1 ■' Elf 14 Mail p ITibrarg üf tjp ÜJuscum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. JFountoeti bv ptflmte subscrfptfon, fix 1861. Depositedby ALEX. AGASSIZ. No. 3Vd,S^. * \? ^/- Sehleihe. sind sie durch seitlich nach oben gewandte Fortsätze mit dem Schädel lose verbunden. Zungenbein, Kiemenbögen und untere Schlundknochen bilden also durch ihre Anlagerung an die untere Schädeliläche einen knöchernen, cylindrischen oder kegelförmigen Zugang zum Schlünde. Sämmtliche zur Begrenzung der Mundhöhle beitragende Knochen, Pflug- Schädel. Knochen der Mundhöhle. 11 sckaarbein, Zwischen- und Oberkiefer, Graumen- und Flügelbein, Unter- kiefer, Kienienbögen, obere und untere Schlundknochen, können Zähne Flg. 15. Weit geöffneter lüichen des Lachses. Der Oberkopf ist hinter den Augen quer abgeschnitten. Unterkiefer. Zunge. Kiemenbögen und Kiemenspalten. Schlund. Fig. 16. Verschiedene Formen der Fischzälme. Unterkiefer des Hechtes und des Dorsches. Untere Schlundknochen vom Kaufen (links) und Karpfen (rechts). Schlund- zähne der Karausche, des Bitterlings, Gründlings und Rothauges. tragen, indessen ist es selten, dass alle gleichzeitig bezahnt sind, bei den 12 Vom Bau der Fische. meisten Fischen haben nur mehr oder weniger von diesen Knochen eine Be- zahnung. Bei den Karpfenarten beschränken sieh die Zähne ausschliesslich auf die unteren Schlundknochen. Die Zähne der Fische sind entweder nur auf der Mundschleimhaut befestigt, oder mit den unterliegenden Knochen verwachsen, ohne wie bei den Säugethieren in Zahnhöhlen zu stecken. Sie sind entweder derb, kegelförmig wie beim Hecht (Fangzähne), oder kleiner, schlanker und dann meistens in mehrfachen Reihen angeordnet (Hechel-, Borsten- oder Bürstenzähne), oder so fein und zart, dass sie nur sehr wenig aus der Schleimhaut des Mundes hervorragen und leichter durch das Gefühl, als mit dem Auge entdeckt werden (Sammetzähne). Eigenthümliche, sehr verschieden geformte Zähne finden sich auf den unteren Schlundknochen der Karpfenarten. Zum Schutze der an ihnen befestigten Kiemenblättchen liegt den Kiemenbögen nach aussen hin eine Reihe flacher, mit dem Schädel, dem Unterkiefer und der Kiemenhaut verbundener Knochen auf, der Kiemen- deckelapparat, an dem meistens vier Stücke, der Deckel, Vordeckel, Unter- und Zwischendeckel, zu unterscheiden sind, und dessen hinterer freier Rand die Begrenzung der äusseren Kiemenspalte bildet. Xov dem Kiemendeckelapparat liegt eine Anzahl kleiner, tafelförmiger Knochen, welche den unteren Rand des Auges umgeben, die Unteraugenknochen. Fig. 17. Schädel des Dorsches. 1. Pflugschaarbein. 2. Zwischenkiefer. 3. Oberkiefer. 4. Gaumenbein. 5. Flügelbein. G. 7. Zwischenstücke. S. Deckel. 9. Vordeckel. 10. Unterdeckel. 11. Zwischendeckel. 12. Unterkiefer. Kiemenapparat und Unteraugenknochen sind fortgelassen. Beim Stör besteht der ganze Hirnschädel aus einer mit den ersten Halswirbeln fest verschmolzenen Knorpelmasse, die vorne in einen schnabel- Schädel. 13 förmigen Portsatz ausgezogen ist, und an der sieh einzelne Stücke gar nicht unterscheiden hissen. Am Gesichtsschädel sind Ober- und Unter- Fig. IS. Schädel des Störes. 1. Oberkiefer. 2. Unterkiefer. 3. Kieferstiel. 4. Kiemenbögen und untere Schlund- . knochen. 5. Nasengrube. Der Kiemendeckel ist entfernt. kiefer, beide nebst dem Zungenbein mit dem Hirnschädel durch den Kieferstiel verbunden, vier Kiemenbogenpaare, ein Paar unterer Schlund- knochen und der einfache Kiemendeckel" zu erwähnen. Oberflächlich ist der Schädel wie der ganze Körper mit grossen Knochenplatten gepanzert. Ganz abweichend ist der Schädel der Neunaugen gebildet. An dem äusserst kleinen, knorplig-häutigen Hirnschädel sind vorne einige knorplige Platten und ein Bing zur Stütze dos kreisförmigen Mundes angefügt, der Fig. 19. Schädel des Neunauges. 1. Schädelkapsel. 2. Gehörkapsel. 3. Nasengrube. 4. 5. G. Stützknorpel der Lippe. 7. Zungenknorpel. mit Hornzähnen bewaffnet ist. An Stelle des Kiemen- und Kiemen- deckelajpparates findet sich ein korbartiges, vorne am Schädel, mit seinem hintern Theile an der Wirbelsäule befestigtes Knorpelgerüst, von welchem bei der Besprechung der Kiemen die Rede sein wird. Die Wirbelsäule der Knochenfische besteht aus einer grössern An- zahl beweglich aneinandergefügter, derber Knochenstücke von etwa 14 Vom Bau der Fische. cylinclrischer Gestalt, die man als Wirbelkörper bezeichnet. Die vordere und hintere Fläche derselben ist nicht eben, sondern kegelförmig vertieft, Fig. 20. Wirbelkörper des Heclites. Seitenansicht, Längsschnitt, Ansicht von vorne. die Vertiefungen sind mit einer weichen, gallertartigen Masse erfüllt. Mitunter ist der Wirbelkörper der Länge nach von einem engen Kanal durchbohrt, der die Spitzen der beiden Hohlkegel verbindet, so dass ein Längsschnitt des "Wirbelkörpers einen sanduhrförmigen Hohlraum zeigt. An der Rücken- und Bauchseite tragen die Wirbelkörper knöcherne Fort- sätze, Rücken- und Bauchstrahlen. Erstere, an sämmtlichen Wirbeln ziemlich gleich gebildet, entspringen von dem Wirbelkörper mit zwei Schenkeln, welche den zur Aufnahme des Rückenmarkes dienenden Kanal umfassen Fig. 21. Wirbel mit ihren Fortsätzen. Fig. 22. Querschnitt eines Fischrumpfes. 1. vom Rumpfe. 2. vom Anfange des Schwan- 1. Rückenstrahl. 2. Bauchstrahl. 3. Seiten- strahl. 4. Oberer, 5. unterer schiefer Strahl. zes. 3. Schwanzwirbel. 4. Fleischgräthe. und sich oberhalb desselben zu einem starken Dorn vereinigen. Bei einigen Fischen verbinden sich die beiden Schenkel oberhalb des Rücken- markes nicht, sondern es verlaufen zwei dünne Strahlen neben einander, getrennt bis zur Spitze. Die Bauchstrahlen sind im Schwanztheil der Wirbelsäule den Rücken strahlen ganz gleich gebildet, ihre Schenkel um- Wirbelsäule. 15 schliessen hier grosso Blutgefässe. Im Rumpftheil dagegen bleiben sie von ihrem Ursprung bis zur Spitze getrennt und umfassen als Rippen die Leibeshöhle. Nur bei wenigen Fischen fehlen die Rippen ganz (Seenadeln). Bei manchen Fischen tragen die Wirbelkörper auch kleine quere, seitliche Fortsätze, Seitenstrahlen. An die Rücken- und Bauch- strahlen schliessen sich bei vielen Fischen dünne gabelförmige Gräthen, Fleischgräthen, oder schiefe Rücken- und schiefe Bauchstrahlen an, die in den Fig. 23. Diphycerker Schwanz des Aales. Fischschwänze. Homocerker Schwanz vom Barsch. später zu erwähnenden Zwischenmuskelbändern liegen. Sie sind es, deren Vorkommen das Fleisch mancher Fische (Karpfen arten) so viel gräthenreicher macht, als das Fleisch anderer. Das Schwänzende der Wirbelsäule bietet hinsichtlich der Entwickelung der Rücken- und Bauch- strahlen wesentliche Verschiedenheiten. Bei solchen Fischen, die keine eigene Schwanzflosse besitzen, nehmen die Wirbel derSchwanzgegend von vorne nach hinten an Grösse allmälig ab, und der letzte Wirbel endet mit einer kegel- förmigen Spitze. Rücken- und Bauchstrahlen verlieren ebenso allmälig an Länge. Die obere und untere Hälfte des Schwanzes sind ganz gleichgebil- det. Solche Schwänze nennt man diphycerke. Bei den Fischen mit stärker entwickelter Schwanzflosse ist das letzte Ende der Wirbelsäule im stumpfen Winkel nach aufwärts gebogen. In diesem Falle ver- kümmern die Rückenstrahlen des oder der letzten Schwanzwirbel, während die Bauchstrahlen sich in breite Knochenplatten, die Unter- schwanzknochen, verwandeln, die mitunter zu einer einzigen, mit dem letzten Wirbelkörper zusammenhängenden Platte verschmelzen. An die Knochen des Schwanzendes fügen sich nun eigene gegliederte und nach dem Ende hin mehrfach gespaltene Knochenstäbe, die Flossenstrahlen, an, 16 Vom Bau der Fische. die entweder an der Rücken- und Bauchseite symmetrisch (homocerker Schwanz) oder einerseits von bedeutenderer Länge sind und so eine unsymmetrische Form dos Schwanzes bedingen (heterocerker Schwanz). Fig. 24. Homocerker Schwanz vom Lachs. Bei allen Fischembryonen sind übrigens die Schwänze ursprünglich diphycerk. In der Mittellinie des Rückens und Bauches befindet sich eine unpaarige Flosse, die Rücken- und Afterflosse, deren jede auch in zwei oder mehrere getrennte Abschnitte zerfallen kann. Diese unpaarigen Flossen werden ähnlich wie die Schwanzflosse von Flossenstrahlen s:e- stützt, die entweder spitze, ungetheilte Dornen (Stachelstrahlen) oder gegliederte und gegen das Ende hin zertheilte Knochenstäbe (Glieder- strahlen) sind und auf eigenen derben, zwischen die Rücken- resp. Bauchstrahlen der Wirbel eingreifenden ,.Flossenträgernu beweglich be- festigt sind, so dass sie aufgerichtet und nach hinten niedergelegt werden können. Ton diesen durch Knochen gestützten Flossen ist die bei den Lachsen hinter der Rückenflosse gelegene, nur aus Haut ge- bildete ^Fettflosse" zu unterscheiden, die keinerlei feste Grundlage besitzt. Die Gliedinassen der Fische sind entsprechend ihrer Bewegungs- weise im "Wasser eigenthümlich gebaut. Es ragt nur der der Hand resp. dem Fuss entsprechende Theil über die allgemeine Körperbedeckung hervor in Form von paarigen Flossen, und man bezeichnet die vordere, Schwanz. Flossen. 17 unserem Arm entsprechende Grliedmasse als Brust-, die hintere, dem Beine entsprechende, als Bauchflosse. Die Brustflosse ist bei allen Fig. 25. Flossenstrahlen. Stachelstrahlen des Barsches und Gliederstrahlen vom Brassen mit ihren Flossenträgern. Fischen seitlich dicht hinter dem Kiemendeckel angebracht, sie fehlt nur sehr selten. Die Bauchflossen können an sehr verschiedener Stelle Fig. 26. Vordere und hintere Extremität vom Brassen. sitzen, bald ganz vorne am Halse (kehlständig, Aalmutter), bald, zwischen den Brustflossen (brustständig, Barsch), bald weiter vorne oder hinten am Bauch (bauchständig, Karpfenarten) oder fehlen (Aal). Die Grundlage der vorderen Extremität bildet der Schultergürtel, dessen obere Enden 18 Vom Bau der Fische. jederseits am Schädel befestigt sind, während die unteren sich in der Mittellinie des Bauches mit einander verbinden. Jede Hälfte besteht aus mehreren Knochen, an die sich die Flossenstrahlen anschliessen. Die Grundlage der Bauchflosse bildet der lose in der Bauchmusculatur gelegene, meist nur aus einem spitzen Knochen jederseits gebildete Beckengürtel, dem die Flossenstrahlen aufsitzen. Bei den Stören finden wir an Stelle knöcherner, abgegliederter Wirbelkörper ein ungegliedertes Knorpelrohr, von einer gallertigen Masse, der Chorda clorsalis oder "Wirbelsaite, der Länge nach durchzogen. An der oberen Seite sitzen demselben knorplige Kückenstrahlen auf, mit ihren Schenkeln den Rückgratskanal umfassend. Die Bauchstrahlen ver- halten sich im Schwauztheil ebenso und umschliessen die grossen Ge- fässe, während sie im Rumpftheil kleine knorplige Rippen bilden. Bei den Neunaugen finden wir ebenfalls eine gallertige, von einer festen Scheide umschlossene Chorda an Stelle der Wirbelkörper. Die Rückenstrahlen sind zu einem knorpligen Rohre verschmolzen, welches das Rückenmark umschliesst. Ebenso sind die Bauchstrahlen im Schwanztheil zu einem Knorpelrohr verwachsen, welches die grossen Gefässe umfasst, während sie vorne zu zwei knorpligen Leisten verschmelzen, die neben den Gefässen liegen. Rippen sind bei den Neunaugen nicht vorhanden. Die Extremitäten sind beim Stör in ganz ähnlicher Weise wie bei den Knochenfischen gebaut, der Schwanz ist stark unsymmetrisch, heterocerk. Fig. 27. Heterocerker Schwanz vom Stör. Bei den Neunaugen fehlen die paarigen Flossen ganz, die Schwanz- flosse ist symmetrisch gebildet. M usciilatur. L9 Die Musculatur der Fische ist in Folge ihrer eigenthümlichen Bau- art und Bewegungsweise äusserst einfach. Abgesehen von den kleinen, zu den Kaubewegungen, der Bewegung der Kiemen und der Flossen dienenden Muskeln besteht die ganze Muskelmasse unserer Fische jeder- seits aus einer grossen, vom Kopf bis zur Schwanzflosse reichenden Muskelplatte, dem Seitenmuskel. Eine mittlere Längsfurche theilt ihn ge- wöhnlich, entsprechend dem Abgange der Seitenstrahlen von den Wirbel- körpern, in eine obere und untere Portion, die sich im Schwanztheil vollkommen gleichen, während die untere Portion im Rumpftheil wegen der Ausbreitung auf den die Bauchhöhle umschliessenden Rippen erheblich dünner ist. An der Oberfläche des Seitenmuskels sieht man nach Entfernung der Haut, besonders deutlieh auch bei gekochten oder geräucherten Fischen, zahlreiche parallele Streifen verlaufen, die in der oberen Hälfte des Muskels schräge nach vorne und unten, in der un- teren schräge nach vorne und oben gerichtet sind und sich in der Längs- furehe unter spitzen "Winkeln schneiden. Entsprechend diesen Streifen lässt sich, namentlich leicht an gekochten Fischen, der Seitenmuskel in Fig. 28. Musculatur der Fische. 1. Seitenmuskel des Aales. 2. Ungetheilter Seitenmuskel des Neunauges. 3. Horizontalschnitt des Neunauges, Muskelplatten. 4. Querschnitt des Aalsclrwanzes. 5. Querschnitt des Neunaugenschwanzes. eine grosse Anzahl flacher Muskelplatten zerlegen, die sich schuppen- artig decken, und deren Verlauf man auch an Horizontalschnitten durch die Mitte der Wirbelsäule eines Fisches sehr deutlich beobachten kann. 2* 20 Vom Bau der Fische. Wegen des sehr schrägen Verlaufes der Muskelplatten wird natürlich auf Querschnitten eines Fisches eine grosse Anzahl derselben zugleich ge- troffen, wodurch sich die eigenthümliche, concentrische Zeichnung des Querschnittes erklärt. Die Muskelplatten sind von einander durch dünne Häutchen getrennt, die, von der Mitte jedes Wirbelkörpers entspringend, schräge nach hinten verlaufen, und deren Rand eben die an der Ober- fläche des Muskels sichtbaren Streifen sind. Beim Kochen werden diese Häutchen in Leim verwandelt und aufgelöst, weshalb dann die ein- zelnen Muskelplatten aus einander fallen. In diesen Zwischenmuskel- bändern verlaufen die Blutgefässe und Nerven des Muskels, und in ihnen liegen auch die schiefen Bauch- und Bückenstrahlen oder Fleischgräthen bei den Fischen, welche solche besitzen. Die Seitenmuskeln sind der eigentliche Bewegungsapparat der Fische, indem die abwechselnde Zusammenziehung des rechten und linken Muskels den Fisch vor- wärts treibt. Ausserdem bewirken sie, indem sie die Schwanz- flosse rechts oder links stellen, das Abweichen von der geraden Richtung. Mit welcher Kraft dieser gewaltige Muskel mit Hilfe der Schwanzflosse arbeitet, ist aus der Schnelligkeit ersichtlich, mit der viele Fische mühelos lange Zeit sich fortbewegen; so legt ein Lachs in der Secunde leicht 7 — 8 m zurück und ist im Stande, Sprünge von 3 m Höhe und 5 — 6 m Länge auszuführen. Sehr wesentlich wird die Fortbewegung der Fische dadurch erleichtert, dass ihr Körper fast das- selbe specifische Gewicht besitzt wie das Wasser, zur Bewegung des- selben also eine ungleich geringere Kraft erforderlich ist, als sie andere Thiere zur Fortbewegung auf der Erde gebrauchen, die dabei ihr volles Gewicht zu tragen haben. Die paarigen und unpaarigen Flossen dienen vorzugsweise nur zur Steuerung, obwohl sie beim Verlust der Schwanzflosse auch die Fortbewegung des Körpers bewirken kön- nen. Schneidet man Fischen die Rücken- und Afterflosse ab, so sind sie nicht mehr im Stande, sich in gerader Linie vorwärts zu bewegen, sondern schwimmen in einer Zickzacklinie. Schneidet man ihnen ein- seitig die Brust- oder Bauchflosse, oder beide ab, oder befestigt dieselben auch nur durch einen Faden unbeweglich am Leibe, so fallen sie, ohne sich aufrecht erhalten zu können, auf die verletzte Seite. Bei Entfernung beider Brustflossen sinkt der Kopf herab, und durch die manigfaltigen Stellungen der verschiedenen Flossen lassen sich die zahlreichen Be- wegungen der Fische beim Steigen, Fallen und Wenden leicht ausführen. Die Musculatur der meisten Fische ist weiss, nur bei manchen Arten erscheint sie mehr oder weniger roth gefärbt (Lachs, Forelle). Das Nervensystem der Fische besteht wie bei den übrigen Wirbel- Musculatur. Nervensystem. 21 thieren aus dem Gehirn, dein Rückenmark und den Nerven mit ihren Endapparaten, den Sinnesorganen. Das Gehirn ist verhältnissniässig Behr klein und füllt die Schädelhöhle durchaus nicht vollständig aus. vielmehr befindet sich neben ihm eine grosse Menge von Fett und Gallertgewebe in derselben. Man unterscheidet am Gehirn drei hinter ein- ander liegende Abschnitte, das Yorderhirn, Mittelhirn und Hinterhirn, von denen die beiden vorderen paarig sind, während der hintere aus einem unpaarigen Stücke besteht, an welches sich das Rückenmark anschliesst. Tom Yorderhirn entspringen die meistens sehr starken Riechnerven, vom Mittelhirn die Sehnerven, dahinter mehrere andere zu den Theilen des Kopfes verlaufende Nerven und der unter der ganzen Seitenlinie entlang ziehende Seitennerv, von dem weiterhin noch die Rede sein wird. Das Rückenmark zieht sich in Form eines dünnen, bei den Neunaugen flach gedrückten Stranges durch den an der Rüeken- Fis;. 29. Gehirn und Rückenmark der Plötze. *~ seite der Wirbelkörper gelegenen Rückgratskanal hin und giebt zwischen je zwei Wirbeln jederseits einen Nervenstamm ab, der in den Zwischen- muskelbändern verläuft und sich an den Muskeln und in der Haut verästelt. Mau unterscheidet Bewegungsnerven, durch welche vom Gehirn aus die Muskeln zu Zusammenziehungen angeregt werden, und Empfindungsnerven, welche die Gefühlsempfindungen zum Bewusstsein bringen. Die Sinnesorgane bilden die Endapparate der sogenannten höheren oder Sinnesnerven. Ausser dem Gesicht, Geruch, Gehör, Geschmack und dem Tastgefühl besitzen die Fische noch einen sechsten Sinn, dessen Organ die Seitenlinie ist. Das Auge der Fische ist gewöhnlich gross und etwas flachgedrückt, stimmt übrigens in seinem Bau mit dem der anderen Wirbelthiere über- ein. Die Regenbogenhaut glänzt meist lebhaft in metallischen Farben, die Linse ist gross und kugelrund und fällt bei gekochten Fischen leicht als eine weisse, linsen- bis erbsengrosse Kugel aus dem zerfallenen Auge heraus. Die Pupille ist weit, meistens ganz rund, die Hornhaut sehr flach. Die Augen sind bei verschiedenen Fischen mehr oder weniger beweglich. Augenlider fehlen, nur bei manchen Fischen verdecken durchsichtige, unbewegliche halbmondförmige Hautfalten vorne und hin- ten einen Theil des Auges. Beim Querder (der Larve des Neunauges) sind die Augen unter einer dicken Lage der Körperhaut verborgen und 22 Vom Bau der Fische. wenig ausgebildet, sie erreichen erst ihre volle Entwickelung, wenn sie hei der Metamorphose an die Oberfläche treten. Fig. 30. Längsschnitt des Dorschauges. Fig. 31. Geöffnete Nasengrube eines Fisches. Die Nase unserer Fische besteht aus zwei getrennten, vor den Augen gelegenen Gruben, die mit einer faltigen Schleimhaut ausgekleidet sind, in der sich die Geruchsnerven verzweigen. Die Nasengruben haben bald eine, bald zwei, bisweilen durch einen ziemlich grossen Zwischenraum getrennte engere oder weitere Oeffnungen, welche mitunter die Form kurzer Röhrchen haben. Mit der Mundhöhle stehen die Nasengruben nie in Verbindung. Bei den Neunaugen ist nur eine, in der Mitte vor den Augen gelegene Nasengrube vorhanden mit einfacher, röhrenförmiger Oeffnung. Das Gehörorgan der Fische ist sehr viel einfacher .gebaut als das der übrigen Wirbelthiere. Ein äusseres Ohr fehlt ihnen gänzlich, und das innere Ohr besteht nur aus einigen häutigen, mit Flüssigkeit erfüllten Fig. 33. Gehörstein vom Dorsch. Fig. 32. Gehörorgan des Aales. Säckchen und Kanälen, die neben der Schädelhöhle in den Knochen- oder Knorpelmassen des Schädels eingebettet sind. In diesen Säckchen findet man meistens kleinere oder grössere, sehr verschieden gestaltete, porcellan- artig aussehende Körper, die sogenannten Gehörsteine, die namentlich vom Dorsch sehr bekannt sind und früher in der Mcdicin vielfach an- gewandt wurden. Sinnesorgane. 28 Der Geschmack der Fische scheint wenig entwickelt zu sein. Die Zunge ist bei vielen ganz hart, und mehr als sie dürften weiche Theile des Gaumens als Sitz der Geschmacksempfindung anzusehen sein. Dass aber eine solche wirklich vorhanden ist, sieht man deutlich, wenn man Fischen verschiedenartige Dinge zum Fressen vorwirft. Sie schnappen nach Allem, werfen aber das ihrem Geschmack nicht Zusagende augen- blicklich aus dem Munde. Das Tastgefühl kommt, wie bei allen Thieren der ganzen Haut zu, scheint aber an den Barteln und den fleischigen Lippen mancher Fische besonders entwickelt zu sein. Den Sitz eines sechsten, uns noch nicht verständlichen Sinnes bil- den die Seitenkanäle und die Kopfporen- Wir- haben schon früher von der Seitenlinie gesprochen, unter welcher der starke Seitennerv verläuft, und in der meistens sämmtliche Schuppen von dickeren oder dünneren Kanälen schräge durchbohrt sind. Diese mitunter verzweigten Kanäle, Fig. 34. Seitenlinie des Uckelei. die auch auf dem Kopfe in mehreren Keinen von sogenannten Kopfporen vorkommen, wurden früher für schleimabsondernde Organe angesehen, enthalten aber eigentümliche Bildungen, sogenannte Nervenknöpfe, die den Nervenenden in den anderen Sinnesorganen sehr ähnlich gebildet sind. Fig. 35. Kopfporen des Hechtes. Ob in dem Gehirnleben der Fische ein so eiheblicher Wechsel von Thätigkeit und Ruhe vorkommt wie bei den meisten anderen Wirbel- thieren, ob die Fische schlafen, ist noch keines weges sicher festge- stellt. Allerdings wird von Fischen berichtet, die man in grosser Menge Nachts auf der Seite liegend an der Oberfläche des Wassers gefunden 24 Vom Bau der Fische. hat, und die bei der geringsten Störung- sich aufrichteten und munter fortschwammen. Auch sieht man gefangene Fische in Aquarien biswei- len längere Zeit auf Wasserpflanzen oder auf den Grund gestützt ohne Bewegung irgend einer Flosse ruhen, ob aber solche Erscheinungen un- serem Schlafe zu vergleichen sind, ist noch nicht ausgemacht. Ein Winterschlaf scheint bei manchen unserer karpfenartigen Fische und vielleicht auch bei anderen vorzukommen. So sollen die Karpfen, Schleihen und andere gesellschaftlich mit den Köpfen in den Schlamm- grund eingewühlt überwintern, während andere Fische auch den ganzen Winter hindurch wach und in Bewegung bleiben. Jedenfalls findet bei den Winterschlaf eri den Fischen während der kalten Jahreszeit nur eine äusserst geringe Thätigkeit statt, woraus es sich erklärt, dass sie ohne Nahrung zu sich zu nehmen doch nur sehr wenig an Gewicht verlieren. Die Verdauungswerkzeuge beginnen mit einer Mundöffnung von sehr wechselnder Grösse, Form und Stellung. Die Knochen der Mundhöhle können, wie schon früher erwähnt wurde, in sehr verschiedener Weise bezahnt sein. Die Zähne, auch die Schlundzähne der Karpfenarten, sind einem fortwährenden Wechsel unterworfen, indem die alten — bei den Karpfenarten in der Laichzeit — ausfallen und neue an ihre Stelle tre- ten. Die Zähne dienen mehr zum Festhalten der Nahrung, die sonst bei Schwarzgrundel. Fig. 36. Magen und Darm verschiedener Fische. Aalmutter. Schmerle. Schniipel. den Athembewegungen leicht aus dem Munde herausgleiten würde, als Ausserdem verhindern die, eine mehr oder zu ihrer Zerkleinerung Dannkanal. Leber. Bauchspeicheldrüse. 25 vreniger enge Reuse bildenden Zähne der Kiemenbögeh das Entweichen kleinerer Thiere durch die inneren Kiemenspalten und das Eindringen fremder Körper aus der Mundhöhle zwischen die Kiemen. Die Zunge ist, wie schon erwähnt, meistens hart, häufig bezahnt, nur selten dick und fleischig. Der Schlund ist bei den meisten Fischen sehr weit, längs- gefaltet, an ihn schliesst sich meistens ohne Uebergang der Magen an, der oft nur wenig spindelförmig erweitert ist, bei manchen Fischen aber eine stärkere, selbst kugelförmige Anschwellung darstellt oder einen Blindsack besitzt. In den Schlund oder Magen führt von der Kücken- seite her, wenn überhaupt vorhanden, der Ausführungsgang der später zu besprechenden Schwimmblase. Auf der oft nur hieran erkennbaren Grenze zwischen Magen und Darm mündet der Ausfuhrungsgang der Gallenblase und der Bauchspeicheldrüse ein. An derselben Stelle sitzen bei vielen Fischen mehr oder weniger Blinddärme oder Pfötneranhänge, die einen eigenthümlichen Yerdauungssaft absondern und häufig der Sitz zahlreicher Eingeweidewürmer sind. Den Karpfenarten, Hechten Aalen und anderen Fischen fehlen diese Blinddärme gänzlich, beim Sandaal kommt einer vor, beim Steinbutt und der Aalmutter 2, beim Barsch und Kaulbarsch 3, bei den Flundern 4 — 5, bei den Lachsen 19 — 150, bei der Markrele hat Stannius 191 gezählt. Wo sie in grosser Zahl vorhanden sind, bilden sie gewöhnlich eine Reihe von Ringen um den Darm. Sind nur wenige vorhanden, so mündet jeder für sich,^ während, wenn ihrer viele sind, meistens mehrere einen gemeinschaftlichen Ausführungsgang besitzen. Beim Schwertfisch sind sie zahlreich und durch Bindegewebe zu einem drüsenartigen Haufen verbunden. Der Darm ist bei den eigent- lichen Raubfischen meistens kurz, bei den auch von Pflanzenkost sich nährenden länger und mehrfach gewunden. Bei manchen Fischen stellt das ganze Nahrungsrohr vom Munde bis zum After einen ziemlich gleich- massig weiten, geraden Kanal vor (Neunauge). Der After liegt bei den meisten Fischen etwa an der Grenze des hintern Drittheils der Körper- länge, ist jedoch bei manchen Arten (Flunder, Petermännchen) sehr viel wei- ter nach vorne gerückt. Die Leber ist gewöhnlich ziemlich gross, gelb, rothbraun, braun oder schwärzlich gefärbt, sehr fett und besitzt meistens eine rundliche oder ovale Gallenblase, deren Inhalt grün oder braun ist und sich durch den Gallengang an der Grenze des Magens in den Darm ergiesst. Sie ist bei den meisten Fischen in zwei oder mehrere Lappen getheilt. Die Bauchspeicheldrüse ist ein wenig in die Augen fallendes, in der Nähe des Magens befestigtes Organ, dessen Ausführungsgang neben dem Gallengang in den Darm mündet. 26 Vom Bau der Fische. Die Milz ist von ziemlich wechselnder Grösse und Form, bräunlich- roth, gewöhnlich nur klein und in der Nähe des Magens oder zwischen den Schlingen des Darmes befestigt. Die Innenfläche der Bauchhöhle ist von dem Bauchfell, einer glatten Haut, ausgekleidet, die meistens lebhaften Silberglanz zeigt, der, ebenso wie bei den Schuppen, durch kleine, plättchenförmige Kry stalle bedingt wird. Bei manchen Fischen erscheint es dagegen durch Pigmentzellen ganz oder theilweise schwarz gefärbt (Nase). Die Nahrung der Fische besteht hauptsächlich aus thierischen Steifen, die sogenannten pflanzenfressenden Fische leben keineswegs ausschliesslich von Pflanzenkost, sondern verschmähen kleinere Thiere, wie Insecten, Würmer und dergl. durchaus nicht, Im Allgemeinen fressen die Fische alle Thiere, die sie bewältigen können, vom Zwergstichling und der See- nadel, die sich natürlich mit kleinem Baube begnügen müssen, bis zum Wels, der gelegentlich Enten und Hunde verschluckt, ohne der aus- ländischen Fische zu gedenken, die wie die Haie auch Menschen ver- schlingen. Unter sich führen die Fische einen förmlichen Vernichtungs- krieg, indem nicht nur die sogenannten Raubfische alle schwächeren und kleineren fressen , sondern auch die friedfertigsten Pflanzenfresser Fischlaich und eben ausgeschlüpfte Fischchen gierig verzehren. Die Fische sind im Allgemeinen nicht im Stande, ihre Nahrung zu zer- kleinern, indessen erlaubt ihnen die Beweglichkeit der die Mundhöhle umgebenden Knochen und die grosse Weite des Schlundes, Thiere zu verschlingen, die wenig kleiner sind als sie selber. So sieht man häufig Hechte, Quappen und Dorsche einen von ihresgleichen herunterwürgen, der ihnen zur Hälfte aus dem Maule hervorragt, während die kräftige Ver- dauungsthätigkeit des Magens den vorangeschluckten Kopf bereits völlig- gelöst und selbst die Knochen schon stark zersetzt hat. Die Verdauung geht so schnell vor sich, dass solche Fische, deren Kopf in einem Hechtmagen schon verdaut ist, in ihrem aus dem Maule des Hechtes hervorragenden Theile noch so frisch sind, dass sie von den Fischern un- bedenklich gegessen werden. Bei dieser grossen Verdauungsfähigkeit sind denn die Fische immer auf der Jagd nach neuer Nahrung und wachsen auch, wenn sie ihren Appetit befriedigen können, ausserordentlich schnell, während sie allerdings auch mit spärlichem Futter auskommen und selbst lange Zeit hungern können (so fressen die Wanderfische auf dem Zuge zu den Laichplätzen viele Wochen lang fast gar nicht), dabei aber auch nur sehr unbedeutend an Grösse zunehmen. Den Verdauungsorganen schliesst sich ein Organ an, das nur den Fischen allein eigenthümlich ist, obgleich sie es keinesweges alle besitzen: Verdauungsorgane, Schwimmblase, 27 die Schwüiiniblasei Sie fehlt fast einem Drittel aller Fische, namentlich vie- len Seefischen, ohne dass dieselben sich in ihrer Beweglichkeit von den mit einer Blase versehenen irgendwie unterschieden. Die Schwimmblase liegt, wo sie vorhanden ist, unmittelbar unter der Wirbelsäule und er- streckt sieh bald durch die ganze Länge der Bauchhöhle, bald ist sie kürzer. Sie ist spindelförmig, oval, oder rundlich, entweder ganz ge- schlossen oder mit dem Schlund oder Magen durch einen Kanal von ver- schiedener Länge und Weite, den Luftgang, verbunden. Ihre Wand besteht aus einer äusseren elastischen, mit Muskelfasern durchzogenen und einer inneren schleimhautähnlichen Lage. Beim Stör und Wels ist sie sehr dickwandig, beim Hering, Lachs u. a. sehr zart, beim Dorsch an verschiedenen Stellen von ungleicher Dicke. Unter unseren Fischen fehlt die Schwimmblase den Plattfischen, dem Sandaal, den Grundeln, dem Butterfisch, den Neunaugen etc. Geschlossene Blasen ohne Luft- gang finden sich beim Dorsch, der Quappe, dem Barsch, Stichling, Kaul- barsch, Lump, Schwertfisch und anderen. Fig. 37. Schwimmblasen. Dorsch. Hering. Brassen. Schnäpel. Die Dorschblase tragt vorne ein paar blinde Fortsatze. An den anderen sieht man den Luftgang und seine Einmündung in den Nahruiigskanal. Die mit einem Luftgang versehenen Schwimmblasen sind entweder einfach, oder durch eine enge Einschnürung in eine kleinere vordere und grössere hintere Abtheilung getheilt. Bei den einfachen geht der 28 Vom Bau der Fische. Luftgang vom vordem Ende (Hecht, Lachs) oder von der Mitte ab (Aal, Hering). Bei den getheilten (Karpfen) ist die "Wand der vorderen Ab- theilung sehr viel dicker und elastischer, und der Luftgang entspringt aus dem vorderen Ende der hinteren Abtheilung. Ausser durch die in ihrer Wand eingelagerten Muskelfasern kann die Schwimmblase bei vielen Fischen noch durch eigene, von den Wirbeln oder Rippen an sie herantretende Muskeln zusammengedrückt werden. Da das speciüsche Gewicht des Fischkörpers dem des Wassers fast ganz gleich ist, das Wasser selbst aber wegen seiner äusserst geringen Zusammendrückbarkeit auch in grosser Tiefe nicht sehr viel dichter ist, als an der Oberfläche, so genügt schon eine geringe Compression der Blase, wie sie ohne die geringste Anstrengung ausgeführt werden kann, um den Fischkörper ohne weitere Arbeit sinken zu lassen, während er beim Nachlassen der Compression ebenso mühelos wieder aufsteigt. Ein stärkerer Druck auf den vorderen Theil der Blase lässt den Kopf sich senken, während stärkerer Druck auf den hinteren Theil ihn hebt, ohne dass der Fisch dabei seine Flossen zu Hilfe zu nehmen . brauchte. Während so einerseits der Besitz einer Schwimmblase das Steigen und Fallen im Wasser wesentlich erleichtert, ist derselbe andererseits, nament- lich wenn die Blase geschlossen ist, ein Hinderniss für plötzliche, sehr bedeutende Nievauveränderungen. So sieht man denn auch an plötzlich aus grosser Tiefe mit der Angel oder dem Netze heraufgezogenen Fischen (namentlich bekannt von den Barschen des Boden-, Genfer- und Madue- sees) die Blase durch das plötzliche Nachlassen des von aussen auf sie einwirkenden Wasserdruckes springen, worauf die in der Bauchhöhle sich ausbreitende Luft den Magen aus dem Munde hervorstülpt. Bei Blasen mit einem Luftgange ist diese Gefahr natürlich nicht vorhanden, da die Luft bei übermässigem Druck nach dem Schlünde entweichen kann. Sticht man einem mit Schwimmblase versehenen Fische die Blase an und lässt die darin enthaltene Luft entweichen, so sinkt er zu Boden und ist nicht eher im Stande, sich ohne kräftige Arbeit der Flossen zu erheben, bis die Blase sich wieder mit Luft gefüllt hat, die von ihren Blutgefässen ausgeschieden wird. Das- Herz der Fische liegt, von einem häutigen Sacke, dem Herz- beutel, umschlossen, unmittelbar hinter den Kiemenbögen am Halse. Es besteht aus zwei durch ein Klappenventil getrennten Abtheilungen, dem Vorhof und der Herzkammer; ersterer hat eine dünnere und weniger musculöse Wand als letztere. Aus der Herzkammer entspringt mit einer zwiebelartigen Erweiterung die grosse Kiemenschlagader. durch welche bei der Zusammenziehung der Herzkammer das Blut in die Kiemen getrieben wird. In die Vorkammer mündet die Blutader ein, die das \ \ \ d CD ,d o -d o CO d CD o CO 0 'c£ CO 03 d CD w o © d CD CD d o U CS < % o d CS ^tf CD o Hl 03 CD iE O e6 -^ O a O > Ö W ^ CO CD d t>c pq OD CD bß 3 | Ä CD es ig CO co bb • pH ® s CD rd M 'S Schwimmblase u. Blutkreislauf. 29 durch seinen Kreislauf im Körper verdorbene Blut nach dem Her- zen zurückführt, damit es in die Kiemen geschafft und dort zur Ernährung des Körpers wieder tauglich gemacht werde. Die grosse Kiemenschlagader giebt für jeden Kiemenbogen einen Ast ab, der in der Furche an der Aussenseite * Bogens verläuft und sich in Zweige für jedes Kiemenblättchen auflöst. In den Kiemenblättchen verzweigen sich diese ideinen Schlagadern zu haarfeinen Gefässen, die allmälig wieder zu grösseren Fig. 39. Kreislauf in einem Kiemenblättchen eines Fisches. 1. Kiemenschlagader. 2. Kiemenblutader. 3. Querschnitt des knöchernen Kiemenbogens. Blutadern zusammenfliessen, welche neben den Schlagadern liegen und sich endlich zu einem gemeinsamen Stamme, der grossen Körperschlag- ader, vereinigen. Diese verläuft unter der ganzen Wirbelsäule bis zum Schwänze hin, verzweigt sich an den Eingeweiden und giebt, ent- sprechend dem Zwischenraum zwischen je zwei Wirbeln, jederseits einen Ast ab, der sich in den Zwischenmuskelbändern, den Muskeln und der Haut verästelt. Alle diese Zweige zerfallen in derselben Weise wie in den Kiemen zu haarfeinen Gefässen, aus denen sich kleinere und allmälig grössere Stämme zusammensetzen, die allmälig alle in die neben der Körperschlagader unter der Wirbelsäule gelegenen grossen Blutadern einmünden. Die Eingeweideblutadern müssen vor ihrem Eintritt in die Körperblutadern sich erst noch einmal in der Leber verzweigen und wieder zu einem grossen Aste, der Pfortader, zusammenfliessen. Endlich treten sämmliche Blutadern zu einem starken, in die Vorkammer einmündenden Stamm zusammen. Es muss also alles Blut, das von der Herzkammer aus durch die grosse Kiemenschlagader in die Kiemen ge- trieben ist, nachdem es auf unzähligen kleinen Bahnen den ganzen Körper durchlaufen und ernährt hat, endlich durch die Blutader wieder nach der Vorkammer und der Herzkammer zurückkehren. Dieser Kreislauf des Blutes wird durch die Bewegungen des Herzens unterhalten, indem sich immer abwechselnd die Herzkammer und Vorkammer zusammenzieht und wieder ausdehnt. An der Einmündungsstelle der Körperblutader in die Vorkammer und dem Ursprung der Körperschlagader aus der Herzkammer sind Klappen angebracht, die ebenso wie die Klappe zwischen Herz- und Vorkammer das Blut nur in einer Richtung hindurchlassen und sich schliessen, sobald es rückwärts zu strömen versucht. Eine erste 30 Vom Ban der Fische. Zusammenziehung der Vorkammer schafft also das in ihr enthaltene Blut in die Herzkammer, und während sich nun die Vorkammer wieder erweitert, um neues Blut aus der Blutader aufzunehmen, schliesst sich die Klappe zwischen Yor- und Herzkammer, und zieht sich die Herz- kammer zusammen, um ihren Inhalt in die Kiemen Schlagader zu treiben. Nach ihrer Entleerung erweitert sie sich wieder, um neues Blut aus der Vorkammer zu empfangen, während die Klappe am Ursprung der Kiemenschlagader das in sie hineingepresste Blut hindert, in die sich erweiternde Herzkammer zurückzuströmen. So wird also die ganze Blutmasse des Körpers durch die Thätigkeit des Herzens ruckweise weitergeschoben. Man kann dieses Verhältniss an eben aus dem Ei geschlüpften Fischchen, die noch ganz durchsichtig sind, und deren Ein- geweide noch einen äusserst einfachen Bau zeigen, vorzüglich übersehen. Das Blut der Fische ist roth, aber kalt, d. h. immer nur um sehr wenig wärmer als das "Wasser, in dem sie leben. Eine bedeutende Ab- kühlung ertragen die meisten Fische sehr gut, manche Arten sollen sogar im Eise einfrieren können, ohne zu sterben, und wenn sie langsam wieder aufgethaut werden, unbeschädigt weiter leben. Die Athnmng der Fische geschieht durch die Kiemen. Sie besteht, wie bei allen Thieren in der Aufnahme von Sauerstoff und der Abgabe von Kohlensäure. Die Kiemen der Knochenfische und Störe bestehen aus häutigen Blättchen oder Büscheln, die dem convexen Bande der knöchernen oder knorpligen Kiemenbögen in grosser Anzahl aufsitzen, und in denen sich, dicht unter der Oberfläche, die haarfeinen Kiemen- Fig. 40. Kammförmige Kiemen eines Knochenfisches. 1. Ein Kiemenbögen mit Kiemenblättchen nnd Kiemenbogenzälmen. 2. Querschnittdes Kiemenbogens mit ansitzenden Kiemenblättchen. gefässe verbreiten. Nach der Form der Kiemenblätter unterscheidet man kämm- und büschelförmige Kiemen. Bei ersteren stehen dünne Blättchen Kiemen. 31 in grosser Zahl, wie die Zähne eines Kammes nebeneinander, während bei den büschelförmigen Kiemen die Blättchen zu dickeren Körpern um- gewandelt sind und nur in geringer Zahl auf jedem Kiemenbogen stehen. Die Fische athmen, indem sie den Mund voll Wasser nehmen und dieses zwischen den inneren Kiemenspalton hindurch in die Kiemenhöhle pressen, wo es zwischen den Kiemen hindurchtritt und nachdem es diese umspült hat, aus der äussern Kiemenspalte wieder ins Freie gelangt. Das zarte Gewebe der Haargefässe und der Kiemenblättchen ist für Gase sehr leicht durchgängig, es findet deshalb fortwährend ein lebhafter Aus- tausch der im Blute gelösten Kohlensäure und des Sauerstoffs der im AVasser gelösten Luft statt, und durch diesen Austausch wird das Blut Fig. 41. Büschelförmige Kiemen der Seenadel. 1. Ein Kiemenbogen mit Kiemenblättchen. 2. Querschnitt desselben. fähig, alle Theile des Körpers zu ernähren, indem es ihnen Sauerstoff abgiebt und aus ihnen die überall in Folge der Lebensvorgänge gebildete Kohlensäure aufnimmt, die es dann in den Kiemen wieder gegen Sauerstoff austauscht. Die Fische sind nicht etwa im Stande, mit ihren Kiemen das Fig. 42. Längsschnitt der Kiemenhöhle eines Fisches. Kiemenbogen mit ansitzenden Kiemenblättchen, dazwischen die Kiemenspalten, dahinter (rechts; die unteren Schlundknochen und der Schlund. Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zu zersetzen und den frei werdenden 32 Vom Bau der Fische. Sauerstoff sich anzueignen, sie können nur den Sauerstoff der im Wasser gelö- sten Luft aufnehmen und müssen deshalb in luftarmem Wasser, das entweder noch wenig Luft aufgenommen hat (unmittelbar an tiefen Quellen), oder in Folge von Erwärmung den grössten Theil seiner Luft verloren hat, Athem- noth leiden, weshalb sie in solchem Wasser häufig an die Oberflächr kommen, um Luft zu schnappen und diese direct mit den Kiemen in Berüh- rung zu bringen. In ausgekochtem, also ganz von Luft befreitem Wasser, wenn es auch wieder vollkommen erkaltet ist, müssen die Fische ebenso schnell ersticken, wie die luftathmenden Thiere in sauerstoffarmer Luft. Dass die Fische in der Luft, die sehr viel, sauerstoffhaltiger ist als lufthaltiges Wasser, sterben, hegt daran, dass ihre Kiemen an der Luft vertrocknen, und das Blut in den Gefässen derselben gerinnt. Die- jenigen Fische, welche sehr enge Kiemenspalten haben' können längere Zeit an der Luft leben, so lange bis alles in der Kiemenhöhle zurück- gehaltene WTasser verdunstet ist, und das Vertrocknen der Kiemen eintritt. Von den Kiemen der übrigen Fische weichen diejenigen der Neun- augen in ihrem Bau wesentlich ab. Kiemenbögen sind nicht vorhanden, und innerhalb des schon früher erwähnten knorpligen Kiemenkorbes liegen jederseits sieben häutige Beutel, die Kiemenbeutel, deren jeder 2 Fig. 43. Kiemen des Neunauges. 1. Horizontalsclmitt des unpaarigen Kiementanals und der Kiemenbeutel. 2. Querschnitt der Kiemenbeutel, die vielfach gefaltete Schleimhaut zeigend. an der Seite des Halses eine eigene Kiemenöffnung besitzt, innen aber in einen mittleren, unterhalb des Speiserohres gelegenen Kanal ein- mündet, der hinten geschlossen ist, vorne in die Mundhöhle führt. Auf den vielfachen Längsfalten, welche die Schleimhaut der Kiemenbeutel bildet, verzweigen sich die haarfeinen Kiemengefässe, die aus dem durch die Kiemenbeutel hindurchströmenden Wasser den erforderlichen Sauerstoff aufnehmen. Während die Ausscheidung der festen Auswurfsstoffe durch den Darm, die der gasförmigen (Kohlensäure) durch die Kiemen erfolgt, werden die flüssigen von den Harnorganen beseitigt. Die Nieren" der Fische sind zwei Harn-1 nml Geschlechtswerltzeuge. 33 lange, jederseits dicht neben der Wirbelsäule gelegene Organe, meistens lappig und von bräunlicher oder braunrother Farbe. Aus ihren einzelnen Lappen entspringen feine Kanälchen, die den dort abgesonderten Harn in die an der Innenseite der Nieren gelegenen Harnleiter führen. Beide Harnleiter vereinigen sieh weiterhin zu einem unpaarigen Harngange, der sieh gewöhnhell vor seinem Ende zu einer Harnblase von verschiedener Gestalt und Grösse erweitert. Aus der Harn- blase führt eine meistens kurze Harnröhre hinter dem After nach aussen. Sehr gewöhnlich nehmen die Harnleiter oder die Harn- röhre die Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane auf, die aber auch zwischen After und Harnröhre mit eigener Oeffnung münden können. Häufig liegt die Harnröhren- öffnung an der Spitze einer zapf enf orangen Hervorragung, in diesem Falle münden die Geschlechtsorgane entweder schon in die Harnröhre ein, oder sie öffnen sich am vordem Bande der Papille. Bei manchen Fischen umfasst eine ge- meinsame, aus zwei Längsfalten gebildete Umwallung After, Harn- und Gesclüechtsöffnung, bei anderen ist der After von den gemeinschaftlich von Falten umschlossenen Oeffnun- gen der Harn- und Geschlechtsorgane getrennt. Mit Ausnahme weniger, nur in wärmeren Meeren heimischer Gattungen sind alle Fische getrennten Ge- Fjn- 44 schlechtes, in vielen Arten lassen sich Männchen und Harnwerkzeuge. Weibchen schon an äusserlichen Form- und Farbenunter- schieden erkennen. Die Fortpflanzungsorgane beider Geschlechter sind einander in Ge- stalt und Lage meistens sehr ähnlich, so dass es ausserhalb der Laichzeit oft einer genauen Untersuchung ihres Inhalts bedarf, um zu unterscheiden, ob man Hoden oder Eierstöcke vor sich habe. Während eines Theiles des Jahres liegen sie klein und unscheinbar jederseits der Wirbelsäule vor den Nieren, schwellen aber schon längere Zeit vor dem Laichen durch Entwickelung des männlichen Samens (Milch) oder der Eier (Bogen) all- mälig so bedeutend an, dass sie die übrigen Eingeweide ganz bei Seite drängen und den Bauch der Thiere beträchtlich ausdehnen. Bei den meisten Fischen haben Hoden und Eierstöcke die Form hohler« am hinteren Ende in enge, cylindrische Samen- oder Eileiter übergehender Schläuche, an deren Innenwand Milch oder Bogen sich bildet, um bei erlangter Beife sich abzulösen und durch die beiden sich vereinigenden Ausführungsgänge nach der hinter dem After gelegenen 3 34 Vom Bau der Fische Geschlechtsöffmmg geführt zu werden. Bei vielen Fischen verbindet sich der Geschlechtskanal mit der Harnröhre oder schon vorher mit dem Harn- leiter, so dass beide eine gemeinschaftliche Mündung besitzen ; wo das nicht der Fall ist, liegt die Geschlechtsöffnung zwischen After und Harnröhre. Bei anderen Fischen bilden die Geschlechtsorgane vielfach gefaltete Platten, an deren Oberfläche Milch und Bogen sich entwickelt. Dir reiten Geschlechtsproducte fallen dann in die Bauchhöhle und gelangen ent- Fig. 45. Geschleehtstlieile verschiedener Fische. 1. Hoden der Flunder. 2. Eierstock vom Karpfen, beide mit Ausfühmngsgang. 3. Eier- stock des Neunauges. 4. Stück vom Eierstock des Lachses nach Ablösung der reifen Eier. weder durch zwei kurze, trichterförmige Kanäle in die Harnleiter oder durch eine einfache, dicht hinter dem After gelegene Oeffnung nach aussen. Nicht selten kommen unter Lachsen und Karpfenarten unfruchtbare Individuen vor, deren männliche oder weibliche Geschlechtsorgane zwar vorhanden, aber nur unvollkommen entwickelt sind und niemals zur völligen Beife gelangen. Im Allgemeinen sind solche sterile Fische ge- wöhnlich dicker, fleischiger als fruchtbare, fallen jedoch durch erhebliche Schmächtigkeit in der Aftergegend leicht auf. Andererseits sind ausnahms- weise in Karpfen gleichzeitig männliche und weibliche Organe beobachtet w< irden. (Zwitterbildung.) Die Milch, '1. h. der männliche Same der Fische, erscheint vor der ( teschlechtswerkzeuge. Eier. 35 völligen Reife als eine weisse, gallertartige Masse, löst sich aber später zu einer rahmigen Flüssigkeit auf, die unzählige Millionen von äusserst kleinen ..Samenfaden" enthält. Diese haben etwa die Gestalt von Steck- nadeln mit kugligem, cylindrischem oder fingerhutförmigem Kopf und dünnem Schwanzfaden, dessen fortwährende schlängelnde Bewegungen das ganze Körperchen vorwärts treiben. 31 i t der Bewegung des Schwanz- fadens erlischt ihr Lehen und ihre Befruchtungsfähigkeit. Die Länge dm- Samenfäden beträgt heim Barsch 0,02, heim Lachs 0,06, heim Hering 0,07. heim Neunauge 0,15 mm. ^^IIE^ üP^ Fig. 46. Samenfäden. 250mal vergrössert. Fig. 47. Fischeier. 1. Hering. 2, Stichling. 3. Barsch. 4. Kleine Grandel. 10 — 20mal vergrössert. Die Eier sind nach ihrer Ablösung von der Wand des Eierstockes meistens kugelig, seltener elliptisch oder birnförmig, und bestehen aus dem Dotter und der ihn eng umschliessenden, festen und elastischen, 1. 3. Fig. 48. Eihaut und Mikropyle von Fischeiern. 1. Eihaut des Stichlingseies mit Mikropyle. 2. Dickenschnitt durch Eihaut und Mikropyle des Forellencies. 3. Dickenschnitt aus der Eihaut des Barsches. 4. Flächenansicht derselben Eihaut mit weiten und feinen Poren. Vergrösserung 50— lOOmal. oder zarten, und in diesem Falle häufig von einem eigenthümlielien Klebstoff überzogenen Eihaut. Dieselbe ist von zahllosen feinen Kanal- 36 Vom Bau der Fische. clien durchzogen und besitzt ausserdem eine grössere, trichterförmige Oeffnung, die Mikropyle. Bei manchen Fischeiern besteht sie aus zwei Schichten von ungleicher Dicke (Barsch.) Der Dotter ist nur bei wenigen Fischen (Stör, Neunauge) undurchsichtig, bei der grossen Mehrzahl mehr oder weniger durchscheinend und wasserhell, gelblich, orange, röthlich, bläulich oder grünlich gefärbt. Er besteht aus einer eiweissartigen, zäh- flüssigen Masse und Fett, welches darin entweder in Form feinster Tröpfchen ziemlich gleichmässig vertheilt ist (Hering), oder eine Anzahl grösserer, meisten s in Form einer Scheibe zusammengelagerter Tropfen (Stichling, Lachs), oder eine einzige grosse Kugel (Barsch, Kaulbarsch) bildet. Die Grösse der Eier ist sehr verschieden, sie beträgt z. B. beim Hering 1, bei der Maräne 3, der Forelle 5, dem Lachs (3 mm. Ihre Zahl schwankt innerhalb sehr weiter Grenzen. Während man beim Stichling nur 60 — 80 zählt, kommen bei der Aalmutter 300, der Forelle 500 — 1000, dem Lachs 10000, dem Hering 40000, dem Hecht 100000, den Karpfenarten 3 — 700000, bei Stören, Aalen, Steinbutten und Dorschen mehrere Millionen zur gleichzeitigen Entleerung. Die meisten Fische laichen nicht an ihren gewöhnlichen Aufenthalts- orten, sondern- unternehmen, um geeignete Laichplätze aufzusuchen, grössere oder kleinere "Wanderungen, wobei sie gewöhnlich grössere Schwärme bilden, in denen häufig die Weibchen vorangehen. So ziehen die Heringe, Maränen, die Karpfenarten aus der Tiefe der Gewässer an flache Ufer, wandern die Lachse aus dem Meere weit hinauf bis in die Quellbäche der Ströme, steigen die Aale aus den Flüssen und Seen zum Meere hinab. Alle Fische, die aus süssem in salziges Wasser wandern, oder umgekehrt, halten sich längere Zeit in dem Brackwasser der Fluss- münclungen oder Haffe auf, da ein plötzlicher Wechsel des Wassers ihnen schädlich oder selbst tödtlich sein würde. In der Nähe ihres Zieles sind die Zugfische vom Wandertriebe so vollkommen in Anspruch genommen, dass sie ihre gewöhnliche Scheu und Vorsicht ganz verlieren, nur ge- legentlich etwas Nahrung zu sich nehmen und blindlings in Netze aller Art hineinlaufen. Viele Fische werden daher gerade in der Nähe ihrer Laichplätze in besonders grosser Menge gefangen (Lachse, Maränen, He- ringe, Dorsche). Gleichzeitig mit der Keifimg der Geschlechtsproducte legen viele Fische ein von ihrer gewöhnlichen Färbung sehr abweichen- des Hochzeitskleid an. welches häufig die auffallendsten und pracht- vollsten Farben zeigt, oder es entstehen auf Kopf, Bücken und Seiten, namentlich der Männchen, zahlreiche halbkugelige oder kegelförmige Knötchen von weisser Farbe (Karpfenarten). Bei Lachsen und Forellen Eier. Laichzeit. 37 entwickelt sich eine schwartige Verdickung der Haut an den »Seiten des Schwanzes, bei den Neunaugen sclrwillt die Basis der Kücken- und After- flosse und bei allen Fischen die Geschlechtsöftnung und ihre Umgebung beträchtlich an. Alle diese Veränderungen gehen nach Beendigung des Laichgeschäftes wieder vollständig verloren. Die Laichzeit fällt bei den meisten lachsartigen Fischen in den Spätherbst und Winter, bei den meisten Karpfen arten in den Frühling und Vorsommer, indessen giebt es keinen Monat im Jahre, in dem nicht eine oder die andere Art unserer Fische laichte, zumal die Reifung der Geschlechtsproducte von der Temperatur der Luft und des Wassers sehr erheblich beeinflusst wird. Auch die Ablage des schon völlig reifen Laiches ist noch von der Witterung sehr abhängig, indem heftige Schwankungen der Temperatur, Gewitter, kaltes, nasses und stürmisches AVetter die Fische in die Tiefe scheucht und das Laichen stört, und bei längerer Dauer selbst vollständig verhindert, so dass der Laich unabgelegt verdirbt und nicht selten den Tod der Fische verursacht. Eine Angabe der Laichzeit nach Kalendermonaten oder Tagen (Johannis, Jacobi, Martini) ist daher häufig ganz unzutreffend. Sehr viel zweckmässiger ist es, diese Zeit nach anderen gleichzeitig auftretenden Naturerscheinungen zii bestimmen, die leicht zu beobachten sind, wie der Aufgang des Eises, die Blüthe der Ellern oder Schlehen, das Erschei- nen der ersten Laubblätter gewisser Bäume etc. Indessen müssen um solchen Angaben die erforderliche Sicherheit zu geben noch eingehende Beobachtungen an den verschiedenen Gewässern gemacht werden. Im Allgemeinen dauert die Laichzeit jeder Fischart mehrere Wochen, indem gewöhnlich die jüngeren Thiere zu anderer Zeit laichen als die älteren, die meisten Fische auch ihren Laich nicht auf einmal, sondern nach und nach in kleineren Portionen absetzen. Getrennt in Gefangenschaft gehaltene Fische lassen den Laich nicht fahren, auch wenn er vollkommen reif ist und beim geringsten Druck auf den Bauch abfliesst. Dagegen laichen die Fische, wenn sie in grösserer Zahl in den Netzen gefangen sind oder in Behältern autbewahrt werden, sehr häufig, so dass also zur freiwilligen Ablage des Laiches ein An- reiz durch die Anwesenheit des andern Geschlechtes erforderlich zu sein scheint. Das Laichgeschäft ist bei vielen Fischen leicht zu beobachten. Die Schwärme der Lachse lösen sich auf den Laichplätzen in kleine Gruppen auf. Ein Weibchen, von mehreren Männchen begleitet, die sich gegen- seitig hitzig bekämpfen und zu verdrängen suchen, bildet an einer 38 "Vom Bau der Fische. flachen Stelle des Baches mit Kies- oder Steingrund durch heftige Schwanz- bewegungen eine seichte Grube, in die es einen Theil seiner Eier ablegt, die von einem Männchen durch Abgabe von etwas Milch sofort be- fruchtet werden. Durch die Schwanzbewegungen der Eltern und die Strömung des Wassers werden sie theil weise mit Kies und kleinen Stein- chen bedeckt. Die Hechte ziehen paarweise, sich häufig an einander reibend, in flaches Wasser, um unter heftigen Schwanzbewegungen ihren Laichin fielen kleinen Portionen abzusetzen. Die Gründlinge laichen in möglichst flachem, über Kiesgrund strömendem Wasser, schiessen schaaren- weis, sich am Kiese reibend, über den Grund hin. schlagen dabei heftig mit den Schwänzen und wiederholen das so lange, bis aller Laich entleert ist. Die meisten Karpfen arten laichen in grossen Sehaaren au flachen Ufern über Wasserpflanzen, an denen ihre klebenden Eier sich befestigen. Sie wühlen und plätschern dabei auf das Lebhafteste, so dass man solche Laichplätze schon von Weitem leicht bemerkt. Aelmlich verhalten sich die Heringe, die in so grosser Anzahl gleichzeitig den Laich absetzen, dass das Wasser in weiter Ausdehnung durch die Milch getrübt wird und einen eigentümlichen süsslichen Geruch annimmt, den der Wind oft weithin führt. Die Neunaugen versammeln sich sum Laichen in flachem, über Kiesgrund schnell hinströmendem Wasser in Gesellschaften von 10 bis 50 Stück, saugen sich dicht nebeneinander am Grunde fest und werden vom Strome fortwährend in schlängelnder Bewegung erhalten. Ab und zu sieht man die an einer langen Geschlechtswarze leicht kennt- lichen Männchen ein Weibchen mit dun Saugmunde dicht bJ tei dem Kopfe erfassen und sich daran festsaugen. Beide Thiere entleeien dann unter heftigem, ruckweisem Schütteln, und während das Männchen mit einer halben Wendung des Leibes seine Geschlechtsöffnung der des Weibchens nähert, einen Theil ihres Laiches, und dieser Vorgang wieder- holt sich so oft, dass die Weibchen, wenn sie allen Rogen abgesetzt haben, im Genick einen hellen, halb geschundenen Flecken erkennen lassen. Viele Fische lassen, indem Männchen und Weibchen gleichzeitig miteinander zugekehrtem Bauch oder Seite an Seite aus dem Wasser aufspringen Milch und Rogen fahren, und bei der Nase scheint die Befruchtung der Eier gar nicht anders erfolgen zu können, als wenn sie zuerst ausser- halb des Wassers mit der Milch in Berührung kommen. Bei der leben- dige Junge gebärenden Aalmutter müssen die Eier natürlich innerhalb des Leibes befruchtet werden, es ist aber noch nicht beobachtet worden, in welcher Weise die Befruchtung vor sich geht. Die meisten Fische kümmern sich nach dem Laichen um ihre Eier gar nicht, nur bei wenigen Arten werden dieselben vom Männchen be- Laioh.gesohäft. Befruolitung. 39 wacht. 80 hütet der Kaulkopf die zwischen Steinen, der Lump die in selbstgewühlten Graben abgelegten Eier, die männlichen Stichlinge bauen sogar aus Pflanzenfasern und ähnlichen Stoffen Nester, die entweder in weichem Schlamme eingebettet oder auch zwischen Wasserpflanzen schwebend angebracht sind. Das Männchen bewacht dann die in das Nest abgelegten und von ihm befruchteten Eier auf das Sorg- fältigste, führt ihnen durch fortwährendes Fächeln mit den Brust- flossen beständig frisches, sauerstoffreiches Wasser zu, hält sich fort- während dicht bei dem Neste auf, bessert es gelegentlich aus und vertheidigt es gegen Feinde aller Art, ja selbst gegen den Menschen mit dem e-rössten Muthe. Sobald man die Hand einem der im Mai und Juni an flachen Grabenrändern häufig zu findenden Stichlings- nester nähert, wird man von dem kleinen Wächter unaufhörlich ge- stossen und gebissen, man kann ihn mit der grössten Leichtigkeit fangen, ohne dass er, freigelassen, von seinen Angriffen abstände. Mit seinem Neste vorsichtig in ein Aquarium übertragen, bildet der Stichling eines der interessantesten Beobachtungsobjecte. Die weiblichen Seenadeln setzen ihre Eier in eigene Bruttaschen an der Bauchseite des Schwanzes der Männchen ab oder, wo solche Taschen fehlen, kleben die Eier der Haut an und werden bis zum Ausschlüpfen vom Männchen herumge- tragen. Der männliche Lump behütet seine Jungen auch noch nachdem sie das Ei verlassen haben, bei drohender Gefahr flüchten sie sich auf seinen Körper, wo sie sich mit ihren Saugscheiben befestigen, um sich von dem schnelleren und kräftigeren Vater in Sicherheit bringen zu lassen. Die meisten Fische laichen jährlich, die Neunaugen und Aale jedoch scheinen in ihrem ganzen Leben nur einmal ihren gesammten Laichvorrath abzusetzen und dann zu sterben. TJeberhaupt werden alle Fische durch das Laichen ausserordentlich angegriffen, und während sie unmittelbar vorher im besten Stande sind, erscheinen sie nachher welk und abgezehrt, sterben auch wohl in grösserer Anzahl ab. Die Befruchtung der Eier lässt sich unter dem Mikroskop bei massiger Yergrö sserang leicht beobachten. Bei ihrem Austritt aus dem Mutterleibe erscheinen sie, ausserhalb des Wassers aufgefangen, welk und schlaff. Prall und rund werden sie erst durch die Aufnahme von Wasser, welches die Eihaut ausdehnt und von dem Dotter abhebt. Es bildet sich dadurch ein mit Flüssigkeit erfüllter Eiraum, in welchem der Dotter frei schwimmt. Diese Aufnahme von Wasser erfolgt bei manchen Eiern (Hecht) ohne Weiteres, bei anderen (Hering) nur bei gleichzeitiger Anwesenheit lebender Samenfäden im Wasser. Heringseier, die in be- samtem Wasser in ca. fünfzehn Minuten sich prall füllen, können in 40 "Vom Bau der Fische. unbesamtem Wasser vierundzwanzig Stunden lang und länger aufbewahrt werden, ohne Wasser aufzunehmen. Nachdem der Eiraum einmal mit Wasser erfüllt ist, gelingt es auch lebhaft sich bewegenden Samenfäden nicht leicht, durch die Eihaut hindurchzudringen, während sie, so lange die Eier noch nicht prall sind, sehr leicht hineingelangen. In unbesamtem Wasser gequollene Eier sind deshalb später durch Zuthun lebender Samenfäden nicht mehr zu befruchten, während die nur bei Gegenwart lebenden Samens Wasser aufnehmenden Eier, auch wenn sie vorher schon Stunden lang in unbesamtem Wasser gelegen haben, durch Zusatz beweglicher Samenfäden sehr wohl befruchtet werden können. Das Ein- dringen der Samenfäden in den Eiraum und Dotter ist bei vielen Fisch- eiern direct beobachtet worden, und man hat dabei erkannt, dass nicht, wie man früher annahm, die Mikropyle der einzige Weg ist, auf dem sie durch die Eihaut hindurchgehen können, vielmehr sieht man sie bei den Eiern vieler Fische (Hering) an beliebigen Stellen hindurchtreten und findet, kurze Zeit nachdem Milch den Eiern zugesetzt worden ist, selbst wenn die Mikropyle zufällig durch fremde Körper fest verschlossen ist, oft schon grosse Massen von Samenfäden im Eiraum. Durch Eindringen eines oder mehrerer Samenfäden in den Dotter (beim Hering sind viele hunderte darin beobachtet) wird die Befruchtung voll- zogen und der Anstoss zu den nun folgenden Vorgängen gegeben. Der Dotter zieht sich zunächst etwas zusammen, wobei gleichzeitig etwas von seiner Substanz in dem Wasser des Eiraums gelöst werden mag, da sich diese Flüssigkeit nachmals von reinem Wasser unterscheidet. Die Eier der Knochenfische entwickeln sich in ziemlich überein- stimmender Art. Nur ein Theil des Dotters wird zum Aufbau des Em- bryo verwandt (Bildungsdotter), während der Best (Nahrungsdotter) nur mittelbar dazu beiträgt, indem er allmälig gelöst und von den Elementen des Bildungsdotters aufgesogen wird. Der Bildungsdotter umgiebt in einer dünnen Schicht den ganzen Nahrungsdotter und bildet an dem einen Pole desselben eine dünnere oder dickere linsenförmige Scheibe, den Keimhügel, der einige Zeit nach der Befruchtung durch eine allmälig tie- fer einschneidende Furche in zwei gleiche Hälften getheilt wird. Es bildet sich dann eine zweite Furche, senkrecht zur ersten, der Keim zerfällt weiterhin in 8, 16, 32 Theilstücke und zerklüftet sich allmälig in eine Unzahl kleinster Kügelchen, che Bausteine, aus welchen der Körper des Fischchens entstehen soll. Auf Kosten des allmälig in Lösung übergehenden Nahrungsdotters vergrössert sich der Keim und breitet sich kappenförmig über den Nahrungsdotter aus, den er schliesslich ganz umschliesst. Ehe er noch den Nahrungsdotter zur Hälfte uniwachsen hat, bemerkt man die erste Entwicklung des Knocheufischeies. 41 Fig. 49. Elitwickelung des Knochenfischeies. 1—10, 13, 14 nacli Photogrammen vom Stichling. 11, 12, 15 vom Scknäpel. 16. vom Hering. 1. Frisch gelegtes Ei. 2. Der Keim hat sich gebildet. 3 — 6. Furchung. 7. Der Keim fängt an sich auszubreiten, links ist die verdickte Anlage des Fischchens sichtbar, welches in 8 und 9 schon länger erscheint. 10. Der Nahrungsdotter ist vollständig vom Keime umwachsen. An dem Fischchen ist schon Auge, Ohr, Herz, und im Schwänze eine kleine Blase (Allantois) sichtbar. 11, 12. Kopf und Schwanz entwickeln sich stärker. 13, 14. Köpfe zweier Fischchen von oben gesehen. 15, 16. Das Fischchen ist zum Aus- schlüpfen reif, der Best des Nahrungsdotters hängt als Dottersack am Halse. iL' Vom Bau der Fische. Anlüge des Fischchens in Form eines verdickten, vom Rande des Keimes ausgehenden Streifens, der sich allinäiig verlängert und an seinem vor- deren Ende bald die Augen erkennen lässt. Neben dem mittleren, das Rückenmark darstellenden Streifen legen sich beiderseits in zunehmender Anzahl die Urwirbel an, Hirn und Auge vergrüssern sich, während dicht dahinter das Herz, zunächst in Form eines gekrümmten Schlauches auftritt und bald zu pulsiren beginnt. Kopf und Schwanzende des Em- bryo ragen bald weit über den Nahrungsdotter hervor, der nun als eine kuglige oder birnförmige Anschwellung, von grossen Blutgefässen um- sponnen, an der Bauchseite des sich um ihn spiralig aufrollenden Fisch- chens liegt und als Dottersack bezeichnet wird. Schon ehe das Fisch- chen im Ei bis zur Hälfte der Entwicklung gelangt ist, lassen sich seine unverhältnissmässig grossen schwarzen Augen leicht erkennen. Ehe noch der Nahrungsdotter vollständig aufgesogen ist, sprengen die Fischchen durch immer lebhafter werdende Bewegungen die verdünnte Eihaut und treten als fast durchsichtige dickköpfige Thierchen, noch mit einem grösseren oder kleineren Dottersack versehen, hervor. Die Dauer der bis zum Ausschlüpfen der Jungen verstreichende Brutzeit ist bei ver- schiedenen Fischen sehr ungleich; unser Hering verlässt das Ei in 6 — 8 Tagen, die meisten Karpfenarten kriechen nach 8 — 14 Tagen, die Lachse erst nach 6 — 8 Wochen aus. So lange sie noch einen Rest des Dotter- sackes tragen, was bei den Sommerlaichfischen wenige Tage, bei den Lachsen dagegen noch 4 — 6 "Wochen dauert, sind die Fischchen unbehilf- lich, liegen meistens am Boden und bedürfen noch keiner Nahrung. Nachdem der Inhalt des Sackes aufgezehrt ist, schwimmen sie bald munter umher, suchen nach Nahrung und bekommen in kurzer Zeit eine regelmässige Fischgestalt. 3. i\ Fig. 50. Junge Fische nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei. 1. Hering. 2. Lachs. 3. Flunder. 4. Gieben. 5. Hecht. 6. Kaulbarsch. Auch nachdem sie diese erlangt haben sind sie in ihren Körper- verhältnissen, in der relativen Grösse des Kopfes, der Stellung der Flossen etc. den ausgewachsenen Thieren mitunter noch lange unähnlich. Entwicklung der Knoohenfische und Neunaugen. i:; worauf bei der Bestimmung junger Fische wohl geachtel werden muss. In abweichender Weise entwickeln sich die Eier unserer Knorpelfische, Fig. 51. Entwicklung des Neunaugeneies. 1. Frisch gelegtes Ei. 2. 3. 4. 5. Furchung desselben. 6. Der Dotter plattet sich ab. 7. 8. 9. Hervorwachsen des Kopfes. 10. Das Fischchen ist ziemlich reif zum Aus- schlüpfen. 11. Dasselbe aus dem Ei befreit. der Störe und Neunaugen. Bei ihnen kommt eine Scheidung von Bildungs- und Nahrungsdotter nicht vor. In Folge der Befruchtung hebt sich, 44 Vom Bau der Fische. wie bei den Eiern der Knochenfische, die Eihaut vom Dotter ab, und durch Bildung einer allmälig immer tiefer einschneidenden Kreisfurche zerfällt der ganze Dotter in zwei Halbkugeln, die bald durch eine zweite, zur ersten senkrechte Furche getheilt werden. Eine zu diesen beiden meridionalen Furchen senkrechte, äquatoreale theilt nun die Dottermasse in acht gleiche Stücke, die dann in weniger regelmässiger Weise allmälig in kleinere und kleinere Kügelchen zerfallen. Beim Neunauge nimmt dann der ganze Dotter eine birnförmige Gestalt an, der Kopf wächst in Form eines Zapfens hervor, der sich mehr und mehr verlängert und am sechsten oder siebenten Tage verlassen die Jungen das Ei in eigenthümlicher retortenförmiger Gestalt, werden all- mälig schlanker und länger und wühlen sich in den Schlamm ein, in dem sie als Larven (Qu erder) mehrere Jahre verweilen, ehe sie durch eine Metamorphose, die sonst bei keinem anderen Fische beobachtet ist, sich in Neunaugen verwandeln. Die kleinen Störe erreichen schon im Ei ihre normale Gestalt und sollen bereits am fünften Tage nach der Befruchtung ausschlüpfen. Alle Fischeier ohne Ausnahme bedürfen zu ihrer Entwickelung einer genügenden Menge lufthaltigen Wassers, da sie ebenso wie die Fische selber Kohlensäure ausscheiden und Sauerstoff aufnehmen müssen, um zii leben und zu gedeihen. Die günstigste Temperatur des Wassers für die Entwickelung der Winterlaichfische ist 1/2 — 5° C, während die Eier der karpfenartigen Fische eine Temperatur von 12 — 15° C. ver- langen, aber auch höhere Wärmegrade gut ertragen. Durch vergleichende Versuche ist übrigens nachgewiesen, dass die Eier des Herings sich gleich gut bei allen Temperaturen zwischen 3,5 und 16°C. entwickeln, wo- zu sie denn allerdings im ersteren Falle 40 Tage, im letzteren nur 6 bis 8 Tage gebrauchen, und dass ihnen ziemlich heftige Temperaturschwan- kungen durchaus nicht so schädlich sind als man sonst wohl angenom- men hat. Nach dem Verlassen des Eies halten sich die jungen Fischchen noch längere Zeit schaarenweis auf den für ihre erste Ernähr nng meistens sehr günstig gelegenen Laichplätzen auf und trennen sich erst später, wenn das Bedürfniss nach mehr und grösserer Nahrung sie dazu zwingt. 45 Systematische Uebersicht der Fische von Ost- und Westpreussen. Bei Aufstellung' der Ordnungs-, Familien- und Gattüngseharaktefe sind alle nicht bei uns einheimischen Fische vollkommen unberücksichtigt gelassen, so dass diese Uebersicht nur zur Bestimmung der Fische unserer Fauna verwendbar ist. I. Teleostei, Knochenfische. Skelett knöchern. Haut beschuppt, seltener nackt oder mit Knochen- schildern gepanzert. Kiemen kämm- oder büschelförmig, mit Kiemendeckel und einfacher äusserer Kiemenspalte. I. Ordnung Acanthopteri, Stachelflosser. Kiemen kammförmig. Vordere Strahlen der R, A. und B.*) hart, einfach, stachlig, nur in wenigen Familien weich und einfach. Schwimmblase, wenn vorhanden, ohne Luftgang. 1, Familie Percoidei, Barsche, Yordeckel, oft auch der Deckel, gezähnt oder bedornt. Fast alle Knochen der Mundhöhle mit Hechelzähnen besetzt. Körper mit festsitzenden harten Kammschuppen. I. Gattung Perca L. Tordeckel gezähnelt, Deckel mit einem Dorn. Nur Hechelzähne im Maule. Zwei getrennte Rückenflossen. *) R., Br., B., A., S. bezeichnen die Rücken-, Brust-, Bauch-, After- und Schwanz- flosse. Sind mehrere Bücken- oder Afterflossen vorhanden, so sind dieselben mit Kl., B2., B.3., oder AI., A2. bezeichnet. 46 Systematische Uebersicht der Fische. 1. P. flnviatilis L. Barsch. Kopf kurz, Körper vorne viel höher als hinten, mit schwärzlichen Querbinden. Auf dem Ende der ersten R. ein schwarzer Augen- fleck. Mittlere Grösse 20 bis 30 cm. 2. Gattung Lucioperca Cuv. Nur derYordeckel gezähnelt. Zwischen den Hechelzähnen des Maules auch grössere kegelförmige. Zwei getrennte Rückenflossen. 2. L. sandra Cuv. Zander. Kopf und Körper gestreckt, letzterer vorne nur wenig höher als hinten, mit dunkleren Querbinden. Auf dem Ende der ersten R. ein dunkler Fleck. Mittlere Grösse 40 bis 50 cm. 3. Gattung Acerina Cuv. Vordeckel und Deckel bedornt. Nur Hechelzähne im Maule. Eine lange, ungetheilte Rückenflosse. Kopfknochen, namentlich der Unterkiefer mit grossen, flachen Gruben. .'!. A. cerniia. L. Kaulbarsch. Kopf und Körper gedrungen, Schnauze stumpf, gewölbt, Stachel- strahlen der R. viel zahlreicher als die Gliederstrahlen. Mittlere Grösse 15 cm. 2, Familie Trachinidi, Drachenfische. Körper seitlich stark zusammengedrückt, niedrig, mit kleinen Rund- schuppen. Augen hoch auf dem Kopfe. Zwei getrennte Rücken- flossen. Schwimmblase fehlt. Gattung Trachinus L. Mnndspalte gross, fast senkrecht. Nur Hechelzähne im Maule. Kiemendeckel mit einem starken Dorn. B. kehl ständig, f. T. draco L. Petermännchen. Körper sehr gestreckt, 5mal länger als hoch. R 1. mit starken Dornen, nur sehr kurz. R 2. und A. sehr lang. Mittlere Grösse 20 cm. 3. Familie Scleroparei, Panzerwangen. Unteraugenknochen stark nach abwärts verbreitert und mit dem Yordeckel zu einem Wangenpanzer verwachsen. Schwimmblase vorhanden. I. Gattung Cottus Art. Kopf gross, bedornt, Kiefer und Pflugschaarbein mit feinen Hechel- zähnen. Körper schuppenlos, Br. gross. B. kehlständig. Zwei Rückenflossen. Aöanthopteri. 47 5. C. gobio L. Iva u 1 köpf. Am ffinterrande des Yordeckels ein kleiner gekrümmter Dorn, ein noch kleinerer am Unterdeclud. Mundspalte klein. Mittlere Grösse 10 cm. i>. C. scorpius L. Seescorpion. Deckel und Yordeckel mit grossen spitzen Dornen. Auf dem Scheitel vier spitze Höcker. Mittlere Grösse 20 bis 25 cm. 2. Gattung Agonus Bloch. Körper ganz mit Knochentafeln gepanzert. Kopf gross, breit mit zahlreichen bartelartigen Fäden an der Unterseite. 7. A. cataphractus L. Steinpicker. Auf der verlängerten Schnauze 4 Dornen. Körper vorne dick, acht- kantig, hinten viel dünner, sechskantig. Mittlere Grösse 10 bis 15 cm. 4, Familie Gasterosteidei, Stichlinge. Yor der R, eine Anzahl freier, nicht durch Flossenhant verbundener Stacheln. Die B. besteht nur aus einem starken Stachel mit kleinem Anhang. Schwimmblase vorhanden. Gattung Gasterosteus L. Körper schlippenlos, mehr oder weniger mit Knochenschildern oder Schienen gedeckt. Stacheln mit Sperrgelenken. Nur Hechelzähne. S. G. aculeatus L. Gemeiner Stichling. 3 bis 4 Stacheln vor der R. Mittlere Grösse 6 bis 7 cm. 9. G. pungitius L. Kleiner Stichling. 9 bis 11 Stacheln vor der R Mittlere Grösse 4 bis 5 cm. 10. G. spinachia L. Meerstichling. 15 Stacheln vor der R, Kopf und Körper sehr gestreckt. Mittlere Grösse 10 bis 12 cm. 5, Familie Scomberoidei, Makrelen, Kiemendeckel ungezähnelt, fest anschliessend. Haut stark silber- glänzend, mit ganz kleinen, zarten Rundschuppen, stellenweis nackt. An den Seiten des Schwanzes eine erhabene Längsleiste. Meerfische. I. Gattung Scomber L. Körper gestreckt, 2 R., hinter der letzten eine Reihe kleiner Flöss- chen, ebenso hinter der A. Bauchflossen vorhanden. 11. S. scombrus L. Makrele. Kopf länger als die Körperhöhe, mit spitzer Schnauze, Br. klein, an den Schwanzseiten eine schwache Hautleiste. Mittlere Grösse .10 cm. 45 Systematische Uebersicht der Fische. 2. Gattung Xiphias L. Obere Kinnlade zu einem langen schwertförmigen Fortsatz ausge- zogen. B. fehlen. 12. X. gladius L. Schwertfisch. R. sehr lang, nur bei Jungen vollständig-, später in der Mitte mehr oder weniger weit unterbrochen. Schwanzseiten mit starker knorpelig- häutiger Längsleiste. Mittlere Grösse 2 bis 3 m. 6. Familie Blennioidei, Schleimfische. Körper lang gestreckt, niedrig, B. und A. sehr lang, ihre vorderen Strahlen einfach, aber biegsam. B. kehlständig. Haut nackt oder mit kleinen Bundschuppen, schleimig. Meerfische. 1. Gattung Zoarces Cuv. Mund gross, horizontal. Körper vorne rundlich, hinten zusammen- gedrückt. B. und A. stossen am spitzen Schwänzende zusammen. 1.3. Z. viviparus L. Aalmutter. B. dicht vor dem Schwänzende mit einer sehr niedrigen Stelle. B. nur aus 2 bis 3 Strahlen bestehend. Lebendig gebärend. Mittlere Grösse 30 bis 40 cm. 2. Gattung Centronotus Bl. Sehn. Mund klein, fast senkrecht. Körper seitlich stark zusammengedrückt. R. und A. von der Schwanzflosse abgesetzt. 14. C. gunellus Seh. Butterfisch. Körper 9mal länger als hoch. B. niedrig, dicht hinter dem Kopfe beginnend, an der Basis mit einer Beihe schwarzer Flecken. 7. Familie Gobioidei, Meergrundeln. Alle Strahlen der B. und A. biegsam. B. kehl- oder brustständig, an der Wurzel oder der ganzen Länge nach zu einem Trichter verwachsen. Beschuppt. Meerfische. Gattung Gobius L. Kopf rundlich, die verschmolzenen B. bilden einen schief abgeschnittenen Trichter. Schwimmblase fehlt, lö. G. niger L. Schwarzgrundel. Bl. mit 6 Strahlen. Körper nach hinten hin stark keilförmig zu- sammengedrückt. Zwischen den einander sehr genäherten Augen zwei kleine Gruben. Mittlere Grösse 10 — 12 cm. Iß. G. minutus L. Kleine Grundel. Bl. mit 6 Strahlen. Körper hinten weniger verschmälert, Kopf breiter als hoch. Mittlere Grösse 0 cm. Acanthopteri, Anacanthini. | rauh. Die Seitenlinie umgeht die Br. in einem starken Bogen. Mittlere Grösse 20—30 cm. 24. PL platessa L. Scholle, Goldbutt, Körper nur mit gJatten Rundschuppen bedeckt, ohne Rauhigkeiten. Am Scheitel auf der Augenseite 4 — 7 Knochenhöcker. Seitenlinie an der Br. nur schwach gebogen. Mittlere Grösse 20—30 cm. 25. PL flesus L. Flunder. Körper mit tiefliegenden kleinen Rundschuppen und Dornwarzen, namentlich längs der Seitenlinie und am Grunde jedes Strahles der R. und A. Augen rechts, nur ausnahmsweise links (Yar. passer) Seiten- linie an der Br. nur sehr schwach gebogen. Mittlere Grösse 20 — 30 cm. 3. Familie Arnmodytidi Sandaale. Körper lang gestreckt, rundlich mit spitzem Kopf. R. und A. sehr lang. B. fehlen. Schwimmblase fehlt. Gattung Ammodytes L. Unterkiefer zugespitzt, weit vorragend. Kiefer zahnlos. Sehr kleine Rundschuppen. Meerfische. 26. A. lanceolatus Sauv. Suter. An der Spitze des Pflugschaarbeins 2 spitze Zähne. Zwischenkiefer wenig vorstreckbar. Körperhöhe geringer als die Länge des Unter- kiefers. Mittlere Grösse 20 — 25 cm. 27. A. tobianus Sauv. Tobiasfisch. Pflugschaarbein zahnlos. Zwischenkiefer sehr weit vorstreckbar. Körper- höhe grösser als tue Länge des Unterkiefers. Mittlere Grösse 15 cm. Anacanthini . Physostomi. 51 4, Familie Scoinberesocidi, Makrelenliechte. I ntere Schlundknochen fest verbunden. Körper mit Rundschuppen. Jederseits in der Seitenlinie eine Reihe von auflallend grösseren Schuppen. B. bauchständig. Schwimmblase vorhanden. Meerfische Gattung Belone Cuv. Beide Kinnladen schnabelartig verlängert mit einreihigen, ziemlich langen Zähnen. 28. B. vulgaris Flem. Hornhecht. Unterkiefer länger als die obere Kinnlade. R., A. und B. ganz weit nach hinten gerückt. Schuppen klein, leicht abfallend. Knochen grün. Mittlere Grösse 40 cm. 3. Ordnung Physostomi, Schwimmbläser. Kiemen kammförmig. Alle Flossenstrahlen mit Ausnahme des ersten der B. und Br. und einer verschiedenen, meist geringen Anzahl am vorderen Ende der R. und A. stehenden weich, gegliedert und zertheilt. B. bauchständig, selten fehlend. Schwimmblase mit dem Magen oder der Speiseröhre durch einen Luftgang ver- bunden. 1. Familie Siluroidei, Welse. Haut schuppenlos. Der erste Brustflossenstrahl sehr stark. Gattung Silurus L. Hechelzähne in mehrfachen Reihen. R. sehr klein, A. sehr lang. Schwimmblase dick, gross, durch eine Längsscheidewand in eine rechte und linke Hälfte getheilt. 29. S. glanis L. Wels. Kopf gross, flach, ebenso breit als lang, mit 2 langen Barteln am oberen, 4 kürzeren am unteren Rande des grossen Mundes. Mittlere Grösse 50—80 cm. 2, Familie Oyprinoidei, Karpfen- Alle Mundhöhlenknochen zahnlos mit Ausnahme der unteren Schlund- knochen. Mund meistens klein, oft mit Barteln. Körper gewöhn- lich hoch und schmal, mit Rundschuppen bedeckt. Keine Blind- därme. I. Gattung Cyprinus L. Mund mit 4 Barteln. Schlundzähne 1. 1. 3. — 3. 1. 1*) *) d.h. auf den unteren Schlundknochen stehen jederseits 3 Reihen von Schlund- zähnen, und zwar in der der Mittellinie des Körpers zunächst gelegenen Reihe 3 Zähne, in den heiden folgenden Reihen je einer. 4* 52 Systematische Uebersicht der Fische. 30. C. carpio L. Karpfe. Barteln lang und dick. Körper rundlich. Schwanzflosse tief aus- geschnitten. Mittlere Grösse 30 — 40 cm. 2. Gattung Carassius Nilss. Keine Barteln. Schlundzähne 4. — 4. 31. C. vulgaris Xilss. Karausche. Kücken sehr hoch, Schnauze stumpf, Schwanzflosse schwach ausge- schnitten. Mittlere Grösse 20 cm. 3. Gattung Tinea Cuv. 2 Barteln in den Mundwinkeln. Schlundz. 5. — 4. Schuppen klein, länger als hoch, in sehr tiefen Taschen steckend, sich stark deckend. 32. T. vulgaris Cuv. Schleihe. Barteln sehr kurz. Alle Flossen gerundet. Körper sehr glatt und schleimig. Mittlere Grösse 20 — 25 cm. 4. Gattung Barbus Cuv. 4 Barteln. Schlundzähne 2. 3. 5. — 5. 3. 2. 33. B. fluviatilis Agass. Barbe. Barteln dick, miissig lang, 2 am Mundwinkel, 2 an der Schnauzen- spitze. Lippen sehr wulstig. Körper ziemlich cylindrisch. Mittlere Grösse 40 cm. 5. Gattung Gobio Cuv. 2 Barteln, Schlundzähne 2. 5. — 5. 2. oder 3. 5. — 5. 3. R. und A. kurz. 34. G. fluviatilis Cuv. Gründling. Barteln sehr kurz, Körper rundlich, nur im Schwanztheil zusammen- gedrückt. Mittlere Grösse 10 cm. 6. Gattung Rhodeus Agass. Keine Barteln. Körper hoch, stark zusammengedrückt. Schlundzähne 5. — 5. A. und R. massig lang. 35. Rh. amarus Bl. Bitterling. Seitenlinie auf die ersten 5 — 6 Schuppen beschränkt. Mittlere Grösse 5 — 6 cm. 7. Gattung Abramis Cuv. Keine Barteln. Schlundzähne 5. — 5. R. kurz, A. lang. Schuppen des Yorderrückens gescheitelt, d. h. durch eine schuppenlose Mittellinie getrennt, auch die Bauchkante zwischen B. und A. schuppenlos. .:<). A. brama L. Brassen. Mund halb unterständig. Körper hoch. A. mit 23—28 Strahlen. Alle Flossen grau. Mittlere Grösse 40 cm. Physostomi. 53 37. A. vimba L. Zärthe. Mund nnterständig. Schnauze vorspringend, konisch. Körper gestreckt. A. mit 18—20 Strahlen. Mittlere Grösse 20—25 cm. 38. A. ballerus L. Zope. Mund endständig' mit schräge aufwärts gewandter Spalte. A. mit 36—38 Strahlen, sehr lang. Mittlere Grösse 25 — 30 cm. 8. Gattung Blicca Heck. Keine Barteln. Schlundzähne 2. 5. — 5. 2. oder 3. 5. - 5. 3. R. kurz, A. lane\ Br. B. A., mitunter auch S. mit röthlicher Basis. Vorderrücken gescheitelt. 39. B. björkna L. Gieben. Mund halb unterständig mit stumpfer Schnauze. Mittlere Grösse 1 5 — 20 cm. 9. Gattung Pelecus Agass. Keine Barteln. Schlundzähne 2. 5. — 5. 2. Körper niedrig, gestreckt, stark zusammengedrückt, vom Kopf bis zum Schwanz mit scharfer Bauchkante. Seitenlinie auffallend gebogen verlaufend. 40. P. eultratus L. Ziege. Mundspalt fast senkrecht. Rücken ganz gerade. Br. sehr lang, säbelförmig. 10. Gattung Alburnus Rond. Keine Barteln. Schlundzähne 2. 5. — 5. 2. oder 2. 5. — 4. 2. Die Spitze des Unterkiefers greift in einen Ausschnitt am Zwischenkiefer ein. Der Bauch zwischen B. und A. scharfkantig, R. kurz, A. lang. 41. A. lucidus Heck. TJckelei. Mundöffnung stark nach aufwärts gerichtet mit etwas vorstehendem Unterkiefer. A. beginnt unter dem Ende der R. Schlund- zähne deutlich gekerbt. Mittlere Grösse 10 cm. 42. A. bipunctatus Heck. Mundöffnung ziemlich horizontal. A. beginnt hinter dem Ende der R. Schlundzähne glatt. Mittlere Grösse 10 cm. 11. Gattung Aspius Agass. Mund gross, verdicktes Kinn in einen Ausschnitt des Zwischen- kiefers eingreifend. Schlundzähne 3. 5. - - 5. 3. glatt. Körper gestreckt, wenig zusammengedrückt. 43. A. rapax Agass. Rapfen. Mundspalte horizontal, Rücken- und Bauchkante ganz gerundet. Mittlere Grösse 40 cm. 12. Gattung Leucaspius Heck. Mund endständig, Spalte stark nach aufwärts gerichtet. Schlundzähne in 1 oder 2 Reihen, sehr unregelmässig an Zahl. Bauch zwischen 54 Systematische Uebersicht der Fische. B. und A. scharfkantig. A. beginnt gegenüber dem Ende der kurzen E. 44. L. delineatus Sieb. Moderliesehen. Seitenlinie nur auf den ersten 8 — 12 Schuppen. Mittlere Grösse 6 bis 8 cm. 13. Gattung idus Heck. Mund klein, Schlundzähne 3. 5. — 5. 3. glatt. E. und A. kurz. Bauch- kante gerundet. 45. I. melanotus Heck. Kühling. Mund endständig, schief aufwärts gerichtet. Körper gestreckt, massig zusammengedrückt. A. beginnt hinter dem Ende der E. Mittlere Grösse 30 bis 40 cm. 14. Gattung Scardinius. Bonap. Mund endständig, schief nach aufwärts gerichtet. A. und E. kurz. Schlundzähne 3. 5. — 5. 3., tief gekerbt. 46. S. erythrophthalmus L. Eothflosser. Körper kurz, hoch. Bauch zwischen B. und A. scharfkantig. Mittlere Grösse 15 bis 20 cm. 15. Gattung Leuciscus Rond. Mund endständig, wenig schräg gestellt. A. und E. kurz. Schlund- zähne 6. — 5. oder 5. — 5. 47. L. rutilus L. Plötze. Körper massig gestreckt. Bauch zwischen B. und A. gerundet. A. beginnt hinter dem Ende der E. Mittlere Grösse 15 bis 20 cm. 16. Gattung Squalius Bonap. Mund eudständig, Körper rundlich, Bauch ohne Kante. E. und A. kurz. Schlundzähne 2. 5. — 5. 2. 48. S. cephalus L. Döbel. Kopf sehr breit, etwas niedergedrückt, Mund endständig, ziemlich gross. Nasenlöcher den Augen näher als der Schnauzenspitze. Afterflosse gerundet. Mittlere Grösse 30 bis 40 cm. 49. S. leuciscus L. Häsling. Kopf und Körper schlank, Nasenlöcher in der Mitte zwischen Augen und Schnauzenspitze. Mund halb unterständig, A. mit ausge- schnittenem Eande. Mittlere Grösse 30 bis 35 cm. 17. Gattung Phoxinus Agass. Mund endständig. Schlundzähne 2. 5. — 4. 2. oder 2. 4. — 4. 2. E. und A. kurz. Schuppen sehr klein, wenig deckend. Körper cylindrisch. 50. Ph. laevis Agass. Ellritze. Stirn breit, Schnauze stumpf gewölbt. Bücken und Bauch mit Physostomi. 55 schuppenloser, gerundeter Kante. Seitenlinie oft unvollständig. Mittlere Grösse 10 cm. 18. Gattung Chondrostoma Agass. Mund unterständig, Lippen mit knorpelharten, schneidenden Rändern, Schlundzähne 6. — 6., seltene)' 7. — 7. R. und A. kurz. 51. Ch. nasus L. Nase. Schnauze stark vorragend, gewölbt, Mundspalt fast ganz geradlinig. Bauchfell schwarz. Mittlere Grösse 30 cm. 3. Familie Acanthopsides, Schmerlen. Kopf bis zum Rande des Kiemendeckels mit einer zusammenhängen- den weichen Haut überzogen. Unter dem Auge ein oder zwei bewegliche Dornen. Schwimmblase theilweise von einer mit den "Wirbeln zusammenhängenden Knochenkapsel umschlossen, durch eine senkrechte Längsscheidewand getheilt, mit Luftgang. Gattung Cobitis L. Kopf klein, mit enger Kiemenspalte. Mund mit Barteln. Leib lang gestreckt, rundlich, mit kleinen Rundschuppen bedeckt. 52. C. fossilis L. Schlammpeitzker. Mund mit 10 grossen Barteln. 12 bis 1 4 Schlundzähne. Augen dorn in einer Hautfalte versteckt. Körper cylindrisch, hinten etwas zu- sammengedrückt. Mittlere Grösse 25 cm. 53. C. barbatula L. Schmerle. Mund mit 6 langen Barteln. 8 bis 10 Schlundzähne. Augendorn verdeckt. Körper vorne cylindrisch, hinten zusammengedrückt. Mittlere Grösse 10—12 bm. 54. C. taenia L. Steinbeisser. Mund mit 6 äusserst kurzen Barteln. 8 bis 10 Schlundzähne. Augenstachel stark, gabelig, aus einer Hautfalte frei vorstreck- bar. Kopf und Körper seitlich stark zusammengedrückt. Mittlere Grösse 10 cm. 4. Familie Salmonidei, Lachse. Hinter der R. eine strahlenlose Fettflosse. Körper mit Rundschuppen bedeckt. Schwimmblase einfach, mit Luftgang. Am Magen zahl- reiche Blinddärme. I. Gattung Coregonus Art. Mund klein, mit ganz feinen oder gar keinen Zähnen. Zunge mit zarten Hechelzähnen. R. beginnt dicht vor der B., ihr Vorder- rand ist viel länger als ihre Basis. 56 Systematische Uebersickt der Fische. 55. C. lavaretus L. Ostseeschuäpel. Schnauze massig zugespitzt, schräge abgestutzt. Unterkiefer etwas zurückstehend. Mittlere Grösse 35 — 40 cm. 56. C. maraena Bl. Grosse Maräne. Schnauze dick, schräge abgestutzt. Unterkiefer etwas zurückstehend. Mittlere Grösse 40 — 50 cm. 57. C. albula L. Kleine Maräne. Schnauze zugespitzt, Unterkiefer vorragend, mit verdickter Spitze in einen Ausschnitt des Zwischenkiefers eingreifend. 2. Gattung Thymallus. Cuv. Mund mit feinen Zähnen. Zunge zahnlos. R, sehr lang und hoch, weit vor den B. beginnend. 58. Th. vulgaris Nilss. Aesche. Der Unterkiefer steht etwas zurück. Der Vorderrücken bildet eine scharfe Kante. R. zweimal länger als A. 3. Gattung Osmerus Art. Zwischen- und Überkiefer mit einer einfachen Reihe sehr feiner Zähne. Im Unterkiefer eine äussere Reihe grösserer und eine innere Reihe kleinerer Zähne , am Pilugschaarbein einige grössere Sämmtliclie Mundknochen, auch die Flügelbeine, bezahnt. 59. 0. eperlanus L. Stint. Unterkiefer vorstehend, Zähne des Pilugschaarbeins und der Zunge am längsten. Schuppen ohne Silberglanz. Körper durchscheinend. Seitenlinie nur auf den ersten 8 bis 10 Schuppen. Mittlere Grösse 8 cm, der grossen Yarietät (Seestint) 15 — 20 cm. 4. Gattung Trutta Niiss. Alle Mundknochen mit Ausnahme der Flügelbeine bezahnt. Pflug- schaarbein sehr lang, aus einer kleinen vorderen Platte und einem langen hinteren Stiel bestehend. 60. T. salar L. Lachs. Schnauze gestreckt. Vordere Platte des Pilugschaarbeins fünfeckig, nie bezahnt. Stiel mit schwacher Längsleiste und einfacher Reihe schwacher Zähne. Mittlere Grösse 1 m. 61. T. trutta L. Meerforelle. Schnauze kurz. Vordere Platte des Pilugschaarbeins dreieckig, an der nach hinten gewandten Basis querüber mit 3 bis 4 Zähnen, Stiel mit hoher Längsleiste und einfacher Reihe starker Zähne. Mittlere Grösse 70—80 cm. 62. T. fario L. Bachforelle. Schnauze sehr kurz und stumpf. Vordere Platte des Pflugschaar- l'liysostomi. 57 beins dreieckig, an der hinten gelegenen Basis querüber mit 3 bis 4 Zähnen besetzt, Stiel flach gehöhlt mit 2 Längsreihen starker Zähne. Mittlere Grösse 20 cm. 5. Familie Esocini, Hechte. Unterkiefer mit grossen, kegelförmigen Zähnen. Alle anderen Mund- knochen mit Hechelzähnen. Schwimmblase einfach mit Luftgang. Keine Blinddärme. Gattung Esox L Körper gestreckt, wenig zusammengedrückt. R. und A. weit nach hinten gerückt, gegenständig. (33. E. lucius L. Hecht. Schnauze stark niedergedrückt, entenschnabelähnlich. Mund sehr weit. Unterkiefer vorstehend. Mittlere Grösse 40 cm. 6. Familie Olupeoidei, Heringe. Leib gestreckt, zusammengedrückt, mit scharfer oder sägezähniger Bauch- kante, grossen, leicht abfallenden Rundschuppen. Schwimmblase ein- fach, schlank, mit Luftgang. Magen mit Blindsack und Pförtneran- hängen. Meerfische, die jedoch theilweise auch in die Flüsse aufsteigen. 1. Gattung Alosa Cuv. Nur im Oberkiefer und dem zur Aufnahme des Kinnes tief ausge- schnittenen Zwischenkiefer sehr feine Zähne. Bauchkante säge- zähnig mit derben Kiclsclmppen. 64. A. finta Cuv. Perpel. Körper gedrungen, Schwanzflosse zum grossen Theil mit kleinen länglichen Schuppen bedeckt, an ihrer Basis jederseits 2 auffallend grosse längliche Schuppen. Mittlere Grösse 30 cm. 2. Gattung Clupea L. Körper stark zusammengedrückt. Unterkiefer vorragend. Zwischen- kiefer nicht ausgeschnitten. Kleine Zähne in den Kiefern und am Gaumen. • »."">. C. harengus L. Hering. Bauchkante nur schwach gesägt, nicht scharf. B. unter der Mitte der R. AmPflugschaarbein ein bezahnter Fleck. Mittlere Grösse 20 — 25 cm. 66. C. spi\ ttus L. Sprotte. Bauchkante scharf sägezähnig. B. unter dem Anfang der R. Pflugschaarbein zahnlos. Mittlere Grösse. 10 cm. 7. Familie Muraenoidei, Aale. Körper lang gestreckt, schlangenförmig. In der dicken Haut liegen 58 Systematische Uebersicht der Fische. die kleinen zarten Schuppen in Zickzackreihen. B. fehlen. Schwimmblase einfach mit Luftgang. Magen mit Blindsack, ohne Pförtneranhänge. Gattung Anguilla Thunb. Aeussere Kiemenspalte eng, K. und A. gehen in die zugespitzte Schwanzflosse über. 67. A. vulgaris Flem. Aal. Unterkiefer vorstehend. Nasenlöcher weit vor den Augen. E. weit vom Kopfe entfernt beginnend. Körper cylindrisch, nur der Schwanz zusammengedrückt. Mittlere Grösse 50 bis 60 cm. 4. Ordnung Lophobranchii, Büschelkiemer. Kiemen büschelförmig, Kiemendeckel einfach, Kiemenspalte ein enges Loch. Körper lang gestreckt, mit Knochenschildern gedeckt. Mund zahnlos. B. fehlt immer, Br. klein oder fehlend, A. und S. häufig fehlend, nur B. immer vorhanden. Familie Syngnathidi, Seenadeln. Kopf schnabelförmig mit kleiner Mundöffnung. Körper cylindrisch oder kantig. Gattung Syngnathus L. Schwanz nicht einrollbar. Die Männchen tragen die befruchteten Eier in einer Bruttasche oder reihenweis befestigt am Schwänze. 68. S. typhle L. Grosse Seenadel. Körper mit 7 Längsleisten, von denen 2 am Kücken, je 2 seitlich, 1 am Bauch. Auf den Schwanz gehen nur die 4 seitlichen über. Br. und S. vorhanden. Mittlere Grösse 20 cm. 69. S. ophidion L. Kleine Seenadel. Körper rundlich, ohne Leisten. Nur die K. vorhanden. Mittlere Grösse 20 cm. II. Ganoidei, Schmelzsehupper. Skelett knorpelig. Kiemen kammförmig mit einfachem Deckel- apparat und Kiemenspalt. Keine Kiernenhautstrahlen. Haut un- beschuppt, mit Knochen schildern gedeckt. Schwimmblase mit Luftgang. Familie Accipenserini, Störe. Maul unterständig, klein, zahnlos, Körper mit 5 Längsreihen von Knochenschildern. Gattung Accipenser L. Kopf ganz von Knochentafeln gepanzert, an der Unterseite zwischen Mund und Schnauzenspitze querüber eine Reihe von 4 Barteln. Lophobranchii. Gauoidci. Cyclostcmii. 59 70. A. sturio L. Stör. In jeder Längsreihe 26 — 30, in der Mitte dickere KnochenschUder. Zwischen den Schildern ist die Haut mit Knochenkörnchen chagrinartig besetzt. Unterlippe wulstig, in der Mitte tief ein- gekerbt. Mittlere Grösse 100 bis 150 cm. III. Cyelostomi, Rundmäuler. Skelett knorpelig, Kiemen beuteiförmig, eine jede mit eigener äusserer Oeffnung, ohne Deckelapparat. Nur 1 Nasenloch in der Mittel- linie. Körper schlangenförmig mit nackter Haut. Paarige Flossen fehlen. Rippen nicht vorhanden. Keine Schwimmblase. Familie Petromyzontini, Neunaugen. Jederseits 7 Kiemenlöcher, Mund eine kreisförmige Saugscheibe, die Lippen zu einer Längsspalte zusammenlegbar. Gattung Petromyzon L. Die Kiemenbeutel münden in einen in der Mittellinie gelegenen Kanal, der, hinten blind endigend, vorne in die Mundhöhle führt. Die Kiefer sind durch Knorpelplatten vertreten, welche dreikantige bräunliche Hornzähne tragen. Solche befinden sich auch anf der Zunge. 2 Rückenflossen. 71. P. marinns L. Meernennange. Obere Zahnplatte mit 2 dicht beisammenstehenden spitzen Horn- z ahnen, untere mit 7 — 8 im Halbkreise geordneten. Im Um- kreise derselben ist die ganze Saugscheibe mit mehreren concentrischen Reihen kleinerer und grösserer Hornzähne besetzt, 72. P. fluviatilis L. Flussneunauge. Die beiden Zähne der oberen Zahnplatte spitz, weit von einander getrennt, die der unteren spitz, dicht neben einander im Halb- kreise gestellt. Im Umkreise der beiden Zahnplatten nur eine Reihe kleiner Hornzähne auf der Saugscheibe. Die erste Rücken- flosse ist von der zweiten ziemlich weit entfernt. Gallenblase fehlt. 73. P. Planeri L. Bachneunauge. Die Zähne der beiden Zahnplatten in derselben Stellung wie bei P. fluviatilis, aber ganz stumpf, wie abgeschliffen, im Umkreise derselben auf der Saugscheibe nur eine Reihe kleiner Hornzähne. Die erste Rückenflosse ist von der zweiten gar nicht oder nur sehr wenig getrennt. Gallenblase vorhanden. 60 Beschreibung der preussischen Fische. Die Knochenfische, Teleostei, besitzen ein knöchernes Skelett; ihre Haut ist meistens mit Schuppen bedeckt, seltener nackt oder mit Knochenschildern gepanzert. Die Kiemen sind kämm- oder büschelförmig, durch einen Kiemendeckel- apparat geschützt, an dessen hinterem Rande die einfache äussere Kiemen- spalte liegt. Ordnung der Stachelfi osser. Acanthopteri. Die vorderen Strahlen der Rücken-, After- und Bauchflosse • sind immer einfach, ungegliedert, mit zugespitztem Ende, meistens hart, nur in wenigen Fällen biegsam. Die Kiemen sind kammförmig. Die Schwimmblase hat, wenn vorhanden, keine Verbindung mit dem Nahrungs- kanal. Familie der Barsche, Percoidei, Der hintere Rand eines oder mehrerer Stücke des Kiemencleckel- apparates ist gezähnelt oder mit Domen versehen, fast alle Knochen der Mundhöhle tragen feine Hechelzähne. In der Kiemenhaut jederseits 7 Strahlen. Der Körper ist mit festsitzenden harten Kammschuppen bedeckt. Schwimmblase vorhanden. Gattung Perca L. Der Hinterrand des Vordeckels ist gezähnelt, der des Deckels mit einem grossen und 1 — 2 kleinen Dornen versehen. ZAvei getrennte Rückenflossen. Stach 'lflosser. Barseh. 61 1. D«»r Barsch. Percsi fluviatilis L. Barsch, Barsch, Börsch, Bars, Bors, Berschke, Pörschfce, Perschke. altpr.: assegis; lit. : cszcrys; kur.: assaris, byerszkis, boerschk; mas. : okim; kass.: okunek, okon.*) K. 7. Rl. 13—15. R2. 1/14—15. Br. 14. B. 1/5. A. 2/8—9. S. 17. Seil. 7— 9/60— 68/13— 15.**) Der Körper ist massig zusammengedrückt, vorne viel höher als hinten, die grösste Höhe V4 bis i/s der Länge. Der Mund ist end- ständig, bis Fig. 52. Der Barsch nebst Querschnitt und Schuppe, unter das Auge gespalten, beide Kiefer gleich lang. mit zahlreichen kleinen Bürstenzähnen besetzt. Die Zunge ist dick, fleischig *) Die litauischen Namen sind die an der litauischen Seite des kurischen Haffes gebräuchlichen, die kurischen, namentlich in Nidden üblichen sind theils lettisch, theils deutsch. Die masurischen und kassubischen Namen sind wesentlich polnisch, die kassubischen theilweise dem Deutschen entlehnt. **) In dieser Formel bezeichnet K. die Kiemenhautstrahlen, B., Br., R., A., S. die Flossen, Seh. die Schuppen. R2. 1/14 — 15 bedeutet, dass die zweite Rückenflosse einen halten und 14—15 weiche (Glieder-) Strahlen besitzt, die Zahl vor dem Bruchstrich in den Flossenformeln bezieht sich immer auf harte oder Stachelstrahlen. Die Schuppenformel 7 — 9/60—68/13 — 14 zeigt an, dass längs der Seitenlinie 60 — 68 Schuppen stehen und an der höchsten Stelle des Körpers oberhalb der Seitenlinie 7—9, unterhalb 13 — 14 Schuppenreihen. g2 Die preussischen Fische. Stachelilosser. und zahnlos. 7 Kiemenhautstrahlen. Der Yordeckel ist an den Rändern fein gezähnt, der theilweise mit feinen Schuppen besetzte Deckel trägt hinten einen starken Dorn und 1 — 2 kleine Dornen. Das Auge ist gross mit goldbrauner, metallisch glänzender Regenbogenhaut, dicht davor lie- gen, die doppelten Nasenöffnungen. Mit Ausnahme des Oberkopfes ist der ganze Körper mit rauhen, harten, festsitzenden Kammschuppen be- deckt, die sich auch bis auf die Schwanzflossenwurzel fortsetzen. Die Stacheln der ersten Rückenflosse sind stark und scharf, der fünfte am längsten, die zweite Rückenflosse ist von der ersten gewöhnlich durch einen kleinen Zwischenraum getrennt, nur seltener durch einen niederen Hautsaum mit ihr verbunden. Die Bauchflossen stehen dicht hinter den Brustflossen, die Afterflosse unter der Mitte der zweiten Rückenflosse. Die Grundfarbe des Körpers ist messinggelb oder ein gelbliches Grün von sehr wechselnder Tiefe. Der Rücken und Oberkopf ist schwarzgrün, die Seiten heller, der Bauch rein weiss. Auf den Seiten bemerkt man 5 — 9 schwärzliche Querbinden, die sich vom Rücken aus verschieden tief hinabziehen, aber auch durch eine wolkige dunklere Färbung ersetzt sein oder ganz fehlen können. Die erste Rückenflosse ist grauviolett, am hinteren Ende, auf den 2 — 3 letzten Strahlen, mit einem grossen schwarzen Augenfleck gezeichnet, die zweite Rückenflosse graulich gelb. Brust-, Bauch- und Afterflosse gelbröthlich bis zinnober- roth, die Schwanzflosse grünlich, mehr oder weniger röthlich angelaufen. Der Darm ist kurz, mit 3 — 6 kleinen Pförtneranhängen versehen, der Eierstock unpaarig, die Hoden paarig. Der Barsch ist in allen unseren Gewässern ein häufiger Fisch, auch in der Ostsee. Er liebt ein klares, fischreiches "Wasser mit festem Grunde und nicht zu starker Strömung, wo er gern zwischen Pflanzen versteckt in einer Tiefe von etwa 1 m auf Beute lauert. Er ist einer der gefrässigsten Raubfische und nährt sich von kleinen Fischen, namentlich scheint er den Uckelei zu bevorzugen, nimmt aber auch mit Würmern, Insecten etc. vorlieb. Bei uns wird er selten grösser als 20—30 cm und wiegt % bis 1 Pfund, soll aber bis 60 cm Länge und 2 kg Gewicht erreichen können. Im Allgemeinen ist er in den Haffen grösser als in kleineren Gewässern. Er laicht je nach der Witterung vom März bis Mai im flacheren Wasser, auf Steinen oder an Wasserpflanzen. Der Laich hängt in Form eines netzartig durchbrochenen Schlauches von etwa 3 cm Weite und 1—2 m Länge zusammen und enthält 2—300000 Eier von 2—2,5 mm Durchmesser mit dicker doppelter Eihaut. Er kann daher leicht gesammelt und zur Aufzucht in Teiche übertragen werden, entweder um die jungen Barsche mit der Brut werthloser Weissfische zu mästen, oder um sie in Barsch. Zander. 63 Forellenteichen als Futter für diese Fisehe zu verwenden. Der Barsch wird mit Netzen aller Art gefangen, beisst auch leicht an die Angel. Beim Heraufziehen aus grosser Tiefe platzt ihm häufig die Schwimmblase Fig. 53. Barschlaich 2mal vergrössert. in Folge des verminderten äusseren Druckes und treibt dann den umge- stülpten Magen in Form einer Blase zum Munde heraus. Ausser in bairischen, pommerschen und schweizer Seen kommt dies bei uns nament- lich im Kreise Lyck vor. Der Barsch kann in feuchtem Kraut lebend weit verschickt werden. Wegen seines festen weissen Fleisches wird er sehr geschätzt. Aus der Haut kann ein der Hausenblase gleichwerthiger Leim bereitet werden, die festen, zierlichen Schuppen werden an manchen Orten zur Fabrikation künstlicher Blumen und ähnlicher Gegenstände benutzt. Gattung Lucioperca Cuv. Nur der Vordeckel ist am hinteren Rande gez ähnelt. Zwischen den Bürstenzähnen finden sich in den Kiefern einige grössere kegelförmige Zähne. Zwei getrennte Bückenflossen. 2. Der Zander. JLucioperca sandra Cuv. Zant, Zander, Sandat, Sannat. altpr.: starkis; lit. : sterkas; kur. : sterks, starkis; mas. kass.: sendaez. K. 7. ßl. 14. R2. 1/20—22. Br. 15. B. 1/5. A. 2/11. S. 17. Seh. 12—14/75—90/16—20. Der Körper ist wenig zusammengedrückt, 5 — 6mal länger als hoch, der Kopf zugespitzt, die obere Kinnlade ein wenig vorragend. Die weite Mundspalte reicht wenigstens bis unter die Mitte des Auges. In den Kiefern stehen zwischen kleinen Bürstenzähnen auch einzelne grössere kegelförmige. Die Zunge ist unbezahnt. 7 Kiemenhautstrahlen. Der 64 Die preussischen Fische. Stach elflosser. Rand des Yordeckels ist gesägt, der Deckel hat hinten einen stumpfen Winkel. Die kleinen doppelten Nasenöffnungen stehen dicht vor dem leicht getrübten, mit brauner, goldgiänzender Regenbogenhaut versehenen Auge. Mit Ausnahme des Oberkopfes und des grössten Theiles des Deckelapparates ist der ganze Körper mit kleinen Kammschuppen be- setzt. Der vierte bis sechste Strahl der ersten Rückenflosse am längsten. Die erste Rückenflosse ist mit der zweiten oft durch einen niedrigen Hautsaum verbunden. Die Bauchflossen stehen zwischen oder wenig hinter den Brustflossen, die Afterflosse unter dem Anfange der zweiten Rückenflosse. Die Schwanzflosse massig ausgebuchtet, gleichlappig. Die Grundfarbe des Körpers ist bleigrau, gelblich- oder grünlichgrau, oben Fig. 54. Der Zander mit Querschnitt und Schuppe. dunkler, der Bauch weiss. Yom Rücken ziehen sich mitunter 8 — 9 dunklere, undeutlich wolkige Querbinden an den Seiten herab. Rücken- und Schwanzflosse zwischen den Strahlen dunkler gefleckt auf graulichem Grunde, die andern Flossen gelblichgrau. Auf dem hinteren Ende der ersten Rückenflosse häufig ein grösserer dunkler Fleck. Am Magen 4 — 8 ziemlich lange Blinddärme. Der Zander liebt reines "Wasser mit Kies- oder Lehmgrund, vermeidet Stellen mit starker Strömung und findet sich ziemlich häufig in der See , den Haffen , Flüssen und Seen. Er hält sich gewöhnlich in der Tiefe, nährt sich als sehr gefrässiger Räuber von kleinen Fischen und wirbellosen Thieren und kommt im April bis Juni zum Laichen an die flacheren Stellen, wo er an Steinen oder Wasserpflanzen Zander. Kaulbarsch. 65 2—300000 kleine, leicht gelbliche Eier von nur 1—1,5 mm Grösse absetzt. Er wird gewöhnlich nicht mehr als 40—50 cm lang und 1—3 Pfund schwer, kann aber eine Länge von 1,20 m und ein Gewicht von 15 kg erreichen. Er wird mit Netzen aller Art gefangen, stirbt sehr leicht ab und kann nur in häufig gewechseltem Wasser am Leben erhalten werden. Im kurischen Haff war er früher so häufig, dass man ihn allgemein zum Wintervorrath trocknete oder einsalzte und von den 'Köpfen Thran kochte. Er wächst schnell, hat ein festes, wohlschmeckendes Fleisch und ist in grösseren, tiefen und kalten Teichen mit hartem Boden und ohne viel Pflanzenwuchs, namentlich wenn sie Zu- und Abfluss haben, sehr vorteilhaft zu züchten, wenn darin werthlose "Weissfische in der genügenden Menge vorhanden sind. Gattung Acerina Cuv. Yordeckel und Deckel sind am hinteren Rande gezähnt. Im Munde nur Bürstenzähne. Die Kopfknochen, namentlich diejenigen der unteren Seite tragen zahlreiche tiefe Gruben. Nur eine Rückenflosse. :s. Der Kaulbarsch. Acerina cernua I,. Kulbersch, Kulberschke; lit.: pükys; kur.: pukis; masur.: jesgarz; kass.: jasgar, jadzdzie, kulbiersz. K. 7. R. 12—14/11—14. Br. 13. B. 1/5. A. 2/5—6. S. 17. geh. 6—7/37—40/10—12. Der Körper ist rundlich, gedrungen, 4mal länger als hoch, der Kopf dick, mit stumpfer, gewölbter Schnauze, gleich langen Kinnladen, dicken, fleischigen Lippen und nicht bis an das Auge reichender Mund- spalte. Alle Zähne sind Bürstenzähne. Die Augen sind gross, stehen dem Scheitel nahe, die Iris ist braun mit Goldglanz. Die Nasengrube hat eine doppelte Oeffnung. 7 Kiemenhautstrahlen. An den Kopfseiten, namentlich am Unterkiefer grosse, schleimgefüllte Gruben. Der Yordeckel ist am Rande fein gezähnt und mit einigen stärkeren Dornen besetzt, der Deckel trägt hinten unten einen starken Stachel. Der Körper ist bis auf einige mehr oder weniger grosse schuppenlose Stellen an Brust und Bauch mit festen Kammschuppen bedeckt und ausserordentlich schleimig. Die Rückenflosse ist ungetheilt, sie beginnt hinter der Spitze des Deckels, der vierte bis sechste Stachelstrahl ist am längsten, die letzten Stachelstrahlen sind viel kürzer, darauf folgen die viel längeren Gliederstrahlen. Die Bauchflossen stehen unter den Brustflossen. Der Körper ist gelbgrünlich gefärbt, am Rücken dunkler, Rücken und Seiten mit vielen unregel- mässigen schwarzen Punkten, der Bauch weiss. Rückenflosse und Schwanzflosse mit 4 — 5 schwärzlichen Punktreihen auf grünlichgelbem 66 Die preussischen Fische. Stachelflosser. Grunde, die übrigen Flossen gelblich. Die Schwimmblase ist gross, cylin- drisch, der Magen kuglig, mit drei Blinddärmen. Der Kaulbarsch bewohnt Fig. 55. Der Kaulbarsch mit Querschnitt, Schuppe und Seitenlinienschuppe. die Haffe, tiefe Seen und Flüsse, liebt Sandgrund und hält sich meistens in der Tiefe. Er frisst Fischlaich, junge Fische, wirbellose Thiere, vielleicht auch Schlamm, lebt in der Laichzeit gesellig und laicht zwischen März und Mai auf Steinen oder Sandbänken. Die Zahl der Eier beträgt 50—100 000, sie sind 0,8—1 mm gross. Die in Seen lebenden Kaul- barsche gehen häufig im Frühjahr in die damit zusammenhängenden Flüsse, um im Herbst zurückzukehren. Der Kaulbarsch wird gewöhnlich nicht über 15 cm gross gefangen, im kurischen Haff wird er niemals grösser, während im frischen Haff nicht gar selten Exemplare von 20—25 cm und bis 0,75 kg Gewicht vorkommen. Er wird in Netzen verschiedener Art, namentlich in eigenen Kaulbarschnetzen, auch im Winter unter dem Eise gefischt, wobei man seine Eigenthümlichkeit, ungewohntem Geräusch neugierig nachzugehen, benutzt, um ihn durch sogenanntes Klappern und Pumpen in die Netze zu locken. Das Fleisch ist sehr gut, namentlich bereitet man eine vorzügliche Suppe daraus. Kaulbarsch. Petermännchen. 67 Familie der Drachenfische, Trachinidi. Der Körper ist seitlich stark zusammengedrückt, niedrig, mit kleinen Rundschuppen bedeckt. Die Augen stehen dem Scheitel nahe. Keine Schwimmblase. Zwei Rückenflossen. Rfeerfische. Die Augen stehen dem Scheitel nahe. After weit nach vorne gerückt. Gattung Trachinus L. Der Kiemendeckel trägt am hinteren Rande einen starken Dorn. Im Munde nur Hechelzähne. In der Kiemenhaut 6 Strahlen. Die Bauch- flossen sind kehl stand ig. 4. Das Petermäimcheii. Trachinus draco I.. K. 6. Rl. 6. R2. 30. Br. 16. B. 1/6. A. 1/30. S. 15. Seh. 10—12/80/28—30. Der Körper ist ziemlich zusammengedrückt, 6mal länger als hoch, der Kopf kurz, mit sehr schief stehender, grosser Mundspalte, Hechel- Fig. 56. Petermännchen mit Querschnitt und Schuppe. zahnen, vorstehendem Unterkiefer. Kopf und Körper sind mit kleinen, ziemlich festen Rundschuppen bedeckt. 6 Kiemenhautstrahlen. Ueber dem vorderen Augenrande stehen 2 kleine Dornen, am Kiemendeckel hinten ein sehr starker Stachel. Die Kiemenöffnung ist sehr gross. Die Augen sind dem Scheitel sehr nahe, die Iris schwarz und gelb gefleckt. Der Rücken ist fast gerade, die erste Rückenflosse bandförmig, mit sehr starken Stacholi). kann in eine Furche nach hinten niedergelegt werden. Die 5* 68 Die preussisehen Fische. Stachelflossor. Schwanzflosse ist fast quer abgeschnitten, die Bauchflossen stehen kehl- ständig vor den breiten Brustflossen. Afterflosse und zweite Rückenflosse sehr lang. Der Rücken ist grauröthlich mit dunkleren Flecken, die Seiten auf silbergrauem Grunde abwechselnd blau und gelb gestreift und dunkler gefleckt. Die auffallende Färbung verschwindet nach dem Tode. Die erste Rückenflosse ist ganz schwarz, oder grau mit einem grossen schwarzen Fleck, die zweite Rücken- und die Afterflosse weisslich, blau und gelb gestreift und gebändert, die Schwanzflosse braun, gelb gefleckt, Brust- und Bauchflosse gelblichgrau. Magen weit, mit 6 — 8 dicken Pförtneranhängen. Schwimmblase fehlt. Das Petermännchen ist ein Meerfisch, der bei uns nur selten vorkommt, eine Länge von ca. 30 cm erreicht, sich meistens in der Tiefe hält, wo er in Schlamm oder Sand eingewühlt, auf kleine Fische und andere Thiere, namentlich auf Garneelen lauert. Im Juni und Juli kommt er zum Laichen ans Ufer. Er wird gelegentlich mit anderen Fischen zusammen gefangen, hat ein sehr zähes Leben und wird von den Fischern sehr gefürchtet, weil er. wenn man ihn unvorsichtig anfasst, durch plötzliches Aufrichten der stark- stachligen ersten Rückenflosse tiefe Stichwunden beibringt, die sehr schmerzhaft sind und von den Fischern irrthümlich für vergiftet gehalten werden. Das Fleisch ist ganz wohlschmeckend, doch kommt das Peter- männchen bei uns viel zu selten vor, um praktisch verwerthet zu werden. Familie der Panzerwangen, Scleroparei. Die XJnteraugenknochen sind stark verbreitert und mit dem Vor- deckel zu einem "Wangenpanzer verschmolzen. Gattung Cottus L. Der Kopf ist gross, der Kiemendeckelapparat mit Dornen bewaffnet, im Munde kleine Hechelzähne, 6 Kiemenhautstrahlen, 2 getrennte Rücken- flossen. Die Brustflossen sind sehr gross, die Bauchflossen kehlständig. Schwimmblase vorhanden. 5. Der Kaulkopf. Cottus gobio I,. Mühlkoppe, Müllerkoppe. K. 6. Rl. 6— 9. R2. 15— 18. Br. 13— 14. B. 1/4. A. 12— 13. S. 13. Der Körper ist keulenförmig, hinten stark zusammengedrückt, der Kopf breiter als der Körper, niedergedrückt, fast 1/3 der Körperlänge, mit breiter, aber doch nur bis zum Yorderrande des Auges reichender Mund- spalte, gleich langen, mit mehreren Reihen von Hechelzähnen besetzten Kinnladen und breiter, zahnloser Zunge. Am Rande des Yordeckels ein starker Dorn, ein kleinerer am Unterdecke]. Die Augen stehen dem Petermännchen. Kaulkopf. 69 Scheitel nahe, davor die Nasenöffiiungen, von denen die vorderen röhren- förmig sind. Iris gelbroth. 6 Kiemenhautstrahlen. Der ganze Körper ist schuppenlos, mit einer weichen, sehr schleimigen Haut bedeckt, die zahl- reiche, kleine warzige Erhebungen zeigt. In der Seitenlinie stehen 26 — 28 Röhrchen, auch auf dem Kopf, namentlich am Unterkiefer sind die Poren deutlich sichtbar. Die erste Rückenflosse ist sehr niedrig, hängt mit der zweiten gewöhnlich durch einen niedrigen Haut- sanm zusammen. Die Brustflossen sind sehr gross, fächerförmig, von Fig. 57. Kaulkopf mit Ansicht von oben und Querschnitt, ein Viertel der Körperlänge, die Bauchflossen klein, kehlständig, die Schwanzflosse abgerundet, allein mit getheilten Strahlen. Die Ober- seite des Körpers ist graubräunlich mit dunkleren Binden und "Wol- kenflecken . die Unterseite grauweiss, beim Männchen mit bräun- lichen Flecken , beim Weibchen ungefleckt. Die erste Rückenflosse ist graubraun, dunkler gefleckt und röthlich gesäumt; die übrigen Flossen sind bald heller, bald dunkler grau oder braun, ihre Strahlen 70 Die preussisclien Fische. Stachelflosser. meistens noch dunkler gestreift oder gefleckt. Keine Schwimmblase. Der Magen ist weit, mit 3 — 4 ziemlich weiten Blinddärmen. Das Bauch- fell ganz schwarz. Der Kaulkopf lebt in Seen, besonders aber in Bächen mit klarem Wasser und steinigem oder Kiesgrund, wo er fest am Grunde liegend und nur ruckweise mit grosser Schnelligkeit von einer Stelle zur andern schiessend, oft unter Steinen versteckt, auf Beute lauert. Er frisst allerlei kleine Thiere und ist ein grosser Laichräuber, namentlich in Forellen- bächen. Er laicht im März oder April, und zwar wühlen die Männchen mit dem Schwänze eine Grube im Kies, oder wählen einen Schlupfwinkel zwischen Steinen, den sie gegen andere Männchen lebhaft vertheidigen. Hier legt das in der Laichzeit ausserordentlich dicke Weibchen seine röthlich gelben Eier in Klumpen von 100 — 1000 Stück ab, die fest zu- sammenkleben und vom Männchen bis zum Ausschlüpfen bewacht werden. Der Kaulkopf wird 10 — 15, selten 20 cm lang, hat ein an manchen Orten sehr geschätztes, beim Kochen lachsartig roth werdendes Fleisch und wird in kleinen Netzen, in versenkten Reisigbündeln, in denen er sich gerne versteckt, in Reusen leicht gefangen. Auch machen sich an vielen Orten die Kinder das Vergnügen, ihn, wo er in flachem klaren Wasser am Grunde liegt, mit Gabeln zu stechen. 6. Der Seehaliu. Cottus seorpius L.. Knurrhahn, Seebull, Donnerkröte, lit.: juros bullis; kur. : juras pukis, juras bullis; kass.: kurr. K. 6. Rl. 10. R2. 14—16. Br. 17. B. 3. A. 11—12. S. 18. Der Körper ist keulenförmig, hinten stark zusammengedrückt, der Kopf sehr gross, etwas niedergedrückt, mit weitem, bis hinter das Auge reichenden Mundspalt, etwas vorstehender Oberkinnlade. Hechel- zähne in den Kiefern und am Pflugs* -haarbein. Zunge kurz, hart, dick und zahnlos. Die Augen sind gross, hoch auf dem Kopfe, mit gelblich- weisser, bräunlich gefleckter Iris. Auf dem Scheitel stehen 4 spitzige Höcker, der Yordeckel ist mit drei kleinen, der Deckel mit einem grösseren Dorn bewaffnet. Die Nasenlöcher sind einfach, röhrenförmig, stehen in der Mitte zwischen dem Auge und dem Mundrande. Der ganze Körper ist unbeschuppt, in der dicken weichen Haut sitzen vereinzelte, stachlige, mit den Spitzen hervorragende und nach hinten gerichtete Knochen- körperchen in Avenigen unregelmässigen Reihen. Die beiden Rückenflossen sind mitunter durch einen niedrigen Saum verbunden, die Brustflossen sehr gross, die kleinen Bauchtlossen kehlständig. Die Oberseite ist dun- kelbraun, schwärzlich oder dunkelolivgrün, unregelmässig mit grau ge- mischt oder gefleckt, die Seiten unten auf grauschwarzem Grunde unregel- Kaulkopf. Seehahn. 71 massig weiss marmorirt, der Bauch beim Männchen gelblich, beim Weibchen weiss. Die beiden Rückenflossen und die Afterflosse sind abwechselnd mit breiten schwatzen und hellgrauen Bändern gezeichnet, die übrigen Flossen abwechselnd schwarz, grau und orange gestreift. Alle Flossen haben Fig. 58. Seehahn, Ansicht von oben, von "unten, Querschnitt und Knochenkörper aits der Haut. ungetheilte Strahlen mit Ausnahme der Schwanzflosse. Die Brust- flossen des Männchens sind grösser als die des Weibchens. Die Leber ist sehr gross, fleischroth, der Magen besitzt 4 Blinddärme. Der Seehahn lebt meistens in der Tiefe des Meeres, laicht im December und Januar zwischen Seetang, die Eier sind roth orange, 1 mm gross, mit dicker buckliger 72 Die preussischen Fische. Stachelflosser. Eihaut. Im Sommer kommt er an die Küste und wird gelegentlich in grosser Anzahl gefangen. Das Fleisch wird nicht geachtet, doch soll die Leber wohlschmeckend sein. Wo er massenhaft vorkommt, wird er auch zum Thrankochen benutzt. Er erreicht bei uns eine Grösse von 20 — 30 cm, wird aber in der Nordsee bis gegen 1 m lang. Er ist äusserst gefrässig und vertilgt viel Fischlaich, junge Fische und kleine Seethiere aller Art, nament- lich auch grössere Crustaceen. Beim Fange giebt er einen knurrenden Ton von sich und spreizt alle Flossen. Gattung Agonus Bloch. Der ganze Körper ist mit Knochentafeln gepanzert, der Kopf gross, mit zahlreichen Barteln an der Unterseite versehen. 6 Kiemenhaiitstrahlen. 7. Der Steiupicker. Agonus cataphractns L<. K. 6. Rl. 5. R2. 7. Br. 15. B. 1/2. A. 7. S. 11. Der Körper ist keulenförmig, ganz mit Knochenplatten gepanzert, die dicht aneinander schliessen, vorne acht-, hinten sechskantig. Der Kopf ist sehr breit, niedergedrückt, mit etwas verlängerter Schnauze, der Fig. 59. Steinpicker, Ansicht von oben, Schiene, Querschnitte. Oberkiefer stark vorstehend, der Mund unterständig, halbmondförmig, klein, mit feinen Bürstenzähnen. Auf der oberen Seite der Schnauze stehen Steinpioker. Stiohling. 73 •1 Kuochenhöcker. Die Augen liegen hoch auf dem Kopfe, die Iris ist gelb. Nasenlöcher einfach, röhrenförmig. An den Mundwinkeln, dem Kinn und der Kiemenhaut stehen zahlreiche kleine Bartfäden. Beide Rückenflossen sind klein, nicht mit einander zusammenhängend, und stehen, wie die Afterflosse weit vor dem Schwänze, die^ Schwanzflosse ist gerundet, die Brustflosse gross, die Bauchflosse klein und kehl- ständig, alle mit einfachen Strahlen. Der Körper ist oben dunkel- graubraun, an den Seiten heller, am Bauch weiss, über Rücken und Seiten ziehen sich 4 schwarze oder dunkelbraune Querbinden hin. Die Flossen sind lichtbraun, dunkler geneckt oder gebändert. Der Steinpicker bewohnt die Küste der Ostsee, wo er namentlich zwischen Steinen sich aufhält und von kleinen Wasserinsecten und Crustaceen lebt, Er kommt bei uns sehr selten vor, wird nur 10 — 15 cm lang, und laicht im Mai oder Juni zwischen Steinen. Die Zahl der Eier soll 300 betragen. Er wird nur gelegentlich gefangen und nicht verwerthet. Familie der Stichlinge, Gasterosteidei. Vor der Rückenflosse eine Anzahl freier, nicht durch Flossenhaut verbundener Stacheln. An Stelle der Bauchflosse nur 1 Stachel mit kleinem Anhange. Gattung Gasterosteus L. Der Körper ist schuppenlos, mehr oder weniger mit Knochenschienen oder Schildern bedeckt, die Stachelstrahlen der Rücken- und Bauchflosse sind mit Sperrgelenken versehen. Im Munde nur Hechelzähne. 3 Kie- menhautstrahlen. Schwimmblase vorhanden. 8. Der gemeine Stichliiig. Ciasterostens actileatus L.. Stachelbauch, Stachlinski, Stichlinski, Stichbeutel, Stechbüttel, Steckbüdel, Steckbedel, Stechert, Stecherling, Steigbügel. lit, kur.: stegis, stregis; mas. : stacklack, katt; kass.: stekbydel. K. 3. R. 3/10—12. Br. 10. B. 1/1. A. 1/8. S. 12. Der Körper ist massig zusammengedrückt, der Kopf zugespitzt mit etwas vorstehendem Unterkiefer, wenig schief gestellter Mundspalte und kleinen Bürstenzähnen. Der Kiemendeckel ist senkrecht fein ge- strichelt. Die Augen sind gross, mit gold- oder silberglänzender Iris, die Nasenöffnung ist doppelt. Der Körper ist ganz unbeschuppt, doch sind die Seiten oft mit länglichen Knochenschienen gepanzert (Var. trachurus). Eine ganz nackte Varietät (Yar. leiurus) kommt bei uns nur selten vor. Vor der Rückenflosse stehen 3 starke, niederlegbare freie Stacheln; die dem zweiten, längsten, gegenüberstehende Bauchflosse besteht nur aus einem harten und einem weichen Strahl. Zwischen beiden Bauchtlossen liegt 74 Die jireussischen Fische. Stachelflossor. ein grosses breites Knochenschild. Die Schwanzflosse ist quer abge- schnitten. Die Färbung ist ausserordentlich verschieden, am Kücken bald dunkler, bald heller olivengrün oder blau schwarz, während Bauch und Seiten silberglänzend erscheinen. In der Laichzeit sind beim Männ- chen Seiten, Brust und Bauch blut- oder karminroth, der Rücken leb- hafter grün gefärbt, die Iris häufig hell himmelblau. Die Flossen sind graugrünlich. Die ganz jungen Thiere sind häufig mit vielen dunkeln Querbinden gezeichnet, an manchen Localitäten erhält sich diese Zeichnung auch im Alter. Der Stichling hält sich gewöhnlich in der Nähe der Ufer auf, schwimmt schnell, mit heftigen, ruckweisen Bewegungen, frisst kleine Fig. GO. Gemeiner Stichling mit Schiene, Querschnitt und Nest. Thiere aller Art, und ist trotz seiner geringen Grösse von nur 6 — 8 cm einer der gefährlichsten Laichräuber, der in geschlossenen kleineren Ge- wässern die Fortpflanzung anderer Fische vollständig unmöglich machen kann. Die Laichzeit hegt zwischen April und Juni. Das Männchen baut dann entweder am Grunde an flachen Ufern aus Pflanzenfasern und andern geeigneten Stoffen ein kugliges Nest, das halb im Schlamm oder Sand verborgen ist, oder legt ein solches zwischen den Stengeln von Wasser- pflanzen an, erspart sich aber diese Arbeit, wenn sich in dichtem Pflanzen- gewirr, ins Wasser gefallenen Körben, oder anderweitig ein passender Ort für die Ablage der Eier findet. Nachdem ein oder mehrere Weibchen ihren Laich in das Nest oder die sonst gewählte Stelle gelegt haben, befruchtet ihn das Männchen und bewacht nun die 60—100 Eier mit grossem Eifer. Gemeiner Stichling. ZwergsticMing. , 5 Wer zu sehen versteht, kann im Frühjahr an flachen Fluss-, Graben- oder Seerändern hunderte von Stiehlingsnestern unmittelbar am Ufer finden, die von den männlichen Stichlingen bewacht werden. Sie sind von der Grösse einer starken Wallnuss und an der etwas seitlich gelegenen, meistens dem freien Wasser zugekehrten, runden Oeffnung leicht zu erkennen, durch die häutig- einige der wasserhellen, gelblichen oder röthlichen, zu einem Klumpen verklebten Eier sichtbar sind. Dieselben messen 1,5 mm. Un- geübte können sich die Nester vom Männchen selber zeigen lassen. Be- wegt man ein Stöckchen oder die Hand im Wasser, so folgt der Stichling, dessen Neste man sich nähert, aufmerksam allen Bewegungen und rennt heftig gegen Stock oder Hand an, sobald man das Nest berührt. Er wiederholt seine Angriffe fortwährend mit grosser Heftigkeit und lässt selbst dann nicht davon ab, wenn man ihn mehrmals ergriffen und wieder freigelassen hat. Setzt man ihn mit dem Neste in ein Aquarium, so fährt er dort im Bewachen und Ausbessern des Nestes ungestört fort bis die jungen Eischchen ausgekrochen sind und selber ihrer Nahrung nachgehen können. Man findet den Stichling in Gewässern aller Art, von der Ostsee bis zum kleinsten Bach, der unbedeutendsten Pfütze. Stellenweise vermehrt er sich sehr stark. So wird er bei Pillau und in manchen Seen im Herbst in ungeheuren Mengen mit engmaschigen Käsehern aus dem Wasser geschöpft, mit kleinen Zuggarnen etc. gefangen und zum Thrankochen oder als Dünger gebraucht. Eine möglichste Ver- folgung des Stichlings wäre sehr wünschensweith, indessen fangen die Fischer nur zu oft unter dem Vorwande des Stichlingsfisehens mit engmaschigen Garnen auch die Brut anderer Nutzfische unverständiger und frevelhafter Weise fort, um sie als Schweinefutter oder Angelköder zu verwenden. Ton einem Bandwurm, der oft in 4 — 5 Exemplaren im unentwickelten Zustande in seiner Bauchhöhle lebt, wird der Stichling ausserordentlich häufig heimge- sucht, aufs äusserste aufgebläht und schliesslich zum Platzen gebracht und getödtet. Die Würmer fallen dann zu Boden und erreichen nur wenn sie das Glück haben von einer Ente oder Möve gefressen zu werden, in deren Darm ihre vollkommene Entwicklung und Geschlechts- reife. Auffallend häufig findet man im frischen Haff Stichlinge nach der Laichzeit mit verdorbenem, nicht abgesetztem Laich. 9. Der Zwergstichling. Gasterostens i»migitius !-. Krauser Stichling. K. 3. R. 9—11/11. Br. 9—10. B. 1/1. A. 1/9—11. S. 13. Der Körper ist sehr viel gestreckter als beim gemeinen Stichling, fünfmal länger als hoch, massig zusammengedrückt, ohne Schienen, nur 76 Die preussischen Fische. am Schwänze mitunter jederseits mit einer Längsreihe von 10 — 11 Kiel- schuppen. Vor der Kückenflosse stehen 9 — 11 niederlegbare, Meine, freie Stacheln. Rücken- und Afterflosse sind niedrig, die Bauchflosse besteht nur aus einem Stachel und einem weichen Strahl. Die Oberseite ist g-rün- oder blauschwärzlich gefärbt, mitunter mit dunkleren Querbinden gezeichnet, Bauch und Seiten silberglänzend. Das Männchen ist im Fig. 61. Zwergsticbling mit Querschnitt. Sommer unten uft tief schwarz gefärbt. Der Zwergsticbling wird nicht über 5 cm lang und ist unser kleinster Fisch. Er bewohnt die Küsten der See, die Haffe, Flussmündungen und Seen, findet sich aber auch in kleinen Bächen tief im Lande. Er gleicht in Nahrung und Lebensweise dem vorigen und laicht im April bis Juni. Wegen seiner Kleinheit wird er, selbst wo er häufig vorkommt, nur selten gefangen und nicht verwerthet. 10. Der McerKtichliug. Gasterosteus spinachia Ii. Dornfisch. K. 3. R 15/6—7. Br. 10. B. 1/1. A. 1/6. S. 12. Der Körper ist sehr gestreckt, die Schwanz wurzel ausserordentlich lang und dünn, der Kopf sehr schlank, zugespitzt, mit kleinem, fein bezahntem Munde. Der Unterkiefer steht etwas vor, das Auge ist gross Fig. G2. Meerstichling mit Querschnitt und Schiene. mit silberglänzender Iris, die doppelte Nasenöffhung liegt in der Mitte zwischen ihm und dem Mundrande. Der Körper ist fünfkantig, der Schwanzstiel vierkantig. In der Seitenlinie liegen jederseits 41 starke gekielte Knochenschilder. Die Rückenstacheln sind nach hinten etwas Zwerg- und Meerstichling. Makrele. 77 hakig gekrümmt und in eine Kinne niederlegbar. Die Rückenflosse ist kurz und hoch und steht ziemlich in der Mitte des Körpers, ihr gegenüber die ganz gleiche Afterflosse. Die Schwanzflosse ist stark abge- rundet. Der Meerstichling wird 15 — 18 cm lang, ist schmutzig olivgrün, an Kehle und Bauch weisslich. Die Flossen sind durchscheinend graulich, der vordere Rand der Rücken- und Afterflosse dunkelschwarz. Er bewohnt die Küste der Ostsee, nährt sich wie seine Verwandten, baut zierliche Nester aus Algen, legt ca. 180 Eier und wird bei uns nur so selten gefangen, dass die meisten Fischer ihn gar nicht kennen. Wo er in grösserer Menge vorkommt, wird er als Dünger, zum Thrankochen oder als Schweinefutter verwerthet. Familie der Makrelen, Scomberoidei. Der Kiemendeckel ist ungezähnelt, sehr fest anliegend. Die Haut ist mit ganz kleinen Rundschuppen besetzt, stellenweise nackt. An den Seiten des Schwanzes erhabene Leisten. Gattung Scomber L. Der Körper ist gestreckt, wenig zusammengedrückt. Zwei getrennte Rückenflossen, hinter der zweiten eine Reihe kleiner, aus wenigen Strah- len bestehender Flössehen. Solche finden sich auch hinter der After- flosse. Schwimmblase fehlt. Bauchflossen brustständig. 11. Die Makrele. Scomber scombrus L. K. 7. Rl. 10—12. R2. 1/11—12. Br. 19. B. 1/6. A. 1/11—12. S. 20—23. Der Körper ist stark gestreckt, massig zusammengedrückt, der Kopf lang und stumpf zugespitzt, der Unterkiefer etwas vorstehend, der Mund- spalt weit, bis unter die Augen reichend. Die kleinen kegelförmigen Zähne stehen in einfacher Reihe in den Kiefern. Die Zunge ist glatt, zahn- los, das Auge gross mit silberglänzender Iris, die Nasenöffnungen läng- lich, doppelt, dem Auge nahe stehend. Der Körper ist mit sehr zarten und klei- nen Rundschuppen bedeckt. Hinter der zweiten Rücken- und der Afterflosse stehen je 5 kleine, nur wenige Strahlen enthaltende Flösschen. Die Schwanz- flosse ist gross, tief gabelig, an den Seiten des Schwanz stieles ein schwacher Hautkiel. Die Makrele ist auf dem Rücken dunkel stahlblau mit gold- grünem Glanz, und mit zahlreichen schmalen schwarzblauen Wellenstreifen gezeichnet. Bauch und Seiten sind silberglänzend, die Flossen grünlich. Die Seitenlinie liegt dem Rücken nahe, unter ihr eine ihr gleichlaufende Reihe schwärzlicher Längsflecken. Die Makrele lebt gesellig in der Tiefe des Meeres und kommt im Juni und Juli um zu laichen an die Küste, 78 Die preussischen Fische. wobei sie anderwärts in ungeheuren Mengen gefangen wird. Die Zahl der Eier beträgt ca. 500000, sie sollen 2 Meilen vom Ufer entfernt ab- gelegt werden und an der Oberfläche schwimmen. Die Schwimmblase fehlt, der Magen hat an 200 Blinddärme. Die Makrele ist ein sehr ge- Fig. 63. Makrele mit Querschnitt und Schuppe. frässiger Raubfisch, der Alles frisst, was er bewältigen kann. Sie erreicht eine Grösse von 20 — 40 cm, bleibt aber an unserer Küste, wo sie überhaupt nur selten vorkommt, meistens klein. Ihr Fleisch ist vorzüglich, verdirbt aber sehr schnell. Bei uns wird sie nur selten einmal mit den Heringen gefangen. Gattung Xiphias L. Die obere Kinnlade ist schwertförmig verlängert. Bauchflossen fehlen. 12. Der Schwertfisch. Xiphias glatfius I.. Hornfisch. K. 7. R. 3/40. Br. 16. A. 2/15. S. 17. Der Körper ist gestreckt, fast cylindrisch, der Kopf zugespitzt. Die obere Kinnlade ist zu einem schwertförmigen, von oben nach unten flach- gedrückten Fortsatz von etwa l/s der Körperlänge verlängert, der Unter- kiefer sehr viel kürzer, scharf zugespitzt. Der Mund ist bis weit hinter die Augen gespalten, zahnlos, die Knochenmasse des Schwertes von vielen zusammenhängenden Höhlen durchzogen. Das Auge ist gross, die Iris silberglänzend, die harte Augenhaut zu einer festen Knochenschale verknöchert. Die Nasenöffrmng ist doppelt und liegt ziemlich nahe vor dem Auge. Die Haut des ganzen Körpers, mit Aus- Makrele. Seh wertf isch . 79 nähme des Kopfes und der Flossen, fühlt sieh chagrinartig rauh an und enthält, eine Menge eingelagerter formloser Kälkkörnchen. Am Bauch finden sieh zahlreiche kleine kalkige Platten, etwa in der Form von Muschel- schalen in die Haut eingebettet. Die Seitenlinie ist dem Kücken nahe ge- legen, schwach sichtbar, mitunter durch eine Reihe schwärzlicher Flecken ausgezeichnet. An den Seiten des Schwanzstieles findet sich jederseits eine knorplighäutige Leiste. Die Rückenflosse ist vorne sehr viel höher als hinten, nur bei jungen Thieren vollständig, während bei älteren regelmässig der Fig. 64. Schwertfisch mit Querschnitt und Kalkplatte aus der Bauchhaut, mittlere Theil verloren geht, so dass nur vorne eine hohe sichelförmige Portion von ca. 25, hinten eine kleinere von 3- 5 Strahlen übrig bleibt. Aelmlich verhält sich bei Jungen und Alten die Afterflosse. Die Brustflosse ist lang und sichelförmig, die Schwanzflosse tief ausgeschnitten, halbmond- förmig. Bauchflossen fehlen. Der Schwertfisch ist oben dunkel stahl- blau, unten silberweiss. Er erreicht eine Grösse von mehr als 3 m, lebt in der Tiefe des Meeres und kommt im Juni und Juli, angeblich paar- weise zum Laichen an die Küste. Er wird bei uns nur vereinzelt angetroffen, doch werden fast jährlich einige an der Küste gefangen. Das Fleisch ist schmackhaft und wird im Mittelmeer, wo er häufig ist, wie das des Thunfisches behandelt und geschätzt. Familie der Schleimfische, Blennioidei. Der Körper ist lang gestreckt, niedrig, Rücken- und Afterflosse sehr lang, die vorderen Strahlen derselben einfach aber biegsam, die Bauch- flossen sind kehlständig. Die Haut ist nackt oder mit sehr kleinen Rund- schuppen bedeckt, sehr schleimig. Die Schwimmblase fehlt. 