LIBRARY UNIVERSITY OF TORONTO Forſtliche Bodenkunde und Standortslehre von Dr. E. Ramann. Docent an der Forſtakademie Eberswalde und Dirigent der chemiſch-phyſikaliſchen Abtheilung 0 SE 8 8 0 des forſtlichen Verſuchsweſens. Mit 33 in den Tert gedruckten Abbildungen. N | Berlin. . „ Verlag von Julius Springer 1893. Vorwort. Das vorliegende Buch iſt die Arbeit mancher Jahre; immer wieder zurückgelegt und anderſeits aufs Neue umgearbeitet, wollte ſich nach vielen Richtungen doch kein Abſchluß ergeben. Sollte die Arbeit end— lich hervortreten, ſo war es nothwendig, ſich mit dem zu beſcheiden, was wir zur Zeit wiſſen, und von der Zukunft beſſeres zu erwarten. Bei der Mannigfaltigkeit der Grundlagen, der Zerſtreuung des Materials in zahlloſen Zeitſchriften der verſchiedenſten Gebiete und nicht am wenigſten bei der Unfertigkeit des ganzen Gegenſtandes ſind Irrthümer und Fehler wohl kaum ganz zu vermeiden. Der Verfaſſer wird für deren Nachweis jedem dankbar ſein. Iſt das vorliegende Buch daher auch nur als ein erſter Verſuch zu betrachten, ſo ſteht doch zu hoffen, daß es anſpornend wirken möge, die forſtliche Standortslehre auf die Höhe zu bringen, welche ſie erreichen muß, um für die Forſtwiſſenſchaft zu ſein, wozu ſie berufen iſt, die naturwiſſenſchaftliche Begründung des Waldbaues. Der Verfaſſer hat den ehrlichen Willen gehabt, gerecht zu ſein, und alle Arbeiten nach ihrem Werthe zu berückſichtigen. Es iſt dies ſehr ſchwer für Jemand, der ſelbſt inmitten des Kampfes der Meinungen ſteht. In den wenigen Fällen, wo kritiſirend vorgegangen iſt, oder Anſchauungen vertreten ſind, welche von den herrſchenden abweichen, iſt dies durch Bemerkungen, wie „nach Meinung des Verfaſſers“, „es ſcheint“ u. ſ. w. zum Ausdruck gebracht. Ueberall hat jedoch das Beſtreben vorgeherrſcht, bei voller Wahrung der wiſſenſchaftlichen Auffaſſung die für die Praxis des Waldbaues nothwendigen Grundlagen zu geben, ſelbſt einzelne Wiederholungen ſind hierbei zugelaſſen, andere Theile weniger berückſichtigt worden. Es lag überhaupt mehr der Wunſch vor, ein brauchbares Buch zu liefern, als ein vorher genau feſtgeſtelltes Schema zu erfüllen. Auch bei dieſem Ziele ſtand man nur zu oft davor, „mit ſaurem Schweiß zu ſagen das, was man nicht weiß“, und nirgends mehr als beim letzten Kapitel des Buches, bei der Theorie der Kultur— methoden. Vergeblich wird man hier nach den wichtigſten forſtlichen Fragen, wie Durchforſtung, Wirkung der Beſchirmung und dergleichen ſuchen. Für dieſe Theile der Forſtwiſſenſchaft giebt es noch keine IV Vorwort. Theorie, alle exakten Grundlagen fehlen, und es konnte nicht im Sinne des Verfaſſers liegen, den zahlreichen vorhandenen Raiſonnements ein neues hinzuzufügen. Hier findet ſich ein ſtarkes Zurückbleiben der Theorie hinter den Leiſtungen und den berechtigten Forderungen der Praxis. Die Urſache iſt eine doppelte: ſie liegt einmal in dem gegenwärtigen Ueberwiegen der ſtatiſtiſchen Methode bei forſtwiſſenſchaftlichen Arbeiten, und anderſeits in dem vielfach herrſchenden Autoritätsglauben. Die ſtatiſtiſche Methode, ſo wenig ſie entbehrt werden kann und jo gute Erfolge fie auch aufzuweiſen hat, lehrt immer nur die End- wirkung kennen, zur Ermittelung der wirkenden Urſachen iſt ſie wenig oder nicht geeignet. Auch in der Landwirthſchaft benutzt man die Statiſtik in großer Ausdehnung, aber man begnügt ſich nicht mit den gewonnenen Zahlen, ſondern fordert von der Agrikulturchemie deren Begründung. Schon jetzt kann man mit gutem Rechte die Agrikulturchemie als die wiſſenſchaftliche Begründung des Feld— baues bezeichnen. Die forſtliche Schweſter derſelben, die Stand— ortslehre, hat noch einen weiten Weg vor ſich, um annähernd das— ſelbe für den Waldbau zu leiſten. Aber auch dieſe Zeit wird kommen, und dann werden nicht mehr der größeren Hälfte der forſtlichen Hoch— ſchulen Einrichtungen und Inſtitute fehlen, die man auch nicht der kleinſten landwirthſchaftliche Anſtalt verſagt. In ähnlicher, aber kaum weniger bedenklicher Weiſe, wie das Zurückbleiben der Standortslehre, wirkt für die Entwickelung der Forſt⸗ wiſſenſchaft die vielfach herrſchende Verehrung der Autoritäten, d. h. von Männern, welche geſunder Verſtand und vielfache Erfahrungen befähigten, einigermaßen den Mangel grundlegender Unterſuchungen auszugleichen. In anderen Wiſſenſchaften ſind ſolche Autoritäten etwas obſolet geworden; man kann hundert Bücher über Chemie, Phyſik, Botanik, Geologie u. ſ. w. leſen, ohne nur einmal auf jenen Ausdruck zu ſtoßen. Hier gilt es, Erkenntniß der Naturgeſetze zu erwerben, Generalregeln ſind unbekannt. Jede dieſer Wiſſenſchaften ſieht mit Stolz auf ihre großen Männer, aber dieſe hinterließen nicht nur Methoden, ſondern ſie zeigten die Grundlagen, auf denen ſich dieſe aufbauen. Nichts kann dem Verfaſſer ferner liegen, als mit dieſen Bemerkungen Männer angreifen zu wollen, die zum großen Theile die Schöpfer der heutigen Forſtwiſſenſchaft ſind, aber andere Zeiten ſtellen andere Aufgaben. Wenn früher mit klarem Blick und in großen Zügen das „wie“ gezeigt worden iſt, ſo verlangt die Gegen— wart ſchärfere Zuſammenfaſſung der Begriffe und Antwort auf das „warum“. Dieſe Antwort vermag nur in gemeinſamer Arbeit von der Forſtwiſſenſchaft und den Naturwiſſenſchaften, vor anderen von den beiden hier wichtigſten, der Standortslehre und der Botanik, ge— geben werden. Vorwort. V Leider, und es iſt dies in den ganzen Verhältniſſen begründet, wird zur Zeit herzlich wenig auf dem Gebiete der Standortslehre gearbeitet. Will ſich Jemand dieſem Fache widmen, ſo muß er ent— weder Forſtmann ſein, oder es ſo weit werden, daß er die Voraus— ſetzung und Nothwendigkeit forſtlicher Betriebsarbeiten, ſowie deren Wirkungen beurtheilen kann. Es iſt dies nicht ſo ſchwierig, daß es nicht möglich wäre, ſich ſoweit einzuarbeiten. Wer es aber auch immer ſei der Standortslehre treiben will, er darf nie vergeſſen, das ſein Hauptarbeitsplatz im Walde liegt. Allein vom Laboratorium aus in Standortslehre arbeiten zu wollen, hat genau ſo viel Sinn, wie wenn ein Forſtmann ſein Revier vom Bureau aus verwalten will. Den Wald lieben, ihn unter mannigfachen Verhältniſſen und in zahlreichen Gebieten kennen lernen, ihm die Be— dingungen des Werdens und Gedeihens ablauſchen, das ſind Voraus— ſetzungen aller Studien in der Standortslehre; wer dieſe nicht erfüllt oder nicht zu erfüllen vermag, kann vielleicht einzelne brauchbare Arbeiten liefern, eine wirklich fruchtbringende Thätigkeit wird ihm immer verſagt bleiben. Zu beſonderem Danke bin ich noch Herrn Forſtaſſeſſor Dr. May und Herrn Dr. G. C. Schmidt verpflichtet, welche nicht nur die Korrektur, alſo den formalen Theil des Buches, in liebenswürdigſter Weiſe beſorgten, ſondern auch durch Beſprechung der verſchiedenen Abſchnitte an dem Inhalt weſentlich Antheil genommen haben. Eberswalde, Januar 1893. Dr. E. Ramann. Inhalts Ueberſicht. Seite Einleitung. 1 I. Die Atmoſphüre 3 § 1. Maſſe der Atmoſphäre 3 s 2. Sauerſtoff und Stickſtoff 3 § 3 Kane in der Atmoſphäre 4 s4 Bildung und Bindung von freiem Stickſtoff, Sauerſtoff und von Kohlenſäure . 4 § 5. Stickſtoffverbindungen der Atmoſphäre 0 6 §S 6. Ozon und Wafjerjtofffuperoryd . . 7 § 7. Andere Safe der Atmoſphä re 8 SS Staubtheilchen in der Atmoſphäre 8 s 9. Höhenrauch i a 9 § 10. Waſſerdampf in der Atmosphäre „„ A 2 § II. Bu. En Bee 12 812. Woldlufbr., Ss. 20 tn. 22,41 e G 14 II. Das Waſſerrrr:rr:r:r:!!!:!:!:!:!:r a 16 § 13. A. Eigenſchaften des Waſſens 16 § 14. Volumveränderungen des Waſſers 16 § 15. Im Waſſer gelöite Gaſ e Wie 47 B. Vorkommen von Waſſer und Eis 18 § 16. Bodenwaſſer . . —A ĩͤ 19 § 17. Menge des Bodenwaſſers und Winterfeuchtigkeit . 20 § 18. Grundwaſſer und Quellwaſſeee 24 ss 19— 21. Bewegung des Grundwaſſer gg.. 286 § 22. Einfluß der Pflanzenweet!t!ñ 31 88 23 — 25. Fluß⸗ und Seewaſſe e 33 88 26 — 28. Hochwaſſer der Flüſſe Eee 36 III. Gletſcher „ ER 40 § 29. 40 § 30. 41 IV. Der Bd... 2... 0: Wannen 8 31. Begriffsbeſtimmun g ne 8 § 32. Hauptbeſtandtheile des Bodes § 33. Mechaniſche Bodenanalhſe 47 § 34. Bau (Struktur) des Bodeesns 52 § 35. Urſachen der ue ä —7—7*—ñ 55 8 36. Volumgewichhhheetetetete t:: 61 § 37. Boden und Waſſee 63 Waſſerkapacität . .. 2 63 § 38. ee der Böden 25 69 8 39. Kapillarer Aufſtieg des Waſſees 70 § 40. Eindringen des Waſſers. Durchläſſigteit. e 75 8 41. Waſſerverdunſtung des Bodens 80 8 42. Farbe des Boden 87 8 43. Boden und Wrmne & 88 § 44. Kondenſationsvorgännne᷑ § 45. Durchlüftung des Bodes 8 46. Kohärescenz der Bodent heile Inhalts-Ueberſicht. V. Die Verwitterung 8 47. D νπτ ανο ο α τ αν ce e durch phyſikaliſche Kräfte Löſende Wirkung des Waſſers Verwitterung im engeren Sinnen. Abſätze aus verwitternden Geſteinen .. Abſorptionserſcheinungen im Boden . Die Auswaſchung des Bodens > Transport der Sch N Bene et Shit, 5 VI. Die wichtigſten Minernlarten und Geſteine 8 54. § 55. Die wichtigſten Mineralarten Bodenbildende Geſteine . ERS feine Urſchiefer und metamorphiſche Stein Thonſchiefer und Thon . Kalk⸗ und Dolomitgeſteine . .. 5 Konglomerate, Sandſteine und Sande . Diluvium und Alluvium Be Bopmanalyfe . - - - . .. . . ... | § 56. Die mineralogijche Analyſe des Bodens Die chemiſche Bodenanalyſe und ihre Bedeutung VIII. Im Boden vorkommende ne § 57. IX. zen Rofte im Boden 8 5 UMNURUNRYNR n dd i A D O S 88 8 D EURE Zerſetzung der organijchen Subſtanzen . . Breuer dt MIN. Zerſetzung organiſcher Stickſtoffverbindungen Betheiligung des Thierlebens bei der Humus sbildung Zuſammenſetzung der Humuskörper .. 8 Auf dem Trockenen gebildete Humusſtoffe Veränderung des Bodens unter Rohhumus. Seiteinbiltung F r EEE DEN 12" Phyſikaliſche Aenderungen. .. a Die unter Waſſer gebildeten humoſen Stoffe f Grünlandsmoore 3 ore Abweichende humoſe Bildungen, Tschernosem : Ä X. Die Bodendecke 8 8 68. 8 69. § 70. . 8 72. § 78. 8774. § 75. XI. Die Tage § 76. Bodenbedeckung und Beſchattung Anorganiſche Bodendecken Wirkung einer Pflanzendecke .. Walditreu ... 2 Eigenſchaften der Waldſtreu n . Chemiſche Eigenſchaften der Waldſ tren. Einfluß der Streudecke auf phyſikaliſche 5 Streu verſchiedener Baum arts ing der Steunna hmm BES Bodens ne... BR en ZU I iin und klinotio nn Einfluß des Windes . e neun ie * S = SDDDDD» rt an Ur or Ort or ot OY VIII Inhalts-Ueberſicht. XII. Pflanzenernährung und Pflanzengifte § 77. Phyſikaliſche Bedingungen des Pflanzen lebens. Demperaklrrk: a ee . Lichhhetetete ee a a § 78. Chemiſche Faktoren des Pflanzenlebend® . ....... Kohlenfäure .. 2... 220 wa ca 2 er Gonerjtoff 7 ann a ae Sr A Skickſto ff 5 : § 79. Waller - e § 80. Mineralftoffe, =... -.. „ = § 81. Waldbäume und Mineralitoffe -- 2 2... Es Anſpruch, Bedarf, Entzug .....- - »..... 20: Iq § 82. Einzelne Holzarten und Betriebsformen . n 5 83. Pflanzengi fe 1 IT. Die 18 Gigenſchaſten der Böden § 84. Bodendroflle =. e 8 5 Mächtigkeit des Bodens” DE z § 86. Waſſergehalt des Bodens § 87. Durchlüftung des Bodens § 88. Mineralſtoffgehalt des Boden 8.89. Humusgehalt des Bodens SE Fre * § 90. Phyſikaliſche Eigenſchaften des Boden.. § 91. Bodenzu finde 2 ee § 92. Boden kraft § 93. Bodenthätig keien § 94. Bodenflora und bodenbejtimmende Pflanzen ... XIV. Hnuptbodenarten, Sodenbefrhreibung . . : -. .. . „ om 8 95. GSteinbüdenn.. ..=. ser. 2 sum a a § 96. Sandböden 8 97. Lehmböden § 98. Thonböde n § 99. Kalkböde n § 100. Humusbssde A $ 101. Standortsbeſchreibunn g EEE So e r ccc Boden Bodendecke und Humusbeimiſchung im Boden... Boden profil um nie 8 102. Kartirun g XV. C beoci der en 7277777 S 103. I. Entwäſſerung und Bewäſſerunn g.... § 104. II. Düngunn g Düngung im forſtlichen Betrietttte $ 105. III. Bodenbearbeitunnnn ggg 8 S 106. IV. Ortſteinkultur und Raſeneiſenſteinkultur .. Ss 107. V. Kultur der Moore Grünlandsmoorre § 108. Hochmoore an De 8 109. VI. Robhumusbllöungen .. 2. 2.222 Sr $ 110. VII. Konkurrenz der Pflanzena‚˖n/m $ 111. VIII. Unterbau „eu... 0. 20202 Se ũ˙tE0 § 112. IX. Waldfeldbau ... - 2.2000 2.0 2 0 eo Einleitung. Literatur: Schübler, Grundſätze der Agrikulturchemie. 1838. Mulder, Chemie der Ackerkrume. Berlin 1863. Fallou, Pedologie vd. allgem. u. beſ. Bodenkunde. Dresden 1862. Heyer, Forſtl. Bodenkunde und Klimatologie. Erlangen 1856. Senft, Geſteins- und Bodenkunde. Berlin 1877. Detmer, Die naturwiſſenſchaftliche Grundlage der Bodenkunde. Leipzig und Heidelberg 1876. Grebe, Gebirgskunde, Bodenkunde und Klimalehre. 4. Auflage. Berlin 1886. Adolf Mayer, Lehrbuch der Agrikulturchemie. 3. Aufl. Heidel— berg 1886. R. Sachße, Lehrbuch der Agrikulturchemie. 1888. Appelt, Pflanze und Boden. Breslau 1889. Außer dieſen mehr oder weniger umfaſſenden Werken iſt ein großer Theil der Einzelarbeiten in Zeitſchriften niedergelegt. Als wichtigſte derſelben ſind anzuführen: Landwirthſchaftliche Verſuchs-Stationen; herausgegeben von Nobbe. Landwirthſchaftliche Jahrbücher; herausg. von Thiel. Jahresbericht der Agrikulturchemie. Berlin. Centralblatt der Agrikulturchemie. Berlin. Forſchungen der Agrikulturphyſik; herausg. von E. Wollny. Heidelberg. Sämmtliche forſtliche Zeitſchriften. Die forſtlich⸗chemiſchen und bodenkundlichen Arbeiten ſind, außer in den „Forſchungen der Agrikulturphyſik“, in den referirenden Zu— ſammenſtellungen meiſt wenig berückſichtigt. Die Standortslehre beſchäftigt ſich mit der Abhängigkeit der Vegetation vom Klima und Boden ſowie mit den Eigenſchaften der Ramann. 1 2 Einleitung. Pflanzen, welche deren Verbreitung beeinfluſſen. Die forſtliche Stand⸗ ortslehre berückſichtigt dabei weſentlich das Verhalten der Waldbäume. Die Standortslehre verlangt eine ganze Reihe von Hülfswiſſen⸗ ſchaften; insbeſondere Kenntniß des Bodens und der auf die Ernährung und Entwickelung der Pflanzen bezüglichen Theile der Pflanzenphyſiologie. Beide verlangen ſtetige Rückſichtnahme auf Chemie und Phyſik; hierzu treten noch Klimatologie und für die Bodenkunde Abtheilungen der Mineralogie und Geologie. In dieſer Mannigfaltigkeit der Grundlagen beruht mit die größte Schwierigkeit einer gleichmäßigen Darſtellung der Standortslehre. Immer wird der eine oder andere Theil zu wünſchen übrig laſſen, zumal naturgemäß nicht nur eine rein theo— retiſche Behandlung befriedigen kann, ſondern die Nutzanwendung für die Praxis jederzeit voll berückſichtigt werden muß. Eine Darſtellung der geſchichtlichen Entwickelung der Standorts— lehre iſt ſchwierig und ohne eingehende Darlegung des Entwickelungs— ganges der einzelnen Disciplinen nicht zu geben. Mit der Erforſchung des Bodens und der Lebensbedingungen der Pflanze iſt auch die Stand— ortslehre ſchrittweiſe gewachſen. Beſonderes Verdienſt hat ſich, außer einer großen Anzahl von Agrikulturchemikern, unter den Forſtleuten Grebe erworben, deſſen Werk noch heute für einen Theil der Stand— ortslehre unveränderte Bedeutung beanſpruchen kann. Die Bearbeiter einzelner Abtheilungen ſind bei dieſen namhaft gemacht; wenn es auch nicht immer möglich war, hierbei die geſammte Wirkſamkeit der ein— zelnen Forſcher, man denke unter den Deutſchen an Liebig, Schübler, Mulder, Wolff, Knop und andere, in ihrer vollen Bedeutung hervor— zuheben. I. Die Atmoſphäre. Die Gasſchicht, welche die Erde umgiebt, bezeichnet man als die Atmoſphäre. Sie ſetzt ſich ganz überwiegend aus Sauerſtoff und Stickſtoff zuſammen. Andere Beſtandtheile machen nur einen geringen Bruchtheil der Atmoſphäre aus, ſind aber zum Theil von hoher Be— deutung für das Leben der Pflanzen. § 1. A. 1. Die Maſſe der Atmoſphäre. Die Maſſe der Atmoſphäre läßt ſich aus dem Druck, welchen ſie ausübt, berechnen. Sie ſetzt ſich, wenn man von dem ſchwankenden Gehalt an Waſſerdampf abſieht, zuſammen aus annähernd: 1213 500 Billionen kg Saueritoff 848 580000 ebkm 4008 000 „ „ Stickſtoff — 3191000000 „ 2530 95 „Kohlenſäure — 1230000 „ Bei gleichmäßiger, der Luft an der Erdoberfläche entſprechender Dichtigkeit würde die Atmoſphäre eine Höhe von 8000 m haben. Da jedoch die Dichtigkeit mit der Höhe raſch abnimmt, iſt die Erde von einer Lufthülle umgeben, die in ca. 300 km Höhe noch einen bemerk— baren Druck ausübt.“ § 2. 2. Sauerſtoff und Stickſtoff. Die atmoſphäriſche Luft beſteht aus einer Miſchung von 20,93 Vol. % = 23,28 Gew. „ Sauerſtoff 79,04 Vol. % = 76,67 Gew. °/, Stickſtoff. Größere Abweichungen von dieſem Verhältniß ſind nicht beobachtet. Genaue Unterſuchungen haben zwar ergeben, daß der Sauerſtoffgehalt nicht völlig konſtant iſt, ſondern nach Jahreszeit und Oertlichkeit ſehr kleinen Schwankungen unterliegt, die jedoch nur ſelten ein hundertſtel Procent erreichen und nur durch ſehr genaue Unterſuchungsmethoden feſtgeſtellt werden können. 1* 4 Die Atmoſphäre. [Ss 3, 4 s3. 3. Die Kohlenſäure in der Atmoſphäre. Der Gehalt der ene beträgt im Durchſchnitt 0,03 Vol. 9%; entſprechend 0,05 Gew. . Vielfache Unterſuchungen laſſen es wahr⸗ ſcheinlich erſcheinen, daß größere Abweichungen im Kohlenſäuregehalt der Atmoſphäre nicht vorkommen; kleine Schwankungen laſſen ſich da⸗ gegen häufig nachweiſen. Für dieſe können folgende Regeln gelten: a) Große Waſſerflächen vermindern (in Folge der Löslichkeit der Kohlenſäure in Waſſer) den Kohlenſäuregehalt gegenüber ausgedehnten Landflächen um etwas (0,03 Vol. “% für erſtere, 0 Br 034 Vol.“ für letztere). b) Die Luft an der Bodenoberfläche iſt etwas reicher an Kohlen— ſäure als dem durchſchnittlichen Gehalte entſpricht. (Die im Boden vor⸗ handene Luft iſt immer reicher an Kohlenſäure als die der Atmoſphäre, da fortgeſetzt ein Ausgleich zwiſchen beiden erfolgt, erklärt ſich jene Regel ſehr einfach.) c) Mäßige Niederſchläge ſteigern den Gehalt der Luft an Kohlen— ſäure erheblich, lang andauernde ſetzen ihn herab. (Der Hauptgrund für dies Verhalten liegt wohl in dem geſteigerten Austritt von Boden— luft und dem Freiwerden vorher abſorbirter Kohlenſäure aus den Bodenbeſtandtheilen; anderſeits bei langdauernden Regen in der Lös— lichkeit der Kohlenſäure in Waſſer.) d) Die Luft in unmittelbarer Umgebung kräftig vegetirender Pflanzen iſt um etwas ärmer an Kohlenſäure als ſolche über brachem Felde (Aſſimilation der Pflanzen). Die Schwankungen ſind ſehr geringe. Reiſet“) fand bei jeinen jehr genauen Arbeiten, über einem Rothklee— felde im Juni 2,898 Vol. , auf freiem Felde 2,915 Vol. „%; über Gerſte (im Juli) 2,829 Vol. %, über freiem Felde 2,933 Vol. % Wollny giebt etwas größere veic an, jedenfalls bewegen ſie ſich jedoch in engen Grenzen. e) Während der Nachtzeit iſt die Luft etwas reicher an Kohlen- ſäure, als während des Tages. s4 4 Bildung und Bindung von freiem Stickſtoff, Sauerſtoff und von Kohlenſäure. Der unveränderlichſte Beſtandtheil der Atmoſphäre iſt der Stick— ſtoff. Kleine Mengen desſelben werden, zumal durch die Pflanzenwelt, gebunden und anderſeits bei Fäulnißvorgängen frei gemacht, gegenüber der ungeheuren Maſſe der Atmoſphäre handelt es ſich jedoch um ver— ſchwindende Mengen. *) Compt. rend. 88, S. 1007. 1879. S4.] Stickſtoff, Sauerſtoff, Kohlenſäure. 5 Größer iſt der Verbrauch an Sauerſtoff bei der Verweſung organiſcher Stoffe und allen übrigen Oxydationsproceſſen, denen in der Aſſimilation der Pflanzen eine Quelle für Bildung freien Sauerſtoffs gegenüber ſteht. Beide Vorgänge ſtehen in einem gewiſſen Gleichgewicht. Die im Boden vorhandenen Kohlengeſteine, welche doch alle durch die Aſſimila— tion der Pflanzen gebildet ſind, deuten ſogar darauf hin, daß im Ent— wickelungsgange der Erde die Vorgänge, welche freien Sauerſtoff an die Atmoſphäre abgeben, denen überlegen ſind, welche ihn binden. Ganz ähnlich verhält es ſich mit den Oxydationsproceſſen, welche die Verwitterung einzelner Geſteine (Schwefelverbindungen) begleiten. Auch dieſe ſind in den weitaus meiſten Fällen aus der Reduktion ſauerſtoffhaltiger Verbindungen hervorgegangen. Eine dauernde Feſt— legung von Sauerſtoff findet wohl nur bei der Verwitterung eiſen— oxydulhaltiger Urgeſteine ſtatt. Aber dieſer Vorgang übt auf die Geſammtmaſſe des Sauerſtoffs keinen merkbaren Einfluß; ſelbſt nicht bei Annahme ſehr großer Zeiträume. Bedeutſamer ſind die Vorgänge in Bezug auf Bildung und Bindung der Kohlenſäure. Die Verwitterung der Silikatgeſteine beſteht im Weſentlichen aus einer Zerlegung durch kohlenſäurehaltiges Waſſer, Entſtehung von löslichen Carbonaten der Alkalien und alkaliſchen Erden, während ein waſſerhaltiges Silikat zurückbleibt. Die mächtigen Ablagerungen von Kalken und Dolomiten ſind urſprünglich wahrſcheinlich bei der Ver— witterung von Silikatgeſteinen gebildet worden. Erhebliche Mengen von Kohlenſäure werden ſo der Atmoſphäre entzogen. Ein zweiter Proceß, durch welchen Kohlenſäure dauernd feſtgelegt wird, iſt die Bildung foſſiler Kohlegeſteine, die in früheren Perioden viel größeren Umfang erreichte und noch jetzt (in der Torfbildung) fortſchreitet. Welche Kohlemaſſen das Erdinnere enthält, zeigt z. B. ſchon die Thatſache, daß, trotzdem wir nur einen kleinen Theil der Vorräthe kennen und noch weniger zu nutzen vermögen, die Bildung von Kohlenſäure bei der Verbrennung der jetzt geförderten Mineral— kohlen jährlich etwa 000 der geſammten in der Atmoſphäre enthaltenen Kohlenſäuremenge entſpricht. Den Vorgängen, welche Kohlenſäure binden, ſtehen andere gegen— über, welche große Mengen dieſes Stoffes frei machen. Es ſind chemiſche Proceſſe, die in tieferen Schichten des Erdkörpers vor ſich gehen. Alle Quellen, welche aus tieferen Schichten hervortreten, ſind reich an Kohlenſäure, oft jo reich, daß dieſe an der Luft unter Auf— brauſen entweicht (Säuerlinge). Große Kohlenſäuremengen werden von Vulkanen ausgehaucht, oder treten in Gebieten früherer vulkaniſcher Thätigkeit hervor. Bemerkbar 6 Die Atmoſphäre. I8ss 4, 5. werden ſie zumeiſt erſt dann, wenn der Austritt in Räumen mit ſehr geringem Luftwechſel (namentlich Höhlen) erfolgt. Es iſt kein Grund zu bezweifeln, daß zahlloſe Felsſpalten in ähnlicher Weiſe den Kohlen- ſäureaustritt vermitteln, wenn ſich dieſer auch natürlich der Wahr- nehmung entzieht. Die Geſammtmenge der Kohlenſäure, welche auf dieſem Wege der Atmoſphäre zugeführt wird, läßt ſich nicht ſchätzen; iſt aber wohl die bedeutendſte Quelle dieſes für die Pflanzenwelt un⸗ entbehrlichen Nährſtoffes. Als ein wichtiger Regulator der atmoſphäriſchen Kohlenſäure wirkt (nach Schlöſing) der Ocean. Der Gehalt des Meerwaſſers an Kohlenſäure iſt ein ſehr viel höherer als der einfachen Abſorption des Waſſers entſpricht und wird durch einen reichlichen Gehalt an Bicarbo- naten bedingt. Dieſe Verbindungen können jedoch nur bei einem be— ſtimmten Luftdruck unverändert beſtehen; und entſpricht ihre Menge im Meerwaſſer dem herrſchenden Luftdrucke. Jedes Steigen desſelben wird daher Abſorption, jedes Fallen ein Freiwerden von Kohlenſäure aus dem Meerwaſſer bewirken. Ein fernerer Vorgang, welcher Kohlenſäure bindet, iſt die Aſſimi— lation der Pflanzen, dieſer ſtehen Verweſungsvorgänge, durch die wieder Kohlenſäure gebildet wird, in ungefähr gleicher Größe gegenüber. Die Aſſimilation der chlorophyllführenden Pflanzen bindet Kohlen— ſäure und macht Sauerſtoff frei; die abſterbenden Pflanzenreſte liefern bei der Verweſung wieder Kohlenſäure und binden natürlich eine entſprechende Menge von Sauerſtoff. Im gleichen Sinne thätig, aber von viel geringerer Bedeutung, iſt die höhere Thierwelt. Da die Verweſung überwiegend auf der Lebensthätigkeit niederer Organismen beruht, kann man daher ſagen, daß zwiſchen der Aſſimilation der Chlorophyllpflanzen und der Thätigkeit der chlorophyllloſen Lebeweſen ein Gleichgewicht in der Natur vorhanden iſt.“) S 5. 5. Die Stickſtoffverbindungen der Atmoſphäre. Die Luft enthält kleine Mengen von ſalpetriger und Salpeterſäure, die zuweilen im freien Zuſtande auftreten können, zumeiſt aber an Ammoniak gebunden ſind. Das erſtere hat man aus dem Vorkommen von ſauer reagirendem Schnee auf hohen Bergen geſchloſſen. Die Haupt- menge der Stickſtoffverbindungen beſteht jedoch aus kohlenſaurem Ammon. ) Es iſt dies der einzige Kern der in populären Vorträgen jo viel ge- brauchten Phraſe von „der wunderbaren Harmonie der Natur“, in der die Pflanzen den für Menſchen und Thiere nothwendigen Sauerſtoff liefern, während dieſe ſich durch Ausathmen von Kohlenſäure revanchiren. Thatſächlich iſt der durch die Pflanzen gebildete Sauerſtoff gegenüber dem Vorrath der Atmoſphäre ohne jede Bedeutung und die Pflanzen würden bald verhungern, wenn ſie auf die von den Thieren gelieferte Kohlenſäure angewieſen wären. 8 5, 6.] Stickſtoffverbindungen. Ozon. 5 . Direkte Beſtimmungen der Stickſtoffſäuren in der Atmoſphäre ſind bei den äußerſt geringen Mengen derſelben kaum ausführbar. Da aber die betreffenden Körper leicht löslich ſind, ſo hat man im Gehalte der atmoſphäriſchen Niederſchläge ein Mittel des Nachweiſes. Ammoniak iſt zu 2— 5 mg in 100 Liter Luft aufgefunden worden. Der Urſprung der Stickſtofffäuren iſt wahrſcheinlich auf direkte Bindung von Sauerſtoff und Stickſtoff zurückzuführen, welche bei elek— triſchen Entladungen zu Unterſalpeterſäure N. O, zuſammentreten. Dieſe bildet mit Waſſer Salpeterſäure und ſalpetrige Säure. Dieſer Vorgang war früher der einzige bekannte, in der Natur vorkommende Weg, den atmoſphäriſchen Stickſtoff zu binden. Man hat dadurch ſeine Bedeutung weit überſchätzt. Das Ammoniak der Atmoſphäre ſtammt aus dem Boden. Alle gut durchlüfteten, beſſeren Böden enthalten kohlenſaures Ammon. Dieſes Salz iſt leicht flüchtig, es verhält ſich bei niederen Drucken (nach Schlöſing) ähnlich wie eine gasförmige oder flüſſige Subſtanz und verdunſtet wie eine ſolche in die Atmoſphäre. Nach demſelben Forſcher übt der Ocean auf den Ammoniakgehalt der Luft eine ähnliche regulirende Wirkung aus, wie dies für die Kohlenſäure anzunehmen iſt. Das kohlenſaure Ammon iſt gasförmig in der Atmoſphäre ver— theilt; die ſalpeterſauren Salze ſind dagegen feſte, nicht flüchtige Körper. Nach ihren Eigenſchaften iſt anzunehmen, daß ſie bei trockner Luft in Form feiner Staubtheile, bei feuchter dagegen in Waſſer gelöſt in kleinen Nebelkügelchen vorhanden ſind. S 6. 6. Ozon und Waſſerſtoffſuperoxyd in der Atmoſphäre. Die Luft enthält kleine Mengen ſtark oxydirender Stoffe. Nach Lage der Sache kann es ſich hierbei nur um Ozon oder um Waſſer— ſtoffſuperoxyd handeln. Nach Schöne, der den Gegenſtand ſehr ein— gehend bearbeitet hat, kommt nur das letzte in Frage. Da die oxydi— renden Wirkungen die einzigen ſind, an denen man die Gegenwart dieſer Stoffe erkennen kann und hierin beide einander ſehr nahe ſtehen, ſo iſt eine Entſcheidung ſchwierig. Es iſt aber einmal gebräuchlich, von dem Ozongehalt der Luft, den Ozonmeſſungen und dergleichen zu ſprechen und ſo mag dies auch hier geſchehen. Nach Levy beträgt die Menge der genannten Oxydationsmittel in 100 Liter Luft 0,3 — 2 mg. Im Winter iſt der Gehalt am höchſten, im Sommer am geringſten, Frühling und Herbſt ſtehen in der Mitte. Die Bedeutung dieſer ſtarken Oxydationsmittel für Thier- und Pflanzenleben iſt ſehr ſchwer abzuſchätzen. Während einzelne Forſcher jede Bedeutung derſelben leugnen, glauben andere ihnen große Wichtig— keit beilegen zu müſſen. Es iſt immerhin anzunehmen, daß ſo ſtark 8 Die Atmoſphäre. 88 6—8. wirkende, regelmäßig vorkommende Stoffe nicht bedeutungslos ſind, wenn auch eine Einwirkung auf Miasmen, alſo nach dem jetzigen Stande der Wiſſenſchaft eine abtödtende oder ſchädigende Wirkung auf Bakterien, wohl ſicher ausgeſchloſſen erſcheint. S . Andere Gaſe in der Atmoſphäre. Außer den bisher genannten Gaſen finden ſich noch kleine Mengen von Sumpfgas und ähnlichen Kohlenwaſſerſtoffen in der Atmoſphäre. Das Sumpfgas bildet ſich bei der Fäulniß organiſcher Stoffe unter Waſſer. Es iſt ohne jede bemerkbare Einwirkung. Schädlich auf die Vegetation wirken dagegen die immer nur ört— lich in bemerkenswerther Maſſe auftretenden ſauren Gaſe, zumeiſt ſchweflige Säure, ſeltener Chlorwaſſerſtoff, und in ganz ſeltenen Fällen Fluorwaſſerſtoff. Dieſe Gaſe entſtammen entweder vulkaniſchen Aus⸗ brüchen, ferner techniſchen Großbetrieben oder ausgedehnten Feuer- anlagen, in welchen eiſenkieshaltige Mineralkohlen verbrennen (ver- gleiche § 83). ss 8. Staubtheilchen in der Atmoſphäre. Die Luft enthält reichliche Mengen ſchwebender Staubtheilchen. Die größeren derſelben kann man ſichtbar machen, wenn ein Sonnen⸗ ſtrahl in einen verdunkelten Raum fällt. Ein Bild der Zuſammenſetzung des Staubes bieten die Niederſchläge desſelben auf feſten Körpern. Es finden ſich die mannigfachſten Stoffe organiſcher wie anorganiſcher Natur. Die Bedingungen, welche feſte Beſtandtheile der Erdoberfläche in die Luft führen, ſind: a) Winde, zumal Wirbelwinde; b) die Brandung an den Küſten und auch ſchon das Brechen der Wellen führen Salze des Meerwaſſers in die Luft; c) vulkaniſche Ausbrüche; d) der Rauch der Feuerungen aller Art, der in ſtark bevölkerten Gegenden, zumal großen Städten, zu einer bedeutenden Staubquelle werden kann. Von den anorganiſchen Beſtandtheilen ſind die meiſten ohne merk— bare Bedeutung für die Vegetation. Nur die Salztheile des Meeres können an den Küſten zuweilen in größerer Menge auftreten. Nach Böhm“) find nach Stürmen die Bäume und Sträucher, ſowie alle Pflanzen der Küſte des Adriatiſchen Meeres oft millimeterdick mit Salzkryſtallen überzogen. Aber ſchon in mäßiger Entfernung von der Centralblatt für die geſammte Forſtwiſſenſchaft 15, S. 416. Sp 58 9.] Staubgehalt. Höhenrauch. 9 Küſte nimmt der Salzgehalt der Luft weſentlich ab. Er iſt z. B. nach den vorliegenden Unterſuchungen in der Mitte Englands ein ſehr ge— ringer (Einwirkung auf Pflanzen vergl. § 83). Wichtiger und namentlich von allgemeinerer Bedeutung ſind die organiſchen und insbeſondere die organiſirten Staubtheile der Luft. Es finden ſich zahlreiche Keime von niederen Organismen und Bakterien.“ Epidemien aller Art können hierdurch verbreitet werden. In der Regel ſteigt der Gehalt an ſolchen Keimen in der Nähe größerer Städte, nimmt im Walde, auf der See und in Hochgebirgen ab. (In der Gletſcherregion hat man keine oder nur verſchwindende Mengen von Bakterien gefunden, ebenſo iſt die Luft auf hoher See nahezu frei davon.) Neben dieſen gröberen Beſtandtheilen der atmoſphäriſchen Luft macht Aitfen**) die Gegenwart noch anderer viel kleinerer ſchwebender Partikel, welche ſich der gewöhnlichen Wahrnehmung entziehen, wahr— ſcheinlich. Nach dieſem Forſcher iſt die Ausſcheidung von Flüſſigkeit aus der mit Waſſerdampf überſättigten Luft an die Gegenwart feſter Theile gebunden. Jedes dieſer Theilchen dient als Ausgangspunkt eines Nebelkügelchens. Indem die Zahl dieſer Kügelchen feſtgeſtellt wird, erlangt man zugleich ein Bild der Menge der feſten Beſtandtheile. Fehlen ſolche feſten Kryſtalliſations- oder Ausſcheidungspunkte, ſo tritt für die Luft ein Zuſtand der Ueberſättigung mit Waſſerdampf ein. Die Zahl der von Aitken feſtgeſtellten Partikel geht im ebem auch bei ſehr reiner Luft nicht unter 200 herab, kann aber oft viele zehn— tauſende betragen. s 9 9. Höhenrauch. Auf der Vertheilung von nicht völlig verbrannten organiſchen Theilchen in der Luft beruht eine Erſcheinung, welche als Höhen— rauch bezeichnet wird. Ueberall, wo Verbrennungen ſtattfinden, werden feſte Beſtandtheile in die Luft geführt. Je nach Güte der Feuerungseinrichtungen iſt die Menge der unverbrannten Stoffe (Ruß, Deſtillationsprodukte der Brenn— ſtoffe) eine wechſelnde. Die allgemeine Verwendung der Mineralkohlen, ) Man hat vielfach darüber verhandelt, auf welchem Wege Bakterien in die Luft gelangen. Das Platzen von Gasblaſen in faulenden Flüſſigkeiten, ſowie der Luftaustritt beim Eindringen von Waſſer in poröſe Böden, haben ſich als geeignet erwieſen, Organismen zu verbreiten. In beiden Fällen gelangen Flüſſigkeitstheile und damit zugleich Keime von Organismen in die Luft. Im Uebrigen liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß Organismen nicht genau ſo wie alle anderen feſten Beſtandtheile durch Windbewegung emporgehoben und weitergeführt werden können. **) Zeitſchrift der öſterr. Geſellſchaft für Meteorologie 16, S. 205. Natur⸗ wiſſenſchaftliche Rundſchau 17, S. 211. 3 10 Die Atmoſphäre. [Ss 9, 10. ihre ſchwere Brennbarkeit und die dadurch bedingte Steigerung des Luftzugs in den Feuerungsanlagen, hat dieſen Uebelſtand weſentlich ge- ſteigert. Der ſchwarze Ueberzug, der alle der Luft ausgeſetzten Körper in den Städten bedeckt, giebt ein Bild der Menge der unverbrannten Theile, welche der Luft zugeführt werden. Dieſe ſind auch die Urſache der Dunſtſchicht, welche über allen größeren Städten lagert und ſelbſt bei ganz klarer Luft nicht völlig verſchwindet. Nahe verwandt mit dem Rauch der Städte und in den weſent— lichſten Eigenſchaften mit dieſem übereinſtimmend, iſt der Höhenrauch. Er hat ſeinen Urſprung in der Brandkultur auf Moorflächen. Im Frühlinge, ſobald trockenes Wetter eintritt, beginnt dieſe. Das ſchwe— lende Verbrennen des Torfes erzeugt ungeheure Mengen von Rauch, die ſich in der Luft verbreiten und weithin, natürlich mit der Ent— fernung vom Urſprungsort in ſchwächerem Maße, das Firmament in einen Nebelſchleier hüllen. Nicht ſelten ſind die Rauchmaſſen ſo ge— waltige, daß das Licht der Sonne abgeſchwächt wird, und dieſe ſelbſt wie eine tiefrothe Scheibe erſcheint. Der zugleich auftretende un- angenehme, brenzliche Geruch charakteriſirt den Höhenrauch noch weiter. Die Urſprungsgebiete find zumeiſt die weiten Moorflächen der nord— weſtdeutſchen Ebene.“ Die Unbequemlichkeiten des Höhenrauchs werden gleichmäßig em— pfunden, über die Wirkungen auf Temperatur und Luftfeuchtigkeit ſind die Meinungen getheilt. In den an die Moore angrenzenden Gebieten glaubt man eine ungünſtige Einwirkung auf den Fruchtanſatz der Obſt⸗ bäume, theilweiſe auch des Getreides beobachtet zu haben. Ziemlich allgemein wird ferner behauptet, daß der Höhenrauch Trockenheit er— zeuge, bezw. Niederſchläge verhindere. Für beide Behauptungen fehlt jeder ſichere Nachweis. Man könnte annehmen, daß blühende Pflanzen, von alkaliſch reagirenden Aſchentheilen getroffen, in ihrer Fruchtbarkeit leiden, es würde ſich dann aber nur um die unmittelbare Nachbarſchaft der Moorflächen handeln. Gegen die Einwirkung auf die Luftfeuchtig— keit ſpricht das Beiſpiel der großen Städte, die dauernd von einem dem Höhenrauch ähnlichen Dunſte überlagert ſind und trotzdem keine geringeren Niederſchläge zeigen als das umgebende Land. s 10. 10. Der Waſſerdampf in der Atmoſphäre. Der in der Atmoſphäre in größter Menge neben Sauerſtoff und Stickſtoff enthaltene Körper iſt der Waſſerdampf. Kein Beſtandtheil der Luft unterliegt in Bezug auf ſeine Menge ſo großen Schwankungen ) Eine Zuſammenſtellung aller auf Höhenrauch bezüglichen Angaben von Müttrich, Archiv des deutſchen Landwirthſchaftsraths 1882. § 10.] Waſſerdampf. dat wie der Waſſerdampf. Die hier geltenden Geſetze laſſen ſich wie folgt zuſammenfaſſen: Waſſer in flüſſigem oder feſtem Zuſtande verdampft ſchon bei ge— wöhnlicher Temperatur. Die Menge des Waſſerdampfes, welcher in die Luft übertreten kann, iſt von der Temperatur abhängig, ſteigt und fällt mit dieſer. Die folgende Tabelle giebt die Spannkraft des Waſſerdampfes in mm Queckſilberdruck, ſowie die Menge des in 1 ebm geſättigter Luft enthaltenen Waſſerdampfes in g. Spannkraft Gewicht des Spannkraft Gewicht des Tempe⸗ Rae, Naters je Tempe⸗ I C. | mm 2 - mm g —20° | 09 1,5 19° 16,12 16,2 = 150 1,44 NI 17,36 17,3 — 10» | 2,15 e 0 IM u 18,47 18,1 — 5° 3,16 2 19,63 19,1 9 23“ 20,86 20,2 nn 24“ 22,15 21,3 5,1 250 23,52 22,5 6,5 2862 24,96 23,8 een 6, 27% 26,47 25,1 5° J, 28° 28,07 26,4 697 ve 29° 29,74 27,9 747 8,2 30° 31,54 29,4 799 8,7 34° 33,37 31,0 3855 9,2 339 35,32 32,6 10° 9,14 9,7 33° 37,37 34,3 977 10,3 I 39,52 36,2 10,43 10:9 27, 35% 41,78 38,1 11,6 | 36° 44,16 40,2 111588 F 46,65 42,2 1267 13,0 | 38° | 49,26 44,4 50 13,51 9% 51,9 486,7 0 14,39 409 54,87 49,2 18 15,33 15,3 Aus der Tabelle geht ohne weiteres hervor, daß mit Waſſer ge— ſättigte Luft bei jeder Abkühlung Waſſer ausſcheiden, bei jeder Er— wärmung in den Zuſtand relativer Trockenheit oder theilweiſer Sättigung übergehen muß. In unſeren Breiten befindet ſich die Luft während des größten Theiles des Jahres in einem ſolchen Zuſtande theilweiſer Sättigung. Die Beobachtungen über den Waſſergehalt gehören daher zu den wichtigſten meteorologiſchen Daten. 12 Die Atmosphäre. [S 10, 11. Man unterſcheidet: a) abſolute Feuchtigkeit. Die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit, ohne Berückſichtigung der Temperatur in mm Dampfdruck ausgedrückt; b) relative Feuchtigkeit. Der in der Luft enhaltene Waſſer⸗ dampf ausgedrückt in Procenten der Menge, welche die Luft bei völliger Sättigung aufzunehmen vermag, alſo die procentiſche Sättigung der Luft mit Waſſerdampf ohne Berückſichtigung der Temperatur; c) Feuchtigkeitsdeficit (Sättigungsdeficit). Die Waſſermenge, welche die Luft noch aufzunehmen vermag, ausgedrückt in mm Dampf⸗ ſpannung. Der Begriff des Sättigungsdeficits iſt erſt in neuerer Zeit einge- führt worden und wird vorausſichtlich für phyſiologiſche Arbeiten größere Wichtigkeit gewinnen. Namentlich das Maß der Verdunſtung findet einen viel beſſeren Ausdruck als durch die relative Feuchtigkeit. Man nehme z. B. an bei 10°, 20° und 300 ſei die relative Feuchtigkeit über- einſtimmend 50% ; alſo die Luft ſei zur Hälfte mit Waſſer geſättigt. Dieſe vermag aber noch aufzunehmen bei 10° A 30% 4,6 mm 8,7 mm 15,6 mm. Die Verdunſtung wird alſo, gleiche Windbewegung vorausgeſetzt, bei 20° die doppelte, bei 30° die vierfache Höhe der bei 10° erreichen. Es iſt demnach leicht erſichtlich, daß die für das Pflanzenleben be— deutungsvollen Vorgänge durch Angabe des Sättigungsdeficits viel ſchärfer zum Ausdruck kommen, als durch die der relativen Feuchtigkeit. § 11. B. Die Bodenluft Einen Theil der Atmoſphäre bildet die Luft, welche ſich in den nicht von feſten Beſtandtheilen oder von. Waſſer erfüllten Räumen des Bodens vorfindet. In der Zuſammenſetzung weicht die Bodenluft oft erheblich von der übrigen Atmoſphäre ab. Reichthum an Kohlenſäure, oft verbunden mit geringerem Sauerſtoffgehalt und in tieferen Schichten ſtets, in den oberen zumeiſt vorhandene Sättigung mit Waſſerdampf ſind die bezeichnenden Eigenſchaften der Bodenluft. Natürlich ſchwankt die Menge der einzelnen Beſtandtheile in weiten Grenzen. Je nach Lagerung, Korngröße, Temperatur und Waſſergehalt iſt der Austauſch zwiſchen der Luft des Bodens und der überliegenden Schichten ein leichterer oder ſchwierigerer. Hierzu kommt noch der Einfluß der Bodenbedeckung, mag dieſe nun aus lebenden Pflanzen oder wie im Walde, zumeiſt aus lebloſen Streuſchichten beſtehen. Für den Kohlenſäuregehalt der Bodenluft laſſen ſich aus den grundlegenden Forſchungen Pettenkofer's, die ſpäter von Fleck, Möller, $ 11.] Die Bodenluft. 13 Ebermayer u. A.“ erweitert und beſtätigt worden ſind, gleichartige ſon— ſtige Verhältniſſe des Bodens vorausgeſetzt, folgende Regeln ableiten: a) Der Kohlenſäuregehalt ſteigt mit größerer Tiefe. p) Im Allgemeinen ſteigt und fällt der Kohlenſäuregehalt ent— ſprechend der Temperatur. Er iſt in der warmen Jahreszeit am höchſten und übertrifft den der kalten Monate oft um das mehrfache. e) Aenderungen von Temperatur und Luftdruck verändern den Kohlenſäuregehalt. d) Der Kohlenſäuregehalt unterliegt in verſchiedenen Jahren in demſelben Boden großen Schwankungen. e) Durchfeuchtung des Bodens ſteigert den Kohlenſäuregehalt vor— übergehend erheblich. 1) Der Kohlenſäuregehalt ſchwankt an verſchiedenen Stellen des— ſelben Bodens erheblich. g) Mit Pflanzen beſtandener Boden iſt ärmer an Kohlenſäure als braches Feld. Der Urſprung der Kohlenſäure in der Bodenluft iſt noch nicht genügend aufgeklärt.“) Eine der Quellen der Kohlenſäure iſt die Zer— ſetzung der organiſchen Stoffe im Boden. Beziehungen zwiſchen Humus— gehalt des Bodens und Kohlenſäuregehalt der Bodenluft beſtehen jedoch nur in weiten Grenzen. Die Anreicherung der Luft tieferer Schichten an Kohlenſäure läßt ſich auf Verweſungsvorgänge nicht zurückführen. Fleck wie Möller glauben allerdings den Kohlenſäuregehalt auf Verweſungsvorgänge zurückführen zu können, der letztere ſucht dies durch beſondere Verſuche zu begründen, die aber nach Meinung des Verfaſſers nicht beweiskräftig ſind; erſterer ſtützt ſich weſentlich auf die Abnahme an Sauerſtoff bei ſteigendem Kohlenſäuregehalt. Beſtimmte Verhältniſſe ergeben jedoch beide Größen nicht, und anderſeits erſtreckt ſich die gleiche Erſcheinung auf ſehr tiefe Erdſchichten; Quellen aus großen Tiefen ſind faſt ſauerſtofffrei. In neueſter Zeit hat Ebermayer eine größere Zahl bezüglicher Beobachtungen veröffentlicht, ***) er glaubt in dem Kohlenſäuregehalt der Grundluft einen Maßſtab für die Fruchtbarkeit der Böden gefunden zu haben. iteratur: Pettenkofer, Zeitſchrift für Biologie, I. VII. IX. P. u. Fleck, a. a. O. Möller, Mittheilungen der öſterreichiſchen forſtlichen Verſuchsanſtalten. Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, III. S. 1. Ebermayer, desgl. XIV. i Die Zuſammenſtellung bringt nur die wichtigſten Arbeiten. ) Vergl. hierüber auch Ebermayer, Beſchaffenheit der Waldluft. Stutt- gart 1885. Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung. 1890. S. 161. 14 Die Atmoſphäre. [58 11, 12. Die meiſten der Zahlen ſind jedoch in Käſten gewonnen worden, welche nach der Tiefe luftdicht abgeſchloſſen und die bis in größere Tiefe mit gleichartigem Boden erfüllt waren. Die gewonnenen Rejul- tate ſind nach der ganzen Anlage der Verſuche nur bedingt auf „ge— wachſene“ Waldböden übertragbar. Schon dies muß Veranlaſſung geben, der Möglichkeit einer auf ſolchem Wege erlangbaren Bodenbonitirung mit großer Vorſicht gegen— über zu treten. Die Ebermayer'ſchen Zahlen zeigen kaum mehr, als daß alle Bedingungen, welche die Durchlüftung der Böden fördern, den Kohlenſäuregehalt herabſetzen und daß anderſeits Verweſungsvorgänge denſelben erhöhen. Am ſchwerwiegendſten iſt dabei, daß der Kohlen— ſäuregehalt nur dann einen Maßſtab für die Bodenthätigkeit abgeben kann, wenn alle anderen Umſtände gleichartige ſind. In allen ſchlecht durchlüfteten Böden wird der Gehalt ebenfalls ſteigen, iſt aber dann eher als ein Beweis für Rückgang des Bodens als für Beſſerung zu erachten. So erwünſcht eine einfache Methode der wiſſenſchaftlichen Bonitirung der Böden auch ſein mag, es iſt wenig Ausſicht, ſie auf dem angegebenen Wege zu erlangen. (Vergl. auch SS 45 und 69.) § 12. C. Die Waldluft. Die Zuſammenſetzung der Waldluft unterſcheidet ſich von der der übrigen Atmoſphäre nur durch höhere relative Feuchtigkeit, welche durch die im Waldinnern herrſchende niederere Temperatur hervorgebracht wird. Die Beſtimmungen der einzelnen Beſtandtheile der Luft zeigen keine merkbaren Abweichungen gegenüber nicht bewaldeten Gegenden. Der Sauerſtoffgehalt hat ſich als völlig übereinſtimmend mit dem der übrigen Atmoſphäre ergeben.“) Ein Reſultat, welches bei der Geringfügigkeit des bei der Aſſimilation der Pflanzen abgeſchiedenen Sauerſtoffs im Vergleich mit den gewaltigen Maſſen der Atmoſphäre zu erwarten war. Der Kohlenſäuregehalt der Waldluft iſt ebenfalls von dem der übrigen Luft nicht merklich verſchieden. Wohl können lokal kleine Abweichungen vorkommen, ſie ſind aber ohne Bedeutung für Thier— und Pflanzenwelt. Die ſorgfältigen Unterſuchungen Reiſet's“ “) zeigten die völlige Uebereinſtimmung des Kohlenſäuregehaltes der Luft in ge— ſchloſſenen Schonungen (= 2,917 Vol. ¾ ) und auf freiem Felde Schon die Geſetze der Gasdiffuſion machen es von vornherein unwahrſchein— lich, daß überhaupt merkbare Abweichungen in der Zuſammenſetzung der Waldluft vorkommen können. Ebermayer, Beſchaffenheit der Waldluft. Forſtwiſſenſchaftliches Central⸗ blatt 8, S. 265. **) Compt. rend. 88, S. 1007. 1879. $ 12.] Die Waldluft. 15 (= 2,902 Vol. %%. (Reiſet abſorbirte die Kohlenſäure von je 600 Liter Luft; die angegebenen Zahlen ſind das Mittel aus je 27 Beſtimmungen. Die angewendete Methode verbürgt die hohe Genauig— keit der Angaben.) N Die zahlreichen Beſtimmungen des Kohlenſäuregehaltes der Wald- luft, welche Ebermayer (a. a. O. S. 14 u. 15) mittheilt, zeigen auch ſonſt beobachtete Schwankungen. Vielfach hat man den hohen Gehalt der Waldluft an Ozon her— vorgehoben. Die Beſtimmungsmethoden find jedoch wenig genau und die Beobachtungen geben keinen Beweis, daß im Walde irgend mehr Ozon vorhanden iſt, als auf freiem Felde. Die Geſetze der Gasdiffuſion und die dieſen entſprechenden, ſicher geſtellten Erfahrungen über den Kohlenſäuregehalt der Waldluft laſſen es von vorn herein unwahrſcheinlich erſcheinen, daß im Walde mehr Ozon vorhanden iſt, als in der Um— gebung desſelben. Die ſtärkende Wirkung der Waldluft auf das Empfinden der Menſchen, insbeſondere auf das von Kranken, läßt ſich daher aus der Zuſammenſetzung der Waldluft nicht erklären. Ausgeſchloſſen iſt es nicht, daß eine Einwirkung durch die im Walde, zumal im Nadelwalde, verbreiteten Riechſtoffe herbeigeführt wird. Es ſind dies aber Verhält— niſſe, welche einer zahlenmäßigen Darlegung nicht zugängig ſind. Größere Bedeutung ſcheint die Armuth der Waldluft an Organis- menkeimen zu haben. Die Unterſuchungen von Serafini und Arata zeigen, daß der Wald eine filtrirende Wirkung auf die Luft ausübt und dieſelbe ſtaubfreier und ärmer an Bakterien macht. Dieſe Forſcher fanden je nach der Entfernung vom Waldrande und den herrſchenden Winden eine Abnahme der Bakterienkeime im Innern des Waldes. Aehnliche Arbeiten hat Ebermayer“) begonnen, der namentlich darauf aufmerkſam macht, daß die vielfach ſauer reagirenden Wald— böden die üppige Entwickelung der Bodenbakterien verhindern; wie ja die ausgeſprochenen Torfböden faſt frei von denſelben ſind. Die Wald— luft iſt daher, zumal auch die Staubtheilchen gleichfalls vermindert ſind, reiner als die Luft der Städte. Hierin kann eine Einwirkung der Waldluft bei Krankheiten der Athmungsorgane begründet ſein. ) Forſchungen der Agrikulturphyſik 13, S. 424, auch in der Allgemeinen Forſt⸗ und Jagdzeitung. 16 Das Waſſer. [SS 13, 14. II. Das Waſſer. § 13. A. Eigenſchaften des Waſſers. Waſſer iſt eine Verbindung von einem Atom Sauerſtoff und zwei Atomen Waſſerſtoff. Waſſer iſt in dünnen Schichten farblos, in dickeren ſchwach bläu- lich gefärbt. Der Erſtarrungspunkt des Waſſers bildet den Nullpunkt, der Siedepunkt des Waſſers bei einem Drucke gleich einer Queckſilber— ſäule von 760 mm, den Hundertpunkt — 100° des hunderttheiligen Thermometers. (Ueber Dampfſpannung des Waſſers vergl. S. 11.) Wichtige Eigenſchaften des Waſſers ſind das große Löſungsvermögen für viele Salze und andere Körper; die Volumveränderungen bei Temperaturen, welche dem Nullpunkt nahe liegen und die hohe Wärme— kapacität. 1. Die Wärmekapacität des Waſſers iſt die höchſte aller bekannten Körper; man ſetzt die des Waſſers gleich 1 und drückt die Wärmekapacität anderer Stoffe durch einen Decimal- bruch aus. s 14. 2. Volumveränderungen des Waſſers. Das Geſetz, daß ſich die Körper bei höheren Temperaturen aus- dehnen, bei niederen zuſammenziehen, erleidet für manche Flüſſigkeiten in der Nähe des Erſtarrungspunktes Ausnahmen. Das Waſſer bildet die wichtigſte derſelben. Die größte Dichtigkeit liegt hier bei — 4 C., unterhalb dieſer Temperatur bis zu 0“ erfolgt eine merkbare Aus— dehnung. Eis bei 0“ hat ein ziemlich genau ½ größeres Volumen als dasſelbe Gewicht Waſſer bei 4°C. Die folgenden Zahlen geben Volumen und Dichte des Waſſers bei 0— 10°: Volumen Dichte (ſpee. Gew.) Eis bei 0° 0,91674 Waſſer „ 09 1,00012 0,99988 „ are 1,00007 0,99993 „ „ 2“ 1,0000 ok " 8 100001 0,99999 „ Nr 1,00000 1,00000 1 1 100001 0,99999 0 OR 75 5 EN 1,00025 0,99975: In Waſſer gelöjte Gaſe. 17 1. — or kl § 15. 3. In Waſſer gelöſte Gaſe. Das Waſſer enthält immer Gaſe in wechſelnder Menge gelöſt: von dieſen ſind Sauerſtoff und Kohlenſäure wichtig; die Bedeutung des im Waſſer enthaltenen Stickſtoffs iſt gering. Der Gehalt an gelöſtem Sauerſtoff beträgt im Liter Waſſer durchſchnittlich 3,5 — 3,7 cem; ſteigt aber unter Umſtänden“ bis zur Sättigung. Nach Bunſen nimmt ein Liter Waſſer von 10“ aus der Luft 6,8 cem Sauerſtoff auf (von Stickſtoff 12,7 cem). Kommt Waſſer mit organiſchen, namentlich humoſen Stoffen in Berührung, ſo wird der gelöſte Sauerſtoff zur Oxydation verbraucht. Es tritt dies bei dem Durchſinken vieler Bodenarten, und namentlich in Torfmooren, ein. Solche Wäſſer enthalten dann oft nur noch Spuren von Sauerſtoff; oder dieſer fehlt völlig. Reichard verſetzte Regenwaſſer mit Torf; nach 5 Stunden waren */ des gelöſten Sauerſtoffs verbraucht, nach 48 Stunden fanden ſich nur noch Spuren gelöſt. Auf Mangel an Sauerſtoff laſſen ſich viele ungünſtige Wirkungen der Moorwäſſer und verunreinigten Flußwäſſer zurückführen. Nach Lepſius nimmt der Sauerſtoffgehalt des Waſſers in tieferen Bodenſchichten ab. Er fand im Liter gelöſt (bei 10-11. 760 mm Druck): in 12 m Tiefe 4,7 —5,5 cem F Ir Fe 0 " 25 * " 1,5 1,9 " Waſſer aus jehr tiefen Bohrlöchern enthält oft gar keinen Sauer- ſtoff gelöſt, wohl aber reichliche Mengen von Stickſtoff und Kohlenſäure. Wichtig wird das Fehlen des Sauerſtoffs, zumal bei Gegenwart reducirend wirkender organiſcher Stoffe, durch die löſende Wirkung des (kohlenſäurehaltigen) Waſſers auf Eiſenoxydulverbindungen. Das ver— breitete Vorkommen von eiſenhaltigen Gewäſſern und deren Abſcheidungen in der Nähe von Mooren findet hierdurch ſeine Erklärung. Der Gehalt der Gewäſſer an Kohlenſäure. Die Menge der im Waſſer gelöſten Kohlenſäure iſt abhängig von dem Kohlenſäuregehalt der umgebenden Luft und der Temperatur. Der Abſorptionskoefficient ſinkt und ſteigt im Gegenſatz zu den Wärme— graden.“ ) Die Angabe nach König und Mutſchler. Jahresbericht der Agrikulturchemie 1875/77, S. 84; ferner Finkner und Lepſius a. a. O. 1885, S. 46. Ref. nach Journal für Gasbeleuchtung und Waſſerverſorgung 1885, S. 898. **) Die Menge eines von einer Flüſſigkeit aufgenommenen (gelöſten) Gaſes iſt dem Drucke des Gaſes proportional. Als Abſorptionskoefficient Ramann. 2 18 Das Waſſer. 8 Der Abſorptionskoefficient der Kohlenſäure für Waſſer iſt bei: 0° — 1,7967 5° = 1,4497 100 15° = 1,0020 i Ein Liter Waſſer würde alſo bei Temperaturen zwiſchen 0° und 15° aus einer Atmoſphäre von reiner Kohlenſäure 1—1,8 Liter Kohlenſäure aufzunehmen vermögen. In der atmoſphäriſchen Luft ſind im Durchſchnitt jedoch nur 0,0003 Volumtheile Kohlenſäure enthalten, der Theildruck derſelben iſt alſo nur 0,0003. Will man daher die Menge der in der Volum⸗ einheit Waſſer aus der atmoſphäriſchen Luft löslichen Kohlenſäure finden, jo ſind die Abſorptionskoefficienten mit 0,0003 zu multipliciren. In der Bodenluft iſt jedoch mindeſtens die zehnfache und ſehr häufig eine noch bedeutend höhere Menge an Kohlenſäure enthalten als in der äußeren Luft. Die im Boden umlaufenden Gewäſſer ſind daher ſehr viel reicher an gelöſter Kohlenſäure, als die oberflächlich fließenden und dies um ſo mehr, aus je tieferen und kohlenſäurereicheren Schichten ſie ſtammen. Der Gehalt der Gewäſſer an Kohlenſäure iſt dem entſprechend ein äußerſt ſchwankender. Den geringſten Gehalt an dieſem Gaſe haben die Regen- und Flußwäſſer, den höchſten die Quellwäſſer; das Meer- waſſer enthält größere Mengen Kohlenſäure als der Löslichkeit derſelben in Waſſer entſpricht. B. Das Vorkommen von Waſſer und Eis auf und in der Erde. Das Vorkommen des flüſſigen Waſſers auf der Erdoberfläche iſt bekannt. Quellen, Bäche und Flüſſe führen einen großen Theil der Niederſchläge in die Meere. Außerdem enthalten Boden und Geſteine in ihren Hohlräumen flüſſiges Waſſer (Bodenwaſſer) und ein fernerer Theil des Waſſers be— wegt ſich als Grundwaſſer in den Erdſchichten. bezeichnet man, nach Bunſen, das (auf 0“ und 760 mm Queckſilberdruck berechnete) Gasvolumen, welches bei 760 mm Druck von 1 cem Flüſſigkeit aufgenommen wird. Aus Gasgemiſchen nehmen Flüſſigkeiten nur ſoviel von jeder Gasart auf, wie dem Druck entſpricht, welchen dieſe allein, ohne Gegenwart von anderen Gasarten, ausüben würde. Da dieſer Druck in Gasgemiſchen immer nur einen Theil des Geſammtdruckes der Gaſe ausmacht, bezeichnet man ihn als Theildruck (Partial⸗ druck) jeder Gasart. Verändert ſich die Zuſammenſetzung der umgebenden Luft, ſo werden je nach den Verhältniſſen neue Mengen von Gas aufgenommen oder abgegeben. Es erfolgt namentlich das letztere ziemlich langſam, die Gaslöſungen gehen ſehr leicht in einen Zuſtand der Ueberſättigung über. K ²˙¹i1 —œK¼T¼̃ —⁵ 1 ̃ Z̃ ̃ —³ͤmu:n U)öͤ—¹l!n „ 58 15, 16.] Waſſer und Eis auf und in der Erde. 19 Das Eis bedeckt in den Polargegenden einen großen Theil der Meere und bildet als Gletſcher ein wichtiges Glied der feſten Erdmaſſe. § 16. 1. Bodenwaſſer. Der in den Boden eindringende Theil der atmoſphäriſchen Nieder— ſchläge wird theilweiſe durch Adhäſion oder kapillar in den Boden— ſchichten feſtgehalten und dann als „Bodenwaſſer“ oder „Boden— feuchtigkeit“ bezeichnet. Ein anderer Theil des Waſſers ſickert in die Tiefe ab bis er auf undurchläſſige Schichten ſtößt und ſich auf dieſen als „Grundwaſſer“ anſammelt. Im Boden kommt das Waſſer in Berührung mit verſchiedenen löslichen oder zerſetzbaren Verbindungen und löſt je nach Menge und Bodenart einen Theil derſelben (vergl. $ 51, Abſorption). Das Boden— waſſer iſt daher eine ſchwache Löſung verſchiedener Salze. Namentlich werden Kalkſalze aufgenommen; daneben finden ſich aber wechſelnde Mengen der meiſten anderen im Boden enthaltenen Stoffe. Um ein Bild von der Zuſammenſetzung der Bodenwäſſer zu er— halten, hat man die durchſickernden Gewäſſer vielfach analyſirt (Drain- und Lyſimeterwäſſer). Man muß ſich aber hierbei immer bewußt bleiben, daß die Zuſammenſetzung nach Menge des zugeführten Waſſers, Tem— peratur und auch nach dem Gehalt des Bodens an löslichen Mineral— ſtoffen eine verſchiedene iſt, daß daher die Zuſammenſetzung des ab— fließenden Waſſers für denſelben Boden in verſchiedenen Jahreszeiten erheblich wechſeln kann. Starke Aenderungen können namentlich durch Düngung herbeigeführt werden. (Man vergleiche Analyſe I und II der Tabelle.) Im allgemeinen iſt der Gehalt der Bodenwäſſer an feſten Stoffen ein geringer und überſteigt nur in ſeltenen Fällen ein Tauſendtheil der abfließenden Waſſermenge, bleibt aber ſehr vielfach hinter dieſer Größe zurück. i Die folgenden Analyſen von Drain- und Lyſimeterwäſſern mögen ein Bild von der Zuſammenſetzung der Bodenfeuchtigkeit geben; zugleich geben ſie ein Maß für die Wegführung löslicher Salze, welche in einem Boden durch Auswaſchung ſtattfinden kann.“ I. Strenger Lehmboden (Untergrund) von Schlau in Böhmen. II. Derſelbe Boden, gedüngt. III. Thoniger Boden mit Kalkuntergrund bei Proskau. *) I und II nach Zöllner; III nach Kroker (Jahresbericht der Chemie 1853, S. 745); IV- VI nach Audoynaud und Chauzit. Ref. in der Forſchung der Agri— kulturphyſik 4, S. 129. Fernere Analyſen von Bräunlin, Landwirthſchaftliche Verſuchs-Stationen 1, S. 257; Lawes, Gilbert und Warington, Centralblatt für Agrikulturchemie 1882; Way in Knop, Kreislauf des Stoffes, S. 136. 5 20 Das Waſſer. [S8 16, 17. IV. Sickerwaſſer einer lehmigen Weinbergserde am 27. Februar. V. 5 derſelben Erde am 6. März. ar, 1 A „ am 12. März. Ein Liter abfließendes Waſſer enthielt (ing): I IT III IV V VI Kali! 3 6 2 109 122 Fee Nottron 6 23 14 243 abo Kaltede TR 61 6 Magneſia . 9 32 8 — 8 Eiſenoxydul . 6 6 2 — — — Phosphorſäure Spur Spur — B ͤ Schwefelſäure 27 29 122 138 “ Chloeͤr 9 39 5 231 Kieſelfſännree 9 1 32 49g Br Geſammtgehalt 124 183 318 822 841 831 Es zeigt ſich demnach, daß Kalk, Natron und Schwefelſäure ſtark ausgewaſchen werden, aber auch der Verluſt an Kali eine bedeutende Höhe erreichen kann. i s 17. 2. Die Menge des Bodenwaſſers und die Winterfeuchtigkeit. Unterſucht man die Böden auf ihren Waſſergehalt, ſo ergiebt ſich ein außerordentlich großer Unterſchied, je nachdem man es mit über— wiegenden Sand-, Lehm-, Thon- oder Humusböden zu thun hat. Als Regel kann bei bedeckten, gleichartig zuſammengeſetzten Böden gelten, daß die oberſte humoſe Bodenſchicht am feuchteſten iſt, hierauf folgen die waſſerärmſten Schichten des Bodens; in größerer Tiefe findet ſich dann wieder ein etwas höherer, ziemlich gleichbleibender Waſſergehalt (entſprechend der geringſten Waſſerkapacität der Böden). Dieſe Vertheilung des Waſſers im Boden iſt eine Folge der Struktur und des Humusgehaltes der oberen Bodenſchichten, ſowie des Waſſerverbrauches der auf dem Boden wachſenden Pflanzen. Nackter Boden iſt in der Regel an der Oberfläche am trockenſten (eine Folge der Verdunſtung) und enthält in der Tiefe die der kleinſten Waſſerkapacität entſprechenden Waſſermengen. Die Menge des geſammten in den feſten Erdſchichten enthaltenen Waſſers iſt eine ſehr bedeutende. Deleſſe“*) findet durch Rechnung, daß flüſſiges Waſſer bis zu 18000 m in den Boden einzudringen vermag. Er nimmt einen durchſchnittlichen Gehalt von 5% an und findet ſo eine gewaltige Waſſermenge im Boden vertheilt. Iſt auch ſeine An— nahme viel zu hoch, jo würde doch "/,no derſelben immer noch in der *) Bulletin de la Société géologique de France 1861 62. a au >- $ 17.] Bodenwaſſer und Winterfeuchtigkeit. 21 feſten Erdrinde faſt 13 Millionen Kubikkilometer Waſſer ergeben. Be— ſchränkt man ſich auf Betrachtung der oberſten Bodenſchichten, ſo kann als Regel gelten, daß die Sandböden etwa 2-—4 Gew. 9%, entſprechend 3—5 Vol. % Waſſer enthalten.“) Die Lehmböden dagegen 10—20 Gew. °/, entiprechend etwa 15—25 Vol. /. * Natürlich iſt der durchſchnittliche Gehalt nach Bodenart und nament— lich nach den klimatiſchen Verhältniſſen in den verſchiedenen Gegenden ein ſehr wechſelnder. Verfaſſer fand ſo für die diluvialen Lehmböden der Umgegend von Eberswalde einen Waſſergehalt von 10 — 12 Gew. %, (etwa 15 Vol. ); Ebermayer für die Waldböden Oberbayerns 18 — 20 Gew. 9%; Havenſtein für die rheiniſchen (Lehm- Feldböden etwa 16-18 Gew. %, Berechnet man das Verhältniß des im Boden dauernd feſtgehaltenen Waſſers zur Menge der jährlichen Niederſchläge, ſo kommt man zu dem überraſchenden Reſultate, daß z. B. in der Eberswalder Gegend (600 mm Niederſchlag) ſchon eine Schicht Sandboden von 7—8 m Mächtigkeit, eine ſolche Lehmboden von 3—4 m Mächtigkeit ebenſoviel Waſſer enthält wie der geſammten durchſchnittlichen jährlichen Nieder— ſchlagmenge entſpricht. Der Gehalt der Böden an Waſſer wechſelt während der ver— ſchiedenen Jahreszeiten. Trotzdem für unſere Gebiete der Sommer die an Niederſchlägen weitaus reichere Jahreszeit iſt, überwiegt doch die Verdunſtung, namentlich dann, wenn der Boden mit Pflanzen beſtanden iſt, welche für ihren Lebensproceß große Mengen von Waſſer ver— brauchen. Verfolgt man die Waſſervertheilung im Boden während der Vege— tationszeit, ſo ergiebt ſich beim Erwachen der Vegetation eine raſche Abnahme des Waſſergehaltes. Dieſe ſchreitet, wenn auch gemäßigt durch die reichlichen ſömmerlichen Niederſchläge, fortwährend vor, und im Herbſte, in Mitteleuropa wohl übereinſtimmend im September und Anfang Oktober, zeigen die Böden den geringſten Waſſergehalt. Eber— mayer fand für Lehmböden des bayriſchen Oberlandes eine Abnahme von etwa 2—3 „% zur Sommer- und Herbſtzeit. Alſo ſelbſt in dieſen Gegenden, welche eine ausgeſprochene ſömmerliche Regenperiode haben, mit ihrer hohen Niederſchlagsziffer, überwiegt noch die Verdunſtung. In viel höherem Grade macht ſich die Abnahme der Feuchtigkeit im nordiſchen Flachlande geltend. Nach einigen Beſtimmungen des *) Grebe, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdwiſſenſchaft. 1885. S. 387. — Ramann, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdwiſſenſchaft 1883, Decemberheft. — Ferner in Forſchungen der Agrikulturphyſik 1888, Bd. 9, S. 300. ) Havenſtein, Landwirthſchaftliche Jahrbücher 1878. — Ebermayer, All- gemeine Forſt- und Jagdzeitung 1889. 22 Das Waſſer. [$ 17. Verfaſſers enthalten die dortigen Lehmböden im Spätſommer und Herbſt oft 5—7 und mehr Procent Waſſer weniger als im Frühlinge. Die mittleren von Pflanzenwurzeln durchzogenen Schichten ſind dann hart und trocken und bieten dem Eindringen der Werkzeuge großen Widerſtand. Selbſt im December und Anfang Januar findet man dieſe Bodenſchichten oft noch nicht wieder mit Waſſer geſättigt. In der kühleren Jahreszeit iſt die Verdunſtung weſentlich herab- geſetzt. Die Abnahme der Temperatur, die hohe relative Feuchtigkeit der Luft und nicht am wenigſten das Erlöſchen der Vegetation ver- anlaſſen ein Ueberwiegen der zugeführten Feuchtigkeit über die durch Verdunſtung verbrauchte. Der Boden ſättigt ſich allmählich mit Waſſer und erreicht in der Zeit von Februar bis April den höchſten Gehalt. Dieſe im Boden aufgeſpeicherten und für die Vegetation bereit ge— ſtellten Waſſermengen bezeichnet man als die „Winterfeuchtigkeit der Böden“. Die Bedeutung der Winterfeuchtigkeit iſt für die verſchiedenen Bodenarten eine ganz verſchiedene. Für Lehmböden mit ihrer hohen Waſſerkapacität kann man ſie, wenigſtens in den niederſchlagärmeren Gebieten, kaum überſchätzen. Ohne die Winterfeuchtigkeit würden die Lehmböden großer Flächen des nordiſchen Flachlandes wahrſcheinlich eine ausgeſprochene Steppenflora tragen. Unterſcheiden ſich ja doch die Steppengebiete Oſteuropas viel weniger durch geringere Nieder- ſchläge im Sommer, als durch den Mangel an ſolchen in der kalten Jahreszeit, beziehungsweiſe durch ihre Bodenſtruktur, von den benach- barten Waldgebieten. Für die Humusböden gilt ähnliches wie für die Lehmbodenarten. Direkte Beſtimmungen fehlen hier noch recht ſehr und ſind die Ver— hältniſſe der einzelnen Moorgebiete auch wohl ſehr viel wechſelndere als die jeder anderen Bodenart. Die Höhe des Grundwaſſerſtandes, wechſelnde Zufuhr von Waſſer durch Gräben und Bäche können hier ſehr abweichende Verhältniſſe ſchaffen. Viele Grünlandsmoore leiden an einem Ueberfluß von Waſſer in der feuchten Jahreszeit, an Trockenheit im Sommer und Herbſt. Für Sandböden iſt die Bedeutung der Winterfeuchtigkeit ſehr viel geringer. Die Leichtigkeit, mit der die Niederſchläge eindringen, die geringe Waſſerkapacität, bewirken, daß die meiſten Sandböden bei ſtärkeren Regen ſich ſättigen und noch Waſſer in die Tiefe abſickern laſſen. Macht ſich auch in Sandböden eine durchſchnittliche Abnahme der Feuchtigkeit im Spätſommer und Herbſt geltend, ſo findet man doch ſchon im Mai die oberſten Bodenſchichten recht waſſerarm. Die Beſtimmungen in einem fein- bis mittelkörnigem Diluvialſande der Umgebung von Eberswalde zeigten für die oberſten 30 em überein- ſtimmend keine allzu erheblichen Abweichungen von Mitte Mai bis § 17.) Sickerwaſſermengen. 23 Ende Auguſt im Waſſergehalte; wohl aber ſchreitet das Austrocknen in den tieferen Schichten im Spätſommer weſentlich fort.“) So enthielt z. B. der Boden Waſſerſchichten welche entſprachen: 27. April 14. Mai 24. Mai 24. Juni 24. Auguſt in 0— 50 em Tiefe 33,1 mm 38,0 mm 25,0 mm 29,0 mm 23,8 mm 0 em Tiefe 20,7 „ 22,3 „ 20,8 „ 27,8 „ 15,9 „ in 1—2 m Tiefe r EEE IB PET ET, Sickerwaſſermengen. Literatur: Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, XI, S. 1. Hier auch die ältere Literatur. Ebermayer, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1890, S. 125. Die Menge des aus einem Boden abfließenden Waſſers iſt von ſehr zahlreichen Bedingungen abhängig. (Mächtigkeit der Bodenſchicht, Korngröße, Lagerungsweiſe, chemiſche Zuſammenſetzung, Pflanzenbe— deckung u. ſ. w.), jo daß es ganz ausgeſchloſſen iſt, mehr als eine An- zahl Regeln über dieſen Gegenſtand aufzuſtellen. 1. Dicht gelagerte, nicht krümliche Thon- und Humusböden ſind für Waſſer nahezu undurchdringbar; ſie ſättigen ſich ſelbſt mit Feuchtigkeit und nehmen in Folge ihrer ſehr hohen Waſſerkapacität große Maſſen von Waſſer in ſich auf, laſſen aber in den Untergrund auch bei erheblichem Waſſerdruck nur geringe Mengen abfließen. 2. Bei gleichen Niederſchlagshöhen und genügender Bodenfeuchtig— keit iſt die Menge des Sickerwaſſers um ſo größer, je grobkörniger und krümliger der Boden iſt. 3. Vegetirende Pflanzen ſetzen die Sickerwaſſermengen in Folge der Waſſerverdunſtung in ſo hohem Maße herab, daß viele Böden während der Sommerzeit überhaupt kein Waſſer abfließen laſſen. 4. Alle Bedingungen, welche die Verdunſtung ſteigern (hohe Tem— peratur, geringe Luftfeuchtigkeit, dichte Lagerung des Bodens, Bedeckung mit lebenden Pflanzen) vermindern die Menge der Sickerwäſſer; alle entgegengeſetzt wirkenden, ſteigern dieſelbe. Im hohen Grade wirken natürlich die klimatiſchen Verhältniſſe auf die Menge der Sickerwäſſer ein. Auf nackten, nicht mit Pflanzen beſtandenen Böden ſteigen und fallen die Mengen der Sickerwäſſer mit den Niederſchlägen; die ſtärkſte Waſſerabfuhr findet z. B. in Gebieten mit Sommerregen (Gebirge, Bayriſche Hochebene) im Sommer, mit Herbſtregen (England zum Theil) im Herbſte ſtatt. Von großem Einfluß erweiſt ſich ferner das Eindringen des Froſtes in den Boden. In Klimaten mit milden Wintern (England) iſt der ) Unterſuchungen über Waldböden. Forſchungen d. Agrikulturphyſik, XI, S. 300. 24 Das Waſſer. [Ss 17, 18. Hauptabfluß im Winter und geht im Frühjahr weſentlich zurück. In Gebieten mit kalten Wintern (Deutſchland zum Theil, Rußland) iſt der Abfluß während des Winters gering, ſteigert ſich zur höchſten Höhe im Frühlinge. In Gebieten mit geringer Niederſchlagshöhe trocknen die Böden, zumal ſolche mit höherer Waſſerkapazität (Lehm u. ſ. w.) im Laufe des Sommers und Herbſtes ſtark aus und müſſen ſich zunächſt erſt ſelbſt wieder mit Waſſer ſättigen, ehe ſie Sickerwaſſer abzugeben ver⸗ mögen. Die Sickerwaſſermengen ſind daher von den allermannigfaltigſten Umſtänden abhängig und ſchwanken innerhalb weiter Grenzen in den verſchiedenen Gebieten und Bodenarten. Bedeutungsvoll werden die Abflußmengen für den Stand des Grundwaſſers und die Speiſung der Quellen; welche ausſchließlich ihren Waſſergehalt aus den Sickerwäſſern ſchöpfen.“) f § 18. 3. Grundwaſſer und Quellwaſſer.““ Das durch den Boden in die Tiefe abſickernde Waſſer ſammelt ſich auf undurchläſſigen Schichten an und bewegt ſich auf dieſen ent— ſprechend dem Geſetze der Schwere weiter. An geeigneten Stellen tritt das Grundwaſſer als Quelle zu Tage. a) Zuſammenſetzung der Grundwäſſer und Quellwäſſer. Die Zuſammenſetzung der Grundwäſſer iſt eine außerordentlich wechſelnde. Grundwaſſer, welches ſehr oberflächlich anſteht, entſpricht im Gehalte an feſten Beſtandtheilen nahezu den Lyſimeterwäſſern, nur daß es in der Regel reicher an Kohlenſäure und gelöſtem kohlenſauren Kalk iſt. Entſpringen die Quellen aus tieferen Schichten, ſo nehmen ſie reichlich Kohlenſäure und unter deren Mitwirkung andere lösliche Stoffe auf. Der Geſammtgehalt an Salzen ſteigert ſich zuweilen ſo beträcht— lich, daß die Wäſſer zu mediciniſchen Zwecken Verwendung finden können (Mineralquellen). ) Von Volger iſt (Zeitſchrift des Vereins deutſcher Ingenieure, Bd. 21, 1877) die Meinung vertreten worden, daß ein großer Theil des im Innern der Erde umlaufenden Waſſers durch Kondenſation aus der Luftfeuchtigkeit ſtamme. Dieſe „Volgerſche Quellentheorie“ hat großes Aufſehen gemacht und iſt vielfach be⸗ ſprochen worden. Sie ſtützt ſich namentlich auf die Thatſache einer mittleren trock⸗ neren Schicht, welche in faſt allen Böden zwiſchen Obergrund und den tieferen Lagen nachzuweiſen iſt und ihre Urſache in Struktureigenthümlichkeiten des Bodens hat. Die Unhaltbarkeit der Volgerſchen Anſichten iſt von verſchiedenen Seiten nach⸗ gewieſen (vergl. Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, II, S. 51). Ausführliches in: Daubrée, Les eaux sousterreines à l’Epoque actuelle. Paris 1887, bei Dunod. § 18.] Grundwaſſer und Quellwaſſer. 25 Die Zuſammenſetzung der Quellwäſſer iſt von der Beſchaffenheit der Geſteine abhängig, welche ſie durchfließen. Theilweiſe findet durch die Gewäſſer überwiegend eine einfache Auslaugung der Geſteine ſtatt (3. B. aus Sandſteinen, Löß u. A.), theils entſpringt der Salzgehalt einer chemiſchen Zerſetzung der Geſteine (namentlich bei Urgeſteinen, wie Granit, Gneiß ).“ Einige Beiſpiele mögen dies erläutern: I. Quellwaſſer von Liebwerd bei Teſchen (Baſalt). II. Desgl. von Gomplitz bei Teſchen (Löß). III. Desgl. vom Schützenhaus bei Teſchen (Quaderſandſtein). IV. Desgl. von La Boiſardiere (Granit). V. Quelle der Marne bei Renne (Kalk). VI. Quelle im Wermingſerthal bei Iſerlohn (Lenneſchiefer). In einem Liter Waſſer ſind enthalten mg: I II III IV V VI Kali 3,7 2,8 2,9 4,8 5,2 ? 20,3 9,3 22 505 146,7 40,6 62.163,70 248 Magnefia . 13,9 „ 61 Eiſenoxyd . 1,8 2,6 1:7 23 0,7 Spur Chlor 6,4 18,0 135 2665 Spur Schwefelſäure. 8,2 . 5,0 4,9 6,8 45,0 16,5 20,1 18,0 15,7 60 Geſammtgehalt 148,7 211,4 142,1 84,4 415,0 69,9.“ Der geringe Gehalt an gelöſten Stoffen in den Quellen des Schiefer⸗ und Granitgebietes tritt gut hervor, ebenſo der hohe Gehalt in den Gewäſſern der Kalkſteinregion. Die erſteren bezeichnet man als weiche, die letzteren als harte Gewäſſer. Aus Mooren entſpringende Gewäſſer verdienen eine beſondere Erwähnung. Treten dieſe aus Grünlandsmooren hervor, jo find ſie zumeiſt ſehr reich an gelöſten Stoffen und übertreffen darin die meiſten andern Quellwäſſer. Namentlich iſt der Gehalt an Kalk und Kali ein ganz ungewöhnlich hoher. Man muß annehmen, daß dieſe Stoffe zum Theil an organiſche Säuren gebunden ſind, da die gefundenen an— organiſchen Säuren nicht annähernd ausreichen, um die Baſen zu ſättigen. ) Angaben hierüber bei Diſſehof, Jahresbericht der Agrikulturchemie 1878, S. 51; Ullik ebenda 1880, S. 59 und Lechartier, S. 77. ) Die Zahlen des Geſammtrückſtandes jind zum Theil durch die angewendete Methode der Analyſe höher (ein Theil des Rückſtandes iſt nicht beſtimmt worden) als der Addition der aufgeführten Zahlen entſpricht. 26 Das Waſſer. [SS 18, 19. R. Schiller“), welcher eine ausführliche Arbeit hierüber veröffent⸗ lichte, fand im Laufe des Jahres in den Abwäſſern einer Moordamm- kultur in einem Liter Waſſer (im Winter den geringſten, im Sommer den höchſten Gehalt): Trockenrückſtand .. 1,524 g. 2,400 g. Glühver luft 0 0,920 „ Kali! 0,008 „ 0,014 , Kalk ae | 0,199 „ 0,413 „ Trotz des hohen Salzgehaltes ſind dieſe Gewäſſer beim Ueber— rieſeln oft von ungünſtiger Wirkung, da die organiſchen Stoffe ſtark reducirend wirken und im Boden den Sauerſtoff wegnehmen.“ Analyſen von Gewäſſern der Hochmoore find nicht bekannt geworden. Man darf annehmen, daß dieſe reich an gelöſten organiſchen Stoffen ſind, aber nur geringe Salzmengen, wohl zumeiſt Kali- und Natronſalze führen. § 19. b) Die Bewegung des Grundwaſſers. Literatur: Soyka, Schwankungen des Grundwaſſers. Wien 1888; Daubree a. a. O. Das Grundwaſſer folgt denſelben Geſetzen des Fließens nach tiefer gelegenen Gebieten wie die oberirdiſchen Gewäſſer, nur daß die Schnellig— keit der Bewegung durch den Widerſtand des Bodens weſentlich ver— langſamt iſt. Feinkörnige Böden bieten natürlich erheblich mehr Rei— bung als grobkörnige. Da zugleich das Gefälle ein ſehr wechſelndes iſt, ſo wird es verſtändlich, daß ſehr verſchiedene Geſchwindigkeiten gefunden find. Für ſtark durchläſſige Geröllböden in München hat man z. B. folgende Geſchwindigkeiten beobachtet (für die Stunde): Gefäll % 0,064 0,040 0,016 0,067 0,03 2002: Geſchwindigkeit 25 m 15 m 11 m 14m 100 Im Diluvialſand an der Aller beobachtete Heß (Zeitſchr. d. Arch. u. Ing.-Ver. zu Hannover 1870, S. 231) eine Geſchwindigkeit von 12—35 m, im Durchſchnitt von etwa 20—25 m während eines Tages. Thiem (nach Soyka a. a. O., S. 6) beobachtete bei einem Gefälle von 5,5 m auf 5000 mindeſtens 2,5 m Geſchwindigkeit für den Tag. Die Schnelligkeit, mit welcher das Grundwaſſer ſtrömt, hat eine große Bedeutung für die Flüſſe. Bei geringem Grundwaſſerſtand und langſamem Abfluß deſſelben können Niederſchläge ohne erheblichen Einfluß 5 Landwirthſchaftliche Jahrbücher 1880, Band IX, S. 621. ) Klien, Land- und forſtwirthſchaftliche Zeitung für das nordöſtliche Deutſch⸗ land 1879, S. 175, beſchreibt die ungünſtige Einwirkung eines Moorwaſſers. n § 19.] Bewegung und Schwankung des Grundwaſſers. 27 ſein, welche im entgegengeſetzten Falle Ueberſchwemmungen herbeiführen. Das Grundwaſſer kann den Bodenverhältniſſen entſprechend in Form ſchmaler Bäche und Flüſſe auftreten. Dies geſchieht namentlich in gebirgigem Gelände. Häufig ſind die Tiefen der Thäler von Fluß— ſchotter und anderm durchläſſigem Materiale gebildet; dann bewegt ſich das Grundwaſſer nach Art unterirdiſcher Flüſſe. Extreme Beiſpiele dieſer Verhältniſſe bieten die Karſtgebiete Südöſterreichs mit ihrem ausgebildeten Syſtem unterirdiſcher Flußläufe. In großen Ebenen ſtellt das Grundwaſſer einen oft meilenbreiten, langſam fließenden Strom dar oder ſammelt ſich wohl auch in unter— irdiſchen Seen an. Ausgezeichnete Beiſpiele bietet z. B. die Ober— bayriſche Hochebene. Der Boden iſt mit glacialem Geröll bedeckt, in der Tiefe ſteht ein ſehr feinkörniges, undurchlaſſendes, tertiäres Gebilde, (Flinz genannt) an. Auf dieſem fließt der Grundwaſſerſtrom. Die größte Breite in der Gegend Münchens beträgt 35 km, die Länge von Süden nach Norden etwa 70 km, der Flächeninhalt des ganzen Gebietes etwa 14900 qkm. Andere Beiſpiele bietet das Wiener Becken (bei Wiener Neuſtadt), die Rheinebene bei Straßburg, viele Gebiete des norddeutſchen Flach— landes. c) Schwankungen des Grundwaſſers. Das Grundwaſſer ſtellt die ganze Waſſermenge dar, welche vom Boden nicht dauernd feſtgehalten werden kann, ſondern in die Tiefe abfließt. Die Menge deſſelben iſt abhängig von den Eigenſchaften und der Trockenheit des überſtehenden Bodens. Jemehr derſelbe Waſſer aufzunehmen vermag und je trockener er iſt, um ſo geringer wird die Menge des abfließenden Waſſers ſein. Zahlreiche Beobachtungen zeigen unzweifelhaft die Abhängigkeit des Grundwaſſerſtandes von den Niederſchlagsmengen und von der Einwirkung der Verdunſtung. Die letztere überwiegt im Verlaufe eines Jahres in ihrer Bedeu— tung die erſteren erheblich. Als Maaß derſelben hat ſich die Vergleichung des Feuchtigkeitsdeficits am vortheilhafteſten erwieſen. Die Verdunſtung wird durch direkte Waſſerabgabe des Bodens an die Luft und in wahrſcheinlich noch höherem Maße durch die Waſſer— mengen beeinflußt, welche die Pflanzen während der Vegetationszeit aushauchen. Die letztere Größe läßt ſich nicht rechnungsmäßig dar— ſtellen, wird aber ebenfalls durch das Sättigungsdeficit der Luft im hohen Grade beherrſcht. Hierdurch iſt es möglich, das letztere allein als Maßſtab zu benutzen. Man kann die jährlichen Grundwaſſerſchwankungen in den ver— ſchiedenen Gegenden Mitteleuropas in zwei große Gruppen bringen. 28 Das Waſſer. [S5 19, 20. 1. Gebiete mit hoher abſoluter Menge des Niederſchlags und geringem Sättigungsdeficit. Die Jahresſchwankungen werden durch den Verlauf der jährlichen Niederſchläge beherrſcht. (Alpengebiet, bayriſche Hochebene u. ſ. w.) Gebiete mit geringen abſoluten Niederſchlagmengen und hohem Sättigungsdeficit. Die jährlichen Grundwaſſer⸗ ſchwankungen werden durch die Verdunſtung beherrſcht. (Norddeutſches Flachland, Ungariſche Ebene zum Theil u. ſ. m.) DV § 20. Gebiete der erſten Gruppe. Es find dies ſämmtlich Gebiete mit einem ausgeprägten Maximum der Niederſchläge in den Sommer- monaten und zeigen dem entſprechend ein Anſteigen des Grundwaſſers zu dieſer Zeit. 5 Am überſichtlichſten laſſen ſich dieſe Verhältniſſe an einem Beiſpiel darſtellen. In München ſind durch Pettenkofer ſchon ſeit langer Zeit die Beobachtungen der Grundwaſſerſchwankungen durchgeführt worden. Die durchſchnittliche Jahresperiode der Niederſchläge, Grundwaſſer⸗ ſchwankungen und des Sättigungsdeficits giebt folgende Tabelle (Mittel von 1850 — 1885): Grundwaſſer Grundwaſſer Nieder— Sättigungs⸗ in m über redueirt auf ſchläge deficit dem Meere das Minim. mm mm Januar . 515,402 0,018 35,0 0,18 Februar 515,417 0,083 29,1 0,42 März > SB OrASD 0,158 48,4 0,86 April. . 515,501 0,177 55,5 1,84 Ma. 9 Di 0,197 2,43 SH... 3 2 ae 0,258 1121 3,11 lt 2 era u 515002 0,268 1178 3.54 Auguſt 515,567 0,243 101,7 3,23 September . . 515,453 0,129 71.2 2,06 Oftober . 515,367 0,043 54,4 0,94 November 515,324 0,000 50,5 0,41 December 515,352 0,028 45,8 0,22 Jahresmittel 515,463 0.133 66,1 1,60 Amplitude . 0,268 0,268 83,0 2,36 Noch deutlicher werden dieſe Verhältniſſe durch eine graphiſche Darſtellung (Abb. 1). Die nahen Beziehungen zwiſchen Niederſchlägen und Grundwaſſer treten dadurch deutlich hervor. Die Maxima beider fallen nahe zu— ſammen. Nicht ſo das Minimum; für das Grundwaſſer macht ſich dieſes im November, für die Niederſchläge erſt im Februar geltend. §§ 20, 21.] Grundwaſſerſtand. 