipito-spinalen Nerven gehörige dorsale Wurzeln existiren nur bei Embryonen und fehlen den ausgebildeten Thieren. Wie oben (pag. 499) erwähnt, wurden dieselben in der Ein- bis Dreizahl (c” bis a“, b? c”) von den Autoren gefun- den, wobei aber z. Th. auch Verwechselungen mit den Wurzeln des Vago-accessorius, der als primordialer Gehirnnerv mit den vorliegenden Nerven spinaler Abkunft nichts zu thun hat, vorliegen. Die Existenz von c” konnte ich bei Embryonen von Ptycho- zoon und Lacerta, von b°, aber in Degeneration, bei Pfychozoon bestätigen. Dass die occipitalen und occipito-spinalen Nerven ganz nach Art ventraler Spinalwurzeln in der Medulla entstehen und von ihr abgehen, ist durch frühere Untersuchungen gesichert und leicht zu erweisen. Interessant ist der durch Koch (1888) und namentlich Branvıs (1893) gegebene Nachweis eines mehr dorsal ge- legenen motorischen Kerns neben dem gewöhnlichen ventralen bei zahlreichen Vögeln (pag. 497); der erstere ist vermuthlich eine besondere Differenzirung der mehr dor- salen Ganglienzellen des gewöhnlichen Kernes und steht in seiner höheren Aus- bildung vielleicht zu der grösseren Entfaltung des syringealen Muskelapparates (Psittaci, Oscines) in Korrelation. Darauf hingehende Experimente sind indessen noch anzustellen. Der Abgang von a, b und c von der Medulla erfolgt ventral und ventro-caudal von dem Abgange des Vagus s. str. (excl. Accessorius Wıruısı) derart, dass a meist direkt unter (ventral), b und c etwas hinter (ventro-caudal) diesem Nerven sich von der Medulla ablösen; der Abgang von b kann aber auch direkt unter dem Vagus- ursprung (Ende oder selbst vorderer Theil desselben)') stattfinden. Es zeigen somit die oceipito-spinalen Nerven eine relative Lage zu dem Vagus s.str., wie die occi- pitalen Nerven bei den Anamniern, — ein Verhalten, welches aufs Neue das wiederholt (p: 372, 376, 440, 445 f., 467) besprochene Vorrücken dieser spinalen Abkömmlinge dokumentirt und zugleich eine weitere neue Etappe in dem rostralwärts gehenden Vorschieben derselben darstellt; die oceipito-spinalen Nerven der Anamnier liegen stets hinter dem Niveau des Vagus. Die bei Embryonen vorkommenden Rudimente occipitaler Nerven (y,z) gehen ventral, y sogar ventro-rostral vom Vagus von der 1) Bezüglich der näheren Details — der Abgang von y kann bei einzelnen Sauriern (Agama, Istiurus) selbst dem Anfange des Vagusursprunges entsprechen — verweise ich namentlich auch auf die Abbildungen von FIscHEr (1852). r— “- 157] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND LOLOCEPHALEN ETC. 505 Medulla ab, verhalten sich somit annähernd wie v und w bei den Notidaniden; a, b und c dagegen liegen hinter (ventro-caudal) von dem Vagus. Somit giebt sich auch hier während der ontogenetischen Entwickelung ein Vorwärtsrücken der occipito-spinalen Nerven zu erkennen. Wie bereits oben (pag. 497) angegeben, zeigt der Vagus s. 1. (Vago-accessorius) ‘einen relativ sehr weit caudalwärts erstreckten Ursprung von der Medulla, indem er bei verschiedenen Vertretern der Sauropsiden sich caudal von den occipito-spinalen Nerven bis in das Gebiet des 1. bis 3. freien Spinalnerven — zwischen dessen ven- trale und dorsale Wurzeln (soweit letztere vorhanden sind) — erstrecken kann. Verschiedene, oben angeführte, Autoren sind dadurch zu dem irrigen Schlusse ver- anlasst worden, auch den Accessorius auf Spinalnerven zurückzuführen. Da die von diesem hinteren (caudalen) Theile des Vago-Accessorius, dem Accessorius Willisii (resp. dessen Ramus posterior s. externus), versorgten Muskelelemente (cerebrale An- theile des M. trapezius —+ sterno-cleido-mastoideus) bei den Sauropsiden recht schwach entwickelt sind (vergl. meine bezüglichen Untersuchungen 1874, 1875, 1888), ist dieser bis in das Gebiet der Medulla spinalis reichende Ursprung weniger auf eine aktive, caudalwärts sich ausdehnende Vermehrung der motorischen Ganglien- zellen des Accessorius, als vielmehr auf ein rostralwärts gehendes Vorschieben des gesammten Komplexes der occipito-spinalen und spinalen Ursprünge zurückzuführen. Der Durchtritt von a, b und c durch den Schädel findet durch drei oder zwei gesonderte Oeffnungen statt, welche ventral von dem Foramen pro vago liegen. Finden sich nur zwei Oeffnungen, so gehen a und b gemeinsam durch die erste; a kann aber auch reducirt sein (pag. 502). Bei Python (Taf. VIL Fig. 16) liegt der Kanal für « + b in grösster Nachbarschaft zum Vaguskanal; den von WıEDERSHEIM bei Emys angegebenen gemeinschaftlichen Durchtritt mit dem Vagus fand ich bei den von mir untersuchten Exemplaren nicht; stets lagen die beiden Foramina pro hypoglosso ziemlich weitab von der Vagusöffnung. In der Regel befinden sich die Oeffnungen für die occipito-spinalen Nerven in einer mehr oder minder grossen Entfernung von dem Vagusloch und zwar in wechselnder Lage: die für a und b liegen meist ventral, selbst ventro-rostral (so besonders bei Platydactylus Taf. VIL Fig. 15 und Python Taf. VII Fig. 16) von demselben, die für c befindet sich ventral (Platydactylus) oder ventro-caudal unter ihm (Python, Chelydra, Jacare); Hatteria und die untersuchten Vögel nehmen eine mittlere Stellung ein (vergl. Taf. VII Fig. 15—19). — Auch in dieser Lage drückt sich die Vorwärtswanderung der occipito-spinalen Nerven auf das Deutlichste aus; bei den Anamniern zeigen die Oeffnungen für die oceipitalen Nerven, bei den Notidaniden selbst die für die beiden vordersten der- selben (v und w) eine ähnliche oder nicht einmal eine ganz so weit rostralwärts gerückte Lage zum Foramen pro vago wie hier die occipito-spinalen Nerven. Es ist somit z. B. bei Platydactylus der erste occipito-spinale Nerv (a) um 5 Meta- meren weiter rostralwärts gerückt, als er sich ursprünglich bei den Hewanchus oder Heptanchus entsprechenden (d. h. hinsichtlich des Verhaltens der occipitalen und pinalen Nerven ihnen gleichstehenden) Vorfahren befand. 506 Max FÜRBRINGER [158 Die einzelnen oceipito-spinalen Nerven a, b und c vereinigen sich mit einander zu einem Stamme, an dessen Bildung sehr häufig auch Theile des ersten oder der beiden ersten Spinalnerven Antheill nehmen. Diese Verbindung entspricht dem Plexus cervicalis der Anamnier: der Wechsel in der Antheilnahme der Spinalnerven ist ein beträchtlicher selbst bei ganz nahe verwandten 'Thieren und innerhalb der Species. Zum Belege dafür mag die folgende Zusammenstellung auf Grund der Unter- suchungen früherer Autoren und eigener Beobachtungen dienen): ab. ıc. Hatteria (Taf. VIII Fig. 13)”), Anser indiv. (Taf. VIII Fig. 15), Anas. (a) b. c. Jacare (Vocr), Alligator (FıscHer), Crocodilus (FiIscHEr). DERDSKCSAR Platydactylus (FiscHEr, ich), Lacerta (CmiaruGı, VAN BEMMELEN, ich) Tropidonotus Embryo (Cnrarucı); Amyda, Jacare (Taf. VIII Fig. 14); Struthio, Anser indiv. bes. Lacerta (Vocr, FiscHer), Istiurus (FiscHer), Agama (FiscHer), Salvator Fischer), Chamaeleo (Fiscuer), Amphisbaena (Vogt, Fischer), Python (Vogt), Crotalus (Bicnorr); Chelone (Benvz); Botaurus, Grus (Bons- DORFF, ich’), Gallus (Cmmarucı), Cypselus (Ummarusı), Corvus (Bons- DORFF), Pastor, nicht näher bezeichnete Vögel (Ganpow). (a) b. ce. 1. 2. Lacerta (van BEMMELEN), Iguana (Fischer, van BEMMELEN), Varanus (Vogt, Fischer); C'helone (V ocr) ; nicht näher bezeichnete Vögel (GApDow). Bezeichnet man hierbei, in Anpassung der Nomenklatur der menschlichen Anatomie, die Summe der occipito-spinalen Nerven a, b und c als N. hypo- slossus!), dagegen diejenige der sich mit ihm vereinigenden freien Spinalnerven I und 2 als N. cervicalis descendens (superior und inferior), so besteht der Plexus cervicalis bei den in den beiden ersten Reihen angeführten Thieren lediglich aus dem Hypoglossus, bei den übrigen aus dem Hypoglossus —+ ÜCervicalis descendens. Die Vereinigung der einzelnen Wurzeln kann theilweise schon während des Durchtrittes durch den Schädel erfolgen; gewöhnlich findet sie erst nach dem Aus- tritte aus demselben statt. Auch die Art der Ansabildung ist eine recht mannig- faltige; meist verbinden sich die occipito-spinalen Nerven zuerst unter einander und nehmen dann erst die spinale Wurzel auf; aber auch die frühere Verbindung von c—+ 1, dem sich erst danach b beigesellt, kommt nicht selten (namentlich bei Sauriern) zur Beobachtung. Bei Platydactylus und Iguana fand Fischer, dass zuerst die beiden vorderen und die beiden hinteren Wurzeln des Plexus sich vereinigten 1) Die Existenz oder Niehtexistenz von a ist hierbei, wie ich schon oben (p. 502) betont, nicht immer ge- sichert. Ich habe dies in der Uebersicht durch (a) ausgedrückt. 2, Bei Hatteria bilden Aeste von 1 und 2 einen zweiten Plexus, der die mehr caudalen Abschnitte der hypobranchialen Muskulatur versorgt. 3) Bei Grus einerea verästelt sich eine von 2 und 3 gebildete Ansa in den caudalen Abschnitten der hypo- branchialen Muskulatur. 4) Diese Bezeichnung deckt sich übrigens (namentlich wegen der Versorgung der Anfänge der Nacken- muskulatur bei den Sauropsiden) nicht vollkommen mit dem menschlichen Hypoglossus; des Weiteren verweise ich auf den Text dieser Arbeit. Ar 159] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 507 und dass erst darauf die so gebildeten Ansen in Verband traten. — Anastomosen mit Glossopharyngeus, Vagus und Sympathicus, z. Th. von grosser Intimität, erschweren sehr oft die genauere Erkenntniss der Plexusbildung. Häufig, sowohl bei Reptilien wie bei Vögeln, bildet ein Zweig des Vagus eine vorderste Wurzel des Plexus und bleibt ihm in mehr oder minder langer Strecke verbunden; doch gelingt es bei einiger Sorgfalt stets, ihn von dem ächten Plexus abzulösen und in das Gebiet des Pharynx zu verfolgen. Im Uebrigen verweise ich auf die oben (p. 499) eitirte Litteratur. Die bei den Dipnoerm (p. 476) und Amphibien (p. 491) noch in den ersten Anfängen befindliche Emancipation des Plexus cervicalis von dem Plexus brachialis ist bei den Sauropsiden perfekt geworden. Zu Folge der Reduktion des Kiemenapparates und der caudalwärts erfolgten Wanderung der vorderen Extre- mität ist einerseits der Bogen des Plexus cervicalis (Hypoglossus resp. Hypo- glossus + Nervus cervicalis descendens) dem Kopfe näher gerückt, andererseits aber die Versorgung der vorderen Extremität durch mehr caudale Spinalnerven über- nommen worden als bei den Dipnoern und Amphibien; zwischen beiden Geflechten liegt zumeist eine mehr oder minder grosse Anzahl von Nerven, welche sich an keinem von beiden betheiligen; nur bei Amphisbaena und gewissen Ophidiern stossen der Plexus cervicalis und die als Rudimente des Plexus brachialis ange- sprochenen, übrigens auch nicht vollkommen gesicherten Ansen zusammen. Es gilt auf Grund fremder und eigener Untersuchungen!) das Folgende: Plexus cervicalis. a) b. c. Krokodilier, einige Vögel. alpzen 1: Meist Saurier, Ophidier, Chelonier, meiste Vögel. mE De 26.10he. 2. Hatteria’), einige Saurier incl. Amphisbaena , Chelone, Crocodilus?, mehrere Vögel. tal hc... 2.9.2. Grus?): 1) Hinsichtlich des Details, namentlich des Plexus brachialis, verweise ich auf meine Untersuchungen (1874, 1875, 1879, 1888), sowie auf diejenigen von VON IHERING (1878) und CArısson (1886). (a) bedeutet variabel resp. nicht sicher erwiesen. 2) Bei Hatteria und Grus bilden 1 + 2 resp. 2 + 3 eine besondere Ansa cervicalis (s. p. 506 Anm. 2 u. 3). 189) = 508 Max FÜRBRINGER Plexus brachialis?). en SIE: m no @ 10.11.12. 13. 14. 1013 A 11.12.13. 14.(15) 12. 13. 14. 15.(16) 13.14. 15. 16.(17) 14. 15. 16. 17.(18) 15. 16. 17. 18.(19) 16. 17. 18. 19.(20) as 19920 100) [160 Ampbhisbaena ; Coronella (von IHERING), Enygrus (CARLSSON). Mehrere Ophidier (CArLs- son). Anguis. Chamaeleo. Bungarus (CARLSSON). Pseudopus, Pygopus (CARLS- soN). Platydactylus. Trionyw. Meiste Saurier und Che: lonier. Hatteria, Emys \ndiv. (von IHERING). Draco (y. Ie.), Stellio (v. In.), Varanus Krokodilier. COypselus. Columba indiv. Meiste Vögel. Podiceps, Steganopodes, meiste Anseres, Pelargı, Grues, Orypturus, Opi- sthocomus. \ we (excl. Apteryw), 22— 26. Cygnus atratus. Während oder nach der Plexusbildung verläuft der Plexus cervicalis (Hypo- glossus resp. Hypoglossus + Üervicalis descendens) in einem ziemlich flachen Bogen ventralwärts (meiste Sauropsiden) oder ventro-caudalwärts (viele Vögel), wobei er ober- flächlich an den Nn. glossopharyngeus, vagus und sympathicus vorbeizieht und mit ihnen in mehr oder minder innigem bindegewebigen Verbande stehen kann. Wäh- rend dieses Verlaufes giebt er zuerst, meist von seinen einzelnen Wurzeln in sehr 1) Die eingeklammerten Zahlen drücken ein variables Verhalten der betreffenden Plexuswurzeln aus. 161] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 509 wechselnder Weise abgehend'), Zweige an die ersten Myomeren der Rumpfmus- kulatur (Nackenmuskulatur) ab und theilt sich schliesslich in der Regel in einen Ramus ascendens, der sich in die Gegend des Zungenbeines und des Kehlkopfes begiebt, und einen R. descendens, der sich unterhalb des Hyoids und des Larynx bis herab zum Ende des Halses, u. A. auch in Trachea und Syrinx, verästelt. Beide Enndzweige sind reine Muskeläste, welche die zwischen Schultergürtel und Unter- kiefer gelegenen ventralen Längsmuskeln \hypobranchiale spinale Muskeln) versorgen. Ob diese Muskeln ausserdem noch von mehr caudalen Cervikalnerven separate Zweige empfangen, wurde nicht weiter untersucht; wahrscheinlich ist es, soweit fremde und eigene, allerdings dafür unzureichende Beobachtungen vorliegen, nicht. — Durch die zur Rumpfmuskulatur gehenden Zweige der occipito-spinalen Nerven unter- scheidet sich der Hypoglossus der Sauropsiden nicht unwesentlich von dem der menschlichen Anatomie, ein Unterschied, welcher auch von anderer Seite, z. B. von GEGENBAUR, hervorgehoben worden ist. Der menschliche Hypoglossus entspricht nur demjenigen Theil des sauropsiden Nerven, welcher zu der ventralen Längsmuskulatur, speciell der Zungenmuskulatur geht. — In dem R. ascendens (Hypoglossus s. str.) finden sich vorwiegend die Elemente der occipito-spinalen Nerven, in dem R. de- scendens mehr diejenigen der spinalen Nerven. Eine genaue Sonderung beider Nervengebiete, die übrigens keine Schwierigkeit darbietet, wurde in den einzelnen Fällen nicht vorgenommen. Die ausserordentliche Variabilität in der Betheiligung der spinalen Nerven (s. p. 506) an der Bildung des Plexus cervicalis verleiht auch dem peripherischen Verhalten der Endäste einen ungemeinen Wechsel; so wird 2. B. bei nahe verwandten Vögeln der R. descendens bald nur von occipito-spinalen Nerven (Hypoglossus), bald vorwiegend von diesen, aber auch von spinalen Nerven, bald überwiegend von letzteren gebildet”). Diese Fälle sind lehrreich, indem sie wieder zeigen, wie wenig gerade in diesem Systeme von Nerven deren peripherische Verbreitung für die Bestimmung der speciellen Homologien maassgebend ist. Etwas an epibranchiale Muskeln Erinnerndes wurde bei den Sauropsiden ebenso wenig wie bei den vorhergehenden Abtheilungen gefunden. Die hypobranchiale spinale Muskulatur oder die ventrale Längs- muskulatur erreicht bei den Sauropsiden den Höhepunkt specieller einseitiger 1) Namentlich von e kann selbst der überwiegende Theil zur Nackenmuskulatur gelangen. 2) Mit diesen Angaben stehe ich CornınG (1895 p. 167) gegenüber, der bei Embryonen von Lacertu, Anguis und Tropidonotus eine konstante Zusammensetzung der Zungenmuskulatur aus den ventralen Fortsätzen der fünf ersten Myotome beschreibt und — zugleich unter Berufung auf HArrıson’s Untersuchungen an Teleostiern (1894) — auch bei Selachiern und Teleostiern die gleiche Myotomzahl für die Hypoglossus-Muskulatur hervorhebt. Ich kann nur annehmen, dass hier gerade eine Anzahl von Thieren untersucht wurde, bei denen sich durch einen wunderlieben Zufall die gleiche Anzahl von Myomeren für die betreffende Muskulatur fand. Uebrigens wird für T’ropidonotus auch eine Verschmelzung von Theilen des 6. und 7. Myotomes mit der Zellmasse angegeben, welche von den vereinigten Hypoglossus-Muskelknospen caudalwärts gegen das Korakoid (?) auswächst (p. 168). Festschrift für Gegenbaur. II. 65 510 Max FÜRBRINGER [162 Differenzirung und bietet dabei eine Mannigfaltigkeit dar, welche ihre genauere Dar- stellung weit aus dem Rahmen dieser Arbeit heraustreten lassen würde. Darum seien nur einige Grundzüge gegeben. Wenn auch nicht direkt ableitbar von den Muskeln der Amphibien, wird sie doch durch den Vergleich mit ihnen verständlich und mit den Bildungen bei den Selachiern in Verband gebracht. Ihre Besonderheit diesen gegenüber beruht vor- nehmlich 1) auf der noch weiter gegangenen Reduktion des visceralen Apparates, welcher ausser dem mandibularen und hyoidalen Bogen und seiner Copula meist nur umgebildete und der respiratorischen Funktionen entbehrende Reste des ersten Kiemen- bogens (bei Sauriern und Cheloniern auch des zweiten Kiemenbogens) erhalten zeigt und damit die primären Beziehungen zur ventralen Muskulatur zum Theil ver- loren hat, 2) in der hohen Ausbildung der Zunge, des Larynx und der Trachea (inel. Syrinx der Vögel), womit diese Gebilde als sekundäre Insertionspunkte für gewisse Theile der hypobranchialen Muskeln mehr in den Vordergrund treten, 3) in der voluminösen und komplieirten Entfaltung des caudalwärts gerückten Schulter- gürtels, wodurch eine Verlängerung der in Frage kommenden Muskulatur und eine höhere Differenzirung ihres Ursprungs bedingt werden. Den Mm. sterno-hyoidei superficialis und profundus der Amphibien (Urodelen) vergleichbar sind die zwischen Schultergürtel und Zungenbein erstreckten Muskeln, welche in äusserst mannigfaltiger Differenzirung und grösstem Wechsel von Episternum, Sternum, Clavicula, Korakoid resp. Prokorakoid, Scapula und Supra- scapulare ihren Ausgang nehmend ventral und ventro-lateral von der Trachea nach vorn verlaufen und an dem Zungenbein, insbesondere an dessen Körper (Copula) und hinterem Horne (Branchiale 1) sich anheften, mit ihren tieferen Partien aber auch sekundäre Insertionen und Ursprünge an Larynx und Trachea gewonnen haben. Die oberflächliche Lage kennzeichnet bei den Sauriern ein mehr oder minder ausgedehnter Ursprung, die tiefe beschränkt sich meist auf das Episternum; erstere bildet so- mit in der höchsten Ausbildung den Episterno-cleido-omo-hyoideus superficialis, letztere den Episterno-hyoideus profundus. Der Ausfall dieser oder jener Ursprungs- partien, sowie, bei Rückbildung des episterno-clavicularen Apparates, der Uebertritt der Ursprünge auf Sternum und Korakoid kann weitere Differenzirungen bedingen, welche sich im grössten Wechsel bei den Sauriern und anderen Reptilien finden und als Sterno-hyoideus superficialis und profundus, Cleido-hyoideus, Omo-hyoidens, Coraco-hyoideus, Procoraco-hyoideus bezeichnet wurden oder bezeichnet werden können‘. Dass diese Muskeln von dem Coraco-hyoideus und dem Coraco- branchialis I der Selachier abstammen, geht aus den bei den Amphibien ge- machten Ausführungen (p 494) hervor. Bei den Krokodiliern existirt auch ein von Brustgürtel bis Mandibula erstreckter Sterno-maxillaris s. Coraco-maxillaris; ich möchte denselben indessen nicht als primordiales Homologon des Coraco-mandibularis der 1) Auch die Bezeichnungen Sterno-ceratoideus, Coraco-ceratoideus finden sich in der Litteratur und sollen die Anheftung an dem hinteren Horn des Zungenbeins ausdrücken. Es besteht kein Grund, sie beizubehalten. 163] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND LIOLOCEPHALEN ETC. Gy Selachier, sondern als Verschmelzungsprodukt von Elementen der infrahyoidalen mit der suprahyoidalen Muskulatur auffassen. Aberrative Ursprünge und Insertionen der tieferen Lage (Episterno-hyoideus profundus der Rhynchocephalen und Saurier) an Larynx und Trachea finden sich bei Sauriern (Hyo-thyreoideus), Ophidiern (Hyo- laryngeus, Theile des Genio-laryngeus) und namentlich bei Vögeln (Hyo-thyreoideus, Hyo-trachealis, Sterno-trachealis, Oleido-trachealis ete.); bei Letzteren ist auch durch weitere Emancipation an der Bifurcatio tracheae eine besondere syringeale Muskulatur entstanden, welche bei den Psittaci, Pseudoscines und Passeres, namentlich aber bei den Oscines unter den Letzteren zur Ausbildung eines aus vielen Muskeln zusammen- gesetzten, von dem R. descendens innervirten Singapparates geführt hat. Bezüglich des Details aller dieser Verhältnisse verweise ich namentlich auf Horrmann (1890), Gapow (1591) und meine früheren Ausführungen (1870, 1888). Eine bei den Amphibien nicht specieller ausgebildete. im Wesentlichen auch aberrative Bildung ist der zwischen hinterem und vorderem Horn des Zungenbeines (Branchiale I und Hyoid) erstreckte kleine M. cerato-hyoideus der Sauropsiden'). Er leitet zu der suprahyoidalen Muskulatur über, für welche der M. genio- hyoideus als Ausgang dient. Dieser in der Litteratur mit sehr verschiedenen Namen bezeichnete Muskel erstreckt sich zwischen verschiedenen 'Theilen des Zungenbeines Copula, Branchiale I, Hyoid) und dem Unterkiefer, kann auch in zwei Partien zer- fallen sein und (namentlich bei Chamaeleoniden, Ophidiern und Krokodiliern) mannig- fache Zusammenhänge mit der infra-hyoidalen Muskulatur, sowie mit Larynx und vorderem Ende der Trachea darbieten; bei C’hamaeleo und den Vögeln zeigt er eine besonders hohe und mannigfaltige Differenzirung. Endlich hat sich aus dem suprahyoidalen Muskelgebiete die eigentliche Zungen- muskulatur entwickelt, für welche die überall vorhandenen Mm. hyoglossus und genioglossus die Grundlage bilden. Von ihnen aus wurde die weitere reiche Binnenmuskulatur der Zunge differenzirt und gewann insbesondere bei gewissen Abtheilungen der Saurier, insbesondere bei den Chamaeleoniden, sowie bei Ophidiern und Vögeln eine Entfaltung, welche von keinem anderen Wirbelthier übertroffen wird. Bezüglich dieser Verhältnisse sei namentlich auf Brücke (1852), Horrmann (1590), Gapow (1591) und Karnarıner (1895) verwiesen. F. Mammalia. Taf. VII Figg. 20— 21, Taf. VIII Figg. 16—17. Die Mammalia zeigen bezüglich der spino-occipitalen Nerven und der von ihnen versorgten Theile Verhältnisse, welche sich am meisten denen bei den Sauro- 1) Hierbei ist sehr wohl zwischen den vom N. hypoglossus und vom N. glossopharyngeus versorgten Mus- keln gleichen Namens und benachbarter Lage zu unterscheiden. 65* 512 : Max FÜRBRINGER [164 psiden anschliessen, aber doch einige Besonderheiten zeigen, welche die gesonderte Behandlung rathsam erscheinen lassen. An specielleren Arbeiten, sowohl in vergleichend-anatomischer wie in ontogene- tischer Richtung, ist kein Mangel; namentlich das Verhalten bei dem Menschen wird mit einer Ausführlichkeit und Genauigkeit behandelt, welche theilweise diejenige aller sonstigen morphologischen Untersuchungen in diesem Gebiete bei Weitem übertrifft. Immerhin sind noch verschiedene Gebiete ziemlich ungenügend bearbeitet und manche Fragen bezüglich dieser Nerven unbeantwortet gelassen. Auch hier soll nur das Hauptsächlichere und für die hier zu behandelnden Aufgaben Bedeutsamere in Kürze wiedergegeben werden. Aus der sehr zahlreichen Litteratur erwähne ich bezüglich der Kenntniss der centralen Verhältnisse der Nerven nur die Arbeiten von Srıruıng (1843), Rorzer (1881), Darkscnewirsch (1885), Koch (1888), ScHärrer (1889), WaALoever (1889), Enıncer (1892, 1896), BECHTEREW (1594), Turner (1894) und Cramer (1894), bezüglich der Wurzeln derselben Tirpr- MANN (1821), Mayer (1832, 1836), Remax (1836), LEURET et Grariorer (1839—56), Vorkmann und Bipper (1840), Luschka (1856), Vurrran (1862), Chnrarucı (1889), Kazzanner (1891), Frorier und Beck (1895) und vor Allen Beex (1895), bezüglich der Ontogenese des Hypoglossus Frorırr (1852— 1886), dessen Untersuchungen dem betreffenden Arbeitsgebiete neues Leben zuführten, sowie Hıs (1855— 1888), Cmrarucı (1889, 1892), Marrım (1890, 1891), Zimmermann (1891—1893), bezüglich des Ver- laufes und der peripherischen Verbreitung des Hypoglossus Bac# (1834), Vork- MANN (1840), Longer (1849), Bischorr (1865), Horz (1876) und Rorcans (1886), be- züglich der von diesem Nerven versorgten Muskulatur Meckeı (1829), Cuvier- Dumerır (1838), Owen (1868), Macausster (1871), M. FÜRBRINGER (1875), GEGENBAUR (1875), Augrechr (1876), Krause (1880), Anperson (1881), Testur (1884) urd nament- lich Lecuz (1889). Ausserdem verweise ich hinsichtlich der Verhältnisse beim Menschen auf die anthropotomischen Lehrbücher, von denen namentlich HextE (1879), Schwauge (1881), GEGENBAuUR (1883— 1895) und Rauger (1886) berücksichtigt wurden, hinsichtlich der specielleren Beschreibung bei Säugethieren auf die Hand- bücher der veterinären Anatomie (insbesondere Franck 1871, Leisering 1885, ELren- BERGER und Baum 1891), auf Krause (1854), sowie auf die zahlreichen monographischen Bearbeitungen gewisser Nerven- und Muskelgebiete einzelner Säugethiere, welche ins- besondere von LEcHE (1888) eitirt werden. Ueber den centralen Ursprung des Hypoglossus existiren sowohl in den Lehrbüchern der menschlichen Anatomie und Neurologie als in separaten Abhandlungen zahlreiche Angaben, von denen diejenigen von SrirLing (1843), DuvaL (1876), Henxte (1579), SCHWALBE (1881), ROLLER (1881), GEGENBAUR (1883—95), RAUBER (1886), MinGazzinı (1890), EninGer (1892), ÖBERSTEINER (1892), BECHTEREW (1894), TURNER (1894), CRAMER (1594), STADERINI (1595 , nament- lich aber von KocH (1888), SCHÄFFER (1859) und KÖLLIKER (1893) hervorgehoben seien. In den- selben sind vorwiegend der Mensch, daneben auch Katze, Hund, Kaninchen, Kalb und andere Säuge- thiere berücksichtigt. Bezüglich der genaueren Litteratur verweise ich insbesondere auf die drei 165] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 513 zuletzt eitirten Werke und auf Sraperist. Alle Autoren sind darüber einig, das der sog. SriL- Lin@sche Kern den eigentlichen motorischen Hauptkern repräsentirt. Er bildet einen ansehn- lichen Ganglienzellen-Komplex, der sich hinten an Vorderhornreste anschliesst resp. die Fortsetzung der medialen Gruppe der Vorderhornzellen des Rückenmarks bildet (vergl. auch Owen 1868 p. 161) in der Länge der Hauptolive sich nach vorn erstreckt und hierbei sich von dem der Gegenseite successive etwas entfernt. Die ihn konstituirenden grossen Nervenzellen gleichen denen des Vorder- horns des Rückenmarks und lassen — gerade so wie diese die ventralen Wurzelfasern der Spinal- nerven — die Wurzelfasern des Hypoglossus entstehen, welche in vorwiegend ventraler resp. ventro-lateraler Richtung die Medulla bis zu ihrem Austritte aus derselben durchsetzen. Beide Kerne stehen, wie KÖLLIKER deutlich nachgewiesen hat und wie auch von anderen Autoren bestätigt worden, theils durch Kommissurenfasern unter einander, theils durch verschiedene motorische und sensible zuführende (centrale Bahnen mit den vorderen Gehirnabschnitten und mit sensibeln Bezirken in Verband. Ob die Hypoglossus-Wurzeln auch zum Theil aus dem Kern der anderen Seite entstehen (partielle Kreuzung), wird von verschiedenen Autoren bejaht, von den meisten Neuern aber auf Grund guter Untersuchungen verneint (vergl. KocH, SCHÄFFER, MINGAZZziNTI, KÖLLIKER, BECHTEREW, TURNER, STADERINI). Ausser diesem Hauptkern hat ROLLER einen ventral von ihm gelagerten kleinzelligen Kern \‚ROLLER’'schen Kern) als Ursprungsstelle von Hypoglossus- fasern beschrieben; Foren (1591), KÖLLIKER (1893) und Ramon Y CAyaL (1893) haben nachge- wiesen, dass keine Hypoglossustheile von ihm ausgehen, BECHTEREW (1894) scheint ihn anzuer- kennen. Der ferner von DuvaL beobachtete, grosszellige Kern (Duvar’scher Kern, Noyaux antero-laterales ou accessoires de Hypoglossus), dessen Elemente lateral und medial von den Durch- trittsstellen des Hypoglossus liegen, dürfte nach KÖLLIKER nur zum kleinsten Theile in seinen medialen Elementen, nach RAmox Y CAJAL gar nicht in Frage kommen. Die hie und da beobachtete sensible Hypoglossus-Wurzel scheint ganz nach Art einer sensibeln Spinalnerven-Wurzel sich zu verhalten. Der Kern des Hypoglossus ist demjenigen des Vago-Accessorius zum Theil recht benach- bart; auch sind direkte Beziehungen resp. Verbindungen beider von verschiedenen Autoren (z. B. STIELING, CLARKE, DEAN, LAURA, ROLLER, VINCENZI u. A.) angegeben worden; die Mehrzahl der späteren Untersucher leugnet dieselben aber, und wohl mit Recht. Den neuerdings von STADERINI (1595) beschriebenen Ursprung eines zum Vagus ziehenden Wurzelbündels aus dem dorsalen Theile des Stıruıng'schen Kernes bin ich geneigt, dahin zu interpretiren, dass hier ein echter motorischer Vagus-Kern vorliegt, der dem Hypoglossus-Kern allerdings dicht anliegt und in dem feineren Verhalten seiner Ganglienzellen sehr gleicht. Wie wir durch KÖLLıkEr (1593 p. 238) wissen, stimmen auch die Nervenzellen des Accessorius (spinalis) ganz mit denen der motorischen Wurzeln der Spinalnerven überein; es ist somit aus dieser histologischen Gleichheit oder Ähnlich- keit kein Schluss auf die morphologische Zusammengehörigkeit der betreffenden Nervenkerne zu machen. Die relative Lage des Hypoglossus-Kernes zu dem Vago-Accessorius-Kern entspricht in der Hauptsache der Ausdehnung des speciellen motorischen Vagus-Kernes (also dem grösseren hinteren Theile des Nucleus ambiguus) und dem Anfange des Accessorius-Kernes (dem Kerne des sog. Accessorius vagi), wobei indessen die Angaben von EDINGER und KÖLLIKER etwas differiren. Der benachbarte Nervus vago-accessorius setzt sich aus sensibeln und motorischen Wurzeln zusammen. Erstere, dem eigentlichen Vagus s. str. angehörig (sowie dem entsprechenden des Glossopharyngeus homodynam) und von seinem peripherischen Ganglion (Ganglion jugulare) beginnend, ziehen dorsalwärts zu dem dorso-lateral in der Medulla oblongata liegenden sog. sen- sibeln Hauptkern des Vagus und dorso-caudalwärts als absteigende Vaguswurzel oder Fasciculus solitarius in das dorsale Gebiet der Medulla spinalis. Letztere, dem gesammten Vago-Accesorius zuzurechnen, entspringen in grosser Ausdehnung von der ventro-lateralen Zellensäule der Medulla oblongata (Nucleus ambiguus, der zugleich mit seinem Anfange den motorischen Antheile des Glossopharyngeus Ursprung giebt) und der Medulla spinalis laterale Kerngruppe der Vordersäule, 514 Max FÜRBRINGER [166 vergl. CLARKE 1865, KÖLLIKER 1867, ROLLER 1881, DARKSCHEWITSCH 1885, Dres 1857, WAL- DEYER 1889) bis herab zum Gebiete des 5. bis 6. Spinalnerven und verlaufen von da in vor- wiegend lateraler Richtung zur Oberfläche der Medulla, um dorsal von dem Hypoglossus und zwischen den dorsalen und ventralen Wurzeln der Spinalnerven auszutreten; die hinteren Ursprungs- fasern haben hierbei eine mehr dorsale Lage als die vorderen (mehr rostralen). Allenthalben liest die motorische Säule des Vago-Accessorius lateral von dem Kerngebiete des Hypoglossus und in der Hauptsache dorsal resp. dorso-lateral von demjenigen der ventralen Wurzeln der Spinalnerven. Die vordere (rostrale) Grenze des motorischen Vagus-Kernes entspricht, wie schon erwähnt, an- nähernd der vorderen Grenze des Hypoglossus-Kernes, die des eigentlichen Accessorius-Kernes wird verschieden angegeben (im Niveau des oberen Endes der motorischen Pyramidenkreuzung nach ROLLER, in der Mitte derselben nach GRABOWER (1894), am caudalen Ende der Olive nach KÖLLIKER, am Anfange des letzten Drittels der Olive nach DARKSCHEWITSCH und GEGENBAUR). DARKSCHEWITSCH und GRABOWER stellen den Accessorius dem Vagus durchaus gegenüber und leugnen jedwede Beziehung seines Kernes sowohl zu dem dorsalen als zu dem ventralen Kern des Vagus; nach GRABOWER p. 148) liegt zwischen dem Accessorius-Kern und dem motorischen Vagus- kern einZwischenraum von weit über 800 Mikren, der von Elementen des Hypoglossus-Kernes (welcher die rostrale Fortsetzung bilde) eingenommen wird. Die Mehrzahl der Autoren, unter den Neueren insbesondere GEGENBAUR (1883—95), KÖLLIKER und TURNER, vereinigen beide Nerven und lassen den Anfang des Accesorius aus dem hinteren Bereiche des Nucleus ambiguus hervorgehen. Ins- besondere nach dem Vorgange!) von Wıruıs (1664), OL. BERNARD (1851), Houz (1878) und SCHWALBE (1881) wird zugleich der Accessorius Willisii in eine cerebrale und spinale Abtheilung (Acces- sorius vagi und Acc. spinalis SCHWALBE) geschieden?) und danach — so vornehmlich von KÖLLIKER (1893 p. 235 f.) — in seinem Ursprungskerne gesondert betrachtet: der cerebrale Kern repräsentirt theils den hinteren Theil des Nucleus ambiguus, theils einen in der lateralen Verlängerung desselben befindlichen nicht unbedeutenden Kern, der unter Umständen aus mehreren Abschnitten besteht und oft ziemlich nahe an die Oberfläche der Medulla oblongata heranreicht, der spinale Kern gehört der Medulla spinalis an und wird, wie bereits angegeben, von der lateralen Zellen- gruppe des Vorderhorns gebildet. Andere Autoren, namentlich BExpz (1836), ECKHARD (1852) und GEGENBAUR (1570—1596) legen auf diese Sonderung weniger Gewicht und fassen den Accessorius in sich und in Verband mit dem Vagus als einen mehr einheitlichen Nerven auf?). Die allgemeine Zugehörigkeit des N. accessorius zu dem N. vagus wird von der über- wiegenden Mehrzahl der Autoren anerkannt, aber nicht immer präcis zum Ausdruck gebracht. Dies gilt insbesondere für diejenigen Autoren z. B. Srönr 1881 p. 99 f., BErAnEcK 1884, 1887, WIEDERSHEIM 1886 p. 333, 346, 1888 p. 179), Marrın 1891 p. 2315), GRABOWER 1894 p. 149), welche den Accessorius gleich dem Hypoglossus als einen „spinalen*“ Nerven resp. Abkömmling aus dem spinalen Nervensystem auffassen. Die namentlich von GEGENBAUR (1870—95), FroRIEP (1882 — 1557), SAGEMEHL (1885 resp. 1891 p. 541), WIEDERSHEIM (1893 p. 287) und EpınGer (1896 p. 82) 1) Namentlich bezüglich der älteren diese Scheidung vertretenden Autoren verweise ich auf die von ROIGANS (1886 p. 26£.) gegebene litterarische Uebersicht. 2) GRABOWER leugnet überhaupt die Existenz eines dem Gehirn angehörigen Accessorius vagi. 3) Hierher gehören auch u. A. VALENTIN (1841 p. 512), LonGErT (1849 p. 203), HirscHrELD-LEVEILLE (1853 p- 124), BiscHorF (1865 p. 30) und RorGAns (1886 p. 28), die namentlich auf Grund der mannigfachen Anastomosen zwischen den beiden Theilen des Accessorius Willisii die Zusammengehörigkeit derselben betonen. 4) In den Ausgaben der Vergleichenden Anatomie von 1886 und 1588 wird der Accessorius als echter Rückenmarksnerv, dessen spinale Natur klar vor Augen liegt, aufgefasst, in den Ausgaben von 1893 dagegen betont, dass die morphologischen Verhältnisse desselben nach vielen Beziehungen hin sehr dunkle seien. Mit beiden Aeusserungen bin ich nicht einverstanden; mir liegt die Zugehörigkeit des Accessorius zu dem motorischen Vagus- Kern klar vor Augen. 5) MARTIN rechnet den Accessorius als laterale Wurzel zu dem Gebiete des Glossopharyngeus, Vagus und der 7 ersten Cervikalnerven. 167] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND MOoToCEPHALEN ETC. 515 vertretenen Anschauungen hinsichtlich der vollkommenen Zusammengehörigkeit beider Nerven ent- sprechen am meisten den meinigen. CmraruGı (1889 p. 221 f.) sondert auf Grund ontogenetischer Befunde den Accessorius spinalis gänzlich vom Ace. vagi ab; ersterer gehöre zu dem System der ventralen Wurzeln der Occipital- und Cervikalnerven, letzterer repräsentire einen Theil der ursprüng- lichen dorsalen Nervenleiste; auch sei der Accessorius spinalis eine den Säugethieren eigenthümliche Bildung, welche den Sauropsiden, die bloss einen Ace. vagi besässen, abgehe. Auch ZImMERMANN (1891 p. 109) scheint den vorderen T'heil des Accessorius genetisch von dem hinteren Abschnitte zu sondern!). Aehnlich wie bei den Sauropsiden gehen auch bei den Sängethieren die Anschauungen der Autoren hinsichtlich der gegenseitigen Beziehungen des N. vago-accessorius und N. hypoglossus aus einander. Mehrere, so insbesondere HyrrL (1866 p. 831), GEGENBAUR (1871 p. 530), SrÖHr (1881 p. 99 f.), WIEDERSHEIM (1884 p. 124, 125, 1888 p. 177, 178, 1893 p. 2312)) GASKELL (1886 p. 75), Pmısacıx (1837 p. 244)3), Hıs (1887 p. 401), RAgL (1889 p. 223 fk.), Cnrarucı (1889 p. 221 f.), ZIMMERMANN (1891 p. 109), GRABOWER (1891 p. 149) u. A., bringen beide Nerven in einen näheren Verband zu einander, während die Meisten, z. B. HuxLey (1864 p- 65, 1871 p. 75), BALFOUR (1881 p. 412), Frorıer (1882—1886, insbesondere 1885 p. 51), GEGEN- BAUR (1883—1895), Donrn (1884—1890), BEARD (1885 p. 143), Mc. MurrıcH (1885 p. 150), SAGE- MEHL (1885 resp. 1891 p. 539 f.), van BEMMELEN (1389 p. 250), GASKELL (1889 p. 181), MARTIN (1891 p. 229) u. v. A., einen mehr oder minder scharfen Gegensatz zwischen ihnen betonen. Ich vertrete gleichfalls die Heterogenität beider Nerven. Der Abgang des N. hypoglossus von der Medulla oblongata erfolgt mit einer wechseln- den Zahl von Wurzelbündeln ventral resp. ventro-caudal von demjenigen des Vagus s. str. zwischen Pyramiden und Oliven; zwischen ihn und den Vagus schieben sich die Oliven ein. Die relative Lage zu dem Vagusabgange in rostro-caudaler Richtung wird sehr wechselnd und zum Theil auch bei derselben Species sehr widersprechend angegeben. Die am meisten rostrale, d. h. in der Hauptsache ventral vom Vagus zeigen Egwrs (LEURET et GRATIOLET 1839-57 Taf. IX), Felis do- mestica (L. Gr. Taf. V), Rhesus nemestrinus (TIEDEMANN 1821 Taf. I Fig. 5), Homo !L. Gr. Taf. XVII; 1) ZIMMERMANN unterscheidet auf Grund ontogenetischer Untersuchungen am Kaninchen und am Menschen im Kopfbereiche 17 Encephalomeren, deren 4 letzte (14—17) ursprünglich spinaler Natur seien und erst sekundär als spino-cerebrale Theile dem Gehirn resp. Schädel assimilirt werden. Von dem 11. ab steht jedes dieser Encephalo- meren mit dorsalen, lateralen und ventralen Nervenwurzeln in Verband, und zwar gilt für die hier in Betracht kom- menden Folgendes: 12 hat als dorsale Wurzel den Glossopharyngeus, als laterale einen nicht näher bezeichneten Nerven, als ventrale ein erstes Homodynamon spinaler motorischer Wurzeln, das hinter dem Glossopharyngeus dorsal- wärts verläuft; 13 empfängt als dorsale Wurzel den eigentlichen Urvagus, giebt als laterale den Anfang des Accessorius und als ventrale ein zweites Homologon spinaler motorischer Wurzeln ab, das hinter dem Vagus sich dorsalwärts wendet. Die folgenden 4 spino-cerebralen Encephalomeren (14—17) besitzen dorsale Wurzeln, welche z. Th. (14—17) den Vagus, z. Th. (16—17) zwei vergängliche dorsale Ganglien des Hypoglossus bilden, laterale Wurzeln, welche den Accessorius repräsentiren, und ventrale, aus denen sich der motorische Hypoglossus zusammensetzt. Auf Grund dieser Darstellung wird somit von unserem Autor ein dem primordialen Cerebrum angehöriger vorderer Antheil (12 und 13 und ein demselben erst sekundär aus der Medulla spinalis assimilirter hinterer Antheil (14—17) des ventralen Wurzel- gebietes unterschieden. — Nach Ursprung erinnern die 12 und 13 angehörigen Theile sehr an die ventralen Vagus- wurzeln (Oeeipitalnerven) der Selachier; der dorsal gehende Verlauf derselben bietet auch nichts Befremdendes dar, indem Aehnliches wenigstens an von dem Plexus ausgelösten Oceipitalnerven der Haifische zur Beobachtung kam. 2) So meist auf den von WIEDERSHEIM mitgetheilten Nerventabellen. Gleichzeitig aber giebt W. an, dass der Hypoglossus spinaler Abstammung sei (1884 p. 129, 1893 p. 290), dass sich seine Umwandlung in einen Gehirn- nerven so zu sagen vor unseren Augen noch jetzt abspiele (1893 p. 290) und dass er nichts mit dem Vagus zu schaffen habe (1883 p. 347, 1888 p. 333). 3) PHuisaLıx betont den gleichen Ursprung des Hypoglossus und Accessorius von der Medulla und den weiteren abweichenden Verlauf; er bringt Ersteren sowohl zu dem Vagus als zu dem ersten Cervikalnerven in Beziehung. 4) Eine mehr vermittelnde Stellung nimmt van BEMMELEN ein, indem er gewisse Beziehungen zwischen Accessorius und Hypoglossus anerkennt. >16 Max FÜrBRINGER [168 BEcK 1895 p. 266 £.')); ihnen schliessen sich Ayperoodon (KÜKENTHAL und ZIEHEN 1859 Taf. V), Phoca (K. Z. Taf. XII), Lutra (L. Gr. Taf. VI), Canis vulpes (L. Gr. Taf. IV), Felis leo (L. Gr. Taf. V)., Dasyprocta (TıevD. Taf. IV Fig. 12) an, wo der Anfang des Hypoglossus-Ursprunges im Niveau der hinteren Hälfte des Vagus-Abganges sich findet; bei Oxis (L. Gr. Taf. VII), Cervus capreolus (L. Gr. Taf. X), Ursus arctos !L. Gr. Taf. VL), Lemur mongoz (TıenD. Taf. IV Fig. 2), Oynocephalus sphinz (L. Gr. Taf. XV.) fällt der Beginn des Hypoglossus mit dem Ende des Vagus s. str. zusammen; weiterhin entspringt der Hypoglossus hinter (caudalwärts von) dem Niveau des Vagus, und zwar bei Beluga leucas (K. Z. 1889 Taf. XII), Bos (L. Gr. Taf. VIII), Mustela furo (L. Gr. Taf. VI), Nasua (TıeD. Taf. IV Fig. 6), Canis familaris (L. Gr. Taf. IV), Felis pardus (L. Gr. Taf. V) in geringerer, bei Phocaena (L. Gr. Taf. XII), Talpa (GAnSER 1882 Taf. XXVIII), Zepus (L. Gr. Taf. III), Aystrix (L. Gr. Taf. III), Phoca (Tıeo. Taf. II. L. Gr. Taf. XI), Felis leo (Tıen. Taf. III Fig. 4) in grösserer Entfernung davon. Von diesen Angaben sind namentlich die älteren Abbil- dungen von 'TIEDEMANN und LEURET et GRATIOLET mit Vorsicht zu verwerthen; die grossen indi- viduellen Differenzen mögen auch zum Theil auf Mängeln derselben beruhen. Der N. accessorius erstreckt sich mit seiner letzten (am meisten caudal gelegenen) Wurzel fast immer erheblich weiter an der Medulla spinalis herab als bei den Sauropsiden. DARKSCHE- WITSCH verlegt diese caudale Grenze beim Menschen konstant zwischen den 5. und 6. Cervikal- nerven, HorL findet das gleiche Verhalten bei 26 unter den von ihm untersuchten 40 Fällen, während er 9mal ein Herabreichen nur bis zum 4., 3mal ein solches bis zum 3. und 2mal bis zum 7. Cervikalnerven beobachtete. Bei den anderen untersuchten Säugethieren bewegt sich — nach den übrigens z. Th. widersprechenden Angaben der Autoren — die hintere Grenze zwischen dem Niveau des 2. bis 7. Cervikalnerven; ein Ursprung in der Höhe des 2. Nerven wird von BiscHorr (1882 p. 34—38) für Mus sylatieus und Putorius vulgaris, in der Höhe des 3. Spinal- nerven von dem gleichen Autor bei Talpa, Muscardinus und Mus rattus angegeben, während andererseits ein Herabreichen bis zum 6. resp. 7. Spinalnerven ebenfalls von BıscHorr für Sus, Capra, Bos, von FRANcK (1871) und LEISERING (1885) für Egwus caballus, von BiscHoOFF und ELLENBERGER (1891) für Canis familiaris notirt wird. Bei den anderen untersuchten Carnivoren (BisCHoOFF) reicht er bis zum 5. resp. 6., bei Myrmecophaga (POuUCHET 1874) und Lepus cuniculus (BiscHOFF, KrAUSE 1884) bis zum 5. herab; CL. BERNARD (1851) lässt ihn bei Bos, Eguus und Felis domestica, GUMOENS (1852) bei Seiurus bloss bis zum 3. resp. 4. Cervikalnerven sich erstrecken. Von diesen Angaben sind diejenigen, nach welchen der Accessorius bloss bis zum 2. bis 4. Cervikal- nerven herabreichen soll, mit Vorsicht aufzunehmen; insbesondere beruht die von BISCHOFF an- gegebene Differenz zwischen Putorius vulgaris (2. Cervikalnerv) und Mustela furo (5. bis 6. Cervikal- nerv) wohl zum Theil auf der Untersuchung von mangelhaften Präparaten. Ueber die Zahl der (ventralen) Wurzeln des Hypoglossus finden sich die zuverlässigsten Angaben bei BECK (1895), der dieselben vom Abgang von der Medulla bis zum Durchtritt durch die Schädelwand verfolgte. Entscheidend für die Bestimmung derselben ist nicht die Anzahl der einzelnen Wurzelfäden, welche oft recht beträchtlich ist (10 bis 20 und mehr betragen kann), sondern das Zusammentreten derselben zu besonderen Wurzelkomplexen (Wurzelstämmen), die zumeist durch besondere Oeffnungen der Dura mater und häufig auch des Oeccipitale durchtreten. Aus diesem Grunde sind auch die Angaben und Abbildungen der meisten anderen Autoren, welche die Hypoglossus-Wurzeln nicht bis zu dem Eintritt in die Pachymeninx verfolgten, theilweise un- brauchbar; jedenfalls müssen diejenigen, welche dem Hypoglossus der erwachsenen Thiere mehr als drei Wurzeln zuschreiben resp. ihn so abbilden, von vornherein als zweifelhaft ausgeschieden 1) BECK stellt in dieser Hinsicht den Menschen, wo der Ursprung des Hypoglossus rostralwärts bis zum Pons Varoli reiche, den übrigen Säugethieren gegenüber, deren Hypoglossus meist wenig mehr als das caudale Drittel der Medulla oblongata einnehme. Bezüglich der mannigfachen und interessanten Details sei auf die Abhandlung selbst verwiesen. 169] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 517 werden!). Die Zahl dieser Wurzeln schwankt zwischen 3 bis 1, Und zwar finden sich drei Wurzeln nach BECK in der Regel bei Sus?), Eguus caballus und E. asinus, den Ruminantia, sowie bei Dasypus und Galeopitheeus,; das Gleiche geben LEURET et GRATIOLET \TAf. IX) und LEISERING (1885 p. 765) für Equus caballus an, während die ebenfalls 3 Wurzeln reproducirenden Abbildungen von TIEDEMANN und LEURET et GRATIOLET bezüglich Canis, Felis leo und F. pardus, sowie Homo wegen Mangels der Durchtrittsstellen durch die Dura mater nur als fraglich beigefügt werden können; bei Hyperoodon könnte man auf Grund der Abbildung von KÜkentHAaL (1889 Taf. V) ebenfalls geneigt sein, 3 Wurzeln anzunehmen. Zwei Wurzeln giebt Beck bei Marsupialia, Cetacea, als individuelles Vorkommen bei Dasypus novemeinctus, als ausnahmsweisen Befund bei Zyuus, “ Ruminantia, Ta/pa und Felis concolor (einseitig), als regelmässige Beobachtung bei den Rodentia und Prosimiae, sowie als häufigeres Vorkommen bei den Chiroptera, Simiae und bei Homo an. Nach LEURET et GRATIOLET scheinen auch Dos, Felis leo und F. domestica, sowie Lepus euniculus hierher zu gehören, wie auch SCHWALBE (18581) und GEGENBAUR (1883—95) für den Menschen als die sewöhnlichere Zahl 2 angeben; Ganser (1882 p. 613) schreibt Tulpa gleichfalls 2 Wurzeln als regelmässigeres Vorkommen zu und KÜKENTHAL (1889 Taf. XII) bildet die gleiche Anzahl bei Beluga leucas ab. Eine Wurzel findet sich nach BECK bei Eehidna, in der Regel bei den Carni- voren (incl. Pinnipedia) und den Insectivoren, ferner bei einigen Affen (individuelle Befunde bei verschiedenen Species von Macacus) und als minder häufiges Vorkommen bei Homo. Das Gleiche wird von TIEDEMANN, LEURET et GRATIOLET für Phocaena, Phoca, Nasua, Canis, Dasyprocta und Rhesus nemestrinus angegeben resp. abgebildet. Auch antimerer Wechsel kam hierbei wiederholt zur Beobachtung (Dasypus, Felis concolor, 5 Individuen von Homo mit 2 Wurzeln auf der einen, 1 auf der anderen Seite). Im Allgemeinen wurden von Swan (1835 p. 169) 2 bis 3 und von OwEN (1868 p. 162) als gewöhnlicher Befund 2 Wurzeln angegeben. Während des Durchtrittes durch den Schädel oder nach dem Austritte aus demselben verschmelzen die Wurzeln früher oder später zu einem Stamme. — Die Stärke dieser Wurzeln ist meist eine von vorn (rostral) nach hinten (caudal) zunehmende; doch werden nicht selten Ausnahmen erwähnt, wonach bei 3 Wurzeln die beiden vorderen oder die beiden hinteren gleich stark sind oder wo die zweite die dritte etwas an Dicke übertrifft, wie auch bei der Existenz von 2 Wurzeln die letzte so stark wie die erste oder selbst schwächer sein kann. Nach meiner Nomenklatur deute ich alle 3 Wurzeln wie bei den Sauropsiden als occipito- spinale Nerven und bezeichne sie als a, 5 und ce. Existiren bloss 2 Wurzeln, so kann es sich ent- weder um «+ 5 und ce oder nur um 5 und c handeln, wobei jedoch die Angaben der Autoren nicht ausreichen, um zu entscheiden, wo die erste Wurzel der Summe von «a + b oder wo sie, unter Rückbildung von a, lediglich 5 entspricht; wahrscheinlich ist Ersteres bei den Vorkommnissen, wo die erste Wurzel so dick oder dicker als die letzte ist, womit jedoch nicht gesagt sein soll, dass eine schwächere erste Wurzel bloss 5 repräsentire. Da, wo nur eine Wurzel, d. h. ein einheit- licher Durchtritt durch eine Oeffnung der Dura mater beobachtet wird, mag es sich in der Regel um einen Zusammenhang von b-+c, in einzelnen Fällen vielleicht auch um einen solchen von a+b+-.c?) handeln; aber auch hier genügen die vorliegenden Materialien nicht zur Entscheidung. Die Existenz von ec allein dürfte höchst fraglich sein. 1) Dies gilt insbesondere für die Abbildungen von LEURET et GRATIOLET, wonach bei Ovis (Taf. VII), Ursus arctos (Taf. VI) und Homo (Taf. XVII) 4, bei Cervus capreolus (Taf. X) 4 resp. 6, bei Zutra (Taf. VI) und Canis vulpes (Taf. IV) 5 und bei Putorius furo (Taf. VI) 6 Wurzeln zu erkennen sind. 2) Als seltenen Befund giebt BECK auch mehr als drei Abtheilungen von Nervenbündeln an, erwähnt aber nichts über die Art des Durchtritts durch harte Hirnhaut und Schädel, so dass weitere Schlüsse, ob es sich hier ausser den drei oceipito-spinalen Nerven a, 5 und e auch noch um z handele, nicht zu ziehen sind. 3) Z.B. individuell bei Ovis, wo BECK (p. 288) auch einen gemeinsamen Durchtritt der Hypoglossus-Wurzeln durch die Dura mater beobachtete. Festschrift für Gegenbaur. II. 66 518 Max FÜRBRINGER [170 Dorsale zum Hypoglossus gehörige Wurzeln finden sich auch noch post partum bei zahlreichen Säugethieren. Auch hierfür verdanken wir FRORIEP und BECK die eingehendsten und ausführlichsten Angaben. Die Existenz einer zu der letzten ventralen Hypoglossus-Wurzel ge- hörigen dorsalen Wurzel (c” nach meiner Nomenklatur) findet sich nach diesen Autoren bei Sus scrofa, bei der Mehrzahl der untersuchten Ruminantia (Cervus capreolus und (©. elaphus, Bos, Ovis, nicht aber Capra!)), vereinzelt bei Equus (einmal einseitig bei fünf Individuen von ©. caballus, einseitig bei einem Individuum von E. asinus) und Cavia cobaga (bei einem von vier Individuen), sowie ziemlich regelmässig bei Carnivoren 2), denen noch ein einmaliger zweifelhafter Befund bei Delphinus delphis angereiht werden kann; am besten war die dorsale Wurzel bei Sus, Bos, Cervus , capreolus, Viverra, Ursus und Canis familiaris entwickelt. Diesen Befunden reihen sich die früheren von MAyEr (1832 p. 744, 1836 p. 330) bei Sus, Equus, Bos, Canis, von REMAK (1837 p- 151) bei Canis, von VOLKMANN und BippEr (1840 p. 501 f.) bei Dos jJuv., von LuscHKA (1856 p: 62) bei Sus, Bos, Lutra, Canis, von VULPIAN (1862 p. 7) bei Bos, Canis, Felis, von KAZZANDER (1891.B p. 447.) bei Bos und Canis an. Um sich mit der zugehörigen ventralen Wurzel zu ver- einigen, muss diese dorsale Wurzel den N. accessorius kreuzen, und zwar verläuft sie hierbei in der Regel wie die dorsalen Wurzeln der Cervikalnerven an der dorso-lateralen Seite dieses Nerven, wobei sie entweder nur an ihm vorbeizieht oder mit ihm mehr oder minder innig verbunden ist, auch derart mit ihm verschmilzt, dass sie nicht ohne Weiteres bis zur ventralen Wurzel des Hypo- glossus verfolgt werden kann; in seltenen Fällen wurde bei Zutra, Putorius foetidus und Canis famihiaris auch ein Verlauf an der ventro-medialen Seite des Accessorius, also zwischen diesen und der Medulla beobachtet (KAZZANDER, BECK). Beim Menschen wurde ein einer dorsalen Wurzel resp. einem dorsalen Hypoglossus-Ganglion vergleichbares resp. verglichenes Gebilde von SANTORINI 1775 p. 28), Mayer (1832 p. 744, 1836 p. 330), VuLrıan (1862 p. 7), CHraruGı 1888 p. 57) und KAZZANDER 1891 p. 444) je einmal (von MAYER zweimal) beobachtet; Beck (1895 p. 266—281) vermochte trotz genauester Untersuchung, wie viele andere Anatomen, nichts Derartiges aufzufinden und erkennt in seiner kritischen Besprechung nur den beiden von ÜHIARUGI (zweijähriges Kind) und KAZZANDER (Erwachsener) beschriebenen Vorkommnissen die Bedeutung einer wirklichen dorsalen Wurzel des Hypoglossus zu®). — Eine zu der mittleren ventralen Hypoglossus-Wurzel gehörige dorsale Wurzel 5? wurde als sehr seltenes postembryonales Vorkommnis von VULPIAN (1862 bei Canis, von BEck (1895 p. 285, 298) zweimal bei sus und einmal bei Canis aufgefunden. — Auf die Inkongruenz in dem Vorkommen und der Ausbildung der ventralen und dorsalen Hypoglossus- Wurzeln, sowie auf ihre von der systematischen Stellung der untersuchten Säugethiere ziemlich unabhängige Existenz oder Reduktion macht BECK aufmerksam. Auch die dorsale Wurzel des ersten Cervikalnerven (1°) hat in ihren variabeln Be- ziehungen schon bei den ältern Untersuchern Interesse erregt und wiederholte Bearbeitung gefunden. Bei den meisten 'Thieren ist sie bald gut entwickelt, bald mehr oder minder rückgebildet; nicht selten ist sie auch vollkommen verkümmert. Damit bildet sie eine gewisse Parallele zu der letzten dorsalen Hypoglossus-Wurzel, welche ihr aber im Grade der Verkümmerung vorauseilt; bereits JoH. MÜLLER (1837 p. 666) hat sie für die Vergleichung des Hypoglossus mit Spinalnerven verwerthet, und ihm sind bald darauf viele ältere Anatomen gefolgt. Genaueres über das Verhalten dieser dorsalen Spinalis-Wurzel theilen KAzZzAnDeEr (1891. A p. 221 f.), FrorIEr und Beck (1895 p. 694) und BEck (1895 p. 268 £.) auf Grund sehr umfangreicher Untersuchungen an Mensch und anderen Säugethieren mit. (vergl. insbesondere des Letzteren Tabelle auf p. 333). Bei Echidna, Hypsi- prymnus und mehreren Species der Genera C'ynocephalus und Macacus wurde sie von BECK vermisst, desgleichen individuell resp. einseitig bei Ta/pa, verschiedenen Rodentia, Vespertilio, Lemur, zahl- 1) Bei Capra wurde c@ nur bei Foeten, aber nicht bei Erwachsenen beobachtet. 2) Hier nur bei 1 von 10 Exemplaren von Canis und einmal einseitig unter 5 Exemplaren von Felis vermisst. 3) Hinsichtlich der genaueren Verhältnisse verweise ich auf BECK. 171] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOTLOCEPHALEN ETC. 519 reichen Affen und beim Menschen (hier bei 8°/, nach KAZzANDEr, bei 9%, nach Beer). Da, wo sie beim Menschen vorhanden war, zeigte sie nach beiden Autoren alle möglichen Grade der Aus- bildung und Rückbildung, womit ein sehr wechselndes Verhalten gegenüber dem Accessorius (grössere oder geringere Selbstständigkeit und verschiedene Lage diesem gegenüber) Hand in Hand ging. In der Regel verlief sie wie die folgenden dorsalen Spinalnerven-Wurzeln dorso-lateral an diesem Nerven vorbei; einige Male aber perforirte sie ihn auch (KAZzAnDEr bei 3°/,) resp. ging ganz unselbstständig von ihm ab (KAZZANDERr, Beck 3°/,)'), oder verlief partiell (KAzzanDEr) oder total (BECK) ventro-medial von ihm (also zwischen Medulla spinalis und Accessorius) zu der ihr zuge- hörigen ventralen Wurzel; letzterer Verlauf wurde fünfmal unter 52 Fällen (also bei 16°/,) meist mit beträchtlicherer Rückbildung der dorsalen Wurzel beobachtet. Auch über die ontogenetische Ausbildung des Hypoglossus der Säugethiere existiren mehrfache Untersuchungen (Frorızp 1852—86) bei Bos, Ovis, Homo; Hıs 1885 und 1888 bei Homo; CuraruGı 1889 und 1892 bei Zepus cuniculus und Cavia; MARTIN 1890 und 1891 bei Felis domestica, KAZZANDER 1891 bei Bos; ZIMMERMANN 1891—1893 bei Lep. euniculus und Homo). Danach fand Frorıep bei Embryonen von Rind und Schaf 3 bis 4 ventrale Wurzeln), von denen die letzte (1882 p. 282) resp. die beiden letzten (1885 p. 48, 1886 p. 133) noch zugehörige dorsale Wurzeln resp. Anlagen von Spinalganglien aufwiesen; während die letzteren (die dor- salen Wurzeln) sich rückbildeten, verbanden sich die ersteren (die ventralen Wurzeln) zu dem N. hypoglossus. Da beide (dorsale und ventrale Wurzeln) sich ursprünglich ganz so wie die dorsalen und ventralen Wurzeln der folgenden Spinalnerven verhielten, bezeichnete er die aus ihnen zusammen- gesetzten Nerven als Occipital-Spinalnerven (1886 p. 150) oder praecervikale Nerven (1883 p. 282). Die Zahl der Myotome betrug 3. Nach der von mir angewendeten Nomenklatur handelt es sich also hier um a”, D°X und c”’ (resp. =”, a”, b"d, c”d) 3) von denen 5° und c* sich rückbildeten, dagegen a”, b”’ und c” zum Hypoglossus sich verbanden. Bei Embryonen des Kaninchens fand Cnrarucı (1889 p. 69) vier ventrale Wurzeln (z”, «", d”, c” meiner Nomenklatur) ) und zwei dorsale (24, ed) a), ZIMMERMANN (1891 p. 111, 1892 p. 161) neben zwei letzten dorsalen sechs ventrale, von denen er die beiden ersten aber nicht zum Hypoglossus, sondern zu dem Glossopharyngeus und Urvagus (vergl. meine Anm. I auf p. 515) in nähere Beziehung bringt. Die wirkliche, selbstständige Existenz 1) Die Verbindung der dorsalen Wurzel des 1. Cervikalnerven mit dem Accessorius ist seit alter Zeit be- kannt und wurde von den beiden oben genannten Autoren in vereinzelten Fällen so intim gefunden, dass diese selbst einen Ursprung von dem Accessorius angeben (KAZZANDER in 20/,, BECK Imal unter 28 Fällen). JoH. MÜLLER ist durch diese Beziehungen zu der Anschauung geführt worden, dass der Accessorius auch auf der Bahn der beiden Halsnerven, durch die bezüglichen Intervertebrallöcher, Fäden nach aussen abgebe (1840 p. 54). Ich kann weder die ersterwähnten Befunde stützen, noch die Anschauung MÜLLER’s theilen und vermuthe, dass eine in’s Minutiöse durch- geführte Entwirrung der angegebenen Verbände doch zu einer klaren Scheidung der beiden Nerven führen wird. 2) Die Existenz von 4 Wurzeln wird nicht als sicher angegeben (1885 p. 16), da eine genaue Sonderung der ersten Wurzelbündel nicht gut möglich sei. Aus dem Umstande, dass die vordere (am meisten rostrale) Wurzel am meisten rückgebildet ist, schliesst FRORIEP mit gutem Rechte, dass früher vielleicht noch mehr Wurzeln als 3 vor- handen gewesen sein mögen (1882 p. 295). 3) Meine Zählung der betreffenden Hypoglossus-Wurzeln basirt auf der Auffassung, dass bei Sauropsiden und Säugethieren bezüglich der Reihenfolge die gleichen Verhältnisse bestehen und dass das oceipito-cervikale Gelenk bei Beiden identisch, homolog ist. In dieser Hinsicht stehe ich ganz auf dem auch von FRORIEP (1886) vertretenen Standpunkte. CHraruGı (1889 p. 232—234) dagegen erblickt in den betreffenden Gelenken der Sauropsiden und der Mammalia nur homodyname Bildungen und kommt, indem er bei der Vergleichung namentlich den Reduktionsgrad der oceipito-spinalen und ersten freien spinalen Nerven und insbesondere ihrer dorsalen Wurzeln in den Vordergrund stellt, zu der Anschauung, dass die beiden ersten freien Wirbel der Sauropsiden in den Säugethierschädel aufgenommen seien, somit der erste freie Wirbel der Mammalia dem 3. der Sauropsiden entspricht. Ueber diese Frage wird später noch des Weiteren zu handeln sein (vgl. p. 526). 4) Dass CHIARUGI aus der dorsalen vom Vagus bis zum 2. Spinalnerven erstreckten Längskommissur den Sauropsiden und Säugethieren gemeinsamen Accessorius vagi, aus den ventralen Wurzeln der Oceipital- und Cervikal- nerven dagegen den den Säugethieren eigenthümlichen Accessorius spinalis ableitet, wurde schor. oben (p. 515) erwähnt. 66* 520 Max FÜRBRINGER [172 dieser Wurzeln vorausgesetzt, würde Lep. euniculus somit nach letztgenanntem Autor drei oceipitale (z”, y”, 2”) und drei oceipito-spinale (a”, 5”d, c”d) Nerven anlegen, von denen aber die occipitalen und die dorsalen Wurzeln der oceipito-spinalen im Laufe der Ontogenese sich rückbilden. Noch mehr Wurzeln beschrieb Cnrarust (1892 p. 58) beim Meerschweinchen, wo selbst sieben ventrale und zwei dorsale Wurzeln zur Entstehung kommen sollen; es würde sich also hier, die selbstständige Existenz dieser Wurzeln vorausgesetzt, um w®, x", y®, =”, a®, bYd c”@ handen. Da aber allenthalben nur drei Myotome '), die zu a, 5 und ce gehörenden, von den Autoren, soweit diese derselben über- haupt Erwähnung thun, angegeben werden, möchte ich es zunächst noch als diskutabel bezeichnen, ob w, x und y reelle Geltung zukommt?2). Bei Embryonen der Katze beschrieb Marrın (1891 p- 230 f.) mindestens fünf ventrale und fünf dorsale Wurzeln (y’d, zud, «vd, yvd, vd) wobei die ventralen zuerst eine von vorn nach hinten abnehmende, dann aber zunehmende Dicke aufweisen, während die dorsalen bald verkümmern; Kopf-Myotome existiren drei. Auch diese Angaben weichen von allen bisher bei Amnioten bekannten Befunden ab. Hinsichtlich des Menschen sah FRrorIEP (1882 p. 292) an den von ihm untersuchten älteren Embryonen ebenso wie ÜHIARUGI (1889 p. 82) nur drei ventrale Wurzeln (a”, 5”, c”), vermisste aber jede dorsale; Hıs (1585 p- 89. Fig. 62, 1858 p. 380, 381) fand dieselbe bei seinem Material in Gestalt eines rudimentären Ganglions ohne davon ausgehende Nervenfasern®); ZIMMERMANN endlich (1891 p. 111, 1893 p. 216) beobachtete die gleichen Verhältnisse wie bei Zepus (sechs ventrale und zwei dorsale Wurzeln); über die Kopf-Somiten äussert er sich nicht. — Minor (1892 p. 656) bezeichnet es als wahr- scheinlich, dass jungen Embryonen der Säugethiere vier ventrale und drei dorsale Wurzeln mit Ganglien zukommen. Speciellere Untersuchungen, auf denen diese Angabe basirt, werden nicht angegeben. — Den erwähnten Nerven und Myotomen entsprechen zugehörige Sklerotome (Oceipi- talbogen); doch fanden die darüber handelnden Autoren die vorderen stets rudimentär, in mit einander verschmolzenem Zustande sich anlegend, und konnten nur bei dem letzten, zwischen c und 4 (erster freier Cervikalnerv) liegenden Sklerotom dessen selbstständige Anlage als gesonderter Oeceipitalbogen, der erst im Verlaufe der Ontogenese mit dem vorderen Komplex verschmilzt, sicher konstatiren (FRORIEP 1886 p. 133, CHraruGı 1889 p. 71). — Eine successive Vorwanderung der Hypoglossus-Wurzeln während der Ontogenese zeigen die von FRORIEP gegebenen Abbildungen (1832 Taf. XVI), auf welchen Umstehend insbesondere SAGEMEHL (1885 resp. 1891 p. 540) aufmerksam gemacht hat. Für die Homologisirung des Hypoglossus der ausgebildeten Thiere mit Spinal- nerven gilt auch hier, abgesehen von den aus dem Vorhergehenden zu ziehenden Schlüssen, das bereits bei den Sauropsiden Angeführte (p. 499). Vertheidiger dieser Homologie sind die Mei- sten der eben erwähnten Embryologen (FRORIEP, CHIARUGI, MARTIN, KAZZANDER, ZIMMERMANN), ausserdem vornehmlich Jon. MÜLLER (1838 p. 666), HykrL (1866 p. 831), Huxtev (1871 p. 75), GEGENBAUR (1871 p. 531f., 1883— 1895), BALFOUR (1878 p. 205), WIEDERSHEIM (1883— 1893), DOHRN (1885— 1890), Mc. MurrıcH (1885 p. 159. 160), SAGEMEHL (1885 resp. 1891 p. 535), BECK (1895), EpinGEr (1896 p. 75, p. 547) und viele Andere. Insbesondere MÜLLER und seine Schule, HyrTL, Huxtey u. A. betonen, dass der Hypoglossus eher zu den Spinalnerven als zu den Üerebralnerven zu rechnen sei. Unter den wenigen Gegnern dieser Anschauung nimmt wohl Hıs den extremsten Standpunkt ein, indem er (1887 p. 450) erklärt: „Den Hypoglossus für einen Rumpfnerven zu 1) MARTIN erwähnt, dass CHraruGI 4 Myotome beschrieben habe. Vielleicht bezieht sich das auf die Ab- handlung über Cavia (die mir nicht im Original zugänglich war); bei Zepus werden nur 3 Myotome von unserem Autor angegeben. 2) Vergl. auch meine bezüglichen Bemerkungen in dem Kapitel über die Sauropsiden (p. 498 Anm. 2). 3) Er bezeichnet es als Frorırp’sches Ganglion und fügt hinzu, dass er keinen Grund sehe, dieses abortive Ganglion dem Hypoglossus zuzutheilen; eher noch dürfe man es als Ganglion des Accessorius bezeichnen. Am rich- tigsten aber sei es, wenn man dasselbe mit keinem der Kopfnerven in Beziehung setze, sondern kurzweg den Hals- ganglien zuzähle, deren Reihe es sich unmittelbar anschliesse. — Diesen Auffassungen kann ich nicht zustimmen. 173] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOCEPHALEN ETC. 521 erklären, halte ich laut meinen frühern Darlegungen für eine Willkürlichkeit, und als nicht minder willkürlich erscheint mir die Behauptung, dass die Zunge ihre Muskulatur dem Rumpfe entlehne.‘“') Ich theile vollkommen die von Jom. MÜLLER, HUXLEY, GEGENBAUR, BALFOUR, FRORIEP und den anderen genannten Autoren vertretene „Willkürlichkeit“. Bezüglich des Durchtrittes der einzelnen Hypoglossus-Wurzeln durch die Dura mater und den Schädel verweise ich auf das schon oben bei den Wurzelzahlen Angeführte (p. 516, 517); wie dort mitgetheilt, wurde ein Durchtritt dieser Wurzeln durch drei, zwei und eine Oeffnung der Dura mater, übrigens in einer selbst individuell und antimer recht wechselnden Weise, beobachtet. Den drei Oeffnungen in der Dura kann auch eine totale oder partielle Sonderung des Canalis hypoglossi des Os oceipitale in drei Abtheilungen entsprechen (vergl. BEcK bei Capra [indiv.), Anti- lope, Tragulus), häufiger findet sich nur eine Scheidewand resp. zwei Foramina hypoglossi, wobei zumeist (Ruminantia) die beiden letzten, seltener (Galeopitheceus) die beiden ersten Wurzeln durch einen gemeinsamen Kanal hindurchtreten. Endlich können auch alle drei Wurzeln durch einen einzigen Kanal gehen oder sich im weiteren Verlaufe in einem solchen vereinigen; in diesen letzteren Fällen ist der Kanal zuerst (innen) noch getheilt, dann (aussen) einheitlich. Aehnliches gilt für die Fälle, wo die Hypoglossus-Wurzeln durch zwei Oeffnungen der Dura austreten; dann sind entweder zwei oder durch Rarefication der trennenden Scheidewand nur ein Canalis hypo- glossi vorhanden?. Dem einheitlichen Durchtritte durch die Pachymeninx entspricht auch ein einheitlicher Knochenkanal. Die Weite der betreffenden Schädelöffnungen entspricht in der Regel der Dicke der durchtretenden Nervenwurzeln; bei Orzithorhynchus jedoch wurde ein unverhält- nissmässig weites Foramen beschrieben (GIEBEL 1874 p. 25). Bei allen Marsupialia und Placen- talia werden die Canales (Foramina) hypoglossi (For. condyloideum anterius) als gesondert von dem Foramen pro vago (For. jugulare) angegeben; Eehidna (WESTLING 1889 p. 44; BECK 1895 p- 322) dagegen besitzt eine gemeinsame Oeffnung für den Durehtritt beider Nerven. — Allge- meinere Angaben über einfache oder doppelte Hypoglossus-Kanäle finden sich bei verschiedenen anderen Autoren, so z. B. bei Owen (1868 p. 162, zwei Foramina bei manchen Marsupialia, eines bei den meisten Säugethieren), GEGENBAUR (1871 p. 532), GIEBEL (1874 p. 25) u. A. m. Bezüglich des Menschen giebt DEBIERRE (1895 p. 403) als Regel einen einheitlichen Canalis hypoglossi an; doch finde sich auch nicht selten nach JaBouLaY bei 15°/,, nach Lucy bei 10 °/,, an Katakomben- schädeln bei 15°, an Lyoner Schädeln bei 21°/,) eine Sonderung desselben in zwei, ja selbst nicht sehr selten (‚‚n’est pas tres rare‘) eine solche in 3—4 Theile). Während oder nach dem Austritt aus dem Schädel verbinden sich die Wurzeln des Hypo- glossus zu dem einheitlichen Hypoglossus-Stamm, der danach in der Regel mit den ersten Cervikal- nerven 'Rr. cervicales descendentes derselben) mehr oder minder entwickelte Anastomosen ein- geht. Diese Ansenbildungen sind bei den Säugethieren noch wenig untersucht. Einen Verband mit dem ersten Cervicalis geben MAcALıstEer (1875 Taf. XXVI) bei Myrmecophaga, MAYER (1847 p. 50) bei Elephas, ELLENBERGER und Baum (1891 p. 536) bei Canis an. Mit den zwei ersten Cervikalnerven verbindet sich der Hypoglossus nach Poucuer (1874 p. 74 u. 161) bei Myrmeco- phaga (N. sterno-glossus), nach LEISERING (1885 p. 760 u. 769) bei Eqguus, nach SCHNEIDER (1867 p. 11) bei Zepus, bei welchem einfache oder doppelte Rr. descendentes hypoglossi vorhanden seien. 1) Diese Verurtheilung der bezüglichen Auffassung unserer grössten vergleichenden Morphologen entspricht auch den sonstigen Anschauungen von Hıs, wonach Kopf und Rumpf in ihrem visceralen Gebiete durch eine zwischen Schild- und Ringknorpel gelegte Grenzebene glatt getrennt werden und die von dem Gehirn ausgehenden Kopfnerven sekundär in die caudal von dieser Ebene gelegenen Rumpforgane einwachsen sollen. Ich brauche nicht besonders zu betonen, dass ich hinsichtlich aller dieser Anschauungen auf diametral entgegengesetztem Standpunkte stehe. 2) Hinsichtlich der Details verweise ich auf die Angaben von BEcK, sowie u. A. auch auf Krause (1554 p- 76) und ELLENBERGER (1891 p. 19). 3) Ob es sich hierbei wirklich um 3 oder 4 (?) Foramina für die einzelnen Wurzeln des Hypoglossus handelt oder ob auch Gefässlöcher eine Rolle dabei spielen, ist aus der kurzen Darstellung DEBIERRE’s nicht ersichtlich. 522 Max FÜRBRINGER [174 Verbände mit dem dritten Cervicalis werden angegeben von MEckEL (1826 p. 34) bei Ornithorhynehus, von Hyrrr (1855 p. 60) bei O’hlamydophorus, von KRAUSE (1884 p. 322) bei Lepus, von ROTGANS (1886 p. 38) bei Macacus sinicus, von VROLIK (1841 p. 40) bei Troglodytes; hierbei wird indessen von VROLIK der erste, von MECKEL, HyRTL und KRAUSE der erste und zweite Cervikalnerv nicht erwähnt. GuMoEns (1852 p. 28) spricht bei Scezurus von einem Verbande des R. descendens hypo- glossi mit cervikalen Aesten, ohne anzugeben, mit welchen. — Weiteres Detail über die Art der Ansenbildungen zwischen Hypoglossus und den Rr. descendentes cervicales theilen VOLKMANN (1840 p. 502f.) bei Equus, Ovis, Bos, Lepus cuniculus, Felis Iynz und F. domestica, sowie RoT- GANS (1886 p. 38 ff.) bei Macacus sinicus, Semnopithecus maurus und Troglodytes niger mit; die- selben zeigen indessen nichts, was aus dem Rahmen der Verhältnisse beim Menschen herausginge. Um so genauer sind die Beschreibungen der bezüglichen Verhältnisse bei dem Menschen, hinsichtlich welcher ich auf die Monographien von Bacn (1834 p. 12f.), VoLKMAnNn (1840 p. 501), LonGeEr (1849 p. 408f.), LuschkA (1856 p. 62f.), BiscHorrF (1865 p. 32ff.) und namentlich Ho (1876 p. 82f.) und Ror6ans (1886 p. 36), sowie auf die Lehrbücher der menschlichen Anatomie resp. Neurologie von HEntLE (1879), SCHWALBE (1881), GEGENBAUR (1883—95) und RAUBER (1886) verweise; Horn und ROTGANS zeichnen sich durch die eingehendsten Litteraturangaben und die genauesten und umfangreichsten Untersuchungen aus. Eine vollkommene Einigkeit über diese Verbindungen ist aber noch nicht erzielt. In der Regel verbinden sich die drei ersten Cervikal- nerven unter einander und mit dem Hypoglossus zu einer mehr oder minder komplieirten und sehr wechselnden Plexusbildung, welche dem Plexus cervicalis (mihi)!) der niederen Wirbelthiere entspricht. Ausnahmsweise sollen auch der vierte und fünfte Cervikalnerv sich an diesem Plexus betheiligen können (SÖMMERING, BACH, SAPPEY, ROTGANS); doch handelt es sich in diesen Fällen wohl mehr um Anastomosen mit abnorm verlaufenden Komponenten der Nn. supraclaviculares und des N. phrenieus. Ziemlich selten bilden die drei ersten Cervikalnerven einen gleichmässigen Plexus, der nur mit seinem oberen oder vorderen (rostralen) Bereiche sich anlagert; meist kann man einen oberen oder vorderen (rostralen), von dem ersten und zweiten Cervikalnerven gebildeten (R. descendens hypoglossi [Aur.| s. cervicalis descendens [Hort] s. cervicalis descendens superior [SCHWALBE, RAUBER|) und einen unteren oder hinteren (caudalen), von dem zweiten und dritten Cervicalis zusammengesetzten Theil (R. cervicalis ascendens [Hort] s. cervicalis descendens in- ferior [SCHWALBE, RAUBER]) unterscheiden; beide verbinden sich zur sogenannten Ansa hypoglossi und bilden zugleich den sogenannten N. descendens hypoglossi der älteren Autoren, welche Bezeichnungen aber nach den Untersuchungen und Angaben von BacH, VOLKMANN, LONGET, LuscHkA, BiscHorr, HoLL und RoTGANs, wonach sich Hypoglossusfasern an ihnen nicht betheiligen sollen, zweifelhaft, wenn nicht hinfällig geworden sind?.. HExLE verdanken wir die bessere Be- zeichnung N. descendens cervicalis und Ansa cervicalis (profunda s. infrahyoidea). Der R. cervi- calis descendens superior kann bald selbstständig, bald in der Scheide des Vagus verlaufen; in den weitaus meisten Fällen verbindet er sich mit dem Stamme des Hypoglossus, um sich erst nach kürzerem oder längerem Verlaufe mit verschiedenen Seitenästen von ihm abzuzweigen®). Der 1) Nicht zu verwechseln mit dem viel mehr Nerven enthaltenden Plexus cervicalis der menschlichen Anatomie. 2) ROTGANS, der mit der grössten Vorsicht verfuhr, konnte an mehreren Präparaten den sicheren Nachweis liefern, dass der Hypoglossus sich nicht an dem Cervicalis descendens betheiligt, während andere Präparate keine sichere Entscheidung dafür brachten, aber jedenfalls auch nicht die Theilnahme des Hypoglossus bewiesen. Hıs dagegen beschreibt und bildet bei menschlichen Embryonen wieder einen vom N. hypoglossus abgegebenen Ramus descendens (1888 p. 330 Taf. II Fig. 3,4) ab. Es wird des Näheren noch zu untersuchen sein, ob und in wie weit die Embryonen in dieser Beziehung von den erwachsenen Stadien abweichen. 3) Besonderes Interesse hat ein erster Seitenzweig dieses R. descendens superior gefunden, der, nachdem er an den Hypoglossus herangetreten, centralwärts in dessen Scheide bis zu dem Foramen hypoglossi verläuft, von Hyrru (1863 p. 95) zu den „Schlingen ohne Ende“ gerechnet wird und nach BiscHorr (1865 p. 32) vielleicht dem Sympathicus angehört, während HorL (1876 p. 87) ihn schliesslich an seinem Präparate in drei feine Endzweige zer- 175] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 523 R. cervicalis descendens inferior steigt zuerst nach unten oder hinten (ventro-caudalwärts) und dann in reeurrentem resp. ascendentem Verlaufe nach oben oder vorn (ventro-rostralwärts), um sich mit dem R. descendens superior zu der genannten Schlinge zu verbinden; er lässt sich hierbei gewöhn- lich bis zum Hypoglossus-Stamm verfolgen, so dass diesem nicht nur die Anfänge des R. cerv. desc. superior, sondern auch die Enden des R. cerv. desc. inferior angeschlossen sind. Alle diese aus den zwei bis drei ersten Cervikalnerven stammenden Nervenfasern verlassen aber schliesslich, als Rr. descendens cervicalis, thyreo-hyoideus und genio-hyoideus, wieder den Hypoglossus !). Ueber die Anastomosen des menschlichen N. hypoglossus mit Gehirnnerven handeln zahlreiche Monographien und Lehrbücher der menschlichen Anatomie, von denen insbesondere auf ArnoLD (1831), BacH (1834), VALENTIN (1841), LonGET (1849), BiscHorr (1865), HENLE (1879), SCHWALBE (1881), GEGENBAUR (1883—95), RoTGAns (1886), RAUBER (1886), KAZZANDER (1891), Frorıer und BEcK (1895) und BEcK (1895) verwiesen werde. Ueber die Verbindungen der dorsalen Hypoglossus-Wurzel mit dem Accessorius innerhalb des Wirbelkanals wurde schon berichtet (p. 519). Die peripherischen Anastomosen mit dem Vagus sind sehr wechselnde und be- ziehen sich weniger auf den N. hypoglossus selbst, als auf die mit ihm verbundenen Cervikalnerven; nicht selten erhält der N. descendens cervicalis durch dieselben Vagusfasern beigemengt, welche ihn aber im weiteren Verlaufe wieder als Rr. vasculares oder als R. cardiacus (sogenannter R. car- diacus hypoglossi s. descendentis) verlassen. Eine Anastomose des Glossopharyngeus mit dem R. descendens beschreibt Surrox (1884 p. 84) bei Troglodytes. Die Verbindungen mit dem R. lin- gualis nervi trigemini geschehen im Endgebiete des Hypoglossus, in der Zunge, führen aber zu keiner intimeren Vereinigung der beiden Komponenten. — Mit dem Sympathicus bestehen ziemlich regelmässige, einfache oder doppelte Ansenbildungen, die zum Theil die Bedeutung von Rr. viscerales des Hypoglossus besitzen, welche nach dem Ganglion sympathicum cranio-cervicale ‚cervicale primum) verlaufen, zum Theil auch von dem Ganglion in den Hypoglossus zurückkehrende vasomotorische Zweige desselben darstellen mögen. Bezüglich der Beziehungen zu dem Plexus brachialis gilt in der Hauptsache das Gleiche wie bei den Sauropsiden. In der Regel wird der Plexus brachialis vom 5. bis 9. resp. 10. oder vom 6. bis 9. resp. 10. freien Spinalnerven gebildet?); Ersteres findet bei der überwiegenden Mehrzahl der untersuchten Säugethiere, Letzteres bei den meisten Ungulaten, bei verschiedenen Insectivoren (Microgale, Potamogale, Chrysochloris, cf. DoBson 1883 Taf. IX Fig. 10, Taf. XII Fig. 20 u. 22), sowie bei Galeopithecus |LECHE 1886 p. 52) statt?). Nicht so selten wird aber auch eine Antheilnahme des vierten Cervikalnerven am Plexus brachialis angegeben, so bei Ornitho- rhynchus und Echidna nach WestLine (1884 p. 28, 1889 p. 44) und MANNERS-SuITH (1894 p. 710), fallen sah, die sich unter Umkehrung ihres Verlaufes wieder peripherwärts wandten und den dem Hypoglossus an- geschlossenen Hauptstamm des R. descendens superior verstärkten. Auch RotGans (1886 p. 36, 37) hat diesen Seiten- zweig, den er als „centraal in den N. hypoglossus verloopende verbinding met de eerste halszenuw“ aufführt, wieder- holt untersucht und konnte ihn z. Th. in den Centralkanal zurückverfolgen, weshalb er geneigt ist, diesen Theil zu den „Schlingen ohne Ende“ zu rechnen. — Ich möchte erst noch weitere und sicher beweisende Untersuchungen ab- warten, bevor ich der Annahme einer Schlinge ohne Ende zustimmen kann; bis dahin bin ich am meisten geneigt, mit Hot die Auffassung zu vertreten, dass es sich hier um Nervenfasern des 1. Cervikalnerven handelt, die schliess- lich doch im N. cervicalis descendens superior peripherwärts verlaufen. Dass hierbei auch sympathische Fasern vor- kommen mögen, will ich nicht beanstanden. Doch bedarf es auch hier weiterer Untersuchungen. 1) Nach Rorsans (1886 p. 41) sollen auch einige Fasern von ihm dem Hypoglossus bis zu dessen Endver- zweigung in der genuinen Zungenmuskulatur angeschlossen bleiben. 2) Die sich hie und da findenden Angaben von einem erst mit dem 7. oder selbst 8. Cervikalnerven be- ginnenden Plexus brachialis (vergl. Swan 1835 und Owen 1868 p. 175, 176) beruhen wohl auf der Benutzung eines nicht mehr intakten Materiales. 3) Zweifelhaft erscheint auch die Angabe Swan’s, wonach der Plexus brachialis von Canis vulpes und Felis onca erst mit dem 6. Cervikalnerven seinen Anfang nehme; bei den anderen untersuchten Species von Canis und Felis beginnt er mit dem 5. Cervicalis. 524 Max FÜRBRINGER [176 bei Lagenorhynchus nach CunninGHAaMm (1877 p. 217), bei Erinaceus nach DoBson (1882 p. 66 Taf. VII Fig. 4), bei Cavia nach CunninGHAam (1877 p. 216), bei Macacus cynomolgus nach BROOKS (1883 p. 329), bei Pithecus satyrus nach WESTLING (1884 p. 1), sowie als häufige menschliche Varietät in den anthropotomischen Lehrbüchern. Es besteht somit allenthalben eine Sonderung des Plexus cervicalis s. str. von dem Plexus brachialis. Bezüglich weiterer Details verweise ich auf die Angaben von Swan (1835), CUVIER-DuMERIL (1836), VROLIK (1841), GUMOENS (1852), HyrTL (1855), Owen (1868), CHampseys (1871), Franck (1871), PoucHErT (1874), CunnInGHAM (1877 und 1878), v. InerınG (1878), Dosson (1882—1883), BROOKS (1883), KrausE (1884), Westuing (1884 und 1889), LEISERING (1885), LECHE (1886), ELLENBERGER und Baum (1891), Parsons (1894), MANNERS-SMITH (1894) und auf die Lehrbücher der menschlichen Anatomie. Nach dem Austritte aus dem Schädel und nach der Verbindung seiner Wurzeln verläuft der N. hypoglossus des Menschen in einem ventralwärts resp. ventro-caudalwärts und danach ventro-rostralwärts strebenden Bogen (Arcus hypoglossi) zu seinem Endgebiete; er kreuzt hierbei den Vago-Accessorius, oberflächlich lateral an ihm vorbeiziehend, und liegt in seinem weiteren Verlaufe, bis er in die Zunge eindringt, dem hinteren Bauche des Muse. digastrieus mandibulae und dem M. stylo-hyoideus an und zugleich caudal von der Arteria sterno-cleido-mastoidea. Die Lage dieser Arterie soll den bogenförmigen Verlauf des Hypoglossus einigermaassen reguliren und bei tiefer (mehr caudal) stattfindendem Ursprunge ihn auch von den erwähnten Muskeln ab- drängen (RoTGANs 1886 p. 34). FrorıEP (1853 p. 183, 1885 p. 48) erklärt den Arcus hypoglossi durch die vorhergehenden Visceralbogen, sowie durch die embryonalen sog. Kiemenspaltenorgane, welche verhinderten, dass er vorn (rostral) blieb, und ihn nach hinten schoben. Diese Anschauung koineidirt in der Hauptsache mit der schon früher (p. 441) erwähnten und in erster Linie von GEGENBAUR begründeten Korrelation zu der nach hinten gerückten Kiemenregion oder macht einen wesentlichen Theil von ihr aus. Hinsichtlich der motorischen Endäste des Hypoglossus der Säugethiere ist zunächst der Mangel von Zweigen an die Nackenmuskulatur hervorzuheben; dieselbe wird nur von Cervi- kalnerven versorgt. Die Verbreitung des Hypoglossus und der mit ihm verbundenen Rr. descen- dentes cervicales beschränkt sich sonach auf die Innervation der ventralen Längsmuskeln (hypo- branchiale spinale Muskulatur). Hierbei übernehmen beim Menschen die Rr. descendentes die Versorgung der Zungenbeinmuskeln (Sterno-hyoideus, Omo-hyoideus, Sterno-thyreoideus, Thyreo- hyoideus und Genio-hyoideus), während die eigentliche Zungenmuskulatur vom Hypoglossus selbst innervirt wird. Ob diese Sonderung eine scharf durchgeführte ist oder ob auch geringgradige Vermengungen an den Grenzgebieten (theilweise oder totale Innervation des M. genio-hyoideus durch den N. hypoglossus, Betheiligung einzelner Nervenfasern der Rr. descendentes an der Ver- sorgung der Zungenmuskulatur, vorkommen, ist noch nicht endgiltig ausgemacht; von den originellen Untersuchern der letzten Decennien tritt Ho (1876 p. 90), dem sich SCHWALBE und RAUBER anschliessen, für das Erstere, RorGans (1886 p. 41. 42) für das Letztere ein!). Eine seltenere Varietät (Versorgung des oberen rostralen) Bauches des M. omo-hyoideus durch den Hypoglossus) führt VALENTIN (1841 p. 521) an. — Alle anderen Angaben über die Innervation der Mm mylo- hyoideus, digastricus mandibulae, kerato-hyoideus ete. durch den N. hypoglossus oder die Rr. descendentes cervicales, welche sich u. A. in verschiedenen früheren Auflagen der vergleichenden Anatomie von WIEDERSHEIM (1853—88), bei ELLENBERGER und Baum (1891 p. 536), sowie in einzelnen älteren Anthropotomien finden, sind als irrthümlich zu korrigiren (vergl. darüber auch SAGEMEHL 1885 resp. 1891 p. 536 Anm. 2); die genannten Muskeln werden von den Nn. trigeminus, 1) Namentlich die Versorgung des M. genio-hyoideus bildet noch einen Streitpunkt, insofern Ho (1876 p- 90) denselben lediglich durch Cervikaläste, andere Untersucher, wie z.B. HENLE (1879 p. 498) und Krause (1880 III. p- 300), lediglich durch den Hypoglossus, RorGans aber durch beide versorgen lässt. 177] ULBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 525 facialis und glossopharyngeus versorgt. Ebenso ist die Angabe einer Innervation des M. stylo- glossus durch den N. facialis (WIEDERSHEIM 1893 p. 226) richtig zu stellen; derselbe wird wie die anderen Zungenmuskeln von dem N. hypoglossus versorgt. — Ueber das embryologische Verhalten der hierher gehörigen Muskulatur beim Menschen und ihre Vertheilung nach den einzelnen Schlund- bogen handelt am genauesten Hıs (1855 p. 92. 93), lässt aber, bei seiner principiellen Nicht- achtung der Bedeutung der Innervation, mit den echten ventralen Längsmuskeln auch die vom Trigeminus, Facialis, Glossopharyngeus und Vagus versorgten Muskeln dieser Regionen aus der gleichen Quelle entstehen; dem kann nicht gefolgt werden. Wie bei den Sauropsiden ist auch beim Menschen eine ventrale Anastomose (Ansa suprahyoidea Hyrrr's) des rechten und linken Hypoglossus beobachtet worden (COOPMANN 1789 8 156, BECK 1834 p. 10, VALENTIN 1841 p. 522, LuscHkA 1856 p. 76, Hyrru 1865 p. 5, 18€6 p. S31, RorGans 1886 p. 42 u. A.). Sie wird gebildet durch einen rechten und linken Ast, die sich neben oder mit dem Ramus genio-hyoideus von dem Hypoglossus oder Üervicalis descendens (Horr) abzweigen, einander entgegenkommen und sich mit einander verbinden, wobei der rechte in die linke, der linke in die rechte Körperhälfte übergreift. Die vollkommene Entwirrung dieser Anastomose ist noch nicht geglückt; wahrschemlich handelt es sich aber hier nicht um eine erste Kommissur oder Schlinge ohne Ende, sondern nur um eine chiasmatische Kreuzung, wobei die Endfasern vielleicht in den Rr. descendentes der Gegenseite weiter verlaufen mögen (ROTGANs 1886 p. 42). Ein Vergleich mit dem ventralen Schlundring der Wirbellosen |SCHNEIDER 1879 p- 149) ist hier ebenso wenig wie bei der ähnlichen Bildung der Krokodile ete. 'p. 500) erlaubt. Ueber die der hypobranchialen spinalen Muskulatur homologen ventralen Längs- muskeln (longitudinale Zungenbeinmuskeln und Zungenmuskulatur) handeln vornehmlich MECKEL (1829. IV), Cuvier-DuMmErit (1838. II), Stannıus (1846), Owen (1868. III), ich (1375), GEGENBAUR 1875), ALBRECHT (1876), ANDERSON (1881), Lecue (1889), die zahlreichen monographischen Be- arbeitungen der Muskulatur einzelner Säugethiere (grösstentheils von Lecus eitirt), von denen namentlich BuURMEISTER (1846), OwEn (1857), PoucHer (1874) und Dogson (1882. 1883) hervorge- hoben seien, die Lehrbücher der veterinären und der menschlichen Anatomie, und die Zusammen- stellungen der Muskelvarietäten des Menschen, namentlich von MACALISTER (1871), Krause (1880. III) und Tesrur (1884 ; Letzterer zieht auch Vergleiche mit den Muskeln anderer Säugethiere. Zur eigenen Untersuchung dienten einmal die zahlreichen Schädel der Jenenser anatomischen Sammlung, welche fast alle hauptsächlichen Säugethiertypen enthält, sowie verschiedene Typen des Jenenser zoologischen Museums, deren Benutzung ich der Güte des Herrn Prof. E. Hıecker, verdanke, ferner für die Untersuchung der Weichtheile: Monotremata: Ornithorhynchus anatinus, Gray, Echidna aculeata var. typica, 'Tmonas. Marsupialia: Didelphys cancrivora, GmEL., Perameles obesula, Grorrr., Petaurus breviceps, WATERH., Trichosurus vulpecula, Junt., Phascolarctus cinereus, (GOLDF., Aepyprymnus rufescens, GarroD, Halmaturus Bennetti, Warern., Macropus rufus, Benn. Edentata: Dasypus setosus, Prz. Neuw., Manis (Pholidotis) javanica, Desm. Ungulata, Perissodactyla: Tapirus americanus, L., Egquus caballus, L. — Artio- dactyla: Sus scrofa, L. (Erwachsene und ältere Embryonen); Auchenia lama, Desu., Oryx beisa, Rürr., Cephalolophus spinigerus, Temu., Ovis aries, L. (Erwachs. u. ält. Embr.), Bos taurus, L. (Erw. u. ält. Embr.). Rodentia: Lepus cuniculus, L., Coelogenys paca, Wacn., Cavia cobaya, SCHREB. Festschrift für Gegenbaur. III. 67 526 Max FÜRBRINGER [178 Insectivora: Talpa europaea, L., Erinaceus europaeus, L. Carnivora, Pinnipedia: Phoca vitulina, L. — Fissipedia: Nasua socialis, Prz. Neuw., Canis familiaris, 1. Prosimiae: Tarsius spectrum, GEorrR., Lemur collaris, GEoFFR. Simiae: Ateles paniscus, GEoFrR.; Rhesus erythraeus, Wacn., Pithecus satyrus, GEOFFR., Homo sapiens, L. (Erwachs. u. Embr.). Das betreffende Material ist ein relativ sehr geringfügiges und die daran an- gestellten Untersuchungen können daher auch bescheidenen Ansprüchen an Voll- ständigkeit in keiner Weise genügen. Wie schon früher erwähnt, lag es aber nicht in der Absicht dieser allgemeinere Ziele verfolgenden Arbeit, das leicht verständliche und zu keiner tieferen Fragstellung Veranlassung gebende Detail innerhalb der ein- zelnen 'Thierabtheilungen genauer zu behandeln. Immerhin wird es eine nicht un- dankbare Aufgabe für den Specialforscher sein, die gerade auf diesem Gebiete noch recht vernachlässigten Säugethiere einer eingehenderen Bearbeitung zu unterziehen. Die Homologisirung des N. hypoglossus der Säugethiere mit der gleich- namigen Bildung der Sauropsiden unterliegt meines Erachtens keinen wesentlichen Schwierigkeiten. Bei der Frage, wo die Grenze zwischen den oceipito-spinalen und spinalen Nerven zu suchen sei, kann man a priori einerseits den Reduktionsgrad derselben und insbesondere das Verhalten der dorsalen Wurzeln derselben, anderer- seits die durch das occipito-vertebrale Gelenk bedingte Grenze zwischen Schädel und Wirbelsäule in Betracht nehmen und danach den Vergleich zwischen den oceipito- spinalen Nerven der Sauropsiden und der Mammalia nach dieser oder jener Alter- native ziehen. Wer das ersterwähnte Moment in den Vordergrund stellt — und thatsächlich bewegt sich Chrarvcı (1889, p. 232 ff.) in diesem Gesichtskreise (cf. p. 515, 519)') — könnte daran denken, die ersten kompleten (d. h. aus ventraler und dorsaler Wurzel bestehenden) Nerven der erwachsenen Sauropsiden und Säugethiere zum Angelpunkt der Vergleichung zu machen und danach den 2. oder 3. freien Cervikalnerven der Sauropsiden mit der letzten oder vorlezten Wurzel der Säuge- thiere zu vergleichen. Diese Homologisirung wäre aber eine irrige, denn einmal lehrt die Untersuchung der Embryonen, dass in beiden Abtheilungen auch bei den rostral vorhergehenden Nerven dorsale Wurzeln in verschiedener Anzahl zur Anlage kommen (p. 499 und p. 504, sowie 519f.); dann aber zeigt auch die vergleichende Anatomie der Spinalnervenwurzeln der Selachier (p. 368 und 392) und Sauropsiden (ef. Cnrarusı), ein wie sehr variables Element selbst bei den nächstverwandten Thieren gerade die dorsalen Wurzeln in ihrem Vorkommen bilden. Dieselben sind somit für die Entscheidung der vorliegenden Frage nicht verwerthbar. Es bleibt sonach die zweite Alternative: der Faktor des occipito-vertebralen Gelenkes. Ist dasselbe als Punctum I) Diese Anschauungen werden übrigens von CHIARUGI mit der Vorsicht und Reserve vorgetragen, welche alle Aeusserungen dieses Forschers, wo er sie nicht durch direkte Befunde der Untersuchung stützen kann, auszeichnet. n. 179] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 527: fixum bei der Bestimmung der speciellen serialen Homologien brauchbar? Mit Frorıer (1886, p. 137 £.) kann ich diese Frage nur bejahen, Dass zwischen Sauro- psiden und Säugethieren eine ziemlich nahe Verwandtschaft besteht, ist durch zahl- reiche andere Instanzen zur Genüge befestigt. Andererseits aber zeigt das erwähnte Gelenk bei beiden Abtheilungen eine solche Uebereinstimmung in seinen besonderen Specialisirungen, dass nicht gut angenommen werden kann, dasselbe hätte sich bei Beiden heterogenetisch zwischen verschiedenen Wirbelelementen gebildet und sei nur durch die gleiche Funktionirung zu einem so hohen Grad von Aehnlichkeit herangezüchtet worden. Es handelt sich also hier nicht um eine blosse Analogie oder Homodynamie, sondern um eine wirkliche Homologie, und diese Entscheidung erfährt auch eine weitere Bestätigung durch die Existenz von Proatlas-artigen Bil- dungen, welche wie bei den Sauropsiden, so auch bei den Säugethieren (Erinaceus) nachgewiesen worden sind (Arsrecunt 1880, p. 474; Baur 1895, p. 350). Der N. hypoglossus der Säugethiere setzt sich somit auf Grund der bis- herigen Untersuchungen in seinem typischen postembryonalen Verhalten aus den drei oceipito-spinalen Nerven a, b und c zusammen, von denen a lediglich seine ventrale Wurzel bewahrt hat, während 5 ausnahmsweise, c aber nicht so selten ausser den gut entwickelten ventralen Wurzeln auch in wechselndem Grade reducirte Elemente dorsaler Wurzeln resp. Ganglien noch aufweist. Bei verschiedenen Ab- theilungen der Säugethiere, tiefer und höher stehenden, kann mit dem totalen Schwunde der dorsalen Wurzelelemente auch eine Rückbildung der ersten ventralen Wuızel eintreten; der N. hypoglossus besteht dann nur aus b’ und c’'). Es ist jedoch, wie schon oben (p. 517) bemerkt, in den Fällen, wo nur zwei oder eine Durchtritts- öffnung in der Dura mater sich findet, mit den bisherigen Materialien (ohne onto- genetische Untersuchung) nicht immer möglich zu entscheiden, ob es sich hierbei um den Zusammenfluss zweier ursprünglich getrennter Wurzeln (a’ + b") oder um eine Reduktion der vorderen (a’) handelt. Für die erstere Alternative wird man sich gerne da entscheiden, wo die vordere Wurzel dicker als die hintere ist; doch ist auch hier Vorsicht gerathen, da sekundäres Wachsthum der Zungenmuskulatur die ur- sprünglichen Grössenverhältnisse verändern kann. Zwischen den beiden Extremen in der Ausbildung der Hypoglossus- Wurzeln (a’, b"”, ce“ und b’, ce”) finden sich alle möglichen Zwischenstufen, wobei, wie schon Beck hervorhebt, keine direkte Parallele zur systematischen Stellung der betreffenden Säugethiere besteht. Ausser diesen occipito-spinalen Elementen haben die ontogenetischen Unter- suchungen verschiedener Autoren das embryonale Auftreten bald wieder verkümmernder Nerven ergeben, welche ich nur den occipitalen Nerven der niederen Vertebraten v vergleichen kann; y’ und 2” scheinen mir gesichert zu sein, während ich bezüglich der wirklichen Existenz der anderen Gebilde, die man mit noch mehr vorn liegenden 1) Ob auch die Reduktion von 5” vorkommt, wonach der Hypoglossus dann nur noch aus c” bestehen würde, ist mir, wie schon erwähnt, sehr zweifelhaft. b7* 528 Max FÜRBRINGER [180 Oceipitalnerven (@”, w’) oder mit dorsalen Wurzeln der Occipitalnerven homologisiren müsste, noch weitere bestätigende Untersuchungen abwarten möchte. Eigene Untersuchungen an älteren Embryonen von Sus bestätigten mir die Existenz von zwei dorsalen Wurzeln (b? und c”), sowie an Embryonen von Bos und Ovis diejenige von c’; bei älteren menschlichen Embryonen vermisste ich gleich Frorıep und Cntarusı dieselbe. Aus meinen Beobachtungen an Gehimen aus- gewachsener 'T'hiere') hebe ich namentlich die Befunde an den Monotremen (Echidna, Ornithorhynchus) hervor. Hier zeigten die einzelnen, dem Hypoglossus an- gehörenden Wurzelfäden eine wechselnde Gruppirung zu Bündeln, von denen bei beiden Gattungen drei (Taf. VIII, Fig. 17), bald aber auch vier gezählt werden konnten; und zwar fand ich hierbei einmal (Echidna), dass das erste dieser Bündel stärker als das darauffolgende war. Man könnte somit daran denken, dass hier bald a, b, c bald z, a,b, c zur Beobachtung kommen. Da alle diese Bündel schliesslich durch eine einzige Oeffnung in der Dura mater nach aussen treten, erscheint ihre Existenz als selbstständige, den genannten Nerven gleichwerthige Wurzeln nicht ge- sichert; doch macht mir die Beobachtung an einem Exemplar von Echidna, wo das erste Wurzelbündel ziemlich weit vor (rostral von) dem Niveau des Vagus von der Medulla oblongata abging, wahrscheinlich, dass in diesem Falle wirklich ein Homologon des occipitalen Nerven z vorliegt. Drei Wurzeln finde ich ausserdem bei Phascolarctus, Trichosurus, Manis, Tapirus, Auchenia, zwei bei Aepyprymmus, Hal- maturus (laf. VII, Fig. 21), Dasypus, Ory® und den meisten anderen. untersuchten Placentaliern, bald durch gesonderte, bald durch eine Oeffnung in der Dura mater nach aussen tretend. Die Zusammenstellung aller dieser Verhältnisse, wobei die Untersuchungen von Frorıer und BEeK, sowie die ontogenetischen Befunde von FRrorıEr, Hıs, Untarugı, Marrın und ZIMMERMANN den Schwerpunkt bilden, die eigenen Beobachtungen aber dagegen zurücktreten, ergiebt somit Folgendes’): ” SQ ER DEIN ”. 5b, ec” Embryonen von Cavia (CHiarucı). ar. y. 2”. a’. 5. c” Embryonen von Lepus und Homo (Z1IMMERMANN)?). ya. 2. a. 6°. ec” Embryonen von Fels (Marrın). 2”. a. b’. ©" Säugethier-Embryonen (Minor, wahrscheinlich). 2”. a’. 65°. ce“ Embryonen von Lepus (Umiarucı). z”?. a’. b’. c” Erwachsenes Exemplar von Echidna (indiv.). (2). a’. 6b“. ce Embryonen von Bos (FRorıer). 1) Die Gehirne der untersuchten Monotremen, der meisten Marsupialier und von Manis verdanke ich der Güte des Herrn Professor R. SEMON. 2) Die ? hinter w und x wurden von mir hinzugefügt, um zu bezeichnen, dass die Existenz der ganzen Wurzel mir fraglich ist. Ein kleines ? hinter vd soll ausdrücken, dass mir die Existenz der dorsalen Wurzel nicht gesichert erscheint. (a) bezeichnet, dass diese Wurzel vielleicht noch vorhanden, vielleicht auch redueirt ist. 5’ + ec" soll ausdrücken, dass diese beiden Wurzeln noch während des Durchtrittes durch die Dura mater zusammenfliessen. 3) x” und y” stellen nach der Beschreibung ZIMMERMANN’s nicht eigentlich Hypoglossus-Wurzeln dar. Sie verlaufen abweichend und lassen daran denken, dass hier Oceipitalnerven vorliegen, die aus dem Hypoglossus-Verband wieder sekundär sich ausgelöst haben. 181] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 529 a’. 5". ec" Erwachsene Thiere von Sus (je einmal: Beck, ich) und Canis (je einmal: Vunrıan, Beck). a’. 5°. ce“ Embryonen von Bos (Frorıer, ich), Ovis (ich), Capra (Beer), Homo (Hıs); erwachsene 'Thiere von En Delphinus (?, Beck), Sus (Mayer, Luscnka, VULpIan, Beck, ich), Equus caballus und E. asinus (beide indiv.: Mayer, Beck), Cervus capreolus u. C. elaphus (BEcK), Ovis (BEck, ich), Bos (Mayer, VoLKmann, Bipper, LuscHhka, KAzzanDEr, Beck), Embryo von Homo (Hıs). a’. 5°. c" Aeltere Embryonen von Homo (Frorırr, ÜHTARUGI, ich); Erwachsene Thiere von Ornithorhynchus (Taf. V Ill, Fig. 17), Echidna, Phascolaretus (indiv.), Trichosurus Manis, Tapirus, Auchenia (?), Capra (Bere), Tragulus (Becx), Galeopithecus (Beck), Satyrus (ich), Homo (indiv.: Leurer et GraTIoLEr, menschliche Anatomien, ich). (a’.) b’. c'* Cavia (einmal: Beck). (a’.) b. ce” Marsupialia (Beer), Aepyprymnus, Phascolarctus (ind.), Halmaturus, Cetacea (Beck), Dasypus (Beck, ich), Equus (indiv.: Beck), ganz vereinzelte Ruminantia (indiv.: Beck), Orya, Cavia (ich), Rodentia (Beck), Felis concolor (indiv.: Beck), Talpa (Ganser, BECK indiv., ich), Prosimiae (Beck), mehrere Chiroptera (Beer), mehrere Simiae (Beer), Homo (mensch- liche Anatomie, BEcK, SCHWALBE, ich). (a’.) D’ + c” Echidna (Beck), Insectivora, Carnivora incl. Pinni- pedia, verschiedene Affen, Homo (individ.: Beck). Der gesonderte oder gemeinsame Durchtritt durch die Dura mater und den Schädel wurde in dieser Zusammenstellung, abgesehen von der letzten Zeile, nicht besonders determinirt; weiter unten soll noch kurz darauf eingegangen werden. Den bereits oben (p. 519.) rekapitulirten Befunden der Untersucher hinsicht- lich der embryonalen Myotome in dieser Gegend, die durchweg in der Dreizahl angegeben werden, habe ich keine eigenen Beobachtungen hinzuzufügen, mache aber hier wieder auf die grosse Diskrepanz in der Zahl der angegebenen Nerven- wurzeln und Myotome aufmerksam (vergl. auch p. 503). Den Angaben der früheren Autoren, dass die Stärke der Hypoglossus-Wurzeln, resp. der oceipito-spinalen Nerven von vorn nach hinten zunimmt, dass aber auch Ausnahmen von dieser allgemeinen Regel vorkommen, kann ich auf Grund meiner Untersuchungen beistimmen. Auch ich fand nicht so selten eine caudalwärts ab- nehmende Dicke derselben'), und bin, wie schon angegeben, geneigt, diese Ausnahme 1) Insbesondere die anthropoiden Affen zeigen die beiden Oeffnungen für die beiden Wurzeln entweder gleichgross oder noch häufiger von vorn nach hinten in abnehmender Grösse. Y 530 Max FÜRBRINGER [182 theils auf das Zusanımenfliessen ursprünglich getrennter Wurzeln, theils auf sekun- däre Vergrösserungen oder Verkleinerungen der von ihnen versorgten Endgebiete (Zungenmuskeln) zurückzuführen. Dass die nach hinten zunehmende Stärke der Wurzeln das Ursprüngliche ist, dürfte m. E. nicht zweifelhaft sein. Dass auch bei den Säugethieren die ventralen Wurzeln des Hypoglossus nach ihrem centralen Ursprunge und Abgange von der Medulla den ventralen Wurzeln der Spinalnerven vollkommen homolog sind, wird durch die oben (p- 513) mitgetheilten Untersuchungen auf das Sicherste erwiesen und bedarf keiner weiteren Ausführung. Desgleichen ist die Uebereinstimmung der dorsalen Hypo- glossus-Wurzeln mit den dorsalen Wurzeln der Spinalnerven nicht zu bezweifeln; die wechselnde Stärke und Existenz von c’ und 4° (dorsale Wurzel des 1. freien Spinalnerven) bildet hierzu die weitere Bestätigung (p. 51Sf.). Dagegen kann ich, wie bei den Sauropsiden, allen denjenigen Versuchen, welche diese dorsalen Wurzeln zu dem sensibeln Gebiete des N. vago-accessorius in direkte Beziehung bringen, nicht folgen. Beide sind an sich heterogene Bildungen. welche nur sekundär, zufolge der rostralwärts gehenden Vorwärtswanderung der spinalen Nerven und ihrer Homo- dyname direkte Nachbarn geworden sind und damit, bei der rein ontogenetischen Beobachtung, welche diese Verschiebungen nur zum kleinsten Theil rekapitulirt, allerdings leicht Homologien vortäuschen können, welche aber durch die umfang- reichere vergleichende Untersuchung als Trugbilder erkannt werden. Der Abgang der Wurzeln des Hypoglossus von der Medulla erfolgt wie bei den Sauropsiden ventral resp. ventro-caudal von dem Abgange des N. vagus s. str. und wird von letzterem durch die Oliven getrennt. Hierbei kommen ziemlich grosse Exkursionen in der relativen Lage des Hypoglossus zu dem Vagus zur Ausicht, worüber die oben (p. 515 f.), nach Abbildungen und Beschreibungen anderer Autoren gemachten Angaben berichten; doch sind dieselben nur z. Th. glaubwürdig und brauchbar. Bereits Beck konnte von erheblichen Abweichungen seiner Befunde von denen der älteren Autoren sprechen; dasselbe gilt bezüglich meiner Beobachtungen. Die am meisten rostrale Lage des Hypoglossus-Abganges finde ich bei einem Exemplar von Echidna, wo derselbe ventro-rostral vom Vagus-Ursprung beginnt; bei einem anderen Exemplar dieses T'hieres, wie bei Ornithorhynchus (Taf. VII, Fig. 20), ebenso auch bei Pithecus und Homo, beginnen die vordersten Wurzelfäden des Hypoglossus annähernd in dem gleichen rostro-caudalen Niveau wie die ersten Wurzelfäden des Vagus. Somit scheinen die tiefsten und die höchsten Säugethiere sich in dieser Hinsicht zu gleichen. Das Auffallende dieses Befundes wird gemildert, wenn man annimmt, dass bei den Monotremen die Hypoglossus-Wurzeln von z, a, b und c, bei den Anthropomorphen und Homo von a, b und c gebildet werden (vergl. auch p. 528). Bei den mit einem 3-wurzeligen Hypoglossus versehenen Marsupialia (Trichosurus, Phascolarctus indiv.), Edentaten (Manis) und Ungulaten (Tapirus, Equus, Sus, Auchenia, Bos), aber auch bei Phoca (mit einem 2-wurzeligen Hypoglossus) beginnt der Anfang des Hypoglossus-Abganges am Ende oder selbst ein wenig hinter dem Ende des Vagus-Ursprunges, bei den fissipeden Carnivoren (mit 2-wurzeligem XII) zumeist vr 183] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC, 531 in geringerer Entfernung hinter dem Vagusende, bei den einen 2-wurzeligen Hypoglossus besitzenden Marsupialia (Phascolaretus indiv., Aepyprymnus, Macropus), Insektivoren (Talpa, Erinaceus) und Rodentia in etwas grösserer Entfernung hinter demselben. Diese Angaben, ein wie spärliches Material ihnen auch zu Grunde liegt, lassen doch selbst innerhalb der Säugethiere ein successives rostralwärts gehendes Vorrücken der Hypoglossus-Wurzeln (occipito-spinalen Nerven) erkennen. Die Mono- tremen mit ihren noch nicht vollkommen aufgeklärten Wurzelzahlen mögen hierbei zunächst ausser Acht bleiben'). Hinsichtlich der 3-wurzeligen Nn. hypoglossi gilt aber ein relatives Vorrücken von den Marsupialiern, Edentaten und Ungulaten bis zu den Anthropomorphen mit Homo; desgleichen zeigt der 2-wurzelige Hypoglossus der tieferstehenden Marsupialia, Rodentia und Insektivoren eine mehr caudale Lage als derjenige der höher stehenden Carnivoren. Dazu kommt das schon von SaGE- meHt (1885, resp. 1891, p. 540) auf Grund der Frorırr’schen Abbildungen (1882, Taf. XVI) hervorgehobene Vorrücken des Hypoglossus während der embryologischen Entwickelung. Somit beweisen vergleichend-anatomische und ontogenetische Befunde übereinstimmend die rostralwärts gehende Vorwanderung des Hypoglossus-Ursprunges der Säugethiere, die sich auch hinsichtlich des Grades dieser Bewegung zu den Sauropsiden in Parallele stellen. Zu dieser Vorwanderung steht, wie schon bei den Sauropsiden (p. 505) hervorgehoben worden, das Verhalten des Ursprunges des N. accessorius Wil- lisii in Korrelation. Bei den Sauropsiden reicht derselbe zwischen den dorsalen und ventralen Spinalnervenwurzeln herab bis zum Niveau des 1.—3. Uervikalnerven, bei den Säugethieren (p. 516) findet sich die gleiche Erscheinung in noch höherem Grade ausgeprägt: der Accessorius reicht hier bis zur Höhe des 5.—7. Spinalnerven herab, und es könnte daran gedacht werden, dieses tiefere Herabreichen auf einen um etwa vier Metameren weiter vorgeschrittenen Grad der Vorwanderung der spinalen Nerven zurückzuführen, somit — unter Annahme der oben (p. 526) besprochenen und abgewiesenen ersten Alternative — anzunehmen, dass der Hypoglossus der Mam- malia weiter caudal zurückgelegenen Spinalnerven-Elementen der Sauropsiden zu ver- gleichen sei?). Aber auch aus dem Verhalten des Accessorius erwächst m. E. der- selben keine Unterstützung. Der bei den Säugethieren weiter caudal herab- reichende Ursprung ist vielmehr durch die sehr viel bedeutendere Entwickelung des Accessorius und seiner Endgebiete (cerebrale 'Theile der Mm. sterno-cleido- mastoideus und trapezius) bedingt; bei ihnen wird ein recht hervorragender Antheil dieser Muskulatur von dem sehr kräftigen R. posterior s. externus n. actessorii ver- sorgt, während derselbe bei den Sauropsiden gegen die spinale Abtlreilung dieser 1) Bei der (erst noch zu erweisenden) Annahme von z, a, b, e fügen dieselben sich auch gut ein. 2) Dies würde theilweise den Anschauungen CHIARUGTs entsprechen, aber nur zum kleinen Theil, denn CHIARUGI lässt nur zwei Spinalnerven der Sauropsiden in den Schädel der Mammalia aufgenommen werden, spricht nieht von einer Vorwanderung der Spinalnerven gegenüber dem Vago-Accessorius und erklärt das längere Hinabreichen des Accessorius der Säugethiere dadurch, dass er bei diesen die Existenz eines besonderen Accessorius spinalis statuirt, welcher den Sauropsiden fehle (vergl. auch p. 515 und p. 519 Anm. 4). mn ug 232 Max FÜRBRINGER [184 Muskeln ganz zurücktrat und selbst bis zu einem Minimum reducirt sein konnte (vergl. meine Untersuchungen 1874, 1875 und 1888). Auch sei bemerkt, dass unsere Kenntniss des Herabreichens des Accessorius bei den Sauropsiden nur auf Beobach- tungen der Aussenfläche des Rückenmarkes beruht, dass aber eine genauere Unter- suchung desselben mit Rücksicht auf die caudale Ursprungsgrenze des Accessorius noch fehlt. Wie schon erwähnt, geschieht die Ueberkreuzung des N. accessorius durch die ventralen und dorsalen Wurzeln der Spinalnerven und (wenn bei demselben beide vorhanden) des Hypoglossus derart, dass dieselben ihn einschliessen, somit die ven- tralen ventral, die dorsalen dorsal resp. dorso-lateral bis zu ihrer gegenseitigen Ver- einigung an dem Accessorius vorbeiziehen. Von diesem regelmässigen Verhalten können aber, wie aus der Litteratur oben (p. 518, 519) mitgetheilt worden, die dorsale Hypoglossus-Wurzel (indiv. bei einzelnen Carnivoren) und die dorsale Wurzel des ersten Cervikalnerven (indiv. beim Menschen) Abweichungen darbieten, indem sie entweder mitten in den Accessorius eingreifen resp. von ihm abgegeben werden sollen oder selbst medial resp. ventral an ihm vorbeiziehen. Ich konnte ein solches Verhalten an meinem bezüglichen Material (zwei Exempl. von Canis, vier von Homo) nicht beobachten, bezweifle aber sein reelles Vorkommen auf Grund der Unter- suchungen von KAzzanDER und Beck in keiner Weise und finde die Erklärung hier- für in der sehr rudimentären Beschaffenheit der betreffenden Wurzeln und Ganglien, welche bei der beträchtlichen lateralen Abweichung des Accessorius an dieser Stelle einen derartigen aberrativen Verlauf möglich erscheinen lässt. Hierbei wäre genau zu untersuchen, wie sich die ventralwärts und namentlich peripherwärts von diesen rudimentären Ganglien ausgehenden Nervenfasern verhalten resp. wo sie enden. An eine wirkliche Entstehung der dorsalen Wurzel des ersten Cervikalnerven von dem Accessorius (KAZzanDER, Beck) glaube ich nicht, da ich mir nicht vorstellen kann, in welcher Weise die sensibeln Wurzelrlemente des ersten Spinalis von einem moto- rischen Nerven wie der Accessorius geliefert werden sollen; ebenso wenig kann ich der Annahme zustimmen, dass Accessorius-Fasern durch das 1. und 2. Intervertebral- loch nach aussen gelangen (J. Mürzer). Ich bin überzeugt, dass die genauere Prä- paration dieser seltenen Fälle, bei kompleter Entwirrung der Fasern (die allerdings ihre grossen Schwierigkeiten haben mag), zur Scheidung der Elemente des Accessorius und der Spinalnerven führen wird. — Eine wirkliche principielle Schwierigkeit er- wächst somit der hier vorgetragenen lehre von der Vorwärtswanderung der spinalen Nervenelemente auch aus diesen Ausnahmefällen nicht. Die vollkommene Zusammengehörigkeit des Vagus mit dem Accessorius und seinen von den Autoren unterschiedenen beiden Abtheilungen (Accessorius vagi und A. spinalis) vertrete ich selbstverständlich auch bei den Säugethieren. Dass innerhalb der langen motorischen Zellensäule des Vago-Accessorius auch eine Unter- brechung (nach GraBowEr kaum | mm lang) zwischen Vagus- und Accessorius-Antheil stattfinden kann, bildet keinen entscheidenden Gegengrund gegen die morphologische /Zusammengehörigkeit beider. Dem Hypoglossus aber steht der Vago-Accessorius, 155] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 533 in eine wie benachbarte Lage auch die Kerne des Hypoglossus und Accessorius s. str. gekommen sind, doch principiell gegenüber; Ersterer ist ein spinaler, Letzterer ein cerebraler Nerv. Der Durchtritt der Wurzeln des Hypoglossus durch die Dura mater und den Schädel geschieht durch drei oder zwei oder eine Oeffnung (vergl. auch p- 516£f., p. 521 und p. 529). Den oben mitgetheilten Angaben früherer Untersucher kann ich zahlreiche eigene Befunde hinzufügen, aus denen namentlich das ungemein wechselnde Verhalten dieser Kanäle selbst innerhalb der Species (individuell) und des Individuums (antimer) hervorgeht. Es wurden — auf Grund fremder und eigener Beobachtungen — in dem Os occipitale gefunden '): 3 Foramina: Thylacinus (l), Trichosurus, Phascolarctus; Equus (Foet: Beck), Capra (Beer), Ovis (Beck), Tragulus (Beck). 3 For. innen, 2 For. aussen: Thylacinus (r); Antilope (Beck) ’). 2 Foramina: Didelphys (Becx, ich), Parameles, Trichosurus (Becx, ich), Aepyprymnus, Halmaturus, Macropus; Dasypus, Manis; Tursiops; Camelus (l), Cervus, Oryw, Capra (Beck, ich), Ovis (Beck, ich), Bos; Lepus, Cavia; Procyon (Beck); Galeopi- thecus (Beck) ; Mycetes (v), Cynocephalus, Cercopithecus (Beck, ich), Pithecus (fünf- mal), Troglodytes (einmal), Gorüla (dreimal), Homo (10— 20"). For. innen, 1 For. aussen: Hypsiprymnus (Beck, ich: r); Dasypus; Beluga; Cervus (Beck); Dasyprocta, Cavia (Beck, ich); Mustela, Canis (EtLENBERGER, ich); Lemur (Beck, ich) ; Cynocephalus mormon (v: Beck). 2 partiell zusammenfliessende Foramina: Camelus (]); Homo (ind.). 1 Foramen: Hypsiprymnus (l, Beck); Bradypus, Dasypus, Myrmecophaga, Manis; Delphinus, Phocaena (Beck, ich); Halicore; Hyrax, Tapirus, Rhinoceros, Equus, Sus (Beck, ich), Cervus, Ovis (Beck, ich), Bos (Beck, ich); Lagostomus, Coelo- genys, Cavia, Hystrix, Mus, Castor, Sciurus; Talpa, Centetes, Erinaceus; Phoca (Beck, ich), Viverra, Lutra, Mustela, Procyon, Ursus, Canis, Hyaena, Felis (Beck, ich); Vespertilo; Tarsius, Stenops, Nycticebus, Otolienus, Lemur, Lichanotus ; Callithrix, Cebus, Muycetes (l), Cynocephalus mormon (l: Brex), Macacus (Beck, ich), Cercopitheeus, Semnopithecus, Presbytis, Pithecus (einmal), Troglodytes (drei- mal), Gorilla (einmal), Homo (S0—90 '/,)- Bei Sus, sowie einigen Carnivoren (namentlich Hyaenidae und Felidae) liegt das Foramen (resp. die Foramina) hypoglossi dem Foramen vagi (jugulare) sehr benach- bart, aber stets scheidet eine, wenn auch noch so schmale Knochenspange den Durch- tritt des Hypoglossus von demjenigen des Vago-Accessorius. Allein die Monotremen unter den Säugethieren zeigen ein Zusammenfliessen beider Oeffnungen zu einem gemeinsamen Foramen pro vago et hypoglosso (jugulari-condyloideum); bei Echidna ist dasselbe klein (Wesruine, Beck, ich), bei Ornithorhynchus dagegen durch Rarefi- [8S) 1) r und / bedeuten antimerer Befund auf der rechten oder linken Seite. 9) So auf der linken Seite von Antilope cervicapra, während auf der rechten die Knochenspange, welche die 2. und 3. Wurzel des Hypoglossus trennt, fehlt (BECK). Festschrift für Gegenbaur. III. 68 554 Max FÜRBRINGER [186 cirung der umliegenden Knochensubstanz zu einem grösseren, in der Hauptsache membranös geschlossenen Fenster umgewandelt, durch welches beide Nerven neben einander hindurchtreten (Taf. VIII Fig. 17). Die Verbindung der einzelnen Hypoglossus-Wurzeln geschieht, wie schon oben (p- 521) erwähnt worden und wie auch aus der soeben gegebenen Zusammenstellung hervorgeht, bald während des Durchtrittes durch die Dura, bald beim Hindurchgange durch die knöcherne Schädelwand, bald erst nach dem Austritte aus derselben; be- züglich der letzteren Kategorie ist zuzufügen, dass hier die Vereinigung früher (so- fort nach dem Austritte) oder später (in einiger Entfernung von dem Austritte) statt- finden kann. Letzteres wurde bei Ornithorhynchus (Taf. VIII Fig. 17) sowie einigen Marsupialia (namentlich Didelphys und Petaurus) beobachtet; eine schnellere Ver- einigung nach dem Austritte findet sich bei der Mehrzahl der Marsupialia und bei den anderen in der Tabelle angeführten 'Thieren mit drei oder zwei Hypoglossus-Kanälen. Ueber das Zusammentreten beim Durchgange durch die Schädelwand oder noch inner- halb derselben zeigt die Tabelle das Nähere. Aus Allem resultirt, dass im Allgemeinen, aber nicht ohne Ausnahmen, die tieferstehenden Thiere durch eine spätere, die höherstehenden durch eine frühere Verbindung der Wurzeln zum Stamme gekenn- zeichnet sind, — ein Verhalten, das überhaupt mit der späteren oder früheren Ver- bindung der Nervenwurzeln und mit dem Wesen der Plexusbildung harmonirt. Nach dem Austritte aus dem Foramen (Foramina) pro hypogdosso verläuft der N. hypoglossus in dem genugsam bekannten Bogen (Arcus hypoglossi) zuerst ven- tralwärts resp. ventro caudalwärts und dann ventro-rostralwärts zur Zungenmuskulatur. Die Neigung dieses Bogens ist eine sehr variable: bei den Edentaten steigt er be- sonders weit caudalwärts herab, bei Rodentien und Carnivoren wendet er sich da- gegen sehr früh nach vorn; zwischen beiden Extremen reihen sich die anderen von mir untersuchten Säugethiere. Auf diesem Wege geht er zugleich mannigfache Anastomosen mit Zweigen der ersten Cervikalnerven (Nn. descendentes cervicales) ein und bildet mit ihnen den Plexus cervicalis s. str. s. hypoglosso-cervi- calis (Ansae hypoglossi s. cervicales descendentes der menschlichen Anatomie), be- züglich welches ich auf die oben (p. 522) mitgetheilten Befunde der Anthropotomen verweise. Bei Homo sind es bekanntlich die drei ersten Cervikalnerven, welche sich mit dem Hypoglossus verbinden, Das Gleiche finde ich bei den untersuchten Simiae (Pithecus, Rhesus, Ateles), sowie bei Tarsius'); bei Ateles wurde die Betheiligung des Cervicalis 3 am Plexus nur durch einen sehr dünnen Zweig vermittelt. Bei allen anderen Säugethieren, die ich daraufhin präparirte (Lemur, Erinaceus, Canis, Nasua; Coelogenys, Lepus; Bos, Cephalolophus; Macropus, Petaurus, Didelphys; Ornithorhynchus, Taf. VIII Fig. 16), zeigte sich dagegen der Plexus hypoglosso-cervicalis nur aus dem Hypoglossus und den zwei ersten Cervikalnerven gebildet, und zwar gab bei den beiden Carnivoren der Cervicalis 2 nur sehr feine Fäden an den Plexus; ferner 1) Der Befund bei Tarsius ist nicht vollkommen gesichert; ein vom Cervicalis 3 (6) abgehender feiner Nerv für die infrahyoidale Muskulatur wurde aber unzweifelhaft gefunden. x 187] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. DI war bei Cephalolophus und Macropus der von dem Cervicalis | abgegebene Theil recht schwach und leicht zu übersehen, Eine Zusammenstellung dieser Befunde und derjenigen der anderen Autoren ergiebt somit Folgendes’): Plexus cervicalis s. str. (Pl. hypoglosso-cervicalis). XH. 4(1). Myrmecophaga (MAcALISTER) ”), ‚Elephas (Mayer), Canis (Er- LENBERGER). KIN) 2). Ornithorhynchus, Didelphys, Petaurus, Macropus; Mwyrme- cophaga (Poucner); Equus (Leisering); Cephalolophus, Dos; Lepus (SCHNEIDER), Coelogenys; Erinaceus,; Nasua, Canıs; Lemur. XI. 4(2). 5 (5). 6). Ornithorhynchus (Mecker)'); Chlamydophorus (Hyktı)'); Lepus (Krause)’); Tarsius (?); Ateles, Rhesus, Pithecus, Troglodytes (Vrorik)'), Homo. Interessante Details liefert auch die speciellere Art, in welcher sich die Cer- vikalnerven mit dem Hypoglossus zu dem Plexus verbinden; doch muss hier auf eine genauere Wiedergabe verzichtet werden. Kurz bemerkt sei nur, dass die Einver- leibung des dritten Cervikalnerven in den Plexus eine ganz allmähliche ist, dass Rr. descendentes desselben zunächst wohl infrahyoidale Muskeln versorgen, aber auch ganz oder partiell mit dem vorhergehenden Nerven unverbunden sind, dann aber successive diesen Verband inniger und kompleter gestalten; ferner, dass die vordere (rostrale) Ansa des Hypoglossus mit dem 1. oder dem 1. und 2. Cervikalnerven (N. cervicalis descendens superior) mit einem ziemlich weit peripherisch hinausgerückten Anschluss beider Elemente beginnt, dann aber mehr centralwärts rückt, um schliesslich bei den Anthropomorphen zu ähnlichen Bildungen wie beim Menschen zu gelangen. Die Emancipation des Plexus hypoglosso-cervicalis gegenüber dem Plexus brachialis ist, wie schon mitgetheilt (p. 523), ebenso weit vorgeschritten wie bei den Sauropsiden: beide Plexus sind vollkommen von einander gesondert und auch durch intermediäre, d. h. keinem der beiden Plexus angehörende Spinalnerven- gebiete geschieden. Hinsichtlich dieser Verhältnisse gilt, auf Grund fremder und eigener Untersuchungen (p. 523f.), das Folgende’): 1) In der Tabelle wurde anstatt a, 5, ce resp. b, ce der Einfachheit halber XII angegeben. 4(1), 5 (2), 6 (3) bezeichnen den 1., 2., 3. freien Cervikalnerven. 2) Der Befund MacALIsTER's bei Myrmecophaga ist wohl unvollständig. 3) MECKEL, HyRTL und KRAUSE geben nur eine Ansa des Hypoglossus mit dem 3. Cervikalnerven (6) an, was wohl gleichfalls auf Unvollständigkeit beruht. 4) Desgleichen erwähnt VROLIK nur eine Anastomose mit dem 2. und 3. Cervikalnerven, thut aber des 1. keine Erwähnung. 5) In dieser Tabelle sind die Nerven mit der in der menschlichen Anatomie üblichen Zählung (4. bis $. Cervikalnerv = 7 bis 11 und 1. und 2. Thorakalnery = 12 und 13) bezeichnet. (2) soll ausdrücken, dass dieser Nerv bald am Plexus brachialis Theil nimmt, bald nicht. — Die mir durchaus unvollständig erscheinenden Unter- suchungen anderer Autoren wurden nicht in die Zusammenstellung aufgenommen. 68* 536 Max FÜRBRINGER [188 Plexus brachualis. 4. 5. 6. 7. 8. 1. (2). Ornithorhynchus (WestLing, MANNERS-SmITH, ich), Echidna (Wesiuıng, ich); Lagenorhynchus (CuNNINGHAMm); Cavia (CunNINGHAM, ich), Erinaceus (Dosson, ich), Macacus (Broozs), Pithecus (Westuimng, ich), Homo (häufige Varietät). 8. 