80 Die preussischen Fische. Gattung Zoarces Cuv. Der Mund ist gross, die Mund spalte horizontal, 6 Kiemenhaut- strahlen. Der Körper ist vorne rundlich, hinten seitlich zusammenge- drückt. Rücken- und Afterflosse stossen an dem zugespitzten Schwanz- ende zusammen. Schwanz diphycerk. IS. I>ie Aalmutter. Zoarces viviparus I*. Aalquappe, Seequappe; lit. kur. : juros kwapa, suttis mate, wegele, wedsele. K. 6. B, 109. Br. 18. B. 3. A. 80—86. S. 8—10. Der Körper ist gestreckt, vorne wenig, hinten stärker zusammen- gedrückt, 9 mal länger als hoch. Der Mund ist gross, reicht bis zur Mitte des Auges und ist von dicken fleischigen Lippen umgeben. In beiden Kinnladen eine Reihe kegelförmiger Zähne, hinter denen in der Mitte noch eine kürzere Reihe ähnlicher steht. Der Gaumen und die kurze, dicke, fast halbkugelige Zunge ist zahnlos. Ton den Nasenöffnungen liegt die hintere, sehr feine dem Auge ziemlich nahe, die vordere röhrenförmige Fig. 65. Aalmutter mit Querschnitt und Schuppe. etwa auf der Mitte zwischen Auge und Mundrand. Der Körper ist mit einer weichen Haut bekleidet, in der die sehr kleinen ovalen, ganz weichen Schuppen liegen, die sich nur mit den Rändern berühren. Die Rückenflosse beginnt dicht hinter dem Kopfe und hängt mit der zuge- spitzten Schwanzflosse durch einen niedrigen Hautsaum zusammen, während die ebenfalls sehr lange Afterflosse ohne Grenze in die Schwanz- flosse übergeht. Die Brustflosse ist sehr gross und gerundet, die Bauch- flosse klein, kehlständig. Die Grundfarbe des Körpers ist ein röthliches, gelbliches oder bräunliches Grau, die Oberseite und Rückenflosse sind mit etAva 10 grossen, unregelmässigen, dunkleren Wolkenflecken gezeich- net, kleinere Flecken ziehen sich längs der Seiten hin. Die Unterseite Aalmutter. Butterfisch. 81 und die Bauch- und Afterflosse sind gelblich angelaufen, beim Weibchen während der Laichzeit glänzend orange. Hinter dem After bei beiden Ge- schlechtern eine grosse Genitalpapille. Keine Schwimmblase. Die Aal- mutter ist unser einziger lebendig gebärender Fisch. Die Art der inneren Befruchtung ist noch nicht beobachtet, sie muss aber im April oder Mai stattfinden. Die Eier sind gross und roth, weichschalig, etwa 300 an Zahl. Die Embryonen entwickeln sich im Mutterleibe bis zu 4 — 5 cm Länge und werden im August oder noch später zwischen Seekraut abge- setzt, wo sie gleich munter herumschwimmen. Die Gräthen Averden beim Kochen grün. Die Aalmutter kommt in der Ostsee nicht gerade selten vor, wird aber bei uns nicht oft gefangen, am häufigsten noch bei Memel an Dorschangeln; sie erreicht eine Grösse von 25 bis selten 40 cm, hält sich auf steinigem Grunde zwischen Wasserpflanzen verborgen, lebt von kleinen' Fischen, namentlich jungen Heringen, Würmern und Muscheln. Das Fleisch wird wenig geachtet, obgleich es recht gut sein soll. Von den grossen Tauchern (Mergus mergauser) wird sie sehr verfolgt. Gattung Centronotus Bl. Sehn. Der Mund ist klein, die Mundspalte fast senkrecht, 5 Kiemenhaut- strahlen. Der Körper ist der ganzen Länge nach seitlich stark zusammen- gedrückt, Rücken- und Afterflosse sind von der Schwanzflosse getrennt. 14. Der Butterfisch. Centronotus gunellus Sehn. K. 5. R. 78. Br. 11. B. 1. A. 2/39—44. S. 15. Der Körper ist gestreckt und ziemlich stark zusammengedrückt, 9 mal länger als hoch, 2mal höher als breit. Der Kopf ist klein mit nur Fig. 66. Butterfisch mit Querschnitt und Schuppe. bis zum Y orderrande des Auges reichendem, endständigem, sehr schiefem Munde mit weichen fleischigen Lippen. In jeder Kinnlade eine Reihe kleiner 82 Die preussischen Fisr-he. Stactelflosser. Kegelzähne, oben noch eine zweite kürzere Reihe in der Mitte hinter der ersten. Zunge und Gaumen von derben Warzen rauh. Auge gold- glänzend. Der Körper ist sehr glatt, mit ganz kleinen weichen Rund- schuppen bedeckt. Die Rücken- und Afterflosse sind niedrig, beide sehr lang, von der Schwanzflosse abgesetzt, die Schwanz-, Brust- und Bauch- flossen klein, die Bauchflossen brustständig. Die Seitenlinie ist nur sehr schwach sichtbar. Der Körper ist bräunlichroth oder gelbbraun gefärbt, mit unregelmässigen graulichen Wolkenflecken , die Unterseite heller. Längs des Rückens liegen 10 schwarze, weiss eingefasste, runde Flecken, die sich zum Theil auf die Rückenflosse erstrecken. Afterflosse auf braungrauem Grunde, mit 12 — 13 schrägen braunen Streifen gezeichnet. Darm einfach, gerade, ohne Pförtneranhänge. Schwimmblase fehlt. Der Butterfisch lebt auf steinigem Grunde der See zwischen Tang, wo er sich von kleinen Crustaceen, Würmern und Fischen nährt. Er wird 15 — 30 cm lang, schwimmt wenig, aber geschickt und wird von See- vögeln und Fischen viel gefressen. Das Fleisch wird nicht gegessen, man benutzt ihn nur als Köder. Bei uns kommt er nur selten vor. Familie der Meergrundeln, Gobioidei. Der Körper ist mit Kammschuppen bedeckt. Alle Strahlen der Rücken- und Afterflosse sind biegsam. Die kehl- oder brustständigen Bauchflossen sind zu einem Trichter verwachsen. Gattung Gobius L. Der Kopf ist rundlich, breiter als der Körper. Schwimmblase fehlt. 15. Die Schwarzgrundel. Gobius niger L. K. 5. Rl. 6. R2. 17. Br. 17. B. 6. A. 12. S. 13. Der Körper ist gestreckt, vorne kaum, hinten stark comprimirt. An den Brustflossen ist die Höhe und ebenso die Breite gleich 1/6 der Körper- länge. Der Kopf ist niedergedrückt, etwas breiter als hoch, mit gewölbten Wangen, gleich langen Kiefern, mehreren Reihen feiner Sammetzähne, vor denen eine Reihe längerer konischer Zähne steht. Der Gaumen und die Zunge sind unbezahnt. Der etwas schiefe Mundspalt reicht bis zur Mitte des Auges. Das Auge ist gross, etwas oval, sehr hoch gestellt. Die vordere, etwas röhrige Nasenöffnung hegt in der Mitte zwischen Auge und Mundrand, die hintere dem Auge näher, beide sind klein. Zwischen den Augen liegen hinter einander 2 Poren, die man früher mit den Nasenlöchern verwechselt hat. Der ganze Körper ist mit ziemlich grossen und festen Kammschuppen bekleidet, sehr schleimig und glatt. Die erste Rückenflosse enthält einfache, aber biegsame Strahlen und endigt un- mittelbar vor der zweiten, deren Strahlen getheilt sind. Die Afterflosse Schwarzgrundel. 83 beginnt hinter dem Anfange der zweiten Kückenflosse. Die Brustflosse ist gross, "gerundet, die ersten 6 — 7 Strahlen kurz, oft bis zur Hälfte aus der Flossenhaut vorragend, sehr fein. Die Bauchflossen sind zu einer ovalen Saugscheibe vereinigt, die genau zwischen den Brustflossen liegt. Die Schwanzflosse ist gerundet. Hinter dem After eine Papille. Körper und Flossen sind auf graubraunem oder braunolivgrünem Grunde tief braun marmorirt, der Bauch heller graubraun oder graugelb, übrigens ^% WM kW ■ .. - Ms s Fig. 67. Schwarzgrundel mit Ansicht von ohen und unten, Querschnitt und Schuppe. ist die Farbe sehr variirend. Schwimmblase fehlt. Die Leber ist sehr gross. Die Schwarzgrundel ist an unserer Küste ziemlich häufig, sie wird 8 — 10 cm gross, nährt sich, am Grunde der See lebend, von kleinen Crustaceen, "Würmern, Fischen und Fischlaich, wühlt sich im "Winter Gänge in den Schlamm und kommt im Mai und Juni zum Laichen an die Küste, wo sie ihre lang elliptischen Eier in einem aus Seegras und Tang gebauten Neste oder an Muscheln, Holz etc. absetzt und vom Männchen bewachen lässt. Das Fleisch ist wohlschmeckend, namentlich die grosse Leber, wird aber bei uns kaum benutzt. 6* 84 Die preussischen Fische. Stachelflosser. K. 5. 16. Die kleine Grundel. Gobiiis miiiiif um I,. El. 6. R2. 10—12. Br. 17. B. 6. A. 10—11. S. 15. Der Körper ist ziemlich gestreckt, rundlich, auch im hinteren Theile wenig- zusammengedrückt. Der Kopf ist fast breiter als hoch, die Augen stehen dem Scheitel nahe. Die Färbung ist ein gelbliches Sandgrau mit unregelmässigen dunkleren Flecken an der Oberseite. In Lebensweise, Fig. 68. Kleine Grundel mit Ansicht von oben, Querschnitt, Ei und Schuppe, Yorkommen etc. dem vorigen sehr ähnlich, erreicht die kleine Grandel eine Grösse von 5 — 7 cm. Ihre Eier sind spindol- oder birnförmig. und werden einzeln an Wasserpflanzen, Muscheln etc. angeheftet. 17. Riitheiisparres Grnmlel. Gobins Riitheusparri Euphr. K. 5. Rl. 7. R2. 11. Br. 15—17. B. 6. A. 12. S. 15. Der vorigen sehr ähnlich, indessen durch die 7 Strahlen der ersten Fig. 69. Buthensparres Grandel mit Ansicht von oben, Querschnitt und Schuppe. Rückenflosse sicher zu unterscheiden. In Lebensweise, Fortpflanzung und Yorkommen den vorigen gleichend. Sie wird selten über 5 cm lang. Familie der Scheibenbäuche, Discoboli. Der Körper ist dick, keulenförmig, die Haut schuppenlos. Die Brustflossen sind sehr gross, in der Mittellinie fast zusammenhängend, die Bauchflossen zu einer runden Saugscheibe verschmolzen. Lump. 85 Gattung Cyclopterus L. Das Skelett ist nur wenig verknöchert, die Haut sehr* dick und stellenweise mit Knochenschüdern bedeckt. 2 Rückenflossen, von denen die eiste nur von Haut gebildet ist. Schwimmblase vorhanden. l.s. I>er 1 . 11 in i». l'ycloptei-us ltniijHis f.. Bauchsanger, Seehase, Seekaulbarsch. K. 4. R. 11. Br. 20. B. 6. A. 9. S. 10. Der Lump ist einer unserer auffallendsten Fische, sowol was die Körperform, als was die Färbung während der Laichzeit anbetrifft. Fig. 70. Lump mit Ansicht von unten und Querschnitt. Der Körper ist hoch und dick, siebenkantig-, am Bauch abgeflacht, der Kopf dick mit stumpfer Schnauze und breiter Stirn. Die Mund- 86 Die preussischen Fische. Weichflosser. spalte reicht bis unter das Auge. Lippen dick, fleischig. In beiden Kinn- laden mehrere Reihen Bürstenzähne, die Zunge ist kurz, stumpf und platt. Die Kiemenspalte steht nur von der Spitze des Deckels bis zur Höhe des Mundwinkels offen. Die Iris ist perlmutterglänzend, die röhren- förmigen Nasenöfmungen stehen nahe dem Mundrande. Der ganze Körper ist schuppenlos, von einer dicken, klebrigen, zahlreiche feine Knochen- körnchen enthaltenden Haut bekleidet. Auf dem Rücken steht eine, an jeder Seite drei Längsreihen stumpfkegeliger Knochenplatten. Die erste Rückenflosse besteht aus einer dicken Haut ohne Strahlen, die Brust- flossen sind breit, die Bauchflossen zu einer kreisförmigen Saugscheibe verwachsen, mit der sich das Thier so kräftig festsaugen kann, dass man bei dem Versuch, dasselbe aus einem mit "Wasser gefüllten Eimer herauszunehmen, an dessen Boden es angesogen ist, den ganzen Eimer mithebt. Die Oberseite ist schwärzlichgrau gefärbt, die Seiten gelblich- grau, der Bauch gelblichweiss. In der Laichzeit erscheint das Männchen lebhaft roth und blau gefärbt, mit orange Strahlen in After- und Brust- flossen. Das Skelett ist nur unvollkommen verknöchert. Der Darm ist vielfach gewunden, 6 — 10 mal länger als der Körper, mit zahl- reichen Pförtnerauhängen. Der Lump lebt am Grunde der See, schwimmt schlecht und unbeholfen und kommt im Mai und Juni in flaches "Wasser, um zu laichen. Das Männchen macht zwischen Steinen Gruben im Sande, in welche das "Weibchen laicht, worauf das Männchen die Eier und später die ausgeschlüpften Jungen bewacht, die sich an seinem Körper ansaugen. Die Zahl der Eier soll 2 — 400000 betragen. Der Lump wird bei uns, wo er verhältnissmässig selten vorkommt, ca. 20 — 30 cm lang, soll aber an der vorpommerschen Küste im Gewichte von 7 kg gefangen sein. Er ist ein arger Raubfisch, der namentlich kleinen Crustaceen, Muscheln und Fischlaich nachgeht. Das Fleisch wird bei uns nicht verwerthet. Ordnung der Weichflosser. Anacanthini. Alle Flossenstrahlen sind weich, meistens gegliedert und gegen die Spitze hin zertheilt. Die Bauchflossen sind kehl- oder brustständig. Die Schwimmblase ist, wenn vorhanden, ohne Luftgang. Familie der Schellfische, Gadoidei. Der Körper ist gestreckt, rundlich, mit grossem Kopf und weitem Munde , mit kleinen Rundschuppen bedeckt. 7 Kiemenhautstrahlen. Schwimmblase vorhanden. Gattung Gadus L. Drei Rückenflossen, zwei Afterflossen. Meerfische. Dorsch. 87 19. Der Morsch. CJadus morrluia L.. Dorsch, Dösch, Pomuchel, Pamuchel, Permochel, Pomochel. lit. : menke; kur. : menzas; kass.: pomuchel, pomuchla. K. 7. ßl. 10— 15. R 2. 16— 22. R 3. 18— 21. Br. 17— 20. B. 6. AI. 18—2::. A2. 17—19. S. 26. Der Dorsch ist nichts anderes, als die kleine, in der Ostsee allein vorkommende Varietät des Kabliau, von dem er von vielen Schriftstellern als eigene Art (Gr. callarias) unterschieden wurde. Der Körper ist lang- gestreckt, vorne rundlich, hinten mehr zusammengedrückt, der Kopf gross und dick mit etwas überstehendem Oberkiefer und einer Bartel am Kinn. Die Mundspalte reicht bis zum vorderen Augenrande, die Kiefer sind mit kleinen Bürstenzähnen besetzt, die oben in mehreren, unten in einer Reihe stehen. Die Augen sind sehr gross, die Iris gelblichweiss,! die Fig. 71/Der Dorsch mit Querschnitt, Schuppe und Schluudknochen. Nasenlöcher doppelt. Der Körper ist mit kleinen, weichen, ovalen Rund- schuppen bedeckt. Die Rückenflosse ist in drei, die Afterflosse in zwei Flossen getheilt, die Schwanzflosse kräftig, die kleinen Bauchflossen kehlständig. Der Körper ist oben auf röthlich grauem Grunde braun ge- fleckt, der Bauch weiss, ungefleckt, Brustflossen braungelblich, andere grau- fleckig. Die breite, oft gefleckte Seitenlinie macht an der Brustflosse einen flachen Bogen und liegt hinten viel tiefer als vorne. Die Schwimmblase 88 Die preussischen Fische. Weichflosser. ist gross, buchtig, an der untern Seite dickwandig, die obere Seite sehr dünn, mit den Kippen fest verwachsen, der Magen weit, mit zahlreichen Blinddärmen. Der Dorsch lebt in der Tiefe der See, ist äusserst gefrässig, folgt den Heringszügen und zieht zum Laichen in grossen Schaaren in die Nähe der Küsten. Er laicht im Januar bis März, der Laich schwimmt an der Oberfläche. Die Zahl der 1 mm grossen Eier beträgt mehrere Millionen. Er wird meistens nur 30 — 40 cm lang und 1 kg schwer, kann aber viel grösser werden. Er wird hauptsächlich an Grundangeln gefangen, bei uns meistens frisch, weniger in geräuchertem Zustande ver- wendet. Sein Fleisch ist im frischen Zustande sehr schätzbar, verdirbt aber ausserordentlich schnell. Yen den fortgeworfenen Köpfen und Eingeweiden könnte Thran und Guano gemacht werden. Die Leber soll in ganz frischem Zustande gekocht oder anderweitig zubereitet, äusserst wohlschmeckend sein. 30. Der Merlau. Gadus merlangus JL. "Wittling, Withing, Weissling. K. 7. Kl. 16. R2. 18. R3. 19. Br. 20. B. 6. AI. 30. A2. 20. S. 31. Der Körper ist gestreckt, rundlich. Der Kopf zugespitzt, gross, mit vorstehendem Oberkiefer, bis unter die Mitte des Auges reichendem Mund- Fig. 72. Der Merlan mit Querschnitt and Schuppe. spalt, mehreren Keinen kleiner kegelförmiger Zähne oben, von denen die vorderen am längsten sind, nur einer Reihe in der" unteren Kinnlade. Merlan. Quappe. 89 Keine Bartel. Augen gross mit silberfarbener Iris, Nasenlöcher doppelt, dem Auge nahe. Der ganze Körper ist mit kleinen, weichen, ovalen Rundschuppen bedeckt, am Rücken und Bauch gerundet. Die Oberseite ist l'öthlichgTau oder röthlichbraun, der Bauch weiss, die Flossen mit Ausnahme der schwärzlich angeflogenen Brust- und Schwanzflossen hell, am Anfange der Brustflosse oft ein schwarzer Fleck. Der Merlan findet sich in der Ostsee viel seltener als in der Nordsee, am meisten noch bei Heia. Er lebt in der Tiefe von Fischen, namentlich von Heringen und Sprotten, kleineren Crustaceen, Würmern u. dgl., und kommt in der Laichzeit vom December bis Februar bis auf eine halbe Seemeile an die Küste. Er erreicht eine Grösse von 30 — 40 cm, selten mehr, und wird namentlich mit Grundangeln gefangen, die in Ermangelung frischer Fische auch mit Salzheringen geködert sein können. Das Fleisch wird mehr geschätzt, als das der übrigen Schellfische. Gattung Lota Cuv. Zwei Rückenflossen, eine Afterflosse. 21. Die Quappe. Lota vulgaris Cuv. Quappe, Quabbe; altpr.: wilnis (wilms?). lit. : kupa, kwapa; kur. : kwape mas. kass. : nientusz. K. 7. Rl. 12—14. R2. 68—74. Br. 18—20. B. 5-6. A. 65—70. S. 36—40. Die Quappe ist der einzige Süsswasserbewohner unter den Schell- fischen. Der Körper ist gestreckt, 7mal länger als hoch, vorne rundlich, hinten zusammengedrückt, der Kopf massig gross, etwas niedergedrückt, mit gleich langen Kiefern, in denen zwei Reihen von kleinen Bürsten- zähnen stehen, während etwas stärkere am Pflugschaarbein sitzen. Der Mundspalt reicht bis unter den Yorderrand des Auges. Die Augen klein mit goldglänzender Iris. Die Nasenlöcher sind doppelt, klein, rundlich, das vordere, in der Mitte zwischen Augen und Mundrand gelegene, mit einer kleinen Bartel. Am Kinn eine Bartel, mitunter daneben noch eine kleinere. Die Afterflosse ist fast ebenso lang wie die zweite Rücken- flosse, von der gerundeten Schwanzflosse in gleicher Weise getrennt. Alle Flossenstrahlen sind sehr weich, mit fast häutigem Ende. Der Körper ist mit kleinen, ovalen, weichen Rundschuppen bedeckt, die auch den Scheitel und die Seiten des Kopfes, sowie den Grund der Flossen überziehen, sich nur mit den Rändern, oder gar nicht berühren, und tief in der sehr schleimigen Haut liegen. Die Seitenlinie liegt vorne dem Rücken näher als hinten und hört oft im letzten Drittel auf. Der Magen ist gross und weit mit vielen verzweigten Blinddärmen. Schwimmblase gross, lang, vorne tief 90 Die preussischen Fische. Weichflosser. eingebuchtet. Die Oberseite ist heller oder dunkler olivengrün gefärbt, braun und schwarz marmorirt, die Unterseite schmutzig weiss. Die Männchen sind an dem breiteren Kopf und Schwanz und dem weniger dicken Bauch von den Weibchen schon äusserlich leicht zu unterscheiden. Die Quappe wird gewöhnlich 30—50 cm gross und 1 kg schwer, doch sind auch Exemplare von 15 kg beobachtet. Sie liebt stärker strömende Gewässer, kommt aber auch in klaren tiefen Seen und den Haffen vor, hält sich am Grunde unter Steinen und in Löchern, ist äusserst gefrässig, lebt namentlich von kleinen Thieren, auch Fischen, ist dem Fischrogen sehr schädlich, namentlich in Forellenbächen, und frisst, selbst gefangen noch alle Mitgefangenen. Im December zieht sie in Schwärmen zum Laichen flussaufwärts und legt im December oder Januar etwa eine Million 1 mm grosser Eier ab. In grosser Masse wird sie dann namentlich in der Deime und den Ausflüssen des Memelstroms, besonders im Kuss- und Fig. 73. Die Quappe mit Querschnitt und Schuppe. Skirwiethstrom in eigenen Netzen, sogenannten Quappenwarten, gefangen und etwas weiter stromaufwärts an der russischen Grenze, wo sie an den Ufern zwischen Steinen laichen soll, durch kleine in das Eis gehauene Löcher mit Aalspeeren gestochen, während sie zu anderen Zeiten wegen ihrer versteckten Lebensweise nur sehr vereinzelt gefangen wird. Siebold macht in seinem klassischen Werke über die Süsswasserfische von Mittel- europa auf eine Notiz von Steinbuch*) aufmerksam, der einmal (in welchem Monat wird nicht gemeldet) beim Quappenstechen mit dem Zweizack zwei Quappen gleichzeitig durchbohrte, die durch ein häutiges, etwa fingerbreites, ringförmiges Band Kopf an Kopf, mit den Bauchflächen *) Analecten neuer Beobachtungen und Untersuchungen für die Naturkunde. Fürth 1802. Quappe. 91 einander zugekehrt,- fest zusammengehalten wurden. Nachdem er das in die weichen Körper der beiden Thiere tief einschneidende Band vor- sichtig abgestreift hatte, fielen die Fische von einander und er sah aus den Geschlechtsöffnungen beider einen milchigen Saft ausfliessen. Das Band selber erschien in Farbe, "Weichheit und Schlüpfrigkeit der Haut der Quappen ganz gleich, als ein in sich geschlossener King ohne Spur einer Nath, innen und aussen glatt, auch mit glatten, abgerundeten Beändern, und liess sich nicht ohne sehr merklichen Widerstand mit den Fingern zerreissen. Steinbuch glaubte in dieser eigenthümlichen Verbindung der Quappen eine Art von Begattung zu sehen, hat aber leider über etwaige Beife der Eier oder andere anatomische Details keine weiteren Beobachtungen angestellt. In Buss und Skirwieth, wo doch jährlich viele Tausende von Quappen kurz vor und gerade in der Laichzeit gefangen werden, wusste man mir von ähnliehen Beobachtungen Nichts zu berichten, ebenso wenig wie von einer, von anderer Seite behaupteten Verschlingung zahlreicher laichender Quappen zu grossen Knäueln, wozu sie übrigens bei ihrer Schlüpfrigkeit und Trägheit auch wenig geeignet erscheinen. Das Fleisch der Quappen wird bei uns, hauptsächlich wohl, weil sie nur während eines Monates, dann aber in grosser Masse und häufig genug in wenig einladendem Zustande auf den Markt kommen, gering geschätzt, ist aber im frischen Zustande keineswegs zu verachten. Nament- lich gilt die ausserordentlich grosse und fette Leber für einen Leckerbissen. Der Bogen soll, wie bei manchen anderen Fischen, purgirend wirken. Familie der Schollen, Pleuronectidi. Der Körper ist seitlich stark zusammengedrückt, sehr hoch, der Kopf unsymmetrisch, indem beide Augen auf derselben Seite liegen, die verschiedenartig gefärbt ist, während die augenlose Seite weiss erscheint. Beim Verlassen des Eies unterscheiden sich die Schollen noch in keiner Weise von anderen jungen Fischen, namentlich ist der Kopf vollkommen symmetrisch, auch schwimmen sie ganz wie die anderen Fische. Erst wenn der Körper eine Länge von 1 — V/a cm erreicht und die eigenthümliche Plattfischform schon angenommen hat, findet eine Drehung des Schädels um seine Längsaxe statt, die man ähnlich wie in den umstehenden schematischen Figuren Schritt für Schritt verfolgen kann. So wandert das Auge allniälig über den Scheitel nach der anderen Seite herüber. Besonders auffallend ist diese Wanderung bei denjenigen Arten, deren Kückenflosse schon vor dem Auge auf der Schnauze beginnt, indem bei ihnen das wandernde Auge unter der Rückenflosse und durch 92 Die preussischen Fische. Weichflosser. die "Weichtheile hindurch wandern muss, so dass es zeitweise an beiden Seiten unter der Bückenflosse hervorsieht und das Thier auf den ersten Blick drei äugig erscheint. (Fig. 74. 3.) Nach Beendigung dieser Kopfdrehung zeigt sich die Augenseite des Körpers gewölbt, die augenlose fast flach. Rücken- und Afterflosse sind sehr lang und nehmen fast die ganze Rücken- 1. Fig. 74. Schematische Darstellung der Wanderung des Auges bei den Schollen.] und Bauchkante ein. Die Schwimmblase fehlt. Die Schollen leben gesellig in kleineren oder grösseren Heerden am Boden des Meeres, wo sie, auf der augenlosen Seite liegend, sich durch eine eigenthümliche Bewegung der Flossen mit Sand oder Schlamm überschütten, so dass. nur die sehr frei beweglichen Augen hervorragen. Gewöhnlich gleiten sie beim Schwim- men nur dicht am Boden hin, können sich aber auch leicht auf die Schollen. Steinbutte. 93 Bauchkante stellen und mit grossei Schnelligkeit das Wasser durch- schneiden. Nachdem sie die beabsichtigte Strecke zurückgelegt haben, gleiten sie auf der Seite in schräger Richtung, wie auf einer schiefen Ebene, auf den Boden nieder, um sich sogleich wieder mit Sand zu be- Fig. 75. Schwimmende und ruhende Schollen. schütten. Ganz besonders ist bei ihnen die Fähigkeit entwickelt, ihre Färbung derjenigen des Grundes anzupassen, selbst wenn sie schnell nach einander auf Sand von sehr verschiedener Farbe gebracht werden. Sie sind Raubfische, die während des Winters in grösseren Tiefen leben, im ersten Frühjahr zum Laichen an die Ufer kommen und sich den Sommer hindurch in flacherem Wasser aufhalten. Gattung Rhombus L. Die Augen stehen auf der linken Seite. Auf Kiefern und Pflug- schaarbein schmale Binden atoii Hechelzähnen, die beiderseits gleich lang sind. 7 Kiemenhautstrahlen. Der Körper ist fast ebenso hoch als lang. Die Rückenflosse beginnt vor dem Auge auf der Schnauze und geht, ebenso wie die Afterflosse, nicht in die Schwanzflosse über, ihre Strahlen sind grösstentheils verzweigt. 22. Die Steinbutte. Rhombus maxiiuus I,. Steenbott; lit: atis; kur.: ate; kass.: skarp, stenbuta. K. 7. R. 64—67. Br. 10—12. B. 6. A. 46—48. S. 15. Der Körper ist von rhombischer Gestalt, hoch und kurz, der Kopf breit, mit grosser, bis hinter die Augen reichender, schiefer Mundspalte. 94 Die preussischen Fische. "Weichflosser. Die Augen sind gross mit goldbrauner Iris und stehen, durch eine Scheitel- leiste getrennt, nahe bei einander auf der linken Seite. Die Augenseite ist mit zahlreichen rundlichen, schüdbuckelähnlichen Knochenhöckern WfMESM f.> ^^» Fig. 76. Die Steinbutte mit Querschnitt und Knochenschild. bedeckt, die jedoch die Seitenlinie frei lassen. Auf dem Kopfe befinden sich kleinere Höckerchen in mehrfachen Reihen. Schuppen fehlen der Steinbutte gänzlich. Die Seitenlinie umgeht im weiten Bogen die Brust- flosse. Die Rückenflosse beginnt auf der Schnauze vor dem Auge und Steinbutte. Kliesche. 95 reicht bis zur Schwanzwurzel, ebenso die unter dem hintersten Theile des Kiemendeckels beginnende Afterflosse. Die Bauchflossen sind kehl- st ändig, im Bau der Afterflosse sehr ähnlich, die Schwanzflosse ist ab- gerundet. Die Färbung der Augenseite ist bei verschiedenen Exem- plaren sehr wechselnd, bald ist sie lichtgelb oder graubraun, bald tief schwarzbraun, mitunter unregelmässig heller oder dunkler mar- morirt. Die Flossen sind meistens heller als der Körper, oft mit unregel- mässigen, dunkleren Flecken. Die Unterseite ist gelblich- oder bläulich- Aveiss. Die Steinbutte erreicht in der Ostsee nur selten eine Länge von 40 cm und ein Gewicht von 3 — 4 kg, während sie in der Nordsee sehr viel grösser wird. Sie frisst Krabben, kleinere Fische, namentlich Heringe, Hornhechte, Sandaale, hält sich gerne in der Nähe der Flussmündungen auf und geht auch wol in diese, wie in die Haffe hinein. Die Laichzeit fallt in das Frühjahr, die Eier sind klein und in der Zahl von mehreren Millionen vorhanden. Ihr Fleisch wird sehr geschätzt, man fängt sie hauptsächlich in den Sommer- und Herbstmonaten im flachen Wasser mit der Zeese, im tieferen an Dorschangeln, doch ist sie hinsichtlich des Köders sehr wählerisch und nimmt nur frische Fische, namentlich Sand- aale und Neunaugen oder Krabben an. Gattung Pleuronectes L. Die Augen stehen auf der rechten, nur ausnahmsweise auf der linken Seite. Die kleinen, kegelförmigen oder schneidenden Zähne stehen in 1 oder 2 Reihen und sind auf der augenlosen Seite stärker. In der Kiemenhaut finden sich 6 Strahlen. Die Rückenflosse beginnt über dem Auge, ihre Strahlen, sowie die der Afterflosse, sind ungetheilt. 38. Die Kliesche. Plenronectes liiuanda L. K. 6. R. 76. Br. 11. B. 6. A. 1/59. S. 14. Der Körper ist massig gestreckt, der schiefe Mundspalt reicht nur bis unter den vorderen Augenrand. Die Augen stehen auf der rechten Seite, die Iris ist goldbraun. Zwischen den Augen eine schwache Leiste. Der Körper ist beiderseits mit kleinen, sich deckenden rauhen Kamm- schuppen bedeckt. Die Seitenlinie umgeht die Brustflosse im weiten Bogen. Rücken- und Afterflosse reichen bis zur Schwanzwurzel, ihre Strahlen sind ungetheilt. Am vorderen Rande der Afterflosse steht ein Stachelstrahl. Die Färbung der Augenseite ist ein helleres oder dunk- leres Braun, oft mit noch dunkleren Flecken, die Flossen sind etwas heller gefärbt, die augenlose Seite ist weiss. Die Kliesche erreicht eine Grösse von 20 — 30 cm, lebt wie die übrigen Schollen und ist an unseren 96 Die preussischen Fische. "Weichflosser. Küsten selten. Sie wird gelegentlich mit der Zeese gefangen. Ihr Fleisch ist feiner als das unserer anderen Plattfische, doch wird sie von den Fig. 77. Die Kliesche mit Querschnitt und Schuppe. Fischern ihres seltenen Vortommens wegen kaum von den Flundern unterschieden. -i l. Die Scholle. Pletironectes platessa I,. Platteis, Scholliken, Glattbutte, Goldbutte. K. 6. R. 73. Br. 11. B. 6. A. 1/55. S. 16. Der Körper ist etwas weniger gestreckt als bei der Kliesche, die Schnauze gegen die Rückenkante scharf abgesetzt, der kleine Mundspalt reicht kaum bis zum vorderen Augenrande. Die Augen stehen auf der rechten Seite, an die sie trennende Scheitelleiste schliessen sich hinten 2 — 7, meistens 6 Knochenhöcker an, die bis zum Hinterrande des Kiemen- deckels reichen. Beide Seiten sind mit weichen, glatten Rundschuppen bedeckt, die sich nur mit den Rändern oder gar nicht berühren und in Scholle. 97 Ilachen Grübchen liegen. Die Seitenlinie umgebt die Brustflosse in einem sehr flachen Bogen. Die Körperoberfläche ist glatt, nur an der Seiten- linie finden sich einige kleine Körnchen. Kücken- und Afterflosse, beide mit ungetheilten Strahlen, reichen bis zur Schwanz wurzel. Der erste Strahl der Afterflosse ist ein harter Dorn. Die Augen seite ist lichter oder dunkler braun gefärbt, und — , ebenso wie die etwas helleren Flossen, mit einigen brandgelben oder hochrothen, rundlichen Flecken gezeichnet, -o- ,1 Mßi Fig. 78. Die Scholle mit Querschnitt, Schuppe und Schlundknochen. die augenlose Seite weiss. Die Scholle ist an unserer Küste meistens nur 30 cm gross, erreicht aber mitunter fast die doppelte Grösse. In ihrer Lebensweise gleicht sie den anderen Plattfischen, kommt im Früh- jahr zum Laichen auf steinige oder pflanz enreiche flache Stellen und geht 7 98 Die preussischen Fische. Weichflosser. häufig in die Flussmündungen. Sie wird wie die Flunder meistens mit der Zeese gefangen, namentlich von August bis October. 25. Die Flunder. Pleuronectes flesns L,. Fluider, Flinger; lit., kur.: plekszte; kass.: starniew, starnewka. K. 6. K. 55—57. Br. 10—11. B. 6. A. 1/38—42. S. 14—18. Körperbau und Flossen ähneln ausserordentlich denen der Scholle. Die Augen stehen auf der rechten, ausnahmsweise auf der linken Seite. Beide Seiten sind mit spärlichen, tiefliegenden, kleinen Kundschuppen be- u'.i-i- rui- Fig. 79. Die Flunder mit Querschnitt, Schuppe und Dornwarze. deckt. Von der Scholle ist die Flunder bei der Berührung sofort durch ihre rauhe Oberfläche zu unterscheiden. An der Basis jedes Strahles Flunder. Sandaal. 99 der Bücken- und Afterflosse steht ein vielspitziges Knochenhöckerehen, ähn- liche von geringerer Grösse fassen die. ebenso wie bei der Scholle ver- laufende Seitenlinie ein, und noch kleinere sind in sehr verschiedener Menge über den grössten Theil der Oberfläche der Augenseite verstreut, auch die weis» veite erscheint rauh. Die Färbung ist eine braungelbe von wechselnder Tiefe mit noch dunkleren Flecken, die sich auch auf die etwas helleren Flossen erstrecken. Die augenlose Seite zeigt auf gelblich- weissem Grunde kleine schwarze Pünktchen. Die Flunder erreicht bei uns gewöhnlich eine Grösse von 20 — 30 cm. lebt wie die anderen Schollen und verzehrt namentlich viel Muscheln, deren Schalen oft ihren ganzen Darm erfüllen. Sie ist in der östlichen Ostsee viel häufiger als die Scholle, steisrt in die Flüsse weit auf und lässt sich vortheilhaft in Süsswasserteichen mit genügender Nahrungsmenge halten, wo sie sich auch fortpflanzen soll. Sie wird hauptsächlich im August bis October mit der Zeese und dem Flundernetz gefangen und zum grössten Theil ge- räuchert. Die linksäugige. nicht gerade seltene Varietät der Flunder, die Theerbutte (PI. passer;, betrachtete man früher als besondere Art. Grosse Massen ganz junger Flundern von der Grösse eines Zweimarkstückes werden leider beim Krabbenfischen und in den Haffen mit dem Keitel . : ,ngen und meistens als Köder oder Schweinefutter verbraucht, obwohl sie so zählebig sind, dass sie selbst nach langem Aufenthalt im Keitel in Freiheit gesetzt, sofort davon schwimmen. Familie der Sandaale, Ammodytidi. Die Sandaale sind langgestreckte Fische mit rundlichem, seitlich nur wenig zusammengedrücktem Körper, spitzem Kopf, sehr langer Kückenflosse. Die Bauchflossen fehlen, ebenso die Schwimmblase. Gattung Ammodytes L. Der spitze Unterkiefer ragt über die obere Kinnlade weit vor. beide sind zahnlos. 7 Kiemenhautstrahlen. Die mit zarten und kleinen, tief- liegenden Schuppen bedeckte Haut zeigt am Bauch eine grosse Anzahl schräger Felder. Die Sandaale leben nahe dem TTfer von kleinen TVür- mern. Krustenthieren etc. und graben sich gerne und schnell in den Sand ein. 26. Der Sandaal. Aniniodytes lanceolatns Sauv. Tobies. Tobieschen. Suter. Sutter. Seepeitzker: lit. kur. : tubis. K. 7. E. 58—60. Br. 13. A. 25. S. 15. Der Körper ist aalartig. schlank, der Kopf stark zugespitzt Der ischenkiefer ist wenig vorstreckbar, an der Spitze des Pflugschaar- 100 Die preu.ssisch.en Fische. Weichflosser. beins stehen 2 spitze Zähne. Die Länge des Unterkiefers ist bedeutend grösser als die Körperhöhe. Das Auge ist klein mit silberglänzender Iris, die doppelten Nasenlöcher liegen in der Mitte zwischen Auge und Lippen- rand. Die Strahlen der langen Rückenflosse und der Afterflosse sind einfach, die der Brust- und der tief ausgeschnittenen Schwanzflosse ge- theilt. Die Rückenflosse beginnt über oder hinter dem Ende der Brust- flosse. Der Rücken ist bräunlich grau gefärbt, die Seiten und der Bauch silberfarben, an den Seiten etwa 170 Felder. Der Sandaal erreicht eine ..../MffiM?;.... Fig. 80. Der Sandaal mit Querschnitt, Schuppe und Kopf. . Länge von 30 cm, laicht im Mai an der Küste und kommt in der Zeit vom Juli bis September schaarenweis an die Ufer. Sein Fleisch wird an manchen Orten sehr geschätzt, bei uns aber gewöhnlich nur als Angel- köder benutzt. Er wird mit einem besondern Zugnetz, dem Tobieschen- garn, in Menge gefangen. 27. Der Tobiasfisch. Aiiiiuodytes tobianus Sauv. Tobies, Tobieschen, Suter, Sutter; lit, kur.: tubis. K. 7. R. 56—58. Br. 15. A. 28. S. 15—17. Der Tobiasfisch ist dem Sandaal sehr ähnlich, kommt meistens in Ge- sellschaft desselben vor und wird von unseren Fischern nicht unterschieden, doch ist er an folgenden Merkmalen sehr leicht erkennbar. Der Zwischen- kiefer stülpt sich bei der Oeffnung des Maules aussordentlich weit vor, am vorderen Ende des Pflugschaarbeins steht an Stelle der 2 Zähne des Sandaales ein weicher Höcker. Die Länge des Unterkiefers ist geringer als die Körperhöhe. Die Rückenflosse beginnt schon über dem ersten Drittheil der Brustflosse. In der Bauchhaut bemerkt man nur circa Tobiasfisch. Hornhecht. 101 130 Seitenfelder. Er erreicht nur eine Länge von 15 — 18 cm, während er in der Lebensweise dem vorigen gleicht. Fig. 81. Der Tobiasfisch mit Querschnitt, Schuppe uud Kopf. Die Köpfe beider Fische sind in den Nebenfiguren dargestellt, wie sie bei gewaltsamer Oeffnung des Mundes durch Niederdrücken des Unterkiefers erscheinen. Familie der Makrelenhechte, Sconiberesocidi, Die unteren Schlundknochen zu einem Stücke verschmolzen. Körper mit Kundschuppen bedeckt. Schwimmblase ohne Luftgang. Gattung Belone Cuv. Beide Kinnladen sind schnabelartig verlängert, mit einfacher Reihe längerer Zähne. Der Körper ist lang gestreckt, wenig zusammengedrückt. 28. Der Hornhecht. Belone rostrata Fleni. GrÜDknochen, Hornfisch, Schneffel, Windfisch, Nadelfisch, Windsutter. lit, kur.: wejzuwis; kass. : piskorz. (?) K. 14. R. 17—20. Br. 13. B. 6—7. A. 21—23. S. 15—23. Der Körper ist lang gestreckt, 15mal länger als hoch, die Seiten etwas eingedrückt, Der Kopf spitzt sich allmälig zu einem langen und dünnen Schnabel zu, der etwa */5 der Körperlänge misst. Der Unter- kiefer ist ein wenig länger als die obere Kinnlade, in jeder steht eine Reihe kegelförmiger Zähne. Die Rückenflosse steht weit hinten und ist vorne beträchtlich höher als im hinteren Theile, die Afterflosse gerade unter der Rückenflosse, auch die Bauchflossen sind weit nach hinten gerückt. Der Körper ist mit kleinen, leicht abfallenden, zarten Rund- schuppen bedeckt. Die Seitenlinie liegt, abweichend von der anderer Fische der Bauchkante sehr viel näher als der Rückenkante. Sie beginnt am unteren Theile des Kiemendeckels und endigt im unteren Theile der 102 Die preussischen Fische. "Weichflosser. Schwimmbläser. Schwanz wurzel, ihre Schappen sind von den übrigen abweichend ge- formt. Der Mundspalt reicht bis zu dem grossen Auge, dessen Iris silberfarben ist. Die runden Nasenlöcher liegen dicht vor den Augen. Die Färbung des Kopfes und Rückens ist schwärzlichgrün, der Ober- schnabel oft ganz schwarz, die Seiten sind im oberen Theile hellgrün, unten, wie der Bauch silberglänzend, auch "Wangen und Kiemendeckel sind silberfarben. Die Flossen sind hell graugrün, mitunter mit dunklerem Saum. Der Darm ist kurz, die Schwimmblase lang. Gräthen hellgrün. Fig. 82. Der Hornhecht mit Querschnitt, Schuppe, Seitenlinien-Schuppe und den verschmolzenen unteren Schlundknochen. Der Hornhecht bewohnt unsere Ostseeküsten nur in geringer An- zahl, nach Westen hin wird er häufiger. Er lebt von kleinen Fischen und soll namentlich die Seestichlinge verfolgen. Er schwimmt, sich stark schlängelnd, springt häufig aus dem Wasser auf und nähert sich im Frühjahre, um zu laichen, in Schaaren den Ufern, kommt auch gelegent- lich in die Haffe. Er wird hier meistens nur 50 — 60 cm lang, kann aber viel grösser werden. Bei uns wird er nur gelegentlich gefangen und wenig verwerthet. Hin und wieder wird er geräuchert oder gekocht genossen, und das Fleisch soll weiss und schmackhaft sein. Wels. 103 Ordnung der Schwimmbläser. Physostomi. Alle Flossenstrahlen mit Ausnahme des ersten in der Brust- und Bauchflosse und einer verschiedenen, meist geringen Zahl am vorderen Ende der Kücken- und Afterflosse stehender, sind weich, gegliedert und gegen die Spitze hin zertheilt. Die Bauchflossen sind bauchständig, nur selten fehlend. Die Schwimmblase ist vorhanden und mit der Speise- röhre oder dem Magen durch einen Luftgang verbunden. Familie der Welse, Siluroidei. Die Haut ist schuppenlos, der erste Brustflossenstrahl ein starker Knochen. Um den Mund stehen Barteln in verschiedener Anzahl und Länge. Gattung Silurus L. Im Munde stehen nur Hechelzähne in mehrfachen Keihen. Die Rückenflosse ist sehr kurz, die Afterflosse sehr lang. Die Schwimmblase dick und gross, durch eine Längsscheidewand in eine rechte und linke Hälfte getheilt, mit den Wirbeln und ihren Fortsätzen fest verwachsen. 39. Der Wels. Silurus glanis L. Welz, Wölz; altpr.: kalis; lit. : szamas; kur. : szams; mas. kass.: szum. K. 16. R 1/4. Br. 1/14—17. B. 11—13. A. 90—92. S. 17—19. Der Körper ist von kaulquappenähnlicher Gestalt, vorne rund, hinten seitlich zusammengedrückt, der Kopf breit, plattgedrückt und vorne abgerundet, mit weitem Maule, das nur mit vielen Beihen von Hechel- zähnen bewaffnet ist. Am Oberkiefer stehen 2 lange Barteln, die zurückge- legt bis an die Spitze der Brustflossen reichen, am Unterkiefer 4 kürzere. Die Augen sind unverhältnissmässig klein mit gelblicher Iris, vor und zwischen ihnen liegen die hinteren Nasenöffnungen, während che vorderen, röhrenförmig verlängerten, nahe dem Rande der dickfleischigen Oberlippe stehen. Der Unterkiefer ragt etwas vor, die kurze, dicke, dreieckige Zunge ist unbezahnt, die Kiemenspalte sehr weit. Die kurze, aber ziem- lich hohe Rückenflosse steht gerade in der Mitte zwischen Brust- und Bauchflosse, letztere reicht, zurückgelegt, bis zum Vorderrande der sehr langen, aber nicht in die kleine gerundete Schwanzflosse übergehenden Afterflosse. Dicht hinter und über der Wurzel der Brustflosse befindet sich eine enge Oeffnung, durch die man in einen innerhalb der Brust- muskeln gelegenen Hohlraum gelangt. Hinter dem After liegt eine grosse Greschlechtswarze. Die Seitenlinie ist dem Rücken viel näher als dem Bauche und wird durch eine Reihe feiner Kanäle gebildet. Die Haut ist ganz unbeschuppt, ziemlich schlüpfrig, der Oberkörper dunkel olivengrün 104 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. oder schwärzlich, mit hellerer Marmorirung, der Bauch weisslich. Der Wels ist ein Kaubfisch, der meistens am Grunde der Gewässer lebt, wo er träge unter Ufervorsprüngen, versunkenen Kähnen u. dergl. auf Beute lauert. Bei Gewitter bewegt er sich lebhafter und in der in den Mai und Juni fallenden Laichzeit sollen die "Welse sich paarweise dem Ufer nähern um an Wasserpflanzen zu laichen. Die Zahl der Eier wird von Bloch auf nur 17 000 angegeben, während ich bei einem ca. 4 Pfund schweren, Fig. 83. Der Wels mit Querschnitt. also kleinen Thiere, über 60000 fand. Sie haben eine Grösse von fast 3 mm, sind leicht gelblich, und die Jungen sollen in 8 — 14 Tagen aus- schlüpfen. Der Wels ist unser grösster Süsswasserfisch, da er nicht selten 2 bis 3 m lang oder selbst noch grösser wird. Yon einem über 4 m langen, im Spirdingsee gefangenen, berichtet Schumann (Pr. Provinzialbl. 1864. p. 458). Im Alter soll er mehr an Dicke als an Länge zu- nehmen und oft so dick werden, dass er von 2 Männern nicht umspannt werden kann. Natürlich sind so grosse Exemplare selten und sollen selbst grosse Thiere, wie Gänse und Hunde verschlingen, ja nach Menschen und Pferden schnappen. Auch kleinere Exemplare sind arge Räuber und können bei der Weite ihres Maules Fische von beträchtlicher Grösse verschlingen. Obwohl junge Welse von 20 cm Länge im AVels. Karpfen. 105 frischen Haff sehr zahlreich vorkommen, findet man solche von mehr als 1 in Länge dort selten, und es kommen an Orten wo öfter grosse Welse gefangen werden, so namentlich in den grösseren Seen, kleine Welse fast gar nicht zur Beobachtung. Bei seiner versteckten Lebens- weise wird der Wels nur gelegentlich an grossen Angeln oder in Netzen gefangen. Sein Fleisch wird bei uns wenig geschätzt. Die dicke Schwimmblase liefert einen der Hausenblase ähnlichen Leim. Der Wels liisst sich auch ausserhalb des Wassers längere Zeit lebend erhalten und daher leicht aus einem Gewässer in andere übertragen. Familie der Karpfen, Oyprinoidei. Die karpfenartigen Fische, zu denen nicht nur in unseren Gegenden, sondern fast überall die Mehrzahl der Süsswasserfische gehört, sind meistens hoch und schmal gebaute, wenig gestreckte Fische mit engem, häufig von Barteln umgebenem, gewöhnlich dicklippigem Munde, in dem alle Knochen mit Ausnahme der unteren Schlundknochen zahnlos sind. Die Schlundzähne sind wenig zahlreich, in 1 bis 3 Reihen stehend, flach und breit. Sie werden jährlich in der Laichzeit abgeworfen und durch neue ersetzt, sie geben das beste Unterscheidungsmerkmal für die Gattungen. Es besitzen Einreihige Schlundzähne: Carassius 4. — 4. x . ( 5. — 5. Tinea 5.-4. (5.-5.) LeUC1SCUS \ 6.-5. Rhodeus ) _ ~, , ( 6. — 6. . > 5. — 5. Chondrostoma { „ Abramis j ) L — 7. Zweireihige: Phoxinus l ' ' .' ' Alburnus 5.-4. 2. \ 2. 5.-4. 2. Pelecus K _ _ Gobio ( 2. 5.-5. 2. k 2. 5. — 5. 2. Squaliusj Blicca \ 3. 5. — 5. 3. Aspius Idus Scardinius Dreireihige: Cyprinus 1. 1. 3. — 3. 1. 1. Barbus 2. 3. 5.-5. 3. 2. Bei Leucaspius variirt die Zahl und Stellung der Schlundzähne sehr bedeutend, sie sind bald in einer, bald in zwei Reihen angeordnet, so dass sich eine feste Formel nicht aufstellen lässt. 106 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. Die Zunge ist mehr oder weniger fleischig und zahnlos, die Kiemen bis zur Kehle gespalten, die Kiemenhaut von 3 — 5 flachen Strahlen ge- stützt. Mit Ausnahme des nackten Kopfes ist der ganze Körper meistens mit grossen Rundschuppen bedeckt, die ausser der concentrischen auch eine radiäre Streifung zeigen. In der Laichzeit ist der Körper der Männ- chen, namentlich am Kopf, mit einem warzigen Hautausschlage bedeckt. Die Schwimmblase ist durch eine Einschnürung in eine kleine vordere und grosse hintere Abtheilung getheilt, welche letztere durch einen Luft- gang mit dem Schlünde in Verbindung steht. Der Magen besitzt keine Pförtneranhänge. Die Karpfen sind gesellige, zählebige Friedfische, die von Yegetabilien, Würmern und Insecten leben, sich meist in stehenden oder ruhig fliessenden Gewässern mit Schlammgrund aufhalten und im flachen Wasser in Schaaren an Steinen oder Wasserpflanzen laichen. Sie sind sehr fruchtbar, genügsam, zur Zucht geeignet. Das Fleisch ist zwar ziemlich reich an Gräthen, von vielen Arten aber sehr geschätzt. Bei ihrer Neigung, in grossen Schwärmen vereinigt zu laichen, ge- sellen sich mitunter kleine Haufen verschiedener Arten zusammen, so dass Bastardbildungen gerade unter den karpfenartigen Fischen häufig vorkommen. Gattung Cyprinus L. Der Mund ist von 4 Barteln umgeben, die Schlundzähne stehen in 3 Keinen. SO. Der Karpfen. Cyprinus carpio L. Karp, Karpe, Karpf, Karpfe, Karpfen. altpr. : sarote; lit,, kur.: karpa; mas., kass. : karp, karpie. K. 3. R. 3—4/17—22. Br. 1/15—16. B. 2/8—9. A. 3/5. S. 17—19. Seh. 5—6/35—39/5—6. Schldz. 1. 1. 3—3. 1. 1. Der Körper ist nur massig zusammengedrückt, 3mal länger als hoch, 2mal höher als breit, variirt aber in der Form an verschiedenen Orten und je nach den Nahrungsverhältnissen ausserordentlich. Der Kopf ist gross mit stumpfer Schnauze, grossem, endständigem Munde, der bis unter die vordere Nasenöffnung reicht, und von dicken, fleischigen Lippen eingefasst ist. Die wulstige, muskel- und nervenreiche Gaumenhaut (sogenannte Karpfenzunge) wird von Feinschmeckern besonders geschätzt. Hinter ihr liegt den Schlundzähnen gegenüber der Schädelbasis eine derbe, hornige Platte, der sogenannte Karpfenstein, an, welcher früher in derMedicin viel angewandt wurde. Am Oberkiefer sitzt jederseits eine kleine, am Mundwinkel eine grössere Bartel. Die beiden Nasenöffnungen sind durch eine aufstehende Hautfalte getrennt, die hintere hegt dem goldbraunen Karpfen. 107 Auge sehr nahe. Die Krone der Schlundzänne ist ursprünglich rundlich, mit der Zeit wird sie, ausser bei den vordersten, abgeschliffen, mehrfach gefurcht und vom Gebrauch schwarzbraun gefärbt. Fig. 84. Der Karpfen mit Querschnitt, Schlundzähnen, Schuppe, Karpfenstein, gezähntem Flossenstrahl und Spiegelkarpfen. Die Kückenflossse ist lang, ihr dritter Knochenstrahl, sowie der dritte der kurzen Afterflosse am hinteren Kande stark gezähnt. Die Schwanzflosse ist gleichlappig , tief ausgeschnitten , mit abgerundeten Spitzen. Der Körper ist mit grossen starken Kundschuppen gleichmässig bedeckt (Edelkarpfe). Neuerdings wurden auch bei uns zwei in Böhmen viel gezüchtete Varietäten, der Spiegel- und Lederkarpfen, eingeführt. 108 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. Ersterer hat gewöhnlich jederseits nur eine Reihe sehr grosser Schuppen vom Kiemendeckelrande bis zum Schwanz, während letzterer eine ganz nackte Haut besitzt oder nur hin und wieder, namentlich in der Gegend der Seitenlinie, am Schwanz oder in der Nähe der Flossen einige kleine Schuppen trägt, Beide Varietäten, namentlich die erstere, kommen mit- unter auch in gewöhnlichen Karpfenzuchten vereinzelt vor. Die Seiten- linie verläuft fast gerade, Kopfporen sind namentlich auf den Unter- augenknochen und dem Yordeckel zu bemerken. Die Färbung der Karpfen ist sehr verschieden, die Oberseite pflegt schwärzlichblau, schwärzlichgrün oder schwärzlichbraun zu sein , die Seiten zeigen eine messing- oder ledergelbe Farbe, der Bauch und die Lippen sind gelblich. Die Rückenflosse ist schwärzlichgrau, die übrigen Flossen röthlich oder gelblich, oder ins Violette spielend. In der Laichzeit be- decken sich Scheitel, Wangen, Kiemendeckel, die Seiten des Körpers und die Strahlen der Brustflossen bei den Männchen mit weissen, un- regelmässig zerstreuten Hautwarzen, die nach dem Laichen wieder ver- schwinden. Ursprünglich im Schwarzen und Kaspischen Meere und deren Zuflüssen heimisch, ist der Karpfen schon durch die Römer in Südeuropa verbreitet und allmälig weiter nach Norden vorgedrungen. Obwol er bei uns auch in Flüssen und Seen vorkommt und zu bedeutender Grösse heranwächst, scheint er sich hier doch nur als Hausthier bei gehöriger Pflege regelrecht zu vermehren. Er liebt Teiche mit fettem Lehm oder Schlammgrund und flachem, leicht zu erwärmendem Wasser, nährt sich von kleinen Wasserthieren, nimmt jedoch auch gerne Brod, Kleien, gekochte Kartoffeln, verrotteten Mist und dergleichen, und verzehrt die an der Oberfläche aufgenommene Nahrung unter lautem Schmatzen. Er laicht in der Zeit vom Mai bis August, indem ei- serne 3 — 700 000 Eier in Pausen von mehreren Tagen oder selbst Wochen an flachen Uferstellen an Grashalme, Wasserpflanzen etc. ab- setzt. Die Eier haben eine Grösse von 1,3 mm, sind leicht gelblich gefärbt, und die Jungen schlüpfen in ca. 8 Tagen aus. Schon im dritten Jahre ist der Karpfen fortpflanzungsfähig, producirt aber erst im fünften ca. 300 000 Eier, später mehr, im höheren Alter weniger oder gar keine. Nicht selten findet man unter den Karpfen unfruchtbare Exemplare, deren Geschlechtsorgane sehr wenig entwickelt sind und die sich durch einen kürzeren Körper, dickeren Kopf und fleischigeren Rücken aus- zeichnen, in der Aftergegend aber auffallend dünn erscheinen. Dieselben werden als „güste Karpfen" für besonders wohlschmeckend gehalten, und in England versuchte man im Anfange des 18. Jahrhunderts durch Castration ähnlich fleischige Karpfen zu erzielen, doch scheint diese Opera- Karpfen. Karausche. 109 tion, obgleich leicht und ungefährlich, wieder aufgegeben zu sein. Der Karpfen kann eine Länge von 1V2 Meter und ein Gewicht von 20 kg und mehr erreichen, wird aber im Gewicht von 1 bis 3 kg am Yortheil- haftesten verwerthet. In Teichen mit tiefem Modergrunde nimmt er leicht einen modrigen Geschmack an, den man jedoch, indem man ihn mehrere Tage in reinem, namentlich messendem Wasser hält, vollkommen besei- tigen kann. Im Winter wühlen sich die Karpfen gesellig theilweise in den Schlamm des Grundes ein und halten dort eine Art von Winter- schlaf, in dem sie bis zum Frühjahr nur sehr wenig an Gewicht ver- lieren. In Flüssen und Seen wird der Karpfen nur gelegentlich in Netzen oder Keusen, oder an der Angel gefangen, indem er gewöhnlich unter den Netzen hindurchkriecht oder darüber fortspringt, in Teichwirt- schaften fängt man ihn nur bei dem im Frühjahr oder Spätherbst vor- genommenen Ablassen der Teiche. Der Karauschkarpfen, Carpio Collarii Heck, der nicht selten in Karpfenteichen, mitunter aber auch in der Freiheit vorkommt, ist ein Bastard von Karpfen und Karausche, variirt iu der Form zwischen beiden Eltern, ist im Allgemeinen viel höher und dünner als der Karpfen, wächst langsamer, hat kürzere und dünnere Barteln, die auch fehlen können, und dünnere Lippen. Seine Schlundzähne sind gewöhnlich 1.4.— 4.1., doch kommen mancherlei Variationen vor. Ueber seine Fortpflanzungsfähigkeit ist nichts bekannt. Bei der bedeutend geringeren Qualität dieses Fisches darf die Anwesenheit von Karauschen in Karpfenstreichteichen durchaus nicht geduldet werden. Gattung Carassius Nilss. Keine Barteln am Munde. Die Schlundzähne sind einreihig, 4.-4. 81. Die Karausche. Carassius vulgaris Nilss. Karas, Karus, Krus, Karausse, Karusche, Karutze. lit. : karosas; kur.: karuschis; mas., kass.: karrasch. K. 3. E. 3/14—21. Br. 1/12—13. B. 2/7—8. A. 3/5—6. S. 19—20. Seh. 7—8/31—35/5—6. Schldz. 4.-4. Der Körper ist sehr hoch, seitlich stark zusammengedrückt, variirt aber in der Form sehr bedeutend. Man hat früher die besonders hochrückige Varietät, die mitunter nur 2mal länger als hoch ist, und sich namentlich in Seen findet, von der niedrigeren, in Teichen lebenden Form als eigene Art unterschieden. Indessen sind beide nur Formen derselben Art, die man zweckmässig als See- und Teichkarausche unterscheidet. Letztere führt an vielen Orten den Namen Gibel (nicht zu verwechseln mit Gieben). Je höher der Körper, desto kleiner erscheint der Kopf. Bei beiden For- men ist die Schnauze stumpf, der endständige Mund klein, die Lippen dünn. Die Stirne ist breit. Ton den 4 Schlundzähnen ist der vordere 110 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. kegelförmig, die übrigen sind spateiförmig mit gefurchter Oberfläche. Kücken- und Afterflosse haben am Anfange einen feingezähnten starken Knochenstrahl. Die Kückenflosse ist lang, die Afterflosse kurz; die Bauchflosse steht etwas hinter dem Anfange der Kückenflosse. Die Schuppen sind gross, ziemlich dick und decken sich zur Hälfte. Die Seitenlinie ist oft unterbrochen, oder auf wenige Schuppen beschränkt. Der Rücken ist braungrün, die Seiten messinggelb gefärbt. Die Flossen Fig. 85. Die Karausche mit Querschnitt, Schuppe und Schlundzähnen. sind gelblich, schwärzlich gesäumt, mit häufig rothangeflogenen Strahlen, der Bauch gelblichweiss. Mitunter findet man ganz dunkel gefärbte Exemplare. Die Karausche kommt in ruhigen Gewässern mit sumpfigem Grunde, in Mooren, Altwassern etc. meistens in grosser Zahl vor, vermeidet strömende Karausche. Schleilie. 1 1 1 Wasser und die Haffe. In kleinen geschlossenen Gewässern wird sie, da wegen ihrer starken Vermehrung immer mehr Individuen vorhanden sind, als genügende Nahrung finden, selten über 12 cm gross, bleibt häutig sogar sehr viel kleiner, erreicht jedoch bei reichlichem Futter, namentlich in Teichen eine Grösse von 20 — 30 cm. Sie nährt sich wie der Karpfen von kleineren Thieren und zerfallenden vegetabilischen Stoffen, lebt meistens am Grunde, ist sehr genügsam und daher zum Besetzen von Torflöchern, Mergelgruben u. dgl. Gewässern sehr gut zu empfehlen. Allerdings wird sie darin nur klein, wächst aber nach Ueberführung in bessere Gewässer schnell, während die kleinen Exemplare als Futter für edlere Raubfische gut zu verwerthen sind. Sie laicht im Mai und Juni schaarenweis unter lautem Plätschern an Wasserpflanzen und setzt ca. 100 000 bis 300000 Eier ab. Man fängt sie in Netzen aller Art. Ihr Fleisch wird bei uns nicht besonders geachtet, obgleich sie von dem Aufenthalt in schmutzigen, schlammigen Gewässern nicht leicht, wie der Karpfen, einen modrigen Geschmack annimmt. Gattung Tinea Cuv. 2 Barteln in den Mundwinkeln. Die Schlundzähne sind einreihig. Die kleinen länglichen Schuppen decken sich stark und liegen in sehr tiefen Schuppentaschen. 32. Die Schlcine. Tinea vulgaris Cuv. Schlei, Schlie, Sly, Schley, Schleie, Schleihe. altpr.: lfnis; lit, kur.: lynas; mas., kass.: lien, lin. K. 3. ß. 4/8—9. Br. 1/15—17. B. 2/8—9. A. 3—4/6—7. S 19. Seh. 30—32/95—100/20. Schldz. 5.-4. (5.-5.) Der Körper ist gedrungen, wenig zusammengedrückt, das kleine Maul halb unterständig mit 2 kleinen Barteln in den Mundwinkeln. Die Schlundzähne sind keulenförmig. In der Seitenlinie stehen zahlreiche feine, sehr dicht gedrängte Poren, ebenso am Kopf, auf Yordeckel, Unteraugenknochen und Unterkiefer. Der ganze Körper ist mit einer dicken, durchsichtigen und schleimigen Oberhautschicht bedeckt, unter der die kleinen Schuppen versteckt liegen. Alle Flossen sind dick, fleischig und abgerundet. Kücken- und Afterflosse sind kurz. Der erste, gegliederte, aber nicht getheilte Strahl der Bauchflosse ist beim erwachsenen Männchen stark verbreitert, gebogen und verdickt. Der Körper ist meistens schwarz- oder olivgrün gefärbt, am Bauch heller, mit durch- schimmerndem Gold- oder Messingglanz. Kücken- und Schwanzflosse sind dunkelgrün, dunkelblau oder schwarz, die anderen Flossen mehr gelblich gefärbt. Mitunter wird eine schöne Yarietät (Goldschleihe) be- 112 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. obachtet, die am ganzen Körper einen hellen Goldglanz zeigt, zarte, dünne häutige Flossen und rosenrothe Lippen besitzt, häufiger ist eine in der Färbung ganz dem Goldfisch gleichende Abart. Lebensart und Ver- breitung der Schleihe ist der der Karausche sehr ähnlich. Sie lebt am Grunde ruhiger, schlammiger Gewässer, vermeidet schnellfliessendes Wasser und die Haffe und kommt nur zur Laichzeit vom Mai bis August in Fig. 86. Die Schleihe' mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. die Nähe der Ufer, wesshalb sie nur dann in grösserer Zahl, hauptsächlich in Keusen und Säcken gefangen wird. Sie laicht in grossen Gesellschaften, klebt ihre 300000 kleinen gelblichen Eier an Wasserpflanzen, oder lässt sie auch zu Boden sinken. Sie erreicht gewöhnlich nur eine Länge von 20 — 30 cm, wird aber auch wohl 50 cm lang und 2 bis 5 kg schwer. Ausser Wasser lässt sie sich bei feuchter Aufbewahrung lange am Leben erhalten und leicht verschicken. Zur Besetzung kleinerer, schlammiger Gewässer, in denen sie sich schnell vermehrt, ist sie, namentlich als Futterfisch sehr zu empfehlen. Im Winter hält sie, wie der Karpfen, in Rchleiho. Barbe. 113 den Schlamm eingewühlt einen "Winterschlaf, einen ähnlichen lethargischen Zustand hat Siebold im Sommer an Schleihen beobachtet, die im Grunde eines Teiches tief im Schlamme verborgen waren, sich hervorziehen Hessen ohne sich zu rühren, und erst nach unsanften Stössen erwachten, um davonzuschwimmen und sich wieder im Schlamme zu verbergen. Von anderer Seite scheinen ähnliche Beobachtungen nicht gemacht worden zu sein. Gattung Barbus Cuv. Am Munde stehen 4 Barteln, die Schlundzähne in 3 Reihen. 33. Die Barbe. Barbus fluviatilis Cuv. Barbe, Barbine, Borbine, Sauchen (an der Passarge Aesche). K. 5. R. 3/8—9. Br. 1/15—17. B. 2/8. A. 3/5. S. 19. Seh. 11—12/58—60/7—8. Schldz. 2. 3. 5.-5. 3.-2. Der Körper ist gestreckt, wenig zusammengedrückt, fast cylindrisch, mit rüsselförmig verlängerter Schnauze, weit vorstehender, fleischiger Oberlippe und stark gewulsteter Unterlippe. Zwei dicke Barteln stehen Fig. 87. Die Barbe mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. an der Oberlippe, zwei etwas längere an den Mundwinkeln. Die horizon- tale Mundspalte reicht bis nahe unter den Yorderrand des kleinen hoch- stehenden Auges. Die Nasenöffnung ist doppelt, die hintere durch einen Hautlappen bedeckt. Die Rückenflosse ist ziemlich kurz, ihr stärkster Knochenstrahl am hinteren Rande sägezähnig, die Afterflosse ist kurz, 8 114 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. weit nach hinten gerückt, die Schwanzflosse tief ausgeschnitten, gleich- lappig. Die Schlippen sind länglich, ziemlich klein, ihr hinterer, vorragender Theil stumpfspitzig. Die Seitenlinie verläuft fast ganz gerade. Oberkopf und Kücken sind grau- oder olivgrün mit bläulichem Schimmer, die Seiten gelblich, durch schwarze Pigmentirung der Schlippen- taschen häufig gitterartig gezeichnet, der Bauch weisslich. Die Rücken- flosse ist dunkel graugrün, die Schwanzflosse graugelblich mit grauem Saum, die anderen Flossen gelbröthlich ; auf der Rückenflosse, bisweilen auch auf anderen, findet sich mitunter eine dunklere Marmorirung, auch wol eine Anzahl feiner Punkte oder Flecken. In der Laichzeit erscheinen auf Scheitel und Rücken des Männchens zahlreiche kleine weisse Körner, die zu einer mittleren und zwei weniger deutlichen seitlichen Längs- leisten verschmelzen. Die Barbe erreicht eine Länge von 30 — 50 cm, bewohnt schnell fliessende, klare Gewässer, auch Seen, hält sich am Grunde auf und nährt sich von Insectenlarven, "Würmern und allerlei Abfällen. Sie soll Nachts lebhafter sein als am Tage, lebt gesellig und zieht im Mai und Juni zum Laichen in grossen Schaaren flussaufwärts, um (nach Bloch ca. 8000?) hirsegrosse Eier zu legen. Im "Winter soll sie in Gesellschaften unter ausgewaschenen Ufern etc. "Winterschlaf halten. Sie kommt bei uns nur an wenigen Orten vor, so kenne ich sie nur aus der Alle, Passarge und dem Weichselgebiet. Wegen ihres gräthigen Fleisches wird sie nicht sehr geachtet. Nach Berichten aus Mittel- und Süddeutschland, wo sie viel häufiger ist, kommen dort sehr oft in Folge des Genusses von Barbenrogen Yergiftuugserscheinungen vor, aber obwol von solchen schon Gesner in seinem in der Mitte des 16. Jahrhunderts erschienenen Fischbuch berichtet, ist der Barbenrogen noch niemals eiuer chemischen Untersuchung unterzogen worden. Während des Druckes dieser Zeilen erhalte ich durch Herren Kreis- physicus Dr. Grün in Braunsberg einige Exemplare der Barbe, welche genau der Beschreibung des Barbus Petenyi Heck, entsprechen, der sonst nur in O esterreich beobachtet ist. Alle mir vorliegenden Exemplare sind weniger als 20 cm. lang. Der grosse Stachelstrahl der Rückenflosse ist ungezähnt, die Afterflosse ist sehr lang und reicht zurückgeschlagen bis zum Anfange der Schwanzflosse. Indessen ist die Färbung derjenigen unserer gemeinen Barbe ganz gleich, während nach Heckel der Barbus Petenyi oben mit braunschwarzen, oft in einanderlaufenden Flecken ge- zeichnet und alle Flossen, mit Ausnahme der stets ungefleckten Bauchflosse, ähnlich marmorirt sein sollen. Es dürfte demnach der Barbus Petenyi eine viel weitere Verbreitung haben, als man bisher angenommen hat. Gründling. 115 2. 5. Gattung Gobio Cuv. Am Munde stehen 2 Barteln, die Schlundzähne sind zweireihig, -5. 2. oder 3. 5. — 5. Kücken- und Afterflosse sind kurz. 34. Der Gründling. Gobio fluviatilis Cuv. Grründel, Grandel, Griugel, Grelling. lit. : grundulys; kur.: grundols; nias., kass.: kelpg, kielb, kielbch. K. 8. E. 3/7. Br. 1/14—15. B. 2/8. A. 3/6. S. 19. Seh. 6/40—44/5. Schldz. 2. 5.-5. 2 oder 3. 5.-5. 2. Der Körper ist gestreckt, wenig zusammengedrückt, mit dickem Kopf, gewölbter Stirn und stumpf gewölbter Schnauze. Der Mund ist halb unterständig, reicht nicht bis zur Nasenöffnung, ist von massig fleischigen Lippen umgeben und trägt in jedem Mundwinkel eine kurze Fig. 88. Der Gründling mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. Bartel. Vordere und hintere Nasenöffnung liegen dicht bei einander in einer gemeinsamen Grube, durch eine Hautfalte getrennt. Das Auge ist goldgelb oder gelblich grau. Die Kückenflosse ist höher als lang, die Afterflosse steht weit hinten, so dass der After mitten zwischen Bauch- und Afterflosse liegt. Die Schwanzflosse ist gabelig ausgeschnitten, gleich- lappig. Die Schuppen sind ziemlich gross und weich. Scheitel und Rücken sind grau- oder gelbgrünlich, mit vielen schwarzen Flecken und Punkten gezeichnet, die Seiten silberglänzend mit bläulichem Schimmer 8* 116 Die preussiscken Fische. Schwimmbläser. und oft mit 7 — 11 schwarzen oder schwarzblauen, auf der Seitenlinie stehenden Augenflecken gezeichnet. Yon den Nasenlöchern zur Schnauzen- spitze zieht sich oft ein schwärzlicher Streifen hin. Die Flossen sind graulichgelb , die Rücken- und Schwanzflosse dunkel gefleckt oder ge- bändert. In der Laichzeit erscheint namentlich das Männchen viel dunkler, mit einem feinkörnigen Hautausschlag bedeckt. Der Gründling bewohnt süsse Gewässer aller Art, ausser solchen mit sehr schlammigem oder moorigem Grunde, er liebt Bäche mit schnell fliessendem Wasser und Sand- oder Thongrund, lebt gesellig am Grunde von kleinen Thieren und faulen Pflanzenresten, erreicht eine Grösse von 10 — 15 cm und legt im Mai und Juni an ganz flachen Stellen mit Steingrund oder Pflanzen- wuchs unter lautem Geplätscher seine fast 2 mm grossen, ganz hellbläu- lichen Eier portionsweise ab. In Reusen und mit kleinen Netzen ist er leicht zu fangen, sein Fleisch wird an manchen Orten trotz seiner Klein- heit geschätzt, übrigens ist seine Zucht als Futterfisch für Forellen in geeigneten Bächen sehr zu empfehlen. Gattung Rhodeus Agass. Keine Barteln am Munde. Schlundzähne einreihig, 5. — 5. Der Körper ist hoch, seitlich stark zusammengedrückt, die Rücken- und Afterflosse massig lang. 35. Der Bitterling. Rhodeus aiuarus Bl. Bitterfisch, mas.: rdest pieprzny, olszowka. K. 4. R. 3/9—10. Br. 1/10. B. 2/6. A. 3/9. S. 19. Seh. 10—12/34—38/5. Schldz. 5.-5. Der Körper ist hoch, seitlich stark zusammengedrückt, 3mal länger als hoch, 3mal höher als dick, in der Form dem Brassen ähnlich. Der Mund ist klein, massig schief, halb unterständig. Die vorderen Nasen- öffnungen sind rund, die hinteren, grösseren oval. Die Schlundzähne sind messerförmig, oben scharf, ungekerbt. Die Knochenstrahlen der Rücken- und Afterflosse sind nicht gesägt, die Schwanzflosse ist massig ausgeschnitten. Die Schuppen sind glatt, sehr gross, viel höher als lang, decken sich nur wenig. Die Seitenlinie beschränkt sich auf die ersten Schuppen. Männchen und Weibchen sind ausser der Laichzeit gleich gefärbt und nur an der ca. 5 mm hohen Genitalpapille des Weibchens zu unterscheiden. Der Rücken ist grau- oder braungrün. Die silberglän- zenden, bläulich schimmernden Seiten sind mit einem grünen, von der Mitte des Schwanzes bis zur Körpermitte horizontal verlaufenden Längs- streifen geschmückt. Die Rückenflosse und die Basis der Schwanzflosse ist dunkel graulich, die anderen Flossen fleischröthlich. In der Laich- Bitterling. 117 zeit ist dagegen der männliche Bitterling einer der schönsten Fische und schillert in allen metallischen Farben, wobei namentlich ein schönes Violett und Stahlblau vorherrscht. Der Längsstreif auf der Seite er- scheint dann dunkel smaragdgrün, Brust und Bauch sind orange ge- färbt, Rücken- und Afterflosse hochroth mit schwarzem Saum. Jederseits an der Oberlippe und über dem Auge bildet sich ein rundlicher weisser Wulst, aus einer Anzahl kleiner Hautwarzen bestehend, die nach dem Ende der Laichzeit einschrumpfen. Die Färbung des "Weibchens wird in der Laichzeit nur wenig lebhafter, doch verlängert sich die Geschlechts- Fig. 89. Der Bitterling, Männchen und Weibchen, letzteres mit langer Legeröhre, Querschnitt, Schlundzähne und Schuppe. warze zu einer langen, sehr elastischen Legeröhre von rother oder orange Farbe, die oft weit über das Ende der Schwanzflosse hinausragt. Die Laichzeit fällt in die Monate Mai und Juni. Die wenig zahlreichen, länglichen, schwefelgelben Eier haben über 3 mm Länge und werden merkwürdiger Weise in die Kiemenhöhle von Muscheln, namentlich der Teichmuschel, Anodonta anatina, gelegt, innerhalb deren sie zur Entwicklung gelangen. Der Darm ist sehr lang und macht 5 Windungen. Der Bitterling findet sich ziemlich häufig in schwach fliessenden Flüssen, wo er sich nahe dem Ufer meistens in grossen Gesellschaften zwischen den Wasserpflanzen umhertreibt. Er lebt von kleinem Gewürm, frisst aber 118 Die preussiscken Fische. Sclrwimmbläser. namentlich auch viel Algen, mit denen sein Darm oft ganz erfüllt ist. Er erreicht eine Länge von 6 — 8 cm, wird anch mitunter über 10 cm lang. Sein Fleisch ist sehr bitter und wird auch von den meisten Raub- fischen verschmäht. Gattung Abramis Cuv. Keine Barteln am Munde. Die Schlundzähne stehen in einer Reihe zu 5. — 5. Die Rückenflosse ist kurz, die Afterflosse sehr lang. Die Schuppen des Vorderrückens sind gescheitelt, die Bauchkante zwischen After- und Bauchflossen ist von keinen Schuppen bedeckt. 36. Der Brassen. Abramis braiiia L. Brassen, Bressen, Bressem, Brassem, Brachsen, Brechsen, Halbfisch, Blui, Blauer, Bleier, Schlafike, Reissfisch. altpr.: locutis; lit: karszis; kur.: kasza; mas., kass. : bleye, brass, leszcz. K. 3. R. 3/9. Br. 1/15. B. 2/8. A. 3/23—28.' S. 19. Seh. 12—13/51—54/6—7. Schldz. 5.-5. Der Körper ist sehr hoch, stark zusammengedrückt, 3mal länger als hoch, 3 mal höher als breit, variirt indessen bei älteren und jüngeren Thieren sehr beträchtlich in der Form, weshalb die Fischer an vielen Orten die kleinen gestreckten Exemplare als Halbbressen oder Blei von den grossen Brassen unterscheiden. Die Schnauze springt nicht vor, der Mund ist halb unterständig und reicht bis zu der vorderen Nasenöffnung. Die unteren Schlundknochen sind schlank und dünn, die Schlundzähne cylindrisch mit zusammengedrückten glatten Kronen. Die Schuppen sind gross und festsitzend, auf dem Vorderrücken gescheitelt, d. h. durch eine schuppenlose Mittellinie getrennt, zwischen Bauch- und Afterflosse be- findet sich eine ziemlich scharfe, unbeschuppte Bauchkante. Die Rücken- flosse steht hinter der Körpermitte, ist vorne 4mal höher als hinten, die Afterflosse sehr viel länger, beginnt unter dem hinteren Ende der Rückenflosse. Die Brustflossen reichen zurückgelegt über die "Wurzel der Bauchflossen fort. Die Schwanzflosse ist tief gabelig ausgeschnitten, der untere Lappen viel länger. Das Auge ist ziemlich gross, mit gold- oder silberglänzender Iris, die oben häufig einen dunkeln Fleck zeigt. Die Färbung der jüngeren Thiere ist auf dem Rücken ein helles Graugrün, an den Seiten sind sie silberglänzend, der Bauch ist schmutzig weiss, ältere Exemplare erscheinen dunkler; goldbräunlich oder mehr grau gefärbt, auf dem Rücken dunkler; sämmtliche Flossen sind blaugrau, die Kehle röthlich braun, namentlich bei den Rogenern. Beim Männchen entwickelt sich in der Laichzeit eine grosse Menge stumpf kegelförmiger, Brassen. 119 anfangs weisser, später bernsteingelb werdender Knötchen, von weniger als Stecknadelkopfgrösse auf Scheitel, Schnauze, Kiemendeckelapparat, den meisten Schuppen und den Strahlen der paarigen Flossen, während die Bückenflosse immer frei bleibt. Die Thiere fühlen sich dann äusserst rauh an und werden an manchen Orten als Dorn- oder Steinbrechsen bezeichnet Der Brassen erreicht eine Grösse von 50 — 70 cm und 10 — 12 Pfund Gewicht, kann unter Umständen auch noch viel grösser Fig. 90. Der Brassen mit' Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. werden. Er ist einer der Hauptfische unserer Haffe und Seen und hält sich mit Vorliebe in massiger Tiefe auf thonigem oder schlammi- gem, pflanzenbewachsenem Grunde auf. Durch sein Wühlen in demselben trübt er das Wasser, reisst Pflanzen aus, die an die Oberfläche steigen und verräth sich so den Fischern. Er nährt sich von Insecten, Würmern und 120 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. Pflanz enstoffen, hält sich meistens in kleinen oder grösseren Gesellschaften zusammen und wandert oft aus einem Gewässer in andere damit ver- bundene. In der in den Mai und Juni fallenden Laichzeit vereinigen sich die Brassen zu grossen Schaaren, und legen unter starkem Geplät- scher zwischen Wasserpflanzen ihre klebenden, leicht gelblichen, ca. 1,5 mm grossen Eier ab, deren Zahl 2 — 300000 beträgt. Beim Laichen werden sie durch ungünstiges Wetter, plötzliches Geräusch etc. leicht gestört und begeben sich dann wieder in die Tiefe. Gewöhnlich laichen die Brassen in drei Terminen, die grössten zuerst, und in Pausen von je 8 Tagen oder mehr folgen die beiden anderen Gruppen nach. Bei seiner scheuen Lebensart wird der Brassen bei trübem oder stark bewegtem Wasser und bei Nacht leichter gefangen, als unter anderen Um- ständen. Der Hauptfang ist im Winter unter trübem oder mit Schnee bedecktem Eise, indessen weicht er auch dann häufig den Netzen aus, so dass in Seen, die manchmal mit einem Zuge 100 Tonnen Brassen liefern, zeitweise gar nichts gefangen wird. Eine beträchtliche Ver- minderung des Brassenbestandes ist in allen unseren Gewässern zu bemerken, die Sammlung und Ausbrütung der Eier in geschützten Ge- wässern ist daher dringend wünschenswerth. Das Fleisch der Brassen ist ziemlich gräthig. das der grossen Thiere jedoch, namentlich im Winter und Frühjahr sehr schmackhaft, und gute Brassen werden von vielen Fischkennern den Karpfen vorgezogen. Junge Brassen werden von den Fischern häufig mit dem Gieben verwechselt, obwohl der letztere an seinen röthlichen Flossen und dem kleineren Munde leicht zu erkennen ist. 37. Die Zärthe. Abramis vimba L. Zart, altpr.: szabre; lit. : szobris; kur.: sebre; kass.: certa. K. 3. R. 3/8. Br. 1/15. B. 2/9—10. A. 3/17—20. S. 19. Seh. 9—10/58—60/5—6. Schldz. 5.-5. Der Körper ist gestreckt, ziemlich zusammengedrückt, 4mal länger als hoch, der Kopf länglich mit gewölbter, über den Unterkiefer weit vorragender, kegelförmiger Schnauze. Der horizontale Mundspalt reicht bis an den vorderen Augenrand. Die Schlundknochen sind gedrungen, die Schlundzähne seitlich zusammengedrückt. Die Nasenöffnungen stehen dem Auge näher als der Schnauzenspitze. Die ziemlich lange Afterflosse beginnt hinter dem Ende der Rückenflosse, hinter dieser zeigt der Rücken einen von einer Längsleiste der Schuppen in der Mittellinie gebildeten Kiel, während die Schuppen auf dem Yorderrücken gescheitelt sind. Die zurückgelegten Brustflossen erreichen bei Weitem nicht die Basis Z;iithe. 121 der BaucMossen. Die Schwanzflosse ist massig tief gabelig ausgeschnitten, der untere Lappen nur wenig langer als der obere. Während gewöhn- lich Schnauze, Kopf und Bücken grünblau gefärbt ist, Seiten und Bauch silberweiss erscheinen, Rücken- und Schwanzflosse eine graublaue, Brust-, Bauch- und Afterflosse eine blassgelbe Färbung zeigen, die bei der Brust- und Afterflosse an der Basis in ein dunkleres Orange übergeht, und an der Afterflosse schwärzlich gesäumt ist, verändert sich das Aussehen des Fisches in der Laichzeit sehr auffallend. Bei beiden Geschlechtern er- scheint dann Schnauze, Kopf und die Oberseite des Rumpfes bis weit Fig. 91. Zärthe mit Querschnitt, Schlundzcähnen und Schuppe. unter die Seitenlinie herab tief schwarz gefärbt, während die Lippen und ein Streifen an der Unterseite von der Kehle bis zum Schwänze sich dunkel orange färbt. Dieselbe Farbe zeigen auch die paarigen Flossen und die Basis der Afterflosse; Rücken- und Schwanzflosse, der obere Rand der Brustflossen und der Saum der Afterflosse sind schwarz. Ausserdem bemerkt man an den Männchen während der Laichzeit einen aus winzi- gen weisslichen Körnchen bestehenden Hautausschlag am Kopf und auf vielen Schuppen. Die Zärthe hält sich in der See auf und zieht im Frühjahr zum Laichen in die Flüsse und Haffe, in welchen letzteren sie jedoch in allen Jahreszeiten gefangen wird. Ihre Laichzeit fällt in die 122 Die preussisclien Fische. Schwimmbläser. Monate Mai, Juni und Juli, merkwürdiger Weise wird an manchen Orten des kurischen Haffs mit aller Bestimmtheit behauptet, sie falle in den October. Die Zärthe setzt ihre 2 — 300000 Eier auf festem oder mit Pflanzen- wuchs bedecktem Boden unter lebhaftem Geplätscher ab. Sie erreicht eine Grösse von 20 — 30 cm, hat zwar ein gräthenreiches Fleisch, wird aber doch, im fetten Zustande am Spiess gebraten, als besonders wohlschmeckend geschätzt. Sie wird in den Haffen mit verschiedenen Netzen gefangen. Eine kurzschnäuzige Form, die in der Donau, in bayerischen und österreichischen Seen vorkommt und als Seerüssling, Abramis melanops Heck., beschrieben ist, hat Siebold auch unter den Zärthen unserer Provinz aufgefunden und vermuthet, dass sie nur eine, vielleicht nicht nach der See wandernde Varietät sei. 38. Die Zope. Abramis ballerus Li. lit.: sparis, sporis; kur. : spare. K. 3. K. 3/8. Br. 1/15. B. 2/8. A. 3/36—39. S. 19. Seh. 14—15/69—73/8—9. Schldz. 5.-5. Fig. 92. Die Zope mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. Der Körper ist gestreckt, stark zusammengedrückt, 4mal länger als hoch, 3mal höher als dick; der Kopf klein mit zugespitzter Schnauze, endständigem, sehr schiefem Munde mit äusserst schlanken Schlundknochen. Zope. Gieben. 123 Das Auge ist gross mit silberglänzender, oben gelblicher Iris. Die sehr lange Afterflosse beginnt in der Körpermitte vor dem hinteren Ende der kurzen, aber ziemlieh hohen Rückenflosse und reicht bis zur Schwanz- Wurzel. Die zurückgelegten Brustflossen reichen über die Basis der Bauchflossen hinaus. Die Schuppen sind klein, auf dem Vorderrücken nur in einer Länge von 3 — 6 cm vor der Rückenflosse gescheitelt. Die Färbung ist an der Oberseite bläulich-, schwärzlich- oder bräunlich- grün, an Seiten und Bauch silberglänzend, an der Kehle mitunter bräun- lichroth angeflogen. Die unpaarigen Flossen sind graulich, die paarigen gelblich, alle mit schwärzlichem Saum. Die Zope erreicht eine Länge von 30 cm, kommt in der Ostsee und den Haffen vor, soll im April und Mai laichen und mitunter hoch in die Flüsse aufsteigen. Bei uns wird sie häufiger nur im kurischen Haff gefangen. Gattung Blicca Heck. Keine Barteln am Munde. Die Schlundzähne sind zweireihig, 2. 5. — 5. 2., selten 3. 5. — 5. 3. Die Rückenflosse ist kurz, die Afterflosse lang, die Schuppen des Yorderrückens sind gescheitelt, ebenso diejenigen, welche von der Basis der Bauchflossen bis zum After eine scharfe Bauchkante bilden. 39. Der Gieben. Blicca björkna I>. Gieb, Giester, Weissfisch, Halbbressen, Blei, Rothfloss, Rothflossgiester; lit: plakis; lett. : plake; mas.: krumpg, gosciory. K. 3. R. 3/8. Br. 1/14—15. B. 2/8. A. 3/19—21. S. 19. Seh. 9—10/45—48/6. Schldz. 2. 5.-5. 2. (3. 5.-5. 3.) Der Körper ist stark zusammengedrückt, 3mal länger als hoch, 3mal höher als dick, dem Brassen ähnlich, mit stumpfer Schnauze. Der Mund ist klein, endständig, die schiefe Mundspalte reicht kaum bis unter die vorderen Nasenöffnungen. Die schräge abgeschliffenen Schlund- zähne haben am Ende einen kleinen Haken, die Schlundknochen sind sehr gedrungen gebaut. Die Iris des grossen Auges ist silberglänzend, oben mit einem grünlichen Fleck. Die Schuppen des Vorderrückens sind gescheitelt, die Rückenflosse beginnt in der Mitte der Körperlänge, ihrem hinteren Rande gegenüber liegt der Vorderrand der Afterflosse, die Bauch- flossen stehen ziemlich weit vor der Rückenflosse. Die Schwanzflosse ist tief gabelig, der untere Lappen etwas länger. Die Oberseite ist dunkel blaugrün mit bräunlichem Schimmer, die Seiten silbern mit bläulichem oder röthlichem Glanz, der Bauch weiss. Rücken-, After- und Schwanz- flosse sind graublau, Brust- und Bauchflosse an der Wurzel röthlich, 124 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. mitunter auch ganz roth. In der Laichzeit erscheint bei beiden Ge- schlechtern die Oberseite dunkler, die Seiten des Leibes sind rauchig ge- schwärzt, Brust- und Bauchflosse, sowie die Basis der Afterflosse orange, die Basis der Bücken- und Schwanzflosse röthlich durchscheinend. Beim Männchen tritt gleichzeitig ein Hautausschlag in Form sehr kleiner weisslicher Körnchen auf den Kiemen deckein und dem hinteren Rande vieler Schuppen auf. Der Gieben erreicht eine Grösse von 20 — 30 cm, Fig. 93. Der Gieben mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. ist in unseren Haffen und Flüssen überall gemein und nährt .sich von Gewürm, Insecten etc. Im Winter hält er sich in tiefem Wasser, im Mai und Juni laicht er in grossen Schaaren an den Ufern zwischen Wasserpflanzen und verursacht durch Springen und Plätschern eine starke Bewegung des Wassers, so dass man die Laichplätze bei Tage schon aus grosser Entfernung sehen kann. Schon in der Länge von 10 — 12 cm ist er förtpilanzungstähig, bei älteren zählt man ca. 100000 Eier von fast 2 mm Grösse. Er wird mit Netzen aller Art, im Winter unter dem Eise oft in grossen Massen gefangen. Das gräthenreiche Fleisch wird Gieben. Ziege. 125 wenig geachtet, doch bildet er, in Tonnen verpackt, einen nicht unbe- deutenden Exportartikel nach Polen. Als Fntterfisch für Forellen, Zander etc. wäre er sehr vorteilhaft zu züchten. Als Leiter oder Leitfiscli werden von den Fischern des frischen Haffes zwei, liei uns namentlich in diesem Gewässer mitunter vereinzelt vorkommende Bastarde bezeichnet, die von Siebold als Abramidopsis Leuckartii Heck. K. 3. R. 3/10. Br. 1/15. B. 2/8. A. 3/15—18. S. 19. Seh. 10—11/45—54/5. Schldz. 5—5. oder 6.-5. und Bliccopsis abramo-rutilus Hol. K. 3. E. 3/8. Br. 1/15. B. 2/8. A. 3/14—16. S. 19. Seh. 8/41—46/4. Schldz. 2. 5.-5. 2. oder 3. 5.-5. 3. ausführlich besprochen werden. Beide sind durch den Mangel der Scheitelung der Vorderrückenschuppen und die geringere Länge der Afterflosse von Abramis und Blicea leicht zu unterscheiden. Bei Abramidopsis, der trotzdem häufig mit dem Brassen oder Gioben verwechselt wird, ist der Körper gestreckter, mit endständigem Munde, oben grau- grün, unten silberglänzend, Rücken- und Afterflosse schwärzlich, die anderen Flossen schmutzig gelblich oder graulich. Bei Bliccopsis ist der Körper höher, mit stumpfer, geschwollener Schnauze, endständigem, schiefem Munde. Der Bauch bildet zwischen Bauchflossen und After eine scharfe Kante. Die Oberseite ist olivgrün, die Seiten messing- glänzend, alle Flossen grau, Brust-, Bauch- und Afterflosse an der Basis röthlich, die Bauchflosse mitunter ganz roth. Er wird gewöhnlich mit dem Rothauge verwechselt. Beide sind wol unzweifelhaft durch Kreuzung von Abramis brama oder Blicea björkna einerseits und Leuciscus rutilus oder Scardinius erythrophthalmus andrerseits entstandene Bastarde und es kommen zwischen ihnen, auch hinsichtlich der Zahl der Schlundzähne, die verschiedensten Uebergangsformen vor. Natürlich sind diese Thiere nur von wissen- schaftlichem Interesse. Gattung Pelecus Agass. Keine Barteln am Munde. Der Körper ist niedrig, mit scharfer Bauchkante. Die Seitenlinie zeigt auffallende Krümmungen. 40. Die Ziege. Peleens eullratiis \,. lit. : oszka; kur.: kaze. K. 3. R. 3/7—8. Br. 1/15. B. 2/7. A. 3/26—29. S. 19. Seh. 14—15/100—108/5—6. Schldz. 2. 5.-5. 2. Die Ziege ist einer der am auffallendsten gebauten Fische unserer Gewässer und auf den ersten Blick leicht zu erkennen. Der Leib ist gestreckt und ziemlich stark zusammengedrückt, dem Hering nicht un- ähnlich, 4y2 — 5mal länger als hoch, 3mal höher als dick. Der rundliche Rücken ist fast vollkommen gerade, dagegen die messerartig zugeschärfte, aber nicht harte Bauchkante sehr stark convex. Der Kopf ist klein mit fast senkrechtem Mundspalt. Der Unterkiefer steht etwas vor, ist am Kinn verdickt und diese Verdickung passt in einen Ausschnitt des 126 Die preussischen Fisclie. Schwimmbläser. Zwischenkiefers hinein. Die Mundöfi&mng ist ziemlich klein. Die Lippen sind schmal und dünn, nur am Mundwinkel fleischig. Die Schlund- knochen sind sehr schlank, ebenso die Schlundzähne. Die Rücken- musculatnr setzt sich auf dem Kopf bis über die Mitte des Auges fort. Das Auge ist gross mit silberfarbener oder goldschimmern, der Iris, dicht davor stehen die weiten Nasenöffnungen. Die kurze Rückenflosse ist bis ins letzte Dritttheil der Körperlänge nach hinten gerückt, die lange Afterflosse beginnt schon etwas vorher. Die Brust- flossen sind sehr lang, sichelförmig, schmal und spitz, reichen nicht bis zur Wurzel der Bauchflossen. Die Schwanzflosse ist tief gabelig, Fig. 94. Die Ziege mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. der untere Lappen merklich länger. Die lose sitzenden Schuppen be- decken auch den Oberkopf bis zum Auge, die kleinsten liegen auf dem Kopfe, die grössten an den Seiten. Die Seitenlinie hat einen ganz eigen- tümlich welligen Verlauf, vom hinteren Rande des Kiemendeckels zu- nächst in normaler Richtung nach hinten ziehend nähert sie sich, indem sie in einem grossen Bogen die Brustflosse umgeht, ausserordent- lich der Bauchkante, der sie auch bis zum Schwänze in einer unregel- mässigen Wellenlinie nahe bleibt. Kopfporen sind namentlich auf dem Unterkiefer sehr deutlich sichtbar. Die Oberseite des Körpers ist stahl- blau, blaugrün oder olivengrün gefärbt, die Seiten silbern mit rosa Schimmer. Brust-, Rücken- und Schwanzflosse sind graulich, die Bauch- und Afterflosse gelblich oder röthlich. Die Ziege bewohnt die Ostsee Ziege. Uckelei. 127 an unseren Küsten von' Memel bis Heia und steigt in die Haffe und Flussmündungen auf. Sie nährt sich, wie die anderen Cyprinoiden, von Gewürm etc., sonderbarer Weise wird mir von dem frischen Haff mitgetheilt, dass sie Stirhlinge fresse. In grösserer Menge wird sie nur im kurischen Haff, theils in allerlei Netzen, theils mit eigenen Treibnetzen (Ziegen- netzen) gefangen, war jedoch früher sehr viel häufiger. Bloch zählte bei einem Weibchen über 100000 Eier. Sie soll in den Monaten Mai bis Juli im flacheren Wasser, namentlich auf Pflanzen laichen. Sie wird 25 — 35 cm lang, selten grösser. Ihres spärlichen, wreichen und gräthigen Fleisches wegen wird sie wenig geachtet. Gattung Alburnus Rond. Keine Barteln am Munde, das verdickte Kinn greift in einen Aus- schnitt des Zwischenkiefers ein. Die Rückenflosse ist kurz, die After- flosse lang. Die Schlundzähne stehen in zwei Reihen zu 2. 5. — 5. 2. oder 2. 5. — 4. 2. ■ Die Bauchkante ist zwischen Bauchflosse und After scharf. 41. Der Uckelei. Alburnus lucidus Heck. Ickeley. lit, kur.: aukszle; mas., kass.: uckleyka. K. 3. R. 3/8. Br. 1/15. B. 2/8. A. 3/17—20. S. 19. Seh. 8/47—53/3. Schldz. 2. 5.-5. 2 oder 2. 5.-4. 2. Der Körper ist gestreckt, ziemlich stark zusammengedrückt, 41/., bis 5mal länger als hoch, 2y2mal höher als dick. Die Mundspalte steht sehr schief, reicht bis unter die grossen Nasenöffnungen ; der Unterkiefer steht ein wenig vor, ist am Kinn verdickt und greift in eine Kerbe des Zwischen- kiefers ein. Die Rückenflosse steht genau über dem After, die längere Afterflosse beginnt vor dem Ende der Rückenflosse. Die Kronen der Schlundzähne sind seitlich zusammengedrückt, theüweise oben gekerbt, am Ende hakig. Die Schwanzflosse ist tief ausgeschnitten. Die Bauch- kante bildet zwischen Bauchflossen und After eine scharfe Schneide. Die dünnen und glatten Schuppen sitzen sehr locker in ihren Taschen. Die Färbung ist sehr wechselnd, im Allgemeinen auf der Oberseite bläulich- grün, die Seiten und der Bauch hell silberglänzend, die Rücken- und Schwanzflosse ist hellgrau, die anderen Flossen sind farblos, die Basis der Bauch- und Afterflosse mitunter orange. Der Uckelei ist in ganz Mitteleuropa in Seen, Flüssen und den Haffen sehr häufig. Er lebt meistens in grösseren Gesellschaften zusammen, hält sich dicht unter der Oberfläche und schnellt sich sehr häufig aus dem Wasser hervor. Er erreicht eine Länge von 10 — 12, gelegentlich auch von 20 cm, nährt sich von kleinem Gewürm, Insecten etc., und laicht in der Zeit von April bis Juni schaarenweis an Wasserpflanzen oder auf hartem Grunde. Zu- 128 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. erst sollen die älteren Thiere, später die jüngeren laichen. Er ist mit Gezeugen aller Art leicht zu" fangen, beisst auch an die primitivste Angel- vorrichtung, wird aber seines gräthigen Fleisches und seiner Kleinheit wegen, meistens nur als Köderfisch verwendet. Als Futter für Forellen ist er vorteilhaft zu züchten. Aus dem, durch Waschen leicht ablösbaren Silberglanz seiner Schuppen, wird in Frankreich seit 200 Jahren die zur Herstellung nach- gemachter Perlen erforderliche Essence d'Orient bereitet. Nach Siebold liefern 50 kg Fische 2 kg Schuppen, und wären zur Herstellung von Fig. 95. Der Uckelei mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. 1 Pfund Silberglanz 18—20 000 Fische erforderlich. Nach Wittmaack wird der Uckelei zu diesem Zwecke auch bei Cammin in Pommern ge- fangen, und werden die abgelösten Schuppen gesalzen in Blechbüchsen nach Köln geschickt. Dort sollen 50 kg Fische nur 1 kg Schuppen im Werthe von 16 Mark geben. Eine gleiche Yerwerthung der Schuppen dürfte auch bei uns an manchen Orten leicht möglich sein. 42. Alburiiiis bipunctatus L.. Wird in Heiisberg' Strömling genannt. K. 3. R. 3/7—8. Br. 1/14. B. 2/7—8. A. 3/15—17. S. 19. Seh. 9/47—50/4. Schldz. 2. 5.-5. 2. Der Körper ist weniger gestreckt und höher als beim gemeinen Uckelei. nur 4mal länger als hoch. Der Mund ist endständig, etwas AI Im 11 ms bipunctatos. 129 schief, mit sehr wenig verdicktem und kaum vorstehendem Kinn, die Schhmdzähne sind glatt, ungekerbt, ihre Enden sind hakig gebogen. Zwischen Bauchflossen und After bildet der Bauch eine scharfe Kante. Die Kückenflosse ist höher als lang, die Afterflosse länger als hoch, die Schwanzflosse tief gabelig. Die Oberseite ist bräunlichgrün oder blau gefärbt, die Seiten sind hell grünlich mit viel weniger lebhaftem Glanz als bei dem gemeinen Uckel ei. Die Seitenlinie ist beiderseits von einem schmalen schwarzen Streifen eingefasst, oberhalb der Seitenlinie, oft auch unterhalb sind je 3 Schuppenlängsreihen dadurch ausgezeichnet, dass jede ihrer Schuppen einen dreieckigen schwarzen Fleck trägt, wodurch die Seiten schwarzstreifig erscheinen. Namentlich deutlich in der Laichzeit zeigt Fig. 96. Alburnus bipunetatus mit Querschnitt, Soblundzäbnen und Schuppe. sich noch eine schwarzblaue, etwa 3—4 Schuppen breite Binde, die gerad- linig vom Kiemendeckel oberhalb der Seitenlinie zum Schwänze verläuft. Die gelbliche oder silberglänzende Iris ist oben schwärzlich gefleckt. Die Rücken-, Brust- und Schwanzflosse ist graulich, mit dunklerem Saum, die Bauch- und Afterflosse gelblich oder röthlich, in der Laichzeit schön orange. Der Alburnus bipunetatus erreicht eine Länge von 9 — 12 cm, selten mehr, er hält sich vorzugsweise am Grunde klarer, fliessender und stehender Gewässer auf und laicht im Mai und Juni auf Kiesgrund in 9 130 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. schnell fliessendem Wasser. In Süd- und Westdeutschland und in Livland ziemlich häufig, scheint er bei uns wenig verbreitet, ist aber wohl an vielen Orten nur übersehen. Siebold erhielt ihn hier aus der Alle von Heilsberg, aus der Memel von Tilsit, ich habe ihn bisher nur aus Heils- berg kennen gelernt, mit Hilfe desselben Fischers, der ihn vor Jahren für Siebold fing. Gattung Aspius Agass. Keine Barteln an dem grossen, massig schrägen Munde. Das ver- dickte Kinn passt in einen Ausschnitt des Zwischenkiefers. Die zwei- reihig angeordneten Schlundzähne 3. 5. — 5. 3. sind ungekerbt. Der Körper ist gestreckt, wenig zusammengedrückt, mit kleinen Schuppen bedeckt. 43. Der Rapfeii. Aspius rapax Agass. Eaap, Baape, Eappe, Alant, Salat, Zalat, Kohrkarpfen. altpr.: rapis; lit: salatis, celatas, salote; kur.: salate, rapzur. K. 3. K. 3/8. Br. 1/16. B. 2/8—9. A. 3/14. S. 19. Seh. 11—12/67—70/4—5. Schldz. 3. 5.-5. 3. Der Körper ist gestreckter, niedriger und dicker als bei den meisten anderen karpfenartigen Fischen, omni länger als hoch, 2mal höher als Fig. 9y. Der Rapfen mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. dick, Kücken- und Bauchkante sind in ganzer Ausdehnung stark gerundet. Der Kopf ist schlank, dem des Zanders nicht unähnlich, der Mund weit Rnpfon. ModerlinscliPii. |31 bis unter das Auge gespalten, unter einem "Winkel von ca. 45°. Der Unterkiefer ist etwas gekrümmt, am Kinn stark verdickt, der Zwischen- kiefer entsprechend ausgeschnitten. Die Schlundzähne sind glatt, cylin- drisch, am Ende hakig gebogen. Das Auge ist klein, goldglänzend, die grosse Nasenöffnung liegt demselben viel näher als der Schnauzenspitze. Die Rückenflosse ist vorne viel höher als hinten, am hinteren Rande con- cav ausgeschnitten, ebenso die zweispitzige, etwas längere Afterflosse, deren Vorderrand ziemlich genau unter dem hinteren der Rückenflosse liegt. Der Scheitel ist dunkel olivgrün, der Rücken blau- oder grüngrau, die Seiten silberglänzend mit blauem Schimmer, der Bauch weiss. Rücken- und Schwanzflosse sind grau, die Brustflosse graurüthlich, Bauch- und Afterflosse röthlich. Beim Männchen zeigt sich in der Laichzeit auf dem Kopf und dem Hinterrande der Brust-, Rücken- und nament- lich der Schwanzschuppen ein Ausschlag von kleinen, dichtstehenden, halbkugeligen Körnchen, der sich oft auch auf der Innenseite der Brust- flossensfrahlen findet. Der Rapfen bewohnt grössere Seen, Flüsse und die Haffe, lebt vereinzelt als ein grosser Räuber, der sich vorwiegend von Fischen, besonders von Uckeleis nährt. Zum Laichen geht er in die Flüsse mit nicht schnell Messendem Wasser hinauf, wo er am Grunde an Steinen etc. seine 80 — 100 000 Eier absetzen soll. Er wird nur einzeln in Netzen gefangen, sein Fleisch wird an manchen Orten trotz der zahlreichen Gräthen hoch geschätzt. Er erreicht eine Grösse von 40 — 60 — 80 cm, ja vom Spirdingsee wird mir berichtet, dass er dort mitunter im Gewicht von 20—30 kg gefangen werde. Früher war er in beiden Haffen häufig. Gattung Leucaspius Heck. u. Kn. Der Mund ist oberständig, ohne Barteln. Die Schlundzähne stehen in 1 oder 2 Reihen in sehr wechselnder Zahl. Der Bauch hat zwischen Bauchflosse und After eine scharfe Kante. Die Seitenlinie ist unvollständig. 44. Das Moderlieschen. Lencaspins deliueatus Sieb. Mutlosen, Mudchen, Modke, Mutterloseken, Malinchen; altpr.: blingo. K. 3. R. 3/8. Br. 1/13. B. 2/8. A. 3/11—13. S. 19. Seh. 7—8/48—50/4. Der Körper ist gestreckt, massig zusammengedrückt, 5mal länger als hoch, 2mal höher als dick, der Rücken ist fast gerade, stark gerundet, der Bauch bildet nur zwischen den Bauchflossen und dem After eine Kante. Der Mund ist oberständig, die sehr steile Mundspalte reicht nur bis unter den vorderen Augenrand. Das wenig verdickte Kinn greift in einen flachen Ausschnitt des Zwischenkiefers ein. Die Schlundknochen 9* 132 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. sind schlank und dünn, die Schlundzähne stehen bald in einfacher, bald in doppelter Reihe, in der inneren gewöhnlich 5. — 4., seltener 5. — 5., ihre Kronen sind zusammengedrückt, oben sägeartig gekerbt, mit einem Haken endigend. Die Schuppen fallen sehr leicht ab, die Seitenlinie be- schränkt sich auf die ersten 8 — 12 Schuppen. Das Auge ist gross, silber- glänzend, oben mit grüngelbem Fleck. Hinter dem After liegt eine aus 3 Wülsten bestehende G-eschlechtswarze, die in der Laichzeit besonders deutlich hervortritt. Der Scheitel ist olivbraun, der Rücken gelblicholivgrün, die Seiten stark silberglänzend mit einem, namentlich im Schwanztheil stark ausgeprägten, stahlblauen Längsstreifen. Alle Flossen sind farblos, leicht gelblich oder graulich. Das Moderlieschen erreicht eine Länge von (j — io cm, doch habe ich auch einige 12 cm lange Exemplare erhalten. Es bewohnt, häutig in Gesellschaft des Bitterlinges, Seen, Sümpfe und Fig. 98. Das Moderlieschen mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. Flussufer und ist wahrscheinlich bei uns viel verbreiteter als man an- nimmt. Ich kenne es nur aus dem Pregel, von verschiedenen Stellen des kurischen Haffes, aus dem Spirdingsee, dem Heubuder See bei Danzig, aus kleinen Gewässern bei Pr. Stargard, Braunsberg und Tapiau. Auf- fallend erscheint es, dass sich schon in dem Holczwescherschen deutsch- preussischen Lexikon aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts die Ueber- setzung Mut'losen = Blingo vorfindet, während das Moderlieschen jetzt den Fischern ziemlich unbekannt ist und der Name an manchen Orten für junge Fische aller Art gebraucht wird. Die Laichzeit soll in den April und Mai fallen, in welcher Zeit ich keine Exemplare erhalten konnte. kühlim !:;:; Gattung Idus Heck. Der Mund ist klein, ohne Barteln, die Schlundzähne zweireihig, 3. 5.— 5. 3., glatt, der Bauch ohne scharfe Kante, Kücken- und Afterflosse kurz. 45. Der Kübliug. Idus melanotus Heck. u. Im. Aland, Gase, Jesenitz, Jesen, Rohrkärpfen, Topar, Tapar, Tabarre, Tabelle, Grisitzer, Diebel, Dübel, Lachstaparre; lit., kur. : meknys, topar. K. 3. R. 3/8. Br. 1/15—16. B. 2/8. A. 3/9— 10." S. 19. Schldz. 3. 5. -5. 3. Seh. 9— 10/54— 59/4.— 5. Der Körper ist ziemlich gestreckt, massig zusammengedrückt, 4mal länger als buch, 2 — 21/2mal höher als dick. Rücken- und Bauch- kante sind überall gerundet, Der Mund ist endständig, klein, nur bis unter die Nasenöffnung reichend. Vordere und hintere Nasenöffnung sind nur durch eine schmale Hautbrücke getrennt. Die Schlundknochen sind sehr gedrungen, die Schlundzähne mit glatten, zusammengedrückten Kronen. Die Stirn ist breit, das Auge goldglänzend, mit dunkelem Fleck Fig. 99. Der Kühling mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. oben. Die Schwanzflosse ist tief ausgeschnitten, gleichlappig. Die Ober- seite ist schwarzblau oder schwarzgrün gefärbt, mit lebhaftem Messing- glanz, der Kopf ähnlich mit goldenem Schimmer, die Seiten sind bläulich weiss, der Bauch silberglänzend. Rücken- und Schwanzflosse sind grau- blauviolett, die übrigen Flossen röthlich. 134: Uie preussischen Fische. Schwimmbläser. Der Kühling lebt in der Ostsee, den grösseren Seen, Flüssen und Haffen ziemlich vereinzelt, er ist schnell und scheu, hält sich während des Winters in der Tiefe und kommt im Mai um zu laichen an die Flussufer. Er er- reicht eine Länge von 30 — 60 cm, wird auch mitunter noch viel grösser. Sein weiches, gräthiges Fleisch wird beim Kochen in Salzwasser gelblich oder röthlich, ähnlich dem des Lachses. Yon ihm sagt ein altes Sprüch- wort :*) Man koche oder brate den Dübel So schmecket er allezeit übel. Mit dem Döbel (Squalius cephalus) und dem Häsling (Squalius leu- ciscus) wird er von den Fischern vielfach verwechselt, auch die älteren Fischkundigen haben diese Fische nicht gehörig zu unterscheiden ge- wusst. Eine Yarietät des Kühlings, Idus melanotus var. miniatus, die Goldorfe, von der Farbe des Goldfisches, kommt mitunter in der Freiheit, neuerdings aber gezüchtet auch in unseren Provinzen vor. Die Jungen sind schon im ersten Jahre oben schön mennigroth, am Bauche silberweiss, während sie im späteren Alter oben eine schön dunkle orange, an Seiten und Bauch eine etwas hellere Färbung zeigen. Auch die Flossen haben dieselbe Farbe. Da die Goldorfe sich schaarenweise an der Oberfläche des Wassers hält, so ist sie als Zierfisch schnell beliebt geworden, zumal sie ziemlich schnell wächst und eine Grösse von 40 cm in wenigen Jahren erreicht. Man hat früher die Goldorfe auch in unseren Haffen zu finden geglaubt, doch haben sich die von Sach- verständigen untersuchten Exemplare als orange gefärbte Plötze (Leu- ciscus rutilus) erwiesen. Gattung Scardinius Bonap. Die kleine Mundspalte hat eine sehr schiefe Stellung. Die Schlund- zähne sind zweireihig 3. 5. — 5. 3., tief gesägt. Am Bauch bilden zwischen Bauch- und Afterflosse winklig geknickte Schuppen eine scharfe Kante. Rücken- und Afterflosse mit kurzer Basis. 46. Das Rothauge. Scardinius erythrophtlialiuus I . Rodelog, Roddow, Rothfeder, Rothflosser; lit: rudakis, rudawa, ruduszis, kur.: rudaus, rudusch, rudaney; mas.: sdrena, czerwone oko; kass. : radowka. K. 3. R. 3/8—9. Br. 1/15—16. B. 2/8. A. 3/10—12. S. 19. Seh. 7/40—42/3—4. Schldz. 3.5.-5.3. Der Körper ist mehr oder weniger zusammengedrückt, meistens ziemlich hoch, jedoch in der Höhe sehr variirend. Der Mund ist klein. *) "Wulff, Ichthyologia cum Amphibiis Regni borussici. Rothauge. 135 sehr steil, die Iris goldglänzend, oben meistens mit einem rothen Fleck. Die Bauchkante zwischen Bauchflosse und After ist scharf, vor den Bauchflossen gerundet. Die Schuppen sind gross, derb und festsitzend. Die Färbung ist in verschiedenen Gewässern sehr verschieden, im Allgemeinen ist der Kücken blau- oder braungrüu, die Seiten silberfarben mit etwas Messingglanz, der Bauch weiss. Die Flossen, namentlich die Bauch-, After- und Schwanzflosse sind blutroth, letztere häufig wie die Brust- flosse schwärzlich angeflogen. Das Rothauge kommt in allen unseren Fig. 100. Das Eothauge mit Querschnitt, Schlundzähnen, Schuppe und Schuppe der Seitenlinie. süssen Gewässern sehr häufig vor und hält sich meistens in Gesellschaft von Karauschen und Schleihen am Grunde auf, um aus demselben Gewürm u. dgl. hervorzuholen. Es erreicht eine Länge von 20 — 30 cm, laicht im April und Mai an den Uferrändern an pflanzenreichen Stellen und setzt ca. 100000 Eier ab. Die Männchen haben in der Laichzeit einen Aus- schlag von zahlreichen kleinen weissen Knötchen am Scheitel und Rücken. 136 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. Das Fleisch ist gräthig und von geringem Werth, doch ist das Kothauge als Futterfisch für Zander und Forellen vortheilhaft zu züchten. Trotz sehr in die Augen fallender Unterschiede wird es sehr häufig mit der Plötze verwechselt. Gattung Leuciscus Rond. Die kleine Mundspalte verläuft ziemlich horizontal, die Schlundzähne stehen nur einreihig, 6. — 5. oder 5. — 5. Der Bauch ist zwischen Bauch- flosse und After gerundet. Rücken- und Afterflosse mit kurzer Basis. 47. Die Plötze. L.euciscus rutilus L. Platz, Pletz, Pletze; lit. : bruiszis, brunszis; kur.: brunscha, brunsze; mas., kass.: plotka, ploc, ploczieczka, plocica, K. 3. R. 3/10—11. Br. 1/15. B. 2/8. A. 3/9—11. S. 19. Seh. 7—8/42—44/3—4. Sclüdz. 6.-5. oder 5.-5. Der Körper ist massig gestreckt und zusammengedrückt, in den Formen sehr wechselnd, der Kopf kurz, gedrungen, mit endständigem, nur wenig schrägem Munde, der nur bis unter die, dem rothen Auge Kg. 101. Die Plötze mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. nahe stehenden Nasenöffnungen reicht. Die Schlundknochen sind ge- drungen, die vorderen Schlundzähne konisch, die hinteren zusammenge- Plötze. Döbel. 137 drückt, etwas gekerbt, am Ende hakig. Zwischen Bauchflossen und After keine Kante. Der Rücken ist blaugrün oder graublau, die Seiten silber- glänzend, der Bauch ist weiss. Alle Flossen sind mehr oder weniger mennigroth, mitunter auch blutroth gefärbt, die Rücken- und Schwanz- flosse mit schwärzlichem Anflug am Rande. Eine in der Färbung den Goldfischen ähnliche Varietät, die Gelegenheit zur Verwechselung mit der Goldorfe gegeben hat, wird mitunter in der Weichsel und den Haffen beobachtet. Andererseits wird die Plötze sehr gewöhnlich von dem Rothauge nicht unterschieden. Sie findet sich in allen unseren Gewässern, auch in der See, erreicht gewöhnlich nur eine Länge von 20 — 25 cm, doch kommt sie im kurischen Haff nicht selten in einer Grösse von mehr als 30 cm vor. Im April und Mai zieht sie zum Laichen schaaren- wreise an pflanzenreiche Untiefen und verursacht dabei lautes Geräusch. Sie setzt 80 — 100000 Eier ab und verliert dabei ihre gewöhnliche Scheu so sehr, dass sie leicht mit Käschern gefangen werden kann. Die Männchen zeigen in der Laichzeit auf Scheitel und Rücken nur ver- einzelte weisse Knötchen. Man fängt sie mit allerlei Gezeugen, im kuri- schen Haff mit besonderen Plötzennetzen, im Winter unter dem Eise mit dem Wintergarn oft in ungeheurer Menge. Das Fleisch wird wegen der vielen Gräthen gering geachtet. Als Futterfisch für Forellen etc. eignet sie sich wegen ihrer schnellen Vermehrung vorzüglich. Gattung Squalius Bonap. Keine Barteln an dem nur wenig schief gestellten Munde. Die Schlundzähne stehen zweireihig 2. 5. — 5. 2. Der Körper ist massig ge- streckt, nur wenig zusammengedrückt, Rücken und Bauch ohne Kante, die Basis der Rücken- und Afterflosse kurz. Die Rückenflosse steht gerade über der Bauchflosse. 48. Der Döbel. Squalius cephalus L. Debel, Diebel, Deibel, Deivel, Düvel,' Dickkopf, Rohrkarpfen. litt: szapalas, szapals; kur.: sapal; mas.: klen. K. 3. R. 3/8. Br. 1/16—17. B. 2/8. A. 3/7—9. S. 19. Seh. 7—8/44—46/3—4. Schldz. 2.5.-5.2. Der Körper ist dick, wenig zusammengedrückt, mit grossem, sehr breitem Kopf, weitem, endständigem, etwas schiefem und bis zum vor- deren Augenrand reichenden Munde. Die Iris ist silberglänzend, oben mit dunklem Fleck. Die ISTasenöffnungen , die ziemlich in der Mitte zwischen Auge und Schnauzenspitze stehen, liegen in einer ovalen, grossen Grube; die hintere ist schlitzförmig und durch eine Hautfalte gedeckt. Die Schnauze ist etwas niedergedrückt, die Schlundzähne zu- 1 38 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. sammengedrückt, mit hakiger Spitze. Bücken- und Bauchkante sind in ganzer Ausdehnung gerundet. Die Schuppen sind gross und derb, die Seitenkanäle und Kopfporen sehr weit, Die Rückenflosse steht gerade über oder sehr wenig hinter der Bauchflosse, ihr hinterer Rand ist, wie der der Afterflosse, leicht convex. Die Oberseite ist schwarzgrün gefärbt, die Seiten gelblichgrün, der Bauch heller, die meisten Schuppen der Seiten sind von einem schwarzen Rande umgeben, wodurch die Oberfläche ein netzartiges Ansehen bekommt. Die Rücken- und Schwanzflosse ist schwärzlichgrün, mitunter mit röthlichem Anflug, Bauch- und Afterflosse Uta i>iP -f"*"-)""-/ Lk *mk \ Fig. 102. Der Döbel mit Kopf, Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. mennigroth, feuerroth oder orange mit besonders intensiv gefärbten Strahlen. Bei jungen Fischen sind alle Flössen gelblich. Der Döbel erreicht eine Länge von 40 — 60 cm, nährt sich vorwiegend von thierischer Kost und verschluckt selbst Frösche, Mäuse und dergleichen. Erjaicht im Mai und Juni, und das Männchen zeigt in dieser Zeit einen fein- Eäsling. I;;d körnigen Hautausschlag. Er kommt in allen Gewässern ziemlich häutig vor, bevorzugt namentlich langsamer fliessende, klare Flüsse. Sein Fleisch ist gräthenreich und wird nirgends sehr geachtet, als Futterfisch wäre er sehr zweckmässig zu verwerthen. Trotz seiner auffallend breiten Stirn wird er mit dem Kühling und Häsling vielfach verwechselt, von letzterem auch wohl wegen der dunkleren Farbe seiner Seiten als roth- schuppiger Döbel unterschieden. 49. Der Häsliug. Squalius leaeiscus Ja. Weisser Döbel; kur.: balta szapalas; mas.: jasz. K. 3. R 3/7. Br. 1/16—17. B. 2/8. A. 3/8—9. S. 19. geh. 7_8/47—52/4. Schldz. 2. 5.-5. 2. Der Körper ist gestreckter und etwas mehr zusammengedrückt, als der des Döbels, der Kopf schlanker, das Maul klein, etwas unterständig, nicht bis zu den Nasenlöchern reichend, die Schnauze mehr oder weniger Wk Fig. 103. Der Häsling mit Kopf, Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. gewölbt oder quer abgestutzt. Die Augen sind klein, mit gelblicher Iris. Die Schlundzähne kommen nach Siebold mitunter auch in folgenden Formeln vor 3. 5. — 5. 2. oder 3. 5. — 5. 3., jedoch seltener als 2. 5. — 5. 2. Der Kücken und Scheitel ist bräunlich oder schwarzblau, Seiten und Bauch silberglänzend, erstere oft etwas gelblich. Die Basis der mittel- grossen Schuppen ist mitunter schwärzlich pigmentirt. Rücken- und Schwanzflosse sind schwärzlich grün oder graulich gelb, die anderen Flossen gelblich oder orange gefärbt, der Yorderrand der Brustflosse 140 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. „ rauchig getrübt. Der freie Band der Rücken- und Afterflosse ist leicht concav. Der Häsling ist in ganz Mitteleuropa weit verbreitet, wird aber vielfach mit dem Kühling und Döbel verwechselt, bei uns wird er nur in wenigen Gegenden als Häsling vom Döbel unterschieden, am kurischen Haff als weisssehuppiger Döbel bezeichnet. Er bewohnt Flüsse und Bäche, aber auch Seen und die Haffe, laicht im April und Mai, wobei das Männchen einen sehr feinkörnigen, weisslichen Hautausschlag auf dem ganzen Körper bekommt. Er erreicht eine Länge von 20 — -25 cm. Sein Fleisch wird wenig geschätzt. Wie der Döbel wird er im Gemenge mit anderen Fischen zusammen gefangen. Als Futterfisch für Forellen, Zander etc. ist er sehr zu empfehlen. Gattung Phoxinus Agass. Der Mund ist endständig, ohne Barteln, die Schlundzähne zwei- reihig, 2. 5.-4. 2. oder 2. 4. — 4. 2. Der Körper ist cylindrisch, die Schuppen sehr klein und zart, wenig- deckend. Rücken- und Afterflosse sind kurz. 50. Die Ellritze. Plioxiutis laevis Ag. K. 3. R. 3/7. Br. 1/15. B. 2/8. A. 3/7. S. 19. Seh. 8—10/80—90/8—10. Schldz. 2. 5.-4. 2. oder 2. 4.-4. 2. Der Körper ist rundlich, fast cylindrisch, nur im Schwanztheil zu- sammengedrückt, die Schnauze stumpf gewölbt mit kleinem, endständigem Munde, der nur bis unter die Nasenöffnung reicht. Die Schlundzähne sind seitlich zusammengedrückt, am Ende hakig. Die kleinen, zarten Schuppen decken sich nicht überall, namentlich bleibt ein mittlerer Längs- streif an der Rücken- und Bauchseite geAvöhnlich ganz schuppenlos. Die Seitenlinie ist nur selten vollständig, gewöhnlich ist sie nur im Yorder- theil des Körpers regelmässig entwickelt, hinten unregelmässig unter- brochen oder ganz fehlend. Die Rückenflosse steht ziemlich genau in der Mitte der Körperlänge, gleichzeitig mitten zwischen Bauch- und After- flosse. Der Rücken ist dunkel, oft mit einem mittleren schwarzen Längs- strich, olivengrün, schwärzlich marmorirt, die Seiten sind silberglänzend oder messinggelb, oberhalb der Seitenlinie mit einem goldglänzenden, aus der Tiefe durchsschimmernden Längsstreifen, der vom Kiemendeckel bis zur Schwanzflosse reicht, und unter diesem Streifen gewöhnlich mit einer Reihe kurzer, dunkler Querbinden gezeichnet. Brust und Bauch sind gelblich oder weiss, mitunter (unabhängig von der Laichzeit) schön purpurroth. In stehenden Gewässern, z. B. bei Danzig, kommt eine als Sumpfellritze bezeichnete Varietät vor, die auf messinggelbem, auf dem Rücken dunklerem Grunde fein schwarz punktirt ist (var. punetatus Zadd.). Die Grundfarbe der Flossen ist ein blasses Weingelb, mitunter sind sie Ellritze. 141 ganz farblos. Brust-, After- und Schwanzflosse sind oft schwärzlich angeflogen, die Basis der Brust-, Bauch- und Afterflosse nicht selten purpurroth. In der Laichzeit, erscheinen namentlich die Männchen oft viel dunkler gefärbt, mitunter fast ganz schwarz, bei anderen tritt die rothe Farbe der Unterseite deutlich hervor, auch der Mundwinkel er- scheint oft purpurroth. Bei beiden Geschlechtern tritt ausserdem ein über den ganzen Körper verbreiteter, spitzhöckeriger Hautausschlag auf. Die Ellritze bewohnt klare Bäche, Flüsse auch Seen mit Sand- oder Kies- grund, ist aber bei uns weniger verbreitet als weiter nach Westen hin. Fig. 104. Die Ellritze mit Querschnitt, Schlundzähnen und Schuppe. Sie nährt sich von kleinen Wasserthierchen, ist sehr scheu und schnell, und zieht, wo sie, wie in der Rheingegend, in grossen Mengen vor- kommt, in ungeheuren Schwärmen im Mai zum Laichen stromaufwärts. Während man sie bei uns ihrer geringen Zahl wegen nicht viel benutzt, wird sie dort in erheblichen Mengen gefangen und als Rümpchen oder Maipiere abgekocht oder marinirt. Das Fleisch ist schmackhaft, es ge- schieht aber mit dem Fange der Eümpchen an den jungen Forellen und Lachsen, die in ihren Zügen in Menge mitgefangen werden, grosser Schaden. Die Ellritze erreicht meistens nur eine Länge von 8 — 10 cm. doch kann sie auch 12 — 13 cm lan°- werden. 142 Die preussischen Fische. Schwimmblase!-. Gattung Chondrostoma Agass. Das Maul ist unterständig mit knorpelharten, geradlinigen, schneiden- den Lippenrändern. Schlundzähne einreihig, 6. — 6., selten 7.-7. Rücken- und Afterflosse sind kurz. 51. Die Nase. Chondrostoma nasns L.. Näsling, Quermaul, Erdfisch, Schwarzbauch, Aesche (Heilsberg.) mas.: noss. K.3. R. 3/9. Br. 1/15—16. B. 2/9. A. 3/10—11. S. 19. gel!. 8—9/57—62/5—6. Schldz. 6.-6., seltener 7.-7. Der Körper ist gestreckt, massig zusammengedrückt, 5mal länger als hoch, 2mal höher als dick, mit stark vorragender konischer Schnauze. Der unterständige Mund ist von ganz geradlinigen hornartigen Lippen- rändern begrenzt, von denen namentlich der untere eine fast messer- artig scharfe Schneide bildet. Die seitlich zusammengedrückten Schlund- Fig. 105. Die Nase mit Querschnitt, Schlundzähnen, Schuppe und Unterseite des Kopfes. zahne, die mitunter auch zu 7. — 6. oder 6. — 7. stehen, zeigen oben eine angeschliffene ebene Fläche. Die gold- oder silberglänzende Iris hat oben häufig einen dunkeln oder röthlichen Fleck. Alle Flossen sind kurz. Die Schuppen stehen in sehr regelmässigen Längsreihen. Die Ober- seite ist schwärzlich grün gefärbt, Seiten und Bauch sind silberfarben, die Rückenflosse ist graulich, die anderen Flossen sind mehr oder weniger röth- Nase. 143 lieh, die Schwanzflosse ist dunkelgrau, gesäumt. In der Laichzeitist die Färbung bei beiden Geschlechtern sehr viel lebhafter, der Kücken erscheint sehr dunkel, auf den Seiten fällt ein verschwommener, schwarzer, atlasartig glänzender Streif ins Auge, die Mundwinkel, die Käthe des Kiemendeckelappartes und die Gelenke der Brustflossen sind lebhaft orange gefärbt. Ausserdem findet sich beim Männchen auf dem ganzen Körper, beim Weibchen auf Scheitel und Schnauze ein ans kleinen kegelförmigen oder halbkugligen weisslichen Knötchen bestehender Hautausschlag. Das Bauchfell ist immer ganz schwarz gefärbt. Die Nase erreicht eine Länge von 25 — 40 cm, wird auch mitunter noch grösser. Sie lebt in reinen, sclmellfliessenden Gewässern, auch in Seen, wühlt viel im Grunde, weidet die auf Steinen etc. wachsenden Algen ab, und nährt sich ausserdem von allerlei kleinen Thieren. Im April und Mai zieht sie schaarenweise nach schnellfliessendem Wasser mit Kiesgrund, um dort unter lebhaften Bewegungen zu laichen. Bloch hat bei ihr nur 8000 Eier gezählt. Die Nase ist bei uns selten, mir ist sie nur aus der Alle und ihren Nebenflüssen, der Passarge und Ferse bekannt, sie wird mir aber auch als in der Umgegend von Danzig, Elbing und den Gewässern des Kreises Lyck vorkommend genannt. Bei Heilsberg wird das Laichen der Nase in jedem Frühjahr im flachen Wasser beobachtet. Ihr Fleisch ist weichlich und gräthig und wird nur von geringen Leuten gegessen. Familie der Schmerlen, Acanthopsides. Der Körper ist lang gestreckt, rundlich, der Kopf bis zur Kiemen- spalte mit einer weichen Haut überzogen. Unter dem Auge stehen auf den Unteraugenknochen 1 oder 2 bewegliche, in eine Grube niederleg- bare Dornen. Die Schwimmblase ist theilweise von einer mit den Wirbeln zusammenhängenden Knochenkapsel umschlossen, durch eine Längsscheide- wand getheilt. Bei den Weibchen findet sich nur ein Eierstock. Gattung Cobitis L. Der Kopf ist ldein, der Mund mit Barteln umgeben, die Kiemen- spalte eng. Die Schlundzähne stehen nur in einer Reihe in grösserer Anzahl auf den Schlundknochen. Der Körper ist mit sehr kleinen weichen Schuppen bedeckt, die Seitenlinie kaum sichtbar. 52. Der Sshlannmpeitzker. Cobitis fossilis I,. Wetterfisch, Pisker, Peisker, Pietzker, Peitzker, Schlammpietzker. lit, kur.: piplys; mas., kass.: piskorz, pchieskorz. K. 4. R 3/5—6.* Br. 1/10. B. 1/5. A. 3/5. S. 16. Der Körper ist lang gestreckt, aalförmig, vorne cylindrisch, hinten 144 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. seitlich zusammengedrückt, mit kleinem Kopf, kleinem, endständigem, sehr beweglichem Munde, weichen Lippen und 10 Barteln, von denen 6 an der Oberlippe, 4 kleinere an der Unterlippe sich befinden. Die Haut ist weich, schleimig, mit zahlreichen, äusserst kleinen und zarten Schuppen bedeckt, die nur beigenauerBesiehtigung gefunden werden. Die Flossen sind ziemlich klein. Die Rückenflosse steht hinter der Körpermitte, darunter die schmale Bauch- flosse. Die gerundete Schwanzflosse geht mit einer schmalen Kante auf den Rücken undBauch über. Auf dem Unteraugenknochen befindet sich ein derber, beweglicher, mit der Spitze nach hinten gerichteter Stachel, der in einer seichten Längsfurche der Haut verborgen liegt. Die Schlundknochen tragen eine Reihe von 12 — 14 seitlich zusammengedrückten Schlund- Fig. 10G. Der Schlainmpoitzkor mit Querschnitt und Schuppe. zahnen. Rücken und Seiten sind ledergell) bis dunkelbraun gefärbt, wie •Irr Kopf dunkler gelleckt oder marmorirt, der Bauch orange. An den Seiten zieht sich eine breite, schwarzbraune Binde von der Kiemenspalte bis zur Schwanzflosse hin, darüber und darunter häufig noch je ein schmaler, dunkelbrauner Längsstreifen. Ausserdem befinden sich auf dem ganzen Körper häufig viele unregelmässige, rundliche schwarzbraune Flecke, die oft auch auf Rücken- und Schwanzflosse, seltener auf die gelben, paarigen und die Afterflosse übergehen. Das Auge ist goldgelb, Schlammpoitzkor. Schmerle. 145 die Nasenöfifhungen stehen dicht davor. Der Darmkanal ist kurz, ohne Pfört- neranhäuge; die der Länge nach in eine rechte und linke Hälfte getheilte Schwimmblase ist theilweise von einer zweiklappigen, mit 3 — 4 Wirbeln verwachsenen Knochenkapsel umschlossen. Der Schlammpeitzker findet sich überall in Gewässern mit schlammigem Grunde, nirgends in grösserer Menge. Er zieht reines Wasser dem schlammigen vor, lebt am Grunde von Insecten, Würmern, Fischlaich, vergräbt sich Winters im Schlamm und kann in diesem, wenn das Wasser im Sommer vertrocknet ist, lange unbeschädigt leben, wie er auch ausserhalb des Wassers in feuchter Umgebung sehr lange ausdauert. Im April bis Juni setzt er circa 140000 Eier an Wasserpflanzen ab. Bei Gewitter steigt er unruhig vom Grunde des Wassers auf, und wird desshalb häufig in kleinen Gläsern als Wetterprophet gehalten. In schlammigem, sauerstoffarmem Wasser kommt er, wie seine Verwandten häufig an die Oberfläche um Luft zu verschlucken, die er später durch den After wieder von sich giebt. Vielfache Analysen der so durch den Darm hindurchgegangenen Luft haben nachgewiesen, dass dieselbe ihres Sauerstoffes beraubt und mit Kohlensäure beladen ist, dass also der Darm dieser Thiere als ein accessorisches Eespirationsorgan fungirt. Beim Ergreifen geben die Schlammpeitzker und ihre Verwandten ziemlich regelmässig einen pfeifenden Ton von sich, indem sie einen Theil der Luft aus der Schwimmblase durch den Luftgang auspressen. Der Schlammpeitzker er- reicht eine Länge von 30 cm und mehr. Sein Fleisch hat in Folge seines Aufenthalts in modrigem Grunde einen unangenehmen Beigeschmack, soll aber, wenn man ihn einige Tage in fliessendem Wasser hält, sehr wohlschmeckend werden. Er wird gelegentlich in Netzen gefangen, geht auch in Reusen und beisst mitunter an die Angel. 53. Die Schmerle. Cobitis barbatula L.. Schmardel, Schmerling, Schmarling; kass.: wasak. K. 3. R. 3/7. Br. 1/12. B. 1/7. A. 3/5. S. 18. Der Körper ist massig gestreckt, vorne cylindrisch, hinten nur wenig zusammengedrückt. Der unterständige kleine Mund ist von 6 ziemlich langen Barteln, von denen 4 kürzere in der Mitte der Oberlippe, 2 längere an den Mundwinkeln stehen, umgeben. Die kleinen blau- grauen Augen stehen hoch auf dem Kopfe, dicht davor in einer kleinen Grube das hintere Nasenloch, während das vordere, röhrenförmige weiter nach der stumpfen Schnauzenspitze hin gerückt ist. Der Augenstachel ist sehr kurz, ganz in einer Hautfalte verborgen. Auf den Schlundknochen stehen jederseits 8 — 10 schlanke Zähne in einfacher Reihe. Die kleinen 10 146 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. zarten Schuppen decken sich meistens nicht, sondern berühren sich nur am Rande, Rücken und Bauch sind unbeschuppt, ebenso die Gegend der Seitenlinie, am Schwänze stehen die Schuppen dichter. Die Oberseite ist dunkel olivgrün oder schwärzlich, der Bauch graugelblich, die Seiten mit beiden Farben unregelmässig marmorirt. Die Rücken- und die gerundete, nicht auf Rücken und Bauch sich fortpflanzende Schwanzflosse ist grau- lich, die paarigen und die Afterflosse schmutziggelb, alle mehr oder weniger schwarz gefleckt, Bauch- und Afterflosse häufig auch ohne Hecken. Die Schmerle erreicht nur eine Länge von 10 — 12, selten 15 cm, sie bewohnt lebhaft fliessende Bäche, kommt aber auch an den Ufern vieler Seen mit reinem Wasser und in den Haffen vor. Sie bevorzugt kiesigen Grund, wo sie zwischen Steinen versteckt auf Beute lauert, pfeilschnell Fig. 107. Die Schmerle mit Querschnitt und Schu^x'. kurze Strecken weit schwimmt, sich aber immer wieder bald versteckt. Sie ist sehr gefrässig, nährt sich von Insecten, Gewürm, Laich etc. und lässt sich auch mit Leinkuchen und anderen Pflanzenstoffen erhalten. ■ Im April und Mai legt sie ihre kleinen zahlreichen Eier in der Tiefe zwischen Steinen oder in selbstgemachten Gruben ab, wo sie vom Männchen be- wacht werden sollen. In kleinen Zugnetzen ist sie leicht zu fangen. Von Kindern wird sie auch mit Gabeln gestochen. Das vorzüglich zarte und wohlschmeckende Fleisch wird jetzt bei uns fast nirgends ver- wendet, obwol es zur Zeit des Ordens hier sehr geschätzt wurde. In anderen Ländern werden die Schmerlen in eigenen Teichen mit durch- Schmerle. Steinbeisser. 147 Messendem "Wasser oder in Gräben gezüchtet und gemästet. Im Gegen- satz zum Scblammpeitzker hat sie ein sehr zartes Leben, stirbt in kleinen Behältern, und wenn man sie aus dem Wasser nimmt, schnell ab, und ihr Fleisch ist nur dann gut, wenn sie unmittelbar nach dem Fange zubereitet wird. 54. Der Steinbeisser. Cobitis taenia L,. Steinbeiss, Steinpietzker. K. 3. R, 3/7. Br. 1/6—8. B. 1/5. A. 3/5. S. 15—16. Der Körper ist gestreckt, in ganzer Länge sammt dem Kopfe seitlich stark zusammengedrückt, fast 2mal höher als dick. Der Kopf ist spitz, mit unterständigem, kleinem, von 6 äusserst kurzen Barteln umgebenem Munde. Der Augendorn ist sehr beweglich, gabelig, und wird bei Be- unruhigung des Thieres aufgerichtet, so dass er leicht fühl- und sicht- bar wird. In Ruhe liegt er rückwärts gerichtet in einer Hauttasche. Fig. 108. Der Steinbeisser mit Querschnitt und Schuppe. Die Augen stehen dem Scheitel sehr nahe. Jederseits 8 — 10 schlanke Schlundzähne in einer Reihe. Der Körper ist vollständig mit sehr kleinen runden, sich dachziegelförmig deckenden Schuppen besetzt, die nur auf der sehr kurzen, nicht über die Spitze der Brustflosse hinaus zu ver- folgenden Seitenlinie fehlen. Die Flossen sind klein, die nicht auf Rücken und Bauch fortgesetzte Schwanzflosse stark abgerundet. Beim Männchen ist der zweite Strahl der Brustflosse stark verdickt. Die Grundfarbe des Körpers schwankt zwischen gelblich weiss, ledergelb und orange. 10* 148 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. Die Oberseite ist mit zahlreichen feinen schwarzbraunen Punkten ge- sprenkelt. In der Mittellinie des Rückens zieht sich eine aus grossen braunen Flecken bestehende Binde vom Kopf bis zum Schwänze hin, eine ähnliche aus 12 — 17 grossen Flecken bestehende an der Seite etwa in halber Höhe des Leibes. Zwischen beiden verläuft gewöhnlich eine ähnliche, aber schmälere Fleckenbinde nahe der ersteren. Auch auf dem Kopfe zeigen sich einige Fleckenreihen und vom Auge zum Munde er- streckt sich gewöhnlich ein schräger schwarzer Streif. Die grauliche Rücken- und Schwanzflosse sind mit schwärzlichen Fleckenreihen gebändert, die übrigen gelblich grauen Flossen ungefleckt. Der Steinbeisser lebt in fliessenden und stehenden Gewässern, hält sich häufig bis an den Kopf im Schlamm oder Sand vergraben und nährt sich, wie seine Verwandten von kleinen Thieren und modernden Pflanzen- stoffen. Er erreicht gewöhnlich nur eine Länge von 10 cm, laicht im April und Mai und wird, da sein Fleisch als zähe und mager nirgends geachtet wird, wenn überhaupt, nur als Köderfisch verwerthet. Im Aqua- rium unterhält er durch die Lebhaftigkeit mit der er den Grund nach Nahrung durchwühlt, wobei er Sand und Steinchen haufenweise durch die Kiemenspalten auswirft, und durch seine Gewohnheit sich theilweisc im Grunde zu verbergen. Auch ohne Nahrung aufzunehmen macht er häufig Kaubewegungen, die sehr an diejenigen des Kaninchens erinnern. Familie der Lachse, Salmonidei. Der Leib ist gestreckt, meistens nur wenig zusammengedrückt, mit Rundschuppen bedeckt. Die Kiemenöffnung ist gross, bis zur Kehle gespalten, der obere Mundrand wird vom Zwischen- und Oberkiefer ge- bildet. Der Magen hat einen Blindsack und sehr zahlreiche Pförtneran- hänge. Die grosse, einfache Schwimmblase steht durch einen Luftgang mit der Speiseröhre in Verbindung. Hinter der Rückenflosse befindet sich eine von keinen Knochengebilden gestützte „Fettflosse". Die Lachse sind grösstenteils "YVanderfische mit zartem, gräthenarmem Fleisch, die grössten- teils in den Wintermonaten laichen und theilweise eine grosse volks- wirtschaftliche Bedeutung haben. Gattung Coregonus Art. Der Körper ist ziemlich zusammengedrückt, ungefleckt. Die Mund- öffnung ist sehr eng, die Kiefer mit feinen, leicht ausfallenden Zähnen besetzt oder ganz zahnlos. Die Rückenflosse steht dicht vor den Bauchflossen. Sehr zahlreiche Pförtneranhänge. In der Laichzeit bilden sich auf den Schuppen der Kürperseite kleine konische Hautwarzen, die 3 — 5 Längsreihen bilden. Grosso Maräne. 149 Die Coregonen leben in der Tiefe der Gewässer von kleinen Insecten, Schnecken, Gewürm etc. und kommen nur zum Laichen in flacheres Wasser. 55. Die grosse Maräne. Coregonus niaraeiia 151, K. 8. R. 4/10—11. Br. 1/16—17. B. 2/9—10. A. 4/10—12. S. 19. Seh. 9—10/95—98/8—9. Der Körper ist gedrungen, massig zusammengedrückt, mit kurzer, dicker, schräge abgestutzter Schnauze, die den schmäleren und etwas kürzeren Unterkiefer bei geschlossenem Munde überragt. Der Mund ist klein, mit sehr feinen, hinfälligen Zähnen versehen oder ganz zahnlos. Der Oberkiefer reicht nur bis unter den vorderen Kancl des grossen silberglänzenden Auges. Die beiden kleinen Nasenöffnungen liegen dem Fig. 109. Die grosse Maräne mit Kopf, Querschnitt und Schuppe. Auge näher als der Schnauzenspitze. Die Kückenflosse steht etwa in der Mitte des Körpers, die Bauchflossen gerade darunter, die Afterflosse dem Schwänze näher als der Bauchflosse, die kleine Fettflosse ziemlich mitten darüber. Brust- und Bauchflossen sind zugespitzt, die Schwanzflosse tief gabelig. Der Körper ist mit grossen, dünnen, leicht abfallenden Schuppen bedeckt. Der Rücken ist schwarzgrau gefärbt, die Seiten bläulich ,_cler 150 Die preussisclien Fische. Schwimmbläser. Bauch weiss. Die Flossen sind graulich, schwarz gesäumt, mitunter an der Basis violett, die Fettflosse schwärzlich. Die grosse Maräne hält sich im Sommer in grossen Tiefen bis zu 50 m auf und kommt nur selten, namentlich zum Laichen schaarenweis in flacheres Wasser. Die Laichzeit fällt in den November und December, die 20 — 50000 Eier, die eine Grösse von 3 — 3,5 mm haben und nicht kleben, fallen auf den Grund. Die Maräne lebt von Gewürm, Insecten und kleinen Muscheln, erreicht eine Grösse von 60 cm, oft auch darüber. Sie bewohnt den Maduesee in Pommern, den Ladoga- und Peipussee und ist früher wahr- scheinlich auch in unseren Seen heimisch gewesen. Neuerdings sind künstlich erbrütete Maränen in den Nariensee und einige andere preussi- sche Seen eingesetzt, auch sind vor Kurzem in einigen an Russland grenzenden Seen erwachsene Exemplare gefangen worden, die wol aus der Brutanstalt in Suwalki herstammen, wo die Maräne seit Jahren gezüchtet wird. Einzelne in einem Teiche erzogene Exemplare massen im Alter von noch nicht einem Jahre schon 20 cm. "Wahrscheinlich ist die grosse Maräne nur eine Abänderung des Ostseeschnäpels, die dadurch entstanden sein mag, dass die Thiere, welche früher die See bewohnten und nur zum Laichen in die Haffe und Seen aufstiegen, in letzteren durch Aufhören der Communication mit dem Meere zurückgehalten wurden. Das Fleisch der grossen Maräne ist weiss und fest und wird sowohl in frischem als in warm geräuchertem Zustande sehr geschätzt. 