29 Für dieſe Zeit überwiegt offenbar noch der Einfluß der Verdunſtung, welcher im Sättigungsdeficit zum Ausdruck kommt. Man darf annehmen, daß ähnliche Verhältniſſe in den meiſten Hochgebirgsgegenden ſowie auf Hochebenen mit reichlichen Niederſchlags— mengen herrſchen. 8 21. Gebiete der zweiten Gruppe. Gebiete mit geringeren Nieder— ſchlägen, die ſich über das Jahr gleichmäßiger vertheilen, als dies für die vorher behandelten Strecken gilt. Im Sommer finden ſich auch hier die ſtärkſten Niederſchlagsmengen, aber nicht annähernd in dem Maße und der Regelmäßigkeit wie in den Gebieten der erſten Gruppe. 174 N 18 | IN IFMAMIJASONDIFMAMIJASOND Abb. 1. Doppeljahresperiode des Niederſchlags, des Sättigungsdeficits und des Grundwaſſerſtandes in München. (Nach Soyka.) Dagegen zeigt ſich in der Mitte des Sommers ein ausgeprägtes Mari- mum des Sättigungsdeficits. Als Beiſpiel mögen hier die Verhältniſſe Berlins, inmitten des nordiſchen Flachlandes gelegen, gelten. Die folgende Tabelle giebt in gleicher Weiſe, wie das für Mün- chener Verhältniſſe geſchehen iſt, die einſchlägigen Zahlen im Mittel der Zeit von 1870 — 1885 für Berlin. Grundwaſſer Grundwaſſer Nieder: Sättigungs⸗ in m über reducirt auf ſchläge deficit dem Meere das Minim. mm mm 32,72 0,34 40,3 0,71 32,79 0,41 34,8 0,91 32,88 0,50 46,6 1,55 3232,96 0,58 325,1 2,73 30 Das Waſſer. (S 21. Grundwaſſer Grundwaſſer Nieder— Sättigungs⸗ in m über redueirt auf ſchläge deficit dem Meere das Minim. mm mm Mai 32,88 0,50 39,8 3,98 Juni 32,69 0,31 62,2 5,13 Juli 32,56 0,18 66,2 5,64 Auguſt. 32,45 0,07 60,2 4,83 September 32,40 0,02 40,8 3,77 Oktober 32,38 0,00 57,5 1,72 November 32,47 0,09 44,5 1,01 December 32,50 0,12 46,2 0,59 Jahresmittel. 32,64 0,26 47,6. 2,71 Amplitude 0,58 0,58 331 5,05 Die durchſchnittliche Schwankung des Grundwaſſers iſt daher in Berlin eine doppelt ſo große wie in München (0,268 m zu 0,58 m) und ebenſo das Sättigungsdeficit dauernd ein höheres. N | | | | A | * | 8 „ I | | ZN “IN | \ | ö \ Us 1 1 U 1 N N \ * \ 1 \ GW: 4 / 2 U | 2 * \ 2 * \ 45 N 1 7 1 7 1 NN 1 ! Xe SRH y NALNG ! / \ 2, NLANS. N. / Rh \ X EN ANZ N \ 1 5 > — 1 \ — 5 5D. D. | 5 J PMA 12 4 SONDIFMAMIJJASOND Abb. 2. Doppeljahresperiode des Sättigungsdeficits, des Niederſchlags und des Grundwaſſers in Berlin. (Nach Soyka.) Auch hier giebt eine graphiſche Darſtellung ein überſichtliches Bild der Verhältniſſe (Abb. 2). Die Unregelmäßigkeit der Niederſchläge, die ſcharf ausgeprägten Maxima und Minima des Grundwaſſerſtandes treten hervor. Aehnliche Verhältniſſe wiederholen ſich in allen dieſem klimatiſchen Gebiete angehörigen Orten. Es iſt noch darauf hinzuweiſen, daß das Minimum des Grund- waſſers ſich erheblich gegenüber dem Maximum des Sättigungsdeficits verſpätet. Es entſpricht dies völlig dem Gange der Bodenfeuchtigkeit; ſoweit z. Z. Beobachtungen über dieſen wichtigen Gegenſtand vorliegen. Der im Herbſt durch die Vegetation ſtark ausgetrocknete Boden iſt im Stande, bedeutende Waſſermengen aufzunehmen, ohne einen entſprechen— den Theil an den Untergrund abzugeben. § 22.] Einfluß der Pflanzenwelt auf den Grundwaſſerſtand. 31 8 22 Der Einfluß der Pflanzenwelt macht ſich mehr durch Ver— minderung der Sickerwaſſermengen als durch direkte Einwirkung auf den Stand des Grundwaſſers geltend. In allen Beobachtungen tritt mehr oder weniger ſcharf eine Einwirkung des Erwachens der Vege— tation hervor, je nach der Zeit des Eintritts im März bis Mai. In den Gebieten der erſten Gruppe durch ein mehr oder weniger ſtarkes Einbiegen der ſteigenden Grundwaſſerkurve, in denen der zweiten Gruppe dadurch, daß das Maximum des Grundwaſſerſtandes auf dieſe Zeit fällt. Es iſt auffällig, daß dieſer wichtige Punkt in den meteoro— logiſchen Arbeiten über dieſen Gegenſtand, wenigſtens ſoweit ſie dem Verfaſſer bekannt ſind, völlig überſehen worden iſt. Im Allgemeinen iſt man berechtigt anzunehmen, daß in den Gebieten der erſten Gruppe der Boden dauernder mit Waſſer geſättigt und dadurch im Stande iſt, mehr Waſſer in die Tiefe abfließen zu laſſen. Daher das Zuſammenfallen der Maxima von Niederſchlag und Grundwaſſer. In denen der zweiten Gruppe trocknet dagegen der Boden gegen den Herbſt hin ganz enorm aus, die Niederſchläge bleiben in ihm kapillar feſtgehalten, und der gleichmäßige Abfall der Grundwaſſerkurve deutet auf ein allmähliches Abfließen desſelben durch Quellen und Flüſſe. Das Deficit der Luftfeuchtigkeit iſt daher nur ein Mittel, dieſe mannigfaltigen Ver— hältniſſe darzuſtellen und eine der Urſachen der Grundwaſſerſchwankungen, beherrſcht dieſe aber durchaus nicht ausſchließlich. Vergleicht man längere Zeitabſchnitte in Bezug auf den Grund— waſſerſtand, ſo machen ſich bedeutſame Verſchiedenheiten geltend. In das Ende der ſechziger Jahre dieſes Jahrhunderts fällt eine Periode ſehr hohen Grundwaſſerſtandes, die Anfang der ſiebziger Jahre (1873/74) raſch abnimmt, von da an wieder ſteigt (1876 — 82) und zur Zeit einem neuen Minimum entgegen zu gehen ſcheint. Die Amplitude iſt dabei eine ſehr bedeutende, wie folgende Zu— ſammenſtellung zeigt. In der Tabelle iſt der beobachtete niedrigſte Stand = 0 geſetzt. Die Schwankungen ſind in m angegeben. München Salzburg Berlin Bremen 1865 0,000 0,00 — — 1867 0,677 0,12 — — 1869 0,300 0,16 — 6,503 1870 DEM 0:45 9.37 0,431 1871 0,318 0,16 0,44 0,504 1872 0,221 0,03 0,18 0,225 90.274 01 B. 14.80.1482 # 32 Das Waſſer. [$ 22. München Salzburg Berlin Bremen 1874 0,101 0,06 0,00 0,000 1875 0,208 0,20 0,01 0,147 1876 0,804 0,22 0,28 0,456 1877 1850 0,26 0,22 0,404 1878 0,857 0,54 0,13 0,301 1879 0,529 0,16 0,20 0,348 1880 10 0,27 0,11 0,445 1881 0,735 0,30 0,36 0,429 1882 0,295 0,18 0,35 0,242 1883 0,354 0,15 0,35 0,072 1884 0,059) 0,15 0,10 0,135 1885 0,065) 0,03 0,14 — Bedenkt man, daß die Schwankungen in den einzelnen Jahreszeiten noch weit erheblicher ſind und die Extreme derſelben ſchon durch die Jahresmittel ausgeglichen werden, ſo tritt namentlich für die Wald— kultur die Bedeutung dieſer Zahlen hervor. Unter Umſtänden liegen bisher mit Waſſer bedeckte oder ausgeſprochen bruchige Theile mehrere Jahre trocken; füllen ſich bei ſteigendem Grundwaſſer jedoch wieder mit Feuchtig— keit oder Waſſer Es ſind dies Verhältniſſe, welche bei forſtlichen Kulturen und zu— mal bei Betriebseinrichtungen zu berückſichtigen ſind. Nicht der augen— blickliche Waſſerſtand darf für die Maßregeln entſcheidend ſein, ſondern die durchſchnittlichen Verhältniſſe ſind zu berückſichtigen. In weitaus den meiſten Fällen werden ſich dieſe auf alten Waldboden aus den bis— herigen Vegetationsverhältniſſen erſchließen laſſen. Sind z. B. Stubben ſtärkerer Bäume vorhanden, ſo wird man auch eine zeitweiſe unter Waſſer ſtehende Fläche unbedenklich der Forſtkultur zuweiſen können. Fehlen dieſe und beſchränkt ſich auch das Vorkommen von jüngerem Aufſchlag nur auf einzelne Erhöhungen oder den Rand, ſo kann man annehmen, auch wenn die Fläche zeitweiſe genügend trocken erſcheint, daß bei ſteigendem Grundwaſſer auch wieder länger andauernde Ueberſtauungen zu erwarten ſind. Derartige Flächen ſind am vor— theilhafteſten der Wieſenkultur zu überweiſen; es geſchieht dies viel— fach nicht in wünſchenswertem Umfange. Nur zu oft ſieht man im Walde kümmernde Beſtände auf Gebieten, welche gute Wieſen abgeben könnten. Außer den allgemeinen Schwankungen des Grundwaſſers können noch ſolche durch lokale Urſachen eintreten. Die Bedingungen dieſer Erſcheinungen ſind noch wenig bekannt, und muß es genügen, hier auf * das Vorkommen hinzuweiſen. 8 23.] Fluß⸗ und Seewaſſer. 33 § 23. d) Fluß- und Seewaſſer. Die Flüſſe, Bäche und überhaupt oberflächlichen Gerinne gehen aus den Quellen und den oberflächlich zufließenden Gewäſſern hervor. Man kann die Flüſſe in ſolche eintheilen, die als zu Tage tretendes Grundwaſſer betrachtet werden können, und ſolche, welche ihre Waſſer— führung weſentlich durch Zufluß aus anderen Gebieten erhalten und auf undurchläſſiger Soole fließen. Die erſteren ſind überwiegend die Flüſſe der Ebene, die letzteren die des Gebirges. a) Zuſammenſetzung des Flußwaſſers. Entſprechend dem Urſprung der Flüſſe führen ſie alle Beſtandtheile, welche dem Quell- und Grundwaſſer eigenthümlich ſind. Der Gehalt an dieſen Stoffen wird jedoch durch eine Reihe Vor— gänge weſentlich beeinflußt. Die Quellwäſſer enthalten größere Mengen von Kohlenſäure ge— bunden. Indem ſie an die Oberfläche gelangen, entweicht ein Theil derſelben. Die löslichen Bikarbonate des Kalkes und der Magneſia, ſowie des Eiſens (letzteres unter Oxydation des Oxyduls zu Oxyd), kommen in unlöslicher Form zur Abſcheidung. Regen-, ſowie ſolche Wäſſer, welche von der Erdoberfläche ab— fließen, und naturgemäß wenig Salze gelöſt enthalten, verdünnen das Waſſer der Flüſſe noch mehr. Das Flußwaſſer unterſcheidet ſich daher durch ſeine größere Weichheit, entſprechend dem geringeren Gehalt an Salzen, insbeſondere Kalkſalzen, vom Quellwaſſer. Im folgenden mögen einige Analyſen von Flußwäſſern aufgeführt werden, welche wenigſtens ein annäherndes Bild der verſchiedenen Zu— ſammenſetzung geben.“) 100 000 Theile Waſſer enthalten (g). ien — Far ä = II areas Ele: |1538|59% 58 |5e|3e| 258 | — — 8 — 5 — RN — . Bali 7... 0,549 ? ? 0,802 ? ? ? ? Natron ? 3,92 2 0279| 01 0,7 ? Kalk 5,720 4,54 | 5,20 1,134 4,8 8,2 7,7 ,8,09—6,96 Magnejia . 1,303 | Spur | 0,60 | 0,490 | 1,2 024| 13 Eifenoryd und Thonerde 0.993 | 5,15 | 0,05 | 0,240 | 0,2 0,8 0,1 Schwefelſäure . 3,180 3,50 | 0,86 0,522 1,0 0,7 1,0 *) Die Analyſen jind zumeiſt bei Arbeiten über Waſſerverſorgung der Städte ausgeführt worden. Die Beſtimmung der Alkalien fehlt oft. Außer dem an- geführten finden ſich noch andere Stoffe, darunter auch Phosphorſäure in ſehr ge— ringen Mengen. Ramann. 3 34 Das Waſſer. [8 23. | I — on sl,oI 2E|=52 FE - „else S 85 28 | See 2 2 S „ 25 158| 82 „als 2 2 2 o 2 3° SR „ SS S az a3 55 3232| 58 5 D = 2 | "5 212 80 2 e 29 — — —— T — 77 —.— —— 7 T — — — — — Chlor 1.754 303 2,12 0,347 ? | ı2 | 2 (0,11--0,14 | = | — Kiefelfäne . .| 2 0,97 0,26 0,940 05 49 e Organiſche Stoffe | 2 13,60 2 0936 2 > 22 1942.65 Gebundene Koh- | | | lenſäure. ? 3,16 4,34 1,115 45 62: | 6,3 5,908.20 || | | 2 2: 5 17 | 99.5 7 | | en | | 2 | Geſammtrückſtand | | 27,50 16,89 6,560 12,5 | 23,2 19,9 4,03 — 1,95 | bei 180°C.| bei145"C, | | Salpeterſäure . 0,741 0,05 | 2 0,054? | 2? 72 10,01—0,05 In Bezug auf die Zuſammenſetzung treten bei den Flußwäſſern drei Gruppen hervor. 1. Flüſſe, welche aus Gebieten kalireicher, kryſtalliniſcher Geſteine hervortreten. Die Wäſſer ſind arm an gelöſten Stoffen, insbeſondere Kalkſalzen, reich an Kali und an Kieſelſäure. (Vergl. Moldauwaſſer.) Vielfach zeichnen ſich die Gewäſſer, in dichten Schichten, durch eine dunkle, durch gelöſte Humusſtoffe bewirkte Färbung aus. 2. Flüſſe der Gebiete mit kalkreichen Geſteinen. Die Gewäſſer ſind reich an Salzen, insbeſondere an Kalkſalzen. 3. Flüſſe, welche verſchiedene Gebiete durchſtrömen und einen ge— miſchten Charakter tragen. Der Salzgehalt wechſelt mit den Jahreszeiten und mit den Waſſerſtänden. Hochwaſſer iſt ärmer, Niedrigwaſſer reicher an Salzen als dem Durchſchnitt entſpricht. Für den Wechſel der Jahreszeit mögen die Analyſen der Gewäſſer der Ill und Ach ein Beiſpiel geben (nach Engling, Centralblatt der Agrikulturchemie 1878, S. 721). 1000 Theile Waſſer gaben Rückſtand: Ill (1877) Ach (1877) 7 — äG»GyÜfö-—kü—ů—;m nh U ———᷑̃ĩ— —E8—— Juli December März Juni Oktober December 0,174 0,155 0,159 0,228 0,196 0,177 Auch die Zuſammenſetzung des Rückſtandes wechſelt nicht unerheblich. In 100 Theilen Trockenrückſtand waren enthalten: Su Ach Sommer Winter Sommer Winter ien aaa 1,41 8,43 2,66 oo e 3,84 13,75 8,47 Kohlenſaurer Kalk.. 43,68 58,71 36,24 57,01 Kohlenſaure Magneſia 34,93 26,08 25,06 6,62 Alete ns 8 4,27 ? ? SS 24, 25.] Verunreiniguug. Waſſerführung der Flüſſe. 35 § 24. e) Verunreinigung von Gewäſſern. Außer den normalen Beſtandtheilen werden den Wäſſern die Abfall— ſtoffe der Städte, ſodann aus Bergwerken, Salinen und in neuerer Zeit namentlich aus zahlreichen Fabriken Abfallreſte zugeführt, welche den Gehalt der Gewäſſer oft erheblich beeinfluſſen und nicht ſelten auf die Vegetation ſchädlich einwirken. Die zugeführten Stoffe können organiſche oder anorganiſche Ver— bindungen enthalten. Die organiſchen Verbindungen werden theilweiſe oxydirt, ſo daß der Gehalt des Waſſers an gelöſtem Sauerſtoff ein geringerer wird. (Im Themſewaſſer wurden unterhalb London nur noch Spuren von Sauerſtoff im Flußwaſſer gefunden.) Anderſeits bewirken harte Wäſſer, die ſich mit denen der Flüſſe miſchen, eine Ausfällung der organiſchen Stoffe und ſo eine Reinigung derſelben. Nach anderen Forſchern (Alex. Müller, Emich) iſt die Entfernung der gelöſten organiſchen Ver— bindungen eine Wirkung der Lebensthätigkeit niederer Organismen. Dieſe „Selbſtreinigung der Flüſſe“ iſt namentlich für Abflußwäſſer größerer Städte wichtig. Anorganiſche Stoffe, welche dem Waſſer beigemengt werden ſind beſonders Salze verſchiedener Art. In mäßiger Menge üben ſie auf die Vegetation ſelten ungünſtigen Einfluß aus. Bedenklicher und zuweilen geradezu verderblich ſind dagegen Zechen- und Grubenwäſſer. Dieſe kommen oft aus ſchwefelkieshaltigen Schichten (3. B. Braunkohlen), welche durch Oxydation Eiſenvitriol und durch die Einwirkung der zu— gleich gebildeten Schwefelſäure auch Thonerdeſulfat enthalten. Gefähr— lich ſind auch die Abflußwäſſer der Zinkgruben. Selbſt ein geringer Gehalt an löslichen Zinkſalzen wird durch Abſorption im Boden feſt— gehalten und wirkt auf die meiſten Gewächſe ſchädlich ein. § 25. f) Die Waſſerführung der Flüſſe. Man kann die Flüſſe in Bezug auf ihren Charakter in zwei große Gruppen eintheilen: 1. Solche, deren Zuflüſſe überwiegend einem entfernteren Gebiete angehören und die dann auf undurchläſſiger Grundlage die Waſſer— abfuhr vermitteln. Es ſind dies hauptſächlich Gebirgsflüſſe; 2. in ſolche, welche als Ableitungen des Grundwaſſers angeſehen werden können und mit dieſen, wenn auch etwas in der Zeit verſchieden, fallen und ſteigen. Hierher gehören namentlich die Flüſſe der Ebene. Natürlich giebt es zwiſchen den beiden Formen die mannigfachſten Uebergänge, wie auch derſelbe Fluß in verſchiedenen Theilen ſeines Laufes auf undurchläſſigem oder durchläſſigem Gelände fließen kann. Der Rhein gehört z. B. in ſeinem Oberlaufe der erſten Reihe an, fließt jedoch in der Rheinebene zum großen Theil auf durchläſſigem > 36 Das Waſſer. [SS 25, 26. Gebiete, während wieder der Unterrhein, der zum Theil erheblich ober— halb des übrigen Tieflandes ſeinen Lauf hat, wieder der erſten Claſſe zugerechnet werden muß. Allerdings tritt immer mehr oder weniger eine Verdichtung des Flußbettes durch Ablagerung von Thontheilchen ein, aber nicht immer in dem Maße, um die Abhängigkeit des Fluß⸗ waſſerſtandes von dem Grundwaſſer aufzuheben. Die Waſſerführung der Gebirgsflüſſe iſt zumeiſt von den Nieder- ſchlagsmengen ihres Sammelgebietes abhängig. Im Allgemeinen zeigen dieſelben bis in die Mitte des Sommers reichliche Waſſerführung. Das bezeichnendſte für die Gebirgsflüſſe iſt jedoch das nicht ſeltene An- ſchwellen in Folge ſtarker Gewitter (vergl. Hochwaſſer) und die Un⸗ abhängigkeit der Waſſerführung vom Grundwaſſerſtande (3. B. Iſar und Münchner Grundwaſſerſtände). Flüſſe, die auf durchläſſigem Gelände fließen, zeigen eine deutliche Abhängigkeit vom Grundwaſſerſtande; ſie ſind zunächſt als Abflußkanäle desſelben aufzufaſſen. Die Thatſache, daß aus den Flußbetten Waſſer in den Boden abfließen kann, iſt wiederholt beobachtet worden. Bei Waſſerbauarbeiten kann man dies öfter direkt beobachten, die Technik bezeichnet dann derartiges Waſſer als Seihwaſſer (Qualm-, Küver-, Dräng⸗, Truhwaſſer). Genauere Beobachtungen haben die Brunnen ermöglicht, welche in der Nähe der Flüſſe gelegen ſind. Härtebeſtimmungen haben ergeben, daß ebenſowohl das härtere Grundwaſſer in den Fluß abfließt, wie dieſer auch bei höherem Waſſerſtande einen Theil ſeines Waſſers an den Boden abgeben kann. Namentlich bei plötzlich eintretendem Hoch- waſſer können dann eigenartige Verhältniſſe hervortreten. Zunächſt wird ſich der dem Fluß benachbarte Boden mit Waſſer füllen, aber an dem andrängenden Grundwaſſer bald Widerſtand finden. Letzteres wird dann in die Höhe gepreßt und kann oft mehrere Meter über dem Stand des Hochwaſſers aus Brunnen mit großer Mächtigkeit hervorbrechen. Die Abhängigkeit der Flüſſe der Ebene von dem Grundwaſſerſtande läßt ſich z. B. für die Spree bei Berlin gut nachweiſen; ähnliche Ver— hältniſſe finden ſich z. B. noch an der Weſer, am Main und anderen Flüſſen. In manchen Fällen kennzeichnet ſich ein Fluß auch dadurch als Theil des Grundwaſſers, daß er, wie dies in Geröllböden der Gebirgs— thäler nicht ſelten geſchieht, ganz oder theilweiſe in denſelben verſickert und erſt an einer entfernten Stelle wieder hervortritt. § 26. g) Hochwaſſer der Flüſſe. Die Hochwäſſer der Flüſſe mit den außerordentlichen Schäden, welche ſie herbeiführen, ſind in den letzten Jahren ein Gegenſtand ein— gehender Unterſuchung geworden. A 8 26.] Hochwaſſer. 37 Viele Hochgebirgsgegenden haben ſehr ſchwer zu leiden gehabt, aber auch die Ebenen ſind kaum weniger betroffen worden. Die An— ſicht vieler Waſſerbautechniker neigt ſich dahin, daß die Hochwäſſer an Zahl wie Heftigkeit geſtiegen, im Allgemeinen jedoch ein Sinken des Waſſerſtandes der Europäiſchen Flüſſe nicht zu beobachten ſei, während dies von anderer Seite beitritten wird.“ Ein Urtheil über dieſe Frage zu gewinnen, iſt außerordentlich ſchwierig, da die Beobachtungen an den Pegelſtänden nur die Höhe der Waſſerſchicht berückſichtigen, nicht aber das ganze Querprofil des Fluſſes darſtellen können. Thatſächlich liegen eine Reihe Gründe vor, welche eine Steigerung der Hochwaſſerſchäden wahrſcheinlich machen. 1. Der Boden der Thäler bez. der Flußbetten wird durch Ab— lagerung von Sinkſtoffen fortwährend erhöht. Im Gebirge wird dies wahrſcheinlich in höherem Maße der Fall ſein als in den Ebenen. Durch die Erhöhung der Thalſoole würde ſich das Gefälle des Fluſſes, damit deſſen Angriffskraft und natürlich zugleich die Gefahr von Ver— wüſtungen bei Hochwäſſern ſteigern. 2. Ein nicht unerheblicher Theil des Waſſers der Flüſſe wird dieſen direkt (nicht durch Vermittelung der Quellen) zugeführt. Je mehr ein Gebirge von einer Pflanzendecke entblößt iſt, um ſo größer iſt der An— theil der oberflächlich abfließenden Waſſermenge (Vergl. Wex). 3. Meliorationsarbeiten üben in ihrer Geſammtheit einen bedeu— tenden Einfluß aus. Dieſelben erſtrecken ſich namentlich a) auf Flußkorrektionen. Die vielfach durchgeführte Grade— legung der Flüſſe beſchleunigt den Waſſerabfluß bedeutend und ſteigert jo die Wahrſcheinlichkeit der Ueberſchwemmung im unteren Stromgebiet. bp) Trockenlegung von Sümpfen, Seen u. dergl. Dieſe haben früher mehr oder weniger als Sammelbecken für Hochwäſſer gedient. Wie bedeutend der Einfluß größerer Seen iſt, zeigen z. B. Rhein und Rhone. Erſterer hat oberhalb des Bodenſees ein Verhältniß der Waſſermenge bei Nieder- und Hochwaſſer wie 1: 10,9; unterhalb des Sees wie 1: 4,9; die Rhone oberhalb des Genferſees wie 1: 12,7; unterhalb wie 1: 5. Der Abfluß der großen nordamerikaniſchen Seen, der St. Lorenzſtrom ändert ſeinen Waſſerſtand im Unterlauf überhaupt nur um etwa 50 em. e) Die landwirthſchaftlichen Meliorationen, namentlich Drainirung, führen das Waſſer des Bodens viel raſcher ab. Man beobachtete auf *) Wer, Ueber die Waſſerabnahmen in den Quellen, Flüſſen und Strömen x. Wien 1873/79. O. Saſſe, Waſſerabnahme in den Bächen und Strömen Deutſchlands. Halle 1880. G. Hagen, Veränderung der Waſſerſtände in den preuß. Strömen. Berlin 1880. (Abhandlungen der Akademie der Wiſſenſchaften.) 38 Das Waſſer. 8 26 — 28. manchen Grundſtücken nach der Drainage, daß die Frühjahrsbeſtellung vierzehn Tage früher erfolgen konnte, als vor derſelben. Alle dieſe Verhältniſſe vermitteln einen erheblich raſcheren Abfluß der Gewäſſer, und ſteigern damit die Gefahr der DE im Unter- lauf der Flüſſe. F. 27. h) Die Waſſerabfuhr der Ströme. Vergleicht man die Waſſerführung der Ströme mit den Regen- mengen, ſo ergiebt ſich, daß in verſchiedenen Gebieten wechſelnde Mengen dem Meere zugeführt werden. Im Allgemeinen kann man annehmen, daß die Verdunſtung einen um ſo größeren Antheil der atmoſphäriſchen Niederſchläge beanſprucht, je geringer dieſe unter ſonſt übereinſtimmen⸗ den Verhältniſſen ſind. Harlacher hat die Abflußmengen, welche von der Elbe aus Böhmen ausgeführt werden, nach den Meſſungen bei Tetſchen berechnet. Dieſelben betrugen 1877 9 Milliarden ebm 1878 5,3 6 1879 9,4 " 77 Vertheilt man die Waſſermenge gleichmäßig auf das 51,000 km umfaſſende Flußgebiet, ſo ergeben ſich 1877 175 mm = 26 % der Niederſchlagsmenge, 1878 — 24% 5 8 1879 188 „% „eng Für andere Flüſſe hat man höhere procentiſche Zahlen gefunden, jo für die Maas 37% der Niederſchläge, für die Flüſſe des Münſter⸗ landes etwa 30% . Im Allgemeinen darf man annehmen, daß die mitteleuropäiſchen Flüſſe etwa 30—40 % der geſammten Niederichläge . abführen. Nach Gräve (Civilingenieur, Bd. 25, Heft 8) beträgt die Abfuhr der deutſchen Flüſſe 31,4% der Niederſchläge. s 28. i) Einfluß des Waſſers auf die Umgebung. Die Bedeutung des Meeres für das Klima der benachbarten Ge— biete fällt außerhalb des Rahmens dieſer Arbeit. Die Einwirkung geringerer Waſſermengen iſt ſchwierig feſtzuſtellen. Im Allgemeinen thut man jedoch gut, ſie nicht zu hoch in Anſchlag zu bringen. Waſſerflächen können einwirken: a) Durch Reflection der Wärmeſtrahlen. Man glaubt, manche Einwirkungen der Flüſſe auf benachbarte Höhen nach dieſer Richtung annehmen zu ſollen. Namentlich in den Weinbau treibenden Gebieten legt man erheblichen Werth auf dieſe Wirkung. § 28.) Einfluß auf die Umgebung. 39 Nach Unterſuchungen, welche Dufour am Genfer See anitellte*), ſtellte ſich das Verhältniß der vom Seeſpiegel reflectirten Wärme zu der direkten Beſtrahlung in folgender Weiſe. Sonnenhöhe 4° 5 16% Reflectirte Wärme in % der direkten, 68% 40—50% 20-30% Die Reflection iſt daher bei niedrigem Sonnenſtande am bedeu— tendſten. Natürlich kann dieſe Wirkung dee Waſſerfläche nur auf die unmittelbare Umgebung geübt werden, welche von den reflectirten Strahlen getroffen wird. b) Die Einwirkung auf Temperatur und Luftfeuchtigkeit, welche größere Waſſerflächen bewirken, zeigt am ausgeſprochendſten das Seeklima. Auch ausgedehnte Süßwaſſerſeen vermögen eine ähnliche Wirkung hervorzubringen, wie dies z. B. die großen amerikaniſchen Binnenſeen zeigen, welche den benachbarten und namentlich umſchloſſenen Landflächen eine nicht unerheblich höhere Temperatur vermitteln. Ueber die Wirkung der großen Seen Europas liegen Unterſuchungen von Cartoni vor.“) Am Comoſee änderte ſich die Temperatur des Waſſers nur wenig im Laufe eines Tages und hielt ſich überhaupt von Anfang Auguſt bis Mitte Oktober zwiſchen 19—23 . Die Tem- peratur der Luft über dem See oder in nächſter Nähe desſelben war nie mehr als 3“ höher als die des Sees; während in größerer Ent— fernung bedeutende Schwankungen auftraten. Beſonders bedeutſam war die geringe Einwirkung des Sees auf den Feuchtigkeitsgehalt der Luft; dieſe enthielt durchſchnittlich 700%, an trüben und regneriſchen Tagen bis 80% relativer Feuchtigkeit. Zieht man aus den beobachteten Thatſachen die Schlußfolgerungen, welche ſich für kleinere Waſſerläufe und Waſſerflächen ergeben, ſo iſt anzunehmen, daß dieſe eine geringe Abkühlung der benachbarten Luft— ſchichten herbeiführen, eine merkbare Steigerung der Feuchtig— keit der Luft jedoch nicht veranlaſſen werden. e) Die Einwirkung der Gewäſſer auf den Waſſergehalt des umgebenden Bodens iſt eine nach den Bodenverhältniſſen völlig verſchiedene. Bilden Seen und Sümpfe offene Flächen des Grundwaſſers, wie dies vielfach in durchläſſigen Bodenarten der Fall iſt, ſo wird eine Entwäſſerung, bez. Tieferlegung des Waſſerſpiegels, als Drainage des Grundwaſſers wirken und kann ſich namentlich für den Waldbeſtand auf weite Entfernungen äußern. Wird der Boden des Sees dagegen von undurchläſſigem ) Nach Hann, Klimatologie, ©. 30. ) Forſchungen der Agrikulturphyſik, III, S. 316. 40 Gletſcher. [Ss 28, 29. Material gebildet, ſo iſt die Bewegung des Waſſers ge— hemmt, ſchon wenige Schritte vom Seeufer entfernt hört jeder Einfluß auf die Bodenfeuchtigkeit auf und die Ent— wäſſerung wird einen merkbaren Einfluß auf die Umgebung überhaupt nicht äußern. Ein gutes Beiſpiel für dieſe Verhältniſſe bietet z. B. der Paar- ſteiner See an der Grenze des Schutzbezirkes Breitefenn (Oberförſterei Freienwalde a O.). Der See hat eine Größe von über 1000 ha. Die Förſterei Breitefenn liegt etwa 500 m vom See entfernt. Beim Bohren eines Brunnens wurde im durchläſſigen Sandboden 12 m (durch Nivellement feſtgeſtellt) unterhalb des Seeſpiegels noch kein Waſſer gefunden. Der See ruht auf einer Lehmplatte auf und beeinflußt dadurch die benachbarten Flächen überhaupt nicht. | Eine Entwäſſerung kann daher ohne merkbare Einwir- fung auf benachbarte Gebiete jein, oder ſich weithin be— merkbar machen, je nach der Beſchaffenheit der betreffenden Böden. III. Gletſcher.“ § 209. Während der geologiſchen Periode, welche der Jetztzeit voraus— ging, waren ausgedehnte Gebiete der Hochgebirge, ſowie der ganze Norden Europas mehr oder weniger mit Eis bedeckt. Ein großer Theil der Waldböden der Hochgebirge, der ganzen ſkandinaviſchen Halb- inſel und faſt das ganze nordiſche Flachland verdankt ſeine jetzige Ge— ſtaltung und die Beſchaffenheit des Bodens der Eisbewegung. Eine kurze Darſtellung der Eigenſchaften und der Entſtehung der Gletſcher darf daher nicht fehlen. Hochſchnee, Firnſchnee. In den Hochlagen der Gebirge ſowie in mittlerer Höhe in nordiſchen Gebieten erfolgen die Niederſchläge ganz überwiegend als Schnee, und auch die vereinzelt auftretenden Regen gefrieren, indem ſie ſich mit dem bereits vorhandenen Schnee miſchen. Der Schnee der Hochgebirge, der Hochſchnee, iſt ſehr feinkörnig und hierdurch von blendender Weiße. Durch die Beſtrahlung der Sonne ) Die Darſtellung überwiegend nach: Albr. Heim, Handbuch der Gletſcher⸗ kunde. Stuttgart 1885. 88 29, 30.) Gletſchereis. Bewegung der Gletſcher. 41 wird die Oberfläche geſchmolzen und gefriert zu einer dünnen Eisdecke. Raſch tritt dies ein wenn Regen fällt. In den Alpen kann in 3—4000 m Höhe oft in einer einzigen Nacht der Schnee in eine feſte Eismaſſe (Hocheis) umgewandelt werden. In den etwas tieferen Lagen, auf denen ſich direkt und durch Windwehen der feinkörnige Hochſchnee ſammelt, lagert ſich der Schnee durch theilweiſes Anſchmelzen und erneutes Gefrieren zu Körnern, dem Firnſchnee, zuſammen. Die einzelnen, unter ſich meiſt gleich großen Körner beſtehen aus durchſichtigem Eis. Der Firnſchnee iſt ziemlich dicht gelagert, nicht mehr verwehbar und erſcheint, von fern geſehen, weniger weiß als der Hochſchnee. Durch einſickerndes und wieder gefrierendes Waſſer werden die Eiskörner verkittet und bilden Firneis, charakteriſirt durch undeutlich körnige Struktur und weiße Farbe, die durch die zahlreichen Luftbaſen veranlaßt wird, welche das Firneis durchſetzen. § 30. Gletſchereis. Aus dem Firneis wird durch einen noch nicht genügend beobachteten Vorgang das Gletſchereis gebildet. Wahr— ſcheinlich wirkt Druck und die fließende Bewegung des Eiſes zuſammen, um es zu erzeugen. Das Gletſchereis beſteht aus durchſichtigem Eis und iſt durch ein Netz kapillarer Spalten in einzelne eckige Stücke, die Gletſcher— körner, getrennt. Zumal beim Anſchmelzen tritt dies deutlich hervor. Die Gletſcherkörner ſind verſchieden, bis zu 10 und ſelbſt 15 em groß, und jedes derſelben ſtellt einen einheitlichen Eiskryſtall (durch die opti— tiſchen Eigenſchaften erkennbar) dar. Gletſchereis iſt alſo ein körniges Geſtein aus Eiskryſtallen. Bewegung der Gletſcher. Die Eismaſſe des Gletſchers ver— hält ſich wie eine dickflüſſige, aber nicht zähe Maſſe. Auf Druck fließt das Eis, zerreißt aber auf Zug, ſo daß ſich bei ſtarken Unebenheiten des Bodens Spalten (Gletſcherſpalten) in dem fließenden Eisſtrom bilden. Da die höher gelagerten Theile des Gletſchers auf die tiefer liegenden drücken, ſo fließt die ganze Maſſe desſelben nicht unähnlich einem ſehr langſam fließenden Gewäſſer. Die Mitte des Gletſchers be— wegt ſich dabei raſcher als die Ränder. Zugleich findet bei einiger- maßen geneigter Lage noch ein Gleiten des Gletſchers ſtatt, ſo daß ſich alſo die Geſammtbewegung aus Fließen und Gleiten zuſammenſetzt. Die Geſchwindigkeit iſt abhängig von der Neigung der Unterlage und in noch höherem Maße von der Mächtigkeit des Gletſchers. Für die erſte kommt weſentlich das Verhältniß des oberſten zum unterſten Querprofil in Frage, ſo daß ein Gletſcher ſich ſtellenweiſe noch auf ebener Grundlage fortzubewegen und ſelbſt aufwärts zu fließen vermag. 42 Gletſcher. 88 30. Die Abſchmelzung, welche naturgemäß am unteren Ende am raſcheſten von ſtatten geht, erniedrigt das untere Querprofil und ſchon hierdurch wird bei höherer Temperatur die Geſchwindigkeit geſteigert; ſie iſt daher in der warmen Jahreszeit am höchſten, in der kalten am geringſten. Dieſer Unterſchied wird aber um ſo geringer je mächtiger der Gletſcher iſt. Das Abſchmelzen der Gletſcher erfolgt durch direkte Sonnen- beſtrahlung, durch Reflexion der Wärme von benachbarten Felſen (der Gletſcher iſt hierdurch in der Mitte höher als an den Rändern, wo dieſe Einwirkung eine ſtärkere iſt), durch warme, zumal feuchte Luft (kommt feuchte warme Luft mit dem Gletſcher in Berührung, ſo muß Thaubildung eintreten, hierdurch wird Wärme frei, welche weſentlich zur Abſchmelzung des Eiſes beiträgt) und durch Regen. Von Unten wirkt die innere Erdwärme abſchmelzend und ferner wirken die im und unter dem Gletſcher fließenden Gewäſſer im gleichen Sinne, zumal wenn Seitenbäche den Gletſcher treffen und unter ihm weiter fließen. Dünne Bedeckung des Gletſchers mit Sand und dergleichen befördert die Ab— ſchmelzung, ſtarke Bedeckung vermindert ſie. Die Moränen bilden daher oft wallartige Erhöhungen auf dem Gletſcher. Die Schmelzwäſſer fließen oft oberflächlich auf dem Gletſcher, treffen ſie eine Spalte, ſo ſtürzen ſie in dieſe und erhalten ſich durch ihre höhere Temperatur einen Spalt offen, wenn der Gletſcher fort— ſchreitet. Dieſe Schmelzwäſſer üben auf den Untergrund durch die Kraft ihres Falles oft ſtarken Einfluß (Gletſchermühlen). Erreichen Gletſcher das Meer, wie es in den arktiſchen Gebieten vorkommt, ſo brechen ſie ab und bilden ſchwimmende Eisberge, welche allmählich abſchmelzen. Das Abbrechen („Kalben der Gletſcher“ der Eisberge erfolgt ſeltener durch den Auftrieb des Waſſers, viel öfter durch den Zug des vorrückenden und einer feſten Unterlage be— raubten Eiſes; es tritt daher öfter bei Ebbe als bei Fluth ein. Arten der Gletſcher. Inlandeis. 1. Die Gletſcher der Hochgebirge kann man in zwei Gruppen bringen: a) Hängegletſcher, (Gletſcher II. Ordnung; Hochgleticher, Hänge— gletſcher). Eisſtröme, welche von beſchränkter Ausdehnung ſind und nicht in ein tieferes, unterhalb der Schneegrenze gelegenes Thal hinab— reichen. b) Thalgletſcher (Gletſcher I. Ordnung). Mächtigere, in tiefere Thäler hinabſteigende Gletſcher. Die Kettengebirge (Alpen, Kaukaſus, Himalaya) haben meiſt Gletſcher mit hochgelegenen Firnmulden, dem Sammelgebiet des Gletſchereiſes, und einzelne weit vorgeſtreckte mächtige Eisſtröme. (Alpiner Typus.) 8 $ 30.] Arten der Gletſcher. Inlandeis. 43 Plateaugebirge bieten weit ausgedehnte Firnflächen, von denen aus ſich nach allen Seiten kleinere meiſt ſteil geneigte Gletſcher in die Tiefe erſtrecken (Norwegiſcher Typus). e) Inlandeis. Die vollendetſte Ausbildung finden die Gletſcher in den Polargebieten. Hier bedecken ſie die Landflächen in geſchloſſenen, zuſammenhängenden Maſſen vollſtändig, und nur ſelten ragt ein höherer Felſen über die Eisdecke hervor. Gegenwärtig iſt faſt ganz Grönland und ein großer Theil von Spitzbergen mit Inlandeis überdeckt. Während die Gebirgsgletſcher mehr oder weniger Oberflächen— moränen (vergl. §S 53) führen, hat das Inlandeis nur Grund- bez. Endmoränen; hierin liegt einer der Hauptunterſchiede zwiſchen den beiden hauptſächlichſten Gletſcherformen, welcher namentlich für den Geſchiebetransport und die aus ihm hervorgehenden Ablagerungen der Gletſcher wichtig wird. Die beobachtete Geſchwindigkeit der Gletſcherbewegung iſt eine ſehr verſchiedene und ſchwankt in weiten Grenzen. Es haben ſich z. B. folgende Zahlen für das Vorrücken ergeben: mittl. jährliche mittl. tägliche Alpen. Bewegung Bewegung Unteraargletiher . . 5 77m 0,14—0,21 m Mer de Glace (Mont Blunt) „„ 80 250 022 0,69 „ , 9,06 — 0,52 „ Skandinavien. —MMMorwe gen)): 0,1—0,52 „ Lodalbrae . 0,1 0,65 „ Ausläufer des Inlandseiſes in 5 ,,,, Ü Ee 5—20 „ /// ͤÜri¹ĩ 32 0 15 22,5 „ IV. Der Boden. I. Allgemeines über den Boden. § 31. 1. Die Begriffsbeſtimmung. Obgleich Jemand ſelten im Zweifel ſein wird, was er im einzelnen Falle unter Boden, Erdboden zu verſtehen hat, ſo wenig leicht iſt es, eine gute Definition von dem Begriff „Boden“ zu geben. Der Boden entſteht aus der Verwitterung der Geſteine, deren Zerſetzungs⸗ produkte ſich mit den Reſten abgeſtorbener Lebeweſen miſchen. Beide zuſammen machen das Gemenge aus, welches wir als Erdboden be— zeichnen. Auf reinem Fels kann man nicht von Boden ſprechen, ſelbſt wenn in den Bergſpalten Pflanzen zu gedeihen vermögen. Hingegen hat man keine Urſache, in ſolchen Gebieten, wo nur eine einzelne Be— dingung (3. B. Waſſer in den Wüſten) für die Entwickelung der Pflanzen⸗ welt fehlt, den vorhandenen Verwitterungsprodukten die Bezeichnung als Boden zu entziehen.“ Hingegen können die organiſchen Reſte ſehr wohl fehlen, ohne den Begriff des Bodens zu beeinfluſſen. Es iſt daher am einfachſten folgende Erklärung anzunehmen: Boden (Erdboden; Ackererde, Ackerkrume der Landwirthe), iſt die oberſte Verwitterungsſchicht der feſten Erdrinde.**) Die Bodenkunde (Pedologie) hat ſich mit allen Bedingungen zu befaſſen, welche den Boden bilden und ihn verändern, ſowie mit den Eigenſchaften des gerade beſtehenden Bodens. Man kann alſo ſagen: Bodenkunde iſt die Lehre von den Eigenſchaften, der Ent— ſtehung und den Umbildungen des Bodens.“) ) Wahnſchaffe (Anleitung zur wiſſenſchaftlichen Bodenunterſuchung. Berlin 1887, S. 3) bezeichnet den Boden als „die oberſte pflanzentragende Schicht der Erdrinde“. Im Handbuch der Forſtwiſſenſchaft von Lorey, Tübingen 1886, hat Ver⸗ faſſer folgende Definition vorgeſchlagen: Boden iſt die oberſte Verwitterungsſchicht der feſten Erdrinde, untermiſcht mit den Reſten der Pflanzen und Thiere, welche auf und in derſelben leben. Die Definition iſt im weſentlichen abgeleitet aus Berendt (Die Umgegend von Berlin; Abhandl. 3, geologiſche Specialkarte u. ſ. w., Bd. II, Heft 3, Seite 69; sS 31, 32. Hauptbeſtandtheile des Bodens. 45 Hierin iſt zugleich ausgeſprochen, daß der Boden nichts dauerndes, feſtes iſt, ſondern fortwährenden Umbildungen unterliegt, welche ſeinen Werth als Träger der Pflanzenwelt günſtig oder ungünſtig (je nach den Verhältniſſen) beeinfluſſen. Die Eigenſchaften des Bodens ſind von ſeiner chemiſchen Zuſammen— ſetzung und in vieler Beziehung in noch höherem Grade von der phyſikaliſchen Beſchaffenheit, der Korngröße und Lagerungsweiſe, der einzelnen Bodentheilchen abhängig. Es bietet gewiſſe Vortheile, namentlich in Bezug auf das letztere Verhalten, die „Bodenphyſik“ der Beſprechung der Entſtehung und Zuſammenſetzung des Bodens voranzuſtellen und auf dieſem Wege die Abhängigkeit vieler Bodeneigenſchaften von einzelnen wenigen Bedingungen hervorzuheben. § 32. 2. Hauptbeſtandtheile des Bodens. Der Boden iſt nie ganz einheitlich zuſammengeſetzt. Durch ein— fache Hülfsmittel läßt ſich wohl jeder Boden in drei Gruppen von Beſtandtheilen, die allerdings in ſehr wechſelnder Menge vorhanden ſein können, zerlegen in a) Sand, b) abſchlämmbare Theile, c) humoſe Stoffe. Durch Erhitzen bei Luftzutritt verbrennen die humoſen Beſtand— theile. In Waſſer vertheilt, ſetzt ſich der Sand raſch ab, während die abſchlämmbaren Theile im Waſſer längere Zeit vertheilt bleiben. Jede dieſer drei Gruppen umfaßt dabei nicht einheitlich zuſammen— geſetzte Beſtandtheile, ſondern dieſe können aus den chemiſch verſchiedenſten Körpern aufgebaut ſein. Es ſind daher Kollektivbegriffe, die über— wiegend auf die phyſikaliſche Vertheilung Rückſicht nehmen. Unter Sand verſteht man alle gröberen Beſtandtheile des Bodens, welche in Waſſer vertheilt, raſch zu Boden ſinken und ſich durch eine höhere Korngröße (etwa die eines Mohn- bis Hanfkornes) auszeichnen. Die chemiſche oder mineralogiſche Zuſammenſetzung wird erſt in zweiter Linie berückſichtigt. Die verbreitetſte Art des Sandes in den Erdböden beſteht aus Quarz; es können jedoch die verſchiedenſten anderen Mineralien oder Geſteine Sand bilden. Im nordiſchen Diluvial- ſand finden ſich vielfach Feldſpathkörner (daher auch Spathſand genannt), Berlin 1877): „Die Bodenkunde iſt nichts anderes, als die Lehre von dem Entſtehen, dem geſammten Beſtande und der Fortbildung einer Verwitterungsrinde an der mit der Luft in Berührung ſtehenden gegenwärtigen Erdoberfläche.“ Behrendt unter— ſcheidet dem entſprechend Pedogenie, die Lehre von der Bodenbildung und Pedo— graphie, die Bodenbejchreibung. 46 Der Boden. IS 32. im Tertiärſand Schleſiens nehmen Körner von Kieſelſchiefer und Glimmerblättchen Antheil; die Kalk- und Dolomitſande beſtehen aus Kalkſpath und Dolomit; die vulkaniſchen Sande aus Bruchſtücken der verſchiedenen Eruptivgeſteine. Ueberall iſt hierbei die mechaniſche Ver⸗ theilung und nicht die chemiſche Zuſammenſetzung maßgebend. Die abſchlämmbaren Theile ſind die fein- und feinſtkörnigen Beſtandtheile des Bodens; in Waſſer vertheilt, bleiben ſie lange ſchwebend und ſetzen ſich nur ganz allmählich ab, man kann ſie daher durch Ab— ſchlämmen vom Sande trennen. Die abſchlämmbaren Theile ſind die Träger vieler der wichtigſten chemiſchen und phyſikaliſchen Eigenſchaften der Böden. a Vielfach bezeichnet man die abſchlämmbaren Theile als Thon; in neuerer Zeit auch als Rohthon. Da jedoch Thon vielfach in gleicher Bedeutung mit Kaolin gebraucht wird, ſo iſt wohl der oben gewählte Ausdruck vorzuziehen. Die wichtigſten der hierher gehörigen Beſtand— theile ſind waſſerhaltige Thonerde- und Eiſenoxydſilikate, die eigentlichen Thonſubſtanzen, ferner fein zerriebene Mineralien aller Art, ſelbſt Quarz, können in wechſelnder Menge vorkommen. Es iſt daher unbedingt nothwendig, die große Verſchiedenartigkeit der Zuſammenſetzung hervor— zuheben und dieſe bei der Werthſchätzung eines Bodens zu berückſichtigen. So giebt es z. B. eine in Heidegebieten nicht gerade ſeltene Ablage— rung, den Heidelehm, der zum erheblichen Theile aus feinſt zerriebenem Quarzmehl beſteht, eine große Menge von abſchlämmbaren Theilen enthält und trotzdem ganz andere Eigenſchaften beſitzt, wie ein Thonboden. Die humoſen Stoffe entſtehen aus der Verweſung und Zer— ſetzung der abgeſtorbenen Reſte von Thier- und Pflanzenkörpern. Dem entſprechend ſtellt der Humus keinen einheitlichen Körper dar, ſondern bezeichnet organiſche Stoffe in den verſchiedenſten Stadien der Um— wandlung. Alle ſind dunkel, braun bis ſchwarz gefärbt, laſſen vielfach noch organiſirte Struktur erkennen und haben in ihren Eigenſchaften unverkennbar große Aehnlichkeit unter einander. Die humoſen Stoffe fehlen ſelten gänzlich und beeinfluſſen die Eigenſchaften der Bodenarten erheblich. In weitaus den meiſten natürlichen Böden finden ſich die drei aufgeführten Stoffgruppen neben einander und fehlen wohl in keiner der beſſeren Bodenarten völlig. Eine Miſchung im geeigneten Ver— hältniß iſt vortheilhaft und ſteigert den Bodenwerth; während das Ueberwiegen einer Stoffgruppe denſelben in der Regel herabſetzt. Grenzwerthe ſtellen dabei trockne, oft flüchtige, unfruchtbare Sandböden; zähe, für die Pflanzenwurzel faſt undurchdringbare Thonböden und die Hochmoore mit ihrer ärmlichen Flora dar. Die Menge der humoſen Stoffe läßt ſich durch Beſtimmung des Kohlenſtoffgehaltes und in reinen Sandböden auch wohl durch ein— — ee Ss 32, 33. Die mechaniſche Bodenanalyſe. 47 faches Glühen feſtſtellen. Mit der Trennung der abſchlämmbaren Stoffe vom Sande beſchäftigt ſich die mechaniſche Analyſe der Böden. Ss 33. 3. Die mechaniſche Bodenanalhſe. Literatur: Schulze, Journal für praktiſche Chemie 1849, S. 254. Schöne, Zeitſchrift für analytiſche Chemie 7, S. 29. Hilgard, Forſchungen der Agrikulturphyſik 2, S. 57. Knop, Landwirthſchaftliche Verſuchs-Stationen 17, S. 79. Jedem aufmerkſamen Beobachter müſſen ſofort die Unterſchiede auffallen, welche durch die verſchiedene Korngröße des Bodens bedingt werden. Schon die erſten Schriftſteller, die eine wiſſenſchaftliche Be— handlung der Bodenkunde anſtreben, berühren dieſen Punkt und ſuchen nach Methoden den Boden in ſeine mechaniſchen Beſtandtheile zu zerlegen. Die Anwendung von Sieben mit verſchiedenen Lochgrößen war ein naheliegendes und einfaches Hülfsmittel; die Benutzung des Wider— ſtandes, welchen das Waſſer den fallenden Körnern entgegenſetzt, führte zur Schlämmanalyſe. Durch allmähliche Vervollkommnung der Me— thoden iſt es jetzt möglich, den Boden in eine beliebige Anzahl von Korngrößen zu zerlegen. a) Trennung durch Siebe. Will man den Boden auf ſeine mechaniſche Zuſammenſetzung prüfen, ſo ſiebt man denſelben auf einem Sieb mit 0,25 mm Lochweite ab. Alle Beſtandtheile über 0,25 mm Durchmeſſer bezeichnet man als Bodenſkelett, alle feinkörnigeren als Feinerde. Das Bodenfſkelett ſetzt ſich zuſammen aus: “* 11. Größeren Steinen. „ 2 Größeren organiſchen Reſten (Wurzeln u. dergl.). 3. Grobkies (Größe der Erbie). 14. Mittelkies 2,5—4 mm D. (Größe der Coriander- ſamen. 5. Feinkies 1—2,5 mm D. (Größe des Rübſamens). 6. Grobſand 0,25—1 mm. 5 2 5 D als Amm D Eine weiter gehende und beſſere Trennung erhält man durch An— wendung von Siebſätzen mit runden Löchern und genau beſtimmter Weite, wie dieſe zuerſt von Alex. Müller verwendet worden ſind. Dieſe ent— halten Oeffnungen von 0,25, 0,50, 1 und 2 mm Weite. Genügen auch für praktiſche Bedürfniſſe die Knop'ſchen Angaben, ſo iſt die Anwendung der Müllerſchen Siebſätze ſehr zu empfehlen, wenn es ſich ) Knop, Bonitirung der Ackererde, S. 50. 48 Der Boden. [$ 33. um eine jchärfere Charakteriſirung eines Bodens handelt; was über 2 mm groß iſt, kann man den Steinen zuzählen. Die Feinerde ſetzt ſich zuſammen aus:“ 1. Feinſand; die im Waſſer raſch niederfallenden, noch deutlich ſandigen Theile. 2. Thonige Theile; die im Waſſer längere Zeit ſchwebend er- haltenen Theile. 3. Humoſe Stoffe; die organiſchen Beſtandtheile. Zur weiter gehenden Zerlegung der Feinerde benutzt man die Schlämmanalyſe. Dieſe gründet ſich auf den Fall der feſten Körper im Waſſer. N Die Fallgeſchwindigkeit iſt abhängig: 1. Von dem Rauminhalt der Körner. Der Widerſtand des Waſſers vergrößert ſich mit der Oberfläche der fallenden Körner. **) 2. Von der Geſtalt der Körner. Es iſt ohne weiteres ver— ſtändlich, daß flache Körner, z. B. Glimmerblättchen langſamer fallen werden als gleich große und gleich ſchwere Kugeln. Jede Abweichung von der Kugelgeſtalt beſchleunigt oder verlangſamt die Fallgeſchwindigkeit. Bei dem gewählten Beiſpiel iſt die Schnelligkeit des Falles gleichzeitig noch davon abhängig, ob ein ſolches Blättchen mit ſeiner breiten Fläche vertikal oder horizontal zur Fallrichtung ſteht. 3. Von dem ſpecifiſchen Gewicht der Körper. Je höher das ſpecifiſche Gewicht eines Körpers iſt, um ſo mehr Maſſe iſt in der Raumeinheit vorhanden und um ſo leichter kann er den Widerſtand des Waſſers überwinden. 4. Von der molekularen Reibung der Flüſſigkeit, hier alſo des Waſſers, in dem der Körper geſchlämmt wird. Dieſe Beeinfluſſung der Fallgeſchwindigkeit iſt bisher in der Literatur wenig beachtet worden. Bei Körnern erheblicher Größe macht ſie ſich *) Unter Feinerde verſtehen die verſchiedenen Agrikulturchemiker wechſelnde Korngrößen. Der Verf. hat früher (Lorey, Handbuch der Forſtwiſſenſchaft, 1. Bd., 1. Abth., S. 215) alles unter 1 mm Größe darunter zuſammengefaßt. Es wurde hierbei von der Vorausſetzung ausgegangen, daß für Waldboden, bei hundertjährigem Umtriebe und der ſtetig fortſchreitenden Verwitterung, vielfach ein weiterer Zerfall dieſer Theile angenommen werden kann. Da es ſich hier zunächſt um die phyſika⸗ liſchen Eigenſchaften der Böden handelt, dieſe aber von der gegenwärtigen Korn— größe abhängig ſind, ſo hat Verf. den früher gemachten Unterſchied zwiſchen Wald- und Feldböden fallen laſſen und beſchränkt denſelben jetzt nur auf die chemiſche Be⸗ deutung jener Beſtandtheile. *) Ein Würfel von 1 em D. hat eine Oberfläche von 6 ꝗdem; ein jolcher von 0,5 em D. eine Oberfläche von 1,5 qdem; ein ſolcher von 0,25 em D. eine Oberfläche von 0,37 qdem. Der Rauminhalt verhält ſich wie: 1 0,25 On Die Oberfläche aber wie: 1: 0,25 : 0,062. § 33.] Die mechaniſche Bodenanalyje. 49 kaum geltend, ſteigert aber ihre Wirkung mit abnehmender Korngröße, bis ſie endlich bei ſolchen von etwa 0,002 mm (wenigſtens bei einem ſpecifiſchen Gewicht, wie es bei Bodenbeſtandtheilen vorkommt) der An— ziehungskraft der Erde gleich wird; d. h. ſolche Beſtandtheile werden im Waſſer ſchwebend erhalten. Man kann aus dieſem Grunde ſehr feine Thontheilchen viele Jahre im Waſſer ſuſpendirt erhalten, ohne daß ſie ſich am Boden abſetzen. Die in Geſteinseinſchlüſſen, Pflanzenzellen u. dergl. vielfach beobachtbare „Brown'ſche Molekular— bewegung“ (ſehr kleine Körper, Luftblaſen ſind in ununterbrochen tan— zender Bewegung) beruht auf demſelben Grunde. Der hydrauliſche Werth der Schlämmkörper. Aus den angeführten Gründen ergiebt ſich, daß durch Schlämmoperationen er— haltene Bodentheile nicht völlig gleicher Größe ſein können. Man be— zeichnet daher die in gleicher Zeit niedergefallenen Beſtandtheile, bez. ſolche, die von gleich ſtarken Waſſerſtrömen weggeführt werden, als von gleichem hydrauliſchem Werthe und bezieht ihre Größe auf Quarzkugeln entſprechenden Durchmeſſers. Methoden der Schlämmanalyſe. Zur Schlämmanalyſe hat man eine große Anzahl von Methoden zur Anwendung gebracht; dieſe laſſen ſich alle in zwei Gruppen eintheilen: 1. ſolche, die ſich auf den Fall der feſten Körper im Waſſer gründen (Davy, Schübler, Sprengel, Kühn, Knop, Schlöſing, Osborne), 2. ſolche, welche den Stoß aufwärts fließenden Waſſers hydrauliſchen Druck) verwenden (von Benningſen-Förder, Schulze, Nöbel, Schöne, Hilgard). Während man ſich in der erſten Zeit faſt ausſchließlich Methoden der erſten Gruppe bediente, haben die Fortſchritte, welche durch Nöbel (der den die erſten übereinſtimmenden Zahlen liefernden Apparat kon— ſtruirte; und Schöne herbeigeführt wurden, den entſprechenden Apparaten das Uebergewicht verſchafft. Erſt in der neueſten Zeit gewinnen die Methoden von Schlöſing und Osborne durch Einfachheit der Aus— führung und Sicherheit der Reſultate berechtigte Verbreitung. Methoden der erſten Gruppe. Davy, Schübler, Sprengel ſchlämmten den Boden mit Waſſer auf und ſuchten durch Abgießen die Trennung der feineren und gröberen Beſtandtheile herbeizuführen. Eine einfache und für die meiſten praktiſchen Zwecke ausreichende Me— thode gab Kühn an. J. Kühn läßt den lufttrocknen Boden durch Abſieben in Steine (über 5 mm Durchmeſſer), Kies (2—5 mm D.) und Feinerde (kleiner als 2 mm D.) trennen. 50 g der Feinerde werden in einer Porzellan- ſchale unter häufigem Umrühren bis zur Vertheilung aller Partikel gekocht (je nach der Bodenart ½ bis 3 Stunden kochen nothwendig). Ramann. 4 50 Der Boden. [$ 33- Ferner benutzt man einen 30 em hohen Glascylinder von 8,5 em innerer Weite der in 5 em Höhe ein 1,5 em weites und 2 em langes, außen verſchließbares Ablaufrohr hat. Bei 28 em Höhe des Cylinders iſt eine Marke eingeritzt. Die durch Zerkochen des Bodens gewonnene Flüſſigkeit bringt man mit dem Bodenſatz in den Glascylinder und füllt bis zur Marke mit Waſſer auf, rührt 1 Minute lang kräftig um und läßt die Flüſſigkeit zehn Minuten lang ruhig ſtehen und hierauf die trübe überſtehende Flüſſigkeit abfließen. Man wiederholt das Aufgießen von Waſſer, um⸗ rühren und abfließen laſſen von nun an alle fünf Minuten, bis die über dem Bodenſatz ſtehende Flüſſigkeit völlig klar erſcheint. Der im Cylinder gebliebene Rückſtand wird (nach dem Abheben der klaren Flüſſigkeit) als Sand bezeichnet und nach dem Trocknen in einer Porzellanſchale auf dem Waſſerbade durch Sieben getrennt. Die abgeſchlämmten Stoffe enthalten alle unter ein Zehntel Milli⸗ meter großen Bodentheile.*) Knop arbeitet ähnlich, behandelt aber den Boden vorher mit Salz- ſäure und Chromſäure, um die vorhandene organiſche Subſtanz und den kohlenſauren Kalk zu entfernen. **) Schlöſing bringt 5— 10g Boden in ein Porzellanſchälchen und vertheilt durch anhaltendes und ſorgfältiges Reiben mit dem Finger die Erde in wenig Waſſer, gießt die überſtehende Flüſſigkeit ab und wieder— holt die Operation bis alle feinerdigen Beſtandtheile abgeſchlämmt ſind. Das Zerdrücken des Bodens muß, bei der Neigung der Thonpartikel, ſich flockig zuſammen zu lagern, ſehr ſorgfältig ausgeführt werden. Den auf dieſe Weiſe in Waſſer vertheilten Boden behandelt man zunächſt mit wenig Ammoniak oder beſſer mit verdünnter Kalilauge (1 cem Ammoniak oder einige Decigramm Kaliumhydroxyd), die or⸗ ganiſchen Stoffe gehen dann in Löſung. Nachdem die überſtehende klare Flüſſigkeit abgegoſſen iſt, ſetzt man tropfenweiſe Salzſäure zu, um den kohlenſauren Kalk zu löſen, wenn nothwendig unter Anwendung ſchwacher Wärme. Durch Aufgießen von mehr Waſſer (ſo daß die Flüſſigkeits⸗ ſäule immer 20 em hoch iſt) vertheilt ſich der Thon im Waſſer und kann nach 10— 24 Stunden durch einen Heber vom Rückſtand abgezogen werden. Man wiederholt das Aufgießen und Ablaſſen des Waſſers (je nach 10 Stunden) bis dieſes klar oder ganz wenig getrübt abfließt. Es iſt nothwendig, deſtillirtes Waſſer zu verwenden, da ſonſt ein Zu- ſammenballen des Thones erfolgt. Die geſammelten trüben Flüſſigkeiten vereinigt man und verſetzt ſie mit einigen Gramm Chlorkalium; der Thon bildet dann Flocken, die ſich raſch abſetzen, abfiltrirt und gewogen ) Steinriede, Mikroſkopiſche Analyſe des Bodens. ) Bonitirung der Ackererde 1871, S. 50. S 33. Die mechaniſche Bodenanalyſe. 51 werden können. Für die meiſten wiſſenſchaftlichen Zwecke genügt die Schlöſing'ſche Methode; nur ſelten wird man gezwungen ſein, zu den zeitraubenderen von Osborne oder Hilgard zu greifen. Methoden der zweiten Gruppe. Den Auftrieb fließenden Waſſers zur mechaniſchen Trennung der Bodenbeſtandtheile benutzte zuerſt Schulze. Genauere und übereinſtimmende Reſultate ergab der Apparat von Nöbel. Dieſer beſteht in vier unter einander verbundenen Trichter— flaſchen, deren Rauminhalt ſich wie 1:8: 27: 64 (15: 28: 33: 4°) verhält. In den zweiten Trichter wird die zu unterſuchende Erde ge— bracht und ein Waſſerſtrom ſo durch den Apparat geleitet, daß inner— halb 40 Minuten genau 9 Liter Flüſſigkeit ablaufen. Die abſchlämm— baren Theile fließen aus, die ſandigen Partikel bleiben, nach der Größe in den Trichtern vertheilt, zurück. Der Nöbel'ſche Apparat war der erſte, der übereinſtimmende Analyſen lieferte. Durch die koniſche Form der Gefäße werden jedoch ſekundäre Strömungen hervorgerufen, die zu Ungenauigkeiten Veran- laſſung geben. Schöne ſuchte dieſen Fehler zu vermeiden, indem er ein längeres, unten coniſches, oben cylindriſches Glasgefäß benutzte. Ein aufgeſetztes, genau getheiltes Glasrohr dient zur Meſſung des Waſſerdruckes, ein zweites als Ausflußöffnung (beim urſprünglichen Apparate waren beide vereint). Indem es möglich iſt, unter wechſelndem Waſſerdruck zu arbeiten, kann man den Boden in beliebig viel Korngrößen zerlegen. Auch im Schöne'ſchen Apparate lagern ſich noch Thontheilchen in Flocken zuſammen und ſind Seitenſtrömungen nicht ganz ausgeſchloſſen. Hilgard verlängerte daher den eylindriſchen Theil der Röhre und brachte am Grunde ein ſich drehendes Rädchen an, wodurch die Thon— flocken immer wieder zerſtört werden. Auch bei dieſen Methoden iſt die Vorbereitung des Bodens wichtig, derſelbe muß durch kochen und ſtampfen erſt in ſeine Beſtandtheile zer— theilt werden. Alle Methoden, welche ſich des hydrauliſchen Auftriebes bedienen, müſſen für die Thontheile im Boden zu hohe Zahlen liefern, da ſie die innere Reibung des Waſſers nicht berückſichtigen, welche allein Hin- reicht, die Thontheile ſchwebend zu erhalten. Jeder höhere Waſſerdruck muß daher gleichzeitig neben jenen noch Körner größeren Durchmeſſers mit hinwegführen. Die Bedeutung der mechaniſchen Analyſe der Böden iſt eine große, da viele der wichtigſten phyſikaliſchen Bodeneigenſchaften von den Korngrößen abhängig ſind. Will man daher einen Boden beurtheilen lernen, ſo iſt es auch nothwendig, ſeine Korngrößen kennen zu lernen. 4 * Der Boden. [SS 33, 34. Su 1 Auf die Krümelung der Bodentheile, einer der wichtigſten phyſi— kaliſchen Eigenſchaften des Bodens, kann die Schlämmanalyſe nicht Rückſicht nehmen. Die Kenntniß der mechaniſchen Zuſammenſetzung iſt daher ein Hülfsmittel, beſtimmte Thatſachen feſtzuſtellen, kann aber ebenſowenig, wie die irgend einer anderen Eigenſchaft des Bodens, allein einen Schluß auf deſſen Ertragsfähigkeit ermöglichen.“) In der Regel wird eine Combination der Methoden von Schlö— ſing und Kühn durchweg für praktiſche und zumeiſt auch für wiſſen⸗ ſchaftliche Fragen ausreichen; beide allein nicht immer. Man führt durch dieſe die Trennung der Bodenbeſtandtheile in thonige Beſtandtheile unter 0,002 mm Staub unter 0,1 mm (0,002 - 0,1 mm) ee unter 0,25 mm (0,1 0,25 mm) Sand Mittelſand unter 0,5 mm (0,25 - 0,5 mm) \denkiund unter 2 mm (0,5—2 mm) Steine über 2 mm herbei. **) § 34. II. Der Bau (Struktur) des Bodens. Literatur: Flügge, Beiträge zur Hygiene, Leipzig 1870. C. Lang, Forſchungen der Agrikulturphyſik 1, S. 109. Sola, DH , S. Renk, Zeitſchrift für Biologie 15, S. 86. Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, in vielen Einzelarbeiten. Durch die mechaniſche Bodenanalyſe lernt man die Größen der einzelnen Bodenbeſtandtheile kennen; die Art und Weiſe ihrer Zuſammen— lagerung kann jedoch eine erheblich verſchiedene ſein. 1. Einzelkornſtruktur. Am einfachſten werden ſich dieſe Ver— *) Man hat, zumal bei landwirthſchaftlichen Arbeiten, oft eine ſehr weitgehende Trennung der Bodenpartifel vorgenommen. Nach Meinung des Verfaſſers diente eine ſolche aber viel eher dazu, Verwirrung anzurichten, als ein klares Bild der Boden- eigenthümlichkeiten zu vermitteln. Man muß die Beſtandtheile wieder in Gruppen vereinigen, um dieſes zu erlangen. Natürlich ſoll hierdurch nicht geſagt ſein, daß für beſtimmte Zwecke und zur Beantwortung einzelner Fragen nicht derartige Ar⸗ beiten nothwendig ſind, in weitaus den meiſten Fällen hat man aber wohl Urſache, ſich vor Uebertreibungen zu hüten. **) Verfaſſer bedient ſich jetzt dieſer Methode in ſeinen Arbeiten ausſchließlich. Er arbeitet nach Kühn und beſtimmt den Thongehalt nach Schlöſing in einer be⸗ ſonderen Menge des Bodens. Die abſchlämmbaren Theile, abzüglich der thonigen Beſtandtheile, ergeben den Gehalt an den hier als „Staub“ bezeichneten, ſehr fein⸗ körnigen Stoffen. S 34. Struktur des Bodens. 53 ander gelagert ſind. Auch hier können mehrere Fälle eintreten, die man als dichteſte und lockerſte Lagerung der Bodentheile bezeich— nen kann. Geht man von der denkbar einfachſten Annahme aus, daß der Boden aus je gleichgroßen Kugeln beſtehe, ſo läßt ſich leicht zeigen, daß die Raumerfüllung der feſten Beſtandtheile von der relativen Größe der Kugeln unabhängig iſt. In einen Würfel (Abb. 3) von der Größe m laſſe ſich eine Kugel von der Größe r—1 eintragen; jo werden bei der angegebenen Lage— rung in demſelben Würfel 8 Kugeln mit einem Radius ; 64 Kugeln mit r = u. ſ. w. Platz haben. i 24 Abb. 3. Da der Inhalt der Kugeln gleich iſt PIE jo ergiebt ſich aus der Berechnung, daß der Rauminhalt der ange- nommenen Kugeln der gleiche, und unabhängig von der relativen Größe derſelben iſt. Berechnet man die Größe des nicht von feſter Subſtanz erfüllten Raumes, das Porenvolumen, ſo findet man es zu 47,64% des Ge— ſammtvolumens. | Das angezogene Beiſpiel zeigt zugleich die lockerſte Lagerung der Bodenbeſtandtheile, dieſe findet dann ſtatt wenn die eizelnen Körner (Kugeln) ſenkrecht über einander ſtehen (Abb. 4). Abb. 4. Die dichteſte Lagerung findet dann ſtatt, wenn je eine Kugel in den Zwiſchenräumen von je vier (beziehungsweiſe drei) andern Kugeln ruht (Abb. 5— 7 auf Seite 54). gr Der Boden. [5 34. Abb. 5. Berechnet man die Größe der jo entitehenden Hohlräume, ſo zeigen ſie ſich ebenfalls unabhängig von der Korngröße (die mathematiſche Beweisführung bei Lang a. a. O.). Das Porenvolumen beträgt dann 25,95% des Geſammtvolumens. Zwiſchen den beiden angegebenen Werthen muß alſo die Raum⸗ erfüllung bez. das Porenvolumen gleich großer Bodenpartikel ſchwanken. Am nächſten kommen dieſer Bedingung die Sandböden und es iſt nicht ohne Bedeutung, daß feinkörnige Sande, welche den Boden von Seen oder den Untergrund von Mooren bilden, ein Porenvolumen beſitzen, welches faſt genau dem der theoretiſch berechneten dichteſten Lagerung entſpricht. Lagerung bei ungleicher Größe der Bodenbeſtandtheile. In der Natur finden ſich überwiegend Bodenarten, welche ſich aus Beſtandtheilen verſchiedener Größe zuſammenſetzen. In dieſem Falle werden ſich die feinkörnigen Theile zwiſchen die grobkörnigen ein— lagern und dadurch das Porenvolumen erheblich herabdrücken (Abb. 8). Abb. 8. In der Regel werden jedoch nicht alle Hohlräume mit kleineren Theilen erfüllt ſein und ſich mittlere Verhältniſſe ergeben. ss 34, 35. Urſachen der Krümelbildung. 55 In allen bisher berührten Lagerungsweiſen der Böden liegt Korn neben Korn, eine weitere Beziehung zwiſchen dieſen beſteht nicht, man bezeichnet dieſen Zuſtand als Einzelkorn— ſtruktur. 2. Krümelſtruktur. In allen guten Feld- wie Waldböden findet man die einzelnen Bodentheilchen mehr oder weniger zu Aggregaten vereinigt, ſie bilden „Krümel“. Dieſe Ausbildungs— weiſe unterſcheidet ſich demnach von der Einzelkornſtruktur dadurch, daß zwiſchen einer kleineren oder größeren Anzahl von Bodentheilchen Einwirkungen ſtattfinden, welche eine Zuſammenlagerung derſelben ver— anlaſſen, ſo daß der Boden nicht mehr aus den einzelnen Beſtandtheilen, ſondern aus Aggregaten derſelben beſteht. Durch die Krümelung wird alſo die Korngröße erhöht. Einzelkornſtruktur und Krümelſtruktur unterſcheiden ſich daher von einander weſentlich nur dadurch, daß bei der letzteren die einzelnen Bodenkörner nicht, wie z. B. beim Sand, einheitlich zuſammen— geſetzt ſind und von ſtarken Kohäſionskräften zuſammen gehalten wer— den, ſondern daß jedes Korn aus einer großen Anzahl kleiner Partikel gebildet wird. Die Krümelſtruktur iſt alſo immer ein ſpecieller Fall der Einzel— kornſtruktur, in dem die einzelnen Körner Aggregate und nicht einheitlich zuſammengeſetzt ſind. Eine Zeichnung (Abb. 9) giebt am eheſten ein anſchauliches Bild dieſes Verhältniſſes. § 35. 1. Urſachen der Krümelbildung. Auf die Entſtehung und Erhaltung der Krümelſtruktur im Boden wirken, ſoweit unſere jetzigen Kenntniſſe reichen, mehrere Faktoren ein. Es ſind dies Gehalt an löslichen Salzen, Thätigkeit der Thier— welt, die Durchwurzelung des Bodens durch Pflanzen und Volumveränderungen des Bodens durch phyſikaliſche Pro— ceſſe, ſowie mechaniſche Bearbeitung der Böden. 56 Der Boden. “a a) Die löslichen Salze und ihre Einwirkung auf die Krü— melung des Bodens iſt erſt in neuerer Zeit voll erkannt worden. Sind dieſelben auch vielleicht weniger die erſte Urſache zur Entſtehung der Krümel, fo find fie doch die hauptſächlichſte Bedingung für Er- haltung derſelben. Um dieſe Wirkung voll verſtehen zu können, iſt es nothwendig, auf das Verhalten ſehr fein vertheilter Körper, die in Waſſer aufge- ſchlämmt ſind, einzugehen. Schlämmt man Thon mit reinem ſalzfreien Waſſer auf, ſo bildet ſich eine trübe Flüſſigkeit, die auch nach monate- und jahrelangem Stehen nicht völlig klar wird.“) Bei mikroſkopiſcher Unterſuchung zeigen die feſten Partikel die Browuſche Molekularbewegung und find dementſprechend dauernd in wirbelnder Bewegung. Dieſe Eigenſchaft der Thontheile iſt auf rein phyſikaliſche Urſachen zurückzuführen, denn andre Stoffe in gleich feiner Vertheilung verhalten ſich ebenſo. ““ Bringt man in ein ſolches, feſte Beſtandtheile aufgeſchlämmt ent- haltendes Waſſer lösliche Salze, ſo beobachtet man, daß ſich die bis dahin gleichmäßig vertheilten Thontheile zuſammenlagern, „Flocken bilden“ und daß dieſe dann raſch zu Boden fallen; in kurzer Zeit wird die überſtehende Flüſſigkeit vollſtändig klar und der „Thon“ ſammelt ſich am Boden an. Ganz gleich verhalten ſich alle andern Stoffe, die im Waſſer ſchwebend erhalten werden. Die Zuſammenlagerung und Flockung iſt daher von der Gegenwart löslicher Salze abhängig; am ſtärkſten wirken Kalk- und Magneſiaſalze ein, aber auch alle andern Salze ſind mehr oder weniger wirkſam. Immer muß aber ein beſtimmtes Mengenverhältniß zwiſchen dem betreffenden Salz und der Flüſſigkeit beſtehen, um noch ein Abſetzen der Thontheile zu vermitteln; ſehr verdünnte Löſungen wirken entweder nicht mehr ein, oder doch nur nach längerer Zeitdauer.“ ) *) Man hat ſolches „Thonwaſſer“ länger als zehn Jahre aufbewahrt, ohne daß ein Abſetzen der feſten Partikel erfolgte. Verfaſſer pulverifirte Bergkryſtall zu äußerſt feinem Pulver; dieſes wurde, um etwa beigemiſchte fremde Stoffe zu entfernen, mit Salzſäure behandelt und dann in reinem Waſſer aufgeſchlämmt. Nach tagelangem Stehen bildete es, ganz ähnlich dem Thonwaſſer, noch eine milchige Flüſſigkeit ohne einen weiteren Boden⸗ ſatz zu liefern. Chemiſche Einwirkungen waren hier mit Sicherheit ausgeſchloſſen. (Forſchungen der Agrikulturphyſik, 11, S. 299.) ***) Die Urſache dieſer Wirkung iſt noch dunkel; auf die innere Reibung der Flüſſigkeiten darf man ſie nicht zurückführen, da nach Sprung (Pogg. Ann. 159) die Zähigkeit der Salzlöſungen bei niederer Temperatur faſt immer größer als die des Waſſers iſt. Man müßte daher eine Steigerung des Schlämmvermögens bei Salzlöſungen erwarten. Dieſe Thatſachen laſſen überhaupt die Erklärung der 11 $ 35.!] Urſachen der Krümelbildung. 57 Die Krümel des Bodens verhalten ſich nun ähnlich wie die Thon- flocken. Hilgard knetete feſten Thonboden mit 1% Aetzkalk zuſammen. Der urſprüngliche Boden war nach dem Trocknen ſteinhart, der mit Kalk verſetzte locker und mürbe. Die Unterſuchungen von Schlöſing u. A. laſſen es zweifellos erſcheinen, daß im Ackerboden die Krümelung durch lösliche Salze erhalten und hervorgerufen wird. Reichliche Düngung, zumal unterſtützt durch Bodenbearbeitung bringt den Boden in einen ausgeſprochen krümeligen Zuſtand, den der Landwirth mit „Gahre“ oder „Ackergahre“ bezeichnet. Ganz ähnlich iſt die Wirkung in Waldböden, bei denen ſich Krümelſtruktur nur bei einem Gehalte an löslichen Salzen findet. Alle Einwirkungen, welche dieſe beſeitigen, wie übertriebene Streunutzung, Bedeckung mit Rohhumus, bewirken zugleich eine Zerſtörung der Krümel und dichtes Zuſammenlagern des Bodens. Beſonders bezeichnend ſind dafür einzelne Beobachtungen, aus denen hervorgeht, daß tiefer liegende an löslichen Mineralſtoffen reichere Bodenſchichten ein höheres Porenvolum haben können, als die oberſte humoſe Bodenſchicht; alſo lockerer gelagert und mehr gekrümelt ſind als dieſe.“ b) Die Einwirkung der Thiermwelt.**) Einen erheblichen Einfluß auf die Krümelung der Böden üben die im Boden lebenden Thiere durch ihre grabende und wühlende Brownuſchen Molekularbewegung durch die innere Reibung der Flüſſigkeiten zweifel— haft erſcheinen. Alle anderen Erklärungsverſuche ſind aber noch viel ungenügender (vgl. Wiener, Pogg. Ann. 118, S. 79). Literatur. Die erſten Arbeiten über den Gegenſtand von Scheerer, Pogg. Ann. 82, S. 419. Derſelbe beobachtete ähnliche Erſcheinungen bei den Ablaufwäſſern der Pochwerke im Harz, ſeine Angaben bezogen ſich ſchon zumeiſt auf höchſt fein ver— theilten Quarz. g Schulze: Pogg. Ann. 129, S. 366 behandelt den Gegenand ausführlichſt, in neuerer Zeit iſt derſelbe aufgenommen von Hilgard: Forſchungen der Agri— kulturphyſik, 2, S. 441. Die Bedeutung der löslichen Salze für die Krümelung der Ackerböden hat zuerſt Schlöſing, Jahresber. der Agrikulturchemie 1873/74, S. 105 nachgewieſen; auf Waldböden ſind dieſe Anſchauungen übertragen von Ramann, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 11, S. 299. Die allgemeine Bedeutung der Krümelung der Böden hat namentlich Wollny nachgewieſen, für Waldböden Müller, in ſeinen Studien über die natürlichen Humusformen. )Ramann, Waldſtreu, ©. 64. **) Darwin, Bildung der Ackererde durch die Thätigkeit der Würmer. 1882. — Henſen, Landwirthſchaftliches Jahrbuch 1882, S. 661. — Müller, Die natürlichen Humusformen 1887. — Ramann, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 11, S. 299. — Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 12, S. 382. — Eber- mayer, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1891, S. 171. 58 Der Boden. S 35. Thätigkeit und zum Theil auch durch ihre Abſcheidungen aus. Darwin führte die Bildung der Ackererde auf die Arbeit der Regenwürmer und verwandter Thierarten zurück; ebenſo ſuchte Müller in dieſen die maßgebenden Faktoren der Krümelung der Waldböden. Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß alle im Boden lebenden Thiere günſtig auf die Krümelbildung einwirken; Wollny hat dies experimentell für die Regenwürmer gezeigt. Auf Wieſen und andern feuchten Orten kann ſogar die Bedeutung der Thierwelt entſcheidend werden. Anderſeits kennt man ausgeſprochen gekrümelte Bodenarten, in denen Regenwürmer oder ſonſtige größere Thiere völlig fehlen oder doch in ſo geringer Zahl vorhanden ſind, daß ſie eine erhebliche Ein— wirkung nicht üben können. Man hat daher in der Thierwelt ein die Krümelung des Bodens vielfach begünſtigendes aber nicht ein ausſchließ— lich maßgebendes Element zu ſehen. (Vergleiche § 57.) e) Die Einwirkung der Pflanzenwurzeln. Zu den Faktoren, welche die Krümelung der Waldböden beeinfluſſen, gehören die Wurzeln der Waldbäume. Dieſe durchziehen den Boden nach allen Richtungen und können in mehrerlei Weiſe einwirken. Einmal durch die direkte mechaniſche Wirkung beim Eindringen in den Boden, durch die Volumänderungen, welche ſie beim Abſterben und Verweſen erfahren und endlich durch die mechaniſche Wirkung bei ſtärkeren Stürmen. So beſchreibt ein ungenannter Verfaſſer“) die Wirkung eines Sturmes in einem Fichtenaltholzbeſtand: „ganz eigenthümlich war aber die hierbei ſtattfindende Aufwallung, bez. Verſchiebung des moosbedeckten Bodens. Dieſer bewegte ſich, ſoweit das Auge reichte, wellenartig und mitunter fußhoch, welche Erſcheinung durch Anſpannen und Anheben der weit ausgreifenden Wurzeln — wohl auch mit einem Theil der Erde — beim Niederbeugen des Stammes auf die entgegengeſetzte Seite verurſacht wurde.“ 2 Es war klar, daß eine mechaniſche Einwirkung, welche in extremen Fällen jo ſtark werden kann, eine Lockerung der Bodentheile bewirken muß. Iſt es auch anzunehmen, daß tiefer wurzelnde Bäume ſehr viel geringere Biegungen, bez. Verlängerungen und Verkürzungen der Wur- zeln erleiden, ſo können durch die häufige Wiederholung des Vorgangs, doch ſchon ſehr kleine Bewegungen eine Einwirkung auf die Boden— ſtruktur üben. Ebermayer ſchreibt den Wurzeln die Hauptwirkung zu. d) Veränderungen der Struktur des Bodens durch phyſi— kaliſche Wirkung beziehungsweiſe Bodenbearbeitung. Es iſt ohne weiteres verſtändlich, daß jede Bearbeitung des Bodens (unter normalen Verhältniſſen) zur Lockerung und Krümelbildung bei- tragen muß. ) St— unterzeichnet. Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1890, S. 159. $ 35.] Urſachen der Krümelbildung. 59 In der Natur gehen jedoch im Boden eine große Anzahl von Einwirkungen vor, welche naturgemäß Volumänderungen bewirken und damit zur Bildung wie Zerſtörung der Krümel beitragen müſſen. Die wichtigſten derſelben ſind die Volumänderungen bei wechſelndem Waſſergehalt und anderſeits die Froſtwirkung. Viele Bodenarten erfahren beim Austrocknen, bez. Durchfeuchten erhebliche Volumveränderungen (vergl. S 38). Bei Thon-, Lehm- und Humusböden ſind dieſe am bedeutendſten, bei den Sandböden verſtärkt wohl der häufige Wechſel im Waſſergehalt die an ſich geringe Ein— wirkung. Noch wichtiger iſt die Froſtwirkung, welche oft den Boden bis in große Tiefen durchlockert. Durch dieſe Vorgänge werden die kleinſten Theile des Bodens in ihrer Lage verſchoben und vielfach mechaniſche Einwirkungen hervor— gebracht, welche die Krümelbildung begünſtigen. Die Krümel des Bodens ſind loſe zuſammengehaltene Aggregate kleinerer Partikel, als ſolche werden ſie leicht zerſtört. Am häufigſten wirken in der Natur die Auslaugung der löslichen Salze und die mechaniſche Kraft des fallenden Regens. Namentlich Platzregen können die Krümelſtruktur friſch gepflügter, ſchwerer Ackererden zerſtören, ebenſo kann eine Bodenbearbeitung bei hohem Feuchtigkeitsgehalte wirken. Ein gutes Beiſpiel für die Wirkung der löslichen Salze geben die friſch eingedeichten Marſchböden. Sind dieſe trocken gelegt, ſo iſt die Zeit, bis zur Auswaſchung der Meerſalztheile, die dieſe Böden natürlich zuerſt einſchließen, die gefährlichſte. Eine unvorſichtige Bearbeitung kann die urſprünglich lockere Erdmaſſe in zähen Thonboden verwandeln. Die landwirthſchaftliche Praxis bezeichnet dieſe Zerſtörung der Krümel— ſtruktur als „Verſchlämmung“. Die Bedeutung der Krümelſtruktur für Feldböden ergiebt ſich ſchon aus dem Werth, welchen man mit Recht der Ackergahre beilegt. Für Waldböden wird die Wichtigkeit der Krümelung des Bodens noch lange nicht nach ihrem vollen Werthe geſchätzt. Die Durchlüftung des Bodens, die Waſſerführung und beſonders die Ein— wirkung auf die Wurzelbildung der Waldbäume iſt zum großen Theil davon abhängig. In den diluvialen Böden findet man die hauptſäch— lichſte Wurzelverbreitung immer nur ſoweit reichend, als eine merkbare Krümelung des Bodens geht. Bei ſonſt ganz gleichartig zuſammenge— ſetzten Bodenarten finden ſich hierin oft Unterſchiede von 20—30 em Tiefe. Einer Krümelbildung ſind alle Bodenarten fähig. Am bedeutungs— vollſten wird ſie für ſolche, welche bei dichter Lagerung nahezu un— durchläſſig für Waſſer find, alſo für Thon-, ſchwere Lehm- und für Humusböden. Auch Sandböden, zumal feinkörnige Sande, zeigen aus— geſprochene Krümelung, die durch beigemiſchten Humus weſentlich ge— ſteigert werden kann. (Vergl. auch § 90 und Bodenbeſchreibung.) 60 Der Boden. Ts 35. 2. Lagerungsverhältniſſe „gewachſener“ Böden. Sind bisher die Bedingungen, welche die Lagerungsweiſe der Bodenbeſtandtheile beeinfluſſen, behandelt worden, ſo kommt es nun darauf an, ein Bild des Verhaltens der in der Natur vorkommenden Bodenarten zu gewinnen, die man am beſten wohl mit einem der Bautechnik entnommenen Ausdruck als „gewachſene Böden“ im Gegenſatz zu den durch menſchliche Thätigkeit veränderten bezeichnet. Unterſuchungen über dieſen Gegenſtand ſind ſehr ſparſam ausge— führt. Am zahlreichſten noch vom Verfaſſer.“ 5 Als Regel kann gelten, daß in gewachſenen Böden die oberſte Bodenſchicht die lockerſte Lagerung hat, wenigſtens gilt dies für Wald— böden. Nach der Tiefe zu iſt die Lagerung dichter und bleibt endlich ziemlich gleichmäßig (natürlich immer gleichartige Bodenarten vor- ausgeſetzt). Die Unterſuchung Eberswalder fein- bis mittelkörniger Diluvial⸗ ſandböden ergab z. B. folgende Zahlen für das Porenvolumen, alſo die lufterfüllten Räume des trocknen Bodens. 1. Profil 2. Profil 3. Profil (Düne) Oberfläche bis 10 em Tiefe 56,2% 51,88% 50,6°/, in 20—30 em Tiefe 51,7 50,2% 45,95 in 40 — 50 „ I TR 43,0 „ 40,4 „ in 60 — 70 „ „ 43,0% 38,8 in 80 — 90 „ FF 41,8 „ 37,913 Sehr dichte Lagerung zeigen alle Böden unter Gewäſſern. Weit- meyer (Vorarbeiten zur Waſſerverſorgung der Stadt Berlin, 1871 und Fortſ.) giebt im Durchſchnitt ein Porenvolumen von 209% an (wohl ſehr niedrig); am Müggelſee fand er 26,26 % (nahezu der theoretiſche Werth der dichteſten Lagerung gleichgroßer Theile); im ) Forſchungen der Agrikulturphyſik 1888, Bd. 11, S. 299. „Die Waldſtreu u. a. a. Orten. Benutzt wurde für dieſe Arbeiten ein ca. 10 em langes und ebenſo weites Eiſenrohr, welches nach unten angeſchärft und ſchwach verjüngt war. Durch langſame Schläge mit einem ſehr breiten Holzhammer oder Schlägel wurde das Rohr in die Erde getrieben. Bedingung für übereinſtimmende Reſultate iſt ein ſehr gleichmäßiges Schlagen; ſowie ſich der Apparat nicht ganz gerade einbohrt erhält man fehlerhafte Beſtimmungen. Die Verjüngung des Rohres verhindert ein Quetſchen der eingeſchloſſenen Erdſäule. Iſt die Oberfläche der letzteren mit der übrigen Erd- ſchicht in gleicher Höhe, was bei vorſichtigem Arbeiten mit dem völligen Eintrieb des ganzen Apparates zuſammenfällt, ſo wird die obere Oeffnung durch einen in Nuten gehenden Deckel geſchloſſen und mittelſt eines untergeſchobenen Bleches die Erdſäule herausgehoben und am Unterrand des Apparates entſprechend ſcharf ab⸗ geſtochen oder beſſer mit einem längeren Meſſer abgeſchnitten. Selbſt ſehr lockere Bodenarten haben genug Zuſammenhang um auf dieſem einfachen Wege gute Reſultate zu geben. Etwas mehr Schwierigkeiten bietet das Herausheben einer Erd⸗ ſäule in ſchweren Bodenarten. SS 35, 36.] Lagerungsverhältniſſe. Volumgewicht der Bodenbeſtandtheile. 61 Sand unter Moor fand der Verfaſſer 30,3 % (unveröffentlicht). Das Waſſer ſchlämmt die feinen Bodenpartikel ſo dicht wie irgend möglich zuſammen. Bei anderen Bodenarten zeigten Lehmböden dem Verfaſſer ein Porenvolumen von 47— 50%. Schwarz fand (Bericht der landwirth— ſchaftl. Verſuchs⸗Station Wien, 1878, S. 51) für Lehmboden 45,1% Porenvolumen; für Thon 52,7%; für Moorböden 84,0%. Der Verfaſſer für Torfböden 84,4 — 85,2% ,F im waſſerhaltigen Zuſtande 6-9 9%. Das Porenvolumen iſt für die Kenntniß vieler der wichtigſten Eigenſchaften der Böden, insbeſondere für Durchlüftung und Waſſer— führung von grundlegender Wichtigkeit. Bringen auch die durch wechſelnden Waſſergehalt bewirkten Volumänderungen der Böden nicht unerhebliche Unſicherheiten in der Beſtimmung, ſo ſind die in der Natur gewonnenen Zahlen doch noch immer viel brauchbarer als die durch Laboratoriumsverſuche ermittelten. Die letzteren ſind kaum je über— tragbar. Renck (a. a. O.) konnte durch trockenes Einfüllen und Ein— ſchlämmen für denſelben Boden Zahlen erhalten, die zwiſchen 36 und 55,5% für das Porenvolumen ſchwankten. § 36. III. Das Volumgewicht (ſpeciſiſches Gewicht) der Boden— beſtandtheile und Bodenarten. Literatur: Mineralogiſche Lehrbücher, z. B. Naumann⸗Zirkel, Mineralogie. v. Liebenberg, Verhalten des Waſſers zum Boden. Inaug.-Diſſ. Halle 1873. Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik 8, S. 341. a) Für die praktiſche Bodenkunde iſt die Kenntniß der ſpecifiſchen Gewichte der Bodenbeſtandtheile von ſehr geringer Bedeutung. Man bedarf derſelben zur Feſtſtellung des Volumgewichtes der Böden und iſt es daher vortheilhaft, die Grenzen zu kennen, zwiſchen denen ſich die ſpecifiſchen Gewichte der wichtigſten Bodenbeſtandtheile bewegen. Für die wichtigſten Mineralarten ſind dies folgende: Feldſpath . 2,5 — 2,8 Kalkſpath 2,6 — 2,8 (Orthoklas ) 2,5 — 2,6 Dolomit. 2,8 —3 (Oligoklas) . 2,63 2,69 Chlorit . 2,7—3 (Labrador). . 2,64-2,8 Talk 2,6 — 2,7 23,2 — 3,5 Gyps 2,2 — 2,4 WW . . 2,9—3,4 Magneteijen 4,9—5,2 Glimmer . . 2,8—3,2 Eiſenoxydhydrat 3 (Raliglimmer) . 2,8—3,0 (Brauneiſen 3,4 — 4,0 (Magneſiaglimmer) 2,8 — 3,2 Eiſenoxyd 2,5 2,8 (Rotheiſen) . 5,1 — 5,2 62 Der Boden. [S 36. Fernere Zahlen ſind folgende: Quarzſand . . 2,653 (Schübler) 2,639 (Wollny) Kalkſand. . . 2,722 (Schübler, Lang) 2,756 (Wollny) 2,813 (Trommler) Kreide 2,720 ⁴ Kaolin 247 Kauel 2,503 (Wollny) Thon . 