1. (2). Meiste Mammalia .8. 1. (2). Equus (Frank, Leisering), Ovis (Leisering, ich), Bos (Leı- SERING, ich), mehrere Insectivora (Microgale, Potamogale und Chrysochloris nach Dosson), Galeopithecus (LEcHE). was eine Interkurrenz von 1—3 intermediären Cervikalnerven ergiebt. Ausser mit den Nn. cervicales descendentes geht der Hypoglossus während seines Verlaufes auch mit den Nn. vago-accessorius und trigeminus, sowie mit dem Sympathicus mannigfache Verbindungen ein, bezüglich welcher ich auf die oben (p. 523) angeführten Angaben der Autoren verweise. Ich kann dieselben zum Theil bestätigen, habe im Uebrigen aber keine eingehenderen Untersuchungen darüber gemacht. Die Anastomosen mit dem Sympathicus stellen jedenfalls zum Theil echte Rr. viscerales, d.h. Sympathicus-Wurzeln, dar und liefern damit, wenn es nach den neueren Untersuchungen von GaskEıL, LanGLey, Ramon Y CAJAL, VAN GEHUCHTEN, Sara, KoeLLıker, LexHosser, Docier u. A. noch nöthig wäre, den Beweis, dass sym- pathische Fasern auch lediglich ventralen Wurzeln entstammen. Die Anastomose (chiasmatische Kreuzung) des rechten und linken Hypo- glossus habe ich in frühern Jahren wiederholt gesehen, aber damals nicht genauer entwirrt. Scitdem kam sie mir nicht wieder zur Beobachtung. Bezüglich der motorischen Verbreitung des Hypoglossus besteht ein nicht unwesentlicher Unterschied zwischen Sauropsiden und Säugethieren, indem bei jenen auch Seitenzweige an die Nackenmuskeln abgegeben wurden (p. 509), diese Muskeln aber bei den Säugethieren lediglich von den ersten Spinalnerven versorgt werden'); auf diese Differenz hat bekanntlich bereits GeGEnBAUR aufmerksam gemacht. Der Hypoglossus der Mammalia innervirt somit allein ventrale Längsmuskeln (hypo- branchiale spinale Muskeln) und zwar, wie es nach den bisherigen Untersuchungen den Anschein hat, lediglich die Zungenmuskeln und den M. genio-hyoideus e. p., während die ihm verbundenen Nn. cervicales descendentes den M. genio-hyoideus e. p. und die infrahyoidalen ventralen Längsmuskeln versorgen, zur Zungenmuskulatur: aber nicht oder nur mit minimalen und zweifelhaften Zweigen gelangen. Auch hier scheinen sehr weitgehende Schwankungen in den bezüglichen Innervationsgrenzen 1) Den gänzlichen Mangel von Zweigen des Hypoglossus an die Nackenmuskeln der Säugethiere halte ich übrigens noch nicht für völlig ausgemacht. Bei Didelphys glaube ich feine Fäden gefunden zu haben, die dahin ge- laugten; doch gestattete die mangelhafte Beschaffenheit des bezüglichen Präparates keine genauere Untersuchung und Sicherstellung dieses Befundes. 189] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOGEPHALEN ETC. 537 zu existiren, welche aufs Neue die ungemeine Variabilität im homodynamen Ver- halten der peripherischen Verbreitung der Nerven dokumentiren (vergl. auf p. 509). Bezüglich der genaueren Nachweise ist hier indessen fast Alles erst noch zu thun. Etwas epibranchialen spinalen Muskeln Vergleichbares fehlt den Säugethieren gerade so wie den vorhergehenden Abtheilungen der gnathostomen Wirbelthiere. Die den hypobranchialen spinalen Muskeln homologe ventrale Längs- muskulatur zeigt mit den entsprechenden Gebilden der Sauropsiden, insbesondere der Saurier, mannigfache Berührungspunkte, gelangt aber nicht zu der hohen Specialisirung wie bei den höheren Abtheilungen derselben. Auch zu den hypo- branchialen Muskeln der Amphibien bestehen Anknüpfungen, doch sind dieselben zu- folge der viel tieferen Stellung der Amphibien minder nahe als zu den Sauriern. Dabei finden sich auch noch bei den Säugethieren mancherlei Besonderheiten, die eine direkte Ableitung von den entsprechenden Muskelgebilden der bisher untersuchten Amphi- bien oder Saurier verbieten. Auch hier seien nur einige Grundzüge über das Verhalten dieser Muskulatur gegeben. Wie bei den Amphibien und Sauropsiden kann man im infrahyoidalen Be- reiche des Halses zwei Muskellagen unterscheiden, welche den Mm. sterno-hyoidei sıperficialis und profundus der Urodelen resp. den Mm. coraco-hyoideus und coraco- branchialis 1 der Selachier vergleichbar sind und nicht selten, namentlich bei den tiefer stehenden Säugethieren (Monotremen, Edentaten, vielen Ungulaten und In- sektivoren), auch mehr oder minder ausgiebig zusammenhängen. Das Homologon des M. sterno-hyoideus superficialis bilden in der Regel zwei Muskeln, ein medialer Sterno-hyoideus (superficialis) und ein lateraler Omo- hyoideus, welche wahrscheinlich aus einer einheitlichen Muskelausbreitung bei den Vorfahren der Mammalia hervorgegangen sind, die, derjenigen gewisser Saurier (p. 510) entsprechend, von dem Sternum und den benachbarten Rippen, sowie von Olavicula, Korakoid und Scapula Ursprung nahm und an dem Hyoid, speciell an dessen Körper (Copula hyoidea) und hinterem Horn (Branchiale 1) inserirte. Dieser ursprünglich einheitliche Muskel, den man ähnlich demjenigen der Saurier Sterno-cleido-omo- hyoideus superficialis benennen kann, findet sich normal bei keinem lebenden Säuge- thier mehr; wiederholt beobachtete Varietäten der menschlichen Anatomie lassen aber — ebenso wie die Vorkommnisse bei Amphibien und Sauriern — auf seine einstmalige Existenz schliessen. Im Uebrigen treten seine beiden Differenzirungspro- dukte gesondert auf, aber auch hier sprechen mannigfache Variirungen des Ursprungs für die einstmalige Zusammengehörigkeit. Der mediale Sterno-hyoideus (super- ficialis) beginnt von der Innenfläche des vorderen Bereiches des Sternum (Manu- brium) und kann von hier bei einzelnen Säugethieren weiter caudalwärts auf das Corpus bis zum Bereiche der 2., 3. und 4. Rippe, ja selbst noch viel tiefer bis zum Processus xiphoides (Echidna, gewisse Edentaten, namentlich Myrmecophaga) sich 538 Max FÜRBRINGER 1190 hinab erstrecken; zugleich kann der Ursprung im grössten Wechsel lateralwärts auf den medialen Bereich der Clavieula und die Sternalenden der Rippen übergreifen, unter Umständen selbst an Letzteren seinen Hauptanfang gewinnen. Seine Insertion geschieht normaler Weise an der Copula hyoidea und an dem angrenzenden Theile des Branchiale 1 (hinteres Zungenbeinhorn). Sekundär kann sich auch ein mehr oder minder intimer Verband mit der ihm ursprünglich gänzlich fremden suprahyoi- dalen Trigeminus-Muskulatur (namentlich dem vorderen Bauche des Digastricus man- dibulae)') unter theilweiser Aufgabe der primären hyoidalen Insertion ausbilden (Phascolarctus, viele Edentaten) und damit ein von Brustbein bis zum Unterkiefer er- streckter sogenannter M. sterno-mandibularis entstehen, dessen Zusammensetzung aus heterogenen Elementen aber durch die Art seiner Innervation (vorn durch Nervus trigeminus, hinten durch Nervi cervicales descendentes) deutlich erkannt wird. Minder heterogen ist eine andere Art der Verbindungen, die — ebenfalls in durchaus sekundärer Weise — namentlich bei Echidna und gewissen Edentaten (Dasypus, Oryeteropus, Manis und insbesondere Myrmecophaga) zu Stande kommt; hier ver- binden sich Sterno-hyoideus und Hyoglossus grösstentheils unter Aufgabe der hyoidalen Anheftung zu dem sogenannten M. sterno-glossus, der vorn vom N. hypoglossus, hinten von den Nn. cervicales descendentes versorgt wird2). Der Omo-hyoideus erstreckt sich in den meisten Fällen von dem vorderen Rande des ventralen Bereiches der Scapula nach dem Zungenbein, wo er in der Regel an den gleichen Theilen wie der Sterno-hyoideus, dicht neben demselben, sich inserirt. Neben diesen normalen Anheftungen findet sich aber ein grosser Wechsel der Ursprünge. Der Muskel kann von Korakoid und Scapula entspringen (Echidna) oder vom Korakoid resp. der hier liegenden Fascie allein (Equus) oder von der Clavicula (gewisse Chiropteren) oder von Scapula und Clavicula (Troglodytes indiv.), er kann sich fernerhin auf die Schultermuskelfascie lokalisiren und zugleich neue Verbände mit den benachbarten Muskeln (Deltoides, Trapezius) eingehen (Sus, Hippopotamus) und kann endlich unter partieller Rückbildung und Veıminderung seiner Länge (rostralwärts gehende Zu- sammenziehung) neue Ursprünge an den Proc. transversi der Halswirbel gewinnen (Ruminantia) ; schliesslich kann er ganz in Rückbildung treten (Edentaten, Hyraw, viele Rodentia, zahlreiche Insectivora und Chiroptera, viele Carnivora incl. Pinnipedia, ver- einzelte Simiae). Danach sind dem Muskel auch mannichfache Namen (Mm. omo-coraco- hyoideus, coraco-hyoideus, cleido-hyoideus, omo-cleido-hyoideus, fascio-hyoideus, spondylo-hyoideus etc.) gegeben worden. Fast alle diese verschiedenen Ursprünge werden auch als Varietäten beim Menschen beobachtet, und unter diesen tritt namentlich der Cleido-hyoideus resp. Omo-cleido-hyoideus nicht allein durch seine Häufigkeit in den Vordergrund, sondern bringt auch in vielfach von Anderen und mir beobachteten Fällen den Omo-hyoideus mit dem Sterno-hyoideus in direkten 1) Aus dem vom Trigeminus versorgten vordersten Segmente des Constrietor superfieialis ventralis hervor- gegangen und im weiteren Verlaufe der Entwickelung in Mylohyoideus und vorderen Bauch des Digastrieus mandi- bulae differenzirt. 2) Bezüglich dieses Muskels verweise ich namentlich auf die guten Bemerkungen von WESTLING und LECHE. 191) ÜEBER DIE SPINO-OCGCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 539 Verband. Die vordere Insertion des Omo-hyoideus kann auch partielle Aberrationen zeigen, von denen namentlich die bei Echidna beobachtete und auch in menschlichen Varietäten parallelisirte am Thyreoid von Interesse ist!). — Sterno-hyoideus (superficialis) und Omo-hyoideus sind, wie die ihnen Abstammung gebende hypobranchiale Mus- kulatur, auch in wechselnder Weise durch Inscriptiones tendineae unterbrochen, wobei ich hinsichtlich des Details auf die bezügliche Litteratur verweise’). Der M. sterno-hyoideus profundus hat mit der höheren Ausbildung des Thyreoids aus Resten des 2. und 3. Branchiale eine Unterbrechung in den hinteren (caudalen) Sterno-thyreoideus und den vorderen (rostralen) Thyreo-hyoideus erlitten ; doch kommen partielle direkte Uebergänge beider Muskeln, also ein partielles ununter- brochenes Erstrecken des Muskels vom Sternum bis zum Hyoid (namentlich im late- ralen Bereiche) bei Mensch und anderen Säugethieren nicht selten noch zur Beob- achtung. Der Sterno-thyreoideus repräsentirt einen von dem Sterno-hyoideus (superficialis) bedeckten und mit ihm namentlich am Ursprunge, doch auch in grösserer Ausdehnung (p. 537) zusammenhängenden Muskel, der in ähnlicher Aus- breitung wie der Sterno-hyoideus, meist aber ein wenig weiter als dieser hinabreichend, von der Innenfläche des Manubrium sterni entspringt, von da aus aber bei ver- schiedenen Säugern bis auf Corpus und selbst Proc. xiphoides (Echidna, gewisse Edentaten), sowie die angrenzenden Rippenenden weitergreifen kann. Der Trachea und Glandula thyreoidea direkt aufliegend und ebenfalls in wechselnder Weise unter- brochen, verläuft er nach vorn und endet an der Aussenfläche des Thyreoids (Bran- chiale 2 und 3). Von da setzt er sich als Thyreo-hyoideus weiter fort und endet schliesslich am hinteren Horn des Zungenbeins (Branchiale I) und dem an- grenzenden Theil der Copula hyoidea. Bei dem Menschen und einzelnen Säuge- 1) Hinsichtlich des Details des Omohyoideus sind insbesondere GEGENBAUR (1875), ALBRECHT (1876, ÄANDERSON (1881), LECHE (1889), sowie die Zusammenstellungen der menschlichen Muskelvarietäten von MACALISTER (1871), mir (1875), Krause (1880. III) und Testur (1884) einzusehen. Bezüglich des gegenseitigen Verhaltens zwischen M. omohyoideus und den Mm. sterno-hyoidei bestehen zwischen GEGENBAUR und ALBRECHT differente Auffassungen. Ersterer vertritt den Standpunkt, dass beide Muskeln ursprünglich zusammengehören und erst sekundär durch Aus- fall eines mittleren Theiles gesondert wurden, während ALBRECHT beide als von Anfang an heterogene Muskeln, den Sterno-hyoideus als einen Abkömmling des Omozonio-hyoides (System des Rectus), den Omo-hyoideus dagegen als einen Descendenten der letzten Interbranchiales interni nach ALBRECHT System des Obliquus internus) auffasst. Die obige Darstellung ergiebt, dass ich mich in dieser Kontroverse ganz GEGENBAUR anschliesse. ALBRECHT, dessen Ab- handlung im Detail manches Verdienstliche enthält, irrte in den wesentlichsten Punkten, und zwar namentlich darin, dass er einmal unter den Interbranchiales interni ganz heterogene, grundverschieden innervirte Muskeln 'den cerebralen Constrietor superfieialis ventralis und die spinalen Coraco-areuales) konfundirte (vergl. meine früheren Bemerkungen auf p. 418, 460 Anm. 1, 469 Anm. 1), ferner, dass er den an dem letzten oder den beiden letzten Kiemenbogen der Selachier inserirenden Coraco-branchiales (Interbranchiales interni V. und VI. ALBRECHT's) eine durch keine Zwischen- befunde motivirte Aberrationsfähigkeit der Insertionen nach vorn bis zu dem Bereiche des Zungenbeins zuertheilte. Die letztgenannten Muskeln sind bei den Amphibien und Amnioten völlig geschwunden, der Omo-hyoideus derselben ist aber als seitliche Verbreiterung des Coraco-hyoideus der Selachier in das skapulare Gebiet (was schon durch die Befunde bei den Holocephalen illustrirt wird) in seinen ersten Anfängen demonstrirbar. 2) Interessant sind die Fälle, wo, wie z.B. bei Myrmecophaga, mit der sekundären Ausbreitung des Ur- sprunges über die ganze Innenfläche des Sternum bis zum Proc. xiphoides auch dieser intrathorakale Theil des Muskels Inscriptiones aufweist. Ob dieselben ganz neu gebildete sind oder zum Theil Resten eines durchgehenden Rectus- Systemes ihre Entstehung verdanken, ist noch nicht untersucht. Die von PoucHEr (1874 p. 74 und 160) angegebene Innervation, namentlich die Art und Stelle des Fintrittes des N. sterno-glossus ist der letzteren Alternative nicht günstig. 540 Max FÜRBRINGER [192 thieren kann er weitere Sonderungen darbieten; vereinzelten Mammalia fehlt er. Häufig (beim Menschen) aberriren Fasern von ihm und dem Sterno-thyreoideus an die Glandula thyreoidea (Mm. levatores und depressores gland. thyreoideae), seltener an das Cricoid und die Trachea. Alle diese Aberrationen sind durchgehend als sekundäre zu beurtheilen. Partielle Verbindungen mit dem Hyo-glossus sind eben- falls bei zahlreichen Säugethieren und in menschlichen Varietäten zu beobachten. Das leitet über zu den Fällen, wo Sterno-thyreoideus und 'T'hyreo-hyoideus unter Verbindung mit einander und mit dem Hyo-glossus und unter Aufgabe ihrer Anhef- tungen am 'Thyreoid und Hyoid ausgedehntere direkte Beziehungen zur Zunge ge- winnen und den schon oben (p. 538) erwähnten M. sterno-glossus verstärken helfen (Echidna, gewisse Edentaten). Den suprahyoidalen Bereich des Halses nehmen der M. genio-hyoideus und die Zungenmuskeln ein. Der Genio-hyoideus bildet die vordere Fortsetzung der infrahyoidalen Längsmuskulatur; er entspringt von dem Zungenbein und inserirt an dem medialen Bereiche der Mandibula, wobei er zu dem Muskel der Gegenseite und in seinem sonstigen Verhalten mancherlei Variirungen darbieten kann, welche jedoch von geringerem Interesse sind. Ausnahmsweise (Epomophorus, nach Dozson) kann er auch fehlen‘). Die Zungenmuskulatur besteht theils aus den Mm. genio-glossus, hyo-glossus und stylo-glossus, welcher letztere einer lateral resp. latero-dorsal gehenden Ausbreitung des Hyo-glossus über den grösseren Abschnitt des Hyoidbogens seine Entstehung verdankt, theils aus den eigentlichen Binnenmuskeln der Zunge (Longitudinales, Transversi und, wenngleich noch nicht sicher erwiesen, Perpendi- culares linguae). Die Diffenzirung der Binnenmuskulatur aus den drei zuerst er- wähnten Muskeln ist wie bei den Sauropsiden nicht fraglich, im Detail aber noch nicht genauer nachgewiesen. Dass die Mm. digastricus mandibulae, mylo-hyoideus und stylo-hyoideus nichts mit der hypobranchialen spinalen Muskulatur zu thun haben, sondern den von den Nn. trigeminus und facialis versorgten Segmenten des ursprünglichen Constrictor superficialis ventralis entstammen, kann hier nur wiederholt werden. Desgleichen sind die kleinen tiefen Längsmuskeln, welche das vordere und hintere Zungenbein- horn (Hyoid und Branchiale 1), sowie das vordere und hintere Thyreoidhorn (Bran- chiale 2 und 3) mit einander verbinden, von dem ventralen Constrictor abzuleiten; ersterer wird durch den vom N. glossopharyngeus innervirten M. interhyoideus s. kerato-hyoideus internus vieler Säugethiere’), letzterer durch den von dem N. vagus versorgten M. interthyreoideus der Monotremen’) repräsentirt. 1) Ob der M. cerato-hyoideus von OWEN (Myrmecophaga) zu ihm gehört, ist erst noch zu entscheiden. 2) Ceratoidien lateral ou petit cerato-hyoidien CUVIER, Hyoideus lateralis BENDZ, Cerato-hyoideus brevis KINBERG, Intercornualis OwEN, kurzer oder dreieckiger Zungenbeinmuskel LEISERING, Kerato-hyoideus ELLENBERGER, Kerato-thyro-hyoid SHATToCK, Interhyoideus DugoIs. Sein Vorkommen als seltene menschliche Varietät wurde von SHATTOCK (1883 p. 124) und Dusoıs (1886 p. 226) nachgewiesen, die Innervation durch den N. glosso-pharyngeus von Duvpois erkannt. 3) Der Interthyreoideus wurde von Dupo1s (1886 p. 226) bei den Monotremen aufgefunden und dabei zugleich seine Versorgung durch den N. vagus erwiesen. Ueber ihn und seine Beziehungen zu dem Interhyoideus ist DuBo1s 193] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 541 G. Zusammenfassung und Vergleichung der wesentlicheren Befunde bei den Ganoiden, Teleostiern, Dipnoern, Amphibien, Sauropsiden und Mammalia mit denen bei den Selachiern.') Den oceipitalen und occipito-spinalen Nerven der Selachier und Holocephalen entsprechende Nervenelemente finden sich in der Regel bei allen auf diese beiden Abtheilungen folgenden höheren Wirbelthierklassen; wo sie gänzlich fehlen, liegt eine sekundäre Rückbildung vor. Allenthalben lässt sich auf Grund ihres Ur- sprunges und Abganges von der Medulla, ihres Durchtrittes durch den Schädel und ihres sonstigen peripherischen Verhaltens ihre Homodynamie mit spinalen Nerven sicher erkennen. Die dorsalen Wurzelelemente bilden hierbei den mehr veränderlichen und ver- gänglichen, die ventralen den etwas beständigeren Faktor; so kommt es, dass auch hier wie bei den Selachiern und Holocephalen die Mehrzahl derselben der dorsalen Wurzeln entbehrt. Diese vorauseilende Reduktion der dorsalen Wurzeln zeigt übrigens einen ziemlich beträchtlichen graduellen Wechsel und bindet sich an keine systematischen Grenzen. Bei ausgewachsenen Thieren wurde das Maximum bei Odontaspis, den Holocephalen und Sauropsiden gefunden, wo den kompleten, aus dorsalen und ventralen Wurzeln bestehenden Nerven 5 nur von ventralen Wurzeln gebildete vorausgingen; 4 derartige Nerven finden sich bei verschiedenen Haien und Sauropsiden, 3 bei Haien, den meisten Rochen, den Knorpelganoiden, ausnahmsweise bei Dipnoern und bei vielen Mammalia, 2 bei einigen Rochen, häu- figer bei Knorpel- und Knochenganoiden, meistens bei Dipnoern und nicht selten bei Säugethieren, 1 ganz vereinzelt bei Rochen, ferner bei Polypterus und Lepidosteus, bei zahlreichen Teleostiern, vereinzelt dei Dipnoern, in der Regel bei Amphibien (exel. opisthoglosse Anuren) und ausnahmsweise bei Säugethieren. Fälle, wo der erste spino-occipitale resp. spinale Nerv aus beiden Wurzeln zusammengesetzt war, kommen oft bei Teleostiern und fast regelmässig bei den opisthoglossen Anuren zur Beobachtung. Bei den bisher untersuchten Embryonen waren diese Differenzen in der Zahl der rein motorischen und der kompleten gemischten Nerven meistens kleinere, weil nachzulesen. — Dass der longitudinale Verlauf der Fasern des Interhyoideus und Interthyreoideus die Zugehörigkeit zu dem Konstriktoren-System- des Visceralskeletes nicht verbietet, erhellt aus den sehr wechselnden Richtungsver- hältnissen schon innerhalb der Selachier, wo zahlreiche ursprünglich transversale Abschnitte des Konstriktors successive eine Längsrichtung gewonnen haben. Uebrigens finden sich die Homologa des Ersteren auch bei Fischen, Amphibien und Sauropsiden (vgl. pp. 479, 494 Anm. 2, 511 Anm. 1), und ebenso zeigen gewisse Teleostier (s. VETTER 1878 p. 515) Muskelgebilde erhalten, welche dem Letzteren verglichen werden können. 1) Auch hier sind fremde und eigene Befunde zur einheitlichen Darstellung verschmolzen. Die genaue Scheidung der ersteren von den letzteren nebst bezüglichen Litteraturnachweisen findet sich in den vorhergehenden Kapiteln. Festschrift für Gegenbaur. II. 64 549 Max FÜRBRINGER [194 hier die dorsalen Wurzeln sich in weiterer Ausbreitung anlegen und erst im ferneren Verlaufe der Entwickelung rückbilden. Die vollkommene Reduktion der dorsalen Wurzeln erstreckt sich auch bei den erwachsenen Thieren in sehr verschiedenem Grade kaudalwärts nach hinten: bei den Notidaniden, ganz vereinzelt bei pentanchen Haien, sowie individuell einmal bei Ceratodus, schliesst sie mit y ab; bei zahlreichen Haien, den meisten Ganoiden und in der Regel bei den Dipnoern erstreckt sie sich bis z, bei den meisten Haien, Amia, vielen Teleostiern und den meisten Amphibien bis 1 resp. a, bei einzelnen Haien, den meisten Rochen, vielen Teleostiern und ganz vereinzelten opisthoglossen Anuren bis 2 resp. b, bei Odontaspis, den Holocephalen und den meisten Mammalia bis 3 resp. c, bei den meisten Sauropsiden und vereinzelt bei Säugethieren bis 4 (resp. den ersten freien Spinalnerven derselben), und endlich bei vielen Sauropsiden, namentlich den Vögeln, bis 5 (resp. den zweiten freien Spinal- nerven). — Bezüglich der Embryonen gilt das oben Gesagte. Den die Reduktion der dorsalen Wurzeln herbeiführenden und beschleunigenden Faktor finde ich in erster Linie in dem Zusammenwirken des rostralwärts gehenden Vorschiebens der von Spinalnerven versorgten Elemente mit der hohen Ausbildung der Rami laterales und sonstigen Hautäste der Gehirnnerven (Trigeminus, Acustico- facialis, Glossopharyngeus, Vagus), welche schon in recht früher Zeit durch weitere Ausbreitung der von ihnen versorgten sensibeln Gebiete die spinalen Hautgebiete beeinträchtigten und in der hinteren Kopfregion besiegten und zum successiven Schwunde brachten. Bei den höheren Vertebraten kommen die letzterwähnten Faktoren grösstentheils in Wegfall; hier treten andere, nur zum kleinsten Theile von ihnen ableitbare (sensible Zweige des Trigeminus), grösstentheils aber mehr cau- dalen Spinalnerven angehörige Hautäste auf, welche frei von Hemmung sich in dem bezüglichen Gebiete ausbreiten und die etwa noch vorhandenen spärlichen sensibeln Reste der spino-oceipitalen Nerven nicht wieder zu einer besseren Entfaltung ge- langen lassen. — Die schon innerhalb der Selachier und Holocephalen in der Richtung von vorn nach hinten sich abspielende Reduktion der spino-occipitalen und spinalen Nerven in toto!') schreitet durch die von den Ganoiden bis zu den Säuge- thieren führende Reihe?) weiter. Anfangs nur durch das successive Schwächerwerden der vorderen (rostralen) Nerven und die Verschmälerung der ihnen Ursprung gebenden Zellensäule erkennbar, gelangt sie schliesslich zur vollkommenen Reduktion des occi- pitalen und eventuell auch des ersten oceipito-spinalen resp. spinalen Nerven bei den ausgebildeten Stadien der höheren Wirbelthiere. Hierbei sind innerhalb fast jeder Klasse der Wirbelthiere bei den erwachsenen Thieren primitivere, durch mehr, 1) D. h. der Nerven mit ihren dorsalen und ventralen Wurzeln. 2) Selbstverständlich fasse ich diese Reihe von den Ganoiden bis zu den Säugethieren nicht als eine genea- logische Entwickelungsreihe auf. Allenthalben finden sich die Endausläufer der verschiedensten Entwickelungs- richtungen. 195] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 543 und höhere, durch weniger vordere Nerven gekennzeichnete Repräsentanten zu unter- scheiden. Bei den Selachiern schwanken die Grenzen zwischen 5 und 0 Oceipital- nerven, individuell kann bei Rochen selbst der 1. Spinalnerv rückgebildet sein; bei den Holocephalen finden sich 2 Occipitalnerven; bei den Ganoiden führt der Rück- bildungsprocess von 3 resp. 2 Occipitalnerven (Knorpelganoiden) zu 2 und meistens I Oceipitalnerv (Knochenganoiden), wobei dieser letzte bei Amia sehr schwach wird und vielleicht selbst individuell gänzlich schwindet; von hier aus bekunden die Teleostier einen wesentlich weiteren Schritt in der Reduktion, indem hier nicht nur alle Occipitalnerven, sondern auch der 1. occipito-spinale Nerv vollständig rückgebildet ist; dagegen schliessen sich die Dipnoer in der Existenz von 3 oder 2 Occipitalnerven den Knorpelganoiden an; die Amphibien besitzen in der Regel (mit Ausnahme eines individuellen Befundes bei Oryptobranchus) keinen Oceipitalnerven mehr, bei vielen Vertretern derselben (opisthoglosse Anuren) ist selbst der 1. Spinalnerv geschwunden; Aehnliches zeigen die Sauropsiden und Mammalia, indem bei diesen in der Regel (mit Ausnahme eines noch nicht gesicherten Befundes bei Echidna) auch alle Occi- pitalnerven rückgebildet sind, nicht selten auch der 1. occipito-spinale Nerv völlig verkümmert; ob bei einzelnen derselben auch der 2. occipito-spinale Nerv diesem Reduktionsprocesse gänzlich verfällt, erscheint noch zweifelhaft. — Die embryonalen Stadien rekapituliren hierbei noch in den meisten Fällen Theile der vergänglichen Erbschaft von den früheren Vorfahren. Die fortschreitende Rückbildung der occipitalen und des ersten spinalen, resp. oceipito-spinalen Nerven — und zwar handelt es sich hierbei, da die Reduktion der dorsalen Wurzeln vorauseilend schon zuvor stattgefunden hat, um die ventralen Wurzeln — fällt zusammen mit derjenigen ihrer Endorgane, d. h. der epibranchialen spinalen Muskeln, des vorderen (rostralen) Abschnittes der hypobranchialen spinalen Muskulatur und der ersten Myomeren des Seitenrumpfmuskels; deren Rückbildung bildet naturgemäss das causale Moment für die Verkümmerung der sie innervirenden motorischen Nervenfasern. Die Reduktion der epibranchialen spinalen Muskulatur vollzieht sich ungemein früh, schon innerhalb der Selachier, weil diese kleinen Muskeln von vorn herein für die Bewegung der Kiemen von geringerer Bedeutung waren und leicht entbehrt werden konnten, weiterhin aber auch durch die zweck- mässigere Ausbildung anderer von N. glossopharyngeus und N. vagus versorgter Muskeln funktionell ersetzt wurden und weil überhaupt der Kiemenapparat schon innerhalb der Selachier einem ziemlich vorgeschrittenen Rückbildungsprocesse verfiel; ihre Verkümmerung bedingt hauptsächlich die Differenzen in der Zahl der ocecipitalen Nerven innerhalb der Selachier. Für die Verkümmerung der Anfänge der hypo- branchialen spinalen Muskulatur und des Seitenrumpfmuskels dürfte das rostralwärts gehende Vordrängen der mehr hinteren (caudalen) Myomeren den wesentlichsten Faktor bilden; dieselben konnten unter günstigeren Angriffspunkten und weniger von sonstiger nemmender Nachbarschaft behindert funktioniren, erstarkten somit mehr und mehr, während ihre vorderen Homodyname unter den ihrer Leistungsfähigkeit gewährten ungünstigeren Bedingungen schwächer und schwächer wurden, und traten 69* 544 Max FÜRBRINGER [196 schliesslich ganz in deren Arbeitsgebiet ein, sie mehr oder minder vollkommen ersetzend. So, von vorn nach hinten fortschreitend, verläuft dieser Reduktionsprocess der spino-occipitalen Nerven in der Regel. Doch finden sich bei Teleostiern, Dipnoern, Sauropsiden und Mammalia Ausnahmefälle, wo auf einander folgende Nerven auch gleich stark oder von kaudalwärts abnehmender Dicke sein können; sekundäre Rückbildungen der von ihnen versorgten, mehr kaudal liegenden Endorgane (z. B. der vorderen Extremität bei Teleostiern und z. Th. bei Dipnoern) oder höhere Entfaltung des mehr rostral liegenden Endgebietes (Zunge bei gewissen Sauropsiden und Mam- malia) sind hierbei das Bedingende. Auch können die zwei vorderen Nerven zu- sammenfliessen und dann in ihrer Summe einen diekeren Nervenstamm ausmachen als der auf sie folgende (viele Teleostier und Amnioten). Zu Folge besonderer Um- bildungen an den Wirbel- resp. Occipital-Bogen kann es hierbei auch zur gänzlichen Reduktion eines Nerven innerhalb der Reihe kommen; so verkümmert nach SAGE- MEHL's Nachweisen unter den Teleostiern bei den Ostariophysen der zweite vorhandene oceipito-spinale Nerv (c), während der erste (b) persistirt. Die von vorn her fortschreitende Reduktion oceipitaler und occipito-spinaler Nerven wird theilweise kompensirt durch die von hinten her geschehende An- gliederung neuer Spinalnerven und ihre Umbildung in occipito-spinale Nerven. Doch zeigt dieser Process keine Regelmässigkeit; auch geht er nur ausnahmsweise (Knorpelganoiden) über das bei den Holocephalen beobachtete Maass hinaus. Die hier nachgewiesene Dreizahl (a, b, c) findet sich als Maximum auch in der Regel bei den Knochenganoiden, Teleostiern, Sauropsiden und Amnioten; bei den Amphibien unterbleibt jede Einverleibung oceipito-spinaler Nerven in das Cranium. Alle diese Verhältnisse möge die folgende Zusammenstellung, in der zugleich die Anwesenheit oder Abwesenheit der ventralen und dorsalen Nervenwurzeln, sowie die Vereinigung gewisser Nerven berücksichtigt wird, übersichtlich zur Anschauung bringen‘): VE N YET NAT HE N otidaniden: wa er 12 3 Are, 6 Notidaniden- (inclusive, Chlamydo- selachus?). war. Ye. 29. 1. 29. 3. 4m Bei 6% Centrophorus. calceus,. Echinorhinus. 1) Wie früher sind in derselben die oceipitalen Nerven mit den Endbuchstaben, die occipito-spinalen Nerven mit den Anfangsbuchstaben des lateinischen Alphabetes und die freien spinalen Nerven mit Zahlen (in der Folge nach dem letzten Oceipitalnerven) bezeichnet; c (3), d(4)... bedeutet Uebergangsnerv zwischen spinaler und oceipito- spinaler Bildung, sei es durch unvollkommene Wirbelassimilation, sei es durch partielle Wurzeleinverleibung in das Cranium. Ein beigefügtes v drückt aus, dass allein ventrale Wurzeln noch vorhanden sind; od, dass der Nerv ein kompleter, aus ventralen und dorsalen Wurzeln bestehender ist; 0 (innerhalb der Reihe, z. B. bei Teleostiern) be- zeichnet die völlige Rückbildung des ganzen Nerven. Die Punkte (.) zwischen den einzelnen Buchstaben und Zahlen bedeuten, dass die bezüglichen Nerven separat verlaufen; +, dass sie verbunden durch die gleiche Oeflnung treten; -r, dass sie bald verbunden, bald separat austreten können. 2) Ob Chlamydoselachus z auch eine dorsale Wurzel besitzt, ist aus GARMAN’s Zeichnung nicht er- sichtlich. oo -ı ] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 545 any ae. 1a 2 Burger Selachierembr. (Brarv, Dournt), Horrmann?)). 2. it Fr jr@: PAZA grad, Zu Ha. (a Embryonen von Pristiurus (OÖSTROU- MOFF). ar ya 1 2 3, 4, Hei 6 Aeltere Embryonen von Acanthias, Mustelus; individueller Befund bei Cestracion. aa 1a Dane 56 Laemargus.(indiv.),.Prionodon (ind.). Bye: er er DE AE5FuEVieleiipentanche Haie. a BT DEE 3 A508 96 Meiste pentancher Haie. Ye 2. ar. „23er Are 589,16 Mustelusu..Prionodon (RosensBErg)’). was le. 127 3 Aa are, 3629, O0dontaspis: le 20 rs Are. 1958, 16,9, ‚Meiste: Rochen: ‚#= 17. 27. 3. 4, 5, 6 Einzelne Rochen (Torpedo, Raja‘)). Du a An 6 Rosa imdiy.). WI Zar bin ic SA R6rrBlolocephalen:. DET? 222220. Embryonen von Acipenser ruthenus (SEWERTZOFF). y. 2. a0. 5b, ce. “5°. 067%, Acipenser ruthenus juv. a) Da) bc de e®. f(6)”, A. ruihenus, A. sturio,, Polyodon. za bang de je Acipenser mthenus, A, Stun: VER Ra DAN Der va Polypterus: en ar A He 10 Polmpterus: bene dla) 5770162 7 Depidosteus: a RAT N re Arnia: vb ee, Ar Hr 6° Amica‘ (VAN WIIHE, SAGEMEHL). 1) Sehr abweichend von diesen Angaben BEARD’s und Donurn’s lauten neuere Mittheilungen von SEDGWICK (1896 p. 105), die ich erst erhielt, nachdem der erste die Selachier behandelnde Abschnitt bereits gedruckt war, und die ich daher nur an dieser Stelle nachträglich einfügen kann. SepGwick bemerkt: „I may mention that in Seyllium there are a number of anterior roots next the head, varying in number from three to five, according to the age of the embryo, without posterior roots.. They no doubt give rise, as has been suggested by others, to the so- called anterior roots of the vagus.“ Falls es gesichert ist, dass es sich hier wirklich durchaus um oceipitale Nerven und nicht auch zum Theil um spinale Nerven handelt, und falls SepGwick die Fünfzahl jüngeren, die Dreizahl älteren Embryonen zuschreibt, würde Scyllium während seiner ontogenetischen Entwickelung zuerst vo”. w. z". y”. =" (also notidanidenartige Verhältnisse) darbieten, dann aber unter Rückbildung von v» und w zu dem gewöhnlichen Zustande von drei oceipitalen Nerven (&”. y”. =”) gelangen. Die obige Fassung lässt aber auch daran denken, dass SEDGWICK bei jüngeren Embryonen drei, bei älteren fünf solcher Nerven faud, in welchem Falle an eine sekundäre Assimilation der beiden letzten (ähnlich wie dies bei Acanthias, Mustelus und Prionodon für einen letzten angegeben wurde) ge- dacht werden muss. Jedenfalls sind zunächst noch genauere keinen Zweifel in der Deutung zulassende Mittheilungen und Belege SEDGwIck’s abzuwarten. 2) Nach Horrmann wandelt sich, wenn ich ihn recht verstehe, 1”? von dcanthias im weiteren Verlaufe der Ontogenese in a”? um, während x und y sich vollkommen zurückbilden. 3) So nach meiner Deutung der RosEnBERG’schen Befunde bei Mustelus und Prionodon. 4) Zugleich nachträgliche Bemerkung zu p. 359. Damit stimmt auch EwArr's Mittheilung (1895 p. 479), die mir erst nach Abschluss des 1. Abschnittes zukam, wonach Raja keine durch das Cranium gehenden Spinalnerven habe und die beiden ersten Spinalnerven nur ventrale Wurzeln besitzen. 546 Max FÜRBRINGER [198 BEE N | Werd Ara ge ga \ Meiste Physostomen. B0. 745° 16 Ostäriophysen. be, ce —-4", 5°. 6° Einzelne Physostomen. pr@ ++ rd, Hr (Di b? +4c” + 4°4; Aus 4 2 2 2. an Ar nr. 67 2 Ceratodus: ndıyelmal: year Nee 6 Protopterus, Depidosiwen() Warzen bo. 4822 322 202 8@eratodus indes mal: Warzen bes. Aare, 62 Ceraiodus,; Protoptenus: year a epereldj, 4... 1622 Ceratodus. y?.2°?. 19. 2. 37%, 44, 5°, 6% Junge Amphibien-Embryonen (CHIARUGI, SEWERTZOFF)'). a. 12 3, Ar, 5 6%, Cryptobranchus. (indiv., 1 mal). 17, 27. 3% 4, 5% 6° Embryonen der Amphibien. 17. 27%, 3% 4%, 5% 62 Gymnophionen, Urodelen, aglosse Anuren. Anacanthinen, Acanthopteren. u vd za 4 vd Hva 6 vd , ga ge mod Ga Opisthoglosse Anuren. —_— Dr. year). a. bc. Are ee 16: Junge ‚Embryonen "von Tacerta (nach van BEMMELEN). Yy. 2. a be ce. 4. 5, 6% Junge Embryonen. von Lacerta (Crrarucı) und vielleicht Tropi- donotus (Cn.). "a. bi. cc. 4, 5% 6 AeltereEmbryonen von Piychozoon. a. ta ber ce. 49, 5°, 6° Aeltere- Embryonen yon acerta und Tropidonotus. era, db, ce, 4, 5 67° Vogelembryonen (van WuRE)?). a. be, ce. 4, 5, 6° Vogelembryonen (CurAarucn)’). ab. ce. A856 Viele Reptilien, einzelne, Vogel (Erwachsene und Embryonen). ab. .e”. 4°. 5° 6” Meiste Reptilien, einige Vögel. 1) Die Nerven y und z sind auch bei den jüngsten Amphibien-Embryonen bisher nicht beobachtet worden. Da aber UHIARUGI und SEWERTZOFF die ontogenetische Existenz von zwei kranialen Myomeren angeben, ist das Vor- handensein dazugehöriger oceipitaler Nerven in sehr früher embryonaler Zeit möglich, wenn nicht in einem gewissen Grade wahrscheinlich; beide erst noch nachzuweisende Nerven wurden daher mit ? der Tabelle eingereiht. 2) Hinsichtlich der dorsalen Wurzeln von z, a, 5 und e bei Vogel-Embryonen wird von VAN WIJHE und CHIARUGI angegeben, dass sie in den Vagus übergehen; desgleichen erwähnt ZIMMERMANN bei Zepus und Homo, dass die dorsalen Wurzeln von «, y, z und a im Vagus steckten. Ich habe darum in der obigen Rekapitulation alle diese dorsalen Wurzelanlagen, bei denen übrigens gangliöse Anlagen nach Art von Spinalganglien auch nicht sicher nachgewiesen wurden, mit ? versehen. Van WIHE führt auch nur ein Myotom (welches z entspricht) an, aber nicht zugehörige Nerven; ich habe darum auch dem ganzen Nerven z an der bezüglichen Stelle ein ? gegeben. 199] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 547 a. DW cd. 4. 5. 6“ AeltereVogelembryonen (CHrarugn). br. ec”. 4 5 6° Embryonen von Gallus (BERANECK). b. c'. 4. 5. 6’ Einzelne Reptilien (wahrsch. Ophi- dier, Krokodile), meiste Vögel (Em- bryonen nach Frorıpr und Er- wachsene). w’?. a2. y’. 2. a. 5°. cc. 4%, 5%. 6° Embryonen v.Cavia (nach Cararucın). am. ya. 0°. c®. 4 5 6° Embryonen von Lepus und Homo (nach ZimMERMANN)'). za. be. ce. 4% 52. 67 Embryonen yon Keks’ (Martin). 2». a. b*. c®. 4“. 5°. 6° TBimbryonen von Lepus (Cutarucı). Ba Dun A nn Echtdna, \indiy.). a’. 5°. cc“. 4° 5“ 6 Bimbryonen verschiedener Säuge- thiere, Sus adult. (Beck, indiv.). a. bb. c. 4, 5 6° Mehrere Säugethiere, mittelalte u. ältere Embryonen der meisten un- tersuchten Säugethiere nebst Homo (Hıs). a. DW. ce. 4. 5 6° AeltereEmbryonen von Homo, viele Säugethiere. @+b. c. 4%, 5“ 6° Zahlreiche Säugethiere incl. Homo. b. ce. 4”. 5° 6° , Verschiedene Säugethiere incl. Dr Der, a ee) Homo. b. «. 4. 5 6° , Einzelne Vorkommnisse bei Säuge- b’—+c. 4. 5% 6°) thieren incl. Homo. Die den Nerven, resp. den dorsalen Wurzeln derselben (d) beigefügten Frage- zeichen rühren von mir her und sollen ausdrücken, dass mir hier die Befunde der Autoren noch nicht vollkommen gesichert erscheinen. Die Schwierigkeiten, welche die betreffenden Untersuchungen namentlich an jüngeren Embryonen mit sich führen können, sowie der Umstand, dass lückenlose Reihen auf einander folgender Stadien bis zum ausgebildeten Zustande nicht immer zu beschaffen waren, dient den Unter- suchern gewiss zur Entschuldigung. Bezüglich der dorsalen Wurzeln ist auch dem Umstande Rechnung zu tragen, dass mehrere Embryologen die dorsalen Wurzeln z. Th. mit den Wurzeln des Vago-Accessorius identificiren und unter dieser — für mich unannehmbaren — Voraussetzung gewiss Manches als dorsale Anlagen spino- oceipitaler Nerven beschreiben, was von vorn herein zum Vagus-Gebiete gehört’). 1) s. Anm. 2 p. 546, 2) Auch mögen zwei Widersprüche in den Angaben der ontogenetischen Untersucher erwähnt werden. Der eine betrifft das Verhalten der dorsalen Wurzeln resp. Ganglien, hinsichtlich welcher die Einen abortive Ganglien- zellenanlagen mit oder selbst ohne davon ausgehende Nervenfasern, die Anderen zellenlose Wurzelrudimente anführen. Das embryonale Vorkommen dorsaler Spinalnervenwurzeln, welche der Ganglienzellen entbehren, entspricht jedenfalls 548 MAx FÜRBRINGER [200 Die Einverleibung spinaler Nerven in den Schädel und ihre Ueberführung in occipito-spinale Nerven vollzieht sich zunächst ohne besondere Aenderungen in ihrer Konstitution; lediglich der Process der Angliederung und Verschmelzung der sie begrenzenden Skeletelemente (Wirbel resp. Wirbelbogen) mit dem Cranium verleiht ihnen ihre besondere Stellung und neue Benennung gegenüber den spinalen Nerven. Dieser Angliederung (Assimilation) kann sich auch eine Abgliederung (Dissimi- lation, Disjunktion) als sekundärer, rückläufiger Process gegenüberstellen; derselbe wurde aber nur vereinzelt bei den niedersten Haien (Notidaniden) beobachtet. Die causalen Momente, welche die Angliederung von Wirbelelementen an das Cranium bedingen, sind in erster Linie, d.h. unmittelbar, durch die Rückbildung der diese Wirbel bewegenden Myomeren gegeben'). Ueber diese Rückbildung und die sie bedingenden Faktoren wurden schon oben (p. 543) kurze Andeutungen gegeben. Die gegenseitige Bewegung erhält den Wirbeln ihre Selbstständigkeit; wo sie sich ver- mindert oder aufhört, gewinnen die von den Wirbelcentren ausgehenden Processe der Chondrifikation oder Ossifikation die Oberhand, überschreiten die bisher durch die Bewegung bestimmten Grenzen und führen zur Verschmelzung der bisher ge- trennten Elemente. Dazu können noch sekundär sich ausbreitende Deckknochen- Bildungen kommen und die schon vollzogene Verschmelzung noch fester und inniger gestalten; als die sie ursprünglich und eigentlich bedingenden Faktoren möchte ich sie aber nicht ansehen’). Oceipitale, occipito-spinale und freie spinale Nerven sind, wie im Vorher- gehenden nach allen Richtungen ausgeführt worden, an sich gleichartige, homody- name Gebilde; nur die Art der Assimilation der sie begrenzenden Skeletelemente hat zu ihrer Unterscheidung geführt. Bei den oceipitalen Nerven ist der Process der Assimilation schon bei den primitiven Selachiern vollendet’); bei den occipito-spinalen nicht den normalen ontogenetischen Verhältnissen und lässt an zweierlei denken: entweder an Anlagen cerebraler Nerven oder an Wurzelrudimente, deren sensible Elemente von vornherein fehlten, während nur die sogenannten durch- tretenden (sympathico-motorischen) Fasern zur Anlage gelangten. Hier liegt noch ein Arbeitsfeld für die feinere Untersuchung vor. Der andere Widerspruch bezieht sich auf das korrelative Verhalten der ventralen Wurzeln der spino-oceipitalen Nerven und der zu ihnen gehörenden Myotome. Bald werden hier mehr Myotome als Nerven- wurzeln, bald mehr Nervenwurzeln als Myotome angegeben. Auch erwähnen die Autoren (z. B. SEWERTZOFF) bei dem einen Thiere (Acipenser) noch postembryonal persistirende ventrale Nervenwurzeln, während die Myotome schwinden, bei dem anderen (Pelobates) ein zeitlebens erhalten bleibendes Kopfmyotom ohne motorische Nerven. Selbstverständlich handelt es sich hierbei um Unvollständigkeiten der Untersuchung. Wenn auch bei rudimentären resp. abortiven An- lagen die Möglichkeit vorliegen kann, dass in dem einen Falle der nervöse, in dem anderen der muskulöse Antheil früher in Rückbildung tritt, so ist bei bleibenden Gebilden das korrelative Vorhandensein muskulöser und sie ver- sorgender nervöser Elemente eine morphologische Nothwendigkeit. Beide bedingen sich in ihrer Existenz. 1) Dasselbe gilt für die zahlreichen Verschmelzungen benachbarter Wirbel innerhalb der Wirbelsäule, mögen dieselben auch durch diesen oder jenen weiter liegenden Einfluss mittelbar bedingt werden. 2) SAGEMEHL (1883 p. 199; 1885 resp. 1891 p. 533) erblickt in der Bildung und Ausbreitung des Parasphenoids den eigentlichen Faktor für die Assimilation der Wirbel in das Cranium; GEGENBAUR (1887. B. p. 21) erkennt an, dass diese Auffassung sehr viel Plausibles hat, vermisst aber den Nachweis dafür, dass die Körper der Oceipital- bogen in Wirklichkeit einmal über dem Parasphenoid bestanden haben. Ich kann dem Parasphenoid hierbei nur eine mitwirkende Rolle zuertheilen, was u. A. auch durch die zahlreichen Fälle von Wirbelkonkrescenz ohne Betheiligung von Deckknochen illustrirt wird. 3) Ich beziehe mich hierbei auf die fertigen Zustände. 201] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 549 Nerven spielt er sich noch unter unseren Augen bei gewissen höheren Selachiern (RosenßerG) und bei allen anderen höher stehenden Wirbelthieren mit Ausnahme der Amphibien ab; bei den spinalen Nerven besteht die ursprüngliche Freiheit der Wirbel fort. Dementsprechend wurde in dieser Abhandlung bei den oceipitalen Nerven von einer primären, bei den occipito-spinalen Nerven von einer sekundären Angliederung an das primordiale Cranium gesprochen, der Schädel der meisten Selachier und der Amphibien unter Benutzung der Sagrmenr'schen Nomenklatur als protometamerer, der gewisser höherer Selachier, der Ganoiden, Teleostier, Dipnoer und Amnioten als auximetamerer bezeichnet‘). Also bloss zeitliche und graduelle Differenzen begründen die Unterscheidung der occipitalen und oceipito-spinalen Nerven, die demnach nur eine relative, propädeutische Bedeutung besitzt. Die bisherigen ontogenetischen Ergebnisse, zu deren festerer Fundirung allerdings noch weitere embryologische Untersuchungen erwünscht sind, bestätigen dies. Alle Instanzen weisen darauf hin, die beiden Arten von assimilirten Spinalnerven- und Wirbel- Elementen nicht principiell zu sondern, sondern in toto den primordialen Cerebral- nerven und dem von ihnen durchsetzten primordialen Cranium gegenüber zu stellen’). Damit aber erweist sich die GeGEnBaur’sche Unterscheidung des Palaeocranium und Neocranium‘’) als eine viel tiefer fundirte und einschneidendere als diejenige des protometameren und auximetameren Schädels, welche beide nur Unterabtheilungen des Neocraniums bilden. Mit dieser Abschätzung ihres Werthes mag man aber die Begriffe der oceci- pitalen und occipito-spinalen Nerven und des protometameren und auximetameren Schädels beibehalten, bezeichnen sie doch verschiedene Etappen in der Ausbildung des Neocraniums, die auch zur etappenweisen Scheidung zwischen Schädel (im weiteren Sinne des Wortes) und Wirbelsäule durch Ausbildung besonderer Synarthrosen und Diarthrosen geführt haben. Die ältere Abgrenzung Beider ist gegeben durch die bewegliche Verbindung des protometameren Schädels mit der Wirbelsäule bei den meisten Selachiern und den Amphibien; die jüngere bildet sich erst successive aus und gelangt, von Wirbel zu Wirbel fortschreitend (Polypterus mit einem, die meisten Dipnoi mit zwei assimilirten occipito-spinalen Wirbeln zeigen hierbei noch die von den anderen Wirbelthieren durchlaufenen phylogenetischen Stadien fixirt), zur Drei- 1) HATSCHER (1892 p. 158, 159) giebt in seinem Vortrage über die Metamerie des Amphioxrus und des Immocoetes im Anschlusse an die Arbeiten StöHr’s und FRorIEP’s dieser Einverleibung von ursprünglichen Spinal- nerven und Wirbeln in den Schädel Ausdruck und bemerkt dabei, dass gegenüber den tieferstehenden Gnathostomen bei den Amnioten eine nochmalige Hinzuziehung von Nervensegmenten zum Hypoglossusgebiet und von neuen Wirbel- elementen zur Oceipitalregion vielleicht stattgefunden habe. Wie aus dem obigen Texte und meinen früheren Aus- führungen ersichtlich, gelangte ich zu anderen Ergebnissen bezüglich der Stellung der Amnioten gegenüber den Anamniern. Doch halte ich die Angabe HaTscHEX’s für sehr bemerkenswerth und werde unten (p. 552 Anm. 1) noch einmal darauf eingehen. 2) Ob und in wie weit diese Grenze eine absolute ist oder nicht, wird im 3. Abschnitte dieser Abhandlung besprochen werden. 3) Beide kann man auch als Autocranium und Spondylocranium bezeichnen. FRoRIEP (1852 p. 300) benennt ersteres als cerebralen, letzteres als spinalen oder vertebralen Abschnitt des Schädels. Festchrift für Gegenbaur. III. 0 550 MAx FÜRBRINGER [202 zahl!)\, welche sich durch ihre weite Verbreitung bei den Holocephalen, Lepido- steus, Amia, den Teleostiern, Ceratodus (individuell), den Sauropsiden und Säugethieren als die typisch gewordene sekundäre Begrenzung des auximetameren Schädels gegen die Wirbelsäule charakterisirtt und namentlich bei den höheren Abtheilungen (Amnioten) durch eine in besonderer Weise specialisirte Gelenkbildnng auszeichnet. Die neokranialen oder spino-occipitalen (occipitalen und oceipito-spinalen) Nerven stehen somit zu den paläokranialen oder cerebralen (Trigeminus, Acu- stico-Facialis, Glossopharyngeus und Vago-Accessorius nebst den Augenmuskelnerven) in striktem Gegensatze?). Trotzdem sind beide Kategorien von verschiedenen Autoren vereinigt und insbesondere ein Abkömmling der occipito-spinalen Nerven, der N. hypo- glossus der Amnioten, zu dem letzten paläokranialen Nerven resp. Nervenkomplex, dem N. vago-accessorius, in nähere Beziehung gebracht worden (Srönr 1851 p. 99, 100; van WıHE 1882 p. 42; Gaskerr 1886 p. 75f.; Hıs 1887 p. 398, 401, 423; WIEDERSHEIM 1888 p. 178, 1893 p. 281; Rası 1889 p. 237; Osrroumorr 1889 p. 364; ZIMMERMANN 1891 p. 109, 113)°). Ich brauche hier nicht zu wiederholen, weshalb ich, wie viele andere Autoren, dieser Auffassung nicht zustimmen kann. Zu der kückbildung der vorderen von den spino-occipitalen Nerven steht die Vorwanderung der auf sie folgenden Nerven in Korrelation. Diese Vorwan- derung ist sowohl ontogenetisch bei verschiedenen Thieren durch die Untersuchungen von Frorırp (1882 Taf. XVI), Cmarucı (1891 p. 238) und Sewertzorr (1895 p. 63, 64), als auch vergleichend-anatomisch durch Goroxowirsch (1558 p. 530) und namentlich SAGEMEHL (1885 resp. 1891 p. 540, 541) dargethan worden. In den hier vorliegenden Untersuchungen konnte sie für alle darauf hin beobachteten Abtheilungen in brei- tester Geltung erwiesen werden. Diese Vorwanderung der Nerven und ihrer Centren kombinirt sich sonach mit dem bereits besprochenen Vorrücken ihrer Endorgane und der von denselben beeinflussten Skeletbildungen‘). Wie dort, gewährt auch hier das Schwächerwerden und schliessliche Verschwinden der vorderen Elemente, speciell ihrer im centralen Nervensystem liegenden Nervenkerne die Möglichkeit für die Ausdehnung der hinteren kräftigen Elemente nach vorn, d. h. für ihr Vorrücken innerhalb der Medulla. Als Maass für den Grad dieses Vorrückens kann die rela- tive Lage zu dem Anfange des Vagus-Ursprunges verwendet werden. Bei den Notidaniden entspricht der erste beobachtete occipitale Nerv (v), bei den höheren 1) Dass diese Zahl von einzelnen 'Thieren (Knorpelganoiden, Zepidosteus ind.) noch überschritten werden kann, wurde bereits früher erwähnt. 2) Ich beziehe mich hierbei auf die in den beiden ersten Abschnitten dieser Arbeit behandelten gnathostomen Kranioten. Wie sich dieses Verhältniss bei den Petromyzonten, Myxinoiden und Acraniern darstellt, soll im 3. Ab- schnitte dieser Abhandlung besprochen werden. y 3) GORONOWITSCH (1887 p. 531), VAN BEMMELEN (1889 p. 250) und HorFMmAnNn (1894 p. 650) nehmen eine mehr vermittelnde Stellung ein. Uebrigens vertreten GASKELL in seiner späteren Abhandlung (1889 p. 181f.), sowie WIEDERSHEIM in den früheren Auflagen seiner vergleichenden Anatomie, sowie auch auf p. 290 der Auflage von 1893 die Ableitbarkeit des Hypoglossus aus Spinalnerven. 4) Von dem hier von hinten nach vorn geschehenden Drucke giebt auch die meistens stattfindende (von nicht zahlreichen Ausnahmen durchbrochene) Verkleinerung des vordersten Wirbels bei Fischen und Amnioten Kunde. Vergl. ausserdem auch die Bildungen des sogenannten Proatlas (p. 502, 527). 203] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 551 Säugethieren, speciell dem Menschen, der erste oder zweite occipito-spinale Nerv (a oder b) ungefähr diesem Anfange. Damit zeigen die Letzteren gegenüber den Ersteren ein Vorrücken um 5 6 Metameren; die anderen Wirbelthiere repräsentiren zwischen diesen beiden Extremen alle möglichen Stadien, wobei — doch nicht ohne Aus- nahmen — die Extensität dieser Vorwanderung als Gradmesser für die tiefere oder höhere systematische Stellung dienen kann. Bezüglich des Genaueren verweise ich auf die specielle Beschreibung. Dieses Vorwandern oder Vorschieben der spino-occipitalen und spinalen Nerven findet also längs des hintersten cerebralen Nerven, des Vago- Accessorius, statt. Letzterer wird von den dorsalen und ventralen Wurzeln der Ersteren dorsal und ventral überkreuzt; zufolge der früheren Reduktion der dorsalen Wurzeln geschieht aber diese Ueberkreuzung im vorderen (rostralen) Bereiche vor- wiegend oder lediglich durch die ventralen. Der N. vago accessorius hat zufolge seimer ursprünglichen Zusammen- setzung aus vielen Neuromeren') bei tieferen und höheren Wirbelthieren, soweit nicht sekundäre Reduktionen vorliegen, eine ansehnliche Länge seines Ursprunges. Sein centraler motorischer Kern giebt von vorn nach hinten (rostro-caudalwärts) den motorischen Antheilen der Rr. branchiales und Rır. intestinales, sowie den Rr. musculi trapezii Ausgang. Die für den M. trapezius bestimmten Ganglienzellen bilden das eigentliche Ende des motorischen Vagus-Kernes?); die von ihnen aus- gehenden Nervenfasern werden gemeinhin als mehr oder minder selbstständiger N. accessorius Willisii resp. R. posterior s. externus nervi accessori dem mit dem R. anterior s. internus nervi accessorii verbundenen N. vagus s. str. gegenübergestellt. Je besser der M. trapezius oder bei den Amnioten der cerebrale Bereich dieses Muskels ausgebildet ist, desto ansehnlicher ist der dem Accessorius posterior ent- sprechende Kernantheil. Von diesem langen Vago-Accessorius-Kerne aus verlaufen die durch das Foramen pro vago (Foramen jugulare) austretenden Wurzelfäden unter beträchtlicher Konvergenz ihrer Fasern und dabei zeigen, bei guter Ausbildung des caudalen Theiles (Accessorius-Kern), die von diesem ausgehenden Fäden eine ascen- dente Richtung; Rückbildung des Accessorius-Kernes oder beträchtlichere Zusammen- ziehung des ganzen Vago-Accessorius-Kernes nach vorn (rostralwärts) bedingt einen rein queren oder selbst descendenten Verlauf der letzten Vago-Accessorius-Wurzeln. 1) Ich verweise hinsichtlich dieser Frage auf GEGENBAUR und bemerke, dass ich durch die ontogenetischen Untersuchungen der letzten Jahre nicht veranlasst werden konnte, den von GEGENBAUR eingenommenen Standpunkt zu verlassen. 2) Wahrscheinlich bildet dieser für den M. trapezius bestimmte Antheil überhaupt das caudale Ende des gesammten (motorischen und sensibeln) Kernes des Vago-Accessorius. Jedenfalls ist nicht zweifelhaft, dass die Rr. laterales, wenn sie sich auch in ihrem peripherischen Verlaufe unvergleichlich weiter caudalwärts erstrecken als die Rr. trapezii, den vordersten (von einigen Autoren selbst einem besonderen intermediär zwischen Glossopharyngeus und Vagus befindlichen Nerven zugerechneten) Antheilen des Vaguskernes entstammen, und auch von den Rr. inte- stinales, wenn auch ihre centralen Bahnen noch nicht völlig klar liegen, lässt sich mit guten Gründen annehmen, dass sie trotz ihrer gleichfalls weit caudalwärts erstreckten peripherischen Endigung vor (rostral von) den Rr. trapezii mit dem Vaguskern in Verband stehen. Beide, Seitennerven und Intestinalnerven, verdanken ihren eigenthümlichen Ver- lauf sekundären phylogenetischen Vorgängen, auf die indessen hier nicht weiter eingegangen werden kann. Tu* 552 Max FÜRBRINGER [204 Alle diese Verhältnisse finden sich in grossem Wechsel bei den daraufhin unter- untersuchten Wirbelthieren: ascendente, transversale und descendente Richtung der letzten (am meisten caudalen) Vago-Accessorius-Fasern bei Selachiern und Amphibien; transversaler, meist aber vorwiegend descendenter Verlauf bei Ganoiden und Teleo- stiern; ascendenter Verlauf bei Amnioten und unter diesen im höchsten Grade (lon- gitudinal-ascendent) bei den Säugethieren. Die genaue Untersuchung zeigt aber zugleich, dass diese Verlaufsrichtung der Accessorius-Wurzeln nur zum Theil zur geringeren oder grösseren Ausbildung des M. trapezius und zur allgemeinen Zusammenziehung des caudalen Gehirnabschnittes in direktem, geradem Verhältnisse steht. Zahlreiche Fische z. B. besitzen einen gut und selbst ansehnlich ausgebildeten M. trapezius bei descendenter Richtung der ihn versorgenden Accessorius-Fasern, während andere, wie z. B. die Rochen, nicht selten transversal bis annähernd ascendent verlaufende hinterste Vaguswurzeln bei voll- kommener oder fast vollkommener Rückbildung dieses Muskels aufweisen; desgleichen findet sich bei den Vögeln, deren cerebraler Trapezius-Antheil minimal ist, ein stark ascendenter Verlauf der letzten Vago-Accessorius-Fasern, der von den Anamniern mit gut oder sehr gut ausgebildetem M. trapezius nur ganz ausnahmsweise erreicht wird. Auch die (bei den höheren Wirbelthieren allerdings in erhöhtem Grade nach- weisbare) Zusammenziehung des Gehirns findet nicht in einem solchen Umfange statt, dass sie diese auffallenden Differenzen zur Genüge erklären und lösen könnte. Hier tritt als dritter eine ausreichende Antwort gebender Faktor das Vorrücken der spinalen Nervenelemente ein: bei den meisten Anamniern in mässigem Grade stattfindend, beeinflusst es in der Regel den Verlauf der Vago-Accessorius-Fasern, die hier ge- wöhnlich descendent, transversal oder nur mässig ascendent verlaufen und in ihrem Ursprunge nur ausnahmsweise (Hewanchus) bis in das spinale Gebiet hinabreichen, nicht in erheblicher Weise; bei den Amnioten dagegen überschieben die Wurzeln der Spinalnerven die caudalen Wurzeln des Vago-Accessorius um 1—3 (Sauropsiden) und selbst 5—7 Neuromeren (Mammalia) und geben denselben eine ascendent longi- tudinale Verlaufsrichtung. Die zwischen Sauropsiden und Mammalia bestehende Differenz dürfte durch die geringere (Sauropsiden) und höhere (Mammalia) Ausbildung resp. Erhaltung des cerebralen Antheiles des M. trapezius zur Genüge erklärt sein'). 1) Hinsichtlich des Specielleren über diese Frage verweise ich auf die früheren Darlegungen (p. 505 und 531.). — Die beträchtliche Differenz zwischen den Anamniern, wo der Vago-Accessorius-Ursprung in der Regel nicht bis in das Gebiet der Spinalnerven reicht, und den Amnioten, wo er sich stets in dieses Gebiet hinein, und zwar bei den Säugethieren recht weit hinab erstreckt, koineidirt nicht vollkommen mit dem oben auf Grund der relativen Lage der Vagus- und Hypoglossus-Anfänge angegebenen Grade der rostralen Vorschiebung der spinalen Nerven um fünf Metameren. Bei Berücksichtigung des caudalen Endes des Accessorius-Ursprunges der Mammalia möchte man geneigt sein, eine noch grössere Ausgiebigkeit dieser Verschiebung bei den Letzteren und wohl überhaupt bei den Amnioten anzunehmen und damit die oceipito-spinalen und spinalen Nerven derselben anders zu zählen, als dies in den vor- liegenden Untersuchungen geschah (vergl. auch die auf p. 544—547 gegebene Tabelle). Diese Anschauung käme somit, wenn auch auf anderem Wege, zu einem ähnlichen Resultate, wie dies vermuthungsweise, ich weiss nicht aus welchen Gründen, von HATSCHEK ausgesprochen wurde (vergl. meine Anm. I auf p. 549). Ich gebe zu, dass die Untersuchung hier vor einer Schwierigkeit steht, die noch nieht völlig gehoben ist, und möchte darum auch meiner Zählung keine unveränderliche Giltigkeit beimessen; gern werde ich mich anderen Ergebnissen gegenüber, wenn sie auf guten Grund- lagen ruhen, bescheiden. Bei den jetzt vorliegenden Materialien indessen erscheinen mir die Instanzen für die Letztere 205] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 553 Hexanchus mit seinem bis in das spinale Gebiet reichenden Accessorius er- weckt hierbei ein besonderes Interesse (p. 440). Diese zu den am tiefsten stehenden Haien gehörende Gattung) besitzt unter allen Selachiern den ansehnlichsten M. tra- pezius, aber das reicht nicht aus zur Erklärung der so weit caudalwärts sich er- streckenden schlanken Ursprungssäule des Accessorius, denn andere Haie haben einen unverhältnissmässig kürzeren, d. h. viel weniger weit caudalwärts reichenden Ursprung der Accessorius-Wurzeln und gemeinhin werden voluminösere Muskeln durch ver- mehrte Nervenfasern versorgt, welche von einem nach allen Richtungen hin volu- minöser gewordenen, nicht aber schlank und lang ausgezogenen Kern entspringen. Die eigenthümliche Gestaltung des Accessorius-Kernes von Hexanchus erinnert viel- mehr an die Verhältnisse bei den Amnioten und lässt daran denken, dass auch hier ein in sehr alter Zeit vollzogener, bei den anderen Haien nicht mehr sichtbarer‘), Process der Ueberkreuzung eines primordialen, sehr lang ausgedehnten Vago-Acces- sorius-Kernes durch die occipitalen und den ersten spinalen Nerven vorliegt, ein Process, der zu der jüngeren Ueberkreuzung bei den Amnioten eine Parallele bildet; dass die ersten Occipitalnerven im Niveau des Anfanges des Vagus-Ursprunges sich befinden, giebt dieser Folgerung eine weitere Bestätigung. Man hat danach das Recht anzunehmen, erstens, dass bei den frühen Vorfahren von Hewanchus (und überhaupt denen der Haie) das Gehirn mit einer sehr langen, einem mehrfachen Multiplum von metamerisch angeordneten cerebralen Nervenkernen vergleichbaren, motorischen Ursprungssäule des Vago-Accessorius abschloss, und dass erst darauf das Rückenmark mit den motorischen Ursprungskernen der damals noch durch spinale Nerven repräsentirten Occipitalnerven des jetzt lebenden Hewanchus folgte; zweitens, dass von da ab die Vorwanderung dieser spinalen Nerven und die Ueberkreuzung des Vago-Accessorius sich anschloss. Weil aber, wie im Vorhergehenden gezeigt worden, eine solche Vorwanderung von der Rückbildung noch mehr rostral gelegener Nervenkerne abhängig zu sein pflegt, so kann man mit einiger Wahrscheinlichkeit fernerhin annehmen, dass den bis jetzt bekannten, mit » beginnenden Oceipitalnerven noch mehr rostral gelegene (uw, f etc.) vorausgingen (vergl. auch p. 440). Im 3. Abschnitte, bei Besprechung der Petromyzonten, Myxinoiden und Leptocardier, wird auf diese Schlussfolgerung noch weiter einzugehen sein. — Entscheidung flexibler und unzuverlässiger als die von mir zur Begründung meiner Zählung gebrauchten; ich finde sonach z. Z. keine irgendwie gesicherte Handhabe, um eine neue Vorschiebung und Assimilation weiterer spinaler Nerven und Wirbel bei den Amnioten gegenüber den höheren Anamniern zu befürworten. — Hinsichtlich der zwischen CHIARUGI und mir bestehenden Kontroverse in der Zählung der spino-oceipitalen Nerven der Sauropsiden und Mam- malien verweise ich auf die früheren Darlegungen (p. 526). 1) Auffallend erscheint, dass nur Hexanchus und nicht auch Heptanchus diesen weit herabreichenden äusserlich sichtbaren Accessorius-Ursprung besitzt. Es ist dazu zu bemerken, dass der Trapezius bei Heptanchus relativ schwächer entwickelt ist als bei Hexanchus, somit bei ersterem eine sekundäre Reduktion der am meisten caudal entspringenden Accessorius-Fasern vorliegen mag, falls nicht dieselben doch noch, aber in versteckterer Lage und darum erst nach genauerer Untersuchung erkennbar, auch hier existiren. Ob Chlamydoselachus in dieser Be- ziehung sich mehr Hexanchus oder Heptanchus nähert, ist unbekannt. 2) Auch hier kann ich nur mit dem bisherigen Stande unserer Kenntniss rechnen. Es ist leicht möglich, dass die eingehendere und subtilere Untersuchung auch hier ein tieferes Herabreichen des Accessorius-Ursprunges zu Tage bringen mag, als bisher bekannt ist. 554 Max FÜRBRINGER [206 Die soeben behandelten Fragen involviren und. regen zugleich die Frage an: Wo liegt überhaupt und wie verhält sich diemorphologische Grenze zwischen Gehirn und Rückenmark der Wirbelthiere? In den Lehr- und Handbüchern der menschlichen und vergleichenden Ana- tomie wird diese Grenze gemeinhin vor den Abgang des 1. Spinalnerven resp. in den Bereich der motorischen Pyramidenkreuzung gelegt und durch einen transversalen Querschnitt vervollständigt. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Grenzbestimmung eine recht rohe topographische ist, nicht aber den morphologischen Verhältnissen entspricht, denn sie zieht zu dem Gehirn spinale Theile (Kerne und Wurzeln der spino-occipitalen Nerven resp. des N. hypoglossus) und belässt dem Rückenmark zu dem Gehirn gehörige Abschnitte (Kerne und Wurzelfasern des N. accessorius). Zu diesen vorwiegend resp. ausschliesslich motorischen Elementen kommen aber noch sensible Wurzelfasern der Gehirnnerven, welche von den peripherischen Ganglien derselben absteigend bis ins Rückenmark reichen und erst hier mit weiteren gangli- ösen Elementen Verbindungen eingehen (absteigende Wurzeln des Trigeminus, Facialis (Intermedius), Glossopharyngeus und Vagus), somit auch von Spinalnerven überkreuzt werden, während andererseits aus den peripherischen Ganglienzellen der Spinalnerven centralwärts verlaufende Bahnen bis in das Gehirn hinaufreichen (Theile der Hinterstränge). Endlich aber verlaufen nach dem Rückenmarke centrale Gehirn- bahnen, welche von Ganglienzellen des Grosshirns ausgehen und sich tief hinab bis in den centralen Endbereich des Rückenmarks erstrecken (Pyramidenbahnen), wie auch umgekehrt centrale Rückenmarksbahnen, welche von Ganglienzellen des Rückenmarkes ausgehen, bis in das Gehirn reichen (Kleinhirnseitenstrangbahn, antero-laterales Bündel etc.). Diese Komponenten bestimmen die wirkliche morphologische Grenze zwischen Gehirn und Rückenmark, und es ist danach leicht ersichtlich, dass dieselbe in höchst komplicirter Weise, auf- und absteigend verzackt, verläuft und dass die übliche trans- versale Trennungsebene beider Abschnitte des centralen Nervensystems dem Gehirn ver- schiedene spinale und dem Rückenmarke ausgebreitete cerebrale Elemente zuweist!). — 1) Selbstverständlich hat auch im übrigen Körper der Thiere die entsprechende morphologische Sonderung, stattzufinden. Was von paläo-kranialen cerebralen Nerven versorgt wird, gehört zum Kopfgebiete, was von ursprüng- lich spinalen Nerven innervirt wird, ist vom Rumpfgebiete herkömmlich, mögen beide Gebiete auch noch so sehr in einander greifen und zu einander verschoben sein. So sind beispielsweise einerseits die von den Rr. laterales nervi trigemini und vagi versorgten Hautstrecken, die von den Rr. intestinales und vagi innervirten Eingeweidetheile und der vom N. accessorius beherrschte Abschnitt des M. trapezius morphologisch von dem primordialen Kopfgebiete ab- zuleiten, wie weit herab in das Rumpf- und selbst Schwanzgebiet sie sich auch topographisch erstrecken mögen, und andererseits ist die Zugenmuskulatur ein Abkömmling des Rumpfes. — Diesen wohl von den meisten Anhängern der morphologischen Richtung vertretenen Anschauungen steht, wie schon erwähnt (p. 521), Hıs (1887, 1888) prineipiell gegenüber, indem er, ohne der Innervation irgend welchen Werth hierbei zuzumessen, alle Theile, welche caudal von dem Rande des 4. Schlundbogens resp. der Grenze zwischen Thyreoid und Krikoid liegen, zum Rumpfe, alle die- jenigen, welche rostral von dieser sich befinden, zum Kopfe rechnet; und er erklärt diese Nichtachtung der Inner- vationsverhältnisse damit, dass alle die-betreffenden Organe in loco entstehen und dass die sie versorgenden Nerven erst sekundär nach ihnen hinwachsen und sich mit ihnen verbinden. Wie schon in Anm. 1 auf p. 521 betont, ist mein Standpunkt in jeder Weise unvereinbar mit dem Hıs’schen. Wenn Hıs den Wunsch zu einer friedlichen Auseinandersetzung physiologischer und phylogenetischer Forschungsweise und einer geordneten Vereinbarung in der gleichen Abhandlung (1587 p. 437, 438) ausdrückt, so kann darauf nur erwidert werden, dass den mit der phylogene- tischen Methode arbeitenden Morphologen ein Einvernehmen und Zusammenwirken mit der Schwesterrichtung nicht 207] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 555 Von dem Abgange von der Medulla ab verlaufen die spino-oceipitalen Nerven in transversaler oder schräg absteigender Richtung durch die Schädelhöhle zur Schädelwand, um in der Regel in besonderen, ventral resp. ventro-rostral oder ventro-caudal vor dem Vaguskanal gelegenen Kanälchen dieselbe zu durchsetzen. Zwischen den Extremen eines queren resp. selbst ein wenig ascendenten bis zu dem eines extrem tief absteigenden resp. beinahe longitudinalen Verlaufes finden sich hierbei im buntesten Wechsel alle möglichen Uebergänge, die, wie leicht ersicht- lich, durch den verschiedenen Grad der Zusammenziehung resp. Vorwanderung einerseits in dem centralen Nervensystem, andererseits in der Schädelkonformation bestimmt werden. Bei den meisten Selachiern findet Beides in nicht sehr differenter Weise statt, weshalb hier die Nerven in vorwiegend transversaler oder mässig ab- steigender Richtung verlaufen; bei der Mehrzahl der übrigen Fische und Dipnoer, vor Allem der Knorpelganoiden eilt die Zusammenziehung des Nervensystemes der Koncentration des Schädels weit voraus und hat einen sehr descendenten bis longi- tudinalen Verlauf der Nerven zur Folge; bei den Amnioten wieder hat der Grad der Zusammenziehung des Schädels diejenige des Gehirnes (dessen caudale Abschnitte sekundär selbst ein wenig caudalwärts gedrängt wurden) erreicht, weshalb hier wieder der transversal-descendente Verlauf vorwiegt. Die die Schädelwand durchbohrenden Kanälchen der oceipitalen und occipito- spinalen Nerven setzen in der Regel annähernd die Richtung des intrakraniellen Ver- laufes derselben fort. Nicht selten können sie auch eine noch mehr caudalwärts strebende Richtung darbieten. Dazu kommt ‘noch eine gewisse Konvergenz nach aussen, die häufig zum Zusammenmünden während des Durchtrittes durch die Schädelwand führen kann. Diese Verhältnisse stehen unter dem Einflusse eines neuen Faktors, dem der peripherischen Plexusbildung. Stets ist hierbei die Richtung der Nerven das Bestimmende, die Konfiguration der Skeletelemente das Angepasste. Bei der Mehrzahl der Wirbelthiere geschieht, wie schon erwähnt, der Durch- tritt durch die Schädelwand in gesonderten, jeder einzelnen Nervenwurzel ent- sprechenden Kanälchen. Doch finden sich schon bei niederen Wirbelthieren verschiedene Ausnahmen, wo dieses oder jenes occipitale Kanälchen in das Foramen pro vago einmünden oder selbst ganz mit ihm zusammenfliessen kann (einzelne Selachier nach den Beobachtungen anderer Autoren, Holocephalen) oder wo zwei benachbarte oceipito-spinale Nerven unter Resorption der ursprünglich trennenden /wischenwand durch einen Kanal austreten können (Holocephalen, Teleostier); mancherlei Uebergänge vermitteln hierbei diese Ausnahmen mit den ursprünglichen Verhältnissen. Bei den Amnioten tritt dieses Zusammenmünden der occipito-spinalen Kanälchen mehr in den Vordergrund: bei Sauropsiden noch minder häufig zu minder erwünscht ist, dass aber auf dem vorliegenden, angesichts so principieller und tiefgreifender Differenzen, eine Vereinbarung zu den Unmöglichkeiten gehört. — Auch von anderer Seite, von Huxrey (1873 p. 67) und ihm folgend von PARKER und BETTANY (1877 p. 342), ist eine Grenze zwischen Kopf und Rumpf, und zwar zwischen dem 2. und 3. Kiemenbogen, also mitten durch den Vagus gezogen worden, wonach derselbe wie die Visceralbogen theilweise zum Kopfe, theilweise zum Rumpfe gehören sollen. Hier ist aber nicht einmal der Versuch einer Begründung gemacht worden. Dieser Einfall sei hier nur angeführt (vergl. auch SAGEMEHT's Kritik 1885 resp. 1891 p. 529 Anm. 1). r 556 Max FÜRBRINGER [208 beobachten, wird es bei zahlreichen Mammalia das gewöhnliche Vorkommen und führt schliesslich zum Durchtreten aller noch vorhandenen occipito-spinalen Nerven durch eine Oeffnung (Foramen pro hypoglosso). Vereinigungen mit dem Vaguskanal bilden auch hier seltene Ausnahmen; bei Sauropsiden, wo sie von anderen Autoren ver- einzelt angegeben werden, konnte ich sie nicht finden, unter den Säugethieren existiren sie aber bei den Monotremen, Echidna wie Ornithorhynchus, die in dieser Hinsicht somit ein sekundäres Verhalten darbieten. Die den Schädel verlassenden occipitalen und occipito-spinalen Nerven treten unter einander und mit den auf sie folgenden spinalen Nerven zu einem Plexus zusammen, der bald einfacher, bald komplieirter gebaut ist und bei den tiefer stehenden Wirbelthieren die Brustflosse, wie das zwischen ihr und dem Schädel befindliche Gebiet, soweit hier nicht die paläokranialen Gehirnnerven sich verbreiten, innervirt. Dieser gemeinsame Plexus enthält die Elemente des Plexus cervicalis und Pl. brachialis der höheren Wirbelthiere in sich, ist somit ein Plexus cervico- brachialis, der vorn cervikale, hinten brachiale oder pterygiale Aeste abgiebt. So findet er sich bei Selachiern, Holocephalen, Ganoiden und Teleostiern, und zwar bilden hier die Rochen mit S—10 dem cervikalen und pterygialen 'Theile gemein- samen Plexuswurzeln (Spinalnerven) das Extrem dieser Gemeinsamkeit, während bei Haien, Holocephalen, Ganoiden und Teleostiern in der Regel nur 1—2, bei einzelnen höheren Haien 3 Plexuswurzeln sich gemeinschaftlich an der Versorgung beider Gebiete betheiligen. Unter Berücksichtigung der motorischen Antheile allein findet sich selbst vereinzelt bei Haien eine direkte Aufeinanderfolge der cervikalen und brachialen Abtheilung derart, dass eine Beiden gemeinsame Wurzel fehlt; doch stehen auch hier Beide in einem intimen Verbande. Ganz successive kommt die Emancipation und die Sonderung in den Plexus cervicalis und den Plexus brachialis zu Stande, indem sich der Verband zwischen Beiden mehr und mehr lockert und schliesslich völlig löst. Insbesondere die Knochenganoiden demon- striren diesen Uebergang von dem gemeinschaftlichen Plexus zu den beiden geson- derten Geflechten, indem bei ihnen die zwischen den cervikalen und pterygialen Wurzeln bestehenden Verbindungen nicht nur recht fein werden, sondern sich auch peripherwärts verschieben und damit die Auslösung vorbereiten, die sich bei Polypterus für einen Theil des Cervikalplexus, bei den Dipnoi mehr oder minder komplet voll- zogen hat; bei den letzteren kommen nur bei Ceratodus noch zarte Verbände beider Plexus zur Beobachtung'). Aehnliches findet sich bei den Amphibien, wo man in der 1) (Zugleich nachträgliche Bemerkung zu p. 476). Wie auf p. 476 mitgetheilt, fand ich bei C’eratodus zweimal einen ganz feinen den Verband von dem Plexus cervicalis nach dem Plexus brachialis vermittelnden Faden, konnte denselben aber zufolge der Brüchigkeit des untersuchten Materiales nicht mit Sicherheit bis zu der Extremität selbst verfolgen. Herr Privatdocent Dr. BrAus, Assistent a. d. hiesigen Anatomischen Anstalt, hat inzwischen an einem anderen gut konservirten Ceratodus diesen Faden in Gestalt eines etwas besser entwickelten Zweiges nach- weisen können, der sich theils an der Rumpfmuskulatur verästelte, theils mit dem auf ihn folgenden Nerven a zum Plexus brachialis sich verband. Aber auch hier ist dieser Zweig von y erheblich feiner, als der zum Plexus cervicalis gehörende Theil dieses Nerven. Etwas nur leicht an die WIEDERSHEIM’sche Abbildung von Protopterus Erinnerndes 209] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN RTC. 557 Hauptsache von zwei gesonderten Plexus sprechen kann; doch finden sich auch hier häufig feine verbindende Fasern, unter Umständen (Pipa, Bufo ind.) selbst recht intime Verbände beider Geflechte. Bei den Amnioten endlich stehen nur in ver- einzelten und noch nicht völlig gesicherten Fällen (Amphisbaena, Ophidier) beide Plexus durch eine gemeinsame Wurzel in Verband; im Uebrigen sind sie nicht allein scharf gesondert, sondern auch mehr oder minder weit von einander entfernt, indem intermediäre, keinem der beiden Geflechte angehörige Wurzeln in verschiedener Anzahl (1—21) sich zwischen ihnen finden'). Die Zahl und Folge der den Plexus (Ramus) cervicalis!) zusammen- setzenden Nerven zeigt sehr wesentliche Differenzen, wie aus folgender Zusammen- stellung sich ergiebt, welche behufs genauerer Vergleichung auch bei den niedrigen Wirbelthieren von den unbedeutenden sensibeln Antheilen absieht und lediglich die motorischen Aeste berücksichtigt?): DL Ye Zul 2:08. Notidaniden. RE Er Notidaniden. 0. Yı 2. Acipenser juv., Dipnoi. Re Spinax juv., Acanthias, Cestracion. a Cestracion, Rhina. any. 281.02. 904. Centrophorus, Scyllium, Mustelus. 22 y.92, 121,84. Scyllium. Bez 2 Prionodon. az: Acipenser, Dipnoi. Ya, Polyodon, Polypterus (indiv). a Spinaw. Y. 2. a. 6. Holocephalen. a ro Laemargus, Scymnus. MEZ IEIR A: 'Scymnus, Mustelus, Galeus. YEZSENE2. 3245 Mustelus. az. 22232 4.75.0607 Odontaspis. 2.0: Polypterus, Lepidosteus. 2117012373. Cryptobranchus (ind.). ai & Amia, Echidna (ind.)? fand sich auch hier nicht. Dr. BrAus hat auch den caudalen Bereich des Plexus brachialis, dem ich (wie früher bemerkt) nur eine nebensächliche Aufmerksamkeit geschenkt, genauer untersucht und hier eine sehr interessante be- trächtliche Ausdehnung seiner Wurzeln nach hinten gefunden, worüber er des Genaueren selbst berichten wird. Dem- entsprechend ist der Zusammenstellung über den Plexus brachialis von Ceratodus (p. 475) noch zuzufügen: z. a. b. c. AI DET 1) Es handelt sich hierbei nicht um den Plexus cervicalis s. 1. der menschlichen Anatomie, sondern um den Plexus cervicalis s. str. s. Plexus hypoglosso-cervicalis (Hypoglossus -+ Cervicales descendentes der Anthropotomen), der seine Zweige zur Muskulatur der Zunge und des Zungenbeins (ventrale Längsmuskeln, hypobranchiale spinale Muskulatur) sendet. i 2) Die eingeklammerten Buchstaben (a) bezeichnen eine wechselnde Existenz (vorhanden oder nicht vor- handen). Ein ? bedeutet, dass der Befund nicht gesichert ist. Festschrift für Gegenbaur. III. 71 558 Max FÜRBRINGER [210 2.3. 449:00. Torpedo. / Rhinobatus. Meiste Urodelen, Gymnophionen, aglosse Anuren. 3. Cryptobranchus, Necturus. 3 Amia (ind.), Crocodilus (ind.), Anas, Anser. CHR, Ornithorhynchus, Didelphys, Petaurus, Equus, ‚bos. Satyrus (ind.), Homo (ind.). 1. Torpedo. Raja. Meiste Krokodilier. Meiste Saurier, Ophidier, Chelonier, meiste Vögel. (a). b. c.\A. 5. Hatteria, einige Saurier, Chelonier, Kroko- dilier (?), mehrere Vögel, Macropus, Myrme- cophaga, Cephalolophus, Erinaceus, Carnivora (ind.), Lemur. Östariophysen. Pipa (ind.), opisthoglosse Anuren. Meiste Teleostier. Necturus (indiv.). Canis (ind.). Ka arS IS m m ww 18 or {or} 1 S Se» on mon wm Ss a SL a BE = & —1 [0 0) ES a > Dom en I Mehrere Vögel, Rodentia, Carnivora. 9. 6. Grus, Tarsius?, Simiae incl. Homo. 3. 4. 5. 6.7.8.9 Raja (ind.). Somit wechselt die Zahl der den Plexus cervicalis zusammensetzenden Nerven in mannigfachster Weise zwischen den Extremen 1 und 10, wobei die geringeren (1—3) sich bei Ganoiden, Teleostiern, Dipnoern, Amphibien und einzelnen Amnioten, die mittleren (4—6) bei Haien, den Holocephalen und vielen Amnioten, die höchsten Werthe (7—10) bei Haien und namentlich bei Rochen sich finden. Fernerhin liegt bei den Notidaniden, einzelnen niederen pentanchen Haien, Seswn Dass - den Knorpelganoiden und den Dipnoern der Schwerpunkt des Plexus cervicalis in den occipitalen Nerven; bei zahlreichen Haien, den Holocephalen, Polypterus, Lepid- osteus tragen occipitale und spinale (resp. occipito-spinale) etwa zu gleichen An- theilen zu seiner Bildung bei; bei den meisten Haien und Rochen, Amia, Orypto- branchus (ind.) (und vielleicht bei Echidna) überwiegen die letzteren, während die occipitalen Nerven mehr oder minder zurücktreten und bei Amia und Echidna nur noch in minimalen oder zweifelhaften Resten an ihm Theil nehmen; bei gewissen Rochen, den Teleostiern, Amphibien und Amnioten ist die alleinige Betheiligung spinaler (resp. occipito-spinaler) Nerven Regel, und unter diesen existiren zahlreiche Formen, bei denen selbst der erste spinale (resp. occipito-spinale) Nerv vollkommen 211] ÜERBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 559 rückgebildet ist. Somit finden sich hier bezüglich des Beginnes des Plexus cervicalis metamerische Verschiebungen bis zu 6 Nerven. Die Selachier sind es hierbei, welche die Extreme der frühesten (am meisten rostralen) und spätesten (am meisten caudalen) Anfänge repräsentiren; innerhalb der von ihnen gegebenen Grenzen lassen sich alle anderen untersuchten höheren Wirbelthiere einreihen. Diese grossen Differenzen vermindern sich einigermaassen, wenn man bei den Haien und Holocephalen die das epibranchiale Geflecht zusammensetzenden Plexus- wurzeln in Abzug bringt, somit nur diejenigen Plexusquellen vergleicht, welche die allen gnathostomen Wirbelthieren gemeinsame hypobranchiale spinale Muskulatur versorgen. Dann reducirt sich die Zahl der Wurzeln des Plexus cervicalis bei den Notidaniden um die 2—3 ersten, bei den pentanchen Haien um den ersten oder die zwei ersten occipitalen Nerven, und das Maximum der Verschiebung sinkt auf 3—4 Nerven herab. Es ist wiederholt im Allgemeinen und Besonderen, nachdem Rosexgerg (1876, p- 150, 165) darin Bahn gebrochen, von GEGENBAUR, mir, RusE und Anderen aus- gesprochen worden, dass die Nervengeflechte ihre Ausbildung und Umbildung Ver- schiebungen und sonstigen Veränderungen der von ihnen versorgten Endorgane ver- danken. Dies lässt sich leicht auch im vorliegenden Falle demonstriren resp. aus den beobachteten 'Thatsachen ablesen. Ursprünglich, so kann weiter geschlossen werden, repräsentirten die hinter dem Palaeocranium befindlichen spinalen Nerven mit den von ihnen versorgten Muskel- und Hauttheilen regelmässig wiederkehrende Metameren, in denen die Nerven parallel und gleichmässig verliefen und in regel- mässiger Folge gleich grosse Bezirke versorgten. Für die muskulösen Elemente bildeten hierbei im Niveau und in der Nachbarschaft der Chorda gelegene Myomeren von mässigem Umfange den Ausgangspunkt. Dieselben gewannen Hand in Hand mit der Ausbildung des spinalen Skeletsystemes eine grössere Ausbreitung dorsalwärts (Gebiet der das centrale Nervensystem umschliessenden dorsalen Metameren) und ventralwärts (Gebiet der das Eingeweide- und Gefässsystem umschliessenden ventralen Metameren), aber die ursprüngliche Regelmässigkeit in der Ausbreitung und Ent- wickelung dieser neuen Muskelelemente machte successive, innerhalb derselben Myo- meren und in der Reihe der Myomeren, ungleichmässigen Entwickelungsgängen Platz, je nachdem der gegenseitige Kampf der Theile im Organismus die einen erstarken und zu sicherer Differenzirung gelangen, die anderen dagegen schwächer werden und immer weiter sich rückbilden lies. Gerade an der Grenze zwischen dem Palaeo- cranium mit seinen Visceralbogen und dem Anfange der spinalen Metameren war zu diesen Veränderungen die meiste Gelegenheit gegeben, indem hier die direkte Nachbarschaft relativ heterogener und unter dem Einflusse differenter Anpassungen sich ausbreitender Körperabschnitte nothwendig zu Zusammenstössen und Kämpfen der feindlich einander gegenüber stehenden Kräfte führen musste. Im palaeokranialen Bereiche gewann einerseits die vordere viscerale Region eine sekundäre Ausdehnung nach hinten in das spinale Gebiet hinein, über deren causale Bedingungen bereits GEGENBAUR zur Genüge gehandelt hat, andererseits aber gelangten die neuen jugend- z1* 560 Max FÜRBRINGER 212 kräftigen Differenzirungen der spinalen Myomeren zr. immer höherer Entfaltung und begannen den Eroberungskampf um das paläokraniale Skeletsystem. So erhielt die paläobranchiale, ursprünglich nur mit cerebralen Muskeln versehene Region ihre (epi- branchialen und hypobranchialen) spinalen Muskeln, die bis zum Kieferbogenbereiche vordrangen und in zunehmender Weise die alten cerebralen Muskeln beengten und zurückdrängten, so wurden schon in sehr früher Zeit dem paläobranchialen Gebiete einzelne Visceralbogen mit ihren Anhängen entrissen und unter mannigfachen und tiefgreifenden Neubildungen als Extremitätenbogen mit ihren Extremitäten weit nach hinten, mitten in das spinale Gebiet hinein geführt. Und unter dem gegenseitigen Einflusse dieser beiden Gewalten kam es natürlich zu den verschiedenartigsten An- einanderlagerungen, Verlagerungen und Richtungsänderungen der diese Theile ver- sorgenden Nervenfasern, zur Bildung des Plexus cervico-brachialis. Der in der rechten Weise beobachtende Untersucher kann hierbei die Vorgeschichte des jetzt Bestehenden selbst bis ins Detail verfolgen'). Mit diesen progressiven Entwickelungs- wegen, mit den durch den Kampf veranlassten höheren Heranbildungen verbanden sich andererseits in den Gebieten, wo eine wirksame Kraftentfaltung, in Folge zu sehr überwiegender und günstiger gestellter Kräfte in der nächsten Nachbarschaft, zur Unmöglichkeit wurde, also speciell an den allerersten Myomeren retrograde Bildungsgänge, die mehr und mehr zu ausgedehnten Reduktionen und zur Aufgabe der Selbstständigkeit gegenüber dem Palaeocranium führten; so kam das Neocranium mit seinen Weichtheilen zur Entstehung und weiteren Ausbildung und Umbildung, worüber bereits oben (p. 548 f.) gehandelt wurde. Wie schon im Vorhergehenden hervorgehoben, zeigen bereits die Selachier im Wechsel der Zahl und der Aufeinanderfolge der Wurzeln des Plexus cer- vico-brachialis einen Reichthum und eine weite Grenzenentfaltung, welche die bei den höheren Wirbelthieren zu beobachtenden Exkursionen übertrifft, somit auch darin für die Erklärung der Verhältnisse bei diesen in mannigfacher Beziehung den Schlüssel darbietet. Die grosse Zahl der Wurzeln des Plexus cervicalis bei Haien und Rochen vereinigt in sich primitive und sekundäre Züge, primitive, soweit die vorderen (rostralen) von den occipitalen Nerven repräsentirten Wurzeln in Frage kommen, sekundäre, insofern zu diesen eine mehr oder minder grosse Anzahl hinterer (caudaler), von spinalen Nerven gebildeter Wurzeln (2—9) hinzutritt; die Zahl der letzteren steht in ersichtlichem Zusammenhange zu dem Grade der Wanderung der vorderen Extremität nach hinten und diese wiederum in einem gewissen Causalnexus zu dem 1) Kurz sei hier nochmals der bereits früher (p. 394, 443) besprochenen Auslösung des vordersten Oceipital- nerven aus dem Plexus cervicalis Erwähnung gethan. Dieser Process findet sich nur bei den Selachiern, nicht aber, soweit ich beobachten konnte, bei den anderen höherstehenden Wirbelthieren. Bei seiner Beurtheilung entschied ich mich dahin, nicht ein primitives Unverbundensein dieses ersten Nerven, sondern eine sekundäre Lockerung und schliesslich vollkommene Lösung aus dem Plexusverbande zu statuiren. Verschiedene Analogiefälle bei den anderen Wirbelthieren (namentlich Holocephalen und Ganoiden), die noch nicht zur völligen Lösung, aber doch zu einer nach der Peripherie fortschreitenden Lockerung des bisher mehr ausgedehnten Verbandes führen, sind dieser Auf- fassung günstig. 213] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOGEPHALEN ETC. 561 mächtigen Wachsthum dieser Extremität nach hinten und vorn. Dass hierbei die mehr primären Verhältnisse bei den Haien, insbesondere bei den Notidaniden und Spinaciden, die mehr sekundären bei den Rochen überwiegen, ist unverkennbar. — Von da aus findet bei den übrigen Anamniern (Holocephalen, Ganoiden, Teleostiern. Dipnoern und Amphibien) eine Verminderung der Plexuswurzeln statt, und zwar sowohl von der vorderen als von der hinteren Grenze her, bei den verschiedenen Vertretern in wechselndem Grade, aber in der Hauptsache in nicht misszuverstehender Weise. Die Verminderung der Plexuswurzeln von vorn her geschieht durch die successive Rückbildung der occipitalen Nerven und schreitet bis zur Verkümmerung des 1. spinalen (resp. occipito-spinalen) Nerven fort: Dipnoer, Holocephalen und Knorpelganoiden mit 3 bis 2 Occipitalnerven beginnen die Reihe und stehen in dieser Hinsicht noch auf dem gleichen Entwickelungsniveau wie die Mehrzahl der pentanchen Haie; die Knochenganoiden mit nur ausnahmsweise (Polypterus indiv.) in Rudimenten erhaltenem, in der Regel aber total rückgebildetem vorletzten Occipital- nerven kennzeichnen ein weiteres Stadium der Reduktion, die bis zur weitgehenden (Amia), vielleicht selbst vollkommenen (Amia nach den Befunden der Autoren) Ver- kümmerung des letzten Occipitalnerven fortschreiten kann, und stellen sich in dieser Beziehung den Rochen gleich; Amphibien und Teleostier endlich besitzen (mit der einzigen individuellen Ausnahme von Cryptobranchus) nicht nur keinen occipitalen Nerven mehr, sondern zeigen in der Mehrzahl selbst den ersten spinalen resp. occi- pıto-spinalen Nerven völlig rückgebildet (meiste Anuren, sämmtliche untersuchte Teleostier)'), erreichen somit eine Entwickelungsstufe, welche ausserdem nur einmal bei höheren Rochen (Raja) individuell zur Beobachtung kam. Die hintere Grenze des Plexus cervicalis endet wie bei den am tiefsten stehenden Haien mit dem 2. oder 3. spinalen (resp. occipito-spinalen) Nerven bei den Holocephalen, bei Ania, den Teleostiern und Amphibien, dagegen früher als bei den Selachiern, und zwar mit dem 1. spinalen (resp. occipito-spinalen) Nerven bei Polyodon, Polypterus und Lepi- dosteus und mit dem letzten occipitalen Nerven bei Acipenser und den Dipnoi. Hier finden sich Verhältnisse, die keine Parallele mit der systematischen Stellung der be- treffenden Thiere zeigen und eine Beurtheilung nicht nur nach einem Gesichtspunkte verlangen. Im Ganzen ist die hintere Grenze des Plexus cervicalis der Anamnier von der metamerischen Lage der vorderen Extremität abhängig. Im Verhältniss zu der Mehrzahl der Selachier ist diese bei Holocephalen, Ganoiden, Teleostiern, Di- pnoern und Amphibien dem Schädel mehr genähert, und diese Annäherung steht wieder im Verbande mit dem Zusammenrücken und der beginnenden kückbildung des Kiemenapparates. Die Holocephalen stehen in dieser Hinsicht den Haien noch nahe, bei den Knorpelganoiden und Dipnoern dagegen liegt die Brustflosse noch mehr rostralwärts und dementsprechend endet bei diesen der Plexus cervicalis bereits mit dem letzten occipitalen oder (vereinzelt) mit dem ersten occipito-spinalen Nerven. 1) Die Teleostier kennzeichnet somit hier eine weiter vorgeschrittene Reduktion als die Urodelen, — übrigens nicht das einzige Merkmal primitiveren Verhaltens bei Letzteren und sekundärer Weiterbildung bei Ersteren. 562 MAx FÜRBRINGER [214 Annähernd die gleiche relative Lage zum Schädel bietet die vordere Extremität der Knochenganoiden und Teleostier dar; hier aber hat sich zugleich mit der Verkümme- rung der vorderen resp. sämmtlicher Occipitalnerven ein metamerischer Umbildungs- process vollzogen, der den Plexus um ein oder einige Metameren caudalwärts zu- rückverlegte und damit eine mit dem 1. oder 2. oder 3. occipito-spinalen Nerven abschliessende hintere Grenze desselben herbeiführte. Die hiermit gewonnene schein- bare Annäherung an die Verhältnisse bei den Selachiern wurde somit erst sekundär durch das Zusammenwirken zweier sekundärer Momente erreicht, und hiermit har- monirt vollkommen die systematische Stellung, indem diese Zurückverlegung bei der Mehrzahl der Knochenganoiden nur 1, bei Amia 2 und bei den Teleostiern 2—3 Metameren ausmacht. Bei den Amphibien, wo der Plexus cervicalis ebenfalls mit dem 2. oder 3. Spinalnerven endet, bin ich geneigt, ein etwas primitiveres, dem der Selachier graduell etwas näher stehendes Verhalten anzunehmen. Bei den Urodelen mit minder rückgebildetem Kiemenapparat ist die vordere Extremität dem Schädel noch nicht so nahe gerückt wie bei den Anuren, deren Kiemen weiter zusammen- geschoben und reducirt sind; bei Ersteren endet der Plexus cervicalis mit dem 2. oder 3., bei Letzteren mit dem 2. Spinalnerven. Damit kombinirt sich aber auch eine mässige nach hinten gehende metamerische Umbildung desselben, indem er bei den Urodelen, Gymnophionen und aglossen Anuren in der Mehrzahl der Fälle mit dem 1., bei den opisthoglossen Anuren aber stets mit dem 2. Spinalnerven beginnt. — Bei den Amnioten (Sauropsiden und Mammalia) finden sich sehr wechselnde Zahlen der Plexuswurzeln, welche in ihrem Maximum (5 bis 6 Nerven) die bei der soeben besprochenen Gruppe beobachteten nicht unerheblich übertreffen und denjenigen zahlreicher Haie gleichkommen. Doch besteht auch hier nur Aehn- lichkeit, keine Homogenie. Die vordere Grenze des Plexus cervicalis der Amnioten (Plexus cervicalis s. str. s. Pl. hypoglosso-cervicalis) beginnt — abgesehen von dem noch nicht gesicherten Falle von Echidna — mit dem 1. oder 2. occipito-spinalen Nerven!) und dokumentirt damit sofort ihre viel höhere Stellung gegenüber den Haien, bei denen der Plexus mit dem drittletzten oder vorletzten Occipitalnerven anfängt. Die hintere Grenze, welche insbesondere die grosse numerische Variabilität des Plexus der Amnioten bedingt, endet mit dem letzten occipito-spinalen Nerven oder mit dem 1. oder 2. oder 3. freien Cervikalnerven (4, 5, 6.), bietet damit aber keine primitiven Beziehungen dar, sondern verdankt ihre caudale Verschiebung durchaus sekundären metamerischen Umbildungsprocessen, die in dem Maasse statt- haben konnten, als der Plexus cervicalis durch die caudalwärts gehende Wanderung der vorderen Extremität an seiner hinteren Grenze Freiheit und Ausbreitungsfähig- keit gewann. 1) Dass ich in dieser Hinsicht Sauropsiden und Mammalia gleich stelle und nicht der Annahme einer bei Letzteren weiter rostralwärts gehenden Verschiebung des Plexus um 1 bis 2 Metameren (wonach dieser somit erst mit dem 2. oder 3. oceipito-spinalen Nerven beginnen würde) zustimme, habe ich bereits im vorhergehenden Kapitel (p- 526) ausgeführt. 215] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 563 Mit diesen Verhältnissen steht auch das oben (p. 556) besprochene gegen- seitige Verhalten des Plexus cervicalis und Plexus brachialis in einem ge- wissen, aber keineswegs durchgreifenden genetischen Zusammenhange. Selachier, Holocephalen und Ganoiden dokumentiren zur Genüge die ursprüngliche Gemein- samkeit beider Plexus durch ihren einheitlichen Pl. cervico-brachialis. Aber schon bei den Selachiern ist zwischen einer mehr primären Aufeinanderfolge (niedere Haie) und einer mehr sekundären Deckung mässigen (höhere Haie) oder beträcht- licheren Grades (Rochen) zu scheiden; bereits früher (p. 442) wurde ausgeführt, dass für die Ausbildung des letzteren Verhaltens die sekundäre Vergrösserung der weiter nach hinten gewanderten Brustflosse das causale Moment gewährt. Die Holocephalen mit ihrer Deckung mässigen Grades rangiren in dieser Beziehung mitten unter den Haien. .Die Ganoiden, welche in der Hauptsache eine blosse Aufeinanderfolge und selbst Vorbereitungen zu einer Sonderung darbieten, dürften diese Vereinfachung ihrer Plexusbildung der sekundären Verkleinerung der Brustflosse verdanken; in gleicher Weise sind die Verhältnisse bei den Teleostiern zu beurtheilen. Die bei den Dipnoern in der Hauptsache vollzogene Sonderung beider Plexus findet in dem jetzt bestehenden Verhalten der Brustflosse allein nicht die ausreichende Er- klärung; dieselbe ist dem Schädel sehr genähert und zugleich bei dem primitiven Ceratodus'), wenn auch nicht so ausgedehnt wie bei den meisten Fischen, doch im- merhin ziemlich breit entwickelt. Man würde somit nach dem Verhalten derselben einen Plexus cervico-brachialis in minder vorgeschrittenem Stadium der Sonderung erwarten. Dass dieselbe hier dennoch mehr oder minder komplet vollzogen ist, weist den Dipnoern in dieser Hinsicht eine besondere Stellung den Fischen gegenüber an und lässt zugleich daran denken, ob bei denselben vielleicht sehr primitive Verhältnisse vorliegen, ober ob bei ihnen eine Vorwanderung der Flossen aus einer ursprünglich viel caudaleren Lage stattgefunden habe. Indessen reichen die bisherigen Materialien für die Entscheidung dieser Frage nicht aus; die bezüglichen Bemerkungen seien daher nur cum grano salis und durchaus hypothetisch gegeben. Bei den lebenden Am- phibien treten die zwei die Sonderung des Plexus cervicalis und brachialis bedingenden Momente, Rückbildung und rostralwärts gehende Zusammenschiebung der branchialen Region und Freiheit der vorderen, nicht mit dem Schädel verbundenen Extremität rein in Erscheinung und genügen in der Hauptsache zur Erklärung der zu beob- achtenden Verhältnisse. Die bei Einzelnen (Bufo indiv., Pipa) bestehenden intimeren Verbände beider Plexus dürften, zum grossen Theile wenigstens, mit der hier am meisten vorgeschrittenen rostralen Verschiebung der vorderen Extremität zusammen- hängen; zum Theile liegen hier aber auch individuelle und specifische Bildungen vor, die eine komplieirtere Vorgeschichte muthmaassen lassen; dass sie gegenüber dem Verhalten bei den anderen Amphibien sekundäre Erscheinungen darstellen, ist 1) Protopterus und Lepidosiren mit der Rückbildung und Verschmälerung ihrer Extremitäten geben keine Erklärung. Hier ist die komplet gewordene Sonderung beider Plexus wohl in der Hauptsache auf diesen ganz sekun- dären Reduktionsprocess zurückzuführen. 564 Max FÜRBRINGER [216 nicht zweifelhaft. Bei den Amnioten endlich hat die in weiterem Grade vorge- schrittene Rückbildung des visceralen Apparates und die beträchtlichere Wanderung der vorderen Extremität nach hinten zu der mehr oder minder vollkommenen Eman- cipation und selbst Entfernung des Plexus hypoglosso-cervicalis von dem Plexus brachialis geführt. — 4 Einiges Interesse gewährt auch die Art und Weise, in welcher die einzelnen Wurzeln zum Plexus cervico-brachialis resp. Plexus cervicalis und brachialis zu- sammentreten; ihre Richtung und Länge bietet hierbei ausserordentlich wechselnde Verhältnisse dar. Die Richtung der Wurzeln wird von den drei Faktoren der rostral- wärts gerichteten Vorwanderung der Ursprünge und Austritte dieser Wurzeln, von der Ausdehnung der visceralen Region nach hinten und von der Lage der vorderen Extre- mität beherrscht und ist demzufolge vorwiegend eine schräg descendente; doch zeigt sie dabei zwischen den Extremen eines transversal-descendenten bis transversalen und eines longitudinal-descendenten bis longitudinalen Verlaufes alle möglichen Uebergänge, selbst innerhalb der einzelnen Klassen, indem die genannten Faktoren mannigfach wechseln und ausser ihnen noch andere bestimmende Nebenfaktoren auftreten, deren speciellere Besprechung und Würdigung aber zu weit führen würde. Der aufmerksame Beobachter kann auch hier ein Stück Vorgeschichte ablesen‘). Dass bei den höheren Wirbelthieren mit reducirten Kiemen die transversal-descendente resp. transversale Verlaufsrichtung überwiegt, bedarf keiner besonderen Auseinandersetzung. — Die Länge der Wurzeln kann in gewissem Sinne als Gradmesser für die Intimität und Höhe der Ausbildung des Plexus dienen. Da die Plexusbildung in erster Linie von dem Verhalten der peripherischen Endorgane der das Geflecht zusammensetzenden Nerven bedingt wird, zeigt der einfachst gebildete Plexus resp. der Plexus in seinen An- fängen ein ganz lockeres Gefüge, indem nur die peripherischen Enden der Nerven Ansenbildungen eingehen. In dem Maasse aber, als die Umbildungen und Ver- lagerungen der Endorgane zunehmen, also die Plexusbildung weiter fortschreitet, kommt es zu vermehrten und mehr ausgebreiteten Ansae und der ganze Process dieser Schlingenbildungen rückt centralwärts, d.h. er nähert sich zusehends dem Ursprunge der Plexuswurzeln, womit ein enggeschlossener und meist auch mehr oder minder komplieirt zusammengefüster Plexus resultirt. Sobald aber in ausgebildeten Ge- flechten wieder sekundäre Lockerungen resp. Sonderungen oder Auslösungen gewisser Theile sich ausbilden, wird der beschriebene Weg der Heranbildung der Plexus in retrograder Richtung wieder durchlaufen, d. h. die Ansenbildung wird vereinfacht, rückt peripherwärts und löst sich endlich. Für alle diese, allenthalben, wo Nerven- verbindungen vorkommen, erweisbaren Verhältnisse bieten auch die vorliegenden Geflechte zahlreiche Illustrationen dar, auf die im Detail nicht eingegangen zu werden braucht. Auch kann man mit der höheren Stellung der betreffenden Wirbel- thiere eine zunehmende Entwickelung ihrer Plexusbildungen erkennen, aber nur im 1) Ich beschränke mich hier auf diese wenigen Bemerkungen und verweise hinsichtlich des Näheren auf meine früheren Ausführungen (1879 und 1888). 217] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 565 Allgemeinen und nicht ohne zahlreiche Ausnahmen, welche wiederum durch be- sondere Specialfaktoren innerhalb der einzelnen Klassen bestimmt werden und wobei sich progressive und regressive Richtungen in mannigfachster Weise kombiniren können). Die muskulösen Endorgane des Plexus cervicalis (hypoglosso-cervicalis) werden bei der überwiegenden Mehrzahl der Haie und bei den Holocephalen durch die vorderen Rumpfmuskelmetameren, die hypobranchialen und die epibranchialen spinalen Muskeln repräsentirt; die letzterwähnte epibranchiale Gruppe zeigt hierbei sehr wechselnde Beziehungen in ihrer Ausbildung und bei vielen Haien und Holo- cephalen eine mehr oder minder vorgeschrittene Rückbildung. Dies führt zu dem Verhalten bei vereinzelten Haien (Scymnus), den Rochen und anderen Gnathostomen, wo epibranchiale Zweige des Plexus mit den gleichnamigen Muskeln gänzlich geschwunden sind; hier kommen nur noch die hypobranchialen spinalen Muskeln und die vorderen Rumpfmyomeren in Frage. Die die Rumpfmuskulatur innervirenden Seitenzweige zeigen aber auch hier eine successive Abnahme, indem sie bei den Fischen, Dipnoern und Amphibien von allen vorhandenen Plexuswurzeln abgegeben werden, bei den Sauropsiden dem ersten oder den beiden ersten oceipito-spinalen Nerven fehlen können und dann nur von den zwei letzten oder dem letzten occipito-spinalen Nerven und den freien Spinalnerven entstehen, bei den untersuchten Mammalia aber an allen occipito-spinalen Nerven (N. hypoglossus) vermisst werden und nur freien spinalen Nerven entstammen; bei den Säugethieren verzweigt sich der N. hypoglossus also lediglich in Repräsentanten der hypobranchialen spinalen Muskulatur. Auch die von Anfang an beträchtlich redueirte sensible Ausbreitung des Plexus cervicalis zeigt in der Reihe der Wirbelthiere von den Selachiern bis zu den Amnioten eine zunehmende Verminderung bis zur völligen Rückbildung. — Wie aus den früheren Mittheilungen bei Besprechung der einzelnen Klassen und aus der oben (p. 557f.) gegebenen Tabelle hervorgeht, zeigt die speciellere Ausbreitung der Endäste des Plexus mit Rücksicht auf die metamerische Reihenfolge der Wurzeln, denen sie entstammen, einen ungemeinen Wechsel. So wurde schon hinsichtlich der epibranchialen Aeste der Haie und Holo- cephalen (cf. p. 399) gefunden, dass z. B. der Nervus subspinalis in variabler Weise von den occipitalen Nervenv.w.x oderv.w.x.yoderw.@.yoderw.w.y.z (Notidaniden), oder ©.y (Scyllium), oder y.z (Acanthias, Laemargus, Chimaera) ab- stammt, und ähnliche Variirungen von @.y (Notidaniden) zu y.z (Acanthias, Scyllium) und z (Laemargus) wurden hinsichtlich des N. interbasalis 1. beobachtet, — also 1) Aehnliches wie für die Verbindungen der Plexuswurzeln gilt bekanntlich auch für die Verbände der dorsalen und ventralen Wurzeln der Spinalnerven, die bei den niederen Wirbelthieren auch ganz peripher beginnen und mit der Höhe der Entwickelung successive centralwärts bis in den Bereich der Wirbelsäule rücken und bei Rückbildungen ebenfalls retrograde Entwickelungsrichtungen zeigen können. Festschrift für Gegenbaur. IIL -1 ww 566 Max FÜrRBRINGER [218 im ersteren Falle eine metamerische Verschiebung der Innervation bis zu drei, im letzteren bis zu zwei Nervenwurzeln. In noch breiteren Grenzen bewegen sich die Schwankungen bei den hypo- branchialen Zweigen, welche sich von den Selachiern bis hinauf zu den Säuge- thieren vergleichen lassen. So geschieht die Versorgung des M. coraco-mandibu- laris (branchio-mandibularis, genio-hyoideus) bei den Dipnoern und bei Acipenser durch @.y oder y, bei den Notidaniden, einigen anderen Haien und Polypterus (ind.) durch y.z, bei Polypterus (ind.) durch z, bei zahlreichen Haien, Torpedo (juv.), Chi- maera, Amia (ind.) durch z.1 (resp. z.a), bei einigen höheren Haien, Torpedo und Rhinobatus durch 2.1.2, wozu (bei Rhinobatus) auch einige Fasern von 3 hinzu- kommen können, bei Raja, Amia, den Urodelen, Gymnophionen und aglossen Anuren, sowie gewissen Sauropsiden und Säugethieren durch 1 (resp. a) oder 1.2 (a.b), bei Raja und mehreren Amnioten durch 1.2.3 (a.b.c), bei Pipa (ind.) und den opi- sthoglossen Anuren durch 2 und endlich bei Raja (ind.), sowie den meisten Sauro- psiden und vielen Säugethieren durch 2.3 (b.c) oder 2.3.4 (b.c.4), — also in den Grenzen einer Verschiebungsbreite von 4—5 Metameren. Und noch mehr — in der Variirungsbreite von 9 Metameren — varlirt die Innervation des caudalen Endes der hypobranchialen Muskulatur (letztes Myomer des hinteren Hauptstockes der Coraco-arcuales, hinteres Myomer der Sterno-omo-hyoidei), indem dasselbe bei Dipnoern und Acipenser von z, bei den meisten Ganoiden von a, bei einzelnen Haien, den Holocephalen, den ostariophysen Teleostiern und der Mehrzahl der Amphibien von 2 (resp. b), bei vielen Haien, Amia, den meisten Teleostiern, einzelnen Uro- delen, einigen Sauropsiden von 3 (resp. c), bei zahlreichen Haien, den meisten Sauropsiden und vereinzelten Säugethieren von 4 (resp. dem 1. freien Cervikalnerven der Amnioten), bei einigen Haien, einigen Sauropsiden und den meisten Säugethieren von 5 (resp. dem 2. freien N. cervicalis), bei Torpedo, vereinzelten Amnioten und der Mehrzahl der Primaten von 6 (resp. dem 3. freien Cervikalnerven), bei einigen höheren Haien und Rochen von 7 und endlich bei Raja von 8 oder 9 versorgt wird. — Bezüglich des hinteren Endes der hypobranchialen spinalen Musku- latur ist wegen des zum Theil recht vagen Zusammenhanges mit dem Schulter- gürtel und der Uebergänge in die mehr caudal gelegene Rumpfmuskulatur die ge- naue Grenze nicht durchweg mit Sicherheit zu ziehen und damit die Bestimmung der Identität derselben bei den Wirbelthieren nicht allenthalben durchführbar; dass aber ihre Variirungsbreite bis zu 9 Metameren ansteigt, erscheint nicht zweifelhaft, denn gerade die Extreme, die sich bei Dipnoern und bei Rochen finden, gestatten bei den typischen Formen derselben eine sichere Abgrenzung des hinteren Endes gegen den Schultergürtel. Hinsichtlich der anderen, der epibranchialen und hypo- branchialen Muskulatur entnommenen Beispiele sind die Homologien klar und die angegebenen Grade der metamerischen Verschiebung gesichert. Ich unterlasse es, hier weiter auf das Wesen dieser Verschiebungen und nach- ahmenden Neubildungen der metamerisch verschieden innervirten Muskeln einzugehen, und verweisc diesbezüglich auf meine früheren Ausführungen über imitatorische 219] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 567 Homodynamie oder Parhomologie (1875 und 1879), die mir durch zahlreiche, seitdem bekannt gewordene genaue Untersuchungen mehr als je gefestigt erscheinen') und wie für die Gebiete der Extremitäten und der Eingeweide, so auch für das vor- liegende (incl. die metamerische Verschiebung der ventralen Rumpfmuskel-Myomeren, cf. p. 443 ff.) volle Anwendbarkeit finden. Hervorzuheben ist aber, dass diese Um- bildung und Verschiebung schon am Anfang des Rumpfgebietes stattfindet, dass so- mit schon hier und nicht erst in seinem weiteren Verlaufe die Flüssigkeit und Be- weglichkeit der bezüglichen Elemente nachgewiesen werden kann. Dass dieselbe schon innerhalb der Selachier in ganz erheblichen Breiteschwankungen geschieht, ist auf den ersten Blick sichtbar, nicht minder, dass bei den anderen Wirbelthieren diese Wanderungen und Veränderungen bald in rostraler, bald in caudaler Bewegung in der grössten Mannigfaltigkeit, zum Theil auch unter Umkehrung ihrer Bewegungs- richtungen in der phylogenetischen Geschichte desselben Thieres stattfinden. Nicht minder wechselt die epibranchiale und hypobranchiale Muskulatur in ihrem Verhalten zu dem visceralen Skeletsystem, dem sie, wie aus ihrer Innervation erkannt wird, ursprünglich fremd war. Nachdem sie aber durch rostralwärts gehende Vorwanderung mit demselben Verbindung genommen und sich hier gewissermaassen neue Plätze erobert, hat sie sich dem Visceralskelet in einer Weise angepasst, dass der die Innervation und ihre Wandelungen nicht berücksichtigende Untersucher vermeinen könnte, es sei hier eine ursprüngliche Kongruenz der Branchiomeren mit den epibranchialen und hypobranchialen Muskelelementen vorhanden, dass selbst die ontogenetische Untersuchung eine wirklich metamerische Zusammengehörigkeit der cerebralen und spinalen Myomeren vortäuschen kann. Alles dies wird durch die sorgfältig angewandte vergleichend-anatomische Methode auf seinen wahren Werth zurückgeführt, als dysmetamer erkannt, und damit zugleich eine Vorgeschichte ent- hüllt, von der die rein ontogenetische Beobachtung nur ganz wenig, und auch dieses zum Theil von cänogenetischen Fälschungen entstellt (cf. p. 439), erkennen lässt. Aus allem Diesem leuchtet zur Genüge ein, wie vorsichtig und enthaltsam der ontogenetische Untersucher sein muss, damit er nicht aus einseitigen und un- vollkommen auf ihre Cänogenien geprüften ontogenetischen Materialien weitere und dann sehr oft zweifelhafte oder irrige phylogenetische Schlüsse ziehe. Vieles voll- zieht sich, wovon die rein und konsequent durchgeführte ontogenetische Forschung 1) Wiederholt sind seitdem auch myologische Arbeiten erschienen, welche wohl meist aus Bequemlichkeits- gründen die Innervation der Muskeln unbeachtet lassen, zum Theil aber auch glauben, von ihr als unwesentlich für die wahre Erkenntniss der Muskeln absehen zu können. Anderen erscheint die Lehre von der metamerischen Um- bildung und die Zusammengehörigkeit von Muskel und Nerv gesichert, aber der Begriff der Muskel-Homologien von mir zu eng gefasst und damit zugleich ein Hemmniss für die Zukunft gegeben. Auch tauchten hin und wieder zu- zufolge missverstandener oder falsch erfasster Befunde oder auch ohne dieselben Auffassungen auf, welche der Theorie der Ex- und Intercalationen in dieser oder jener Form das Wort reden. Auf alles dies erscheint mir eine Erwiderung unnöthig. — Von tieferer und prineipieller Bedeutung ist dagegen jene, der meinigen diametral entgegenstehende An- schauung, welche, namentlich auf Grund der neueren histologischen und histogenetischen Untersuchungen auf neurologischem Gebiete, ein sekundäres Zusammentreten von Nery und Muskel befürwortet und unter diesem Gesichts- punkte allerdings die ganze Lehre von den metamerischen Umbildungen nicht braucht, sondern sie durch ein ein- faches Auswachsen des Nerven nach den Muskeln hin ersetzt (vergl. auch meine Hıs betreffenden Bemerkungen auf p- 554 Anm. 1). Auf diese Frage wird weiter unten, am Ende dieser Abhandlung, in Kürze einzugehen sein. 72* 568 Max FÜRBRINGER [220 nichts ahnen lässt. Der sich höhere Probleme stellende ÖOntogenetiker kann der vergleichenden Untersuchung und Methode nicht entbehren. Des Weiteren resultirt aber aus diesen durch die vergleichende Anatomie er- schlossenen Veränderungen und Umbildungen der peripherischen Endgebiete der spinalen Nerven, dass es für die genaue und richtige Beurtheilung eines Nerven nicht genügt, denselben von seinem Anfange bis zu seinem Ende nebst den von ihm versorgten Endorganen zu verfolgen, sondern dass hierzu die ein- gehende vergleichend-anatomische Untersuchung desselben und seiner nachbarlichen Gefährten mit Rücksicht auf seine phylogenetischen Wandlungen unerlässlich ist'). Von jenen durchaus unzureichenden Beobachtungen, welche sich bloss mit der Erschliessung von Theilstrecken der Nerven begnügen, spreche ich hier überhaupt nicht. Aber ebenso wenig wie man unter einseitiger Hervorhebung der centralen Verhältnisse der Nerven ohne genauere vergleichende Untersuchungen speciellere Folgerungen hinsichtlich ihres gesammten Verhaltens ziehen darf, ebenso wenig soll man aus der noch so genauen Specialkenntniss des peripherischen Verlaufes auf die metamerischen und korrelativen Beziehungen der Nerven schliessen. Ohne die Beachtung dieser Grundsätze und Cautelen wird man stets Gefahr laufen, zu falschen Resultaten zu gelangen, und die Ergebnisse, zu denen u. A. FiscHer (Necturus), von IHERING und Perer (Pipa), Mc. Murricn, MAYsER unter Missachtung dieser Regel kamen, sind lehrreiche Exempel dafür. Die Verbindungen der occipitalen und oceipito-spinalen Nerven resp. des Hypoglossus mit echten Gehirnnerven (Trigeminus, Facialis, Glossopharyngeus und Vagus) besitzen keine tiefere Bedeutung. Es sind lediglich durch Bindegewebe vermittelte Verklebungen sich begegnender oder an einander vorbeiziehender peri- pherischer Theile dieser Nerven und durchweg sekundär entstanden. Alle jene Anschauungen, welche in ihnen Reste ursprünglicher Kommissurenbildungen oder netzförmige Zusammenhänge zwischen cerebralen und spinalen Nerven erblicken, gewähren keine richtige Beurtheilung der wirklichen Thatsachen. Die Anastomosen mit dem Sympathicus dagegen repräsentiren zu einem grossen Theile wirkliche Wurzeln desselben (Rr. viscerales) und sind insofern von Interesse, als sie den Beweis für die immer noch von Einzelnen bezweifelte Thatsache erbringen, dass sympathische Fasern und Ganglien auch den ventralen Spinalnervenwurzeln entstammen’). — 1) Selbstverständlich sind die nach vergleichenden Grundsätzen ausgeführten ontogenetischen Untersuchungen dem Morphologen stets willkommen; sie dürfen aber nicht ausser Acht lassen, sich mit den vergleichend-anatomischen Resultaten in Einklang zu setzen. 2) van WIJHE (1882 p. 36) hat meines Wissens zuerst auf die Existenz eines sympathischen Ganglions an der ventralen Wurzel des letzten Kopfsegmentes von Seyllium-Embryonen aufmerksam gemacht (vergl. auch diese Abhandlung p. 369), nachdem ihm Freup (1878 p. 75 Taf. II Fig. 4) in dem Nachweise von, den ventralen Wurzeln des Caudalmarkes von Petromyzon eingelagerten, Zellen, die er als Ganglienzellen anspricht, vorausgegangen war. Desgleichen wird die Existenz von Zellen in den ventralen Spinalnervenwurzeln bei Embryonen von Petromyzon und Acipenser (Neurocyten, Spongioeyten ete.) von KUPFFER wiederholt (1890 p. 547, 1894 p. 67—69, Taf. XII) konstatirt; bei Aeipenser bilden dieselben sogar ein sehr ansehnliches ventrales Ganglion, das aber (ebenso wie die Ganglienzellen- anhäufungen bei Ammocoetes) im weiteren Laufe der Entwiekelung der Nerven sich auflöst resp. in die Länge zieh 221] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 569 Wie in diesem und den früheren Kapiteln nach den verschiedensten Rich- tungen ausgeführt worden (cf. p. 439 f., 549 f.), sind die bisher behandelten spino- oceipitalen (occipitalen und occipito-spinalen) Nerven und der von ihnen abzuleitende N. hypoglossus echte spinale Nerven, welche sich den echten cerebralen oder paläo- kranialen Nerven gegenüberstellen und ursprünglich in der metamerischen Folge hinter (caudal von) ihnen sich befanden. Diese Folge hat sich in dem Maasse nach und nach verwischt, als einerseits der letzte paläokraniale Nervenkomplex (Vago- Accessorius) an seinem caudalen Ende sich rückzubilden begann und andererseits die vorderen (rostralen) von den spino-occipitalen Nerven verkümmerten und demzu- folge ein Vorrücken der darauffolgenden bis in die medullare Region, welcher der Vago-Accessorius entspringt, statthatte.e Namentlich durch diese topographische Nachbarschaft sind viele frühere Autoren verführt worden, die occipitalen Nerven als ventrale Vaguswurzeln mit dem Vagus zu vereinigen, und auch mancher neuere Embryolog glaubte in dem Umstande, dass diese Nachbarschaft auch in der Onto- genese als etwas in der Hauptsache Vollzogenes, Fertiges auftritt), Beweise für die Richtigkeit dieser Anschauung gefunden zu haben. Namentlich Frorırr und SaGE- MEHL haben das bleibende Verdienst, gegen diese Vereinigung beider verschiedener Kategorien mit guten Gründen aufgetreten zu sein. Das Eingehen in diese Materie giebt aber zugleich Veranlassung zu weiteren Fragestellungen, von denen hier zwei hervorgehoben seien: 1) Die Vergleichung zwischen den typischen Cerebralnerven und den Spinalnerven ergiebt bei beiden Kategorien den gemeinsamen Besitz zweier Wurzeln, von denen die ventralen motorische, die dorsalen sensible oder vorwiegend sensible Fasern enthält; die motorischen Fasern entspringen aus central gelegenen Ganglienzellen, die sensibeln aus peripherischen Ganglien. Hinsichtlich der weiteren Vergleichung der Spinal- und Cerebralnerven bestehen aber Differenzen. Die ventralen Wurzeln der Spinalnerven entstammen ventral gelegenen Ganglien und treten in ventraler Richtung aus dem Rückenmarke aus; die dorsalen setzen sich aus sensiblen Fasern zusammen, welche von den spinalen Ganglien aus in den dorsalen Bereich der Medulla spinalis eintreten, enthalten aber auch eine (allerdings noch nicht allenthalben nachgewiesene) beschränkte Anzahl durchtretender Fasern, welche nach Art motorischer Nerven von dorsal oder ventro-lateral gelegenen Ganglien- und verschmächtigt; diese Ganglienzellen werden allerdings nicht als sympathische angesprochen, sondern als Bildungs- zellen des Nerven. Neuerdings hat dann SEpGwick (1896 p. 105, 106) hervorgehoben, dass bei Scyllium sympathische Ganglien im Verband mit den sogenannten vorderen Wurzeln des Vagus (Oceipitalnerven), also mit Nerven ohne hintere Wurzeln gebildet werden. — Bei den höheren Wirbelthieren ist die Kenntniss der Ursprungsverhältnisse der motorischen sympathischen Fasern aus den vorderen Wurzeln der Spinalnerven und den Ganglienzellen der Vorder- und Seitenhörner, sowie der sonstigen Beziehungen dieser Fasern (praecellulärer und postcellulärer Fasern), namentlich durch die in den letzten Jahren ausgeführten Untersuchungen von GASKELL, LANGLEY, RAMON y CAJAL, VAN GEHUCHTEN, Sara, KÖLLIKER, LENHOSSEK, DOGIEL u. A. in hohem Grade gefördert werden. Hinsichtlich des Näheren verweise ich insbesondere auf den bezüglichen Passus in KöLLIKkEr’s Gewebelehre (1596 p. 854 f.). 1) Die geringgradigen Verschiebungen während der Entwickelung des Individuums wurden hierbei von den Meisten übersehen oder wenigstens nicht richtig erkannt. 570 MAx FÜRBRINGER [222 zellen beginnen und in lateraler oder dorso-lateraler Richtung die Medulla durchsetzen, um sich den sensibeln Fasern beizumengen und mit ihnen das Rückenmark zu ver- lassen. Die Verbindung beider Wurzeln erfolgt erst im peripherischen Nervenbereiche und zwar bei den tiefer stehenden Fischen leicht trennbar nach ziemlich langem gesonderten Verlaufe, um erst bei den höher stehenden Wirbelthieren früher und inniger sich zu vollziehen (cf. p. 439, 440 und p. 565 Anm. I). Bei den typischen Cerebralnerven (Trigeminus, Acustico-Facialis, Glossopharyngeus, Vagus) verhalten sich die sensibeln Wurzeln ähnlich wie bei den Spinalnerven, die motorischen ent- springen der ventro-lateralen Zellensäule des hinteren Abschnittes der Gehirnbasis, durchsetzen dieselbe in schräg dorso-lateralwärts aufsteigender Richtung und mengen sich innerhalb des Gehirns oder gleich nach dem Austritte aus demselben den sensibeln Wurzeln bei. Ausserdem aber existiren Gehirnnerven (Oculomotorius, Abducens), welche nach Art der ventralen Spinalnerven von ventro-medial gelegenen Kernen im Gehirn entspringen und dasselbe ventral verlassen‘). Hinsicht- lich der (ganz allgemeinen) Homologie der sensibeln Wurzeln der Cerebral- und Spinal- nerven bestehen kaum Kontroversen; sehr getheilt sind dagegen die Auffassungen bezüglich der motorischen Wurzeln. Sind die ventralen motorischen Wurzeln der Spinalnerven lediglich den Nn. oculomotorius und abducens oder auch den motorischen Wurzeln der typischen Gehirnnerven zu vergleichen oder repräsentiren Letztere nur die ansehnlicher entwickelten Homologa der durchtretenden Fasern der Rücken- marksnerven? 