56. Der Ostseesclmäpel. Coregoiras lavaretus L*. Schnäpel, Snepel, Seemaräne. lit, kur. : sykas; kass. brzona, brzol. K. 8. R, 3/10. Br. 1/15. B. 1/10—11. A. 1/12. S. 19. Seh. 9—11/90—96/9—10. Der Körper ist gestreckt, nur wenig zusammengedrückt, der Kopf zugespitzt, mit schräge abgestutzter Schnauze, die den Unterkiefer über- ragt. Der Oberkiefer reicht bis zum vorderen Augenrande, mitunter auch bis zur Mitte des Auges. Der kleine Mund ist gewöhnlich ganz zahnlos. Die Nasenöffnungen stehen ziemlich in der Mitte zwischen dem silbergänzenden Auge und der Schnauzenspitze, die hintere ist halbmondför- mig, die vordere liegt in einer kurzen, die hintere etwas bedeckenden Haut- falte. Die Rückenflosse steht ziemlich genau in der Körpermitte, die Bauch- flosse mitten darunter, die kleine Fettflosse über dem hinteren Theil der Afterflosse. Die Schwanzflosse ist hinten tief ausgeschnitten. Die Ober- seite des Körpers ist graugrün gefärbt, die Seiten heller, unten wie der Bauch silberweiss. Mitunter erscheinen die Ränder der Schuppentaschen I istseeschnäpeli 151 dunkler gefärbt Der grau- oder schwärzgrüne Oberkopf zeigt häufig zahlreiche kleine schwarze Flecken: Die abgestutzte Nasenspitze ist mitunter ganz schwarz. Die Flossen erscheinen graulich, am Rande schwarz ge- säumt, die Rückenflosse auch wohl schwarz gebändert. In der Laichzeit bilden sich beim Männchen auf jeder Schuppe zweier Schuppenreihen ober- und dreier unterhalb der Seitenlinie kleine weisse längliche Knötchen, ähnliche, aber kleinere auch auf den Schuppen der Seiten- Fig. 110. Der Sclinäpel mit Kopf, Querschnitt und Schuppe. linie selber. Nach der Laichzeit verschwinden dieselben wieder. Der Fisch verbreitet iu frischem Zustand einen eigenthümlichen milden Gur- kengeruch. Der Ostseeschnäpel bewohnt die Ostsee und kommt im October und November zum Laichen ins kurische Haff nach den Steinlagern vor Rossitten, Rinderort und Steinort, wo er 30 — 50000 Eier von 2,5 — 3 mm Grösse absetzt, wird auch in der Danziger Bucht ge- fangen, ebenso an der pommerschen und russischen Küste. Er war t'i über im kurischen Haff, wo er sich nach dem Laichen bis zum Früh- jahr authielt, ausserordentlich § häufig, wird jetzt aber nur in kleinen 152 Die preussischcn Fische. Schwimmbläser. Schwärmen beobachtet. Er erreicht eine Länge von 40 bis 50 cm und ist nicht mit dem ebenfalls in der Ostsee, aber nicht an unseren Küsten vorkommenden Nordseeschnäpel, Coregonus oxyrrhynchus zu verwechseln, dessen weiche Nase den Unterkiefer um 1 — 2 cm überragt, und selbst nach stärkerem Eintrocknen von der quer abgestutzten Schnauze des Ostseeschnäpels leicht zu unterscheiden ist. 57. Die kleine Maräuc. Coregonus albula I>. mas., kass. : moranka, muranka, morynka, morenki. K. 8. E. 4/8—9. Br. 1/14—15. B. 2/10. A. 4/11—12. S. 19. Seh. 7—9/82—88/8—10. Der Körper ist gestreckt, massig zusammengedrückt, 6mal länger als hoch, mit zugespitztem Kopf, keilförmiger, nicht abgestutzter Schnauze und vorstehendem Unterkiefer, der mit schwach verdicktem Kinn in einen seichten Ausschnitt des Zwischenkiefers passt, und dem Kopf ein, Fig. 111. Die kleine Maräne mit Kopf, Querschnitt und Schuppe. von dem der übrigen Coregonen ganz abweichendes, den Heringen ähn- liches Aussehen giebt. Der Mund ist gewöhnlich zahnlos, nur auf der Zunge stehen mitunter feine Zähnchen. Der Oberkiefer reicht bis unter den vorderen Augenrand, die kleinen Nasenöffnungen liegen ziemlich mitten zwischen Auge und Schnauzenspitze. Die Iris ist silberglänzend. Kloino Harune. Aesche. 153 Die Form und Stellung der Flossen entspricht derjenigen der vorher be- sprochenen Coregonen. Die Seitenlinie verläuft vom Schwänze bis zur Brustflosse geradlinig, steigt aber von dieser gegen den Kiemendeckel hin deutlich auf. Die Färbung ist oben blaugrün, an Seiten und Bauch silberglänzend, Kücken-, Fett- und Schwanzflosse sind grau gefärbt, die übrigen Flossen farblos. Die kleine Maräne bewohnt fast alle tiefen Seen des uralobaltischen Höhenzuges von Russland bis nach Mecklenburg. Bei uns ist sie namentlich in den masurischen und kassubischen Seen häufig. Sie lebt während der grössten Zeit des Jahres in der Tiefe von kleinem Gewürm und kommt nur auf ihrem Zuge nach den Laichplätzen in flacheres "Wasser. Namentlich sind die Wanderungen bekannt, die sie in grossen Schaaren im September und October aus dem Mauer- und Löwentin- in den Spirdingsee unternimmt, von avo sie im Frühjahr zu- rückkehrt. Sie laicht im November und December in einiger Entfernung vom Ufer, indem sie ihre ca. 10000 etwa 2 mm grossen Eier einfach ins Wasser fallen lässt, wobei sie ein lebhaftes Geräusch macht. In den meisten Seen erreicht sie eine Länge von 12 — 15 cm, an manchen Orten, z. B. im Dadeysee bei Bischofsburg wird sie dagegen 30 — 35 cm lang. Wegen ihres sehr feinen Fleisches wird sie auf ihren Wanderungen mit grossen Netzen gefangen und theils frisch, theils geräuchert verwerthet. Gattung Thymallus Cuv. Das Maul ist mit kleinen Zähnen ausgerüstet, die Zunge zahnlos, die Rückenflosse sehr hoch und lang, weit vor den Bauchflossen be- ginnend. Die ziemlich harten Schuppen sitzen sehr fest in ihren Taschen. Am Magen nur wenige Pförtneranhänge. 58. Die Aesche. Thyniallus vulgaris Miss. Asche, Asch, kass.: lipien. K. 9—10. R. 5—7/14—17. Br. 1/14—15. B. 1/10. A. 3—4/9—10. S. 19. Seh. 7—8/86—88/9—12. Der Körper ist gestreckt, massig zusammengedrückt, 5mal länger als hoch, der Vorderrücken mit scharfer Kante. Der Kopf ist klein mit enger, halbunterständiger Mundöffnung, die Schnauze abgerundet, der Unterkiefer etwas zurückstehend. Sämmtliche Knochen der Mund- höhle sind bezahnt, nur die Zunge ist zahnlos und abgerundet. Die Ränder des Zwischen-, Ober- und Unterkiefers tragen eine einfache Reihe schwacher und spitzer Zähne. Die kleinen Nasenöffnungen stehen dem Auge näher als der Schnauzenspitze. Das Auge ist gross , goldglänzend. Die Rückenflosse ist ausserordentlich hoch und lang, sie beginnt weit vor der Mitte der Körperlänge und reicht K>| Die preussischen Fische. Schwimmblässer. zurückgelegt bis zur Fettflosse. Bei jüngeren Thieren weniger stark entwickelt , erreieht sie erst in 4 bis 5 Jahren ihre volle Grösse. Die Bauchflosse steht in der Körpermitte, die kleine Fettflosse dem Ende der Afterflosse gegenüber. Die kräftige Schwanzflosse ist tief gabelig ausgeschnitten, an ihrer Basis von kleinen länglichen Schuppen bedeckt, die auf den Strahlen fast bis zur Mitte ihrer Länge reichen. Die festen Schuppen sind an den Seiten am grössten, am Bücken kleiner, an der Unterseite am kleinsten. Der Kopf ist unbeschuppt und an Brust und Kehle befinden sich jederseits von der dicht beschuppten Mittellinie schuppenlose Stellen, die bei jüngeren Thieren gewöhnlich grösser sind : Fig. 112. Die Aesclie mit Querschnitt und Schuppe. als bei älteren. An den Seiten stehen die Schuppen in sehr regel- mässigen Längsreihen. Die Seitenlinie liegt vorne über, von der Körper- mitte an in der Mittellinie der Seite. Die Färbung der Aesclie ist sehr wechselnd. Der Kopf ist im Allgemeinen oben bräunlich, an den Seiten gelblich, unregelmässig schwarz gefleckt. Der Bücken ist grünlichbraun, die Seiten heller, unten wie der Bauch silberglänzend. Namentlich in der vorderen Hälfte ist der Körper über der Seitenlinie mit vielen schwarzbraunen Flecken und Punkten gezeichnet. Auf den Längsreihen der Schuppen verlaufen an den Seiten des Körpers mehr oder weniger deutlich hervortretende bräunlichgraue bis braune Längsstreifen. Die paarigen Flossen sind schmutzig gelbroth, die unpaarigen und die Fett- Ai'Srhr. Stint. 155 flösse violett oder bräunüchroth, dio Rückenflosse, besonders in der Laichzeit, prächtig violett mit purpurrothem Spiegel, immer von ."> bis 4 schwärzlichen oder dunkelbraunen Fleckenbinden durchzogen. In der Laichzeit erscheint die Haut auf dem Kücken und an den Seiten des Schwanzes schwartig verdickt. Die Schwimmblase ist sehr gross, der Magen hat nur 19 — 24 Pförtneranhänge. Die Aesche erreicht eine Länge von 30 — 40 cm und bewohnt klare, schneller fliessende, schattige Bäche, gewöhnlich in Gesellschaft der Forelle. Sie wechselt zeitweise zwischen tieferen schlammigen Stellen und flachem Wasser mit Kiesgrund, hält sich aber im Allgemeinen an dem einmal gewählten Standort dauernd auf. Sie nährt sich von Gewürm, Mollusken, Kerfen, Fischlaich, steigt nach auf das Wasser fallenden Insecten plötzlich aus der Tiefe auf, springt auch wie die Forelle, um solche im Fluge zu erhaschen. Ge- wöhnlich einzeln, lebt sie in der Laichzeit paarweise, legt im April oder Mai in selbstgemachte Gruben auf Kies oder Steinen ihre gelb- lichen oder blassorangerothen, ca. 4 mm grossen Eier ab und bedeckt sie theilweise mit Kies. Die Jungen schlüpfen etwa im Juni aus, ver- lieren schnell ihren Dottersack und sind etwa nach zwei Jahren fort- pflanzungsfähig. Wegen ihres zarten weissen und festen Fleisches, das im Herbst und Winter am besten ist, wird die Aesche seit alten Zeiten sehr geschätzt und mit Netzen, Keusen und der Angel gefangen. Früher in unseren Bächen sehr häufig, ist sie jetzt fast überall ausgerottet, ich kenne sie nur aus der Ferse, Brahe und einigen anderen kleinen Ge- Avässern in Westpreussen, in Ostpreussen deutet z. B. bei Johannisburg der Dorfname Lipiensken auf die ehemalige Häufigkeit der Aesche. Gattung Osmerus Art. Sämmtliche Knochen der Mundhöhle, auch die Flügelbeine sind be- zahnt, am vorderen Ende des ganz kurzen Pflugschaarbeins stehen einige grössere Zähne. Die Schuppen sind glanzlos, der ganze Körper sehr durchscheinend. 59. Der SJ in!. (Knien», eperlanus L. altpr. : malkis; lii: stinta (mazoji stinta — didoji stinta, juros stinta); mas.: stinka; kass.: stynt, mutka. K. 7—8. R 3/7—8. Br. 1/9—10. B. 2/7. A. 3/11—13. S. 19. Der Körper ist lang gestreckt, Avenig zusammengedrückt, der Rücken ziemlich gerade. Der Mund ist bis unter den hinteren Augenrand ge- spalten, der Unterkiefer etwas vorragend, mit einer äusseren Reihe kleinerer, einer inneren grösserer Zähne; die Zähne des Oberkiefers sind klein, die am Pflugschaarbein und der Zungenspitze am grössten. 156 Die preussischen Fische. Schwimmblüser. Die querovalen, sehr zarten Schuppen sind ganz ohne Silberglanz und sitzen sehr lose in den Schuppentaschen. Die Seitenlinie ist auf die ersten 8 — 10 Schuppen beschränkt. Die Rückenflosse steht gerade über den Bauchflossen, die Fettflosse über dem hinteren Ende der Afterflosse. Die Färbung ist am Rücken licht blaugrün, im Uebrigen ist der Fisch hell gelblich, Silberglanz ist nur an der Iris, dem Unterkiefer und den Kopfseiten vorhanden. An den Seiten bemerkt man einen blau- grünen glänzenden Längsstreif. Der Körper ist so durchscheinend, dass man, namentlich bei noch lebenden Thieren die Wirbel, Rippen und Ein- geweide, besonders auch vom Scheitel her das Gehirn auf das Genaueste beobachten kann. Rücken-, Schwanz- und Brustflosse sind leicht grau- Fig. 113. Der Stint mit Kopf, Querschnitt und Schuppe. lieh, die anderen Flossen farblos. Der Stint variirt ausserordentlich in Grösse, Profil und Verhältnissen, eine häufigere kleine Form, die meistens nur 8 — 12 cm lang wird, bewohnt namentlich das kurische Haff und eine Anzahl unserer grossen Landseen in ungeheuren Mengen. In ver- schiedenen Jahreszeiten halten sie sich an verschiedenen Stellen auf und bilden meistens ausserordentlich dichte Schwärme, denen sich selten andere Fische als kleine Kaulbarsche beigesellen. Sie nähren sich von kleinem Gewürm etc., und bilden die Hauptnahrung der Zander und Barsche. Bei Aufgang des Eises ziehen sie zum Laichen in die Fluss- mündungen und werden auch dann in grosser Masse gefangen. Die 0,6 — 0,8 mm grossen Eier sind nicht sehr zahlreich, die Vermehrung des Stintes ist aber doch eine ausserordentliche, so dass trotz fortwährenden Stint. Lachs. 157 Fanges mit engen Käsenern, Netzen, Keuteln, der Benutzung zu Vieh- futter, Guano, Thran etc. die Menge der Stinte nirgends abgenommen zu haben scheint. Nur in manchen Seen sind sie ohne nachweisbare Ursache total ausgestorben. Der widerliche Geruch nach faulen Gurken, den schon der lebende Stint hat, macht ihn vorzugsweise zu einer Speise der weniger bemittelten Klasse, die an vielen Orten des Haffufers fast buch- stäblich von Stint lebt. Eine grössere, bis 30 cm lange Varietät, der grosse, oder Seestint, bewohnt die Ostsee und steigt nur im Februar bis April zum Laichen in das Haff und die Flüsse auf, ohne dieselben weit hinaufzugehen. Diese Stinte haben einen weniger intensiven Geruch als die kleinen, denen sie übrigens in jeder Hinsicht gleichen. Sie wurden früher mit Unrecht als eine eigene Art betrachtet und als Osmerus eperlano-marinus oder spirinchus bezeichnet. Gattung Trutta Nilss. Sieb. Grosse, wenig zusammengedrückte Fische mit mittelgrossen Rund- schuppen. Mit Ausnahme des Flügelbeines sind alle Mundknochen be- zahnt. Das Pflugschaarbein ist sehr lang und besteht aus einer vorderen kleinen Platte und einem hinteren langen Stiel. 60. Der Lachs. Trutta salar f.. Silberlachs, Hakenlachs, Schwarzlachs, Strandlachs. altpr.: lasasso; lit., kur.: laszis; mas., kass.: losos, laususz. Litauisch wird der Hakenlachs als woszis, der magere vom Laichen zurückkehrende Lachs als kargis bezeichnet, kleine Lachse werden auch wie die Meerforelle trump, trumpis genannt. K. 11—12. E. 3—4/9—11. Br. 1/13. B. 1/8. A. 3/7—8. S. 19. Seh. 25—26/120—130/18. Der Körper ist gestreckt, seitlich wenig zusammengedrückt, 5y2tnal länger als hoch, 2mal höher als dick; der Kopf klein, nicht länger als die grösste Höhe des Körpers, mit schmächtiger, gestreckter Schnauze. Ober-, Zwischen- und Unterkiefer sind regelmässig bezahnt, die kleine vordere Platte des Pflugschaarbeins ist fünfeckig und immer zahnlos, der lange Pflugschaarstiel trägt auf einer schwachen Längsleiste eine Reihe von 10 — 15 ziemlich schwachen Zähnen, nur am vorderen Ende der Reihe stehen häufig zwei Zähne neben einander. Diese Zähne sind jedoch wenig dauerhaft und fallen, von hinten anfangend, allmälig* aus, so dass schon mitunter Lachse von 40 — 50 cm einen ganz zahn- losen Vomer besitzen. Jederseits von dieser mittleren Zahnreihe steht auf den Gaumenbeinen eine gleichlaufende Reihe mittelstarker Zähne. Die kleinen Nasenöffnungen liegen dem Auge näher als der Schnauzenspitze. Die Rückenflosse steht etwas vor der Körpermitte, 158 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. die Bauchflosse ihrem hinteren Rande gegenüber, die kleine Fettflosse über dem Hinterrande der Afterflosse oder noch etwas weiter hinten. Die Schwanzflosse ist bei jungen Thieren deutlich zweilappig, aber schon bei solchen von 60 cm Länge gewöhnlich am Hinterrande nur schwach concav oder ganz gerade. Der ganze Körper ist mit massig grossen, nicht sehr harten Rundschuppen bedeckt. Die Seitenlinie ist ziemlich Fig. 114. Der Lachs mit dem Kopf eines Hakenlachses, Gaumen, Pfhigsckaarhein, Querschnitt und Schuppe. gerade. Die Färbung des Körpers ist je nach der Jahreszeit und dem Aufenthaltsorte des Lachses verschieden. Die jungen Thiere bis etwa zu 15 cm Länge sind mit 10—12 dunklen Querbinden oder ovalen Flecken gezeichnet, die sich später verlieren. Sie sind dann am Rücken graublau oder tief schwarzblau gefärbt, an den Seiten wird die Farbe heller und geht allmälig in das Silberweiss des Bauches über. Die Rücken- und Schwanzflosse sind dunkelgrau oder schwarzblau, nur selten finden Lachs. 159 sich bei alten Männchen einige schwarze Flecken auf der Rückenflosse. Die Flossen an der Bauchseite sind bei jüngeren Thieren blass, erst bei älteren pigmenti it. Die Oberseite des Lachses ist auf Kücken und Seiten mit spärlichen runden oder eckigen Flecken von schwarzer Farbe gezeichnet. Diese dem Lachse während seines Aufenthaltes im Meere zukommende Färbung ändert sieh, wenn er um zu laichen ins süsse Wasser aufsteigt, sehr bedeutend. Die Färbung wird dann sehr viel dunkler, die Flecken vermehren sich und häufig treten auch auf Seiten- und Kiemendeckeln der männlichen Thiere zahlreiche rothe Flecken auf. Bei alten Männchen färbt sich der ganze Bauch in der Laichzeit pur- purrotl], die rothen Flecke an Kopf und Seiten fliessen mitunter zu un- regelmässigen Zickzacklinien zusammen, und auch die Basis der After- flosse, der Yorderrand der Bauchflossen und Ober- und Unterrand der Schwanzflosse erhalten einen rothen Anstrich. Gleichzeitig verdickt sich die Haut des Kückens und der Flossen schwartenartig. An der Unter- kieferspitze entwickelt sich ein oft sehr grosser, in höherem Grade stark gekrümmter Haken von knorpliger Härte, der in einen sich ebenfalls erst bildenden Ausschnitt an der Spitze des Zwischenkiefers eingreift, oft aber so mächtig wird, dass er den vollständigen Sclüuss des Mundes ganz unmöglich macht. Gleichzeitig lockern sich die "Nähte zwischen den Knochen der Schnauze, so dass die Spitze derselben gehoben und das Stirnprofil leicht concav wird. Alle diese Veränderungen gehen nach Beendigung der Laichzeit wieder verloren. Aus den Tiefen der Ostsee, wo er als ein sehr gefrässiger Räuber von Allem sich nährt, was er bezwingen kann, steigt der Lachs um zu laichen in unsere Flüsse auf, und zwar beginnt diese Bergwanderung um so früher im Jahre, je länger der Weg ist, den er bis zu den flachen Quellbächen zurückzulegen hat, in denen er seine Eier absetzt. Im Rhein steigt er bis Schaffhausen, in der Weichsel bis in die Karpathen auf und nimmt während dieser ganzen Wanderung fast gar keine Nahrung zu sich. In das kurische Haff tritt er schon im Mai ein und beginnt, nachdem er sich einige Zeit im Brackwasser ge- halten hat, den Aufstieg durch die Ausflüsse der Memel. Er überwindet auf seiner Wanderung die grössten Hindernisse, überspringt Wehre von mehreren Metern Höhe und trifft auf seinen Laichplätzen mit reifen Geschlechtsproducten im October bis November ein. Mit den geschlechts- reif en Lachsen wandern jedoch auch zahlreiche jüngere Thiere stromauf- wärts. Diese Wanderungen werden ohne grosse Eile ausgeführt, obwohl der Lachs nach Livingston Stone an einem Tage 20 engl. Meilen strom- aufwärts zu schwimmen vermag. Wie man nach Beobachtungen an den Lachswehren, namentlich bei Skirwieth weiss, treten zuerst die weiblichen. 160 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. heller gefärbten und als Silberlachse bezeichneten Thiere die Keise an, erst später die Männchen, auch werden in der ersten Zeit mehr kleinere, erst später die grossen Individuen gefangen. Auf den Laichplätzen trennen sich die Züge der Lachse, und jedes Weibchen wird gewöhnlich von einem er- wachsenen und mehreren jüngeren Männchen begleitet. In flachem, über Kies stark strömendem Wasser wühlt dann das Weibchen Gruben von erheblicher Grösse, in die es einen Theil seiner 6 mm grossen orange- rothen Eier ablegt, die sogleich von dem Männchen befruchtet und dann durch Schwanzbewegungen theilweise mit Kies bedeckt werden. Nach längeren oder kürzeren Pausen wiederholt sich diese Thätigkeit bis alle Eier, ca. 10 — 20000 Stück, abgesetzt sind, worauf die Thiere ganz ermattet und ausserordentlich abgemagert sich vom Strome abwärts treiben lassen, im Meere angelangt aber in kurzer Zeit wieder in guten Stand kommen. Bei einer amerikanischen Lachsart, Salmo Quinnat, sterben sämmt- liche Thiere nach dem Laichen regelmässig ab , und auch unsere Lachse werden von dem Laichgeschäft so sehr angegriffen, dass zahl- reiche Todesfälle unter ihnen vorkommen. Die jungen Lachse kriechen 90 — 140 Tage nach der Ablage der Eier aus, wachsen in einem Jahre zu 10 bis 15 cm langen Fischchen heran und wandern allmälig ins Meer hinab, wo sie schnell an Grösse zunehmen, um nach 1 — 2j ährigem Aufenthalt im Meere, mitunter auch erst später, die Wanderung zu den alten Laichplätzen anzu- treten. Da der Lachs den grössten Theil seines Lebens im Meere zubringt, den Flussfischen also in ihrem Nahrungserwerb keinerlei Concurrenz macht, und Nahrungsstoffe verwerthet und in Lachsfleisch verwandelt, die uns sonst in keiner Weise zu Gute kommen würden, sein rothes Fleisch ausserdem zu dem besten Fischfleisch gerechnet wird und einen hohen Preis erzielt, so ist die Vermehrung des Lachses auf künstlichem Wege dringend erwünscht. Der Lachs erreicht bei uns durchschnittlich eine Länge von einem Meter, ein Gewicht von 20 — 40 Pfd., doch werden mitunter auch Thiere von mehr als 80 Pfund gefangen, die freilich nur seltener vor- kommen. Sterile Lachse, die nicht in die Flüsse aufsteigen, werden an der Seeküste als Schwarzlachs oder Strandlachs ziemlich viel gefangen. Sie ziehen im Frühjahr an die Küste, fliehen jedoch das dann durch die Tiefe bei Pillau und Memel ausströmende Süsswasser der Schneeschmelze. Kommt das Süsswasser gleichzeitig von Memel so weit südlich, von Pillau so weit nördlich, dass dazwischen nur ein kleiner Zwischenraum von Salzwasser eingenommen wird, so werden in diesem grosse Mengen von Strandlachsen gefangen, die jedoch nicht das schöne rothe und fette Fleich haben, wie der auf hoher See oder im süssen Wasser gefangene Lachs. In der offenen See fängt man den Lachs vorzugsweise an eigenen Meerforelle. 161 Lachsangeln, am Seestrande mit Wadegarnen, im Haff in besonderen Netzen, den sogenannten kleinen Lachsstellen, in den Flüssen an /Wehren oder Lachszügen, von denen bei der Fischerei die Kede sein wird. 61. Die Meerforelle. Trutta trutta L.. Lachsforelle, Silberlachs, lit, kur. : tramp, trumpis. K. 11—13. K. 3/9—11. Br. 1/12—13. B. 1/8. A. 3/8—9. S. 19. Seh. 20—24/120—130/18—20. Der Körper ist gestreckt, wenig zusammengedrückt, mit kleinem Kopf, kurzer, abgestumpfter Schnauze, weitem, bis hinter die Augen reichendem Munde. In der oberen und unteren Kinnlade stehen Zähne Fig. 115. Die'Meerforelle nüt^Gaumen, Pflugschaarbeiu, Querschnitt und Schuppe. wie beim Lachs, auch auf den Gaumenbeinen. Die vordere Platte des Pflugschaarbeins ist dreieckig mit nach vorne gewandter Spitze, auf der Basis des Dreiecks steht eine quere Eeihe von 3 — 4 starken Zähnen. Der lange Stiel des Pflugschaarbeins ist schwach gehöhlt, darauf steht eine Längsreihe mittelstarker Zähne, die ihre Spitzen bald nach der einen, bald nach der andern Seite wenden, stellenweis stehen auch wohl zwei neben einander. Auch bei der Meerfürelle gehen diese Zähne, wie beim Lachs, schon ziemlich früh, von hinten anfangend, verloren, so dass 11 1(32 frie preussischen Fische. Hchwimmblaser. oft Individuen von 30 — 35 cm nur noch die vorderen besitzen. Der Körper ist viel gedrungener, namentlich die Schnauze kürzer und stumpfer als heim Lachs. Die Stellung der Flossen ist dieselbe wie bei jenem, die Schwanzflosse ist ursprünglich tief gabelig, aber schon bei Thieren von 55 — 60 cm Länge oft ganz quer abgeschnitten. Der Rücken ist blaugrau, Seiten und Bauch silberglänzend mit wenigen schwarzen Flecken oder auch ganz ungefleckt (Silberlachs). In der Jugend hat sie oft an den Seiten eine Anzahl orange oder rothe Flecken. Die Schwanz-, Fett- und Rückenflosse ist grauschwarz, letztere mitunter mit einigen schwarzen Flecken, die paarigen Flossen und die Afterflosse sind ungefärbt. Verbreitung, Lebensweise und Fortpflanzung der Meerforelle ist der des Lachses sehr ähnlich. Im Allgemeinen erreicht sie meistens nur eine Länge Aron 50 — 60, selten von 70 cm, steigt etwas später als der Lachs in die Flüsse auf, geht auch in diesen zum Laichen nicht so hoch hinauf. Unter dem Namen Lachsforelle wird sie häufig mit rothfleischigen , mit demselben Namen bezeichneten Bachforellen ver- wechselt. Der sogenannte Strandlachs, unechte Lachs, der während des Frühjahrs an der Seeküste viel gefangen wird, niemals in die Haffe ein- tritt und nach der irrthümlichen Ansicht der Fischer in der See laicht, ist wohl eine sterile Form des Lachses und der Meerforelle. (Salmo Goedenii, Schiffermülleri.) 63. Die Bachforelle. Trutta lario L. lit: laszworas, mas., kass.: pstrag. K. 9—10. R. 3—4/9—10. Br. 1/12. B. 1/8. A. 3/7—8. S. 17—19. Seh. 20—24/110—120/20—22. Der Körper ist kurz, plump, gedrungen, 472nial länger als hoch, 2mal höher als dick, mit dickem Kopf, kurzer, stark abgestumpfter Schnauze und vorstehendem Unterkiefer, der jedoch bei geschlossenem Munde nicht vorragt. Das Maul ist gross, bis unter den hinteren Augenrand gespalten, stark bezahnt, auch die Zunge mit 6—8 Zähnen besetzt. Die vordere Platte des Pflugschaarbeins ist dreieckig, mit der Spitze nach vorne ge- kehrt, auf der Basis stehen 4—5 Zähne in querer Reihe. Der Stiel des Pflugschaarbeins ist flach ausgehöhlt und trägt zwei Längsreihen starker Zähne. Das Auge ist gross, gold- oder silberglänzend, die kleinen rundlichen Nasenöffnungen stehen ihm näher als der Schnauzenspitze. Rücken und Bauchseite sind fast gleich gewölbt, beide mit abgerundeter Kaute. Die Brust- und Bauchflossen sind gerundet, ziemlich breit, die Rückenflosse steht etwas vor, die Bauchflossen ziemlich genau in der Mitte des Körpers, die Afterflosse etwa um Kopflänge hinter der Bauchflosse, Bachforelle 163 die kleine Fettflosse etwas hinter der Afterflosse. Die Schwanzflosse ist in der Jugend gabelig, später hinten gerade abgeschnitten, bei alten Thieren ist ihr Rand mitunter selbst convex. Der Körper ist mit kleinen, ziemlich kreisrunden, /arten Schuppen besetzt, die Seitenlinie ist fast ganz gerade. Die Färbung1 der Forelle wechselt ausserordentlich in verschiedenen Ge- wässern. Im Allgemeinen ist der Rücken blauschwarz oder dunkel olivgrün, die Seiten mehr oder weniger dunkel messingglänzend, der Bauch weiss oder gelblich. Rücken und Seiten sind meistens mit mehr oder weniger grossen schwarzen oder rothen, häufig bläulich gesäumten Flecken bedeckt. Die Fig. 116. Die Bachforelle mit Gaumen, Pfhigschaarbein, Querschnitt und Schuppe. Zahl, Grösse und Intensität dieser Flecken, sowie die Dunkelheit der all- gemeinen Färbung ist den grössten Schwankungen unterworfen. Im All- gemeinen ist die Färbung in hellen und reinen Gewässern am hellsten, in starkschattigen Bächen mit eisenhaltigem Wasser dagegen oft fast ganz schwarz. Brust-, Bauch- und Afterflosse sind gelblich mit mehr oder weniger schwärzlichem Anflug, Bücken-, Fett- und Schwanzflosse von der Farbe des Rückens, häufig auch schwarz und roth gefleckt. Die Jungen sind im ersten Jahre mit dunkelen Querbinden gezeichnet. Die Forelle bewohnt Bäche mit reinem "Wasser und liebt nanient- 11* 164 Die preussischen Fische. Sehwimmbläser. lieh solche, in denen flache Stellen mit Kiesgrund und schnellfliessendem Wasser mit ruhigen und tiefen Partieen abwechseln, in denen lehmiger Boden, Pflanzenwuchs und grosse Steine sich finden. Sie ist keineswegs auf das Gebirge beschränkt, sondern kam früher in allen unseren reinen Bächen vor, in denen sie noch jetzt vielfach vereinzelt gefangen wird. Sie hält sich gerne unter den Uferrändern zwischen Ellern wurzeln ver- borgen, jagt namentlich Morgens und Abends nach Beute, die aus kleinen Fischen, Würmern, Insecten aller Art besteht, die sie auch wohl, hoch aus dem Wasser aufspringend, im Fluge erhascht, Sie ist kräftig, gewandt, schwimmt schnell, meistens aber nur kurze Strecken, und hält sich an einmal gewählten Standorten dauernd auf. Trotz ihrer Schlauheit und Vorsicht lässt sie sich unter den Uferrändern oft leicht mit den Händen hervorholen. In der in die Monate October bis December, seltener noch in den Januar fallenden Laichzeit sucht sie seichte Stellen mit massiger Strömung auf, um in Begleitung einiger Männchen in flache selbstgewühlte Gruben ihren Laich abzusetzen, den sie theilweise mit Kies bedeckt. Die Eier, deren Zahl bei zweijährigen gut genährten Thieren 2 — 500, im dritten Jahre 500 — 1000, im vierten bis fünften Jahre bis 2000 beträgt, sind 4 — 5 mm gross, gelblich oder röthlich gefärbt und werden in kleinen Portionen in Pausen von mehreren Tagen entleert, die Jungen schlüpfen erst im Frühjahr aus und ziehen allmälig in tiefere Partien der Bäche. Die Männchen, weniger die Weibchen, zeigen in der Laichzeit eine schwartige Verdickung der Haut und eine erhebliche Anschwellung der Flossen, bei alten Männchen bildet sich, wie bei den Lachsen am Unterkiefer ein Haken. Sterile Thiere von kürzerem Bau, mit kleinerem Kopf und Maul und schwächeren Flossen kommen nicht selten vor. Die Forelle wird mit der Angel und Netzen gefangen, ihr Fleisch ist vorzüglich, weiss, röthlich, auf torfigem Boden gelblich, dem entspricht die Farbe der Eier. In reinen Teichen, namentlich mit durchfliessendem Wasser ist sie mit Fischen, Fleisch, Blut etc. vor- teilhaft zu züchten. In Bächen erreicht sie gewöhnlich nur eine Länge von 20 cm, wird aber in Teichen 7- — 10 kg schwer. Familie der Hechte, Esoemi. D.er Körper ist gestreckt, wenig zusammengedrückt, der Kopf vorne abgeflacht, mit grossem Maul und starken konischen Zähnen in der unteren Kinnlade. Alle übrigen Knochen der Mundhöhle sind mit Hechel- zähnen besetzt. Der Darm ist kurz, ohne Blinddärme, die Schwimmblase einfach, mit Luftgang. Ilccllt, 165 Gattung Esox L. Die Schnauze ist cntenschnabclähnlich, der Unterkiefer vorstehend. Die Kückenflosse sehr weit nach hinten gerückt. 63. Der Hecht. Esox Iucius L. altpr.: lieda; lit: lideka; kur.: lidaks; mas., kass.: szczupak, schepok, szczepak, szezeka, szczubel. K. 12. K. 7—8/13—15. Br. 1/13. B. 1/8. A. 4—5/12—13. S. 19. Seh. 14/110—130/16—20. Der Körper ist gestreckt, fast rechteckig, wenig zusammengedrückt, 6mal länger als hoch, lV2mal höher als dick, der Kopf breit, vorne flachgedrückt, stumpf, mit vorstehendem Unterkiefer, bis unter die Augen gespaltenem Maul. Im Unterkiefer stehen grosse ungleiche, mit den Spitzen nach hinten und innen gerichtete, konische Fangzähne. Alle ührigen Mundknochen tragen Hechelzähne von verschiedener Grösse. Der Körper ist mit kleinen, länglichen, sehr tief in ihren Taschen stecken- «MffiOTP'"' ' fffflWf =T ,< . J ! Fig. 117. Der Hecht mit Querschnitt, Schuppe und Seitenliniensclmppe. den Rundschuppen bedeckt, In der Seitenlinie finden sich häufige Unter- brechungen, indem an vielen Stellen 1 — 2 Schuppen nicht von Seiten- kanälen durchbohrt sind. Dagegen kommen über und unter der Seiten- linie zahlreiche kurze Reihen durchbohrter, oder vielmehr am vorderen Rande tief eingeschnittener Schuppen vor, welche Seitenkanäle einschliessen. Kleine zarte Schuppen finden sich auf den Wangen und auch auf dem Anfang der Schwanzflosse. Die Kopfporen sind namentlich am Unterkiefer und auf den Unteraugenknochen sehr deutlich. Das Auge ist gross, mit gold- glänzender Iris, die Nasenöffnungen liegen nahe vor dem Auge, die hintere 16(3 Die preussi sehen Fische. Schwimmblässer. ist kleiner, die vordere grösser und rundlich. Die Rückenflosse steht nur wenig vor der Afterflosse, die Schwanzflosse ist massig tief ausgeschnitten. Die Färbung des Hechtes ist in verschiedenen Gewässern ausserordentlich verschieden. Im Allgemeinen ist er graugrün oder gelblichgrün gefärbt, am Rücken dunkler, bis grünschwarz, an den Seiten heller mit gelblichen oder goldgelben Flecken, am Bauch weiss mit kleinen schwarzen Punkten. Die gelben Flecken der Seiten laufen mitunter zu unregelmässig welligen queren Binden zusammen. In der Laichzeit tritt die grüne Grundfarbe entschiedener hervor und die gelben Flecke werden glänzend goldgelb. Die jungen Hechte sind im ersten Jahre oft ganz grasgrün (Grashechte) und behalten diese Färbung mitunter auch später, gewöhnlich werden sie im zweiten Jahre grau- oder gelblichgrün mit blassen Flecken, die allmälig an Intensität zunehmen. Die Rückenflosse ist bräunlich, schwarz gefleckt, ebenso die After- und Schwanzflosse, welche letzteren mitunter einen röthlichen Anflug zeigen. Die Brust- und Bauchflossen sind gelblich oder röthlich. Der Hecht bewohnt unsere sämmtlichen Gewässer mit Ausnahme flacher und schnellfliessender Bäche. Er liebt helles ruhiges Wasser mit reinem Grunde, ist namentlich Nachts in Bewegung und lauert am Tage, zwischen Pflanzen versteckt, auf gelegentliche Beute, die er mit pfeilschneller Bewegung erfasst. Als äusserst gefrässiger Raubfisch, der ausser Fischen von beinahe seiner eigenen Grösse auch Mäuse, Ratten, junge Wasservögel verschlingt und gelegentlich selbst nach Menschen und Pferden schnappt, lebt er einsiedlerisch, nur in der Laichzeit paarweise. Die Paare ziehen dann in flache Gräben, auf über- schwemmte Wiesen, um, sich häufig an einander reibend, unter heftigen Schwanzschlägen zu laichen. Das Weibchen setzt nach und nach ca. 100000 gelbliche, 3 mm grosse Eier ab, aus denen in etwa 14 Tagen die Jungen mit sehr grossem Dottersack ausschlüpfen. Die Laichzeit fällt in die Monate Februar bis April, mitunter findet das Laichen der ersten Hechte noch vor dem Verschwinden des Eises statt. Bei guter Nahrung (und sobald er im Stande ist, etwas grössere Beute zu ver- zehren, findet er an den zahlreichen Jungen der Karpfenarten uner- schöpfliche Futterquellen) wächst der Hecht sehr schnell, erreicht im ersten Jahre oft schon 30 cm, und kann über 2 m lang werden. Nur die jungen, schnell gewachsenen Hechte haben ein gutes schmackhaftes Fleisch, die alten sind zähe und ungeniessbar. Das Fleisch ist arm an Gräthen, weiss und fest und wird überall geschätzt. Der Hecht wird mit Netzen aller Art gefangen, aus denen er sich mit- unter durch schöne, sehr hohe Bogensprünge befreit, und beisst auch leicht an die Angel, die wegen seiner heftigen Bewegungen in allen Theilen Perpel. 167 sehr stark sein muss und oberhalb der Haken statt des Fadens besser einen Draht oder eine feine Kette trägt, da der Faden leicht abgebissen wird. Auch sticht oder schiesst man die im Herbste still an der Oberfläche stehenden Hechte, um sie dann mit dem Kaschier aufzunehmen, oder fängt sie, wenn sie in schmalen Gewässern unbeweglich an der Oberfläche stehen, mit Drahtschlingen, die man ihnen bei genügender Vorsicht leicht über den Kopf schieben kann, und die dann mit einem plötzlichen Kuck zusammengezogen werden, der zugleich den Hecht ans Land wirft. Familie der Heringe, Clupeoidei. Hie Heringe sind durch eine scharfe, mitunter sägez ähnige Bauch- kante, grosse, leicht abfallende Rundschuppen von grosser Zartheit, eine einfache, in den Magen einmündende Schwimmblase charakterisirt. Der Magen ist mit Blindsack und Pförtneranhängen versehen. Sie sind Meerfische, die jedoch th eilweise auch ins süsse Wasser gehen. Gattung Alosa Cuv. Nur im Oberkiefer und dem zur Aufnahme des verdickten Kinn- winkels tief ausgeschnittenen Zwischenkiefer befinden sich sehr kleine Zähne. Die Bauchkante ist stark sägezähnig. 64. Der Perpel. Alosa finta Ctiv. Parpel; litt.: perpels, perple, perpele. K. 8. R 4—5/15—16. Br. 1/14—15. B. 1/8. A. 3/20—24. S. 19. Seh. 8—10/48—55/10—12. Der Körper ist massig gestreckt, vorne ziemlich hoch, der Kopf kurz, mit stumpfer Schnauze und grosser, bis hinter die Augen reichender, schräger Mundspalte. Die Mundränder sind schneidend, nur der obere trägt sehr kleine, spitze, leicht ausfallende Zähne. Der Unterkiefer ist am Kinnwinkel stark verdickt, mit etwas hakiger Spitze, die in einen tiefen Ausschnitt der oberen Kinnlade eingreift. Die Flossen sind verhältniss- mässig klein, namentlich die Brust- und Bauchflosse; die tief ausge- schnittene Schwanzflosse ist gross, ihr unterer Lappen länger. Die Schuppen sind grosse, zarte Rundschuppen, auf der Bauchkante liegt eine Reihe winklig geknickter Kielschuppen mit langen, stabförmigen, an den Seiten aufsteigenden Fortsätzen. Der Kiel dieser Schuppen ist stark verdickt, am hinteren Ende scharf zugespitzt, so dass die Bauch- kante beim Ueberstreichen von hinten nach vorne scharf gezähnt er- scheint. . An der Basis der Schwanzflosse stehen jederseits zwei auf- fallend grosse, längliche Schuppen, auf welchen man eigenthümlich ver- 168 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. ästelte Kanäle bemerkt, kleinere längliche Schuppen von ähnlichem Bau bedecken den Anfang der Schwanzflosse. Die Seitenlinie ist nicht entwickelt. Auf dem Kiemendeckel finden sich sehr fein verzweigte Kanäle. Das grosse Auge wird vorne und hinten von einem halb- mondförmigen, glashellen, unbeweglichen Augenlide bedeckt, so dass es nur in der Mitte frei ist. Die Iris ist goldglänzend mit dunk- lerem Fleck an der oberen Seite. Auf den Kiemenbögen sitzen an Fig. 118. Der Perpel mit Querschnitt, Schuppe, flach ausgebreiteter Schuppe der Bauchkante und Sclnvanzschuppe. der concaven Innenseite 23 — 43 derbe, kurze Portsätze, und nament- lich durch dieses Merkmal ist der Perpel von dem ihm im Uebrigen sehr ähnlichen Maitisch, Alosa vulgaris Tal., leicht zu unterscheiden, der 56 — 118 dünne und längere, kammförmig gestellte Fortsätze auf den Kiemenbögen besitzt, übrigens sehr viel grösser wird als der Perpel und in der Ostsee nur vereinzelt vorkommen soll, an unserer Küste jedoch niemals beobachtet ist. Der Perpel ist auf der Oberseite dunkel olivengrün gefärbt, an den Seiten silberfarben mit grüngoldenem Glanz, am Bauche weiss. Dicht hinter der Kiemenspalte befindet sich etwas über der Mitte der Körper- höhe ein verwaschener, runder, dunkler Fleck, hinter dem mitunter, Porpel. Hering. KJ9 aber durchaus nicht immer, noch 3 — 8 ähnliche, aber kleinere Flecke sich befinden, die in einer geraden Linie stehen. Kücken- und Brust- flosse sind am vorderen Räude grau, Bauch- und Afterflosse ziemlich farblos, die Schwanzflosse grau mit dunklerem Saum. Der Perpel lebt von kleineren Thieren, namentlich Crustaceen, erreicht eine Länge von 35 cm, ein Gewicht von 1 kg, und bewohnt die Ostsee, aus der er früher in grossen Mengen in die Haffe aufstieg. Jetzt ist er in unseren Ge- wässern selten, wird aber gelegentlich mit den Heringen gefangen. Auf dem Zuge soll er mit lautem Geräusch an der Oberfläche des Wassers sich beAvegen. Sein Fleisch ist zwar gräthenreich, aber wohlschmeckend, wegen seiner Seltenheit wird er jedoch kaum anders als im Gemenge verkauft. Gattung Clupea L Der Körper ist gestreckt, stark zusammengedrückt, der Unterkiefer vorragend, ohne Kinn Verdickung, der Zwischenkiefer nicht ausgeschnitten. In den Kiefern und am Gaumen stehen kleine, leicht ausfallende Zähne. 65. Der Hering;. Clnpea Iiarengns Li. Strömling; altpr.: sylecke; lit., kur.: silke; kass.: sledz, slec, sledzik. K. 8. R. 17—19. Br. 15—17. B. 9. A. 16—17. S. 20—23. Seh. 4—5/45—50/6—8. Der Körper ist gestreckt, massig zusammengedrückt, öVamal länger als hoch, mit Ausnahme des Kopfes mit grossen, zarten, sehr leicht ab- fallenden Rundschuppen bedeckt. Die Mundspalte reicht kaum bis unter die Mitte des silberglänzenden Auges, die Kiefer sind mit kleinen, Pflug- schaarbein und Zunge mit etwas grösseren Zähnen besetzt. Der Unter- kiefer ragt etwas vor, die Kiemenspalte ist sehr weit und reicht bis zur Kehle herab. Die Kiemenbögen sind ganz dicht mit ltya — 10 mm langen, horizontal nach vorne gerichteten Zähnen besetzt, deren jeder wieder zwei Reihen von quer gestellten Dornen trägt, so dass dadurch eine äusserst diebte Reuse gebildet wird, welche selbst die kleinsten Gegenstände vom Ein- dringen in die inneren Kiemenspalten abhält. Die Rückenflosse steht ziemlich genau in der Mitte des Körpers, ihr gegenüber die Bauchflossen, die Afterflosse ist weit nach hinten gerückt, die Schwanzflosse tief aus- geschnitten. Die Bauchkante ist nicht scharf, nur sehr schwach säge- zähnig mit winklig geknickten Schuppen bedeckt. Der Rücken ist schwärzlichblau, grünblau oder meergrün gefärbt, Seiten und Bauch stark silberglänzend, Rücken- und Schwanzflosse sind grau, die anderen Flossen ziemlich farblos. Der Magen hat einen Blindsack, dahinter zahlreiche Pförtneranhänge, die Schwimmblase ist sehr lang, spindelförmig, der Luftgang geht von ihrer Mitte ab. 170 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. Während man früher annahm, class die Heimath särnmtlieher Heringssch wärme das Eismeer sei, von wo sie zum Laichen an die Küsten der anderen Meere herabstiegen, hat man sich von der Un- richtigkeit dieser Annahme vollkommen überzeugt. Die Heringe be- wohnen während der längsten Zeit des Jahres die grossen Tiefen der Meere und steigen zum Laichen an die flachen Ufer auf. Jedes Meer, jeder Meerestheil hat seine eigene Abart des Herings, und während man früher meinte, rücksichtslos den allgemeinen Vorrath des Eismeeres aus- beuten zu dürfen, weiss man jetzt, dass durch unverständiges Fortfangen Fig. 119. Der Hering mit Querschnitt, Schuppe und Schuppe der Bauchkante. aller Heringe an den Küsten und Störung ihres Laichgeschäftes nur der locale Heringsbestand geschmälert wird und unter Umständen vernichtet werden kann. Der Hering lebt vorzugsweise von kleinen Krebsthierchen, Copepoden, die er in unglaublicher Menge verzehrt. So fand Möbius in dem Magen eines einzigen Ostseeherings die Panzer von 60000 kleinen Krustern (Temora longicornis). Dieses Krebschen, wie die verwandten Arten Dias longiremis, Podon intermedius und ähnliche winzige Thiere bilden die Hauptnahrung des Herings, während grössere Crustaceen, wie Mysis etc. nur selten in seinen Yerdauungsorganen gefunden wer- den. Er frisst aber auch kleine Fische u. dergl. Zum Laichen zieht der Hering in ungeheuren Schwärmen dichtgedrängt den Ufern zu, geht auch ins Brackwasser und häuft sich dabei namentlich in manchen Buchten so an, dass mit einem grossen Zugnetze in kurzer Zeit viele hundert Tonnen Fische eingeschlossen werden können. Indessen ge- hören an unserer Küste solche Vorkommnisse zu den Seltenheiten, ob- Hering. 171 gleich in vielen Jahren, z. B. bei Pillan 4 — 5000 Tonnen Heringe ge- fangen werden. In anderen Jahren ist dagegen ohne nachweisbare Ur- sache der Fang nur sehr gering. Die Laichzeit des Herings ist an ver- schiedenen Orten sehr verschieden und kann fast in alle Monate des Jahres fallen. An unseren Küsten ist die Hauptlaichzeit im Mai und Juni, während andere Schwärme im September an der Nordküste des Samlandes ihren Laich absetzen. Die Eier sind 1 mm gross, und es finden sich bei einem "Weibchen 40 — 70000 Stück. Sie kleben ausserordentlich stark an allen Gegenständen, die sie berühren, und be- decken oft die Heringsnetze in dicken Krusten. Für ihre Entwickelung ist es nothwendig, dass sie sich an Wasserpflanzen befestigen, der Mangel an festem Pflanzenwuchs an unserer Küste ist ein grosses Hinderniss für die Vermehrung des Herings, und in der Laichzeit sieht man nach jedem etwas heftigen Seewinde Millionen an abge- storbenem Seegras, Tang etc. haftende Heringseier am Strande ausge- worfen. Wenn grosse Heringsschwärme zum Laichen ans Ufer kommen, so trübt sich das Wasser weithin durch ihre Milch, und ein widrig süsslicher Geruch macht sich bemerklich, der vom Winde oft weit ver- breitet wird. Die Entwickelung der Heringseier ist von der Temperatur des Wassers ausserordentlich abhängig. Nach den schönen Untersuchungen von H. A. Meyer in Kiel entwickelt sich das Heringsei gleich gut bei -f- 1° C. und -f- 20° C, im ersteren Falle schlüpft aber der junge Hering erst nach mehr als 40, im zweiten schon am sechsten oder siebenten Tage aus, und man kann annehmen, dass im Allgemeinen die Heringseier im Mai 14 — 16, im Juni 6 — 8, im Herbst ca. 20 Tage zu ihrer vollkommenen Entwickelung gebrauchen. Die Jungen wandern, nachdem sie sich eine Zeit lang im flachen Wasser aufgehalten haben, erst allmälig in die Tiefe. Die in einer Länge von 5 — 8 mm ausgeschlüpften Jungen aus den im April und Mai gelegten Eiern waren Anfangs Juni schon 25 — 28 mm, Ende Juni 45 — 55 mm, im September 60 — 70, im December 100 mm, im März und April des nächsten Jahres, also als Jährlinge, 135 — 138 mm lang und sind schon in einer Länge von 160 — 175 mm, also noch vor Ab- lauf des zweiten Lebensjahres, fortpflanzungsfähig. Der Hering erreicht in der Ostsee gewöhnlich nur eine Grösse von 20 — 29 cm, während er in der Nordsee viel grösser wird. Er wird mit grossen Treib- und Zug- netzen gefangen, in ungleich grösserer Menge aber von allen grösseren Seethieren verzehrt. Beim Verlassen des Wassers stirbt er sehr schnell ab. Seine Verwerthung ist bei uus noch sehr unvollkommen, eine grosse Menge wird frisch gegessen, andere werden geräuchert als Bück- linge verkauft. Obgleich sich unser Hering seiner Kleinheit und Magerkeit 172 Die preussischen Fische. Schwimmblase!-. wegen zum Einsalzen nicht eignet, dürfte eine Präparation nach Art der Anchovis, sowie die Herstellung von anderweitigen Conserven eine wesentlich höhere Verwerthung der Fänge möglich machen. 66. Die Sprotte. Clupea sprattus L. Breitling, Bratling, Brissling; lit. : bretlingis; kass.: bretling. K. 8. K. 17—18. Br. 15—19. B. 6—7. A. 20—28. S. 18—25. Seh. 4—5/38—42/6—7. Der Körper ist massig gestreckt, gedrungener als beim Hering, 4l/2mal länger als hoch, der Kopf ist verhältnissmässig kürzer als bei Fig. 120. Die Sprotte mit Querschnitt, Schuppe und Schuppe der Bauchkante. jenem. Der Unterkiefer ragt etwas vor, der Mundspalt reicht nur bis unter den vorderen Augenrand. Das Pflugschaarbein ist zahnlos, da- gegen der Gaumen bezahnt. Die Rückenflosse steht etwas hinter der Körpermitte, die Bauchflosse ihrem vorderen Rande gegenüber, die Bauchkante ist scharf sägezähnig. Der Rücken ist dunkelblau mit grüngoldenem Schimmer, Seiten und Bauch stark silberglänzend, Rücken- und Schwanzflosse sind grau, die übrigen Flossen farblos. Die Sprotte erreicht bei uns eine Länge von 10 bis 13 cm, lebt wie der Hering in der Tiefe und unternimmt mitunter auch ausser der Laichzeit grössere Züge, häufig in Gesellschaft junger Heringe. Ihre Hauptlaichzeit fällt an unseren Küsten in den Mai, doch laichen manche Schwärme auch noch im September. Im Bereich unserer Provinzen kommt sie massen- haft wohl nur in der Danziger Bucht und bei Memel vor. Im Putziger Aal. 173 Wiek sieht man im Mai während der Laichzeit zahllose abgebuchte Sprotten todt an der Oberfläche treiben. Sie werden wie die Heringe mit grossen Treib- und Zngnetzen gefangen, aber nur frisch verkauft, obgleich ihre Qualität eine bessere Verwerthung durch Räuchern oder Verarbeitung zu sogenannten russi- schen Sardinen wohl gestattete. Familie der Aale, Muraenoidei. Der schlau genförmige Körper ist mit einer dicken, sehr schleimigen Haut überzogen, in welcher die kleinen, äusserst zarten Schuppen in Zick- zackreihen vertieft liegen. Die Bauchflossen fehlen, die Schwimmblase ist einfach, der Magen hat einen Blindsack, aber keine Pförtneranhänge. Gattung Anguilla Thunb. Die äussere Kiemenspalte ist eng. Rücken- und Afterflosse gehen in die zugespitzte Schwanzflosse über. 67. Der Aal. Angnilla vulgaris Fleni. altpr.: angurgis; lit: ungurys; kur.: suttis; mas., kass.: wengorz, wangorz, wangusch. K. 10. Br. 19. R. S. u. A. 1100. Der cylindrische Körper ist nur im Schwanztheil seitlich zusam- mengedrückt, der Kopf bald mehr bald weniger zugespitzt, mit vor- stehendem Unterkiefer. In beiden Kinnladen und auf dem Pflugschaarbein stehen mehrere Reihen feiner Hechelzähne. Die kleinen goldglänzenden Augen liegen über den Mundwinkeln, die Lippen sind dick und fleischig, der Oberlippe sehr nahe stehen die röhrenförmigen vorderen Nasenöffnungen, während die hinteren, ovalen etwa in der Mitte zwischen Auge und Schnau- zenspitze liegen. Die enge äussere Kiemenspalte liegt vor und unter der eiförmig gerundeten Brustflosse, die weiche Kiemenhaut wird von 10 langen, dünnen Kiemenhautstrahlen gestützt. Die sehr kleinen und zarten Schuppen sitzen tief in der dicken, weichen, aber sehr festen Haut, ohne sich zu decken, in zickzackförmigen Reihen geordnet, auch der Kopf ist von ihnen bedeckt. Die Rückenflosse beginnt im mittleren Drittheil der Körper- länge und geht ebenso wie die, etwa eine Kopflänge weiter hinten an- fangende Afterflosse ohne Grenze in die abgerundete Schwanzflosse über, die Strahlen dieser Flossen sind fein und biegsam, durch die dicke sie überziehende Haut vollständig verdeckt. Die Bauchflossen fehlen. Längs der Seitenlinie und am Kopf, namentlich längs des Unterkiefers, sind deutliche Poren der Seitenkanäle sichtbar. 174 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. In der Färbung variiren die Aale nicht nur an verschiedenen Loca- litäten, sondern auch an demselben Orte ziemlich bedeutend. Der Rücken ist dunkelblau oder grün schwarz, die Seiten heller, blau oder grün, der Bauch weiss. Mitunter ist auch der Rücken nur wenig dunkler gefärbt als die Seiten. Hin und wieder werden olivgrüne Exemplare mit gold- gelbem Rückenstrich, auch wohl ganz goldgelbe, selten ganz weisse Aale gefangen. Die Schwimmblase ist cylindrisch, von erheblicher Länge. Der Aal liebt tiefes, nicht zu sehr bewegtes Wasser mit schlammigem Grunde, er wühlt sich Löcher und Gänge, in denen er am Tage ruht, während er Nachts auf Nahrung ausgeht. Fährt man auf einem Dampfer durch enge Flüsse oder Kanäle, so sieht man an den Fig. 121. Der Aal mit Köpfen verschiedener Form, Querschnitt und Schuppe. durch das Fortschreiten der dem Schiffe folgenden Fluthwelle bloss- gelegten Ufern zahlreiche Aale mit dem halben Körper aus ihren Schlupfwinkeln hervorragen. Der Aal lebt von allerlei kleinen Wasser- thieren und findet sich auf den Laichplätzen anderer Fische in grosser Anzahl ein, um sich an deren Laich zu mästen. Namentlich frisst er auch Krebse in der Zeit ihrer Häutung, und hat an manchen Orten die- selben vollständig vertilgt. Obwohl der Aal als gefrässiger Raubfisch allgemein bekannt ist, so begegnet man immer wieder Erzählungen von den Wanderungen, die er in die Erbsenfelder machen soll, um die jungen Aal. 175 Erbsen zu verzehren. Die älteste Angabe dieser Art rührt avüIiI von Albertus Magnus her, der in seinem Thierbuch (Frankf. a. M. 1545) erzählt: „Der Aal soll auch ettwan des nachts auss dem wasser schlieffen auff dem feldt, da er linsen, erbsen oder bonen gesehet findet." Zwar widerspricht dieser Geschichte schon Baldner*) im Jahre 1666, in dem er von den Aalen sagt: „Fressen Fisch, kommen nicht aufs Land und fressen nicht Erbsen, sondern bleiben im Wasser und sind Nachtthiere." Indessen werden immer neue Beobachtungen mitgetheilt, welche die Richtigkeit der "Wanderungen in die Erbsenfelder bestätigen sollen. So giebt Bock in seiner wirtschaftlichen Naturgeschichte von dem Königreich Ost- und Westpreussen 1784 an, dass der Aal vielfältig in den Erbsen- feldern in der Nähe der Gewässer gefangen werde, wo er die jungen Blätter (nach anderen Angaben die Erbsen selber) fresse, und fährt dann fort: „Diese Auswanderung giebt den Aufschluss von der räthsel- haften Wahrheit, dass in Preussen und Pommern auf trocknem Lande und mit dem Ackerpfluge Fische gefangen werden. Es machen nämlich die Bauern, wenn in warmen Nächten die Aale nach den Erbsen ziehen, gegen den Morgen, wenn es noch nicht völlig Tag ist, nach dem Wasser hin einige Furchen mit der Pflugschaar, und sind diese das Netz, in welchem sie gefangen werden. Denn ob der Aal gleich auf dem Grase fortschlüpfet, so ist ihm doch der Rückzug durch die aufgeworfenen Erd- schollen verwehret. Die Landleute sehen es als ein Zeichen des nahen Ungewitters an, wenn er aus dem Wasser aufs Trockene gehet." Und aus Lyck schreibt man mir: „Bei Gewittern werfen sie sich, kommen dann in Erbsenfelder; bei dieser Gelegenheit streut man Sand, Asche und ver- hindert dadurch ihre Rückkehr." Aehnliche Geschichten sind gerade in letzter Zeit mehrfach in den Tagesblättern abgedruckt worden, ja einem Beobachter sind sogar, während er Nachts in seinem Erbsenfelde spazierte, „die glatthäutigen Thiere bei ihrer Rückkehr nach dem Wasser über die Beine gelaufen." Die Enge seiner Kiemenspalte macht es dem Aal aller- dings möglich, längere Zeit ausserhalb des Wassers zu leben, und er mag bei der Wanderung über überschwemmte Wiesen mitunter sich auch auf nur feuchte Stellen begeben, wo er an Schnecken und dergl. reichliche Nahrung findet. Von einer Auswanderung nach den Erbsenfeldern kann aber gar nicht die Rede sein, da einerseits der Aal keine Erbsen frisst *) Recht natürliche Beschreibung und Abmahlung der Wasser-Vögel, Fischen, vierfüssigen Thier, Insecten und Gewirm, so hey Strassburg in den Wassern sind, die ich selber geschossen und die Fisch gefangen, auch alles in meiner Hand gehabt. Leonhard Baldner Fischer undt Hagmeister in Strassburg gefertigt worden 1G66. Manuscript. (Citirt von Siebold, Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig 1863.) 176 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. (warum stecken denn die Gläubigen keine Erbsen an ihre Aalangeln?) und da andrerseits es sich in mehreren Fällen herausgestellt hat, dass die auf Feldern oder Wiesen gefundenen Aale von Fischdieben verloreu oder auf der Flucht fortgeworfen waren. Auch sind mehrfach auf über- schwemmt gewesenen "Wiesen todte Aale gefunden worden, denen es trotz der Nähe des Wassers nicht geglückt war, in dasselbe zurückzu- kehren. So gross auch die Beweglichkeit und Wanderfähigkeit der jungen Aalbrut ist, von der wir weiterhin sprechen werden, so darf man doch an eine Wanderung erwachsener Aale über grössere Strecken Landes um so weniger glauben, als nach dem Zeugnisse Spallanzani's (Opere. Milano 1821) in Comacchio, wo seit Jahrhunderten der grossartigste Aal- fang betrieben wird, und diese Fische in grossen Teichen und Lagunen ge- halten werden, die Fischer noch niemals einen Aal haben über Land wandern sehen, und dass, als einmal wegen Yerderbniss des Wassers die Aale zu vielen Tausenden umkamen, kein einziger den Versuch gemacht hat, sich durch eine kurze Landwanderung in das nahe Meer oder den benachbarten Po zu retten. Der Aal findet sich in allen unsern Gewässern mit Ausnahme der schnell strömenden kleinen Bäche. Nach der verschiedenen Form des Kopfes, der Färbung und dem wechselnden Längenverhältniss zwischen Rumpf- und Schwanztheil unterscheiden die Fischer gewöhnlich mehrere Arten, und auch die älteren Fischkundigen haben sich ohne genügenden Grund diesem Vorgange angeschlossen. Bei schnellem Wachsthum er- reicht der Aal eine Länge von 60 — 80 cm, oft auch darüber. Wegen seines fetten, wohlschmeckenden und wenig gräthigen Fleisches wird er allgemein geschätzt und auf die verschiedenste Art gefangen. Am er- giebigsten ist der Fang in den ständigen Aalwehren und Aalkasten; in Reusen, mit dem Keutelnetz und an Aalangeln werden ebenfalls grosse Mengen gefangen. Im Winter werden viele Aale an den flachen Ufern, wo sie haufenweis im Schlamme eingegraben liegen und Winterschlaf halten, mit Aalspeeren gestochen, wobei freilich oft mehr Thiere ver- wundet als gefangen und neben grossen Aalen auch ganz kleine Exem- plare in Menge gespiesst werden. Eine Gruppe im Schlamme versteckter Aale, wie man sie im Aquarium täglich beobachten kann, ist in Fig. 122 dargestellt. Eben noch ganz frei auf dem Boden liegend, graben sie sich selbst im festen Sandgrund mit erstaunlicher Schnelligkeit ein und ver- schwinden bei der geringsten Störung. Die Fortpflanzungsweise des Aales war seit Aristoteles Zeit ein ungelöstes Räthsel und hat zu den wunderbarsten Annahmen und Be- hauptungen Anlass gegeben. Abgesehen davon, dass man die jungen Aal. 177 Aalt» aus dem Schlamm, dem Maithau, Pferdehaaren, dem Hautschleim alter Aale entstehen liess, oder sie von Schlangen, der Aalmutter oder anderen Fischen herleitete, ist Jahrhunderte lang darüber gestritten wor- den, ob der Aal ein eierlegendes oder lebendig gebärendes Thier sei. Obwohl die Fischer an der Form der Schnauze Männchen und "Weibchen unterscheiden zu können glaubten, hatte doch bis vor 100 Jahren Nie- mand Geschlechtstheile beim Aal gefunden. Erst ums Jahr 1780 ent- deckten Mondini und 0. F. Müller unabhängig von einander die Eier- stöcke, und ersterer gab auch eine gute Abbildung der Eier. Doch gelang es erst Rathke im Jahre 1838, die Existenz der kleinen Eier, die man zu jeder Jahreszeit in den Eierstöcken jedes Süsswasseraales leicht finden kann, den Zweitlern unwiderlegbar nachzuweisen. Die männlichen Aale wurden erst 1873 von Syrski entdeckt und kommen nur im Meere und Brack- Fig. 122. Im Grunde versteckte Aale. wasser vor. Die Eierstöcke des Aales sind zwei gelblich- oder röthlich- weisse, neben der Wirbelsäule gelegene, bandartige Organe von Finger- breite, die sich, in zahlreiche quere Falten gelegt, durch die ganze Länge des Eumpfes hinziehen und keine Ausführungsgänge besitzen, ihren Inhalt vielmehr in die Leibeshöhle und durch eine sehr enge, hinter dem After gelegene Spalte nach aussen entleeren müssen. Die beiden Körper sind bei ihrer bedeutenden Grösse natürlich gar nicht zu übersehen, sie enthalten aber eine so grosse Menge von Fettzellen, und die in ihnen gelegenen Eier sind so klein und zart, dass man selbst bei oberflächlicher mikroskopischer Untersuchung glauben kann, dass die ganzen Organe nur aus Fett bestehen. "Während die Eier unserer meisten anderen Fische zwischen 1 und 3 mm Durchmesser schwanken, theil- weise auch noch viel grösser sind, haben die Eierstockseier des Aales nur einen Durchmesser von durchschnittlich 0,1 mm und werden von den sehr 12 178 Die preussischen Fische. Sehwimmbläser. viel schärfer begrenzten Fettzellen so dicht umgeben, dass es einiger Sorg- falt bedarf, um ein Präparat herzustellen, in dem sie so deutlich sichtbar sind, wie in der beistehenden 150mal vergrösserten Abbildung. Indessen dürfte es jedem Besitzer eines nur lOOmal vergrössernden Mikroskopes, bei Zerzupfung eines Stückchens vom Eierstock in Wasser, ohne grosse Mühe gelingen, sie zu finden. Sehr viel leichter als bei erwachsenen Aalen sind die Eier bei jungen Thieren von 20 cm Länge zu finden, da bei diesen die Eierstöcke und Eier zwar kleiner sind, Fettzellen aber im Ovarium gar nicht vorkommen, so dass in jedem Stückchen desselben nur Eier unter dem Mikroskop auf den ersten Blick sichtbar sind. Die Zahl derselben ist ausserordentlich gross und auf mehrere Millionen zu schätzen. Grössere Eier, die bisweilen in grosser Menge in aufge- schnittenen Aalen gefunden und für Aaleier gehalten wurden, haben sich immer als von dem Aale verschluckter und durch Anschneiden seines Magens in die Bauchhöhle gelangter Laich anderer Fische erwiesen. Fig. 123. Geschlechtsorgane und Eier des Aales. 1. Ein Theil des Hodens. 2. Ein Theil des Eierstockes. 3. Ein Stückchen desselben stark vergrössert. 4. Ein isolirtes Ei. Die männlichen Aale, die also nur im Meer und Brackwasser sich aufhalten, sind erheblich kleiner als die weiblichen und überschreiten nur selten die Länge von 40 cm. Bei ihnen finden sich an Stelle der Eierstöcke che von jenen in der Bildung durchaus verschiedenen Hoden. Dieselben bestehen aus zwei durch die ganze Länge des Rumpfes sich hinziehenden Kanälen, an deren von der Mittellinie des Thieres ab- Aal. 179 gewandter Seite kleine flache Bläschen in grosser Anzahl aufsitzen. Reife Samenfäden sind in diesen Organen übrigens noch ebensowenig nachgewiesen worden, als man in den Eierstöcken der Weibchen lege- reife Eier gefunden hat. Nach mehrfachen Angaben sollen die männ- lichen Aale, die später auch von Siebold in der Ostsee bei Wismar aufgefunden sind, sich von den Weibchen durch verhältnissmässig spitzere Schnauze, niedrigere Rückenflosse, dunklere Färbung des Rückens, stärkeren Metallglanz der Seiten, rein weisse Farbe des Bauches und grössere Augen unterscheiden. Durch den Nachweis beider Geschlechter wird indessen die Frage, ob der Aal Eier lege oder lebendige Junge zur Welt bringe, nicht ent- schieden. Von jeher ist die Neigung vorherrschend gewesen, die letztere Eventualität anzunehmen, und es fehlt auch jetzt nicht an Leuten, welche der Geburt junger Aale beigewohnt oder in aufgeschnittenen Aalen grosse Mengen junger Aeichen gefunden zu haben behaupten. Immer wieder erhält man Berichte über Vorkommnisse dieser Art. und Zu- sendungen von angeblichen jungen Aalen von 3 — 6 cm Länge, die sich mitunter Tage lang in einem Glase Wasser bewegt haben. Es sind Fig. 124. Aalspulwurm (Ascaris labiata) und junger Aal. dies Spulwürmer, (Ascaris labiata), die mitunter zu Hunderten im Darm- kanal des Aales vorkommen und an ihrer weisslichen Farbe, den beiden zugespitzten Enden, dem Mangel jeder Flosse, der Augen und des Maules, sowie an der Trägheit ihrer Bewegungen leicht von einem gleich grossen Aal zu unterscheiden sind. Die kleinsten beobachteten Aale von 3 cm Länge zeigen schon vollkommen die Gestalt ihrer Eltern, sie sind äusserst durchsichtig, so dass man am Halse schon mit der Loupe das rothe Herz pulsiren sieht und dahinter die braunrothe Leber bemerkt; das Maul, die Brustflossen, Rücken-, After- und Schwanzflosse sind deut- lich erkennbar, und die schwarzen Augen sind unmöglich zu über- sehen. Ausser Eingeweidewürmern geben gelegentlich Junge der Aal- mutter (Zoarces viviparus) Unkundigen Gelegenheit zu Entdeckungen. So beschrieb und zeichnete Dr. Eberhard in Nr. 4 der „Gartenlaube" von 1874 einen „Embryo des Aales", der mit fast tausend ähnlichen Em- bryonen aus dem Bauche eines Aales geschnitten sein sollte. Die ziemlich gute Abbildung Hess auf den ersten Blick einen Embryo der Aalmutter erkennen, der fast zur Geburt reif, nur noch einen kleinen Dottersack 12* 180 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. besass. Sieht man nun davon ab, dass aus dem winzigen Ei des Aales unmöglich ein grosser Embryo mit einem Dotterreste entstanden sein kann, der das ganze Ei an Grösse mehrere hundertmal übertrifft, sowie davon, dass aus den 2 — 300 Jungen der Aalmutter die Phantasie der Beobachter tausend gemacht hatte, so erscheint bei dieser Geschichte das am merkwürdigsten, dass von einer Aalräucherin , die doch in ihrem Geschäft Gelegenheit genug gehabt hatte, Aale kennen zu lernen, die erwachsene Aalmutter für einen Aal angesehen werden konnte, wenn es die Dame nicht etwa auf eine Mystifikation des Herrn Doctors ab- gesehen hatte. Bedauerlicher Weise ist eine Berichtigung der Eber- hard sehen Mittheilung in der „Gartenlaube" nicht gebracht worden, ob- wohl der Thatbestand in kürzester Zeit sich aufklärte. Inzwischen ist mit der grössten Gewissheit anzunehmen, dass der Aal seine Eier wie die meisten anderen Fische ablegt und zwar wie die Neunaugen nur einmal laicht, dann aber abstirbt. Alle Eier eines Aal- weibchens zeigen nämlich denselben Reifezustand, während sich bei den jährlich laichenden Fischen ausser den grossen zur Ablage in der nächsten Laichperiode bestimmten Eiern zahlreiche andere von sehr viel geringerer Grösse vorfinden, die erst allmälig heranwachsen und in späteren Jahren gelegt werden. Wie aber Millionen junger Aale, wenn sie nicht in mikroskopischer Grösse geboren würden, im Leibe der Mutter Platz finden sollten, ist schwer verständlich. Von dem winzigen Dotter kann der Aalembryo unmöglich längere Zeit leben und wachsen, von aussen her kann ihm aber nur Nahrung kommen, wenn er nicht mehr im Mutterleibe eingeschlossen ist. Aus dem Umstände, dass die männlichen Aale ausschliesslich im Meer- und Brackwasser vorkommen, die weib- lichen Aale der Binnengewässer aber jährlich eine schon dem Aristoteles bekannte Wanderung nach dem Meere unternehmen, auf welche der Hauptfang der Aale in ständigen Vorrichtungen gegründet ist, sowie ferner aus dem regelmässigen Aufsteigen der jungen Aalbrut aus dem Meere in Flüsse und Seen ist mit unzweifelhafter Sicherheit zu ent- nehmen, dass die Fortpflanzung der Aale nur im Meere stattfindet. Alle Behauptungen des Gegentheils sind hinfällig, indem das Vorkommen junger Aalbrut in geschlossenen Teichen sich sehr wohl aus der weiter- hin zu besprechenden Wanderlust derselben erklären lässt, in solchen Gewässern aber, die vollkommen isolirt liegen, sich die eingesetzten Aale zwar sehr wohl befinden und schnell wachsen, sich aber niemals ver- mehren. Ein noch zwingenderer Beweis dafür ist aber in dem Umstände zu finden, dass Seen, die früher sehr viele Aale enthielten, bald nach Anlage einiger hohen Wehre in den ihr Wasser zum Meere führenden Aal. 181 Flüssen ihren Aalreiehthum einbüssten, so dass nach Längerer Zeit nur noch einzelne grosse und alte Aale in ihnen gefangen werden. Ein Beispiel dieser Art bietet in Westpreussen der im Kreise Konitz gelegene Müskendorfer See, von welchem ich gelegentlich der Wanderungen der Aalbrut noch zu berichten haben werde. Fände eine Vermehrung der Aale auch im süssen Wasser statt, so wären solche Erscheinungen in Seen, deren physikalische Verhältnisse in keiner Weise verändert sind, ganz unerklärlich. Im oberen Lauf längerer Flüsse beginnt die Thalwanderung der Aale schon im April oder Mai, im unteren Lauf und in kürzeren Flüssen später. In allen fliessenden Gewässern ist der Hauptaalfang auf diese Wanderung gegründet. Die Aale ziehen nicht ohne Aufenthalt stromab- wärts, vielmehr verweilen sie unterwegs hier und dort längere Zeit, gehen auch wol wieder etwas stromauf und scheinen namentlich in dunkelen dächten, bei trübem Wetter und Gewitter stromab zu gehen, weil sie in solcher Zeit am massenhaftesten gefangen werden. Wahrscheinlich kehren die Aale, nachdem sie einmal ins Meer gelangt sind und dort gelaicht haben, nicht wieder ins süsse Wasser zurück, sondern sterben dort ab. Es ist niemals ein massenhaftes Aufsteigen erwachsener Aale im Früh- jahr oder Sommer beobachtet worden, und es scheint sicher zu sein, dass alle einmal in der See angelangten weiblichen Aale dem Fischer ver- loren sind. In No. 8 der Deutschen Fischereizeitung von 1878 theilt Dr. Schoch einige ihm von Dr. Jacoby in Triest mitgetheilte Beobach- tungen mit. Es heisst in seinem Aufsatz unter anderm: „Nach dem Absetzen des Laiches stirbt der weibliche Aal einen physiologischen Tod; man hat zeitweise das Meer in der Nähe der Flussmündungen mit todten Aalen bedeckt gefunden, deren Ovarien leer waren." Wann, wo und von wem diese Beobachtung gemacht sei und wer namentlich die Leere der Eierstöcke bei diesen Leichen constatirt habe, wird leider nicht berichtet. Ein grosser Theil der Aale bleibt während die anderen dem Meere zueilen in den Binnengewässern zurück, sei es, dass ihre Eier in dieser Periode noch nicht die genügende Reife erlangt haben, sei es, dass sie überhaupt steril bleiben. Bei den wandernden Aalen lässt sich vom August oder September an eine Vergrösserung der Eier leicht constatiren. Während sie in den früheren Monaten bei allen Aalen mittlerer Grösse einen Durchmesser von höchstens 0,09 mm haben, fand ich sie im September v. J. (im Durchschnitt aus zahlreichen Messungen) 0,10, im October 0,16, im November 0,18 bis 0,23 mm gross, auch zeigten sie andere Charaktere der nahenden Reife, von denen in früherer Zeit nichts zu bemerken war. Alle später gefangenen Aale, die noch den December und Januar hin- 182 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. durch untersucht wurden, und die theils aus Flüssen und Haffen, theils aus dem Putziger Wiek herstammten, hatten Eier von 0,03 bis 0,09 mm, nur ganz ausnahmsweise wurden einige von 0,16 mm gefunden, obwohl unter den Fischen Thiere von 1 m Länge sich befanden. Man darf aus diesen Beobachtungen wohl den Schluss ziehen, dass die zum Laichen ziehenden Aale schon im December die Binnengewässer vollkommen verlassen und tiefere Stellen der See aufgesucht haben, wo sie mit unseren gebräuchlichen Gezeugen nicht gefangen werden können. Nur systematische Untersuchungen geeigneter Stellen des Meeresgrundes mit Schleppnetz und Mikroskop dürften zum Auffinden des abgelegten Aaleies führen. Auch möchte sich der Versuch empfehlen, Wanderaale in geeigneten Behältern auf den Meeresgrund zu versenken, um zu con- statiren, ob unter diesen Umständen ihre Eier weiter reifen. Bei Be- nutzung grosser Thiere zu diesem Zwecke könnte man durch eng- maschige Gitter auch den kleinern männlichen Aalen den Zutritt in den Behälter möglich machen. Jedenfalls fällt nach allen Beobachtungen die Laichzeit des Aales in den Winter. Allerdings behauptet in einem „Zur Naturgeschichte der Aale" be- titelten Artikel, der sich durch sechs Nummern der östereichisch-ungari- schen Fischereizeitung hinzieht, ein phantasiereicher Mitarbeiter dieses Blattes unter anderen wunderbaren Dingen auch das Laichen der Aale in Flüssen und Teichen selber beobachtet zu haben. Ich lasse den an- scheinend höchst sachverständigen Herrn seinen Sommernachtstraum mit seinen eigenen Worten erzählen, um zu zeigen, mit welcher Sicher- heit und Ausführlichkeit die grundlosesten Fabeln über die Naturge- schichte des Aales von jeher verbreitet worden sind. „Die Action des Laichens der Aale," berichtet der kühne Augenzeuge, „ist interessant, die Beobachtung derselben aber äusserst mühsam und beschwerlich und überhaupt nur möglich, wenn die Laichstellen nach der Erfahrung schon bekannt sind; man muss viele Nächte hindurch am Ufer, hinter Gebüsch versteckt, mit gespannter Aufmerksamkeit regungslos lauern, bis diese nächtlichen Abenteurer im seichten Wasser einhergezogen kommen und ihre schlangenartigen Bewegungen an der Oberfläche deutlich sichtbar werden. Sobald sie an der ihnen geeignet erscheinenden Stelle ver- sammelt sind, geräth das Wasser in auffallende Bewegung, die in lange Strahlen ausläuft, dann erfolgen heftige Schläge, dass das Wasser in die Höhe spritzt, worauf es wieder kleine Wellen bildet, als würde sich ein ziemlich umfangreicher Gegenstand im Wasser wälzen, nach deren Ver- lauf man abwechselnd einen Theil des Körpers der kämpfenden Rivalen oder der vergnügten Paare sieht. Nach Verlauf von beiläufig einer Aal. 183 Stunde wird es ruhig, man sieht wieder, dass das Wasser in ver- schiedenen Richtungen in schlängelnden Zuckungen sich bewegt, die immer mehr und mehr dem Auge des Beobachters entschwinden, indem die Aale den Laichplatz verlassen und entweder nach Nahrung jagen, oder nach ihren ruhigen Wohnplätzen ziehen. Kommt man am folgenden Tage, von der grössten Neugierde geplagt, zu der betreffenden Stelle, so sieht man vorläufig nichts. Erst wenn man mit einer scharfen Loupe die Wasserpflanzen sorgfältig untersucht, entdeckt man die kleinen grün- lich weissen Eier am Boden gebettet, aus welchen die jungen Aale nach beiläufig sechs Wochen ausschlüpfen." Es ist nur zu bedauern, dass uns der ausdauernde Beobachter nicht die ganze Entwicklung des Eies durch photographische Wiedergabe seiner Phantasiebilder illustrirt. Eine andere wundersame Geschichte wird von Dallmer (Fische und Fischerei im süssen Wasser. Segeberg 1877) mitgetheilt. An der Flensburger Föhrde erzählte ihm ein Aalräucherer, wie er einmal im April in einem der Säcke, in dem ihm Aale zugeschickt wurden, und der nach seiner Entleerung mit den andern, zufällig wieder zugebunden, ins Wasser gelegt war, nach 8 — 14 Tagen Millionen lebender, junger Aale von 1 — 2 Zoll Länge fand. Er meint also, dass befruchteter Laich in dem Sacke gewesen sei, der sich in 8 — 14 Tagen zu Fischen von 1 — 2 Zoll Länge entwickelt habe. Eine Million junger Aale von iy2 Zoll Länge nimmt einen Baum von 160 Litern ein oder ca. 1/6 cbm, der Form des Sackes angepasst, würden sie einen Körper von 1 m Länge und 25 cm Dicke bilden. Eine solche Menge Fischchen würde schwerlich in einem zugebundenen Sack Futter genug finden, um von einer winzigen Grösse (die Eier sind ja im Eierstock nur 0,23 mm gross gefunden, mögen aber abgelegt 0,5 mm messen) in 8 Tagen eine Länge von 1 — 2 Zoll zu erreichen; nehmen wir aber selbst an, dass der Aalräucherer einige Hundert Aeichen mit eben so viel Millionen ver- wechselt habe, so dürfte man doch schwerlich zugeben, dass diese Thierchen in 8 — 14 Tagen das 160fache ihres ursprünglichen Volumens erreicht hätten. Sehr viel glaublicher wird die Geschichte, wenn man annimmt, dass junge Aalbrut auf der Wanderung nach dem süssen Wasser in den vielleicht nicht fest zugebundenen Sack sich verirrt habe. In de la Blanchere's Nouveau Dictionaire general des Peches, Paris 1868, finde ich die folgende Notiz ohne Angabe einer Quelle: „Chenu et Desmarest n'hesitent pas ä affirmer que l'Anguille fraye dans la vase apres une sorte d'accouplement. Les oeufs restent reunis en- semble par une viscosite analogue ä celle qui reunit les oeufs des 184 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. Perches d'eau douce, et forment de petits pelotons ou boules arrondies: chaque femelle, comrae ils ont pu l'observer produit annuelle- nient plusieurs de ces boules. Les petits eclosent bientot et restent pendant les preniiers jours de leur uaissance, reunis daus ces pelotes; quand ils ont atteint 0 m, 04 ou 0, m 05 de longueur, ils se debarassent des Kens qui les retenaient et bientot remontent tous, en bancles serrees et excessivement nombreuses, les fleuves ou les affluents pres desquels ils se trouvent." Danach würden also die Eier in Schleimklumpen ab- gelegt, innerhalb deren die Jungen in einigen Tagen ausschlüpfen, um ein paar Tage später sich zu trennen und frei umherzuschwimmeD. Wann und wo die genannten Forscher diese Beobachtungen gemacht haben, ist aus dem Dictionaire nicht ersichtlich. Jedenfalls ist es schwer ver- ständlich, wie sie sich überzeugt haben, dass dasselbe Aalweibchen jährlich einige Eierklumpen ablegt. Die im Meere aus den Eiern geschlüpften jungen Aale leben ver- muthlich am Grunde, um zunächst durch reichliche Nahrungsaufnahme zu einer Grösse von 1 — 3 cm heranzuwachsen. In dieser Grösse begeben sie sich in ungeheuren Schaaren auf die Wanderschaft, um in die Flüsse und Seen aufzusteigen. Diese Wanderung der jungen Aale ist seit langer Zeit bekannt, namentlich in den Lagunen von Comacchio, in welche sie meistens in einer Länge von nur 6 — 8 mm einwandern sollen, und in Frankreich, später sind sie auch in England, Dänemark, Schweden und seit Kurzem in Deutschland beobachtet worden. Nach französischen Berichten halten sich die dort schon im Winter aus dem Ei schlüpfenden Aale an der Mündung der Loire während des Februars als 4 — 5 cm lange Thierchen in ungeheurer Menge im Brack- wasser auf, um später flussaufwärts zu wandern. Sie ziehen in ge- drängten Schaaren an der Oberfläche der Flüsse dicht am Ufer hin, und kleine Theile des Schwarmes zweigen sich bei jedem Nebenflusse ab, um in diesen hinauf zu wandern. Diese Schwärme junger Aale werden in Frankreich als montee, in Italien als montata bezeichnet. Die Masse der jungen Thiere ist entsprechend der Zahl der Eierstockseier des Aales, eine ungeheure. Schon Eedi erzählt, dass von Ende Januar bis Ende April die Brut den Arno hinaufwandere und im Jahre 1667 in fünf Stunden über 3 Mill. Pfund derselben gefangen seien. In die Lagunen von Comacchio ziehen die Aale vom Februar bis April ein, im März und April werden sie in vielen französischen Flüssen beobachtet, in welchen der Zug 8 — 14 Tage lang dauern soll. In Deutschland rührt die erste Beobachtung dieser Wanderungen von Ehlers her. Derselbe schreibt darüber 1863 an Siebold: „Es war vor ungefähr zehn Jahren, im Dorf Drennhausen, Amts .Wiesen, Aal. 185 im Königreich Hannover, als wir eines Morgens, Ende Juni oder Anfang Juli, auf den dort unmittelbar an die Elbe stossenden Deich tretend, sahen, dass sich am ganzen Ufer entlang ein dunkler Streif fortbewegte. Wie für die Bewohner der dortigen Elbmarsch Alles, was sich auf und in der Elbe ereignet, von Interesse ist, so zog auch diese Erscheinung sofort die Aufmerksamkeit auf sich, und es ergab sich, dass dieser dunkle Streif von einer unzähligen Menge junger Aale gebildet wurde, die dicht aneinaudergedrängt an der Oberfläche des Flusses stromaufwärts zogen und sich dabei stets so nahe und unmittelbar am Ufer hielten, dass sie alle Krümmungen und Ausbuchtungen desselben mitmachten. Die Breite dieses aus Fischen gebildeten Streifens mochte an der Stelle, wo er be- obachtet wurde und wo die Elbe eine bedeutende Tiefe hatte, etwa einen Fuss breit sein, wie gross die Mächtigkeit desselben nach unten sei, wurde nicht beobachtet. So dicht gedrängt aber schwammen hier die jungen Aale, dass man bei jedem Zuge, den man mit einem Gefässe durchs Wasser that, eine grosse Menge der Fische erhielt, und diese für die Anwohner der Elbe insoweit lästig wurden, als sie, so lange der Zug der Fische dauerte, kein Wasser aus der Elbe schöpfen konnten, das nicht von den kleinen Fischen gefüllt war. Die Grösse der einzelnen jungen Aale betrug durchschnittlich wohl 3 bis 4 Zoll, die Dicke der Körper erreichte ungefähr die eines Gänsekiels. Vereinzelt schwammen Aale von bedeutender Grösse dazwischen, doch möchte wohl keiner über 8 Zoll lang gewesen sein. Alle Thiere, auch die kleinsten, waren völlig dunkel gefärbt. Dieser wunderbare Zug der Fische dauerte ununter- brochen in gleicher Stärke den ganzen Tag hindurch, an dem er zuerst beobachtet wurde und setzte sich auch noch am folgenden fort. Am Morgen des dritten Tages war aber nirgends mehr einer der jungen Aale zu sehen.'1 Aehnliche Beobachtungen sind bei Wittenberge an der Elbe ge- macht. Kupffer hat Mengen junger Aale von ca. 3 cm Länge im Brackwasser der Eider bei Friedrichstadt beobachtet, ebenso v. Stemann bei Rendsburg. „Alljährlich," berichtet der letztere, „in der Zeit vom April bis Ende Juni erscheinen in der Unter-Eider bei Rendsburg grosse Massen junger Aale, welche in dichten Zügen die Absperrungen gegen die Ober-Eider er- reichen und in jeder möglichen Weise zu überwinden suchen. Im April zeigten sich die ersten Aale, jedoch nur vereinzelt; kalte Witterung hat die- selben bis jetzt offenbar zurückgehalten, denn ein Aufsteigen hat bis heute in diesem Jahre nicht stattgefunden, dies beginnt erst beim Eintreffen der grossen Schwärme. Bei geringerem Strome ist der Zug breit, sobald aber aus einer Mühle den Aalen starke Strömung entgegentritt, wird 136 Die preussischen Fische. Schwimmbläser. derselbe ganz schmal und presst sich hart an das Ufer, um den Strom zu überwinden. Die Thierchen schwimmen rastlos und recht geschwind an den Ufern entlang, bis sie einen Punkt finden, an dem sie das Auf- steigen versuchen. Hier lagern sie sich zu grossen oft 2 dem hohen Haufen und scheinen den Eintritt der Fluth in die Unter-Eider abzu- warten, welche ihnen das Aufsteigen erleichtert. Dann beginnt die ganze Masse sich aufzulösen und unaufhaltsam geht Aal neben Aal an einer steilen Felsenmauer hinauf, um verschiedene kleine Löcher in 5 — 6 dem Höhe zu erreichen, welche fast tropfenweise etwas Ober-Eiderwasser hin- durch lassen. In diese Löcher kriechen die Thierchen hinein und müssen einen Weg unter der Strasse von 15 m Länge sich fortbewegen, ehe sie die Ober- Eider erreichen. Ein anderer Theil bewegt sich nach den Schleusen und erklettert hier die Ritzen im Holze ; auch bei den Mühlen ist das Aufsteigen stets zu beobachten, vornehmlich bei Sonnenaufgang. Zum Versenden der Aalbrut nehme ich nur die frisch herumschwimmen- den Thierchen, denn die auf einem Klumpen liegenden sind nicht so kräftig. Diese Letzteren lasse ich zu grossen Haufen in die Ober-Eider setzen." Aehnliches berichtet Davy aus Irland. „Ich befand mich," sagt er „gegen Ende Juli zu Ballyshannon an der Mündung des Flusses, der die ganzen vorigen Monate 'sehr hohes Wasser gehabt hatte. Wo er seinen Fall macht, war er ganz schwarz von Millionen kleiner, etwa fingerlanger Aale, die fortwährend den nassen Felsen an den Ufern des Wasserfalles zu erklimmen suchten. Sie kamen dabei zu Tausenden um, aber ihre feuchten, schlüpfrigen Körper dienten den übrigen gleichsam zur Leiter, um ihren Weg fortzusetzen. Ihre Ausdauer war so gross, dass sie doch in ungeheurer Menge ihren Weg bis Loch Erne erzwangen." Bei der Versendung von Aalbrut hat man häufig Gelegenheit, zu sehen, wie die- selbe aus den Wassergefässen heraus und an senkrechten Wänden weit in die Höhe kriecht, ja, an der Decke des Zimmers entlang geht. Dass sie bei solchem Wandertriebe auch enge Teiche verlassen, um auf feuchtem Boden sich in benachbarte Gewässer zu begeben, ist nicht wunderbar, und es wird dies bei der Besetzung kleiner isolirter Teiche mit Aalbrut häufig bemerkt. Bei den kleinen aufsteigenden Aalen ist eine Anlage von Ge- schlechtsorganen noch nicht sichtbar, es entwickeln sich aber die auf- steigenden Thiere im süssen Wasser ausschliesslich zu Weibchen. Eine in neuester Zeit von Dr. Pauly in München gemachte Beobachtung scheint dieser Annahme allerdings zu widersprechen, indem der Genannte männliche Aale unter solchen entdeckte, die als Montee nach Hüningen gekommen, dort zwei Jahre in Teichen gehalten und endlich in die Aal. 187 Bassins des Hoffischers Kiiffer gelangt waren. Es ist aber zu berück- sichtigen, dass die Montee an der Mündung französischer Flüsse im Brackwasser gewonnen war, und dass sich unter den zahllosen ganz kleinen Aalen, die sich im Brackwasser tummeln, immer auch viele grössere Exemplare befinden, bei denen wahrscheinlich die männlichen Ge- schlechtsorgane schon angelegt sind. Solche sind es wohl, die, schon als Männchen nach Hüningen und München transportirt und dort als solche erkannt sind. Diese Yermuthung würde nur widerlegt werden, wenn man auch unter den im oberen Lauf von Flüssen als Montee ge- fangenen Aalen sich Männchen entwickeln sähe. Ton einer auffälligen Beobachtung, die mit der Wanderung der jungen Aalbrut zusammenhängt, erhielt ich im vorigen Jahre bei einer Bereisung der Gewässer des Kreises Konitz Kunde. In der Brahe wurde 1846 — 1847 bei Mühlhof oberhalb Kittel ein hohes Wehr erbaut, um durch Stauung des Flusses einen grossen Wiesencomplex zu bewässern. Unterhalb des Wehres ist eine geneigte Ebene von Bohlen angelegt, die etwa 100 Schritt lang ist und verhüten soll, dass das beim Ziehen der Schleuse gewaltsam herabstürzende Wasser den Grund und die Ufer abspüle. Dieser Bretterboden bestand aus zwei Lagen, einer unteren von zweizölligen und einer oberen von dreizölligen Bohlen. Die beträchtliche Höhe des Mühlhöfer Wehres (13 m) hat der aufsteigenden Aalbrut den Ein- tritt in den Oberlauf der Brahe und die damit zusammenhängenden Seen vollkommen abgeschnitten, und die Zahl der oberhalb des Wehres ge- fangenen Aale, die früher sehr beträchtlich war, hat sich allmälig fast auf Null reducirt. Im Jahre 1847 war der Bau des Wehres und der geneigten Ebene vollendet worden, 1852 hob sich der obere Bohlenboden der Ebene an verschiedenen Stellen in sehr unregelmässiger Weise, so dass er behufs einer ausgedehnten Reparatur aufgerissen werden musste. Damit wurde zugleich die Ursache der Hebung entdeckt, tausende von fingerdicken Aalen, in Folge des Lichtmangels von äusserst bleicher Färbung und grossentheils mehr oder weniger platt gedrückt, erfüllten den Raum zwischen beiden Bohlenlagen, und ihrem vereinten Drängen hatte der obere Boden weichen müssen. Jedenfalls waren diese Aale als Montee zwischen beide Böden eingedrungen, hatten hier genügende Nahrung gefunden und waren herangewachsen, bis die Zunahme ihres Yolumens die Decke ihres Gefängnisses gesprengt hatte. Diese mir von einem alten Schleusenarbeiter mitgetheilte Thatsache wird mir von Herrn Geh. Reg.- Rath Schmicl in Marienwerder, welcher damals die Bauarbeiten an der Mühlhöfer Schleuse ausführen liess, in vollem Umfange bestätigt. Aale, die im Mai in der Länge von 10 cm in geeignete Teiche 188 Die preussischen Fische. Büschelkiemer. gesetzt werden, erreichen bis Ende October eine Länge von 25 cm und die Dicke eines kleinen Fingers, im nächsten Herbst messen sie schon 50 — 60 cm und sind im dritten Jahre für die Küche reif. Bei diesem schnellen Waehsthum und ihrer Genügsamkeit, indem sie sich in Torflöchern und ähnlichen Gewässern aller Art wohl befinden, ist die Aufzucht von Aalen ein sehr lohnendes Geschäft. Die jungen Thiere, von denen bei ihrem ersten Erscheinen in den Flussmündungen 3000 — 3500 auf das Kilo gehen, während, wenn sie später etwas entfernter vom Meere gefangen werden, schon 7 — 800 Stück soviel wiegen, können über Hüningen aus Frankreich, neuerdings auch in Deutschland von Rendsburg und durch das Berliner Aquarium von Wittenberge zu billigem Preise bezogen werden und lassen sich, wenn die Lufttemperatur nicht zu hoch ist, in feuchtem Kraut (besonders geeignet ist die Wasserpest, Elodea canadensis) durch ganz Deutschland versenden. Nach Angabe des bekannten Pariser Fischhändlers Millet wurden von einem Kilo im Jahre 1840 in ausgedehnte Torfstiche an der Aisne eingesetzter Montee in 5 Jahren 2500 kg schöner Aale gefangen. Solche Erfolge dürften zur Nachahmung einladen. Ordnung der Büschelkiemer. Lophobranchii. Die Kiemen sind büschelförmig. Die Schnauze röhrenartig ver- längert mit kleinem zahnlosen Munde. Der Körper ist lang gestreckt, mit Schienen gedeckt. Rippen sind nicht vorhanden. Die Schwimmblase ist gross, ohne Luftgang. Kleine Seefische, die sich in der Nähe des Ufers zwischen Tang und Seegras aufhalten. Das Männchen trägt die vom Weibchen an seinen Bauch gehefteten Eier bis zum Ausschlüpfen der Jungen. Familie der Nadelfische, Syngnathini. Der Körper ist sehr lang gestreckt, die Kiemenspalte bis auf ein kleines Loch von der Haut überzogen. Die Bauchflossen fehlen immer, mitunter auch andere. Gattung Syngnathus L. Der Körper ist kantig, ebenso breit als hoch. Die Mundspalte steht fast senkrecht. Die Kiemenöffnung liegt hoch oben, in der Gegend des Nackens, dicht dahinter, wenn vorhanden, die kleine Brustflosse. Bei den eben ausgeschlüpften Jungen ist der ganze Schwanz mit einer Sanni- flosse umgeben, auch sind Brustflossen bei ihnen immer vorhanden, sie schwimmen anfangs senkrecht an der Oberfläche des Wassers. Grosse Seenadel. 189 S. 10. Ton den sieben Längs- Der Kopf ist oben flach, 68. Die grosse Seenadel. Syiignathus typhle r. lii, knr.: jnros adata. K. 2. R. 36. Br. 14. A. 6. Der Körper ist lang gestreckt, siebenkantig, leisten gehen nur vier auf den Schwanz über, schnabelförmig verlängert, der Schnabel seitlich stark zusammengedrückt. Der Anfang der Rückenflosse liegt genau über dem After, die Brustflosse steht dicht hinter der Kiemenöffnung, die Schwanzflosse ist klein, zuge- spitzt. Die Färbung ist ein schmutziges Graugelb oder Olivenbraun mit brauner Marmorirung, oder ein schmutziges Grün mit gelben Flecken, oft mit vielen kleinen weisslichen Punkten bestreut. Die Seenadeln — o— ' Q Q 2- 2?*- Fig. 125. Die grosse Seenadel mit Querschnitt des Rumpfes (1), des Schwanzes (2), Bauchseite (3) und Querschnitt (4) eines Männchens und Knochenschiene. haben die Fähigkeit, ihre Färbung sehr schnell zu ändern und ihrer Umgebung anzupassen. Sie halten sich meistens zwischen Seegras auf, erscheinen in dem frischen grün, im abgestorbenen braun. Sie leben von kleinen wirbellosen Thieren, die sie in Menge zwischen dem See- eras und anderem Kraut finden. Das meistens kleinere Männchen hat an O m der Bauchseite eine vom After bis zum hinteren Drittheil des Schwanzes reichende Furche, die durch zwei dünne häutige Klappen geschlossen wird, beim Herannahen der Laichzeit im April oder Mai anschwillt und die Eier aufnimmt, die darin bis zum Ausschlüpfen der Jungen getragen werden. Während viele Thiere schon im Mai laichen, verzögert sich die Ablage der Eier bei anderen regelmässig bis in den August hinein. Die grosse Seenadel erreicht eine Länge von 15 — 30 cm, wird nur gelegentlich ge- fangen und nicht verwerthet. 190 Die preussischen Fische. Büschelkiemer. Schmelzschupper. 69. Die kleine Seenadel. Syngnatlms ophidion L.. Sturmfiseh. lit, kur.: juros adata. K. 2. K. 34—38. Der Körper ist äusserst schlank, 60mal länger als hoch, rundlich, nur mit sehr schwachen Längsleisten an Rücken und Bauch. An dem zu einem kurzen Schnabel verlängerten Kopfe springen die Augen in der Mitte zwischen der Schnauzenspitze und der kleinen Kiemenöffnung stark vor, die allein vorhandene Rückenflosse ist niedrig, der After liegt etwa in der Mitte des Körpers. Die Grundfarbe des Körpers ist ein schmutziges Gelb- oder Graugrün, an den Seiten bemerkt man oft einige blaue rundliche Flecke und auf dem Kiemendeckel mehrere schön hellblaue Längsstriche und unterbrochene Längslinien. Beim Weibchen entwickelt sich in der vom Fig. 126. Die kleine Seenadel mit Bauchansicht des eiertragenden Männchens und Querschnitten. Mai bis Juli sich erstreckenden Laichzeit eine schwärzliche Hautfalte in der Mittellinie des Rückens und gleichzeitig treten die opalisirenden blauen Linien und Flecken am ganzen Körper stärker hervor. Die kleinen Seenadeln leben wie die vorige zwischen Seepflanzen, um welche sie den sehr biegsamen Schwanz schlingen und erreichen eine Länge von 18 — 25 cm. Die ca. 1 mm grossen Eier werden dem Männchen, welches keine Bauchfurche besitzt, in 2 — 4 Reihen an der Bauchseite befestigt, man findet häufig gleichzeitig solche in sehr verschiedenen Entwickelungs- stadien. Yon Raubfischen werden die Seenadeln gemieden, und wenn sie ihnen unversehens ins Maul kommen, sogleich wieder ausgeworfen. Die Schmelzschupper, Ganoidei. Der Körper ist mit grossen Knochenschildern gepanzert. Die kamm- förmigen Kiemen sind von einem einfachen, nicht aus mehreren Stücken bestellenden Kiemendeckel bedeckt. Die einfache Schwimmblase ist durch einen Luftgang mit dem Nahrungskanal verbunden. Stör. 191 Familie der Störe, Accipenserini. Die Wirbelsäule und der Schädel sind knorpelig-, erstere setzt sich bis in die Spitze des oberen Schwanzlappens fort. Die dreieckige Schnauze wird von den über die Kiefer weit vorragenden übrigen Gesichtsknochen gebildet. Der unterständige kleine Mund ist sehr vorstreckbar, zahnlos. Die Kiernenhaut enthält keine Strahlen. Am oberen Kande des Kiemen- deckels findet sich über der Kiemenspalte eine kleine Oefmung, das so- genannte Spritzloch, welches ebenfalls in die Kiemenhöhle führt. Gattung Accipenser L. Der Kopf ist von Knochenplatten vollkommen gedeckt, der gestreckte Leib mit fünf Längsreihen grösserer und kleinerer Knochenschilder be- setzt. Zwischen der Schnauzenspitze und dem Munde stehen in einer Querreihe vier Barteln. 70. Der Stör. Accipenser stnrio L.. altpr.: esketres; lit: erszketras, störe; kur.: sture; niass., kass.: jesiotr, jasiotr, lasioter. R 11/29. Br. 1/38. B. 11/14. A. 11/14. S. 11. 11. 75. Der Körper ist gestreckt, 8mal länger als hoch, namentlich in der Jugend scharf fünf kantig, während er im späteren Alter durch allmälige Abnutzung der spitzen Buckel auf den Knochenschildern mehr rundlich erscheint. In der Mittellinie des Kückens liegen 11 — 13 Schilder, von denen die mittleren am grössten sind, die beiden oberen Seitenkanten enthalten je 30 — 33, die unteren, den Bauch begrenzenden je 11 — 13 Kno- chenschilder. Die sämmthchen Schilder haben eine rhombische Gestalt, sind an der Oberfläche körnig und mit vielen kleinen Grübchen versehen, und erheben sich in der Mitte zu einer in der Jugend ganz scharfen Spitze, die sich mit der Zeit in einen flachen Buckel verwandelt. Zwischen den Kno- chenschildern erscheint die Körperhaut durch zahlreiche kleine in sie einge- lagerte Knochentäfelchen chagrinartig rauh. Die Schwanzwurzel und der obere Lappen der Schwanzflosse ist mit kleinen, rhombischen, dicht an ein- ander schliessenden Knochenplättchen bedeckt. An der Bauchseite liegen zwei grosse Knochenschilder dicht hinter der Kiemenspalte. Die Brustflosse beginnt mit einem sehr starken Knochen strahl, der kürzer ist als die folgenden gegliederten Strahlen, die Kückenflosse ist weit nach hinten gerückt und steht etwas vor der Afterflosse. Die Bauchflossen sind klein, dem After nahe gerückt. Die Schwanzflosse ist ungleichlappig, ihr oberer Lappen sehr viel grösser, sichelförmig. Der Kopf ist dreieckig, die Schnauze pflegt in der Jugend verhältnissmässig sehr viel länger und spitzer zu sein, doch findet man auch bei erwachsenen Thieren oft sehr 192 Die preussischen Fische. Schmelzschupper. erhebliche Differenzen im Profil des Kopfes. Der kleine zahnlose Mund ist stark vorstreckbar, hat eine schmale Oberlippe und eine wulstige, in der Mitte getheilte Unterlippe. Zwischen Mund und Schnauzenspitze stehen in einer Querreihe vier runde glatte Barteln, die zurückgelegt nicht bis zum Munde reichen. Von diesem verläuft bis zur Schnauzenspitze eine erhabene, vorne verbreiterte, mit rauhen Knochenschildchen bedeckte Mittelleiste. Fig. 127. Der Stör mit Köpfen im Profil und von unten, Querschnitt und Knochenschiene. Die Augen sind klein, mit gelber Iris und stehen etwas vor dem Munde an den Seiten des Kopfes, davor und etwas niedriger die doppelten Nasen- öffnungen. Die Färbung der Oberseite schwankt zwischen blaugrau und gelbgrau, die Seiten sind wie die Flössen graulich, der Bauch rein weiss. Der Magen ist fleischig, der Darm kurz, mit einer ihn der ganzen Stör. 193 Länge nach durchziehenden Spiralklappe versehen, die Schwimmblase gross und eiförmig. Der Stör erreicht bei uns gewöhnlich nur eine Länge von 2 — 3 m, wird aber mitunter bis 6 m laug. Er bewohnt die Tiefe der Ostsee, steigt im Frühjahr, um zu laichen, in die Flüsse hinauf und geht in der Memel bis Tilsit, im Pregel bis Insterburg, in der Weichsel bis Gafizien aufwärts. Er lebt von wirbellosen Thieren, kleinen Fischen, auch von vegetabilischem Schlamm. Die Zahl der schwarzen, ca. 2 mm grossen Eier beträgt mehrere Millionen, sie werden im Mai oder Juni abgesetzt und die Jungen schlüpfen schon nach fünf Tagen aus um allmälig dem Meere zuzuwandern. Der Stör war früher an uusern Küsten sehr viel häufiger als jetzt, wurde massenhaft gefangen und zubereitet weithin ver- schickt. Jetzt wird er in grösserer Zahl nur noch bei Nidden an der kurischen Nehrung, bei Neufähr und in der Weichsel gefangen. Sein Fleisch wird mit Unrecht gering geachtet, es ist auf verschiedene Weise zubereitet sehr schmackhaft, wird aber bei uns meistens nur in Stücken warm geräuchert. Der unreife Rogen wird zu Caviar verarbeitet, der ganz frisch dem russischen Caviar in Nichts nachsteht, wegen mangelhafter Zubereitung aber schnell verdirbt. Die Blase ist zur Herstellung eines feinen Leimes der Hausenblase gleich werthig. Eine künstliche Befruchtung des Störlaiches, die in Amerika und Schleswig- Holstein bereits mit bestem Erfolge vorgenommen wurde, ist auch bei uns dringend zu empfehlen, zumal die Beaufsichtigung der Eier und der Brut nur 10 — 14 Tage dauert und die Jungen, ohne unseren Flussfischen die Nahrung zu schmälern, bald auswandern um im Meere heranzuwachsen. Die Rundmäuler, Cyelostomi, haben einen cylindrischen Körper ohne Brust- und Bauchflossen. Ihr Skelett ist knorpelig, der Mund ohne eigentliche Kiefer, kreisförmig, fleischig, zum Ansaugen geeignet. Die Kiemen sind festgewachsen, von keinem Deckelapparat geschützt. Die unpaarige Nasenöffnung hegt vor den Augen in der Mittellinie des Kopfes. Familie der Neunaugen, Petromyzontini. Die Nasenöffnung führt in eine nicht mit der Mundhöhle zusammen- hängende Nasengrube. Die Kiemen sind beuteiförmig, jederseits 7 an Zahl. Sie münden aussen mit freien Oeffnungen (Kiemenlöchern), innen führen sie alle in einen gemeinsamen, vorne mit der Mundhöhle zu- sammenhängenden Kiemengang. Die Rücken-, After- und Schwanzflosse 13 194 Die preussischen Fische. Rundmäuler. ist von zahlreichen feinen knorpeligen Strahlen gestützt. Der Darm ver- läuft von dem Saugmunde bis zum After als ein gerader Kanal, an dem sich besondere Abschnitte nicht unterscheiden lassen. Gattung Petromyzon L. Die runde Saugscheibe ist mit einer verschiedenen Zahl in con- centrischen Kreisen angeordneter horniger Zähne besetzt. Wenn die Thiere nicht angesogen sind, legen sich die Ränder des Mundes zu einer Längsspalte zusammen. Die Haut ist glatt, schlüpfrig, ohne Schuppen, auch ohne Seitenlinie. Auf dem Kopfe sind verschiedene Eeihen von Poren erkennbar. Es sind 2 Rückenflossen vorhanden, von denen die hintere in die kleine Schwanzflosse übergeht. Die Schwimmblase fehlt, Hoden und Eierstock sind unpaarig, ohne Aus- führungsgang. Beim Männchen steht hinter dem After eine lange Pa- pille, an deren Spitze die Oeffnung für den Austritt der Milch liegt. Die Neunaugen legen Eier, aus denen wurmähnliche im Schlamm- oder Lehmboden der Flüsse lebende Larven (Querder) entstehen, die viel kleinere Flossen, sehr schwach entwickelte und unter der Haut versteckte Augen und ein halbmondförmiges, nicht zum Saugen geeignetes Maul besitzen. Nach Aug. Müller's Entdeckung verwandeln sich diese Querder in der Zeit von August bis Februar in vollkommene Neunaugen, laichen im März oder April und sterben dann ab. In ihrer entwickelten Form fressen die Neunaugen todte Thiere, Insecten, Würmer, bohren auch lebende Fische an, während die Querder hauptsächlich von den in feinem Schlamm vorhandenen kleinsten Organismen leben. Allen Angehörigen dieser Gattung ist ein eigenthümlicher scharfer Geruch gemeinsam, welchen selbst ganz alte Spiritusexemplare noch sehr deutlich erkennen lassen. 71. Das Meerneunauge. Petromyzoii mariuus Fi. Der Körper ist cylindrisch, nur im hinteren Ende seitlich zu- sammengedrückt. Der grosse scheibenförmige Saugmund reicht bis fast unter das Auge und ist von zahlreichen verästelten Zotten umgeben. Im Centrum der Saugscheibe liegt die mit 3 starken braunen Horn- zähnen bewaffnete Zungenspitze, davor an Stelle des Oberkiefers eine kleine, mit 2 dicht nebeneinanderstehenden kegelförmigen Spitzen ver- sehene Zahnplatte, dahinter eine grössere halbmondförmige Platte mit 7 — 8 etwas kleineren Hornzähnen. Im Umkreise dieser Bildungen stehen mehrere concen frische Reihen kleinerer ein- und zweispitziger Zähne derselben Art, alle sind horngelb oder bräunlich gefärbt. Das kleine schwarze Auge steht dem vordersten Kiemenloche ziemlich nahe. Einige Seitenkanäle sind über den Kiemenöffnungen, Kopfporen in Meerneunauge. 1 95 Zahl sichtbar. grosserer trennt, die vordere beginnt hinter Die beiden Rückenflossen sind deutlich ge- der Körpermitte, die zweite, viel längere etwas vor dem After und geht in die abgerundete Schwanzflosse über, eine Afterflosse ist nicht vorhanden. In der Laichzeit soll jedoch am Kücken eine vom Nacken bis zur ersten Rückenflosse und am Bauch eine vom After bis zum »Schwänze reichende gequollene Hautfalte, ähn- lich der Kammbildung der Wassersalamander, sich entwickeln. Der Körper ist schuppenlos, sehr schleimig, aufgelblichweissem oder bleigrauem Grunde am Rücken und den Seiten schwarzbraun oder dunkel olivengrün mar- morirt, am Bauche ungefleckt. Das Meerneunauge erreicht eine Länge von 70 — 90 cm und darüber, ein Gewicht von lx/2 kg. Ueber seine Fig. 128. Das Meemeunauge mit Querschnitt und Ansicht des Saugnmndes. Lebensart im Meere wissen wir nichts, als dass es auch grössere Fische verzehrt und gelegentlich an Lachsen angesogen gefunden wird. Es schwimmt mit schlängelnder Bewegung des ganzen Körpers und lässt sich vielleicht, wenn es zum Laichen im Frühjahr in die Flüsse auf- steigt, bei weiteren Wanderungen von andern, geschickter schwimmenden 13* 196 Die preussischen Fische. Rundmäuler. Fischen transportiren. Ueber das Laichen berichtet Baldner in seinem Manuscript: „Kommen im Merzen das "Wasser (den Rhein) herauf, sind dann am besten und voll Rogen. Laichen im April im strengen Wasser auf Steinboden. Machen Gruben, tragen mit den Mäulern zweipfündige Stein um die Gruben herum." Im Laichen begriffene Meerneunaugen sind später nur von Panizza im Po bei Pavia beobachtet, nach dem Laichen sollen sie todt den Fluss hinabtreiben. Ihre Querder sind noch nicht bekannt. Bei uns wird das Meerneunauge nur selten einmal ge- fangen und dann nur als Merkwürdigkeit verkauft. 72. Das Flussiieunauge. Petroiuyzon lluviaf ilis L. Negenooge, Pricke, lit. : nege, dewinakis; kur.: negis; mas., kass.: minoga. Der Körper ist cylindrisch, hinten seitlich zusammengedrückt. Vor der bezahnten Zunge stehen zwei spitze, durch eine scharfe, halbmond- förmige Platte getrennte Hornzähne an Stelle des Oberkiefers, dahinter Fig. 129. Das Flussneunauge mit Querschnitt und Saugmund. eine grössere Hornplatte mit sieben scharfen Zähnen an Stelle des Unterkiefers. Im Umkreise dieser grossen Zähne steht eine Reihe kleinerer auf der Innenfläche der Saugscheibe, deren Rand mit einem Kranze verästelter Zotten umgeben ist. Das Auge ist mittelgross mit gelber, dunkler gefleckter Iris. Kopfporen sind deutlich sichtbar, nament- lich hinter und über dem Auge. Die beiden Rückenflossen sind von einander durch einen Zwischenraum von verschiedener Länge getrennt, Flussneunauge. Bachneunaugo. 197 die zweite, höhere geht in die kleine Schwanzflosse über. Die Afterflosse wird durch eine schwache Hautfalte vertreten. Die Färbung ist an der oberen Seite ein dunkles Olivgrün oder Olivbraun, die Seiten sind grau- lich oder schmutzig gelb mit hellem Silberglanz, der Bauch rein weiss. Die Neunaugen fressen kleinere Thiere, doch auch Fische; in einem in der See gefangenen Exemplare fand ich den Darm mit frischem Fisch- rogen und Fischfleisch strotzend gefüllt. Ueber die Lebensweise der Neunaugen im Meere wissen wir nichts; sie treten im Sommer aus der Ostsee in die beiden Haffe und fangen gegen Ende September an, in den Flüssen stromaufwärts zu gehen, wobei sie in grosser Anzahl in Reusen und Säcken gefangen werden. Der Zug dauert bis in den Januar hin- ein fort und es werden z. B. bei Skirwieth durchschnittlich jährlich 4000 Schock gefangen. Im oberen Lauf der Flüsse kommen sie erst im Früh- jahr an und laichen im April und Mai an flachen Stellen, wo das Wasser schnell über Steingrund fliesst, in kleinen Gesellschaften. Bei uns ist der Laichvorgang in der Passarge an den Brücken von Braunsberg in jedem Jahre zu beobachten. Nach dem Ablegen der 1 mm grossen graugelblichen und ganz undurchscheinenden Eier, was in kleinen Por- tionen geschieht, sterben die Neunaugen ab. Das Laichen und das Gedeihen des Laiches ist von der "Witterung ausserordentlich ab- hängig, so dass in manchen Jahren nur sehr wenig Brut aufkommt. Die Querder des Flussneunauges, die von denen des Bachneunauges nur wenig verschieden sind, hat Aug. Müller in der Oder und der Alle gefunden; bei der Trockenlegung eines Armes der Alle an der Pinnauer Mühle sind sie in jedem Frühjahr leicht zu Hunderten aus dem Schlamm auszugraben. Man findet sie nie ausgewachsen, und muss annehmen, dass sie nach der See wandern, um dort ihre volle Grösse zu erlangen und sich in Neunaugen verwandeln, die dann wieder in die Flüsse zurückkehren. Das Flussneunauge erreicht eine Länge von 30 — 40 cm, doch werden in den Memelarmen auch Exemplare von 45 — 50 cm Länge gefangen. Auch in der Weichsel und Nogat ist der Neunaugenfang beträchtlich. 73. Das Bachiieunauge. Petrouiyzon Planeri Bl. Der Körper ist cylindrisch, hinten seitlich zusammengedrückt, ge- drungener als beim Flussneunauge. Der Saugmund ist dem des Flussneun- auges ähnlich, doch sind die Zähne der an Stelle des Ober- und Unterkiefers ge- legenen Zahnplatten stumpf, wie abgeschliffen, und die kleinen im Umkreise derselben auf der Saugscheibe befindlichen Zähne sehr klein und gering an Zahl. Die Rückenflossen hängen durch einen niederen Hautsaum zusammen, 198 Die preussischen Fische. Rundmäuler. die Afterflosse ist beim Männchen nur eine unbedeutende Kante, beim Weibchen grösser und dicht am After am höchsten. Die Färbung- ist derjenigen des Flussneunauges ganz ähnlich. Die Bachneunaugen leben wie ihre Verwandten von Meinen Thieren, finden sich in den meisten klaren Bächen und scheinen nicht nach der See zu wandern, obwohl Fig. 130. Das Bachneunauge (Männchen) mit Querschnitt und Saugmuml. Yarrel sie in derselben gefunden haben will. Die hellgrauen oder graugelblichen Eier von 1 mm Grösse werden im März oder April in der auf S. 38 besprochenen Art und Weise abgelegt. Die ausschlüpfenden kleinen Querder wühlen sich sogleich in den Schlamm ein und brauchen 4 — 5 Jahre, Fig. 131. Der Querder des Bachneunauges mit Köpfen aus verschiedenen Stadien der Metamorphose von der Seite und von unten. um die Grösse von ca. 20 cm zu erreichen. Sie sind schmutziggelb, ohne jede Spur von Silberglanz, mit halbmondförmigem, nicht zum Saugen geeig- Bachneunauge. 199 netom, zahnlosem und mit verästelten Zotten besetztem Munde verschen. Das kleine Auge ist tief unter dicker Haut versteckt und äusserlich fast nicht sichtbar. Die Kiemenlöcher liegen in einer Längsfurche. Der Kopf ist klein, zugespitzt, die Flossen gehen alle in einander über. Die Meta- morphose beginnt im August des vierten oder fünften Lebensjahres und ist etwa im Januar vollendet. Die Querder des Bach- und Flussneun- auges werden in unseren Provinzen als Uhle, Angeritze, Vingille be- zeichnet und sind im Allgemeinen viel bekannter, als das kleine Bach- neunauge selber, welches in einer grossen Anzahl geeigneter Bäche vor- kommt. Sie werden an manchen Orten gegessen, meistens aber nur als Angelköder angewandt. Früher betrachtete man den Querder als eine eigene Art, Ammocoetes branchialis Cuv., bis Ang. Müller 1856 die merk würdige Metamorphose bekannt machte, deren verschiedene Stadien er schon damals direct beobachtet hatte, wie er denn auch aus den künst- lich befruchteten Neunaugeneiern Querder erzogen und jahrelang am Leben erhalten hat. Uebrigens kannte, wie wir von Siebold erfahren, schon Baldner die hauptsächlichen Thatsachen ans der Geschichte der Neunaugen, indem er das Laichen der Flussneunaugen beobachtet hat und bemerkt: „Yon August bis den letzten Christmonat, so werden dieser Gattung (sehende Neunaugen) nicht viel gesehen oder gar wenig gefangen, aber der Blind Neunhocken gibt es ein ganzes Jahr genung. Die ge- sellenden und blinden sind sonst einerley Art, dann die Jungen von anfang alle blind sein, und verschlieffen sich gleich in den Muhr, sobald Sie vom Rogen lebendig werden. Die Blinden bekommen keinen Bogen biss Sie gesehendt werden." Eierstöcke mit sehr klaren und ganz durch- sichtigen Eiern sind allerdings auch bei den Querdern schon vorhanden, von den grossen, mit undurchsichtigen Eiern erfüllten Eierstöcken der entwickelten Neunaugen aber sehr verschieden, und mit blossem Auge leicht zu übersehen. 200 Tabellarische Uebersicht der Laichzeit der Fische in Ost- und Westpreussen. Namen der Fische. e3 d Ha 03 N :eS «1 B H-5 i-: bC 03 s 03 03 02 03 O o O 03 O 03 ü 03 1. Perca fluviatilis L Barsch. 2. Lucioperca Sandra Cuv. . . Zander. 3. Acerina cernua L Kaulbarsch. 4. Traehinus draco L Petermännchen. 5. Cottus gobio L Kaulkopf. 6. C. scorpius L Seehahn. 7. Agonus cataphractus L. . . Steinpicker. 8. Gasterosteus aculeatus L. Gemeiner Stichling. 9. G. pungitius L Zwergstichling. 10. G. spinacliia L Meerstichling. 11. Scomber scombrus L Makrele. 12. Xiphias gladius L Schwertfisch. 13. Zoarces viviparus L , Aalmutter. + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + Tabellarische Uobcrsicht der Laichzeiten. 201 Namen der Fische. (h f-t o 1? eS -t-5 ,5 pH es d eS HS 3 >-< 3 £\ 'es Q 1 0 <4 Ol ^2 O o O o s-l a> a o Ol p 14. Centronotus gunellus Sehn. . Butterfisch. 15. Gobius niger L Selnvarzgnmdel. 16. G. minutus L Kleine Grandel. 17. G. Rnthensparri Euphr R. Grundel. 18. Cyclopterus lumpus L Lump. 19. Gadus morrlma L Dorsch. 20. G. merlangus L Merlan. 21. Lota vulgaris Cuv Quappe. 22. Rhombus maximus L Steinbutte. 23. Pleuronectes limanda L Kliesche. 24. PL platessa L Scholle. 25. PL flesus L Flunder. 26. Ammodytes lanceolatus Sauv Sandaal. 27. A. tobianus Sauv Tobiasfisch. 28. Belone rostrata Flem Hornliecht. 29. Silurus glanis L Wels. 30. Cyprinus carpio L Karpfen. 31. Carassius vulgaris Miss Karausche. 32. Tinea vulgaris Cuv Schleihe. 33. Barbus fluviatilis Agass Barbe. 34. Gobio fluviatilis Cuv Gründling. + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + 202 Tabellarische Uebersicht der Laichzeiten, Namen der Fische. Sh ~5 CS d CD :cS • i-H -*1 'S 3 d P 1-5 'd 1-5 CO d ÖD d «1 Ü CD &i CD CO CD o o S CD r- O [25 35. Rhodeus amarus Bl Bitterling. 36. Abramis bfama L Brassen. 37. A. vimba L Zärthe. 38. A. ballerus L Zope. 39. Blicca björkna L (Heben. 40. Pelecus cultratus L Ziege. 41. Albnrnus lucidus L Uckelei. 42. A. bipunctatus L 43. Aspius rapax Agass Rapfen. 44. Leucaspms delineatus Sieb. . . . Moderlieschen. 45. Idns melanotns Heck Kühling. 46. Scardinius erythrophthalnins L Rothauge. 47. Leuciscns rntilus L Plötze. 48. Squalius cephalus L Döbel. 49. Sq. leuciscus L Häsling. 50. Phoxinns laevis Agass Ellritze. 51. Chondrostoma nasus L Nase. 52. Cobitis fossilis L Schlammpeitzker. 53. C. barbatula L Schmerle. 54. C. taenia L Steinbeisser. 55. Coregonus maraena Bl Grosse Maräne. + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + CD d CD Ü CD + + Tabellarische CoUorsiohi der Laichzeiten 203 Namen der Fische. ö — CD pH CS — i CO CD CD o O CD o 5z; CD a o o CD 56. C. lavaretus L Ostseeschnäpel. 57. C. albula L Kleine Maräne. 58. Thymallus vulgaris Miss Aesche. 59. Osmerus eperlanus L Stint. 60. Trutta salar L Lachs. 61. Tr. trutta L Meerforelle. 62. Tr. fario L Bachforelle. 63. Esox lucius L Hecht. 64. Alosa finta Cuv Perpel. 65. Clupea harengus L Hering. 66. Cl. sprattus L Sprotte. 67. Anguilla vulgaris Flem Aal. 68. Syngnathus typhle L Grosse Seenadel. 69. S. ophidion L Kleine Seenadel. 70. Accipenser sturio L Stör. 71. Petromyzon marinus L Meerneunauge. 72. P. fluviatilis Bl Flussneunauge. 73. P. Planeri L Bachneunauge. + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + 1 + + + + + + + + + + + + + + + + + 204 Die Feinde der Fische. Von ihrer Entstehung im Ei bis zu ihrem Lebensende werden die Fische von zahlreichen Feinden bedroht und geplagt, Feinden, die nicht nur allen Abtheilungen des Thierreiches , sondern auch den niederen Klassen des Pflanzenreiches angehören. Von den bei uns heimischen Säugethieren sind es namentlich die Wasserspitzmäuse, die Fischotter und der Nörz, die Seehunde und Del- phine, welche den Fischen mehr oder weniger erfolgreich nachstellen. Die Wasserspitzmaus (Grossopus fodiens), ein zierliches Thierchen von 11 cm Länge, wovon 5 cm auf den Schwanz kommen, hat einen ausser- ordentlich dichten, weichen Pelz, der an der Oberseite schwarz, unten weisslich oder graulich gefärbt ist. Die Schnauze ist rüsselartig stark verlän- gert, die Ohrmuschel klein, mit einem Deckel zum Schliessen des Ohres beim Untertauchen versehen. Die Füsse sind ringsum mit einer Reihe steifer Schwimmborsten besetzt, die im Wasser ausgebreitet Averden und ein gutes Ruder bilden. Unter dem Schwänze steht eine kielförmige Reihe langer Haare. An den Gewässern von fast ganz Europa häufig vorkom- mend, bewohnt die Wasserspitzmaus Mauselöcher oder selbstgegrabene Gänge mit mehreren Oeffnungen, von denen eine allemal unter das Wasser führt. Sie schwimmt und taucht vortrefflich, nährt sich von Insecten, Würmern, Schnecken, Krebsen, Fröschen und Fischen, überhaupt von allen Thieren, die sie bezwingen kann. Bei ihrer unglaublichen Gefrässigkeit ist sie dem Fischlaich und den jungen Fischen ausserordentlich schädlich, greift aber selbst grosse Fische an, auf denen sie sich festsetzt, um ihnen Gehirn und Augen auszufressen. Die Fischotter (Lutra vulgaris), eine plump gebaute Marderart mit niedrigen Beinen, plattem, stumpfschnäuzigem Kopf, kurzen runden Ohren und Schwimmhäuten zwischen allen Zehen, erreicht eine Länge von Spitzmaus. Fischotter. Nerz. Seehund. Delphin. 205 mehr als 1 m, wovon 40 cm auf den Schwanz kommen. Der äusserst dichte und glatt anliegende Pelz ist dunkelbraun, an der Unterseite ins Graulichbraune spielend, am Kinn mitunter mit einigen weisslichen Flecken. Sie findet sich in ganz Europa an Flüssen und Seen, namentlich wenn deren Ufer mit Wald oder Buschwerk bedeckt sind, und bewohnt unter- irdische Gänge, deren Eingang in einiger Tiefe unter dem Wasser liegt. Sie schwimmt und taucht vorzüglich, nährt sich vorzugsweise von Fischen und thut an ihnen grossen Schaden. Der Nörz (Putorius lutreola), dem Iltis nahe verwandt, wird 50 cm lang, wovon 14 cm auf den Schwanz kommen. Der Leib ist schlank, aber kurzbeinig, die Zehen durch Schwimmhäute verbunden. Der glänzende Pelz ist oben dunkelbraun, unten graubraun, Ober- und Unterlippe sind vorne weiss gefärbt. Der Nörz lebt im östlichen Europa, ist bei uns über- all nur vereinzelt anzutreffen und bewohnt die sumpfigen, schilfreichen Ufer von Seen und Flüssen, wo er seinen Bau zwischen Baumwurzeln anlegt. Er lebt vorzugsweise von Fischen, Fröschen, Krebsen und dergl. und kann namentlich in Teichen viel Schaden anrichten. Ungleich bedeutender ist aber der Nachtheil, den die in grösserer Anzahl vorkommenden Seehunde und Delphine den Seefischen bringen. Der gemeine Seehund (Phoca vitulina), iy2 m lang, mit rund- lichem Kopf, kurzer Schnauze, grossen Augen, fehlender Ohrmuschel, ganz nach hinten gerichteten Hinterbeinen und Schwimmhäuten zwischen allen Zehen, ist gelblichgrau gefärbt, bräunlich oder schwarz gefleckt. Er bewohnt alle nördlichen Meere und findet sich auch zahlreich in der Ostsee, in der auch eine nahe verwandte Art, Ph. annellata, und seltener der sehr viel grössere Halichoerus grypdus vorkommt. Die Nahrung der Seehunde besteht fast ausschliesslich aus Fischen, die sie mit Vorliebe von stehenden Angelvorrichtungen abfressen, so class die Lachsfischer häufig nur die Köpfe der Lachse an ihren Schnüren finden und zeitweise die Lachs- fischerei ganz aufgeben müssen. Da der Seehund täglich durchschnittlich zehn Pfund Fische frisst, so verzehren 1000 dieser Thiere, die wrol sicher an unserer Küste leben, jährlich 3 Millionen Pfund. Der kleine Delphin oder das Meerschwein (Phocaena communis) 1,5 bis 2 m lang, oben schwarz, unten rein weiss gefärbt mit abgerundeter Schnauze, kleinem Auge und grosser horizontaler Schwanzflosse, kommt an unserer Küste nur in geringer Zahl vor und scheint sich in letzter Zeit vermindert zu haben. Während ich mich erinnere, vor 20 — 25 Jahren in einem Dorf der frischen Nehrung während eines jährlichen vierwöchent- lichen Aufenthaltes durchschnittlich in jedem Jahre 5 — 6 Meerschweine ge- sehen zu haben, die in den Stör- und Flundernetzen gefangen waren, 20(i Die Feinde der Fische. ist jetzt der Fang- eines solchen Thieres an unserer Küste ein seltenes Vorkommniss. Der Nahrungsverbrauch des Meerschweines, das sich aus- schliesslich von Fischen nährt, ist ein sehr beträchtlicher, monatlich gewiss auf 200 Pfund zu veranschlagen. Yon unseren Raubvögeln stellen nur der See- und Fischadler, der braune Milan und die Rohrweihe gewolmheitsmässig den Fischen nach, wenn gleich andere Verwandte gelegentlich ebenfalls einen Fisch er- beuten mögen. Der Seeadler (Haliaetos albicilla) erreicht eine Länge von 80 bis 90 cm und klaftert 2 — 2l/2 m. Er ist fahl graugelb gefärbt, Rücken und Flügel dunkel erdbraun, der Schwanz weiss, Schnabel und Füsse gelb. Er lebt an den Secküsten Europas, folgt jedoch auch den grossen Strömen und hält sich mitunter an grösseren Binnengewässern auf. Der Fischadler (Fandion haliaetos) wird zwar nur 50 — 60 cm lang und klaftert ca. 150 cm, lebt aber fast ausschliesslich von Fischen, und ist bei seiner grösseren Verbreitung an Gewässern aller Art der Fischerei sehr schädlich, zumal er von den gefangenen Fischen nur die besten Theile frisst, und daher zu seiner Sättigung einer grösseren Anzahl von Fischen be- darf. Er ist im Allgemeinen braun gefärbt, an der Unterseite gelblich- weiss, Kopf und Nacken auf gelblichweissem Grunde braun längsgestreift. Ein schwarzer Streif zieht sich vom Schnabel über das Auge bis zum Halse hin. Der Schnabel ist schwarz, Wachshaut und Füsse bleigrau. Der braune Milan (Milvus ater), ca. 55 cm lang, 180 cm klafternd, ist im Ganzen dunkelerdbraun gefärbt, an Kopf und Hals auf graulichem Grunde mit braunen Längsstreifen gezeichnet, an Brust und Bauch rost- farben mit schwarzen Längsstricheln; der Schnabel ist schwarz, Wachs- haut und Fuss gelb oder orange. Er lebt nicht allein von Fischen, son- dern jagt auch kleine Säugethiere und Frösche, zieht Fische aber an- derer Nahrung vor. Die Sumpf-, Wiesen- oder Rohrweihe (Circus aeruginosus), 55 cm lang, 130 cm klafternd, ist je nach Alter und Geschlecht ziemlich ver- schieden gefärbt, im Allgemeinen kaffeebraun, an Hals und Brust gelb- braun, am Bauch rostfarben, Schnabel und Füsse grünlichgelb. Obgleich sie vorzugsweise von Sumpf- und Schwimmvögeln lebt, erbeutet sie doch gelegentlich auch Fische, die sich an der Oberfläche des Wassers auf- halten. Als einer der schädlichsten Yögel für den rationellen Betrieb der Fische- rei muss der Eisvogel (Alcedo ispida) angesehen werden, ein ca. 17 cm langer, prächtig gefärbter Yogel mit langem, geradem, scharf zugespitztem Schnabel. Oberkopf undNacken sind auf dunkelgrauschwarzem Grunde Raubvögel. Bisvogel. Stelzengänger. 207 mit vielen schmalen meerblauen Querbinden gezeichnet, Schultern und Flügeldecken dunkel meergrün, der Rücken schön blau. Vom Auge bis zur Schulter zieht ein zimmtbraunes Längsband, die Kehle ist rostgelblich. Der Schnabel ist schwarz, die Basis des Unterschnabels und die Fasse lack- roth. Der Eisvogel lebt vereinzelt an Bächen und Flüssen, sitzt gewöhnlich dauernd an derselben Stelle nahe über dem Wasserspiegel und lauert auf Fische, die er herabstossend unter Wasser mit dem Schnabel ergreift. Er bedarf täglich mindestens 10 — 12 tingerlanger Fischchen, ist deshalb an Forellenbächen mit junger Brut äusserst schädlich. Auch frisst er kleine Krebse und zur Noth grössere Wasserinsecten. Das Nest ist eine an senkrechten Uferabfällen hergestellte Höhlung von ca. y2 m Länge und 5 cm Durchmesser, der eigentliche Brütraum ist 8 — 10 cm hoch, 10 bis 13 cm breit und mit Fischgräten vollständig ausgelegt, Die 6 — 7 Eier sind gross und fast rundlich. Der weisse Storch (Ciconia alba) nimmt wohl nur gelegentlich Fische weg, was der seltenere schwarze Storch (Ciconia nigra) viel gewöhnlicher thut; dagegen sind ihre Verwandten, der graue Reiher und die Rohrdommel, ausserordentliche Fischliebhaber. Der graue Reiher, Ardea cinerea, hat eine Länge von 100, eine Flug- breite von 170 cm, ist aschgrau gefärbt mit weisser Stirn, graulichem Halse, schwarzen Bauchseiten. Ein vom Auge bis zum Hinterhalse verlaufender Streifen, drei lange Schopffedern, eine dreifache Fleckenreihe am Vorderhalse und die grossen Schwingen sind schwarz, der Schnabel strohgelb und die Beine bräunlich schwarz. Er hält sich in der Umgebung seichter Gewässer aller Art vom Meere bis zur kleinsten Lache auf, ruht und nistet auf hohen Bäumen, gerne in grossen Gesellschaften. Er ist sehr scheu und yorsichtig, fischt bei Tage und in hellen Nächten im Wasser stehend und consumirt eine beträchtliche Menge von Fischen bis zu 20 cm Länge, .frisst übrigens auch Frösche, Nattern, kleine Vögel und Säugethiere. Auch die Rohrdommel, Ardea stellaris, dickhalsiger und plumper gebaut und kurzbeiniger als der Reiher, 70 cm lang, 120 cm klafternd, stellt eifrig den Fischen nach. Sie ist auf rostgelbem Grunde fein schwarz- und rostbraun gestrichelt, der Oberkopf ist schwarz, der Nacken grauschwarz mit gelb gemischt, die Füsse sind hellgrün, der Oberschnabel bräunlich, der Unterschnabel grünlich. Sie lebt vorzugsweise an Seen, Teichen und Brüchen, die mit hohem Rohre bestanden sind. Durch ihr berüchtigtes Gebrüll, das sie nur in der Paarungszeit mit halb ins Wasser gestecktem Schnabel ausstösst, wird ihre Anwesenheit leicht erkannt. Sie lebt vorzugsweise von Fischen, frisst jedoch auch andere kleine Thiere. 208 Die Feinde der Fische. Schwäne und Enten aller Art sind, wenn sie auch meistens nur wenige und kleine Fischchen verzehren mögen, jedenfalls dem Fischlaich ausserordentlich gefährlich. Die Sägetaucher (Mergus serrator, merganser und albellus) sind der Fischerei noch schädlicher, da sie tauchend auf die Fische Jagd machen und natürlich den Laich auch nicht schonen. Von den Enten sind sie leicht durch den Federbusch am Hinterkopf und den langen, schmalen, scharfkantigen, mit einem kräftigen Haken endenden Schnabel zu unter- scheiden. Noch verderblicher, weil in grossen Schaaren vorkommend, sind die Möwen (Larus) und Seeschwalben (Sterna) für die Fischerei. An der Meeresküste, auf den Haffen und grossen Seen kommen sie in unglaub- licher Anzahl vor, und es sind Schwärme von 10 bis 50000 Möwen nicht gar selten zu beobachten. Fische sind ihre Lieblingsnahrung, und nimmt man an, dass jeder dieser gefrässigen Vögel neben anderer Nahrung täglich nur */4 Pfund Fische vertilgt, so vernichtet ein kleiner Schwärm von 1000 Stück täglich nicht weniger als 250, monatlich 7500 Pfund. Der Kormoran oder Wasserrabe (Carbo cormoranus) ist einer der ärgsten Fischräuber, 80 — 90 cm lang, klaftert er 130 — 150 cm, ist im Ganzen glänzend schwarzgrün gefärbt, mit bräunlichem Vorder- rücken und Flügeln, schwarzen Schwingen und Schwanzfedern. An der Kehle befindet sich ein weisser Fleck. Der lange, mit einem kräftigen Haken endende Schnabel ist schwarz, an der Wurzel gelb- lich, die nackte Haut vor dem Auge gelb, das Auge meergrün, der Fuss, dessen sämmtliche vier Zehen durch Schwimmhaut verbunden sind (Ruderfuss) , schwarz. Der Kormoran lebt meistens gesellig in der Nähe grösserer Gewässer, nistet schaarenweis auf hohen Bäumen, oft in Gesellschaft der Reiher, schwimmt und taucht vorzüg- lich und vertilgt unglaubliche Mengen von Fischen, namentlich Aale. Brehm sah einen gefangenen Kormoran am Vormittage 26, Nachmittags 17 durchschnittlich 20 cm lange Plötzen verzehren. Er brütet jährlich zweimal, vermehrt sich also sehr schnell und ist deshalb äusserst schädlich. Grössere Ansiedelungen von Kormoranen finden sich bei uns auf der kurischen Nehrung bei Schwarzort, auf der frischen Nehrung bei Proebbernau, ausserdem in der Nähe von Alt-Christburg. Auch die Steissfüsse und die bei uns nur selten einmal vorkommenden Seetaucher (Colymbus) sind arge Feinde der Fische. Der Haubensteissfuss, Podiceps cristatus, wird 95 cm lang, ist oben glänzend schwarzbraun, an Brust und Bauch rein weiss, an den Seiten rostfarben und grau- lich gefleckt, Wangen, Kehle und ein Spiegel auf dem Flügel sind weiss. Schwimmvögel. Reptilien. Amphibien. Fische. Insecten. 209 Der Schnabel ist blassroth, das Auge roth, der Fuss bornfarben. Im Hochzeitskieide trägt der Hals einen aus zerschlissenen Federn bestehen- den Kragen, der Kopf zwei aufrichtbare Federbüschel. Der Zwergsteissfuss (Podiceps minor) wird nur 25 cm lang, ist oben glänzend schwarzbraun, unten graulich mit dunkeln Wolken. Die Kehle ist schwärzlich, Kopf, Halsseiten und Yorderhals braunroth, das Auge röth- lichbraun, Schnabelwurzel gelbgrün, Schnabelspitze schwarz, der Fuss aussen schwärzlich, innen bornfarben. Er ist bei uns häufiger, als der vorige, schwimmt und taucht vorzüglich und hält sich vorzugsweise auf mit Schilf und Rohr bestandenen Teichen auf, wo er sich stark ver- mehrt und der Fischbrut sehr schädlich ist, obwohl er auch Insecten frisst. Namentlich auf Streichteichen muss er unbedingt ausgerottet werden. Unter den Reptilien unserer Provinzen stellen nur die Sumpf- schildkröte (Emys europaea) und die Ringelnatter (Tropidonotus natrix) den Fischen nach, doch sind beide zu wenig zahlreich, um merklichen Schaden anzurichten, zumal da die häufigere Natter vorzugsweise von Fröschen lebt. Unter den Amphibien ist namentlich der grosse Wasserfrosch (Rana esculenta) als Fischräuber zu nennen; man hat in seinem Magen häufig junge Forellen, Karpfen u. dergl. gefunden, und bei seinem gewöhnlich massenhaften Vorkommen ist er daher in Fischteichen, die zur Zucht angelegt sind, nicht zu dulden. Auch die übrigen Froscharten und die Molche (Triton) mögen Laich und junge Fischchen verzehren, was jedoch bei ihrer geringeren Grösse und Anzahl weniger bemerklich wird. Zu den grössten Feinden der Fische gehören die Fische selber, in- dem nicht nur die sogenannten Raubfische, wie Hecht, Barsch, Wels, Dorsch, Zander etc. grössere Fische in Menge verzehren, sondern Laich und ganz junge Brut von allen Fischen ohne Ausnahme, selbst von den friedfertigsten Karpfen, als Leckerbissen geschätzt wird. Den Aal findet man in Menge auf Laichplätzen, um sich an den Fischeiern zu mästen, und mindestens ebenso schädlich ist der Stichling, der, wo er in grösserer Anzahl vorkommt, durch regelmässiges Fortfressen des Laichs das Auf- kommen jedes anderen Fisches vollkommen verhindern kann. Auch unter den Insecten giebt es viele, die sich von Fischlaich und jungen Fischchen nähren. Die schlimmsten unter ihnen sind die Wasserkäfer und ihre Larven, namentlich der grosse gesäumte Faden- schwimmkäfer (Dytiscus marginalis) und der gefurchte Fadenschwimmer (Acilius sulcatus), die selbst mehrzöllige Fischchen angreifen und tödten, um sie zu verzehren. Auch die Larven der Wasserjungfern (Libellula, 14 210 Die Feinde der Fische. Agrion etc.) mit ihren vorschnellbaren „Fangmasken", und diejenigen der Köckerfliegen oder Phryganiden, ausgezeichnet durch die verschieden- artigen selbst gebauten Gehäuse, die sie bewohnen und mit sich tragen, mögen manches Ei und manches Fischchen verzehren, während sie selber grösseren Fichen zum vortrefflichen Futter dienen. Gross ist die Zahl der Crustaceen oder krebsartigen Thiere, welche zwar nicht Fische fressen, aber als Schmarotzer auf ihnen leben und sie mehr oder weniger plagen mögen. So sind junge Fischchen mitunter Fig. 132. Schinarotzerkrebse von Fischen. Karpfenlaus (Argnhis foliaceus) und Lemaeocera eyprinacea, letztere mit Eiersäcken. fast ganz bedeckt von den sogenannten Karpfenläusen (Argulus foliaceus), auf Haut und Kiemen vieler Fische findet man die verschiedenartigst geformten Schmarotzerkrebse oft in grosser Anzahl. Noch viel zahlreicher sind die Würmer, die auf und in Fischen schma- rotzen. Nach La Valette St. George besässe der Aal 25, der Barsch 23, der Hecht 21 dieser lästigen Parasiten, die oft von bedeutender Grösse sind Fig. 133. Bandwürmer von Fischen. Bothriocephalus und Schistocephalus. Stichling von Schistocephalen aufgetrieben. und in grosser Menge vorkommen können. Bandwürmer verschiedener Art kommen iheils im geschlechtsreifen Zustande im Darm, namentlich in den Blinddärmen der Fische vor, die davon häufig strotzend erfüllt sind, theils Schmarotzerkrebse. "Würmei . 