2,44 — 2,53 (Schübler) Humus 1,37 TS Dorf er 1,462 (Wollny). Die ſpecifiſchen Gewichte liegen daher ganz überwiegend zwiſchen 2,3 und 3; bei den meiſten Bodenarten zwiſchen 2,6 — 2,7. (Zahl⸗ reiche Beſtimmungen bei von Liebenberg.) Höhere Zahlen werden namentlich durch Eiſen verbindungen, geringere durch Humusſtoffe ver⸗ anlaßt. N Wie Wollny gezeigt hat, läßt ſich übrigens das ſpecifiſche Gewicht Heines Bodens aus dem der einzelnen Beſtandtheile berechnen. b) Das Volumgewicht der Böden. Von erheblich größerem Werthe als die Kenntniß des ſpecifiſchen Gewichtes der Bodenbeſtand— theile iſt die des volumgewichtes der Böden (auch als ſcheinbares ſpecifiſches Gewicht bezeichnet), man bedarf deſſen bei faſt allen Unterſuchungen über phyſikaliſche Bodeneigenſchaften. Das Volumgewicht eines Bodens iſt das Gewicht eines Volumen gewachſenen Bodens im trockenen Zuſtande ver— glichen mit einem gleichgroßen Volumen Waſſer. Die Beſtimmung des Volumgewichts erfolgt am beſten nach der Seite 60 angegebenen Methode. Alle Beſtimmungen im Laboratorium ergeben ungewiſſe Zahlen. Natürlich werden alle Bedingungen, welche die Lagerungsweiſe des Bodens beeinfluſſen auch das Volumgewicht vermindern oder vermehren. Ferner iſt dasſelbe vom Eigengewicht der Bodenbeſtandtheile und im hohen Grade noch vom Waſſergehalt des Bodens abhängig. Ver— mehrend wirken endlich noch Steine ein, wie ſich dies aus der gleich— mäßigen Raumerfüllung derſelben ergiebt. Im gleichen Sinne wirken ſandige Beſtandtheile, im entgegengeſetzten humoſe Stoffe ein. Die Volumgewichte der gewachſenen Böden liegen überwiegend zwiſchen 1,2 und 1,4, ſchwanken jedoch, je nach Dichte der Lagerung, für denſelben Boden erheblich. Als Beiſpiel mögen vom Verfaſſer unterſuchte diluviale, fein- bis mittelkörnige Sandböden gelten. SS 36, 37.] Boden und Waſſer. Waſſerkapacität. 63 Das Volumgewicht derſelben beträgt im trockenen Zuſtande: 1. Profil 2. Profil 3. Profil 4. Profil Oberfläche bis 10 em Tiefe 1,18 1,14 1,28 1,23 0 „ 1,16 1,41 1,37 1,47 0 „ „ 1,44 1,56 1,52 1,48 0 1,55 1,61 1,54 1,47 , „ 1,53 1,61 1,65 1,54. Mit Ausnahme der oberſten etwas humoſen Schicht und des etwas eiſenreicheren Untergrunds des zweiten Profils würden alle dieſe Sande im Laboratorium nahezu gleiche Zahlen ergeben haben; es iſt dies ein Beweis, daß nur die Unterſuchung der Böden in natürlicher Lagerung brauchbare Reſultate giebt. Zu bemerken iſt noch, daß die in der Praxis gebräuchlichen Aus— drücke „ſchwerer“ und „leichter Boden“ ſich auf den Widerſtand beziehen, den der Boden der Bearbeitung entgegenſetzt und mit dem Gewichte in keiner Beziehung ſtehen. s 37. IV. Boden und Waller. Unter allen Eigenſchaften der Böden, welche den Ertrag derſelben beeinfluſſen, iſt das Verhalten gegen Waſſer eine der wichtigſten. Alle Verhältniſſe, welche auf die Waſſerführung der Böden einwirken, ſind daher einer eingehenden Beſprechung zu unterwerfen. 1. Die Waſſerkapacität des Bodens. Literatur: A. Mayer, Landwirthſchaftliche Jahrbücher 1874, Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 8, S. H. von Klenze, Landwirthſchaftliche Jahrbücher 187 Die Fähigkeit des Bodens, Waſſer im b len Zuſtande in ſich aufzunehmen und längere oder kürzere Zeit feſtzuhalten, bezeichnet man als ſeine Waſſerkapacität.“ Die Waſſerkapacität wird bedingt durch die Menge des an der Oberfläche adhärirenden Waſſers, durch die Kapillarwirkung der eng zuſammengelagerten Bodentheile und durch poröſe Beſchaffen— heit derſelben. Die Adhäſion iſt von der Oberfläche der Bodentheile abhängig. Dieſe wächſt ganz bedeutend mit Abnahme der Korngröße, alſo mit der Kornzahl, die in einem beſtimmten Bodenvolumen enthalten iſt. S. 753. il *) In den älteren agrikulturchemiſchen Werken als „waſſerhaltende Kraft“ bezeichnet. 64 Der Boden. 5 37 So berechnet Soyka“) die Geſammtoberfläche der Beſtandtheile in einem Liter Erde (bei Annahme lockerſter und dichteſter Lagerung; die Boden— theile ſind als Kugeln gedacht) und die Waſſermenge, die bei einer Dicke der adhärirenden Schicht von 0,005 mm feſtgehalten werden kann, zu: Die Oberfläche entſpricht einem Die durch Adhäſion feſt⸗ Quadrat, deſſen Seitenlänge gehaltene Waſſermenge beträgt (Meter) (Liter) Halbmeſſer bei lockerſter bei dichteſter bei lockerſter bei dichteſter eines Kornes Lagerung Lagerung Lagerung Lagerung 0,01 mm 12.934 14,899 1,244 1,757 0:99; 5,607 6,663 97173 0,245 ae, 3,965 4,711 0,083 „ 950, 17773 2,107 0,016 0,022 4,00. „ 1,254 1,490 0,008 0,011 5,00 0,561 0,666 0,002 0,002 Haben 1 Zahlen auch nur theoretiſchen Werth, ſo zeigen ſie doch die Abhängigkeit der Menge des durch Adhäſion feſtgehaltenen Waſſers von der Oberfläche und daß bei ſehr feinkörnigen Bodenarten die Waſſermenge größer wird, als die Porenvolumen, alſo eine ſtarke Volumvermehrung herbeiführen muß. In der That kann man dies bei thonhaltigen und in noch höherem Maße bei Humusböden beobachten. Die Kapillarität tritt im Boden überall in Wirkung, wo ſich zwei Bodenbeſtandtheile berühren und ſo kapillar wirkende Hohlräume bilden; ſo daß man den Boden vielfach als ein mehr oder weniger zuſammenhängendes Netz von Kapillaren auffaſſen kann. Die Ausdehnung und Zahl dieſer Räume iſt von der Korngröße der Bodentheile abhängig. Kies und grober Sand z. B. halten Waſſer nur an wenigen Stellen ihrer Hohlräume kapillar feſt, während in feinkörnigen Bodenarten jeder derſelben auch als Kapillare wirken muß. Abb. 10. Man unterſcheidet daher im Boden kapillar wirkende und nicht kapillar wirkende Hohlräume (Abb. 10). 0 ) Forſchungen der Agrikulturphyſik, 8, S. 14. § 37.] Waſſerkapacität des Bodens. Gr Dem kapillar feſtgehaltenen Waſſer iſt noch dasjenige zuzuzählen, welches in den Zwiſchenräumen poröſer Bodentheile feſtgehalten wird. Als ſolche ſind alle Bodenkrümel, ſowie die humoſen Stoffe zu betrachten. Endlich iſt noch anzuführen, daß in humoſen Körpern wahrſchein— lich auch quellungsfähige Stoffe enthalten ſind, die in den Torf- und Moorbböden vielleicht eine nicht unwichtige Rolle ſpielen, in den beſſeren Bodenarten aber zu fehlen ſcheinen.“) Das von dieſen feſtgehaltene Waſſer hat man mit dem ſchönen Namen „Imbibitionswaſſer“ belegt. Beſonderer Betrachtung bedürfen endlich noch die thonigen Be— ſtandtheile des Bodens. Der Thon iſt mit Waſſer faſt in jedem Verhältniß miſchbar und ähnelt in ſeinem Verhalten hierdurch den wirklich quellbaren Körpern. Wahrſcheinlich beruht dies ausſchließlich auf der hohen Feinkörnigkeit des Thones, deſſen einzelne Theile durch den Auftrieb der Waſſerſäule, beziehungsweiſe durch die innere Reibung des Waſſers ſchwebend erhalten werden. Man könnte daher das Ver— halten des Thones am eheſten mit der Erſcheinung des Triebſandes vergleichen, der ja auch durch den Auftrieb fließenden Waſſers ſchwebend erhalten wird. ) Größte und kleinſte Waſſerkapacität. Unterſucht man eine mit Waſſer durchfeuchtete Erdſäule (gleiche Verhältniſſe zeigt der gewachſene Boden), ſo findet man nach längerer Zeit die Waſſervertheilung nur in den oberen Schichten gleichmäßig, nach unten (bei gewachſenen Böden in der Nähe des Grundwaſſers) ſteigt der Waſſergehalt ſehr erheblich. Man unterſcheidet daher zwiſchen der kleinſten oder abſoluten und zwiſchen der größten oder vollen Waſſerkapacität. Die kleinſte Waſſerkapacität iſt ein Maß der Waſſer— menge, welche vom Boden dauernd feſtgehalten wird und nicht in die Tiefe abfließt. Die größte Waſſerkapacität iſt ein Maß für die Waſſer— menge, die der Boden in der Nähe von Grundwaſſer feſtzu— halten vermag.***) *) Ein gutes Beiſpiel für Quellbarkeit bieten die Stärkekörner, die reichlich Waſſer aufnehmen können und ihr Volumen vergrößern, ohne daß poröſe Oeffnungen ſichtbar ſind, in die das Waſſer eintreten könnte. **) Ueber das Verhalten des Thones ſind verſchiedene Theorien aufgeſtellt worden; ſo in Sachſe, Agrikulturchemie. Die Thatſache, daß ſehr fein gepulverter Quarz ſich dem Thon ganz ähnlich verhält, ferner dem Triebſand ähnliche Erſchei— nungen die man bei großen Thonſchlämmereien beobachten kann (Berühren des Thon— waſſers bringt oft größere Mengen zum Abſetzen), ſprechen für die hier zum erſten Male gegebene einfache Erklärung. **) A. Mayer, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 14, S. 255, giebt einfache theoretiſche Erklärungen für dieſes Verhalten. Taucht man eine enge Glasröhre in ein offenes Gefäß mit Waſſer, ſo ſteigt die Waſſerſäule je nach der a der Röhre Ramann. „m 66 Der Boden. [$ 37. Hieraus ergiebt ſich ſchon, daß die größte Waſſerkapacität der Bodenarten in der Natur nur ſelten in Frage kommt; während die abſolute Waſſerkapacität ein Maß des dauernd dem Boden verbleibenden Waſſers iſt und daher zu den wichtigſten und ern Eigenſchaften des Bodens gehört. Die Beſtimmung der Waſſerkapacität kann richtig nur in gewachſenen Böden ausgeführt werden, alle Laboratoriumsunterſuchungen find un- genau, da der Boden nicht in natürlicher Lagerung zur Verwendung kommt.“) Die Waſſerkapacität wurde früher faſt ausſchließlich in Gewichts⸗ procenten des Bodens angegeben. Mayer machte aber darauf auf— merkſam, daß die Pflanzen zu ihrem Gedeihen viel mehr eines be— ſtimmten Volumens Boden als einer Gewichtsmenge desſelben bedürfen und daß es daher viel richtiger ſei, die Waſſerkapacität in Volum— procenten des Bodens zum Ausdruck zu bringen. verſchieden hoch und bildet am oberen Ende einen konkaven Meniskus (Abb. 11). Es findet ein Zug (durch den Pfeil angedeutet) in dem Centrum der Meniskus⸗ höhlung ſtatt, welcher der Schwerkraft entgegenwirkt. Befindet ſich ein Waſſertropfen Abb. 11 in der Röhre, ſo ſind zwei Menisken gleicher Art vorhanden, deren Zugkraft ſich gegenſeitig ausgleicht. Der Tropfen wird daher der Schwerkraft folgend, nach unten fließen. Am Ende der Röhre angelangt, breitet er ſich eben aus oder tritt als Wölbung hervor. Jedenfalls ſtellt ſich ein Gleichgewicht ein, welches den Abfluß des Waſſers verhindert. Erdboden, welcher Grundwaſſer erreicht, oder von grobkörnigeren Bodenſchichten unterlagert wird (Waſſer kann aus groben leicht in feine Kapillaren übertreten, nicht aber umgekehrt), muß daher in ſeinen unteren Lagen einen höheren Waſſer— gehalt haben. ) Heinrich, Grundlagen zur Beurtheilung der Ackerkrume; vergleiche auch Wollny a. a. O. § 37.] Waſſerkapacität des Bodens. 67 Da, wie z. B. Seite 63 gezeigt iſt, das Volumgewicht der gewach— ſenen Böden erhebliche Schwankungen innerhalb der für die Pflanzen— ernährung wichtigen Tiefen zeigt, ſo wird den in der Natur vorhandenen Verhältniſſen nur durch Angabe in Volumprocenten wirklich Rechnung getragen. Vielfach fehlt jedoch eine genügende Beſtimmung des Volumgewichtes der gewachſenen Böden, man muß ſich dann mit Angabe von Gewichts— procenten begnügen. Hierbei muß jedoch jederzeit mit Procenten „auf hundert“ gerechnet werden; das heißt angegeben werden, wie viel Theile Waſſer auf hundert Theile trockenen Bodens vorhanden ſind. Die noch vielfach gebräuchliche Berechnung des Waſſergehaltes in ein— fachen Procenten des feuchten Bodens giebt ein ganz falſches Bild der wirklichen Verhältniſſe.“) In neuerer Zeit ſind die Bedingungen, welche die Waſſerkapacität beeinfluſſen, eingehend unterſucht worden. Namentlich Wollny trennte die einzelnen wirkſamen Faktoren nach Möglichkeit. Hauptſächlich kommen hierbei in Frage: e) Der Einfluß der Korngröße der Bodenbeſtandtheile ergiebt ſich ſchon aus dem früher Geſagten. Je geringer die Korn— größe, um ſo zahlreicher die kapillar wirkenden Hohlräume. Nament— lich für nicht poröſe Stoffe macht ſich dies geltend. Wollny fand ſo für Quarzkörner verſchiedener Größe eine kleinſte Waſſerkapacität von: Korngrößen Volumprocent 1—2 mm 3,66 0,25 —0,50 „ 4,38 0,11—0,17 „ 6,03 0,01—0,07 „ 35,50 Gemisch von 0,01—2 „ 11,89 Die Zerkleinerung des Quarzes hatte alſo fait eine zehnfache Vermehrung der Waſſerkapacität herbeigeführt! d) Der Einfluß der Poroſität macht ſich namentlich bei den humoſen Böden bemerkbar und wird hier wohl durch die Gegenwart quellbarer Stoffe geſteigert. Die Humusböden (Moor, Torf) haben daher von allen in der Natur vorkommenden Bodenarten die höchſte Waſſerkapacität. e) Einfluß der Krümelung. Die Bodenkrümel ſind von Poren durchſetzt, welche Waſſer dauernd feſthalten können; ſind alſo porös. *) Ein feuchter Boden enthalte z. B. 25 und 50 Procent Waſſer. Im erſten Falle kommen auf 75 Theile Boden — 25 Theile Waſſer; im zweiten Falle auf 50 Theile Boden — 50 Theile Waſſer. Der zweite Boden enthält alſo nicht, wie man aus der Procentangabe ſchließen könnte, die doppelte, ſondern die dreifache Menge an Waſſer. E 2 5 2 68 Der Boden. [S 37. Es tritt dies ſofort hervor, wenn man die Waſſerkapacität der Boden⸗ krümel mit der gleich großer nicht poröſer Körner, z. B. mit Quarz, vergleicht; dieſen gegenüber iſt natürlich die Waſſerkapacität ſehr ge⸗ ſteigert. Die Krümelbildung findet jedoch überwiegend bei feinkörnigen Bodenarten ſtatt, die an ſich ſchon eine ſehr hohe Waſſerkapacität haben. Gehen dieſe aus der Einzelkornſtruktur in die Krümelſtruktur über, ſo entſtehen vielfach nicht kapillar wirkende Hohlräume, und dem ent- ſprechend wird die Waſſerkapacität bedeutend herabgeſetzt. Wollny giebt z. B. folgende Zahlen (kleinſte Waſſerkapacität): Lehmpulver (0,00 —0,25 mm 42,91 Vol. % Lehmkrümel 0,5—1 „ 5 Su ic = 2 1 „ 34060 5 21 „ 35 5 4 6,% 5 „ 5 6,75 9 „ 3 Gemiſch der Krümel 0,5—9 „ 300 Die Waſſerkapacität des pulverigen Lehmbodens iſt durch die Krü— . melung um d erniedrigt. Es iſt dies ein für die Praxis äußerſt wichtiger Vorgang. Es folgt daraus, daß ſehr feinkörnige Bodenarten durch Kultur und Düngung ihren ſchädlichen Ueberſchuß an Waſſer ver- lieren und dadurch im hohen Grade verbeſſert werden können. Die Thatſache, daß die Größe der Krümel faſt ohne Einfluß auf die Waſſerkapacität iſt, beruht darin, daß das Waſſer faſt nur in den Poren der Krümel feſtgehalten wird. Quarzſand und Grand gleicher Korngröße zeigen ebenfalls nur geringe Unterſchiede, da kapillar wirkende Hohlräume nur ſehr ſparſam vorhanden ſind. f) Lockere und dichtere Lagerung der Bodentheile übt auf die Waſſerkapacität bedeutenden Einfluß. In allen gelockerten Boden- arten findet ſich eine größere Anzahl nicht kapillar wirkender Hohl⸗ räume (im Vergleich mit Böden gleicher Korngröße und dichterer Lagerung). Eine Lockerung des Bodens ſetzt daher die Waſſerkapa— cität herab; und ein ſtark gelockerter Boden enthält dem entſprechend in der Regel weniger Waſſer als ein dicht gelagerter gleicher Zuſammen⸗ ſetzung.“) 5 Preßt man Böden zuſammen, ſo wird ein größerer Theil der Hohlräume kapillar wirkſam, die Waſſerkapacität ſteigt. Natürlich gilt ) Man vergleiche § 41 über Verdunſtung. Lockere Bodenarten verdunſten weniger und nehmen zugeführtes Waſſer raſcher auf, als dicht gelagerte. Die Waſſerbilanz kann zu Zeiten längerer Trockenheit daher zu Gunſten der erſteren ausfallen. en SS 37, 38.] Volumveränderungen des Bodens. 69 dies nur bis zu einem gewiſſen Grade; werden die Kapillaren durch zu ſtarken Druck über ein gewiſſes Maß verdichtet, ſo ſinkt natürlich die Menge des aufnehmbaren Waſſers. Mit Ausnahme des ganz grobkörnigen hat daher jeder Boden ein Optimum der Waſſerkapacität. Jede Lockerung wie jede Ver— dichtung wird dieſelbe herabſetzen. Experimentell zeigte dies Wollny an einem humoſen Kalkſand, er fand für dieſen eine Waſſerkapacität bei lockerer Lagerung 48,1 Vol. % bei mitteldichter „ e bei ſehr dichter „ 44,4 „ Die landwirthſchaftliche Praxis macht von dieſen Thatſachen aus— giebig Gebrauch. Es gilt dies ſowohl für die Bodenlockerung als auch für diejenigen Fälle, in denen ein reichlicher Waſſergehalt erwünſcht iſt, insbeſondere während der Keimungsperiode der Feldfrüchte. Das dann gebräuchliche Walzen des Bodens verdichtet die oberſte Bodenſchicht, erhöht ſo die Waſſerkapacität und ſichert dem Samen die zur Entwick— lung nothwendige Waſſermenge. g) Steine im Boden ſetzen, da ſie keine kapillar wirkenden Räume enthalten, die Waſſerkapacität herab. Das Verhältniß, in welchem dies geſchieht, iſt noch nicht ſicher feſtgeſtellt. Man ſollte annehmen, daß die Waſſerkapacität entſprechend dem Steinvolumen abnehmen müßte; einige Beobachtungen ergeben jedoch höhere Zahlen. h) Die Waſſerkapacität der Bodengemiſche entſpricht im Allgemeinen dem mittleren Verhalten der Bodenbeſtandtheile. Da jedoch Durchfeuchtung Volumveränderungen hervorruft, ſo weichen die für Bodengemiſche gefundenen Zahlen oft nicht unerheblich vom Mittel ab. Nach Wollny gilt dies namentlich für Gemiſche von Quarz und Humus. i) Der Einfluß der Temperatur auf die Waſſerkapacität kann bei den in der Natur vorkommenden Wärmegraden vernachläſſigt werden. Höhere Temperatur vermindert die Zähigkeit des Waſſers; es wird dünnflüſſiger und leichter beweglich. Die Waſſerkapacität ſinkt dem entſprechend mit höherer Temperatur. Ss 38. 2. Volumänderungen der Böden. Volumänderungen der Böden bei wechſelndem Waſſergehalt ſind vielfach beobachtet und ſind namentlich bei Thon- und Humusböden ſehr bedeutend. Genauere Unterſuchungen veröffentlichten Wolff“) und Haberlandt.) *) Anleitung zum Unterſuchen landwirthſchaftlicher Stoffe, S. 71. **) Frühling's landwirthſchaftliche Zeitung, 26. S. 481. 70 Der Boden. [SS 38, 39. Der erſtere beſtimmte die Volumzunahme trockner Böden bei Zu- fuhr von Waſſer; der letztere das Schwinden feuchter Böden beim Trocknen. Die Angaben Wolffs ſind wohl ſämmtlich zu hoch, die Haberlands entſprechen (da die Lagerung der Bodenbeſtandtheile weniger verändert war) wohl am meiſten den natürlichen Verhältniſſen. Um eine Ueberſicht zu geben, ſollen deſſen Zahlen folgen; das Volumen i im trocknen Zuſtande iſt gleich 1 geſetzt. e feucht Sandboden 375 | Magerer feinſandiger Haferboden 12 01 Granitboden Re 4 2096 Eiſenſchüſſiger Lehmboden g 11 Gneißboden. 1.3 „ Feinſandiger Glimmerſchieferbaden 12 Lößboden.ñ Weizenboden g 1 Kalkreicher Lehmboden . 1 * 1 Humusreicher Boden. 12 SA Moorerde ve Haben derartige Angaben auch nur einen n beſchränkten Werth, ſo zeigen ſie doch hinreichend, welche mächtig wirkende mechaniſche Kraft in dieſen Volumänderungen gegeben iſt, die in Waldböden wohl eine Haupturſache der Krümelung ſind. Die wirkſamſten Bodenbeſtandtheile ſind Thon und humoſe Stoffe. Bei Moorerden kann man häufig noch größere als die angegebenen Volumänderungen beobachten. Nach Borgmann“) ſchwindet das Volumen im Durchſchnitt beim Trocknen: Sphagnumtorf = 15%; Wollgrastorf = 16%); Heide⸗ torf 18% ° Starke Volumveränderungen, die aber durch die Ausdehnung des in Eis verwandelten Waſſers hervorgerufen werden, treten beim Ge— frieren der Böden auf. Beſonders ſind die humus- und thonreichen Bodenarten gefährdet, und machen ſich die ungünſtigen Wirkungen des Ausfrierens der jungen Baumpflanzen und Auswinterns des Getreides zumal bei Barfroſt, alſo bei Froſtwetter ohne Schneedecke, bemerkbar. § 39. 3. Der kapillare Aufſtieg des Waſſers im Boden. Literatur: v. Klenze, Landwirthſchaftl. Jahrbücher 1877, S. 83—131 (dort ältere Literatur). Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſit Bd. 7 „S. 269 u. Bd. 8, S. 207. Die kapillare Leitung des Waſſers aus den v Bodenſchichten nach denen, in welchen die Wurzelverbreitung ſtattfindet, iſt vielfach ) Forſchungen der Agrikulturphyſik, 14, S. 275. § 39.] Der kapillare Aufſtieg des Waſſers. nt unterjucht worden. Man hat der Kapillarwirkung großes Gewicht bei- gelegt, wohl mit Unrecht; denn alle Unterſuchungen in gewachſenen Böden deuten darauf hin, daß eine für die Pflanzenernährung bedeut— ſame Waſſerzufuhr nur in ſeltenen Fällen ſtattfindet. Die kapillare Leitung des Waſſers im Boden iſt abhängig von der Korngröße, der Struktur und Lagerung und von der ſtoff— lichen Zuſammenſetzung der Bodenbeſtandtheile. a) Die Korngröße beeinflußt ſowohl die Schnelligkeit, wie auch die Höhe des kapillaren Aufſtiegs. Es laſſen ſich hierüber folgende Sätze aufſtellen: aa) Das Waſſer wird um ſo höher gehoben, je geringer die Korn— größe der Bodenbeſtandtheile iſt. bb) In Bodengemiſchen iſt die kapillare Leitung eine mittlere im Vergleich zu derjenigen der einzelnen Beſtandtheile. ce) Der Aufſtieg des Waſſers verlangſamt ſich um jo mehr, je höher es bereits geſtiegen iſt. Die Steighöhe einer Flüſſigkeit in Kapillarröhren iſt dem halben Durchmeſſer derſelben umgekehrt proportional; dem entſprechend wird die Flüſſigkeit um ſo höher gehoben, je kleiner die Zwiſchenräume, bez. je feiner die Bodenbeſtandtheile ſind. Ueber eine gewiſſe Korngröße hinaus verlieren die Hohlräume durch ihre zunehmende Weite allmählich die Fähigkeit, Waſſer kapillar zu leiten. Im Boden tritt dies bei einer Korngröße von 2—3 mm ein. In einem Grandboden findet daher eine kapillare Waſſerleitung überhaupt nicht ſtatt. Aber auch ein Sinken der Korngröße unter ein gewiſſes Maß wirkt durch die geſteigerte Rei— bung und die hierdurch hervorgerufenen Widerſtände ungünſtig auf die Schnelligkeit des kapillaren Aufſtiegs. b) Die Struktur und Lagerung der Bodenbeſtandtheile macht ſich geltend i aa) in Bezug auf Einzelkorn- und Krümelſtruktur. In krümeligen Böden iſt die kapillare Leitung geringer als in pulverförmigen und dies um ſo mehr, je größer die einzelnen Bodenkrümel ſind. bb) Je dichter ein Boden gelagert iſt, um ſo höher iſt der kapil— lare Aufſtieg des Waſſers. Die Schnelligkeit der Leitung wird bei ſehr dichter und ſehr lockerer Lagerung geringer. Bei einer mittleren Dich— tigkeit (wahrſcheinlich bei einem Durchmeſſer der Kapillaren von 0,05 bis 0,1 mm) liegt ein Optimum der Waſſerleitung. e) Steine im Boden verlangſamen den kapillaren Aufſtieg, da ſie eine Unterbrechung der Leitungsbahnen darſtellen, das Waſſer alſo einen weiteren Weg zurück zu legen hat. Auffällig iſt jedoch, daß die Verlangſamung der Waſſerleitung auch bei Boden mit erheblichem Stein— gehalt (bis 60 %) nur eine geringe iſt. Der Boden. [S 39. =] DD d) Die Einwirkung von Bodenſchichten verſchiedener Korn— größe läßt ſich dahin zuſammenfaſſen, daß die Leitung des Waſſers um ſo mehr beeinflußt wird, je weiter die einzelnen Schichten in Bezug auf Struktur und Korngröße von einander abweichen. Hierbei gilt das Geſetz, welches unmittelbar aus dem des kapillaren Aufſtiegs abgeleitet werden kann, daß feinkörnige Bodenſchichten wohl den grobkörnigeren Waſſer entziehen können, daß dagegen der Ueber— tritt aus jenen in dieſe ſehr erſchwert oder faſt ganz aufgehoben iſt. Dem entſprechend erfolgt die kapillare Leitung raſcher, wenn die Fein- heit der Bodenpartikel von unten nach oben zunimmt.“) Zwiſchenlagerung von feinkörnigen Schichten zwiſchen grobkörnigen und von grobkörnigen zwiſchen feinkörnigen hebt die kapillare Leitung faſt vollſtändig auf. e) Die chemiſche Zuſammenſetzung des Bodens macht ſich geltend, indem die Leitung des Waſſers verſchieden raſch etwa in fol— gender Reihe (Quarz als beſter, Thon als ſchlechteſter Leiter) erfolgt: Quarzſand Kalkſand Humoſe Stoffe Thon. *) Bringt man einen Waſſertropfen in eine Röhre verſchiedener Weite, jo iſt die kapillare Wirkung in den verengten Stellen eine ſtärkere, das Waſſer wird daher das Beſtreben zeigen, nach der engſten Stelle hinzufließen, bez. einen Stand ein= nehmen, welcher dem Gleichgewicht der Kapillarwirkung und der Schwerkraft ent⸗ ſpricht (Abb. 12 a). Taucht man Röhren der gezeichneten Form in Waſſer, ſo wird in den mit dem engen Querſchnitt eingetauchten Röhren ein erheblicher (Abb. 12 e), im andern Falle (Abb. 12 b) ein ſehr geringer kapillarer Aufſtieg ſtattfinden. 80 — — o Abb. 12. Vergleichbare Verhältniſſe finden ſich im Boden, wenn feinkörnige Schichten mit ſolchen gröberen Kornes wechſellagern. Die erſteren können den letzteren leicht, dieſe den erſteren nur ausnahmsweiſe Waſſer entziehen. $ 39.] Der kapillare Aufſtieg des Waſſers. 73 Gemiſche der verſchiedenen Beſtandtheile ergeben ein mittleres Verhalten in Bezug auf Gemenge von Sanden mit Thon oder Humus. Miſchungen von Humus und Thon zeigen jedoch, im Vergleich mit den reinen Beſtandtheilen, die Waſſerleitung erheblich herabgeſetzt; nach Wollny wahrſcheinlich eine Wirkung der zwiſchen die humoſen Stoffe gelagerten ſehr feinkörnigen Thontheilchen. Salzlöſungen ſetzen bei hohem Gehalte die kapillare Leitung herab; für die Bodenarten fällt das jedoch nicht ins Gewicht, da die Verminderung ſelbſt bei einem Gehalte von 2% an Salz nur ſehr gering iſt. f) Der Einfluß der Temperatur auf die kapillare Waſſerleitung iſt in der Natur ein verſchwindender. Die größere Beweglichkeit des Waſſers bei höheren Wärmegraden bedingt ein raſcheres Anſteigen aber geringere Steighöhe als bei niederer Temperatur. g) Der Einfluß des verſchiedenen Waſſergehaltes des Bodens iſt nicht unerheblich. Die kapillare Leitung findet um ſo raſcher ſtatt, je mehr die tieferen Bodenſchichten mit Waſſer geſättigt ſind, und je mehr bereits eine gewiſſe Durchfeuchtung des Bodens vorhanden iſt. Eine kapillare Leitung tritt erſt dann ein, wenn die tieferen Schichten des Bodens mehr Waſſer enthalten als etwa der Hälfte der größten Waſſerkapacität entſpricht. Schumacher“ feuchtete Boden mit ſoviel Waſſer an, daß der Gehalt etwa 30% der Waſſerkapacität entſprach; trockene darüber ge— ſchichtete Erde zeigte ſich ſelbſt nach fünf Tagen noch unverändert und hatte kein Waſſer aufgenommen. Die Bedeutung einer bereits vorhandenen mäßigen Durchfeuchtung des Bodens zeigen Verſuche von Wollny. Lehmpulver (von 0,00 —0,25 mm Korngröße) zeigte einen kapillaren Aufſtieg des Waſſers in Centi— metern bei mit mit mit mit nach 100° getrockn. 3,85 0% 32,075 7,96% 9,55 % Waſſer 24 Stunden 23,9 36,5 36,7 52,0 54,7 2 Tagen 30,8 51,4 51,6 66,5 68,5 3 x 39,8 60,7 60,9 76,5 5 4 N 52,0 69,2 69,6 83,4 84,5 5 Me 60,6 76,2 76,7 90,7 91,6 Der Unterſchied hatte ſich alſo nach fünf Tagen noch nicht aus— geglichen. Die Urſache dieſes Verhaltens iſt in der Oberflächenſpannung des Waſſers zu ſuchen (vergleiche Seite 76). ) Phyſik des Bodens. Berlin 1864. 74 Der Boden. S 39. h) Die Bedeutung der kapillaren Waſſerleitung. Im Allgemeinen iſt die Bedeutung der kapillaren Waſſerleitung in der Natur keine große. Zunächſt iſt die Bedingung, von welcher ſie abhängig iſt, eine ſtarke Sättigung der tieferen Bodenſchichten mit Waſſer, nur ſelten erfüllt. Iſt Grundwaſſer in erreichbarer Tiefe, ſo iſt in Sandböden die Steighöhe eine geringe und in ſehr feinkörnigen Bodenarten die Schnelligkeit der Waſſerzufuhr eine ſo langſame, daß die Kapillarleitung wohl einen begünſtigenden, aber nur ganz ausnahms⸗ weiſe einen bedeutenden Einfluß auf die Verſorgung der Vegetation mit Waſſer auszuüben vermag. H. Grebe“ unterſuchte mittelkörnige Diluvialſandböden, er jagt: „Die Steighöhe des Grundwaſſers ſcheint ſich bei gröberem Diluvial— ſand (40—50 % des Bodens bis 0,3 mm Durchmeſſer, 50-54% über 0,3 mm D.) nicht über / Meter, bei feinkörnigerem Sande (ca. 80% unter /; mm D.) nicht über ¼ Meter geltend zu machen.“ Unterſuchungen des Verfaſſers ““) zeigten, daß in feinkörnigem Dilu- vialſand (70—90 % kleiner als 0,25 mm) die kapillare Hebung nur etwa 40 em über den Grundwaſſerſpiegel erfolgt. In 20 em Abſtand fanden ſich 10—16°/, Waſſer, in 40 em noch 5—7 % Waſſer, die höheren Bodenſchichten zeigten keinen merklichen Unterſchied im Wajjer- gehalt gegenüber anderen Sanden gleicher Zuſammenſetzung. Wahrſcheinlich wird die kapillare Hebung des Waſſers durch die im Boden enthaltene Luft mehr oder weniger beeinflußt und herab- geſetzt. Luftblaſen in einer Kapillarröhre verhindern durch die ver— ſtärkte Reibung das Aufſteigen des Waſſers ganz erheblich. In jedem Boden finden ſich ſolche mit Luft erfüllte Kapillarräume, die eine ähnliche Wirkung ausüben müſſen. Einzelne Forſcher, wie Neßler* ) beſtreiten über daß der Boden die Fähigkeit habe, in ähnlicher Weiſe wie Kapillarröhren das Waſſer zu leiten. Für viele Fälle hat dieſe Anſchauung wohl Berech⸗ tigung. Neßler ſagt: „Wenn der Ackerboden nicht naß, ſondern nur feucht iſt, ſo ſind, wie man dies ſchon mit bloßem Auge ſehen kann, die Zwiſchenräume nicht mit Waſſer gefüllt, ſondern letzteres bildet nur einen Ueberzug über die einzelnen Theile und iſt nur in ſtark feuchtem Boden an den Berührungspunkten in etwas größerer Menge vorhanden. Von einem Aufſteigen des Waſſers in den Zwiſchenräumen der Erde, wie in engen Röhren, kann alſo die Rede nicht ſein, ſondern das Auf— ſteigen des Waſſers im feuchten Boden findet dadurch ſtatt, daß, wenn zwei Theile neben einander liegen, wovon der eine trockner, der andere Zeitſchrift für Forſt- und e 1885, S. 387. ) Forſchungen der Agrikulturphyſik, 11, RT Jahrbücher der Agrikulturchemie 1873 74 . 51 [Ss 39, 40.] Eindringen des Waſſers. Durchläſſigkeit. 75 feuchter iſt, das Waſſer von der Oberfläche des feuchteren theilweiſe auf die Oberfläche des trockneren übergeht.“ $ 40. 4. Das Eindringen des Waſſers in den Boden. Durchläſſigkeit. Literatur: Haberlandt, Wiſſenſchaftliche praktiſche Unterſuchungen de., Bd. 1, S. 9. Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 7, S. 269; 8, S. 207 u. 14, S. 1. Wien 1875, — Das Eindringen des Waſſers in den Boden ſteht in inniger Beziehung zu den Verhältniſſen, welche den kapillaren Aufſtieg beeinfluſſen, nur daß ſie natürlich in entgegengeſetzter Richtung thätig ſind. Außerdem erhalten einige andere Bedingungen, ſo Trockenheit der oberen Boden— ſchichten und der wechſelnde Luftdruck, neue oder erhöhte Bedeutung. a) Der Einfluß der Korngröße auf das Eindringen des Waſſers macht ſich geltend, indem das Waſſer um ſo ſchneller nach ab— wärts geleitet wird, je gröber die Bodenbeſtandtheile ſind, in Gemengen verſchiedener Korngrößen erfolgt die abwärtsgehende Be— wegung des Waſſers mit annähernd mittlerer Geſchwindigkeit. Es ſind dies Thatſachen, welche ſich ohne weiteres aus der Größe der Hohlräume und der mit der Oberfläche wachſenden Reibung ergeben. p) Die Struktur des Bodens iſt für das Eindringen des Waſſers von großer Bedeutung. Zumal die Krümelung des Bodens wirkt ſtark beſchleunigend. Man kann die Krümel als poröſe Körner betrachten und da ſie zumeiſt von erheblichem Durchmeſſer ſind, ſo iſt verſtändlich, daß das Eindringen des Waſſers viel raſcher erfolgt, als in einem ſonſt gleichartigen aber pulverigen Boden. Die Größe der einzelnen Krümel iſt ohne erheblichen Einfluß. e) Die Dichtigkeit der Lagerung macht ſich geltend, indem das Eindringen des Waſſers um ſo ſchwieriger erfolgt, je dichter der Boden gelagert iſt. Es iſt dies eine einfache Folge der Verengerung der Hohlräume des Bodens bei feſterer Zuſammenlagerung. Jede Bodenlockerung läßt alſo das Waſſer viel leichter und tiefer eindringen. Es iſt dies wichtig bei Niederſchlägen von mäßiger Höhe, die in dicht gelagertem Boden oft nur die oberſte Bodenlage durchfeuchten und wieder verdunſten, ohne der Vegetation zu Gute zu kommen. d) Steine im Boden verlangſamen das Eindringen des Waſſers nicht unerheblich und natürlich um ſo mehr, je reichlicher der Gehalt an beigemiſchten Steinen iſt. Es iſt dies eine Folge der Unterbrechung der kapillaren Räume im Boden, das Waſſer hat beim Eindringen einen längeren Weg zurückzulegen, da es um die Steine herum fließen muß. e) Schichten verſchiedener Lagerung und Korngröße be— einfluſſen das Eindringen des Waſſers um ſo mehr, je ſtärker ſie von einander in ihrer Beſchaffenheit abweichen. 76 Der Boden. S 40. Am leichteſten dringt noch das Waſſer in ſolche Böden ein, deren oberſte Lagen grobkörniger als die tieferen ſind, wie dies z. B. für jeden gekrümelten Boden gilt. Schichten ſehr abweichender Korngröße erſchweren die Waſſer— bewegung ungemein. Es gilt dies nicht nur von ſehr feinkörnigen Boden- lagen, ſondern auch von grobkörnigen. Das Vorkommen von ſogenannten Waſſeradern in Kiesſtreifen, welche Sande durchſetzen, erklärt ſich hierdurch. f) In Bezug auf die chemiſche Zuſammenſetzung gilt, daß Quarz das Eindringen des Waſſers am raſcheſten geſtattet; Thon es am meiſten verlangſamt. Der Humus ſteht zwiſchen beiden in der Mitte. g) Trockenheit der oberſten Bodenlagen kann das Eindringen des Waſſers im hohen Grade erſchweren. Viele hierauf bezügliche Beobachtungen haben Veranlaſſung zu ganz irrthümlichen Schlußfolge— rungen über die betreffenden Verhältniſſe gegeben. Nach ſtarkem Gewitterregen findet man oft Haufen von Chauſſee⸗ ſtaub nur wenige Millimeter tief durchfeuchtet. Auf ſchwach humoſen Sanden ſtehen nach Regen oft noch ſtundenlang kleine Waſſerlachen, während der unterliegende Boden noch ſtaubtrocken iſt. Es ſind verſchiedene Urſachen welche das Eindringen des Waſſers in den Boden erſchweren; als hauptſächlich wirkſamſte iſt der Mole- kulardruck der Flüſſigkeiten zu betrachten.“ ) Bekannte Beiſpiele für die Wirkung des Molekulardrucks der Flüſſigkeiten ſind das Schwimmen trockner und ſpecifiſch ſchwererer Körper (Sand, Nähnadeln und dergl.) auf Waſſer; ſowie daß Waſſertropfen in Berührung mit trockenen, pulverigen Bodenarten längere oder kürzere Zeit Kugelgeſtalt behalten. Die theoretiſche Begründung dieſer Erſcheinungen iſt die folgende. Die Anziehung, welche benachbarte Flüſſigkeitsmoleküle auf einander ausüben, erſtreckt ſich nur auf eine ſehr kleine Entfernung. Denken wir uns ein Molekül einer. Flüſſigkeit als Kugel, ſo iſt es (Molekül A der Abb. 13) von allen Seiten von gleichartigen Mo— lekülen umgeben, welche nach jeder Richtung des Raumes dieſelbe An— ziehung üben. Ein ſolches Molekül unterliegt nach allen Richtungen des Raumes der gleichen Anziehung durch die Nachbarmoleküle und wird ſich da— Abb. 13. her ganz ſo verhalten, als ob überhaupt keine Anziehungskräfte einwirken. Ganz anders ſtellen ſich jedoch die Verhältniſſe für die Grenzmoleküle der Flüſſigkeitsſchicht. Das Molekül B z. B. befindet ſich nur theilweiſe innerhalb des Wirkungsbereiches der Molekularanziehung der benachbarten Flüſſigkeitstheilchen; der Kugelabſchnitt c b fällt außerhalb dieſer Wirkung. Da in ce‘ und bb‘ die normale Anziehung ſtattfindet, die gleiche auf den Kugelabſchnitt e“ b' einwirkt, jo wird auf das Molekül ein Zug nach der Mitte der Flüſſigkeit ausgeübt. Jedes Molekül der Grenzſchicht iſt mehr oder weniger mit einem Theil ſeiner Oberfläche Ss 40.] Eindringen des Waſſers. Durchläſſigkeit. 77 Man kann die Flüſſigkeiten als von einer dünnen Schicht ab— weichender höherer Spannung umgeben betrachten, die nicht unähnlich einer ſehr dünnen Hülle eines feſteren Stoffes wirkt. Kommt daher Waſſer mit trockenen Bodentheilen zuſammen, ſo muß erſt die Wirkung der Oberflächenſpannung überwunden werden; trifft dagegen Waſſer auf bereits durchfeuchteten Boden, ſo wird gewiſſermaßen die Oberfläche des Waſſers um die Größe der Bodentheile erweitert, und es iſt beim Ein— dringen nur die Reibung in den Kapillarräumen des Bodens zu überwinden. Schon aus dieſem Grunde muß daher Waſſer in bereits durch— feuchtete Böden viel leichter eindringen als in trockne. Zugleich wirken noch andere Urſachen im trockenen Boden er— ſchwerend auf das Eindringen des Waſſers ein. Es ſind dies einmal die Gashüllen, welche im verdichteten Zuſtande die Bodentheile um— geben und wenigſtens theilweiſe durch die Benetzung entweichen und anderſeits das Vorkommen nicht benetzbarer Beſtandtheile in den hu— moſen Stoffen. Die Humuskörper enthalten immer wechſelnde Mengen harz- oder fettartige Verbindungen, die an ſich nicht oder nur ſchwierig benetzbar ſind. außerhalb der Molekularanziehung benachbarter Moleküle und unterliegt dem ent— ſprechend einem ſchwächeren oder ſtärkeren Zug nach der Richtung des Innern der Flüſſigkeit. Die Grenzſchicht einer Flüſſigkeit befindet ſich demnach im Zuſtand einer abweichenden Spannung, welche für jede Flüſſigkeit verſchieden iſt, und die man bei ebener Oberfläche als den Normaldruck der betreffenden Flüſſigkeit bezeichnet. Betrachtet man die Verhältniſſe, welche ſich für Flüſſigkeitsſchichten mit ge— krümmter Oberfläche ergeben, ſo erſieht man leicht, daß jede Abweichung von der Ebene den Normaldruck vermehren oder vermindern muß. Die nebenſtehende Ab— bildung (Nr. 14) ſoll ein Grenzmolekül der Flüſſigkeitsſchicht darſtellen, die Linie eb dem mittleren Druck (Normaldruck) ent— ſprechen. Wird die Flüſſigkeitsoberfläche konkav (fie entſpreche z. B. der Linie d e) jo wird nicht nur wie bisher eb die Grenze der Anziehung ſein, ſondern auch noch die Theile ed u. eb werden in den Bereich der Molekularanziehung der Flüſſigkeit gelangen. Sit die Oberfläche konvex, z. B. fg ent ſprechend, ſo vermindert ſich natürlich der der Molekularanziehung unterliegende Theil um ef und bg. Hieraus ergiebt ſich, daß jede Ab— Abb. 14. weichung der Flüſſigkeitsoberfläche von der Ebene, alſo jede Krümmung, die Spannung, unter welcher die Oberfläche ſteht, vermehren oder vermindern muß. Man bezeichnet dieſe Abweichung vom Normal— druck als Oberflächenſpannung. Aus dem Weſen des Normaldrucks und der Oberflächenſpannung ergiebt ſich auch, daß Waſſer in einen benetzten Boden viel leichter einzudringen vermag, als in einen trockenen Boden, da im letzteren Falle die Oberflächenſpannung über— wunden werden muß. Der Boden. [$ 40. 1 O Das Eindringen des Waſſers iſt in der Regel um jo mehr er- ſchwert, je humusreicher und feinkörniger ein ausgetrockneter Boden iſt. Alle dieſe Faktoren, welche die Durchfeuchtung ausgetrockneter Böden erſchweren, hat der Verfaſſer unter den Begriff des Benetzungs⸗ widerſtandes zujammengefaßt.”) Auf das Eindringen des Waſſers wirken noch Aenderungen des Luftdrucks.“ Der Abfluß aus Drainröhren wurde ſtärker bei fallendem Barometer und ſchwächer bei ſteigendem. Es iſt dies eine Erſcheinung, die wahrſcheinlich ſehr verſchieden ſtark wirkſam ſein wird, je nachdem der Boden mehr oder weniger mit Waſſer geſättigt iſt. In ſehr feuchtem Boden wird jeder erhöhte Luftdruck die durch Waſſer ver- ſchloſſenen, mit Luft gefüllten Räume verkleinern, ſo einen Zug auf das Waſſer üben und das Feſthalten desſelben erleichtern. Umgekehrt muß eine Verminderung des Luftdruckes wirken. h) Das Eindringen des Waſſers in gewachſene Böden. Bisher ſind die Elemente behandelt, welche das Eindringen des Waſſers in den Boden beherrſchen, außerdem wird das Verhalten der in der Natur vorkommenden Bodenarten noch durch beſtimmte Eigenſchaften beeinflußt. Von größter Bedeutung iſt dies in Bezug auf die Sand- wund Lehmböden. Sandböden werden in ihrer ganzen Schicht ziemlich gleichmäßig vom Waſſer durchſunken. Folgt der Abfluß auch oft überwiegend einzelnen Richtungen geringeren Widerſtandes, ſo gilt die gleichmäßige Durchfeuchtung des ganzen Bodens für weitaus die meiſten Fälle und wohl immer für die höheren Bodenſchichten, wo relativ große Bodenräume das Eindringen des u nach allen Richtungen leicht geitatten. Ganz anders geſtalten ſich die Verhältniſſe in ſchweren Boden- arten, beſonders Lehmböden. Unterjucht. man dieſe, jo findet man unter einer mehr oder minder mächtigen, gekrümelten Oberſchicht die tieferen Lagen dicht zuſammengelagert, aber von einer Unzahl feiner Poren durchſetzt. (Es tritt dies namentlich hervor, wenn man Stücke des Bodens durchbricht). In dieſen Röhren bewegt ſich nun das Waſſer hauptſächlich, und von dort aus ſättigen ſich die übrigen Boden- theile kapillar. Die Waſſerbewegung wird ferner beeinflußt durch Spalten, welche den Boden durchſetzen, ſodann durch die Wege, welche verrottende Wurzeln in die Tiefe bahnen und endlich noch die Gänge und Höhlen der erdbewohnenden Thiere, insbeſondere der Regenwürmer. Die Waſſerbewegung folgt demnach in Lehmböden über— wiegend einzelnen beſtimmten Richtungen. ) Lorey, Handbuch der Forſtwiſſenſchaft, Tübingen, S. 225. Emmett Goff, Centralblatt der Agrikulturchemie, 1888, S. 153. $ 40.] Eindringen des Waſſers. Durchläſſigkeit— 79 Die große Verſchiedenheit der Waſſerbewegung in Sand- und Lehmböden gewinnt namentlich in Bezug auf die durch Auswaſchung der löslichen Salze bedingten Veränderungen eine große Bedeutung. i) Die Durchläſſigkeit des Bodens für Wajjer*) jteht natürlich in engſter Beziehung zu den bisher behandelten Fragen; be— ſtimmte Verhältniſſe machen jedoch eine geſonderte Beſprechung wün— ſchenswerth. Insbeſondere iſt dies deshalb nothwendig, weil dieſe Eigenſchaft erſt dann in Erſcheinung tritt, wenn die Böden mit Waſſer geſättigt ſind und Ueberſchuß abzugeben haben. Alle Bedingungen, welche das Eindringen des Waſſers erleichtern, erhöhen auch die Durchläſſigkeit; es gilt dies namentlich für Korn— größe und Krümelſtruktur. Alle Sandböden laſſen Waſſer leicht hin— durchgehen. Gemiſche von grob- und feinkörnigem Material nähern ſich jedoch überwiegend der Durchläſſigkeit des feinerdigſten Beſtand— theiles. Von Einfluß iſt ferner die Mächtigkeit der Bodenſchicht, je dicker dieſe, um ſo langſamer der Durchgang des Waſſers; es iſt dies einfach eine Folge des längeren Weges. Thon und Humus find bei dichter Lagerung für Waſſer fait völlig undurchdring lich; in annähernd gleichem Grade gilt dies für alle ſehr feinkörnigen Bodenarten. Quarz und Kalk (von 0,01 bis 0,1 mm D.) verhalten ſich jenen Stoffen ſehr ähnlich. Bei Böden verſchiedener Schichtung iſt es von beſonderer Be— deutung, daß ausſchließlich die undurchläſſigſte Schicht die Abflußmenge beeinflußt. Dieſe Beeinfluſſung iſt auch bei ganz dünnen Schichten undurchläſſigen Materials ſchon eine ſehr bedeutende. Schwache Thonlager, ferner verkittete Sandſtreifen (Ortſtein, eiſen— ſchüſſige Sande) ſind ſchon ein mächtiges Hinderniß des Abſickerns des Waſſers. Die Rolle der Thonſchichten, auf denen ſich das Grundwaſſer bewegt, iſt bekannt; in Oberbayern wirkt ein ſehr feinkörniger Sand (Flinz genannt) in ähnlicher Weiſe. Die Bäche, welche auf Hochmooren vorkommen, beweiſen ebenfalls die Undurchläſſigkeit der Moorſchichten. Eine nicht unwichtige, eigenthümliche Rolle ſpielt die unter dem Moos weit verbreitete Humusſchicht der Wälder. Häufig lieſt man, daß Hochwaſſer dadurch hervorgerufen ſei, daß der Boden mit Waſſer geſättigt und nicht mehr aufnahmefähig geweſen ſei, ſodaß die Wäſſer an der Oberfläche abgefloſſen ſeien. Da feuchte und naſſe Bodenarten das Waſſer beſſer leiten als trockne, ſo iſt die Erklärung wenig wahr— ſcheinlich. Viel eher iſt anzunehmen, daß dabei jene Humuslage eine beſondere Bedeutung gewinnt, indem ſie, einmal mit Waſſer geſättigt „) Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 14, S. 1, dort auch ältere Literatur. 80 Der Boden. [$$ 40, 41. das Durchſickern des neu hinzugeführten Waſſers im hohen Maße er- ſchwert, bei dichter Lagerung ſogar zum großen Theil verhindert und ſo ein oberflächliches Abfließen veranlaßt. § 41. 5. Die Waſſerverdunſtung des Bodens. Literatur: Schübler, Grundriß der Agrikulturchemie. Eſer, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 7, S. 1, hier die ältere Literatur. Die Verdunſtung des Waſſers iſt abhängig a) von den meteoro— logiſchen Einflüſſen; b) der phyſikaliſchen Beſchaffenheit und der chemiſchen Zuſammenſetzung des Bodens; e) der Lage desſelben nach Himmelsrichtung und Horizont (Expoſition und Inklination, vergl. §S 76); d) von der Bodenbedeckung, bez. den auf dem Boden wachſenden Pflanzen (vergl. SS 68 — 72). a) Die meteorologiſchen Faktoren. Für die Verdunſtung des Bodens find am einflußreichſten die Temperatur, Luftfeuch⸗ tigkeit und Luftbewegung. Eingehende und vergleichende Unter— ſuchungen fehlen noch vielfach. Als Vergleich hat man die Verdunſtung einer freien Waſſerfläche herangezogen; ſind die ſo gewonnenen An— gaben auch nicht ohne weiteres auf die Verhältniſſe des Bodens über— tragbar, ſo geben ſie doch einen Anhalt zur Beurtheilung. aa) Temperatur. Je höher die Temperatur iſt, um jo größere Waſſermengen vermag die Luft aufzunehmen. Unter ſonſt gleichen Verhältniſſen ſteigt daher die Verdunſtung mit der Temperatur. Ma- ſure“ theilt hierüber einige Zahlen mit. Luftfeuchtigkeit Mittlere Temperatur Verdunſtung f. d. Tag 84% 10770 0,24 mm 84% 1200 0,40 „ 840% 17,00 ö 0, „ bb) Relative Feuchtigkeit. Da die relative Feuchtigkeit pro- centiſch die Sättigung der Luft mit Waſſerdampf ausdrückt, ſo iſt ohne weiteres deutlich, daß mit Sinken derſelben die Luft mehr Feuchtigkeit aufzunehmen vermag, alſo die Verdunſtung ſteigen muß, bez. im umge— kehrten Falle ſinkt. Auch hierfür giebt Maſure einige Zahlen: Temperatur Luftfeuchtigkeit Verdunſtung (mittlere) (mittlere) pro Tag 17,6° 749, 0,93 mm n u 9, % 10 89% 0.38% 17.98 9156 0,2877 ) Forſchungen der Agrikulturphyſik, 4, S. 136, nach Annales agronomiques, 4, p. 441—480 (1880). $ 41. Waſſerverdunſtung. 81 ee) Sättigungsdeficit. Den beſten Maßſtab für die Stärke der Verdunſtung giebt das Sättigungsdeficit, alſo gewiſſermaßen die Reſultante aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Aus den letzten mit— getheilten Zahlen berechnet ſich dasſelbe wie folgt: Temperatur Sättigungsdeficit Verdunſtung 17.69 3,89 mm 0,93 mm 17,709 2 0,62 „ an! 1597, 0,38 73° 1,32 „ 925 „ dd) Luftbewegung. Der Einfluß der Luftbewegung läßt ſich viel ſchwerer in Zahlen faſſen, iſt aber ein erheblicher, in manchen Fällen ſogar entſcheidend für die Größe der Verdunſtung. (Vergleiche $ 76. 5.) Eine verdunſtende Fläche wird in ruhiger Luft zunächſt Sättigung der benachbarten Luftſchicht mit Waſſer veranlaſſen. Durch Diffuſion erfolgt der Ausgleich mit den benachbarten Lufttheilchen. Bei bewegter Luft ändert ſich jedoch der ſtatiſche Zuſtand der benachbarten Luft in jedem Augenblick. Immer neue, weniger geſättigte Lufttheile kommen mit der verdunſtenden Oberfläche in Berührung und ſteigern die Ver— dunſtung. Dieſe wird daher am erheblichſten ſein, wenn warme, trockene Winde einwirken. b) Die phyſikaliſchen Eigenſchaften und die chemiſche Zu— ſammenſetzung des Bodens. Erheblichen Einfluß auf die Waſſerverdunſtung des Bodens ge— winnen: der Waſſergehalt, die Oberflächenbeſchaffenheit, die Struktur, Farbe, die Mächtigkeit der Bodenſchicht und die chemiſche Zuſammenſetzung des Bodens. aa) Der Waſſergehalt. Der Boden verdunſtet um ſo mehr Waſſer, je mehr er davon enthält. Beobachtungen ergaben z. B. folgende Verhältniſſe: | Quarzſand. Gehalt des Bodens an Waſſer 29,6 Vol.“ 20,7 Vol.“ % 8,9 Vol.“ Verdunſtung in 24 Stunden 8,8 „ 6510 ä in den folgenden 36 Stunden 3,0 „ a 2 33 Geſammtverdunſtung in S Tag. 28,6 „ 2 Sa Reit im Boden 1 Vol. 0,3 Vol. % 0,2 Vol.“ Kalkſand. Gehalt des Bodens an Waſſer 30,6 Vol. 9% 20,4 Vol. 10,2 Vol.“ Verdunſtung in 24 Stunden . 12,9 „ 126 „ 8 in den folgenden 36 Stunden 11,7 „ 5,8 „ ER Geſammtverdunſtung in 8S Tag. 29,1 „ 19,8 „ 9,58 „ Reſt im Boden 1,5 Vol.“ 0,6 Vol. % 0,4 Vol. % Ramann. 6 82 Der Boden. S 41. Andere Bodenarten verhalten ſich ganz ähnlich. Die Verdunſtung iſt in waſſerreichen Böden zunächſt eine ſehr hohe, ſinkt dann raſch und nach längerem Zeitraume enthalten die Bodenarten annähernd dieſelbe Waſſermenge, gleichgültig wie hoch der urſprüngliche Gehalt geweſen iſt. bb) Die Beſchaffenheit der Bodenoberfläche beeinflußt die Verdunſtung ganz allgemein in dem Sinne, daß alle Bedingungen, welche die verdunſtende Fläche vergrößern, auch die Verdun— ſtung ſteigern. Alle Kulturmethoden (Behäufelung, Hügel, Rabatten), welche die Bodenoberfläche vergrößern, müſſen alſo auch die Verdunſtung ſteigern. Boden mit rauher Oberfläche verdunſtet bei hohem Feuch— tigkeitsgehalt mehr Waſſer als ein ſolcher mit glatter Ober- fläche. Behacken u. ſ. w. ſteigert alſo zunächſt die Waſſerverdunſtung, nach kurzer Zeit aber wirkt die gelockerte Oberfläche wie eine ſchützende Hülle, und die Waſſerverdunſtung ſinkt ganz erheblich. Man kann die hier geltende Regel ſo ausſprechen, daß bei hohem Feuchtigkeitsgehalt ein Boden mit rauher Oberfläche mehr Waſſer verdunſtet, als ein Boden mit glatter Oberfläche, daß aber bei fortſchreitender Austrocknung das umgekehrte Ver— hältniß eintritt. Einen beſonderen Fall der Oberflächenbeſchaffenheit ſtellt die in ſchweren Böden oft eintretende Kruſtenbildung dar. Für die Pflanzen⸗ entwickelung wirkt eine ſolche durch Zerreißen der Wurzeln oft un- günſtig, verlangſamt aber die Verdunſtung nicht unerheblich. Wahr⸗ ſcheinlich findet eine Loslöſung der oberen Schicht ſtatt, die als ſchützende Decke einwirkt. ee) Die Struktur des Bodens macht ſich in Bezug auf Größe der Bodenbeſtandtheile, lockere oder dichte Lagerung und Ein- zelkorn- oder Krümelſtruktur bemerkbar. Da die Menge des verdunſteten Waſſers vom Waſſergehalte ab- hängig iſt, ſo ſind die feinkörnigen Böden in der Lage, mehr davon abgeben zu können. Bei einer mittleren Korngröße iſt die Verdunſtung am ſtärkſten, nimmt aber namentlich bei hohen Korngrößen ſtark ab. Die Waſſerverhältniſſe eines Bodens werden daher in der Natur durch die Verdunſtung in hohem Maße beeinflußt. „Innerhalb gewiſſer Grenzen findet daher eine Ausgleichung in der Natur in Bezug auf die Waſſermengen ſtatt, welche die Böden infolge der verſchiedenen Feinheit des Kornes in mehr oder weniger hohem Grade zu faſſen vermögen. Böden, die viel Waſſer enthalten, verlieren hiervon durch Verdunſtung beträchtlich größere Quantitäten als ſolche, welche nur einen geringen Feuchtigkeitsgehalt beſitzen. Der Ausgleich iſt zwar nie ein vollſtändiger, tritt aber doch in dem Um— $ 41.] Waſſerverdunſtung. 83 fange hervor, daß die Bodenfeuchtigkeit in günſtiger Weiſe reguliert wird. Das ſchädliche Übermaß wird durch ſtärkere Verdunſtung herab— gedrückt und der niedere Waſſergehalt im Boden von geringer Kapacität geſchont“. (Eſer, a. a. O., S. 62.) In Bezug auf die Lagerung der Bodentheile zeigen alle Ver— ſuche übereinſtimmend, daß die Verdunſtung durch Lockerung ſtark herabgeſetzt wird. 5 Verſuche mit genau feſtgeſtellten Volumverhältniſſen führte Eſer aus. Er brachte dieſelbe Bodenmenge in Gefäße, die 5%, 10% u. ſ. w. weniger faßten, als das Volumen des locker gelagerten Bodens betrug. Es verdunſteten ſo (für je 1000 gem Oberfläche in Gramm): Gefäße 100 Vol. % 95 Vol. % 90 Vol. % 85 Vol. % 80 Vol. 9% 70 Vol. % Kalkſand in 18 Tagen 1336 1603 1751 1763 1860 1935 grobgeſiebte humoſe Erde in 10 Tagen 1978 2210 2242 2461 2625 2800 feingeſiebte humoſe Erde in 6 Tagen 762 795 850 920 e Eine Veränderung des Bodens, welche geeignet iſt, den Waſſer— verluſt durch Verdunſtung um ein Viertel (andere Verſuche zeigen noch größere Unterſchiede) herabzuſetzen, iſt zweifellos für die Pflanzenwelt von hoher Bedeutung. Es iſt wahrſcheinlich, daß ein Theil der günſtigen Wirkung der Bearbeitung des Bodens in dem veränderten Waſſergehalt zu ſuchen iſt. Die Krümelung des Bodens ſetzt die Verdunſtung erheblich herab. Im waſſergeſättigten Zuſtande iſt die Größe der Krümel ohne Einfluß, im feuchten Zuſtande iſt die Verdunſtung um ſo geringer, je größer die Krümel ſind. dd) Einfluß der Farbe. Der Einfluß der Farbe geht mit der Einwirkung auf die Erwärmung ($ 43 b) Hand in Hand. Je mehr ein Boden Wärmeſtrahlen aufzunehmen vermag, um ſo höher ſteigt ſeine Temperatur, und damit die Verdunſtung. Iſt der Waſſervorrath ſchon etwas erſchöpft, ſo trocknen die oberſten Bodenſchichten ab, wirken als ſchützende Decke und ſetzen dann die Ver— dunſtung herab. Der Einfluß der Farbe macht ſich alſo dahin geltend, daß ein Boden, ſo lange er noch größere Feuchtigkeitsmengen enthält, um ſo mehr Waſſer verdunſtet, je dunkler ſeine Oberfläche gefärbt iſt (am ſtärkſten ſchwarz, dann grau, braun, gelb, roth, am wenigſten weiß). (Eſer, a. a. O.) ee) Die Mächtigkeit der Bodenſchichten. Als allgemeines Geſetz gilt, daß die Verdunſtung um ſo geringer wird, je tiefer die verdunſtende Fläche liegt. Bedeckung eines Bodens mit Schichten geringeren Waſſergehaltes ſetzen daher die Verdunſtung weſentlich herab. 65 84 Der Boden. | S 41 So ergab z. B. bei Quarzſand die Bedeckung mit 2 em trockenem Sand eine Verminderung der Verdunſtung um faſt zwei Drittel (von 2097 Theilen Waſſer auf 720 Theile in 7 Tagen); Kalkſand bei gleichen Verhältniſſen um ein Drittel (von 2925 Theilen Waſſer auf 1922 Theile in vier Wochen). Es ſind dies Verhältniſſe, welche bei der Bodenbedeckung eingehendere Beſprechung erfahren werden. Dem entſprechend ſinkt in tiefgründigen Bodenarten die Verdunſtung immer mehr, je ſtärker die oberſte Bodenſchicht austrocknet. Da in einer kurzen Erdſäule der Vorrath an Waſſer raſcher erſchöpft iſt, ein Austrocknen daher leichter eintritt, ſo iſt der Geſammtverluſt an Waſſer in mächtigeren Erdlagen natürlich ein größerer, ohne daß dieſe jedoch ſo weit austrockneten wie flachgründige Böden. Iſt der Boden mit Grundwaſſer in Berührung, ſo macht ſich die Verdunſtung um ſo ſtärker geltend, je mehr eine kapillare Leitung erfolgt, und je flacher die Grundwaſſerſchicht anſteht. Von den vorliegenden Verſuchen ſind beſonders die mit ſandigem Boden angeſtellten von Bedeutung, da in feinkörnigen Bodenarten die kapillare Leitung die Unterſchiede verwiſcht. So verdunſtete Quarzſand mit Grundwaſſer in Berührung inner- halb 20 Tagen (auf 100 gem Oberfläche) bei einer Mächtigkeit der Bodenſchicht von 10 15 20 25 30 em 829 578 246 183 149 g Waſſer. Für den Waſſerverluſt durch Verdunſtung gelten alſo folgende leicht verſtändliche Regeln: Eine mächtigere Bodenſchicht verliert in längeren Trockenperioden abſolut mehr Waſſer als eine weniger mächtige. Die Verdunſtung vermindert ſich, je tiefer die verdunſtende Schicht liegt. Mit Grundwaſſer in Berührung, verdunſtet der Boden um ſo weniger Waſſer, je mächtiger die überſtehende Bodenſchicht iſt. Die Unterſchiede treten um ſo ſtärker hervor, je grobkörniger der Boden iſt (entſprechend der geringeren kapillaren Leitung des Waſſers). ff) Verſchiedene Zuſammenſetzung des Bodens. Die chemiſche Zuſammenſetzung des Bodens beeinflußt die Schnellig— keit der Verdunſtung. Es tritt dies aber nur im feuchten, nicht im mit Waſſer geſättigten Zuſtande hervor. Völlig geſättigte Böden haben eine nahezu gleiche Ver— dunſtung, gleichgültig aus welchen Stoffen ſie beſtehen. So verdunſteten innerhalb zehn Tagen 100 gem Oberfläche Quarzſand Kalkſand Lehm Torf (Garten-) Erde 580 508 532 564 565 g Waſſer. § 41.] Waſſerverdunſtung. 85 Die Abweichungen fallen in die bei ſolchen Verſuchen zuläſſigen Grenzen. Iſt der Waſſergehalt ein geringerer geworden, ſo treten die Eigenſchaften der verſchiedenen Stoffe und ihre Einwirkung auf die Verdunſtung mehr hervor. Als Regel gilt auch hier, daß der Waſſerverluſt ein um ſo höherer iſt, je höher die Waſſerkapacität iſt, daß demnach Humus die höchſte, Quarz die geringſte Verdun— ſtung zeigt. Thon und Lehm ſtehen in der Mitte zwiſchen den ge— nannten Stoffen. Miſchungen dieſer Stoffe zeigen auch ein entſprechendes Verhalten. Humus und Thon ſteigern, Sand vermindert die Verdunſtung. gg) Steingehalt des Bodens. Im Boden gleichmäßig ver— theilte Steine ſetzen die Verdunſtung weſentlich herab und zwar um ſo mehr, je reichlicher die Steinbeimiſchung iſt. Es verdunſtete z. B. (auf je 100 qem Oberfläche): Kalkſand mit Steinen gemiſcht 90 Theile 80 Theile 70 Theile 10 Theile 20 Theile 30 Theile Kalkſand Steine Steine Steine 284 g 216 191 165 g Waſſer. Ein Gehalt von 30 %᷑ Steinen hatte demnach die Verdunſtung um ein Drittel ermäßigt. Bedenkt man, daß die Waſſerkapacität der Erdarten nicht im gleichen Maße mit der vorhandenen Steinmenge ſinkt, daß die Steine das Eindringen des Waſſers in den Boden erheblich, den kapillaren Aufſtieg aber nur mäßig verlangſamen, ſo ergiebt ſich hieraus, daß eine mäßige, zumal allſeitig im Boden vertheile Steinbeimiſchung die Bodenfriſche ſteigern kann. (Vergl. $ 90.) e) Vergleicht man die Verdunſtung eines Bodens mit einer gleich großen Waſſerfläche, ſo ergeben eine ganze Reihe von Verſuchen, daß im waſſergeſättigten Zuſtande die Verdunſtung des Bodens die einer gleich großen Waſſerfläche übertrifft und auch im feuchten Zuſtande nicht erheblich hinter jener zurückbleibt. Haber— (andt*, Maſure, Wilhelm“ fanden dies übereinſtimmend. Es zeigt dies, welche bedeutenden Waſſermaſſen ein Boden unmittelbar nach Regen verlieren kann, ſowie, daß ſchwache Niederſchläge während der Vegetationszeit den Pflanzen nicht oder in geringem Maße zu Gute kommen. ) Unterſuchungen auf dem Gebiete des Pflanzenbaues, 2, S. 29. Wien 1877. Boden und Waſſer, S. 63. Wien 1861. 86 Der Boden. [SS 41, 42. Die folgende Tabelle giebt Beobachtungen von Haberlandt. 1 Verſuch am Mittel Berbältniß Waſſer — — 8 der h zu gehalt 30. 2. Mai 3. Mai |: Mai 4 Ver⸗ in geh April 2. Mat 3. Mai | 9. Mai ſuche Waſſer — 100 Tempur — 104 12,6% | 17,1 Sr — Luftfeuchtigkeietete — 386% 76% | TAN RBB — Verdunſtung von Waſſer. 1 g 4,38 g 11,719 21,69 g 10,039 100 | 15% 2,47 , 5,05 „ 11,79 17,01 % 90 Ackererde . J 25 „ 2,62 „ 5,57 „16,89 „25,76 „12,71% 11675 35 „ 2,73 „ 5,72 „ 17,24 „27,72 „13,35, 13313 Es wurde 10 „ 2,41 „ 4,81 „ 12,41 17,05 % 9% % 91,44 Waſſer ver⸗ Sand. .y| 15 „ | 2,61 „ 5,01 „|14,44 „23,28 „11,33 „ 11303 dunſtet von | 25 „ 2,78 „ 5,70 „15,09 „24,48 „12,01 , 219779 | 50 „ 1,53 „ 4,18 „11,98 „13,26 „| 7,74, 77,16 Moorerde J 75 „ 1,94 „ 4,57 „ 13,29 „16,76 „| 9,147, 91,15 100 „ 2,55 , 4,86 „16,16 „121,46 „| 93% 112225 Die Urſache dieſer Erſcheinung läßt ſich auf Oberflächenſpannungen zurückführen. Der Boden läßt ſich als ein Syſtem von unendlich vielen, nebeneinander gelagerten Kapillarräumen betrachten. Ein ſolches muß mehr Waſſer verdunſten, als eine ebene Waſſerfläche von gleicher Größe. Es ſind hier die Faktoren, welche die Waſſerverdunſtung des Bodens beeinfluſſen, einzeln aufgeführt. Der Waſſergehalt gewachſener Böden, zumal der Waldböden, wird jedoch noch in hohem Grade durch Bodenbedeckung, Lage und durch die Einwirkung der Pflanzenwelt verändert. § 42. 6. Die Farbe des Bodens. Zu den am leichteſten wahrnehmbaren und auffälligſten Eigen— ſchaften eines Bodens gehört die Farbe. Eine größere Wichtigkeit hat die Färbung jedoch nicht, da ſie nur Einfluß auf Wärmeaufnahme und Ausſtrahlung beſitzt. Im Walde liegt der Boden ſelten frei, faſt immer iſt er vollſtändig von Streu oder Pflanzen bedeckt, ſo daß hier die Wirkung der verſchiedenartigen Erwärmbarkeit kaum in Betracht kommt. Die Hauptbodenbeſtandtheile (Quarz, kohlenſaurer Kalk, Kaolin) ſind farblos. Böden aus dieſen Stoffen erſcheinen durch die feine Ver- theilung und die dadurch bewirkte totale Reflexion des Lichtes weiß. Nur ſehr wenige gefärbte oder farbige Stoffe bewirken die Farbe des Bodens. Den erſteren kann man die beigemiſchten, unzerſetzten, ge färbten Mineraltheile (Feldſpath, Hornblende und andere) zurechnen, von den letzteren kommen faſt nur humoſe Stoffe, ſowie die Oxyde und Salze des Eiſens in Frage. KA § 42. Farbe des Bodens. 2 —1 Humusſtoffe. Die dunkle, braune bis ſchwarze, im feuchten Zuſtande ſchwarze Färbung der Humusſtoffe bewirkt die grauen bis ſchwarzen Färbungen des Bodens. Je nach der Zuſammenſetzung desſelben iſt die färbende Kraft der Humusſtoffe eine verſchiedene. Sande zeigen ſchon bei 0,2 bis 0,5% humoſer Beimiſchung eine deutlich graue Färbung (3. B. Grau- oder Bleiſand); 2— 6% bringen im feuchten Zuſtande ſchon eine tiefgraue, 10% ſchon eine ſchwarze Färbung hervor. Lehm- und noch mehr Thonboden laſſen die Humusfärbung bei niederen Gehalten an dieſen Stoffen ſehr viel weniger hervor— treten. Es beruht dies auf der innigen Miſchung der Thon- und Humustheile. Eiſenverbindungen. Sehr ſparſam finden ſich grüne Färbungen des Bodens, obgleich grün gefärbte Geſteine nicht gerade ſelten ſind. Dieſe Farbe wird faſt ausnahmslos durch Eiſenoxydulverbindungen hervorgerufen. Dieſe oxydiren ſich bei Luftzutritt leicht, und fehlen daher die grünen Farben in gut verwitterten Böden. Am verbreitetſten ſind gelbe und rothe Färbungen des Bodens. Sie werden durch Eiſenoxyd (roth) und Eiſenoxydhydrat (braun) ver— anlaßt. Hierzu kommt noch die färbende Wirkung der überwiegend gelben bis braunen Salze des Eiſenoxyds. Die Menge der färbenden Eiſenverbindungen iſt in den Böden eine ſehr wechſelnde. Lehm- und Thonböden von brauner oder rother Farbe enthalten oft 5 — 10% Eiſenverbindungen. Bei Sanden ge- nügen viel geringere Mengen, um ausgeſprochene Färbung zu er— zeugen; ſo fand ſich in einem lebhaft roth gefärbten Sandboden nur etwa 1% Eiſenoxyd; in tiefbraun gefärbten Sanden 1— 2% Eiſen— oxydhydrat. Eiſenoxyd, wie Eiſenoxydhydrat entſtehen bei der Oxydation von Eiſenoxydulverbindungen. Oft kann man beide Stoffe neben einander in Dünnſchliffen von Geſteinen erkennen. Ein vom Verfaſſer beob— achtetes Profil eines Keuperlettens zeigte in größerer Tiefe (2 — 3 m) grüne Färbung, nach oben folgte eine Schicht, in der ſich grüne und rothe Streifen miſchten; dann folgte eine roth gefärbte Erdlage, wäh— rend die Bodenkrume eine gelbbraune Färbung hatte. Es ließen ſich ſo alle Uebergänge von den Eiſenoxydulverbindungen zu Oxyd und deſſen Hydrat neben einander betrachten. Werthvoll wird die Färbung des Bodens, wenn es gilt, ein Urtheil über die Tiefe zu gewinnen, bis zu der die Verwitterung vorgedrungen iſt. In allen diluvialen Böden zum Beiſpiel macht die braune, ſelten rothe Färbung die Verwitterungszone des Bodens leicht kenntlich. 88 Der Boden. IS 43. Ss 43. 7. Boden und Wärme. Quellen der Wärme. Diejenige Wärmequelle, welche unſere geſammten irdiſchen Ver— hältniſſe ausſchließlich maßgebend beeinflußt, iſt die Wärmeſtrahlung der Sonne. | Außerdem kommen noch chemiſche und phyſikaliſche Proceſſe in Frage, welche Wärme entbinden, ſowie in ſehr geringem Maße die Ausſtrahlung der Eigenwärme des Erdinnern. Die Unterſuchung der tieferen Erdſchichten hat übereinſtimmend eine Wärmezunahme mit der Tiefe ergeben. Dieſe Temperaturzu⸗ nahme iſt zunächſt nicht unerheblich, ſteigt aber nicht in gleicher Weiſe in größeren Tiefen. Die einzelnen Beobachtungen ſchwanken ſehr. Kohlenflötze, die eine noch fortſchreitende Zerſetzung erleiden, können die Temperaturzunahme raſch ſteigern; Quellen dieſelbe zumeiſt herab- ſetzen. Im Durchſchnitt aus vielen Einzelbeobachtungen hat man als mittleren Werth eine Temperaturzunahme von 2,85“ auf 100 m, alſo von etwa 1“ auf 30 m gefunden. Der Erdoberfläche kommen aus dieſer Quelle durch die geringe Leitungsfähigkeit der Geſteine nur verſchwindende Mengen von Wärme zu. Man hat fie auf etwa “ rechneriſch gefunden. Der Einfluß iſt aber immer noch groß genug um in mäßigen Erdtiefen eine hohe Gleichmäßigkeit der Temperatur hervorzurufen. Ebenſo gering ſind die Wärmemengen, welche durch die Ver— witterung der Geſteine frei werden. Alle bei gewöhnlicher Temperatur verlaufenden chemiſchen Proceſſe entbinden Wärme; ſie können nur eintreten, wenn die Molekularwärme der entſtehenden Verbindungen eine geringere iſt, als die der bereits vorhandenen, alſo wenn Wärme frei wird. Nur hierdurch wird die Kraft frei, welche eine Umlagerung der Atome veranlaſſen kann. | Dem entſprechend macht die Verwitterung fortwährend kleine Wärmemengen frei. Dieſe ſind aber an ſich gering, und die Verwitterung ſelbſt ſchreitet jo langſam voran, daß ein merkbarer Einfluß auf den Erdboden dadurch nicht geübt werden kann. Erheblicher iſt die Menge der frei werdenden Wärme bei der Zer— ſetzung der organiſchen Stoffe, alſo bei der Verweſung und Fäulniß. Dies tritt beſonders dann hervor, wenn Anhäufungen leicht zerſetzlicher Reſte vorhanden ſind. Die Gärtnerei benutzt dieſe Wärmequelle bei der Anlage von Miſt- oder Treibbeeten. Im Walde erfolgt die Zerſetzung der organiſchen Abfallreſte ganz überwiegend in der warmen Jahreszeit und ſchreitet am raſcheſten bei höheren Temperaturgraden voran. Es iſt alſo eine Wärmequelle, welche überwiegend nur in den Sommermonaten wirkſam iſt. § 43.] Boden und Wärme. 89 Legt man die Streumengen, welche der Wald erzeugt, einer Berech— nung zu Grunde, “ ſo ergiebt ſich, daß die oberſten 20 em der Boden— ſchicht auf dieſem Wege eine Temperaturerhöhung von etwa 0,2 erfahren können. Eine Größe, die ohne jede Bedeutung für das Pflanzenleben iſt. Etwas höher ſtellen ſich die Einwirkungen, wenn durch Freiſtellung u. dergl. in größerer Menge angeſammelte Humusſtoffe eine raſche Zerſetzung erleiden. Würde dieſe ſich im Laufe einer Vegetationszeit vollenden, jo würde im Buchenwalde die Bodentemperatur um ca. 1,5“; im Fichtenwalde um 2“; im Kiefernwalde um 2,5“ ſteigen können. Es iſt dies eine Wärmequelle, deren Bedeutung für den Boden und die Pflanzenwelt bisher noch nicht näher unterſucht worden iſt. Miſchungen von Boden mit Dünger, wie dies in jedem landwirth— ſchaftlichen Betriebe erfolgt, ergeben geringe, einen halben Grad nicht überſteigende Temperaturerhöhungen. Wagner“ fand die Temperatur in gedüngten Feldern höher als in nicht gedüngten: 27. Mai bis 10. Juni um 0,13—0,58° 10. Juni bis 25. Juni um 0,14 —0,58“ 26. Juni bis 10. Juli um 0,09 —0,48“ 11. Juli bis 31. Juli um 0,09 — 0,37 Jedenfalls ſind dies ſehr unerhebliche Größen. Für den Waldbau kann die Frage Bedeutung gewinnen, wenn reichliche Mengen humoſer Stoffe, zumal dicht zuſammengelagert in den Boden gebracht werden, wie dies bei der Bodenbearbeitung ſtark graswüchſiger, oder humusbedeckter Böden der Fall ſein kann. Unter— ſuchungen über dieſen Gegenſtand fehlen jedoch noch völlig. Außer dieſen chemiſchen Umſetzungen können noch phyſikaliſche Proceſſe zeitweiſe eine Quelle der Wärme werden, unter Umſtänden ſogar einen nicht unerheblichen Einfluß gewinnen. Hierher ſind die Wärmemengen bei der Condenſation von Gaſen, Waſſerdampf und flüſſigen Waſſers durch die Bodenbeſtandtheile zu rechnen. Es iſt aber zu berückſichtigen, daß dieſe Vorgänge immer nur in längeren Zwiſchenräumen zur Wirkung kommen können. Wärmeverhältniſſe der Böden. Literatur: v. Liebenberg, Unterſuchungen über die Bodenwärme, Halle 1875. Lang, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 1, S. 109. Die Erwärmungsfähigkeit eines Bodens iſt am meiſten von dem Waſſergehalte desſelben abhängig; außerdem beeinfluſſen dieſelbe ) Ausführlicher behandelt in Lorey, Handbuch der Forſtwiſſenſchaft, I. I, S. 238 u. folg. Forſchungen der Agrikulturphyſik, 5, S. 373. 90 Der Boden. IS 43. noch die Wärmekapacität, die Wärmeleitung, Farbe, Korn— größe, Lagerung, Struktur, ſowie die Bodenbedeckung ($ 68 und folgende). a) Die Wärmekapacität. Als Einheit für die Wärmekapacität hat man diejenige Wärme- menge gewählt, welche nothwendig iſt, um ein Gramm Waſſer um ein Grad Celſius zu erwärmen. Da das Waſſer die höchſte Wärme⸗ kapacität aller bekannten Körper hat, ſo bleibt die aller übrigen unter 1, und wird durch einen Decimalbruch ausgedrückt. Ein Körper, welcher alſo nur die Hälfte der Wärme bedarf wie Waſſer, um ſeine Temperatur um einen Grad zu erhöhen, würde eine Wärmekapacität von 0,5 haben. Die Wärmekapacität kann auf Gewicht wie auf Volumen bezogen werden. Die gewöhnlichen Angaben bedienen ſich immer der Gewichts- einheit, dieſelben Gründe, welche es aber für den Boden wünſchens— werth erſcheinen ließen, die Angabe der Waſſerkapacität auf Volumen zu beziehen, ſprechen auch dafür, die Wärmekapacität in gleicher Weiſe zu behandeln. Die Wärmekapacität der wichtigſten Bodenbeſtandtheile iſt nach Lang (auf Gewicht bezogen): 8 Dnarzland . .. 0, fads VE Realm. tn Se We Torf (Humus) . 0,477—0,507.*) v. Liebenberg, der mit bei 100° getrockneten Erden arbeitete, giebt folgende Ueberſichtszahlen: Vol. Gew. Wärmekapacität (Gewicht) (Volumen) Baſaltboden (humos). . 1,15 0,301 0,346 Tertiärt hon 1 ĩ¾˙0 0,192 Diluvialſan d ARE 0,160 0,266 Diluvialmer ge! 25530 0,249 0,349 Grand 0,380 0,437 Sandmoorboden . .. 1,06 0,261 0,303 Da die Beſtandtheile mit hohem Eigengewicht eine geringe, die mit niederem Eigengewicht eine hohe Wärmekapacität haben, ſo gleichen ſich die Unterſchiede bei Berückſichtigung der Volumen erheblich aus. b) Einfluß der Farbe auf die Wärmeaufnahme.“ In Bezug auf den Einfluß der Farbe gilt das allgemeine Geſetz, daß Körper mit dunkler Oberfläche die Wärme leicht abſorbiren, ſie aber auch leicht wieder ausſtrahlen, während ſich hellfarbige oder weiße umgekehrt verhalten. *) Pfaundler, Pogg. Ann., 129, S. 102. S 43.] Boden und Wärme. 91 Man hat, um dieſe Wirkung auf die Bodenarten kennen zu lernen, vielfache Verſuche durchgeführt“) und übereinſtimmend gefunden, daß das angeführte Geſetz auch für die Bodenarten Geltung hat. Wenn auch vielfach durch Wärmekapacität und Leitung modificirt, nehmen doch die dunkel gefärbten Böden bei Beſtrahlung durchweg eine höhere Temperatur an, als hell gefärbte. Der ſtärkeren Erwärmung entſpricht eine ſtärkere Ausſtrahlung der dunkel gefärbten Böden, ohne daß die Temperatur derſelben jedoch unter die der hell gefärbten herabſinkt. Für die in der Natur vorkommenden Böden faßt Wollny das Reſultat ſeiner zahlreichen Beobachtungen in folgenden Sätzen zuſammen: „Die Farbe der Oberfläche hat auf die Erwärmung der Böden im trockenen Zuſtande dann einen weſentlichen Einfluß, wenn das Verhalten der mineraliſchen Beſtandtheile ein annähernd gleiches und die Menge der organiſchen Subſtanz (Humus) ſo gering iſt, daß zwar die Farbe dadurch dunkler wird, aber die ſpecifiſche Wärme und die Wärmeleitung keine bedeutenden Abänderungen erfahren. Wird dieſe Grenze im Humusgehalte überſchritten oder treten ſonſt größere Unterſchiede auf, ſo kann der Einfluß der Farbe vermindert, auch wohl völlig beſeitigt werden.“ Ferner: „Der (trockne) Boden mit dunkel gefärbter Oberfläche iſt während der wärmeren Jahreszeit durchſchnittlich wärmer als ſolcher mit heller Oberfläche.“ (Die Gärtnerei und der Weinbau machen hiervon durch Beſtreuen des Bodens mit dunkel färbenden Stoffen, wie Ruß, oder durch Bedecken mit Schieferplättchen Anwendung.) „Die täglichen Schwankungen der Temperatur ſind in dunkeln Böden durchſchnittlich größer als in hellen.“ „Zur Zeit der täglichen Maximaltemperatur ſind die Unterſchiede zwiſchen hellen und dunkeln Böden am größten, zur Zeit des Tem— peraturminimums ſehr gering.“ „Die Wärmeabnahme erfolgt in der Nacht raſcher in dunkel ge— färbten Böden, ohne daß die Temperatur unter die der hell ge— färbten ſinkt.“ „Die Unterſchiede verſchwinden faſt völlig bei fehlender Beſtrahlung und in der kälteren Jahreszeit.“ e) Die Wärmeleitung des Bodens. Hat ein Körper in ſeinen verſchiedenen Theilen, oder haben mehrere ſich berührende Körper verſchiedene Temperatur, ſo erfolgt allmählich ein Ausgleich derſelben. Die Geſchwindigkeit, in der dies geſchieht, iſt Namentlich Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 1, S. 43, und Lang, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 1, S. 379. 92 Der Boden. hr S 43. je nach den Eigenſchaften der Körper eine verſchiedene. Den ganzen Vorgang bezeichnet man als Wärmeleitung und Körper, die den Ausgleich raſch ermöglichen, als gute, die ihn erſt langſam eintreten laſſen, als ſchlechte Wärmeleiter. Im Boden find immer Schichten verſchiedener Temperatur vor- handen, es erfolgt daher dauernd Wärmeleitung, entweder wird Wärme aus den höheren Bodenlagen in die Tiefe geleitet (in der wärmeren Jahreszeit) oder aus der Tiefe in die mehr abgekühlte Oberfläche (in der kälteren Jahreszeit). Die Wärmeleitung aller im Boden vorkommenden Stoffe iſt eine geringe“) und wird durch Korngröße, Struktur und Waſſergehalt ſtark beeinflußt. Die Reſultate der vorliegenden Verſuche ſind nur in ſeltenen Fällen auf wiſſenſchaftlich feſtſtehende Einheiten zurückgeführt. Da es ſich in dieſem Falle in der Bodenkunde meiſt nur um relative Verhältniſſe handelt, ſo iſt von einer umſtändlichen und dem Verſtändniß kaum förderlichen Umrechnung Abſtand genommen. Die Leitungsfähigkeit der Geſteine iſt in den ausgeſprochen kryſtalli⸗ niſchen, wie Marmor, Granit, Porphyr, Baſalt am höchſten; am nächſten kommen dichte Sandſteine, am geringſten iſt ſie bei Thon oder thonigen Geſteinsarten.““ Je gleichmäßiger ein ſolches Geſtein zuſammengeſetzt iſt, um ſo beſſer iſt die Leitungsfähigkeit, je mehr die Verwitterung fortſchreitet und durch Luft erfüllte Hohlräume entſtehen, um ſo geringer wird die Leitungsfähigkeit. Dem entſprechend iſt ſie im Boden recht gering; nach Wagner, der für trocknen, feſtgeſtampften Boden die Leitungsfähigkeit ermittelte (Humus als ſchlechteſter Leiter iſt — 1 geſetzt), kann man für die Hauptbeſtandtheile der Bodenarten folgende relative Leitungsfähigkeit annehmen: Humus „„ Kaolin — 05 kohlenſ. Kalk = 1,05 Eiſenoxydhydrat — 1,06 Quarz „ Quarz leitet demnach verhältnißmäßig am beſten, bei den übrigen Bodenbeſtandtheilen kommt überwiegend die Wirkung der Korngröße zum Ausdruck. ) Haberlandt, Wiſſenſchaftliche praktiſche Unterſuchungen u. ſ. w. Wien 1875, S. 33. — v. Littrow, Bericht der k. k. Akademie 1875, 1. — Pott, Land⸗ wirthſchaftliche Verſuchsſtation 1, S. 273. — Wagner, Forſchungen der Agrikultur⸗ phyſik, 6, S. 1. ) Leß, Pogg. Ann., Ergbd. 8, S. 517 (1878). § 43. Boden und Wärme. 93 Jedes Bodenkorn iſt von den übrigen durch eine, wenn auch noch ſo dünne, Luftſchicht getrennt. Da die Luft einer der ſchlechteſtleitenden Körper iſt, ſo erklärt ſich hieraus, daß die Leitungsfähigkeit im hohen Grade von der Korngröße abhängig iſt; da jede Lufthülle wie eine Iſolirſchicht wirkt. Krümelung, welche ein dichteres Zuſammenlagern einzelner Bodentheile bedingt, ſteigert die Leitungsfähigkeit. Wagner fand z. B. folgende Werthe für die durchſchnittliche Wärme— leitung (die des am ſchlechteſten leitenden Körpers — 1 geſetzt): Lehmpulver — 1 Lehmkrümel 0,5 —1 mm 1,08 1 13 97 15 12 Ri 4756 d „ 115 5 675.29.000.5° 1,19 Quarzpulver 1.33 Quarzſand 0,00—0,25 „ 1,13 1 0250,50, „ 1,10 1 i 1,94 h Gemiſch 0,00 — 2,00 1,15 Alle Bedingungen, welche die Größe Ber iſolirenden Luftſchichten vermindern, ſteigern überhaupt die Wärmeleitung, dies gilt insbeſondere noch für dichte Lagerung der Bodenbeſtandtheile. So verhielt ſich nach Pott die Wärmeleitung von: locker feſt eingeſtampft Kaolin 1 : 1,68 Humus 1 : 171 Quarz 1 5 1,06 Steinbeimiſchungen ſteigern ebenfalls die Wärmeleitung. Miſcht man den Boden mit Steinen, ſo kann die Leitung erheblich, bei 30 bis 40% Steingehalt ſogar um ein Viertel geſteigert werden. Maßgebenden Einfluß auf die Wärmeleitung gewinnt der Waſſer— gehalt des Bodens. Trotzdem das Waſſer für Wärme ein ſchlecht leitender Körper iſt, ſo übertrifft es die Leitungsfähigkeit der Luft doch faſt um das dreißigfache. Das im Boden enthaltene Waſſer verdrängt im weſentlichen ein gleiches Volumen Luft und übt ſo eine ſtarke, die Wärmeleitung ſteigernde Wirkung auf den Boden. Verſuche von Pott ergeben z. B. folgende Verhältniſſe für die Leitungsfähigkeit von trocknem und naſſem Boden. Dieſe verhielt ſich wie: Kreide trocken: naß (52,9 Vol. Waſſer) = 11,8 Humus 1 „„ | ee „ „ Kaolin ER a EN r and, „ (42,9 „ Re mes 1 feucht Re a 94 Der Boden. [S 43. Es ſcheint demnach ſchon ein geringer Waſſergehalt auszureichen, um die Leitungsfähigkeit bedeutend zu ſteigern. Dies ergeben auch Unterſuchungen von Wagner, der für Quarzſand verſchiedener Korn- größe folgende Zahlen giebt: trocken zu naß Quarzſand (0,25 —0,5 mm D. mit 19,82 Vol. 9 Waſſer) 1:1,7 (0% % 1% „ N 5 1 ei nm % 8,33 7 „ ) 14,7 Wagner ſchließt aus ſeinen Verſuchen, daß weniger die Leitungsfähig— keit des Waſſers in Frage komme, als daß vielmehr die der Boden— beſtandtheile ſchärfer hervortrete, wenn die ſchlecht leitende Luft durch das beſſer leitende Waſſer erſetzt iſt. Für andere Bodenbeſtandtheile liegen Unterſuchungen über dieſen Gegenſtand nicht vor. Jedenfalls übt der Waſſergehalt auf die Er— wärmung des Bodens einen ſehr bedeutenden und während der ver— ſchiedenen Jahreszeiten wechſelnden Einfluß aus. d) Temperatur verſchiedener Böden. Die Temperaturen gewachſener Böden ſind daher von vielen Be— dingungen abhängig; den bedeutendſten Einfluß übt der Waſſergehalt. Nicht nur die hohe Wärmekapacität des Waſſers, ſondern auch die bei der Verdunſtung desſelben gebundenen Wärmemengen drücken die Temperatur herab. Aehnlich wirkt der Humus, zumal er die Waſſer⸗ kapacität des Bodens ſteigert. Die waſſer- und humusreichen Böden werden ſich daher bei Beginn der warmen Jahreszeit langſam er- wärmen, dafür aber im Sommer und zumal im Herbſte wärmer ſein als Bodenarten von geringem Waſſergehalt. Die Praxis unter- ſcheidet daher zwiſchen warmen und kalten Bodenarten. Zu den letzteren rechnet ſie die Humusböden und die Thon- zum Theil auch die Lehmböden; zu den erſteren die Sandbodenarten. Da der Beginn der vegetativen Thätigkeit der Pflanzen von einer gewiſſen Temperaturhöhe des Bodens abhängig iſt, ſo wird dieſe in den Sandböden früher eintreten, dafür ſind die Pflanzen aber auch leichter Kälterückfällen ausgeſetzt, als auf den waſſerreichen Bodenarten, die erſt allmählich die entſprechende Temperatur erlangen. Als allgemeine Regeln für Bodentemperaturen können folgende gelten.“) N Die Temperatur der Bodenoberfläche wird überwiegend durch die Sonnbeſtrahlung bedingt, und kann ſich die oberſte Erdſchicht im trocknen Zuſtande auf verhältnißmäßig hohe Temperaturen erwärmen. 1 Es kann ſich natürlich nicht darum handeln, das umfangreiche Material über dieſen Gegenſtand hier vorzuführen, ſondern nur die wichtigſten Sätze hervor⸗ zuheben und an einzelnen Beiſpielen zu erläutern. $ 43.] Boden und Wärme. 