2) Im Vorhergehenden wurde hervorgehoben, dass die spino-occipitalen Nerven der bisher untersuchten Thiere (Gnathostomen) ursprünglich caudal von den Gehirnnerven ihren Ursprung von dem ventralen Rückenmarke genommen haben. Von dem occipitalen Nerven ® ab, welcher bei den Notidaniden den ersten hinter der Kiemenregion verlaufenden und auf diesem Wege zu der hypobranchialen Muskulatur gelangenden Nerven repräsentirt, sowie für alle ihm folgenden spino-occipitalen Nerven (y, 2, etc.) ist dies direkt vom Präparate ablesbar und kann wohl von Niemand bezweifelt werden. Hinsichtlich der Nerven v und w dagegen, die sich im M. subspinalis erschöpfen, fehlt dafür die direkte Demonstratio ad oculos, wenn man nicht die innere Konfiguration der bezüglichen Region des Craniums als eine solche ansehen will; hier waren es vergleichende Erwägungen, die mich dazu führten, auch deren einstmalige Lage hinter dem Palaeocranium zu postuliren. Aber vor v lagen, wie wahrscheinlich gemacht werden konnte, noch weitere nach Art der Spinalnerven oder ihrer ventralen Wurzeln gebaute Nerven u, t etc. Soll auch von diesen angenommen werden, dass sie dereinst hinter dem primordialen Schädel lagen, oder waren sie von Anfang an typische Bestandtheile desselben, etwa wie die Nn. abducens und oculomotorius? Oder kann man auch hin- 1) Von dem motorischen, aber, wie Hıs recht gut bemerkt, ultradorsal austretenden und auf die Gegenseite gelangenden N. trochlearis sehe ich hier zunächst ab. — Dass der Stamm (Lobus) des Olfactorius und der des Optieus gar nicht zum peripherischen Nervensystem gehören, bedarf keiner weiteren Erwähnung. 223] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 571 sichtlich dieser beiden letzteren daran denken, ob sie nicht aus dem primordialen Rumpfbereiche erst sekundär in den Kopfbereich gelangten? Beide Fragen sind von embryologischer Seite stets widersprechend beantwortet worden, und manche Antwort lässt erkennen, dass sie auf Grund zu eng begrenzter ontogenetischer Materialien und ohne genügende Berücksichtigung und Abschätzung der cänogenetischen Momente gegeben wurde. Hier lag mir lediglich daran, diese Fragen zu stellen. Mit den bisher in dieser Untersuchung behandelten Thieren dürften dieselben weder auf ontogenetischem noch auf vergleichendem Wege lösbar sein. Sie verlangen ein Eingehen auf die tiefer stehenden Abtheilungen der Wirbelthiere (Petromyzonten, Myxinoiden und Leptocardier) und sollen daher erst im nächstfolgenden 3. Abschnitte wieder aufge- nommen werden. Noch sei der epibranchialen und hypobranchialen spinalen Muskulatur specieller gedacht. Ueber die vergleichend-anatomischen Beziehungen der epibranchialen spinalen Muskulatur habe ich bereits eingehend in dem 1. Abschnitte dieser Arbeit (p. 416f., 444 nnd 446) gehandelt und verweise auf die dortigen Aus- führungen. Diese Muskulatur bildet gewissermaassen eine Insel, die nur bei den Haien und Holocephalen erhalten geblieben ist, in bester Entwickelung bei den Notidaniden, bei den pentanchen Haien aber in mehr oder minder vorgeschrittener Verkümmerung, die bei einzelnen Vertretern derselben selbst bis zur totalen Rück- bildung geführt hat. Bei allen untersuchten Rochen ist sie vollkommen reducirt, ebenso bei allen anderen Gnathostomen von den Ganoiden und Dipnoern bis hinauf zu den Säugethieren. Die causalen Bedingungen dieser Rückbildung liegen nicht klar; sie eilt der Reduktion des Visceralapparates überhaupt beträchtlich voraus und fehlt auch da, wo die Verhältnisse des Skeletes eine hoch entwickelte epibranchiale Muskulatur gestatten würden. Die ihr benachbarten Muskeln, die cerebralen Arcuales dorsales, können sich hierbei verschieden verhalten; entweder bleiben sie von diesen Rückbildungen mehr oder minder unberührt (Selachier) oder sie breiten sich dorsalwärts aus und nehmen von den einstigen Wohnstätten der Interbasales Besitz, diese Muskeln oft so genau nachahmend, dass ohne Berücksichtigung der Innervation ihre wahre morphologische Natur kaum zu erkennen wäre (Ganoiden, Teleostier, gewisse Amphibien). Bei den noch höheren Abtheilungen schwinden in Korrelation zu den Skelettheilen alle hier sich befindenden Muskelgebilde. Wie ich a. a. O. darzulegen versucht habe, glaube ich, als Ausgang gebend für die ganze epibranchiale Muskelgruppe, einen primordialen hypaxonischen, von Occipital- und Spinalnerven versorgten Rumpfmuskel ansprechen zu dürfen, der in den Hauptzügen an den M. subspinalis « der Notidaniden erinnert haben mag. Durch Verbindung mit dem Kiemenskelet kam der weitere Apparat zur Entfaltung. Dieser primordiale Subspinalis stand höchstwahrscheinlich zu den Anfängen des u A Max FÜRBRINGER [224 Seitenrumpfmuskels im innigsten Konnexe; das Verhalten des Subspinalis a der Notidaniden mit Rücksicht auf die Seitenrumpfmuskulatur und die specielle Art ihrer Innervation geben dafür mehr als eine Andeutung. Man wird kaum fehlgehen, wenn man folgert, dass die ursprünglich einheitliche Rumpfmuskulatur (System der spinalen Myotome) sich in eine laterale und mediale Partie gesondert habe, von denen Erstere durch das System der Seitenrumpfmuskeln, Letztere durch den Subspinalis resp. die epibranchiale Muskulatur repräsentirt wird. Während aber die Seiten- rumpfmuskulatur weiterhin ein mehr oder minder hoch entwickeltes Wachsthum in dorsaler, lateraler und ventro-lateraler Richtung einging und zu der mächtigen Aus- bildung und Differenzirung gelangte, welche die Rumpfmuskeln und ihre vielfachen Abkömmlinge in der ganzen Ausdehnung des Rumpfes in der bekannten Weise kennzeichnet, blieb die subspinale Muskulatur auf den vorderen Bereich der primor- dialen Wirbelsäule beschränkt und hielt sich zugleich trotz verschiedenartiger Ver- änderungen im Detail (wovon auch der epibranchiale Plexus Zeugniss giebt) in den Grenzen ihres primitiven medialen Gebietes. Die subspinalen Nerven zeigen demgemäss in kaum veränderter Weise den primordialen Verlauf von der Medulla nach ihrem Muskel, medial von dem N. vagus, während die zu der Seitenrumpfmuskelmasse gelangenden mit ihren nach den verschiedensten Rich- tungen gehenden, weitverzweigten Aesten die hohe sekundäre Differenzirung dieser Muskulatur deutlich erkennen und ihre Wachsthumsbahnen ablesen lassen. Eine nach Lage und sonstiger Beschaffenheit einigermaassen an den Subspinalis erinnernde Muskulatur findet sich bei den höheren Wirbelthieren in dem hyp- axonischen System des Longus colli, das von kurzen Zweigen der Spinalnerven inner- virt wird. Ob dieses System ein echtes Homodynamon des Subspinalis repräsentirt oder ob es eine ganz sekundäre, von der epaxonischen Muskulatur erst abgezweigte Bildung darstellt, kann bei der noch ungenügenden morphologischen Kenntniss des- selben zur Zeit nicht entschieden werden. Ich neige mehr zur letzteren Alternative. Mit den morphologischen Ergebnissen, betreffend den Subspinalis, harmoniren die bisherigen ontogenetischen Untersuchungen. Wenn dieselben auch, mit Aus- nahme einiger mehr allgemein gehaltenen Angaben Donrv’s, nicht eigentlich auf den Subspinalis oder die epibranchiale spinale Muskulatur, sondern nur auf die Anfänge der Seitenrumpfmuskulatur gerichtet sind, so wird doch von den Autoren (van WıHE 1882 p. 40, Razı 1889 p. 228, Horrmann 1894 p. 650) angegeben, dass diese An- fänge bei Acanthias, Pristiurus und Scyllium aus den letzten 4 (van Wıu#r, Horr- MANN!)) bis 5 (Ragr) Kopfsomiten sich herausbilden, dass somit die Embryonen der genannten Selachier die gleiche Zahl von Myomeren wenigstens zur Anlage bringen, welche die Notidaniden zeitlebens behalten. In diesem Stücke leistet somit die Öntogenie mehr als in der embryologischen Untersuchung der Occipitalnerven, wo sie bisher bei den pentanchen Haien nur drei erwiesen hat (cf. p. 438)2). Nach 1) Das letzte Kopfsomit HoFFMANN’s deute ich als zu a gehörig (cf. p. 362). 2) Abgesehen von den neuesten, aber noch nicht vollkommen klargelegten kurzen Mittheilungen SEDGWICK’s (1896 p. 105); vergl. auch p. 545 Anm. 1 dieser Abhandlung. 225] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOCEPHALEN ETC. 573 van Wine und Horrmann ist der erste der hier in Frage kommenden vier Kopfsomiten der 6., während der 3. den Rectus externus hervorgehen lasse; zwischen ihnen liegen somit der 4. und 5. Somit, aus welchen sich keine Muskeln bilden. Da der 6. Somit dem Occipitalnerven w entspricht, so würde 5 zu dem bei Hevanchus und Heptanchus wirklich vorhandenen Occipitalnerven v gehören, 4 und 3 dagegen zu den — Mangels ontogenetischer Untersuchungen an Notidaniden — bisher noch nicht gefundenen, aber aus vergleichend-morphologischen Gründen (s. oben) wahrscheinlich gemachten Oceipitalnerven « und f. Der 3. Kopfsomit der genannten Embryologen wird sonach aus vergleichend-anatomischen Gründen durch einen — ursprünglich im segmentalen Niveau des Vagusgebietes, wenn nicht hinter demselben befindlichen — Oceipital- nerven, auf Grund der ontogenetischen Befunde durch den zwischen Trigeminus und Facialis liegenden Abducens innervirt! Hier liegt eine Diskrepanz zwischen vergleichend- morphologischer und descriptiv-ontogenetischer Untersuchung vor, wie sie grösser nicht leicht gedacht werden kann. Obwohl im vorliegenden Falle die vergleichende Morphologie sich zur Zeit noch mit blossen Schlüssen begnügen muss, die descri- ptive Ontogenie aber über gesicherte (wenn auch nicht allenthalben anerkannte, vergl. z. B. Ragı. 1889 p. 230f., 1892 p. 133) Untersuchungsbefunde zu verfügen glaubt, stehe ich doch nicht an, den ersteren die grössere Zukunft zu geben. Wieder zeigt hier der specielle ontogenetische Befund ganz ungemeine Verkürzungen und Zusammenschiebungen, welche die wirkliche, erst auf dem mühseligen Wege vorsichtiger morphologischer Vergleichung zu erschliessende Vorgeschichte kaum ahnen lassen und nur geeignet sind, zu Täuschungen Anlass zu geben '!). — Auch hinsichtlich der hypobranchialen spinalen Muskulatur (Coraco- arcualis) ?) verweise ich auf die zusammenfassenden Ausführungen im 1. Abschnitte (Selachier und Holocephalen, p. 433 f., 455 und 456), welche der Beschreibung der- selben bei den anderen Gnathostomen zum Ausgang dienen. Zeigte sich dieselbe bereits bei den Selachiern und Holocephalen als der weitaus beständigere Antheil der an das Visceralskelet gehenden spinalen Muskeln, so gilt das auch für alle höheren Thiere von den Ganoiden bis zu den Säugethieren: allenthalben bildet sie eine mehr oder minder ansehnliche Muskelmasse, der wohl gewisse Komponenten durch Reduktion abhanden kommen können, die aber in ihren wesentlichsten Be- standtheilen gesichert bleibt. Sie wird namentlich bei den höheren Wirbelthieren von den meisten Autoren als die vordere Fortsetzung des Rectus-Systemes, als der Rectus des Halses angegeben; doch zeigt die genauere Untersuchung, dass sie nicht bloss diesem Muskel, sondern überhaupt der ventralen Abtheilung des Seitenrumpf- muskels entstammt, dass sie somit dem Rectus und den ventralen Theilen der Obliqui homodynam ist. Das wird namentlich in den Fällen deutlich, wo der 1) Uebrigens zeigt der Vergleich der ontogenetischen Befunde bei Haien mit denen bei Rochen (Torpedo), wie sehr variabel in der Zahl sich die Somiten anlegen können (vergl. auch Dourn 1890. B. p. 334f. und KıvLıan 1891 p. S6f.). Also eine neue Unsicherheit! Ueber diesen Punkt wird später noch zu sprechen sein. 2) In der folgenden Darstellung wähle ich als zusammenfassende Bezeichnung dieser ganzen Muskulatur der einfacheren Darstellung wegen den Namen Coraco-arcualis (anstatt der VETTER'schen Benennung Coraeo-arcuales). Festschrift für Gegenbaur. IIL 73 er 974 Max FÜRBRINGER [226 Schultergürtel von vornherein schwach angelegt ist (Amphibien) oder wo er mehr oder minder weitgehend verkümmert oder selbst völlig sich rückbildet (gewisse Dipnoer und Amphibien, schlangenähnliche Saurier und Ophidier); hier sind die Zusammen- hänge mit der ventralen Rumpfmuskulatur sehr ausgedehnte, und neben sekundären Verbindungen finden sich auch manche primitivere Zusammenhänge, die übrigens auch verschiedenen Abtheilungen mit gut entwickeltem Schultergürtel nicht fehlen. In der Regel bildet der Schultergürtel den hinteren (caudalen) Ausgangs- punkt dieser Muskulatur. Bei den Selachiern war es der ventrale Abschnitt des- selben (Korakoid), bei den Holocephalen dieser und der angrenzende Theil des dor- salen (Scapula), welcher dem Coraco-arcualis (resp. Coraco-omo-arcualis) als Ursprungs- stelle diente; unter Umständen konnte die Muskulatur auch an der Oberfläche und in der Tiefe weitere Ursprünge von den die Muskeln deckenden Fascien etc. ge- winnen. Bei den Ganoiden treten die Deckknochen des primordialen Schultergürtels, Clavicula und Oleithrum, in den Vordergrund; an sie aberrirt ein mehr oder minder ansehnlicher Theil neugebildeter Fasern des Muskels, der damit zum Coraco-cleido- arcualis wird; dazu kommen auch mitunter (grossentheils in Korrelation zur sekun- dären Rückbildung des Korakoides) direkte Verbindungen mit der hinteren Rumpf- muskulatur, sowie vereinzelte Verbände mit noch anderen Deckknochen-Rudimenten dieser Gegend (Jugulare, Flagellum). Eine gewisse Parallele zu den Knorpelganoiden bieten bei aller Besonderheit auch die Dipnoer dar; namentlich bei Protopterus sind in Folge der ziemlich weitgehenden Reduktion des Schultergürtels und der hohen Entfaltung der Rumpfmuskulatur die Verbände mit dieser sehr ausgebildet (Coraco- cleido-thoracico-hyoideus). Wo bei dieser oder jener Form eine Copula coracoidea (Praesternum) entwickelt ist (Notidaniden, Ceratodus), steht auch sie in der Regel in Verband mit dem Muskel. Mit der weiteren Rückbildung der ursprünglichen korakoi- dalen Elemente beginnt der Ursprung bei den Teleostiern vorwiegend vom Oleithrum, doch fehlen auch hier Verbände mit den korakoidalen Ueberbleibseln, wie mit der hinteren Rumpfmuskulatur nicht. Bei den Amphibien findet sich bei der einfachen und wenig massigen Ausbildung des Schultergürtels derselben eine schwächer ent- wickelte hypobranchiale Muskulalur, die in wechselnder Weise theils direkt mit der hinteren Rumpfmuskulatur zusammenhängt, theils von Sternum, Korakoid und Scapula beginnt (T'horacico-, Sterno-, Coraco-, Omo-arcualis). Hat hier die Mus- kulatur, namentlich bei den kryptobranchen Amphibien, auch an Volumen ver- loren, so hat sie an Gliederung gewonnen, die sich sowohl in einer doppelten Schichtenbildung (die übrigens partiell auch schon bei den Dipnoern vorkommt) wie in einer beginnenden Sonderung der verschieden entspringenden Partien ausspricht. Von den amphibienähnlichen Verhältnissen aus werden die Zustände bei den Sauro- psiden und bei den Mammalia erreicht, wo diese originäre Gliederung und Sonderung noch weiter geht und jene Mannigfaltigkeit erreicht, hinsichtlich welcher die kurzen Zusammenfassungen bei diesen beiden Abtheilungen (p. 509f. und p. 537 f.) die erste Orientirung geben; bei den Reptilien mit gut ausgebildetem Schultergürtel treten die Ursprünge von Episternum und Clavicula, Korakoid und Scapula, bei den Säuge- 227] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 575 thieren diejenigen von Sternum und Rippen, wie von der Scapula am meisten in den Vordergrund, dies aber mit zahlreichen Ausnahmen. Bei den Selachiern und Holocephalen war auf Grund seiner Insertionen der Coraco-areualis in die drei Abtheilungen des Coraco-mandibularis, des Coraco- hyoideus und der Coraco-branchiales gesondert worden (VrETTErR). Zu denselben kommt bei Callorhynchus noch ein Coraco-praemandibularis hinzu, der als sekundäre Bildung gedeutet werden musste, aber soweit Interesse gewährt, als er in gewisser Weise als Paradigma für einen primordialen M. coraco-praemandibularis dienen kann, welchen die Proselachier mit höherer Entfaltung des praemandibularen Bogens (Lippenknorpel) besessen haben mögen. Die Verrer’'sche Eintheilung lässt sich bei den anderen Fischen und den Dipnoern noch ziemlich gut durchführen, bei den Amphibien verwischt sich in Folge der weiteren Reduktion der Kiemen- bogen Manches, bei den Amnioten tritt das System der Coraco-branchiales noch mehr in den Hintergrund und verliert in der Hauptsache seine Selbstständigkeit, um sich intimer mit dem Coraco-hyoideus zu verbinden). Der Coraco-mandibularis repräsentirt den selbstständigsten und variabelsten Antheil der hypobranchialen Muskulatur, nicht allein nach Grösse und Vorkommen (bei einzelnen Selachiern und Ganoiden, sowie bei den Teleostiern ist er gänzlich zurückgebildet), sondern auch nach Wechsel seines Ursprunges, der schon bei den Selachiern bald von dem Korakoid, bald von dieser oder jener Inscriptio tendinea an der Oberfläche des hinteren Hauptstockes des Coraco-arcualis ausging, bei den Holocephalen in Folge eigenthümlicher Verbände mit dem hinteren Hauptstocke sich in die Tiefe verlegte, bei Polypterus von dem Cleithrum begann, bei Acipenser und Amia bis zum Bereiche des 3. oder 2. Kiemenbogens nach vorn rückte (Branchio- mandibularis), endlich bei den Amphibien und Amnioten in der Regel von dem Zungenbein Ausgang nimmt (Hyo-mandibularis s. Genio-hyoideus). Die genauere Verfolgung dieser hier nur kurz skizzirten Verhältnisse zeigt in ungemein instruk- tiver Weise die Variirungen und Wanderungen der Ursprünge des Muskels, während die Insertion in der Hauptsache konstant bleibt. Der Coraco-hyoideus ist im All- gemeinen der kräftigste und im Gegensatze zu dem Coraco-mandibularis nach Exi- stenz und sonstigem Verhalten bei den tieferstehenden Gnathostomen der konstanteste Muskel der Gruppe; nie fehlt er ganz. Erst bei den Dipnoern, namentlich aber bei den Amphibien und mehr noch bei den Amnioten, kommt es zu den schon oben angedeuteten mannigfachen Gliederungen und zu der Sonderung in zwei Lagen, von denen die tiefere übrigens auch Elemente des vordersten Coraco-branchialis enthält; diese Elemente sind es vornehmlich, welche für die bei den Amnioten und ganz be- sonders bei den Sauropsiden sehr komplicirten Differenzirungen das Material dar- 1) Um Weitläufigkeiten zu vermeiden, gebrauche ich in der Regel die Bezeichnung Coraco-mandibularis, Coraco-hyoideus, Coraco-branchiales auch da, wo die bezüglichen Muskeln andere Ursprünge als vom Korakoid haben. Jeder Leser kann auf Grund der specielleren Beschreibungen bei den einzelnen Gnathostomen-Ordnungen und nach der hier bezüglich des Ursprungs gegebenen Zusammenstellung in jedem einzelnen Falle die präcisere Ur- sprungs-Bezeichnung an Stelle der hier gegebenen allgemeineren setzen. 13F 576 Max FÜRBRINGER [228 bieten. Die Coraco-branchiales stehen bei den Selachiern auf dem Höhepunkt ihrer Ausbildung; unter diesen gehen die heptanchen und hexanchen Notidaniden den pentanchen Haien voran, die Rochen und Holocephalen zeigen bei einer übri- gens guten Volumentwickelung bereits eine Verminderung der Selbstständigkeit der einzelnen an die verschiedenen Kiemenbogen gehenden Komponenten, die Dipnoi eine weitgehende Massenreduktion und (bei Protopterus) bereits den Ausfall eines Gliedes (Coraco-branchialis 1). Bei den Ganoiden herrscht die grösste Mannigfaltig- keit: Acipenser zeigt noch alle Elemente in guter Entfaltung erhalten, aber in be- sonderer Gliederung entwickelt, die vorderen Coraco-branchiales mit dem Coraco- hyoideus verbunden, der tetranche Polypterus erinnert am meisten an die Haie, zeigt aber zufolge der Rückbildung des 5. Kiemenbogens eine ähnliche Reduktion von hinten her, wie die pentanchen Haie gegenüber den Notidaniden; Amia hat nur die Coraco-branchiales 2 und 5, Polyodon nur den 5. erhalten, Lepidosteus hat alle Coraco-branchiales verloren. Auch die Teleostier besitzen nur den Coraco-branchialis d, diesen aber in höherer Differenzirung. Eine andere Entwickelungsreihe bieten die Amphibien dar, indem bei diesen die Reduktion von hinten beginnt und ge- wissermaassen die von den Notidaniden durch die pentanchen Haie und Polypterus laufende Reihe fortsetzt!). Noch weiter geht diese Rückbildung bei den Amnioten, wo in der Hauptsache nur noch ansehnlichere Elemente des Coraco-branchialis 1 existiren und wesentlichen Antheil an der Bildung des Coraco-hyoideus (Sterno- hyoideus) profundus nehmen. Alle die mannigfaltigen Differenzirungen, welche von diesem Muskel ausgehen und zu Verbindungen mit Homologen des 2. und 3. (Thyreoid) wie 5. Kiemenbogens (Krikoid, Trachea, Syrinx, Bronchi) führen, sind durchweg als sekundär zu beurtheilen, nicht aber als Rückschlagsbildungen mehr hinterer (caudaler) Coraco-branchiales (2, 3, 5). — Vom vorderen Bereiche der hypobranchialen Muskulatur her bilden sich auch Anheftungen und Aberrationen an den Boden der Mundhöhle, in eigenartiger Differenzirung und ganz vereinzelter Bildung bei Protopterus, in zu- sammenhängender Reihe bei den Amphibien und Amnioten und führen hier nach vorausgehender Glandularisirung der betreffenden Mundschleimhaut (GEGENBAUR) zu der Entwickelung der Zungenmuskulatur, die bei den Amphibien sich in der Hauptsache auf die Ausbildung von Mm. genioglossi und hyoglossi beschränkt, bei den Sauropsiden und Mammalia ausserdem noch eine Binnenmuskulatur der Zunge zu reicher Entfaltung bringt. Dass die epibranchiale und hypobranchiale spinale Muskulatur ein den Visceralbogen ursprünglich fremdes, von hinten her auf sie übergewandertes Element darstellt, wurde schon oben (p. 446, 559f.) hervorgehoben, ebenso, dass die epibranchialen Muskeln bald wieder aus dem Kiemenbereiche verschwinden und dass ihre Stellen, soweit überhaupt muskulöser Ersatz hier stattfand, von Abkömmlingen der palaeo- kranialen, cerebralen Muskulatur eingenommen wurden (p. 571). Die hypobranchiale 1) Selbstverständlich denke ich nicht daran, damit sagen zu wollen, dass die Amphibien von Polypterus, dieser von den Haien direkt abstamme. 229) ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 577 Muskulatur dagegen behauptete nicht allein die eroberten Flächen, sondern gewann im Halsbereiche mit der zunehmenden Rückbildung des visceralen Apparates in der Reihe der Wirbelthiere selbst die Ueberhand über die mehr und mehr zurücktretenden alten cerebralen Muskeln; während Letztere bei den Fischen und auch noch bei den Amphibien in grosser Mannigfaltigkeit existiren, treten sie bei den Amnioten partiell so zurück, dass gewisse Abkömmlinge der visceralen Bogen schliesslich vorwiegend oder fast ausschliesslich mit der ventralen Längsmuskulatur in Verbindung stehen'). Wie das Verhalten der occipitalen und occipito-spinalen Nerven bei den Selachiern und Holocephalen Anlass zu Bemerkungen über die genealogischen Be- ziehungen derselben gab (p. 446 f.), so lassen sich auch aus der Betrachtung dieser Nerven und der von ihnen versorgten Muskeln bei den anderen Gnathostomen einige systematische Direktiven gewinnen. Selbstverständlich können dieselben nur einen sehr bescheidenen Werth beanspruchen, denn die hier behandelten Gebilde machen nur einen winzigen Theil der Gesammtorganisation aus. Andererseits aber muss jede morpho- logische Untersuchung, wie beschränkt sie auch sei, zu systematischen, genealogischen Ergebnissen irgend welcher Art gelangen; dadurch, dass sie diese zu präcisiren ver- sucht, legt sie zugleich Zeugniss ab für die morphologische Methode, von der sie geleitet war. Die Ganoiden repräsentiren, wie das schon längst bekannt und auch durch den Reichthum und die Mannigfaltigkeit ihrer fossilen Vertreter zur Genüge illustrirt ist, eine ungemein weit gespannte Ordnung: jede der untersuchten Formen hat ein besonderes Gesicht. Acipenser und Polyodon stehen als Knorpelganoiden (Chondrostei, Osteodermi HaEckEL) den Anderen gegenüber und zugleich in ziemlich nahen Be- ziehungen zu einander. Dieselben sind aber nicht zu eng zu knüpfen, denn Polyodon, der in einzelnen Zügen tiefer, in der Mehrzahl derselben aber etwas höher als Acipenser steht, bietet genug Besonderheiten dar, um ihn zum Vertreter einer be- sonderen Familie zu machen; das entspricht auch der von Coruınsz (1594) gegebenen Aufstellung. Die Knochenganoiden (Holostei) Polypterus, Lepidosteus und Amia bilden drei heterogene Formen, die letzten Reste früher reich ausgebildeter Abtheilungen. Unter ihnen zeigt Polypterus (Crossopterygii) die Mehrzahl primitiver Züge, die zum 1) So hat das Zungenbein des Menschen von seinen ursprünglichen reichen Beziehungen zu der paläo- branchialen Muskulatur nur noch ziemlich lose Verbindungen mit den Mm. mylo-hyoideus, digastrieus mandibulae und stylo-hyoideus erhalten, liegt aber übrigens ganz in die Abkömmlinge der hypobranchialen spinalen Muskeln (Mm. sterno-hyoideus, omo-hyoideus, thyreo-hyoideus, genio-hyoideus und hyo-glossus ete.) eingebettet, und desgleichen bietet das Thyreoid an seiner Aussenfläche nur noch Verbände mit den spinalen Mm. sterno-thyreoideus und thyreo-hyoideus dar. Bei anderen Säugethieren ist bekanntlich die cerebrale Muskulatur noch nicht im gleichen Grade zurückgebildet, wie die Existenz des M. interthyreoideus der Monotremen und des M. interhyoideus (kerato-hyoideus) bei zahlreichen Säugethieren beweist (vergl. auch p. 540). Von der pharyngealen und der von ihr ableitbaren laryngealen Muskulatur wurde hierbei abgesehen; dieselbe ist hinsichtlich ihrer Genese noch nicht völlig aufgeklärt und ein Zurückführen auf das primordiale Konstriktoren-System der Selachier erscheint zunächst noch verfrüht (vergl. auch GörPERT 1895 p. 4). a 578 MAx FÜRBRINGER [230 Theil selbst die direkte Anknüpfung an Selachier gestatten, Lepidosteus und Amia sind mehr umgewandelt, stehen auch einander etwas näher als zu Polypterus, immerhin aber entfernt genug, um als Vertreter besonderer Unterordnungen (Lepidosteides und Amiades) gelten zu können. Amia bildet zugleich die in einseitiger Differenzirung am höchsten stehende Abtheilung der Ganoiden. Eine Ableitung der untersuchten Knochenganoiden von den oben erwähnten Knorpelganoiden ist ausgeschlossen. Die beiden Knorpelganoiden stehen mit ihren primitiven geweblichen Beziehungen und mit der grösseren Anzahl noch erhaltener oceipitaler Nerven allerdings tiefer als die Knochenganoiden; ihre Konfiguration zeigt aber bereits ein ganz specifisches Ge- präge, welches keine direkte Anknüpfung derart gestattet. Einer Ableitung aller Ganoiden von einem primitiven, generalisirten Selachiertypus steht auf Grund der vor- liegenden Untersuchungen nichts im Wege; wie schon erwähnt, befindet sich Polypterus der direkten Ableitungslinie am nächsten. Meine Ergebnisse sind in dieser Hinsicht abweichend von denjenigen, zu welchen Brarp (1890) auf anderem. Wege gelangte. Dass die Teleostier von Amia-artigen Ganoiden abstammen, ist fast allent- halben anerkannt und wird auch durch diese Untersuchungen bestätigt. Sie bilden eine ziemlich eng begrenzte Abtheilung, in welcher auch hinsichtlich der spino- occipitalen Nerven etc. die Physostomen tiefer stehen als die Physoklisten (Anacanthini und Acanthopteri); dass die besondere Stellung der Ostariophysen unter den Physo- stomen auch in dem Verhalten dieser Nerven sich ausspricht, wurde bereits von SAGEMEHL (1884, 1885 resp. 1891) betont. Die Dipnoer bilden eine Ordnung, die bekanntlich bald näher zu den Ga- noiden resp. innerhalb derselben, bald näher zu den Amphibien, bald in die Mitte zwischen Beide, bald auch gänzlich abseits von ihnen gestellt wurde. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen sprechen am meisten für eine besondere Stellung, welche sie von allen anderen Abtheilungen ziemlich weit entfernt. Dass sowohl zu den Ganoiden (speciell den Urossopterygü), wie zu den Amphibien mannigfache Anknüpfungen bestehen, erhellt auch aus den hier beobachteten Verhältnissen; doch möchte ich eine Ableitung von irgend einem bekannten Vertreter dieser Abtheilungen nicht befürworten. Polypterus, der hier noch am ehesten in Frage kommen könnte, bietet in der Hauptsache bereits eine höhere Differenzirung und Specialisirung als die Dipnoer dar; in dem Grade ihrer Entwickelung stehen die Letzteren mindestens so-tief, wenn nicht tiefer, als die Knorpelganoiden, von denen sie übrigens im Quale ihres morphologischen Verhaltens gänzlich abweichen. Der von Porzarp (1891) her- vorgehobenen Ableitbarkeit der Holocephalen von Dipnoern kann ich nicht folgen; die Aehnlichkeiten beider Abtheilungen beruhen im Wesentlichen auf heterogenetischen Konvergenzen. Dass Brarn (1890) und Semon (1893) die Dipnoer aus ihrem un- natürlichen Verbande mit den Ganoiden herauslösten und näher zu den Amphibien brachten, kann nur zustimmend begrüsst werden; doch theile ich nicht die An- schauungen Brarp’'s, wonach die Ganoiden den Marsipobranchiern näher stehen als den Dipnoern. Am meisten finde ich bestätigt, was Harcker (1895) bezüglich ihrer Ableitbarkeit und Stellung zu den Proganoiden und Proselachiern sagt. — Dass unter 231] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOCEPHALEN ETC, 579 den Dipnoern Ceratodus die ursprünglichere, Protopterus und Lepidosiren die ab- geleiteten Formen darstellen, ist seit Langem allgemein anerkannt und wird auch hier befestigt. Die Amphibien nehmen auf Grund der hier behandelten Verhältnisse eine besondere Stellung ein, welche sie zwar nicht zu weit von den Dipnoern entfernt, aber eine direkte Abstammung von einem bekannten Dipnoer oder Ganoiden (Crossopterygier) verbietet. Mit ihrem protometameren Kranium gestatten sie nur eine Anknüpfung an unbekannte Prodipnoer (oder Proganoiden), welche wie die Selachier noch keinen auximetameren Schädel besassen, in ihrer Kieferbildung von den primitivsten Formen der Selachier Ausgang nahmen und in ihrer Extremitäten- bildung eine ungemein früh entwickelte Tendenz zur Pentadaktylie aufwiesen, welche von keiner bekannten Fischflosse eine direkte Ableitung gestattet. Auch giebt der Uebergang vom Wasser- zum Landleben der Physiognomie ihres Muskelsystems ein eigenes Gepräge, womit sich zugleich ausgedehnte Verkürzungen und Verkümmerungen bei einseitigen höheren Differenzirungen verbinden. Dass die Urodelen und Gymno- phionen in der Hauptsache primitivere Verhältnisse aufweisen als die Anuren, leuchtet auch durch diese Untersuchungen ein; unter den Anuren sind wiederum die Aglossa (besonders Pipa) die tiefer als die Opisthoglossa stehenden Formen, zugleich aber auch diejenigen, welche in einzelnen Zügen einen ganz abseits führenden Seiten- weg eingeschlagen haben. Sauropsiden und Mammalia bieten viele Uebereinstimmungen dar, welche ihre Vereinigung zu den Amnioten rechtfertigen lassen; doch ist an eine direkte Ab- leitbarkeit der Säuger von irgend einer bekannten Reptilienform nicht zu denken'). Unter den Sauropsiden nehmen die Saurier die tiefste Stellung ein und unter diesen sind es wieder die Ascalaboten, welche die primitivsten Verhältnisse gewähren; Letztere zeigen manchen noch primitiveren Zug als die Rhynchocephalen, bei welchen mit unzweifelhaft sehr primitiven Momenten sich mehrfache einseitige Specialisirungen verbinden. Chelonier, namentlich aber Krokodile und. Vögel bieten sich auch hier als die höheren Sauropsiden dar; auffallend und unerwartet sind ge- wisse Divergenzen in der sonst so eintönigen Abtheilung der Vögel. Die Mammalia geben ihre höhere Stellung den Sauropsiden gegenüber auch in der Mehrzahl der hier behandelten Beziehungen zu erkennen; in einzelnen (namentlich in den Verhältnissen ihres Muskelsystems) gelangten sie nicht zu so hoher Differenzirung wie manche Sauropsiden. Die tiefere Stellung der Monotremen und Marsupialier gegenüber den Placentaliern spricht sich auch in dem Verhalten ihrer spino-oceipitalen Nerven aus, doch finden sich zugleich bei den Monotremen gewisse besondere Specialisirungen. Unter den Placentaliern zeigen namentlich die Ungulaten viel Primitives, während sich bei den Edentaten Primitives und einseitig I) Dass auch die fossilen Theromorphen nur in dem Verhältnisse einer sehr äusserlichen Parallele zu den Säugethieren stehen, in keiner Weise aber als Stammformen der Letzteren gelten können, sei nur beiläufig erwähnt. ne 580 Max FÜRBRINGER [232 Differenzirtes mischt; die anderen Abtheilungen der höheren Säuger gewähren im Detail so wechselnde Verhältnisse, dass es unmöglich wäre, aus diesen Untersuchungen allein speciellere taxonomische Schlüsse zu ziehen. Ganz besonders lehren diese Be- ziehungen die Wahrheit der alten Regel, systematische Folgerungen nur auf ein grosses Multiplum von sicher erkannten, aus möglichst vielen Organsystemen aus- gewählten und kritisch gesichteten Merkmalen zu gründen. = III. Vergleichung mit den spino-oceipitalen resp. spinalen Nerven der niederen Wirbelthiere. Versuch einer Homologisirung der cerebralen und spinalen Nerven. Taf. VIT Fig. 224). Dieser Abschnitt soll eine kurze Darstellung der in Betracht kommenden Nerven und ihrer Endorgane bei den unter den Selachiern stehenden Wirbelthieren, den Petromyzonten, Myxinoiden und Akraniern, geben und hierbei versuchen, sie mit den spino-occipitalen Nerven der Selachier und Gnathostomen überhaupt zu ver- gleichen. Die bisherigen Materialien genügen meines Erachtens noch nicht, um hier speciellere Homologien sicher zu begründen; es handelt sich in der Hauptsache nur um den Versuch einer Abschätzung der grösseren oder geringeren Wahrscheinlich- keiten, wobei sich herausstellen wird, dass Manches, was nach den Arbeiten der letzten Jahre gesichert erschien, noch weiterer Grundlagen bedarf. Die folgenden Kapitel enthalten somit neben manchen positiven Ergebnissen noch viele Zweifel und Fragen. Der mit der Materie Vertraute mag beurtheilen, wie weit damit der Erkenntniss auf diesem Gebiete gedient ist. Mit diesen Erörterungen, welche das Grenzgebiet zwischen Gehirn und Rücken- mark mit ihren peripherischen Nerven betreffen, verbindet sich naturgemäss die schon oft behandelte Frage nach den Uebereinstimmungen und Abweichungen der cerebralen und spinalen Nerven, die metamerische Vergleichung derselben. Die hier zu ver- suchende Behandlung knüpft zugleich an die im 2. Abschnitte (p. 569 f.) gegebenen Fragestellungen an. 1) Die nach einem defekten Exemplar von Bdellostoma angefertigte Fig. 23 ist ungültig und wird durch die Textfigur in dem die Myxinoiden betreffenden Abschnitte ersetzt. 233] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 581 A. Petromyzontes. Taf. VII Fig. 22.') Die Kenntniss der bezüglichen Nerven der Petromyzonten ist durch zahlreiche Untersuchungen von verschiedener Qualität gefördert worden; im Ganzen steht sie derjenigen, welche z. B. die Selachier betrifft, kaum nach. Von den älteren Arbeiten von Raruke (1825), Born (1827) und ScHLemm und p’Arron (1838) zeichnen sich die von SCHLENM und p’Arron und namentlich von Born durch grosse Genauigkeit bei geringen Hülfsmitteln der Untersuchung aus. Eine neue Periode beginnt mit den Veröffentlichungen von P. FÜrsrıncer (1875), Freun (1877, 1878) und GörTtE (1878); ihnen schliessen sich Schneiper (1879, 1880), Wırvershem (1879, 1850) und vor Allen Anızorn (1883, 1884) an. Namentlich die Arbeiten des Letztgenannten, welcher auch zu der Kontroverse SCHNEIDER-W IEDERSHEIM Stellung nimmt, kennzeichnet ein erheblicher Fortschritt in der Kenntniss des Nervensystems der Petromyzonten?). Auf sie folgen die Veröffentlichungen von Donrn (1885— 90), Ransom and T’nompson (1886) und Jurm (1587), alle drei unsere bezüglichen Kenntnisse vermehrend, die von JuLin das grösste Gebiet umfassend. Ueber die Ontogenie der Nerven und der hierher gehörigen Theile handeln in Kürze, resp. über einzelne Gebiete derselben Dourn (188S5—188S), Scorr (1887) und Snmrey (1887), in umfassendster Weise aber von KurpFrer, der in einer Reihe von hervorragenden Arbeiten (1590-95) die Ent- wickelungsgeschichte des gesammten Nervensystems von Ammocoetes gründlich und mit neuen Gesichtspunkten bearbeitete und damit neue Wege eröffnete; von hohem Werthe und durch die Vergleichung mit Amphiowus sehr bedeutungsvoll sind endlich Harscher’s Abhandlungen über Ammocoetes (1892, 1893). Ueber die mehr histo- logische Zwecke verfolgenden Arbeiten wird weiter unten berichtet werden. Die für den Vergleich mit den occipitalen Nerven der Selachier in erster Linie in Frage kommenden Nerven der Petromyzonten gehen am Ende des Gehirns resp. an der Uebergangsstelle desselben zum Rückenmarke in der Zwei- bis Dreizahl gleich hinter (caudal von) dem Vagus ab und werden von den anderen Spinalnerven gefolgt, die im Wesentlichen mit ihnen übereinstimmen. Wie diese besitzen sie dorsale und ventrale Wurzeln, von denen die ersteren die schwächeren sind und den letzteren rostral vorausgehend durch die skeletogene Umhüllung des centralen Nerven- systems heraustreten und so weiter verlaufen. Immerhin heben sich aber diese zwei bis drei vordersten Spinalnerven vor ihren Nachfolgern besonders hervor, indem sie eine etwas grössere Dicke besitzen, einander mehr genähert sind, durch die binde- gewebige Membran zwischen Labyrinth und erstem Wirbelbogen austreten und 1) Die hier und bei den Myxinoiden beigefügten Abbildungen sind aus äusseren Gründen sehr spärlich und genügen in keiner Weise, den Text zu illustriren. An anderer Stelle soll diese Lücke ergänzt und zugleich eine eingehendere Behandlung der hier nur kurz erwähnten Befunde gegeben werden. 2) Die durch grosse Genauigkeit sich auszeichnende Untersuchung von P. FÜRBRINGER streift nur das hier behandelte Gebiet. Festschrift für Gegenbaur. II. 74 582 Max FÜRBRINGER 1234 während dieses Durchtritts oder nach demselben sich zu einem wechselnd aus- gebildeten Plexus oder Stamm mit einander verbinden, was die nachfolgenden, durch die Wirbelbogen oder zwischen ihnen austretenden Nerven nicht thun. Von den speciellen (freien) spinalen Nerven mögen sie daher unter der Benennung spino-occipitaler Nerven unterschieden werden, womit aber durchaus kein spe- cieller Vergleich mit den gleichnamigen Nerven der Gnathostomen praejudicirt wird; auf der Abbildung (Taf. VII Fig. 22) sind sie mit den indifferenten Buchstaben «@ und £ bezeichnet, während der erste freie Spinalnerv mit y notirt ist. Die Zahl der spino-occeipitalen Nerven der Petromyzonten wird von den Autoren sehr wechselnd angegeben; diese Divergenzen beruhen darauf, dass die sensibeln Wurzeln derselben meist übersehen (Mehrzahl der Autoren ausser WIEDERSHEIM, DOHRN, HATSCHER, V. KUPFFER) und dass auch Komponenten zu ihnen gerechnet wurden, welche nicht dazu gehören und den (resp. die) ersten Spinalnerven bereits repräsentiren (WIEDERSHEIM bei Ammocoetes 1879 p. 591, 1880. A. p. 12 nach der Interpretation AHLBORN’s 1884 p. 287—295, der ich zum Theil folge)!. Diejenigen Autoren, welche nur die ventralen Wurzeln derselben kennen resp. anerkennen, unterscheiden bald 3 (BORN 1827 p. 181, SCHLEMM und D’ALTON 1888 p. 272, Stannıus 1849 p. 121), bald 2 (RATHKE 1825 p.78, SCHNEIDER 1880 p. 331, 332, AHLBORN 1883 p. 210, 1884 A. p. 305, Mc. MurrICH 1885 p. 144, JuLın 1887 B. p.833), bald nur 1 (SCHNEIDER 1879 p. 76). Desgleichen giebt auch WIEDERS- HEIM für den erwachsenen Petromyzon (1880 A.p. 12) lediglich 3 ventrale Wurzeln an, während er für Ammocoetes (1580 A. p. 12, 1550 B. p. 448 f.) unter Zurechnung des ersten Spinalnerven 4 ventrale Wurzeln neben den von ihm unterschiedenen 4 dorsalen zählt!). DoHrN, HATSCHEK und v. KUPFFER geben bei Ammocoetes neben der von ihnen unterschiedenen sensibeln Wurzel 2 (DoHRN 1888 p. 276), 3 (HATSCHEK 1892 p. 158) und 3—4 (v. Kuprrer 1895 B. p. 74) ventrale Wurzeln an; v. KUPFFER lässt dieselben sich zu 2 ventralen Nerven verbinden. RAansoMm and THoMmPsonN (1856 p. 424) rechnen dem Vagus (sub 2a) „certain very large fibres, identical with the fibres of the anterior spinal roots, and forming for the most part a distinet bundle on the side of the vagus in contact with the roots‘“ bei, welche wahrscheinlich hierher gehören. — RATHKE und STANNIUS bezeichnen diese Wurzeln als 1. Spinalnerven, Born als Glossopharyngeus mit ?, SCHLEMM und D’ALTON, J. MÜLLER (1840 p. 50), SCHNEIDER, WIEDERSHEIM, AHLBORN (1884 A.), JULIn, DOHRN und KUPFFER als Hypoglossus, AHLBORN (1883) den ersten als ventrale Vagus-Wurzel, den zweiten als Hypoglossus, während SHIPLEY und Scorr keine Benennung angeben, GEGENBAUR (1887 A. p. 66) die Homologie des Hypoglossus mit den ventralen Vagus-Wurzeln der Selachier wohl als Frage aufwirft, ihre definitive Beantwortung aber zur Zeit als noch nicht gegeben erachtet und HATSCHER (1592 p. 155) diese Nerven als drei ventrale Wurzeln anführt, welche auf den spinalartigen Anhang; des Vagus folgen, die drei ersten Myotome versorgen und dem Glossopharyngeus, Vagus und spinal- artigen Vagus-Anhang zuzuzählen sind?.. ZIMMERMANN (1892 p. 161) erinnert in der an den Harscuzr’schen Vortrag anschliessenden Diskussion an die von ihm bei Säugethieren gefundenen ventralen Wurzeln des Glossopharyngeus und Urvagus und meint, dass dieselben den vorliegenden Wurzeln der Petromyzonten entsprechen; SEWERTZOFF (1895 p. 76—79) übernimmt die Befunde und Deutungen HATSCHER’s. 1) Diese Zurechnung des ersten Spinalnerven ist bei Ammocoetes sehr leicht möglich und zu entschuldigen, da hier noch keine Knorpelbogen der Wirbel existiren (vergl. übrigens auch WIEDERSHEIM 1880 B. p. 449). 2) Auf Grund der später von ihm gegebenen Korrektion in der Aufeinanderfolge der dorsalen und ventralen Wurzeln (1893 p. 89.) würden sie dem Facialis, Glossopharyngeus und Vagus angehören. 235] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 583 Die Grösse der einzelnen ventralen Wurzeln wird von den meisten Autoren nicht specieller angegeben; auf Grund der Abbildungen und Notizen von AHLBORN und JULIN ist die vordere schwächer als die hintere. Dorsale Wurzeln (dorsale spino-oceipitale Nerven) werden von einigen Autoren nur für Ammocoetes angegeben (s. o.), bei Petromyzon dagegen nirgends gefunden. WIEDERSHEIM beschreibt zuerst (1879 p. 591, 1880 A. p. 12, 1550 B. p. 449) 4 dorsale zu den entsprechenden ventralen gehörige Wurzeln und fasst danach den „Hypoglossus“ von Ammocoetes nicht mehr im Sinne einer motorischen Vagus-Wurzel, sondern als einen für sich bestehenden, aus ventralen und dorsalen Elementen sich aufbauenden Nervenkomplex auf. Zugleich hebt er die grosse Differenz hervor, welche auf Grund seiner Untersuchungen zwischen Ammocoetes (mit 4 dorsalen und 4 ventralen Wurzeln) und Petromyzon (mit 3 ventralen Wurzeln) bestehe. Letzterer Angabe stehen SCHNEIDER (1879 p. 79, 1880 p. 332), AHLBORN (1884 A. p. 294) und JuLın (1887 B. p. 866) diametral gegen- über; dieselben finden im Wesentlichen die gleichen Verhältnisse bei der larvalen und der ent- wickelten Form. Zugleich trennt AuLBORN (1884 A. p. 293 ff.) die beiden letzten dorsalen Wurzeln und die letzte ventrale Wurzel von dem „Hypoglossus“ ab und rechnet sie den eigentlichen Spinal- nerven zu; die beiden vorderen dorsalen Wurzeln sollen nach der Interpretation dieses Autors dem Vagus angehören, womit ich indessen nicht übereinstimme. AHLBORN leugnet somit die Existenz jeder dorsalen Wurzel, indem er die beiden vorderen (rostralen) zum Vagus, die beiden hinteren (caudalen) zu den Spinalnerven rechnet. WIEDERSHEIM scheint daraufhin seine Befunde zu verleugnen; wenigstens lehnt er sich in der Vergleichenden Anatomie (1888 p. 150 und 1893 p- 247) ganz an AHLBORN an und reproducirt auch dessen betreffende Abbildung. Erst später findet DoHrN (1888 p. 276, 1590 A. p. 83) eine zwischen den beiden ventralen Wurzeln befind- liche dorsale Wurzel, deren Ganglion dem Ganglion des Lateralis vagi dicht anlagert, und v. KupFrFER (1895 B. p. 73, 74) findet vor dem Hypoglossus, also dicht auf den Vagus folgend auch einen dorsalen Spinalnerven, dessen dorsaler und ventraler Ast je ein vom Vagus getrenntes Ganglion enthält, das aber bei geschlechtsreifen Exemplaren in den Vagus aufgenommen wird; v. KUPFFER identifieirt diesen dorsalen Nerven mit der letzten Anutzorn’schen Vagus-Wurzel. Den gleichen Nerven scheint auch HATSCHER (1892 p. 158) früher gesehen zu haben; wenigstens erinnert sein spinalartiger Vagus-Anhang sehr an den v. Kuprrer’schen Nerven. Danach würden die beiden ersten dorsalen Wurzeln von WIEDERSHEIM wieder zu ihrem Rechte gekommen sein; die erste entspricht den Funden von HATSCHER und v. KUPFFER, die zweite demjenigen von DOHRN. Ueber den centralen Ursprung der betreffenden ventralen spino-occipitalen Wurzeln (Nerven) giebt LANGERHANS (1873 p. 85 Taf. VIII Fig. 3) an, dass dieselben (seine Hypoglossus- Wurzeln) von der Zellengruppe der unteren Hörner ihren Ursprung nehmen, d.h. in der Richtung ihrer Fortsätze austreten. AHLBORN (1883 p. 250, 258) äussert sich ähnlich. Nach ihm entstammen die betreffenden Fasern wohl der ventralen Gruppe grosser Zellen, welche der ventralen motorischen Säule des Rückenmarks entspricht; der Uebergang der Ganglienzellen in die Nervenfasern konnte übrigens nicht mit absoluter Sicherheit beobachtet werden. — Der Abgang von der Medulla findet, wie mehrere Untersucher beobachten und bemerken, ebenfalls entsprechend den folgenden ventralen Spinalnerven von der ventralen Fläche der Medulla statt, wobei AHLHORN die vordere 'rostrale) Wurzel (motorische Vagus-Wurzel AuLorn’s) der Medulla oblongata, die hintere (caudale) Wurzel (Hypoglossus Autors) dem Rückenmarke resp. dessen Uebergangsstrecke nach der Oblongata zurechnet. — Bezüglich des Ursprunges und Abganges der dorsalen Wurzeln fehlen speciellere Angaben. Die vollkommene Homodynamie der spino-oceipitalen Nerven mit den darauf folgenden Spinalnerven wird von allen Autoren, die darüber handeln, betont. Die Spinalnerven — ich hebe aus den bezüglichen Untersuchungen nur das für den vor- liegenden Zweck Nöthige heraus — bilden eine auf die spino-occipitalen Nerven folgende Reihe mit einander alternirenden dorsalen (sensibeln) und ventralen (motorischen) Wurzeln, welche sich jedoch 74* Er 584 Max FÜRBRINGER [236 nicht wie bei den Gnathostomen zu gemischten Stämmen verbinden, sondern selbstständig bleiben und daher zweckmässig nicht als „Wurzeln“, sondern als dorsale und ventrale „Nerven“ (FREUD 1878 p. 74, Juin 1887 B. p. S59, v. KUPFFER 1895 B. p. 73, 74) bezeichnet werden. Hinsichtlich des medullaren Ursprunges der dorsalen Spinalnerven wird angegeben (STILLING 1859 p. 1115, REISSNER 1860 p. 560, 585, Kurschin 1863 p. 31f., FREUD 1877 p. 17£., AHLBORN 1883 p. 242, Busor 1891 p. 37), dass sie den mittelgrossen und grossen (STILLING, Kurschis, FreuD: „Hinterzellen“)!) oder kleinen (REISSNER, AHLBORN) Zellen des Rückenmarks oder beiden (BUJoR) entstammen; die ventralen Spinalnerven sollen von den grösseren Zellen des Rückenmarks kommen (OWSJANNIKOW 1854, REISSNER 1860 p. 557, 585, Busor 1891 p. 37 £.), während AHLBOoRN (1583 p. 243) keine sichere derartige Beobachtung machen konnte?). Die dorsalen Spinalnerven enthalten wie die Gnathostomen ansehnliche persistente Spinal- ganglien, mit denen die Mehrzahl ihrer Nerven in Verband steht; ausserdem hat Freup bei Ammocoetes von den grossen Hinterzellen des Rückenmarks direkt ausgehende (1877 p. 16f.), sowie zahlreiche durch die Spinalganglien durchtretende und ihnen angelehnte Fasern (1878 p. 35 ff.) zuerst gefunden®); die ventralen Nerven entbehren der Ganglienzellen auch nicht, besitzen dieselben 1) Der zuerst von KurscHin bei Petromyzon sicher erkannte und von FREUD bestätigte und für einen grossen (wahrscheinlich den grösseren) Theil der dorsalen Wurzelfasern nachgewiesene Ursprung aus den grossen „Hinterzellen“ des Rückenmarks verleiht dem Nervensystem der Petromyzonten ein besonderes Interesse und demjenigen der Gnathostomen gegenüber auch eine gewisse, aber nicht durchgreifende Eigenthümlichkeit. Den Hinterzellen ent- stammen nach FREUD’s zuverlässigen Untersuchungen die durchtretenden Fasern der dorsalen Nerven (resp. Wurzeln). Kurschin und FrEUD fanden, dass diese Hinterzellen den Spinalganglienzellen sehr ähnlich sich verhalten, und FREUD schliesst daraus, dass beide von gleicher Bedeutung sind. Auch v. KupFFEr (1894 p. 70) macht bei Ammocoetes aus- führliche Mittheilungen über sie. Uebrigens fehlen sie auch den Gnathostomen nicht, existiren aber bei diesen zumeist nur im embryonalen Zustande, wo sie u. A. von RoHon (1884) bei der Forelle, von FrırzscH (1884, 1886) wahrscheinlich bei Zophius, von BEARD (1889, 1892, 1896 A. und 2.) bei verschiedenen Haien — je nach der oviparen oder viviparen Entwickelung derselben und nach dem Grade der Ausbildung ihrer Eischalen in sehr verschiedener Anzahl — und vornehmlich bei Raja (nicht aber Torpedo), Lepidosteus, Esox, Salmo, Rhodeus, Labrax, Triton und Rana, von BURCKHARDT (1859, 1892) bei Profopterus und T'riton, von V. KUPFFER (1893) bei Aecipenser, von RETZIUS (1893) bei Salmo, von HALLER (1895) bei Zsox und Salmo, von PRENANT (1896) bei Salmo, von STUDNICKA (1895 B.) bei Pristiurus, Rhodeus, Perca, Triton, Rana, Bufo, Bombinator und Pelobates gefunden wurden; bei einzelnen Teleostiern Lophius, Orthagoriscus), bei Protopterus und T’riton existiren sie auch im postembryonalen Leben. Von den meisten Autoren wird ihre Homologie mit den Hinterzellen der Petromyzonten angenommen; BEARD und HALLER sprechen sich gegen dieselbe aus. Auch bei Amphioxus sind bekanntlich ähnlich liegende Zellen im dorsalen Bereiche des Rückenmarks gefunden (vergl. u. A. Sriepa 1873, RoHon 1881, Rompe 1888, Rerzıus 1891, v. KUPFFER 1893, VAN WıH£ 1894), aber in ihrem Verhalten zu den dorsalen Spinalnerven noch nicht ausreichend erkannt worden. Auch diese werden meist mit denen der Petromyzonten und Gnathostomen verglichen, wogegen sich STUDNICKA ablehnend verhält. Für ihre motorische Natur bei allen darauf hin bekannten Wirbelthieren treten insbesondere BEARD und STUDNICKA ein; weiter unten (p. 591) wird sich zeigen, dass auch v. KUPFFER in seinen neurogenetischen Untersuchungen bei Pefromyzon und Acipenser motorische mit dorsalen Primärganglien versehene Dorsalnerven der Embryonen statuirt. Des Weiteren verweise ich auch auf KÖLLIKER (1893 p. 172, 173) und STUDNICKA. Wie weit sie zu den von LENHOSSEK und RAMoN y CAJAL 1890 entdeckten central entspringenden und durch die Spinalganglien durch- tretenden „motorischen“ resp. „sympathischen“ Nervenfasern der Amnioten in Beziehung stehen, ist dunkel. — Alle diese Zellen wurden von den verschiedenen Autoren als Rrrzıus’sche, FREUD’sche, ROoHoN’sche, BURCKHARDT'sche Zellen ete. bezeichnet. Wenn man überhaupt der beliebten Unsitte huldigt, morphologische Gebilde anstatt mit Namen, welche ihre morphologische Bedeutung charakterisiren, mit denen der ersten Entdecker zu bezeichnen, so sollte man dafür wenigstens den Namen des ersten Autors, der sie (bei Petromyzon) vor allen oben Genannten genau und aus- reichend erkannt hat, wählen und sie als KurscHın’sche Zellen bezeichnen; (OÖWSJANNIKOW sah sie schon 1854, vermochte aber ihre Ausläufer nicht in die dorsalen Wurzeln zu verfolgen). Wie weit diese Benennung auch auf die ähnlichen Gebilde bei den Vertebraten übertragbar sei, kann erst nach weiteren Untersuchungen entschieden werden. 2) Die Angabe OwssjannIıkow’s (1859), dass eine Zelle zwei Fortsätze abgebe, deren vorderer in eine ven- trale, deren hinterer in eine dorsale Wurzel übergehe, hat selbstverständlich nur historisches Interesse. 3) Alle diese Faserelemente sind auch bei anderen Vertebraten wiederholt gefunden und untersucht worden und eine reiche Literatur hat sich daran angeschlossen, auf deren Wiedergabe hier verzichtet werden muss. Ausser 237] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 585 aber spärlicher (Freup 1878 p.75, JuLın 1887 A. p.197) und nach den Befunden v. Kuprrer’s (1890 p. 547) mehr als Bildungszellen für die ventralen Nervenfasern und ihre ektodermalen Hüllen '). Die gegenseitige Lage der zu demselben Rumpfmetamer zugehörigen dorsalen und ventralen Spinalnerven ist von den Autoren verschiedenartig angegeben worden: Einige (Frrun 1877 p. 23, v. JuERING 1878 p. 223, WIEDERSHEIM 1879 p. 15) lassen die dorsalen auf die ven- tralen folgen, die Mehrzahl (GörtE 1878 p. 11, SCHNEIDER 1879 p. 77, AHLBORN 1884 A. p. 289, Jurın 1887 B. p. 857, HarscHer 1893 p. S9f.2)) lassen sie ihnen vorausgehen; DonHrn (1888 p. 277) giebt zu erwägen, ob nicht von Hause aus die ventralen Wurzeln doch vor den dorsalen aus dem Rückenmark heraustreten. Die Entfernungen der beiderlei Nerven von einander wechseln in den verschiedenen Abschnitten des Rumpfes, worüber insbesondere die genauen Angaben von SCHNEIDER (1879 p. 77) und JuLin (1887 B. p. 856) nachzulesen sind. Im Anfangsbereiche der Kiemen sind die zusammengehörigen Nerven (rostrale dorsale und caudale ventrale) einander genähert; erst vom zweiten ab entfernen sie sich etwas mehr von einander. Auch liegen die nach den einzelnen Metameren auf einander folgenden Nerven (dorsale und ventrale) im Kiemenbereiche etwas entfernter von emander als die spino-occipitalen Nerven (WIEDERSHEIM 1880 B. p. 449, JuLin 1887 B. Taf. XXII Fig. 5). — In den hinteren Abschnitten des Rückenmarkes werden auch erhebliche Asymmetrien im Abgange des rechten und linken Spinalnerven beschrieben (FREUD 1878 p. 71, 72). Der Durchtritt der spino-oecipitalen Nerven erfolot bei Petromyzon durch die Membran, welche sich von der hinteren Labyrinthgrenze nach dem ersten Wirbelbogen erstreckt; ob diese Membran als ein den Schädel mit der Wirbelsäule verbindendes Ligament oder als der hinterste häutige Theil des Primordalkraniums aufzufassen sei, wird nicht entschieden. Die meisten Autoren ‘J. MÜLLER 1835 p. 110, SCHNEIDER 1879 p. 75, WIEDERSHEIM 1880 A. p.12 u. A.) lassen den „Hypo- glossus“ (gleichwie den Glossopharyngeus und Vagus) hinter dem Primordialkranium, das dement- sprechend mit der knorpeligen Labyrinthregion abschliesst, hindurchtreten. AHLBORN (1884 A. p. 305), JuLın (1887 B. p. S34) und van Wume (1889 p. 565) sprechen von einem Durchtritt durch den Schädel; WIEDERSHEIM (18S0 B. p. 449) zieht auch noch die durch den ersten knorpeligen Wirbel- bogen austretenden Elemente dazu, indem er diesen als das noch nicht mit dem Schädel vereinigte Oceipitalsegment auffasst; wie oben (p. 583) angeführt, werden diese Elemente von AHLBORN vom „Hypoglossus“ abgetrennt und als erster Spinalnerv aufgefasst. Bei Ammocoetes, wo noch keine knorpelisen Wirbelbogen existiren, ist die hintere Grenze nur durch den Vergleich mit Petromyzon zu ziehen. Der Durchtritt in dieser Region (zwischen Labyrinthkapsel und erstem knorpeligen Wirbelbogen) erfolgt nach ScuLemm und D’ALton (1838 p. 272) und SCHNEIDER (1879 p. 76) durch eine, nach BORN (1827 p. 181), SCHNEIDER (1880 p. 331), AHLBORN (1884 A. p. 305) und Jurım (1897 B. p. S34) durch zwei Oefinungen. WIEDERSHEIM (1880 A. p. 12) erwähnt bei Ammocoetes so viele feine Oeffnungen, als Wurzeln vorhanden sind (also 8), während bei Petromyzon nur 2—3 Löcher existirten; damit sucht er des Weiteren die von ihm hervorgehobene prineipielle Differenz im Ver- halten von Ammocoetes und Petromyzon (s. o.) zu begründen, findet aber auch hier in SCHNEIDER und AHLBORN, welche keine wesentlichen Unterschiede zwischen der Larve und dem erwachsenen Thiere gelten lassen, Gegner. den durchtretenden, den „Hinterzellen“ entstammenden, und den angelehnten, wohl sympathische Elemente repräsen- tirenden, Fasern erwähnt Freup (1878 p. 64) auch solche, welche weder mit Spinalganglienzellen noch mit Hinter- zellen in Verbindung stehen sollen. Rerzıus (1891 p. 45) glückte es bei Amphioxus trotz genauester Untersuchung auch nicht, bei einem grossen Theile der dorsalen Spinalfasern Zusammenhänge mit Nervenzellen nachzuweisen. 1) Das Gleiche gilt für den einer ventralen Wurzel entsprechenden Oculomotorius (v. KuPFFER 1891 p. 47, 1895 p. 35; HATSCHER 1892 p. 158). 2) In der zweiten Mittheilung, welche die erste diesbezüglich korrigirt. 586 Max FÜRBRINGER [238 Von den spinalen Nerven tritt der erste dorsale und ventrale!) mit gesonderten Oeffnungen durch den ersten auffallend breiten und auf Schneiders (1879 Taf. X Fig. 1, 1880 p. 332) und PArKER's (1983 Taf. XVIII Fig. 5) Abbildungen mit zwei dorsalen Dornen versehenen Wirbelbogen; derselbe ist dementsprechend auch als Konkret zweier Wirbel aufgefasst worden. Die folgenden Spinalnerven verhalten sich derart, dass der vorausgehende dorsale durch das interarkuale Liga- ment resp. den rostralen Einschnitt der Wirbelbogen, der folgende ventrale durch das Foramen des knorpeligen Wirbelbogens durchtritt (SCHNEIDER 1879 p. 52); im mittleren und hinteren Rumpf- abschnitte ändert sich dieses Verhalten, worüber ich auf SCHNEIDER (insbes. Taf. X Fig. 1) und JULIN verweise. Vor den spino-occipitalen Nerven (Hypoglossus der Autoren) befindet sich der mit dem N. glossopharyngeus verbundene N. vagus. Mit diesem entspringt er mit einer recht verschieden angegebenen Zahl von in einer mehr dorsalen Ebene liegenden Wurzelbündeln von der Seite der Medulla oblongata, somit dorso-rostral von den spino-oceipitalen Nerven, und tritt dann gleich- falls rostral und dorsal vor denselben, nur durch eine häutige Scheidewand von ihnen getrennt, durch den Anfang der oben erwähnten Membran. Die Zahl der Wurzeln des Glossopharyngeus- Vagus wird sehr wechselnd angegeben (1 nach HArscHeX 1892 p. 157; 2 nach SCHLEMM und D’ALTON 1838 p. 270; 3 nach RATHKE 1825; 3—4 nach JuLin 1887 B. p. 831 —832; 4 nach SCHNEIDER 1579 p.75, RAnsom and Tnompson 1886 p.422, SHORE 1885 p. 372, v. KuUPFFER 1895 p.59 Fig. 46; 4—7 nach WIEDERSHEIM 1879 p. 591, 1880 A. p. 13; S—9 nach AHuLgorn 1884 p. 291 ff). Von ihnen vertheilt sich die vordere Hälfte auf den Glossopharyngeus, die hintere auf den Vagus?); in der Regel kann man beide Nerven leicht scheiden. Nach den Angaben der überwiegenden Anzahl der Autoren sind diese Wurzeln sämmtlich sensibel (dorsal. Nur WIEDERSHEIM gab in seinen beiden ersten Veröftentlichungen darüber (18579 p. 591, 1880 A. p. 13) an, dass von seinen 7, eine förmliche Strickleiter bildenden Wurzeln 4 sensible dorsale und 3 motorische ventrale repräsen- tiren, dass somit auch Glossopharyngeus + Vagus einen Komplex von mehreren aus dorsalen und ventralen Wurzeln zusammengesetzten Nerven bilden; seine Angaben wurden indessen von AHLBORN widerlegt und scheinen auch von ihm selbst verlassen zu sein; wenigstens reproducirt er in der Vergleichenden Anatomie (1888 und 1893) die Abbildungen AHLBORN's. Ueber die centralen Verhältnisse dieser Wurzeln berichtet AHLBORN (1883 p. 258, 259), bringt die vier hinteren (Vagus s. str. nebst Lateralis vagi) mit dem oberen lateralen Ganglion, die vier vorderen (Glossopharyngeus) mit dem Kern des Acusticus resp. Acustico-Facialis in Zusammen- hang und betont ihre Homodynamie mit den sensibeln Spinalnervenwurzeln. Genuine motorische, aus ventro-lateralen Kernen entstehende Fasern des Glossopharyngeus und Vagus (vergl. p. 439) werden nirgends beschrieben. Im weiteren Verlaufe, vor oder während des Durchtritts durch die häutige Wand hinter dem Labyrinthknorpel sammeln sich die vorderen (rostralen) sowie die hinteren (caudalen) Wurzel- fasern zu je einem Stamme (Glossopharyngeus und Vagus), die beide ausserhalb der erwähnten Wand in je 1 Ganglion (Hauptganglion v. Kuprrer’s) übergehen; das vordere Ganglion (Ganglion glossopharyngei) ist das kleinere, das hintere (G. vagi) das grössere; beide entstehen, wie v. KUPFFER’S Untersuchungen (1890 p. 525f., 1891 p. 43f., 1895 B. p. 16f., 45f.) zeigen, in der Ontogenese 1) WIEDERSHEIM’s Angabe (1880 p. 14), der hier zwei ventrale Hypoglossus-Wurzeln annahm, ist von AHL- BORN (1584 p. 289), der die erste in Uebereinstimmung mit SCHNEIDER (1879 p. 53; hier sind durch Schreibfehler die Wurzeln verwechselt) als eine dorsale erkannte, richtig gestellt worden. 2) Bezüglich der genaueren Verhältnisse vergl. die einzelnen Angaben der Autoren. WIEDERSHEIM (1880 A. p. 13) und Jurın (1887 B. p. 831) heben hervor, dass die erste Wurzel die stärkste ist; aus AHLBORN’s Ab- bildungen (1883 Taf. XIII Fig. 2, 1854 A. Taf. XVIII Fig. 5) resultirt, dass gerade unter den hinteren sich die stärkeren befinden. 239] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 587 als metamerisch einfache Gebilde!). Der Durchtritt durch den vorderen auf das knorpelige Laby- rinth direkt folgenden Abschnitt dieser membranösen Wand geschieht dorso-rostral (vorwiegend rostral) von dem Durchtritte des „Hypoglossus“, und zwar nach Angabe der Autoren mit 1—7 Oeffnungen; PARKER (1883 Taf. XVII Fig. 5) bildet 1 Oeffnung ab, SCHLEMM und D’ALTON (1838 p. 270) erwähnen 1 noch durch Haut in 2 Abtheilungen getrennte Oeffnung, SCHNEIDER (1879 p. 71) 2, Ju (1887 B. p. 531) 2 bis 3 Oeffnungen; WIEDERSHEIM (1880 A. p. 21, 1880 B. p- 447) unterscheidet zwischen Ammocoetes, wo die 4 bis 7 Vaguswurzeln in wechselnder Weise durch 1 bis 7 (meist 2 bis 3) Löcher austreten, und Petromyzon, wo nur 1 Oeffnung vorhanden sei. AHLBORN (1854 A. p. 291) giebt an, dass er WIEDERSHEIM’s Beobachtung, dass jeder Nervenstrang durch ein besonderes Loch austrete, im gewissen Sinne auch für Petromyzon bestätigen könne. Das Ganglion glossopharyngei, vor welchem ein hinter dem ersten metaotischen Myotom aufsteigender Ram. cutaneus dorsalis HATScHEK (1892 p. 157) von der Wurzel abgeht, lässt den Nervus glossopharyngeus („ersten Branchialnerven“) entstehen, der in descendenter Rich- tung nach der ersten offenen Kiemenspalte strebt, die Umgebung derselben mit einem schwächeren sensibeln praetrematischen und einem stärkeren gemischten posttrematischen Nervenzweige ver- sorgend?) und während dieses Verlaufes zugleich nach AHLBORN (1884 A. p. 302) und v. KuPFFER (1895 B. p. 74) eine Anastomose an den „Hypoglossus“ abgebend, welche aber von JurLin (1887 B. p- 852) abgeleugnet wird. — Dem Ganglion vagi, vor welchem gleichfalls ein hinter dem zweiten metaotischen Myotom dorsalwärts verlaufender Ram. cutaneus dorsalis (HATSCHEK a. a. O.) abgeht, entstammen als zwei annähernd gleich starke Aeste der Ram. lateralis und Ram. branchio-intesti- nalis®).. Ersterer empfängt eine Anastomose von dem sog. Ram. recurrens facialis (R. recurrens lateralis facialis HarscHer’s), begiebt sich dann, als sensibler, aber der Ganglienzellen ent- behrender, aus Facialis- und Vagus-Fasern zusammengesetzter Nerv, der bei ausgebildeten Thieren tief in die Rumpfmuskulatur eingebettet ist, in longitudinaler Richtung nach hinten bis zum kau- dalen Körperende, und versorgt auf seinem ganzen Verlaufe mit zahlreichen an die Haut aufstei- genden Zweigen die dort befindlichen Hautsinnesorgane*); letzterer enthält gemischte Fasern und steigt in descendenter Richtung nach dem dorsalen Bereiche der zweiten Kiemenspalte, um von da aus, immer dorsal über den folgenden Kiemenspalten verlaufend, zahlreiche Ganglienzellen enthaltend und an die Umgebung der 2. bis 7. Kiemenöffnung Zweige abgebend, an das hintere Ende des Kiemenkorbes und darüber hinaus bis zum Herz und Vorderdarm zu gelangen. Die 6 Rr. branchiales verhalten sich wie der erste Branchialnerv (N. glossopharyngeus) und versorgen mit sensibeln praetrematischen und gemischten posttrematischen Zweigen die vordere und hintere Wand 1) D. h. nicht aus verschiedenen metamerisch auf einander folgenden Ganglien zusammengesetzte Gebilde. Dass sie wie alle Hauptganglien aus einem medullaren (mediales oder centrales Ganglion) und einem epidermoidalen (laterales Ganglion, laterale Plakode) Antheil sich zusammensetzen, wird gleichralls von v. KUPFFER angegeben (s. be- sonders 1894 A. p. 71ff.). 2) So nach den Angaben aller Autoren von BoRN bis HATSCHER und v. KUPFFER mit einziger Ausnahme JuLin’s (1887 B. p. 822f.), der den 1. offenen Kiemenspalt vom Facialis, dagegen den 2. vom Glossopharyngeus ver- sorgen lässt. Dass hier ein Irrthum in den übrigens vortrefflichen Untersuchungen JuLin’s vorliegt, ist klar, wurde auch von DoHrN (1887 p. 316f., 1888 p. 247f., p. 297£.) wiederholt besprochen. Der N. facialis ist der Nerv der der ersten offenen Kiemenspalte vorausgehenden embryonalen Kiemenspalte (Huxrey 1575 p. 127, 1876 p. 420), welche nach Scorr (1880 p. 424, 18$1 p. 142) sich später spurlos schliesst, nach DoHRN (1885 A. p.55f.) aber sich zu der von SCHNEIDER gefundenen Wimperrinne (Pseudobranchialrinne DoHrN’s) umbildet. Von den neuesten Autoren folgt HATSCHEK (1892 p. 156) DoHRN, während v. KupFFER (1895 A. p. 114, 115 Fig. 4) die eigentliche Kiementasche vor der Pseudobranchialrinne findet. 3) Pneumo-gastrieus der älteren Anatomen, Branchio-gastricus v. KUPFFER’s. 4) Bezüglich aller näheren Verhältnisse des R. lateralis verweise ich auf Schneider (1879), AHLBORN (1554 A.), Juix (1887 B.) und DoHrx (1888). Kurz erwähnt sei auch, dass Ramson and Tuoursox (1586 p. 423) ihn als Relikt des ausgedehnten und unregelmässigen Kommissurensystems der hinteren Wurzeln von Amphioxus auffassen; in doppelter Hinsicht kann ich dem nicht zustimmen. 588 Max FÜRBRINGER [240 jeder Kiemenspalte; der Endtheil (Ram. intestinalis) ist schwach, wesshalb seine Existenz auch be- zweifelt wurde, verläuft aber auf Grund zuverlässiger Untersuchungen bis in den Bereich des Vorderdarms, wenn nicht weiter!). Ausserdem beschreibt v. Kuprrer (1895 A. p. 120, 1895 B. p- 58, Fig. 45, p. 62f.) bei Ammocoeten von 6 bis 12 mm Länge einen „Ram. recurrens vagi“, welcher nach der ersten Mittheilung (1895 A.) von dem hintersten Ram. posttrematieus des epibranchialen Stranges (R. branchio-gastrieus) abgeht und den ventralen Längsmuskel der Kiemengegend versorgt, zufolge der zweiten Mittheilung (1895 B.) den breiten Fasern des R. branchio-gastricus entstammt und sich hinter der letzten Kiemenöffnung ventralwärts nach vorn umschlägt, um darauf der Innenwand des ventralen Muskels der Leibeswand (der in der Kiemen- gegend den Bauchmuskel vertritt) angelehnt bis zum 1. Kiemenloch zu verlaufen, wobei er fort- laufend Zweige abgiebt, welche in den Muskel eindringen, vielleicht auch bis in die Haut gelangen, was er aber unentschieden lassen müsse2). — Öntogenetisch entsteht nach v. Kuprrer der Ram. lateralis vagi durch fortlaufende Abspaltung von der Epidermis; der R. branchio-gastrieus bildet einen Abkömmling der epibranchialen Längskommissur, wobei seine Ganglienzellen aus den 6 embryonalen Epibranchialganglien (epibranchialen Plakoden) abstammen; der N. recurrens vagi entwickele sich aus dem hintersten Ram. posttrematicus. Dass der Vagus die Kiemen auch mit motorischen Zweigen versorgt, wurde soeben er- wähnt; woher sie stammen, wird von den Autoren nicht angegeben, denn dieselben schreiben (mit einziger Ausnahme der in dieser Beobachtung und Fassung widerlegten Angaben WIEDERSHEIM'S) demselben nur sensible Wurzeln zu®). — Ein N. accessorius fehlt dem Vagus der Petromy- zonten, wird wenigstens von keinem Untersucher angegeben). Durch die nahen räumlichen Beziehungen der spino-occipitalen Nerven („Hypo- glossus“) zum Vagus sind einige Autoren veranlasst worden, beide Nerven auch in morpholo- gischen Zusammenhang zu bringen. SCHNEIDER (1879 p. 75) giebt an, dass Beide sich wie die motorischen und sensibeln Wurzeln eines Spimalnerven verhalten, und AHLBORN (1883 p. 257, 1854 A. p. 300f.) spricht von einer „Vagus-Hypoglossus-Gruppe“. Im Gegensatze dazu stellt Wır- DERSHEIM (1879 p. 591, 1880 A. p. 14, 21) seine spinalartige Hypoglossus-Gruppe (die auch vielleicht Elemente eines Accessorius enthalte) der aus den Nn. glossopharyngeus und vagus bestehenden Vagus-Gruppe gegenüber und lässt sie metamerisch auf dieselbe folgen. Später (1888 p. 178, 1893 p. 281) rechnet er die beiden vorderen Hypoglossus-Wurzeln (die am ehesten dem sog. Hypoglossus der Petromyzonten, dessen er nicht Erwähnung thut, zu vergleichen sind) zum Vagus. HArscHek (1892 p. 158) bezeichnet, wie schon erwähnt, den ersten dorsalen spino- 1) Auch hier enthalte ich mich jeder specielleren Angabe und verweise diesbezüglich auf LANGERHANS (1873), JuLIN (1887 B.) und v. KUPFFEr (1895 B.). 2) Die genauere Entstehung dieses Zweiges giebt v. KUPFFER derartig an, dass in der Mitte des Kiemen- darmes am R. branchio-gastricus eine Sonderung in eine dorsale überwiegend aus breiten Fasern bestehende und eine ventrale aus schmalen Fasern und Ganglienzellen zusammengesetzte Portion stattfindet und dass hinter der 6. Kiementasche der aus den breiten Fasern bestehende Strang lateral rückt und sich vom Ganglienstrang (welcher die Richtung des Nerven fortsetzt, innere Branchialzweige für das vorletzte und letzte Kiemenseptum absendet und als R. intestinalis weiterzieht) ablöst, wobei er die beiden hinteren äusseren Branchialzweige abgiebt und dann den oben geschilderten Verlauf eingeht. Woher die breiten Fasern stammen, kann KUPFFER nicht endgültig entscheiden, doch ist er geneigt, sie auf Anastomosen mit ventralen Aesten der Spinalnerven (sowohl der motorischen wie sen- sibeln) mit dem R. branchio-gastricus zurückzuführen. 3) LANGERHANS (1873 Taf. VII Fig. 4) bildet Zellen und Fasern ab, welche genuinen motorischen Ganglien- zellen und Nervenfasern des Vagus entsprechen könnten; doch ist der Text (p. S7, 85) dieser Auslegung nicht günstig und lässt eher an — unvollkommen beobachtete — sensible Wurzeln des Glossopharyngeus denken. 4) BORN’s „Accessorius“ (1827 p. 181) ist bekanntlich der R. lateralis vagi. Das, was nach WIEDERSHEIM (1850 A. p. 13) vielleicht einem Theile des Accessorius der anderen Wirbelthiere entsprechen soll, sind die sensibeln Wurzeln des Hypoglossus-Komplexes, während der Accessorius von Ransom and THomrson (1886 p. 425) die sub Vagus 2a. angegebenen starken Fasern repräsentirt, welche ich zu den spino-oceipitalen Nerven ziehe. 241] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 589 oceipitalen , Nerven als „spinalartigen Vagusanhang“; die ventralen spino-oceipitalen Nerven (die in der Dreizahl auf den Vagusanhang folgen) werden von ihm 1892 dem Glossopharyngeus, Vagus und spinalartigen Vagusanhang und 1593 dem Facialis, Glossopharyngeus und Vagus zugerechnet, obwohl sie sich zum Theil in recht grosser räumlicher Entfernung von diesen Nerven befinden. Die erwähnten Befunde werden zugleich von verschiedenen Autoren verwerthet, um über die Grenze zwischen Cerebral- und Spinalnerven, zwischen Cranium und Wirbelsäule sich zu äussern. SCHNEIDER (1879 p. 76) betont, dass man zwar Vagus und Hypoglossus noch als Hirn- nerven ansehen könne, dass aber ihre Aehnlichkeit mit Spinalnerven gross sei. HATSCHER (1892 p. 157 f.) lässt seinen spinalartigen Vagusanhang (den er auf Fig 11 als Spinalis 1 bezeichnet) bei den Gnathostomen sich wahrscheinlich mit dem Vagus verbinden, unterscheidet somit bei Petro- myzonten einen unisegmentären primären Vagus, dem der spinale Vagusanhang folge, bei Gnatho- stomen aber einen bisegmentären Vagus, der aus der Verbindung der Beiden bei Petromyzon noch getrennten Elemente hervorgegangen sei. VON KUPFFER (1894 p. 65) hebt hervor, dass die Ganglien der dorsalen Kopfnerven den Spinalganglien nicht homodynam seien. Einen ähnlichen Gedanken- gang wie HATSCHER vertrat schon viel früher WIEDERSHEIM (1880 B. p. 449), indem er den ersten Wirbelbogen von Petromyzon als das dem Schädel noch nicht vereinigte Oceipitalsegment auffasste Der umfangreichste Versuch dieser Art ist aber neuerdings, an HAarscHer’s Angaben anknüpfend von SEWERTZOFF (1895 p. 76 ff. Tabelle VIII) gemacht worden. Derselbe nimmt für die Ver- gleichung zwischen Petromyzon und Acanthias die Mm. recti externi Beider (bei Petromyzon nach HATSCHEK aus dem 2. Myotom, bei den Selachiern nach van WıJHE und HOFFMANN aus dem 3. Myotom entstanden) als fixe Ausgangspunkte an, zählt von da nach hinten die Myotome ab und kommt damit zu dem Resultate, dass das vierte bei Petromyzon zwischen Kopf und erstem Wirbel liegende Myotom (VI) dem ersten gut entwickelten Kopfmyotom von Acanthias (VII) ent- spreche und dass ferner die hintere Schädelgrenze von Acanthias der hinteren Grenze des vierten freien Wirbelbogens von Petromyzon zu vergleichen sei, dass somit eine Einverleibung von 4 bei den Petromyzonten noch freien Wirbeln in den Schädel bei Acanthias stattgefunden habe. — Ueber die peripherische Verbreitung der spino-oceipitalen und spinalen Nerven wird folgendes angegeben. Der 1. dorsale spino-oceipitale Nerv (Vagusanhang HATSCHER’s) schickt von (oder vor) seinem Ganglion einen den Rr. cutanei dorsales des Glossopharyngeus und Vagus entsprechenden dorsalen Hautast, der hinter dem 3. metaotischen Myotom aufsteigt, nach oben (HATscHER 1892 p- 157). Die ventralen spino-oceipitalen Nerven (Hypoglossus der Autoren) theilen sich nach dem Austritte aus der häutigen Umhüllung des Centralnervensystems in schwächere dorsale und stärkere ventrale Aeste. Die dorsalen Aeste gehen in der Dreizahl resp. nach kurzem gemein- schaftlichen Anfange bald auseinander weichend (BORN 1827 p. 181, AHLBORN 1884 A. p. 305) oder in der Zweizahl (JuLın 1887 B.|p. 834 f.) dorsalwärts, wobei sie sich über den Ram. lateralis vagi hinwegschlagen, und verzweigen sich in dem dorsalen Abschnitte der ersten Myomeren des Seitenrumpfmuskels, wobei der vorderste nach vorn bis zum Bereiche der Ohrkapsel resp. der Nasenöffnung steigt; JULI lässt dieselben theils mit dem R. lateralis vagi anastomosiren, theils die beiden ersten Myomeren versorgen. Die ventralen Aeste sind beim Austritte entweder schon zu einem gemeinsamen Stamme verbunden (BORN 1827 p. 181, AHLBORN 1884 A. p. 305), der den Glossopharyngeus und R. branchio-intestinalis vagi dorsal kreuzt, dann (nach BORN) über den ersten Kiemenmuskel hinwegzieht, denselben mit einigen Zweigen versorgend, und endlich ventro-rostralwärts zu den Muskeln der Zunge gelangt, während AHLBORN ihn eine Anastomose von dem Glossopharyngeus empfangen lässt, aber seinen weiteren Verlauf nicht schildert!), — oder sie vereinigen sich nach JuLın (1887. B. p. 834 f.) erst nach Abgabe von Seitenästen, gehen 1) Ganz irrig und mir auch in der Hauptsache unverständlich sind die Angaben vön SCHLEMM und D’ALTON (1838 p.272), die ich deshalb gar nicht rekapitulire. Festschrift für Gegenbaur. IH. 715 590 MAx FÜRBRINGER [242 Anastomosen mit dem R. branchio-intestinalis vagi ein und versorgen die ventrale Abtheilung der beiden ersten Myomeren des Seitenrumpfmuskels sowie Muskeln der Zunge. Schneider (1879 p. 76) und HATscHEk (1892 p. 158) lassen, ohne speciellere Angabe, die drei ersten metaotischen Myomeren von den ventralen spino-occipitalen Nerven versorgt werden, Me MurkricH (1885 p. 144) spricht, jedoch ohne die Grundlage eigener Untersuchungen, von einer Versorgung der Zungenmuskeln (die nach der genauen Zergliederung von P. FÜRBRINGER (1875 p. 48) durchweg von dem Trigeminus versorgt werden), Ransom and Tuompson (1886 p. 424) notiren eine Endisung der hierher gehörigen Nervenfasern (Vagus 2a) in dem Seitenrumpfmuskel (muscles of the body-wall), DoHrn (1888 p. 278) erwähnt kurz eine Versorgung des vordersten Myotomes durch den dorsalen und ventralen Ast des Hypoglossus, v. KuPFFER (18595. B. p.74) endlich lässt das zweite metaotische Myomer und den von ihm sekundär hervorgesprossten „Seitenmuskel des Kopfes“ durch die motorischen Antheile des Hypoglossus (die beiden ersten ventralen spino-occipitalen Nerven) ver- sorgt werden, wobei dessen dorsale Aeste sich zu einem starken Stamme vereinigen, der nach vorn gerichtet sich an die Seitenfläche des N. lateralis anlehnt, den nicht in den Seitennerven aufge- gangenen Theil des ersten dorsalen Spinalnerven übernimmt, im weiteren Verlaufe einen starken Verbindungszweig aus dem Ganglion glossopharyngei erhält und die obere Portion des Seiten- muskels nach vorn bis an die Nase begleitet, während die ventralen Aeste in die ventrale Portion des erwähnten Myotoms und des Seitenmuskels des Kopfes eintreten. Aehnlich verhalten sich die spinalen Nerven, die gleichfalls im dorsale und ventrale Spinalnerven (an Stelle der dorsalen und ventralen Wurzeln) unterschieden werden. JuLin’s Be- schreibung (1887. B. p. 867 £.) entlehne ich die folgenden Angaben: Die dorsalen Spinalnerven bilden nach dem Austritte aus der Wirbelsäule ein ansehnliches Ganglion und theilen sich hierauf in je einen dorsalen und ventralen Ast; der erstere geht über den R. lateralis vagi dorsalwärts nach oben, bildet Anastomosen mit demselben, und verbreitet sich durch die Ligg. intermuscularia hindurchtretend an der Haut des Rückens; der letztere wendet sich ventralwärts zur Haut und schickt ausserdem noch Rami viscerales s. sympathici ab. Die im ausgebildeten Zustande ganglienlosen ventralen Spinalnerven theilen sich ebenfalls gleich nach dem Austritte in je einen dorsalen und ventralen Ast, welche einen ähnlichen Verlauf wie die vorhergehend beschriebenen dorsalen Nerven zeigen; ihre dorsalen Aeste anastomosiren gleichfalls mit dem R. lateralis vagi und ver- sorgen die dorsale Rumpfmuskulatur, ihre ventralen Aeste innerviren die ventralen Theile der Rumpfmyomeren, geben Rami viscerales für den Sympathicus ab und bilden im Bereiche der Branchialregion Anastomosen mit dem Ramus branchio-intestinalis vagi. — Ueber die metamerische Verbreitung in den einzelnen Myomeren des Seitenrumpfmuskels macht SCHNEIDER (1879 p. 76) allgemeinere Angaben, denen zufolge die beiden ersten Nn. spinales je 2 Myomeren (der erste das 4. und 5., der zweite das 5. und 6.), die folgenden Nerven je 1 Myomer (der dritte das 7., der vierte das 8. etc. etc.) versorgen sollen; JuLıv (1587 B. p. 359) fand stets, dass je ein Spinalnerv je 1 Myomer versorgt, beobachtete aber manchmal ebenso wie FrEupD (1878), dass zwei ventrale Nerven in 1 Myomer verlaufen können. Ueber die Entwickelung der spinalen Nerven verdanken wir v. KuPFFER (1890-95, vergl. insbesondere 1894 p. 63 fi.) die genauesten Angaben. Dieselbe beginnt von der dorsalen und ventralen Nervenleiste des Rückenmarks; von ersterer entstehen die dorsalen, von letzterer die ventralen Spinalnerven. Die ventralen Spinalnerven entwickeln sich in Gestalt von successive länger werdenden Zellenketten mit ventralen Spinalganglien zwischen der Medulla und der sich aus- dehnenden Innenfläche der Myomeren und bilden sich in Nervenfasern um. Die dorsale Nerven- leiste entsteht sogleich in Berührung mit der dorsalen Kante der Mesomeren; sie segmentirt sich und mit ihrer Segmentirung kommen die segmentalen dorsalen Nerven zur Entstehung in Gestalt einer dünneren, ‚zwischen die Zellen des Centralorgans eingekeilten Wurzel und einer ver- dickten kappenartig den dorsalen Kantenzellen des Mesoderms auflagernden Partie; letztere wird als primäres Ganglion (dorsales Primärganglion, bezeichnet und als eine Bildung angesehen, von 243] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOCKPHALEN KTC. 59| welcher die primäre Innervation der Myomeren ausgehe. Weiterhin entstehen aus dem Primär- ganglion medio-ventralwärts, d. h. zwischen Myomeren und Rückenmark sich erstreckende Aus- wüchse, die Anlagen der bleibenden dorsalen Spinalnerven inel. Ganglien. Damit combiniren sich laterale, aus den Ronon’schen Zellen stammende Embryonalfasern, welche zwischen Myo- meren und Epidermis verlaufen, aber keinen bleibenden Bestand haben!). Die Angaben der Autoren über Verbindungen der spino-oceipitalen Nerven (Hypo- glossus der Autoren) mit anderen Nerven wurden schon im Vorhergehenden an verschiedenen Stellen erwähnt. Ueber eine peripherische Vereinigung mit dem ersten dorsalen Spinalnerven berichtet v. KupFFEr (1895 B. p.74). — Anastomosen mit dem Glossopharyngeus, denen zufolge der „Hypoglossus“ Fasern von diesem erhält, werden von SCHLEMM und D’AuLron (1838 p. 272), AHLBORN (1884 A. p. 302) und v. Kuprrer (1895 B. p.74) angegeben, dagegen von JuLin (1887 B. p. S52) abgeleugnet. — Verbindungen mit dem Ram. lateralis vagi, sei es seitens der spino-occipi- talen, sei es seitens der spinalen Nerven, beschreiben SCHLEMM und D’ALTON (1838 p. 272), RansoMm and Tmonrson (1886 p. 422, dorsale Aeste der dorsalen spinalen Nerven), Juzın (1887 B. p. S34f., p- S68 f£., dorsale Aeste des Hypoglossus und der dorsalen und ventralen spinalen Nerven) und v. KuprFer (1895 B. p. 74, erster dorsaler spinaler Nerv); Donrn (1888 p. 268) leugnet sie ab und erkennt nur eine Aneinanderlagerung Beider an. — Desgleichen treten für Verbände mit dem Ram. branchio-intestinalis vagi ein Born (1827 p. 181), SCHLEMM und D’ALroN (1838 p. 272)?) Ransom and THomPpson (1886 p. 424, ventrale Aeste der dorsalen und ventralen spinalen Nerven), Juri (1887 A. p. 174, 1887 B. p. 834 f., p. S70, ventrale Zweige des Hypoglossus und der ventralen spinalen Nerven) und v. KuprFEr (1895 B. p. 62-63, wahrscheinlich ventrale Aeste der ventralen und vielleicht auch dorsalen spinalen Nerven); v. Kuprrer bringt dieselben, wenn ich ihn recht verstehe, zu seinem Ram. recurrens vagi in Beziehung. Die anderen Autoren sind geneigt, in ihnen ganz oder zum Theil Rami viscerales zu erblicken, somit Wurzeln des Sympathicus, welche sich in der Branchialregion dem Vagus anschliessen 3). 1) Bei den (dorsalen) Gehirnnerven (ef. v. KUPFFER 1894 p. 69ff.) geschieht die erste Entwickelung bis zur Bildung des dorsalen Primärganglions in gleicher Weise; dann aber sprossen von diesem zwei Auswüchse aus: 1) ein schwächerer medio-ventral zwischen centrales Nervensystem und Mesoderm gerichteter, welcher also den dor- salen Spinalnerven entspricht, und 2) ein stärkerer und beständigerer, latero-ventralwärts zwischen Mesoderm und Epidermis vorwachsender, die Anlage des Branchialnerven. Inzwischen hat auch die benachbarte Epidermis zu einer doppelten metameren Reihe von Plakoden sich verdiekt, deren dorsale (laterale Plakoden) früher entstehen als die ‚ventralen (epibranchiale Plakoden). An die lateralen Plakoden wachsen die sub 2) angegebenen lateralen Zellenketten des Nervensystems (Branchialnerven-Anlagen) heran, an der Berührungsstelle mit denselben zugleich ein Ganglion medullarer Abkunft (mediales Ganglion) bildend; desgleichen trennt sich von der lateralen Plakode ein Ganglienzellen- haufen (laterales Ganglion) ab und beide Ganglien (das medullare mediale und das epidermoidale laterale) verschmelzen zu dem Hauptganglion. Währenddessen tritt das dorsale Primärganglion in Rückbildung. Von dem Hauptganglion wuchern weitere Zellenketten zwischen Mesoderm und Epidermis ventralwärts bis zum Gebiete der epibranchialen Plakoden und verschmelzen mit Abkömmlingen derselben zu den Epibranchialganglien. Von da aus erfolgt schliess- lich unter hervorragender Theilnahme der Epidermis eine weitere Nervenentwickelung, der epibranchiale Strang. Die Gehirnnerven sind somit von den Spinalnerven durch das Plus der Branchialnerven mit ihren doppelten Ganglien verschieden; doch finden sich mitunter, selbst bei Embryonen von Amnioten, insbesondere Sauropsiden, noch im vorderen Rumpfgebiete, hinter dem Vagus, Rudimente solcher Branchialnerven, womit sich die Grenze zwischen beiden Gebieten einigermassen verwischt. — Hervorzuheben ist, dass v. KUPFFER bei jungen Ammocoeten von 4—5 mm Länge keine Versorgung des inneren Zuges des aus 3 Myomeren bestehenden Seitenmuskels des Kopfes durch den Hypo- glossus, sondern eine solche durch auf seiner Dorsalkante auflagernde dorsale Primärganglien, welche den Haupt- ganglien des Facialis, Glossopharyngeus und Vagus entstammen, angiebt (1895 B. p. 47ff.). Vergl. auch meine obigen Mittheilungen darüber (p. 584 Anm. 1). 2) Im Uebrigen ist mir die bezügliche Stelle („die untere Portion des Hypoglossus einigt sich mit dem unteren Aste der hinteren Wurzel des Vagus zum Nervus glossopharyngeus BoRN’s‘‘) nicht recht verständlich: BoRN’s Glossopharyngeus entspricht dem Hypoglossus der Autoren. 3) Dabei laufen Seitens Ransom and THomPson einige Irrthümer ein, welche JuLin berichtigt. Hinsichtlich des Genaueren verweise ich auf JuLiv’s treffliche Darstellung (1887 A. p.195 und 1887 B. p. $71f.), sowie auf DoHRN’s Mittheilungen (1885 B. p. 416 Anm. 1 und 1888 p. 277f.). 75* 592 Max FÜRBRINGER [244 Die für den Vergleich mit der Seitenrumpfmuskulatur sowie den epibranchialen und hypo- branchialen spinalen Muskeln der Gnathostomen in Betracht kommende Muskulatur ist die längs- laufende Seitenrumpfmuskulatur der Petromyzonten; die Zungenmuskulatur, welche auch einzelne Autoren (Borv 1827 p. 181, Mc Murricu 1885 p. 144 und Juin 1887 B. p. 834f.) von den spino-oceipitalen und spinalen Nerven versorgen lassen, wird nach den genauen Untersuchungen von P. FÜRBRINGER (1875 p. 48f.) durch den Trigeminus innervirt. Über diese Seitenrumpfmuskulatur haben namentlich Raruke (1825 p. 24), Srannıus, (1851 p. 225f., 1854 p. 110), GRENACHER (1867 p. 4), SCHNEIDER (1879 p. 72f.), WIEDERSHEIM (1883 p. 231), JuLın (1887 B. p. 864), Busor (1891 p. 27f.), v. KupFFer (1891 p. 49, 1895 A. p. 119f., 1895 B. p. 40f., p. 62f.), Harscnek (1892 p. 174f.) und MAURER (1894 p. 484 ff.) Mittheilungen gemacht; diejenigen von SCHNEIDER, JULIN, V. KUPFFER und HATSCHER kommen für unsere Zwecke hauptsächlich in Betracht. SCHNEIDER beschreibt die Spaltung des Muskels (grosser Längsmuskel SCHNEIDER) im Bereiche der Kiemenöffnungen in einen dorsalen und ventralen Theil und HATscHEk führt diese Spaltung noch weiter, indem er im dorsalen Bereiche, durch den vom Auge ausgehenden kurzen dorso-lateralen Spalt gesondert, noch einen dorsalen und mittleren Theil unterscheidet; den mittleren Theil trennt der durch die Reihe der Kiemenöffnungen gegebene ventro-laterale Spalt von dem ventralen. Den mittleren Theil fasst er als den ursprünglichen, den dorsalen und ventralen als den hinzugewachsenen Theil auf. Alle diese Partien sind durch bogenförmige Septen in Myomeren gesondert, welche in ihrer Anzahl im Kiemenbereiche den Branchiomeren nicht entsprechen, aber auch im dorsalen (resp. dorsalen und mittleren) "Theile zahlreicher sind als im ventralen (SCHNEIDER, JULIN, HATSCHER). SCHNEIDER's Abbildungen (Taf. II und XI) zeigen bis zum Zusammentreten des dorsalen und des ventralen T'heiles hinter der letzten Kiemenöffnung bei Ammocoeten 13 bis 14 dorsale und 10 bis 11 ventrale Myomeren, bei Petromyzon marinus 15 dorsale und 12 bis 13 ventrale Myomeren, JuLix’s Zählungen bei jungen und alten Ammocoeten ergeben dieselben Resultate, wie SCHNEIDER sie fand. HATscHER erklärt diese Dysmetamerie mit der An- nahme, dass einige Myotome an ihrem Hinunterwachsen durch die Kiemenspalten behindert wurden und daher keinen ventralen Theil lieferten. Die Zahl der innervirenden Spinalnerven ent- spricht in der Hauptsache (SCHNEIDER) oder genau (JuLın) derjenigen der dorsalen Myomeren; JuLIN nimmt daher an, dass von den minder zahlreichen ventralen Myomeren einige durch zwei Nerven versorgt würden. Eine Versorgung durch zwei Nerven giebt SCHNEIDER auch für das 4. bis 6. Myomer an, welchem der 1. und 2. Spinalnerv entspreche. Über die vorderen, von den spino-oceipitalen Nerven innervirten Myomeren machen ScHxEI= DER, HATSCHEK und v. KUPFFER genauere Angaben. SCHNEIDER lässt den dorsalen Theil bis vor die Nasenkapsel!), den ventralen bis vor die erste Kiemenöffnung gehen; unter dem Auge (mittlerer Theil Harscner’s) liegt bei Ammocoetes noch ein kleines Myomer, welches sich bei Petromyzon bedeutend vergrössert, zu etwa 10 Myomeren entwickelt und ventral über den Anfang der vorderen Endsehne des ventralen Muskels reicht. HATSCHEK lässt die oberflächlichen Theile des Seiten- rumpfmuskels von Ammocoetes über Ohrblase und Auge bis zur Nasengegend ziehen, die tiefen aber bis an den hinteren Theil der Ohrblase hinan reichen; der Seitenrumpfmuskel entwickele sich nur aus metaotischen Elementen. Keines dieser Myotome ist nach HATSCHEK rückgebildet, während v. KUPFFEr das erste vor dem Glossopharyngeus gelegene sich reduciren lässt?). v. KUPFFER (1895 B. p. 41) macht eingehendere Mittheilungen über die Entwickelung des dorsalen Anfanges des Seitenrumpfmuskels. Danach sprossen bei 3,5 mm langen Ammocoeten von dem vorderen Ende des metaotischen Myotoms eine mediale und laterale Muskelknospe hervor; die erstere bildet sich zu der tieferen, an der Seite der Chorda bis zum Anfang des Labyrinths ziehenden Fort- 1) Busor (1891 p. 28) führt die vordere Endigung an dem sog. Ethmoid an, das er aus mir unbekannt gebliebenen Gründen als „premiere cartilage labial“ bezeichnet (p. 24, 81). 2) Die bezügliche Stelle v. Kuprrer’s (1891 p. 49) lässt auch eine andere Deutung zu. 245] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 593 setzung des Seitenrumpfmuskels aus und sondert sich bald in drei Segmente, welche vorübergehend von den Primärganglien des Facialis, Glossopharyngeus und Vagus versorgt werden, die letztere entwickelt den oberflächlichen Seitenmuskel des Kopfes, der sich in ein dorsales über dem Auge bis zur äusseren Nasenöffnung und darüber hinausziehendes und ein ventrales unter dem Auge nicht ganz so weit nach vorn laufendes Band (M. lateralis capitis anterior superior und inferior) spaltet; die Segmentirung derselben erfolgt später als diejenige des tieferen Muskels. Diese beiden Bänder dürften m. E. den Anfängen der dorsalen und mittleren Theile HArscnuer’s entsprechen. Der ventrale, unter den Kiemenöffnungen gelegene Muskeltheil bildet sich nach Busor (1891 p. 28) erst später aus; bei Ammocoetes ist der der rechten und linken Seite noch von einander entfernt. v. KUPFFER (1895 A. p. 119f., sowie Fig. 5 und 6) findet seine Entstehung in überraschender Weise ganz selbstständig von derjenigen des dorsalen Muskelabschnittes in Gestalt von dünnen sub- epithelialen und von dem Epithel produeirten Strängen, welche sich zusehends verbreitern; ihre Innervation erfolge von dem System der branchialen Nerven, von dem Ram. recurrens vagi!). Dourn (1887 p. 325, 1888 p. 275) hebt hervor, dass ein Verschieben der Körpermuskulatur nach vorn über den Kiemenabschnitt und bis auf den Vorderkopf stattgefunden habe. Endlich rechnet HATSCHER (1892 p. 149) auch den Musc. rectus externus des Auges zu dem Seitenrumpfmuskel-System, indem er ihn aus einem prootischen Myotom, welches sich hinten an den mittleren Theil des ersten metaotischen Myotomes ansetzt, hervorgehen lässt; dafür spreche auch sein histologisches Verhalten. v. Kuprrer (1894 p.57) widerspricht dem mit der An- gabe, dass ein primäres prootisches Myotom an der betreffenden Stelle sich nie befunden habe und dass ausserdem kein primäres prootisches Myotom sich erhalte; auch sei die behauptete histologische Uebereinstimmung des M. reetus externus mit metaotischen Myotomen im Anfange nicht vorhanden. Meine Untersuchungen beschränkten sich auf einige Ammocoetes branchialis von 1—20 cm Länge (10, 12, 25, 80, 130 und 200 mm) sowie 2 ausgebildete Thiere von Petromyzon Planeri und 3 ausgewachsene Petromyzon marinus. Das embryologische Material konnte nur zum Theil für das Nervensystem verwerthet werden, da nicht alle Schnittserien tadelfrei waren; die Exemplare von Petromyzon marinus bildeten das Hauptmaterial für die Untersuchungen. Ich finde bei Petromyzon marinus zwei spino-occipitale Nerven (Taf. VII Fig. 22), welche ich zunächst mit den indifferenten Buchstaben « und £ bezeichne. Beide besitzen dorsale und ventrale Wurzeln resp. Nerven?) («’ und «’, #° und £°), die sämmtlich gesondert von der Medulla abgehen, und, erstere dorso-rostral von den letzteren, die zwischen Labyrinthknorpel und erstem Wirbelbogen sich ausbreitende Membran (häutiges Occipitale?) durchsetzen. Die ventralen Nerven (Wurzeln) sind erheblich stärker als die dorsalen und der erste von ihnen («’) übertrifit bei Petromyzon marinus den zweiten (£”) in der Regel mehr oder minder an Dicke; in 5 untersuchten Fällen schwankte das Stärke- verhältniss zwischen «@’ und £’ von 4:1 bis 3:2; einmal waren beide annähernd 1) Wie schon erwähnt, weist v. KUPFFER in der zweiten Mittheilung darüber (1895 B. p. 62, 63) auf Be- ziehungen zu Spinalnerven hin. 2) Ueber diese Termini-,Wurzeln resp. Nerven“ vergl. die obigen Mittheilungen (p. 582). nn tn ee 594 Max FÜRBRINGER [246 gleich stark. Bei Ammocoetes fand ich dagegen gleich Arızorn und JuLın eine etwas geringere Entwickelung von «’ im Vergleiche zu 5°. Die genaue Untersuchung der Ursprünge und Abgänge der beiden ventralen Wurzeln bei Petr. marinus zeigt zu- gleich die Zusammensetzung derselben aus Wurzelbündeln; £ ist einfach oder be- steht nur aus 2 Bündeln, « aus 2 bis 3'); das stimmt am meisten mit v. KuPpFrEr’s Angaben. Diese Wurzelbündel gehen in grösster Nachbarschaft zu einander von der Medulla ab, sind aber beim Durchtritte durch die kranio-vertebrale Membran noch durch feine Bindegewebsscheidewände getrennt. Diese relative Selbstständigkeit war es wohl, die einzelne Autoren, so z. B. WIEDERsHEIM, veranlasst hat, mehrere ventrale Wurzeln anzunehmen. Die Untersuchung eines Falles, wo «’ aus 3 ganz selbstständig durch die Membran tretenden und erst peripher sich vereinigenden Wurzel- bündeln bestand, von denen das feinste vorderste am meisten und am längsten?) separirt war, während die beiden hinteren sich mehr und früher zusammenschlossen, legte mir zugleich den Gedanken sehr nahe, ob es sich hier nicht um 2 einander nahe gerückte spino-oceipitale Nerven handele. Ich vermisse dafür aber noch die beweisenden Instanzen, während der gesonderte Durchtritt einzelner Wurzelbündel bei so tiefen Formen wie Petromyzon — auch bei den Myxinoiden und bei Amphiowus findet sich Aehnliches selbst in regelmässiger Anordnung — keine Schwierigkeiten bereitet. Ziemlich regelmässig geht zwischen Vagus und «’ ein kleines Gefäss durch die Membran (Fig. 22 Art.); die wiederholte mikroskopische Durchmusterung dieser Gegend ergab mir aber nichts, was auf redueirte Nerven an dieser Stelle schliessen liesse. Immerhin will ich angesichts der sehr bestimmten Angaben von Born und namentlich Harscarx (vergl. auch dessen Abbildung von Ammocoetes) nicht von der Hand weisen, dass die Petromyzonten ursprünglich drei spino-occipitale Nerven hatten, welche Ammocoetes ontogenetisch noch recapituliren kann, in welchem Falle also anstatt « und # zu zählen wäre: «, £, y. Die genauerere Untersuchung der Uebergänge von Ammocoetes zu Petromyzon wird diese Frage unschwer lösen lassen. Die meistens beträchtlichere Dicke der ersten Wurzel « gegenüber £ unterscheidet die spino-occeipitalen Nerven von Petromyzon (marinus) wesentlich von denen der amnionlosen Gnathostomen; nur die Amnioten zeigten mitunter Aehnliches (p. 502£., 927, 529f.). Man kann bei Erklärung dieses Verhaltens an ein primordiales Dicker- sein von « gegenüber # oder an eine Verschmelzung zweier erster spino-occipitaler Nerven oder an eine sekundäre Vergrösserung des ersten denken. Die erste Alter- native wird durch den Vergleich mit Ammocoetes, wo der erste Nerv schwächer als der zweite ist, widerlegt; der zweiten fehlen nach den obigen Darlegungen zur Zeit die genügenden Grundlagen; die dritte erhält eine sehr wesentliche, wenn nicht aus- schlaggebende Stütze durch das Verhalten des vordersten lateralen (latero-ventralen) Myomers des Seitenrumpfmuskels, welches bei Petromyzon marinus durch die höhere 1) Fig. 22 bildet einen Fall mit einem Bündel bei 3” und zweien bei «’ ab. Letztere sind am Ursprunge etwas zu wenig gesondert dargestellt. 2) Die Verbindung erfolgte erst weit jenseits des Durchtrittes im peripherischen Gebiete. 247] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 595 Ausbildung des facialen Myomers eine ungleich voluminösere Entwickelung, als sie Ammocoetes branchialis zeigt, sekundär gewonnen hat (s. unten p. 602). Die dorsalen spino-oceipitalen Nerven (Wurzeln) sind viele Male feiner als die ventralen, übrigens auch von verschiedener Dicke, indem bald der erste («®), bald der zweite (5°) der stärkste ist, bald beide einander gleichkommen; einmal war der vordere, einmal der hintere so fein, dass er nur mit Beihülfe des Mikroskopes nachgewiesen werden konnte. Doch vermochte ich ihn stets zu konstatiren. Sie finden sich somit nicht nur bei Ammocoetes, wo sie bisher allein gesehen wurden, sondern auch bei dem erwachsenen Petromyzon. Auf die spino-oceipitalen Nerven folgen die spinalen Nerven als deren echte Homodyname. Wie diese bestehen sie aus ventralen und dorsalen Nerven (Wurzeln), von denen die letzteren den zugehörigen ersteren vorausgehen. Die beiden ersten ventralen spinalen Nerven sind stärker als die dorsalen (Fig. 22 y’, ö”); von dem dritten ab werden sie aber von letzteren an Dicke eingeholt und selbst über- troffen. Kein ventraler spinaler Nerv erreicht die Dicke des ersten ventralen spino- occipitalen Nerven. Von den dorsalen spinalen Nerven ist der erste (y”) noch er- heblich schwächer als der zugehörige ventrale, der zweite (6) wenig schwächer als dieser, worauf an den folgenden sich das schon angegebene Grössenverhältniss zwischen ihnen und den zugehörigen ventralen herausstellt. Dorsale und ventrale Wurzeln resp. Nerven verhalten sich hinsichtlich ihres Ursprunges bei den spino-oceipitalen und spinalen Nerven vollkommen gleich; die ersteren entstammen den Vordersäulen, die letzteren theilweise den „Hinterzellen‘“* (Kurscaiw’schen Zellen), theilweise münden sie in den Bereich der Medulla ein. Wenn es auch noch nicht gelang, die Ursprünge der ersteren von Vorderhirnzellen, sowie die Endbäume und Kollateralen der letzteren nachzuweisen, so ist doch ihre Homo- logie mit den gleichnamigen Nerven der Gnathostomen nicht zu bezweifeln!). Dem entspricht auch der bei Allen gleiche Abgang vom ventralen und dorsalen Bereiche der Medulla. Der Durchtritt der beiden spino-occipitalen Nerven durch die kranio-verte- brale Membran erfolgt bei Petromyzon (Fig. 22) in mässiger Entfernung von einander und gleichweit hinter dem Vagus, dessen Oeffnung im Niveau der ventralen Nerven, fast rein rostral vor denselben, also ventro-rostral vor den dorsalen Nerven sich be- findet. Bei den jüngsten untersuchten Ammocoeten nähern sich die drei Nerven- 1) Wie schon in der literarischen Uebersicht (p. 584 Anm. 1) mitgetheilt worden, bilden die den „Hinter- zellen“ entspringenden Fasern bei den Petromyzonten ein ansehnliches Kontingent der dorsalen Nerven, die danach wohl nicht als rein sensible, sondern als gemischte Nerven anzusprechen sind. Immerhin ist es noch nicht er- wiesen, dass diese Fasern centrifugale oder motorische sind; namentlich die grosse Uebereinstimmung der centralen Hinterzellen und der Spinalganglienzcellen ist dabei zu bedenken. Der weitere Verlauf dieser auch als vasomotorisch oder sympathisch bezeichneten Fasern ist nicht bekannt; doch kann man vielleicht mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, dass sie z. Th. in die weiter unten zu erwähnenden Rami viscerales der Spinalnerven übergehen. Hin- sichtlich des Verhaltens der entsprechenden Nervenzellen und Nervenfasern bei Amphioxus und den Gnathostomen (bei welchen letzteren sie mehr zurücktreten und z. Th. nur embryonale Existenz haben) verweise ich auf die citirte Anmerkung (p. 584). Sehr beachtenswerth erscheinen mir die Ausführungen von SruDNIckA hinsichtlich phylogenetisch auf einander folgender Generationen von Ganglienzellen in der Reihe der Wirbelthiere (1895 B. p. 25). | | j | | 596 Max FÜRBRINGER [248 durchtritte so, dass die sie trennenden Zwischenwände nur ganz schmal sind; hier liegt der Vagus durch wenig Bindegewebe geschieden ziemlich direkt rostral resp. rostro-dorsal vor ihnen und erst allmählich stellt sich mit dem Alter die etwas grössere Entfernung her. Von den spinalen Nerven treten der erste dorsale und ventrale durch den ersten breiten und doppeldornigen Wirbelbogen'), die folgenden dorsalen zwischen den Wirbeln, die ventralen durch die Wirbelbogen heraus?). Ihre Ent- fernungen von einander (d. h. der auf einander folgenden ventralen oder der auf einander folgenden dorsalen Nerven) sind etwa 2"/,mal so gross als diejenige der beiden spino-occipitalen Nerven von einander oder von dem Vagus. Auch hier liegen die Durchtrittsstellen der dorsalen Nerven rostro-dorsal (aber mit sehr mässiger dor- saler Erhebung) vor denjenigen der ventralen Nerven und in naher Nachbarschaft zu ihnen; erst hinter dem Kiemenbereiche treten beide so aus einander, dass ein regel- mässiges Alterniren der dorsalen und ventralen Nerven in gleichen Distanzen zur Beobachtung kommt. Die äusseren Austrittsstellen der beiderlei Nerven liegen im Niveau des Ram. lateralis vagi, der sie deckt. Nach dem Austritte treten dorsale und ventrale Nerven (Wurzeln) nicht zu- sammen, sondern behalten, unbedeutende peripherische Anastomosen abgerechnet, durchweg ihre Selbstständigkeit. Da sie somit streng genommen nicht die Wurzeln eines Stammes, sondern von Anfang bis Ende selbstständige Nerven darstellen, wurden sie auch von mir nach dem Vorschlage vou Freun u. A. als dorsale und ventrale Nerven bezeichnet. Die dorsalen spino-occipitalen und spinalen Nerven (resp. Wurzeln) schwellen bald nach dem Austritte zu Dorsalganglien an, welche bei den spino-occipitalen und dem ersten spinalen Nerven von mässiger Grösse sind, bei den übrigen recht ansehnliche linsenförmige Gebilde darstellen, die sofort je einen dor- salen und ventralen Ast abgeben; dieselben verlaufen im Allgemeinen, die Richtung der Septen zwischen den je auf einander folgenden Myomeren beibehaltend, dorsal- und ventralwärts zur Haut, wobei die dorsalen sich oberflächlich über den Ram. lateralis vagi herumschlagen. Die ventralen spino-occipitalen und spinalen Nerven treten nur wenig tiefer (ventraler) als die dorsalen aus der kranio-vertebralen Membran und den Wirbelbogen heraus und theilen sich sofort nach dem Austritte in einen etwas kleineren dorsalen Ast, der sich gleichfalls über den R. lateralis vagi dorsal- wärts wendet, und einen etwas grösseren ventralen Ast, der im spinalen Gebiete recht häufig durch zwei parallel neben einander laufende Aeste vertreten sein kann, welche ventralwärts ziehend sich innerhalb der zugehörigen Myomeren des Seiten: rumpfmuskels vertheilen. Bei den beiden ventralen spino-occipitalen Nerven resp. Wurzeln (e' und £") verlaufen die dorsalen Aeste, nachdem sie sich um die Rami laterales 1) Die Verschmelzung desselben aus zwei Bogen erscheint mir recht zweifelhaft. Was ich sah, spricht mehr für eine sekundäre Verbreiterung und Umwachsung des ersten dorsalen Spinalnerven durch den ursprünglich hinter ihm gelegenen Wirbelbogen. 2) Bezüglich der Abweichungen in dem hinteren Kiemenbereiche und den postbranchialen Körperregionen verweise ich auf SCHNEIDER und JULIN. 249] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN LTE, 597 facialis et vagi!) herumgeschlagen haben, in den beiden ersten (praebranchialen)?) dorsalen Myomeren schräg nach oben und vorn bis zur Gegend der Nasenöffnung. Die stärkeren ventralen Aeste verbinden sich gleich nach dem Austritte zu einer Ansa spino-oceipitalis, indem sich der zweite mit seiner Hauptmasse oder mit einem stärkeren Aste an den ersten anschmiegt und mit ihm zu einem einheitlichen Nerven- stamm verschmilzt, der in transversaler Richtung ventralwärts geht, danach mit zahlreichen Verästelungen die beiden praebranchialen Myomeren in ihrem lateralen und ventralen Bereiche versorgt?) und zugleich als vorderen Seitenzweigkomplex einen ungemein komplizierten, ventro-rostral strebenden Plexus zu dem facialen’) Myomer sendet; der kleinere Nebenast des zweiten spino-occipitalen Nerven ver- zweigt sich in dem lateralen Bereiche des zweiten Myomers. Von den ventralen spinalen Nerven resp. Wurzeln (y", ö’ ete.) verlaufen die dorsalen Aeste olıne weitere Komplikationen in den dorsalen Bereichen der zugehörigen Myomeren. Die ventralen Aeste wenden sich entsprechend der An- ordnung ihrer Myomeren ventro-caudalwärts und gehen im Kiemenbereiche zahlreiche feine Verbindungen mit dem Ram. branchio-intestinalis vagi ein, von denen noch zu sprechen sein wird. Die 3 bis 5 ersten von ihnen verlaufen selbstständig, ohne Anastomosen mit einander zu bilden, in den von ihnen versorgten Myomeren; von dem 4. oder 5. oder 6. ab erfolgt darin eine Aenderung, indem sie resp. Theile von ihnen, sich mit den 4 bis 5 nachfolgenden ventralen Aesten zu einem ziemlich kom- plizierten, in der Hauptsache motorischen Plexus (an dem die ventralen Aeste der dorsalen, sensibeln Nerven nur bescheidenen Antheil nehmen) verbinden. Dieser Plexus verläuft an der Innenfläche des 7. bis 12. resp. 8. bis 12. branchialen’) Myomers ventro-caudalwärts bis hinter die letzte Kiemenöffnung und wendet sich von da im Bogen ventro-rostralwärts an die Innenfläche der S ventralen branchialen Myomeren, an denen er als geschlossener Nervenstamm fortwährend Seiten- äste abgebend und damit dünner und dünner werdend, rostralwärts bis zum ersten branchialen Myomer verläuft, wo er endet. Dieser Nerv entspricht dem von v. KurprrEr bei Ammocoetes beschriebenen Ram. recurrens vagi‘), ist aber in Wirklichkeit, bei 1) Der Ram. lateralis facialis entspricht dem Ram. recurrens facialis der Autoren (R. recurrens lateralis facialis HATSCHEXR’s). Ich kann die Bezeichnung ‚„R. recurrens“ nicht glücklich nennen, da sie ausdrückt, dass der Nery ein von hinten nach vorn verlaufender sei, während er bekanntlich von vorn nach hinten (retrocurrens) zieht. Mit der, bereits durch HATSCHEK angebahnten Bezeichnung R. lateralis reeurrens facialis dürfte seine Natur am besten ausgedrückt sein; doch würde ich vorziehen, an Stelle des „recurrens“ die Bezeichnung ‚retrocurrens“ zu setzen. 2) Hinsichtlich der Myomeren-Bezeichnungen „praebranchial“, „branchial“, „facial“ verweise ich auf die spätere Beschreibung des Seitenrumpfmuskels (p. 600f.). 3) Auch meine ich ein mässiges Uebergreifen in den Anfangsbereich des ersten branchialen Myomers 3. Myomer) einmal beobachtet zu haben. 4) Bei Ammocoetes scheint derselbe auch nur aus spinalen Fasern zu bestehen und dem Ram. branchio- intestinalis vagi nur angeschlossen zu sein, nicht aber demselben zu entstammen. von KUPFFEr hebt selbst die von den Vagusfasern abweichende, aber mit den Spinalnervenfasern übereinstimmende Beschaffenheit der Nervenelemente her- vor und denkt hierbei an die dem R. branchio-intestinalis von Seiten der Spinalnerven abgegebenen Anastomosen. Es liegen hier ziemlich grosse Schwierigkeiten für die Untersuchung vor und bekanntlich setzen gerade nervöse Plexus- bildungen der Kombination von Serienschnitten besondere Widerstände entgegen. Ohne die Braus-DrÜünEr’sche Festschrift für Gegenbaur. III, 76 m un ga 598 Max FÜRBRINGER [250 Petromyzon marinus (und wohl auch bei Ammocoetes), da er keine Vagusfasern ent- hält, ein Ram. recurrens spinalis. Im Vergleiche mit der bei den Gnathostomen gebrauchten Nomenklatur bezeichne ich den Plexus und den ventralen Nervenstamm als Plexus cervicalis und Ramus cervicalis. Zu dem N. vagus besitzen die spino-occipitalen und spinalen Nerven eben- sowenig wie bei den Gnathostomen intimere Beziehungen, welche daran denken lassen könnten, beide Nervenkategorien zu vereinigen. Der N. vagus entspringt mit dem vor ihm liegenden N. glossopharyngeus in der Weise, wie dies insbesondere AHLBORN und von Kurprrer angeben, mit einer Anzahl dorso-lateral aus der Medulla oblongata austretender Wurzelbündel, die sich somit dorso-rostral vor denen des ersten N. spino-occipitalis befinden und, wie bereits erwähnt, auch vor demselben durch die kranio-vertebrale Membran austreten. Irgendwelche Anastomosen während des intrakraniellen resp. intravertebralen Verlaufes fand ich nicht. Nach dem Austritte bilden Glossopharyngeus und Vagus die beiden, von den genannten Autoren näher beschriebenen Ganglien, Vom Ganglion glossopharyngei entsteht der Stamm des Glossopharyngeus'), der nach der ersten offenen Kiemenspalte strebt, ihre Wände mit einem sensibeln praetrematischen und einem gemischten posttrematischen Aste ver- sorgend. Dem grösseren Vagusganglion entstammt der in der Tiefe der Seitenrumpf- muskeln nach hinten verlaufende sensible Ram. lateralis vagi, der bald nach seinem Ur- sprung den kräftigen Ram. lateralis retrocurrens facialis aufnimmt und mit ihm zum Ram. lateralis facialis — vagi verschmilzt, sowie der kräftigere, zahlreiche Ganglien enthaltende und aus sensibeln und motorischen Fasern bestehende Ram. branchio- intestinalis vagi, der mit 6 Rami branchiales die Umgebung der 2. bis 7. Kiemen- öffnung mit sensibeln praetrematischen und gemischten posttrematischen Zweigen ver- sorgt und dann als ziemlich schwacher R. intestinalis (von der Dicke eines Branchial- nerven) nach hinten zu Oesophagus, Magen und Herz verläuft, wohin ich ihn indessen nicht weiter verfolgte. Die von den Nn. glossopharyngeus und vagus ver- sorgte Muskulatur gehört wie bei den Gnathostomen dem Constrictoren-System der Kiemen zu. Der ventrale Ursprung dieser motorischen, den sensibeln Hauptmassen gewiss eng angeschmiegten Fasern ist bisher noch unbekannt geblieben. Ich sah in der Medulla oblongata im Ursprungsbereiche des Vagus querverlaufende Fasern, die aus der Richtung von grösseren Ganglienzellen zu kommen schienen, welche sich ventral von den sensibeln Vagusganglien befanden; den Nachweis einer Verbindung der Fasern mit diesen Zellen konnte ich aber nicht führen. Somit ist der Ursprung dieser motorischen Vagusfasern noch Postulat und Desiderat. Etwas an einen N. accessorius Willisii Erinnerndes vermisste ich durchaus. binoculäre Lupe, die unvergleichlich mehr als alle bisherigen Lupen leistet, wäre es wohl auch mir selbst bei einem so grossen Thiere wie Petromyzon marinus nicht vollständig gelungen, über das Detail der Zusammensetzung des Plexus (Ramus) cervicalis zur Klarheit zu kommen. 1) Von den für die bezüglichen Verhältnisse nicht direkt in Frage kommenden Seitenästen und feineren Verzweigungen der Nn. glossopharyngeus und vagus sehe ich hier ganz ab. 251 ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHNALEN ETC. 5 « Bezüglich der angegebenen peripherischen Anastomosen der spino-occipi- talen und spinalen Nerven mit den Nn. glossopharyngeus und vagus ergaben meine Untersuchungen folgendes. Die insbesondere von ÄHLBORN angegebene und abgebildete Anastomose mit dem Glossopharyngeus, durch welche Fasern dieser Nerven dem Hypoglossus bei- gemengt werden sollen, existirt bei den von mir untersuchten Exemplaren von Petro- myzon marinus nicht. Stets fand ich, dass der Glossopharyngeus dicht an dem ersten spino-oceipitalen Nerven vorbeigeht, auch durch Bindegewebe mit ihm verbunden ist; aber immer gelang es leicht, beide Nerven sauber zu trennen. Verbände von Seitenzweigen der Rami dorsales der Spinalnerven mit dem Ram. lateralis vagi wurden hie und da gefunden; aber auch bier war die Trennung beider Kategorien ohne besondere Schwierigkeit durchzuführen. Von intimeren Anastomosen konnte man nicht sprechen. Ich stehe somit in dieser Hinsicht Donrn näher als Jurm. Uebrigens ist namentlich aus den bedeutungsvollen Untersuchungen Maurer’s (1592 und 1595) bekannt. dass in diesem Gebiete überhaupt genau zwischen der sensorischen Endigung der Rr. laterales und der sensibeln der Rr. spinales zu scheiden ist. Weit intimer fand ich die Anastomosen der ventralen Aeste der Nn. spinales mit dem Ram. branchio-intestinalis vagi, und zwar sind es, vom ersten Spinal- nerven beginnend, sowohl von den ventralen (motorischen) als dorsalen (sensibeln) Nerven (Wurzeln) abgehende Zweige, die sich mit dem Vagus verbinden, von ihm zum kleineren Theile wieder abgehen, zum grösseren aber bis auf die Rr. branchiales verfolgt werden können. Diese anastomosischen Aeste nehmen nach hinten an Stärke zu; die von den 4. und 5. Spinalnerven ausgehenden verbanden sich einmal zu einem ganz ansehnlichen Stamme, der sich dem Branchio-intestinalis einwebte. Der Letztere bekommt damit motorische und sensible, grobe und feine Fasern, deren weitere Ver- folgung mit grossen Schwierigkeiten der Untersuchung verbunden ist und von mir auch nicht so weit studirt wurde, dass ich mit Sicherheit über den ferneren Verlauf und Verbleib dieser Fasern Auskunft geben könnte. Dass insbesondere die feineren Fasern motorische und sensible Rr. viscerales, somit in gewissem Sinne Anfänge des Sympathicus repräsentiren, ist auch meine Ansicht. Ausser ihnen kommen aber noch motorische und sensible Fasern in Betracht, welche nicht dahin gerechnet werden können, sondern nach ihrem histologischen Verhalten als somato-motorische und cutane Nerven anzusprechen sind; die ersteren scheinen durchweg von dem Vagus wieder abzugehen und sich schliesslich dem Plexus cervicalis einzuweben. Auch fand ich feine von jedem Branchialnerven des Vagus abgehende Zweige, welche durch je eine besondere Oeffnung direkt vor den knorpeligen Kiemenbogen aus der Tiefe traten‘) und theils an der Innenfläche der branchialen ventralen Myomeren des 1) Dieser tiefe Verlauf der Branchialnerven, die sonach von dem Kiemenskelett nicht nur bedeckt sind, sondern in grosser Tiefe unter ihm liegen, spricht durchaus gegen die von Dourn (1884 p. 56, 1887 p. 327 f.) ge- machte Angabe, wonach das Kiemenskelett der Petromyzonten identisch mit dem inneren Kiemenskelett der Selachier sei. 76* 0 _ eG > EL 600 Max FÜRBRINGER [252 Seitenrumpfmuskels sich verzweigten, theils dieselben durchbohrend zur Haut gelangten. Wahrscheinlich sind die im Seitenrumpfmuskel sich verzweigenden Nerven nicht für die Muskelfasern, sondern für das intermuskuläre Bindegewebe bestimmt. Ob diese Fasern dem Vagus selbst oder den mit dem Vagus anastomosirenden Spinalnerven entstammen, konnte ich bei der Schwierigkeit der bezüglichen Untersuchung und bei meinem nicht sehr gut erhaltenen Material nicht sicher entscheiden, doch neige ich nach einigen Beobachtungen dazu, jedenfalls die zur Haut gehenden dem Vagus zuzurechnen. Die für die motorischen Zweige der spino-occipitalen und spinalen Nerven allein in Betracht kommende Seitenrumpfmuskulatur bildet einen auf beiden Seiten des Körpers vom Schwanze bis zum Kopfe erstreckten Komplex von Myomeren, welche nach vorn concave Bogen bilden, derart, dass die dorsalen und ventralen Bezirke derselben weiter nach vorn gerückt sind als die mittleren, lateralen. Letztere bieten in dieser Hinsicht primitivere Lagerverhältnisse dar, als die ersteren; auch der Verlauf der sie innervirenden Nerven documentirt dies‘. Man kann somit in gewissem Sinne HaTscHEX zustimmen, der den mittleren (lateralen) Theil als den ursprünglicheren, den dorsalen und ventralen als hinzugewachsenen auffasst. Im Be- reiche der 7 Kiemenöffnungen und darüber hinaus weicht diese Muskulatur aus- einander, so dass hier eine dorsale über der Kiemenfurche und eine ventrale unter derselben liegende Abtheilung zu unterscheiden ist; erstere, die breitere und kräftigere, besteht in der Hauptsache aus dem dorsalen und lateralen, letztere im wesentlichen aus dem ventralen Theile?). Man kann zugleich die im Bereich der 7 Kiemenöffnungen liegenden Myo- meren als branchiale, die hinter der letzten gelegenen als postbranchiale, die vor der ersten befindlichen als praebranchiale bezeichnen. SCHNEIDER, JuLın und HATscHEK haben bereits nachgewiesen, dass im branchialen Bereiche ein Missverhältniss in der Zahl der dorso-lateralen und der ventralen Myomeren besteht. Bei Ammocoetes branchialis zählen alle drei Autoren bis zum hinteren Ende der Kiemenfurche 13—14 dorso-laterale und 10—11 ventrale Myomeren°) und bei Petromyzon marinus bildet der Erstere 15 dorsale und 12—13 ventrale Myotome ab. Ich finde bei Ammocoeten von I—20 cm Länge die gleichen Gesammtzahlen wie die genannten Autoren und hinsichtlich der einzelnen Abtheilungen die meiste Uebereinstimmung mit JuLin; doch zeigten die jüngsten 'Thiere, dass die erste Kiemenspalte nicht immer genau 1) Auch die Lage der dorsalen Abschnitte der Myomeren zu dem Ram. lateralis vagi, den sie decken, demonstrirt die dorsalwärts vorschreitende Ausdehnung und Wanderung derselben. 2) Auf die Frage, ob und in wie weit derselbe auch laterale Elemente in sich enthalte, ist hier nicht einzugehen. 3) JuULIN findet dieselben derart, dass er 2 ventrale und 2 dorsale praebranchiale, 10—11 dorsale und 7—8 ventrale branchiale und 1 dorsales und 1 ventrales getrenntes postbranchiales Myomer zählt; danach treten dieselben zu dem einheitlichen Seitenrumpfmuskel zusammen. Auf der Abbildung bei HATSCHEK existiren auch hinter der letzten Kiemenspalte noch 21/s getrennte Myomeren, während die Zahl der ventralen branchialen Myomeren nur 6 beträgt. 253] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND FHOLOCEPHALEN ETC. 601 dem Septum zwischen dem 2. und 3. Myomer entsprach, sondern auch mitunter im Bereiche des 2. Myomers sich fand. Interessant ist die weit gehende postbranchiale Spaltung auf der Harscner’schen Abbildung; leider fehlt die Angabe, ob es sich hier um ein jüngeres oder älteres Exemplar von Ammocoetes handelt. Bei Petromyzon marinus finde ich bei 4 Exemplaren auf beiden Seiten 14—15', dorso-laterale und (excl. das faciale Myomer) 10—12 ventrale Myomeren, wobei die Zahl der prae- branchialen dorsal und ventral constant 2, die der branchialen dorsal 12—13 und ventral S—10, die der getrennten postbranchialen in allen möglichen Uebergängen von Myomeren-Bruchtheilen 0—1 beträgt; intimere Verschiebungen geringeren Grades wurden dabei auch konstatirt'). Speciellere Erwähnung verdient das Verhalten der beiden ersten, der prae- branchialen Myomeren, deren versorgende Nerven die spino-occipitalen sind. Das zweite (hintere praebranchiale) Myomer verhält sich in der Hauptsache wie die branchialen, doch findet sich bei Ammocoetes im dorso-lateralen Bereiche die von HarscHEX angegebene Trennung in den dorsalen und lateralen Theil durch den vom Auge nach hinten gehenden dorso-lateralen Spalt bald mehr, bald minder ausgeprägt; bei Petromyzon dagegen beobachtete ich in der Regel vollkommenen oder nahezu vollkommenen Zusammenhang. Das erste (vordere praebranchiale) Myomer zeigt bei Ammocoetes eine scharfe Trennung in einen dorsalen und lateralen Zug”), welche zwischen sich das Auge fassen, wobei der laterale den ventralen Abschnitt des Auges überzieht und mit der membranösen Orbita innig verbunden ist; der dorsale Zug gelangt bei jüngeren Exemplaren bis hinter die Nasenöffnung, bei mittelalten und alten bis zum Niveau derselben oder etwas vor dasselbe, der laterale, der etwa die doppelte Länge eines postbranchialen Myomers besitzt, ziemlich weit vor das Auge. Die Fasern des ventralen Theiles dagegen, der von dem lateralen minder scharf getrennt ist, sind kürzer als diejenigen der postbranchialen Rumpfmyomeren, weshalb seine vordere Grenze gegen die des dorsalen und lateralen Theiles weit nach hinten 1) Die Abzählung der Myomeren unterliegt keinen Schwierigkeiten, wohl aber die Abgrenzung mit Rück- sicht auf ihre Innervation, da die einzelüien Myomeren sich an den verschiedenen Stellen des Körpers in sehr wech- selnder Ausdehnung decken. Diese Ueberlagerung vorderer (mehr rostraler) Myomeren auf die hinteren (mehr caudalen) nimmt bekanntlich während der Entwickelung graduell zu. Aus einer Reihe von Messungen wähle ich als Beispiel einen Ammocoetes von 2!/;cm Länge und einen ausgewachsenen Petromyzon marinus. Bei Ammocoetes finde ich in der Branchialregion, dass jedes rostrale Myomer deckt: am Ende des dorsalen 1/; 3—4 folgende Myomeren, am Ende des dorsalen !/; und !/; 2 Myomeren, am Ende des dritten 1/; (von der Dorsalkante her gezählt) 1 Myomer, dass aber nur im Bereiche des vierten !/;, und im ventralen Theile die Myomeren auf einander folgen und durch ihre ganze Dicke transversal durchsetzende Septen getrennt werden. Bei Petromyzon finde ich im Kiemenbereiche eine Deckung durch 6 vordere Myomeren am Ende des dorsalen !/; des dorsolateralen Theiles, von 11/,—2 M. am Ende des zweiten 1/3 desselben, von 1/; M. am Ende des dritten 1/4, transversal die Dieke durchsetzende Septen am Ende des fünften !/; und eine Umkehrung der Deckungsrichtung, derart, dass die hinteren Myomeren zu 1/3 M. die vorderen decken, am ventralen Rande des lateralen Theiles; im ventralen "Theile überwiegt wie bei Ammocoetes die transversale Anordnung der Septen. Im Rumpfbereiche (und zwar am Anfange des zweiten Drittels der Körperlänge) finde ich am Ende des dorsalen !/‚o eine Deckung durch 5, am Ende des dorsalen 1/4 eine solche durch 3!/,, in der Mitte der dorso-ventralen Höhe eine solche durch 21/; und am Ende des dritten !/; (von der Dorsalkante aus gezählt) eine solche durch 11/3 vordere Myomeren. 2) von Kuprrer’s M. lateralis capitis anterior superior und inferior. 602 Max FÜRBRINGER [254 zurücktritt!). Bei Petromyzon marinus ist die Scheidung des ersten dorsalen und lateralen Myotoms nicht so scharf ausgesprochen wie bei Ammocoetes, doch ist sie unverkennbar vorhanden; auch im Bereiche des Auges, das beide gänzlich frei zu Tage lassen, sind dieselben weiter von einander getrennt. Das dorsale (erste) Myomer erstreckt sich beträchtlich vor die Nasenöffnung und inserirt mit kräftiger Sehne an der Oberfläche des breiten Ethmoides; von dem der Gegenseite ist es durch einen breiten dreieckigen Spalt getrennt, in dem die Nasenöffnung sich befindet?); in seinem ven- tralen Bereiche giebt es zwei Aberrationen an die dorso-caudale und caudale Circum- ferenz der häutigen Orbita, von denen die untere breit aus der Tiefe kommende und zu einer kräftigen Sehne convergirende die grössere Selbstständigkeit besitzt (Museculi retractores orbitae superiores). Sehr beträchtliche Abweichungen von dem Verhalten bei Ammocoetes bietet das laterale (erste) Myomer dar. Dasselbe hat sich in eine kleinere hintere und eine weit grössere vordere Abtheilung gegliedert, welche letztere ventro-rostralwärts sich ausgedehnt hat, mit dem ventralen ersten Myomer in intimen Uonnex getreten ist und sich nun gewissermassen als dessen vordere (rostrale) Fortsetzung darstellt; nichts desto weniger lehrt die vergleichende Untersuchung heran- wachsender Ammocoeten mit dem ausgewachsenen Petromyzon, dass nicht ein ven- trales, sondern ein ursprünglich laterales Gebilde vorliegt?), das ich aber seiner Physiognomie und Lage wegen als faciales Myomer hervorhebe. Die kleinere hintere Abtheilung des lateralen Myomers bildet einen mässig breiten Faserzug, der ventral von dem Mm. retractores orbitae superiores nach dem ventralen Orbitalrand zieht und sich mit seinem dorsalen Drittel an dessen hintere Circumferenz anheftet (M. re- tractus orbitae inferior), während seine ventrale Hauptmasse sich mit dem vorderen Theile des ersten ventralen Myomers, mit dem Ende des facialen Myomers und mit dem beide verbindenden Septum vereinigt. Die grössere vordere Abtheilung des lateralen Myomers, das faciale Myomer, stellt eine kräftige nach vorn convergirende dreieckige Muskelausbreitung dar, welche etwa in der Länge von 4—5 Rumpfmyo- meren sich rostralwärts erstreckt und noch weiter nach vorn reicht als das erste dorsale Myomer, um mit kräftigem Sehnenzipfel ventral von der schlanken Sehne des M. annulo-glossus und eingegraben in die Muskelmassen des M. annularis an der seitlichen Cirkumferenz des Cartilago annularis sich zu inseriren. Dieses faciale Myomer zeigt eine sekundäre Sonderung in zahlreiche schmälere Myomeren, deren SCHNEIDER 10 angiebt, während ich bei drei darauf näher untersuchten Petromyzon marinus 13, 15 und 18 zählte. Das erste ventrale Myomer ist dem zweiten ventralen Myomer entsprechend angeordnet und endet mit breitem vorderen Septum, das dorsal mit der hinteren Abtheilung des ersten lateralen Myomers und rostral in beträcht- licher Breite mit dem caudalen Rande des facialen Myomers verbunden ist; seine 1) Zur Illustrirung dieser Verhältnisse verweise ich auf die gute Abbildung von HATscHEk (1892 p.148 Fig. 9). 2) Das vordere Auseinanderweichen des rechten und linken dorsalen Seitenrumpfmuskels beginnt übrigens schon mit dem 7. Myoseptum, so dass die 7 ersten Myomeren den erwähnten Spalt zwischen sich fassen. 3) Ich stimme somit SCHNEIDER (1879 p. 72) in der Ableitung des facialen Myomers aus dem lateralen Rumpfmuskel ganz bei. . 255] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 603 oberflächlichen Muskel- und Sehnenfasern legen sich zugleich ein wenig über den hinteren 'Theil des Letzteren über. Wie oben (p. 592f.) mitgetheilt worden, findet von Kurrrer (1895 B. p. 40f.), dass im Kopfbereiche sehr junger Ammocoeten von dem ersten metaotischen Myomer aus zwei Myomerenreihen rostralwärts vorwuchern, eine mediale, zwischen der Chorda und dem Labyrinthe sowie den Hauptganglien des Glossopharyngeus und Acustico-Facialis gelegene, welche die eigentliche Fortsetzung der Stammreihe der Myotome des Seiten- rumpfmuskels bildet, und eine laterale, zwischen Labyrinth sowie den genannten Ganglien und der Haut sich erstreckende, welche sich in die beiden Faserzüge der Mm. laterales anteriores superior und inferior sondert. Die mediale aus 3 Myomeren bestehende Reihe ist zugleich (bei 3'%—5 mm langen Ammocoeten) mit 3 Nerven verbunden, welche den Ganglien der Nn. facialis, glossopharyngeus und vagus ent- stammen und zu Ganglien anschwellen, die den dorsalen Kanten dieser Myomeren aufliegen und dieselben nach Art der dorsalen Primärganglien innerviren; eine Ver- sorgung durch ventrale Spinalnerven sei um diese Zeit nicht zu finden (1895 B. p- 45 ff.). Ich recapitulire hier einfach diese durch von Kurrrer’s Autorität gestützten Angaben, kann ihnen aber auf Grund der eigenen Untersuchung nichts hinzufügen, da meine jüngsten Ammocoeten (bereits von IO mm Länge) schon zu alt waren, um etwas von diesen Myomeren und ihren primordialen dorsalen Nerven zu zeigen; bei denselben wie bei den noch älteren Stadien fanden sich an der betreffenden Stelle querverlaufende, mit den Constrietoren in Verband stehende und ihnen histologisch gleichende Muskelfasern, die wahrscheinlich nach Schwund der von v. Kurrrer ge- fundenen medialen Myotomenreiche deren Plätze eingenommen haben !). Die laterale Reihe von Kuprrer’s bleibt bestehen und repräsentirt, wie schon aus der vorhergehenden Darstellung ersichtlich, den dorsalen und lateralen Theil der ersten Myomeren’?). In Zusammenfassung des beschriebenen Verhaltens gilt somit für die vordere Seitenrumpfmuskulatur und ihre Nerven: Reihe der Myomeren. Innervation durch: Praebranchiale Myomeren nebst | 1,92. Nn. spino-oceipitales 1. 2 («. 2). facialem Myomer. Dorsale und laterale branchiale | 3—13 resp. 14 resp. 15. | Nn. spinales I—11 resp. 12 resp. 13 \ Myomeren. (—v resp. & resp. o). Ventrale branchiale Myomeren. | 3—10 resp. I1 resp. 12. Ram. cervicalis. 1) Auch erwachsene Petromyzonten zeigen diese quer verlaufenden Muskelzüge theilweise noch erhalten. Der vorderste Zug entspringt unter dem ersten dorsalen Myomer im medialen Bereiche des Schädels und geht als leicht zu übersehender und aus einigen feinen Muskelbündeln locker zusammengesetzter Komplex nach der dorsalen Cirkumferenz der membranösen Orbita, wobei er auf seinem Verlaufe den Ram. ophthalmieus trigemini überbrückt. 2) Die beiden ersten Myomeren des lateralen Theiles (M. lateralis capitis anterior inferior) sind ziemlich dünn und oberflächlich gelegen, das dritte Myomer dagegen hebt sich durch beträchtlichere Dicke von ihnen ab und springt zugleich mit seinem vorderen Theile medio-rostral in der Richtung nach dem Vagusganglion vor. Vielleicht entspricht diese Stelle dem hinteren Ende der embryonalen medialen Myomerenreihe von KUPFFER’s. & ) 604 MAX FÜRBRINGER [256 Ausserordentlich merkwürdig ist der Fund von Kuprrer’s von der epider- mogenen Entstehung des ventralen branchialen Myomerenzuges (1895 A. p. 119£.). Angesichts der bestimmten Angaben eines so hervorragenden Forschers, der das Ueberraschende dieses Befundes selbst genügsam hervorhebt, ist an der Richtigkeit der Beobachtung nicht zu zweifeln. Ebenso unzweifelhaft gehört dieser ventrale Zug nach seinen topographischen Beziehungen, nach dem histologischen Bau seiner Muskelfasern und namentlich nach der Art seiner Innervation zu der übrigen, auf andere Weise entstandenen Seitenrumpfmuskulatur und ist phylogenetisch von der- selben abzuleiten. Es liegt damit hier wieder ein sehr prägnanter Fall von Cäno- genie vor, der auf’s Neue warnt, aus ontogenetischen Befunden nicht ohne Weiteres phylogenetische Schlüsse zu ziehen. Die Vergleichung der bei den Petromyzonten ermittelten Verhältnisse der spino-oceipitalen und spinalen Nerven und der Seitenrumpfmuskeln mit denen der Selachier und anderen Gnathostomen zeigt auf den ersten Blick die primitivere An- ordnung bei den Petromyzonten. Desgleichen ist ohne Weiteres ersichtlich, dass die beiden spino-oceipitalen Nerven « und 5 dem Hypoglossus der Amnioten nicht ver- glichen werden können. Der Hypoglossus derselben geht aus einem Komplexe oceipito-spinaler, d. h. erst sekundär dem Schädel einverleibter spinaler Nerven hervor, welcher in bogenförmigem, die Kiemenregion hinten umkreisendem Verlaufe zu seinem Endgebiete (hypobranchiale spinale Muskulatur) gelangt. Diese Bedingungen erfüllen « und 5 der Petromyzonten in keiner Weise; auch ist angesichts des pri- mordialen Verhaltens des Petromyzon-Schädels und der sonstigen hier in Betracht kommenden Beziehungen im Ernste nicht anzunehmen, dass vor ihnen einstmals eine grössere Reihe von später völlig zurückgebliebenen Occipitalnerven (2, y. @, w, v, etc.) bestanden hätte. Spuren von solchen würde auch wohl die gerade bei Petromyzon recht genau durchgeführte ontogenetische Untersuchung aufweisen; aber nichts davon ist zu bemerken. Für den Vergleich mit dem Hypoglossus ist viel eher an die den Plexus cervicalis von Petromyzon zusammensetzenden Spinalnerven (4. resp. 5. resp. 6. bis 9. Spinalnerven, $ resp. 7 resp. © bis A) zu denken, welche nach Art eines Hypoglossus einen die Kiemenregion hinten umkreisenden Bogen bilden und die ventralen branchialen Myomeren (in der allgemeineren Bedeutung des Wortes Homo- loga der Mm. coraco-branchiales) versorgen. Doch würde es von wenig Einsicht und Umsicht zeugen, wenn man den Plexus cervicalis so tief stehender 'Ihiere wie die Petromyzonten ohne Weiteres mit dem Hypoglossus der höchsten Wirbelthiere homologisiren wollte, dies insbesondere, nachdem die Untersuchungen im vorhergehenden, die Verhältnisse bei den Gna- thostomen behandelnden Abschnitte zur Genüge gezeigt haben, welchem metamerischen Wechsel gerade die Versorgung der Endorgane ausgesetzt ist. Selbstverständlich kommen für die Vergleichung mit den Petromyzonten in erster Linie die nächst höheren Vertebraten, die Selachier, in Frage, und unter diesen wiederum die tiefer 257] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 605 stehenden Formen, — denn Petromyzon ist auf Grund seiner Kiemenanzahl zu den heptanchen Selachiern in Parallele zu stellen. Der erste von den Nerven, welche in den Plexus cervicalis s. str. (nach Ausschluss der epibranchialen Zweige) eingehen und die Mm. coraco-branchiales s. str. (also die hypobranchiale Muskulatur nach Abzug der Mm. coraco-mandibularis und coraco-hyoideus) versorgen, ist bei den Notidaniden 2; der von ıhm innervirte M. coraco-branchialis 1 inserirt an dem ersten, zum N. glossopharyngeus gehörigen Kiemenbogen. Diesem Muskel ent- sprechend liegt bei Petromyzon das 1. branchiale ventrale Myomer, das hier ebenfalls mit seinem vorderen Ende an dem Kiemenbogen sich anheftet, in dessen Bereiche der N. glossopharyngeus verläuft; dieses Myomer wird von £ resp. n resp. d versorgt. Es gilt somit hinsichtlich der metamerischen Vergleichbarkeit der Petromyzonten und Selachier für den mittleren Fall, wo der Plexus cervicalis mit 7 beginnt: Petromyzonten: 8. 9: 2 0.e.eE nm En m... Selachier'): KR) ER ea a ee a d.h. dem ersten bekannten occipitalen Nerven der Notidaniden (v) entspricht der erste freie Spinalnerv der Petromyzonten (y) und die bei den Selachiern mit Wahr- scheinlichkeit erschlossene phylogenetische Existenz vor & liegender Nerven (u. t. etc., cf. p. 440) wird durch die Nerven « und /, welche bei den Petromyzonten wirklich existiren, in anschaulicher Weise illustrirt?). Den Fall, wo die Petromyzonten gerade zwei Nerven (f, u=«, f) mehr als die Notidaniden besitzen, möchte ich indessen nach meinen wenigen hierauf bezüg- lichen Untersuchungen an Petromyzon marinus nicht als Regel bezeichnen. Hierbei ist mit individuellen Variirungen’), welche auch ein Plus von nur einem oder von drei Nerven ergeben, mit der metamerischen Veränderlichkeit des Plexus cervicalis und mit eventuellen Auslösungen einer (oder zweier?) Wurzel desselben zu rechnen, und eine sichere Entscheidung wird erst möglich sein, wenn zahlreichere und gründ- lichere Untersuchungen dieser Verhältnisse bei vielen Individuen eine breitere Basis abgeben. Andererseits aber hiesse es die Vorsicht bis zur Aengstlichkeit treiben, wenn man sich zur Zeit jeder Vergleichung enthalten wollte. Wie aus den im ersten Abschnitte angegebenen Zahlen (p. 356, 357, 404) hervorgeht, besitzen die meisten Haie vor dem Schultergürtel, also im Kiemenbereiche, 8S—17 laterale und 5—9 ven- trale Myomeren'), somit Verhältnisse, welche von denen bei Petromyzon mit 12—13 1) Die bei den Selachiern bisher noch nicht in Wirklichkeit bekannten Nerven £ und x wurden, behufs des Vergleiches mit den Nerven der Petromyzonten, in Parenthese beigefügt. 2) Für den Fall, dass die ursprüngliche Zahl der spino-oceipitalen Nerven der Petromyzonten 3 gewesen wäre (was nach den p. 582 mitgetheilten Angaben von BORN und HATSCHEK möglich erscheint), so würde der erste Nerv derselben nach dem oben angewandten Prineip der Vergleichung als s zu deuten sein. Doch bedarf es zur besseren Fundirung noch weiterer Untersuchungen. 3; Bezüglich dieser Variirungen verweise ich auf die vorhergehende Anmerkung. Zugleich ist bei einem Beginn des Plexus cerviealis mit £ der erste spino-oceipitale Nerv von Petromyzon mit u, bei einem Beginn des Plexus mit # der erste spino-oceipitale Nerv mit s zu vergleichen. 4) Die noch weitergehenden, durch Cestracion und Prionodon vertretenen Extreme (p. 386f., p. 404) kommen als ganz sekundär ausgebildete nicht zur Vergleichung. Festschrift für Gegenbaur. II. 1 606 Max FÜRBRINGER [258 dorso-lateralen und S—10 ventralen branchialen Myomeren nicht wesentlich ab- weichen; und gerade die Notidaniden mit 15—17 lateralen und S—9 ventralen Myo- meren kommen Petromyzon ziemlich nahe’). Es besteht danach bei den Notidaniden und Petromyzonten keine so erhebliche Abweichung in dem metamerischen Verhalten der Rumpfmuskel-Myomeren und ihren segmentalen Beziehungen zu den Kiemen, um der Annahme ungewöhnlicher und weit jenseits der durch die Selachier gegebenen Grenze liegender Verhältnisse bei den Petromyzonten irgend welchen Untergrund zu bieten. Wer das wirklich Vorliegende natürlich und ungezwungen betrachtet, kann auf Grund der bezüglichen Materialien mit gutem Gewissen behaupten, dass die Petromyzonten einige vordere Nerven, mögen das nun zwei oder drei oder auch nur einer?) sein, mehr haben als die tiefsten bekannten Selachier’) und dass beiihnen das, was bei den Selachiern schon längst Ocecipitalnerv geworden ist, noch im Zustande freier Spinalnerven sich befindet. Auch noch in anderer Hinsicht zeigen die Petromyzonten ein erheblich pri- mitiveres Verhalten als die Selachier: Alle spino-occipitalen und spinalen Nerven besitzen bei ihnen auch im fertigen Zustande (Petromyzon-Stadium) dorsale Wurzeln, während dieselben an den vorderen occipitalen Nerven der ausgebildeten Selachier gänzlich rückgebildet sind; ferner liegt ihr erster spino-occipitaler Nerv hinter (caudal von) dem Vagus, während die ersten occipitalen Nerven der Notidaniden, infolge der im ersten Abschnitte ausführlich behandelten Vorwanderung, ventral und selbst ventro- rostral von dem Vagus von der Medulla abgehen oder durch das Kranium hindurch- treten; endlich zeigen die beiden ersten spino-oceipitalen Nerven der Petromyzonten eine recht ansehnliche Ausbildung '), während bei den Selachiern die vordersten Oc- cipitalnerven die am meisten vorgeschrittenen Reduktionserscheinungen aufweisen. Dazu kommt noch die Beschaffenheit des Kraniums, dessen Verknorpelung mit der Labyrinthkapsel abschliesst, so dass die Nn. glossopharyngeus und vagus bei ihrem Austritte nur von membranösen Gebilden hinten begrenzt sind. Dass ich die beiden spino-oceipitalen Nerven der Petromyzonten, gerade so wie sie sich natürlich darbieten, als hinter dem Vagus gelegene beurtheile, brauche 1) Die etwas grössere Differenz in der Zahl der dorso-lateralen Myomeren vermindert sich, wenn man die schräg nach hinten gehende Lage der Scapula der Selachier, als offenbar infolge sekundärer Einflüsse aus der ur- sprünglichen mehr transversalen Stellung hervorgegangen, in Rechnung zieht. Ueber dem eigentlichen Kiemenbereiche der Selachier liegt eine etwas geringere Anzahl von Myomeren. 2) Auch mit der (wirklich beobachteten) Variabilität in der Anzahl der Wurzeln des Plexus cerviealis ist hierbei zu rechnen. 3) SEWERTZOFF hat, wie oben (p. 589) mitgetheilt, auch eine Vergleichung zwischen den Myomeren der Petromyzonten und Selachier angestellt, wobei ihm der M. rectus externus des Bulbus als fixer Ausgang diente, und ist dabei zu Resultaten gekommen, welche von den meinigen abweichen. Ich erblicke in der von HATscHER angegebenen direkten Aufeinanderfolge des M. rectus externus und des ersten metaotischen Myomers, selbst wenn die bezügliche Beobachtung einwandfrei wäre, eine durchaus eänogenetische Erscheinung (s. unten p. 609) und vermag darum dem von SEWERTZOFF zur Bestimmung der metamerischen Homologien eingeschlagenen Wege nicht zu folgen. 4) Ich rechne hier mit den Verhältnissen bei Ammocoetes. Bei dem erwachsenen Petromyzon hat der erste spino-oceipitale Nerv zufolge der hohen sekundären Ausbildung des facialen Myomers selbst eine sehr ansehnliche Vergrösserung gewonnen, welche aber für die Vergleichung, die nur das primitive Verhalten berücksichtigen darf, nicht in Frage kommt. 259] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 607 ich nicht besonders zu wiederholen. In dieser Hinsicht unterscheide ich mich wesentlich von HarscHer, der sie nach der (1893 gegebenen) Berichtigung seiner ersten Mittheilung (1892) als ventrale Wurzeln des Facialis, Glossopharyngeus und Vagus auffasst. Zur wirklichen Begründung dieser Anschauung müsste erst der Nachweis geliefert werden, dass sie aus dem Gebiete dieser Nerven sich sekundär völlig ablösten und caudalwärts hinter das Vagusgebiet rückten. Keine Untersuchung konnte bisher dieses Postulat erfüllen. Nicht minder als das Nervensystem zeigt sich auch die Seitenrumpfmus- kulatur in jeder Hinsicht auf einer viel tieferen Stufe als diejenige der Selachier; ausser Amphiowus giebt es kein Wirbelthier, das in dieser Hinsicht unter den Petro- myzonten stünde. Die Elemente epibranchialer spinaler Muskeln (Subspinalis und Inter- basales) sind in den lateralen Myomeren des branchialen und praebranchialen Ge- bietes enthalten, aber noch nicht aus ihnen herausdifferenzirt; die tiefen von v. Kuprrer beschriebenen Kopfmyomeren erinnern in ihrer Lage specieller an den M. subspinalis, zeigen aber in ihrer Innervation und frühen Vergänglichkeit Züge, welche eine Homologie mit diesem Muskel ausschliessen (cf. p. 592, 593). Der hypobranchialen spinalen Muskulatur entspricht im Allgemeinen der Muskelzug der branchialen ventralen Myomeren. Die Dysmetamerie derselben gegen- über den dorsalen und lateralen Myomeren und gegenüber den Kiemenbogen fand sich auch bei den Gmathostomen und wurde bei den Selachiern ausführlich be- sprochen (p. 386 ff., 404 f.). Die Dysmetamerie zu den Branchiomeren erscheint bei den Petromyzonten infolge der gestreckteren Dimensionen in dieser Gegend noch mehr ausgebildet als bei den Selachiern ; bei ersteren ist der Kiemenkorb infolge ihrer besonderen Lebensweise weit nach hinten ausgedehnt, bei letzteren relativ nach vorn zusammengeschoben. Genauere Abzählungen zeigen indessen, dass die Differenz nicht so gross ist, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Speciellere Vergleiche der Muskeln der Petromyzonten und Selachier verbietet die im Detail ausserordentlich divergente Entwickelung beider Abtheilungen. Eine Homologie allgemeinen Grades dürfte die zwischen dem ersten und letzten Kiemen- loche gelegenen ventralen branchialen Myomeren der Petromyzonten mit den Mm. coraco-branchiales der Selachier verbinden: die Lage der vorderen Myomerengrenzen und die Innervation derselben durch den Plexus cervicalis sprechen für die Ver- wandtschaft, die Ursprungsverhältnisse und die Ausdehnung der einzelnen Muskel- komponenten sind deutliche Zeichen der sehr verschiedenartigen Differenzirung. Noch mehr entfernen sich die beiden praebranchialen ventralen Myomeren von den vorderen Elementen der hypobranchialen Selachier-Muskulatur (Mm. coraco- hyoideus und coraco-mandibularis); nur dass sie vor den Homologen der Mm. coraco- branchiales liegen, lässt an eine sehr vage Vergleichung denken, alles Andere, ins- besondere Insertion und Innervation, schliesst jede speciellere Homologisirung aus. Tre 1 608 MAx FÜRBRINGER [260 Auf Grund der Innervation ist man geneigt, ihnen eine ganz andere Art der Ab- gliederung von den dorso-lateralen Myomeren zuzuschreiben, als die Entwickelungs- geschichte für die hypobranchialen Muskeln der Selachier lehrt; doch genügen die vorliegenden Materialien noch nicht für die Entscheidung dieser schwierigen Frage, dies um so mehr nicht, als die ontogenetische Entwickelung dieses ventralen Zuges völlig singuläre Wege geht (p. 604). Das faciale Myomer der erwachsenen Petro- myzonten ist aus den lateralen Elementen der Seitenrumpfmuskulatur abzuleiten und eine Differenzirung sui generis; auch seine späte Ausbildung zeugt genugsam von dem sekundären Charakter desselben. Noch sei mit einigen Worten des M. rectus externus (bulbi) der Petromy- zonten gedacht, welcher nach Harscner (1892 p. 149) einem prootischen Metamer entsprechen und bei Ammocoetes direkt mit dem vorderen Myoseptum des ersten metaotischen Myomers verbunden sein soll, von ihm auch bei einem 12 cm langen Ammocoetes als longitudinaler, an der hinteren Circumferenz des Auges inserirender Muskel abgebildet wird (p. 149 Fig. 10). v. Kuprrer hat sich, wie schon erwähnt (p- 993), mit Gründen gegen diese Ableitung ausgesprochen. Ich habe zwei Ammocoeten von 7,2 und 12 cm Länge (somit das ältere Stadium demjenigen von HarscHek an Grösse entsprechend) daraufhin untersucht und finde bei Beiden den von Harschex abgebildeten Muskel von der vorderen Fläche der hinteren Circumferenz der häutigen Orbita an die hintere Fläche des Bulbus treten. Da nun gleichfalls zahlreiche Fasern des dorsolateralen Theiles des Seitenrumpf- muskels an der hinteren Fläche der hinteren Circumferenz der Orbita, also dem genannten Augenmuskel direkt gegenüber, sich inseriren (Retractores orbitae, s. p. 602), so gewinnt es allerdings den Anschein, als ob beide Muskeln, Retractores orbitae und Rectus externus von HarscHek, zwei nur durch ein Myoseptum getrennte und somit direkt auf einander folgende Längsmuskeln wären. Aber das Myoseptum ist in Wirklichkeit die Orbita und der vermeintliche Rectus externus der von dem N. trochlearis innervirte M. obliquus posterior (superior). Die vom N. abducens versorgten Mm. rectus externus (posterior) und rectus inferior haben einen gänzlich anderen Verlauf und unterscheiden sich, abgesehen von der relativ geringen Grösse, nicht von den gleichnamigen Muskeln des erwachsenen Petromyzon, hinsichtlich welcher ich die Befunde meines Bruders P. Fürsrınger (1875 Taf. Il. Fig. 19. 20) durchaus bestätigen kann. — Vermag ich somit HarscHek in seinen, die thatsächlichen Be- funde betreffenden Angaben nicht zu folgen, so will ich damit eine Abstammung dieser Muskeln von Kopfmyotomen überhaupt keineswegs a priori leugnen; ich halte dieselbe sowohl bezüglich des Obliquus superior, wie des Rectus externus, insbesondere bezüglich des letzteren für sehr wahrscheinlich, wenn auch bisher nicht sicher bewiesen. Jener Auffassung jedoch möchte ich mich widersetzen, welche den letzt- genannten Augenmuskel direkt an die Anfänge der metaotischen Myotome, d. h. der Rumpfmuskulatur knüpft. v. Kurrrer’s bezügliche gegen Harscner gerichtete Aus- 261) ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOCEPHALEN ETC. 609 führungen (vergl. p. 593) unterstützen mich nur in dieser Auffassung. Selbst wenn — was ich einstweilen noch bezweifle — die ontogenetische Untersuchung jüngerer Stadien doch noch Befunde liefern sollte, welche die direkte Aufeinanderfolge des Abducens-Myotoms') und des ersten spino-occipitalen Myotoms zeigen, so würde ich darin eine cänogenetische Zusammenschiebung einstmals von einander entfernter Myo- tome erblicken, welche ursprünglich durch dazwischen liegende, jetzt aber verkümmerte Myomeren getrennt waren. Bei Myomeren, von denen das eine durch einen im Trigeminus-Gebiete liegenden, das andere durch einen hinter dem Vagus entspringen- den Nerven versorgt wird, zwischen deren Wurzeln somit die ganze Reihe des Acustico-Facialis, Glossopharyngeus und Vagus-Complexes liegt, erscheint mir die direkte Aufeinanderfolge in der Phylogenese ausgeschlossen. Bis mir nicht der sichere Nachweis erbracht wird, dass die in Frage kommenden Nerven ursprünglich direkt neben einander von dem centralen Nervensystem ausgingen, glaube ich nicht an ihre primordiale direkte Nachbarschaft. B. Myxinoides.?) Die Untersuchungen über die betreffenden Verhältnisse bei den Myxinoiden sind spärlichere als bei den Petromyzonten. Auf Grund origineller Beobachtungen handeln über die Nerven A. Rerzıus (1822, 1826), J. Mürzer (1835, 1840), ScHNEiDER (1872), W. K. Parker (1883), Ransom and Tuoumpson (1886), Nansen (1887), G. Rerzıus (1890—93), Sanpers (1894) und Price (1896), über die Muskeln A. Rerzıus (1824), J. Mürrer (1835), P. Fürsrınger (1875), Schneiper (1879) und Wiırpersnem (1883, 1SSS)°). Aus diesen Arbeiten heben sich namentlich J. Mürrer’s klassische Unter- suchungen, sowie die Veröffentlichungen von Ransom and T'nompson, G. Rerzıus, Sanpers und Price hervor; die wenigen auf das hier behandelte Gebiet bezüglichen Angaben von P. FÜRBRINGER sind durch Genauigkeit ausgezeichnet, Nansen giebt Gutes über die histologischen Verhältnisse des Rückenmarks. Die neuesten kurzen Mittheilungen von Pricz über die Entwickelung von Bdellostoma haben unsere Kennt- nisse dieser tiefstehenden, interessanten Wirbelthierform sehr bedeutend bereichert und berechtigen zu grossen, an das Erscheinen der ausführlichen Monographie zu knüpfenden Erwartungen. Die bereits bei den Petromyzonten wenig prägnante Sonderung der spinalen und spino-oceipitalen Nerven tritt bei den Myxinoiden, deren Kranium — abgesehen 1) Bezüglich des Trochlearis-Myotomes, um das es sich auf Grund der thatsächlichen Befunde bei Ammocoetes und Peiromyzon in erster Linie handeln würde, ist allerdings doppelte Vorsicht geboten. “ 2) Hinsichtlich der Beschränktheit der meine Untersuchungen illustrirenden Abbildung gilt das Gleiche wie bei den Petromyzonten (p. 581 Anm. 1). Auch hier werde ich an anderer Stelle Gelegenheit nehmen, diese Lücke auszufüllen. — Fig. 23 auf Taf. VII (Bdellostoma), die nach einem defekten Exemplare angefertigt wurde, ist ungültig; an ihre Stelle tritt die Textfigur 1, welche die betreffenden Verhältnisse vollständiger und richtiger wiedergiebt. 3) Ueber die histologischen Verhältnisse derselben vergleiche namentlich GRENACHER (1567), SCHNEIDER (1879) and MAURER (1894. } 610 Max FÜRBRINGER 1262 von der Nasen- und Labyrinthkapsel und den kurzen und unbedeutenden basalen Parachordalia — häutig ist, noch weniger hervor. Im Wesentlichen verhalten sich alle Spinalnerven s. 1. gleich, und die bei den Petromyzonten beschriebene Ansenbildung der ersten Nerven (e, #), wodurch diese sich den auf sie folgenden wenigstens einiger- massen gegenüberstellten, geht auch den Myxinoiden ab. Immerhin kann man auch bei diesen die beiden ersten Nerven nach ihrem Ursprung und Durchtritt durch denjenigen Theil der membranösen Gehirnkapsel, der zweifellos als häutiges Kranium anzusehen ist, als spino-occipitale Nerven («', 5) von den folgenden spinalen Nerven (y', Ö° etc.) unterscheiden. Durch die Anwendung derselben Buchstaben — die aber hier bei den Myxinoiden mit Strich versehen sind — soll in keiner Weise eine spezielle Homologie mit den gleichbezeichneten Nerven der Petromyzonten praejudieirt werden. Die überwiegende Mehrzahl der Autoren lässt auf den Vagus sogleich Spinalnerven folgen. Nur vereinzelt wird an einen Vergleich des ersten Paares derselben mit dem Hypoglossus oder überhaupt an den Hypoglossus gedacht; so bemerkt van WısuE (1889 p. 565), dass bei den Myxinoiden noch kein Hypoglossus als Kopfnerv nachgewiesen sei, wiewohl er bei Petromyzon aus dem Schädel trete, G. Rerzıus (1893 p. 59), dass er vergebens nach dem Hypoglossus gesucht habe'); SANDERS (1894 p. 19, 20) lässt die Möglichkeit offen, ob die von ihm zum Vagus gerechnete dorsale Wurzel nicht doch derjenigen Wurzel von Petromyzon entspreche, welche dort von SCHLEMM und D’ALron als Hypoglossus aufgefasst worden sei. Die Zahl der Spinalnerven giebt J. MÜLLER {1840 p. 29) auf über 100 an, wobei er von Kopf bis After 89, von After bis Schwanzende 20 zählt. Die Existenz ventraler und dorsaler Wurzeln bei allen Spinalnerven wird zuerst von J. MÜLLER (1840 p. 29) angegeben und von allen späteren Autoren bestätigt). Der centrale Ursprung der Spinalnerven in der Medulla wird namentlich von NAnsEn, G. RETzıus und SANDERS beschrieben. Bezüglich der ventralen Wurzeln gelang nur NANSEN (1887 p. 159 Fig. 106) einige Male bei den dünnen Fasern derselben der Nachweis eines Zu- sammenhanges mit ventralen motorischen Ganglienzellen; Rerzıus (1891 p. 53) und Sanpers (1894 p- 20) vermochten die motorischen Fasern nicht bis zu Zellen zu verfolgen. Hinsichtlich der dorsalen Wurzeln beschrieben NAnsen (1887 p. 158) und Rerzıus (1891 p. 52) übereinstimmend, dass sich dieselben dichotomisch nach dem Eintritt in das Rückenmark theilen und dass beide Zweige, ohne Kollateralen abzugeben, rostral- und caudalwärts in der Medulla verlaufen, dass aber ein Verband mit Zellen nicht sichtbar sei?); SAnDErs (1894 p. 20) hält für wahrscheinlich, dass sie von den kleinen Zellen des Rückenmarks entspringen. 1) Auch Ransom and THonmrson (1886 p. 425) bemerken, dass die dicken Nervenfasern, welche sie bei Petromyzon unter Vagus 2a. aufführen und welche ich mit dem ersten spino-occipitalen Nerven identificirte (p. 582), den Myxinoiden abgehen. 2) Auf den Abbildungen von G. Reızıus (1893 Taf. XXIV Fig. 1, 2, 3) sind nur die dorsalen Wurzeln wiedergegeben; die ventralen, über deren Existenz RETZIUS schon 1891 genaue Mittheilungen machte, waren wahr- scheinlich infolge der Maceration abgerissen. 3) Wie die genannten Autoren mit Recht hervorheben, ist auch nicht zu erwarten, dass die bezüglichen mit Spinalganglien verbundenen Fasern von medullaren Zellen beginnen. Ueber etwas den Hinterzellen 'KurscHiv’schen Zellen) der Petromyzonten Vergleichbares wird nichts berichtet. 263] ÜEBER DIE SPINO-OGCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 611 Der Abgang von der Medulla erfolgt bei den ventralen Wurzeln mit 2 (Ransom and Tuomrson 1886 p. 423, an einigen Regionen, wenn nicht überall!); G. Rerzıus 1891 Taf. XVI, oft) oder 3 bis 4 (SANDERS 1894 p. 20) Wurzelbündeln, und zwar von dem lateralen Theile der ven- tralen Fläche des bandförmig abgeplatteten Rückenmarks?), bei den dorsalen Wurzeln mit einem geschlossenen Bündel (Ransom and THOMPSON, RETZIUS, SANDERS) von der Mitte oder dem lateralen Theile der dorsalen Fläche desselben. Dorsale und ventrale Wurzeln alterniren mit einander; zugleich findet auch eine alternirende Asymmetrie der rechten und linken Seite statt (Rerzıus 1893 Taf. XXIV Fig. 1, 2, SAnDErs 1894 p. 20, der zugleich über weitere Unregelmässigkeiten in dieser Asymmetrie berichtet). Der Durchtritt der ventralen und dorsalen Wurzeln durch die häutige Umhüllung des Rückenmarks (häutige Wirbelsäule) erfolgt in getrennten (J. MürLEer 1840 p. 29), alternirenden Oeffinungen. Wenn ich RaxsoM and Tuomrson (1886 p. 423) recht verstehe, lassen diese Autoren die beiden Wurzelbündel der ventralen Wurzeln auch während des Durchtritts noch getrennt bleiben. Die Richtung der Wurzeln und ihrer peripherischen Fortsetzungen ist hierbei eine in der Hauptsache transversale, wie die Abbildungen der ersten Spinalnerven von W.K. Parker (1883 Taf. XVOL Fig. 4) und G. Rerzıus (1893 Taf. XXIV Fig. 1, 2) zeigen. Nach dem Austritt aus der membranösen Rückenmarkshülle schwellen die dorsalen Wurzeln zu Spinalganglien an, die zuerst von SCHNEIDER (1879 p. 74) allgemein nachgewiesen wurden, nachdem J. MÜLLER (1840 p. 29) nur für die dorsale Wurzel des ersten Spinalnerven eine Anschwellung angegeben hatte®). Genauere Mittheilungen über die Spinalganglien machen Ransom and THompson (1886 p. 423), NAnsEen (1887 p. 162), G. Rerzıus (1890 p. 97) und SAnDErs (1894 p- 20); Rerzıus findet bei Myzine dieselben Verhältnisse wie FrEUD bei Petromyzon und bildet auch alle Uebergänge von bipolaren zu T-förmig unipolaren Zellen, sowie eine durchtretende Faser ab (Taf. XVIII Fig. 2)‘). Die ventralen Wurzeln bestehen nur aus Nervenfasern. Beide Wurzeln bleiben nicht wie bei Petromyzon getrennt, sondern vereinigen sich in einiger Entfernung von dem Austritt zu einem gemeinschaftlichen gemischten Stamme (SCHNEIDER 1879 p. 76, Ransom and THompson 1886 p. 423, SANDERS 1894 p. 21); SCHNEIDER hebt zugleich hervor, dass Myzine darin höher als Petromyzon stehe. Ueber den weiteren Verlauf, die Ver- zweigung und Verbreitung der Spinalnerven berichten J. MüLLer (1840 p. 29), sowie RAnsom and Tnmompson /a. a. OÖ.) und SANDERS (a. a. O.); SANDERS untersuchte nur Myzine, die anderen Autoren Ddellostoma und Myzine und fanden bei beiden Gattungen übereinstimmende Verhältnisse. Nach diesen Untersuchungen giebt sowohl die ventrale (motorische) wie die dorsale (sensible) Wurzel resp. das Ganglion spinale) dorsale und ventrale Aeste ab); erstere sind die schwächeren und verlaufen (in ihren motorischen und sensibeln Antheilen) getrennt, letztere verbinden sich zu einem gemischten Stamme (RAnsom and TuomPpson, SANDERS); zugleich geben Ransom and THompson an, dass die dorsalen motorischen Aeste mit 2 Wurzeln von den doppelten motorischen Wurzeln jedes Nerven entspringen und dass diese Wurzeln erst im weiteren Verlaufe sich mit einander verbinden. Die ventralen Aeste verlaufen ventralwärts und enden in den Mm. reecti 1) Ransom and THomrson heben mit Recht die Aehnlichkeit mit Amphioxus in dieser Hinsicht hervor. 2), Rerzıus (1891 p. 53) betont zugleich die Asymmetrie im Abgange derselben vom Rückenmark. 3) Auch Price (1896 A. p. 71, 72) erwähnt dieselben kurz und benutzt sie zur metamerischen Bestimmung der Kiemenöffnungen bei den von ihm untersuchten Embryonen von Bdellostoma stouti. In seinem Stadium A. liegt die 6. oder 7. Kiemenspalte in der Höhe des 1. Spinalganglions, im Stadium C befinden sich die persistirenden 11 Kiemenöffnungen in der Höhe des 19. bis 29. Spinalganglions. 4, In der gleichen Abhandlung giebt Rerzıus auch (p. 98, 99) eine genauere Beschreibung der von ihm ge- fundenen subkutanen Ganglienzellen und sensibeln Zweige und weist zugleich darauf hin, dass dieselben unter den Wirbelthieren bisher nur noch bei Petromyzon (LANGERHANS 1873) und Amphioxus (QUATREFAGES 1845, LEUCKART und PAGENSTECHER 1858, STIEDA 1873, LANGERHANS 1876 und RoHoN 1882) gefunden worden seien. 5) J. MÜLLER (1840 p. 29) leugnet die Existenz eines besonderen Ramus dorsalis. nn m 612 Max FÜRBRINGER [264 (abdominis). Der 1. Spinalnerv verläuft über der Gehörkapsel und dem Vagus nach aussen und verzweigt sich in den beiden ersten Myomeren, während die folgenden Spinalnerven immer je ein Myomer versorgen (J. MÜLLER 1840 p. 29). Von Anastomosen mit Gehirnnerven oder über irgend welche dem Sympathieus entsprechenden Elemente wird nirgends berichtet, Ransom and Tuonpson (1886 p. 425) stellen beide ausdrücklich in Abrede. Ueber den dem ersten Spinalnerven vorausgehenden N. vagus machen fast sämmtliche Autoren von A. Rerzıus (1822) bis Price (1896) kürzere oder ausführlichere Mittheilungen. Fast übereinstim- ımend wird er als letzter Gehirnnerv angegeben. Er gehe hinter dem N. acusticus aus dem seitlichen Umfange des Lobus medullae oblongatae mit einer Wurzel resp. drei vertikal angeordneten Bündeln (SANDERS 1894 p.19) oder mehreren Wurzeln (Rerzıus 1893 p.59) ab und trete durch eine Spalte der Gehirnkapsel über den hinteren Theil der Gehörkapsel aus (J. MÜLLER 1840 p.25, PARKER 1883 p. 401); wahrscheinlich enthalte er auch Fasern des N. glossopharyngeus (PARKER). Nach RAnsoMm and THOMPSON (1886 p. 425) fehlen ihm bei Bdellostoma und Myzine die dicken, bei Petromyzon von diesen Autoren sub Vagus 24 angegebenen Fasern (nach meiner Deutung der erste spino-oceipitale Nerv von Petromyzon). Rerzıus (1893 p.59 Taf. NXIV Fig. 1—3) unterscheidet bei Myzine den eigentlichen Vagus, der mit mehreren Wurzeln entspringt und keine Ganglienzellen enthält, und rechnet ihm eine dorsal daneben abgehende dünne Wurzel zu, welche ein Ganglion nach Art der dorsalen Spinalnervenwurzeln besitzt; letztere als ersten Spinalnerven aufzufassen, sei wohl wegen des Ursprungs von der Medulla oblongata nicht annehmbar. SAnDErs (1894 p. 19) findet das Gleiche unabhängig von Rerzıus bei Myzine: die Hauptwurzel kommt in drei Bündel getheilt aus dem hinteren Ende des latero-ventralen Ganglion der Medulla und tritt über die Ohrkapsel nach aussen, dorsal von ihr befinde sich eine feinere mit Ganglion versehene Wurzel, welche wohl als dorsale Wurzel des Vagus zu betrachten sei!). Desgleichen beschreibt Price (1896 B. p. 85, 86) bei Em- bryonen von Bdellostoma eine dünne und lange dorsale Vaguswurzel mit kleinem Ganglion, findet aber anstatt der Hauptwurzel eine Reihe von zarten Wurzeln, welche sich in horizontaler Linie von dem hinteren Niveau der Ohrkapsel bis zum ersten Spinalganglion erstreeken. Bezüglich des weiteren Verlaufes des Vagus ist J. MÜLLer’s Beschreibung (1840 p. 25 und 1835 Taf. VII Fig. 1, 2) noch unübertroffen und wird auch von Stannıus (1854), GEGENBAUR (1870) und Huxvey (1871, 1873) in den Hauptzügen rekapitulirt. Danach wendet sich der Vagus gleich nach dem Austritt direkt nach hinten und verläuft in longitudinaler Richtung successive über den dorsalen Bereich des Constrietor pharyngis, der Kiemen und des Constrietor cardiae, um am hinteren Ende des- selben mit dem der Gegenseite zu einem unpaaren Nerven zusammenzutreten (N. intestinalis impar), welcher an der Insertionsstelle des Mesenterium am Darm caudalwärts zieht und immer dünner werdend bis zum After sich erstreckt. Auf diesem Wege giebt er zuerst einen R. pharyngeus für die Muskulatur und die Schleimhaut des praebranchialen Pharynx ab, danach im Kiemenbereiche ge- mischte Rr. branchiales, welche der Zahl der Kiemen entsprechen, und fernerhin den Plexus cardiacus, welcher in dem Constrictor cardiae ein komplieirtes Nervengeflecht bildet, diesen und die muskulöse Bedeckung des Ductus oesophageo-cutaneus versorgt und, wie es scheint, auch zum Herzen geht; von dem R. intestinalis impar endlich entstehen zahlreiche Rr. intestinales, welche den vollständig fehlenden Sympathicus ersetzend den Darm in seiner ganzen Länge innerviren. Ein R. lateralis vagi wurde von J. MÜLLER nicht gefunden und auch von Keinem der folgenden Untersucher ausser SANDERS (s. unten) angegeben. RAnsoMm and Tuonrsox (1886 p. 425) beobachteten in dem Stamme des Vagus segmental angeordnete Ganglien; Price (1896 B. p. 85) führt bei den von ihm unter- suchten Embryonen epibranchiale Ganglien an, welche von der zweiten bis letzten Kiementasche sich erstrecken, während die epibranchialen Ganglien des Facialis sich an den drei ersten Kiemen t) Auch den darauf folgenden ersten aus dorsaler und ventraler Wurzel bestehenden Spinalnerven ist er geneigt, dem Vagus zuzurechnen, enthält sich aber einer definitiven Entscheidung (p. 20). 265] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 613 finden, wonach also die 2. und 3. Kiementasche von beiden Nerven, Facialis und Vagus, versorgt werden'!). Sehr im Gegensatze zu J. MÜLLER giebt SANDERS (1894 p. 19) an, dass der dem latero- ventralen Ganglion entstammende Hauptstamm des Vagus in seinem weiteren Verlaufe nach hinten sich zwischen der dorsalen und ventralen Rumpfmuskelmasse einbette und daher einen R. lateralis repräsentire. Unsere bisherige Kenntniss der Seitenrumpfmuskulatur der Myxinoiden beschränkt sich im Wesentlichen auf die ausführliche Beschreibung J. MürLzer's (1835 p. 179 ff.), während P. FÜRBRINGER (1875 p. 12) nur über den Tentacularis posterior, der von dem ersten Spinalnerven versorgt werden soll, berichtet, SCHNEIDER (1879 p. 32) im Anschlusse an GRENACHER (1867 p. 577) die höhere histologische Entwickelung der Muskeln von Myzxine im Vergleich zu Petromyzon hervor- hebt, MAURER (1894 p. 509ff.) in seiner vortrefflichen Abhandlung über die Elemente der Rumpf- muskulatur der Cyelostomen und höheren Wirbelthiere sich über den gleichen Gegenstand ent- wickelungsgeschichtlich (Zerfall der Muskelbänder der Petromyzonten in die Muskelfasern der Myxinoiden) verbreitet, WIEDERSHEIM (1883 p. 232, 1588 p. 238) endlich eine kurze Darstellung der betreffenden Muskeln, in der Hauptsache im Anschlusse an J. MÜLLER, giebt?). Die Beschreibung MÜLLER’ zeigt, wie auch SCHNEIDER und WIEDERSHEIM betonen, eine höhere Entwickelung des Seitenrumpfmuskelsystems der Myxinoiden im Vergleich zu den Petro- myzonten. Dasselbe ist in eine dorsale resp. dorso-laterale und eine ventrale Abtheilung gesondert, welche beide in verschiedener Weise differenzirt sind. Die dorso-laterale Abtheilung besteht aus Myomeren, deren Muskelelemente longitudinal verlaufen und die von einander durch Septen getrennt werden, welche in ihrem dorsalen Bereiche gezackt, in ihrem lateralen quer verlaufen; J. MÜLLER unterscheidet danach einen Rückenmuskel und Seitenmuskel (p. 180), die aber beide direkt in einander übergehen. Am Kopfe endet der dorso-laterale Muskel von Ddellostoma in einer konvexen Grenzlinie (MÜLLER 1835 Taf. VI) derart, dass die dorsale Partie mit der der Gegenseite durch eine breite Membran verbunden zwischen den Augen an der Dorsalfläche des Kraniums inserirt, während die laterale Partie in einen längeren Zipfel (Myomer mit viel längeren Muskelfasern) aus- läuft und theils an der Fascie, theils an dem Knorpel des unteren (4.) Tentakels imserirt. P. Für- BRINGER (1875 p. 12 Taf. I Fig. 7) beschreibt bei Myzine als vordersten, vom ersten Spinalnerven innervirten Abschnitt des Seitenrumpfmuskels den M. tentacularis posterior, der von der gemein- samen Aponeurose der beiden Dorsalpartien des Seitenrumpfmuskels entspringt und als platter, ziemlich breiter Muskel mit parallelen Fasern nach vorn geht, wo er an dem 2. und 3. Tentakel ’) und einem zwischen beiden ausgespannten Ligament endet‘). Die ventrale Abtheilung der Seiten- rumpfmuskulatur ist in einen oberflächlichen M. obliquus externus und einen tiefen M. rectus zer- fallen. Der M. obliquus externus bildet einen einheitlichen, nicht durch Myosepten gesonderten, von Kopf bis After erstreckten Muskel, welcher von der oberflächlichen Fascie des Lateralmuskels entspringt und mit deseendenten Fasern nach der ventralen Mittellinie des Körpers verläuft, wo er sich im Kopf- und Kiemenbereiche mit dem der Gegenseite ausgiebig kreuzt, hinter den Kiemen dagegen durch Raphe mit ihm verbindet. Sein vorderes Ende beginnt |bei Bdellostoma) 1) Die erste Kiemenspalte vergleicht Price der hyomandibularen der Gnathostomen. 2) Die Beschreibungen und Abbildungen von A. Rerzıus (1824 p. 1U23£.).sind mir nieht recht verständlich geworden. 3) Ueber die Tentakeln von Myxine, sowie ihre Muskeln und Nerven macht POLLARD in einer ausführ- lichen Arbeit (1895 A.) neuerdings genauere Mittheilungen, welche auch den Versuch einer Vergleichung mit den Tentakeln resp. den ihnen nach PoLLARrD’s Anschauungen entsprechenden Gebilden bei den gnathostomen Fischen enthalten. Eine zweite Veröffentlichung (1895 B.) beschäftigt sich in Kürze mit dem gleichen Thema. 4) Bezüglich der zwischen ihm und J. MÜLLER hinsichtlich des Ursprunges bestehenden Kontroverse ver- weise ich auf seinen Text (1875 p. 12 Anm. 3). Festschrift für Gegenbaur. I. 78 ET 614 Max FÜRBRINGER [266 einige Linien hinter dem 4. Tentakel; im Bereiche der Kiemen ist er bei Bdellostoma von den einzelnen Oeffnungen derselben und dem Ductus oesophageo-cutaneus metamer durchbohrt, während bei Myzine nur 1 Durchbruchsöffnung sich findet. Die sogenannten Schleimsäcke liegen bei Bdellostoma an seiner Innenfläche, so dass er auch von den Ausmündungen derselben segmental durchsetzt wird, bei Myzine dagegen oberflächlich zwischen ihm und der Haut. Der M. rectus bildet einen schmäleren und ziemlich dünnen 'ventralen Streifen von longitudinal verlaufenden Muskelelementen, welcher den der Gegenseite in der ventralen Mittellinie berührt und aussen von dem M. obliquus externus gedeckt wird. Er ist nicht einheitlich wie dieser gebildet, sondern durch Septen in einzelne Myomeren gesondert, welche in ihrer Zahl und Anordnung mit denen des dorso-lateralen Muskels übereinkommen. In ventraler Lage von den Kiemenlöchern erstreckt er sich vom After bis zum Hyoid, wo er mit schmaler Sehne an der Uebergangsstelle des knor- peligen und verkalkten Theiles inserirt. Nach J. MÜLLER sind der rechte und linke Muskel von Bdellostoma symmetrisch angeordnet (1835 Taf. VI Fig. 3), während WIEDERSHEIM bei Myxine (1883 p. 232 Fig. 190, 1888 p. 238 Fig. 199) ein Alterniren der beiderseitigen Myomeren abbildet. Augenmuskeln oder etwas ihnen Vergleichbares wurden bei den Myxinoiden bisher ver- geblich gesucht. Zur eigenen Untersuchung hatte ich ein reiches Material zur Verfügung, welches ich der Güte der Herren Prof. A. Acassız in Cambridge, Mass., Dr. H. Braus in Jena, Prof. L. DöperLeın in Strassburg, Dr. L. Drüner in Kassel, Präsident Prof. D. S. Jorpan in Palo Alto, Ca., Prof. E. L. Mark in Cambridge, Mass., Geh. Rath Prof. K. Mösıus in Berlin, Prof. M. Nussgaum in Bonn, Dr. L. H. Pıate in Berlin, Prof. G. C. Pricz in Palo Alto, Ca., Prof. G. Ruce in Amsterdam, Prof. R. Semon in Jena und Prof. M. Weser in Amsterdam verdanke. Dasselbe bestand aus den Species! Bdellostoma bischoffi, SCHNEIDER; Dd. bürgeri,; Bd. eirrhatum, Bl. Schn.; Bd. poly- trema, Gthr.'); Bd. stouti Lockington ; Mywine glutinosa L. (zahlreiche Exemplare), wurde indessen, theils aus Gründen der Schonung, theils, weil diese Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, nur theilweise benutzt?). Es erscheint zweckmässig, die folgende Darstellung zuerst mit den typischen spinalen Nerven (y', d’ etc.) beginnen zu lassen und erst daran die spino-oceipitalen Nerven («, £) anzuschliessen. Die typischen spinalen Nerven (y', ö’ etc.) setzen sich, wie schon von den früheren Untersuchern angegeben worden, aus ventralen und dorsalen Wurzeln zusammen. Der erste spinale Nerv (y) hat meistens eine dorsale Wurzel von grösserer Dicke als die Summe der zugehörigen ventralen; bei den folgenden Nerven (d’ ete.) ist sie ihnen annähernd gleich oder mitunter selbst etwas schwächer. Bezüglich des ventralen Ursprunges beider Wurzeln kann ich den Angaben von Nansen, Rerzıus und SanDers nichts hinzufügen, da der Erhaltungszustand meines 1) Die bezüglichen mir unter diesem Namen von den Herren AcAssız und MARK mitgetheilten Exemplare hatten 10 Kiemenöffnungen und glichen auch sonst Bdellostoma bischoffi. Ich führe sie daher, ebenso wie ein ent- sprechendes Stück aus den hiesigen Vorräthen, unter dieser Bezeichnung in der Folge an. 2) Eine spätere Veröffentlichung soll versuchen, die noch bestehenden Lücken auszufüllen. 267] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 615 Materiales für bezügliche speciell darauf gerichtete Untersuchungen nicht ausreichte. Die centralen Anfänge der ventralen und die letzten centralen Endigungen der dor- salen Wurzeln müssen daher in suspenso bleiben. Etwas an die sogenannten Hinter- zellen (Kurschw’sche Zellen) der Petromyzonten Erinnerndes konnte ich ebenfalls zufolge der Beschaffenheit meines Materiales nicht finden; ob die von SANDERS angegebenen kleinen Zellen, welche nach diesem Autor wahrscheinlich die hinteren Wurzeln entstehen lassen sollen, denselben vergleichbar sind, erscheint recht zweifelhaft '). Der Abgang geschieht bei den ventralen Wurzeln von der Ventralfläche der Medulla spinalis und zwar in der Regel mit zwei getrennten Wurzelbündeln, die ihrerseits wieder aus einigen Wurzelfäden sich zusammensetzen, so dass man auch, wie das Sanpers thut, mehr Wurzelbündel zählen kann; als überwiegende Regel finde ich bei Bdellostoma die Zweizahl, stimme somit darin Ransom and "Thompson wie Rerzıus vollkommen bei. Doch können ausnahmsweise durch Spaltung auch 3 bis 4 oder auch (namentlich am ersten Spinalnerven) durch ganz nahes Zusammen- treten der Fasern der beiden Wurzelbündel nur 1 entstehen. Beide Wurzeln sind meistens ungefähr gleichstark und liegen einander bald näher, bald ferner; die grösste Annäherung zeigte y”, danach Ö”. Die dorsalen Wurzeln bilden stets ein kompaktes von der Dorsalfläche der Medulla abgehendes Bündel. Wie bereits betont, alterniren ventrale und dorsale Wurzeln mit einander; im Gegensatze zu Petromyzon gehen hierbei die ventralen den zugehörigen dorsalen voraus. Die erste auf die spino-occipitalen Nerven folgende Wurzel ist somit eine ventrale (/”) und zwar ist das erste Wurzelbündei derselben an #'” oft so nahe herangerückt, dass sie selbst direkt ventral davon liegen kann. Desgleichen kann ich die von Reızıus und SANDERS bei Mywine angegebene Asymmetrie im Abgang der rechts- und links- seitigen Nerven bestätigen; dieselbe findet sich — zum Unterschiede von Petromyzon, wo sie von Freup nur im Bereiche des Caudalmarks beobachtet wurde (p. 585) — in der ganzen Länge des Rückenmarkes, und zwar, wie es auf Grund meiner aller- dings nicht sehr zahlreichen Untersuchungen den Anschein hat, bei Bdellostoma nicht so ausgeprägt wie bei Myxine. Dorsale und ventrale Wurzeln der spinalen Nerven treten durch besondere Öffnungen in der häutigen Wirbelsäule nach aussen. Auch die beiden ventralen Wurzelbündel durchsetzen dieselbe (s. Textfigur 1 auf p. 616) in der Regel gesondert; meist sind beide Oeffnungen, namentlich bei Bdellostoma, so weit von einander entfernt, dass ihre gegenseitige Distanz annähernd ebenso gross ist als die von den dorsalen Wurzeln; doch können sie einander näher liegen, selbst (individuell bei 7’) durch eine Oeffnung nach aussen gehen. Nach dem Austritte zeigen die spinalen Nerven folgende Verhältnisse in der 1) SrtupnıckA, der am hinteren Ende des Rückenmarks randständige dorsale Ganglienzellen fand, ist ge- neigt, diese mit den BURCKHARDT'schen Zellen bei den Dipnoern zu homologisiren, spricht sich aber gegen einen Ver- gleich mit den Hinterzellen aus (1895 A. p. 2, 1895 B. p. 27). 18* an 616 Max FÜRBRINGER [268 Verbindung und weiteren Vertheilung der dorsalen und ventralen Wurzel- elemente; Bdellostoma wurde hierbei in erster Linie untersucht'). Die dorsale Wurzel schwillt gleich nach dem Austritte zu einem ovalen Ganglion an, das sich in dorso-ventraler Richtung (mit einer mässigen ventro- rostralen Neigung) in die Länge streckt und von seinen beiden Polen einen dorsalen und ventralen Ast abgehen lässt. Der dorsale, von dem dorso-caudalen Pole ent- stehende, Ast ist der schwächere und verläuft in der durch die Myomerenordnung bestimmten Richtung dorsalwärts, nachdem er sich bald nach seinem Abgange mit trig pal fac ac.a acp «'l vg Art. pda y dd ed I, | [| Ch T I I m Se l Ä Art. Lab. Bey dv ale Textfigur 1. Bdellostoma bischoffi. Medianer Sagittalschnitt durch den hinteren Bereich des Schädels und den Anfang des Rückenmarkrohres nach Wegnahme des Gehirns und Rückenmarks, aber unter Erhaltung der von ihnen ausgehenden Nerven. Grösseverhältniss $/ı. Art. Arterie; Ch. Chorda; Lab. Labyrinthwand; ac.a. N. acustieus anterior; ac.p. N. acusticus posterior; ae. N. facialis; pal. N. palatinus; Zrig. N. trigeminus; vg. N. vagus; «'’d, ad, „rd rd, grd dorsale Wurzeln der 5 ersten Spinalnerven (resp. der 2 spino-oceipitalen und der 3 ersten spinalen Nerven); «'”, 3”, y'’, d'”, &'” ventrale Wurzeln derselben. einem dorsalen motorischen Zweig (s. unten) verbunden hat; schliesslich gelangt er bis zur dorsalen Medianlinie aufsteigend auf dem von dieser ausgehenden Binde- gewebsseptum zur Haut. Der ventrale, von dem ventro-rostralen Pole des Ganglions abgehende Ast ist der stärkere und verbindet sich früher oder später mit dem ventralen motorischen Aste zu einem gemischten Hauptstamme, der eben- falls den Myomeren entsprechend ventralwärts resp. ventro-rostralwärts verläuft. Die beiden ventralen Wurzelbündel geben gleich nach ihrem in der Regel ge- sonderten Austritte zwei dorsale Aeste ab, welche sich bald mit einander verbinden und nach Absendung von ein oder zwei Seitenzweigen an die dorsale Seitenrumpfmus- kulatur die oben erwähnte Vereinigung mit dem dorsalen sensibeln Aste eingehen, welcher weitere Muskelzweige für die eben genannte Muskulatur entstammen; die beiden stärkeren ventralen Aeste treten gleichfalls bald zu einem ventralen Aste zusammen, welcher ventralwärts verläuft und, wie schon angegeben, früher oder 1) Diese Darstellung gilt in der Hauptsache auch für Myxine und entspricht im Wesentlichen auch der von RANSOM and THoMmPsoN sowie SANDERS gegebenen Beschreibung von Myzine. Auf die besondere Aufzählung der unbedeutenden und untergeordneten Abweichungen kann hier verzichtet werden. 269] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 617 später mit dem ventralen sensibeln Aste den kräftigen gemischten Hauptstamm bildet. Derselbe tritt in das ihm entsprechende Myomer der lateralen Abtheilung des Seiten- rumpfmuskels, durchsetzt dasselbe zunächst derart, dass er anfangs von einem nur unbedeutenden Muskelbündelkomplex medial begrenzt wird, und tritt bald ganz an die Innenfläche desselben, von hier aus zahlreiche Zweige zu seiner Versorgung ab- gebend.. Am ventralen Rande des lateralen Muskels angelangt, zerfällt er in 1 stärkeren und 3 bis 4 feinere Zweige; der stärkere durchbohrt den M. obliquus externus und geht mit zahlreichen Zweigen an die Haut, von den feineren gelangen 2 bis 3 zu dem M. obliquus externus, während I und zwar gewöhnlich der am meisten caudale zu dem entsprechenden Myomer des M. rectus sich wendet, dasselbe innervirend; dem ersten spinalen Nerven (y) fehlt der Zweig für den M. rectus, da dieser sich nur bis zum Bereiche von ö° nach vorn erstreckt. Im Kiemenbereiche, wo der ventral von den Kiemenöffnungen befindliche M. rectus seiner Lage nach dem ventralen Muskel der Petromyzonten resp. der hypobranchialen spinalen Musku- latur der Gnathostomen entspricht, bilden die zu ihm gelangenden Nervenzweige nichts, was einem Plexus s. Ramus cervicalis entspräche, sondern gehen einzeln und direkt, ohne einen Arcus zu bilden, zwischen den einzelnen Kiemenöffnungen zu den von ihnen versorgten Myomeren. Der gleiche direkte Verlauf gilt für das prae- branchiale Gebiet von Bdellostoma, sowie bei Mywine für die ganze vor dem Stigma externum gelegene Strecke. Ueberall also findet sich eine grosse metamerische Gleich- mässigkeit, welche sich durch die Kiemendurchbrüche nicht behindern lässt und damit zu Petromyzon und den Gnathostomen mit ihren die Kiemenregion hinten umkreisenden Plexus (Rami) cervicales in einen wesentlichen Gegensatz tritt. Die spino-occipitalen Nerven finden sich bei gut erhaltenen Exemplaren von Bdellostoma bischoffi in der Zweizahl; ob dies auch bei den anderen Arten von Bdellostoma und Mywine der Fall ist, kann ich auf Grund meines Materiales nicht mit Sicherheit angeben; die Wahrscheinlichkeit spricht dafür. Der erste spino-oceipitale Nerv («') entspringt mit einer dorsalen Wurzel («°) von der dorso-lateralen Fläche des Gehirns zwischen den Ursprüngen des Vagus und Acusticus, weiter ab von ersterem und letzterem mehr genähert. Auch fand ich unweit dieser dorsalen Wurzel, ventral von ihr von dem Gehirn abgehend einen sehr zarten Nerv, der nach seinem Ur- sprunge einer ventralen Wurzel von « entsprechen könnte; doch gelang es mir nicht, denselben bis zum Durchtritte durch die Schädelwand zu verfolgen‘). Um die Existenz von «” zu sichern, bedarf es noch weiterer Untersuchungen. Die dor- sale Wurzel von «' verläuft nach hinten und aussen und tritt dorsal von dem Acu- sticus posterior, somit dorso-rostral von dem Vagus als dorsalster Nerv dieser Gegend durch die häutige Gehirnkapsel. Nach ihrem Austritte bildet sie ein kleines sehr 1) Möglicherweise ist dieser Nerv auch identisch mit dem auf der Textfigur zwischen dem Acusticus anterior und posterior verlaufenden, vielleicht zu den Acustiei gehörigen, übrigens nicht weiter bezeichneten Nerven und hat dann wohl nichts mit einem ventralen Spinalnerven zu thun. Auch hier bedarf es noch weiterer Untersuchungen, wofür mein Material nicht genügte. Bun re At au 618 Max FÜRBRINGER [270 schlankes Ganglion, das der Dorsalfläche des vorderen Theiles der Labyrinthkapsel aufliegt, und wendet sich danach, mit Zweigen von % verschiedene, aber leicht lös- bare Verbindungen eingehend, nach vorn, um nach Abgabe einiger Zweige zu dem . zwischen den beiden ersten Seitenrumpfmuskel-Myomeren') befindlichen Septum schliesslich am vorderen Ende des Seitenrumpfmuskels, zwischen diesem und dem Auge an der Haut des Schädels auszutreten und sich in dieser Gegend ziemlich aus- gedehnt zu verzweigen. Soweit mir bekannt, ist dieser erste Nerv bisher nicht be- schrieben worden. Der zweite spino-occipitale Nerv besitzt eine ventrale und dorsale Wurzel, welche nahe bei einander und auch in grosser Nähe zum Vagus, im caudalen Bereiche desselben von der Medulla oblongata abgehen und durch ge- sonderte Foramina, zwischen welchen auch ein Blutgefäss durchtritt, den Schädel verlassen. Die ventrale Wurzel ($”) tritt rostral resp. rostro-ventral von der dor- salen durch die Schädelwand und kann dabei dem Vagus so nahe liegen, dass sie eine caudale Wurzel desselben zu bilden scheint. Die dorsale Wurzel (?”) bildet nach ihrem Austritte ein Ganglion, welches bald ganz ansehnlich, bald recht schmächtig, einmal selbst durch mikroskopisch nachweisbare Ganglienzellen repräsentirt gefunden wurde, und gleich der ventralen Wurzel auf der Dorsalfläche des mittleren 'Theiles der Labyrinthwand liegt. Die ventrale Wurzel theilt sich hier gleich nach ihrem Austritt in einen vorderen (rostralen) und hinteren (caudalen) Ast. Der vordere, '“ anastomosirende Ast ist für das erste Myomer des Seitenrumpfmuskels bestimmt und versorgt dasselbe mit dorsalen und ventralen Zweigen, welche letztere um die Aussenwand der Labyrinthkapsel ventral herabsteigen und das lange faciale Myomer mit zahlreichen nach vorn strebenden Nervenfäden sowie den Anfang des M. obliquus externus innerviren. Der hintere Ast verbindet sich mit der dorsalen Wurzel und theilt sich dann in einen dorsalen und ventralen Zweig, welche sich nach Art eines typischen Spinalnerven in dem dorsalen und ventralen Bereiche des (von dem ersten nur unvollständig getrennten) zweiten Myomers und der ihm ent- sprechenden Hautstrecke verzweigen; auch hier schlägt sich der ventrale Zweig ventralwärts um die Labyrinthkapsel herum. Die Vertheilung dieses Nerven an 2 Myomeren war J. MüÜrzer bereits bekannt (s. oben p. 612); ob aber in den beiden ersten Myomeren der Myxinoiden zwei ursprünglich selbstständige oder nur sekundär aus einem primitiven Myomer hervorgegangene Abtheilungen vorliegen, ist erst noch zu entscheiden. Die dorsale Wurzel von /' entspricht wahrscheinlich der von Reızıus, SANDERS und Pricz beschriebenen dorsalen Wurzel des Vagus (s. p. 612). Auch ich fand abweichend von den Verhältnissen bei Petromyzon keine be- deutsameren Anastomosen mit dem Vagus oder einem anderen Gehirnnerven?). Darin erblicke ich gleichfalls ein primitives Verhalten der Myxinoiden. auch mit « 1) Ob sich darunter auch von einer eventuellen ventralen Wurzel «’" abgegebene motorische Zweige finden, kann erst nach Sicherstellung dieser Wurzel entschieden werden. 2) Ueber einige sehr feine, wohl hierher zu rechnende Anastomosen soll noch bei Besprechung des Vagus p- 626) berichtet werden. 271] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC, 619 Der N. vagus (resp. der vereinigte Glossopharyngeus und Vagus) entspringt mit einer wechselnden Anzahl von Wurzelbündeln — ich zählte bei verschiedenen Exemplaren von Bdellostoma und Mywine 1 bis 4"), wobei die Einzahl das häufigste Vorkommniss war — von der Medulla oblongata und geht in schräg longitudinalem Verlaufe nach hinten zur häutigen Schädelwand, die er in der gleichen Richtung, und zwar in der Regel in einer einzigen grösseren Oeffnung durchsetzt. Er kommt dabei direkt hinter der knorpeligen Labyrinthkapsel, also ventral resp. selbst zum Theil ventro-caudal von dem dorso-rostralwärts gewendeten 2. spino-occipitalen Nerven an der Aussenfläche des membranösen Kraniums zum Vorschein; das Ganglion dieses Nerven liegt dabei direkt über dem Vagus und kann, wie schon erwähnt, leicht den Anschein erwecken, als ob es zum Vagus gehöre, dessen kleinere dorsale Wurzel repräsentirend. Ueber den centralen Ursprung des Vagus konnte ich nichts Näheres eruiren; der weitere Verlauf desselben lässt aber schliessen, dass seine Wurzelbündel von Anfang an gemischte und zwar — zufolge der hohen Ausbildung der Musku- latur des Kopfdarmes und vorderen Rumpfdarmes der Myxinoiden und dem Mangel eines Ram. lateralis — vorwiegend motorische sind. Zweimal zeigte das vorderste Wurzelbündel des Vagus eine etwas grössere Selbstständigkeit gegenüber den hinteren resp. gegenüber der hinteren Hauptmasse des Vagus, trat auch durch etwas mehr Bindegewebe von dieser gesondert durch das gemeinsame Foramen, um dann in den überwiegenden Haupttheil des Ram. pharyngeus vagi (s. unten p. 625) überzugehen. Nachdem der Vagus (Glossopharyngeo-Vagus) die Schädelwand durchsetzt hat, verläuft er in der schon von J. MürLer genau beschriebenen Weise nach hinten, giebt zuerst und zwar sofort nach dem Austritte oder bereits während desselben einen Ram. pharyngeus für den praebranchialen Darmtractus, danach im Be- reiche der Kiemensäcke Rami branchiales für dieselben ab, bildet hierauf im Be- reiche des Constrictor cardiae einen Plexus cardiacus und verbindet sich schliess- lich, bei Bdellostoma wie bei Mywine, mit dem der Gegenseite zu dem längs der Dorsalkante des Darmes bis zum Anus verlaufenden N. intestinalis impar. Einen R. lateralis fand ich ebenso wenig wie J. Mürter und die Mehrzahl der anderen Untersucher; das stimmt auch mit den negativen Befunden Mauvrer's (1895 B. p- 39, 36), der weder bei Bdellostoma noch bei Mywxine etwas an Hautsinnesorgane (Sinnesknospen) Erinnerndes nachweisen konnte. Der Vagus der Myxinoiden ist somit in der Hauptsache ein N. branchio-intestinalis; wie der entsprechende Theil des Vagus der Petromyzonten enthält er auch zahlreiche Ganglienzellen, über deren segmentale Anordnung schon Ransou and THompson wie Price berichteten 1) Noch grösser ist die Anzahl der Wurzeln des Vagus bei Embryonen von Bdellostoma, wo PRICE, wie oben angegeben (p. 612), eine ganze horizontale Reihe von solehen beschreibt. Dieser Befund ist sehr bemerkens- werth und zeigt, dass die mehr oder minder einheitliche Gestaltung des Vagusursprungs der erwachsenen Myxinoiden kein primäres, sondern ein erst sekundär ausgebildetes Verhalten repräsentirt. -ı NS) 620 Max FÜRBRINGER 2 (s. p. 612). Sanpers’ Angabe, dass der Vagusstamm zwischen den dorsalen und ven- tralen Muskelmassen nach hinten verlaufe und sonach den Lateralnerven repräsentire (1894 p. 19), kann ich weder bestätigen, noch überhaupt verstehen. Eine Aufgabe von besonderem Interesse bildet die Homologisirung des R. pharyngeus und der Rr. branchiales vagi mit den ihnen eventuell ent- sprechenden Nerven der Petromyzonten und Gnathostomen, und damit steht zugleich eine andere Frage in Verband, diejenige der metamerischen Identifi- ceirung der Kiemen der betreffenden Thiere, Die erwachsenen Petromyzonten wie Heptanchus haben sieben sich nach aussen öffnende Kiemen, deren vorderste von dem N. glossopharyngeus, deren sechs hintere von den Rr. branchiales vagi versorgt werden; diejenigen von Heptanchus bilden weite und ziemlich nahe zusammengedrängte Spalten, die von Petromyzon sind, zufolge den zeitweilig parasitären Gewohnheiten dieses 'Thieres, mehr caudalwärts ausgezogen und ihre äusseren Ausmündungen zu ziemlich engen Oeffnungen ver- kleinert. Bei den Myxinoiden sind diese Kiemenöffnungen noch mehr verengert, öffnen sich auch zufolge der tiefer eindringenden parasitären Lebensweise dieser Thiere viel entfernter vom Kopfe als bei den Petromyzonten und finden sich zugleich bei den verschiedenen Species in der sehr wechselnden Anzahl von 1 (Mywine'), 6—7 (Bdellostoma cirrhatum mit den Varietäten hexatrema, heterotrema und hepta- trema, Bd. bürgeri), 10 (Bd. bischoff), 11—12 (Bd. stouti) bis 14 (Bd. polytrema?). Zählungen der vor der ersten Kiemenöffnung von .Bdellostoma (resp. vor der ersten Kiementasche von Mywvine) gelegenen (praebranchialen) und der vor der letzten Kiemenöffnung befindlichen (praebranchialen + branchialen) Myomeren des dorso-lateralen Seitenrumpfmuskels ergeben an dem mir zur Verfügung stehenden Materiale®) folgendes: | Zahl der Zahl der äusseren | Praebranchiale | Praebranchiale und | Kiementaschen. Kiemenöffnungen. | Myomeren. branchiale Myomeren. Bdellostoma_ stouti, | 12 | 12 17—19 | 29— 31 Bd. bischoff. I 0 10 1 28—29 Myzine glutinosa. 6 | 1 19 | 27—28 bd. bürgert. | 6 | 6 22— 23 | 27—28 Bd. eirrhatum. | 6 6 28 33 1) Myzine besitzt bekanntlich 6 Kiementaschen, deren äussere Ausmündungen sich sekundär zu einer Oefinung vereinigt haben, welche der ursprünglichen letzten Kiemenöffnung entspricht. 2) Die systematische Scheidung der einzelnen Species von Bdellostoma lässt noch viel zu wünschen übrig. AYERS Bdellostoma dombeyi (mit 6—14 Kiemenöffnungen) umfasst, wie GILL wahrscheinlich macht, mindestens zwei verschiedene Arten (die eine mit 6 bis 7, die andere mit 10 bis 14 Oefinungen). 3) Ein Bdellostuma polytrema mit 14 Kiemenöffnungen stand mir leider nieht zu Gebote; die unter diesem Namen mir von den Herren Prof. AcAssız und MARK in Cambridge mitgetheilten Exemplare sind wahrscheinlich Bd. bischoffi (vergl. p. 614 Anm. 1). > EEE - er a ae ap ee u 273] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 621 Er während Petromyzon nur 2 praebranchiale und 13 15 praebranchiale — bran- chiale dorso-laterale Myomeren aufweist. Es liegt somit die erste Kiementasche der Myxinoiden um 14 bis 26, die letzte um 12 bis 20 Myomeren weiter hinten als die erstere und letzte der Petromyzonten. Irgend ein durchgreifendes Punctum fixum ist hierbei auch nicht innerhalb der Myxinoiden aufzufinden. Die erste Kiementasche hat bei Bd. stouti und bischoffi eine annähernd gleiche metamerische Lage und weicht auch bei Mywine nicht er- heblich von derselben ab; die beiden Arten mit 6 Kiemenöffnungen (Bd. bürgeri und eirrhatum) unterscheiden sich dagegen beträchtlich von den 3 erstgenannten und von einander. Bei Bd. cirrhatum liegt sie um 11—12 Myomeren weiter hinten als bei Bd. bischoffi, obwohl die Differenz in der Kiemenzahl nur 4 beträgt. Die Lage der letzten Kiemenöffnung ist minder variabel, indem die Extreme nur um 6 Myo- meren differiren; immerhin ist auch hier die Abweichung der beiden hexanchen Arten von Bdellostoma (bürgeri und ceirrhatum) eine sehr auffallende. Aus dem meta- merischen Verhalten der Rumpfmuskel-Myomeren und der Kiemen an sich ist somit kein ausreichender Anhalt für die Beurtheilung und Vergleichung zu gewinnen. Zur Erklärung dieser grossen Verschiedenheit der Lage kann an zwei resp. drei Möglichkeiten gedacht werden: entweder die Kiemen der Myxinoiden ent- sprechen zum grösseren oder geringeren Theile speciell denen der Petromyzonten und sind nur gegenüber den übrigen Theilen des Rumpfes weiter nach hinten ver- schoben'), oder sie sind den Kiemen der Petromyzonten nur homodynam, d.h. ihnen nicht direkt homologe, sondern mehr caudal gelegene Durchbrüche der re- spiratorischen Vorkammer, während die speciellen Homologa der Petromyzonten bei den Myxinoiden nicht mehr existiren, oder beide erwähnte Möglichkeiten haben sich kombinirt. Hierbei ist auch nicht minder mit der wechselnden Zahl der Kiementaschen und Kiemenöffnungen der Myxinoiden hinsichtlich ihrer Neu- bildungen und Rückbildungen zu rechnen und damit steht die Frage nach der ur- sprünglichen Kiemenzahl bei den Myxinoiden im Zusammenhange. Direktere Aufschlüsse darüber sind von der Entwickelungsgeschichte des Kiemen- apparates der Myxinoiden zu erwarten. Das lange bestandene Desiderat nach der Ontogenie der Myxinoiden ist durch die oben (p. 609, 612f.) erwähnten und theilweise rekapitulirten embryologischen Untersuchungen von Price an Bdellostoma stouti in erfreulichster Weise erfüllt worden. Price ist auch hinsichtlich der vorliegenden Fragen zu einem bestimmten Resultate gekommen, indem er sich für die zweite der oben angeführten Alternativen ent- scheidet. Seine Befunde sind ausserordentlich interessante und zum Theil über- raschende, leiden aber an dem materiellen Mangel, dass zwischen seinem ältesten, dem ausgebildeten Zustande nahekommenden Stadium (C) und seinen beiden jüngeren 1) Das scheint auch J. MÜLLER anzunehmen; wenigstens betont er bei Besprechung des Schlundskelettes der Myxinoiden, dass dasselbe nichts mit den Kiemen zu thun habe, dass dieselben weit nach hinten zurückgewichen seien (1834/35 p. 36). Festschrift für Gegenbaur. III. 9 | 622 Max FÜRBRINGER [274 (A und 5b) eine zu grosse, durch Beobachtungen nicht überbrückte Kluft existirt. Pricz findet bei dem Stadium A 13 noch nicht nach aussen durchgebrochene Kiemenspalten, von denen die drei ersten nicht einmal den Epiblast berühren; min- destens 6 von ihnen liegen vor dem ersten Spinalganglion. Die drei ersten stehen mit drei Epibranchialganglien des Facialis in Verband, weshalb er die erste mit der hyomandibularen Kiemenspalte der Gnathostomen vergleicht; von der zweiten ab ist denselben die Reihe der Epibranchialganglien des Vagus angelagert. Bei dem Stadium B existiren 12 Kiementaschen. Wie aus dem Verhalten der zugehörigen Aortenbogen erschlossen werden könne, entspricht die erste derselben der vierten des Stadiums A, somit sind diese Taschen als 4. bis 15. zu zählen. Bei dem Stadium C endlich sind 11 nach aussen geöffnete Kiemen vorhanden, welche nach Lage und Bau mit denen bei Erwachsenen übereinstimmen. Die erste von ihnen befindet sich in der Höhe des 19., die letzte in der des 29. Spinalganglions; Price vergleicht dem- nach die erste von ihnen (weil bei dem Stadium A 6 Kiementaschen vor dem 1. Spinalganglion sich fanden) einer 25. Kiementasche und zählt die elf Kiemen als 25. bis 35., wobei er annimmt, dass alle vorhergehenden sich wieder rückgebildet hätten. Die übersichtliche Zusammenstellung seiner Befunde und Deutungen ergiebt folgendes: Zahl der 1 a Zählung der beobachteten 1 ER Be Fr Nervenversorgung. Kiementaschen Kiementaschen. Spinalganglien. nach PRICE. — — u In m Se — —— u _— ZZ Ze Stadium A 13 Die 6 ersten vor dem |1—3 durch Facialis, 1—13 | 1. Spinalganglion. 2—13 durch Vagus. Stadium B 12 Die 3 ersten vor dem Vagus. 4—15 N ® . | 1. Spinalganglion. | Stadium C 11 Die erste im Niveau des Vagus. 25—35 | 19. Spinalganglion. In der Beurtheilung der beiden Stadien A und B stimme ich Price in der Hauptsache gern bei. Die Rückbildung der drei ersten schon im Stadium A recht abortiven Kiementaschen bei dem Stadium B sowie die gleichzeitige Neubildung bei den hinteren (14, 15) scheint mir genügend gestützt; sehr bemerkenswerth ist das metamerische Verhalten der 6 ersten zu dem ersten Spinalganglion, wonach die- selben in ihrer kranialen, praespinalen Lage sehr primitive Beziehungen aufweisen. Bezüglich der Interkurrenz des Facialis und Vagus in der Versorgung der 2. und 3. Kiementasche möchte ich gern noch weitere Untersuchungen abwarten. Stadium C leitet sich möglicher Weise nach dem von Price angegebenen Modus von Stadium B ab; doch wird man auch hier zunächst noch den durch Zwischenstadien zu führenden Nachweis der wirklichen Rückbildung der 4. bis 24. und der wirklichen Neubildung der 25. bis 35. Kiementasche verlangen dürfen. Bis dahin kann auch an die andere Möglichkeit gedacht werden, welche, von einer so weitgehenden Reduktion und Neu- UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. b23 167 -ı oi DS formation absehend, einen mässigen Grad dieser beiden Processe acceptirt, im Uebrigen aber die beträchtliche caudale Lage durch die Annahme einer ausgedehnten Ver- schiebung des Kiemenapparates nach hinten zu erklären sucht. Die definitive Entscheidung betreffs der aufgestellten Alternativen und der damit zusammenhängenden Fragen ist erst von der genauen ontogenetischen Unter- suchung einer Reihe direkt an einander schliessender Entwickelungsstadien zu er- warten; dieselbe wird aber sehr sorgfältig darauf achten müssen, dass sie sich nicht durch Cänogenien täuschen lässt. Einige Directiven kann aber auch schon die vergleichende Betrachtung ge- wisser Verhältnisse bei den erwachsenen Thieren geben. Dieselben betreffen insbe- sondere den Ductus oesophago-cutaneus, die branchialen Cerebralnerven und die ventralen Aeste der Spinalnerven im branchialen Gebiete. J. Mürzer (1834/35. Taf. VII, 1842/45 p. 2) hat bekanntlich gefunden, dass der Ductus oesophago-cutaneus bei Bdellostoma in die letzte linke Kiemenöffnung und bei Myzxine in die derselben topographisch entsprechende gemeinsame Kiemen- öffnung einmündet. Dasselbe fand ich bei allen von mir darauf untersuchten recht zahlreichen Bdellostomen und Myxinen: stets war die Ausmündung dieses merkwürdigen Ganges die gleiche in das letzte Stigma externum des Kiemenapparates. Darauf hin hat man einiges Recht den Gang als eine constante Bildung bei den Myxinoiden zu betrachten und die unabänderlich mit ihm zusammenmündende letzte äussere Kiemenöffnung aller Bdellostomen und Myxinen mit einander zu homo- logisiren. Sie würde sonach ein relatives Fixum bilden und an die Hand geben, dass Bd. polytrema (mit 14), Bd. stouti (mit 11—12) und Bd. bischoffi (mit 10 Kiemen- taschen) sich durch ein Mehr von 8, 5—6 und 4 vorderen Kiemen von Dd. bürgeri und cirrhatum unterscheiden, dass somit — da auch eine Vermehrung der Kiemen in der Richtung nach vorn ein bisher unbekanntes Ding ist und jeder Begründung entbehren würde — unter den bekannten Arten von Ddellostoma die mit 14 Kiemen den Ausgang bildete und dass alle anderen, weniger Kiemen besitzenden Arten phylogenetisch von 14 Kiemen besitzenden Vorfahren ausgegangen und unter successiver Reduktion der vorderen Kiemen zu ihrer bleibenden Kiemenzahl gelangt sind. Dieser Folgerung (die allerdings einen Gang der Kiemenreduktion postulirt, welche mit der bei Gnathostomen üblichen nicht ganz übereinstimmt‘), und damit den Myxinoiden eine besondere Stellung anweist) gewährt auch die oben (p. 621) mitge- theilte grössere Variabilität in der Lage der vordersten Kieme der Bdellostomen gegenüber der letzten einigen Untergrund. Dass gerade die Kiemenzahl 14 den Ausgang gebildet habe, liegt mir fern zu behaupten; es ist sehr möglich und selbst recht wahrscheinlich, dass Dd. poiytrema Vorfahren besass, die noch mehr Kiemen 1) So sehr gross ist die Abweichung von den Gnathostomen indessen nicht, denn auch bei diesen sind successive Reduktionen gewisser vorderer Kiemen im Bereiche des mandibularen und hyoidealen Bogens bei Be- stehen der hinteren Kiemen nachgewiesen. Aehnliches gilt auch für Petromyzon und Amphioxus. Uebrigens ist nicht zu vergessen, dass diese Rückbildung vorderer Kiemen bei Bdellostoma auch durch die Untersuchungen von PRICE, soweit dieselben die beiden ersten Stadien (4 und 2) betreffen, direkt ontogenetisch erwiesen ist. 19% 624 MAx FÜRBRINGER [276 hatten. Hier kann nur das bekannte Minimum (14), nicht aber das Maximum be- stimmt werden. Myzxine fügt sich den hexanchen PBdellostomen ein; dass ihre 6 Kiemen eine gemeinsame äussere Ausmündung gewonnen, beruht auf einem sekun- dären, lediglich die äusseren Kiemengänge betreffenden Prozesse. — Es wird somit eine successive Reduktion vorderer Kiemenspalten auch durch die vergleichend- anatomische Betrachtung gestützt; doch giebt dieselbe nur Kenntniss von einem mässigen Grade dieser Reduktionen. Da aber die letzte Kiemenöffnung mit dem Ductus oesophago-cutaneus ihre Lage zwischen dem 27. bis 33. Rumpfmuskel-Myomer wechselt, ist damit auch eine gewisse Verschiebungs-Amplitude des Kiemenkorbes gegenüber dem Rumpfe wahrscheinlich gemacht. Von den branchialen Cerebralnerven versorgt bekanntlich der N. facialis die erste embryonale, später geschlossene Kiemenspalte von Petromyzon (Spritzloch, hyo-mandibulare Kiemenspalte der Gnathostomen), der N. glossopharyngeus die erste offene Kiemenspalte der Petromyzonten (hyo-branchiale Kiemenspalte der Gnathostomen), der N. vagus die 2. bis 7. offene Kiemenspalte der Petromyzonten (und heptanchen Gnathostomen); meines Wissens und Erachtens ist bisher gegen die GEGENBAURr’sche Theorie, wonach hinter dieser letzten Spalte bei den Vorfahren der erwähnten heptanchen Wirbelthiere noch weitere auch vom N. vagus versorgten Kiemenspalten sich befunden haben mögen, noch kein überzeugender Gegenbeweis erbracht worden. Bei den aus- gebildeten Myxinoiden werden sämmtliche Kiementaschen von Rr. branchiales des N. vagus versorgt; von N. facialis und glossopharyngeus innervirte existiren nicht mehr. Junge Embryonen von Bdellostoma stouti (Stadium A) zeigen nach Price eine Innervirung der ersten, später verschwindenden Kiementaschen durch den Facialis, während die Vagus-Versorgung mit der zweiten, später auch reduzirten Tasche beginnt und sich über alle folgenden ausbreite. Man kann diese Angaben wohl auch so deuten, dass die zweite Tasche von dem Antheile des Vagus (Glossopharyngeus-Vagus) versorgt wird, welcher dem Glossopharyngeus entspricht, die dritte und die folgenden aber erst von dem Vagus s. str.'). Es zeigt aber zugleich die Untersuchung erwachsener Exemplare von Bdellostoma bischoffi, dass der hier recht ansehnliche R. pharyn- geus vagi meistens den überwiegenden Haupttheil der Muskulatur und Schleim- haut des praebranchialen Pharynx versorgt und dann mit seinen letzten Endver- zweigungen sich bis in die Nähe der 1. Kiementasche erstreckt; einmal war er auch kürzer und endete bereits am Anfange des letzten Drittels des praebranchialen Schlundes. Bei Bdellostoma stouti fand ich ihn kleiner und zugleich über die vordere Hälfte bis die vorderen zwei Drittel des praebranchialen Darmtraktus sich erstreckend. Somit einigermassen variable Verhältnisse, die Untersuchungen an einem reicheren Materiale — wobei namentlich auch Bdellostoma polytrema, das mir leider nicht zur 1) Bezüglich der ferneren Angabe von PRICE, dass der Facialis mit dem Vagus sich in die Versorgung der 2. und 3. Kiementasche theile, warte ich gern noch die ausführlichere Veröffentlichung dieses Autors ab, ehe ich mich darüber definitiy äussere. Wenn sie sich bestätigt, so handelt es sich hier wahrscheinlich um ein eigenthüm- liches Weitergreifen des Facialis; die von einigen Autoren vertretene Meinung, dass im hyoidealen Bereiche der Gnathostomen einstmals 2 oder mehr Visceralbogen existirten, erfährt dadurch keine Unterstützung. ee Be j a 277] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOGEFHALEN ETC. 625 Verfügung stand, zu berücksichtigen wäre — wünschenswerth machen; aber fast allenthalben die Versorgung des grösseren, theilweise selbst des ganz überwiegenden vorderen Abschnittes des vor den Kiemen liegenden Kopfdarmes durch den R. pharyn- geus. Dieser Nerv besitzt aber zugleich gegenüber dem eigentlichen Vagusstamm eine grosse relative Selbstständigkeit, indem er durchgehends sich sofort nach dem Durchtritte durch die Schädelwand oder während dieses Durchtrittes vom Vagus abzweigt, ja selbst von einer vom übrigen Vagus abgesonderten vordersten Wurzel (cf. p. 619) zum überwiegenden heile‘) abstammen kann. Danach könnte man daran denken, ihn ganz oder zum grössten Theil mit dem N. glossopharyngeus zu identi- fieiren und zugleich anzunehmen, dass die von ihm einstmals versorgte Kiementasche wohl verkümmert, aber von der ersten persistirenden Kiementasche der mit 10—14 Oeffnungen versehenen Bdellostoma-Arten nicht allzuweit entfernt war. Für die definitive Entscheidung dieser Frage genügt indessen unsere jetzige Kenntniss noch nicht; insbesondere ist die Deutung der betreffenden, einem Glossopharyngeus-Bogen eventuell zu homologisirenden Skelettelemente und der zu ihnen gehörenden Theile des Constrietor pharyngis durchaus noch Desiderat?). Soweit man aber z. Th. aus dem Verlaufe der Nerven Schlüsse ziehen kann, bin ich geneigt, den Ram. pharyngeus vagi als einen Nerven anzusehen, dessen Grundstock dem N. glossopharyngeus der höheren Wirbelthiere entspricht, dem sich aber auch eine mässige Anzahl von Vaguszweigen einstmals branchialer Natur angeschlossen hat. Ich stimme somit der Annahme eines Ausfalles vorderer Kiemen bei, glaube aber, dass die Zahl der- selben erheblich kleiner ist als diejenige (23—24), zu welcher Price durch die Ver- gleichung seines Stadiums C mit den Stadien A und B gelangte. Der Verlauf der ventralen Aeste der Spinalnerven im Kiemenbereiche scheint auf den ersten Blick der Prıcr’schen Auffassung eine Stütze zu gewähren: die für den M. rectus bestimmten Zweige derselben gehen ohne irgend welche er- heblichere Ablenkungen von der transversalen Richtung innerhalb ihrer Myomeren ventralwärts und gelangen im Kiemenbereiche der Bdellostomen zwischen den einzelnen äusseren Kiemenöffnungen und Kiemengängen zu den von ihnen versorgten einzelnen Myomeren des erwähnten Muskels. Bei den Gnathostomen und Petromyzonten ver- band sich dagegen mit der nachgewiesenen caudalwärts gehenden Verschiebung des Kiemenapparates ein denselben hinten umkreisender Bogen der zu der ventralen resp. hypobranchialen Muskulatur gehenden Nerven (Plexus s. Ramus cervicalis). Bei den Myxinoiden scheint der beschriebene transversale Verlauf zwischen den 1) Die Detailverhältnisse können hier nicht behandelt werden. 2) Bekanntlich besitzen die Myxinoiden eine hinterste Schlundspange, welche — wenn einmal die hier be- findlichen Gebilde durchaus mit Visceralbogen verglichen werden müssen — in ihrer Lage etwas an den 1. Kiemen- bogen (Glossopharyngeus-Bogen) erinnert und demselben auch von W. K. PARKER (1883 p. 384) identifieirt worden ist. J. MÜLLER (1834/35 p. 36) schliesst jeden Vergleich dieser Spange („hinterer Schlundknorpelriemen‘“) mit Kiemen- bogenbildungen aus; P. FÜRBRINGER (1975 p. 7f.) scheint sie zum Hyoid zu rechnen. Die auf dieser Spange locker aufliegenden Muskelfasern (vordere Abtheilung des Constrictor pharyngis) werden von dem ersten Seitenzweige des Ram. pharyngeus vagi innervirt. Weitere Untersuchungen zur Begründung dieser eventuellen Homologien sind durch- aus nöthig. 626 Max FÜRBRINGER [278 L äusseren Kiemengängen und ihren cutanen Ausmündungen die Annahme einer Ver- schiebung der Kiemen nach hinten auszuschliessen. Weitere Ueberlegung und Unter- suchung der zu beobachtenden Verhältnisse giebt indessen an die Hand, eine ursprüng- liche Selbstständigkeit des Kiemenapparates gegenüber der Rumpfwand zu statuiren, welche die Myxinoiden von den bisher behandelten Vertebraten (Gnathostomen und Petromyzonten) entfernt, zugleich aber ein Verhalten offenbart, welches etwas an die bei Amphiowus sich findende Beziehung des Kiemenkorbes zu der Rumpfwand erinnert. Nach dieser Anschauung, welche auch das sonst schwer verständliche ab- weichende Verhalten von Mywvine (Zusammenmünden aller Kiemengänge in einer hintersten äusseren Oeffnung bei unverändertem metamerischen Verlauf der Spinal- nerven) genügend erklärt, würden die Kiemen der Myxinoiden ursprünglich in einen der peribranchialen Höhle des Amphiowus homologen Raum eingemündet sein und würden erst später, nachdem die relativen metamerischen Verhältnisse der Rumpf- muskel-Myomeren und der Branchiomeren eine gewisse Fixirung erreicht hatten, den peripherischen Anschluss an die Haut gewonnen haben. Dabei spielte ihr sekundär erworbener Parasitismus auch eine gewisse Rolle, auf die indessen hier nicht weiter eingegangen werden kann. Mit der nöthigen Vorsicht und Reserve kann somit gesagt werden, dass die vergleichende Betrachtung des Ductus oesophago-cutaneus, der cerebralen Branchial- nerven und der ventralen Spinalnerven im Kiemenbereiche erlaubt anzunehmen, 1) dass ‚bei den Myxinoiden die Verkümmerung einer mässigen Anzahl vorderer Kiemen mit dem Hinterrücken des ganzen Kiemenapparates sich verband, um das im ausgebildeten Zustande zu beobachtende Verhalten in der Lage und Zahl der Kiemen herbeizuführen, 2) dass die ursprüngliche Anzahl der Kiemen sehr wahrschein- lich mehr als 14—16'), aber innerhalb einer mässigen Grenze, betrug, 3) dass der Kiemenapparat in seiner primitiven Gestaltung von der Rumpfwand unabhängig war und wohl in einen praebranchialen von der Rumpfwand umschlossenen Raum ein- mündete. Weitere vergleichend-anatomische und ontogenetische Untersuchungen werden zu prüfen haben, was von diesen Schlüssen sich lebensfähig erweisen mag. — Nach Anastomosen der Spinalnerven mit dem Vagus habe ich wieder- holt, in der Hauptsache aber erfolglos gesucht. Doch fand ich zweimal bei Bdello- stoma bischoffi im Kiemenbereiche einen feinen Nervenfaden, der sich in caudalwärts gehender Richtung dem Vagusstamme anschloss, das eine Mal einfach, das andere Mal mit doppelten Anfängen (Wurzeln) begann; derselbe war aber (zufolge der Konservation des 'Thieres in Mürrer’scher Lösung mit nachfolgender Alkohol-Be- handlung) bei seiner Feinheit so brüchig, dass es mir nicht gelang, ihn bis zu Spinalnerven zurückzuverfolgen; ich muss sonach erst noch weiteres Material ab- warten, um diese Lücke auszufüllen. Jedenfalls sind aber diese Anastomosen, die 1) Die Minimalzahl 14 entspricht den wirklich beobachteten Verhältnissen bei Bdellostoma stouti, wo min- destens 12 Kiementaschen vom Vagus versorgt werden, daher noch wenigstens 2 einstmals vor ihnen sich befunden haben, welche vom Glossopharyngeus und Facialis innervirt wurden. Wenn, wie es wahrscheinlich ist, Bd. polytrema eine Versorgung seiner 14 Kiemen vom Vagus aufweist, so wächst diese Minimalzahl auf 16. u 1 Ba u En RE ne TE 7 7 Pe GE mi 279] ÜERER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 627 sich bei weiteren Untersuchungen noch vermehren dürften, so vereinzelt und gering- fügig, dass mit ihnen als beständigen und bedeutsamen sympathischen Verstärkungen 8'0 ie) =) des Vagus fürs Erste nicht gerechnet werden kann. Der genauen Beschreibung der Seitenrumpfmuskulatur von J. Mürzer habe ich nur wenig hinzuzufügen. Dieselbe besteht aus einer in Myomeren gesonderten Längsmuskulatur, welche sich in eine mächtige dorso-laterale (dorso-lateraler Rumpfmuskel) und eine schwächere ventrale (Rectus) Abtheilung sondert und durch longitudinalen Verlauf ihrer Muskelfasern gekennzeichnet ist, und einen oberflächlichen, aus descendenten Fasern bestehenden und nicht in Myomeren zertheilten Obliquus externus. Zwischen der dorso-lateralen und der ventralen Abtheilung der Längs- muskulatur treten im Kiemenbereiche die nach aussen mündenden Kiemengänge hindurch; die erstere ist somit zugleich eine epibranchiale, die letztere eine hypo- branchiale Muskulatur. Ueber die Zahl der praebranchialen und branchialen dorso- lateralen Myomeren wurde bereits oben (p. 620) berichtet. Im branchialen Bereiche besteht zugleich eine geringgradige, aber nicht allenthalben vorhandene Dysmetamerie zwischen den epibranchialen und hypobranchialen Myomeren, sowie auch eine mässige Dysmetamerie zwischen den Myomeren und Branchiomeren, wie aus folgen- der Tabelle hervorgeht: Kae | Epibranchiale | Hypobranchiale | Myomeren. Myomeren. Bdellostoma stouti 12 12—13 111/a Bd. bischoffi 10 | 1a 10210 U Myzxine glutinosa 6(1) 8—9 | 7—8 Bd. bürgeri 6 5 5 Bd. eirrhatum 6 | 51/g 5 Entsprechend der asymmetrischen Beschaffenheit der Spinalnerven zeigt auch die Längsmuskulatur in ihrem dorso-lateralen wie ventralen Bereiche eine ge- wisse Asymmetrie, welche im ventralen Bereiche und bei Myxine mehr ausgeprägt ist als im dorsalen und bei Bdellostoma, bei letzterer Gattung sich überhaupt nicht allenthalben findet!). Das vordere Ende des dorso-lateralen Längsmuskels läuft in einen kürzeren dorsalen (supraorbitalen) und einen längeren lateralen (infraorbitalen) Zipfel aus, von denen der erste über dem Auge, mit dessen vorderem Rande abschliessend und den 1) Der Rectus von Myzine zeigt eine ausgebildete Asymmetrie, während dieselbe bei Bdellostoma entweder nicht oder nur in ihren Anfängen beobachtet wird. 6285 Max FÜRBRINGER [250 N. trigeminus deckend, an der Schädeldecke endet, der letztere aber in grosser länge als dreieckiges, dem facialen Myomer der Petromyzonten (p. 602) vergleichbares Fas- cikel fast bis zum Rande der Mundöffnung verläuft und hier mit dünner Sehne hinter dem dritten Tentakel endet. Zugleich ist der Muskel in seinem dorsalen Be- reiche recht fest mit der hinteren Circumferenz der rudimentären häutigen Orbita verbunden (Retractor orbitae). Man kann an diesem Anfangstheil des Muskels zwei auf einander folgende, aber recht unvollkommen gesonderte Myomeren unterschei- den, welche, wie schon oben (p. 618) angegeben, von zwei Aesten des 2. spino-oc- cipitalen Nerven (£) versorgt werden und in der Art des Verlaufes ihrer Nerven zeigen, dass sie sekundär nach vorn sich ausgedehnt haben; auch wurde schon dort die Frage aufgeworfen, ob sie ursprünglich oder erst sekundär gesonderte Myomeren repräsentiren. Das I. Myomer ist im supraorbitalen Bereiche etwas reducirt (bei den verschiedenen Arten in verschiedenem Grade), fehlt im orbitalen und bildet im infraorbitalen die Hauptausbreitung des facialen Muskelzuges. Das 2. Myomer ist vollständig und vom dorsalen bis zum lateralen Bereiche ungetrennt; im postorbitalen Bereiche gehört ihm der Retractor orbitae, im infraorbitalen der kürzere hintere, vom vorderen nur durch ein defektes Myoseptum gesonderte Theil des facialen Zuges an!). — Der ventrale Längsmuskel (Rectus) endet früher als der dorso-laterale, und zwar, wie bereits J. MÜLLER angegeben, an der Grenze des knorpeligen und verkalkten Theiles des sogenannten Hyoides; sein vorderstes Myomer wird von einem Zweige des zweiten Spinalnerven (d’) versorgt. Der Obliquus externus bildet eine oberflächlich auf dem lateralen und ventralen Bereiche des Längsmuskels aufliegende Muskelausbreitung von descendentem Verlaufe, welche in interessanter, schon von J. Mürtwer beschriebener Weise mit der der Gegenseite sich kreuzt und dabei im Kiemenbereiche mit oberflächlichen gekreuzten Fasern weit in das antimere Gebiet übertritt. Im Kiemenbereiche wird der Obliquus externus zugleich von den äusseren Kiemengängen durchbohrt. Vorn beginnt er, wie auch J. Mürter bereits angiebt, hinter dem Bereiche des dritten Tentakels und deckt zugleich den unteren Saum des Tentacularis posterior wie die Hauptausdehnung des facialen Muskelzuges. Von den beschriebenen Muskeln ist der Längsmuskel allein dem Seiten- rumpfmuskel der Petromyzonten vergleichbar; er enthält zugleich in seiner la- teralen Abtheilung ungesonderte Elemente der epibranchialen, in seiner ventralen solche der hypobranchialen spinalen Muskulatur der: Selachier und Gnathostomen überhaupt. Speciellere Homologisirungen verbieten sich wie bei den Petromyzonten durch die nicht allein sehr primitive, sondern auch differente Wege gehende Aus- bildung des bezüglichen Muskelsystems der Myxinoiden. Auch die ganz allgemeine Vergleichung des vordersten T'heiles des Rectus mit dem Coraco-hyoideus der Se- lachier ist mit Vorsicht zu geben. Der Obliquus externus bildet eine besondere 1, Dorsal von dem facialen Muskelzuge findet sich der M. tentacularis posterior (P. FÜRBRINGER), welcher nach diesem Autor von dem 1. Spinalnerven innervirt werden soll. Ich finde eine Versorgung desselben durch den Trigeminus. 281] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 629 höhere Differenzirung der Myxinoiden, welche den Petromyzonten durchaus abgeht; diese Differenzirung documentirt sich vornehmlich in dem Mangel der Myosepten, welche ursprünglich wohl seine Myomeren getrennt haben mögen, und in dem eigenthümlichen Uebergreifen der Fasern auf die andere Seite. Wie weit er den Obliquus-Bildungen der Gnathostomen vergleichbar sei, kann erst nach genauerer Kenntniss seiner Entstehung aus der ursprünglichen Längsmuskulatur entschieden werden. — Auch histologisch stehen die aus bereits gesonderten Muskelfasern zusammengesetzten Muskeln der Myxinoiden höher als diejenigen der Petromyzonten, bei denen der Seitenrumpfmuskel noch von zusammenhängenden Muskelplatten (Mus- kelbändern) aufgebaut ist; bereits GRENACHER, SCHNEIDER und MAURER haben dieses Verhalten hervorgehoben. Doch kann diese Beziehung nicht als ausschlaggebend für die Entscheidung der höheren oder tieferen Stellung der Myxinoiden überhaupt angesehen werden, da man nach Maurer (1894 p. 613) in der Verschiedenheit des Baues der Muskelfasern bei den Wirbelthieren lediglich durch die Intensität der Leistung bedingte Unterschiede zu erblicken hat. Bei den Myxinoiden hängt aber diese Leistungsintensität mit ihrer erst sekundär entwickelten, eigenthümlichen Lebens- weise zusammen. Nach Rudimenten von Augenmuskeln habe ich ebenso vergeblich wie die früheren Autoren gesucht. Die Vergleichung der spino-occipitalen und spinalen Nerven der Myxinoiden mit denen der Petromyzonten ergiebt ein Gemisch von höherer Differenzirung und primitiverem Verhalten bei den ersteren. Eine höhere Ausbildung bekundet sich, wie schon ScunEiper (1879 p. 82) hervorhebt, in der Vereinigung der ventralen und dorsalen Wurzeln zu gemischten Stämmen, während bei den Petromyzonten ventrale und dorsale Nerven noch unver- bunden verlaufen (p. 584, 596). In dieser Hinsicht schliessen sich die Myxinoiden den Gnathostomen an, und wahrscheinlich steht dieses Verhalten zu der oben besprochenen höheren Ausbildung der Rumpfmuskulatur in Correlation, ist somit wie diese nicht als entscheidendes Kriterium für eine höhere systematische Stellung überhaupt an- zusehen. Alle anderen Merkmale geben die betreffenden Nerven der Myxinoiden als die primitiver gebildeten zu erkennen. Die ventralen Wurzeln bestehen aus zwei oder mehr, getrennt durch die Rückenmarkshülle durchtretenden Wurzel- bündeln und zeigen damit. wie schon Ransom and THoupsox mit gutem Recht hervor- gehoben haben, eine Tendenz zu Amphiowus resp. eine Mittelstellung zwischen Petro- myzon und Amphiowus: bei Ersterem findet sich nicht selten eine Theilung der ven- tralen Spinalnerven im peripherischen Verlaufe (p. 596), bei Letzterem ist der ge- sonderte Austritt sehr zahlreicher motorischer Fasern Regel. Die dorsalen Wurzeln sind insbesondere bei den spino-occipitalen Nerven gut und zum Theil selbst etwas besser als die ventralen ausgebildet, während sie bei Petromyzon gegen diese sehr zurück- Festschrift für Gegenbaur. II. s0 zu 630 MAx FÜRBRINGER [282 treten, bei den Selachiern an allen oder wenigstens den meisten occipitalen Nerven gänzlich fehlen. Ein noch bedeutsameres Kennzeichnen der primitiveren Stellung der Myxinoi- den gewähren aber die metamerischen Beziehungen ihrer ersten (spino- oceipitalen) Nerven. Während die ersten spino-oceipitalen Nerven bei Petromyzon erst nach einem bemerkbaren Zwischenraum auf den Vagus folgen, bei den Haien aber nur in Folge von sekundärer Vorwanderung mit ihren allein noch erhaltenen ventralen Wurzeln sich unter den Vagus eingeschoben haben, aber bei beiden Ab- theilungen stets hinter der Labyrinthregion durch den Schädel durchtreten, zeigt der erste spino-occipitale Nerv von Bdellostoma einen weit vor dem Vagus stattfindenden Ursprung vom Gehirn und einen Durchtritt durch das häutige Kranium in der Höhe des Acusticus posterior, während der zweite direkt an den Vagus anschliessend vom centralen Nervensystem abgeht und die Schädelwand durchsetzt, um zufolge seiner queren und selbst ein wenig nach vorn gewandten Verlaufsrichtung rostral von dem Niveau des Vagusaustrittes an der Aussenfläche des Schädels zum Vorschein zu kommen und mit dem ersten spino-occipitalen Nerven über die Dorsalfläche der Labyrinthkapsel peripherwärts weiter zu ziehen. Der Versuch einer Erklärung dieses abweichenden Verhaltens der Myxinoiden hat zwischen zwei Möglichkeiten zu wählen: entweder sind die beiden spino-occipi- talen Nerven der Myxinoiden in noch viel höherem Grade als bei den Haien und den anderen Gnathostomen nach vorn gerückt und den spino-occipitalen Nerven der Petromyzonten direkt vergleichbar oder sie repräsentiren vordere (rostrale) Nerven von spinalartigem Typus, welche den Petromyzonten aber abgehen. Für die in den beiden vorhergehenden Abschnitten behandelte und im Detail nachgewiesene Vor- wanderung spinaler Nerven bei den Gnathostomen konnte eine kausale Begründung für dieselbe gegeben werden. Hier, bei den Myxinoiden, suche ich vergeblich nach einer solchen; auch dürfte es an sich sehr wenig wahrscheinlich sein, dass die Myxinoiden eine derartige, alle bisher beobachteten in so hohem Grade übertreffende Vorwanderung zeigen sollten, während die Petromyzonten kaum etwas davon erkennen lassen. Es bleibt daher nur die zweite Alternative, welche, von jeder ausgedehnteren Vorwanderung absehend, die beiden ersten spino-occipitalen Nerven der Myxinoiden als in ihrer ursprünglichen natürlichen Lage befindlich beurtheilt und damit in ihnen Nerven nach spinalartigem Typus erblickt, welche den Petromyzonten fehlen. Da- gegen würden die beiden ersten spinalen Nerven der Myxinoiden (y’, 0) den beiden ersten spino-occipitalen Nerven der Petromyzonten («, $) zu vergleichen sein, somit, auf Grund der früheren Ausführungen (p. 605), ungefähr ? und « entsprechen. Die beiden spino-occipitalen Nerven der Myxinoiden («', #) wären aber danach als r und s zu deuten, wobei — angesichts der schon bei den Petromyzonten hervorgehobenen metamerischen Veränderlichkeit (p. 605) — eine Variationsbreite von einem bis zu einigen wenigen Nerven anzunehmen ist. Die spino-oceipitalen Nerven der Myxinoiden deute ich sonach als Relikte aus früherer Zeit, wo auch im Bereiche des Gehirns und des Schädels sich Nerven 283] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 631 fanden, welche in allem Wesentlichen den spinalen Nerven des Rückenmarks glichen. Diese Auffassung zeigt manche Verwandtschaft mit den Anschauungen v. Kurrrer’s, zu denen dieser Autor durch die embryologische Untersuchung des Nervensystems von Petromyzon gelangte; Ontogenie und vergleichende Anatomie ergänzen sich somit hier in willkommener Weise. Des Weiteren wird über diese Frage noch nach ge- nauerer Kenntnissnahme der Verhältnisse bei Amphiowus zu handeln sein. Zu diesem wende ich mich jetzt. C. Acrania. Amphiowus entbehrt bekanntlich eines gegen die Wirbelsäule abgesetzten Kraniums; dementsprechend kann hier a priori von spino-oceipitalen Nerven keine Rede sein. Aber auch die Grenzbestimmung zwischen Gehirn und Rückenmark, zwischen cerebralen und spinalen Nerven unterliegt bei der wenig hervortretenden Differenzirung beider Komponenten grossen Schwierigkeiten und wurde daher auch von den verschiedenen darüber handelnden Autoren in wenig übereinstimmender Weise ausgeführt. Die bezügliche Litteratur ist eine reiche; seit seiner Entdeckung hat Amphiowus wiederholt mehr oder minder genaue Bearbeitungen gefunden, in denen sein Nerven- system, seine Muskulatur und seine sonstigen hier zu besprechenden Verhältnisse be- sondere Berücksichtigung fanden. Von den darüber handelnden Autoren seien RATHKkE (1841), Goopsır (1841 resp. 1844), J. Mürzer (1842), Körriker (1843), DE QuArke- rAGzEs (1845), Leuckart und PAGENSTECHER (1858), Marcusen (1864), Berr (1867), Kowarzvsky (1867), Owssannıkow (1867 resp. 1868), Morzau (1870), Reıcnerr (1870), Huxıey (1871, 1874 resp. 1875), Srıepa (1873), W. Mürzer (1873, 1875), R. Lankester (1875, 1889), LangerHans (1876), Rorpn (1876), Hasse (1876), Barrour (1876, 1880), Nüsszın (1877), ScHnEiper (1879, 1880), Rıce (1880), Ronox (1881), Harscher (1881 — 1893), STEINER (1886), van Wusue (1886— 1894), Nansen (1887), GEGENBAUR (1887 A.), Ronpe (1888), W. Krauss: (1888 A. und B.), Fusarı (1889), Ayers (1890), SpEnGEL (1890), Bovzrı (1890—-1892), Weiss (1890), Semox (1890, 1891), Konz (1890), Rerzıus (1891), Wirzey (1891, 1894), v. Kurrrer (1893), Kırkaroy (1895) und Hacker (1895) erwähnt'); insbesondere an die Arbeiten von SCHNEIDER, Romon, Ronpr, HATscHEk und van Wımme knüpfen sich die grössten Fortschritte in den hier behändelten Gebieten. Das peripherische Nervensystem des Amphioxus besteht in der grössten Ausdehnung des Körpers aus metamerisch angeordneten Nerven, welche in der Regel alternirend von dem dorso- lateralen und ventro-lateralen Bereiche des Centralnervensystems abgehen und den dorsalen und ventralen Wurzeln der Spinalnerven der Kranioten verglichen werden können; wie bei den Petro- myzonten treten dieselben aber in keinen Verband mit einander, repräsentiren somit selbstständige dorsale und ventrale Nerven (Spinalnerven). Wenn ich recht verstehe, rechnen die meisten Autoren 1) Die neueste Arbeit über das Nervensystem des Amphiorus von $. SIGORSKI (Arb. d. naturf. Gesellsch. zu Kasan XXVIII p. 3—17 1895) war mir, da russisch geschrieben, nicht zugänglich. 80* 632 Max FÜRBRINGER [284 inel. HATSCHEK in seiner diesbezüglichen ersten Mittheilung (1892) dieselben derartig zusammen, dass sie je einen ventralen Nerven dem dazu gehörigen dorsalen vorausgehen lassen; RonDzE (1888 B. p- 201) und HATScHER (in seiner zweiten Mittheilung 1893) lassen dagegen den ventralen auf den zugehörigen dorsalen folgen. — Die Anzahl dieser zusammengehörigen dorsalen und ventralen Nerven entspricht der Zahl der wohlentwickelten Myomeren des Körpers, beträgt somit (auf Grund der von WıLvey 1894 p. 41, Kırkanpy 1895 p. 303—323 und HAEcKEL 1895 p. 214 gegebenen Zu- sammenstellungen der Myomerenzahlen der verschiedenen Species von Amphiozus): Paramphioxzus (Heteropleuron) ceultellus: 50—56, meist 52 (K); 52—55 (W); 50—52 (H). Amphiozus lanceolatus'): 58—62, meist 60 (K); 59—61 (W); 60—62 (H). Amphiozus caribaeus: 59—61, meist 60 (K); 58 (W); 58—60 (H). Paramphiozus (Heteropleuron) eingalensis: 61 —64 (K); 62—64 (H). Amphiozus prototypus: 63—65 (H). Amphiozus belcherti: 63—65 (K); 65 (W); 64—65 (H). Paramphiozus (Asymmetron) lucayanus: 65—69, meist 65—66 (K); 66 (W) 66—-67 (H). Amphioxus pelagieus: 67 (K. nach GÜNTHER und LANKESTER). Amphioxus californiensis: 69—73, meist 71 (K); 69 (W); 65—73 (H), Paramphiozus (Heteropleuron) bassanus: 70—78, meist 75 (K); 75 (W); 75—78 (H). Amphiozus (?) elongatus (= californiensis?): 79 (K. und W. nach SunDEVALL), 65—73 (H). Abweichend verhält sich das vordere und hintere, der Myomeren entbehrende Körperende (bei Amphiozus lanceolatus und wohl auch den anderen Arten): hier fehlen die ventralen Nerven (Wurzeln) und nur die dorsalen sind vorhanden, vorn in der Zahl von 2 paarigen Nerven und mit specifischen Besonderheiten, hinten, wie ROHDE (p. 201) angiebt, als 1 paariger sensibler (der 64.) Nerv. Zu den vorderen paarigen kommt noch ein unpaarer asymmetrischer Riechnery hinzu. Die beiden ersten paarigen Nerven (welche durch Sonderung des zweiten auch in drei- facher Anzahl vorkommen können ?)), entsprechen dorsalen Nerven; mit dem N. olfactorius sind sie den auf sie folgenden, dorsale und ventrale Elemente enthaltenden „Spinalnerven“ von vielen Autoren als „Gehirnnerven“ gegenüber gestellt worden. Diese Unterscheidung und Bezeichnung hat einen sehr mässigen Werth und verdient nicht beibehalten zu werden, da den Hirnnerven ent- sprechende Elemente auch in den folgenden „Spinalnerven“ nachgewiesen worden sind. Ich be- nenne sie mit den neueren Untersuchern als ersten und zweiten paarigen Nerven und verbinde ihre Besprechung gleich mit derjenigen des Olfactorius, um danach erst über die bisherige Kenntniss bezüglich der dorsalen und ventralen Nerven, deren erster sonach in der Reihe als dritter Nerv etc. figurirt, zu berichten. 1. Nervus olfactorius und zwei erste paarige dorsale Nerven (sog. Gehirn- nerven). Der von LAnGERHANsS (1876 p. 297) entdeckte Nervus olfactorius?) entspringt zwischen dem ersten und dem zweiten paarigen Nerven von der linken Seite der Dorsalfläche des Gehirns und setzt sich nach kurzem Verlaufe an die hintere Wand der Riechgrube resp. des Neuro- porus anterior an*). Ursprünglich liegt dieser Porus in der Mittellinie, rückt aber mit der Ent- wickelung der dorsalen Kopfflosse nach links (HATscHEX 1884 p. 517), womit die asymmetrische Ausbildung des N. olfactorius Hand in Hand geht. 1) RoHupE (1888 B. Taf. XVI Fig. 272) giebt bei Amphioxus lanceolatus 64 dorsale Nerven in toto, somit 62—61 nach Abzug der 2—3 ersten Nerven („Gehirnnerven‘“ d. Aut.) an, LANKESTER (1889 p. 365 f.) zählt als Regel 61 Myomeren, seltener 59 oder 62. 2) Dieser verdoppelte zweite Nerv ist jedoch immer einem Nerven morphologisch gleichzusetzen. Man wird sonach immer nur zwei erste paarige Nerven zählen. 3) Bulbus olfactorius von LANGERHANS, Lobus olfactorius von ROHON. VAN WuHE (1886 B. p. 680) be- zweifelt seine Natur als Riechnerv, weil dieser sich erst nach dem Akranier-Stadium entwickelt habe. 4) Die Riechgrube wurde bekanntlich von KÖLLIKER (1843 p. 23) entdeckt und zugleich als solche gedeutet, Später wies KowALEVsKY (1867 p.7) die Identität dieser trichterföürmigen Grube mit dem bei den Larven offenen 285] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 633 Die beiden ersten paarigen dorsalen Nerven gehen symmetrisch vor und hinter dem Olfactorius vom centralen Nervensystem ab, der erste in mehr ventraler, der zweite im mehr dorsaler Lage. Der schwächere und rein sensible erste Nerv'), der wahrscheinlich schon von Goopsır (1841) gefunden, danach von J. MüLLer (1842 resp. 1844) und DE QUATREFAGES (1845) übersehen und erst wieder von OWSJANNIKOW (1867 Fig. 1) sicher bestätigt wurde, entsteht von dem vorderen Ende des Gehirns und geht danach, der Chorda dicht aufliegend und an der Innen- wand des ersten rudimentären Myotomes (van WıJuE 1894 p. 112) nach vorn, um den Anfang des Rostrums zu versorgen; HATscHER (1892 p. 142) deutet ihn als verschmolzenen Ram. lateralis dorsalis + ventralis, wozu wohl auch ein Ram. cutaneus dorsalis hinzukommt; auch van Wutr stimmt der Vereinigung aus dorsalen und ventralen Aesten bei. Ein partielles Uebergreifen des linken Nerven auf die rechte Seite bildet NüssLın (1877 Fig. 2 und 5) ab. Der allen Untersuchern bekannte kräftige und gemischte Fasern enthaltende zweite Nerv?) besteht nach HarscHEX (1892 p. 144) aus zwei oft bis zur Wurzel gesonderten Portionen, einer vorderen, welche einen starken Ram. lateralis dorsalis und ventralis abgiebt und den übrigen Theil des Rostrums inner- virt, und einer hinteren, welche sich in zwei Ram. cutanei dorsales, einen R. cutaneus ventralis und einen Ram. visceralis theilt, von denen der letztere bereits zur Innervirung der Mundmuskeln beiträgt. Er verläuft nach vav Wine (1893 p. 160, 1894 p. 112) zwischen dem ersten rudimen- tären und dem darauf folgenden gut entwickelten Myotom, der Aussenfläche des ersteren anliegend, und beschränkt sich nach van WIJHE auf die sensible Versorgung des Rostrums. Seine Zweige werden von QUATREFAGES (1845 p. 220 Pl. XI) als 4 gesonderte Nerven (2 bis 5) beschrieben. Die mehr oder minder tiefgreifende Sonderung der vorderen und hinteren Portion, unter Umständen in zwei selbstständig vom Gehirn abgehende Nerven, heben ausser HATSCHER auch NüssLın (1877 Fig. 12), SCHNEIDER (1879 Taf. XI Fig. 1), RoHox (1881 p. 10 Taf. IV Fig. 34) und van Wume (1893 p. 160) hervor; RoHON bezeichnet die hintere Portion als dritten Nerven. Derselbe Autor beschreibt auch ein Uebergreifen des linken zweiten Nerven auf die rechte Körperseite. — Ein besonderes Kennzeichen dieser 2 ersten Nerven gegenüber den folgenden ist die Existenz klemer ovaler, theils an den Theilungsstellen, theils an den peripherischen Enden der Nervenfasern befindlicher Körper, welche von QUATREFAGES (1845 p. 228) entdeckt und von der Mehrzahl der späteren Autoren be- stätigt werden konnten. QUATREFAGES benennt sie Organes ovoides und denkt an schleimbe- reitende Organe (probablement organes mucipares), OWSJANNIKOW (1867 p. 442), REICHERT (1870 p- ı56), Krause (1888 B. p. 143) und Fusarı (1889 p. 137) deuten sie als Terminalkörperchen resp. Endkolben, LEUCKART und PAGENSTECHER (1858 p. 562), SriepA (1873 p. 50), RouLpn (1876 p- 108), LANGERHANS (1876 p. 299), NüssLın (1877 p. 29), Romon (1881 p. 12) und HATScHEK (1881 p. 142) als peripherische Ganglienzellen, Marcusen (1864) als Nervenkerne. Ein Nervus (Tractus) opticus fehlt Amphioxus°). Neuroporus nach und HATSCHEK (1884 p. 517) glaubte die offene Kommunikation desselben mit dem Gehirnventrikel auch bei Erwachsenen gefunden zu haben, um aber später (1893 p. 139) im Einklange mit Krause (1888 B. p. 138) und v. KUPFFER (1893 p. 74) den postembryonalen Abschluss derselben gegen den Gehirnhohlraum richtig anzugeben. KoHu (1890 p. 184, 185) unterscheidet zwischen vorderer Riechgrube und dahinter gelegenem Neuroporus und glaubt auch auf der rechten Seite ein Rudiment der Riechgrube gefunden zu haben; er ist mit seinen Befunden und An- schauungen allein geblieben. Die Deutung als Riechgrube wird von SCHNEIDER (1879 p. 14) und Krausz (1888 A. p- 48) bezweifelt; beide Autoren erblicken in dem betreffenden Neuroporus ein Homologon der Glandula pinealis resp. des Recessus suprapinealis. Endlich betonen GörTE (1875 p.317f., 1883 p. 344f.) und HarscHer (1884 p. 517, 1892 p. 139) die Beziehungen der Riechgrube und des Neuroporus zur Hypophysis und geben für diese die richtigeren Wege wandelnde Homologisirung die nähere Begründung. 1) v. KUPFFER (1893 B. p. 553) fasst ihn als sensibeln ventralen, einer besonderen Kategorie angehörigen Nerven auf. 2) Von Rıce (1880) als erster Spinalnerv angeführt. 3) An die Frage der Existenz des Optieus und des Auges bei Amphioxus hat sich eine reiche Literatur angeschlossen, auf die indessen hier nicht eingegangen werden kann. Kurz sei angeführt, dass die meisten Autoren en ae 1 Bussi zu 634 Max FÜRBRINGER [286 2. Die folgenden dorsalen Nerven (No. 3—64). Die aus gemischten Fasern bestehenden dorsalen „Spinalnerven“ waren schon den frühesten Untersuchern des Amphiorus von RATHKE (1841) an bekannt; ihre genauere Kenntniss wurde indessen erst nach und nach gewonnen und ist auch zur Zeit noch nicht eine in jeder Hinsicht gesicherte und allgemein angenommene. Die Stärke dieser Nerven wird von Ronon (1881 p. 9) vom ersten bis zum letzten gleich gross an- gegeben, während Rıck (1880) den ersten und den letzten etwas schwächer als die anderen findet. Auf der von Harscnher (1592 p. 143 Fig. 6) gegebenen Abbildung ist der 3. linksseitige (5) erheblich stärker als seine Vorgänger und Nachfolger. Positivere Angaben über den centralen Urprung der dorsalen Spinalnerven macht zuerst OWSJANNIKOW [1867 p. 440f.), der ihre Fasern von den über dem Centralkanal und me- dianwärts gelagerten Ganglienzellen entstehen lässt; das Gleiche finden StıepA (1873 p. 47£.) und Ronon (1881 p. 53, 60). NANSEN (1887 p. 152) und Ronpz (1888 A. p. 194) vermissten jeden Zu- sammenhang mit centralen Zellen. Rerzıus (1891 p. 45) lässt den kleineren Theil der Fasern aus den mittelgrossen und kleinen longitudinal angeordneten bipolaren Ganglienzellen entstehen, während der grössere Theil derselben von den Längsbündeln herstammt und ein Verband derselben mit centralen Zellen nicht nachgewiesen werden konnte. Damit würden, wenn ich RETzıUS recht ver- stehe, die dorsalen Nerven zum kleineren Theile aus centrifugalen (motorischen), zum grösseren aus centripetalen (sensibeln) Fasern sich zusammensetzen, welche letztere auch der Hauptmasse der sen- sibeln Fasern der Kranioten entsprechen, aber hier auch keinen Ausgang von peripherischen Spinalganglienzellen (die Amphioxus nach RErzıus abgehen) erkennen lassen. Zugleich wirft Rerzıus die Frage auf, ob die angeführten centralen Ganglienzellen nicht möglicherweise centralwärts gerückte Spinalganslienzellen darstellen). Der Abgang von der Medulla erfolgt in ziemlich regelmässigen, den Myomeren ent- sprechenden Abständen, wobei nach den von OwSJAnNnıkow (1867 Fig. 1) und Romonx (1881 Taf. IV Fig. 34) gegebenen Abbildungen die vorderen (rostralen) Nerven einander mehr genähert, nach der von SCHNEIDER (1879 Taf. XV Fig. 1) gegebenen Figur aber ebenso weit von einander entfernt sind wie die übrigen. In der Regel entspringen die Nerven einfach; als sehr seltenes Vorkommniss wird ein zweiwurzeliger Ursprung von ROHON angegeben und abgebildet (1881 p. 18 Taf. IV Fig. 34). Der Abgang entspricht der lateralen Circumferenz des Rückenmarks, wobei die verschiedenen Nerven bald mehr dorsal, bald mehr ventral abgehen können (OWSJAnNIıKoWw p. 434, LANGERHANS 1876 p- 295, ROHoN p. 20); Stıepa (1873 p. 46f.) giebt ein in regelmässiger Folge stattfindendes Al- terniren der auf einander folgenden Nerven an und vergleicht dieselben abwechselnd dorsalen und ventralen Nervenwurzeln, eine Auffassung, die aber von LANGERHANS (1876 p. 295£.) zurück- (J. MÜLLER 1842 p. 95, LEUCKART und PAGENSTECHER 1858 p. 561, MARCUSEN 1864, HuxLey 1873 p. 104, W. MÜLLER 1875 p. VI, LANGERHANS 1876 p. 342, DOHRN 1886 p. 332, AyErs 1890 p. 229, Wırrey 1894 p. 18) das Rudiment oder den im ersten Beginne der Ausbildung befindlichen Vorgänger eines Auges in dem meist unpaar, seltener paarig an- gelegten, von Rerzıus (1839 p. 198) entdeckten Pigmentfleeck in der Vorderwand der Hirnblase erblicken. DOHRN spetiell leitet diesen Fleck von einstmals paarigen Augen ab, WILLEY vergleicht ihn einem unpaaren Auge, AYERS deutet ihn als Vorläufer des unpaaren Pinealauges und der paarigen Augen. RoHon (1881 p. 38) entscheidet sich für ein sehr primitives Empfindungsorgan, KonHt (1590 p. 182, 183) für ein Wärmeempfindungsorgan, KRAUSE (1888 A. p. 48, 1888 B. p. 140) homologisirt ihn der Substantia nigra und dem Locus caerulens der höheren Vertebraten, OWSJANNIKOW (1867 p. 448), StIEDA (1873 p. 51) und NüssLıin (1879 p. 26f.) deuten ihn als blosse Pigmentanhäufung, wobei Letzterer das lichtempfindende Vermögen des Amphioxus in den Terminalkörperchen resp. Ganglienzellen der beiden ersten paarigen Nerven findet. Hasse (1876 p. 289f.) verlegt die Lichtempfindung in grubenförmig angeordnete Epithelien am Vorderende des Kopfes, welche zu dem zweiten Nerven wahrscheinlich in Beziehung stehen. 