211 in einem noch nicht geschlechtlich entwickelten Zustande ausserhalb des Darmes in der Bauchhöhle, so namentlich der sogenannte E-iemenwurm oder die Ligula im Hecht, Barsch, Bressen und andern Fischen, und der Scllistocepkalus, von dem häufig bis 5 und mehr Exemplare die Bauch- höhle des Stichlings unförmig erweitern und endlich zum Platzen bringen. t J Fig. 134. Saugwürmer von Fischen. Distoma. Diplozoon. Gyrodactylus. Saugwürmer aller Art bewohnen theils die Haut und die Kiemen, theils den Darm vieler Fische, kommen aber auch eingekapselt in den ver- schiedensten innern Organen, in grossen Schaaren selbst im Auge vor. Kratzer, cylindrisehe Würmer mit einem cylindrischen, mit Haken ringsum besetzten Haftapparat ausgerüstet, finden sich im Darm fast aller Fische. Fig. 135. Kratzer (Echinorrchynchus) und Spulwurm (Ascaris labiata). Rundwürmer (Nematoden) meistens von geringer Grösse, wird man selten in dem Darm eines Fisches vergeblich suchen. Zu diesen Thieren ge- hören auch die gefangenen Aalen häufig in grosser Anzahl aus dem After kriechenden Spulwürmer (Ascaris labiata), die bisweilen tagelang im Wasser herumschwimmen und immer wieder als junge Aale angesehen werden. Schädlicher als diese sind den Fischen manche Riiigelwürnier, nament- lich die Fischegel (Piseicola), die sich besonders in Teichen mitunter massenhaft vermehren, auf der ganzen Oberfläche der Fische vorkommen, 14* 212 Die Feinde der Fische. und namentlich die Karpfen durch Blutsaugen quälen, so dass man sie sich häufig an dem rauhen Kiese des Grundes scheuern sieht. Nach Livingston Stone sollen Infusorien nicht näher bezeich- neter Art in der Oberhaut von Forellen schmarotzen, weisse Flecken in der Haut verursachen (Fleckenkrankheit) und die Thiere tödten. Fig. 13G. Der Fischegel (Piscicola geomotra) ausgestreckt und kriechend. Besser sind wir über die Psorosperinien unterrichtet; rundliche oder ovale, häufig geschwänzte Körperchen von nur 0,01 mm Durchmesser, die in ungeheurer Menge in den verschiedensten Theilen der Fische vor- kommen und die Bildung grosser Beulen veranlassen, die schliesslich Fig. 137. Psorosperinien und eine von demselben heimgesuchte junge Plötze. aufbrechen und den Tod der Fische veranlassen. Bei den Dorschen scheinen diese Parasiten besonders häufig aufzutreten, und es soll ihr Vorhandensein zuerst an einer auffälligen Abmagerung des Schwanzes zu erkennen sein. Aus dem Pflanzenreich sind es nur einige Pilze und Algen, welche den Fischen direct schädlich zu sein scheinen. Die Saprolegnien (Sapro- legnia, Achlyau. a.) sind farblose, fadenförmige Schmarotzerpilze, die meistens in dichten, nach allen Seiten hin gleichmässig ausstrahlenden Rasen im Wasser liegende todte Thiere, namentlich Insecten, bedecken. Die einzelnen Pflänzchen sind ungegliederte lange Schläuche, deren Wurzelfäden sieh tief verbreiten, und auf deren freien verzweigten Enden sich die Sporen, d. h. die Fortpflanz ungsorgane, bilden. Diese zerstreuen sich bei der Infusorien. Psorospennien. Pilze. 213 Reife im Wasser und keimen bald auf geeigneten Unterlagen. Auf ab- gestorbeneu, an ihrer weissen Farbe leicht kenntlichen Fischeiern finden die Saprolegnien einen sehr geeigneten Keimboden, und überziehen diese Eier bald mit einem dichten Basen, dem Byssus der Fisch Züchter. Die Sporen keimen aber auch auf den benachbarten gesunden Eiern, die sie, indem ihre Wurzelfäden durch die Eihaut in den Dotter eindringen, schnell und häufig in grosser Masse tödten. Auch auf wunden Stellen lebender Fische, namentlich auch auf den Kiemen, siedelt sich die Sapro- legnia häufig an und bildet weissliche Ueberzüge der stark gequollenen Fig. 138. Saprolegniaceen. 1. Ein von Saprolegnia befallenes Laehsei. 2. Ein Pilzpfläuzchen vergrössert. 3. Pilzfaden mit männlichen und weiblichen Organen. 4. Ein Behälter mit geschlechtlich erzeugten Sporen. 5. Geschlechtslose Fortpflanzungsorgane. 6. Die in denselben entstandenen beweglichen Sporen. Unterlage. Gewöhnlich gehen die von diesen Pilzen befallenen Fische schnell zu Grunde. Namentlich bei gefangen gehaltenen Fischen ent- wickelt sich die Pilzkrankheit sehr gewöhnlich. Durch Bestreichen der 214 Die Feinde der Fische. kranken Fische mit starker Kochsalzlösung soll häufig vollständige Heilung erzielt werden. Ob auch eine in der vorigen Brutperiode auf Hüninger Lachseiern von mir aufgefundene Sphäriacee (Anixia Beneckii Casp.) den Eiern nachtheilig ist, hat noch nicht ermittelt werden können. Sie bildet braune Fruchtkörper von 1 — 3 mm Durchmesser, die mit feinen Fäden an den Eiern fest angeheftet sind und im Innern in langen Schläuchen die Sporen enthalten. Das massenhafte Auftreten der die sogenannte Wasserblüthe bil- denden Algen scheint den Fischen tödtlich zu sein, wenigstens wird zeitweise an den verschiedensten Orten gleichzeitig mit dem Auf- treten der Wasserblüthe ein massenhaftes Absterben der Fische be- obachtet. Bald ist es nur eine Fischart, die in einem Gewässer unter gleichzeitigem Auftreten der AVasserblüthe zu Grunde geht, bald sterben ^sCXXXX2XX> Kg. 130. Anixia Beneckii. 1. Ein Lachsei mit aufsitzenden Fruchtkörpern. 2. Ein Stück der Eischaalc mit Mycelium und Fruchtkörpern. 3. Ein geplatzter Fruchtkorper mit Pavaphyscn und Sporenschläuchen. 4. Eine Parapkyse. 5. Ein Sporenschlauch mit reifen Sporen. alle Fische in dem betreffenden Gewässer aus, während andererseits häufig die "Wasserblüthe beobachtet wird, ohne einen nachtheiligen Ein- fluss auf die Fische auszuüben. Durch das Auftreten zahlloser, sich mit grosser Schnelligkeit vermehrender Algen aus der Abtheilung der Nosto- caeeen, Oscillarien und Chroococcaceen wird das Wasser mitunter in eine ölfarbenartige blaue oder grüne Masse verwandelt, die nicht nur die Wasserblüthe. 215 Fische, sondern auch davon geniessende Enten und Gänse tödtet und bei Menschen einen Ausschlag verursacht, wenn sie nur mit der Haut in Berührung kommt. Bisher sind exaete Versuche noch nicht ange- stellt worden, um zu ermitteln, welchen von den verschiedenen, die Wasserblüthe verursachenden Algen eine schädliche Wirkung zukommt. Andere Krankheiten, welche bald einzelne Fische, bald epidemisch ganze Fischbestände befallen und die als Wassersucht, Pockenkrankheit, Bläue, Starrsucht etc. bezeichnet werden, sind sowohl ihrer Ursache nach, als in ihren Erscheinungen viel zu wenig bekannt, als dass es möglich wäre, Genaueres über sie zu berichten. Jedenfalls sieht man aber aus dem Vorstehenden, dass das alte Sprichwort „Gesund wie ein Fisch im Wasser" durchaus keinen idealen Zustand bezeichnet und wir keinen Grund haben, die von unzähligen Schmarotzern heimgesuchten Fische zu beneiden. Ueber das Alter, welches die einzelnen Fischarten erreichen kön- nen, sind wir im Ganzen noch wenig unterrichtet. Der Fisch wächst, so lange er lebt, aber er wächst bei reichlicher Nahrung unendlich viel schneller, als bei unzureichendem Futter. Man kann deshalb grössere Fische derselben Art nicht ohne Weiteres für älter ansehen, wie kleinere, und würde unrecht thun, wenn man Fische, die in kurzer Zeit eine bedeutende Grösse erlangten, hinsichtlich ihres Werthes für die Küche solchen gleich- stellen wollte, die erst in höherem Alter zu derselben Länge herange- wachsen sind. Die Erzählungen von 2 — 300jährigen Karpfen und Hechten dürften wohl als Mythen anzusehen sein, und brauchbare Versuche über die Lebensdauer verschiedener Fischarten sind bisher noch von Niemanden angestellt worden. Zweites Buch. Die Fischerei in Ost- und Westpreussen. Unsere Gewässer. Die Provinzen Ost- und Westpreussen, namentlich die erstere, ge- hören zu den wasserreichsten Gegenden Deutschlands und schon Hennen- berger1) rühmt unsere Heimath als „für vielen andern Ländern / mit vielen herrlichen / nutzbarlichen / fischreichen / fliessern / strömen / und Seen gezieret / und begäbet." Und später sagt Bock2): „Unter den vielen Wohlthaten mit welchen Ost- und Westpreussen vor vielen Ländern von der Vorsehung überhäuffet worden, muss man auch die beträchtliche Menge der Fische von so verschiedenen Geschlechtern und Arten zählen, so dass kaum ein Land sich dieses Vorzuges in solchem Umfange wird rühmen können. Die Ostsee, beyde Haffe, viele hundert Landseen, die Ströme, Bäche und Teiche welche durch das ganze Land vortheilet sind enthalten eine grosse Mannigfaltigkeit essbarer und schmackhafter Fische." Die Ostsee bespült die ganze nördliche Grenze unserer Provinzen in einer Längen- ausdehnunEf von ca. 450 Kilometern und nimmt unmittelbar oder durch Vermittelung der Haffe unsere sämmtlichen fliessenden Gewässer auf. Die Küste der Ostsee wird in unseren Provinzen zum grössten Theil von Sanddünen, in beschränkter Ausdehnung von hohen Steilufern ge- bildet, welche sich bis zu einer Höhe von 50 — 60 m erheben. Die Wassertiefe ist an der ganzen Küste nur sehr gering und nimmt mit der 1) Erclermig der Preussischen grossem Landtaffel oder Mappen durch. Casparum Ileimenbergerum, des fürstliehen Hospitals Königsberg Löbenicht Pfarhern. Gedruckt zu Königsperg in Preusseu. Bey Georgen Osterbergern Anno MDXCV. 2i Versuch einer wirthschaftlichen Naturgeschichte von dem Königreich Ost- und Westpreussen von Fr. S. Bock kgl. ostpr. Consistorialrath, der heil. Schrift Doctor und der griechischen Literatur Professor auf der Königsberger Akademie, der philosoph. Facultät Senior. Dessau 4 Band. 1784. 220 Unsere Gewässer. Entfernung- vom Lande so allmälig ab, dass man an vielen Orten 1 — 200 Schritt weit in die See hineingehen kann. Ueberhaupt ist die Ostsee ein seichtes Meer, häufig findet die Sonde schon bei 16 — 30 m Grund, und Tiefen von mehr als 100 m kommen ausser in der Nähe von Gotland selten vor. Längs unserer Küste besteht der Meeresgrund fast ausschliesslich aus mehr oder weniger grobem Sande, nur in weiterer Entfernung vom Ufer kommt hin und wieder Schlamm oder Schlick vor. Grössere Stein- lager befinden sich in der Danziger Bucht und an der Nordküste des Samlandes, namentlich bei Brüsterort, doch sind und werden sie zum Zwecke der Molenbauten etc. fortdauernd stark verkleinert. Bei der Enge und Seichtheit der Wasserstrassen, welche die Ost- see mit der Nordsee verbinden, des Sundes und der beiden Belte, ist der Einfluss von Flut und Ebbe des Weltmeeres in der Ostsee nur äusserst gering und für die Praxis ohne jede Bedeutung. Die Farbe des Ostseewassers ist im Allgemeinen grünlich, bei manchen Beleuchtungen mehr oder weniger tief blau, im aufgeregten Zustande schmutzig lehmgelb. Der Salzgehalt des Wassers ist, namentlich in dem östlichen Becken der Ostsee, in welches zahlreiche Ströme ihr Wasser ergiessen, ein sehr geringer. Während der Salzgehalt des Nordseewassers 3 — 3,5% beträgt, enthält das Ostseewasser bei Kiel nur 1,6%, bei Heia, Brüsterort und Memel dagegen nur 0,7% Salz. Die Hauptmasse des im Meerwasser gelösten Salzes ist Chlornatrium (Kochsalz), dem nur geringe Mengen von schwefelsaurer Magnesia (Bittersalz) Chlormagnesium, sowie von schwefelsaurem und kohlensaurem Kalk beigemischt sind. An Gasen finden sich im Seewasser Sauerstoff, Stickstoff und Kohlensäure in ziem- licher Menge. In Folge seiner geringeren speeifischen Schwere breitet sich das dem Meere zuströmende süsse Flusswasser natürlich an der Oberfläche aus, so dass namentlich im Frühjahr, wenn nach dem Schmelzen von Schnee und Eis besonders grosse Wassermassen die Ströme herabflicssen, das Oberflächen wasser der See in der Nähe der Flussmündungen fast ganz süss ist. Die Mischung mit dem schweren Salzwasser, Avelches in der Tiefe lagert , geht nur allmälig vor sich. In allen Meeren nimmt mit der Tiefe der Salzgehalt des Wassers zu, so betrug er z. B. im Jahre 1876 im Jahresmittel bei Heia an der Ober- fläche 0,75%, in einer Tiefe von 22 m 0,76%, bei Neufahrwasser an der Oberfläche 0,68%, bei 5,5 m Tiefe aber 0,86%. Wo Meere von ungleichem Salzgehalt mit einander in Verbindung stehen, findet ein fortwährender Wasseraustausch zwischen ihnen statt, Die Ostsee. 221 indem das Wasser des salzarmeren Gewässers an der Oberfläche zu dem salzigeren hinströmt, während in der Tiefe das salzhaltigste "Wasser des stärker gesalzenen Meeres nach dem salzarmem abfliesst. Bei dem er- heblichen Zufluss süssen Wassers zur Ostsee und der Seichtheit des Sundes und der Belte ist die Strömung des Oberflächen wassers der Ostsee zur Nordsee bedeutender als der salzreichere von der Nord- zur Ostsee ge- richtete Unterstrom. Und während derselbe im westlichen Thoile der Ostsee noch sehr merklich ist, wird er durch die zwischen Rügen und Bornholm gelegenen Untiefen von weiterem Vordringen an unsere Küsten abgehalten und vielmehr in den zwischen Bornholm und Schweden be- findlichen Tiefen gegen den finnischen Meerbusen hingedrängt. Ueber Stärke und Richtung der Strömungen an unseren Küsten ist, so wichtig dieselben für die Fischerei auch sein mögen, bisher nichts Genaueres bekannt geworden. Die Temperatur des Ostseewassers ist wegen der geringen Tiefe und der engen Communication mit dem warmen Ocean von der Luft- temperatur sehr viel abhängiger als z. B. die Temperatur des Nordsee- wassers. Am grössten sind die Temperaturschwankungen natürlich an der Oberfläche. Das Seewasser kann wegen seines Salzgehaltes unter 0° abgekühlt werden, ohne zu gefrieren, sein Gefrierpunkt liegt um so tiefer, je salz- haltiger es ist; bei 3% Salzgehalt z. B. erst bei —2,27° C. Beim Ge- frieren des Seewassers wird das Salz in das sich bildende Eis nicht mit aufgenommen, dasselbe liefert vielmehr aufgethaut, süsses Wasser. In strengen Wintern friert die Ostsee an unserer Küste nicht selten in er- heblicher Ausdehnung zu, ja in manchen Jahren ist bei anhaltender Kälte die ganze Ostsee so fest zugefroren, dass man Schlittenfahrten nach Lübeck, Reval, Schweden unternommen und auf dem Eise selbst Herbergen er- baut hat. Als solche Winter werden von Preuss1) die der Jahre 1269, 1307, 1322, 1381, 1423, 1459, 1554, 1G43, 1G67, 1670, 1674, 1678, 1686 genannt, im Jahre 1709 fuhr man noch im Mai 10 Meilen weit über See. Die Wellen der Ostsee sind kurz und hoch, für die Schifffahrt und ganz besonders für die Fischerei ungünstig, zumal da wir an unserer ganzen Küste ausser Pillau und Memel keine Zufluchtshäfen für die Fischerböte besitzen. Flora und Fauna unseres östlichen Ostseobeckens sind wegen des geringeren Salzgehaltes und des Mangels an festem, steinigem Grunde weit ärmer als die des westlichen Beckens, z. B. bei Kiel. Es mag hierzu auch 1) Preussisehe Landes- und Volkslcuude von A. E. Preuss, Königsberg, 1835. 222 Unsere Gewässer. die Armuth des Meeresbodens an kohlensaurem Kalk beitragen, der z. B. im Kattegat in 10, im Skager Rack in 20mal grösserer Menge sich findet. Von wirbellosen Thieren sind bisher im westlichen Becken der Ostsee 216, bei uns nur 69 Arten gefunden worden. Die Zahl der eigentlichen Seefische, welche an unsern Küsten vor- kommen, beträgt 30, es gehen aber wegen des geringen Salzgehaltes auch viele unserer Süsswasserfische zeitweise in die See. Das kurische Haff hat ungefähr die Form eines rechtwinkligen Dreiecks und bildet eine Wasserfläche von 1612,99 qkm. Davon liegen im Reg.-Bez. Königsberg 1140,10 und zwar im Landkreis Königsberg 152,52 Kreis Fischhausen 427,27 Kreis Labiau 314,94 Kreis Memel 245,37 im Reg.-Bez. Gumbinnen 472,89 und zwar im Kreis Heydekrug 239,50 Kreis Niederung 233,39 Summa 1612,99 Das kurische Haff ist also bei Weitem der grösste der an der deutschen Ostseeküste gelegenen Brackwasserseen. Bei der grossen Zahl und der Mächtigkeit der in das Haff einmündenden Ströme ist sein Wasser ganz süss, nur bei heftigen und lange anhaltenden Stauwinden dringt das Ostseewasser in erheblicherer Menge durch das enge Memeler Tief ein. Die grösste Länge des Haffs beträgt in der Richtung NS. 90 km, seine grösste Breite im südlichen Theile 45 km. Bis zur Hälfte seiner Länge, d. h. bis zur Einmündung des Athmathstromes verschmälert sich das kurische Haff allmälig bis auf ca. 15 km, wird dann durch die weit vorspringende Windenburger Ecke bis auf 8,5 km verengt und nimmt bis zu dem Memler Tief hin ganz allmälig an Breite ab. An der Stadt Memel hat es noch eine Breite von 700 m am Leuchthurm ist das Tief 500 m breit. Im W. oder NW. wird das kurische Haff von der Ostsee durch die schmale kurische Nehrung getrennt, die grösstentheils aus fliegendem Sande besteht, und deren Dünenketten sich durchschnittlich zu 30 m, im Maximum bis zu 60 m Höhe erheben. Das östliche oder littauische Ufer wird zum grössten Theile von dem breiten Memehlelta gebildet, welches so niedrig ist, dass es bei anhaltenden Stauwinden und bei dem Frühlings- hochwasser oft meilenweit überschwemmt wird. Nur zwischen Winden- Die Ostsee. Das kurische Haff. 223 bürg und Memel ist das das östliche Ufer stellenweise erheblich höher. Die südliche Begrenzung des Haffes wird von dem sanft abgedachten Plateau des Samlandes gebildet. Der Boden des Haffes besteht im nördlichen Theile fast ausschliess- lich aus Sand, während im südlichen Theile thoniger Schluff sehr ver- breitet ist. Steinlager von erheblicher Ausdehnung finden sich am litauischen Ufer zwischen Feilcnhof und der Windenburger Ecke, südlich der letzteren liegt eine grosse Steinbank, Akmen oder die Stadt genannt, auch an der samländischen Küste sind Steinlager bei Stambeck, Paters- ort, Willmanns, Strahlsecke, und zwischen Rinderort und Agilla. Nörd- lich von Rinderort liegt in grösserer Entfernung vom Ufer die Steinbank Lebaergarsch. An der Nehrungsseite kommen Steine nur bei Rossitten vor. Die Tiefe des kurischen Haffes ist sehr ungleichmässig; im nörd- lichen Theile im Allgemeinen und namentlich auf den zahlreichen Sand- bänken sehr viel geringer als im südlichen. Während sie hier durch- schnittlich 4 — 5 m beträgt, übersteigt sie im nördlichen Theil selten 1 — 2 m, ist aber vielfach erheblich geringer. Nur in der Nähe der Nehrung zieht sich eine schmale, vielfach gekrümmte Rinne, die „Rönne" hin, deren Tiefe zwar vielfachem Wechsel unterworfen ist, im Allgemeinen aber 3 — 4 m, stellenweise selbst 9—11 m beträgt. Im Allgemeinen nimmt die Wassertiefe besonders auf der litauischen Seite vom Ufer an nur sehr allmälig zu und erreicht oft erst 1 — 2 km von demselben den Be- trag von iy2 m, um dann plötzlich zu einer Tiefe von 21/2 — 3 m ab- zufallen. Die flachen Stellen nennen die Fischer Flächen, seke, die Büsehungslinio die Packrant, zwischen Memel und der Windenburger Ecke auch krantas, d. h. Rand, Ufer. Und in der That ist dieselbe das ehemalige Haffufer, und es lassen sich bis zu dieser Grenze zahllose Ellern- und andere Baumwurzeln im Grunde finden. Im südlichen Theile des Haffes ist diese alte Uferlinie weniger deutlich. Ein der Böschungs- linie zunächst liegender Streifen der Fläche wird in einer Breite von ca. 8 — 12 m die oder der Schaar genannt, auf der Schaar fängt der feste sandige Grund der Flächen an, sich mit dem weichen muddigen Grund der Tiefe, des Bodens oder Boddens, zu mischen, man unterscheidet da- her auch harte und weiche Schaar. Wesentlich für die Schaar ist der plötzliche Abfall des Grundes, wo ein solcher nicht vorhanden ist, giebt es keine Schaar. An vielen Stellen erstrecken sich lange schmale Untiefen, sogenannte Haken, weit in das Haff hinein, sie und die zahl- reichen Sandbänke bedingen es, dass hier alle Fischerfahrzeuge nur mit ganz flachem Boden und äusserst geringem Tiefgang gebaut werden, trotzdem segeln sie vortrefflich und sind ganz besonders in der auf dem 224 Unsere Gewässer. kurischen Haffe sehr gewöhnlichen kurzen Rollung und zum Aufkreuzen gegen schweren Wind äusserst tüchtig. Das frische Haff erstreckt sich in Gestalt eines langen schmalen Rechteckes im Wesent- lichen von SW. nach NO. Sein Flächeninhalt beträgt 861,54 qkm. Davon liegen im Reg.-Bez. Königsberg 579,63 und zwar im Landkreis Königsberg 32,49 Kreis Fischhausen 281,81 Kreis Braunsberg 35,73 Kreis Heiligenbeil 229,60 im Reg.-Bez. Danzig 281,91 und zwar im Kreis Elbing 149,21 Landkreis Danzig 132,70 Summa 861,54 Die grösste Länge des frischen Haffes beträgt 80 km, die grösste Breite 30, die geringste 7,5 km. Bei Pillau steht das Haff durch das 500 m breite Tief mit der Ostsee in Verbindung. Aus- und eingehender Strom wechseln hier ausserordentlich, oft mehrmals an demselben Tage. Bei starkem Stauwinde dringt Seewasser in den Pregel nicht selten bis oberhalb Königsberg ein. Im NW. wird das frische Haff gegen die Ost- see durch die schmale frische Nehrung abgegrenzt, deren Dünen nicht so hoch und stärker bewaldet sind, als die der kurischen Nehrung. Im Norden bildet die flache samländische Küste, im SO. das hohe und frucht- bare Ermland und Natangen, im SW. das flache Land an den Mün- dungen der Nogat und der Elbinger Weichsel seine Begrenzung. Der Boden des Haffes besteht an den Rändern aus Sand-, in der Mitte aus Schlick- und Thongrund, vor den Weichsel- und Nogatmündungen aus Lehm. Die Tiefe beträgt in der Mitte des nordöstlichen Theiles auf weite Strecken hin gleichmässig 4 m, in der Fischhäuser Bucht stellenweise 5 m, im südwestlichen Theile durchschnittlich nur 2—3 m. Nach den Ufern hin nimmt sie sehr allmälig ab, namentlich an der Nehrungsseite, während längs des gegenüberliegenden hohen Ufers auf weite Strecken hin sich eine ähnliche Böschung wie die Packrant des kurischen Haffes nachweisen lässt, wie denn auch hinsichtlich der Schaar das dort gesagte auch für das frische Haff gilt. Von Untiefen sind nur der bei Pillau gelegene Heerd und eine Anzahl mehr oder weniger weit vom Ufer ins Haff sich hinein erstreckender Haken zu erwähnen. An der Einmündung des Pregels, des Elbings, der Nogat- und Weichselarme findet eine stetige Verflachung und allniälige Verbindung der Haffränder statt, indem sich Das frische Haff. Die Binnengewässer. 225 ausgedehnte Kohrkämpen bilden, die den Niederfall der Sinkstoffe be- fördern und z. B. vor den Nogatmündungen in den letzten 100 Jahren ein Anwachsen des Landes um 4 km, jährlich ziemlich regelmässig um 40 m, zur Folge gehabt haben. Der Fischreichthum beider Haffe, namentlich des frischen Haffes, ist noch immer ein recht erheblicher, so dass bei der Wintergarnfischerei mit einem Zuge bisweilen für 2 — 3000 Mark Fische gefangen werden. Es sind übrigens die Fische des frischen Haffes durchschnittlich viel besser, und werden theurer bezahlt, als die des kurischen Haffes, was wol darin seinen Grund haben mag, dass dem ersteren von den frucht- baren Höhen von Ermland und Natangen mehr zur Entwicklung der als Fischfutter dienenden niederen Thiere geeignetes Material zugeführt wird, als dem kurischen Haffe. Die Binnengewässer. Auch abgesehen von den grossen "Wasserflächen der Haffe sind unsere Provinzen bei Weitem die wasserreichsten Gegenden des preussi- schen Staates. Nach den von Prof. Metzger1) bearbeiteten Erhebungen des landwirthschaftlichen und des Finanzministeriums beträgt die Gesammt- oberfläche der Binnengewässer (Flüsse, Bäche, Seen etc.) in der ehe- maligen Provinz Preussen 232595,812 ha, wovon 144598,919 ha in Ost- preussen, 87 997,893 ha in Westpreussen gelegen sind. Auf die Be- gierungsbezirke und Kreise vertheilen sich die Gewässer folgendermaassen : 1. Begierungsbezirk Gumbinnen. 88889,574 ha. Kreis Angerburg 12870,577 Kreis Lyck 8951,423 „ Darkehmen 664,219 „ Niederung 2124,719 „ Goldap 2992,397 „ Oletzko 4175,452 „ Gumbinnen 584,639 „ Pillkallen 536,170 „ Heydekrug 3 997,036 „ Bagnit 2592,709 „ Insterburg 822,574 „ Sensburg 15 989,237 „ Johannisburg 18955,754 „ Stallupönen 344,397 „ Lötzen 11517,956 „ Tilsit 1770,314 2. Begierungsbezirk Königsberg. 55709,345 ha. Kreis Alienstein 8 172,736 Kreis Pr. Eylau 1 001,312 „ Braunsberg 771,164 „ Fischhausen 690,762 1) Metzger, Beiträge zur Statistik und Kunde der Binnenfischerei des preussischen Staates. Berlin 1880. Verlag von Julius Springer. 15 226 Unsere Gewässer. Kreis Friedland 798,553 Kreis Memel 601,559 Gerdauen 1159,887 Heiligenbeil 666,846 Heüsberg 2190,073 Pr. Holland 1297,662 Königsberg, Stadtkr. 140,566 Königsberg, Landkr. 1389,536 Labiau 1036,140 Mohrungen 9718,497 Neidenburg 4 982,527 Orteisburg 6353,659 Osterode 8253,042 Kastenburg 1541,299 Eössel 3846,277 Wehlau 1079,268 3. Kegierungsbezirk Danzig. 58315,475 ha. n Kreis Bereut 5492,519 „ Danzig, Landkr. . . 3241,031 „ Danzig, Stadtkr. . . 83,077 „ Elbing 3940,113 4. Regierungsbezirk Marienwerder. 29682,418 ha. Kreis Dt, Krone 5 911,885 Kreis Marienwerder Kreis Karthaus 7 222,800 „ Marienburg 3 979,767 Neustadt 1600,910 Pr Stargard 4122,181 3548,839 ii Rosenberg 5969,162 Schlockau 6249,223 Schwetz 5468,644 Strasburg 3528,349 Stuhrn 1161,737 Flatow 3168,909 Graudenz 2 384,451 Konitz 10054,853 Kulm 3276,413 „ Löbau 3480,010 Kreis Thorn 4112,990 Natürlich sind alle diese Zahlen nicht als absolut richtig anzusehen, da einerseits seit den bezüglichen Erhebungen schon eine Reihe von Jahren verflossen ist, in denen sich die Verhältnisse durch Trockenlegung resp. Senkung von Seen an vielen Orten geändert haben, und anderer- seits bei der Messung nicht überall gleichmässig zu Werke gegangen ist, indem bald nur die beständig unter Wasser befindlichen Flächen, bald auch zeitweise trocken liegende Sümpfe, Brücher etc. berücksichtigt sind. Die Flüsse. Die Flüsse unserer Provinzen ergiessen ihr Wasser direct oder durch Vermittelung der Haffe in die Ostsee. Dem kurischen Haffe strömen, von Norden nach Süden aufgezählt, die Dange, Minge, Memel, Ackel, Griebe, der Karkelfluss, Nemonien und einige kleine Bäche von der Nordküste des Samlandes zu. Ausserdem führt von Tapiau aus ein canalisirter Mündungsarm des Pregels, die Deime oder Deine ins kurische Haff. Die Flüsse. 227 Die Dange entspringt unweit der Grenze in Russland, fliesst bis gegen Memel hin in südwestlicher Richtung, wendet sich dann nach Westen und mündet bei Memel ins Haff. Im oberen Laufe flach und klein, ver- breitert und vertieft sie sich weiterhin erheblich und bildet, an der Mün- dung ca. 20 m breit, einen Theil des Memeler Hafens. Die Minge entspringt gleichfalls in Russland, verläuft in fast genau nordwestlicher Richtung, anfangs durch bewaldete Anhöhen, weiterhin durch flache sumpfige Gegenden und mündet bei Minge, etwa 30 m breit, ins Haff. Yon Osten her nimmt sie die Aglone, Wewirsze und Tenne auf, die alle in Russland entspringen. Die Memel, in Russland Meinen genannt, entsteht bei Horzow im Gouvernement Minsk in russisch Litauen in einer Höhe von 234 m über dem Meeresspiegel. Sie fliesst anfangs ca. 300 km weit in westlicher Richtung bis Grodno, dann 292,5 km nördlich bis Kowno, wendet sich dann wieder nach Westen und geht 90 km weit in einem tiefen und engen Thale mit steilen Ufern bis Schmalleningken. Hier tritt sie über die preussische Grenze, ihr Thal erweitert sich allmälig, das nördliche Ufer verflacht sich rasch, während das südliche noch auf grössere Entfernung hin bis 30 m hohe, steile Abfälle bildet. Sie läuft dann an Ragnit and Tilsit vorüber, verbreitert sich in der Tilsiter Niederung und theilt sich bei Schanzenkrug in zwei Arme, den nördlichen Russ und die süd- liche Gilge. Ausserdem sind in der Niederung mehrere alte Arme coupirt und bilden grosse, theilweise oder ganz geschlossene Wasserbecken. Der Russstrom fliesst in nordwestlicher Richtung 2 — 300 m breit dem kuri- schen Haff zu. Bei Russ theilt er sich in mehrere Arme, deren früher etwa zwölf waren, die aber bis auf die Atmath oder Szieszsche Oost (ca. 300 m breit), die kleine Pokalna und Warruss und den Skirwieth- strom seit längerer Zeit verschlossen sind. Yon Schmalleningken bis zur Mündung der Atmath sind 112,5 km. Die Gilge, die etwa l/% des Memelwassers dem Haffe zuführt, verläuft in südwestlicher Richtung, hat eine Länge von 43 km und mündet mit vier Armen, der eigentlichen Gilge, Tawe, Inse und Loye bei den gleichnamigen Dörfern ins Haff. Die Gesammtlänge des Memelstromes beträgt 795 km, sein Strom- gebiet umfasst 110000 qkm. Die Tiefe ist sehr verschieden, oft sehr gering. Das Gefälle beträgt pro 7,420 km zwischen Grodno und Kowno 2,1m, zwischen Kowno und Schmalleningken 1,4 m, durchschnittlich pro Kilo- meter 30 cm. Im Frühjahr ist das ganze Memeldelta oft meilenweit über- schwemmt. In unserer Provinz strömen die folgenden Nebenflüsse der Memel zu: Die Szeszuppe entspringt in Polen, tritt bei Schirwindt ins Preussische 15* 228 Unsere Gewässer. und vereinigt sich hier mit dem von Süden her kommenden Schirwindt- fluss, der von Eydtkuhnen an die Grenze zwischen Preussen und Russ- land bildet, und die aus der Stallupöner Gegend kommende Rauschwe aufnimmt. Die Szeszuppe fliesst nun zunächst nach Norden, dann nach Westen und nach mehrfachen Windungen wieder nach Norden und er- giesst sich, nachdem sie von Süden her noch die Alexnapis aufge- nommen hat, oberhalb Schreitlaugken in die Memel. An der Mühle Las- dehnen ist die Szeszuppe durch ein Wehr gesperrt. Die Tilse oder Tilselle kommt von Süden her, bildet mehrere Teiche und ergiesst sich bei Tilsit in die Memel. Eine Mühlenschleuse befindet sich bei Moritzkehmen. Yon Norden her münden in die Memel die Schwente bei Schmalle- ningken, die Wisch will gegenüber Trapöhnen, die Jura, ein ca. 10 m breiter und ziemlich fischreicher Eluss, bei Schreitlaugken. In den Russstrom ergiesst sich von Norden her bei dem Dorfe Karczewischken die Jage. Die Sziesze entspringt in der Nähe der Grenze, strömt in nord- westlicher Richtung mit ziemlich bedeutendem Gefälle an Heydekrug vor- bei, nimmt die Schuste auf und fliesst bei dem Dorfe Sziesze in die Atmath. In ihr befindet sich eine Mühlenschleuse bei Kallnuggen. Zwischen Russ und Gilge fliessen einige kurze Bäche als Abwässe- rungen des Memeldeltas in westlicher Richtung ins Haff, die Ackel, Griebe und der Karkelfluss. Der Nemonien entspringt aus den Abflüssen der sumpfigen Wälder der Memelniederung südlich von der Gilge in der Gegend von Petricken und ergiesst sich, ca. 100 m breit, bei dem Dorfe Nemonien ins Haff. Er nimmt die von Schilleningken herkommende Arge auf, die sich aus der Budup, Schillup, Ossa und Parwe zusammensetzt und in ihrem untern Laufe Laukne heisst, und den von Süden her- kommenden Timber. Sein Gefälle ist nur äusserst gering. In das frische Haff ergiessen sich der Pregel, der Frisching, die Bahnau, Passarge, Baude, der Elbing, die Nogat, Tiege und ein Arm der Weichsel. Der Pregel entsteht östlich von Insterburg aus dem Zusammenfluss der Pissa, Angerapp und Inster. Die Pissa ist der Ausfluss des auf der russischen Grenze gelegenen Wysztiter Sees. Sie fliesst mit mehrfachen Windungen im Allgemeinen in nordwestlicher Richtung bis Gumbinnen, wo sie sich mit der Rominte zur grösseren Pissa vereinigt, die dann in westlicher Richtung an Karalene vorüber bis in die Nähe von Insterburg läuft, um sich mit der Angerapp Die Flüsse. 229 zu verbinden. Weiter in westlicher Richtung an Insterburg vorbeiziehend, nimmt sie bald unterhalb dieser Stadt die Inster auf und heisst dann Pregel. Die Pissa hat eine Länge von ca. 60 km., einen stark geschlängelten Ver- lauf, ein enges steiles Thal und bedeutendes Gefälle. Mühlenwehre und Schleusen befinden sich in der Pissa bei Baubein, Danzkehmen, Ger- a\ isohkehmen, Gumbinnen, Szirgupoenen. Die Rom inte, in der Nassawer und Rominter Forst aus dem ßlindenfluss, dem Bludszer Fluss und dem Szinkuhner oder schwarzen Fluss entspringend, verbindet sich, von Südosten herkommend, bei Gumbinnen mit der Pissa. In ihr befinden sich Wehre und Schleusen bei Matzutkehmen, Kulligkehmen, Kiauten, Budzehlen. Ausserdem nimmt die Pissa die Dobup, Rodup (Schleuse bei Tra- kehnen) und die Schwentaine auf. Die Angerapp ist der nördliche Abfluss des Mauersees. Sie ent- springt bei Angerburg mit drei sich bald vereinigenden Armen, verläuft, vielfach geschlängelt, in einem engen und tiefen Thale mit starkem Gefälle, im Allgemeinen in nördlicher Richtung, an Darkehmen vorüber bis in die Nähe von Gumbinnen, wo sie sich ziemlich rechtwinklig nach Westen umbiegt, um sich 7,5 km östlich von Insterburg mit der Pissa zu ver- binden. Ihre Länge beträgt ca. 90 km, die Breite 15 — 20 m, das Gefälle vom Mauersee bis Insterburg ca. 100 m. Mühlenwehre und Schleusen befinden sich in der Angerapp am Schloss und der Mahlmühle Anger- burg, bei Darkehmen und Kissehlen. Von Osten her nimmt die Angerapp den Goldapfluss auf, der, als Jarkefluss vom Seesker Berge entspringend, an Goldap vorüberfliesst und bei Jurgutschen mündet. Wehre und Schleusen befinden sich im Goldapfluss bei Goldap und Bodschwingken. Die In st er entspringt mit mehreren Armen in der Gegend von Pill- kallen und verläuft im Allgemeinen in südwestlicher Richtung, meistens in flachen Wiesen gegenden und sumpfigen Waldungen, mit geringem Gefälle bis Insterburg, wo sie mit dem aus der Verbindung von Pissa und Angerapp hervorgegangenen Flusse den Pregel bildet. Ihre Länge beträgt ca. 105 km. In der Inster befindet sich eine Mühle mit Wehr bei Antag- minnen, Kr. Ragnit. Nebenflüsse der Inster sind die Eimenis, Niebudclis und Strins. Der Pregel läuft nach der Vereinigung der drei Flüsse bei Insterburg in einem breiten Wiesenthaie mit geringem Gefälle in westlicher Richtung an Wehlau, Tapiau und Königsberg vorüber, um sich 7 — 8 km westlich von letzterer Stadt ins frische Haff zu ergiessen. 15 km oberhalb Königs- berg theilt er sich in zwei Arme, die in geringem Abstände von einander 230 Unsere Gewässer. parallel verlaufen und sich in Königsberg selber wieder vereinigen. Die Länge des Pregels von Insterburg bis zur Mündung beträgt 75 km, sein gesammtes Stromgebiet umfasst 11000 qkm. Seine Breite beläuft sich bei Insterburg auf 20 m, bei Königsberg auf 80 m, die Tiefe ist bei Tapiau nur 1 — V-fe m, bei Königsberg 4 — 20 m. Sein Gefälle beträgt nach dem Nivellement von Suchau oberhalb Wehlau für je 375 m 2,7 cm, zwischen "Wehlau und Tapiau 0,9, zwischen Tapiau und Popelken nur noch 0,3 cm. Bei "West- und Nordwest-Winden wird daher das Wasser stark angestaut und es ist bei längerem Anhalten derselben das salzige Wasser der Ostsee mitunter bis oberhalb Königsberg nachzuweisen. Im Pregel befinden sich grosse Wehre an den Herzogl. Dessauischen Mühlenwerken bei Bubainen, Kr. Insterburg. Von Norden her nimmt der Pregel nur kleine Bäche auf, dieDroje, den Auergraben, die Nehne, einige samländische Fliesser, die theils in den lauthschen Mühlentheich, theils durch den Landgraben in den Ober- teich und aus diesem in den Schlossteich gehen, der sein Wasser durch die Katzbach in den Pregel ergiesst. Yon Süden her nimmt er die Auxinne und die Alle auf. Die Auxinne entspringt mit mehreren Armen am linken Ufer der Angerapp und fliesst mit geringem Gefälle durch ebene Gegenden. Ihre Länge beträgt 37,5 km, die Breite bis 12 m. Sie hat im Allgemeinen eine nordwestliche Kichtung und mündet bei Norkitten. Die Alle entspringt zwischen Neidenburg und Hohenstein in einem tiefen Kessel mit einer grossen Anzahl von Quellen bei Lahna, ca. 130 m über dem Meere, bildet mehrere Seen und Teiche, so den Kurken- und Lanskersee, nimmt durch die Maranse das Wasser aus dem Maransen- und Plautziger See auf, und fliesst im Allgemeinen nordöstlich, in einem engen tiefen Thale mit stark geschlängeltem Lauf und bedeutendem Ge- fälle an Allenstein, Gutstadt, Heilsberg, Bartenstein, Schippenbeil, Fried- land, Allenburg vorüber, um nach 180 km langem Lauf bei Wehlau in den Pregel zu münden. Ihre Breite beträgt 10 — 20 Meter, das Gefälle auf je 7,420 km zwischen Heilsberg und Bartenstein ... 4,8 m, „ Bartenstein und Schippenbeil . . 3,4 „ „ Schippenbeil und Friedland . . 3,3 „ „ Friedland und Alienburg . . . 1,9 „ im Durchschnitt pro 7,420 km 3,4 m. Das höchste Gefälle oberhalb der Bartensteiner Brücke beträgt 1 m auf 375 m. In der Alle befinden sich Mühlenwehre, Ueberfälle und Schleusen am Ustrichsee und der Soyka- mühle, in ßeussen, Kr. Allenstein, an der Oel- und Mahlmühle in Die Flüsse. 231 Makohlen, an der Mühle in Gutstadt, eine Schiffsschleuse und Mahl- schleusen an der Mühle Pinnau bei der Mündung- in den Pregel. "Neben- flüsse der Alle sind der Wadangfluss, die Simser, Guber, der Omet, die Schweine und Elm. Der von Osten her kommende Wadangfluss, setzt sich aus dem den Abfluss des Dadeysees bildenden Pischfluss und aus dem Kirmas- lluss zusammen, der aus dem Kosnosee bei Passenheim entspringt. Der Wadangfluss bildet den Wadangsee und mündet unterhalb Alienstein in die Alle. In ihm befindet sich eine Schleuse an der Wadangmühle unterhalb des Wadangsees. Die Sims er entspringt in der Gegend von Seeburg, bildet den Blanken- und Simsersee, verläuft in einem engen Thale mit starkem Gefälle und mündet bei Heilsberg in die Alle. In ihr befinden sich Mühlen- schleusen in Medien, an der Pirwitzschen Mühle vor Heilsberg und ein hohes Wehr, der Simserfall, an ihrer Mündung in Heilsberg. Die Guber entspringt aus dem Gubersee bei Rhein, fliesst in nord- westlicher Eichtung an Kastenburg vorüber in einem engen und tiefen Thale, nimmt das bartener Mühlen flies s und den von Rössel her- kommenden Zainfluss auf und ergiesst sich nach einem Lauf von ca. 60 km bei Schippenbeil in die Alle. Schleusen und Wehre in Sanden- berg, Kr. Rastenburg, und Schippenbeil. Der Omet entsteht aus dem schwarzen und weissen Fluss, an welchem letzteren Drengfurt gelegen ist, und fliesst in nordwestlicher Richtung an Gerdauen vorüber, um bei Allenburg in die Alle zu fallen. Die Schweine oder Aschwoene entspringt aus dem Nordenburger See, vereinigt sich mit der ihr nördlich ziemlich parallel verlaufenden Urne und geht, im Allgemeinen nordwestlich verlaufend, unterhalb Allenberg in die Alle. In der Aschwöne sind Mühlenwehre bei Nordenburg, KI. Gnie und Sokallen, in der Urne bei Bokellen. Die Elm entspringt an den Höhen bei Landsberg, strömt mit starkem Gefälle nach Südosten und ergiesst sich zwischen Heilsberg und Barten- stein in die Alle. Schleusen und Wehre in Konnegen, Sand, Sieslack. Yon Tapiau geht rechtwinklig zum Lauf des Pregels aus demselben ein schon im 15 Jahrhundert canalisirter Arm, die Deime, geradlinig ca. 35 km lang, 20 — 25 m breit, nach Labiau und ins kurische Haff. Der Frisching entspringt zwischen Pregel und Alle im Frischings- walde, und läuft westnordwestlich an Ludwigsort vorüber nach Branden- burg, wo er ins Haff mündet. Yon Süden her nimmt er den Beisleidfluss auf, der aus der Gegend von Bartenstein kommt, und in welchem sich Mühlenwehre 232 Unsere Gewässer. bei Beisleiden und Mühlhausen befinden, den Pasmar, der von Pr. Eylau kommend, an Kreuzburg vorüberfliesst. und Mühlen bei Pr. Eylau, Dransitten und Kreuzburg treibt, und den Stradickfluss mit Mühlen bei Wilmsdorf und Rudolphshammer. Die Bahnau entsteht nördlich von Mehlsack bei Höllenfürst, Messt nach Nordwesten, nimmt die an Heiligenbeil vorüberfliessende Jarft auf und mündet nach einem Laufe von ca. 30 km in einem engen Thale bei Raade ins Haff. In der Bahnau befindet sich ein Wehr im Amtsbezirk Karben, in der Jarft eine Stauschleuse bei Heiligenbeil. Die Passarge entspringt bei Grieslienen nahe dem Plautziger See in einer Höhe von ca. 160 m über dem Meere und fliesst in einem engen, meistens von steilen Ufern eingeschlossenen Thale mit starkem Gefälle über kiesigen und steinigen Grund in nordnordwestlicher Richtung. Sie bildet den Sarunger See, nimmt das Wasser des Mohrunger und Narieusees auf, geht an Braunsberg vorüber und mündet bei Alt-Passarge ins Haff. Sie hat eine Länge von ca. 120 km., eine Breite von 20 m an der Mündung und sehr klares Wasser. Es befinden sich Mühlenwehre und Ueberfälle bei Eisigmühle, Passarienmühle, Schwenkitten, Kalkstein und an der grossen Braunsberger Amtsmühle. Nebenflüsse der Passarge sind die Amelang, Drewenz und Walsch. Die Amelang entspringt aus dem Mispelsee bei Hohenstein, in ihr befindet sich eine Schleuse bei Thurnitzmühle. Die Drewenz entsteht von den Höhen zwischen Landsberg und Heilsberg, fliesst in einem engen Thale mit starkem Gefälle in südwestlicher Richtung an Wormditt vorüber, hat eine Länge von ca. 30 km und treibt Mühlen bei Korbsdorf, Migehnen, Crossen und Wormditt. Die Walsch kommt aus dem Walschsee, nördlich von Mehlsack, fliesst in südwestlicher Richtung in einem tiefen engen Thale ca. 25 m lang der Passarge zu und hat Mühlenwehre bei Finken, Mehlsack, Bormitt. Die Baude entspringt mit 2 Armen in der Gegend von Trunz und Schlobitlen, verläuft im Allgemeinen in nördlicher Richtung, an Mühl- hausen vorbei und geht etwa 2 km von Frauenburg entfernt ins Haff. Ein Theil ihres Wassers fliesst durch die von Copernicus angelegte kleine Baude nach Frauenburg, wo es Mühlen treibt und den Hafen bildet. In der Baude selber befinden sich Mühlenschleusen bei Neumark, Mühl- hausen, Jägritten und AJthof. Der Elbing ist der ca. 15 km lange Abfluss des Drausensees nach dem frischen Haff. Sein Gefälle ist äusserst gering, seine Ufer sind flach. In den Drausensee fliessen die Weske, Sorge und Thiene. Die Weske entspringt aus dem Nariensee und geht, in nordwestlicher Die Flüsse. 233 Richtung verlaufend, an Pr. Hollaud vorüber. In ihr befindet sich eine Schleuse bei Copiehnen. Die Sorge entspringt aus dem Sorgensee bei Riesenburg und läuft an Christburg und Alt-Dollstädt vorüber. Die Thiene fliesst aus dem Marienburger "Werder in den Drausensee. In den Elbingfluss selber mündet die aus dem Marienburger Werder kommende Fischau und die von der Höhe herabkommende Hommel. Die Tiege entsteht aus der grossen und kleinen Schwente, Ab- flüssen aus dem grossen Werder, die sich bei Neuteich verbinden und als Schwente bis Tiegenhof gehen; von dort bis zum Haff wird der Flu ss als Tiege bezeichnet. Die Weichsel entspringt auf der Nordseite der Beskiden aus drei Quellen, der schwarzen, kleinen und weissen Weichsel, die sich bei dem Dorfe Weichsel vereinigen. Sie verläuft anfangs zwischen engeu, felsigen Ufern, durchströmt dann das polnisch-galizische Hochland, liegt bei Kra- kau noch 209 m über dem Meere, geht weiterhin durch die fruchtbaren polnischen Ebenen und tritt bei Gr. Ottloczin in Westpreussen ein, wo sie bis gegen Bromberg hin in nordwestlicher Richtung fliesst und sich dann nach Nordosten zu wendet. Von ihrem Eintritt in Preussen bis in die Gegend von Schwetz ist das linke U fer mit Unterbrechungen hoch und theilweise bewaldet, weiterhin ist sie beiderseits von flachen Niederungen umgeben und von hohen Deichen eingefasst. Sie bildet häufig mehrere Arme, die sich nach längerem oder kürzerem Laufe wieder vereinigen. In Preussen zieht sie an Thorn, Fordon, Culm, Schwetz, Graudenz, Neuen- burg, Mewe vorüber und theilt sich an der Montauer Spitze in die eigent- liche Weichsel und die Nogat. Erstere fliesst in nördlicher Richtung an Dirschau vorüber und theilt sich oberhalb Fürstenwerder beim Danziger Haupt in die nordwestlich verlaufende Danziger und die sich nach Nord- osten wendende Elbinger Weichsel. Die Danziger Weichsel geht an Danzig und Weichselmünde vorüber in die Ostsee. Einen neuen Ausfluss bildete sie 1840 bei Neufähr mittelst Durchbrechung der Düne, derselbe war an- fangs sehr tief, hat sich aber allmälig verflacht. Die Elbinger Weichsel mündet mit zahlreichen Armen in das frische Haff. Die Nogat geht von der Montauer Spitze in nordöstlicher Richtung an Marienburg vorüber dem frischen Haffe zu, in welches sie mit circa 20 Armen ausströmt. Die Länge der Weichsel beträgt fast 1150 km, während Quelle und Mündung in gerader Linie nur 525 km von einander entfernt sind. Ton der polnischen Grenze bis zur Montauer Spitze hat die Weichsel eine Länge von 176,4 km. Ihr gesammtes Stromgebiet umfasst 181500 qkm, 234 Unsere Gewässer. wovon 89870 im Gebirge, 91630 in Flachland liegen. Das Gefälle beläuft sich von der polnischen Grenze bis zur Montauer Spitze auf 35,5 m, d. h. also auf 1,5 m pro 7,420 km. Die Breite des Stromes beträgt in Preussen 700 — 900 m, seine Tiefe ist sehr verschieden und schwankt häufig zwischen 1 und 12 m. Die Nebenflüsse der Weichsel in unseren Provinzen sind die Brahe, das Schwarz wasser, die Montau, Ferse, Motlau, Drewenz, Ossa and Liebe. Ausserdem fliessen ihr durch Vermittel img der in Polen gelegenen Flüsse Bober und Narew noch der Lykfluss, Pischfluss, Omuleff, Orzyc- fluss und die Neide zu. Die Brahe entspringt an der pommerschen Grenze östlich von Rummelsburg, fliesst anfangs nach Süden und bildet den Ziethener See, dann nach Osten durch den grossen Müskeudorfer See, den Karchiner See, wendet sich wieder nach Süden und geht in einem engen Thale zwischen hohen bewaldeten Bergen hin an Kittel vorbei, tritt weiterhin in die Provinz Posen ein, wo sie an Polnisch Krone vorüber nach Bromberg zieht, um nach Osten umbiegend sich in die Weichsel zu ergiessen. Sie hat eine Länge von 150 km, ein sehr starkes Gefälle, eine Breite von 10 — 15 m und treibt viele Mühlen. Bei Mühlhof ist sie durch ein 13 m hohes Wehr gesperrt, ausser- dem befinden sich Stauschleusen in Poln. Krone, Bromberg und an der Mündung, wo auch ein Fischpass angelegt ist. Vor ihrem Eintritt in dem Müskendorfer See nimmt die Brahe von Norden her den Chotze nfl us s auf, südlich von Tuchel von Westen her die Kamionka und von Zempelburg her die Zempolna. Das Schwarz wasser wird von mehreren Bächen gebildet, die von den nordwestlich von Berent gelegenen Höhen entspringen. Es ver- läuft zunächst in südlicher Richtung, bildet den Wdydzesee, eilt mit sehr bedeutendem Gefälle, stark geschlängelt zwischen steilen Ufern erst in östlicher, dann in südlicher Richtung durch die tuchelsche Haide der Weichsel zu, welche es bei Schwetz erreicht. Es hat eine Länge von ca. 200 km, eine Breite von ca. 12 m. Wehre und Schleusen befinden sich bei den Mühlen Czubek, Neumühl, Wda, Funkelkau, Ludwigsthal, Woythal, Schönau. Die Montau entspringt in der tuchelschen Haide, fliesst ziemlich geradlinig, und mit unbedeutendem Gefälle ca. 40 km nach Süden, bis in die Gegend von Kl. Zappeln, biegt dann um einen Höhenzug um, wendet sich wieder nach Norden und erreicht die Weichsel nach einem Lauf von weiteren 40 km bei Neuenburg. Die Ferse ensteht östlich von Berent, bildet mehrere Seen, fliesst Die Flüsse. 235 erst in südlicher, dann östlicher Richtung bis unweit Schoeneck, wo sie von Norden her die Fitze aufnimmt, die aus dem Mariensee entspringt, läuft dann im Allgemeinen in südöstlicher Richtung sehr stark geschlängelt und mit starkem Gefälle an Pr. Stargard und Pelplin vorüber und geht bei Mewe in die Weichsel. Ihre Länge beträgt ca. 100 km, die Breite an der Mündung ca. 12 m. Die Motlau entspringt westlich von Dirschau aus dem Liebschauer See. läuft ziemlich geradlinig nach Norden durch das Danziger Werder und geht durch die Stadt Danzig hindurch in die Weichsel. Ihre Länge beträgt ca. 40 km, ihr Gefälle ist sehr gering. In Dauzig ist sie künstlich er- weitert und vertieft. Ihre Nebenflüsse sind die Kladau uud Radaune, beide von Westen her kommend. Die Kladau bildet sich aus zahlreichen Bächen nordöstlich von Schoeneck und fliesst in einem engen Thale bei Grebin in die Motlau. Wassermühle bei Grebin. Die Radaune entspringt aus dem Raudaunensee in der Nähe des Thurmberges, fliesst in östlicher Richtung, bildet mehrere Seen, darunter den Ostryczsee und geht in einem engen Thale mit sehr starkem Gefälle an Zuckau und Prawit vorüber in die Motlau. Yen Osten her nimmt die Weichsel die Drewenz, Ossa und Liebe auf. Die Drewenz entspringt bei dem Dorfe Drebnitz unweit Höllen- stein in einer Höhe von 135 m, läuft in nordwestlicher Richtung bis Osterode, wo sie den Drewenzsee bildet, aus dessen westlichem Theil sie dann in südwestlicher Richtung vielfach gewunden und in einem engen tiefen Thale der Weichsel zufliesst. Sie geht an Neumark, Kauernick, Stras- burg, Gollub, Dobrczyn vorüber, bildet von Mszanno bis Leibicz die Grenze gegen Polen und ergiesst sich bei Zlottorie etwas oberhalb Thorn in die Weichsel. Sie hat eine Länge von ca. 230 km, eine Breite von 10 15 m und ein sehr bedeutendes Gefälle. Wehre und Schleusen an der Gröbener, Hirschberger Mühle und in Grünort. Oberhalb Neumark nimmt sie an dem linken Ufer die von Gilgenburg herkommende und mehrere Seen bildende Welle, noch weiter oberhalb die den Geserich- see durchfliessende Eilen z auf. In der Welle sind Wassermühlen bei Gilgenburg und Leschakmühle, in der Eilenz bei Kleinheide, Kleinsehren und Hansmühle. Die Ossa entspringt westlich vom Geserichsee bei dem Dorfe Som- merau, bildet einige Seen und fliesst an Bischofswerder vorüber in west- licher Richtung der Weichsel zu, die sie unterhalb Graudenz erreicht. Ihr Thal ist meist enge und steilwandig, ihre Länge beträgt ca. 110 km die Breite 12 m. Ein Wehr bei der Klotker Mühle. 236 Unsere Gewässer. Die Liebe entspringt östlich von Finkenstein, läuft mehrere Seen bildend nach "Westen, geht an Riesenburg vorüber bis Marienwerder, wendet sich dann rechtwinklig nach Norden und geht unter dem Namen Montau an der Montauer Spitze in die Weichsel. Mühlenwehre bei Boggusch, Liebenthal, Gorken, Schornsteinmühle Der Lyckfluss entspringt bei Oletzko, nimmt den aus deni Haasznen- oder Litigainosee kommenden Haasznenflusz auf, bildet nach Süden fliessend den grossen Lasmiadensee, geht weiter bei Stradaunen als Stradaunenfluss in den Aleksee, durch diesen als Lyckfluss bei Lyck in den Lycker See und aus letzterem in südwestlicher Richtung nach Polen, wo er in den Bober fliesst, der sein Wasser durch den Narew der Weichsel zuführt. Mühlen und Wehre in Stradaunen und Neuendorf. In Polen vereinigt sich mit dem Lyckfluss der Legafluss, der aus dem grossen Oletzkoer See durch den Seilment- und Raygrodsee hindurchtritt. Mühlen bei Nordenthal, Gonschorowen, Marggrabowa, Neumühlen, Babken, Sypittken. Der Lega fli essen in Preussen der Przepionker, Przer- wanker und Gablickfluss zu. Der Pischfluss oder Pissek bildet den südlichen Abfluss der grossen Seengruppe in Masuren, die durch kleine Flüsschen und Kanäle unter einander zusammenhängen. Aus dem Spirdingsee tritt er in den Warschausee bei Johannisburg und geht dann weiter nach Polen, wo er bei Nowogrod in den Narew fällt. Ihm fliessen unter andern der Arys- und der Cruttinfluss zu. Der Omulef entspringt aus dem Omulefsee, verbindet sich mit dem aus dem Dluszeksee kommenden schwarzen Fluss und geht in süd- östlicher Richtung nach Polen, wo er sich bei Ostrolenka in den Narew ergiesst. Der Orzy cfluss kommt aus der Nähe von Mlawa in Polen, fliesst zuerst nördlich bis Janow an der preussischen Grenze, der er in östlicher Richtung bis Chorzellen 15 km. weit folgt, um dann wieder südöstlich ganz nach Polen zu treten und in den Narew zu gehn. Die Neide entspringt unweit Neidenberg auf der Höhe, nimmt die Skottau auf und bildet bei Soldau den Soldausee. Nach ihrem Austritt aus demselben führt sie den Namen Soldau fluss, macht ca 20 km. weit die Grenze zwischen Preussen und Polen und geht unter dem Namen Wkra bei Modlin in den Narew. Die Sagorsch entspringt in der Gegend von Kolletschkau, Kr. Neu- stadt, fliesst durch das Brücksche Bruch erst in nordöstlicher, dann in östlicher Richtung und fällt bei Brück in das Putziger Wiek. Mühlen und Wehre bei Sagorsch, Schmelz und Brück. Die Flüsse. 237 Die Rheda entsteht südwestlich von Neustadt, verläuft in anfangs nördlicher Richtung und bildet auf eine kurze Strecke die Grenze gegen Pommern, wendet sich dann nach Osten, fliesst nördlich an Neustadt vor- über, tritt bei dem Dorf Rheda in das grosse Brücksche Bruch und theilt sich in demselben in zwei Mündungsarme, die Rheda und den Strömming, welche etwa 2 km von einander entfernt in das Putziger Wiek münden. Im oberen Laufe hat sie ein starkes Gefälle. Sie treibt Mühlen in Bresin, Rheda und Brück. Die Plutllitz entspringt im Starziner Forstrevier und läuft in süd- östlicher Richtung dem Wiek zu, welches sie unweit Putzig erreicht. Der Ozarnaufluss geht ebenfalls aus dem Starziner Forstrevier her- vor, fliesst in nordöstlicher Richtung durch ein grosses Bruch, wendet sich dann in der Nähe der Küste nach Westen und läuft eine Strecke weit dem Ufer parallel, bildet unweit Ostrau einen kleinen See und geht aus dessen westlicher Ecke ins Meer. Der Piasnitzfluss entsteht in der gleichnamigen Forst, fliesst anfangs zwischen steilen Ufern in westlicher Richtung, wendet sich dann nach Norden, bildet den grossen Zarno witzer See, und fliesst aus dem Nordende des- selben der See zu. Der Lebafluss entspringt bei Lappalitz, Kr. Carthaus, verläuft in nord- westlicher Richtung, bildet auf eine kurze Strecke die Grenze gegen Pommern und wendet sich dann ganz in diese Provinz, wo er den Lebasee bildet und aus diesem dem Meere zufliesst. Dem Odergebiete gehören ausser kürzeren und unbedeutenderen Quellbächen in Westpreussen die Lobsonka und die Küddow an. Die Lobsonka entspringt südlich von Pr. Friedland und läuft, vielfach gewunden, in einem tiefen Thale in südlicher Richtung der Netze zu, welche sie erst in der Provinz Posen erreicht. Die Küddow kommt aus dem Wilm- und Dolgener See bei Neu- Stettin in Pommern, verläuft in einem ziemlich breiten Thale, oft durch Waldgegenden, in vielen Krümmungen im Wesentlichen von Norden nach Süden und verlässt unweit Schneidemühl Westpreussen, um sich nach kurzem Laufe in Posen in die Netze zu ergiessen. Sie hat ein ziem- lich beträchtliches Gefälle und nimmt eine grosse Anzahl von Nebenflüssen auf. Darunter sind die bemerkenswerthesten von Nordosten her die Zahne (in ihrem Oberlauf Ball genannt) und der Haakenfluss mit dem Zier- bacli, von Nordwesten die Pilo und Plietnitz und von Osten heraus den Seen bei Pr. Friedland die Dobrinka. Bei Landeck befindet sich in der Küddow ein hohes Wehr. 238 Unsere Gewässer. In den fliessenden Gewässern unterscheidet man nach dem Vor- gange von Prof. A. Fric1) zweckmässig verschiedene Regionen, die sich durch den Charakter ihres Grundes, grössere oder geringere Tiefe und verschiedenartige Strömung von einander unterscheiden, und durch ver- schiedene Fischarten charakterisirt sind, welche sie hauptsächlich bewohnen. Natürlich sind diese Regionen in der Regel nicht scharf von einander geschieden, sondern zeigen die verschiedensten Uebergänge, wonach sich auch das Yorkommen der Fisch arten richtet. Von dem Borne2) schlägt für die Gewässer des norddeutschen Flachlandes die Aufstellung von drei Regionen in den Flüssen vor, die er als Region der Forelle, der Barbe und des Bressen bezeichnet. Man kann dieser Eintheilung im Allge- meinen wohl zustimmen, und sie bietet für die Praxis ein bequemes Mittel den Charakter eines Flusses oder Baches kurz zu bezeichnen. 1. Der Region der Forelle gehören Bäche und kleinere Flüsse mit steinigem oder kiesigem Grunde, vorherrschend flachem Wasser und mit starker Strömung an, in denen jedoch meistens auch ab und zu tiefere Stellen mit weichem Grunde und schwächerer Strömung vorkommen. Ausser der Forelle finden sich in derartigen Gewässern gewöhnlich die Schmerle, der Kaulkopf, häufig auch die Aesche und Ellritze. Massige Beschattung der Gewässer ist dem Vorkommen der genannten Fische günstig, während ein gebirgiger Charakter der Gegend keinesweges für die Forelle nothwendig ist, dieselbe vielmehr in sehr zahlreichen Gewässern des Flachlandes vorzüglich gedeiht. Wo der Charakter der Forellenregion in den der folgenden übergeht, finden sich gewöhnlich neben den oben genannten Fischen auch Quappen, Neunaugen, junge Aale, Barben, Gründlinge, Uckelei und Döbel, auch wohl Nasen. 2. Die Region der Barbe findet sich in grösseren Flüssen mit vorherrschend steinigem oder kiesigem, doch stellenweise auch sandigem und schlammigem Grunde bei tieferem Wasser und starker Strömung. In solchen Gewässern halten sich Barbe, Gründling, Uckelei, Döbel, Plötze, Rothauge, Zärthe, Rapfen, Karpfen, Quappe, Hecht, Zander, Barsch und Kaulbarsch, Neunauge, Aal, Lachs. Auch die Aesche kommt in dieser Region häufig vor. 3. Die Region der Bressen ist durch grössere Flüsse mit weichem Grunde, schwächerer Strömung und bedeutenderer Tiefe charakterisirt. 1) Die Wirbelthiere Böhmens, Archiv der naturwissenschaftlichen Landeserfor- sohung von Böhmen, II, 4. Prag 1872. 2) Circulare des Deutschen Fischerei Vereins 1877, p. 89. Die Flüsse. Die Landseen. 239 Neben dem Bressen findet sich hier der Karpfen und ausser der Barbe die meisten in der Barbenregion heimischen Fische, zeitweise natürlich alle Wanderfische auf ihrer Berg- oder Thalwanderung, also Aal, Lachs, Neunauge, Stör. In besonders ruhigen Parthien dieser Region, in Altwassern, cou- pirten Flussarmen u. dergl., pflegen sich besonders Schleihen und Ka- rauschen aufzuhalten. Sehr gewöhnlich finden sich in grösseren Flüssen mit längerem Laufe alle drei Regionen vor, und zwar meistens in der Anordnung, dass die Forellenregion der Quelle der Flüsse am nächsten liegt, darauf die Barbenregion und der Mündung zunächst die Bressenregion folgt, doch kommen unter Umständen auch Fälle vor, in denen die Folge der Regionen wegen der localen Verhältnisse eine andere ist, indem z. B. das Quellgebiet eines Flusses in hochgelegener aber flacher, sumpfiger Ge- gend liegt und erst weiterhin harter Grund und stärkeres Gefälle sich finden. Wenn wir in dem vorstehenden Abschnitte versucht haben, ein Bild der in unseren Provinzen verlaufenden Flüsse mit besonderer Rücksicht auf die Interessen der Fischerei zu entwerfen, so konnte dasselbe leider nur sehr mangelhaft ausfallen, da nur spärliches Material vorlag und durch blosse Nachfragen wenig zu ermitteln war. Indessen hoffen wir, dass das Gebotene ein Schema bilden möchte, in welches sich zahlreiche Einzel- beobachtungen leicht einfügen lassen werden. Wir würden es mit be- sonderem Danke anerkennen, wenn uns von den Anwohnern der einzel- nen Gewässer eingehendere Mittheilungen über die ihnen genau bekannten Theile der Flussläufe gemacht würden, wobei namentlich die Natur des Grundes, die Schnelligkeit des Wasserlaufes, die Beschaffenheit der Ufer zu berücksichtigen wäre. Besonders würde auch ein vollständiges Yer- zeichniss aller an der behandelten Strecke des Flusses vorhandenen Mühlen, Schleusen, Stauvorrichtungen etc. erwünscht sein, in welchem auch die Höhe der Staue anzugeben wäre. Die Landseen, welche noch jetzt einen grossen Theil unserer Provinz bedecken, waren ehemals noch viel zahlreicher, wurden aber schon zur Zeit des deutschen Ordens theilweise trockengelegt. Mit dem Ablassen derselben ist auch in neuerer und neuester Zeit, in manchen Gegenden vielleicht schon zu viel und ohne reifliche Ueberlegung aller in Betracht kommenden Verhältnisse, fortgefahren worden. Sie liegen theils einzeln zerstreut, theils bilden sie grössere oder kleinere, oft unter einander zusammenhängende Gruppen, 240 Unsere Gewässer. wie namentlich im südöstlichen Theile Ostpreussens, theilweise sind sie auch in neuerer Zeit durch künstliche Kanäle mit einander verbunden, um Schifffahrt und Holzflösserei zu befördern. Am grössten ist die Menge der Seen in der südlichen Hälfte des zwischen Pregel und Weichsel gelegenen Theiles unserer Provinzen, am geringsten in dem nördlich vom Pregel gelegenen. In Folgendem gebe ich ein von Herrn Dr. Krosta zusammengestelltes Verzeichniss der ost- und westpreussischen Seen von mehr als 1 preuss. Morgen Grösse, welches mir zur Veröffent- lichung freundlichst überlassen wurde. Nach den neuesten Ermittelungen würden sich in Ostpreussen 1144, in Westpreussen 997, in der ganzen ehemaligen Provinz Preussen also in Summa 2141 Seen befinden. Alphabetisches Verzeichniss der Landseen in Ost- und Westpreussen. Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. Aar Allenstein Kl. Babant Orteisburg Gr. Aaritz Alienstein Babba Platow Abbarter Friedland Baberow Deutsch Crone Abiscar Molirungen Gr. Babker Angerburg AblenkerMühlenT. Tilsit Babziens Raste nburg Abrau Tuchel Bacliottek Strasburg Achtlmben Pr. Eylau Bärenthaler Schwetz Albrechtauer Darkehmen Bärenwalder Schlochau Albrechtauer Rosenberg Bars Schlochau Allensteiner Wald- Alienstein Bärting Molirungen Allmoyer Sensburg und Bäwer Schlochau Rössel Bagenke Pr. Stargard Angerauer Darkehmen Baibein Stallupönen Annahofer Oletzko Gr. Baitkower Lyck Antzirgesser Gumbinnen Ballauer Sensburg Archidiakonka Thorn Ballinger Allenstein Arklitter Gerdauen Balnuhnen Stallupönen Artus Teicli Niederung Banetien Gerdauen Arys Jokannisburg Banser Rössel Assauner Teich Gerdauen Baranner Lyck Auer Rössel BarannerForstseen Oletzko Augusthofer Pr. Stargard Bardung Osterode Aweyder Sensburg Bareischkehmer Stallupönen Barkenfelder Schlochau Baalauer Stulini Barlewitzer Stulim Gr. Babant Ortelsburg Gr. Barsch Schlochau Dio Landseen. 241 Name des Sees. Kreis. Bartelsdorfer Bartener Bauditter Baumgarth Bauten Bawier Beeker Beldahn Bendomincr Bensee 2 Berenter Seen Bergfrieder Bergung Kl. Bertung Bialla Biallaer Bialla er BiaUa-Teich Biallolafker Bialochowoer Biebrowa Bielawe Bierg Biessellen Bieszewo Bildschön Billelmer Bilow Birdau Bischclorfer Gr. Bislawer Bittkower Gr. Blanken Kl. Blau stein Blinder Blondz miner Blumfelder Blysinsker Bobrower Bülzig Bönkenwalcler Bruchsee Allenstein Bastenburg Mohxungen Heiligenbeil Mohrungen Gerdauen Berent Sensburg Berent Mohrungen Berent Alienstein Osterode Alienstein Carthaus Lötzen Tuchel Johannisburg Oletzko Johannisburg Graudenz Berent Berent Oletzko Osterode Sclrwetz Thorn Goldap Lötzen Bössei Bössel Tuchel Oletzko Heilsberg Bastenburg Tuchel Sclrwetz Konitz Graudenz Grand e u z Sehlochau Heiligenbeil Gr. Bösauer Kl. Böthing Boldehner Bontscher Bordzichow Borker Alt Borower Borrowo Borowno Borowka Gr. Borowka Kl. Borowka Borowker Borowno Borowy Gr. Borrin Borzestowoer, lan- ger u. grosser ' Borzyskowo Bosember Gr. Bothien Kl. Botliien Botzni Neu Braaer Müh- lenteich Brandenburger Heide See Branitzer Brauhaus-Teich Brauns walder Braynicker Brczesno Breite See bei den Fischerkathen Breitensteiner Schulzen-Tief Gr. Bretschkehmer Briesener Schloss Brinsker Broböniker Brodda Gr. Brodno Kössel Dt. Krone Mohrungen Karthaus Pr. Stargardt Lyck Neidenburg Neustadt und Karthaus Kulm Sensburg Berent Berent Osterode FlatoAv Johannisburg Sehlochau Karthaus Sehlochau Sensburg Dt. Krone Dt. Krone Oletzko Sehlochau Heiligenbeil Schwetz Pr. Eylau Stuhm Neidenburg Osterode Neustadt Dt. Krone Darkehmen Kulm Strasburg Strasburg Konitz Karthaus 16 242 Unsere Gewässer. Name des Sees. Kreis, Name des Sees. Kreis. KL Brodno Karthaus Choinaer Karthaus Niske brodo Strasburg Choino Stuhm "Wissoko brodo Strasburg Chosser Berent Gr. Brondzichower Pr. Stargard 7 Chosnitzer zw. Brotzen Dt. Krone Chosnitz undKi- Brück od. Mul Oletzko stowo Karthaus Brust Pr. Stargard Choyno Strasburg Brzesno Pr. Stargard Christfelder Schlochau ]3rzisno Berent u. Konitz Christianeher Dt. Krone Brzuchowo Flatow Chudi Berent Brzuns Angerburg Chwarsnau Berent Buchten Mohrungen Cielenta Strasburg Buchwalder AUenstein Clavuy Bössei Buckowiner Karthaus Clodno Tuchel Buden Graudenz Collaten Memel Budzarger Teich Memel Gr. Collogiener Sensburg Gr. Budzeck Graudenz Kl. Collogiener Sensburg Gr. Budziska Tuchel Commusin Neidenburg Buchen Flatow Conti Osterode Bürgersee zu Cork Bössei Garnseedorf Marienwerder Cronau Lötzen Bürgersee bei Cuino Sensburg Klostersee Marienwerder Czarna Sensburg Gr. Bussen Dt. Krone Czarna Oletzko Kl. Bussen Dt. Krone Czarnau Neidenburg Bujacker Osterode Czarne Schwetz Bukowice Berent Czarner Goldap Neu Bukowitz Berent C zarner Sensburg Bumbelscher Gumbinnen Czarni bei Brnisk Strasburg Busch Dt. Krone Czarni Konitz Burdunger Neidenburg Czarnowo Schwetz Burgal Bosenberg Czerwonnek Berent Burowo Berent Gr. Czerwonka Alienstein Buwelno Johannisbnrg und Kl. Czerwonka AUenstein Lötzen Czellenczm Schwetz Camenz Schlochau Cziesien Berent Campen Lötzen Czoos Sensburg Carw Sensburg Czyster Kulm Poln. Cekziner Tuchel Charlottenhof Angerburg Gr. Damerau Osterode Cheb Berent Kl. Damerau Osterode Chelcher Oletzko Damm-Teich Fischhausen Chelmionker Kulm Dannower Johannisbnrg Die Landseen. 243 Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. Dannower Lötzen Dluzic Rosenberg Dargist Angerburg Dobawer Goldap Dargainen Angerburg Dobenscher Angerburg Daani-Teich Fischhausen Dobrogosch Berent Darrenteich Pr. Holland Döhringer Osterode Daumen Allenstein Dönhoffstedter Rastenburg Kl. Damerauer Allenstein Dolgen Dt. Krone Damerauer "Welilau Dolgen Sclüochau Daddey Eössel Donibrowken Graudenz Darsener Schlochau Dombrowsker Lyck Dammsclie Dt. Krone Domnauer Friedland Damerau Stuhm Domorowo Osterode Dammrau Karthaus üopker Oletzko Debrino Berent Dost Rössel Debrong Allenstein Drachenstein Rastenburg Debrzk Konitz Drausen Elbing Landkreis Deckascho Berent Dreetz Dt. Krone Deczno Schwetz Drengfurt Rastenburg Deeper Sclüochau Drenske Mohrungen Dlinowa Bastenburg Drewenz Osterode Deinbno Löbau Gr. Drietz Dt. Krone Demmin Sclilochau Kl. Drietz Dt. Krone Devauer Teich Königsberg Drogen Dt. Krone Deyguliner Lötzen Druglin Lyck DgaU Angerburg Drusker Teich Stallupönen Dimnier Orteisburg Duben Mohrungen Dirscb.au Allenstein Dubineck Lötzen Dittrichsdorfer Heilsberg Düpe Dt. Krone Diwitter Allenstein Gr. Dümener Schlochau Dluczek Allenstein Dumbeln Goldap Dluszek Neidenburg Dupker Johannisburg Dluszek Orteisburg Dimatker Berent Gr. Dlugi Bereut Duttker Oletzko Dlugi bei Lippe Berent Drzewitz Konitz Dlugi bei Mermet Pr. Stargardt Dwierzut Orteisburg Dlugi bei Niesolo- Dworatzker Oletzko witz Karthaus Dzetzin Tuchel Dlugi bei Skorzewo Karthaus Dybower Johannisburg Dlugi Lötzen Dlugi Oletzko Eben Schwetz Dlugochoreller Lyck EbertswalclerTeich Pr. Eylau Dlusitz Sensburg Eckersdorf er Mohrungen Dlusker Osterode Eilenz Rosenberg 16* 244 Unsere Gewässer. Name des Sees. Kreis. Narne des Sees. Kreis. Eichner Dt. Krone Galgen Berent Gr. Eiling Osterode Galitter Heilsberg Kl. Eiling Osterode Galleck Alienstein Eising Ostei'ode Gallinder Osterode Eissing Konitz Gallinger Friedland Elisenbrucher Konitz Galwitza Neidenburg Engelstein oder Gamel Dt. Krone Steinweiker Angerburg Kl. Gans Rastenburg Erber Orteisburg Ganshorn Osterode Eschenteich Pr. Eylau Ganther Sensburg EszerkehmerTei« h Stallupönen Gapiarna Graudenz Ewing Mohrimgen Garbnicker klare Pr. Eylau Dt. Eylauer Rosenberg Garczin Berent Fürsten-Teich Königsberg Garden Rosenberg Faule Mohrungen Gardiener Neidenburg Faule Rastenburg Gardliczno Ko^iitz Feld oder Czarny Lötzen Gardschauer Berent und Festnitz Tuchel Pr.Stargard. Ficht Berent Gr. Garnsee'er Marienwerder Fichtthaler Orteisburg Kl. Garnsee'er Marienwerder Alt Fietzer Berent Garten Sensburg Firkus Karthans Garzer Schlochau Flache Lötzen Gassewer Angerburg Flache Mohrungen Gatzen Konitz Flatower Stadtsee Flatow Gauden Rosenberg Födersdorfer Wahl - Gaulehdener Wald- see Braunsberg seen, schwarze, Frankenhager Tuchel mittlere, hintere Wehlau Franzosen Osterode Gawlowitzer Graudenz Frauen Mohrungen Gayner Sensburg Frauen Berent Gebrowo Berent Freistadter Stadts. Rosenberg Gedaither Allenstein Frenz ker Orteisburg Gr. Gehl Osterode Friedeck Kulm Gelüsee Mohrungen Pr. Friedländer Gehland Sensburg Stadtsee Schlochau Geliling Konitz Friedrichsfelder Darkehmen Gehlweider Goldap Friedrichsteiner T. Königsberg Geislinger Orteisburg Fronauer Kulm Gr. Gelen Kartbaus Fussinek Pr. Stargard. Kl. Gelen Karthaus Gelens Kulm Gablick Lötzen Gelguhnen Allenstein Gai Strasburg Gelino Bei^ent Die Landseen. 245 Name des Sees. Gelonneek Gellener Gembalker Gemben Gemmern Gentomie I teorgenthaler Mühlenteich Geserich Gesmar Ulli Gillau Gimmen Gladauer Glamke Gla wka Gleisgarbener Glino Glissener GlemboM Glemboki Glemboczek Glemboczek Glemboczek Glemboczko Glembowker Glinowo Glomboki Glowiner Gr. Glubczyiier Kl. Glubczyiier Glucha Gr. Gluchi Gr. Glucliy Kl. Gluchy Glumener Gnieschauer Golbing-Teich Goldapgar Goldapper 3 Goldbacher Görlitz er Golembek Pr. Stargard Scliwetz Lötzen Mohrungen iUlenstein Pr. Stargard Mohnmgen Mohrungen Mohrungen Löbau Orteisburg Neidenburg Berent Karthaus Tuchel Darkehmen Schlochau Marienwerder Karthaus Sensburg Tuchel Sensburg Neidenburg Berent Johannisburg Karthaus Sensburg Löbau Flatow Flatow Pr. Stargard Schlochau Konitz Konitz Flatow Pr. Stargard Königsberg Angerburg Goldap Mohrungen Rastenburg Pr. Stargard Name des Sees. Kreis. Gollubier Gollubier Gollupker Gonschor Gonsker Gorra Gorreyer Gorzechowko Gostkowo Gostomker Gostuden Gottswalder Gowidlinoer Grabau Alt Grabauer Neu Grabauer Gr. Grammer Kl. Grammer Grasnitz Gray wen Gremenz Gribno Grieben Grieben Griesen Grimmak Grochower Grodzisko Gr. Gröbener Gronauer GronoAvo Gronsker Grossendorfer Grubno Grüner Grünheyder Teich Grünheycler Teich Grünthaler Gr. Gruttaer Grzybiec Grywinek Guber Gubin Oletzko Lyck Lyck Sensburg Oletzko Berent Stuhm Strasburg Karthaus Karthaus Schlochau Mohrungen Karthans Pr. Stargartl Berent Berent Orteisburg Orteisburg Osterode Lötzen Strasburg Pr. Stargard Osterode Neidenburg Oletzko Osterode Tuchel Oletzko Osterode Heilsberg Löbau Lötzen Heiisborg Kulm Konitz Insterburg Bereut Granden z Tuchel Strasburg Lötzen Graudenz 246 Unsere Gewässer. Name des Sees. Name des Sees. Kreis. Gudnicker Teich Gugowo Gr. Guhring Gulbemsckker Gulbick Gunno Gurkler Gurzno Gusenofeii Gusken Gustinsche Kl. Gusziu Gr. Gusziu Glitten Guttuo Guttowo Guttowo Guttstadter neue T. Guwöhner Gwiasda Gr. Haarzen Kl. Haarzeu Neu-Haarzen Haaszueu Hammer Hammer Hammer Harmelsdorfer Hartowitz Gr. Haus Kl. Haus Haus Heilige Linde Heiurichauer Heinrichsdorfer Gr. Helbing Hellguth Gr. Hensel Kl. Hensel Hering Hermannsdorffer Hinter Bastenburg Osterode Eosenberg Goldap Orteisburg Karthaus Sensburg Strasburg Osterode Lyck Karthaus Johannisburg Johannisburg Johannisburg Bereut Strasburg Löbau Heilsberg Friedland Tuchel Angerburg Angerburg Angerburg Oletzko • Sclrwetz Flatow Dt. Krone Dt. Krone Löbau Orteisburg Orteisburg Eosenberg Eastenburg Eosenberg Sclrwetz Flatow Osterode Sensburg Sensburg Orteisburg Graudenz Marienwerder Hirten" Teich Hirschberger Hochwälder Hochzehrener Hoflebener Hohe Hörn Hütten Hüttener Flacher Hundskopf Tiefer Hundskopf Gr. Jablau Alt-Jäglacker Jäskendorfer oder Stäbing Jagd Gr. Jagd Kl. Jagd Jagodner Jakobsdorfer Jakobsdorf Janower Januschauer Neu-Jasclünnitzer Schloss Neu-Jaschinnitzer Mülüenteich Jaschkower Jasno Jastrower Wald- Seen Kl. Jauer Neu-Jechslerker Jedwabienko Gr. Jegodschin Kl. Jegodschin Jekly Jellen Jellener Jenznik Jerschewski Pr. Eylau Allenstein Allenstein Marien werde r Thorn Golclap Mohrimgen Berent Flatow Dt. Krone Dt. Krone Pr. Stargard Eastenburg Molu-ungen Osterode Neidenburg Neidenburg Lötzen und Sensburg Konitz Sensburg Sensburg Eosenberg Schwetz Schwetz Johannisburg Neidenburg Dt. Krone Sensburg Tüsit Neidenburg Johannisburg Johannisburg Orteisburg Strasburg Marienwerder Sclüochau Sensburg Die Landseen. 247 Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. Jeszewo Schwetz Kanten Mohrungen Jeziorken Lötzen Kapellenhütter Karthaus JonglaukenerTeich Fischhausen Karczewo Tuchel Jachatz Flatow Karkel Memel Juchowka Oletzko Karpno Berent Jugendfelder Osterode Karlikauer Karthaus Gr. Junkerhüi'er Schwetz Karsclienker Pr. Stargard Juno Sensburg Karscliin Konitz Ihvwki Sensburg Karwen Neustadt Ilgen Osterode Neu-Kattenau- Ilgenthal Oletzko Teicli Stallupönen Imminger Bereut Katzaraino Johannisburg Inowko Strasburg Gr. Katz Neustadt Insterburger Müh- Katzen Sensbiu'g lenteicli Insterburg Neu-Katzkenn Fischhausen Ipatlauker Stallupönen Keligater Mohrungen Ittowker Osterode Alt-Keikutter Ortelsbmg Ixt Sensburg Kelbonker Sensburg Kellaren Allenstein Gr. Kaatz Dt. Krone Kelpin Tuchel Kl. Kaatz Dt. Krone Kelpiner Schlochau Kafker Eosenberg Keminin Dt. Ki'one Kahlholtz Heiligenbeil Gr. Kemna Alienstein Gr. Kalben Orteisburg Kl. Kenma Alienstein Kalborno Alienstein Gr. Kempnio Lyck Kalckower Goldap Kl. Kempnio Lyck Gr. Kaldunek Eosenberg Kensauer Tuchel Kl. Kaldunek Eosenberg Keppurrener Müli- Gr. Kalemba Pr. Stargard lenteich Insterburg Kaliscli Bereut Kepuneck Orteisburg Kaiisch Orteisburg Gr. Kernos Osterode Kaliska Pr. Stargard Kl. Kernos Osterode Gr. Kaliwischken Darkelimen Kerscher Heilsberg Kl. Kaliwischken Darkelnnen Kerschitter Pr. Holland Kally Johannisbiug' Kerstinower Seusburg Gr. Kanieel Dt. Krone Kessel Molmingen Kl. Kameel Dt. Krone Kl. Kessel Oletzko Kamerau Berent Kessel Johannisbiug Kamina Bereut Kiautener Goldap Kamionken Lötzen Kiedrauer Schlochau Kamionka Sensburg Kielpin Löbau Kamionna Pr. Stargard Kielski Schlochau Kamionkener Thorn Kienteich Heiligenbeü 24* Unsere Gewässer. Name des Sees. Kinkeimer Friedland Kint Molmmgen Kirmass Allenstein Kirrellischker Heydekrug Kirsaiter Angerbnrg Kirschiener Teich Braunsberg Kirschner Teich Fischhausen Kisain Lötzenscher Lötzen Kissain oder Labab Angerburg Kiszimier Memel Kittnauer Graudenz Klanin Pr. Stargard Klaussitter Braunsberg Gr. Kleiberger Allenstein Kleina Karthaus Klentzau Karthaus Kleszower Darkelnnen Klimmek Neidenburg Klimut Osterode Gr. Klingberger Heiligenbeil Klodiio Karthaus Klonowo Strasburg Kloster Karthaus Klostock Mohrungen Kniewo Karthaus Kochanka Pr. Stargard Kochano Flatow Koczek Sensburg Kölln Neustadt Kölpiner Flatow Kölpin Karthaus König Dt. Krone Königsberger Stadtkreis Kc Schlossteioli berg Königsberger Ober- Stadtkreis Kc Teich berg Königsbrucher Waldsee Tuchel 6 Königs wieser Waldseen Pr. Stargard 11 Königswieser Waldseen Bereut Köpenick Dt. Krone Name des Sees. Kreis. Körtnitzer Kolze Koniini Koniczno Konietznie Konitzer Stadtsee Konopko Konradswald« sr Konzug Kork Kornatower Kort Kor weck Kosellen Gr. Koschiauer Kosno Kossabudno Knssel Kossewer Kosuchen Gr. Kotteck Kl. Kotteck Kottel Kowarren Kownatken Kozum Kraasen Kracks Krackstein Ki-akerorther Lank Ivi'akowie Kiamsker Kranger Kraphauser Teich Kraplauer Krausen Kraut Gr. Krawno Kl. Krawno Gr. Krebser Ki'obenest Kröxener Krojantke Dt. Ki'one Tuchel Strasburg Flatow Neidenburg Konitz Neidenburg Stuhni Schlochau Eössel Kulm Allenstein Osterode Pr. Stargard Neidenburg Neidenburg Konitz Johannisburg Sensburg Johannisburg Lötzen Sensburg Bereut Darkelnnen Neidenburg Flatow Schlochau Rössel Lyck Heydekrug Schwetz Scldochau Bereut Pr. Eylau Osterode Rössel Marienwerder . Orteisburg Orteisburg Marienwerder Marienwerdor Marienwerder Tuchel Die Landseen. 249 Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. Krojantener Konitz Kutz Sensburg Krug Kart ha us Kutzer Lyck Kruschin Graudenz Kutzboru Alienstein Kruszin Konitz Kuxener Stuhm Krummer oder Krzywianker Lyck Labens Alienstein Krzywener Oletzko Labenz Kosenberg Krzywer Lyck Gr. Labuhnen Neidenburg Kl. Kramsker Dt. Krone Kl. Labuhnen Neidenburg Langer Kramsker Dt. Krone Lampasch Sensburg Krassno Tuchel Lampatzki Sensburg Krebssee bei 2 Landsberger T. Pr. Eylau Schlippe Dt. Krone Lang Allenstein Krebsberger Bereut Lange Teich Mohrungen Kreutzofen Johannisburg Lange Eagnit Dt. Kroner Schloss Dt. Krone Langeu dorfer Sensburg Dt. Kroner Stadt Langguther Osterode oder Gr. Badun Dt. Krone Langheimer Teich Eastenburg Kruglinner Angerburg und Lankener Klatow Lötzen Lankener Schlochau Krummendorfer Sensburg Lansker Allenstein Gr. Krummer Dt. Krone Lappalitzer Karthaus Kl. Krummer Dt. Krone Lappiner Karthaus Krummstädter Tuchel Laptauer Teich Fischhausen Krumpohl Dt. Krone Laska Scldochau Grr. Krzywek Neidenburg Laskowitzer Schwetz Kl. Krzywek Neidenburg Laszewo Strasburg Kuclmia Graudenz Lauben Osterode Kuckowker Oletzko Lausei Friedland Kühnorter Angerburg Lauszennigker T. Tilsit Kuhlunek Stuhm Lautenburger Strasburg Kiül Oletzko Gr. Lautern Eössel Kullminner Teich Eagnit Lauthscher Kullmsee'er Thorn Müldenteich Königsberg Kumilsko Johannisburg Lawker Lötzen Kimrmeln Stallupönen Gr. Lawne Schlochau Kurnehner Goldap Laxdoyer Teich Eastenburg Kurzontker Johannisburg Laysser Neidenburg Kiuwig Orteisburg Legiehner oder Krunune Kutte Angerburg Spreh Eössel Schwarze Kutte Angerburg Leldesker Orteisburg Tiefe Kutte Angerburg Leibgartin-Teich Stallupönen Weisse Kutte Angerburg Leimangel Heilsberg 250 Unsere Gewässer. Name des Sees. Name des Sees. Kreis. Leister Rosenberg Gr. Leistenauer Graudenz Kl. Leistenauer Graudenz Lemming Angerburg Lengainer Allenstein Lengower Oletzko Kl. Lenkucker Lützen Gr. Lenkuk Aiigerburg Kl. Lenz od. Lenks Orteisburg Gr. Lenks Orteisburg Lentzruher Marienwerder Gr. Lepacken Lyck Kl. Lepacken Lyck Gr. Lapziner Schlochau Lesclmo Alienstein Lesno Konitz Lessener Schloss Graudenz Kl. Lessener Graudenz Gr. Leszno Strasburg Kl. Leszno Strasburg Lettau Mohrungen Kleine Leynauer Orteisburg Leynauer Allenstein Leunenburger Oberteich Rastenburg Lichteiner Osterode Lichtenfelder Karthaus Lichtnauer Konitz Liebenberger Orteisburg Liebkowo Berent Liebschauer Pr. Stargard Liegent Oletzko Liepnitz Schlochau Limbsee'er Rosenberg Lindenberger Berent Lingnauer oder Sawanger Heilsberg Lmiewo'er Berent Linkischken Golclap Linmoko Osterode Linnawer Goldap Linnow Dt. Krone Lino Sclüochau Lino weg Linowko Lipiensker Lipno Lippau Lippinker Schloss Lange See bei Lissniewo Lissuhner Litigaino Lnianno Lobe Lobitzer Gr. Lodzin Kl. Lodzin Lockhäuser oder Elsauer Lockner Lüwenhagener T. Löwentin Lonker Lonkener Gr. Lonker Kl. Lonker Lonki Lonki Lonkorrek Lonsker Lossiner Loyer Lubainer Lubbis Teich Lubbowisko Lubichow Lubicki Lubierszin Lubieschewo Luböner Teich Lubon Lubotziner gute Lubsee'er Luczniiner Pr. Stargard Allenstein Lyck Seh wetz Neidenburg Kulm Karthaus Sensburg Oletzko Schwetz Osterode Dt. Krone Schlochau Schlochau Rössel Berent Königsberg Lötzen Schwetz Bereut Rosenberg Rosenberg Strasburg Karthaus Löbau Konitz Berent Goldap Osterode Ragnit Karthaus Pr. Stargard Pr. Stargard Tuchel Berent und Karthaus Ragnit Sclüochau Neustadt Schwetz Tuchel Die Landseen. 251 Name des Sees. Name des Sees, Kreis. Lübtow Luknainer Kl. Lutauer Luttkeiier Malga Mahrung Gr. Maitz Kl. Maitz Male Malschöwer Malschöwer Manchen gut Mangeliiiühlener Mankauer Maransen Marien Maiienfelder Marienhöfer Marienthaler Teich Marinowo Markliausener Martenshoch Alter Marthe Marxöwer Masuchowker Mauer Kl. Mauer Gr. Mausch Kl. Mausch Mechowo Schmaler Melügast Melno Melza Mellentiu Mendar Mendar Mendrieuer Müh- lenteicli 2 Mensguther Mentno Mergel Mertenheim Dt. Krone Sensburg Flatow Osterode Neidenburg Osterode Sensburg Sensburg Schlochau Orteisburg Neidenburg Osterode Tucliel Sclilocb.au Osterode Kartbaus Sclrwetz Sensburg Grumbinnen Stallupönen Pr. Eylau Osterode Dt. Krone Ortelsbui'g Lötzen Angerburg Angerbui-g Karthaus Karthaus Berent Dt. Krone Graudenz Flatow Dt, Krone Sensburg Eastenburg Allenstein Orteisburg Konitz Osterode Lötzen Mertinsdorfer Mgowo Mialkucz Mialo bei Hutta Gr. Miedzno Kl. Miedzno Miehste Mieliwoer Mielnicza Melno Miemino Gr. Mierunsker Kl. Mierunsker Mikutheler Teich Milachowa Milden Milken Mingfer Miniko^'O Mirchau Mispel Mleczowka Mlinsk Mlusino Mlusino Mochel Morien Mogaiten ■iMohrungerTeiche Mokainer Molainen Monczen Montassek Montkener Moos Morczek Mosgauer Mossehner Mossong Motling Gr. Mottlau Moy Moythiener Sensburg Kulm Thorn Tuchel Schwetz Schwetz Bereut Löbau Berent Berent Karthaus Oletzko Oletzko Stallupönen Konitz Mohrungen Lötzen Orteisburg Tuchel Kartliaus Osterode Lyck Kulm Konitz Berent Flatow Osterode Fischhausen Mohrungen Allenstein Mohrungen Lyck Schwetz Stulim Berent Osterode Bosenberg Fischhausen Allenstein Molmmgen Mohrungen Rastenburg Sensburg 252 Unsere Gewässer. Name des Sees. Kreis. Nanie des Sees. Kreis. Mszin Löbau Nichorczer Flatow Mucker Sensburg Nidaino Sensburg Mühlen Osterode Niececza Lyck Lange Mühlen Schlochau Niebnick Osterode Münsterberger T. Heilsberg Niedatz Pr. Stargard Müskendorfer Sclüochau und Nieder Johannisburg Konitz Nieder Goldap Mukrz Schwetz Niederzehrener Mulik Lötzen Si -bloss Marienwerder Minitower Sensburg Gr. Nierosener Dt, Krone Mutter Rosenberg Kl. Nierosener Dt. Krone Nierostawer Sclüochau Niesolawitz Karthaus Nareyther Ortelsburg Niewiesczym Schwetz Narien Mohrungen Niski Osterode Narky Johannisburg Nogath Graudenz Narth oder Nordenburger Gerdauen Sehwentaim Neidenburg Noruszuppen Teich Stallupönen Nassawef Stallupönen Nosice oder Pias- Natatsch Ortelsburg sutter Ortelsburg Nattern Alienstein Notisten Lötzen Nautsch Rössel Kl. Nuhr Wehlau Neidenburger Neidenburg Nemonje-Teich Ragnit Nestonkeluner Gumbinnen Obitzkauer Strasburg Gr. Neudorffer Strasbivrg Obs Osterode Neuendorfer Gr. Occipel Pr. Stargard Mühlenteieh Königsberg Kl. Occipel Pr. Stargard Neuhauseiier Teich Königsberg Gr. Oczko Bereut Neugolz Dt. Krone Ogonni Bereut Neuguter Bereut Ogonker Karthaus Neukauer Danziger Land- Ogonker Angerburg kreis Ohmen Osterode Neukener Teich Pr. Eylau Okarpieo Schwetz Neukireher Elbinger Land- Okierske Tuchel kreis Okonin Thorn Neumarker Stuhm Gr. Okonnin Tuchel Neumarker Obert. Pr. Holland Kl. Okonnin Tuchel Neuin ülil er T. bei Pohl. Okonin Tuchel Alienburg Weldau Okoniner Berent Neumülüer Pr. Stargard Okrongel Osterode Neiunülil Osterode Okrongeln Lötzen Neustädter Wald Neustadt Okronglo Lötzen Die Landseen. 25.°, Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. OkuU Alienstein Kl. Ottern Rössel Gr. ( Hetzkoer Oletzko Ottlauer Marien werder Kl. Oletzkoer Oletzko Ottominer Danziger Land- Oleczno Strasburg kreis Ollof Lötzen Otzke Ailenstein Olschöwer Oletzko l llschowkener Marienwerder Pablindzer Goldap ( )mulef Neuenbürg Pagutker Bereut 1 »pukel Ortelsburg Pakrebsch-Teich Ragnit Oratzen Lyck Alt Paleschker Berent < )r kusch Rosenberg Palmteich a. Creuz- Gr. Orlef Neidenburg burger Sta dtwalde Pr. Eylau Kl. Orlef Neidenburg Palpasch Pr. Eylau * »rlener Lötzen Pammer Lötzen Orlowa Johannisburg Panzer Neidenburg Kl. Qrther Sensburg Papower Kulm < hv.ochowker Oletzko Paprotna Sensburg < techerthaler Wald Schwetz Parkuhn Mohrungen ( »sieczek Strasburg Parszesnitzaer Schlochau ( »sna Tuchel Parszin Konitz Osranker Johannisburg Gr. Partenschyn Löbau Ossa Mohrungen Parwolker Osterode Ossettnoer Löbau Pasternscher Rastenburg u. Gr. Ossowa Schlochau Sensburg Oste rweinen Osterodo Patlien Pr. Stargard Osterwiker Konitz PatuUi Karthaus Osterwitter Graudenz Paudling Rössel Ostrau Neustadt Pausen Osterode Ostritz Karthaus Pawlick Osterode Ostronka Berent Pehskener Marienwerder Ostrow Oletzko Peister Teicli Pr. Eylau Ostrow Flatow Pelpliner Pr. Stargard < »strower Goldap Pempersiner Flatow Ostrowitte Pr. Stargard Per sing Osterode Ostrowitter Löbau Pesselner Darkehmen Ostrowitter Flatow Peterlauken Teich Stallupönen < )strowitter Sclüochau Petersdorfer Löbau Ostrowitter Konitz Petziner Flatow Ostrowitter Strasburg Petznick Dt. Krone Ostrowitter Karthaus Pfaffen Dt. Krone Osuszyno Berent Pfeiling Mohrungen Osznszino Karthaus Piaceczna Schwetz Gr. Ottern Rössel Pianker Johannisburg 254 Unsere Gewässer. Name des Sees. Piaseczno Pieclio witzer Pierwoy Pieskeimer Teicli Piestkeim Pietrasclien Pilla Gr. Pillacker Kl. Pillacker Pillacker Pillwung Pilzent Pinnau Pinnow Piontkener Pirtzug Piskarker Piskorzewer Pissa Placzewo Plasen Platteiner Plattenrocler Teicli Gr. Plautziger Kl. Plautziger Plawiscliker Plensno Obere Plietznitzer Mittl. Plietznitzer Untere Plietznitzer Gr. Plinsk Kl. Plinsk Plochotschiner Gr. Ploczie Kl. Ploczie Ploczitz Ploczitzno Ploczisno Ploczitzner Plötz Plötzen Plötzin bei "Wolfs- bruch Graudenz Berent Sensburg Pr. Eylau Allenstein Lötzen Konitz Angerburg Angerburg Sensburg Oletzko Fiscldiausen Molirungen Dt. Krone Darkebmen Sensbiu-g Schwetz Johannisburg Alienstein Pr. Stargard Konitz Osterode Neustadt Allenstein Osterode Goldap Konitz Dt. Krone Dt. Krone Dt. Krone Marienwerder Marienwerder Schwetz Berent Berent Berent Neidenburg Sensburg Lyck Dt. Krone Angerburg Schlocbau Plowenzer Plusnitz Pluszno Podanger Teich Podjässer Pörschken 2 Pörscliker Pötschendorfer Pogegner Teich Gr. Pogobier Kl. Pogobier Gr. Pojerstieter Karpfenteicli Poledno Pollnitzer Poplusz Posinger Posorter Possesser Potkaretz Potkehmener Potrinnek Powalczin Powrich Prechlau Prell witzer Preisnicker Teich Priam Pristanien Probclien Proberg Probster Prondzonna Prosolassek Prszibroda Pruscliinower Przebernat Przepiorker Przeskoda Przyarczer Przykopker Przyllonek Przytuller Kreis. Graudenz Kulm Schwetz Pr. Holland Karthaus Osterode Heiligenbeil Kastenburg Tilsit Johannisburg Johannisburg Fischhausen Schwetz Schlochau Osterode Memel Mohrungen Angerbm'g Sensbm-g Darkehmen Ortelsbiug Orteisburg Molnrungen Schlochau Dt. Krone Gerdauen Neidenburg Angerburg Rössel Sensburg Flatow Schlochau Johannisburg Berent Sensburg Marienwerder Lyck Strasburg Konitz Lyck Tuchel Oletzko Die Landseen. 255 Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. Przywloezno Berent Redigk Allenstein Prylasek Johannisburg Gr. Reetz Dt. Krone Pülzer Rastenburg Regitter Königsberg Gr. Pülm Gerdauen Regier Lyck Pulvermühler Regulowker Angerbiu-g Mülüenteich Scldochau Rekower Neidenburg Gr. Pupkeimer Allenstein Rehdener Schloss Graudenz Purden Allenstein Rehsauer Angerburg Pustnick Sensburg Reichnauer Scldochau Reimsdorfer Rastenburg Qua schin Neustadt Rentiener oder Queden Rastenburg Gilbing Allenstein Gr. Quesen Schlochau Rentker Graudenz Quittainer Wald Pr. Holland Resmin Tuchel Quoosseii Friedland Reuschendorfer Sensburg Rheinfelder Karthaus Raan Schwetz Rheinischer Lötzen Raben Dt. Krone Rheinswein Orteisburg Packer Rosenberg Rhog Lötzen Gr. Rad Schwetz Ribbener Sensburg Kl. Rad Schwetz Ribno Löbau Radaunen Karthaus u. Gr. Ribno Schwetz Pr. Stargard Kl. Ribno Schwetz Radmannsdorfer Kulm Riesenburger Radomno Löbau Schlosssee Rosenberg Kl. Radowisker Strasburg Ring Rössel Radiinner Berent Robakowoer Kuhn Ragniter Mühle nt. Ragnit Robitter S. Heüigenbeil Raketten Dt. Krone Robottno Löbau Rakauer Waldsee Elbing Gr. Rodram Dt. Krone Rakauer Landseen Elbing Kl. Rodrain Dt. Krone Rakowitzer Marienwerder Gr. Röske Schlochau Rakowker Goldap Kl. Röske Schlochau Kl. Rainsauer Allenstein Rösko Karthaus Rapatten Osterode Rösseler Mühlent. Rössel Raschung Rössel Röthlof Mohrungen Rastenburger Rotzer Tuchel Oberteich Rastenburg Gr. Rogallen Lyck Raudnitzer Wald Rosenberg Kl. Rogallen Lyck Rauschener Müh- Rohr-Teich Fischhausen lenteich Fischhausen Romanower Lyck Rauschken Orteisburg Rominter Goldap Reckowo Karthaus Rominter Angerburg 256 Unsere Gewässer. Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. 3 Komotter Lyck Gr. Samordey Johannisbnrg Rosch od. Warschau Johannisburg Kl. Samordey Johannisburg Rosenbecker Heilsberg Samplatter Orteisburg Rossen Gerdauen Samrodt Mohrungen Rostker Lyck Sand Berent Gr. Rostung Mohrungen Sand Schwetz Kl. Rostung Mohrungen Sanien Lyck Rother Rosenberg Sanowo Lyck Rudauer Mühlent. Fischhausen Sarg- Sensburg Rudener Lötzen Sarong Allenstein und Rudnitza Tuchel Osterode Gr. Rudnik Graudenz Sasper Danziger Stadt- Rudino Schwetz kreis Ruchvanger Sensburg Sassener Mohrungen Rüben Schlochau Sauerbaumer Rössel Rumethen Oletzko Sawadder Sensburg Rumian Löbau und Sawadder Neidenburg Neidenburg Kl. Sawadden Oletzko Ruminneck, Theil Sawitsch Orteisburg d. Rheinschen S. Lötzen Sayder Oletzko Rusk Mohrungen Scarr-Teich Fisehhausen Russeck Pr. Stargard Schadrauer Berent Kl. Ruttker Orteisburg Schakauer Karthaus Rysontze Oletzko Gr. Schaimo Johannisburg Rzesniker Johannisbnrg Schakenhöfer T. Gerdauen Rzuno Berent Schanzen Strasburg Scharnow Pr. Stargard Saalauer Teich Insterburg Scharschau oder Sablonowo Thorn Karrasch Rosenberg Sabonscher Berent Gr. Schartowitz Berent Gr. Sagarn i Berent Kl. Schartowitz Berent Sagemühl Dt. Krone Schaustern Allenstein Saiten Lötzen Schechau Pr. Stargard Sakrzewo Berent Scherting Mohrungen Salent Sensburg Schillelmer Teich Ragnit Säle scher Schwetz Schilleningker Saleschno Orteisburg Waldsee Niederung Saline Graudenz Schilling Osterode Gr. Salm Dt. Krone Schillings Allenstein Salohnen Schlochau Schimon Sensburg Salzig Sensburg Schinowa oder Salzig Lötzen Danziger Schwetz Samin Strasburg Schii'otzker Schwetz Die Landseen. 257 Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. Gr. Schiwe Konitz Kl. Schwalg Goldap Sclüaga Pr. Stargard Schwalgendorfer Mehrungen Schleppener Teich Tilsit Schwanen Dt. Krone Schliewer Pr. Stargard Schwarzer Neide nburg Schütter Heüsberg Schwarze südl. v. 3 Schlobitter Pr. Holland Plichtin Osterode Schlochauer Amts Scldochau Gr. Schwarze bei Schlocliauer Locken Osterode grosser Amts Schlochau KL Schwarze bei Schlocliauer Locken Osterode kleiner Amts Schlochau Schwarze oder Schlopper grosser Bluide Mohrungen Teich Dt. Krone Schwarze i. d. Sob- Schmiede Dt. Krone bowitzer Forst Berent Schmilowoer Flatow Schwarze bei Gr. Schmollen Dt. Krone Krebsberg Berent Kl. Schmollen Dt. Krone Schwarze Karthaus Schmording Osterode Schwarzwald Pr. Stargard Gr. Schoben Orteisburg Schwarzkopf Konitz Schoben Osterode Schweikower Johannisburg Schodno Berent Schwekatowoer Schwetz Schönauer Schlochau Schwengel* Heilsberg Schönbrücker Graudenz Schwenken dorfer Mohrungen Schöndamerauer T. Braunsberg Schwentainer Oletzko Gr. Schönforster Rosenberg Schwentainer Alienstein Schönheider Berent Schwentainen Osterode Schönlinder Schwenty Orteisburg Mülüenteich Heiligenbeil Schwente Flatow Schönsee'er Thorn Schwenteener Schwetz Gr. Schön walder Graudenz Schwentener Graudenz Schönwerder Schlochau Schwirgstein Osterode Schorchinehler T. Stallupönen Schwuben Heilsberg Scliranowo Strasburg Sczupliener Neidenburg Schrednow Neidenburg Sczepanker Orteisburg Schreitlaukener Sdeder Lyck Mülüenteich Tilsit Sdrenzno Neidenburg Schrödersfelder Karthaus Sdrenzna Lyck Schucker Goldap Sdrusno Sensburg Schulz Dt. Krone Seeben Neidenburg Schulzen Bastenburg Seedranker Oletzko Schulze Dt. Krone Seedanziger Orteisburg Schupower Darkehmen Seegenfelder Dt, Krone Gr. Schwalg Oletzko Seehauser Graudenz 17 258 Unsere Gewässer. Name des Sees. Name des Sees. Kreis. Seehestener Wald- Seeleseu Seeresener Sehlener Selbonger Selitoris-Teicli Gr. Sellment Sembruch Gr. Semliner Sensburger Stadt- Seen Sensuttener Serge Servent Serwüler Hintere Seubers- dorfer Vordere Seubers- dorfer Sexter Sianowo Sicbts Sickenhöfen Silotnik Gr. Sillm Simionneck Sirnser Sittno Sieder Siercze Siewker Skanda Skarlin Gr. Skars Kl. Skars Skatnickteich Skomatzko Skomentner Skompe Skornper Skorczewo Skottau Skmjen Sensburg Osterode Karthaus Tuchel Sensburg Ragnit Lyck Neidenburg Pr. Stargard Sensburg Osterode Osterode Alienstein Rastenburg Mohrungen Molirungen Johannisburg Karthaus Schlochau Fischhausen Osterode Rosenberg Pr. Stargard Heilsberg Kulm Lyck Rastenburg Angerburg Allenstein Löbau Angerburg Angerburg Rastenburg Lötzen Lyck Konitz Graudenz Schlochau Neidenburg Graudenz Slupek Gr. Slupino Kl. Slupino Slusa Smarli Smarszewoer Smirdower Smolsiner Sobbowitzer Soczien Solonner Soltmahner Sommerkauer Sommersin Gr. Somminer Kl. Somminer Sominko Gr. Sonntagscher Kl. Sonntagscher Sopien Sophienhöfer S. Gr. Sopliienwalder Kl. Sophien walder Sorgen Sossno Sossnoer Soszno Soweyder Sowo Spangen Spiegels Spirding Spital Spitzing Splitterscher Müh- lenteich Spengawsker Waldseen Sprinz Srednia Staatshauser Stabunker Stantauer Mtthlent. Orteisburg Berent Bereut Schlochau Konitz Marienwerder Flatow Karthaus Danziger Landla1. Lyck Berent Angerburg Karthaus Tuchel Konitz Berent Berent Sensburg Sensburg Strasburg Pr. Eylau Rosenberg Rosenberg Rosenberg Strasburg Löbau Strasburg Rössel Lötzen Rössel Rastenburg Johannisburg Tuchel Angerburg Tüsit Pr. Stargard Schlochau Sensburg Goldap Heilsberg Königsberg Die Landseen. 259 Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. Starsiaer Teich Neustadt Gr. Studzno Tuchel StarscMska Pr. Stargard Hoch Stüblauer Pr. Stargard Stasiczno Kartliaus Stuhmer oder Statzer Lyck Hintersee Stuhm Staw Osterode Gr. Suchauer Schwetz Staw Strasburg Kl. Suchauer Schwetz Steckliner Pr. Stargardt Suchoni Schwetz 2 Gr. Steegener Pr. Eylau Suckau Sehlochau Kl. Steegener Suckel Allenstein Oberteicli Pr. Eylau Sudomie Berent Steegers Mülüent. Sehlochau Suleyker Oletzko Kl. Steeking Molmingen Sullenczyn Kartliaus Steinberger Allenstein Summiner Pr. Stargard KL Steiiiorter Angerburg Summiner Karthaus Gr. Steinorter Angerburg Swante Kartliaus Stelclmo Schwetz Swenti Karthaus Stelliiier Elbinger Land- Swijanie Memel kreis Gr. Sylven Orteisburg Gr. Stengwitzer Eosenberg Kl. Sysdroy Orteisburg Kl. Stengwitzer Eosenberg Gr. Sysdroy Sensburg Stenkendorfer Eosenberg Sytow Dt. Krone Stern Sclilocliau Ober Szabiener Darkehmen Stobben Angerburg Unter Szabiener Darkehraen Stobbenteich Fischhausen Szcziczonck Orteisburg Stobnoer Tuchel Szeltkehmer Goldap Stolzenberger Heiligenbeil Szielasker Goldap Stone Pr. Stargard Szinkuhner Stallupönen Stoszner Oletzko SzmoUen Lötzen Strassenteich Fischliausen Szodeiker Memel Strasten Pr. Eylau Szolnowo Berent Straszyn Strasburg Gr. Szonstag Lyck Gr. Strengeier Angerburg Kl. Szonstag Lyck Kl. Strengeier Angerburg Szczuka Strasburg Streitz Eastenburg Striewer Eössel Taber Osterode Stromek Sensburg Tafter Braunsberg Stropne Kartliaus Talskeimer Friedland Struga Pr. Stargard Talker Lötzen Struzson Kulm Talter Sensburg Strzelniker Johannisburg Taltowisko Lötzen und Strzemin Strasburg Sensburg Stotzker Johannisburg Taluppen Sensburg Studa Löbau Tannenberger Angerburg 17* 260 Unsere Gewässer. Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. Tapiauer Mühlent. "Welilau Trzono Karthaus Tartarren Darkehrnen Trundel Mohrungen Gr. Tauchel Rastenburg Truszczyn Löbau Tauring Mohrungen Trutenauer Königsberg Tautschiller Darkehrnen Tuchliner grosser Tayta Lötzen See Karthaus Teissow Sensburg Tuclüinner Johannisburg Teistimmer Rössel Tucholka Tuchel Tengowicz Strasburg Tuchomer Karthaus Teufelsheider Dt. Krone Tützer Stadt Dt. Krone Theerofener Rosenberg Tützer Sclüoss Dt. Krone Schloss Thieren- Turser Pr. Stargard berger Fischhausen Tursehonker Bereut Thomsdorfer oder Wulping Alienstein Ublicker Lötzen Thymau Osterode Uderwanger Pr. Eylau Thymauer Marienwerder Udschitz Schwetz Tiefen Heiligenbeil Umlong Allenstein Tiefensee'er Stuhin Gr. Upalten Lötzen Tietz Sclilockau Kl. Upalten Lötzen Tülendorfer Stulrni Uplick Sensburg Tülitzer Löbau Uro wie cz Mohrungen Tillwalder Rosenberg Usdauer Neidenburg Tilsiter Mühlent. Tilsit Ustrich Allenstein Tirkler Johannisburg Uszblenker Darkehrnen Tollack Alienstein Tollenziner Karthaus Gr. Vandsburger Platow Trampe oder Rosenberg u. Verschmint Sensburg Schwarzenauer Löbau YieUe Bereut Trautenwalder Pr. Holland Yoigthöfer kleine Rössel Trautziger Allenstein Trebecke Dt. Krone Wadang Allenstein Trepkier Strasburg Wallisko Angerburg Tritt Angerburg u. Waidenthal Rastenburg Lötzen Gr. Waldpusch Orteisburg Tromnitz Rosenberg Kl. Waldpusch Orteisburg Trzanna Neidenburg Waltersdorfer Molirungen Trzebno Karthaus Walsch Braunsberg Trzebielsk Schlochau Waplitz Osterode Gr. Trzebnitz Schwetz Gr. Waplitzer Stuhui Trzebomierz Konitz Wappendorf Orteisburg Trzebuhn Bereut Warchaller Neidenburg Trzemetzno Konitz Wardung Allenstein Die Landseen. 261 Name des Sees. Kreis. Name des Sees. Kreis. Wargenscher "Widlung Mehrungen Kirchenteich Fischhausen Widno Konitz Warmiak Angerburg Widny Oletzko Warkaller Teich Allenstein Widrinner Sensburg Warmie scherTeich Niederung Widminner Lötzen Warneinen Osterode Wiechol Berent AVarnold Johannisbui'g Wiecker Pr. Stargard Warschauer Teich Neustadt Wieczno Kulm Warschkeiter Pr. Eylau Wiegandisteich Fischhausen Warszin Konitz Wieller Konitz Wartino Karthaus "Wieps Allenstein Gr. AVatzmirs Pr. Stargard Wiersbau Sensburg Kl. Watzmirs Pr. Stargard Wie r seh Schwetz Wdidzen Bereut und AYierschisker Berent Konitz AYigoniner Berent AYecklitzer AVigrinnen Sensburg Mühle nteich Braunsberg Wilada Eastenburg "Weeskenitter Pr. Holland AVilhelrnshöfer Dt. Krone Weger Teich Pr. Eylau AVilkau Fischhausen "Weiher Osterode Wilkomeden Heydekrug Weinow Lötzen AVilkuss Angerburg "Weisser See bei AVillamower Ortelsburg Sittna gora Karthaus Willuhner Pillkallen Weisser See bei AVi 11 küssen Lötzen Stuhmersfeld Stuhm AYillkasser Goldap "Weisser See bei Wülczak Graudenz Houigfelde Stuhni Wilpischer oder "Weisse Sensburg Strius Gumbinnen AVeissenburger Löbau Grosse AYilscke- "Weissensteiner T. Königsberg blott Pr. Stargard Weissohner Johannisburg Winkel Mokrungen Wengoyer Eössel Winkeldorfer Bastenburg Wenig Osterode Wirowo Berent Wengorcziii Karthaus AVisegger Ortelsburg AYengorsziner Schlochau Wissoki Osterode Wensöwker Lötzen AVitoczno Konitz "Wersk Flatow Wispauer Neustadt AVerteinlauken Stallupönen Kl. Wittfelde Schlochau Wessolower Oletzko Wittstock Neustadt Wessolower Lötzen Wittstocker Tuchel Wetzke Berent Wletsch Strasburg Wiartü Johannisbui'g AYlotsehnitzer Marien werder "Wichorze Kulm Wodzuo Karthaus 262 Unsere Gewässer. Name des Sees. Name des Sees. Kreis. Woisk Wolittnicker Wolka Gr. Wolz AVonsiner Wonzow "Woppen Worbien Gr. Wordel Woriener "Woriener Mühlent. Woriener "Wosczeller Woysak Wronker Gr. Wronker Wuclisnig Wuknik Wulffen Wunneschin Wurchau Wusen Wussow Wysztiter Zabianker Zabinker Zadower Zagnania Zain Zajonskowo Zajonczkowo Zakzewker Zakrzewo Zalesie Zaliner Zamit Zamuth Sclilochau Heiligenbeil Neidenburg Graudenz Strasburg Flatow Allenstein Strasburg Dt. Krone Pr. Eylau Pr. Eylau Königsberg Lyck Lötzen Oletzko Goldap Mohrungen Dt. Krone Berent Neustadt Sclilochau Königsberg Neustadt Goldap Pr. Stargard Angerburg Dt. Krone Berent Rössel Löbau Berent Flatow Flatow Tuchel Strasburg Dt. Krone Dt. Krone Zappeln Gr. Zappeln Zaremba Zaribinek Zarnowitza Zaun Zbiczno Zdroino Zdunowitzer Zdunyer Gr. Zelimen Kl. Zehmen Zelnnker Zellgosch Zemmin Zempelburger Zibora Ziegeler Zielonker Gr. Zielonna Kl. Zielonna Ziegenberger Gr. Zietliener Kl. Zietliener Zillkotener Gr. Zinn Zittno Zollnick Zopf Gr. Zoppen Gr. Zutappie Kl. Zutappie Zukowkener Gr. Zuetzer Zuweiser Zwiniarz Zwosno Lyck Scliwetz Tuchel Löbau Neustadt Heilsberg Strasburg Pr. Stargard Karthaus Pr. Stargard Osterode Osterode Pr. Stargard Pr. Stargard Sclilochau Flatow Osterode Dt. Krone Orteisburg Sclilochau Scldochau Goldap Sclilochau Sclilochau Memel Sclilochau Karthaus Rosenberg Mohrungen Wehlau Sensburg Sensburg Karthaus Dt. Krone Rosenberg Löbau Strasburg Von den physikalischen Verhältnissen der meisten Landseen haben wir bisher nur ganz ungenügende Kunde, namentlich pflegen die Tiefen von den Fischern bedeutend zu gross angegeben zu werden, und sind wir Die Landseen. 263 auch über die Bodenbeschaffenheit, den Pflanzenwuchs und den Fischbe- stand der meisten Gewässer nicht gehörig orientirt. In Folgendem geben wir einige uns von Herrn Fischmeister Bött- cher in Dt. Eylau zugesandte Notizen, welche als Muster einer für Fischereizwecke bestimmten Beschreibung der Seen dienen mögen: Der Lonkorek-, Gr. Partenczyn-, Dembno-, Robottno-, Straszyn- und Bachutteck-See hängen mit einander durch kleine Wasserläufe zusammen, erstrecken sich in der Richtung von NW. nach SO. und ergiessen ihr Wasser nahe bei Strassburg in Westpr. in die Drewenz. 1. Der Lonkoreksee hat eine Grösse von 76 ha, eine Tiefe bis zu 36 m. Er liegt im freien Felde und stösst nur mit einer Seite an die Kgl. Forst, auch an den übrigen Ufern stehen Bäume und Sträucher. Am Rande ist er ringsum mit Schilf und Rohr bewachsen, der Grund ist hart und erhebt sich an zwei Stellen zu grösseren Bergen (Bänken). An Fischen enthält er die kleine Maräne, Bressen, Schleihen, Karauschen, Barsche, Hechte, Aale und viel kleine Weissfische, die darin gut gedeihen. Durch einen kleinen Flusslauf hängt er zusammen mit dem 2. Gr. Partenczyner See, der eine Grösse von 350,558 ha, eine Tiefe bis zu 27 m besitzt. Er Hegt vollständig im Walde, ist fast ringsum mit Schilf und Rohr bewachsen und hat weichen Grund, auf welchen jedoch viel alte Bäume liegen, so dass ausgedehnte Flächen nicht mit dem grossen Garne befischt werden können. Die Fische gedeihen sehr gut darin, namentlich Zander (bis zu 15 w), Bressen (von 11 — 13 &"), Schleihen, Karauschen, Hechte, Barsche, Aale and Weissfische, nament- lich sehr viel Uckelei. Kleine Maränen finden sich nur in geringer Menge. Sein Wasser läuft durch einen kleinen Fluss nach dem 3. Dembnosee. Derselbe ist 62 ha gross und bis 13 m tief. Er liegt ganz im Walde und ist ringsum mit Rohr und Schilf bestanden. Der Grund ist weich. Er enthält Zander, Bressen, Schleihe, Karauschen, Hechte, Barsche, Aale und viel Weissfische. Durch ein Fliess hängt er zusammen mit dem 4. Robottnosee, der eine Grösse von 48 ha, bis zu 16 m Tiefe und weichen Grund hat, ringsum mit Schilf und Rohr bewachsen ist und dieselben Fische enthält wie der vorige. An dem kurzen Flusslauf, welches das Wasser der vorstehenden 4 Seen nach dem Straszynsee abführt, ist eine fiscalische Mahl- und Schneidemühle Gremenz befindlich. Dieselbe ist im Besitz eines ständigen Aalfanges, welcher durchschnittlich jährlich für 1000—1500 Mark Aale liefert. 5. Der Straszynsee, 71 ha gross, bis 13 m tief, liegt ganz im Walde. Er ist ringsum mit Schilf und Rohr bewachsen, der Grund ist weich. 264 Unsere Gewässer. Ausser den beim Dembnosee genannten Fischen kommen in ihm Welse und Kohrkarpfen (?) vor. Sein Wasser fliesst in den 6. Bachottecksee, der 145 ha gross und bis 23 m tief ist, mit einer Seite am Felde, mit der andern am Walde liegt. Er ist ringsum mit Schilf und Rohr bestanden und hat einen etwas weichen Grund. Ausser den beim Dembnosee genannten Fischen werden in ihm Welse, Rohr- karpfen (?), Karpfen, Rapfen gefangen. Namentlich enthält er viel Aale. Der Abfluss des Bachottecksees geht etwa 3 km von Strassburg entfernt in die Drewenz. Die sämmtlichen Seen sind fiscalisch, es steht Niemanden sonst eine Fischereiberechtigung auf denselben zu, 1 — 3 sind von der Oberförsterei Lonkorsz, 4 — 6 von der Oberförsterei Wilhelmsberg verpachtet. In allen hat in Folge unvorschriftsmässigen Fischens und Anwendung unerlaubter Gezeuge der Fischreichthum erheblich abgenommen, namentlich ist seit 1870 im Lonkoreksee die kleine Maräne durch Fischen in der Laichzeit sehr erheblich vermindert. Leider sind derartige Nachrichten, wie sie ohne erhebliche Opfer an Zeit und Geld nur von verständigen Anwohnern der Gewässer zu erhalten sind, mir bisher nur in äusserst beschränkter Zahl zugegangen, möchten diese Zeilen zu weiteren Mittheilungen über unsere Gewässer anregen, da zu einer rationellen Bewirtschaftung derselben ihre genaue Kenntniss unerlässliche Vorbedingung ist. Auch in den Landseen des norddeutschen Flachlandes kann man mit v. d. Borne drei Fischregionen unterscheiden, nämlich diejenige der grossen Maräne, des Bressen und der Karausche. 1. Der Region der grossen Maräne gehören die sehr tiefen Seen an, wie der bis 48 m tiefe Madunsee in Pommern. Jedoch gedeiht die grosse Maräne auch in viel flacheren Seen sehr gut, obwol noch nicht erwiesen ist, dass sie sich in denselben auch fortpflanzt. 2. Der Region des Bressen gehören fast unsere sämmtlichen Seen an, in denen Aale, Bressen, Zander, Hechte, Barsche und Karpfen die werthvollsten Fische sind. 3. Die Region der Karausche beschränkt sich auf kleine Wasser- becken mit schlammigem Grunde, in denen auch Schleihen und Aale gedeihen. Unsere meisten Seen sind zur Aufzucht von Karpfen wol ge- eignet, vorausgesetzt dass dieselben mindestens als einsömmerige Thiere eingesetzt werden, um den Verfolgungen der Raubfische besser zu ent- gehen. Nach v. d. Borne's Erfahrungen dürfte sich für die Besitzer geschlossener Seen ein Yersuch, dieselben regelmässig mit Karpfen zu besetzen, sehr empfehlen und reiche Erträge liefern. Die Geschichte der Fischerei in Ost- und Westpreussen. Die Geschichte unserer Fischerei lässt sich an der Hand der alten Chronisten bis zum Anfange des 13. Jahrhunderts zurück verfolgen. Nach He nnenb erger1) opferten die heidnischen Preussen ihren Göttern unter andern auch die Erstlinge der Fische und verbrannten sie „sonderlich wo jrgents grosse steine bey den fischereyen waren". Hart- knoch2) nennt als einen Ort, an welchem häufig Fischopfer gebracht Avurden, den noch jetzt unter demselben Namen bekannten „heiligen Stein", einen grossen Granitblock am Haffufer zwischen Frauenburg und Tolkemit. Diese Fischopfer galten dem Gorcho oder Curcho, „so für einen Gott essens und trinckens gehalten, der da in einer Eychen seine Wonung sol gehabt haben" oder nach anderen Angaben dem Perdoytas oder Perdoatys, „als welcher ein gott der iischer und schiffsleute gewesen", und der im Zorn die Fische vertreibt oder tödtet. Insbesondere wurde dieser von den sudauischen Fischern verehrt und zwar auf folgende Weise. „Sie kamen in einer Scheuren Hauffen-weise zusammen/ und kochten ein gut Theil Fische/ thäten sie hernach auf ein Bret/ und machten sich dabey lustig/ frassen und soffen frisch drauff los ausz ihren Schaalen oder kleinen tieften Schüsselein: Zuletzt stund ihr Sigonotha oder Priester auff/ theilet die Winde/ und sagte/ wo und auff welchen Tag ein jeder unter ihnen iischen solte." Es fand also schon in jenen Zeiten eine Art von gesetz- 1) Erclerung der Preussischen grössern Landtaffel oder Mappen. Durch Cas- par um He nnenb erger um/ des fürstlichen Hospitals Königsperg Löbenicht Pfarr- hern, anno MDXCV. Königsberg bei Georg Osterberger. 2) Alt- und Neues Preussen. Mit sonderbahrem Fleiss zusammengetragen/ durch M. Christophorum Hartknoch, des Thornischen Gymnasii Professoren! . anno MDCLXXXIV. In Verlegung Martin Hallervorden, Buchhändlern in Königsberg. 266 Die Geschichte der Fischerei lieber Aufsicht über die Fischerei statt, und gewiss ist den Vorschriften der alten geistlichen Fischmeister williger und unbedingter Folge geleistet worden als das jetzt der Fall ist. Matthaeus Praetorius, Pfarrer in Niebudszen bei Gumbinnen, hat in seinem gegen Ende des 17. Jahrhunderts abgeschlossenen grossen Manuscript: „Preussische Schaubühne" auch die Fischerei der alten Preussen erwähnt und führt nicht weniger als 13 Arten von Netzen an, die sie schon vor der Zeit des Ordens gebraucht hätten, dazu Angeln und „unterschiedliche Arten Fischkasten, zu allerhand Art Fische zu fangen und zu halten", doch kann diesen Angaben kein sonderlicher Werth beigelegt werden, da Praetorius nachweislich viele zu seiner Zeit be- stehende Einrichtungen ohne Weiteres als von den alten Preussen her- stammend beschrieben hat. Auch mit der Teichwirtschaft scheinen sich die alten Preussen be- schäftigt zu haben, denn Petrus Dusburg1) berichtet, dass schon vor der Ankunft des Ordens in Preussen in der Gegend von Ragnit eine feste preussische Burg gestanden habe, die sich gegen eine Belagerung seitens der Russen neun Jahre lang halten konnte, weil sie einen Teich von 20 Schritten ins Gevierte besass, welcher die Besatzung reichlich mit Fischen ernährte. „Über diese Geschieht," sagt Hartknoch, „ver- wundert sich Petrus von Dusburg so sehr/ dass er auch in diese Worte herauszbricht: Sihe: das ist eine wunderbare Sache/ „dazumahl hatte der Teich viel Fische/ da noch die Schlavonier Hey den waren: Nun aber hegt der Teich nichts anders als Frösche/ da er in der Christen Händen ist/ auch hat der Teich so viel Wasser nicht/ dass die Fische darin bleiben möchten. Warumb dieses also geschehe/ weiss allein Gott/ dessen Gerichte unbegreiflich/ und dessen Wege unerforschlich." Hennen- berger konnte bei seinen Nachforschungen allerdings weder die Burg noch den Teich finden, doch kann man nicht wol annehmen, dass Dus- burgs Angabe vollständig aus der Luft gegriffen sei. Von den vielen heiligen Seen und Teichen, in denen nach Hennen- berger nicht gefischt werden durfte, meint Bock,2) dass sie unzweifelhaft die Erhaltung der Fischereien zum Zwecke hatten, also dasselbe darstellten, was wir jetzt Fischschonreviere nennen. Der deutsche Orden nahm bei seiner Ankunft m Preussen die 1) Petrus de Dusburg Chronicon Prussiae ab anno MCCXXVI usque ad annum MCCCXXVI. 2) Fr. Sam. Bock Versuch einer wirtschaftlichen Naturgeschichte von dem Königreich Ost- und AVestpreussen. Vierter Band, Dessau 1784. in Ost- und Westpreussen. 267 Fischerei als ein Kegal für sich in Anspruch und stellte eine Menge von Fischereiaufsichtsbeamten an, die als Keipper („das ist ein oberster über die Fischereyen") und Fischmeister bezeichnet werden. „Der Fischmeister," sagt Voigt, ^ „war in jedem Ordenshause der Aufseher über die Fischerei in den zahlreichen Seen, für eieren Fischbestand eine wachsame Sorge nöthig war. Bei den häutigen Fasttagen gab die nothwendige Beschaffung der erforderlichen Fische seinem Amte eine besondere "Wichtigkeit. In manchen Conventen finden wir daher auch 2 oder selbst 3 Fischmeister angestellt, die denn zum Theil auf den Höfen des Hauses wohnend, diese zugleich mit verwalteten." Sie gehörten stets zum Hausconvente und waren nicht etwa dienende Brüder. Die Ausübung der Fischerei in den verschiedenen Gewässern wurde theils unbeschränkt, theils nur für den eigenen Bedarf, oder gegen eine be- stimmte Abgabe, oder auf einzelne Oertlichkeiten, Netzarten oder auch auf gewisse Fischgattungen beschränkt, durch Privilegien an Städte, Gemeinden oder Grundstücke verliehen, mitunter auch als persönliche Vergünstigung, die nicht an dem Grundbesitz haftete, einzelnen Personen gestattet. So wurde namentlich den Dorfschulzen gewöhnlich freie Fischerei in grösserer oder geringerer Ausdehnung verliehen, oft nur zu Tisches Nothdurft, d. h. für den eigenen Bedarf. In diesem Falle erhalten sie die Eiiaub- niss, „dy vysche czu van de mit eyme menschen und nicht mer und dazselbe mensche sal syn des Schultis Ingesinde und sin brotesse." Die eigene Fischerei des Ordens wurde theils von seinen Fisch- meistern und deren Leuten ausgeübt, theils von dem Schatzmeister oder Tressler des Ordens verpachtet. Sehr einträglich waren besonders die von demselben jährlich ausgestellten sogenannten Keutelbriefe,2) die immer in grosser Zahl ausgegeben und ziemlich hoch verzinst wurden. Jeder trug 10 — 12 Mark ein, und die Domherren von Frauenburg allein zahlten dafür jährlich 2x/2 hundert Mark. „An den Strömen und Küsten des frischen Haffes und der Ostsee hatten sich Fischer-Colonien, Sümen genannt, angesiedelt, die jedes Jahr vom Orden ihre Keutelbriefe kauften und darauf ihr Gewerbe betrieben."3) In den Privilegien und Handfesten der Städte, den Willküren und Chroniken, den Geschäftsbüchern des Ordens und der Fischämter, den Kämmereirechnungen und ähnlichen Urkunden finden sich zahlreiche 1) Voigt, Geschichte Preussens Bd. 6. p. 475. 2) Voigt, a. a. 0. Bd. 6. p. 636. 3) Ebenda. Bd. 6. p. 639. 2(38 Die Geschichte der Fischerei Notizen über die Fischereiverhältnisse, deren möglichst vollständige Samm- lung und Bearbeitung von grossem Interesse sein würde. So verleiht schon in dem Culmer Privilegium vom 28. December 1233 der Orden den Anwohnern der grösseren Gewässer die Fischerei zu Tisches Nothdurft, d. h. für den eigenen Bedarf mit der Beschränkung, dass sie sich des Netzes Niewod1) nicht bedienen sollen (quocunque instrumenta in eo piscari voluerit, ad commodum duntaxat mensae suae praeter ßete, quod Niewod dicitur, habeat liberam facultatem). Der Stadt Elbing wird in ihrem Privilegium vom 10. April 1246 (Cod. clipl. Warm. I. p. 20) freie Fischerei im Elbingfluss, im frischen Haff und im Drausensee verliehen mit der alleinigen Beschränkung, dass weder das Netz Niewod angewandt noch Wehre im Flusse eingerichtet werden dürfen.2) Im Jahre 1273 verlieh der Hauscomthur auf Zanthir (an der Montauer Spitze) dem Hartmann, Themon und ihren Söhnen die Fischerei an einem Orte Dregenflot unter der Beschränkung, dass sie zwar Fische aller Art fangen dürfen, von Stör, Hecht, Rapfen und einem andern Fische, dessen Name nicht lesbar ist, aber Zins zahlen müssen.3) In der Handfeste der Stadt Braunsberg vom 29. März 1280 (Cod. dipl. Warm. I. p. 100) wird derselben freie Fischerei im frischen Haff und der Passarge verliehen, doch soll ohne besondere Genehmigung mit Aal- säcken und Wehren in der letzteren nicht gefischt werden. Ausserdem wird Jedermann verboten in der Mündung der Passarge mit irgend welchen Gezeugen zu fischen um nicht den Zug der Fische zu hindern.4) In dem 1286 am 28. Februar der alten Stadt Königsberg vom Land- meister Conrad von Thierberg verliehenen Hauptprivilegium (Original im 1) Ein grosses Zugnetz, das Herhst- oder AVintergarn, welches in Masuren noch jetzt den Namen Niewod führt. 2) Jtem piscandi in Elbinc ... et in recenti mari ... et in lacu que Dru^a dicitur liberam haheant facultatem, quolibet instrumento nisi reti, quod Niwad dicitur, et quod nullam clausuram, quam Were nominant, faciant in eodem. 3) . . perpetuo jure censuali videlicet quantum piscem de rumbo de esoce de pisce qui dicitur rape et de pisce qui dicitur w . . . . nobis persolvant in Zanthiro, alios veropisces capiendos ipsis liberam dedimus facultatem. Rumhus ist zwar eigentlich der Steinbutt, wird aber in mittelalterlichen Schriften auch vielfach für den Stör gebraucht. 4) . . . . excepto tarnen eo quod in Seria nullus illo instrumento quod alsa k dicitur piscari audeat uel obstacula faciat nisi ex nostra licencia singulari. Et non tantum ciuibus imo omnibus nostris hominibus ürmiter prohibemus ne quis in seria illa in parte vbi stagnum infinit aliquo instrumento piscari audeat uel presumat ne per motum con- tinuum piscium aditus retardetur. in Ost- und Westpreussen. 269 städtischen Archiv Nr. 2.) heisst es wörtlich: „. . . Ceterum donamus omnibus predicte ciuitatis incolis liberani facultateni piscandi in recenti mari in parte fratrum de Konigesberch a prigora usque ad siluam que Poews dicitur cum omnibus instrumentis piscationis seu retibus excepto tantum Eethi quod niwat appellatur. Exceptis tarnen tribus tractibus in quibus nullus preter fratres piscandi habeat facultatem. Poterunt insuper predicti ciues piscari in prigora a ponte Konigesberch prigoram ascendendo usque ad Sanctani siluam cum omnibus instrumentis piscandi preter clausuras aque quibus prigoram nolumus occupari." Eine alte, ebenfalls im Königsberger Archiv aufbewahrte Uebersetzung verdeutscht diese Stelle folgendermassen: „Vorbass mehr so geben wir allen Einwoh- nern der gemeldten Stadt frey zu fischen in dem frischen Haabe, in der Brüder Theil, zuvor Königsberg von dem Pregol bis an den "Wald, der ist geheissen Peisse mit allem Gezeuge der Fischerei oder mit alle den Netzen. Doch so nehmen wir aus das Netze das derNiewod heisst. Wir nehmen auch aus drey Züge, in denen niemand soll fischen, sondern die Brüder; oder das mögen die vorgesprochene Bürger fischen in dem Pregel, von der Brücken zu Königsberg den Pregel aufwärts, bis zu dem heiligen Walde, mit alle dem Gezeuge zu fischen, ohne die Wehr des Wassers, mit der wir nicht wollen, dass der Pregel nicht werde gehindert." Am 30. März 1302 verlieh der Landmeister Helwig von Gold- bach den Elbinger Predigermönchen das Kecht, im frischen Haff und der See mit je einem Keitel (sagena) nicht nur zu Tisches Nothdurft, sondern zu jedem Gebrauch zu fischen, (non solum ad vsum coquine sue, verum etiam ad omnem usum), auch sollten sie die Stör- und Heringsfischerei in Haff und See fernerhin in bisheriger Weise betreiben dürfen. Im Gründungsprivilegium der Stadt Fischhausen vom Jahre 1305 (Voigt Cod. dipl. Pruss. IL p. 60) wird den Bürgern freie Fischerei im Haff und der See verliehen, doch sollen sie sich des Netzes Niewod und der Störlanken nicht bedienen.1) Yom Jahre 1313 berichtet Petrus Dusburg in seiner Chronik: „Hoc anno Aliecum defecit in terra Pruschiae, quae a tempore cujus memoria non extitit, ibidem abundabat." In diesem Jahre wurde ein 1) . . . Praesertim conferimus predicte Civitatis incolis perpetuam libertatem piscandi in rececti mari in omnibus tractis in parte nostra . . . cum omnibus instru- mentis piscandi sive retibus excepto tarnen retbi quod Nywat vulgariter nuncupatur et preter rethe quod Stürlanke dicitur. Excipimus eciam quatuor tractus in quibus preter nos nullus piscandi habeat libertatem. Poterunt insuper dicti Cives in perpetuuin libere cum voluerint in salso mari piscare. 270 Die Geschichte der Fischerei Mangel an Heringen gespürt im Lande Preussen, die sonst vor undenk- lichen Zeiten her vorhanden waren. Es knüpft sich an diese Notiz eine Keine von Bemerkungen in späteren Schriftstellern an, die von Rappolt in seiner Abhandlung „Vom Abzüge der Heringe aus Preussen" (Königs- berger Nachrichten 1739. Nr. 33) und später von Bock in seiner „Natur- und Handlungsgeschichte des Herings" (Königsberg 1769) ausführlich be- sprochen sind, ohne dass aus allen diesen Nachrichten mit Sicherheit zu entnehmen wäre, ob früher wirklich eine grössere Varietät des Herings als unser Strömling unsere Küsten besucht habe. In dem Stadtprivilegium von Kreuzburg v. J. 1315 (Voigt. Cod. IL Nro. 73) wird den Bürgern gestattet, mit kleinen Netzen „que harnen dicuntur" zu fischen, nur der Schulze darf auch Staaknetze gebrauchen. Bei der Verleihung der Fischerei zu Tisches Nothdurft an Privatleute heisst es häufig „sie mögen sich einen Fisch aus dem Wasser ziehen". In einer Verschreibung vom 13. October 1317 verleiht das Erm- ländische Domcapitel dem H. von Machwitz zu 16 Hufen Landes an der Walsch freie Fischerei zu Tisches Nothdurft in dem See Taut mit kleinem Gezeuge.1) Im Jahre 1318 verlieh der Bischof Eberhard den Frauenburger Bürgern ein Fischereiprivilegium, in welchem ihnen freie Fischerei im frischen Haff gegeben wird, doch sollen sie mit den Aalnetzen, welche Alvaten und Kütel genannt werden, nicht fischen.2) In der Handfeste der Stadt Saalfeld vom 21. Dec. 1320 (Handfesten- buch n. fol. 9. cf. Altpr. Monatsschr. IX, 326) wird der Stadt Fischerei verliehen „mit harnen, mit wurfangeln unde mit waten, dy an deme lengisten sechs clafter lang sind, alzo verre alz man von dem stade mit eyme steine gewerfen mag, der an dem gewichte eynes virdungs swer sy". Eine Handfeste von 1343 (Registrant IL fol. 82. v.) verleiht zwei Stammpreussen (ehemaligen kleinen Häuptlingen) Fischerei im Geserich oder Rutzow-See mit allem Gezeuge „also vil als sy selber mögen gezien ader durch iren luten". Diese letzte Bestimmung, dass sie sich ihrer 1) . . . . piscandi in lacu Taut cum instruinentis minoribus ad vsum mense tantum- modo . . . liberam dedimus facultatein. Unter kleinem Gezeuge (instrumenta rninora) sind ursprünglich solche Netze verstanden zu deren Gebrauch nur 1 — 2 Menschen erforderlich sind. 2) In signum dilectionis favoris et gratiae specialis omnibus civibus . . . perpetue concedimus et donamus ut libere in Stagno recenti, quantum ad nostram Ecclesiam pertinet, piscare possint et debeant quovis genere instrumentorum . . . Volumus etiam, quod nullus cum retibus anguilaruin quae Alvaten et Kütel nominantur, piscari possit vel debeat sine nostra requisita et obtenta licentia speciali. in Ost- und Westpreussen. 271 Leute zum Fischen bedienen dürfen, ist nun im Laufe der Zeit von den Berechtigten immer mehr und mehr ausgenutzt worden, indem sie eigene Fischer hielten und diese zum Verkauf fischen Hessen. Schon im J. 1364 wird einigen Stammpreussen nachgegeben, einen Fischer zu halten, der ihnen „tische mit cleynem geczuwe auf dem see czu lachsdorf czu irem tische" besorgen möge. Natürlich lebte nun auch der Fischer mit seiner Familie vom Fischfange und durch Verjährung entstand eine Menge ursprünglich gar nicht verliehener Berechtigungen. Vom Jahre 1359 liegt uns eine Verschreibung vor, in welcher der Comthur von Elbing den Einwohnern von Tolkemit Fischereigerechtigkeit in den Elbinger Wassern verleiht. Dieselbe lautet: „Wyssentlich sey allenn dy dyszen briff seehenn adder hören lesin das wir Bruder Ortulph von Trire . . . Comthur czum Elwynnge . . . denn Burgerenn von Tolke- mithe gnade getann ann der vischereye als hye noch geschrebenn steeth. dy inwoner der stadt dy erbe vnnde eygenn inn der stadt haben dy sullen vischen of deine hawe mit cleynem geczewge alze stokenetcze certennetcze secke vnnde alsper dy vischereye ewiclich zcu haldenne . . . wir wellen ouch das dy vorgenannten Inwoner . . . alle jar uff dy vischereye vonn unszerem vischmeyster zcum Elwynnge bryffe sullenn nemen . . . gegeben zcum Elwynnge in vnszeres herrenn jore MCCC ISTewenn vnnde L. ann synthe vrbans tage des bischoffes." Vom Jahre 1370 lesen wir bei Hennenberger: „denselbigen Winter eine sonderliche straffe Gottes war/ das man in beyden Haffen/ nicht ein Gericht Fische kundte fangen." Eine Handfeste vom J. 1383 verleiht dem Philipp von Desenythen die Fischerei mit einem ,,prsiflog (przewlok = Zuggarn) das vyr manne gezien mögen". In der Handfeste der Rechtstadt Danzig vom Jahre 1387 heisst es: „dar czu gebe wir ouch der vorgenanten stad vnd eren Inwonern ewec- liche vischerie mit allerleye cleynen geczewe in der grossen Muttela (Mottlau), also verre als jr gut keret vnd wendet an beyden staden, vnd an den anderen lachen dy an ere vriheit stossen, ane allirhande stewunge vnd were vnd grosse czoggarne ader vlysgarne, der sy nicht haben sullen." Es durften nach derselben Verordnung von den Fischern keinerlei Fische frisch oder getrocknet zu Markte gebracht werden, ehe sie zuvor im Ordenshause angeboten waren. Im Elbinger Wettbuch finden wir eine Verordnung vom Jahre 1393, welche zeigt, wie man schon damals die Verunreinigung der fliessenden Gewässer zu verhüten suchte: „Anno 1393 am nechsten Freitag nach Octave der heiligen drey koenige ist der gemeine raht eins geworden, 272 Die Geschichte der Fischerei das alle diejenigen, die da an der Hommel wohnen und ihren mist oder imflatt mögen in die Hommel lassen werfen, die sollen alle jähr . . . vor den rath kommen, und ihren eydt datzu thun mit aufgereckten fingern, das sie noch niemand von ihrentwegen mit willen noch geheiss ohne arge list keinen miest noch imflatt in die Hommel haben lassen werffen; und der das nicht will thun, der soll der Stadt ni mark sein bestanden." Eine Anzahl von Bestimmungen über Fischerei und Fischhandel enthält die „Willküre der dreyer Stedte Köningsbergck, zu Marienburg am S. Georgen Tage 1394 aufgerichtet", wie z. B. „Tonn Fischtrogenen zu lossen „Es soll kein Mann umb die Fischtröge auff der Fischerbrücken gelegen, lossen, es sey den das er ein Mitbürger ist und habe der Fischer Guide. Bey 3 M. Straff. „Auch soll niemandt zwischen Ostern und Michaelisz Tage todte fische feil haben bis an den andern Tag. Bei der Busse des Kerkersz. „Tonn Fische Schneidenn „Esz soll auch keinn Mann auffer Brücken Fische schneiden, es sei den frische Fische, als frischen Stör, frischen Lachs and frischen Wels, oder frische mehrschwein, bey verlust der Fische, die soll man in den Pregol werffen darzu soll er geben 36 seh. „Yonn lebendigen Fischen „Auch soll kein Mann lebende Fische von hinnen führen zu Schiffe bei 3 M. Straffe." „Im Jahre 1395," sagt Hennenberger, „regenet es offt und viel/ das das Wasser über Graudentz grosse Sandtberge umbreiss/ verfüllet den Nagott/ die Fart aus der Weissei in das Haff/ verturb der Elbinger Tieff/ und damals hörte auch der Störfang in ihren Wassern auff." Nach der allgemein üblichen Tradition wären die Karpfen in Preussen durch einen Edelmann, Caspar von Nostiz, um die Mitte des 16. Jahr- hunderts eingeführt worden. Indessen hat Voigt nachgewiesen, dass bei dem Haupthause des deutschen Ordens zu Marienburg schon gegen das Ende des 14. Jahrhunderts Karpfenteiche bestanden. Und in dem im Kgl. Staats-Archiv zu Königsberg aufbewahrten Tresslerbuche des Haupt- hauses Marienburg findet sich fol. 7. Col. 2 unter Notizen aus dem März 1399 der folgende Posten: „Item 13 Scoter eyme manne der obir winter die carpenteiche hat geyset." Und dass auch die Sanierung, d. h. die periodische Trockenlegung und Beackerung der Karpfenteiche schon damals üblich war, beweist eine auf fol. 13. Col. 1. desselben Rechnungsbuches befind- liche Notiz: „Item 13 Scoter vor 9 Scheffel Korn die Carpenteiche czu besehen." in Ost- und "Westpreussen. 273 „Scharpauv," lesen wir bei Hennenberger, „ist ein fester Hoff gewesen unten im grossen Werder/ gebawet 1400 und hat der Fischmeister oder Grosscheffer von Margenburg darauff gewonnt/ so Margenburg das Schlos mit Fischen hat müssen bespeisen. Denn er viel Halter al da gehabt/ mit eyseren Gegittern Unterschüssen/ und sein in einem jeglichen sonder- liche Fische gewesen." Von besonderer Wichtigkeit war dort in jener Zeit der Fang des Störes, der in grosser Menge in der Weichsel aufstieg. In einem vom Orden den Danziger Fischern verliehenen Privilegium vom Jahre 1402 heisst es: „Fohrt mehr gönnen wir Ihnen vnsern Mühl- graben aus vnd einzufahren vnd sie Ihre Sewe mit Ihren fischen darinnen behalten vnd auff beiden vberen frey anhalten vnd Ihre Fische daselbst verkauften." Nach den mit Fischbehältern versehenen Kähnen, welche man damals wie noch jetzt an manchen Orten Säue nannte, hiessen die Fischer auch Seuner, Seigener oder Säugener. Ueber die Preise der Fische in jenen Zeiten geben die Eechnungs- bücher des Ordens, die Kämmereibücher etc. Auskunft. So lesen wir in dem Elbinger Kämmereibuche von 1404: „Item vor im halue tonen dorschs, dat stucke vor x scot maket i mr. xim scot Item vor ni halue tonen hering i mr. xx sc. Item vor l/% vat ales n mr. m sc. Item vor vi schock fiatfisch dat schock vi sc. maket i mr. ix sc. Item i scott vor n grote heckede Item vor i virendel stores i mr. vi sc."1) In Danzig fand schon seit dem Ende des 14. Jahrhunderts eine bedeutende Einfuhr von schonischem, bornholmischem und holländischem Hering statt, der im Preise sehr schwankte. So kostete die Last von 12 Tonnen im Jahre 1395 15 M. 8 Sc, im Jahre 1400 nur 6 M., dagegen 1421 60 M. Uebrigens rüsteten damals auch Danziger Kaufleute Fahr- zeuge zum Heringsfange in Schonen und Bornholm aus, wie wir z. B. aus folgender Stelle der ältesten Danziger Willkür ersehen: 1) Die Mark war ursprünglich im 13. Jahrhundert ein Gewicht von V2 % Silber, eine blosse Rechnungsmünze, die nicht geprägt wurde. Sie zerfiel in 4 Vier- dung = 24 Scoter = 60 Schillinge = 720 Denare oder Pfennige. Nach A. Hörn (Vom preussischen Gelde. Altpr. Monatsschrift 1868 p. 48) entsprach die Mark anfangs dem Silbergehalt von 42 Mark unseres heutigen Geldes, wurde aber allmälig immer geringwerthiger, so dass sie am Ende des 17. Jahrhunderts nur noch den Silbergehalt einer Mark heutigen Geldes hatte. Nun war aber der Silber w er th im 14. Jahr- hundert 3mal, im 15. 4mal, im 16. 4i/5mal, im 17. in Folge der Entdeckxmg der Silber- minen von Potosi nur 2mal, im 18. 