95 Durch Leitung erfolgt der Ausgleich der Temperatur in den tieferen Bodenſchichten, welche Wärme abgeben oder empfangen, je nachdem ſie wärmer oder kälter als die Oberfläche ſind. Die Wärmeleitung wird, wie bereits beſprochen, am bedeutſamſten durch Korngröße, Lagerungsweiſe und namentlich durch den Waſſer— gehalt (weniger, beziehentlich mehr indirekt durch Gehalt an humoſen Stoffen) beeinflußt. Der Wärmeverbrauch bei der Waſſerverdunſtung, die hohe Wärmekapacität des Waſſers, ſowie anderſeits die beſſere Leitungsfähigkeit des feuchten Bodens wirken nach verſchiedenen Rich— tungen, ſodaß die Temperatur gewachſener Böden durch eine ganze Reihe verſchiedener und noch dazu in den einzelnen Jahren und Jahres— zeiten erheblich wechſelnder Einflüſſe bedingt iſt. Als ein weiterer Faktor macht ſich noch die Bodenbedeckung geltend, ſei es nun durch Schnee, Steine, lebende Pflanzen oder wie zumeiſt im Walde durch die Streudecke (vergl. § 68 u. f.). Anderſeits kann flach anſtehendes Grund— waſſer die Bodentemperatur erhöhen oder erniedrigen, je nach den Ver— hältniſſen. Aus allen dieſen Gründen kann von einer durchſchnittlichen Bodentemperatur viel weniger die Rede ſein, als von einer Durch— ſchnittstemperatur der Luft. Die lokalen und im Boden ſelbſt liegenden Einflüſſe können oft bedeutender werden als ſelbſt erhebliche klimatiſche Unterſchiede. Die Betrachtung hat ſich daher mehr mit den relativen Unterſchieden zu beſchäftigen. Ein weiterer Fehler in den Temperaturbeobachtungen des Bodens, der ſich namentlich in den mittleren Tiefen (10—50 em Tiefe) bemerk— bar macht, liegt darin, daß nicht durch mehrmaliges Ableſen während beſtimmter Tageszeiten ein ziemlich genaues Mittel der Temperatur gefunden werden kann. Die gleich zu beſprechende Verzögerung der Temperaturextreme macht ſich in den verſchiedenen Bodenſchichten ver— ſchieden jpät bemerkbar und bleibt auch in demſelben Boden nicht kon— ſtant, da der Waſſergehalt im Laufe des Jahres vielfach wechſelt, und damit zugleich auch die Leitung der Wärme im Boden. 1. Tägliche Schwankungen. Als Regel kann gelten, daß die Temperatur der Bodenober— fläche in der kühleren Tageszeit dem Minimum der Lufttemperatur parallel geht, daß dagegen das Maximum der Bodentemperatur in der wärmeren Tageszeit das der Luft weit übertrifft, ſodaß die Amplitude (Schwankungen zwiſchen Temperaturmaximum und minimum) oft das 21 fache der Lufttemperatur beträgt.“) ) Man vergleiche: Wild, Repertorium für Meteorologie, Bd. 6. Leyſt, Repertorium für Meteorologie, Bd. 13. Hlaſek, Repertorium für Meteorologie, Bd. 14. 96 Der Boden. | S 43. Die täglichen Schwankungen der Temperatur ſind in den oberſten Bodenſchichten erheblich, werden nach der Tiefe zu immer geringer, ſie betragen in 0,6 m Tiefe ſchon kaum mehr als 0,5“ C.; in 0,8—1 m Tiefe werden fie für unſere Inſtrumente unmeßbar (finfen auf 0,01“ C.). Das tägliche Temperaturminimum der Bodenoberfläche fällt kurz vor Sonnenaufgang, das Maximum einige Zeit nach dem höchſten Stand der Sonne, alſo nennenswerth früher als das der Lufttemperatur. Da die Leitung der Wärme in die Tiefe eine allmählich fortſchrei⸗ tende iſt, ſo iſt es verſtändlich, daß die Temperaturextreme in den tieferen Bodenſchichten erſt erheblich ſpäter eintreten, als an der Boden- oberfläche, ſie erleiden eine Verzögerung. In welchem Maße dies der Fall iſt, mögen die Mittel der dreiſtündigen Beobachtungen zeigen, welche Müttrich (J. e. S. 152) veröffentlichte (15.—30. Juni 1889, Station Eberswalde). Freilandſtation. Bodentemperatur Luft⸗ an der in der Tiefe von Zeit temperatur Oberfläche 0,15 m 0,30 m 0,60 m Nachts 12 Uhr 13,80 16,71 19 17,90 15,88 27 12,90 15,59 18,42 17,59 15,91 f 12,93 15,14 17,84 17,33 15,91 x 14,68 15,89 17,35 17,03 15,92 SE 17,99 17,54 17,52 16,75 15,91 10 21,05 22,65 18 7 16,59 15,89 Mittags 12 „ 21,97 25,00 20,52 16,64 15,84 8 22561 26,37 22,08 17,00 15,80 4 22,38 25,89 22,91 17,37 15,77 Bu 21,24 22,32 22,64 17771 153 8 6 17,55 19,76 21,65 17,99 15,77 10 14,80 17,81 20,53 18,06 15,88 Mittel 17,79 20,06 19,97 17,33 15,85 In 15 em Tiefe iſt alſo Maximum und Minimum bereits um zwei Stunden verſpätet. In 30 em Tiefe das Minimum um ſechs, das en um 6—8 Stunden, in 60 em Tiefe, wo der Unterſchied Müttrich, Feſtſchrift für die 50 jährige Jubelfeier der Fortan Ebers⸗ walde 1880. Ueber Unterſchiede zwiſchen Wald- und Freilandboden neben den letztgenannten: Harrington, Amerikaniſches meteorologiſches Journal 1890, September. Dr. Schubert, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen. Ebermayer, Phyſikaliſche Einwirkung des Waldes auf Luft und Boden, Aſchaffen⸗ burg 1873; und Aufſätze in der Allgemeinen Forſt- und Jagdzeitung. Die Zuſammenſtellungen langjähriger Mittel ſind nach unveröffentlichten Ar— beiten des Herrn Privatdocenten Dr. Schubert entnommen, der mir freundlichſt Ein⸗ ſicht geſtattete, wofür ich ihm zu lebhaftem Danke verpflichtet bin. § 43.] Boden und Wärme. 97 allerdings nur 0,2“ C. beträgt, ergiebt ſich eine Verzögerung von 14 bis 16 Stunden. Natürlich werden ſich für abweichende Bodenarten auch abweichende Verhältniſſe ergeben; das angeführte Beiſpiel genügt jedoch, um die Hauptpunkte zu zeigen. 2. Jährliche Temperaturſchwankungen. Die jährlichen Temperaturſchwankungen verlaufen in längeren Zeit— räumen und in größeren Tiefen des Bodens. In den oberen Schichten ſind die Amplituden im Laufe eines Jahres von erheblicher Größe, nehmen aber mit größerer Tiefe immer mehr ab, um endlich völlig zu verſchwinden. Die Tiefe, in welcher eine gleichbleibende oder wenigſtens von den Schwankungen der Jahreszeiten unabhängige Temperatur herrſcht, iſt nach den klimatiſchen Verhältniſſen eine verſchiedene. In den Tropen liegt ſie (nach Wild) bei etwa 6 m, in den gemäßigten Klimaten bei 20—30 m. Alle Bedingungen, welche die Temperaturextreme ab— ſchwächen, ſo insbeſondere die Einwirkung des Seeklimas, Bodendecken der verſchiedenſten Art, beeinfluſſen auch die Bodentemperatur. Die Beobachtungen lehren, daß in England, zum Theil in Frankreich (Paris die unteren Grenzen der Temperaturſchwankungen im Boden bei etwa 20 m Tiefe liegen; dieſelbe Zahl erhielt Müttrich für den Waldboden bei Eberswalde. Die Beobachtungen in Freilandböden der mehr kon— tinentalen Gebiete führen ziemlich übereinſtimmend auf etwa 30 m Tiefe (Mittel- und Oſtdeutſchland, Rußland u. ſ. w.) Ein Beiſpiel für die jährlichen Bodentemperaturen, welches zugleich den Verlauf der Verzögerung des Eintritts der Extreme in tieferen Bodenſchichten zeigt, geben Wild und Hlaſek für Petersburg. Jan. Febr. März April Mai Juni Mittel der Lufttemperatur — 8,20 — 8,34 — 4,20 0,49 642 15,64 Bodentemperatur an der Oberfläche. — 7,62 — 8,04 — 3,81 0,91 6,43 16,38 in 0,43 m Tiefe. — 5,07 — 5,79 — 0,52 2,39 13,10 17,34 „ 2213 053 0/93 10,32 5 06 0,50 117 -6,78 „ e 3,96. 3,312 3,24. 154 Juli Auguſt Sept. Okt. Nov. Dec. Mittel der Lufttemperatur 17,70 15,34 11,07 4,86 2,97 10,02 Bodentemperatur an der Oberfläche. . 18,47 15,46 11,08 4,74 1,97 — 9,27 in 04 m Tiefe 16,54 13,42 8,21 2,83 1,83 — 3,75 „ .. 15,68 16,37 14,34 10,29 5,60 0,91 W . 12,59 14,56 14,56 12,09 8,79 5,00 tte 1018. 11,61 11,883 10,73 8,38 Ramann. 4 98 Der Boden. S 43. Die Zeitdauer des Temperaturwechſels in der Tiefe des Bodens betrug in Tagen: Minim. Medium Maxim. Medium Maxim. Medium bis bis bis bis bis bis Medium Maxim. Medium Minim. Minim. Medium an der Oberfläche. 91 an 105 92 168 17% in O, 4a m Tiefe 10 73 88 103 174. — in s 95 62 93 115 157 155 in e i 67 69 91 138 136 160 in 32 „ ; 48 13 102 143 120 174 Die Verſpätung des Eintritts der höchſten und niedrigſten Tem— peratur gegenüber der Bodenoberfläche betrug für je 1 m Erdſchicht für das Minimum für das Maximum in 0,0 - 0,8 m Tiefe 32 Tage 25 Tage in 2 25 in 1 „„ 7 3b: „ int Mitt!!! 411 DT. ER Es ergiebt ſich hieraus, daß der Boden im Herbſt lange relativ warm, im Frühlinge lange relativ kalt bleibt. In noch höherem Maße gilt dies für ſehr feuchte Bodenarten, zumal für Moorböden (vergleiche $ 100). In der warmen Jahreszeit iſt die Bodenoberfläche wärmer, in der kälteren kühler als die tieferen Bodenſchichten. 3. Unterſchied zwiſchen Wald- und Freilandböden. Der Unterſchied in der Temperatur der Wald- und Freilandböden fällt im Allgemeinen mit der Wirkung, welche jede Bodenbedeckung auf die Temperatur des Bodens ausübt, zuſammen (vergleiche §S 68). Im Walde macht ſich dieſe Wirkung beſonders ſtark geltend, da der Wald— boden einem doppelten Schirm, dem der Bodendecke und dem des Be— ſtandes ausgeſetzt iſt. Dieſen Verhältniſſen entſprechend ſind die Waldböden in der kalten Jahreszeit etwas wärmer, in der wärmeren nicht unerheblich kühler als Freilandböden. Die Einwirkung iſt am ſtärkſten zur Zeit der Temperaturextreme, insbeſondere während der Zeit der Maximaltem- peraturen. Die jährliche Mitteltemperatur der Waldböden iſt eine nennenswerth geringere (— 1 bis 29 C.) als die der Freilandböden; es wird dies aber ganz überwiegend durch die geringere Durchſchnittstem— peratur im Walde während des Sommers bedingt. Um ein Bild der Verhältniſſe zu geben, ſind im folgenden die Differenzen fünfzehnjähriger Mitteltemperaturen von drei der preußi— ſchen forſtlichen meteorologiſchen Stationen nach den Jahreszeiten zu— ſammengeſtellt. § 43. Waſſer und Boden. 99 Fritzen, mit 45 jährigem Fichtenſtangenholz. Kurwien, mit 80—140 jährigem Kiefernaltholz. Friedrichroda, mit S0 jährigen Buchen. Der Boden iſt kühler oder wärmer als der benachbarte Freiland— boden: 8 — Fritzen: Tiefe Frühling Sommer Herbſt Winter Jahr 0,01 m — 1,6 — 3,1 — 0,6 70,0 — 1,32 915. „ — 1,4 — 3,2 — 0,1 + 0,7 — 1,01 98383 5 — 1,4 — 4,0 — 0,1 + 0,8 — 1,19 0,6 „ — 1,2 — 4,5 — 0,5 + 0,9 — 1,32 8 — 0,8 — 4,4 — 0,8 — 1,0 — 1,24 2 — 0,4 — 4,1 — 1,1 + 1,1 — 1,11 Kurwien: Tiefe Frühling Sommer Herbſt Winter Jahr 0,01 m — 2,5 — 4,8 — 0,3 — 1,6 — 1,5 „ — 1,7 — 4,0 — 0,0 —+ 1,3 — 1,1 Dr — 1,2 — 2,6 — 0,1 —+ 0,6 — 0,8 „ — 1,4 — 3,4 — 0,3 + 0,8 — 11 5 — 1,1 — 3,2 — 0,4 + 0,8 — 1,0 „ — 1,0 — 2,9 — 0,7 + 0,5 — 1,0 Friedrichroda: Tiefe Frühling Sommer Herbſt Winter Jahr 0,01 m — 1,7 — 4,4 — 0,1 + 0,9 — 1,32 „ — 1,1 — 3,5 + 0,1 — 0,9 — 0,90 8 — 0,4 — 3,0 + 0,1 + 0,8 — 0,63 5 — 0,4 — 3,5 — 0,2 — 1,0 — 0,78 3 — 0,4 — 3,4 — 0,4 — 0,7 — 0,88 Zw. — 0,3 — 3,2 — 1,3 + 0,5 — 1,08 Zur Erklärung mehrerer auftretender Unterſchiede müſſen wohl lokale Verhältniſſe herangezogen werden; die Beiſpiele zeigen aber hinreichend, in wie hohem Maße die Bodentemperatur zumal im Früh— ling und Sommer durch den Waldbeſtand beeinflußt wird. Die volle Entwickelung der Vegetation iſt von einer beſtimmten Wärmehöhe des Bodens abhängig. Im Walde wird dieſe erſt ſpäter erreicht werden, als auf freiem Felde. Nicht unerheblich ſind ferner die Unterſchiede, welche ſich zwiſchen den einzelnen Baumarten und namentlich zwiſchen Laub- und Nadelholz ergeben. Die Temperaturdifferenzen zwiſchen Wald- und Freilandböden ſind überwiegend durch die verſchiedenartige Beſchattung bedingt. Bei den Laubhölzern wirkt ſie während der Vegetationszeit ungleich ſtärker; Tanne und Fichte beſchatten ferner mehr als Kiefer. Harrington, — ‘ 100 Der Boden. 188 43, 44. welcher die Veröffentlichungen der preußiſchen Stationen mit verarbeitete, findet für je ſieben derſelben, die mit Laub- bez. Nadelholz beſtanden find, Temperaturſchwankungen Sommer Winter für Laubholz 0,54 C. für Nadelholz . 0,83% C. 0,790 C. alſo entſprechend den Beſchattungswirkungen. n Im Allgemeinen wird man daher annehmen können, daß die Neihen- folge der wichtigſten Baumarten in Bezug auf die Bodentemperatur ſich während der wärmeren Jahreszeit etwa Buche, Fichte bez. Tanne, Kiefer ſtellen wird, während der kälteren Jahreszeit behalten die Nadel- hölzer dieſelbe Stellung bei, während die Buche in die letzte Stelle rückt. Immer iſt aber auch hierbei zu berückſichtigen, daß andere Be— dingungen, beſonders wechſelnder Waſſergehalt die Bodentemperaturen ebenfalls und im hohen Grade beeinfluſſen. s 44. 8. Kondenſationsvorgänge im Boden. Literatur: Ammon, Forſchungen der Agrikultuprhyſik, 2, S. 1. Soyka, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 8, S. 2. Döbrich, Annalen der Landwirthſchaft, 52, S. 181. Alle Körper haben die Eigenſchaft, auf ihrer Oberfläche Gaſe oder Flüſſigkeiten zu verdichten. Die Stärke, mit der dies geſchieht, iſt für die verſchiedenen Subſtanzen eine ſehr verſchiedene und außerdem von phyſikaliſchen Bedingungen, zumal Temperatur und Luftdruck abhängig. Die Kondenſation iſt eine ausgeſprochene Oberflächenwirkung, ſteigt daher im Boden mit Zunahme der Oberfläche, beziehungsweiſe was auf dasſelbe hinausläuft, mit Abnahme der Korngröße der Boden— beſtandtheile. Wie ſehr dies der Fall iſt, zeigen die Berechnungen Soyka's, der die Grenzwerthe der Kohlenſäurekondenſation für den Boden bei dich— teſter und lockerſter Lagerung feſtzuſtellen ſuchte. Er geht dabei von der Annahme aus, die durch andere Verſuche ihre Berechtigung erhält, daß 1 qmm Oberfläche 0,0157 cem Kohlenſäuregas zu kondenſiren ver— mag. Hiernach würden in einem Liter Boden enthalten ſein: Kondenſirtes Gas bei dichteſter Lagerung bei lockerſter Lagerung Halbmeſſer des Kornes der Bodentheile der Bodentheile 0,005 mm 6,97 Liter Gas 4,93 Liter Gas 0,010 „ 3,48 „ 5 2,47 „ 1 0,050 „ G ,, „ 0.100. ; 0, 0,25% Nee 0,500 „ 0, 0,5 % ee 0 8 0,03 1 § 44. Kondenſationsvorgänge im Boden. 101 Es ſind dies allerdings Maximalzahlen, welche eine Atmoſphäre von Kohlenſäure vorausſetzen, zu berückſichtigen iſt ferner, daß die Kohlenſäure, nächſt dem Waſſerdampf der verdichtbarſte Beſtandtheil der Luft iſt, jedenfalls aber zeigen die Zahlen, welche Gasmengen im Boden verdichtet ſein können. Im Allgemeinen wächſt die Kondenſirbarkeit der Gaſe mit der Leichtigkeit ihrer Verdichtung. Dem entſprechend werden Waſſer, Ammoniak und Kohlenſäure leichter aufgenommen als Sauerſtoff oder Stickſtoff. J. Das Verhalten der Bodenbeſtandtheile gegen die wichtigſten Gaſe. a) Gegen Waſſerdampf. Die Abſorption des Waſſerdampfes durch trockene Bodentheile iſt eine erhebliche. Die Wirkung der Korngröße tritt bei homogenen Be— ſtandtheilen, wie Quarz oder Kalkſand, ſcharf hervor. Bodenkrümel, die durch ihre Poroſität für Luft leicht durchdringbar ſind, unterſcheiden ſich nicht merkbar in ihrem Kondenſationsvermögen von demſelben Boden in pulverigem Zuſtande. So kondenſirten z. B. bei gleicher Temperatur je 100 cem: Waſſerdampf Gew. % Quarzſand . — 0,2 mm D. 453 cem 0,133 Waſſer D as,, , 278 0:078,7 Lehmpulver . 15386 „ AH I iel 0,3 — 0,75 „ „ 14323 „ 5155 s „ „ 14098 „ 4086 Man hat früher dem Kondenſationsvermögen des Bodens für Waſſerdampf große Bedeutung zugemeſſen. Selbſt in neuerer Zeit er— heben ſich noch Stimmen, welche, zumal für wärmere Gebiete, glauben, daß dem Boden auf dieſem Wege Waſſermengen zugeführt werden, die für die Erhaltung der Pflanzen von Wichtigkeit find.*) Es wird weiter unten gezeigt werden, daß wir es in dieſen Fällen mit einem bisher faſt völlig vernachläſſigten Vorgange, den Thauniederſchlägen im Boden zu thun haben, welche mit dem Kondenſationsvermögen nicht oder doch nur ſehr wenig im Zuſammenhange ſtehen. Um darzulegen, wie gering die den Bodenarten, in mit Feuchtigkeit geſättigter Luft zugeführten Waſſermengen ſind, und wie dieſe von der herrſchenden Temperatur abhängen, iſt die folgende Ueberſicht gegeben. In mit Feuchtigkeit geſättigter Luft kondenſiren Waſſerdampf je 100 cem von ) Hilgard, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 8, S. 93. — Ebermayer, Forſchungen der Agrikulturphyſik. 102 Der Boden. S 44. IN 1} 85 — 1 1 a a = | . d ee Humus Eiſenoxydhydr. Quarzpulver Koghlenſ. Kalk Kaolin >= || cem Gew. cem Gew. cem Gew. | cem | Gew. cem Gew. 1012718 8,45 12973 2,89 2026 0,63 208 | 0,07 5378 1,82 0 14206 9,09 47332 10,15 2198 0,65 4258 141 5735 | 1,88 1036504 22,53 99712 20,62 1185 0,34 4775 | 1,52 6447 2,03 2026788 15,96 98990 19,77 277 | 0,07 | 962 | 0,29 1541 0,47 30 16497 9,51 54753 10,58 99 | 0,03 || 233 | 0,07 || 1336 | 0,39 Die ſtärkſte Kondenſation des Waſſerdampfes findet bei O— 10°C. ſtatt, und ſcheint das Maximum in der Nähe der letzten Temperatur zu liegen. Für andere Gasarten gelten andere Zahlen, ſo liegt die günſtigſte Ammoniakabſorption bei etwa 0 Grad; für die atmoſphäriſchen Gaſe, Sauerſtoff und Stickſtoff wohl bei noch viel niedrigeren Temperaturen. Die kondenſirte Waſſermenge iſt nur bei den humoſen Stoffen und beim Eiſenoxydhydrat bedeutend. Faſt allen anderen Gas— arten gegenüber verhalten ſich die Bodenbeſtandtheile ähnlich. Humus und Eiſenoxyd hat man als die eigentlichen Träger der Kon- denſationsvorgänge im Boden zu betrachten. Die Kondenſation des Waſſers iſt bei den Gemiſchen verſchiedener Korngröße und Subſtanz, wie ſie die Bodenarten darſtellen, eine ſehr wechſelnde und zumal von der relativen Luftfeuchtigkeit abhängig. Lufttrockene Böden werden daher je nach Temperatur und Luftfeuchtig⸗ keit entweder Waſſer abdunſten laſſen oder aufnehmen.“ Alle Unterſuchungen ſtimmen aber darin überein, daß die kon— denſirte Waſſermenge eine weſentliche Bedeutung für den Boden und die darauf wachſenden Pflanzen nicht hat. Das aufgenommene Waſſer erreicht zwar bei humoſen Stoffen einen nicht unerheblichen Werth; es iſt aber dabei zu berückſichtigen, daß die Pflanze nur im Stande iſt, dem Boden eine gewiſſe Menge von Waſſer zu entziehen, während ein höherer oder geringerer Reſt für ſie unangreifbar zurückbleibt und daß dieſes Quantum bei den humoſen Bodenarten ſehr hoch liegt. Alle Beobachtungen beſtätigen, daß die Pflanzen bereits welken, ehe der Waſſergehalt jo tief geſunken iſt, daß eine Kondenſation von Wajjer- gas überhaupt ſtattfindet. b) Gegen Kohlenſäure. Trockenes Kohlenſäuregas wird nur vom Eiſenoxyd in größerer Menge aufgenommen, die Abſorption feuchter Kohlenſäure ſcheint eine erheblich ſtärkere zu ſein. ) Neßler, Jahrbuch der Agrikulturchemie 1873/74, S. 55. § 4]. Kondenſationsvorgänge im Boden. 103 Es kondenſirten trockene Kohlenſäure je 100 cem bei 17° C.: Humus Eiſenoxydhydrat 930 cem = 1,37 Gew. % 5726 cem = 2,83 Gew. 9% Quarzpulver kohlenſaurer Kalk 3,5 cem — 0,002 Gew.“ 8,64 cem = 0,005 Gew. % Kaolin Gyps 8,76 cem = 0,006 Gew. “% 210 cem = 0,17 Gew. %, Die Bedeutung der Kohlenſäureabſorption liegt in der chemiſchen Wirkung dieſes Stoffes. Tritt Waſſer in größerer Menge hinzu, ſo wird ein Theil der Kohlenſäure gelöſt, und das kohlenſaure Waſſer iſt der hauptſächlichſte Träger der Verwitterung. Miſcht man Eiſenoxydhydrat mit kohlenſaurem Kalk und ſetzt Waſſer hinzu, ſo geht Kalkkarbonat in Löſung. Da im Boden das Eiſenoxyd je nach dem wechſelnden Waſſergehalt Kohlenſäure bindet oder abgiebt, jo wirkt es gewiſſermaßen als Uebertrager der Kohlenſäure. Den Nachweis, daß derartige Wirkungen wirklich im Boden auf— treten, führte Storer*. Er ſetzte kalkhaltige, getrocknete Böden theils der atmoſphäriſchen Luft aus, theils ſchloß er ſie von dieſer ab. Im erſten Falle ergab ein wäſſeriger Auszug reichliche Mengen ge— löſten kohlenſauren Kalkes, im zweiten Falle fehlte derſelbe. Die der Luft ausgeſetzten Bodenarten hatten alſo Kohlenſäure abſorbirt, welche die Löſung des Kalkkarbonates vermittelte. In ähnlicher Weiſe, jedoch überwiegend durch ihre fortſchreitende Zerſetzung, wirken die humoſen Stoffe als Kohlenſäurequelle im Boden. c) Gegen Ammoniakgas, beziehungsweiſe kohlenſaures Ammoniak. Ammoniak wird von einzelnen Bodenbeſtandtheilen, insbeſondere von Eiſenoxyd und humoſen Stoffen ſtark aufgenommen. Mit den letzteren geht es wohl zugleich chemiſche Verbindungen ein. Ebenfalls chemiſch wirkt der Gyps, der ſich mit kohlenſaurem Ammon in Calcium- karbonat und bei gewöhnlicher Temperatur nicht flüchtiges, ſchwefel— ſaures Ammon umſetzt. Verwendet man reines Ammoniakgas zu Verſuchen, ſo iſt die ab— ſorbirte Menge ſo groß, daß man billig Bedenken tragen muß, dieſe Zahlen auf die Verhältniſſe des Bodens zu übertragen; zudem findet ſich das Ammoniak in gut durchlüfteten Böden in Verbindung mit Kohlenſäure. Kohlenſaures Ammon verhält ſich nach Schlöſing (ver— gleiche Seite 7) in ähnlicher Weiſe flüchtig, wie eine Flüſſigkeit oder wie ein Gas. Im Boden wird daher, je nach der Zuſammenſetzung des— ſelben, und den herrſchenden Bedingungen von Druck und Temperatur, Ammoniak gebunden werden, oder durch Verdunſtung verloren gehen. Forſchungen der Agrikulturphyſik, 4, S. 31. 104 Der Boden. S 44. d) Gegen Sauerſtoff und Stickſtoff. Sauerſtoff wird nur in geringen Mengen kondenſirt; Stickſtoff (zumal durch Eiſenoxyd), dagegen in größerem Maßſtabe. So abſorbirten bei 17“ je 100 cem: Humus Eiſenoxydhydrat Sauerſtoff — 665 cem = 0,24 Gew. % Stickſtoff 126 cem 1,18 Gew. % 23988 22 0205 Quarz Kaolin Sauerſtoff — . Stickſtoff 25 cem = 0,01 Gew. %% 813 cem = 0,39 Gew. % Ob der kondenſirte Stickſtoff eine Bedeutung für das Pflanzenleben hat, iſt noch unbekannt. Die Erſcheinungen der Gaskondenſation führt man überwiegend auf phyſikaliſche Wirkungen der Bodentheile zurück. Durch Ueberleiten einer anderen Gasart kann man die abſorbirten Gaſe faſt völlig wieder dem Boden entziehen. Unverkennbar iſt aber die Aehnlichkeit mit der Abſorption der Metalle durch den Boden, die durch reichliches Aus— waſchen ebenfalls wieder in Löſung gebracht werden können. Während aber im letzteren Falle die überwiegend chemiſche Wirkung nachweisbar iſt, fehlt die Kenntniß von Verbindungen, welche bei der Gaskonden— ſation entſtehen könnten. Es iſt aber darum die Möglichkeit ihrer Bildung in manchen Fällen durchaus nicht ausgeſchloſſen. Es iſt dies um ſo weniger unwahrſcheinlich, weil es oft faſt unmöglich iſt man nehme nur die Abſorption von Sauerſtoff und den Verbrauch desſelben zur Oxydation der humoſen Stoffe), chemiſche Bindung und phyſikaliſche Kondenſation aus einander zu halten. e) Gegen die atmoſphäriſche Luft. In Gasgemengen, wie die atmoſphäriſche Luft ein ſolches iſt, findet zwiſchen den verſchiedenen Gaſen eine gegenſeitige Einwirkung ſtatt, die zu einem gewiſſen Gleichgewichtszuſtand führt, der natürlich durch jede Aenderung der Temperatur und Feuchtigkeit ein anderer wird. Im Boden werden daher fortwährend Gaſe gebunden und wieder abge— ſchieden. Um ein Bild der in der Natur vorkommenden Verhältniſſe zu erlangen, bleibt nur das Auskunftsmittel, die Zuſammenſetzung der von Bodenarten feſtgehaltenen Gaſe direkt zu ermitteln. Jeder Boden wird andere Mengen und andere Zuſammenſetzung ergeben, immerhin iſt aber die ſo erlangte Kenntniß für manche Fragen der Bodenkunde von Werth. Nach Döbrich lieferten folgende Bodenarten: § 44.] Kondenſationsvorgänge im Boden. 105 100 9 100 cem 100 Volumen des Gaſes gaben gaben beſtanden aus cem Gas cem Gas Kohlenſäure Sauerſtoff Stickſtoff Sandmoorboden . . 19,8 26,3 17,49 16,34 66,17 Sandboden 30,2 40,2 18,15 11,44 70,41 Gartenerde . . 49,8 68,9 39,47 11,90 48,63 Kalkboden No. 1. . 37,9 54,7 45.33 7,67 47,00 . 2 44,85 68,0 61,03 6,46 32,51 Thonboden No. 1 27,1 38,6 2,33 17,14 80,53 4 8 44,9 20,44 11,58 69,98 Die vom Boden kondenſirten Gaſe werden bei Durchfeuchtung nur zum Theile ausgetrieben, die Hauptmenge bleibt zurück. Der Boden kann daher bei zeitweiſer Waſſerbedeckung den Pflanzen zur Athmung noch ganz bedeutende Sauerſtoffmengen liefern. Hierin liegt die Haupt— bedeutung des Kondenſationsvermögens der Bodenarten. 2. Thauniederſchläge. Mit der Kondenſation der Gaſe ſtehen nur in ſehr loſem Zu— ſammenhang und ſind von dieſer in ihren Urſachen durchaus verſchieden die Thauniederſchläge, die im Boden erfolgen können. Da dieſe an anderer Stelle nicht gut beſprochen werden können, ſind ſie hier angeſchloſſen. Auf dieſe Vorgänge machte zuerſt Neßler“*) aufmerkſam, und Stockbridge“) gründete auf dieſelben ſeine Thautheorie, in neueſter Zeit hat Ebermayer***) den Gegenſtand weiter verfolgt. Die Bodentemperaturen ſind in den oberen Bodenſchichten im Sommer wärmer, im Winter kühler als in den tieſeren. Aber auch im Sommer kommen vielfach Tage und noch mehr Nächte vor, wo die oberſte Bodenlage durch Ausſtrahlung ſtark erkaltet und kühler iſt, als die tieferen Schichten. In den Böden iſt unter normalen Verhältniſſen die Luft mit Feuchtigkeit geſättigt. Es werden ſich daher in allen Fällen, wenn die oberſte Bodenſchicht kühler iſt, als es die tieferen ſind, Thauniederſchläge bilden. In welchem Maße dies erfolgt, läßt ſich ſchwer experimentell feſt— ſtellen, da die Geſchwindigkeit des Austauſches der Bodenluft von gar zu vielen wechſelnden Bedingungen abhängig iſt. Am ſtärkſten erfolgt der Ausgleich in grobkörnigeren Bodenarten, zumal im Sandboden. Es iſt wahrſcheinlich, daß die meiſt vorhandene Friſche der fein bis *) Jahrbuch der Agrikulturchemie 1883/74, S. 52. ) Citirt nach Forſchungen der Agrikulturphyſik 3, S. 110. Uebrigens giebt ſchon Neßler die Grundzüge dieſer Theorie. e) Forſchungen der Agrikulturphyſik 13, S. 1 und Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1890. 106 Der Boden. [S 44. mittelkörnigen Sande hierdurch weſentlich mitbedingt wird und dieſe Art und Weiſe der Waſſerzufuhr aus den tieferen Schichten eine viel erheblichere iſt, als die durch kapillare Leitung. In ſehr feinkörnigen Böden iſt der Luftaustauſch zu ſehr verlangſamt und anderſeits die Waſſerkapacität zu hoch; Abſcheidungen von Thau werden daher eine viel geringere Rolle ſpielen. Zahlreiche Unterſuchungen von Stockbridge haben ergeben, daß in der wärmeren Zeit der Boden zumeiſt in der Nacht wärmer iſt, als die unteren Luftſchichten, daß daher ein großer Theil des Thaues aus der feuchten Bodenluft ſtammen muß. Anderſeits wird in allen Fällen Waſſer als Thau zur Abſcheidung kommen, wo die Temperatur des Bodens und bei dem hohen Ausſtrahlungsvermögen der Pflanzentheile auch die Tem- peratur dieſer, ſich unter den Thaupunkt der umgebenden Luft abkühlt. Der Thau der Luft iſt daher eine Quelle der Feuchtigkeit für den Boden, die wahrſcheinlich in trockenen Gebieten (Wüſten Afrikas, Indiens, den regenarmen Theilen Nordamerikas u. ſ. w.), wo die Abkühlung der oberen Erdſchichten während der Nacht oft eine ganz enorme iſt, erhebliche Bedeutung gewinnen kann. Wieweit dies auch für die gemäßigten Gegenden zutrifft, iſt noch zweifelhaft. Die Ebermayerſchen Unterſuchungen ergaben für feinkörnige Sande in der kühleren Jahreszeit einen Ueberſchuß der Sickerwäſſer über den Niederſchlag. Beſtätigt ſich dies (die bisherigen anderweitigen Beobachtungen ſtimmen nicht damit überein), ſo würden die Thau— niederſchläge im Boden in vielen Fällen eine große Bedeutung beſitzen; zumal würde dies für nackte Böden (3. B. haben Dünen meiſt eine auffallend hohe Bodenfriſche) gelten, und hierin wohl mit eine Urſache zu ſuchen ſein, daß ſtreuberechte Böden meiſt höheren Waſſergehalt haben, als ſtreubedeckte. Ebenſo können Thauniederſchläge in ganz anderem Maße in gelockerten Böden ſtatt finden, als in dicht gelagerten. Leider fehlen hier, wie in faſt allen Fällen, welche die forſtliche Boden— kultur betreffen, die nothwendigen Unterſuchungen. 3. Wärmeentwickelung bei der Kondenjation. Literatur: Stellwag, Forſchungen der Agrikulturphyſik 5, S. 210. Breitenlohner, Forſchungen der Agrikulturphyſik 7, S. 408. Bei jeder Kondenſation tritt ein engeres Zuſammenlagern der Moleküle der verdichteten Gaſe und Flüſſigkeiten ein. Hierbei wird Wärme frei. Es geſchieht dies natürlich auch bei allen entſprechenden Vorgängen im Boden. Bemerkbaren Einfluß wird nur Waſſerdampf und flüſſiges Waſſer, was ebenfalls kondenſirt wird, ausüben können. Bemerkbar wird daher eine Temperaturſteigerung nur bei trockenem, oder faſt trockenem Boden werden. Ss 44. Kondenſationsvorgänge im Boden. 107 Stellwag erhielt bei ſeinen Unterſuchungen folgende Temperatur— erhöhungen des Bodens (bei einer Anfangstemperatur von 10°): waſſerfrei lufttrocken feucht Humoſer Kalkſand + 8,33“ + 1,03% + 0,68 %% Lehm + 5,50“ Lehmpulver „„ 9069 Lehmkrümel 0,5—1 mm D. - 7,04“ x 357 5 C Breitenlohner beobachtete Temperaturerhöhungen bei: Torfmull. + 5,90“ Plänermergel . = 2,25“ Lößlehm 1950. Es iſt dies eine Wirkung zugeführten flüſſigen Waſſers. Die Temperaturerhöhungen lufttrockener Böden durch Kondenſation von Waſſerdampf ſchwanken nach Stellwag zwiſchen 0,7 und 3,5“; waſſer— freie Böden zwiſchen 3 — 12°. Es ſind dies Einwirkungen auf die Bodentemperatur, die nur dann hervortreten können, wenn der Boden waſſerarm iſt; alſo nur in längeren Zwiſchenräumen zur Geltung kommen können. Dieſe Bedingungen treten bei Niederſchlägen mittlerer Stärke nach längeren Trockenperioden ein. Geringe Niederſchläge dringen nicht tief genug in den Boden ein, um bemerkbar zu wirken; ſtarke erkälten, da der Regen in der Regel die Temperatur der umgebenden Luft hat, den Boden zu ſehr. Es iſt dies der Grund, daß dieſe plötzlichen Tem— peraturſteigerungen bei längeren Regen nicht bemerkt werden und dieſe einen die Temperatur erniedrigenden Einfluß auf den Boden ausüben. Breitenlohner beobachtete z. B. vor und nach einem Gewitter— regen folgende Bodentemperaturen: Zeit der Temperat. Beobach⸗ in der | Temperatur des Bodens tung Sonne Oberfläche 6 Zoll 1 Fuß 2 Fuß 3 Fuß 4 Uhr 22,3 25,0 19,5 18,0 16,6 I eg 15,6 18,8 20,7 18,2 16,6 15,1 Es ſind demnach bejonders die vberjten Bodenſchichten, welche plötzliche Temperaturſteigerungen zeigen, die aber immer noch tief genug gehen, um auf die Vegetation günſtig zu wirken. Breitenlohner macht darauf aufmerkſam, daß die ſogenannten „warmen Regen“ im Frühjahre und die Gewitterregen Wirkungen ausüben, denen man in der landwirthſchaftlichen Praxis eine beſondere Bedeutung für die Fruchtbarkeit der Felder beimißt. *) Bei 4,79% Waſſer; bei 5.63% Waſſer = - 1,02“. ) Bei 5,57% Waſſer; bei 7,10% Waſſer = 0,65. 108 Der Boden. [ss 44, 45. Eine andere Wirkung der Kondenjation macht ſich bei Bewäſſerung von Wieſen und Feldern geltend. Iſt auch an ſich der Boden eines flachen Waſſerſpiegels für die Erwärmung durch Beſtrahlung beſonders begünſtigt und hält die hohe Wärmekapacität des Waſſers auch während kühler Nächte eine ſtarke Abkühlung fern,“) jo liegen doch noch genug Beobachtungen vor, die ſich nur aus Kondenſationswirkungen er— klären laſſen. a In der feuchteren Jahreszeit entſpricht die Temperatur des Bodens der des auffließenden Waſſers. Im Sommer dagegen, wo die Pflanzen⸗ welt wie die höhere Temperatur ein raſches Austrocknen des Bodens bewirken, kann das zugeführte Waſſer ſelbſt über Lufttemperatur er- wärmt werden. König beſchreibt einen genau beobachteten derartigen Fall.“) Bei völlig bedecktem Himmel, jo daß eine nennenswerthe Wir- kung der Beſtrahlung ausgeſchloſſen war und einer Lufttemperatur von 16,2—17“, wurde das mit einer Temperatur von 9,4“ zugeführte Waſſer nach viermaliger Benutzung auf 18,2“ erwärmt. Dieſe Erſcheinung läßt ſich wahrſcheinlich auf Kondenſationswir⸗ kungen zurückführen. Mechaniſche Arbeit, die beim Fall des Waſſers in Wärme umgeſetzt wird, kann nur eine verſchwindende Erwärmung herbeiführen und müßte auch in den verſchiedenen Jahreszeiten konſtant wirken, was aber nicht der Fall iſt. In einfachſter Weiſe kann man ſich von der Erwärmung des Bodens durch Kondenſation überzeugen, wenn die erſten Tropfen eines Regens (zumal bei Gewittern) ſtark ausgetrockneten Boden treffen. Die hohe Temperatur desſelben macht ſich ſofort bemerkbar, wenn man nur die Hand auflegt. § 45. 9. Die Durchlüftung des Bodens. Die Bodenluft (S. 12) weicht in ihrer Zuſammenſetzung weſentlich von der atmoſphäriſchen Luft ab. Reichlicher Gehalt an Kohlenſäure, geringere Mengen von Sauerſtoff unterſcheiden die im Boden eirkulirende Luft. Zumal der Gehalt an Sauerſtoff iſt für die Athmung der Pflanzen von Wichtigkeit. Es ſcheint überhaupt, daß viele Baumarten, ſo vor allen die Kiefer gegen mangelnden Luftwechſel im Boden ſehr empfindlich find; nach Meinung des Verfaſſers widmet man in forit- lichen Kreiſen der Durchlüftung des Bodens noch lange nicht die Auf- merkſamkeit, welche ſie verdient. ) In Norditalien ſind ſogenannte „Waſſerwieſen“ verbreitet. Flache Wieſenflächen werden überrieſelt, und das Gras wächſt unter Waſſer zu einer Zeit, wo die Temperatur ſonſt noch zu niedrig iſt, eine kräftige Entwickelung der Vege⸗ tation zu ermöglichen. Journal für Landwirthſchaft 1880, S. 233-236. § 45.] Durchlüftung des Bodens. 109 Fehlt dem Boden längere Zeit atmoſphäriſcher Sauerſtoff, ſo über— wiegen bei der Zerſetzung der organiſchen Stoffe Fäulnißvorgänge und führen zur Bildung ſauer reagierender Humusſtoffe, die auf Boden wie Beſtand gleich ungünſtig einwirken. Die Geſammtmenge der im Boden eingeſchloſſenen Luft iſt, da alle nicht von feſten Beſtandtheilen erfüllten Räume von Luft erfüllt ſind, durch die Beſtimmung des Volumgewichtes des Bodens, bez. der Bodenbeſtandtheile gegeben. Zieht man das Volumen der feſten Be— ſtandtheile vom Geſammtvolumen ab, ſo erhält man das Poren— volumen, d. h. die lufterfüllten Räume des Bodens. Durch höheren oder geringeren Waſſergehalt werden dieſe natür— lich entſprechend verkleinert. Für Böden mit normaler Feuchtigkeit iſt demnach von dem gefundenen Porenvolumen noch die Größe abzu— rechnen, welche der Waſſermenge, welche der Boden dauernd feſthält, alſo der kleinſten Waſſerkapacität entſpricht. Der Gasaustauſch zwiſchen Bodenluft und atmoſphäriſcher Luft wird weſentlich durch zwei Vorgänge bewirkt, welche auf die verſchie— dene chemiſche Zuſammenſetzung und auf die wechſelnden Wärmever— hältniſſe zurück zu führen ſind. Jeder Wechſel der Temperatur bewirkt eine Ausdehnung oder ein Zuſammenziehen der Bodenluft. Dieſe Wirkung iſt jedoch wenig ener— giſch, da einer Temperaturänderung von 1° C. nur eine Volumänderung der Luft von ½73 entſpricht. Wichtiger iſt wohl der Auftrieb der leichteren Bodenluft in allen Fällen, in denen die tieferen Bodenſchichten wärmer ſind als die höheren. Ein ſtärkerer Gasaustauſch wird aber hierdurch nur in der kalten Jahreszeit bewirkt. Im Sommer, wo das vegetative Leben am ſtärkſten iſt, und der Sauerſtoffverbrauch ſeine höchſte Höhe erreicht, wirkt die kühlere Temperatur der tieferen Erd— ſchichten ungünſtig auf die Durchlüftung des Bodens ein. Die Haupturſache des Gasaustauſches im Boden iſt auf die Vor— gänge zurück zu führen, welche unter dem Namen der Diffuſion zu— ſammengefaßt werden. Gaſe auch noch ſo verſchiedenen Volumgewichtes laſſen ſich nicht in einem Gefäße in verſchiedenen Schichten getrennt erhalten. Nach kurzer Zeit iſt der ganze Raum von einem überall gleichmäßig zuſammengeſetzten Gasgemiſch erfüllt. Die Geſchwindigkeit, mit welcher die Miſchung zweier Gasarten erfolgt, iſt vom Molekular— gewicht derſelben abhängig. Gleichen Druck und gleiche Temperatur vorausgeſetzt, verhält ſich die Diffuſionsgeſchwindigkeit annähernd um— gekehrt wie die Quadratwurzel der Molekulargewichte. (So z. B. Waſſerſtoff — 1; Sauerſtoff = 16; verhalten ſich alſo wie 4:1; d. h. in der gleichen Zeit würden etwa vier Volumen Waſſerſtoff in Sauerſtoff, aber nur ein Volumen Sauerſtoff in Waſſerſtoff über— treten.) ö 110 Der Boden. [S 45. Im Boden wird daher fortwährend ein Ausgleich der einge- ſchloſſenen Luft mit der der Atmoſphäre durch Diffuſion ſtattfinden, und zwar um ſo energiſcher je abweichender die Zuſammenſetzung beider Luftſchichten iſt. a Um ein Maß für die Durchlüftung des Bodens zu finden, hat man die Luftmenge feſtgeſtellt, welche unter mäßigem Druck durch den Boden hindurchgeht. *) Die Durchlüftbarkeit eines Bodens iſt von der Korngröße, der Dichtigkeit der Lagerung und am ausgeſprochenſten von dem Waſſer— gehalt abhängig. In grobkörnigen Bodenarten bewegt ſich die Luft faſt ohne Schwie— rigkeit. Wendet man künſtlichen Druck an, ſo ſind die ausfließenden Luftmengen dem Drucke proportional; ein bemerkbarer Einfluß der Reibung iſt nicht vorhanden. Je feinkörniger ein Boden iſt, um ſo mehr tritt dieſe jedoch her— vor und beeinflußt je nach dichter oder lockerer Lagerung der Boden— theilchen die Durchlüftbarkeit im hohen Maße, und dies natürlich um jo mehr, je mächtiger die Bodenſchicht iſt, welche die Luft zu durch— dringen hat.“) Jede Lockerung des Bodens, ſowie namentlich die Krümelung der Bodentheile iſt daher ſelbſtverſtändlich der Durchlüftung günſtig. Ammon fand ſo z. B. für dasſelbe Gewicht humoſen Kalkſandes folgende durchgegangene Luftmenge (Temp. — 5° ., Druck = 40 mm) in Liter für die Stunde: Kalkſand locker. 757 g 982 cem 356,6 Liter Luft 2 feſtgedrückt „„ mu 12.07 See „ „ eingeſtampft , a2 2751 In ähnlicher Weiſe wirkt die Krümelung der Bodentheile für den Luft— austauſch begünſtigend. So ließen z. B. 982 cem (50 em Höhe, 5° C., Liter Luft in der Stunde) Lehmboden hindurchtreten: Pulverförming 1 Krümelig (0,25 0,50 mm D.) 30,9 fe (0,5 1,0 „ „„ Ar 1 7 (12 tr AO a 5 Dieſe Zahlen zeigen, welchen enormen Einfluß Bodenbearbeitung auf die Durchlüftung des Bodens haben muß. I [23 7 Renk, Zeitſchrift für Biologie 1879, Bd. 15. — Ammon, Forſchungen der Agrikulturphyſik 3, S. 209. »Wie langſam theilweiſe der Ausgleich der Bodenluft erfolgt, zeigen die Erfahrungen, welche bei der Vertilgung der Reblaus gewonnen ſind. Schwefel- kohlenſtoff in ca. 60—80 em tiefe Bohrlöcher gegoſſen, iſt bei thonigem Boden zum Theil nach ſechs bis acht Monaten noch in ſolchen Mengen vorhanden, daß man ihn anzünden kann. ss 45, 46.] Durchlüftung. Kohärescens der Bodentheile. 111 Starken Einfluß übt ferner der Waſſergehalt auf die Durchlüftung aus. Ganz trockne Böden ſind weniger durchlaſſend als ſolche mit mäßigem Waſſergehalt, wahrſcheinlich, weil in dieſen eine Krümel— bildung eintritt; höhere Waſſergehalte ſetzen dagegen den Durchgang der Luft herab, und naſſe Böden heben ihn faſt völlig auf. Böden im gefrorenen Zuſtande laſſen, wahrſcheinlich in Folge der geringeren Beweglichkeit der Eistheile, ſehr viel weniger Luft hindurchgehen als nicht gefrorene. Die Durchlüftbarkeit wird ferner noch durch Schichten verſchiedener Feinkörnigkeit ſtark beeinflußt; maßgebend iſt hierbei die Schicht fein— körnigſten Materials. Die Menge der durchgegangenen Luft (bei 10° C., 40 mm Druck, 50 em Höhe der Erdſäule) betrug z. B.: Sand, 0,0 — 0,25 mm D. 74,6 Liter Luft in der Stunde Derſ. Sand, von 1 em dicker Lehmſchicht durchlagert n, . 5 Desgl. 5 em dicke Lehmſchicht 2,9 „ . Eine ähnliche Wirkung haben die Streudecken, und kann beſonders eine Rohhumusſchicht ausüben, die im naſſen Zuſtande den unterliegenden Boden oft während eines großen Theiles des Jahres faſt völlig ab— ſchließt. Das Vorwiegen der Fäulnißvorgänge und die Bildung ſaurer Humusſtoffe in ſolchen Böden erklärt ſich daraus zur Genüge (vergl. $ 58,2). Die Beſtimmung der Durchlüftbarkeit eines Bodens im gewachſenen Zuſtande iſt ſchwierig. Am beſten hat ſich noch die Methode von Heinrich bewährt.“) Es wird ein Kaſten von 100 gem Oeffnung 10 em tief in den Boden gepreßt und dann der Druck beſtimmt unter dem zuerſt (der Druck ſinkt, wenn der Luft erſt leichter durchdringbare Bahnen eröffnet ſind) Luft hindurchtritt. Die Höhe des nothwendigen Druckes giebt ein Maß für die Durchläſſigkeit des Bodens. Nach Heinrich iſt ein Boden noch fruchtbar, wenn er nicht mehr als 70 mm Queckſilberdruck zeigt. Er fand für Sandböden keinen meßbaren Druck, für lehmigen Sand bis zu 30 mm; ein naſſer Torfboden bedurfte 80 mm Druck. Natürlich ändern ſich dieſe Verhältniſſe je nach dem Waſſergehalt der Böden erheblich; es ſind daher immer nur relativ vergleichbare Zahlen. § 46. 10. Die Kohärescenz der Bodentheile. Literatur: Schübler, Grundſätze der Agrikulturchemie 1830. Haberlandt, Wiſſenſchaftlich-praktiſcher Unterricht e. Wien 1875, I, S. 22 und Forſchungen der Agrikulturphyſik 1, S. 148. Pochner, Forſchungen der Agrikulturphyſik 12, S. 195. * Heinrich, Grundlage zur Beurtheilung der Ackerkrume. Roſtock 1883. S. 124 und 222. 112 Der Boden. ; 18 45 Die Anziehungskraft, welche die einzelnen Theile eines Körpers auf einander ausüben, bezeichnet man als Kohäſion. Ein Maß der⸗ ſelben iſt der Widerſtand, welchen ſie einer Trennung, ſei es durch Zug (relative Feſtigkeit) oder Druck (abſolute Feitigfeit) oder dem Ein- dringen eines keilförmigen Körpers (Trennungswiderſtand) entgegen- ſetzen. In der Bodenphyſik hat man, da der Boden aus verſchiedenartigen Stoffen und außerdem aus einzelnen von einander getrennten Theilchen beſteht, für die Kräfte, welche ein Zuſammenlagern derſelben bedingen, den Ausdruck Kohärescenz eingeführt.“) Ob die Einführung dieſes Begriffes unbedingt nothwendig war, mag dahingeſtellt bleiben. Conſequenter Weiſe müßte man die Kräfte, welche alle Geſteine zuſammenhalten, dann auch als Kohärescenz be- zeichnen, da weitaus die meiſten derſelben aus verſchiedenen Mineral- arten gemiſcht oder doch alle aus einzelnen getrennten Theilen (Kryſtallen beſtehen. Der Begriff der Kohäſion würde dann nur noch bei Kry— ſtallen und amorphen Körpern zur Anwendung kommen dürfen. Die Stärke der Kohärescenz des Bodens iſt von der chemiſchen Zuſammenſetzung, der Korngröße, dem Waſſergehalte und der Lagerungs- weiſe abhängig. Thon hat die höchſte, Humus die geringſte Kohärescenz. In Gemiſchen ſteigert Thon den Zuſammenhang, Humus ſchwächt denſelben. Die Wirkung des Thones iſt allbekannt, die des Humus tritt nach den Verſuchen von Puchner überall als Kohärescenz vermindernd hervor. Die in der Praxis allgemein geläufige Anſchauung, daß humoſe Stoffe „ſchwere Böden lockerten, leichte bindiger machten“, iſt daher, ſtreng genommen, nicht richtig; wohl aber geben die zumeiſt noch organiſirte Struktur zeigenden und zumal mit hoher Waſſerkapacität ausgerüſteten Humuspartikel im Sandboden Gelegenheit, dieſen feuchter und krümliger zu erhalten. Die abſolute Feſtigkeit von 3 em langen und 2 em dicken Erd— cylindern betrug z. B. im Durchſchnitt: Kablin 24,251 g 2 Thl. Kaolin + | Thl. Quarzſand 22,357 g 1 Thl. Kaolin + 2 Thl. Quarzſand 16,178 g Quarzſand 3415 g 2 Thl. Quarzſand + 1 Thl. Humus 1923 g 1 Thl. Quarzſand + 2 Thl. Humus 1708 g Humus Sr 720 g 2 Thl. Humus A 1 ö Thl. Kaolin 4644 g 1 Thl. Humus — 2 Thl. Kaolin 21708 g ) Schumacher, Phyſik des Bodens. Berlin 1864, — 152 N S 46.] Kohärescenz der Bodentheile. 113 Die Kohärescenz ſteigt mit Abnahme der Korngrößen; bleibt aber auch dann in erſter Linie von der chemiſchen Zuſammenſetzung ab— hängig. Gröbere Sande z. B. zeigen keinen merkbaren Zuſammen— hang, während fein zerriebener Quarzſtaub eine erhebliche Bindigkeit beſitzt, jedoch hinter Thon zurückſteht. Salze wirken erhöhend oder vermindernd auf die Kohärescenz der Bodenarten ein. Von beſonderer Wirkſamkeit iſt ferner der Kalk— gehalt, der zumal in thonreichen Böden die Kohärescenz ſtark herab— ſetzt (vergleiche Seite 57.) Der Waſſergehalt übt bedeutenden Einfluß auf die Feſtigkeit und erniedrigt ſie in Thonböden in um jo höherem Maße, je feuchter dieſe ſind. Sand, ſowie humoſe Bodenarten zeigen bei einem mittleren Waſſergehalte die größte Kohärescenz. Adhäſion an Holz und Eiſen. Im nahen Zuſammenhange mit der Kohärescenz des Bodens ſteht ſeine Adhäſion an Holz und Eiſen, die bei der Bearbeitung der Böden mehr oder weniger hervor— tritt. Die Adhäſion an Holz iſt erheblich, im Durchſchnitt etwa 10 bis 25% höher als an Eiſen. Die Bodenarten zeigen bedeutende Unterſchiede, die zumal vom wechſelnden Waſſergehalte beeinflußt werden. Nach den Verſuchen von Haberlandt iſt die Adhäſion bei mittlerer Feuchtigkeit am höchſten und nimmt mit ſteigendem oder fallendem Waſſergehalte ab. Nach den ausgedehnten Verſuchen Puchners iſt der Widerſtand, den der Boden der Bearbeitung bei mittlerem Waſſergehalte entgegenſetzt, bei Sand⸗ und humoſen Böden am höchſten, bei thonigen Boden immerhin viel höher als bei höheren Feuchtigkeitsgraden. Die Be— arbeitung, zumal im landwirthſchaftlichen Betriebe, bezweckt aber eine thunlichſt weitgehende Lockerung des Bodens und Erhaltung bez. För— derung der Krümelſtruktur. Thonböden z. B. werden bei ſehr hoher Feuchtigkeit leicht in einen gleichmäßigen Brei umgewandelt, bei zu geringer, nur in groben Stücken umgebrochen. Es iſt daher noth— wendig, dieſe Arbeiten bei einem mittleren, für die Erhaltung der Bodenſtruktur günſtigſten Waſſergehalt des Bodens vorzunehmen. (Vergleiche $ 104.) © Ramann. 8 V. Die Verwitterung. Die feſten Geſteine der Erdoberfläche werden durch phyſikaliſche und chemiſche Einwirkungen, ſowie durch die Thätigkeit der Pflanzen⸗ welt verändert, in ihrem Zuſammenhange gelockert und allmählich in ein feinkörniges Aggregat, den Erdboden, umgewandelt. Alle hierauf bezüglichen Einwirkungen faßt man unter den Begriff der Vermwitte- rung zuſammen. § 47. 1. Verwitterung durch phyſikaliſche Kräfte. Von erheblichem Einfluß auf die Verwitterung iſt außer der Be— ſchaffenheit der Geſteinsſtruktur noch die der Oberfläche. Je rauher und ungleichmäßiger, von Spalten und Riſſen durchzogen dieſe iſt, um ſo leichter wird die Verwitterung vorſchreiten können; je glätter und gleichmäßiger, um ſo mehr wird das Eindringen erſchwert. Die Technik macht hiervon Gebrauch, indem ſie Denkmäler, Säulen und dergleichen polirt, nicht nur das Ausſehen wird hierdurch ein günſtigeres, auch die Haltbarkeit wird bedeutend erhöht. Wie ſehr dies der Fall iſt, zeigt ein Verſuch von Pfaff, der geſchliffene Platten von Geſteinen der Verwitterung ausjebte.*) Eine ſolche von Jura⸗ kalk ergab bei 2500 qmm Oberfläche nach zwei Jahren einen Gewichts- verluſt von nur 0,18 g; nach drei Jahren ſchon von 0,55 g. Die Oberfläche war ganz rauh geworden. In großartigſter Weiſe zeigt ſich die Widerſtandsfähigkeit polirter Felſen in jenen Gebieten, die früher von Gletſchereis bedeckt waren. In Skandinavien, Nordamerika und an anderen Orten finden ſich Hügel, deren ſcharfe Kanten und Ecken vom Eis abgerundet ſind, ſogenannte „Rundhöcker“ (ein großer Theil der ſkandinaviſchen Schären gehört dazu), und die noch jetzt, nach Jahrtauſenden, durch Verwitterung kaum angegriffen, ihre geglättete Oberfläche faſt unverändert erhalten haben. Phyſikaliſche Urſachen des Zerfalles der Geſteine ſind die durch wechſelnde Temperatur bewirkten Volumveränderungen und die Druck— wirkungen, welche das gefrierende Waſſer beim Uebergang in den feſten Aggregatzuſtand ausübt. ) Centralblatt der Agrikulturchemie 2, S. 325. $ 47.] Verwitterung durch phyſikaliſche Kräfte. 115 a) Einwirkung der Temperatur. Alle Körper dehnen ſich bei ſteigender Temperatur aus und ziehen ſich bei fallender zuſammen. Der Grad der Ausdehnung iſt nach der Zuſammenſetzung und Struktur ein recht verſchiedener. Eine Einwirkung auf Geſteine in ſo hohem Maße, daß ein direkter Zerfall derſelben eintritt, kann nur in Gegenden mit ſehr hohen Tages- und niederen Nachttemperaturen, alſo hohen Wärmeſchwankungen, ein— treten. Dieſe Bedingungen find in den Wüſtengebieten gegeben. *) Hier erfolgt ein ſchalenförmiges Abſpringen feſter (ſo z. B. zerſpringen die in den Wüſtengebieten Oberegyptens verbreiteten Feuerſteine mit klingendem Ton) und eine Zertrümmerung der gemengten Geſteine. Es iſt dies auf die ſehr verſchiedene Erwärmung der einzelnen Ge— ſteinsſchichten und die dadurch geſteigerte Spannung zurückzuführen. In jenen Gegenden ſind daher die großen Unterſchiede in der Tages- und Nachttemperatur ein weſentliches Hülfsmittel der Geſteinsverwitterung. In den gemäßigten Klimaten tritt dieſe Einwirkung ſehr zurück und erliſcht in den kalten Gebieten der Erde, wo für längere Zeitabſchnitte die herrſchende Temperatur nur geringen Schwankungen ausgeſetzt iſt, völlig. In unſeren Gegenden kommen wohl nur frei hervorragende Felſen und Felsabſtürze in Frage, bei denen die täglichen Temperatur- ſchwankungen ein begünſtigendes Moment der Verwitterung bilden. Erheblicher wirkt die wechſelnde Ausdehnung, welche die Beſtand— theile kryſtalliniſcher Geſteine bei Temperaturänderungen erleiden. Hierzu kommt noch, daß die Volumänderungen bei Kryſtallen nach verſchiedenen Richtungen in den meiſten Fällen eine verſchiedene iſt. Dieje Richtungen verſchiedener Ausdehnung fallen mit den kryſtallogra— phiſchen Axen zuſammen. Als Regel gilt hierbei, daß gleichwerthige Axen gleiche, ungleichwerthige Axen ungleiche Ausdehnungskoefficienten haben. Bei regulär kryſtalliſirenden Körpern iſt demnach die Volumver— änderung bei Temperaturwechſel nach allen Richtungen des Raumes gleichartig; bei den quadratiſch und hexagonal kryſtalliſirenden nach zwei, bei den übrigen Mineralien nach drei Richtungen verſchieden. Sind die Unterſchiede bei den gewöhnlichen Temperaturen auch nur gering, ſo lockern ſie doch den feſten Zuſammenhang der Geſteine und bereiten dem Waſſer Wege, durch die es einzudringen vermag. Hierauf iſt es wahrſcheinlich zurückzuführen, daß die Verwitterung in grob kryſtalliniſchen Geſteinen viel raſcher fortſchreitet, wie in ſonſt gleich— artig zuſammengeſetzten, fein kryſtalliniſcher Struktur. Es gilt dies auch von einheitlich zuſammengeſetzten Geſteinen, da reguläre Mineralien nur ſelten in größerem Maße an der Zuſammenſetzung der Geſteine theilnehmen. *) J. Walther, Abhandlungen der ſächſiſchen Geſellſchaft der Wiſſenſchaften Mathematiſch⸗phyſikaliſche Klaſſe XVI, S. 345 (1891). 2 * 8 7 116 Die Verwitterung. ö [8 47. Bei größeren Kryſtallen, welche ſich in ihrer ganzen Maſſe einheitlich ausdehnen oder zuſammenziehen, machen ſich die Volumänderungen entſprechend ſtärker bemerkbar, als bei ſehr kleinen Kryſtallindividuen. Eine gewichtige Rolle bei der Zertrümmerung der Geſteinsmineralien ſpielen wahrſcheinlich noch die mikroſkopiſchen Einſchlüſſe, die zu den verbreitetſten Erſcheinungen gehören. Gasporen und Flüſſigkeitseinſchlüſſe (d und e in Abb. 15), Einſtülpungen von Grundmaſſe und dergleichen finden ſich in ſehr vielen Fällen. Bei den nicht unerheblichen Aus- dehnungskoefficienten der Gaſe (/,-,) und den Volumveränderungen, welche die eingeſchloſſenen Flüſſigkeiten (vorwiegend Waſſer, ſeltener Kohlenſäure oder kohlenſäurehaltiges Waſſer) beim Gefrieren erleiden, muß der Druck, den ſie auf das umſchließende Geſtein ausüben, ſicher ein bedeutender ſein und kann die Bildung feiner Riſſe veranlaſſen. Abb. 15. Zerſprungenes Quarzkryſtall in Felſitporphyr. a) Einſtülpungen der Grundmaſſe. b) Einſchlüſſe der Grundmaſſe. e) Sprünge im Kryſtall. d) Flüſſigkeitseinſchlüſſe. e) Gasporen. Es iſt vielleicht mit hierauf zurück zu führen, daß Flüſſigkeits⸗ einſchlüſſe in ſchwer ſpaltbaren und wenig angreifbaren Mineralien, wie 3. B. im Quarz, allgemein verbreitet find, während ſie in anderen, die dieſe Eigenſchaften nicht haben, wie z. B. die Feldſpathe, zu den größten Seltenheiten gehören und meiſtens durch Gasporen erſetzt ſind. Größere, fremde Einſchlüſſe, Einſtülpungen der Grundmaſſe und dergleichen (a und b in Abb. 15), die in ausgeſchiedene Kryſtalle hinein⸗ ragen, werden namentlich durch Volumänderungen, welche ſie bei der Verwitterung erleiden, wirkſam ſein. In vielen Geſteinen iſt oft die Mehrzahl der Kryſtalle zerſprungen. b) Wirkung des gefrierenden Waſſers. Die Volumvermehrung des Waſſers beim Uebergang aus dem flüſſigen in den feſten Aggregatzuſtand um etwa / it ſchon erwähnt § 47.) Verwitterung durch phyſikaliſche Kräfte. 117 (Seite 6). Der Druck, den das gebildete Eis ausübt, iſt ein mächtiges Förderungsmittel des Geſteinzerfalles und wird durch die Poroſität der meiſten Geſteine noch ſehr geſteigert. Auch die feſteſten Gebirgsarten ſind von einem Netz feiner Spalten und Riſſe durchzogen, welche dem Waſſer den Eintritt gejtatten.*) Beſonders auffällig wird die ſprengende Wirkung, wenn ſich in breiteren Geſteinsſpalten flüſſiges Waſſer anſammelt oder ſich abge— ſtorbene Wurzeln voll Waſſer ſaugen. Das beim Gefrieren entſtehende Eis wirkt dann in der Art eines Keiles und kann mächtige Felsblöcke abſprengen. Senft“ theilt hiervon Beiſpiele mit. Iſt die Zerſetzung ſchon weiter vorgeſchritten, ſo ſind die Geſteine völlig von Waſſeradern durchzogen, beim Gefrieren treibt das Eis die einzelnen Bruchſtücke aus einander, und nach dem Aufthauen kann das ganze, vorher noch feſte Geſteinsſtück in Gruß zerfallen. Zahlreiche Beiſpiele findet man hiervon unter den Gneißen und Graniten, die als Geſchiebe im Flachland vorkommen; Glimmerſchiefer, der ſchon durch ſeine Struktur das Eindringen des Waſſers begünſtigt, wird oft völlig in feinen Geſteinsgruß zertrümmert. Beſonders mächtig macht ſich die Sprengwirkung des gefrierenden Waſſers in ſolchen Gebieten geltend, die am Tage ſich über den Null— punkt erwärmen und des Nachts auf's Neue gefrieren, wie dies viel— fach im Hochgebirge der Fall iſt. An vielen Stellen wiederholen ſich während der wärmeren Jahreszeit faſt täglich dieſe Vorgänge. Ge— waltige Maſſen von Geſteinstrümmern werden ſo allmählich von den Hochgebirgsgipfeln abgeſprengt. * c) Mechaniſche Wirkungen des fließenden Waſſers, viel— fach unter Mithülfe der Geſchiebe, ſind in allen Gebirgen zu beobachten. Die fortgeführten Geſteinsbruchſtücke runden und verkleinern ſich durch Reibung gegen einander fortwährend. Auch die chemiſche Zerſetzung ſcheint durch die feine mechaniſche Zertheilung in hohem Grade gefördert zu werden. Zugleich wirken die vom Waſſer fortbewegten Geſchiebe auf den Untergrund der Flüſſe und vertiefen denſelben. Am aus— geſprochenſten erſcheint dieſe mechaniſche Thätigkeit des fließenden Waſſers im Gebirge, wo nicht ſelten tief eingeſchnittene ſchmale Schluchten aus— gebildet werden, die in Tyrol als „Klamm“ bezeichnet, oft ſtunden— lang ſich in den Felſen hinziehen. Die großartigſten derartigen Bildungen beſitzt Nordamerika in den tiefeingeſchnittenen Flußläufen Kolorados (dort als Canon bezeichnet). ) Bischof (Lehrbuch der chemiſchen Geologie) bewies die Poroſität der Trachyte des Siebengebirges, indem er ſie unter der Luftpumpe in verdünnte Schwefelſäure legte. Der Luftdruck preßte die Säure 4 — 5 em tief in das Geſtein. **) Senft, Forſtliche Bodenkunde, S. 143. a) Paul Güßfeld, In den Hochalpen. Berlin, Allg. Ver. deutſcher Literatur. 118 Die Verwitterung. [SS 48, 49. § 48. 2. Die löſende Wirkung des Waſſers. Man hat alle Urſache anzunehmen, daß kein Mineral unbedingt unauflöslich in Waſſer iſt; Stoffe, welche der Chemiker als unlöslich bezeichnet, ſind eigentlich nur ſo ſchwer löslich, daß die im Waſſer gelöſt zurückbleibende Menge für die gewöhnlichen Verhältniſſe ver- nachläſſigt werden kann; nicht aber für das große Laboratorium der Natur, wo Jahrtauſende hindurch immer neue Waſſermengen auf die Körper einwirken. i Allerdings findet ſich in der Natur völlig reines Waſſer überhaupt nicht; immer ſind kleine Mengen von Salzen, ſowie Kohlenſäure darin gelöſt enthalten. Trotzdem iſt es berechtigt, die Einwirkung auf ſolche Körper, die einfach aufgelöſt und ſtofflich unverändert wieder abgeſchieden werden können, von dem Begriff der „ſpeciellen“ Verwitterung, die immer chemiſche Umſetzungen bewirkt, geſondert zu betrachten. Zu den in Waſſer leicht löslichen Mineralarten gehört außer dem Kochſalz, Carnallit, Kainit und dergleichen beſonders noch der Gyps und für kohlenſäurehaltiges Waſſer der kohlenſaure Kalk und die kohlen⸗ ſaure Magneſia. Der Gyps iſt bereits in etwa 400 Theilen Waſſer löslich. Ueberall, wo er als Geſtein anſteht, findet man daher Hohlräume und Spalten ausgelaugt (Gypsſchlotten). Im kohlenſäurehaltigen Waſſer ſind die kohlenſauren Salze des Kalkes, der Magneſia und des Eiſenoxyduls löslich. Die aufgenommene Menge dieſer Stoffe iſt abhängig vom Kohlenſäuregehalt des Waſſers. Auch bei den Kalk- und Magneſiageſteinen ſind einzelne Theile weniger angreifbar als andere, oder das Waſſer folgt vorwiegend be— ſtimmten, durch äußere Zufälligkeiten bedingten Wegen. In beiden Fällen erfolgt die Löſung des Geſteins an ſolchen Stellen raſcher, und die Bildung von Spalten und Höhlen iſt hierdurch im Kalkgebirge eine weit verbreitete Erſcheinung. Eigenthümliche Bildungen entſtehen hierdurch an der Oberfläche der Kalkgebirge, die zumal im Hochgebirge beſonders charakteriſtiſch auftreten und in den Alpen als „Schratten- oder Karrenfelder“ bezeichnet werden.“) Die weniger angegriffenen Theile des Geſteins ragen als ſcharfe Rippen, Kanten und Ecken hervor und erſchweren das Ueberſchreiten ſolcher Flächen oft ſehr erheblich. ä § 49. 3. Verwitterung im engeren Sinne. Die in der Natur bei der Verwitterung überwiegend betheiligten Stoffe find Sauerſtoff, Waſſer und Kohlenſäure. Die beiden ) Heim, Die Verwitterung im Gebirge. Baſel 1879. $ 49.] Verwitterung im engeren Sinne. 119 letzteren in gemeinſamer Einwirkung als kohlenſäurehaltiges Waſſer üben den bedeutſamſten Einfluß auf die feſten Erdſchichten aus und ſind das Hauptagens der Verwitterung. In vielen Fällen dieſen ebenbürtig und oft ſogar überlegen iſt endlich noch die Einwirkung der aus der unvollkommenen Zerſetzung der organiſchen Stoffe hervorgehenden ſauren Humusſtoffe. a) Die einfache Verwitterung. Die Zerlegung der Mineralien und Geſteine, welche durch die ge— nannten Stoffe erfolgt, bezeichnet man als einfache Verwitterung. Durch dieſe werden eine geringere oder größere Menge von Salzen löslich und zur Wirkung des kohlenſäurehaltigen Waſſers kommen noch die mannigfachen Umſetzungen, welche durch die verſchiedenen Salze bedingt werden und deren Thätigkeit man als fomplicirte Ver— witterung bezeichnet.“ Der Sauerſtoff iſt bei der Geſteinsverwitterung nur in geringem Maße thätig; weitaus die meiſten Mineralien ſind völlig oxydirt und können keinen Sauerſtoff mehr aufnehmen. Eine Ausnahme bilden nur die Eiſenoxydulſalze und das Schwefeleiſen. Bei der Leichtigkeit, mit der dieſe Körper oxydirt werden, iſt die Ueberführung der Eiſen— oxydulſalze in ſolche des Eiſenoxyds, und deſſen Abſcheidung in der Regel einer der erſten Vorgänge der Verwitterung. Große Bedeutung erlangt der Sauerſtoff nur in Bezug auf die Oxydation der organiſchen Körper (ſiehe Verweſung und Fäulniß, § 58). Das Waſſer als ſolches übt ebenfalls merkliche chemiſche Ein— wirkungen aus; es iſt durchaus kein völlig „indifferenter“ Körper, ſondern vermag viele Salze und dergleichen zu zerlegen. Da es in der Natur aber nie allein, ſondern immer in Gemeinſchaft mit Kohlen— ſäure vorkommt, ſo iſt es gerechtfertigt, hier nur die Wirkung des kohlenſäurehaltigen Waſſers zu beſprechen. Der allgemeine Vorgang bei der Verwitterung der Geſteine, ins— beſondere der faſt allein in Frage kommenden Silikate, läßt ſich im Folgenden zuſammenfaſſen: Die Silikate der Geſteine werden zerſetzt, die entſtehen— den löslichen Verbindungen der Alkalien, des Kalkes, zum Theil der Magneſia und des Eiſenoryduls werden weg⸗ geführt, während der Reſt des Geſteines unter Waſſerauf⸗— nahme als waſſerhaltiges Silikat zurückbleibt. So mannigfaltig alle Vorgänge der Verwitterung ſein mögen, ſie laſſen ſich doch unter dem Geſichtspunkt vereinigen, daß unter Waſſer— aufnahme eine Zerlegung der Mineralſubſtanz in einen löslichen und einen unlöslichen Theil erfolgt. ) Roth, Chemiſche Geologie. 120 Die Verwitterung. f [8 49. Ein gutes Beiſpiel der einfachen Verwitterung iſt die in der Natur weit verbreitete Umbildung des Orthoklas in Kaolin. Nimmt man den Gehalt an Thonerde hierbei als unveränderlich an, jo läßt ſich der Vorgang durch folgende Gleichungen ausdrücken: “) 106 Theile Orthoklas enthalten 16,88 K. 0 18,49 Al 0 64,63 810, Dieſe können bilden 46,45 Theile Kaolin, enthaltend — 18,49 Al,0, 21,58 810, 6,47 H. 0 Bei der Verwitterung ſind weggeführt, beziehungsweiſe aufgenommen 1 0 — — 43,05 Si 0 + 6,47 H,O In ganz ähnlicher Weiſe läßt ſich die Bildung eines waſſerhaltigen Magneſiumſilikats bei der Verwitterung der an Magneſia reichen Mineralien zur Darſtellung bringen. Man kennt z. B. faſt thonerdefreie, kalkreiche Abarten des Augits (Salit) und ein kalkfreies Umbildungsprodukt derſelben von der Formel 3 RIUISIi 0% + 2 H. O, den Pikrophyll.“ ) Nimmt man den Gehalt an Magneſia als unverändert, ſo ergeben ſich folgende Zahlen: 100 Theile Salit enthalten 24,16 CaO 22,80 Mg O 53,04 Si 02 Aus dieſen können ſich bilden 48,5 Theile Pikrophyll, enthaltend = 22,80MgO 34,23 Si O, 69H,0 Bei der Verwitterung ſind weggeführt, beziehungsweiſe aufgenommen — 24,16 Ca 0 — — 18,81 Si O. + 6,9 H 0 Die hauptſächlichſten unlöslichen Produkte der einfachen Verwitte— rung find nach der Zuſammenſetzung der Mineralien und Geſteine ver- ſchieden aber überwiegend folgende: 5 Aus thonerdehaltigen Geſteinen bilden ſich waſſerhaltige Thon— erdeſilikate. Aus magneſiahaltigen Geſteinen bilden ſich waſſerhaltige Magneſia— ſilikate. Aus eiſenhaltigen Geſteinen bilden ſich Eiſenoxyd, Eiſenoxydhydrat und waſſerhaltige Eiſenoxydſilikate. Als mehr oder weniger lösliche Produkte der Verwitterung ſind zu nennen: 1. Waſſerhaltige Silikate von Kalium, Natrium; 2. Karbonate der Alkalien, des Calciums, Magneſiums und Eiſens; 3. Kieſelſäurehydrat. ) Roth, Chemiſche Geologie, I, S. 142. **) Berechnet nach den Analyſen von Svanberg; der Gehalt an Eiſenoxydul iſt auf eine äquivalente Menge Magneſia umgerechnet. $ 49.) Verwitterung im engeren Sinne. 121 Es iſt natürlich nicht nothwendig, daß die Wegführung dieſer löslich gewordenen Beſtandtheile ſofort eintritt, in ſehr vielen Fällen ſind die vorhandenen Waſſermengen nicht annähernd hierzu im Stande, anderſeits werden einzelne Stoffe durch die Vorgänge der komplicirten Verwitterung und der mit dieſer in engſtem Zuſammenhang ſtehenden Abſorptionswirkung des Erdbodens feſtgehalten und der Auswaſchung theilweiſe entzogen. Im erſten Falle ſcheiden ſich einzelne Beſtandtheile oft kryſtalliniſch ab und können dann auch wohl der Auswaſchung dauernd widerſtehen. Der in Dünnſchliffen zu beobachtende, ſekundär gebildete Quarz kann z. B. nur aus hydratiſcher Kieſelſäure entſtanden ſein. Kohlen— ſaurer Kalk, ſowohl als Aragonit wie als Kalkſpath, gehört zu den häufigſten ſekundären Bildungen in Geſteinen und findet ſich zumal in ſolchen mit reichlichem Gehalt an Kalkfeldſpathen. Man kann 3. B. ſchwach zerſetzten, dichten Diabas in der Regel vom dichten Diorit durch den Gehalt an kohlenſauren Kalk (Diabas brauſt in Berührung mit Säuren!) unterſcheiden. Verſuche über die Einwirkung von reinem und kohlenſäurehaltigem Waſſer auf Geſteine und Mineralien ſind vielfach angeſtellt worden. Die Zerſetzung verläuft in beiden Fällen ähnlich; wenn natürlich auch das kohlenſäurehaltige Waſſer mehr lösliche Stoffe aufnimmt und zumal mehr Kalk und Eiſenoxydul zu löſen vermag, als reines Waſſer. Als Beiſpiel mögen die Verſuche von J. R. Müller“) folgen, der Waſſer bei drei Atmoſphären Druck mit Kohlenſäure ſättigte und dann längere Zeit einwirken ließ. Die folgenden Zahlen geben die pro— centiſche Löslichkeit der einzelnen Stoffe und des ganzen Minerals an. Es wurden gelöſt von: % der einzelnen Stoffe im Adular Oligoklas Hornblende Augit Olivin Kieſelſäure . 0,155 0,237 0,419 Spur 0,873 Thonerde . 0,137 0,171 Spur — — 15,353 Spur — — — einn — 2,367 Spur — = Magneſia . — — — —— 1,291 Spur 3,213 8,528 — Spur Eiſenoxydul . Spur Spur 4,829 0,942 8,733 % des ganzen Minerals . 0,328 0,533 1,536 0,307 2 111. Aus dieſen Beiſpielen zeigt ſich bereits die leichtere Zerſetzbarkeit der falf-, natron- und eiſenreichen Silikate, die ſich auch in der Natur in der Regel beobachten läßt. ) Tſchermak, Mineralogiſche Mittheilungen 1877, S. 25. 122 Die Verwitterung. 8849. Trennt man die wichtigſten Mineralarten in magneſiaarme und magneſiareiche, ſo iſt die Reihenfolge in Bezug auf Zerſetzbarkeit etwa die folgende in den beiden Gruppen: magneſiaarme magneſiareiche Labrador Olivin Oligoklas Augit Orthoklas Hornblende Kaliglimmer Magneſiaglimmer. Im Allgemeinen verwittern die Mineralien der zweiten Gruppe leichter, als die der erſten. b) Die komplicirte Verwitterung. Die Vorgänge der komplicirten Verwitterung, welche in der Ein- wirkung verdünnter Salzlöſungen auf Mineralien und die bereits ge- bildeten Verwitterungsprodukte beſteht, giebt zu äußerſt mannigfaltigen Umſetzungen Veranlaſſung. Die wichtigſten derſelben werden bei der Beſprechung der einzelnen Mineralien berührt, eine eingehendere Dar- ſtellung der Vorgänge, auf denen überwiegend die komplicirte Ber- witterung beruht, bringt der Abſchnitt über die Abſorptionswirkungen des Erdbodens ($ 51). Es iſt wichtig hervorzuheben, daß zwiſchen den beiden Vorgängen in Bezug auf die chemiſchen Proceſſe Ueber- einſtimmung herrſcht, in Bezug auf die Produkte nur graduelle Unter⸗ ſchiede beſtehen, welche in der verſchieden langen Dauer der Entſtehung begründet ſind. Im Allgemeinen iſt es leichter, aus den Abſätzen, welche in Spalten und Hohlräumen der Geſteine in langen Zeiträumen ſtattgefunden haben, ein Bild des chemiſchen Proceſſes zu erhalten, als aus den ſtetig wechſelnden Veränderungen der abſorbirten Stoffe im Boden. Die wichtigſten bei der komplicirten Verwitterung gebildeten Verbindungen ſind: Karbonate: Kalkſpath, Aragonit, Magneſit, Eiſenſpath; freie Kieſelſäure: Quarz, Chalzedon, Opal; Silikate: Zeolithe, Epidot, Kaliglimmer; Schwefelverbindungen: Eiſenkies; Metalloxyde: Eiſenoxyd, Eiſenoxydhydrat, Manganoxyde. 4. Einwirkung von Organismen und organiſchen Stoffen. Bei den Vorgängen der Verwitterung ſind pflanzliche Organismen der verſchiedenſten Art in erheblichem Maße betheiligt. Ueberall beginnt an frei hervorragenden Felſen und Geſteinen die Verwitterung unter Beihülfe von Flechten und Mooſen. Im Allge⸗ meinen ſcheinen die Pflanzen ſchon durch ihre ſauren Zellſäfte die Zer- ſetzung der Mineraltheile zu begünſtigen. In allen Fällen, in denen durch Diffuſion ein Austritt des Zellſaftes erfolgen kann, wird eine $ 49.) Einwirkung von Organismen und organiſchen Stoffen. 123 entſprechende Einwirkung auf die benachbarten Mineraltheile nicht aus— bleiben. An zahlloſen Beiſpielen läßt ſich dies direkt nachweiſen. Nach A. Müntz“) iſt die Salpeterſäure bildende Bakterie auf ver— witternden Geſteinen weit verbreitet, dringt in die feinſten Poren ein und überzieht die Geſteinsbruchſtücke mit einer Schicht organiſcher Subſtanz. Das Geſtein des Faulhorn im Berner Oberlande ſoll z. B. völlig durch dieſe Bakterie zerfreſſen ſein. Allbekannt iſt das Vorkommen von Flechten und Mooſen auf erſt ſchwach verwitterten Geſteinen. Löſt man die Pflanzenſchicht ab, ſo erſcheint der darunter befindliche Geſteinstheil wie angefreſſen und vielfach in ſeinem Zuſammenhange geſtört. Allerdings muß man be— rückſichtigen, daß die Pflanzen ſich überhaupt an Stellen anſiedeln, die entweder bereits einen gewiſſen Grad der Verwitterung erlangt haben oder wo durch Unebenheiten Gelegenheit zum Anhaften gegeben iſt; aber jedenfalls ſchreitet unter einer ſolchen Pflanzendecke die Zerſetzung raſcher fort, als beim Fehlen derſelben. Die Einwirkung der Wurzeln höherer Pflanzen iſt bekannt durch die Fähigkeit derſelben, glatt geſchliffene Tafeln von Phosporit, Mar— mor und dergleichen anzugreifen und einen Abdruck ihrer Vertheilung zurück zu laſſen. Auf der Pariſer Weltausſtellung waren Platten eines Sandſteines mit Kalkcement ausgeſtellt, welche von Wurzeln völlig durchlöchert waren; ſelbſt Nebenwurzeln hatten ſich einen Weg gebahnt. **) Die pflanzlichen Abfallſtoffe wirken auf die Verwitterung ein, indem ſie ſich zerſetzen und ſo eine Quelle der Kohlenſäure in der Bodenluft bilden. ; Noch bedeutſamer iſt jedoch die löſende und aufſchließende Wirkung der ſauren Humusſtoffe. In geſunden Böden neutraler oder ſchwach alkaliſcher Reaktion fehlen dieſe faſt völlig; werden aber für alle von Rohhumus bedeckten Böden wichtig. Eingehende Unterſuchungen fehlen noch recht ſehr. Eichhorn ***) zeigte an einer größeren Zahl von Verſuchen, daß alle ſauren Humus— ſtoffe (Moorerde, Heideerde, Torf, Humusſäure) aus neutralen Salzen Säure frei zu machen vermögen, die natürlich dann raſcher zerſetzend auf die Mineralſtoffe einwirkt. Meſchtſcherskyf) bewies die An— greifbarkeit des Orthoklas durch Humusſtoffe. Am ausführlichſten ſind die Angaben von Senfter), der namentlich dem humusſauren Ammo- niak (gewonnen durch Ausziehen einer humoſen Erde mit Ammoniak— ) Forſchungen der Agrikulturphyſik 14, S. 40. **) Forſtliche Blätter 1880, ©. 28. ) Landwirthſchaftliche Jahrbücher 1877, ©. 957. +) Bericht der Deutſchen chemiſchen Geſellſchaft, Band 16, S. 2283 (ſehr kurzes Referat). Tr) Forſtliche Geſteins⸗- und Bodenkunde. 2. Aufl. S. 331. 124 Die Verwitterung. S 49. flüſſigkeit) eine ſtarke Einwirkung zuſchreibt. Nach ſeinen Angaben wurden Silikate von Alkalien und der Magneſia, die Sulfate des Kalkes und Strontiums, die Phosphate von Kalk und Eiſen in Löſung übergeführt. In den Heidegebieten kann man oft bis in große Tiefe des Bodens deutlich ſaure Reaktion nachweiſen. Wahrſcheinlich finden ſich außer den ſauer reagirenden Humusſtoffen noch andere organiſche Säuren (Ameiſenſäure, Eſſigſäure und dergleichen), welche die Kohlenſäure in ihrer Einwirkung weit übertreffen und namentlich für die Auswaſchung der Stoffe wichtig ſind, da ſie faſt nur leicht lösliche Salze bilden. Unverkennbar iſt die ſtarke Einwirkung der humoſen ſauren Stoffe auf die Verwitterung der eingelagerten Geſteine. Die Heideebenen zeichnen ſich ſchon äußerlich durch das Vorkommen ſtark verwitterter und an der Luft ſchneeweiß gebleichter Steine aus; der Boden unter der Humusſchicht iſt oft bis in erhebliche Tiefen faſt völlig verwittert und durch Auswaſchung an löslichen Salzen erſchöpft (Bleifandbildung). In der Tatra beobachtete der Verfaſſer, daß die Moränen, welche den Kern des Gebirges umgeben, faſt überall mit einer ſtarken Roh- humusſchicht bedeckt ſind. Bei Schmeks, ziemlich an der unteren Grenze der Moränenbildung, war (in einem Aufſchluß) in der oberſten etwa 1— 1,5 m mächtigen Bodenſchicht eine nennenswerthe Verwitterung der größeren Blöcke nicht eingetreten, unterhalb dieſer (bis zu 5 m Tiefe ſichtbar) waren jedoch ſämmtliche Steinblöcke völlig verwittert. Die Konturen derſelben waren noch deutlich erkennbar, die ganze Ge— ſteinsmaſſe jedoch, und darunter Blöcke von Gneiß und Granit von über Meter Durchmeſſer in ein lockeres, leicht zwiſchen den Fingern zerbröckelndes Aggregat umgewandelt. Es iſt dies offenbar eine Wirkung der ſauren Abflußwäſſer, die aus den höher gelegenen Ge— bietstheilen als Grundwaſſer abfließen und nur die tieferen Schichten, welche ſie durchſtrömen, angreifen konnten, während die höher ge— legenen nicht oder wenig getroffen werden. Es iſt wahrſcheinlich, daß die Einwirkung der humoſen Stoffe auf die Verwitterung eine ſehr viel größere iſt, als man bisher ange— nommen hat. Von Wichtigkeit iſt endlich noch die reducirende Einwirkung der humusſauren Löſungen; durch fie wird Eiſenoxyd in Oxydul umge— wandelt und aus den organiſchen Schwefelverbindungen wird Schwefel— waſſerſtoff gebildet, der ſeinerſeits zu Abſcheidungen von Eiſenkies Veranlaſſung giebt. 5. Die Zeitdauer der Verwitterungsvorgänge. Ueber die Schnelligkeit der Verwitterung und die Zeitdauer, welche die Bildung einer Erdſchicht einer beſtimmten Höhe beanſprucht, wiſſen SS 49, 50.) Zeitdauer. Abſätze aus verwitternden Geſteinen. 125 wir bisher ſehr wenig. Die mannigfaltigſten Bedingungen wirken darauf ein und werden unter verſchiedenen Umſtänden ganz verſchiedene Wir— kungen hervorbringen. Direkte Verſuche über die Schnelligkeit der Verwitterung ſind von Dietrich“) und Hilgers“ angejtellt worden; indem Geſteine einige Jahre der Luft ausgeſetzt wurden. Es gaben: Feinerde Sand, Kies bis bis 0,33 mm D. 4mm D. e nee 49,44% Nach 4 Jahren] Buntſandſtein . . 2,61 „ ER (Dietrich) Bean ra Ari ee ee KA 2,52 Stubenſandſtein . 72,1 „ ae Nach 3 Jahren] Perſonatusſandſtein 24,4 „ 2 (Hilgers) ee Jnralalkl. 0,23, 35 Glimmerſchiefer . 11 „ 46,9 „ Bei den weniger feſten Geſteinen wird daher ſchon eine verhältniß— mäßig kurze Zeit genügen, die Verwitterung raſch fortſchreiten zu laſſen. Erfahrungsmäßig zeichnen ſich dieſe auch durch Tiefgründigkeit der Verwitterungsböden aus. Die Verwitterung wird ferner durch höhere Temperatur beſchleunigt. Alle die hier in Frage kommenden chemiſchen Umſetzungen verlaufen raſcher bei höheren als bei niederen Temperaturen; in den fruchtbaren Gebieten der Tropen iſt der Boden dem entſprechend mit einer ſehr mächtigen Verwitterungsſchicht (meiſt röthlich gefärbt, ſehr porös, als Laterit bezeichnet) überdeckt. § 50. 6. Abſätze aus verwitternden Geſteinen. Die durch Verwitterung löslich gewordenen Stoffe treten entweder in andere ſchwer angreifbare Verbindungen ein, oder ſcheiden ſich bei der Verdampfung oder bei Aenderungen in der Zuſammenſetzung des Löſungswaſſers aus. (Verluſt gelöſter Gaſe, insbeſondere Kohlenſäure; Oxydation durch Sauerſtoff der Luft). Wichtige, oft entſcheidende Wirkungen üben dabei vielfach lebende Organismen. Bei der Abſcheidung faſt aller Abſätze machen ſich Anziehungs— kräfte geltend, welche die Urſache ſind, daß ſich immer gleiches mit gleichem zuſammenlagert und die Bildung einheitlich zuſammengeſetzter Abſätze veranlaßt. Dieſe Vorgänge laſſen ſich überall in der Natur verfolgen und finden im Boden ebenſo gut ſtatt wie auf Geſteinsſpalten, *) Jahresbericht der Agrikulturchemie 1870 72, S. 4. **) Landwirthſchaftliche Jahrbücher 8, S. 1. 126 Die Verwitterung. [8 50. wo fie die Urſache der Entſtehung der Gangmineralien find. Am nächſten ſtehen den hierbei wirkſamen Molekularkräften (und ſind wohl in den meiſten Fällen gleichartig mit dieſen) die Vorgänge, welche die Ausſcheidung verſchiedener Stoffe in getrennten e aus einer gemiſchten Salzlöſung veranlaſſen.“) In der Nähe von Eberswalde fanden ſich z. B. im Diluvialſande Abſcheidungen von Manganſuperoxyd, Eiſenoxydhydrat und kohlenſaurem Kalk in buntem Wechſel neben und durch einander, den urſprünglich (ofen Sand zu feſten Geſteinen verkittend. Während der Manganjand- ſtein 4,4% Manganoxyduloxyd und nur 0,13 % Eiſenoxyd enthielt, hatte der unmittelbar daneben lagernde und ſcharf davon getrennte eiſenſchüſſige Sand einen Gehalt von 2,6% Eiſenoxyd und nur un⸗ wägbare Spuren von Mangan.) Der Urſprung aller dieſer Ab- ſcheidungen aus demſelben Quellwaſſer kann gar nicht in Zweifel gezogen werden und beweiſt, daß Molekularkräfte die Zujammenlage- rung gleichartiger Stoffe verurſachen. Die Mineralogie bezeichnet (meiſt gerundete) Abſcheidungen, deren innerſte Theile zuerſt gebildet worden find (3. B. die Körner der Rogenſteine) als Konkretionen und ſtellt ihnen die Sekretionen gegenüber, deren Bildung von der Außenfläche begonnen hat (3. B. Achatmandeln). Man kann außerdem noch Ausfällungen unter- ſcheiden, die durch Abſcheidung vorher gelöſter Stoffe in feinpulverigem Zuſtande entſtehen (3. B. Eiſenocker). Die wichtigſten Abſätze und Ausſcheidungen im Boden oder an der Erdoberfläche ſind folgende: a) Karbonate. Der kohlenſaure Kalk ſcheidet ſich je nach Kon⸗ centration der Löſung und Temperatur als Kalkſpath oder Aragonit, unter Mithülfe organiſirter Lebeweſen, außerdem in feinerdigem Zu— ſtande aus. Die erſten beiden Mineralien ſind ſehr häufig in Hohl- räumen der Geſteine und auf Erzgängen. Tropfſteine bilden ſich in Höhlen der Kalkgebirge. Die langſame Verdunſtung des Waſſers, und noch mehr der Verluſt an gelöſter Kohlenſäure, welcher in der Höhlen- luft, gegenüber der Luft des Bodens eintreten muß, veranlaßt die Aus- ſcheidung des gelöſten Kalkkarbonats. Als Kalkſinter bezeichnet man die Ausſcheidungen heißer Quellen, die viel kohlenſauren Kalk gelöſt enthalten und bei dem Entweichen der Kohlenſäure dieſen raſch niederfallen laſſen. Die Kalkſinter enthalten meiſt noch andere Stoffe (Karbonate von Eiſen, Magneſia, Mangan, ) Der erſte mir bekannt gewordene Hinweis auf die Bedeutung dieſer Vor— gänge für den Boden findet ſich bei Emeis, Waldbauliche Forſchungen, Berlin 1875; und in vielen Artikeln in der Allgemeinen Forſt- und Jagdzeitung und Zeitſchrift für Heidekultur. ) Jahrbuch der geologiſchen Landesanſtalt 1885. S 50.] Abſätze aus verwitternden Geſteinen. 127 Eiſenoxyd, Silikate) beigemiſcht. Häufig erfolgt Bildung von gerundeten ſchalenförmig oder kryſtalliniſch ausgebildeten Körnern, die durch Anſatz von kohlenſaurem Kalk an kleine Sandpartikel entſtehen, eine Zeit lang im Waſſer ſchwebend erhalten werden und je nach dem Auftrieb der Quelle bei einer beſtimmten Größe niederfallen. (Erbſen- und Rogenſteine, volithijcher Kalk.) Kalktuffe ſind poröſe Kalkgeſteine, die ſich entweder aus Quell- waſſer bei Verluſt der Kohlenſäure oder unter Mithülfe von Organismen abſcheiden. Im erſten Falle entſtehen poröſe Geſteinsmaſſen, im zweiten iſt meiſtentheils eine Inkruſtation von Blättern, Stengeln und ſonſtigen Pflanzentheilen deutlich erkennbar. Waſſer mit relativ ſehr geringem Kalkgehalt kann zur Tuffbildung führen (eine Quelle mit 0,0166 %, nach Mangon, liefert an den Stellen ſtarke Tuffbildungen, wo der Bach Waſſerfälle bildet; der durch die ſtarke Bewegung des Waſſers bewirkte Kohlenſäureverluſt bewirkt die Abſcheidung).) Viele Waſſerpflanzen ſind reich an Kalk, mit denen ſie ſich oft völlig inkruſtiren; jo z. B. die Characeen, die oft bis zur Hälfte der Trockenſubſtanz aus kohlenſaurem Kalke beſtehen; auf den Blättern von Potamogeton findet ſich oft ein Ueberzug von Kalffarbonat.