1) Einen ähnlichen, aber weiter entwickelten Gedankengang vertritt v. KuUPFFEr (1893 p. 76), indem er die im Bereiche des 3.—7. Nerven befindlichen dorsalen centralen Zellen mit der dorsalen Ganglienplatte der Kranioten- Embryonen vergleicht, somit bei Amphioxus zeitlebens persistirende Verhältnisse annimmt, welche die Kranioten embryonal durchlaufen. Auch van WIHE (1894 p. 111) giebt theilweise noch im centralen Nervensystem liegende Zellen (Homologa der Spinalganglien) an. 287] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 635 gewiesen wird!). Desgleichen ist von zahlreichen Autoren (OWSJANnNIKoW 1867 p. 434 Fig. 1, BALFOUR 1876 p. 691, SCHNEIDER 1879 p. 15 Taf. XV Fig. 1, Romox 1881 p. 19 Taf. IV Fig. 34, RonupE 1888 A. p. 192) eine Asymmetrie in den Abgängen der rechten und linken Nerven nach- gewiesen worden, welche an den vordersten noch wenig ausgeprägt, bei den übrigen aber so entwickelt ist, dass ein regelmässiges Alterniren der rechten und linken Seite stattfindet; BauLrour, Ronox und Ronpe lassen hierbei den rechten auf den linken, ScHnEiDer den linken auf den rechten Nerven folgen. Mit gutem Rechte macht Romox auf die Correlation zu der Asymmetrie der Myo- meren aufmerksam, letztere als das die Asymmetrie der Nerven Bedingende hervorhebend 2). Die dorsalen Nerven durchsetzen danach in einfacher Oeffnung die häutige Rückenmarks- hülle und treten in die die einzelnen Myomeren des Seitenrumpfmuskels trennenden Septen ein, in welchen sie in dorso-lateraler Richtung peripherwärts verlaufen, um nach dem Austritte aus denselben, also subeutan zwischen Muskulatur und Haut sich in einen kleineren dorsalen und grösseren ventralen Ast zu theilen. Auf diesem Verlaufe sind von zahlreichen Autoren kleine Einlagerungen, Verdickungen oder Zellen beschrieben, aber verschiedenartig aufgefasst worden. MarcusEN (1864 p. 3), Stıepa (1873 p. 47), SCHNEIDER (1879 p. 15), RoupE (1888 A. p. 194, 1888 B. p. 199), Fusarı (1859 p. 130), HATSCHEKX (1892 p. 140), van Wıue (1894 p.111) deuten die- selben als Spinalganglienzellen, die bald mehr am Anfange der Nerven (SCHNEIDER), bald mehr peripherisch (Fusarı, HArTscHer), bald allenthalben zerstreut (ROHDE) beobachtet werden. RoupE hebt dabei hervor, dass das, was sich bei Amphiozus noch zerstreut finde, bei den Kranioten zu kompakten Ganglien gesammelt sei; HATscHex macht auf das peripherische, subeutane Vorkommen gegenüber der tieferen Lage der Spinalganglien der Kranioten aufmerksam und leitet letztere von dem Verhalten bei Amphioxzus ab. OwsJannıkow (1867 p. 434), LANGERHANS (1876 p. 295£.), Ronox (1881 p. 20) und Rerzıus (1891 p. 38) leugnen die gangliöse Natur dieser Gebilde und deuten sie als Bindegewebszellen oder als blosse varicöse Anschwellungen der Nervenfasern. Von den beiden Aesten wendet sich der schwächere Ram. dorsalis subkutan nach oben und versorgt die Haut; Harscner (1892 p. 141) unterscheidet an ihm einen dünne Verzweigungen bildenden R. cutaneus dorsalis und einen mit kurzen dicken Verzweigungen endenden R. lateralis dorsalis, ist aber hinsichtlich der Existenz des letzteren an dem 3. bis 5. Nerven zweifelhaft. Der stärkere Ram. ventralis geht, gleichfalls zwischen Haut und Seitenrumpfmuskel, nach unten, hier- bei nach HarscHer einen Ram. cutaneus ventralis und Ram. lateralis ventralis abgebend, und tritt dann, wie SCHNEIDER (1879 p. 15 Taf. XIV Fig. 1) zuerst nachgewiesen), zwischen dem ventralen Rande des Seitenrumpfmuskels und Quermuskels medialwärts, um als Ram. visceralis mit ge- mischten Fasern theils an der visceralen Muskulatur (s. unten p. 640) sich zu verzweigen, theils an der Innenfläche der Rumpfwand nach oben zu steigen und durch das Ligamentum dentieulatum zu den Kiemen zu gelangen, wo er sich unter Bildung eines längslaufenden Plexus s. Collector (Fusarı 1889 p. 133, van WiısuE 1893 p. 167, 1894 p. 114) ausbreitet. Die Verzweigung dieses R. visceralis zu den visceralen Muskeln wurde bereits von RoLeH (1876 p. 107), Roupe (1888 B. p- 204) und Rerzıus (1891 p. 46) als wahrscheinlich bezeichnet, jedoch erst, nachdem FusAarı (p- 130) sie abgeleugnet, von HarscHek (1892) und van Wısun (1893) sicher nachgewiesen. Ueber die zu den Kiemen gelangenden Zweige berichteten schon in allgemeineren Angaben LEUCKART und PAGENSTECHER, SCHNEIDER, ROHON u. A.; die genauere Kenntniss derselben verdanken wir 1) SCHNEIDER (1879 p. 13) hielt deshalb StIEDA für den ersten Entdecker der wirklichen ventralen (moto- rischen) Nerven. RoHon (1881 p. 53, 54) hat indessen den Nachweis geliefert, dass STIEDA nur dorsale Nerven sah. 2) Diese Asymmetrie ist nur eine Theilerscheinung der sich in den verschiedensten Organsystemen aus- sprechenden allgemeinen Asymmetrie des Amphiozus, die sich von symmetrischen Anfängen ausgehend, bereits in früher embryonaler Zeit ausbildete und in verschiedenem Grade zeitlebens erhalten bleibt. 3) SCHNEIDER fand diese Rami viscerales in der Kiemenregion, also bis zum Porus abdominalis (Athemporus); HATSCHEK konnte sie bis zur Analöffnung nachweisen. use 636 Max FÜRBRINGER 1288 FusAarı und namentlich van WIJHE. SCHNEIDER vergleicht die Rami viscerales funktionell dem Vagus, van Wustue homologisirt sie theils dem Vagus, theils dem Grenzstrang des Sympathieus!). Fusarı unterscheidet ausser dem Kiemenplexus noch einen besonderen dünnmaschigen sympathischen Plexus. — Der subcutane Verlauf der beiden Hauptäste der dorsalen Nerven und das spätere tiefe Eindringen der Rr. viscerales ist verschiedenen Autoren aufgefallen, auch als wesentliche Abweichung von den Verhältnissen bei den Kranioten hervorgehoben worden (GEGENBAUR, VON KuprrEr 1893 B. p. 555); der Letztere erkennt keine Homologie mit den dorsalen Spinalnerven der Kranioten an, sondern hält die letzteren für neue Erwerbungen. van WıuHE (1889 B. p. 502) findet diesen Unterschied nicht so fundamental und sucht ihn durch das wahrschemlich bei den Kranioten stattgefundene rostralwärts gehende Vorwachsen der Myotome zu erklären. 3. Ventrale Nerven (No. 3—63 resp. 1—61)?). Die somato-motorischen ventralen Nerven wurden zuerst von SCHNEIDER (1879 p. B. 13, 15, 1580 p. 331) nachgewiesen®), danach auch noch von einigen Autoren (z. B. BaALFoUR 1880 p. 90 f.) abgeleugnet, aber nach und nach allgemein anerkannt und von zahlreichen Untersuchern (RoHox 1881 p. 15 f., Nansen 1887 p. 152, Roupe 1888 A. p: 196, 1888 B. p. 202 f., Fusarı 1889 p. 12, Rerzıus 1891 p. 45, HATScHERX 1892 p. 141, VAN Wisue 1893 B. p. XLI und WırreyY 1894 p. 80) bestätigt. Ihr centraler Ursprung ist noch nicht sicher gestellt und scheint ziemlich komplieirt zu sein; ROHON (1881 p. 54) beschreibt einen Beginn von lateral und ventral vom Centralkanal ge- legenen Zellen, allein NAnsen, ROHDE und Rerzıus haben sich vergeblich bemüht, Zusammen- hänge mit motorischen Zellen zu finden. Der Abgang geschieht von der ventro-lateralen Circumferenz der Medulla mit einer grossen Anzahl feiner Fascikel (Ronon zählte ca. 40 solcher, die Abbildungen von ROHDE und RETZIUS lassen auf noch mehr schliessen), welche mit den dorsalen Nerven alterniren und dementsprechend auch eine antimere Asymmetrie zeigen, unter allseitig divergentem Verlaufe mit lauter einzelnen feinen Oeffnungen die Rückenmarkshülle durchbohren und danach sofort an die Innenfläche der von ibnen versorgten Seitenrumpfmuskulatur treten, wobei eine vordere Gruppe für die dorsale Abtheilung und eine hintere für die ventrale Abtheilung dieser Muskulatur unterschieden wurde. Während die Mehrzahl der Fasern direkt nach dem Durchtritt durch die medullare Umhüllung sich mit den einzelnen Muskelbändern der Seitenrumpfmuskulatur verbindet, verläuft der am meisten ventrale Theil der hinteren Gruppe zwischen der lateralen und medialen Lage dieses Muskels nach unten und tritt erst während dieses Verlaufes mit den Muskelbändern desselben in Verbindung (vergl. insbesondere Ronupe 1888 B. p. 202 f. Taf. XVI). ScHxEiDEer, ROHDE und FusArı fanden eine Querstreifung der Fasern, welche Rerzıus als körnige Varikosität deutet; die beiden erstge- nannten Autoren wurden zugleich durch ihre Beobachtung veranlasst, alle ausserhalb der Rücken- marksscheide liegenden Theile bereits für Muskeln zu halten, welcher Anschauung FusArı und RETZIUsS gegenübertreten, indem sie die wahre Nervennatur der Fasern betonen. In den vari- kösen Anschwellungen erblickt Rerzıus (1891 p. 46) zum Theil motorische den Muskelbändern direkt aufliegende Endapparate; van WuuE (1893 B. p. XLI) fasst dieselben als blosse Kunstprodukte auf und findet die wahren Endapparate in dreieckigen Verbreiterungen der Nervenenden, welche er den Cönes d’aceroissement von RAMON y CaJau vergleicht. Zugleich betont der genannte Autor die Existenz sensibler Muskelfasern mit Endorganen (a. a. OÖ. p. XLII). Für das vorderste rudimen- täre Myotom wurde kein ventraler Nerv gefunden; das erste innervirt das zweite gut ausgebildete Myotom (HATScHEK 1892 p. 141). — Die Deutung der beiden ersten und der auf die folgenden dorsalen Nerven ist von 1) Genauere Angaben darüber finden sich weiter unten (p. 638). 2) Nr. 3—63 bezieht sich auf die morphologische Reihenfolge mit Rücksicht auf die zugehörigen dorsalen Nerven, Nr. 1—61 auf die Existenz der wirklich vorhandenen ventralen Nerven. ) Hinsichtlich der von SCHNEIDER angegebenen vermeintlichen Entdeckung dieser ventralen Nerven durch STIEDA vergl. p. 635 Ann. 1. = 289] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 637 den verschiedenen Autoren sehr verschiedenartig angegeben worden und zugleich in einer Weise, dass man zumeist in den ersten die vorderen Hirnnerven der Kranioten wiederfand, die letzteren in sehr wenig übereinstimmender Weise mit den hinteren Gehirnnerven der höheren Wirbelthiere verglich. Zu einem sehr wesentlichen Theile hängt die Frage der Homologisirung von der Grenzbestimmung zwischen Gehirn und Rückenmark und der specielleren Identificirung des Am- phioxus-Himes mit den Hauptabschnitten des Kranioten-Gehirnes ab. Diese Grenzbestimmung zwischen Gehirn und Rückenmark und Identifieirung der einzelnen Hirntheile unterliegt erheblichen Schwierigkeiten, da eine Abgrenzung des Amphioxus- Gehirnes gegen das Rückenmark durch kein äusseres Merkmal gegeben ist und das vordere Ende des centralen Nervensystems selbst schmäler ist als der darauf folgende Theil!). Dieses vordere Ende enthält indessen eine kleine Erweiterung des Centralkanales, den von LEUCKART und PAGEN- STECHER (1858 p. 561) entdeckten Gehirnventrikel, welcher von den folgenden Autoren zur Bestim- mung der hinteren Grenze benutzt wurde2); hinter diesem fand HArscHzk (1893 p. 187 £.) bei der Larve von Amphiozus, welche eine — später von dem Dickenwachsthum des Rückenmarkes über- holte — vordere Gehirnanschwellung darbot, noch zwei weitere Ventrikelbildungen, die sich danach wieder verengerten, und v. KuUPFFER (1893 p. 74 Taf. XI Fig. 31) konnte zeigen, dass der vordere Ventrikel sich wie bei Kranioten-Embryonen in bestimmter Weise scharf gegen das hintere intra- cerebrale Hohlraumsystem absetzt. Weiterhin wurde an dem auf den ersten Ventrikel folgenden Abschnitt des Centralnervensystems eine besonders ganglienzellenreiche Strecke gefunden (OWSJANNIKOW 1867 p. 448, Stızpa 1873 p. 42, RoHoN 1881 p. 46, RoHDE 1888 B. p. 195 £., AYvERS 1890 p. 223, v. KUPFFER 1893 p. 76), welche nach ROHDE hinten mit der ersten kolossalen Ganglienzelle resp. dem Abgange des 6. dorsalen Nerven abschliesst und von den genannten Autoren als Medulla oblongata resp. primitives Hinterhirn angesprochen und zur Bestimmung der hinteren Hirngrenze benutzt wurde. Auf Grund der peripherischen Nervenverbreitung verlegt HuxLey (1974 p- 129 f.), dem zugleich die Lage des Velum als Ausgang dabei dient, das hintere Ende des Gehirnes vor den Abgang des 16., van WıuHuE (1893 p. 168, 1894 p. 115) dagegen an den des 10. dorsalen Nerven, letzteren noch in den Gehirnbereich einschliessend, GEGENBAUR (1872 p. 300, 1874 p. 453, 1878 p. 489, 1887 A. p. 98) vergleicht den ganzen der Kiemenregion entsprechenden Körperabschnitt des Amphiozus dem Kopfe der Kranioten. Dementsprechend bestehen auch über die Homologien der einzelnen Hirnnerven des Amphrozus ungemeine Discrepanzen bei den Autoren. Der erste paarige Nerv (Gehirnnerv) ist als Olfactorius (ÖwEn 1866 p. 269), wohl als Optieus (SCHNEIDER 1879 p. 14), als Nervus apieis (van WisHE 1894 p. 112)3), als Ophthalmieus profundus trigemini (HATScHER 1892 p. 143 Fig. 6), als Orbito-nasalis s. Ram. I n. trigemini (Huxter 1874 p. 130), als Theil des Trigeminus (RoHmon 1881 p. 13, Krause 1888 B. p. 138), als Trigeminus (OwSJANNIKOW 1867 p. 449, RABL 1889 p. 237), der zweite!) als Opticus (Hasse 1876 1) Die Experimente von STEINER (1886 p. 498) haben zugleich gezeigt, dass das Gehirn auch physiologisch keine besondere Rolle spielt, dass Amphioxus ein „wahres Rückenmarkswesen‘“ ist. 2) Der den vorderen Ventrikel enthaltende Gehirmabschnitt ist übrigens in der mannigfaltigsten Weise ge- deutet worden. LEUCKART und PAGENSTECHER (1858 p. 562), OwsJANNIKOW (1867 p.432) und, wenn ich recht ver- stehe, Hıs (1887 B. p. 428) deuten ihn als Hinterhirn resp. Hinterhirn und Nachhirn, WIEDERSHEIM (1883—86) als Hinterhirn und Mittelhirn. WIEDERSHEIM (1888 p. 149) und Kraus: (1888 B. p. 138) als Mittelhirn, Huxtev (1875 p- 131), AyErs (1890 p. 223) als Zwischenhirn, W. MÜLLER (1875 p. VI) und HArTscHer (1892 p. 138) als Vorderhirn, WIEDERSHEIM (1893 p. 245) als Vorder- und vielleicht auch als Mittelhirn, RoHon (1881 p. 46) und v. KUPFFER (1893 p- 74f.) als vereinigtes Mittelhirn, Zwischenhirn und Vorderhirn (v. Kuprrer’s Vorhirn), J. MÜLLER (1542 p. 94), MorEau (1870 p. 1185), Stiepa (1873 p. 39) und LANGERHANS (1876 p. 296) überhaupt als (das ganze) Gehirn. 3) VAN WIHE bezeichnet so (als N. apieis) den von Pıncus (1895 p. 279) bei Protopterus gefundenen, von dem Recessus praeopticus ausgehenden Nerven. 4) HuxL£y vergleicht diesen und die 5 folgenden dorsalen Nerven (3—7) nebst ihren Myotomen mit dem 2. und 3. Ast des Trigeminus und den Augenmuskelnerven. Die ventralen Nerven waren damals noch nicht entdeckt. Festschrift für Gegenbanr. III. sı 638 Max FÜRBRINGER [290 p- 298), als N. ophthalmieus profundus s. Ram. nasoeiliaris n. trigemini (van WisHE 1894 p. 112), als Trigeminus nach Abzug des Ophthalmicus profundus (HATSCHEK 1892 p. 143 Fig. 6), als Theil des Trigeminus (J. MÜLLER 1842 p. 90, W. MÜLLER 1875 p. VI, Krause 1888 B. p. 138), als Trigeminus (GooDsır 1841), als Theil des Trigeminus und als Facialis (Ronon 1881 p. 23)1), als Facialis (OWSJANNIKOW 1867 p. 449), als Acustico-facialis (RABL 1889 p. 234), als Trigeminus + Vagus (QUATREFAGES 1845 p. 222, OWEN 1866 p. 270) gedeutet worden. Zu diesen beiden ersten Nerven kommen noch die auf sie folgenden dorsalen (gemischte Fasern besitzenden) und z. Th. auch ventralen (motorischen) Nerven (Spinalnerven) als Homologa der weiteren Gehirnnerven der Kranioten hinzu?2. Roupe (188$ B. p. 197) rechnet die drei ersten derselben (3—5) noch zum Gehirn, ohne sich auf nähere Deutungen einzulassen, J. MÜLLER (1842 p. 90) verbindet diese fünf mit den beiden ersten Nerven (also I—7) zu dem 'Trigeminus, SCHNEIDER (1879 p. 15) schreibt den von ihm ent- deckten Rami viscerales in dem ganzen bis zum Athemporus sich erstreckenden Bereiche die Funktion des Vagus zu. Speciellere Homologisirungen werden von Huxrer (1874 p. 129f.), RoHoN (1881 p: 23£.) und van WusuE (1593 p. 160f., 1894 p. 113f.) gegeben; HarscHek (1892 p. 144f.), dem wir nebst VAN WIJHE die genaueste Kenntniss im specielleren Verlaufe dieser Nerven verdanken’), enthält sich der Deutung. HuxreYy findet in den dorsalen Nerven 3—7 im Verbande mit dem 2. das Material für die Rami Il et III trigemini und die Nn. oculomotorius, trochlearis und abducens, den 8. vergleicht er mit dem Facialis, den 9. mit dem Glossopharyngeus, den 10. bis 15. mit dem Vagus. Romox homologisirt dagegen den 3.—7. Nerven mit dem Glossopharyngeus und Hypoglossus, den 8.—20. (speciell die zu den Kiemen gehenden Antheile derselben) mit dem Vagus. van WIMHE endlich findet in seiner ersten diesbezüglichen Mittheilung (1893 p. 168 £.) einen der Hauptausdehnung des Kiemenkorbes (excl. die ersten 7 Kiemen) aufliegenden Längs- nerven, welchen er dem Ram. branchio-intestinalis vagi vergleicht und der wahrscheinlich von dem R. visceralis des 8., vielleicht auch von denen des 9. und 10. Nerven gebildet werde; hin- sichtlich der Erkenntniss des genaueren Ursprunges und der Innervation der 7 ersten Kiemen versagte die technische Methode. In der weiteren Fortsetzung seiner Untersuchungen (1894 p- 115 £.) beobachtete er, dass auch die visceralen Aeste des 11. bis 30. Nerven in die Bildung eines langen dem sympathischen Grenzstrang vergleichbaren Collector eingehen, welcher von dem 7. pri- mären Kiemenbogen bis zum Ende des Kiemenkorbes verfolgt werden konnte, wobei etwa 5 Kiemen- bogen je einem Nerven entsprechen; hinsichtlich der Rr. viscerales des 7. bis 10. Spinalnerven gelang es nicht, auf Grund der Untersuchung weitere Aufklärung zu erlangen, so dass er hier nur theoretisch schliessen konnte, dass es sich bezüglich dieser Nerven um den Vagus oder besser um den Vagus (7. und 8. Nerv) und die „dorsalen Wurzeln“ des Hypoglossus (9. und 10. Nerv) handele. In dieser zweiten Mittheilung wird überhaupt die Homologie der Nerven des Amphioxzus mit denen der Kranioten in folgender Weise durchgeführt: 1. N apieis; 2. N. ophthalmieus profundus s. nasociliaris n. trigemini; dorsaler Ast von 3.: Ram. I n. trigemini (excel. nasociliaris), ventraler Ast von 3.: Ram. II et III. n. trigemini; 4. und 5.: N. facialis®); 6.: N. glossopharyngeus®); 7. und 8.: N. vagus; 9. und 10.: dorsale Wurzeln des N. hypoglossus; viscerale Aeste von 11—30: Sympathicus. Die Zahl der Kopfmyotome wird von ihm zu 9 angegeben. 1) Wie oben (p. 633) mitgetheilt, unterscheidet RoHonx die beiden, oft selbstständig abgehenden Aeste dieses Nerven als 2. und 3. und homologisirt den ersteren als Theil des Trigeminus, den letzteren als Facialis. 2) RaBL identifieirt sie mit echten Spinalnerven (1889 p. 237). 3) Hinsichtlich des Näheren, insbesondere auch hinsichtlich der interessanten asymmetrischen Betheiligung an der Versorgung des Mundes verweise ich auf die in hohem Grade verdienstvollen Abhandlungen HATScHER’s und VAN WısH®’s. Die Innervation der Mundhöhlenschleimhaut und des Velum geschieht lediglich durch linksseitige Nerven (vAn WISHE 1893 p. 153f.). 4) Für die Bestimmung der Homologie dieser beiden Nerven war ihm die Ableitung des bleibenden Mundes (Tremostoma) des Amphioxus aus der ersten Kiemenspalte und das (von LANGERHANS 1876 p. 310) zuerst nach- gewiesene Vorkommen von Schmeckbechern in jener Gegend entscheidend. 291) ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 639 Die Muskeln des Amphiozus sind unter den älteren Autoren insbesondere von RATHKE (1841 p. 13), J. MÜLLER (1842 p. 91) und QUATREFAGES (1845 p. 212 f.), danach in genauerer Weise von StıepA (1873 p. 15), Rorpu (1876 p. 103), LANGERHANS (1876 p. 291 f.) und SCHNEIDER (1879 p. 10) beschrieben worden. Der letztgenannte Autor theilt sie in quergestreifte Stammmuskeln mit den beiden Abtheilungen der Längs- und @Quermuskeln und in glatte oder quergestreifte Visceralmuskeln um Mund und After ein; den Velummuskel ist er geneigt, zum Darmkanal zu rechnen; an Kiemenkorb, Darm und Gefässen finden sich glatte Muskeln. Diese Eintheilung ist durch die neueren Untersuchungen von HATscHER (1892 p. 136 f£.) und van Wıusue (1893 p. 159, 171, 1894 p. 108 £.) modifieirt und vervollkommnet worden; Wırtey (1894 p. 35 f.) übernimmt in seinem zusammenfassenden Buche über Amphiozus die Befunde beider Autoren. Danach besteht die Muskulatur des Ampliozus aus dem quergestreiften Seitenrumpfmuskel, den quergestreiften visceralen Muskeln und der glatten splanchnischen Muskulatur am Tractus intestinalis und den Gefässen. Von der Besprechung der letzteren kann hier abgesehen werden!). Der Seitenrumpfmuskel bildet eine zu beiden Seiten des Amphioxus-Körpers erstreckte Muskelmasse, welche durch Myosepten in eine bei den verschiedenen Arten von Amphioxus wech- selnde Anzahl?) von Myomeren gesondert ist, welche die gleiche Asymmetrie wie die Nerven zeigen (p- 635); jedes Myomer besteht aus längslaufenden Muskelplatten oder Muskelbändern. Die einzelnen Myosepten bilden winkelige Linien, derart, dass die nach vorn gerichtete Spitze des Winkels in der der Chordalage entsprechenden mittleren Höhe des Körpers sich befindet und dass von da aus die Winkelschenkel in einer Ausdehnung von mehreren Myomeren nach hinten und oben (dorso- caudal) und nach hinten und unten (ventro-caudal) sich wenden. Nach HarscHEk (1881 p. 58 Taf. IV’—VI) resultirt, dass diese Winkelstellung aus einer ursprünglichen transversalen Richtung der Myosepten hervorgeht und dass zuerst im ventralen, und dann im dorsalen Bereiche die Myo- meren sich caudalwärts verschieben. Desgleichen wissen wir durch KOowALEVSKY, RoLPH und HATSCHER, dass der Seitenrumpfmuskel zuerst in Chordahöhe sich ausbildet und dann erst ventral- und dorsalwärts sich ausdehnt. Auch die Asymmetrie bildet sich nach HAarscHer’s Nachweisen (1881 p. 58) erst im Laufe der Ontogenese aus. Vor dem ersten gut ausgebildeten Myomer findet sich noch ein rudimentäres („rostraler Fortsatz“), über welches HarscHERK und VAN WIJHE des Näheren berichten. Dasselbe ent- wickelt sich später als das ihm folgende gut ausgebildete, bleibt embryonal und besteht aus primordialen glatten Muskelfasern; auch konnte eine gesonderte Innervation desselben nicht beobachtet werden. HATSCHER bezeichnet es als 1., das folgende gut ausgebildete Myomer als 2. Myomer. Wie schon angegeben, wird der Seitenrumpfmuskel von den ventralen Nerven innervirt, wobei jedem Myomer je ein Nerv zukommt; die meisten Nervenfasern treten direkt an die Medial- ränder der einzelnen Muskelplatten, eine Anzahl ventraler erstreckt sich auch zwischen dieselben RoHDE 1888 B. p. 202f. Taf. XVII) und scheidet damit eine mediale (Rectus von SCHNEIDER) und laterale Abtheilung (Obliquus von SCHNEIDER); VAN Wine (1893 B. p. XLI) betrachtet die erstere als den nach innen und oben umgeschlagenen ventralen Theil des Seitenrumpfmuskels. Die ven- tralen Aeste der dorsalen Nerven verlaufen, wie schon angegeben, oberflächlich von der Seiten- rumpfmuskulatur nach unten und senden ihren visceralen Ast erst am ventralen Rande derselben, zwischen ihr und der Quermuskulatur nach innen. 1) An dem Kiemenkorb werden glatte Muskeln von W. MÜLLER (1873 p. 329), LANGERHANS (1876 p. 314, 318), SCHNEIDER (1879 p. 24f.) und Romon (1881 p. 6f.) beschrieben. 2) Bezüglich der Zahl dieser Myomeren bei den verschiedenen Arten von Amphiorus verweise ich auf die obigen (WILLEY, KIRKALDY und HAECKEL) entnommenen Angaben (p. 632). Goopsir (1841 p. 241) zählt bei Amphioxus lanceolatus 60, BERT (1867 p. 302) 61, Srıepa (1873 p. 16) gegen 60, Romon (1881 p. 21) 60—63 (60 auf der einen, 62—63 auf der anderen Seite), LANKESTER (1889 p. 365£.) 61, seltener 59 oder 62 Myomeren. s1* 640 Max FÜRBRINGER [292 Eine Unterbrechung des Seitenrumpfmuskels von Amphioxus, welche den Kiemenspalten oder Kiemenöffnungen der Kranioten verglichen werden könnte, findet sich nirgends; allenthalben umschliesst der Muskel ohne jede Durchbohrung die peribranchiale Höhle, in welche die Kiemen- spalten frei ausmünden. In den ersten Myomeren erblickte HuxtLey (1874 p. 129) das Material, aus welchem die Augen- und Kiefermuskeln der Kranioten hervorgingen; auch GEGENBAUR (1887 A. p. 99) fand in drei vorderen Myomeren, die er nicht näher bestimmt, die Ursprungsstätten für die Augen- muskulatur. Van WısuE (1894 p. 110) homologisirte die Oculomotorius-Gruppe der Augenmuskeln mit dem 1. wohlausgebildeten, den Obliquus superior mit dem 2., den Rectus externus mit dem 3, Myomer!). Die visceralen Muskeln bestehen nach van WIJHE aus dem sogenannten Quermuskel (M. transversus) des Bauches und dem äusseren Lippenmuskel, dem inneren Lippenmuskel, dem Sphincter des Velum und dem Analmuskel?. HarscHEK und van WumE verdanken wir die ge- nauere, auch ontogenetisch begründete Erkenntniss des Zusammenhangs des queren Bauchmuskels mit der Lippenmuskulatur und den übrigen visceralen Muskeln, während SCHNEIDER und andere Autoren diesen Quermuskel (nach SCHNEIDER Homologon des Mylohyoideus oder Obliquus) mit dem Seitenrumpfmuskel zur Stammesmuskulatur vereinigt und den visceralen Muskeln gegenüber- gestellt hatten; doch verdient Erwähnung, dass RoLpu (1876 p. 106) denselben als eine nur Am- phioxzus zukommende specifische Bildung, welche mit den Bauchmuskeln der übrigen Wirbelthiere nicht homologisirt werden dürfe, auffasste. Die Innervation der visceralen Muskulatur geschieht durch die dorsalen Nerven (mit Aus- nahme des ersten rein sensibeln Nerven), und zwar betheiligen sich dieselben sämmtlich bis zur Analgegend mit ihren Rr. viscerales an ihrer Versorgung (cf. p. 635). Wie der Seitenrumpfmuskel bestehen auch die visceralen Muskeln aus Muskelplatten resp. Muskelbändern, eine Erkenntniss, welche wir insbesondere GRENACHER (1867 p. 577), LANGERHANS (1876 p. 291.) und SCHNEIDER (1879 p. I1f.) verdanken; entwickelungsgeschichtliche Mittheilungen darüber machte HArscHek (15S1 p. 65f.). Die drei erstgenannten Autoren haben diese Platten denen von Petromyzon direkt verglichen; MAURER (1894 p. 484) hebt dagegen auf Grund der on- togenetischen Angaben von HATSCHER hervor, dass ein Vergleich zwischen den Muskelbändern des Amphioxus und der Petromyzonten im Speciellen sehr schwierig erscheine; die Muskulatur des Ersteren stehe viel tiefer als die der Letzteren. — Die Zahl der Kiemen des Amphioxus lanceolatus ist bekanntlich eine sehr beträchtliche und während des ganzen Lebens durch Vermehrung am hinteren Ende zunehmende’). Sie beträgt bei ausgewachsenen T'hieren etwa 90—125, wobei jede Kieme mit Ausnahme der ersten und der jedesmaligen noch in Bildung begriffenen letzten eine Längsspaltung in zwei erlitten hat. Die Ausdehnung dieser Kiemenregion beginnt ungefähr an dem 6.—7. Myomer und erstreckt sich von da annähernd über die vordere Hälfte des Körpers, etwa 10—12 Myomeren vor dem sogenannten 1) Nach HArscHer’s Zählung (inel. das vorderste rudimentäre Myotom) sind es das 2., 3. und 4. Myomer, 2) Ich enthalte mich einer Beschreibung dieser Nerven und verweise hinsichtlich alles Details auf die auch in entwickelungsgeschichtlicher Hinsicht sehr bedeutsamen Mittheilungen von HATSCHEK und VAN WIJHE. Letzterer fand, dass der ganze beiderseitige äussere Lippenmuskel nur die Fortsetzung des linken queren Bauchmuskels sei. 3) J. MÜLLER (1842 p. 90) findet bei 13 mm (6’””) langen Exemplaren 25, bei 26 mm (1”) langen Thieren 40—50 Spalten. RoLpH (76 p. 120) giebt bei Erwachsenen über 100, RoHon (1881 p. 59) bei seinem Material 40—110, LANKESTER (1889 p. 365£.) bis 124, WıLLey (1894 p. 17) 90 Spalten an. van WuHE (1889 B. p. 559) findet bei Exem- plaren von 12,5 mm Länge 50 Spalten, die bis zur Region des 24. Myotoms reichen, bei 15mm langen Thieren 60, bis zum 26. Myotom sich erstreckende, bei geschlechtsreifen 40—50 mm langen Exemplaren zahlreiche bis zum 27. Myomer und wohl noch etwas weiter nach hinten reichende Spalten. — Ueber die Ausbildung der neuen Kiemenstäbe am hinteren Ende des Kiemenkorbs berichtet SPENGEL (1890 p. 290 Fig. 2) unter Bezugnahme auf eine instruktive Abbildung. ’ * 293] ÜLBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC, 64l Athemporus!); auf je ein Myomer kommen sonach etwa 4—6 schräg descendent gerichtete Kiemen- spalten, von denen die vordersten und hintersten niedriger als die übrige Mehrzahl sind. Nach den Angaben Rorris besteht zugleich eine mässige Asymmetrie des Kiemenkorbes, indem Grenz- stäbe der einen Seite und Theilungsstäbe der anderen sich entsprechen. Bei Embryonen finden sich viele geringere Anzahlen und einfachere Verhältnisse, über die wir namentlich HATscHEk (1881, 1884, 1892), van Wiısun (1889, 1893, 1894) und WıLuEy (1891, 1894) genauere Angaben verdanken. Danach beginnt der Durchbruch des Mundes und der ersten Kiemenspalte nach der Bildung von 14 Myotomen (Ursegmenten HArTscHEx 1881 p. 18, p- 78); hinter dieser ersten brechen bei der frei pelagisch lebenden Larve ziemlich schnell weitere hindurch (Wirvey 1891 p. 187ff., 1894 p. 150 ff), welche in ihrer Lage den Myotomen gut ent- sprechen, indem auf jedes Myotom je eine Kiemenspalte kommt. Die Entstehung dieser Kiemen- spalten ist nach WırLey’s Funden — in sekundärer Anpassung an das Larvenleben — eine durchaus asymmetrische, derart, dass die durch ein ventrales Längsgefäss bestimmte Scheidungslinie zwischen den später rechtsseitigen und linksseitigen Kiemenspalten sich anfangs nicht in der ventralen Mittel- linie, sondern ziemlich hoch im Bereiche der rechten Körperhälfte befindet, wonach sowohl die rechtsseitigen wie die linksseitigen Kiemenspalten zuerst auf der rechten Seite durchbrechen und die letzteren erst nach und nach unter successiver Herstellung der Symmetrie sich um die ventrale Mittellinie herum auf die linke Körperseite hinüberziehen. Der Durchbruch der linksseitigen erfolgt etwas früher als der der rechtsseitigen, weshalb WıLıry erstere als Primary Gill-Slits, letz- tere als Secondary Gill-Slits bezeichnet. Auf diese Weise entstehen sehr bald (in WırLey’s Stadium I und II) 14 primäre und 6 sekundäre Kiemenspalten; erstere bilden sich wieder partiell zurück, so dass schliesslich am Ende vom Stadium VIII nur $S (2—9) zurückbleiben, letztere vermehren sich langsam durch Ausbildung zweier hinteren auch zu 8, welche aber 1—8 entsprechen?). Ent- sprechend den verschiedenen Zahlen (links 2—9, rechts 1—8) sind diese Kiemenspalten anfänglich asyımmetrisch gelegen; durch gegenseitige Verschiebung kommt die Symmetrie derselben?) zu Stande. Damit ist das Critical Stage oder der Beginn der Adolescent Period Wıru£y’s erreicht; die Larve giebt ihr pelagisches Leben auf und sinkt auf den Sandboden des Meeres. Bis dahin besteht Eumetamerie zwischen Myomeren und Branchiomeren, worauf schon GEGENBAUR (1887 p- 100f.) aufmerksam gemacht hat. Danach vollzieht sich die Bildung der auf diese folgenden Kiemenspalten (Tertiary Gill-Slits Wırrey), um in einer während des ganzen Lebens fortschrei- tenden Reihe schliesslich die erhebliche Zahl von 90—125 zu erreichen; insofern aber für diese neugebildeten Kiemen nur der beschränkte Raum von etwa 20 bis 24 Myomeren gegeben ist, müssen sich sämmtliche Kiemen, sowohl die primären und sekundären, wie die tertiären Kiemen so zusammendrängen, dass mindestens 3 auf je I Myomer kommen®); es entwickelt sich damit sekundär eine erhebliche Dysmetamerie zwischen Branchiomeren und Myomeren oder, wie es HaArscHEk (1892 p. 145) gut bezeichnet, eine Hypermetamerie der Kiemenspalten. Abweichend von Wırtey und van WisHE bezeichnet HATScHEX (1892 p. 144f.) auch die beiden von ihm schon früher (1881 p. 61, p. 72f., 1884 p. 518) genauer in ihrer Entwickelung I) Kırkaroy (1895 p. 311ff.) giebt auch genauere Zusammenstellungen über die Zahl der Myomeren bis zum Athemporus (Praeatrioporale Myotome). Dieselbe beträgt bei Paramphioxus eultellus 32—33, bei Amphiozus lanceolatus 35—36, bei A. pelagicus 36, bei A. belcheri 37, bei A. caribaeus 3T—38, bei P. eingalensis 35—39, bei P. bassanus 43—45, bei P. lucayanus 43—46, bei A. californiensis A44—45, bei A.(?) elongatus 49. Ferner theilt er mit, dass der Sphineter oris direkt unter der vorderen Spitze des 4. Myotomes bei A. californiensis und P. eingulensis, des 5. bei 4. caribaeus, des 6. bei P. cultellus, des 7. bei A. lanceolatus und P. bassanus, des 8. bei P. lucayanus sich befindet. 2) Ausnahmsweise kann es auch zur Ausbildung von 9 oder nur 7 Kiemenspalten kommen. 3) Wie auf dieser Seite oben mitgetheilt, ist dieselbe nach RorLrH keine vollkommene. 4) Diese Zahl kann noch grösser werden: VAN WUHE (1894 p. 114) giebt an, dass je ein in den sympathischen Kollektor (s. p. 638) eingehender Spinalnery 5 und mehr Kiemenspalten versorgen könne. 642 ; MAx FÜRBRINGER [294 untersuchten „vorderen Entodermsäckchen“ als erste Kiementaschen, welche an der hinteren Grenze des ersten rudimentären Myomers (intersegmental) vor und über der Schlundpforte ent- stehen und später zum Wimperorgan resp. Räderorgan werden. Aber auch die beiden erstge- nannten Autoren sind zum Theil recht abweichender Ansicht. Vav Wısue (1893 p. 155£.) lässt dieselben durch den Zerfall des ursprünglich vor dem Cerebrum und der Chorda gelegenen Darm- theiles entstehen; das linke sei erst infolge des Chordawachsthums nach links verdrängt, und seine nun auf der linken Seite nach aussen durchbrechende Oeffnung repräsentire den ursprünglich unpaaren, primordialen Mund des Amphioxus (Autostoma van Wısue, Homologon des Mundes der Tunicaten und kranioten Vertebraten); zugleich bilde es sich (dies in Uebereinstimmung mit HATSCHER’s Angaben) in das Wimperorgan und die Harscuer’sche Grube um; das rechte sei vielleicht dem praemandibularen Somiten!) der Kranioten gleichzusetzen. Wırrey (1894 p. 126 £.) deutet beide vorderen Entodermsäckchen (Praeoral Head-Cavities Wirrry’s) als wahrscheinliche Homologa der praemandibularen Kopfhöhlen der höheren Vertebraten, lässt aber übrigens, in Uebereinstimmung mit HATSCHEK und van WısHE das linke zu dem Wimperorgan (Praeoral pit), das rechte zu dem praeoralen Kopfeoelom sich umbilden. Van Wıme's und WirLey's erste Kiemenspalte wird von HATSCHER als zweite bezeichnet; sie liegt nach ihm an der hinteren Grenze des zweiten Myomers (des ersten gut entwickelten) und hinter der Mundöffnung und schliesst sich im Laufe der Ontogenese zu der Pseudobranchialrinne (vorderer Wimperbogen), welche dem gleichnamigen Organ der Petromyzonten und dem Spritzloch der Fische entspricht. Nach Wırrey verschwindet, wie schon oben vermerkt, blos die primäre (linke), während die sekundäre (rechte) persistirt; und zwar erfolgt dieser Schwund, nachdem sie vorher mitten im Ueberwanderungsstadium von der rechten nach der linken Seite sich in die kolben- förmige Drüse (mit rechter innerer und linker äusserer Oeffnung) umgewandelt hat (Wırrey 1894 p- 138, 141), total. van WusuE (1893 p. 154) dagegen lässt aus der rechten ersten Kiemenspalte die kolbenförmige Drüse, aus der linken den bleibenden Mund des Amphioxus hervorgehen, den er sonach dem zwischen Mandibular- und Hyoid-Bogen gelegenen Spiraculum der Selachier vergleicht und Tremostoma nennt; und zwar begründet er diese Deutung mit der Abstammung des äusseren Lippenmuskels von dem linksseitigen M. transversus und mit der ausschliesslichen Versorgung jener Gegend mit linksseitigen Nerven, wogegen Wırr£y (1894 p. 178) bemerkt, dass er in den ange- gebenen Faktoren nur eine theilweise Persistenz der hochgradigen larvalen Asymmetrie erblicken, aber der van WIJHE gegebenen Ableitung des Amphioxus-Mundes nicht zustimmen könne. Es herrschen also sehr weitgehende Differenzen in der Auffassung und Zählung der drei genannten Autoren, die sich besonders auch in ihren Angaben über die Bildung des Mundes von Amphiozus aussprechen, welcher nach Wırrky und HATscHEX gleich dem Munde der Tunicaten und kranioten Vertebraten als unpaares, Kiementaschen nicht vergleichbares Gebilde entsteht und persistirt, während van WiJHE die Aufeinanderfolge zweier Mundbildungen statuirt, von denen die primäre (Autostoma) aus dem linken resp. nach links verschobenen Entodermsäckchen (das von HATSCHEK der ersten linken Kiementasche verglichen, von van WıJHE aber mit einer davon hetero- genen, ursprünglich unpaaren Anlage verglichen wird) sich entwickelt und dem Munde der Tuni- caten und Kranioten homolog ist, die sekundäre (Tremostoma) aber ein Abkömmling der linken ersten (zweiten HArscHer’schen) Kiemenspalte ist und dem Spritzloch der Fische entspricht. Die übersichtliche Zusammenstellung dieser verschiedenen und unvereinbaren Deutungen ergiebt folgendes): I) Dieser praemandibulare Somit resp. Kopfhöhle liefert nach van WISHE und Wiırvey bei den Kranioten das Material für die von dem N. oculomotorius versorgten Augenmuskeln; WILLEY kann aber v. KUPFFER nicht in der Auffassung folgen, dass dieselben rudimentäre oder ungebildete Kiementaschen seien. 2) Ich übernehme keine Garantie, ob ich die Autoren auch überall recht verstanden habe. 295) ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 643 | ‘ HATSCHER. VAN WIIHE. WILLEY. 1. Kiementasche nach rechts. Vielleicht Homologon des | Wahrscheinliches Homologon HATSCHEK | 1. Kopfsomiten der Se- | der rechten 1. (praemandi- vorderes Entodermsäckchen). lachier. \ bularen) Kopfhöhle der Kra- nioten. links. Räderorgan Räderorgan (Wimperor- | Räderorgan (praeoral pit; (Wimperorgan und | gan und HaATscHEr’sche | wahrscheinlich Homologon Sinnesorgan). Grube), zugleichprimärer | der linken 1. (praemandib.) Mund (Autostoma). Kopfhöhle der Kranioten. 2. Kiementasche nach rechts. | rechte Pseudobran- Kolbenförmige Drüse. | 1. bleibende rechte Kiemen- HATSCHEK chialrinne !). spalte. 1. Kiemenspalte nach VAN e ——S In Se Sr SEE WUHE und WILLEN). links. linke Pseudobran- Sekundärer, bleibender | Obliterirt, vielleicht z. Th. chialrinne. Mund (Tremostoma). kolbenförmige Drüse. 3. Kiementasche nach rechts. | 1. bleibende rechte Obliterirt. 2. bleibende rechte Kiemen- HATSCHEK | Kiemenspalte. spalte. 23 Kiemenspalte, riachl. VAN: || os mm nm Tees RRGE: — - > 5 WIHE und WILtEY). links. 1. bleibende linke Obliterirt. 1. bleibende linke Kiemen- | Kiemenspalte. spalte. 4. Kiemenspalte nach rechts. | 2. bleibende rechte | 1. bleibende rechte Kie- | 3. bleibende rechte Kiemen- HATSCHEK Kiemenspalte. menspalte. spalte. (3. Kiemenspalte nach van = = == WUHE und WILLEY.. links. 2. bleibende linke 1. bleibende linke Kie- | 2. bleibende linke Kiemen- Kiemenspalte. menspalte. spalte. Unpaare Mundöffnung. Einziger, persistiren- Primärer Mund (Autosto- | Einziger, persistirender Mund. | | der Mund. ma), nach links gedrängt und in die Oefinung des | Räderorgans umgewan- | | | delt. Die definitive Zahl der primordialen Kiemenspalten (WırLey's Primary and Secondary Gill- Slits) wurde, wie schon erwähnt, von WıLLey zu S (resp. 7—9) angegeben, wobei die linke Seite ursprünglich eine grössere Anzahl (14) aufwies; die gleichen Zahlen finden sich aber auch bei Kranioten (8 inel. Spritzloch resp. Pseudobranchialrinne bei Heptanchus und Petromyzon, 14 bei Bdellostoma polytrema), weshalb der gemeinschaftliche Ancestor der Akranier und Kranioten 9—14 Kiemen besessen haben mag (WıLLey 1894 p. 174). HATscHEk (1892 p. 145) bestimmt die primi- tive Zahl auf 14 (inel. vorderes Entodermsäckchen und Pseudobranchialrinne), also im Vergleich mit WirLey auf 13. van WısHE (1889 B. p. 560, 1893 A. p. 169) giebt die Zahl der Kopfsegmente des Amphiozus (welche der primordiale Kiemenzahl entsprechen) auf »vielleicht 9, jedenfalls nicht viel grösser“ an?). Dass der Kiemenkorb des Amphiozus, abgesehen von seinen mehr dorsalen und durch das Ligamentum dentieulatum vermittelten Verbindungen mit der Rumpfwand, mit der Seitenrumpf- 1) HATscHEX scheint die kolbenförmige Drüse nicht hierher zu rechnen, sondern als besondere Falte der Darmwand in der Region des 1. Myotomes aufzufassen (1881 p. 74). 2) In der zweiten Mittheilung äussert sich YA WISHE mit grosser Vorsicht, indem er sagt: Der Einfach- heit wegen gebrauche ich die Ausdrücke Kopf (für die Region der 9 vordersten Myotome und die ursprünglich dazu gehörigen Gebilde) und Rumpf, ohne damit behaupten zu wollen, dass die Grenze schon sichergestellt wäre. Das vom Tremostoma bis zur letzten Kiemenspalte bei erwachsenen Thieren eingenommene viscerale Gebiet erstreckt sich nach seinen Angaben etwa über 26 Körpersegmente. 644 Max FÜRBRINGER [296 muskulatur nirgends im Verband steht, sondern von ihr durch den freien peribranchialen Raum ge- schieden wird, wurde schon oben bemerkt. Wie bekanntlich zuerst in ausführlicher Weise durch RoLpn (1876 p. 144f.) begründet worden, ist dieser Raum ein mit der sekundären Entwickelung der Seitenfalten in Connex stehender ektodermaler Hohlraum, der in dieser Form den Kranioten abgeht, aber nach Boverr (1890 p. 11, 1892 p. 487, 494) bei ihnen noch als verengter Rest (Vornierengang) persistirt; mit der Coelomhöhle, mit der er gemeinhin vor RoLpH verglichen wurde!), hat er nichts zu thun. Rorpn’s Anschauungen sind von GEGENBAUR und der Mehrzahl der Morphologen angenommen worden und dürften die beste Interpretation des phylogenetischen Entwickelungsganges geben?). Zur eigenen Beobachtung dienten mir zahlreiche Exemplare von Amphioxus lanceolatus Yarell von 16—45 mm Länge, für die ich zum Theil der Freundlichkeit des Herrn Prof. H. KraarscH verpflichtet bin, sowie einige, allerdings nicht durchweg tadellose Schnittserien von Amphiowus californiensis Cooper, Paramphiowus cultellus Peters und P. bassanus Günther, welche ich zum 'T'heil der Güte der Herren Prof. E. Hacckeı und Prof. R. Semon verdanke. Zahlreiche Versuche einer Behandlung mit der Gorsrschen Methode, um die noch bestehende Lücke bezüglich des N. vagus (cf. p. 638) auszufüllen, scheiterten trotz der grossen Mühe, die sich Herr Privatdocent Dr. H. Braus, Assistent der anatomischen Anstalt, darum gegeben, an der Ungunst des Ma- terials. Meine Untersuchungen sind somit in keinem bemerkenswerthen Stücke weiter gekommen als die bisher vorliegenden Ergebnisse. Die folgende Darstellung beschränkt sich sonach in der Hauptsache auf eine Besprechung der vorstehend mitgetheilten Befunde anderer Autoren und eine kurze Vergleichung mit den bei den Petromyzonten und Myxinoiden beobachteten Verhältnissen. Aus den bisherigen Untersuchungen ist ersichtlich, dass — abgesehen von dem hier nicht weiter in Frage kommenden Nervus olfactorius — das peripherische Nervensystem des Amphiowus sich aus paarigen dorsalen und ventralen Nerven zusammensetzt, welche wie bei Petromyzon von einander getrennt bleiben und selbst gänzlich verschiedene Wege gehen. Dieselben zeigen mit Ausnahme der beiden ersten Nerven eine sehr ausgesprochene Asymmetrie der Lage (Alterniren der Ner- ven der rechten und linken Seite) und zum Theil auch der Grösse und Verbreitung, indem namentlich in der Gegend des Mundes die linksseitigen beträchtlich über- 1) Diese unhaltbare Vergleichung wurde übrigens ausführlich und mit viel Scharfsinn von Huxrey (1874 p- 199.) verfochten. 2) Von RotLpm’s Deutung weicht die von RAy LANKESTER (1875 p. 257f.) gegebene etwas ab; nach der- selben wird das peribranchiale Atrium als besonderer epipleuraler, bei Selachiern noch ontogenetisch erkennbarer Raum aufgefasst. Genauere Mittheilungen über die ontogenetische Entwickelung desselben machen LANKESTER and Wirrey (1890 p. 445 ff.), wonach durch ventrale Verwachsung der Seitenfalten zuerst ein verhältnissmässig schmaler ventraler peribranchialer Kanal entsteht, der sich danach durch dorsalwärts gehende Ausbreitung zwischen Kiemen- und Körperwand zu dem umfangreichen Peribranchialraum ausbreitet (vergl. auch KORSCHELT und HEIDER 1893 p- 1447f.). Bekannt ist, dass durch Boverrs Darstellung des primordialen Nierensystems des Amphioxus auch der Peribranchialraum neue vergleichende Bedeutung gewonnen, dass sich aber an seine Veröffentlichung manche Kontro- verse in der Auffassung dieses Raumes und seiner Homologa bei Kranioten angeschlossen hat; ich verweise dies- bezüglich auf die einschlägliche Litteratur, insbesondere auf die Veröffentlichungen von BoVERL (1890, 1892), Weiss (1890), SEMON (1890, 1891), van WısHE (1893), Prarr (1894) und GoETTE (1895). 297] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 645 wiegen; alle diese Asymmetrien leiten sich aus einer ursprünglich symmetrischen Anlage ab und haben sich im Verbande mit der asymmetrischen Ausbildung der Muskulatur und der Eingeweide während des larvalen Lebens zu einer Höhe ent- wickelt, welche die bei den anderen Wirbelthieren (Myxinoiden, Petromyzonten, Selachiern) beobachteten erheblich übertrifft. Dorsale und ventrale Nerven alterniren auf jeder Seite mit einander, indem die ersten in den Septen zwischen den Myomeren, die letzten innerhalb der Myomeren verlaufen; dem ersten oder den beiden ersten dorsalen Nerven fehlen die zugehörigen ventralen !), ebenso dem letzten. Es ist wahr- scheinlich, aber noch nicht nachgewiesen, dass hier die ventralen Nerven nur sekundär verkümmert sind. Die beiden ersten dorsalen Nerven’), heben sich durch ihre Lage vor den ersten ventralen, durch ihre Symmetrie und durch die Existenz von peripherischen Sinneskörperchen (Ganglienzellen der meisten Autoren) °) von den folgenden dorsalen Nerven etwas ab und sind denselben auch als paarige „Gehirnnerven‘“ gegenüber- gestellt worden. Die angegebenen Differenzen sind so unwesentliche, dass sie diese Scheidung — ganz abgesehen davon, dass viele der folgenden Nerven auch den Ge- hirnnerven der Kranioten zu vergleichen sind — in keiner Weise rechtfertigen. Dass bei Amphiowus die räumliche Grenze zwischen cerebralen und spinalen Nerven nicht ohne Weiteres zu ziehen ist, scheint denselben den Kranioten, bei deren überwiegender Mehrzahl erst auf die specifisch ausgebildeten Cerebralnerven die von ihnen wohl unterschiedenen spinalen (resp. spino-occipitalen) Nerven folgen, durchaus gegenüberzustellen. Doch wurde schon bei den Myxinoiden in der Existenz des prävagalen Spinalnerven «' (p. 617) ein Verhalten beobachtet, welches in gewissem Sinne hierbei eine vermittelnde Rolle spielt. Auf Grund des centralen Ursprunges der dorsalen Nerven kann man an ihnen mit Rerzıus zweierlei Fasern unterscheiden: centrifugale, welche von medulla- ren Ganglienzellen ausgehen, und centripetale, welche im Rückenmarke enden; die Ganglienzellen der letzteren finden sich im peripherischen Gebiete verstreut und sind den Spinalganglienzellen der Kranioten gleichzusetzen‘). Die centrifugalen, minder zahlreichen Fasern gehen wahrscheinlich in jene Nerven über, welche die visceralen Muskeln innerviren (HarscHek, VAN WIJHE), die centripetalen vertreten wohl die sensibeln Elemente. Die dorsalen Nerven des Amphiowus sind somit gemischter Natur und erinnern in dieser Hinsicht auffallend an die entsprechenden Nerven von 1)/Rechnet man die ventralen Nerven zu den ihnen septal vorausgehenden dorsalen, so entbehrt nur der erste dorsale Nerv eines solchen; rechnet man sie dagegen zu den ihnen folgenden, so sind die zwei ersten dorsalen Nerven ohne zugehörige ventrale. 2) Bezüglich des ersten lasse ich offen, ob es ein dorsaler oder ein besonderer ventraler Nerv sei. 3) Es hat den Anschein, als ob Beides hier in Frage käme. 4) Ich stehe nicht an, diese peripherischen an den Nerven befindlichen Zellen als Ganglienzellen anzusprechen, weiche somit in diesem Punkte von RETZIUs ab, der keine peripherischen Ganglienzellen der spinalen Nerven an- erkennt, und stimme mit ROHDE, FusArI und HATscHEX überein. Nervenfasern ohne centrale und ohne peripherische Ganglienzellen kann ich mit unseren bisherigen Anschauungen über das Nervengewebe nicht vereinigen; irgendwo müssen sie von Ganglienzellen ausgehen. Das Gleiche gilt für die von FrEup bei Ammocoetes beschriebenen be- treffenden Fasern (cf. p. 584/585 Anm. 3). Festschrift für Gegenbaur. II. (e. tv 646 Max FÜRBRINGER [298 Petromyzon (p. 584, 595 Anm. 1)'), zugleich aber auch an die Gehirnnerven der Kranioten und jene Spinalnerven derselben, welche ausser den gewöhnlichen sensiblen Fasern noch die von LENHossEX und Ramon Y Casar entdeckten, von medullaren Zellen beginnenden und durch die Spinalganglien hindurchtretenden Fasern enthalten ?). In ihrem Abgange von der Medulla, ihrem Durchtritte durch die Rücken- markshülle und ihrem daran anschliessenden intermyomeren Verlaufe zeigen die dorsalen Nerven das Verhalten sowohl der dorsalen Spinalnervenwurzeln wie der meisten Gehirnnerven der Kranioten. Besondere Verhältnisse sind aber darin gegeben, dass ihre Theilung in Rami dorsales und ventrales erst nach Durchsetzung des Seiten- rumpfmuskels, auf der Oberfläche desselben und subcutan stattfindet. GEGENBAUR hat den in dieser Hinsicht gegenüber den Kranioten (bei denen die Vertheilung gleich nach dem Austritte aus der Rückenmarkshülle und bedeckt von dem Seiten- rumpfmuskel geschieht) bestehenden Unterschied als einen bedeutenden, van WImHE als keinen fundamentalen erklärt; v. Kuprrer (1893 B. p. 555, 1894 p. 73, 74) vergleicht diesen Verlauf bei Amphiowus mit demjenigen der Branchialnerven der Kranioten und erblickt in den auch bei Amnioten-Embryonen vorkommenden rudimentären postvagalen Branchialnerven Homologa der Amphiowus-Nerven, wobei ihm zugleich der Ursprung der bezüglichen Fasern von Homologen der Ronon’schen Zellen als weiterer Beweis dient. Eine Identität mit den dorsalen Spinalnerven der Kranioten erkennt er nicht an. Ich kann diese zu den Kranioten bestehende Differenz nicht so gering anschlagen wie van WIsHE, stimme aber den v. Kurrrer’schen Auffassungen auch nur zum Theile bei. Eine komplete Neubildung der dorsalen Spinalnerven der Kranioten vermag ich nicht anzunehmen, sondern erkläre die Differenz in der Lage derselben derart, dass ich den Seitenrumpfmuskel des Amphioweus mit dem der Kranioten nur zum kleinsten Theile identificire. Der Muskel der Letzteren hat in der Hauptsache eine viel beträchtlicher in die Peripherie ausgedehnte Entfaltung als der des Ersteren, welcher nur jenen tiefsten, innersten Theilen des Kranioten-Muskels direkt vergleich- bar ist, welche, wie z. B. die bei den Myxinoiden beschriebenen Züge (p. 617) und die epibranchialen Muskeln der Selachier, medial von den Nerven (ventrale Spinal- nerven und Vagus) liegen. Was oberflächlich, lateral von diesen Nerven sich befindet, ist neue Erwerbung der Kranioten. Mit dieser Auffassung des Seitenrumpfmuskels der Akranier und Kranioten harmonirt auch die Angabe HarscHer’s, dass die den Spinal- ganglien der Kranioten entsprechenden peripherischen Ganglienzellen des Amphiowus gerade an der Theilungsstelle der Nerven in die dorsalen und ventralen Aeste am meisten gehäuft sind’). Somit liegen bei Amphioxus die Ganglienzellen relativ da am 1) Ein ähnlicher Gedankengang ist in den 1894 p. 73, 74 von v. KUPFFER gegebenen Ausführungen ent- halten. An anderer Stelle (1893 p. 76) vergleicht derselbe Autor die dorsalen Ganglienanhäufungen in der Medulla oblongata des Amphioxus der embryonalen dorsalen Hirnplatte der Kranioten, welche die noch nicht peripher gerückten Spinalzellenanlagen enthält. 2) Das Gleiche wurde namentlich von VAN WISHE (1893 p. 172) ausgesprochen und von ihm zur Bestätigung seiner Korrektur des BELL'schen Gesetzes (1882) verwerthet. 3) Ich stimme HATSCHEK auch in der Deutung des durch den Seitenrumpfmuskel aufsteigenden Theiles als ausgezogene dorsale Wurzel bei. 299 ÜEBER DIE SPINO-OCGIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCGEPHALEN ETC. ) ) dichtesten beisammen, wo der Seitenrumpfmuskel seine peripherische Grenze findet, während bei den Kranioten die zur Bildung kompakter Spinalganglien fortgeschrittene Anhäufung der peripherischen Nervenzellen von dem Seitenrumpfmuskel bedeckt wird. Die visceralen Fasern der dorsalen Nerven sind zufolge des subeutanen, ober- flächlich von dem Seitenrumpfmuskel stattfindenden Verlaufes der ventralen Aeste mit den für die Haut bestimmten Fasern direkt verbunden. Dieser oberflächliche Verlauf kommt mit demjenigen der ventralen Aeste der grösseren Üerebralnerven (Trigeminus, Facialis, Glossopharyngeus, Vagus) der Kranioten-Embryonen überein, soweit in diesem vorderen Gebiete die Seitenrumpfmuskulatur nach Art derjenigen des Amphiowus nur in Gestalt von kleinen medial gelegenen „Kopfsomiten‘“ auftritt und noch nicht von grösseren Ausbreitungen der ursprünglich mehr hinten gelegenen Rumpfmuskelelemente überwachsen ist; er unterscheidet sich aber von dem tieferen Verlaufe der Rami viscerales der Spinalnerven der Kranioten, weil eben bei diesen die ganz überwiegende, wenn nicht gesammte Masse des Seitenrumpfmuskels zwischen den Verlauf der Rr. viscerales und Rr. cutanei eingelagert ist. Die Rr. viscerales sind allenthalben dieselben; nur der Muskel variüirt (inkomplete Homologie desselben). Die visceralen Fasern des Amphiowus verlaufen aber zugleich, zufolge der Art ihres Durchtrittes durch den dorsalwärts gewachsenen Seitenrumpfmuskel in einem anfangs dorso-lateralwärts und erst nach erfolgtem Durchtritte ventralwärts gerichteten Bogen; das Gleiche ist der Fall bei den motorischen Fasern der vier typischen Cere- bralnerven (Trigeminus, Facialis, Glossopharyngeus und Vagus), den LENHOSSEK-CAJAL- schen durchtretenden Fasern und wahrscheinlich!) auch bei den von den dorsalen Wurzeln abgehenden sympathico-motorischen Fasern der Kranioten, und man kann daran denken, ob nicht der eigenthümliche, schon innerhalb des centralen Nerven- systems dorso-lateral aufsteigende Verlauf dieser, den viscero-motorischen Nerven des Amphiovus homologen Fasern durch die Wachsthumsrichtung des primordialen, damals noch mit dem des Amphiowus übereinstimmenden Seitenrumpfmuskels bestimmt wurde. Nach Art der motorischen uud sensibeln Endverbreitung der visceralen Aeste des Amphiowus steht einer allgemeinen Vergleichung derselben mit den motorischen und viscero-sensibein Antheilen der typischen vier Cerebralnerven wie mit den den dorsalen Spinalnervenwurzeln entstammenden sympathischen Fasern nichts im Wege. Die ventralen Nerven des Amphiowus sind rein motorische und zwar somato- motorische Nerven, indem sie sich ausschliesslich im Seitenrumpfmuskel verästeln. Dieser Muskel ist in seiner Hauptmasse der Umhüllungsmembran des centralen Nervensystemes so dicht angeschmiegt, dass die betreffenden Wurzelfäden sich gar 1) Der medullare Ursprung dieser sympathico-motorischen Fasern ist noch nicht ganz sicher gestellt; selbst ihre Existenz wird von vielen Autoren bezweifelt, welche die viscero- und vasomotorischen Nerven nur von den ven- tralen Spinalnervenwurzeln abgehen lassen. Ich glaube, das ist zu rigoros. Auf Grund mancher Befunde hat man ein Recht anzunehmen, dass die dorsalen Spinalnervenwurzeln nicht bloss sensible, sondern auch motorische Fasern für den Sympathieus abgeben (vergl. u. A. Ramon y CAJAL, LENHOSSEK, GEHUCHTEN, RETZIUS, STEINACH und WIENER, sowie KÖLLIKER 1893—96 p.79f. und p. 864). 2) Dass die Rr. viscerales des Amphioxus schliesslich von dem ventralen Rande des Seitenrumpfmuskels wieder dorsalwärts bis zum Lig. dentieulatum aufsteigen, ist eine Folgeerscheinung von dem sekundären Herunter- wachsen dieses Muskels in die Seitenfalten und von der sekundären Ausdehnung der Peribranchialhöhle nach oben. 82* 648 Max FÜRBRINGER [300 nicht zu kompakten Nerven vereinigen, sondern gleich mit getrennten Nervenfasern an die Muskelbänder herantreten; nur im ventralen, am spätesten gebildeten und vom Centralnervensystem relativ am weitesten entfernten Bereiche des Muskels kommt es zu einer längeren Wegstrecke und einer annähernden Vereinigung der einzelnen Nervenfasern zu einem mehr kompakten Nerven. Dieser in der Hauptsache gesonderte Verlauf der einzelnen Fasern ist ein Kennzeichen des sehr primitiven Verhaltens von Amphiowus gegenüber den Kranioten; doch vermitteln unter diesen die am tiefsten stehenden Abtheilungen der Petromyzonten und namentlich der Myxi- noiden mit ihren getrennt durch die Rückenmarkshülle durchtretenden doppelten bis mehrfachen motorischen Wurzelbündeln den Anschluss, wie bereits oben (p. 596 und p- 615) hervorgehoben wurde. In der Auffassung und Deutung der ventralen Nervenfasern als wirklich nervöse und nicht muskulöse Gebilde gehe ich einig mit Fusarı, Rerzıus und wohl den meisten Autoren; die von Rerzıus beschriebenen varicösen Anschwellungen im Ver- laufe der Nervenfasern vermag ich aber ebensowenig wie van WıJHE als die eigent- lichen motorischen Endapparate aufzufassen; nach allen Erfahrungen müssen diese an den Enden der Nerven existiren und dürften wohl in den von van WIHE angegebenen dreieckigen Verbreiterungen der Enden gefunden sein. Viscerale Aeste der ventralen Nerven sind bisher bei Amphiowus nicht gefunden worden; derselbe zeigt somit in dieser Hinsicht gegenüber den Kranioten ein Deficit, für dessen Erklärung mir zur Zeit die nöthigen Materialien abgehen. Man wird gut thun, noch weitere Untersuchungen abzuwarten. Im Uebrigen besteht hinsichtlich der wirklichen Homologie der ventralen Nerven des Amphiowus mit den ventralen Wurzeln der Kranioten kein Zweifel. Die im vorderen Bereiche des Amphio@us-Körpers liegenden enthalten somit auch das Material für die Augenmuskelnerven, über deren anatomische Vergleichung noch weiter unten (sub D) zu sprechen sein wird. Dass ein vor dem jetzigen ersten ventralen Nerven liegender motorischer Nerv einstmals existirte, wird, wie schon erwähnt, durch das Vorhandensein eines rudimentären resp. abortiven Myomers vor dem gut entwickelten zweiten wahrschein- lich gemacht; es kann wohl sein, dass von diesem Nerven noch Rudimente gefunden werden. Ob auch diesem noch ein weiterer vorderer ventraler Nerv (resp. Nerven) vorausging, ist a priori auch möglich, aber angesichts des Mangels jeder thatsächlichen Grundlage nicht zu diskutiren. Ich erwähne diese Frage auch nur, um zu betonen, dass jede definitive Grenzbestimmung am vorderen (wie am hinteren) Kör- perende des Amphiowus hinsichtlich der vordersten (und hintersten) Myomeren und Nerven — und dies bezieht sich sowohl auf die ventralen wie dorsalen Nerven — mir verfrüht erscheint. Wir sind noch nicht genügend orientirt, in welcher Weise und in welchem Grade sich primordiale Verhältnisse und Rückbildungen hier mischen, und können darum noch nicht sagen: Hier liegt wirklich der erste oder zweite etc. primordiale Nerv der Wirbelthiere vor. — In der Beurtheilung und Eintheilung der Muskulatur des Amphiowus stehe 301] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOCEPHALEN ETC. 649 ich auf dem durch die Untersuchungen HarscHer’s und van WımEs gewonnenen Boden und folge diesen Autoren in der Unterscheidung des Seitenrumpfmuskels und der visceralen Muskeln. Ersterer wird von longitudinal gerichteten Muskelbändern gebildet und von ventralen Nerven innervirt; letztere haben vorwiegend querver- laufende Muskelbänder und erhalten ihre Versorgung durch die Rami viscerales der dorsalen Nerven. Der Seitenrumpfmuskel repräsentirt bekanntlich beiderseits eine compacte, nirgends durch Oeffnungen unterbrochene Muskelmasse, welche sich aus einer bei den verschiedenen Species des Amphiowus verschieden grossen Anzahl von Myomeren (ca. 50—S0) zusammensetzt (cf. p. 632); jedes Myomer besteht aüs sehr primitiv gebildeten längsverlaufenden Muskelbändern. Ich bin gern geneigt, die Arten mit der grösseren Anzahl der Myomeren als die in dieser Hinsicht primitiveren anzu- sehen und die Verminderung der Myomerenzahl auf Rückbildungen derselben, vielleicht zum Theil am vorderen, namentlich oben und hauptsächlich am hinteren Körperende zurückzuführen. Dass das vorderste, durch HarscHek und van WIHE uns genauer bekannt gewordene, Myomer bei Amphiowus lanceolatus rudimentäre resp. abortive Merk- male aufweist, wurde schon bemerkt; dieselben sprechen sich geweblich und auch in seinem sonstigen Verhalten aus. Von allen Kranioten zeigen die Petromyzonten hinsichtlich ihres Seitenrumpf- muskels die relativ primitivsten Verhältnisse (p. 607); derselbe steht aber bereits weit über dem viel einfacher gebauten Muskel des Amphiowus. Auch differiren Beide erheblich in dem Verlaufe ihrer Myosepten, welche aus einem ursprünglich rein transversalen Verlaufe bei Petromyzon dorsal und ventral nach vorn, bei Am- phioxus dagegen nach hinten geschoben sind!), sowie in dem bereits oben (p. 646) ausführlich besprochenen topographischen Verhalten zu den dorsalen Nerven. Der Seitenrumpfmuskel des Amphiowus besitzt eine viel centralere, medialere Lage als derjenige der Kranioten; er repräsentirt in der Hauptsache einen inneren, der der Kranioten einen äusseren Schichtenkomplex. Beide bezeichnen sonach verschiedene Stadien in dem Wachsthum und der Ausbreitung des Muskels von innen nach aussen’). Wie schon erwähnt, zeigen nur die epibranchialen Muskeln der Selachier, die medial von den Spinalnerven liegenden Partien der Myxinoiden und endlich die medialen Abschnitte der dorsalen Abtheilung des Muskels bei den Kranioten eine ähnliche Lage zu den Nerven wie der gesammte Seitenrumpfmuskel der Akranier und vermitteln damit die Vergleichung Beider®). — Ferner weist der Amphiowus- 1) Die Art und Weise, wie die vorhergehenden Myomeren die folgenden überlagern, geschieht in derselben Richtung wie bei den Petromyzonten, zeigt aber embryonale Verhältnisse, indem die Myosepten des Amphioxus nur wenig schräg nach hinten gerichtet sind, die von Petromyzon aber im ausgebildeten Zustande viele hintere Myomeren überdecken. Bemerkt sei, dass auch im Grade dieser Deckung bei Amphioxus eine geringe antimere Asymmetrie beobachtet wurde. 2) Dieses Wachsthum nach aussen geht selbstverständlich mit einer partiellen Reduktion der innersten, ältesten Schichten des Muskels Hand in Hand. 3) Bekanntlich finden sich auch bei den höheren Vertebraten hypaxonische und ventrale Theile der Seiten- rumpfmuskulatur, welche medial von den Nerven liegen. Ihre Entstehungsgeschichte ist noch nicht genau untersucht. 650 Max FÜRBRINGER [302 Muskel insbesondere in der, auch ontogenetisch sich ziemlich spät vollziehenden, Entfaltung seines ventralsten Abschnittes eine besondere Differenzirung auf, welche ihn weit von dem Kranioten-Muskel entfernt; die von SCHNEIDER gegebene Unter- scheidung und Bezeichnung desselben als M. obliquus und M. rectus darf nicht im Sinne einer specielleren Homologie mit den gleichnamigen Bildungen bei den Kra- nioten aufgefasst werden, sondern bringt höchstens gewisse Analogien bei übrigens nicht homologen [heilen zum Ausdruck. Dass der Seitenrumpfmuskel des Amphiowus in seinen mehr vorderen Myo- meren das Material für die Augenmuskeln der Kranioten enthält, wurde schon von Huxrey'), GEGENBAUR und van WisHE hervorgehoben; über die speciellere me- tamerische Homologisirung derselben wird sub D gehandelt werden. Die Zusammengehörigkeit des sogenannten M. transversus abdominis mit den übrigen Visceralmuskeln ist durch Harschek und van WiuHE sicher begründet worden; derselbe stellt sich demgemäss auch dem Seitenrumpfmuskel durchaus gegen- über und darf weder mit einem M. obliquus abdominis noch mit einem M. trans- versus abdominis der Kranioten verglichen werden’); ich würde vorziehen, ihn M. sphincter atrii zu benennen. Die Homologa der Visceralmuskeln finden sich bei den Kranioten in dem Konstriktoren-System des Visceralskelettes; doch ist auch hier — entsprechend der entfernten Stellung der Akranier zu den Kranioten — nur mit ganz allgemeinen, im Speciellen nicht durchführbaren Vergleichungen zu rechnen. — Ob und in wie weit sich die von verschiedenen Autoren beschriebenen glatten Mus- keln des Kiemenkorbes (p. 639) dem visceralen Muskelsysteme einfügen oder nicht, wage ich nicht zu beurtheilen. Die hochgradigen, mit der ungleichen antimeren Entwickelung des Kiemen- systems zusammenhängenden Asymmetrien der visceralen Muskulatur, namentlich das Ueberwiegen der linken Seite im vorderen Bereiche derselben, sind uns durch WıLLey’s und van Wıshe’s Untersuchungen bekannt geworden; man hat in ihnen nur ganz sekundäre Erscheinungen zu erblicken, die, wie sehr sie auch zu Zeiten in den Vordergrund treten und die typischen Verhältnisse theilweise decken, dieselben Bis ich nicht besser belehrt werde, halte ich dieselben für sekundäre Differenzirungen und innere Abspaltungen des Seitenrumpfmuskels der Kranioten, möchte sie somit nicht mit jenen primitiven an die Verhältnisse bei Amphioxus erinnernden Bildungen vergleichen. 1) HuxLEY irrte in dem Punkte, dass er auch die Kiefermuskeln mit den vorderen Myomeren der Seiten- rumpfmuskulatur in Verband brachte; dieselben sind selbstverständlich visceraler Abstammung. Doch war der Irr- thum Huxte£yv’s bei der damaligen Unkenntniss hinsichtlich der wahren ventralen Nerven des Amphioxus ein sehr verzeihlicher. 2) SCHNEIDER homologisirte den Quermuskel mit dem Obliquus abdominis oder Mylohyoideus. Der erste Vergleich ist irrig, der letztere, soweit damit nur eine ganz allgemeine Homodynamie mit dem zum Konstriktoren- system gehörigen Mylohyoideus behauptet wird, kann angenommen werden. — Auch der M. transversus abdominis der Kranioten ist durch SCHNEIDER (1879 p. 109) von den Seitenrumpfmuskeln entfernt und zu den Visceralmuskeln gebracht werden. Ich kann nicht beistimmen, sondern betrachte diesen Muskel als eine besondere Differenzirung der inneren ventralen Lage des Seitenrumpfmuskels, dessen sekundär erworbene Querfaserung (die sich übrigens auch bei zahlreichen unbestrittenen Abkömmlingen der Seitenrumpfmuskulatur wie z. B. den Mm. serrati, rhomboides, latissimus dorsi, pectoralis, obliquus internus ete. findet) in keiner Weise gegen die Zusammengehörigkeit mit dem Seitenrumpfmuskel spricht. 303] JEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 651 doch nicht unterdrücken können. Der von van Wıme gegebenen Deutung des per- sistirenden Amphiowus-Mundes (Tremostoma, Homologon des linken Spritzloches) kann ich darum auch nicht beistimmen, wenn ich auch keineswegs verkenne, dass die bestehenden Verhältnisse leicht dazu führen konnten; mit Harschek, Wırtey u. A. vergleiche ich den bleibenden Amphio@us-Mund demjenigen der anderen Vertebraten und 'Tunicaten und fasse ihn als ein unpaares Gebilde auf, welches mit den paarigen Kiemenbildungen nichts zu thun hat'!). — Die Kiemen des Amphioxus treten namentlich in zwei Punkten zu denen der Kranioten in auffallenden Gegensatz. Dieselben betreffen einmal ihre Hypermeta- merie (HArscHek) gegenüber den Myomeren des Seitenrumpfmuskels, dann ihre fast vollkommene Sonderung von der Rumpfwand durch die Peribranchialhöhle?). Die Besprechung des ersten Punktes führt zugleich zu der weiteren Frage nach der Be- stimmung der primitiven Kiemenzahl der Vertebraten. Die Entwickelung der Hypermetamerie der Kiemen ist bekanntlich auch eine sekundäre Differenzirung des Amphiovus, welche erst ziemlich spät, nach Ab- schluss der larvalen Periode beginnt und, wie es scheint, ohne Unterbrechung während des ganzen Lebens andauert. Die bisherigen Ergebnisse (cf. p. 641) über die suc- cessive an der hinteren Grenze des Kiemenkorbes sich vermehrende Kiemenzahl und die successive sich vergrössernde Ausbreitung desselben nach hinten, sowie die, in Anpassung an die beschränkten Raumverhältnisse, successive zunehmende Zu- sammendrängung der einzelnen Kiemen kann ich im Wesentlichen bestätigen und durch einige weitere Beobachtungen‘) vermehren. Dieselben zeigen auch, zusam- mengehalten mit den embryonalen Verhältnissen ein caudales Zurückweichen des Anfanges des Kiemenkorbes um einige Myomeren, so dass auch von vorn her eine Zusammendrängung der Kiemen geschieht. In dieser letzteren Hinsicht weist Am- phiowus ein Verhalten auf, welches auch bei Kranioten beobachtet wurde. Im Uebrigen aber geht er mit seiner sekundär sich entwickelnden Hyperbranchiomerie (welche bis zum Verhältniss von 41%—5', Kiemen auf je 1 Myomer ansteigen kann) 1) Noch weniger kann ich natürlich der von DoHRN oft wiederholten Ansicht von der Entstehung des Vertebratenmundes überhaupt aus Kiemenspalten beistimmen, verweise aber hinsichtlich dieser den vor- liegenden Untersuchungen ferner stehenden Frage insbesondere auf GEGENBAUR’s bezügliche Ausführungen (1887 A. p. 21f.). 2) Ueber ihre asymmetrische Ausbildung brauche ich hier nicht mehr zu handeln. Auch die zahlreichen sonstigen Besonderheiten kommen für diese Untersuchungen nicht in Betracht. 3) Exemplare von Amphioxus lanceolatus von 16, 20, 22, 39 und 44mm Körperlänge und 61—63 Myomeren zeigten ein Endigen der Kiemenregion im Bereiche des 24., 25., 26. und 25!/3. Myomers; bei einem Amphiorus cultellus von 20mm Länge und 52 Myomeren endete die Kiemenregion in der Mitte des 25. Myomers, bei Param- phioxus bassanus von Almm Länge und 74 Myomeren im Bereiche des 40. Myomers (also etwas hinter der Mitte). Die relative Zahl der auf je ein Myomer kommenden Kiemen betrug 3—51/s, wobei die jüngeren Exemplare von A. lanceolatus, sowie A. eultellus durch die geringeren, die älteren Exemplare von A. lanceolatus sowie A. californiensis und P. bassanus durch die grösseren Relativzahlen sich kennzeichneten. — Die Kiemen schlossen bei den meisten Thieren direkt an das Velum an, begannen somit je nach dem Alter und der Grösse mit dem 5. bis 7. Myomer (bei Markirung der Myomerengrenzen in der Chordahöhe). Bei P. bassanus gingen der vorderen Kiemengrenze selbst 7—8 Myomeren voraus; zwischen derselben und dem Velum lag ein etwa 11, Myomeren breiter kiemenloser Zwischenraum. 652 Max FÜRBRINGER [304 den Kranioten gegenüber durchaus eigene, sich von ihrer Entwickelungsbahn ent- fernende Wege. Bei den Kranioten findet sich gegenüber den Myomeren nirgends Hvperme- tamerie oder Pleometamerie') der Kiemen, sondern vielmehr Eumetamerie oder Elassometamerie'); letztere allerdings auch als sekundäre Erscheinung infolge der hier eingetretenen Kiemenreduktion und Kiemenverschiebung. Den Beginn bei Beiden, Akraniern wie Kranioten, bildet der primäre eumetamere Zustand, wo die Zahl und Lage der Kiemen derjenigen der Myomeren (Somiten) entspricht); hier muss die Vergleichung einsetzen. Die Bestimmung dieser primären Eumetamerie zwischen Kiemen und namentlich die Grenzbestimmung zwischen dem eumetameren und dem dysmetameren Verhalten ist aber weit schwieriger, als es auf den ersten Anblick den Anschein hat. Bei Amphiowus werden von den hierüber specieller handelnden Autoren 9—14 primäre Kiemenspalten resp. Kopfsegmente angegeben: van WisHE entscheidet sich für die Minderzahl, HarscHhex für die Mehrzahl, Wırrey rechnet mit allen Zahlen innerhalb dieser beiden Extreme. Das Ende der Metamorphose bildet hier- bei für Wirıey und HarscHer die Grenze zwischen dem primitiven Verhalten und der sekundären, pleobranchiomere Zustände anbahnenden Vermehrung der Kiemen. Aber schon in der larvalen (eumetameren) Periode beobachtete WiırLey sehr eigen- thümliche Verhältnisse, indem sich hier für die linke Seite 14 Kiemenspalten an- legen, von denen sich wieder 6 resp. (5—7) zurückbilden, während die rechte Seite nur 8 (resp. 7—9) derselben entwickelt. Bei einer derartigen antimeren Diskrepanz und Variabilität, die offenbar von verschiedenen Cänogenien beeinflusst ist, kann die On- togenie des Amphiowus, bis nicht eine sichere Erklärung und Abwägung dieser Ver- hältnisse gefunden ist, nicht als entscheidend für die Bestimmung der Zahl der pri- mären Kiemen angesehen werden. Aber auch die zeitliche Grenze scheint mir nicht genügend begründet. Warum soll gerade das Ende der larvalen Metamorphose die eumetamere und pleometamere Periode des Amphiowvus scheiden? Kann man nicht auch annehmen, dass die Vorfahren des Amphiowus lanceolatus ursprünglich etwa bis zum 24. bis 26. Myomer (s. u. A. p. 651, Anm. 3) in eumetamerer Weise ihre Kiemen 1) Die beiden Termini Pleometamerie und Elassometamerie der Kiemen sind bestimmt, das Ver- hältniss in der Zahl derselben — ob mehr, ob weniger — zu den Rumpfmetameren auszudrücken. Sie bilden somit die beiden Unterabtheilungen der Dysmetamerie und stehen zugleich der Eumetamerie gegenüber. Der Be- griff Pleometamerie deckt sich im Wesentlichen mit der HarscHer’schen Hypermetamerie, begrifflich jedoch nicht ganz, insofern die Hypermetamerie der Kiemen eine übermässige Vermehrung derselben an sich, die Pleometamerie jedoch das relative Plus gegenüber den Myomeren ausdrückt. 2) Auf die ausgedehnte Frage der Metamerie der Kiemen und Somiten bei den Kranioten, welche eine ausserordentlich umfassende Literatur gefördert hat, ist hier nicht einzugehen. Kurz sei nur bemerkt, dass jetzt die überwiegende Mehrzahl der Autoren GEGENBAUR, der bereits 1570 diese Frage in ihren Grundzügen beantwortet hat, in der Annahme einer primären Eumetamerie, aber einer sekundären, allenthalben zu beobachtenden Dysmetamerie zustimmt, nachdem AHLBORN (1884 B. p. 309f.) mit seiner Behauptung einer fundamentalen Differenz und Unabhängig- keit zwischen Branchiomerie und Mesomerie nur vorübergehende Zustimmung bei einzelnen Morphologen gefunden hatte. Uebrigens sei insbesondere auf die weiteren Ausführungen von GEGENBAUR (1887 A. p. 28f., DoHRN (1890 B. p. 337f.) und v. KuPprreEr (1895 p. 65f.) verwiesen. 305] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 653 anlegten'), dass erst danach infolge der Ueberproduktion derselben in dem gegebenen beschränkten Raume die Pleobranchiomerie begann und dass diese phylogenetischen Entwickelungsgänge nun in der Ontogenie sich zeitlich verkürzten und in verscho- bener Weise sich rekapitulirten? Endlich soll man auch mit denjenigen Arten von Amphioxus rechnen, welche A. lanceolatus an Myomeren und wohl auch meistens an Kiemenzahl (cf. p. 632, 651, Anm. 3) übertreffen (A. caribaeus, prototypus, belcheri und californiensis, um von dem mehr veränderten Subgenus Paramphiowus |Heteropleuron und Asymmetron) abzusehen) und vielleicht eine grössere Anzahl primärer Kiemen zur Entwickelung brachten als die europäische am meisten untersuchte Species”). — Aus allem diesen schliesse ich, dass wir, abgesehen von der Minimalgrenze, zur Zeit noch gar nichts einigermaassen Sicheres und Bestimmtes über die primäre Kiemenzahl der Akranier aussagen können. Sicher ist sie nicht geringer als 9 gewesen; sie kann aber auch 14 oder 26 oder noch mehr betragen haben. Jeder bisherige Versuch, die maximale Grenze zu bestimmen, ging von einseitigen und unzureichenden Grund- lagen aus. Der gleichen Unsicherheit begegnen wir bei dem Versuche, die primäre Kiemenzahl der Kranioten zu bestimmen. Bei den am tiefsten stehenden derselben, den Myxinoiden, konnte unter specieller Berücksichtigung des Bdellostoma poly- trema nur von einer Minimalzahl von 16 eumetameren Kiemen gesprochen werden (p- 626); dieselbe ist aber wohl grösser, da zwischen dem persistirenden Facialis und Vagus wahrscheinlich einige, übrigens numerisch nicht näher zu bestimmende, Kie- men ausgefallen sind. Von anderer Seite (Price) wird auf Grund ontogenetischer Untersuchungen an Bdellostoma stouti sogar auf 35 Kiemen geschlossen (p. 622). Wir wissen aber auch nicht einmal sicher, ob die kiemenreichste unter den bisher be- kannten Bdellostoma-Arten (Bd. polytrema) den primordialen Verhältnissen am näch- sten steht, denn man kann auch daran denken, obwohl das nicht viel Wahrscheinlich- keit für sich hat, dass hier eine sekundäre Vermehrung der Kiemenspalten eingetreten ist. Bei Petromyzonten und Gnathostomen erscheint auf Grund der bisherigen Beobachtungen die Zahl erheblich geringer, indem hier nur eine Maximalzahl von 8 (Ammocoetes, Heptanchus) gesehen resp. erschlossen wurde. Die Existenz von Skelettge- bilden, welche vor der ersten beobachteten Kiemenöffnung (Spritzloch) sich befinden und mehreren visceralen Bogen entsprechen (GEGENBAUR), sowie gewisse ontogenetische Befunde (van WisHE, DoHrn, v. KuPFFeR, KASTSCHENKo, Part, Horrmans u. A.)?) machen 1) Die Seitenfalten und der peribranchiale Raum legen sich bekanntlich nach den Untersuchungen von LANKESTER and WILLEY (1890 p. 445ff.) in der ganzen Länge des Raumes an, wo später die Kiemen und Gonaden liegen, somit noch eine lange Strecke hinter den 14 primären Kiemenspalten an, ehe überhaupt eine tertiäre (WILLEY) durchgebrochen ist. 2) Die Zahl der vor dem Athemporus gelegenen Myomeren beträgt, wie schon mitgetheilt, nach KırkALDY bei Amphioxus lanceolatus 35—36, bei A. caribaeus 37—3S, bei A. belcheri 37 und bei A. californiensis 44—45; ich fand das Ende des Kiemenkorbes beim ausgewachsenen 4. lanceolatus am 27.—28. Myomer. Die Differenz in unseren beiden Angaben erklärt sich durch den Umstand, dass der Athemporus bei A. lanceolatus um S—12 Myomere weiter hinten liegt als das Ende des Kiemenkorbes. 3) Ich habe hier den praeoralen Darm und seine seitlichen Aussackungen im Auge und verweise dies- bezüglich namentlich auf die genauen, auch die betreffende Litteratur eingehend würdigenden Untersuchungen Festschrift für Gegenbaur. IH. s3 654 Max FÜRBRINGER [306 es aber wahrscheinlich, dass bei den Vorfahren derselben noch vordere, jetzt ge- schlossene und rückgebildete Kiemenöffnungen dazu kamen. Desgleichen führt die innerhalb der Gnathostomenreihe zu konstatirende Verminderung der Kiemenzahl durch successive Reduktion der hinteren Kiemen zu der insbesondere von GEGENBAUR ausgesprochenen und näher begründeten Anschauung, dass den erwähnten 8 Kiemen einstmals noch eine Anzahl hinter ihnen liegender folgte. Sonach repräsentirt die Achtzahl eine wohl zu klein gegriffene Minimalzahl!) bei Petromyzonten und Gnathostomen; die wirkliche primordiale Zahl entzieht sich aber unserer bisherigen Kenntniss. Auch müssen wir damit rechnen, dass Akranier und Myxinoiden bei ihrem von den Vorfahren der Petromyzonten und Gnathostomen seitwärts führenden Entwickelungsgange die grosse Anzahl ihrer eumetameren Kiemen eventuell erst sekundär erwarben. Mit diesen Darlegungen wollte ich nur angesichts so mancher, namentlich von ontogenetischer Seite gemachter Versuche, die primordiale Kiemenzahl der Vertebraten zu bestimmen, zur Vorsicht mahnen. Es liegt in der Schwäche der menschlichen Natur, dass man gern glaubt, das engbegrenzte Gebiet, welches man gerade mit Treue und Fleiss bearbeitet, eigne sich ganz besonders zum Ausgangs- punkte für weitgehende Folgerungen, und man vergisst dabei gar zu leicht, dass hinter den Bergen noch ganze, der Untersuchung bisher entzogene Welten liegen. GEGENBAUR hat bei seiner umfassenden Kenntniss und seinem hohen Standpunkte auch hier den weitesten Blick und zugleich die weiseste’Maasshaltung bewiesen, in- dem er wohl grosse ‚Perspektiven eröffnete, aber im Uebrigen sich mit der Bestim- mung von Minimalzahlen (zunächst für die Gnathostomen) begnügte. Wer dagegen geglaubt hat, mit den bisher vorliegenden Materialien nicht nur Minimalzahlen, son- dern überhaupt bestimmte, auch die eventuelle maximale Grenze umschreibende Zahlen geben zu können, hat sich m. E. ohne genügende Deckung zu weit vor- gewagt. Ich neige bei Beachtung der Verhältnisse des Amphiowus und der Myxinoi- den dazu, eine grössere Minimalzahl anzunehmen, als die Mehrzahl der bisher darüber handelnden Autoren, möchte aber selbst in dieser Hinsicht nichts Bestimmtes aussprechen. Wir stehen erst am Anfange der Kenntniss dieser Verhältnisse. v. Kuprrer’s (1894 p. 22f.). — Die Existenz von mehrfachen Kiemenbogen und Kiemenspalten (bis 5) im mandibularen und hyoidealen Gebiete, in der Art, wie VAN WIJHE, DOHRN, BEARD u. A. dieselbe behaupten, ist erst noch zu erweisen. 1) Van WISHE ist auf Grund seiner ontogenetischen Untersuchungen zur Annahme einer noch kleineren Zahl gekommen (1889 p. 561f.), indem er von den von ihm früher (1582) angenommenen 4 Vaguswurzeln die zwei hinteren streicht und angiebt, dass das Gebiet. welches von den Kiemenzweigen des Vagus versorgt wird, ursprüng- lich viel kleiner war (dem 6. und 7. Kopfsomit angehörte) und sich erst danach um 2—4 Segmente (4 bei Heptanchus, Chlamydoselache und Cyclostomen) weiter nach hinten ausdehnte, ehe die später darin vorhandenen Kiemenspalten auftraten. Damit vermindert sich also, wenn ich den Autor richtig verstehe, die ursprüngliche Kiemenzahl um 2—4, und die Petromyzonten und Notidaniden zeigen nicht ein ursprüngliches, sondern ein mehr sekundäres Verhalten. Das Alles steht meiner an GEGENBAUR anknüpfenden Auffassung diametral gegenüber. — Auch DOHRN kommt, aller- dings auf ganz anderem Wege (bei Besprechung des Kiefer- und Zungenbeinapparates der Selachier), zu der An- schauung, dass hier nicht die Notidaniden, sondern vielmehr die Rochen die ursprünglicheren Verhältnisse gewähren und dass die der Notidaniden erst von denen der Rochen abzuleiten seien. Ueber die Frage der Kiemenspalten äussert er sich dabei nicht. Auch diesem Autor gegenüber kann ich nur betonen, dass diese Anschauungen für mich gänzlich unannehmbar sind. 307] ÜERBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPNALEN ETC. 655 Ueber das Verhalten des Kiemenkorbes zur Rumpfwand kann ich mich kürzer fassen. Wie schon erwähnt, liegt derselbe bei Amphiowus, abgesehen von seinem nothwendigen dorsalen Verbande mit dem Rumpfe, frei innerhalb der Rumpfwand, durch die ektodermale mit der Aussenwelt kommunieirende Peri- branchialhöhle von ihr gesondert. In diese öffnen sich die Kiemenspalten, während sie bei den Kranioten an der Oberfläche des Körpers ausmünden. Boverr hat bei der Vergleichung des Nierensystems des Amphiowus den frucht- baren Gedanken ausgesprochen, dass die Kranioten einstmals auch eine Peribranchial- höhle nach Art des Amphiowus besassen, dass dieselbe sich aber weiterhin mehr und mehr verengerte und schliesslich nur noch in ihrem Vornierengange persistirt. In eine speciellere Besprechung dieser von Bovzrı vorgetragenen und des Ge- naueren ausgeführten Anschauung einzutreten, ist hier nicht der Ort; von gewissen Differenzen abgesehen‘), stehe ich in der Hauptsache auf einem ähnlichen Standpunkte wie er’). Ich bin danach geneigt anzunehmen, dass die Vorfahren der Vertebraten’) zuerst frei nach aussen sich öffnende Kiemenspalten besassen, dass dieselben danach durch ventrales Hinunterwachsen der Leibeswand in Gestalt der (eine innere viscerale und eine äussere somatische Muskulatur besitzenden) Bauchfalten Schutz erhielten und nun in den damit entstandenen Peribranchialraum einmündeten. Derselbe ge- langte bei den Akraniern ebenso wie der Kiemenapparat derselben zu einer be- sonderen, einseitigen höheren Ausbildung, während er bei den Kranioten durch eine successive Verwachsung der Leibeswand (Bauchfalten) mit den Kiemen sich all- mählich verengerte und schliesslich — unter gewissen Umbildungen — wohl nur noch in dem Vornierengange als seinem letzten Reste erhalten blieb‘). Mit dieser Vereinigung der Leibeswand mit dem Kiemenkorbe’) und dem dadurch bedingten Verschlusse des Peribranchialraumes mussten sich neue äussere Oeffnungen der Kiemenspalten bilden, falls die Kiemen in ihren Funktionen nicht behindert werden sollten; dies geschah bei den Myxinoiden durch Ausbildung der äusseren Kiemengänge, welche die Kommunikation mit der äusseren Leibeswand und die Ausmündung der Kiemen nach aussen vermittelten. Wie schon bei den Myxinoiden ausgeführt (p. 626), geben 1) Uebrigens verweise ich auch auf die von SEMoN (1892 n». 102f.), van Wısue (1893 p. 165, 170), PLArt (1894) und GÖöTTE (1895 p. 18f.) gegen BovEr!s Anschauungen geltend gemachten Bemerkungen und Einwände. 2) GEGENBAUR (1887 A. p.101 Anm.1) hat hervorgehoben, dass die Kranioten von Formen abstammen, bei denen eine Peribranchialhöhle noch nicht besteht, wie in Larvenstadien des Amphioxus. Das war vor den Unter- suchungen von WILLEY und BoVERI. Wie er sich jetzt in dieser Frage verhält, ist mir unbekannt. 3) Nach den Untersuchungen von WILLEY (1893, 1894) und SEELIGER (1893) dürfte die Peribranchialhöhle der Tunicaten wohl derjenigen des Amphioxus homolog sein. Immerhin sind die sehr bestimmten ontogenetischen Angaben von VAN BENEDEN et JuLın (1885, 1886), wonach auch das Endoderm an ihrer Ausbildung sich betheilige, nicht ausser Acht zu lassen. 4) Auf die eventuelle Homologie der Peribranchialhöhle mit dem Vornierengange lege ich hierbei minderes Gewicht. Meine sonstigen Darlegungen können ganz gut ohne dieselbe bestehen. 5) Hierbei traten die inneren visceralen Muskeln der Bauchfalten in direkten Verband mit dem Visceral- skelette, während sich die durch die Seitenfaltenhöhlen von ihnen getrennten somatischen Muskeln (ventraler Theil des Seitenrumpfmuskels) wahrscheinlich in dem Maasse zurückbildeten, als die inzwischen weiter lateralwärts aus- gedehnte Seitenrumpfmuskulatur (cf. p. 646) mit ihren ventralwärts vorwachsenden mehr lateralen Elementen die ven- trale Bauchwand verstärken half (Bauchplatten der Embryonen). 83*+ 656 Max FÜRBRINGER [308 verschiedene Instanzen, insbesondere der Verlauf der ventralen Spinalnervenäste, an die Hand, eine derartige phylogenetische Entwickelungsbahn zu vermuthen und anzu- nehmen, wenn auch die Ontogenese dieser Bildungsvorgänge noch nicht bekannt ist‘). Die Myxinoiden stehen sonach in dieser Hinsicht nicht allzufern von Amphiowus. Auch die Vorfahren der Petromyzonten und Gnathostomen mögen in früher phylogenetischer Zeit ähnliche Wege gegangen sein. Die Ontogenese offenbart da- von nichts mehr, zeigt aber auch keine Bildung, welche diesen Annahmen ungünstig ist. Der bogenförmige Verlauf des Plexus cervicalis resp. des N. hypoglossus ist ein Zeichen höherer Differenzirungsvorgänge und von sekundären Verschiebungen im kranialen und branchialen Bereiche abhängig, über die bereits oben (p. 559 ff., 625) des Genaueren gehandelt wurde. D. Ueber die Stellung der Petromyzonten, Myxinoiden und Akranier zu einander und zu den Gnathostomen. — Versuch einer metamerischen Ver- gleichung der Gehirn- und Spinalnerven. Die Vergleichung der spino-occipitalen Nerven resp. der ihnen entsprechenden Gebilde innerhalb der Petromyzonten, Myxinoiden und Akranier, sowie mit den Gnathostomen wurde bereits in den vorhergehenden Kapiteln so weit gegeben, als dies meines Erachtens mit den bisherigen Materialien möglich erschien, ohne den Boden der gegebenen Thatsachen zu verlassen. Allenthalben konnte die Existenz von Gebilden erwiesen werden, welche, nach dem Typus der Spinalnerven gebaut und ihnen in allen wesentlichen Eigenschaften gleichend, sich mit den oceipitalen und occipito-spinalen Nerven der Selachier und ihrer Descendenten homologisiren liessen, ihre niedrigere Stellung aber damit bekun- deten, dass sie entweder dem Cranium noch nicht assimilirt waren oder selbst nicht einmal gegen die ersten Cerebralnerven sich deutlich abgrenzten. Ein eigentliches Neocranium geht allen drei in diesem Abschnitte besprochenen Abtheilungen ab; das Cranium derselben, soweit es zum grösseren (Petromyzonten) oder kleineren Theile (Myxinoiden) knorpelig ausgebildet ist, repräsentirt ein reines Palaeocranium, das hinten mit der Labyrinthregion abschliesst. Der N. vagus tritt hier sonach an der hinteren Knorpelgrenze aus, und was bei den Selachiern als den Oceipitalnerven Durchtritt ge- währendes Neocranium anzusprechen war, existirt hier noch im bindegewebigen Zustande resp. in der Gestalt freier, getrennter Wirbelelemente. Bei den Akraniern fehlt jede ge- webliche Differenzirung des Cranium gegenüber der Umhüllung des Rückenmarks. Man kann somit bei den Petromyzonten, Myxinoiden und Akraniern nicht von Occipital- nerven sprechen, sondern nur von Spinalnerven, welche den Occipitalnerven der Gnathostomen homolog sind. Und wenn für die ersten Spinalnerven der 1) Es ist auch sehr gut möglich, dass die Ontogenese diese phylogenetischen Entwickelungsgänge nur ganz unvollkommen rekapitulirt. 309] ÜEBER DIE SPINO-OGCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 657 Petromyzonten und Myxinoiden wegen einiger Besonderheiten doch der Terminus „spino-oceipitale Nerven‘ gebraucht wurde, so geschah das mit der Reserve, dass es sich hier um Nerven handele, welche dahin tendirten, Occipitalnerven zu werden, welche partiell selbst gewisse Eigenschaften derselben erreicht hatten, aber doch noch nicht als ausgebildete Occipitalnerven angesprochen werden durften. Ich wählte darum auch möglichst indifferente Bezeichnungen (die Anfangsbuchstaben des grie- chischen Alphabetes) für sie, während zur Bezeichnung der Occipitalnerven der Selachier die Endbuchstaben des lateinischen Alphabetes gebraucht worden waren. Bei den Selachiern, speciell den Notidaniden, wurden in Maximo 5 Occeipital- nerven (v, w, X, Y, 2) gefunden, zugleich wurde aus gewissen, dort (p. 440) näher ausge- führten Gründen wahrscheinlich gemacht, dass die Vorfahren der Selachier vor v einige Occipitalnerven besessen haben dürften. Die wirklich beobachteten Oceipitalnerven entbehren im ausgebildeten Zustande mit Ausnahme des letzten (z) der dorsalen Wurzeln und waren zugleich infolge einer sekundären Wanderung (p. 440 f.) so weit nach vorn geschoben, dass die ersten 2 bis 3 im Niveau des Vagus-Abganges und -Durchtrittes, der erste selbst davor sich fanden. Bei den Petromyzonten folgten sämmtliche Spinalnerven («, ß, y, d, & etc.) vom ersten ab auf den Vagus und besassen ebenfalls vom Anfang ab dorsale Wurzeln (Nerven), die zwei bis drei ersten allerdings in sehr schwacher Ausbildung. Zugleich bildeten die 2 (resp. 3) ersten, welche von den folgenden als „‚spino - occi- pitale Nerven‘ hervorgehoben wurden!), einen kleinen Plexus, der wohl eine Folge besonderer Differenzirungen und Verschiebungen im Gebiete der ersten Rumpfmuskel- myomeren war. Wichtiger als dieser erwies sich ein anderer von mehr hinteren (mit &, 7 oder # beginnenden) Spinalnerven gebildeter Plexus, welcher auf Grund seines bogenförmigen die Kiemenregion hinten umkreisenden Verlaufes und seiner Endverbreitung in den ventralen branchialen Myomeren des Seitenrumpfmuskels (hypo- branchiale spinale Muskulatur) dem Plexus cervicalis?) der Selachier und anderen Gnathostomen verglichen werden konnte und damit zugleich den Schluss erlaubte, dass die Spinalnerven der Petromyzonten, mit Ausnahme des ersten oder der 2 bis 3 ersten den Occipitalnerven v, w, © etc. der Notidaniden homolog seien, dass somit das bei der Besprechung der Selachier als sehr wahrscheinlich erschlossene Vorhanden- sein von «, f etc. bei den Vorfahren derselben in der wirklichen Existenz von «, $ resp. «, 5, 7°) bei den Petromyzonten eine thatsächliche Parallele fand. Die Petro- myzonten nähern sich somit in der Bildung des Plexus cervicalis, in der heptanchen Beschaffenheit ihres Visceralapparates und in der Dysmetamerie zwischen ihren Bran- chiomeren, sowie dorso-lateralen und ventralen branchialen Myomeren des Seitenrumpf- muskels (p. 606 f.) den Selachiern, stehen aber in dem Vorkommen von Homologen 1) Mit dieser Benennung wurde aber in keiner Weise behauptet, dass diese den Oceipitalnerven der Selachier homolog seien. 2) Plexus cervicalis nach meiner Nomenklatur bei den niederen Gnathostomen, aus welcher sich bei den höheren der Plexus hypoglosso-cervicalis s. str. entwickelte. 3) Hinsichtlich dieser variabeln Verhältnisse verweise ich auf die Besprechung bei den Petromyzonten /p.605f£.). 658 Max FÜRBRINGER [310 mehr vorderer Occipitalnerven, als bei den primitivsten Haien wirklich zur Beobachtung kamen, sowie darin, dass diese dorsale Wurzeln, wenn auch in sehr reducirtem Zustande, noch besitzen und dass sie erst kaudal auf den Vagus folgen, erheblich tiefer als diese Vertreter der Gnathostomen; dazu kommt noch der getrennte Verlauf der dorsalen und ventralen Spinalnerven, die sich nicht zu Stämmen vereinigen, und die sehr einfache Anordnung des Seitenrumpfmuskels und seiner histologischen Elemente. Noch tiefer stehen die Myxinoiden. Hier konnte durch speciellere Ver- gleichung mit grosser Wahrscheinlichkeit erschlossen werden, dass von den Spinal- nerven (a, , y, 0, € ete.) derselben erst der dritte und die auf ihn folgenden denen der Petromyzonten homolog sind ("= «, 0 = f etc.), dass somit für den Fall, wo ö und « der Petromyzonten den Oceipitalnerven u und f entsprachen‘), #' und « der Myxinoiden die Reihe um zwei (s und r) weiter nach vorn fortsetzen. Zugleich zeigte sich hier eine weit bessere Ausbildung der dorsalen Wurzeln als bei den Petromy- zonten?), sowie — ein hier als primitiv zu beurtheilender und nicht erst durch Vor- wanderung erzielter Ursprung des ersten Spinalnerven («) zwischen Vagus und Acustico-Facialis. Damit verwischt sich die topographische Grenze zwischen Spinal- und Üerebralnerven und ein Verhalten kommt zur Beobachtung, welches bereits an Amphioxus-artige Zustände erinnert. Weitere Kennzeichen einer tieferen Stellung wurden gefunden in dem gesonderten Durchtritte der Wurzelbündel (meist 2, aus- nahmsweise auch mehr) der ventralen Nervenwurzeln, in dem Mangel eines die Kiemen- region hinten umkreisenden Plexus cervicalis, indem die Spinalnerven im branchialen Bereiche unbeirrt von den Kiemen in transversaler Richtung zwischen den äusseren Kiemenöffnungen (Bdellostoma) oder vor der gemeinsamen Ausmündung der Kiemen (Myzwine) verlaufen, in dem späten Verbande der sensibeln und motorischen Antheile der Gehirnnerven, in der Existenz von motorischen Elementen im R. ophthalmicus profundus, in dem Fehlen eines Ram. lateralis vagi, in der minimalen Ausbildung von Anastomosen der Spinalnerven mit dem Ram. branchio-intestinalis vagi, bei gewissen Bdellostoma-Arten in der erheblichen Anzahl ihrer Kiemen, in der reinen oder nur geringgradig gestörten Eumetamerie zwischen Branchiomeren und den dorso- lateralen und ventralen Myomeren des Seitenrumpfmuskels. In allen diesen Merkmalen gaben die Myxinoiden eine Mittelstellung zwischen den Petromyzonten und Akraniern zu erkennen und liessen zugleich daran denken, dass ihre Vorfahren noch mehr Berührungspunkte mit Amphiowus (z. B. einen Peri- branchialraum) besassen. Mit diesen Kennzeichen einer primitiven Stellung verbinden sich auch einzelne Merkmale, worin die Myxinoiden höher stehen als die Petromyzonten (Zusammentritt der Spinalnervenwurzeln zu einem Stamme, makroskopischer und mikroskopischer Bau der Seitenrumpfmuskeln) oder womit sie einen ganz einseitigen Entwickelungsweg bekunden (z. B. die kaudale Lage der Kiemen, Entfaltung und 1) Bei der geringgradigen Variirung der bezüglichen Verhältnisse bei den Petromyzonten erweist sich auch die Zählung bei den Myxinoiden als eine etwas schwankende. 2) Von «’ konnte ich bisher nur die dorsale Wurzel sicher nachweisen, während bezüglich der ventralen noch weitere Untersuchungen an besser konservirtem Material nöthig sind. 311] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 659 Ausdehnung des N. intestinalis). Solche Zeichen höherer und einseitiger Differen- zirung verbinden sich auch in anderen Abtheilungen mit den durchgreifenden Charak- teren eines einfacheren Baues; hierbei besteht meines Erachtens kein Zweifel, dass die primitiven Kennzeichen bei den Myxinoiden die weitaus überwiegenden sind und deren Stellung bestimmen. Die Akranier zeigen noch viel primitivere Verhältnisse. Spinalnerven und Cerebralnerven sind bei ihnen in der Hauptsache so ähnlich gebildet, dass eine direkte Scheidung derselben von einander nicht möglich ist; nur durch den Vergleich mit den Nerven der Kranioten kann versucht werden zu bestimmen, was von ihnen bei diesen zu Spinalnerven, was zu Cerebralnerven sich entwickelt hat. Die ventralen Wurzeln treten mit sehr zahlreichen feinen Wurzelfäden getrennt aus und gehen in der Hauptsache sofort an die von ihnen innervirte Muskulatur, welche sich nach ihrer Lage zu den dorsalen Nerven (deren Spinalganglienzellen sich noch nicht zu kompakten Spinalganglien konsolidirt haben) als eine mehr innere (mediale) und nach ihrer sonstigen makroskopischen und histologischen Bildung als eine noch erheblich tiefer stehende als diejenige der Petromyzonten zu erkennen giebt. Desgleichen zeigt der Kiemenapparat mit seinen zahlreichen Kiemen und seiner Freiheit gegen- über der von ihm gänzlich getrennten Rumpfwand (die darum auch nicht von den äusseren Ausmündungen der Kiemen unterbrochen wird) bei aller Besonderheit seiner Ausbildung doch ein ungemein primitives Gepräge. Diese gedrängte Rekapitulation möge vorerst genügen'). Einen wie kleinen Theil der Organisation der Petromyzonten, Myxinoiden und Akranier diese Merkmale auch umfassen, so reichen sie vollständig aus, um diesen drei Abtheilungen eine systematische, genealogische Stellung tief unter den Gnathostomen anzuweisen, um die Myxinoiden erheblich tiefer als die Petromyzonten und die Akranier wieder weit unter die Myxinoiden zu stellen. Es ist das grosse und bleibende Verdienst Haccker’s, diesen Beziehungen Ausdruck gegeben zu haben, indem er Amphiowus als Vertreter der Akrania (Leptocardia) allen anderen Vertebraten (Craniota, Pachycardia) gegen- übersetzte und die Kranioten wieder in die tiefere Abtheilung der Üyclostoma s. Monorhina s. Marsipobranchia (mit den Ordnungen der Myxinoides und Petromy- zontes) und die höhere der Gnathostoma s. Amphirhina (mit allen übrigen Wirbel- thieren) sonderte. Es dürfte z. Z. wohl kaum noch einen Zoologen von Bedeutung geben, der ihm darin nicht im Wesentlichen folgte?). Dass unter den Cyclostomen die Petromyzonten (Hyperoartia J. Mürrer’s) die höhere und jüngere, die Myxinoiden (Hyperotreta J. Mürter's) die primitivere und 1) Bezüglich aller weiteren Vergleichungspunkte verweise ich auf den speciellen Inhalt der vorausgehenden Kapitel A, B und C, sowie auf die weiter unten folgenden Auseinandersetzungen. 2) Howes (1892) hat diesen älteren Terminis neuerdings noch zwei weitere zugefügt, indem er nach der äusseren Ausmündung des Hypophysenganges und dem Mangel oder der Existenz der paarigen Extremitäten die Cyelostomen als Epieraniata oder Apterygia, die Gnathostomen als Hypocraniata oder Pterygiophora bezeichnete. 660 Max FÜRBRINGER [312 ältere Abtheilung repräsentiren, wird auch fast allgemein anerkannt; meines Wissens ist es nur Schneider (1879 p. 82), der auf Grund des histologischen Verhaltens der Leibesmuskeln, der Verbindung der Spinalnervenwurzeln zu Stämmen und der Bildung des Zungenbeins den Myxinoiden ausdrücklich eine höhere Entwickelungs- stufe zuweist'). Den angeführten Zeichen einer höheren und einseitigen Specialisirung kann man noch die Beschaffenheit der Nasenkapsel und gewisse vereinzelte Züge im Visceralapparat zufügen; ihnen stellt sich aber eine Reihe primitiver Organisations- verhältnisse (mangelhafte Verknorpelung des Schädels und der Wirbelsäule, fehlende oder nur ganz unbedeutend entwickelte Kiemenknorpel, gracile Beschaffenheit des ganzen Skelettsystemes, Verhalten von Ohr und Auge, Kommunikation des hinteren Endes des Hypophysenganges mit der Mundhöhle, Nierensystem etc.) gegenüber, welche bei der Beurtheilung den Ausschlag geben und bereits von J. Mürzer hin- reichend gewürdigt wurden; auch Price’s neuere Untersuchungen sind der tiefen Stellung der Myxinoiden nur günstig. Mag hierbei auch Vereinzeltes sein einfaches Gesicht der weiter vorgeschrittenen parasitären Lebensweise der Myxinoiden verdanken, so erweist sich die überwältigende Summe der Merkmale als eine wirklich primitive, welche jede Descendenz von Petromyzon-artigen Verhältnissen ausschliesst?). Zugleich lehrt aber auch die genauere Vergleichung, dass bei beiden Abtheilungen Organi- sationsverhältnisse vorliegen, welche jede nähere Verwandtschaft gänzlich abweisen. In ihrem Skelettsystem, dem Verlaufe ihrer Spinalnerven im branchialen Gebiete, dem Verhalten ihres N. vagus, der hinteren Kommunikation ihres Hypophysenganges, in gewissen Besonderheiten ihres Kiemenapparates und ihres Urogenitalsystemes, um nur einige Grundzüge hervorzuheben, unterscheiden sich die Myxinoiden mehr und prineipieller von den Petromyzonten°) als z. B. die Selachier von den Säugethieren ; in einzelnen Merkmalen stellen sie sich selbst weiter ab von den Petromyzonten als diese von den Gnathostomen und zeigen zugleich (s. oben) mancherlei Hinneigungen nach den Akraniern. Ich habe mich daher auch niemals mit der althergebrachten Vereinigung dieser beiden so heterogenen Abtheilungen zu den Cyclostomen befreunden können und habe dem auch seit 15 Jahren in meinen vergleichend-anatomischen Vorlesungen Ausdruck gegeben. Meine neueren Befunde zusammen mit denen von Price befestigen mich nur in dieser Ueberzeugung und lassen mich die Myxinoiden I) Auch WIEDERSHEIM scheint in mancher Beziehung die Myxinoiden höher zu stellen als die Petromyzonten resp. in gewissen Organisationsverhältnissen (so auch in der Kiemenorganisation, die „direkt aus der der Petromyzonten abzuleiten“ sei, 1886 p. 605) als ihre Descendenten zu betrachten. 2) Unter den Myxinoiden steht Zdellostoma mit seinen gesondert ausmündenden Kiemen, die noch gar keinen knorpeligen Schutz besitzen, seiner schlankeren Gehirnbildung und seinem minder redueirten Auge, wie allgemein anerkannt wird, tiefer als Myxine. Beide sind übrigens sehr nahe verwandte Thiere. 3) Dabei kommen selbstverständlich auch gewisse Aehnlichkeiten — denn Beide sind tiefstehende Kranioten und haben eine analoge Lebensweise — zur Beobachtung. Dieselben dürfen aber nicht überschätzt werden. Wenn z.B. Rerzıus (1891 p. 53) sagt, dass die prinzipiellen Bauverhältnisse des Rückenmarks von Petromyzon denen von Myxine so ähnlich sind, dass es sich kaum lohnen würde, ihm eingehendere Studien mittelst der Methylenblau- Methode zu widmen, oder STUDNICKA (1894 p. 312), dass das Gehirn von Myzine demjenigen von Petromyzon sehr äbnele, so kann ich dem nicht zustimmen und dazu auch auf die weitere Angabe von Rerzıus (1893 p. 63) verweisen, wonach das Gehirn von Myzine sich in auffallender Weise von dem der Petromyzonten unterscheidet und sich be- deutend von ihm und den embryonalen Gehirnen der Wirbelthiere entfernt hat. 313] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 661 als Distoma') von den Petromyzonten ablösen und erst auf sie die Petromyzonten als einzige Vertreter der Cyclostoma folgen’). Das bisherige System der Wirbelthiere würde danach die folgende Modifikation erhalten: 1. Acrania (Amphioxina). ll. Craniota. 1. Distoma (Mywinoides). 2. Oyclostoma (Petromyzontes). 3. Gnathostoma. a. Anamnia (Pisces; Dipneusta; Amphibia). b. Amniota (Reptilia et Aves; Mammalia). Anknüpfungen der „Cyclostomen“ (Distomen und Öyclostomen) an die Gnathostomen sind nach verschiedenen Seiten hin gesucht worden; einmal sei die namentlich von Huxrey (1876), W. K. Parker (1882, 1883) und Görre (1890) ver- tretene Anschauung von der Verwandtschaft der Petromyzonten (Ammocoetes) mit 1) Ich entnehme diese Bezeichnung derjenigen Besonderheit der Myxinoiden-Organisation, welche schon J. MÜLLER (1836 p. 32) als die eigenthümlichste bezeichnete, nämlich der Einmündung des Nasengaumenganges in die Mundhöhle (Hyperotreta). Es handelt sich hier wohl um eine offene Kommunikation des Hypophysenganges mit dem Digestionsrohr und ich bin recht geneigt, dieselbe mit BEARD (1888 p. 23) und v. Kuprrer (1894 B. p. 60) als ein sehr primitives Merkmal, als die noch in Funktion befindliche Persistenz eines älteren Vertebratenmundes (Palaeostoma v. KUPFFER’s) aufzufassen. Den gleichen Gedankengang hat wohl auch DoHrN schon 6 Jahre früher (1882 p. 185) gehabt, indem er in seiner verdienstvollen Abhandlung über die Ontogenese und Phylogenese der Hypo- physis von Petromyzon die Wichtigkeit der Untersuchung der Entwickelungsgeschichte der Myxinoiden für diese Frage hervorhebt. PricE (1896 B. p. 82) hat dieses Desiderat zum Theil erfüllt und, wenn ich ihn recht verstehe, gefunden, dass bei Bdellostoma der ältere Mund (Palaeostoma) sich früher als der neue (Neostoma v. KUPFFER’s) aus- bildet. Dass bei den Gnathostomen die Hypophyse sich in der Regel später als der bleibende Mund entwickelt, dürfte als sekundäre Heterochronie zu deuten sein, indem, wie das so oft geschieht, auch hier die Ontogenese eines rudi- mentären Organes sich verzögerte und verspätete. Wenn ich auch gern zugebe, dass in dem Verhalten der Hypo- physis der Myxinoiden noch nicht alles klar liegt (ich erinnere u. A. an die Kontroverse v. KUPFFER 1894 B. p. 60f. und Rerzıus 1895 p. 19f.), so wird dadurch doch die allgemeine Auffassung des Palaeostoma und Neostoma m. E. nicht tiefer getroffen. Dagegen ist die von HATSCHER (1892 p. 139f.) ausgeführte Vergleichung der Hypophysis von Amphiozus und Ammocoetes unvereinbar mit der v. Kuprrer’schen Theorie. Bis zur definitiven Entscheidung sind jedenfalls weitere Untersuchungen abzuwarten. — Dass das Palaeostoma auch nur einen sekundären Durchbruch des Nahrungsrohres repräsentirt, dass die älteste Ingestionsöffnung der Vertebratenvorfahren aber durch den Gastrulamund (Prostoma) gebildet wird, ist allgemein bekannt. Es dürfte sich vielleicht empfehlen, die drei auieınander folgenden Mundbildungen als Prostoma, Deuterostoma (Mesostoma) und Tritostoma (Metastoma) zu bezeichnen. 2) Herr Professor H. KLAATscH, der mich auf dem Wege nach dem Anatomenkongresse in Berlin im April d. J. hier besuchte und dem ich von der fundamentalen Bedeutung der Price’schen Untersuchungen, sowie von meinen Untersuchungen an Myxine und Bdellostoma und meinen Anschauungen über die systematische Stellung dieser Thiere Mittheilung machte, war (wenn auch nicht von mir dazu autorisirt) so liebenswürdig, dieselben in der Diskussion zu dem PriIcE’schen Vortrage zum öffentlichen Ausdrucke zu bringen. In dem Berichte darüber (Verh. der Anat. Ges. 1586 p. S6) ist, wohl durch die Schuld des Setzers, mein Name nicht erwähnt. Das ist natürlich durchaus gleichgültig. Ich möchte aber daran anknüpfend jetzt Gelegenheit nehmen zu erwähnen, dass ich der Ueberzeugung bin, dass lange vor PricE’s und meinen Untersuchungen zahlreiche Morphologen und gewiss auch J. MÜLLER angesichts der in die Augen springenden fundamentalen Differenzen im Bau der Myxinoiden und Petromyzonten zu der klaren Anschauung von der weiten Kluft, welche beide Abtheilungen trennt, gekommen sind, derselben aber, weil sie sich auf die rein mor- phologische Behandlung beschränkten, keinen systematischen Ausdruck gaben. Uebrigens sei auch erwähnt, dass SCHNEIDER (1879 p. 82) die grosse Verschiedenheit im Baue beider ausdrücklich hervorhebt, dass er anräth, dieselben als Vertreter zweier weit auseinandergehenden Typen anzuerkennen, dass er sie (p. 112, 113) als zwei gesonderte, den Leptocardiern, allerdings auch den Ganoiden + Teleostiern, sowie den Selachiern etc. gleichwerthige Abtheilungen aufführt und, gerade so wie ich in den vorliegenden Untersuchungen, den Terminus „Cyclostomen‘“ vermeidet. Festschrift für Gegenbaur. III. 84 662 Max FÜRBRINGER [314 den Amphibienlarven hervorgehoben‘), dann die genealogische Gruppirung Bearv’s (1890), welcher die Marsipobranchier und Ganoiden (mit den von ihnen abstammen- den Teleostiern) von den Protoganoiden ableitet und damit den Protoselachiern (welche den Selachiern, Dipnoern und Amphibien Ursprung geben) gegenüberstellte. Meine eigenen Untersuchungen sind allen diesen Anschauungen nicht günstig. Doch will ich nicht ableugnen, dass in den Entwickelungsverhältnissen und in der definitiven Organisation der Amphibien manche Aehnlichkeiten existiren, welche nicht bloss auf heterogenetische Larvenanalogien (cyclostome Anpassungen der Mundbildung) zurück- zuführen sind, sondern wirklich gewisse, allerdings ausserordentlich entfernte Ver- wandtschaften zum Ausdruck bringen; zwischen den Amphibien und den primordialen Vorfahren der Ammocoeten existirte eine lange Reihe von Ahnen, deren Organisation aber auf Grund der bisherigen Untersuchungen noch sehr wenig aufgehellt ist. Unverkennbar weisen die Petromyzonten und Myxinoiden mannigfache Züge von Degeneration infolge ihrer veränderten dem Parasitismus sich nähernden Lebensweise auf. Ihre freilebenden Vorfahren haben gewiss dieses oder jenes Organ in etwas besserer Ausbildung besessen als die jetzt lebenden Nachkommen. Diese an sich durchaus gesunde Anschauung hat bekanntlich Donrn dazu geführt, fast allenthalben nach Merkmalen der Verkümmerung zu suchen, dieselben auch wirk- lich bei den Cyclostomen zu finden und danach deren Organisation von derjenigen der Gnathostomen unter Annahme fortgesetzter Degenerationen abzuleiten. Unter konsequenter Durchführung dieser Degenerationsidee ist er schliesslich auch dazu gelangt, den wie Ammocoetes im Sande lebenden Amphiowus und die Ascidien als weiter degenerirte Cyelostomen, somit als ursprüngliche Descendenten der Gnathostomen aufzufassen. Die betreffende Abhandlung Donrn’s (1875) enthält neben manchen guten und fruchtbaren Anschauungen und richtigen Beobachtungen eine ungewöhnliche Fülle von Behauptungen, welche sich schlechterdings nicht mit den zu Recht bestehen- den Thatsachen vereinigen lassen und von denen wohl Donrn selbst jetzt nach ge- wonnener besserer Kenntniss einen recht guten Theil nicht mehr festhält?). Wie für die Petromyzonten und Myxinoiden gilt auch für Amphiow@us, dass derselbe aller- dings manchen degenerativen Zug aufweist, dass aber für den, welcher den That- sachen nicht gänzlich den Rücken kehrt, gar nicht daran zu denken ist, ihn von den höheren Cyclostomen und ultima ratione gar von den Gnathostomen abzuleiten. Fast alle neueren genauen Untersucher haben denn auch die Degenerationshypothese ver- urtheilt, und manches, was selbst eine vorsichtige Beurtheilung bei Amphiowus als degenerativ ansah, wird neuerdings für primordial und ancestral erklärt (vergl. u. A. Ayers 1590 und Wırrey 1894). Diesem anderen Extrem der Anschauungen kann ich nicht allenthalben zustimmen. 1) PARKER ist selbst so weit gegangen, die Myxinoiden und Petromyzonten mit den Anuren (die er hierbei von den übrigen Amphibien abtrennt) zu einer Abtheilung zu vereinigen. 2) Zehn Jahre später (1885 C. p. 428f.) ist DoHRN nochmals auf die Organisation des Amphioxus eingegangen und hat eine Anzahl (8) Charaktere desselben auf das Palingenetische und Caenogenetische in ihnen besprochen. Ich stimme ihm hier zum kleineren Theile bei, zum grösseren aber weiche ich von ihm ab. 315] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 663 Dass Amphioxus neben seiner überwiegend sehr primordialen Organisation auch einzelne Verhältnisse aufweist, welche Kennzeichen einer besonderen, einseitig weiter gegangenen Entwickelung sind (u. A. hebe ich die Chorda, die Pleometamerie der Kiemen, die extreme Entwickelung der Seitenfalten und des Peribranchialraumes, die namentlich bei Paramphiowus zahlreichen hochgradigen Asymmetrien hervor), ist anerkannt; man wird sonach die jetzt lebenden Vertreter nicht zum Ausgangspunkte für die Kranioten machen können, sondern hierbei an einen Vorfahren denken, welcher nach Abzug der verschiedenen Kennzeichen von Degeneration und einseitiger Differenzirung nur primordiale Züge aufwies. Ein solcher kann an der Hand der Öntogenie und der vergleichenden Anatomie mit den Kranioten als wirkliches Ur- wirbelthier konstruirt werden, ist auch schon wiederholt — allerdings zum Theil in recht wunderlicher Gestalt — konstruirt worden. Ich finde meine Aufgabe jetzt nicht darin, auf diese primordiale Idealgestalt weiter einzugehen, verweise aber auf die von genialem Blicke und grosser Auffassung zeugenden Ausführungen Harcker’s in der neuen Auflage der systematischen Phylogenie (1895 p. 201#f.)'). Ich wende mich jetzt zu der Frage der Vergleichung der Gehirn- und Spinalnerven. Ueber dieselbe ist schon seit sehr langer Zeit nachgedacht worden; zahlreiche Probleme wurden gestellt und viele Antworten gegeben. Es würde gänzlich ausserhalb des Rahmes dieser Arbeit fallen, wenn ich auf die überreiche diesbezügliche Literatur ausführlich einginge. Die folgenden anspruchslosen Bemerkungen sollen diese nur streifen?) und sehen überhaupt von einer gründlichen Behandlung der Frage ab. Das Schlusskapitel G. des lI. Abschnittes kam zu der Entscheidung, dass man innerhalb der Gnathostomen noch genau zwischen cerebralen oder palaeokranialen Nerven und spinalen Nerven scheiden könne und müsse, mochten nun letztere be- reits in das Kranium aufgenommen sein (spino-occipitale oder neokraniale Nerven) oder noch im Bereiche der gegliederten Wirbelsäule (freie spinale Nerven) sich be- finden. Der N. hypoglossus der höheren Gnathostomen konnte als Abkömmling der spino-oceipitalen Nerven (speciell sogar der occipito-spinalen Nerven) dem palaeo- kranialen N. vago-accessorius scharf gegenüber gestellt werden. Aber an dieses Ergebniss schloss sofort die weitere Frage an, ob bei den tiefer stehenden Vertebraten diese Grenze schon bestehe, ob nicht hier topographische und morphologische Uebergänge zwischen cerebralen und spinalen Nerven existirten, ob nicht die bei diesen zu beobachtenden Verhältnisse Aussicht auf die Beantwortung der Frage von der metamerischen Vergleichung beider Kategorien, die innerhalb der Gnathostomen nicht direkt lösbar erschien (p. 571), geben könnten. Auf p. 569—571 stellte ich zwei diesbezügliche Fragen, von denen die eine von der specielleren 1) Ausserdem hebe ich aus der neuesten Literatur über die genealogischen Beziehungen des Amphiozus zu den Wirbellosen KORSCHELT und HEIDER (1893), WILLEY (1894) und GoETTE (1895) hervor. 2) Ich enthalte mich daher hier auch aller ausführlicheren und specielleren Literaturnachweise. 84* 664 Max FÜRBRINGER [316 Zusammensetzung der cerebralen und spinalen Nerven ausging, die andere die meta- merische Aufeinanderfolge beider Kategorien in Betracht nahm, und wandte mich danach in diesem III. Abschnitte zur Besprechung der Verhältnisse bei den Petro- myzonten, Myxinoiden und Akraniern. Die Behandlung derselben zeigte zugleich die Verdienste, welche sich namentlich van WıHE!), v. Kuprrer und Harscher um die Lösung dieser Fragen erworben haben; nächst den fundamentalen und bahn- brechenden Arbeiten GEGENBAURr’s werden ihre Untersuchungen immer einen Ehren- platz beanspruchen dürfen. l. Zusammensetzung der Spinal- und Cerebralnerven. Der Vergleichung beider Kategorien nach ihrer Zusammensetzung lasse ich eine kurze Beschreibung beider vorausgehen. a. Spinalnerven. Bekanntlich setzen sich die typischen Spinalnerven der Gnathostomen aus dorsalen und ventralen Wurzeln zusammen. Die dorsalen Wurzeln bestehen in der Hauptsache aus sensibeln Fasern (für die ektodermale Körperoberfläche, die ento- dermale Schleimhaut |sympathico-sensible Fasern] und das mesodermale Stützgewebe mit seinen Abkömmlingen), welche, wie es scheint, durchweg von peripherischen, hauptsächlich in den Spinalganglien befindlichen Ganglienzellen beginnen. Diese Spinalganglien enthalten daneben die sogenannten durchtretenden Fasern”), deren Existenz und Verlauf noch nicht allenthalben festgestellt ist; zum Theil mögen die- selben mit weiter peripher gelegenen Ganglienzellen (des Sympathicus?) zusammen- hängen und dann wohl auch sensibler Natur sein; zum Theil aber gehen sie von cen- tralen Ganglienzellen des Rückenmarks (namentlich in dessen ventro-lateralem Be- reiche)’) nach Art motorischer Nerven aus, steigen in der Medulla in schräg dorso- lateralwärts gerichtetem Verlaufe zu den Spinalganglien auf, durchsetzen dieselben, ohne mit ihren oder mehr peripherischen Ganglienzellen in Verband zu stehen, und gehen, wie es scheint, zu der den Seitenplatten entstammenden Muskulatur der Gefässe und Eingeweide. Die letzteren Fasern wurden daher auch von vielen Autoren als centri- 1) Ich stehe nicht an, die von van WISHE 1882 gegebene Verbesserung des BELL’schen Gesetzes als eine der glücklichsten morphologischen Thaten der letzten Decennien zu bezeichnen. Uebrigens hat auch SCHNEIDER, wie VAN WISHE selbst hervorhebt, das grosse Verdienst, die allgemeine Scheidung der hierbei in Frage kommenden Mus- kulatur mit Rücksicht auf ihre Genese klar erkannt zu haben; die Seitenrumpfmuskeln (Parietalmuskeln SCHNEIDER’s) lässt er aus den Somiten (Rückenplatten SCHNEIDER’s), die Visceralmuskeln aus den beiden Seitenplatten (Aussenfläche des Darmblattes und Aussenfläche des Peritonealsackes SCHNEIDER) entstehen (1579 p.109). Dass er in der speciellen Vertheilung beider Kategorien nicht immer glücklich ist, beeinträchtigt das allgemeine Verdienst in keiner Weise. 2) Hinsichtlich derselben verweise ich auf BIDDER (1847), KÖLLIKER (1859— 1896), SCHWALBE (1568), FREUD (1878), v. LENHOSSEK (1884, 1892), GaD (1887), JosEPH (1887), EDINGER (1889—1896), RAMoN y CAJAL (1890), SINGER und MÜNZER (1890), GEHUCHTEN (1893) u. A. 3) Dazu kommen bei den Anamniern, namentlich bei Embryonen, doch auch im postembryonalen Leben, die sog. Hinterzellen (Romonx’sche Zellen ete.), deren Fasern rein lateral auftreten (cf. p. 584 Anm.1). Wie weit diese Fasern mit den LENHOssEK-CArar’schen Nerven identisch sind, wie weit sie überhaupt bleibende Gebilde darstellen, ist noch zu bestimmen. 317] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 665 fugale oder sympathico-motorische aufgefasst; ich will sie zum Unterschiede von den sensibeln, den dorsalen Fasern s. str., als laterale Fasern bezeichnen. Die ven- tralen Wurzeln entstammen centralen, im ventralen Bereiche der grauen Substanz des Rückenmarks gelegenen Ganglienzellen, verlaufen in ventraler Richtung durch die Medulla und begeben sich in der Hauptsache zu der somitogenen Seitenrumpf- muskulatur mit allen von ihr sekundär abstammenden Muskeln; zum kleineren Theile senden sie aber auch sympathische (viscero-motorische und vasomotorische) Fasern an die viscerale und vasomotorische Muskulatur ab"). Die dorsalen Wurzeln der Spinalnerven enthalten somit zum grösseren T'heile dorsale sensible, zum kleineren Theile wohl laterale sympathico-motorische Fasern; die ventralen Wurzeln sind rein motorisch (somato-motorisch und sympathico-motorisch). Nach dem Austritte aus der Wirbelsäule verbinden sie sich später (niederste Gnathostomen) oder früher (meiste Gnathostomen) zu einem gemischten Stamme, welcher sich in seine drei gemischten Hauptäste, Rami dorsales, ventrales und viscerales, theilt; bei vielen niederen Wirbel- thieren können die letzten auch vor der Vereinigung der Wurzeln separat abgehen. Der erste Verlauf der Spinalnerven geschieht in der Tiefe der Seitenrumpfmuskulatur, von ihr grösstentheils bedeckt. An den vorderen, in das Neokranium aufgenommenen Nerven, den occipitalen Nerven der Anamnier, treten die dorsalen Wurzeln meist in Rückbildung und verkümmern grösstentheils vollkommen; dann bleiben nur die ventralen Wurzeln mit ihren somato-motorischen Fasern für die epibranchialen Muskeln und die Anfänge der Seitenrumpfmuskulatur und der hypobranchialen Muskeln (hintere Kopfsomiten, metaotische Somiten der Embryonen)? und die sym- pathico-motorischen Fasern übrig. Das Gleiche gilt in der Hauptsache für die occipito-spinalen Nerven der höheren Wirbelthiere, welche sich schliesslich zum N. hypoglossus specialisiren. — Die Petromyzonten und Myxinoiden zeigen in der Hauptsache dieselben Verhältnisse; bei ersteren scheinen die Hinterzellenfasern einen recht wesentlichen Antheil an den dorsalen Wurzeln zu bilden und mit den viscero-motorischen Fasern der ventralen Wurzeln an der Innervation der visceralen Muskeln sich zu betheiligen. Dorsale und ventrale Wurzeln vereinigen sich bei den Myxinoiden ähnlich wie bei den niederen Gnathostomen zu einem Nervenstamm; bei den Petromyzonten kommt es nicht zu dieser Vereinigung und Stammbildung. — Bei den Akraniern bleiben nicht nur die dorsalen und ventralen Wurzeln (Nerven) durchaus getrennt, sondern die Wurzelfasern der letzteren bilden nicht einmal eine zusammenhängende Wurzel und treten sofort einzeln an die von ihnen versorgten Platten (Bänder) des Seitenrumpfmuskels. Viscero-motorische Fasern wurden im Ge- biete der ventralen Nerven bisher nicht gefunden; sie werden allein von den dor- salen Nerven abgegeben und entstammen wahrscheinlich centralen Zellen (z. Th. 1) Bei den somato-motorischen Fasern geschieht die Endigung direkt, bei den sympathieo-motorischen in- direkt, indem hier die cerebro-spinalen motorischen Fasern (praeganglionie fibres, praecelluläre Fasern) erst durch Vermittelung sympathischer Ganglienzellen und Ganglienfasern (postganglionie fibres, posteelluläre Fasern) auf ihre Endorgane einwirken (vergl. auch KÖLLIKER 1893—96). 2) GEGENBAUR (1887 A.) bezeichnet sie direkt als Rumpfsomiten, Ragı (1889) fasst sie als erste Urwirbel auf. 666 Max FÜRBRINGER [318 Homologen der Hinterzellen). Wesentlich abweichend von den Verhältnissen bei den Kranioten ist der subkutane, oberflächlich von der Seitenrumpfmuskulatur statt- findende Verlauf der dorsalen Nerven; ich versuchte denselben durch Verschiedenheiten in der Zusammensetzung der Seitenrumpfmuskulatur der Akranier und Kranioten zu erklären und fand in gewissen Verhältnissen bei den Myxinoiden, wie in dem Ver- halten der epibranchialen Muskeln der Haie die vermittelnden Instanzen (p. 646, 649). Unsere Kenntniss der ontogenetischen Entwickelung der Spinalnerven der Kranioten ist Dank den vereinten Bemühungen zahlreicher Embryologen als eine in den wesentlichen Grundzügen gesicherte zu bezeichnen; bezüglich der specielleren Histogenese bestehen dagegen noch zahlreiche Differenzen, wobei namentlich die Kontroverse, ob die Nervenfasern durch Auswachsen von den Ganglienzellen oder durch Vereinigung von nervösen Zellenketten zu Stande kommen, noch nicht be- friedigend gelöst ist. Auf diese Frage soll hier nicht eingegangen werden. Für den Haupttheil der dorsalen Wurzeln (dorsale sensible Fasern) bilden die Spinalganglien- zellen die Centren und Ausgangspunkte, für die ventralen Wurzeln dagegen die ven- tralen medullaren Zellen, welchen wahrscheinlich auch die extramedullaren Ganglien- zellen dieser Wurzeln (Neuroblasten und Myeloblasten, sympathische Nervenzellen) ') entstammen. Die Genese der durchtretenden Fasern der dorsalen Wurzeln (laterale Fasern, Hinterzellenfasern) ist noch nicht klargestellt; vermuthlich entstammen auch diese medullaren Zellen, über deren Homologien bei den verschiedenen Vertebraten aber wenig bekannt und gesichert ist. von KuPprFrER beschreibt auch im cerebralen Gebiete medial von den Somiten verlaufende Nerven (vergl. p. 590f.). b. Cerebralnerven. Die Cerebralnerven der Kranioten bilden, wie allgemein anerkannt, eine recht heterogene Versammlung verschiedener Elemente; einer von ihnen, der Nervus s. Tractus opticus, repräsentirt einen zwei centrale Theile (Gehirn und Retina) ver- bindenden Zug und gehört nicht zu dem peripherischen Nervensystem. Die peri- pherischen Nerven kann man, wie verschiedene Autoren thun, in die drei Abtheilungen des N. olfactorius, der typischen (spinalartigen) Cerebralnerven (Trigeminus, Acustico- facialis, Glossopharyngeus und Vagus) und der Augenmuskelnerven (Oculomotorius, Trochlearis und Abducens) sondern. «. N. olfactorius. Der N. olfactorius (Fila olfactoria der menschlichen Anatomie) beginnt bei allen Kranioten als paariger Nerv von dem Vorderhirn, besteht aus marklosen Fasern, welche bald zu einem einheitlichen Nerven, bald zu einer wechselnden Zahl von getrennten Bündeln sich zusammenschliessen (von denen mitunter, z. B. bei Am- phibien, ein hinteres vom Zwischenhirn beginnendes eine gewisse Selbstständigkeit zeigen 1) Die ektodermalen Markscheidenbildner (Myeloblasten) gehören streng genommen nicht zu den Ganglien- zellen. — Die Genese aller dieser Zellen der ventralen Wurzeln ist noch nicht völlig aufgeklärt; die genauere histo- genetische Vergleichung mit Amphioxus, dessen ventrale Nerven marklos sind und keine sympathico-motorischen Fasern besitzen, dürfte sich recht lehrreich erweisen. 319] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 667 kann), und. verläuft zur Riechschleimhaut. Ob der von Pıncus (1894) bei Protopterus entdeckte und von van WıHE als N. apicis bezeichnete paarige Nerv hierher oder in die Kategorie der spinalartigen Cerebralnerven gehört, ist erst noch zu entscheiden '). — Bei den Akraniern repräsentirt der N. olfactorius wohl einen unpaaren, sekundär nach links gerückten Nerven, der von dem dorsalen Bereiche des Vorhirns ausgeht und nach kurzem Verlaufe an der hinteren Wand der Riechgrube endet. Die Ansichten sind noch getheilt, ob derselbe ursprünglich unpaar gewesen oder einem Nervenpaar entstammte, von dem der rechte Nerv gänzlich verkümmerte. ß. Typische (spinalartige) Cerebralnerven. Die typischen Cerebralnerven der Gnathostomen setzen sich bekanntlich nach Abzug der Augenmuskelnerven aus den 4 Nerven resp. Nervenkomplexen des Trigeminus, Acustico-facialis, Glossopharyngeus und Vagus zusammen; die beiden ersteren liegen vor dem Labyrinthe (prootische Nerven) und werden von GEGENBAUR zur Trigeminus-Gruppe s. 1. zusammengefasst, die beiden letzteren treten hinter dem Gehörorgan aus (metaotische Nerven) und repräsentiren die Vagusgruppe GEGENBAUR’s. Einige Autoren (insbesondere Ragr 1889) bringen beide Gruppen als primäre Nerven des Vorderkopfes und Hinterkopfes in scharfen Gegensatz zu einander, während die Mehr- zahl die Scheidung durch das Gehörorgan als eine sekundäre beurtheilt und beide Gruppen als in der Hauptsache komplete Homodyname auffasst. Frorıer (1885) andererseits stellt (auf Grund des vermeintlichen Fehlens epibranchialer Sinnesorgane in seinem Bereiche) den Trigeminus den drei anderen Nerven gegenüber, wogegen DoHrn begründeten Einspruch erhebt. Jeder dieser vier Nerven resp. Nervenkomplexe besitzt wie die Spinalnerven sensible, mehr dorsal, und motorische, mehr ventral verlaufende Wurzeln, welche indessen von denen der Spinalnerven in mehrfacher Beziehung (vor Allem in dem mehr lateralen Ursprunge und dorso-lateral gerichteten Verlaufe ihrer motorischen Fasern) abweichen, sich auch stets viel früher mit einander verbinden, so dass sie selbst bei den niedersten Gnathostomen (deren Spinalnervenwurzeln erst ganz peripher zur Verbindung kommen) meist schon innerhalb des Gehirns oder wenigstens sehr bald nach dem Austritte aus demselben, jedenfalls intrakraniell, zu einem gemein- samen, dorso-lateral austretenden Stamme sich vereinigen. Die dorsalen sensibeln Wurzeln sind für die äussere Haut und die Schleimhaut bestimmt; sie stehen durch ihre centralen Endausläufer mit im Cerebrum gelegenen Kernen (den sogenannten sen- sibeln Kernen dieser Nerven) in Verband oder Kontakt, ihre eigentlichen Centren bilden aber die peripherischen Ganglien, welche — ganz allgemein — den Spinalganglien verglichen werden können, denselben gegenüber aber eine grössere Komplikation (die 1) Der N. apieis beginnt, in nächster Nachbarschaft von dem der Gegenseite, vom Recessus praeopticus, also viel weiter hinten als der N. olfactorius von Protopterus, legt sich demselben weiterhin dicht an, liegt schliesslich der Riechschleimhaut selbst auf und endet an der dorsalen Wand des vorderen Nasenloches. Pıncus hebt die Achn- lichkeiten und Abweichungen von dem N. olfactorius (speciell der hinteren Riechwurzel der Anuren) selbst hervor und macht auch auf den Fund CHrarucls bei Cavia-Embryonen aufmerksam. 668 Max FÜRBRINGER [320 beiden Reihen der Hauptganglien und epibranchialen Ganglien) und intimere gene- tische Beziehungen zur ektodermalen Oberhaut besitzen. Die ventro-lateralen oder lateralen motorischen Wurzeln führen für die Versorgung der palaeobran- chialen Muskulatur des Visceralskelettes (Konstriktoren-System nebst allen davon ab- hängigen Muskeln, insbesondere auch Trapezius, sowie Interscapularis der Anuren, vielleicht auch einen Theil der Muskulatur des Digestionstraktus) bestimmte Fasern; sie beginnen von den centralen Kernen der ventro-lateralen resp. lateralen Zellen- säule des Gehirns und steigen in geradlinigem oder bogenförmigem Verlaufe inner- halb desselben dorso-lateralwärts nach oben, um meist dicht neben den sensibeln Fasern von der Hirnoberfläche abzugehen. Nach dem Austritte aus dem Primordial- kranium theilen sich die Stämme in dorsale und ventrale Aeste. Erstere gelangen mit sensibeln Aesten (sensible Rr. cutanei und sensorische Rr. laterales) zur Haut des dorsalen Kopfbereiches und — in Folge von sekundärer Ausbreitung — des Rumpfes; letztere begeben sich mit gemischten ganglienzellenreichen Fasern (Epibranchial- ganglien) zu den einzelnen Visceralbogen, welche sie, soweit die primitiven Ver- hältnisse nicht gestört sind, mit sensibeln praetrematischen und gemischten posttrema- tischen Fasern versorgen; auf diesem Wege geben sie auch noch besondere viscerale Zweige ab, welche einen Kopf-Sympathicus konstituiren. Wo noch dem Kopfbereiche direkter angeschlossene (oceipitale) Myomeren des Seitenrumpfmuskels existiren (epi- branchiale Muskeln der Haie und Holocephalen), verlaufen die ventralen Aeste lateral, oberflächlich von diesen Muskeln, werden aber von der spinalen Seitenrumpfmuskulatur, soweit diese sekundär in ihr Gebiet eingewuchert ist, bedeckt; im ventralen Kiemen- bereiche liegen sie oberflächlich. Der gemeinsame dorso-laterale Austritt aller Wurzelfasern dieser typischen Cerebralnerven hat die meisten älteren Autoren veranlasst, hier nur von dorsalen, den dorsalen sensibeln Spinalnervenwurzeln vergleichbaren Nerven zu sprechen, über die motorischen Eigenschaften derselben aber mehr oder minder hinweg zu sehen. Der speciellere Ursprung und Verlauf dieser motorischen Fasern war aber schon seit langer Zeit bekannt; namentlich verdanken wir Berı (1830),') Srannıus (1849) und Deiters (1865) die Grundlagen unserer bezüglichen Kenntnisse. Srannıus bezeichnete auch die 4 Nerven (excl. den Acusticus) als spinalartige, mit motorischen und sensibeln Elementen versehene Nerven und GEGENBAur (1570—1872) gelangte an ihn anknüpfend und auf der Basis eigener specieller Untersuchungen zu seinem System der Kopf- nerven, welches der Ausgang und Wegweiser für alle folgenden Arbeiten wurde, von denen insbesondere diejenigen von Barrour (1878, 1880), van WımE (1882 bis 1894), Hıs (1885—1893), Gaskerr (1886, 1889), von Kuprrer (1890—1895) und 1) BELL unterschied an dem Centralnervensystem mit aller Deutlichkeit: 1) eine vordere Kernreihe für die willkürlichen Bewegungen, 2) eine hintere für die Sensibilität und 3) eine laterale oder respiratorische vornehmlich für die auf die Athmung bezüglichen Nerven; der letzteren rechnet er den 4., 7., 9., 10. und 11. Cerebralnerven, sowie die mit der Respiration zusammenhängenden spinalen Nerven, speciell den Phrenieus und Respiratorius externus, zu (vergl. auch GAsKELL 1886 p. 63£.). Streicht man sub 3) die Nn. trochlearis, phrenieus und respiratorius externus und fügt man den N. trigeminus noch ein, so entspricht die Beur’sche laterale Reihe genau der jetzt gültigen. 321] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 669 Harscher (1892, 1893) hervorgehoben seien‘). In diesen Arbeiten liegt zugleich der Schwerpunkt grösstentheils in der ontogenetischen Untersuchung‘). Bei dem Versuche einer Vergleichung der spinalartigen Gehirmnerven mit den Spinalnerven gab Barrour der Anschauung Ausdruck, dass am Kopfe noch einheitliche gemischte Wurzeln beständen, während am Rumpfe eine nachträgliche Theilung derselben in ge- trennte dorsale (sensible) und ventrale (motorische) stattgefunden habe. van WiHE dagegen stellte unter Aufführung verschiedener begründeter Einwände gegen die Barrour’sche Hypothese das Gesetz auf, dass es sich bei diesen Gehirnnerven um dorsale Wurzeln handle, welche gemischt seien und die aus den Seitenplatten stammen- den Muskeln innervirten, während die aus den Urwirbeln (Somiten) hervorgegangene Muskulatur von den ventralen Wurzeln der Gehirnnerven (Augenmuskelnerven, me- taotische Somitennerven) versorgt werde. Damit war eine (allerdings nicht allenthalben anerkannte) Basis für die Vergleichung mit den Spinalnerven gewonnen, welche weiter zu fundiren und specieller durchzuführen van Wisue namentlich unter Bezugnahme auf die Lexmossex-Casar'schen Fasern der Spinalnerven und die Nerven des Amphiowus mit Glück sich angelegen sein liess. Andere Autoren, so namentlich Prisauıx (1887) und Goroxowitsch (1888) führten den Vergleich in anderer Weise durch, indem sie die vollkommene Homologie der dorsalen und ventralen Wurzeln der Spinalnerven und der spinalartigen Gehirnnerven betonten und beide im Hirnbereiche infolge differenter (nach Prisarıx sekundärer) Entwickelungsvorgänge sich früher als im Rückenmarks- gebiete zusammenschliessen liessen. — Eine weitere Etappe in unserer Kenntniss der Entwickelungsvorgänge und in der Vergleichung der spinalen und spinalartigen cere- bralen Gehirnnerven verdanken wir den zahlreichen Veröffentlichungen von Kuprrer’s, welche sich in der Hauptsache auf das Nervensystem der Petromyzonten beziehen und von mir schon bei diesen (p. 590 f.) kurz rekapitulirt wurden. Denselben zu- folge unterscheiden sich die dorsalen Gehirnnerven (Branchialnerven) durch ihren oberflächlichen lateralen Verlauf (zwischen Haut und Myomeren) und ihre doppelten Beziehungen zur Haut (laterale und epibranchiale Plakoden, mit denen sie die Haupt- ganglien und epibranchialen Ganglien bilden) wesentlich von den dorsalen Spinal- nerven, welche medial in der Tiefe (zwischen centralem Nervensystem und Myomeren) sich centralwärts begeben; beiden dient die dorsale Nervenleiste mit den von ihr heraus- sprossenden dorsalen Nerven und dorsalen Primärganglien (welche in früher embryo- naler Zeit zugleich die Myomeren versorgen) als Ausgangspunkt. Auch im cerebralen Bereiche findet vox KurrrEr bei Embryonen medial verlaufende Spinalnervenanlagen, 1) Ausser den Arbeiten dieser Autoren existirt noch eine sehr erhebliche Anzahl verdienstvoller ontogene- tischer Untersuchungen, welche auch z. Th. die Vergleichung der spinalen und cerebralen Nerven bebandeln. Der kursorische Charakter meiner Darlegungen verbietet ein näheres Eingehen auf dieselben und erwähne ich nur einige bezügliche Autoren, so namentlich MARSHALL (1881—1886), BERANECK (1884, 1887), BEARD (1585, 1857), DOHRN (1885— 1891), FRORIEP (1885—1892), OsBoRN (1888), van BEMMELEN (1889), Houssay (1889, 1890), RAaBL (1889, 1892), Strong (1889—1895), HOFFMANN (1889— 1896), EwArT (1890), SHiPLEY (1890), OrPEL (1890), Marrın (1890, 1891), ZIMMER- MANN (1891), Prarr (1891, 1894), MITROPHANOW (1892, 1893), SEDGwIck (1592—1896), GORONOWITSCH (1893), CHIARUGI 1894), SEWERTZOFF (18595) u. A. 2) Hier spielt die Frage nach der Entstehung und Gliederung der Ganglienleiste eine Hauptrolle und wurde von den verschiedenen Autoren recht wechselnd beantwortet. Jetzt ist nicht darauf einzugehen. Festschrift für Gegenbaur. II. 85 670 Max FÜRBRINGER 322 welche sich indessen grösstentheils rückbilden resp. mit den cerebralen Hauptganglien verschmelzen und nur noch in Gestalt einiger (3) sympathischer Ganglien nebst Nervenfasern ausdauern; und anderentheils beobachtet er auch im vorderen Rumpf- gebiete hinter dem Vagus bei Ammocoetes und Embryonen von Gmathostomen, selbst Amnioten, rudimentäre Branchialnerven, welche er zugleich den dorsalen Spinalnerven des Amphioxus vergleicht. Dass die typischen Gehirnnerven der Petromyzonten wie die der Gnathostomen gemischter Natur sind, ist auf Grund ihres Verlaufes und ihrer Endverbreitung nicht zu bezweifeln; die (ventro-lateralen oder lateralen) motorischen Wurzeln sind aber bisher nur zum Theil sicher nachgewiesen. — Bei den Myxi- noiden findet Prıcz (1896) im embryonalen Zustande dorsale und laterale Wurzeln, welche von ihren ersten Anfängen an gänzlich von einander getrennt sind. — Bei den Akraniern gleichen die als Gehirnnerven angesprochenen Nerven vollkommen den dorsalen Wurzeln derjenigen Nerven, welche nach ihrer mehr caudalen Lage im Körper als Spinalnerven zu bezeichnen sind. y. Augenmuskelnerven. Die Augenmuskelnerven der Gnathostomen repräsentiren die drei im Be- reiche der Trigeminus-Gruppe liegenden motorischen Nerven Oculomotorius, Troch- learis und Abducens, deren medullare Ursprungskerne der ventro-medialen oder ventralen Reihe angehören, sonach in ihrer Lage an die Kerne der spino-occipitalen Nerven (incl. Hypoglossus) und damit auch an die motorischen Spinalnervenkerne erinnern. Der Abgang vom Gehirn erfolgt bei dem Oculomotorius und Abducens nach Art der spino-occipitalen und spinalen ventralen Nervenwurzeln an der ven- tralen Circumferenz desselben; von da aus verlaufen beide Nerven direkt zu den von ihnen versorgten Muskeln der gleichen Körperhälfte. Der 'Trochlearis dagegen verlässt in gänzlich davon abweichender Lage das Gehirn im dorsalen Bereiche und wendet sich danach unter Kreuzung mit dem der Gegenseite (Chiasma n. trochlearis der Autoren) auf die andere Körperhälfte (ultradorsal Hıs) zu dem dort befindlichen von ihm innervirten Muskel. — Bei den Petromyzonten verhalten sich die Augen- muskelnerven in der Hauptsache!) wie bei den Gnathostomen. — Bei den Myxi- noiden und Akraniern wurden sie bisher vermisst; bei ersteren sind sie wohl total verkümmert, bei den letzteren aber noch nicht zur Ausbildung gekommen, indem die in jener Körpergegend befindlichen ventralen Nerven noch indifferente Myomeren des Seitenrumpfmuskels versorgen. Die Ontogenese der Augenmuskelnerven und Augenmuskeln hat zahlreiche For- scher beschäftigt; die Ergebnisse entsprechen aber noch nicht der bisher aufgewendeten grossen Mühe. Wenige Gebiete der Morphologie weisen mehr abweichende Unter- suchungsbefunde und Deutungen auf, und derjenige Autor, der wohl am meisten auf 1) Auf die specielleren Abweichungen in der Lage des M. obliquus superior s. posterior und die Innervation des M. rectus inferior soll erst weiter unten eingegangen werden. 323] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCKEPHALEN ETC. 671 diesem Gebiete gearbeitet, Dorrns, hat darin auch das Grösste an wiederholten Wider- rufen der eigenen früheren Resultate und an fortwährenden Aenderungen seiner Auf- fassungen geleistet'). — Bald werden die betreffenden Nerven oder der eine oder andere 1) Um dem eventuellen Vorwurfe zu begegnen, dass damit zu viel gesagt sei, sowie in der ferneren Absicht, die zuversichtlichen und mit ihrer Sicherheit auch auf die minder Orientirten suggestiv einwirkenden Behauptungen DoHRN’s über GEGENBAUR, seine Methode und seine Leistungen an dem vorliegenden Beispiele zu beleuchten, mache ich hin- sichtlich dieses Punktes eine Ausnahme und belege mein Urtheil ausführlicher damit, dass ich DoHrn selbst reden lasse (die Hervorhebungen durch gesperrten Druck rühren zum grösseren Theile von mir her). DoHrn hat von 1855— 1392 in 7 Schriften über die Augenmuskeln gehandelt. In der ersten (X. 1885 C.) beginnt er unter Abdruck eines längeren das Auge von Myxine betreffenden Passus aus W. Mürter’s Abhandlung, um darüber zu sagen (p. 440), dass „in dieser Darstellung fast gar keine Rede von der phylogenetischen Bedeutung der sog. Nebenapparate des Auges, wie der Augenmuskeln, der sie innervirenden Nn. oculomotorius, trochlearis und abducens“ — die bekanntlich bei den Myxinoiden gar nicht vorhanden sind, wenigstens bisher stets vergeblich gesucht wurden — und anderen hierher gehörigen Theilen sei, dass seines Er- achtens hier „nahezu Alles fehle, was zur Aufklärung der Phylogenese des Wirbelthierauges ge- hört“. Daran knüpfen die eigenen Mittheilungen über die Augenmuskeln an, in denen er gegen van WıHE’s Be- funde Widerspruch erhebt, dagegen „nach umfassender Prüfung des Thatbestandes keinen Zweifel darüber hege, dass STAnNIUS und LANGERHANS Recht behalten, und dass die sämmtlichen Augenmuskeln von Petromyzon in die Kategorie der Kiemenmuskeln gehören‘ {p. 447). „Lässt es sich feststellen“, fährt er fort, „dass die Augenmuskeln nicht Körpermuskeln sind, also nicht Urwirbeln entsprechen, so fällt zunächst die von MARSHALL versuchte, von VAN WIJHE anscheinend bewiesene Scheidung eines ventralen und dorsalen Ab- schnittes in den Mesodermtheilen des Kopfes als illusorisch weg; wir behalten nur ventrale Mesoderm- bildungen übrig. Die Tragweite dieser Feststellung ist von geradezu überwältigender Bedeutung für alle Versuche, den Kopf und den Schädel der Wirbelthiere auf mehr oder weniger umgewandelte Wirbel zurückzuführen“ (p. 447). „Wenn nun also alle Kopfhöhlen in unmittelbaren Beziehungen zu Kiemenmuskeln stehen, wenn fernerhin nachgewiesen werden kann, dass auch die scheinbar dorsalen Stücke, ihrer Struktur nach, Visceral- muskeln sind, so wird wohl der Schluss berechtigt erscheinen, dass auch sie einstens mit Kiemenbildungen in Konnex standen und, ehe sie Augenmuskeln wurden, Kiemenmuskeln waren“ (p. 449). Die Frage nach der speecielleren Ableitung der einzelnen Augenmuskeln und ihrer Nerven könne er auf Grund eigener Untersuchungen schon jetzt nieht beantworten. „Das ganze Problem der Augenphylogenese ist von einer so grossen Komplicirtheit, dass es Jahre angestrengter und scharfsinnigster Forschungen erfordern wird, ihm im Detail beizukommen. Es scheint mir nicht zu viel gesagt, wenn ich behaupte, dass trotz der ausgedehnten Litteratur, über welche die Ophthalmologie verfügt, doch noch so gut wie gar nichts geleistet ist, um die jetzt zu Tage tretenden Probleme sach- und fachgemäss zu behandeln“ (p. 449, — dieses trotz STANNIUS und LANGERHANS, denen er jetzt rückhaltslos beistimmt, trotz SCHNEIDER, BALFOUR, MARSHALL und VAN WIJSHE, die sich wahrlich z. Th. redlich um das Problem bemüht haben und von denen auch SCHNEIDER und VAN WIJHE später seine Gewährsmänner werden). Weiterhin wird zugegeben, dass Oculomotorius und Abducens den Eindruck ventraler Wurzeln machen, der Trochlearis aber habe den allerdorsalsten Ursprung von allen Nerven; wie könne eine ventrale Wurzel einen solchen erlangen? Auch gegenüber der von VAN WIJHE behaupteten Ganglienlosigkeit des Trochlearis könne er nach Untersuchung des Torpedo-Embryos den Beweis liefern, dass dieser Nerv im allerfrühesten Beginn eine kleine Ganglienanschwellung besitze, somit höchst wahrscheinlich eine dorsale Wurzel sei (p. 477, 478). — In der zweiten Mittheilung (XI. 187) wird gesagt: Aus der vordersten Kopfhöhle der Selachier gehen ausschliesslich Augenmuskeln hervor; nur das vorher besprochene mittlere Verbindungsstück, welches oberhalb und hinter der Hypophysis liegt, bildet eine Ausnahme; auch meine frühere Angabe, dass der M. levator labii superior aus der ersten Kopfhöhle abzuleiten sei, muss ich nach neuerer Untersuchung zurücknehmen. Aus dem vordersten Stück jener Ammocoetes-Kopfhöhle geht aber diejenige Muskulatur des Velum hervor, welche seiner Anheftungsstelle näher liegt und sich allmählich mit ihren ausserordentlich langen Cylindern ventral bis an die Mündung des Tihyreoidalsackes erstreckt — ein Umstand, der jedwede Homologisirung mit dem M. obliquus inferior der vordersten Kopfhöhle der Selachier von vornherein ausschliesst. Ob das dorsalste Stück dieser Velummuskulatur sich etwa allmählich zum M. obliquus superior um- wandelt, vermag ich vor der Hand nicht zu sagen“ (p. 329). — Die dritte Abhandlung (XIII. 1888) theilt kurz mit (p- 291 Anm. 1), dass sich bei verschiedenen Selachierembryonen aus dem Medullarrohr Zellen in die ventralen Nerven- wurzeln begeben, und dass es nicht undenkbar sei, dass aus ihnen die Neurogliascheide sich aufbaut. „Dass aber fuch unzweifelhafte Ganglienzellen sich im motorischen Nerven vorfinden, beweisen die Befunde am Oculomotorius, der, wie ich den neuerdings noch von Hıs geltend gemachten Zweifeln gegenüber festhalten muss, eigene Ganglien bildet“ (p. 291). „Es ist sehr charakteristisch, dass sie an dem Nerven entlang zu wandern scheinen.“ „Diese Ganglien für „sympathische“ zu erklären, hat keinen Sinn, denn die sympathischen Ganglien der Selachier sind zweifellos s5* 672 Max FÜRBRINGER [324 Theilstücke der Spinalganglien“. „Ebenso wenig darf man diese Ganglien des Oculomotorius mit dem Ganglion eiliare verwechseln, welches unzweifelhaft als vorderstes Hirnganglion entsteht.“ Auch auf dem Verlaufe des Trochlearis habe ich eine vorübergehende Ganglienbildung konstatiren können. Diese Ganglienbildungen des Oculomotorius und Trochlearis ohne Weiteres mit den supponirten Ganglien der motorischen Spinalnervenwurzeln auf eine Stufe zu stellen, wie es VAN WIJHE versucht, scheint mir indessen nicht gerechtfertigt — die Sonderstellung der Augenmuskelnerven wird im Gegentheil dadurch eher noch stärker betont“ (p. 292 Anm... — In der vierten Mittheilung (Anat. Anz. 1890 A.) wird, z. Th. in Polemik gegen RABL, die morphologische Bedeutung des Oculomotorius von Neuem behandelt und die 1888 gemachte Angabe von der Existenz eines wirklichen Ganglions desselben widerrufen. „Anhaltende Forschungen über Entstehung und Entwickelung des Oculomotorius, die seiner Zeit in extenso publieirt werden sollen, haben mich überzeugt, dass dies Ganglion eine Anleihe vom Ganglion ceiliare ist“ (was 1888 bestimmt in Abrede gestellt wurde), „an das der Oculomotorius frühzeitig herantritt, von ihm Zellen ablöst und auf seinem weiteren Wege mit sich führt, wie es schon von HorrMmann für die Reptilien be- schrieben worden ist.“ Keine einzige Medullarzelle tritt mit den Fasern des entstehenden Oculo- motorius aus, „weitere Forschungen haben mich belehrt, dass diese, Ganglien frappant ähnlich sehenden Bildungen nur Anhäufungen von Mesodermzellen sind.“ Diese Forschungen hätten ihn von Neuem zweifelhaft ge- macht, ob überhaupt Medullarzellen in die ventralen Spinalnervenwurzeln austreten, ob nicht Hıs mit seiner Meinung, dass keinerlei Medullarzellen in diese Wurzeln eintreten, Recht habe (p. 60). Weitere genauere Forschungen an Torpedo hätten ihn auch belehrt, das früher (1885 p. 478) von ihm dem Trochlearis zugeschriebene Ganglion von der Trigeminusplatte abzuleiten, von der es sich später isolire und weiterhin unter Nervenfaserbildung an den Trochlearis anlagere (p. 61, 62). Der Abducens wachse aus derjenigen Partie des Nachhirns heraus, welche zwischen den Facialis- und Glossopharyngeus-Ursprüngen gelegen ist, und seine einzelren Wurzelstränge träten genau so aus wie die motorischen Wurzeln der Spinalnerven. „Ihre Bedeutung für die Metamerie des Kopfes ist noch nirgends hinreichend aufgedeckt worden; um so mehr behalte ich mir vor, an anderer Stelle davon zu sprechen“ (p. 63, 64). „Die Augenmuskelnerven sind da, sie entwickeln sich ohne jede Betheiligung der Trigeminusplatte oder ihrer Derivate und haben ihre Kerne in der Fortsetzung der Vorderhörner des Rücken- marks“ (p. 78). — Die fünfte Abhandlung (XV. 1890 B.) macht Mittheilung von einem Funde, dessen „Tragweite schwerlich überschätzt werden kann, wenn es auch noch tiefgehender kritischer Erwägung bedürfen wird, dieselben vollständig zu ermessen und auszubeuten‘“, nämlich von der grossen Zahl der Myotome, 12—15 von der Glossopharyngeus-Region angefangen, welche sich bei dem Embryo von Torpedo für den Vorderkopf nach- weisen lassen (p. 336). Damit tritt DoHRN in den denkbar schärfsten Gegensatz zu seinen früheren An- schauungen (1885 C.), welche im vorderen Kopfgebiete überhaupt die Existenz von dorsalen Mesodermbildungen in Abrede stellten. „Die Aussichten und Einsichten, welche diese Thatsache eröffnet“, fährt er fort, „sind so weitgreifend, dass kaum eine der bisher als gültig angesehenen Auffassungen des morphologischen Werthes der den Kopf zusammensetzenden Organe davon unberührt bleiben wird. Versuchen wir langsam und allmählich das Bild zu entrollen, welches aus dem neu aufgefundenen Kommentar für die Urgeschichte des Wirbelthierkörpers sich ergeben muss“ (p. 336, 337). Diese Aufrollung besteht zunächst darin, dass MARSHALL und VAN WIJHE jetzt zugegeben wird, dass sie auf der richtigen Spur waren, als sie das Kopfmesoderm auf die in ihm enthaltenen Myotome prüften (p. 337); daran reiht sich eine in der bekannten DoHrN’schen Weise geführte Polemik gegen GEGENBAUR (p. 337—341). DOHRN steht es jetzt „wohl fest, dass diese Myotome durchaus gleichwerthig den Myotomen des Rumpfes gedacht werden müssen; es ist deshalb die Folgerung auch nicht abzuweisen, dass den Myotomen des Kopfes ebenso wie den Myotomen des Rumpfes dieselben nervösen Apparate zugesprochen werden müssen, zunächst also: ein Paar motorischer Nerven und ein Paar Ganglien und sen- sibler Nerven“ (p. 341). Sie zu finden, wendet er sich zunächst zu den motorischen Kopfnerven, und zuerst zu den motorischen Vorderhornnerven, den Augenmuskelnerven, resp. dem Oculomotorius und Abducens (p. 342). „Sie entstehen beträchtlich später als die Spinalnerven, und während diese als mehr oder weniger breite plasmatische Platten aus dem Medullarrohre hervorquellen, um erst allmählich zu Nervenfasern sich umzubilden, entspringen Abducens und Oculomotorius mit einer Reihe diskreter Wurzelfasern, welehe nicht als plasmatische Ausflüsse in die Erscheinung treten, sondern offenbar bereits höhere Differenzirung erlangt haben und in mehr definitiver Gestalt den Verband des Medullarrohres verlassen‘ (p. 343). Beide sind als Multipla von Nerven anzusehen, welche mit den motorischen Spinalnerven durchaus homodynam sind. Abducens mag 3—4, Oculomotorius ebenso viel, wenn nicht mehr Spinalnerven entsprechen (p. 343, 344). Die von ihnen versorgten Muskeln erhalten ihr Material aus den zahlreichen, neu entdeckten Myotomen des Vorderkopfes, deren Zahl bei der Verschiebung der ver- schiedenen Organsysteme indessen schwierig festzustellen ist; „es wird sich also auch kaum mit voller Sicherheit ermitteln lassen, ob die zur Bildung des M. rectus externus verwendeten Myotome nicht auch Material aus den hinter der Ohrblase befindlichen Metameren an sich gezogen haben“ (p. 355). Der intracerebrale Faser- verlauf und Austritt des Trochlearis „macht es schwierig, in ihm einen oder mehrere vordere Spinalnerven erkennen zu wollen, und verweist eher darauf. in ihm einen den motorischen Theilen des Trigeminus, Facialis oder Vagus homo- dynamen Nerven‘ — also einen Seitenhornnerven — „zu erblicken“ (p. 346). Daran schliesst sich eine Erörterung an, welche auf den eigenthümlichen Verlauf des Trochlearis hinweist und zugleich die Instanzen erörtert, welche für 325] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 673 die Natur dieses Nerven als Vorderhorn- oder als Seitenhornnerv sprechen, aber zu keiner definitiven Entscheidung kommt. „Im Ganzen ist also van Wıste’s Auffassung, abgesehen von der Zahl der Urmyotome, die richtigste ge- wesen, mein früherer Widerspruch gegen dieselbe war unberechtigt. Nicht ventrale oder dorsale Abschnitte stecken in den Augenmuskeln, sondern beide zugleich“ (p. 365). — Die sechste Mittheilung (XVI. 1891 A.) widerspricht der vorausgehenden wieder in fundamentalen Dingen. DOHRN wirft sich selbst vor, „dass er halbe und unfertige Beobachtungen gelegentlich zu Papier gebracht hat, die sich contradietorisch widersprechen — ja er ist jetzt sogar gezwungen, seine erst vor einem Jahre gemachten Angaben über die Ursprungsart des Oculomotorius und dessen Beziehungen zu den in seinem Laufe vorkommenden Ganglien völlig zu widerrufen“ (p. 2). Die Ursache davon dürfe wohl in der grossen Schwierigkeit der Untersuchung, in der ausserordentlichen Complikation der Verhältnisse und schliesslich in den überraschenden und die Tradition durchbrechenden Resultaten gesucht werden, die sich dabei ergeben haben. Jetzt unternehme er es „diese Schwierigkeiten zu lösen oder wenigstens einen sicheren Boden für weiterbauende Forschung zu gewinnen“ (p. 2), wobei er wohl kaum darum zu bitten brauche, an das Nachstehende den Maassstab legen zu wollen, der so schwierigen Untersuchungen gebührt; er glaube aber immerhin „einige Schritte vorwärts gekommen zu sein und einige der fundamentalen Fragen, die mit der Ent- wickelung des Oculomotorius in Zusammenhang stehen, gelöst zu haben“ (p. 3). Die neu gewonnenen Resultate beruhen darauf, dass der Oculomotorius doch auch aus Plasmaausflüssen, welche zu einem unregelmässigen Netz zusammentreten, entstehe, dass in ihm Ganglienzellen und Ganglienzellenklümpchen vorkommen, welche nicht aus der Trigeminusplatte herstammen, sondern von Anfang an als austretende Medullarelemente dem auswachsenden Oculomotorius angehören (p. 4). Darüber wird auf den folgenden Seiten wiederholt als „Thatsache“, als „unzweifelhafte Thatsache“, als „Feststellung dieser Thatsache“ etc. gesprochen. So werden drei, der Region des Vorderhorns im Mittelhirn entstammende Ganglien beschrieben (p. 6, 7), deren Aus- tritt auch von ihm beobachtet worden sei, jetzt habe er die „definitive Ueberzeugung“ und jeder Zweifel sei ihm geschwunden, dass es sich wirklich um Ganglienzellen und nicht um Mesodermelemente handelt (p. 8). Die dem Trochlearis angelagerten Ganglien dagegen seien nachweisbare Produkte der Trigeminusplatte (p. 11), dieser Nerv selbst aber kein Seitenhornnerv (wie er zuvor angegeben), sondern ein Vorderhornnerv und der von ihm versorgte M. obliquus superior gehe ausschliesslich aus zweifellosen Myotomen und zwar vielleicht aus zweien hervor (p. 28). Damit ist die endliche Uebereinstimmung mit VAN WIJHE erreicht. Bei dem Abducens, der bei Seyllium mit 2, bei Mustelus mit 6, bei Pristiurus mit 4—7 Wurzelfasern (Wurzelsträngen) beginne, bestehen die gleichen Entwiekelungsverhältnisse wie bei dem Oculomotorius (p. 12f.); „am auffälligsten ist es, dass das Auswandern (der Medullarzellen) am stärksten auf bereits vorgerückteren Embryonalstadien einzutreten scheint“ (p. 14). Aehnliche Verhältnisse werden bei den motorischen Spinalnerven beschrieben und damit auch die Uebereinstimmung zwischen ihnen und den Nn. oculomotorius und abducens erwiesen. Die betreffenden Ganglienzellen sind also weder den sensibeln noch den sympathischen Zellen beizurechnen, wie verschiedene Autoren angeben, sondern eine neue Kate- gorie von peripherischen Ganglienzellen (p. 34). Ferner wird der N. abducens von Seyllium mit allen seinen Wurzelsträngen in der Breite von 1, höchstens 2 Myomeren abgebildet (Taf. IV Fig. 1) und angegeben, dass der M. rectus externus nur aus dem vorderen Abschnitte der bisher sog. dritten Kopfhöhle hervorgehe, während der hintere Abschnitt derselben an dieser Muskelbildung nicht partieipire (p. 13). — Noch in demselben Jahre (XVII. 1891 B.) erscheint eine weitere Studie über die Histogenese der Nervenfaser, die sich nicht direkt mit den Augenmuskelnerven, aber wohl u. A. auch mit der Entstehung eines motorischen Nerven, d.h. des motorischen Antheiles des Ramus hyoideus n. facialis beschäftigt. Wiederum in wesentlicher Abweichung von den zuvor gegebenen Darstellungen wird das neue Ergebniss gewonnen, dass die Elemente dieses motorischen Nerven nicht als auswachsende Fasern (in die erst danach Ganglienzellen einwandern) entstehen, sondern als Produkte kettenartig verbundener Nervenzellen, die erst aus sich Nervenfasern hervorgehen lassen (p. 293). — Und wieder kurze Zeit darauf, im März 1892 geschrieben, erscheint die siebente Mittheilung über motorische Nerven und den N. oculomotorius (Anat. Anz. 1892), worin die wesentlichsten Ergebnisse der vorhergehenden Untersuchungen widerrufen werden. Was dort wiederholt als zweifellos feststehende Thatsache mitgetheilt worden, ist ihm jetzt „mehr als zweifelhaft geworden“ p- 350). Die Nervenfasern entstehen als Ausläufer der Ganglienzellen; neben unzweifelhaften Vorderhornzellen in der Wurzel des Oculomotorius sei auch „hier eine frühzeitige Einwanderung“ (d.h. von der Peripherie nach dem Centrum) „von Mesodermzellen in die Austrittsstellen der motorischen Fasern anzunehmen“. „Vielleicht erweisen sich die Mitosen, welche zahlreich genug im Verbande des Medullarrohres an diesen Stellen vorkommen als eingewanderte Mesodermelemente, welche sich den noch nicht hervorgewachsenen Nervenfasern schon im Innern des Medullar- rohres, „.d. h. innerhalb des von Hıs sog. Randschleiers, zur Verfügung stellen“ (p. 350, 351). — Dies ist die letzte mir bekannt gewordene Veröffentlichung DoHrn’s. Diese Zusammenstellung gewährt ein so buntes Bild, wie es wohl zuvor noch nie gesehen worden ist. Die Augenmuskeln werden zuerst gegen vAn WIJHE sämmtlich für Visceralmuskeln erklärt, dann wird für die von den Nn. oculomotorius und abducens versorgte Muskulatur, nicht aber für den M. obliquus superior, die Somitennatur zugegeben, endlich auch dieser letzte, wie von VAN WIJHE angegeben, als Somitenmuskel erkannt. — Der N. trochlearis ist zuerst eine dorsale Wurzel, dann ein Lateralhornnery, endlich ein Vorderhornnerv. — Das in seinem Bereiche befindliche Ganglion wird in der 1. Mittheilung als ein dorsales sensibles angesehen. In der 3. Mittheilung 674 Max FÜRBRINGER [326 besitzt der ventrale Oeulomotorius unzweifelhafte aus dem Gehirne stammende Ganglienzellen, die nichts mit dem Sympathieus zu thun hätten, der zweifellos dorsaler Abstammung sei. In der 4. Mittheilung wird dies widerrufen: keine einzige Medullarzelle trete in die Augenmuskelnerven, es handele sich nur um Mesodermzellen, die echten Ganglien aber stammten vom Trigeminus ab. Dem wird wieder in der 6. Mittheilung contradietorisch widersprochen: die Ganglien stammen nicht aus dem Trigeminus, es handelt sich auch nicht um blosse Mesodermzellen, sondern (abgesehen vom Trochlearis, dessen Ganglien zu dem Trigeminus gehören) zweifellos um echte aus dem Vorderhirn abkömmliche medullare Ganglienzellen. Dies aber wird ihm in der 7. Mittheilung wieder zum Theil mehr als zweifel- haft, zum "Theil müsse eine frühzeitige Ein wanderung mesodermaler Zellen in das Mark und eine sekundäre Aus- wanderung aus demselben angenommen werden. So geht der Wechsel zwischen den zweifellos festgestellten und danach immer von Neuem widerrufenen Thatsachen in wenigen Jahren fünfmal hin und wider. — Nicht anders steht es um die Histogenese der Nerven. 1888 sind dieselben medullare Ausflüsse mit unzweifelhaften medullaren Ganglienzellen, 1890 A. führen sie nur Mesodermzellen, 1890 B. entsteht der Oculomotorius, im Unterschiede von den als plasmatische Platten aus dem Medullarrohr hervorquellenden motorischen Vorderhornnerven, mit einer Reihe bereits höher differen- zirter Nervenfasern aus dem Marke, 1891 A. aber bildet er sich aus plasmatischen Ausflüssen, 1891 B. entstehen die Nervenfasern aus kettenartig verbundenen Nervenzellen, und 1892 werden dieselben wieder als von den Zellen aus- gehende Fasern, die ihnen anliegenden Zellen aber zu einem gewissen Theile als Mesodermzellen angesprochen. Also in 4 Jahren eine sechsmalige Variirung der Funde und Anschauungen, und es erscheint nur folgerichtig, wenn man bei einer Fortdauer derartigen Arbeitens, falls die Veröffentlichungen in entsprechendem Maasse fliessen, noch recht viel neue Variationen erwartet. — Prüft man aber die nach allen diesen Umwegen und Irrwegen gewonnenen Ergebnisse auf ihren wirklichen Gehalt, so bleibt nicht sehr viel Neues übrig. Das Beste und einige Dauer Versprechende wurde zumeist schon vor DoHRN von Anderen gefunden, von ihm zuerst angegriffen, gering- schätzend beurtheilt und abgeleugnet, und schliesslich nach gewonnener besserer Kenntniss zugegeben. Bevor DOHRN an diese Fragen der Ophthalmologie herantrat, war seines Erachtens hier so gut wie gar nichts geleistet worden, nirgends hatte man die Bedeutung der Augenmuskeln hinreichend aufgedeckt, — es ist, als ob van WIJHE (dem DoHRn schliess- lich in der 6. Mittheilung völlig zustimmen muss, und dem er schon in der 5. das Lob ertheilt, dass er auf der rich- tigen Spur war) zuerst für ihn von gar keiner Bedeutung gewesen, um ganz zu schweigen von anderen Autoren, die doch auf diesem Gebiete auch nicht müssig waren. W. MÜLLER wird selbst der Vorwurf gemacht, dass er die Augenmuskeln von Myxine, also etwas, was gar nicht vorhanden ist und über dessen Nichtexistenz das erste beste Handbuch, um von J. Mürzer’s Myxinoidenwerk ganz abzusehen, DOHRN hätte belehren können, nieht untersucht habe. Aber nun kam DoHrn, fand, dass die bisher für gesichert geltenden dorsalen Mesoderm- theile des Kopfes (van WISHE’'s Somiten) gar nicht existiren, und eröfinete mit dieser Feststellung eine Trag- weite von geradezu überwältigender Bedeutung für die gesammte Wirbeltheorie des Schädels. Später überzeugt er sich, dass er mit der Ableugnung dieser Somiten einen bösen Irrthum begangen, dass es mit der überwältigenden Bedeutung seiner Feststellungen nichts ist, dass die Somiten existiren und zwar bei Torpedo in einer recht grossen Anzahl, und wieder eröffnen sich mit diesem seinem neuen Funde Aussichten und Einsichten so weitgreifend, dass kaum eine der bisher als gültig angesehenen Auffassungen des morphologischen Werthes der den Kopf zusammen- setzenden Organe davon unberührt bleiben wird, und — langsam und allmählich versucht er das Bild zu entrollen, welches sich nun für die Urgeschichte des Wirbelthierkörpers ergeben muss, — das blendende Licht dieser neuen Wahrheiten könnte ja, wenn plötzlich enthüllt, von den anderen gewöhnlichen Sterblichen nicht ertragen werden. Schier von unglaublicher Lebenskraft ist der Glaube unseres Autors an sich. Wohl Niemand hat bisher inner- halb so weniger Jahre so oft und so fundamental geirrt; wieder und immer wieder muss er sehen, wie kurzlebig seine unzweifelhaften Feststellungen der Thatsachen sind, wieder und immer wieder muss er widerrufen, und in diesen Momenten wird er auch angesichts der grossen Probleme und der schwierigen Untersuchungen kleinlaut und be- scheiden, aber nur für kurze Zeit, — immer wieder gewinnt er die definitive Ueberzeugung, dass das jetzt von ihm Gefundene das zweifellos Richtige sei, dass er jetzt einige der fundamentalen Fragen, die mit der Entwickelung des Oculomotorius in Zusammenhang stehen, gelöst zu haben glaube u. s. f. — Diese Arbeiten über die Augenmuskelnerven bilden nur ein kleines Kapitel in den zahlreiche und tiefe Probleme angreifenden Untersuchungen DOHRN’s. Die Manier in Allen ist aber im Wesentlichen die gleiche; überall zeigt sich dasselbe Gesicht, dasselbe Spiel. Von wenigen Ausnahmen durchbrochen, wiederholt sich die gleiche Ueber- schätzung des eigenen Verstehens und Könnens und die Unterschätzung fremder Leistungen, welche da, wo die Leidenschaft dazu kommt und seinen Blick trübt, wie in der bekannten Kontroverse mit GEGENBAUR, ihn zu seinem früheren Lehrer wie zu einem Schulbuben reden lässt und ihn dazu führt, auch gegen solches zu polemisiren, was er wohl bei GEGENBAUR gelesen, was dieser aber gar nicht geschrieben. Wie wenig Andere hat gerade DoHRN mit seinen Arbeiten Sehiffbruch auf Sehiffbruch gelitten, wie Wenige hat er erlebt, wie diese und jene so zuversichtlich aufgestellte Theorie nach kurzer Dauer sich verflüchtigte, wie dieser oder jener von ihm angegebene Weg in eine Sackgasse führte, wie Wenige hat er an sich erfahren müssen, dass Praetension und Position zwei recht verschiedene Dinge sind. Aber trotz alledem bietet ihm die bisherige ver- gleichende Anatomie (d. h. die vergleichende Anatomie GEGENBAURr’s) „das Bild eines auf stürmischer See steuerlos herumgeschleuderten Schiffes“ dar (1885 D. p. 468), ihr Anschauungsboden ist der „praehistorische“ (1890 B. p. 365). 327] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 675 von ihnen als ventrale Nervenwurzeln (Vorderhornnerven) aufgefasst und die von ihnen versorgten Muskeln als Abkömmlinge der Somiten gedeutet (Oculomotorius, Trochlearis und Abducens: SchnEipder 1879, van Wine 1882, Bear 1885, Hıs 1888, Gaskerr 1889, Strong 1890, Domen 1891, Prarr 1891 [welche auch die Kaumuskeln aus einem Somiten hervorgehen lässt|, Zimmermann 1891 [Trochlearis mit ?], Horrmann 1594 |Trochlearis mit?]; — Oculomotorius und Abducens: Dournx 1888, 1890, Orrer 1890 (Trochlearis bleibt hinsichtlich seiner Abstammung zweifelhaft], Marrın 1891 ; — Oculo- motorius: von Kurrrer 1895; — Abducens: Harschex 1892, von Kurrrer 1894, welcher letztere es offen lässt, ob der M. rectus externus aus der Seitenrumpfmuskulatur oder aus dem Velummuskel von Ammocoetes sich entwickelt habe), bald als dorsale „Vielleicht wird nun endlich die Einsicht gewonnen, dass die Vergleichung der anatomischen Thatsachen zwar Probleme stellen, aber sie nicht lösen kann, zumal wenn sie in ihrer Verblendung und Selbstüberschätzung sich zu Ansprüchen versteigt wie der, mit welchem GEGENBAUR sein Manifest schliesst‘‘ (1890 B. p. 358). Und von GEGENBAUR sagt er u. A.: „Es lohnt nicht der Mühe, die zahllosen Trugschlüsse aufzudecken, deren sich GEGENBAUR bedient hat, um die Gegner seiner Doktrinen scheinbar ad absurdum zu führen“ (p. 358), nur gegen die Ueberhebung GEGENBAUR’S dürfe er nicht unterlassen zu protestiren (p. 359), er „denke den Beweis nicht schuldig bleiben zu brauchen, dass er Recht hatte und dass GEGENBAUR in mehr als einer Beziehung besser gethan hätte, jenen Aufsatz“ (die Veröffent- lichung von 1887 A. ist gemeint) „ungeschrieben zu lassen“ (p. 34) etc. ete. Dagegen kann er von sich und seinen Leistungen rühmen: „Welcher Weg da allein zum Ziele führt, das habe ich bereits in dem „Ursprung der Wirbel- thiere“ und an vielen Stellen der Studien zur Urgeschichte‘“ ausgesprochen (p. 339). „Und somit will ich die Theorie der Entstehung der Extremitäten aus Kiemen, der ich selbst früher anhing, sogar schon ehe ich GEGENBAURr’s Meinung kannte“ — — „wie ich hoffe, für immer beseitigen“ (1884 C. p. 66). „Dies sind Folgerungen von grosser Tragweite, denn sie stürzen einen beträchtlichen Theil des bisherigen Fundamentes der Wirbelthiermorphologie über den Haufen“ (p- 67) ete. etc. Diesen Citaten könnten noch recht viele, die alle von dem gleichen Geiste beseelt sind, angereiht werden. Diese genügen, um zu zeigen, wie DOHRN über GEGENBAUR und seine Methode, wie er überhaupt über sich im Vergleich zu GEGENBAUR denkt. Wahrlich, redlich und mit ganzer Kraft ist er bemüht gewesen, GEGENBAUR den Kranz von der Stirne zu reissen, und es gab eine Zeit, wo es die Spatzen von den Dächern pfiffen, dass er ihn nun bald gänzlich vernichten werde. Das ist nun freilich nicht gelungen. Die Ueberzeugung von der fundamentalen Be- deutung der GEGENBAUr’schen Arbeiten ergreift von Jahr zu Jahr immer weitere Kreise, während DoHrN gar Vieles von seinem Werke selbst eliminiren musste und durch Andere fallen sah, und schliesslich auch gezwungen ward, in manchem Stücke dem zuvor herabgesetzten Gegner zu folgen. War somit sein Bemühen auch ein vergebliches, so kann er doch guten und ruhigen Gewissens von sich sagen: Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas. DoHrnv’s Ausführungen zeigen, welch grosser Meister in der Dialektik er ist. Ein Soleher gewinnt leicht Erfolge, namentlich bei Unwissenden und Kritiklosen; aber ein langes Leben haben solche Erfolge nicht. Die Thatsachen und die Wahrheit sind unerbittlich und schliesslich doch beredter, als alle Worte und alles Lärmen; und so will mir scheinen, dass das, was GEGENBAUR’s überlegener Geist, sein reiches Wissen und sein unvergleichliches Können uns ge- schenkt, dass aber auch gerade seine vergleichende Methode, der man sehr unrecht nachgesagt, als unterschätzte sie die Physiologie und Ontogenie — nur gegen die kritiklose Vermengung von Morphologie und Physiologie und gegen das praetensiöse Ausspielen ungesicherter und ungesichteter ontogenetischer Einzelfunde erhebt sie Einspruch —, recht gegründeten Anspruch auf ein langes Leben hat, dass seine Gaben nach Menschenaltern noch den Arbeiten dankbarer und verständnissvoller Nachkommen zum Segen gereichen werden, wenn auch das Meiste von dem, was wir Kleinen inzwischen arbeiteten, längst überholt, verklungen und vergessen sein wird. Und wenn ich auch DOHRN zu diesen Kleinen rechne, so weiss ich wohl, dass er nach seiner Schätzung riesengross über GEGENBAUR dasteht und diesen Glauben auch ins Grab mitnehmen wird. Selbstverständlich erkenne ich gern und willig an, dass uns DoHkn’s Arbeiten neben vieler Spreu auch gute und fruchtbare Körner gegeben haben. Gerade in dieser Abhandlung habe ich wiederholt Gelegenheit genommen, das zu erwähnen und hervorzuheben. Auch schätze ich voll und ganz seine schöpferischen Verdienste um die Grün- dung und Weiterbildung zoologischer und biologischer Stationen. Frei von jeder Leidenschaftlichkeit und nur nach Billigkeit und Gerechtigkeit wollte ich meine Meinung in dieser Sache aussprechen. Und wenn ich dabei GEGENBAUR, dessen Schüler gerade so wie DOHRN gewesen zu sein ich als ein besonderes Glück preise, den ersten Platz unter den lebenden Morphologen gab, so leitete mich dabei nicht meine grosse Dankbarkeit, sondern selbstverständlich nur die reinste Bewunderung der wissenschaftlichen Thaten dieses wahrhaft grossen Forschers und Menschen. 676 Max FÜRBRINGER [328 oder laterale Wurzeln der Hirnnerven beurtheilt und ihre Muskeln von den primor- dialen Visceralmuskeln abgeleitet (Oculomotorius, Trochlearis und Abducens: BaLrour 1875, Marsnarr 1881, Donrn 1885 |wobei der Trochlearis höchstwahrscheinlich eine dorsale Wurzel repräsentire), Houssay 1890, von Kuprrer 1894 [wobei hinsichtlich des M. rectus externus nicht definitiv entschieden wird, ob er somitischer oder visceraler Abstammung seil; — Oculomotorius und Trochlearis: Harscher 1892; — Trochlearis und Abducens: von Kurrrer 1891, 1895; — Trochlearis: Domkn 1887, 1890 |jetzt als laterale Wurzel gedeutet], Horrmann 1889 |dorsaler Nerv], Marrın 1891 [vielleicht], Frorıer 1891), wobei auch einige Autoren eine successive Umwandlung der Fasern und Funktionen annehmen, resp. zwischen primären und sekundären Augenmuskel- nerven unterscheiden, ferner eine ganz eigenartige Entstehung in loco oder eine centralwärts gehende Entwickelung des einen oder anderen Nerven beschreiben (Prarr 1891, Frorıer 1891, Miırropuanow 1892, 1893, Sepgwick 1894, 1896 etc.). Bald fasst man die Augenmuskelnerven als Abkömmlinge des Trigeminus resp. Trigeminus und Facialis auf (wobei in der Regel der Oculomotorius dem 1. Segmente des 'Tri- geminus und der 'Trochlearis dem 2. Segmente dieses Nerven zugerechnet wird, während man den Abducens dem Trigeminus (GAskeiL, Ragı, HarscHhex 1893, von Kurrrer) oder dem Facialis (MarsnarLL, van WısHE, BEARD, ZIMMERMANN, HATSCHEK 1892, Horrmann) zutheilt), bald als selbstständige komplett angelegte Nerven, die sekundär ihre dorsalen Wurzeln und Ganglien') verloren oder nur noch in um- gewandelten Rudimenten beibehielten (so z. B., wenn ich recht verstehe, Horrmann 1589 Trochlearis vielleicht vorderster segmentaler Kopfnerv|; Gaskerr 1889 |zum Theil auf Grund von Tnousen’s Befunden 1887. Oculomotorius und Trochlearis die beiden ersten Kopfnerven repräsentirend|; Prarr 1891 [mit dem N. thalamicus einen vorderen, zwischen Olfactorius und Trochlearis befindlichen kompletten Nerven bildend|), bald als den übrigen Nerven und Muskeln nicht vergleichbare Bildungen sui generis (zum Theil Horrmann 1894, vielleicht ursprüngliche praechordale, nicht auf Segmente zurückführbare Nerven repräsentirend). Der eigenthümliche dorsale Austritt des N. trochlearis hat namentlich seit J. Mürter zahlreiche Autoren beschäftigt. Von den neueren Embryologen hat van WımeE (1886B) versucht, diese dorsale Ablenkung durch das mächtige An- wachsen der Vorderstränge des Rückenmarks zur Olive und zu der in das Corpus quadrigeminum ziehenden Schleife im Hinterhirngebiete zu erklären”); Hıs (1888) erwähnte, dass die Eigenthümlichkeit des Verlaufes seiner Wurzel vielleicht auf die starke Abplattung des Gehirnrohres im Isthmusbereiche zurückzuführen sei, 1) Das dem Oculomotorius angeschlossene Ganglion (Ganglion oculomotorii resp. ciliare s. mesocephalicum) wurde bekanntlich sehr verschiedenartig beurtheilt und benannt, bald als echtes Oculomotorius-Ganglion dorsaler oder ventraler Natur, bald als Trigeminus-Ganglion, bald als sympathisches Ganglion aufgefasst. Desgleichen wurden bei dem Trochlearis und Abducens ihnen von Anfang an angehörige oder ihnen ursprünglich fremde (sympathische, tri- geminale) Ganglien beschrieben. E 2) Umgekehrt lässt RAgBL (1889) den Oculomotorius aus seiner nach diesem Autor ursprünglich dorsalen Lage durch die Entwickelung der Pedunculus-Bahn ventralwärts gedrängt werden. . 329 UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 7 l welche einer sagittalen Richtung der faserbildenden Zellen und der von ihnen aus- gehenden Achsencylinder günstig sein müsse; Horrmann (1889) frägt, ob der N. troch- learis den alten Nerven für die Schutzorgane des Parietalauges repräsentire, der sich mit der Rückbildung desselben sekundär in den Augenmuskelnerven umgebildet habe, welcher das Auge schräg nach oben zieht. Auch ist daran gedacht worden, denselben auf Grund der Existenz eines transitorischen sogenannten Trochlearis- Ganglions als einen ursprünglichen sensibeln Nerven aufzufassen, der erst später motorische Eigenschaften gewonnen habe. Dass er von allen Kopfnerven sich am spätesten ausbilde, wird von mehreren Autoren (Marsnaın 1881, Marsmarı and SPENCER 1881, van Wısue 1882, van BEmMmELEn 1889, Orrer 1890, Dourn 1891, Prarr 1891) ausdrücklich angegeben; MarsHALL and SPENCER, VAN WIJHE, ÖPPEL, Dourx (1890, 1591) und Horrmann (1894) erwähnen zugleich, dass ihnen seine erste Entstehung und die Ausbildung seines Verbandes mit dem M. obliquus superior trotz vieler aufgewandter Mühe unbekannt geblieben sei. OrrEr sieht das zweite Myotom vor der Bildung dieses Muskels verschwinden; Prarr lässt zuerst einen primitiven N. trochlearis sich entwickeln, welcher auch gewisse Rückbildungen und Umbil- dungen des N. ophthalmicus superficialis entstehen lasse, während der definitive N. trochlearis sich erst sekundär aus Ganglienzellen bilde, welche nach dem Gehirn zu streben. Endlich sei erwähnt, dass Gorcı (1893) nach dem Vorgange von Deırers am centralen Trochlearis-Kern gewisse Eigenthümlichkeiten seiner Ganglienzellen beschrieb, welche denselben einen recht primitiven, embryonalen Charakter verleihen. ec. Vergleichung der Spinal- und Cerebralnerven auf Grund ihrer Zusammensetzung. aa. Akranier. Bei der Vergleichung der die spinalen und cerebralen Nerven zusammen- setzenden Komponenten bildet Amphioxus den Ausgangspunkt; bei diesem tiefsten Vertebraten sind die Nerven des cerebralen Gebietes im Wesentlichen denen des spinalen Gebietes gleichgebildet und bestehen aus alternirenden ventralen und dor- salen Nerven. Die ventralen Nervenfasern beginnen vermuthlich — der sichere Nachweis dafür ist noch zu führen — von medullaren Zellen und treten nach dem Austritte aus der Hülle des centralen Nervensystems, ohne sich mit einander zu verbinden, sofort oder nach kurzem Verlaufe an die von ihnen versorgten Seitenrumpfmuskeln. Darin spricht sich ein durchaus primitives, an die frühesten ontogenetischen Stadien der Kranioten erinnerndes Verhalten. aus. Die dorsalen Nerven verlaufen zunächst in den intermyomeren Septen, dann oberflächlich von der Seitenrumpfmuskulatur und führen sensible und motorische Fasern, von denen die ersteren die äussere (ektodermale) Haut und die innere (ento- dermale) Schleimhaut, die letzteren die viscerale Muskulatur (Constrietor-System) innerviren; wahrscheinlich entstammen die sensibeln Fasern den peripherischen Festschrift für Gegenbaur. III. s6 678 Max FÜRBRINGER [330 Ganglienzellen (Repräsentanten der Spinalganglien) und besitzen im centralen Nerven- system nur ihre centralen Enden, die viscero-motorischen dagegen scheinen von medullaren Zellen, deren specielleres Verhalten (ob Hinterzellen oder Lateralzellen vergleichbar) noch unbekannt ist, ihren Ausgang zu nehmen. Hier hat die Unter- suchung noch manche Lücken auszufüllen. Der zu den Eingeweiden und zur visce- ralen Muskulatur gehende Ram. visceralis zeigt in seinem bogenförmigen, den ventralen Rand des Seitenrumpfmuskels umkreisenden und dann zu dem Lig. denticulatum und den Eingeweiden aufsteigenden Verlaufe eine Eigenthümlichkeit, die nicht als primäre beurtheilt werden kann, sondern wahrscheinlich in Folge des ventralen Herunter- wachsens der Seitenrumpfmuskulatur und der dorsalwärts gehenden Ausdehnung des Peribranchialraumes — beides sekundäre Processe — diesen Weg zugewiesen erhielt (p- 647 Anm. 2). Einige von den vorderen dorsalen Nerven (im Kopfgebiete) erheben sich durch den Besitz von specifischen peripherischen 'Terminalkörperchen und den Verband mit Geschmacksknospen über die Mehrzahl ihrer homodynamen Genossen'). Dazu kommt der N. olfactorius als ein den anderen Nerven nicht vergleich- bares Gebilde. Mit von Kurrrer und der Mehrzahl der Autoren neige ich dazu, ihn als unpaaren Nerven und Amphioxus als echten Monorhinen aufzufassen. bb. Kranioten. Bei den Kranioten sind die beiden Abschnitte des Gehirns und Rücken- marks zu höherer und differenterer Ausbildung gekommen. Hier ist zwischen Cerebral- und Spinalnerven ein deutlicher Unterschied gegeben; die Myxinoiden mit ihrem ersten spino-occipitalen Nerven zeigen eine gewisse Interferenz. Zugleich bietet aber der Seitenrumpfmuskel der Kranioten den erheblichen, schon oben (p. 646) des Näheren nachgewiesenen Unterschied dar, dass er von Amphiowus-artigen ontogenetischen Anfängen beginnend eine mächtige oberflächliche, laterale Lage neu entfaltet hat, während die alte mediale Lage des Amphiowus bis auf geringe Reste (p. 649) oder gänzlich zurückgebildet ist. Die Folge dieser Veränderung ist einmal die Verlänge- rung der ventralen motorischen Nerven, welche sich zu längeren Stämmen zusammen- schliessen, ehe sie ihre Muskeln erreichen, dann der abweichende Verlauf der dorsalen Nerven, welche nun von der sie lateral überwachsenden Seitenrumpfmuskulatur be- deckt verlaufen, auch mit ihren visceralen Aesten nicht mehr den Bogen um den ventralen Saum des Seitenrumpfmuskels zu machen brauchen, sondern mehr oder minder direkt zu ihrem Endgebiete gelangen. Im Rumpfbereiche mit seiner hoch entwickelten Seitenrumpfmuskulatur ist diese Differenz gegenüber den Akraniern eine durchgreifende; im Kopfbereiche und dem Anfange des Rumpfes, wo der Seiten- rumpfmuskel noch zum Theil ein primitiveres Verhalten und die ursprüngliche mediale 1) Eine eigenthümliche Stellung nimmt der erste paarige Nerv ein, indem er eine ventrale Lage mit dor- salen Eigenschaften verbindet. v. KUPFFER (1893 B.) ist darauf hin geneigt, ihn als ventralen sensibeln einer besonderen Kategorie zugehörenden Nerven aufzufassen. 331) ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 679 Lage gewahrt hat (sog. Kopfsomiten, spino-oceipitale Somiten), finden sich noch ge- wisse Anklänge an die Zustände bei Amphiowus'). «. Spinale (und neokraniale) Nerven. Die spinalen Nerven der Kranioten sind wie bei Amphiowus ventrale und dorsale, welche bei den Myxinoiden, Petromyzonten und den tiefer stehenden Gna- thostomen deutlich alterniren, wobei die ersteren in den Myomeren (myal), die letzteren zwischen denselben (septal) verlaufen, bei der Mehrzahl der Gnathostomen aber durch innigeren Zusammenschluss diese alternirende Aufeinanderfolge und den selbstständigen Verlauf mehr aufgegeben haben. Bei den Petromyzonten laufen sie noch getrennt, bei den Myxinoiden und Gnathostomen verbinden sie sich, als ventrale und dorsale Wurzeln, zu Nervenstämmen, wobei dieser Verband, je höher wir in dem Thierreiche aufsteigen, ein immer früherer, d.h. dem Centrum mehr genäherter wird und zu einer immer längeren Stammbildung führt. Die ventralen Wurzeln (Nerven) beginnen von centralen Ganglienzellen in der Medulla, treten im ventro-medialen Bereiche des Rückenmarkes aus und begeben sich nach verschieden langem Verlaufe und unter mehr oder minder komplicirtem Verhalten zu der den Urwirbeln entstammenden Seitenrumpfmuskulatur und ihren Abkömmlingen. Im vorderen Rumpfbereiche haben sie sekundär näheren Anschluss an den Kopf gewonnen und repräsentiren die neokranialen spino-occipitalen Nerven (inel. N. hypoglossus), welche die neokranialen metaotischen Somiten (ursprüngliche Rumpfsomiten) und ihre Abkömmlinge versorgen, die zugleich in Folge ihrer durch sekundäre Reduktionsvorgänge bedingten einfacheren und auf das ventro-mediale Gebiet beschränkten Ausbildung sich von ihren komplicirteren Nachfolgern unter- scheiden. Ausser diesen somato-motorischen Nerven führen die ventralen Wurzeln noch sympathico-motorische Fasern für die Eingeweide und Gefässe, welche als ven- trale Rr. viscerales (ventrale sympathische Wurzeln) von ihnen abtreten und auch Ganglien führen’). Bei Amphiowus wurden diese Fasern bisher noch nicht nach- gewiesen; möglicherweise sind sie auch dort schon vorhanden und bisher nur über- sehen, möglicherweise sind sie aber auch erst bei den Kranioten in Folge sekundärer Aberrationen der Somiten in das viscerale Gebiet entwickelt. Hier bleibt noch viel zu untersuchen. 1) Mit dieser Auffassung trete ich zu v. KUPFFER in einen gewissen Gegensatz, insofern ich die Aus- bildung des Seitenrumpfmuskels nieht als einen konstanten Faktor ansehe, welcher eine unveränderliche Scheidewand zwischen „spinalen“ und „branchialen“ Nerven bildet. Lediglich der Grad der Ausbildung desselben, je nachdem er sich auf das primordiale mediale Gebiet beschränkt oder eine mächtige lateralwärts gehende Ausbildung unter partieller oder totaler Reduktion der primordialen medialen Elemente gewonnen hat, bestimmt m.E. die relative Lage der Nerven. Ich kann somit v. KUPFFER auch nicht folgen, wenn er annimmt, dass die einwärts von den Somiten verlaufenden dorsalen Spinalnerven der Kranioten nebst dem Ganglion spinale und G. sympathicum neue Erwerbungen darstellen, während der ausserhalb verlaufende Ram. ventralis des Amphioxus am Rumpfe verloren ging (1893 B.) Dass im Uebrigen die v. Kuprrer’sche Scheidung der cerebralen und spinalen Nerven eine sehr werthvolle und fruchtbringende ist, erkenne ich voll und gern an; die künftigen Untersuchungen werden unter Bezugnahme auf dieselbe nur gewinnen. 2) Gerade durch die neueren Beobachtungen ist die Existenz dieser ventralen, schon FREUD und VAN WIJHE z. Th. bekannten und vielfach (namentlich von DoHRN und v. KUPFFER) erwähnten Ganglien aufgeklärt worden. 86* 680 Max FÜRBRINGER [332 Die dorsalen Wurzeln (Nerven) beginnen wie bei Amphiowus von der dorsalen Cirkumferenz des Rückenmarkes und bestehen zum grösseren Theile aus (cutanen und mucösen) sensibeln Fasern, welche den Spinalganglienzellen entstammen und im Rückenmarke central enden, zum kleineren Theile aus motorischen Fasern, welche von centralen, übrigens bei den verschiedenen 'Thieren in verschiedenen Zonen des Rückenmarkes gelegenen Ganglienzellen (Hinterzellen, Lateralzellen etc.) ausgehen und die Spinalganglien durchsetzen, ohne mit deren Zellen in Verband zu stehen. Diese motorischen Fasern, welche man von den dorsalen sensibeln Elementen als Lateralfasern unterscheiden kann‘), gehen vermuthlich auch zu der visceralen Muskulatur, und zwar in den Bahnen der dorsalen Rr. viscerales (dorsalen sympa- thischen Wurzeln), welche somit dorsale sensible und laterale motorische Elemente führen. Diese Rr. viscerales sind vergleichbar mit den gleichnamigen Nerven der Akranier, aber fast einfacher als dort gebaut, da ein grosser Theil der visceralen Muskeln des Amphiowus im Rumpfgebiete der Kranioten zurückgebildet ist. Danach scheint das sympathische System des Rumpfes seine sensibeln Fasern von den dorsalen, seine motorischen von den dorsalen und ventralen Wurzeln zu erhalten. ß. Cerebrale palaeokraniale Nerven. Die cerebralen palaeokranialen Nerven der Kranioten treten wie bei den Akraniern als ventrale und dorsale auf; beide sind aber wie die ventralen und dor- salen Spinalnerven von Amphiowus und den Petromyzonten in der Hauptsache selbst- ständig, somit in dieser Hinsicht auf einer primitiveren Stufe geblieben als die Spinal- nerven der meisten Kranioten. Auch ist es hier zu mancherlei metamerischen Ver- änderungen, hückbildungen etc. gekommen, über die noch sub 2 gesprochen werden soll. Die noch persistirenden ventralen Nerven werden durch die Augenmuskel- nerven vertreten, die centralen ventro-medialen Kernen entspringen und eine Mus- kulatur versorgen, die höchst wahrscheinlich aus echten Kopfsomiten, also Homologen gewisser vorderer Myomeren des Amphiowus sich entwickelte, aber mit der visceralen Muskulatur nichts zu thun hat. Ich stehe sonach in dieser Frage auf dem insbesondere von VAN WısHE begründeten Standpunkte. Zugleich ist es hierbei in Folge des mäch- tigen Eingreifens und des umbildenden Einflusses des Auges zu Veränderungen innerhalb dieser Somiten gekommen, welche von der Gleichmässigkeit des Verhaltens der Rumpf- somiten ganz erheblich abweichen und Heterotypien in der Ausbildung der myogenen Bezirke herbeiführten, welche wohl den Gedanken aufkommen lassen konnten, als seien diese vorderen Myotome den hinteren Rumpfmyomeren nicht vergleichbar. — Oculomotorius und Abducens folgen in ihrem Verlaufe und Austritte aus dem Gehirn dem Typus der ventralen Spinalnervenwurzeln, können somit als rein ventrale oder ventro-mediale Nerven bezeichnet werden. Wie weit sie sympathische Fasern 1) Der Terminus „Lateralfasern‘‘ bezeichnet nur eine bestimmte, dem Lateralhorn entstammende Kategorie (Fasern von LENHOSSEK und CAJAL, laterale sympathische Fasern). Ausser ihnen kommt noch der mannigfaltige Komplex der Hinterzellenfasern in Frage (cf. p.584 Anm.1), deren genauere Erkenntniss aber noch manche Unter- suchung erfordern wird. 333] ÜEBER DIE SPINO-OCGCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOGEPHALEN ETC. 681 mit sich führen, wie weit ihre mannigfachen Verbände mit transitorischen oder bleibenden Ganglien und Nerven im orbitalen Gebiete primäre oder sekundäre Be- deutung haben, ist grösstentheils noch zu entscheiden. Desgleichen ist die Phylo- genese der von dem vordersten Theil des Oculomotorius versorgten intrabulbären Muskeln sowie des von dem Abducens innervirten Retractor bulbi und seiner Ab- kömmlinge kaum in Angriff genommen. — Ganz abweichend, nicht allein von den anderen ventralen, sondern überhaupt von allen Nerven des Körpers'), verhält sich der Trochlearis, der unter kompletter Kreuzung mit seinem antimeren Partner in ultradorsalem Verlaufe auf die andere Seite übertritt und erst dort zu seinem Muskel (Obliquus superior) geht. Von den oben (p. 676f.) mitgetheilten Erklärungsversuchen für diesen abweichenden Verlauf scheint mir der von Hıs gegebene das eigentliche Problem in seiner tieferen kausalen Bedeutung gar nicht zu treffen; desgleichen halte ich den von van Wıme mitgetheilten, ganz abgesehen davon, dass er auf falschen, Hyerı und Heızmann entlehnten Grundlagen ruht, sowie den eine successive Um- bildung aus einem sensibeln in einen motorischen Nerven postulirenden, weder für die Erklärung ausreichend, noch überhaupt annehmbar. Dagegen erblicke ich in dem von Horrmann ausgesprochenen Gedanken, wenn ich ihm auch in der specielleren Durchführung nicht folgen kann, doch den Ausblick in die rechte Gegend. Ich bin geneigt, den M. obliquus superior von einem alten dorsalen Muskel?) abzuleiten, der ursprünglich mit dem ihm benachbarten Muskel der Gegenseite für die Bewegung des Parietalauges (dessen langer Nerv die frühere Beweglichkeit noch jetzt andeutet) bestimmt war?) und mit der sekundären Rückbildung desselben und der höheren Ausbildung der paarigen Augen neue aberrative Muskelelemente (bei gleichzeitigem successiven Schwund der alten dem parietalen Auge zugehörigen) hervorgehen liess, welche unter Kreuzung und dorsaler antimerer Ueberwanderung sich ganz in den Dienst der bleibenden Augen der Gegenseite stellten, somit eine Muskelwanderung zu statuiren, welche noch jetzt aus der als peripher zu beurtheilenden Kreuzung der beiden Nn. trochleares') abgelesen werden kann, auch für die auffallend späte ontogenetische Ausbildung des M. obliquus superior und N. trochlearis, dessen primi- tives Verhalten (Deiıters, GoLeI) und die grossen Schwierigkeiten, mit denen gerade 1) Einige Anklänge an das Verhalten der sog. Hinterzellen und der von ihnen ausgehenden Fasern, die von gewissen Untersuchern auch als motorische angesehen werden, existiren, doch sind die Differenzen weit erheblicher und verbieten jeden Vergleich des N. trochlearis mit denselben. 2) Dass diese dorsale Lage keinen Gegengrund gegen die Ableitung aus einem Somiten bildet, braucht nicht besonders betont zu werden. 3) Ich bin also der Ansicht, dass auch der Stammyvater des M. obliquus superior ein an den Bulbus des Parietalauges gehenden Muskel war, und unterscheide mich darin von HorFFMmAnNn, der den N. trochlearis die Schutz- organe (welche, ist nicht ausgeführt) des Parietalauges versorgen liess. 4) Dass es sich bei der Trochlearis-Kreuzung nicht um eine centrale, durch antimere Verschiebung der Ursprungskerne zu Stande gekommene, sondern um eine peripherische, durch peripherische Einflüsse bedingte, Kreuzung handelt, geht aus der ganzen Anordnung derselben deutlich hervor. HOFFMANN thut dieser Kreuzung keine Er- wähnung. MARTIN (dessen Abhandlung über die Entwickelung der Kopfnerven der Katze 1890 mir nur aus KrAusE’s Referat bekannt ist) lässt den N. trochlearis zuerst in der Hauptsache ungekreuzt entspringen; nur ein kleiner Theil seiner Fasern komme aus der entgegengesetzten Seite, später würden die ungekreuzten Fasern verdeckt. Danach scheint es, als ob MARTIN eine centrale Kreuzung (die ich nicht acceptiren kann) annimmt. 682 Max FÜRBRINGER [334 hier die embryologische Untersuchung zu kämpfen hat, eine gewisse Illustration ab- giebt. Selbstverständlich will dieser Versuch der Erklärung nur eine Idee, ein Programm für künftige Untersuchungen sein; doch glaube ich, dass diese mit der Thatsache der peripherischen Ueberkreuzung der beiden Nn. trochleares und der Ausbildung der Mm. obliqui superiores aus dem somitischen Material der Gegenseite zu rechnen haben werden. Die dorsalen Nerven werden durch die typischen spinalartigen Nerven ([rigeminus, Acustico-facialis, Glossopharyngeus, Vago-accessorius) repräsentirt, welche wie die entsprechenden Nerven des Amphiowus und wie die dorsalen Spinalnerven aus sensibeln und motorischen Fasern bestehen. Die sensibeln Fasern entstammen peri- pherischen Ganglien (Hauptganglien und epibranchiale Ganglien), welche eine all- gemeine Homologie mit den Spinalganglien verbindet‘), enden innerhalb des Gehirns an den sogenannten dorsalen Kernen und verlaufen peripherwärts zur äusseren Haut (die sie in höherer Ausbildung ihrer Funktionen mit sensibeln Rr. cutanei und sensorischen Rr. laterales versorgen) und zur Schleimhaut (viscero-sensible oder sen-, sible sympathische Fasern). Die motorischen Fasern sind für die viscerale Musku- latur bestimmt und haben in Folge der höheren Ausbildung derselben eine ansehn- lichere Entwickelung gewonnen; sie entspringen von ventralen Ganglienzellen, welche in bekannter Weise hier in Gestalt einer lateralen oder ventro-lateralen Kernreihe zu besonderer Entfaltung gelangt sind, übrigens aber auch jenen lateralen Ganglien- zellen, von denen z. B. die von Lenxnossek und Casar, entdeckten Fasern ausgehen, verglichen werden können, verlaufen in dorso-lateraler Richtung (zum T'heil auch unter mehr oder minder beträchtlicher Bogenbildung) nach aussen, um sich den dorsalen sensibeln Wurzelantheilen anzuschmiegen, und begeben sich schliesslich innerhalb der posttrematischen (resp. der denselben homologen) Nervenäste zu der von ihnen versorgten palaeokranialen Muskulatur. Von den speciell sensibeln dor- salen Wurzeln (Hinterhornfasern) sind sie daher auch als laterale motorische Wurzeln (Seitenhornfasern) von vielen Autoren hervorgehoben worden, womit ich übereinstimme. Besondere von ihnen abgegebene Zweige gehen zu der internen Pharynxmuskulatur und wohl auch zu den hier befindlichen Gefässen; sie wurden als speciell viscero-motorische und vaso-motorische Nervenfasern angesprochen; im weiteren Sinne des Wortes kann man aber auch alle diese motorischen Fasern dem viscero-motorischen System zurechnen, wie dies z. B. GaskzerL u. A. thun. Die von v. Kurrrer beschriebenen „Spinalnerven“ des Kopfes bin ich geneigt, in der Hauptsache als sensible sympa- thische Nerven anzusprechen, finde auch, dass dieselben bei erwachsenen T'hieren zum Theil durch die epibranchiale spinale Muskulatur hindurchtreten, um zu ihrer Endverbreitung zu gelangen, was mit dem von v. Kuprrer angegebenen Verlaufe dieser Nerven einigermaassen harmonirt. — Mit meiner Auffassung der typischen spinal- artigen Nerven folge ich somit in der Hauptsache der von van WIHE vertretenen 1) Auf die besonderen Eigenthümlichkeiten Beider, welche eine speciellere Homologie ausschliessen, ist hier nicht einzugehen. 335] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 683 Auffassung, kann aber den Autoren, welche die lateralen motorischen Fasern dieser Nerven mit den ventralen motorischen Fasern der Spinalnerven vergleichen, somit eine komplette Homologie zwischen den dorsalen (resp. dorsalen und lateralen) palaeokranialen Nerven und den Spinalnerven annehmen (PnisaLıx, GOoRONoWITSCH), nicht folgen. Ueber die von v. Kurrrer beschriebenen transitorischen dorsalen Primär- ganglien, welche dem dorsalen Bereiche des Centralnervensystems entstammen und in früher Embryonalzeit die Kopf- und Rumpfmyomeren versorgen, besitze ich keine eigenen Erfahrungen und enthalte mich daher ihrer Beurtheilung. Der Sympathicus des Kopfes setzt sich nach den obigen Mittheilungen aus den dorsalen sensibeln Nerven entstammenden sensibeln Elementen und aus moto- rischen Fasern zusammen, welche wohl grösstentheils von den lateralen motorischen Fasern abgegeben werden; ob auch die ventralen motorischen Nerven (Augenmuskel- nerven) an dieser Abgabe sympathiko-motorischer Elemente noch participiren, ist noch nicht vollkommen sicher gestellt, aber nicht unwahrscheinlich. Wiederholt wurde in den vorhergehenden Darlegungen (p. 595, 615, 645, 679) die altbekannte Thatsache des Alternirens der dorsalen und ventralen Wurzeln bei den niederen Vertebraten hervorgehoben; HarscHek und van WisHE haben ins- besondere darauf hin Schemata aufgestellt, in welchen die ersteren als septale, die letzteren als myale Nerven wechselweise auf einander folgen. Ich bin mit dieser Aufstellung einverstanden. Auf ähnlicher Grundlage bewegt sich die Beobachtung Dourns (1890 B), dass die Vorderhorn- und Seitenhornnerven mit einander zu alter- niren scheinen; sie führt ihn zugleich zu der Hypothese resp. Frage, ob nicht beide motorischen Kategorieen ein und dasselbe sind. Auch diese Frage ist diskutabel; ihre Lösung wird aber erst dann angebahnt sein, wenn ontogenetisch und phylo- genetisch die Instanzen genau dargelegt sind, welche zu dem so überaus differenten Verlaufe der ventralen oder medialen Somitennerven und der lateralen Seitenplatten- nerven geführt haben. Einen Versuch in diesem Sinne habe ich gemacht (cf. p. 647), bin mir aber wohl bewusst, dass mit dieser Andeutung noch sehr wenig gethan ist, dass die wirkliche Beantwortung der Frage nur nach gründlicher und ausgiebiger Arbeit gegeben werden kann. Von dem N. olfactorius der Kranioten gilt in der Hauptsache das bei Am- phiowus Gesagte (p. 678). Dass derselbe hier eine paarige Ausbildung gewonnen hat, hängt mit der besonderen Entfaltung der kranioten Regio olfactoria zusammen, die bei den Myxinoiden und Petromyzonten noch eine Mittelstellung aufweist, bei den Gnathostomen aber zur ausgesprochenen Amphirhinie gelangt ist (von Kurrrer). Beifolgende Tabelle möge einen Theil des Besprochenen übersichtlich zur Anschauung bringen’): 1) Die Hauptmängel unserer Kenntniss (ungenügende Kenntniss des relativen Verhaltens der Hinterzellen und Lateralzellen, ungenügende Aufklärung der Ursprungsverhältnisse des Sympathicus) sind im vorhergehenden Texte hervorgehoben. 684 MAx FÜRBRINGER [336 Nerven der Spinale Nerven Cerebrale Nerven Akranier. der Kranioten. der Kranioten. Centripetale Ner- | Rr. cutanei, Rr. late- | Rr. cutanei und sen- Rr. cutanei, Rr. laterales ven. rales undsensibleAn- | sible sympathische | u. sensible sympathische (Dorsale sensible theile der Rr. visce- | Fasern der dorsalen | Fasern der Nn. trigemi- Fasern.) rales der dorsalen | Nerven oder Wurzeln. | nus, acustico-facialis, Nerven. glossopharyngeus u. vago- accessorius. Centrifugale Ner- Dossale SE Sen. mischte Nerven Hinterzellenfasern Hinterzellenfasern der ” resp. Wurzeln (KurtscHinv’sche, niederen Kranioten. (dorsale + laterale RoHoN’sche Fa- Motorische Antheile Nerven). sern etc. etec.). der Rr. viscerales (Ursprung, ob von Lateralzellenfasern Hinterzellen oder von | Laterale motorische | Motorische Fasern der | (Seitenhornfasern, | Lateralzellen, noch sympathische Fasern | Nn. trigeminus, facialis, motorische Seiten- nicht aufgeklärt). (inel. die Fasern von | glossopharyngeus u. vago- | plattennerven). LENHOsSGK u. CAJAL). | accessorius nebst moto- | | rischen sympathischen Fasern derselben. Ventralzellenfasern Somato-motorische ; Somato-motorische Motorische Fasern für | Ventrale moto- (Vorderhornfasern, | Fasern (Nerven des | Fasern (Nerven des | die Augenmuskeln; mög- | rische Nerven motorische Urwir- | Seitenrumpfmuskels). | Seitenrumpfmuskels); | licherweise auch motor. resp. Wurzeln, belplattennerven). medio-ventrale mot. | sympath. Fasern dersel- sympath. Fasern. ben (?) 2. Speciellere metamerische Vergleichung der Spinal- und Cerebralnerven. In den vorstehenden Auseinandersetzungen wurde eine vorläufige, in verschie- denen Punkten allerdings noch der Fundirung bedürftige Grundlage für die meta- merische Vergleichung der spinalen und cerebralen Nerven gegeben. Zu dieser wende ich mich jetzt. a. Kurzer historischer Ueberblick. GEGENBAUR (1870, 1872, 1887) verdanken wir bekanntlich die erste umfassen- dere metamerische Vergleichung der Spinal- und Cerebralnerven, wobei seine Unter- suchungen an den niederen Selachiern den Ausgang bildeten. Olfactorius und Opticus gehören dem praevertebralen Abschnitte des Schädels an, die anderen Nerven dem vertebralen. Ihre Vertheilung wird durch die Visceralbogen bestimmt, inner- halb deren ihre ventralen Aeste sich verzweigen. Der Trigeminus verbreitet sich im Gebiete des Labialknorpels und des Kieferbogens und entspricht 2 (1870, 1872) oder 1 (1874, 1878, 1887 A.')) metamerischen Nerven; der Facialis ist der Nerv der 1) In der Veröffentlichung von 1887 wird die Frage offen gelassen, ob der Ophthalmicus profundus selbst- ständig, ob somit der Trigeminus ein zweitheiliger Nerv sei oder nicht. 337] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC, 685 zwischen Kiefer- und Zungenbeinbogen liegenden Visceralspalte und monomer; das Gleiche gilt für den Glossopharyngeus, der sich im Bereiche der zwischen Zungen- beinbogen und erstem Kiemenbogen gelegenen Kiemenspalte ausbreitet; der Vagus vertheilt sich im Gebiete aller folgenden Kiemenspalten und dem daran anschliessenden intestinalen Bereiche und entspricht einem Multiplum von metamerischen Nerven, deren Zahl wahrscheinlich früher grösser war, jetzt aber in Folge der Reduktion hinterer Kiemenspalten und Kiemenbogen sich auf 6 (bei Heptanchus) und weniger (bei den übrigen Haien und Gnathostomen) Segmente vermindert hat. Von den dorsalen Aesten, welche von jedem Nerven ausgehen, sind namentlich der R. ophthal- micus des Trigeminus, der R. acusticus des Acustico-Facialis und der R. lateralis des Vagus zu höherer Ausbildung gelangt. Die Augenmuskelnerven sind wahrscheinlich motorische diskret austretende Wurzeln eines Theiles des Trigeminus; der Abducens gehört vielleicht auch dem Facialis an. An GEGENnBAUR knüpfen alle folgenden Forschungen über die Metamerie der Cerebralnerven an; in den meisten derselben tritt aber mehr und mehr die onto- genetische Untersuchung in den Vordergrund und führt zu Ergebnissen, welche in vielen Stücken wesentlich von den Befunden GEGENBAuUr's abweichen. Wie bekannt, sind es namentlich GöttE, BaLrour, MARSHALL, VAN WIJHE, AHLBORN, FRORIEP, BEARD, Donrn, Hıs, WIEDERSHEIM, GASKELL, KASTSCHENKO, BERANECK, GORONOWITSCH, RABL, Horrmann, Houssay, OPPEL, v. KUPFFER, STRONG, POLLARD, PLATT, KILLIAN, ZIMMERMANN, HaTscHEX, MirRorHanow, Pınkus, Price, welchen wir theils umfassende Bearbeitungen des vorliegenden Problems, theils diesen oder jenen wichtigen Fund, theils die Auf- stellung von diesbezüglichen Schematas verdanken'). In den ontogenetischen Arbeiten gewinnen insbesondere nach dem Vorgange von van WisHE (1882) die Somiten (Myotome, Myomeren, Mesomeren) des Kopfes neben den Visceralbogen (Branchiomeren) eine hervorragende Bedeutung für die Bestimmung der Metameren der Kopfnerven; wegen ihrer früheren ontogenetischen Ausbildung werden sie den erst später durchbrechenden Kiemen von Vielen voran- gestellt und als die eigentlich ausschlaggebenden Faktoren angesehen, während Andere ihnen wieder ein minderes Gewicht zuertheilen. Die ontogenetischen Befunde ergeben zugleich eine in manchen Fällen sehr hochgradige numerische Differenz zwischen Myomeren und Branchiomeren. Diese Dysmetamerie, welche GEGENnBAUR als sekundär entstanden beurtheilt hatte, wird von AHLBorn (18S4B.), dem zahlreiche Autoren darin folgten, zu einem Faktor von principieller Bedeutung erhoben; bessere Ueberlegung und namentlich die Stimme GEGENBAUR's, der an der Hand von überzeugenden Thatsachen nachwies, dass eine ursprüngliche Eumetamerie bestanden habe, dass aber die Vertheidiger der primitiven 1) Auf den speeielleren Inhalt dieser Arbeiten ist hier nicht einzugehen. Ich verweise zur schnellen Orien- tirung über den Inhalt derselben namentlich auf die zusammenfassenden und kritischen Darstellungen von GEGENBAUR 1887 A.), Frorızr (1891), RaBL (1892) und v. KuPFFEr (1893 B.) — Die Frage der Neuromerie oder Encephalo- merie lasse ich hier bei Seite; hinsichtlich derselben sind insbesondere Dursy, v. KUPFFER, RYDER, ORR, BERANECK, HOFFMANN, Mc CLURE, ZIMMERMANN, WATERS, FRORIEP, HERRICK, STRONG und Locy zu vergleichen. Festschrift für Gegenbaur. II. 87 686 Max FÜRBRINGER [338 Dysmetamerie durch Cänogenesen getäuscht worden seien, hat diese Irrlehre bald zu Fall gebracht und die unerlässliche, entscheidende Bedeutung der vergleichenden Anatomie bei Beurtheilung der ontogenetischen Funde dem, der sehen will und kann, klar vor Augen gestellt (vergl. auch p. 651 f.). Doch ist in einzelnen Fällen von Dysmetamerie die Entscheidung, was sekundär vermehrt oder vermindert sei, die Myomeren oder Branchiomeren, schwierig und noch lange nicht in eindeutiger Weise durchgeführt. Meist erweisen sich die Myomeren als der mehr veränderliche Faktor, mitunter sind es auch die Branchiomeren. Wie schon erwähnt, gelten der Mehrzahl der Untersucher die ersteren auf Grund ihrer früheren ontogenetischen Entstehung als das Maassgebende in der Bestimmung der Metamerien, Anderen die Kiemenanlagen (GEGENBAUR) resp. die epibranchialen Ganglien (v. Kurrrer 1895). Manches, nament- lich im palaeokranialen Kopfbereiche, was die Einen als vollwerthige konstante Myotome beschreiben (van WısHE, Horrmann), wird von den Anderen als unregel- mässige und variable Gebilde (Dourn 1885) oder nicht einmal als Homologe der Rumpfsomiten (Ragı 1889, 1892) angegeben. Das Gleiche ist der Fall mit den branchialen Bogen, Spalten und Höhlen. Dazu kommen die — in der vorliegenden Abhandlung im Detail besprochenen — Ausfallserscheinungen und Verschiebungen im neokranialen und im vorderen Rumpfgebiete, welche hier die Vergleichung zwischen den zusammengehörigen Myomeren und Branchiomeren besonders erschweren und bei rein ontogenetischer Behandlung wegen der cänogenetischen Zusammenziehungen zu Täuschungen Veranlassung geben können (vergl. z. B. p. 439, 567, 573). Im palaeokranialen Gebiete, wo die Verschiebungen noch eine geringere Excursion zeigen, scheint eine minder hochgradige Abweichung von der primordialen Eumeta- merie zwischen beiden Segmentkategorien zu bestehen (GEGENBAUR). Doch haben die neueren Befunde am Vorderkopf des Torpedo-Embryo (Dourn 1890, Kırıın 1591) einen Ueberschuss von, allerdings nicht regelmässig ausgebildeten und von gewissen Autoren (Ragr 1892) nicht einmal anerkannten, Myotomen zu Tage gefördert, der nun gerade diesem eine Dysmetamerie zuweist, welche diejenige des Hinterkopfes bei Weitem übertrifft; auch ist die grosse Discrepanz, welche in dieser Beziehung die Embryonen von Torpedo gegenüber denen der Haie zeigen, bisher noch nicht aufgeklärt worden. Desgleichen werden zahlreiche Rückbildungen und Umwandlungen im Gebiete der Branchiomeren behauptet; die extremsten Vertreter dieser Richtung, so namentlich MarsHarz, Donrn, Houssay, lassen selbst Nase, Hypophysis, Mund, Auge (Linse), Gehörorgan, 'Thyreoidea, Leber, Anus aus Kiemenspalten hervorgehen, ohne freilich im Stande zu sein, diese Behauptungen im Einzelnen zu beweisen. Hinsichtlich aller dieser Fragen stehen wir mitten in den lebhaftesten Kontro- versen, deren Lösung und Versöhnung bei den zur Zeit noch in mancher Hinsicht ungenügenden Materialien, namentlich aber bei der einseitigen Beurtheilung und der verschiedenen Werthschätzung der zur Erkenntniss führenden Methoden, fürs Erste noch nicht abzusehen ist. Aus dem Gewirr der ontogenetischen Angaben über das metamerische Ver- halten der einzelnen Gehirnnerven sei einiges kurz zusammengestellt. 339] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCGEPHALEN ETC. 687 «. Typische (spinalartige) dorsale Gehirnnerven. Von den typischen dorsalen Gehirnnerven wird der Trigeminus als mono- merer (Barrour 1878, Marsmaru 1881, Mrrrornanow 1592, 1893), dimerer (van WiHE 1852, 1594, Bearn 1886, BrrAanEeck 1887, WiıEDERsHEIM 1888, 1893, Houssay 1890, Prarr 1891'), Zimmermann 1891, Porzarn 1891, HarscHek 1892, 1893, Horrmann 1594, Locy 1895), trimerer (GAskerL 1889, Prart 1891 '), Price 1895), penta- resp. hexamerer (v. Kuprrer 1895) Nerv erkannt. DoHrn spricht bei Selachiern von einem maxillaren und mandibularen Bogen (1885) und findet später (1890) bei Torpedo in dem entsprechenden oralen und mandibularen Bereiche 7 Somiten, während Kırrıan (1891) hier bei dem gleichen Thiere 5 beobachtete. Von der Mehrzahl der die Dimerie vertretenden Autoren wird nach dem Vorgange von van WisHE der Ophthal- micus profundus (Ciliaris) als der Nerv des 1. Metamers, der übrige 'ITrigeminus als der Vertreter des 2. Metamers angenommen, während HarscHek, im theilweisen An- schlusse an die erste Auffassung GEGENBAUR’s, dem Trigeminus A. von Ammocoetes die Nn. frontalis I, ophthalmicus profundus und maxillaris, dem Trigeminus B. die Nn. frontalis Il, ophthalmicus superficialis trigemini und mandibularis zutheilt. von Kurrrer lässt sich bei Bestimmung der Polymerie des 'Trigeminus von Ammocoetes in erster Linie von der Zahl der epibranchialen Ganglien leiten?) und rechnet dem Trigeminus auch die Nn. trochlearis und abducens als branchiale motorische Zweige zu. Betreffs des Acustico-facialis wird bald Monomerie (BALFOUR, MARSHALL, GASKELL, HATSCHEK, MITROPHANow, v. KuPFFER, Price), bald Dimerie (van WuHE, DOoHRN, WIEDERSHEIM, ZIMMERMANN, Horrmann, Locy), bald Trimerie (Donurn 1885, Brarn), bald Tetramerie (Houssay) behauptet. Donrn spricht 1885 von wenigstens zwei Metameren und unterscheidet auch einen Spiracular-, Hyomandibular- und Hyoidbogen, 1890 schreibt er ihm ein Multiplum von Visceralbogen zu. BrArn nimmt einen dimeren Facialis an, dem als drittes Segment der Acusticus folgt. Houssay zählt die vier Visceralspalten des Spritzloches, Hyomandibulare, Hyoids und Ohres. Price beschreibt bei dem Embryo von Bdellostoma drei Epibranchialganglien. Miss Pıartt findet bei Acanthias im betreffenden Gebiete 3, DoHrn und Kırrıan bei Torpedo 6—T Somiten. Ueber den Glossopharyngeus herrscht Einigkeit, indem derselbe von allen darüber handelnden Autoren als monomerer Nerv beurtheilt wird. Kırrıan beschreibt in der Glossopharyngeus-Zone 2 Somiten. Hinsichtlich des Vagus (Vago-Accessorius) gehen wieder die Angaben sehr auseinander. Eine primordiale Monomerie desselben wird gefunden oder angenommen 1) Miss PLATT habe ich hier als Befürworterin der Dimerie und Trimerie des Trigeminus angeführt, je nachdem der von ihr vor dem eigentlichen Trigeminus gefundene N. thalamicus als besonderer Nerv aufgefasst oder dem Trigeminus zugerechnet wird. 2) Diese epibranchialen Ganglien sind nach v. KUPFFER mit den beiden Hauptganglien (Gangl. ophthal- micum und G. maxillo-mandibulare) des Trigeminus verbunden. Vor dem Mandibular-Bogen finden sich von hinten nach vorn gezählt der Palatin-, Trabeeular- und Praecerebral-Bogen, der letzte bei Acipenser, nicht aber bei Ammo- coetes nachweisbar. 87F 688 Max FÜRBRINGER [340 von GörrtE (1875 bei Bombinator), ZIMMERMANN (bei Mammalia), Harscuex, v. KuprrER (bei Ammocoetes), eine Dimerie von van Wise (1886, 1889, 1894'), WIEDERSHEIM, Horrmann, zwei oder vielleicht mehr als zwei Metameren von van Wumr (1894 bei Kranioten), eine Trimerie von Houssay (bei Siredon), Locy (bei Acanthias), eine Tetramerie von Barrour (bei pentanchen Selachiern), van Wisus (1882 bei Haien, 1894 bei Amphioxus?), BeArD, SHORE, GASKELL, MırropHanow, eine Hexamerie von MarsHALL (bei Heptanchus), eine Zusammensetzung aus 33—34 Metameren von Pkıc£ (bei Bdellostoma). Einige Autoren, so insbesondere ZimmErRMAnN (Mammala) und Harschex (Petromyzon), ertheilen bei Annahme einer ursprünglichen Monomerie des Vagus (Urvagus) demselben einen Zuwachs neuer Segmente aus dem spinalen Gebiete (spinalartige Vagusanhänge) zu; v. Kuprrer hält bei der Beurtheilung der Metamerie des Vagus nicht die 6 epibranchialen Ganglien, sondern das einfache Hauptganglion desselben für ausschlaggebend und entscheidet sich danach für die Monomernie. Vor dem Trigeminus liegende und in diese Kategorie gehörende, also prae- trigeminale Nerven, werden gefunden in den Nn. olfactorius, apicis und thala- micus. Während die Mehrzahl der Autoren den N. olfactorius als einen sensorischen Nerven sui generis auffasst, wird derselbe von einigen (Brarp, Houssay, PrATT, von Kurrrer u. A.) als vorderes Homodynamon der typischen spinalartigen Nerven be- urtheilt?). van Wımue (1894) hält den von Pınkus bei Protopterus beschriebenen neuen Nerven (N. apicis van WIJHE) für den ersten segmentalen Nerven der Kranioten. Prarr findet, auf den Olfactorius folgend, zwischen ihm und dem eigentlichen 'Tri- geminus den embryonalen N. thalamicus als den Nerven der praemandibularen Kopf- höhle®), Mrrropsanow und v. Kuprrer berichten desgleichen über mehr oder minder abortive Nervenanlagen vor dem Trigeminus, welche zum Theil dem Thhalamicus von Prarr verglichen werden können. — Dass der vorderste Kopfbereich Rückbildungen zeigt, wird von mehreren Autoren hervorgehoben. ß. Ventrale Gehirnnerven (Augenmuskelnerven). Von den Augenmuskelnerven wird der Oculomotorius von der überwiegenden Mehrzahl der Autoren einem Segment (Somit oder Visceralsegment) zugerechnet, und zwar ist das in der Regel, falls nicht der Olfactorius als erster resp. Olfactorius und Opticus als erster und zweiter metamerischer Nerv ihm vorausgeschickt werden, das erste Segment des Kopfes. Zimmermann (1891) lässt ihn dem 4. Encephalomer ent- stammen. Nach Donrn’s späteren Mittheilungen (1890, 1891) geht er (auf Grund des Befundes am Torpedo-Embryo) aus 3 bis 4, vielleicht selbst mehr segmentalen 1) Der 7. bis 10. Nerv oder nur der 7. und 8. Nerv von Amphioxus (in welchem letzteren Falle der 9. und 10. dorsalen Hypoglossus-Wurzeln verglichen werden), während die folgenden 20 Nerven, welche den Kiemenkorb, wie es scheint, in der gleichen Weise versorgen, dem Sympathicus zugerechnet werden. 2) Hierbei wird insbesondere nach dem Vorausgange von MARSHALL, BEARD und Houssay die Riechschleim- haut als eine umgewandelte Kiemenspalte aufgefasst. v. KUPFFER bezeichnet den Olfactorius als den Nerven der paarigen Riechplakode, PLart bringt ihn mit der „anterior head cavity‘“ in Verband. 3) Betrefis der Antheile und Verdienste, welehe van WISHE und PrATT an der Kenntniss der der mandibu- laren Kopfhöhle vorausgehenden Höhlen haben, verweise ich auf die historischen Bemerkungen HorrMmann’s (1894). 341] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 689 Somitennerven hervor; zugleich findet er 4 bis 7 Wurzeln. Dass er bald als dem Trigeminus vorausgehender Nerv aufgefasst wird, bald (von der überwiegenden Mehr- zahl der Autoren) dem Trigeminus, namentlich dessen erstem Theile (Ophthalmicus profundus resp. Trigeminus A. HarscHer’s) zugerechnet wird, wurde schon oben (p. 676) mitgetheilt. Der Trochlearis gilt meist als der zum zweiten (somitischen oder visceralen) Segmente gehörige Nerv. Brarp (welcher den Olfactorius als ersten segmentalen Nerven auffasst) rechnet ihn dem dritten, B£ErAneck (der Olfactorius und Opticus ihm als segmentale Nerven vorausgehen lässt) dem vierten Segmente zu. ZIMMERMANN lässt ihn dem 7. sekundären Encephalomer entsprossen. DonHrn findet (1891), dass er aus zwei Metameren zusammengesetzt ist. Auch er wird, wie schon oben mitgetheilt, meist dem Trigeminus, und zwar in der Regel dem zweiten Segmente desselben (van WisHe, HarscHher u. A.) oder dem Ophthalmicus superficialis trigemini (Mırro- PHANOw) oder mit dem Oculomotorius und Buccalis dem Gangl. ophthalmicum trigemini (v. Kurrrer) bei Petromyzon zugetheilt. Der Abducens wird von der Mehrzahl der Autoren zu dem folgenden (dritten resp. vierten) Segment (Myotom- oder Visceralsegment) gerechnet. Berneck rechnet ihn zum achten Segmente; nach Zimmermann entsteht er aus dem 11. sekundären Encephalomer. Dourn lässt ihn bei Torpedo aus 3—4 Metameren sich zusammen- setzen und giebt für Scyllium 2, für Mustelus 6 und für Pristiurus 4—T Wurzel- fasern an. Kırısan beschreibt ihn als trimeren, dem Gebiete des 6., 7. und 8. Myo- tomes entsprechenden Nerven. Dass er bald zu dem Trigeminus, zu dessen letztem Segmente oder auch mitten hinein in den Trigeminus, bald zu dem Facialis gebracht wird, wurde schon oben (p. 676) mitgetheilt. Donrn (1890 A.) lässt ihn aus der zwischen dem Facialis und Glossopharyngeus gelegenen Parthie des Nachhirns hervorwachsen. Dass die Augenmuskelnerven sich ontogenetisch später als die ventralen Spinal- nervenwurzeln, und unter ihnen der Trochlearis am spätesten, ausbilden, wird von mehreren Autoren (RagrL, van BEMMELEN, DoHrn, PraTt, Horrmans) angegeben. Auch sprechen sich Donrn (vor 1890) und Ragr gegen die Homodynamie der den Augen- muskeln Ursprung gebenden Mesodermtheile mit Urwirbeln aus. Rasr (1889 p. 234) braucht zugleich die T'hatsache ihrer späteren Entstehung im Vergleiche mit den hinteren Kopfsomiten resp. Rumpfsomiten zum Einwande gegen die GEGENBAur'sche Auffassung derselben als primäre oder palingenetische Somiten gegenüber den hinteren sekundären oder cänogenetischen; Horrmann (1894) stimmt GEGENBAUR bei. b. Versuch einer Vergleichung. Wo liegen nun unter diesen zahlreichen, sich immer und immer widersprechen- den und aufhebenden Resultaten der embryologischen Untersuchung die wahren? Wo sind sie zu finden? Auch hier erweist sich die vergleichende Anatomie als die Führerin im Laby- rinthe der ontogenetischen Angaben, als der Prüfstein für den Werth ihrer Befunde. 690 MAX FÜRBRINGER [342 Und wieder ist Ausgang zu nehmen von den Verhältnissen bei den niederen Verte- braten. An den fertigen und bleibenden Bildungen der Akranier, Myxinoiden, Petro- myzonten und Selachier sind die vorübergehenden ontogenetischen Entwickelungsstufen auf ihre Cänogenie und Palingenie zu prüfen und zu sichten, und damit diese Prüfung und Sichtung möglichst wenig Fehlerquellen involvire, ist auch bei den ausgebildeten Zuständen der genannten Wirbelthiere wohl zu unterscheiden zwischen dem, was ein echt primordiales Gepräge zeigt und was sekundäre und einseitige Entwickelungs- wege eingeschlagen hat. Auch für diese Unterscheidung ist die Methode dieselbe, d. h. die vergleichende, und wie die sich höhere Probleme stellende ontogenetische Untersuchung erst durch die vergleichende Anatomie Licht und Rückhalt empfängt, so findet auch die letztere in der kritischen Benutzung der von der Ontogenese dar- gebotenen Stadien des Werdens eine nicht zu vernachlässigende Unterstützung. Das sind bekannte und geläufige Vorstellungen. Selbstverständlich ist aber das Erreichbare in allererster Linie von der gesicherten empirischen Grundlage ab- hängig. Hier versagen zur Zeit die thatsächlichen Materialien noch in vielen Stücken und gestatten oft nicht, über ein geringeres oder grösseres Maass von Wahrschein- lichkeit hinauszugehen. 7. Typische (spinalartige) dorsale Gehirnnerven. Die bisherigen Untersuchungen über die Metamerie der dorsal austretenden, d. h. aus dorsalen sensibeln und lateralen motorischen Fasern zusammengesetzten typischen (spinalartigen) Cerebralnerven lassen den Trigeminus aus 1 bis 6, den Acustico-Facialis aus 1 bis 4, den Glossopharyngeus aus 1 (oder 2?), den Vagus aus 1 bis mindestens 6 Metameren (bei Bdellostoma selbst aus 33 bis 34 Metameren) zusammensetzen. Ausserdem werden noch vor dem Trigeminus gewisse Nerven be- schrieben, welche vielleicht inkomplette resp. vergängliche Homodyname des Trige- minus und seiner Hintermänner bilden; auch vom Olfactorius wird das behauptet, aber wohl mit recht zweifelhaftem Rechte. Für die Bestimmung der Metamerie dieser Nerven bilden die visceralen Bogen mit ihren Coelomhöhlen und die zwischen ihnen befindlichen visceralen Spalten (Taschen) die entscheidenden Instanzen; auch die embryonalen epibranchialen Ganglien kann man hier noch anreihen. Wenn alle diese Faktoren numerisch über- einstimmen, so darf man relativ primitive, dem ursprünglichen metamerischen Ver- halten nachkommende Beziehungen annehmen. aa. Selachier. Wie GEGENBAUR gezeigt hat, finden sich bei den entwickelten Selachiern — von den sehr veränderten Extremitätenbogen sei hierbei fürs Erste abgesehen — im Maximum 11 viscerale Bogen: 1) ein rudimentärer und inkompletter erster Lippen- knorpel (Prämaxillarknorpel), 2) ein rudimentärer, aber kompletter Lippenknorpel- bogen (Maxillar-Knorpel und Prämandibular-Knorpel), 3) ein gut abgebildeter Kiefer- 343] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 691 bogen (Palatoquadratum und Mandibulare), 4) ein gut ausgebildeter Hyoidbogen (Hyomandibulare und Hyoid), 5) bis 11) sieben gut ausgebildete Kiemenbogen (mit ursprünglich vier Theilstücken); diese bei Heptanchus entwickelte Siebenzahl der Kiemenbogen sinkt durch eine hinten beginnende Reduktion bei den hexanchen Haien auf 6 und bei den pentanchen Haien und den Rochen auf 5. Viscerale Spalten finden sich beim ausgebildeten Thiere erst hinter dem Kieferbogen in Gestalt einer verengerten hyo-mandibularen Spalte (Spritzloch, Spiraculare) zwischen dem 3. und 4., einer gut entfalteten hyo-branchialen Spalte zwischen dem 4. und 5. Bogen und gut ausgebildeten interbranchialen Kiemenspalten zwischen den Kiemenbogen. Von diesen Visceralbogen fehlt den beiden ersten eine ihnen speciell eigenthümliche Muskulatur; die übrigen besitzen sie, und zwar wird die des 3. Bogens vom Ram. mandibularis n. trigemini, die des 4. vom (posttrematischen) Ram. hyoideus n. facialis, die des 5. vom Ram. branchialis posttrematicus n. glossopharyngei, die des 6. bis 11. von den Rami branchiales posttrematici n. vagi versorgt; kleinere Abweichungen und Aberrationen in andere Gebiete erklären sich leicht als sekundäre. Die ge- nannten Nerven bilden nebst ihren sensibeln Antheilen die Hauptstämme des Tri- geminus, Acustico-facialis, Glossopharyngeus und Vagus; sie sind die typischen Nerven für die betreffenden Visceralbogen; ausser ihnen senden sie noch zahlreiche ventrale und dorsale sensible (und sympathische) Zweige ab, welche zum Theil praetrematisch an den vorhergehenden Kiemenbogen sich verzweigen, zum Theil aber die branchio- meren Grenzen nicht mehr inne halten und sich weit in andere Gebiete (Rostrum, orbitale Region, Lippenknorpel, Rumpf etc. etc.) verirren. Die Labialknorpel be- sitzen auch keine ihnen eigenthümlichen Nerven mehr; ihr sensibles Gebiet wird von aberrirenden 'Trigeminuszweigen aus dem Ram. supramaxillaris versorgt; wo Muskeln mit ihnen in Verband stehen, entstammen dieselben der von dem Ram, mandibularis trigemini innervirten Muskulatur'). Diese Verhältnisse geben an die Hand, dass vor dem Trigeminus einstmals mindestens zwei segmentale Nerven für den ersten und zweiten visceralen Bogen (Lippenknorpel) existirten; ob bei den Vorfahren der Selachier auch vor diesem ersten noch weitere Bogen sich fanden, entzieht sich jeder Beurtheilung. Auf Grund der Verhältnisse beim ausgebildeten Thiere kann zweifelhaft sein, ob der Trigeminus als monomerer oder dimerer Nerv zu beurtheilen sei; Acustico- facialis und Glossopharyngeus sind monomere Nerven, Vagus ein polymerer Nerv. Am Ursprunge und im Durchtritte durch das Cranium ist die Polymerie des Letzteren 1) Es handelt sich hier um Aberrationen der ursprünglich zu anderen Visceralbogen gehörenden Mus- kulatur in das Gebiet der benachbarten Organe. Solche Aberrationen kommen im visceralen Bereiche, wie auch anderwärts, wiederholt zur Beobachtung und haben die Angaben mancher Autoren, wie z. B. MARSHALL (1886), RABL (1887) u. A., dass die visceralen Nerven genau und gewissenhaft die Grenzen ihrer Bogen festhalten, nur für die primordialen Anfänge ihrer Bildung Gültigkeit. Dass die sensibeln Zweige derselben eine noch viel erheblichere Aberrationsbreite als die motorischen besitzen und mit ihren Endorganen bis an das Ende des Rumpfes gelangen können, war schon den alten Anatomen bekannt. Selbstverständlich ist aber, gegenüber Hıs, daran festzuhalten, dass in der Phylogenese das sensible oder muskulöse Endorgan wandert und seinen Nerv mit sich nimmt, nicht aber, dass der Nery entfernte Organe aufsucht und sich erst sekundär mit ihnen verbindet. 692 Max FÜRBRINGER [344 nicht mehr zu erkennen; doch ist hervorzuheben, dass gerade bei den am tiefsten stehenden Selachiern, den Notidaniden, die Länge der centralen motorischen Säule und die Anzahl der Wurzelstränge des Vagus eine beträchtlich grössere ist als bei den pentanchen Selachiern‘) und dass das speciellere Verhalten derselben über ihre primordiale Bedeutung kaum Zweifel entstehen lässt (vergl. auch meine früheren Darlegungen im ersten und zweiten Abschnitte).' Die embryologische Untersuchung der Selachier hat die zu diesen Visceral- bogen gehörenden Visceralhöhlen kennen gelehrt. Nach den Beobachtungen von Miss Prarr an Acanthias, die in dieser Hinsicht am weitesten gekommen zu sein scheint, übrigens im Wesentlichen die Untersuchungen van Wısne’s bestätigt und bei Horrmann wieder Bestätigung findet, existirt für jeden Bogen vom mandibularen an eine viscerale Höhle, eine mandibulare (die vielleicht zwei Segmenten entspricht) für den Kieferbogen, eine hyoidale für den Zungenbeinbogen, je eine branchiale für die einzelnen Kiemenbogen; vor der mandibularen Höhle findet sich noch eine prae- mandibulare und eine antepraemandibulare (anterior head cavity Prarrs), welche vielleicht den beiden Lippenknorpelbogen entsprechen. An dem Torpedo-Embryo fehlen über die Visceralhöhlen noch abschliessende Untersuchungen; was Kırııan darüber mittheilt, ergiebt weniger als die eben erwähnten Befunde von Acanthias ; im praemandibularen Gebiete wurde nichts gefunden, im mandibularen auf Grund von noch unabgeschlossenen Beobachtungen die Anlage von zwei Visceralhöhlen behauptet (ein Befund, der auch anders gedeutet werden kann), im hyoidealen und den folgenden Branchiomeren nur je eine viscerale Höhle gesehen; zugleich geht aber aus der auch für die Occipitalzone beschriebenen Kommunikation der Branchial- höhlen mit den Somitenhöhlen (welche zu ursprünglich ganz verschiedenen Meta- meren gehören, die ersteren zum palaeokranialen, die letzteren zum spinalen Gebiete) die völlig cänogenetische, nur zu 'läuschungen Veranlassung gebende Natur dieser Beobachtungen hervor (vergl. auch p. 439, 573). Angesichts der auch sonst be- stehenden Kontroversen über die vorderen Visceralhöhlen, die der eine Autor als coelomatöse Hohlräume auffasst, der andere direkt von den Visceraltaschen ableitet, bedarf es weiterer Untersuchungen, ehe man in diesen Höhlen sichere Fundamente für die Vergleichung finden kann. Desgleichen ist es bisher nicht gelungen, die Existenz von zahlreicheren Kiemenspalten, als sie die Untersuchung der erwachsenen Thiere ergab, bei den Selachiern ontogenetisch zu erweisen. Wie oft auch diese oder jene Autoren be- haupteten, bald hier, bald dort innerhalb der Reihe der bestehenden Kiemenspalten noch weitere gefunden zu haben, so sind sie doch den Beweis dafür schuldig ge- blieben; was so oft als Kiemenspalten ausgegeben wurde, erwies sich der Kritik nicht stichhaltig. Das Gleiche gilt bezüglich der epibranchialen Ganglien resp. der so- genannten epibranchialen Sinnesorgane. Hier hat die Ontogenie der Selachier 1) Ich hebe namentlich den N. accessorius von Hexanchus hervor. 345] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 693 wohl manches gefördert, aber sichere Beweise für zahlreichere Metameren nicht gegeben. Aus der Zahl der in den betreffenden Gebieten befindlichen Somiten oder dorsalen Nerven ohne Weiteres Schlüsse auf die primäre Zahl der Branchiomeren machen zu wollen, wofür die Litteratur manche Andeutungen giebt, scheint mir bedenklich zu sein. Eine Feststellung, die ich als glücklich bezeichnen möchte, haben van Wime's Untersuchungen ergeben: die Sonderung des Trigeminus in das vordere rudimentäre Segment des Ophthalmicus profundus und das hintere komplette des Haupttheiles des Trigeminus. Die Verhältnisse bei den ausgebildeten Myxinoiden werden eine Bestätigung dieses Fundes geben. bb. Petromyzonten. Bei den Petromyzonten liegen die Verhältnisse in mancher Hinsicht weniger günstig als bei den Selachiern. Das Versorgungsgebiet des Vagus und Glossopharyn- geus verhält sich bei älteren Entwickelungsstadien und ausgewachsenen 'Thieren meta- merisch in der Hauptsache wie bei den heptanchen Selachiern, die hyo-branchiale Kiemenöffnung ist aber die erste offene, während das Homologon der hyo-mandi- bularen (Spritzloch) sich wohl anlegt, aber schon während des embryonalen Lebens schliesst. Somit fehlt die Trigeminus und Facialis scheidende Kiemenspalte; immerhin kann man beide Nerven auch bei Erwachsenen nach ihrem Verlaufe gut sondern und trotz mancher Umbildungen in ihren Grundzügen das gleiche Verhalten wie bei den Selachiern wiederfinden. Im trigeminalen und praetrigeminalen Gebiete dagegen sind wohl infolge der parasitären Lebensweise derartige Umwandlungen des visceralen Apparates zu Stande gekommen, dass es bisher noch nicht gelang, die Homologien der bezüglichen vordersten Skelettelemente sicher zu bestimmen. Durch von Kurrrer’s Untersuchungen sind aber bei Embryonen vor dem Hyoidbogen und der hyo-mandibularen Kiemenspalte drei viscerale Bogen nach- gewiesen, welche zwar nicht durch offene Kiemenspalten, aber durch Aussackungen des sogenannten praeoralen Darmes (Kiementaschen) von einander gesondert werden; dieselben sind von hinten nach vorn gezählt der Mandibularbogen, Palatin- bogen und Trabekularbogen, somit die gleiche Zahl, welche bei den erwachsenen Haien durch den Mandibularbogen, die hinteren und den vorderen Labialknorpel vertreten war'). Indessen bestehen in dieser Gegend, welche v. Kurrrer als die praeorale bezeichnet, derartige Verschiebungen, dass zur Zeit eine speciellere Ver- gleichung zwischen den Bogen der Selachier und Petromyzonten noch nicht gegeben werden kann. Auch ist unsere Kenntniss des Mundes der Petromyzonten in keiner Weise als eine abgeschlossene zu bezeichnen; die Labialknorpel der Selachier haben eine postorale Lage, während jedenfalls die beiden ersten Bogen der Embryonen von Petromyzon dem praeoralen Gebiete zugerechnet werden. Man muss somit diesen t) Vor dem Trabekularbogen wird bekanntlich auch bei Acipenser ein Praecerebralbogen von v. KUPFFER angegeben, der aber Ammocoetes fehlt. Festschrift für Gegenbaur. IH. [ee 8 694 Max FÜRBRINGER [346 Punkt zunächst noch in suspenso lassen. Das aber kann man auf Grund der bis- herigen Kenntniss annehmen, dass die Petromyzonten nicht mehr viscerale Bogen etc. als die Selachier besitzen und dass sie selbst eine grössere Tendenz zur Rückbildung der vorderen und mittleren visceralen Elemente zeigen als diese und die Ganoiden!). Eine Zweitheilung des Trigeminus wird auch von HarscHek beschrieben, aber in anderer Weise durchgeführt als bei den Selachiern durch van WımHE und seine Nachfolger. von Kurrrer giebt diesem Nerven auf Grund der ziemlich grossen Anzahl der hier liegenden Epibranchialganglien 5—6 Metameren; mir will scheinen, dass die Zahl dieser wenig regelmässig angeordneten Ganglien sich sehr wenig mit der Zahl der in jener Gegend befindlichen Bogen und Taschen deckt. Man kann somit auch daran denken, dass hier sekundäre Umbildungsvorgänge, die infolge der cänogenetischen Verkürzung nicht mehr rekapitulirt werden, erst zu der vorliegenden Anordnung der epibranchialen Ganglien im Gebiete des Trigeminus geführt haben. Jedenfalls bedarf es hier meiner Ansicht nach noch weiterer Untersuchungen. Auf Grund meiner eigenen Beobachtungen bin ich einer Zweitheilung des Trigeminus, aber in dem Sinne van Wıme’s, zugeneigst. Facialis und Glossopharyngeus werden von HArscHek und v. Kurrrer als monomere Nerven beschrieben; nirgends findet sich die Spur einer 'Theilung des Facialis-Segmentes in zwei oder mehr Metameren. Der Vagus entspringt mit einer mittleren Zahl von Wurzelbündeln, im Uebrigen aber wie ein einfacher Nerv, geht jedoch mit 6 Rami branchiales zu den Kiemenbogen und besitzt auch nach v. Kurrrer bei dem Embryo 6 regelmässig an- geordnete, den einzelnen Kiemenbogen entsprechende epibranchiale Ganglien. Hier scheinen somit die Bedingungen für die Hexamerie weit besser erfüllt zu sein als bei dem 'Trigeminus; es ist mir nicht recht ersichtlich, warum v. KuprrEer gerade hier das Verhalten der Epibranchialganglien als nebensächlich für die Bestimmung der Nervenmetamerie betrachtet und den Vagus als monomeren Nerven auffasst. cc. Myxinoiden. Die Myxinoiden zeigen bei einer übrigens sehr primitiven Anlage eine in mancher Hinsicht noch weiter gehende Umbildung und besondere Wege gehende Specialisirung ihres visceralen Apparates als die Petromyzonten. Nicht allein die hyomandibulare Kiemenspalte, sondern auch die hyobranchiale und wohl auch einige darauf folgende interbranchiale Kiemenspalten sind geschlossen; wie viele lässt sich auf Grund unserer jetzigen Kenntniss nicht sicher bestimmen. Dazu kommt eine ziemlich weitgehende Verlagerung der noch funktionirenden und nach aussen münden- den Kiemen nach hinten?) und, abgesehen vom letzten Ende der Kiemenregion, der Mangel an skeletogenen Kiemenbogenelementen (p. 621 £.). 1) Vergl. Anm. 1 auf der vorhergehenden Seite. 2) Sehr bemerkenswerth ist die Beobachtung von PRICE, der bei dem jüngsten von ihm untersuchten Embryo von Bdellostoma die 6 ersten Kiementaschen noch vor dem ersten Spinalganglion, also noch völlig im Bereiche des Palaeokraniums fand (cf. p. 622). 347) ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 695 Der Vagus besitzt bei Mywine und einigen Arten von Bdellostoma 6, bei anderen Species des letztgenannten Genus mehr (bis zu 14) Rami branchiales; ausser diesen hat früher eine mit den zur Zeit vorliegenden Materialien nicht mehr genau be- stimmbare Anzahl vor diesen befindlicher Kiemenäste existirt. Seine Polymerie über- trifft somit die Hexamerie der Petromyzonten und Notidaniden noch um eine nicht unerhebliche Anzahl von Segmenten‘). Der Ursprung des Vagus geschieht einfach oder mit weniger Wurzeln; doch wird bei Embryonen von Bdellostoma bekanntlich eine längere Reihe solcher angegeben (p. 612). Zufolge der angegebenen Umbildung ist das Rudiment des Glossopharyngeus nicht sicher vom Vagus abzugrenzen. Der Facialis ist monomer; seine Rr. acustici zeigen gewisse Besonderheiten, auf welche indessen hier nicht einzugehen ist. Zwischen Facialis und 'Trigeminus befindet sich der sensible N. palatinus (p. 616 Textfigur 1. pal), scheinbar auch em- bryonal als eigener Nerv auftretend; weitere Untersuchungen müssen entscheiden, ob damit ein primitives Verhalten oder eine sekundäre Ablösung vom Facialis gegeben ist. Bis auf Weiteres bin ich geneigt, ihn letzterem Nerven zuzurechnen. Bei dem Trigeminus beobachte ich ebenso wie Prıcz Dimerie. Das vordere Metamer desselben, welches wahrscheinlich in der Hauptsache dem Ophthalmicus profundus entspricht, gewährt dadurch ein besonderes Interesse, dass es auch moto- rische Zweige enthält”), somit kompletter angelegt ist als der Ophthalmicus profundus aller höheren Vertebraten. In diesem Verhalten erblicke ich ein wichtiges Beweis- stück für die vollwichtige metamerische Natur des Ophthalmicus profundus. Ob die von diesem versorgten Muskeltheile auf einen ursprünglichen Bogen, welcher dem hinteren Labialknorpelbogen der Selachier homolog ist, bezogen werden können, ist wahrscheinlich, aber bei der weitgehenden sekundären Umbildung aller dieser Theile bei den Myxinoiden zur Zeit nicht zu beweisen. Gerade bezüglich dieser Verhält- nisse ist fast noch alles zu thun. dd. Akranier und Vergleichung mit den Kranioten. Die verschiedenen Versuche einer Vergleichung des Nervensystems von Am- phiowus mit demjenigen der Kranioten habe ich oben (p. 637, 638) kurz zusammen- gestellt; sie weichen sowohl hinsichtlich der Grenzbestimmung zwischen Gehirn und Rückenmark, als hinsichtlich der Deutung der einzelnen Nerven ganz ausserordentlich von einander ab. Die hintere Hirngrenze verlegen die meisten älteren Autoren hinter den 1) Es kann daran gedacht werden, die 14-Zahl der Kiemen von Bdellostoma polytrema als das sekundäre, die 6-Zahl von Bd. hexatrema etc. dagegen als das primäre Verhalten aufzufassen, somit anzunehmen, dass eine sekundäre Neubildung 8 hinterer Kiemen bei der erstgenannten Art stattgefunden habe. Das hat aber namentlich unter Berücksichtigung der auf p. 621f. mitgetheilten Verhältnisse wenig Wahrscheinlichkeit. Ich bin durchaus ge- neigt, auch bei den Myxinoiden die geringere Kiemenzahl von der grösseren abzuleiten. 2) Dieselben sind von J. MÜLLER (1838) und namentlich P. FÜRBRINGER (1875), die hier vor Decennien ohne jedes Vorurtheil und ohne jede Kenntniss der inzwischen eröffneten Fragpunkte arbeiteten, genau nachgewiesen worden und leicht zu bestätigen. 