33/5mal so hoch als jetzt, was am besten durch 18 274 Die Geschichte der Fischerei „Welch kriecht sich vormittet ken Schone adir Bornholni zcur fischerey uride entfanget gelt von seynem heren, nnde entlouffet denne seynem heren mit dem gelde, ist des geldes eyne halbe mark adir myn, das ist die Stupe, ist es abir mer, is geet em an seyn hoeste recht." In einem nicht datirten Briefe vom Jahre 1404 oder 1405, der sich im hiesigen Staatsarchiv befindet, antwortet der Comthur zu Memel dem Hochmeister, der ihn an die Lieferung des Deputathechtes erinnert hat, es sei in diesem Frühjahr nicht viel von grossen Hechten gefangen, dagegen könne er kleine Hechte nach Bedarf liefern. Das Lachwehr werde erst demnächst zu Johanni geschlagen werden und er hoffe Hechte und Lachse gleichzeitig liefern zu können, doch würden die Hechte wol nicht so gut und „also tuchtich zu essenu sein als im letzten Frühjahr. Auf Veranlassung des Bischofs von Ermland gab der Hochmeister Conrad von Jungingen im J. 1406 eine Erklärung über Fischereiange- legenheiten ab (Cod. dipl. Warmiensis Bd. III. Nr. 426), der wir einige Stellen entnehmen. Auf die Anfrage mit welchen Gezeugen diejenigen fischen dürfen, denen die Fischerei zu Tisches Nothdurft verliehen ist, antwortet er: „den goennen wyr myt kleynen geczowen czu visschende und nicht anders" ferner erklärt er: „"Wyr halden vor kleyne gheczow. handwate, stoknetze. klebenetze. harne, worfangil. rewse. wenczer. und semelichen goennen wyr ouch secke czu stellen in vnsern seen noch mogelichkeit. yo nicht anders wen czu irnie tissche," und: „wer in vlyssen vysschereye hat czu synem tyssche der mag syn ge- nyssen. also daz her stelle vnd were mag machen ader myt nichte obir das gancze vlys. sunder also das der strowm mittene vrei vnd rowm genug bleibe." In einem Briefe vom J. 1408, der sich im hiesigen Archiv befindet, meldet der Hauscomthur zu Balga dem Hochmeister, er habe dem Mar- Yergleichung der Preise des Eoggens ermittelt wird, dessen Werth in unseren Gegenden ein gleichbleibender ist. Daraus ergiebt sich, dass eine Mark alten Geldes, verglichen mit heutigem Keichsgelde, werth war: im Jahre 1230 126 Mark im Jahre 1470 12 Mark. „ „ 1335 63 „ „ „ 1528 13,80 „ „ „ 1410 48 „ „ „ 1620 2,20 „ „ „ 1450 34 „ „ „ 1676 2 Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts wurden statt der allmälig ganz ausser Curs kommenden Mark sogenannte Joachimsthaler oder kurzweg Thaler ä 90 Kupfergroschen und polnische - Gulden ä 30 Kupfergroschen eingeführt. — 5) 8 „ - 15 n 8V2 „ 8 3y2 11 8V2 ,. 8 3v2 n 11 3V2 i> :i in Ost- und Westpreussen. 275 schalt 274 Mark übergeben als Ertrag für 27 Keutelbriefe, von denen 25 zu 10 Mark, 2 zu 12 Mark verkauft sind. Am Ende des J. 1409 schickte der Hochmeister dem Könige von Ungarn Lachse zum Geschenk, worüber wir folgende Notiz finden: Tresslerbuch fol. 272™. 8 mk. — sc. — pf. vor dy lechse von Thorun ken Breslaw czu füren, domete unser homeister den hern Konig von Ungern erete. vor matten und barken, domete man den lachs vorwarete. dy lechse von Breslaw ken Ofen czu füren, dy lechse von Ofen vortan bis czum hern Konige czu füren, dy der knecht vorczerete, der mit dem lachse czoch. demselben knechte geschankt von des meisters geheyse. Die hohe auf den Transport der Fische verwandte Summe von 552 Mark heutigen Geldes beweist, wie hoch schon damals der Lachs geschätzt wurde. Das geht auch aus einem im hiesigen Staatsarchiv aufbewahrten Briefe Heinrichs von Plauen d. J. an seinen Vetter, den Hochmeister gleichen Namens hervor, in dem er ihm von Prag den 13. März 1412 schreibt, er habe dem König "Wenzel von Böhmen 4 Lachse, ein Hörn (vom Auerochsen) und ein Schachspiel geschenkt, um ihn zu bestimmen, in einer wichtigen Streitsache zu Gunsten des Ordens zu entscheiden. Auf einer Reise, die der Hochmeister etwa im J. 1409 über die kurische Nehrung nach Memel machte, kamen ihm, wie wir aus den Auf- zeichnungen eines seiner Reisegefährten ersehen, bei Rossitten die Kuwer- kinne (kurischen Frauen) in einem feierlichen Zuge entgegen, um ihn mit Fischen und Eiern zu ehren (beschenken). Der Hochmeister nahm das Geschenk gnädig an und Hess ihnen als Gegengeschenk einen Yier- dung reichen. Einem undatirten Briefe Elias Winters an den Comthur von Balga, Zenger (er war dort Comthur von 1412 — 1418) entnehmen wir interessante Daten über den Fischhandel des Ordens, der damals, wie der Handel unserer Gegenden überhaupt, im Wesentlichen nach Süden hin über Thorn, Breslau nach Krakau und bis nach Lemberg ging. Es ergiebt sich aus diesem Schreiben, dass sich zu Thorn im Hofe des Münzmeisters ein ständiges Depot für die von Balga aus in gesalzenem Zustande verschickten Fische befand und dass Elias Winter, von dem wir sonst Nichts wissen, über dieselben disponirte. Er schreibt, dass er von den bei dem Münz- meister lagernden Tonnen Hecht und Aal eine grössere Anzahl an David Rosen feld in Breslau geschickt habe, der auch sonst in Geschäftsver- bindung mit dem Comthur und dem Hochmeister stand. Die Tonne Eis- 18* 276 Die Geschichte der Fischerei hecht1) hat er für 12 — 13 Mark verkauft und einige Tonnen Hecht, der ihm „weder worfen war1-* (d. h. zurückgewiesen war), „der was böse und wandelbar", hat er für 9 Mark losgeschlagen. Er hat sich nach des Comthurs Anweisung gerichtet, den Hecht, der „icht wandeis hätte" d. h. irgend verkäuflich wäre, in Thorn zu verkaufen, hat aber einen Posten unter der Hand absetzen müssen, denn die Fische waren ,,boseu, hätte er versucht sie in Thorn auf dem Markte zu verkaufen, so hätte man sie ihm in die Weichsel geworfen „denn sie was ful und tuchte nicht." In den "Willküren der Städte finden sich regelmässig ziemlich iden- tische Bestimmungen über die Fischniärkte vor, die namentlich die Yer- theuerung der Fische durch Yorkäufer oder durch die Willkür der Fischer, den Verkauf verdorbener Fische oder nicht vollwichtiger Tonnen verhindern sollen etc. So heisst es z. B. in der Danziger Willkür: „Yan fischen.] Welch man fische herbrenget, der sali sie selber vor- kouffen unde veyle haben eynen tag; was im dornoch obirloufft, die mag her vorkouffen (d. h. im Ganzen an Händler verkaufen). „Ouch welch man der hye czu kowffe brenget rothscher unde bergeroer2) dy sullen hye czur wicht uff dy woge komen unde dy rothscher sali wegen unde halden 9 listpfunt unde vor dy tonne 2 listpfunclt abeczu- sloende, unde dy bergerore sali halden unde wegen mit der tonne 7^2 list- pfunclt unde ouch dergleichen vor dy tonne 2 listpfunclt abeczuslaende. „Nymandt sal hir in der stat fische saltczen alsc: mersweyn, stör, lachs, oell, newnocken unde sust allerley ander fisch vordan zcu vor- kouffen adir auszcufuren, sunder eyn iderman mag wol zaltczen, als vil her bedarff zcu notdorfft seynes hawszes, bey vorlust des guttes. „Vortmer keyn vorkouffer adir vorkaufferynne sal fische kouffen, er die glocke IX hot geslagen; das sal man halden bey eynem firdunge. „Alle die ghenne, die frische mit vorkouffe kouffen zcu wasser ader zcu lande unde lacszen en nicht zcu markete komen, der kouffer sal seyn gelt vorloren haben. „Item alle die frauwen, die in die botcsz geen bey die brugke unde aldo fische kouffen unde lacszen die fische nicht uff den market komen, die sollen ire gelt vorloren haben unde XXXVI gutte seh. dorezu. „Item alle die dy lachs mit dem pfunde uszwegen, die sollen recht- vertige wichte haben unde zagen unde wegen eyme idermanne bey pfunden, 1) d. h. im Winter bei der Eisfischerei gefangener und gesalzener Eecht, der wegen seiner besseren Conservirung th eurer bezahlt wurde als der im Sommer gesalzene. 2) Verschiedene Sorten getrockneter oder gesalzener Dorsche, die von Schweden hier eingeführt wurden. in Ost- und "Westproussen. 277 ab her es begeret; worde ouch imandt mit falscher wichte befunden, der sal gerichtet werden noch felchszer rechte. „Item allen stoer, lachs, mehrsweyn, weis, zeelhundt und allirley frissche fissche, die men uffsneidet, so die gesneten seyn, sal men die vorkouffen desselben tages und vortan nicht meü veyle haben, bey vorlust des guttes. „Ouch alle die fische, die in den fassen uff den market gebrocht werden, die sal man usz den fassen vorkouffen, nnde nicht van dem markete in die zeuwe wedir zettzen, bey III gutten marken." In der Thorner und Culmer "Willkür finden sich ausser den vor- stehenden noch folgende Bestimmungen, die ich nach der Culmer Will- kür citire: „Wir willen ouch, das man alle viszchere in der stat vryheit beschrybe und allerleye viszche dy sy vaen in der vryheit adir in dem gemitim wasser, dy sullin sy brengin her czu marckte unde andirs nirgin. Was lebindir viszche eyn viszchir czu marckte brenget, dy sal her vorkoufin. Was her nicht vorkoufin mag, dy sal her rysin uf der bank adir sal yn dy czegele abehawin, und welch viszcher viszche lengir heldit steende in dem hutvasse [des somyrs] wen an den vierdin Tag, dy syn der stat vorbort, unde darczu sullin sy tun iren eid, das sy dis allis haben ge- haldin, und wer dabobin daran bricht, der sal der stat vryheit ewiclich emperin. Ouch sal keyn viszcher viszche vorkoufin, her habe denne syn eygin garn. Wer daboben das tut, den sal man seczen in das halsysin Welch viszchir eynen lachs brenget uf den marckt, heist in snyden der« borgermeister, rathmanne adir scheppen, tut man is denne nicht, so hat her den lachs vorlorn und darczu eynen halben firdung. Were ouch das eynek vischer ungebe vische brechte czum markte, qweme dar czu eyn rotman acler scheppe, dirkennende das di vische wandilbar weren, di sullin di vische heysen brengin us dem markte, derselbigen vorkoufern zcu keynem nucze, sunder domete zcu thun noch des ratis willen." Am 25. Mai 1413 verlieh der Hochmeister Heinrich von Plauen den Samländern das sogenannte Samländische Fischerei- und Holzprivi- legium, dessen Original sich im Königsberger rathhäuslichen Archiv be- findet. Es heisst in demselben: „Wir bruder Heinrich von Plawen homeister der brudere des ordens des hospitales sente Marien des Deutsczhen huwzes van Jerusalem . . . vorleihen und geben den selbigen Samen, die nu uff Samelandt wonen, und iren nochkomlingen czu ewegen czeiten frey vischereye im kürisschen habe, im Samischen wasser, usgenomen die ströwme und nemelichen vor den ströwmen, das man die nicht vorsetcze, welche vischereye wir alleyne gönnen und vorleyhen den freien besessenen und beerbeten gebuwern 278 Die Geschichte der Fischerei des selben landes und nicht gertenern, unbeerbeten noch Deutschen leuten. Wir dirlowben ouch . . . ap ymand . . . nicht vormochte alleyne die vischereye usczurichten, das czwene, dreie adir vire frien adir wie vil ir wellen, sich mögen czusampe werfen undir sich, der gleichen ouch die beerbeten gebuwer ouch undir yn, und ire vischereye usrichten, also doch das die selbigen freien und gebuwer keynen gemiten knecht czu yn sullen nemen off die vischereye noch umbeerbete adir Deutsche lute, und wellen das sie uds und unsir hirlichkeyt vor allen andren den ersten kouff irer vissche, wenn wir des begerende werden seyn, sollen gönnen . . ." Aus einem Erlass des Hochmeisters Michael Küchmeister vom Jahre 1416 geht hervor, dass schon damals Fische zu den regelmässigen Ausfuhrartikeln gehörten. Es heisst dort (Toeppen, Acten der Stände- tage I. S. 295): " „Dis nochgeschrebene sal man vorbieten. . . . Item das man keynerley getreide noch mel .... beyde czu wassir und czu lande, us dem lande sal füren, usgenomen hering, tonnenhecht, ole, newnocken". Und in einer Urkunde von 1417 heisst es: „Also nympt man den pfundczol. „Usgesatcz im 1417 jar am tage Nativitatis Marie (8. September). Czum ersten von der last heringes 2 scot nuwes geldes ader 3 scot aldes geldes item von 1 tonne lachs 6 neuwe den. adir 1 alden sol." In der Landesordnung des Hochmeisters Paul von Rusdorf für Samland und Natangen von 1427, Sonntag nach Conversionis Pauli (26. Jan.) finden wir folgende Bestimmung. „XXI. Item das die vischer uff dem habe den ruwmvisch also gros unde weit sullen machen und halden als man von alders getan hat, und nicht sullen cleyner gemacht werden, desglich ouch die sleten". In anderen Verordnungen aus verschiedenen Jahren, die diesen Artikel immer in derselben Fassung wiederholen, heisst es für ruwmvisch auch rawmfisch und rowmfisch, für sleten auch sletten, schütten, slitten. Es sind dies Fischmaasse die auf dem kurischen Haff noch heutzutage angewandt werden. Der Raum ist ein Behälter für die Fische im Kahne, der Schlitten, lit. poting, ein auf Schlittenkufen stehender viereckiger Kasten in dem die Fische transportirt werden. Beide Maasse enthalten 7y2 gehäufte alte Scheffel = 4 Hectoliter. Der Steuerveranschlagung auf dem Ständetag zu Elbing 1433 Mon- tag nach Reminiscere (9. März) entnehmen wir, dass an jährlicher Steuer zu zahlen hatten „alle ledige lewthe, als pechborner, fisscher und alle die sich der wiltnisse, wasser und weide irneren, itzlicher 1 scot", in Ost- und "Westpreussen. 279 In einem aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts stammenden, von Peter Holczwesscher in Marienburg abgeschriebenen deutsch-preussischen Vokabularium der Elbinger Stadtbibliothek (Nesselmann Altpr. Monats- schrift 1868. 5. p. 465 ff.) finden wir unter der Ueberschrift Vysch — Suckis die folgenden Fischnamen: Hecht liede Bresme locutis Lachs lalasso1) Czandis starkis Oel Quappe wilnis Plotccze - - brunse Bore (?) palasallis Hering sylecke Carpe sarote Bleye blingis Grundel grundalis Stint malkis Mutterlosen blingo Halpvischz dubelis Tobel stroysles Kape rapis Dursch sweikis angurgis Stoer esketres Smerle smerlingis Welz kalis Czerte scabre Slye linis Persk assegis Viele dieser preussischen Pischnamen sind den heutigen litauischen sehr ähnlich. Vom Jahre 1431 liegt mir ein Schreiben des Marschalls von Königs- berg an den Hochmeister vor, in dem er ihm mittheilt, wie der Stör- meister im Mittelhof (ein Ordensbruder) sich beschwere, dass er dem Comthur nicht mehr soviel Stör als früher liefern könne, weil die Frauen- burger Domherren nicht mehr den Zins nach Königsberg zahlen. Aus dem Ordensbericht über die Tagfahrten zu Kheden, Elbing und Leissau (Toppen, Ständeacten IL p. 33) citiren wir folgende Stelle, die zeigt, wie schon damals die berechtigten Fischer sich allerhand Ueber- griffe erlaubten. 1437 Dec. 15. „3. Item von der fiszchereye antwerte man also, das man wil gunnen zcu fiszchen nach uszweysunge des artikels der handfessten mit sulehem geczowe, als uff die czeit, do man die handfesten gegeben hat, gewest ist, und alleynen den bürgeren wenndt der artikel weyszet uff die burger die von unszern huwszern seyn bearbet. Und wundert uns, das ir doriber claget, so wir doch billiger sohlen clagen, wennd der artikel uszweyset das ir alleyne czu gemache euwirs tyssches sullet fiszchen, das nu nicht gescheyt. Man lonet den fiszcheren domethe, und kowffet garne dovon, das uns doch duncket unbillich, und begeren das 1) Schreibfehler für lasasso? 280 Die Geschichte der Fischerei man eyn sulches ablege, und thu ouch in deme genug dem artikel der handfessten". Im Jahre 1441 bestätigte der Hochmeister Conrad von Erlichs- hausen am Tage Jacobi die Privilegien der Stadt Königsberg und es heisst in der Urkunde: „Czum ersten das die obbenumpten, vnsir lieben getruwen vnsir Stat Konigisberg In woner freyhe fischereye Im vrischen habe bis an der pewss vsgenomen dreye czoge, vnd auch das geczow das Nywath heisset, vnd von der Brücken den pregor vff, bis zcum Hilgenwalde sullen haben". Im Jahre 1447 schreibt der Oberstmarschall zu Königsberg an den Hochmeister, er möge die Keutelbriefe nicht zu billig ausgeben, weil sonst der Zins abnehme, im nächsten Jahre theilt er aber selber dem Hoch- meister mit, wie die Seuner, die in den Strömen fischen, behaupten den Keutelbrief nicht mehr mit 12, sondern nur noch mit 10 Mk. bezahlen zu können. Einer Conventsrechnung aus Marienburg, einem sogenannten Zedel vom Jahre 1439 und 1440 entnehme ich folgende Notizen über Fischpreise: 1 Hecht 1 Schilling. 1 Tonne Dorsch 7 Vierdung. 1 Schock Bressen 19 Scot. 1 Schock Bressen 2 Mark. 2 Schock Zopen (czopen) 16 Scot. 5 Schock Zopen 14 Scot. 7 Mandel Zopen 11 Scot. 1 Wels 1/2 Vierdung. 1 Lachs 4 Scot. 1 Lachs 8 Scot. 1 Carpe 4 Schilling. 1 Mandel Aale 2 Scot. Czopen, pomuchlen, bressmen und kuleperszken kommen in dieser Rech- nung sehr häufig vor. Im Jahre 1451 wurden nach einem von Voigt erwähnten Verzeich- nisse vom Hochmeister 112 Keutelbriefe ausgegeben. In einem Briefe vom 23. November 1453 berichtet der Hauscomthur zu Pr. Mark dem Hochmeister, er werde demnächst den Conventsfischmeister auf den Geise- richsee schicken und mit dem grossen Garn ziehen lassen. In Liebe- mühl solle mit dem Handgarn und der Klappe gefischt werden, damit etwas Hecht eingesalzen werden könne, und sobald das Eis etwas stärker in Ost- und "Westpreussen. 281 sei, mit dem grossen Garn. So hoffe er, will's Gott, dem Hochmeister eine Notdurft Fische zu schaffen. „Anno 1453" berichtet Hennenberger „Hub es im Mertzen an/ und weret den Aprillen durch/ das man zu Dantzk in der Mottlaw/ so viel Kaulperssken fleug/ das jedermann genug zu eszen hatte/ mann saltzet auch viel Tonnen vol ein/ treuget sie/ etc. Man fleug sie nicht allein mit Garnen/ sondern auch mit Keschern/ Secken/ auch schepffet man sie mit Eymern". Aus dem Jahre 1455 stammt die älteste Eolle der Hakelwerker Seunerzunft in Danzig. Yom Jahre 1465 datiren die „Statuten der Fischkäufer Gilde" in Elbing, die sich hauptsächlich auf den Marktverkehr und das Leben in der Innung selber beziehen. Aehnliche Rollen erhielten im Jahre 1479 die Fischer vom Elbinger Yorberge und die Fischer auf der Lastadie und Rosengarten in Elbing. Yon Tolkemit sagt Hennenberger: „Ein Stedtlein im Hockerland/ da man den fürwitzigen Leuten/ den gefangenen Aal/ an der Ketten im Haff weisset. Ist anno 1356 gebawet/ von Winrico von Kniprode dem Hoemeister. Denn da woneten viel Fischer/ und war alda gros Aal/ Lachs und Störfang. Anno 1456 auff Marien Magdalenen Tag . . . waren ausgefahren 58 Schiff, so man Keuttel nennet/ im Haff zu fischen/ darauf 300 Mann waren". Die Besatzung war wol wegen der damaligen Kriegsunruhen so gross, denn zum Betriebe der Keutelfischerei gehören nur 2 Mann auf jedem Fahrzeuge. Im Jahre 1858 verschreibt die Stadt Elbing dem Hauptmann von Tolkemit, dem „Grossmechtigen und Wohlgeborenen Herrn Hans von Baysen, unserem günstigen Herrn und Freunde umb beiderlicher Gunst und Freundschaft willen uns durch seine Herrlichkeit offt erzeiget", ein halbes grosses Garn auf dem Haffe in der Stadt Freiheit „mit seinen Erben und Nachkommen zu haben, zu gebrauchen und frei erblich ewiglich zu gemessen." In dem der Altstadt Königsberg im Jahre 1466 verliehenen Pri- vilegium heisst es: „Ynd vm sunderlicher gonst vnd zcuneigunge willen vorschreiben vnd vorleien wir den mehgedachten burgern vnd Inwanern vnsern lieben vnd getrauwen vnser Aldenstat konigsberg die bede lachsczoge Nemlich den einen aber halbe des Thwmes, vnd den andern innderhalbe des kneiphoffs, nw vnd zcu ewigen gezeyten frei sicher vnd vnuerhindert zcu gebrauchen vnd zcu geniszen. Doch also das sie vff das werder innder- 282 Die Geschichte der Fischerei halbe des Kneiphoffs bei demselben lachsczoge keine befestigunge nw vnd zcu ewigen getzeiten sullen bauwen noch bauwen loszen mehr denne eine siecht fisscher bude. Auch vorschreiben vnd vorleien wir en tzwene freie kewtel Im f risschen habe ewiglich zcu haben vnd derselben zcu- geniszen". Die beiden Lachszüge sind längst eingegangen, die Keutel aber erst etwa vor 10 Jahren von der Regierung abgelöst. „Als der Teutsche Orden" berichtet Hartknoch „unter dem Conrad von Jungingen in dem Anfang; des fünffzehenden Seculi in dem grösten Flor gestanden/ waren in dem Lande Preussen ohngefehr tausend Brüder/ wie desz Simon Grunauen Catalogus ausz weiset/ welcher also lautet: In diesen Zeiten war der Orden in Preussen sehr mächtig/ und alle Aempter waren wol besetzet. Erstlich war der Hohemeister .... neun und dreissig Fischmeister ..'.." Besonders häufig werden die Fischmeister in Angerburg, Arys, Crackerort, Elbing, Pautzka (Putzig), Russ, Scharpau, Wolitta erwähnt. Die Fischmeister gehörten zu den Untergebietigern des Ordens und „was die Fischmeister/ Spitler/ Hausvögte/ Mihlmeister .... ihre Verrichtungen gewesen/ kan man ausz den Titteln und Benennungen selbst leichtlich erkennen. Ob aber gleich etzliche unter diesen Aemptern gering gewesen/ dennoch konten die jenigen/ welche sich darinnen wol verhalten/ zu höheren Aemptern/ ja auch zur Hohemeisterlichen Dignität selbst/ erhoben werden", und „Heinrich Reffle von Richtenberg/ der XXX Hoemeister/ ward dazu gekohren zu Königsperg/ anno 1470 . . . Dieser war erstlich Fischmeister auf Pautzka". Vom Jahre 1484 datirt die 1572 erneuerte Tolkemiter Fischer- ordinanz, von der wir eine Abschrift in Grübnau's Sammlung von Zunft- und Gewerksrollen finden: „Ordinancia der Fischer ihrer Fischerey halben zu Tolckemithe. Zu wissen dass im Jahr unsers Herren tausend vierhundert und im achtzigsten am Sonnabend nächst vor Hedewigk hat der gemeine Rath der Stadt Elbing in Gegenwärtigkeit des Gestrengen Herrn Hans von Baysen, Hauptmanns zu Tolkemithe mit den Bürgern und Ein- wohnern daselbst zu Tolckemithe Fischern, einen gemeinen Vertrag ge- macht der Fischerey halben, des "Wintergarns und des Tiefengarns halben und mancher hande Sendungen und Gebrechen in ihrer Fischerey ent- stehende zu vermeiden, diese nach geschriebenen Articel unversehrlich zu künfftig haben verwilligt zu halten. 1. Jeder Fischer soll vom Fischmeister ein „schriftliches Zeichen unter seinem Signet" haben. 2. soll jeglicher „seinen vierdten geben nach alter Gewohnheit." in Ost- und "Westpreussen. 283 3. „Item so soll kein Fischer bey dem Tieff Garne die Pompen von nun an vorbas hin führen, sondern mit dem Gropenstein mögen sie wol pompen, so als man an dem Garne führet, doch niemand soll darzu einen sonderlichen Gropenstein machen lassen bey der Busse zehn gutter Mark11 etc. Unter dem Pumpen ist das Jagen der Fische durch im "Wasser ge- machtes Geräusch verstanden, die Fische sollen nicht mit anderen Mitteln als durch die Grapsteine, welche den untern Saum des Netzes auf dem Grunde halten, gescheucht werden. In einer undatirten Abschrift einer Verordnung des Hochmeisters Hans v. Tieften, die zwischen 1490 und 1498 erlassen sein muss, heisst es unter anderen Bestimmungen: ,,Item die Vorlegung der vischerey sali nicht lenger werenn dann bisz auff aller gots heiligen Tag auf das das Armut auff demm lande auch vische mag oberkomenn. Item lannde und Stete beclagen sich wie das Tieff mith secken netzen und anderenn Garnenn vorstalt werde so das der visch ausz der Shee inn das hab nicht komenn mag dem gemeynenn Nutz zu merglichenn schaden, Bittende denn Herrn Hoemeister sein gnade wolt vorschaffenn sullchs abgestaltt und wie vonn altersher gehalten werde also das kein vischer mit der Sawh kewtel adder Singen dem Tieffenn nhae auff ein halbe meilhe nicht komenn sali auch der pompenn zu keinerley vischerey gebrauchen sollenn wer darober begriffenn wurde sali seiner bussenn nicht wissenn". Die Vorlegung der Fischerei ist die Ausrüstung der Fischer seitens der Kaufleute, welche ihnen die Fische abnehmen. Es handelt sich hier um die Fischer, welche für den Orden fischen, sie sollen Dur bis Aller- heiligen arbeiten, um später den fischereiberechtigten Anwohnern der Gewässer keine Concurrenz zu machen. Eine angeblich nach 1498 erlassene Landesordnung vom Hoch- meister Friedrich von Sachsen, aus welcher Bock ähnliche Verordnungen citirt, hat sich nicht auffinden lassen. Bock haben wol schriftliche Ent- würfe vorgelegen, die er fälschlich für Abschriften einer wirklich erlassenen Landesordnung angesehen hat. Als Beispiel der vom Orden ausgestellten Fischerbriefe lasse ich einen solchen folgen, der 1509 einem Einwohner von Russ verliehen wurde: „Ich Bruder Michell vonn Schwabenn Deutsch Ordenns Comethur Zur Memell thue kuntt öffentlich vor Jedermeniglich dieszs meynes Brieffs ansichtigenn das Ich deme Besthednen Andres bastian im Haus anner Russenn, do ettwen Schuerkoll Inne gewonett hatt gelegenn mit freyer vischerey die do gewöhnlich gebraucht wirtt vorliehenn unde gebenn 284 Die Geschichte der Fischerei habe, vorleihe unde vorschreibe hiermitt gegenwertiglich deine gedachten andres Seynen rechten erberm unde nachkomen daszselbe haus mitt freyer vischerey unde auch Scharwerks frey/ auszgenomenn Zume were zall er zu gehenn verpflichtt zein Zu köllmischen Rechte erblich unde ewiglich Zu besitzenn. Davor sali der gern eilte Andres seine rechtenn erbenn unnde nachkomen eyme Comethur ader des Hauszs Memell vorweser achtt marc gering Jar jerlich zu Zinszenn schuldig zein also nemelich uff Johannis Bapte inj mrc. unnde uff Martini auch inj mrc. ewiglich unnde alleweg. Zur woren urkund mitt meins amptts anhangendemm Ingsigell besigelt unde Gebenn auff meyns Ordens Slosse memell Donerstags nach Reminiscere Ime M. C. unnde newendenn Jar". In einer am 6. Januar 1512 von den 3 Städten Königsberg dem Herzog überreichten Eingabe heisst es: „Es beclagen sich auch die von Breslaw wie das Gefässe zum Saltz- visch nicht nach alder Gewonheit in der grose gemacht werden unnd der Tisch nicht mit vleis wu vor aldersch gesehen vorwart wirt." Und in einer ähnlichen Eingabe vom 7. Januar 1513 bringen die Städte wieder die folgende Beschwerde vor: „Auch ist vor altersch gewest, das kein kauffman lenger nicht dan bis auff aller heyligen tag dy vischer vorleget, solchs Ist dem Land Irdacht zum besten Bitten E. F. G. als U. G. H. solchs noch so gehalden wurde". In seinem Buche De Borussiae Antiquitatibus (Scipt. rer. Pr. IY. 292) bespricht Erasmus Stella auch die Fischerei in Preussen, die an vielen Orten betrieben werde und Fische aller Art liefere, von denen er nur Psittae, Soleae, Lingulae, Rumbi, Trossuli, Mulli, Aselli, Salmones und Marini canes anführt. Was er unter den Psittae und Trossuli verstanden, ist nicht zu ermitteln, Soleae, Lingulae, Rumbi sind Plattfische, doch können unter rumbi auch Störe verstanden sein, Aselli sind Dorsche Salmones Lachse, die Seehunde wurden zu jener Zeit mit Walfischen, Bibern und Ottern zu den Fischen gezählt. Mullus nannten die Roemer einen Mittelmeerfisch, doch geht aus mehreren mittelalterlichen Schrift- stellern, so z. B. aus dem Anhange zu Hieronymi Tragi Kräutterbuch1), hervor, dass „zu Latein ist Barbo, Mullus und Trigla ein Barb". In einem etwa vom Jahre 1521 herrührenden, nicht datirten Artikel heisst es mit Bezug auf den Königsberger Fischmarkt: „Item den Vischern sollen lewte aus allen dreyen Steten und sonder- lichen und zuförderst von m. gn. H. wegen auch lewte zugeordnet werden 1) Hieronymi Tragi Kräutterbuch. Strassburg 1630, Angehängt Teutsche Speiss- kammer von den 4 Elementen etc. in Ost- und "Westpreussen. 285 dieselben sollen alle vischtage umbegehen wie vil fische furhanden be- sichtigen und nach der besichtigung den kauff setzen und welcher darober handelt sollen lme dy vische genomen und gestrafft werden." Diese Bestimmung in Verbindung mit dem Umstände, dass die Fischer genöthigt waren, die gefangenen Fische sämmtlich auf den Markt zu bringen und sie gerichtweise zu verkaufen, erklärt es, dass zur Zeit dieses Marktzwanges immer viele und billige Fische auf den städtischen Märkten zu haben waren. Und es ist wol zu glauben, dass zeitweise sich die Dienstboten weigerten, mehr als 2mal in der Woche Lachs zu essen, obwol die angeblich in den meisten Städten Norddeutschlands hier- über erlassenen Verordnungen noch nirgends aufgefunden worden sind. In Simon Grunau's Preussischer Chronik, geschrieben anno 1526, finden sich folgende auf die Fischerei bezügliche Angaben: (Tract. I. cap. III.) § 1. Von namen und gesiechte der fischen in Preussen. „In Preussen, wie gesagt ist wurden, sein über 2000 see und vil schoener Hissender wasser, .... in weichin wassirn iss seindt viel gesiecht der fische und noch ihrer spräche so genannt: stüre, laxe, hechte, carpen, oele, czandis, czoppenn, morchen,1) thobiesfisch, inarzenen,2) porben,3) canthoi,4) braunfisch, zander, persken, hering, okeley, merschwein, sehunde, welsze, peisker, szmerlen, carussen, tobellen, caulhöxte,5) wolkog, lampre- denn, perske, caulperskenn, czigenn, grundele, grabbenn, crebisse, foren- neschen,6) blechin,7) pomochil, dorsch doraus, stinth, ellirchen,8) Steinbutten, schonen,9) neunaugenn, bressem, flundirn, quappen, kaulpersken, gysenn ploczenn,10) rapen, czearn,11) marenen, rothaugen, sleien, gisziezen, horne- fisch, morichen,12) meerspinnen." „Sonst bringt man ins landt treuge fische genant hausen, scholliken, rochen, rottscheren, bergerfisch, cablau, borgir öre,13) die hechte getreugett plateisen: so machtt man aus der pomochil mancherlei treugenfische, als flockfisch, rontfisch, creschentchin, stogfisch und bogkinne von heringk." und Capitel IV. § 1. Von was kauffmanschafft und handell sich die Preussen irneren. „Von fischen. Item man fürt aus Preussen mancherlei fische yn fessir gesaltzen, getreuget von oele, von stüre, von laxin, von beringen, von rontfischen und von bressem und diese nennt man stregfüsse von der stelle do man sie erst hott in der luft getreuget, und die Polen, die 1) ? 2) Haränen? 3) Barben. 4) Zander? 5) Kaulkopf. 6) Äschen. 7) Blei. 8) Ellritzen. 9) ? 10) ? 11) ? 12) ? 13) rottscheren, bergerfisch, cablau, creschentschin, flockfisch, stogfisch und borgir öre sind auf verschiedene Weise zubereitete Dorsche oder Schellfische. 286 Die Geschichte der Fischerei Slesier, die Lausitzer, die Behemen, die Merher und die Meixser sy füren und haben davon ihren nutz." In den Vereinbarungen über eine Landesordnung mit den polnischen Räthen auf der Tagfahrt zu Graudenz 1528 finden sich mehrere die Fischerei betreffende Bestimmungen. So werden die von Hans v. Tiefen nach 1490 erlassenen Verordnungen hinsichtlich des Pillauer Tiefes, der Artikel von 1521 über die Bestimmung der Fischpreise fast wörtlich wiederholt, ausserdem wird der Zärthenfang mit Jagdnetzen vor den Tiefen, der Gebrauch zu engmaschiger Netze untersagt, desgleichen der Export der Fische nach Polen ehe der Bedarf im Lande selber zur Genüge gedeckt ist. In der von Meckelburg herausgegebenen Chronik Joh. Freiberg's wird in Königsberg 1529 der Burggraf Hans von Bösen r ade als Karpfen- züchter genannt: „der oben genannte Burggraf machte etliche Carpen Teiche In den garten1) und macht den armen leuten gross und vil schar- wergk uff den hals mit Zeunen und Teiche zugraben, das och einer einen Reim an schreib an die Clafflobe, stunt ein gebewde am Molteiche2) hart vor dem Schlosse, do man gericht uff Sass, laut wie volgt: Und wer Bosenrat nicht geboren So weren die carpenteiche alle vorloren." Der Lausitzer Edelmann Caspar von Nostiz, der 1534 auf seinem Gute Arnsberg bei Kreuzburg Karpfenteiche anlegte, und der gewöhnlich als derjenige genannt wird, welcher die ersten Karpfen nach Preussen gebracht habe, mag wol der erste Privatmann gewesen sein, der sich mit Karpfen zucht beschäftigte. Als Beispiel der Zunftrollen lasse ich die älteste Rolle der Königs- berger Fischergilde folgen, dieselbe lautet also: Der Fischer Rolle 1538. „In Gottes Nahmen Amen „Diesz sind die gesetze der Fischer hie in der Altenstadt zu Königsberg die ihn die Rathmanne durch gutter einträchtigkeit und durch redlichkeit willen haben verlien und ihn die mögen wandeln oder nieder- legen wen sie wollen. „1. Zum Ersten den vier verstendigen Mannen die sie kysen zu allderleuten die ihn von dem Rathe gegeben werden, den sollen sie alle underthänig und gehorsam sein itzlicher bey seiner nachgeschrie- benen busze. 1) auf dem Münz platz oder auf Köiiigsgarten. 2) Schlossteich. in Ost- und Westpreussen. 287 „2. Dieselben ehegesagte älderleute sollen daran sein das alle diese nachgeschriebenen artickell und gesetze rechtfertiglich gehalten werden itzlich artickell bey seiner angezeichneter busze. „3. Und wer yr gilde gewinnen will so soll das par volkes geben drei gutte fl. Ein einlitscher mann giebt drey floren geringes geldes, und eine einlitsche Frawe die da Fische seilet die giebt 1 mr. ger. geldes. „4. Und ob es geschehe das diese nachgesagte vier 'Älderleute etwas anfuchte das sie under ihn nicht entscheiden können So sollen sie zu ihn bitten die zwene Rathmanne die ihn von dem Rathe verliehen sindt die sache zu entscheidenn können aber denne die sechse die sache nicht berichten So sal sie unverzogen kommen vor den Rath, wasz der Rath denne dazu spricht, dabey soll es bleiben sonder wiederrede bey der Stadt busze des Raths und der Companey eine calte wachs1). „5. Ein itzlicher der in dieser Fischer gilde ist, der mag freilich keuffen und verkeuffen allerley Fische die er vermag bezahlen, Jedoch soll niemandt von Fischern in keinerley Fische vorkauff thun es sey uff dem wasser uff der brücke oder auff dem Marckte, ehe wen der marckt gethan ist und der bothe sein Zeichen habe niedergelegt2) bey der busze dem Rathe und der Companey eine Calte "Wachs. Doch so mögen sie käuffen Stör, Lachs, Wels und Meerschwein. „6. Yortmehr soll niemandt anders uff der Fischbrücke loszen umb die Fisch tröge und um die Lachs bencke, wen dieser ehgenandten Alden- stadt einwohner und mitburger und die dieser Fischer gilde haben. „7. Auch soll niemandt keiner der diese gielde hatt geselschafft haben mit einem der die gilde nicht hatt bey einer Calte wachs busse. „8. Auch soll niemandt mit seinen Fischen stehen zu wasser werts, sonder sie alle sollen stehen an der mawer, alsz die tröge gesatzt sein, bey der Stadt busze dem Rathe und der Companey eine Calte Wachs. Auch soll niemandt faule Fische veil haben bey der Stadt busze dem Rathe, und der Companey eine Calte Wachs. „9. Vortmehr allerley treuge Fische soll mau veil haben uff dem 1) Nach Nesselmann Thesaur. linguae Prussicae p. 63 ist die calte Wachs ein Ge- wicht im Werthe einer Mark. Litauisch kalte = Schuld, Busse. 2) Ausführlicher heisst es in der Rolle der Elbinger Fisch käufergil de : „4. Süll der Brückenwärter uffstecken ein Panier auf die Brücke des Mittwochs, Frey tags, Sonnabends und alle Fastentage, dieweil das da stecket soll niemand mehr kaufen, denn zu seiner Nothdurft, es sey Bürger, Vorkauffer oder Gast bey Verlust eines Vierdunges und der Fische .... Und dieselbige Panier soll stecken bleiben des Winters ... bis dasz die Glocke 9 schlaget und den Sommer über . . . wenn es nicht fasteltag ist, bis die Glocke 8 schlaget und des Fasteltages bis zu 9 der Glocke." 288 Die Geschichte der Fischerei marckte und nicht uff der Fisch brücke bey der Stadt busze dem Rathe und der Companey eine Calte wachs. Auszgenommen frembde Fischer die umb diese Stadt nicht gesessen sein und die mit Schiffen herwerts kommen. „10. Auch soll kein Fischer oder Fischerinne vorkauff thun an Fischen vor der Stadt und uff der Stadtfreyheit bey der Stadt busze und der Companey eine Calte Wachs. „11. Vortmehr wen die Alderleüte die Companey bebotten, wer den nicht kombt der einheimisch ist der soll es büszen mit 11 groschen. „12. Und welch bruder bricht an einem älderman der bricht zwu Calten wachs davon nicht zu laszen. So viel bricht auch ein älder- man ab er erzörnet einen bruder oder eine Schwester mit worten oder mit wercken. „13. Und wer in der gilde den andern erzörnet esz sey Fraw oder Mann der soll es beszern mit zwen Calte wachs, davon nicht zu laszen, also dicke alsz man bricht. „14. Und wen die Alderleüte uffklopffen umb welcherley sache ess sey, wer denne bleibet sitzen, der soll geben eine Calte wachs davon nicht zu laszen. „15. Und wenn die bruder zusammengehen ihre gilde bier zu trincken, so soll ein itzlicher seine werth vor die alderleüte ufflegen bey einer halben Calten wachs davon nicht zu laszen. „16. Und wen ein bruder oder eine Schwester stirbt ausz der gilde, So soll von itzlichem par ein mensche kommen zur beygrafft bey sechsz Pfennigen busze davon nicht zu laszen. „17. Auch soll niemandt einen gaste in die gilde bringen er sey der gilde wirdig. bey einer Calte wachs, Und wer einen gast in die gilde brenget, der sal zu handt wen der gast in die gilde kümpt vor ihn geben sein gast geldt. „18. Yortmehr dieweil man das gilde bier trinckt, so soll ein itzli- cher bruder und Schwester dasz biergeldt bezahlen bey einer Calte wachs. „19. Wer darüber ausz der gilde freventlich gehet und sich mit den Allderleuten umb sein biergeldt nicht berichtet, der soll dasz bessern mit einer Calte Wachs davon nicht zu laszen. „20. Vortmehr haben wir alle gemeinlich gewilköret, Ist dasz ein bruder oder Schwester dieser gilde kranck wirdt, und in seiner kranck- heit nicht hatt zuverzehren dem soll man ausz der büchse leyhen einen halben firdung, darnach obs im noth thut aber einen halben firdung, wen in Ost- und "Westpreussen. 289 der genest oder stirbt, hatt er icht davon sali man den firdung bezalen batt er nicht so soll man ym den firdung erlassen in die ehre Gottes. „21. Vortmebr wieszet Wehm man giebt ein zeichen der soll sein bey der beigrafft, und wer dasz verschmeeht der soll geben eine Calte Wachs. „22. Man sol auch wieszen dasz man dasz gildebier zu Weyhe- nachten trincken sol drey tage und nicht mehr Und zu Sanct Johans baptiste drey tag und nicht mehr, Darzu sollen die Alderleute wachs gelt und bier geldt ufflegen gleich den ander gemeinen brüdern. Auch sollen die alderleute ,,23. Vortmehr von der brüderschafft wegen keine unkost thun, Sondern wen die am letzten tage ihre rechenschafft thun, so sal man yn eine maltzeit thun, und nicht mehr. „Diese vorgeschriebene Artickel sin dt gesatz und eingetragen bei des Raths gezeiten Earstan Hundschinder Bürgermeister, Arendt von Herwardt seyn Compan, Nicolaus Meier der Kirchen Stieffvater, Jacob Gerber, Heinrich Starcke, Johan Frankenstein, Vogt der Stadt Johan Westerfeldt, Kemerer Johan Treptow sein Compan, Wentzel vom Velde, Tiedeman Kimenhower vorweser dess Hoffs Sanct Jörgen. „Vortmehr sol man wieszen welch man sein Ancker erst feilet vor eine ladunge uff dem Habe vor ein garn, denselben soll kein Man er sey arm oder reich abtreiben von der ladunge, es sey mit biere oder mit brote mit gelde oder mit keinerley gäbe Wer das mit zwen biedermannen wurde überzeuget, der sal dasz dem Rathe beszern mit der Stadt bnsze und der Companey geben einen halben Stein Wachs, davon nicht zu laszen." „Vortmehr wer diese Fischer gielde wil gewinnen, der sal zu vor sein Bürgerrecht haben bey der Stadt buss dem Rathe. „Vortmehr wenn man von der gielde wegen Pferde kauffen sol zur reise in unser hern dienst von der Stadt wegen und des Raths gebott, So sollen die Vier alderleute zu yn nehmen vier der Eldsten von der gielde und die Vier marckt manne wasz die XII manne dabey thun da sal es bey bleiben. Desz gleichen wen sie die Pferde wider verkauffen so sollen die vorgenannten zwelff manne auch davor raten und dabei sal es bleiben sonder wiederrede." „Auch wen die Alderleute das Gildebier wollen kauffen so sollen sie zu yn verbotten die vorgeschrieben acht manne wasz die zwelff manne dabey thun von der brüder wegen, dabey sali es bleiben und nie- mandt daruff zu reden Bey einer Calte wachs. 1538." Bei der grossen Wichtigkeit, welche die Fischerei für sie hatte, 19 290 Die Geschichte der Fischerei nahmen im 13. und. 14. Jahrhundert mehrere Städte unserer Provinzen Fische in ihr Wappen oder Stadtsiegel auf.1) So waren auf der Fahne der Komthurei Schön see (Kowalewo), die in der unglücklichen Schlacht bei Tannenberg verloren ging, „zwei rund gekrönte und mit dem Maule und Schwänze einander berührende Fische" dargestellt. Lötzen führt 3 Bressen im Wappen, Pillau einen gekrönten, auf den Wellen schwimmenden Stör, Putzig einen Löwen, der auf einem Lachse steht. Ein altes Siegel der Stadt Mewe an einer im Stadtarchiv zu Thorn befindlichen Urkunde von 1450 zeigt eine Möwe, die einen Fisch im Schnabel hält, ein Stadtsiegel von Friedland an der Alle an einer Ur- kunde von 1440 zwischen Blumenranken einen von einer Adlerklaue gehaltenen Fisch und auf einem neueren Siegel von Fischhausen ist zwischen einem Schwert und Bischofsstab unten ein Fisch dargestellt. „Anno 1544,u erzählt Hennenberger, „hat der hochlöbliche Fürst Marggraff Albrecht . . . der erste Hertzog in Preussen eine herrliche Universität im Kneiphoff angerichtet' und derselben zahlreiche Freiheiten verliehen, z. B. „vor die Professores frey Fischerey im gantzen Pregel, mit allerley Zeug zu ihrem Tisch und Communitet, aber nichts zuver- keuffen." „Anno 1545 ist so viel Hering in Dantzk gekomen dasz man ein Tonnen vierteigen vol Herings für 2 groschen gekaufft hat," aber 1547 war er theuer, „eine Thonne Hering galt acht Gülden." Im Jahre 1552 verschrieb Markgraf Albrecht der Aeltere der Stadt Königsberg das Lachswehr bei Neuendorf. „. . . Yerleihenn vnd verschreiben demnach hiermit vnnd in krafft dieses vnnsers brieues für vnsz, vnsere erben erbnehmen vnd nachkom- mende herschafft Itzgedachtenn vnnsern lieben getrewen demRathe vnnserer Altenstadt Königsberg vnd iren nachkomlingen das Lachswere im Natan- gischen Pregell beim Newendorff gelegenn, mit aller vnd iderer herlickeit nutzung vnd gebrauch. In massen solchs vnnsere vorfaren, volgig wir, vnd die Jenigen denen wirs gegönnet, genossen vnnd gebraucht, hinfüro erblichen vnd zu ewigen getzeiten ohne menniglichs Verhinderung vnnd gleich andern der Stadt gutern zu Irem besten, zu besietzen zugenieszen Innentzuhabenn vnnd zugebrauchen . . ." Von 1557 berichtet Hennenberger: es „kamen im grossen Wasser viel Kaulbersken, das man solche Fisch mit Schurtztüchern, Sieben, und 1) Vossberg, Geschichte der Preussischen Münzen und Siegel. Berlin 1842. in Ost- und Westpreussen. 291 henden fieng, das nie erhört ist worden. Das Wasser war so gros das man in der Vorstadt, von der Zuchbrücken zum Haberkruge, mit Kähnen fahren muste." In dem Eecess der dreyer Städte Königsbergk den 25. Octobris anno 1566 und der Confirmation dieses Kecesses, „so F. D. (Herzog Al- brecht) und die Königlichen (des Königs Sigismund August von Polen) Herren Commissarien confirmiret anno 1567 den 20. Aprilis'' finden sich unter anderen folgende auf die Fischerei bezüglichen Bestimmungen: „Die Vorkeuffe der Fische haben F. D. offtmals verbotten, wollen es auch noch thun, und class den einwohnenden, vor frömbden, vornemlich der Fisch verkaufft, bestellen lassen, doch also, da der liebe Gott Fische genug, und ein ubrigs bescheret, den benachbarten so wol alls den ein- lendischen, umb ihr Gelt Fische gelassen. "Wo aber inn mangel der Fische jemand den Einwohnenden nicht wolte oder würde die Fische gönnen wollen, derselbe, so er darauff beschlagen, sol gestrafft werden. „Den Städten ist die freye Fischerey in "Wässern und Strömen, so- weit sie dessen gefreyet, nie gewehret, den miszbrauch aber, da sie den gantzen Strom, mit geleiten und anderm gezeug verstellen, können F. D. dem gantzen Lande zuschaden, nicht gestatten. „Alle Wehren in den Strömen sollen abgethan werden, es sey dann jemandt darüber privilegiret oder berechtiget. „Mit dem Störfange soll es hinfort also gehalden werden, dasz F. D. frey ungehindert den Stör, welcher mit F. D. Gahrne gefangen wird, nach ihrem gefallen, und wem sie wollen zu verkauffen .... Der frömbde Störkeuffer, so daraussen leit, solle sich an dem Stör, der mit F. D. Garn gefangen wird, genügen lassen." Ein Keutelbrief der Dorfschaft Passarge lautet: „Sigismund us Augustus Von Gottes Gnaden König zu Pohlen, in Keuszen und Preuszen Herr und Erbling „Albrecht Friedrich von denselben Gnaden Marggraff zu Bran- denburg und in Preuszen Hertzog „Wir haben nach Alter Gewohnheit Gegenwärtigem mit einem Keutel Von Ostern bisz Michaelis im frischen Haabe Zu fischen Vergünt und erlaubet, gegeben Zu Marienburg am grünen Donnerstage ao. 1571." L. S. L. S. Es stand aber die Keutelfischerei schon in jener Zeit im Eufe grosser Schädlichkeit und schon 1567 war sie (Libr. Priv. Pruss. f. 89 b.) ver- suchsweise für einige Jahre verboten worden und wurde durch einen Erlass des Königs Stephan von Polen vom 8. März 1578 für den unter polnischer Herrschaft stehenden Theil des frischen Haffes vollkommen ab- 19* g92 Ei«? Geschieht»? der Fischerei geschafft Es heisst in diesem Schrütstüok: „Stephanus D. G. rexPolonie . . . notum facimus, quod cum Qobis fide dignorum hominum atque Consiliariorum nostroram relatum esset, piscationis illud genus, quod ad capturam anguillarum Lnstitutum, in Habo Balgensi hactenus in usu fair. Keutel-Triffl rulgo vocant, perniciosum admodum reipublicae existeret, dum navibus Ulis keutelaribus subinde magna, tum pisciculorum tum seminis quoque oopia extrahitur et eliditur." Die Beschädigung der Fischbrut durch die Kautel sei so gross, dass der Nutzen der gesammtan Keutelfischerei den Schaden nicht aufwiege, den ein Keutel verursache. Poshalb .mos .... totum illud rotium ac piscatorae genus ex universo illo Habe removendum et exterminandum duximus.<; Und es wird somit dioso Fischerei bei Verlast derGefässe undGezeuge gänzlich verboten. Ausser dem Pachtzins hatten die Fischer auch Naturallieferungen an die Städte zu leisten, so entnehmen wir einer Elhinger Verordnung vom 29. December L578 aber die Winterfischerei folgende Stelle: „Die vierdte Tonne soll allerwege der Stadt abgesetzet und dem Vierdtner geliefert, von selbigem der Stadt zu Gutt verkauftet und alle Sonntag dem Herrn Fischmeister Beseheid gegeben werden." Aus derselben Zeit ist uns das Formular des Eides erhalten, wel- chen der Vierner, Vierdener oder Vierdtner zu leisten hatte: ,.l\ P. will treu seyn autV die Gräntze im Raab gutte Acht haben, dass ohne Zulass der Herren Bischmeistern niemand zu tischen sieh unterstehe, die Priken zu rechter Zeit autgehoben, und der Vierdte ohne ünterschleif gefalle, wenn auch die Hoptfisch nicht vorenthalten werden. Item Alles was.: in der Bischer Ordnung enthalten ist." In den Amts-Artikeln von IÖS4 begegnen wir Bestimmungen über die Fischerei, die sehen wiederholt getroffen worden und sieh in den spateren Amts-Artikeln immer fast wörtlich wiederholen. Es soll in jedem Amt ein Verzeichniss der Seen, Teiche und Fliesse, klein oder gross, mit Angabe der Grosso gemacht werden „und was ein jedes Jahr in die Teiche gesetzet, oder was es fischet und ertragen". So heisst es in einer Rechnung des Amtes Heilsberg vom Jahre 1587 unter anderm : l. Teiche sind bovin Amt 14. als.: l' bev gross certen lte zu - Karpen 2te zum strich, itzo ledig: 4 zu ramern. 3te besetzt mit S4 schock, 4te mit Pärss und hechten, 5te ist auszgerrohrn mit -00 schock, 6te ist Dicht besetzt; 3 zu Launau, 7te ist ledig, Ste sind Pärsze und hechte, Ote mit 100 schock Karpen; _ im Schloszfeld, lOte zum strich, Ute zu Karpen ; 1 zu Nos.:berg. der 1 Ute mit 100 schock Karpen besetzt von einem Jahre; ,:u Konakion, lote zum strieh. 14te zu setz Karpen. in Ost- und Westpreussen, 293 2. Seeh sind beim ambt (). als/ 1) Hlankenseeh, darauf wird 21/-.» woehe gefischet, 2) Sünsersee mit 1(> zögen,1) 3) Grossondorfsohe See mit 9 zögen, l) Bleichenbartsehe Sech mit L 2 zögen, 5) Kerwinsche Seeh mit 7 zögen, 6) Korscher Seeh mit l zögen. Weiter heisst es in den Amtsaitikeln von 1584: „Alle Flieszer und Ströme, »See und alle Fischeroy soll durchansz gantz und gar in Strich- und Leichs-Zeit verschonet, und mit niehten befischet und verstellet werden." ,,Was den A.hlfang und Ahlwehr betrifft, solches alles sol mit allem Flcisz, wie ofl't verordnet und befohlen worden, . . . bestellet . . . auch mit dem einsaltzen recht und wohl versehen werden." Auf eine „alte. ! . >s;} revidirte und vernenerte Fischer-Ordnung des Churischen Eaaves" wird in späteren Ordnungen Bezug genommen, es ist mir aber Dicht möglich gewesen, dieselbe aufzufinden. Von der Stelhin»' der damaligen Fischmeister giebt ein im Jahre 1585 vom Markgrafen Georg Friedrich dem Fischmeister zu Krakerofh verliehenes Privilegium Auskunft. Es heisst in demselben: „Von Gottes Gnaden Wir Georg Friderich Marggraff. . . .thun kundt vnnd bekennen vor vnsz vnsere Erben Erbnehmen vnnd Nachkommenden Herrschafft .... dasz Wir dem Ersamen unserm Pischmeister zu Krak- herorth vnd lieben getreuen Nickhel Jagenteuffel, in betrachtung seiner der vorigen Horrsehafft vnnd vnsz geleisten auch fürbasz tliiienden vlois- sigen treuen diennst willen .... mit zweyen in vnsorm Ambt Miimmel zwischen Schwentzeln vnnd dem Winnenberg gelegenen Pauergütloin . . . . welche beede guetlein in Alles Acht Hüben vnnd Sieben Morgen Inhallten zur Colmischen Rechten scharwerckhs.frey dergestalt zu uerleyhen vnndt zu uerschreyben zugesagt: das . . . vorberürter Nikhel Jagentenlfel seine Erben und Erbnemen jar järlichcn vnnd ein jedosz jar besonnder dreyzehen Marckh vier vnnd dreiszig Schilling .... zinsen vnnd da- nebenst auff seinen vncosten einen deutschen Mann vnnd eigen IJoth zur vffsicht der Ein kehle auch der Krakerorthschen Wieken vnnd Strömen daselbsten damit kein vnterschleiff gebraucht werden kan wie; es dann in allwege die notturfft erfordern thut zu seinen Lebtagen zu halten schuldig sein soll .... sich auch der Freyen Kischery im Kurischen Haabe zu gebrauchen Alles treulich vnnd vngeuehrlich. Zu Urkundt mit vnsorm anhangenden Secret besiegelt vnnd geben zur Königszberg den Siebenden 1) Züge sind die Stollen, an welchen das grosso Garn crfahningsmüssig gezogen weiden kann, ohne an Steinen, ilolz oder dergl. hängen zu bleiben, 294 Die Geschichte der Fischerei July Nach Christ] vnnsers lieben Herrn vnnd Seeligmachers geburtt Tau- sendt Fünnff hundert Achtzigck vnnd Fünff jähr. Georgius Fridricus Dux Prussiae m. p.a L. S. Nach der Steuerveranlagung, dem „Anschlags Zedel" von 1586, sollen, wenn von der Hube oder von 100 Mk. Vermögen 1 Mk. gegeben wird, zahlen: Ein Ahl Kasten 3 Mark Ein Ahlweer 1 „ Ein Fischer so See und Flieser gemietet, von jeder Mietemark 12 Schill. Ein Fischer am Pregel oder an Strömen . . 1 Mark Ein jedes Garn auff den Seen so die Fische zu verkauffen haben 3 Von jedem Sack und kleinen Gezeug ... 1 Schill. Die erste ausführliche Fischereiordnung, die mir vorliegt, erschien am 30. Januar 1589 unter dem Titel: „Ordnung, welcher maszen es mit der Fischerey auf dem Churischen Haabe, mit den Strömen, mit Lieferung des Zins-Fisches, Kauffen, Verkauffen, und Verfuhrung der Fisch, des- gleichen am Strand der See und Nahrung, mit gestranclten Gütern, Börn- stein, Fahung der Biber, Otter, der Höltzung, sowol mit der Anibts-Diener Zusieht und anderem gehalten werden soll." Sie zerfällt in 9 Artikel: 1) Ordnung der Fischerey des Churischen Haaves. 2) "Wegen der Fische, so Vermög F. D. Ordnung Anno 83 von den Garnen sollen geliefert werden. 3) "Wie es mit dem Verkauffen der Fische sol gehalten werden. 4) Sack-Fischerey. 5) Wie theuer die Fische sollen gegeben und verkaufft werden. 6) "Wegen der Kurischen Fischer, sonsten die Küchen -Fisch er genannt. 7) "Wegen der Kawner (d. h. Kownoer) so Fisch kauffen, und sonsten von Fuhr-Leuten. 8) Wie sich die Garnmeister und Fischer-Knechte verhalten sollen. 9) Folgen sonderliche Articul, darüber F. D. nichts weniger ernstlich wollen gehalten, und hierdurch männiglichen für Schaden gewarnet haben. Es werden in dieser Ordnung die schon früher erwähnten Be- stimmungen wiederholt, das Fluchen, Schelten und Schwören, Fischerei am Sonntag, Kauf und Verkauf während des Gottesdienstes verboten. „Der Burggraff von Rositten, und sonsten ein jeder Fisch-Meister in Ost- und Westpreussen. 295 hat seine habende Instruction in guter Acht zu halten, und so es von Nöthen, den Land-Vogt, Haubt- und Ampt-Leuthe urab Hülfe anzuruffen". „Es hat ein jeder Fisch-Meister lauts seiner Instruction, auf seine befohlene Ströhme, dasz dafür nicht gefischet, gestellet, und also dem Eingange der Fische gewehret werde, gute Aufsicht zu pflegen, wird jemand darüber beschlagen, soll Schiff und Garn genommen, und ohne Erlegung 6 Mark Straffe nicht wieder gefolget werden." Mehrmals werden die Fischmeister von Krackerorth, Labiau und von der Russe (Russ) erwähnt. „Mit Schrilen, Singen, und Ohlwadten soll keinem ohne Erlaubnisz seines Ambtmanns zu fischen (doch durchaus niemanden im Strich oder fürn Ströhmen) gestattet, das Pumpen aber bei der Fischerey bey drey Marck Straff vermiedtet werden." Es wird ferner verboten, ungewöhnlich engmaschige Medritzen an den "Windegarnen zu haben, Qaäste zu legen, Sacksprieszen (Pricken) ledig stehen zu lassen, mit dem Windegarn während der Streichzeit zu fischen. Auf die Consignation der Gezeuge und richtigen Eingang des Pachtzinses soll strenge gehalten werden. An die Herrschaft sollen nach Königsberg zur Winterszeit 40 Schock Quappen und von den Fischerdörfern je 1 Schock Hechte („der einer unter einer Elen lang nicht seyn soll") oder 1/2 Schock Hechte und 2 Schock Bressen geliefert werden, „je ein Hecht für 2 Schilling und ein Bressen für einem Schilling." Diese Fische sind auf der Post nach Post- nicken und von da nach Königsberg zu schaffen und es soll ein Mann von Russ bis Postnicken und einer von da bis Königsberg mitgehen, die „mit auffrischen, und anderm Fleisz also zusehen sollen, das die Fische soviel immer möglich, lebendig und frisch zur Stelle gebracht werden mögen," dafür denn F. D. jedem jährlich 5 Mark zur Besoldung geben lassen wollen. F. D. und die Spitäler haben den Vorkanf von allen Fischen, dann der Landmann für seine Haushaltung, darauff erst die Schiffer und Fuhrleute „so auf Gewinnung kaufen". In Artikel 5 werden die üblichen Masse genannt 1 Raum = 11/2 Ausschlag = 71/2 gehäufte Scheffel. Auch werden die Fischpreise festgesetzt und zwar: 1 Raum der besten Bressen und Zander nicht über 71/2 Mark dto. geringer Fische (Ziegen, Plötzen, kleine Zander) 4x/2 „ „Ein frischer Heubt Bressen lebend oder todt .... 1 gr." Artikel 6 verordnet, dass die aufzubewahrenden und in den Handel zu bringenden Fische gehörig getrocknet resp. gesalzen, richtig gezählt und verpackt werden und dasz jeder seine Tonnen mit seiner Marke be- 296 Die Geschichte der Fischerei zeichne. Die Fischmeister haben sich des Fischhandels gäntzlich zu ent- halten etc. Man sieht hieraus, dasz manche der wesentlichsten Bestimmungen unse- rer Fischereigesetzgebung schon damals gültig waren. Ton den Fischerei- verhältnissen seinerzeit, gegen Ende des 16. Jahrhunderts, machtHennen- b erger verschiedene Mittheilungen, von denen ich einige hier anführe. „Anno 1590 für Ostern fieng man im Pregel mit kleinen Keschern und Sieben, die fisch Kaulperszken genant, hauffenweis, das die armut Trachtenweis dieselbigen verkauffte." „Anno 1595 war den gantzen Winter über gar geringer Fischfang auf beiden Haffen, und sonderlichen auff dem Curischen, wurd fast nur Stinde und gar kleine Kaulperszken zu Marckt gebracht, und sehr tewer gegeben, konten auch für dem grausamen tieffen sehne auf dem Eyse nicht wol fort kommen, als sich aber der sehne was gesetzet, hat Gott reichen segen gegeben, in einem zug gegen Rossitten 2 meyl über, da sie in einem zuge für 1200 Marck Fische gefangen haben, sein fast eitel Zigen gewesen, haben den Rhaum .... für drey Marck gegeben, auch wol mit Ketschern ungemessen den Leuten eingeschütt. So kann der Herre segenen, wenn wir nur from weren. Diesen zug sollen 2 Pawren gethan haben von der Sarkaw, so abgebrant gewesen." „Samlandt ist auch sehr Fischreich, und bespeiset nicht allein die umbliegenden Lender damit, sondern es werden auch viel Fische einge- saltzen, oder getreuget, und in frembde Lender geführet. So bringets F. D. viel ein.u „Olaus Magnus sagt das die Porpein (Perpel) . . . mit groszen hauffen, zu seiner Zeit in Preuszen, bey der Balga und Lochstetten gefangen sein geworden. Welches denn jetziger Zeit kein wunder ist, denn man gen Königsperg auch gantze Bött vol auffgetreugt zu kauff bringet." „Banaw fl. . . . in welchem flies man Fohren und Eschen findet." „Athmath . . . hat oben eine grosze wehre, darienen man viel Lachsse fenget." „Angerburg hat gar einen herlichen Aelefang, denn alda zwo Schleusen sind, und unter einer jeglichen ein Aelekasten, die sein grosz, und von grobem Holtz vierkandig gesatzt, da man auff den Abend ein Fenster oder schützen aufzeucht, und frey Wasser lauffen lest, mit dem der Aele in die Kasten fallet, das Wasser durch kleine löchlein ausfeilet oder ausfleust, und der Ael darinnen bleibt, des morgens wenn man schützt, und irgents ein gutte finster nacht gewesen, besonderlichen wenn es mit gedonnert hat, findet man etzliche fasz vol Ael darinnen, ohne Wasser liegen." in Ost- und Westpreussen. 297 /; Das ist genau dieselbe Fangweise die noch jetzt an vielen Wasser- mühlen für die zur See wandernden Aale angewandt wird. Dass aber auch die Missbräuche der heutigen Fischer hinsichtlich des Fortfangens der Laichfische schon damals in gleicher "Weise wie heute gäng und gäbe waren, ersehen wir aus der folgenden Stelle über den Wystittensee, von dem es bei Hennenberger heisst: „Ein herrlicher schöner und klarer See an Littawen .... und hat dieser See gar wohlschmeckende Pressem. Es hat dieser See auch einen feinen bequemen ort zur Pressem leiche, do ungefehrlicben das Wasser eines halben Mannes tieff ist, mit biesem bewachsen, wenn die Pressem nun streichen, oder leichen wollen, treten sie aus dem See, in denselbigen ort, da sie vom Biesem eine schöne bequemigkeit haben, dann sonsten der See rein ist, wenn man sie nun darinnen vermerckt, kau man das ort gegen dem See, mit Schützen fein leicht versetzen, das nicht mehr Wasser folgt. Hierwerts her hats einen Ablas, do man denn eine Schützen auffzengt, do entgehet ihnen das wasser, daz man also, die herrlichsten Wildmis Pressem, mit Henden, grosse hauffen auf- lesen mag." Auch Hennenberger giebt ein Yerzeichniss der ihm bekannten Fische in Preussen, die nicht alle mit voller Sicherheit bestimmbar sind, theilweise auch gar nicht zu den Fischen gehören. „Mancherley Fische so in Preussen gemein, und allda gefangen werden.'1 „Ael Wildnis Ael Aelruppen Aland Barbe Braunfisch Charussen Dobeln Elleritzen Eschen Flundern Foreln Rote Foreln Giben Gisen Gisitzen Geseritz Hering, Strömling Hessling Hornfisch Hechte, dreyerley Mertzisch Hecht Gras Hecht Pocken Hecht Krabben Krebs Karpen Kaulperske Lachse Lachsfahren Murenen Müller1) Meerschwein Mulckus2) Neunaugen Perszken Piszker Plötzen Pomocheln Porpein Pressem Quappen 1) Der Kaulkopf? 2) Mulckus = malkis, Stint? 298 Die Geschichte der Fischerei Rappen Steinbutten Uckeley Rotaugen Steinpiszker Waalfisch Schleyen Stindt Weissen Schmerling Steckbötel Zande Schneppel Störe Zerten Seehanen Tabellen Zigen Seehunde Tobiasfische Zoppen" Eine Beschreibung Hennenberger's „Von der Winter Fischereyen in diesen Mitnachtischen Lendern" lasse ich hier folgen, weil sie zeigt, wie unser Wintergarn in ganz gleicher Weise wie jetzt, schon zu Ende des 16. Jahrhunderts, und wahrscheinlich schon viel früher angewandt wurde. „Zu Winterszeiten wenn alle Teich vnd See wol zugefroren sein/ Ist in diesen Mitnachtischen Lendern die beste Fischerey. Denn in allen Seen und Teichen wissen sie wo die besten Züge sein/ so nicht haffte haben' da hawen sie dann eine gute vierkantige Wuhne/ oder Loch durch das Eisz/ darnach vff beyden Seiten hawen sie widerumb kleine Wuhnen weit herumbher nach dem Lande werts/ so weit von einander/ dz man sie mit einer zimlichen langen Stangen von einem Loch zum andern erreichen mag. Wann sie fast nach dem Lande werts kommen/ lencken sie sich mit den kleinen Wuhnen zusamen/ wenn sie schier zusammen gekommen/ also das sie mit der langen Stangen einander ab- reichen mögen/ haben sie in der mitten widerumb eine grosse Wuhne oder Loch gemacht/ das Garn allda aus zu nemen. In der Ersten und grösten Wuhnen gibt man ein/ Erstlich die lange Stangen/ auff jegliche Seiten eine/ daran seind lange Bastene starcke Leinen/ die wie an die flügel des Garns gebunden sein/ Auf jeglicher seiten hat einer eine Gabel/ oben daran ein Creutz/ damit er sie unter die Arme fasset/ mit dieser scheubet er die Stange von einem Loch zum andern/ Yorn aus gehet einer der hat ein gar krummen Haeken/ und vorn ein Nagel daran/ wo die Stange nicht recht zum Loche kompt/ suchet er sie mit demselbigen Haeken und bringet sie damit in das Loch das sie der ander mit der Gabeln zum andern Loch weiter fort schiebe/ Hinter diesem seind andere so umb das ander Loch die Strenge und das Garne nacher ziehen/ welchs uff beyden seiten geschiehet/ bis sie zu der letzten unnd andern grossen Wuhne kommen/ da ziehen sie eines nach dem andern heraus/ bis sie endlich das Garn auch heraus ziehen. Darinnen man offtmals gar gute und eine grosse Menge Fische fehet/ Und ist dis die beste Fischerey." Von ganz besonderer Wichtigkeit war Wcährend des 17. und im in Ost- und Westpreussen. 299 Anfange des 18. Jahrhunderts der Störfang, der namentlich bei Memel, Pillau und Danzig meistens an englische Pächter oder Arendatoren ver- geben wurde, die den Stör kochten, marinirten und grösstentheils nach England ausführten. Diese Pächter wurden hinsichtlich des Störfanges durch zahlreiche Edicte und Patente geschützt, die Fischer mussten alles vermeiden, was den Zug des Störes hindern konnte und gefangene Störe zu billigem Preise den Störpächtern abliefern. Da aber auch die Städte sich immer beschwerten, sobald sie nicht zur Genüge mit Stör versorgt wurden, so begegnen wir fortwährenden Klagen der Betheiligten und ebenso vielen Verordnungen, welche diesen Klagen abhelfen sollen. Die älteste mir vorliegende Verordnung dieser Art von Kurfürsten Georg Friedrich ist datirt vom 10. Mai 1600 und es heisst in derselben: „Wasz dan auch die Versorgung unserer Stadt Königsbergk mit Stör belanget, zu dem ist dem Störhendler in seinem Contract mit einverleibt die Städte zur notturfft darmit zuversorgen, Wie dan albereit vor dem und nur unlengst wieder, als geklaget, das es nicht geschehe, solches dem Störhendler verwiesen und zum uberflusz bevohlen die Stadt zuversorgen, wie dan auch die Anordnung geschehen, das wöchentlich die notturfft zu margkt gebracht, und nicht allein derwegen bey unser Kuch sondern nochmals auch beim Bürgermeister in der Altenstadt die ansag ge- schehen soll." Aus dem Landtags Abscheide vom 2 April 1618 führen wir fol- gende Stellen an: ,,3. Dasz der Dorsch und andere Fische nicht nacher Dantzig Elbingk und an andere Ort so häuffig vorführet werde, es sey dann vorhero die Stadt Königsbergk zur genüge versehen." „Die umblauffenden Jungen Knechte," die nicht arbeiten wollen, sonder sich „uff unverantwortliche Handthirung legen" sollen verhaftet und gestraft werden, etc. Im Archiv der Stadt Elbing finden sich mancherlei Verordnungen, welche über die Fischerei, die Fischmärkte und Fischereiaufsicht des 17. Jahrhunderts interessante Aufschlüsse geben. So liegen aus den Jahren 1601 — 1610 eigene Schmerlenfänger-Ord- nungen vor, welche den Unterthanen von der Kanzel vorgehalten werden sollten. Es heisst darin u. A. : „Nachdem etliche jähr hero durch das ungebührliche Lachsfahr- und Schmerlen fangen .... grosser Schade dieser Stadt zugefüget worden, In dem .... die Mühlenteiche sehr ver- sandet .... der seegen Gottes an saamfischen jedesmahl aufs Land ge- worfen und mit Sünden verderbet wird . . . alsz hat E. E. R. für nöthig befunden diesem Schaden vorzukommen und über den Lachsfahr- und 300 ßie Geschichte der Fischerei Schmerlenfang nachfolgende Ordnung zu machen und den Unterthanen, wie auch den verordneten Schmerlenfängern gewisse Articul vorzuschreiben. „Es soll sich kein Partner oder Dienstbote des Schmerlen- oder Lachsfahrenfangens in der Stadt freyheit anmaszen bey Verlust des Hamens, der Fische und vier mark ann Geld . . . Hette er das Geld nicht, soll er vier Tage im Stock dafür liegen." Es wird verboten zum Zwecke des Schmerlenfanges Dämme in den Bächen zu machen und aus den abgedämmten Theilen mit Schaufeln das Wasser auszuwerfen, weil dadurch ein Versanden der Mühlteiche beför- dert und die jungen Fische vernichtet werden. Um eine bessere Aufsicht zu ermöglichen, sollen im Stadtgebiete nur der städtische Deichwärter und vier „verordnete'1 Schmerlenfänger den Schmerlenfang allein mit Hamen betreiben dürfen. Die Schmerlen- fänger müssen eidlich geloben, den verschiedenen Artikeln nachzuleben, Uebertretungen werden mit Verlust der Berechtigung, des Geräthes, der Fische und willkührlicher Geld- oder Thurmstrafe bedroht. Sie müssen mit ihrem Fange „bey dem Pfeiffenborn umb billigen preisz markt halten" und dürfen die Fische nicht ohne Erlaubnisz des Wettherren von der Stadt fortbringen. Beobachtete Contraventionen haben sie dem Herrn Landrichter oder Aussenkämmerer ungesäumt anzumelden „da sie dann die Helfte der Strafe und Gefeile, oder, da wegen Armuth des Verbrechers nichts gefallen möchte, dennoch von den Herren, da sie es angemeldet, eine Verehrung gewertig sein sollen." „Zur Recognition solcher freyheit sollen sie zusammen für dieses Jahr und zukünftigen Sommer dem Herrn Landrichter 30 schock und dem Herrn Aussenkämmerer auch 30 schock grosse Schmerlen der Ober- keit zu vertheilen, einliefern." Aus derselben Zeit liegt mir ein von der Stadt Elbing mit dem damaligen Störpächter geschlossener Contract vor. „Wir Bürgermeister und Rahtmanne der Stadt Elbing thun hiemit nach Standes gebühr denen es zuwissen nöthig, kundt, dass wir aus reiffem wollbedachten raht dem Erb. Johann Lambert, unseren Mitbürger ver- gönntt undt zugelassen haben, wie wir auch krafft dieses vergönnen und zulassen, das er sich der Gerechtigkeit, so uns zufuhren des Störes auff dieser Stadt erblichen wassern zustehet, von unseretwegen gebrauchen möge, also undt dergestalt, dasz er masz, macht und gewalt haben soll, solchen Störfang durch sich, seine Fischer und Gesinde auf dem frischen Nogatt, an welchem ort es ihme bequem und gefeilig sein wirdt, (doch bei unserer Stadt grentzen) mit einem oder mehr treibegarn oder auch so es sich künftig wird wollen thun lassen im Habe längst dem Lande mit stehenden Garnen in üst- und Westpreussen. 301 forsteilen möge, woran er weder durch unsere Unterthanen, noch durch sonst jemandes soll gehindert noch gewehret werden; desz soll er jährlich auf Michaelis uns undt unserm verordneten Fischmeister zu Zinsen und zu geben schuldig sein Hundert und achtzig Mark üblicher Landeswehre; Vor welchen zins dann alle seine (Jütter jure specialis Hypothecae haften sollen. „Auch soll er schuldig sein, alle Störe so er fangen wird nirgends anders hin zuverkauffen, sondern alle und jede bey die Stadt zu bringen, und wöchentlich, solange der fang dauert, gemeiner Bürgerschaft zu glitte den Fischmarkt zwey Fischtage zu versorgen und nach erkenntnisz des Erb. Rahts etliche stück durch die seinen oder andere Fischkeuffer aufzu- hauen, die andern aber sieden zu lassen, auch soll er alle Karpen so mit dem Störgarn gefangen werden möchten, unserm verordneten Fischmeister abgeben. Undt so irgend verschwiegen würden, dieselbte mit drey Haupt- stören gelten und büszen, womit doch dem Gesinde der eszfisch nicht entzogen sein soll; desz soll ihm zur beförderung solcher fischerey zu den Störbuden frey strauch und brücken zu auffheuffung der garne wie auch freye stangen zu spregeln aus dieser Stadt wälden von unsern Auszenkämmern und lanclrichtern gepfleget werden. Undt soll diese miete undt Vergünstigung so lange dauern, so lange er Johann Lambert seinen zins richtig und vollkömmlichen ohne seumniss ablegen wirdt. In entstehung aber dessen soll und will E. Erb. Raht an diesen Con- tract ferner nicht gebunden seyn, sondern mit dem Wasser und Störfang ihres gefallens zu der Stadt besten zugebahren befuget und mechtig sein. „Urkundlichen mit der Stadt Insie^el wissentlich bekräftiget Actum Elbing, d. 19. Monats Tag Januarii Im Jahre tausend sechshundert und elfP." Im Landrecht des Herzogthumbs Preussen publicirt 1620 heisst es im III. Buch unter Articulus III. Von Fahung der Thier/ so sich in den Wassern aufhalten/ als Fischen/ Krebsen etc. „dasz vor klein zeug gehalten werden sollen, Allerhand Garn, dabey zwo Personen oder weniger arbeiten/ oder fischen/ als da seynd Kieppen, Handwaten, Stacknetze, Hahmen/ Wurffangeln/ Reusen/ Säcke vnd der- gleichen." In § 1 wird die Verstellung der Ströme verboten, die Priviiegirten sollen die Wehre so machen, dass die Schifffahrt nicht gehindert wird und die Fische ziehen können. Nach § 2 ist die Fischerei im Meere frei. In § 4 wird in Flüssen, Bächen und Seen, die mit „eigenthumb- licher Gerechtigkeit einem andern zugehörig seynu die Fischerei bei 10 Fl. ung. verboten. Dieselben Bestimmungen finden sich auch in dem Landrecht vom Jahre 1721 P. IL Lib. HI. Tit. I. artic. IH. wieder vor. 302 Die Geschichte der Fischerei Im Jahre 1621 schrieb Caspar Stein, med. Lic. seine Memorabilia Prussica, die später in den Acta borussica (Bd. I. 1730) abgedruckt wurden. Er beschreibt in seinen Aufzeichnungen die Winterfischerei auf dem frischen Haffe, bei der mitunter 100 und mehr Tonnen Fische gefangen würden, und namentlich auch das Verfahren bei der Zubereitung des Störes in der Störbude zu Alt-Pillau, wo der Fisch marinirt und sein Rogen zu Caviar verarbeitet werde, den man nach Frankreich, England, Litthauen und Russland ausführte.1) Eine „Neue revidirte Haab- und Fischerordnung des Hertzogthums Preuszen" wurde am 20. März 1640 für beide Haffe und die Ströme erlassen. Dieselbe ist der von 1589 im Wesentlichen gleich und ent- hält auch Angaben über den Pachtzins, den die verschiedenen Garne zu entrichten haben, und über die Fischpreise. Es zahlte demnach Ein Wintergarn 20 Mark, 1/2 Schock Hechte und 2 Seh. Bressen. Ein kleines Wintergarn oder Stintgarn 10 Mark, 6 frische Lächsse Ein Windegarn im Frühjar und Herbst je 10 Mark, im Sommer 2 Seh. Bressen, */2 Seh. Hechte. Ein churländisch Garn 10 Mark. Ein Keuttel 20 Mark und 72 Fass Aal. Kahnsäcke von jedem Sack im Frühjahr und Herbst je 5 gr. und vom Kahn 60 trockene Plötze. Andere Säcke jeder im Frühjahr und Herbst je 5 gr. Von jedem Schock Säcke in Frühjahr und Herbst je 1 Schock Bressen oder Zander. Ein Windcartellgarn 15 Mark und Y2 Schock Hechte Ahlwaten 10 Mark und J/4 Easz Aal. Es werden alsdann folgende Preise für die Fische festgesetzt: 1 Tonne beste Fische (Bressen und Zant) 5 Mark, (im Strich 21/2 Mark). 1) In Alt-Pillau .... aedicula Stoerbud et captura Acipenseris et Sturionis, Stoerfang, inemorabilis, quae ex gratia Principis, pro certa peeuniae summa annua civi EegiomoDtano nunc concessa. Hie piscis Acipenser . . . mense Aprili et septembri, in mari Balthico et Habo Prutenico capitur et in hac aedicula in frustra scinditur, et prop- ter mollitiem libris ligatur, ac cum sale in aheno coquitur, et cum in scamno refrixerit, in doliolis reponitur, acetoque vini conditur et in Angliam defertur. Pinguedo vero sturionis, quae Thran vocatur. inter coquendum ex aheno per fistulam effluens separatur et sutoribus ad praeparationem coriorum venditur. ßlateria spermatica vel ova sturionis, quae Reegen vocantur, ab intestinis abraduntur, sale consperguntur et aromatibus prae- parantur atque ab Anglis, Gallis, Lithuanis, Ruthenis aliisque populis pro eduliis deli- catis simul apponuntur. Vulgo etiam his ovis praeparatis panem illinunt et sie co- rnedunt." in Ost- und Westpreussen. 303 1 Tonne geringe Fische (Ziegen, Plötzen) 3 Mark. 1 Fasz beste gesalzene Aale 36 Mark. 1 Fasz Pökelzante 18 Mark. 1 Fasz ges. Hecht und Bressen 12 Mark. 1 Schock Dorsch von Ostern bis Jacobi 12 gr., von Jacobi bis Michaelis, „was etwan grober Fisch were, so ufm Hauschnur gefangen wird" 18 gr. Gefangene Lachse sollen dem Fischmeister gebracht und billig über- lassen werden. Die Krüger und Händler dürfen keine Lachse aufkaufen, „weil solche allein vor die Herrschafft gehören." Endlich wird die Abhaltung regelmässiger Fischmärkte an bestimm- ten Wochentagen für eine Anzahl von Dörfern am frischen Haff ange- ordnet, damit die Einwohner Gelegenheit haben sich mit Fischen zu ver- sorgen und nicht alle Fische durch die Händler (Kupscheller) ausgeführt werden. Yom Anfange des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts treffen wir in den Akten auf fortwährende Beschwerden der Sackfischer über die Keutelfischer und umgekehrt und viele Kescripte wegen der Ausübung der verschiedenen Fischereien. Ganz richtig behaupten die Sackfischer „inmaszen wann der kleine Zant und andere Samen gerühret, und wol eine halbe Meil mit dem Keutel im Wasser herumb gezogen wird, er weil er noch zart ist, da- durch im Kopfe verkrüselt, abgemattet wird und also nothwendig sterben und zu nicht gehen musz." Ferner „dasz die Keitelfischerey von Tage zu. Tage stärcker wird, da ehemalen nur einige Keuttel gewesen, jezo in Rosenberg 19 und in Passarge 40 Keuteln sind; ja es giebt junge Fischerknechte, die bey der Sack- und Nezfischerey nicht dienen und gutes thun wollen, sondern denen das Faullenzen und herumbschwerenn aufm Wasser besser gefällt, selbte schaffen Ihnen expree ein Gefäsz an, und gehen der Keutelfischerey nach, welches zu desto mehr unwieder- bringlichem Schaden gereichet." In einem Elbinger Schriftstück vom Jahre 1642 heisst es: „Und obschon diese Fischerey der anderen Herbst-, Winter- und Vorjahrs-Fischerey groszen Schaden und Abbruch gethan, so ist sie doch stark fortgesetzet, weil sie dem Schlosz Marienburg groszen Nutzen ge- bracht. Denn es hat ein jeder, der mit Keuteln fischen wollte, einen Zettel deszwegen von dem Schlosz Marienburg nehmen, und dieselben wohl bezahlen müssen . . . Und hat diese Stadt selber, wenn sie sich der Keutel auf Ihrem eigenen Wasser gebrauchen wollen, von Marien- burg müssen Frey-Zettel holen lassen." 304 Die Geschichte der Fischerei In einem Schreiben des Elbinger Raths an den Kurfürsten vorn 22. Mai 1642 heisst es: „Dass das ganze Hab mit vielen solchen Garnen von einer Seite zur andern, dasz Vorjahr und den Sommer über, gleichsam durchpflüget und wegen der wenig Ahl, so auf diese Weise erjaget werden, ... bei 40, ja 50 Tonnen Saamen-Fisch ersticket, vernichtet und todt über bort ge- worfen werden." Und dasselbe wird in einem Schreiben vom 30. September desselben Jahres dem Ermländischen Domcapital vorgestellt: „Denn wie glaubwürdig berichtet worden, dasz von einem Keutel- fischer in einem Jahr bey 40 . 50 Tonnen Saamenfisch über bort ge- worfen und zu nicht gebracht werden, wie sie selbsten solches nicht in Abrede sein wollen . . . Woraus leichtlich der Schlusz zu machen was vor ein unermesslicher Abbruch und Schaden an dem Saamenfisch jähr- lichen auf diese Weise geschehen muss." Bei allen Tagefahrten wiederholen sich die Klagen über die Keutel wegen Zerreissens der Netze und Säcke, Abbrechens der Pricken, Fort- schleppens der Säcke und des Gebrauches zu enger Maschen. Unterm 3. October 1630 bestimmt denn auch Kurfürst Georg Wilhelm, dass die Keutelfischer genau ihre Grenzen innehalten, nur von Ostern bis Michaelis fischen, sich aller Beschädigungen der Netze enthalten und wenn sie durch solche Wasserstrecken fahren, in denen sie nicht keuteln dürfen, ihr Garn am Mäste aufhängen sollen. Auch wegen des Strebens und Jagens, des Legens von Aalquästen und des Fischens in der Schonzeit liegen uns aus jener Zeit zahlreiche Beschwerden und Bescheide vor. Im Kirchenbuch von Inse befindet sich eine Notiz, welche beweist, wie fest die dortigen Fischer noch im 17. Jahrhundert an alten abergläubischen Gebräuchen hielten, die mit dem ehemaligen heidnischen Gottesdienst zusammenhingen. Zwischen Inse und Tawe stand eine uralte, schon ab- gestorbene Eiche, an welcher die Fischer regelmässig kleine Opfergaben niederlegten, um einen guten Fang zu machen, bis sie im Jahre 1636 auf den Befehl des damaligen Pfarrers durch fremde Leute gefällt wurde. Im Folgenden geben wir die Abschrift eines im Kgl. Archiv zu Königsberg befindlichen Keutelbriefs oder Keutelpasses aus der Mitte des 17. Jahrhunderts: „Gegenwärtigem Fischer Hansz Kallhorn ist vor dieses mahl ver- gunnt und zugelassen worden mitt einem Keuttelgarn so lang dasz Wasser offen bleibt offm frischen Habe zu fischen doch mitt dem Bescheid das Er wöchentlich Ein Achteil frische Fische in unsere Küche allhie zu in Ost- und Westpreussen. 305 liefern, sich auch der Küchenzüge unndt anderer vorbohtenen wasser zu enthalten soll schuldig unnde vorbunden sein. Uhrkundlich mit Sr. Ch. Dcht. Secret bekrefftigett. Geben Königsperg den 7 Februarii Anno 1642 L. S. Bernh. v. Koenigseck. Fabian v. Ostau. Asv. Brand." Vom Jahre 1664 liegt mir eine Abschrift von der „Information des Herrn Fischmeisters1' von Elbing vor. Dieselbe ist ziemlich umfangreich und zerfällt in drei Abschnitte, nämlich: 1. Herrn Fischmeisters Jurisdiction, 2. Hern Fischmeisters Ambts Verwaltung und 3. Herrn Fischmeisters Accidentien, welche letztere einen recht beträchtlichen Zuschuss zu seinem Gehalt bilden. Es folgen dann noch Bemerkungen über die wöchentlich von den Fischdörfern der Stadt zu liefernden Fische, die den „Herren, den Secre- tariis, wie auch dann und wann den Herren Prädicanten" vertheilt werden. Eine Nachweisung der im Jahre 1645 so vertheilten trockenen Lachse findet sich ebenfalls bei den Elbinger Acten: „Jungfersche haben ao. 1645 kurtz vor Zufrost an treugen Lachsen geliefert 220 Stück, sind vertheilet wie folget: 4 Herren Bürgermeistern zu 6 Stück 24 Herrn Fischmeister 6 11 Herren des Eaths zu 4 Stück 44 Herrn Syndico 3 2 Stadt Doctorn zu 2 Stück 4 Herrn Rectori 2 3 Predigern in der Stadt zu 2 Stück 6 3 Predigern als Polnische, St. Annen und h. Leichnam 3 6 Secretariis zu 2 Stück 12 Amtsschreiber und Copist zu 2 Stück 4 Stadt Pfeiffer, Barbier, Maurer, Zimmermann, Stadt Glöckner ä 1 Stück 5 Doctor ex off. und Organist jedem 1 Stück 2 2 Bauknecht jedem 1 Stück 2 Herrn Vogt 2 Koch, Brückenwärter und Post Reuter ä 1 Stück 3 2 Vorjäger ä 1 Stück 2 Obrist- Reut. Diener 2 8 Einspännige jedem 1 Stück 8 4 Wald Knechten ä 1 Stück 4 9 Lauff Diener ä 1 Stück 9 Latus 147 20 306 Die Geschichte der Fischerei Transport 147 Herrn Auszen Kämmerers und Herrn Landrichters Diener jedem 1 Stück 2 Thurin Wächter 1 Banmschlüszer 1 Summa 151 Noch dem Baumschlüszer 1 Stück und 1 dem Stadtapotkeker 1 Stück 1 Die übrigen bleiben zum Vorrath auf Keisen und freyen Stationen frembder Vornehmer Herren." In ähnlicher Weise wurden in demselben Jahre vertheilt 25 Viertel- tonnen Aal, 90 Schock Neunaugen, 21 Stück Störe, abgesehen von den gewöhnlichen Fischen. Von ganz besonderer "Wichtigkeit war gegen Ende des 16. und im 17. Jahrhundert der Störfang, der namentlich bei Memel, Pillau und Danzig vielfach von fremden Pächtern betrieben wurde. Nach den Pillauer Pfundzollbüchern wurden allein von dort jährlich bis mehrere tausend Tonnen marinirten Störes versendet. Es liegt uns eine Menge gedruckter Edicte und Patente vor, die, zum Anschlage in den Aemtern und zur Verlesung von den Kanzeln bestimmt, bei hoher Strafe jede Beeinträchtigung des Störpächters verbieten. Solche Patente sind erlassen worden unterm 30. August 1675, 16. März 1682, 14. April 1863, 20. December 1685, 16. Mai 1687, 14. Mai 1691, 26. Mai 1694, 12. März 1696, 14. Juni 1717. Schon in den ersten Erlassen wird den Fischern im Interesse des Störpächters „bei Leib- und Lebensstrafe" verboten „dem Pillauschen Tiefte und Heercle zu nahe zu kommen". In dem Patent vom 14. April 1683 heisst es: Da die „Stöhr -Partitanten, welche nicht allein heim- lich/ sondern auch wol öffentlich von denen Einheimischen und fremden Fischern den Stöhr auffkauffen, denselben kochen und bey Nachtzeiten an die Englischen Schiffe verpartiren und verkauften/ Sr. Churf. Durchl. Zoll-Intraden solcher gestalt defraudiren/ dem Stöhr- Arendatori schäd- liche und gewaltige Eingriffe thun/ und durch den so übel zugerichteten Fisch den Stöhrhandel hiesiges Orts die Jahr hero in nicht geringe Verkleinerung und Abnahme gebracht .... Alsz haben S. Ch. F. D. . . . verordnet dasz die Stöhr-Partitanten exemplariter bestraffet .... werden sollen. Wird demnach Männiglich verwarnet dasz niemand .... auszerhalb dem Stöhr-Arendatore sich unterstehen solle, allhier an dem Fischmarkte . . . des Auffkauffens und Verkauffens der frischen und in Ost- und Westpreussen. 307 gantzen Stöhre (jedoch den Stöhr, der in Säcken gefangen/ und der Ar- muth zum besten Pfund-weise auff der Fischbrücke der alten Gewohn- heit nach öffentlich verkaufft wird/ davon ausgenommen) .... sich anzumaaszen." Am 20. Juli 1716 verpachtete der Danziger Rath den Störfang in seinen Gewässern für 600 polnische Gulden ä 30 gr. mit der Bedin- gung, dass andere Fischer, wenn sie zufällig Store fangen sollten, dieselben nur an den Störpächter zu billigem Preise verkaufen dürften. In den Verhandlungen aus jener Zeit wird vielfach darüber geklagt, dass grosse Mengen junger Störe von nur 1/-2 Elle Länge in Danzig zu Markte gebracht würden. In Pillau brachte nach Bock die Störpacht um diese Zeit 1000 Thaler ein, sank aber bald auf 500 und 400 Thaler. In dem Edict vom 14. Juni 1717 wird erwähnt, dass die Stör- Arende abnehme, weshalb verboten wird, mit engen Netzen in der Nähe des Tiefes zu fischen, um die jungen Störe zu schützen. Unbefugte Partitanten sollen „sofort beym Kopf genommen" und in die Festungen geschickt werden. Im Jahre 1716 beschwerten sich die englischen Störpächter wieder- holt über Beeinträchtigung ihres Gewerbes durch die Pillauer Fischer, sowie darüber, dass Unberechtigte zahlreiche kleine Störe fingen und nach Königsberg zu Markte brächten. In Folge dessen ersuchte die Königsberger Regierung den Commandanten von Pillau, die Rechtsame des Störpächters zu schützen und erforderte gleichzeitig von mehreren Sachverständigen Gutachten über die Gründe für die seit längerer Zeit beobachtete Abnahme der Störe. Es liegen bei den Acten Gutachten von den ehemaligen Störpächtern Johan Norris und William Norris in Pillau und von dem Licentrath und Zollinspector Schneider daselbst, alle drei vom 19. Juni 1717 datirt. Johan Norris constatirt, dass ganze "Wagen- ladungen kleiner Störe in Danzig feil gehalten werden und berichtet, dass der Störfang mit dem Aufgange des Eises beginne und bis 14 Tage vor Johannis daure, von August an sei nur in der See ein unbedeutender Störfang. Er glaubt, dass Witterangsverhältnisse oder dergl. den Stör am Einzüge in das Haff hindern, desperirt übrigens nicht an künftiger Besserung, weil es nur an Gottes Segen gelegen sei „dann es vormals viele abwechselungen, mit reichen und schlechten Störfang gegeben und zu vermuthen, dass Es künftig nicht anders damit zugehen wird." Kehren wir inzwischen zum Ende des 17. Jahrhunderts zurück, so finden wir unter dem 15. August 1690 ein Rescript des Kurfürsten Friedrich III. an die Amtleute wegen ,, Abschaffung der Pricken und 20* 308 Die Geschichte der Fischerei Qväste, wie auch des Strebens und Jagens,1) auch der Netzstellung unter Eisz u. s. w." Dasselbe lautet folgen dermassen: „Auf der Königsbergischen Gildefischer vielfältig geführte Klage, haben einige aus unserer Kammer die fürgegebene Einträge aufm Haffe untersuchet, und befunden, dasz nicht allein ihr Beybringen gegründet, indem mit dem schädlichen Jagen und Streben täglich verfahren wird, auch mehr und mehr zunimmt, zumalen verschiedene darauf betroffen worden; sondern es geschiehet auch dem Publiko dadurch insonderheit groszer Nachtheil, dasz das frische Haff von beyden Seiten mit einer unzählige Menge Pricken, auch angebundenen groszen Qvästen, welche unsere Unterthanen aus unseren "Wäldern hauen, und viel tausend Stämme damit zu nichte machen, dergestalt besetztet und verschlemmet wird, dasz die Keutel und Fischergarne unmöglich durchgebracht werden können, angesehen besonders des Winters nicht ein einziger Zug an selbigen Orten gethan werden kann, indem die Netze von den groszen Pfählen, so im Wasser stecken bleiben, ganz zerrissen werden; wozu denn auch nicht wenig hilft, dasz Bauern, Gärtner, Hirten und Wahrten auch des Winters so viel Löcher ins Eisz hauen, um die Netze darunter zu setzen, deszwegen die Gildeschipper keinen rechten Zug im Winter zu thun vermögen. Weil denn desgleichen Unterfangen höchst strafbar, zumalen Es wider die Fischerordnung läuft, wie auch zu verschiedenen malen befohlen, solche unbefugte Fischerey abstellen zu lassen; Als ergehet hiemit an Dich unser gnädigster und zugleich ernstlicher Be- fehl, denen gesammten Einsassen unsers Dir befohlenen Amts, welche zu fischen berechtigt, anzudeuten , dasz sie des verbotenen Strebens und Jagens sich gänzlich enthalten, und die annoch vorhandenen Pricken und Qvästen so fort wegräumen sollen, widrigenfalls diejenige, so darauff betroffen werden, denn Wir fleiszige Achtung deshalb durch gewisse Leute geben lassen wollen, nicht allein in Geldstrafe verfallen seyn, sondern auch in Hafft genommen und in die Schanze gebracht werden sollen. Auf dasz sie sich aber um so viel weniger einiger Entschuldigung hierunter zu bedienen haben, als hast Du solches von der Kanzel ab- kündigen zu lassen, damit sich ein jeder darnach achten könne." In der „Flecken-, Dorf- und Acker-Ordnung" vom Jahre 1702 heisst es: „§ 38. Nachdem auch die Teiche und Pischwasser, ja gantze Plüsse durch das Flachs- und Hanff-Köhten öfters verwüstet," sollen die Beamten den Interessenten zu diesem Zweck solche Gewässer an- weisen, in denen dadurch kein Schade geschehen kann. 1) Von den verbotenen Fischereien wird bei der Besprechung des Fischerei- betriebes die Eede sein. in Ost- und Westpreussen. 309 Wegen der Verunreinigung und Verschlammung des Pregels und des Tiefes wurde unterm 9. Februar 1708 ein Edict erlassen, in dem es unter andern heisst: „3. Die Fischer und andere Leuthe sollen keine Aalquäste, als wodurch, wann sie sich zu Grunde senken, der Strohm wirklich verschlemmet wird, zugeschweigen dass man dadurch jährlich ein vieles an jungem Holtz verdirbet, fernerhin auslegen." Aus den Jahren 1716 und 1717 liegt ein dickes Actenstück vor, Beschwerden der Königsberger Fischergilde enthaltend über die fremden, Fischhäuser, Caporner u. a. Fischer, welche nach Königsberg Fische zum Markte bringen und die Preise drücken. Die Gildefischer weisen in ihren Schriftstücken ihre erheblichen Ausgaben nach. Sie zahlten demnach „An die Kammer 950 Mark. Dem Magistrat Bollwerksgeld • . . 30 fl. Item vor den Kiedel 24 „ An das Amt Brandenburg vor die Frey Züge .... 42 „ An das Amt Balga 33 „ An das Amt Fischhausen vor 8 Kiedel 24 „ Vor vier Garn . . . . , 12 „ Dem Amtsschreiber vor Pässe in der Wiepe zu fischen 36 — 54 „ Summa Summarum was E. E. Zunfft giebet ist 1384 Mark." Am 19. November 1721 erliess die Domainen-Kammer in Königsberg eine Generalverordnung an die Beamten der am Haff gelegenen Aemter, dass gar keine Keutelfischerei mehr gestattet werden dürfe und noti- ficirte dies auch den Städten Danzig, Elbing und dem Ermländischen Dom- kapitel, was am 8. Januar 1722 von dem ostpreussischen Staatsministerium nach Berlin berichtet wird. Aber trotz mehrfacher Erlasse der Art war die Keutelfischerei nicht zu unterdrücken und die wiederholten Conferenzen, Commissionen und Correspondenzen führten zu keinem durchgreifenden Resultat. In einem Erlass, datirt Berlin 11. August 1726, wird Bezug ge- nommen auf ein Rescript vom 4. Mai 1724, wonach es bei der im Jahre 1722 von der Domainen-Kammer verfügten Inhibirung der Keutelfischerei sein Bewenden haben solle. Am 9. Juni 1724 sei dies Rescript den Aemtern bekannt gemacht und am 27. Januar 1725 erneuert. Dagegen behauptet der Kammerpräsident von Bredow in einem Schreiben (Ortels- burg den 7. November 1728) an das Ministerium in Berlin, die erwähnten Rescripte hätten gar keine Confirmation erhalten und seien nur Entwürfe, die zur Kenntnissnahme in den Aemtern mitgetheilt wären. Und in der That sind auch gedruckte Erlasse des fraglichen Inhalts von 1722, 1724 und 1725 nicht zu finden. Inzwischen geht aus einer Verfügung vom 14. October 1728 hervor, 310 Die Geschichte der Fischerei dass, nachdem durch die vielfältigen Verbote und Beschränkungen der Keutelüscherei der Fisch im Haffe doch nicht häufiger geworden, dagegen einige Fischerdörfer total verarmt seien, Kgl. Majestät die Keutelfischerei wieder freizugeben für nöthig erachte. Und so wurde zunächst den Passarger und Rosenberger Fischern durch ein König! Rescript vom 19. März 1729 das Keuteln vorläufig auf ein Jahr wieder erlaubt und den Beamten anheimgestellt gegen eine Erhöhung des Zinses den Keutel auch anderen Ortschaften freizugeben. Eine „Neurevidirte Fischer Ordnung vor das frische Haff Königlich Preuszischer Herrschaft d. d. Berlin 27. Februar 1738" wurde erlassen, „nachdem viele Klagten seither eingelauffen, dasz eines theils denen . . . in den Jahren 1589 und 1640 emanirten Haff- und Fischer-Ordnungen auf dem so genannten frischen Haff . . . schlecht nachgelebet werde, andern theils dieselbe auf die gegenwärtige Beschaffenheit, und Umstände, in vielen Stücken nicht völlig eingerichtet." Diese Fischerordnung enthält 37 Paragraphen, von denen wir nur die wichtigsten erwähnen. § 4. „Das so genannte Pumpen, Klonnen, Jagen, Klappern, Bullern und Steiren, sowohl im Hafe, als in der See, wodurch der Fisch vom Eingang ins Haff verjaget und vertrieben wird; in gleichen das Aussetzen der Quaste im Hafe soll bey Verlust des Gefäszes und Garns, zu aller Zeit verbothen seyn." § 5 verbietet das Verstellen der Tiefe und Flussmündungen, § 6 unter- sagt das Treiben vor und in dem Tief bei Verlust der Gefässe und Garne und Yajähriger Festungsarbeit, § 7 bedroht mit gleicher Strafe das Fischen in der See innerhalb einer Meile vor dem Eingange des Tiefes, doch wird in § 8 der Strömlingsfang mit den gewöhnlichen Netzen auch im Tief freigegeben, ij 10 setzt die Weite der Maschen in der Metritze des Keutelgarns auf ■1/2// fest, § 11 giebt dasselbe Mass für die Metritze der Windegarne. § 12. „Währender Leechzeit soll die Fischerey nahe dem Lande und vorlängst der Ufer gäntzlich verbothen seyn, bey Verlust der Gefäsze und Netze, und soll dieselbe währender Leechzeit anders nicht als auf der Höhe oder dem so genannten Bohden erlaubet werden." § 13. Die Säcke sollen bei offenem Wasser in Abständen von 100 Schritt, unter Eis 40 Schritt von einander gestellt werden. § 14. „Die Pricken soll jeder Wirth mit seiner Hauszmarck be- zeichnen, und soll niemand Pricken im Haff bey 20 Postruncken-Schläge1) 1) Schläge mit einem Tauende vom polnischen postronck — Strick. in Ost- und Westpreussen. 311 stehen lassen, sondern, sobald die Säcke und Netze zu Lande genommen, sollen auch die Pricken sogleich mit ans Land gebracht werden, damit die passirende Gefässe und Keitel wissen, wann sie Pricken sehen, dasz solche nicht ledig, sondern bey Säcken und Netzen stehen, folglich diese desto eher vermeiden." § 16. ,,Die Keiteldörfer sollen nicht mit einer gröszeren Anzahl Keitel tischen, als wie würcklich dem Ambte verzinsen. Die übrige sollen sogleich abgeschafft werden." § 17. ,,Jede Dorffschafft soll sich mit derjenigen Helffte des Haffes begnügen, woran sie belegen ist, und nicht in jenseitiger Helffte, und denen dortigen Dörfern gleichsam vor der Thür tischen." § 18. Keitel und grosze Garne dürfen nur auf der Tiefe, nicht auf den Schaaren fischen, wo nur Säcke stehen sollen. § 19. Der Landmann und Einheimische, „so zu seiner Nothdurfft, und nicht zum Wieder-Verkauff Fische haben will, soll den Vorzug vor die einheimischen Fuhrleute haben. Den frembden Kupschellen soll bey Verlust der Fische und Gefäsze nicht erlaubet seyn vor Jacobi Fische zu kauffen" (und auch dann nur gegen einen Permiss Zettel des Beamten in Balga) „Welcher Fischer sich unterstehet, ohne dergleichen Permisz Zettel an einen frembden Kupschellen Fische zu verkauften, soll mit 20 Postruncken bestraffet werden." § 21. „Die Tonnen, womit der Fisch verkaufft wird, sollen alle gleicher Grösze, nehmlich 120 Stof, nach dem alten Cöllmischen Maasz, auch alle mit des Ambts Zeichen gebrannt seyn bei Verlust der Tonnen und 10 Postruncken-Schläge." § 24. Wenn von einem Fischer Stör gestochen oder gefangen wird, soll er bei Strafe von 4 Wochen Zuchthausarbeit für die Hälfte des Werthes an den Pillauer Störpächter abgegeben werden. § 25. „Der Peckel-Fisch soll tüchtig und gut gesaltzen, auch fest eingeleget, bei halben und gantzen Tonnen verkaufft werden, worauf jeder Wirth seine Hausz-Marck brennen, oder mit Kothstein zeichnen musz." § 26. „Der Fisch-Meister musz sich alles Auf- und Verkauffs der Fische enthalten." § 27. „Bey offenem Wasser soll bey Verlust der Fische und Gefäsze, niemand Fische auf den Haff verkauffen, sondern der Fisch soll zu Lande gebracht werden." ^ § 28 bestimmt, dass in den verschiedenen Haffdörfern an bestimmten Tagen Fischmärkte von 4 — 8 Uhr Morgens im Sommer, und 8 — 11 Uhr Vormittags im Herbst und Frühjahr statt finden, wobei die Fischer ver- 312 Die Geschichte der Fischerei pflichtet sein sollen Fische zu liefern und der Fisehineister Uebertheuerung zu verhindern hat. § 30. „Kein Sack-Fischer soll nach Untergang-, und vor Aufgang der Sonnen auf dem Wasser sich finden lassen, bey 20 Postruncken- Schläge." § 33. „Die Königsberger Gilde-Fischer sollen sich nicht unterstehen, die Fischer, so mit Fische zur Stadt kommen, bey Langerfeld oder auf dem Hafe, noch auch auf dem Pregel, zu bespringen, anzuhalten, oder ihnen die Fische abzudringen, oder abzuzwaken, sondern die Fischer sollen Erlaubnisz haben, ihren Fisch selbst nach Königsberg zu bringen, und daselbst zu verkauften." § 35. „Wer sich dem Fisch-Meister wiedersetzet, oder ihm mit Ehrenrührigen und Schmäh- Worten, oder gar mit Thätlichkeit angreiftet, wann er in Ambts-Geschäften ist, soll mit halbjähriger Vestungs- Arbeit bestraffet werden; und damit sich niemand mit der Unwissenheit ent- schuldigen könne, soll das Both des Fisch-Meisters das Wapen des Haupt- Ambts Balga im AVimpel führen." § 36. Der Fischmeister soll unter dem Beamten zu Balga stehen, in Kahlholz, Balga oder Vollendorf, als in der Mitte des Haffes, wohnen und das Haff fleissig bereisen. Bei den Acten finden wir noch eine ungedruckte Instruction für den Fischmeister in 21 Paragraphen. Aus einer Verhandlung vom 12. Mai 1746 auf dem Altstädtischen Kathhause zu Königsberg ersehen wir, dass damals das Lachswehr bei Neuendorf noch bestand und dabei findet sich die Notiz, dass das Skirwiether Lachswehr pro 1742 — 48 für 373 Thlr. 30 gr. jährlich, der Neunaugenfaug daselbst für 100 fl. pro Jahr verpachtet war. Nach Vereinigung des Fürstbisthums Ermland und des Elbingischen Territoriums mit Preussen erachtete- man im Jahre 1774 eine Kevision der Fischerordnung von 1738 und Ausdehnung derselben auf die neu- gewonnenen Wasserstrecken für nöthig und eine neue Haffordnung er- schien denn, allerdings wegen zahlreicher unvereinbarer Widersprüche weniger vervollkommnet, als man beabsichtigt hatte, unterm 22. Februar 1787. Sie stimmt im Wesentlichen mit der Ordnung von 1738 überein. § 5 ist dadurch interessant, dass er die Grenzen feststellt, innerhalb deren die Störpächter zu Altpillau, Polzki, Neukrug und Vogelau ihre Netze stellen dürfen. Der Pillauer Störpächter hatte danach 9 Stellen, der Polzkische 3 Stellen im Braunsbergischen , der zu Neukrug und Vogelau 6 Stellen im Frauenburgischen Wasser. Aus § 9 geht hervor, dass damals ein Fischmeister im ostpreussi- in Ost- und Westpreussen. 313 sehen Haffantheile, ein zweiter für den westpreussischen Antheil in Jungfer stationirt war, ausserdem wird noch ein Vierner oder Haffaufseher in Succase (Westpreussen) erwähnt. In § 12 und 13 finden wir als Zusatz zu § 12 der Ordnung von 1738 die Bestimmung, dass die Fischer, welche während der Laichzeit auf dem Boden des Haffes fischen, etwa gefangene Laichfische sofort wieder ins Wasser lassen sollen, „und bey harter Leibes- strafe sich nicht unterstellen, einen einzigen davon zu Nutze zu machen." Mitgefangene Fischsamen (d. h. junge Fische) sollen sogleich wieder ins Haff gelassen, „keines weges aber, soAvie es bishere der Miszbrauch ge- wesen, zur Fütterung und Mästung der Schweine und des Federviehes verwandt werden." § 16 setzt fest, dass jeder Sack- und Netzfischer nicht mehr als 16 Säcke resp. 8 Säcke und 8 Netze gleichzeitig stellen dürfe. § 18. Neue Consignationen von Keutelgarnen sollen ohne besondere Genehmigung der Kriegs- und Domainen-Kammer nicht vorgenommen werden. „Uebrigens kann ohne besondere Yerschreibung oder absque proscriptione non interruptae possessionis, niemand die Keutelfischerey treiben, obgleich sein Privilegium auf alle und jede Art der Fischerey mit grossem und kleinem Zeuge, sie habe Nahmen wie sie wolle, lauten sollte; massen diese Art der Fischerey mehr nachtheilig als vorteilhaft ist, und wie sie daher auch eher Einschränkung als Erweiterung ver- dienet, so sollen Unsere Ost- und Westpreussische Cammern jederzeit vorhero ehe sie Erlaubnisz zu mehreren Keuteln ertheilen, darüber con- feriren and sich zu einigen suchen, damit nicht zu viel Keitel erlaubet werden." § 27. Gefangene oder gestochene Störe aus dem ostpreussischen Haffantheil müssen dem Pillauer Störpächter, innerhalb der Elbingischen Wassergrenze gefangene „an die Störköchereyen in Elbing" zu billigem Preise abgeliefert werden. Im Jahre 1792 erschien auch eine „Fischer-Ordnung für das Curi- sche Haff im Königreich Preussen", datirt vom 2. Juni, in 48 Para- graphen nebst einer „Beschreibung sämmtlicher Fischereien im Curischen Haff, auch in welcher Art und zu welcher Zeit selbige betrieben werden'1. In den Vorbemerkungen heisst: es „obgleich unsere Durchlauchtig- sten Vorfahren aus Landesväterlicher Vorsorge für die Aufnahme der Fischerei im Curischen Hafe, verschiedene heilsame Verordnungen haben ergehen lassen", habe man theils wegen Nichtbeachtung derselben, theils um ein für die damaligen Zeiten passendes Keglement zu geben, nach Kevision der alten Bestimmungen und namentlich der Fischerordnungen vom 30. Januar 1589 und vom 20. März 1640 den Erlass einer neuen Haff Ordnung für noth wendig erachtet. 314 Die Geschichte der Fischerei Nach § 1 und 2 darf an Sonn- und Festtagen nicht gefischt werden bei 60 gr. Strafe. § 3 verbietet Schlägereien und Auspfändungen auf dem Haff bei 14tägiger Gefängnissstrafe. ,,Wer ein Anker abpfändet, hat sechs monatliche Zuchthauszstrafe salva fama, mit Willkommen und Ab- schied verwirkt." § 5. „Das Verstellen des Eingangs der Fische aus der See in das Haff soll bei sechs monatlicher Zuchthausz-, oder Fünfzig Thaler Geldstrafe zur Haffkasse gänzlich verboten seyn, so dasz mit keinerlei Art von Gezeuge in der Einkehle des Hafes gefischt werden kann." § 6 untersagt das Treiben vor und in dem Tief (mit Treibnetzen) bei dreimonatlicher bis einjähriger Zuchthausstrafe. §7. In See darf inner- halb einer Meile vor dem Tief nicht gefischt werden. Das Strandgarn und Suttergarn soll nur in See gebraucht werden. § 8. So lange die Lachswehren stehen, sind alle Segelfischereien im Haff verboten und darf nur die kleine Fischerei am Ufer betrieben werden. § 9. Ausgestellte Säcke müssen mit hohen bezeichneten Pricken markirt werden, die nach Aufhebung der Säcke wieder ausgehoben werden müssen. „Sollte sich aber gar Jemand beikommen lassen, die Pricken unter dem Wasser abzusägen (um heimlich Säcke auszustellen), der soll 10 Thaler Geld- oder 8 Wochen Gefängnissstrafe zu gewärtigen haben." § 11. Sobald der Fischmeister seine Dienstflagge aufzieht, müssen die Fischer ihre Segel streichen und dürfen vor erhaltener Erlaubniss nicht weiter segeln. § 12 handelt von der Berechtigung zur Hafffischerei und dem Ver- lust derselben durch 40jährige Nichtausübung des Rechtes. § 13 ver- bietet den Verbrauch von Fischsamen (Fischbrut) zum Thrankochen, so- wie zur Fütterung von Federvieh und Schweinen. § 15 setzt die Dimensionen und Maschenweite des Kurrengarns fest. „Wer sich mit anderm Zeuge auf dem Hafe finden lässt, hat auszer dem Verlust desselben, welches gleich verbrandt werden muss, drey monatliche Zuchthausz- und im Wiederholungsfall, einjährige Vestungs- strafe zu erwarten. Wird aber ein, auf diese Fischerei besonders Privi- legirter mit unrichtigem Zeuge auf dem Hafe angetroffen; so ist selbiger im ersten Contraventionsfall in Fünfzig Thaler Geldstrafe zur Haffkasse verfallen, und im Wiederholungsfall seiner Gerechtsame verlustig." § 18. Kurren- und Braddenkähne sollen Nachts ein Feuer oder eine Laterne führen und nach § 19 die Gezeuge der Sackfischer vermeiden. § 20 setzt Strafen für die Contravenienten fest. In § 21 wird das Masz der Braddengarne, in § 22 das der Keutel bestimmt. Letztere Fischerei „ist dem Fischsamen am allergefährlichsten, und in Ost- und Westpreussen. 315 bleibt also, wie bisher im Litthauschen Departement bei Oonfiscation des Gezeuges, und drei monatlicher Zuchthausz-Strafe mit Willkommen und Abschied gänzlich verboten. Im Ostpreussischen Departement bleibt selbige aus dem Grunde zwar nachgelassen, weil die dortige Fischer- Dörfer, besonders im Amte Labiau, ihr Gewerbe fast einzig und allein darauf eingeschränkt haben, und sich die zu Kurren- und Bradden- Fischerei erforderliche weit kostbarere Zeuge, ihrer Armuth wegen, nicht anschaffen können." Doch dürfen die Maschen im Achtergarn nicht weniger als 3/4,y messen. § 23 verbietet den Gebrauch des Häckels (des ganz dicht gestrickten Endes an dem Sack der Netze) bei allen Sommerfischereien bei einjähriger Festimgsstrafe resp. Verlust der Privilegien, derselbe darf nur am Winter- garn für den Stint angewandt werden, weil er im Sommer die Fischbrut in grosser Menge fortfangen würde. § 24, 25, 26 bestimmen die Masse der Windkartellgarne, der Klippen und Waadegarne, § 27 und 28 regelt den Aalfang. § 29 „den Einsaaszen in Sarkau, Domainenamts Rossitten, welche sich bis hiezu allein mit der Aalhscherei auf dem Haff abgegeben, und zu solchem Behuf mit nötigen Geräthschaften versehen sind, wollen Wir es so nach wie vor freistellen, ihre Angeln längst dem Haafe auszuwerfen, auch wollen Wir in Betracht ihrer Dürftigkeit es geschehen lassen, dasz sie zum Betriebe ihrer Fischerei, einige Wochen auf dem Haff bleiben, und zum Verkauf ihrer Vorräthe an die sogenannten Kupscheeler an den Ufern anderer Dörfer anlanden können. Nur bleibt ihnen das An- landen am Nord er- oder Süder-Haken, desgleichen in der Einkehle bei Memel, wo sie lediglich zum Raube der Strandgüter sich bishero nieder- gelassen und Hütten aufgeschlagen, bei einjähriger Vestnngsstrafe unter- sagt." § 30 — 36 behandeln die Lachsfischerei an den Wehren (Takisch), § 37 — 40 die kleine Lachsfischerei mit Panten, § 41 erlaubt den Ge- brauch einfacher Stellnetze zum Lachsfänge „an unschädlichen Orten". In § 42 — 44 wird von der Sackfischerei (es werden hier noch besondere Perpelsäcke erwähnt), in § 45 von der Neunaugenfischerei gesprochen, § 45 — 51 handeln von der besondern Krakerorthschen Fischerei. § 52 — 58 behandeln die Winterfischerei. Die Maschenweite der Metritze des Wintergarns soll nicht unter 3/4" herabgehen, nur zur Stint- fischerei ist ein Häckel am Ende der Metritze gestattet. Hinsichtlich der Winterfischerei sind die Ortschaften nicht auf ihre Ufergrenzen beschränkt, namentlich hinsichtlich des Stintfanges. Die Zug- und Zoszlöcher müssen mit aufgesetzten Eisstücken gehörig bezeichnet werden. 316 Die Geschichte der Fischerei § 59 — 65 bestimmen die Grenzen der verschiedenen Fischereien, § 66 — 68 enthalten Schlnssbestimmungen. Dieser Fischerordnung ist eine „Beschreibung sämmtlicher Fische- reien im Curischen Haff, auch in welcher Art und zu welcher Zeit selbige betrieben werden" beigefügt, die mehrfache Unrichtigkeiten enthält, sowie eine Erklärung verschiedener, namentlich litauischer und kurischer Fischer- ausdrücke. Seit dem Jahre 1823 finden wir in den Acten der Königl. Regie- rung ein unablässiges Drängen nach dem Erlass einer neuen Fischerei- ordnung, namentlich für die Binnengewässer, in welchem Sinne auch wiederholt an das Ministerium berichtet wurde. Bei den Vorarbeiten zu derselben, die bekanntlich erst im Jahre 1845 erschien, wurde mit äusserster Vorsicht und Gründlichkeit vorgegangen. Umfangreiche Er- hebungen wurden in allen Fischerdörfern angestellt, zahlreiche Reisen namentlich an den Haffen ausgeführt, Localtermine abgehalten und Gut- achten in Menge eingeholt. Es wurden umfangreiche Arbeiten ausge- führt, um die sämmtlichen Fischereiberechtigten namentlich an den Haffen zu ermitteln, die Art ihrer Berechtigung und die Zahl der Gezeuge und Fischerfahrzeuge festzustellen etc. Besondere Verdienste erwarb sich um die neue Fischereiordnung der damalige Regierungsassessor Schmitz, der schon im Jahre 1825 einen vollständigen Entwurf vorlegte, der schliesslich auch mit geringen Aenderungen angenommen wurde. Unter den zahlreichen bei den Acten befindlichen Gutachten, welche auf Er- fordern der Königl. Regierung eingingen, finden wir neben solchen, die von bedeutender Sachkenntniss ihrer Verfasser zeugen, andere, die eine kaum glaubliche Unkenntniss der Verhältnisse bekunden. So wird in einem Danziger Gutachten als Ende der Frühjahrslaichzeit der erste Mai proclamirt, so äussern einige Sachverständige ihre grossen Zweifel, ob ein Durchgang von Fischen durch die Tiefe aus den Haffen nach der See resp. umgekehrt vorkomme, während nach anderen alle Haffnsche, auch Karpfen, Weissfische etc. eigentlich aus der See her- kommen. Ein Fischmeister findet in seinem Bericht die Keutelfischerei nur im Frühjahr bei dickem Wasser bedenklich, weil der Fisch dann sich an der Oberfläche halte und also blindlings in den Keutel hin- einlaufe!! Im Jahre 1825 fungirte ein Intendanturbeamter in Heiligenbeil gleichzeitig als Oberfischmeister des frischen Haffes, wofür er die Fischerei in dem Freiwasser bei Wolitta, freie Fischerei im Haff mit einem Keutel und einem Herbstgarn, und ausserdem von den Kahlholzer Fischern die Lieferung von Aalen für seinen Tisch zu beanspruchen hatte. Ausser diesem in Ost- und "Westpreussen. 317 commissarischen Oberfischmeister waren noch zwei Fischmeister auf dem frischen Hafte thätig, einer im ostpreussischen Antheil und einer im west- preussischen Haffe, wo auch noch der Schulze von Jungfer den Fischmeister- titel führte, aber nur die Consignation der Netze in Jungfer und Stobbendorf besorgte, wofür er ein Landgarn frei hatte. Der Fischmeister erhielt in dieser Zeit ein jährliches Gehalt von 30 Thalern, 2 Thaler Schreib- materialiengelder und 6x/2 Thaler zur Unterhaltung des Fahrzeuges, ausserdem freie Fischerei. In Verhandlungen vom 1. Juni und 14. August 1827 sagt der Fischerschulz August in Labiau aus, wie in den aus kleinen Bäumchen durch Zusammenbinden ihrer Aeste gefertigten Aalquästen grosse Mengen so kleiner Aale gefangen werden, dass „ein Mensch bis 2 Schock davon genieszen" könne, dass „in diesen Quast der Aal ganz erstaunend gerne hereinkriecht'1 und „sich dabei häufig trifft, dasz die jüngsten Aale in der Gestalt eines Kegenwurmes sich darin einziehen und von den Fischern gleichfalls gefangen und verzehrt werden." Auf dem kurischen Haff war bis zum Jahre 1841 nur ein Fischmeister, Beerbohm in Feilenhof, und eine Anzahl von Fischerschulzen angestellt. Von Beerbohm und dem commissarischen Oberfischmeister in Heiligen- beil, Fritsch, befinden sich sehr umfangreiche und sachverständige Berichte bei den Acten, die zu der Fischereiordnung von 1845 wichtiges Ma- terial geliefert haben. Im Jahre 1841 wurde Beerbohm interimistisch als Oberfischmeister für das kurische Haff angestellt mit 2 Thlr. Diäten, von welchen er auch den Amtsaufwand bestreiten musste, und schon in einem Bericht der Regierung vom Jahre 1842 an den Oberpräsidenten von Schön wird constatirt, dass in Folge seiner Thätigkeit die Zahl der Con- travenienteu abgenommen habe und weniger kleine Fische zu Markte kämen. Sehr sachverständige Berichte finden wir über die Fischereien des kurischen Haffes aus der Feder des Präcentor Dultz in Gilge. Derselbe schreibt unterm 2. September 1842 an den Domainenrentmeister Puttrich in Labiau über den Kaulbarsch- und Stintfang, von dem ganz allein mindestens 3000 Anwohner des kurischen Haffes leben. Nach seiner 20jährigen Erfahrung, der auch Beerbohm vollkommen beistimme, sei der Gebrauch des engmaschigen Stintkeutels durchaus unschädlich, viel- mehr nützlich, um die Stinte zu verwerthen, die sonst abstürben und das Wasser verdürben. Sin solcher Fall war 1842 wegen erheblicher Be- schränkung des Stintfanges eingetreten und aus einem Bericht des Land- raths von Labiau vom 4. September d. J. geht hervor, dass er das Haff zwischen Rinderort und Rossitten in einer Breite von ll/ om Höhe führen müssen. Die gleiche Bezeichnung müssen die segel- führenden Fahrzeuge beiderseits Lesbar in 30 cm hohen Buchstaben im Segel Indien. Die Hafffischer haben ausserdem an der Spitze des Mastes eine mindestens 75 cm lange, 30 cm breite Flagge von der Farbe zu führen, die ihrer Ortschafl von der zuständigen Behörde zugetheill ist. $ 26. Der Oberfischmeister führt eine rothe Dienstflagge mit dem preiissisehen Adler im weissen Felde und einen Wimpel mit dem preussi- selien Adler, die übrigen A ulsichtsheamteii nur eine soleho Flagge oder Wimpel auf ihren Böten, Nachts an deren stelle eine rothe Signallaterne. Sobald diese aufgezogen wird, muSS jeder der mit dem Betriebe der Fischerei beschäftigt ist, die Segel streichen und beilegen, resp. mit Rudern einhalten und darf nichl trüber von der stelle weichen, als bis von den Beamten die Erlaubniss ertheill ist. $ l'7 bedroht Zuwiderhandlungen gegen die Forschriften dieser Verordnung, soweit sie nicht den Strafbestimmungen «los Strafgesetz- buches für das deutsche Reich oder des Fischereigesetzos unterliegen, mit Geldstrafe bis zu L50 Mark oder Haft. Zugleich kann auf Einziehung der bei i\w Ausübung der Fischerei verwandten unerlaubten Fanggeräthe erkannt werden. $ 28 ermäohtigt den Mildster An landwirthsehaftlirhon Angologon- heiten, verschiedene Vorschriften in den nicht ausschliesslich der preussi- schen Hoheit unterworfenen Binnengewässern ganz «»der theilweise ausser Kraft ZU setzen. § 29 hebt alle dieser Verordnung entgegenstehenden Bestimmun- gen auf. In Folge mehrfacher Beschwerden und Verbesserungsvorschläge, die von sehr verschiedenen Seiten, unter andern auch in Form eines aus- führlichen Gutachtens von dem seit L876 bestehenden Fischeroivcrein der Provinzen Ost- und Westpreussen eingereicht waren, wurde eine Novelle zum Fisohereigesetz eingebracht, berathen und am 30. März L880 als „Gesetz, betreffend d ie A band er u ng dos Fisehoroigesetzos fü r den preussi- schen Staat vom 30. Mai L874" publicirt Dasselbe soll, da zur Entschei- dung hinsichtlich einiger tief eingreifender A.endorungen die seit dorEinanation des Fischereigesetzes verflossene Zeil noch zu kurz ist, nur einigen loiohtor zu beseitigenden Mängeln abhelfen. Für unsere Provinzen enthält das aus fünf Artikeln bestehende A.bänderungsgesetz in Artikel 111 die wichtige Uostim- im Ost- and Westpreussen, 331 mung, dass von dem § 28 des Fischereigesetzes von L874, wonach die Btändigen Fischereivorrichtungen (also bei uns namentlich Walfänge) während der Schonzeii abgestellt werden müssen, von Seiten des Regierungs- präsidenten Dispens ertheilt werden kann. Artikel | v enthält eine sehr zweckmässige Erweiterung von § 45 ,i,-- Gesetzes von 1874, indem erden Fischereiberechtigten gestattet, Fisch- ottern, Taucher, Eisvögel, Reiher, Kormorane und Fischaare ohne Anwen- dung von 8chusswaffen zu tödten, zu fangen und für sich zu behalten. Artikel V ermächtigt die Minister für Eandel and für Landwirth- ohafl zum Schutze der Fische gegen Beschädigung durch Turbinen bei jeder nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgenden Turbinenanlage dem Eigenthümer derselben .jederzeit die Eerstellung und Unterhaltung von Vorrichtungen (Gitter u. s. w.), welche <\>is Eindringen der Fische in die Turbinen verhindern, auf seine Kosten aufzuerlegen. In sehr dankenswertber Weise' hal sieh neuerdings der Eerr [jand- wirthschaftsrnifi ister der He ehränkung der Fischfeinde angenommen, indem er die Regierungen auffordert, Fischottern, Reiher und Kormorane in mögliche grosser Anzahl abschiessen, die Borste <\<:r letzteren zerstören zu lassen und über die Zahl der erlegten Thiere und zerstörten Nester jährlich zu berichten, In praktischer Einsicht wäre es sehr zu wünschen, dass von com- petenter Seite eine libersichtliche Sammlung <\<'f für unsere Provinzen giltigen gesetzlichen Bestimmungen über die Fischerei hergestellt und veröffentlicht würde, da es selbsi \'ur den Richter seine Schwierig keiten hat, in manchen Fällen zu entscheiden, welche Bestimmun- gen <\>r drei Fischereiordnungen von 1845 uoch zu Recht bestehen, und jedenfalls eine authentische Zusammenstellung <\<'i- zur Zeil giltigen Bestimmungen eine gleichmässigere und befriedigendere Recht- sprechung zur Folge haben, dem Richter die Arbeil erleichtern und zu schnellerer Ermittelung von Mangeln der Gesetzgebung führen würde. ;ds wenn jeder Beamte darauf angewiesen ist, selber die uoch giltigen Bestimmungen am dem Strafgesetzbuch und den verschiedenen Fischereigesetzen zusammen zu suchen, am so mehr als von jedem neuen Gesetze nicht die alten Gesetze an sich, sondern nur deren dem neuen entgegenstehende Bestimmungen autgehoben werden. Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. Die Fischerei im Allgemeinen zerfällt in die wilde oder natürliche Fischerei, welche in den natürlichen Gewässern, Meeren, Haffen, Seen und Flüssen ausgeübt wird, und die zahme oder künstliche Fischerei, die sich auf künstlich angelegte oder wenigstens besonders eingerichtete Teiche, Bäche oder Gräben beschränkt und eine mehr oder weniger geregelte Fischzucht voraussetzt. Während die zahme Fischerei naturgemäss dem Eigenthümer der Teiche etc. zusteht, ist die wilde Fischerei in den Meeren mit gewissen Einschränkungen frei, in Haffen, Flüssen und Seen dagegen, sofern letztere nicht Eigen thum von Gemeinden oder Privatpersonen sind, ein Kegal des Staates. Wir unterscheiden die wilde Fischerei in Hochsee-Fischerei, die in grösserer Entfernung vom Lande betrieben wird, Küsten- Fischerei (an der Meeresküste bis ca. 3 Seemeilen vom Lande, in den offenen Buchten, Haffen und Flussmündungen) und Binnen-Fischerei (in Flüssen, Bächen und Seen). Die Fischereigerechtigkeit, d. h. die Befugniss, Fische zum eigenen Nutzen zu fangen, die in öffentlichen Gewässern, mit Ausschluss der Meere, eigentlich nur dem Staate beiwohnt, ist von diesem unter gewissen wirtschaftlichen Beschränkungen (Schonzeit, Minimalmaasse, Verbot schäd- licher Fangarten) theils durch Privilegien an Gemeinden, Grundstücke oder Personen frei oder gegen gewisse Abgaben oder andere Leistungen verliehen, theils wird sie von demselben in verschiedener Art pachtweise vergeben. Die wilde Fischerei wird in unseren Gewässern mit Netzen, Säcken, Reusen, Aalkasten, Speeren und Angeln betrieben. Die Netze sind aus Hanf oder Flachs, nur in neuester Zeit an manchen Orten auch aus Das Kurrennetz. 333 Baumwolle geknüttet und wurden bis vor kurzem ausschliesslich von den Fischern selber hergestellt. Neuerdings werden jedoch vielfach die vor- züglich gearbeiteten Netze der mechanischen Netzfabrik in Itzehoe (Hol- stein) gekauft, die bereits einige Vertreter in unseren Provinzen hält. Ihrer Anwendung nach zerfallen die Netze in Zugnetze, treibende, stehende Netze etc. Die Zugnetze werden theils von Segelfahrzeugen geschleppt, theils von verankerten Böten, vom Lande oder vom Eise aus von Menschen oder Pferden gezogen. Die mit Segelfahrzeugen betriebenen Zugnetze sind das Kurrennetz, Braddengarn, der Keutel und das in See gebrauchte Grundnetz (Trawl). 1. Das Kurrennetz, in älteren Urkunden churländisch Garn, Kauren-, Korl- oder Kordelgarn genannt, litauisch kurenai, ist bei uns nur auf dem kurischen Haff ge- bräuchlich. Zu seinem Betriebe gehören zwei grosse Segelfahrzeuge, Kurren- Fig. 140. Ein Stück Kurrennetz. oder Braddenkähne (kurenu- oder braddaus-walte) mit je zwei Mann Besatzung. Sie sind 9 bis 11 m lang, 21/2 bis 3 m breit, haben einen ganz flachen Boden, eine mittlere Tiefe von 0,80 bis 1 m und 334 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. einen Tiefgang von 0,15 bis 0,25 m. Tor dem 10 bis 12 m hohen Haupt- maste steht noch ein kleinerer von ca. 5 m Höhe, beide tragen Spriet- segel,1) ersterer ausserdem eine sehr schmale Fock. Bei der Ausfahrt zum Fischen nimmt jeder Kahn eine Hälfte (Flügel, lit. sparnas) des Garnes an Bord und erst unmittelbar vor dem Gebrauche werden beide Flügel durch Schnüre verbunden. Jeder Flügel hat eine Länge von 160 bis 180 m, eine Höhe von 2 bis 3 m. Die beiden Längsseiten des Netzes sind von einer starken Leine (Simme) eingefasst, die früher allgemein aus Lindenbast bestand, jetzt aber gewöhnlich aus Flachs gefertigt wird. Das Kurrennetz ist ein Gaddernetz, d. h. ein Netz mit dreifacher "Wand, indem das eigentliche Netztuch (die Schienge, lit. anka), welches aus feinen Flachs- fäden besteht, und eine Maschenweite von 4 cm hat, zwischen zwei gröberen, häufig aus Hanf gefertigten Netzen (den Gaddern oder der Ledering, lit. lekus) liegt, deren Maschen etwa 50 cm weit sind. Die mittlere Netz- Fig. 141. Der Schulmeister am Kurrennetz. wand, die Schienge, ist erheblich länger, als die beiden Simmen, an denen ihre Längsseiten befestigt sind, auch die Höhe der an den beiden Simmen befestigten Gaddern ist viel geringer als diejenige der Schienge, welche daher in ganz lockeren Falten liegt. Die Befestigung des Netztuches zwischen den Simmen nennt man die Einstellung. Das Netz ist lose eingestellt, wenn es eigentlich viel länger ist als die Simmen, und daher in vielen Falten liegt, fest eingestellt, wenn es nur wenig länger ist als die Simmen und daher nur unerhebliche Falten bildet. Längs der oberen 1) Im südlichen Hafftheil ist das Segel am grossen Mast ein Gaffelsegel. B. I-J CD B SO: P cd p- CD B CD Das Kurrennetz. 335 Simnie des Kurrennetzes ist eine dünne Leine befestigt, auf welche in Abständen von je 1 m flache viereckige Stücke von Pappelborke aufge- streift sind, die Flotten oder Flotthölzer, lit. pludis. In ähnlicher Weise ist längs der unteren Simme eine Leine angebunden, auf die in etwas kleineren Entfernungen flache Seesteine, kleine Sandsäcke oder gebrannte Thonringe von ca. 8 cm Durchmesser, die Grapsteine, aufgezogen sind. Die Flotten halten die obere Simme des Netzes an der Oberfläche des Wassers, während die Grapsteine durch ihre Schwere der Netzwand eine senkrechte Stellung im Wasser geben. An das Ende jedes Flügels schliesst sich ein 10 m langes einfaches, stärkeres Netz mit Maschen von durchweg 5,2 cm Weite an, dessen Höhe am Anfange derjenigen des Flügels gleicht, also 2 bis 3 m beträgt, bis zum Ende hin sich aber auf ca. 1,20 m verschmälert, der Schulmeister, lit. szulmisreis. Seine Simmen sind mit denen des Flügels verbunden und gehen an dem schmalen Ende durch ein ca. 1,20 m langes Stück Rundholz, den Bottknüppel, lit. bott, hindurch, eine Hahnenpfote bildend, in deren Oese die 40 bis 50 in lange Zugleine (Treibleine, Dripleine) befestigt wird. Nachdem die Kähne auf eine geeignete Wassertiefe gefahren sind, legen sie sich neben einander, verbinden beide Flügel des Kurrennetzes durch Schnüre und fahren nach entgegengesetzten Richtungen, um das Netz all- mählich auslaufen zu lassen. Ist dies geschehen, so wird die Zugleine am Mäste festgebunden, eine ca. 10 m lange, an der Zugleine befestigte Leine nach dem Achtersteven genommen, wo sie, nachdem das Steuerruder aus- gehakt ist,1) als Mittel zum Steuern dient, und die Kähne treiben, das Netz in gespanntem Zustande zwischen sich haltend, vor dem Winde dahin. Die vom Kurrennetz erfassten Fische gehen durch die weiten Maschen der Gad- dern mit einem Theil der in losen Falten liegenden Schienge hindurch und verwickeln sich in dem so gebildeten Netzbeutel mit Flossen und Kiemen, ohne sich gegen den durch die schnelle Fortbewegung des Netzes ent- stehenden Strom halten und frei machen zu können. Da das Kurrennetz nur nach längerer Zeit, nachdem die ganze ohne Hinderniss zu befahrende Strecke durchtrieben ist, aufgenommen wird, so findet man darin immer eine grosse Anzahl erstickter Fische, die durch Einschnürung des Kopfes in den Netzfäden an der Bewegung der Kiemendeckel, also am Athmen gehindert waren. Auch beim Herausnehmen der übrigen, noch lebenden Fische aus den Netzmaschen geht es meistens nicht ohne erhebliche Ver- letzungen der Flossen oder Kiemen ab, so dass die Fische grösstentheils 1) Die Schaakener Kurrenfischer hängen beim Betriebe der Fischerei ihr Steuer- ruder nicht aus. 336 Die Praxis der Fischerei in Ost- lind "Westpreussen. nicht für längere Zeit am Leben zu erhalten sind. Es wird dies daher auch gar nicht einmal versucht, indem die Kurrenkälme keine Fischkasten zur Aufbewahrung lebender Fische besitzen. Es werden vielmehr die Fische auf einen Haufen geschüttet und gleich beim Landen an Händler verkauft. Das Kurrennetz ist eigentlich zum Fange von Bressen und Zander bestimmt, fängt aber natürlich auch alle anderen auf seinem Wege be- findlichen Fische mit. Sein Gebrauch ist nur auf der Tiefe oder dem Boden des Haffes gestattet und es dürfen die nördlich resp. südlich der Linie Lickerorth-Grabsterorth ansässigen Fischer diese Linie nicht über- schreiten. Die Kurrenfischerei beginnt mit dem Aufgange des Eises und dauert bis zum 15. April, während der Frühjahrsschonzeit vom 15. April bis 14. Juni ist sie verboten, danach wird sie wieder bis zum Zufrieren des Haffes betrieben. Ein neues Kurrennetz kostet 150 Mk., ein Kurrenkahn 11 — 1200 Mk.; für die Benutzung eines halben Kurrennetzes mit dem zugehörigen Segel- fahrzeuge wird von der Regierung ein jährlicher Pachtzins von 18 Mark erhoben. 2. Das Braddengarn, lit. braddus oder braddai, welches ebenfalls nur auf dem kurischen Haff gebräuchlich ist, wird aus Hanf gefertigt. Es besteht aus einem trichter- förmigen Netzsack, der Metritze, lit. metrizes, und zwei an deren vorderer weiter Oeffnung befestigten einfachen Netzwänden, den Flügeln. Die Metritze, Mettritze oder Medritz hat eine Länge von ca. 14 m, ihr spitzes Ende ist etwa 1 m weit und mit einer festen Schnur zugebunden, an welcher eine kleine Boje, ein Holzklotz oder einige Stücke Pappel- borke befestigt sind, die, an der Oberfläche schwimmend, die Lage der Metritze anzeigen. Die Flügel, deren jeder eine Länge von 180 bis 200 m hat, sind bei ihrem Anschluss an die Metritze bis 8 m hoch, verschmälern sich aber nach dem Ende zu bis auf 3 m. Das ganze Netz ist aus dünnen Hanffäden gefertigt und ringsum von einer festen Simme eingefasst. Die Maschen dürfen in den Flügeln nirgends enger sein als 4 cm und müssen schräge gegen die Metritze hinlaufen, in der sie nicht unter 2 cm messen dürfen. Die Obersimme des Netzes ist mit Flotthölzern von Pappelborke versehen, die auch an der oberen Seite der Metritze in mehrfachen querüberlaufenden Eeihen angebracht sind. Die Untersimme ist mit aus Thon gebrannten Grapsteinen oder flachen Seesteinen beschwert, welche letztere hauptsächlich aus der Gegend von Nidden bezogen werden. Am Ende jedes Flügels ist ein Bottknüppel Das Braddoiigarn. 337 angebracht, an welchem mittelst einer Hahnenpfote die Treibleine befestigt wird. Es werden hier einige schwere Steine angehängt, um zu verhindern, dass sich die Flügel bei schnellerer Fahrt vom Grunde erheben. Zum Betriebe der Braddenfischerei gehören zwei der oben erwähnten Kurren- oder Braddenkähne mit je 2 — 3 Mann Besatzung. Der eine Kahn nimmt die Metritze und den einen, mit derselben fest verbundenen Flügel, der andere den zweiten Flügel an Bord, welcher erst unmittelbar vor dem Auswerfen des Netzes durch Schnüre an der Metritze befestigt wird. Nachdem beide Kähne an einer geeigneten Stelle zusammenge- kommen und die Theile des Netzes mit einander verbunden sind, wird zuerst der Sack oder die Metritze ausgeworfen und indem die Kähne dann nach entgegengesetzten Richtungen segeln, lassen sie auch die Flügel und Treibleinen auslaufen, welche letzteren an den Masten be- festigt werden, und von denen ausserdem eine dünne Leine, der Schaak, Fig. 143. Das Bradclengarn. ausgeht, die neben dem Steuer festgemacht Avird. Sie treiben dann, soviel wie möglich bei dem Winde liegend und das Garn schleppend, dem flachen Schaar zu. Die von dem Netze eingeschlossenen Fische versuchen längs der schräge gestellten Flügel nach hinten zu entkommen und ge- langen so in die Metritze, aus der sie bei der schnellen Vorwärtsbewegung des Netzes nicht mehr entkommen können. Auf dem Schaar angelangt, halsen die Kähne, legen sich neben einander, die Mannschaft des einen Kahns übernimmt beide Zugleinen, um das Netz zu heben, während der andere Kahn nach der an ihrer Boje erkennbaren Metritze hinfährt, um nachzusehen, ob der Inhalt derselben das Aufziehen des ganzen Netzes lohnen werde. Ist das noch nicht der Fall, so übernimmt dieser Kahn wieder die eine Zug- 22 338 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. leine und die Fahrt wird so lange fortgesetzt, bis sich eine genügende Menge von Fischen in der Metritze befindet. Die Mannschaft des einen Kahnes schnürt dann mit einer unter der Metritze hindurchgezogenen Schnur diese fest zu, so dass die Fische nicht entweichen könnten, lichtet dann das Netz und schüttet die Fische aus. Unter günstigen Umständen können mit dem Braddengarn 3- -4 Züge an einem Tage gemacht werden. Die Braddenfischerei wird vom 15. September bis 1. October nur auf dem sogenannten Boden des kurischen Haffes, nach dem 1. October, wenn die kleinen Lachsstellen aufgehoben sind, auf der ganzen Tiefe be- trieben. Sie liefert vorzugsweise Bressen, Zander, Barsche und Hechte, gelegentlich natürlich auch alle anderen Fische, die sich gerade in der Tiefe aufhalten. Fig. 144. Lage der vor dem Garn treibenden Braddenkähne. Ein ganzes Braddengarn kostet neu 240—300 Mark; der Pachtzins für ein halbes Braddengarn nebst dem dazu gehörigen Segelfahrzenge beträgt 12 Mark. 3. Der Eeitel, Keutel, das Keitel-, Keutel- oder Kiedelgarn, lit. kiuddelis, ist ein auf unseren beiden Haffen gebräuchliches, aus Hanf gefertigtes, trichter- förmiges Netz ohne Flügel. Seine Länge beträgt 10 — 12 m, sein Umfang an der vorderen weiten Oeffnung ca. 12 m. Diese Oeffnung ist von einer festen Simme eingefasst und wird durch 2 daran befestigte Der Keitol. 