**) Be⸗ ſonders ſtarke „Kalkſammler“ ſind manche Moosarten; die bei ihrem ſtarken Spitzenwachsthum oft ſchon mit dem unteren Theil des Stengels im Kalktuff ſtehen, während die Spitze noch weiter grünt. (Hypnum tamariseinum ſcheint hierfür beſonders veranlagt; fernere Kalkmooſe ſind: Gymnostomum curvirostre, Trichostomum turphaceum, Hyp- num falcatum.) Die Kalktuffe bedecken oft erhebliche Flächen, ſie finden ſich zumal in der Nähe von Kalkgebirgen, ſo ſind ſie z. B. zwiſchen Harz und Thüringerwald häufig; bekannt ſind die Kalktuffe Italiens, dort Tra— vertin genannt. 5 Auf die im Meere fortgeſetzt erfolgenden Kalkabſcheidungen, die durch Schalthiere (Muſchelbänke), Korallen (Korallenriffe) und durch Kalkalgen (Lithothamnien und Siphoneen) entſtehen, kann hier nur hingewieſen werden. Moormergel, Wieſenkalk, Alm ſind Abſcheidungen von kohlen— ſaurem Kalke, die in Mooren, ſei es zwiſchen der Moorſubſtanz oder am Grunde des Moores, an der Grenze des Mineralbodens, entſtehen. Die letztere Bildung bezeichnet man in Süddeutſchland als Alm, und ſie findet ſich faſt überall als weiße, ſehr feinerdige, oft ſcheinbar ) Roth, Chemiſche Geologie, I; S. 535. **) Kerner von Marielaun beobachtete, daß ein 0,492 g ſchweres Blatt von Potamogeton lucens 1,04 & kohlenſauren Kalk abgeſchieden hatte. Pflanzenleben. Leipzig 1888. 128 | Die Verwitterung. [$ 50. ſchleimige Maſſe, die zu einem weißen, leichten Pulver austrocknet und nach G. Roſe zum großen Theil aus amorphen Kalkkarbonat beſteht. Der Wieſenkalk findet ſich entweder neſterweiſe oder in zuſammen⸗ hängenden Schichten. Er iſt feinerdig, in weichem Zuſtande breiig, und trocknet zu feinkörnigen, kreideähnlichen oder auch grobkörnigeren Maſſen aus; ſeltener bildet er auch trocken lockere, faſt verfilzt er- ſcheinende leichte Stücke. Die Entſtehung des Wieſenkalkes iſt noch nicht genügend feſtgeſtellt. Nach Beobachtungen des Verfaſſers iſt es wahrſcheinlich, daß der Wieſenkalk aus der Auflöſung von Konchilienſchalen hervorgeht, die durch Humusſäuren gelöſt werden und deren Kalk an den Stellen wieder zur Abſcheidung kommt, wo äußere Einwirkungen, ſei es atmoſphäriſche Luft oder ſalzhaltiges Waſſer des Untergrundes, ſtattfinden und durch Oxydation eine Zerſetzung des humusſauren Kalkes und Rückbildung von kohlenſaurem Kalke bewirkt werden kann.“) Lößkindchen, Lößpuppen, Mergelknauern nennt man Kalk⸗ konkretionen, die im Löß, im Diluvialmergel und in kalkhaltigen Thonen vorkommen und in der Regel etwa 60 — 80% Kalkkarbonat enthalten. Die Ausbildung iſt meiſt eine rundliche bis flach ſcheibenförmige, durch Verwachſen mehrerer Stücke entſtehen oft eigenartige Geſtalten. Oſteokolla nennt man Inkruſtationen von Wurzeln durch kohlen⸗ ſauren Kalk, die ſich zumal im trockenen flüchtigen Sande bilden. G. Roſe “) beobachtete, daß die feinſten Wurzelverzweigungen als Kalk— abdruck erhalten bleiben können. Kohlenſaures Eiſenoxydul findet ſich, wenn auch nicht gerade häufig als amorphe, ſchleimige, weiße, an der Luft ſich raſch bräunende Abſcheidung in manchen Torfmooren. b) Kieſelſäure und Silikate. Auf Gängen und in Geſteinen gehört die Kieſelſäure als Quarz und Chalzedon zu den häufigſten Abſcheidungen. Im Erdboden iſt die Neubildung von Quarz bisher noch nicht nachgewieſen worden. Theo— retiſch iſt dieſelbe durchaus möglich, wenn auch die gebildete Menge zu gering jein würde, um größere Bedeutung zu gewinnen. ) Unveröffentlichte Unterſuchungen. Jedenfalls iſt die am Grunde des Moores vorkommende Alm ein ſekundäres Produkt, und erſt nach Entſtehung der Moore gebildet, kann alſo nicht die Urſache der Moorbildung ſein, wie vielfach angenommen wird. ) Zeitſchrift der geologiſchen Geſellſchaft. ) Vergleiche Emeis, Waldbauliche Forſchungen, Berlin 1875. Bei vielfachen Unterſuchungen von diluvialen Sandböden hat Verfaſſer nie Andeutungen einer Neubildung von Quarz gefunden. Die Quarzkörner des Sandes zeigen bei An⸗ wendung von polariſirtem Licht abweichende Lichtbrechung des innerſten Theiles; offenbar ein Beweis, daß durch Verwitterungsvorgänge die äußere Schicht der Körner angegriffen iſt. Da ſich jedoch Unterſchiede in den Einſchlüſſen u. ſ. w. nicht er⸗ geben, ſo kann an eine Neubildung nicht gedacht werden. § 50.] Abſätze aus verwitternden Geſteinen. 129 Kieſelſinter ſcheidet ſich aus kieſelſäurehaltigen, meiſt heißen Quellen durch Verdampfen des Waſſers ab (nicht bei der Abkühlung.)“ Tripel, Polirſchiefer ſind Ablagerungen, die aus Reſten von Diatomeen gebildet werden (vergl. § 64). Silikate gehören namentlich als Zeolithe zu den verbreitetſten Abſcheidungen auf Gängen und in Hohlräumen der Geſteine. Die Zeolithe ſind immer ſekundärer Entſtehung und Abſätze, die aus der Verwitterung der Mineralien, insbeſondere der Feldſpathe, hervor— gegangen ſind. Am reichlichſten finden ſie ſich in baſiſchen Geſteinen (Baſalt, Melaphyr), ſind aber auch in den verſchiedenſten anderen Ge— ſteinen, jo z. B. in Thonſchiefern, Kalken und dergleichen aufgefunden worden. Hierdurch erhält die Annahme des Vorkommens zeolithiſcher Beſtandtheile im Boden neue Stützen. Auffällig iſt allerdings, daß im Erdboden bisher mikroſkopiſch erkennbare Zeolithe nicht nachzuweiſen waren, und daß die Beſtandtheile, welche man als Träger der Abſorp— tionswirkung des Bodens betrachten muß, den Charakter der „Thon— mineralien“ tragen (Seite 167). e) Phosphate. Als Neubildungen auf Gängen und Klüften ſind Phosphate gerade nicht ſelten. Von Ausſcheidungen von Phosphaten iſt nur der Vi— vianit (Blaueiſenerde) hier anzuführen, der in Mooren und häufig in Verbindung mit Raſeneiſenſtein vorkommt. Hauptſächlich iſt der Vivianit phosphorſaures Eiſenoxydul, entweder amorph oder kryſtalliniſch aus— gebildet. Die urſprünglich weiße Subſtanz färbt ſich durch Oxydation an der Luft raſch blau. d) Sulfate und Sulfide. Gyps gehört zu den häufigen Ausſcheidungen auf Gängen, in Thonen und dergleichen, wo er durch Verluſt des Löſungswaſſers kryſtalliſirt. Schwefelkies. Eine der häufigſten Bildungen in Geſteinen und Erzgängen. Vielfach findet er ſich in organiſchen Ablagerungen, in denen ſich bei Luftabſchluß und der Fäulniß der Eiweißſtoffe Schwefel— verbindungen, beziehungsweiſe Schwefelwaſſerſtoff bildet. Die Gegen— wart löslicher Eiſenſalze giebt dann Veranlaſſung zur Entſtehung von Eiſenkies, der ſich überwiegend in Neſtern, entweder im Moore ſelbſt, oder in dem unterlagernden Sande abſcheidet. Für die Moorkultur hat dieſes Vorkommen große Bedeutung, da die bei Verwitterung des Eiſen— kieſes entſtehende freie Schwefelſäure die Pflanzen zum Abſterben bringt. e) Oxyde und Oxydhydrate. Eiſenocker, Ocker ſind pulverförmige Abſcheidungen von Eiſen— oxydhydrat, denen zumeiſt noch Kalkkarbonat, Thone und andere Silikate ) Nach neueren Unterſuchungen wirken auch hierbei niedere Pflanzen mit. Ramann. 9 130 Die Verwitterung. S 50. beigemiſcht ſind. Die Farbe iſt hell gelbbraun bis braun, ſeltener mehr rothbraun (Abſcheidung von Eiſenoxyd). Raſeneiſenſtein, Sumpferz, Wieſenerz, Limonit beſteht vorwiegend aus Eiſenoxydhydrat, mit beigemiſchtem Sande, Thon, organiſchen Stoffen, kieſelſaurem und insbeſondere phosphorſaurem Eiſenoxyd. Die Zuſammenſetzung iſt dem entſprechend eine ſehr wechſelnde. “) i Der Raſeneiſenſtein findet ſich vielfach in kleineren gerundeten Konkretionen, die meiſt loſe neben einander oder im Boden eingelagert ſind, ferner in feſten, oft mächtigen, ſich weithin erſtreckenden Bänken, die ſich völlig wie ein wenig durchläſſiges feſtes Geſtein verhalten und der Kultur große Schwierigkeiten bereiten (vergleiche Kulturmethoden). Der Raſeneiſenſtein iſt braun bis dunkelbraun, oft von pechartig glänzenden, dichteren Adern (beſtehend aus einem Eifenorydfilifat) durchzogen. Das Vorkommen und die Bildung des Raſeneiſenſteins erfolgt in Mooren und ſtehenden Gewäſſern, am Austritt von Quellen, überall, wo Wäſſer, die kohlenſaures Eiſenoxydul gelöſt enthalten, mit der atmoſphäriſchen Luft in Berührung kommen. Die Kohlenſäure des Waſſers entweicht und das Eiſenoxydulkarbonat oxydirt ſich unter Ver— luſt der Kohlenſäure zu Eiſenoxydhydrat. Dieſes ſcheidet zugleich bei ſeiner Entſtehung die im Waſſer gelöſte Phosphorſäure und Kieſelſäure aus, indem es ſich mit dieſen zu entſprechenden unlöslichen Oxydſalzen vereinigt; hierauf beruht der oft reichliche Gehalt der Raſeneiſenſteine an Phosphorſäure. Dieſer einfache chemische Vorgang der Bildung von Eiſenoxydhydrat wird in der Natur überholt durch die Einwirkung von niederen Orga— nismen, welche durch ihre Lebensthätigkeit die Eiſenſalze zerſetzen und Eiſenoxydhydrat abjcheiden. **) Es ſind namentlich Crenotrixarten, welche thätig ſind und die die ſchleimigen braungefärbten Niederſchläge erzeugen, welche ſich in allen eiſenreichen Quellen und Wäſſern finden, und die durch ihre Struktur vorzüglich zu dichter Zuſammenlagerung und Konkretionsbildung geeignet find. Nach Winogradski wird auch der iriſirende Ueberzug, der ſich an der Oberfläche von Moor und Torfwäſſern jo vielfach findet und deſſen Entſtehung durch ausgeſchiedenes Eiſenoxydhydrat längſt bekannt war, weſentlich durch niedere Pflanzenformen bedingt. Der Gehalt an organischen Stoffen in den Raſeneiſenſteinen findet hierdurch ſeine Er- klärung. ) Senft, Humus-, Marſch- und . e Leipzig 1862. — Stapf, Zeitſchrift der geologiſchen Geſellſchaft, Band 18, S. 110 und 167. (1866.) ) Winogradski, Botaniſche Zeitung. Ueber Eiſensabte N SS 50, 51.] Die Abſorptionserſcheinungen im Boden. 131 Abſcheidungen von Eiſenoxyd finden ſich ferner in faſt allen Bodenarten und oft in Form von Schnüren oder rundlichen ſehr kleinen Pünktchen in den Sandböden. Die Bildung von eiſenſchüſſigen Sanden, d. h. durch Eiſen— oxyd oder Eiſenoxydhydrat verkitteten Sandſteinen iſt ebenfalls auf die Oxydation von Eiſenoxydulkarbonat zurück zu führen. Manganoxyde, zumal Manganſuperoxyd, findet ſich häufig als Ausſcheidung (bildet zumeiſt die Dendriten, baumartig verzweigte Formen auf plattig abgeſonderten Geſteinen). Bodenkundliches Intereſſe haben dieſe Bildungen nicht, obgleich manganverkittete Sande im Dilu— vium nicht zu den Seltenheiten gehören. 51. 7. Die Abſorptionserſcheinungen im Boden. Literatur: Die umfangreiche Literatur über dieſen Gegenſtand iſt in Mayer, Lehrbuch der Agrikulturchemie, Heidelberg 1886 (3. Aufl.), ferner (in ſehr klarer Weiſe dargeſtellt) in Schulze, Lehrbuch der Agrikultur— chemie, Leipzig, enthalten. Die Literatur über die fomplicirte Verwitterung iſt in Roth, Chemiſche Geologie zu finden. YUR Die Fähigkeit der Böden, aus Salzlöſungen einzelne Stoffe auf- zunehmen und feſtzuhalten, bezeichnet man als die Abſorptions— wirkung des Bodens. Einzelne hierauf bezügliche Beobachtungen ſind ſchon früh gemacht worden, die Ehre der erſten Entdeckung und richtigen Erkenntniß der bezüglichen Thatſachen gebührt dem Engländer Way, während es Liebig vorbehalten blieb, die Tragweite der neuen Erkenntniß zu erfaſſen und ihr die weiteſte Verbreitung zu geben. Im Laufe der Jahre ſind zahlreiche Unterſuchungen über den Gegenſtand veröffentlicht, ohne daß man bisher zu einem abſchließenden Urtheil gekommen iſt. Der Darſtellung der Abſorptionserſcheinungen müſſen einige theo— retiſche Betrachtungen vorausgeſchickt werden, die in dem gebräuchlichen Lehrgange der Chemie nicht zur Darſtellung kommen und deren Kenntniß für das Verſtändniß der Vorgänge nothwendig iſt und die ſich weſent— lich auf chemiſche Maſſenwirkungen gründen. Die bezüglichen Anſchauungen gehen von der (durch viele That— ſachen erwieſenen) Auffaſſung aus, daß ſich in Löſungen verſchiedener Körper, alle theoretiſch möglichen und bei der betreffenden Temperatur exiſtenzfähigen Verbindungen bilden, daß dieſe auf einander einwirken und eine beſtimmte, bleibende Zuſammenſetzung erſt dann erreicht iſt, wenn ſich alle einwirkenden Kräfte in einem Zuſtande des Gleich— gewichts befinden. 9 * 132 Die Verwitterung. S 51. Ein Beiſpiel mag dies darthun. Miſcht man Löſungen von jal- peterſaurem Natrium und Chlorbaryum, jo tritt ſcheinbar keine Ein- wirkung der beiden Salze auf einander ein; trotzdem iſt es unter Be— nutzung beſtimmter Hülfsmittel möglich, nachzuweiſen, daß in der Löſung nicht nur die beiden urſprünglichen Salze vorhanden ſind, ſondern daß ein Theil des Natriums mit Chlor, ein Theil des Baryums mit Salpeterſäure verbunden iſt. Es befindet ſich alſo in der Flüſſigkeit ſalpeterſaures Natrium, Chlornatrium, ſalpeterſaures Baryum und Chlorbaryum.“) Die Verhältniſſe, in denen die einzelnen Beſtandtheile in der Flüſſigkeit enthalten ſind, hängen einmal von der Menge der einzelnen Beſtandtheile und anderſeits von der chemiſchen Wirkung der einzelnen Elemente und Atomkomplexe ab. Die Kräfte, die in den einzelnen Stoffen zur Wirkung kommen, wirken daher ſo lange auf einander ein, bis ſie ſich gegenſeitig die Wage halten, alſo ein Gleichgewichtszuſtand eingetreten iſt. Natürlich verläuft bis zum Eintritt desſelben Zeit, er kann ſehr raſch erreicht werden, kann aber unter Umſtänden auch eine nicht unbeträchtliche Zeitdauer verlangen. ö Chemiſche Maſſenwirkung. Iſt der Gleichgewichtszuſtand eines Körpergemiſches (hier kann es ſich ſowohl um Flüſſigkeiten, oder Flüſſigkeiten gegen feſte Körper, oder um Gaſe gegen Flüſſigkeiten oder feſte Körper handeln; Bedingung iſt nur, daß eine chemiſche Einwirkung ſtatt findet) erreicht, ſo wird er natürlich ſofort geſtört, ſowie von einem Stoff neue Mengen hinzutreten und aufs Neue Umſetzungen ver— anlaſſen, welche wieder zu einem neuen Gleichgewichtszuſtande führen. Man habe z. B. von zwei Körpern je zweimal n Moleküle, jo kann ſich das Verhältniß in folgender Weiſe geſtalten: 2n KX + 2nZy=nKx+nKy+nZy-n%; fügt man die doppelte Menge des einen Stoffes zu, ſo könnte ſich er— geben, je nach dem Körper, den man zuſetzt: An KX + 2nZJ = 2n KX + 2nKy—nZx — nZy oder 2n KX + An Z) m RX +E nKy-+ 2nZx + 2n Zy. Sind die gebildeten Körper flüchtig oder ſcheiden ſie (3. B. durch Unlöslichkeit) aus der Reaktion aus, ſo kann die Umſetzung vollſtändig nach einer der beiden Richtungen verlaufen und können je nach der Maſſe der wirkſamen Stoffe zwei ganz verſchiedene Körper gebildet werden. ) Die Erklärung deckt ſich nicht mehr ganz mit den neueren Entdeckungen über den molekularen Zuſtand der Salzlöſungen, iſt aber als noch faſt allgemein gebräuchlich beibehalten worden. Wer genauere Kenntniß wünſcht, findet eine kurze Darſtellung der bezüglichen Beobachtungen in Oſtwald, Grundriß der allgemeinen Chemie. Leipzig 1889. $51.] Die Abſorptionserſcheinungen im Boden. 133 Ein einfaches Beiſpiel für dieſe Thatſache iſt die Einwirkung von Waſſerſtoff auf Eiſenoxyduloxyd, und von Waſſer auf metalliſches Eiſen. Im erſten Falle (J) entſteht metalliſches Eiſen und Waſſer, im zweiten (II) Eiſenoxyduloxyd und freier Waſſerſtoff. I Fe O. 8H = 3 Fe 4 H. O II 3 Fe + 4 H, O = Fe O. + 8H. Bedingung für dieſe Reaktion iſt jedoch im erſten Falle ein ſehr großer Ueberſchuß von Waſſerſtoff, im zweiten ein ſehr großer Ueberſchuß von Waſſer und zugleich, daß ſowohl das bei der Zer— ſetzung nach I gebildete Waſſer, wie auch der nach Zerſetzung II ge- bildete Waſſerſtoff weggeführt werden. Geſchähe dies nicht, ſo würde ſich immer wieder ein Gleichgewichtszuſtand herausbilden und die Reak— tion nie völlig bis zum Ende geführt werden. Die ſich hieraus ergebenden Regeln ſind auf die Verhältniſſe des Bodens zu übertragen. Zur Erklärung der ſich in dieſem abſpielenden Vorgänge ſind die Arbeiten von Lemberg“ am meiſten geeignet, ſie ſtellen die Abhängigkeit der Abſorption im Boden von der chemiſchen Maſſenwirkung unzweifelhaft klar. Lemberg arbeitete mit waſſerhaltigen Silikaten. Eins derſelben hatte folgende Zuſammenſetzung: Reſelſäun ee 46,64% 8 CC C 183 Nachdem auf dieſes Silikat drei Wochen lang kohlenſäurehaltiges Waſſer eingewirkt hatte, zeigte es (ohne Berückſichtigung des chemiſch gebundenen Wajjers): Kieſelſäure 2 £ 8 54,03 0 0 E939 ,65 , Malen! Ks Ha Das Waſſer, welches ebenfalls eine Maſſenwirkung ausübt, hatte alſo den größten Theil des Kaliums in Löſung übergeführt. Führte man dieſem Silikat wieder Kalium zu (durch Behandeln mit Kalilauge), ſo zeigte das entſtehende Produkt folgende Zuſammen— ſetzung: eee 4660 % „ . DE PART. E33, o 1 Kalium war alſo wieder aufgenommen worden (eine völlige Ueber— einſtimmung der einzelnen Zahlen läßt ſich bei dieſen Verbindungen *) Zeitſchrift der geologiſchen Geſellſchaft 1876, S. 318. 134 Die Verwitterung. [8 51. nicht erwarten). Eine erneute Behandlung mit Waſſer würde es aufs Neue in Löſung gebracht haben. Die Zuſammenſetzung des Silikates war alſo von der Maſſe des einwirkenden Waſſers und der Maſſe des Kaliums abhängig. Durch Einwirkung von Chlorammonium auf das urſprüngliche Silikat wurde das Kalium faſt völlig verdrängt und Ammoniak auf⸗ genommen. Es war eine Verbindung von folgender Zuſammenſetzung entſtanden: Kieſelfsure ae Thonerdde BAHR Kali: EN Ammoniak (NH,) 38,37, In gleicher Weiſe würde man das Kalium oder das Ammon durch einen Ueberſchuß eines löslichen Natrium- oder Calciumſalzes verdrängen können. Die Beiſpiele ſollen nur zeigen, in welcher Weiſe die Umſetzungen verlaufen, und ein Bild von den zahlloſen Proceſſen, welche im Boden neben einander hergehen, geben. Es ſtellt ſich immer ein Gleichgewicht zwiſchen den Wirkungen des Waſſers, den Beſtandtheilen des Bodens und den gelöſten Salzen her, welches immer eine verſchiedene Größe der Abſorption veranlaſſen wird, je nach der Menge und Wirkungsweiſe der vorhandenen Stoffe. Es erklärt ſich hieraus auch einfach, daß aus koncentrirteren Löſungen mehr Salze abſorbirt werden als aus verdünnteren. Neben dieſen Vorgängen, die man auf mechaniſche Geſetze zurück⸗ führen kann, macht ſich nun im Boden noch die Wirkungsart der einzelnen Elemente und Verbindungen geltend, ſowie in ganz bedeutſamer Weiſe die Fähigkeit der Stoffe, lösliche oder unlösliche Verbindungen zu bilden. Entſtehen letztere, ſo ſcheidet der betreffende Theil des Stoffes ganz oder nahezu aus der Wirkungsſphäre der Löſungen aus, und dieſe müſſen in einen neuen Gleichgewichtszuſtand übergehen. Die Vorgänge der komplicirten Verwitterung unterſcheiden ſich kaum von denen der Abſorption im Boden. Die Abſcheidung der entſtehenden Stoffe im Geſtein oder auf Gängen in wohl ausgebildeten Kryſtallen, welche ſich durch die Jahrhunderte lange Dauer erklärt, laſſen die entſtandenen Produkte leichter erkennen als dies im Erd— boden möglich iſt. Die Bodenkunde hat daher alle Urſache, dieſen Fingerzeigen aufmerkſam zu folgen, wie auch die Geologie aus dem gründlichen Studium der Abſorptionserſcheinungen großen Vortheil ziehen könnte. Neben dieſen in allen weſentlichen Theilen rein chemiſchen Vor— gängen erfolgt im Boden noch Abſorption auf phyſikaliſchem Wege durch Körper, welche eine amorphe gallertartige Abſcheidungsform be- N ad n $5l]. Die Abſorptionserſcheinungen im Boden. 135 ſitzen. Die zahlreichen Verſuche van Bemmelen's“ haben nachgewieſen, daß gallertartige Körper, als deren Typus man friſch gefällte Kieſel— ſäure anſehen kann, je nach ihrer Natur kleinere oder größere Mengen aufgelöſter fremder Körper einſchließen können und dieſe beim Behandeln mit Waſſer nur ſehr langſam in Löſung gehen. Es liegt alſo, da eine chemiſche Wirkung in den meiſten Fällen nicht anzunehmen iſt, eine phyſikaliſche durch die gallertartige Beſchaffenheit der Stoffe bedingte Abſorption vor. Allzu große Ausdehnung wird jedoch dieſe Art der Abſorption im Boden nicht annehmen. Die meiſten gallertartigen Körper verlieren beim Gefrieren und Trocknen ihre Struktur und nehmen nur ſchwierig wieder Waſſer auf; es gilt dies z. B. von den amorphen, gelatinöſen Formen der Kieſelſäure, Eiſenoxyd, Thonerde. Es iſt daher ſehr un— wahrſcheinlich, daß dieſe Stoffe ſich im Boden nach ihrer Abſcheidung längere Zeit als Gallert erhalten. Das Vorkommen von hierher ge— hörigen Silikaten im Boden iſt überhaupt noch nicht nachgewieſen. Einen weſentlichen Einfluß auf die Abſorptionswirkung wird man daher den genannten Stoffen in Gallertform nicht zuſchreiben dürfen, wohl aber kann ſie bei einer Stoffgruppe auftreten, welche alle Eigen— ſchaften der gallertartigen Körper in ausgeprägteſtem Maße zeigt, merkwürdiger Weiſe aber bisher noch nie nach dieſen Beziehungen be— trachtet iſt. Es ſind dies die im Waſſer löslichen, oder beſſer auf— quellbaren Humusſäuren. Es iſt anzunehmen, Verſuche fehlen noch, daß durch dieſe eine Abſorptionswirkung ausgeübt wird, welche in jeder Beziehung der gallertartiger Körper entſpricht. Betrachtet man die im Boden vorhandenen Stoffe, welche ab— ſorbirend wirken können, ſo ſind dies: a) Silikate, zumal waſſerhaltige Silikate, die man unter den Begriff der zeolithiſchen Bodenbeſtandtheile zuſammenfaßt. Kaolin in völlig reinem Zuſtande zeigt nur geringe Abſorption, um jo mehr aber die thonigen Beſtandtheile des Bodens, welche nach dem Vorgange von Steinriede als Argillite zuſammengefaßt ſind (Seite 129). Dieſe muß man als hauptſächliche Träger der Wirkung betrachten. Kaolin verbindet ſich übrigens mit Alkaliſilikaten zu Doppel— ſilikaten, die dann abſorbirend wirken. b) Hydratiſche Kieſelſäure. Das Vorkommen von waſſerhaltiger Kieſelſäure im Boden iſt an— zunehmen, wie dies ſchon die Abſcheidung von Opal in Geſteinen zeigt. Es iſt aber wenig wahrſcheinlich, daß ſich dieſe Form der Kieſelſäure im Boden in nennenswerther Weiſe anhäuft. Die Thatſache, daß ſich durch Alkalien aus manchen Bodenarten nicht unerhebliche Mengen von ) Landwirthſchaftliche Verſuchs-Stationen, Bd. 21, 22 und 35. 136 Die Verwitterung. [$ 51. Kieſelſäure ausziehen laſſen, findet ihre theilweiſe Erklärung in der zerſetzenden Einwirkung auf Silikate. c) Eiſenoxyd und Thonerde. Von dieſen kommt Eiſenoxyd und Eiſenoxydhydrat in größerer Menge im Boden vor. In der Regel findet es ſich in Form kleiner Körner, ſeltener als unregelmäßig begrenzte Maſſen im Boden. Ob nennenswerthe Mengen als amorphes Oxydhydrat vorkommen, iſt in den gut durcharbeiteten und geſunden Böden zweifelhaft; dagegen findet es ſich ſicher in ſolchen, die mit ſaurem Humus bedeckt ſind. Die Sandkörner eines ſolchen Bodens ſind oft mit einem firnißartigen, amorphen Ueberzug verſehen, der überwiegend aus Eiſenoxydhydrat be— ſteht. Die Abſorptionswirkung des Eiſens iſt erheblich und iſt in der amorphen, leichter angreifbaren Form noch geſteigert. Namentlich werden Phosphorſäure, kieſelſaure Alkalien und Humusſäuren aufgenommen. Ein gutes Bild der Abſorptionswirkung des gallertartigen, amorphen Eiſenoxydhydrats giebt die Zuſammenſetzung der Raſeneiſenſteine. Die Bildungsweiſe derſelben iſt erwähnt (Seite 130), bei der Abſcheidung werden die oben genannten Stoffe aus dem Waſſer abſorbirt. Iſt die erſte Einwirkung auch vielleicht eine phyſikaliſche, ſo geht ſie doch raſch in chemiſche Bindung über und beweiſt ſo das Uebergewicht der letzteren über die erſte im Boden. Thonerde im freien Zuſtande findet ſich nur ſpurenweiſe im Boden, eine nennenswerthe Einwirkung kann man ihr nicht zuſchreiben. Die Bedeutung des Gehaltes an gebundener Thonerde liegt in der Leichtigkeit, mit der ſie in Verbindung mit Kieſelſäure Doppelſalze mit den Metallen der Alkalien und alkaliſchen Erden bildet. d) Die humoſen Stoffe ſind in ihrer Wirkungsweiſe wohl völlig zu trennen, je nachdem ſie ſauren oder neutralen Charakter zeigen. Die Humusſäuren wirken einmal phyſikaliſch durch ihre gallert— artige Beſchaffenheit, anderſeits, indem ſie ſalzartige Verbindungen bilden. Die Abſorptionswirkung iſt namentlich auf freie Alkalien und deren Karbonate (Kali, Natron, Ammoniak, kohlenſaures Ammon u. ſ. w.) eine ganz erhebliche. Anderſeits treten auch hier Maſſenwirkungen ein und vermögen die Humusſäuren ſtarke Mineralſäuren aus ihren Ver— bindungen zu verdrängen (Seite 123). Andere Verhältniſſe liegen dagegen vor, wenn die Humusſtoffe, wie dies in den geſunden Böden der Fall iſt, keine ſaure Reaktion zeigen und auch wenig fertig gebildete, an Mineralſtoffe gebundene Säuren enthalten. Man darf dann annehmen, daß jede entſtehende Menge derſelben ſofort gebunden wird und raſch verweſt. Es kann ſo, zumal auf die alkaliſchen Erden (Kalk, Magneſia), welche unlösliche Humate bilden, eine erhebliche Abſorptionswirkung ausgeübt werden, die nur nicht leicht beobachtbar iſt, da die Produkte ſich im fortwährenden ee 9 8 51.] Die Abſorptionserſcheinungen im Boden. 137 Kreislaufe befinden. Ein erheblicher, abſorbirender Einfluß der ſäure— freien Humusſtoffe auf ſtarke Baſen, von denen im Boden nur das Ammoniak (als kohlenſaures Ammon) Bedeutung erlangt, kann nicht angenommen werden, da jenes Salz in gut gedüngter Ackererde im freien Zuſtande vorhanden iſt und zum Theil ſogar aus derſelben ver— dampfen kann (vergl. Seite 7). Die Abſorption der Humusſtoffe iſt daher ſowohl auf chemiſche Umſetzungen wie auf phyſikaliſche Kräfte zurückzuführen; ſie wird vor— wiegend durch ſauer reagirende Humusſtoffe bewirkt. Schon hier iſt aber darauf hinzuweiſen, daß dieſe Kräfte, dort wo ſie am wichtigſten ſein würden, in Torf und Moorböden, ſowie in mit Rohhumus be— deckten Waldböden, von der löſenden Wirkung der überſchüſſigen Humus— ſäuren weit überholt werden.“ e) Für die einzelnen Elemente und Verbindungen, die im Boden vorkommen, gelten folgende Regeln: Baſen. Kalium wird ſtark abſorbirt unter Bildung von Silikaten und Doppelſilikaten. Es erfolgt dies bei Einwirkung a) von Kaliſalzen auf bereits fertig gebildete Silikate, deren Baſen (Natron, Kalk, Magneſia) in Löſung gehen; b) von Kalikarbonat auf hydratiſche Kieſelſäure; c) von Kaliſilikat auf kohlenſauren Kalk unter Bildung zeolith— artiger Verbindungen. Ammoniak verhält ſich dem Kalium in Bezug auf Stärke der Abſorption ähnlich, und wird wie jenes überwiegend durch Silikate (als Karbonat wohl auch durch Humusſtoffe) gebunden. Natrium wird weſentlich ſchwächer abſorbirt als die vorgenannten Stoffe, die Umſetzungen verlaufen, nur entſprechend der geringeren chemiſchen Energie des Natriums abgeſchwächt, wie beim Kalium. Calcium iſt noch weniger abſorbirbar als Natrium. Die Ab— ſorption desſelben beruht namentlich auf der Bildung a) von Kalkſilikaten; b) von kohlenſaurem und humusſaurem Kalk; c) von phosphorſaurem Kalk. Magneſium, wenig abſorbirbar, verhält ſich dem Calcium ſehr ähnlich. ) Auf der Abſorption des Ammoniaks durch Humusſtoffe beruht eine der wichtigſten Eigenſchaften der Torfſtreu. Indem der Torf getrocknet und der Luft ausgeſetzt wird, werden die Bedingungen, welche eine fernere Bildung von Humus— ſäuren bewirken können, beſeitigt und die bereits in der Torfſubſtanz vorhandenen können ihre ammoniakbindende Kraft voll entfalten. 138 Die Verwitterung. [$ 51. Eiſenoxyd iſt an ſich unlöslich und wird nur bei Luftabſchluß durch organiſche Stoffe zu Oxydul(ſalzen) reducirt. Die im Boden vorkommenden Eiſenoxydſalze ſind ſchwerlöslich oder unlöslich, ſo das Salz der Phosphorſäure und die Verbindungen mit Kieſelſäure. Eijen- oxyd iſt ein wichtiger Träger der Abſorptionswirkung. Thonerde entſpricht in ſeinem Verhalten dem Eiſenoxyd, über- trifft dies jedoch noch in der Neigung, waſſerhaltige Doppelſilikate (Zeolithe) zu bilden. Säuren. Säuren werden im Boden nur abſorbirt, wenn ſie unlösliche Salze bilden. Dies geſchieht in ausgedehnter Weiſe von der Phos— phorſäure, die mit Thonerde, Eiſenoxyd, Kalk, Magneſia unlösliche Verbindungen eingeht. Salpeterſäure Chlor Schwefelſäure . Kieſelſäure iſt in ihren Verbindungen einer der wichtigſten Stoffe für die Bodenabſorption. Im freien hydratiſchen Zuſtande ſcheint ſie Baſen aus Verbindungen mit ſchwachen Säuren (zumal Kohlenſäure) aufnehmen zu können. Hervorzuheben iſt noch, daß der Boden alle Elemente zu abſorbiren vermag, die geeignet ſind, unlösliche Verbindungen zu bilden, ſo z. B. verſchiedene Schwermetalle, wie Blei, Kupfer u. ſ. w. f) Der Vorgang der Abſorption im Boden geſtaltet ſich demnach in den meiſten Fällen nach folgenden Regeln: 1. Das zugeführte Salz wird völlig aufgenommen, wenn es eine unlösliche Verbindung eingeht. So bilden z. B. Eiſenoxyd und Kalium⸗ ſilikat ein Doppelſilikat. Saurer phosphorſaurer Kalk (Superphosphat) bildet mit Eiſenoxyd Kalkphosphat und Eiſenoxydphosphat. 2. Nur ein Theil des Salzes wird aufgenommen, während äqui- valente Mengen anderer vorher im Boden gebundener oder unlöslicher Stoffe in Löſung gehen. Die meiſten beobachteten Abſorptionswirkungen gehören hierher. So nimmt z. B. ein Boden aus Kaliſalzen (Chlorkalium, ſchwefelſaures, ſalpeterſaures Kalium) Kalium auf, während Natrium, Calcium und Magneſium ſich mit der Säure verbinden und in Löſung gehen. Da hierbei die chemiſche Maſſenwirkung eine Hauptrolle ſpielt, ſo iſt es entſcheidend, welcher Stoff in relativ größter Menge vorhanden iſt. Ein Ueberſchuß von Natrium-, Calcium- und Magneſiumſalzen vermag daher z. B. Kalium in Löſung überzuführen u. ſ. w. Auf dieſem Vorgange beruht die Wirkung der ſogenannten „in— direkten Dünger“ und auch ein Theil der Wirkung vieler leicht lös— lichen Düngerſtoffe. werden nicht abſorbirt. SS 51, 52.] Die Auswaſchung des Bodens. 139 1. Zufuhr von Kochſalz kann z. B., trotzdem weder Natrium noch Chlor nothwendige Pflanzennährſtoffe ſind, die Pflanzenproduktion ſteigern, indem es vorher im Boden abſorbirt enthaltene Aſchenbeſtand— theile löslich macht. Gyps, Mergel, Chiliſalpeter enthalten wichtige Pflanzennährſtoffe, wirken aber zugleich „aufſchließend“, d. h. löſend auf die gebundenen Mineraltheile des Bodens. Natürlich geſchieht dies auf Koſten des vorhandenen Bodenkapitals.“ g) Die Bedeutung der Abſorptionswirkungen für den Boden iſt eine doppelte; einmal werden wichtige Nährſtoffe, wie Kalium, Ammoniak ſtark feſtgehalten, und überhaupt wird der Auswaſchung der löslichen Beſtandtheile entgegengewirkt; anderſeits regulirt die Abſorption die Koncentration der Bodenlöſung in günſtiger Weiſe. Da die Stärke der Abſorption von der Menge des einwirkenden Waſſers mit abhängig iſt, ſo wird jedes neu im Boden eindringende Waſſer ſich raſch mit Salzen beladen, die Pflanzenwurzel iſt daher ſtets mit ſchwachen Salzlöſungen in Berührung. Verdunſtet das Bodenwaſſer, ſo wird anderſeits dem Entſtehen zu koncentrirter, für die Pflanzenwurzel ſchäd— licher Bodenlöſungen vorgebeugt, indem der Boden aus der ſtärkeren Löſung auch entſprechend mehr Stoffe abſorbirt, als aus ſchwacher. Nach den in der Natur vorkommenden Verhältniſſen wird ſich die Wirkung der Bodenabſorption in der Regel ſo ge— ſtalten, daß Phosphorſäure, Kali und Ammoniak ſtark, Na— tron, Kalk, Magneſia nur wenig, die nicht genannten Säuren überhaupt nicht feſtgehalten werden. § 52. 8. Die Auswaſchung des Bodens. Die Abſorption des Bodens wird ſtark durch die löſende Wirkung des Waſſers beeinflußt. Iſt das Waſſer auch nur mit ſchwacher chemiſcher Energie begabt, ſo wird es doch dadurch bedeutungsvoll, daß es der am reichlichſten vorhandene Körper iſt und daß bei jedem atmoſphäriſchen Niederſchlag immer neue Mengen in Wirkung treten. Zwiſchen dem vorhandenen Waſſer und den im Boden abſorbirt vorhandenen Stoffen wird ſich jederzeit ein Gleichgewicht herſtellen, Salze gehen in Löſung und werden beim Durchſickern des Bodens mit dem abfließenden Waſſer weggeführt. Die Größe des Stoffverluſtes iſt abhängig: ) Die oft gehörte Bemerkung, daß „eine Mergelung auf reichen Böden am günſtigſten wirke“, ferner die Redensart „Mergeln mache reiche Beſitzer, aber arme Erben“, zeigen die Erkenntniß dieſer Wirkung einmaliger oder in langen Zwiſchen— räumen erfolgender Kalkzufuhr. ZUR or ID 140 Die Verwitterung. 1. vom Reichthum des Bodens an löslichen Salzen; 2. von der Menge des abfließenden Waſſers; 3. von der Art der Waſſerbewegung im Boden. Die Richtigkeit des erſten und zweiten Satzes läßt ſich ohne weiteres aus dem bereits Dargelegten ableiten und iſt durch direkte Verſuche erwieſen. Die Analyſen der Quellwäſſer (Seite 25) ſind ferner hin— reichend, um die großen Unterſchiede zu erkennen, welche im Salzgehalt der Wäſſer vorhanden ſind, je nachdem ſie durch arme oder reiche Boden- und Geſteinsſchichten fließen. Die Menge des abfließenden Waſſers iſt für jede Bodenart nach Lagerung, Mächtigkeit, Klima und Bodenbedeckung äußerſt verſchieden. Die zahlreichen Arbeiten über dieſen Gegenſtand zeigen, wie ſich dies aus allen phyſikaliſchen Thatſachen ſchließen läßt, daß Sandböden viel, Lehm- und Humusböden wenig Waſſer durchlaſſen. Die Art und Weiſe, in welcher das Waſſer den Boden durchdringt, iſt für verſchiedene Bodenarten eine ſehr abweichende. Für Humusböden liegen kaum Beobachtungen vor. Das Verhalten der Sand- und Lehmböden iſt namentlich vom Verfaſſer an diluvialen Bildungen verfolgt worden.“ In Sandböden dringt das Waſſer je nach Korngröße und Lage— rung zwar verſchieden raſch ein, durchſinkt aber den Boden gleich— mäßig von oben nach unten. Waſſerbeſtimmungen in Sandboden nach ſtärkerem Regen laſſen dieſen Vorgang deutlich und ſchrittweiſe verfolgen. Zunächſt iſt die oberſte Bodenſchicht am waſſerreichſten, in den nächſten Tagen eine mittlere und ſo fort, bis endlich eine un— durchläſſige Schicht erreicht iſt, auf der das Waſſer ſich anitaut. Es iſt dies der regelmäßige und in den oberſten Bodenſchichten ſtets eintretende Vorgang des Waſſerabfluſſes in Sandböden. Natürlich kann in geſchichteten Sanden das Waſſer auch einzelnen Schichten folgen, die durch abweichende Korngröße einen leichteren Durchgang ermöglichen. Ganz anders iſt dagegen die Bewegung des Waſſers in den Lehm— böden. Die oberſte gekrümelte Schicht desſelben iſt bei Waldböden meiſt wenig mächtig. Das Waſſer vermag ohne Schwierigkeit einzu— dringen. Die tieferen Bodenlagen ſind feſt, aber von feinen Poren durchzogen. Ueberall finden ſich kleinere oder größere Hohlräume, in denen ſich das Waſſer bewegt, oder indem es der Richtung verrottender Baumwurzeln oder den Gängen der Regenwürmer folgt, dringt es in die Tiefe.“) Die Hauptmaſſe des Bodens ſättigt ſich dagegen nur Forſchungen der Agrikulturphyſik 11, S. 327 u. die Waldſtreu ꝛc. Berlin 1890. In den Unterſuchungen von Lawes, Gilbert und Warington über Sickerwaſſermengen wird auf die Bedeutung der Regenwurmröhren für den Waſſer— abfluß wiederholt hingewieſen. Journ. of the Royal Agr. Soc. Vol. 17, S. 241 und 311 (1881); Vol. 18, S. 1 (1882). § 52.] Die Auswaſchung des Bodens. 141 kapillar mit dem zugeführten Waſſer. Es beſtehen daher zwiſchen dieſen beiden Hauptbodenarten tief gehende Unterſchiede in Bezug auf die Ableitung des Waſſers und wie gleich gezeigt werden ſoll auch in Bezug auf die damit Hand in Hand gehende Auswaſchung des Bodens. Beobachtungen über die Waſſerbewegung in Gebirgsböden liegen nicht vor, werden aber wahrſcheinlich keine erheblich von den beiden angegebenen abweichenden Vorgänge hervortreten laſſen. Verlauf der Auswaſchung im Boden. Betrachtet man die Wirkung der löſenden Kraft des Waſſers auf die Bodenbeſtandtheile, ſo ſind es wieder die Sandböden, welche die einfachſten Verhältniſſe zeigen. Regen- und Schneewaſſer treffen den Boden als nahezu ſalzfreies, nur etwas kohlenſäurehaltiges Waſſer. In Berührung mit den Boden— theilen wird ſich dieſes ſehr raſch mit löslichen Salzen ſättigen und ſoviel von dieſen aufnehmen, wie es bei dem ſtatiſchen Gleichgewichte, welches ſich zwiſchen der Zuſammenſetzung des Bodens und der wirkenden Waſſermenge heraus— ſtellt, zu löſen vermag. Die nächſt tiefere Boden— ſchicht trifft es hierauf nicht mehr als reines Waſſer, ſondern bereits als eine, entſprechend den vorhandenen Bedingungen, annähernd ge— ſättigte Salzlöſung; die Fähigkeit, auf die Boden— theile löſend zu wirken, iſt hierdurch ſehr ge— ſchwächt und wird um ſo mehr abnehmen, in je größere Tiefen das Waſſer eindringt. In der Abbildung 16 ſind dieſe Verhältniſſe ſchematiſch dargeſtellt. Zugeführtes Waſſer wird . ſich in der Schicht a annähernd ſättigen, in b ee nur noch wenig, in e wahrſcheinlich faſt nichts mehr aufnehmen können. Die Auswaſchung trifft alſo nicht alle Bodenſchichten gleichmäßig, ſondern ſchreitet allmählich von der Oberfläche nach der Tiefe fort. Auf dieſe Vorgänge iſt die waldbaulich bedeutungsvolle Thatſache zurück zu führen, daß völlig verwitterte und an löslichen Salzen durch Auswaſchung erſchöpfte Schichten auf noch reichem Boden auflagern, ja von dieſem ſich oft in ſcharfer Linie abſetzen. Lehmböden ſind lange nicht im gleichen Maße wie die Sandboden— arten der Auswaſchung ausgeſetzt. Wenn auch die oberſte Lage in ähnlicher Weiſe wie dieſe einen Verluſt an löslichen Salzen erleidet, ſo iſt doch die Waſſerkapacität eine ſehr viel höhere, und die Be— wegung des Waſſers in einzelnen beſtimmten Richtungen erſchwert ebenfalls die völlige Sättigung des Waſſers mit Salzen. Alles dies wirkt zuſammen (zumal die viel geringere Menge der Sickerwäſſer, die oft nur ½ bis ½ der aus Sandböden abfließenden beträgt), um bei 142 Die Verwitterung. s [$ 52. dem Reichthum der meiſten Lehmböden an Mineralſtoffen die aus— waſchende Wirkung der Wäſſer direkt zu verringern und zumal im Vergleich mit den Sandböden zurücktreten zu laſſen. Bei der Auswaſchung findet, wie dies der Löslichkeit der Salze und Abſorptionswirkung des Bodens entſpricht, eine Auslaugung der verſchiedenſten Verbindungen ſtatt. Am widerſtandsfähigſten und am wenigſten löslich iſt die Phosphorſäure. In den Gewäſſern findet fie ſich nur in Spuren vor. Die ſtärkſte Auslaugung trifft die Cal- cium- und Magneſiumſalze, jodann folgen Natrium und Kalium. Alle Quell- und Flußwäſſer enthalten Kalium und unter Umſtänden in durchaus nicht verſchwindender Menge, jo ergaben zahlreiche Analyjen*) einen Gehalt von 0,001 — 0,002 g Kali (K,O) im Liter, in einem Falle beſtanden 10% des Abdampfrückſtandes aus Kali (Stadtquelle von Lohr mit allerdings nur 0,025 % feſten Rückſtand). Der hohe Kali- verluſt der Feldſpathe bei der Umbildung in Kaolin, ſowie zahlreiche Bodenanalyſen beweiſen die nicht unerhebliche Auswaſchbarkeit des Kaliums. Insbeſondere ſcheinen Sandböden dieſen Stoff leicht abzugeben. Als allgemeine Regel gilt daher: Jeder Boden verliert durch Auswaſchung lösliche Salze. Der Verluſt kann jedoch durch fort— ſchreitende Verwitterung, (durch Düngung) und im Walde durch Streuabfall erſetzt werden. Beſonders hoch wird der Verluſt für den Boden, wenn zu der löſenden Kraft des Waſſers, beziehungsweiſe kohlenſäurehaltigen Waſſers, noch die Einwirkung von Humusſäuren oder ſonſtigen organiſchen Säuren, wie ſie ſich bei der Fäulniß bilden, hinzukommt. Am deut⸗ lichſten zeigt ſich dies in der Zuſammenſetzung der Moore, die über— einſtimmend nur ganz geringe Mengen von Kalium enthalten, deſſen Salze wenigſtens bei den Grünlandsmooren nur durch Auslaugung entfernt ſein können. Die zerſetzende Wirkung der Moorſubſtanz auf unlösliche Phosphate iſt ebenfalls bekannt. Die Verarmung der oberen Bodenſchichten unter Rohhumusdecke beruht ebenfalls auf geſteigerter Löſung und Auswaſchung der Mineraltheile durch die ſauer reagirenden Ablaufwäſſer. Eine andere Urſache, ſowohl die Verwitterung wie die Auswaſchung zu ſteigern, iſt reichliche Zufuhr von atmoſphäriſchem Waſſer. Je öfter der Boden mit ſalzfreiem Waſſer in Berührung kommt, um ſo ſtärker iſt auch die zerſetzende Wirkung des letzteren auf die Silikate des Boden— geſteines. Hierauf beruht es, daß ſtreuberechte Böden, wenigſtens Sandböden, raſcher verwittern, aber trotzdem verarmen, da die Aus- waſchung die Verwitterung übertrifft. ) Pechler, Beiträge zur Kenntniß der Waſſer Unterfrankens. Würzburg 1887. Regelmann, Die Quellwaſſer Württembergs. Stuttgart 1874. S 53.] Der Transport der Verwitterungsprodukte. 143 § 53. 9. Der Transport der Verwitterungsprodukte. Die bei der Verwitterung entſtehenden feinerdigen Maſſen bleiben nur in ebener oder ſchwach geneigter Lage am Ort ihrer Entſtehung. Die ſo entſtandenen Ablagerungen bezeichnet man als Verwitterungs— böden und ſtellt dieſen die Schwemmlandsböden gegenüber, die durch die bewegende Kraft des Waſſers oder Eiſes umgelagert ſind. Im erſten Falle trifft man in geringerer oder größerer Tiefe das Ur— geſtein des Bodens noch an, während dies im zweiten oft weit vom Ablagerungsorte entfernt ſein kann. Die Umlagerung der Verwitterungsprodukte kann durch die eigene Schwere erfolgen, indem die ihres Zuſammenhanges beraubte Maſſe an Hängen hinabgleitet (trockener Abtrag), ferner durch die Kraft des abwärts fließenden Waſſers oder Eiſes (Gletſcher) und endlich durch die Einwirkung des Windes. a) Der trockene Abtrag.“ Jedes Geſtein zeigt einen ſeinem inneren Gefüge und ſeiner Feſtig— keit entſprechenden Neigungswinkel der zu Tage tretenden Schichten. Wird dieſer überſchritten, ſo erfolgt früher oder ſpäter ein Abbruch derſelben. Im Gebirge, wo dies beſonders hervortritt, laſſen ſich dieſe Verhältniſſe vielfach beobachten und an manchen Bergen feſtſtellen, daß von der Sohle bis zur Spitze der Neigungswinkel einzelner Bergſeiten nicht weſentlich abweicht. Für die Wald⸗ und Pflanzenkultur iſt die größere oder geringere Steilheit oft von höchſter Wichtigkeit, da über eine gewiſſe Neigung hinaus nicht mehr Ackerbau getrieben werden kann, dem Waldbau bei ſteilen Hängen bedeutende Schwierigkeiten bereitet werden und endlich auch dieſer auf Abſtürzen aufhört. Im Gebirge unterſcheiden ſich die einzelnen Geſteinsarten oft weithin durch die Form der von ihnen auf— gebauten Berge und Hänge. Bei fortſchreitender Verwitterung ſammelt ſich das Verwitterungs— material, untermiſcht mit Steinen und Felsblöcken, am Fuße der Berge an, indem es der eigenen Schwere folgend, abſtürzt. Die auf dieſem Wege entſtehenden Bildungen unterſcheidet man als: Schuttkegel, wenn die Bruchſtücke einem Bergeinſchnitt, oder einer Schlucht (Rieſe) folgend, in das Thal hinabgleiten und ſich in unten verbreiterten kegelförmigen Maſſen an den Berg anlehnen (im Vordergrund der Abbildung 17). Schutthalden entſtehen, wenn der Abtrag gleichmäßig, oder doch ohne ſcharf hervortretende Schuttkegel, an einem Gehänge ſtattfindet (im Hintergrund der Abbildung 17). *) Literatur: Heim, Die Verwitterung im Gebirge. Baſel 1879. Lorenz von Liburnau, Grund und Boden. Wien 1883. 144 Die Verwitterung. f S 53. Gehängeſchutt find Anhäufungen, die nicht bis ins Thal hinab— geführt werden, ſondern ſich am Hange anſammeln und zumeiſt von vorſpringenden Klippen oder Querrinnen der Felswand feſtgehalten werden (Abbildung 17). Alle dieſe Ablagerungen haben einen beſtimmten, nach Größe der Bruchſtücke und Beſchaffenheit des Geſteins verſchiedenen Neigungs— winkel, der in der Regel 20 — 30 beträgt. ; Abb. 17. Trockener Abtrag der Verwitterungsprodukte. Im Vordergrund Schuttkegel; im Hintergrund Schutthalde; auf halber Höhe Gehängeſchutt. Natürlich wirkt bei der Bildung dieſer Ablagerungen auch das abfließende Regenwaſſer mit und beſchleunigt die Abfuhr der Bruchſtücke, aber doch nicht in dem Maße, daß darüber der Charakter der Ab— lagerung verloren ginge. Die Schuttablagerungen vergrößern ſich fortwährend und ſind vielfach ohne Vegetationsdecke. Hat ihre Bildung jedoch erſt eine ge— wiſſe Größe erreicht, ſo bedeckt ſie ſich von unten nach oben fortſchreitend mit Gräſern oder auch mit Wald. Dieſe Schuttlager fordern bei der Behandlung große Vorſicht, da ſie einmal der ſchützenden Decke beraubt, oft erſt nach Jahren wieder ſoweit beruhigt ſind, um eine neue Vege— tation tragen zu können. § 53. Der Transport der Verwitterungsprodukte. 145 Zu den Erſcheinungen des trockenen Abtrages gehören noch die Bergſtürze und Abrutſchungen größerer Geſteinsmaſſen. Steile Felſen verlieren den inneren Zuſammenhalt und brechen ab oder bei geneigter Lage der Schichten, zumal wenn Thonſchichten eingelagert und durch andauernden Regen durchfeuchtet ſind, verlieren ganze Berg— maſſen den Halt und gleiten in die Tiefe. Derartige Bergſtürze ereignen ſich am häufigſten im Hochgebirge. Sie ſind z. B. in den Alpen gefürchtete Erſcheinungen (man bezeichnet dort kleinere Stürze als trockene Stein- oder Erdmuhren;; fehlen aber den Mittelgebirgen durchaus nicht und kommen, wenn auch ſeltener, ſelbſt im Flachlande vor. b) Abtrag durch fließendes Waſſer. Die Fortbewegung der Verwitterungsmaſſen durch fließende Ge— wäſſer erfolgt überall da, wo die lebendige Kraft des Waſſers die Schwerkraft der Geſteinsreſte zu überwinden vermag. Dem entſprechend werden Gewäſſer mit großem Gefälle, wie die Gebirgsbäche und Flüſſe, Gerölle; Gewäſſer mit mittlerer Geſchwindigkeit überwiegend Sande transportiren können, während im Unterlauf der Ströme nur noch fein vertheilte Stoffe weiter geführt werden. Gleichzeitig wirkt das Waſſer, ſei es durch ſeine eigene Kraft, ſei es durch die mitgeführten Geſteinsreſte, auf die Seiten und den Unter— grund des Flußbettes zerſtörend ein. Man unterſcheidet daher Eroſion, Geſchiebeabfuhr und Geſchiebeablagerung. Die Eroſion umfaßt die zerſtörende Thätigkeit des Waſſers. Locker gelagerte Geſteinsmaſſen werden unterwaſchen und brechen ab; feſtere Geſteine werden durch die am Grunde der Flüſſe bewegten Steinbruchſtücke abgeſchliffen und das Bett der Flüſſe entſprechend im erſten Falle verbreitert, im letzteren vertieft. Die tief eingeſchnittenen Waſſerläufe, wie fie ſich am charakteriſtiſchſten in den Kaßons des weſt— lichen Nordamerika darſtellen, und in keinem Gebirge ganz fehlen, ſind Beiſpiele für die Wirkung der Eroſion. Zumal geſchichtete Geſteine laſſen dieſe am leichteſten erkennen und beobachten. Die Geſchiebeabfuhr und Ablagerung geht natürlich neben einander her. Die Gewäſſer führen die für ihre Kraft noch beweg— baren feſten Maſſen ſtromabwärts und bringen ſie überall dort zur Ablagerung, wo ſich das Gefälle vermindert. Durch die Reibung der Geſteinsſtücke an einander werden ſie ab— gerieben und allmählich verkleinert. Nach Mayer“) kann man den Klang der ſich reibenden und ſtoßenden Steine im Waſſer an manchen Stellen (3. B. im Rhein in der Nähe Schaffhauſens) deutlich hören. ) Agrikulturchemie, II, ©. 30. Ra mann. 10 146 Die Verwitterung. 5 [$ 53. Experimentell hat Daubrée“) dieſen Vorgang verfolgt. Er brachte Geſteinsſtücke mit Waſſer in eiſerne rotirende Cylinder. 3 kg Feldſpath, welche jo lange bewegt waren, daß der zurückgelegte Weg etwa 460 km betrug, ergaben 2,72 kg fein vertheilten Schlamm. Auf 1 km Weg würden von eckigen Feldſpathſtücken, Obſidian, Serpentin etwa 0c“ von abgerundeten Feldſpathſtücken nur / Theile zu Schlamm zerrieben ſein. Am widerſtandsfähigſten zeigte ſich Feuerſtein, von dem nur etwa 40000 Theile zerrieben waren. Hieraus wird es verſtändlich, daß die Flüſſe nicht nur in Folge des abnehmenden Gefälles, ſondern auch der Zerreibung der Geſteins— theile im Oberlauf größere, im Mittellauf kleinere Geſchiebe führen, während dem Unterlauf nur noch fein vertheilte Schlamm- und Thon- theilchen zugeführt werden. Größere Felsſtücke können durch Waſſer wälzend fortbewegt werden, kommen aber natürlich bald zur Ablagerung. Geſchiebe mitt- lerer Größe werden am Grunde der Flüſſe fortgeſchoben und zugleich hierbei im Kreiſe gedreht. Die Bruchſtücke nehmen hierdurch und durch die zugleich erfolgende Abreibung die für Flußgeſchiebe ſo charakteriſtiſche flache und an den ſchmalen Seiten abgerundete Form an. Geſteinsbruchſtücke kleinerer Größe, die als Sand bezeichnet werden, entſtehen wahrſcheinlich direkt durch Zerfall der Geſteine bei der Ver— witterung. Es iſt noch nicht gelungen, und bei der geringen Kraft, welche zur Fortbewegung von Sandkörnern im Waſſer genügt, iſt es auch wenig wahrſcheinlich, daß es gelingen wird, durch Reibung Sande zu erhalten. Zahlreiche Beiſpiele verwitternder Geſteine zeigen die Entſtehung von Bruchſtücken, welche alle Eigenſchaften des Sandes zeigen; die ſcharfeckige Beſchaffenheit der meiſten Sandkörner weiſt ferner darauf hin, daß ſie ein Produkt der Verwitterung und nur vom Waſſer umgelagert ſind. g Die Fortbewegung der Gerölle iſt von der lebendigen Kraft des Waſſers abhängig; wird dieſe geringer, ſo werden alle Geſchiebe zur Ablagerung kommen, welche eine gewiſſe Größe, beziehungsweiſe ein gewiſſes Gewicht überſteigen. Die Verhältniſſe, welche hierbei ein— wirken, ſind namentlich folgende: aa) Das Gefälle des Fluſſes vermindert ſich für die ganze Waſſer— maſſe. Es tritt dies namentlich ein, wenn ein Gebirgsfluß in die Ebene, oder wenn ein Bach aus einem engen Nebenthal in ein breites Hauptthal eintritt, oder wenn ſich Gewäſſer in einen See ergießen. Die Schuttablagerungen bilden dann meiſt ſanft geneigte und oft fächer— artig ausgebreitete Schuttkegel. * Jahresbericht der Agrikulturchemie. 1867, S. 8. $ 53.] Der Transport der Verwitterungsprodukte. 147 bb) Das Gerinne eines fließenden Waſſers breitet ſich an einer Seite bedeutend aus. Die Bewegung des Waſſers wird dann ſo er— heblich verringert, daß auf der flacheren Seite eine Ablagerung von Geſchieben erfolgt. ee) In Flußkrümmungen iſt die Geſchwindigkeit des Waſſers an der konvex vorſpringenden Seite des Ufers kleiner als an der entgegen— geſetzten (konkaven) Seite. An der erſteren erfolgt Ablagerung von Sinkſtoffen. Bei in Serpentinen fließenden Gewäſſern erfolgt daher die Anlandung abwechſelnd am rechten und linken Ufer. Natürlich werden hierdurch die Krümmungen immer ſtärker, bis endlich der Fluß ſie durchbricht und ſich ein neues Bett ſchafft. dd) Durch Rückſtau, der durch Verengung des Flußbettes oder durch feſte Gegenſtände veranlaßt ſein kann. ee) Durch Auftreten mehrerer Stromrichtungen (Scharung), die bei ihrem Zuſammentreffen Ablagerungen entſtehen laſſen können. In gleicher Weiſe wirkt die Einmündung eines Nebenfluſſes in den Haupt— fluß. Zumal vor der Mündung bilden ſich Ablagerungen von Sink— ſtoffen (Barren). ff) Bei Mündung eines Fluſſes in ein ſtehendes Gewäſſer, be— ziehungsweiſe ins Meer. Flüſſe, welche ſtärkeres Gefäll haben und dem entſprechend noch größere Geſchiebe führen, bilden Barren. Be— ſtehen die Sinkſtoffe jedoch nur aus fein vertheilten Subſtanzen, ſo lagern ſie ſich in Meeren mit geringer Bewegung direkt am Ausfluß ab (Deltabildung). Iſt die Ebbe- und Fluthbewegung (die Tiden oder Gezeiten) jedoch ſtark, ſo wird der Flußſchlamm ins Meer hinaus ge— führt und kommt erſt nach einiger Zeit an ruhigeren Stellen zur Ab— lagerung. Die Marſchen der Weſer, Elbe u. ſ. w. ſind ſo entſtanden. Bei der Ablagerung der Sinkſtoffe im Meere wirkt der hohe Salz— gehalt des Seewaſſers mit ein. Es erfolgt Flockenbildung und jo ein raſches Abſetzen des Flußſchlammes. Ohne dieſe Eigenſchaft des Salz— waſſers, ſchwebende Theile raſch zum Abſetzen zu bringen, würden die fein vertheilten Mineralſtoffe weit hinaus in den Ocean geführt werden. Beiſpiele, welche die Geſchiebeabfuhr und Ablagerung in beſonders reinen Formen zeigen, ſind die Wildbäche. Als ſolche bezeichnet man Gebirgsbäche oder Waſſerläufe, die bei Hochwaſſer große Maſſen von Steinen, Geſchieben, Sand und Schlamm führen, ſo daß oft ein dick— flüſſiges Gemenge von feſten Beſtandtheile und Waſſer (ſog. Muhren) ſich im Flußbette bewegt.“ *) Literatur: von Seckendorf, Verb. der Wildbäche. Wien 1884. Demontzey, Studien über Wiederbewaldung und Beraſung der Gebirge, über— ſetzt von v. Seckendorf. Wien 1880. Förſter, in Lorey, Handbuch der Forſtwiſſenſchaft, I. 2. Abth., S. 77. 10 148 Die Verwitterung. S 53 Wird das Gefälle ein geringeres, jo kommen dieſe Maſſen natür- lich zur Ablagerung und bilden ſchwach geneigte (unter 10°) Schuttfegel. Die Wildbäche entnehmen ihre Geſchiebe entweder den regelmäßig ſich bildenden Verwitterungsprodukten ihres Sammelgebietes, oder wühlen den Untergrund und die ſeitlichen Hänge auf und beladen ſich mit deren Beſtandtheilen. Im Hochgebirge werden einmal angeſchnittene Moränen, bei dem loſen Zuſammenhang ihrer Theile, hierbei ſehr gefürchtet. Der Schaden, welchen die Wildbäche anrichten, beſteht einmal in der Wegfuhr der Verwitterungsdecke im Sammelgebiet, in der Ueberdeckung fruchtbarer Flächen mit Steinen und Geröll und in noch höherem Grade in der Zufuhr großer Geſchiebemaſſen in die größeren Flüſſe. Hier- durch wird das Waſſer derſelben angeſtaut, es können Ueberſchwemmungen und dauernde Verſumpfung von Thalgründen entſtehen. Als Hülfsmittel gegen die Wirkung der Wildbäche gilt vor allem die Erhaltung der Bodendecke und des Waldes im Sammelgebiet. Eine verraſte Oberfläche ſetzt ſchon der Wegfuhr der Erdtheile durch Waſſer in Folge der zahlreichen Wurzelfaſern einen energiſchen Widerſtand entgegen. In noch höherem Grade gilt dies für den Wald mit ſeinen tiefwurzelnden Bäumen. Der Wald hat ſich bei Aufforſtung öder Berg— flächen in Bezug auf Bindung der Bodenoberfläche einer Beraſung überlegen gezeigt. Vielleicht trägt hierzu auch, zumal in den ſüd— franzöſiſchen Gebieten, wo die meiſten Erfahrungen geſammelt ſind, die längere Vegetationsdauer der Waldbäume, gegenüber den Grasarten, weſentlich mit bei, ſowie die Fähigkeit der erſteren noch bei einer Steilheit des Geländes zu wachſen, wo eine geſchloſſene Raſendecke nicht mehr oder nur ſchwierig zu erzielen iſt. Die Wildbäche finden ſich überwiegend im Hochgebirge. Kahle Felsmaſſen, von denen das Waſſer ſehr xaſch zu Thale ſtürzt und die Bäche zwingt, plötzlich große Waſſermaſſen wegzuführen, ſowie alle Störungen des Bodenüberzugs (ausgetretene Steige des Weideviehes, Holzbringung in Erdrieſen) begünſtigen die Bildung derſelben. Die Wirkung der Bodendecke iſt ſehr viel wichtiger in Bezug auf Ver— langſamung der Waſſerabfuhr, als der direkten Waſſeraufnahme; bei Niederſchlägen, und um dieſe handelt es ſich überwiegend, kann doch nur ein geringer Procentſatz des zugeführten Waſſers aufgenommen werden. Auch den Mittelgebirgen, zumal entwaldeten Kalkgebirgen, ſind Wildbäche nicht fremd, wenn ſie auch natürlich, entſprechend den zumeiſt geringeren Regenmaſſen und ſchwächerem Gefälle, lange nicht ſo ver— heerend wirken können, wie im Hochgebirge. c) Die Thätigkeit des Meeres iſt eine mehr zerſtörende wie aufbauende. Faſt an allen Küſten finden ſich Theile, welche von den $ 53.] Der Transport der Verwitterungsprodukte. 149 bewegten Wogen der See angegriffen und mehr oder weniger zerſtört ſind. An ruhigeren und vor der herrſchenden Strömung geſchützten Stellen kommen auch Anlandungen vor. Dieſe beſtehen überwiegend aus Sand (z. B. die Halbinſel Darß iſt zum weitaus größten Theile aus Seeſand aufgebaut), der, vom Winde zuſammengeweht, Dünen bildet. d) Die Thätigkeit des Eiſes bei dem Abtrag der feſten Be— ſtandtheile iſt namentlich auf Geſchiebetransport durch Gletſcher zurück zu führen, wenngleich auch Eisſchollen und Eisberge (die aber auch überwiegend abgebrochene Stücke ins Meer gelangter Gletſcher ſind) Steinblöcke und kleinere Geſteinsreſte wegführen und an anderer Stelle zur Ablagerungen bringen können. Die Gletſcher üben bei ihrer Abwärtsbewegung je nach dem Neigungswinkel und der Beſchaffenheit des Untergrundes geringe oder bedeutende Wirkungen aus. Auf Felſen glätten ſie nur die Oberfläche und ritzen ſie durch die mitgeführten härteren Geſteinsbruchſtücke (Gletſcherſchliffe und Schrammen). Nur wo ſich der Vorwärts— bewegung Widerſtand entgegenſetzt (3. B. alſo bei Thalverengungen, oder wenn das vordere Ende unter dem Druck des höher liegenden Gletſchereiſes ſich aufwärts bewegen muß), treten tiefer gehende „Aus— ſchürfungen“ des Untergrundes, zumal bei lockeren Geſteinen, auf. Im Ganzen ſteht jedoch die erodirende Thätigkeit der Gletſcher weit hinter der des fließenden Waſſers zurück. Die auf dem Gletſcher ſich anſammelnden Geſteinsbruchſtücke der hervorragenden Felſen werden mit zu Thale geführt. Da jene zumeiſt auf den Rändern der Gletſcher niederfallen, ſo ſind dieſe mit einem Streifen von Schutt bedeckt, der aus allen Geſteinsarten beſteht, welche der Gletſcher bei ſeiner Wanderung berührte. Man bezeichnet dieſe Ablagerungen als Seitenmoränen (Moräne jede durch Gletſcher bewirkte Zuſammenlagerung von Geſteinsſchutt). Am Ende des Glet— ſchers, wo die Abſchmelzung desſelben ſtattfindet, häufen ſich die zu— geführten Geſteine in meiſt halbkreisförmig gelagerten Maſſen an, der Endmoräne des Gletſchers. Durch verſchiedene Einflüſſe, insbeſondere auch bei Spaltenbildung im Gletſchereis, gelangen Geſteinsbruchſtücke in das Innere des Gletſchers; ſie werden theils mit dem umgebenden Eis weiter geſchoben, theils gelangen ſie auf den Boden des Gletſchers und werden unter dem Druck desſelben durch gegenſeitige Reibung geglättet und zerkleinert. An geeigneten Stellen lagert ſich das gemiſchte Material, große Geſchiebe bis zum feinſten Geſteinsſtaub, durch einander, alſo nicht nach den Korngrößen geſondert, ab. Es iſt dies die ſogenannte Grundmoräne des Gletſchers. Die Diluvialmergel tragen alle Eigen— thümlichkeiten einer Grundmoräne an ſich (regelloſe Vertheilung der größeren Geſchiebe, die zum Theil geglättet oder geſchrammt ſind, feſte Packung der Geſteinsmaſſe und Mangel jeglicher Schichtung), und iſt 150 Die Verwitterung. [$ 53. deren Ausbildung der Hauptgrund der Annahme einer dereinſtigen Vergletſcherung des ganzen nordiſchen Flachlandes. Beim Abſchmelzen des Gletſchers fließen große Waſſermaſſen ab und bewirken eine Vertheilung des Moränenmaterials nach der Korn— größe (Grande und Kieſe, Sande, Thon), vielfach treten auch herab- ſtürzende, ſtrudelnde Waſſermaſſen in Wirkung, welche mehr eine Ab- ſchlämmung der feinerdigeren Beſtandtheile, ſowie lokale Auskolkungen von feſteren (Gletſchermühlen, Rieſentöpfe) oder lockeren Geſteinen (man nimmt an, daß die weit verbreiteten, gerundeten, tiefen Waſſerlöcher Sol, pl. Sölle] der norddeutſchen Ebene jo entſtanden find) bewirkt. e) Abtrag durch Luftbewegung (Wind). Die Wegfuhr, beziehungsweiſe Ablagerung der feſten Beſtandtheile durch Wind beſchränkt ſich naturgemäß auf Beſtandtheile geringerer Korngröße. Für unſere Gebiete kommen weſentlich nur die Bewegungen des Flugſandes und der Dünen in Frage, wenn es auch kaum einem Zweifel unterliegen kann, daß in der Diluvialzeit die Erdbewegung durch Winde eine viel großartigere geweſen iſt, als in der Jetztzeit. Im Ganzen ſcheint überhaupt der durch Windwirkung bewirkten Ver— änderung des Bodens bei uns nicht die gebührende Aufmerkſamkeit geſchenkt zu werden. Auf den großen Ebenen (Heiden) iſt noch jetzt die Umlagerung der Beſtandtheile durch Wind nicht ohne Bedeutung. Sehr wichtig iſt dieſelbe für die Steppengebiete, wo die Bildung der Schwarzerde (ſiehe dieſe) und des Löß überwiegend auf Thätigkeit des Windes zurück zu führen iſt. In Gebieten noch thätiger Vulkane ſind die Ablagerungen der vulkaniſchen Aſchen und Sande anzuführen. Ferner iſt in den Wüſtengebieten noch heute der Wind das wichtigſte Transportmittel der feſten Bodenbeſtandtheile. . Das Vorkommen von Flugſand und Dünen iſt in dem nordiſchen Flachlande ein weit verbreitetes. Ueberall wo diluviale Waſſerläufe ihren einſtigen Weg genommen haben, begleiten ſie zahlreiche Dünen— ketten, die durch die Länge der Zeit gebunden und meiſt mit Wald beſtanden ſind. Flugſandflächen finden ſich außerdem häufig, ſtehen aber zumeiſt mit wieder flüchtig gewordenem, urſprünglichem Dünenſand in engem Zuſammenhange. Die Bindung derſelben durch Kulturmaßregeln bietet in der Regel keine erheblichen Schwierigkeiten.“) Die Dünen der Seeküſten unterſcheiden ſich von dem Flugſande des Binnenlandes durch ihre größeren Maſſen, die fortgeſetzte Zufuhr von Sand durch die Anſpülungen des Meeres und dadurch, daß ſie Weſſely, Flugſand und ſeine Kultur. Wien 1873 (dort ältere Literatur). § 53.] Der Transport der Verwitterungsprodukte. 151 dauernd der Einwirkung des Seewindes ausgeſetzt ſind. Die abſolute Höhe, bis zu der ſich die Dünen erheben, iſt ſehr verſchieden, an der Oſtſee ſind ſolche bis zu 60 m Höhe beobachtet. Die Korngröße des Dünenſandes iſt wechſelnd und in der Nähe des Seeufers größer als in den landeinwärts gelegenen Theilen. Es iſt dies eine Folge der verſchiedenen Stärke des Windes, der in voller Kraft vom Meere herkommend, ſchwerere Sandkörner bewegen kann, als in den Gebieten, wo er durch Reibung der Bodenoberfläche und ſonſtige Widerſtände bereits etwas abgeſchwächt iſt. Der Dünenſand kann daher ſehr feinkörnig bis grobkörnig ſein. Die Unterſuchungen Schütze's“) geben hierfür ein gutes Beiſpiel. Der Sylter Dünenſand ſetzte ſich zuſammen: < als > als 2 mm 1-2 mm 0,5-1mm 0,25—0,5mm 0,25 mm Weſtſeite der Seedünen. 10,7 60,9 19,4 8,8 0,6 Oſtſeite der Seedünen. — 12 8,4 86,4 3,6 Dünen der Oſtſeite der w — 0,2 5,4 82,4 1271. Die Dünen der ruſſiſchen Oſtſeeküſte, die bis zu 72 m Höhe an— ſteigen “*) find im Ganzen feinkörniger, es entſprechen die von Reval einem grobkörnigen, die von Windeu, Kronſtadt einem mittelkörnigen, die von Libau, Narva und Dünamünde einem feinkörnigen Sande. Wanderdünen. Nicht gebundene, d. h. nicht mit einer zuſammen— hängenden Decke von Vegetation beſtandene Dünen erleiden fortdauernd Umlagerungen. Die Oberfläche trocknet leicht aus, die zuſammenhang— loſen Sandkörner werden von dem anprallenden Winde emporgehoben, über die Köpfe der Dünen hinweggeführt und fallen an der Rückſeite derſelben wieder zu Boden. Wiederholt ſich dieſer Vorgang, ſo rücken die Dünen allmählich mit der herrſchenden Windrichtung vor, ſie wandern. Die Geſchwindigkeit, mit welcher dies geſchieht, iſt ſehr verſchieden. An den Oſtſeeküſten hat man 1—6 m im Jahre beobachtet. Die Mitte eines Dünenzugs bewegt ſich raſcher als die Flügel (von Raumer beobachtete in gleicher Zeit in der Mitte ein Fortſchreiten von 0,66 0,82 m; an den Seiten 0,16 und 0,34 m). Da die Richtung des herrſchenden Seewindes normal auf die Dünen einwirkt, ſo erfolgt der Angriff und die Wegfuhr des Sandes faſt gleichmäßig auf der ganzen der Windwirkung zugewendeten Berg— eite, die dadurch eine ſteile Böſchung erhält. Der vom Winde bewegte Sand wird über die Dünenköpfe hinweggeweht, ſeine Ablagerung er— folgt je nach Windſtärke und Korngröße des Sandes in verſchiedenem ) Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen, Bd. 5, S. 183. ) von Raumer, Forſchungen der Agrikulturphyſik, Bd. 9, S. 204. 152 Die Verwitterung. S 53. Abſtande. Hierdurch wird ein allmähliches Abfallen der Dünen an der vom Winde abgekehrten Seite bewirkt. Der Gehalt des Dünenſandes an löslichen Mineralſtoffen iſt ein ſehr verſchiedener, im Ganzen aber nicht ſo gering, daß hieran eine Kultur ſcheitern würde. Von beſonderer Wichtigkeit iſt die Gegenwart oder das Fehlen von kohlenſaurem Kalk, der in Muſchelſchalen, welche ſich dem Sande des Meeres beimiſchen, ſeinen Urſprung hat. In den Dünen der Halbinſel La Coubre (Depart. Charente) fand Duchartre*) 2 — 6% kohlenſauren Kalk; von Raumer bei Narva 0,8, bei Windau 6%; die Dünen des Darß find ebenfalls reich an Kalk; ſeinem Vor— kommen verdanken wohl die dortigen Buchen die Möglichkeit des Ge— deihens. Schon in der Anzahl und den Arten der Dünenflora macht ſich der höhere oder geringere Nährſtoffgehalt (vergleiche von Raumer) bemerkbar. Die Bindung und Aufforſtung der Dünen iſt bei der großen Ausdehnung der Dünenketten und der Nothwendigkeit, hinter denſelben liegende Gebiete vor Verſandung zu ſchützen, von großer Bedeutung. Die größten Schwierigkeiten bereiten der ſtarke Wind und die Flüchtigkeit des Bodens. Die jungen Pflanzen werden durch die an— prallenden Sandkörner getroffen und erliegen oft den Verletzungen der Rinde oder werden überſandet. Bei lang andauernden Trocken— perioden kommt noch Mangel an Feuchtigkeit hinzu, um die Kultur zu erſchweren. Als wichtiges Hülfsmittel der Bindung der Dünen hat ſich die Anlage und Erhaltung einer Vordüne ergeben. Die See wirft dauernd Sand aus, der durch den Wind weiter geführt wird. Die Vordüne ſoll dieſe Sandzufuhr abſchneiden. Zur Feſtigung derſelben wie über— haupt zur erſten Bepflanzung der Dünen dienen namentlich zwei Gras— arten Arundo (Ammophila) arenaria und Elymus arenarius. Dieſe beiden Dünengräſer ertragen nicht nur das Ueberſanden, ſondern ver— langen es zu ihrer günſtigen Entwickelung. Es kann vorkommen, daß Dünen überwiegend durch die immer weiter und höher wachſenden Sproſſe jener Gräſer an einer beſtimmten Stelle feſtgehalten werden. Iſt die Bindung des Sandes wenigſtens vorläufig gelungen, ſo erfolgt die Bepflanzung mit Waldbäumen. In den ſüdlichen Gebieten hat ſich die Seeſtrandkiefer bewährt, in den nördlichen namentlich die Krummholzkiefer (Pinus montana). Die gewöhnliche Kiefer leidet zu ſehr unter der Einwirkung der anprallenden Sandkörner, hat auch nicht den buſchigen Wuchs wie jene. Der Kultur muß Zufuhr von Moor- erde, Lehm und dergleichen vorausgehen, welche in die Pflanzenlöcher Nach Centralblatt für die geſammte Forſtwiſſenſchaft 4, S. 437. 5 53.] Der Transport der Verwitterungsprodukte. 153 gebracht oder beſſer, mit dem Sande durchgehakt werden. Es iſt hier wohl einerſeits die Bindung des Sandes, ſowie namentlich die höhere Waſſerkapacität der zugeführten Stoffe wirkſam. In Dünenthälern, die faſt immer genügend Feuchtigkeit haben, gedeiht am beſten die Erle (Weiß- und Rotherle), ſowie die Espe. Die Entwickelung einer Dünenbepflanzung wird immer von mannig— faltigen Bedingungen abhängig bleiben; eine vorzüglich gelungene Kultur befindet ſich z. B. in Nordſeeland, am Ufer des Kattegat. Hier wirkt unterlagernder Diluvialmergel mit, einen günſtigen Holzwuchs zu er— zeugen. Die größte Schwierigkeit bleibt immer die Einwirkung des Seewindes, nur ausnahmsweiſe wird das Fehlen der mineraliſchen Pflanzennährſtoffe ausſchlaggebend jein.*) f) Eroſion durch treibenden Sand. Der vom Winde fort— bewegte Sand wirkt auf hervorragende Felſen und Geſteine abſchleifend ein. Iſt dieſe Thätigkeit auch in unſeren Gebieten eine unerhebliche (in den Wüſten übt ſie bedeutende Wirkungen), jo hat man doch Ur- ſache anzunehmen, daß ſie ſich in der Zeit, welche der Eisbedeckung folgte, viel ſtärker geltend machte. In den oberſten Diluvialſchichten finden ſich ſogenannte „Dreikanter“, pyramidenförmige Geſchiebe, deren Form durch die abſchleifende Einwirkung des überwehenden Sandes hervorgebracht iſt. g) Triebſand. Triebſand findet ſich am verbreitetſten in den Dünenthälern. Er bildet ſich an ſolchen Stellen lockeren Sandbodens, an denen Waſſer in langſam fließender oder aus der Tiefe hervor— quellender Bewegung iſt. Die einzelnen Sandkörner werden durch den Auftrieb des Waſſers ſchwebend erhalten. Die ganze Maſſe des Trieb— ſandes läßt ſich am eheſten mit einem dicken Sandbrei vergleichen. Jedes Sandkorn befindet ſich im labilen Gleichgewicht und ein leichter Anſtoß genügt, um es zum Abſetzen zu bringen. Wird eine Triebſand— fläche durch äußere Einwirkungen in ihrer Ruhelage geſtört, ſo ſetzt ſich der Sand raſch in ſehr dicht zuſammengelagerter Schicht ab. Fremde Körper werden allſeitig vom Sand feſt umlagert. Kommen Menſchen oder Thiere in Triebſand, ſo tritt der gleiche Vorgang ein und die Möglichkeit, ſich aus der dicht anlagernden Sandſchicht ohne fremde Hülfe zu befreien, iſt auf tiefen Triebſandflächen gering. Mit Recht werden dieſe daher ſehr gefürchtet. Am gefährlichſten geſtalten ſie ſich, wenn zur Sommerzeit die Oberfläche austrocknet und der tiefer liegende Triebſand eine feſte in nichts vom übrigen Sandboden unterſcheidbare ) Literatur namentlich: Berendt, Geologie des Kuriſchen Haffes. Königsberg 1869. Krauſe, Der Dünenbau. Berlin 1850. Oberforſtmeiſter Müller, Verhandlungen des preuß. Forſtvereins, X. Verſ. 1881. Lehnpfuhl, Münchener akademiſche Hefte, 2. 1892. 154 Die wichtigſten Mineralarten und Geſteine [S§ 53, 54. aber natürlich nur dünne Decke bekommt. Viele Unglücksfälle haben ſich auf ſolchen Stellen beim Durchtreten durch die trügeriſche Decke ereignet. Auch an flachen Flußufern findet ſich zuweilen Triebſand, der durch das fließende Waſſer ſchwebend erhalten wird und ſich in ſeinen Eigenſchaften dem Beſprochenen gleichartig verhält.“) VI. Die wichtigſten Mineralarten und Geſteine und ihre Verwitterung. § 54. I. Die wichtigſten Mineralarten. Die Zahl der in größerer Menge verbreiteten, die Geſteine zu— ſammenſetzenden und durch Verwitterung Boden bildenden Mineralarten iſt eine geringe. Außer derſelben haben noch andere ſparſamer vor— kommende, entweder durch ihre Bedeutung für die Pflanzenernährung, oder durch ſonſtige Eigenſchaften (3. B. Eiſenkies als Erzeuger von Pflanzengiften) Wichtigkeit. Der weit überwiegende Theil der hierher gehörigen Mineralarten beſteht aus ſalzartigen Körpern und aus Oxyden, nur ſparſam finden ſich Schwefelverbindungen. Die wichtigſten Mineralien ſind: Kieſelſäure und Silikate, Karbonate (Ca CO,; MgCO,; Fe C0), Sulfate (Ca S0, Ca S0, + 2H,0), Phosphate (Apatit), Chloride (Steinſalz), Doppelſalze (Kainit; Carnallit). Bei den Mineralanalyſen iſt es gebräuchlich, die einzelnen Be— ſtandtheile als Oxyde und Säurenhydride aufzuführen. Entſpricht dies auch nicht mehr den Anſchauungen der theoretiſchen Chemie, ſo hat die Methode doch ſo viele praktiſche Vortheile und iſt ſo allgemein ein— gebürgert, daß keine Urſache vorliegt, davon abzugehen. Als die wichtigſten den Boden zuſammenſetzenden Beſtandtheile kommen in Betracht: Kieſelſäure (S105), Schwefelſäure (80,), Kohlenſäure (CO,), Phosphorſäure (P. 05), ) Ueber Triebſand ſiehe Behrendt, Geologie des Kuriſchen Haffes. 5 54.) und ihre Verwitterung. 15 e Chlor (Cl), Waſſer (H. O), Kali (K. O), Natron (Na, O), Kalk (Ca O), Magneſia (Mg 0), Eiſenoxydul (Fe 0), Eijenoryd (Fe, O.), Thonerde (Al. O03), Mangandioxyd (Mn O,), in den Analyſen meiſt als Manganoxyduloxyd (Mn, O,) aufgeführt. Waſſer, beziehentlich der Waſſerſtoff, iſt in zwei Verbindungs— formen in den Mineralarten vertreten. Zumeiſt befindet ſich das Waſſer in molekularer Verbindung, entſpricht alſo dem Kryſtallwaſſer vieler Salze. Durch mäßiges Erhitzen wird dieſes Waſſer ausgetrieben (3. B. Gyps, Ca S0, + 2 H O, giebt beim Glühen Ca 80, und zwei Moleküle Waſſer). Viele Verwitterungsprodukte (Thone, Zeolithe, waſſerhaltige Magneſiumſilikate) beſtehen aus ſolchen waſſerhaltigen Salzen. In vielen Fällen nimmt jedoch Waſſerſtoff als ſolcher am Auf— bau des Moleküls Theil, er vertritt dann die Stelle eines einwerthigen Metalles. Derartige waſſerſtoffhaltige Mineralien (Turmalin, Glimmer, manche Thone), verlieren ihren Waſſerſtoff erſt beim dauernden Glühen. Die Silikate bilden die wichtigſte Gruppe der bodenbildenden Mineralien. Um ſie leichter ordnen zu können, benutzt man Bezeich— nungen, die ebenfalls einer früher üblichen Anſchauungsweiſe über die Zuſammenſetzung der chemiſchen Verbindungen entſprechen, aber ihrer Ueberſichtlichkeit wegen auch jetzt noch beibehalten ſind. Denkt man ſich ein Silikat (z.B. Olivin (Mg. Si O,) in Magneſia (Mg O) und Kieſelſäureanhydrid (Si O,) zerlegt, jo erhält man Mg. O. + $i0,. Die Menge des an das Metall gebundenen Sauerſtoffs verhält ſich zum Sauerſtoff der Kieſelſäure wie 12 1 Nach dieſem Verhältniß bezeichnet man eine ſolche Verbindung als Singuloſilikat. Von anderen kieſelſauren Salzen finden ſich noch häufig Biſilikate, nach der allgemeinen Formel R. Si O, zuſammengeſetzt. R bedeutet hier ein beliebiges einwerthiges Metall. Nach obiger Weiſe getrennt, würden R. Si O R. OA sio. ſein, alſo das Sauerſtoffverhältniß wie 123 daher Biſilikate. 156 Die wichtigſten Mineralarten und Geſteine S 54. Ferner finden ſich Zweidrittelſilikate, nach der allgemeinen Formel R,SiO, zuſammengeſetzt (alſo R. O, + SiO,; Sauerſtoffver⸗ hältniß 3: 2, daher Zweidrittelſilikate). Als Doppelſilikate bezeichnet man Verbindungen, und ſie machen einen großen Theil der verbreitetſten und wichtigſten Mineralien aus, die mehrere ungleichwerthige Elemente enthalten; namentlich ſind es Körper, die neben den ſogenannten Monoxyden (Alkalien oder alkaliſche Erden) noch Sesquioxyde (Eiſenoxyd und Thonerde) enthalten. Die Mineralien ſind nur in ihren reinſten Formen ganz einheitlich zuſammengeſetzt. Die meiſten enthalten kleinere oder größere Mengen anderer Körper eingelagert. Verſchiedene Elemente können ſich ferner unter einander vertreten, jo kann z. B. Kalium an die Stelle von Natrium oder Waſſerſtoff treten und umgekehrt dieſe an die Stelle des Kaliums; Calcium an die Stelle von Magneſium oder Eiſenoxydul; Eiſenoxyd an die Stelle von Thonerde, ohne daß die Mineralarten die ihnen zukommende Kryſtallform und ihre ſonſtigen Eigenſchaften weſentlich ändern. Hieraus erklärt es ſich, daß die häufigſten und verbreitetſten Mineralarten in ihrer Zuſammenſetzung wechſeln, beziehentlich einzelne Beſtandtheile in verſchiedener Menge enthalten können. Wichtige Zeugen für die im Mineralreich eingetretenen Umwand— lungen find die Pſeudomorphoſen oder Afterkryſtalle. Jedes kryſtalliſirbare Mineral tritt in geometriſch beſtimmbaren Formen, den Kryſtallen, auf. Dieſe ſind für das betreffende Mineral oder doch für einige wenige charakteriſtiſch. Findet ſich daher irgend eine Mineral- art in Kryſtallformen, welche nicht ihrer, ſondern einer anderen Ver— bindung angehören, ſo hat man Urſache anzunehmen, daß durch chemiſche Einwirkungen die letztere in das jetzt vorhandene Mineral umgewandelt wurde. Derartige Umwandlungsprodukte bezeichnet man als Pſeudo— morphoſen; ſie ſind Hülfsmittel, um die Umbildungsvorgänge im Mineral- reich verfolgen und die chemiſchen Reaktionen, welche ſie bewirkt haben, feſtſtellen zu können. 1. Kieſelſäure und Silikate. Die Kieſelſäure findet ſich in der Natur in verſchiedenen Formen: hexagonal kryſtalliſirt als Quarz, kryſtalliniſch und verſteckt kryſtalliniſch als Chalcedon, Jaspis, Hornſtein, Feuerſtein; eine zweite hexa— gonal (vielleicht triklin) kryſtalliſirende Form iſt der nur ſelten, zumal in trachytiſchen Geſteinen auftretende Tridymit; amorphe, mehr oder weniger waſſerhaltige Kieſelſäure, der Opal mit ſeinen Unterarten. Quarz, kenntlich an den hexagonalen Säulen und den entiprechen- den Pyramiden der Kryſtalle, an dem meiſt unebenen Bruch, dem § 54. und ihre Verwitterung. 157 Glasglanz der Kryſtallflächen und dem mehr oder weniger ausgeprägten Fettglanz der Bruchflächen, endlich an der hohen Härte (= 7). Der Quarz kommt farblos (Bergkryſtall), weiß (Milchquarz) und durch kleine Mengen fremder Beſtandtheile gefärbt (3. B. Amethyſt) vor. Dichte, kryptokryſtalliniſche Formen des Quarzes ſind: Chalcedon, ſehr mannigfach gefärbt; mit ebenem bis flachmuſche— ligem, feinſplitterigem Bruch. Feuerſtein (Flint), meiſt grau bis grauſchwarz gefärbt, mit flach— muſcheligem Bruch, leicht in ſcharfkantige Stücke zerſprengbar. Jaspis, durch Eiſenoxyd roth oder braun gefärbt, undurchſichtig, Bruch matt, flachmuſchelig. Kieſelſchiefer, verſchieden, meiſt durch Kohlenſtoff ſchwarz gefärbt; dickſchieferig, Bruch uneben bis flachmuſchelig. Der Quarz und ſeine Abänderungen ſind die verbreitetſten Mine— ralien. Quarz findet ſich in vielen Geſteinsarten (Granit, Gneiß, Schiefer— geſteinen) und bildet die Hauptmaſſe der Sande und Sandſteine. Der Quarz iſt durch kohlenſäurehaltiges Waſſer kaum, durch Salz— löſungen ſchwer angreifbar; etwas leichter unterliegen die dichten Ab— arten chemiſchen Veränderungen. Feuerſtein und Chalcedone ſind oft von einer hell gefärbten, weichen Verwitterungskruſte umgeben, die meiſt kohtenſauren Kalk enthält. Zerfreſſene, von Löſungen angegriffene Quarze kommen, wenn auch ſparſam, vor, ebenſo Pſeudomorphoſen anderer Mineralien (Speckſtein, Rotheiſenſtein, Kalkſpath, Chlorit) nach Quarz; ein Beweis, daß auch dieſer widerſtandsfähige Stoff allmählichen Umbildungen unterliegen kann. Durch Kalilauge wird Quarz allmählich gelöſt, am raſcheſten werden die dichten Abarten angegriffen. Bei der Verwitterung der Geſteine bleibt Quarz zumeiſt chemiſch unverändert, zerfällt aber durch mechaniſche Einwirkung, welche wohl durch die in der Regel vorhandenen Einſchlüſſe fremder Mineralien, Flüſſigkeiten u. ſ. w. ſehr geſteigert werden, in ſcharfeckige Bruchſtücke (in manchen Geſteinen iſt kaum ein unzerſprungener Quarzkryſtall aufzu— finden), die im Verwitterungsprodukt meiſt als ſolche erhalten bleiben und nur ſelten durch Reibung gerundet werden. Die Quarze der diluvialen Sande zeigen faſt ſtets eine äußere Schicht mit abweichender Lichtbrechung, welche den unveränderten Kern umgiebt. Die Bildung des Quarzes kann in vielen Geſteinen (Felſitporphyren, Andeſiten) nur durch Ausſcheidung aus geſchmolzenen Eruptivmaſſen erfolgt ſein, in anderen ſehr zahlreichen Fällen iſt die Entſtehung aus wäſſeriger Löſung unzweifelhaft; ſo in Verſteinerungen, auf Erzgängen, in Hohlräumen vulkaniſcher Geſteine. Chalcedonkugeln laſſen häufig den Weg der Bildung deutlich verfolgen. Die Ränder ſind von dichtem, oft ſchichtweiſe verſchieden gefärbtem Chalcedon, die Mitte iſt von Quarz eingenommen. 