85* 696 Max FÜRBRINGER [348 Abgang des 2. Nerven, Ronpe und v. Kuprrer hinter den des 5., van WiHE hinter den des 10., Huxrey hinter den des 14. und GEGENBAUR an das hintere Ende der Kiemenregion, also bei Amphiowus lanceolatus etwa an den Abgang des 28. bis 30. Nerven. Der Trigeminus wird als Monomeron in dem 1. dorsalen Nerven (Ows- JANNIKOW, RAgBL) oder dem 2. Nerven (Goopsir) oder einem Theile des 2. Nerven (DE (QUATREFAGES, Owen), als Dimeron in dem 1. und 2. (Ronon, Krause, HATscHER) oder 2. und 3. Nerven (van Wine), als Hexameron in dem 2. bis 7. (J. MÜLLER), als Heptameron in den 7 ersten Nerven (Huxrry, der auch das Material für die Augenmuskelnerven darin erblickt) gefunden. Den Facialis beurtheilen die Autoren bald als einen monomeren (2. Nerv nach Owssannıkow und Rasr; selbstständig ge- wordener hinterer Theil des 2. Nerven nach Ronox; 8. Nerv nach Huxry), bald als einen dimeren Nerven (4. und 5. Nerv nach van Wwae). Den Glossopharyngeus findet van WumE in dem 6., Huxrey in dem 9. Nerven wieder; RonHon fasst ıhn als pentameres, aus dem 3. bis 7. Nerven zusammengesetztes Multiplum auf und sieht in demselben zugleich die Elemente des Hypoglossus. Der Vagus ist für DE (QQULATRE- FAGES und Owen nur Theil des 2. Nerven, für van WisHE ein dimerer (aus dem 7. und 8. Nerven bestehender) oder tetramerer (aus dem 7. bis 10. Nerven zusammen- gesetzter)'), für Huxıry ein hexamerer (durch den 10. bis 15. Nerven repräsentirter), für Rosox ein von 13 Segmenten (S. bis 20. Nerv) gebildeter Nerv, während aus GEGENBAURS Anschauungen eine Zusammensetzung aus noch mehr Neuromeren hervor- geht. Die Rami viscerales des 11. bis 30. Nerven, welche sich zu einem den Kiemen- korb vom 7. primären Kiemenbogen ab versorgenden Kollektor verbinden, vergleicht VAN WisHE mit dem Grenzstrang des Sympathicus (1894) und nimmt dabei zu- gleich seine frühere Ansicht (1893), dass es sich hier um den R. branchio-intestinalis vagi handle, als auf früherer unvollständiger Kenntniss beruhend, zurück. Von praetrigeminalen Nerven wird der N. apicis von van WısHE in dem 1. Nerven des Amphio@us wiedergefunden’). Von diesen Deutungen sind diejenigen, welche an einen Vergleich mit den Augenmuskelnerven oder mit dem Hypoglossus (soweit es sich um dessen ventrale Wurzeln handelt) denken, von vornherein auszuschliessen; die Homologe dieser Nerven können nur in den ventralen Nerven des Amphioxus wiedergefunden werden. Auch die Homologisirung von Huxreyr, weil von einer metamerisch nicht sicher fixirbaren und bei den verschiedenen Arten von Amphiowus veränderlichen (p. 641 Anm. 1) Grundlage ausgehend und den specielleren Verhältnissen bei den Kranioten mehr Rechnung tragend als dem Verhalten der Akranier, verdient nicht die Berück- 1) Die Bestimmung des Vagus giebt van WIJHE nicht auf Grund direkter Beobachtung, sondern per ex- elusionem. Die Deutung desselben als Dimeron (7. und $. Nerv) zieht er derjenigen als Tetrameron vor und homo- logisirt danach den 9. und 10. Nerven des Amphioxus im Einklange mit seinen auch bei den Kranioten vertretenen Anschauungen mit dorsalen Wurzeln des Hypoglossus. 2) Die den Olfactorius und Opticus betreffenden Homologisirungsversuche sind für die vorliegende Frage von keiner Bedeutung und brauchen daher hier nicht wiedergegeben zu werden. Ich verweise diesbezüglich auf die frühere Rekapitulation (p. 637f.). 349] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 697 sichtigung, wie diejenigen von RoHox, HATscHEK und van Wume, welche die be- stimmenden Faktoren durch direkte Untersuchung des Nervensystems von Amphiowus gewannen. Die von RoHpeE angegebene und von v. Kurrrer acceptirte hintere Gehirn- grenze verdient gewiss den Vorzug vor der alten mit dem bleibenden (ersten) Ventrikel abschliessenden; ich kann aber in dem betreffenden ganglienzellenreichen Stücke nicht das ganze primitive Nachhirn, sondern nur eine vordere höher differenzirte Parthie desselben erblicken, wobei ich allerdings voraussetze, dass die Angaben von Ronon und van Wine über den Abgang der hinteren Cerebralnerven in der Haupt- sache richtig sind. Wie die sehr weitgehenden Diskrepanzen in den Deutungen zeigen — der gleiche Nerv des Amphiowus wird beispielsweise von den verschiedenen Autoren mit Trigeminus, Facialis und Glossopharyngeus oder mit Trigeminus, Glosso- pharyngeus und Vagus verglichen, und auch die neuesten und genauesten Unter- suchungen von HarscHEk und van WısHE gehen nicht einmal über die Fundamente der Mundbildung einig (cf. p. 642, 643) —, unterliegt die speciellere Homologisirung ganz erheblichen Schwierigkeiten, und auch ich kann den Untersuchungen meiner Vorgänger weder eigene, die weiter gekommen wären, hinzufügen, noch mit Be- stimmtheit entscheiden, welche metamerische Vergleichung den Vorzug verdient. An der noch bestehenden Kontroverse bezüglich der Mundbildung des Amphiowus (wobei ich allerdings mehr geneigt bin Harschex und Wırrey zu folgen) und an der Un- sicherheit, ob und wie weit gehende Reduktionen das vordere Körperende des Am- phiowus aufweist, scheitert zunächst jeder Versuch, mit den bisher vorhandenen Materialien die Frage zu lösen, und gebe ich daher das Folgende auch nur in be- dingter Form. In den 2 bis 3 ersten Nerven finde ich die Elemente des Trigeminus resp. des Trigeminus und der praetrigeminalen Nerven wieder. Ist die von HarscHEX gegebene Bestimmung der hyo-mandibularen Spalte gesichert, so wird auch Harschex’s Deutung, dass das Homologon des Trigeminus von dem 1. und 2. Nerven gebildet werde, zuzustimmen sein; im gegentheiligen Falle würde die Homologisirung van Wiıme’s, der in dem 1. Nerven von Amphioxus einen praetrigeminalen Nerven') und in dem 2. und 3. den Trigeminus wiederfand, besondere Berücksichtigung verdienen und auch durch die Befunde bei den Myxinoiden (motorische Elemente in "beiden Trigeminus-Segmenten) eine gewisse Bestätigung erhalten. Der nächste Nerv, also der 3. oder der 4., würde der Facialis sein, von dessen Dimerie ich mich auch hier nicht überzeugen konnte”); der darauf kommende (der 4. oder der 5.) würde den Glossopharyngeus repräsentiren. Auf diesen folgt der Vagus, welchem ich auch den sympathischen Collector 1) Die von van WIIHE gegebene Vergleichung dieses Nerven mit dem N. apieis von Protopierus hat Lage und Abgang, nicht aber die specifische Ausbildung beider Nerven für sich. Auch hier stehen wir erst am Anfange unserer Kenntniss. Hinsichtlich der Vergleiche kann auch an den N. thalamicus von Prarr gedacht werden, womit ich aber nicht sagen will, dass ich diese Homologisirung vertrete. 2) Die von YAN WISHE zu Gunsten der Dimerie des Faeialis verwerthete Beobachtung WILLEY's (cf. p. 642) erscheint mir nicht in dem Grade beweisend wie VAN WIJHE. 698 Max FÜRBRINGER [350 van Wiısme’s zurechne, somit in Summa eine Polymerie von etwa 22 Segmenten gebe'). In dieser Auffassung unterscheide ich mich durchaus von van WuneE, welcher dem Vagus 2 oder höchstens 4 Metameren zuertheilte und die übrigen zum Kiemenkorb gelangenden Zweige als Sympathicus auffasste. Diese, von ihm auch bei den Kranioten in den Veröffentlichungen seit 1586 vertretene Anschauung, legt den Schwerpunkt auf die relativ kurze Ursprungsstrecke des Vagus und fasst die über den Bereich von 2 Visceralbogen hinausgehende peripherische Verbreitung desselben mit den hinteren (kaudalen) Kiemenbogen als neu erworben auf, steht also der GEGENBAUR'- schen Auffassung diametral gegenüber. Auf Grund der Beobachtungen bis 1893 konnte allerdings die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden, dass man die thatsächlich bestehenden Verhältnisse auch auf diese Weise deuten könne, ob- schon einem solchen Deutungsversuche keine grosse überzeugende Kraft innewohnte. Mit den Untersuchungen von 1894 scheint mir aber van Wise selbst die Materialien für die GEGENnBAURssche Anschauung und gegen seine eigene bisherige Deutung ge- liefert zu haben. Ich vermisse in seiner Abhandlung den Nachweis, wodurch sich die 7 vorderen Kiemenbogen so sehr von der Mehrzahl aller auf sie folgenden unter- scheiden, dass man die ersteren dem Glossopharyngeus und Vagus, die letzteren aber dem sympathischen Grenzstrang zuweisen müsse, und kann ihm auch nicht zu- stimmen, wenn er seine der ontogenetischen Untersuchung der Selachier entlehnten Anschauungen (wonach 2 Nerven 6 Kiemenbogen versorgen sollen) als Fundament für die Deutung der primordialen eumetameren Verhältnisse des Amphowus benutzt. Weiter kommen für mich auch die Myxinoiden mit ihrem polymeren, bei Bdellostoma polytrema windestens aus 14, wahrscheinlich aber mehr branchialen Segmenten be- stehenden Vagus in Frage; sie sind in dieser Hinsicht die Vermittler zwischen Am- phioxus und den anderen Kranioten. Nach meiner Auffassung gewähren somit die in hohem Grade dankenswerthen Untersuchungen van Wısur's gerade den Nach- weis der hochgradigen Polymerie des Vagus der Akranier und die Bestätigung der Richtigkeit der GesGengaursschen Anschauungen, nach denen das Homologon des Gehirns der Kranioten sich bei Amphiowvus über den ganzen Kiemenbereich erstreckt. Bei den Akraniern besteht der Vagus aus einer grossen Anzahl selbstständiger segmentaler Nerven, von denen jeder aus dorsalen und ventralen Rami cutanei et laterales und einem gemischten Ram. visceralis sich zusammensetzt; die Rr. viscerales aller dieser Nerven mögen ursprünglich einen rein segmentalen Verlauf gehabt haben, sind aber mit der Ausbildung der Hypermetamerie des Amphiowus zu sekundären Plexusbildungen (Kollektor) zusammengetreten. Ob die akranen Vorfahren der Kra- nioten auch eine Polymerie der Kiemen und der Komponenten des Vagus besessen haben, welche derjenigen der eumetameren Amphiowus-Larve gleich kam, oder ob sie niemals 1) Unter Zugrundelegung der Zahlen von van WIJHE würde eine Polymerie von 24 Nerven resultiren. Ich gehe anstatt bis zum 30. nur zum 28. Nerven, zähle somit 22 Nerven, eine unerhebliche, vielleicht nur individuelle Differenz. 351] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC, 699 eine derartige Zahl erreichten, wissen wir nicht!). Mögen sie nun ein in sehr hohem Grade oder nur in mässiger Weise polymeres Verhalten gezeigt haben, so hat sich, müssen wir schliessen, beim successiven Uebergange in das kraniote Stadium eine Koncentration und Zusammenziehung des ursprünglich lang ausgezogenen Hirntheiles des Centralnervensystems vollzogen, und damit wurden zugleich die bisher getrennten segmentalen Ursprünge der Vagus-Metameren einander so genähert, dass der Vagus mehr und mehr in die Gestalt eines annähernd oder scheinbar einheitlich beginnenden Nerven überging’). Die ausgedehntere Verknorpelung des Paläokraniums traf ihn bereits in diesem zusammengedrängten Zustande seiner Ursprünge und umschloss ihn daher mit einem einfachen Foramen pro vago. Seine Rami cutanei und laterales hatten dabei verschiedene Schicksale; die meisten derselben gingen an der Invasion der spinalen Elemente zu Grunde’), die persistirenden gewannen zum [heil neue einseitige Ausbildungen"). Konservativer, wenn auch mit der Rückbildung der hinteren 1) Dass überhaupt die Polymerie der Kiemen eine relativ späte Erwerbung der Vertebraten-Vorfahren ist, wird durch die Ontogenese derselben und durch die Vergleichung mit den Tunikaten zur Genüge illustrirt. Wir dürfen annehmen, dass die frühesten Vertebraten mit den geringsten Kiemenzahlen begannen und dieselben erst sekundär durch suecessive nach hinten fortschreitende segmentale Durchbrüche im Seitenplattenbereiche des Körpers (Kopfdarmes) vermehrten. Amphioxus gelangte auf diese Weise zu einer beträchtlichen Anzahl solcher segmental angeordneter, eumetamerer Kiemen, er vermehrte dieselben selbst sekundär bis zu hypermetameren Erwerbungen, welche, wie es scheint, während des ganzen Lebens fortschreiten. Auch die Myxinoiden erreichten ansehnliche Zahlen, beschränkten sich aber auf das — wenigstens der Zahl nach — eumetamere Stadium, das durch eine sekundäre von vorn beginnende Rückbildung zur Verminderung der Kiemenzahl führte. Bei den Vorfahren der Petromyzonten und Gnathostomen endlich wurde eine Anzahl eumetamerer Kiemen erworben, welche diejenige der Myxinoiden viel- leicht erreichte, vielleicht auch etwas hinter ihr zurückblieb, jedenfalls aber nicht unbeträchtlich war; bald aber folgte die von vorn und von hinten beginnende Rückbildung, die dem entsprechend zu einer noch lebhafteren Verminderung der Kiemenzahbl als bei den Myxinoiden führte. Amphioxus ist sonach gegenüber den Kranioten eigene Wege ge- gangen. Wie weit diejenigen der Myxinoiden mit denen der übrigen Kranioten zusammengelaufen sind, wage ich mit den bisherigen Materialien nicht zu entscheiden. Dass die jetzt lebenden Gnathostomen von Vorfahren abstammen, welche mindestens 11 Visceralbogen (inel. Lippenknorpel), wahrscheinlich auch mehr bereits besassen, dass sie aber nicht von gnathostomen Eltern sich ableiten, welche im Vagusbereiche nur 1—2 Kiemen hatten, und von diesem kiemen- armen Stadium aus erst sekundär ihre vom Vagus versorgten Kiemen successive bis zu 4, 5 und 6 vermehrten, möchte ich van WISHE und seinen Nachfolgern gegenüber festhalten. Prineipiell unterlasse ich es, genauere Mittheilungen über die Zahl dieser Metameren zu machen (vergl. auch p. 654). v. KUPFFER gelangt auf Grund von Zählungen, mit denen ich nicht übereinstimme, bei dem Ammocoetes-Embryo zur Zahl 14 und vergleicht dieselbe mit den diesbezüg- lichen Angaben von WILLEY und HATSCHER, welche bei dem Amphioxus-Embryo 13 resp. 12 solcher primitiven Kiemenspalten zählen. 2) Von einem einheitlichen Beginne des Vagus kann man streng genommen bei keinem Kranioten sprechen; allenthalben nimmt derselbe ein mehr oder minder ausgedehntes, bei vielen Thieren über zahlreiche Metameren er- strecktes Ursprungsgebiet im centralen Nervensystem ein und geht mit einer oft recht grossen Zahl diskreter Wurzel- stränge ab, deren metamerische Abgrenzung bei Berücksichtigung der peripherischen Vertheilung an den Visceralbogen (wenn dieselben nicht verkümmert sind) gelingt und nur deshalb Schwierigkeiten macht, weil das Vagusloch einheit- lich ist. — Solche sekundäre Zusammendrängungen der Nervenwurzeln begegnen uns übrigens auch an anderen Stellen des Centralnervensystems, so z. B. im Bereiche des Plexus lumbo-sacralis, wo die einzelnen Nerven erst durch ihre gesonderten intervertebralen Austritte sich scheiden lassen, und im Gebiete des Hypoglossus, dessen metamerische Wurzeln bei den niederen Amnioten und bei den Embryonen noch gesondert austreten, bei vielen Säugethieren aber durch eine einzige Oeffnung in der Dura mater und dem Schädel nach aussen gelangen (vergl. p. 533), somit in dieser Hinsicht sich ganz wie der Vagus verhalten. 3) Möglicherweise stellen die von v. KUPFFER (1894 p. 73) selbst noch bei Amnioten-Embryonen hinter dem Vagus im vorderen Rumpfe gefundenen rudimentären Branchialneryen letzte Ueberbleibsel dieser Rr. cutanei et laterales dar. 4) Von den Rami laterales der Petromyzonten und amnionlosen Gnathostomen zeigen die den vordersten Vaguswurzeln entstammenden die höchste, zum Theil die einzige Ausbildung. Das ist eine sekundäre Blüte. Die 700 Max FÜRBRINGER 1852 Kiemen von ihrem Besitze verlierend, erwiesen sich die Rami viscerales und wurden damit die noch überbleibenden Repräsentanten des wichtigsten und hauptsächlichsten Abschnittes des Vagus (R. branchio-intestinalis nebst Accessorius)!). Dass ich nach dem Dargelegten für eine wirkliche Homodynamie der Nn. trigeminus, facialis, glossopharyngeus und vagus eintrete, somit Ras (89), der die beiden ersten den beiden letzten als heterogene Gebilde gegenüberstellt, oder Frorıer (85), welcher dem Trigeminus eine besondere Position gegenüber den drei anderen Nerven zuertheilt, nicht zustimmen kann, bedarf keiner weiteren Ausführung. d. Ventrale Gehirnnerven (Augenmuskelnerven) und palaeokraniale Somiten. Die vergleichende Untersuchung des Amphiowus und die Ontogenie der kranioten Wirbelthiere zeigen, dass im Bereiche des Palaeokraniums sich eine Anzahl von Myomeren (Somiten) befindet, die zum Theil mit gut entwickelten ventralen Nerven versehen der Augenmuskulatur Ursprung geben, zum Theil aber bei den Kranioten- Embryonen rudimentär oder wahrscheinlich gar nicht in Anlage treten; in letzterem Falle ist ihre einstmalige Existenz nur durch den Vergleich mit Amphiowus zu er- schliessen. Erstere mögen orbitale, letztere postorbitale palaeokraniale Somiten heissen. aa. Augenmuskelnerven und orbitale palaeokraniale Somiten (Augenmuskeln). Die drei Augenmuskelnerven werden von der überwiegenden Mehrzahl der Autoren als monomere Nerven resp. als Abkömmlinge je eines Metamers beurtheilt; Donrn und, soweit er sich darüber äussert, Kırııan gründen dagegen auf den Befund an dem Torpedo-Embryo die Zusammensetzung derselben aus 2 (Trochlearis) oder mindestens 3 bis 4 (Oculomotorius, Abducens) Metameren. So wird die grosse Zahl ' der bei diesem Selachier aufgefundenen Vorderkopfsomiten verwerthet. Andere Autoren, vor Allen Rıgr (1892 p. 133), sprechen sich gegen die Vergleichbarkeit dieser Gebilde mit den hinteren Kopfsomiten und Rumpfsomiten, überhaupt gegen eine Segmentirung des Vorderkopfes aus. Wie oben (p. 680f.) dargelegt, stimme ich den Autoren bei, welche die Augen- muskelnerven als ventrale Vorderhornnerven auffassen, also mit den ventralen Spinal- nervenwurzeln homologisiren; die von ihnen versorgten Muskeln entstammen danach Myxinoiden haben nichts damit Vergleichbares; ob bei ihnen in dieser Hinsicht Reduktionszustände vorliegen oder ob diese Aeste noch gar nicht zur Entwickelung gelangten, ist, eventuell an der Hand der ontogenetischen Unter- suchung, erst noch zu entscheiden. 4 1) Eigenthümliche, bisher aber nur ganz unvollkommen erkannte Verhältnisse zeigen hierbei dieMyxinoiden. Bei dieser interessanten Abtheilung, deren genauere Untersuchung uns noch manche Aufhellung in bisher dunkel gebliebenen Gebieten der Wirbelthier- Anatomie gewähren wird, zeigt der Glossopharyngeo-Vagus einerseits eine kaudalwärts gehende Ausbreitung seines R. intestinalis wie kein anderes Wirbelthier, andererseits aber eine Zu- sammenziehung seines Ursprunges, welche denselben selbst hinter den ersten spino-oceipitalen Nerven («’) treten lässt und den Gedanken an einen nicht unerheblichen Ausfall im Gebiete seiner rostralen Metameren nahelegt. Doch er- scheint es mir zur Zeit unmöglich, eine auf nur einigermaassen sicherer Grundlage ruhende Erklärung dieser Ver- hältnisse zu geben; ich verzichte daher auch auf die weitere Besprechung derselben und auf den Versuch einer specielleren Vergleichung mit den anderen Gnathostomen. — Auf der anderen Seite sei besonders der sehr lange metamerische Ursprung des N. vago-accessorius von Hexanchus hervorgehoben. 353] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 701 Homodynamen der Myomeren des Seitenrumpfmuskels, und diese fand ich auch in den sogenannten Somiten des Vorderkopfes gegeben, ohne dabei zu verkennen, dass die sichere Beweisführung dafür noch aussteht und dass diese Somiten resp. Theile derselben sehr erhebliche Umwandlungen und Aberrationen durchmachen mussten, bis sie als Augenmuskeln in Erscheinung traten. Der Umstand, dass es sich hier nur um sekundär veränderte Theile der ursprünglichen Somiten handelt, mag auch die Ursache der, von Razı (1889) mit gutem Rechte hervorgehobenen, cänogenetischen Heterotypien und Heterochronien sein, welche diese Muskeln einmal nicht an den für die Rumpfsomiten typischen Stellen, dann aber auch relativ später als diese zur Ausbildung gelangen liessen. Wenn ich somit einer kompletten Homodynamie der vorliegenden Gebilde mit den Rumpfmyomeren auch nicht das Wort rede, so vertrete ich doch eine Homodynamie allgemeineren Grades. Amphiowus mit der wundervoll gleichmässigen Ausbildung seiner Myomeren bietet uns gewissermaassen das Urschema dar, welchem die mannigfach veränderten und ungleichmässig differenzirten Abkömm- linge dieser Myomeren entstammen. Die relativ späte ontogenetische Entstehung der Augenmuskeln als beweisenden Faktor gegen die GEGENBAur’sche Aufstellung der vorderen palingenetischen und der hinteren cänogenetischen Metameren zu verwerthen, wie Ragr thut, dürfte meines Erachtens die Kompetenz der Ontogenese allzu sehr überschätzen und der Cänogenese nicht genug Rechnung tragen‘). Das Maassgebende für die metamerische Beurtheilung der Augenmuskeln er- blicke ich somit auch in der Zahl der Somiten und gebe Donrn darin principiell durchaus Recht, wenn er auf diesen Umstand und auf seinen Fund bei Torpedo grossen Werth legt. Aber wie jede ontogenetische Einzelbeobachtung, so wird auch diese erst dann volles Bürgerrecht beanspruchen können, wenn 1) die Prüfung auf das Palingenetische und Cänogenetische in ihr auf dem Wege der Vergleichung geschehen ist und wenn 2) die Ausbildung dieser zahlreichen Somiten zu den fer- tigen Augenmuskeln ganz und im Einzelnen verfolgt worden ist. Beides ist noch zu thun. Ich gehe nicht so weit wie Ragr, der überhaupt hier jede Somitennatur leugnet; aber ich vermisse den Nachweis, dass es sich bei diesen, nach Donrnv’s eigener Angabe unregelmässig angeordneten und auch, wie die Vergleichung seiner und Kırnıan's Befunde lehrt?), numerisch variabel angelegten Somiten um primäre, den Myotomen bei anderen Thieren und an anderen Körperstellen gleichwerthige Gebilde handelt. Torpedo zeigt nach Donrn und Kırıran in der prootischen Region 12 bis 14 Somiten, bei den Haiembryonen sind in dem gleichen Gebiete bisher nicht mehr als 4 1) Bei Amphiozus entwickelt sich bekanntlich das erste rudimentäre Myomer auch später und unvollkommener als die folgenden (cf. p. 639), bei dem Selachier-Embryo nach RABr’s Angaben (1889) die erste etwas zurückgebildete Visceralspalte später als die zweite gut ausgebildete, und diesen Befunden liessen sich leicht noch andere anreihen. Es ist eine genugsam erprobte, aber nicht genug zu wiederholende Erfahrung, dass rudimentäre oder sekundär um- gewandelte Theilgebilde in ihrer Ontogenese eine Retardation zeigen können, welche als cänogenetische Erscheinung nicht zu Folgerungen bezüglich der Palingenese verwandt werden darf. 2) Locy (1895), der auch 7orpedo-Embryonen untersuchte. fand hier weniger Somiten, als DOHRN und KILLIAN angeben.‘ Festschrift für Gerenbaur III 89 702 Max FÜRBRINGER [354 (van WısHeE, Horrmann) oder höchstens 7 (PLarr) gefunden worden, wobei mir die zu- letzt angegebene Maximalzahl auch nicht sicher erwiesen scheint!). Wir finden also die erheblich geringere Somitenzahl bei den primitiveren Formen der Selachier, die beträchtlich grössere bei den höher stehenden und mehr specialisirten Vertretern der- selben. Diese grosse Diskrepanz bei so nahe verwandten T'hieren spricht an sich nicht für eine fundamentale Bedeutung dieser Somitenzahlen; ebenso wenig aber ist das systematische Vorkommen und die taxonomische Vertheilung derselben der an sich ja recht naheliegenden Anschauung günstig, dass die grössere Somitenzahl in diesen: Falle ein Kennzeichen primordialen Verhaltens sei. Aber vielleicht liegen die Verhältnisse bei den am tiefsten stehenden Verte- braten mit Augenmuskeln, den Petromyzonten, günstiger für die Donrv’sche An- schauung. Hier findet sich gegenüber den Gnathostomen die bekannte Variante in der Innervation des M. rectus inferior, aber die Zahl der Muskeln ist bei Petromyzon und Ammocoetes die gleiche wie bei den Gnathostomen und auch bei den jüngsten Embryonen von Ammocoetes ist bisher nichts beobachtet worden, was für eine Poly- merie der Augenmuskelnerven und Augenmuskeln spräche. Andererseits aber zeigt das bei Ammocoetes noch einheitliche faciale Myomer bei Petromyzon eine Sonderung in eine beträchtliche Anzahl (10—18) von Muskelsegmenten (p. 602). Selbstverständ- lich hat dieses Myomer keine Beziehung zu den Augenmuskeln; es bildet aber an sich eine instruktive Illustration dafür, dass auch sekundär aus einem ursprünglichen Myomer sich zahlreiche Muskelsegmente (die natürlich primären Myomeren nicht gleichwerthig sind) ausbilden können. Amphioxus, dessen Ontogenese hinreichend bekannt ist, leistet gleichfalls der Auffassung der Somiten von Torpedo als primären, vollwerthigen keinen Vorschub; die betreffende Körperregion desselben hat gar keinen Platz für dieselben. Wenn ich auf Grund dieser Mittheilungen auch nicht behaupten will, dass die Somiten von Torpedo sekundäre Gebilde darstellen, so möchte ich doch erst noch weitere Untersuchungen, die den erwähnten Desideraten Rechnung tragen, abwarten, ehe ich ihre Natur als vollwerthige Myomeren anerkennen kann?). In einem ge- wissen, allerdings von Donrv’s Auffassung ganz abweichenden Sinne möchte ich sogar wünschen, dass hier wirkliche palingenetische Myotome vorliegen; darüber weiter unten (p. 707 Anm. 3). Ueber die specielle Innervation dieser Torpedo-Somiten ist bisher wenig mit- getheilt worden. Wenn sie echte primäre Myomeren vorstellen, so wird man er- 1) Die Befunde von PraTr und HoFrMAnN beziehen sich auf dasselbe Thier (Acanthias). Was Miss PLATT als die ersten 7 Somiten abbildet (1891 B. p. 263 Fig. 13), nimmt höchstens einen Raum von 41/» Somiten ein und erweist sich so wenig und undeutlich von einander abgetrennt, dass ich nicht im Stande bin, hier 7 Somiten heraus- zufinden. — Nicht unerwähnt bleibe, dass DOHRN in gewissen Stadien bei Mustelus-Embryonen an der Basis des Hinterhirns, wo es in das Mittelhirn hinüberreicht, eine auffellend regelmässige, segmentartige Einschnittsbildung konstatiren konnte, die vielleicht nicht zufällig sei (1890 B. p. 345 Anm. 1). 2) Auch die Angabe von KırLıan, dass die hyomandibulare Visceralspalte (Spritzloch) in der Breite von 5 Vorderkopfsomiten, die anderen Visceralspalten aber höchstens in der Breite von 1 Hinterkopfsomit durchbrechen, ist der Annahme, dass jeder Vorderkopfsomit einem Hinterkopfsomit gleichwerthig sei, nicht günstig. 355] UÜEBER DIE SPINO-OGCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 703 warten dürfen, dass jedes derselben durch je einen selbstständigen ventralen Nerven versorgt werde und dass diese Nerven eine mehr oder minder regelmässige segmentale Reihe bilden. Mögen diese Nerven auch in den Anfangsstadien der Entwickelung recht schwer zu sehen sein, im weiteren Verlaufe derselben, wenn die Somiten sich in muskulöse Metameren, aus welchen die Augenmuskeln hervorgehen, umwandeln, müssen sie klar, deutlich und selbstständig heraustreten. Dieses Desiderat ist aber bei Torpedo noch zu erfüllen. Dorn beschreibt und illustrirt die Entwickelung der Augenmuskelnerven hier (1890) und bei einigen Haien (Scyllium, Pristiurus und Mustelus), sowie bei Raja (1891), aber in diesen Mittheilungen suche ich vergeblich die Beweise für die polymere Zusammensetzung der Augenmuskeln und ihrer Nerven'). Dass hierfür die einfache Beobachtung von dem Ursprunge des Oculomotorius oder Abducens mit einer mehr oder minder grossen Anzahl von zwar am Ursprunge dis- kreten, aber peripher zusammenfliessenden Wurzelbündeln nicht genügt, leuchtet ein, denn zahlreiche zweifellos monomere Nerven gehen gerade so oder mit einer selbst noch grösseren Zahl von Wurzelbündeln von dem ventralen Nervensystem ab. Auch decken sich die Angaben von 1890 und 1891 hinsichtlich der metamerischen Länge des Ursprunges dieser zusammenfliessenden Wurzelstränge nicht vollständig'). Der Beweis, dass es sich hier wirklich um diskrete metamerische Nerven handelt, wird erst dann angetreten sein, wenn Stadien aufgedeckt werden, wo diese Nerven von Anfang bis zu Ende von einander selbstständig und getrennt verlaufen und wenn von da aus die Entwickelung bis zum peripherischen Verschmelzen dieser Nerven genau verfolgt ist. Nicht minder wird man aber auch den überzeugenden Nachweis aller Umbildungen der einzelnen Somiten und ihrer Nerven bis zur definitiven Aus- bildung der Augenmuskeln und Augenmuskelnerven verlangen dürfen; bis das nicht geschehen ist, können wir nur sagen, dass wir über die polymere Natur der be- treffenden Gebilde noch recht wenig wissen’). 1) Danach lässt DOHRN die Augenmuskelnerven, speciell den Oculomotorius und Abducens, als plasmatische, mit 2—7 Wurzelsträngen beginnende Ausflüsse, welche peripher zu einem Netz zusammenfliessen, entstehen, und zwar nach der ersten Mittheilung (1890) in der Breite von je 3—4 oder noch mehr Myomeren, nach der zweiten Ver- öffentlichung (1891) aber, wenn ich recht verstehe, in geringerer Ausdehnung. So wird z. B. 1890 A. und B. vom N. abducens von Torpedo angegeben, dass der Bezirk des Medullarrohres, aus welchem seine Wurzelfasern hervor- sprossen, ausreichen würde, um 3—4 Spinalnerven aus sich hervorgehen zu lassen (1890 B. p. 343), dass er mit 4—6 wohlgeschiedenen Wurzelsträngen -aus derjenigen Partie des Nachhirns herauswachse, welche zwischen den Faeialis- und Glossopharyngeus-Ursprüngen, also auf der Höhe der Ohrblase gelegen ist, dass seine einzelnen Wurzelstränge genau so austreten wie die motorischen Wurzeln der Spinalnerven, von denen sie sich aber dadurch unterscheiden, dass sie bald nach ihrem Austritt in schräger Richtung nach vorn wachsen und zu einem gemeinsamen Stamme sich vereinigen (1890 A. p. 63, 64), ja es wird selbst an die Möglichkeit gedacht, ob die zur Bildung des M. rectus externus verwendeten Myotome nicht auch Material aus den hinter der Ohrblase befindlichen Metameren an sich gezogen haben (1890 B. p. 355), — und 1891 A. wird der N. abducens von Scyllium mit allen seinen Wurzelsträngen nur in der Breite eines oder höchstens zweier Myomeren abgebildet (Taf. IV Fig. 1) und zugleich von dem M. rectus externus von Pristiurus gesagt, dass er nur aus dem vorderen Abschnitte der sogenannten 3. Kopfhöhle entstehe, während die hinteren Abschnitte derselben an dieser Muskelbildung nicht partieipiren (p. 13). 2) Neuerdings wird von Locy (1894, 1895) auf Grund von embryologischen Untersuchungen an Acanthias behauptet, dass hinter den bleibenden Augen noch accessorische Augen, und zwar mindestens 2, angelegt werden, welche sich aber bald zurückbilden. Ich kann diese Deutung der sonst guten Beobachtungen Locv’s nicht theilen, finde somit auch keinen Grund, dieses Moment für die Augenmuskeln zu verwerthen. 89* 704 MıAx FÜRBRINGER [356 Ich bezweifle a priori keineswegs, dass Dotrn, der hierüber gewiss in der Zwischenzeit noch viel gearbeitet hat, dieser Nachweis noch gelingen mag'). Bis er aber nicht erbracht ist, halte ich mich an das besser fundirte Schema, welches wir van WısuE verdanken, und nehme eine metamerische Zusammensetzung der Augen- muskelnerven aus etwa 3 Somitennerven an?). Das vereinigt sich auch am besten mit den räumlichen Verhältnissen bei Petromyzon und Amphiowus. Dort liegt vor dem Facialis auch nur die beschränkte Zahl von 2 bis 4 Myomeren; wollte man hier S—10 unterbringen®), so wäre das nur möglich, wenn man die dorsalen Kopf- nerven des Ampkhiowus in Gedanken um 4—8 Metameren nach hinten schöbe und die branchialen Aeste des Vagus als Theile des Trigeminus, Facialis etc. anspräche oder wenn man annähme, dass die Homologe der ersten 5—7 Somiten von Torpedo bei Amphiowus verkümmert seien. Die erstere Konsequenz ist unannehmbar, die letztere in hohem Grade gekünstelt und durch nichts gestützt. Zugleich bin ich geneigt, mit der Mehrzahl der Autoren diese 3 Somitennerven in das Gebiet des '[rigeminus resp. des Trigeminus und Facialis zu legen, derart, dass ich den Oculomotorius in das vordere, den Trochlearis in das mittlere, den Abducens in das hintere Gebiet des Trigeminus resp. zwischen diesen und den Facialis bringe. Ob man danach den Oculomotorius dem 'Trigeminus oder einem praetrigeminalen Nerven, den Abducens dem Trigeminus oder Facialis zurechnen will, ist mehr Sache der speciellen Auffassung, je nachdem man die Begriffe des Trigeminus weiter oder enger zieht und die ventralen Nerven zu den vorhergehenden oder folgenden dorsalen Nerven rechnet. Einen primordialen Zusammenhang der Augenmuskelnerven mit Trigeminus und Facialis nehme ich nicht an; ventrale und dorsale Nerven waren, wie namentlich Amphiowus überzeugend lehrt, von früher Zeit ab von einander getrennt. Dass die motorischen Antheile beider einstmals zusammen- gehörten, ist wahrscheinlich, konnte aber bisher durch keine direkte Beobachtung erhärtet werden. Der Oculomotorius gilt allgemein als der erste, der Trochlearis als der zweite, der Abducens als der dritte Augenmuskelnerv. Auf Grund der Beobachtungen van Wısue’s und seiner Nachfolger werden ihre Muskeln von drei auf einander folgenden Somiten derselben Köperseite abgeleitet. Ueberhaupt besteht, soweit ich sehe, bei keinem Embryologen Zweifel, dass alle diese Muskeln der gleichen Körperhälfte entstammen. Wie ich oben (p. 681) ausgeführt, kann ich hier nicht folgen, indem der Verlauf des N. trochlearis mir zeigt, dass sein Muskel der entgegengesetzten Körperhälfte entstammt und von dem dorsalen Bereiche derselben successive in das antimere laterale Gebiet eingewandert ist. Wenn der rechtsseitige M. obliquus I) Wohl aber bezweifle ich von vornherein die Erweislichkeit der Anschauung, dass eventuell metaotische Somiten in den Aufbau des M. rectus externus eingegangen seien. 2) Ich füge ausdrücklich die Bezeichnung „etwa“ hinzu, da ich nicht behaupten möchte, dass gerade 3 Somiten den Augenmuskeln Entstehung gaben. Es können auch 2 (oder 4) gewesen sein. 3) Nach Domkn soll sich der Oculomotorius aus 3—4, vielleicht noch mehr, der Trochlearis aus 2, der Abducens aus 3—4 Metameren zusammensetzen. Die Summe ergiebt S—1V0. 357] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 705 superior mit den rechtsseitigen Mm. recti et obliquus inferior aus dem Materiale der rechten Seite sich ontogenetisch aufbaut, so ist das eine Cänogenie; die palingene- tische Rekonstruktion hat ihn auf die linke Seite zu verweisen, dagegen den linken M. obliquus superior aus dem rechtsseitigen Somiten-Material abzuleiten. Zugleich stellt er sich als dorsal vom Bulbus befindlicher (suprabulbärer) Muskel den übrigen, ursprünglich ventral davon liegenden (infrabulbären) Muskeln des Auges gegenüber; wahrscheinlich ist er, wie bereits erwähnt, Abkömmling einer alten dorsalen Aber- ration an das parietale Auge, während die anderen Muskeln nur an den paarigen Augen aberriren, zunächst an der Ventralfläche derselben, danach aber um den ganzen Bulbus herum greifen. Ob der M. obliquus superior dabei aus einem kom- pletten, ursprünglich zwischen den Myotomen des Oculomotorius und Abducens ge- legenen Myomer hervorgegangen ist oder ob er nur dem dorsalen "Theile eines solchen entstammt, kann ich nicht sagen. Wohl aber möchte ich behaupten, dass die Myo- tome der beiden letztgenannten Nerven, wenn sie nicht schon von Anfang direkten Anschluss an einander hatten, denselben im ventralen Gebiete bald gewannen), und finde dafür eine Unterlage in dem Verhalten des M. rectus inferior, der bei den Petromyzonten von dem N. abducens, bei den Gnathostomen von dem N. oculo- motorius versorgt wird, somit eine metamerische Verschiebung nach vorn durchmacht, welche nach allen bisher über die imitatorische Homodynamie gemachten Erfahrungen sich stets zwischen ganz benachbarten Myomeren vollzieht. Die specielleren Verhältnisse der Augenmuskelnerven und ihrer Endorgane sind erst noch klarzulegen. Man weiss noch ganz wenig darüber, wie sich die ein- zelnen Muskeln des Oculomotorius entwickeln; insbesondere ist kaum noch die Frage aufgeworfen, aus welchem Gebiete die intrabulbären (nur bei den Sauropsiden quer- gestreiften, bei den Anamniern und Säugethieren aber glatten) Muskeln stammen. Man könnte hierbei an das erste ebenfalls aus glatten Muskelfasern bestehende Myomer des Amphiowus, man könnte auch an sympathico-motorische Fasern des Oculomotorius denken, aber zur Zeit verfügen wir über kein Material, welches diese Gedanken über das Niveau blosser Einfälle erhöbe. Aehnliches gilt hinsichtlich des vom Abducens innervirten Retractor bulbi und seiner Derivate (Nickhautmuskeln der Amnioten). Dass sämmtliche Augenmuskeln mit dem Bulbus eine in verschiedenem Grade entwickelte sekundäre (rostralwärts gehende) Vorwanderung durchgemacht haben, wird an dem Verlauf ihrer Nerven und an der Richtung ihres Tractus opticus ohne Weiteres erkannt. Auch Donrn (1890. 1891) berichtet über die Verschiebung der betreffenden Somiten der Embryonen nach vorn. Am meisten ausgesprochen ist dieselbe bei dem M. obliquus superior, der bei den Petromyzonten noch im hinteren Bereiche des Bulbus, hinter den Oculomotorius-Muskeln, sich befindet (M. obliquus 1) Selbstverständlich schliesst das nicht aus, dass sich die von der anderen Seite übergewanderte Anlage des M. obliquus superior von oben her sekundär zwischen diese beiden Myotome einschiebt und so cänogenetisch eine Aufeinanderfolge der Myomeren des Oculomotorius, Trochlearis und Abducens zur Anschauung bringt. 706 Max FÜRBRINGER [358 posterior), bei den Gmathostomen sich aber rostralwärts vor das Gebiet der meisten von diesen Muskeln vorgeschoben hat. Dass die Augenmuskel-Somiten der Petromyzonten und Gnathostomen wohl einigen vorderen Myomeren des Amphiowus entsprechen, wurde schon bei der Be- sprechung desselben (p. 640 und 650) angegeben. Dass dies gerade die drei ersten wohl ausgebildeten Myotome dieses Akraniers sind, wie van WIsHE angiebt, wage ich nicht zu behaupten, da wir über den Grad der Reduktionen am vorderen Körper- ende des Amphiowus nicht genügend aufgeklärt sind; mit GEGENBAUR'S vorsichtigerer Ausdrucksweise (p. 640) bin ich mehr einverstanden. bb. Postorbitale palaeokraniale ventrale Nerven und postorbitale palaeokraniale Somiten; neokraniale ventrale Nerven und Somiten. Auf diese ersten vor dem Facialis gelegenen ventralen Nerven und Myomeren folgt dann bei Amphiowus eine Reihe von Myomeren, welche von ventralen (myalen) Nerven zwischen dem Facialis, Glossopharyngeus und den einzelnen segmentalen Komponenten des Vagus versorgt werden. Auch diese sind dem Kopfe (Palaeo- cranium) zuzurechnen. Dann erst, hinter dem letzten Vagussegment, folgen die Rumpfmyomeren mit ihren spinalen Nerven. Bei Amphiowus ist die Zahl dieser palaeokranialen ventralen Nerven und Myomeren entsprechend der hoch- gradigen Polymerie des Vagus (p. 698) eine beträchtliche, gegen 24—25 betragende. Bei den Kranioten wurde diese Zahl wohl nie erreicht. Unter diesen weisen die Myxinoiden relativ noch die reichste Polymerie des Vagus auf, welche bis auf ein Minimum von etwa 15 sicher palaeokranialen Myomeren und ventralen Nerven schliessen lässt; gleich den Augenmuskeln und den Augenmuskelnerven scheinen alle diese Elemente, mit Ausnahme des Nerven «’'), bei den ausgewachsenen Thieren spurlos verschwunden zu sein. Ueber die Ontogenese dieser Verhältnisse ist bisher nichts bekannt geworden’). Die Petromyzonten und Gnathostomen mit ihrem bei den niedersten Formen noch hexameren Vagus lassen auf ein einstmaliges Minimum von 7 hinter der Orbitalgegend gelegenen (postorbitalen) palaeokranialen Myomeren und ven- tralen Nerven im Gebiete des Hinterkopfes schliessen; wahrscheinlich war die Zahl 1) In der Beurtheilung dieses für die vorliegende Frage besonders wichtigen Nerven «’”’ = r” (p. 630) macht sich die durch die Mangelhaftigkeit meines Materiales bedingte Lücke meiner Untersuchungen (p. 617) sehr unangenehm geltend. Wenn weitere Untersuchungen die sichere Bestätigung für die Existenz dieses Nerven und seine motorische Verbreitung an dem ersten Myomer von Bdellostoma ergeben (cf. p. 618 Anm. 1), so darf man ihn nach seiner Lage vor dem Vagus und das von ihm versorgte Myomer vielleicht als letzte palaeokraniale bezeichnen. 2) Bei der jetzt noch bestehenden Mangelhaftigkeit unserer bezüglichen Kenntnisse erscheint es auch ver- früht, in das Detail der kausalen Bedingungen dieser weitgehenden Verkümmerungen einzutreten. Im Allgemeinen wird man hierbei in erster Linie an die mit der höheren Gehirnausbildung Hand in Hand gehende Koncentration und Zusammenschiebung und die für den Bestand des höher organisirten Gehirnes nothwendige partielle Reduktion der hier befindlichen Metameren (speciell Myomeren) — denn ein segmental beweglicher Schädel verträgt sich nicht mit einem höher organisirten Gehirn — zu denken haben. Dazu kommen als besondere Faktoren bei den Myxinoiden (in niederem Grade auch bei den Petromyzonten) die mit der Erwerbung des Parasitismus zusammenhängenden Ver- lagerungen, Umbildungen und Rückbildungen hinzu. 359] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 707 dieser Segmente bei ihren früheren Vorfahren eine grössere. Auch diese Muskeln und Nerven sind nicht mehr vorhanden, wobei wohl auch, wie bei den Myxinoiden (vergl. Anm. 2 auf p. 706), einmal die höhere Differenzirung des Gehirns, dann wohl auch die des Gehörorgans den wesentlichsten kausalen Faktor für die Rück- bildung dieser Myomeren und Nerven bildete. In den hinteren Bereich ihres Ge- bietes sind die von den ersten ventralen Spinalnerven versorgten Rumpfmyomeren nachgerückt, bei den Petromyzonten im dorsalen, lateralen und ventralen Kopfbereiche und in ziemlich beträchtlicher Ausdehnung nach vorn (cf. p. 601, 602), während die Selachier bereits erheblichere Reduktionen und in der Hauptsache eine Beschränkung auf das laterale und ventrale Gebiet (vordere Myomeren des Seitenrumpfmuskels, epibranchiale Muskulatur) erkennen lassen. Hand in Hand mit diesen Rückbildungen hat sich successive eine Assimilation der ersten Rumpfwirbel an das Palaeokranium vollzogen; so entstand das Neokranium, so wurden die bisher freien Spinalnerven zu neokranialen spino-oceipitalen Nerven, worüber die früheren Ausführungen dieser Abhandlung (vergl. insbesondere p. 544—551) bereits eingehend berichteten. Die ontogenetische Untersuchung der pentanchen Selachier (van WıIsHE, Rast, Horrmann)') hat zwischen dem Abducens-Somit (3) und demjenigen rudimen- tären Somit (6), auf welchen die ersten Anfänge der Rumpfmuskulatur (inkl. die epibranchialen Muskeln) zu beziehen sind”), die Anlage von 2 Somiten (4 und 5) erwiesen, welche, ohne ventrale Nerven zu besitzen”) und ohne Muskelfasern zur Entwickelung zu bringen’), sich wieder rückbilden. Diese zum Theil ganz rudimen- tären und nervenlosen Somiten gewinnen, wie ich oben (p. 572 f.) ausgeführt, vom 5. ab durch die vergleichende Anatomie Realität und Bürgerrecht, indem dieser Somit mit 3 bis 4 auf ihn folgenden bei den Notidaniden in voller Ausbildung und mit allen seinen Nerven (v, w, ©, y und zum Theil auch z) als M. subspinalis und Anfang der dorso-lateralen Rumpfmuskulatur zeitlebens persistirt. So liegt zwischen der Anlage des M. rectus externus und der Rumpfmuskulatur der Notida- niden bei den Embryonen der pentanchen Haie nur noch der 4. Somit, — ein wohl Jeden überzeugender Beweis für die rostralwärts gehende Vorwärtswanderung und Zusammenschiebung der Rumpfsomiten und für die cänogenetische Verkürzung der ontogenetischen Rekapitulationen. Hinsichtlich der Deutung dieses Somiten kann man a priori schwanken, ob er den letzten Rest der durch die Kenntniss der Akranier erschlossenen hinteren palaeokranialen Myomeren oder das Rudiment eines vor ® 1) Hinsichtlich der neuesten diesbezüglichen Untersuchungen von SEDGWICK verweise ich auf meine früheren Angaben (p. 545 Anm.1 und p. 572). 2) Auch der 6. Somit hat nach vAn WIJHE und HOFFMANN keinen Nerven und entwickelt nur embryonale, später wieder verkümmernde Muskelfasern, während RABL ihn und, wie es scheint, auch den 5. Somiten zur Rumpf- muskulatur in Beziehung bringt. SepGwick’s Angaben (1896) lassen selbst die Deutung zu, dass er von dem 5. So- miten ab embryonale Nerven gefunden habe (vergl. hierüber meine betreffenden Bemerkungen auf p. 545). — DOHRN 1890 B.) hält dafür, dass die zwischen den Myotomen des Abducens und Hypoglossus (d.h. der ventralen Vagus- wurzeln) bestehende Lücke grösser sei, als VAN WIJHE angenommen hatte; sie enthielte 1 entwickeltes Myotom und davor eine Strecke, in welcher Myotome und ihre Nerven in unbekannter Zahl nicht zur Ausbildung gekommen sind, auch werde es sich kaum mit voller Sicherheit ermitteln lassen, wie viel von diesen Myotomen in die Bildung des M. rectus externus, wie viel in diejenige des M. subspinalis eingegangen sei (p. 355). 708 Max FÜRBRINGER [360 gelegenen neokranialen, also einstmals von « innervirten neokranialen Somiten reprä- sentire'). Ich habe mich oben (p. 573) für die letztere Alternative entschieden und finde für diese Entscheidung zugleich in der bei den Petromyzonten und Myxinoiden erkannten Existenz von Rumpfmyomeren, welche von Homologen von u, f, s versorgt werden, die nöthige reelle Unterlage’). Auch hier enthüllt die vergleichende Ana- tomie eine Vorgeschichte, von welcher die ontogenetische Untersuchung der Gna- thostomen allein nichts ahnen lässt’?). Der übersichtlichen Darstellung des metamerischen Verhaltens der cerebraien (palaeokranialen) und spinalen (nebst neokranialen) Nerven und der von ihnen ver- sorgten ['heile mögen die beiden folgenden Tabellen dienen, über deren Mängel ich mich nach den vorausgehenden Darlegungen nicht weiter auszulassen brauche‘): 1) Es nimmt fast Wunder, dass die Ontogenie der Haie zwischen dem Myotom des Rectus externus und dem 1. (postvagalen) Myotom des Subspinalis an Stelle der einstmals in Mehrzahl vorhandenen postorbitalen palaeo- kranialen Somiten nur 1 Somitenrudiment zur Anlage bringt, und fast möchte man wünschen, dass der Nachweis ge- länge, dass ein T'heil der bei Z'orpedo gefundenen Myotome wirklich palingenetische Bedeutung besitze, nicht in der von DOHRN gegebenen Deutung als Augenmuskelsomiten, aber als postorbitale palaeokraniale Myomeren. 2) Bei den Petromyzonten tritt das erste Rumpfmyomer sekundär in die nächste Nachbarschaft zu den Augenmuskeln (vergl. meine bezüglichen Ausführungen auf p. 608.). 3) Auch DoHrn, dessen Blick in dieser Hinsicht in der rechten Richtung sich bewegte, giebt zugleich hier die Insufficienz der Ontogenese zu (vergl. die vorhergehende Seite Anm. 2). 4) Gross ist namentlich die Unsicherheit bezüglich des metamerischen Verhaltens der Augenmuskelsomiten zu den Myomeren des Amphioxus und zu den visceralen Bogen und ihren Muskeln. Die auf Tabelle A. zum Aus- druck gebrachte Stellung derselben kann ich nicht als eine gesicherte bezeichnen. Auch die Deutung des 1. Nerven von Amphioxus (ob dorsal, ob einer besonderen ventralen Kategorie angehörig) ist noch dunkel; nicht minder die genauere vergleichende Anatomie der Lateralfasern. Unbekannt ist ferner die speciellere Metamerie der Kiemenspalten der Myxinoiden. — Von den Abkürzungen bedeutet: A: Amphioxus; Gn : Gnathostomen; Aypbr. M : hypobranchiale Muskulatur; 75: Interbasalis; M: Myxinoiden (oder Muskel); mot.: motorisch; N: Nerv; P: Petromyzonten; part.red.: partiell reducirt; $2sp : Subspinalis; sens : sensibel; SRM: Seitenrumpfmuskulatur; 7%: Theil; vise. mot. : viseero-mo- torisch (sympathieo-motorisch). ? in der ersten Zeile der Tabelle A. soll ausdrücken, dass unbekannt ist, ob und wie viel metamerische Nerven, Bogen und Muskeln einst den jetzt noch vorhandenen vorausgingen. Die anderen Ab- kürzungen sind leicht verständlich. 361] ÜLBBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOoLOCEPHALEN ETC. 709 A. Metamerie der cerebralen (palaeokranialen) Nerven. |Ventrale Nerven. Viscerale Myomeren. |Ventrale (myale)| Visceralbogen. Wurzeln. Muskeln. ? ? ? ? 1. Myom. part. red. (A). Geschwunden (7). Obl. inf., Rect. sup. u. int. (2). Obl.inf., Rect. sup., int. u. inf., intra- bulbäre M. (Gr). | 1. ventr. Nerv, geschwunden (4A). Geschwunden (M). Oculomotorius (P, an). 2. Myomer (4). Geschwunden (7). Obl. sup. der an- deren Körperseite (P, Gn). Geschwunden (47). Trochlearis (P, Gn). 2.(1.) ventr. Nerv (4). Dorsale Nerven. Laterale (sep- ‚ tale) Wurzeln. ? Dorsale (sep- tale) Wurzeln. ? Trabeeularbogen? (P). 1. Erster Labial- knorpelbogen, part. red. (@n). | Geschwunden (4, M, P, Gn). _Gesehwunden (4, | M, P, Gn). 1. dors.(?) N. (A). N. thalamieus? N. apicis? (Gn). Palatinbogen? (P). 2. Zweiter Labial- knorpelbogen (an). Sphinet. oris? (A). M.d. Tentakelkran- (M). Geschwunden (P, an). Mot. Th. d. 2. dors. | Nerven? (4A). zes u. Nasenrohres | Mot.’Th.d. R.ophth. prof. trig. (M). ‘ Geschwunden (P, Gn). Sens. Th. d. 2. dors. Nerven (4A). R. ophth. prof. trig. (M, P, Gn). 3. Myomer (4). Geschwunden (MV). Rect. inf.u.ext.(P). Rect. ext. u. Retr. bulbi ete. (Gn). | Geschwunden (M7). Abducens (P, Gn). 3.(2.) ventr. Nerv (A). 3. Mandibular- bogen (M, P, Gn). Sphinet. oris (A). ferbg., Zungenbeins u.Schlundsegels (47). M. d.Vorknorpel, d. Zungbbg., d. Zunge u.d.Schlundsegels(?) Constr. d. Kiefer- bogens (Gn). Meiste M. d. Kie- Mot. Th. d. 3. dors. Nerven (4A). ‚ Mot. Th. d. R.man- dibul. trig. (M, P, an). 4. Myomer (A). Geschwunden (M, P, Gn). Geschwunden /M, P, Gn). 5.—10.Myomer‘ A). Geschwunden (M, P, Gn). 11. bis ca. 27.Myo- mer |d). | Unbekannt, wie viele davon bei 4, P und Gn ur- sprünglich ange- legt werden; bei M vielleicht eines (zu «’” ge- hörig) davon erhal- ten, bei P, Gn alle geschwunden. N. (4). Geschwunden |M, P, Gn). 11. bis ca. 27. (10. bis ca. 26.) ventr. N. (A). Unbekannt, wie viele davon bei den Vorfahren von M, ı Pund Gn angelegt wurden ; ausser viel- leicht bei 7 (e'”) durchweg geschwunden. ı Festschrift für Gegenbaur. IH. 4.(3.) ventr. Nerv (A). 5.—10.(4.—9.) ventr. 4. Hyoidbogen (M, P, Gn). 5. Erster Kiemen- bogen (M, P, Gn). 6.—11. Zahlreiche hypermetam. Kie- menbogen (A). Enthalten viel- leicht Kiemenseg- mente (7). Zweiter bis sieben- ter Kiemenbogen e. (P, Gn). 12. bis ca. 28. Zahlr. hyperm. Kb. (4). Unbekannt, welche) u. wie viel Kb. bei den Vorf.von M, P und @n angelest wurden; bei M noch in ansehn- | licher Zahl erhal- ten, bei P ge- schwunden, bei G nur noch in d. Ex- tremitätenbogen erhalten. Sph. oris et veli (A). Einzelne M. d. Zun- genbeinbg., Th. des Constr. pharyng.(M). Pharynxmusk. im Ber. d. Hyoidb. (?). Constr. d. Hyoidb. (Gn). Mot. Th. d. 4. dors. Nerven (4A). Mot. Th.d.R.hyoid. facial. (M, P, Gn). Sense. Th. d. 3. dors. Nerven (4). Sens. Th. d. übrigen Trigem. (M, P, Gn). Sens. Th. d. 4. dors. Nerven (A). Sens. Th. (inel. Acu- sticus) des Facialis (M, P, Gn). 'Sph. oris et veli (A). | Th. d. Constr. phar. (M)). | Constr. branch. d.1. | Kb. (P). M. d. 1. Kiemenb. (an). Mot. Th. d. 5. dors. Nerven (A). Mot. Th. d. Anf. d. R. phar. vagi (M). Mot. Th. d. R. post- trem. glossophar. (P, an). Sens. Th. d. 5. dors. Nerven (4). Sens.Th. d. Anfanges d. R. phar. vagi (M). Sens. Th. d. Glosso- phar. (P, Gn). | Sph. veli f. 6, Sph. atrii f. 7—11 (A). Constr. phar., viell. auch Constr. branch, einiger Kiemen (M). Constr. branch. d. 2. bis 7. Kiemenbog., vord. Th. d. Trape- zıus (P, On). Mot. Th. d. 6.—11. dors. Nerven (A). Mot. Th. d. R. phar. u.einiger Rr. branch. vagı (M). Mot. Th. d. Rr. branch. posttrem. 1—6 vagi (P, Gn). Sens. Th. d. 6.—11. dors. Nerven (A). Sens. Th. d. R. phar. u. einiger Rr. branch. vagi (M). Sens. Th. d. Vagus, insbes. d. Rr. branch. (P, Gn). | Sph. atrii (4). ‚Constr. branch. einer noch unbekannten Anzahl von Kie- menbg.,Constr.card., M. d. Darms (M). | Intestin. M. (P. Intest. M., Trap., Interscap. (Gn). Mot. Th.d.12.bis ca. 28. dors. Nerven (A). Mot.Th. einer unbek. mittl. Anzahl von Rr. branch. (M). R. intest. vagi (P). R. intest., trap. u. intersscap. vagi (Gn). Sens.Th.d.12.bis ca. 28. dors. Nerven (A). Sens. Th. einer un- bek. mittl. Anz. von Segmenten d.Vagus, vielleicht auch «’? (M). Sens.Th.d.R.intest. d. Vagus (P, @Gn). 90 710 MAx FÜRBRINGER B. Metamerie des spinalen und neokranialen Nerven (1. Hälfte). [362 Von den ven- tralen Wurzeln versorgte Mus- keln (Myomeren). Ventrale Nerven. Ventrale (myale) Wurzeln. Von den latera- len Wurzeln ver- sorgte (viscerale) Muskeln. Dorsale Laterale (sep- tale) Wurzeln. Nerven. Dorsale (sep- tale) Wurzeln. | Myomer (A). Ventr. spin. Nerv (A). ‚2 erste Myomeren? | Ventr. sp. occ. N. s (M). (M). 1. (s). | Geschwunden (P, Geschwunden ß Gn). (P, Gn). Myomer (A). Ventr. spin. Nerv (A). 3. Myomer (M). | Ventr. sp. oce. N. £ ‚1. praebranch. Myo- (M, P). 2.(t). mer (P). Geschwunden (Gn). ; Geschwunden (P, an). Myomer (4). Ventr. spin. Nerv (4). 4. Myomer (M). | Ventr.spin.N.u«(M). | 2. praebranch. Myo- | Ventr. sp. oce. N. v mer (P). (P). 3. (2). | Geschwunden (Gr). | Geschwunden (Gn). | Myomer (4). Ventr. spin. Nerv 5. Myomer (M7). (A, M)). 3. Myomer (P). Ventr. spin. N. » (P). Subsp., Anf. d. Sei-| Ventr. oce. N. v 4. (v tenrumpfmuskels (Notid.) (Notid.). Geschwunden Geschwunden (übrige @n). | (übrige Gn). | Myomer (4). Ventr. spin. Nerv (4, 6. Myomer (M7). M, P). 4. Myomer (P). Ventr. occ. N. w Subsp.,Anf.d.SRM.| (Notid., einz. pent. 5. (ww). | (Notid., einzelne Haie). pent. Haie). Geschwunden Geschwunden (übrige @n). (übrige @n). | Myomer (4). Ventr. spin. Nerv (4, 7. Myomer (M). MER): | 5. Myomer (P). | Ventr.oec.N..x (viele | Subsp., Ib. 1,hypbr. | Haie, Acip. ind., 6. (x). | M.?, SRM. (viele Dipn. ind.), Haie, Acip. ind., Geschwunden Dipn. ind.). Geschwunden (übrige Gn). (übrige Gn). Vise. Muskeln (A.) Vise.-mot. Th. d. en dors. spin. N. (4). spin. N. (A). Geschwunden (M, P,| Dors. sp. oce. N. s Gn). (M). 1. (8). Geschwunden (M, P, Gn). Vise. Muskeln (A, | Vise.-mot. Th. d. | Sens. Th. d. dors. M? P?) | dors. spin. N. (4). spin. N. (4). | Vise.-mot. Th. d. | Sens. Th. d. dors. sp. dors. sp. occe. N.t?| oc. Ni (MP), |, (RB): Geschwunden (@n).| ‚ Geschwunden (Gn). | Visec. Muskeln (A, | Vise.-mot. Th. d. | Sens. Th. d. dors. MRER): | dors. spin. N. (4). spin. N. (A). Vise.-mot. Th. d. | Sens. 'Th. d. dors. dors. spin.N.u? (M).| spin. N. v (M). in \ „Vise.-mot. Th. d. | Sens. Th. d. dors. sp. 3. (1). dors. spin.oce.N. x? oce. N. u (P). | N: Geschwunden (@n). Geschwunden (@n). Vise. Muskeln (A, | Vise.-mot. Th. d. | Sens. Th. d. dors. sp. M, P). | dors. spin. N.v (A,| N.v (A4,M, P). MP): Geschwunden (Gr). Geschwunden (@n). | | 4: (8) Vise. Muskeln (4, Vise.-mot. Th. d. |Sens. Th. d.dors. sp. M, P.). dors. spin. N.» (4,| N.vo (4,M, P) | M, P). Geschwunden (Gn). Geschwunden (Gn). 3. (w). Vise. Muskeln (A, | Vise.-mot. Th. d. | Sens.'['h..d. dors. sp. | MAR): dors. spin, N. x (4,| N.xz (A,M, P). M, P). Geschwunden (Gn). Geschwunden (Gn). 6. (2). Vise. Muskeln (4, | Vise.-mot. Th. d. | Sens. Th. d. dors. sp. | M, P). dors. spin.N.y (A,| N.y (A,M,P). | M, P). Geschwunden (Gn). Geschwunden (@n). SD 363] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. B. Metamerie des spinalen und neokranialen Nerven (2. Hälfte). Von den ven- tralen Wurzeln | versorgte Mus- keln (Myomeren). Ventrale Nerven. Ventrale (myale Wurzeln. Von den latera- | len Wurzeln ver- sorgte (viscerale) Muskeln. - ll Dorsale Nerven. Laterale (sep- tale) Wurzeln. Dorsale (sep- tale) Wurzeln. Myomer (4). 8. Myomer (M7). 6. Myomer (P). Subsp., Ib., hypbr. , Ventr. spin. Nerv (A, M,P). | Ventr. oce. N. y (meiste Haie, Holo- Vise. Muskeln (A, M, P, Notid.?). Vise.-mot. Th. d. dors. spin. N. z (4, M,P). Vise.-mot. Th. d. dors. oce. N.z? (No- tid., Cerat. ind.). Geschwunden (übrige Gn). Sens. Th. d. dors. sp. N. 2. (A, M, P). Sens. Th. d.dors. oce. N. z (Notid., Cerat. ind.). Geschwunden (übr. Gn). Vise. Muskeln (4, M, P, einz. Haie, meiste Gan., Dipn.). Vise.-mot. Th. d. dors. spin. N. 1 (A, M, P, einz. Haie). Vise.-mot. Th. d. dors. spin. occ. N. a (meist. Gan., Dipn.). Geschwunden (übrige An). Sens. Th. d. dors. spin. N.1 (4,M, P, einz. Haie). Sens. Th. d. dors. sp. oce. N. a (meiste Gan., Dipn.). Geschwunden (übr. Gn). (1,a). Vise. Muskeln (A, M, P, meiste Anamnia, einz. Mamm.). Vise.-mot. Th. d. dors. spin. N. 2 (4, M, P, meiste Haie, Polypt.,viele Amph.). Vise.-mot. Th. d. dors. spin. oce. N. b (meiste Gan.. einz. Teleost., Dipn., einz. Mamm.). Geschw. (übr. Gn). Sens. Th. d. dors. spin.N. 2 (A, M, P, meiste Haie, Polypt., viele Amph.). Sens. Th. d. dors. spin. oce. N.b (meiste Gan.,einz. Tel.,Dipn., einz. Mamm.). Geschwunden (übr. an). 10. (2,5). Vise. Muskeln (4, M, P, Anamnia, mehrere Mamm.). Vise.-mot. Th. d. dors. spin. N. 3 (4, M, P, Sel., Polypt., Dipn., Amph.). Vise.-mot. Th. d. dors. spin. oce. N. c (meiste Gan., meist. | Tel., mehr. Mamm.). Geschw. (Holoceph., meiste Amniot.). Sens. Th. d. dors. spin. N. 3 (4,M, P, Sel., Polypt., Dipn., Amph.). Sens. Th. d. dors. sp. oce. N. e (meiste Gan., meiste Tel., mehrere Mamm.). Geschwunden (Ho- loceph., meist. Amn.). 7.(y).| M., SRM. (meiste | ceph., viele Ganoid,, Haie, Holoc., viele Dipn.). Gan., Dipn.). Geschwunden Geschwunden (übrige Gn). (übrige Gn). Myomer (4). Ventr. spin. Nerv (4, 9. Myomer (M). MED): 7. Myomer (P). Ventr. occ. N. z Subsp., Ib., hypbr. | (meiste Sel., Holo- 8/21. | M., SRM. (meiste | ceph.,‚Ganoid., Dipn., = | Sel., Holoe., Gan., Cryptobr. ind., Dipn., Cryptobr. Echidna?). ind., Echidna?). Geschwunden Geschwunden (übrige @n). (übrige Gn). Myomer (4). Ventr. spin. Nerv (4, 10. Myomer (M). M, P). 8. Myomer (P). Ventr. spin. N. 1 9, ‚Ib.?,hypbr.M.,SRM.| (meiste Sel., meiste IN meiste Anamn., viele Amph.). 2 Amnioten). Ventr. oce. sp. N. a Geschwunden (einz. Haie, Holoe., meiste Amnioten, | Gan., Dipn., viele hier Zungenm.). | Amnioten (Hypogl.)). Myomer (4). Ventr. spin. Nerv (4, 11. Myomer (M). MB). 9. Myomer (P). | Ventr.spin.N.?2(Sel., Hypbr. M., SRM. | Polypt., Amphib.). 10. Anamnia, meiste | Ventr. oce. sp. N. b 2,b). Amnioten, hier | (Holoc., meiste Gan., Zungenm.). Teleost., Dipn., meiste Amnioten (Hypogl.)). Myomer (4). Ventr. spin. Nerv (4, 12. Myomer (M). M, pP). 10. Myomer (P). Ventr. spin. N. 3 Hypbr. M., SRM. | (Sel., Polypt., Dipn., 11. \(G@n; bei Amnioten Amph.) 3,€ Zungenm.). Ventr. oce. sp. N. e (Holoe., meiste Gan., Tel., Cerat. ind., Am- nioten (Hypogl.)). Myomer (A). Ventr. spin. Nerv (A). 13. Myomer (MM). Ventr. spin. N. 4 11. Myomer (P). |(Sel., Polypt., Dipn., Hypbr. M., SRM. Amph.). 12 [4 (Gn). Ventr. spin.N.4=1 Holoe., meiste Gan., Tel., Dipn., Amniot.). Fol- Folgende Myo- Folgende ventr. gende. meren. Nerven. Vise. Muskeln (A, M, P, Anamnia, einz. Saurops., meiste Mamm.). Vise.-mot. Th. d. dors. spin. N. 4 (A, M, P, meiste Gn). Geschwunden (meiste Sauropsid., einz. Mamm.). Sens. Th. d. dors. spin.N. 4 (A, M, P, meiste @n). Geschwunden (meiste Saurops., einz. Mamm.). 12 (4. Folgende vise. Muskulatur. Folgende laterale Nerven. Folgende dorsale Nerven. 90* 2 Max FÜRBRINGER [364 3. Phylogenetischer Ausblick. Der Versuch einer metamerischen Vergleichung des Nervensystems der Wirbel- thiere legt die Frage nahe: Wie hat sich das Alles phylogenetisch entwickelt, wie können wir von den jetzt bestehenden Zuständen bei den einzelnen Vertretern der- selben, die wir wirklich beobachten, diesen Entwickelungsgang bis zu seinen ersten, unseren Augen für immer entzogenen Anfängen zurückverfolgen ? Unsere Arbeit kann hierbei immer nur eine kombinatorische sein, ihre Re- sultate werden sich nicht über ein mittleres oder grösseres Maass von Wahrschein- lichkeit erheben können. Vorsichtige Gemüther werden am liebsten darauf verzichten, diese zwar verlockende, aber leicht auf Abwege führende Bahn zu betreten. Aengstlich zu Hause bleiben ist aber nicht die Lebensaufgabe des Arbeiters; damit leistet er sich und der Sache nur scheinbar einen guten Dienst. Er muss hinaus, wenn er auch voraussieht, dass ihn sein Fuss in ungenügend bekannte und nicht in kurzer Zeit zu erobernde Welten führen wird, er muss wagen und sich preisgeben, wenn er auch weiss, dass sein Streben nach Wahrheit sich nie vom Iırthum ganz befreien kann. Die Gefahren können indessen überschätzt werden. Der vernünftige Forscher wird nicht zügellos und führerlos in die Ferne irren, sondern wird sich hierbei den beiden Führerinnen, der vergleichenden Morphologie und der Öntogenie, anver- trauen. Und wenn auch das, was letztere, die jüngere Schwester bisher auf diesem Gebiete dargeboten, selbst hinsichtlich der reinen thatsächlichen Grundlagen noch ein Wirrwarr von widersprechenden und sich theilweise aufhebenden Angaben bildet, wenn auch die am meisten gesicherten Untersuchungsbefunde der besten embryo- logischen Arbeiter an sich für die Lösung höherer und weiter greifender phylogene- tischer Probleme nicht ausreichen, so findet er bei der älteren, auf mehr gesicherter Basis stehenden, tiefer und weiter blickenden Schwester den rechten Gradmesser für den Werth der einzelnen ontogenetischen Ergebnisse, die sichtende Hand zwischen dem, was als cänogenetisch auszuscheiden, und dem, was als palingenetisch für die Phylogenese zu verwerthen ist. So wird die vergleichende Morphologie sowohl durch die von ihr zu Tage gebrachten Funde, wie durch ihre kritische Thätigkeit zum wahren Lichtträger, so gewinnt auch die Ontogenie durch sie nur Förderung und Bereicherung, und es erscheint mir gar nicht zweifelhaft, dass kein weiter blickender Embryologe sich der Einsicht von der Unentbehrlichkeit der vergleichenden Morpho- logie für die ontogenetische und phylogenetische Forschung verschliessen kann. So, von beiden Führerinnen geleitet, mag der Arbeiter den Ausflug wagen, getrost, aber selbstverständlich mit jener Bescheidenheit, welche der Einzelne stets den grossen, die Arbeit ganzer Generationen erfordernden Aufgaben entgegenbringen muss. So will auch die folgende kurze und wenig in die Tiefe gehende Skizze an- gesehen sein. Sie hat versucht, ohne jedes Vorurtheil von beiden Schwesterdisciplinen Nutzen zu ziehen, sie konnte manches gesicherte Ergebniss verwerthen, sie fand 365 EBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. zile 36 U TE N IPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND Ho LEN 71: freilich noch zahlreiche Lücken, die auszufüllen erst der Zukunft beschieden sein wird. So will sie auch in der Hauptsache nicht mehr vorstellen als ein bescheidenes hypothetisches Programm, in dem ein Jeder lesen mag, wie viel zu thun noch übrig bleibt. Als besonders dringliche Aufgaben möchte ich hervorheben die genaue Kenntniss des sympathischen Nervensystems von seinen ersten Anfängen bis zu seiner höchsten Entwickelung bei den Wirbelthieren, die Durcharbeitung der sog. Hinter- zellenfasern und der ihnen verwandten Gebilde sowie die eingehende anatomische Untersuchung des Nervensystems der Akranier, Myxinoiden, Petromyzonten und Selachier; die Beantwortung derselben dürfte die vorliegenden Probleme ihrer Lösung näher führen als alle bisher an Gnathostomen darüber angestellten ontogenetischen Untersuchungen. Derjenige primitive Chordat, welcher sowohl für Amphiowus wie für die kranioten Vertebraten den Ausgang bildete, besass vermuthlich: 1) ein in der ganzen Körperlänge gleichmässig ausgebildetes centrales Nervensystem'), welches in Gestalt einer dorso-medianen Platte sich aus der ektodermalen Körperumhüllung heraus- gebildet hatte und an seinem lateralen Rande in den übrigen minder hoch differen- zirten Ektodermbereich überging, mit demselben auch durch sensible Nervenfasern verbunden war, 2) aus der darunter liegenden medianen unpaaren Chorda') und zwei paarigen, zu beiden Seiten derselben gelegenen mesodermalen Platten, welche die primordialen Anlagen des Stütz-, Muskel-, Urogenital- und Gefässsystems darstellten und gleichfalls mit dem centralen Nervensystem im ursprünglichen Verband standen, und 3) aus der darunter befindlichen Darmanlage, die gleichfalls mit dem centralen Nervensystem in nervösem Konnexe sich befand’). Im Bereiche des Mesoderms kam es zugleich zu coelomatösen Höhlenbildungen'), welche indessen die Verbände des centralen Nervensystems mit den erwähnten Organanlagen nicht beeinträchtigten, in- dem diese Nerven (peripherisches Nervensystem) in den Wandungen und Septen dieser Hohlräume zu den von ihnen versorgten T'heilen sich begaben. Das centrale Nervensystem, das sich bei seiner weiteren Ausbildung zur Rinne vertiefte und danach zu einem vom ektodermalen Integument geschützten Nerven- 1) Wie das Centralnervensystem sich durch dorso-mediane Koncentration aus den ursprünglich mehr nach Art eines peripherischen Nervensystems verstreuten nervösen Elementen sich herausgebildet hat, ist hier nicht weiter zu untersuchen. Desgleichen verzichte ich auf eine Besprechung der ersten phylogenetischen Entstehung der Chorda- und Coelombildungen. 2) Die Annahme eines primordialen nervösen Verbandes zwischen Ektoderm und Entoderm hat verschiedenen Autoren Schwierigkeit gemacht, da beide Keimblätter in der Archiblastula bekanntlich durch das Blastocoel geschieden sind, dieses aber nirgends von Nervenfasern oder ihren Anlagen durchsetzt wird. Bereits vor längerer Zeit (1557 p- 939) habe ich darauf hingewiesen, dass der direkte nervöse Verband sich keineswegs auf das ganze Entoderm, sondern zunächst nur auf den der dorsalen Ektodermplatte direkt anliegenden und wahrscheinlich im Verbande mit ihr gebildeten Rückentheil des Entoderms bezieht und dass das gleiche auch für die mesodermalen, überwiegend dem primitiven Entoderm entstammenden Platten gilt. Mit dieser Voraussetzung, für welche die bisherigen onto- genetischen Untersuchungen noch nicht das thatsächliche Material geliefert haben, mit welcher aber das thatsächliche definitive Verhalten der betreffenden Theile im besten Einklange steht, dürften die oben angedeuteten Bedenken hinfällig werden. Selbstverständlich aber bleibt ihre Fundirung durch die direkte Beobachtung und Untersuchung Desiderat. 714 Max FÜRBRINGER [366 rohr schloss, liess eine mediale motorische und eine laterale sensible Zone unter- scheiden, welche mit der rinnenförmigen Einsenkung und mit der Umbildung zum Nervenrohr eine mehr ventrale und dorsale Lage gewinnen. Das peripherische, aus zerstreuten Nervenzellen und Nervenfasern bestehende Nervensystem koncentrirte sich nach und nach zur Ausbildung einer lateral resp. latero-dorsal an das Centralnerven- system angrenzenden und mit ihm verbundenen Spinalganglienzone, welche als Aus- gangsstelle für die peripherischen sensiblen (somato-sensiblen und splanchno-sensiblen) Nerven anzusehen ist. In der unter dem centralen Nervensystem gelegenen meso- dermalen Platte gewann die Anlage des Muskelsystemes') zunächst in der der Chorda benachbarten Zone (Urwirbelzone, epimere Zone van Wısne’s) ihre hauptsächlichste Entfaltung in Gestalt eines medialen, aus längsverlaufenden Muskelelementen (Muskel- bändern) bestehenden Streifens, während die lateral daran angrenzende Zone (Seiten- plattenzone, hypomere Zone)”) auch Muskelfasern, aber in geringerer Menge producirte, welche mehr die transversale Richtung bevorzugten. Beide gingen eine quere Gliederung in zahlreiche auf einander folgende Metameren ein, wobei die der ersteren (Urwirbelmetameren, Myomeren, Myotome, Somiten) weit ausdrucksvoller sich er- wies als die der letzteren (Seitenplattenmetameren, viscerale Myomeren) und auch die metamerische Anordnung der bisher indifferenter vertheilten motorischen Nerven bestimmte. Hierbei gruppirten sich zugleich die von den motorischen Centren aus- gehenden motorischen Nerven in eine mediale oder ventrale Reihe, welche den Ver- band mit den Urwirbelmyomeren vermittelten (Vorderhornnerven), und eine laterale oder dorsale Reihe”), welche zu den Seitenplattensegmenten gelangten (Seitenhorn- nerven). An sie schloss, wie es scheint, noch mehr dorso-lateral diejenige Kern- reihe an, welche bestimmt ist, die von den Spinalganglien aus centralwärts streben- den Fasern aufzunehmen; ihnen entsprechen die von dem Ektoderm und wohl auch dem Entoderm kommenden sensiblen Nervenfasern. Die weitere Stufe in der phylogenetischen Entwickelung zeigt sich beherrscht von der ansehnlichen Ausbildung und Vergrösserung der medialen Urwirbelbänder, welche sich von ihrem ursprünglichen parachordalen Bezirke aus in dorsaler und ventraler Richtung verbreitern und somit zu einer breiten, beide Seiten des Körpers einnehmenden Masse (Seitenrumpfmuskulatur) umgestalten, welche sich dorsal zwischen das centrale Nervensystem und die Haut, ventral zwischen die Seitenplatten und die Haut einlagert und die schon im vorhergehenden Stadium begonnene metamerische Gliederung des peripherischen Nervensystems weiter führt. Mit dieser grösseren dorso-ventralen Entfaltung der Urwirbelmyomeren erfährt auch der Verlauf der für die Seitenplatten bestimmten Seitenhornnerven eine Komplikation, indem dieselben infolge der dorsal gerichteten Verbreiterung der Myomeren zuerst nach oben und in die 1) Von der Entwickelung der übrigen mesodermalen Gebilde sehe ich hier, als für die vorliegende Dar- stellung nicht unbedingt erforderlich, ab. 2) Die mesomere Zone van WIJHE’s kommt für den vorliegenden Zweck auch weniger in Frage. 3) Wahrscheinlich spielt die ganze Gruppe der sog. Hinterzellen s. 1. (KurscHin’sche Zellen, RoHon’sche Zellen ete. ete.) hier auch eine bedeutsame Rolle, über die aber z. Z. wegen Mangels ausreichender Beobachtungen nichts Bestimmtes zu sagen ist. Hier hat die Untersuchung noch ein reiches Feld vor sich. 367] ULBBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 715 nächste Nachbarschaft der sensibeln Dorsalfasern, dann aber infolge des ventral ge- richteten Auswachsens der Muskulatur nach unten geführt werden; so bildet sich an Stelle des ursprünglichen direkten Verlaufes derselben eine komplieirte Bogenbildung aus, die zuerst — und dies spricht sich schon innerhalb des centralen Nervensystemes aus — mit einem dorso-lateralwärts gerichteten Anfangsschenkel beginnt, dann an der Aussenfläche der Seitenrumpfmuskulatur ventralwärts bis zu dem ventralen Rande derselben verläuft und endlich mit dem Endschenkel an der Innenfläche dieser Muskulatur wieder dorsalwärts ihrem Endgebiete zustrebt. Die an die Medialfläche des Seitenrumpfmuskels herantretenden Ventralfasern zeigen zufolge der beträcht- lichen Vermehrung der Muskelelemente eine weitgehende Divergenz ihrer Fasern, im Uebrigen aber keine Abweichung vom direkten Verlaufe. In diesem ursprünglich mässig langen und in seiner ganzen Ausdehnung gleichmässig angelegten Organismus vollzog sich zugleich mit den angegebenen Ent- wickelungsvorgängen eine weitere höhere Differenzirung, die zur Ausbildung eines Kopf- und Rumpfabschnittes führte. Entsprechend den höheren Aufgaben, welche im Kampfe um das Dasein an den vorderen Körpertheil gestellt wurden, begann hier die Ausbildung specifischer sensibler Apparate, der Sinnesorgane, und zwar, wie es scheint, zunächst der mehr primitiven für specifisches Gefühl, Gleichgewichtsempfindung, Geruch und Geschmack bestimmten, danach erst diejenige der höheren für das Sehen und Hören eingerichteten; die sensibeln Nerven, denen die Aufgabe obliegt, die bezüglichen Reize dem centralen Nervensysten mitzutheilen, erheben sich damit zu der höheren Kategorie der sensorischen Nerven (incl. Nn. laterales). Aber auch der vordere Darmbereich entfaltete mit der successiven Ausbildung von Athemspalten eine komplicirtere Thätigkeit und trat damit als respiratorischer Kopfdarm in Gegen- satz zu dem nur der Verdauung dienenden Rumpfdarm. Endlich kam es, zunächst mit ganz bescheidenen Anfängen beginnend, zu einer besonderen Armatur der vor- deren Digestivöffnung (Mund). Durch alle diese Differenzirungen hob sich der vordere Körpertheil als »Kopf« hervor, und das unter dem Einflusse der damit bedingten höheren Ausbildung der peripheren Nerven (die man bereits als palaeokraniale den hinteren gegenüberstellen kann) stehende centrale Nervenrohr entfaltete sich zum Gehirn. Mit diesen progressiven Veränderungen auf der einen Seite verband sich zu- gleich, wie bei jeder höheren Differenzirung, eine retrograde Tendenz, und zwar in der Ausbildung der Seitenrumpfmuskulatur. Der auf den Kopf folgende Körperbereich, der Rumpf, verblieb vermöge seiner einfacheren Bestimmung im Ganzen auf primi- tiverer Stufe und gewann in der Hauptsache nur bezüglich der vegetativen und lokomotorischen Funktionen eine höhere Entwickelung; um der letzteren Aufgabe in besserem Maasse zu genügen, wuchs er an seinem hinteren Ende zugleich mehr in die Länge, wobei die neugebildeten Bereiche den Bau der ihnen vorausgehenden älteren Metameren repetirten. Der Rumpfbildung entspricht diejenige des Rücken- markes. Eine markantere Grenze zwischen Kopf und Rumpf, zwischen Gehirn und Rückenmark existirte selbstverständlich in den Anfangsstadien dieser Differenzirungen nicht; erst mit dem weiteren Fortgange derselben prägte sie sich mehr aus, 716 Max FÜRBRINGER 1368 Das so erreichte Stadium entspricht im Grossen und Ganzen der von Am- phiowus erreichten Entwickelungsstufe. Doch finden sich in diesem Organismus neben der überwiegenden Mehrzahl primordialer Züge zugleich mancherlei einseitige Weiter- bildungen (insbesondere die Pleobranchiomerie, die hohe Entfaltung des peribran- chialen Apparates u. s. w), sowie mancherlei Reduktionen (namentlich am vorderen Ende des Kopfes und Gehirnes). Ob die Vorfahren des Amphiowus ein später wieder verkümmertes Seh- und Gehörorgan besassen oder ob dieses hier noch nicht zur Ausbildung gebracht wurde, ist mit den gegebenen Materialien nicht zu ent- scheiden; ich neige hinsichtlich des Gehörorgans zur letzteren Alternative, enthalte mich aber betreffs des Auges jeder Bestimmung. Die weitere phylogenetische Entwickelung führt zur höheren Differenzirung und schärferen Abgrenzung von Kopf und Rumpf, von Gehirn und Rückenmark. Zugleich wird ein höheres Stadium in der Ausbildung des Stützgewebes erreicht, es beginnt die Entfaltung des Knorpelgewebes. Im Rumpfbereiche vollziehen sich diese Differenzirungen in geringerem Grade. Im Wesentlichen ist es hier die Seitenrumpfmuskulatur, welche unter Ausbildung neuer, mehr oder minder mächtiger oberflächlicher Lagen beträchtlich an Dicke und Volumen wächst und die knorpeligen Skelettbildungen in höherer Weise heranzüchtet, während die ältere innere Lage in eine successive Rückbildung tritt; diese Rück- bildung ist bei den Myxinoiden, Petromyzonten und Selachiern noch eine partielle, bei den übrigen Kranioten wird sie zur totalen. Dadurch wird auch der Verlauf der ventralen Aeste der Seitenhornfasern und der sensiblen Dorsalfasern der Spinal- nerven bestimmt, indem dieselben jezt nicht mehr oberflächlich von der Seitenrumpf- muskulatur wie bei Amphiowus verlaufen, sondern zwischen den alten und neuen Muskeln hindurchtreten oder lediglich von der letzteren bedeckt direkt zu ihren Endgebieten hinziehen, ohne den bei Amphioxus beschriebenen komplicirten peripherischen Bogen zu machen. Zugleich kommt, wie es scheint, bei den Kranioten eine durch Vorderfasern (ventrale splanchno-motorische Nerven) versorgte Muskularisirung des Digestivtraetus zur Ausbildung, die vielleicht auf mediale, auf einem niedrigeren histogenetischen Niveau stehen gebliebene Antheile des alten Seitenrumpfmuskels zurückzuführen ist. Wie sie sich zu der von den Seitenhornfasern (laterale splanchno-motorische Nerven) versorgten Darmmuskulatur verhält resp. gegen sie abgrenzt, muss noch untersucht werden. Die sensiblen Nerven entfalten kein höheres Quale; es scheint sogar, dass die primordialen Rami laterales des Rumpfes, falls dieselben überhaupt bei den akranen Vorfahren der Kranioten in erste Entwickelung treten, sich wieder rück- bilden. Was am Rumpfe der Kranioten von Seitennerven für die daselbst befind- lichen Seitenorgane existirt, hat sich vom Kopfe aus erst sekundär dahin ausgebreitet. Umgekehrt tritt im Kopfbereiche die höhere Sinnesthätigkeit weiter ins Ueber- gewicht, führt zu einer höheren Ausbildung der bereits vorhandenen Sinnesorgane und zugleich — von den Petromyzonten ab (bei den Myxinoiden liegen die Ver- hältnisse noch nicht ganz klar) — zu einer mehr in die Breite gehenden Entfaltung der Seitenorgane. Ob das zuerst bei den Myxinoiden auftretende Gehörorgan eine 369 ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 7 d alte Bildung sui generis ist, ob es nach der Hypothese von Dercum und MARSHALL sich aus einem primordialen Seitenorgane entwickelt hat, ist noch zu entscheiden; eine Ableitung von Kiemensinnesorganen halte ich für ausgeschlossen. Myxinoiden, Petromyzonten und Gmnathostomen bieten in seiner phylogenetischen Entwickelung drei auf einander folgende Stufen dar. Das Sehorgan zeigt bereits bei den Myxi- noiden, wenngleich in beträchtlich reducirtem Zustande, eine relativ hohe Ausbil- dung, die zu dem äusserst primitiven Verhalten von Ampkiovus unvermittelt dasteht; Petromyzonten und Gnathostomen kennzeichnet eine noch höhere Differenzirung des Bulbus und seiner accessorischen Organe. Die ontogenetischen Befunde lassen auf eine phylogenetische Entstehung und Umbildung aus einem Hirntheil schliessen, wobei ein älteres unpaares, vergängliches, und jüngere paarige, bleibende Augen sich einander ablösten; aberrative Bildungen der in jener Gegend befindlichen Urwirbel- myomeren lieferten die Augenmuskeln. Mit der Entfaltung dieser komplicirten Sinnesfunktionen gewinnt das Gehirn und damit zugleich der ganze Kopf eine höhere Dignität; er wird Beherrscher des Rumpfes, und damit vermehren sich die centralen, Gehirn und Rückenmark verbindenden Nervenbahnen. Ein so herangewachsener Organismus tritt im Kampfe ums Dasein in höheren Wettbewerb; er entwickelt sich mehr und mehr zu einem zunehmenden Eingreifen in demselben, und dem entspricht die Entfaltung von Waffen, deren vornehmste, auf die Erfassung der Beute gerichtete, in erster Linie im Mundbereiche sich entwickeln, wobei die successive zu diesem Zwecke sich umbildenden ersten (ursprünglich bran- chialen) Visceralbogen ihnen als Grundlage dienen. Gewisse rudimentäre Gebilde am vorderen Ende lassen hierbei auf einen metamerisch nach hinten fortschreitenden Umbildungsprocess schliessen. Die darauf folgenden Visceralbogen werden die Haupt- träger der Athemfunktion, die sich allmählich auf eine geringere Anzahl von Bran- chiomeren koncentrirt, aber dabei zugleich durch ein höheres Quale, auch in geweb- licher Beziehung, das verminderte Quantum mehr als reichlich ersetzt. Alle diese Leistungen erfordern sowohl nach der sensibeln (cutanen und mucösen) wie nach der motorischen Seite einen höher ausgebildeten nervösen Apparat, und so gewinnt im Kopfbereiche das System der Visceralnerven (Trigeminus, Facialis, Glossopharyngeus und Vagus) eine Entwickelung, welche diejenige ihrer dem Rumpfe angehörenden Homodyname bei Weitem übertrifft, und damit gelangt auch wiederum das Gehirn zu einer höheren Differenzirungsstufe. Zugleich begreift sich leicht, dass ein solches Gehirn um so geschützter und leistungsfähiger wird, je mehr es seine verschiedenen Centren einander nähert, sich also koncentrirt. Darum vollzieht sich beim Uebergange vom akranen in das kra- niale Stadium auch eine Verkürzung und Zusammenziehung des Gehirnes und seiner Nervencentren, und damit geht zugleich eine höhere gewebliche Differenzirung und einheitliche Gestaltung seiner Hülle, der Schädelkapsel, Hand in Hand, die auch zugleich den Sinnesorganen Schutz, den visceralen Muskeln kräftigere Ursprungs- stellen gewährt. So entwickelt sich aus dem häutigen Cranium allmählich das ungegliederte Knorpeleranium, wobei wiederum die Myxinoiden, Petromyzonten und Festschrift für Gegenbaur. IH. 91 718 Max FÜRBRINGER [370 Gnathostomen successive Etappen darstellen. Bereits GesenBauR hat diesen phylo- genetischen Werdeprocess bei den Selachiern in unübertrefflicher Weise geschildert. Dieses Cranıum ist zunächst ein Palaeocranium, das hinten und seitlich mit der knorpeligen Labyrinthkapsel abschliesst. Mit seiner Koncentration und Gestaltung zum Continuum korrespondirt die Reduktion der in seinem Bereiche befindlichen Urwirbelmyomeren (Kopfsomiten, prootische Somiten), von denen nur die für die Be- wegung des Sehorgans verwendeten Theile erhalten bleiben; die sie versorgenden Nerven (Vorderhornnerven) gehen hierbei gewisse Umbildungen und Verlagerungen ein, welche insbesondere bei dem N. trochlearis zu einem Uebergreifen auf die an- dere Körperseite führen (cf. p. 681). Andere Entwickelungswege schlägt der viscerale Apparat ein. Hier hätte eine von vorn herein erfolgende Zusammenziehung seiner Komponenten eine Verminde- rung seiner Leistungsfähigkeit bedingt; derselbe entfaltet sich daher in längerer Strecke und kommt daher bei der rostralwärts erfolgten Koncentration des Palaeo- cranium mit seinem hinteren Abschnitte mehr oder minder weit in das Rumpfgebiet zu liegen. Aus der ursprünglichen Eumetamerie zwischen Kopfmyomeren und Kopf- branchiomeren bildet sich eine bei den verschiedenen Vertretern der Kranioten un- gleich entwickelte Dysmetamerie aus; parasitäre Lebensweise bei den Einen, hohe Entfaltung des Kieferapparates bei den Anderen erweisen sich hierbei als weitere bedingende Faktoren, wobei wir verschiedene, nicht ohne Weiteres auf einander beziehbare Entwickelungsbahnen unterscheiden müssen. Insbesondere repräsentiren die Myxinoiden eine besondere Gruppe von extrem einseitiger Differenzirung, die aber vermöge ihrer überwiegend sehr primitiven Stellung ein hohes Interesse darbietet. Zu der Rückbildung der Kopfmyomeren steht die gute Entwickelung der Rumpfmyomeren in scharfem Kontraste. Die letzteren bilden den ersteren gegen- über das jugendkräftigere Element und bemächtigen sich successive der früher von diesen eingenommenen palaeokranialen und palaeobranchialen Gebiete; so erhält das Palaeocranium eine mehr oder minder weit vorwandernde spinale Muskulatur, so entfaltet sich eine epibranchiale und hypobranchiale Muskulatur, die bis zum Kiefer- bogen sich erstreckt und noch weiter nach vorn vorgreifen kann; namentlich die Myxinoiden und Petromyzonten zeigen diese sekundäre Ueberkreuzung cerebraler und spinaler Gebiete sehr hochgradig ausgebildet. Aber mit dieser Invasion der Rumpfmuskulatur koineidirt zugleich ein zweiter Reduktionsprocess, loci minoris resistentiae für sie vorbereitend: die successive von hinten her Platz greifende Ver- kümmerung der respiratorischen Leistungen der hinteren Kiemenbogen und ihres denselben dienstbaren cerebralen Muskelapparates, und ein Funktionswechsel. So wird das, was früher lediglich von cerebralen Muskeln beherrscht war, allmählich mehr und mehr von spinalen Muskeln erobert. Auf diese Weise wurden bei den Vorfahren der Gnathostomen zwei hintere Visceralbogen durch diese spinale Mus- kulatur kaudalwärts in das Rumpfgebiet entführt und zu Extremitätengürteln umge- bildet, auf die gleiche Weise kamen bei den höheren Gnathostomen auch mehr 371] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 719 vordere Bogen unter Verlust ihrer Funktionen für die Athmung in den mehr oder minder ausschliesslichen Dienst der ursprünglichen Rumpfmuskulatur. Handelte es sich in den bisher erwähnten phylogenetischen Entwickelungs- processen um die Eroberung palaeocranialer und palaeobranchialer Skeletttheile durch Abkömmlinge der spinalen Muskulatur, also um die Bildung eines sekundären Ver- bandes heterogener Skelett- und Muskelelemente, so vollzieht sich bei den Vorfahren der Gnathostomen am Ende des Palaeocranium noch ein anderer Process, der zur Assimilation ursprünglich spinaler Muskel- und Skelettgebilde an dieses Cranium führt. Die Vorbedingung für diese Verbindung ist die Schwächung der ersten Rumpfmyomeren, während die darauf folgenden in aktiver Kraftfülle bleiben. Diese ersten Myomeren verfallen einer successiven Verkümmerung, welche zu Restbeständen führt, die sehr den ersten Anfängen in der Bildung der Myomeren gleichen und nicht mehr die Leistungsfähigkeit besitzen, die ihnen entsprechenden ersten Wirbel in Bewegung, Freiheit und Unabhängigkeit zu erhalten. Dieselben verschmelzen demnach mit dem Ende des Palaeocranium (Autocranium) und bilden eine neue Zuthat zu demselben, das Neocranium (Spondylocranium), wobei die bisher freien Spinalnerven der betreffenden Rumpfmyomeren (hintere Kopfmyomeren, metaotische Myomeren) als spino-occipitale Nerven in diesen neuen Abschnitt des Cranium auf- genommen werden. Von den Selachiern bis zu den Amnioten wiederholt sich dieser Process unter successiver Rückbildung der mehr vorderen und unter Neueinverleibung der mehr hinteren Theile mehrmals und führt zu den verschiedenen phylogenetischen Etappen, welche als protometameres und auximetameres Neocranium, als occipitale und oceipito-spinale Nerven unterschieden werden konnten und in den vorliegenden Untersuchungen schon ausführlich besprochen worden sind. IV. Anhang. Die im Vorliegenden mitgetheilten Untersuchungen geben Anleitung zu einer Anzahl einschlägiger oder nahe verwandter Fragen, aus denen ich für jetzt nur zwei auswählen und auch nur in der Form ganz kurzer, auf jede Wiedergabe der Litte- ratur verzichtender Bemerkungen berühren will. Bei anderer Gelegenheit gedenke ich des Weiteren darüber zu handeln. Diese Fragen betreffen einmal die Extremitätentheorie, dann das Verhältniss von motorischem Nerv und durch ihn versorgtem Muskel. 1. Extremitäten-Theorie. Wie allgemein bekannt, stehen sich zur Zeit zwei 'Theorien über die erste Entstehung der paarigen Extremitäten der Gnathostomen gegenüber: die eine, von GEGENBAUR 1869 begründete und in den folgenden Jahren weiter ausgebildete, welche 91* 720 Max FÜRBRINGER [372 das Skelett der Extremitätengürtel und der freien Gliedmaassen von Visceralbogen und ihren Radien ableitet und aus der ursprünglichen Kiemenregion sekundär in die Rumpfregion gelangen lässt!); die andere, 1877 und 1878 von Tsacher und Mivarr aufgestellte und danach insbesondere durch Barrour, DoHrRNn, Rat, WIEDERSHEIM, MoıLıer, Emery, Dean u. v. A. unter mannigfachen Modifikationen vertretene und auf Grund ontogenetischer Beobachtungen gestützte, wonach die paarigen Extremi- täten wie die unpaaren von Anfang an dem Rumpfe angehören und daselbst analog den unpaaren aus ursprünglichen paarigen Tängsfalten sich sondern und heraus- differenziren. Auch wird (namentlich von WIEDERSHEIM) behauptet, dass die Gürtel aus der basalen Verschmelzung mehrerer Strahlen der freien Extremität sich ab- gegliedert haben. Die meisten Autoren fassen hierbei die vorderen und hinteren Extremitäten als wirkliche Homodyname auf; einige beurtheilen ihre übereinstimmende Bildung nur als Konvergenz-Analogie auf differenter Grundlage. Eine vermittelnde Richtung endlich acceptirt eine Descendenz des Schultergürtels (und Beckengürtels ?) von Kiemenbogen, erblickt aber in den freien Extremitäten Abkömmlinge des Rumpfes, vertritt somit eine sekundäre Zusammenfügung heterogener Elemente zur Bildung des paarigen Extremitätenskelettes. Zur Zeit verfügt die GEGENnBAURr’sche Theorie ausser ihrem Begründer über eine nur beschränkte Anzahl von Anhängern; unvergleichlich grösser ist die Zahl der- jenigen, welche sich zu der 'Tnacner-MivArr'schen Hypothese oder dieser oder jener Variante derselben bekennen, und unter diesen giebt es wieder recht Viele, welche die GEGENBAUR schen Anschauungen durch die Ergebnisse der ontogenetischen Unter- suchung für völlig widerlegt und für alle Zeit für abgethan halten. — Wenn die Zahl der Anhänger entscheidet, dann freilich steht es schlimm um diese "Theorie. Uebrigens hat ihr Autor noch neuerdings (1894) seinen Standpunkt sehr wirksam vertreten. Ich gehöre zur Minorität, welche von Anfang an bis auf den heutigen Tag der Gesensaurschen Theorie angehangen hat, und jede neue Phase des gegen sie entbrannten Kampfes, jeder neue Angriff auf sie hat mich von Neuem mit der höchsten Bewunderung der tief durchdachten, genialen Konceptionen ihres Autors erfüllt, hat meine Ueberzeugung von ihrer Richtigkeit immer mehr gesteigert und gefestigt. Ich habe dabei auch den Eindruck gewonnen, dass gar Mancher von denen, die dagegen gekämpft haben, gar nicht in das eigentliche Wesen der GEGEnBAUR schen Ideen eingedrungen ist und zum Theil einen wenig besagenden Kampf um nebensächliche und oberflächliche Dinge geführt hat. Wiederholt habe ich, zum Theil auch auf Grund eigener Beobachtungen, zu diesen Theorien Stellung genommen (1873, 1874, 1879, 1887 resp. 1888) und auch die vorliegenden Untersuchungen gaben mir Gelegenheit, an verschiedenen Stellen 1) Diese Definition umfasst nur einen kleinen Theil der nach verschiedenen Richtungen hin ausgebauten GEGENBAURr’schen Theorie. Da sich aber meine bezüglichen Bemerkungen für heute auch nur auf diesen beschränken, verzichte ich auf eine Reproduktion der übrigen "Theile. 373] -UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 724 (p. 386, 390 f., 405, 442, 491, 507, 551, 553, 559 f., 563, 718) meine bezüglichen Anschauungen zum Ausdruck zu bringen. Jetzt möchte ich aus der Extremitäten-T[heorie nur den fundamentalen Punkt herausgreifen, welcher die Abstammung der Extremitäten aus dem Visceralskelett und ihre Wanderung in das Rumpfgebiet betrifft. Der wesentlichste von gegnerischer Seite gegen die GEGENnBAUR'sche Theorie erhobene Einwand basirt darauf, dass die Ontogenie der bisher untersuchten Wirbel- thiere immer eine Entstehung des Skelettes der paarigen Extremitäten im Rumpf- bereiche und einen Verband derselben mit Abkömmlingen der Rumpfmuskulatur zeigt. Weil die mit ihnen sich verbindenden Muskeln spinaler Abkunft sind, soll auch ihr Skelett spinaler Natur sein, weil ihre ontogenischen Untersuchungen nichts erkennen lassen, was auf branchiale Skelettbildungen oder cerebrale Muskulaturen direkt beziehbar ist, kann die Extremität auch nicht von dem Kopfbereiche abstammen. Dann giebt es Thiere (Rochen), deren ungemein ausgedehnte Extremitäten sich bis zur Berührung nähern, wieder andere (Ganoiden), deren Bauchflosse in besonders einfacher Weise aus parallelen Radien aufgebaut ist und deren, übrigens recht verschiedenartig gedeuteter, Beckengürtel eine recht geringe Entfaltung besitzt. Obwohl, ich möchte sagen, der erste Blick lehrt, dass die paarigen Flossen der Rochen ihre nahe Nachbarschaft einer durchaus sekundären Vergrösserung von hoher Einseitigkeit verdanken, obwohl nicht minder leicht erkannt wird, dass bei den Ganoiden die Vereinfachung die Folge von sekundärer Rückbildung (die selbst bis zum völligen Schwunde führen kann) ist, so gelten doch den Anhängern der Tuacner-Mivarr'schen Hypothese diese beiden Typen auch in vergleichend-anatomischer Verwerthbarkeit als die primordialen Be- weisstücke für die Richtigkeit ihrer Theorie. Ontogenetische Angaben über die Entwickelung der Haifisch-Flosse, deren reeller Werth mit Rücksicht auf ihre Zu- verlässigkeit bereits von GEGENBAUR beleuchtet worden ist, schliessen die Beweis- erhebung zu Gunsten der Theorie. Ich wende mich zu den oben erwähnten Folgerungen von embryologischer Seite. „Weil die Extremitäten-Muskeln von spinalen Nerven versorgt werden, so gehört auch das Extremitätenskelett zum Rumpfe!‘ Auch ich vertrete die Anschauung, dass ursprünglich die innerhalb derselben Körpersegmente liegenden Skleromeren und Myomeren auch den gleichen Segmenten entstammten, homogenetisch waren und eine morphologische Einheit mit einander bildeten. Die Skleromeren des Kopfes wurden dereinst nur von cerebralen, die des Rumpfes nur von spinalen Muskeln versorgt. Aber dieses primordiale Verhalten hat sich mit den gerade in dieser Abhandlung eingehend beschriebenen metamerischen Verschiebungen und Wanderungen im Laufe der Phylogenese ganz erheblich ge- ändert: unzweifelhaft spinale Muskeln haben in zunehmendem Maasse sich un- zweifelhaft kranialer und branchialer Skeletttheile bemächtigt und zu einem sekundären Verbande heterogenetischer, heterodynamer Muskel- und Skelettelemente geführt. Basalia, Copulae, Copularia und angrenzende Theile der ventralen Branchialia stehen bereits bei den niedrigsten Selachiern unter dem 122 MAx FÜRBRINGER [374 Einflusse epibranchialer und hypobranchialer spinaler Muskeln; diese Muskulatur greift weiter und bemächtigt sich am letzten Kiemenbogen schon von den Selachiern ab immer grösserer Strecken desselben (der ganzen ventralen, bei den Dipnoern auch der dorsalen Branchialia resp. der ihnen entsprechenden Strecken); bei den Kiemenbogenrudimenten der Amnioten endlich (speciell am Zungenbein derselben) tritt die spinale Muskulatur gegenüber der alten cerebralen durchaus in den Vorder- grund (cf. p. 424f., 479, 577). Es vollzieht sich somit zusehends eine Besitznahme palaeobranchialer Skelettelemente durch die spinale Muskulatur in dem Maasse, als die respiratorische Funktion der Kiemenbogen mehr und mehr verloren geht. Zu- gleich aber vermag diese Muskulatur auch die alten durch Reduktion von dem Schädel und ihren rostralen Homodynamen abgelösten oder in nur lockeren Zu- sammenhang gebrachten Skelettelemente mehr und mehr aus dem Kopfbereiche zu entführen, wie gleichfalls das Hyoid und das Larynxskelett gewisser Amnioten zeigt. Die Nutzanwendung auf die Extremitätengürtel liegt nahe. Wenn die letzten Kiemenbogen der Selachier nachweisbar mit der Rückbildung ihrer Athemfunktion mehr und mehr ihrer cerebralen Muskeln verlustig gingen und von spinalen erobert wurden, wenn selbst die ursprünglich mitten im respiratorischen Gebiete gelegenen beiden Bogen, welche das Zungenbein der höchsten Amnioten bilden, bei diesen schliess- lich dem gleichen Rückbildungs- und Umbildungsprocesse verfielen und unter dem Ein- flusse der spinalen Muskeln vom Kopfe sich entfernten, — so ist unschwer zu denken, dass bei den Vorfahren der Gnathostomen zwei noch hinter dem 7. Kiemenbogen gelegene Visceralbogen') gleichfalls unter Verlust ihrer Kiemen, cerebraler Muskeln und sonstiger palaeobranchialer Weichtheile bereits in frühester Zeit dem Kopf- bereiche entfremdet und durch die spinale Muskulatur mehr oder minder weit in den Rumpfbereich entführt wurden. Ohne Schwierigkeit lassen sich hierbei die dorsalen und ventralen mit dem Extremitätenbogen in Verband stehenden Muskeln mit der epibranchialen und hypobranchialen spinalen Muskulatur der Kiemenbogen homologisiren, die mit den freien Extremitäten verbundenen Muskeln aber als Aber- rationen der Rumpfmuskeln auffassen, ein Vorgang, der selbst noch durch die zu- sammengedrängte Rekapitulation der Ontogenese (Bildung der Muskelknospen) illustrirt wird. Dass hierbei die spinalen Muskulaturen und die geänderte Funktion als loko- motorische Apparate auf die dem branchialen Gebiete entfremdeten Skelettgebilde einen mannigfach modellirenden und tiefgreifend umbildenden Einfluss ausübten, bedarf keiner weiteren Ausführung. Aus der Verbindung des Extremitätenskelettes mit der spinalen Muskulatur ist somit in keiner Weise der Beweis für die spinale Natur dieses Skelettes zu entnehmen. Aber selbstverständlich verlange ich vom Gegner der GEGENnBAUR schen Extremitätentheorie ebenso wenig, dass er auf Grund 1) Ob diese zwei Visceralbogen direkt auf den 7. Kiemenbogen der Notidaniden folgten, ob zwischen ihnen und diesem noch andere inzwischen gänzlich rückgebildete sich befanden, ist mit den vorliegenden Materialien zur Zeit nicht zu bestimmen. Wahrscheinlichkeitsgründe sprechen für einen Ausfall zwischen beiden Kategorien. 375] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 7123 meiner bisherigen Ausführungen an die Umbildung der Visceralbogen zu Extremi- tätenbogen und an die behauptete Wanderung in das spinale Gebiet glaube. Was ich bisher ‘gab, sollte nur zeigen, dass die vorliegenden 'Thatsachen sich mindestens mit dem gleichen Rechte wie für die Tuacner-Mivarrsche Hypothese für die von GEGENBAUR vertretene verwerthen lassen. Wären jedoch keine weiteren der GEGEngaur’'schen Theorie günstigen Momente ausfindig zu machen, so könnte sie nur Anspruch auf Gleichwerthigkeit mit der gegnerischen Theorie erheben, könnte nur wie diese als möglich bezeichnet werden, ohne das Epitheton „wahrscheinlich“ zu verdienen. Es giebt aber Thatsachen, welche meines Erachtens der GEGENBAUrR'schen Theorie das entscheidende Uebergewicht sichern, längst bekannte 'Thatsachen'), die nur den ontogenetischen Gegnern unbekannt zu sein scheinen, wenigstens von ihnen völlig übersehen und ausser Acht gelassen worden sind, die ich aber jetzt, zum "Theil auf Grund inzwischen fortgesetzter Untersuchungen, noch weiter illustriren möchte. Wenn der Ontogenetiker an den paarigen Extremitäten nichts auf den Kopf Beziehbares mehr findet, so hat er einiges Recht, die Abstammung derselben von Visceralbogen zu bezweifeln, — ich sage „einiges“ Recht, denn es ist immer sehr be- denklich, aus dem Mangel und der Unvollkommenheit der ontogenetischen Materialien einen Schluss auf die einstmalige phylogenetische Nichtexistenz zu machen. Wie Vieles hat die vergleichende Anatomie und die Palaeontologie aufgedeckt, wovon die bisherige ontogenetische Untersuchung nichts ahnen liess! Die paarigen Extremitäten besitzen jedoch noch Bildungen. welche sich auf ihre einstmalige Natur als Visceralbogen beziehen lassen und damit den Beweis für die betreffende Abstammung liefern. Dieselben sind in erster Linie gegeben in den ihnen verbundenen Muskeln und Nerven von unzweifelhaft visceraler, palaeobranchialer Abstammung und werden durch die Mm. trapezius und interscapularis mit den sie versorgenden Rami m. trapezii et m. interscapularis des Vago-Accessorius, sowie die für das Perichondrium des Schultergürtels bestimmten Vagus-Zweige repräsentirt. Der M. trapezius bildet bei den Haien den letzten Abschnitt einer beson- deren, namentlich bei den Notidaniden ausgezeichnet entwickelten dorsalen Zone des M. constrietor superficialis dorsalis des Visceralskelettes und inserirt mit seiner Haupt- masse am dorsalen Bereiche des Schultergürtels resp. dessen Perichondrium, mit einem schwächeren vorderen Zipfel an der entsprechenden Stelle des letzten Kiemenbogens. 1) Bereits in den Veröffentlichungen von 1873 und 1874 habe ich über dieselben gehandelt und verweise gleichzeitig auch auf VETTER’s Abhandlung aus dem Jahre 1874. — Auf dieses Ignoriren der Mm. trapezius und interscapularis und manches Anderen von Seite der Ontogenetiker hat auch schon GEGENBAUR (1594) hingewiesen. Der M. trapezius wird entweder gar nicht oder (GörtE) als Abkömmling der Rumpfmuskulatur angeführt, obwohl er bekanntlich bei den Anamniern ganz oder fast ganz vom Vagus innervirt wird; über den M. interscapularis schweigen selbst die Arbeiten, welche sich die ontogenetische Entwickelung der vorderen Extremität s.1. und ihrer Muskeln bei den Anuren als specielle Aufgabe setzten. Mag nun hier Unkenntniss der elementarsten anatomischen Verhält- nisse der ontogenetisch untersuchten Gegend vorliegen, mag es sich um ein geflissentliches Todtschweigen der beiden für die Theorie unbequemen oder auch den Untersuchern irrelevant erscheinenden Muskeln handeln, in keinem Falle haben die betreffenden Autoren der Sache oder sich und ihren Arbeiten damit einen guten Dienst erwiesen. 734 Max FÜRBRINGER [376 Die ihn versorgenden Nervenzweige entstammen der hintersten (am meisten kaudalen) Abtheilung des Vago-Accessorius, die namentlich bei Hexanchus ein besonders tief herabsteigender Ursprung (N. accessorius Willisii, cf. p. 374) auszeichnet, und geben sich und den von ihnen versorgten Muskel als das eigentliche Ende der cerebralen motorischen Nerven und Muskeln zu erkennen. Beide Insertionen, die vordere am letzten Kiemenbogen, die hintere an der Scapula, entsprechen sich vollkommen und bilden gleichwerthige Homodyname'), von denen das hintere entsprechend der kräftigeren Ausbildung des Insertion gewährenden Skeletttheiles das ansehnlichere ist. Mit der weiteren Rückbildung des Kiemenskelettes schwindet der Kiemenbogen- zipfel und nur die Insertion am Schultergürtel persistirt, im Detail unter den mannigfaltigsten qualitativen und quantitativen Umbildungen, aber in ihrem Ver- halten zum Endtheil des N. vagus, d.h. dem Ramus posterior n. accessorii Willisii bis hinauf zu den Säugethieren unverändert. Auf Grund des Verhaltens des M. trapezius der am tiefsten stehenden Ptery- giophoren zu Kiemenbogen und Schulterbogen erscheint es mir nicht zweifelhaft, dass die Insertion dieses Muskels an dem Schultergürtel eine wirklich primordiale, die ursprüngliche Kiemenbogen-Natur desselben darthuende ist. Eigensinnige Gegner der Gesengaur'sschen Hypothese können aber sagen, dass der hinterste "Theil der Trapezius-Zone mit dem Schwunde der letzten Kiemenbogen an dem inzwischen aus dem Rumpfbereiche rostralwärts an das Ende der Visceralregion vorgerückten Schulter- gürtel sekundär Anheftung gewonnen habe, dass somit der Verband beider Theile erst ein sekundär erworbener sei. Wie sehr wenig innere Wahrscheinlichkeit auch eine solche Deutung des vorliegenden Befundes hat, ihre absolute Unmöglichkeit ist z. Z. nicht sicher zu erweisen. In dem M. interscapularis der Anuren’) existirt jedoch ein anderer Muskel, welcher in toto, mit Ursprung und Insertion dem Schultergürtel angehört und gleich- falls vom Ende des motorischen Antheiles des Vago-Accessorius versorgt wird. Hier ist in vernünftiger Weise nicht daran zu denken, dass derselbe vom Kiemenbereiche auf einen dem Rumpfe entstammenden Schultergürtel übergewandert sei, sondern es bleibt nur die Deutung, dass hier ein branchiogener Schulterbogen vorliegt, der den M. interscapularis als das Homodynamon eines M. adductor arcuum branchialium gewahrt hat. Dass dieser Muskel gerade bei den Anuren, nicht aber bei den tiefer stehenden Fischen und Dipnoern erhalten geblieben ist, erklärt sich aus der abweichenden Funktion des Schultergürtels, welche bei den Ichthyopterygiern und Urossopterygiern eine besonders kräftige und einheitliche Stütze der Flosse nöthig machte, bei den primitiven Cheiropterygiern aber einen in sich beweglichen Schultergürtel erlaubte®). 1) Sie sind Homodyname, aber nicht direkt auf einander folgende Homodyname. Bei Heptanchus endet der vordere Zipfel an dem 7., bei Hexanchus an dem 6., bei pentanchen Haien an dem 5. Kiemenbogen, so dass wenigstens bei den beiden zuletzt erwähnten Abtheilungen der Ausfall von mindestens I—2 Kiemenbogen sicher ist. Aber auch bei Heptanchus möchte ich einen, der Zahl nach allerdings ganz unbestimmten Ausfall befürworten. 2) Vergl. meine früheren Ausführungen 1873 p. 297 f. 3) Der Mangel bei den Urodelen ist Theilerscheinung der gerade in diesem Gebiete erheblich redueirten Weichgebilde. ee R 377] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 725 Weiterhin aber finde ich — besonders deutlich bei einem gut konservirten Exemplar von Heptanchus — einige sehr feine Zweige von dem letzten Trapezius-Ast und einen minimalen vom Anfange der Rr. intestinales abgehen, welche sich zu einem äusserst feinen weitmaschigen Geflecht für das Perichondrium des Schultergürtels verbinden'). Auch diese perichondrale Versorgung des Schultergürtels durch Vaguszweige, welche der perichondralen Versorgung der Kiemenbogen durch den Vagus entspricht, kann ich nur als eine primordiale, somit als einen Beweis für die ursprüngliche Kiemennatur des Schulterbogens auffassen. Endlich möchte ich noch eine Kategorie von Skelettgebilden anführen, welche zwar nicht mit Sicherheit, aber doch mit Wahrscheinlichkeit für die ursprüngliche viscerale Natur des Schultergürtels sprechen. Bekanntlich finden sich am Visceral- skelette ventrale unpaare Verbindungsstücke der paarigen Visceralbogen, die so- genannten Copulae, welche bei Heptanchus in einer gewissen Regelmässigkeit an- geordnet, bei den meisten Gnathostomen in der mannigfachsten Weise umgebildet und theilweise verkümmert sind. Es ist daran gedacht worden (DoHrn), dieselben dem Kiemenskelett als nach vorn gerückte Rumpfelemente gegenüber zu stellen; die Beweise dafür wurden nicht gegeben, dürften wohl auch nicht zu erbringen sein. Sie gehören von Anfang an dem Kiemenskelette an. Auch die Schultergürtel ver- schiedener Anamnier (Notidaniden, Dipnoer, Anuren) zeigen unpaare, den Coracoiden resp. Procoracoiden vorn aufsitzende Knorpelstücke, welche, unter verschiedenen Be- zeichnungen (Episternum, Omosternum, Archisternum etc. etc.) geführt, eine grosse Aehnlichkeit mit diesen visceralen Copulae besitzen und vielleicht ihnen homo- dyname Gebilde darstellen?). Die angeführten Materialien (von denen ich auf das zuletzt erwähnte, weil noch nicht genug durchgearbeitete, nicht den gleichen Werth wie auf die drei ersten lege) dürften genügen, um den Beweis zu erbringen, dass der Schultergürtel ein Homodynamon der echten Visceralbogen darstellt, dass er ursprünglich ein hinterer Kiemenbogen war, der schliesslich in den überwiegenden, aber nicht aus- schliesslichen Bannkreis der spinalen Muskeln kam, die ihn zum Extremitätengürtel umbildeten. Direkte Beweise für die Entstehung der freien Brustflosse aus ursprüng- lichen Kiemenradien sind durch die Weichtheile nicht mehr zu erbringen, sind aber auch nicht zu erwarten. Die Zeit, wo diese Radien noch als Träger respiratorischer Schleimhäute fungirten, liegt zu weit zurück, als dass davon noch etwas übrig ge- blieben wäre oder noch ontogenetisch rekapitulirt würde; diese Kiemenradien wurden 1) Vergl. Taf. II Fig. 1 Rr. pch. sc. der vorliegenden Abhandlung. Die bezüglichen Zweige sind indessen zufolge der zu geringen Vergrösserung nur ganz unvollständig und mangelhaft wiedergegeben. 2) Vergl. auch meine früheren Ausführungen 1874 p. 213. Diese Gebilde sind übrigens noch zu wenig studirt, um schon jetzt Sicheres über sie auszusagen. Bei den Selachiern ist jedenfalls auch mit der Möglichkeit einer sekundären Abgliederung vom Schultergürtel zu rechnen. Auch ist bei Dipnoern und Amphibien aus einem anderen, weiter unten (p. 729 Anm. 1) zu erwähnenden Grunde daran zu denken, dass der Verband mit dem Schultergürtel kein primordialer, sondern ein erst sekundär hergestellter ist, womit natürlich die Beweiskraft nicht vermehrt wird. Nur fortgesetzte Untersuchungen können entscheiden. Festschrift für Gegenbaur. II. 92 726 Max FÜRBRINGER [378 überhaupt erst unter dem umbildenden Einflusse der Rumpfmuskulatur zu Flossen- strahlen herangezüchtet. Nachdem aber der Beweis für die Kiemenbogennatur des Schultergürtels erbracht worden, bleibt nur die Alternative, entweder eine Homo- genität und primitive Zusammengehörigkeit des Skelettes der freien Flosse und des Schultergürtels anzunehmen oder die Flosse als heterogene Rumpfbildung erst sekundär zu dem Schultergürtel in Verband zu bringen. Für die letztere, an sich durchaus gezwungene Annahme spricht nicht ein einziges Moment in den thatsächlich vor- liegenden morphologischen und ontogenetischen Verhältnissen der betreffenden Skelett- und Muskelgebilde; der ersteren, natürlich sich ergebenden sind dagegen alle In- stanzen günstig, wie auch die bekannte von GEGENBAUR aufgestellte vergleichende Reihe alle billiger Weise an sie zu stellenden Anforderungen erfüllt. Weit ungünstiger für den direkten Beweis durch die Weichtheile liegen die Verhältnisse bei der hinteren Extremität; weder Beckengürtel noch Bauchflosse zeigen in ihrer Muskularisirung oder Iunervation irgend ein Moment, welches noch an primordiale Beziehungen zu dem Visceralskelett, zur visceralen Muskulatur und zu den palaeokranialen Nerven erinnerte. Wie sehr ich auch danach gesucht, ich fand nichts in dieser Hinsicht Verwerthbares. Wohl erstrecken sich bei verschie- denen Fischen, Dipnoern und Amphibien dorsale und ventrale Rami laterales nervi vagi bis in ihren Bereich und selbst noch weiter nach hinten, wohl reicht der Ram. intestinalis n. vagi bei gewissen Vertebraten über einen mehr oder minder grossen Abschnitt des Digestivapparates, aber in der Verlängerung des N. accessorius Willisii und Ram. trapezius — und gerade auf diese kommt es an — sich nach hinten er- streckende Vaguszweige wurden immer vermisst. Wunder kann dieser negative Befund nicht nehmen. Vergegenwärtigt man sich, welchen weiten Weg die zuerst der Kiemenregion entrissene hintere Extremität zu durchlaufen und wie mannigfache und tiefgreifende Schicksale sie auf ihrer langen Wanderung unter dem umbildenden Einflusse der Rumpfmuskulatur zu bestehen hatte, so begreift es sich, dass das, was ihr anfangs noch von ihrer ursprünglichen Natur anhing, sich im Laufe der Zeiten allmählich fast ganz oder ganz abstreifte. Ein wirklicher, ernsthaft zu nehmender Gegengrund gegen die Homologisirung der hinteren Extremität mit der vorderen, und damit auch mit einem ursprünglichen Kiemenbogen, ist sonach aus diesen nega- tiven Instanzen nicht abzuleiten. — Insofern die hintere Extremität von ihrem ursprüng- lichen palaeobranchialen Ausgangspunkte sich am weitesten entfernt und im Rumpf- gebiete am meisten eingebürgert hat, ist sie den Anhängern der THAcHer-Mivarr’schen Richtung die auserwählte von den beiden Extremitäten geworden, welche ihre pri- mordialen spinalen Beziehungen besser als die vordere gewahrt habe. Diese Auffassung ist begreiflich; aber der Weg, der zu dem Verhalten führte, welches derselben als Untergrund dient, ist ein sehr anderer, als jene Anhänger annehmen. Nicht unerwähnt bleibe aber, dass bekanntlich auch am Beckengürtel ver- schiedener Fische, Dipnoer, Amphibien und selbst Amnioten unpaare, verschieden bezeichnete (Epipubis, Interpubis, Pelvisternum, Hypoischium etc. etc.) und z. Th. wohl auch heterogene Skelettelemente existiren, welche den oben erwähnten praecoracoidalen 379] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. TOT Bildungen am Schultergürtel verglichen wurden und ihnen vielleicht auch zum Theil homodynam sind. Ob und wie weit ihnen einstmalige viscerale Copulae zum Aus- gange dienten, ist für jetzt nicht zu sagen. Dass sie beträchtlich umgewandelte Gebilde repräsentiren, dürfte nicht zweifelhaft sein; sie dagegen als völlige Neubil- dungen (z. B. als Verknorpelungen der Linea alba) aufzufassen, ist immer noch Zeit, wenn jede andere Art einer Ableitung von bereits vorhandenen Bildungen — man kann zum Theil auch an Abgliederungen vom Beckengürtel denken — erschöpft worden ist. Ueber die Wanderungen und Verschiebungen der paarigen Extremitäten habe ich mich sowohl früher'), wie auch in der vorliegenden Abhandlung (p. 390, 442, 458, 490, 507, 559 f., 563 f.) genugsam ausgesprochen und brauche das dort Gesagte nicht zu wiederholen. Nur Diejenigen, welche immer und immer wieder die zum Theil sehr hochgradigen Wanderungen bezweifeln resp. nicht fassen können, möchte ich darauf verweisen und zugleich betonen, dass selbst bei recht specialisirten Vertretern, wie beispielsweise den Teleostiern oder den Vögeln, die sicheren ver- gleichend-morphologischen Feststellungen für nach vorn und nach hinten gerichtete Wanderungen der hinteren und vorderen Extremität von sehr beträchtlicher Aus- dehnung existiren, dass aber auch für kürzere Strecken der ontogenetische Nachweis dieser Wanderungen gegeben werden konnte. Die zahlreichen Dysmetamerien inner- halb der Rumpfmyomeren sind zugleich eine partielle Folgeerscheinung dieser meta- merischen Verschiebungen; auch vergesellen sich ihnen mannigfache Wanderungen der Eingeweide, auf die indessen hier nicht weiter einzugehen ist. Dass überhaupt in der gegenseitigen Ausdehnung und Abgrenzung der Bezirke des Kopfes und Rumpfes, der Machtsphären des Gehirns und Rückenmarkes die mannigfachsten Variirungen existiren, beweist die ungleich weite und wechselnde Ausdehnung der Rami laterales der Kopfnerven und des Ramus intestinalis vagi nach hinten, die Vorwanderung der Rumpfmuskeln und Rumpfnerven nach vorn, die gegenseitigen Appositionen, Verschmelzungen und Ablösungen cerebraler und spinaler Antheile an denselben Organen, worüber gleichfalls in dieser und den früheren Abhandlungen berichtet wurde. Noch eines Einwandes sei gedacht, der gegen die Vergleichung der Kiemen- bogen und Extremitätenbogen erhoben worden ist und erhoben werden kann. Es ist die Verschiedenheit in der tieferen oder oberflächlicheren Lage beider Theile: die Kiemenbogen werden von den Rumpfmuskeln und von dem N. vagus bedeckt, die Extremitätenbogen liegen dagegen innerhalb der Rumpfwandung in die ganze Masse der Rumpfmuskulatur eingesenkt, theilweise selbst oberflächlich von ihr und decken die am Rumpfe kaudalwärts verlaufenden Theile des N. vagus; auch gehören die Visceralbogen mit ihren cerebralen Muskeln dem hypomeren Seitenplatten- bereiche, die Rumpfwandung mit ihren spinalen Muskeln dem epimeren Urwirbel- bereiche an. 1) Vergl. die Abhandlungen von 1875 p. 683ff., 1879 p. 344ff. und 1887 resp. 1888 p. 972—991. 92* 7128 Max FÜRBRINGER [350 Ich erkenne die principielle Differenz zwischen der tiefen und hypomeren Lage der Kiemenbogen und der oberflächlichen und epimeren der Rumpfwand durchaus an, kann aber darin keine Instanz gegen die behauptete Homologie erblicken. Insofern, wie schon oben (p. 722) ausgeführt worden, die Rumpfmuskulatur der unzweifelhaften und unbestrittenen Visceralbogen sich bemächtigt, gewinnen diese von selbst veränderte Lagebeziehungen; Verstärkungen derselben, wie sie z. B. an den Kieferbogen beobachtet werden, lassen diese Bogen immer mehr an die Oberfläche und selbst direkt unter die Haut treten, während die an ihnen sich ansetzende hypo- branchiale spinale Muskulatur (M. coraco-mandibularis) zum Theil selbst an ihrer Innenfläche inserirt. Also auch hier die entsprechenden topographischen Lage- beziehungen wie bei den Extremitätenbogen. Damit verwischt sich auch von selbst die ursprüngliche Grenze zwischen hypomeren und epimeren, zwischen visceralen und trunkalen Gebilden. Dazu kommt, dass bereits von den Selachiern ab die cerebrale Muskulatur des Visceralskelettes unter komplieirten sekundären Differenzirungen an die Oberfläche strebt und oberflächliche Lagen bildet, welche die Rumpfmuskel- derivate überdecken und bis hinauf zu den höchsten Vertebraten wenigstens zum Theil erhalten bleiben. Wir begegnen somit in der weiteren phylogenetischen Ent- wickelungsgeschichte dieses, in so hohem Grade anpassungs- und umbildungsfähigen, Systemes auch völligen Umkehrungen der ursprünglichen Lagebeziehungen. Dass aber bei den Extremitätenbogen, den mächtigen Stützen der an das Wasser angepassten Flossen, eine besonders ausgedehnte Umschliessung durch die Rumpfmuskulatur und in Korrelation dazu eine besonders kräftige, die ganze oder fast die ganze Dicke der Rumpfwand einnehmende Heranbildung derselben ein wichtiges und nöthiges Erforderniss zum glücklichen Kampfe ums Dasein war, bedarf keiner specielleren Auseinandersetzung'), sehen wir selbst, wie der Schultergürtel der grössten und wohl auch in ihrer Weise leistungsfähigsten Flossen, z. B. der Cestra- cionten, Holocephalen und Rochen successive aus dem ventralen Rumpfmuskelgebiete in das dorsale hinein bis zum Wirbelbereiche sich ausdehnt und da festen Verband mit der dorsalen Rumpfmuskelzone und selbst mit der Wirbelsäule gewinnt’), wie aber auch der Beckengürtel bei den erhöhten an ihn gestellten Anforderungen mit dem Uebergange zum Landleben (Amphibien, Amnioten) die entsprechende höhere Ausbildung, Volumensentwickelung und Verbindung mit dem Rumpfskelett eingeht. Des Weiteren gewinnt auch der Schultergürtel der Cheiropterygier infolge der weiteren Ausbildung der pneumo-respiratorischen Funktionen und der damit zusammenhängen- den höheren Entfaltung der thorakalen Skelett- und Muskeltheile zum Zwecke der Inspiration und Exspiration, zum Theil auch, infolge der partiellen Rückbildung seiner 1) Dass auch bei sekundären Rückbildungen der freien Flossen dieser kräftige Zusammenhang zwischen Sehultergürtel und Rumpfmuskulatur gewahrt bleiben kann, bildet selbstverständlich keinen Gegengrund gegen diese Anschauungen. Die Reduktion greift in diesen Fällen nur in beschränktem Maasse auf den Gürtel und seine Mus- kulatur über. 2) Dieser Verband mit der Wirbelsäule wiederholt sich bekanntlich auch bei den Patagiosauriern, speciell bei Pteranodon und Ornithocheirus. 381] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 729 Muskulatur, eine relativ oberflächliche, die eigentliche Thoraxwand deckende Lage. Das sind topographische Umwandlungsprocesse, ebenso natürlich, wie auf vergleichend- morphologischem Wege durch alle Etappen leicht zu verfolgen. Aber die Lage des N. vagus kann vielleicht einen ernstlicheren Einwand gegen die behauptete Homologie bilden. Der Vagusstamm und seine Aeste ziehen über die Kiemenbogen hinweg, die weiter kaudalwärts verlaufenden Theile desselben (Rr. laterales superiores und inferiores, R. intestinalis) werden vom Schultergürtel gedeckt. FErgiebt sich diese Differenz als eine primordiale und durchgreifende, ge- lingt es nicht, ihre sekundäre Ausbildung nachzuweisen, so gebe ich selbst zu, dass die Homologie zwischen Kiemenbogen und Schultergürtel keine komplette ist. Die Rami laterales machen nur geringe Schwierigkeit. Bekanntlich ent- stammen die Rr. laterales superiores mehr vorderen (rostralen) Abtheilungen des Vagus, sind somit vordere dorsale Seitenäste dieses Nerven, welche in durchaus sekundärer Weise ihre Verbreitung an der Haut des Rumpfes gewannen; vergleichende Anatomie und Ontogenie haben gezeigt, dass ihre Tieflagerung in die Seitenrumpf- muskulatur ein weiterer sekundärer Bildungsvorgang ist; dass sie auch durch den inzwischen dorsalwärts ausgedehnten Schultergürtel gedeckt werden müssen, bedarf keiner besonderen Ausführung. In ähnlicher Weise stellt der R. lateralis inferior der Dipnoer und Amphibien die sekundäre Verlängerung eines Kiemenastes des Vagus dar; seine Entwickelung ist meines Wissens bisher noch nicht genauer verfolgt worden; ich bezweifle aber nicht, dass sie analog derjenigen der Rr. laterales superiores erfolgt sein wird, dass hier die Deckung durch den Schultergürtel durch ventro-medialwärts erfolgtes Wachsthum der ursprünglich kleineren ventro-lateral gelegenen Schulter- gürtelhälften der Vorfahren der Dipnoer und Amphibien vor sich gegangen ist!). Schwerer wiegt das Verhalten des R. intestinalis, der wohl allgemein als die eigentliche Fortsetzung des Vagus, als Endstamm desselben angesehen wird. Ich kann indessen mit dieser Auffassung nicht übereinstimmen. Die Nervenfasern des R. intestinalis entstammen nicht dem letzten Theile des centralen Vaguskernes und bilden gleichfalls nur einen mit der kaudalwärts gehenden Wanderung des Kopf- darmes weit nach hinten ausgedehnten Seitenast resp. Seitenastkomplex, welcher den zwischen den Kiemenbogen in die Tiefe dringenden und dann an ihrer Innenfläche verlaufenden Rr. viscerales der Kiemenäste des Vagus homodynam ist. Er muss somit, gerade auf Grund der Homodynamie zwischen Kiemenbogen und Schulter- bogen, innerhalb des letzteren liegen. Der eigentliche Endtheil des Vagus ist, wie bereits oben ausgeführt, der dem letzten Ende des centralen Vago-Accessorius-Kernes 1) Bei den Urodelen bleiben bekanntlich der rechte und linke Schultergürtel getrennt, bei den Dipnoern dagegen kommt es zu einer medianen Synchondrose beider, die gerade so wie diejenige bei den Selachiern als eine sekundäre Verbindung zu beurtheilen ist (dies wird auch durchaus gestützt durch das Quale dieses Verbandes bei den Selachiern, der hier von den Notidaniden, wo er noch syndesmotisch oder nur durch eine schmale Knorpel- vereinigung repräsentirt ist, bis zu der Mehrzahl der Haie, wo weicherer Knorpel ihn vermittelt, und endlich bis zu den höchsten Haien, Holocephalen und Rochen, wo er eine zunehmende Festigkeit und Massigkeit gewinnt). — Diese Verhältnisse werfen auch Licht auf die oben (p. 725) besprochenen eventuellen Homodyname der visceralen Copulae am Schultergürtel und mahnen zugleich in der Beurtheilung eines Theiles derselben zur Vorsicht. 