339 Hölzer, dieStölzen, lit. botellis, (Eig. L45,l)undden zwischen beide gesetzten Treibbaum, lit. boms, (2) in Form eines Rechteckes von ca. 5 m Länge und 1 in Höhe offen gehalten. An den Stolzen ist mittels! der Ilahnen- pfoten oderSchärker (3) dieBottleine (4) befestigt, an welche eine starke, ca. 20 m lange Treibleine (5) angeknüpft wird. Man unterscheidet am Keutel- garn '■> Abschnitte von ungleicher Maschenweite, den Heerd, Mittel rock und das Achtergarn. Der dem Eingange zunächst liegende Heerd, auf dem kurischen Haff Vorderthoil genannt, lit. peiszakis, hat eine Länge von 4 — 5 m und Maschen von gewöhnlich 3,7 cm. Der Mittelrock, lit. middraks, ist 2 — 3 m lang, seine Maschen pflegen 2,7 cm weit zu sein, das Achter- oder Aftergarn, lit. aktagarn, welches das hintere spitze Ende des Netzes bildet, ist ca. I m lang, seine Maschen dürfen nicht enger als 2 cm sein. An seinem hinteren Ende ist das Achtergarn offen und wird durch eine feste Schnur zugebunden, die eine Länge von 5 — 10 m hat und an deren Ende ein ca. 2 m langes Stück Kundholz, der Stehder oder Stöder, als Boje befestigt ist. Innerhalb des Achtergarns liegt noch ein JL Fig. 145. I).t Keil,]. kleinerer, am hinteren Rande des Mittelroeks mit dem grossen Netze verbundener Netztrichter, die Kehle, Einkehle oder der Inkel, welcher 2 — 3 m lang ist und Maschen von 2,5 cm Weite besitzt. Er hindert die einmal ins Achtergarn gelangten Fische am Entweichen. Wie die Metritze des Braddengarns ist der Keutel an seiner oberen Seite mit Flott- hölzern in ungefähr 15 querüber laufenden Reihen, an der unteren mit 40 — 50 flachen Seesteinen oder Thonringen versehen, deren Gewicht gross genug sein muss, um ihn fest am Grunde zu halten. Zum Betriebe der Keutelfischerei gehört ein schweres Segelfährzeug mit 2 Mann Besatzung. Auf dem kurischen Haff werden zum Keuteln Kähne angewandt, die den Kurren- oder Braddenkähnen ganz gleich sind, beim Gebrauch mit dem Keutel aber als Keutelkahn, lit. kiuddelis walte, bezeichnet werden. Auf dem frischen Haff werden zum Betriebe der Keutelfischerei die sogenannten Angelkähne gebraucht. Sie sind, abweichend von jenen des kurischen Haffes, scharf auf Kiel gebaut, 10 — 11 m lang, 3,5 — 4 m breit mit 1 m Tiefgang und besitzen einen grossen mittschiffs gelegenen Fisch- behälter für lebende Fische. Sie haben nur einen Mast von ca. 13 in Höhe und nur ein einziges grosses Raasegel von 10 m Höhe und 5 in 22* 340 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. Breite, mit dem sie vorzüglich segeln. Ein solcher AngeLkahn kostet neu ca. 2500 Mark. Sind die Keutelfischer auf einer passenden Stelle ange- langt, so wird der Keutel ausgeworfen, der Treibbaum eingesetzt und die Treibleine am Mäste befestigt. Der Kahn treibt dann mit halbem Winde1) fort, den Eeutel am Grunde nachschleppend, während der Stehder an der Oberfläche hinterher schwimmt und im Falle eines Bruches der Treib- leine das Auffinden des Netzes ermöglicht. Bei sehr schneller Fahrt würde der Keutel vom Grunde sich erheben und ins Schwimmen kommen. Man vermeidet dies, indem man auf der Treibleine mehr oder weniger schwere, an hölzernen Haken befestigte Steine, die Hakensteine, lit. usz- leikis, (Fig. 145, 6) bis zu der Bottleine herabgleiten lässt. Ist der Keutelfischer 5 — 10 km weit getrieben, so lässt er das Segel fallen, um das Netz zu lichten. Die Fische werden durch Aufbinden der Schnur am Ende des Achtergarns herausgenommen, das Netz von dem oft in grosser Menge hineingelangten Schlamm, "Wasserpflanzen etc. gereinigt und von Neuem ausgeworfen. Bei günstigem Winde kreuzen die Angelkähne in der Zeit vom 1. Juni bis 1. October bei Tag und Nacht fortwährend auf der Tiefe-) beider Haffe, im kurischen Haff ausschliesslich südlich der Linie Licker- orth-Grabsterorth. Auf steinigem oder an Pflanzenwuchs sehr reichem Grunde verbietet sich der Gebrauch des Keutels von selber. Der Keutel fängt hauptsächlich Aale und Kaulbarsche, andere Fische nur in geringer Anzahl. Die Fischkasten der Angelkähne ist in zwei Abtheilungen ge- schieden, eine für die Aale, die andere für die „Fische", zu denen der Keutelfischer den Aal nicht rechnet. Man hat schon vor langer Zeit die Schädlichkeit der Keutelfischerei erkannt und die Zahl der Keutel zu beschränken versucht, was jedoch, da der Gebrauch derselben vielfach durch Privilegien aus alter Zeit gestattet ist, nur sehr allmählig gelingt. Zur Zeit sind auf dem frischen Haff noch über 100, auf dem südlichen Theile des kurischen Haffes über 300 Keutel im Betriebe, deren fortwährendes Kreuzen den Grund des Haffes unaufhörlich beunruhigt, den Pflanzenwuchs zerstört und die Fische verscheucht. Die kleinen Fische, die oft in grosser Zahl in das Keutelgarn gerathen, werden durch den starken Druck, welchem sie durch das schnelle Fortschleppen des Netzes ausgesetzt sind, so betäubt, dass sie, selbst wenn sich der Fischer die Mühe nimmt, sie ins Wasser zurückzuwerfen, lange an der Oberfläche treiben und meistens ein Eaub der Möven und Krähen werden. Nur die kleinen Flundern, welche in grosser Menge mit dem 1) Das Segeln mit vollem Wind (Schwüren) ist hei Strafe von 150 Mark verboten. 2) Unter 4 — 5 m "Wassertiefe soll mit dem Keutel nicht gefischt werden. CQ tu CS w a CD o CQ 3 © c5 A4 CD M es CO Der Keitel. Das Grundnetz. 341 Keutel gefangen werden, ertragen diesen Druck ganz gut, werden aber gewöhnlich, da für die Flunder noch kein Minimalmaass besteht, selbst wenn sie nur 5 cm lang sind, nicht wieder in Freiheit gesetzt. Ein neues Keutelgarn hat einen Werth von 120 — 150 Mark, für einen Keutel mit zugehörigem Fahrzeuge wird auf dem frischen Haff ein Pachtzins von 20, auf dem kurischen von 30 Mark jährlich erhoben. Auf dem kurischen Haff ist in der Zeit vom 15. April bis 1. Mai vorlängs der Esche, und vom 15. Juli bis 15. August, sowie vom 1. October bis zum Zufrieren des Haffes westlich der Linie Kossitten-Taktau für den Fang des, dann in Schaaren an jenen Orten vorkommenden Stintes der Gebrauch eines besonderen Stintkeutels mit Maschen von nur 0,7 cm Weite gestattet, jedoch nur im tiefen Wasser, wo dann neben den Stillten nur wenige kleine Kaulbarsche sich aufhalten, nicht in den Buchten, wo junge Fische aller Art mitgefangen werden würden. Ein dem Keutelgarn ganz ähnliches, nur sehr viel kleineres Netz, die Plaschkinnis, die früher auf dem kurischen Haff sehr gebräuchlich war, und deren vordere Oeffnung durch einen runden Bügel offen ge- halten wurde, ist seit langer Zeit verboten, weil die Fischer mit diesem kleinen Netze in die Buchten und zwischen die Binsen etc. eindrangen und überall die jungen Fische fortfingen. 4. Das Grundnetz (Trawl), welches in See zum Fange von Plattfischen, Dorsch und Aal ange- wandt wird, ist nichts Anderes als ein Keutel von vergrösserten Dimen- sionen und stärkerem Material. Dasselbe wird je nach Umständen in sehr verschiedener Grösse hergestellt. An unserer Küste ist bisher nur ein Grundnetz vorhanden gewesen, das von Memel aus in Betrieb genommen wurde. Es ist von 3 mm starkem Manillahanfgarn ge- fertigt und hat drei Abschnitte von verschiedener Maschenweite. Die vordere Oeffnung wird durch einen Treibbaum von 10 — 12 m Länge offen gehalten, die untere Simme besteht aus einem starken Tau1) und ist mit 7 — 8 Centnern Eisen beschwert, die obere Simme, wie die ganze Oberseite des Netzes, ist mit Korkholzschwimmern reichlich be- setzt. Im ersten Drittheil, von der vorderen Oeffnung an gerechnet, haben die Maschen eine Weite von 7 cm im Quadrat, im zweiten Drit- theil von 5, im letzten von 4 cm. Das letzte Drittheil des Netzes wird, 1) Die eigentliche Simme, welche die grosse Oeffnung umgiebt, hat einen Durch- messer von 2 cm, ist aber zum Schutz noch mit einer zweiten stärkeren Leine be- wickelt, so dass sie hierdurch einen Durchmesser von 9 cm erreicht. 342 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. weil es der Reibung am Grunde am meisten ausgesetzt ist, aus doppelten Benzein gefertigt. Im Innern befinden sich zwei Inkel, um die einmal ins Netz gelangten Fische nicht wieder heraus zu lassen. Das Grundnetz wird in derselben "Weise angewandt wie der Keutel, erfordert aber wegen seiner sehr viel grösseren Schwere ein viel grösseres Segelfahrzeug, welches ohnehin nothwendig ist, um auch bei stürmischem Wetter die See halten zu können. In Memel war ein Segelkutter von 15 m Länge, 5,37 m Breite und 2,81 m Tiefe erbaut, der mit 8 Mann Besatzung die Hochseefischerei be- treiben sollte, indessen haben sich bisher ergiebige Fangplätze noch nicht ermitteln lassen. Die Zugnetze, welche von festliegenden Kähnen aus gezogen werden, sind das Windkartellgarn, das Herbst- und Sommergarn, das bewegliche Plötznetz, das masurische Kaiübarschnetz und die nur in der See ge- brauchte Zeese. 5, Das Windkartell- oder Windegarn des kurischen Haffes, lit. winkartelle, ist aus Hanf gefertigt und dem Bradden- garn ganz ähnlich. Es besteht aus einer Metritze von nicht mehr als 16 m Länge und 2 Flügeln, deren Länge nicht über 180 m, deren Höhe nicht mehr als 6 m betragen darf. Die Maschenweite darf in keinem Theile des Netzes geringer als 2,5 cm im Quadrate sein. An der oberen Simme sind Flotthölzer, an der unteren Grapsteine befestigt, am Ende jedes Flügels befindet sich ein Bottknüppel, an welchem die Zugleine angebracht ist. Zum Betriebe der Windkartellfischerei gehören 2 — 4 Handkähne oder Waltellen mit je 2 Mann Besatzung. Die AValtellen sind in der Form den Kurrenkähnen ähnlich, auch in derselben Weise getakelt, aber nur 7 — 9 m lang. Zwei Kähne nehmen die Theile des Netzes an Bord und segeln neben einander her (Garnkähne), während gewöhnlich zwei andere (Hilfskähne), die häufig etwas kleiner sind, zunächst in einiger Entfernung leer nachfolgen. Bei ungenügendem Winde werden die Kähne durch Ruder bewegt. An einer geeigneten Stelle auf tiefem "Wasser angelangt, legen sich die beiden Garnkähne neben einander, ver- binden die Hälften des Netzes und lassen es dann, die Metritze voran, auslaufen (lit. pastrykoti). Wenn die Flügel und die je 400 m langen Zugleinen ausgeworfen sind, sollen die beiden Kähne, nachdem jeder einen grossen Halbkreis beschrieben hat, nahe dem Lande wieder zusammen- treffen und vor Anker gehen, so dass nun das Garn mit den beiden Zug- leinen eine vollständige Kreislinie bildet. Bei der Windkartellfischerei ist es nicht erlaubt, das Netz, wie es bei der Braddenfischerei geschieht, — vi ,jj,iii i;iii|!|M' > '; — .i|!)ii|ifijii|iM|iiiiij(|,'iiiiiHni|i|i|i)ii;rnin| ^ijllllltjllililllllJIIIHllH'lliK ■ i' 'i.l i|Hll|^nillljl|!,li|](lllrilii|| o CO Ö a ö CD Das "Windkartellgarn. Das Herbstgarn. 343 hinter den Kähnen auf längere Strecken nachzuschleppen, die Kähne sollen vielmehr nur zum Auswerfen des Netzes benutzt werden. Sind sie vor Anker gegangen, so werden zunächst die Zugleinen mit Hilfe von Winden eingeholt. Auf jedem Kahn befindet sich eine solche Winde, die in Form einer langen Walze quer über die Mitte des Kahnes verläuft, sich in eisernen Bingen dreht und durch zwei lose, kreuzweise hindurch- gesteckte Speichen gedreht wird. Beim Nichtgebrauch kann sie leicht losgenommen und bei Seite gelegt werden. Nachdem die Zugleinen mit der Winde eingeholt sind, wird das Garn, von den Enden der beiden Flügel anfangend, gelichtet, wobei sich die Mannschaft der Hilfskähne be- theiligt. Nach Herausnahme der Fische aus der Metritze wird es dann von Neuem ausgeworfen und man kann mit demselben bei günstigem Wetter im Laufe des Tages 4 — 5 Züge machen. Die WindkarteMscherei wird vom Aufgange des Eises bis zum 1. Juni und von Michaelis bis zum Wiedereintritt des Frostes betrieben. Ein neues Windkartellgarn kostet 180 — 240 Mk. Der jährliche Pachtzins für ein halbes Garn mit einem Kahn beträgt 10, mit 2 Kähnen 15 Mk. 6, Das Herbstgarn, Windegarn oder Grosslandgarn des frischen Haffes ist in Construction und Anwendung dem kurischen Windkartellgarn sehr ähnlich. Die Länge der Metritze beträgt ca. 12 m, die Länge des Flügels 120 m, die Höhe je nach der Tiefe des zu befischen- den Wassers 8 — 12 m. Die obere Simme ist mit Flotthölzern (Fleeden) von Pappelborke besetzt, solche sind auch in 18 Querreihen an der Ober- seite der Metritze angebracht, die untere Simme ist mit Grapsteinen oder Bleistücken beschwert. Am Ende jedes Flügels befindet sich ein Bott- knüppel (Wathbaum) von ca. 3 m Länge, an welchem die etwa 60 m lange Zugleine (das Beef) befestigt ist. In jedem Flügel des Herbstgarnes kommen gewöhnlich Netztücher von vier verschiedenen Maschenweiten zur Verwendung. Die erste Hälfte des Flügels, also 60 m vom Wath- baum an gemessen, bildet das Weitetuch mit Maschen von ca. 9 — 10 cm im Quadrat, die folgenden 30 m werden als Stagger- oder Plötzentuch, Pletzendook, auch Pletzenzug bezeichnet und haben eine Maschenweite von 7 cm. Darauf folgt das ca. 10 m lange Fischertuch mit Maschen von ca. 3,5 cm und den Best des Flügels bildet das etwa 20 m lange Daumentuch, dessen Maschen wie die der Metritze eine Weite von 2,5 cm besitzen. Das letzte Drittheil der Metritze, die Häckelung oder der Häckel darf Maschen von 2 cm haben. Zum Betriebe der Herbstgarnfischerei werden zwei der gelegentlich der Keutelfischerei auf dem frischen Haffe beschriebenen Angelkähne mit 344 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. je 3 Mann Besatzung erfordert, an manchen Orten bedient man sich statt derselben der sogenannten Garnsicken, welche ebenso gebaut und ge- takelt, jedoch nur bis 10 m lang, 3 m breit sind, einen Mast von 10 — 11 m Höhe haben und ca. 1500 Mk. kosten. Auf jedem Kahne befindet sich eine Winde wie auf den Windkartellkähnen des kurischen Haffes und wird beim Auswerfen und Aufziehen des Netzes ganz wie bei jenem Garn verfahren. Es darf nur auf der Tiefe des Haffes, dem Strom oder der Mott mit dem Herbstgarn gefischt werden, ohne die Schaaren und flachen Stellen zu berühren. Meistens wird die Herbstgarnfischerei nur im Frühjahr und Herbst betrieben, nur diejenigen Fischer, welche keinen Keutel besitzen, fischen mit dem Herbstgarn auch den Sommer hindurch. Ein neues Herbstgarn kostet ca. 1000 Mark, der jährliche Pacht- zins für ein ganzes Herbstgarn beträgt 30 Mark. 7. Das Schaar- oder Sommergarn des frischen Haffes ist von dem Herbstgarn nur durch seine geringere Grösse unterschieden; die Länge seiner Flügel beträgt 60 m, die Höhe 4 m, die Länge der Metritze und die Maschenweite ist der des Herbst- garnes gleich. Die Sommergarnfischerei wird mit 2 Garnsicken in derselben Weise wie mit dem Herbstgarn betrieben. Sie darf nur auf den tiefen Schaaren, und nicht während der Frühjahrsschonzeit ausgeübt werden. Ein neues Sommergarn kostet 600 Mark, der jährliche Pachtzins beträgt 20 Mark. 8. Das bewegliche Plötznetz des kurischen Haffs, Drehnetz, lit. suktinnis oder bristinnis, besteht aus einer Metritze mit nur einem Flügel von 120 m Länge und 2 m Höhe. Die Metritze hat eine Länge von 6 m. Die Maschen dürfen an keiner Stelle des Netzes Fig. 148. Das bewegliche Plötznetz. unter 2,5 cm im Quadrat messen. Die dem Flügel gegenüberliegende freie Seite des Sackes wird mit einer Stange (Pricke, lit. aile), an welcher sie an Das bewegliche Plötznetz. Das Kaulbarschnetz. 345 mehreren Stellen angebunden wird, im flachen Wasser senkrecht stehend be- festigt. Der Fischer entfernt sich dann mit seinem Handkahn (lit. lutas), der flach gebaut ist und eine Länge von 6 — 7 m, eine Breite von 1,50 m hat, in gerader Richtung vorwärts rudernd, von der Pricke, bis das ganze Garn und die kurze Zugleine ausgelaufen ist. Die letztere wird dann im Hintertheil des Bootes befestigt und, nachdem der Fischer einen grösseren oder kleineren Bogen oder einen Theil einer Spirale um die feststehende Pricke beschrieben hat, fährt er in gerader Linie auf dieselbe zu und nimmt nun den Flügel des Netzes, der jetzt ungefähr einen Kreis um- schliesst, allmählich auf. Die von demselben eingeschlossenen Fische fliehen dabei in die Metritze, aus der sie schliesslich herausgenommen werden. Die Fischerei mit dem beweglichen Plötznetz ist namentlich auf der Esche und in der Karkler Lank gebräuchlich, es werden damit vorzugsweise Plötzen und ähnliche "Weissfische gefangen, die sich im flachen Wasser aufhalten. Der jährliche Pachtzins für das bewegliche Plötznetz beträgt nur 4 Mark. 9, Das Kaulbarschnetz der masurischen Seen, mas. jesgarnik, hat einen Sack von ca. 12 m Länge und 2 Flügel von höchstens 6 m Länge und 3 — 4m Höhe. Die Maschen dieses Netzes messen 1,3 cm im Quadrat, es ist aber, um die kleinen Fische nicht mitzufangen, in der Mitte der Metritze ein 2 m langer, 3 m breiter Einsatz mit Maschen von 2,5 cm angebracht, und es müssen die gefangenen Fische in diesem Theile des Sackes so lange gehalten werden, bis die kleinen durch die weiteren Maschen hinausgegangen sind. An das Ende jedes Flügels schliessen sich die 2 — 300 m langen Zugleinen an, deren erste 80 m. von dem Ende des Flügels an gerechnet, um weniger leicht in den schlammigen Grund einzuschneiden, mit Werg, alten Segelstücken u. dergl. dick be- wickelt sind (koltuny). Nachdem das Netz in einem mit zwei Mann besetz- ten flachen Handkahn auf tieferes Wasser gefahren ist, wird das Ende der einen Zugleine verankert und mit einer Boje bezeichnet. Indem die Fischer nun von der Boje fortrudern, lässt man die erste Zugleine, das Netz und die zweite Zugleine auslaufen und kehrt mit dem Ende der- selben nach Beschreibung eines grossen Bogens zur Boje zurück. Hier wird dann das Boot verankert und, indem jeder Mann an einem Ende desselben Stellung nimmt, das Netz aufgenommen. Es wird mit diesem Netze nur vom 1. October bis zum Zufrieren gefischt. Wie der Name sagt, werden mit demselben vorzugsweise die in der Tiefe befindlichen Kaulbarsche gefangen. Der Preis eines Kaulbarsch- netzes beträgt ca. 30 Mark. 346 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. 10. Die Zeise, Zeese oder Zehse, welche nur in der See gebraucht werden darf, ist ein aus Hanf gefertigtes Netz, das aus einem Sack (Metritze) von 6 m Länge und 130 cm weiter Oeff- nung und 2 Flügeln von je 6 — 7 m Länge besteht, deren Höhe an der Metritze 1,20 cm beträgt, nach dem freien Ende hin sich aber allmählich bis auf 45 cm verringert. Dieses freie Ende ist an einem Stabe von gleicher Höhe, dem Stock oder Knüppel befestigt, in dessen Mitte sich ein eiserner Wirbel befiudet, an welchem die Zugleine angebunden ist. Der "Wirbel verhin- dert es, dass beim Einholen der Leine die etwaigen Drehungen derselben eine Verdrehung und ein Unklarkommen der Flügel bewirken. Die Maschenweite beträgt in den Flügeln gewöhnlich 3 cm, im vorderen Theil der Metritze 2,5, im hinteren 1,3 cm, doch werden auch Zeesen mit weiteren und engeren Maschen angewandt. Die Simme des ganzen Netzes wird von einer Neungarnleine gebildet. An der oberen Simme sind in «ÖSSSiSSäSSSS. Fig. 149. "Wischleine. Abständen von ca. 40 cm kleine Flotthölzer angebracht, um die untere sind in Entfernungen von je 5—8 cm Stückchen gewalzten Bleies ge- wickelt. Die Flügel des Netzes werden dadurch in senkrechter Stellung erhalten und die Oeffnung der Metritze möglichst weit aufgespannt. Zum Betriebe der Zeesenfischerei fahren wenigstens zwei Mann mit einem Boot auf eine Wassertiefe von 20 — 40 m. Das Boot wird dann fest verankert und an der Ankerleine eine Boje (Reiter) befestigt, die aus einer 3 m langen und 8 — 10 cm dicken Stange besteht. Dieselbe geht durch ein starkes Holzkreuz hindurch, welches horizontal auf dem Wasser schwimmt; ihre Spitze ragt ca. 2 m über dem Wasserspiegel hervor und wird bei Tage durch eine Fahne, Nachts durch eine Laterne Aveithin sichtbar ge- macht, An den Wirbeln am Ende der beiden Netzflügel werden nun fingerdicke Leinen von je 120 m Länge befestigt, die Wischleinen, die in Entfernungen von 25 — 30 cm mit kleinen Strohbündeln (Wischen) besetzt und in grösseren Abständen mit kleinen flachen Steinen beschwert sind. Durch letztere werden die Wischleinen am Grunde gehalten, wo sie durch die Bewegungen der Strohwische die Fische aufscheuchen. Am Die Zeeso. 347 Ende jeder Wischleine wird dann noch eine dünnere, etwa- 160 m lange Leine, die Endleinc angebunden. Das freie Ende der einen Endleinc wird nun an dein Ankertau des Reiters befestigt, das Boot von dem Anker gelöst und durch Rudern fortbewegt, wobei nach einander die erste Endleine und Wischleine, das Netz und die zweite Wisch- und Endleine ausläuft. Darauf nähert sich das Boot, nachdem es einen grösseren oder kleinen Bogen beschrieben hat, wieder dem Reiter und wird an demselben befestigt. Die erste End- leine wird vom Reiter gelöst und beide Fischer ziehen, jeder an einem Ende des Bootes stehend, die Leinen und das Netz gleichmässig ein. Um ein schiefes Einholen des Netzes zu vermeiden, wobei es den ge- fangenen Fischen möglich werden würde zu entkommen, sind beide Leinen in Zwischenräumen von ca. 20 m mit gleichen Kennzeichen, farbigen Läppchen, Knoten oder dergl. versehen. Nachdem das Netz gehoben und entleert ist, wird es von Neuem ausgeworfen und nach und nach das ganze im Umkreise des Reiters gelegene Terrain abgefischt. Im Putziger Wiek ist die Zeise ganz ebenso eingerichtet, als Boje wird ein leeres Fässchen benutzt, die mit Strohwiepen besetzten Zug- leinen werden als Lop er bezeichnet. Die zum Betriebe der Zeesen- fischerei gebrauchten sogenannten Strandböte, lit. laiwa, sind scharf gebaut auf einer Kielplanke von 7 m. Sie haben zwischen den Steven- spitzen eine Länge von 8 — 8x/2 m, eine Breite von ca. 3 m und eine Höhe von etwa 1 m. Sie sind ganz offen und wrerden durch Ruder, gelegentlich auch durch ein Sprietsegel und eine breite Fock getrieben. Als Steuer wird gewöhnlich ein langes Ruder benutzt. Im Putziger Wiek sind die zur Zeisenfischerei benutzten Böte nur 5 m lang, 1,75 m breit, scharf auf Kiel gebaut und führen nur ein viereckiges Segel. Die Strand- böte können sich nicht weit von der Küste entfernen, da sie beim Auf- springen eines stärkeren Windes schleunigst landen müssen. Die Zeesen- lischerei wird, so oft es die Witterung gestattet, das ganze Jahr hindurch betrieben und liefert vorzugsweise Plattfische, in geringerer Anzahl auch Dorsche, Zärthen etc. Durch Abreissen des bei uns ohnehin nur spärlichen Pflanzenwuchses am Grunde der See wirkt die Zeese entschieden^ schädlich, indem sie die Laichplätze vieler Fische vernichtet, ausserdem ist sie durch das Weg- fangen zahlloser ganz kleiner Flundern verderblich, die in den früher viel häufigeren, aber durch die Zeese fast gänzlich verdrängten Flunder- netzen (s. diese) sich nicht fangen konnten. Der Preis einer Zeese beträgt ca. 45 — 50 Mark, der eines Strand- bootes im Mittel 300 Mark. 348 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. Als Wadegarne, Waaden oder Wathen, in See als Strandgarne bezeichnen wir diejenigen Zuggarne, die vom Lande aus oder, wo sehr seichtes Wasser dies unthunlich macht, von im Wasser watenden Leuten oder auch von festliegenden Kähnen aus aufgezogen werden. Die Zahl der verschiedenen Wadegarne ist in unseren Gegenden eine sehr grosse, indessen stimmen alle darin überein, dass sie aus einem Sack und zwei Flügeln bestehen, deren Dimensionen und Maschenweite jedoch sehr ver- schieden sein können. Alle Wadegarne, die bis aufs Ufer gezogen werden, sind natürlich in Buchten und an anderen Orten, wo sich viel junge Fischbrut aufhält, durch Beunruhigung oder Vernichtung derselben, sehr schädlich. a. Die Wadegarne des kurischen Haffes. 11. Das Wadegarn, Zuggarn oder Zugnetz ist aus Hanf gefertigt und in seiner Einrichtung dem Bradden- und Wind- kartellgarn ganz gleich. Die Metritze hat eine Länge von 6 m, die Flügel sind je 150 — 180 m lang, an der Metritze je nach der Tiefe, in welcher das Garn ausgeworfen werden soll,1) bis 8 m hoch, und verschmälern sich bis zu dem an einem Bottknüppel von etwa 1 m Länge befestigten Ende zu entsprechender Höhe. An jedem Flügel unterscheidet mau 3 Abschnitte, der erste, vom Bottknüppel an gerechnet, hat Maschen von 6 cm im Quadrat und wird als die Botten bezeichnet, der zweite, das Mittelstück, hat Maschen von 3,5 cm, der an die Metritze stossende Abschnitt heisst das Hinterstück. In diesem, wie in der Metritze selbst, beträgt die Maschenweite 2,5 cm; nur wenn auf Kaulbarsch gefischt wird, ist in diesen Theilen eine Maschen- weite von 1,3 cm zulässig. Auch an der Metritze werden drei Abschnitte unterschieden, Vorderkranz, Mittelkranz und Achtergarn, Kuli oder Häckel. Die an den Bottknüppeln befestigten Zugleinen dürfen nicht über 700 m lang sein. Beim Betriebe der Wadegarnfischerei wird an jeder Zug- leine, 20 m vom Bottknüppel entfernt, eine gewöhnliche Trage, wie sie zum Transport der Netze oder Fische angewandt wird, befestigt, um die Leine vor dem Garn nicht an den Grund gehen zu lassen. Gleichzeitig dient dieselbe beim Aufholen des Netzes als weithin sichtbares Zeichen um zu verhindern, dass die Flügel ungleichmässig eingezogen werden. Das Ende der einen Zugleine wird am Lande befestigt oder von einem Fischer 1) Im Allgemeinen müssen' Zuggarne, welche vom Grunde bis zur Oberfläche des Wassers reichen sollen, in der Höhe der doppelten Tiefe des Gewässers entsprechen, da sich ihre Höhe beim Ziehen durch Bildung einer grossen Bucht etwa auf die Hälfte verringert. Das "Wadegarn. Die Klippe. 349 gehalten, die anderen entfernen sich mit dem auf einem Kahne unterge- brachten Garne soweit die Zugleine erlaubt. Mit Berücksichtigung von Wind und Strömung wird dann, indem der Kahn stromabwärts fährt, das Garn dem Ufer möglichst parallel ausgeworfen, worauf die Fischer mit dem Ende der zweiten Zugleine ans Land zurückkehren. An jede Zug- leine fassen nun 4 Mann an und ziehen zunächst die Leinen, dann die Flügel, allmählich rückwärts gehend, ans Land. Zur Erleichterung der Arbeit tragt jeder Fischer einen nach Art eines Gürtels oder einer Schärpe umgenommenen Ziehgurt, an welchem ein kurzes Stück starken Marieins befestigt ist, welches am Ende einen Holz- oder Bleiknopf trägt. Mit einer kurzen Handbewegung wird der Knopf mit einem Theile des Mar- leins mehrmals um die Zugleine geschleudert, wodurch der Ziehgurt mit derselben so fest verbunden wird, dass die Fischer mit dem ganzen Gewicht ihres Körpers daran ziehen können. In entsprechender Entfernung vom Wasser angelangt, löst einer nach dem andern durch eine entgegen- gesetzte Wurfbewegung mit dem Knopfe seinen Ziehgurt von der Zug- leine und befestigt ihn wieder an derselben, nachdem er bis unmittelbar an das Wasser vorgegangen ist. Gleichzeitig mit dem Aufziehen des Garnes nähern sich die an den beiden Zugleinen beschäftigten Parteien einander nach und nach, so dass sie, wenn die Flügel ans Ufer kommen, sich dicht bei einander befinden. Um das Entweichen der von dem Netze umschlossenen Fische zu verhindern, müssen beim Aufziehen der Flügel die Untersimmen möglichst wenig gehoben werden, auch werden sie, nachdem ein Theil der Flügel gelichtet ist, gekreuzt, so dass die rechts stehenden Fischer den linken, die links stehenden den rechten Flügel weiter aufziehen. Gleichzeitig bemüht man sich, durch Schlagen und Werfen in das von den Flügeln umschlossene Wasser die Fische in die Metritze zu treiben. Um das Netz, wenn es an Steinen, abgebrochenen Pricken und dergleichen hängen bleibt, sofort loszumachen, fährt ein Fischer mit einem Handkahn an dem Netze entlang, da es sonst leicht zerrissen werden würde. Mit dem Wadegarn, welches natürlich nur bei offenem Wasser gebraucht werden kann, werden hauptsächlich Kaulbarsche, Plötze und andere Weissfische gefangen. Der Preis des Wadegarnes ist dem des Windkartellgarnes gleich, der Pachtzins für ein halbes Wade- garn mit dem zugehörigen Kahn beträgt 10 Mark. 12, Das kleine Zieh- oder Zuggarn, die Klippe, unterscheidet sich von dem vorigen nur durch geringere Grösse. Die Länge der Metritze darf nicht mehr als 4 m betragen, jeder Flügel hat eine Länge von 50 bis 120 m, eine Höhe von ca. 3 m; Maschenweite und Betrieb ist 350 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. von denen des grossen Zuggarnes nicht verschieden. Der Preis einer Klippe beträgt 80 — 90 Mark, der Pachtzins für eine halbe Klippe 6 Mark. 13. Die Stintklippe hat eine Metritze von 6 m Länge. Die Flügel sind je 100 m lang, 2 m hoch. Die Maschenweite beträgt am Ende der Flügel 4 cm, bis zur Mitte der Metritze hin verengern sie sich allmählich auf 1,5 cm, im Ende der- selben dürfen sie bis auf 0,7 cm herabgehen. An der unteren Simme werden nur wenige Steine befestigt, da dieselbe nicht bis auf den Grund gehen soll. Der Gebrauch der Stintklippe ist bei offenem Wasser nur bis zum 1. Juni gestattet, jedoch darf sie auch im "Winter unter dem Eise angewandt werden (s. bei der Winterfischerei). Der Preis einer Stint- klippe beträgt ca. 80—90 Mark. 14. Die Stichliiigsklippe, das Stichlingsgarn, lit. stegin klippe, soll ausschliesslich zum Stichlingsfange gebraucht werden, wird aber unrechtmässiger Weise oft zum Fange von Fischbrut angewandt, die zum Ködern der Angeln oder auch wohl als Schweinefutter benutzt wird. Die Länge der Metritze beträgt 2 — 3 m, die Flügel sind an der Metritze bis 11/2 m hoch, der eine nur 7, der andere bis 15 ra lang. Beim Betriebe wird der kurze Flügel am Lande, der lange von einem Ruder- oder Segelboot gezogen. Auch kann die Fischerei mit diesem Garne von watenden Leuten betrieben werden. Der Preis einer Stichlingsklippe be- trägt 15—20 Mark, der Pachtzins 2 Mark. 15. Die Neschintinnis ist eine besondere Art des Wadegarnes, die in den schnell strömenden Ausflüssen der Memel, namentlich im Athmath- und Skirwiethstrom gebraucht wird. Die Metritze ist 6 — 10 m lang, von den Flügeln ist der eine nur ca. 30 m lang und 5 — 6 m hoch (krastegallis), der andere 160 — 200 m lang und gewöhnlich um 1 m höher (gelissesgallis). Am Ende jedes Flügels befindet sich ein entsprechend langer Bottknüppel zur Befestigung der Zugleinen. Die Maschenweite beträgt im Ende der Flügel 5 cm und verengt sich bis zur Metritze hin auf 2,5 cm. Die Fischerei mit der Neschintinnis wird folgen dermaassen betrieben. Ein Mann bleibt mit dem Ende der ca. 16 m langen Zugleine der Krastegallis am Ufer, das Netz wird auf einen grossen Handkahn gepackt, den 5 Mann be- steigen, und während 3 von ihnen quer über den Fluss rudern, lassen die beiden anderen das Netz auslaufen, bis etwa ein Viertel der Länge der Gelissesgallis über Bord ist. Dann wendet sich das Boot, Die Neschintinnis. Das Landgarn. 351 welches nun etwa zwei Drittel der Breite des Stromes durchmessen hat, stromabwärts und rudert dem Ufer parallel weiter, bis das ganze Netz und die ca. 160 711 lange Zugleine der Gelissesgallis ausgelaufen ist und kehrt darauf ans Ufer zurück. Sobald es gelandet ist, wird mit dem Einholen der Zugleine und des langen Flügels sofort begonnen. Der Fischer, welcher die Zugleine des kurzen Flügels übernommen hat, ist mit derselben allmählich stromabwärts am Ufer entlang gegangen, so dass er bald mit den anderen Männern zusammentrifft. Indem sich dieselben nun gleichmässig an beiden Flügeln vertheilen, wird das Fig. 150. Die Neschintinnis. Netz aufgeholt. Die gefangenen Fische werden in ein kleines Boot ge- schüttet, das Netz wieder auf dem Handkalm ordnungsmässig verpackt, und ein neuer Zug kann sofort gemacht werden. Die Neschintinnis wird von den Fischern aus selbstgesponnenem Hanfgarn gestrickt und hat einen Werth von 4—600 Mark. b. Wadegarn des frischen Haffes. 16, Das Land-, Strand-, Wadegarn oder Ziehnetz des frischen Haffes hat eine Metritze von 3 — 4 m Länge und Flügel von 60 — 120 m Lauge und 2 — 3 m Höhe. Die Zugleinen sind 120—180 m lang. Zum Betriebe der Fischerei gehören 6 Mann mit 2 kleineren Fahrzeugen, sogenannten Angelsicken oder Lommen. Beim Aufholen des Netzes springen, sobald die Flügel an das Fahrzeug kommen, zwei Mann ins Wasser um die untere Simme mit den Füssen am Grunde zu halten und den Fischen das Entfliehen unmöglich zu machen. Die Angelsicken sind auf Kiel, 352 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. die Lommei] flach gebaut, beide ganz offen und ohne Behälter für lebende Fische. Beide Gefässe führen, wenn sie zu längeren Fahrten benutzt werden, 2 Masten mit Sprietsegeln, bei der Fischerei werden sie nur mit Eudern bewegt. Das Ziehnetz wird nur auf der flachen Schaar und zwar mit Ausschluss der Frühjahrsschonzeit vom 15. April bis 14. Juni, so lange das Wasser offen ist, gefischt. Das Ziehnetz zahlt einen Pacht- zins von 20 Mark. c. Wadegarne der Binnengewässer. 17. Das Sommergarn, grosse Klapp- oder Kleppnetz, mas. kleppa, oder die Wathe der masurischen Seen, hat Flügel von 40 — 150 m Länge und 12—20 m Höhe, eine Me- tritze von 20 — 40 m Länge, die Zugleinen sind bis 400 m lang. Die Maschenweite darf in keinem Theile des Sommergarns unter 2,5 cm herab- gehen. Die kleineren Exemplare dieses Netzes werden auch als Halbgarn, mas. pul niewodak, bezeichnet. Die obere Simme der Flügel ist mit Flott- hölzern versehen, die untere mit Thonringen beschwert. An den Zugleinen werden Strohwische oder an Bindfäden befestigte flache Brettchen als Scheuch er oder Flatter er, mas. kleppki, in Abständen von je 2 m an- gebracht. Das Netz wird in der schon öfter besprochenen Weise aus- gelegt, wobei 6 — 8 Fischer auf 2 Böten beschäftigt sind. Die masurischen Fischerböte sind flach, ganz offen und werden durch Kuder getrieben, nur auf den grössern Seen sind sie für längere Reisen auch zum Segeln eingerichtet. Der Werth eines Sommergarnes beträgt etwa 450 Mark. 18. Die kleine Klappe, Kleppe oder Klippe, Wathe, mas. wate oder brodnia, auch Badnetz oderßand- netz genannt, hat Flügel von 6—10 m Länge, eine Metritze von 3 — 4 m und Zugleinen von 20 — 100 m und darüber. Die Einrichtung ist übrigens der des Sommergarns ganz ähnlich, auch die Maschenweite darf nicht unter 2,5 cm betragen. Dieses zum kleinen Gezeuge gerechnete Netz wird vornehmlich von den privilegirten Fischereiberechtigten angewandt und zwar nach Maassgabe ihrer Berechtigung entweder mit einem Kahn oder ganz ohne solchen, indem im letzteren Falle das Netz nur so weit vom Ufer entfernt ausgelegt werden darf, als dies durch watende Leute geschehen kann. Das Aufziehen des Netzes erfolgt immer am Ufer. Der Werth eines Klappnetzes beträgt 15 — 30 Mark. 19. Die Gomolka oder Spohnklappe der masurischen Gewisser ist ein der Zeese ähnliches Zugnetz, welches aus einem 6 — 8 m langen Sack ohne Flügel besteht. An den 80 — 100 m Die Gomolka. Das Zochbaumnetz. 353 langen Zugleinen sind in Abständen von je 2 m Seh euch er (Flatterer, Schwenker, mas. kleppki) angebracht. Es sind dies von Fichtenkloben abgespaltene flache Bretter von 1 m Länge, 8 cm Breite und 0,3 cm Dicke, deren eines Ende mittelst etwa 5 cm langer Bindfäden an der Zugleine befestigt ist. Statt dieser hölzernen Scheucher, die zwischen Wasserpflanzen sich leicht verwickeln und hängen bleiben, werden auch wohl Strohwische, wie bei der Zeese angewandt. Am Eingange des Sackes ist die untere Simme mit gebrannten Thonringen von 5 cm Durch- messer und 2 cm Dicke, die obere mit Flotthölzern versehen. Die Go- molka wird, wie die anderen Wadegarne im tiefen Wasser ausgelegt und gegen das Ufer aufgezogen. Ihr Gebrauch ist seit dem Jahre 1855 verboten, doch wird sie heimlich noch viel angewandt. 20, Das Zochbaumnetz, mas. kosa oder krzywula, ist ein eigenthümliches Geräth, welches am Besten den Wadegarnen angereiht wird. Seine Grundlage bilden zwei schlittenförmig gebogene Bäume von ca. 4 m Länge, die an ihrem ge- raden Ende durch eine senkrechte Stange im Charnier verbunden sind, so dass sie sich, wie die Schenkel eines Zirkels, öffnen oder schliessen Fig. 151. Das Zochbaumnetz. lassen. Eine Leine verbindet das obere Ende der als Charnier dienen- den Stange mit den aufgebogenen Enden der beiden Bäume und in den beiden so gebildeten Rahmen ist ein engmaschiges Netztuch lose und bauschig ausgespannt. Die krzywula wird im flachen Wasser von zwei Männern in der Weise gehandhabt, dass einer an den aufgebogenen Enden der im spitzen Winkel geöffneten Yorrichtung zieht, während der andere am hintern Ende nachschiebt. Von Zeit zu Zeit wird das Gezeuge wie ein Buch zusammengeklappt und aus dem Wasser gehoben, zeigt sich darin eine Beute, so wird diese am Lande ausgeschüttet. Es werden mit diesem Netze namentlich Gründlinge, Schleihen, Karauschen etc. ge- fangen, in den Buchten und an flachen Ufern natürlich auch sehr viel Fischbrut. Die krzywula wird vorzugsweise von unberechtigten Raub- 23 354 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. fischern angewandt, sie gehört nicht zu den, den privilegirten Fische- reiberechtigten gestatteten kleinen Gezeugen und die fiscalischen Pächter benutzen sie, des geringen Ertrages wegen, gar nicht. d. Wadegarne in See. 21. Das gewöhnliche Strand- oder Wadegarn unserer Seeküsten ist dem in den Haffen gebräuchlichen sehr ähnlich. Es ist aus bindfadenstarken Hanffäden gefertigt. Die Länge der Metritze beträgt gewöhnlich 8 in, ihr Umfang am Eingange 11 m, die Flügel sind je 140 — 160 m lang, an der Metritze 6 m hoch und verschmälern sich allmählich bis zu dem ca. 150 cm langen Bottknüppel hin. Die Maschen- weite beträgt im Ende der Flügel 5 cm und nimmt nach der Metritze hin ab bis auf 2,5 cm, das hinterste Ende des Sackes läuft ganz dicht zu. Die Simme des Netzes wird von einer fast 1,5 cm dicken Leine gebildet, an der oberen Simme sind in Abständen von je 45 cm Kork- flosshölzer angebracht; die untere Simme ist in Entfernungen von je 2 m mit eisernen Bingen von ca. 1/2 Pfund Gewicht beschwert. Zwischen je zweien solcher Einge ist immer noch ein flacher Stein an die Simme an- gebunden. Die mittelst einer Hahnenpfote am Bottknüppel befestigten Zugleinen haben eine Stärke von 1,5 cm, und werden je nach Bedürfniss Stücke von je 200 m Länge bis zu einer Gesammtlänge von je 8 — 1200 m zusammengeknüpft. Die Wadegarnfischerei wird in See gewöhnlich von zehn Personen in folgender Weise betrieben. Drei Mann bleiben mit dem Ende der einen Zugleine am Strande zurück, die übrigen fahren auf dem mit dem Netze beladenen Strandboote seewärts bis die erste Zugleine ausge- laufen ist, an welcher ca. 20 m vom Bottknüppel entfernt eine Trage an- gebunden wird, um die Leine nicht auf den Grund sinken zu lassen. Gewöhnlich wird weitere 120 m landwärts noch eine Boje an der Zugleine befestigt. Mit Berücksichtigung von Wind und Strömung wird das Boot so fortgerudert, dass das Garn dem Lande ziemlich parallel ausläuft und man kehrt dann mit der zweiten Zugleine ans Ufer zurück. Das Boot wird nun auf den Strand gezogen und, indem je 5 Personen an jeder Zugleine arbeiten, wird das Garn eingeholt, wobei sich die beiden Parteien einander allmählich nähern und endlich die unteren Simmen kreuzen. Nach- dem dann die Fische aus der Metritze herausgenommen sind, wird das Netz wieder in das Boot gepackt und von neuem ausgefahren. Ein Zug mit dem Strandgarn erfordert unter günstigen Umständen l1/2 Stunden. Ausser bei bewegter See und in strengen Wintern wird mit demselben das ganze Jahr hindurch gefischt, wobei vorzugsweise Dorsche und Flundern, weniger Aale und andere Fische gefangen werden. cS bß c ?-< CO c o o pfi 'S bc c CS CO « CS o o e CO (M b£ Das Stör- und Lachswadegarn. Bas Lachsnetz. Das Strömlingswadegarn. 355 22. Das Stör- und Lachswadegarn ist aus starkem Hanfgarn gefertigt und im "Wesentlichen dem vorigen ganz ähnlich. Da seine Einrichtung dem Belieben der Fischer überlassen ist, so kommen Garne von verschiedenen Dimensionen vor. Gewöhnlich ist jeder Flügel 180 m lang, 5 bis 7 m tief, die Metritze hat eine Länge von 6 m. Die Maschen beginnen in den Flügeln mit 6 cm Weite und nehmen bis zur Metritze und im Anfange derselben bis auf 3 cm ab, im letzten Ende der Metritze sind sie oft nur 1,5 cm weit. Der Betrieb der Fischerei ist derselbe wie bei dem vorigen Garn und es wird mit diesem Gezeuge namentlich im April, Mai und Anfangs Juni auf Lachs gefischt. In der Gegend von Neufähr und an manchen anderen Orten werden ganz ähnliche Garne zum Störfang im Frühjahr benutzt. Da sie mit Kücksicht auf etwa mitzufangende Zärthen etc. gewöhnlich enge Maschen haben und nur langsam gezogen werden können, entgeht ihnen mancher Stör, der bei grösserer Maschenweite sicher gefangen worden wäre. 23. Das Lachsnetz von Heia hat Flügel von je 140 m Länge und 12 m Tiefe und einen halbkugeligen Sack. Seine Maschen sind 9 cm weit, die obere Simme ist in Abständen von je 1 m mit Pappelflosshölzern, die untere in gleichen Entfernungen mit bleiernen oder eisernen Ringen besetzt. In der Mitte der obern Simme der Metritze wird ausserdem ein leeres Achtelfässchen angebunden. Die Länge jeder Zugleine beträgt bis 1500 in. Der Betrieb der Fischerei ist von der vorigen nicht verschieden. Die Ziehgurte, mas. zelka, bestehen aus einem handbreiten gekrümmten Stück Holz und zwei Riemen, an welche sich ein Strick mit der 3 — 4 Zoll grossen Holzkugel anschliesst. Das Holzstück wird unterhalb der Hüften auf das Kreuz gelegt und die Leute ziehen rückwärts, indem sie sich gegen dasselbe anlehnen. 24. Das Strömlingswadegarn hat Flügel von je 140 m Länge und 5—7 m Tiefe, die Metritze ist 6—7 m lang. Die Maschen beginnen in den Flügeln mit 2,5 cm und verengern sich bis zur Metritze hin auf 1 cm, welche Weite sie auch in der ganzen Metritze haben. Die Fischerei mit der Strömlingswade wird ganz wie mit den vorigen Garnen, hauptsächlich im Mai, Juni und Juli, an manchen Orten auch im September und October betrieben. 25. Das Breitlingsgarn des Putziger Wieks und der Halbinsel Heia, wengorsnik (wörtlich über- setzt Aalnetz, weil es früher zum Aalfang gebraucht wurde), ist ein Zug- 23* 356 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. netz von Manillahanfgarn von 120 m Länge und 8 m Tiefe. Die Maschen sind in den Flügeln 4 cm weit und verengern sich in der Me- tritze bis auf 0,7 cm. Es wird vorzugsweise im Frühjahr und Herbst zum Fange der Sprotten verwandt. 26, Das Tobieschengarn besteht aus zwei Flügeln von je 30 — 40 m Länge, die am freien Ende 1 — 1,25, an der Metritze 3 m hoch sind und durchweg Maschen von 1 cm "Weite haben, und einer aus weisser Leinwand gefertigten 4 m langen Metritze. Die Flügel sind mit Steinkohlentheer getränkt, um ganz schwarz zu erscheinen, an jedem ist eine Zugleine von 2 — 300 m Länge angebracht. Zum Betriebe der Tobieschenfischerei gehören 3 oder 4 Mann mit einem Strandboote. Die Tobieschen (Sandaale) werden, wenn sie in den Mo- naten Juli bis September massenhaft in die Nähe des Ufers kommen, mit diesem Garn gefangen, um als Angelbesteck zu dienen. Das Garn wird wie das gewöhnliche "Wadegarn ausgeworfen, beim Aufziehen fliehen die Tobieschen vor den schwarzen Flügeln nach der hellen Metritze, welche sie für eine Lücke im Garn halten. 27. Die Waate, kass. woadtka, des Putziger "Wieks ist ein Zugnetz von sehr verschiedener Länge. Die Flügel sind je nach dem Belieben der Fischer oder der Be- schaffenheit des Grundes 20 — 50 m lang, der Sack misst nur ca. 3 m. Die Maschenweite beträgt etwa 2,7 cm. Zugleinen sind bei diesem Ge- zeuge nicht gebräuchlich, dasselbe wird vielmehr von watenden Leuten im flachen "Wasser gezogen, um die Nachts in der Nähe des Ufers sich aufhaltenden Fische zu fangen. An manchen Orten werden Zugnetze ohne Sack gebraucht. 28. Das Graugarn des frischen Haffes ist ein einfaches engmaschiges Netztuch von 8 — 10 m Länge und 40 — 50 cm Höhe, welches watend im flachen "Wasser gezogen wird. Es findet auf dem Haff nur nahe der Pregelmündung zum Fange des Steinbeissers Anwendung, welcher dort als Angelköder benutzt wird. Aehnliche Netze von grösseren Dimensionen sind in der "Weichsel zum Fange von allerlei Fischen gebräuchlich. Auch beim Abfischen der Karpfenteiche werden mitunter "Wadegarne benutzt, die keinen Sack besitzen, sondern im Ganzen die Form eines seiner langen Axe nach durchschnittenen Ellipsoides haben. Sie werden meistens erst gebraucht, nachdem der "Wasserstand der Teiche stark ge- senkt ist und die Fische in Haufen zusammengedrängt sind. Das grosse Wintergam. 357 Die zur Fischerei unter dem Eise gebräuchlichen Zuggarne unter- scheiden sich von den im offenen Wasser gebrauchten nur durch die Art ihrer Anwendung. 29. Das grosse Wintergarn ist auf dem kurischen Haff mit dem Windkartellgarn, auf dem frischen Haff mit dem Herbstgarn identisch, nur ist, wo es hauptsächlich zum Stint- und Kaulbarschfange angewandt wird, die Maschenweite geringer. Die Länge der Flügel beträgt 120 — 180 m, in der Karkler Lank bis 240 m. Wie bei allen unter Eis angewandten Gezeugen wird die untere Simme stärker beschwert als bei offenem Wasser, um zu verhüten, dass die Obersimme dem Eise anliege und der Gefahr des Anfrierens aus- gesetzt sei. Je nach der Entfernung vom Lande und sonstigen Umständen be- theiligen sich beim Betriebe eines Wintergarns 8 bis 18 Menschen mit zwei Schlitten, die, mit je zwei Pferden bespannt, zum Transport der Gezeuge dienen. Auch werden die Pferde häufig zum Rücken des Garns angewandt. Ausserdem gebraucht man zu dieser Fischerei zwei eigen- thümliche, auf Schlittengestellen angebrachte Winden, lit. roges, kur. windrag, mehrere Eisäxte, Eisstämmen und einige weiterhin zu besprechende Geräthschaften. Auf der erwählten Fangstelle wird zunächst mit den Eisäxten oder bei sehr starkem Eise mit den Eisstämmen ein grosses viereckiges Loch gehauen, welches auf der Karkler Lank gewöhnlich 3 m Seite, auf den Haffen aber nur etwa die halbe Grösse hat, das Einlassloch, lit. illata (Fig. 153, 1), durch welches das Garn unter das Eis gebracht werden soll. Während hier eine Anzahl von Fischern das Garn zum Einlassen klar macht und die Zugleinen an den Enden der Flügel befestigt, entfernen sich andere nach beiden Seiten hin von dem Einlassloch in einer geraden Linie, die dem Ufer parallel läuft oder ihm etwas zugewandt ist, um in Abständen von je 30 Schritten etwa 6 kleinere Oeffnungen, Zosslöcher, lit. wakai, in das Eis zu hauen. Diese Reihe von Zosslöchern wird die Streckung, lit. strahote, (2) genannt; das letzte Loch in derselben ist die Streckungs- wake, lit. illatos kampas (3). Hier angelangt, wenden sich die Fischer etwa im rechten Winkel dem Lande zu, um abermals in Abständen von je 30 Schritten eine zweite Reihe( von 5 bis 6 Zosslöchern zu schlagen, welche die Wand, lit. scena, (4) genannt wrird. Das letzte Loch derselben heisst die Zukehrungswake, lit. iszwalkos kampas, (5) weil beide Par- teien sich jetzt einander zuwenden, um, nachdem eine jede noch auf der Zukehrung (6) 3 bis 4 Zosslöcher gehauen hat, gegenüber dem Einlass- 358 -Di6 Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. loch zusammenzutreffen und hier ein grosses Loch zum Aufholen des Netzes, die Holung, lit. iszwalka, (7) zu machen. Inzwischen haben die an dem Einlassloch zurückgebliebenen Leute das Garn in folgender "Weise unter das Eis gebracht. An das freie Ende jeder Zugleine wird eine dünne Leine gebunden, die an einer Knthe oder Yorschiebstange, lit. karta, befestigt ist. Die Kuthen, etwa 25 m lang, sind aus dünnen biegsamen Stangen zusammengebunden und werden durch das Einlassloch nach beiden Seiten unter die Streckungen ge- schoben und unter diesen durch gabelartige Stangen, die Zossgabeln, lit. szakis, welche durch die Zosslöcher ins Wasser gesteckt werden, gelenkt und bis zur Streckungswake vorgeschoben. Hat sich eine Euthe so verschoben, dass sie von einem Zossloch aus mit der Zossgabel nicht zu erreichen ist, so wird sie mit dem Zosshaken, lit. kabis, gesucht • 6 ■ S 300 tjv Fig. 153. Die Eislöcher bei der Winterfischerei. und zu dem Zossloche hingezogen. Der Zosshaken besteht entweder aus einem mit einem hakigen Ast versehenen Weidenstock oder einer mehr oder weniger gekrümmten Stange, an welcher ein Haken oder ein Nagel befestigt ist. Ist die Euthe bis zur Streckungswake gezosst, so dass ihr hinteres Ende mit der Leine sichtbar wird, so wird sie mit den Gabeln unter die Wand gewendet, um weiterhin unter dieser bis zur Zukehrungs- wake vorgeschoben zu werden. Zuvor wird jedoch die dünne an der Euthe befestigte Leine und mit ihr die Zugleine aus der Streckungswake hervorgeholt und mittelst derselben das Garn unter der Streckung ausgespannt (gestreckt). Mit der inzwischen bis zur Zukehrung vorge- schobenen Euthe wird die Zugleine dann aus der Zukehrungswake geholt Das grosse "Wintergarn. 359 und das ausgebreitete Garn von Menschen, oft mit Hilfe von Winden oder Pferden, in der Richtung nach der Holung hingezogen. Ist wieder ein genügender Tbeil der Zugleinen frei auf dem Eise, so werden die Ruthen nach der Holung hingeschoben und hier mit dem Ende der Zug- leinen auf das Eis geholt und nachdem das Garn von den Zukehrungs- Avaken aus etwa bis zur Mitte zwischen Holung und Einlassloch gezogen ist, werden nun beide Zugleinen von der Holung aus aufgeholt. Das Garn stellt sich dabei allmählich halbkreisförmig und die Enden seiner Flügel nähern sich einander mehr und mehr. Indem nun einige Männer wie beim Gebrauch des Strandgarns die Zugleine mit ihren Ziehgurten Fig. 154. Gerätschaften zur Winterfischerei. 1. 2. Eisäxte. 3. Zossgabel. 4. Tankgabel. 5. Zosshaken. 6. Ziehgurt. aufholen, werden sie von den auf Schlitten stehenden Winden unterstützt, die an in das Eis gehauenen Eisäxten befestigt sind, und auf den Haffen oft von Frauen gehandhabt werden. An den Zugleinen und Simmen sind in gleichen Abständen Zeichen gemacht, um ein gleichrnässiges Auf- holen der Flügel zu sichern. Wenn die Flügel des Netzes auf dem Eise erscheinen, wird dies den in der Nähe befindlichen Fischhändlern durch 360 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. Aufhängen einer Jacke oder dergl. an einer hohen Stange signalisirt. Beim Aufholen der Flügel ist es nothwendig, die unteren Simmen dicht zu- sammenzuhalten, um die Fische nicht nach unten hin entweichen zu lassen. Es geschieht dies durch Unterschieben der sogenannten Kreuz - stangen, lit. kryszkartos, unter die Flügel und durch Zusammenhalten der Untersimmen mit einer hölzernen Gabel, der sogenannten Tankgabel, lit. mina, minella. Wird im tiefen Wasser gefischt, so befördert man das Aneinanderschliessen der Flügel dadurch, dass man zwei starke Stangen, Stangbohm, 10 Schritte von der iszwalka entfernt (in der Richtung nach der illata zu), nebeneinander in einem Abstände von 3 Schritten senkrecht fest in den Grund treibt und zwischen ihnen die Zugleinen und Flügel hindurchholt. Auch werden an manchen Orten, um die etwa doch ent- weichenden Fische zu fangen, beiderseits von der iszwalka gewöhnliche Staaknetze unter das Eis geschoben. Nachdem die Flügel ganz aufgeholt, sind, erscheint dann endlich auch die Metritze über der iszwalka, die bei glücklichen Zügen mitunter 100 Tonnen Fische und mehr im Werthe von einigen tausend Mark einschliesst. Der Pachtzins des grossen Wintergarns auf dem kurischen und frischen Haff beträgt nur 30 Mark. 30. Das Wintergarn der Binnengewässer, namentlich der masurischen Seen, mas. niewod, hat Flügel (skrzydla) von 200 m Länge und je nach der Tiefe der Seen bis zu 36 m Höhe, und einen Sack (matnia) von 60 m Länge, dessen hinterstes, engmaschigeres Ende Kuttel genannt wird. Die Zugleinen (wyndrichi) haben eine Länge von je 300 m. Das Garn wird in derselben Weise angewandt, wie auf den Haffen. Die Einlassöffnung wird wylos genannt, die Zosslöcher heissen Zuglöcher, mas. worwaki, die Auszugsöffnung olugea; die Ruthen be- zeichnet man als Treibstangen, mas. chochla, die Zossgabeln als Gabeln, mas. widla, den Zosshaken als Schlüssel, mas. kluc. Beim Aufholen des Garnes werden auch hier auf Schlitten (sanki) angebrachte Winden benutzt, die man Drehtonnen, mas. kadlub, nennt, und mittelstjeiner Eisaxt (szekera) befestigt. Das Entweichen der Fische noch unter der Auszugsöffnung wird hier dadurch verhütet, dass man ca. 5 m vor derselben eine kleinere Oeffnung ins Eis haut, durch welche eine mit Steinen beschwerte Stroh- wischleine oder eine mit Strohbündeln bewickelte Stange (gruchalka) in das Wasser eingebracht und so lange auf- und niederbewegt wird, bis die Oefinung des Sackes über dem Eise erscheint, ein Entfliehen der Fische also nicht mehr möglich ist. Der Preis eines solchen Wintergarns schwankt zwischen 900 und 1200 Mark, t— '• I-1 Ol Ol 3 CO o © © B CD B >-s o CO CO © fc3 © 8S Die Wintergarne. Die Stintklippe. 361 31. Das Wintergarn des Putziger Wieks heisst kassubisch Jadro. Es wird in den Flügeln 240 — 300 m lang und ca. 8 m tief gemacht. Die Flügel heissen skrzydlo, der Sack macia, die Zugleinen leper. Zum Betriebe der Fischerei gehören 15 — 18 Mann mit Ziehgurten (zelka). Winden werden zum Aufholen des Netzes dort nicht angewandt. 32. Das kleine Wintergarn des kurischen Haffes ist die schon oben erwähnte Klippe, das des frischen Haffes das Schaar- oder Sommergarn. Der Betrieb ist derselbe, wie bei den grossen Wintergarnen, doch bedarf man nur eines zweipferdigen Schlittens, 5 — 8 Mann, und werden Winden zum Aufholen nicht gebraucht. 33. Die Stintklippe wird ebenfalls in derselben Art gebraucht, ausserdem aber an manchen Orten noch in besonderer Weise als Stintring angewandt. Zu diesem Zwecke werden an Stellen, wo der Stint gerade in Menge steht, in einem grossen Kreise, dessen Durchmesser im richtigen Yerhältniss zur Länge der Netzflügel gewählt sein niuss, etwa sechs dreieckige Löcher in das Eis geschlagen, die gleichweit von einander abstehen und geräumig genug sein müssen, um das Garn ein- und auszulassen. Nachdem beide Zug- leinen von einem der Eislöcher aus unter dem Eise bis zum nächsten ge- schoben und dort aufgeholt sind, wird das Netz unter das Eis gebracht und quer zu der Bichtung der Zugleinen mit Ruthen nach rechts und links ausgeschoben, worauf es mittelst der Zugleinen nach dem zweiten Loche hingeholt wird. Aber anstatt nun die Flügel des Netzes auf einen Haufen zu holen, werden sie, nachdem schon die Zugleinen unter dem Eise nach dem dritten Loche geschoben sind, nur soweit gelichtet als zum Aufziehen der Metritze nothwendig ist, und dann gleich wieder ins Wasser gelassen, so dass sie, wenn die Metritze in der Holung erscheint, schon wieder zum zweiten Zuge ausgeschoben werden können. Der- selbe beginnt dann, sobald der Sack geleert ist. So bleibt das Garn den ganzen Tag über in Bewegung und man glaubt, dass der durch die kreis- förmige Fortbewegung des Netzes entstehende Strudel (?) den Stint, welcher frisches und bewegtes Wasser liebt, anlocke. Am nächsten Tage wird daher in derselben Weise weiter gefischt, so lange, als der Stint noch an derselben Stelle steht. Es muss besonders daraufgesehen werden, dass das Wasser nicht getrübt werde, weshalb die untere Simme nur massig beschwert wird, um nicht den Grund aufzurühren, denn wenn es „dunstet'' wird der Stint verscheucht. Da bei dieser Fischerei der 362 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. äussere Flügel des Netzes in derselben Zeit einen längeren "Weg zurück- legen muss, als der innere, so wird ersterer von drei Mann, letzterer nur von einem Manne gezogen. Die Flügellänge des zum Stintring angewandten Netzes beträgt gewöhnlich 120 m, die Tiefe an der Metritze 8 — 10 m. Auf die Maschenweite kommt es in den Bottstücken nicht an, dieselbe beträgt gewöhnlich 4 — 6 cm, im Mittelstück 2,5, im Hinterstück 1,3, in der Metritze 0,7 cm. 34. Das Jagnetz der ma surischen Seen, welches wie das Wintergarn anter dem Eise aus- geschoben und gegen das Land hin aufgeholt wird, ist ein einfaches Netz- tuch ohne Sack von ca. 40 m Länge und 2 — 3 m Tiefe. Seine Klein- heit und Leichtigkeit macht die Anwendung von Winden beim Aufziehen entbehrlich. Gewöhnlich werden die Fische in das Netz durch Geräusch etc. hineingescheucht. Den Zugnetzen reihen wir die Senknetze und Hamen an, die aus einfachen Netztüchern bestehen, welche mittelst hölzerner Bügel oder Kahmen ausgespannt erhalten werden. Bei ihrer geringen Grösse steht ihr Ertrag hinter demjenigen der Zugnetze natürlich wesentlich zurück, doch sind sie an geeigneten Orten und zu gewissen Zeiten als einfache und leicht zu handhabende Fanggeräthe ganz am Platze. 35. Das Senknetz, der Senker, die Senke, das Hängenetz oder Hebenetz, besteht aus einem quadratischen Netztuch von 1,50 bis 3 m Seite, dessen Ecken an den Enden zweier gekreuzter, halbkreisförmig gebogener Bügel von leichtem und elastischem Holz befestigt sind. Der Kreuzungspunkt der Bügel ist mittelst einer kurzen starken Schnur an der Spitze einer 3 — 4 m langen, leichten, aber haltbaren Stange angebunden. Das Senknetz wird nur in Wasser von weniger als 2 in Tiefe, in Seen und Teichen, namentlich aber in Flüssen mit massigem Gefälle angewandt, besonders an Orten, wo Brückenpfeiler u. dergl. die Bildung kleiner Strudel begünstigen. Der am Ufer stehende Fischer senkt das Netz vorsichtig ins Wasser, bis die Enden der Bügel auf dem Grunde ruhen und hebt es, sobald er Fische darüber ver- muthet, möglichst schnell und gleichmässig empor. Der dem Heben des Netzes vom Wasser entgegengesetzte Widerstand ist natürlich um so bedeutender, je engmaschiger es ist, und da bei langsamem Heben die über dem Netze befindlichen Fische leicht Zeit finden, zu entwischen, so macht man das Netz von möglichst feinem Garn und strickt es so weitmaschig, wie es Das Senknetz. Der Senkhamon. 363 mit Rücksicht auf die zu fangenden Fische nur möglich ist. Das gehobene Netz bildet einen flachen Beutel, den man wohl auch durch Anbinden eines Steines in der Mitte nach Bedarf vertieft, und in welchen die gefangenen Fische hineingleiten, indem ihnen wegen der Nachgiebigkeit und Elasticität der ganzen Yorrichtung die Möglichkeit abgeht, grössere Sprünge zu machen. Beim Gebrauch grösserer Senknetze wird die Hand- habung dadurch erleichtert, dass man die Mitte der Stange auf dem gabiigen Ende eines tief in die Erde getriebenen Pfahles ruhen lässt. Der Fischer braucht dann nur auf das freie Ende der Stange zu drücken, um das Netz zu heben und bringt es, wenn Fische darauf sind, indem er mit der Stange den gabeltragenden Pfahl um seine Axe dreht, aufs Trockene. Fig. 156. Das Senknetz. Auch mit dem Senknetz wird am vortheilhaftesten im Trüben ge- fischt, namentlich bei steigendem Wasser; ausser kleineren Fischen fängt man damit an Brücken häufig Döbel, Barsche und Barben, auch wohl Fang zu Hechte. Im stillen Wasser ist es jedoch, um einen guten erzielen, zweckmässig, die Fische anzuködern, indem man sie durch öfteres Ausstreuen von Fleisch- oder Brotbrocken, geronnenem Blut u. dgl. an den Fangplatz gewöhnt und ähnliche Köder oder Schnüre mit Regen- würmern auch auf dem Senknetz selber befestigt. 36. Der Senkhamen oder Setzhamen der litauischen Binnengewässer ist von dem vorigen Netze nur durch seine Dimensionen verschieden. Die Seite des Netztuches hat eine Länge bis zu 7 m, die Maschenweite beträgt 1 — 2 cm. An dem 364 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. Kreuzungspunkte der beiden Bügel ist eine 1 — 2 m lange Leine ange- bracht, mit welcher der Hamen an einem kräftigen Baum befestigt wird, der an dem Mast eines Kahnes oder an einer besonderen Stütze beweg- lich, wie der Balken eines Ziehbrunnens, aufgehängt ist. Die Fischer fahren an eine passende Stelle des Flusses zu der Zeit, in welcher der Uckelei in grossen Zügen stromaufwärts geht, lassen den Hamen in eine geeignete Tiefe hinab und heben ihn, wenn ein Schwärm der Fische darüber ist, schnell in die Höhe, was durch eine an dem freien Ende des Balkens befestigte Leine, die durch einen Block läuft, erleichtert wird. Namentlich in der Deime und in den Memelmündungen werden mit diesem Gezeuge grosse Mengen Uckelei gefangen. Fig. 157. Der Senkhamen. Auf der Weichsel werden an manchen Orten grosse Senknetze auf kleinen Prähmen angewandt, die eine Hütte für den Fischer, einen Kasten zur Aufbewahrung der lebenden Fische enthalten und einen Krahnbalken tragen, an dem über Rollen eine Schnur läuft, die an der Kreuzung der Netzbügel befestigt ist und mittelst einer Handwinde aufgerollt wird, um das grosse Netz zu heben. 37. Das Erytnetz ist ein zwischen zwei gekreuzten Stangen ausgespannter Netzsack von sehr verschiedenen Dimensionen und ebenso verschiedener Maschenweite, je nach der Art der zu fangenden Fische. Bei allen Krytnetzen ist die Das Krytnetz. 365 Maschenweite am Rande am grössten, im Grunde des Sackes am gering- sten, alle sind, um möglichst schnell im Wasser gehoben werden zu können, von ganz feinem Garn geknüttet. Bei den grössten, zum Fange von Bressen und Zärthen bestimmten Krytnetzen sind die Seitenbäume bis 9 m lang, die Maschenweite beträgt am Rande ca. 10 cm. Kleinere Netze der Art werden für Plötzen, Seestinte, Uckelei und die kleinsten von ca. 4 m Seitenbaumlänge und ganz engen Maschen für den kleinen Stint gebraucht. Die grösseren Krytnetze werden nur auf Kähnen angewandt, indem man, die Seitenbäume auf den Kahnrand gestützt und ihre Enden hinter der Kreuzung in den Händen haltend, dem muthmasslichen Zuge der Fische entgegenfährt und, wenn Fische im Netze gespürt werden, durch eine Hebelbewegung um den Kahnrand als Stützpunkt das Netz hebt. Bressen werden so mitten im Strome oder am Ufer im Frühjahr und Fig. 158. Das Krytnetz. Sommer, Zärthen im Frühjahr und Herbst, Plötzen das ganze Jahr über in den litauischen Strömen gefangen. Am beträchtlichsten ist jedoch während des Sommers der Uckeleifang, der an steilen bewachsenen Ufern, nahe an den in die Flüsse hineinragenden Spickdämmen, bei stillem und warmem Wetter auch mitten im Strome, betrieben wird. Auch der Stintfang ist im Frühjahr auf Kähnen, die vor den Spickdämmen befestigt werden, sehr beträchtlich. Ausserdem wird mit kleinen Krytnetzen in jedem Teiche,7 Dümpel oder Graben gefischt, und natürlich werden sie namentlich auch auf Laichplätzen nur zu viel benutzt. 38, Der Hamen, welcher besonders auf den tieferen Binnengewässern gebraucht wird, ist nichts Anderes als ein mittelgrosses, an einer langen Stange befestigtes Krytnetz, mit welchem gewöhnlich vom Kahne aus unter den Ufern, fest- liegendem Flössholz, Schiffen und Kähnen, aber auch zeitweise mitten im 366 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. Strome gefischt wird. Gewöhnlich wird das Netz erst mit den Spitzen der beiden Seitenbäume bis auf den Grund gesenkt und dann schnell gehoben. In Pillau wird ein ganz engmaschiger Hamen von ca. 3 m Seitenlänge mit 3 — 4 m langem Stiel im September und October zum Fig. 159. Der Hamen. Fange des gemeinen Stichlings gebraucht, welcher dann in ungeheuren Schaaren durch das Tief zieht. 39. Der Kratzhamen, Schraphamen, mas. klonia, der masurischen Gewässer ist ein über einem dreiseitig pyramidalen Holzgerüst von etwa 2 m Länge ausgespanntes Netz, welches an einem Stiele von einem im Wasser watenden Manne gezogen wird, und namentlich zum Fange der im flachen Wasser sich aufhaltenden Jungfische sowie der auf dem Grunde liegenden Gründlinge und Schmerlen dient. An Seen mit flachem Ufer wird dies verbotene Gezeuge vielfach angewandt. 40. Die Klumka ist ein anderes verbotenes Werkzeug, das namentlich zum Fange der Laichfische in den masurischen Gewässern gebraucht wird. Die Grund- lage der Klumka bildet ein dreiseitig pyramidales Gerüst von Stäben, an dessen Spitze eine längere Stange befestigt ist. Die Seitenlänge des Der Kratzhamen. Die Klumka. Der Käscher. 367 Gerüstes beträgt ca. 2 m, und es ist an der Basis desselben ein eng- maschiger Netzsack befestigt, welcher eine Tiefe von 2 — 3 m hat. Die Fig. 160. Der Kratzhamen. Fig. 161. Die Klumka. ganze Vorrichtung wird entweder auf den Grund gesenkt, und wenn ein Schwärm von Fischen sich darüber befindet, gehoben, oder gewöhnlich vom Ufer oder Kahne aus in einen Haufen laichender Fische hineinge- worfen und oft ganz gefüllt herausgezogen. 4L Der Käscher der masurischen Gewässer ist ein an einem eisernen Ringe von ca. 1 m Fig. 162. Der Käscher. Durchmesser befestigter Netzsack, der nach Art einer "Wageschaale an drei 368 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. Schnüren aufgehangen ist, die sich zu einer stärkeren Leine vereinigen. Derselbe wird namentlich auf Brücken angewandt und ist natürlich, ebenso wie die Senke, nur in nicht zu tiefem Wasser brauchbar. Ein Anködern der Fische ist beim Gebrauche des Käschers sehr zweckmässig. Es werden damit besonders Döbel, Barben, Nasen und mancherlei "Weissfische ge- fangen. 42. Das Wurfnetz besteht aus einem einfachen kreisrunden Netztuch von 4 — 6 m Durch- messer, in dessen Centram sich die Fäden zu einer starken Schnur von 2 — 3 m Länge vereinigen. 20 — 30 cm vom äussersten Rande des Netzes entfernt läuft eine federkieldicke Schnur um dasselbe herum, auf welcher in kleinen Abständen Bleiperlen im Gesammtgewicht von 20 — 40 Pfund Fig. 163. Das Wurfnetz. aufgezogen sind. Der über die Bleischnur hinausragende Rand des Netzes ist nach innen umgeschlagen und in Abständen von je 30 cm mit dem Netztuche verknüpft, so dass also der ganze Rand des Netzes innen eine Reihe von Taschen bildet, die alle miteinander zusammenhängen, und deren untere Begrenzung die Bleischnur bildet. Die Anwendung des Netzes geschieht in der Weise, dass man es an der im Mittelpunkt befestigten Schnur aufhebt, so dass es in Form Das Wurfnetz. 369 eines sehr spitzen Kegels zusammenfallt. Es wird dann über die linke Schulter genommen wie ein Mantel, GO — 70 cm oberhalb des Bleisaumes mit der rechten Hand zusammengefasst, und in einer schwer zu be- schreibenden "Weise, indem man den Körper erst heftig nach links, und dann wieder nach rechts dreht, so geworfen, dass es, sich in der Luft tellerförmig ausbreitend, auf das Wasser fällt. Es gehört dazu grosse Kraft und Geschicklichkeit und der Fischer darf an seinem An- züge keine vorstehenden Knöpfe oder dergleichen haben, da er, wenn ein solcher in einer Masche des Netzes hängen bleibt, durch das kräftig ge- worfene schwere Netz fast unausbleiblich mit ins "Wasser gerissen wird. In Folge seiner starken Beschwerung sinkt der Rand des Netzes zuerst A. B. Fig. 164. Das Wurfnetz. A. In zusammengefallenem Zustande. B. Schema des unteren Bandes. a. Netztuch. b. Bleischnur, c. Eingeschlagener Band. d. Befestigung desselben an der Innenseite des Netztuches. zu Boden, und indem er sich wegen der grossen Zahl der Bleiperlen dem Grunde fest anschmiegt, sind die unter dem Netz befindlichen Fische sofort sicher umschlossen. Natürlich ist die Anwendung dieses Netzes nur auf massig ebenem Grunde möglich; wo viele Steine, Stubben oder Wurzeln sich im Wasser befinden, würde es die Fische nicht fest um- schliessen können, und ausserdem beim Aufziehen haften und zerreissen. 24 370 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. Auch starker Pflanzenwuchs macht seine Anwendung unmöglich; ebenso zu grosse "Wassertiefe, weil bei solcher die Fische, die, durch das Auf- schlagen des Netzes auf das Wasser erschreckt, zuerst in die Tiefe eilen, noch Zeit finden würden, nach den Seiten hin zu entweichen, ehe die Bleischnur überall den Grund erreicht hat. Das Aufnehmen des Netzes geschieht Anfangs langsam, bis der Fischer fühlt, dass sich die sämmtlichen Bleiperlen des Saumes am Grunde berühren, das Netz also geschlossen ist und die Fische fest umschliesst; dann wird es mit einem plötzlichen Kuck ans Ufer geworfen. Die Fische findet man meistens in den um den Rand herumlaufenden Taschen, aus denen sie sammt dem etwa mitgefassten Kraut, den Steinen etc. leicht entfernt werden können, worauf das Netz von Neuem geworfen wird. Wie das Senknetz, so wird auch das Wurfhetz aus recht feinem Garn gestrickt und möglichst weit gemascht, um von den Bleikugeln so schnell als möglich an den Grund gezogen zu werden. Der mittlere Theil wird namentlich möglichst weitmaschig gehalten, seine Maschen sind bis 10 cm weit, während sie im unteren Theile, wo allein die Fische zu entweichen versuchen, allmählich sich bis auf 1 cm verengern. Das Wurfnetz wird besonders an solchen Orten angewandt, wo sich erfahrungsm ässig viele Fische aufhalten, an Brücken, Schleusen und dergl. In klarem Wasser ist es sehr zweckmässig, die Fische vorher an- zuködern und zu werfen, wenn man sie in grösserer Menge versammelt sieht. Bei uns wird das Wurfnetz besonders in der Alle, der oberen Passarge und anderen kleinen Flüssen gebraucht. Die Treibnetze werden in unseren Provinzen nur in beschränktem Masse angewandt. Die Treibnetzfischerei besteht darin, dass man durch Senker und Flotthölzer in senkrechter Stellung schwimmend erhaltene Netz- tücher vom Winde oder der Strömung längere Zeit forttreiben lässt, um die ihnen begegnenden Fische darin zu verstricken. 43. Das Strömlingsnetz der kurischen Nehrung ist ein aus einfachen, feinen Flachsfäden ge- knüttetes Netztuch von ca. 40 m Länge und 4 — A^/i m Höhe. Ober- und Untersimme werden nur durch einen mittelstarken Bindfaden gebildet. Die untere Simme ist nicht beschwert, die obere ist in Abständen von je 30 cm durch 45 cm lange Fäden, lit. laginnis, mit einer Neungarnleine ver- bunden, an der Flotthölzer befestigt sind. Die obere Simme des Netzes liegt also, wenn dasselbe ausgeworfen ist, 45 cm unter dem Wasserspiegel. Gewöhnlich vereinigt sich eine Anzahl von Fischern zum Strömlingsfange. Das Strömlingsnetz. Das Ziegennetz. 371 Es werden dann so viele Netzstücke als vorbanden sind, mit einander verbanden und rechtwinklig zur Strömung oder der Sichtung des "Windes ausgeworfen. Das Ende des letzten Netzes wird mittelst einer ca. 3 m langen Leine am Boote befestigt, und Boot und Netze treiben dann so lange, bis man es für lohnend hält, das Netz aufzunehmen. Mit diesem Gezeuge werden Strömlinge den ganzen Sommer und Herbst hindurch ge- fangen, mitunter in ungeheurer Menge, so dass Netzstücke losgerissen werden und sinken. Da bei dieser Eangart die Heringe hängen bleiben, Fig. 165. Ein Stück des kurischen Strömlingsnetzes. nachdem sie den Kopf durch die Masche gesteckt haben, so werden je nach der jedesmaligen üurchschnittsgrösse derselben Netze mit verschiedener Maschenweite von 1,5, 2, oder 2,3 cm gewählt. 44. Das Strömlingsnetz der samländischen Küste und der frischen Nehrung unterscheidet sich von dem vorigen dadurch, dass die Elotthölzer gleich an der oberen Simme, nicht an einer eigenen Leine befestigt sind, und die untere Sünme leicht mit Bleistücken beschwert ist. Die Länge des Netzes beträgt ca. 30 m, die Höhe bis 2 m, die Maschenweite etwa 2 cm. Die Simmen sind erheblich kürzer als das Netztuch, so dass dieses lose und bauschig liegt. Die Anwendung des Netzes unterscheidet sich nicht von der des vorigen. 45, Das Ziegennetz des kurischen Haffes, lit. oszkinnis, ist ein einfaches Netztuch von ganz feinem Elachsgarn geknüttet, mit Maschen von 2 cm und ganz dünnen Simmen. An der oberen Simme sind als Elotthölzer längliche flache Brettchen von 20 cm Länge befestigt, die untere Simme ist leicht be- 24* 372 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. schwert. Das Ziegennetz besteht aus zwei gleichen Hälften von je 50 — 60 m Länge und 1 — -1,5 m Höhe, dieselben werden beim Gebrauch in grösserer Anzahl an einander geknüpft. Zur Ausübung der Ziegen- fischerei vereinigen sich gewöhnlich 4 — 5 Fischer, deren jeder 5 — 6 Netz- hälften mitbringt. Nachdem man mit einer Walteil unter Benutzung von Segeln oder Rudern eine geeignete Fangstelle erreicht hat und die Rich- tung der Strömung ermittelt ist, werden die Netze quer zu derselben ausgeworfen, indem das Boot stetig und langsam vorwärts gerudert wird. Der Steuerhelm wird dabei abgenommen, und der am Hintersteven des Fahrzeuges stehende Fischer wirft das Netz nach und nach aus, nachdem an dem ersten Ende eine weithin sichtbare Boje (Stoder) befestigt ist. Sind 5 oder 6 verbundene Hälften ausgeworfen, so wird das letzte Ende wieder mit einem Stoder bezeichnet. Die dergestalt verbundenen Netz- Fig. 1G6. Ein Stück des Ziegennetzes mit Stoder. hallten werden als ein Trupp bezeichnet. Nach Auswerfen des ersten Trupps rudert man in gerader Richtung etwa 20 Schritt weiter und wirft in derselben Weise den zweiten, weiterhin den dritten Trupp aus, so dass alle in einer geraden Linie liegen. Gewöhnlich werden 3 Trupps ausgeworfen, die man als losgelassenen, Mittel- und Kahntrupp be- zeichnet. Am Ende des letzten Trupps bleibt der Kahn liegen und beobachtet den Gang der Netze. Bei heftigem Winde oder unregelmässiger Strömung werden die Netze leicht unklar, und die Mühe der Fischer ist dann ver- geblich. Auch die Segelfischer machen den Treibnetzfischern oft grossen Schaden, da die Ziegennetze hauptsächlich zur Nachtzeit ausgelegt werden, eine Länge von ungefähr 1 km haben und durch die Strömung während der Nacht oft mehrere Kilometer weit fortgetrieben werden. Die Fischer müssen daher auf die segelnden Fahrzeuge achten, ihnen zeitig Das Brassentreibnetz. 373 entgegenfahren und ihren Cuts dirigiren. Trotzdem werden viele Netze zerrissen und fortgeschleppt. Die Ziegenfischerei wird nur im Sommer vom Mai bis August, namentlich von den Fischern von Loye, Tawe, Inse und Gilge betrieben, wenn die Ziegen schaarenweise zum Laichen ziehen. Ein ähnliches, aber engmaschigeres Treibnetz war früher auch für den Uckeleifang gebräuchlich und wurde als aukszlinnis bezeichnet. 46. Das Brassentreibnetz des frischen Haffes ist ein Gaddernetz von 24 m Länge und l1/2 m Tiefe, von einer festen Sinrme eingefasst. Die Maschenweite beträgt in der Schienge (dem Blatt) ca. 7 cm, in der Ledering (dem Geleite) ca. 16 cm. An der Obersimme sind zahlreiche flache, halbkreisförmige Brettchen als Flotthölzer befestigt, die im "Wasser aufrecht stehen und über die Ober- fläche hervorragen; die untere Simine ist nur spärlich mit Senkern ver- sehen. Beim Gebrauch werden 8 — 12 solcher Netze verbunden und quer zur Strömung ausgeworfen. Zum Betriebe dieser Fischerei gehört ein Angel- sicken mit 3 — 4 Mann. An jedem Ende der verbundenen Netztücher wird eine Boje befestigt, und das Sicken folgt den treibenden Netzen langsam rudernd nach. Diese Fischerei darf auf dem frischen Haff nur 4 "Wochen lang nach dem Aufgange des Eises von den Fischern von Camstigall, Alt-Pillau, "Wogram und Neutief betrieben werden, weil dann in ihrem Fischereibezirk die Strömung zu heftig ist, um Staaknetze vor Pricken aufzustellen. In dem dicken "Wasser geht der Fisch an der Oberfläche gegen den Strom an und verwickelt sich dabei in den Netzen, die man ge- wöhnlich etwa einen Kilometer weit treiben lässt, ehe sie aufgenommen werden. Aehnliche Netze werden in derselben Weise in der Karkler Lank am kurischen Haff gebraucht. Sie werden auch dort als Brassennetze, lit. karszinnis, bezeichnet, sind bis 60 m lang, 2 — 3 m tief, haben eine Maschenweite von 7 cm und dürfen mit Handkähnen nur in der Zeit vom 15. Mai bis 30. Juni betrieben werden. Als stehende Netze im Gegensatz zu den Zug- und Treibnetzen fasse ich die vor Pricken aufgestellten Staaknetze, die schwimmend an beiden oder auch nur an einem Ende verankerten Netze und die Säcke und Panten zusammen. Die Staaknetze sind theils einfache Netzwände, theils Gaddernetze, bei welchen ein engmaschigeres Netztuch (Schienge, Blatt) zwischen zwei sehr viel weitmaschigeren Netzen (Gaddern) liegt, wie beim Kurrennetz. Sie werden vorzüglich im flacheren Wasser aufgestellt und an Pricken befestigt. 374 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. 47, Das gewöhnliche Staaknetz, Gantin, lit. gantinnis, wird aus feinen Flachsfäden geknüttet und hat eine Länge von 20 — 25 m bei 1 — 2 m Tiefe. Es ist ein Gaddernetz, dessen Schienge sehr lose eingestellt ist, so dass sie bauschig zwischen den Gaddern liegt. Die Maschenweite darf in der Schienge nicht unter 4 cm betragen, die Maschen der Ledering sind 12 — 20 cm weit. Beide Simmen werden nur durch eine dünne Leine gebildet; die obere ist mit Flott- hölzern versehen, die untere mit angebundenen Steinen, Bleistücken oder Sandsäckchen beschwert. Die Staaknetze werden im flachen Wasser, auf den Schaaren vor Pricken aufgestellt, die entweder tief in den Grund des Gewässers gestossen, oder, wo die Beschaffenheit desselben es nicht erlaubt, am untern Ende mit einem Stein beschwert sind (Stehder). Die Netze werden gewöhnlich Nachmittags gestellt und Vormittags auf- genommen, und es soll beim Gebrauch derselben kein Mittel angewandt werden, um die Fische hineinzuscheuchen (Klappern, Bullern, Pumpen); die Fischer sollen eigentlich die aufgestellten Netze nicht einmal um- fahren, jedoch wird dieser Vorschrift natürlich nur sehr wenig entsprochen. Häufig werden mehrere dieser Staaknetze verbunden und iu einer langen Eeihe ausgestellt, dürfen jedoch die Schaaren um 300 m nicht über- schreiten; auch ist an vielen Orten die Verbindung mehrerer Staaknetze verboten. Das Staaknetz wird in beiden Haffen in gleicher Weise an- gewandt, ganz ähnlich auch in den meisten anderen Gewässern, wo sich seine Länge und Tiefe natürlich nach den localen Verhältnissen richtet. Während der Frühjahrsschonzeit ist der Gebrauch der Staaknetze untersagt. Dagegen werden sie im Winter unter Eis angewandt, indem man sie von einer Wuhne aus mit einer langen Ruthe nach ent- gegengesetzten Richtungen in gerader Linie ausschiebt und mit Pricken befestigt. Auf den Haffen wird für ein Staaknetz ein Pachtzins von 2 Mark gezahlt. 48, Das bewegliche Staaknetz des frischen Haffes ist das gewöhnliche Staaknetz, welches man nur in einer seinem Namen ganz widersprechenden Weise ohne Pricken anwendet. Es wird nämlich in der Nähe der Holme in derselben Weise wie im Winter unter dem Eise mit einer langen Ruthe ausgeschoben, ge- wöhnlich so, dass es gegen den Hohn hin eine Bucht bildet, worauf durch Plümpern mit einer Stange die Fische in das Netz getrieben werden. Auf dem frischen Haffe wird für ein solches Netz, welches während der Frühjahrsschonzeit nicht gebraucht werden darf, jährlich ein Pachtzins von 6 Mark erhoben. Die Tinkleitis. Das Plötznetz. Das Kaulbarschnetz. Das Ziegennetz. 375 Auch in den Binnengewässern und im kurischen Haff wird das be- wegliche Staaknetz zum grossen Nachtheil für die jungen Fische vielfach angewandt. 49. Die Tinkleitis des kurischen Haffes ist von der gantinnis nur durch grössere Maschen- weite und etwas grössere Länge (bis 30 m) unterschieden. Sie ist erst vor etwa 40 Jahren eingeführt und wird sowohl im Sommer wie im Winter unter Eis angewandt. Die Maschenweite ist immer grösser als 2,5 cm, wechselt aber sehr nach der Fischart, für welche das Netz in den verschiedenen Hafftheilen vorzugsweise gestellt wird. Man unter- scheidet danach Bressennetze (karszinnis), Hechtnetze (lydekinnis), Zant- netze (starkinnis). 50, Das Plötznetz des kurischen Haffes, lit. bristinnis oder bruiszinnis, ist ein Staaknetz ohne Gaddern, bis 25 m lang, 2 — 3 m tief, mit Maschen, die nicht enger als 2,5 cm sein dürfen. Es wird im Sommer und auch im Winter unter Eis gestellt und zahlt 1 Mark Pachtzins. 51. Das Kaulbarschnetz des kurischen Haffes und der Strommündungen, lit. pukinnis, ist dem vorigen ähnlich, bis 25 m lang, aber nur bis 1,5 m tief. Die Maschen- weite darf nicht geringer sein als 1,3 cm. Auch mit diesem Netze wird unter Eis gefischt. Der Pachtzins beträgt nur 50 Pf. 52. Das Kaulbarschnetz des frischen Haffes ist ein einfaches Netztuch von höchstens 50 m Länge und nur V2 — 3/^ m Tiefe mit Maschen von 2 cm. Gewöhnlich thun sich 2 — 3 Mann mit 12 — 15 Netzen dieser Art zusammen, um dieselben von einem Sicken aus aufzustellen. Im Winter wird das Netz mit Kuthen unter Eis ausgeschoben. In der Regel werden die Netze nach 1 — 3 Tagen aufgenommen. Das Pumpen und Klappern ist auch bei dieser Fischerei verboten, doch wird es regelmässig betrieben, ist auch, wenn die Kaul- barsche nicht gerade besonders häufig sind, nothwendig, um gute Fänge zu machen. Es ist übrigens in diesem Falle unschädlich, da fast nur die Kaulbarsche, deren Eigenthümlichkeit es ist, sich durch Geräusch anlocken zu lassen, herbeieilen und gefangen werden. 53. Das Ziegennetz des frischen Haffes ist ein einfaches Netz ohne Ledering von 45 — 50 m Länge, 1 m Tiefe mit Maschen von 2,5 cm. Es wird vor Pricken am 376 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. Grunde des Wassers aufgestellt, ist jetzt aber wenig im Gebrauch. Es darf nur 100 ni über die Schaaren hinaus gestellt werden und wird mit 1 Mark verzinst. 54. Das Zantnetz des frischen Haffes ist dem vorigen ganz ähnlich, jedoch bis l*/2 ni tief, und die Maschen messen 4 cm. Es wird in grosser Anzahl angewandt und mit 1 Mark 50 Pf. verzinst. 55. Das Brassennetz des frischen Haffes ist ein Gaddernetz von 25 m Länge und 2 m Tiefe. Die Maschen messen im Blatt 5 cm, in der Ledering 20 cm. Die obere Simme wird nur spärlich mit Flotthölzern versehen, die untere stärker beschwert, und das Netz wird an Pricken so aufgestellt, dass es etwa in der Mitte zwischen dem Grunde und der Oberfläche steht, ober- und unterhalb also Kaum für die Bewegung der Fische bleibt. Gewöhn- lich werden von einem mit 2—4 Mann besetzten Sicken oder Kuder- boot 8 — 10 Netze ausgestellt, die nach 1 — 3 Tagen aufgenommen werden. Im Winter werden die Brassennetze mit noch stärker beschwerter Unter- simme auch unter Eis im tiefen Wasser gestellt. Während der Frühjahrs- schonzeit dürfen sie nicht, und sonst nur bis 100 m über die Schaaren hinaus gestellt werden. Der Pachtzins für ein Brassennetz beträgt 1 Mark. 56. Das Lachsnetz des frischen Haffes ist ein einfaches, aus starken Flachsfäden geknüttetes Netz von 30 — 40 m Länge, 2 m Tiefe, mit Maschen von 6,5 cm Weite. Dreissig solcher in gerader Linie vor Pricken aufgestellter Netze bilden eine Lachs- lanke. Es werden jetzt nur noch 8 solcher Lanken im westpreussischen Hafftheile vor der Weichselmündung gestellt. Als Pachtzins werden für jede Lanke 20 Mark gezahlt. 57. Das Störgarn des frischen Haffes ist ein einfaches Netztuch von starkem Marling geknüttet, 30 m lang, 3—4 m tief, mit Maschen von 12 — 15 cm Weite. Die obere Simme ist mit Flotthölzern versehen, die untere wird von einem durch die unterste Maschenreihe gezogenen und ab und zu angeknüpften Marling gebildet und ist nicht beschwert. Gewöhnlich werden 20 solcher Netze zusammengefügt und als eine Lanke bezeichnet, Man stellt dieselben im Haff vor der Weichselmündung an Pricken auf, und zwar nicht in einer geraden, sondern in einer Zickzacklinie. Zur Zeit sind nur 5 Störlanken consignirt, für welche ein Pachtzins von je 20 Mark gezahlt wird, und Das Störgarn. 377 in denen jährlieh kaum mehr als 20 — 30 Störe gefangen werden. Der Stör fängt sich in diesen Garnen, indem er mit dem Kopfe durch eine Masche hindurchgeht, wegen der Eauhigkeit seiner Haut nicht zurückkann und bei dem Bestreben, sich frei zu machen, sich mit seinen Knochen- schildern bald in dem lose hängenden Netze verwickelt. 58. Das Störgarn in See, welches jetzt wohl nur bei Neufähr angewandt wird, ist dem des frischen Haffes ähnlich, doch werden dort nur aus etwas stärkerem Schnur- garn gefertigte Maschinennetze angewandt, die trotz ihrer grösseren Stärke und Haltbarkeit leichter und praktischer sind als die Marlingnetze. Ein solches Garn ist 40 — 60 m lang, 2 — 3 m tief und hat Maschen von ca. 10 cm Weite. Die untere Simme fehlt diesem Netze ganz, die Obersimme ist. mit eigenthümlichen Flotthölzern versehen, kleinen Stehbojen von Flaschenform, deren dickeres Ende durch eine Schnur von ca. 1/2 m Länge an der Simme befestigt ist. Dieselben sollen für den Gebrauch des Netzes in See praktischer sein als gewöhnliche, an der Simme ange- bundene Flotthölzer, weil sie nicht so leicht wie jene durch die Wellen- bewegung in das Netztuch verwickelt werden. Diese Netze werden nur an dem einen Ende verankert, so class sie von der Strömung frei bewegt werden können und bei ihrer losen Auf- Pig. 167. Stehboje und Dragge zum Störgarn. Stellung den einmal darin steckenden Stör sehr schnell vollständig ver- schlengen. Der Anker, dessen man sich zum Festlegen der Netze bedient, 378 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. ist die Dragge, ein von einem Holzkreuz und vier an demselben be- festigten und zusammengebundenen Weidenstäben umschlossener Stein von ca. 50 kg Gewicht, dessen Lage durch eine Boje bezeichnet wird. Dieselben Netze werden übrigens gelegentlich auch treibend gebraucht, indem das eine Ende mittelst einer Leine an dem Kahn befestigt wird. 59. Das Flundernetz war früher an unserem Strande sehr gebräuchlich, ist aber fast ganz durch die schädliche Zeesenfischerei verdrängt. Es besteht aus mehreren Fig. 168. Ein Stück Flundernetz. gleichartigen Stücken von je 100 m Länge und 115 — 130 cm Höhe, ist aus feinen Flachsfäden gefertigt und hat eine Maschenweite von 6 — 8 cm. Der obere und untere Band eines jeden Stückes ist von einer weichen, ca. 5 mm dicken Simme eingefasst. An der oberen Simme Das Stintnetz. 379 sind in Entfernungen von ca. 1 m die Flott- oder Flosshölzer befestigt, die aus halbkreisförmigen Tannenbrettchen von ca. 20 cm Länge bestehen; in gleichen Entfernungen ist die untere Simme durch kleine, mit Steinchen gefüllte, cylindrische Säckchen beschwert. Um der Netzwand grössere Festigkeit zu verleihen, sind die beiden Simmen in Abständen von je 1 m durch senkrechte, bindfadendicke Schnüre (Gaddern) verbunden, in- dem abwechselnd auf der einen und anderen Seite der Netz wand eine Schnur von dem Flottholz zu dem darunter liegenden Steinsäckchen herabläuft. Dadurch, dass die Gaddern kürzer sind als die Höhe des Netztuches, bauscht sich dieses leicht und fängt dadurch besser. Zum Gebrauch werden gewöhnlich zwei oder mehrere Netzstücke zusammen- gefügt und in einem von 3 — 4 Mann besetzten Boot nach geeigneten Stellen mit Sandgrund und 16 — 24 m Wassertiefe gebracht. An dem einen Ende der in der Mitte mit einem centnerschweren Ankerstein ver- sehenen Ankerleine wird als Boje eine ca. 6 m lange Stange, die, in der Mitte mit Korkholz umgeben, in senkrechter Stellung schwimmt, ein so- genannter Reiter, an dem anderen Ende die untere Simme des Netzes befestigt. Durch Budern wird dann das Boot vorwärts bewegt und, wenn das Netz bis zum Ende ausgelaufen ist, das Ende" der Untersimme in derselben Weise wie der Anfang verankert und mit einem Reiter be- zeichnet. Das Netz wird stets mit der Strömung geworfen und es muss die untere Simme möglichst nahe am Grunde liegen, da sich hier haupt- sächlich die Plattfische bewegen. Gewöhnlich wird das Netz nach 24 Stunden gelichtet, um die darin verschlengten Flundern herauszu- nehmen. Die wenigen noch im Gebrauch befindlichen Flundernetze werden leider häufig durch die Zeesenfischer fortgeschleppt und zerrissen. 60. Das Stintnetz zum Fange des grossen Seestintes wird aus einer beliebigen Anzahl gleichartiger Stücke von 20 m Länge und 130 cm Höhe zusammen- gefügt. Es wird aus feinen Flachsfäden geknüttet, hat eine Maschenweite von nur 1 cm und obere und untere Simmen von Sechsgarnleine. Auf die Obersimme sind in Entfernungen von 60 cm Korkflotthölzer aufge- streift, nicht wie bei den andern Netzen daran gebunden, die Untersimme ist in gleichen Abständen 'mit kleinen flachen Steinchen so beschwert, dass das Netz dem Grunde möglichst nahe liegt. Nachdem die vor- handenen Netzstücke mit einander verbunden sind und das eine Ende des auf ein Boot gepackten Netzes vermittelst einer Leine am Ufer be- festigt ist, fährt man mit dem Boote seewärts und lässt das Netz in einer Tiefe von 2 — 24 m auslaufen. Am Ende der Untersimme wird 380 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. ein schwerer Stein befestigt, der dasselbe fest am Boden hält. Das Auf- nehmen der Netze erfolgt entweder vom Lande aus mit der Leine oder von dem in See verankerten Ende her, das zu diesem Zwecke mit einer Boje versehen sein muss. Das Stintnetz wird vorzugsweise in der Nähe von Memel angewandt, namentlich in den Winkeln, welche die Molen mit dem Strande bilden. Es wird nur im Winter ausgestellt, um den dann auf der Wanderung nach dem süssen Wasser befindlichen Seestint zu fangen. 61. Die Heringsmanze der Danziger Bucht und des Putziger Wieks ist von feinem Baumwollen- garn geknüttet. Die Maschenweite variirt nach der Grösse des gewöhn- lich gefangenen Herings. Jedes Netzstück ist an sich 50 m lang gestrickt, aber zwischen den Simmen auf nur 30 m eingestellt, so dass es sehr lose und bauschig fällt; seine Tiefe beträgt 5 — 6 m, d. h. ca. 2 Schock Maschen. Parallel der oberen Simme ist dui^ch Fäden von ca. 10 cm Länge wie bei dem kurischen Strömlingsnetz eine eigene Leine befestigt, welche die Flotthölzer trägt, während die Untersimme mit Steinen beschwert wird. Die untere Simme wird nur an dem einen Ende mit Holzankern fest- gelegt, so dass das Netz im übrigen der Strömung leicht nachgeben kann. 62. Die Plawnica des Putziger Wieks ist von feinem Manillahanfgarn geknüttet, hat Maschen von 4 cm Weite und ist ca. 30 m lang, 6 m tief. Die obere Simme wird durch Schwimmer von Pappelborke an der Oberfläche gehalten, die untere ist nicht beschwert. Das eine Ende des Netzes wird durch eine Pricke befestigt und nachdem das Netz ausgefahren ist, das andere Ende mit einer Dragge verankert. Gewöhnlich ist das Netz einfach, mitunter macht man es doppelwandig und es besteht dann das zweite Tuch aus gröberem Garn mit ca. 15 cm weiten Maschen. Dreiwändige Netze sind im Putziger Wiek nicht gebräuchlich. Die Plawnica, auch Staaknetz ge- nannt, wird dort vorzugsweise zum Fange der Heringe benutzt. 63. Das Lachswehr, die Takiesch, lit. takisza, reiht sich am besten den Staaknetzen an, obwohl es selber nicht zum Fange, sondern nur zum Aufhalten der stromaufwärts ziehenden Fische dient, die dann in anderen Gezeugen gefangen werden. Während früher eine grössere Zahl solcher Lachswehre in unseren Pro- vinzen bestand, giebt es zur Zeit nur eines, welches unweit des Dorfes Skirwieth in dem gleichnamigen Mündungsarme des Memelstromes gestellt wird. Dasselbe hat folgende Einrichtung. Quer über die ganze Breite O ff N CD CD C- f JiJ n 3 r^ CD o CT >*f •' W H o K (D P Das Lachswehr. 381 des Flusses wird eine Reihe Pfähle von 15 — 20 cm. Stärke in Abständen von 3 m von einander fest eingerammt, die Hauptpfähle, lit. kulai, nicht in gerader Linie, sondern in einem Winkel, dessen Scheitel gegen den Strom gewandt ist und dem linken Ufer näher liegt als dem rechten. Dieser Winkel wird als die Nord bezeichnet. Die Pfähle sind etwa 1 m über dem Wasserspiegel durch Querhölzer verbunden, die Ruthen, Scheeren, lit. kikstis, genannt werden. Zur weiteren Befestigung dieses Pfahlwerkes dienen schräge eingerammte Stützen, die sog. Strewen, lit. szarp kulai, welche stromabwärts von der Pfahlreihe befestigt und mit jedem vierten Pfahle verbunden sind. Zwischen je zwei Hauptpfählen werden immer noch zwei kleine Pfähle, lit. uszbaddos, eingeschlagen und oben mit den Ruthen verbunden, um zu verhindern, dass das stromaufwärts von der Pfahlwand vorgezogene Netz durch den Strom zu gewaltsam zwischen den Hauptpfählen hindurch gedrängt werde. Dieses Netz, das vorgeschobene Netz, Vorschubnetz, lit. tinklas szaunamassis, zieht, der Pfahl wand folgend, von einem Ufer bis zum andern, schliesst also den Fluss vollständig ab und reicht vom Grunde des Wassers bis etwa 1 m über den Wasserspiegel, wo es an den Pfählen festgebunden ist. Seine Maschen haben eine Weite von 8 cm. Zur genauen Befestigung dieses Netzes dienen noch zwei verschiedene Arten von Pricken, die Vorschub - pricken, lit. alle, und die Ansteckpricken, lit. smeikstis, welche ab- wechselnd zwischen den uszbaddos gebraucht werden. An den Vorschub- pricken wird die untere Simme des Vorschubnetzes festgebunden, die Ansteck- pricken haben am unteren Ende eine kurze Astgabel (Bart), mit welcher die untere Simme des Netzes so dicht wie möglich am Grunde befestigt wird, um zu verhindern, dass Fische unter dem Netze hindurchgehen. Es wird also abwechselnd zwischen je 2 uszbaddos eine aile und eine smeikstis befestigt und oben an den Ruthen festgebunden. Jederseits nahe am Ufer ist eine Durchfahrt für kleinere Fahrzeuge hergestellt, indem das Vorschub- netz in einer Breite von 3 m weder durch Pfähle noch Pricken gestützt ist, die untere Simme vielmehr durch Steine am Boden gehalten und die obere, die hier nur bis zum Wasserspiegel reicht, an einem schwimmen- den Rundholz von 3 m Länge (Schwimmbaum) befestigt ist, über welchem die Fahrzeuge leicht fortgehen. Für grosse Fahrzeuge und Holzflösse ist in ähnlicher Weise eine grosse Durchfahrt nicht weit von dem rechten Ufer angelegt. Dieselbe hat eine Breite von 6 — 7 m, die Untersimme ist, wie bei den kleinen Durchfahrten, stark mit Steinen beschwert, die Obersimme aber, die auch nur wenig über den Wasserspiegel reicht, an einer schweren Kette befestigt, die, vom Ufer aus mittelst eines Flaschen- zuges angeholt, wagerecht ausgespannt ist, nachgelassen aber so tief herabsinkt, 382 ftie Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. dass grosse Fahrzeuge ohne Beschädigung des Netzes passiren können. Da bei dieser Gelegenheit natürlich auch Lachse über dem Netze fort- gehen können, so wird die grosse Durchfahrt vertragsmässig nur täglich während zweier Stunden für den Durchgang von Kähnen geöffnet. Wie bereits gesagt, dient die Pfahlwand und das Vorschubnetz nur zum Aufhalten, nicht zum Fangen der Lachse. Für den letzteren Zweck wird gegenüber dem "Winkel, welchen die Pfahlwand bildet, ein Wenter1) gestellt, dessen Flügel nur 30 — 40 cm von dem Vorschubnetz entfernt angeprickt werden. Dieser Wenter hat eine Länge von ca. 15 m, nur 3 Bügel, aber 2 Inkel, wie die gewöhnlichen Haffsäcke. Seine Maschen- weite beträgt im engsten Theil 5 cm. Die Stagge wird gar nicht be- festigt, indem der ganze Wenter vom Strome ausgespannt erhalten wird. Am Yorschubnetze entlang nach einem Durchgange suchend, geräth der stromaufwärts schwimmende Lachs leicht in den Wenter und ist, wenn er erst einen Inkel passirt hat, gefangen. Ausser dem Wenter wurden Fig. 170. Schema des Lachswehres. früher noch mehrere Kullen, lit. kullis, d. h. Säcke ohne Inkel, vor dem Yorschubnetze aufgestellt, in denen sich ebenfalls oft Lachse fingen, doch ist dieser Gebrauch aufgegeben worden. Natürlich gehen bei weitem nicht alle durch das Yorschubnetz aufgehaltenen Lachse in den Wenter hinein, sondern halten sich, nach einem Durchgange suchend, vor dem Netze auf. Um diese Lachse zu fangen, wendet man jetzt die Neschin- tinnis an (s. Nr. 15), die dicht vor dem Yorschubnetze nach Aufnahme des Wenters ausgeworfen wird. Man macht mit derselben mehrere Züge am Tage. In früherer Zeit, als die Zahl der aufsteigenden Lachse viel grösser war als jetzt, wurde ein anderes Verfahren angewandt. So oft man einen Fischzug für lohnend hielt, wurde 1/2 — 1 km unterhalb des Wehres ein dem Yorschubnetz ganz gleiches zweites Netz, das Vorstellnetz, lit. tinklas mettamaszis oder uzmettomage, vor Pricken quer über den ganzen Fluss gestellt, so dass also den vor dem Wehre befindlichen Lachsen der 1) Der Wenter wird bei der Sackfischerei ausführlich besprochen werden. Das Lachswehr. 383 Eückzug nach dem Haffe unmöglich gemacht wurde. Nach Aufnahme des Wenters und der Kullen wurde dann ein drittes , gleich weit- maschiges Netztuch ohne Untersimme, dessen Obersimme stark mit Schwimmhölzern besetzt, und dessen Höhe gleich der Wassertiefe, dessen Länge der Breite des Stromes gleich war, das Treibnetz, lit. tinklas leidamassis, unmittelbar vor dem Wehre ausgeworfen und trieb, auf beiden Ufern durch Leinen gehalten und von einigen Fischerkähnen begleitet, bis zum Vorstellnetz herab. Indem nun beide Netze zusammen gelichtet wurden, fand man in ihnen sämmtliche Lachse, die zwischen den beiden stehenden Netzen sich befunden hatten, mitunter mehrere hundert Stück auf einmal. Wegen der Kostbarkeit der grossen Netze, die häufig gewechselt werden müssen, um nicht zu faulen, und der Menge der zu dieser Fischerei er- forderlichen Leute wird, seit der Lachsfang bei Skirwieth sich stark ver- ringerte, nur die Neschintinnis angewandt. Die Sackfischerei besteht in der Anwendung einer eigenthümlichen Art stehender Netze, der Fischsäcke oder Wenter, die vor Pricken aufgestellt werden. Diese Fischsäcke sind im Wesentlichen cylindrische Netze, die über 3 oder 4 Bügeln ausgespannt, an der einen Seite kegel- förmig zugespitzt und geschlossen, an der anderen offen und meistens mit zwei längeren oder kürzeren, senkrecht stehenden Netztüchern, den Flügeln, lit. sparnai, verbunden sind. Sie sind aus reinem Hanf geknüttet und mit einer oder zwei trichterförmig gestrickten Ein kehlen oder Inkeln versehen, um den einmal hineingelangten Fischen den Ausweg unmöglich zu machen. Bei allen Arten von Fischsäcken bezeichnet man den zwischen dem ersten und zweiten Bügel gelegenen Netztheil als Vorderbauch, lit. pry- szekkis, den zwischen dem zweiten und dritten Bügel gelegenen als Mittel- bauch, lit. widmanta, den Best als Stagge, lit. stagginnis. Der erste Bügel ist immer am höchsten, die anderen nehmen allmählich an Grösse ab. Die Inkel sind kleinere Netztrichter, die einige Finger breit vor dem zweiten und dritten Bügel an die Wand des Vorder- und Mittelbauches angestrickt, an manchen Orten auch an den Bügeln selber befestigt werden, und deren hintere enge Oeffnung in den Mittelbauch resp. die Stagge hineinragt, wo sie durch 3—4 Fäden an dem nächsten Bügel ausgespannt erhalten wird. Die Stagge ist an ihrem Ende mit einer Schnur zugebunden, nach deren Lösung die Fische hier ausgeschüttet werden. Beim Gebrauch wird der Sack vor drei Pricken aufgestellt, indem an der einen das Ende der Stagge, an den beiden anderen die freien Enden der Flügel angebunden werden. Der an den ausgebreiteten Flügeln entlang streichende Fisch gelangt durch die Inkel bis in die Stagge und bleibt dort gefangen. Die Säcke 384 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. werden in den Haffen im flachen "Wasser, namentlich in der Nähe von Binsen- und Rohrkämpen, theils einzeln, theils zu mehreren verbunden, als Panten aufgestellt; sie müssen dort vor Sonnenuntergang ausgesetzt und dürfen nicht vor Sonnenaufgang aufgenommen werden. In Masuren werden die einfachen Fischsäcke als Säcke, die Ver- bindung von mehreren als Stellnetze bezeichnet. 64, Der gewöhnliche Haffsack des kurischen Haffes hat eine Länge von 8 m und Flügel von je 8 — 10 m, die so aufgestellt werden müssen, dass die ihre Enden befestigenden Pricken nicht weiter als 12 m von einander abstehen. Der erste Bügel hat eine Höhe von etwa 4 m, ebenso hoch sind die Flügel, deren unterer Fig. 171. Der Haffsack. Rand dem Grunde möglichst fest aufliegen muss. Die Maschenweite be- trägt in den Flügeln und dem Yorderbauch 5,5 cm, im Mittelbauch 4 cm, in der Stagge 2,5 cm. Der Zwischenraum zwischen den beiden Flügel- enden, d. h. der Raum, welchen die Fische benutzen können, um in den "Wenter zu gelangen, heisst die Rinnbahn. Der gewöhnliche Haffsack. Der Strourwenter. Die Brassensäcke. 385 In Säcken dieser Art werden vorzugsweise Weissfische und Barsche gefangen; auf den Haffen wird für einen Sack ein Pachtzins von 1 Mark erhoben. In der Zeit vom 15. Mai bis 1. October dürfen die Säcke nicht gestellt werden; in den übrigen Monaten können sie, auch im Winter unter Eis, benutzt werden. Sie werden vorzugsweise in der Karkler Lank und am litauischen Ufer von Windenburg bis gegenüber Schwarzort augewandt. Um die gefangenen Fische herauszunehmen, wird bei offenem Wasser die Stagginpricke gelichtet, die Stagge von derselben losgebunden und mit den letzten Bügeln an Bord genommen, um nach Lösung der Schnur am Ende der Stagge die Fische auszuschütten; die Oeffnung Avird dann wieder zugebunden, die Stagge an der Pricke be- festigt und wieder festgesteckt. Unter Eis ist ein derartiges Aufnehmen der Stagge natürlich nicht möglich. Es wird vielmehr vor dem ersten Bügel eine demselben parallel laufende Binne ins Eis gehauen, die weit genug ist, um den Sack aufheben zu lassen, während die Pricken der Flügel nicht gerührt werden. Es wird nun die Stagginpricke gelichtet und an der Stagge eine lange Leine befestigt, deren Ende über dem Eise bleibt, während der ganze Sack, vom ersten Bügel anfangend, gehoben wird. Nachdem auch die Stagge über das Eis gekommen und die Fische ausgeschüttet sind, wird der Sack mittelst der langen Leine wieder zurück- gezogen, die Stagge an der Pricke befestigt und festgesteckt. 65. Der Stromwenter, lit. pazarginnis, hat Flügel von 4 — 5 m Länge, einen Sack von 5 — 7 m, der Vorderbüge] und die Flügel sind 2 — 3 m hoch, die Maschenweite beträgt vorne 4,5, hinten 3 cm. Er dient namentlich zum Weissfischfange. In der Nähe des Haffes werden häufig auch gewöhnliche Haffsäcke in den Strömen gebraucht. 66. Die Brassensäcke oder hohen Haffsäcke des frischen Haffes bestehen aus zwei Flügeln von 4 — 5 m Länge und einem Sack von 4 — 7 m, welcher von 3 oder 4 Bügeln gestützt wird. Die Höhe der Flügel und des ersten Bügels Fig. 173. Schema. Stellung der Brassensäcke. beträgt 2 m. Vorder- und Mittelbauch werden hier als Vorhals und Bauch bezeichnet. Die Säcke haben zwei Inkel, die Maschenweite beträgt in den Flügeln und dem Vorhals 8 cm, im Bauch 5,5, in der Stagge 25 386 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. 4 cm. Die Brassensäcke werden auf den Schaaren oder auch auf der Tiefe, jedoch höchstens 120 m von der Schaar entfernt, aufgestellt und mit Pricken befestigt. Sie sind von dünnem Garn und werden besonders im ostpreussischen Hafftheil gebraucht. Der Pachtzins beträgt 1 Mark. Sehr gewöhnlich werden, wie Fig. 173 zeigt, 2 Säcke einander gegenüber- gestellt, so dass zu ihrer Aufstellung nur 4 Pricken erforderlich sind. 67. Die Grundsäcke oder niederen Haffsäcke des frischen Haffes sind den vorigen in Bau und Maschenweite gleich, die Flügel sind jedoch nur 1 — 4 m, der Sack nur 3 — 4 m lang, die Höhe der Plügel und des ersten Bügels beträgt nur 1 — 1,20 m. Sie werden häufig mit Streichtüchern in verschiedener Weise combinirt. Der Pachtzins beträgt pro Stück nur 50 Ff. A.ehnliche Säcke werden überall auch in den Binnengewässern ge- braucht, wo die Dimensionen und die Maschenweite je nach Bedürfniss sehr verschieden sind. 68, Die Aalsäcke, lit. ungurininkas, sind kleiner als die Grundsäcke, jedoch nicht von be- stimmter Grösse, nur darf der erste Bügel nicht über 60 cm hoch sein. Die Maschenweite beträgt vorne 2, in der Stagge 1,5 cm. Sie werden theils einzeln, theils mit Streichtüchern zu Panten verbunden, ausgestellt. Sie dürfen im kurischen Haff nur vom 15. August bis 8. October an- gewandt werden. 69. Die Neunaugensäcke des frischen Haffes sind den gewöhnlichen Haffsäcken ähnlich, nur beträgt die Maschenweite im Vorderbauch 2,5, in Mittelbauch und Stagge 0,7 cm. Die Neunaugensäcke werden einzeln vor je 3 Pricken nur in der Zeit von Michaelis bis Mitte Januar gestellt. Die Pacht beträgt 1 Mark pro Stück. 70. Der Stichlingswenter der Memelmünduugen hat zwei Flügel von 2 m Länge, der nur mit einem Inkel versehene Sack ist 2 — 3 m lang, vorne 1 — 1,20 m, hinten 40 — 50 cm hoch. Die Stagge hat 3 — 4 Bügel und wird dicht unter der Oberfläche des "Wassers angeprickt. Die Maschenweite wird möglichst klein genommen. 71. Die grossen Aalsäcke, welche an den Ausflüssen der Seen und in verschiedenen Flüssen als ständige Yorrichtungen für den Fang der zum Laichen nach dem Meere ziehenden Aale gebraucht werden, haben eine Länge von 6 m, jeder Die Aalsäcke. 387 Flügel ist 10 m lang und so hoch, dass er vom Grunde bis etwa Y2 m über die Oberfläche des Wassers reicht, gewöhnlich 2 — 2x/2 ni hoch. Dieselbe Höhe hat der erste Bügel, während die anderen allmählich bis auf 0,80 m abnehmen. In dem Sacke befinden sich 2 Kehlen oder Inkel, die an den Seen Herze genannt werden. Die Maschenweite beträgt in den Flügeln 2,5, in dem Sacke selber 2,3 cm. Die Flügel sind mit zahlreichen Pricken, die unten einen Haken haben, in Abständen von je 60 cm fest an den Grund geprickt und 1J2 m über dem Wasserspiegel au dieselben mit der Obersimme angebunden. Die Säcke dürfen nicht mehr als die halbe Breite der Flüsse verstellen, in breiten Gewässern werden mehrere neben einander gestellt. In einer Entfernung, die der dreifachen Länge des Sackes entspricht, wird ober- resp. unterhalb des zuerst gestellten Sackes am anderen Ufer ein zweiter gestellt, und so wechseln die Säcke in gleichen Abständen rechts und links ab. Natürlich werden, um an Netzmaterial zu sparen, wo es angeht, die engsten Stellen der Flüsse zur Aufstellung derselben benutzt. Der Fang ist am ergiebig- sten in den Monaten Mai bis August, vorzugsweise in finsteren, stürmi- schen oder Gewitternächten. 72. Die Aalsäcke des Putziger Wieks sind den vorigen in der Grösse ziemlich gleich; sie haben einen kurzen und einen zweiten, etwa viermal längeren Flügel und werden in einiger Entfernung vom Ufer vor Pricken so aufgestellt, dass die Axe des Sackes dem Lande parallel läuft, der kurze Flügel an die Schaar stösst und der lange gegen das offene Wasser gerichtet ist. Um bei bewegter See nicht fortgespült zu werden, sind die Pricken unter ein- ander und am Ufer mit Leinen befestigt. 73. Die Aalsäcke, welche an der frischen Nehrung in See gestellt werden, sind 3 — 4 m lang und am ersten Bügel 1 m hoch, die Maschenweite beträgt in allen Theilen 2 cm im Quadrat. Der eine Flügel des Sackes misst nur 2 — 4 m, während der andere durch ein Streichtuch von 30—40 m Länge und 1 — 2 m Höhe verlängert ist. Es wechseln in der See dem Ufer parallel ziehende flachere und tiefere Stellen ab, erstere werden als Riffe, letztere als Schluchten be- zeichnet. Die Säcke werden in den Schluchten so aufgestellt, dass sie die Stagge gegen die See, die Oeffnung dem Lande zuwenden und das lange Streichtuch bis an den Rand eines Riffes reicht. Stagge, Flügel und Streich- tuch werden vor Pricken aufgestellt, welche unter einander durch Leinen verbunden sind. Vom Ende des Streichtuches wird eine starke Leine ans 25* 388 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. Ufer geführt und dort gut befestigt, um die Geräthe, wenn bei stärkerem Seegange die Pricken ausgespült werden, nicht verloren gehen zu lassen. In der Zeit vom September bis zum Eintritt des Frostes zieht der Aal an unserer Küste entlang in der Kichtung von Osten nach Westen in den Schluchten hin und wird bei leichter westlicher Brise oft in erheb- licher Menge gefangen. Entsprechend seiner Zugrichtung wird natürlich das Streichtuch mit dem nach "Westen gewandten Flügel des Sackes ver- bunden, so dass der von Osten kommende Fisch an dem Streichtuch entlang gehend in den Sack zieht. Ausser Aalen werden gelegentlich auch Zärthen, Zander und andere Fische in diesen Säcken gefangen. 74. Die Neunaugenwarte der Memelmün düngen besteht aus einer Anzahl grosser, neben einander aufgestellter Wenter mit je zwei Inkeln, die, wie die Aalsäcke, immer nur die halbe Breite des Stromes versperren dürfen und zum Fange der in den Herbst- und Wintermonaten stromaufwärts ziehenden Neunaugen bestimmt sind. Die Länge der einzelnen Wenter beträgt 10 m, die der Flügel 4 — 5 m, ihre Höhe, wie die des ersten Bügels, ist gleich der Fig. 174. Die Neunaugenwarte. Wassertiefe, d. h. 2 — 4 m; nach hinten wird der Sack beträchtlich enger. Der erste Bügel wird gewöhnlich nicht rund, sondern, um dem Grunde fest anzuliegen, in Form eines Dreiecks mit stark abgerundeten Ecken gemacht, und zwar gewöhnlich von Eichenholz. Die Maschenweite beträgt in den Flügeln 2,5 cm und verengt sich schnell nach hinten hin, so dass sie in der Stagge nur 0,7 cm beträgt. Solche Wenter werden von dem einen Ufer des Stromes an querüber bis zur Mitte gestellt;1) an den 1) Bei heftiger Strömung können die Säcke nur in der Nähe des Ufers gestellt werden, da sie weiter im Flusse fortgerissen werden würden, auch halten sich dann die Die Neunaugensäcke. Der Wiensparnas. 389 breitesten Stellen kommen ihrer bis 30 Stück neben einander zu stehen. Be- sondere Sorgfalt muss darauf verwendet werden, dass zwischen den Flügeln der verschiedenen Wenter keine Lücke bleibe, durch welche sonst die Neun- augen bei ihrer Dünne und Schlüpfrigkeit in grosser Menge hindurch- gehen würden. Man verhindert dies, indem man immer mit dem Ende eines Flügels die Pricke des anstossenden Flügels umgeht, (s. d. Figur.) In dreifacher Entfernung der Länge des Wenters wird stromauf- und stromabwärts an dem anderen Ufer eine andere Warte gestellt, so dass die Schifffahrt nicht gehindert wird und die Fische theilweise den Fangvorrichtungen entgehen können. Am bedeutendsten ist der Fang im Skirwieth ström, wo er Ende September beginnt und bis Mitte Januar dauert; in der Atmath werden die Warten gewöhnlich erst unter Eis gestellt. Für eine Warte werden je nach der erfahrungsmässig gün- stigeren oder ungünstigeren Lage 60 — 300 Mark Pacht gezahlt. 75. Die Neunaugensäcke, welche in und vor den Nogatmündungen im Gebrauch sind, werden in ganz ähnlicher Weise wie die Neunaugen warte der litauischen Gewässer aufgestellt. Die Säcke sind 4 — 5 m lang, die Flügel messen 21/2 m, sind aber mit Streichtüchern von 15 m Länge verbunden. Die Bügel- höhe der Säcke beträgt ca. 1,50 m, die Maschen weite 0,7 cm im engsten Theile. Die Enden der Streichtücher werden ebenso wie die der Flügel bei den Säcken der Neunaugenwarte mit einander verbunden, die Streich- tücher selber müssen ihrer erheblichen Länge wegen an mehreren Pricken befestigt werden. 76. Der Wiensparnas oder einfluglige Sack des kurischen Haffes und der benachbarten Binnen- gewässer ist ein gewöhnlicher Wenter von verschiedenen Dimensionen, der aber statt zweier Flügel nur einen hat, welcher, an dem senkrechten Fig. 175. Der "Wiensparnas. Durchmesser des ersten Bügels befestigt, sich gewöhnlich bis in die Spitze des ersten Inkels fortsetzt und meistens von bedeutender Länge ist. Neunaugen auf ihrem Zuge mehr an den Ufern, so dass trotz der wenigen Säcke der Fang ebenso reich sein kann, wie bei ruhigerem Wasser in vielen Säcken. 390 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. Der Wiensparnas wird besonders auch in Teichen, Gräben etc. angewandt, wo dann der Flügel senkrecht zu dem steilen Ufer gestellt und mit seinem freien Ende an demselben befestigt wird. Es werden in diesem Wenter besonders Aale, Schleihen, Bressen, Plötzen gefangen. Wiensparnai mit kurzem Flügel werden übrigens häufig auch bei der später zu be- sprechenden Hechtpant und Quappenwarte angewandt, wo denn der Flügel senkrecht zum Leidings gestellt und mit demselben verbunden wird. 77. Die kleine Aalpant des kurischen Haffes, lit. ungurininku panta, ist eine Verbindung von zwei "Wiensparnai mit einem gemeinschaftlichen Flügel. In und vor den Mündungen des Memelstromes sind die zu diesem Zwecke angewandten Säcke gewöhnlich 2 — 3 m lang, vorne 70 — 80, hinten 40—50 cm hoch, der Flügel hat eine Länge von ca. 4 m. Die Aalpant wird vor drei Pricken aufgestellt, von denen je eine zur Befestigung einer Stagge Fig. 176. Das kleine Aalpant. dient;Tdie dritte wird in der Mitte des ca. 6 m langen Flügels angebracht, welchen man als Leidings, Lädings oder Streichtuch bezeichnet. Die kleine Aalpant wird in der Nähe des Ufers oder vor Eohrkämpen so aufgestellt, dass der Leidings diesen parallel läuft, so dass also sowohl der aus den Kämpen kommende, wie der zu denselben hinziehende Aal auf das Netztuch stösst und, an diesem entlang schwimmend, in einen oder den anderen Sack geräth. 78. Die Säcke mit Streicktüchern des frischen Haffes werden an verschiedenen Orten in sehr verschiedener Weise gestellt. Die einfachste Form ist der kleinen Aalpant des kuri- schen Haffes sehr ähnlich, doch hat jeder der beiden einander gegenüber- gestellten Säcke zwei Flügel und reicht das zwischen beiden aufgestellte Die Säcke mit Streichtüchern. Die Wenterpant vor 3 Pricken. 391 Streichtuch nicht bis in den Vorderbauch der Säcke hinein, sondern nur bis an den ersten Bügel. Fig. 177. Die Säcke mit Streichtüchern. Häufig werden drei Säcke durch zwei Streichtücher derartig ver- bunden, dass bei der eben besprochenen Combination von der Mitte des Streichtuches und rechtwinklig zu demselben noch ein Streichtuch auf- gestellt wird, welches in derselben Weise wie das andere in einen dritten Sack hineinführt (Fig. 178). Solche Zusammenstellungen findet man häufig an der frischen Nehrung. Meistens ist dann der erste Bügel nur 60 cm hoch. Im Ostwinkel des frischen Haffes combinirt man gewöhnlich vier Säcke und ein Streichtuch derart, dass an jedem Ende des Streichtuches zwei gegenüberstehende Säcke aufgestellt werden (Fig. 179). Die dem Streichtuch zugewandten Flügel der beiden Säcke jederseits sind vor Pricken so befestigt, dass ihre Enden einen Zwischenraum von ca. 50 cm zwischen sich lassen, in welchen das Streichtuch die Fische hineinleitet. Die beiden anderen, von dem Streichtuch abgewandten Flügel sind an ihren Enden mit einander verbunden, so dass den Fischen auf dieser Seite kein Aus- weg offen steht. Derartige Säcke haben gewöhnlich nur eine Höhe von 50 cm und werden vorzugsweise zum Aalfange benutzt. 79. Die Wenterpant vor 3 Pricken besteht aus zwei Säcken von je 8 m Länge und 4 m Bügelhöhe, deren Stagginpricken höchstens 24 m von einander entfernt stehen dürfen. Jeder Sack hat einen langen und einen kürzeren Flügel. Die beiden ersteren, von je 12 m Länge, werden zusammen an der dritten Pricke befestigt, während die beiden kurzen Flügel von nur je 3 m Länge am oberen und unteren Rande durch eine Schnur so verbunden sind, dass zwischen ihren freien Enden ein Zwischenraum von 3 m Länge, die Rinnbahn, bleibt, durch welche die Fische in die Pant hineingelangen. 392 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. Sie gehen dann an den Flügeln entlang in einen der Säcke hinein. Aehn- liche Panten werden als Strom panten auch in der Krakerorther Lank und der Knaup auf Weissfische gestellt. 80. Die Aalpant vor 4 Pricken, welche im kurischen Haff viel angewandt wird, ist in der Aufstellungs- weise von der vorigen wenig verschieden. Die beiden verbundenen Flügel werden durch Pricken so befestigt, dass die ganze Pant nicht ein Dreieck, sondern ein Yiereck bildet. Die Säcke sind je 6 m lang, 2 bis 3 m hoch, die Entfernung der Stagginpricken von einander darf 20 m, die Weite der Einnbahn 2 m nicht übersteigen. 81. Die Aalpant vor 7 Pricken unterscheidet sich von der vorigen nur durch die Aufstellungs weise der langen verbundenen Flügel. Die Stagginpricken dürfen bei dieser Ein- richtung 16 m von einander entfernt sein, die Weite der Rinnbahn be- trägt 2 m. 82. Die Leisulmer Zandersäcke werden in ähnlicher Weise aufgestellt. Zwei hohe Haffsäcke werden parallel mit einander in solcher Entfernung angeprickt, dass der Abstand zwischen den Enden der einander zugewandten Flügel ca. 1 m beträgt. Die äusseren Flügel werden durch ein in Halbkreisform vor Pricken auf- gestelltes Streichtuch, das sog. Krummtuch, verbunden. Bei Leisuhnen am frischen Haff werden diese Säcke im ziemlich tiefen Wasser gestellt und fangen grosse Mengen von Zandern, die meistens nicht durch die Ptinnbahn, sondern über die Flügel oder das Krummtuch fort in die Säcke hineingehen. 83. Die Hechtpant, welche in den Strömen, vorzugsweise an steilen Ufern der Memel- mündungen, viel angewandt wird, besteht aus einem Streichtuch oder Leidings von 15 — 20 m Länge und einer der Wassertiefe gleichen Höhe und einem grossen Wenter. Die Flügel desselben sind ca. 4 m lang und bis 5 m hoch, je nach der Tiefe des Wassers. Der erste Bügel des Vorderbauches wird gewöhnlich fortgelassen und das Unterliek mit zwei Ansteckpricken am Grunde festgeprickt, das Oberliek an denselben Pricken angebunden, so dass die Oeffnung des Vorderbauches viereckig erscheint. Der Yorderbauch hat eine Länge von 6 — 7 m, eben so lang ist Mittel- bauch und Stagge zusammen, welche durch drei Bügel gestützt werden, 178. Sackstelhmg an der frischen Nehrung. Fig. 179. Sackstellung im Ostwinkel des frischen Haffes. Fig. 180. "Winterpant vor 3 Pricken. Fig. 181. Aalpant vor 4 Pricken. Fig. 182. Aalpant vor 7 Pricken. Fig. 183. Leisuhner Zandersäcke. Die Hechtpant. Die Schnäpelpant. 393 und zwei Inkel haben. Die Maschenweite des Streichtuches und Vorder- bauches beträgt 6 cm, die der Stagge 4 bis 4,5 cm. Das Streichtuch wird vom Ufer an quer in den Strom gestellt und in Abständen von je l1/^ bis 2 m mit Pricken befestigt. Der Sack wird rechtwinklig zum Streich- tuch, Stagge stromabwärts so aufgestellt, dass sein äusserer Flügel an der Ufer. Fig. 184. Die Hechtpant. letzten Pricke des Leidings befestigt, der innere, dem Ufer näher gelegene, in einem Abstände von 20 — 30 cm von dem Streichtuch angeprickt wird. Namentlich im Frühjahr geht der Hecht, im dicken Wasser strom- aufwärts wandernd, leicht in den "Wenter hinein. Zwischen dem Ufer und dem grossen Wenter verbindet man häufig noch einen kleinen Wiensparnas zum Fange anderer Fische mit dem Leidings. 84. Die Schnäpelpanten des kurischen Haffes bestehen aus einem Leidings von 60 m Länge, der im Bogen, die Convexität gegen die Einkehle des Haffes gewandt, vor Fig. 1S5. Die Schnäpelpant. Pricken aufgestellt wird, und je zwei mit einander verbundenen Säcken an jedem Ende des Leidings. Die Säcke haben eine Höhe von 3—4 m, 394 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. eine Länge von 8 — 10 m. Die Maschen dürfen in keinem Theile unter 2,5 cm messen. Die Säcke werden mit dem Leidings derartig verbunden, dass die Kinnbahn durch denselben in eine grosse, von der concaven, und eine kleine, von der convexen Seite her zugängliche Abtheilung ge- theilt wird, welche letztere für allerlei Hafffische bestimmt ist. Die Schnäpelpanten werden an bestimmten, von alters lier benutzten Stellen zwischen Windenburg und Schäferei und an der Nehrung in der Gegend von Schwarzort auf weichem Grande bei 3 — 4 m "Wassertiefe in Keinen aufgestellt, in denen zwischen je zwei Panten mindestens ein Zwischenraum von 60 m frei bleiben muss. Sie dürfen nur in der Zeit vom 1. October bis 15. Mai gestellt werden und dienten früher, als der Schnäpel noch in grosser Menge das kurische Haff besuchte, vorzugs- weise zum Fange dieses Fisches, der nach Beendigung des Laichgeschäftes sich noch einige Monate im Haff authielt, um erst im Frühjahr wieder nach der See zu ziehen. Jetzt werden darin besonders Zander und andere Fische gefangen. Für eine Schnäpelpant wird ein Pachtzins von 5 Mark erhoben. 85. Die kleinen Lachsstellen des kurischen Haffes, welche seit alter Zeit an einigen 50 bestimmten Stellen am litauischen Ufer zwischen Windenburg und Schäferei gestellt werden, sind den Schnäpelpanten sehr ähnlich. Eine kleine Lachsstelle besteht aus einem Leidings von 120 m Länge und 8 cm Maschenweite, der 1 — 2000 Schritte vom Ufer entfernt, rechtwinklig zu demselben, vor Fig. 186. Die kleine Lachsstelle. Pricken derartig aufgestellt ist, dass er einen flachen, nach der Einkehle hin concaven Bogen bildet. An der Uferseite reicht der Leidings bis an die Packrant, über welche die Lachse nicht hinausgehen, und wird hier häufig ein kleiner Haffsack vorgestellt. An der Haffseite des Leidings werden, wie bei der Schnäpelpant, zwei verbundene Säcke von ca. 4 m Bügelhöhe aufgestellt. Der eine Sack hat eine Länge von 14 m, während der andere nicht mehr als 8 m lang sein darf. Die Maschen dürfen Die kleinen Lachsstellen. Die Quappen warte. 395 nirgends weniger als 2,5 cm messen. An der concaven Seite des Leidings ist eine weite Einnbahn für die in den Sack ziehenden Lachse, an der convexen eine kleine Rinnbahn für andere Hafffische eingerichtet. 49 solcher Lachsstellen waren bisher an einen Generalpächter für 450 Mark verpachtet, die übrigen sind durch alte Privilegien an einige Grundstücke verliehen. 86. Die Quappenwarten werden in den Ausflüssen des Memelstromes und in der Dehne in den Monaten November, December und Januar gestellt. Sie bestehen aus einem Leidings von ca. 100 m Länge, der mit dem einen Ende dicht am Ufer befestigt wird, mit dem anderen bis in die Mitte des Stromes reicht und vor Pricken aufgestellt wird, die V-fa — 2 m von einander entfernt stehen. Im November und December zieht die Quappe aus dem Haff Fig. 187. Die Quappenwarte. stromaufwärts, um zu laichen, im Januar kehrt sie nach dem Laichen zum Haff zurück. Dem entsprechend wird der Leidings in einem Bogen aufgestellt, der in den beiden ersten Monaten seine Concavität dem Haffe, im Januar dem Strome zukehrt, Der concaven Seite des Leidings gegen- über werden nun die Wenter in Abständen von je 4 m von einander so aufgestellt, dass der eine, etwas längere Flügel mit dem Leidings fest ver- bunden ist, während der andere ca. 50 cm von dem Leidings entfernt festgeprickt wird, so dass hier eine enge Rinnbahn entsteht. Häufig werden neben zweiflügligen Stromwentern auch Wiensparnai bei den Quappenwarten angewandt. Wie bei den Neunaugenwarten wird auch hier der Vorderbügel meistens in Form eines Dreieckes mit abgerundeten Winkeln angefertigt, dessen eine Seite dem Grunde aufliegt, während er oben bis an die Oberfläche des Wassers resp. bis an die Eisdecke reicht, da die Quappe andernfalls gerne über den Gezeugen hinzieht. Man stellt dem Leidings so viele Wenter gegenüber, als deren Platz finden, obwohl im Allgemeinen der Wenter am freien Ende des Leidings den besten Fang macht. Der Pachtzins für eine Quappenwarte beträgt ca. 100 Mark. 396 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. 87. Die Bollreuse, oder Bollries wird auf beiden Haffen und in manchen Binnengewässern viel angewandt. Sie besteht aus einem cylindrischen, durch drei Tonnen- reifen gestützten, und von zwei an denselben festgebundenen Stäben aus- gespannt erhaltenen Netz, welches an beiden Seiten eine Einkehle (Inkel) hat. Das spitze Ende jedes Inkels wird durch 2 bis 4 an dem mittleren Bügel befestigte Fäden gehalteu, die gewöhnlich runde oder viereckige und ziemlich weite innere Oeffnung dieses Netztrichters wird neuerdings zweckmässiger spaltförmig gemacht, wodurch den Fischen das Entweichen bedeutend erschwert wird. Namentlich wenn ihre innere Oeffnung weit und rund ist, müssen die beiden Inkel etwas schief gegen einander ge- stellt sein, da andernfalls der durch den einen Inkel einziehende Fisch leicht durch die geradeüber gelegene Oeffnung des anderen heraus- schwimmen könnte. Gewöhnlich haben die Bollreusen eine Länge von Fig. 188. Die Bollreuse. V-/-2 bis 2 m, einen Durchmesser von 3/4 bis 1 m und eine Maschenweite von 2,5 cm. Sie werden an krautigen flachen Stellen mittelst eines an- gebundenen oder hineingelegten Steines versenkt und mit einer Pricke befestigt. An einigen Orten werden in neuester Zeit mit sehr gutem Erfolge aus verzinktem Eisendraht hergestellte Bollreusen gebraucht, die im "Wasser wenig sichtbar sind und sich trotz des natürlich höheren Preises durch ihre Dauerhaftigkeit gut bezahlt machen sollen. Als Keusen werden bei uns aus Weidenruthen geflochtene Fang- vorrichtungen bezeichnet, die auf den Grund des "Wassers gelegt werden und die in sie hineingelangten Fische durch eine Einkehle an der Flucht verhindern. Sie werden vorzugsweise zum Aal- und Neunaugenfange, stellenweise jedoch auch zum Fange von "Weissfischen angewandt. 88. Die Aalreuse hat gewöhnlich die Form eines an dem einen Ende kegelförmig zuge- spitzten Cylinders von 0,80 bis 1,20 m Länge und 30 bis 35 cm Durch- Die Aalreuse. Die Neunaugenreuse. 397 messer. Sie bestellt aus dünnen Weidenruthen, die mit gespaltenen Fichten wurzeln in paralleler Lage so verflochten sind, dass sie Zwischen- räume von ca. 1,5 cm zwischen sich lassen. An dem kegelförmigen Ende befindet sich häufig eine kleine, mittelst eines Strohwisches ver- stopfte Oeffnung, andernfalls ist in der Wand des Cylinders ein vier- eckiges Fenster zum Herausnehmen der gefangenen Fische angebracht, welches durch einen Schieber geschlossen wird. Das Entweichen der Fische wird durch einen oder zwei trichterförmige, ebenfalls aus Weiden- ruthen geflochtene Einkehlen mit enger Oeffnung unmöglich gemacht. Diese Eeusen werden einzeln mit. Steinen beschwert vor Pricken oder Fig. 189. Die Aalreuse, Ansicht und schematischer Längsschnitt. mit einer schwimmenden Boje versehen, oder auch in grösserer Anzahl an einer langen Leine (Grien) befestigt an passenden Orten ausgelegt und je nach Umständen täglich oder auch seltener aufgehoben und entleert. An vielen Orten sind auch die Neunaugenreusen von ganz gleicher Beschaffenheit. 89. Die Neunaugenreuse des kurischen Haffes bildet einen schlanken, aus Weidenruthen von ca. 5 mm Dicke mit Fichtenwurzeln geflochtenen Kegel von 1 m Länge und 30 cm Durchmesser an der Eingangsöffnung , in welcher eine Einkehle von 35 cm Höhe befestigt ist, deren innere Oeffnung nur 4 cm misst. An der Spitze der Beuse befindet sich die zum Heraus- nehmen der Fische bestimmte Oeffnung von 8 cm Weite, die mit einem Strohwisch geschlossen wird. Nahe dem spitzen Ende des Kegels ist eine Oese von Fichtenwurzeln angebracht, in welcher die dünne Schnur befestigt ist, mittelst deren die Beuse an eine stärkere Leine, das sogenannte Gien 398 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. geknüpft wird. Gewöhnlich werden an einem Gien ein Schock Eeusen in entsprechenden Abständen befestigt. Dieselben werden in der Einkehle des kurischen Haffes nahe der Nehrung versenkt und, da Pricken oder schwimmende Bojen dort der Schifffahrt hinderlich sein würden, am Ufer durch Reihen von Stangen bezeichnet. Das Gien liegt parallel dem Fig. 190. Die Memeler Neunaugenreuse. Ufer und die Reusen werden von der Strömung so gedreht, dass ihre weite Oeffnung den gegen den Strom ziehenden Neunaugen zugekehrt ist. In der Einkehle des kurischen Haffes werden ca. 1200 solcher Reusen gelegt, die von Mitte August bis Mitte November liegen. 90. Die Bukkis der Memelmündungen ist eine eiförmige, korbartig aus dünnen "Weiden- ruthen geflochtene Reuse von 1,25 bis 1,50 m Länge und ca. 80 cm Fig. 191. Die Bukkis. Höhe am dicken Ende. An diesem letzteren ist die Wand wie ein Flaschen- boden eingestülpt und bildet eine Einkehle, deren Oeffnung 12 bis 15 cm weit ist. Eine gleich weite Oeffnung am spitzen Ende der Bukkis, die Die Bukkis. Die Bukkinell. Die Aalkasten. 399 beim Gebrauch derselben mit einem Deckel, Holzstöpsel oder Strohwisch geschlossen wird, dient zum Herausnehmen der gefangenen Fische. Die Bukkis werden einzeln oder in grösserer Zahl an einem Weidenseil in der Nähe der Ufer an Stellen ausgelegt, wo die Strömung nicht sehr stark ist, gewöhnlich legt man ein Stück groben Brodes hinein um die Weiss- fische anzulocken, die sich mitunter in beträchtlicher Menge darin fangen. 