158 Die wichtigiten Mineralarten und Geſteine. 8 54 Oft iſt noch der Gang, auf dem die Flüſſigkeit einſickern konnte, er- halten. In der erſten Zeit, wo die Abſcheidung raſcher voranging, erfolgte die Abſcheidung der verſtecktkryſtalliniſchen, ſpäter die der groß— kryſtalliniſchen Form der Kieſelſäure. Opal. Die waſſerhaltige, amorphe Form der Kieſelſäure findet ſich überwiegend in den Hohlräumen vulkaniſcher Geſteine, iſt überhaupt aber nur wenig verbreitet. a Die Abſcheidung von Quarz im Erdboden iſt wiederholt behauptet, aber bisher noch nicht nachgewieſen worden (Emeis, Waldbauliche Forſchung. Berlin 1876). Theoretiſch iſt die Bildung durchaus mög— lich; es iſt aber nicht wahrſcheinlich, daß die Menge des ſo entſtehenden Quarzes für die Böden ins Gewicht fällt. Größere Bedeutung, zumal für die Abſorptionsvorgänge, muß man dem Vorkommen von waſſerhaltiger, amorpher Kieſelſäure im Boden beilegen. Bisher iſt es nicht möglich geweſen, dieſe direkt nachzuweiſen. Alle Silikate ſind erheblich durch Alkalien angreifbar; eine Behandlung des Bodens mit Kalilauge oder Alkalikarbonaten und die Menge der dadurch löslichen Kieſelſäure, kann das Vorkommen derſelben im freien Zuſtande wahrſcheinlich machen, aber nicht beweiſen. Auch durch mikro— fkopiſche Unterſuchungen hat der Verfaſſer bisher die Anweſenheit nicht feſtzuſtellen vermocht. Silikate. Olivin, rhombiſch kryſtalliſirend; bildet in glasglänzenden, muſchelig brechenden Kryſtallkörnern ein Gemengtheil baſiſcher, eruptiver Geſteine, jo der Baſalte, Melaphyre. Der Olivin iſt meiſt von flaſchengrüner, ſeltener gelber bis brauner Farbe. Zuſammenſetzung. Der Olivin iſt ein Magneſiumſilikat (Halb⸗ ſilikat), Mg, SiO,, wobei ein Theil der Magneſia durch Eiſenoxydul erſetzt iſt. Die procentiſche Zuſammenſetzung ſchwankt in Folge hiervon erheblich, beträgt aber im Durchſchnitt Si O. = 40,98 % Mg O == 49,18 „ Pe Der Verwitterung unterliegt der Olivin ſehr leicht, ſie ſchreitet in den meiſt zahlreich vorhandenen Sprüngen und Haarſpalten raſch voran. Das Eiſenoxydul wird hierbei in Oxyd umgewandelt, die grün— liche Färbung geht in eine gelbliche bis rothbraune über, und die Hauptmaſſe des Geſteines wird unter Aufnahme von Waſſer in ein waſſerhaltiges Magneſiumſilikat, zumeiſt in Serpentin übergeführt. Der Olivin iſt ein primärer Beſtandtheil eruptiver Geſteine, er läßt ſich leicht durch Zuſammenſchmelzen ſeiner Beſtandtheile mit einem Flußmittel künſtlich herſtellen. h mim S 54. und ihre Verwitterung. 159 Serpentin, wahrſcheinlich verſteckt kryſtalliniſch, ein weiches H= 3-4) dichtes, meiſt düſter, lauch- bis ſchwarzgrün gefärbtes Geſtein; findet ſich in ganzen Bergen, Stöcken und Lagern. Zuſammenſetzung: Mg, H. Si O, +H,0 = Si O. 43,5% Mg O = 43,5 H, O = 13,0 Ein Theil der Magneſia iſt faſt immer durch Eiſenoxydul erſetzt (bis zu 8% der Mineralſubſtanz). Der Serpentin iſt aus der Verwitterung magneſiumhaltiger Mine— ralien, meiſt aus Olivin hervorgegangen und unterliegt nur ſchwierig weiteren Angriffen, die in der Regel zur Bildung (und Wegführung) von Karbonaten und Abſcheidung von Kieſelſäure führen. Gelegentlich ſcheidet ſich auch wohl waſſerhaltiges Magneſiumoxyd (Brucit) ab. Talk und Speckſtein, kryſtalliniſche (wahrſcheinlich rhombiſch), ſehr weiche (H = 1), farbloſe oder ſchwachgrünlich oder gelblich gefärbte Mineralien, von denen die ſehr leicht ſpaltbaren, ſchuppigen oder blätterigen Abarten als Talk, die feſteren, uneben brechenden, dichten als Speckſtein bezeichnet werden. Zuſammenſetzung: Waſſerhaltiges Magneſiumſilikat, H, Mg. Si, 012 mit 0 Mg O = 31,7 „ 8 Talk bildet als Talkſchiefer eine Gebirgsart, findet ſich aber auch ſonſt weit verbreitet, ſo in den Protogingneißen der Alpen (in denen er den Glimmer vertritt). Talk iſt ein ſehr häufig vor— kommendes Verwitterungsprodukt magneſiahaltiger Mineralien, zumal der Augit⸗ und Hornblendegeſteine und iſt wohl ſtets als ein ſekundäres Produkt zu betrachten. Bei der Verwitterung zerfällt der Talk in Folge der leichten Spalt— barkeit blätterig; chemiſche Umwandlungen erleidet er kaum, iſt daher als eines der unangreifbarſten Mineralien zu betrachten. Glaukonit findet ſich in gerundeten, meiſt kleinen, mattgrünen Körnern in Kalken, Sandſteinen, Thonen und auch in ſandſteinartigen Zuſammenlagerungen (die als Grünſande bezeichnet werden). Der Glaukonit iſt äußerlich der Grünerde ähnlich und durch den meiſt hohen Gehalt an Kali (5—15 % ) von bodenkundlicher Wichtigkeit. Chemiſch ein ſehr ſchwankend zuſammengeſetztes waſſerhaltiges Silikat von Eiſen, Thonerde und Kali. 160 Die wichtigſten Mineralarten und Geſteine Feldſpathe. Unter den geſteinbildenden Silikaten ſind, ſowohl in Bezug auf Menge des Vorkommens, wie auf Bedeutung der Ber- witterungsprodukte, die Feldſpathe die für die Bodenbildung wichtigſten. Sie ſind ſämmtlich Doppelſilikate von Alkalien, alkaliſchen Erden und Thonerde. Nach den Kryſtallformen unterſcheidet man monoklinen Feldſpath, Orthoklas und trikline Feldſpathe oder Plagioklaſe. Orthoklas, Kalifeldſpath; monoklin, leicht ſpaltbar in zwei auf einander ſenkrecht ſtehenden Richtungen, von hoher Härte (H— 6); glasglänzend und meiſt röthlichweiß bis fleiſchroth gefärbt. Die glaſige in trachitiſchen Geſteinen vorkommende Abänderung bezeichnet man als Sanidin. Zuſammenſetzung: Kaliumthonerdeſilikat — K, Al, Si,O,, mit Si O. — 64,68 % Al O3 18,43 „ K. O = 16,89 „ Außerdem finden ſich kleine Mengen von Kalk, Magneſia, Eiſen und faſt ſtets 2—3 9% Natron. Orthoklas iſt ein Gemengtheil vieler Ge— ſteine (Granit, Gneiß, Syenit, Felſitporphyr u. ſ. w.) und findet ſich auch ſonſt verbreitet. Er iſt eine weit verbreitete Ausſcheidung eruptiver Geſteine; kann aber auch auf wäſſerigem Wege entſtehen. Abb. 18. Die Verwitterung des Orthoklas iſt viel— Orthotlastryſtall, theit- fach unterſucht. In den Geſteinen verlieren die dh Kaliglemmer; 0 Epttet. Kryſtalle ihren Glanz, werden matt und färben ſich häufig durch ausgeſchiedenes Eiſenoxyd röth- lich oder bräunlich und gehen endlich in thonige Beſtandtheile, die reinſten Abarten in weißen Kaolin über (vergleiche Seite 120). Die Angreifbarkeit des Orthoklas durch reines, oder kohlenſäure— haltiges Waſſer iſt vielfach experimentell nachgewieſen worden. Bei der komplicirten Verwitterung in der Natur, wo zugleich verdünnte Salz- löſungen einwirken, bilden ſich häufig andere Mineralarten, zumal Kaliglimmer und Epidot. Auf Dünnſchliffen laſſen ſich nicht ſelten die drei hauptſächlichen Umbildungen in Kaolin, Kaliglimmer und Epidot neben einander beobachten (ſiehe oben Abbildung 18). Es läßt ſich auch verfolgen, daß die Verwitterung meiſt den Spaltflächen folgt und derſelbe Kryſtall an einzelnen Theilen bereits in trüben Kaolin umgewandelt iſt, während andere noch völlig klar und unangegriffen erſcheinen. § 54.] und ihre Verwitterung. 161 Von den Feldſpathen iſt der Orthoklas in der Regel der am ſchwierigſten angreifbare. Häufig finden ſich die Plagioklaſe in gemengten Geſteinen bereits völlig zerſetzt, während die glänzenden Spaltungs— flächen des Orthoklas unverändert geblieben ſind. Es kann das aber nur als Regel gelten, gar nicht ſelten kann man auch das umgekehrte Verhalten beobachten. Die Plagioklaſe. Die triklinen Feldſpathe haben bei gleicher Kryſtallform ſehr ver— ſchiedene Zuſammenſetzung. Alle zeichnen ſich durch die Neigung aus, zu Zwillingen zu verwachſen. Selbſt der kleinſte Kryſtall zeigt ſich aus zahlreichen, oft äußerſt feinen Kryſtallamellen zuſammengeſetzt; vielfach läßt ſich dies ſchon mit bloßem Auge an der Zwillingsſtreifung der Spaltungsſtücke erkennen. Man unterſcheidet drei ſelbſtändige Arten der Plagioklaſe, welche durch Verwachſung zu Zwillingskryſtallen die zahlreichen Zwiſchenglieder bilden, es ſind dies: Mikroklin, trikliner Kalifeldſpath; in der Zuſammenſetzung und dem Verhalten mit dem Orthoklas übereinſtimmend. Albit, Natronfeldſpath; ein Doppelſilikat von Natron und Thonerde. Anorthit, Kalkfeldſpath; ein Doppelſilikat von Kalk und Thonerde. BERICHTEN, Namentlich Miſchungen der beiden letzten i A p Arten finden ſich Häufig, wahrend die reinen dale dead Mineralien geradezu ſelten ſind; je nach dem einem Kryſtallindividuum, die Ueberwiegen des einen oder anderen bezeichnet eſebmäßig eeſnamttroſaller man ſie als Oligoklas; Natronkalkfeldſpath, viel Natrium bei relativ wenig Kalk enthaltend, und Labrador; Kalknatronfeldſpath, viel Kalk, wenig Natron enthaltend. Mikroklin entſpricht in allen ſeinen Eigenſchaften, natürlich mit Ausnahme der Kryſtallform, dem Orthoklas; er erleidet dieſelben Zer— ſetzungen wie jener. Albit Na, Al Si, O10 mit Meſelſäure 68,62% Dhone rs 19856, Rinn 182, Ramann. 11 162 Die wichtigſten Mineralarten und Gejteine (S 54. Anorthit = Ca Al, Si, Os entſprechend Si O, — 43,08 % Al, O, — 36,82 Ca O = 20,10 „ Neben Natron und Kalk enthalten faſt alle e kleine Mengen von Kalium. Oligoklas und Labrador ſtehen in ihrer Zuſammenſetzung und ib Verhalten zwiſchen Albit und Anorthit. Die Plagioklaſe ſind weit verbreitete Gemengtheile vieler Geſteine, in denen fie zum Theil neben Orthoflas (in Granit, Gneiß) oder als alleinige Vertreter der Feldſpathmineralien vorkommen, ſo in den meiſten baſiſchen Eruptivgeſteinen. Die Verwitterung der Plagioklaſe führt ebenfalls zur Bildung von Mineralien der Kaolingruppe (am wenigſten beim Anorthit); ſie geht in den reichlich Kalk enthaltenden raſcher voran, als in den natron— reichen. Natron, ſowie Kalk werden weggeführt, der letztere wohl auch als Karbonat in den Geſteinen abgeſchieden. Bemerkenswerth iſt die Neigung zur Bildung von Zeolithen bei der Zerſetzung der Plagioklaſe, die den Kalifeldſpathen nicht oder nur in beſchränktem Maße zukommt. 1 Mineralien der Glimmergruppe. Neben den Feldſpathen nehmen die Mineralien der Glimmergruppe an der Zuſammenſetzung der Geſteine weſentlichen Antheil. Alle zeichnen ſich durch leichte Spaltbarkeit aus, welche ein Zertheilen des Glimmers in ſehr feine, meiſt elaſtiſch biegſame Blättchen in höchſtem Maße be— günſtigt. Auf Grund des optiſchen Verhaltens hat man die Glimmer in eine Anzahl Arten eingetheilt; für die Zwecke der Bodenkunde genügt jedoch die alte Unterſcheidung zwiſchen Kaliglimmer und Magneſia— glimmer. Die Zuſammenſetzung der Glimmer iſt eine ſchwankende, und es iſt bisher noch nicht möglich geweſen, ſie auf einfache Formeln zurückzuführen. Es ſind Doppelſilikate der Alkalien, alkaliſchen Erden und der Thonerde (Eiſen). Kaliglimmer, ausgezeichnet ſpaltbar, von überwiegend hellen, oft ſilberweißen Farben; geringe Härte (2 — 3). Die Zuſammenſetzung iſt eine ſehr wechſelnde und ſchwankt etwa in folgenden Grenzen: Si O. = 46 — 50% Al, O3 = 25 — 35 K. O = 810 „ Hierzu kommen noch Eiſen, zumal als Eiſenoxyd (0,5 - 5 % ), Fluor und Waſſer (1—4 % ); Kalk ſowie Magneſia fehlen faſt gänzlich, jedoch finden ſich oft kleine Mengen von Natrium und Lithium. 75 § 54.] und ihre Verwitterung. 163 Kaliglimmer iſt ein Beſtandtheil vieler Geſteine (Granit, Gneiß, Kaliglimmerſchiefer u. ſ. w.). Der Verwitterung iſt Kaliglimmer ſehr wenig unterworfen, wohl ſpaltet er ſich in äußerſt dünne Blättchen, dieſe aber erhalten ſich außerordentlich lange, faſt völlig unangegriffen. Magneſiaglimmer, meiſt dunkel gefärbt, ſchwarz, grünlich oder grau, auch braun, vielfach nicht ſo vollkommen ſpaltbar wie der Kaliglimmer. Chemiſch von noch wechſelnderer Zuſammenſetzung wie die Kali— glimmer; charakteriſtiſch iſt der hohe Gehalt an Magneſia und vielfach an Eiſen, welches meiſt als Eiſenoxyd vorhanden iſt. Etwa folgende Grenzwerthe ſind anzunehmen: Si O, — 39 — 44% Al OE 6 20 Fe,0, 0 — 30 „ Mg O — 10 30 „ eo 5-10, Daneben noch kleine Mengen von Waſſer, Natron und Fluor. Der Magneſiaglimmer findet ſich, ähnlich dem Kaliglimmer, in vielen Geſteinen, oft mit dieſem vergeſellſchaftet; in den baſiſchen Ge— ſteinen ſind Magneſiaglimmer vorherrſchend. Die Verwitterung des Magneſiaglimmers erfolgt erheblich leichter, als die des Kaliglimmers. Häufig ſind die dunklen Blättchen von einem hell gefärbten Rande umgeben, der durch Wegführung des Eiſens und der Alkalien entſtanden iſt; oft ſetzt ſich auch Eiſenoxyd zwiſchen den Lamellen ab und färbt dieſe röthlich. Der Boden, welcher ſich aus Geſteinen bildet, die viel Magneſiaglimmer enthalten, iſt ein eiſenreicher Thonboden und durch feine phyſikaliſchen Eigenſchaften, wie durch höhere Fruchtbarkeit von den aus Kaliglimmer gebildeten unter— ſchieden. Vielfach läßt ſich eine Umbildung der Baſen des Magneſiaglimmers in Karbonate verfolgen; anderſeits finden ſich Umwandlungen in Talk oder Speckſtein. 1 Mineralien der Hornblende- und Augitgruppe. Dieſe Gruppe umfaßt eine Anzahl Mineralien, welche rhombiſch oder monoklin, ſelten triklin kryſtalliſiren, aber trotz den verſchiedenen Kryſtallſyſtemen doch gewiſſe geometriſche Beziehungen in ihren Formen erkennen laſſen. Chemiſch ſind fie als iſomorphe Miſchungen verſchie— dener Biſilikate aufzufaſſen, die Alkalien, alkaliſchen Erden, Eiſenoxydul, ſowie Eiſenoxyd und Thonerde enthalten können. Von bodenkundlichem Intereſſe ſind nur Hornblende und Augit und vielleicht noch der Diallag; die erſten beiden ſind Beſtandtheile verbreiteter Geſteine. 11 * 164 Die wichtigſten Mineralarten und Geſteine 18 54. Hornblende und Augit ſind im reinen Zuſtande Magneſiumbiſilikate, in denen ein Theil des Magneſiums durch Calcium oder Eiſenoxydul. erſetzt iſt. Die verbreiteten Formen enthalten außerdem reichliche Mengen von Thonerde. Je nach Vorkommen derſelben iſt der Verlauf der Verwitterung ein verſchiedener. Hornblende (Amphibol), monoklin, vollkommen ſpaltberr und an den glänzenden, riſſig ausgebildeten Spaltflächen vom Augit leicht zu unterſcheiden. Die geſteinsbildenden Abarten ſind dunkel, meiſt ſchwarz gefärbt, die ſelteneren farbloſen oder gelblichen, grünlichen oder braunen Formen treten zurück. In der Zuſammenſetzung unterſcheiden ſich die Hornblenden vom Augit durch geringeren Kalkgehalt und durch einen Gehalt an Alkalien (auch Fluor). Die Zuſammenſetzung ſchwankt erheblich; bei den geſteinsbildenden Arten etwa in folgenden Grenzen: Si o. — 39— 49% Al. O - 8—15 „ Mg „ 5 Fe, 92] - 1 1 Fe 0 ſſehr wechſelnd. 2 = 10— 1 „, 0 Alkalien — 1— 5 Die Hornblende iſt ein Beſtandtheil vieler Geſteine (Syenit, Diorit, Hornblendeſchiefer, vieler Granite, Baſalte u. ſ. w.). Die Verwitterung der gemeinen Hornblende kann zunächſt zur Bildung von Glimmer, Epidot, Chlorit und zu einer feinfaſerigen, in der Zuſammenſetzung von Hornblende nicht weſentlich abweichenden Maſſe, dem Asbeſt, führen; während die ſelteneren, thonerdefreien Abarten in Talk, Serpentin, Chlorit umgebildet werden. Beim Fortſchreiten der Verwitterung werden Alkalien ſowie Kalk und Magneſia weggeführt, Waſſer dagegen gebunden, und die Endprodukte ſind eiſenreiche Thone. Augit (Pyroxen) unterſcheidet ſich in Bruchſtücken durch die geringe oder fehlende Spaltbarkeit von der Hornblende; in der chemiſchen Zu— ſammenſetzung durch Reichthum an Kalk (20 —23 % ), geringeren Gehalt an Magneſia (13 — 16 % und Thonerde (4 — 9 %), ſowie durch das Fehlen der Alkalien. Der Augit iſt ein Beſtandtheil vieler Geſteine (Diabas, Baſalt, Melaphyr u. ſ. w.). Die Verwitterung nimmt in Folge des geringeren Thonerde— gehaltes meiſt einen anderen, raſcher fortſchreitenden Verlauf wie bei den Hornblenden. Zumeiſt bildet ſich zuerſt eine zerreibliche, erdige, grüne Maſſe, Grünerde, die immer reicher an Kieſelſäure, ärmer an alkaliſchen Erden iſt, als der Augit, aus dem ſie entſtand; häufig iſt S 54.] und ihre Verwitterung. 165 Kalkkarbonat beigemengt; als Endprodukt der Verwitterung entſtehen eiſenreiche Thone. g Diallag hat Bedeutung als Gemengtheil des Gabbro und durch ſein Vorkommen in einzelnen baſiſchen Geſteinen. Er unterſcheidet ſich durch ſeine Spaltbarkeit nach einer Richtung und den ſchimmernden Glanz der Spaltungsflächen von Augit und Hornblende. In der Zu— ſammenſetzung ſchließt ſich der Diallag den thonerdehaltigen Augiten an. Bei der Verwitterung ſcheint, ſoweit Unterſuchungen vorliegen, ſehr vielfach Serpentin gebildet zu werden; anderſeits zeigen Gabbroböden denſelben eiſenreichen Thon, welcher für die Hornblende- und Augit— geſteine auch ſonſt bezeichnend iſt. Mineralien der Chloritgruppe. Die Mineralien der Chloritgruppe ſtehen in ihrem Verhalten wie in der Art und Weiſe des Auftretens etwa zwiſchen den Glimmern und dem Talk. Mit beiden theilen ſie die geringe Härte und die hohe Spaltbarkeit, enthalten jedoch keine Alkalien, dagegen reichlich Thonerde. Für die Bodenkunde hat nur Bedeutung: Chlorit, lauch⸗ bis ſchwärzlichgrün, ſehr weich (H = 1 — 1,5). Die Zuſammenſetzung wechſelt in etwa folgenden Verhältniſſen: e Al. O. 19 — 23 „„ Fe O 15 — 29 Mg O0 = 15 — 25 H. O = 9-12 Der Chlorit kann daher als ein waſſerhaltiges Doppelſilikat von Thonerde mit Magneſium und Eiſenoxydul betrachtet werden. Das Vorkommen von Chlorit iſt ein weit verbreitetes. Er gehört zu den häufigſten Umbildungen, welche aus magneſia- und eiſenhaltigen Mineralien entſtehen. Chloritſchiefer und körnig-ſchuppiges Chlorit— geſtein bilden ganze Gebirgsarten. Der Verwitterung unterliegt Chlorit, der immer als eine ſekun— däre Bildung betrachtet werden muß, nur ſehr ſchwierig; bei derſelben wird zumeiſt die Kieſelſäure als Quarz oder Chalcedon abgeſchieden, das Eiſen in Oxydhydrat und die Magneſia in Karbonat übergeführt. Leichter erfolgt eine mechaniſche Zertheilung der Chloritſubſtanz. Mineralien der Zeolithgruppe. Als Zeolithe bezeichnet man eine Gruppe zahlreicher Mineralien, die ſtets ſekundärer Bildung ſind und reichlich Waſſer enthalten (welches beim Glühen unter Aufſchäumen entweicht); ihrer Zuſammenſetzung nach ind es Doppelſilikate von Kali, Natron, Kalk und Thonerde (die wenigen abweichend zuſammengeſetzten kommen hier nicht in Betracht). 166 Die wichtigſten Mineralarten und Geſteine 5 54 Zeolithe finden ſich auf Erzgängen und in Hohlräumen vulkaniſcher, namentlich baſiſcher Geſteine ſehr häufig; fie ſind ein Verwitterungs⸗ produkt der verſchiedenſten geſteinbildenden Mineralien. Die Zeolithe zeichnen ſich durch ihre, bei Mineralien ſeltene Reaktionsfähigkeit und durch die Leichtigkeit aus, mit welcher ein Aus⸗ tauſch der Baſen gegen einander erfolgt. Die meiſten Vorgänge der Abſorption im Erdboden laſſen ſich ohne Schwierigkeit in ähnlicher Weiſe künſtlich an zeolithiſchen Mineralien hervorrufen. Aus dieſem Grunde hat man das Vorkommen ſolcher im Erdboden angenommen, und wenn auch der exakte Nachweis derſelben noch ausſteht, ſo ſprechen doch ſo viele Gründe dafür und erklären ſich zahlreiche Erſcheinungen ſo einfach, daß man gut thut, einſtweilen bei dieſer Annahme ſtehen zu bleiben. N Bei der Verwitterung zerfallen die Zeolithe, meiſt unter Waſſer⸗ verluſt in feines Pulver und gehen allmählich in kaoblinartige Erden über. Von der großen Zahl der bekannten Zeolithe können hier nur einige wenige aufgeführt werden: Meſotyp, die kalkhaltige Abart als Skolecit, die natronhaltige als Natrolith bezeichnet. Na Al Sia O10 + 2 H O. Meiſt ſtrahlig oder fein nadelförmig. Der verbreitetſte Zeolith und zugleich derjenige, welcher am wenigſten leicht weiteren Zer— ſetzungen unterliegt. N Stilbit, Ca Ale Si, 0.6 + 5 H O, an der hohen, blätterigen Spalt⸗ barkeit erkennbar. In Laven, Baſalten verbreitet. Analeim, Na, Alz Si 0, + 2 H O, regulär. In Blaſenräumen von Eruptivgeſteinen, auf Erzgängen. 8 Harmotom, Ba K. Al Si, O14 + 5 He O, durch die häufig kreuz⸗ artig ausgebildeten Zwillingskryſtalle (daher auch Kreuzſtein genannt) ausgezeichnet. Gruppe der Thonmineralien. Zu den wichtigſten aber noch am wenigſten erforſchten Mineral- arten gehören die Thone. Allerdings läßt ſich nicht in Abrede ſtellen, daß die Unterſuchung und Trennung derſelben außergewöhnliche Schwierig- keiten bietet, trotzdem läßt ſich die Vernachläſſigung dieſer für Boden⸗ kunde wie Technik gleich wichtigen Stoffe nicht rechtfertigen. Am beſten bekannt iſt der Kaolin, das hauptſächlichſte Verwitterungsprodukt thonerdehaltiger Geſteine. Im reinen Zuſtande weiß, erdig, fühlt ſich trocken mager an, iſt aber im feuchten Zuſtande ſehr plaſtiſch. Der Kaolin iſt ver⸗ ſteckt kryſtalliniſch, nicht amorph, wie man vielfach angenommen hat, § 54. und ihre Verwitterung. 167 und beſteht aus kleinen, ſich dicht zuſammenlagernden Blättchen von ſechsſeitiger Form und deren Bruchſtücken.“ Die Zuſammenſetzung des Kaolin iſt nach den beſten vorliegenden Analyſen H, Al, Si, Os + H: O; die ältere Formel Al, Si O, + 2 H. O iſt, da die Hälfte des Waſſers erſt bei höherer Temperatur entweicht, wohl weniger wahrſcheinlich. Si O. — 46,60 % Alz O, = 39,68 „ 20 Ma, Der Kaolin iſt vor dem Löthrohre unſchmelzbar, Salz- und Sal- peterſäure greifen ihn nicht an, Schwefelſäure zerſetzt ihn. Von Kali- lauge wird er ebenfalls zerſetzt. Der Kaolin findet ſich im reinen Zuſtande verbreitet als Zer— ſetzungsprodukt feldſpathreicher Geſteine und iſt immer ein Beſtandtheil thoniger Erden. Die Thonarten bilden unter dem Mikroſkop ein dichtes Gemenge von grauen oder braunen, durch humoſe Stoffe oder Eiſen gefärbten Subſtanzen. Mit Salzſäure behandelt, treten die Blättchen des Kaolin deutlich hervor. Zweifellos hat man es mit Gemengen ſehr verſchiedener Mineralarten zu thun, und es iſt bisher noch nicht möglich, die ein— zelnen derſelben zu iſoliren. Die Geſammtanalyſen geben die ver— ſchiedenſten Reſultate und müſſen dieſe geben, da ſie ſich eben auf Gemiſche beziehen. Für den Boden ſind außer den Thonarten, welche ſich dem Kaolin anſchließen, die eiſenreichen Thone von Wichtigkeit. Man hat den „Thonſubſtanzen“ eine gewiſſe Quellbarkeit zuge— ſchrieben. Die ganze Auffaſſung van Bemmelen's “) über die Abſorp— tionswirkung der Erden beruht darauf, daß die Thone in Vergleich zu ſtellen ſind mit gallertartigen (3. B. Kieſelſäuregallert-) Verbindungen. Die mikroſkopiſchen Unterſuchungen unterſtützen dieſe Meinung nicht und ebenſo wenig das Verhalten gegen Waſſer. Alle quellbaren Körper vermögen nur ein gewiſſes Quantum von Waſſer zwiſchen ſich einzu— lagern, bei den Thonen iſt es unbeſchränkt. * Alles dieſes würde die Wahrſcheinlichkeit der Quellbarkeit der Thonſubſtanzen ſehr herabdrücken; entſcheidend gegen dieſe ſpricht aber der Umſtand, daß alle Erſcheinungen in ganz gleicher Weiſe wie beim Thon (dauerndes Suspendirtbleiben in reinem Waſſer mit Bildung ein— zelner verſchieden trüber Zonen, Flockenbildung beim Zuſatz von Säuren ) Es iſt ſchwer verſtändlich, wie gegenüber den einſtimmigen Urtheilen aller Beobachter, welche Kaoline der verſchiedenſten Fundorte unterſuchten, die Meinung von der amorphen Beſchaffenheit des Kaolins noch immer Beſtand haben kann. * Landwirthſchaftliche Verſuchs-Stationen. *) Sachße, Agrikulturchemie, S. 13. 168 Die wichtigſten Mineralarten und Gejteine IS 54. oder Salzen, die Formbarkeit bei Gegenwart von wenig Waſſer, Ein— trocknen zu harten Stücken) ſich bei anderen chemiſch unangreifbaren Stoffen, z. B. bei höchſt fein gebeuteltem Bergkryſtall, hervorrufen laſſen. Die plaſtiſchen Eigenſchaften ſind überwiegend auf die geringe Korngröße der Thonſtoffe zurück zu führen, ebenſo die Vertheilbarkeit im Waſſer. Das letztere beruht auf der molekularen Bewegung in der Flüſſigkeit und iſt am eheſten mit dem Verhalten des Triebſandes, welches durch den Auftrieb einer Waſſerſäule bewirkt wird, in Vergleich zu ſtellen. Sit es zur Zeit nicht möglich, die Thone chemiſch zu trennen und zu klaſſificiren, jo thut man gut, fie vorläufig unter einem Geſammt⸗ namen zuſammen zu faſſen. Steinriede ſchlägt vor, ſie als Argillite zu bezeichnen. Silikate geringerer Bedeutung. Leucit; Beſtandtheil einzelner baſaltiſcher Geſteine. Ein Doppel- ſilikat von Kalium und Thonerde, K, Al, (Si O3). Bildet bei der Ver⸗ witterung eine weiße, thonige Maſſe, wahrſcheinlich Kaolin. Nephelin; ein Beſtandtheil vieler Baſalte und der Phonolithe. Hexagonal, bildet kleine, eingewachſene, auf dem Bruch ſtark fettglänzende Kryſtalle von meiſt hellen Farben. Chemiſche Zuſammenſetzung. Doppelſilikat von Natron, Kali und Thonerde (Na K) Al Si Os (meiſt iſt Kali in geringerer Menge vorhanden, in der Regel 1 K auf 4—5 Na). Die mittlere Zujammen- ſetzung iſt: Si 0, 41,24% Al O0, — 35,26 „ Na, O = 17,04 e Bei der Verwitterung bildet der Nephelin unter Waſſeraufnahme zeolithiſche Mineralien (ſehr oft Natrolith), als Endprodukt entſtehen wahrſcheinlich thonige Mineralien. Epidot, ein waſſerhaltiges, kalkreiches Thonerde-Eiſenoxydſilikat von meiſt grüner Färbung, entſteht ſehr häufig als ſekundäres Produkt bei der komplicirten Verwitterung von Feldſpathen und anderen thonerde- reichen Mineralien. Epidot iſt ſehr vielfach die Urſache der grünen Färbung vieler Geſteine, insbeſondere der Felſitgeſteine, deren Grund— maſſe oft faſt völlig in Epidot umgewandelt iſt. Granat. Eine ganze Gruppe meiſt regulär kryſtalliſirender Mine- ralien, von denen für die Bodenkunde nur der gemeine Granat be— ſchränkte Bedeutung hat. Der chemiſchen Zuſammenſetzung nach iſt derſelbe ein Doppelſilikat von Kalk, Eiſenoxyd und Thonerde. Bei der Verwitterung werden thonige Subſtanzen gebildet. S 54] und ihre Verwitterung. 169 Turmalin (Schörl), ein ſehr mannigfach zuſammengeſetztes Silikat (K H Na Li, Mg Fe Mn Ca, Al, O, enthaltend). Für die Bodenkunde hat nur der ſchwarz gefärbte, in längs geſtreiften Kryſtallſäulen auftretende gemeine Turmalin eine geringe Bedeutung. Bei der Verwitterung wird er zumeiſt in Kaliglimmer umgewandelt, ſeltener entſteht Chlorit oder Talk. 2. Karbonate. Neben den Silikaten gehören die Karbonate, zumal die des Kalkes und der Magneſia, ſeltener des Eiſens, durch Verbreitung wie durch ihre Einwirkung auf die Pflanzenwelt, zu den wichtigſten Mineralien. Kohlenſaurer Kalk, CaCO, — R C0. = 44 „ iſt als ſolcher leicht an dem Aufbrauſen beim Uebergießen mit Säuren zu erkennen; er findet ſich in der Natur in drei von einander ab— weichenden Formen. Kalkſpath, hexagonal-rhomboödriſch; leicht ſpaltbar in den For— men des Grundrhomboöders, gehört zu den verbreitetſten Mineralien und kommt auf Gängen und Spalten in ſchön ausgebildeten, formen— reichen Kryſtallen vor; kryſtalliniſch oder dicht bildet er als Marmor und Kalkſtein ganze Gebirgszüge. Aragonit, rhombiſch; weniger verbreitet als Kalkſpath, aber immerhin noch ein häufiges Mineral auf Gängen, in den Druſenräumen von Baſaltgeſteinen, als Tropfſtein u. ſ. w. Je nach Koncentration und Temperatur ſcheidet Waſſer, in dem ſaurer kohlenſaurer Kalk gelöſt iſt, nach dem Entweichen der Kohlenſäure entweder Kalkſpath oder Ara— gonit ab. i Kreide, feinerdig, abfärbend, beſteht zum großen Theil aus Körnern und Scheibchen, die vielfach noch ihren thieriſchen Urſprung erkennen laſſen. Kohlenſaurer Kalk gehört zu den häufigſten Bildungen bei der Verwitterung kalkhaltiger Silikate und wird in vielen Fällen kryſtalliniſch im Geſtein abgeſchieden (in Diabaſen, Baſalten u. ſ. w.). Kohlenſäurehaltiges Waſſer löſt Calciumkarbonat ohne Rückſtand als ſauren kohlenſauren Kalk. Die Verwitterung der Kalkgeſteine beſteht daher weſentlich in einer Löſung und Wegführung des Kalkes, nur ſchwerer angreifbare Beimiſchungen bleiben zurück. Hierbei zeigt es ſich, daß einzelne Theile der Kalkgeſteine, namentlich kommt dies bei ſehr reinen Abarten vor, leichter angreifbar ſind; hierdurch und zum Theil auch wohl durch einfache mechaniſche Zertrümmerung wird ein fein⸗ bis grobkörniger Sand, Kalkſand, gebildet. 170 Die wichtigſten Mineralarten und Geſteine [8 54. Der kohlenſaure Kalk iſt die Veranlaſſung zu zahlreichen Um- bildungen in dem Mineralreich. Zumal aus Metallſalzen vermag er unlösliche in Oxyd übergehende kohlenlaure Salze auszufällen. Pſeudo⸗ morphoſen von Roth- und Brauneiſen, Manganſuperoxyd nach Kalk⸗ ſpath ſind vielfach bekannt. Dolomit iſt ein rhomboösdriſches, mit Kalkſpath iſomorphes Doppel⸗ ſalz von kohlenſaurem Kalk und kohlenſaurer Magneſia, am häufigſten nach der Formel Ca CO”? + Mg CO, zuſammengeſetzt. Ca CO, — 54,35 % Mg CO, — 45,65 „ Von dem Kalkſpath unterſcheidet ſich der Dolomit durch das häufige Auftreten des Grundrhombosders als Kryſtallform (bei jenem eine Seltenheit) und durch die größere Widerſtandsfähigkeit gegen Säuren; mit Salzſäure befeuchtet, tritt Aufbrauſen nur bei höherer Temperatur oder dann ein, wenn der Dolomit gepulvert angewendet wird. Dolomit iſt ein häufiges Mineral und bildet als Dolomitfels ganze Gebirgsmaſſen. Zwiſchen dem Dolomit und dem Kalkſpath ſtehen die dolomi— tiſchen Kalke, ſie enthalten weniger Magneſia als der obigen Formel entſpricht. Bei der Verwitterung wird aus dolomitiſchen Kalken zuerſt ganz überwiegend kohlenſaurer Kalk gelöſt und weggeführt; das zurückbleibende Geſtein nähert ſich immer mehr der Zuſammenſetzung des reinen Dolomits. Viele Dolomite ſind auf dieſem Wege entſtanden. Der Dolomit ſelbſt wird ſpäter ebenfalls allmählich gelöſt, jedoch viel ſchwieriger als Kalk— ſpath; in den zumeiſt vorkommenden poröſen Räumen der Dolomite ſammelt ſich ein aus lauter kleinen Dolomitchomboedern beſtehendes Pulver an, die ſogenannte Dolomitaſche. Eiſenſpath, kohlenſaures Eiſenoxydul, Fe CO; (62,07 FeO; 37,9302), iſt bei Luftabſchluß ein häufiges Produkt der Verwitterung eiſenhaltiger Geſteine und wird von kohlenſäurehaltigen Wäſſern gelöſt. Mit der Luft in Berührung verliert Eiſenſpath allmählich, im gelöſten Zuſtande raſch, ſeine Kohlenſäure und wandelt ſich in Eiſenoxyd oder Eiſenoxyd— hydrat um; Pſeudomorphoſen von Roth- oder Brauneiſen nach Eijen- ſpath ſind ſehr häufig. 3. Sulfate. Sulfate treten bodenbildend nur als ſchwefelſaurer Kalk, im waſſer— freien Zuſtande als Anhydrit, im waſſerhaltigen als Gyps auf; ſeltener vorkommend und ohne bodenkundliche Bedeutung iſt der Schwerſpath, ſchwefelſaures Baryum BaSO,; eine der unlöslichſten Mineralarten. § 54.] und ihre Verwitterung. 171 Anhydrit, ſchwefelſaurer Kalk, Ca 80, (= 41,2 Ca 0; 58,8 80), bildet in kryſtalliniſchen, graulich oder bläulich gefärbten Maſſen eine Gebirgsart, ſeltener findet er ſich in rhombiſchen Kryſtallen. Unter Waſſeraufnahme geht der Anhydrit über in Gyps, waſſerhaltigen, ſchwefelſauren Kalt, Ca S0. + 2 H. O, F SO, — 46,5 „ Bo >10, Gyps findet ſich in monoklinen Kryſtallen und bildet in körniger Ausbildung eine Geſteinsart. Kenntlich iſt er an ſeiner geringen Härte (1,5—2) und der vorzüglichen Spaltbarkeit der Kryſtalle. Gyps iſt das verbreitetſte ſchwefelſaure Salz und der Träger der Schwefelſäure im Erdboden. Gyps iſt verhältnißmäßig leicht löslich (in etwa 400 Theilen Waſſer) und wird daher leicht durch die Boden— wäſſer weggeführt und kryſtalliſirt an geeigneten Orten beim Verdunſten des Waſſers wieder unverändert aus. 4. Phosphate. Von den phosphorſauren Salzen iſt nur der phosphoriaure Kalk, kryſtalliſirt als Apatit, kryſtalliniſch als Phosphorit bezeichnet, ver— breitet und von Wichtigkeit. Vivianit (Blaueiſenerde), waſſerhaltiges, phosphorſaures Eiſen— oxydul, findet ſich in Mooren und Torflagern. Urſprünglich farblos oder weiß, nimmt er an der Luft raſch eine mehr oder weniger rein blaue Farbe an. Apatit, hexagonal kryſtalliſirend, beſteht aus einem Doppelſalz von phosphorſaurem Kalk mit wenig Chlor- oder Fluorcalcium. Der Ge— halt an Phosphorſäure beträgt 41 — 42 Procent. Apatit findet ſich in mikroſkopiſchen Kryſtallen in faſt allen Geſteinen. Er bildet hier nadelförmige, oder kurze ſäulenförmige Kryſtalle von ſechsſeitigem Querſchnitt als Einſchluß in den verſchiedenſten Mineralien (Quarz, Hornblende, Glimmer, Feldſpathen u. ſ. w.); iſt aber procentiſch meiſt nur in geringen Mengen vorhanden (Abb. 20 auf Seite 172). Der Apatit iſt der Träger der Phosphorſäure im Boden. In kohlenſaurem Waſſer iſt Apatit etwas löslich, leicht wird er von allen Mineralſäuren gelöſt. Größere Kryſtalle werden bei der Verwitterung undurchſichtig und ſcheinen, Analyſen liegen nicht vor, vielfach in Kalk— karbonat umgewandelt zu werden. Die Phosphorite bilden, wo ſie in größerer Menge vorkommen, hellgefärbte, faſerige bis dichte Maſſen (hochwerthiges Düngemittel). 172 Die wichtigiten Mineralarten und Geſteine n [8 54. Abb. 20. Mikroſtkopiſche Apatitkryſtalle. a) Querſchnitt; bp) Längsanſicht (die Ouerlinien entſprechen den in den Kryſtallen meiſt vorhandenen baſiſchen Abſonderungsflächen). 5. Halogenſalze. Flußſpath, Fluorcalcium, Ca Fe, verbreitetes regulär kryſtalli— ſirendes Mineral. In ſpathigen Maſſen ganze Gänge ausfüllend. Steinſalz, Chlornatrium, NaCl (39,3 Na; 60,7 Cl), in mäch⸗ tigen Lagern und gelöſt in vielen Quellen, Salzquellen, Soolen, ſowie im Meerwaſſer. In kleinen Mengen findet ſich Kochſalz wohl in allen Böden. Tritt es in etwas reichlicherer Menge auf, ſo findet ſich, wie auch am Seeſtrande, eine eigenartige Flora ein. Als kalihaltige Düngemittel haben in neuerer Zeit die auf manchen Salzlagern, am mächtigſten in Staßfurt auflagernden leicht löslichen Salze, die ſogenannten Abraumſalze große Bedeutung erlangt. Von dieſen ſind die wichtigſten: Sylvin; Chlorkalium (52,23 K; 47,65 Cl) in ſeinen Eigenſchaften dem Steinſalz ſehr ähnlich. Kainit; waſſerhaltiges Doppelſalz von Chlorkalium und ſchwefel— ſaurer Magneſia, Mg 80. + K CI + 3H O0 — SO, — 32,2% Mg O 16,1 „ K = 15,7 „ (auf K, O, Kali, berechne C1 = 14,3 „ 77 Carnallit; waſſerhaltiges Doppelſalz von Chlorkalium und Chlor- magneſium, K CI + Mg Cl. +6H,0 = K CI = 26,8 % Mg CI = 34,1 H, O = 39 „ (auf Kali berechnet 18,9%). . 8 54.] und ihre Verwitterung. 175 0 6. Oxyde und Oxydhydrate. Rotheiſen, Eiſenoxyd, Fe, O, (70% Fe, 30% O0), bildet als Roth— eiſenſtein mächtige Lager und Gänge; in kleinen Mengen findet es ſich in vielen Erdarten, deren rothe Farbe es veranlaßt. Ebenſo bildet es in Form von Körnern und kleinen Blättchen, die bei der Verwitterung eiſenhaltiger Mineralien entſtehen, den färbenden Beſtandtheil vieler Geſteine. Durch Aufnahme von Waſſer geht Eiſenoxyd in ſein Hydrat über, wobei die Farbe ſich von roth in gelb oder braun verändert. Pſeudo— morphoſen von Brauneiſen nach Rotheiſen ſind nicht gerade ſelten; auch im Boden kann man die Umwandlung gelegentlich beobachten. Unter dem Einfluß reducirend wirkender organiſcher Stoffe wird Eiſenoxyd, oder Eiſenoxydhydrat bei Gegenwart von Kohlenſäure in kohlenſaures Eiſenoxydul umgewandelt und ſo löslich gemacht. Das Eiſen gehört daher zu den unter Umſtänden am leichteſten beweglichen Beſtandtheilen des Bodens. Eiſenorydhydrate. Die Hydrate des Eiſenoxyds haben wechſelnden Waſſergehalt, am wichtigſten ſind: Brauneiſenſtein, dem man die Zuſammenſetzung Fe, (OH), zu— ſchreibt, in dichten, kryſtalliniſchen Maſſen und Göthit (Nadeleiſenerz), in rhombiſchen, meiſt ſpießigen Kryſtallen nach der Formel Fe H O, zuſammengeſetzt. Eiſenoxydhydrate gehören zu den verbreiteten Mineralien, und fehlen faſt in keinem Boden, ſie veranlaſſen die gelbe bis braune Farbe vieler Böden. Eiſenoxydhydrat kann direkt bei der Verwitterung von eiſenhaltigen Mineralien entſtehen; oft iſt es neben Eiſenoxyd in demſelben Geſteins— dünnſchliff zu beobachten; anderſeits kann es durch Waſſeraufnahme aus Eiſenoxyd gebildet werden (in Böden ein verbreiteter Vorgang), unter Umſtänden durch Waſſerverluſt auch in dieſes übergehen. Die Eiſenoxyde ſpielen im Boden bei den Abſorptionserſcheinungen eine wichtige Rolle, ſie zeichnen ſich, namentlich die Hydrate, durch die ſtarke Abſorption für Gaſe (Kohlenſäure, Stickſtoff) aus. Magneteiſen, Eiſenoxyduloxyd, Fe,O, (72,4 Fe; 27,60), findet ſich in Form kleiner, regulärer, tiefſchwarzer und völlig undurchſichtiger Oktasder in ſehr vielen Geſteinen und entſteht in dieſen ſehr oft bei wenig fortgeſchrittener Verwitterung aus eiſenreichen Mineralien. Bei fortſchreitender Verwitterung nimmt das Magneteiſen Sauer— ſtoff auf und geht in Eiſenoxyd, ſeltener in Eiſenoxydhydrat über. Dem Magneteiſen ſteht in Verbreitung und Art des Vorkommens in den Geſteinen das Titaneiſen nahe. Es unterſcheidet ſich von jenem durch die Unlöslichkeit in Säuren, ſowie dadurch, daß bei der 174 Die wichtigſten Mineralarten und Geſteine [8 54. Verwitterung Titanſäure in Form faſeriger, gelblich weißer Maſſen (Leukoxen) zurückbleibt. Braunſtein, Pyroluſit; Manganſuperoxyd, Mn 02, iſt das ver- breitetſte, vielfach auch in Böden vorhandene Mineral des Mangans. 7. Schwefelmetalle. Unter den Schwefelmetallen hat nur der Eiſenkies, weniger durch ſein Vorkommen, als durch die Giftwirkung ſeiner Verwitterungsprodukte auf die Pflanzen Bedeutung. Schwefeleiſen, Fe 87, findet ſich in der Natur regulär als Schwefel- fies und rhombiſch kryſtalliſirt als Markaſit (Kammkies, Strahlkies); von denen der erſtere zumal in Geſteinen und auf Gängen verbreitet iſt. Von Wichtigkeit iſt das Vorkommen des Schwefeleiſens in den unteren Parthien und noch häufiger im unterlagernden Sande der Moore. Die Verwitterung erfolgt bei beiden Mineralarten gleichmäßig (der Markaſit verwittert etwas leichter) durch Oxydation und Aufnahme von Waſſer unter Bildung von ſchwefelſaurem Eiſenoxydul (Eiſen— vitriol) und freier Schwefelſäure. Fe S. E O, + He O = Fe S0, + H S0, Die entſtehenden beiden Stoffe ſind, wenigſtens bei irgend reich— lichem Vorkommen direkte Pflanzengifte. Der Eiſenvitriol oxydirt ſich bei Gegenwart von Sauerſtoff und unter Bildung baſiſcher Salze von wechſelnder Zuſammenſetzung zu Eiſenoxyd. Sit kohlenſaurer Kalk in genügender Menge gegenwärtig, ſo ſetzt ſich der Eiſenvitriol mit dieſem zu ſchwefelſaurem Kalk (Gyps) um, und das entſtehende kohlenſaure Eiſenoxydul geht unter Verluſt der Kohlenſäure und Aufnahme von Sauerſtoff in Eiſenoxyd, beziehentlich Eiſenoxydhydrat über. Pſeudomorphoſen von Brauneiſen nach Schwefel⸗ kies, welche auf dieſen Vorgang hinweiſen, ſind häufig. Auch die im Diluvium verbreiteten Eiſennieren und Klapperſteine ſind aus der Oxy- dation von Markafit hervorgegangen; das entſtehende Brauneiſen ver— kittet den umliegenden Sand. Die freie Schwefelſäure, welche bei der Verwitterung des Schwefel— eiſens entſteht, ſättigt ſich, ſoweit möglich, mit vorhandenen Baſen; fehlen dieſe, ſo wirkt ſie als Pflanzengift und vernichtet jede Vegetation. Die ſchwefelkieshaltigen Schichten der Moore ſind durch Waſſer und die ſtark redueirende Wirkung der Moorſubſtanz von der Ein- wirkung des Sauerſtoffs abgeſchloſſen; werden ſie bei Meliorationen oder ſonſtigen Bodenarbeiten an die Oberfläche gebracht, ſo kann der Boden oft auf Jahre hinaus unfruchtbar werden. Auch bei Gegenwart genügender Mineralbeſtandtheile iſt die Ein— wirkung der freien Schwefelſäure nicht ohne Bedeutung. Am günſtigſten SS 54, 55.] und ihre Verwitterung. 175 iſt der verbreitetſte Fall, daß genügend kohlenſaurer Kalk gegenwärtig iſt, um Gyps zu bilden. Aus den anderen Bodenbeſtandtheilen entſteht zuweilen Alaun oder auch ſchwefelſaure Magneſia. Wenn von beiden auch nur ſelten direkt ſchädigende Einwirkungen beobachtet ſind, ſo ſind ſie doch kaum als förderlich für die Vegetation zu betrachten. Die Mineralien als Quellen der Pflanzennährſtoffe. Von den verbreiteteren Mineralien ſind die folgenden die haupt— ſächlichſten Quellen für Kalium: Orthoklas, Mikroklin, Magneſiaglimmer, Kali— glimmer; Calcium: Kalkſpath, Dolomit, Plagioklaſe (mit Ausnahme von Mikroklin), Augit, Hornblende, Diallag, Gyps; Magneſium: Magneſiaglimmer, Augit und Hornblende, Olivin, Chlorit, Talk, Serpentin, Dolomit; Phosphorſäure: Apatit, Vivianit; Schwefelſäure: Gyps (Anhydrit). S 55. II. Sodenbildende Geſteine und ihre Verwitterung. Literatur: Sprengel, Bodenkunde. Leipzig 1837. Fallou, Pedologie. Dresden 1862. Senft, Boden- und Geſteinslehre. Berlin 1877. Grebe, Forſtliche Gebirgskunde, Bodenkunde und Klimalehre, 4. Aufl. 1886. Die auf das Flachland bezüglichen Abhandlungen der geologiſchen Landesanſtalt von Preußen. Die beſte Zuſammenſtellung bietet Grebe, dem auch hier bei Beſprechung der aus anſtehenden Geſteinen hervorgegangenen Böden im weſentlichen gefolgt iſt. Die durch Verwitterung gebildeten Bodenarten ſind, je nach der Zuſammenſetzung, Korngröße u. ſ. w. der Geſteine, aus denen ſie ent— ſtanden ſind, verſchieden. Selbſt aus derſelben Geſteinsart können oft recht abweichende Böden hervorgehen (3. B. geringwerthige Böden aus Baſalt, beſſere aus Quarzit). Dem großen Durchſchnitt der Verwitte— rungsböden und auf dieſen kommt es an, nicht auf einzelne Aus— nahmen, entſpricht jedoch ein gemeinſames Verhalten; ſo daß es möglich iſt, z. B. von einem Baſalt⸗, Muſchelkalk⸗, Buntſandſteinboden zu ſprechen und darunter eine beſtimmte dem weitaus zahlreichſten Vorkommen eigenthümliche Bodenbildung zu verſtehen. Eine Trennung der Bodenarten in Verwitterungsböden, d. h. ſolche, welche aus der Verwitterung feſter anſtehender Geſteine hervor— gegangen ſind, und in Schwemmlandsböden, loſe, zumeiſt durch - 176 Bodenbildende Geſteine S 55. Waſſer zuſammengeführte Aggregate (Sande, Thone u. ſ. w.), iſt nicht feſtgehalten. Die letzteren unterliegen denſelben chemiſchen Veränderungen wie die erſten, unterſcheiden ſich nur durch das Fehlen der erſten Ver— witterungsphaſe jener, das Zerfallen in kleinere Bruchſtücke. Bei der Wichtigkeit und weiten Verbreitung der Diluvial- und Alluvialbildungen ſind dieſe am Schluß im Zuſammenhange abgehandelt worden. ö Eintheilung der Geſteine. Unter Geſtein iſt hier jedes Aggregat von Mineralkörpern verſtanden, welches in ſo reichlicher Weiſe vorkommt, daß es einen nennenswerthen Antheil an der Zuſammenſetzung der feſten Erdober- fläche ausmacht. Unter dieſe Begriffsbeſtimmung fallen auch die loſen Anhäufungen, wie Sande, Gerölle, ſowie die humoſen Ablagerungen, Kohlen und dergleichen, vorausgeſetzt, daß ſie gebirgs- und bodenbildend auftreten. Die Geſteine find hier nach chemiſcher Zuſammenſetzung und Aus- bildungsweiſe in Gruppen zuſammengefaßt. Es ſind dies folgende: a) maſſige Geſteine; N b) Urſchiefer und metamorphiſche Geſteine; c) Thonſchiefer und Thone; d) Kalk- und Dolomitgeſteine, einſchließlich Mergel; e) Konglomerate, Sandſteine und Sande; t) humoſe Bildungen. 1. Die maſſigen Geſteine. Die maſſigen Geſteine zeichnen ſich meiſt durch körnige Ausbildung des Geſteins, durch Vorkommen in Stöcken, Lagern und Gängen und durch Fehlen jeder Schichtung aus. Viele derſelben ſind nachweislich eruptiven Urſprunges, und für die übrigen iſt eine gleichartige Entſtehung wahrſcheinlich. Abſonderung in Säulen, Platten und dergl. iſt häufig: Die einzelnen Geſteine werden nach ihren Beſtandtheilen, nament— lich nach Fehlen oder Vorkommen ſowie nach der Art der Feldſpathe unterſchieden. In neuerer Zeit hat man eine große Zahl von Geiteins- arten unterſchieden, indem man ein jedes Geſtein von abweichender Zuſammenſetzung auch mit einem beſonderen Namen belegte. Eine jv weit getriebene Zerſpaltung hat für bodenkundliche Verhältniſſe wenig Zweck, und genügt es, die althergebrachten Unterſcheidungen feſtzuhalten. Für die Bodenkunde iſt die Gruppirung der maſſigen Geſteine nach ihrem Kieſelſäuregehalte vorzuziehen. Es werden ſo Abtheilungen ge— ſchaffen, welche in Bezug auf Zerſetzbarkeit und Bodenbildung gewiſſe Aehnlichkeiten aufweiſen. Natürlich können derartige Eintheilungen § 55. und ihre Verwitterung. 177 niemals unbedingte ſein, es können immer Geſteine vorkommen, und ſie kommen vor, welche in ihrem Gehalte an Kieſelſäure die gegebenen Grenzen nach oben oder unten überſchreiten, es kann ſich eben nur um ein Zuſammenfaſſen der natürlichen Geſteinsarten in einzelne Gruppen handeln. Man kann ſo unterſcheiden: ſaure Geſteine mit mehr als 65% Kieſelſäure: Granit, Felſit— porphyr (Porphyrit); Geſteine mit mittlerem Kieſelſäuregehalt (55 — 65% SiO,): Syenit, Trachyt, Phonolith; baſiſche Geſteine mit 40 — 54% LKieſelſäure: Diorit, Diabas, Melaphyr, Baſalt. a) Saure Geſteine. Granit; kryſtalliniſch-körniges Gemenge von Quarz, Or— thoklas, Plagioklas und Glimmer. Die Feldſpathe machen in den gewöhnlichen Graniten etwa die Hälfte des Geſteins aus; die Glimmer, ſowohl Kali⸗ wie Magneſiaglimmer kommen vor, ſind durch ihre glän— zenden Spaltungsflächen augenfällig, treten aber an Gewicht ſehr zurück. In einzelnen Graniten tritt Talk an Stelle des Glimmers, Pro— togingranit, in anderen Hornblende, Hornblendegranit. Von gelegentlich beigemiſchten Mineralien ſind Turmalin und Granat zu nennen. Die Verwitterung des Granits verläuft verſchieden, je nach Korn— größe und Feldſpathmenge. Vielfach ſind einzelne Theile des Geſteins ſchwieriger angreifbar (vielleicht auf Abſonderungsformen zurückzuführen) und bleiben in oft mächtigen, „wollſackähnlichen“ Blöcken übrig, wenn die Hauptmaſſe der Verwitterungsprodukte längſt weggeführt iſt (Felſen— meere, Teufelsmühlen und dergleichen). Die grobkörnigen, meiſt auch feldſpathreichen Granite verwittern ziemlich leicht und zerfallen hierbei in lockeren Geſteinsgruß, deſſen Feldſpathbeſtandtheile allmählich in einen thonigen, alkalireichen, jedoch meiſt kalkarmen Boden übergehen. Der Boden iſt meiſt ziemlich tief— gründig, und ſagt in höheren Lagen der Fichte und Tanne, in den tieferen der Buche und anderen Laubhölzern, jedoch in der Regel wenig der Eiche und der Lärche zu. Wie alle kalkarmen Böden zerſetzen ſich die Humusſtoffe auf Granit— boden nur langſam, Rohhumusbildungen, die in Hochlagen leicht zur Verſumpfung und Torfbildung führen, finden ſich daher häufig. Auch in tieferen Lagen hat die Anſamung unter der langſamen Zerſetzung der Pflanzenreſte (gelegentlich auch unter Graswuchs) zu leiden. Die feinkörnigen Granite verwittern ſchwierig und geben einen flachgründigen, grandigen und ſelbſt ſandigen Boden, der zumal auf Ramann. 12 178 Bodenbildende Gejteine 18 55. Köpfen und Hängen jehr geringwerthig ift, kaum noch die Fichte, an vielen Stellen ſelbſt nicht Kiefer und Birke zu tragen vermag. Der Rohhumusbildung (zumal durch Beerkräuter und Heide) unterliegt der— artiger Boden in noch höherem Grade als der des grobkörnigen Granits. Granit findet ſich, zumal in mächtigen Stöcken, ziemlich ausgebreitet. Man kann den Raum, den er in Mitteleuropa bedeckt, auf 300 Quadrat⸗ meilen annehmen. 5 Felſitporphyr. Der Felſitporphyr beſteht aus einer dichten felſitiſchen Grundmaſſe, in der Kryſtalle von Quarz und Feld— ſpath ausgeſchieden ſind. Die Farben der Porphyre ſind ſehr wechſelnd, meiſt röthlich oder bräunlich, ſeltener grau, grün oder hell (graulich, gelblich) gefärbt. Die Felſitporphyre verwittern je nach Beſchaffenheit der Grund— maſſe verſchieden leicht; man hat ſie hiernach in Hornſteinporphyre (mit dichter, ſehr homogener Grundmaſſe), in Feldſteinporphyre (die Grundmaſſe weniger dicht, aber feſt und hart) und in Thonporphyre (Grundmaſſe weicher, beim Verwittern thonig) eingetheilt. Petrographiſch ſind dieſe Unterſchiede aufgegeben, für die Bodenkunde haben ſie aber, da ſie zugleich die Verwitterbarkeit bezeichnen, noch volle Bedeutung, da die entſtehenden Bodenarten in ihrem Verhalten weit von einander abweichen. Die Porphyre mit ſehr dichter Grundmaſſe (Hornſteinporphyre) verwittern ſehr ſchwer und zerfallen hierbei in ſcharfkantige, ſchief— würfelige Trümmer und gehen endlich in erdarmen, ſehr ſteinreichen Boden über, der zu den ungünſtigſten vorkommenden Waldböden zählt. In ebenen Lagen lagern ſich die Bruchſtücke dicht zuſammen und ver— hindern das Eindringen der Wurzeln, während ſie an Hängen das Waſſer raſch abfließen laſſen, und der Boden an Trockenheit leidet. Die geringe Thätigkeit theilen dieſe Porphyrböden mit denen der fein— körnigen Granite. Rohhumusbildungen, auf denen die Heide vegetirt, ſind daher häufig. Die Feldſteinporphyre verhalten ſich in der Bodenbildung weſentlich günſtiger, aber auch der aus ihnen hervorgehende Boden iſt erdarm und reich an beigemiſchten Steinen, häufig ein ausgeſprochener Geröllboden. Fichte, in tieferen Lagen die Buche, findet hier ihren Standort; jedoch iſt der kahle Abtrieb bei der Armuth des Bodens an Erde und der Schwierigkeit der Pflanzung meiſt bedenklich. Die Thonporphyre geben zunächſt meiſt größere Steinbruchſtücke, verwittern dann zu ziemlich tiefgründigen Bodenarten von guter Be— ſchaffenheit. Fichte und Buche gedeihen auf ihnen vorzüglich. Porphyrit, Geſtein mit dichter Grundmaſſe, in dem Feldſpath und Glimmer ausgeſchieden iſt, enthält weniger Kieſelſäure, als die Felſit— porphyre; gehört alſo eigentlich der nächſten Gruppe an. und ihre Verwitterung. 179 977 Sr Sr — Bei der Bodenbildung ſchließt ſich ſein Verhalten je nach der Aus— bildung des Geſteines den Feldſtein- oder Thonporphyren an, giebt aber in der Regel beſſere, der Rohhumusbildung weniger ausgeſetzte Waldböden. b) Geſteine mit mittlerem Kieſelſäuregehalt. Shenit, ein kryſtalliniſch-körniges Gemenge von Orthoklas und Hornblende. Der Syenit iſt ein wenig verbreitetes Geſtein und zerfällt bei der Verwitterung zunächſt in Gruß, der in einen lockeren Thonboden oder eiſenhaltigen Lehmboden übergeht. Der Kalkgehalt der Horn— blende macht ſich für den Holzwuchs (Buche, Ahorn, Eſche bevorzugen den Syenitboden) und auch durch die beſſere Zerſetzung der Humus— ſtoffe geltend. Rohhumusbildungen gehören zu den Seltenheiten. Trachytiſche Geſteine. Zu den trachytiſchen Geſteinen, welche man früher meiſt unter dem Namen Trachyt zuſammenfaßte, gehören: Quarztrachyt (Rhyolith), Sanidin, Oligoklas und Quarz; Trachyt (Oligoklastrachyt), Sanidin und Oligoklas; Andeſit, Sanidin, Oligoklas, Hornblende oder Augit. Die trachytiſchen Geſteine ſind meiſtens porphyriſch ausgebildet, kommen aber in unſerem Gebiete nur ſparſam vor, ſo daß eine Zuſammen— faſſung derſelben in Bezug auf ihr bodenbildendes Verhalten zuläſſig iſt. Quarztrachyte und Trachyte zerfallen zwar ziemlich leicht, bilden aber meiſt einen erdarmen, trockenen Boden, der nur in tieferen Lagen höhere Fruchtbarkeit zeigt. Die Andeſite verhalten ſich ähnlich, ſind aber, ihrer Zuſammenſetzung entſprechend, weſentlich fruchtbarer. Phonolith (Klingſtein) iſt ein dichtes, meiſt dunkelgrün oder braun gefärbtes, vielfach in Platten abgeſondert auftretendes Geſtein, welches ſich aus Sanidin und Nephelin zuſammenſetzt. Bei der Verwitterung zerfällt der Phonolith in ein Haufwerk ſcharfkantiger Bruchſtücke, die der plattenförmigen Abſonderung ent— ſprechend, meiſtens wie Bruchſtücke von Schiefergeſteinen ausſehen. Allmählich überziehen ſich die Bruchſtücke mit einer weißen, äußerlich dem Kaolin ähnlichen Verwitterungskruſte und gehen in einen hell ge— färbten Boden über, der naß ſchlammig, trocken krümelig erſcheint und meiſt zu den beſſeren Waldböden gehört. c) Baſiſche Geſteine. Diorit; Gemenge von Plagioklas (meiſt Oligoklas, ſelten Labrador) und Hornblende. Dioritiſche Geſteine finden ſich in kryſtalliniſch kör— niger, porphyriſcher und dichter Ausbildung. Diorit verwittert, zumal in porphyriſcher oder dichter Ausbildung nur langſam und bildet einen erdarmen, ſteinreichen Boden. Das Vor— kommen dieſer Geſteine iſt beſchränkt. 12* 180 Bodenbildende Gejteine IS 55. Diabas; Gemenge von Plagioklas (Labrador) und Augit. Wie der Diorit findet ſich auch der Diabas in verſchiedener Ausbildung, kryſtalliniſch-körnig, porphyriſch und dicht. Die Verwitterung ergreift zumeiſt zuerſt den Augit, der in Dünn⸗ ſchliffen ſich häufig völlig in Chlorit umgewandelt zeigt. Der hohe Kalkgehalt des Augits bewirkt Ausſcheidungen von Kalkkarbonat, welches ſich als Kalkſpath häufig in den Hohlräumen des Geſteins abſcheidet (ſogenannter Kalkdiabas) und auch vielfach in den ſchwächer ver— witterten dichten Diabaſen vertheilt iſt (dichte Diabaſe brauſen faſt ſtets bei Berührung mit Säuren; bei Dioriten iſt dies nur ſehr ausnahms⸗ weiſe der Fall). Der Diabas verwittert im Allgemeinen ziemlich leicht, nur die dichten Abarten widerſtehen oft lange und die Verwitterungs— kruſten laſſen ſich von Steinblöcken lagenförmig ablöſen. Der Verwitterungsboden der Diabaſe iſt dunkel gefärbt, eiſenreich und in Folge des hohen Phosphorſäure- wie Kalkgehaltes ſehr frucht⸗ bar und daher für Laubhölzer beſonders geeignet. Nadelhölzer, wie auch die Eiche, finden jedoch weniger gutes Gedeihen. „Diabasboden ſagt der Buche und den Kraft fordernden Holzarten, z. B. den Ahornen vorzüglich zu, und das abgejonderte Vorkommen der erſteren auf ein- zelnen Höhepunkten bewaldeter Gebirge iſt oft ein fernes Kennzeichen des Vorhandenſeins dieſer Felsart.“ (Grebe, a. a. O.) Der Diabasboden iſt ſehr empfänglich für Beſamung, aber wie alle guten Bodenarten, einem ſehr ſtarken Graswuchſe (auch Himbeer- wuchſe) in hohem Grade ausgeſetzt; während Rohhumusbildungen faſt immer fehlen. Die Diabaſe werden vielfach von Tuffablagerungen, Diabastuff, Schalſtein begleitet, welche ſich bei der Verwitterung dem Diabas ähnlich verhalten, jedoch leichter zerfallen und vorzügliche tiefgründige Bodenarten bilden. Melaphyr. Die Melaphyre ſind dichte, vielfach als „Mandel- ſteine“ ausgebildete Gemenge von Plagioklas, Augit, Olivin und Magneteiſen. Der Melaphyr findet ſich in Lagern, Gängen und ein- zelnen Kuppen. Die Verwitterung geht in den poröſen, lockeren Abarten (den Melaphyr-Mandelſteinen) am raſcheſten voran. Die dichteren Formen zerklüften zunächſt, und die Oberfläche der einzelnen Bruchſtücke über- zieht ſich mit einer zuerſt grünlichen, ſpäter ockerbraunen Kruſte. Allmählich bildet ſich, trotz der nur langſam fortſchreitenden Verwitte— rung, ein dunkler, eiſenreicher Thonboden, der ſich in ſeinem Verhalten eng an die Baſaltböden anſchließt. Vaſalt. Die Baſalte find ſcheinbar dichte, bläulich- oder grau- ſchwarze Geſteine, die Augit, Magneteiſen, vielfach auch Olivin 8 55.] und ihre Verwitterung. 181 und je nach der Abart Plagioklas, Nephelin oder Leucit enthalten, hiernach unterſcheidet man: Plagioklas (meiſt Oligoklas)-Baſalte, die verbreitetſte Form; Nephelin-Baſalt; Leucit-Baſalt. Die beiden letzten ſind ſeltener. Die kryſtalliniſch-körnige Aus— bildung der Baſalte wird als Dolerit bezeichnet. Die Baſalte ſind vielfach von Tuffablagerungen, den Baſalttuffen, begleitet. Die Verwitterung der Baſalte iſt ſehr verſchieden. Viele Abarten verwittern leicht, und die Verwitterung dringt zumal in die Tiefe vor, ſo daß die ganze Maſſe in eine wenig feſte, meiſt rothbraune oder graue Maſſe, Baſaltwacke, umgewandelt iſt. Andere Abarten zerfallen nur ſchwierig in größere oder kleinere Blöcke, deren Oberfläche ſich bei der Verwitterung gelb oder roſtbraun färbt und die nur ſehr langſam in Erde zerfallen. An Hängen bildet der Baſalt oft reine Steinfelder, in den feuchteren Lagen iſt er aber auch dann noch befähigt, vollen Waldbeſtand zu tragen. Im Allgemeinen iſt der Verwitterungsboden der Baſalte ein dunkel gefärbter, meiſt an Steinen reicher, eiſenhaltiger Thonboden von aus— gezeichneter Fruchtbarkeit, der zumal Buche und anſpruchsvolleren Laub— hölzern, weniger Nadelhölzern, Eiche und Birke zuſagt. Rohhumus— bildungen ſind auf Baſaltboden ſelten; die Leichtigkeit, mit welcher Verjüngungen gelingen, iſt bekannt. Gabbro, ein maſſig ausgebildetes, kryſtalliniſch-körniges Gemenge von Plagioklas und Diallag, oft auch Olivin enthaltend. Gabbro findet ſich im Ganzen ſelten und iſt nur ausnahmsweiſe für die Bodenbildung wichtig. Die entſtehenden eiſenreichen, dunkeln Thonböden ſind zumeiſt ſehr fruchtbar und erinnern in ihrem Verhalten ſehr an die Baſaltböden. 2. Urſchiefer und metamorphiſche Geſteine. Die Geſteine dieſer Gruppe, welche in großer Ausdehnung die Erdoberfläche bedecken, zeichnen ſich ſämmtlich durch eine mehr oder weniger ausgeprägte Schichtung aus. Bodenkundlich iſt dieſe Ausbildung von höchſter Bedeutung, da je nach Dicke, Gleichmäßigkeit und Wechſel der einzelnen Schichten der daraus hervorgehende Boden verſchiedenes Verhalten zeigt. Hierzu kommt noch der Einfluß der verſchiedenen Neigung der Schichten. Ein Schiefer, deſſen Schichten ſenkrecht ſtehen, wird dem Waſſer leicht Ab— fluß in die Tiefe geſtatten und kann bei geringer Mächtigkeit des Bodens an Trockenheit leiden, während bei ſtärkeren Erdſchichten der Abfluß des Waſſers günſtig beeinflußt wird. Ein Schiefer mit horizontaler 182 Bodenbildende Geſteine 5 55. Lagerung der Schichten wird dagegen dem Waſſer nur ſchwierig Abzug geſtatten und leicht zur Verſumpfung und Verſauerung des Bodens führen. Das Eindringen des Waſſers in die Schichten dieſer Geſteine be- wirkt beim Gefrieren eine vielfach ſehr tiefgehende Lockerung und Sprengung des Zuſammenhanges. Oft genügt ein Winter, um feſte Bruchſtücke in ein Haufwerk von kleinen Geſteinspartikeln umzuwandeln. Die Zuſammenſetzung der hierher gehörigen Geſteine wechſelt in hohem Maße und ſchwankt zwiſchen weiten Grenzen. Allgemeine Ge— ſichtspunkte über das Verhalten dieſer Geſteine bei der Bodenbildung ſind daher ſchwieriger aufzuſtellen, als bei den bisher behandelten Bildungen. Gneiß iſt ein Geſtein, welches ſich in ſeiner Zuſammenſetzung eng an den Granit anſchließt und wie dieſer aus Feldſpath (Orthoklas und Plagioklas), Quarz und Glimmer beſteht, ſich aber durch die ſchieferige, faſerige oder lagenweiſe Vertheilung der Beſtandtheile, alſo durch ab— weichende Struktur vom Granit unterſcheidet. Abarten des Gneißes entſtehen namentlich, wenn der Glimmer mehr oder weniger vollſtändig durch andere Mineralien erſetzt wird. Anzuführen ſind hier Hornblendegneiß (Hornblende enthaltend) und Protogingneiß (der Glimmer iſt mehr oder weniger vollſtändig durch Talk erſetzt; in den Alpen verbreitet). Der Gneiß iſt eine weit verbreitete Gebirgsart, bildet aber meiſt weniger ſchroffe, ſanfter gerundete Gebirgsformen, als der Granit und verhält ſich ſchon hierdurch günſtiger für Bodenbildung. Je nach der Zuſammenſetzung unterliegt der Gneiß der Verwitterung verſchieden raſch; je reicher er an Feldſpathen und an dunklem Magneſiaglimmer iſt, um jo ſchneller, je reicher an Quarz und Kali⸗ glimmer, um ſo langſamer zerfällt er. Auch die Korngröße iſt von ebenſo großer Bedeutung wie beim Granit, grobkörnige Abarten ver- wittern am leichteſten; aufrechte Stellung der Schichten wirkt ebenfalls günſtig ein. . Der Gneiß zerfällt, namentlich nach froſtreichen Wintern, in ein Haufwerk kleinerer, plattiger Bruchſtücke, die allmählich in Gruß und endlich in einen gelb- bis rothbraunen mit Quarzkörnern und Gefteins- reſten gemengten Boden übergehen. Der Gneißboden verhält ſich dem Granitboden durchaus ähnlich, iſt aber bei der zumeiſt raſcher fortſchreitenden Verwitterung in der Regel tiefgründiger und daher ein mittlerer, in günſtigen Lagen ein guter Waldboden, der vielfach Buche, im Gebirge zumal Fichte trägt. Granulit, ein Gemenge von Quarz und Feldſpath, vielfach findet ſich ein Gehalt an Granaten. Bei der Verwitterung, die nur langſam eindringt, zumal bei den feinkörnigen Abarten, bildet ſich unter Umſtänden ein Gemenge § 55.] und ihre Verwitterung. 183 von Quarz mit reinem Kaolin, im Allgemeinen ein geringer, den Lehm— böden anzureihender Boden. Glimmerſchiefer. Ein ausgeprägt ſchieferiges Gemenge von Quarz und Glimmer, ſeltener mit nennenswerthem Gehalt an Feldſpath. (Der Quarz tritt namentlich auf dem Querbruch hervor; die parallel gelagerten Glimmerblättchen bedecken die der Schieferung entſprechenden Flächen meiſt vollſtändig.) Je nach der Glimmerart unterſcheidet man Kaliglimmerſchiefer und Magneſiaglimmerſchiefer. Die Verwitterung folgt namentlich der Richtung der Schieferung, am ausgeprägteſten, wenn die Schichten mehr oder weniger aufgerichtet ſind. Oft können Geſteinsmaſſen äußerlich noch ganz friſch erſcheinen, während die inneren Spalten ſchon ſtark mit Verwitterungsreſten aus— gefüllt ſind. Je nach dem Reichthum an Glimmer und der Glimmerart iſt der Verwitterungsboden der betreffenden Schiefer ein ſehr verſchiedener. Der Boden des Kaliglimmerſchiefers iſt in der Regel in Folge der ſchwer zerſetzbaren aber fein vertheilten Glimmerſchuppen auffällig bindungslos, meiſt gelblich bis bräunlich, erdarm und wenig mächtig. Der Boden gehört zu den geringen, im Gebirge trägt er oft kaum noch die Fichte; leidet aber bei der meiſt leichten Ableitbarkeit des Waſſers wenig durch Verſumpfung. Der Boden der Magneſiaglimmerſchiefer iſt, zumal wenn der Glimmer vorwaltet, weſentlich günſtiger. Die leichtere Zerſetzbarkeit des Magneſiaglimmers bewirkt dies und verurſacht die Bildung eines meiſt braun gefärbten, eiſenreichen Bodens, der aber immer noch wenig Bindigkeit zeigt. Der aus dieſem Geſteine entſtehende Boden bietet in günſtiger Lage meiſt noch den Laubhölzern die Bedingungen des Ge— deihens. Beiden Glimmerſchiefern gemeinſam iſt die ungünſtige Einwirkung, welche größere, meiſt wagerecht liegende Geſteinsbruchſtücke hervorrufen, die das Eindringen der Wurzeln erſchweren und ſtellenweiſe wie eine undurchdringliche Bodenſchicht wirken können. Urthonſchiefer (Phyllit). Die Urthonſchiefer find Geſteine von meiſt dunkelen, grauen, braunen oder grünlichen Farben mit immer vorhandener, vielfach ſcharf ausgeprägter Schieferung. Die Spalt- flächen beſitzen ſeidenartigen Glanz. Die Urthonſchiefer beſtehen aus einem Gemenge mikroſkopiſch kleiner Kryſtalle von Quarz, Feldſpath, Glimmer und Chlorit; die einzelnen Beſtandtheile können in ſehr ver— ſchiedenen Mengen vorhanden jein, jo daß 3. B. der Kieſelſäuregehalt zwiſchen 45 und 75% ſchwanken kann, ohne daß das Geſtein petro— graphiſch ſeinen Charakter als Urthonſchiefer verliert. Abarten find die Fleck⸗ oder Knotenſchiefer; ferner der Sericitichiefer, in dem 184 Bodenbildende Gejteine s 55. an Stelle des gewöhnlichen Glimmers eine talfartige weiche Abart, Serieit, enthalten iſt. Die Verwitterung iſt eine der verſchiedenen Zuſammenſetzung ent⸗ ſprechend recht verſchiedene. Die quarzreichen, dickſchieferigen Abarten verwittern ſchwer und bilden ſteinige, flachgründige Bodenarten, an ſteilen Hängen oft völlige Geröllwände. Die Vegetation der trockeneren Lagen iſt daher eine geringe (zumeiſt Fichte) und der Rohhumusbildung im hohen Grade ausgeſetzte. In den milderen Lagen gedeiht die Fichte. Nach Grebe iſt ein Niederwaldbetrieb am beſten am Platze. Viele der rheiniſchen Schälwaldungen ſtocken auf Thonſchiefer, und ſoll dieſer überhaupt für die Reproduktion der Laubhölzer eine ſehr günſtige Bodenart ſein. Die quarzärmeren oft dünnſchieferig ausgebildeten Abarten er— zeugen einen milden, mit vielen kleinen Schieferſtückchen durchſetzten Boden, der in höheren Lagen Fichte, in den milderen Tanne und Buche trägt. Bei der Verwitterung, die ein ſtarkes mechaniſches Zerfallen des Urthonſchiefers und dadurch ſehr reichliche Beimiſchungen von Geſteins— bruchſtücken im Boden herbeiführt, iſt die Neigung der Schichten von erheblicher Bedeutung, bei ebener Lage findet leicht Verſumpfung ſtatt. Die Böden der Urthonſchiefer ſind, wie die meiſten ſteinreichen und zumal an ſchieferigen Bruchſtücken reichen Bodenarten, gegen Auflockerung empfindlich, die vielen Hohlräume, welche ſich bilden, lagern ſich nur ſchwierig wieder zuſammen. Bodenbearbeitung iſt daher meiſtens zu unterlaſſen. 3. Thonſchiefer und Thone. Von den Thonen bis zum Thonſchiefer, zum Theil auch bis zu den Urthonſchiefern, finden ſich vielfache Uebergänge. Durch die Zu— ſammenſchwemmung der bei der Verwitterung entſtandenen Thontheil— chen lagern ſich Thone ab, die unter Druck mehr oder weniger ſchieferige Geſteine bilden, die man nach ihrer Härte und Ausbildung als Schiefer— thon (weichere, aber ausgeſprochen jchieferige, in ihrem Verhalten dem Thone noch näher ſtehende Geſteine) und Thonſchiefer (härter, meiſt ausgezeichnet ſchieferig, oft durch humoſe Beimiſchungen dunkel gefärbt) bezeichnet. Die mikroſkopiſche Unterſuchung hat gezeigt, daß die Schiefer— thone wenige, die Thonſchiefer reichlich kryſtalliniſche Einlagerungen enthalten. Beide zerfallen bei der Verwitterung, wenn auch verſchieden leicht, zunächſt in eine lockere, nicht bindige Maſſe (Lockerung des Bodens wirkt in dieſem Stadium der Verwitterung meiſt recht ungünftig), die allmählich in einen kräftigen thonigen Boden übergeht von günſtigem Verhalten für Fichte, Buche und Tanne. $ 55.] und ihre Verwitterung. 185 Als Letten wird die in der Triasformation (zumal im Keuper) viel verbreitete, kaum ſchieferig ausgebildete Abart des Schieferthons bezeichnet, der zunächſt in eckige Stücke und Blättchen zerfällt, die nur ſehr loſen Zuſammenhalt zeigen und erſt allmählich in einen ſchweren, fruchtbaren Thonboden übergehen, der zumal Buche und Eſche zuſagt, bei Bloßſtellung ſtarken Graswuchs trägt und in Folge der hohen Waſſerkapacität leicht zur Verſumpfung führt. Thon bildet die feſten, zähen Maſſen, welche zumal in der Tertiär— formation verbreitet ſind. Die hohe Plaſticität und Waſſerkapacität beeinfluſſen die Thonböden, zumal in ebenen Lagen, ungünſtig. Es ſind immer kalte und naſſe Böden. Günſtiger verhalten ſich die eiſen— reicheren, meiſt roth gefärbten Thone, während die ſchweren (zumal dem Tertiär angehörigen) weißen, kaolinreichen Thone zu den un— günſtigſten Waldböden gehören und oft nur Krüppelbeſtände tragen. Lehm iſt als eine Miſchung von thonigen Theilen mit Sand zu“ betrachten, ſein Verhalten wird beim Diluvium und bei der Beſprechung der Hauptbodenarten berührt werden. 4. Kalt⸗ und Dolomitgeſteine. Kalkgeſteine finden ſich in allen Formationen. Der kohlenſaure Kalk wird bei der Verwitterung gelöſt und weggeführt, die entſtehenden Böden ſind von der Menge und der Zuſammenſetzung der dem Kalk— karbonat beigemiſchten anderartigen Beſtandtheile abhängig. Reine, kohlenſaure Kalke können nur in Bruchſtücke zerfallen und vermögen allein keinen Erdboden zu bilden. Hiernach iſt es verſtändlich, daß die Verwitterung der Kalkgeſteine ſehr verſchiedenartige und zumal ſehr verſchieden fruchtbare Böden erzeugt. Bei keiner anderen Geſteinsart wechſelt die Bodengüte in ſo hohem Maße wie bei den Kalken. Durch die Wegfuhr des kohlenſauren Kalkes bilden ſich meiſt tief— gehende Spalten und Höhlungen in dem Geſtein. Waſſeranſammlungen finden daher kaum ſtatt, wohl aber leiden Kalkböden von geringer Mächtigkeit an Trockenheit. Man kann folgende Hauptunterſchiede machen: Reine Kalke. Felsarten, welche faſt nur aus kohlenſaurem Kalke beſtehen. Die aus dieſen hervorgehenden Bodenarten ſind erdarm, mit Steinen durchſetzt, leiden zumeiſt an Trockenheit und gehören hier— durch zu den armen und ärmſten Waldböden. Einzelne verbreiteter auftretende hierher gehörige Geſteinsarten ſind Kreide, weich, zerreiblich, bildet geringwerthige Böden. Die kryſtalliniſchen Kalke, bieten nach den Formationen, denen ſie angehören, manche Eigenthümlichkeiten. Es gehören dahin 186 Bodenbildende Gejteine [S 55. Die Kalke der paläozoiſchen Periode, dichte, ſtark zerklüftete Maſſen, welche einen an Steinen überreichen, wenig erdhaltigen, flach— gründigen Boden von geringem Werthe liefern. Die Kalke des Muſchelkalkes, namentlich des Hauptmuſchelkalkes, meiſt deutlich geſchichtet, von graulicher oder gelblicher Farbe und ſehr dichtem Gefüge. Die Jurakalke, meiſt wenig geſchichtet, maſſig, hell gefärbt. Sie bilden geringe Steinböden. Die Böden der reinen Kalkgeſteine ſind alle gegen Freiſtellung empfindlich. Es liegt dies in der flachen Erdſchicht und der Durch— läſſigkeit des Untergrundes, welche ein raſches Austrocknen und da— durch Zerſtörung der Krümelſtruktur herbeiführt. An Hängen wird die geringe Erdmenge leicht abgeſpült. Die Wiederaufforſtung der in Mitteldeutſchland weit verbreiteten kahlen Muſchelkalkberge, die zumal durch Schafweide gelockert und deren Erddecke in die Thäler gewaſchen iſt, bietet oft enorme Schwierigkeiten. Zumal die Südweſt- und Weſt⸗ hänge leiden unter dem Einfluß der austrocknenden Winde. Auf ſolchen Gebieten finden ſich, wenn überhaupt Holzgewächſe vorhanden ſind, meiſt nur noch Geſtrüppe von verſchiedenen Sträuchern, ſelten einmal ein Nadelholzbaum. Es iſt dies ſchon ein Beweis, daß dieſe Boden— arten für die Laubhölzer immer noch günſtiger find, als für Nadel— hölzer. Die Aufforſtung erfolgt zumeiſt mit Kiefern, namentlich die Schwarzkiefer hat ſich ſehr bewährt, behält aber kein langes Leben und wird ſpäterhin von der gemeinen Kiefer überholt. Weißerle hat ſich in den Göttinger Gegenden bewährt; man ſollte überhaupt mehr Verſuche mit ſtark wurzelnden Laubhölzern (Akazie und dergleichen) machen, als es bisher geſchehen iſt. Die Natur weiſt auf ſolche Pflanzenarten hin. An beigemiſchten Thontheilen reichere Kalkſteine. Die dieſer Gruppe angehörigen Kalke, als deren Typus man den Wellenkalk bezeichnen kann, enthalten alle reichliche Beimiſchungen von thonigen Beſtandtheilen, welche bei der Verwitterung zurückbleiben. Alle hierher gehörigen Bodenarten tragen daher den Charakter ſchwerer Thonböden, deren Untergrund gut drainirt iſt (in Folge der Spalten im Geſtein), und die außerdem durch den Gehalt an löslichen Salzen, zumal Kalk— ſalzen, lange nicht dieſelbe Plaſticität beſitzen, wie die übrigen Thon— böden. Kalkböden in dem Sinne, wie dieſer Ausdruck zumeiſt gebraucht wird, ſind oft ſehr kalkarm und haben alle Vorzüge und Nachtheile eines Thonbodens. Zahlreiche Unterſuchungen beſtätigen dies, hier mögen nur die von Councler“) angeführt werden, welche ſich auf Wellenkalkböden des Reviers Lohra beziehen. ) Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 16, S. 121. (1883). $ 55. und ihre Verwitterung. 187 Der Boden beſtand aus 2— 4 em durch Humus gefärbtem Thon, 23 - 30, grau- bis ſchwarzbraunem Thon, 5 — 16 „ gelblichem Thon. Hierunter lag das wenig veränderte, nur in Bruchſtücke zerfallene Geſtein. Die einzelnen Bodenſchichten zeigten folgende Zuſammenſetzung im Geſammtgehalt an (löslichen und unlöslichen) Mineralſtoffen (wobei nur die wichtigſten Beſtandtheile hier wiedergegeben ſind): Oberſte Zweite Dritte 5 EI: SER Grundgeſtein Schicht Schicht Schicht 3 Kali 2,32 2,52 2,65 0,39 ee, 0,66 1,03 0,93 0,3 P 4 1,16 52,98 ae... 0,94 0,35 0,83 0,76 — Ve 3.82 3,44 6,53 0,51 2 9,83 15,60 17,60 | 0,90 ThHosphorfäure . . . 0,21 0,18 0,20 0,03 I 63,57 64,47 54,13 2,06 Kohlenfäure e 0,14 1,28 En 41,74 e e . 5 426 8,70 0,21 Man ſieht hieraus, daß ſelbſt in erheblicher Tiefe und unmittelbar über dem Geſtein, der kohlenſaure Kalk bis auf geringe Reſte aus— gelaugt iſt. Hieraus iſt es erklärlich, daß ſolche Bodenarten außerordentlich fruchtbar ſind und namentlich Laubhölzer mit vorzüglichem Wuchs tragen, wenn auch in kühleren Lagen Nadelhölzer, zumal Tanne, oft vortrefflich gedeihen. Anderſeits ergiebt ſich aber auch die Urſache der Empfindlich— keit gegen Bodenentblößung und dadurch bewirktes oberflächliches Aus— trocknen. Die Krümelſtruktur dieſer Bodenarten wird durch Bloßliegen zerſtört, die Thontheile werden dicht zuſammengelagert und ſetzen einer Durchfeuchtung und zumal dem Zerfall großen Widerſtand entgegen. (Völlig trockene „Kalkböden“, die längere Zeit frei gelegen haben, kann man oft ſtundenlang mit Waſſer kochen, ehe alle Thonpartikel ſich ver— theilt haben, und im kalten Waſſer können ſie recht lange liegen, ohne daß ſich dieſes durch aufgeſchlämmte Thonpartikel trübt.) Beſonders ſchädlich für junge Holzpflanzen iſt endlich noch der ſtarke Graswuchs ſolcher Böden, der häufig die Entwickelung um Jahr— zehnte verzögern kann, wohl auch die jungen Baumpflanzen zum Ab— ſterben bringt; hier wirkt namentlich der ſtarke Waſſerentzug des 188 Bodenbildende Geſteine [S 55. Graſes ein und muß ſich zumal an Hängen am empfindlichſten geltend machen. Dolomitiſche Kalke und Dolomite. Die Dolomite verhalten ſich ganz ähnlich wie die Kalkgeſteine. Die reinen Dolomite verwittern noch ſchwieriger als dieſe und geben einen ſehr ſteinreichen, erdarmen Boden von geringer Fruchtbarkeit. Vorſpringende Felsmaſſen ragen vielfach völlig unbewachſen hervor (die in den öſtlichen Alpen weit verbreiteten Dolomite zeichnen ſich durch maleriſche Formen aus). Die Dolomitgeſteine mit reichlicheren thonigen Bei— mengungen unterſcheiden ſich bei der Bodenbildung von den Kalk— böden dadurch, daß vielfach Dolomitſand gebildet wird, der mit den Thonbeſtandtheilen gemiſcht, einen meiſt hellen, gelblich gefärbten Boden giebt, der ſich in ſeinem Verhalten dem Lehm (Thon mit Quarzſand) ſehr ähnlich verhält und oft außergewöhnliche Fruchtbarkeit beſitzt. Mergel. Als Mergel bezeichnet man innige Miſchungen von fohlen- ſaurem Kalk, thonigen Beſtandtheilen und Sand. Je nach dem Vor— herrſchen des einen oder anderen Beſtandtheils kann man unterſcheiden (nach Senft, Geſteins- und Bodenkunde, S. 315; die angegebenen Zahlen bedürfen wohl der Reviſion, es handelt ſich jedoch nur um ganz angenäherte Verhältniſſe; vielfach ſind hier wohl anderartige Boden— arten eingereiht worden): Thonmergel, 15—20 % Kalk, 50—75% thonige Beſtandtheile, höchſtens 25% œſandige Theile. Nach Senft in der Trias verbreitet, ſind es meiſt roth gefärbte Geſteine von geringem Zuſammenhange, die zunächſt in kleine Brocken und Blättchen zerfallen und allmählich in einen Boden hoher Fruchtbarkeit übergehen. (Irrthümlich werden wohl zu dieſen Geſteinen viele der bunten Letten, die zumal im Keuper weit verbreitet ſind, aber keinen oder nur Spuren von Kalk enthalten, gerechnet.) Lehmmergel, 15 — 20% Kalk, 20 - 50% thonige Theile, 25 bis 50% Sand. Meiſt gelbbraun bis gelb gefärbt, geht vielfach aus der Verwitterung von Sandſteinen mit kalk- und thonreichem Binde- mittel hervor. Hier würde auch ein Theil der Diluvialmergel (Seite 197) einzureihen ſein. Kalkmergel, 50— 75 % Kalk, 20-50 % Thon, wenig (nur bis 5 %¾ ) Sand. Meiſt hell bräunlich gefärbte Bodenarten, die langſam aus— getrocknet ſich durch auffällige Bindungsloſigkeit auszeichnen, bei raſchem Austrocknen aber auch hart und feſt werden können. 5. Konglomerate, Sandſteine und Sande. Konglomerate beſtehen aus gerundeten, größeren Bruchſtücken von Mineralien oder Geſteinen, die durch ein Bindemittel verkittet ſind. $ 55.] und ihre Verwitterung. 