730 MAx FÜRBRINGER [1382 entstammende Ramus trapezius; dieser aber liegt gerade so wie der Stamm des Vagus zu den Kiemenbogen oberflächlich zum Schultergürtel. Nach diesen Darlegungen erwächst somit meines Erachtens auch aus diesem Verhalten der Homodynamisirung der Extremitätenbogen mit den Kiemenbogen keine Schwierigkeit. Mit diesen wenigen Bemerkungen, die, wie schon gesagt, nur einen kleinen Theil der GesEnBaur schen Extremitätentheorie betreffen, wollte ich zeigen, dass die von GEGENBAUR gegebene Ableitung der paarigen Extremitäten aus ursprünglichen visceralen Bildungen noch nicht abgethan ist, wie ihre Gegner glauben. Gewiss liegt das einstmalige Kiemenstadium derselben weit zurück, gewiss hat die Extremität im Laufe der Phylogenese unter dem Einflusse der neuen Lebensbedingungen und der Rumpfmuskulatur Zuthaten erhalten und Umwandlungen erlitten, welche kaum eine Zelle unverändert bestehen liessen, — aber das ändert nichts an der Thatsache, dass ihr Ausgang der viscerale Bogen mit seinen Radien war. An diesen knüpft sie an, nicht aber an ganz neu gebildete, im Rumpfbereiche in Korrelation zu den Rumpf- muskeln entstandene Chondrifikationen, mögen diese nun in besonderen oberflächlichen Längsfalten erst durch die Extremitätenmuskelknospen herangezüchtet worden sein oder schon seit ältester Zeit — auch dies wurde behauptet — in dem Seitenfalten- system der Akranier sich vorgebildet finden. Mag sich die betreffende ontogenetische Richtung!) noch so sehr auf die negativen Befunde ihrer Untersuchungen berufen, mit den bisher vorliegenden hat sie nur die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit dar- gethan, nicht aber die Gegzngaur’sche Hypothese „für immer beseitigt“. Warten wir schlagendere Resultate und überzeugendere Beweise gegen dieselbe ab! 2. Nerv und Muskel. Meinen bisherigen Untersuchungen über die Morphologie des Muskel- und Nervensystemes (1573—1895) lag allenthalben die Auffassung von der ursprünglichen und unveränderlichen Zusammengehörigkeit von motorischer Nervenfaser und Muskel- faser zu Grunde; dieselbe beherrschte meine physiologischen Anschauungen und meine sämmtlichen morphologischen Deutungen in diesem Gebiete. Ich glaube, dass dieser Auffassung durch zahlreiche von mir und Anderen ausgeführte Arbeiten eine gewisse morphologische Begründung zu 'Theil wurde, habe auch wiederholt, am ausführlichsten in meiner Veröffentlichung vom Jahre 1887 (1887 resp. 1888 p. 894—947) über diese Frage im Allgemeinen und Speciellen gehandelt. Ich gelangte dabei, auf Grund eigener Untersuchungen und unter kritischer Abwägung der bisher über den Zu- sammenhang von Nerv und Muskel aufgestellten Theorien, zu dem in der speciellen Auseinandersetzung genauer dargelegten Resultate, dass eine endgültige absolute 1) Selbstverständlich spreche ich nur von den betreffenden ontogenetischen Arbeiten, welche dem, was sie mit ihren Mitteln nicht zu sehen vermochten und zum Theil — unbewusst oder bewusst — nicht einmal in den Bereich ihrer Untersuchungen zogen, kurzer Hand die Existenzberechtigung absprachen. Der ontogenetischen Wissenschaft als solcher habe ich stets meine ganze Werthschätzung entgegengebracht und werde ihre Leistungs- fähigkeit innerhalb der ihr gezogenen Grenzen immer voll und gern anerkennen. 383] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCGEPHALEN ETC. 731 Entscheidung auf Grund der bisherigen Materialien noch nicht gegeben werden könne, dass die Schwierigkeiten der Frage mit der wirklichen Vertiefung in sie nur wachsen, dass man aber wohl im Stande sei, die geringeren oder grösseren relativen Wahr- scheinlichkeiten einigermaassen zu bestimmen, und schloss den betreffenden Passus mit Folgendem (1887 p. 941 f.): „Es war meine Absicht, in der vorhergehenden Besprechung an der Hand einer möglichst ruhigen und sachgemässen Kritik zu zeigen: dass von den 'T'heorien und Untersuchungsbefunden, welche bisher über den Zusammenhang von Muskel und Nerv mitgetheilt worden sind, meiner Meinung nach diejenigen, welche einen sekundären und späten Verband beider Gewebe und ein Zusammenwachsen aus der Ferne statuiren, die geringste Wahrscheinlichkeit besitzen; dass ferner diejenigen, welche eine frühe Verbindung benachbarter und noch gleichartiger Zellen und eine erst danach stattfindende Differenzirung derselben annehmen oder überhaupt von in Kontakt stehenden Zellen ausgehen (gleichviel ob sie dieselben allezeit separirt bleiben oder später mit einander verschmelzen lassen), mir minder unwahrscheinlich, aber doch nicht ohne Weiteres acceptabel erscheinen; dass endlich diejenigen, welche eine von Anfang an bestehende Einheit von Nerv und Muskel und einen in der Hauptsache auch später gewahrten und unverrückten Verband derselben behaupten, für mich den grössten Grad der Wahrscheinlichkeit besitzen.“ „Wenn ich in den Büchern blättere und da beispielsweise lese, dass der eine Autor »sich nicht bemüssigt findet, diese Darstellungen (Hrnsen’s), welche an die Stelle leicht anzustellender Beobachtungen zum Theil rein willkürliche Vorstellungen setzen, anders als durch einen Hinweis auf seine Beobachtungen zu widerlegen«, zugleich aber seinen eigenen Beobachtungen wiederholt den Stempel »unzweifelhaft« aufdrückt, oder dass der andere Autor anführt, »dass die Biologen schon seit einem halben Decennium wissen, dass von dem viel bewunderten Gebäude der sogenannten Neuro- muskeltheorie auch nicht zwei Steine auf einander geblieben sind« und «dass die Meinung GEGENBAUR'Ss von einer unabänderlichen Verknüpfung von Nerv und Muskel als unzeitgemäss zu verwerfen sei«, so sind das natürlich auch meine jetzigen Aus- führungen vernichtende Urtheile; aber ich glaube in aller Bescheidenheit, dass wir noch nicht so weit sind, wie beide Autoren betonen, dass noch nicht einmal die erwähnten unzweifelhaften Untersuchungsbefunde in den sicheren Besitz der Wissen- schaft übergegangen sind. Und es sei mir erlaubt, hinzuzufügen, dass Anschauungen, die unter Anderen von einem von BAER, GEGENBAUR und HEnsen vertreten werden, doch wohl etwas tiefer fundirt sein mögen, als hier angenommen zu werden scheint“. „Eine endgültige Entscheidung dieser Frage vermochte ich somit nicht zu geben, und es ist mir auch sehr zweifelhaft, ob Einer der Zeitgenossen sie erleben wird. Je tiefer man sich in die Sache eindenkt, desto zahlreicher werden die Schwierigkeiten und die an die alten sich anknüpfenden neuen Fragen. Meines Erachtens stehen wir noch in den Anfangsphasen der Behandlung und es wird noch eines grossen Aufwandes von technischer und geistiger Arbeit und einer noch viel höheren Ausbildung unserer Methoden bedürfen, ehe die endgültige Lösung zu 732 Max FÜRBRINGER [384 erwarten ist. Darum konnte ich nur von grösseren und geringeren Wahrscheinlich- keiten sprechen, aber auf Grund derselben habe ich das Recht zu behaupten, dass die Annahme einer ganz bestimmten und in gewissem Sinne unabänder- lichen Verknüpfung von Nerv und Muskelfaser noch nicht widerlegt ist, dass sie selbst über die relativ günstigsten Argumente zu verfügen vermag. Und darum habe ich auch nicht den mindesten Grund, meine Ansicht über die Bedeutung der Muskelinnervation zu ändern. Nach wie vor erblicke ich in derselben das gewichtigste und unentbehrlichste Mittel zur Bestimmung der Muskel- homologien.‘“ Etwa um die gleiche Zeit resp. bald darauf (1887, 1888) fasste Hıs in einigen Abhandlungen (deren auch in den folgenden Jahren noch mehrere das gleiche Thema behandelnde erschienen) seine diesbezüglichen Untersuchungen und Anschauungen zusammen und veröffentlichte damit eine stattliche Reihe von specielleren Resultaten, in welchen ich zu einem grossen Theile eine werthvolle Bereicherung unserer be- treffenden Kenntnisse erblicke, zugleich aber auch allgemeinere Auffassungen, welche den meinigen fast in jeder Hinsicht diametral entgegenstehen. Während für mich und die Mehrzahl der Morphologen die niederen Verte- braten den Schlüssel für die Erkenntniss der bezüglichen Verhältnisse geben, hält Hıs sich dabei in erster Linie an „den menschlichen Embryo, der auch in mancher Hinsicht sehr viel einfachere und typischere Verhältnisse darbietet, als die Embryonen niederer Wirbelthierklassen‘‘')., Und während ich ferner wie viele Morphologen der Ansicht war, dass dieses feinste System des thierischen Körpers mit unseren bisherigen stumpfen Mitteln namentlich auf Seite seiner Entwickelung noch sehr unzureichend erkannt sei, findet gerade Hıs, dass Hensen’s geistvolle Hypothese zu einer Zeit aus- gesprochen werden konnte, „da unsere embryologische Untersuchungsmethodik noch sehr primitiv war, und da man in Rücksicht hierauf die Möglichkeit zugeben konnte, dass feine Faseranlagen vorhanden sein möchten, die wir nicht zu sehen vermögen. Jetzt ist eine derartige Annahme nicht mehr gestattet. Mit unseren gegenwärtigen Färbungs- und Schneidemethoden sind wir sicher, auch die feinsten Elementartheile zur Anschauung bringen zu können, und überdies sind die Nervenfasern, wenn sie einmal da sind, gar nicht übertrieben fein, sondern sie stellen Fäden dar von einer bestimmten Stärke und von sehr charakteristischem Aussehen“?). — Endlich aber hält er unverändert seine bisherigen Anschauungen über das Auswachsen der Nerven- faser nach der Muskelfaser hin und die sekundäre Verwachsung beider fest und schärft noch den Gegensatz zwischen seiner Auffassung und den einen primordialen Konnex beider Elemente betonenden Hypothesen. „Man ist im Allgemeinen geneigt‘“, sagt er’), „die Innervation dieser Theile“ (Herz, Oesophagus, Magen) „durch den Vagus dadurch zu erklären, dass dieselben ursprünglich dem Kopfe angehört oder doch demselben nahe gelegen haben. Sie sollen dann bei ihrer Dislocation den 1) Archiv f. Anat. u. Entwickelungsgesch. 1887 p. 445. 2) Verhandl. d. Anatomischen Gesellsch. in Würzburg 1888 p. 11. 3) Abhandl. der math. phys. Klasse der K. S. Gesellsch. d. Wissenschaften zu Leipzig 18SS p. 386. 355] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIKER UND HoLockPHALEN ETC. 133 Nerven mit sich genommen haben. Diese Auffassung, die ich selber lange Zeit vertreten habe, ist bei genauerer Ueberlegung nicht stichhaltig. Der Nerv geht mit der Hauptmasse seiner Fasern direkt in den Rumpf hinein und er versieht solche Theile, die diesem von Anbeginn ab angehört haben. Die Trachea, das Speiserohr, der Magen und ebenso der Vorhof des Herzens haben niemals zum Kopfe gehört. Die Grenze des embryonalen Kopfgebietes ist im visceralen System durch den Rand des vierten Bogens bezeichnet und, auf die bleibenden Organe bezogen, schneidet dieselbe zwischen dem Schild- und dem Ringknorpel des Kehlkopfes durch.“ Auf dem Wege nach ihren Endorganen können die Nerven — und es handelt sich hierbei nach Hıs nicht nur um den Vagus. sondern um alle Nerven — durch ihnen im Wege gelegene Widerstände, z. B. Blutgefässe, Knorpel oder überhaupt verdichtete Stellen, abgelenkt werden, sie können durch diese Widerstände auch zur Theilung veranlasst werden'). Andererseits bedingt die Krümmung des embryonalen Leibes ein strahliges Z/usammenlaufen der nach den Gliedmaassen hin auswachsenden Nervenbahnen'). Wie ausserordentlich gross auch die schliessliche Komplikation im Aufbau des Nervensystems ist, wie dessen Leistungen auch auf das Allerfeinste abgemessen und in einander gepasst erscheinen, so geht doch hervor, dass bei seinem Aufbau „Principien allereinfachster Art in Betracht kommen. Wir können uns in der That kaum einen einfacheren Vorgang denken, als dass von einer Zelle aus ein Faden so lange weiter wächst, bis er schliesslich auf ein Endorgan stösst, oder bis sein Weiter- wachsen überhaupt aufhört. Wir können uns nichts anscheinend Gröberes denken, als dass bei diesem Auswachsen der Fasern äussere im Wege liegende Hemmnisse, Gefässe, Knorpel und die im Gehirn vorhandenen Gerüstfasern, die Richtung be- einflussen und damit das endgiltige Auslaufen der Fasern bestimmen. Nichts Ein- facheres giebt es ferner, als die T'hatsache, dass, wenn verschiedene Bahnen unter einem Winkel zusammenstossen, sie theils ineinanderfliessen, theils sich durchkreuzen‘“?). Seitdem sind mehrere weitere Arbeiten über die Histogenese des Nervensystems erschienen, welche aber fern von Uebereinstimmung sind. Die einen Autoren be- kennen sich zu ähnlichen Anschauungen wie Hıs, die anderen treten für einen Aufbau der Nervenfasern aus an einander gereihten Zellen ein, noch andere reden der weiteren Ausbildung von Anfang an präformirter protoplasmatischer oder nervöser Zusammen- hänge das Wort. von Kurrrer, der die von Hıs vertretene Lehre vom Auswachsen der Nervenfasern aus embryonalen Nervenzellen bereits 1857 begründete und seitdem den Anhängern derselben als feste Stütze galt, sagt 1894°): „Meiner Ansicht nach befinden wir uns am ersten Anfange einer Entwickelungsgeschichte des peripheren Nervensystems. Von den vielseitigen Schwierigkeiten der Aufgabe bin ich durch- drungen und wünsche daher, dass die nachfolgenden Untersuchungen auch nur als ein Beitrag zur Förderung eines sehr verwickelten Problems angesehen werden möchten, zu dessen Lösung ja die vergleichende Embryologie vorwiegend berufen ist, sofern 1) A. a. O. 1888 p. 385, 386, 387. 2) A. a. O. 1888 p. 389. . 3) Die Entwickelung des Kopfes von Ammocoetes Planeri. München und Leipzig 1894 p. 65. Festschrift für Gegenbaur. III. Js 734 Max FÜRBRINGER [386 sie dabei phylogenetische Gesichtspunkte nicht aus dem Auge lässt“, und modificirt seine früheren Ausführungen dahin, dass er die peripherischen Nervenanlagen im Anfange aus Ketten von Zellen bestehen lässt, welche Ausstülpungen des Central- organs darstellen und mindestens dreierlei Zellen verschiedener Dignität, Neurocyten, Spongiocyten und Gliazellen, aufweisen; diese primitiven Ketten geben für ihn gleich- sam nur die Leitbahnen ab, längs welchen die Fibrillen in der einen oder anderen Richtung vorwachsen.'). Inzwischen war der Untersuchungstechnik des feineren Baues des Nervensystems durch die Gorsrsche Chrom-Silber- und Chrom-Osmium-Silber-Methode (1873 und 1886) und die Enkricn'sche Methylenblau-Methode (1586) eine Förderung allerersten Ranges zu Theil geworden. Ein Jeder weiss, welche hochbedeutenden Aufschlüsse wir der konsequenten Anwendung dieser technischen Methoden verdanken, welche Bereicherung unserer neurologischen Kenntniss durch die mit denselben ausgeführten zahlreichen Arbeiten von Gorscı und seinen Schülern, von Ramon y OAJAL, KÖLLIKER, v. Lexnossex, BIEDERMANN, VAN GEHUCHTEN u. A. und durch die bewunderungswürdige Reihe der Veröffentlichungen von G. Rerzıus zu Theil wurde. Auch auf histogenetischem Gebiete wurde mit diesen Methoden gearbeitet und die bisher namentlich von R. y Casar, v. LENHOSSEK und Rerzıus gewonnenen Resultate erscheinen als eine Bestätigung der Hıs’schen Lehre vom freien Auswachsen der Nerven; insbesondere wird die Casavsche Wachsthumskeule (Cöne d’accroissement) als das sichere Zeichen eines gut abgegrenzten peripherischen Endes der heraus- sprossenden Nervenfaser und damit auch als das Beweisstück für die sekundäre Ver- einigung des Nervenendes mit der Muskelfaser aufgefasst. Hıs, wenn ich ihn recht verstehe, erblickt in der peripherischen Verdickung schon die Anlage des Endgeweihes, das seine Muskelfaser aufsucht, um dann mit ihr in Kontakt zu treten. Eine solche Art der Herstellung des Verbandes von Nerv und Muskel hat natürlich auch diejenigen Autoren, welche dieselbe durch die ontogenetische Unter- suchung als erwiesen ansehen, nach der physiologischen Seite hin beschäftigt. Wie ist das zielbewusste Auftreten des sich entwickelnden Nerven zu erklären? Welcher Spiritus reetor führt die Tausende und Millionen von Nervenfasern immer richtig zu ihren speciellen Endorganen ? Bekanntlich ist die Erklärung auf mehrfache Weise versucht worden?) Für W. Hıs sen. bilden die nach einer bereits praestabilirten Harmonie der Entwickelung bestimmten Loci minoris resistentiae die Bahnen, in welchen der Nerv peripherwärts wächst. W. Hıs jun. fügt dem noch hinzu, dass die wandernden Nervenzellen auch nach den Stellen besserer Ernährungsbedingungen hinwachsen. Ramon Y ÜaJaL acceptirt gleichfalls die Theorie von Hıs sen., lässt aber zugleich von den einzelnen Muskelfaseranlagen gewisse Stoffe absondern, welche für die einzelnen Nervenfasern specifische Lockmittel darstellen und sie in chemotaktischer Weise veranlassen, gerade 1)7ASa. O=p.75. 2) M. v. LExHossGx stellt diese Hypothesen in seinem Feineren Bau des Nervensystems im Lichte neuester Forschungen. Berlin 1895, auf p. 95—97 zusammen und fügt kritische Bemerkungen bei. 135 387] UÜLEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. die ihnen specifisch zugehörigen Muskelfasern aufzusuchen. Strasser endlich nimmt an, dass während der Entwickelung in den Neuroblasten positive, in den Muskel- faseranlagen negative elektrische Spannung entstehe, wodurch beide Theile sich direkt anziehen und die sich dadurch verlängernden Nervenfasern zu den Muskelfasern hinführen; v. LexHoss£k bemerkt zu dieser letzten Theorie mit Recht, dass man aber hierbei jeder einzelnen Faser eine specifisch angepasste elektrische Spannung zu- ertheilen müsse, damit der Verband in der bestimmt normirten Weise stattfinde. Ueber die speciellere Ausbildung des peripherischen Verbandes von Nervenfaserende und Muskelfaser ist seit meiner Zusammenstellung von 1887 eine Anzahl von Arbeiten (namentlich von Lawpowskı, MrTRoPHANOW, "IRINCHESE, Mays, v. THANHOFFER, Weiss et DuriL) erschienen, welche aber zu keinen einheit- lichen Resultaten kommen: bald wird die Herstellung eines Verbandes der nervösen Endplatte mit der Muskelfaser, bald die des Nerven mit der Endplatte (welche da- nach eine Produktion der Muskelfaser darstelle), bald endlich die Verbindung von Nervenfaser und Muskelfaser unter Interpolation einer sog. Endzelle beschrieben. Es leuchtet nach alledem ein, dass wir auch nach den Arbeiten der 9 letzten Jahre von einer definitiven Lösung des Problems noch weit entfernt sind. Alle die von mir schon 1857 erwähnten Möglichkeiten der Ausbildung des Verbandes zwischen Nerv und Muskelfaser werden vertreten und bald diese, bald jene mit grösserer oder geringerer Bestimmtheit als die einzig richtige hervorgehoben. Der eine Autor (z. B. v. KuprFer) äussert sich mit der grössten Vorsicht und betont, dass wir uns angesichts der Schwierigkeit der Aufgabe, zu deren dereinstiger Lösung die mit phylogenetischen Gesichtspunkten arbeitende vergleichende Embryologie vorwiegend berufen sei, noch am ersten Anfange einer Entwickelungsgeschichte des peripherischen Nervensystems befinden, der andere (z. B. Hıs) findet unsere technischen Methoden so vollendet, dass wir sicher sind, in der Entwickelung des Nervensystems auch die feinsten Elementartheile zur Anschauung zu bringen, erblickt in dem menschlichen Embryo das geeignete Objekt, welches in mancher Hinsicht sehr viel einfachere und typischere Verhältnisse als die Embryonen niederer Wirbelthiere darbietet, kann sich kaum einen einfacheren Vorgang als das Wachsthum des Nerven denken und trägt seine An- schauungen von den Entwickelungsbahnen der Nerven und ihren Verbindungen mit den Muskeln mit einer alles Andere ausschliessenden Zuversicht und Gewissheit vor. Da Hıs gerade diejenige Anschauung vertritt, welcher ich von allen die ge- ringste Wahrscheinlichkeit zuschrieb, so ist jetzt meine Aufgabe, seine Argumente und die sonstigen Verhältnisse, welche sie stützen könnten, des Genaueren anzusehen und auf ihren wirklichen Werth zu prüfen. Wie bei jeder wissenschaftlichen Frage, handelt es sich auch in der vor- liegenden um Beobachtung und Reflexion; bei letzterer spielen gerade hier physio- logische Erwägungen eine sehr wesentliche Rolle. Mit gewissen Fragestellungen tritt der Untersucher an die Aufgabe heran und sucht dieselben auf dem Wege der Beobachtung und, wo dies angezeigt ist, des Versuches zu beantworten. Diese empirische Thätigkeit bildet die Basis für die 93* 736 Max FÜRBRINGER [388 Antwort; je gewissenhafter, nüchterner und umsichtiger sie ausgeübt wurde, um so sicherer ist das Fundament. Leicht kann auch ein ganz anderes Gebäude empor- wachsen, als der Untersucher bei seinen ersten Konceptionen sich träumen liess; dann darf er nicht schwerfällig sein. Aber dieser erste Theil der Arbeit, an dem Auge und Hand den sichtbarsten und hauptsächlichsten Antheil haben, darf keinen Augenblick auf die höhere Thätigkeit jenes Organes verzichten, das hinter den Augen sitzt, seine Impulse empfängt, weiter verarbeitet und zugleich den manuellen "Theil der Aufgabe beherrscht. Dieses, wenn hinreichend geschult, ist dem Irrthum weit weniger unterworfen als unsere Sinne und unsere Technik. Wahre Exactität in der Wissenschaft ist ohne unausgesetzte Grosshirnthätigkeit nicht zu denken. Es giebt durch viele Decennien erprobte und so durch und durch erkannte technische Methoden, dass der Untersucher sich ihnen nahezu unbedingt anvertrauen darf; die meisten feineren und namentlich die bei der vorliegenden Aufgabe in Frage kommenden verlangen aber noch die stete Kritik und die Prüfung auf den Umfang ihrer momentanen Leistungsfähigkeit, auf die Grenzen ihres jeweiligen Könnens. Es ist eine Ueberschätzung unserer Technik, wenn Hıs behauptet, dass die gegenwärtigen Färbungs- und Schneidemethoden uns Sicherheit geben, auch die feinsten Elementar- theile zur Anschauung zu bringen, es ist ferner ein nicht berechtigter Ausspruch, wenn er sagt, dass die Nervenfasern, wenn sie einmal da sind, gar nicht über- trieben fein sind, sondern Fäden von einer bestimmten Stärke darstellen, und endlich eine theilweise Umkehrung des Sachverhaltes, wenn er dem menschlichen Embryo in mancher Hinsicht sehr viel einfachere und typischere Verhältnisse zuschreibt als den Embryonen niederer Wirbelthierklassen. Selbst ausgebildete Nerven besitzen neben gröberen Fasern solche von einer fast unmessbaren Feinheit, und was beim Menschen einfach aussieht, ist erst durch sekundäre Veränderung scheinbar einfach geworden, jedenfalls aber nicht als primär einfach und typisch aufzufassen. Die von Hıs geübte Technik ist, wenn ich nicht irre, die gewöhnliche, bei embryonalen Untersuchungen gebräuchliche. Seine Präparate sind wiederholt gesehen worden; aber die Beobachter scheinen nicht darüber einig zu sein, dass sie das in einer jeden Zweifel ausschliessenden Weise erhärten, was Hıs behauptet. In den Methoden von Gorcı und Enkrich besitzen wir aber zwei Verfahren, welche unsere Kenntniss vom Baue des Nervensystems mit einem Schlage zu einer höheren Stufe erhoben, welche eine neue Epoche in diesem Gebiete begründeten. Wenn so Grosses errungen wurde, dann glaubt der Mensch leicht, nun sei Alles gewonnen. Das liegt in der menschlichen Natur, und wie in allen Gebieten des Wissens, so hat es sich auch auf morphologischem Gebiete sehr viele Male ereignet, dass man bald da, bald dort meinte, man hätte das Ziel bereits erreicht, bis dann die kommende Zeit zeigte, dass noch ein gutes Stück Weges zwischen der eben ge- wonnenen Etappe und dem Endpunkte sich befindet. Auch der von mancher Seite geübten Ueberschätzung der jetzigen grossen Errungenschaften auf dem nervösen Untersuchungsgebiete wird die Korrektur durch die Zeit nicht fehlen; aber schon jetzt giebt es manche Stimme und manche Anzeichen dafür, dass diese Methoden 389] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 737 ganz Ausserordentliches, aber nicht Alles leisten, und gerade der Begründer der einen, Gorsı, hat in diesem Stücke trotz seiner glänzenden Resultate ein sehr weises Maass- halten und den wahrhaft grossen Sinn des Forschers gezeigt. Von der eigentlichen Histochemie der Gorsr'schen Methode und dem innersten Wesen ihrer Einwirkung auf das Nervensystem wissen wir nicht viel; wir wissen nicht, warum sie an der einen Stelle so viel leistet, an der anderen versagt, aber wir wissen aus dem Munde der geübtesten und erprobtesten Techniker, dass sie bei jüngeren Embryonen besonders kaprieiös ist und wahrscheinlich vieles, was zum Nervensystem gehört, nicht markirt. Oben (p. 734) gab ich an, dass mehrere Autoren die Casar’sche Wachs- thumskeule als das wirkliche, freie, stumpfe Ende der wachsenden Nerven auffassen. Vergleiche ich die betreffenden Angaben und Abbildungen bei R. y Casar, v. Len- HossEK und Rerzıus, so finde ich diese Wachsthumskeulen in der Regel nicht glatt, sondern mit feinen Zacken endend, und Rerzıus bildet sogar solche ab, von denen äusserst feine und ziemlich lange, verzweigte Fasern ausgehen. Das gewährt nicht das Bild eines motorischen, nach der Muskelfaser hin auswachsenden Nervenendes, sondern macht vielmehr den Eindruck, dass das Gorgrlsche Verfahren in dem einen Falle eine kürzere, in dem anderen eine längere Strecke der von der keulenförmigen Verdickung ausgehenden feinen Nervenfasern (Theilfasern) schwärzte. Durch diese Präparate ist eine sichere Grenzbestimmung, der Beweis für ein freies Ende des sich entwickelnden Nerven meines Erachtens nicht gegeben. Rechne ich dazu, dass die zuverlässigsten Untersucher über die Entwickelung der motorischen Nervenendigung dieselbe zuerst als einfachen rundlichen oder ovalen Fleck auftreten und erst nach der unzweifelhaften Ausbildung des festen Verbandes zwischen Nerven- und Muskel- faser sich geweihartig verästeln sehen, so wird auch in dieser Hinsicht der Ver- gleichung der verzackten Wachsthumskeule mit einem Nervenendgeweih der Boden entzogen. Was diese Anschwellung bedeute, vermag ich mit einiger Bestimmtheit nicht zu sagen; ich neige aber dazu, sie vielleicht als die jedesmalige Stelle zu deuten, an welcher sich der nach der Peripherie fortschreitende Wachsthumsstrom staut, ehe er die peripher daran anschliessende primordiale und äusserst feine Nervenstrecke (resp. die Strecken der Nervenverzweigungen) in seinen Wachsthums- und Ver- dickungsprocess einschliesst. Nach dieser Deutung würde die Wachsthumskeule keine fixe Bildung vorstellen, sondern successive sich in dem Maasse peripherwärts ver- schieben, als der Nerv aus seinem feinsten, auf die Gotslsche Methode noch nicht oder kaum reagirenden Vorstadium, in seinen mehr definitiven Zustand übergeht. Um die ontogenetische Ausbildung der motorischen Nervenendigung habe ich mich vor Jahren lange bemüht, aber vergeblich. Ich kam nicht so weit, um zu entscheiden: sie entsteht durch sekundären Kontakt von Nerv und Muskel oder der Verband (gleichviel ob per contiguitatem oder per continuitatem) ist bereits da und bildet sich nur weiter aus. Arbeiten anderer Art haben mich danach von der Fortsetzung dieser Untersuchungen abgezogen. Wie die oben gemachten Mit- theilungen (p. 735) zeigen, herrschen aber auch bei denen, die sich inzwischen diese Frage specieller angelegen sein liessen, grosse Differenzen. Die neuesten Untersucher 738 Max FÜRBRINGER [390 (Weiss et Durm) sagen zwar"): Les fibres nerveuses prennent contact, par des pointes fines, avec les fibres musculaires adjacentes, aber das „prennent contact“ ist eine Aeusserung, die sowohl im Sinne einer sekundären Verbindung als eines bereits bestehenden Verbandes aufgefasst werden kann, und die Verbindung ‚par des pointes fines‘ widerspricht direkt der von den oben erwähnten Autoren gegebenen Deutung der Wachsthumskeule. Derjenige Untersucher aber, der auf diesem Gebiete die grösste Erfahrung besitzt und seine eigenen Untersuchungen am gewissenhaftesten kontrollirt hat, Mays’), konnte, wie sehr er es auch wünschte, unter zahlreichen Präparaten nicht eines herstellen, welches die wirkliche Vereinigung ursprünglich getrennter Nerven und Muskelfasern bewiesen hätte. Die bisher vorliegenden Untersuchungen berechtigen uns somit gegenüber Hıs nur zu dem Ausspruche, dass unsere bisherigen technischen Methoden in keiner Weise ausgereicht haben, um die vorliegende Frage zu entscheiden, dass wir somit nach wie vor nur theoretisch die Wahrscheinlichkeiten erwägen können, welche für eine sekundäre Verbindung ursprünglich getrennter und von einander entfernter Muskelfasern oder für eine bereits präformirte Kontiguität oder Kontinuität beider sprechen. Ich befinde mich somit ganz im Einklange mit der vorsichtigen Auffassungs- und Ausdrucksweise v. KuPpFrEr’s. Von den angeführten Hypothesen dürfte diejenige, welche eine sekundäre Verbindung ursprünglich getrennter und von einander entfernter Nerven- und Muskelelemente annimmt, zur Zeit die meisten Anhänger zählen. Zum Theil mag das an den fortgesetzt und immer mit der gleichen Ueberzeugungstreue wieder- holten Behauptungen von Hıs liegen, zum Theil auch in gewissen Befunden der Gorsrschen und Enkrricn'schen Methode, welche, namentlich im centralen Nerven- system, die von ihr imprägnirten oder gefärbten Nervenfasern in einiger Entfernung von den benachbarten, mit ihnen im physiologischen Konnexe stehenden Ganglien- zellen frei endigen lassen. Man meinte, dass das, was sich mit den angegebenen Methoden nicht imprägnire oder färbe, auch in Wirklichkeit nicht existire, baute auf den negativen Befund die Hypothese, dass zwischen diesen Theilen weder ein Kontakt noch ein direkter Verband existire, und kam zu dem Schlusse, eine physio- logische Wirkung des Nervenstromes in distans, etwa nach Art eines frei überspringen- den elektrischen Funkens anzunehmen‘). Dass damit für eine geregelte und die vor- handenen Kräfte nach Möglichkeit ausnützende Wirkung die geringsten Kautelen gegeben seien, machte weiter keine Beschwerde. I) Weiss, G. et A. Durtit, Sur le developpement des terminaisons nerveuses dans les muscles & fibres striees. Comp. rend. Acad. Sc. Tome 121 p. 613—615. Paris 1895. 2) Mays, K., Ueber die Entwickelung der motorischen Nervenendigung. Zeitschr. f. Biologie. XXIX. p- 41—85. München 1892. 3) Aber gerade hier ist nicht ausser Acht zu lassen, dass GOLGI mit seinen immer mehr vervollkommneten Methoden gerade in diesem Jahrzehnt die Endvertheilungen der Nerven im centralen Nervensystem bis zur Bildung eines bisher nicht oder nur ganz ungenügend gekannten diffusen nervösen Netzes von höchster Feinheit und Kom- plikation bis zum Kontakte mit anderen Nervenzellen und ihren Ausläufern verfolgte, und zugleich die Möglichkeit hervorhebt, dass durch noch zartere Behandlungsweisen Verbindungen durch Verschmelzung der direkten Beobachtung in noch grösserem Maassstabe zugänglich gemacht werden können (1891). 391] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 739 Hıs hat sich aber auch von jeher ganz besonders als denjenigen unter den Anatomen und Embryologen zu erkennen gegeben, welcher mit der physiologischen Betrachtungsweise arbeitet, hat es beklagt, dass seine Vorschläge zu einer fried- lichen Auseinandersetzung physiologischer und phylogenetischer Forschungsweise vom gegenüberstehenden Lager kurzer Hand abgewiesen worden seien, und die Ueber- zeugung ausgesprochen, dass die ernsthaften Forscher auf dem Gebiete der Phylo- genese mehr und mehr dahin gelangen werden, die Vortheile zu erkennen, welche die physiologische Betrachtungsweise auch ihnen gewähren kann, und dass sie die Einsicht gewinnen werden, wie erst das Zurückgreifen auf die physiologischen Be- dingungen der Formbildung den vollen Ueberblick über die möglichen Varianten giebt und wie dasselbe zum Einblick führt in die gesetzmässige Abhängigkeit der verschiedenen Formeigenthümlichkeiten von einander'). Jeder Phylogenetiker wird ihm hinsichtlich des letzten, die Vortheile der physiologischen Betrachtungsweise hervorhebenden Passus gern zustimmen; durch rationelle physiologische und mechanische Prineipien und von ihnen geleitete Unter- suchungen kann die Entwickelungsgeschichte, überhaupt die Morphologie des lebenden Organismus nur gewinnen. Es ist aber ein einfacher Akt der historischen Gerechtig- keit, wenn ich betone, dass die Phylogenetiker diese Einsicht nicht erst erlangen werden, sondern schon längst besessen haben, und dass sie sich nicht gegen ein friedliches Zusammenarbeiten der phylogenetischen und physiologischen Methode, sondern nur gegen diejenige physiologische Betrachtungsweise ausgesprochen haben, deren sich Hıs bediente. Man lese die Untersuchungen GeGEngaur’s von den Arbeiten aus den 60er Jahren an bis auf den heutigen 'lag, und man wird finden, in welcher bewunderungs- würdigen Weise dieser grosse Morpholog und Phylogenetiker — der sich natürlich dabei klar und bestimmt gegen die kritiklose Vermengung morphologischer und physiologischer Gesichtspunkte zum Zwecke der Homologie-Bestimmungen ausspricht — immer und immer wieder auf das aktive Zusammenwirken der verschiedenen funktionirenden Organsysteme, auf das lebendige Werden der verschiedenen Diffe- renzirungsvorgänge und auf die physiologische Begründung der Korrelationen Bedacht genommen’). Und nicht minder hat der Begründer der Phylogenie, HarckEL, un- ausgesetzt auf die mechanische, physiologische Erforschung des Problems hingewiesen; schon durch die Einführung phylogenetischer Fragestellung, durch die Unterscheidung zwischen Cänogenie und Palingenie wurde die ontogenetische Forschung gerade nach der physiologischen Seite hin ungemein vertieft, befruchtet und belebt. Allerdings hat die phylogenetische Richtung gegen die von Hıs in die Embryo- logie eingeführte „physiologische“ Forschungsweise scharf Stellung genommen. Und warum? Weil sich das morphologische, namentlich aber das physiologische 1) A. a. O. 1887 p. 437. 2) Ich verweise auch auf die neuere Veröffentlichung GEGENBAURr's über das Archipterygium der Fische Morph. Jahrb. XXII 1894 p. 157), wo GEGENBAUR bei der Beurtheilung der verschiedenen ontogenetischen Auf- fassungen das physiologische Moment über das morphologische stellt und letzteres von ersterem beherrschen lässt. 740 Max FÜRBRINGER [392 Gewissen der Phylogenetiker dagegen sträubte, diese Art von physiologischem Import in die Wissenschaft anzunehmen '). Und ähnlich ergeht es mir leider auch‘ mit der von Hıs gegebenen „physio- logischen‘‘ Erklärung der Wachsthumsvorgänge des Nervensystems, mit seinen Anschauungen über die Vereinigung von Nerv und Muskel. Einfach allerdings verlaufen diese Vorgänge, so wie Hıs sie darstellt, verblüffend einfach. Es giebt in der That kaum einen einfacheren Vorgang, „als dass von einer Zelle aus ein Faden so lange weiter wächst, bis er schliesslich auf ein Endorgan stösst oder bis sein Weiterwachsen überhaupt aufhört“; alle die grossen Komplikationen und Schwierig- keiten, welche der Lehre von dem primordialen Zusammenhang von Muskel und Nerv erwuchsen, sind durch die Hıis’sche Theorie des freien Auswachsens in den Bahnen der loci minoris resistentiae, so lange kein Widerstand kommt, und des Treffens und Findens ursprünglich ganz auseinander liegender Theile mit einem Schlage gelöst. Simplex sigillum veritatis. Wenn die grösstmögliche Simplicität der Vorgänge allein die Wahrheit bestimmt, so ist sie allerdings hier gefunden. Aber so einfach liegt die Sache nicht, als es auf den ersten flüchtigen Blick den Anschein hat. Alle die Milliarden Nervenzellen und Endorgane aller der thierischen Individuen, die in den ungezählten Jahren der Vergangenheit lebten, an welche die Einheit einer der wichtigsten Funktionen des Körpers und, wenn wir die Frage auf das Zusammenwirken aller nervösen Elemente ausdehnen, überhaupt die einheitliche Regelung des Lebens sich knüpft, können sich nicht erst finden, weite Wege durchlaufend, keine den rechten Weg verfehlend und dabei in ihren millionen- fachen specifischen Bahnen lediglich durch das Princip der geringeren oder grösseren mechanischen Widerstände, welche indifferente Gewebe ihnen darbieten, in ihrem Wachsthum beherrscht?). Das wäre kein natürlicher Vorgang, sondern, um mit einem v. LenHosseX’schen Worte zu reden, ein „Wunder“! Das haben auch die denkenden Naturforscher gefühlt. Und darum hat so Mancher die Hıs’sche Theorie von vornherein abgewiesen’). Andere, die sich dem Einflusse seiner immer wiederholten bestimmten 1) Ich will nicht auf den alten, an unerquicklichen Seiten reichen Streit zwischen HAECKEL und His ein- gehen; Hıs’ Archiblast- und Parablast- Theorie und seine verschiedenen mechanischen, dem feineren Wesen der organisirten Materie gänzlich fremden Umschreibungen der embryonalen Bildungsvorgänge sind nicht als Sieger aus diesem Kampfe hervorgegangen. Wie kann auch Derjenige, welcher u. A. den an einen Physiologen gerichteten Satz: (Unsere Körperform, Leipzig 1874 p. 43): „Während Du nicht im Stande sein wirst, Dir einen lebenden Thierkörper zu denken ohne Nervensystem, ohne Muskeln und ohne Drüsen, kannst Du Dir gar wohl einen solchen vorstellen, in welchem Bindegewebe, Knochen und Knorpel durch anderes Material von gleichen physikalischen Eigenschaften durch Leder, Holz, Leinwand u. s. w.) ersetzt sind und in dem selbst an Stelle des Blutes eine Lösung bestimmter chemischer Stoffe kreist‘‘, welcher einen solchen Satz, in welchem zahlreiche lebende Thiere von niederer Organisation als undenkbar, dagegen an einem lebenden Thierkörper physiologisch gänzlich undenkbare Verhältnisse als gar wohl vorstellbar hervorgehoben werden, im vollen Ernste ausspricht und drucken lässt, wie kann der erwarten, dass ihm auf solcher Grundlage der Phylogenetiker zustimmt! Das kann kein Morphologe, aber auch kein rechter Physiologe! — Ich verweise übrigens hinsichtlich der Beleuchtung aller dieser Fragen auf die ausführliche Beurtheilung von Seiten HAEcKEL's in dessen Zielen und Wegen der heutigen Entwickelungsgeschichte. Jena 1875 p. 20—35. 2) Gleich unannehmbar ist die Ableitung der peripherischen Konvergenz der Gliedmaassennerven von der embryonalen Rückenkrümmung. 3) Vergl. u. A. van WuHE 1889 B. p. 468 Anm. 2. 393] UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 741 Angaben nicht entziehen konnten, haben wenigstens Erklärungsversuche ersonnen, trophotaktischer (Hıs jun.), chemotaktischer (R. v Casar) und elektrotaktischer Art (Strasser), die freilich alle einseitig, gekünstelt und in jeder Beziehung unzureichend sind, und Hıs sen. selbst hat, wenn ich ihn recht verstehe, die Empfindung gehabt, dass mit der blossen Annahme besserer Wachsthumsbahnen und Widerstände darbietender Stellen eigentlich nichts den Kern der Sache Treffendes gesagt sei, und hat darum zugefügt, dass diese Bahnen nach einer prästabilirten Harmonie geregelt seien. Mit diesem Leisnırz entlehnten Begriffe ist aber an die Stelle wissenschaftlich physiologischer Anschauung die teleologische, um nicht zu sagen die theosophische, getreten. Man kann indessen versuchen, die mit diesem Worte wenig glücklich be- zeichnete Sache — der consentement preetabli zwischen Leib und Seele wurde nach Leissitz bekanntlich von Gott vorausbestimmt — verdaulicher zu machen, indem man sagt: die prästabilirte Harmonie dieser Bildungsvorgänge bedeutet die ontogene- tische Rekapitulation von Geschehnissen, die sich vermöge der inneren Verwandtschaft von Nerv und Muskel palingenetisch bei den freilebenden Vorfahren von einfachsten Anfängen an zu immer höherer Vollkommenheit und Harmonie entwickelt und fixirt haben und nun als gesichertes Erbtheil den Nachkommen bereits in frühester embryo- naler Zeit übermacht wurden. Aber auch damit ist die Sache nicht zu retten. Wir müssen dann doch wieder ausgehen von zwar einfacher gebauten Thieren, deren betreffende Zellen aber, ur- sprünglich ohne jeden gegenseitigen Konnex im Körper liegend, sich erst sekundär aus der Ferne aufsuchten, in Verband setzten und nun erst als motorische Nerven- zellen und von ihnen beherrschte Muskelzellen in Aktion traten. Was war vorher ihre Funktion? Waren sie schon vor der Vereinigung motorische Nervenzellen, d.h. Herren ohne Land, und Muskelzellen, d. h. bewegungsfähige Gebilde, denen aber die nervösen Impulse zur Bewegung fehlten!)? Oder waren sie ursprünglich indifferente, von einander unabhängige Zellen, hundert, tausend getrennte Seelen in einer Brust, die erst sekundär nach Art einer Koloniebildung in funktionellen Verband zu einander traten? Und doch liegt das Vermögen zu empfinden und sich zu bewegen schon in dem einzelligen Organismus innerhalb derselben Zelle! Je mehr man sich in die Frage hineindenkt, je mehr man versucht, die sekundäre Verbindung ursprünglich getrennter und entfernter Zellen sich phylogenetisch zurecht zu legen, um so mehr wachsen die Schwierigkeiten, um nicht zu sagen, die Unmöglichkeiten. Und diese Schwierigkeiten erneuern sich mit jedem neuen Stadium, mit jeder neuen Vermehrung dieser Zellen, die sich dann immer wieder von Neuem in ungemessener Anzahl I) Dass im vegetativen Systeme die Muskelzellen auch ohne direkte nervöse Impulse sich kontrahiren können, bildet selbstverständlich kein Moment, welches für die Annahme der sekundären Verbindung ursprünglich entfernter Nerven und Muskeln zu verwerthen ist. Ausserdem aber hat man auch hier mit dem überraschend grossen Reichthum an Nerven zu rechnen, welchen die neueren technischen Methoden dargethan haben, und wird daraufhin eine recht ausgedehnte Abhängigkeit der betreffenden Muskulaturen von dem cerebro-spinalen Nervensystem, die im Detail noch genauer zu untersuchen ist, annehmen dürfen. Bei den animalen willkürlichen Muskelfasern wird die natürliche Bewegung derselben immer erst durch von dem centralen Nervensystem ausgehende und in den motorischen Nervenfasern ihnen direkt übergeleitete Impulse ausgelöst, geregelt und bestimmt. Festschrift für Gegenbaur. UI. 94 742 Max FÜRBRINGER 394 aufsuchen und finden müssen und dann erst einen einheitlichen Organismus bilden können! Wie gerne ich es auch wünschen möchte, mit dem verdienten Leipziger Anatomen, mit dem ich in so mancher speciellen Frage mich eins weiss, auch auf diesem Gebiete mich zu finden, wie sehr ich prineipiell jeder Art von freundlichem Einvernehmen der verschiedenen Arbeitsmethoden zugeneigt bin — denn jede kann von der andern lernen, und viribus unitis gelingt die Bewältigung der grossen Aufgaben natürlich besser als unter fortwährenden Reibungen und Widerständen —, auf der vorliegenden Basis geht es nicht. Unsere principiellen Anschauungen, unsere sonstigen Auffassungen sind zu verschieden und die zwischen ihnen liegenden Widerstände können nur durch gesicherte, unzweifelhafte, eindeutige Untersuchungsresultate über- wunden werden. Arbeite denn Jeder nach seiner Weise, so gut er eben kann, un- beirrt durch die Art des Anderen, mit dem steten Ausblick auf das grosse Ziel! Ich vermag sonach jetzt ebenso wenig wie früher bei dem Zusammen- wirken von Nerv und Muskel zu irgend einer Zeit eine Actio in distans anzunehmen; mindestens die direkte Nachbarschaft, die Berührung der Zellen und ihrer Derivate ist für mich Erforderniss. In ihr erblicke ich das morphologische Substrat ihrer physiologischen Zusammengehörigkeit. Ob hierbei die motorische Nervenfaser nur einen infolge der Muskelwanderung und Muskelver- mehrung ausgezogenen und verästelten Fortsatz der Nervenzelle bildet, oder ob sie aus einer Kette direkt aneinander gereihter Zellen durch Verschmelzung derselben hervor- geht, kann ich bei dem jetzigen Stande unserer Untersuchungen nicht entscheiden. Aus theoretischen und der vergleichenden Anatomie entnommenen Gründen, denen ich aber keinen absoluten, ausschlaggebenden Werth beimesse, gebe ich der ersteren Annahme den Vorzug, werde mich aber gern durch jeden gesicherten Untersuchungs- befund auch vom Gegentheil überzeugen lassen. Von allen für diese Entscheidung in Frage kommenden Untersuchungen verspricht die Ontogenese der ventralen moto- rischen Nerven des Amphiowus die sichersten Aufschlüsse; hier sind diese Nerven zufolge der primordialen direkten Nachbarschaft der Seitenrumpfmuskulatur ganz kurz und entbehren auch der Markscheiden, lassen somit eine in doppelter Hinsicht einfache Entwickelung und Ausbildung ihres motorischen Endverbandes erwarten. Ob die Verbindung zwischen motorischer Nervenfaser und Muskelfaser, über- haupt zwischen den verschiedenen nervösen Elementartheilen durch blossen Kontakt oder durch wirklichen Konnex geschieht, ist gerade jetzt mehr Streitfrage als je. Die Mehrzahl der Autoren scheint der Annahme eines blossen Kontaktes, somit dem minder innigen Verbande per contiguitatem zugeneigt zu sein; gegen sie, aber für die Kontinuität entscheidet die hohe Autorität Gorers. Aus physiologischen resp. physi- kalischen Gründen ist beides möglich. Der nervöse Strom braucht keine kontinuir- liche Bahn; er kann auch, wie der analoge Fall der Vorra’schen Säule zeigt, von Glied zu Glied überspringen. Doch verdient dabei ein Punkt Erwägung, den nament- 395] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 743 lich auch Gorcı (1893) hervorhebt: die feine, wahrscheinlich durch Neurokeratin gebildete Bekleidung der Nervenzellen und Nervenfasern. „Das Vorhandensein jener Bekleidung, welche, wenn sie wirklich aus Neurokeratin besteht, eine isolirende Wirkung ausüben müsste, bildet für mich ein anderes, sehr bedeutendes Hinderniss gegen die Annahme der angeblichen Nervenströme durch Kontiguität“ (Gorsı). Das ist auch für mich ein wesentlicher Grund gegen den blossen Kontakt, denn ich könnte nicht begreifen, warum von den beiden Möglichkeiten der Verbindung (Kontakt oder Konnex) gerade diejenige gewählt und ausgebildet sein sollte, welche einen grösseren Materialverbrauch und eine geringere physiologische Leistungsfähigkeit in sich vereint. Es giebt aber noch andere Gründe. Dass die Mehrzahl der Autoren für einen Verband per contiguitatem eintritt, hat den sehr triftigen Grund, dass die neuere und bessere mikroskopische Technik an zahlreichen Stellen, wo man früher eine Kontinuität gefunden zu haben glaubte, nur eine Kontiguität wahrnehmen kann. Vor Allem haben die auf der Höhe der jetzigen Leistungsfähigkeit stehenden Untersuchungen von Rerzıus überzeugend dar- gethan, dass jene breiten Konnexe, die man früher z.B. an verschiedenen Sinneszellen ete. beschrieb, nicht existiren, dass man allenthalben die Zellen- und Nervenfaser-Grenzen deutlich nachweisen kann. Es fragt sich nur, ob mit jenen verfeinerten Befunden auch wirklich das Endziel erreicht ist. Jeder weiss, wie ausgebreitete Zellenverbände (verbindende Protoplasmabrücken, Protoplasmastränge) z. B. im Epithelgewebe oder im Knorpelgewebe existiren, wie lange es aber gedauert hat, bis über diese, jetzt auch dem jüngsten Anfänger sichtbaren Verbindungen Einigkeit erzielt war. Seitdem hat man auch bei anderen Geweben solche Zellverbände konstatirt und die Frage liegt nahe, ob nicht überhaupt alle Zellen, zwischen welchen physiologischer Konnex (nutritorischer oder regulatorischer oder irgend welcher anderen Art) besteht, auch morphologisch in entsprechender Weise verbunden sind. Und gerade das Nerven- und Muskelsystem, dessen einzelne Elemente in ihrem Zusammenwirken mehr als bei jedem anderen Organsystem auf einander angewiesen sind, sollte dieser Verbände ent- behren? Das ist nicht wahrscheinlich. Man wird viel lieber annehmen, dass gerade hier solche Verbindungsfäden in höchster Ausbildung bestehen, wirklich vorhanden, aber so fein differenzirt und wegen der dünnen Zell- und Fasermembranen so kurz, dass es bisher noch nicht gelang, sie zur Anschauung zu bringen. Es soll mich nicht wundern, wenn es dem systematischen Suchen danach, speciell der Zerlegung der ausgebreiteten Kontaktstellen — ich denke hierbei nicht bloss an die motorischen, sondern auch an die sensibeln und sensorischen Nerven- endigungen und die verschiedenen centralen und peripherischen Verbände zwischen den einzelnen Neuronen oder Neurodendren — in feinste Querschnitte und unter Anwendung der geeigneten Tinktionsmittel und der besten Systeme gelingen wird, auch diese Verbände zur Anschauung zu bringen'). Mit diesen Verbindungen ist 1) Ich möchte, speeiell die motorische Nervenendigung betreffend, zugleich daran erinnern, dass von ver- schiedenen Autoren feinste, von ihr aus in die Muskelsubstanz ziehende Fäden beschrieben worden sind, ohne freilich bei anderen”Untersuchern Zustimmung und Unterstützung zu finden. 94* 744 Max FÜRBRINGER [396 aber nicht bloss das Mittel für das beste, prompteste und am meisten ungestörte Zu- sammenwirken der beiden Komponenten, sondern auch die beste Schutzvorrichtung für den geregelten und unveränderten funktionellen Zusammenhang beider gegeben, denn es bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung, dass ein solcher Verband durch lebende, aktive Gewebssubstanz auch in dieser Hinsicht unvergleichlich mehr leistet als die festesten zwischen beide Theile eingeschobenen Kittmassen, welche überdies nur wieder neue Hemmnisse für das physiologische Zusammenarbeiten geben würden. Aus diesen Gründen bin ich, ohne mich gegen die Annahme eines blossen Kontaktes absolut ablehnend zu verhalten, sehr geneigt, der Hypothese von dem Verbande der Nerven- und Muskelfaser per continuitatem den Vorzug zu geben, wenn ich mir auch klar bin, dass die thatsächlichen Beobachtungen für die Existenz desselben noch erbracht werden müssen. Und diese Verbände der einzelnen Elemente fasse ich nicht als etwas erst sekundär erworbenes, sondern mit HENxsEN als bereits primordiale, mit den Anfängen der Eifurchung präformirte und da- nach nur weiter ausgebildete und specialisirte Zusammenhänge auf. Damit ist die Einheit in den Entwickelungsvorgängen gewahrt, während die Annahme einer voraus- gehenden totalen Scheidung der Theilprodukte der Eizelle und einer nachfolgenden partiellen Verbindung derselben eine schwer verständliche Diskontinuität in diese Entwickelungsbahnen bringen würde. Dass hinsichtlich der faktischen Nachweise dieser primordial präformirten Ver- bände (unvollständigen Zelltheilungen) noch manche Desiderate bestehen, habe ich früher und jetzt zur Genüge hervorgehoben; angesichts der theoretischen Nothwendigkeit dafür dürfte aber der programmatische Verweis auf das, was noch zu thun ist, mehr am Platze sein als die zuversichtliche und bei unserem jetzigen Wissen zugleich von allzu grosser Genügsamkeit zeugende Aeusserung, dass hier schon Alles gethan sei. Dass diese Persistenz des primordialen Zusammenhanges so vieler Zellen und und Zellabkömmlinge ein Netz von unbegreiflicher Komplikation und damit ein Hinderniss für jeden weiteren Entwickelungsvorgang ergeben würde, halte ich für eine übertriebene Vorstellung. Für die eminente, in diesem Umfange wohl von den Meisten nicht geahnte, aber ohne Behinderung der sonstigen Funktionen ausgebildete Komplikation dieses Netzes haben die durch Gorsı gewonnenen Aufschlüsse die glänzende Bestätigung gegeben; es ist klar, dass alle diese Verbände sich nach dem Kausalnexus, nach dem Bedürfnisse regeln und ordnen und dass damit Vieles fällt, was nicht nöthig ist oder was für die sonstige Entwickelung des Organismus hinder- lich wird. Dafür sorgt schon der Kampf der Theile im Organismus, dafür sorgt der Kampf des gesammten Organismus um seine Existenz. Auf ein weiteres Eingehen auf diese Frage verzichte ich jetzt und verweise zugleich auf das Detail meiner früheren Ausführungen aus dem Jahre 1887. Vielleicht bietet sich mir auch an anderer Stelle Gelegenheit, an das dort und hier Gesagte anzuknüpfen. 397] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOGEPHALEN ETC. 745 Litteratur-Verzeichniss. A. 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Erster occipito-spinaler Nerv. a? dorsaler, a’ ventrale Wurzel desselben. Arteria branchialis 1—5. Articulatio eranio-vertebralis. Arteria epibranchialis 1—6. Articulatio eranio-vertebralis (besser intervertebralis) von Chimaera. Nervus abducens. Nervus acustieus resp. Foramen für denselben. Nervus accessorius Willisii. acc.a Ramus anterior, ace.p. R. posterior desselben. 2 Muse. adductor mandibulae. Aorta. Aorta dorsalis. Erster freier Wirbelbogen (Taf. VII Fig. 8). Muse. arcualis dorsalis 1—5. Arterie (Taf. VII, VIII). Arteria spinalis (Taf. VII Fig. 22). Zweiter oceipito-spinaler Nerv. b@ dorsale, 5” ventrale Wurzel desselben. Vereinigter zweiter und dritter oceipito-spinaler Nerv. (b-+.c)” Ventrale Wurzel desselben. Basis cranii. Erster bis sechster Kiemenbogen (auf Taf. II, Taf. IV. 2 und Taf. V die Basalia, auf Taf. IV. 1 die durchschnittenen Mittelstücke, auf Taf. VI die ventralen Glieder derselben bezeichnend). Dritter oeeipito-spinaler Nerv. c? dorsale, c” ventrale Wurzel desselben. - | 67 Uebergangsnery zwischen dem dritten oceipito-spinalen und einem freien spinalen Nerven (Taf. VII,VIII). Canalis carotieus (Taf. ]). Hinterer Hauptstock des Muse. coraco-arcualis (Taf. IV, Taf. VI). Querer Basalkanal (Taf. ]). Musc. coraco-branchiales. Muse. coraco-branchiales 1—7. Chorda dorsalis. Muse. coraco-hyoideus. Muse. coraco-mandibularis. Costa, Rippe. Coracoid. Copula hyoidea. Muse. eoraco-praemandibularis (Taf. IV. 3). Copularia (Hypobranchialia) des ersten bis dritten Kiemenbogens. _ Erster, zweiter Wirbelbogen (Crurale). Cranium. Erster bis zwölfter Wirbelbogen (Crurale). Muse. constrietor superfieialis dorsalis 1—5. Muse. constrietor superficialis ventralis 1—5. Dorsale Zone des dorsalen Abschnittes des Seitenrumpfmuskels (Taf. II). Vierter oceipito-spinaler Nerv (Taf. VII, VIII). d? dorsale, d” ventrale Wurzel desselben. g7* F6) ‚Fae 9) gph h.(8) HM HM* Hy hy, hy (a+b+ e) ch ib. 1—5 TCr ICr 1—13 Kra Lab Lg, Lig Lg. bv Lg.sp Lg.vb.c Ihm lis Is M. M.d. M.dl. M.ph M.rect. ext. Dd, Mab. Med. Max FÜRBRINGER [420 Uebergangsnerv zwischen dem 4. oceipito-spinalen und einem freien spinalen Nerven (Taf. VII, VIII). Musc. depressor hyo-mandibularis. Dorso-laterale Zone des dorsalen Abschnittes des Seitenrumpfmuskels (Taf. II). Musc. depressor mandibulae. Muse. depressor rostri. Fünfter occipito-spinaler Nerv. e? dorsale, e” ventrale Wurzel desselben. Uebergangsnerv zwischen dem 5. oceipito-spinalen und einem freien spinalen Nerven (Taf. VII. Aeussere Kiemenbogen (Ectobranchialia) (Taf. VI). Elektrisches Organ (Taf. II). Uebergangsnerv zwischen dem 6. oceipito-spinalen und einem freien spinalen Nerven (Taf. VII, VIIN. Nervus facialis resp. Foramen für denselben. Uebergangsnerv zwischen dem 7. oceipito-spinalen und einem freien spinalen Nerven (Taf. VII, VIIL. Nervus glossopharyngeus resp. Foramen für denselben. Uebergangsnerv zwischen dem 8. oceipito-spinalen und einem freien spinalen Nerven (Taf. VII, VII). Hyomandibulare (Taf. II, Taf. IV). Gelenkfläche am Kranium für das Hyomandibulare (Taf. ]). Hyoid (Taf. IV). Nervus hypoglossus (Taf. VIII). Muse. interbasalis. Muse. interbasales 1—5. Intererurale (Intercalare) der Wirbel. Intereruralia 1—13. Kranium. Labyrinth (angeschnitten) (Taf. II). Ligamentum. Lig. basi-vertebrale (Taf. V). Lig. suspensorium atlantis (Taf. VID. Lig. vertebrale commune ventrale (Taf. V). Muse. levator hyomandibularis (Taf. II). Muse. levator labii supe ioris (Taf. I]). Muse. levator scapulae (ventraler Theil der Rumpfmuskulatur). Musculus. Dorsale Zone des dorsalen Abschnittes des Seitenrumpfmuskels. Dorso-laterale Zone des dorsalen Abschnittes des Seitenrumpfmuskels. Pharyxnmuskulatur. Muse. rectus externus oculi (Taf. VII). Mandibula. Medulla spinalis. Auge (Oculus). Nervus oculomotorius resp. Foramen für denselben. Procoracoid (Taf. VII). Parietalgrube (Taf. ]). Plexus brachialis s. pterygialis. Plexus cervicalis. Praemandibularknorpel (hinterer ventraler Lippenknorpel) (Taf. IV, V]). Processus postorbitalis (Taf. ]). Palatoquadratum (Taf. IV). 421] PQ* Pred Psph Pier.ant. R.a R.e.vg R.abd R.arc.d. 1—5 R.bdr.vg ‚R.carc.p. R.chr R.cbr 1—7 R.chy R.cem R.cut, Rr. cut. R.eut.pl.er. R.d. R.d. 1—6 R.dl, Rr.dl R.ib, Rr.ib R.ib. 1—3 R.int. vg. R.lat.vg., R.lt.vg. R.ls R.lt.vg.inf. R.lt.vg.sup. Rr.m.dl. R.ohy R.ohy', R.ohy" R.pch.se Rr.ph.vg. Rr.prt.br.1—3vg. R.prt. gph. Rr.pst.br. 1—3 vg. R:pst.gph. R.sbsp., Rr.sbsp. R.spe. Rr.sthy R.stth Rr.tr. R.vise. vg. Ru sbsp sbsp.a, sbsp.b Sc Sct Spir sy Ta ir ir Tr.br. 1-5 Trig UEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. Hintere Gelenkfläche am Kranium für das Palatoquadratum (Taf. I). Pericardium. Parasphenoid (Taf. VII). Vordere Flosse. Ramus anterior nervi hypoglossi (Taf. VIII). Ram. anastomotieus n. vagi (Taf. VIII). Ram. musc. transversi abdominis (Taf. VIIL 10). Nervenzweige für die Musc. arcuales dorsales 1—5. Rami branchiales nervi vagi. Nervenzweige für den hinteren Hauptstock des Muse. coraco-arcualis. Nervenzweige für die Muse. coraco-branchiales. Zweige für die Muse. coraco-branchiales 1—7. Nervenzweige für den Musc. coraco-hyoideus. Nervenzweige für den Muse. coraco-mandibularis. Ramus cutaneus, Rami cutanei, Hautnerven. Ramus cutaneus des Plexus cervicalis. Dorsaler Ast der Spinalnerven. Dorsale Aeste des ersten bis sechsten Spinalnerven. Nervenzweig (Nervenzweige) für die dorso-laterale Abtheilung des Seitenrumpfmuskels. Nervenzweig (Nervenzweige) für die Muse. interbasales. Nervenzweig für den ersten bis dritten Muse. interbasalis. Ramus intestinalis nervi vagi. Ramus lateralis nervi vagi (superior). Nervenzweig für den Muse. levator scapulae. Ramus lateralis nervi vagi inferior (Taf. VIII. 8). Ramus lateralis nervi vagi Superior (Taf. VIII. 8). Nervenzweige für die dorso-laterale Abtheilung des Seitenrumpfmuskels. Nervenzweige für den Musc. omo-hyoideus (Taf. VIIT,. Nervenzweige für den vorderen und hinteren Bauch des Muse. omo-hyoideus (Taf. VII). Ramus posterior nervi hypoglossi (Taf. VIII). Ramus muse. pectoralis (Taf. VIII. 10). Nervenzweige für das Perichondrium der Scapula (Taf. IT). Rami pharyngei nervi vagi. ö Rami praetrematici branchiales 1—3 nervi vagi. Ramus praetrematicus nervi glossopharyngei. Rami posttrematici branchiales 1—3 nervi vagi. Ramus posttrematicus nervi glossopharyngei. Nervenzweig (Nervenzweige) für den Muse. subspinalis. Ramus musc. supracoracoidei (Taf. VII. 10). Nervenzweige für den Muse. sterno-hyoideus resp. episterno-hyoideus (Taf. VIII). Nervenzweig für den Muse. sterno-thyreoideus. Nervenzweige für den Muse. trapezius. Ramus visceralis nervi vagi. Rostrum (Taf. IV. 3). Muse. subspinalis. Die beiden Abtheilungen des Muse. subspinalis der Notidaniden (Taf. II, V). Scapula, dorsaler Theil des Schultergürtels. Durchschnitt der Scapula (Taf. IV. 2). Spiraculare. Nervus sympathicus. Sehne (Tendo) (Taf. VIII 7). Nervus trigeminus resp. Foramen für denselben (Taf. ]). Muse. trapezius (Taf. II). Erste bis fünfte Kiemenspalte (Trema branchiale). Neryus trigeminus (Taf. VII). - “D a, ß yd.. a, ßB,y9, d, € 9002377: U——6; Max FÜRBRINGER [422 Fünftletzter Oceipitalnerv resp. Foramen für denselben (Taf. I). Vena branchialis (Taf. III. 4). Wirbel, Wirbelsäule, Wirbelkomplex der Rochen und Holocephalen. Erster bis zwölfter Wirbel. Lateraler Fortsatz des Wirbelkomplexes der Rochen (Taf. II). Processus scapularis des Wirbelkomplexes der Rochen (Taf. II). Nervus vagus. Viertletzter Oecipitalnerv resp. Foramen für denselben. Drittletzter Oceipitalnerv resp. Foramen für denselben. Vorletzter Oceipitalnerv resp. Foramen für denselben. y” Ventrale Wurzel desselben. Letzter Oceipitalnerv resp. Foramen für denselben. x“ dorsale, z’ ventrale Wurzel desselben. Erster und zweiter spino-oceipitaler Nerv von Petromyzon (Taf. VII. 22). Erster, zweiter und folgende spinale Nerven von Petromyzon (Taf. VII. 22). Wurzelbündel des Nervus hypoglossus von Ornithorhynchus (Taf. VIII. 17). Erster bis zweiundzwanzigster freier Spinalnerv. 1° 22°, dorsale, 1”—22” ventrale Wurzeln derselben. Erster freier Spinalnerv der Amnioten (Taf. VII), Zweiter freier Spinalnerv der Amnioten (Taf. VII). Dritter freier Spinalnery der Amnioten (Taf. VI]). Ein Pluszeichen drückt die Verbindung verschiedener auf einander folgender Nerven aus, z. B. bedeutet 2+1-+-2 die Verbindung des letzten occipitalen und der beiden ersten spinalen Nerven (Taf. III) oder a+5b-+-c die Vereinigung der drei oceipito-spinalen Nerven (Taf. VII, VIII) ete. bedeutet (Taf. III. 11) die Vereinigung der drei letzten Oceipitalnerven (x, y, 2) und der sechs ersten Spinalnerven (1, 2, 3, 4, 5, 6). Tatel TI. Mediane Sagittalschnitte durch den Schädel und den Anfang der Wirbelsäule von Selachiern und Holocephalen, nach Wegnahme des Gehirns und Rückenmarks, um die inneren Eintritte der cerebralen und spino-oceipitalen Nerven in die Schädelwand zu zeigen. Bei Fig. 8, 9 und 13 sind durch weitere Präparation die Durchtrittskanäle der occipitalen Nerven freigelegt. Die natürliche Richtung der eintretenden Nerven ist, wenn möglich, annähernd wiedergegeben; zum Theil mussten dieselben aber auch etwas nach oben oder unten geschlagen werden, um die Eintritte recht deut- lich zu zeigen. Fig. Fig. Fig. Fig. 2 giebt eine äussere Ansicht des Kranium wieder. Hezxanchus griseus. Linke Seite des Exemplares A. Maassstab '/.. Ansicht von innen. * Alte Grenze zwischen Kranium und Wirbelsäule, durch etwas weicheren faserigen Knorpel gekenn- zeichnet. Dasselbe. !/,. Ansicht von aussen. Hexanchus griseus. Rechte Seite des Exemplares A. 1/ı. * Alte Grenze zwischen Kranium und Wirbelsäule. Se EEE Fig. 4 Fig. 5 Fig. 6 Kios7T Fig. 8 Fig. 9 Fig. 10 Fig. 11 Fig. 12 Fig. 13 Fig. 14 Fig. 15 ÜEBER DIE SPINO-OGCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 7 | je Hezanchus griseus. Linke Seite des Exemplares ©. '/ı. * Alte Grenze zwischen Kranium und Wirbelsäule. + Neue Grenze zwischen Kranium und Intererurale 1, durch Abgliederung desselben vom Kranium erfolgt. Heptanchus einereus. Kechte Seite des Exemplares A. °/ı. Heptanchus einereus. Linke Seite des Exemplares ©. 3/.. Centrophorus calceus. Linke Seite. ?/,. Seyllium canicula. Rechte Seite des Exemplares A. ®/,. Durchtrittsstellen der oeceipi- talen Nerven freigelegt; Rami musculares für die dorso-laterale Rumpfmuskulatur nur zum Theil angedeutet. Seyllium canieula. Rechte Seite des Exemplares B. /,. Im Uebrigen cf. Fig. 8. Cestracion Philippi. Linke Seite des Exemplares A. /,. Prionodon glaucus. Rechte Seite eines jungen Thieres. ?/ı. Spinax niger. Linke Seite. */.. Acanthias vulgaris. Rechte Seite. ®/,.. Im Uebrigen cf. Fig. 8. Rhynchobatus djeddensis. Rechte Seite. ?/.. Chimaera monstrosa. Rechte Seite. ?/.. Medianschnitt durch das Kranium und den daran anschliessenden Wirbelkomplex. Tafel I. Ansichten der dorsalen Bereiche der Plexus cervico-brachiales von Haien und Rochen, bei den ersteren insbesondere auch der epibranchialen Geflechte mit den von ihnen versorgten Theilen. Knorpel blau, Muskeln zinnoberroth, Gefässe carminroth wiedergegeben. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3... Heptanchus einereus. Linke Hälfte; Ansicht von der Seite und zugleich ein wenig von oben. /.. Die Seitenrumpfmuskulatur ist bis auf einen geringen vorderen Rest (dl) weg- genommen, um die Austritte der oceipitalen und spinalen Nerven zu zeigen; die dorsalen Aeste derselben, die meisten Zweige für die Rumpfmuskulatur und die Rippen sind eben- falls weggelassen. Desgleichen ist vom Kranium ein Theil der Labyrinthregion bis zur Freilegung der Canales semicirculares entfernt, um die Öceipitalnerven besser sichtbar zu machen. Die Nervi glossopharyngeus und vagus sind von ihrem Ursprunge abgetrennt und nach unten geschlagen, wodurch die genannten palaeokranialen Nerven und die occi- pitalen und spinalen Nerven mit ihren Ursprungsgebieten übersichtlicher und besser ge- sondert hervortreten. Desgleichen sind die dorsalen Theile des Muse. constrietor super- fieialis, M. trapezius und Scapula dorsal abgetrennt und nach unten geschlagen, von der Scapula zugleich der dorsale Theil entfernt. Laemargus borealis. Linke Hälfte; Ansicht von der Seite und zugleich ein wenig von oben. ?/;. Die Seitenrumpfmuskulatur ist gleichfalls (mit Ausnahme des hinteren Ab- schnittes) weggenommen, desgleichen von den Spinalnerven grösstentheils die dorsalen Aeste und die Zweige für die Rumpfmuskulatur. Ferner sind der Muse. constrietor super- facjalis dorsalis sowie der M. trapezius nach unten geschlagen und die Kiemenregion etwas nach unten gezogen, um die dorsalen Theile derselben besser sichtbar zu machen. N. glossopharyngeus und N. vagus blieben in ihrer natürlichen Lage; der Ram. lateralis nervi vagi wurde weggenommen. Torpedo narce. Linke Seite. Ansicht von oben und ein wenig von der Seite. Junges Thier. #/,. Die Seitenrumpfmuskulatur, der ganze vordere Theil der Brustflosse und des elektrischen Organs, sowie die dorsalen Aeste und die Rumpfmuskelzweige der Spinal- nerven sind weggenommen. Von den Nn. glossopharyngeus und vagus wurden nur einige Theile erhalten. MAX FÜRBRINGER [424 Torpedo narce. Linker Plexus cervicalis des in Fig. 3 abgebildeten Thieres in etwas stärkerer Vergrösserung (?/,). Die dem Plexus brachialis s. pterygialis zugehörigen Nerven sind sämmtlich entfernt, um eine reine Ansicht des Plexus cervicalis zu gewähren. Raja clavata. Linke Seite. Ansicht von oben und zugleich ein wenig von der Seite. Junges Thier. !/,. Die Seitenrumpfmuskulatur und der vordere Theil der Brustflosse ist grössten- theils entfernt, desgleichen der Muse. constrietor superficialis 5. Im Uebrigen cf. Fig. 3. Raja clavata. Linker Plexus cervicalis des in Fig. 5 abgebildeten Thieres in stärkerer Vergrösserung (3/,). Im Uebrigen cf. Fig. 4. Tafel II. Ansichten von Plexus cervicales resp. cervico-brachiales von Haien. Die ventralen Wurzeln sind in der Regel vom Austritt aus dem Foramen an abgebildet; von den dorsalen sind zumeist die Anfänge nebst den Spinalganglien entfernt. Desgleichen wurden fast allenthalben die dorsalen Aeste (Zer. d.) nicht wiedergegeben und meist auch die für die dorso-laterale Rumpfmuskulatur be- stimmten Zweige (Zr. dl) weggelassen. Fig. 1. Fig. 2 Fig. 3 Fig. 4 Fig. 5 Fig. 6 Fig. 7 Fig. 8 1a, 9) Fig. 10. Fig. 11 Fig. 12. Hexanchus griseus. Linke Seite des Exemplares D. ?/,. Anfang des Plexus cervicalis, von dem w ausgelöst ist. Im Ganzen ziemlich normal gebildetes Geflecht. Hezxanchus griseus. Rechte Seite des Exemplares D. */,. Abnormer Anfang des Plexus; w erst im Beginne der Auslösung, doppelte Verbindung von x und y, y stärker als z. Laemargus borealis. Linke Seite eines ganz alten Exemplares. 2/,. Anfang des Plexus. Verbreitung der Rami subspinales (Ar. sdsp.) in dem Muse. subspinalis (sdsp.). Ansa der beiden Rami interbasales (Zr. db. 1 und 2). Laemargus borealis. Rechte Seite eines mittelalten Exemplares. 3/,. Entwirrung der ziemlich komplieirten peripherischen Anastomose zwischen dem Plexus cervicalis und dem N. vagus. Scymnus lichia. Linke Seite. !/,.. Plexus mit Ausnahme der ventralen Endverzweigung in die hypobranchiale spinale Muskulatur. Oentrophorus granulosus. Rechte Seite. !/,. Wie Fig. 5. Spinax niger. Linke Seite. ®/,.. Wie Fig. 5. Seyllium canicula. Rechte Seite. 3/4. Plexus cervicalis mit seinen ventralen Endver- zweigungen. Odontaspis americanus. Linke Seite. '/,. Plexus ohne die ventralen Endzweige. Mustelus vulgaris. Linke Seite. ®/,. Anfang des Plexus, der mit 3 oceipitalen Nerven (2, y, 2) beginnt, deren erster (z) in Wirklichkeit etwas feiner ist als dies die Abbildung wiedergiebt. Prionodon glaueus. Linke Seite eines jungen Thieres. */,. Plexus ohne die hypo- branchialen Endzweige. Rhina squatina. Linke Seite eines jungen Thieres. ®/,. Die gewiss äusserst feinen Rami interbasales sind nicht abgebildet. Der Ram. cutaneus (R. cut.) des Plexus cervicalis setzt sich aus Zweigen des 4. und 5. Spinalnerven (4 +5) zusammen, von denen der von 5 kommende Antheil sehr fein ist. Tafel IV. Fig. 1 und 2 geben Ansichten der gesammten Plexus cervicales nebst den von ihnen ver- sorgten Theilen, Fig. 3 eine Ventralansicht der hypobranchialen spinalen Muskulatur, Fig. 4—9 Plexus cervicales von Holocephalen und Rochen. — Knorpel blau, Muskeln zinnoberroth, Gefässe carminroth. u TEE = 1 —1 UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC, 7er Mustelus vulgaris. Linke Seite. *,. Der laterale Theil der Visceralregion ist bis zu den Ansätzen der Mm. coraco-arcuales entfernt, so dass man die durchschnittenen Mittel- stücke der Kiemenbogen und zwischen ihnen die Tiefe der Pharynxhöhle sieht. Des- gleichen ist das gesammte Konstriktoren-System, mit Ausnahme geringer sich zwischen die Mm. coraco-branchiales einschiebender Reste, sowie die dorsale Seitenrumpfmuskulatur nebst dem M. levator scapulae weggenommen, so dass die oceipitalen und spinalen Nerven freiliegen. Die Nn. glossopharyngeus und vagus sind gleichfalls entfernt. Chimaera monstrosa. Linke Seite. !/,.. Die oberflächlichen Theile des Konstriktoren- Systems nebst Trapezius, sowie die dorsale Seitenrumpfmuskulatur und der obere Theil der Scapula sind entfernt und damit die Verzweigungen der Nn. glossopharyngeus und vagus, sowie der occipitalen, occipito-spinalen und spinalen Nerven freigelegt. Callorhynchus antarcticus. Ventrale Ansicht. ?/,. Die oberflächlichen ventralen Kon- striktoren sind zum Theil weggenommen, zum Theil zur Seite geschlagen, um die hypo- branchiale spinale Muskulatur freizulegen. car. p' oberflächliches accessorisches Ursprungsbündel des hinteren Hauptstockes des M. coraco-areualis. car. p" lateralwärts aberrirendes Fascikel des gleichen Muskels. Chimaera monstrosa. Linke Seite. ”/,. Ansicht des Plexus cervico-brachialis mit Aus- nahme der hypobranchialen Endverzweigungen. Nervus vagus nur mit seinem ersten Anfange und dieser durchsichtig gedacht wiedergegeben, damit die von ihm bedeckten Anfänge der oceipitalen Nerven (y, z) sichtbar werden. Scapula nur angedeutet. Chimaera monstrosa. Linke Seite. ?/,. Abgang des 2. und 3. oceipito-spinalen Nerven (6), e) von der Medulla und Durchtritt derselben durch den dem Schädel assimilirten Wirbelkomplex. Callorhynchus antarctieus. Linke Seite. /,. Plexus cervico-brachialis mit Ausnahme der hypobranchialen Endäste. Die Behandlung übrigens wie in Fig. 4. Ichynchobatus djeddensis. Linke Seite, Dorsalansicht. 5/,. Anfang des Plexus. Die Nerven von dem Austritte aus dem Cranium und der Wirbelsäule an wiedergegeben. Torpedo narce. Linke Seite eines jungen Thieres. Dorsalansicht. °/,.. Anfang des Plexus. Torpedo narce. Linke Seite eines mittelalten Thieres. Ventralansicht. ®/,. Hypobranchiale Verzweigungen des Plexus cervicalis. Der schwarze horizontale Strich bedeutet die ven- trale Mittellinie, der rothe die laterale Grenze des M. coraco-mandibularis. Batel Vz Fig. 1—9 geben ventrale Ansichten des Systemes der epibranchialen spinalen Muskulatur (Mm. subspinalis und interbasales). Die Präparate und Abbildungen gewähren Einblick in das Innere des Kiemendarmes nach Entfernung der ventralen Hälfte desselben. Fig. 10 zeigt den vom Schädelursprunge abgelösten und nur noch mit dem Kiemenskelett in Verband befindlichen M. sub- spinalis von Callorhynchus von der Dorsalfläche. Fig. Fig. Fig. Fig. 4. Fig. 5. vun Heptanchus einereus. '/,. Hezanchus griseus. %);. Acanthias vulgaris. ®/,. Auf der linken Seite des Thieres (rechte Seite vom Beschauer aus) ist der M. interbasalis 1 und der grösste Theil des Basale 1 (Br. /) weggenommen, um das insertive Ende des M. subspinalis (sbsp *) zu zeigen. Laemargus borealis. !/;. Die Ligg. vertebrale commune und basi-vertebralia sind grössten- theils entfernt. Scyllium canieula. !. Festschrift für Gegenbaur. II. 98 774 Max FÜRBRINGER [126 6. Odontaspis americanus. 23. 7. Rhina squatina. *};. Fig. 8. Scymnus lichia. 2/3. 9. Raja clavata. *);. 0. Oallorhynchus antaretieus. 2/3. Das Basale 1 ist vom Musc. subspinalis vollkommen be- deckt, das Basale 2 (Dr. 2) ragt ein wenig über. sbsp * Ursprungsfläche des M. subspinalis. Tafel VI. Ansichten der hypobranchialen spinalen Muskulatur, nach Wegnahme der sie deckenden ventralen Konstriktoren. Die Präparate sind zumeist in schräger Lage von der ventralen und lateralen Fläche gezeichnet, damit die Mm. coraco-branchiales auch zur Ansicht kamen. Die Nerven sind bei Zaemargus borealis (Fig. 4) wiedergegeben, übrigens weggelassen. Fig. 1. Heptanchus ceinereus. Von rechts und unten. 5/,. Fig. Centrophorus granulosus. Reine Ventralansicht. 5/,. Die Hauptmasse der hypobranchialen spinalen Muskulatur ist quer durchschnitten und nach vorn und hinten umgeschlagen, um die Insertionsstellen der einzelnen Mm. coraco-branchiales zu zeigen; zugleich ist der Herz- beutel (Pred; aus Versehen mit Prde 5 bezeichnet) eröffnet, um das hintere Ende der Aorta sichtbar zu machen. Die Kiemenregion der linken Seite des Thieres ist stark lateralwärts abgezogen. Fig. 3. Scymnus lichia. Von rechts und unten. >/,. chr. 3' und chr. 3" die beiden Insertionszipfel des M. coraco-branchialis 3. Fig. 4. Laemargus borealis. Von rechts und unten. '/,. Die Nerven für die hypobranchiale spinale Muskulatur sind in der Tiefe derselben verlaufend und durch diese mit matten Konturen durchscheinend dargestellt, während die oberflächlichen Hautnerven (Kr. cut.) mit scharfen Konturen hervortreten. [89] Fig. 5. Cestracion Philippi. Von rechts und unten. ?).. Fig. 6. Seyllium canicula. Von rechts und unten. >). Fig. 7. Prionodon glaucus. Junges Thier. Von links und unten. '/.. Fig. 8. Rhina squatina. Junges Thier. Von links und unten. !/.. chy' und chy' der unpaare und die paarigen Insertionszipfel des M. coraco-hyoideus. Fig. 9. Raja clavata. Von links und unten. ®/,.. Rechterseits ist nur die Haut entfernt, linker- seits auch das ventrale Konstriktoren-System (irrthümlich mit esd anstatt cso bezeichnet) in der Mitte weggenommen. Auf dieser Seite zeigt sich auch die Kiemenregion lateral- wärts abgezogen, um den M. coraco-branchialis gut zur Anschauung zu bringen. TafelVIT. Mediane Sagittalschnitte durch Schädel und Wirbelsäule von Kranioten, die nicht Selachier und Holocephalen sind; im Uebrigen nach Präparaten, die in der gleichen Weise wie diejenigen der auf Taf. I abgebildeten Selachier behandelt wurden. Allenthalben ist die rechte Seite von innen dargestellt. Fig. 1—21 Gnathostomen, Fig. 22 Petromyzon (Fig. 23 Bdellostoma, nach einem defekten Präparate gezeichnet, ist ungültig und wird durch die Textfigur 1 auf p. 616 ersetzt). — Der Knorpel ist zumeist durch Kreuzschraffirung, die Chorda auf einigen Figuren durch senk- rechte Schraffirung gekennzeichnet. 427 UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 75 l Fig. 1. Acipenser sturio. 1). Fig. 2. ‚Polyodon folium. ?)ı. * alte, zum Theil noch bindegewebige Grenze zwischen Palaeocranium und Neocranium. Fig. 3. Polypterus bichir. ?)ı. Fig. 4. Lepidosteus osseus. ?/ı. Fig. 5. Amia calva. ?/,' Fig. 6. Esozx lueius. >? Fig. 7. Mullus surmuletus. °),. a” (?) sehr zweifelhaftes, rein bindegewebiges Rudiment des ersten occipito-spinalen Nerven (cf. p.465 Anm. 1). Fig. 8. Ceratodus Forsteri. '/.. Fig. 9. Ceratodus Forsteri. Etwas kleineres Exemplar. '/,.. Die beiden occipitalen Nerven y’ und =” sind durch die Schädelbasis hindurch verfolgt, wobei ein Theil der letzteren weg- genommen wurde. Fig. 10. Protopterus annectens. >],. * zum Theil noch bindegewebige Grenze zwischen dem 1. und 2., dem Cranium assimilirten (neokranialen) Wirbel. Fig. 11. Necturus maculatus. ?3]ı. Art. durch die Lig. cranio-vertebrale hindurchtretendes Gefäss. Fig. 12. Oryptobranchus jJaponieus. !/,. 4rt. durch den Schädel durchtretende Arterie, welcher der äusserst feine Nerv z” dorsal anliegt. Fig. 13. Pipa americana. 3). 14. Bufo vulgaris. 3). Fig. 15. Platydactylus guttatus. %),. a’, b’, c” oceipito-spinale Nerven, welche den N. hypoglossus zusammensetzen, 4(1), 5(2), 6(3) drei erste freie spinale Nerven; ebenso auf den folgenden Figuren. Fig. 16. Python retieulatus. ?/,. Fig. 17. Chelydra serpentina. ?Jı. Fig. 18. Jacare sclerops. Junges Thier. ?/,. Fig. 19. Anser cinereus. ?).. Fig. 20. Ornithorhynchus paradozus. ?/;. Fig. 21. Halmaturus benetti. '),. Fig. 22. Petromyzon marinus. */,. Der Schnitt trifft nicht genau die Mitte, weshalb das vordere verschmälerte Ende der Chorda nicht wiedergegeben ist. (Fig. 23. Bdellostoma bischoffi. Ungültige, weil nach einem defekten Präparate gezeichnete Figur, welche durch die Textfigur 1 auf p. 616 ersetzt ist). Tafel VI. Ansichten von Plexus cervicales resp. cervico-brachiales von höheren Gnathostomen als die Selachier und Holocephalen. Allenthalben sind linksseitige Plexus wiedergegeben. Die Be- handlung und Darstellung derselben ist im Wesentlichen die gleiche wie auf Tafel II. Fig. 1. Aeipenser sturio. !/ı. Fig. 2. Polypterus bichir. ?)ı. ebr letzter M. coraco-branchialis. Neben Art (Arteria) verläuft y”, der aber wegen seiner grossen Fein- heit bei der vorliegenden Vergrösserung nicht wiedergegeben werden konnte. Fig. 3. Lepidosteus osseus. ®)s. Fig. 4. Amia calva. 35. z” letzter Oceipitalnerv, nur in seinem Anfangstheile abgebildet. R.pcv Ramus postcervicalis (cf. p. 457 Anm. 1). ++ feine Gefässnerven. 98* 776 own 0: el: ‚12 Fr Bu 63 . 14. . 15. 16: ld. Max FÜRBRINGER [428 Esox luewus. Y)ı. j j ; vg“ Vaguszweige, welche dem Plexus cervicalis durch den Ramus anastomoticus vagi (R.a.vg) zugefügt wurden und an der angegebenen Stelle sich wieder von ihm abzweigen. Mullus surmuletus. 2). vg“ ef. Fig. 5. — !s Ursprungszipfel des Musc. levator scapulae. Caranz trachurus. %)z. Protopterus annectens. ?/}- Necturus maculatus. ?/ı- Pipa americana. ®/,. Das ventrale Ende des Plexus cervico-brachialis ist weit lateral- wärts abgezogen und mit dem dorsalen Anfangstheile in die gleiche Ebene gebracht. Dactylethra capensis. Js. Rana esculenta. ?),. Hatteria punclata. ?),. Jacare sclerops. Junges Thier. ?/,. (@a-+b-+-c) durch Vereinigung der drei oceipito-spinalen Nerven gebildeter Stamm des N. hypoglossus. Ebenso bei den folgenden Figuren. Anser cinereus. °)2- Ornithorhynchus paradozus. ?3- Ornithorhynchus paradozus. 5/3. Austritt des N. vagus und N. hypoglossus aus der ge- meinsamen Oefinung des Schädels. 429] UÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. rl Berichtigungen und Ergänzungen. Seite 389 Zeile 4 von oben statt 19. Prionodon lies „29. Prionodon“. 439 444 451 464 -1 je [ So - mb on w@ 13 w - om ovmm - - ontogonetisch lies „ontogenetisch‘“. - - der Spinalnerv lies „der 1. Spinalnerv“. - - - eben lies „aber“. - unten vor SÖRENSEN füge ein „GUITEL (Recherches sur les Lepadogasters. Arch. Zool. exper. (2) VI. Paris 1888 p. 535) giebt an, dass der grand hypoglosse ou la premiere paire spinale von Lepadogaster (wahrscheinlich identisch mit 5) sich theils zur Brustflosse, theils zum M. sterno- hyoideus begiebt“. von oben auf WILDER (1890 p. 682.) folgt noch „Gaupp (1896). von oben auf den Schluss des Kleingedruckten „Amphibien“ folgt noch „Dusts (1835), GöTTE (1875), Gaupp (1894) und namentlich F. E. SCHULZE (1892) von verschiedenen Anurenlarven‘“. von unten. Auf den Schluss des bezüglichen Passus folgt noch „Ueber die hypobranchialen Muskeln der Anurenlarven handele ich hier nicht“. von unten nach Fig. 20 u. 22 füge ein „Rodentia (Atherura, ef. PATERSON 1887 p. 612), Carnivora (Felix ind., Vulpes ind. ef. Swan 1835 und PATERSON 1887)“. von unten. Nach MAnNERS-SMITH (1894 p. 710) füge ein „McKaAy (1894 resp. 1895 p. 349)“. und 1 von unten und Seite 547 Zeile 3 von oben statt 4”@ lies für erwachsene Reptilien und Vögel „Ar“, statt 5”@ lies für erwachsene Vögel „5°“. der Anmerkung von oben statt Zugenmuskulatur lies „Zungenmuskulatur“. von oben nach SCHNEIDER (1879 p.72f. füge noch ein „1882 p. 164“). von unten vor HATSCHEK füge noch ein „1882 deutet er dasselbe als Reetus“. des Textes von unten nach das faciale Myomer füge noch ein „(SCHNEIDER’s Rectus 1882)‘, - - - - statt ventral lies „central“. der Anmerkung 3 von oben anstatt Fasern nie lateral austreten lies „Fasern rein lateral austreten“. des Textes von unten nach GASKELL (1886, 1859) füge ein „GORONOWITSCH (1888, 1892)“. - - - - statt centralwärts lies „ventralwärts“. der Anmerkung von oben statt p. 34 lies „p. 341“. des Textes von oben statt längeren lies „früheren“. = - - - nach Spinalganglienzellen füge noch ein „und ihren sympathischen Abkömm- lingen“. des Textes von unten statt des Labialknorpels lies „der Labialknorpel“. von oben statt 1875 lies „1895“. von oben statt Price 1895 lies „PRICE 1896“. des Textes von unten statt braucht lies „gebraucht“. = - - - - nachkommende lies „nahekommende“, E = = - abgebildeter lies „ausgebildeter“. - 5 - oben statt Heterotypien lies „„Heterotopien“. Ausserdem mache ich hinsichtlich der Myomerie und Branchiomerie, der Augenmuskelnerven und der Somiten nochmals aufmerksam auf GORONOWITSCH (1888), dessen vortreffliche Arbeit im bezüglichen Texte nicht genugsam hervorgehoben wurde. 778 Max FÜRBRINGER [430 Inhalts-Uebersicht. Emleitungs. 0 terre ee a WER Le SUNCRe FERNE LER RT ES RABEN ARSBLEE HEiEz. ER l EI ER O 7 I. Abschnitt. Die spino-oceipitalen Nerven der Selachier und Holocephalen und die von ihnen versorgten Gebiete . 352 1. Einleitendes, Litteratur, untersuchtes Material . RE EL EI 352 Begriffe spino-oceipital, oceipital, occipito-spinal 1353, 353) — STANNIUS (353), GEGENBAUR (354—356), sonstige Litteratur (356, 357). — Untersuchtes Material (357, 358). 2. Zahl und Stärke der occipitalen resp. spino-occipitalen Nerven. . . . . 2 2....958 Bezeichnungsweise (358, 359), Stärke und Zahl bei den von mir (359) und anderen Autoren (360) untersuchten Gattungen; Abweichungen, Beurtheilung der fremden Funde (360, 361). — Vergleichendes Verhalten der Notidaniden, pentanchen Haie, Rochen und Holocephalen (361), ontogenetische Verhältnisse (361, 362), individuelle und antimere Variirungen (362), Abnahme der Zahl mit dem zunehmenden Alter (363), speciellere Betrachtung von Hexanchus (Ab- gliederung) (364), Heptanchus (365), Prionodon, Chimaera und Callorhynchus (Angliederung, occipito-spinale Nerven) (365—368), Dreizahl der oceipito-spinalen Nerven (368). 3. Ventrale und dorsale Wurzeln, Ursprung und Abgang von der Medulla, Beziehung zum .N. vacus, intrakraniolleräVierlaufälr ar er Er re Ventrale motorische Wurzeln, Rückbildung der dorsalen sensiblen Wurzeln (368), ontogenetische Existenz der dorsalen Wurzeln (368, 369). — Homodynamie mit den Spinalnerven (370), Heterogenität vom N. vagus (370, 371), Abgang von der Medulla im Vergleich zum Vagus und successives Vorrücken nach vorn (371, 372). — Vagusursprung (372, 373), N. accessorius Willisii (374). — Intrakranieller Verlauf der occipitalen Nerven (374, 375). 4. Durchtritt durch die Schädelwand . A ee Be ee TO Eintritt der ventralen Wurzeln in die Schädelwand, gegenseitige Entfernung und relative Lage dieser Eintrittsöffnungen zum Vagusloch, Vorwanderung (375—378), sensible Wurzel (378), Eintritt der oceipitalen und oceipito-spinalen Nerven bei den Holocephalen (379). — Durchtritt durch die Schädelwand, Richtung der Durchtrittskanäle, Austrittsöffnungen, Konvergenz (379, 380). 5. Peripherisches Verhalten der oceipitalen und oceipito-spinalen Nerven, Plexusbildung mit den Spinalnerven (Plexus cervicalis), Verhalten zur Rumpfmuskulatur, Plexus cervicalis und brachialis, peripherische Anastomose mit dem N. vagus . ..... 381 Litteratur (381, 382). — Plexusbildung bei Selachiern und Holocephalen (382, 383), Zusammensetzung des Plexus cervicalis aus oceipitalen, oceipito-spinalen und spinalen Nerven (383, 384), numerisches Verhalten der einzelnen Komponenten (385), systematische Bedeutung (385). — Entfernung vom Schultergürtel, dorsale und ventrale Myomeren der Seitenrumpfmuskulatur (386—388), Diskrepanz 431] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. 779 zwischen den Myomeren des Seitenrumpfmuskels und den Plexuswurzeln (388). — Verhalten der Wurzeln des Plexus cervicalis zu denen des Pl. brachialis (388, 389), Aufeinanderfolge und Deckung beider Plexus bei Haien, Holocephalen und Rochen (389, 390), Koineidenz mit der Ausbildung der vorderen Extremität (390), Anmerkung über die Gliedmaassentheorie (390, 391). — Stärke der Plexus- wurzeln (391), motorische und sensible Wurzeln (391, 392), Verbindung der Wurzeln (392), Art der Plexusbildung (Länge und Verlaufsrichtung der Wurzeln) (393), Verhalten zu den Myomeren (393). — Abnorme Plexusbildung und Aus- lösung vorderer Plexuswurzeln (394). — Peripherische Kreuzung und Anastomose mit N. vagus (394, 395). 6:4 Aoster,dos#Ploxust.corvicalisin SH. 2... a 39h Vertheilung der motorischen Aeste in der Seitenrumpfmuskulatur (395—397, Verhalten zu den Myomerengrenzen), in der epibranchialen spinalen Mus- kulatur (397—400, Inkongruenzen und Dysmetamerien der Kiemenbogen und epibranchialen Muskeln) und in der hypobranchialen spinalen Muskulatur (400—405, entsprechende Dysmetamerien, Verschiebungen, Auflösungen und Neubildungen von Myosepten). — Sensible Zweige, Zurücktreten derselben (405, 406). 7. Epibranchiale spinale Muskulatur (M. subspinalis und Mm. interbasales). . ... . 406 Frühere Untersuchungen . . . EEE RE a. on 406 TEIIM SS bs prall SE A N ee AO, ISiBsinden#Notidanıdensase Eee A ne AUT 2WBeisdenspentanchen#Haien..erreb u are Er N a0 SERBeihdenkochenen eh 0 RN ee EEE er ha AO AeNBeilidenwHolocephalene. ara nl: DrEanr: EREAEe EN l NS Mmeınterbasalesnsn re: BE EEE 5 TE Inn BR: 7 AD Bei Heptanchus (412), Hexanchus (413), den pentanchen Haien mit 3 Mm. inter- basales (413), mit 2 Mm. interbasales (414) und mit keinem M. interbasalis (415), den Rochen (415) und den Holocephalen (415), III. Allgemeinere Bemerkungen über die epibranchiale spinale Muskulatur . 416 M. subspinalis, hypaxonisches, primordiales Verhalten des M. subspinalis a der Notidaniden (416), Mm. interbasales (416, 417), Lage der Nn. epibranchiales zum N. vagus (417), dysmetamere Gliederung (417). 8. Hypobranchiale spinale Muskulatur (Mm. coraco-arcuales mit den Mm. coraco-bran- chiales, coraco-hyoideus und coraco-mandibularis) . - : 2 2. 2 2 2 nm mn nn. 418 Frühere Untersuchungen g4.) „6: W. ml ee ae Al I. Specielle Beschreibung der hypobranchialen spinalen Muskulatur . . . . 419 Hauptstock, Insertionstheile, Mm. coraco-branchiales, M. coraco-hyoideus und M. coraco-mandibularis. 1 EA EEE EBENE ER RETE EN e AR Hauptstock, Zahl und Anordnung seiner Septen (421, 422), Ursprung (422), Mm. coraco-branchiales (422—424), M. coraco-hoideus (424, 425), M. coraco- mandibularis (425, 426), Innervation (427). 2 Ochenn a AS EEE a Bes. ar 027 Hauptstock (428), Mm. coraco-branchiales (428, 429), M. coraco-hyoideus (429, 430), M. coraco-mandibularis (430), Innervation (430). 780 Max FÜRBRINGER 3. Holocephalen. . . . . Hauptstock (431), M. coraco-mandibularis inel. Hauptstock und M. coraco-prae- mandibularis (431, 432), M. coraco-hyoideus (432), M. coraco-branchialis (432, 433), Innervation (433). IH. Allgemeine Bemerkungen über die hypobranchiale spinale Muskulatur . Gegenseitiges Verhalten bei Haien, Rochen und Holocephalen (433), Ursprungs- verhältnisse (433), M. coraco-praemandibularis der Holocephalen (434), imitato- rische Homodynamie des letzten M. coraco-branchialis (435, 436), Wanderungen und Umbildungen im hypobranchialen spinalen Gebiete (436, 437). 9. Zusammenfassung der wesentlicheren Ergebnisse Zahl der oceipitalen Nerven und von vorn beginnende Reduktion derselben (437), sekundäre Abgliederung und Angliederung (438), occipito-spinale Nerven (438), sensible Wurzel des letzten Ocecipitalnerven (439), cänogenetisches Verhalten zu dem N. vagus (439). — Palaeokraniale Natur des N. vagus und neokraniale der spino-oecipitalen Nerven (440), N. vago-accessorius der Selachier, Vorwande- rung der spino-oceipitalen Nerven, Wahrscheinlichkeit der früheren Existenz noch mehr vorderer Occipitalnerven (440). — Durchtritt durch die Schädelwand, Kon- vergenz infolge der peripherischen Plexusbildung (440, 441). — Austritt der spino-oecipitalen Nerven und Verbindung mit den spinalen Nerven zu dem Plexus cervico-brachialis (441), Wurzelzahlen des Plexus brachialis bei Haien, Rochen und Holocephalen, Zurücktreten der sensibeln Antheile gegen die motorischen (442), Scheidung der Wurzeln des Plexus cervicalis und brachialis (442), spe- cielleres Verhalten der Wurzeln, sekundäre Auslösung des ersten Oceipitalnerven aus dem Plexus (443), Aeste des Plexus für die Seitenrumpfmuskulatur (443, 444), für die epibranchiale (444) und die hypobranchiale spinale Muskulatur (444, 445), dysmetameres Verhalten und Warnung vor unvorsichtigen Schlüssen (445). — Epibranchiale und hypobranchiale spinale Muskulatur (446). — Folge- rungen, betreffend die gegenseitige systematische Stellung der Haie, Rochen und Holocephalen (446, 447). II. Abschnitt. Vergleichung mit den spino-oceipitalen Nerven der höheren Wirbelthiere Einleitende Worte. A. Ganoiden Litterarischer Ueberblick (448), untersuchtes Material (449), occipitale und oeeipito-spinale Nerven mit tabellarischer Uebersicht über ihre Zahl (449, 450). Frühere Untersuchungen Eigene Untersuchungen. . . . B. Teleostier Oceipitale Nerven (ventrale Wurzeln, 453, 454), oceipito-spinale Nerven (454), drei Entwickelungsrichtungen bei den Ganoiden im Verhalten dieser Nerven (454, 455). — Ursprung und Abgang der oceipitalen und oceipito-spinalen Nerven von der Medulla (455), Durchtritte durch den Schädel (455, 456). — Zusammen- setzung der Plexus cervicales und branchiales s. pterygiales (456, 457),. gegen- seitiges Verhalten (457, 458), Aeste des Plexus cervicalis (458). — Hypobran- chiale spinale Muskulatur, Allgemeines (458, 459), Hauptstock (459), Mm. coraco-branchiales (460, 461), M. coraco-hyoideus (461), M. coraco-mandibularis resp. branchio-mandibularis (461, 462). Einleitende Worte . 433 437 447 447 448 450 453 433] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. Frühere Untersuchungen Eigene Untersuchungen . . Dipnoer . Untersuchtes Material (465). — Mangel der oceipitalen Nerven und des ersten oceipito-spinalen Nerven (465), systematische Uebersicht auf Grund der vervoll- ständigten SAGEMEHL’schen Untersuchungen (465, 466). — Abgang von der Medulla und Durchtritt durch den kranio-vertebralen Komplex (466), Vorwärts- wanderung (467). — Ansa von 5 und ce (467), Anastomosen mit Gehirnnerven (467), Plexus cervieo-brachialis (467), Zusammensetzung des Pl. cervicalis und R. cervicalis (468). — Hypobranchiale spinale Muskulatur (468), Mm. coraeo- branchiales (468, 469), M. coraco-hyoideus (470). Litterarischer Ueberblick (470, 471), untersuchtes Material (471), variable Zahlen der oceipitalen und occipito-spinalen Nerven (471, 472). Frühere Untersuchungen Eigene Untersuchungen . . Amphibien . Occipitale Nerven (473, u oceipito-spinale Nerven (474), intrakranieller Ver- lauf (474), Durchtrittskanäle durch den Schädel (475). — Plexus cerviealis und Pl. brachialis (475), Trennung zwischen beiden Plexus (476), Nerv des Pl. brachialis (476). — Hypobranchiale spinale Muskulatur (476, 477), M. coraco- mandibularis (477), Hauptstock und M. coraco-hyoideus (477—479), Mm. coraco- branchiales (479, 480). Litterarischer Ueberblick (480, 481), untersuchtes Material (481). Frühere Untersuchungen eu Untersuchungen . E. Sauropsiden Abgrenzung des Schädels gegen die Wirbelsäule, Font sekundärer Assimi- lationen (484—486), occipitaler Nerv bei Crpptobranchug (486, 487), erste Spinalnerven (487, 488), specielles Verhalten bei Pipa (487, 488). — Plexus cervico-brachialis (489), gegenseitiges Verhalten des Plexus cervicalis und Pl. brachialis (490, 491). — Allgemeine Bemerkungen über die paarigen Glied- maassen (491, 492). — Endverbreitung des Pl. cervicalis (492). — Hypobranchiale spinale Muskulatur (493) bei Urodelen (493, 494), Gymnophionen (494, 495) und Anuren (495), Mm. sterno-hyoideus, M. thoraeico-, coraco- und omo-hyoideus, genio-hyoideus, hyo- und genioglossus, mylo-pectori-humeralis (493—495). Einleitende Worte (a96), litterarischer Ueberblick (496, 497). Frühere Untersuchungen Eigene Untersuchungen . Untersuchtes Material (500). — Homologisirung des sogenannten N. hypoglossus mit 3 oceipito-spinalen Nerven (501), auximetameres Cranium, Grenze zwischen Schädel und Wirbelsäule (501, 502). — Oceipito-spinale Nerven (502, Zahl und Grösse), embryonale oceipitale Nerven (503), Zusammenstellung (503, 504), dorsale Wurzeln (504), Ursprung und Abgang von der Medulla (504), Vor- rücken nach vorn (504, 505), N. accessorius Willisii (505), Durchtritt durch den Schädel (505). -— Plexus cervicalis (506), N. hypoglossus und N. descendens Festschrift für Gegenbaur. II. 99 7s1 465 465 470 472 473 480 481 484 497 182 MıAx FÜRBRINGER cervicalis (506), speciellere Plexusbildung (506, 507), Emancipation des Pl. cervicalis von dem Pl. brachialis (507, 508), Aeste des P]. cervicalis, End- verbreitung desselben (508, 509). — Hypobranchiale spinale oder ventrale Längsmuskulatur (509, 510), Mm. sterno-hyoidei superficialis und profundus, Aberrationen, syringeale Muskulatur (510, 511), Mm. genio-hyoideus, hyo- und genio-glossus, Binnenmuskulatur der Zunge (511). F. Mammalia . RES MR Litterarischer Ueberblick . Frühere Untersuchungen Eigene Untersuchungen . Untersuchtes Material (525, 526). — Homologisirung des N. hypoglossus der Säugethiere und Sauropsiden (526, 527), Zusammensetzung aus 3 oceipito-spinalen Nerven (527), embryonale oceipitale Nerven (527, 528, eventuelle Existenz von 2 bei Echidna), dorsale Wurzeln der occipito-spinalen Nerven (528), Zusammen- stellung (528, 529), Stärke der Hypoglossus-Wurzeln (529), Homodynamie derselben mit Spinalnervenwurzeln (530), Ursprung und Abgang von der Medulla (530, 531), Vorrücken (531), Korrelation zum N. accessorius Willisii (531, 532), Ueberkreuzungen und abnormes Verhalten zu demselben (532), Zusammengehörig- keit des N. vagus und accessorius Willisii (532), Durchtritt der Hypoglossus- Wurzeln durch Dura mater und Schädel (533). — Verbindung der einzelnen Wurzeln mit einander (534), Arcus hypoglossi und Plexus cervicalis s. str. s. hypoglosso-cervicalis (534, 535), speciellere Verbände (535), Emancipation des Pl. hypoglosso-cervicalis vom Pl. brachialis (535, 536), Anastomosen mit Gehirn- nerven und Sympathicus, Anastomose des rechten und linken Hypoglossus (536), Endverbreitung des Pl. hypoglosso-cervicalis (536, 537). — Hypobranchiale spinale oder ventrale Längsmuskulatur (537), M. sterno-hyoideus superficialis mit Mm. sterno-mandibularis, sterno-glossus, omo-hyoideus und Variationen (537—539), M. sterno-hyoideus profundus mit Mm. sterno-thyreoideus und thyreo-hyoideus und sonstigen Aberrätionen (539, 540), Mm. genio-hyoideus, hyo- und genio-glossus, Binnenmuskulatur der Zunge (540), benachbarte cere- brale Muskeln (540). G. Zusammenfassung und Vergleichung der wesentlicheren Befunde bei den Ganoiden, Teleostiern, Dipnoern, Amphibien, Sauropsiden und Mammalia mit denen bei den Selachiern . Existenz oceipitaler und oceipito-spinaler Nerven (541), dorsale Wurzeln der- selben, ihre vorauseilende Reduktion (541, 542) und kausale Faktoren derselben (542), von vorn nach hinten fortschreitende Reduktion der spino-oceipitalen und spinalen Nerven (542, 543), Ausnahmen (544), Angliederung neuer Spinalnerven, Dreizahl der oceipito-spinalen Nerven (544), tabellarische Uebersicht (544—547), nachträgliche litterarische Bemerkungen, SEDGWICK und EWART betreffend (545, Anm.), Widersprüche in den Angaben der ontogenetischen Untersucher (547, 548, Anm.), Angliederung und Abgliederung (548), kausale Momente (548), Palaeocranium (Autocranium) und Neocranium (Spondylocranium), protometa- merer und auximetamerer Schädel (549), Dreizahl der oceipito-spinalen Nerven (549, 550), palaeokraniale oder cerebrale und neokraniale oder spino-oceipitale Nerven (550), Anwendung der spino-oceipitalen Nerven und Rückbildung der vordersten derselben (550, 551), Verhalten zum N. vago-accessorius, dessen [434 511 512 512 525 BEST 435] UEBER DIE SPINO-OGCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. III. Abschnitt. Trapezius-Fasern aus dem eigentlichen Ende seines centralen Kernes entspringen (551, 552), N. accessorius Willisii (552, 553). — Morphologische Grenze zwischen Gehirn und Rückenmark und ihren Territorien im Körper (554). — Verlauf der spino-oceipitalen Nerven durch die Schädelwand (555, 556). — Plexus cervico- brachialis, Gemeinsamkeit und Sonderung des Pl. cervicalis und Pl. brachialis (556, 557, nachträgliche litterarische Bemerkung, BrAus betreffend, 556 Anm.), tabellarische Uebersicht über die Wurzeln des Plexus cervicalis (557, 558), metamerische Verschiebungen und Umbildunsen (558—560), Auslösung des vordersten Oceipitalnerven (560, Anm.), Wechsel in der Zahl und Aufeinander- folge der Plexuswurzeln bei den Selachiern, den übrigen Anamniern und den Amnioten und Versuch einer kausalen Begründung (560—562), gegenseitiges Verhalten des Plexus cervicalis und Pl. brachialis (563), speciellere Art der Plexusbildung bez. Richtung und Länge der Plexuswurzeln (564). — Ver- breitung der Aeste des Plexus cervicalis in der Seitenrumpfmuskulatur, der epibranchialen und hypobranchialen spinalen Muskeln (565, 566), Variirungen, imitatorische Homodynamie, Dysmetamerien (567). Unvollständigkeit und Fälschung der ontogenetischen Urkunden, Nothwendigkeit vergleichender Gesichtspunkte für den Ontogenetiker (567, 568), Nothwendigkeit gründlich durchgeführter Unter- suchungen (568). Verbindungen mit echten Gehirnnerven und mit dem Sym- pathieus (568). Spinale Natur der spino-oceipitalen Nerven, irrthümliche Ver- einigung derselben mit dem N. vagus (569), weitere Fragestellungen, betreffend die Vergleichung der cerebralen und spinalen Nerven, Verweis auf die unter den Selachiern stehenden Wirbelthiere (569—571). — Epibranchiale spinale Muskulatur, primordialer hypaxonischer Charakter derselben (571, 572), onto- genetische Verhältnisse, Vergleichung mit den sogenannten hinteren Kopfsomiten (572, 573), hypobranchiale spinale Muskulatur, Homodynamie mit Rectus und ventralen Theilen der Obliqui (573, 574), Ursprünge (574), Insertionen (575), Mm. coraco-praemandibularis, coraco-mandibularis, coraco-hyoideus, coraco-bran- chiales, Zungenmuskulatur ete. (575, 576), Dysmetamerie der epibranchialen und hypobranchialen Muskeln (576, 577). — Systematische Folgerungen be- züglich der genealogischen Stellung der Gnathostomen zu einander (577—580). Vergleichung mit den spino-oceipitalen resp. spinalen Nerven der niederen Wirbelthiere. Versuch einer Homologisirung der cerebralen und spi- nalen Nerven. Einleitende Worte . A. Petromyzontes Litterarischer Ueberblick (581), kurze Vorbemerkung, auch bezüglich der Nomen- klatur (581, 582). Frühere Untersuchungen. Eigene Untersuchungen Untersuchtes Material (593). — Ventrale und dorsale spino-oceipitale Nerven (593—595), ventrale und dorsale spinale Nerven (595), Ursprung und Abgang von der Medulla (595), Durchtritt der spino-occipitalen und spinalen Nerven (595, 596). — Peripherischer Verlauf der dorsalen und ventralen spino-oceipitalen und spinalen Nerven (596, 597), Plexus (Ramus) cervicalis (597, 598). — Nn. glossopharyngeus und vagus (598), peripherische Anastomosen mit Glossopharyn- geus, R. lateralis und R. branchio-intestinalis vagi (599, 600). — Seitenrumpf- 99* 783 580 580 581 582 593 B. Myxinoides . Max FÜRBRINGER muskulatur (600), branchiale (600, 601) und praebranchiale Myomeren (601, 602, inel. faciales Myomer), Innervation derselben (601), Cänogenie der epidermogenen Entstehung der ventralen branchialen Myomeren (602). — Vergleichung der Nerven mit denen der Gnathostomen (604, 605), primitivere Stellung der Petro- myzonten und Mehrzahl vorderster spino-oceipitaler Nerven (605, 606), Ver- gleichung der Seitenrumpfmuskulatur mit derjenigen der Gnathostomen (607, 608), M. rectus externus oculi (608, 609). Litterarischer Ueberbliek (609), kurze terminologische Vorbemerkung (609, 610). Frühere Untersuchungen Eieene Untersuchungen... Sr Ber ee C. Acrania . Untersuchtes Material (614). — Spinale Nerven (614), centraler Ursprung und Abgang, Alterniren, Asymmetrie (614, 615), Austritt und peripherisches Ver- halten derselben (615—617), spino-oceipitale Nerven (617, 618). — Geringe Anastomosirungen (618). — N. vagus (619, 620), Kiemenzahlen, praebranchiale und branchiale Myomeren (620), Versuch einer metamerischen Vergleichung mit Petromyzonten und Selachiern (621), Beurtheilung der bisherigen ontogenetischen Angaben (621—623), vergleichende Bedeutung des Ductus oesophago-cutaneus (623, 624), der branchialen Cerebralnerven (624, 625) und des Verlaufes der ventralen Aeste der Spinalnerven im Kiemenbereiche (625, 626), Schlüsse (626), Anastomosen der Spinalnerven mit N. vagus (626, 627). — Seitenrumpfmusku- latur, epibranchiale und hypobranchiale Myomeren (627), vorderes Ende des dorso- lateralen Längsmuskels, ventraler Längsmuskel, Obliquus externus (627—629). — Vergleichung mit den Petromyzonten, überwiegend tiefere Stellung der Myxi- noiden, Mehrzahl vorderster spino-oceipitaler Nerven (629—631). Vorbemerkung (631), litterarischer Ueberblick (631). Frühere Untersuchungen Eigene Untersuchungen . Untersuchtes Material (644). — Gegenseitiges Verhalten der dorsalen und ven- tralen Nerven, Alterniren und Asymmetrie (644, 645). Erste dorsale Nerven (645). Centraler Ursprung der dorsalen Nerven (gemischte Natur) (645, 646), Abgang von der Medulla, Durchtritt durch die Rückenmarkshülle, peripherischer Verlauf und Versuch einer Erklärung deselben (646), viscerale Fasern und ihr Verlauf, Vergleichung derselben mit den entsprechenden Nervenfasern der Kranioten (647). — Ventrale Nerven (647, 648). — Muskulatur (648), Seitenrumpfmuskel (649, 650), Visceralmuskeln (650), Asymmetrien (650, 651). — Kiemen (651), Hypermetamerie der Kiemen (651), Begriffe der Eumetamerie und Dysmetamerie, Pleometamerie und Elassometamerie (652), primäre Eumetamerie der Kiemen (652), Schwierigkeit der Bestimmung der primären Zahl derselben bei Akraniern und Kranioten (652—654), Mahnung zur Vorsicht (654). Verhalten des Kiemen- korbes zur Rumpfwand, Peribranchialhöhle (655, 656). D. Ueber die Stellung der Petromyzonten, Myxinoiden und Akranier zu einander und zu den Gnathostomen. — Versuch einer Vergleichung der Gehirn- und Spinalnerven . Spinalnerven der Akranier, Myxinoiden und Petromyzonten, Oeeipitalnerven der Gnathostomen (656, 657), bezügliche Stellung der Selachier (657), Petromyzonten [436 609 610 614 631 631 644 656 437] ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. (657, 658), Myxinoiden (658, 659) und Akranier (659). — Genealogisches Ver- halten dieser tieferen Vertebraten (659 —663), Modifikation des bisherigen Systems der Wirbelthiere (661). Vergleich der Gehirn- und Spinalnerven . : : Verdienste der Untersuchungen von VAN en, V. ee and ee (664). . Zusammmensetzung der Spinal- und Cerebralnerven a. Spinalnerven N A BEE Gnathostomen: dolle Warzen finel. dorsale s. str. und laterale Fasern), ventrale Wurzeln, Stamm, oceipitale und oceipito-spinale Nerven (664, 665). — Petro- myzonten und Myxinoiden (665). — Akranier (665, 666). — Ontogenetische Entwickelung (666). b. Cerebralnerven . a. N. olfactorius 68% 6 : Kranioten (666, 667). — Änrahier (667). 3. Typische (spinalartige) Cerebralnerven : a drohen e Trigeminus, Acustico-facialis, Bloksopharnegen LEEREN (667). Gna- thostomen: Dorsale Wurzel s. str., ventro-laterale resp. laterale Wurzeln, Stämme, dorsale und ventrale Aeste (667—669). Öntogenetische Untersuchung (669). — Petromyzonten (669, 670). — Myxinoiden (670). — Akranier (670). y. Augenmuskelnerven . ER nr a ec ern ae Oculomotorius, Trochlearis, Abducens (670). Gmathostomen, Petromyzonten, Myxinoiden und Akranier (670). Ontogenetische Arbeiten (670—676, An- merkung, DOHRN betreffend, 671—675). Dorsaler Austritt des N. trochlearis (676, 677). e. Vergleichung der Spinal- und Cerebralnerven auf Grund ihrer Zusammensetzung aa. Akranier . i 6 San LO Ventrale mötörische Nerven, Kabiate seine Narren (sensible und viscero- motorische Fasern) (677, 678), N. olfactorius (678). bb. Kranioten . IM. au 5 ö 6 Vergleichende Benehkung über Gehirh und Ruckenienle ad die bezdgliahen Nerven (678, 679). «. Spinale (und neokraniale) Nerven ARENA RN LIE a ee Ventrale motorische Wurzeln (679), dorsale gemischte Wurzeln (dorsale sensible und laterale viscero-motorische Fasern) (679, 680). Sympathieus (680). P. Cerebrale palaeokraniale Nerven . SAN Ventrale motorische Nerven (ikerianskeiherved) (680), Oeulomotorius, Abducens, Trochlearis (680—682), antimere Ueberkreuzung des Trochlearis und Wanderung seiner Muskulatur auf die Gegenseite (681). — Dorsale gemischte resp. typische spinalartige Nerven (Trigeminus, Acustico-facialis, Glossopharyngeus, Vagus) (682), dorsale sensible und laterale motorische Fasern derselben (682, 683), Sympathicus (683). — Alterniren der dorsalen und ventralen Wurzeln (683). — N. olfac- torius (683). Tabellarische Uebersicht 2. Speeiellere metamerische Vergleichung der Spinal- und Cerebralnerven.. a. Kurzer historischer Ueberblick . ET RR: GEGENBAUR’s Arbeiten (684, 685), Ontogenetische Untersuchungen (685), So- miten oder Myomeren und Branchiomeren (685, 686), Eumetamerien, Dysmeta- merien, sonstige Differenzpunkte (656). 665 664 664 666 666 667 670 677 677 678 679 680 684 654 684 MAx FÜRBRINGER «. Typische (spinalartige) dorsale Gehirnnerven AR BRD EN EN Mc Trigeminus (687), Acustico-facialis (687), Glossopharyngeus (687), Vagus (687, 688), praetrigeminale Nerven (688). ß. Ventrale Gehirnnerven (Augenmuskelnerven) . TREE Lt EN Fee Oculomotorius (688, 689), Trochlearis (689), Abducens (689). Ontogenetisches Verhalten (689). b. Versuch einer Vergleichung : u ee Führende Bedeutung der yergleichenden Anstomie pe Zusammen. arbeiten der vergleichenden Anatomie und Ontogenie (689, 690). y. Typische (spinalartige) dorsale Gehirnnerven . Entscheidende Faktoren (690). aa. Selachier . : . NEE re Reihenfolge der nikeeralen Bogen na ihrer Na (690, 691), praetrigeminale Nerven (691), Bemerkung über Aberrationen der cerebralen Muskeln auf be- nachbarte Visceralbogen und dadurch bedingte Aenderungen im Verlaufe der betreffenden Nerven (691 Anm.), metamere Verhältnisse der 4 typischen Nerven, viscerale Höhlen, Kiemenspalten, epibranchiale Ganglien (692), Mahnung zur Vorsicht bezüglich der Ben durch die Somiten (693). bb. Petromyzonten. 3 N ee ERHReR ee N ee ÖOntogenetische Resultate voN sat, (693), Metamerie der 4 typischen Nerven (694). ce. Myxinoiden : Bo Metamerisches we dr keoisdhän Nano (695). dd. Akranier und Vergleichung mit den Kranioten NO LE Eile. 6 Hintere Hirngrenze (695, 696). Homologa des Trigeminus, Facialis, Glosso- pharyngeus, Vagus und der praetrigeminalen Nerven (696—698), Anmerkung über die Polymerie der Kiemen der Vertebraten (699), Homodynamie der Nn. trigeminus, facialis, glossopharyngeus und vagus (700). d. Ventrale Gehirnnerven (Augenmuskelnerven) und palaeokraniale Somiten . aa. Augenmuskelnerven und orbitale palaeokraniale Somiten (Augenmuskeln) Bestimmung der Metamerenzahl, Befunde Donrn’s und KırLıan’s am Torpedo- Embryo und Besprechung derselben (700—704), vorläufige Annahme einer An- zahl von 3 (2—4) Metameren (704), weitere Desiderate für die Untersuchung (704, 705), ungleichmässige Vorwärtswanderung (705, 706), Vergleich mit Am- phioxus (706). bb. Postorbitale palaeokraniale ventrale Nerven und postorbitale palaeokraniale So- miten; neokraniale ventrale Nerven und Somiten . 62 - Be Palnsoleraniale Myomeren und Rumpfinyomeren (incl. neokraniale ee an) (706). Akranier, Myxinoiden, Petromyzonten, Gnathostomen (706, 707). Ontogenetische Untersuchungen (707), vergleichend-anatomische Resultate (707, 708). Tabellarische Uebersichten . BER BE EEE See Metamerie der cerebralen (oalbetekanialen) Nerven (709). Metamerie der spinalen und neokranialen Nerven (710, 711). 3. Phylogenetischer Ausblick Kombinatorische, programmatische und hypothetische Natur eines solchen Aus- blickes, Bedeutung der Ontogenie und vergleichenden Morphologie hierbei (712, 713). Primitive gleichmässige Anlage (713), Zonen des centralen Nerven- systems und der Muskulatur (713,714), transversale Gliederung (Urwirbelmetameren [438 687 688 659 690 690 693 694 695 706 709 EN EEE u 439] IV. Abschnitt. 1. Extremitäten - Theorie ÜEBER DIE SPINO-OCCIPITALEN NERVEN DER SELACHIER UND HOLOCEPHALEN ETC. und Seitenplattenmetameren), Vorderhorn- und Seitenhornnerven (714), höhere Aus- bildung der Seitenrumpfmuskulatur und dadurch bedingter bogenförmiger Ver- lauf der Seitenhornnerven (714, 715). — Diflerenzirung von Kopf und Rumpf, Gehirn und Rückenmark (715, 716). Weitere Ausbildung beider Abschnitte: einfacheres Verhalten des Rumpfabschnittes, Seitenrumpfmuskulatur (716); höhere Entfaltung des Kopftheiles, höhere Sinnesthätigkeit, beherrschender Charakter, Visceralbogen, Gehirnkoncentration, Knorpeleranium (Palaeocranium), Dysmeta- merie der Myomeren und Branchiomeren (716—718). — Rückbildung der Kopt- myomeren, hohe Entfaltung der Rumpfmyomeren, Eroberung kranialer und branchialer Gebiete (718); Angliederung an das Palaeocranium (Autocranium): Neocranium (Spondylocranium), protometameres und auximetameres Neocranium, oceipitale und oceipito-spinale Nerven (718, 719). Anhang . Kurze Skizzirung der GEGENBAUR’schen und der 'THACHER-MIVART’schen Hypo- these, Varianten der letzteren (719, 720). Auslese des einen fundamentalen Punktes, betreffend die Abstammung der paarigen Extremitäten aus dem Visceral- skelett und ihre Wanderung in das Rumpfgebiet (721). Einwände von gegnerischer Seite (ontogenetische Befunde, Flossen der Rochen, hintere Extremität der Ganoiden) (721). Ursprüngliche Homogenie der Skelett- und Muskelelemente innerhalb desselben Segmentes; sekundäre Verbindung heterogenetischer Theile (spinale Muskeln, cerebrale Skeletttheile) (721, 722), Parallelisirvung mit der successiven Besitzergreifung unzweifelhafter branchialer Bogen durch die Rumpf- muskulatur unter allmählicher Rückbildung der palaeobranchialen Muskeln und der respiratorischen Funktionen (722). Relikten palaeobranchialer Muskeln und Nerven am Schultergürtel (M. trapezius, M. interscapularis und ihre Nerven, welche dem Endtheil des Vago-Accessorius-Kernes entstammen (723, 724); perichondrale Versorgung des Schultergürtels durch Vaguszweige (725); Skelettrudimente am Schultergürtel, die vielleicht den visceralen Copulae homodynam sind (725). Verhalten der freien Brustflosse, Zugehörigkeit derselben zum Schultergürtel (725, 726). Mangel beweisender Befunde am Beckengürtel und an der freien Bauch- flosse, Erklärung durch die lange Wanderung, fragliche Homodyname der visceralen Copulae (726,727). Wanderungen und Verschiebungen der paarigen Extremitäten (727). Verschiedenheit der tieferen und oberflächlicheren Lage der visceralen Bogen und der Extremitätengürtel, Erklärung derselben und Begründung ihres sekundären Verhaltens (727, 728); Differenz in der Lage zum N. vagus und Nachweis, dass dieselbe nur scheinbar ist (729). Bekräftigung der GEGENBAUR- schen Theorie (730). 2. Nerv und Muskel . Hervorhebung meiner Auffassung von der ursprünglichen und unveränderlichen Zusammengehörigkeit von motorischer Nervenfaser und Muskelfaser, Verweis auf meine früheren Darlegungen und Citat aus denselben (730—732). Aeusserungen von Hıs über die hohe und eine sichere Entscheidung gewährende Aus- bildung der gegenwärtigen Untersuchungstechnik betreffend die Ontogenese des Nervensystems, sowie über das Auswachsen der Nerven nach ihren Endorganen auf den Bahnen der geringsten Widerstände und ihre sekundäre Vereinigung mit den Endorganen (732, 733). Vorsichtige Haltung von Kuprrer’s (733, 734). 787 788 Max FÜRBRINGER, ÜEBER D. SPINO-OCCIPITALEN NERVEN D. SELACHIER U. HOLOCEPHALEN Erc. [440 Gorsrsche und EnrrichH'sche Methode; R. y CAsar's Wachsthumskeule (734). Erklärungsversuche für das geordnete Auswachsen der Nerven nach den Muskeln (Hıs sen., Hıs jun., R. v CAJAL, STRASSER) (734, 735). Widersprechende Unter- suchungen über die ontogenetische Ausbildung des Verbandes zwischen Nerv und Muskel (735). Mahnung zur Vorsicht angesichts der bisherigen Unter- suchungsbefunde, Anerkennung der hohen Leistungen der GoLGI’schen und EnruicH'schen Methode, die aber die Frage noch nicht entgültig entschieden haben (735— 737). R. y Casar’sche Wachsthumskeule (737); ontogenetische Ausbildung der motorischen Nervenendigung (737, 738). Wir sind zur Zeit immer noch auf Wahrscheinlichkeiten und Hypothesen angewiesen (738). Beurtheilung der sogenannten physiologischen Betrachtungsweise von Hıs, physiologische Methode der Phylogenetiker (739). Zurückweisung der Annahme von der sekundären Verbindung ursprünglich entfernter Nerven- und Muskelelemente; Unmöglichkeit einer Vereinbarung der physiologischen Anschauungen der Phylogenetiker mit den von Hıs geäusserten (740— 742). Entscheidung über die Verbindung der Nerven und ihrer Endorgane (resp. der benachbarten Neurodendren) durch Kontakt und Konnex. Beide Verbindungen sind möglich, aber die grössere Wahrscheinlichkeit spricht für den wirklichen Konnex (Verbindung per continuitatem) (742—744). Derselbe ist nicht erst sekundär entstanden, sondern primordial präformirt (Hexsex’sche Hypothese), ohne dass Hindernisse in der Entwickelung zu befürchten wären (744). Titteratur- Verzeichnisse er, VEREIN 1 betel-Brklärung 100 Au Ro a a re Re ee er Br > IBerKe hir gungen und Eıro änzunelene a Inhalts=Usbersicht .y.. u. = ergsart er Pe ee a ee Er 5 Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 5 Festschrift für Gegenbaur e— _——— Sg ö = ir, fac za, CB Car om ph 7 Fig Hexanchus Ar y { ’Y. Fıg.4+ Hexunehus C, a ln all nl Ser IrRD: Ara 14 Fig.9 Scyluum.B. £ EN IN — IN au AIR Sn Fig 10. Cestractan.d N a SS —— =) Fig 12, gplı N lee! 2 le >= £ > w 5 7 un | ur Spinae., vg n l i ’ Jors, 25h Ani PR: Fa 1 Ag 19 Chimaera 8 ph 9 has Be F1g.7E Rhynchobatus r 9 ph vg ' ‘ 12Y gr er. z —— - ee rag var WINE vun 7 Teypeig j 3 u - x u s { - y “ | \ » & u ” I - x > 22 — - B D . \ = i - . " u = - ’ = i Fa! 5 ‚ - . \ 4 ? R j f j r } y h f j p 1 i \ a \ f I - Part - N q v ı 1 n h 4 \ o. > g 7 EN ’ Lastschrift für Gegenbaur: Rltıog. Jr Cra. Lab. | Rbr.ing! Rbr ng, Fig.3. Torpedo. El El N Arpbri! Rt I Rarcdı sd ; csd.s Pl.co.Pl.br. Fig T.Heptanchus arc.ds Bl ' Br3 i Br4\Br5 Ir Ir br. N Mplı Rarcd3 Rareda‘ arcds A AIR: A u Aepbrs Aecpbra Retr Rr.int.og, Rliog. 10 Fig.4.Torpedo. Reut. (11-12-33) Rritr Pl.co. Plbr. | an nm Fig.2.Laemargus. Rıbz Ra.s Wilhelm Engelmann x Leipzig Rpst, Brs!Roise ! 309. \ Apbrs Rrir Tr.br 4 Kr.d, Fürbrınger Taf Fig.10. Mustelus.z Fig.8. Scyium.; er a Er ’ Slay 3 A 3 ar S 8 S © 2 DD > W ln N S = \ | S . S / N r- I rom J | N 5 | a Ä 3 R I Na 1 Dr & S u B S = RS uw SR x Z S S N R S Se NR ae S ® S & en S ES Bi ns N > ANNE, S iD m SI ' SS Festschrift für Gegenbaur: | Fig.1. Mustelus. \csD | A.dr1 vu ebrI Br1‘ \cso Ebr_: ! : Rriv Br?! Ebr rebr: De erE Adıı Abr3 Rr „3, Ebr T rchr cbr Spr3 Art.crob N 4 Pl.co; Pubr. Adrs/drkieuns,, \Brh) "Ar:chr Fig. 6. Callorhynchus. 5 125 Fig. 2.Chimaera . em . R,ch Fig.7. Rhinobatus. - füc Hy hy! ® borl, Ar? are.d | cbr:7-5 I wi A .br5 Rrebr. \ Plerant Cor Arcut Arcm R.chr 4 Festschrift für Oegenbaur. a WR Fg.1.Heptanchus.7- JF . as j F F Fig 7 Rhina squatina. y Fig.5. Scyllium 7 Fig. 2. Hexanchus.g- j PL? M.dl:- sbspa.-)-, / Br - ‚Lepibr 1... BROS N 5, Rig.10.Callorhynchus-j- £ \ I \ \ N 5: N MFürbringer d E ee Fur Zus HD -scTen a ar TUE FT; 2 1: R7 [ann Lith Anst.n A Öslrsch, Jena. T 7 ‚or. Wilhelm Engelmann in Leipzig ee A 1%; gt Bi: Le Festschrift für Gegenbaur: jr £ 5 a Y4 Fig 3. Scymnus © 17 Fig.# Laemargus. g 6 Fig 2. Centrophorus. 3° Ma _— ee, (EI E ln Abr.1 -----* f ee re chbr.3 = ee 2 en DIT = 7 AbrI--- - chr.1. Ei lsobr le | ee za med ae —n | Fig.6. Scyllium. 5 - Fig. Heptanchus 3 Fig. 7. Prionodon ---------- cm >----— - -- --Hy — — ehr ] > 1 L 8 [ SS \ 4 IE = -------- Bri A ee — Br:5 I ie £ ra = a7 472 Wilhelm Engelmanı 7 Lepzig 4 1 E r we 1 Sy ren Rn: Fig.16. Python. 2 Fig.15. Fig. 17. Chelyydra. \ 1 1 f I { \ sat 3 z vu an : u! S} >) I & s To 2 Er Re] AS} > S 5 S W n — N Q Fig. 3. Polypterus. Fig. 2. Polyodon.. B Fig.4 Lepidosteus. 7 = & g x I & < Sr Sol: 2 S & S x w = nm un &“ » > iQ IS S, I ® Festschry 2 7 Fig. 13. Anser: Fig. 21. Halmaturus. vi ' Fı 1g. 20. Ornithorhmchus 5 EZ, 7 Fig. 8. Ceratodus Fig.9. Ceratodus 7 S =S S Fig. 22. Pelromyzon. „& ET: 7 Fig.12. Cryptobranchus N apa Melmazı ing Wilhelm E = e N u Au na 's . dia UNE | Bestschrift für Gegenbaur: Fig 2 Folypterus } 73. Hatteria # 4 Co-—— I Co Frg.3 Lepidosteus 2 latb#c)------- "az “ S S 2 7 F1g,5. Es0x Bayl OR u & > u a STERN SET € v ® = ran | » A | e i } ) = x F} a 52 a Verlag von WILHELM ENGELMANN in LEIPZIG. nn ;