91. Die Bukkinell oder Neunaugenreuse der Memelmündungen ist in gleicher Weise wie die Bukkis angefertigt. Sie hat eine Länge von ca. 80 cm, eiue Höhe von ca. 40 cm am dicken Ende. Die Oeffnung an der Spitze des Inkels Fig. 192. Bukkinellen. beträgt nur Diese Keusen werden in grösserer Anzahl an ca. 4 cm einem aus Weiden geflochtenen Tau der Länge nach befestigt und parallel mit dem Ufer, das dicke Ende stromabwärts, in den Strom gelegt, um die im Herbst stromaufwärts wandernden Neunaugen zu fangen. 92, Die Aalkasten sind selbstthätige Aalfänge, welche schon in alter Zeit ganz in derselben Weise wie heutigen Tages mit den Freischleusen der Wassermühlen ver- Fig.# 193. Der Aalkasten. bunden waren. Sie sind so angelegt, dass beim Ziehen der Freischleuse das Wasser über einen geneigten Abfallboden, dann über ein freiliegendes Lattengerinne fliesst, durch welches es theilweise schon abläuft, und 400 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. endlich in einen vertieften Kasten mit Lattenboden hineinstürzt, durch dessen ca. 1,5 cm weite Spalten es hindurchgeht, während die Aale auf den Latten liegen bleiben und nach Schluss der Freischleuse aufgelesen werden. Ueber diesem Kasten ist oft eine leichte, yerschliessbare Bretter- bude zur Abhaltung unberechtigter Aalliebhaber angebracht. Sehr wesentlich ist es, dass man das Wasser schon vor dem Eintritt in den eigentlichen Aalkasten durch das Lattengerinne ablaufen lässt, weil es sonst, mit voller Gewalt in den Aalkasten stürzend, die Fische übel zurichten würde. In diesen Kasten werden, während die Aale stromabwärts zum Meere ziehen, oft sehr erhebliche Fänge gemacht, namentlich in dunklen stürmischen oder Gewitternächten. 93. Die Lachsfänge der kleinen Flüsse, welche dem Putziger Wiek zuströmen, sind Fallen, in welche der Lachs hineinspringen muss, und in welchen er theils wegen der geringen Wassertiefe, theils weil er nicht stromabwärts springt, ge- fangen bleibt. Fig. 194. Der Lachsfarjg, halbschematischer Längsschnitt. Zur Anlage eines Lachsfanges wird das Wasser der kleinen Flüsse um !/2 — 3/4 m gestaut und stürzt aus einem hölzernen Gerinne, wie an den Mühlen, ins Unterwasser herab. In dem Gerinne ist ein 2 — 3 m langer Raum durch 2 Holzgitter abgesperrt, von denen das stromaufwärts gelegene senkrecht steht, während das untere unter einem Winkel von etwa 45 Grad stromaufwärts geneigt ist. Vor dem Gerinne muss das Unterwasser eine Tiefe von etwa 1 m haben. Der stromaufwärts wan- dernde Lachs springt dem kleinen Falle entgegen über das geneigte Die Lachsfänge. Die Lachsangela. 401 Gitter in das Gerinne und kann aus demselben, weil es oben bedeckt ist, nicht mehr entweichen. In diesen Lachsfängen werden Lachse in den Monaten Mai bis Juli und September und October gefangen. Angeln werden an unseren Gewässern im Grossen nur zum Lachs-, Dorsch-, Aal- und Quappenfang, für andere Fische nur in beschränktem Maassstabe und mehr zum Zeitvertreib als für den Erwerb angewandt. 94. Die Lachsangeln, bei Danzig Takel genannt, sind von pommerschen Fischern erst seit etwa 10 Jahren an unserer Ostseeküste eingeführt, und werden seitdem mit grossem Erfolge benutzt. Die pommerschen Lachsangelböte (Fig. 152) haben eine Fig. 195. Lachsangel und Boje. Kiellänge von ca. 7 m, sind zwischen den Stevenspitzen etwa 8 m lang, in der Mitte über 2 m breit, 65 cm hoch und haben einen Tiefgang von 25 cm. Sie sind mit einem Spriet- und einem Focksegel versehen. Jedes Boot nimmt gewöhnlich im Winter 15 bis 20, im Sommer 30 Stiegen Lachangeln an Bord. Die Stiege bezeichnet 20 Stück. Nachdem die Fischer auf den ausgewählten Fischgründen angekommen sind, die durch- 26 402 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. schnittlich 10 — 20 km vom Strande entfernt liegen, wird zunächst die Stelle, um welche herum die Angeln gelegt werden sollen, durch eine auf- stehende Boje bezeichnet. Dieselbe wird an einem Steine verankert und trägt an der Spitze eine kleine Fahne, die etwa 3 bis 4 m über dem Wasser- spiegel steht. An jeder Lachsangel unterscheidet man drei Stücke, das Steintau mit der Boje, die Lenkleine mit der Lenk und den Vorlauf mit dem Angelhaken. Das Steintau ist eine Leine von 3 bis 4 mm Durchmesser, die vom Grunde bis zum "Wasserspiegel reicht, unten mit einem Steine verankert und oben durch eine Boje bezeichnet wird, die aus einem etwa meterlangen Stück Holz besteht. Am oberen Ende des Steintaues ist die ca. 3 mm starke Lenkleine befestigt, die in Abständen von je 2 bis 3 m mit Flotthölzern versehen ist, und also an der Oberfläche schwimmt, ihre Länge ist, wie die des Steintaues von der Wassertiefe abhängig. Am freien Ende trägt sie als Boje einen kleineren Holzklotz, die Lenk, welche gewöhnlich weiss angestrichen ist, um von Weitem sichtbar zu sein. An der Lenk ist die eigentliche Angelschnur, der Vorlauf, be- festigt, eine Schnur von V-J2 mm Dicke und 4 bis 5 m Länge, welche oberhalb des Angelhakens mit einem kleinen Bleigewicht beschwert ist. Der Haken ist von 2 — 3 mm starkem Messingdraht gefertigt, hat eine Länge von ca. 10 cm und wird am zweckmässigsten mit Plötzen, Ström- lingen oder Zärthen besteckt, doch kann das Besteck auch aus gesalzenem Hering bestehen. Die einzelnen Angein müssen in solcher Entfernung von einander gelegt werden, dass die Lenken sich unter allen Umständen frei um das Stein tau drehen können, ohne sich mit einander zu verwickeln. Beisst ein Lachs an die Angel, so geht er, um sich freizumachen, sofort an den Grund und die Lenkleine muss lang genug sein, um dies zu gestatten, ohne dass die Boje des Steintaues mit unter das Wasser gezogen wird. Uebrigens werden kleinere Lachse von 5 bis 8 kg oft von den Flott- hölzern und der Lenk an der Oberfläche gehalten und in allen Fällen wird durch die Nachgiebigkeit der ganzen Vorkehrung ein Bruch der Leine bei den heftigen Bewegungen des Lachses verhütet, während das Thier andererseits durch den zwar leisen, aber fortwährenden Zug der Lenk und der Flotthölzer nach oben ermattet wird. Im Allgemeinen werden die Angeln, wenn es das Wetter zulässt, an jedem zweiten Tage nachgesehen, die gefangenen Lachse abgenommen, indem von der Boje des Steintaues anfangend erst die Lenkleine und dann der Vorlauf auf- genommen wird, und das Besteck erneuert, welches sehr häufig von den Neunaugen abgefressen werden soll. Den gefangenen Lachsen sind die Seehunde sehr gefährlich und fressen zeitweise ganze Keinen von Fischen fort, und zwar die besten, bis auf den Kopf, den sie an der Angel lassen. Die Dorschangeln. 403 Leider werden den Fischern oft grosse Mengen von Angelzeug durch den Seegang fortgerissen. 95. Die Dorschangeln sind von viel einfacherer Art als die Lachsangeln, indem an einer langen Leine, dem Grien, in Abständen von je 60 cm 6 — 900 Haken mittelst der sogenannten Vorschnüre von 20 bis 24 cm Länge befestigt werden. Das Gien hat für 600 Haken eine Länge von 600 m und ist eine 3 bis 4 mm dicke, vor dem Gebrauch sorgfältig ausgekochte Hanfschnur. Die Vor- schnüre sind aus vier feinen Hanffäden gezwirnt und tragen Messing- haken von 6 cm Länge und ca. 2 mm Dicke. 600 Haken werden eine Mulle, 900 Haken ein Holz genannt. Zum Betriebe der Angelfischerei auf Dorsch werden die gewöhnlichen Strandböte benutzt, die bei uns Fig. 196. Dorschangeln. zwei Sprietsegel, in der Danziger Bucht gewöhnlich ein Sprietsegel und eine Fock führen. Sie sind mit 3 bis 4 Fischern bemannt. Auf einer voraussichtlich geeigneten Fangstelle angelangt, bei einer Wassertiefe von 4 bis 25 m, wird zunächst der Eeiter, eine ca. 6 m lange, in der Mitte mit Korkholz umgebene Stange, die am oberen Ende ein Fähn- chen trägt und senkrecht schwimmend etwa 3 m über dem Wasserspiegel vorragt, an einem Steine verankert. Die Angelhaken sind, um eine Ver- wirrung der Vorschnüre zu vermeiden, neben einander auf kleinen Brett- chen, lit. skillst, befestigt. Sie werden nun nach einander losgenommen, mit Seestinten oder noch besser mit Tobieschen besteckt, und der Keine nach auf ein etwa 1 m langes, 30 bis 40 cm breites Brett gelegt, welches von einem etwa 8 cm hohen Kande umgeben ist. Ist eine Längsreihe von Haken über das ganze Brett gelegt, so wird dieselbe, ehe man die zweite Reihe beginnt, mit Sand bedeckt und befestigt, um ein Unklar- 26* 404 Die Praxis der Fischerei in Ost- und "Westpreussen. kommen der Yorschnüre zu vermeiden. Sind alle Haken besteckt, so wird das eine Ende des Giens an dem Ankerstein der Boje befestigt und während das Boot durch Ruder langsam vorwärts bewegt wird, lässt ein Fischer das Grien durch die Hand ablaufen, wobei natürlich grosse Geschicklichkeit erforderlich ist, um die Yorschnüre klar zu halten und zu verhüten, dass die Haken in der Hand oder am Boote fest werden. Nachdem das ganze Gien ausgelaufen ist, wird sein Ende mit einem Steine verankert und durch eine Boje be- zeichnet. Gewöhnlich wird das Gien mit kleinen Steinen oder Sand- säckchen beschwert, um es am Grunde zu halten, während es anderer- seits auch wohl durch Flotthölzer schwimmend an der Oberfläche gehalten wird. Die Angeln werden, so oft es das Wetter zulässt, ausgelegt und gewöhnlich nach 1 — 2 Tagen aufgenommen. Ausser Dorschen fangen sich daran auch Flundern und Steinbutten. 96. Die Aalangeln unterscheiden sich von den Dorschangeln nur hinsichtlich ihrer Dimen- sionen. Sie werden wie jene an langen Schnüren (Gien) ausgelegt. An jedem Gien sind in Abständen von je 60 cm 100 je 40 cm lange, häufig aus Pferdehaaren gefertigte Yorlaufschnüre befestigt, welche je einen Haken, lit. meszkere, von 1 mm Stärke tragen. Sehr gewöhnlich werden viele solcher Schnüre zusammengeknüpft, und man bezeichnet je 6 Stück, die also 600 Haken besitzen, als eine Mulle. Ein Handkahn, lit. walteile,1) nimmt gewöhnlich 2 — 3 Müllen an Bord, die in derselben Weise in den Haffen ausgelegt werden wie die Dorschangeln in See, und die man früh Morgens aufzunehmen pflegt, um die gefangenen Aale ab- zulösen und frische Köder anzustecken. Letztere sollen aus Würmern bestehen, es werden dazu aber meistens ganz junge Fische gebraucht, die dadurch in ungeheurer Menge vernichtet werden. Für eine Aal- schnur mit 600 Haken wird auf den Haffen ein Zins von 2 Mark erhoben. Yon den gewöhnlichen Aalangeln, die an bestimmten Stellen in der Nähe der Wohnung des betreffenden Fischers ausgelegt werden, unter- scheidet man auf dem kurischen Haff die Udas- oder Dalkisschnüre, die aber nur insofern von jenen verschieden sind, als sie, in Tonnen verpackt, auf den Fischerböten mitgeführt und bald hier, bald dort, auch während des Betriebes einer anderweitigen Netzfischerei ausgelegt werden. Sie werden auf der Nehrung Dalkis, auf der litauischen Seite Udas genannt. 1) Die Waltellen sind ca. 6 m lang, 1,15—1,20 m breit, 0,50 in hoch mit ganz flachem Boden. cm g » B* CT' CD B- CD B \ \ N Fig. 201. Aalspeere. ihn abzulösen. Wo steinfreier weicher Grund ist, werden gewöhnlich Speere mit 20 — 25 cm langem Balken und 8 — 10 feinen Zinken von 10 — 12 cm Länge angewandt (Fig. 201. 1.), so besonders im südlichen Theile des kurischen Haffes; wo viele Steine am Grunde liegen, die den einfachen Speer schnell verderben würden, werden die scharfen stählernen Zinken durch zwischen ihuen eingeschaltete stumpfe und etwas längere Stäbe von Schmiedeeisen geschützt, die zugleich den Yortheil bieten, dass der von ihnen getroffene Aal abgleitet und gegen eine oder die andere scharfe Zinke gedrängt wird, an welcher er sich spiesst. Die in Fig. 201. 2 dargestellte Form des Aalspeeres ist im nördlichen Theile des kurischen Haffes und im Putziger Wiek gebräuchlich, die Formen 3 und 4 im frischen Haff. Die Form 1 wird an vielen Orten auch zum Stechen von Hechten und Quappen gebraucht. Das Stechen der im Winterlager ruhenden Aale ist eine ganz irrationelle Fangmethode, da bei derselben zahlreiche Thiere nur ver- wundet und nicht gefangen werden, also nutzlos zu Grunde gehen, und Die Aalspeere. Pferde- und Fussfischerei. 409 da namentlich auch eine grosse Anzahl ganz junger, kaum ringerdicker Aale mit gefangen wird. Auf den Haffen waren die Aalspeere bisher voni 15. Oetober bis 9. April erlaubt. Es wurden aber immer nur sehr wenige consignirt, während sie von Raubtischern in grosser Menge an- gewandt werden. Eine Consignation von Aalspeeren findet daher zweck- mässiger Weise jetzt nicht mehr statt. Viel weniger bedenklich erscheint das allerdings verbotene Ver- fahren, grosse Hechte, die im Winter an die Wuhnen kommen, oder in der wärmeren Jahreszeit in der Nähe des Ufers unbeweglich stehen, mit Speeren zu stechen. Die getroffenen Thiere werden regelmässig auch gefangen, und grosse Hechte besonders zu schützen, liegt keine Veranlassung vor. Quappen werden in den Memelmündungen und der Deime, wenn sie im Winter stromaufwärts zum Laichen ziehen, durch kleine Löcher im Eise unerlaubter Weise viel gestochen. Noch möge hier der Pferde- und Fussfischerei in einigen unserer kleineren Flüsse und der Winterfischerei der Philipponen gedacht werden. Bei der Pferde- und Fussfischerei, wie sie seit alter Zeit z. B. in der Passarge geübt wird, sperrt man den Fluss durch ein quer- über gestelltes Netz, welches überall dem Grunde fest anliegt und sich an beide Ufer genau anschliesst, ab, worauf alle in einer längeren Strecke des Gewässers befindlichen Fische durch eine grosse Anzahl im Wasser watender oder reitender Menschen allmählich in das Netz hineingetrieben werden, ein sehr primitives Verfahren, welches jedoch zeitweise nicht unbeträchtliche Beute liefert. Noch eigenthümlicher erscheint die Fischerei, welche die Philipponen in manchen masurischen Seen, namentlich in der Gegend von Ukta mittelst der Wasserpest (Elodea canadensis) ausüben. Unweit des Ufers, wo dieses Kraut reichlich wuchert, wird im Winter ein Loch in das Eis geschlagen, es werden zwei Stangen oder ein gabeliger Ast in den dichten Pflanzenwuchs gesteckt und unter vorsichtigem Anziehen um sich selbst gedreht, so dass das Kraut in weiter Ausdehnung herangezogen und zu einem dicken cylindrischen Strange zusammengedreht wird, den man all- mählich über das Eis hervorzieht, und der nicht selten erhebliche Mengen von Fischen, darunter natürlich vorzugsweise grosse Massen junger Brut, einschliesst. Verbotene Fischereien, Die Fischerordnungen vom 7. März 1845, welche namentlich für die Haffe eine Beschreibung der gebräuchlichen Fischereiarten enthalten, untersagen ausdrücklich die Anwendung aller anderen Fangmethoden, und 410 Die Praxis der Fischerei in Ost- und Westpreussen. führen dann noch einige besonders verbotene Arten des Fischfanges an, nämlich das Pumpen und Jagen, das Klappern und Bullern, die Klepp- fischerei, das Steiern, Intern und Streven, das Aufsetzen von Quasten und die schon auf S. 341 beim Keutel erwähnte Plaschkinnisfischerei. Das Pumpen und Jagen, lit. spurkti, besteht darin, dass mit langen, besonders eingerichteten Stangen ein starkes Getöse im Wasser verursacht wird, um die Fische in aufgestellte Netze hineinzutreiben. Diese Stangen (Pumpen) sind am Ende entweder mit einem Stück steifen Leders oder mit einer Anzahl grosser an Schnüren befestigter Holzkugeln verbunden oder es ist auf sie eine Anzahl eiserner Ringe aufgestreift, die bei Be- wegungen der Stange an einander rasseln. Wie wir bereits auf S. 375 bemerkten, wird die Kaulbarschfischerei in stehenden Fetzen fast nie ohne Pumpen betrieben. Das Klappern und Bullern, lit. balditi, wird zu demselben Zwecke wie das Pumpen hervorgebracht, indem die Fischer mit Stöcken oder Rudern auf den Rand des Kahnes schlagen. Bei der Kleppfi schere i werden an einem Keutelgarn statt einer Zugleine deren zwei befestigt, die, wie bei der Gomolka (Nr. 19), mit Holzspähnen versehen sind, um die Fische zu scheuchen. Die Zugleinen haben eine Länge von je 20 — 30 m und werden mit Pferden bespannt, die das etwa 20 m vom Ufer entfernt ausgelegte Garn mit möglichster Schnelligkeit ans Land schleppen müssen. Durch Fortreissen des Pflanzen- wuchses und massenhafte Zerstörung von Jungfischen wirkt diese Fischerei ganz besonders schädlich. Das Steiern oder Intern unterscheidet sich von der Kleppfischerei nur dadurch, dass ein in derselben Weise wie bei jener vorgerichteter Keutel statt von Pferden durch zwei Segel fahrzeuge geschleppt wird, die mit grösster Schnelligkeit vor dem Winde treiben. Streben oder Streven nennt man es, wenn Zugnetze wie das Herbst- oder Sommergarn, die nur von festliegenden Fahrzeugen aus auf- gezogen werden sollen, statt dessen hinter den vor dem Winde segelnden Fahrzeugen hergeschleppt werden, wobei natürlich ein viel beträchtlicherer Fang gemacht wird, mitgefangene kleine Fische aber keine Gelegenheit finden zu entweichen, und durch den starken Druck getödtet werden. Quaste sind Strauchbündel, die lose zusammengebunden und mit Steinen beschwert vor Pricken ins Wasser gelegt werden, um die gerne in sie hineinkriechenden Aale zu fangen. Wegen des grossen Schadens der dadurch an den jungen Aalen geschieht (S. 317) sind dieselben seit der Fischereiordnung von 1589 wiederholt verboten worden, werden aber noch immer heimlich gebraucht. Verbotene Fischereien. 411 Der Hölger, welchen die Ausführungsverordnung vum 1.1. Mai 1877 besonders verbietet, wird auf dem frischen Haffe nach wie vor in aus- gedehntem Maasse zum grössten Nachtheil des Aalbestandes angewandt. Der Hölger (an anderen Orten Aalhaue, Aalharke genannt) ist ein eiserner Kamm von ca. 20 cm Länge mit dünnen runden Zinken, die abwechselnd von verschiedener Länge sind und in Zwischenräumen von etwa 1 cm Fig. 202. Der Hölger. stehen. Er wird an der Seite des Kahns mittelst einer langen Stange auf den Grund des "Wassers gedrückt und durch eine oberhalb der Zinken angebrachte Schnur am vorderen Ende des Fahrzeuges befestigt. Indem nun dasselbe vorwärts segelt, durchfurcht der Hölger den weichen Schlammgrund und spiesst die ihm begegnenden Aale, gelegentlich auch andere Fische an. Der Mann, welcher ihn an der Stange hält, fühlt sofort, wenn ein Aal auf dem Hölger sitzt und zieht das Instrument schleunigst in die Höhe, um den Gefangenen an Bord zu werfen. Natürlich gelingt es jedoch sehr vielen Aalen, sich, ehe der Hölger an Bord kommt, loszuwinden, sie fallen dann ins Wasser zurück, um bald umzukommen. Diese nutzlose Vernichtung zahlloser Aale, und der Um- stand, dass ausser grossen Fischen natürlich auch ohne Wahl eine Un- masse von jungen, unbrauchbaren Thieren mitgefangen oder verletzt wird, haben schon vor alter Zeit zum Verbot der Hölgerfischerei geführt. Trotzdem wird dieselbe von zahllosen Segelfahrzeugen, ja gelegentlich sogar von Dampfern betrieben. Natürlich ist sie nur da anwendbar, wo, wie in einem grossen Theile des frischen Haffes, der Boden vollkommen eben und mit weichem Schlamm bedeckt ist. Die volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Fischerei, die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. Je umfangreicher die Gewässer eines Landes sind, um so wichtiger und bedeutungsvoller ist natürlich im nationalökonomischen Interesse ihre rationelle Bewirthschaftung. Aber während auf dem Gebiete der Land- wirthschaft auch bei uns die grössten und erfolgreichsten Anstrengungen gemacht werden, um den Ertrag des Bodens zu erhöhen, wird der ver- nünftigen Ausnutzung der Gewässer noch bei Weitem nicht die erforder- liche Aufmerksamkeit und Sorgfalt zugewandt. Und doch sind reiche Ernten aus dem Wasser vielfach leichter und sicherer zu gewinnen als von dem Ackerlande, ja es kann selbst der von einem Gewässer zu erzielende Gewinn unter Umständen grösser sein als von einer gleich grossen Fläche guten Ackers. Allerdings ist die Ertragsfähigkeit der Gewässer, namentlich des Meeres, von manchen Seiten in ausserordentlicher Weise überschätzt worden. Wenn wirklich auf manchen Fischgründen die Hectare Meeres- boden wöchentlich dasselbe Gewicht an Fischfleisch liefert, welches die gleiche Fläche guten, gut angebauten Landes in einem Jahre an Rind- fleisch produciren kann, wenn unter Umständen Karpfenteiche höhere Erträge abwerfen als guter Weizenboden, so wäre es doch leichtfertig, solche Ausnahmefälle zu allgemeinen Schlüssen über die Fruchtbarkeit des Wassers zu verwerthen. Gute Karpfenteiche können bei zweckmässiger Bewirthschaftung jähr- lich 70 — 80 kg Fischfleisch pro Hectare liefern und dürfte ein solcher Dnrch- schnittsertrag als das Maximum anzusehen sein, welches unter normalen Umständen von einer Wasserfläche producirt werden kann. Ist man doch bei der Teichwirtschaft im Stande, willkürlich Verhältnisse herzu- Die volkswirtschaftliche licdeutung unserer Fischerei. 413 stellen, welche dem Gedeihen der Fische besonders günstig sind. Aehn- iiche oder höhere Erträge werden sich in der freien Natur nur an ge- wissen beschränkten Oertliclikeiten vorfinden lassen, wo, wie z. B. auf den Laichgründen der Dorsche, Heringe u. a, ungeheure Schwärme von Fischen, die Producte weiter Meeresflächen, von allen Seiten her zusammen- strömen. Der Kieler Ministerialcommission zur wissenschaftlichen Unter- suchung der deutschen Meere, und namentlich den eingehenden und mühe- vollen Arbeiten Hensen's gebührt das Verdienst, für die Ermittelung der Fischerträge unserer Ostseeküste einen festen Grund gelegt zu haben, auf dem freilich noch lange und gewissenhaft wird fortgebaut werden müssen, um zu sicheren und allgemein giltigen Eesultaten zu gelangen. Nach Hensen1) werden an der ost- und westpreussischen Ostsee- küste 90,8 Q.-Meilen — 510750 ha Meeresfiäche befischt. Nach fünf- jährigen Beobachtungen in Heia wurden dort auf einem Bezirk von 7200 ha im Durchschnitt 227 900 kg Fische gefangen, also 31,6 kg pro Hectare. Bei Eckernförde dagegen kamen im Durchschnitt aus dreijährigen Be- obachtungen nur 15 kg Fische auf die Hectare. Nehmen wir, bis weitere Beobachtungen vorliegen, einstweilen das Mittel aus den Helenser und Eckernförder Ergebnissen, d. h. 23,7 kg als durchschnittlichen Fischertrag unserer Ostseeküste an, so würde die befischte Fläche von 510750 ha jährlich 510 750 x 23,7 kg = 6129000 kg Fische liefern, die, das Kilo zu 50 Pf. gerechnet, einen Gelclwerth von 3064000 Mark repräsentiren. Für eine ungefähre Berechnung der Fischprocluction der Haffe liegen mir nur die zweijährigen Angaben des Berichterstatters der deutschen Fischereizeitung über die monatlich im siebenten Bezirk des kurischen Haffes (Nemonien) gefangenen Fische vor. Nach diesen Angaben wären in der Zeit vom 1. Juli 1878 bis 30. Juni 1879 Fische im Werthe von 68812 Mark, in derselben Zeit 1879/80 im Werthe von 57180 Mark ge- fangen, im Durchschnitt also jährlich für 59496 Mark. Rechnen wir auch hier das Kilo zu 50 Pfennigen, so erhalten wir 78992 kg Fische auf eine Fläche von 28800 ha, also nur wenig über 4 kg pro Hectare. Wir können diesen Betrag indessen unmöglich als für die Haffe allgemein giltig ansehen, indem einerseits die Fischerei in dem Bezirk Nemonien nicht so bedeutend ist als in vielen anderen Bezirken des kurischen Haffes, und als namentlich im frischen Haff, und andrerseits der Bericht- 1) Eesultate der statistischen Beobachtungen über die Fischerei an den deutschen Küsten. Jahresbericht der Cornnüssion zur wissenschaftlichen Untersuchung der deut- schen Meere in Kiel. Berlin 1878. 414 Die volkswirthschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. erstatter wohl nur die in Nemonien zu Markte gebrachten, nicht aber die von den Fischern selber consumirten oder an anderen Orten abge- setzten Fische berücksichtigen konnte. Wenn man die Menge der von den Haffen nach Heydekrug, Labiau, Königsberg und Elbing gelieferten Fische betrachtet und bedenkt, dass tausende von Familien an den Haffen fast ausschliesslich von der Fischerei und dem Fischhandei sich ernähren, so dürfte man nach sehr massiger Schätzung mindestens 10 kg als Durchschnittsertrag der Hectare beider Haffe annehmen müssen. Bei einer Gesammtgrösse von 254210 ha würden sie demnach jährlich eine Fischmenge von 2 542100 kg im Werthe von 1271050 Mark liefern. Etwas genauer sind wir über den Fischertrag unserer grösstenteils fiscalischen Binnengewässer orientirt. Nach Metzgers1) verdienstvollen statistischen Untersuchungen beträgt in Ost- und Westpreussen die pro Hectare derselben an den Fiscus gezahlte Pachtsumme im Durchschnitt rund 2 Mark, im Ganzen werden 205 576 Mark an Pacht vereinnahmt. Auf den masurischen Seen, die eine Grösse von 48745,6 ha haben, und für 1,7 Mark pro Hectare verpachtet sind, wurden im Jahre 1877/78, welches einen ziemlich normalen Ertrag lieferte, nach den von den Aufsichts- beamten gemachten Aufzeichnungen 19420 Tonnen = 833680 kg Fische im Werthe von 219654 Mark gefangen (4430 Tonnen ä 80 kg Stint oder Uckelei zu je 9 Mark, 5991 Tonnen anderer Fische durchschnitt- lich zu je 30 Mark gerechnet). Es kommen hier also auf die Hectare 16 kg von den fiscalischen Pächtern gefangener Fische. Das Verhältniss der Pachtsumme zum Werthe der gewonnenen Fische ist in Masuren durchschnittlich = 1,7 : 7,2, der Eohertrag also das 4,4fache der Pacht. Nehmen wir dies Verhältniss einstweilen auch für die übrigen fiscalischen Gewässer als giltig an, so würde den 205 576 Mark an den Fiscus gezahlter Pacht eine Fischmenge im Werthe von 904512 Mark entsprechen. Rechnen wir hierzu die von den Fischereiberechtigten gefangenen Fische und nehmen an, dass dieselben, wie auf den masuri- schen Gewässern, durchschnittlich überall V40 der von den fiscalischen Pächtern gewonnenen Menge betragen, berücksichtigen wir ferner den Ertrag der unrechtmässigen Raubfischerei und endlich auch den Ertrag derjenigen Gewässer, welche nicht fiscalisch sind, oder deren Fischerei- nutzung doch wenigstens Gemeinden oder Privatleuten zusteht , wenn 1) Beiträge zur Statistik und Kunde der Binnenfischerei des preussischen Staates. Bearbeitet und mit Unterstützung des königl. Ministeriums für Landwirtschaft, Domainen und Forsten herausgegeben von Dr. A. Metzger, Prof. d. Zoologie an der königl. Forst- akademie zu Münden. Berlin 1880. Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 415 auch Grund und Boden dem Fiscus gehören1), so dürfte der derzeitige Ertrag unserer Binnengewässer mit l1/-? Millionen Mark nicht zu hoch veranschlagt sein. Leider liegen uns längere Beobachtungsreihen über den Ertrag unserer Gewässer in verschiedenen Zeiten nicht vor, es ist aber sehr wünschenswerth, dass solche fortan mit möglichster Zuverlässigkeit an- gestellt werden. Wie in allen Culturländern, so wird auch in unseren Provinzen allgemein über den Rückgang der Fischerei geklagt und es datiren diese Klagen nicht erst aus neuerer Zeit. Schon 1784 sagt Bock in seiner bereits mehrfach erwähnten Naturgeschichte: „dass der Segen von Fischen allhier abnehme, bestätigen alle, die eine fünfzigjährige Erfahrung haben" und ,,Leo klaget über die Abnahme der Fische in Preussen schon bei dem Anfange des 16. Jahrhunderts." Von manchen Seiten hört man eine allgemeine Abnahme aller Fische in allen unseren Gewässern behaupten, während andererseits eine wesentliche Verringerung des Fischbestandes geleugnet wird. Ja es fehlt nicht an Stimmen, welche selbst die Möglichkeit einer erheblichen Ver- minderung der Fische durch den Fischereibetrieb in Abrede stellen, weil Raubthiere und andere Verhältnisse eine viel grössere Menge von Fischen vernichten als von Menschen gefangen werden. Als ob es für Jemanden, der den grösseren Theil seines Vermögens verloren hat, gleich- giltig wäre, ob er auch noch den Rest verschleudert oder in wirthschaft- licher Weise zu Rathe hält. Es sind bei Untersuchungen über die Veränderungen des Fisch- bestandes der Gewässer immer zahlreiche Verhältnisse zu berücksichtigen und ist vor allem darauf zu achten , ob die an gewissen Orten behaup- tete Verminderung aller oder einzelner Fischarten eine absolute oder nur relative ist. Einen unwiderlegbaren Beweis für die wirkliche Verminderung einer Fischart liefert die Verminderung ihrer durchschnittlichen Grösse, die bei uns erwiesener Maassen an den meisten Orten eingetreten ist. Ebenso ist die Ermässigung der für die Fischerei gezahlten Pachtsummen ein sicheres Zeichen des Rückganges, und manche von unseren Seen sind durch eine fortgesetzte Raubwirthschaft so erschöpft, dass sie nur 1) So briDgt z. B. der Geserichsee der Stadt Dt. Eylau eine Fischereipacht von 21000 Mark, und in Westpreussen ist eine grosse Menge bedeutender Seen in Privat- besitz übergegangen. Allein in den Kreisen Konitz und Schlochau wurden im Jahre 1833 mcht weniger als 57 fiscalische Seen von zusammen ca. 7500 ha Oberfläche verkauft. 41(3 Die volkswirthschaftliche Bedeutimg unserer Fischerei. noch für einen kleinen Bruchtheil der ehemaligen Pacht oder selbst zeit- weise gar nicht verpachtet werden können. Grosse Flundern sind an unseren Küsten fast überall zu einer Sel- tenheit geworden, ebenso haben sich die Dorsche erheblich vermindert und verkleinert; Schnäpel und Perpel, die früher in ausserordentlichen Mengen gefangen wurden, und getrocknet nicht nur einem grossen Theile der Fischer zum Wintervorrath dienten, sondern auch massenhaft expor- tirt wurden, kommen nur in ganz unerheblicher Menge noch vor und die geringe Zahl der jetzt noch bei uns gefangenen Störe lässt uns die Notizen der Pfundzollbücher aus dem 16. und 17. Jahrhundert fast un- glaublich erscheinen, nach welchen allein Pillau durchschnittlich jährlich 1500, zeitweise aber über 6000 Achteltonnen marinirten Störes nach Eng- land verschiffte, obwohl der Störverbrauch im Lande sicher mindestens nicht geringer war als jetzt. Die Zahl und Durchschnittsgrösse der Zander und Bressen hat sich namentlich in den Haffen bedeutend ver- mindert, an manchen Gewässern wird mit Eecht auch eine Abnahme der Kaulbarsche, Barsche, Plötze und Maränen beklagt. Weniger ersichtlich ist eine allgemeine Verminderung der anderen Fischarten, ja bei den Neun- augen, Stinten, Quappen u. a. ist eine solche wohl garnicht behauptet worden. Es liegt auf der Hand, dass die fortschreitende Landescultur, wie der Jagd, so auch der wilden Fischerei und der Erhaltung des Fisch- bestandes nicht günstig sein kann. Unbedingt muss das Interesse der Fischerei zurückstehen, wo es gilt, durch ßegulirung der Flüsse dem Verkehr neue Bahnen zu eröffnen, durch Fabrikanlagen den Wohlstand ganzer Gegenden zu heben , wo durch Trockenlegung von Gewässern dauernde Mehreinnahmen von dem gewonnenen Lande zu erzielen sind. Indessen lassen sich doch manche der Fischerei aus der zunehmenden Cultur des Landes erwachsende Nachtheile verringern oder selbst ganz abstellen, und man wird womöglich allen berechtigten Interessen zu ent- sprechen suchen müssen. Unstreitig haben die veränderten Yerkehrsverhältnisse in erster Linie dazu beigetragen, den ehemals ganz berechtigten Vorstellungen von der Unerschöpflichkeit des Fischreichthums ein Ende zu machen. Mit Ausnahme weniger durch Trocknen, Salzen, Räuchern oder anderweitige Präparation conservirter Arten wurde und wird ja noch jetzt die Haupt- masse der bei uns gefangenen Fische in frischem Zustande zu Markte gebracht. Bei den schwerfälligen Verkehrsmitteln früherer Zeiten konnte das natürlich nur im engen Umkreise der Fangorte geschehen. Die kleine dem localen Bedürfnisse entsprechende Menge von Fischen war jederzeit mühelos zu beschaffen und ihr Preis blieb natürlich ein geringer. Bei Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hehung. 417 der geringen Anzahl der Consumenten konnte in jener Zeit unbedenklich auch in der Laichzeit und auf den Laichplätzen gefischt werden, ohne die Vermehrung der Fische im Mindesten zu beeinträchtigen. Die natur- gemässe Zunahme der Bevölkerung war nicht im Stande, das günstige Verhältniss zu ändern, so lange wesentlich nur die Fischerdörfer selber und ihre nächste Umgebung von den Fischen lebten. Nun hat aber die Vermehrung der Postverbindungen , der Dampfer und Eisenbahnen die früheren Verkehrsverhältnisse von Grund aus ge- ändert. In der ehemals für den Transport auf wenige Meilen erforder- lichen Zeit legt die frische Waare jetzt weite Entfernungen zurück und sorgfältige Eisverpackung erlaubt uns selbst in der warmen Jahreszeit, die Lachse des kurischen Haffes bis nach Paris zu senden und unsere See- fische weit in das Binnenland hinein zu befördern. Während früher die Fischer von der Obrigkeit gezwungen waren , ihre Fänge an bestimmten Orten zu Markte zu bringen, sie gerichtweise zu einem von der Behörde bestimmten Preise zu verkaufen und erst nach vollkommener Befriedigung des Localbedarfes daran denken durften, ihren Ueberfluss an Händler ab- zugeben, während daher in den dem Wasser nahe gelegenen Städten die Fische gewöhnlich reichlich vorhanden und so billig waren , dass die Dienstboten sich weigerten, sich gar zu oft damit abspeisen zu lassen, sucht jetzt natürlich jeder Fischer den besten Markt für seine Waare. Die steigende Nachfrage nach Fischen auch im Binnenlande steigerte selbstredend die Preise, und deren Erhöhung reizte zu vermehrtem Fischen. Mussten vor wenigen Jahrzehnten bei besonders reichlichem Fange noch Lachse zu Hunderten vergraben werden, weil man sie nicht ver- werthen konnte1), so werden jetzt selbst die geringwerthigsten Fische immer noch lohnend bezahlt. Es ist daher nicht überraschend, wenn sich an manchen Orten die Zahl der Fischer erheblich vermehrte. Trotz der absolut grösseren Menge der in Folge dessen gefangenen Fische kann doch unter solchen Umständen der zunehmende Export, die Preissteigerung und die Vertheilung der Beute auf eine grössere Anzahl von Fischern den Eindruck hervorrufen, als ob der Fischreichthum im Rückgange be- griffen sei. Wie aber die Preissteigerung einer Waare nicht eine Folge ihrer grösseren Seltenheit zu sein braucht, sondern ebensowohl durch die grössere Nachfrage bedingt sein kann, zeigen in unseren Provinzen recht deutlich die trotz ausserordentlich gesteigerter Production in wenigen 1) Im August 1827 wurden bei Skirwieth an einem Tage 1500 grosse Lachse gefangen, von denen hunderte nicht verwerthet werden konnten, obgleich man das Stück (von durchschnittlich 30 Pfd. Schwere) für 1 Mark fortgab. 27 418 Die volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. Jahrzehnten um das Drei- bis Vierfache erhöhten Butterpreise. Auch die trotz steigender Preise geringere Einnahme des einzelnen Fischers kann nicht ohne Weiteres als ein Beweis für die Abnahme des Fischbestandes angenommen werden. Wenn nach Beerbohm1) der jährliche Fang eines Zugnetzes am kurischen Haff im Jahre 1840 4800 Mark, 1872 dagegen nur 1800 Mark werth war, obwohl sich die Fischpreise in dieser Zeit ver- dreifacht hatten, so ist doch auch zu berücksichtigen, dass sich die Zahl der Fischer inzwischen genau verdoppelt hatte. Nimmt man nun an, dass die Zahl der im Jahre 1840 gefischten Netze den Verhältnissen des kurischen Haffes entsprach, so wird, ein Gleichbleiben des Fischbestandes vorausgesetzt, die doppelte Anzahl von Netzen in der gleichen Zeit nicht mehr Fische fangen können, als ehemals von halb so vielen gefangen wurden, der Durchschnittsertrag eines Netzes würde also unter sonst gleichen Ver- hältnissen im Jahre 1872 nur halb so hoch gewesen sein können, als er im Jahre 1840 war. Natürlich werden unter solchen Umständen die Fischer, die doch von ihrem Gewerbe leben, und zwar möglichst gut leben wollen, ihre Anstrengungen verdoppeln, häufiger und schonungsloser fischen, und so kann es leicht dahin kommen, dass der Consum die Production über- flügelt und die früher nur scheinbare Verminderung der Fischmenge zu einer wirklichen wird. Die hohen Fischpreise und die Schwierigkeit, auf rechtmässigem Wege in den Besitz von Fischen zu gelangen, verlocken natürlich viele Anwohner der Gewässer zum Fischdiebstahl, und es werden bei demselben, um schnell und unbemerkt erhebliche Mengen von Fischen zu erbeuten, oft die verwerflichsten Fangmethoden ange- wandt, die ausser den brauchbaren Fischen grosse Mengen von Fischbrut vernichten, so verschiedene Arten engmaschiger Netze, der Gebrauch be- täubender Mittel, die in das Wasser geworfen werden etc. Vielfach werden durch eine unzweckmässige Verpachtungsweise der Gewässer die Pächter zur schonungslosesten Baubfischerei geradezu herausgefordert, indem der Pachtzins möglichst in die Höhe getrieben wird, die Verpachtung aber nur für wenige Jahre erfolgt. Natürlich fischen die Pächter dann unbekümmert um die Zukunft heraus, was sie nur fangen können, ohne auf die Laichfische oder die junge Brut irgend welche Bücksicht zu nehmen. Die Beguliruug der Flüsse, die Trockenlegung ausgedehnter, mit ihnen zusammenhängender Altwässer und Brücher vernichtet noth wendig 1) Die Fischerei des kurischen Haffes und der Nebengewässer. Circulare des deutschen Fischereivereins. 1872. p. 207. Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 419 eine Menge der günstigsten Laichplätze, die früher in stillen Buchten und an flachen Ufern sich befanden. Die stärkere Strömung, grössere Tiefe und der geringere Pflanzenwuchs in regulirten Flüssen ist. weder der Ablage des Laiches noch dem Heranwachsen der jungen Brut günstig, die ehemals in dem dichten Pflanzengewirr ruhiger und flacher Buchten geeignete Schlupfwinkel und reichliche Nahrung fand. Die Dampfschifffährt ist weit weniger durch den von den Schaufeln oder Schrauben veranlassten Lärm, an den sich die Fische bald ge- wöhnen, als vielmehr dadurch schädlich, dass die dem Dampfer folgende Pluthwelle namentlich in weniger breiten Gewässern Laich und Fischbrut in Menge ans Ufer wirft. Bagger veranlassen, wo sie längere Zeit hin- durch dauernd in Thätigkeit bleiben, eine so erhebliche Trübung des Wassers, dass die meisten Standfische aus ihrer Nähe vertrieben, Wander- fische in ihrem Zuge gestört und abgelenkt werden. Mühlenwehre und ähnliche zum Betriebe von Fabriken angelegte Stauwerke machen es in vielen Flüssen den Wanderfischen unmöglich, bis zu ihren im oberen Laufe gelegenen Laichplätzen aufzusteigen, während Turbinen vielfach die stromabwärts wandernde Brut der Wanderfische und die zum Laichen ziehenden Aale vernichten. Da nun die Brut der Wander- fische, bei uns namentlich die des Lachses, schon in früher Jugend dem Meere zueilt, um erst im geschlechtsreifen Zustande zum Laichen an ihren Ge- burtsort zurückzukehren, so ist es natürlich, dass in den durch Wehre ge- sperrten Flüssen erwachsene Lachse oberhalb der Stauvorrichtungen nicht vorkommen, also auch nicht laichen können, selbst wenn jährlich Lachs- brut in Menge in den Oberlauf der Flüsse eingesetzt wird und gut gedeiht. Die Auswurfstoffe grosser Städte, die giftigen Abgänge von Flachs- rösten, von chemischen Fabriken, Färbereien, Bleichereien, Gasanstalten, Destillationen und anderen industriellen Anlagen verunreinigen manche Flüsse und Bäche in so hohem Maasse, dass den Fischen der Aufent- halt darin völlig unmöglich gemacht wird. Berücksichtigen wir ferner, wie ausser diesen von der Cultur her- beigeführten Uebelständen schon zahllose natürliche Feinde die Vermehrung der Fische beschränken, wie ungünstige Witterung das Laichen stört oder ganz verhindert, wie Blitzschläge in kleinere Gewässer oft grosse Fisch- mengen tödten, wie das von Wiesen, die während der Heuernte über- schwemmt wurden, ablaufende Wasser mitunter zahllose Fische vergiftet, wie bisweilen ohne jede nachweisbare Ursache die Fische von einer ver- heerenden Pest hingerafft werden, so erscheint es dringend geboten, einer weiteren Verminderung des Fischbestandes entgegenzutreten und denselben allmählich wieder bis zu der erreichbaren Höhe zu heben. 27* 420 Die volkswirthschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. Der wohlfeile Eath, „die Fische nur ruhig laichen zu lassen und dann zu fangen, was man von marktfähigen Exemplaren erreichen könne, für das Nachwachsen der übrigen sorge schon die Natur," ist unter den jetzigen Umständen durchaus unzureichend. Es müssen nicht nur zahl- reiche Uebelstände abgestellt resp. vermindert, es muss auch in positiver Weise für die Vermehrung der Fische gesorgt werden, wenn wir in unseren Gewässern wieder einen genügenden Fischbestand erziehen wollen. Bei der grossen Verschiedenheit der Verhältnisse an den einzelnen Ge- wässern ist es jedoch ganz unthunlich, allgemein giltige gesetzliche Vor- schriften zu erlassen, die mehr als den Rahmen bilden, innerhalb dessen den localen Behörden freier Spielraum gelassen sein muss. Vor allen Dingen wird es erforderlich sein, dahin zu wirken, dass die Zahl der Fischer sich nicht übermässig vermehre. Es liegt im allge- meinen wirtschaftlichen Interesse des Landes, dass auch die Fischer nicht kümmerlichen, sondern auskömmlichen Erwerb finden. Wo früher 900 selbstständige Fischer sich gut ernährten, da können, wenn nicht eine erhebliche Zunahme des Fischbestandes stattgefunden hat, — und die ist wohl nirgends behauptet worden — nicht jetzt 1800 Familien bei der Fischerei ebenso reichlichen Verdienst finden. Es ist daher noth- Avendig, und die Behörde hat auch bereits begonnen, die Zahl der Fischer auf den öffentlichen Gewässern auf ein entsprechendes Maass zu beschränken. Jeder Fischersohn hat ebensowenig ein Privilegium selbstständiger Fischer zu werden, wie jeder Königssohn ein eigenes Königreich beanspruchen kann; mögen auch Fischersöhne, wie Leute aus allen Ständen es thun müssen, einen anderen Lebensunterhalt suchen. Selbstverständlich kann nicht die Rede davon sein, die Zahl der Fischer plötzlich zu verringern, es liegt aber, z. B. an unseren Haffen, ganz in der Hand der Verwaltungs- behörde, dieselbe ohne jede Härte allmählich einzuschränken, indem für die durch Alter, Tod etc. ausscheidenden Pachtzinsfischer neue zunächst gar nicht, oder doch in geringerer Zahl zugelassen werden. Die Verminderung der eingehenden Pacht könnte gegenüber der Hebung des Wohlstandes der Fischereibevölkerung nicht in Betracht kommen, Hesse sich auch durch eine Steigerung des für die Gezeuge zu zahlenden Zinses leicht vollkommen vermeiden. Eine solche Steigerung des Pachtzinses wäre einerseits vollkommen berechtigt, da derselbe trotz der gesteigerten Fischpreise und der Entwerthung des Geldes seit Jahr- hunderten ziemlich unverändert geblieben ist (nach der Haab- und Fischer- ordnung von 1640 wurden damals für ein Wintergarn 20 Mark, x/2 Schock grosser Hechte und 2 Schock Bressen gezahlt, heute beträgt der Zins 30 Mark; für den Keutel, der 1640 mit 20 Mark und y2 Fass Aal ver- Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 421 zinst wurde, werden heute auf dem frischen Haff 20 Mark, auf dem kurischen Haff 30 Mark erhoben) andererseits würde dieselbe voraussicht- lich Manchen, der jetzt nur der billigen Pacht wegen Gezeuge consignirt und fischt, obwohl er andere Erwerbsquellen besitzt, vom Fischen abhalten. Wie gross aber die Menge der auf unseren Haffen gebrauchten Gezeuge und wie unbedeutend die dafür gezahlte Pachtsumme ist, ersieht man aus den nachfolgenden Consignationslisten vom Jahre 1879/80. Kurisches Haff. 1612,99 qkm. Es tischten 1831 Fischer mit 541 grossen und 1581 kleinen Fahrzeugen: Name der Gezeuge. © i .2 'S 2 © ^J 1 § o cd ffl N] © =0 -£ CS3 C3 a m Keutelgarne Engmaschige Stintkeutel . Kurrennetze Braddengarne Windkartellgarne Wadegarne Klippnetze Stichliugsgarne Grosse Wintergarne Kleine Winterg-arne Ziegennetze (Treibnetze) Bewegliche Plötznetze Staaknetze Kaulbarschnetze Plötznetze vor Pricken Bressennetze Staaknetze zur Fischerei unter Eis . Fischsäcke Aalsäcke Kleine Lachsstellen Schnäpelpanten Schock Neunaugenreusen Aalschnüre ä 600 Haken Handangeln Aalspeere wofür ein Pachtzins von 20662 Mark 133 99 o 51 12 3 34 88 128 21 14 137 45 1835 888 626 204 1900 26 1555 518 49 76 204 246 67 30 90 Pf. eingeht. 80 49 12 23 12 22 47 39 118 2 91 40 10 22 42 41 1 27 30 97 3 1307 353 152 64 96 64 4 2 199 9 304 39 140 22 25 88 152 129 60 66 281 48 3181 1259 780 64 204 2022 2137 53 91 204 479 67 39 422 Die volkswirthschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. Frisches Haff. 861,54 qkm. Es fischten 1469 Fischer mit 300 grossen und 1400 Meinen Fahrzeugen: Namen der Gezeuge. 1 w g -2 «3 es «G OS ?H © b* Ph o .g Keutelgarne . . Herbstgarne . . Sommergarne . Ziehnetze Wintergarne Stichlingsgarne Grangarne Bewegliche Staaknetze Staaknetze vor Pricken Bressennetze Kaulbarsch netze Zantnetze Hohe Haffsäcke (Bressensäcke) Niedere Haffsäcke Fischsäcke mit Streichtüchern . Aalsäcke Neunaugen sacke Stichlingshamen Lachslanken Störlanken Bollreusen Aalreusen Neunaugenreusen Aalschnüre ä 600 Haken Aalspeere 24 24 211/2 33 7 17 255 2344 1007 1673 1039 110 65 1413 1792 152 39 8 5 1942 397 43 455 2 107 373/4 223/4 571/2 233/4 41 84 2205 35 62 4394 97 88 11 36 17 10 465 220 107 723/4 463/4 79 563/4 7 17 332 2428 3229 1708 1039 110 127 5817 1889 152 39 8 5 2407 617 43 543 2 wofür ein Pachtzins von 17 649 Mark 78 Pf. gezahlt wird. Ein grosses Hinderniss für die Hebung des Fischbestandes bilden die zahlreichen Fischereiberechtigungen, welche von Alters her Gemeinden und den Besitzern vieler Grundstücke zustehen. Im Laufe der Zeiten haben sich viele von diesen Berechtigungen bedeutend erweitert, indem die Berechtigten bei mangelnder Controle die Fischerei in viel weiterem Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 423 Umfange ausübten, als sie ihnen ursprünglich verliehen war, und durch Verjährung neue Rechte erworben haben. An manchen Orten sind durch alte Berechtigungen höchst com- plicirte Verhältnisse entstanden, indem z. B. von Seen der Grund und Boden zwar tiscalisch ist, das Wasser aber einem entfernt wohnen- den Müller und die Fischereinutzung den Adjacenten zusteht, die natürlich, wenn der Müller plötzlich das Wasser abläset, schwer ge- schädigt werden. Eine vollständige Ablösung der Fischereiberechtigungen auf unseren Gewässern würde nur mit unverhältnissmässigen Kosten durchführbar sein , ein erheblicher Schritt zur Beseitigung der Uebelstände wurde jedoch schon im ersten Viertel unseres Jahrhunderts gethan durch sorg- fältige Feststellung der damals bestehenden Berechtigungen und ihrer Ausdehnung. Gelegentlich ist seitdem eine grössere Zahl von Berechti- gungen abgelöst worden, und es wird damit bei jeder günstigen Gelegenheit fortgefahren. Nach der Fischerordnung von 1792 verfielen Fischerei- berechtigte, die ihre Befugnisse überschritten, im ersten Contraventionsfalle in eine Geldstrafe von 150 Mark und gingen im Wiederholungsfälle ihrer Berechtigung verlustig. Leider hat die neuere Gesetzgebung die Strafe sehr gemildert und die Beseitigung von Privilegien auf diesem Wege unmöglich gemacht. Nach den Fischerordnungen von 1845 erlischt nämlich die Fischereiberechtigung erst im vierten Contraventionsfalle, steht aber, wenn sie erblich war, dem Erbfolger, wenn sie an ein Grund- stück geknüpft war, dem späteren Besitzer desselben wieder zu. In dem Fischereigesetz von 1874 und der Ausführungsverordnung von 1877 ist von diesen Verhältnissen nicht die Bede, es dürften also die Bestim- mungen von 1845 noch rechtskräftig sein. Uns scheint die strengers Bestimmung von 1792 in rechtlicher wie in wirtschaftlicher Hinsicht den Vorzug zu verdienen. Der beharrlichen Auflehnung gegen das Gesetz gegenüber sind milde Strafen nicht am Platze, und mag doch lieber der Schuldige unter der Strenge des Gesetzes leiden, als die un- schuldige Gesammtheit unter der Nachsicht gegen den Schuldigen. Einem Grundstück aber, wenn es in andere Hände übergeht, als schädlich an- erkannte Privilegien wieder zu verleihen, die dem Vorbesitzer aberkannt waren, liegt doch wahrlich kein Grund vor. Ein Theil der schädlichen Wirkungen der Fischereiberechtigungen ist in dankenswerther Weise durch die §§ 6 — 8 des Fichereigesetzes vom 1874 beseitigt worden, indem das Fischereirecht in solchen Binnengewässern, die bisher dem freien Fisch- länge unterlagen, also von allen Einwohnern oder Mitgliedern der Ge- meinde befischt werden durften, oder deren Fischerei der Gemeinde als 424 Die volkswirthschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. solcher zustand, fortan von den Gemeinden nur durch besonders ange- stellte Fischer oder durch Verpachtung genutzt werden darf. Es wäre sehr wünschenswerth, dass ähnliche gesetzliche Bestimmungen für alle Fälle getroffen würden, in denen die Befischung eines Gewässers mehreren Berechtigten zusteht, dass also Genossenschaften zur gemein- schaftlichen Bewirtschaftung der Fischwasser (§ 10 des Fischereigesetzes von 1874) zwangsweise auch gegen den Willen eines oder mehrerer Interessenten gebildet werden dürften, falls der selbstständige Fischerei- betrieb der einzelnen Berechtigten mit einer wirtschaftlichen Fischerei- nutzung im Ganzen unvereinbar erscheint. Durch die von jedem einzelnen Berechtigten in rücksichtslosester Weise ausgeübte Baubfischerei sind sehr viele unserer früher fischreichen Seen fast ganz ausgefischt, indem Jeder in der Ueberzeugung, dass was er etwa schonen würde, von den anderen Berechtigten doch fortgefangen werden würde, selbst die winzigsten Fischchen nicht verschont und das Unverkäufliche wenigstens an die Schweine ver- füttert. Dass solche Verhältnisse zuvor beseitigt werden müssen, ehe an eine Wiederbevölkerung der Seen zu denken ist, liegt auf der Hand. Dass aber eine Wiederherstellung des Fischreichthums in den durch die Baubfischerei verödeten Seen mit verhältnissmässig sehr geringen Mitteln möglich ist und äusserst lohnende Renten bringt, haben mehrere Besitzer grösserer Seen bereits praktisch bewiesen. Die Bildung von Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Befischung der Gewässer würde überall da, wo es nicht möglich ist, das Fischerei- recht durch Ablösung in eine Hand zu bringen, in vielen Hinsichten sehr segensreich wirken. Die Hebung des Fischbestandes würde fortan im Interesse jedes Genossenschaftsmitgliedes liegen, es würden sich erheb- lichere Mittel zur Verbesserung desselben anwenden lassen, eine Aufsicht über die Gewässer, die Verfolgung von Fischfeinden würde leicht zu ermöglichen sein, zur Fischerei würden sich grössere und zweckmässigem Gezeuge beschaffen lassen, die mit grösserer Schonung der Brut und ge- ringerer Beunruhigung des Gewässers in wenigen Zügen reiche Erträge liefern würden. Es würde auch der Absatz der gefangenen Fische na- türlich mit grösserem Vortheil sich bewirken lassen, als wenn bald dieser, bald jener Berechtigte eine kleine Fischmenge zum Kauf bringt. Durch Einrichtung von Behältern für lebende Fische, von Eishäusern, Anstalten zum Salzen, Räuchern oder anderweitiger Präparation der Fische würden sich weitere Vortheile von den Genossenschaften unschwer erreichen lassen. Es sind bereits an mehreren Orten Westpreussens Genossenschaften dieser Art gegründet und es ist zu hoffen, dass in dieser Hinsicht bald mit grösserer Energie vorgegangen werden möchte. Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 425 Seit alten Zeiten bestehen solche Genossenschaften (Maatschappien) auf Heia, welches bei seiner Abgeschlossenheit und der Gemeinsamkeit aller Interessen ein besonders günstiges Feld für die Lösung mancher socialen Fragen bildet. Die arbeitsfähigen Männer vereinigen sich zu Genossenschatten von 7 resp. 20 Mann für die Fischerei mit kleinem oder grossem Gezeuge. Jede Genossenschaft beschafft und unterhält ihre Netze, Fahrzeuge und sonstigen Fischereigeräthe auf gemeinsame Kosten, arbeitet gemeinschaft- lich und vertheilt ebenso den Fang, von dem ein Theil für den eigenen Bedarf abgenommen und der Rest verkauft wird. Die gewöhnlichen Lebensbedürfnisse wie Salz, Heringe, Kaffe, Bier etc. kauft die Maat- schappie en gros ein und vertheilt dieselben unter sich. Die arbeits- unfähigen Männer, die Wittwen und Waisen der Genossenschaft müssen sich je nach Yermögen beim Spinnen, Netzestricken, beim Ausbessern und Trocknen Äer Netze etc. nützlich machen und erhalten dafür 1/4 bis Y2 des Antheiles eines Mannes. Auf diese Weise ist der Noth einzelner Gemeindemitgliecler erfolgreich vorgebeugt. Für einige unserer Nehrungsdörfer dürften sich ähnliche Einrich- tungen dringend empfehlen. Ein wesentliches Mittel für die Hebung des Fischbestandes besteht in der zweckmässigen Verpachtung der Gewässer. Seen auf wenige Jahre meistbietend verpachten, heisst zu ihrer schonungslosen Ausbeutung heraus- fordern. Bei solcher Bewirtschaftung sind die Pachterträge vieler Ge- wässer stetig zurückgegangen, ja es haben Seen jahrelang pachtlos bleiben müssen, weil sie durch die Raubfischerei der Pächter total verödet waren. Verpachtung auf lange Zeit an zuverlässige Pächter, denen die Verpflich- tung auferlegt werden kann, unter Controle jährlich ein Quantum von Fischbrut einzusetzen oder geeignete Anstalten anzulegen, um das Laichen der Fische zu befördern, würde gewiss in kurzer Zeit eine erfreuliche Vermehrung der Fische zur Folge haben. Es würde zur Unterdrückung der Raubfischerei Unberechtigter bei- tragen, wenn den Fischereipächtern in ihrem Contract vorgeschrieben würde, den Anwohnern der Gewässer Gelegenheit zum Ankauf von Fischen zu geben. Bei den bestehenden Verhältnissen ist es den Einwohnern der kleinen Städte an unseren Seen vielfach ganz unmöglich, auf rechtmässige Weise in den Besitz von Fischen zu gelangen, weil die Agenten der Pächter sich auf den Kleinverkauf schlechterdings nicht einlassen, sondern alle Fische sofort zum Versandt verpacken. Dass dadurch der Fisch- diebstahl befördert wird, unterliegt keinem Zweifel. Nun wird man aller- dings nicht an eine Wiederherstellung des mittelalterlichen Marktzwanges 426 Die volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. denken können, der die Fischer verpflichtete, zu ihrem . grossen Nachtheil vor Allem den Fischbedarf der Umwohner zu befriedigen, man wird auch nicht verlangen dürfen, dass sie regelmässige Fischmärkte in den kleinen Städten einrichten, es dürfte aber wohl möglich sein, sie dazu anzuhalten, dass sie angemessene Fischmengen auch den Umwohnern verkaufen. Von grosser Wichtigkeit ist es, dass der Gebrauch als schädlich erkannter Fischereigezeuge verboten und unterdrückt werde. Es ist zwar von anderer Seite behauptet worden, man dürfe die Fischer in der Aus- übung ihres Gewerbes ebensowenig beschränken wie beispielsweise die Ackerbauer, müsse ihnen vielmehr Wahl, Construction und Anwendungs- weise ihrer Gezeuge, worauf sie sich am besten verständen, ganz über- lassen, und die Feststellung von Minimalmaassen der verschiedenen Fische sei genügend, um den Fang der zu kleinen Fische zu hindern. Indessen fällt es der Behörde ebensowenig ein, sich um die Bewirtschaftung von geschlossenen Privatgewässern wie um diejenige von anderem Grundbesitz zu bekümmern, auf den nicht geschlossenen Gewässern aber, an deren rationeller Bewirtschaftung mehrere Berechtigte ein Interesse haben, hat der Staat unzweifelhaft nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, ebenso wie auf den ihm gehörigen Domänen eine rationelle Wirthschaft durchzuführen. Dass die Fischer die zu jedem Zwecke tauglichen Gezeuge selber schon am passendsten auswählen werden, ist Niemandem zweifelhaft, ebensowenig aber auch, dass ihre Absichten nur zu häufig auf die Er- langung augenblicklicher Yortheile abzielen, die mit einer vernünftigen Ausnutzung der Gewässer schlechterdings unvereinbar sind. Musste doch schon Joachim II. im Jahre 1551 die Benutzung von Fischbrut zur Schweinefütterung verbieten, beklagt doch gegen Ende des vorigen Jahr- hunderts Duhamel den Unverstand der Fischer, die bei der massenhaften Vernichtung von Jungfischen gerade so thöricht handeln, als ob der Landwirth sein Getreide im Frühjahr vom Yieh abweiden Hesse, und finden wir ähnliche Bemerkungen über die kurzsichtige Handlungsweise der Fischer in Berichten aus den verschiedensten Zeiten und Gegenden. Solange wir es daher nicht mit ideellen, sondern mit menschlichen Fischern zu thun haben, wird sich die Behörde einer Controle der Maschenweiten, der Art der Fanggeräthe und ihrer Anwendung auf den nicht ge- schlossenen Gewässern nicht füglich entziehen können. Unter den bei uns zur Zeit gestatteten Gezeugen halten wir für die schädlichsten, auf deren Beschränkung daher nach Möglichkeit Be- dacht genommen werden miisste, den Keutel und die Zeese, das Kurren- netz und das bewegliche Staaknetz. Auch manche andere Zugnetze a o 03 a t3 a o :0 pq CO o bb Hl, lllillll Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 427 wirken an vielen Orten verderblich und würden sich vortheilhaft durch stehende Netze ersetzen lassen. Die bereits mehrfach angeregte Unterdrückung der Aalspeere auf unseren Haffen, wo sie trotz des unbedeutenden Zinses von 50 Pf. immer nur in ganz geringer Zahl consignirt, unrechtmässiger Weise aber in ausserordentlicher Menge gebraucht werden, würde für den Aalbestand sehr vortheilhaft sein. Zur Ermittelung oder besser zur Verhinderung von Contraventionen ist eine Verstärkung der Fischereiaufsicht noch dringend erforderlich. Es ist mit allem Dank anzuerkennen, dass in dieser Hinsicht seit 40 Jahren ausserordentliche Fortschritte gemacht sind. Statt eines Fisch- meisters mit 72 resp. 90 Mark Gehalt und einiger mit 15 Mark jährlich besoldeten Fischerschulzen haben wir jetzt auf den beiden Haffen je einen Oberfischmeister und 9 resp. 5 Fischmeister, deren Einkommen zwar noch immer nicht den berechtigten Anforderungen entspricht, aber doch stetig verbessert und durch Zuwendung von Nebenämtern, die sie in ihrer Berufsthätigkeit leicht mitversehen können, wie die Function als Strandvogt, die Schifffahrtspolizei, Beaufsichtigung der Haffleuchten etc. in anerkennenswerther Weise erhöht wird. Auch an den Binnengewässern hat sich die Zahl der Fischereiaufseher in neuester Zeit merklich ver- mehrt. Auf unseren Haffen Hessen bis vor Kurzem namentlich die Dienst- fahrzeuge der Fischmeister viel zu wünschen, die grossentheils gemiethete Fischerkähne waren. Aus leicht begreiflichen Gründen wurden dazu natürlich nicht gerade die besten Segler von den Fischern hergegeben. Allerdings sind inzwischen die meisten Fischmeister mit eigenen tüchtigen Segelfahrzeugen versehen worden, die aber dennoch zur Beaufsichtigung eines Gebietes von 3 — 4 Quadratmeilen und zur Controle zahlreicher ebenso gut segelnder Fahrzeuge unzureichend sind. Es fordert geradezu zur Uebertretung der Gesetze heraus, wenn die Contravenienten immer wieder sehen müssen, wie der Fischmeister halbe Tage lang Jagd machen muss, um von 20 — 30 in unrechtmässiger Weise fischenden Fahrzeugen nur eines anzuhalten und zur Strafe zu bringen. Man muss solche Fahrten in den offenen Böten bei Eegen und Schneesturm mitgemacht haben, trotz des Oelzeuges durchnässt und ohne die Möglichkeit, sich im Laufe des Tages zu trocknen, zu wärmen oder warme Nahrung zu sich zu nehmen, um einzusehen, dass ein starkes Pflichtgefühl erforder- lich ist, um die Beamten bei voller Erkenntniss der Unzulänglichkeit ihrer Mittel in ihrer Thätigkeit nicht ermatten zu lassen. Für die Be- aufsichtigung der grossen Segeliischereien in der Mitte der Haffe ist die 428 Die volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. Beschaffung eigener Dampfer ein unumgängliches Erforderniss. Dieselben müssten zum dauernden Kreuzen auf den Haffen eingerichtet sein, bequemes Logis für die Mannschaft und den Oberfischmeister enthalten und zur gelegentlichen Aufnahme von Revisionsbeamten in ähnlicher Weise, wie die Dampfer der Hafenbauin spectionen ausgestattet werden. Ein Fisch- meister würde abwechselnd wöchentlich Dujour-Dienst auf dem Dampfer haben, während die übrigen sich ganz der Beaufsichtigung der Schon- reviere und der Kleinfischerei am Ufer widmen könnten. Denn dass die Sack- und Staaknetzfischer, wenn der Fischmeister auf das hohe Haff hinausgesegelt ist, zu Uebertretungen aller Art freie Hand haben, ist leicht zu begreifen. Die grosse Menge von Contraventionen, die jetzt bei den Segelfischereien vorkommen und natürlich nur zum kleinsten Theile bekannt werden, müssen durch fortwährendes Kreuzen eines Aufsichts- dampfers nothwendig aufhören, da sie zu oft entdeckt und bestraft werden würden, um noch Vortheil bringen zu können. "Wie sehr aber bei all- mählicher Verbesserung der Dienstfahrze uge die Menge der entdeckten Contraventionen gestiegen ist, ergiebt sich schon daraus, dass nach Mit- theilungen des Oberfischmeisteramtes zu Memel die von demselben fest- gesetzten Geldstrafen betrugen im Jahre 1877/78 4040 Mark, 1878/79 7608 Mark, 1879/80 10338 Mark. Nach § 26 der Ausführungsverordnung vom Jahre 1877 muss, wenn der Fischmeister seine Dienstflagge aufzieht, „jeder, welcher mit dem Betriebe einer Fischerei beschäftigt ist, sogleich seine Segel streichen und beilegen oder mit Rudern einhalten." Es ist dringend erforderlich, dass die Verpflichtung zum Segelstreichen auf alle Fischerfahrzeuge und Fischhändler ansgedehnt werde, gleichviel, ob sie mit der Fischerei beschäftigt sind oder nicht, da sonst die Contra- venienten, sobald sie das Nahen des Fischmeisters bemerken, nur ihre Gezeuge aufzunehmen brauchen, um unbehelligt davonfahren zu dürfen. Gleichzeitig wäre der § 27 der Ausführungsverordnung dahin zu er- weitern, dass nicht nur „auf Einziehung der bei der Ausübung der Fischerei verwandten unerlaubten Fanggeräthe erkannt werden" kann, sondern alle an Bord gefundenen oder auf dem Wasser zum Trocknen aufgehangenen unvorschriftsmässigen Fanggeräthe, gleichviel, ob sie gerade zum Fischen benutzt wurden oder nicht, eingezogen werden müssen, ebenso wie die mit ihnen rechtswidrig gefangenen Fische. Von besonderer Wichtigkeit für die Erhaltung und Vermehrung der Fische ist der Schutz ihrer Laichplätze, auf denen sich auch die Brut einige Zeit nach dem Verlassen der Eier noch aufhält. Das Fischerei- a »-d CD o g: cT *J t-<- cn & CO CD P ß, t/T 6 c-t- CO P^ P B ►ö CD Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 429 gesetz von 1874 hat deshalb die Einrichtung von Laichschonrevieren angeordnet, in welchen jede Art des Fisclifanges, soweit sie nicht von der Aufsichtsbehörde angeordnet wird, verboten ist, und auch die Gewinnung von Gras, Schilf, Sand und Steinen etc. während der Laichzeit unter- bleiben muss. Die Laichschonreviere , die hauptsächlich der zahllosen Fischereibereehtigungen wegen leider noch nicht in allen Gewässern in ge- nügender Anzahl haben festgestellt werden können, müssen von den Auf- sichtsbeamten besonders sorgfältig überwacht und von Raubfischen mög- lichst gesäubert werden. An den regulirten Flüssen sind die Altwässer, welche vordem die hauptsächlichsten Laichplätze der Sommerlaichfische enthielten, grösstentheils vollständig abgedämmt worden, so dass zwar bei Hochwasser Fische in sie hineingelangen und auch darin laichen, bei abnehmendem Wasserstande aber nicht wieder in den Fluss zurück- kehren können und sammt ihrer Brut entweder von Raubfischern fort- gefangen werden, oder in dem stagnirenden Wasser elend zu Grunde gehen. Die Herstellung von Communicationen zwischen den Altwässern und den Flüssen würde bei uns an vielen Orten mit Leichtigkeit aus- führbar sein und für die Vermehrung vieler Fischarten sehr günstige Folgen haben. Nach § 12 der Ausführungsverordnung von 1877 sollen in den Küstengewässern „solche Strecken der Gewässer, welche Laichstellen der wichtigeren Fische enthalten", auch ohne zu Schonrevieren erklärt zu sein, „für die Dauer der Frühjahrsschonzeit nicht befischt werden dürfen". Es wäre diese Bestimmung dahin zu erweitern, dass auch an diesen Laichstellen, ebenso wie in den Laichschonrevieren während der Laich- zeit die Gewinnung von Binsen, Schilf, Kraut, Steinen etc., sowie jede das Laichen der Fische störende Handlung zu unterlassen ist. Es würde aber der blosse Schutz der Laichplätze illusorisch sein, wenn man nicht den Fischen den Zugang zu denselben offen hielte. § 29 des Fischereigesetzes von 1874 erklärt deshalb die Flussmündungen, so- wie die Zugänge zu tief einschneidenden Buchten etc. zu Fischschon- re vieren, in denen keine Art von Fischerei betrieben werden darf, und § 20 bestimmt, dass im Laufe der Flüsse stehende Fangvorrichtungen immer nur die Hälfte des Gewässers absperren dürfen. Den stromabwärts zum Laichen ziehenden Aalen und den ebenfalls dem Meere zueilenden jungen Lachsen droht in vielen Flüssen grosse Gefahr von den Turbinen, in welche sie, der Strömung sich willig über- lassend, hineingerissen und in denen sie vernichtet werden. Von vielen Orten wird uns berichtet, wie unterhalb der Turbinen grosse Mengen armdicker Aale in ziemlich gleich lange Stücke gehackt 430 ßie volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. aufgesammelt werden, während die kleinen Lachse ungesehen verloren gehen. Allerdings schreibt das Gesetz vom 30. Mai 1880 vor, dass bei allen neuen Turbinenanlagen Gitter aufgestellt werden, um das Eindringen von Fischen in die Turbinen zu hindern, an den bereits bestehenden Tur- binen müssen solche Gitter aber auf Kosten der Fischereiberechtigten eingerichtet werden. In einigen für Lachse besonders geeigneten Flüssen unserer Provinzen beabsichtigt dem Vernehmen nach der Fiscus Schutz- gitter an bereits bestehenden Turbinen anzulegen. Ton Wichtigkeit ist es, das Gitter weit oberhalb der Turbine anzubringen, wo die Strömung noch nicht stark genug ist, um die bis dahin gelangten Fische an der Umkehr zu hindern. Das Gitter kann in diesem Falle aus verzinktem Drahtgeflecht bestehen, also recht billig sein, hindert dann in keiner Weise den Wasserzufluss und wird zweckmässig in schräger Sichtung aufgestellt, so dass das etwa dagegen getriebene Kraut in einer Ecke sich ansammelt. Sehr vorth eilhaft wird es auch sein, am Eingange des Turbinenkanals einen schräge liegenden schwimmenden Balken anzu- bringen, um das an der Oberfläche stromabwärts treibende Kraut, Holz etc. von dem Turbinenkanal ab und in den Fluss hinein zu lenken. Schwieriger ist es unter Umständen, den zum Laichen stromaufwärts wandernden Lachsen, Meerforellen, Stören und anderen Fischen ihre im oberen Laufe der Flüsse gelegenen Laichplätze zugänglich zu machen, wenn die Flüsse durch Mühlenwehre oder anderweitige Stauvorrichtungen gesperrt sind. Die aus dem Meere in die Flüsse einwandernde Aalbrut klettert zwar selbst an senkrechten Holzwänden in die Höhe, und ihr macht man das Aufsteigen sehr leicht, wenn man, wie das in Irland ge- schieht, lange Faschinenbündel in schräger Sichtung aus dem Ober- ins Unterwasser führt und dafür sorgt, dass dieselben feucht erhalten werden. Ungleich schwieriger ist es aber, für die erwachsenen Lachse, Störe etc. den Weg zu bahnen. Es würde uns zu weit führen, wenn wir auf die zahlreichen Constructionen von Fischpässen, die in England und Amerika mit gutem Erfolge ausgeführt sind, näher eingehen wollten, um so mehr, als wir in unseren Provinzen noch gar keine Fischwege besitzen. Man findet ausführliche Auskunft über dieselben mit vielen Abbil- dungen in den Circularen des deutschen Fischereivereins.1) Wehre von nicht mehr als 1 m Höhe überspringt auch der trächtige Lachs mit Leich- tigkeit, bei grösserer Höhe ist es am zweckmässigsten, den einen hohen 1) Fastenau. Ueher die Anlegung von Fisch wegen mit besonderer Rücksicht auf Lachse. 1872. p. 124. Michaelis. Ueher Lachswege und Lachstreppen. 1880. p. 76. Die Ursachen ihres Rückganges und die MitM zu ihrer Hebung. 431 Wasserfall in eine Reihe 1/2 — 3A m hoher Fälle zu zerlegen, die staffel- föraiig über einander liegen und Meine Bassins bilden, welche geräumig und tief genug sein müssen, um den Fischen zeitweise als Ruheorte zu dienen. Im Allgemeinen dürfen sie nicht unter 3 m lang und breit und 3/4 — 1 m tief sein, im Uebrigen ist ihre Form gleichgiltig und können sie ebensowohl aus Steinen wie aus Mauerwerk oder Holz hergestellt werden. Um den Lachsen, die nicht immer gerne springen, sondern oft lieber der heftigen Strömung entgegen schwimmen, das Aufsteigen zu er- leichtern, ist es vortheilhaft, in dein Rande jedes Bassins, über den in seiner ganzen Breite das Wasser herabströmt, einen Einschnitt von 20 bis 30 cm Tiefe und 30 — 40 cm Breite zu machen, die Thiere haben dann die Wahl, durch diesen Einschnitt zu schlüpfen, oder über den Rand des Bassins zu springen. Besonders wichtig ist es, dass das unterste Bassin, also die erste Stufe der Leiter richtig angelegt werde, so dass es von den Lachsen leicht gefunden wird und sie zum Aufsteigen einlade. Am zweck- mässigsten wird es unmittelbar am Fusse des grossen Wehres, und zwar nicht im heftigsten Strome, sondern an dem einen Ufer hergestellt und so eingerichtet, dass die Fische durch eine breite Lücke bequem hinein- schlüpfen können ohne springen zu müssen. Solche Lachsleitern ermög- lichen es den Fischen, da sie in den geräumigen Bassins sich nach Be- lieben ausruhen können, die grössten Steigungen zu überwinden, und es sind ihnen dadurch in Norwegen Flüsse mit 30 m hohen Wasserfällen zugänglich gemacht. Den Stauberechtigten geht durch Anlage von Lachsleitern, wenn dieselben zweckmässig eingerichtet sind, nur Y100 bis 1/500 der von ihnen be- nutzten Wassermenge verloren, was jedoch kaum in Betracht kommen kann, da in der Zugzeit der Lachse hoher Wasserstand zu sein pflegt und die Leiter ausser der Zugzeit durch eine Schütze gesperrt werden kann. Von grossartigen Erfolgen, die durch die Anlage von Lachsleitern erzielt worden sind, wird namentlich aus Irland berichtet. Im Balliso- darefluss, wo im Jahre 1856 3 Leitern von je 6 — 7 m Höhe angelegt wurden, während man gleichzeitig den Oberlauf des Flusses mit Lachs- brut besetzte, sah man schon im Herbst grosse Schwärme junger Lachse in den Leitern aufsteigen, häufig sprangen 3—4 Stück gleichzeitig von einer Stufe zur andern, am 11. December zählte man in 5 Minuten an dem obersten Bassin 102 springende Fische. An demselben Tage wurde die Leiter abgeschützt und man zählte darin 246 Fische von durchschnittlich 4 Pfund Gewicht, während noch weitere 3 — 400 von gleicher Grösse ge- schätzt wurden. Unter diesen Fischen befanden sich viele, die bei ihrer Aussetzung in den Oberlauf des Flusses gezeichnet waren. Zahlreiche 432 Die volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. Laichstellen wurden in der Folge im Müsse beobachtet. Im Jahre 1870 wurden bereits 9750 Lachse von über 5 Pfund Gewicht im Werthe von 3000 £ Sterling gefangen. Die Anlage der Leitern kostete circa 1000 i , während jetzt allein die Angelpacht 5 — 6000 £ einbringt. Der kleine Fluss Moy in Irland wurde, da er mit einem tiefen Falle ins Meer stürzt, den Lachsen erst durch Anlage einer Leiter zugänglich gemacht. 5 Jahre nach dem Aussetzen von 200,000 jungen eben aus- geschlüpften Lachsen lieferte die Lachsfischerei in demselben schon einen Ertrag von 26,700 £ Sterling. Leider haben wir von ähnlichen Erfolgen in unseren Provinzen noch nicht zu berichten, sie werden auch bei uns voraussichtlich in solchem Maassstabe kaum jemals möglich sein, immerhin werden die Alle, Passarge, Pissa, Drewenz, das Schwarzwasser, die Ferse und viele andere kleine Flüsse durch Anlage von Lachsleitern, die bei unseren Verhält- nissen nur unerhebliche Kosten verursachen können, wieder zu so ergie- bigen Lachsflüssen werden können, wie sie es einst waren. Einige der in Deutschland neuerdings angelegten Lachsleitern, so die bei Hannekenfehr und Hadersleben, werden von Lachsen, Meerforellen und vielen andern Fischen schon in ziemlicher Menge benutzt. Es müssen aber, um die Vermehrung der Fische zu begünstigen, nicht nur ihre Laichplätze geschützt und die Zugänge zu denselben offen gehalten, sondern es müssen auch die Fische selber in der Laichzeit ge- schont und nicht gefangen werden. Nach den Fischerordnungen von 1845 hatten die Fischereiaufsichtsbeamten den Anfang und das Ende der Laichzeit der vorzüglicheren Fischgattungen, deren Bezeichnung der Kegierung vorbehalten blieb, den Fischern bekannt zu machen, und es durften die betreffenden Fische innerhalb dieser Zeit nicht gefangen werden. Dagegen setzt der § 4 der Ausführungsverordnung von 1877 eine jähr- liche Schonzeit für alle nicht geschlossenen Gewässer fest, welche nach § 6, je nachdem in den Gewässern die lachs- oder karpfenartigen Fische von grösserer Bedeutuug sind, ein für alle Male in die Zeit vom 15. October bis 14. December oder vom 15. April bis 14. Juni fallen soll. Wir können in dieser Aenderung der Schonzeit keine Verbesserung erblicken. Eine Feststellung der Schonzeit nach Kalendertagen erscheint natur- geschichtlich unzulässig, weil je nach den Witterungsverhältnissen die Laichzeit der Fische bald sehr viel früher, bald später eintreten, ja wohl zum grösseren Theile ganz ausserhalb der angeordneten Schonzeit fallen kann. Es ist ferner in ökonomischer Hinsicht unmöglich, den Fischern Die Ursachen ihres Rückganges nnd die Mittel zu ihrer Hebung. 433 während voller 2 Monate den Betrieb ihres Gewerbes völlig zu unter- sagen, zahlreiche ausschliesslich vom Betriebe der Fischerei lebende Fa- milien würden dadurch notwendiger Weise zu Grunde gerichtet und alle Berufsfischer wenigstens schwer geschädigt werden. Es enthält denn auch die Ausführungsverordnung von 1877 verschiedene Aus- nahmebestimmungen, welche das Princip der absoluten Schonzeit von vornherein durchlöchern und gleichzeitig den Uebelstand mit sich führen, dass verschiedene Fischereitreibende dadurch in sehr verschiedener Weise geschädigt werden. Auf den der Winterschonzeit unterworfenen Gewässern werden kei- nerlei Ausnahmen gestattet, „für die Dauer der jährlichen Winterschonzeit ist in den derselben unterworfenen Strecken der Gewässer jede Art des Fischfanges verboten." Das ist nicht nur sehr hart für die Fischer, son- dern es ist auch schädlich, weil dadurch das Fortfangen der Raubfische, wie Hechte und Barsche, welche unter der Brut der Winterlaichfische die grössten Verwüstungen anrichten, in einer Zeit, wo dasselbe sehr leicht ausführbar wäre, unmöglich gemacht wird. Weniger werden die Fischer in den der Frühjahrsschonzeit unter- worfenen Binnengewässern beschränkt, denen die Bezirksregierung an drei Tagen jeder in die Schonzeit fallenden Woche die Fischerei gestatten kann, sowie die Kleinfischer am Rande der Haffe, denen §11 der Aus- führungsverordnung vom 11. Mai 1877 nur das Fischen an den Laichstellen sowie den Gebrauch von mehrwändigen Netzen untersagt; noch geringer sind die den Segelfischern in den Haffen auferlegten Beschränkungen. Bei dreitägiger Freigabe der Fischerei in jeder Woche wird einerseits der Zweck der Schonzeit nur sehr unvollkommen erreicht, andererseits aber Contraventionen aller Art Thür und Thor geöffnet und die Controle der Fischer ausserordentlich erschwert. Dem gefangenen Fische kann natürlich der Beamte nicht ansehen, ob er an einem der erlaubten oder verbotenen Tage gefangen ist, die Controle der Fischmärkte wird also in dieser Hinsicht ganz illusorisch, zumal wenn in benachbarten Regierungs- bezirken einigen Fischerdörfern diese, anderen jene drei Tage in der Woche freigegeben werden. Schwerlich werden die Fischer Bedenken tragen, wenn in einer Woche an den drei erlaubten Tagen die Ungunst der Witterung das Fischen unmöglich macht, dafür an den anderen Tagen zu fischen, es sind auch namentlich diejenigen Fischer, welche grosse Fischereien mit mehreren Gehilfen betreiben, in sehr übler Lage, indem sie dieselben häufig für die ganze Woche werden bezahlen müssen, um ihre Arbeit nur an einigen Tagen nutzen zu können. 28 434 Die volkswirthschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. Ungleich zweckmässiger erscheint es, dass es den Bezirksregierungen überlassen bleibe, nach Anhörung von Sachverständigen in jedem Jahre die Schonzeit für jede der wichtigeren Fischarten entsprechend den jedesmaligen Witterungsverhältnissen besonders festzusetzen, was, ebenso wie die jedesmalige Bekanntmachung über die Eröffnung und den Schluss der Jagd nicht den geringsten Schwierigkeiten unterliegen würde. Es würden dann die Fischer nicht in die Notwendigkeit versetzt, monate- lang viele Tage in der Woche zu feiern, sie könnten jederzeit ihrem Ge- werbe nachgehen, da sie sehr wohl wissen, wo und auf welche Weise jede Fischart besonders zu fangen ist, und könnten ausserdem solche Fische, die gerade geschont werden müssen, wenn sie trotzdem mitgefangen sein sollten, sofort wieder in Freiheit setzen. Kein Fisch dürfte während seiner speciellen Schonzeit bei strenger Strafe weder im Besitze von Fischern noch von Händlern angetroffen, verkauft oder versandt werden.1) Dann würde die Marktcontrole ein wirksames Mittel zur Unterdrückung von Contraventionen werden und es könnten etwa vom Ausland importirte oder aus geschlossenen Gewäs- sern herstammende Fische durch Ursprungsatteste legitimirt werden. Bei einigen Fischen, die an manchen Orten nur während der Laich- zeit in grösserer Menge gefangen werden können, müssen natürlich be- sondere Bestimmungen getroffen werden, wenn man nicht auf ihren Fang- ganz verzichten will. Das ist bei uns z. B. hinsichtlich des Herings auch bereits geschehen. Von gleicher Wichtigkeit wie der Schutz der Laichfische in der Laichzeit ist auch der der unausgewachsenen Fische. Wenn der Fischbestand in unseren Gewässern erhalten und vermehrt werden soll, so ist es noth- wendig, dass die Fische erst nach erlangter Geschlechtsreife und wenigstens einmaligem Laichen gefangen werden. Es kann gar kein wirksameres Mittel zum Ruin des Fischbestandes in einem Gewässer geben, als das Fortfangen der Laichfische vor oder während der Laichzeit und der jungen Fische, ehe sie sich fortpflanzen konnten. Wie sollte eine Schafheerde bestehen, wenn man rücksichtslos die Mütter während der Trächtigkeit und die Lämmer vor erlangter Reife schlachtete? Es sind daher in der Ausführungsverordnung für die wichtigeren Fischarten Minimalm aasse festgesetzt, unter denen sie weder gefangen noch verkauft werden dürfen. Man darf mit den in § 2 aufgestellten 1) Das Fisckereigesetz von 1874 verbietet in § 26 nur den Verkauf und Versand von Fischen unter dem bestimmten Minimalmaasse, enthält aber kein Verbot für Feilhalten, Verkauf und Versand von Fischen, die während der Schonzeit gefangen sind ; es ist das auch bei der Freigabe der Fischerei an drei Tagen jeder "Woche nicht möglich. Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 435 Maassen im Allgemeinen durchaus einverstanden sein, nur wenige geben zu Bedenken Veranlassung. So ist für den Lachs eine Minimalgrösse von 40 cm, für die Meer- forelle eine solche von nur 28 cm angenommen. Beide Thiere sind ein- ander so ähnlich, dass die meisten Aufsichtsbeamten kaum im Stande sein werden, sie mit Sicherheit zu unterscheiden, namentlich wenn es sich um eine grössere Anzahl von Fischen handelt, Alle unter 40 cm messenden Lachse werden also von den Fischern als Meerforellen aus- gegeben, ja auf dem kurischen Haffe führen Meerforelle und kleine Lachse die gleiche litauische Benennung trump, trumpis. Es wird, um Miss- bräuchen vorzubeugen, sehr zu empfehlen sein, bei beiden Fischen die gleiche Minimalgrösse anzunehmen, dieselbe aber, wie das für den Lachs ausser in Preussen, Pommern und Posen in allen Provinzen geschehen ist, auf 50 cm zu erhöhen, da andernfalls auch das massenhafte Einsetzen von Lachsbrut in unsere Gewässer wenig fruchten dürfte. Für den gar nicht berücksichtigten Schnäpel möchte eine Grösse von 30 festzustellen sein, für den Aal mindestens 40 statt 35 cm, für die Aesche 20 statt 18 cm, für die nicht erwähnte Zärthe und Zope 20 cm. Dringend noth wendig erscheint ferner die Normirung einer Minimal- grösse für die Flunder, welche in erschreckender Weise abgenommen hat, und von der jetzt 5 — 10 cm lange Exemplare tonnenweis zu Markte ge- bracht werden. Die Festsetzung eines Minimalmaasses von 15 cm, das allmählich auf 18 und 20 cm erhöht werden könnte, würde gewiss sehr segensreich wirken. Es würde sich übrigens empfehlen, den Bezirksregierungen die Be- fugniss einzuräumen, die Minimalmaasse nach den localen Verhältnissen innerhalb gewisser Grenzen zu modificiren. So giebt es bei uns Seen, in welchen die kleine Maräne, deren Minimalgrösse mit 12 cm normirt ist, durchschnittlich nur 10 cm gross wird, während sie in anderen eine Länge von 30 cm und darüber erreicht. In jenen würde also die Ma- räne, wenn die Aufsicht bereits eine genügende wäre, gar nicht gefangen werden dürfen, während in diesen die Erlaubniss, Thiere von 12 cm Länge fortzufangen, obwohl sie in kurzer Zeit erheblich grösser werden und einen weit höheren Werth erlangen, in wirthschaftlicher Hinsicht nicht empfehlen swerth ist. Die zu kleinen Fische, welche mit in die Netze gelangt sind, soll der Fischer lebend wieder ins Wasser setzen, natürlich ist aber bei er- heblichen Zügen mit den grossen Netzen beim besten Willen ein Aus- lesen der jungen Fische, ehe sie abgestorben sind, kaum möglich, und sie todt ins Wasser zu werfen, hat keinen Zweck. Es wäre daher sehr wün- 28: * 436 Die volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. schenswerth, wenn ein gewisses Quantum untermaassiger Fische bei je- dem Fange als erlaubt zugelassen würde. Schon in den 30ger Jahren schlug der damalige Oberfischmeister Beerbohm vor, es möchte ver- ordnet werden, dass, wenn in einem Zuge mehr als Yö der gefangenen Fische unter dem Minimalmaasse seien, der Fischer entweder den ganzen Fang freilassen müsse, oder doch wenigstens nur, während das Netz im Wasser gehalten würde, die grossen Fische auslesen dürfe; wären weniger als Yö der ganzen Menge zu klein, so sollten sie straflos mitgefangen werden dürfen. Eine gesetzliche Bestimmung dieser Art wäre sehr er- wünscht, da die einsichtsvollen Aufsichtsbeamten ohnehin ein solches Ver- hältniss passiren lassen werden, während von böswilligen oder nicht sach- verständigen Beamten, so lange eine allgemein giltige Verordnung nicht besteht, den Fischern und Händlern viel Unannehmlichkeiten und Ver- luste bereitet werden können. Sehr viel lässt noch, namentlich auf dem Lande und in den klei- neren Städten, die Controle der Fischmärkte zu wünschen, während der- selben in den grösseren Städten allmählich mehr Aufmerksamkeit zugewandt wird. Die Marktcontrole würde wesentlich erleichtert, und namentlich in ihrer "Wirkung sehr verstärkt werden durch die Einführung der bereits besprochenen relativen Schonzeiten für die einzelnen Fischarten. Die Aufsichtsbeamten würden sich dann allein darauf zu beschränken haben, zu ermitteln, ob keine von den gerade zu schonenden Fischen zu Markte ge- bracht würden und ob die feilgebotenen Fische nicht unter dem Minimal- maasse wären. Ebenso sehr wie die Fischmärkte bedarf auch der Versand der Fische auf den Bahnen einer beständigen Controle, namentlich in den Monaten, in welche die Schonzeiten fallen. Ausländische oder aus ge- schlossenen Privatgewässern stammende Fische würden durch Ursprungs- atteste legitimirt werden, im Uebrigen dürfte der Versand von Fischen, deren Schonzeit gerade läuft, ebensowenig wie der Verkauf auf dem Markte gestattet sein, wenn nicht die zu Unrecht gefangenen Fische un- gehindert ausgeführt werden sollen. "Wie gross aber der Bahnversand der Fische trotz der Beschränkung der Fischerei in der Frühjahrsschon- zeit (15. April bis 14. Juni) im Verhältniss zu den übrigen Monaten ist, zeigen folgende mir gerade vorliegende Zahlen. An frischen Fischen wurden in Kilogrammen verladen: 1878 in Memel: 1879 in Tilsit: Januar 4590 90 Februar 3910 50 März 4760 210 April 25320 16690 Die Ursachen ihres Rückganges und die Mit.tel zu ihrer Hebung. 437 1878 in Memel: 1879 in Tilsit: Mai 16640 26670 Juni 1320 3310 Juli 2070 1180 August 2470 60 September . . 3120 1480 October .... 760 2480 November . . 5690 1600 December. . . 9620 590 in der Schonzeit allein also erheblich mehr, als in den übrigen 3/4 Jahren. Ausser dem Schutz gegen eine unverständige Verfolgung von Seiten des Menschen muss den Fischen ein solcher auch nach Möglichkeit gegen ihre natürlichen Feinde gewährt werden. Hinsichtlich der Fischottern, Keiher und Cormorane ist dies durch das Gesetz vom 30. März 1880 be- reits geschehen, in ähnlicher "Weise müsste auch gegen die Seehunde und Meerschweine vorgegangen werden. In vielen Gewässern sind besonders die grossen Hechte und Barsche den kleineren Fischen sehr gefährlich, ihrem Ueberhandnehmen muss nach Kräften gesteuert werden, namentlich in den Schonrevieren und Laichstellen ist ein regelmässiges Fortfangen der grossen Kaubfische dringend nothwendig. Ebenso kann nicht eifrig genug auf die Vernichtung der Stichlinge hingearbeitet werden, wo sie in grösserer Anzahl vorkommen. Ganz besondere Aufmerksamkeit wird seitens der Aufsichtsbehörden der Verunreinigung der öffentlichen Gewässer durch die Abflüsse von Gasanstalten, chemischen Fabriken etc. zugewendet werden müssen, wo dieselben in beträchtlicher Menge vorhanden sind. In unseren Provinzen ist bei der geringen Entwickelung der Industrie über derartige Schädi- gungen noch weniger geklagt worden, dagegen wird an anderen Orten eifrig dahin gearbeitet, die Abflusswässer auf chemische oder mechanische Weise zu reinigen und für die Fische unschädlich zu machen, wobei vielfach auch die Fabrikbesitzer noch durch Verwerthung früher ver- nachlässigter Abfallstoffe ihren Vortheil haben. Von nicht geringerer Bedeutung wie die Hebung des Fischbestandes unserer Gewässer ist die zweckmässige Verwerthung der gefangenen Fische und es ist auch in dieser Hinsicht in unseren Gegenden noch Vieles zu verbessern. Allerdings kann man nicht, wie das die Elbinger Fischer in einer Eingabe aus dem Anfange des vorigen Jahrhunderts be- klagen, die gefangenen Fische wie Getreide „auf die Lucht schütten" und beliebig lange lagern lassen, aber sie lassen sich doch lebend oder todt wenigstens einige Zeit aufbewahren, um sie besser zu verwerthen. & 438 Die volkswirthschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. Besonders auf die Haltung lebender Fische wird von unseren Fischern im Allgemeinen zu wenig Werth gelegt, sie überlassen dieselbe den Händlern und beschränken sich selber gewöhnlich auf recht kleine und unzureichende Fischkasten, in denen nur wenige Fische Platz finden und unmöglich lange leben können. Namentlich Fischereigenossenschaften würden mit ihren grösseren Mitteln leicht grosse und zweckmässige Be- hälter anschaffen können, in denen die gefangenen Fische sich gut halten würden. Waren solche Vorrichtungen doch schon in alter Zeit im Ge- brauch, wie es bei Hennenberger von dem Ordensfischmeister von Scharpau heisst, dass er „viel Halter al da gehabt / mit eyseren Gegittern Unter- schüssen / und sein in einem jeglichen sonderliche Fische gewesen". Solche Behälter würden sich auch für Seefische, wie Dorsche, Flundern etc. vortheilhaft anlegen lassen, namentlich in den Hafenstädten, und die Fische würden darin gefüttert und in Zeiten geringen Fanges zu guten Preisen verwerthet werden können. Sehr nachahmungswerth ist das Ver- fahren vieler Fischhändler, ihre grossen transportablen, schwimmenden Behälter an den Fangorten mit frischen Fischen zu füllen und mit den- selben die Märkte zu besuchen. Die grosse Mehrzahl der Fische wird aber immer nur todt in den Handel gelangen können und es ist natürlich von Wichtigkeit, sie in möglichst frischem Zustande zu erhalten. Das beste und gleichzeitig billigste Mittel, um thierische Körper in unverändertem Zustande zu con- serviren, ist die Kälte. Im Eise Sibiriens haben sich die früher dort le- benden Mammuths seit Jahrtausenden so frisch erhalten, dass bei ihrer zufälligen Entdeckung Menschen und Hunde ihr Fleisch verzehren konnten. Im hartgefrorenen Zustande lassen sich auch Fische beliebig lange frisch erhalten und es wird namentlich eine Menge russischer und sibirischer Fische so aufbewahrt und versandt. Indessen wird einerseits durch das Gefrieren der Geschmack der Fische beeinträchtigt, was allerdings in den meisten Fällen von geringerer Bedeutung sein wird, und würde es andererseits in unseren Provinzen meistens nicht möglich sein, die Fische ohne Anwendung künstlicher und kostbarer Mittel längere Zeit gefroren zu conserviren. Sehr leicht ist es dagegen, sie auf einige Grade über dem Ge- frierpunkt abzukühlen und so aufzubewahren, wobei der Geschmack durch- aus nicht leidet. Die Fische werden, wo das nicht wegen ihrer Kleinheit oder Menge unmöglich, oder wegen ihres schnellen Absterbens unnöthig ist, am besten durch einen kräftigen Schlag auf den Kopf getödtet und dürfen dann nicht mehr feucht liegen, weil sie sonst, ebenso wie im Wasser, verderben und geschmacklos werden. Die Aufbewahrung und Ver- sendung in mit Eis gefüllten Kasten oder Körben ist daher, abgesehen von Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 439 de)- Schwerfälligkeit und dem Ablaufen des SchmelzAvassers, nicht zu em- pfehlen. An den Fangorten müssten überall Eishäuser errichtet werden, in denen die Fische kalt und trocken aufbewahrt werden könnten. ' Dieselben werden nach amerikanischer Art am besten ganz oberirdisch angelegt, der Raum zur Aufbewahrung der Fische muss allseitig von Eis in dicken Schichten umgeben sein. Letzteres muss nicht gehauen, sondern gesägt werden, um ohne Zwischenräume gelagert werden zu können, da es sich dann viel länger hält, nach aussen hin werden die Eisräume durch dicke Doppelwände abgeschlossen, die mit Stroh, Torf oder anderen billigen schlechten "Wärmeleitern gefüllt sind. In dem Vorrathsraum dürfen die Fische nicht in zu dicken Haufen geschüttet werden, in deren Inneres die Kälte nicht gehörig eindringen würde. Grössere und werthvollere Fische sollten vor der Verbringung in den Vorrathsraum ausgenommen werden, um sich besser uud schmackhafter zu halten. Man würde sie ohne die Eingeweide billiger transportiren und doch zu höherem Preise verkaufen können und könnte die Abfälle zur Thranbereitung, sowie zur Herstellung von Fischguano zweckmässig verwerthen. Die Anlage solcher Vorrathshäuser würde die grossen Schwankungen von Ueberfluss und Mangel an Fischen verringern und die Fischer der Notwendigkeit über- heben, bei reichem Fange die Waare zu jedem Preise zu verschleudern, um sie nur überhaupt abzusetzen. Auf den Haffen würde ein Gross- händler mit grossem Gewinn für sich und für die Segelfischer kleine Vorrathsdampfer mit Eisräumen kreuzen lassen, die zu einem zu verein- barenden Durchschnittspreise alle Fische abnähmen und die Fischer der Notwendigkeit überhöben, die Arbeit oft zu unterbrechen, wenn sie am lohnendsten ist, um die gefüllten Böte nach Hause zu bringen. Sol- che Dampfer würden gleichzeitig den Fischern Lebensmittel zuführen und Hilfeleistungen mancher Art gewähren können. Sehr wesentlich würde die Verwerthung unserer Fische durch eine Verbesserung der Transportvorrichtungen auf den Eisenbahnen gefördert werden, indem einerseits für eine schnellere Beförderung Sorge getragen werden müsste, und andererseits eigene Waggons einzurichten wären, deren Innenraum dauernd so kühl zu halten wäre, dass die Fisch- sendungen keiner eigenen Eisverpackung bedürften. Sie würden dann weniger umfangreich und leichter sein und nicht durch die Nässe des schmelzenden Eises geschädigt werden. Dass eine Herstellung eigener Waggons für diesen Zweck wohl lohnend sein dürfte, ergiebt sich aus der umstehenden Uebersicht der im Jahre 1878 auf den Stationen in Ost- und AVestpreussen verladenen frischen Fische. 440 Die volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. 1 i 3 » ■ % 8 : 2 ::::::: : CO o CO o l-± CO cd o* wtsMHOsaii^o:^ oooooooooooo Memel. «3 CO CO CO Oi Ol CO rf^ CO I-1 -J 00 Ol CO O" Pröculs. CO co CO CO ~] o *k CO W P M U h-"- M- l-i CSCOCOt-'GOCOCiOiCOO^CO oiojaicscococjcocooiOitf* l_i(XCOC0tf-l— 'OOCTSCOOOCOCD oooooooooooo Heydekrug. CO Oi o 1— i Ol ~3 h- t-^ CO Ol CO ■OMOiOOHHHOtO coco OiCOCOOOh-'OiOOCO »fc-CO OOOOOOOOO öo Tilsit, CO o CD GO M Ifk OS tO M ot)Mü'to-j*>a)Kio»]coi-' MCnoo'^Oi^O'Ooif-oica ^.(^.tf^Üi00COCOl-tCOCOrfi-CO Tapiau. CO CO CD I— » o 00 ** 1— 'l-^M'l-ll-Ll-'*>-rf^l— «- i— i rf^COCOrf^OCOCnoiCiCOCDO t-k-joioot^-encocotocorf^cD oooooooooooo Königsberg, Ostbahnhof. o OS -o co es Oi rf^ CO CO CD ococo co co co -j oi co Oi ooo ooooooo Heiligenbeil. oi o Oi Ol rf^ I—1 CO OS cooooacOh-'-ooCTirf-h-ooEOOi OitBCDPOSQOCDtCOmHH COh-ÜiOOOoaiCOCDOCOCD Braunsberg. 183224 asascoco^oocoascDCo co C5Go^]h£-Cii-ti-*os>*^as-oai O»rf^COO*»-CD0SO^COOOif». Elbing. Ol CT3 Oi 00 CO CO h* t-1 M- Oi Oi Oi CO CO M- M- M- >--■ O CO O-OOO^JOOCDCOrf^ÜiCOCOi-- oico>^o:i-'^3coa5i-tooh-ioi (fiWMOooi-joicaooaiHifk Ostpreussische Südbahn. — CO Oi cc l_i OS CO i-1 COOiOiOi-JCOGCi— ' W C CB M COGOOiOGOOOOl-'i-— -üO<*» OiGOOCOCDt-'rf^^OCOCDCO OOOi-*OO-(*■ OS C5 »£»■ CO CK Ol ^1 W W Hohe Thor. M. o CO CO CO K-* tf-OitOOCDOiCDCO-OOSCOCft 00MflS«JO'ÜiHHO-0Cift ~a00OiG001~3O3OiCDC0COCO Neustadt. Ol o o o g> Monatlich durch schnittlicli « 45000 kg als Eeisegepäck der Fischhändlerinnen. Zoppot. CO 00 co DO co CO C5 U< CS tC M K H K) M H ^H-C005CD-»3CltDOC71CD0iC0 OCCCOOtO^O^tSOlHCOK OKi^OSI^FOOKf-OCOOOtD OCDC^CBSOHI^OSlf^OlHO ococoi^cococoocicooosos 00 i— ' B B p a CD CT CD >-S CO (— ■ • o CD CD O 00 c-t- w^ 3 o Cfq -i CD 93 DO 5 cd P 02 00 CD S P-. CD bd I CD -ä 9^ P-" CD CD 00 &■ CD Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hehung. 441 Auch für die Versendung von Milch, Butter, Fleisch und Wild- pret würde sich die Einrichtung von Eiswaggons sehr vortheilhaft er- weisen. Besonderer Erwähnung bedarf auch die Art, in welcher die todten Fische bei den Händlern aufbewahrt werden. Bedenkt man, dass zur Conservirung von Fischen trockene Kälte das beste Mittel ist, so muss die Aufschichtung von Fischen zwischen Eisstücken, ebenso wie die Auf- bewahrung in den jetzt so allgemein verbreiteten Eisschränkeu als durch- aus unzureichend bezeichnet werden. Im ersteren Falle werden die Fische nass und unansehnlich, werden vielfach gedrückt und geschunden. Die üblichen Eisschränke aber sind durchweg möglichst unzweckmässig ein- gerichtet. Bekanntlich befindet sich bei denselben an einer schmalen Seite des rechteckigen Vorrathsraumes ein kleiner Behälter zur Aufnahme von Eis, häufig sind naiver Weise in der Zwischenwand mehrere Löcher angebracht (wohl um den Durchgang der Kälte zu ermöglichen?) und als besondere Verbesserung wird eine Yentilationsvorrichtung em- pfohlen, d. h. ein Loch in der Thüre des Speisebehälters, welches der äusseren Luft den Zutritt gestattet. Die Anlage des Eisbehälters nur an einer Seite des Vorrathsraumes ist zur Herstellung einer niedrigen Tem- peratur ungenügend; vergleichende Beobachtungen einer grösseren Anzahl von gewöhnlichen Eisschränken haben gezeigt, dass die Temperatur im Vorrathsraume durchschnittlich zwischen 8 — 11 Grad R. schwankte, mit- unter aber bis auf 14 und 15 Grad stieg. Durch die sinnreiche Ventila- tionsöffnung dringt allerdings die äussere warme Luft in den Vorraths- raum ein und schlägt hier, sich abkühlend, einen Theil ihres Wasser- gehaltes nieder, so dass der Vorrathsraum immer eine gesättigte feuchte Athmosphäre enthält, in der bei der verhältnissmässig hohen Temperatur die Bildung von Schimmelpilzen sehr gefördert wird. Mit gleichem Eis- verbrauch kann man eine sehr viel niedrigere Temperatur unterhalten, wenn man den Vorrathsraum an 5 Seiten mit Wasser umgiebt, in wel- ches das Eis eingelegt, und von dem gleichzeitig durch einen Hahn eine entsprechende Menge abgelassen wird. In dem einmal auf wenige Grade über dem Gefrierpunkte abgekühlten Wasser schmilzt das Eis viel lang- samer, als in der Luft, und die grosse den Vorrathsraum umgebende kalte Wassermasse unterhält dauernd eine niedrige Temperatur, die bei einer Reihe von Vergleichen mit anderen Eisschränken bei gleichem Eis- verbrauch zwischen 4 und 7 Grad R. schwankte und nur in einigen Fällen ausnahmsweise auf 10 und 11 Grade stieg. Solche Behälter, in denen die Fische in einfachen Schichten auf geneigten Wellblechen liegen, um das bei öfterem Oeffnen der Thüren unvermeidlich sich niederschlagende 442 Die volkswirtksckaftlicke Bedeutung unserer Fischerei. "Wasser sofort abzuleiten, sind Fischhändlern, die nicht über grössere Eis- häuser disponiren, dringend zu empfehlen. Es ist befremdlich, dass in unseren Provinzen die Herstellung von Fischconserven, obwohl bei derselben die Waare wesentlich besser ver- werthet werden kann, noch so auffallend wenig betrieben wird, ja im Vergleich mit früheren Jahrhunderten sogar stark zurückgegangen ist. Während man früher bedeutende Massen verschiedener Fische zum Export wie zum Bedarf innerhalb des Landes trocknete, salzte und räucherte, und den Stör in grossen Quantitäten marinirte, hat die Erleichterung des Transportes bei uns nur dazu geführt, die Versendung der Fische in frischem Zustande zu begünstigen und möglichst jede weitere Arbeit zu ersparen. Das Trocknen von Fischen, — allerdings keine sehr empfehlenswertem Conservationsmethode — ebenso wie das Salzen wird jetzt wohl nur noch für den eigenen Bedarf ausgeführt, geräuchert wird vorzugsweise Stör, Flunder, Strömling, Lachs und Aal, sowie die kleine Maräne, marinirt werden nur die Neunaugen; von einer rationellen Verwerthung der Ab- fälle ist bei uns noch gar nicht die Kede. Hier liegt noch ein ausgedehntes und dankbares Arbeitsfeld unbe- nutzt und es ist dringend wünschenswerth, dass dasselbe zum Vortheile der Fischer und des Landes baldmöglichst kräftig angebaut werde. Manche Fische, die nur zeitweise, dann aber in sehr grosser Masse gefangen werden, und sich im frischen Zustande nur zu billigen Preisen verkaufen lassen, und schnell verderben, würden durch Salzen leicht zu conserviren sein und einen guten Absatz namentlich nach Russland und Polen haben, so besonders Dorsche und Quappen. Allerdings müssten dieselben, um schnellen Eingang zu finden, Avirklich gut zubereitet wer- den, man würde wohlthun, sie von Haut, Kopf, Flossen und Gräten zu befreien und nur das reine Fleisch zu salzen, von demselben auch vor- teilhaft zwei Qualitäten machen, deren beste nur aus den dickeren Stücken bestehen müsste. Die Abfälle, als Köpfe, Eingeweide, Gräten etc. würden, wie bei vielen anderen Verwendungsarten der Fische, zu sammeln und zur Thranbereitung zu benutzen sein, die Rückstände wären noch zu künstlichem Dünger zu verwerthen. Einer sehr bedeutenden Verbesserung und Ausdehnung ist bei uns das Räucherungs verfahren fähig. Vielfach wird mit ungeeignetem Material, wie Torf u. dergl. und in nachlässiger "Weise geräuchert, so dass von den guten Fischen nur schlechte Waare erzielt wird. Dorsch und Quappe würden geräuchert recht guten Absatz finden, die Flunder wird an den meisten Orten ziemlich gut, an manchen Stellen vorzüglich ge- räuchert, Zärthe, Bressen, Schnäpel und Perpel wurden in früherer Zeit Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 443 vielfach in dieser Weise benutzt, während man das jetzt überall aufge- geben zu haben scheint. Die kleinen Maränen werden an einigen Plätzen recht gut geräuchert, ebenso Lachs, Strömlinge und Aale. Wunderbarer Weise wird die Sprotte, die in der Umgegend von Heia und im Putziger Wiek massenhaft in schöner Qualität vorkommt, bisher zum bei Weitem grössten Theile von den Fischern nur zum Wintervorrath gesalzen und noch nirgends besser verwerthet. In der Räucherung des Störfleisches, welches bisher meistens in sehr trockenem Zustande in den Handel kam, sind neuerdings bei Neufähr erfreuliche Fortschritte gemacht. Da alle Räucherwaaren frisch am besten sind, so wäre eine directe Versendung von den Räucheruugsorten an die Consumenten in kleinen Postpacketen sehr erwünscht, es ist damit auch an wenigen Orten von einsichtigen Händlern bereits begonnen worden. Durch verschiedenartiges Mariniren würden sich der Uckelei, die kleine Maräne, der Lachs, Strömling, die Sprotte, der Aal und Stör sehr viel vortheilhafter verwerthen lassen, als das jetzt geschieht. Natürlich müssten die Zubereitungsanstalten an den Fangorten selber angelegt und alle Abfälle zweckmässig verwandt werden. Die Bereitung von Anchovis und russischen Sardinen aus Sprotten und Uckeleis ist schon im vorigen Jahrhundert bei uns mit Erfolg versucht, aber wieder aufgegeben worden. Nur die Zubereitungsweise der Neunaugen, die seit alten Zeiten unver- ändert geübt wird, scheint eine möglichst zweckmässige zu sein. Die Quappenleber kann bei Russ und Labiau im Winter centner- weise gewonnen und zu werthvollen Delicatessen verarbeitet werden, während sie jetzt nutzlos verloren geht; Gründling und Schmerle, trotz ihrer Kleinheit feine und wohlschmeckende Fische, die früher auch bei uns sehr geschätzt wurden, werden jetzt gar nicht verwerthet. Der Störcaviar, welcher zwar sehr viel feinkörniger ist als der von dem Hausen herstammende russische Caviar, frisch aber demselben im Geschmack durchaus nicht nachsteht, wird bei uns noch nirgends gut und haltbar zubereitet und fast immer versalzen. Es ist das um so mehr zu bedauern, als wir mehrfach Gelegenheit gehabt haben, kleine Quanti- täten frischen Caviars von Mewe, Marienburg, Elbing, Tolkemit und Piliau zu untersuchen, der von anerkannten Caviarkennern an Geschmack dem guten russischen Caviar vollkommen gleichgestellt wurde. Aller- dings ist es ein Uebelstand, dass bei uns die Caviarbereitung immer nur im Vorsommer vorgenommen werden kann, während ein grosser Theil des russischen Caviars in der kalten Jahreszeit gewonnen wird, wir meinen aber, dass es mit einiger Mühe und Sorgfalt auch bei uns ge- lingen müsste, ein milderes und haltbareres Fabrikat herzustellen. 444 Die volkswirtschaftliche Bedeutung unserer Fischerei. Die Schuppen vieler Fische, die von manchen Fabriken künstlicher Blumen massenhaft gekauft werden, finden hier noch gar keine Yer- werthung, die Schuppen des Uckeleis, von denen in Paris seit 200 Jahren die Essence d'Orieut bereitet wird, die man zur Fabrikation künstlicher Perlen gebraucht,1) gingen bei uns bis vor Kurzem noch grösstenteils ungenutzt verloren, während sie z. B. in Pommern schon seit vielen Jahren gesammelt und an die Fabriken geschickt werden. Erst in neuester Zeit hat man auch hier mit ihrer Verwerthung begonnen und wird voraussichtlich in Kurzem jährlich einige tausend Kilogramm verarbeiten. Allerdings stossen alle derartige Neuerungen bei unserer Fischer- bevölkerung, die mit zäher Hartnäckigkeit an dem Althergebrachten fest- hält, anfangs auf heftigen Widerstand, namentlich wo es sich darum handelt, wenn auch um eines dauernden und sicheren Gewinnes wegen, zunächst Geld auszugeben, Räucheröfen einzurichten etc. Ohne fortwäh- rende Anregung und eine Art von Nöthigung werden sich alle solche Verbesserungen kaum einführen lassen. Für diesen Zweck, sowie für die Hebung der gesammten Fischerei wäre die Schaffung einer eigenen Behörde sehr erwünscht, die in England, Amerika und Skandinavien bereits seit längeren Jahren besteht und se- gensreich wirkt, die Einrichtung einer Fischereiinspection. Schon vor mehr als 20 Jahren hat Aug. Müller2) wiederholt darauf hingewiesen, dass eine Unterstellung der Fischereiangelegenheiten unter eine eigene sachverständige Behörde ein dringendes Erforderniss sei und dass diese Behörde eine Menge wichtiger Aufgaben zu lösen haben werde. "Weitere Anregungen sind von Hensen3) und Kupffer4) ausgegangen. Wohl ist auch bereits durch die Einsetzung der Kieler Mi- nisterialcommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere ein wichtiger Schritt in dieser Richtung gethan, und es sind von der Commission zahlreiche bedeutende Arbeiten ausgeführt worden. Aber 1) v. Siebold. Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. S. 157. — Berichte des Fischereivereins der Provinzen Ost- und Westpreussen. 1880/81. Nro. 3. p. 22. 2) Ueber den Zustand unserer Fischereien und über die Mittel zu ihrer Ver- besserung. Zeitschrift f. Acclimatisation. Bd. 1. S. 203. Berlin 1858. Zur Fischereiordnung ebenda. Bd. 2. S. 45. Berlin 1859. 3) Ueber die Befischung der deutschen Küsten. Jahresbericht der Commission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere. 1875. S. 379. — Resultate der statistischen Beobachtungen über die Fischerei an den deutschen Küsten ebenda 1878. S. 171. 4) Ueber die Aufgabe eines Fischerei - Inspectors für die Provinzen Ost- und Westpreussen. Bericht Nr. 5 des Fischei'eivereins der Provinzen Ost- und Westpreussen. 1878. S. 3. Die Ursachen ihres Rückganges und die Mittel zu ihrer Hebung. 445 einerseits sind die behufs der Hebung- unserer Fischerei anzustellenden Untersuchungen nicht nur wissenschaftlicher, sondern auch praktischer Art, und andrerseits erfordern sie die volle Arbeitskraft eigener Beamten, wenn auch die Mitwirkung zahlreicher, hauptsächlich in anderen Eich- tungen thätiger Gelehrten äusserst erwünscht ist. Der Fischereiinspection würde die Aufgabe zufallen, alle Verhält- nisse der Fischerei in ihrem Bezirke in historischer, statistischer, prakti- scher und theoretischer Hinsicht zu untersuchen und zu fördern, sie würde über das Vorkommen, die "Wanderungen, Laichzeit und Laichplätze der Fische, über ihre Lebensbedingungen, Nahrung und Entwicklung zu arbeiten haben, besonders ergiebige Fischgründe im Meere aufsuchen, die Beobachtnngsstationen controliren, die Fischerei anderer Länder studiren und praktische Versuche anstellen müssen, um unsere Fischereien ertrag- reicher zu machen. Die Gewährung eigener Fahrzeuge, einschliesslich eines zweckmässig eingerichteten Dampfers, die Anlage von Aquarien, Brutanstalten, Versuchsteichen etc., die Beschaffung der erforderlichen Instrumente zu wissenschaftlichen Untersuchungen verschiedener Art wäre dazu erforderlich. Die Beamten , welche auch die Technik der Fischerei aus der Praxis kennen sollten, müssten durch ihre Persönlichkeit geeignet sein, das Ver- trauen der Fischereibevölkerung zu gewinnen und durch fortdauernde An- regung und Belehrung auf sie einzuwirken. Die Bildung von Genossen- schaften, die Organisation eines Versicherungswesens für die namentlich in der See so häufig verloren gehenden Netze und Angeln, Verbesse- rungen hinsichtlich der Verwerthung der Fische, die Erschliessung neuer Absatzgebiete für dieselben und manche andere Aufgaben würden von einer solchen Behörde vorteilhaft gelöst werden können und die für dieselbe aufgewandten Geldmittel reichlich verzinsen. Drittes Buch. Die Fischzucht in Ost- und Westpreussen. -*=3&-* 4"J*t-*~'3^i» Die Fischzucht. Die Fischzucht steht zu der wilden Fischerei in demselben Ver- hältniss wie die Viehzucht zur Jagd; sie bezweckt die rationelle Aus- nutzung der in den Gewässern vorhandenen Nahrungsstoffe durch deren Umwandlung in Fischfleisch. Da sie von dem Fischzüchter körperliche und geistige Arbeit fordert, so beschränkt sie sich naturgemäss zunächst auf die ihm zugehörigen geschlossenen Gewässer, und erst die Bildung von Genossenschaften und gemeinnützigen Vereinen ermöglicht es, sie auch auf öffentliche Gewässer, ja selbst auf die Meere auszudehnen. Zur Yermehrung und Aufzucht der verschiedenen Fischarten sind je nach ihrer Natur und Entwicklungsweise zwei verschiedene Methoden im Gebrauch. Bei der einen, die bereits seit Jahrhunderten in ziemlich unver- änderter Weise geübt wird, werden Laichfische in geschlossene Gewässer, die ihrer Yermehrung besonders günstig sind, eingesetzt um sich ohne weitere Beihilfe fortzupflanzen, die Nachkommenschaft wird ausgefischt und in geeigneten Teichen aufgezogen. Man bezeichnet diese nament- lich für den Karpfen angewandte Zuchtweise als Teichwirthschaft. Bei der anderen, jüngeren Methode nimmt der Fischzüchter reifen Laichfischen die Geschlechtsproducte ab und bringt die durch Vermischung mit der Milch befruchteten Eier unter Aufsicht zum Ausschlüpfen, worauf die jungen Fische in passende Gewässer eingesetzt werden. Dieses zuerst für die lachsartigen Fische in Anwenduug gezogene Verfahren nennt man künstliche Fischzucht oder Fischerbrütung. Die künstliche Fischzucht. Bei dem natürlichen Laichvorgange geht selbst unter den günstigsten Umständen immer ein sehr grosser, meistens wohl der bei Weitem grösste 29 450 Die künstliche Fischzucht. Theil der Eier noch vor dem Ausschlüpfen der jungen Fischchen zu Grunde. Namentlich bei den in stark strömendem Wasser laichenden lachsartigen Fischen ist es ein sehr gewöhnliches Vorkommniss, dass die abgelegten Eier nur unvollständig befruchtet werden, indem die vom Männchen entleerte Samenflüssigkeit von der Strömung fortgeführt wird ohne mehr als einen kleinen Theil der Eier zu berühren. So berichtet der bekannte amerikanische Fischzüchter Livingston Stone, dass er von den in Bächen natürlich abgelegten Salmonideneiern wiederholt nicht mehr als 8 pCt. befruchtet gefunden habe. Schon während des Laichens und bald nachher wird eine Menge von Eiern theils von den Eltern selber oder ihren Verwandten, theils von anderen Raubfischen, als Kaulköpfen, Quappen, Aalen, Stichlingen etc. verschlungen, ja selbst die friedfertigsten karpfenartigen Fische finden an Fischlaich viel Geschmack. Und ausser den Fischen sind die Spitz- mäuse, Eisvögel, Schwimmvögel, Frösche, Molche, Krebse, Würmer und Insecten gewaltige Räuber, die auf den Laichplätzen den grössten Schaden anrichten. Hochwasser reisst die am Boden liegenden Lachs- und Fo- relleneier oft mit dem Strome fort oder beschüttet sie mit Schlamm oder Kies, während sie bei plötzlich abnehmendem Wasserstande trocken gelegt, oder durch heftige Kälte getödtet werden. Auch nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei drohen den jungen Fischchen noch so viele Gefahren, dass man sich wundern muss, wie überhaupt noch Fische zur vollen Entwicklung gelangen. Der am Halse anhängende Dottersack, der bei den karpfen- artigen Fischen schon in einigen Tagen, bei den lachsartigen aber erst in mehreren Wochen schwindet, hindert die Fischchen in ihren Bewegungen und hält namentlich die Lachsarten lange fast unbeweglich am Grunde fest. In diesem unbehilflichen Zustande, nicht einmal mehr durch die feste Eihaut geschützt, werden die zarten Thiere leicht eine Beute ihrer zahlreichen Verfolger. Es erscheint unter diesen Umständen durchaus nicht unglaub- lich, wenn erfahrene Fischzüchter behaupten, dass aus 1000 natürlich abge- legten Lachs- oder Forelleneiern durchschnittlich nur 2 — 3 Fischchen aus- schlüpfen, von denen nur eines das Ende der Dottersackperiode erlebt. Es muss also der Vermehrung der Fische in ausserordentlicher Weise Vorschub geleistet werden, wenn es gelingt, einerseits die Be- fruchtung aller von den Weibchen abgelegten reifen Eier zu vermitteln und andrerseits diese Eier vor ungünstigen Witterungsverb ältnissen und allen Feinden geschützt aufzubewahren bis die jungen Fischchen nicht nur ausgeschlüpft, sondern auch nach Verschwinden des Dottersackes fähig geworden sind, ihrem Futter nachzujagen und sich den Nachstellungen ihrer Verfolger zu entziehen. Eine solche Unterstützung von Seiten des Menschen ist nun in der Entdeckung und erste Versuche. 451 That möglich, und die erzielten Resultate dürfen vorzügliche genannt werden, indem durchschnittlich von 1000 Salmonideneiern 900 Junge erzogen werden, welche die Dottersackperiode überleben. Die geringere Anzahl und bedeutendere Grösse ihrer Eier, die günstigere Temperatur in der Zeit ihrer Entwicklung , der höhere Werth ihres Fleisches und ihre stärkere Verminderung haben es bedingt, dass sich die künstliche Fischzucht in Europa und Amerika zunächst der Salmoniden annahm und sich erst in neuester Zeit auch mit anderen Fischen beschäftigt. Es war ein Landwirth in Lippe-Detmold, Stephan Ludwig Jacobi aus Hohenhausen (geb. 1709, f 1784), der nach vielfachen Beobach- tungen des natürlichen Laichvorganges seit 1725 die künstliche Be- fruchtung des Forellenlaiches vornahm und schon 1733 zahlreichen Ge- lehrten ausführliche Mittheilungen über gelungene Yersuche machte. Aber erst 1763 wurde seine Entdeckung, dass man aus künstlich be- fruchteten Eiern Forellen erziehen könne, von einem seiner Freunde im Hannoverschen Magazin besprochen, und 1765 machte er selber in der nämlichen Zeitschrift eine Mittheilung über das künstliche Ausbrüten der Forellen und über die Erzeugung von Salmonidenbastarden. Gleichzeitig lehrte der Rathsherr C. Fr. Lund in Liuköping (Schweden), Wachholder- oder Tannenzweige auf den Laichplätzen der Sommerlaichfische zu ver- senken, um den au ihnen haftenden natürlich abgelegten und befruchteten Laich in andere, seiner Entwickelung günstige Gewässer zu übertragen. Aber beide Entdeckungen fielen der Yergessenheit anheim, obwohl namentlich Jacobi's Arbeiten von zahlreichen Gelehrten anerkannt und unter anderen von Duhamel du Monceau in seinem grossen Fisch- werke1) besprochen wurden, und obgleich Jacobi selber und später sein Sohn fortfuhr, Forellen in ziemlicher Menge zu brüten. Erst als 1837 John Shaw in Schottland, 1843 Remy und Gehin in dem Vogesendorfe La Bresse, und Jacob Sandungen in Ecker (Norwegen) selbstständig die künstliche Befruchtung des Forellenlaiches erprobt hatten, wurde die künstliche Fischzucht durch die Bemühungen des verdienten Embryologen Coste, der übrigens die Entdeckung und praktische Anwendung derselben ausdrücklich Jacobi zuschreibt, und durch die 1848 von Napoleon III. bei Hüningen im Elsass angelegte Brutanstalt wirklich in die Praxis eingeführt. Die Thätigkeit der künstlichen Fischzucht für die Yermehrung der lachsartigen Fische zerfällt in die Gewinnung des Laiches, die künstliche 1) Traite general des peches et histoire des poissons. 3 voll. Paris 1767—1773. 29* 452 Die künstliche Fischzucht. Befruchtung der Eier, ihre Ausbrütung, die Aufzucht der ausgeschlüpften Fischchen bis zum Yerlust der Dotterblase, den Transport derselben und ihre Aussetzung in passende Gewässer. Die Gewinnung des Laiches ist am leichtesten, wo auf den Laichplätzen selber die Fische in grösserer Menge gefangen werden (Lachse, Forellen, Maränen, Schnäpel, Aeschen). Unter den Gefangenen sind meistens sehr viele völlig laichreife Thiere, denen die Geschlechts- producte mit der grössten Leichtigkeit und ohne irgend welchen Nach- theil für die Fischer abgestrichen werden können. An allen solchen ständigen Fangorten müssten Laichgewinnungsanstalten angelegt werden, die mit unendlich geringen Mitteln ausserordentliche Eiermengen sammeln, befruchten und an die Brutanstalten abgeben könnten. Das Aufsuchen der natürlich abgelegten und befruchteten Eier auf den Laichplätzen steht, selbst wenn man nach dem Vorgänge der Amerikaner die Fische an besondere, leicht zu controlirende Laichstellen lockt, der künstlichen Laichgewinnung und Befruchtung durchaus nach, da unvermeidlich sehr viel unbefruchtete Eier mit eingesammelt werden, welche später die Arbeit in der Brutanstalt wesentlich compliciren. Natürlich hat man nicht an allen Orten Gelegenheit, Lachse in laichreifem Zustande zu erhalten. Im unteren Lauf grosser Ströme werden sie vielmehr immer nur mit noch ganz unreifen Geschlechtsproducten ge- fangen. Indessen braucht man dort keinesweges auf die Gewinnung des Laiches zu verzichten, da es durch vielfache Erfahrung feststeht, dass bei Lachsen, die während des Aufsteigens gefangen werden, wenn man sie selbst monatelang in passenden Behältern mit reichlichem Zufluss guten Wassers aufbewahrt, Milch und Rogen zur rechten Zeit ihre Reife er- langen, ohne dass man nöthig hätte, die Thiere zu füttern.1) Die Geschlechter müssen, um ein freiwilliges Laichen zu verhüten, in getrennten Behältern gehalten werden. Nach Wilniot wäre es sogar möglich, Lachse, ohne dass sie überhaupt in das süsse Wasser gelangen, auch in See- wasserbassins ihren Laich reifen zu lassen, der dann eben so gute Brut- resultate gäbe, als ob man ihn von Thieren in der Nähe ihrer Laichplätze gewonnen hätte. Für unsere Verhältnisse dürfte es sich empfehlen, unmittelbar neben dem ständigen Lachsfange schwimmende Behälter anzulegen, durch die ein genügender Strom hindurch gehen müsste, um die Fische gesund zu erhalten. So ist man dann leicht in der Lage, sie von Zeit 1) Das ist kürzlich auch durch Versuche bei Skirwieth für unsere Lachse bestätigt worden. Gewinnung und Befruchtung der Eier. 453 zu Zeit auf ihre Laichreife zu untersuchen und zur rechten Zeit ab- zustreichen. Ebenso sind natürlich in Forellenteichwirthschaften die Laichfische zur rechten Zeit vorhanden, man braucht ihnen nur einen sonst gegen den Teich durch ein Gitter abgesperrten Bach zu öffnen, um sie, sogleich nach geeigneten Laichplätzen suchend, in denselben ein- treten zu sehen, und sie dann leicht fangen zu können. Hat man die gewünschte Anzahl laichreifer Fische beisammen, so kann man zur Befruchtung des Laiches schreiten. Die Befruchtung der Salmonideneier wird jetzt allgemein nach der sogenannten trockenen oder russischen Methode von "Wraskij ausgeführt.1) Ein reifer Rogener wird vorsichtig abgetrocknet, über eine trockene Schale gehalten und sein Rogen durch sanftes Streichen des Bauches vom Kopfe nach dem Schwänze zu in die Schale entleert. Sehr zweckmässig ist es dabei Kopf und Schwanz des Fisches gegen den Rücken hin zu biegen, so dass der Bauch stärker gespannt wird. Starker Druck muss durchaus vermieden werden, da man durch denselben auch unreife, klumpenweis austretende, und später bald absterbende Eier entleeren würde, oder Schleim und Schuppen des Fisches mit in die Schale gelangen und zur Bil- dung von Schimmel Veranlassung geben könnten. Sobald die Eier auf- hören bei sanftem Druck abzufliessen , muss man mit Streichen ein- halten, kann aber den Fisch, dem eine vorsichtige Behandlung dieser Art durchaus nicht schadet, bis zur Reife weiterer Eier, die nach einigen Tagen eintritt, in einem geeigneten Behälter aufbewahren. In gleicher Weise wird ein Milchner abgetrocknet und seine Milch über die in der Schale befindlichen Eier entleert, die dann mit der Hand oder einer Federfahne vorsichtig umgerührt werden, bis sie alle mit der Samen- flüssigkeit in Berührung gekommen sind. Ein Theelöffel voll reifer Milch ist für einen Suppenteller voll Eier genügend. Man füllt dann die Schale mit reinem Wasser, rührt noch einmal um und lässt die Eier 1/4 bis Y2 Stunde lang ungestört, damit sie Zeit haben, Wasser und Samenkörper- chen aufzunehmen. (S. S. 39.) Da bei diesem Verfahren jedes Ei mit der Milch in Berührung kommt, so ist die Befruchtung jedes reifen Eies auch wirklich gesichert. Das milchig getrübte Wasser wird dann abge- gossen und durch reines ersetzt, und die Eier können, sobald sie sich prall anfühlen, also gehörig voll Wasser gesogen sind, in die Brutapparate übertragen werden. Hat man eine grosse Anzahl reifer Fische abzustreichen, so 1) Dieselbe ist übrigens seit 1857 selbstständig auch von A. Stentzel in Tankow angewandt worden. S. Circulare d. deutschen Fischereivereins 1874. S. 117. 454 üie künstliche Fischzucht. ist es zweckmässig, zunächst die Rogener von den Milchnern zu trennen. Man kann dann gleich die Eier einer grösseren Anzahl von Eischen in eine Schale entleeren, während ein Gehilfe die Milch mehrerer Männchen in einem andern Gefäss sammelt, worauf man die ganze Masse auf einmal befruchtet. Wo es nicht darauf ankommt die Fische am Leben zu erhalten, ist es zweckmässig, um nicht durch ihre heftigen Bewegungen gehindert zu werden, sie vor dem Abstreichen durch einen Schlag auf den Kopf zu töclten. Aber auch dann sind viele Fische, namentlich Lachse, oft zu gross und schwer, um sie allein be- quem handhaben zu können, man lässt daher solche zweckmässig an Kopf und Schwanz von einem oder zwei Gehilfen halten, um die Geschlechts- producte schnell und ungehindert gewinnen zu können. Bei kühlem Wetter bleiben Rogen und Milch in den frisch getödteten Fischen, wie schon Jacobi angiebt, mehrere Tage lang vollkommen lebens- fähig, so dass man sehr wohl eine grössere Menge reifer Fische vom Fangort nach einer meilenweit entfernten Brutanstalt transportiren kann, um erst dort die Befruchtung des Laiches vorzunehmen. Ja man kann Rogen und Mich den lebenden oder frisch getödteten Thieren entnehmen und getrennt in reinen trockenen Flaschen aufbewahren, die jedoch vollständig gefüllt und gut verkorkt sein, und möglichst kühl gehalten werden müssen ; nach mehreren Tagen gelingt dann die Befruchtung ebenso gut, als ob man lebende Laich- fische verwendete. Unter Umständen kann dies Verfahren von dem grössten Werthe sein, wenn z. B. an einem Tage nur Milchner oder nur Rogener gefangen werden, deren Geschlechtsproducte dann lebend auf- bewahrt werden können, bis auch Thiere des andern Geschlechtes zur Verfügung stehen. Nach Erfahrungen v. d. Borne's, die jedoch noch nicht zum Ab- schluss gelangt sind, kann man auch die ohne Wasserzusatz mit der Milch vermischten Eier in Flaschen oder ähnlichen Gefässen aufbewahren, und entwickeln sich dieselben, wenn sie später ins Wasser gelangen, in normaler Weise. Es würde dieses Verfahren, wenn es sich als zuver- lässig bewährt, die Bemühungen der Fischzüchter in hohem Grade fördern. Früher verfuhr man bei der Befruchtung der Eier in anderer Weise, indem man entweder zuerst den Rogen, danach die Milch oder auch beide gleichzeitig in eine Schale mit Wasser entleerte. Nun verlieren aber im Wasser die Samenkörperchen sehr schnell ihre be- fruchtende Eigenschaft, und es blieben daher zahlreiche Eier unbefruchtet. Nach vergleichenden Versuchen von Seth Green sollen bei der alten Methode nur 20 pCt, bei der trocknen dagegen 98 pCt. der Eier wirklich befruchtet werden. Befruchtung der Eier. Brutapparate. ir>.> Schon Jacobi war auf den Gedanken gekommen, durch Befruch- tung von Lachseiern mit Forellenmilch oder umgekehrt willkürlich Blend- linge zu erzeugen, was ihm auch vollkommen gelang, und noch jetzt züchtet man an manchen Orten solche Bastarde, die sich schneller mästen sollen, häutig übrigens unfruchtbar bleiben, mit grosser Vorliebe. Die weitgehenden Versuche, Bastarde von einander sehr fernstehen- den Fischarten zu erhalten, die neuerdings in Amerika angestellt werden, scheinen kaum mehr als ein rein wissenschaftliches Interesse bean- spruchen zu können, und auch die Vortheile der Kreuzung nahe ver- wandter Arten möchten kaum so erheblich sein als man an manchen Orten zu glauben geneigt ist. Es würde schon ein grosser Gewinn für die Hebung des Fischbe- standes sein, wenn die Fischer sich der geringen Mühe unterziehen wollten, den Laich aller in reifem Zustande gefangenen Fische zu be- fruchten und ohne Weiteres auf den natürlichen Laichplätzen ins Wasser zu streuen. In der That haben die ersten Fischzüchter vielfach nur in dieser Weise gehandelt und doch recht befriedigende Resultate erzielt, auch wird noch jetzt an manchen Orten so verfahren. Aber wie bereits früher erwähnt wurde, drohen während der Brut- zeit dem Laich und den ausgeschlüpften Fischchen bis zum vollständigen Schwund der Dotterblase so viele und grosse Gefahren, dass namentlich die sich langsam entwickelnden Salmonideneier dringend des Schutzes bedürfen. Auf sehr einfache AVeise, und doch oft ganz genügend kann man ihnen diesen gewähren, indem man eine kleine Strecke eines ge- eigneten Baches durch Gitter abgrenzt, von Raubfischen befreit, den Boden mit reinem Kies beschüttet und die darauf ausgestreuten Eier mit einer dünnen Kiesschicht bedeckt oder durch über dem Wasser befestigte Bretter oder Strauchbündel beschattet. Einen vollständigeren Schutz gewährt den Eiern die schon von Ja- cobi angewandte Brutkiste, ein länglicher, niedriger Kasten, der natür- lich je nach der Menge der darin zu brütenden Eier in der verschieden- sten Grösse hergestellt werden kann. Der Deckel ist im Charnier zu öffnen, bei grossen Kisten zweckmässig in mehrere Stücke getheilt und zum Ver- schliessen eingerichtet. Die schmalen Seitenflächen sind durch Metall- siebe oder Drahtnetze gebildet, eine vergitterte Oeffnung oder ein Glas- fenster kann auch im Deckel angebracht sein. Der Boden der am besten aus Linden- oder Weidenholz angefertigten Kiste wird mit Kies bedeckt, und man hat es durch Anwendung einer grösseren oder geringeren Menge desselben ganz in der Hand, die Kiste entweder auf den Grund eines flachen Baches fest hinzustellen, oder sie in tieferem Wasser ver- 456 Die künstliche Fischzucht. ankert schwimmen zu lassen. Unter allen Umständen muss sie so gerichtet werden, dass sie die schmale vergitterte Seite dem Strome zu- wendet, also gehörig vom Wasser durchströmt wird. Die befruchteten Eier werden in einfacher Schicht und möglichst ohne sich gegenseitig zu berühren, auf das Kiesbett gestreut, und die Kiste kann bei reichlichem Zufluss reinen "Wassers bis zum Ausschlüpfen der jungen Fischchen sich selber überlassen werden. Aehnliche Apparate sind neuerdings auch von Hetting und anderen Züchtern empfohlen worden. Fig. 205. Jacobi's Brutkiste. Eine Modification der J a c o b i ' sehen Brutkiste ist der von dem Hoffischer Kuffer in München angewandte Bruttiegel oder Brut- topf, der aus glasirtem Thon besteht, überall siebartig durchlöchert und durch einen ebenfalls durchlöcherten Deckel geschlossen ist. Auch Fig. 206. Kuffer's Bruttiegel. in diesem Apparat wird der Boden gewöhnlich mit Kies bedeckt, auf dem die Eier ausgebreitet werden. Man kann diese Bruttiegel entweder ohne Weiteres frei in die Bäche setzen oder sie in Kisten stellen, deren Baohbrutapparate. 457 in der Richtung des Stromes gelegene Wände durchbrochen sind, und zur Regulirung des Wasserzuflusses durch Schieber mehr oder weniger geöffnet werden können. Eine Modifikation der schwimmenden Jacobi- schen Brutkiste hat v. Rueff in Hohenheim1) und später der amerika- nische Fischzüchter Seth Green im Grossen angewandt, letzterer namentlich um die Eier des Shad (Alosa praestabilis) zu brüten. Der Boden der Green 'scheu Kiste ist durch ein feines Drahtgewebe ge- bildet, und zwei an den Langseiten angebrachte Bretter bewirken, dass sie in schräger Stellung schwimmt, Man wendet diesen Siebboden gegen den Strom und legt die Eier ohne Kiesunterlage hinein. Durch die Strömung werden namentlich kleinere Eier in einer massigen Bewegung erhalten, die ihnen sehr zuträglich sein soll, und die Ablagerung von Fig. 207. Green's schwimmender Brutkasten. Fig. 208. Brutkiste nach Coste. Niederschlägen aus dem Wasser verhindert. Der B r a c k e t ' sehe Brut- kasten unterscheidet sich von dem Green' sehen nur dadurch, dass er in horizontaler Lage schwimmt, aber einen schräge stehenden Siebboden besitzt. Sehr ähnlich sind auch die von Bannister und Atkins empfohlenen Brutkisten. Noch wäre hier einer von Coste empfohlenen Modification der Ja- cob i ' sehen Brutkiste Erwähnung zu thun, die darin besteht, dass in die gewöhnliche Kiste mehrere Holzrahmen mit Glasrosten über einander 1) Erinnerung an Fischwasserbesitzer. Wochenblatt für Land- und Forstwirth- schaft, herausg. v. d. kgl. würtemb. Centralstelle für Landwirthschaft 1855. 