189 (Breccien beſtehen aus eckigen, ſcharfkantigen Geſteinsbruchſtücken; für die Bodenkunde iſt dieſe Unterſcheidung, die für die Geologie wichtig iſt, ohne Bedeutung.) Durch Abnahme der Korngröße gehen die Kon— glomerate in die Sandſteine über. Je nach der Verſchiedenheit und Art der Geſteinsbruchſtücke, der Menge und Zuſammenſetzung der Bindemittel ſind die Konglomerate von verſchiedenem Werth für die Bodenbildung. Im Allgemeinen jedoch wird das Bindemittel raſcher verwittern, als die Geſteinsſtücke und werden ſich, zumal an Hängen, Böden bilden, welche ſich in ihrem Verhalten mehr oder weniger den Grand- und Geröllböden nähern. Schon hieraus ergiebt ſich, daß es meiſt ungünſtige Verhältniſſe ſind, welche dem Forſtmann bei Behandlung der Konglomeratböden entgegen— treten, und wie ſchwer es iſt, allgemeine Grundlagen zu geben. Einzelne in größerer Ausdehnung auftretende Konglomerate, ſind die des Rothliegenden und die Nagelflue. Das Konglomerat des Rothliegenden beſteht aus wallnuß— bis kopfgroßen Stücken von Quarz, Hornſtein, Kieſelſchiefer, Granit, Gneiß, Felſitporphyr, Glimmer- und Thonſchiefer, die durch ein eiſen— reiches, thonig-ſandiges Bindemittel verkittet ſind. Die Zuſammen— ſetzung iſt demnach eine im hohen Grade wechſelnde. Der Verwitterungsboden iſt meiſt flachgründig, ſteinreich, an den Hängen oft ein reiner Grandboden. Waſſermangel und anderſeits vielfach auftretende Rohhumusbildungen, Heide- und Beerkrautbedeckung ſind gleichmäßig ungünſtig für den Waldbeſtand, der oft nur aus ge— ringen Kiefern beſteht. (Grebe, a. a. O.) Das „Rothliegende“ als Formation betrachtet, in der die Kon— glomerate nur einen Theil bilden, beſteht außerdem aus Sandſteinen mit eiſenreichem Bindemittel, ſowie aus ebenfalls eiſenreichen Schiefer— thonen. Alle dieſe Bildungen wechſeln vielfach mit einander und be— wirken ſo mannigfache Verhältniſſe für die forſtliche Kultur, daß eine ins Kleine eingehende Behandlung nothwendig wird. Nagelflue, im alpinen Tertiär weit verbreitet, beſteht ganz über— wiegend aus Kalkſteinſtücken, ſeltener aus ſolchen von Sanden und kryſtalliniſchen Gebirgsarten, die durch ein kalkreiches, mäßig thoniges Bindemittel verkittet ſind. Grand ſchließt ſich den Konglomeraten eng an, nur fehlt ein ver— kittendes Bindemittel. Je nach der Zuſammenſetzung ſind die Grande von verſchiedenem Werth, in höheren Lagen leiden ſie ſtets durch Mangel an Feuchtigkeit, in tieferen kann, zumal bei flachanſtehendem Grundwaſſer, oft ein guter Boden aus ihnen hervorgehen. Sandſteine ſind Geſteine, die aus der Verkittung kleinerer, nicht über erbſengroßer Geſteins- und Mineralbruchſtücke beſtehen. Am häufigſten iſt Quarz der Hauptbeſtandtheil, jedoch können die ver— 190 Bodenbildende Geſteine 8 55. ſchiedenartigſten anderen Mineral- und Geſteinsarten an der Zuſammen⸗ ſetzung theilnehmen. Man unterſcheidet die Sandſteine entweder nach ihrem geologiſchen Alter (3. B. Buntſandſtein, Quaderſandſtein und dergleichen) oder nach ihrer Zuſammenſetzung, beziehungsweiſe ihrem Bindemittel. In Bezug auf die Zuſammenſetzung unterſcheidet man: Arkoſe; Körner von Quarz und Feldſpath, dem zuweilen noch Glimmer beigemiſcht iſt. Manche Buntſandſteine, ſowie in der Kohlen⸗ formation vorkommende Sandſteine gehören hierher. Grünſandſtein, Sandſteine mit meiſt thonig-kalkigem Bindemittel, welche Körner von Glaukonit enthalten. Glimmerſandſtein, Quarz und Glimmer, meiſt mehr oder weniger ſchieferig ausgebildet. Nach der Natur des Bindemittels unterſcheidet man: Thonige Sandſteine, mit meiſt durch Eiſen roth oder braun gefärbtem, in der Regel reichlich vorhandenem Bindemittel. Derartige Sandſteine zerfallen leicht und geben einen lehmigen bis ſandigen, tief- gründigen Boden von günſtiger Beſchaffenheit. (Hierhin gehören viele Buntſandſteine, zumal der mittleren und oberen Abtheilung.) Mergelige Sandſteine, mit kalkig-thonigem Bindemittel. Es find dies meiſt hell gefärbte Geſteine, die bei der Verwitterung tief- gründige, fruchtbare Böden geben. Kalkige Sandſteine, wenig verbreitet, überwiegend mit kohlen— ſaurem Kalk als Bindemittel. Kieſelige Sandſteine, Sande mit ſehr kieſelſäurereichem Binde— mittel. Die an dieſem reichen Abarten verwittern nur ſehr ſchwierig, auch die übrigen bilden Sandböden von geringer Fruchtbarkeit. (Die meiſten Buntſande der unteren Abtheilung, ſowie die Hauptmaſſe der Quaderſande gehören hierher.) Eiſenhaltige (eiſenſchüſſige) Sandſteine. Das Bindemittel beſteht überwiegend aus Eiſenoxydhydrat, jeltener aus Eiſenoxyd. Meiſt ſehr feſte, ſchwer verwitternde Geſteine. Da Sandſteine beſtimmter Zuſammenſetzung in einzelnen Forma— tionen (wenigſtens in den hier gezogenen Grenzen) mehr oder weniger reichlich auftreten, ſo iſt es vortheilhaft, ſie nach dieſen geordnet nach ihrem bodenbildenden Verhalten kurz zuſammen zu ſtellen. Grauwacke, der paläozoiſchen Abtheilung angehörig, beſteht aus größeren oder kleineren Körnern (es kommen nicht ſelten auch aus- geſprochene Konglomerate, Grauwackenkonklomerate vor) ver— ſchiedener Geſteinsarten; Quarz, Kieſelſchiefer, Thonſchiefer, ſowie Feld— ſpathkörner, die durch ein kieſeliges, oder kieſelig-thoniges Bindemittel verkittet ſind, herrſchen vor. Die entſtehenden Böden ſind hiernach verſchieden. $ 55.] und ihre Verwitterung. 191 Die quarzreichen Abarten, überdies zumeiſt noch mit einem kieſelſäurereichen Bindemittel, verwittern ſchwer und geben einen flach— gründigen, erdarmen Boden von geringem bis ſehr geringem Werth; ſeltener, bei wenig Bindemittel, erzeugen ſie tiefgründigere Sandböden, die dann den tiefwurzelnden Baumarten, wie Kiefer und Eiche, vortheil— haften Standort bieten. Die thonreicheren Abarten zerfallen leichter, ebenſo die meiſten grobkörnigen bis konglomeratiſchen Formen der Grauwacke und erzeugen einen tiefgründigen, thonreicheren Boden, der in den höheren Lagen für Fichte, in den tieferen, feuchteren, für Buche und Tanne günſtige Bedingungen des Gedeihens bietet. Buntſandſtein. Die Ausbildung des Buntſandſteins iſt eine ver— ſchiedene; im Allgemeinen verhalten ſich die Geſteine der tieferen Etagen weniger günſtig, als die der oberen. Der Verwitterungsboden iſt je nach Menge des Bindemittels Sandboden bis Lehmboden, zumeiſt ein mehr oder weniger ſandiger Lehm; erfahrungsmäßig geben die hell gefärbten Abarten des Geſteines (eine Folge des geringeren Gehaltes an Bindemittel) geringe bis arme, die gelb gefärbten mittlere, die roth gefärbten gute und ſelbſt ſehr gute Bodenarten. Auf allen findet leicht Bildung von Rohhumus ſtatt, und findet man in dieſer Beziehung auf den Böden des Buntſandſteins oft auf— fällig ähnliche Verhältniſſe, wie auf den diluvialen Böden Norddeutſch— lands. Hierdurch begründet es ſich, daß die tieferen, feuchteren Lagen meiſt viel ungünſtiger als die höheren Lagen ſind und daß anderſeits Alles, was eine zu ſtarke Austrocknung der oberen Bodenſchichten ver— anlaßt, zugleich mit einem Rückgang im Beſtande verbunden iſt. Kaum eine andere Bodenart iſt daher ſo empfindlich gegen unvorſichtiges Freiſtellen und auch gegen Streuentnahme, wie der Buntſandſtein. Geſchloſſene, größere Beſtände, in denen eine normale Zerſetzung der humoſen Stoffe viel eher ſtattfindet, als in einzelnen kleinen Waldungen, ſind hierdurch in der Regel ebenfalls unverhältnißmäßig vortheilhafter für den Beſtand. Im ganzen Verhalten iſt daher der Buntſandſtein— boden einer der am ſchwierigſten zu behandelnden, und am leichteſten Rückgängen ausgeſetzten Bodenarten, die in unſeren Gebieten vorkommen. Gerade hier haben ſich einmal die Folgen übertriebener Streuentnahme geltend gemacht, und anderſeits iſt man faſt nirgends ſo geneigt, un— günſtige Einwirkungen, welche weſentlich in verſchiedenen Humusbildungen begründet ſind, auf die Streunutzung zu ſchieben, wie im Buntſandſteingebiet. Kiefer (auf dem trockneren mehr dem reinen Sande ſich nähernden Boden), Buche und Fichte, ſowie Tanne, zum Theil auch Eiche, alſo unſere wichtigſten Holzarten, finden auf dem Buntſandſteinboden je nach den Verhältniſſen entſprechenden Standort. 192 Bodenbildende Geſteine "185. Keuperſandſtein. Die unteren Etagen dieſes Geſteines enthalten meiſt reichliche kalkhaltige Bindemittel, durch die bei der Verwitterung tiefgründige, lehmige Sandböden erzeugt werden, welche zumal den tiefwurzelnden Bäumen, vor allem der Eiche, günſtig ſind, weniger finden ſich Buche und Fichte. a Die oberen Ablagerungen führen meiſt ein kieſelſäurereiches Binde- mittel und geben mehr flachgründige, trockene Böden, welche überwiegend durch Kiefern beſtanden ſind. Liasſandſtein verhält ſich den beſſeren Keuperſandſteinen ähnlich, und beſitzt ebenfalls ein kalkhaltiges Bindemittel. Bei der Verwitterung entſtehen tiefgründige, fruchtbare, für das Laubholz günſtige Bodenarten. Quaderſandſtein. Der Quaderſandſtein beſteht zumeiſt aus fein⸗ körnigem Quarzſand mit wenig, meiſt kieſeligem, ſelten thonigem Binde- mittel und bildet bei der Verwitterung meiſt einen ſehr wenig frucht⸗ baren, lockeren Sandboden, der überwiegend Kiefern trägt. Manche Abarten verwittern ſchwer und bilden nicht ſelten vegetationsloſe Felſen. Der Rohhumusbildung, und wie es bei jo armen Sanden ver- ſtändlich iſt, der Ortſteinbildung, iſt der Quaderſand leicht unterworfen. In Böhmen zuerſt beobachtet, in Oberſchleſien ſehr häufig.) Quarzit. Unter Quarziten verſteht man dichte oder körnige Quarz⸗ geſteine. Viele ſtehen ihrer Entſtehung nach mit Sandſteinen in enger Beziehung und find als Quarzſandſteine mit kieſeligem Bindemittel auf- zufaſſen; bei anderen iſt die Bildung wahrſcheinlich eine weſentlich ab- weichende geweſen. Der Verwitterung ſind die Quarzite ſchwer zugängig und ragen oft als vegetationsloſe Felsmaſſen aus dem übrigen Geſtein hervor. Die körnigen Abarten geben einen flachgründigen, armen Sand- boden und nur in ſehr ſeltenen Fällen ſind ſo viel andere Beſtandtheile (Thone und eiſenreiche Thone) beigemiſcht, daß ein erträglicher Boden entſtehen kann. Sande. Die Sande ſtehen zu den Sandſteinen in einem ähnlichen Verhältniß wie die Grande zu den Konglomeraten; es fehlt ihnen ein verkittendes Bindemittel. Sie unterliegen aber, ſoweit ſie Silikate enthalten, in ganz gleicher Weiſe der Verwitterung, wie jedes andere Geſtein. Die Sande gehören zumeiſt den jüngeren Formationen an, die im Diluvium und Alluvium vorkommenden werden ſpäter im Zuſammen⸗ hang behandelt werden, hier ſind hauptſächlich die tertiären Bildungen anzuführen: Tertiärſand beſteht zumeiſt aus milchweißem Quarz mit wenig Bruchſtücken von Kieſelſchiefer. Die Korngröße iſt ſehr verſchieden; theilweiſe finden ſich ſehr feinkörnige Sande, die Hauptmaſſe iſt jedoch von höheren Korngrößen, oft ſogar ſehr grobkörnig. und ihre Verwitterung. 193 SR Sr ot 2 Die tertiären Quarzſande bilden ihrer Zuſammenſetzung entſprechend ſehr arme Bodenarten, die ſich nur etwas günſtiger verhalten, wenn Grundwaſſer flach anſteht. Zugleich ſind ſie Rohhumusbildungen, ſowie der Abſcheidung von Ortſtein ſehr ausgeſetzt. Kiefer, an den feuchteren Stellen allenfalls Erle, bilden die meiſt geringwerthigen Beſtände. Tertiärer Glimmerſand, zumeiſt' ſehr feinkörnig, mit Glimmer— blättchen durchſetzt. Boden mittlerer Güte; trägt Laubhölzer. Vulkaniſche Aſchen und Sande. Bei den Ausbrüchen der Vulkane werden oft große Maſſen von feinkörnigem Material ausge— worfen, und fallen, je nach der Korngröße, in der Nähe oder in größerer Entfernung nieder. Man unterſcheidet vulkaniſche Sande, grobkörnig, und vulkaniſche Aſchen, ſehr feinkörnig. Die letzteren lagern ſich zuſammen und werden vielfach durch ſekundäre Mineral— bildungen verkittet; ſolche verkitteten Aſchen bezeichnet man als vul— kaniſche Tuffe. Die Bodenarten, welche aus der Verwitterung von Tuffen hervor— gehen, die raſch und bis in größere Tiefe zerſetzt werden, ſind meiſt von mittlerer bis hoher Güte. Die Sande dagegen, deren Körner eine geſchmolzene, ſchwer angreifbare Oberfläche haben, verwittern ſchwer und bilden loſe, trockene Bodenarten, die oft kaum eine dürftige Vege— tation zu tragen vermögen. Humoſe Bildungen. Die Entſtehung der Torf- und Moor— ablagerungen findet in SS 65 und 66, der Bodenwerth derſelben bei der Beſprechung der Hauptbodenarten ſeine Behandlung. 6. Diluvium und Alluvium. Ein großer Theil Europas (faſt das ganze nordiſche Flachland und Skandinavien) ſind von Bildungen des Diluviums bedeckt. In den Hochgebirgen (Alpen, Karpathen) ſind ebenfalls ausgedehnte Ablagerungen diluvialen Alters, die ſich zum Theil weit in die umliegenden Gebiete (oberbayriſche Hochebene, das Seengebiet Norditaliens) erſtrecken. Faſt alle dieſe Ablagerungen ſind durch die Thätigkeit ausgedehnter Gletſcher entſtanden, welche ſich von den Hochgebirgen aus weit in die Ebene erſtreckten oder von Skandinavien her Nordeuropa überdeckten. Die Grenze des nordiſchen Diluviums bilden die mitteleuropäiſchen Gebirgs— züge, welche dem Vordringen des Eiſes Widerſtand leiſteten, während in Rußland etwa ein Bogen, der von Kiew nach Niſchnei Nowgorod und von da zur Tſcheskajabai reicht, die diluvialen Bildungen um- faſſen würde.“ *) Die durch Lyell vertretene „Drifttheorie“ iſt in neuerer Zeit durch die Torell'ſche „Inlandeistheorie“ verdrängt worden. Beide Anſchauungen vereinigen ſich in der Auffaſſung, daß die Entſtehung der Ablagerungen auf die Thätigkeit des Eiſes Ramann. 13 194 Bodenbildende Geſteine Is 55. a) Das nordiſche Diluvium. Die Bildungen des nordiſchen Diluviums laſſen ſich in drei Ab- theilungen trennen, in unteres Diluvium, oberes Diluvium, Ablagerungen diluvialer Flüſſe (Altalluvium). Das untere Diluvium umfaßt weitaus die größte Maſſe der nordiſchen Diluvialablagerungen, die überwiegend aus Sanden und Mergel, ſparſamer aus Thonen und Mergelſand beſtehen. Die Diluvialmergel ſind ohne jede Spur von Schichtung, ſie beſtehen aus einer oft ſehr feſt zuſammengelagerten Miſchung von thonigen, ſandigen und kalkhaltigen Geſteinsreſten, zwiſchen denen regellos, d. h. nicht nach der Korngröße geſondert, kleine bis große Steine eingelagert ſind. Durch Abſchlämmen aus den Diluvialmergeln kann man alle Beſtandtheile der Diluvialbildungen (Thone, Sande, Grande) gewinnen. Der untere Diluvialmergel iſt von wechſelnder, aber meiſt erheblicher Mächtigkeit und zumeiſt von bläulicher oder grauer Färbung. Bei der Verwitterung wird zunächſt der reichlich beigemiſchte Kalk gelöſt und weggeführt, und zugleich werden die Silikate angegriffen und die in ihnen vorhandenen Eiſenoxydulverbindungen in Oxyde beziehent- lich Oxydhydrate übergeführt; die Farbe geht hierdurch in braun über und der entſtehende Boden beſteht aus thonigen Theilen und Sand, aus Lehm. Bei fortſchreitender Verwitterung werden wohl über— wiegend mechaniſch Thontheilchen weggeführt, der Boden verarmt an dieſen und geht allmählich in einen lehmigen Sand über. Natür- lich werden hierdurch ſowohl für chemiſche Zuſammenſetzung, wie für phyſikaliſches Verhalten werthvolle Bodenbeſtandtheile weggeführt. Im Allgemeinen tritt der untere Diluvialmergel in den tieferen Lagen, an Gehängen und dergleichen auf; er bildet häufig ſchmale, nur ſelten ausgedehntere Bodenflächen.“ zurück zu führen iſt, unterſcheiden ſich jedoch darin, daß nach der erſten ſchwim-⸗ mende Eisblöcke das Material nach den ſüdlicheren Gegenden trugen und nach dem Abſchmelzen ablagerten, während die Inlandeistheorie eine ununterbrochene vom Norden nach dem tiefer liegenden Süden drängende Eisſchicht annimmt, welche zugleich die ziemlich flachen zwiſchenliegenden Meere ausfüllte. Für die letztere Anſchauung ſprechen namentlich die Eigenſchaften der Diluvialmergel, welche völlig mit denen der Grundmoränen der Gletſcher übereinſtimmen, ſowie das Vorkommen geglätteter und geſchrammter anſtehender Geſteine; ferner das faſt völlige Fehlen mariner Thier- und Pflanzenreſte. Jedenfalls muß dann das Inlandeis in ſeiner Ausdehnung geſchwankt haben, was aus dem mehrfachen Wechſel von Mergel und Sanden hervorgeht. An den Abhängen der im Diluvium jo häufigen, tiefen Einſchnitte früherer oder noch jetziger Flußläufe erkennt man das Auftreten des Diluvialmergels ſehr 22 * — * — und ihre Verwitterung. 195 Er iſt wichtig als kalkreiches Meliorationsmittel (20 — 40% und mehr kohlenſaurer Kalk ſind häufig vorhanden). Als Waldboden gehört der untere Diluvialmergel ſchon nach ſeiner ganzen Zuſammenſetzung zu den werthvollen Bodenarten und trägt oft vorzügliche Buchenbeſtände. Diluvialthon iſt viel ſparſamer verbreitet als Diluvialmergel und bildet oft ausgezeichnet geſchichtete Thonlager, deren Schichtung zumeiſt durch ſehr fein zerriebene Sande hervorgerufen wird, welche in Verbindung mit dem wohl ſtets vorhandenen Gehalte an kohlen— ſaurem Kalk günſtig einwirken, wo der Diluvialthon einmal boden- bildend auftritt. Unterer Diluvialſand, Spathſand, vielfach einfach als Diluvial— ſand bezeichnet, iſt ein fein- bis grobkörniger Sand, der neben Quarz reichlich Feldſpathkörner und andere Mineral- und Geſteinsbruchſtücke, ſowie ſtets ſparſamer oder häufiger Steine enthält. In den oberen Bodenlagen findet ſich ſelten, in den tieferen Schichten in der Regel ein mäßiger Gehalt an kohlenſaurem Kalk. Thon (nach Schlöſing be— ſtimmt) enthalten die Diluvialſande meiſt nur in Spuren, jedoch kommen Abarten und oft in ziemlicher Ausdehnung vor (3. B. ein großer Theil der Oberförſterei Freienwalde beſteht aus ſolchen), welche reichlich ſehr fein zerriebene Mineralbeſtandtheile enthalten. Bei der Verwitterung wird zunächſt der kohlenſaure Kalk aus— gelaugt, und durch die Verwitterung der Silikate geht die urſprünglich ſehr ſchwach gelbliche Farbe des Sandes (eine Folge der beigemiſchten Feldſpaththeile, ſowie der Färbung des Quarzſandes) in eine gelbliche bis bräunliche, ſeltener und meiſt nur ſtellenweiſe verbreitet, in eine röthliche über. Durch die große Durchläſſigkeit des Sandes für die atmoſphäriſchen Wäſſer unterliegt der Diluvialſand wie alle Sande leicht einer ſtarken Auswaſchung. Die Zerſetzung der organiſchen Abfallreſte iſt meiſt eine befriedigende. Sind auch Rohhumusbildungen nicht ſelten, ſo ſtellt ſich doch der Diluvialſand weit günſtiger, als die altalluvialen und die Heideſande. Ortſteinbildungen gehören daher zu den Seltenheiten. Der Diluvialſand iſt weit verbreitet und findet ſich zumal an Hängen und an Stellen, wo durch Eroſion die obere Divulialdecke zerſtört iſt, vielfach bloßgelegt. Immerhin gehören die Diluvialſande zu den mittleren Waldböden und tragen namentlich die Kiefer oft in hoher Vollkommenheit, vielfach mit Buche als Unterholz. Eiche, Hain— buche und Buche bleiben zumeiſt zurück, und nur in jenen Gebieten, wo viel feines Geſteinsmehl dem Sande beigemiſcht iſt, gedeihen die Laubhölzer. zumal die Eiche. häufig an dem Strauchwuchs, welcher auf ihm vorkommt. Roſenarten, Cratägus, und wo dieſe fehlen, einzelne kalkliebende Pflanzen, ſind ein gutes äußeres Kenn— zeichen, welches nur ſelten täuſcht. 13* 196 Bodenbildende Geſteine S 55 Im Ganzen kann man annehmen, daß die Kiefern der mittleren bis beſten Ertragklaſſen im nordiſchen Diluvium auf Diluvialſand ſtocken, der durch Tiefgründigkeit den geringen Feuchtigkeitsgehalt erſetzt und durch ſeinen beträchtlichen Gehalt an Mineralſtoffen, zumal durch den in größerer Tiefe meiſt vorhandenen Kalkgehalt, den Bäumen die noth— wendigen Nährſtoffe bietet. Mergelſand iſt ein oft mit dem unteren Diluvialſand und Dilu- vialthon vergeſellſchafteter, aber auch an einzelnen Stellen ausgedehnter vorkommender, ſehr feinkörniger Sand, der reichlich fein zerriebene Mineraltheile und kohlenſauren Kalk beigemengt enthält. In der Struktur und den Eigenſchaften gleicht der Mergelſand ſehr dem Löß. Bei der Verwitterung geht aus dem Mergelſand ein milder, tief— gründiger Lehmboden hervor, welcher zumal der Eiche und Kiefer zu— ſagt und oft ganz vorzügliche Beſtände dieſer Holzarten trägt. Oberes Diluvium. Das obere Diluvium beſteht hauptſächlich aus dem oberen Dilu— vialmergel und ſeinen Verwitterungs- beziehungsweiſe ſeinen Um— lagerungsprodukten. Der obere Diluvialmergel zeigt alle bereits genannten Eigen— ſchaften der diluvialen Mergelablagerungen, er unterſcheidet ſich vom unteren Mergel äußerlich durch ſeine meiſt mehr gelbliche oder bräun- liche Färbung, die meiſt geringere Mächtigkeit und durch ſeine Lage. In durch Eroſion veränderten Gebieten bildet der obere Diluvialmergel vielfach die höchſten Spitzen der hervorragenden Köpfe und Hügel. Ungeſtört überzieht er, oft allen Biegungen des Bodens folgend, die Oberfläche des Diluviums. Die Verwitterung iſt dieſelbe wie die des unteren Diluvialmergels, natürlich iſt aber der obere Mergel ſchon durch ſeine Lage an der Oberfläche den zerſtörenden Einflüſſen viel mehr ausgeſetzt geweſen als jener. Die Entkalkung und Entthonung iſt daher oft weit fortgeſchritten, ſo daß erſt in den tieferen Schichten ſich ausgeſprochener Lehm findet; oder die thonigen Theile find oft jo ſtark ausgewaſchen, daß nur ein ſchwachlehmiger Sand zurückbleibt. Die neuere Geologie nimmt an, daß die Auswaſchung der thonigen Beſtandtheile ſchon vielfach durch die Schmelzwäſſer des Inlandeiſes erfolgt iſt. Die aus dem oberen Diluvialmergel hervorgehenden Bodenarten kann man unterſcheiden in: Lehmböden, lehmige Sande mit unterlagerndem Lehm oder einzelnen Lehmneſtern; oft mit Anreicherung an Steinen in der unteren Grenzſchicht, lehmige Sande (oberer Diluvialſand). 8 55.] und ihre Verwitterung. 197 Dem entſprechend iſt der Werth dieſer Böden ein ſehr wechſelnder. Der Diluviallehm der höchſten Kuppen, häufig ſehr feſt gepackt und reich, auch wohl überreich an Steinen, iſt trotz ſeines Reichthums an mineraliſchen Nährſtoffen, meiſt ein geringwerthiger, mit ſchlechten Kiefern und Birken beſtandener Boden, der ſich nur ſchwierig mit Waſſer ſättigt und durch ſeine exponirte Lage der Austrocknung ſtark unterworfen iſt. Bei ſolchen Vorkommniſſen beſſert ſich zumeiſt der Beſtand am Hange, wo Diluvialſand auftritt, ganz erheblich. Ausgeſprochene Lehmböden, welche aus der Verwitterung des oberen Diluvialmergels hervorgehen, ſind zumeiſt dem landwirthſchaft— lichen Betriebe überlaſſen; im Forſte gedeihen zumal Buche und Eiche auf denſelben. Die Kiefer liefert ein grobringiges Holz. Die oberen Diluvialſande ſind ſchwach lehmige, oft nur wenige Decimeter mächtige, vielfach ſteinreiche Ablagerungen auf Diluvialſand. In der Regel unterſcheiden ſie ſich im forſtlichen Verhalten nicht merk— bar von dieſen und bieten namentlich der Kiefer entſprechende Standorte. Lehmige Sandböden mit Lehmunterlage ſtehen in ihrem Verhalten etwa in der Mitte zwiſchen den beiden vorgenannten Bodenarten, tragen aber meiſt Laubholz. Geſchiebewälle. Im nordiſchen Diluvium finden ſich lange, mit Unterbrechungen oft ſich viele Meilen hin erſtreckende Ablagerungen, welche man als Steinblöcke mit zwiſchenliegendem Mergelbindemittel bezeichnen könnte, und die in ihrer Struktur ganz den Moränen, zumal den End— moränen der Gletſcher, entſprechen. Die Inlandeistheorie betrachtet dieſe Bildungen daher auch als Endmoränen des Inlandeiſes, welche dieſes bei der allmählich fortſchreitenden Abſchmelzung gebildet hat. Dieſe Steinpackungen haben im ſteinarmen Norddeutſchland oft einen hohen Werth für die Steingewinnung; mit Wald beſtanden findet ſich meiſt die Buche auf ihnen, oft in ſchöner Ausbildung (Oberförſterei Chorin), zuweilen herrſchen aber auch die Steinblöcke ſo vor, daß der Beſtand darunter leidet. Bildungen diluvialer Flußläufe. Das nordiſche Diluvium wird von mächtigen, weit ausgedehnten diluvialen Flußthälern durchſchnitten, welche oft von außerordent— licher Breite ſind und ſich noch jetzt ziemlich genau erkennen und verfolgen laſſen. Ein großer Strom durchfloß ganz Norddeutſchland von Oſt nach Weſt und vereinigte die Wäſſer, welche jetzt von der Weichſel bis zur Weſer, vielleicht ſelbſt bis zum Rhein fließen, in ſeinem Bett. Die Ablagerungen, welche durch dieſen diluvialen Hauptfluß und ſeine Nebenflüſſe gebildet ſind, bedecken weite Strecken, beſtehen ent— weder aus durch das Waſſer fortbewegten Sanden (dem Thalſand), 198 Bodenbildende Geſteine S 55. oder aus umgelagertem, jeiner feinerdigen Beſtandtheile beraubtem Diluvialſand, dem Thalgeſchiebeſand. Thalſand iſt ein ſteinfreier, ſehr gleichmäßig fein- bis mittel⸗ körniger Sand in ebener Lagerung. Kohlenſaurer Kalk, und Thon— beſtandtheile fehlen faſt völlig; die oft bis in erhebliche Tiefen ein- gelagerten humoſen Stoffe ſind ſekundär (nicht, wie man vielfach angenommen hat, bei der Entſtehung eingelagert), und eine Folge der tiefgehenden Verwitterung und Auslaugung. Die Thalſande ſind arme Sande, bilden aber immerhin noch einen großen Theil der mittleren bis geringen Kiefernböden (meiſt III. bis IV. Klaſſe, vielfach mit Wachholderunterwuchs); ſteht, wie dies oft der Fall iſt, das Grundwaſſer in mäßiger Tiefe (nicht über 2 m) an, ſo vermag auch noch Laubholz zu wachſen. Die Zerſetzung der organiſchen Abfallreſte erfolgt langſam; An— ſammlungen von Rohhumus und in ihrer Folge die Ausbreitung von Heide und Heidelbeere ſind häufig und führen nicht gerade ſelten zur Ortſteinbildung. Thalgeſchiebeſand beſitzt im Ganzen die Beſtandtheile des Diluvialſandes, abzüglich aller feinerdigen und kalkhaltigen, beſteht demnach aus einem Quarzſand mit mäßig viel Feldſpathkörnern und meiſt reichlicher Steinbeimengung. Je tiefer die Auswaſchung erfolgt iſt, um ſo geringer iſt der Werth dieſer Bodenart. Während ſie ſich in ſeltenen Fällen dem Verhalten des Diluvialſandes nähert, bildet ſie zumeiſt die geringen, oft die geringſten Standorte der Kiefer. Sehr viele der Kiefern der IV. und V. Ertragsklaſſe ſtocken auf Thal- geſchiebeſand. b) Glacialbildungen der Gebirge. Wie erwähnt, waren die Hochgebirge und vielfach auch die Mittel— gebirge Europas zur Diluvialzeit ſtark vergletſchert. Die Hauptmaſſe der hierdurch gebildeten Ablagerungen beſteht aus Schottermaſſen, in denen gröberes und feineres Material wechſelt. Hierdurch wird eine meiſt diskordante Schichtung erzeugt. An vielen Stellen ſind Moränen, an manchen iſt die Grundmoräne der alten Gletſcher erhalten, welche aus Bruchſtücken aller der Geſteine und aus ihren zerriebenen Beſtandtheilen beſtehen, welche der Gletſcher dereinſt paſſirte. Im oberbayriſchen Gebiete kann man eine untere Schicht unter— ſcheiden, welche überwiegend aus Geröllen und Bruchſtücken von Kalk— geſteinen, weniger aus Silikatgeſteinen, beſteht und durch ein kalkiges Bindemittel verkittet iſt (diluviale Nagelflue). Ueberlagert wird dieſe von Geröll- und Sandſchichten (Penck, Vergletſcherung der deut- ſchen Alpen, Leipzig 1882). a 8 55.] und ihre Verwitterung. 199 e) Diluvialablagerungen der Flüſſe. Viele Flußläufe haben in der Diluvialzeit Ablagerungen gebildet, die ohne Mitwirkung des Eiſes entſtanden ſind oder doch ſo ſtark durch den Transport im Flußbett verändert worden ſind, daß ſie den Charakter reiner Flußbildungen tragen. Es ſind oft ausgedehnte Schichten von Geröllen, Sanden und Thonen. Ein ausgezeichnetes Beiſpiel ſolcher Bildungen bieten weite Strecken der ungariſchen Ebene. Die „kleine ungariſche Ebene“, etwa von Preß— burg bis Gran, iſt reich an größeren Geſchieben, die große ungariſche „Donau⸗Theisebene oder Alföld“, von Peſt bis nach Siebenbürgen, wird von Sanden und thonhaltigen Sanden gebildet. Viele Flußteraſſen ſind ebenfalls diluviale Bildungen, ſie kamen zur Ablagerung, als die Flüſſe noch in höherer Lage floſſen und bauen ſich überwiegend aus Granden und Sanden auf. d) Löß. 8 Löß iſt ein ſehr feinkörniger (0,02 — 0,04 mm Korngröße) Sand aus Quarz, Kalk und zerriebenem Geſteinsmehl beſtehend. Schichtung fehlt in der Regel völlig; die Farben des Löß ſind hell, gelblich bis bräunlich. Durch Eroſion bilden ſich ſteile Abſtürze und tief einge— ſchnittene Schluchten; der Zuſammenhalt des Löß genügt, im feuchten Zuſtande der ganzen Maſſe einen mäßigen Halt zu gewähren, während anderſeits die abfließenden Wäſſer die feinen Sandkörner leicht hinweg— führen. Löß findet ſich in unſeren Gebieten zumeiſt an Flußgehängen (3. B. im Rheinthale). Die Mehrzahl der Geologen betrachtet den „Gehängelöß“ als Ablagerungen der Flüſſe, deren feinſte ſandige Bildung er darſtellt. Außerordentliche Ausdehnung gewinnt der Löß in China, wo er ausgedehnte Gebiete bedeckt. Für dieſe Ablagerungen iſt eine Bildung durch Windwirkung anzunehmen. Im engſten Zuſammenhang mit der Lößbildung durch Wind ſteht die der Schwarzerde und der ähnlichen Bodenarten (vergleiche § 67, 2), welche als mit humoſen Stoffen gemiſchter Löß zu betrachten ſind. e) Alluvium. Zum Alluvium werden alle Ablagerungen gerechnet, deren Bildung noch fortgeſetzt andauert. Es ſind dies die humoſen Bodenarten (Moor, Torf und dergleichen; vergleiche SS 61 — 69), die Ablagerungen durch Windbewegung (Flugſand, Dünen; $ 53, e) und die recenten Ablage— rungen des Meeres und der Flüſſe (Flußſand und Schotter, Auethon, Meeres⸗ und Flußſchlick). Gebräuchlicher Weiſe rechnet man den Heide— *) Das geologiſche Alter der Dünen läßt ſich nicht immer feſtſtellen, vielfach ſind ſie wohl ſchon zur Diluvialzeit entſtanden. 200 Bodenbildende Geſteine 18 ſand ebenfalls hierher, obgleich er, wie auch der Heidelehm, wohl beſſer den altalluvialen Bildungen zuzuzählen iſt. Flußgrand, gerundete Geſchiebe von wechſelnder Größe mit allen Eigenſchaften eines Grandbodens (§ 95, b). Die Ablagerungen raſch fließender Gewäſſer. Die Flußgrande haben meiſt in mäßiger Tiefe Grundwaſſer anſtehend und unterſcheiden ſich hierdurch vorkheiſche von den höher gelagerten Grandböden. Flußſand wird von langſam fließenden Gewäſſern gebildet und beſteht aus gleichmäßig fein- bis mittelkörnigen Sanden, die nament- lich bei ſehr flach anſtehendem Grundwaſſer reichlich humoſe Bei— mengungen (5—15°/,) enthalten. Selten findet ſich der Waſſerſpiegel tiefer als 1 m; hierdurch gehören die Flußſande zu den günſtigeren Bodenarten, die mit Wald beſtanden, namentlich Laubhölzer tragen. Auethon. Nicht allzu ſelten finden ſich, zumal im nordiſchen Flachlande, Ablagerungen von Thon, der durch ſehr langſam fließende Gewäſſer zuſammengeſchwemmt iſt. Der Auethon enthält vielfach Reſte von Süßwaſſerkonchylien und bildet in der Regel einen feſten, zähen Thon von grünlicher oder bläulicher Färbung. Der Auethon hat in der Regel alle ungünſtigen Eigenſchaften eines reinen Thonbodens. Da er zumeiſt in der Höhe des Waſſerſpiegels oder nur wenig höher liegt, ſo leidet er unter Ueberfluß an Waſſer. Oft ſind die meiſt nur wenig ausgedehnt vorkommenden Lager des Auethons die ungünſtigſten Stellen für die Vegetation. Marſch- und Aueböden. Der Marſchboden lagert ſich an der Meeresküſte ab. Durch die einmündenden Ströme werden dem Meere die feinſten noch im Unterlauf ſuspendirt bleibenden Mineralreſte zugeführt und gelangen unter dem Einfluß der im Meerwaſſer gelöſten Salze an den flacheren Küſten bald zur Ablagerung. Zugleich miſchen ſich die Reſte der zu— mal im Brakwaſſer reichlich abſterbenden Organismen bei und bilden ſo den fetten, dunkel gefärbten Marſchboden. Der Marſchboden iſt von ausgezeichneter Fruchtbarkeit und wird nur landwirthſchaftlich genutzt. ü Um dem Meer neue Flächen abzugewinnen, befördert man die Schlickablagerung durch Zäune und dergleichen, welche die Geſchwindig— keit des abfließenden Waſſers mäßigen und die feſten Theile feſthalten (Polder, einpoldern). Iſt die Ablagerung ſoweit fortgeſchritten, daß die Fläche von der gewöhnlichen Fluth nicht mehr bedeckt wird, ſo ſiedeln ſich zunächſt Salicornia herbacea (Queller) und Salsola Kali (Salzkraut) an, denen ſpäter andere Salzpflanzen, zumal Aster tripo- lium, und endlich Gräſer folgen. Die Aueböden, auch wohl als Flußmarſchen bezeichnet, bilden ſich bei Ueberſchwemmungen aus dem Abſatz des Schlickes der Flüſſe. $ 55.] und ihre Verwitterung. 201 Der Aueboden iſt thonveich und zugleich mit humoſen Stoffen innig gemengt, und reich an mineraliſchen Pflanzennährſtoffen (vergl. § 103). Aueböden, welche von Flüſſen abgelagert werden, die aus Gebirgen mit Kalk- und Silikatgeſteinen kommen, find fruchtbarer als ſolche, die aus Sandſteingebieten entfließen; ſo verhalten ſich nach Grebe die Aueniederungen der Saale viel günſtiger als die der Elbe. Die Aueböden ſind von hoher Fruchtbarkeit und tragen zahlreiche Baumarten in hoher Vollkommenheit. Die wiederkehrenden Ueber— ſchwemmungen und der reichliche Feuchtigkeitsgehalt des Bodens ſagt jedoch manchen Baumarten nicht zu, ſo fehlen die Nadelhölzer und Buche faſt völlig, während Eſche, Erle und Pappeln, an den trockneren Stellen Eichen, einen vorzüglichen Standort finden. Heideſand. Der Heideſand iſt namentlich in Norddeutſchland und in Jütland verbreitet. Er beſteht vorwiegend aus einem ſteinfreien, fein⸗ bis mittelkörnigen, nur ſelten mehlartigen Quarzſande und findet ſich zumal in den Höhenlagen, auf denen er die flachen Vertiefungen und Mulden ausfüllt. Der Heideſand fällt zum Theil in ſeinem Vorkommen mit den „Ablagerungen diluvialer Waſſerbecken und Flußläufe“ der preußiſchen geologiſchen Flachlandsaufnahmen zuſammen, theils iſt er mit Sicher— heit als ein durch die Heidebedeckung gleichmäßig horizontal abge— lagerter Flugſand zu betrachten. Der Heideſand gehört zu den ärmſten Sanden. Die Zerſetzung der Humusablagerungen erfolgt äußerſt langſam und hierdurch ſind Anſammlungen von Rohhumus und Ortſteinbildung weit verbreitet. Gehören auch weite Gebiete der nordiſchen mit Heide bedeckten Flächen geologiſch nicht dem „Heideſande“ an und finden ſich anderſeits auf demſelben vielfach geringe Kiefernbeſtände, ſo iſt er doch einer der weſentlichſten Träger der Heidepflanze. In Verbindung mit dem Heideſand, denſelben unterlagernd oder doch im gleichen Gebiete vorkommend, findet ſich der Heidelehm (weißer Ortſtein, nach Emeis in deſſen „Waldbaulichen Studien“). Es iſt dies eine hell, meiſt weiß gefärbte, äußerſt feinkörnige, faſt thonig erſcheinende Ablagerung, die im feuchten Zuſtande knetbar iſt, überwiegend aber aus feinſt zerriebenem Quarzmehl beſteht. Dieſe Bildung täuſcht beim erſten Anblick oft, indem ſie einen thonigen oder mergeligen Boden vermuthen läßt. Die Armuth an Nährſtoffen, ſowie die durch die Feinkörnigkeit bewirkte Undurchläſſigkeit, veranlaßt, daß der Heidelehm zu den ungünſtigſten Bodenunterlagen gehört, oft ſogar völlige Fehlſtellen herbeiführt. 202 Die Bodenanalyſe. S 56. VII. Die Bodenanalyſe. § 56. 1. Die mineralogiſche Analyſe des Bodens. Literatur: Steinriede, Anleitung zur mineralogiſchen Bodenanalyſe. Leipzig 1889. Orth, Rüdersdorf und Umgebung. Berlin 1877. Abhandlungen der geolo— giſchen Landesanſtalt. Die übrige Literatur bei Steinriede. Die Wichtigkeit der mineralogiſchen Beſtimmung der Bodentheile iſt ſchon frühzeitig erkannt worden. Die gröberen Gemengtheile des Bodens, Sand und beigemiſchte Steine ſind ſoweit thunlich ſchon jeder— zeit auf ihre mineralogiſche oder petrographiſche Zuſammenſetzung ge— prüft worden. Das Bodenſkelett ſtellt diejenigen Beſtandtheile dar, welche durch Verwitterung noch weiter verändert werden können und die Quelle des Bodens für Pflanzennährſtoffe ſowie für die Entſtehung feinerdiger Beſtandtheile ſind. Es iſt nun ohne weiteres verſtändlich, daß es für den Bodenwerth, zumal den des Waldbodens, einen großen Unterſchied ausmacht, ob das Bodenſkelett überwiegend aus faſt un— angreifbarem Quarz, aus kalireichem Orthoklas, anderen Silikaten oder Kalk beſteht. In allen Fällen iſt daher eine Beſtimmung der Mineral- theile nothwendig und in der Regel auch unſchwer ausführbar. Ungleich ſchwieriger geſtaltet ſich die Sachlage, wenn die Zuſammen— ſetzung der Feinerde feſtgeſtellt werden ſoll. Schon früher (Seite 46) iſt darauf hingewieſen, daß die verſchiedenartigſten Bodenbeſtandtheile, wenn nur ihre mechaniſche Vertheilung eine genügende iſt, zu den ab— ſchlämmbaren Stoffen gehören und ſelbſt dem „Thon“ (nach Schlöſing's analytiſcher Methode abgeſchieden) angehören können. Auch hier machen ſich tiefgehende Unterſchiede im Bodenwerth be— merkbar, je nach der Zuſammenſetzung der Feinerde. ; Die Kenntniß der mineralogiſchen Zuſammenſetzung jollte daher auch für dieſe nicht fehlen. Zu berückſichtigen ſind jedoch die großen Schwierigkeiten, welche einer genauen Beſtimmung der feinſten Boden— theile entgegenſtehen. Abgeſehen davon, daß eine nicht unerhebliche Uebung in der mikroſkopiſchen, mineralogiſchen Technik und ſichere An— wendung der gebräuchlichen, namentlich optiſcher Hülfsmittel beanſprucht 8 56.] Die mineraliſche Analyſe des Bodens. 203 wird, iſt die Unterſcheidung der feinſt vertheilten Mineraralarten nament— lich dadurch erſchwert, daß die Lichtwirkungen, welche doch die haupt— ſächlichſte Unterſuchungsmethoden abgeben, bei den äußerſt kleinen und zudem in den einzelnen Theilen meiſt verſchieden dicken Beſtandtheilen der Feinerde nur wenig hervortreten. Trotzdem legt man der mikroſkopiſchen Unterſuchung des Bodens lange nicht den Werth bei, beziehentlich benutzt ſie zur Löſung wiſſen— ſchaftlicher Fragen nicht in dem Maße, wie es wünſchenswerth iſt. Vorausſichtlich werden eine ganze Reihe neuer Aufklärungen über das Weſen des Bodens auf dem jetzt gangbarer gewordenen Wege erreicht werden. Zur mineralogiſchen Analyſe der feinſten Theile benutzt man ſo— wohl chemiſche (Glühen, Behandeln mit Säuren und Farbſtofflöſungen) als auch namentlich phyſikaliſche (optiſche) Unterſuchungsmethoden. Als wichtigſtes Hülfsmittel iſt jedoch die perſönliche Ausbildung, das häufige und wiederholte Sehen und die dadurch hervorgerufene Uebung zu bezeichnen. Ebenſowenig Jemand bei Unterſuchung von Geſteinsdünn— ſchliffen in jedem Fall durch mannigfache Unterſuchungen die Zugehörigkeit eines Minerals zu einer beſtimmten Art feſtſtellen kann, ſondern der geübte Blick oft zur Hauptſache wird, ebenſo bei der mikroſkopiſchen Unterſuchung der Bodentheilchen. Folgende Unterſuchungsmethoden kommen hauptſächlich zur An— wendung: 1. Färbemethoden. Das Bodenpulver wird mit Fuchſin-, Nubin- oder ähnlich ſtarkfärbender Löſung übergoſſen, und nach dem Auswaſchen unterſucht. Die ſtark zerſetzten und leicht ſpaltbaren Minerale zeigen die Färbung in den Spalten. Ebenſo färben ſich Mineralarten, welche (durch Waſſerverluſt) beim Erhitzen oder auch durch Säuren zerſetzt ſind, ſehr ſtark; zumal gallertartige Kieſelſäure nimmt viel Farbſtoff auf. 2. Glühen der Bodentheile. Sämmtlliche organiſchen Beſtand— theile verbrennen; viele Mineralbeſtandtheile bekommen Spaltungsflächen oder verändern ihre Farbe. 3. Chemiſche Reaktionen, zumal Behandeln mit Säuren (Salz- ſäure, Salpeterſäure, Kieſelflußſäure) liefert Aufſchlüſſe über die Zu— ſammenſetzung der Bodenpartifel. 4. Optiſche Unterſuchungsmethoden. Die Lichtbrechung der Mineralarten, ſowie namentlich das Verhalten im parallel und im konvergent polariſirten Licht ſind die wichtigſten und am leichteſten an— wendbaren Hülfsmittel zur Beſtimmung der Mineralpartikel. Eine eingehendere Darlegung aller dieſer Dinge würde zu weit führen; eine gute und für praktiſche Zwecke brauchbare Darſtellung bietet Steinriede in ſeiner mineralogiſchen Bodenanalyſe, auf welche hier verwieſen werden muß. 204 Die Bodenanalyje. 2 [$ 56. 2, Die chemiſche Bodenanalyſe und ihre Bedeutung. Literatur: Grandeau, Handbuch der agrikulturchemiſchen Analyſen. Berlin 1884. Knop, Bonitirung der Ackererde. Leipzig 1871. Wolff, Anleitung zur Unterſuchung landwirthſchaftlicher Stoffe. Berlin 1875. Wahnſchaffe, Anleitung zur wiſſenſchaftl. Bodenunterſuchung. Berlin 1887. Nachdem Liebig die Bedeutung der mineralogiſchen Nährſtoffe für die Pflanzenwelt erwieſen hatte, glaubte man in der Bodenanalyje ein einfaches Mittel gefunden zu haben, um den Kulturwerth feſtzuſtellen. Nur zu bald erkannte man jedoch, daß die gefundenen Werthe nicht recht zu den Thatſachen ſtimmen wollten, und nachdem auch eine Tren— nung in lösliche und unlösliche Stoffe durch Behandeln mit Salzſäure oder anderen Säuren nicht zum Ziele führte, warfen viele Agrifultur- chemiker die Flinte ins Korn und ſprachen der chemiſchen Analyſe faſt jede Bedeutung ab. Erſt in neueſter Zeit beginnt eine gerechtere Wür⸗ digung ſich Bahn zu brechen, und gilt nachgerade eine Kenntniß der chemiſchen Zuſammenſetzung für ein ebenſo wichtiges Hülfsmittel zur Beurtheilung eines Bodens wie die Kenntniß der mechaniſchen Mengung der Beſtandtheile. i Allmählich hat man aber auch erkennen gelernt, innerhalb welcher Grenzen die chemiſche Analyſe zur Löſung wiſſenſchaftlicher Fragen be— nutzbar iſt. Es iſt dies für die Moorböden durch die Moorverſuchs— ſtation geſchehen, für die Sandböden zuerſt durch Schütze“) und ſpäter durch den Verfaſſer. Für reichere Bodenarten, zumal im guten Zu⸗ ſtande befindliche Lehm- und Thonböden, verſagt die chemiſche Analyſe zur Zeit noch, da in den meiſten Fällen der Gehalt an Nährſtoffen, wenigſtens für den Wald, in ſeiner Bedeutung von anderen Bedingungen, wie Waſſerführung oder phyſikaliſcher Beſchaffenheit übertroffen wird. Die ganz überwiegende Beſchäftigung der im landwirthſchaftlichen Intereſſe arbeitenden Chemiker mit den beſſeren Bodenarten hat zu dem abfälligen Urtheil über die Bodenanalyſe geführt. Die ärmeren Böden, wie Moor- und Sandboden, wurden vernachläſſigt, und doch find es gerade die letzteren, welche in der Veränderung ihrer Zuſammen— ſetzung jede Einwirkung viel raſcher wiederſpiegeln und viel klarer er— kennen laſſen, als dies bei reicheren Bodenarten der Fall ſein kann. Ein fernerer Vorzug, zumal bei Behandlung waldbaulicher Fragen, iſt die Gleichmäßigkeit der Korngrößen und der chemiſchen Zuſammenſetzung der Sandböden, die oft auf erhebliche Entfernungen keine nennens— werthen Abweichungen zeigen. Hierdurch wird es möglich, Unterſuchungen durchzuführen und Schlußfolgerungen aus denſelben zu ziehen, welche zur Zeit für die meiſten Verwitterungsböden und die reicheren Boden— arten nicht zu erlangen ſind. ) Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen I, S. 500 und III, S. 367. S 56. Die chemiſche Bodenanalyſe und ihre Bedeutung. 205 Natürlich muß man ſich in der Deutung der Reſultate in den Grenzen des Zuläſſigen halten und darf namentlich nicht ohne weiteres Folgerungen, die in Bezug auf eine Bodenart gewonnen ſind, auf andere übertragen, oder wenigſtens nicht ohne ſorgfältiges Ab— wägen aller einſchlägigen Verhältniſſe. Iſt daher die chemiſche Bodenanalyſe richtig angewandt, eine der wichtigſten und für viele forſtliche Fragen die entſcheidende Unterſuchungs— methode ſo kann ſie bei dem großen Arbeitsaufwand, den ſie bean— ſprucht, doch nur für wiſſenſchaftliche Unterſuchungen Anwendung finden; die Praxis wird nur in ſeltenen Fällen in der Lage ſein, ihre Maß— nahmen auf chemiſche Unterſuchungen gründen zu können. Es kann ſich daher hier nur darum handeln, die Grundlagen für die Probenahme der zu unterſuchenden Erden und der für das Ver— ſtändniß nothwendigen Punkte zu geben. Die Probenahme von Böden zur chemiſchen Unterſuchung muß verſchieden ausfallen, je nachdem es ſich um Kenntniß einer im Boden vorhandenen Schicht (3. B. Bleiſand, Verwitterungserde, unterlagerndes Geſtein) und ihrer Zuſammenſetzung handelt, oder ob Auskunft über die geſammten in einem Boden vorhandenen Mineralſtoffe gegeben werden ſoll. Im erſteren Falle hat man ſich zu bemühen, möglichſt reine, charakteriſtiſch ausgebildete Proben auszuwählen. Es ſetzt dies eine gründliche Kenntniß der lokalen Verhältniſſe und volles Verſtändniß der beabſichtigten Unterſuchung voraus. Im zweiten Falle kann die Unterſuchung je nach dem Umfang und der Genauigkeit, welchen man ihr geben will, ſich auf eine Durch— ſchnittsprobe des Bodens beſchränken oder eine Unterſuchung der einzelnen Schichten nothwendig werden, die bei der Berechnung natür— lich dann nach ihrer Mächtigkeit und ihrem Volumgewicht in Rechnung zu ſtellen ſind. Wenn irgend möglich, ſoll man das letztere vorziehen; obgleich der Arbeitsaufwand ein erheblich größerer iſt. Die Probenahme ſelbſt hat in der Weiſe zu geſchehen, daß zu— nächſt die Oberfläche von Pflanzen und zufälligen Auflagerungen ge— reinigt und hierauf ein genügend tiefes Loch gegraben wird. Bei den Verwitterungsböden muß dies möglichſt bis zum anſtehenden Grund— geſtein (von dem ebenfalls Proben zu entnehmen ſind) und bei ſehr tiefgründigen Böden bis zu 1,5 oder 2 m Tiefe geſchehen. In Schwemm— landsböden ſollte man nie verſäumen, mit Hülfe eines Handbohrers, vom Boden des Loches aus, die Beſchaffenheit des Untergrundes noch auf 1—2 m feſtzuſtellen. Die Seitenflächen der Bodeneinſchläge oder wenigſtens einige derſelben werden dann gerade abgeſtochen und mit der Schneide des Grabſcheides ein gleichmäßig dicker vertikaler Abſtich gemacht. Die ſo gewonnene Erdſchicht, welche dem Boden in ſeiner 206 Die Bodenanalyje. Is 56. ganzen Mächtigkeit entſpricht, wird auf einem Tuche gemiſcht. In gleicher Weiſe verfährt man, wenn es ſich um Proben der einzelnen Schichten handelt. Beigemiſchte ſtärkere Wurzelreſte entfernt man. Größere Steine werden ausgeleſen, ihre Menge annähernd feſtgeſtellt und die Geſteinsart beſtimmt. Miſcht man die Proben einer größeren Anzahl von Einſchlägen mit einander, ſo bekommt man, wenn der Boden einheitlich iſt, ein Material, aus dem ſich ein gutes Bild der durchſchnittlichen Zu— ſammenſetzung ableiten läßt. 8 Für viele wiſſenſchaftliche Zwecke iſt es dagegen vorzuziehen, und der Verfaſſer hat dieſe Methode vielfach als erfolgreich kennen ge— lernt, ſich nicht mit dem Durchſchnittsgehalt zu begnügen, ſondern die entſprechenden Bodenſchichten von drei einander entſprechenden Ein- ſchlägen zu unterſuchen. Hierdurch wird es möglich, die Abweichungen in der Zuſammenſetzung des Bodens und die Unterſchiede desſelben viel genauer kennen zu lernen, als dies aus einer Durchſchnittsanalyſe vieler Bodenproben möglich iſt. Der Werth der Bodenanalyſe iſt nun für forſtliche Zwecke ein ungleich höherer als für die des Landbaues. Während der Landwirth durch Bodenbearbeitung und Düngung ſeine Böden weſentlich verbeſſern und beeinfluſſen kann, fehlen dem Forſtwirth dieſe Hülfsmittel faſt völlig. Ein zweiter Grund iſt die verſchiedene Dauer einer Umtriebszeit; für den Landwirth ein bis zwei Jahre, für den Forſtwirth hundert und mehr Jahre. Aus dieſem Grunde unterſucht man für landwirthſchaftliche Fragen in der Regel die Feinerde, und gilt die Vorausſetzung, daß in wenigen Jahren eine weſentliche Veränderung des Bodens durch Verwitterung, Auswaſchung und dergleichen nicht erfolge. Für forſtliche Fragen hin— gegen iſt bei den langen forſtlichen Umtriebszeiten dieſe Annahme unzu⸗ läſſig und hat ſich dem entſprechend die Analyſe auf den ganzen Boden (natürlich mit Ausschluß der Steine) zu erſtrecken.“) Zur Zeit iſt es noch nicht möglich, eine Trennung der für die Pflanzenwurzel aufnehmbaren Mineralſtoffe von den feſter gebundenen durchzuführen. Es iſt dies darin begründet, daß die anwendbaren Löſungsmittel (Eſſigſäure, Salzſäure in verſchiedener Koncentration u. ſ. w.) eine andere Einwirkung ausüben, wie die Pflanzenwurzel. Hierzu Hierin liegt einer der auch vielfach ſonſt hervortretenden Unterſchiede zwiſchen bodenkundlichen Arbeiten im forſtlichen und landwirthſchaftlichen Intereſſe. Die Verkennung dieſer wichtigen Thatſache, die Uebertragung der in der Landwirth⸗ ſchaft gewonnenen Anſchauungen auf die Forſtwirthſchaft und die Annahme, was für die eine nicht ausführbar ſei, ſei es auch für die andere nicht, hat zu manchem ſchiefen Urtheile geführt. § 56.] Die chemiſche Bodenanalyſe und ihre Bedeutung. 207 kommt noch die Fähigkeit der verſchiedenen Pflanzenarten, ihren Bedarf aus Böden mit höherem oder geringerem Nährſtoffgehalte zu decken. Dies gilt aber ebenfalls in viel höherem Grade für die landwirth— ſchaftlichen Pflanzen, als für die Waldbäume. Zerlegt man 3. B. einen Feldboden in einen durch Salzſäure löslichen Theil und in den unangegriffenen Rückſtand, ſo läßt ſich aus dem Gehalt des erſten immer nur ein ſchwacher Schluß auf die im Laufe eines Jahres aufnehmbaren Mineralſtoffe ziehen; aber für die Umtriebszeit eines Waldes kann man mit größter Wahrſcheinlichkeit annehmen, daß die geſammte Menge jener Mineraltheile früher oder ſpäter aufnehmbar iſt. Auch hierin iſt es mit begründet, daß die Bodenanalyſe für forſtliche Unterſuchungen einen ganz anderen Werth hat, wie für landwirthſchaftliche. Die Methode der Bodenanalyſe, welche ſich für die forſtlichen Zwecke bewährt hat, iſt folgende. Der Boden (mindeſtens 100 g) wird mit Salzſäure (500 g von 1,12 ſpecifiſchem Gewicht auf je 100 g Boden) ausgezogen. (Verfaſſer erwärmt je 1 Stunde auf dem Waſſerbad unter öfterem Umſchütteln und läßt dann noch 24 Stunden die Säure einwirken.) In Löſung befinden ſich dann die leichter angreifbaren Beſtandtheile. In einem Theile des ausgewaſchenen Rückſtandes wird die lösliche Kieſelſäure durch Behandeln mit heißer kohlenſaurer Natronlöſung beſtimmt. In einem zweiten Theile kann durch Einwirkung von Schwefelſäure der Thon (Kaolin) beſtimmt werden. Ein dritter Theil (bei Lehmböden 5— 10 g, bei Sandböden nicht unter 10 g, beſſer 10 — 20g) wird mit reiner Flußſäure aufgeſchloſſen. In der Regel genügt die Kenntniß der Zuſammenſetzung der in Salzſäure löslichen Beſtandtheile und des unlöslichen Rückſtandes zur Beurtheilung der Verhältniſſe. Im urſprünglichen Boden muß dann noch der Gehalt an organiſchen Stoffen (Humus), an chemiſch gebun- denem Waſſer und an Stickſtoff feſtgeſtellt werden. Die Beſtimmung des Humus kann in Sandböden, die keinen oder nur Spuren von kohlenſaurem Kalk und nur geringe Mengen feinſter thoniger Beſtandtheile enthalten, durch Feſtſtellung des Glüh— verluſtes des bei 100hgetrockneten Bodens erfolgen. Chemiſch gebun- denes Waſſer enthalten dieſe Bodenarten in ſo geringer Menge, daß der dadurch bedingte Fehler jedenfalls nicht größer iſt, als derjenige, welcher durch eine conventionelle Annahme des Kohlenſtoffgehaltes in den humoſen Stoffen bedingt wird. Bei thonhaltigen Böden muß die Beſtimmung der organiſchen Stoffe durch Elementaranalyſe erfolgen. Iſt kohlenſaurer Kalk vor— handen, ſo wird die zu unterſuchende Erde vorher mit einigen Tropfen verdünnter Phosphorſäure verſetzt und eingedampft. Man nimmt an, daß der Humus im Durchſchnitt einen Gehalt von 64% Kohlenſtoff 208 Die Bodenanalyſe. Is 56. habe und berechnet dem entſprechend aus der gefundenen Kohlenfäure den Gehalt des Bodens an organiſchen Stoffen. Zieht man den ſo gefundenen Humusgehalt von dem Glühverluſt des Bodens ab, ſo erhält man annähernd die Menge des chemiſch gebundenen Waſſers. Die Beſtimmung des gebundenen Stickſtoffs wurde früher ausſchließlich nach der Will-Varrentrapp'ſchen Methode durch Glühen mit Natronkalk ausgeführt. Der gebundene Stickſtoff geht hierbei in Ammoniak über, welches aufgefangen und beſtimmt wird. Dieſe Methode iſt durch die von Kjeldahl verdrängt, die darauf beruht, daß gebundener Stickſtoff durch koncentrirte Schwefelſäure bei Gegenwart oxydirender Subſtanzen in Ammoniak übergeführt wird. Für das Ertragsvermögen der Böden, insbeſondere der Wald— böden, iſt ferner der Gehalt an kohlenſaurem Kalk von höchſter Wichtig- keit. Von der Gegenwart oder Fehlen dieſes Stoffes kann man ſich durch Befeuchten mit einer beliebigen (nicht zu koncentrirt anzuwen— denden) Säure überzeugen. Die Darſtellung der Analyſenreſultate erfolgt in der Regel durch einfaches Aufzählen der betreffenden Stoffe, die immer als Oxyde, beziehentlich als Säureanhydride berechnet werden. Kali iſt dem ent— ſprechend K. 0; Kalk CaO; Phosphorſäure P. 0, (nicht H,PO,); Schwefelſäure SO, (nicht H,SO,). Es iſt dies nicht genau mit der chemiſchen Nomenklatur übereinſtimmend, aber die größere Einfachheit und (in der Bindungsweiſe der einzelnen Stoffe begründete) Richtigkeit geben dieſer Darſtellungsweiſe den Vorzug. Knop,“ der ſich um die Bodenanalyſe große Verdienſte erworben hat, faßt die geſammten in Salzſäure löslichen nicht humoſen und nicht als Karbonate vorhandenen Stoffe als „aufgeſchloſſene Silikat— baſen“ zuſammen. Die Menge derſelben läßt einen Rückſchluß auf die Abſorptionsfähigkeit der Erde und den Verwitterungsgrad derſelben zu. Eine etwas abweichende und für die Zwecke der Praxis manchen Vortheil bietende Darſtellungsweiſe der Analyſenreſultate iſt ebenfalls von Knop angegeben worden. Er gliedert die einzelnen Beſtandtheile in folgender Weiſe: [Waſſer (chemiſch gebunden) (Humus. 2. Sulfate Gyps. [Kohlenſaurer Kalk Kohlenſaure Magnefia. 1. Glühverluſt 3. Karbonate. *) Bonitirung der Ackererde, Seite 119; Ackererde und Kulturpflanze. Leipzig 1883. 9 $ 56.] Die chemiſche Bodenanalyſe und ihre Bedeutung. 209 Quarz und Kieſelſäure 4. Silikate | Sesquioxyde (Eiſenoxyd, Thonerde) an a re (Kali, Natron, Kalk, Kieſelſäure Magneſia 4 gebunden. 5. Aufgeſchloſſene Silikatbaſen (Baſen der vorhandenen Zeolithe). Eine ſolche Darſtellungsweiſe läßt die Armuth oder den Reichthum an einzelnen Beſtandtheilen gut hervortreten; für andere Zwecke iſt jedoch die getrennte Angabe der löslichen Beſtandtheile und die Zu— ſammenſetzung des unlöslichen Rückſtandes, endlich die berechnete Zu— ſammenſetzung des Geſammtbodens bequemer. Es kommt eben darauf an, was für den gegebenen Zweck vorzuziehen iſt. Im folgenden iſt die Zuſammenſetzung eines Diluvialſandes und eines aus dieſem hervorgegangenen Bleiſandes, ſowie die eines dilu— vialen Lehmbodens in beiden Darſtellungsweiſen neben einander ange— geben (nach Analyſen des Verfaſſers): Diluvialer Lehm⸗ Bleiſand Diluvialſand boden zel Bar. 8 (ES =» |2olm a er Eee ea IS $ 2 2 er $ >23 = 2 22 — | m 2 2 — — ar — — ee ee — 2 1 — 2 So — — 2 8 2 — = 12°5 ca lse|==|S8 |i2< |=3| 358 | 73|2|53 I3a9|ı SR S a S S a8 58 0 | 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Kali . . . 0,0040 0,195 0,200 0,0072 1,134 1,141 0,3400 0,80 1,06 Natron . 0,0016 0,123 0,125 0,0033 0,477 0,480 0,0318 0,38 0,37 Kalk 0,0140 0,112 0,126 0,0194 0,235 0,254 2,0250 0,93 2,86 Magnejia . 0,0023 0,031 0,033 0,0280 0,083 0,111 0,6630 0,24 0,88 Eiſenoryd . 0,0094 0,224 0,233 0,1132 0,356 0,469 4,4000 0,89 5,20 7 0 Thonerde 0,0748 0,950 1.025 0,3256 2,524 2,849 2,0100 5,57 7,04 Lösliche Kie⸗ jelfäure . | — 0,832 0,832 — 0,632 | 0,632 — 7.08 7,08 Schwefelſäure 0,0008 — | 0,0008 0,0088 — 0,0085 0,0121 — | 0,0121 Phosphorſäure 0,0107 0,024 0,035 0,0257 0,047 0,073 0,1130 0,06 | 0,18 Kohlenſäure. — — — 1,63 — 1,63 Chemiſch geb. f Waſſer — — 0,23 — — 1.96 — — 4,63 Humus — — | 2,55 — —- — er EN Geſammt⸗ menge der löslichen Stoffe 0,1196 — 0,1196 0,5309 — 0,5309 11,226 — 11,226 Unlösliche . Kiejelfäure | — — 9,61 — — 92,12 — — 69,06 ll | | Ramann. 14 210 Im Boden vorkommende und thätige Organismen. SS 56, 57. Nach Knop würden dieſelben Analyſen in folgender Form zur Darſtellung kommen: diluvialer Blei⸗ Diluvia- Lehm⸗ ſand ſand boden [Waſſer (chemijch e 3 1,96 4,63 ums 2 = 2. Sulfate (Gyps) ee 0,01 0,03 3. Karbongte ae 8 — — 3,69 Quarz und Kieſelſäure 95,44 9% Sesquioxyde (Thonerde und Eiſen— 15 rr a 3,32 das | Ca 0,126 0,254 0,80 MeO 0,033 0,111 0,88 an K. O 0,200 1% Na O 0,125 0,480 0,37 5. Aufgeſchloſſene Silikatbaſen . 0,1196 0,531 11,23 Jede dieſer Darſtellungsweiſen hat ihre Vorzüge. Um die Zahlen nach Knop zu erhalten, würde überdies eine viel einfachere Analyſen— methode (Bauſchanalyſe des Bodens, Beſtimmung der „aufgeſchloſſenen Silikatbaſen“) genügen. Zudem iſt die Form für den Laien verſtänd— licher und wird hierdurch ſich in der Praxis immer mehr Freunde erwerben. VIII. Die im Boden vorkommenden und thätigen Organismen (ausſchließlich der Chlorophyllpflanzen). Die im Boden vorkommenden und an der Umbildung desſelben betheiligten Organismen ſind nach Art und noch mehr nach Individuen— zahl oft in erſtaunlicher Menge vorhanden. Chlorophyllfreie Pflanzen ſowie Thiere der verſchiedenſten Abtheilungen wirken gemeinſam auf die Zerſtörung der organiſchen Subſtanzen wie auf die mechaniſchen Veränderungen des Bodens ein. Ur 57. Bakterien. 8 211 a) Pflanzen. Bakterien. Die oberen Schichten des Erdbodens enthalten Bak— terien der verſchiedenſten Art. Sie ſind die wichtigſten Träger der Verweſungsvorgänge und gleichen ihre geringe Größe durch die zahl— loſe Menge der Individuen aus. Koch,“) dem wir die erſten Mittheilungen über dieſen Gegenſtand verdanken, fand in den meiſten Böden hauptſächlich Spirillen und nur ſparſam Mikrokokken, in ſtark gedüngten und zumal in mit Jauche verſetzten Böden überwiegend dagegen die letzteren. Miquel ſowie andere Forſcher beſtätigen dieſen Befund.“) Die Bakterien finden ſich reichlich an der Oberfläche und in den oberſten Bodenſchichten; nach der Tiefe nehmen ſie erſt allmählich, dann ziemlich plötzlich ab. In 1½ — 2 m Tiefe waren die unterſuchten Böden faſt frei von Organismen. Miquel fand in 1 g Erde (0,2 m Tiefe) 7— 800 000 Spaltpilze, Adametz giebt die Zahl auf etwa 500000 an der Oberfläche, auf 450000 in tieferen Schichten an; Fränkel giebt für Boden aus der Umgegend von Potsdam z. B. folgende Zahlen (für 1 cbem Erde): 16. März 4. Sept. 3. Novbr. Oberfläche.. 80000 95000 55000 diefe 35000 65000 75000 1 We 3000 3000 8000 8 3000 600 7000 8 er 300 700 200 Für die Bodenkunde wichtig iſt, daß ſich die Bakterien in ſauer reagirendem Subſtrat nicht günſtig entwickeln und hier von höher organiſirten Pilzen bald überwuchert und verdrängt werden. Torf und humoſe Schichten ſaurer Reaktion ſind daher frei von Bakterien oder doch arm an dieſen. Ebermayer theilt nach Unterſuchungen Emmerich's ) mit, daß im ebem Humus aus Fichten- und Buchen- wäldern zwiſchen 170000 und 190000 Bakterien vorkommen. Sauer reagirender Rohhumus wird wahrſcheinlich noch ſehr viel ärmer an dieſen Organismen ſein, ſie fehlen im Torf ſo gut wie völlig. *) Mittheilungen aus dem Kaiſerlichen Geſundheitsamt 1, S. 1 (1881), Berlin. iteratur: Miquel, Forſchungen der Agrikulturphyſik 6, S. 75. Fränkel, Zeitſchrift für Hygiene II, S. 521. 1887. Frank, Berichte der deutſchen botaniſchen Geſellſchaft 4, S. 108. 1886. Adametz, Unterſuchungen über die niederen Pilze der Ackerkrume. Inaugural— Diſſertation. Leipzig 1886. ) Forſchungen der Agrikulturphyſik 13, S. 459. 14 * 212 Im Boden vorkommende und thätige Organismen: Is 97. Andere Pilze. Die höheren Pilze der Ackererde ſind noch wenig unterſucht. Frank fand verſchiedene Clyphomyceten, Adametz unter— ſuchte ſechs Schimmelpilze und vier verſchiedene Hefenarten. Er fand im Durchſchnitt 50 Pilzſporen auf 1g Erde. Müller“) giebt für die Rohhumusſchichten eine Cladoſporiumform an, welche dunkel gefärbte, ſehr ſchwer zerſetzbare Fäden bildet (Abb. 21). Nach Früh kann dieſe Pilzart geradezu als Leitfoſſil für unſere Rohhumusablagerungen dienen. Reichliches Auftreten von Pilzmycel kann man im Waldboden überall beobachten. In einzelnen Fällen fand Verfaſſer es in ſolchen Mengen, daß es einen weſentlichen Theil des Bodens ausmachte und denſelben durch die zahlloſen Fäden zu einer dichten Maſſe zujammen- webte. M, g 7 / Fig. 21. Mycelfäden von Cladosporium humifaciens Rostr. (nach Müller). Nach Nägeli (Die niederen Pilze, München 1877) find die Faden— pilze die eigentlichen Bildner der dunkel gefärbten Humusſtoffe. b) Thiere. Von Monothalamien finden ſich Arten von Ditflugia und Arcella häufig in humoſen Böden. Müller (a. a. O. S. 173) konnte ſie im Rohhumus nachweiſen. Jedes nadelkopfgroße Stückchen enthielt zahl- reiche Individuen, dagegen fehlen ſie in lockeren Mullböden. Würmer. Die Zahl der im Boden lebenden Würmer iſt eine große. Mikroſkopiſche Wurmformen der Gruppe der Anguilulinen (Ord- nung: Nematoden) finden ſich im Rohhumus, die lockeren Böden be— herbergen mehr die größeren Wurmarten. * ) Natürliche Humusformen, S. 27. Berlin 1887. § 57.) Regenwürmer. Inſekten. 213 Von dieſen ſind beſonders die Regenwürmer wichtig. Ueber ihre Bedeutung für den Boden iſt ſehr viel gearbeitet worden.“ Sicher feſtgeſtellt iſt über die Thätigkeit derſelben folgendes. Die Regenwürmer ſind Omnivoren, nähren ſich aber hauptſächlich von Pflanzenabfällen aller Art. Bei der Größe und Zahl der Thiere iſt nicht zu bezweifeln, daß ſie auf die Zerſetzung der Pflanzenreſte be— ſchleunigend einwirken. Mit der Nahrung nehmen ſie zugleich reichliche Mengen von Erde auf und ſcheiden dieſe in krümeliger Form wieder aus. Im Darmkanale der Regenwürmer finden ſich Drüſen, welche kohlen— ſauren Kalk abſondern; ob jedoch hierdurch eine „Entſäuerung“ des Bodens eintritt, bleibt zweifelhaft (vergleiche über die Urſachen der Krümelbildung S 35). In allen ſauer reagirenden Böden fehlen die Regenwürmer. Säuren, z. B. ſchon Spuren von Eſſigſäure, ſind ein unbedingt und raſch wirkendes Gift für dieſe Thiere. Darwin ſchreibt den Regenwürmern die Bildung der Ackererde zu, die er als hauptſäch— lich aus den Exkrementen jener Thiere entſtanden betrachtet. Müller, der ebenfalls denſelben maßgebende Bedeutung zuſchreibt, legt mehr, und wohl mit Recht, auf die wühlende und grabende Thätigkeit das Hauptgewicht; Henſen nimmt an, daß die Pflanzenwurzeln ausſchließ— lich die Wurmgänge als Weg in die Tiefe benutzen. Die letztere Auf— faſſung iſt ſicher unrichtig. Die Wurzeln der Bäume erreichen Tiefen, in welche nie Regenwürmer eindringen und in allen ſauer reagirenden Waldböden fehlen ſie gänzlich; viel größere Wichtigkeit hat die grabende Thätigkeit der Würmer, die Wollny experimentell in Bezug auf die Lockerung eines Lehmbodens nachwies; aber immerhin iſt es nur ein Faktor, der in der Natur thätig iſt und vielen gut gelockerten Boden— arten fehlen die Würmer, die auch ſonſt im Waldboden nicht in der Menge vorhanden ſind, um ähnliche Leiſtungen ausführen zu können. Die Beobachtungen Darwin's ſind meiſt auf Wieſen angeſtellt; hier kommt es allerdings häufig vor, daß die Hauptmaſſe der oberſten Bodenſchicht aus Regenwurmexkrementen beſteht. Inſekten. Die Zahl der im Boden lebenden Inſekten, beziehent— lich ihrer Larven, iſt eine große; ſie treten aber nur ausnahmsweiſe in ſolchen Mengen auf, daß ihre Thätigkeit für den Boden Bedeutung gewinnt. Am wichtigſten ſind noch die Engerlinge. In humoſen *) Literatur: Darwin, Bildung der Ackererde u. ſ. w. 1882. Müller, Die natürlichen Humusformen. Henſen, Landwirthſchaftliche Jahrbücher 1882, S. 667. C. Keller, Humusbildung und Bodenkultur u. ſ. w. 1887; ferner Oeſterreichiſche Forſtzeitung 1889, S. 261. Ramann, Forſchungen der Agrikulturphyſik 11, S. 318. Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik 13, S. 382. 214 Im Boden vorkommende und thätige Organismen. 5 57. Ablagerungen kann man zuweilen Gänge von Elaterenlarven finden; ſie treten aber doch immer nur vereinzelt auf. Etwas bedeutſamer ſind die Ameiſen, die durch Verzehren von organiſchen Stoffen, wie durch Lockerung des Bodens einwirken. Höhere Thiere. Alle höhlenbewohnenden Thiere bewirken durch ihre Lebensweiſe und grabende Thätigkeit Umlagerungen im Boden. Am bedeutſamſten iſt die Thätigkeit der Maulwürfe. Es iſt oft erſtaunlich, ein wie großer Theil des Bodens bis zu erheblicher Tiefe von dieſen Thieren umgewühlt und umgelagert wird. Bei Unterſuchungen hierüber fand Verfaſſer Stellen im Walde, die bis zu ein Viertel der ganzen Fläche durch dieſe Thiere umgelagert worden waren, und zwar war überall Erde aus 20—30 em Tiefe an die Oberfläche geſchafft worden. Für die Forſtkultur wichtig ſind ferner noch die Schweine. Das Wildſchwein ſteht ja immer mehr auf dem Ausſterbeetat, um ſo mehr hat der Forſtmann Urſache, den Eintrieb zahmer Schweine zu begünſtigen. In Gebieten mit ſehr flachgründigem, erdarmem, ſteinigem Boden kann zwar die umbrechende Thätigkeit der Schweine eher ſchaden als nützen, in weitaus den meiſten Fällen wird ſie jedoch von großem Vortheil ſein. Findet regelmäßiger Eintrieb ſtatt, ſo iſt oft die ganze Boden— decke umgebrochen, und find zahlreiche Stellen des Waldbodens auf- gewühlt. Die ſo hervorgerufene Bodenverwundung iſt wohl weit wichtiger, als die Vertilgung der im Boden vorhandenen Inſekten. Namentlich in allen Fällen beginnender Rohhumusbildungen iſt der Schweineeintrieb ein hochwichtiges Kulturmittel, und kann deſſen Be— günſtigung nicht angelegentlich genug empfohlen werden. In ähnlicher Weiſe günſtig für die Bodenverwundung wirkt die Thätigkeit aller größeren huftragenden Thiere, wenn auch ihre Leiſtung weit hinter der der Schweine zurückſteht. Deutlich und nicht gerade immer zum Vortheile des Bodens und der Vegetation tritt die Einwirkung der Thiere dort hervor, wo größere Heerden regelmäßig weiden, im Gebirge und in den Heidegebieten. An Bergen und Abhängen haben Schafe und Ziegen oft eine ganz ausgeprägte terraſſenartige Ausbildung herbeigeführt. Im Walde, wo ſchon durch den geringen Futtervorrath ein häufiger Weidegang für dieſelbe Fläche ausgeſchloſſen iſt, treten die Hufe der Thiere durch die Rohhumusſchichten, durchbrechen dieſe und ſchaffen Luft wie Waſſer leichten Zugang zum Mineralboden. Es ſind dies im hohen Grade vortheilhafte Wirkungen. Natürliche Verjüngung, zumal die der Kiefer, und reichlicher Anflug findet ſich daher leicht in ſolchen Gebieten, die ſehr reichlichen Wildſtand haben, oder in denen Waldweide geübt wird. (Beiſpiele hierfür ſind z. B. Schutzbezirk Bralitz des Revieres Freienwalde an der Oder; ſeit Aufhören der Waldweide gelingt die natürliche Verjüngung der Kiefer nicht mehr. Ferner das Revier Darß mit faſt überreichem Wildſtand und Waldweide.) UR ot 1 u Organiſche Reſte im Boden. 215 So ſehr ausgedehnte Waldweide durch das Verbeißen der Thiere auf das Verſchwinden des Unterholzes hinwirkt und dadurch wohl weſentlich die Bildung der reinen Nadelholzbeſtände Norddeutſchlands mit veranlaßt hat, ſo vortheilhaft iſt anderſeits die Wirkung der Bodenverwundung. Ausnahmen hiervon bilden Beſtände mit feuchten und zähen Bodenarten (Thon-, ſchwere Lehmböden), ſowie Sandböden, welche zum Flüchtigwerden neigen. Zweifellos bildet die Thätigkeit der Thiere für den Boden ein werthvolles und in einzelnen Fällen für die Strukturverhältniſſe geradezu entſcheidendes Moment, welches die volle Würdigung des Forſtmannes verdient und dies um ſo mehr, als die für die Landwirthſchaft ge— bräuchlichen Kulturmaßregeln doch nur eine ſehr beſchränkte Verwendung im forſtlichen Betriebe finden können. Viel umfangreicher als in den gemäßigten Zonen ſcheint die Ein— wirkung des Thierreiches in den wärmeren Gebieten zu ſein. Manche Eigenſchaften der Böden der Tropenzone, deren tief gehende Poroſität, die Thatſache, daß große Regenmengen vom Boden aufgenommen werden, alſo nicht oberflächlich abfließen, ſondern ſofort in die Tiefe verſickern, laſſen ſich kaum ohne die Annahme erklären, daß neben verrottenden Pflanzen— wurzeln noch die Gänge und Höhlen der zahlreichen erdbewohnenden Thiere dem Waſſer einen Weg eröffnen. Hierin fände auch die oft behauptete und mit guten Beiſpielen belegte ſchädigende Wirkung aus— gedehnter Entwaldungen in den Tropen ihre Erklärung. Mit dem Verſchwinden des Waldes wird ſicher ein großer Theil der erdlebenden Thiere die Möglichkeit ihrer Exiſtenz verlieren, und mit deren Ver— nichtung wird das Eindringen des Waſſers in den Boden beſchränkt werden, und natürlich auch die Waſſerverſorgung der Vegetation wie der Quellen ſich weſentlich ungünſtiger geſtalten. IX. Organiſche Hefte im Boden. (Torf und Moor). Die auf und in dem Boden lebenden Pflanzen und Thiere er— leiden nach ihrem Abſterben eine allmähliche Zerſetzung und einen Zer— fall der Moleküle in einfachere Verbindungen. Die Endprodukte dieſes Vorganges ſind bei hinreichendem Luftzutritt Ueberführung des orga— niſch gebundenen Kohlenſtoffs in Kohlenſäure, des Waſſerſtoffs in Waſſer, des Stickſtoffs in Ammoniak. 216 Organische Reſte im Boden. [SS 57, 58. Die Umbildung in dieſe einfachſten Verbindungen tritt verſchieden raſch ein; während ein Theil der organiſchen Stoffe bald zerfällt, ſind andere ſchwerer angreifbar und miſchen ſich in Form dunkel gefärbter Partikel, die noch oft eine organiſirte Struktur erkennen laſſen, dem Boden bei oder lagern ſich auf demſelben ab. Dieſe organiſchen Körper faßt man unter dem Namen „Humus“ oder „humoſe Stoffe“ zu⸗ zuſammen. Der Humus iſt daher kein einheitlich zuſammengeſetzter Körper, ſondern beſteht aus einer großen Anzahl wenig bekannter, einander ähnlicher Verbindungen. i Die Zerſetzungsvorgänge der abgeſtorbenen organiſchen Reſte ver- laufen verſchieden, je nach Gegenwart oder Fehlen einer hinreichenden Menge von atmoſphäriſchem Sauerſtoff. Bei Gegenwart von Sauerſtoff finden vorwiegend Oxy— dationsproceſſe ſtatt; ſie werden als Verweſung bezeichnet. Bei Mangel an Sauerſtoff überwiegen Reödnktionsvorgänge, die man als Fäulniß bezeichnet. $ 58. J. Die Zerſetzung der organiſchen Subſtanzen. 1. Fäulniß. Zahlreiche Beobachtungen weiſen darauf hin, daß Waſſer auf die Pflanzenreſte verändernd einwirkt.“) Erhitzt man dieſe mit Waſſer auf höhere Temperaturen, ſo werden ſie gebräunt und in humusartige Stoffe umgewandelt. Die fortſchreitende Umbildung der Mineralkohlein ſowie die Vor⸗ gänge der Torfbildung deuten auf die Einwirkung des Waſſers hin. Im Allgemeinen ſcheint dieſe in einer Umwandlung der Pflanzenſtoffe in kohlenſtoffreichere, wenig angreifbare Stoffe unter Abſcheidung von Sumpfgas, Kohlenſäure und organiſchen Säuren zu beruhen. Namentlich die Unterſuchungen von J. Früh“) haben werthvolle Aufſchlüſſe über die Umbildung der Torfſubſtanz ergeben. In gleicher Richtung laſſen ſich viele Beobachtungen über die Struktur und Zu- ſammenſetzung der Steinkohle deuten, welcher durch Kalilauge eine lösliche, dunkel gefärbte Maſſe entzogen wird, mit ganz ähnlichen Eigenſchaften, wie die Humusſäuren des Torfes. Früh fand, daß der Zellinhalt der Pflanzen bei der Torfbildung N 1 und in eine meiſt körnige, ſelten homogene, braune Vergleiche Sachße, Agrikulturchemie 1888, S. 111. J. J. Früh, Torf und Dopplerit. Zürich 1883. x — — S 58.] Zerſetzung der organiſchen Subſtanzen. Fäulniß. 217 © Maſſe umgewandelt wird. Erſt ſpäter wird die Celluloſe verändert, am widerſtandfähigſten erweiſen ſich Lignin- und Kutikularſchichten. Der Angriff erfolgt nicht überall gleichmäßig, an einzelnen Zellen kann er früher, an anderen ſpäter beginnen, alle können aber in völlig homogene Maſſen umgewandelt werden. Fäulniß bei Mitwirkung von Organismen. Die beſprochene chemiſche Wirkung des Waſſers erfolgt immer bei faſt völligem Ausſchluß von Sauerſtoff. Sie iſt wohl der Hauptvorgang bei der Torfbildung; außerdem wirken bei den meiſten Fäulnißproceſſen niedere Organismen mit. Als typiſche Beiſpiele mögen die Zerſetzungen des ameiſenſauren Kalkes und der Celluloſe angeführt werden.“) Bringt man ameiſenſauren Kalk unter Waſſer mit etwas Kloakenſchlamm in Berührung, ſo tritt völlige Zerlegung des erſteren ein. Es entwickeln ſich Kohlenſäure und Waſſerſtoff, im Rückſtande bleibt kohlenſaurer Kalk. Auf ein Volumen Kohlenſäure entſtehen immer zwei Volumen Waſſerſtoff. Die Zerſetzung läßt ſich durch folgende Gleichung darſtellen: 0 cao, . C0, E 4 Ameiſenſaurer Waſſer kohlenſ. 1 Vol. 2 Vol. Kalk Kalk Kohlenſäure Waſſerſtoff. Celluloſe, mit einem im Schlamme der Gewäſſer weit verbreiteten Spaltpilz in Berührung, zerfällt ohne Abſcheidung nachweisbarer Zwiſchen— produkte und unter Waſſeraufnahme in Kohlenſäure und Sumpfgas. 0% #300, 30, Celluloſe Waſſer 3 Vol. Kohlen- 3 Vol. Sumpf⸗ ſäure gas. In ſchlammigen ſtehenden oder langſam fließenden Gewäſſern iſt namentlich der letzte Vorgang häufig. Beiden eigenthümlich iſt aber das Auftreten von noch oxydirbaren Stoffen, deren einer (der Waſſer— ſtoff), zumal im Moment des Freiwerdens (status nascens) in hohem Maße reducirend wirkt. Hieraus erklärt es ſich, daß die Umbildungen der Fäulniß überwiegend Reduktionsproceſſe ſind. In der Natur, wo die mannigfachſt zuſammengeſetzten Körper der Fäulniß unterliegen, iſt die Zahl der entſtehenden Verbindungen eine entſprechend große. Von beſonderer Wichtigkeit ſind unter dieſen die oft gebildeten organiſchen Säuren. Man hat z. B. Ameiſenſäure, Eſſig— ſäure, Butterſäure u. ſ. w. nachgewieſen. Auch die Humusſäuren ge— hören hierher. ) Nach Hoppe-Seyler, Archiv der geſammten Phyſiologie 12, S. 1 und Zeitſchrift für phyſiologiſche Chemie 10, S. 422. 218 Organiſche Reſte im Boden. S 58. Die Wirkung dieſer Säuren iſt in der Natur nach zwei Richtungen bedeutſam. Sie verhindern oder erſchweren die fernere Entwickelung der Bakterien, die in ſauren Flüſſigkeiten wenig gedeihen, und damit zugleich die normal fortſchreitende Zerſetzung der organiſchen Reſte. Aus dieſem Grunde fehlen Bakterien im Torf (Früh a. a. O., S. 39) und Kultur⸗ verſuche ergaben wohl das Vorkommen von Schimmelpilzen (nach Reindel u. A.), aber keine Spaltpilze im Moorboden. Die andere nicht weniger bedeutſame Wirkung der bei der Fäulniß gebildeten Säuren iſt die energiſch angreifende (verwitternde) Wirkung auf die Geſteine (vergleiche Seite 123). In der ſauren Bodenflüſſigkeit ſind die hierbei entſtehenden Salze meiſt löslich und werden mit den Sickerwäſſern weggeführt, gehen alſo dem Boden verloren. Hierzu kommen noch die reducirenden Eigenſchaften vieler bei der Fäulniß gebildeten Stoffe. Torf reducirt z. B. Löſungen von Eiſen⸗ oxydſalzen in wenigen Stunden, faſt noch raſcher iſt die Wirkung friſcher, faulender Pflanzenreſte. Zugleich wird der Sauerſtoff der Bodenluft abſorbiert und hierdurch die normalen Vorgänge der Athmung der Pflanzenwurzeln geſtört. Das häufige Auftreten von Reduktionsproceſſen in der Natur beweiſt das Vorkommen der Ablagerungen von Eiſenocker und Raſeneiſenſtein in Mooren; ferner deuten helle, graue oder weiße Farben der Böden ebenfalls auf ſolche hin; die Urſache liegt zumeiſt in einer Reduktion und hierauf folgenden Auslaugung der Eiſen— verbindungen. 2. Die Verweſung. Die Fäulniß iſt der dem Experiment am leichteſten zugängliche und in ihren einfachſten Formen verſtändlichſte Proceß der Zerſetzung orga— niſcher Reſte; aus dieſem Grunde iſt ihre Beſprechung vorangeſtellt. Dies machte auch die Kenntniß der Wirkung des Waſſers notwendig, welches ſowohl bei Fäulniß wie auch bei Verweſungsvorgängen mitwirkt. Die Verweſung iſt die Zerſetzung organiſcher Reſte in einfache Verbindungen (Kohlenſäure, Waſſer, Ammoniak) bei Gegenwart von atmoſphäriſchem Sauerſtoff. Die Verweſung wird ganz überwiegend durch die Lebensthätigkeit niederer Organismen bewirkt. Von dieſen ſind die Bakterien am wichtigſten, nächſtdem folgen die Schimmelpilze. Ein Beweis für die Richtigkeit dieſer Auffaſſung liegt darin, daß alle Vorgänge, welche die Lebensthätigkeit ſtören (Erhitzen auf höhere Temperatur, Zuſatz von Sublimat, Phenol, Chloroform oder Schwefel— kohlenſtoff u. ſ. w.), die Verweſung ganz oder nahezu aufheben; ſowie daß alle Bedingungen, welche die Lebensthätigkeit der niederen Pflanzen . $ 58.) Zerſetzung der organiſchen Subſtanzen. Verweſung. 219 fördern, auch die Verweſung entſprechend beſchleunigen, ſowie endlich, daß die Schnelligkeit derſelben ebenſo vom „Geſetz des Minimums“ ($ 80) beherrſcht wird, wie jede andere Pflanzenproduftion. *) Als Maßſtab für die Schnelligkeit der Verweſung kann die Menge der gebildeten Kohlenſäure dienen. Wie ſehr dieſe durch antiſeptiſche Mittel herabgeſetzt wird, mögen folgende Zahlen zeigen: Setzt man die in einer zur Unterſuchung verwendeten, humoſen Erde gebildete Kohlenſäure gleich 100, ſo entwickeln ſich bei Zuſatz von (beziehentlich in erhitzter Erde): emol 7,8 Theile Kohlenſäure 1 „ Quedjilberchlorid . ie, 8 irre , n Erhitzen auf 115° 5 n Es iſt dies ein indirekter Beweis, daß die Verweſung thatſächlich auf die Lebensthätigkeit niederer Organismen zurück zu führen iſt; denn keine andere Annahme erklärt das Aufhören der Kohlenſäurebildung. Die Vorgänge der Verweſung ſind von denſelben Bedingungen abhängig, welche das Pflanzenleben beherrſchen. Hierzu gehören: eine gewiſſe Höhe der Temperatur, Gegenwart einer genügenden Menge von Waſſer, Sauerſtoff und gewiſſer anorganiſcher Salze. a) Einfluß der Temperatur. Der Lebensproceß aller Pflanzen iſt an ein (zwar individuell ver— ſchiedenes) Maß von Wärme gebunden; er ſteigt mit zunehmender Temperatur bis zur höchſten Höhe (dem ſogenannten Optimum der Temperatur) und erliſcht bei höheren Wärmegraden durch Vernichtung des Lebens. Erfahrungsmäßig ertragen Spaltpilze hohe Temperaturen; für die im Boden vorkommenden Formen ſcheint bei 60“ die obere Grenze der Lebensthätigkeit zu liegen. Man darf daher ſagen, daß die Schnellig— keit der Verweſung mit den in der Natur vorkommenden Temperaturen ſteigt. Unterhalb Null Grad iſt die Kohlenſäureentwickelung im Boden, und damit zugleich die Verweſung nahezu aufgehoben. Wie ſtark die Steigerung mit der Temperatur parallel geht, zeigen einige Zahlen von Wollny. Setzt man die Kohlenſäurebildung einer Kompoſterde bei 10“ — 1, jo entwickeln ſich: 1 28 30°: 40° 50° Waſſergehalt 44 9% 1 5,5 13 15,2 233 5 658 1 1,6 33 7.2 12,4 „) Eine vorzügliche Darſtellung aller hierher gehörigen Unterſuchungen, ſowie eigene Arbeiten bei Wollny. Journal für Landwirthſchaft 1886, 34. S. 213. 