6. Jan. (Nr. 1). 458 Die künstliche Fischzucht. gesetzt werden, auf welchen die Eier liegen; es ist das also ein Mittel, um bei genügend hohem Wasserstande auf einer kleinen Bodenfläche eine grössere Anzahl von Eiern zu brüten. Alle bisher besprochenen Apparate, die man auch unter dem Namen der Bachapparate zusammenfasst, können vorzügliche Resultate liefern, sie erfordern aber klares Wasser, eine massig starke, gleichmässige Strö- mung, und sind natürlich nur da anwendbar, wo die Temperatur nicht tief genug sinkt, um das Brntwasser in Eis zu verwandeln. In unserem nordischen Klima sind für die Winterlaichfische meistens wohl andere, in eigenen Bruthäusern aufzustellende Apparate im Gebrauch. Bei der Anlage von Bruthäusern handelt es sich vor allen Dingen um die Beschaffung guten Wassers; dasselbe muss möglichst frei sein von mechanischen und chemischen Beiruenguugen, wie Schlamm, Mineral- salze, Kohlensäure etc. Es muss eine möglichst niedrige und con- stante Temperatur haben und vor Allem eine genügende Menge atmosphärischer Luft gelöst enthalten. Quellwasser hat, nahe seinem Austritt aus der Erde den Vorzug, ganz klar zu sein, enthält dagegen gewöhnlich wenig gelöste Luft und ist häufig zu warm, man kann es aber leicht lufthaltiger machen und zugleich abkühlen, wenn man es durch einen kleinen künstlichen Bach mit starkem Gefälle über Steine in die Brutanstalt leitet. Bach-, Fluss- oder Teichwasser pflegt einen bedeutenderen Luftgehalt zu haben als das Quellwasser, ist auch im AVinter kälter als letzteres, enthält aber häufig viel Schlamm, Lehm und andere mechanisch beigemischte Unreinigkeiten , die beseitigt werden müssen, ehe es in die Brutapparate eintritt. Die Röhrenleitung durch welche das Wasser in die Brutanstalt gelangt, muss natürlich gegen Frost geschützt sein, indem man sie entweder in genügender Tiefe unter der Erde anlegt oder sie, wenn sie dicht unter der Oberfläche oder gar frei durch die Luft läuft, mit einer genügend dicken Schicht schlechter Wärme- leiter, wie Mist, Stroh etc. umhüllt. Um das Eindringen gröberer Un- reinigkeiteu in die Röhren zu verhüten, kann man ihr freies Ende mit einer Art Giesskannenbrause mit weiten Oeöhungen versehen und dasselbe noch mit einem rohen Holzkasten umgeben, der mit einem Haufen von Kies und Steinen bedeckt wird. Das Bruthaus muss womöglich so gelegen sein, dass das Wasser von seiner Eintrittsstelle in dasselbe bis zu den in Tischhöhe aufzustellenden Brutkasten einen Fall von wenigstens einem Meter hat. Es muss frost- frei sein, indem es entweder ganz aus doppelten Holzwänden aufge- führt wird, deren Zwischenraum mit schlechten Wärmeleitern, wie Stroh, Sägespähne, Torf, Moos oder dergleichen gefüllt ist, oder auch mit T>;is Bruthaus. Der Klärapparat. 459 einer oder mehreren Seiten in einen Hügel eingebaut wird. Nötigen- falls kann auch ein nicht frostfreies Local durch Aufstellung eines eisernen Ofens brauchbar gemacht werden, und für kleine Privatbrutanstalten ist häufig ein Kcllerraum, ein Verschlag in einem Viehstalle oder dergleichen vollkommen ausreichend, um zum eigenen Bedarf jährlich 10 000 bis 100 000 Eier auszubrüten. Der Brutraum muss so hell sein , dass das Aussuchen der kranken und todten Eier keine Schwierigkeiten macht, die Fenster müssen aber, namentlich wenn sie nach Süden gelegen sind, durch Vorhänge oder Strohmatten verschlossen werden können, weil helles Licht die Pilzbildung befördert und die Eier jedenfalls nicht längere Zeit dem directen Sonnenlicht ausgesetzt sein dürfen. In dunklen Bruträumen kann das Auslesen der Eier bei Licht vorgenommen werden. Wände und Decken des Brutraumes darf man nicht mit Kalk oder abbröckelnder Farbe streichen, da Theilchen derselben, die etwa in die Bruttröge fallen, mehr oder weniger Fischchen tödten würden. Im Bruthause ist ausser den Bruttrögen der Klärapparat aufzustellen, den man zweckmässig auch bei scheinbar ganz reinem Wasser anwendet, da er den Durchgang wirklich reinen Wassers fast gar nicht verzögert, Regengüsse, Schneeschmelze und andere Vorkommnisse aber auch das reinste Wasser plötzlich trüben können, so dass es unfiltrirt die Eier mit Schlamm bedecken würde. Der Klärapparat besteht gewöhnlich aus einem Sammelbassin, den Kiesfiltern und dem amerikanischen Flanellfilter. Das Sammelbassin ist ein Bottich oder Kasten von angemessener Grösse, in dem sich die gröbsten TJn- reinigkeiten, wie mitgeschwemmter Sand, Steinchen und dergleichen absetzen sollen. Unter seinem oberen Rande muss ein genügend weites Ablauf- rohr angebracht sein, damit, falls sich einmal die Filter verstopfen sollten, oder wenn ein grösserer Theil der Leitung an den Bruttrögen gesperrt wird, das überflüssige Wasser nach aussen abziehe, ohne über- zulaufen. Im Boden des Sammelbassins ist ein grosses Tellerventil anzulegen, durch welches zeitweise der Niederschlag abgelassen werden kann. Der Kiesfilter besteht aus einem Kasten, Bottich oder Fass, über dessen Boden in einer Höhe von ca. 20 cm ein zweiter Boden von Holzrosten befestigt ist. Der ganze oberhalb des Rostes gelegene Raum des Fasses ist durch eine wasserdichte Scheidewand in zwei gleiche Ab- tneilungen getheilt und 1/% bis 3/4 m hoch mit gut gewaschenem Kies von Wallnussgrösse gefüllt. Man lässt das Wasser durch ein aus dem Sammelbassin kommendes Rohr oben in die eine Abtheilung des Fasses eintreten, es rinnt durch den Kies dieser Abtheilung hindurch, 460 Die künstliche Fischzucht. steigt durch den der zweiten Abtheilung auf und wird durch ein Rohr weiter geführt. Ist man auf den Gebrauch von Wasser angewiesen, welches gewöhnlich viel Lehm- oder Schlammtheile enthält, so können zweckmässig mehrere Filter dieser Art hintereinander in die Leitung ein- Fig. 209. Kiesfilter mit Scheidewand. geschaltet werden. Ohne Hilfe eines Böttchers kann man einfachere Kiesfilter ohne Scheidewand (wie Fig. 210) sich selber aus alten gut ge- wässerten Petroleumfässern herstellen. Dieselben sind wegen ihrer Ein- fachheit und Billigkeit besonders zu empfehlen. Fig. 210. Einfache Kiesfilter. Je nach der Unreinigkeit des Wassers müssen die Kiesfilter ab und zu gereinigt werden. Dies geschieht am schnellsten, indem man den Wasserzufluss absperrt, das in dem Filter befindliche Wasser durch ein am Boden [angebrachtes Teller- oder Kegelventil oder ein einfaches Spundloch ablaufen lässt, und so lange reines Wasser in kräftigem Strahle Der Kiesfilter. Der amerikanische Filter. 461 auf den Filter aufgiesst, bis es unten ungetrübt abläuft. Am Ende jeder Brutsaison rauss der Kies vollständig ausgeräumt, und ebenso wie das Gefäss, gründlich gewaschen werden, ehe man ihn wieder einpackt. Um auch die feinsten Schlammtheilchen aus dem Brutwasser zu entfernen, welche durch die Kiesfilter hindurchgehen, wendet man mit grossem Vortheil noch einen amerikanischen Filter an, in welchem das Wasser durch mehrere Flanellschichten geseiht wird. Man giebt dem ameri- kanischen Filter gewöhnlich die Form eines ca. 2 m langen, 40 cm hohen und breiten Kastens, an dessen schmalen Wänden der Zu- und Abfluss nJ Pk Pk Ik nk iik n Fig. 211. Amerikanischer Flanellfilter. des Wassers erfolgt. In die langen Seitenwände sind Nuthen eingestochen, in welche sich Holzrahmen einschieben lassen, die mit grobem Flanell überzogen sind. Das Wasser hat also eine Anzahl von Flanelltüchern zu passiren und steht gewöhnlich in jeder folgenden Abtheilung um 2 — 3 cm niedriger als in der vorhergehenden. Sind die Flanellwände durch Schlamm sehr verstopft und undurchlässig geworden, so werden sie gegen andere ausgewechselt und sind durch Bürsten und Auskochen leicht zu reinigen. Werden die Filtrirapparate aus Holz angefertigt, so empfiehlt es sich, um die Schimmelbildung zu verhüten, sie wie alle in dem Brutraum befindlichen Holztheile vor dem Gebrauch mit Holz- theer oder mit einem heissen Gemisch von Steinkohlentheer und Terpentin anzustreichen. Yon dem amerikanischen Filter geht das Hauptrohr der Wasserleitung ab, das sich je nach der Einrichtung der Brutapparate in verschiedener Weise verzweigt. Um allerhand Uebelständen vorzubeugen wird zweck- mässiger Weise am Einfluss des Wassers in das Sammelbassin ein Hahn angebracht und werden ähnliche Hähne auch an allen Theilungs- stellen des Leitungsrohres angelegt. Man kann dann jederzeit leicht den Zufluss dem Bedürfniss entsprechend reguliren. Auch an den letzten, zu den einzelnen Brutkästen führenden Wasserröhren empfiehlt es sich, Hähne oder Quetschhähne anzubringen. Das aus den Brutapparaten fort- während abfliessende Wasser wird in offenen Rinnen gesammelt und durch ein mit einem Gitter verschlossenes Rohr (um Mäuse, Spitzmäuse und dergl. abzuhalten) nach aussen geleitet. 462 Die künstliche Fischzucht. Die Zahl der in den Brutanstalten angewandten verschiedenartigen Brutapparate ist sehr gross, indessen lassen sie sich leicht auf einige wenige Typen zurückführen. Der älteste für das Brüten in einem geschlossenen Räume ange- wandte Apparat ist die Coste'sche Brutkachel, eine rechteckige Schale von glasirtem Thon, ca. 50 cm lang, 20 cm breit, 10 cm tief, die in halber Höhe Vorsprünge trägt, auf welche ein aus einem Holzrahmen und Glasstäben gefertigter Rost gelegt wird, der die Eier aufnimmt. Diese Fig. 212. Coste'sche Brutkachel und Glasrost. vertheilen sich auf dem Roste sehr gleichmässig, können leicht mit dem- selben herausgenommen, durch Abspülen gereinigt und in eine andere Brutkachel eingesetzt werden. Die Brutkacheln werden staft'elförmig übereinander gestellt, so dass das Brutwasser von einer in die andere herabfliesst. Da nun aber dem Wasser beim Durchgange durch die Brutkasten von den Eiern Luft entzogen wird, so kommt es luft- Fig. 213. Aufstellungsweise Coste'scher Brutkacheln. ärmer in die tiefer gelegenen Kacheln, in denen sich daher die Eier weniger gut entwickeln. Um dies zu vermeiden, stellt man die oberen Kacheln sehr viel höher, als die unteren und lässt das Wasser durch ein enges Rohr in scharfem Strahle abfliessen, wobei es Brutkachfiln. Tisohapparate. 463 in dem unteren Brutgefässe heftig- schäumt und sieh wieder mit Luft sättigt. In diesem Falle lässt man den "Wasserstrahl gewöhnlich in ein be- sonderes Siebkästchen fallen, welches ihn hindert, die Eier direct zutreffen und sie durch den heftigen Stoss zu tödten. Um Licht und Staub ab- zuhalten, werden die Brutkacheln bis auf die Stelle des Wassereinflusses mit einem Holzdeckel bedeckt. Die Coste'schen Brutkacheln sind seither aus Schiefer, Cement, Holz, Zinkblech, verzinntem Eisenblech in verschie- denster Grösse von Molin, Francis, Slack, Haack, Rasch und Anderen nachgeahmt worden, und sind noch jetzt vielfach in Anwendung. Sie erscheinen in vergrössertem Maassstabe wieder in den sogenannten Tischapparaten, grossen Holz-, Cement- oder Blechkasten, in denen eine Kig 214. Tischapparat mit Glasrosten. ganze Anzahl kleiner Glasrosten neben einander gestellt wird, und in welche das Brutwasser aus ziemlich bedeutender Höhe in eine besondere, von den Eiern isolirte Abtheilung einströmt. Auch wird wohl der Luftgehalt des Brutwassers noch dadurch gesteigert, dass man es nicht in einfachem Strahle, sondern durch Giesskannenbrausen einfliessen lässt, wobei es natürlich fein zertheilt und viel mehr mit der Luft in Berührung ge- bracht wird. Ganz zweckmässig ist es bei den Tischapparaten, dass man die einzelnen Roste mit den darauf befindlichen Eiern leicht herausheben und zurücksetzen kann. Wenn die Fischchen anfangen auszukriechen, so muss bei allen Brutapparaten der Abfluss durch ein Sieb gesperrt werden, um sie nicht, wenn sie bei Schwimmversuchen in die Strömung 464 Die künstliche Fischzucht. gerathen, verloren gehen zu lassen. Statt dieses Sperrsiebes kann ein sogenannter Fangkasten unter den Abfluss gestellt werden, d. h. ein klei- nerer Kasten, aus welchem das von dem Brutkasten hineinfliessende "Wasser nur durch ein Sieb ablaufen kann, so dass die Fischchen zurückbleiben, die dadurch gleichzeitig von den noch nicht ausgeschlüpften Eiern ge- trennt und in grössere Behälter gesetzt werden können. Fig. 215. Grosser Glasrost aus einem Tischapparat. In Amerika und Norwegen werden für Lachs- und Forelleneier viel- fach grosse Bruttröge angewandt, in welchen die Eier ohne Koste, auf einer feinen Kiesunterlage oder auch ohne eine solche ausgebreitet werden. Die amerikanischen Tröge dieser Art pflegen eine Länge von 2l/2 m und einen etwas geneigten Boden zu haben, auf den in Abständen von je 50 cm quere Leisten von 1 — 2 cm Höhe aufgenagelt sind, um die Eier nicht von der Stömung auf einen Haufen treiben zu lassen. Der Abfluss wird auch bei diesen Apparaten durch ein Sieb gesperrt. Der gemeinschaftliche Uebelstand, welcher allen bisher erwähnten Apparaten anhaftet, ist der, dass sie, da die Eier immer nur in einer einfachen Schicht liegen dürfen, und auch in dieser am besten so dünn gelagert sein müssen, dass sie sich nicht gegenseitig berühren, für grosse Eiermengen einen sehr bedeutenden Flächenraum beanspruchen , also auch grosse und daher kostspielige Bruthäuser erforderlich machen. Man hat deshalb schon früh versucht, diesem Uebelstande abzuhelfen. Am einfachsten hat dies Pohl in Josephinenhütte erreicht, indem er in einem von Wasser durchströmten Kasten mehrere mit Eiern bedeckte Glasrostenrahmen über einander stellte, wie dies C o s t e in der J a c o b i - sehen Brutkiste gethan hatte. Vollkommener sind schon die von Bracket, Clark, Williamson und anderen Amerikanern ange- wandten Apparate, in denen Yorsorge getroffen ist, dass das Brut- wasser jeden Satz über einander geschichteter, mit Siebböden ver- sehener Rahmen entweder in der Richtung von oben nach unten oder Clark's Bruttisch. Apparativem Holton.] 465 umgekehrt durchströmen muss, so dass alle Eier ziemlich gleichmässig umspült und mit Sauerstoff versorgt werden. Fig. 216. Bruttisch von Clark mit mehrschichtigen Sieben. Noch grösser ist die Raumersparniss bei dem von Marcellus Hol ton construirten Brutapparat. Dieser besteht aus einem ca. 50 cm. grossen würfelförmigen, getheerten, wasserdichten Holzkasten, in dessen Boden das Wasserleitungsrohr einmündet. Ueber der Einflussöffnung ist eine Scheibe (Distributor) angebracht, welche das "Wasser nach allen Rich- tungen hin gleichmässig vertheilt. In den Kasten lassen sich circa 10 in einem schmalen hölzernen Bügel übereinander geschichtete, mit Drahtnetzboden versehene Rahmen einsetzen, die mit Ausnahme des obersten mit Eiern belegt werden. Das unten eintretende Wasser muss die sanimtlichen Rahmen durchströmen, bewegt dabei die Eier etwas und fliesst über den Rand des äusseren Holzkastens ab, wird von einer rings- umlaufenden Rinne aufgenommen und abgeleitet. Beim Ausschlüpfen werden die jungen Fischchen, wenn sie, wie Maränen, Schnäpel und andere Coregonen leicht sind, mit dem Strome fortgeführt und in einem Fangkasten gesammelt oder sie fallen, wenn sie, wie Lachse und Forellen einen schweren Dottersack haben, auf den Grund des äusseren Kastens und können von dort durch einen weiten Hahn entfernt werden. Man hat indessen gefunden, dass man bei reichlichem Znfluss guten Wassers von unten her der Holton' sehen Rahmen gar nicht bedarf, sondern die Eier in mehrfacher Schicht auf einander legen kann, da sie von dem 30 466 Die künstliche Fischzucht. Strome fortwährend gelockert und gleichmässig umspült werden. Auf dieser schon lange von v. Rueff und von Müllerin Tschischdorf praktisch verwertheten Erkenntniss beruht die Construction des sogenannten califor- nischen Brutapparates, des Wilmotschen Trichters und des Selfpickers. 2. Fig. 217. Brutapparat von Holton. 1. Schematischer Durchschnitt. 2. Ansicht der Einsatzrahmen. Der californische Bruttrog besteht aus einem runden oder vier- eckigen Zinkblechkasten mit einem etwas unterhalb des oberen Randes an- Fig. 218. Ansicht des californischen Troges. gebrachten Ausflussrohr. In dieses passt das Ausflussrohr eines zweiten Californischer Trog. 467 flacheren und kürzeren Kastens hinein, der mit einem Sieb- oder Drahtnetz- boden versehen ist. Nachdem der kleine Kasten in den grösseren eingesetzt und beide mit Wasser gefüllt sind, werden die Eier in 5 bis lOfacher Schicht auf den Siebboden gelegt. Das Brutwasser strömt in den äusseren Kasten ein und muss durch den Siebboden des kleineren und Fig. 219. Durchschnitt des californischen Troges. die ganze Dicke der Eierschicht hindurchfliessen. um durch das Ausfluss- rohr auszuströmen. Natürlich muss auch bei diesem Apparat, wenn die Fischchen anfangen auszuschlüpfen, ihr Verlust durch ein Sperrsieb am Ausflussrohr oder einen Fangkasten verhindert werden. Der cali- fornische Trog kann auch als Bachapparat sehr vortheilhaft verwandt Fig. 220. Californischer Trog als Bachapparat. werden, indem man ihn etwa bis zur halben Höhe des Ausflussrohres in strömendes Wasser setzt. Die dem Ausflussrohre gegenüberliegende Wand des äusseren Kastens muss in diesem Falle im unteren Theile aus Draht- gewebe bestehen und dem Strome zugekehrt werden. Zweckmässig ist 30* 468 Die künstliche Fischzucht. es dann an derselben einen Schieber anzubringen, mittelst dessen man den Zufluss des Wassers reguliren kann. Der Wilmot'sche Trichter unterscheidet sich von dem californischen Troge nur dadurch, dass der innere Kasten sich nach unten zu trichter- förmig verjüngt und einen Siebboden von nur einem Drittel des Durch- messers der oberen Oeffnung besitzt. Es wird dadurch bei gleichem Fig. 221. Wilmot'scher Trichterapparat, Ansicht und Durchschnitt. Wasserzufluss eine etwas stärkere Strömung erzielt. Aehnliche Appa- rate sind von Professor von La Valette St. George und anderen Fisch- züchtern vorgeschlagen. Namentlich zur ersten Aufnahme grosser, frisch befruchteter Eier- mengen auf den Laichplätzen von Lachsen, Forellen, Maränen etc. sind die californischen Tröge und Trichter der grossen Eaumersparniss und be- quemen Anwendung wegen sehr vortheilhaft, nicht minder aber auch in festen Brutanstalten zur Ausbrütung und zur Aufbewahrung der Fisch- chen bis zum Verlust der Dotterblase. Ein solcher Apparat von 20x30 cm kann 5 — 10000 Lachseier fassen. Noch stärker als in den eben genannten Apparaten ist die aufsteigende Strömung in dem sogenannten Seif picker oder selbstauslesenden Brut- Wilmot'scher Trichter. Selfpicker. 469 apparat, der die todten Eier und Fischchen und die leeren Eierschalen selbstständig auswerfen soll. Derselbe eignet sich namentlich für die kleineren und leichteren Eier der Coregonen, für die er auch ursprüng- lich in Amerika in verschiedener Form construirt wurde. Die Self- picker von "Wilniot und von Fergusson sind Trichter von 90 resp. 48 Grad, an deren unterem engen Ende das "Wasser einströmt. Der Strom muss so stark sein, dass die Eier fortwährend in einer laugsamen wirbeln- den Bewegung erhalten werden. Da die todten Eier specifisch etwas leichter sind als die lebenden,1) so schwimmen sie mit dem abftiessenden "Wasser fort. Nach Wilniot sollen in einem Apparat von 4!/2 1 Inhalt 100000 Maräneneier gut gebrütet werden können, nach Fergusson kann einer seiner Trichter von 48 Grad bei 1 m Höhe 1 Million Eier von der Grösse der Maräneneier bequem aufnehmen. Der Chase 'sehe Selfpicker ist ein Cylinderglas von 50 cm Höhe und 15 cm Durchmesser, oben mit einem Blech rande mit Abflusstülle versehen, an dessen Boden durch ein Glas- oder Metallrohr von ca. 3 cm Fig. 222. Selfpicker von Chase. Fig. 223. Selfpicker nach von dem Borne. Durchmesser Wasser einströmt. Von dem Borne hat einen Selfpicker nach dem Princip des californischen Bruttroges construirt, bei dem der innere Kasten 40 cm tief ist und einen Durchmesser von 10 cm hat, der Boden ist wie bei dem californischen Apparat durch ein Drahtsieb gebildet. 1) Auf dieses Verhältniss machte schon 1854 von Rueff aufmerksam. S. Hamm Agronomische Zeitung IX. Nr. 27 u. ff. 470 Die künstliche Fischzucht. Die Selfpicker sind für leichtere Eier sehr zweckmässig, während sie für die schweren Lachs- und Forelleneier sich nicht eignen. Namentlich wo es sich um die Ausbrütung sehr grosser Massen von Coregoneneiern handelt, und wo es also auf den Verlust einiger tausend gesunder Eier, die neben den todten mit ausgeworfen werden, nicht ankommt, können sie vorzügliche Dienste leisten. Während alle bisher besprochenen Brutapparate die Zufuhr einer beträchtlichen Menge reinen, filtrirten "Wassers erfordern, haben zufällige Beobachtungen zur Construction eines Apparates geführt, der gar keines Wasserzuflusses bedarf, und bei blosser Anwendung von etwas Eis oder Schnee, dessen Beschaffung im Winter ja leicht ist, ganz vorzügliche Resultate liefert. Es wurde nämlich beobachtet, dass einige auf einem Flanelllappen in einem kalten Räume liegende Forelleneier, die durch ein leck gewordenes Leitungsrohr feucht erhalten wurden, sich ebenso gut entwickelten, wie im Wasser. Es ist das auch ganz begreiflich, da die Eier sich aus dem Wasser vorzugsweise nur den Sauerstoff der darin ge- lösten Luft aneignen. Sobald also die ihnen zugeführte Feuchtigkeit ausreicht, um sie vor dem Vertrocknen zu schützen, können sie offen- bar aus der Luft selber sehr viel mehr Sauerstoff aufnehmen als aus dem Wasser. Da nun, wie schon Millet1) besonders hervorhob, eine möglichst niedrige Temperatur von 1/2 — 4 Grad R. die Entwicklung zwar verlangsamt, das Gedeihen der Embryonen aber sehr befördert, so haben v. d. Borne, Eckardt, Haack u. a. einen von dem amerikanischen Fischzüchter Mather ursprünglich nur zum Transport von Lachseiern auf grosse Entfernungen construirten Eisschrank auch als Brutapparat benutzt, und es sind damit seither vielfach ganz vorzügliche Resultate erzielt worden. Abgesehen davon, dass die möglichst kalt gebrüteten Fischchen sehr viel kräftiger und gesünder sind als solche, die sich in wärmerem Wasser schneller entwickelt haben, ist die Verzögerung ihres Ausschlüpfens namentlich auch deshalb von grossem Werth, weil sie dann erst zu einer Zeit zur Aussetzung gelangen, wenn es in den Gewässern bereits reichliche Nahrung für sie giebt Dagegen müssen die schneller gebrüteten Fisch- chen, welche schon während des Winters ihren Dottervorrath aufgezehrt haben, entweder in den Brutapparaten oder ebenso auch wenn sie gleich in Freiheit gesetzt werden, lange hungern, ehe sich in den wärmer werdenden Gewässern Infusorien, Insecten und Crustaceen in grösserer Masse entwickeln, und gehen deshalb häufig in Menge zu Grunde. 1) Extrait du compte rendu de la seance de la Societe zoologique d'acclimatation du 3 fevrier 1855. Moniteur universel 1855. 10 fevr, Der Eisschrank. 471 Der Eisschrank besteht aus einem Holzkasten von Würfelform, in den von einer offenen Seite her ca. 10 ganz flache Schiebladen überein- ander eingeschoben werden können. Der Boden dieser Schiebladen wird von einem Draht- oder Pferdehaarsieb oder einem dünnen, vielfach durch- bohrten Brette gebildet, die oberste Schieblade ist ein Blechkasten von ca. 10 cm Höhe, dessen Boden siebartig durchlöchert und mit einem dichten Flanell oder Fries belegt ist. Der Blechkasten wird mit Eis gefüllt. Der Siebboden jeder der niedrigen Schiebladen wird meistens mit einem Stück Flanell oder Fries bedeckt, das zuvor in "Wasser ausgekocht und mehrmals ausgewaschen ist. Jede Schieblade Avird dann ins Wasser gesetzt, um die Eier darauf mit Federfahnen gleichmässig ausbreiten zu können, worauf sie in den Schrank eingeschoben werden. Das abträufelnde Schmelzwasser des Eises hält die Eier feucht und kühl, und sie ent- wickeln sich vorzüglich. Man kann übrigens die Eisbrutschränke, falls die Beschaffung von Eis oder Schnee einmal Schwierigkeiten haben sollte, natürlich eben so gut durch eine ganz geringe Menge kalten Wassers in Function erhalten, welches man durch eine Oeffnung in der Mitte des Deckels tropfenweise in die oberste, eigentlich für das Eis bestimmte, Schieblade fallen lässt. Ein Liter Wasser reicht bei kühler Aufstellung des Schrankes für mehrere Tage aus, ja wir haben in Schränken, die ver- suchsweise acht Tage lang weder mit Eis noch mit Tropfwasser versorgt wurden, die Eier vollkommen gesund bleiben sehen. Die Eisschränke bieten den grossen Yortheil, dass man auf einem kleinen Baum grosse Eiermengen unterbringen kann, die Ent- Avicklung der Eier ist eine sehr günstige und die Bevision ausser- ordentlich leicht. Bei der Aufbewahrung in einem wenig über 0 Grad warmen Baume lässt der Eisschrank nichts zu wünschen übrig. Muss er jedoch an einem erheblich wärmeren Orte stehen, so erwärmt sich das abschmelzende Wasser beim Durchgange durch die verschiedenen Eier- und Flanelllagen mehr und mehr und kommt unten mit wesentlich höherer Temperatur an. In Folge dessen entwickeln sich natürlich die Eier in den unteren Schiebladen schneller als in den oberen. Man kann das aber sehr leicht vermeiden, wenn man bei der täglichen Bevision die Schiebladen regelmässig wechseln lässt, so dass die unterste zur obersten, die vorletzte zur zweiten wird etc. Natürlich müssen, sobald die ersten Fischchen auszuschlüpfen be- ginnen, die sämmtlichen Eier aus dem Eisschrank in Apparate mit fliessendem Wasser übertragen werden. Nachdem wir im Yorigen die verschiedenen Arten der gebräuch- lichen Brutapparate besprochen haben, wenden wir uns zu der Art ihrer 472 Die künstliche Fischzucht. Bedienung und der Pflege der Eier. Die frisch befruchteten Eier lässt man nach Abgiessen des milchig getrübten Wassers in reinem Wasser einige Stunden lang stehen, damit sie sich vollkommen vollsaugen und die Eihaut prall werde, so dass sie besser äusserem Druck widerstehen. Sie können dann in die verschiedenen Brutapparate eingelegt werden, wenn man sie nicht etwa gleich von vorne herein in californischen Trögen, Wilmot'schen Trichtern oder Selfpickern untergebracht hat. Die Uebertragung der Eier geschieht am besten mit Sieblöffeln. Man regelt dann den Zufluss des Wassers und hat denselben öfter zu controliren, ab und zu die Flanellfilter, seltener die Kiesfilter zu reinigen. Ausserdem sind täglich die Eier in allen Apparaten genau durchzusehen, um todte sofort zu entfernen, da sonst von ihnen eine Pilzbildung ausgehen würde, die auch den gesunden Eiern verderblich werden müsste. Erschütterungen sind dabei namentlich anfangs möglichst zu vermeiden, weshalb auch der Zufluss des Brutwassers in der ersten Zeit nicht zu heftig sein darf. Die todten Eier sind an ihrer trüben oder milchweissen Färbung leicht zu erkennen, namentlich wenn man Brutkasten mit dunklem Grunde verwendet. In den californischen und Wilmot'schen Apparaten müssen die Eier mit dem Sieb- löffel oder dadurch, dass man den inneren Kasten etwas hebt und dann schnell wieder senkt, umgerührt werden, damit auch die unteren Lagen untersucht werden können. Im Selfpicker genügt es, die Strömung durch weiteres Oeffnen des Hahnes am Zuflussrohr zeitweise zu verstärken, um todte Eier und Eierschalen fortzuschwemmen, doch darf sie nicht zu stark werden, damit nicht zu viele gesunde Eier mitgerissen werden. Zur Entfernung der todten Eier bediente man sich ursprünglich meistens gläserner Pipetten, jetzt gebraucht man lieber Pincetten von 1. 2. Fig. 224. Pincetten. 1. von Draht. 2. von Stahl. 3. von Rohr. Neusilber oder vernickeltem Stahl mit breiten löffelartigen Branchen, oder gewöhnliche Zangen von Draht oder Holz. Sehr gute Pincetten kann man in kürzester Zeit aus den Gliedern eines Rohrhalmes zuschneiden, wobei Das Brutverfahren. 473 man es durch Einführen eines Korkstückchens zwischen die beiden Schenkel der Zange in der Hand hat, sie mehr oder weniger stark federn zu lassen. Bei höherer Temperatur des Brutwassers tritt an den Holztheilen der Apparate leicht der gemeine Schimmel auf, in der Luft die be- kannten weissen Rasen, unter Wasser eine schleimige Masse bildend, die sich schnell nach allen Seiten hin ausbreitet. Durch Anstreichen alles in der Brutanstalt gebrauchten Holzes mit warmem Theer lässt sich dem Entstehen des Schimmels vorbeugen, der auch bei An- wendung kalten Brutwassers ohnehin nicht leicht vorkommt. Ist er einmal vorhanden, so muss man ihn aus den Brutkasten möglichst vollständig entfernen. Vollkommene Verdunkelung der betreffenden Kasten und reichlicher Wasserzufluss können ihn häufig gänzlich beseitigen. Auf todten Eiern entwickelt, sich, wenn sie lange genug im Wasser liegen bleiben, ebenso wie auf den etwa ins Wasser gefallenen und darin untergegangenen Insecten der schon auf S. 212 besprochene Byssus, welcher das befallene Ei schnell mit einem Strahlenkranze feiner weisser Fäden umgiebt, die reichliche Sporen tragen und unbedingt schleunigst entfernt werden müssen, um nicht auch die benachbarten Eier zu inficiren. Niederschläge aus dem Wasser dürfen sich bei Anwendung und guter Instandhaltung der Klärapparate auf den Eiern nicht absetzen, sollte aber durch einen Unfall an den Filtern oder durch Nachlässigkeit ein solcher Fall vorkommen, so sind die auf Rosten gelagerten Eier mit den Rosten herauszuheben und mit einer Giesskannenbrause abzuspülen, die ohne Roste in den Brutkasten liegenden Eier nach Ablassen des Wassers gehörig abzubrausen, bis sie klar und rein sind. Das früher sehr beliebte Reinigen der Eier mit langhaarigen Pinseln wird besser ganz vermieden, namentlich im Anfange der Entwickelung. Bei regelmässiger Bedienung und nicht zu hoher Temperatur sterben nur wenige Eier ab, die Bildung der Fischchen geht etwa in der- selben Weise vor sich, wie wir sie auf S. 40 u. ff. für den Stichling be- schrieben und abgebildet haben. Mit einer stärkeren Loupe, noch besser mit einem 10 — 20mal vergrössernden Mikroskop kann man den Fortschritt der Entwickelung leicht beobachten. Wenn die Augen des Embryo als schwarze Punkte dem blossen Auge des Beobachters sichtbar werden, sind die Eier leicht ohne Verluste zu transportiren, sie sind in diesem Stadium unversehrt wiederholt von Amerika nach Deutschland, von Eng- land nach Australien gebracht worden. Bis zum Sichtbarwerden der Augen sind die Eier gegen Druck und Erschütterung sehr empfindlich, da der Embryo noch ausserordentlich zart ist, längere Zeit nach dem bei 20 R. 81 Tage 40 5? ^ 11 49 n 6° 71 " 11 31 11 11 80 „ 23 11 „10O „ 15 *i 474 Die künstliche Fischzucht. Schwarz werden der Augen wird durch die fortwährenden Bewegungen des Embryo die Eischale allmählich verdünnt und durch Stösse beim Transport leicht gesprengt. Nach vergleichenden Untersuchungen von Ainsworth an Lachs- eiern mit Brutwasser von verschiedener Temperatur werden die Augen sichtbar schlüpfen die Fischchen aus 165 Tage nach der Befruchtung. 73 47 rr* 11 11 11 11 ,JLJ 11 11 11 11 Zur Versendung der angebrüteten Eier eignen sich vorzüglich die ursprünglich von Mather nur für diesen Zweck construirten Eisschränke. Man bedeckt die Eier in jeder Schieblade mit einem feuchten Flanell- lappen und legt darüber eine so dicke Schicht feuchter Watte oder reinen Torfmooses, dass dieselbe bis zum Boden der nächst höhern Schieblade reicht, eine Verschiebung der Eier also bei richtiger Stellung des Eis- schrankes nicht vorkommen kann; die obere Schieblade wird mit Eis gefüllt und der ganze Eisschrank in einen grösseren Kasten gestellt, in dem er ringsum von trocknem Stroh, Moos, Sägespähnen oder dergleichen umgeben wird, um äussere Wärme und Kälte abzuhalten und das ablaufende Schmelzwasser aufzusaugen. Natürlich muss dieser Kasten mit entsprechender Bezeichnung und bequemen Handhaben versehen sein, damit er nicht auf dem Transport in ungeeigneter Weise behandelt werde. Gewöhnlich werden die Eier in anderer Weise verschickt. Eine Holzspahnschachtel von entsprechender Grösse wird in Wasser gestellt und ihr Boden etwa 2 ein hoch mit reinem, zuvor einige Stunden in Wasser geweichtem Torfmoos (Sphagnum) bedeckt. Darauf legt man eine einfache oder mehrfache Schicht der Eier, bedeckt diese mit einer dünnen Moosschicht und fährt so abwechselnd fort, bis die Schachtel gefüllt ist. Nimmt man sie nun aus dem Wasser heraus, so sinkt durch Ablaufen des Wassers der Inhalt etwas zusammen, man legt noch eine Moosschicht auf und schliesst dann den Deckel, der das Ganze gelinde zusammen- drücken muss. Die Eierschachtel wird dann in eine zweite grössere gesetzt, in der sie mit trocknem Moos oder Sägespähnen umgeben wird, und hält so einen weiten Transport aus. Man kann die Eier auch in mehrfachen Schichten zwischen feuchten Wattelagen verpacken, immer müssen sie aber schliesslich mit einer dicken trocknen Schicht von Watte, Moos oder anderen schlechten Wärmeleitern umschlossen sein. Verpackung und Versendung der Fischeier. 475 Die vorzüglichste, namentlich für Versendung der Eier auf grosse Entfernungen hin zu empfehlende Verpackung wird in folgender "Weise ausgeführt, Rahmen von weichem Holz, deren Dicke der Grösse der zu verpackenden Eier entspricht, werden einerseits mit Flanell, Parchend oder Fries straff überzogen, so dass sie also flache Kasten bilden, die unter Wasser mit einer einfachen Lage von Eiern gefüllt werden. Die Eier werden mit einem passend zugeschnittenen und stark angefeuchteten Fig. 225. Verpackungsweise von Fischeiern für weite Transporte. Stück Fries zugedeckt, and es werden 10 — 15 solcher Rahmen über einander geschichtet und fest zusammengebunden, nachdem unter den ersten und über den letzten ein Brettchen von gleicher Grösse gelegt ist. Der ganze Stoss wird dann mit einer Lage feuchter Watte umhüllt, darauf in trockene Watte eingewickelt und mit trockenem Moos oder Sägespähnen in einer passenden Kiste verpackt. Die Eier halten sich so verwahrt mehrere "Wochen lang vorzüglich gut und sind am leichtesten auszupacken und in die Brutkasten zu übertragen. Dieselben Rahmen können natürlich immer wieder zu neuen Transporten benutzt werden. Um die gefahrlose Versendung der angebrüteten Fischeier mit Posten und Eisenbahnen hat sich der deutsche Fischereiverein ein grosses Verdienst erworben. Auf seinen Antrag werden nämlich die mit einer eigenen Adresse, auf welcher sich ein rother Lachs befindet, versehenen Poststücke mit besonderer Vorsicht behandelt, vor Stössen, Hitze und Kälte geschützt und mit grösster Schnelligkeit, auch mit den Courierzügen befördert. Adressen dieser Art sind vom deutschen Fischereiverein zum Preise von 50 Pf. pro 100 Stück zu beziehen. Sind die Eier an ihrem Bestimmungsort angekommen, so werden die in Eiskasten transportirten nur von den aufgelegten Watten befreit und wie bisher mit Eis versorgt. Die Schachteln, welche in Moos, Flanell oder in Rahmen verpackte Eier enthalten, werden geöffnet, mit Wasser wiederholt angefeuchtet und allmählich ausgepackt, wobei natürlich die in 476 Die künstliche Fischzucht. Moos liegenden Eier die meiste Arbeit verursachen, weil die Moos- und Holzstückchen sorgfältig ausgesucht werden müssen. Bei guter Verpackung und Behandlung geht von den. selbst auf weite Strecken versandten Eiern meistens nur 1/2 bis 1 pCt. verloren. Bei der Versendung der Eier ist man meistens in der Lage, sie zählen zu müssen. Es ist natürlich nicht daran zu denken, dies im eigentlichen Sinne des Worts zu thun, vielmehr richtet man sich nach Fig. 226. Eiermaass und Siehlöffel zum Schöpfen und Umrühren. mehrmaliger Zählung und Messung siebartig durchlöcherte Maasse ein, die eine bestimmte Menge von Eiern einer oder der anderen Grösse ent- halten. In die Maassgefässe werden die Eier unter Wasser eingefüllt und vertheilen sich so am gleichmässigsten. Von den bei uns für die künstliche Fischzucht bisher in Betracht kommenden Eiern misst das der Maräne und des Schnäpels durchschnitt- lich 3 mm im Durchmesser, das der Aesche 4, der Bachforelle 5, des Lachses 6 — 7 mm. Aus der folgenden Tabelle kann man leicht ersehen, wie viel von diesen oder anderen Eiern auf einem Quadratdecimeter Fläche, wie viele in einem Cubikdecimeter (Liter) Platz finden und welchen Raum 1000 Eier der verschiedenen Grössen einnehmen. Absicht- lich ist die Tabelle nicht kurzweg für Lachs-, Forellen- und andere Eier aufgestellt, weil die Eier bei verschiedenen Fischen derselben Art in der Grösse oft ausserordentlich variiren, so schwankt z. B. der Durchmesser von Forelleneiern zwischen 4 und 5 mm, der der Lachseier zwischen 5 und 7 mm. Man wird daher wohlthun 10, 20 oder mehr Stück der zu zählenden Eier in gerader Linie an einander zu legen, nach Messung der ganzen Reihe ihre mittlere Grösse auszurechnen und diese in jedem einzelnen Falle der Zählung zu Grunde zu legen. Man würde sich andernfalls, namentlich beim Verkauf von Eiern, leicht Unannehmlich- keiten aussetzen, wenn eine Nachzählung der nach der Tabelle richtig gemessenen Eier eine zu geringe Menge ergäbe. Messen und Zählen der Eier. 477 Grösse Auf 1 Quadrat- Auf 1 Cubik- 1000 Eier des Eies in Decimeter Decimeter (Liter) füllen Cubik- Millimetern finden Platz kommen Centimeter 1 10000 1000000 1 1,5 4356 295408 3,4 2 2 500 125 000 8 2,5 1600 64000 15,6 3 1089 36 926 27 3,5 729 23393 43 4 625 15625 64 4,5 484 10648 94 5 400 8000 125 5,5 361 5832 171 6 256 4574 219 6,5 225 3552 274 7 196 2 924 342 Nach Ablauf der zur Erbrütung erforderlichen Zeit, die für die ver- schiedenen Fischarten sehr verschieden und ausserdem, wie schon be- merkt, von der Temperatur des Brutwassers sehr abhängig ist, fangen zuerst einige wenige Fischchen an, die Eischale zu sprengen und kommen gewöhnlich mit dem Schwänze, seltener mit dem Kopf oder der Dotter- blase voran aus der Schale hervor. Oft gelingt es ihnen erst nach langen, mitunter höchst komischen Anstrengungen sich ganz daraus zu befreien. Sie machen einige schwerfällige Schwimmversuche, werden aber durch das Gewicht der grossen Dotterblase sogleich wieder zu Boden ge- zogen. A uffallender "Weise gehen die mit dem Kopf zuerst hervortretenden Fischchen sehr gewöhnlich zu Grunde. Beim Ausschlüpfen messen die jungen Lachse ungefähr 18 mm, die Forellen 15 mm, die Aeschen 12 mm, die Schnäpel und Maränen 8 mm. Der ganze Körper der jungen Fischchen ist noch glasartig durch- scheinend, am meisten fallen die schwarzen Augen und die halbkugelige oder birnförmige Dotterblase ins Auge. Mit der Loupe erkennt man leicht das am vorderen Rande der letzteren unter dem Halse lebhaft pulsirende Herz und die sich auf dem Dottersack verzweigenden Blutgefässe. Bald schlüpft nun die Mehrzahl der Fischchen aus, und man hat für schleunige Beseitigung der Eischalen zu sorgen, damit diese nicht zur Bildung von Pilzen Anlass geben. Die jungen Fischchen werden mit feinen Gase- 478 Die künstliche Fischzucht. netzen oder dem Sieblöffel in besondere Kasten gesetzt. Es empfehlen sich zu ihrer Aufnahme die flachen Brutkasten von Cement oder Blech und die californischen Apparate. Solange die Dotterblase verhältniss- mässig noch sehr gross und schwer ist, liegen die Fischchen, namentlich Lachse und Forellen, meistens am Boden und machen nur ab und zu einen Schwimmversuch, wenn aber der Dottersack leichter wird, fangen sie an herumzuschwärmen. Sie schwimmen dabei auch häufig in die Höhe, und es muss also das Abflussrohr durch ein Sperrsieb verschlossen werden. Immer nach Verstecken suchend, häufen sich die Fischchen in den Ecken der Brutkasten ausserordentlich an und bilden, unter einander kriechend, dicke Klumpen, die gar nicht genügend vom Brutwasser durch- strömt werden können, so dass häufig viele von ihnen ersticken. Man Fig. 227. Verstecke für die Fischbrut. kann solche Anhäufungen entweder durch vollständige Verdunkelung der Brutkasten oder dadurch vermeiden, dass man an verschiedenen Stellen des Kastens kleine aus Thon gebrannte Gestelle aufstellt, unter denen =£> x) Fig. 228. Junge Forellen in natürlicher Grösse. sich die Fischchen besser vertheilen. Diese Verstecke sind natürlich jederzeit leicht aufzuheben und wieder einzusetzen, so dass die Con- trole dadurch in keiner Weise erschwert wird. Uebrigens kann auf den Sieben der californischen Apparate, die von unten her vom Wasser durchströmt werden, die Anhäufung der Fischchen nie so nachtheilige Transport der Fischbrut. 479 Folgen haben, wie in den gewöhnlichen Bruttrögen. Bis zum fast voll- ständigen Verschwinden der Dotterblase lässt man die Fischchen nun ungestört in den Behältern, sie brauchen, von den Dotterresten zehrend, noch keine Nahrung, wachsen nur langsam, werden aber allmählich dunkler, undurchsichtiger und in der Form fisch ähnlicher. Wie bei allen Thieren, kommen auch bei den Fischen nicht selten Missgeburten vor, namentlich findet man häufig solche mit 2 Köpfen oder 2 Schwänzen. In grosser Masse treten mitunter solche auf, deren Leib nicht gerade gestreckt, sondern C-förmig um den Dottersack gebogen ist, und die bei jedem Versuch, sich vorwärts zu bewegen, sich nur im Kreise um den Dottersack drehen. Alle Missbildungen sterben nach längerer oder kürzerer Zeit ab, und es ist daher zweckmässig, sowie man sie auf- findet, sie aus den Trögen zu beseitigen. Die Brutanstalten beschäftigen sich mit ihren Pfleglingen nur bis zum Verschwinden des Dottersackes und setzen sie dann, sobald sie flink und beweglich genug geworden sind, in Freiheit. "Wenn die Anstalt nicht an einem Laichplatz der betreffenden Fische angelegt ist, so bedarf es in den meisten Fällen eines längeren oder kür- zeren Transportes der Brut bis zu ihrem Bestimmungsorte. Zu Trans- portgefässen wählt man am besten runde oder ovale Blechkannen mit stark verengtem Halse, die bis oben hin mit Wasser gefüllt sein müssen, Fig. 229. Transportkannen für Fischbrut, Durchschnitt und Ansicht. um eine zu starke Bewegung und Erschütterung der Fischchen zu ver- meiden. In den Hals wird ein genau passendes cylindrisches Blechgefäss mit Siebboden gesteckt, welches mit Eis gefüllt wird, um eine niedrige Temperatur zu erhalten. Für weitere Transporte setzt man die Kanne bei wärmerer Witterung vortheilhaft in einen mit einem Gemisch von Eisbrocken und trockenen Sägespähnen gefüllten Korb. Je kühler das Wasser gehalten wird, um so grösser kann die Zahl der in der gleichen 480 Die künstliche Fischzucht. Wasserniasse transportirten Fischchen sein, eine Kanne von 50 cm Durchmesser kann, wenn die Wasserwärme nicht über 5—8° C. steigt, 10,000 junge Lachse aufnehmen. Ton grossem Nutzen für das Wohlbefinden der auf dem Transport eng zusammengedrängten Fischehen ist eine ausgiebige Lüftung des Wassers. Für die Coregonen ist dieselbe zwar nicht nothwendig und muss, wenn überhaupt gelüftet werden soll, eine starke Bewegung des Wassers möglichst vermieden werden. Für Lachs- und Forellenbrut ist dagegen eine gehörige Durchlüftung des Wassers erforderlich. Am einfachsten geschieht dieselbe, indem man nach v. Rueff1) und Mille t2) durch einen bis auf den Grund des Wassers geführten Gummischlauch mit einem Blase- balg von Zeit zu Zeit Luft einbläst. Um eine feinere Zertheilung und vollkommenere Auflösung der Luftblasen im Wasser zu erzielen, wird am Ende des G ummischlauchs eine Giesskannenbrause mit engen Oeff- nungen angebracht und wohl noch mit Zeug bebunden. An der abge- bildeten Transportkanne ist eine solche Vorkehrung gleich fest angebracht. Beim Transport auf Landwegen müssen die Kannen auf einer dicken Stroh- oder Heuunterlage stehen, um möglichst wenig erschüttert zu werden, auch kann man sie zwischen den Leiterbäuman eines Leiter- wagens aufhängen und muss dann durch langsames Fahren zu starke Schwingungen vermeiden. Das Aussetzen der Fischchen soll möglichst an solchen Orten ge- schehen, welche von den erwachsenen Fischen derselben Art zum Laichen aufgesucht werden, oder doch in ihrem Charakter deren Laichplätzen ent- sprechen. Ist die Temperatur des Wassers an diesen Stellen von der- jenigen in der Transportkanne sehr verschieden, so ist es vortheilhaft einen allmählichen Ausgleich herbeizuführen, indem man entweder die Transportkanne in den Bach oder See hineinstellt, oder ihr Wasser theil- weise abgiesst und aus dem zu besetzenden Gewässer nach und nach er- gänzt. Lachse, Forellen und Aeschen werden in Bächen ausgesetzt, wo das Wasser flach über Steine und Kiesgrund strömt, die Coregonen unweit der Seeufer an nicht zu tiefen Stellen, wo der Grund dicht mit Charen, Laichkräutern etc. bewachsen ist. Es ist sehr zu empfehlen, die Fischchen nicht in grosser Menge an einer Stelle freizulassen, sondern sie mehr zu vertheilen, damit sie weniger die Aufmerksamkeit ihrer Feinde erregen und sich reichlicheres Futter verschaffen können. 1) Hamm Agronomische Zeitung 1854. EX. p. 442. 2) Bull, de la Societe d'encouragement pour l'industrie nationale octoh. 1856. Die Brutanstalten in Ost- und "Westpreussen. J(s| Die Brutanstalten in Ost- und Westpreussen. Schon in den dreissiger Jahren unseres Jahrhunderts brütete K. E. von Baer in Königsberg die Eier verschiedener Fischarten und an demselben Orte brachte August Müller seit 1860 (wie schon von 1852 an in Berlin) jährlich Neunaugeneier zur Entwickelung, aber beide Gelehrte verfolgten bei ihren Arbeiten zunächst nur rein wissenschaftliche Zwecke. Im Jahre 1840 machte Herr Hensche in Pogrimmen gelungene Yersuche, künstlich befruchteten Hechtlaich zu erbrüten, und in den sechziger Jahren beschäftigte sich Herr Haack, jetzt Director der kaiser- lichen Fischzuchtanstalt bei Hüningen, damals in Saalfeld in Ostpreussen wohnhaft, mit der Ausbrütung des Laiches verschiedener Fische. Eigentliche Brutanstalten entstanden jedoch erst später, und zwar in nachstehender Eeihenfolge : 1. Die Brutanstalt in Pogrimmen bei Darkehmen. Eigen- thümer: Herr Hensche. Gegründet 1871. Das Bruthäuschen wurde aus doppelten Bretterwänden, deren. Zwischenraum mit Häcksel gefüllt ist, an einen Kind vieh stall angebaut und wird durch denselben frost- frei gehalten. Das "Wasser gelangt aus einem benachbarten Bache in eine Cisterne am Boden des Bruthauses und wird mehrmals täglich in zwei hochstehende Blechbehälter gepumpt. Als Brutapparate dienen grosse flache Blechkasten mit Glasrosten und californische Tröge. Von 1872 bis zum Frühjahr 1880 wurden gebrütet: 20 000 Lachse, 100 000 Bachforellen, 50 000 Seeforellen, 3000 Saiblinge, 20 000 Felchen, 30000 Maduemaränen und 2 — 3000 Lachsbastarde. Die Fischchen sind in die Angerapp und Rominte, den Mauer- und Uszblenker See gesetzt, Bach- und Seeforellen werden jetzt schon in grossen Exemplaren gefangen, erstere laichen bereits in Menge in den Bächen. Erwachsene Coregonen haben sich noch nicht gezeigt. 2. Die Brutanstalt in Pelonken bei Oliva. Eigenthümer: Herr Collins. Seit 1871 wurden in Coste'schen Brutkacheln, seit 1874 in flachen grossen hölzernen Kästen auf Glasrosten selbst gewonnene und künstlich befruchtete Bachforellen eier gebrütet. Das Wasser wurde aus einem oberhalb gelegenen Quellteiche durch Thonröhrenleitung zugeführt. Seit 1875 sind im Parterre eines massiven Anstaltsgebäudes drei Cementtröge von 2,5 x 0,6 m aufgestellt, in denen auf Glasrosten jährlich 40 — 80000 selber gewonnene Bachforelleneier gebrütet werden. Für jeden Cement- trog ist ein eigener Kiesfilter mit 1 m dicker Kiesschicht aufgestellt. Die ausgeschlüpften Fischchen werden theils verkauft, theils in Teichen und Bächen aufgezogen. 3. Die forstfiscalische Brutanstalt in Freudenthal bei Oliva. 31 4 £2 Di° künstliche Fischzucht. Leiter: Herr Oberförster Liebeneiuer. Gegründet 1873. Bretter- häuschen mit Pappdach. Ein Bach bildet oberhalb der Anstalt ein Bassin, aus welchem das Wasser in das Bruthaus gelangt. Grosses Klärbassin von Cement. Zwei grosse Cementtröge zur Aufbewahrung der reifen Milchner und Kogener, später zur Aufnahme der ausgeschlüpften Fisch- chen. 6 flache Cementtröge mit Glasrosten für ca. 150000 Forelleneier. "Wilmot'sche Trichter und californische Tröge. Bis zum Frühjahr 1880 wurden gebrütet 286000 Lachse, 270000 Bachforellen, 27000 Lachs- bastarde, 51000 Seeforellen, 53000 Saiblinge, 19000 Maduemaränen, 40000 Felchen, 20000 Schnäpel. Die Bachforelleneier werden an Ort und Stelle selber gewonnen. Die Fischchen wurden theils verkauft, theils in der Nähe ausgesetzt, und zwar Lachse in die Bheda, Passarge und Ferse, Bachforellen in die dem Putziger Wiek zufliessenden Bäche, Maränen und Felchen in Seen der Kreise Pr. Stargard und Berent, Schnäpel in ein Küstenfiüsschen bei Glettkau. Lachsbastarde und Saiblinge werden jetzt nicht mehr gebrütet. 4. Die Brutanstalt in Schönthal bei Dt. Krone. Leiter: Herr Oberförster Ahlborn. Gegründet. 1876 aus Staatsmitteln, unter- halten vom Kreise Dt. Krone. Massives Bruthaus 9 x 6 m gross, mit Pappdach. Brutwasser von + 4° R. aus einer 100 m oberhalb entsprin- genden Quelle. Klärbassin. Kiesfilter. Das "Wasser gelangt durch eine mit kleinen Löchern versehene Rinne in vielen feinen Strahlen in die Brutapparate. Cementtröge mit Glasrosten, californische und Wilmot'sche Apparate. Bis zum Frühjahr 1880 wurden gebrütet 101000 Lachse, 120000 Seeforellen, 50000 Bachforellen, 25000 Felchen, 12000 grosse Maränen. Die Lachs- und Forelleneier wurden zum Theil selber gewon- nen, die erbrüteten Fischchen theils verkauft, theils ausgesetzt, und zwar Lachse in die Pilow und Döberitz, Forellen in die Pilow, Döberitz, Pliet- nitz, Rohra, die Coregonen in Seen des Kreises. Ausserhalb des Brut- hauses sind 13 grössere und kleinere Bassins zur Aufnahme von Winter- laichfischen und zur Züchtung von Karpfen und Schleihen gegraben. 5. Die Brutanstalt des Fischereivereins in Ludwigsort. Leiter: Der Schriftführer des Vereins. Im Jahre 1877 winde ein 3 X 2 m grosses Bretterhäuschen aufgestellt, welches einen Kiesfilter und einen grossen hölzernen Bruttrog zur Aufnahme von Glasrosten für ca. 20000 Bachforelleneier enthielt. Das aus einem oberhalb gelege- nen Teiche zugeführte Wasser, welches den Winter hindurch gut war, wurde bei Thauwetter durch Zufluss schädlicher Stoffe unbrauchbar, so dass die Eier anderweitig untergebracht werden mussten. Die kleine Anstalt wird seiner Zeit an anderer Stelle aufgestellt werden. Die Brutanstalten in Ost- und Westpreussen. 483 6. Die Brutanstalt des Fischereivereins in Sternfelde bei Sensburg. Leiter: Herr Hauptmann a. D. Petzelt. Angelegt 1877 in einem durch Verschlage abgegrenzten Theile eines Yiehstalles. Das Wasser eines Mühlenteiches passirt einen Kies- und einen amerikani- schen Filter. Als Brutapparate dienen californische Tröge, zur Aufnahme der ausgeschlüpften Fischchen Cementkasten. Raum für 500000 Eier. Bis zum Frühjahr 1880 wurden gebrütet 18000 Bachforellen, 10000 See- forellen, 40 000 Schnäpel, 15000 Maduemaränen , 200000 Felchen; die Bachforellen wurden in den Cruttinnfluss, die Seeforellen und Coregonen in verschiedene Seen der benachbarten Kreise gesetzt. 7. Die Brutanstalt des Fischereivereins in Königsberg. Leiter: Der Schriftführer des Vereins. Angelegt 1878 in der Werner- schen Doucheanstalt. Wasserleitung aus dem Oberteich. Klärbassin und Kiesfilter von Cement. Californische und Wilmot'sche Tröge zur Ausbrütung für eine Million Eier. Cementkasten zur Aufnahme der ausgeschlüpften Fischchen. Eisbrutschränke. Bis zum Frühjahr 1880 wurden gebrütet 550 000 Lachse, 10000 Bachforellen, 30000 Seeforellen, 430 000 Schnäpel, 80000 Maduemaränen, 60000 Felchen. Die erbrüteten Lachse wurden in die Lepona, Pissa, Minge, Dange und Passarge gesetzt, die Bachforellen in Bäche bei Ludwigsort, die Seeforellen in den Oberteich, die Schnäpel ins frische und kurische Haff, 210000 Eier des Schnäpels wurden ange- brütet an verschiedene Brutanstalten in Deutschland abgegeben. Die Maränen und Felchen wurden in den Nariensee bei Mehrungen gesetzt. 8. Die Brutanstalt des Fischereivereins in Hammermühle bei Marienwerder. Leiter: Herr Landrath Herwig, später Herr Brauereidirector Krause. Angelegt 1878 in einem massiven Gebäude der Brauerei Hammermühle. Das Wasser des beträchtlich höher liegenden Mühlenteiches passirt ein Klärbassin und Kiesfilter von Cement. Einrichtung für eine Million Eier. Bis zum Frühjahr 1880 wurden gebrütet 170 000 Lachse, 20000 Bachforellen, 5000 Seeforellen, 20000 Schnäpel, 150 000 Felchen^ 10 000 Maduemaränen, 28000 Aeschen. Ausgesetzt wurden die Lachse in die Liebe, Brahe und Ferse, die Bachforellen und Aeschen in die Liebe, die Seeforellen in verschiedene Seen des Kreises, die Schnäpel in die Liebe, den Münsterwalder Bach und verschiedene Seen. 9. Die Brutanstalt des Fischereivereins in Waplitz bei Wittmannsdorf , Ostpreussen. Leiter: Herr Panneck. Einge- richtet im Winter 1878/79 in einer frostfreien Malzdarrstube. Drei grosse durch Röhren verbundene Bottiche werden mit Wasser aus dem Maranseflüsschen gefüllt, welches mehrmals am Tage durch eine Druckpumpe in die beiden Kiesfilter gehoben wird, und nach dem Durch- 31* 484 Die IdiDStliehe Fischzucht. 3 qö" CO CO p ü cd" W a CO p- CD 3 CO o CD CD 3J CO 3i »3 Die Brutanstalten in Ost- und Westpreussen. 485 gange durch die Brutapparate (2 californische und 2 "Wilmot'sche Tröge) in die Bottiche zurückfliesst. Es wird nur alle 3 Tage erneuert. Bis zum Frühjahr 1880 wurden 30000 Bachforellen gebrütet, die den benach- barten Quellbächen der Alle übergeben wurden, in welchen schon Exem- plare von 25 — 26 cm Länge beobachtet worden sind. 10. Die Biutanstalt in Nordenthal bei Oletzko. Eigenthümer: Herr Hillmann. Im Herbst 1878 von Herrn He n sehe nach Art seiner Anstalt eingerichtet. Californische Tröge. Bis zum Frühjahr 1880 wurden gebrütet 15000 Maduemaränen, 10000 Felchen, 5000 Bachforellen. Yon den ausgeschlüpften Fischchen wurden die Forellen in verschiedene benachbarte Bäche, die Felchen in den Joschker See, die Maränen in den tiefen Oletzkoer See gesetzt. 11. Die Brutanstalt in Borroschau bei Swaroschin, Westpr. Eigenthümer: Herr Baron von Palleske. Von Herrn Oberförster Lieben ein er im Herbst 1878 in der Borrosehauer Mühle eingerichtet. Zwei californische Tröge. Es werden jährlich ca. 10000 Bachforellen für die benachbarten Bäche gebrütet. 12. Die Brutanstalt in Jankendorf bei Christburg. Eigen- thümer: Herr von Reibnitz. Im Herbst 1878 eingerichtet. Frostfreies Bretterhäuschen von einem mehrere Teiche bildenden Bache gespeist. Fünf californische Tröge. Bis zum Frühjahr 1880 wurden gebrütet 9800 Bachforellen, 9500 Seeforellen, 4800 Lachsbastarde, 16 000 Felchen, 49 000 Maduemaränen. Die Coregonen sind in nahe gelegene tiefe Seen gesetzt, bisher hat man von ihnen noch nichts gesehen. Bach- und See- forellen werden in mehreren Teichen gehalten und bereits in Menge 20—25 cm lang gefangen. Auch kleine Bäche sind mit Bachforellen besetzt worden. 13. Die Brutanstalt in Spengawsken bei Pr. Stargard. Leiter: Herr Majoratsverwalter Jacobsen. Im Herbst 1878 ange- legt. Bretterhäuschen mit einer dicken Rohrlage bekleidet, Californische Tröge und ein Eisbrutschrank. Das Brutwasser wird einem Bache entnommen, der grossentheils von Drainwasser gespeist wird und ober- halb der Anstalt ein kleines Bassin bildet. Filtration durch Bade- schwämme. Bis zum Frühjahr 1880 wurden gebrütet 6000 Lachse, 6000 Lachsbastarde, 25 000 Bachforellen, 20 000 Seeforellen, 20 000 Madue- maränen, 15 000 Felchen. Die Fischchen wurden theils verkauft, theils in Aufzuchtbäche und Teiche, theils in die Seen gesetzt. Bach- und See- forellen sind als Speisefische schon in Menge gefangen worden. 14. Die forstfiscalische Brutanstalt in Lanskerofen. Leiter: Herr Oberförster Yolkmann. Im Januar 1879 in der Alle, 300 m 486 Die künstliche Fischzucht. unterhalb des Ausflusses derselben aus dem Lauster See angelegt. Die californischen Tröge sind auf einem schwimmenden Floss befestigt und mit einem Rohrdach bedeckt. Das Wasser wird durch ein von der hier niemals zufrierenden Alle getriebenes Schöpfrad gehoben und in die Brut- kasten geleitet, Auch das Schöpfrad musste durch eine Rohrhütte gedeckt werden, weil sich sonst zu viel Eis daran bildete. Bei einer zeitweise bis Fig. 231. Schwimmende Brutanstalt mit Schöpfrad in Lanskerofen. auf — 15 Grad R. herabgehenden Lufttemperatur fuuctionirte die kleine Anstalt fortdauernd gut, die Wassertemperatur in den Trögen betrug durch- schnittlich + 3 Grad R. Im Frühjahr 1879 wurden von 10000 Bach- forelleneiern 9500 Fischchen erbrütet und in die Alle gesetzt. Im Winter 1879/80 konnte die inzwischen um 5 californische Tröge vermehrte Anstalt leider nicht in Betrieb gesetzt werden. 15. Die Brutanstalt des Fischereivereins in Sophienthal bei Reichenau, Ostpr. Leiter: Herr Mühlenbesitzer Przyborowski. Im Januar 1879 wurde neben dem Mühlengerinne ein Bretterhäus- chen mit doppelten Wänden und Sägespahnfüllung aufgestellt, das aus dem Gerinne hineingeleitete Wasser passirt einen Kiesfilter. Ein cali- fornischer Trog und ein Holzkasten für die ausgeschlüpften Fischchen. 1879 wurden von 10 000 Bachforelleneiern ca. 8000 Fischchen erbrütet und in die Drewenz gesetzt. Im Winter 1879/80 konnte die Anstalt aus Mangel an Eiern nicht belegt werden. 16. Die Brutanstalt in Sommersin bei Tuchel, Westpr. Eigenthümer: Herr Ohlert. Angelegt im Herbst 1879. Unter einem freiliegenden Mühlengerinne ist durch Bretterverschläge ein schmaler Brut- raum eingerichtet, der durch eine Bekleidung mit Rohr frostfrei gehalten wird. Das Brutwasser gelangt aus dem Mühlenteich durch eine dicke Die Brutanstalten in Ost- und "Westpreussen. 487 Kiesschicht filtrirtin das Leitungsrohr. Als Brutapparate werden californische Troge benutzt. Es wurden 15 000 Maduemaränen und 20 000 Felchen mit einem Yerlust von nur ca. 2000 Eiern erbrütet und in den Alt-Summiner See gesetzt. Eine Erweiterung der Anstalt ist in Aussicht genommen. 17. Die Brutanstalt des Fischereivereins in Althof-Memel. Leiter: Herr Oberfischmeister vonMarees. Angelegt im Herbst 1879 in einem hohen frostfreien Kellerraum. Das "Wasser eines nahen Mühlen- teiches ist vor dem Eintritt in die Kiesfilter in gewundenen Köhren durch einen grossen Eisraum geführt. Californische und Wilmot'sche Tröge für eine Million Lachs-, Forellen- und Schnäpeleier. Flache Cement- und Blechkasten für die ausgeschlüpften Fischchen. Im Winter 1879/80 wurden 300000 Lachs- und 10 000 Forelleneier gebrütet. Am 17.- — 21. April starben in Folge plötzlicher Temperatursteigerung des "Wassers in dem flachen Mühlenteich von -f- 2 auf +12 Grad, trotzdem mehrere Fuhren Eis zum Kühlen des "Wassers verbraucht wurden, 250000 Lachse ab. Der Eest wurde in die Dange gesetzt, die Forellen litten von der "Wärme nicht. Der Eisraum wurde gleich nach Beendigung der ersten Brut- periode eingerichtet um bei starker Hitze im Frühjahr das von der Sonne erwärmte Teichwasser abzukühlen. 18. Die Brutanstalt des Fischereivereins in Makohlen bei Heilsberg. Leiter: Herr Macketanz. Angelegt im Herbst 1879 in einer frostfreien Kammer der Meierei. Das von einer Turbine gehobene Flusswasser gelangt aus einem grossen, sämmtliche "Wirthschaftsräume ver- sorgenden Sammelbassin durch Kiesfilter in 20 californische Brattröge. Im Winter 1879/80 wurden mit bestem Erfolge 35000 Bachforellen gebrütet und in die Simser, Elm und mehrere kleine Zuflüsse derselben gesetzt, wo sie häufig gesehen werden. 19. Die Brutanstalt in Wangotten. Eigenthümer: Herr Werner. Angelegt im Winter 1879/80 unter einer hölzernen Brücke, die einen kleinen Bach überspannt. Ueber demselben ist ein ebener Fuss- boden hergestellt, auf welchem die californischen Tröge ca. 50 cm hoch auf- gestellt sind. Der Kaum unter der Brücke, welcher eine Länge von 7 m, eine Breite von V-fe m hat, ist an den schmalen Seiten durch doppelte Bretterwände abgeschlossen, in deren einer die Thüre sich befindet, während in der anderen ein Fenster angebracht ist. Das oberhalb der Anstalt um IY2 m gestaute Wasser gelangt durch Holzrinnen in den Kiesfilter und aus diesem in die Bruttröge. Das überflüssige Wasser fällt über einen Ueberfall herab und gelangt in die unter dem Fuss- boden des Brutraumes liegende Leitung, die auch das aus den Brut- apparaten abfliessende Wasser aufnimmt. Selbst bei — 20° K. blieb der 488 Die künstliche Fischzucht. Brutraum -f- 2 bis -f- 3° warm und es wurden im Frühjahr 1880 zuerst versuchsweise 5000 Bachforelleneier mit unerheblichem Verluste ausge- brütet. Die Anstalt ist seither mit 12 californischen Trögen besetzt. In ähnlicher Weise waren im Winter 1879/80 versuchsweise zwei californische Tröge mit Forelleneiern in Matzicken bei Heydekrug unter einer Brücke aufgestellt. Die kleine in Fig. 232 skizzirte Anstalt functio- nirte sehr gut bis im Frühjahr ein heftiger Gewitterregen eine Ueber- schwemmung veranlasste, durch welche die Trögejumgestürzt wurden und die Brut in die Sziesze gelangte. Fig. 232. Aufstellung der Bruttröge in Matzicken. 20. Die Brutanstalt des Fischereivereins in Heilsberg. Leiter: Herr Mühlenbesitzer Kiehl. Angelegt im Frühjahr 1880 in einem frostfreien Waschhause. Das Wasser der Sünser wird oberhalb des tiefen Falles abgeleitet. Kiesfilter. Californische Tröge. Die Anstalt, für ca. 100 000 Eier berechnet, konnte äusserer Umstände wegen erst im Herbst 1880 belegt werden. 21. Die forstfiscalische Brutanstalt in Plietnitz bei Jastrow, Westpr. Leiter: Herr Oberförster Hellwig. Angelegt 1880. Brut- haus aus doppelten Bretterwänden, deren Zwischenraum mit Sägespähnen gefüllt ist. 2,5 m lang und breit. Pappdach. 5 californische Tröge. Wasser aus einem 300 m oberhalb entspringenden Bach. Die Anstalt sollte erst im Winter 1880/81 belegt werden. Es sind in diesem Winter an verschiedenen Orten probeweise kleine schwimmende Brutanstalten mit nur einem californischen Troge aufgestellt worden, um den Besitzern, welche demnächst grössere An- stalten einzurichten gedenken, Gelegenheit zu geben, die Entwicklung der Eier und der jungen Fischchen zu beobachten. Diese kleinen An- Die Brutanstalten in Ost- und Westpreussen. 489 stalten, die man überall einrichten kann, wo in Bächen und kleinen Flüssen die Strömung so schnell ist, dass das Wasser selbst bei niedri- ger Temperatur nicht zufriert, bestehen aus einem schwimmenden Holz- rahmen, in dem ein als Bachapparat eingerichteter californischer Trog* so befestigt ist, dass sein Ausflussrohr etwa bis zur Mitte im Wasser liegt. Die gegenüberliegende Siebwand wird gegen den Strom gerichtet, der Fig. 233. Schwimmende Brutanstalt, Durchschnitt und Ansicht. Wasserzufluss durch den Schieber regulirt und das Floss so befestigt, dass es den Veränderungen des Wasserstandes leicht folgen kann. Ein auf dem Floss befestigtes Rohrdach schützt die Eier vor Schnee, Staub und Raubthieren. Bei der niedrigen Wassertemperatur und dem starken Wasserwechsel ist eine Controle der Eier nur seltener erforderlich. In nächster Zeit werden grössere Anstalten zur Aufnahme einiger Millionen Coregoneneier in Angerburg und bei Bischofsburg (an letzterem Orte für die kleine Maräne des Dadeysees) angelegt werden, Anstalten für je einige 100 000 Lachs- und Forelleneier in Lasdehnen an der Szeszuppe, Schwenkitten an der Passarge und Gutstadt an der Alle. Kleinere Anstalten werden in grösserer Anzahl theils von dem Fischerei- vereine, theils von Besitzern eingerichtet. 490 Die Teichwirtschaft. Die Teichwirthschaft. Die Sommerlaichfische setzen im Allgemeinen eine sehr viel grössere Menge von Eiern ab als die Salmoniden, und ihre Brut schlüpft durch- schnittlich schon nach 8 bis 14 Tagen mit einem meistens nur sehr kleinen Dotterrest aus, um sofort nach Nahrung suchend umherzuschwärmen. Für die rationelle Zucht der Sommerlaicher ist daher die Anlage von Brutanstalten nach Art der vorstehend besprochenen weder erforderlich, noch zweckmässig, vielmehr geht ihre Vermehrung und die Entwicklung ihrer Eier am günstigsten in dem wärmeren und wenig bewegten "Wasser von Teichen vor sich. Als Teiche bezeichnen wir stehende Gewässer, die willkürlich trocken gelegt und wieder angestaut werden können; nach der Her- kunft ihres Wassers unterscheidet man, Fluss-, Quell- und Himmels- teiche. Erstere werden aus Flüssen gefüllt, die Quellteiche enthalten auf ihrem Grunde oder am Rande Quellen, die bei reichlichem Zufluss den Abgang eines Baches oder Flusses aus dem Teiche zur Folge haben, die Himmelsteiche werden nur von dem atmosphärischen Niederschlags- wasser gespeist, welches theils direct hineinfällt, theils von den umliegenden höher gelegenen Ländereien abfliesst. Die Teiche können gegraben oder mit Benutzung vorhandener Bodensenkungen dadurch hergestellt werden, dass man den Abfluss des Wassers durch Dämme hindert. Letztere Methode ist als die billigere und schneller zum Ziele führende vorzugsweise zu empfehlen und es lassen sich in dieser Weise fast auf allen Besitzungen, die nicht in voll- kommen ebener Gegend liegen, leicht kleinere oder grössere Teiche anlegen. Seit Jahrhunderten hat sich die Teichwirthschaft fast ausschliesslich mit der Zucht des Karpfens beschäftigt, der auch wegen seiner Genüg- samkeit und Zählebigkeit, seines schnellen Wachsthums, seiner starken Vermehrung und leichten Yerkäufhchkeit im Allgemeinen der dankbarste Zuchtfisch ist. Wir betrachten daher im Folgenden zunächst die Karpfen- teich wirthschaft und werden daran weiterhin einige Bemerkungen über die für andere Fische geeigneten Teiche anschliessen. Es würde zu weit führen, wenn wir hier die Details des Teichbaues, die Anlage der Dämme, Schleusen, Abflussständer, Zapfenhäuser etc. besprechen wollten, die vor- zugsweise doch nur den praktischen Teichwirth interessiren, und aus- führlich in eigenen Lehrbüchern behandelt sind. Wir beschränken uns darauf, von solchen die gediegenen Arbeiten von Horak1) und Nicklas2) 1) W. Horak. Die Teichwirthschaft mit besonderer Eücksicht auf das südliche Böhmen. Prag 1869. 2) C. Nicklas. Lehrbuch der Teichwirthschaft. Mit 84 Holzschnitten. Stettin 1880. Die Karpfenzucht. Der Streichteich. 49 1 zu empfehlen, die auch der kleinste Karpfenzüchter studiren sollte, und aus denen selbst der erfahrenste Teichwirth sich in vielen Fällen guten Eath holen wird. Die Karpfenzucht. Karpfenteiche werden am günstigsten inmitten fruchtbarer Aecker angelegt, umgeben von massigen Anhöhen, gegen Ost- und Nordwinde geschützt, nach Süden hin ganz frei, so dass sie tagüber von der Sonne beschienen und erwärmt werden. Bäume sind an ihren Ufern nicht zu dulden, da jede Beschattung vermieden werden muss, und das abfallende Laub durch seinen Gerbstoffgehalt das "Wasser verunreinigen würde. Der geeignetste Boden für die Anlage von Teichen ist Lehm oder Letten, der kein Wasser in die Tiefe durchsickern lässt, und für die Entwickelung reichlicher Fischnahrung günstige Verhältnisse bietet; Sand- boden ist arm und zu durchlässig, daher namentlich für Teiche mit nur geringem Wasserzufluss unpassend. Das Wasser muss weich und warm sein, Quellwasser ist meistens zu kühl, oft auch zu kalk- oder eisenhaltig, auch das aus Torfmooren abfliessende Wasser ist weniger zu empfehlen als dasjenige von Flüssen oder Seen, am weichsten, wärmsten und nahrungsreichsten ist das von fruchtbaren Aeckern ablaufende Niederschlagswasser. Yon der eigentlichen Karpfenzucht unterscheidet man die Karpfen- haltung, erstere bezweckt die Yermehrung und Aufzucht der Fische, während letztere sich darauf beschränkt, die von Züchtern angekauften jungen Thiere zu marktfähiger Waare heranzum ästen. Für die Karpfen- haltung ist überall Gelegenheit, wo nur ein 1/2 bis 1 m tiefer Teich oder Tümpel mit geeignetem Wasser vorhanden ist, zur Karpfen zucht sind dagegen mehrere Arten von Teichen erforderlich, die man als Streich-, Streck-, Abwachs- und Winterteiche unterscheidet. Der Streich- oder Laichteich dient, wie sein Name sagt, zur Yermehrung der Karpfen. Man wählt zu diesem Zwecke kleine Teiche von nur Y10 bis 1/-2 ha mit möglichst constantem Wasserstand, die leicht zu be- aufsichtigen sind, von der Sonne schnell durchwärmt werden und der Brut reichliche Nahrung bieten. Die Tiefe braucht nur in geringer Ausdehnung etwa 1 m zu betragen, muss aber im allgemeinen nicht über 10 bis 20 cm hinausgehen. Sehr gut ist es, wenn die Teichränder reichlich mit Mannagras (Glyceria fluitans) bestanden sind, an dessen auf dem Wasser schwimmenden Blättern und Stengeln die Karpfen gerne ihren Laich anheften. Um von dem Streichteich alles Ungeziefer, als Karpfen- läuse, Fischegel, Frösche, kleine Hechte etc. fern zu halten, lässt man ihn 492 Die Teichwirthschaft. den Winter über gerne trocken liegen und ausfrieren. Erst bei Eintritt des Thauwetters wird die Abfiussöffnimg des Teiches geschlossen, um ihn durch das Schmelzwasser des Schnees und Regen wieder zu füllen; die Besetzung mit Laichkarpfen niuss erst vorgenommen werden, wenn das Wasser des Streichteiches sich ungefähr zu der Temperatur des Winter- teiches erwärmt hat, in dem die Karpfen bis dahin gehalten wurden. Bei uns pflegt das im Laufe des April, auch wohl erst anfangs Mai der Fall zu sein. Zu Streichkarpfen wählt man gut gebaute, an Flossen und Schuppen vollkommen gesunde Fische von 1^2 bis 2 Kilo Gewicht, grössere Exemplare sind nicht zu empfehlen, da sie zwar sehr viel mehr Laich haben, denselben aber häufig nicht rechtzeitig oder auch gar nicht ablegen. Zu der Zeit wenn die Streichteiche besetzt werden müssen, sind männliche und weibliche Karpfen leicht zu unterscheiden, der Bauch des Rogeners ist im ganzen, namentlich aber in der Aftergegend, gerun- deter und breiter, die hinter dem After gelegene Geschlechtsöffnung (von Fischern und Fischzüchtern komischer Weise Nabelloch genannt) erscheint grösser, geröthet und stark wulstig, während sie beim Milchner enger und etwas eingezogen zu sein pflegt. Durchaus verwerflich ist es, die Fische zur Untersuchung des Geschlechts so stark zu drücken, dass un- reifer Rogen oder Milch ausgepresst wird. Sie werden dadurch krank gemacht und häufig fortpflanzungsunfähig. Durchschnittlich werden bei Besetzung der Streichteiche je 8 bis 10 Rogener und 4 bis 6gleichg rosse Milchner pro Hektar gerechnet, denen man noch 1 bis 2 etwas kleinere Männchen als sogenannte Anhetzer beigiebt. Bei günstiger Witterung beginnt der Strich schon Ende Mai, eine Wasserwärme von 15 — 20° C. ist ihm am günstigsten. Die Karpfen setzen gewöhnlich ihren Laich in 3 durch 8 — 14tägige, oft auch noch längere Pausen getrennten Perioden ab, so dass jeder Streichteich Brut von 3 verschiedenen Grössen zu enthalten pflegt. Das Laichen findet meistens in den frühen Morgenstunden statt, der Rogener zieht, von mehreren Milchnern begleitet, laut plätschernd am Ufer hin und setzt seinen Laich an Kraut und Gräser, gerne auch an Wachholderzweige, die man im flachen Wasser an dem Grunde befestigt, und die eventuell zur Versendung der Eier heraus- genommen werden können.1) Während der Laichzeit muss in der Umge- bung der Streichteiche jede Störung vermieden werden, Vieh und Enten 1) Die Versendung von mit Karpfenlaich besetztem Kraut und Wackholderstrauch ist zuerst von Eckardt in Lübbinchen mit bestem Erfolge ausgeführt worden, der Laich kommt auch nach mehrtägiger Eeise gesund an und die jungen Fischchen schlüpfen 1—2 Tage nachdem er wieder ins "Wasser gesetzt ist aus. Die Karpfenzucht. Streich- und Streckteiche. 493 dürfen an dieselben niemals herankommen , auch Frösche vertilgen viel Laich und junge Fischchen, sind also möglichst zu beseitigen. Nach Beendigung des Striches ist es vortheilhaft, die Streichkarpfen aus dem Teiche herauszunehmen, was in kleinen und flachen Teichen leicht und ohne Störung geschehen kann; darin gelassen, beschränken sie nicht nur ihre Brut in der Nahrung, sondern fressen auch wohl einen Theil ihrer Nachkommenschaft gleich nach dem Ausschlüpfen selber auf. Im Durch- schnitt darf man erwarten von einem Rogener 1000 — 1500 Stück Brut im Herbst vorzufinden, obwohl ja die Zahl der abgelegten Eier ausserordentlich viel grösser ist. Die jungen Thiere erreichen bis zum October eine Länge von 8 — 12 cm und es wiegen 100 Stück 1 — 2J/2 Pfund. Im allgemeinen wählt man zu Streichteichen am besten Himmels- teiche, da diese eine grössere Sicherheit gegen das Eindringen anderer Fische und des verschiedenen Ungeziefers bieten. In Teichen, die mit Flüssen oder anderen Gewässern in einer, wenn auch abgesperrten, Ver- bindung stehen, finden sich leicht junge Hechte ein, die unter der Karpfenbrut die schrecklichsten Verwüstungen anrichten. Allerdings sind auch Himmelsteiche dagegen nicht absolut sicher, da befruchteter Hechtlaich mitunter von Enten und anderen Wasservögeln an den Federn von einem Gewässer in andere übertragen wird. Gelangen (etwa durch eine mangelhaft verschlossene Verbindung mit Flüssen oder Teichen) Karauschen im laichfähigen Alter in einen Streichteich, so ist das ein grosser Uebelstand, da sie mit den Karpfen Bastarde erzeugen (s. S. 109), welche durch ihre schlechte Beschaffenheit das Renommee einer Teich- wirtschaft total verderben können. Der Vortheil, welchen die Verbindung eines Streichteiches mit anderen Gewässern bietet, liegt in der Möglichkeit, ihm augenblicklich frisches Wasser zuführen zu können, wenn etwa in heissen Sommern sich seine Temperatur zu stark erhöhen oder der Wasserstand zu niedrig werden sollte. Ausserdem kann in solchen Teichen, wenn sie an einer kleinen Stelle eine Tiefe von 1 — l1^ m haben, und aus den benachbarten Ge- wässern den Winter hindurch ein massiger Wasserzufluss stattfindet, die Karpfenbrut nöthigenfalls bis zum Frühjahr stehen bleiben, während sie in ganz abgeschlossenen Himmelsteichen, die im Winter bis auf den Grund ausfrieren würden, im Herbst abgefischt werden muss. Streckt eiche nennt man diejenigen Teiche, in welche die jungen Karpfen eingesetzt werden, um heranzuwachsen oder sich zu strecken. Da kleine Fische nebeii grösseren derselben Art schlecht gedeihen, weil sie von ihren stärkeren Genossen in der Nahrung geschmälert werden, so legt man für die ersten Jahrgänge vortheilhaft verschiedene Streck- 494 Die Teichwirthschaft. teiche au, die man als solche erster und zweiter Ordnung unter- scheidet. Die mehrjährigen Karpfen sind in der Grösse nicht mehr so verschieden, dass man sie getrennt zu halten brauchte. Zur Bezeichnung der verschiedenen Altersstufen der Karpfen bedient man sich der verschiedensten Namen, die in der abweichendsten und unzweckmässigsten Weise gebraucht werden. So spricht man von ein-, zwei-, dreijähriger Karpfenbrut, Streichbrut, von Strich, Satz, Samen, Büttlingen, Streck, Streckern, Auszug etc., so nennt Einer dreijährige Brut, was der Andere als einhitzige Setzlinge bezeichnet, und es ist eine so lächerliche und unsinnige Verwirrung in der Terminologie eingerissen, dass, wenn man von einjährigen Karpfen sprechen hört, darunter eben- sowohl solche von 5 wie von 20 Monaten verstanden sein können. Vernünftiger Weise kann man als Strich oder Brut die im Früh- jahr geborenen Karpfen nur bis zum Herbst, oder, da sie im Winter nicht wachsen, bis zum nächsten Frühjahr, also bis zur Vollendung ihres ersten Lebensjahres benennen, im übrigen ist es am einfachsten die Fische nach der Zahl der verlebten Sommer als ein-, zwei-, dreisömmerige etc. zu bezeichnen. Die Karpfenbrut ist im Herbst ihres Geburtsjahres, und ebenso noch im nächsten Frühjahr einsömmerig, unter zwei-, drei- sömmerigen Karpfen kann niemand etwas Falsches verstehen. Unbe- quemer wäre es, die Karpfen nach ihrem Alter an Jahren zu bezeichnen, man würde dann z. B. den zweisömmerigen Karpfen im November ein- undeinhalbjährig, im Februar einunddreivierteljährig, im Mai zweijährig nennen müssen. Die Streckteiche erster Ordnung sind demnach zur Besetzung mit einsömmerigen Karpfen bestimmt. Man wählt diese Teiche möglichst in ähnlicher Lage und Beschaffenheit wie die Streichteiche, doch können sie 1 — 2 ha gross und durchschnittlich i/g — 1 ni tief sein, müssen jedoch flache Bänder haben. Mannagras am Ufer und eine massige Vegetation von Schilfrohr, Kalmus, Bohrkolben (Typha) und Schwertlilien (Iris) an den Teichrändern bilden gleichzeitig eine Zierde für den Teich und Gelegenheit zur Entwicklung niederer Thiere, die neben vegetabilischen Stoffen den Fischen zur Nahrung dienen. In den von grösseren Gewässern gespeisten Streckteichen finden sich auch Laichkräuter (Potamogeton), Wasserlinsen (Lemna) und andere Wasserpflanzen leicht ein, deren Ueber- handnehmen man nicht dulden darf. Die Streckteiche können ab und zu als Viehtränke benutzt werden, indem der in das Wasser gelangende Mist die Entwickelung niederer, als Fischnahrung dienender Thiere be- günstigt. Andere Fische sollten neben den einsömmerigen Karpfen nicht geduldet werden, von diesen letzteren rechnet man je nach der Qualität Die Karpfenzucht. Streckteiche. Abwachsteiche. "Winterteiche. 495 der Teiche 3 — 800 Stück pro Hektar, die dann bis zum Herbst ein Gewicht von je Y2 — 1 Pfund erreichen. Die Streckteiche zweiter Ordnung können noch grösser, tiefer und pflanzenreicher sein als die vorigen, man besetzt sie pro Hektar mit 2 bis 400 Stück zweisömmerigen Karpfen, denen in diesen Teichen auch einige kleine Schleihen und Aale beigegeben werden können. Die Streck- teiche werden gewöhnlich im Herbst abgefischt, den Winter über trocken gelassen, um das Ungeziefer zu zerstören, und erst im Frühjahr wieder gestaut und besetzt. Unter den bei den Streichteichen besprochenen Bedingungen kann gelegentlich auch in Streckteichen der Besatz den Winter über belassen und erst im Frühjahr abgefischt werden. In den Streckteichen zweiter Ordnung erreichen die Karpfen durch- schnittlich ein Gewicht von l1/* — V-fe Pfund. Sie können zwar schon in dieser Grösse als Speisefische verkauft werden, doch ist es vortheil- hafter, sie bis zum Gewicht von 2 — 21J2 Pfund heranzuziehen. Schwerere Karpfen zu züchten ist nicht rationell, da sie in höherem Alter bei gleichem Futterverbrauch weniger Fleisch produciren als jüngere Thiere. Zur Aufnahme der dreisömmerigen Karpfen dienen die Abwachs- teiche, in welchen sie je nach der Nahrhaftigkeit derselben in 1 bis 2 Jahren das gewünschte Gewicht erlangen. Um eine erhebliche Anzahl dieser grösseren Fische aufnehmen und ernähren zu können, müssen die Abwachsteiche natürlich von bedeutenderer Grösse sein, sie dürfen auch nicht zu flache Uferränder haben, an welche sonst die grossen Karpfen nicht herankommen können, und müssen tief genug sein. und genügenden Wasser- zufluss haben, um ihre Besatzung sicher zu überwintern. Da tiefe und deshalb kühlere Teiche weniger Nahrung für die Karpfen produciren als flache Gewässer, so können die Abwachsteiche nur schwächer besetzt werden, man rechnet je nach der Güte ihres Bodens 150 — 250 Stück dreisömmerige Karpfen pro Hektar. Schleihen und Aale, welche den Grund stark durchwühlen, und dort Futter aufsuchen, das den Karpfen doch nicht zu gute kommen würde, sowie Zander und kleine Hechte können vorth eilhaft in den Abwachsteichen gehalten werden. In Teichen, die mit anderen Gewässern in Verbindung stehen, finden sich gewöhnlich grosse Massen von Brut der Plötze, des Rothauges und anderer Weiss- fische ein. Diese geringwertigen Thiere, welche heranwachsend den Karpfen die Nahrung beschränken würden, sollen durch die Zander und Hechte vertilgt und nutzbar gemacht werden. Es kommt häufig vor, dass Karpfen in den Abwachsteichen schon laichen und die junge Karpfen- brut neben den grossen Fischen natürlich nur kümmerlich gedeiht. Auch diese unnützen Kostgänger werden durch die Raubfische, die jedoch 496 Die Teichwirtschaft. nicht so gross sein dürfen, dass sie den älteren Karpfen gefährlich werden können, gefressen und verwerthet. Die Kaubfische sind daher für die Abwachsteiche von grosser Wichtigkeit, im Allgemeinen setzt man zu je 100 Karpfen, 5 Hechte und etwa ebensoviel Zander. Die Besetzung der Abwachsteiche erfolgt gewöhnlich bei der Herbstabtischung der Streck- teiche, auch ihre Abfischung wird im Herbste vorgenommen. Winterteiche, Kammerteiche oder Winterungen sind in Karpfenzuchten zur gefahrlosen Ueberwinterung der ein- und zwei- sömmerigen Fische erforderlich, denn einerseits würde es schwierig sein, alle einzelnen Streich- und Streckteiche, selbst Avenn sie winterungsfähig wären, zu überwachen, und andererseits ist das Ausfrieren des über Winter trocken gelegten Teichbodens das beste Mittel zur gründlichen Zerstörung des Ungeziefers. Zuverlässige Winterteiche sind daher ein not- wendiges Erforderniss einer gedeihlichen Karpfen zu cht; wo sie nicht vorhanden sind, muss man sich auf blosse Karpfenhaltung beschränken. In grösseren Teichwirtbschaften müssen mehrere Winterteiche zur Aufnahme der verschiedenen Alterstufen der Karpfen und der Raubfische vorhanden sein. Der Winterteich muss eine möglichst geschützte Lage, constanten Wasser- stand, eine Tiefe von 3 — 4 m und wo möglich regelmässigen Wasser- zufluss haben. Drain- und Quellwasser, welches im Winter eine höhere Temperatur hat, ist dem Bach- und Flusswasser vorzuziehen, auch die Speisung aus grösseren Teichen oder Seen ist zu empfehlen. Die Ufer des Winterteiches müssen steil abfallen, der Boden muss fest, nicht schlammig und an einer, Stelle von entsprechender Grösse besonders ver- tieft sein. An dieser tiefsten Stelle, welche man das Winterlager oder die Fischst ätte nennt, sammeln sich die Karpfen bei eintretendem Frost und bleiben dort, bis sich das Wasser wieder erwärmt, ruhig liegen. Sie müssen vor jeder Beunruhigung geschützt werden , da sie andernfalls aufgeschreckt umherschwimmen, an die Oberfläche kommen und vielfach an der Unterseite des Eises anfrieren und zu Grunde gehen. Es darf daher über den Winterteich nicht gegangen oder gefahren werden, das Schlittschuhlaufen ist auf demselben ebensowenig zu dulden wie die Gewinnung von Eis zur Füllung der Eiskeller. Teiche mit regelmässigem reichlichen Wasserzufluss könnten zwar auch ohne das Aufhauen von Luftlöchern ungefährdet ihren Besatz überwintern, rathsam ist es aber auch auf ihnen, wie es bei solchen mit spärlichem oder unterbrochenem Zufluss stets geschehen muss, in einiger Entfernung von der Fischstätte 3 bis 4 grosse Wuhnen zu schlagen, die regelmässig offen gehalten werden müssen, um der Luft den Zutritt zum Wasser zu gestatten. Man kann das Zufrieren dieser Oeftnungen dadurch verhindern, dass man grosse Stroh- Dio Karpfenzücht Schädlichkeit der Frösche. 497 bunde in senkrechter Stellung- darin befestigt. An den täglich zu revidirenden Eislöchern zeigen sich, wenn aus irgend einem Grunde eine Fäulniss oder Verderbniss des Wassers eintritt, zahlreiche vom Grunde aufsteigende kleinere und grössere Luftblasen, todte Käfer und andere Wasserinsecten , das Wasser verändert seine Farbe, die Fische kommen nach Luft schnappend an die Oberfläche. Gelingt es dann nicht, durch schleunige Lüftung des Wassers oder theilweise Erneuerung des- selben Abhilfe zu schaffen, so muss der Teich aufgeeist und sofort abge- fischt werden, wobei wenigstens noch ein Theil des Inhaltes durch Ueber- führung in andere Teiche gerettet werden kann. Die Lüftung wird in primitiver Weise dadurch ausgeführt, dass man mit grossen Besen oder an einer Stange befestigten Lederscheiben Luft in das Wasser stösst, sehr viel vollkommener ist sie natürlich mittelst einer Druckpumpe zu errei- chen, deren Schlauch bis auf den Grund des Wassers geführt und, um die Luft fein zu vertheilen, am Ende mit Badeschwämmen verstopft wird, durch welche sie in zahllosen kleinen Blasen entweicht. In den eigentlichen Winterteichen und noch mehr in den über Winter besetzten Abwachsteichen, zumal wenn dieselben im Frühjahr nicht ab- gelassen werden sollen, ist das Vorkommen grösserer Mengen von Fröschen oder Kröten durchaus nicht zu dulden, weil dieselben mitunter im ersten Frühjahr das Erkranken oder Eingehen einer grösseren oder geringeren Zahl von Fischen veranlassen, indem sie sich auf deren Kopfe festsetzen, die Vorderfüsse in die Augenhöhlen klammern und die Karpfen wochen- lang am Fressen hindern. Die alten Karpfenzüchter, denen solche Vor- kommnisse schon bekannt waren, meinten, dass die Frösche den Karpfen Gehirn und Augen ausfrässen (wozu sie natürlich ganz unfähig sind), auch wohl dass sie sich von ihren Reitthieren nur dahin tragen Hessen, wo es viel Futter gebe, um ihnen dieses vor dem Maule fortzunehmen. Diese Erklärungen sind ganz irrig. Die männlichen Frösche oder Kröten, und solche werden allein auf den Köpfen der Karpfen gefunden, hocken bekanntlich schon wochenlang vor dem Laichen auf den Weibchen, um bei der Ablegimg der Eier diese sofort zu befruchten. Der Umarmungs- trieb der brünstigen Männchen ist so unwiderstehlich, dass sie selbst todte Weibchen nicht loslassen, und in Ermangelung weiblicher sich auch an männlichen Fröschen, Kröten oder irgend welchen leblosen Körpern fest- klammern. Die Köpfe der in der Brunstzeit der Frösche noch sehr trägen Karpfen scheinen ihnen dazu ganz geeignet, und man hat mitunter beim Ablassen von Teichen im Frühjahr Dutzende, ja Hunderte von Karpfen, mitunter sogar Forellen, mit Fröschen oder Kröten besetzt gefunden. Dass auch für die Beseitigung anderer Fischfeinde, wie Fischottern, 32 498 Die Teichwirthschaft. Reiher, Enten an den Teichen gesorgt werden muss, ist selbstverständlich. Menschlichen Fischdieben kann man das Befischen der Teiche mit Netzen dadurch unmöglich machen, dass man auf dem Grunde zahlreiche kleine Pfähle befestigt, in welche Nägel halb eingeschlagen sind, so dass an ihnen die Netze hängen bleiben oder zerreissen. Natürlich dürfen auch schädliche Stoffe nicht in die Teiche gelangen, so darf man z. B. selbst in grossen Abwachsteichen nicht Schafe waschen, wenn nicht die Karpfen in Menge absterben sollen. Das Yerhältniss der Teichflächen. Wie in der Landwirt- schaft, so ist auch bei der Bewirthschaftung von Teichen eine rationelle Ausnutzung der vorhandenen Flächen nur bei Zugrundelegung eines zweckmässigen Betriebsplanes möglich. Es muss namentlich das Grössen- verhältniss der Streich-, Streck- und Abwachsteiche zu einander richtig gewählt werden, wenn man möglichst hohe Erträge von der Karpfen- zucht erzielen will. Der Teichwirth muss die Production seiner Gewässer gewissenhaft controliren und muss wissen, welches Quantum an Fisch- fleisch unter normalen Verhältnissen der Ar jedes seiner Teiche zu liefern im Stande ist. Erfahrungsmässig hat es sich bewährt, von der ganzen zur Karpfenwirthschaft disponiblen Fläche 4 Procent zu Streichteichen, 12 zu Streckteichen I. Kl., 18 zu Streckteichen IL Kl., 60 zu Abwachs- teichen, 6 Procent zu Winterteichen zu verwenden. Sollte bei diesem Yerhältniss in den Streichteichen mehr Brut erzeugt werden, als rationeller Weise in die Streckteiche eingesetzt werden kann, so ist das kein Nach- theil, ja man wird überall da, wo Gelegenheit zum Verkauf von Brut vorhanden ist, wohlthim, soviel Streichteiche als möglich anzulegen, da nachv. d. Borne1) der Streichteich eine Einnahme von 600 Mark pro Hectar gewähren kann, während von Streck- und Abwachsteichen nur durch- schnittlich auf 60 Mark pro Hectar zu rechnen ist. Unverkäufliche Brut kann zur Bevölkerung von Seen und Flüssen, in denen der Karpfen vorzüglich gedeiht, vortheilhaft verwandt werden. Die Fütterung der Karpfen. In gleicher Weise wie bei unse- ren warmblütigen Schlachtthieren lässt sich auch bei den Karpfen, indem man ihnen neben ihrer natürlichen Nahrung noch besonders Kraftfutter reicht, in kürzerer Zeit ein höheres Gewicht erzielen. Es werden zur Fütterung je nach Umständen sehr verschiedenartige Dinge verwendet. So kann man geringwerthiges Mehl mit Lehm, Schafmist und ähnlichen Stoffen vermischt, zu Klössen formen; aus gekochten Linsen, Bohnen, Erbsen, Kartoffeln macht man mit Kleie, Trebern oder Malzkeimen 1) Circulare des deutschen Fischerei Vereins 187G. S. 27. Dir Earpfenzucht. Fütterung. Abfischung. 499 einen Teig, der, in grösseren Stücken gebacken oder an der Lirft ge- trocknet, von den Karpfen gerne verzehrt wird. Auch können thierische Stoffe, als dicke Milch, Quark, gekochtes Blut, Würmer, Maikäfer, Schnecken, Engerlinge, theils allein verfüttert, theils mit den vorher- genannten Stoffen zusammengeknetet werden. Fleisch von gefallenen Thieren in die Karpfenteiche zu werfen, ist wegen der Verderbniss des Wassers nicht empfehlenswert!:!, dagegen kann man dasselbe zweckmässig verwerthen, indem man es entweder in durchlöcherten Kasten über den Teichen aufstellt, oder es in besonderen Gruben mit Stroh, Mist und anderen Abfällen gemischt offen liegen lässt. Die Fliegen legen ihre Eier daran und die Maden fallen im ersten Falle massenhaft ins Wasser und werden von den Fischen begierig aufgeschnappt, während sie aus den Gruben beim Umstechen des Inhalts in grosser Menge gesammelt und beliebig verfüttert werden können. Das Abfischen der Karpfenteiche. Während des Sommers sollte man gar nicht versuchen mit Zngnetzen in den Karpfenteichen zu fischen, weil die Thiere dadurch sehr beunruhigt werden, und doch grössten- teils unter dem Netze durchkriechen oder darüber hinwegspringen. Ohne Schaden können dagegen einzelne Fische in angeköderten Reusen oder Säcken, auch in Staaknetzen oder an Nachtangeln gefangen werden. Besser ist es jedoch, für den Sommerbedarf eigene kleinere Behälter anzulegen, in denen die Fische allerdings regelmässig gefüttert werden müssen, und aus denen man sie mittelst eines Handkäschers leicht ausschöpfen kann. Das regelmässige Abfischen der Streich-, Streck- und Abwachsteiche findet im Spätherbst, das der Winterteiche im Frühjahr statt, kühle Witterung ist dringend nothwendig, damit die in einer sehr geringen Wassermeuge zusammengedrängten, oder ganz aus dem Wasser genommenen Fische nicht leiden. Man vermeidet es daher auch, in der Mittagszeit zu fischen. Das Wasser muss allmählich abfliessen, damit nicht, namentlich in grossen flachen und krautreichen Teichen, die Fische theilweise im Trocknen liegen bleiben, sondern Zeit haben, sich nach den tiefsten Stellen hinzu- ziehen. In grösseren Teichen legt man daher vorteilhaft Gräben an, die alle nach einer Stelle geneigt sind und in eine tiefe Grube münden. Natürlich muss der Teichwirth wissen, wie lange Zeit jeder seiner Teiche zum Ablaufen gebraucht, und muss sich so einrichten, dass frühmorgens mit dem Herausnehmen der Fische begonnen werden kann. Yor dem Beginn der Herbstfischerei sind die zu besetzenden Abwachs- und Winterteiche, vor der Frühjahrsfischerei die Streich- und Streckteiche gehörig in Stand zu setzen, so dass die Karpfen sofort an ihre neuen Wohnorte gebracht werden können. An dem abzufischenden 32* 500 Die Teichwirtlischaft. Teiche müssen Wannen mit reinem Wasser zum Abspülen der etwa mit Schlamm bedeckten Fische sowie Transportgefässe in gehöriger Anzahl bereitstehen. Die Fische werden mit Käschern oder mit den Händen aufgenommen, in Körben oder auf mit Netzwerk oder grobem Zeug- überspannten Tragen ans Ufer gebracht, gereinigt und abgezählt oder gewogen in die Transportgefässe gesetzt, die, sobald sie ihre Ladung erhalten haben, nach ihrem Bestimmungsort abfahren müssen. Alle Fische sollen schonend behandelt , nicht gedrückt oder geworfen werden, beschädigte sind sofort auszusondern. Bei Abfischung der Streichteiche wird die Brut in 2 — 3 Grössen sortirt und die nicht ver- kaufte gleich nach den Winterteichen gebracht, welche auch die zwei- sömm erigen Karpfen aufnehmen, während die dreisömmerigen in die Abwachsteiche gesetzt werden. Beim Abfischen der letzteren werden vor den Karpfen die weniger zählebigen Hechte und Zander herausge- nommen und in eigenen Behältern untergebracht. Mit besonderer Sorg- falt sind die Streichkarpfen für das nächste Jahr auszuwählen und ge- sondert aufzubewahren. Schleihen und Karauschen werden nach den Karpfen gesammelt und die kleinen Weissfische zuletzt in Teiche gesetzt, wo sie den Hechten zum Futter dienen. Auch beim Einsetzen in die Teiche muss mit den Karpfen vor- sichtig umgegangen werden, man darf sie nicht aus grösserer Höhe auf das Wasser fallen lassen oder werfen, vielmehr müssen die Behälter vor- sichtig und dicht über der Wasserfläche umgestülpt werden. Auf kleine Entfernungen hin, von einem Teich zum anderen, können die Karpfen ohne Wasser, in Körben zwischen feuchtes Stroh gepackt transportirt werden, sie halten so selbst einen Transport von 6 — 8 Stunden aus, weiterhin werden sie in Transportfässern versandt, die einen Inhalt von 1 — 5 hl haben und zweckmässig nicht grösser gewählt werden. Dieselben müssen vor dem Gebrauch längere Zeit gewässert, innen ganz glatt sein und etwa zu zwei Dritteln mit Wasser gefüllt werden. Im allgemeinen kann man auf je 100 1 Wasser 4 — 500 Stück Karpfenbrut oder 50 bis 100 zweisömmerige, 30 — 50 dreisömmerige oder 15 — 30 ältere Karpfen rechnen, wenn der Transport nicht lange dauert. Für mehrtägige Reisen müssen die Fische erst einige Tage in fliessendem Wasser sich reinigen und hungern, ehe sie in die Transportfässer gebracht werden, man setzt dann auch nicht mehr als bis höchstens 2 Centner Fische in ein Fass von 5 hl und muss mehrmals täglich das Wasser theilweise erneuern. Sehr zweckmässig ist es, über der mit Stroh verstopften Ein- satzöffnung Eisstücke zu befestigen, deren Schmelzwasser das Wasser ab- kühlt. Auch ist das Eintreiben von fein vertheilter Luft in das Wasser Die Karpfenzucht. Reinigung der Teiche. Sämerung. ,")()! sehr vortheilhaft, es kann mittelst eines gewöhnlichen, mit einem langen Gummischlaueh versehenen Blasebalges ausgeführt werden, auch hat man vielfach Tran Sportwagen eingerichtet, bei denen ein Blasebalg automatisch durch die Drehung der Wagenräder getrieben wird. Sehr vorteilhaft ist es, wenn man in Flüssen oder Bächen Behälter anlegen kann, in denen eine Anzahl von Karpfen zum Verkauf gehalten werden, sie sind aus denselben leicht zu jeder Zeit auszufischen und verlieren darin in wenigen Tagen den Modergeschmack, den sie in sumpfigen Teichen leicht annehmen. Die Reinigung der Teiche. Wie bereits früher bemerkt wurde, ist es sehr zweckmässig zur Zerstörung des Ungeziefers , der Fischegel, Karpfenläuse, Stichliuge etc., die abgelassenen Teiche über Winter aus- frieren zu lassen. Wo das aber nicht möglich ist, indem sie entweder gleich wieder besetzt werden sollen, oder sich wegen reichlichen Wasser- zuflusses sofort wieder füllen, kann man nach v. d. Borne durch Be- streuen des freigelegten Teichbodens mit ungelöschtem Kalk das Unge- ziefer leicht beseitigen. Natürlich muss der Kalk durch gehöriges Ausspülen erst fortgeschafft werden, ehe man den Teich wieder besetzt. In den meisten Teichen sammelt sich allmählich Schlamm an, den theils das Regen wasser von den benachbarten Höhen hinunterschwemmt, theils die verwesenden Pflanzen liefern. An den Teichrändern sehr vortheilhaft, weil er das Material zur Ernährung zahlreicher niederer Thiere bietet, ist er in der Tiefe der Teiche nicht nur nutzlos, sondern auch schädlich, da er bei lebhafter Bewegung der Fische aufgerührt wird und das Wasser trübt. Er muss daher jährlich oder in längeren Intervallen aus den trockengelegten Teichen entfernt werden und kann häufig sehr vorteilhafte Verwendung zur Verbesserung von Wiesen und Aeckern finden. Sämerung nennt man das längere Trockenlegen von Teichen, die in regelmässigem Wechsel 1 — 2 Jahre lang zum Wiesen- oder Futterbau benutzt werden. Die den Teich wirthen schon seit Jahrhunderten bekannten Vortheile einer solchen Wechselwirthschaft bestehen darin, dass einerseits der Teichboden durch die Beackerung und die Pflanzenwurzeln mehr auf- geschlossen wird, und in den Wurzeln und Stoppeln viele Stoffe erhält, die bei der Bewässerung sich zersetzen und theils direct, theils indirect den Fischen zur Nahrung dienen; und dass andererseits sich während der Teichnutzung viel fruchtbarer Schlamm auf dem Boden sammelt, so dass Gras und Futterkräuter ungedüugt vortrefflich gedeihen. Zum Anbau der gesämerten Teiche wird Timotheum, Klee oder Hafer gebraucht, wovon man reiche Ernten erhält, auch kann man Rüben, Erbsen, Wicken etc. 502 Die Teichwirthschaft. anpflanzen und ohne dieselben zu ernten, den Teich wieder füllen, er darf dann aber erst im Frühjahr wieder besetzt werden. Die Karpfenzucht in Ost- und Westpreussen. Es lag ursprünglich in unserem Plane, ähnlich wie die Brutanstalten unserer Provinzen, auch unsere Karpfenwirthschaften zu besprechen, es ist uns aber nicht gelungen, die erforderliche Auskunft von den Züchtern zu erhalten. "Wir müssen uns daher auf die Mittheilung beschränken, dass auf einer grossen Anzahl von Gütern unserer Provinzen sich Karpfen- teiche befinden, die grösstentheils noch aus alter Zeit herstammen, jedoch mit wenigen Ausnahmen in keinesweges rationeller Weise bewirt- schaftet werden, und daher, wenn auch gelegentlich in einem oder dem andern Jahre auf manchen Gütern Erträge von 10 — 40000 Mk. erzielt wurden, doch ganz unberechenbar sind und häufig totale Misserfolge zu verzeichnen haben. Bei weiterer Ausbreitung und rationellem Betriebe wird die Karpfenzucht den Landwirthen unserer Provinzen noch von grossem Nutzen sein können. Die Zucht anderer Fische in Teichen ist im allgemeinen weniger verbreitet als die Karpfenzucht, es giebt aber viele für den Karpfen wenig oder gar nicht geeignete Teiche, die wenigstens mit weniger werthvollen Fischen bewirthschaftet, unter Umständen aber auch durch seltenere und theurere Fische viel vortheilhafter verwerthet werden können. Schleihen und Karauschen nehmen auch mit den kleinsten, sumpfigen oder moorigen und schlammigen Teichen und Tümpeln vorlieb. Sie vermehren sich ausserordentlich, so dass bei der grossen Kopfzahl auf jeden Fisch nur ein spärliches Futterquantum kommen kann, wes- halb sie meistens in kleinen Gewässern nur eine sehr unbedeutende Grösse erreichen. Indessen sind sie in diesem Zustande doch als Futter- fische für Hechte und Forellen gut zu verwerthen. Zu ansehnlicher Grösse kann man sie aber heranziehen, wenn man sie in angemessener Zahl in kleine Teiche bringt, auch wurde bereits erwähnt, dass man sie in den Streckteichen zweiter Ordnung und den Abwachsteichen neben den Karpfen halten kann. Die Goldorfe, welche sich als Zierfisch grosser Beliebtheit erfreut, ist in ihren Ansprüchen ebenso bescheiden wie die vorigen und kann ebenfalls neben den älteren Karpfen gehalten werden. Plötzen, Kothaugen, Uckelei und andere Weissfische können in den kleinsten Tümpeln zweckmässig gezüchtet werden, wenn man Forellen, Hechte oder Zander zu füttern hat. Man braucht nur in der Laichzeit Die Zucht anderer Fische in Teichen. 503 einige Paar dieser Fische in die kleinen Teiche einzusetzen, die etwas Kraut enthalten müssen, um sie bald von junger Weissfischbrut wimmeln zu sehen, die nach Bedarf ausgeschöpft werden kann. Auch können sie in den Kaubtischteiclicn selber gezüchtet werden, indem man in diese einige Paar laichreifer Fische einsetzt und aus Wasserpflanzen, Wach- holderstrauch oder dergl. künstliche Laichstellen herrichtet, an welchen die Eier abgesetzt werden und sich entwickeln. Der Aal eignet sich ganz besonders zur Teichwirtschaft. Montee wird an verschiedenen Orten in grossen Massen gefangen und zu billigem Preise gefahrlos Aveithin in feuchtem Kraut versandt. Sie gedeiht in Mergelgruben, Torfstichen, Dorfteichen und anderen Gewässern aller Art vortrefflich. Die jungen Fischchen, die im April und Mai in einer Länge von 5 — 8 cm verschickt zu werden pflegen, erreichen bis zum Herbst schon eine Länge von 20 cm und die Dicke eines kleinen Fingers und können im folgenden Herbst 35 — 50 cm lang werden. Nach Millet werden im nördlichen Frankreich von 1 kg in Torfstiche gesetzter Aalbrut in 5 Jahren regelmässig nicht weniger als 2500 kg Aale ge- fangen. Die Teiche, welche mit der Montee besetzt werden sollen, müssen von anderen Gewässern entfernt liegen, da die wanderungs- lustige Brut in nassen Nächten weithin über Land geht, wenn es ihr möglich ist in grössere Gewässer zu gelangen. In den Aalteichen und ebenso in Karpfenteichen, die gleichzeitig mit Karpfen und Aalen besetzt sind, lassen sich die Aale in Reusen und Säcken, sowie an Angelschnüren leicht fangen, während man sie in Zugnetzen sehr selten findet. Um sie total abzufischen, müssen die Teiche durch Ablassen oder Abschnecken des Wassers trocken gelegt werden. Hechte, Zander und Barsche sind für die Teichwirthschaft gut zu verwerthen. Sie werden allerdings seltener in eigenen Teichen ge- zogen, meistens vielmehr in den Abwachsteichen der Karpfen zum Ver- tilgen der Weissfischbrut angewandt, wobei sie schnell zu ansehnlichen Speisefischen heranwachsen. Hechte sind namentlich auch zur Vernichtung der Frösche in frosch- reichen Gewässern sehr nützlich. Ihren Laich setzen sie im flachen Wasser, besonders gerne in Gräben, auf überstauten Wiesen u. dgl. ab, von wo die junge Brut nur zu leicht in Teiche gelangt, von denen man sie gerne fernhalten möchte. Sehr leicht ist es, den Hechtlaich künstlich zu gewinnen und zu befruchten, er kann in californischen Trögen mit ganz geringem Zufluss nicht zu kalten Wassers leicht gebrütet werden und die jungen Fischchen schlüpfen in circa 3 Wochen aus. Viel ein- facher ist es noch, den befruchteten Laich in schwimmenden Kisten oder ;"">() 1 Die Teickwirthschaft. Körben auf eine Unterlage lebender Wasserpflanzen zu streuen, ja er ge- deiht selbst in grösseren "Wannen sehr gut ohne "Wasserzufluss. Der Barsch laicht in der Nähe der Ufer und heftet seine in einer langen weisslichen Schnur zusammenhängenden Eier an Steine oder Wasserpflanzen an. Man kann diese meterlangen und 3 — 4 cm breiten, oft ringförmig geschlossenen Laichschnüre leicht sammeln und in der eben beim Hecht besprochenen Weise ausbrüten. Auch die künstliche Befruchtung des Laiches bietet keine Schwierigkeiten. Der Zander laicht an Baumwurzeln und an Stein- und Kieshaufen. In grösseren Abwachsteichen erhält man häufig Zanderbrut, die künst- liche Befruchtung und Brütung des Laiches ist nur selten gut gelungen und niuss noch in verschiedener Weise versucht werden. Zur Zeit be- schränkt man sich noch darauf, junge Zander oder kurz vor der Laich- zeit erwachsene Thiere in geeignete Gewässer zu versetzen. Schmerlen und Gründlinge lassen sich, wo man reichlicheu Wasserzufluss zur Verfügung hat, vortheilhaft in kleinen Teichen züchten. Dieselben brauchen nur 3 — 4 m lang, 1 — 2 m breit und l/2 — 1 m tief zu sein, müssen reinen Kies- oder Sandgrund haben und werden gegen den Fluss oder Bach ober- und unterhalb durch Drahtgitter abgesperrt. Die Seitenwände der Grube werden mit Korbgeflecht verkleidet, hinter welches man Schafmist, Leinkuchen und Abfälle aller Art wirft, um die Ent- wickelung niederer Thiere zu begünstigen, die den Fischen zur Nahrung dienen. Auch können sie mit den für die Karpfen gebräuchlichen Futter- stoffen gemästet werden. Da sich namentlich die Schmerlen, deren Fleisch vortrefflich ist, sehr stark vermehren, so ist es zweckmässig, mehrere solche kleine Gruben einzurichten, die bei reichlichem Zufluss von Wasser auch im Winter nicht gefährdet sind. Forellenteiche, in denen ausser Bach- und Seeforellen (Trutta la- custris L.) auch Saiblinge (Salmo salvelinus L.) und Lachsbastarde ge- halten werden können, müssen von reichlichen Quellen gespeist oder von einem Bache mit kiesigem, reinem Grunde und genügendem Gefälle durch- strömt werden, gegen welchen letzteren sie, um das Entweichen der Fische zu hindern, durch Drahtgitter abgesperrt werden. Da die Salmoniden kühleres Wasser bedürfen, so müssen die Teiche tief und von Erlen oder anderen Bäumen ziemlich stark beschattet sein. Der Grund soll rein, fest und schlammfrei sein und womöglich Gruppen von grossen Steinen enthalten, unter welchen sich die Forellen gerne verstecken und auf Beute lauern. Die Anlage mehrerer Teiche für die verschiedenen Altersstufen ist bei der Forellenzucht noch nothwendiger als für die Karpfen, weil die Salmoniden grosse Käuber sind und grössere die kleineren schonungslos Die rationelle Bewirtschaftung der Seen. 505 auffressen. Von den reifen Fischen kann in der Laichzeit der Laich künstlich gewonnen, befruchtet und in Brutanstalten zur Entwickeln um- gebracht werden. Man kann auch die Forellen in dem den Teich speisenden Bache selber laichen lassen, indem man das absperrende Gitter beseitigt. Die reifen Fische treten dann sogleich, nach Laichplätzen suchend, in den Bach ein. In diesem muss man an mehreren Stellen in 10 — 30 cm tiefem, rasch fliessendem Wasser reine Kiesschüttungen anlegen, die von den Forellen vorzugsweise zum Laichen benutzt werden. Durch Einsetzen von Staubrettchen oder Einlegen von Steinen kann man leicht günstige Verhältnisse herstellen. Vortheilhaft ist es, wenn die Laichstellen durch Bretter oder Keisigbündel stark beschattet sind. Für die ausgeschlüpften Forellen, gleichviel ob sie aus den natürlich abge- legten Eiern oder aus Brutanstalten stammen, ist die Anlage von Ver- stecken aus Steinen, Hohlziegeln, Drainröhren etc. sehr vortheilhaft. Auch zwischen den Wurzeln der Erlensträucher, die zweckmässig an den Bach- ufern gepflanzt werden, finden sie erwünschte Schlupfwinkel. In dem Aufzuchtbache müssen mit flachen Stellen hin und wieder tiefere Kolke mit ruhigem Wasser und Pflanzenwuchs abwechseln, da an solchen Orten sich mehr Nährthiere entwickeln. Man kann die kleinen Fische in diesen Aufzuchtbächen bis zum Winter abgesperrt halten und sie dann in be- sondere Streckteiche einsetzen. Will man sie füttern, so geschieht das am besten dadurch, dass man die Entwickelung von Crustaceen und Insectenlarven in den Gewässern begünstigt oder Brut von Weissfischen, Froschlaich, junge Kaulquappen etc. einsetzt, auch kann mit Blut, Fleisch, Fleischmehl und manchen anderen künstlichen Futterstoffen das Wachs- thum der Fische sehr befördert werden. Maränen und andere Coregonen können nach ihrer Ausbrütung in den Brutanstalten zweckmässig bis zum Winter in kleinen raubfisch- freien Teichen aufgezogen werden und gedeihen darin sehr gut. Die rationelle Bewirtschaftung der Seen. Es liegt in der Natur der Sache, dass grosse Gewässer nicht in ebenso sorgfältiger Weise bewirtschaftet werden können wie ablassbare Teiche, in ihnen kann weniger für das Gedeihen der Fische gethan, den Feinden der Fische nicht so kräftig gewehrt werden; der Ertrag von Seen wird daher kaum jemals demjenigen gleich grosser Teiche entsprechen. Es kann jedoch mit geringen Mitteln viel gethan werden, um den Fischbestand und den Ertrag der Landseen merklich zu erhöhen. Natür- lich wird das am leichtesten durchführbar sein, wo Seen nur einem Eigenthümer zugehören, während andernfalls Fischereigenossenschaften, 506 Die rationelle Bewirthschaftimg der Seen. Fischereivereine oder andere gemeinnützige Verbindungen die erforder- lichen Maassregeln ergreifen müssen. Auf den nscalischen Seen könnten die Pächter verpflichtet werden, in contraetlich zu bestimmender Weise zur Hebung der Fischerei beizutragen. Eine besondere Berücksichtigung muss der Vegetation der Seen zugewandt werden, die für das Gedeihen der Fische von grosser Bedeu- tung ist. In pflanzenarmen Gewässern pflegt auch der Fischbestand gering zu sein, es müssen daher Fangarten, welche den Pflanzenwuchs des Grundes und der Ufer in erheblichem Maasse vernichten, möglichst be- schränkt werden. Sehr vortheilhaft hat sich in vielen Fällen die An- pflanzung von Rohr an den Rändern der Seen bewährt, welches den Fischen Schlupfwinkel und Laichplätze bietet, das Aufkommen anderer Wasserpflanzen begünstigt und die Entwicklung reichlicher Mengen von Nährthieren befördert. Die Wasserpest (Eloclea canadensis), welcher in vielen unserer Seen die erhebliche Verminderung des Fischbestandes Schuld gegeben wird, ist, wo sie nur in geringer Mächtigkeit auftritt, entschieden unschädlich, gewährt vielmehr den Fischen Schutz, reichliche Nahrung durch die in ihren Dickichten sich entwickelnden Thiere, und gute Laichplätze. Dagegen hat sie andere Seen durch unendliches Wuchern so vollständig erfüllt, dass die Fische sich darin kaum bewegen können und in dem stagnirenden Wasser ebensowohl in der heissen Jahreszeit wie im Winter unter dem Eise massenhaft ersticken. Durch Auskrauten lässt sich die als Viehfutter und Dünger ganz gut zu ver- werthende Pflanze, wo sie stark wuchert, gewöhnlich nicht wesentlich beschränken, pflegt aber nach einer Reihe von Jahren, wenn sie den Kalkgehalt des Bodens erschöpft hat, von selber abzunehmen oder selbst ganz zu verschwinden. Von wesentlichem Nutzen ist es, in jedem See das Laichen der be- sonders werthvollen darin heimischen Fische zu befördern, oder solche, wenn sie stark vermindert oder ganz ausgerottet sind, wieder einzuführen. Die bekannten Laichstellen der Fische müssen geschützt und dürfen in keiner Weise beunruhigt werden, zweckmässig ist es, an geeigneten Stellen künstliche Brutstätten anzulegen, indem man für die karpfen- artigen Fische an flachen Uferrändern Wachholderzweige oder aus Wei- denruthen und Wasserpflanzen geflochtene Horden versenkt, an welchen sie ihren Laich anheften können. Auch kann man Fische, deren Laich und Brut man besonders gegen alle Fährlichkeiten schützen will, in grosse aus Wach- holder- oder Weidenzweigen hergesellte Kasten setzen und sie nach dem Laichen herausnehmen. Die junge Brut schlüpft dann später nach und nach durch die kleinen Oeffnungen ins Freie. Der an den Wasserpflanzen Die rationelle Bewirtschaftung der Socn. 507 haftende Laich von Bressen und anderen werthvollen Fischen kann mit dem Kraut gesammelt und in schwimmende Körbe gelegt werden, so dass die jungen Fischchen vor Stichlingen gesichert sind und später einzeln in die Tiefe des Wassers gehen können. Kleine Buchten mit flachem Grunde und Pflanzenwuchs können gegen das grosse Ge- wässer durch Weidenflechtzäune abgesperrt und mit reifen Laichfischen besetzt werden, die in diesem halbgefangenen Zustande wie im Freien laichen, deren Laich aber, nachdem man die erwachsenen Fische durch eine Oeffnung des Zaunes herausgelassen hat, vor Feinden sicher ist. Man kann auch den Laich der Sommerlaichfische künstlich abnehmen, nach der gewöhnlichen trockenen Methode befruchten und dann in mit lebenden Wasserpflanzen gefüllte schwimmende Körbe ausstreuen, wo er alsbald anhaftet und sich gut entwickelt. Zander können in grossen Körben bis zum Laichen gehalten werden oder man kann ihnen in der Nähe sonniger Ufer in circa 1 m tiefem Wasser kleine Kiesberge anlegen oder Haufen von Stubben mit möglichst verzweigten Wurzeln versenkt befestigen, woran sie gerne laichen.1) Für diesen Fisch sind namentlich tiefere Seen mit festerem Grunde geeignet, wie sie bei uns an vielen Orten vorhanden sind. Auch ist die Einsetzung junger Zander in passende Seen in unseren Provinzen schon mit sehr gutem Erfolge vorgenommen. In den Gewässern, welche Coregonen beherbergen, wird die künstliche Gewinnung und Erbrütung des Laiches im allgemeinen günstigere Resultate ergeben, als der blosse Schutz der Laichstellen. Karpfen gedeihen, wenn sie als ein- oder zweisömmerige Thiere ein- gesetzt werden, in Seen vorzüglich, ihre Aussetzung ist namentlich in Privatgewässern, oder wo durch Vereine die Brut geliefert wird, dringend zu empfehlen, ebenso die Besetzung der Seen mit Aalen, für welche dann am Abflüsse des Sees ständige Aalfänge eingerichtet werden können. Die Besorgniss, als ob die Beförderung des Laichens der karpfen- artigen Fische die Production zu zahlreicher Individuen zur Folge haben und deren Grössenwachsthum beeinträchtigen könnte, ist für unsere, und wohl für alle grösseren Gewässer durchaus ungerecht- fertigt. Was in kleinen raubtischfreien Teichen gilt, lässt sich nicht auf grosse Gewässer übertragen , die vielfach mit anderen Zusammenhang haben, in denen jede Vermehrung der Friedfische auch die Zunahme der Hechte und anderer Raubfische begünstigt, und aus denen jene, wenn ihnen 1) Herr Oberförster Reuter in Siehdichum hat über die glänzenden Erfolge solcher von ihm in geeigneten Seen angelegten Zanderlaichiilätze in der 3. General- versammlung des Frankfurter Fischereivereins ausführlich berichtet. S. Deutsche Fischerei- Zeitung 1880. S. 510. 508 Die wirthscliaftliche Behandlung der Flüsse. die Nahrung zu knapp würde, in andere Gewässer auswandern könnten. Einstweilen ist in unseren Seen die Abnahme der Durch seh nittsgrösse der meisten Fische keineswegs durch übermässige Vermehrung der Kopfzahl, sondern vielmehr dadurch zu erklären, dass bei der immer intensiver betriebenen Fischerei die Fische fortgefangen werden, ehe sie eine bedeutendere Grösse erreichen konnten. Man wird sich eben auch bei der Benutzung der Seen dazu verstehen müssen, zu säen, wo man ernten will, und man wird das um so leichter thun, als namentlich auch in unseren Gegenden schon an mehreren Orten praktisch nachgewiesen ist, wie die mit äusserst geringen Mitteln zu beschaffende Aussaat in kurzer Zeit die befriedigendsten Ernten gewährt. Die wirthscliaftliche Behandlung der Flüsse wird im allgemeinen dem Staate und wirthschaftlichen Verbänden. Fischereivereinen etc. zufallen, welche deren Besetzung mit Lachsen bereits seit längerer Zeit in die Hand genommen haben. An manchen Orten wird durch Bildung von Genossenschaften zur gemeinschaft- lichen Bewirtschaftung eines ganzen Flusses viel Gutes erzielt werden können. Wir haben schon früher hervorgehoben, wie die Abnahme der Fische in den Flüssen hauptsächlich der Vernichtung ihrer Laichplätze durch Uferbauten, Gorrectionsarbeiten etc. und die Ab- schliessunc- der Altwässer zuzuschreiben ist. Wo solche Altwässer neben den Flüssen noch vorhanden sind, ist die Wiederherstellung ihrer Verbindung mit den Flüssen das beste Mittel, um die Vermehrung der Sommerlaichfische zu fördern. Die Altwässer entsprechen den Streich- teichen bei der Karpfenzucht, in ihnen ist für das Gedeihen des Laiches die günsigste Gelegenheit und aus ihnen kann die Brut sich allmählich in die Flussläufe begeben. Zahlreiche neben den Flüssen gelegene Lachen werden zwar auch jetzt bei Hochwasser überschwemmt und von Fischen bevölkert, bei abnehmendem Wasserstande aber von menschlichen und thierischen Bäubern völlig ausgefischt und indem sie während der warmen Jahreszeit mehr oder weniger austrocknen, im Winter ausfrieren, gehen jährlich Milliarden von Fischchen zu Grunde, die durch Anlage von kleinen, mit Schleusen versehenen Kanälen mit geringen Kosten zu retten und den Flüssen zuzuführen wären. Die Eröffnung der Altwässer kann daher nicht dringend genug gefordert werden. Gemeinnützigen Vereinen ist die Besetzung der Flüsse mit Karpfen, die darin vortrefflich gedeihen, sehr zu empfehlen. Einer besou deren Fürsorge bedarf in unseren grösseren Flüssen der Stör, welcher sich ausserordentlich vermindert hat und für dessen Fischwii'thscliaft im Meere. 509 Vermehrung; mit den geringsten Mitteln Grosses geleistet werden kann. Seine Eier zählen nach Millionen und entwickeln sich in wenigen Tagen. Man braucht nur den trocken befruchteten Laich in ruhigen Buchten in schwimmenden Körben auf lebende Wasserpflanzen auszustreuen, um die Fischchen in fünf Tagen ausschlüpfen und nach kurzer Zeit durch die Spalten der Körbe entweichen zu sehen. In unseren Flüssen ist die Störlaichgewinnung bisher an dem Mangel reifer Fische gescheitert, in Schleswig-Holstein aber schon wiederholt gelungen.1) Behufs der Wiederbevölkerung geeigneter Flüsse und Bäche mit Forellen und Aeschen ist die Anlage kleiner und kleinster Brutanstalten in Wassermühlen etc. nicht dringend genug zu empfehlen. Fischwirthschaft im Meere. Wir haben bereits früher erwähnt, dass auch an unserer Ostsee- küste sich der Ertrag der Fischerei erheblich verringert hat und dass namentlich die Zahl und Durchschnittsgrösse der Plattfische und Dorsche, sowie die Menge der Störe sehr vermindert ist. Die Ursachen dieser Erscheinung sind uns zur Zeit noch unbekannt, theilweise mögen sie wohl in der Beseitigung der Steinlager in der Danziger Bucht und an der samländischen Küste zu suchen sein, die zum Zwecke der Molen- und Wegebauten in umfangreichster Weise ausgebeutet werden und früher dem an unserem sandigen Strande nur spärlich vorhandenen Pflanzen- wuchs zur Unterlage dienten. Es wäre der Mühe wohl werth, zu ver- suchen, ob nicht, nach dem Vorschlage des Herrn Dr. Lievin in Danzig, an geeigneten Stellen versenkte grosse Faschinen sich mit Tang und Seegras bedecken würden. Jedenfalls dürften solche für die klebenden Eier von Heringen und Sprotten, die wegen Mangels an festem Pflanzen- wuchs an unseren Küsten in ungeheurer Menge verloren gehen, ge- eignete Haftstellen bilden. Auch die in Amerika schon in grossartigem Maassstabe ausgeführte künstliche Befruchtung und Aussaat von Dorscheiern, die in einiger Entfernung vom Lande an der Oberfläche schwimmen, wäre ohne Auf- wand grosser Mittel zu bewerkstelligen. Was die Plattfische anlangt, so dürfte eine künstliche Befruchtung bei der ungeheuren Menge junger Flundern etc., die sich an unserem Ufer finden, kaum erforderlich sein; die Festsetzung eines Minimalmaasses und die Ersetzung der schädlichen Zeese durch die früher üblichen 1) Circulare des deutscheu Fiscliereivereius 1877, S. 166. Deutsche Fischerei- zeituug 1880, S. 382. 398. 510 Fisch -wirthschaft im Meere. Flundernetze möchte allein genügen, um wieder den naturgemässen Be- stand an grossen Plattfischen heranzuziehen. Für die Vermehrung der Lachse, Störe und Schnäpel, welche den grössten Theil ihres Lebens im Meere zubringen, aber zum Laichen in die süssen Gewässer ziehen, kann in früher besprochener Weise natürlich nur an ihren Laichplätzen gesorgt werden, ausserdem wäre durch Fest- stellung einer Minimalmasche von mindestens 6 cm für die zum Lachs- fange in der See benutzten Strandgarne der Fang der zu kleinen Lachse zu verhindern. Die rationelle Bewirtschaftung des Wassers erfordert ungleich ge- ringere Mittel als die des Landes; würde sie nur mit demselben Interesse, mit derselben Intelligenz betrieben wie jene, würden ihre Grundbedingungen mit gleichem Eifer und Yerständniss erforscht wie die Elemente der Land- wirtschaft, so würden unsere zahlreichen und ausgedehnten Gewässer mächtig beitragen zur Ernährung unserer Bevölkerung und zum Wohl- stande des Landes. Alphabetisches Verzeichniss der in Ost- und Westpreussen gebräuchlichen Fischnanien. Die fette Zahl bezieht sich auf die laufende Nummer des Fisches, die anderen bezeichnen die Seite. Aal 67. 58. 173. Aalmutter, Aalquappe 13. 48. 80. Aesche 33. 113. 51. 142. 58. 56. 153. Alant 43. 130. 45. 133. Angeritze 73. 199. angurgis 67. 173. Asch, Asche 58. 153. assaris 1. 61. assegis 1. 61. ate, atis 22. 93. aukszle 41. 127. Bachforelle 62. 56. 162. Bachneunaugo 73. 59. 197. Barsch 1. 61. balta szapalas 49. 139. Barbe. Barbine 33. 52. 113. Bars, Barsch 1. 46. 61. Bauchsauger 18. 85. Bersehke 1. 61. Bitterling, Bitterfisch 35. 52. 116. Bläuer, Blei, Bleier, bleye 36. 118. Blei 39. 123. blingo 44. 131. Bürsch, boerschk 1. 61. Borbine 33- 113. Brachsen, brass, Brassem, Brassen 36. 52. 118. Bratling 66. 172. Brechsen, Bressem, Bressen 36. 118. Breitling, bretling, bretlingis 66. 172. Brissling 66. 172. bruiszis, brunscha, brunsze, brnnszis 47. 1 36 . brzol. brzona 56. 150. Butterfisch 14. 48. 81. byerszkis 1. 61. celatas 43. 130. certa 37. 120. czerwone oko 46. 134. Debel, Deibel, Deivel 48. 137. dewinakis 72. 196. Dickkopf 48. 137. didoji stinta 59. 155. Diebel 45. 133. 48. 137. Döbel 48. 54. 137. Döbel, weisser 49. 139. Dösch 19. 87. Donnerkröte 6. 70. Dornfisch 10. 76. Dorsch 19. 49. 87. Dübel, Düvel 45. 133. 48. 137. Ellritze 59. 54. 140. Erdfisch 51. 142. erszketras, esketres 70. 191. eszerys 1. 61. Flinger, Fluider, Flunder 25. 50. 98. Flussneunauge 72. 59. 196. Gase 45. 133. Gieb, Gieben, Giester 39. 53. 123. Gisitzer 45. 133. Glattbutte 24. 96. Goldbutte 24. 96. gosciory 39. 123. Grelling, Gringel 34. 115. Gründel, Gründling 34. 52. 115. 512 Grüuknochen 28. 101. Grandel 34. 115. Schwarz- 15. 48. 82. „ Weine 16. 48. 83. Ruthensparre's 17. 49. 83. grundols, grundulys 3-4. 115. Häsling 49. 54. 139. Hakenlachs 60. 157. Halbbressen 3». 123. Halbfisch 36. 118. Hecht 63. 57. 165. Hering 65. 57. 169. Hornfisch 28. 101. 12. 78. Hornhecht 28. 51. 101. jadzdzie 3. 65. jasiotr 70. 191. jasgar 3. 65. jasz 40. 139. Ickelei 41. 127. Jesen, Jesenitz 45. 133. jesgarz 3. 65. jesiotr 70. 191. juros adata 68. 189. 6». 190. juros kwapa 13. 80. juros stinta 50. 155. kalis 20. 103. Karas, Karausse, Karausche, karosas, Karus, Karusche,karuszis, Karutze 31. 52. 109. Karauschkarpfen 109. kargis 60. 157. Karp, Karpe, Karpf, Karpfe, Karpfen, karpa, karpie 30. 52. 106. karszis, kasza 36. 118. Kaulbarsch 3. 46. 65. Kaulkopf 5. 47. 68. Katt 8. 73. kaze 40. 125. kelpg, kielb, kielbch 34. 115. klen 48. 137. Kliesche 23. 50. 95. Knurrhahn 6. 70. Krauser Stichling 0. 75. krumpg 30. 123. Krus 31. 109. Kühling 45. 54. 133. Kulbersch, Kulberschke, kulbiersz 3. 65. küpa, kwapa, kwape 21. 89. Lachs 60. 56. 157. Lachsforelle 61. 161. Lachstaparre 45. 133. lasasso 60. 157. lasioter 70. 191. laszis, laususz 60. 157. laszworas 62. 162. Leiter, Leitfisch 125. leszcz 36. 118. lieda, lideka, lidaks 63. 165. lien, lin, linis, lynas 32. 111- lipien 58. 153. locutis 36. 118. losos 60. 157. Lump 18. 49. 85. Makrele 11. 47. 77. Malinchen 44. 131. malkis 50. 155. Maräne grosse 55. 56. 149. „ kleine 57. 56. 152. mazoji stinta 50. 155. Meerforelle 61. 56. 161. Meerneunauge 71. 59. 194. Meerstichling 10. 47. 76. meknys 45. 133. meuke, menzas 10. 87. Merlan 20. 49. 88. minoga 72. 196. Moderlieschen, Modke 44. 54. 131. moranke, morenki, morynka, inuranka 57. 152. Mühlkoppe, Müllerkoppe 5. 68. Mudchen, Mutterloseken, Mutlosen 44. 131. Mutka 50. 155. Nadelfisch 28. 101. Nase, Näsling 51. 55. 142. Negenoge, nege, negis 72. 196. Neunauge, Meer- 71. 59. 194. Fluss- 72. 59. 196. Bach- 73. 59. 197. nientusz 21. 89. okon, okun, okunek 1. 61. olszowka 35. 116. 513 oszka 40. 125. Ostseeschnäpel 56. 56. 150. Pamuchel 19. 87. Parpel 64. 167. Perpel, perpcls, perpele, perple 64- 57. 167. Permoehel 19. 87. Petermännchen 4. 46. 67. Perschke 1. 61. Peitzker, Pietzker, Peisker, Pisker, piplys, piskorz, pchieskorz 52. 143. piskorz 28. 101. (?) plake, plakis 39. 123. Platz, Pletz, Pletze, Plötze, ploc, plocica, ploczieczka, plotka 47. 54. 136. Platteis 24. 96. plekszte 25. 98. Pörschke 1. 61. Pomochel, Pomuchel, pomuchla 19. 87. Pricke 72. 196. pstrag 62. 162. pukis, pukys 3. 65. Quabbe, Quappe 21. 49. 89. Querder 198. Quermaul 51. 142. Raap, Eaape, Rapfen, Rappe, rapis, rapzur 43. 53. 130. radowka 46. 134. Reissfisch 36. 128. rdest pieprzny 35. 116. Rohrkarpfen 43. 130. 45. 133. 48. 137. Rothauge, Rothfeder, Rothflosser, Roddog 46. 54. 134. Rothfioss, Rothflossgiester 39. 123. rudakis, rudaney, rudaus, rudawa, rudusch, ruduszis 46. 134. Salat, salatis, salate, salote 43. 130. Sandaal 26. 99. sapal 48. 137. Sauchen 33. 113. schepok 63. 165. Schlaffke 36. 118. Schlammpeitzker, Schlammpietzker 52. 55. 143. Schlei, Schleie, Schleihe, Scbley, Schlie, Sly 32. 52. 111. Schmarling, Schmardel, Schmerle, Schmer- ling 53. 55. 145. ■ Schnäpel, Snepel 56. 56. 150. Schneffel 28. 101. Scholle, SchoUicken 24. 50. 96. Schwertfisch 12. 48. 78. Schwarzbauch 51. 142. Schwarzgrundel 15. 48. 82. Schwarzlachs 60. 157. sdrena 46. 134. sebre 37. 120. Seebull 6. 70. Seehahn, Seescorpion 6. 47. 70. Seehase, Seekaulbarsch 18. 49. 85. Seemaräne 56. 150. Seenadel, grosse 68. 58. 189. kleine 69. 58. 190. Seepeitzker 26. 99. Seequappe 13. 80. sendacz 2. 63. Silberlachs 60. 157. 61. 161. silke 65. 169. skarp 22. 93. slec, sledz, sledzik 65. 169. Sly 32. 111. Snepel 56. 150. sparis, spare, sporis 38. 122. Sprotte 66. 57. 172. Stachelbauch, Stachlinski, stacklack 8. 73. starniew, starnewka 25. 98. starkis 2. 63. Stechbüttel, Steckbüdel, Steckbedel, Stechert, Stecherling, stekbydel, stegis, Steig- bügel 8. 73. Stein beiss, Steinbeisser, Steinpietzker 54. 55. 147. Steinbutte, Steenbott, stenbuta 22. 50. 93. Steinpicker 7. 47. 72. sterkas, sterks 2. 63. Stichling, Stichbeutel, Stichlinski 8. 47. 73. „ krauser, kleiner 9. 47. 75. Stint, stinta, stinka, stynt 59. 56. 155. Stör, störe, sture 70. 59. 191. Strandlachs 60. 157. stregis 8. 73. Strömling 65. 57. 169. 42. 128. Sturmfisch 69. 190. Suter, Sutter 26. 99. 27. 100. 514 suttis 67. 173. suttis mate 13. 80. sylecke 65. 169. sZabre 37. 120. szamas, szams 29. 103. szapalas, szapals 48. 137. szczeka, szczepak,szczubel,szczupak63. 165. szobris 37. 120. szuin 29. 103. Tabarre, Tabelle, Tapar 45. 133. Tobiasfisch 27. 50. 100. Tobies, Tobieschen 26. 99. 27. 100. Topar 45. 133. tubis 26. 99. 27. 100. tramp, trumpis 60. 157. 61. 161. Uckelei 41. 53. 127. uckleyka 41. 127. üble 73. 199. ungurys 67. 173. Vingille 73. 199. wangorz, wangusch 67. 173. ■wasak 53. 145. wedsele, wegele 13. 80. Weissfisch 39. 123. Weissling 20. 88. wejzuwis 28. 101. Wels, Welz 29. 51. 103. wengorz 67. 173. Wetterfisch 52. 143. wilnis (wilms?) 21. 89. Windfiscb, Windsutter 28. 101. Witbing, Wittling 20. 88. Wölz 29. 103. woszis 60. 157. Zärthe, Zart 37. 53. 120. Zalat 43. 130. Zander, Zant 2. 46. 63. Ziege 40. 53. 125. Zope 38. 53. 122. Zwergstichling 9. 75. 6/ O Fische. Fischerei und Fischzucht in Ost- und Westpreussen. Von Dr. Berthold Benecke, Professor an der Universität Königsberg. Mit zahlreichen Abbildungen von H. Braune. Erste Lieferung. Königsberg in Pr. > Hartungsche Verlagsdruckerei. 1880. -**m- X Ytn/J. /tt/. ,7 U r" Fische. Fischerei und Fischzucht in Ost- und Westpreussen. Ton Dr. Bertliold Benecke, Professor an der Universität Königsberg. Mit zahlreichen Abbildungen von H. Braune. Zweite Lieferung. . /C/r3Q 0 V, ~r Königsberg in Pr. Hartungsche Verlagsdruckerei. 1880. Berichtigung. S. 188, Z. 15 v. o. 1. Fischzüchters statt Fischhändlers. /n// /frr/. ( Jj .ofe^uu./J' ^ Fische. Fischerei nu