220 Organiſche Reſte im Boden. Is 58. Aus dieſem mächtigen Einfluß höherer Temperaturen erklärt es ſich, warum in den tropiſchen Gebieten im Walde eine Streudecke faſt völlig fehlt und anderſeits, daß nach den kälteren Gebieten humoſe Ablagerungen an Mächtigkeit und Verbreitung immer mehr zunehmen. Auf der geſteigerten Bodentemperatur beruht wohl auch über- wiegend die raſchere Zerſetzung der Humusdecke des Bodens, die an Waldrändern beſonders hervortritt und als „Aushagerung des Bodens“ bezeichnet wird. b) Einfluß der Feuchtigkeit. Wie es für die Pflanzenentwickelung ein gewiſſes Temperatur- optimum giebt, iſt auch eine beſtimmte Höhe des Waſſergehaltes, natür- lich nach Bodenart verſchieden, am vortheilhafteſten. Zu geringe Waſſer— mengen hemmen die Entwickelung, zu große ſetzen die Durchlüftung herab und leiten von den hier zu behandelnden Vorgängen, von der Verweſung, zur Fäulniß hinüber. Schon das oben gewählte Beiſpiel zeigt den großen Einfluß der verſchiedenen Feuchtigkeit. Noch ſchärfer tritt er in dem folgenden hervor. (Der beſſeren Vergleichbarkeit halber iſt auch hier das Mini- mum der Kohlenſäureentwickelung bei 10° C. und 6,8 % Waſſer — 1 geſetzt.) Kompoſterde entwickelte Kohlenſäure bei einem Waſſergehalt von: 68 / ı 26,82]; 46,8 % bei 10“ 1 Vol. 9,1 Vol 17,2 Vol. 1 202 1 Zr 30,65% 30° 3.4 37.01, 40,5 „ In der Natur kommt es nun gar nicht ſelten vor, daß Böden, und noch viel häufiger aufliegende Humusſchichten, ſoweit austrocknen, daß die Verweſung auf ein Minimum herabſinkt oder vollkommen aufhört. Es iſt dies von Möller experimentell erwieſen.) Er unterſuchte Nadeln von Schwarzkiefer, mit Sand gemiſchtes Weißbuchenlaub, Kompoſt⸗ erde, alle im lufttrockenen Zuſtande; alle dieſe Subſtanzen gaben innerhalb ſechs Tagen keine Kohlenſäureentwickelung, wohl aber ſehr raſch nach Waſſerzuſatz. Die Bildung faſeriger, torfartiger Humusſchichten (Rohhumus, Trockentorf), zumal in licht geſtellten Wäldern, auf vorſpringenden Kuppen iſt zumeiſt auf Austrocknung und die dadurch bewirkte Herabſetzung der Verweſung zurückzuführen. Solche Rohhumusſchichten ſind in der feuchten Jahreszeit naß, in der heißen ſtark ausgetrocknet. c) Einfluß des Sauerſtoffs. Die Schnelligkeit der Verweſung ſteigt bei reichlichem Zutritt von Sauerſtoff, es genügt indeß ſchon ein mäßiger Gehalt der Luft, etwa 6 —8 9%, um eine energiſche Zerſetzung zu ermöglichen. *) Mittheilungen aus dem forſtlichen Verſuchsweſen Oeſterreichs 1878. I, Heft 2. § 58.) Zerſetzung der organiſchen Subſtanzen. 221 Wollny arbeitete mit Gemiſchen von Sauerſtoff und Stickſtoff und ermittelte durch mannigfach abgeänderte Verſuche, daß die Zerſetzung organiſcher Stoffe bei wachſendem Sauerſtoffzutritt zuerſt eine raſche, dann langſamer fortſchreitende Steigerung erfährt. Ein Gemiſch aus Torf und Sand gab folgende Kohlenſäuremengen bei verſchiedenem Sauerſtoffgehalt der Luft (die bei 2% Sauerſtoff gebildete Kohlenſäure — 1): enthielt 2% 38% 15 21% Sauerſtoff Kohlenſäureentwickelung. 1 2,9 3 3. Ozonhaltige Luft ſetzte die Verweſung etwas herab und jteigerte ſie nur bei Torf und ähnlichen ſchon theilweiſe zerſetzten organiſchen Reſten. d) Einwirkung anorganiſcher Stoffe. 1. Salze. Die Verweſung wird durch Gegenwart von Salzen, welche als Nährſtoffe der Pilze dienen, geſteigert. Wollny zeigte, daß die Kohlenſäureentwickelung in mit Salzſäure ausgezogenen Böden nur 5 bis '/, der urſprünglichen Höhe betrug. Zuſatz von Düngeſalzen (Chiliſalpeter und anderen) ſteigerte die Kohlenſäurebildung bei aſchenarmen, organiſchen Reſten (Holz und der— gleichen) zunächſt nur wenig, machte ſie aber dauernder und gleich— mäßiger, ſo daß ſie in einem Vierteljahre ungefähr die doppelte Höhe wie bei reinem Holz erreichte.“ 2. Säuren, zumal Mineraljäuren, wirken ſchon bei großer Ver— dünnung, z. B. 0,1% Säuregehalt, ſtark hemmend auf die Verweſung ein. Es wird dies durch die ſchädigende Wirkung der Säuren auf den Lebensproceß der Spaltpilze bedingt. 3. Alkaliſche Erden und Alkalien begünſtigen im Ganzen die Verweſung. Für Kali iſt dies durch Wollny nachgewieſen. Aetzkalk verzögert die Verweſung unzerſetzter Pflanzenſtoffe, befördert jedoch die von bereits im Zerfall begriffenen erheblich. Der kohlenſaure Kalk wirkt ganz ähnlich, wie aus den Verſuchen von Peterſen hervorgeht, der eine Laubholzerde von ſtark ſaurer Reaktion mit kohlenſaurem Kalk verſetzte. Ein Zuſatz von 1% ſteigerte die Kohlenſäureentwickelung um das Vierfache, 3% um das Sechsfache. Dieſes Verhalten läßt ſich aus den Verſuchen Wollny's erklären. Der Kalk ſättigt die Humusſäuren und bildet mit ihnen Verbindungen, die faſt doppelt ſo raſch zerſetzt werden, wie freie Humusſäuren. Dieſe Thatſachen erklären einfach das Verhalten der kalkreichen ſogenannten „thätigen“ Böden, auf welchen erfahrungsmäßig die organiſchen Reſte raſch zerſetzt werden und die daher unter gleichen Verhältniſſen weniger humoſe Stoffe enthalten, als kalkarme. 0 0 *) Ramann, Landwirthſchaftliche Jahrbücher. 1889, S. 910. 222 Organiſche Reſte im Boden. [S 58. 3. Das Verhalten der organiſchen Stictſtoffverbindungen bei Fäulniß und Verweſung. Die ſtickſtoffhaltigen Verbindungen der Pflanzen- und Thierreſte unterliegen in ähnlicher Weiſe wie die Kohlenſtoffverbindungen der Zerſetzung. Bei Fäulniß werden zahlreiche, zum Theil hoch zuſammengeſetzte, organiſche Verbindungen gebildet; bei der Verweſung wird früher oder ſpäter der gebundene Stickſtoff in Ammoniak übergeführt. Das Ammoniak unterliegt dann einer weiteren Umbildung zu Salpeterſäure. 5 In gleicher Weiſe, wie dies für die ſtickſtofffreien Verbindungen gilt, iſt auch bei den ſtickſtoffhaltigen die Gegenwart von niederen Organismen die Bedingung einer raſchen Zerſetzung; ebenſo iſt die Salpeterſäurebildung an die Lebensthätigkeit eines beſtimmten Spalt- pilzes geknüpft. Einzelne Stickſtoffverbindungen ſind leichter, andere ſchwerer an— greifbar. In der Regel überholt die Zerſetzung der ſtickſtofffreien Körper die der ſtickſtoffhaltigen, jo daß die humoſen Reſte einen höheren Stick— ſtoffgehalt haben, als die urſprüngliche Subſtanz. Schon durch Neßler iſt dies für verſchiedene Blätter nachgewieſen.“) Es enthielten Stickſtoff: Eichenblätter Buchenblätter Pappelblätter nicht gefault 1.7007 1,780, 237, geranle. 4 = 2.0199 2018}; 3005 Auf demſelben Vorgang beruht zum Theil auch der hohe Gehalt vieler Torfe, namentlich des Grünlandstorfes, an Stickſtoff; theilweiſe iſt er allerdings auf den reichlichen Gehalt an Thierreſten zurück zu führen. Chitinpanzer von kleinen Kruſtaceen und Inſekten ſind viel- fach beigemiſcht und erhöhen bei der ſchweren Angreifbarkeit des Chitins (welches 6,4% Stickſtoff enthält) den Gehalt an dieſem Stoffe. Auch für die humoſen Bildungen der Waldböden gelten ähnliche Verhältniſſe. Die Umwandlung von Ammoniak in Salpeterſäure iſt vielfach unterſucht worden, aber erſt in neueſter Zeit iſt es Winogradski ge— lungen, den Salpeterſäurepilz rein zu züchten. Für den Lebensproceß desſelben iſt Gegenwart von Sauerſtoff nothwendig. Schlöſing beobachtete Salpeterſäurebildung ſchon bei Gegenwart von 1,5 Vol. Sauerſtoff in der umgebenden Luft, wenn auch höhere Gehalte die Menge der Salpeterſäure verfünffachten. Bei Abweſenheit von Sauerſtoff treten Reduktionsproceſſe auf, welche bereits gebildete Salpeterſäure zerſtören, ſalpetrige Säure und ) Jahresbericht der Agrikulturchemie 1868/69, S. 361. $ 58.] Verhalten der organiſchen Stickſtoffverbindungen bei Fäulniß de. 223 namentlich freien Stickſtoff erzeugen. Schlecht aufbewahrter Stall— dünger kann auf dieſem Wege erhebliche Stickſtoffverluſte erleiden. Bei höherer Temperatur und genügendem Waſſergehalt ſchreitet die Bildung von Salpeterſäure raſch voran; am günſtigſten verläuft ſie bei alkaliſcher Reaktion und nicht zu hoher Koncentration der Flüſſig— keiten. Abweſenheit von Erdkarbonaten (kohlenſaurem Kalk, kohlenſaurer Magneſia) ſchwächt die Bildung von Salpeterſäure; kohlenſaures Ammon kann nur etwa zur Hälfte umgewandelt werden. Das Salpeterſäureferment iſt empfindlich gegen Austrocknung; in lebhafter Nitrifikation begriffene Löſungen konnten durch einfaches Aus— trocknen völlig ſteril werden. Die Tiefe im Erdboden, in der noch der Salpeterſäurepilz zu leben vermag, iſt nach Warington gering. In Thonböden geht er nicht über 25—45 em hinab. Bodenproben aus größerer Tiefe rufen in ſteriliſirten Flüſſigkeiten keine Salpeterſäurebildung hervor.“ Die Salpeterſäure iſt das wichtigſte Material für die Stickſtoff— ernährung der Kulturgewächſe, insbeſondere der Gramineen. Ihre Bildung aus den Düngemitteln iſt daher für die Agrikultur von hoher Bedeutung. Je wärmer und gleichmäßiger durchlüftet ein Boden iſt, und je mehr ſein Waſſergehalt einer mittleren Höhe entſpricht, um ſo reichlicher und raſcher werden die organiſchen Stickſtoffreſte in Salpeterſäure übergeführt werden. Zu berückſichtigen iſt noch, daß die Salpeterſäure vom Boden nicht abſorbirt wird, daher leicht ausgewaſchen werden kann. Der Gehalt der in der Natur vorkommenden Böden an Salpeterſäure wird daher ein außerordentlich ſchwankender ſein. Für die Forſtwirthſchaft von Bedeutung iſt ferner der meiſt ge— ringe Gehalt oder das Fehlen der Salpeterſäure in den Waldböden unſerer Gebiete. Schon Bonſingault hat die Armuth der Waldböden an Salpeter- ſäure feſtgeſtellt. Schlöſing fand in einem Eichenboden keine Spur Salpeterſäure; Chabrier unter einem Fichtenbeſtand ſehr viel weniger als in gleichartigem Ackerboden.““ Eine eingehende Bearbeitung dieſer für die Ernährung der Waldbäume wichtigen Frage lieferte Baumann, der die Abweſenheit der Salpeterſäure in Waldböden ebenfalls nachwies. Baumann glaubt die Urſache in der niederen Temperatur des Waldes zu finden; die untere Temperaturgrenze der Salpeterſäurebildung würde demnach ziemlich hoch liegen. *) Die „glänzenden Körperchen“ (corpuseules brillantes), die Müntz und Schlöſing im Boden vielfach fanden und als Salpeterſäurepilz deuteten, ſind wahr⸗ ſcheinlich Dauerſporen von Bakterien. **) Sämmtliche Angaben nach Jahresbericht der Agrikulturchemie 1870 72, S. 38 und 42. ***) Landwirthſchaftliche Verſuchs⸗-Stationen, Band 35, S. 217. 224 Organiſche Reſte im Boden. [SS 58, 59. Ebermayer“ zeigte ferner, daß auch die Quellen und Bäche des Gebirges und der Torfmoore keine meßbaren Mengen von Nitraten enthalten, ſofern nicht eine Verunreinigung mit thieriſchen Reſten ftatt- gefunden hatte. Dem gegenüber beobachtete Grebe im Sande von Kiefernböden einen ungewöhnlich hohen Gehalt von Salpeterjäure. **) Die Verhältniſſe des Waldes ſcheinen ſich demnach ſo zu ſtellen, daß in allen Fällen, wo die Humusſchichten ſaure Reaktion zeigen, eine Bildung von Salpeterſäure nicht ſtatt findet, und dieſe auch in anderen Fällen durch die niedere Temperatur des Waldbodens zune in engen Grenzen gehalten wird. 5. Die Betheiligung des Thierlebens an der Humusbildung. UT. or O An der Umbildung der organiſchen Reſte nehmen Thierarten viel— fach Antheil. Einer großen Anzahl derſelben dienen Abfallprodukte zur Nahrung, die Thiere ſtellen ſich ein, wo ſie für ihr Gedeihen günſtige Bedingungen vorfinden. Die Einwirkung der Thierwelt abzumeſſen iſt ſehr ſchwierig, ſie kann ſehr groß aber auch ſehr unbedeutend ſein, je nach den lokalen Verhältniſſen. Bisher hat ſich die Unterſuchung faſt nur auf die am häufigſten vorkommende größere Thierart des Bodens, auf die Regenwürmer er— ſtreckt. Aber auch hier fehlen noch brauchbare Daten, um die Menge der Nahrung annähernd zu ſchätzen; jedenfalls kann ſie bei zahlreichem Vorkommen dieſer Thiere, zumal auf Wieſen, erheblich werden. Häufig findet man jfelettirte Blätter, das Parenchym iſt völlig zerſtört und nur die Nervatur bis in die feinſten Einzelheiten erhalten. Verfaſſer erhielt derartige Blattreſte unter Umſtänden, die eine nennens— werthe Mitwirkung von Thieren völlig ausſchloſſen, ſie ſind daher nicht immer auf eine Abnagung durch Thiere zurück zu führen. Dagegen weiſen viele Beobachtungen darauf hin, daß die Zertheilung der Pflanzenreſte in feine Partikel und ihre Miſchung mit dem Mineralboden, alſo die Form, in der uns die humoſe Schicht der beſſeren Waldböden entgegentritt, durch die Thätigkeit der Thierwelt weſentlich gefördert wird. Es wird ſehr ſchwer, in der Regel ſogar unausführbar ſein, die Bedeutung des Thier- und Pflanzenlebens für die Zerſetzung der orga— niſchen Abfälle gegen einander abzuwägen. In der Regel wird die Thätigkeit der Bakterien überwiegen, die durch die Zahl der Individuen ) Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1888. **) Beitfchrift für Forſt- und Jagdweſen. 1885. Bd. 19, S. 1 1 O SS 59, 60.] Chemiſche Zuſammenſetzung der Humuskörper. 225 ihre mikroſkopiſche Kleinheit ausgleichen. Hierauf deuten auch Verſuche des Verfaſſers,“) ſowie ſpätere von Koſtytſcheff in ähnlicher Weiſe durchgeführte. ““ 500 g Eichenblätter wurden in einem Regenmeſſer der Einwirkung der Atmoſphärilien ausgeſetzt. Eine Einwirkung der Thierwelt war faſt völlig ausgeſchloſſen; das durch die Anordnung des Verſuchs be— dingte häufige Austrocknen war der Thätigkeit der Bakterien ſicher nicht günſtig, trotzdem wog die Subſtanz der Eichenblätter nach acht Monaten nur noch 225, nach weiterer Jahresfriſt 135 g. Die Pflanzen— ſubſtanz hatte alſo im erſten Jahre einen Verluſt von 55%, im zweiten von 18 % erlitten. (Im Ablaufwaſſer fanden ſich nur 12— 15 g ge- löſter organiſcher Subſtanz.) Aehnliche Verhältniſſe ergaben die Ver— ſuche Koſtytſcheff's, der Gras ſowie Birkenblätter auf ihre Zerſetzbarkeit unterſuchte. Von 200 g trockener Subſtanz blieben übrig: Gras zerſetzt Birkenblätter zerſetzt nach 6 Monaten 119,3 g 40,3 % 124,7 g 37.6), 5 12 75 198 „ 24,2 „ 255 24,6 „ 118 5 43,0 „ ia 47,6 „ N In beiden Fällen zeigt ſich deutlich der Weg der Verweſung orga— niſcher Stoffe. Ein Theil wird raſch zerſetzt, ein anderer bleibt zurück und verfällt allmählich der fortſchreitenden Umwandlung. Dieſe erfolgt, wie Koſtytſcheff an dem Verhalten der Schwarz— erde Rußlands zeigte und wie zahlreiche Beobachtungen lehren, langſam und allmählich. Hoppe-Seyler***) hatte angenommen, daß die humoſen Reſte faſt unangreifbar im Boden zurück bleiben, es iſt dies nachweis— lich unrichtig, ebenſowenig hat aber Koſtytſcheff's Meinung Wahr— ſcheinlichkeit für ſich, daß die Zerſetzung der humoſen Stoffe entſprechend ihrer Menge eben ſo raſch vor ſich gehe, wie die der urſprünglichen organiſchen Subſtanz. Ein ſolches Verhalten würde den thermodyna— miſchen Geſetzen widerſprechen und nur eintreten, wenn der „Humus“ einen chemiſch einheitlichen Stoff darſtellte. § 60. 5. Chemiſche Zuſammenſetzung der Humuskörper. Trotz der Wichtigkeit und weiten Verbreitung der Humusſtoffe iſt die Kenntniß ihrer chemiſchen Zuſammenſetzung noch wenig entwickelt. Die Urſache hiervon liegt in den außerordentlichen Schwierigkeiten, welche ihrer wiſſenſchaftlichen Bearbeitung entgegenſtehen. Faſt jeder Forſcher, „) Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1888, S. 4. **) Nach dem Referate in Forſchungen der Agrikulturphyſik 12, ©. 78. k) Zeitſchrift für phyſiologiſche Chemie 13, S. 118 (1889). Ra mann. 15 226 Organiſche Reſte im Boden. - [8 59. der ſich mit dieſen Dingen bejchäftigte, kam zu anderen Schlußfolge- rungen, da die leichte Umwandelbarkeit der Humuskörper auch bei ſonſtigen Unterſuchungen zuläſſige chemiſche Eingriffe ausſchließt. Mulder, welcher zuerſt die Humusſtoffe chemiſch unterſuchte, unterſchied die ſchwarzgefärbten als Humin und Huminſäure, die braungefärbten als Ulmin und Ulminſäure; eine Trennung, die jetzt wohl nur noch hiſtoriſchen Werth hat. Ebenſo wenig unterſucht ſind angeblich weiter fortgeſchrittene Oxydationsprodukte der Humusſtoffe, die man als Quellſäure (Stren- ſäure) und Quellſalzſäure (Apokrenſäure) bezeichnet hat. Die erſtere ſoll farblos ſein, ſtark ſauer reagiren und mit Baſen in Waſſer meiſt lösliche Salze bilden. Die letztere iſt braungefärbt, reagirt ſauer und ſchmeckt adſtringirend. Die Salze ſind weniger löslich als die der Quellſäure. Sichergeſtellt iſt etwa das Folgende: Die Humusſtoffe ſind als ein Gemenge vieler einander nahe ſtehender Körper zu betrachten, die ſowohl ſtickſtofffrei wie ſtickſtoffhaltig ſein können. Nach dem Verhalten gegen Alkalien kann man die Humusſtoffe in zwei große Gruppen eintheilen: 1. Huminſtoffe quellen mit alkaliſchen Flüſſigkeiten auf und gehen allmählich in Humusſäuren über. 2. Humusſäuren löſen ſich leicht in Alkalien und werden aus ihren Löſungen durch ſtärkere Mineralſäuren wieder ausgefällt. Unter dem Mikroſkop laſſen ſich beide Gruppen durch ihr Ver⸗ halten gegen Kalilauge gut unterſcheiden. Die Huminſtoffe ſind ſchwarz bis braun gefärbte, amorphe, in den verſchiedenſten Löſungsmitteln unlösliche (mit Alkalien aufquellbare) Verbindungen, ohne hervortretende chemiſche Eigenſchaften. Man thut gut, auf alle dieſe Dinge zunächſt wenig Werth zu legen und ſich zumeiſt an die Eigenſchaften der Humusſäuren zu halten, die noch am beſten bekannt ſind. Die Humusſäuren ſind im freien Zuſtande in Alkalien und kohlenſauren Alkalien leicht löslich. Aus Moorböden kann man ſie durch Ausziehen mit Alkalien oder Ammoniak und Ausfällen mit Salz- ſäure als voluminöſe, gallertartige Maſſen erhalten, die getrocknet braun bis ſchwarz gefärbte amorphe Stücke bilden. In ſtarken Mineralſäuren (Salzſäure, Schwefelſäure) ſind die Humusſäuren unlöslich, in ſchwächeren (Borſäure, Phosphorſäure) etwas, löslich. In reinem Waſſer ſind die Humusſäuren etwas lös— lich, nicht aber in ſalzhaltigem. Lösliche Salze von Erdmetallen und alkaliſchen Erden (Eiſen, Thonerde, Kalk, Magneſia) fällen die Löſungen der Humusſäuren; vielleicht unter Bildung von ſalzartigen Verbindungen. S 60.] Chemiſche Zuſammenſetzung der Humuskörper. 227 Es ſcheinen aber alle koncentrirten Salzlöſungen ähnlich einzuwirken (am wenigſten noch die phosphorſauren Alkalien) und die gelöſten Humusſäuren auszuſcheiden. Beim Gefrieren der Löſung von Humus— ſäuren werden dieſe als dunkel gefärbtes Pulver abgeſchieden und können nur ſehr ſchwer wieder in Löſung übergeführt werden. Dieſe Eigenſchaften theilen die humoſen Löſungen mit den quell— baren Körpern (Stärkekleiſter, Kieſelſäuregallert und anderen) und iſt es daher im hohen Grade wahrſcheinlich, daß die Humusſäuren im Waſſer in ganz ähnlicher Weiſe vertheilt ſind, wie es für jene Stoffe gilt. Auch die eigenthümlichen Abſorptionserſcheinungen des Humus— ſäuregallerts, dem zahlreiche Salze durch Auswaſchen nicht zu entziehen ſind, ſtimmen mit dieſem Verhalten überein.“ Hierdurch iſt natürlich nicht ausgeſchloſſen, daß in der Natur ſalz— artige Verbindungen vorkommen, die man als humusſaure Salze bezeichnet. Gilt doch das Gleiche von mehreren im freien Zuſtande gallertartig aufquellbaren Säuren (Kieſelſäure, Zinnſäure). Die Löslichkeit der Humusſäuren kann leicht beobachtet werden, wenn man humoſe Löſungen mit Salzſäure ausfällt und den Nieder— ſchlag fortgeſetzt mit reinem Waſſer auswäſcht. Solange noch über— ſchüſſige Säure vorhanden iſt, bleibt das Ablaufwaſſer klar, färbt ſich dann zuerſt bräunlich und endlich tiefbraun. Die dunkle Färbung der Moorgewäſſer, ſowie vieler Waldwäſſer, iſt durch gelöſte Humusſäuren bedingt. Von Bedeutung iſt der in den natürlich vorkommenden Humus— ſtoffen faſt nie fehlende Gehalt an Stickſtoff. Künſtlich hat man (durch Behandeln von Kohlehydraten mit verdünnten Mineralſäuren) völlig ſtickſtofffreie, den Humusſtoffen durchaus ähnliche Körper hergeſtellt; aber auch dieſe zeigen große Neigung, ſich mit ſtickſtoffhaltigen Ver— bindungen zuſammen zu lagern. Erhitzen mit Ammoniak oder ſtickſtoff— haltiger humoſer Körper. Die im Boden enthaltenen Humusſtoffe haben einen Gehalt von 14% , in der Regel 2 — 3 9%, gebundenen Stickſtoff. Bei der Verweſung wird dieſer in Ammoniak, beziehungsweiſe in Salpeterſäure übergeführt und ſo für die Pflanzen aufnehmbar gemacht. Die Frage, ob die humoſen Stoffe befähigt ſind, kleine Mengen von atmoſphäriſchem Stickſtoff zu binden, iſt vielfach erörtert worden, und ſtehen ſich die Ergebniſſe der Verſuche oft ſchroff gegenüber. *) Eingehende Unterſuchungen über dieſen Gegenſtand von Bemmelen, Land- wirthſchaftliche Verſuchs⸗Stationen 28, S. 115. Eine Zuſammenſtellung der über die humoſen Stoffe bekannten Thatſachen in von Ollech: Ueber den Humus. Berlin 1890. 15* 228 Organiſche Reſte im Boden. Is 60. Zur Zeit gewinnt die Anſchauung, daß die Stickſtoffbindung durch die Lebensthätigkeit pflanzlicher Organismen vermittelt wird, immer mehr Anhänger. Die Zuſammenſetzung der Humusſäuren iſt nicht genügend bekannt. Da wahrſcheinlich zahlreiche, einander ähnliche Körper vorliegen, iſt eine Uebereinſtimmung der Analyſen auch nicht zu erwarten. Dieſe ſchwanken zwiſchen: - 59 —63 % Kohlenſtoff, 4,4 — 4,6, Waſſerſtoff, 35 —36 „ Sauerſtoff. Die Salze der Alkalien und des Ammoniaks mit den Humusſäuren ſind in Waſſer löslich, die der alkaliſchen Erden (Kalk, Magneſia) un⸗ löslich. Viele Vorgänge deuten jedoch darauf hin, daß auch die letzteren Verbindungen im Boden, bei Gegenwart überſchüſſiger Säuren, in Löſung übergeführt werden können. Die raſche Zerſetzbarkeit der Humusſtoffe in reicheren, zumal kalk⸗ haltigen Böden, iſt wahrſcheinlich auf die Bildung humusſaurer Salze zurück zu führen. Humusſaurer Kalk z. B. unterliegt raſch der Verweſung; er wird in kohlenſauren Kalk übergeführt, und als ſolcher iſt er im Stande, wieder neue Mengen von Humusſäuren zu binden. Es liegt keine Urſache vor, zu bezweifeln, daß auch andere Metalle, beziehentlich deren Salze, eine ähnliche die Zerſetzung beſchleunigende Wirkung ausüben; daß dieſe Erſcheinung beſonders auf Kalkböden hervortritt, liegt darin, daß (außer Magneſiumkarbonat) andere angreifbare Salze nicht in gleicher Menge wie das Kalkkarbonat an der Zuſammenſetzung des Erdbodens theil nehmen. Die Wirkung der Humusſäuren in der Natur iſt eine bedeutende, ſie tritt namentlich im Waldboden hervor. Die mit Heide, Moor oder Rohhumus bedeckten Böden zeigen oft bis mehrere Meter tief ausge— prägt ſaure Reaktion. Ob dieſe ausſchließlich von den Humusſäuren bewirkt wird, oder ob bei der auf ſolchen Böden ſtattfindenden Fäulniß noch andere organiſche Säuren gebildet werden, iſt noch zu entſcheiden; jedenfalls iſt die Wirkung dieſer Säuren auf die Verwitterung der Geſteinstheile eine große (vergleiche Seite 123). Da zugleich viele der vorhandenen Mineralſtoffe in der ſauren Bodenflüſſigkeit in Löſung bleiben und mit den Ablaufwäſſern weggeführt werden, ſo iſt die Gegenwart freier Säuren im Boden immer unerwünſcht, oft ſogar ſehr ſchädlich. Ein einfaches Mittel, ſich von Gegenwart oder Fehlen freier Humusſäuren zu überzeugen, hat Schütze angegeben.“) Man braucht ) Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1, S. 523 und 3, S. 376. S 60.] Chemiſche Zuſammenſetzung der Humusförper. 229 nur eine kleine Menge des zu unterſuchenden Bodens mit Ammoniak zu ſchütteln. Iſt der Boden ſchwach alkaliſch, ſo bleibt die Löſung farblos oder wird licht gelb gefärbt, neutrale Böden (Mullböden) geben eine hellbraune bis kaffeebraune Färbung und ſind freie Humusſäuren vorhanden, ſo iſt die Flüſſigkeit tief braun bis ſchwarz gefärbt. Iſt dieſe Reaktion auch nicht brauchbar, um den Reichthum oder die Armuth an Mineralſtoffen feſtzuſtellen,“) jo iſt ſie doch ein bequemes Mittel, ſich über den Bodenzuſtand zu unterrichten. Nicht alle organiſchen Reſte bilden bei Verweſung und Fäulniß dieſelben humoſen Stoffe, wenigſtens iſt die Neigung, freie Humusſäuren zu bilden, für die verſchiedenen Pflanzenabfälle eine ſehr wechſelnde. Scheinbar im gleichen Zerſetzungszuſtand dem Walde entnommene Humusſtoffe zeigen z. B. nach ihrer Abſtammung erheblich verſchiedene Mengen an in Alkalien löslichen Verbindungen. Unter günſtigen Ver— hältniſſen verweſen zwar alle in gleicher Weiſe, bei ungünſtigen tritt jedoch der Unterſchied in der Bildung freier Humusſäuren erheblich hervor. Als Regel kann gelten, daß von den Waldbäumen namentlich die Abfälle der Buche reich an dieſen Stoffen ſind, dann folgen Fichte, Eiche; die Kiefer ſcheint von allen Waldbäumen am wenigſten zu liefern. Reichliche Mengen von Humusſäuren enthalten ferner noch die Abfälle von Heide und Beerkräutern. Genügende Unterſuchungen über dieſen wichtigen Gegenſtand fehlen noch.“ Tuxen, deſſen Arbeiten wenigſtens einigen Einblick in die Bildung ſaurer humoſer Körper gewähren, giebt folgendes an: Humusgehalt Freies Alkali Humusſäure Löslich in des luft⸗ (auf Ammoniak löslich in kohlenſ. trockenen Bodens berechnet) Waſſer Natron Gedüngte Garten⸗ 10 55 — 2, und Adererden 3,38— 9,29 0,0026—0,0085 — — Mullboden unter Buchen 5,10 — 8,33 neutral neutral 0,5 Budentorf. . . 34,7 —44,1 — 0,049—0,112 8,4— 9,3 Buchentorf mit Ai- ra flexuosa be- wachſen 48,51 — 0,287 2 Desgl. mit Heide⸗ kraut, Heidel- beere u. dergl. 45,55 — 0,121 2 Es läßt ſich daher direkt durch die Analyſe beweiſen, daß die Bildung von Rohhumus zugleich mit der Entſtehung von Humusſäuren *) Vergleiche Tuxen in Müller, Natürliche Humusformen, S. 105. *) Verfaſſer iſt mit einſchlägigen Arbeiten beſchäftigt, die aber, der ganzen Natur der Sache nach, erſt in längerer Zeit zum Abſchluß kommen können. 230 Organiſche Reſte im Boden. [S5 60, 61. Hand in Hand geht. Die Ackererden reagirten ſchwach alkaliſch, die Mullböden neutral, die Böden mit Rohhumusbedeckung ausgeſprochen ſauer. Von Bedeutung find endlich noch die vielen Humusſtoffen beige- miſchten harz-, beziehentlich wachsartigen Körper. Die Torfarten enthalten durchſchnittlich 5% derſelben, und die Verweſung wird durch Ausziehen dieſer Stoffe faſt um das Doppelte erhöht. Ob Heide— kraut und die Beerkräuter, wie dies vielfach behauptet wird, beſonders reich an dieſen Stoffen ſind und ob nicht der verſchiedene Verlauf der Verweſung zu ihrer Erhaltung beiträgt, iſt noch nicht genügend aufgeklärt. Sicher iſt, daß Sandböden oft erhebliche Mengen der— artiger Stoffe enthalten, auf deren Bedeutung insbeſondere Grebe“) hingewieſen hat. s 61. 6. Die auf dem Trockenen gebildeten Humusſtoffe. In vieler Beziehung üben die humoſen Beimiſchungen bedeutſame Einflüſſe auf die Eigenſchaften der Böden aus. Die hohe Wajjer- kapacität der humoſen Stoffe, die Lockerung zu feſter, die Bindung zu lockerer Böden, endlich die Bedeutung des verweſenden Humus als Kohlenſäurequelle für die Aufſchließung des verwitternden Bodens, alles dieſes macht, zumal für Waldböden, den Humus zu einem der wichtigſten Beſtandtheile. Unterſucht man die in der Natur vorkommenden Böden, ſo findet man die Einlagerung der humoſen Stoffe bis in ganz verſchiedene Tiefen reichend. Oft zeigen Waldböden der erſten Ertragsklaſſen ge- ringe Humusbeimengungen, oft ſolche der geringſten Ertragsklaſſen den Humus bis in große Tiefe beigemiſcht. So vortheilhaft an ſich dieſe Miſchung iſt, jo giebt fie doch durchaus keinen Maßſtab für die Leiſtungs⸗ fähigkeit des Bodens, nicht einmal, wenn man ſolche gleicher Korngrößen mit einander vergleicht. Dem aufmerkſamen Beobachter tritt jedoch bald die völlige Ver— ſchiedenheit der den Boden bedeckenden, unter der unzerſetzten Streu lagernden Humusſchicht entgegen. Dieſe iſt: 1. oft kaum ausgeprägt und, wenn vorhanden, von [ode- rer krümeliger Beſchaffenheit; die aufliegende Streuſchicht iſt locker und meiſt von geringer Mächtigkeit. Die tieferen Bodenſchichten ſchneiden nicht ſcharf von einander ab, ſondern gehen ſcheinbar in einander über. ) Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, Bd. 19, S. 157. 8 61.] Auf dem Trockenen gebildete Humusſtoffe. 231 2. Die Humusſchicht iſt feſt, dicht zuſammengelagert, meiſt von einer ebenfalls dichten, oft mächtigen Streuſchicht überlagert. Die unterliegenden Bodenſchichten heben ſich ſcharf von einander ab. Natürlich finden ſich zwiſchen dieſen beiden Formen die mannig— faltigſten Uebergänge. Für den erſten Fall bietet jeder im guten Zu— ſtand befindliche Wald Beiſpiele, für den zweiten am ausgezeichnetſten die Ortſtein führenden Böden der Heidegebiete. a) Die erſte Form iſt die der guten, und um den Ausdruck zu brauchen, geſunden Waldböden. Die oberſte Bodenſchicht enthält deut— lich erkennbare, humoſe Beimiſchungen, aber auch in den nächſt tieferen Lagen fehlen die organiſchen Stoffe nicht völlig, ſind aber auf beſſerem Boden nur in geringer Menge vorhanden. Sie laſſen keine organiſirte Struktur mehr erkennen, ſondern ſind den Bodentheilen ſo innig bei— gemengt, daß nach der ganzen Erſcheinung nur an eine chemiſche Aus— fällung gedacht werden kann. Man verdankt Müller eine einfache Erklärung dieſer Erſcheinung (natürliche Humusformen). Die oberſten Schichten ſind meiſt arm an löslichen Mineralſtoffen, und hier können Humusſäuren gebildet und vom Waſſer gelöſt werden. In Berührung mit den benachbarten Bodentheilchen, welche reicher an Salzen ſind, werden die Humusſäuren wieder ausgefällt. Es iſt dies derſelbe Vorgang, der in völlig ausgelaugten Böden zur Ortſteinbildung führt und hier organiſche Stoffe dauernd ablagert. Auf den beſſeren, zumal beſſer durchlüfteten Böden von neutraler oder ſchwach alkaliſcher Reaktion ſcheinen namentlich die Alkalien und alka— liſchen Erden eine wichtige Funktion zu üben und eine raſchere Zer— ſetzung der organiſchen Stoffe zu begünſtigen. In ſolchen Böden ſpielen ſich demnach ganz überwiegend Verweſungsvorgänge ab. b) Die zweite Form der Humusablagerungen entſteht, wo die Bedingungen der Verweſung ungünſtig ſind und Fäulnißvorgänge überwiegen. Dieſelben können bedingt ſein: 1. auf ſehr armen Böden durch Mangel an Nährſtoffen; 2. durch Abſchluß der Luft (überwiegend nur bei längerer Waſſer— bedeckung); 3. durch Uebermaß an Waſſer, zumeiſt verbunden mit niederer Temperatur. Dies findet ſtatt in Gegenden mit hohen Nieder— ſchlägen und hoher Luftfeuchtigkeit (Seeküſten, Hochgebirge); 4. durch niedere Temperatur (in den nordiſchen Ländern); durch Mangel an Waſſer (Trockenheit, zumal während der wärmeren Jahreszeit). Hervorragende Kuppen, Hänge, die von Süd⸗ und Oſtwinden ausgetrocknet werden, licht geſtellte Beſtände, zumal Buchenforſten, zeigen häufig dieſe Erſcheinung. S 232 Organiſche Reſte im Boden. [$ 61. Demnach können alle Bedingungen, welche der Verweſung un— günſtig find, die Ablagerung humoſer Reſte in wenig zerſetztem Zu- ſtande als eine auf dem Boden dicht auflagernde Schicht veranlaſſen; welche Bedingung gerade am gegebenen Orte die wirkende geweſen iſt, das zu entſcheiden, bedarf es eines mit den Verhältniſſen vertrauten Urtheils. Allen dieſen Ablagerungen gemeinſam iſt die faſerige, wenig erdartige Struktur der Humusſchicht. Die verſchiedenartigſten Pflanzenreſte können das Material für dieſe Bildungen liefern, zeigen aber bemerkenswerthe Unterſchiede in der Leichtigkeit und Schnelligkeit, mit welchen die Ablagerung voran- ſchreitet. Für die Baumarten ergiebt ſich etwa folgende Reihe: Buche, Fichte, Eiche, Kiefer, für Tanne, Lärche, Birke fehlen noch die betreffenden Beobachtungen. In Bezug auf die Bodenpflanzen iſt etwa folgende Reihe auf- zuſtellen: At eide (Calluna vulgaris), Preißelbeere (Vac. vidis idaea), Heidelbeere (Vac. myrtill.), Farrnkraut (Pteris aquilina und Aspidiumarten), Moos, beſonders die dichte Polſter bildenden Arten. Alle ſolche Ablagerungen werden unter dem Namen „Rohhumus“ zuſammengefaßt. Es ſind nach Entſtehung und Eigenſchaften ſehr ähnliche Bildungen. Für die forſtliche Praxis iſt es jedoch vortheil- haft noch zu unterſcheiden: um 1. Rohhumus, faſerige Maſſen von noch mehr oder weniger lockerer Struktur, die, der Sonne und dem Winde ausgeſetzt, ſich in wenigen Jahren zerſetzen. (Die meiſten mächtigeren Humusablagerungen in Buchen- u. ſ. w. Beſtänden, ferner nicht zu mächtige Beerkraut-, Heidedecken u. ſ. w.) 2. Trockentorf, dichte, zuſammengelagerte, faſt torfartige Maſſen, welche bei Freiſtellung einer tiefer gehenden Zerſetzung nicht mehr fähig find. (Heidetorf, Buchen- und Fichtentorf u. ſ. w.) “) ) Die Trennung dieſer bisher zuſammenfaſſend als Rohhumus bezeichneten Ablagerungen in zwei Unterabtheilungen iſt hier zum erſten Male verſucht. Sie iſt aus praktiſchen Rückſichten erfolgt. Jeder Revierverwalter wird, oder ſollte wenigſtens ſeinen Boden hinreichend kennen, um zu wiſſen, ob die Humusſchichten noch einer Zerſetzung fähig ſind oder nicht. § 61.] Auf dem Trockenen gebildete Humusſtoffe. 233 Die Bildung der Rohhumusmaſſen läßt ſich zumeiſt ſchon an dem Zuſtande der Streudecke erkennen. Auf allen guten Waldböden iſt dieſe dünn und immer locker gelagert. Die einzelnen Beſtandtheile, Blattreſte und dergleichen liegen loſe neben einander. Ueberall, wo dagegen die Bildung von Rohhumus beginnt, iſt die Streudecke mehr oder weniger dicht zuſammengelagert; zumal in Buchenwäldern kann man ſie oft in großen zuſammenhängenden Schichten abziehen. Nicht ſelten läßt ſich nachweiſen, daß die Entſtehung des Rohhumus mit den forſtlichen Kulturmaßregeln in Verbindung ſteht. Oft bildet eine Abtheilungsgrenze die Scheide zwiſchen geſunden Humusbildungen und denen des Rohhumus.““) Auch an einzelnen Stellen eines ſonſt davon freien Beſtandes tritt häufig Bildung von Rohhumus durch lokale Bedingungen auf; ungünſtige Jahre und Lichtſtellung können dieſe ſehr begünſtigen. Derartige Orte ſind es, in denen mit Vorliebe die erſte Anſiedelung der Heide und Beerkräuter erfolgt, die dann durch ihr dichtes Wurzelgeflecht und eigenen Abfälle die Rohhumusbildungen ſtark begünſtigen. Der Rohhumus der Heide iſt zumeiſt dunkel gefärbt, von wenig faſeriger, dichter Struktur. Der Heidetorf iſt ſchwarzbraun bis ſchwarz, ſehr homogen und im feuchten Zuſtande faſt ſpeckig, nach dem Trocknen feſt zuſammengebacken. Der Rohhumus der Buche iſt dunkel, braun gefärbt, ſtärker faſerig. Die Blattreſte ſind zumeiſt faſt völlig zu feinkörnigen Maſſen zerſetzt, Zweigreſte, wie namentlich die Cupula der Früchte ſind erkennbar er— halten. Der Buchentorf hat ähnliche Eigenſchaften, er iſt weniger faſerig als Heidetorf, nach dem Trocknen oft locker, fait erdartig. Aehnlich verhalten ſich die Abfälle der Eiche, doch herrſchen hellere Farben und lockerere Struktur vor. Der Rohhumus der Heidelbeere ſteht in ſeinen Eigenſchaften dem der Buche nahe. Die Preißelbeere giebt hell gefärbte, grau bis gelbbraune, dicht zuſammengelagerte, ſtark faſerige Maſſen. Die Farrnkräuter liefern braun gefärbte, erdartige bis aus— geſprochen torfartige Bildungen. Der Rohhumus der Fichte iſt dunkel gefärbt, meiſt lockerer als die vorgenannten. Reſte der Nadeln ſind faſt ſtets erkennbar. Die Bildungen der Kiefernwälder, bei denen Moosarten ſtarken Antheil haben, ſind zumeiſt hell gefärbt, ſeltener braun bis dunkel— braun, oft ſtark faſerig. Natürlich können lokale Bedingungen mannigfache Abänderungen hervorruſen; es kann hier nur darauf ankommen, die hauptſächlichſten Formen hervorzuheben. ) Vergleiche hierüber namentlich Müller, Die natürlichen Humusformen. 234 Organiſche Reſte im Boden. | 8 62. § 62. 7. Die Veränderungen des Bodens unter Rohhumus. Ortſteinbildung. Literatur: Emeis, Waldbauliche Forſchungen. Berlin bei Springer. Müller, Die natürlichen Humusformen. Ramann, Jahrbuch der preußiſchen geologiſchen Landesanſtalt u. ſ. w. 1885. Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, Bd. 18, S. 14. Die Veränderungen des Bodens bei Rohhumusbedeckung laſſen ſich auf die Wirkung der Humusſäuren, ſowie auf den Abſchluß der Luft durch die dichten Humusſchichten zurückführen. Die entſtehenden Säuren wirken auf die unverwitterten Silikate des Bodens energiſch zerſetzend ein, bringen Alkalien und alkaliſche Erden in Löſung und geben, da zugleich die Abſorption des Bodens in ſauren Löſungen eine geringe iſt, Urſache zur Auswaſchung des Bodens und Wegführung der löslichen Stoffe in größere Tiefen. Die Rohhumusbedeckung bewirkt alſo eine raſcher fort— ſchreitende Verwitterung des Bodens und zugleich veran— laßt ſie beſchleunigte Auswaſchung der löslich gewordenen Mineralſtoffe. Die Einwirkung einer Rohhumusbedeckung tritt am charakteriſtiſchſten bei Sandböden hervor. Unterſucht man dieſe, ſo findet man die oberſte Bodenſchicht ſtark ausgebleicht, die Sandkörner ſind milchweiß, die ein— gemiſchten Silikatgeſteine ſtark verwittert und zumeiſt in weißen Kaolin umgewandelt. Humoſe Beimiſchungen ſind an der Oberfläche reichlich vorhanden, nehmen aber nach der Tiefe immer mehr ab, ſo daß der Boden eine helle graue (bisweilen mit einem Stich ins röthliche) Farbe hat. Sande, bei denen dieſe Eigenſchaften oft bis in erhebliche Tiefen auftreten, bezeichnet man nach der bleigrauen Färbung als Grau- oder Bleiſand. Unterhalb dieſer hell gefärbten Schicht lagert, ſcharf davon ge— trennt, ein gelb bis braun gefärbter Boden, der allmählich nach der Tiefe zu heller wird. Die Sandkörner dieſer Bodenlage zeigen Beimengungen von Eiſenoxyd, beziehentlich von Eiſenoxydhydrat, welches hauptſächlich die Färbung veranlaßt. Die beigemiſchten Silikate (Feldſpath und dergleichen) ſind zum Theil verwittert, zum Theil auch noch wenig angegriffen und erſcheinen, je tiefer man in den Boden vordringt, um ſo friſcher und unveränderter. Um ein Bild der Umbildungen ſolcher Böden zu geben, mögen hier zunächſt Analyſen eines normalen Diluvialſandbodens der Ober— förſterei Eberswalde folgen.“) )Ramann, Die Verwitterung diluvialer Sande. Jahrbuch der preuß. geologiſchen Landesanſtalt 1884. 8 62.] Veränderungen des Bodens unter Rohhumus. 23 1 Das Bodenprofil zeigte bis zu einer Tiefe von 2 m: I. 16 em ſchwach humoſen Sand; II. 30 „ bräunlichgelben nach unten heller gefärbten Sand; III. weißen Sand. Die chemiſche Zuſammenſetzung der verſchiedenen Schichten war folgende: wor | 58 | E in 0 zzäure | Water des er 55 5 zfäure Salzſäure⸗ gehalt % des Bodens auszugs des Bodens C 98 — . 0,019 e 1 ea 0,025 0,06 | 0,08 Sd 0,197 0,69 | 0,89 [Stone er 0,174 01 Phosphorjäure . . . 0,040 0,05 | 0,09 90035 1,19 1,23 9041 047 II W | 0,052 0,07 0,12 | Eifenoryd . dene 98 % 6,272 210 267 Phosphorſäure . 0,068 0,04 0,11 J 0,048 1,04 1,09 an 9041 h II. Bee. | 0,055 0.06. 1. II 0,241 e JO, 132 2,48 2,61 Phosphorfäure . . . 0,030 e Die oberſte humoſe Bodenſchicht zeigt ſich als der am ſtärkſten verwitterte und durch Auswaſchung an Mineralſtoffen ver— armte Theil des Bodens. Die dunkel gefärbte Lage (II.) iſt die eigentliche Verwitte— rungszone des Bodens, am reichſten an löslichen, von mittlerem Gehalte an unlöslichen Stoffen, während der weiße Sand den noch wenig angegriffenen Rohboden darſtellt. Bedeckt ſich ein ſolcher Boden mit Rohhumus, ſo wird die Um— bildung der verſchiedenen Schichten beſchleunigt, die Unterſchiede treten ſchärfer hervor; zumal die Auswaſchung der oberſten Bodenlage geht viel raſcher voran. Iſt dieſe bis zu einem gewiſſen Grade vollendet, ſo hört auch die Einwirkung der Bodenſalze auf die löslichen Humus— ſäuren auf, dieſe bleiben in Löſung und können ſo in tiefere Boden— ſchichten gelangen. Sobald ſie jedoch in Berührung mit löslichen Salzen 236 Organiſche Reſte im Boden. (5 62. kommen, werden ſie zur Ausfällung gebracht und überziehen zunächſt die einzelnen Bodenkörner mit einer dünnen Schicht ſtrukturloſer orga⸗ niſcher Stoffe. Naturgemäß wird dieſe Ausfällung am ſtärkſten in der „Verwitterungszone“ des Bodens vor ſich gehen. Werden immer mehr gelöſte organiſche Stoffe dieſer zugeführt, ſo können die ausgeſchiedenen Mengen ſo bedeutend werden, daß ſie die einzelnen Bodentheile ver— kitten und eine feſte Schicht unterhalb des Bleiſandes bilden, es iſt dies der Ortſtein. Man kann in Sandböden aller Art dieſe Vorgänge häufig in allen Uebergängen verfolgen und feſtſtellen, daß die Ortſteinbildung an Gegen- wart von Rohhumusſchichten gebunden iſt.“) Der Entſtehungsvorgang verläuft in drei Abſchnitten: 1. Auswaſchen der oberſten Bodenſchicht; 2. erſte Abſcheidung humoſer Stoffe auf der Verwitterungszone des Bodens. Die einzelnen Körner ſind noch von einander getrennt, aber mit dünnen Schichten organiſcher Stoffe überzogen; 3. Verkittung der Bodenſchicht zu feſten Ortſteinlagen. Die chemiſche Veränderung des Bodens läßt ſich ſchrittweiſe ver- folgen. Ein beſonders gutes Beiſpiel hierfür geben Unterſuchungen des Verfaſſers von Diluvialfanden. **) Die Bodenarten enthielten an in Salzſäure löslichen Stoffen: Geſunder | Boden Boden Waldboden mit 2 em Roh- mit Tem Roh⸗ (Mullboden) humus bedeckt humus bedeckt iir 0,0107 0,0092 CECT 0,0875 0,0508 0,0360 , or le 0 „un 0,0440 0,0333 | 0,0130 te 0,4875 0,4287 0,3375 rt ee 0,5625 0,4287 | 0,3487 Phosphorfüute . : . -—. 0,0489 0,0320 | 0,0296 Geſammtgehalt an lösl. Stoffen 1,2974 | 1,0163 | 0,7959 Porenvolumen des Bodens . | 55,4 | 53,1 | 46,2 ) Müller giebt an, daß in den Heiden zwiſchen der Garonne und Adour (unter den Namen les landes bekannt) Ortſtein ohne überlagernden Rohhumus vorkomme. Man darf aber wohl annehmen, daß die Entſtehung in eine Zeit fällt, wo jene Strecken noch mit Wald beſtanden geweſen ſind, und daher iſt die jetzige Abweſenheit des Rohhumus kein Beweis, daß er nicht früher vorhanden geweſen iſt. Waldſtreu u. ſ. w., S. 48. Berlin 1890. Die Analyſen beziehen ſich auf diluviale Sande, deren ungemein gleichartige Zuſammenſetzung die Ausführung ſolcher Unterſuchungen ermöglicht. Die völlige S 62.] Veränderungen des Bodens unter Rohhumus. 237 Noch viel ſchärfer ausgeprägt treten ähnliche Verhältniſſe bei Ort— ſteinböden hervor. Unter den vielfachen unter einander völlig über— einſtimmenden Unterſuchungen möge hier eine Analyſenreihe des Ver— faſſers als Beiſpiel dienen: Ortſteinboden der Oberförſterei Hohenbrück. 1. Bleiſand, 15 — 20 em mit 1,05% organiſchen Stoffen; 2. Ortſtein, 5—8 em mit 7,28% organiſchen Stoffen; 3. Gelbbrauner unter dem Ortſtein liegender Sand. ſäure unlös- ſammenſetzung liche Rückſtand des Bodens % des Bodens 0 0 oöslich Der in Salz⸗ Berechnete Zu⸗ in Salzſäure 0 | Be >... 1.000086. | 0618. | ‚0.626 r 0,0110 | 0,060 | 0,071 2 | Magnejia . | 0,0026 | 0,020 | 0,023 5 Eifenoeyd. . . - 00964 0,450 0,546 R060ꝶ. 0,0268 17680 1.677 Phosphorfäure . . . | 0,0059 | 0,043 0,049 Gejammtmenge . . . | 0,1646 | 2,068 | 2,235 | | N BOB. 0,7542 2100273 0,0194 0,170 0,189 rea 0,0137 0,028 0,042 3 Eiſeno rd. 0,1936 0,690 0,784 115,256 2,320 3,845 Phosphorſäunre . 0,2966 0,042 0,338 Sejammtmenge . . . | 23,074 4411 6,482 BE 0,0085 1° 1,103 1111 00,0254 | 0225 | 0,250 P . 2... 0,0401 | 0,064 | 0,104 o 0,3448 0,760 | 1,105 CCC ... | 04000 | 3,210 .| 3,610 3 | Phosphorfäure . . . | 0,0281 0,043 0,071 > S | Gefammtmenge . . . | 0,895 | 5,938 6,833 Gleichheit des Bodens in tieferen Schichten iſt überdies noch ſpäter durch beſondere Analyſen nachgewieſen (Forſtliche Blätter 1890, S. 141). Für jeden, der mit den Verhältniſſen diluvialer Sandböden vertraut iſt, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die beobachteten Veränderungen ſekundäre ſind und nach Lage der Sache nur durch die Rohhumusauflagerungen herbeigeführt ſein können. 238 Organiſche Reſte im Boden. [S 63. § 63. 8. Der Ortſtein (Ur, Ahl, Orterde, Branderde, Fuchserde, Fuchsdiele, Kraulis (Oſtpreußen), Knick (Weſtfriesland). Der Ortſtein iſt ein durch humoſe Stoffe verkitteter Sandſtein, alſo ein Humusſandſtein; von hellbrauner bis ſchwarzbrauner Farbe. Je nach Bodenart und Mächtigkeit iſt derſelbe zerreiblich, wenig feſt bis ſteinhart. Er findet ſich zumal an den Hängen ſelbſt ſchwacher Bodenerhebungen beſonders ſtark ausgebildet; die Gipfel beziehentlich Höhen ſind meiſt, nicht immer, frei von Ortſtein; in den Tieflagen iſt er meiſt weicher, zerreiblicher. Die Tiefe, in der ſich Ortſtein findet, iſt eine äußerſt wechſelnde, ebenſo die Mächtigkeit desſelben. An die Luft gebracht und namentlich dem Froſt ausgeſetzt zerfällt der Ortſtein zunächſt zu einem braunen, durch Verwitterung der or— ganiſchen Beſtandtheile allmählich heller werdenden Sand. Durchbrechungen des Ortſteines geben zunächſt Gelegenheit zum raſcheren Abfluß des Waſſers, dieſes bewirkt eine ſtarke Auswaſchung des Bodens und dadurch Bildung von Bleiſand, der von neuen Ort— ſteinablagerungen umkleidet wird, die oft metertief in den Boden hinab— reichen. Fehlen ſolche Abzugskanäle für das Waſſer, ſo durchſickert dieſes an einzelnen Stellen den Ortſtein reichlicher, als an anderen, und bildet tiefe Ausſtülpungen von Ortſtein. Beide Formen bezeichnet man als Töpfe, ſie bieten der Kultur von Ortſteinböden oft große Schwierig— keiten. Obgleich einheitlicher Entſtehung, kann man für die Zwecke der Bodenkultur doch drei verſchiedene Formen des Ortſteines unterſcheiden; da dieſe Ausbildungsweiſen desſelben darſtellen, welche der Bearbeitung ſehr verſchiedene Schwierigkeiten entgegenſtellen. 1. Branderde, weich, zerreiblich, ſehr reich an organiſchen Stoffen; zumeiſt wenig tief gelagert. Es iſt dies die Form reicherer, noch wenig ungünſtig veränderter Böden. 2. Ortſtein, feſte, ſteinartig harte Maſſen, die in mäßiger Dicke auf noch zerreiblichen oder loſen Bodenſchichten auflagern. Der Gehalt an organiſchen Stoffen iſt ein mittlerer, die Farbe braun bis ſchwarz. Dieſe Form iſt in der Lüneburger Heide und überhaupt in Norddeutſch⸗ land am verbreitetſten. 3. Hellbraun bis braun gefärbter Ortſtein, ſehr feſt und zähe, von geringem Gehalte an organiſchen Stoffen. Dieſe Form des Ort— ſteines, welche der Bodenbearbeitung die größte Schwierigkeit entgegen- ſetzt, findet ſich überwiegend in Schleswig-Holſtein und Dänemark, ſelten $ 63.] Der Ortſtein. 239 in Norddeutſchland. Der Ortſtein iſt bei dieſer Ausbildung meiſt von großer Mächtigkeit und von einer oft weniger feſten Schicht dunkler gefärbten Ortſteines überlagert.“) Das Vorkommen des Ortſteines iſt ſehr viel verbreiteter als früher angenommen wurde. In weiter Ausdehnung durchzieht er den Boden der Heiden Norddeutſchlands und iſt in den Diluvialböden im ganzen nordiſchen Diluvium ſparſamer oder häufiger zu finden. In Verwitte— rungsböden iſt er namentlich auf den armen Quaderſandſteinböden häufig. Auf Buntſandſtein fand ich in dieſem Jahre beginnende Ortſteinbildungen in Thüringen, desgleichen auf Moränengruß (Gneiß und Granit) in der Tatra, wo er faſt überall vorkommt. Müller giebt ihn auf verwittertem Granit im Rieſengebirge an. Die Tertiär— ſande Schleſiens und der Lauſitz ſind reich an Ortſtein. “*) Voraus— ſichtlich wird man Ortſteinbildungen noch an vielen Stellen kennen lernen; er kann überall vorkommen, wo die Bedingungen ſeiner Ent— ſtehung, völlig ausgelaugte Bodenſchichten mit Rohhumusbedeckung, vorhanden ſind. Am häufigſten iſt dies der Fall auf entwaldeten armen Böden, nicht ſelten findet ſich der Ortſtein jedoch auch auf alten Waldböden; bekannte Beiſpiele hierfür ſind die Eilenriede bei Hannover, der Glas— hütter Forſt bei Segeberg in Holſtein, der Roſtocker Stadtwald; auch die oben mitgetheilten Analyſen beziehen ſich auf einen alten Wald— boden der Oberförſterei Hohenbrück (Pommern). * ) Emeis wie Müller, welche weſentlich die Verhältniſſe der cymbriſchen Halbinſel berückſichtigen, erklären beide übereinſtimmend, daß der Ortſtein, wo er voll ausgebildet ſei, immer in der letzteren Form vorkomme. Für jene Gebiete iſt dies richtig, glücklicherweiſe aber nicht für weitaus die meiſten Ortſteinböden der ſüdlicheren Gebiete. Oberhalb des Ortſteines findet ſich nicht ſelten eine lockere, humusreiche Lage. Müller führt die Bildung auf herabgeſchlämmte Humuspartikel zurück. Wo ich Gelegenheit hatte, dieſe Bildung kennen zu lernen, ſcheint ſie mir vielmehr auf ab— geſtorbene Heidewurzeln, welche oft den Ortſtein in dichtem Geflecht überziehen, zurück zu führen zu ſein. **) Nach Forſtaſſeſſor Dr. May auch auf devoniſchem Quarzitſand der Ober— förſterei Kempfeld (Trier). ***) Die hier mitgetheilte Theorie der Ortſteinbildung iſt in ihren Hauptzügen zuerſt von Emeis angedeutet worden, die Bedeutung der Rohhumusbedeckung er— kannt zu haben, iſt das unbeſtrittene Verdienſt Müller's. Der Verfaſſer kannte bei ſeinen eigenen Arbeiten über dieſen Gegenſtand nur die erſte Abhandlung des letztgenannten Forſchers „On Bögemuld og Bögemor“, in der die Ortſteinbildung nicht behandelt wurde, die deutſchen Referate über die ſpäteren Veröffentlichungen ſagten ebenfalls über dieſen Hauptgegenſtand nichts. Verfaſſer iſt daher vollſtändig ſelbſtändig und ohne Kenntniß von den betreffenden Müller'ſchen Arbeiten zu haben, zu faſt gleichartigen Schlüſſen wie jener gekommen. (Vergleiche Müller, Natürliche Humusformen, S. 314.) 240 Organiſche Reſte im Boden. ls 63. 9. Phyſikaliſche Aenderungen des Bodens bei Rohhumus⸗ bedeckung. Phyſikaliſche Aenderunden des Bodens bei Rohhumusbedeckung treten mit den chemiſchen Wirkungen gleichzeitig ein. Durch die Weg- führung der löslichen Salze wird eine der wichtigſten Bedingungen der Krümelbildung beſeitigt; die Krümel ſelbſt werden zerſtört und die Bodenkörner dichter zuſammengelagert. Bei vergleichenden Unter— ſuchungen ergiebt ſich immer eine Verringerung des Porenvolumens, alſo der von Luft erfüllten Räume des Bodens (vergleiche die Analyſen Seite 236). Alle Heideböden zeigen faſt das Minimum der Durch— lüftung. Nicht ſelten iſt die oberſte Mineralbodenſchicht ſo dicht ge— lagert, daß ſie ſich, auch wenn ſie aus Sand beſteht, in Stücken herausbrechen läßt. Eine fernere ungünſtige Wirkung liegt in der Vernichtung oder doch in der ſehr bedeutenden Verminderung des Thierlebens. Die Regenwürmer verſchwinden bei Rohhumusbedeckung ſehr raſch aus dem Boden, wahrſcheinlich getödtet durch die vorhandenen Säuren. Dieſe bewirken zugleich ein immer ſtärkeres Zurücktreten der Bakterien und damit ein Aufhören oder doch eine Abnahme der Verweſung. Aus allen dieſen Gründen iſt es verſtändlich, daß die einmal begonnene Bildung von ſauren Humusſtoffen raſch fortſchreitet, da die weſent— lichſten Urſachen der Zerſtörung der Abfallreſte beſeitigt ſind. Während eine Beimiſchung von geſundem Humus und Bedeckung des Bodens mit einer loſen Streudecke für den Waldboden von her— vorragender Bedeutung iſt, find Roh humusſchichten für Boden wie Beſtand in ihren Wirkungen überwiegend ungünſtig.“ Sammelt ſich der Humus zu mächtigeren Schichten an, ſo werden dieſe in ausgeſprochener Weiſe zu einem Gliede der Bodenformation und bilden einen Humusboden mit allen weſentlichen Eigenſchaften eines ſolchen. In vielen Fällen bilden dieſe Ablagerungen dann die Grund— lage, auf der ſich ein Hochmoor entwickelt. Die Hochmoore der Hoch- gebirge ſind faſt ausſchließlich, die der Ebene zum großen Theile auf dieſem Wege entſtanden. ) Durch nicht genügende Berückſichtigung dieſer grundlegenden Unterſchiede kommt Ebermayer in ſeinen Darſtellungen über die Bedeutung des Humus für die Waldböden (Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1890, S. 161) zu wohl nicht ganz haltbaren Schlußfolgerungen. (Man vergleiche $ 89 über Humushaltigkeit der Böden.) S 64. Unter Waſſer gebildete humoſe Stoffe und Ablagerungen. 241 $ 64. II. Die unter Waſſer gebildeten humoſen Stoffe und Ablagerungen. Die ſehr ausgedehnte Literatur über dieſen Gegenſtand iſt faſt vollſtändig zuſammengeſtellt in: Sitensky, Torfmoore Böhmens. Prag 1891. Die wichtigſten und grundlegendſten Arbeiten ſind: Gieſebach, Bildung des Torfes in den Emsmooren. Göttingen 1846. Sendtner, Vegetationsverhältniſſe Südbayerns, S. 612 — 720. München 1854. Früh, Torf und Dopplerit. Zürich 1883. Hampus von Poſt, Landwirthſchaftliche Jahrbücher, Bd. 17. (Aus dem Schwediſchen überſetzt von E. Ramann.) Die unter Waſſer gebildeten organiſchen Ablagerungen ſind in drei Gruppen zu bringen; wenn auch mannigfaltige Uebergänge zwiſchen denſelben beſtehen, ſo ſind die einzelnen Bildungen doch meiſt gut zu unterſcheiden: Schlamm, beſteht aus zerſetzten und namentlich durch Thiere ſtark veränderten organiſchen Stoffen, denen oft reichliche Mengen fein zertheilter anorganiſcher Beſtandtheile beigemiſcht ſind. Moor; die organiſche Subſtanz iſt in eine braun bis ſchwarz ge- färbte, gleichartige Maſſe umgewandelt. Deutlich erhaltene Pflan— zenreſte fehlen. Torf; hell bis dunkelbraun oder ſchwarz gefärbte organiſche Reſte mit deutlich erhaltener Pflanzenſtruktur. 1. Der Schlamm. Der Schlamm wird in ſauerſtoffreichen, ſtehenden oder fließenden Gewäſſern gebildet. n Der Schlamm,“ der ſich in klaren Gewäſſern ablagert, beſteht überwiegend aus den Reſten ſchwimmender Pflanzen (Algen, Pota— mogeton, Lemna, Stratiotes aloides u. ſ. w.) und der im Waſſer lebenden Thiere (beſonders Cruſtaceen). Der Gehalt an organiſchen Stoffen iſt ein mäßiger (ſelten über 20% ); dunkel gefärbte humoſe Stoffe fehlen oder ſind in geringer Menge beigemiſcht. Die Färbung des Schlammes im trockenen Zuſtande iſt dem entſprechend hell, meiſt grünlichgrau bis braungrau. Schlamm entſteht überwiegend durch die Thätigkeit der im Waſſer lebenden und ſich von den Waſſerpflanzen ernährenden Thiere, deren Koth die Hauptmaſſe des Schlammes bildet, der durch Bakterien weiter zerſetzt und in eine ſehr feinerdige, grau gefärbte Maſſe umgewandelt ) Flußſchlamm, überwiegend die Ablagerung fein vertheilter, im Waſſer ſchwebender Mineraltheile, iſt in § 103 behandelt. Ramann. 16 242 Organische Reſte im Boden. [$ 64. wird.“) Unverdaute Reſte der Pflanzen, namentlich auch Diatomeen- panzer, ſowie die Chitinhüllen der abſterbenden Thiere miſchen ſich in wechſelnden Mengen bei. Da die Schlammbildung zumeiſt an ruhigeren Stellen fließender Gewäſſer vor ſich geht, ſo iſt die Einlagerung zahlreicher anorganiſcher Beſtandtheile in den Zeiten reichlicherer Waſſerzufuhr verſtändlich. Der Schlamm zeigt dadurch meiſt eine mehr oder weniger geſchichtete Struktur. Die unterſte Schicht vieler Moore, zumal der Grünlandsmoore, wird oft von Schlammablagerungen gebildet, welche überwiegend die tiefſten Stellen der urſprünglichen Gewäſſer ausfüllen; aber nur ſelten größere Mächtigkeit erreichen. Iſt die Menge der dem Schlamm beigemiſchten Diatomeenreſte eine ſehr große, ſo kann ſogenannte Diatomeenerde (auch wohl Diatomeentorf genannt) gebildet werden. Nach der Zerſetzung der or— ganiſchen Subſtanz beſteht der Rückſtand ganz überwiegend aus Dia— tomeenpanzern, die ſich foſſil in ganzen Schichten (Kieſelguhr) finden. Die Bildung von Schlamm iſt an die Gegenwart von ſauer— ſtoffreichem Waſſer gebunden; dies, ſowie die Thätigkeit der Bak— terien läßt ſie als einen Verweſungsvorgang erſcheinen, der unter Waſſer verläuft. 2. Moor und Moorboden. Unter Moorboden verſteht man organiſche, humoſe Ablagerungen, die organiſirte Pflanzenſtruktur nicht mehr erkennen laſſen. Die Bildung des Moores iſt noch nicht völlig klargeſtellt. In vielen Fällen beſteht dasſelbe aus ſehr feinkörnigen (oft nur 10% mm) braunen Körnern, die nur aus der fortſchreitenden Zerſetzung von Pflanzenſtoffen entſtanden ſein können. In anderen Fällen dagegen bilden ſich die Moorablagerungen in ſtehenden oder langſam fließenden, durch gelöſte Humusſtoffe dunkel gefärbten Gewäſſern. Löſung von Humusſtoffen deutet immer auf Reduktionsproceſſe und tritt nur dann ein, wenn Gewäſſer wenig Sauerſtoff enthalten oder ſehr arm an lös— lichen Salzen ſind. Die Moorſchichten ſolcher Gewäſſer beſtehen nach von Poſt aus humificirten Pflanzentheilen, untermiſcht mit dem Kothe und den Reſten von Thieren; letztere aber nicht annähernd in der Menge wie in den Schlammablagerungen. Die Moorerde wird überwiegend aus den Reſten ſchwimmender Pflanzen gebildet, und kommt namentlich in mäßiger Entfernung vom Ufer zur Ablagerung, wo ſie oft mächtige Schichten bildet. Die Entſtehung des Schlammes nach von Poſt, a. a. O. 5 64.] Moor und Moorboden. Torf. 243 Den Moorböden iſt häufig kohlenſaurer Kalk in wechſelnder Menge beigemiſcht. Iſt derſelbe gleichmäßig fein im Boden vertheilt, ſo daß er makroſkopiſch nicht wahrnehmbar iſt, ſo bezeichnet man ſolche Böden als Moormergel. Lagert ſich dagegen der kohlenſaure Kalk in zu— ſammenhängenden Schichten oder doch in Neſtern ab, ſo bezeichnet man dieſe Bildungen als Wieſenkalk. 3. Der Torf. Der Torf beſteht überwiegend aus humificirten Pflanzen— reſten mit noch deutlich erkennbarer organiſirter Struktur. Der Torf entſteht unter Waſſer aus den Rückſtänden ſehr ver— ſchiedener Pflanzenarten. Bakterien wie Thiere nehmen nicht oder nur im geringen Maße an der Torfbildung Theil. Uebereinſtimmend wird das Fehlen der Bakterien im Torfe von verſchiedenen Forſchern angegeben. Die Torfbildung beſteht im Weſentlichen in einem Fäulniß— proceß der Pflanzenabfälle unter Waſſer ohne erheblichen Antheil des Thierreiches oder chlorophyllfreier Pflanzen. Die einzelnen Stadien der Vertorfung ſind ſchwer zu verfolgen und noch wenig bekannt; die Verſchiedenheit der Schichten in den Torfablagerungen ſind zumeiſt auf Wechſel in den Vegetationsverhältniſſen zurückzuführen. Man theilt die Torfarten am beſten nach den Pflanzen ein, welche ſie gebildet haben. In neuerer Zeit ſind hierfür Bezeichnungen üblich geworden, welche ſich an die lateinischen Namen der hauptſächlich torfbildenden Pflanzen anſchließen und ohne weiteres verſtändlich ſind, ſo Arundinetum, (Torf aus Phragmites communis Trin. ( Arundo Phragmites L.) gebildet, Caricetum, Torf aus Carex und Scirpusarten, Ericetum aus Erica tetralix, Callunetum aus Calluna vulgaris, Hypnetum aus Hypnumarten, Sphagnetum aus Sphagnumarten, Eriophoretum aus Eriophorumarten. Gemiſchte Bildungen werden entſprechend bezeichnet, ſo für einen aus Cyperaceen und Phragmites gebildeten Torf = Cariceto-Arun- dinetum; aus Wollgras (Eriophorum vaginatum) und Sphagnum gebildeten Eriophoreto-Sphagnetum u. ſ. w. Unterſucht man Torf mikroſkopiſch, ſo findet man denſelben über— wiegend aus erkennbaren Pflanzenreſten beſtehend, wenn auch fein— körnige Beſtandtheile, wie ſie den Moorboden auszeichnen, nie fehlen. Thierreſte (Chitinpanzer von Cruſtaceen und Inſekten) ſind nicht gerade ſelten, aber doch nur in geringer Menge der Pflanzenſubſtanz beigemengt. 16 * 244 Organiſche Reſte im Boden. [SS 64, 65. Die Farbe des Torfes iſt hell- bis dunkelſchwarzbraun. Kalt beimengungen ſind ſelten, kommen aber im Grünlandstorf vor. Der Hochmoortorf zeigt immer, der Grünlandstorf meiſt ſaure, oft ſogar ſtark ſaure Reaktion. Von Mineralbildungen, welche im Moorboden wie im Torfboden vielfach vorkommen, find namentlich zu nennen: Raſeneiſenerz, Eiſen⸗ ocker, ferner Schwefeleiſen (Schwefelkies und Markaſit, beide finden ſich nach Sitensky) und Eiſenoxydulverbindungen, unter dieſen ſind zu nennen: Eiſenvitriol, Vivianit (phosphorſaures Eiſenoxydul) und amorphes kohlenſaures Eiſenoxydul. Das Auftreten der genannten Eiſenverbindungen (mit Ausnahme des Raſeneiſenſteins) beweiſt die völlige Abweſenheit von freiem Sauerſtoff in den tieferen Lagen der betreffenden Bodenarten. Man unterſcheidet Grünlandstorf und Hochmboortorf. Da der letztere eine verſchiedene Entſtehung haben kann, ſo iſt er hier von dem erſteren ganz getrennt behandelt. § 65. 4. Die Grünlandsmoore. Die Grünlandsmoore (Wiejen-, Niederungs-, Leg-, Rajen- ‚und Thalmoore, Moos pl. Möſer in Süddeutſchland) bilden ſich vom Rande ſtehender oder fließender Gewäſſer aus. In der Regel erreicht die Moorerdebildung in mäßiger Entfernung vom Ufer eine ſolche Mächtigkeit, daß Pflanzen, die mit ihren Wurzeln im Waſſer, mit ihren Vegetationsorganen über demſelben wachſen (Phragmites, Seirpus-Arten u. ſ. w.), die Bedingungen ihres Gedeihens finden, ihre Wurzeln in den Moorerdeſchichten verbreiten können und ſo den erſten Schritt zur Torfbildung thun. Haben dieſe Pflanzen ſich ausgebreitet, ſo ſchreitet die Ablagerung organiſcher Abfallreſte raſch voran, die Schichten kommen der Waſſeroberfläche immer näher und ermöglichen es nun Carex- Arten, feſten Fuß zu fallen. Dieſe vegetieren ichon überwiegend über Waſſer und füllen allmählich das urſprüngliche Becken aus. Es iſt dies der normale Vorgang der Grünlandsmoor— bildung; bei ſehr flachen Ufern kann die Cyperaceenvegetation auch ſofort vom Rande Beſitz ergreifen und allmählich nach der Mitte des Gewäſſers fortſchreiten. In einem wie dem anderen Falle wird der Waſſerſpiegel vom Rande her allmählich eingeengt, bis die ganze urſprüngliche Waſſerfläche von organiſchen Reſten erfüllt iſt und ſich ein Grünlandsmoor gebildet hat. Naturgemäß bleibt der innerſte Theil zunächſt am feuchteſten und das Grünlandsmoor unterſcheidet ſich hierdurch ſchon äußerlich von den Hochmooren; es iſt am Rande am trockenſten, in der Mitte am feuchteſten. An der Grünlandstorfbildung nehmen alle die mannigfachen vor- kommenden Sumpfpflanzen Theil, es ſind jedoch nur wenige, welche SS 65, 66.] Gründlandsmoore Hochmoore. 245 durch maſſenhaftes Auftreten ſowie durch die Menge und Beſchaffenheit ihrer Abfallreſte weſentlich die Bildung des Torfes veranlaſſen. Am wichtigſten ſind hierfür verſchiedene Carexarten (Carex strieta, panni- eulata, ampullacea, vesicaria und andere; namentlich Carex strieta bildet oft mehrere Fuß über das Waſſer hervorragende Bülten), Phrag- mites communis und zahlreiche Moosarten (Hypneen). Alle dieſe Pflanzen bevorzugen ein härteres, kalkhaltiges Waſſer, verlangen aber unter allen Umſtänden einen reich— lichen Gehalt an Nährſtoffen.“) $ 66. 5. Die Hochmoore. (Moosmoore, Filz, Heidemoor.) Den unter Waſſer gebildeten Ablagerungen organiſcher Stoffe ſchließt ſich eng die Hochmoorbildung an; obgleich dieſe überwiegend von Pflanzenarten ausgeht, welche zwar über Waſſer wachſen, aber durch die hohe Waſſerkapacität ihrer Abfallreſte oder durch Beſonder— heiten ihres Baues befähigt ſind, Waſſer kapillar zu heben oder es doch vor dem Abfließen zu bewahren. Die Hochmoore ſind weit verbreitet und verdienen namentlich durch ihre oft ſehr bedeutende Flächenausdehnung beſondere Aufmerkſamkeit. Die Hochmoore werden von nur wenigen Pflanzenarten gebildet, es ſind dies: die Heide (Calluna vulgaris), die Kopfheide (Erica tetralix), Seirpus caespitosus, Torfmooſe (die zahlreichen Arten der formenreichen Sphagneen, insbeſondere Sphagnum eymbifolium) und Wollgras (Eriophorum vaginatum). Geringeren Antheil können noch einzelne andere Mooſe nehmen, namentlich Polytrichumarten (Poly- trichum strictum). Die anderen auf den Hochmooren vorkommenden Pflanzen ſind für dieſe Bildungen meiſt ſehr bezeichnend, aber der Menge nach von geringer Bedeutung. Die Entſtehung der Hochmoore kann eine doppelte ſein, ſie bilden ſich a) aus Grünlandsmooren, b) auf humoſen Ablagerungen urſprünglich nicht unter Waſſer befindlicher Böden, insbeſondere auch der Wälder. ) Es iſt wiederholt angegeben, zunächſt von Senft, ſpäter beſonders von Braun (Die Humusſäure; Darmſtadt 1884), daß bei der Moorbildung der Froſt eine bedeutende Rolle ſpielt. Bisher haben ſich Stützen für dieſe Auffaſſung nicht beibringen laſſen. Die geographiſche Vertheilung der Humusbböden erklärt ſich über— zeugend aus den Temperaturverhältniſſen und der im Winter ſtockenden Zerſetzung der Pflanzenreſte; die Temperatur der tieferen Moorſchichten entſpricht dem Durch- ſchnitt der betreffenden Gebiete; das Unlöslichwerden der Humusſäuren beim Ge— frieren iſt für die Böden eher ein Vortheil, als ein Nachtheil. 246 Organiſche Reſte im Boden. [$ 66. a) Die Entſtehung der Hochmoore aus Grünlandsmooren. Sit ein Waſſerbecken bis zur Höhe des Waſſerſpiegels mit Pflanzen— reſten ausgefüllt und dadurch die Bildung eines Grünlandsmoores zum Abſchluß gekommen, ſo finden allmählich die Pflanzenarten, welche es gebildet haben, nicht mehr die Bedingungen ihres Gedeihens. Erſt ſparſam, dann immer zahlreicher erſcheinen Gräſer, Leguminoſen und andere echte Wieſenbewohner. Aus dem Grünlandsmoor iſt eine Wieſe entſtanden. Die Pflanzenwelt derſelben lebt von den mineraliſchen Beſtandtheilen des Moorbodens, und je nach den Umſtänden wird ſich die Wieſenvegetation lange erhalten können oder, zumal bei Grasnutzung ohne entſprechende Düngung, zurückgehen. Allmählich bedeckt ſich die Fläche immer mehr mit Moosarten, zwiſchen denen noch Carexarten wachſen können, an einzelnen Stellen ſiedeln ſich bereits Polſter von Sphagnum an.“) Der erſte Schritt zur Bildung eines Hochmoores iſt gethan. Die Sphagneen verbreiten ſich immer mehr und überziehen allmählich die ganze Fläche. Mit ihnen halten die typiſchen Pflanzen des Hochmoores, Heide, Andromeda polyfolia, Ledum palustre, Vac- einium oxycoccos ihren Einzug, und nur ein ſchmaler Streifen am Rande des Moores trägt noch die urſprüngliche Vegetation der Grün— landsmoore, oder ein Waſſerlauf mit den für dieſe bezeichnenden Pflanzen durchzieht das Hochmoor. Die meiſten der kleineren Hochmoore ſind auf dieſem Wege ent— ſtanden. Die um Eberswalde gelegenen Reviere (zumal Chorin, Freien- walde, Pechteich) zeigen zahlreiche Beiſpiele in allen Uebergangsſtadien zur Hochmoorbildung. Sit die Vermoorung erſt einmal begonnen, jo ſchreitet ſie raſch voran und kann in wenigen Jahrzehnten bereits ein ausgeſprochenes Hochmoor erzeugen.“) Die Bedingung für das Auftreten der Hochmoorpflanzen iſt weiches, namentlich kalkarmes Waſſer. Es iſt bei der geringen Durchläſſigkeit der Moorſchichten für Waſſer wenig wahrſcheinlich, daß die unterliegenden Humusſtoffe die Salze des zugeführten Waſſers abſorbiren, vielmehr ſpricht alles dafür, daß die oberſten Bodenlagen der Hochmoore ſich mit atmoſphäriſchem Waſſer (Regen, Thau) ſättigen und dadurch der Hochmoorvegetation das Vorherrſchen ermöglichen. Die Torfmooſe zeichnen ſich nun ſämmt— lich durch ein äußerſt energiſches Spitzenwachsthum aus, erhöhen da— durch den Boden immer mehr, und da dies am ausgeſprochenſten in der Mitte des Moores ſtattfindet, jo iſt dieſe am trockenſten und In der Mark iſt es nach meinen Beobachtungen immer Sphagnum teres Angtr., welches zuerſt erſcheint, Sitensky giebt dieſelbe Art für Böhmen an. **) In den in der Oberförſterei Pechteich gelegenen Waſenteichen, die jetzt von Hochmoorbildungen bedeckt find, haben noch jetzt lebende alte Männer als Knaben gefiſcht; die Umbildung hat ſich alſo in 50 — 60 Jahren vollzogen. S 66.] Hochmoore. 247 die ganze Fläche von einem feuchteren Streifen umgeben. Das Hochmoor, ſelbſt bei erſt beginnender Bildung, unterſcheidet ſich hierdurch ſchon äußerlich von den Grünlandsmooren (Seite 244). In der Umbildung zum Hochmoor begriffene Grünlandsmoore hat man als Miſchmoore bezeichnet. b) Bildung der Hochmoore auf humoſen Bodenſchichten. Der bisher behandelte Vorgang der Hochmoorbildung iſt weit verbreitet, die größten und ausgedehnteſten Moore ſind jedoch auf anderem Wege entſtanden. Unterjucht man die großen Moorflächen Hollands oder Norddeutſch— lands, ſo findet man in dieſen deutliche Schichten verſchiedener Zu— ſammenſetzung. Die mikroſkopiſche Analyſe ermöglicht es, die Pflanzen— arten kennen zu lernen, aus denen dieſe Lagen gebildet ſind. Die Unterſuchung giebt nun ein überraſchend gleichartiges Reſultat. Es findet ſich faſt ſtets die folgende Schichtenfolge (von der unterſten Lage beginnend): 1. Baumreſte, deren Wurzelſtöcke in die unter dem Moor liegende Erdſchicht reichen. Die Baumart kann verſchieden ſein, am häufigſten ſind Erle, Kiefer und Birke, ſeltener Eiche und Haſelnuß. Zwiſchen den Baumreſten findet ſich nicht mehr unter— ſcheidbarer organiſcher Detritus, ſowie erkennbare Ueberbleibſel von Sphagneen. 2. Heidetorf, in den unteren Schichten von Calluna vulgaris, in den höheren von Erica tetralix. 3. Wollgrastorf, meiſt faſerig, überwiegend Reſte von Erio- phorum vaginatum (ſeltener ſind Schichten vorhanden, die von Scirpus eaespitosus gebildet worden jind). 4. Sphagnumtorf. 5. Bunkerde, die aufliegende, meiſt erdartige Schicht, welche von Heide und Sphagnum gebildet wird. Betritt man ein ſolches Moor, ſo folgen vom Rande nach der Mitte als herrſchende Pflanzen: 1. Heide (Calluna vulgaris), zumeiſt Bülten bildend, zwiſchen dieſen lagern feinſchuppige, ſtark humificirte Reſte von jchlam- miger Beſchaffenheit (Heidetorf). Mehr nach der Mitte zu zeigt ſich ein Streifen, auf dem 2. Kopfheide (Erica tetralix) vorherrſcht, dem folgt 3. Wollgras (Eriophorum vaginatum) und mit dieſem zuſammen, wenn auch ſelten überwiegend, Scirpus caespitosus. 4. Sphagnumarten. 248 Organiſche Reſte im Boden. S 66. Dieſelben Pflanzen, welche demnach das ganze Hochmoor zujammen- ſetzen, folgen ſich in gleicher Weiſe vom Rande nach der Mitte, nur der Wald fehlt, zumeiſt wohl vom Menſchen vernichtet. Ganz ähnlich zeigen ſich die Hochmoore, welche aus Grünlands— mooren hervorgehen, von einem Kranz der für dieſe bezeichnenden Pflanzen umgeben. In weitaus den meiſten Fällen kann man die Zuſammen⸗ ſetzung eines Hochmoores aus den Pflanzen kennen lernen, welche vom Rande nach der Mitte desſelben den herrſchen— den Beſtand bilden. f Das Profil eines völlig ausgebildeten Hochmoores der zweiten Gruppe zeigt demnach folgendes Bild: 2 E Abb. 22. Hochmoor mit Waldkern. Schematiſches Profil der meiſten nordiſchen Hochmoore und faſt aller Hochmoore der Hochgebirge. a) Sphagnumtorf. b) Wollgrastorf. c) Heidetorf. d) Baumreſte und unbeſtimmbare humoſe Stoffe. e) Mineralboden. Der Untergrund dieſer Moore iſt in den meiſten Fällen ein fein- körniger Sand, ſelten Lehm oder Thon; Ortſteinbildungen ſind äußerſt verbreitet. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß dieſe Moore in der Regel auf einem trockenen, nicht vom Waſſer über- ſchwemmten Boden entſtanden ſind. Der Verlauf der Moorbildung iſt in folgender Weiſe vor ſich ge— gangen, wie dies zahlreiche Beiſpiele in den verſchiedenſten Stadien der Umbildung noch heute zeigen. In einem Walde (entiprechende klimatiſche und Bodenverhältniſſe vorausgeſetzt) ſammeln ſich Rohhumusſchichten an, welche Auswaſchung des Bodens und Entſtehung von Ortſtein veranlaſſen. Dieſer wirkt als undurchläſſige Schicht und bewirkt Waſſeranſammlung während der feuchten Jahreszeit. Auf den Rohhumusſchichten finden ſich Sphagneen und Heide ein. Die Widerſtandsfähigkeit der Holzpflanzen wird bei den ungünſtigen Bodenverhältniſſen immer geringer, und allmählich ſterben die Bäume ab. Unter dem Einfluß des ſtärkeren Lichteinfalls, beziehungsweiſe der höheren Erwärmung des Bodens und der dadurch bewirkten Zerſetzung eines Theiles der angeſammelten Humusmaſſen wird die Heide herrſchend und verdrängt die vorhandenen Moosarten. Allmählich erhöhen ſich die Ablagerungen des Heidehumus immer mehr. Er bildet nach den zahlreichen Profilen der holländiſchen und nordweſtdeutſchen Moore Schichten von 1— 1,5 m Mächtigkeit. 8 66. Hochmoore. 249 Die hohe Waſſerkapacität des ſo entſtandenen Moorbodens läßt ihn auch in der wärmeren Jahreszeit nicht austrocknen und giebt ſo feuchtigkeitsliebenden Gewächſen die Möglichkeit des Gedeihens. Es iſt in der Regel die Sumpfheide (Erica tetralix), welche ſich zuerſt an— ſiedelt; bald findet ſie an Wollgras (Eriophorum vaginatum) und an der Sumpfbinſe (Seirpus caespitosus) Gefährten, welche immer mehr herrſchend werden, die Heide an die weniger naſſen Ränder des Moores zurückdrängen und nun ſelbſt bedeutende Torfſchichten bilden. Die Mächtigkeit derſelben iſt im Durchſchnitt 0,3 — 0,6 m. Aber auch dieſe Pflanzen bleiben nicht lange im unbeſtrittenen Beſitz des Gebietes. Erſt an einzelnen Stellen, dann immer verbreiteter treten Sphagneen auf, und wie urſprünglich der Wald durch die Heide, die Heide ſpäter durch das Wollgras verdrängt worden iſt, wird dieſes durch die Sumpfmooſe immer mehr nach dem Rande des Moores zurückgedrängt. Das Sumpfmoos bleibt am längſten von allen Hochmoorpflanzen vorherrſchend und bildet Schichten von 0,5 — 1 m Mächtigkeit. Durch das immer größere Anſchwellen der Moorſchicht wird es für die Pflanzen ſchwieriger, die nothwendigen Waſſermengen feſtzu— halten; die Sphagneen gedeihen hierdurch nicht mehr in dem Maße wie früher, die Heide findet ſich wieder ein, unter Umſtänden auch wohl einzelne Holzpflanzen, Kiefer und Birke finden ein kümmerliches Gedeihen; der Kreislauf iſt vollendet und die Hochmoorbildung zu einem gewiſſen Abſchluß gekommen. Es iſt dies einer der Vorgänge und zwar der verbreitetſte, welche zur Bildung der Hochmoore in den Tiefländern geführt haben. In vielen Fällen dringt die Heide direkt gegen den Wald erobernd vor, zumal wo ſie durch die Wirkung ſtarker, häufig aus einer Richtung wehender Stürme unterſtützt wird. Müller (a. a. O.) giebt ausgezeichnete Beiſpiele, wie dies ſchon früher auch durch Emeis geſchehen iſt, welche zeigen, daß der urſprüng— liche Waldbeſtand in den Küſtenländern, gegenüber der Heide an Gebiet verliert. Hier bleiben die Reſte des Waldes nur noch ſelten erhalten; die Heide breitet ſich auf weiten Flächen aus und vermag bei unge— ſtörtem Wachsthum denſelben Entwickelungsgang der Hochmoore vor— zubereiten, wie es eben beſchrieben iſt. Neben Hochmooren mit Waldkern“ finden ſich daher häufig ſolche, die nur ein Callunetum als Unterlage haben. Selten ſind die Fälle, wo auch dieſes fehlt und ein Eriophoretum den Sphagnumtorf unter- lagert und ſehr ſelten ſolche, wo nur ein Sphagnetum zur Ausbildung gefommeic iſt. *) Borgmann, Hoogvenen van Nederland 1890; ferner Staring, de Bodem van Nederland. 250 Organiſche Reſte im Boden. S 66. Viel durchſichtiger in ihrer Entſtehung und in allen Uebergangs— formen leichter zu beobachten ſind die Hochmoorbildungen der Gebirge. Ueberall läßt ſich hier die Entſtehung auf urſprünglichen Wald- böden nachweiſen, oft ſind mehrere Lagen von Baumreſten über ein— ander erhalten. Bergplateaus, ſowie Senken auf Hochebenen ſind für Bildung von Hochmooren beſonders günſtig. Unter den Bäumen ſammeln ſich Schichten von Rohhumus an, die oft erhebliche Stärke erreichen; auf dieſen ſiedeln ſich Torfmooſe an (namentlich iſt es hier zuerſt Sphag- num acutifolium, welches ſich einfindet), und ſpäter ſchreitet die Torf⸗ moorbildung in ganz ähnlicher Weiſe unter Verdrängung des Waldes voran, wie dies für die Ebenen beſchrieben worden iſt. Uebergangsbildungen finden ſich im Hochgebirge äußerſt zahlreich und haben ſchon längſt die Beachtung aufmerkſamer Forſtwirthe gefunden. Eine Eigenthümlichkeit des Nordens ſind überwiegend von Flechten gebildete Moore, welche im Norden der ſkandinaviſchen Halbinſel und in Finnland weit verbreitet ſind. Die Oberfläche dieſer Moore iſt dunkel, faſt ſchwarz gefärbt, ſo daß man beim erſten Anblick glaubt, ein Waldfeuer habe hier gehauſt. Zwergbirke und nordiſche Weiden ſind auf dieſen Flächen ſparſam verbreitet und vermögen nicht den Eindruck völliger Oede irgendwie abzuſchwächen. Die geographiſche Verbreitung der Moorbildungen. Moorbildungen der beſchriebenen Art ſind auf die gemäßigten Zonen beſchränkt. Im hohen Norden bleibt die vegetative Thätigkeit der Pflanzen zu ſehr zurück, um zur Anſammlung größerer Abfallmaſſen Gelegenheit zu geben. Die nördlichſten bekannten Moore finden ſich in Südgrönland. In den tropiſchen Gebieten erfolgt die Zerſetzung der Humusſtoffe zu raſch; am nächſten ſtehen den Mooren noch die Strandbildungen, welche unter dem Einfluß der Mangrovevegetation entſtehen; ſonſt finden ſich moorähnliche Ablagerungen nur auf den höchſten Gebirgen. Auf der ſüdlichen Halbkugel ſind Moore namentlich in Südamerika und auf den ſehr ſüdlich gelegenen Inſeln häufig; unterſcheiden ſich aber, nach Darwin, von den unſerigen durch Fehlen der Moos— vegetation. Der Norden Europas iſt überreich an Mooren. Irland wird von manchem Beſucher geradezu als ein großes Moor bezeichnet. Norwegen und Schweden haben zahlloſe Moore, ebenſo Finnland. Die Tundren Nordrußlands überdecken weite Flächen. Reich ſind ferner an Mooren das nordiſche Flachland, vom äußerſten Weſten bis weit nach Rußland hinein, ferner die Hoch- und Mittel- gebirge Mitteleuropas und die Hochebenen Süddeutſchlands. Ss 66, 67.] Humusablagerungen in den Kalkalpen. 251 Die Bildung der Moore wird begünſtigt durch eine niedere Mittel— temperatur (etwa 5— 8“) und durch hohe Luftfeuchtigkeit. Ueberall, wo dieſe Bedingungen gegeben ſind, finden ſich Moore in geringerer oder weiterer Ausdehnung auf geeigneten Bodenarten. Die Entſtehung der großen Hochmoore iſt zwar geologiſch eine junge, liegt aber ſicher außerhalb der hiſtoriſchen Zeit. Die Funde von Reſten foſſiler Thierarten (Rieſenhirſch in Irland und Deutſchland, Maſtodon in Nordamerika, wahrſcheinlich auch das Mammuth und Nashorn in Sibirien) beweiſen dies hinreichend. Die Möglichkeit der Bildung neuer Moore iſt gegeben, an zahlreichen Orten hierfür ge— eigneter Gebiete kennt man die erſten Entwickelungsſtadien der Moore. Mit großer Wahrſcheinlichkeit würde die Ausbreitung der Moore in Norddeutſchland weiter fortgeſchritten ſein, wenn nicht der Menſch eingegriffen und zumal durch den Weidegang auf den Heiden der An— häufung von Humusmaſſen entgegen gewirkt hätte. Die Entſtehung der Hochmoore auf altem Waldboden und das noch jetzt ſtattfindende Fortſchreiten der Heide und Verdrängung des Waldes auf der Cymbriſchen Halbinſel (in Norddeutſchland iſt dies ſeltener zu beobachten, da die Wälder vielfach fehlen) ſind ein beredter Beweis gegen die vielfach als Axiom aufgeſtellte Behauptung, daß ſich alle unſere Gebiete mit Wald bedecken würden, wenn ſie ſich ſelbſt überlaſſen blieben.) So unzweifelhaft dies für die beſſeren Boden— arten eintreten würde, ebenſo unzweifelhaft iſt es, daß viele der jetzigen Moorgebiete und viele Heideflächen (die man als beginnende Hoch— moorbildungen bezeichnen kann) ohne menſchliches Zuthun aus Wald entſtanden ſind und noch weiter entſtehen werden. 67. III. Einzelne abweichende humoſe Bildungen. UN 1. Humusablagerungen in den Kalkalpen. In den Kalkalpen finden ſich nach Ebermayer**) Humusablage— rungen, welche folgende Eigenſchaften beſitzen: „Es iſt eine dunkel⸗ * Man vergleiche hierüber den ſchärfſten Vertreter dieſer Anſicht: Borg— greve, Wald und Heide. Berlin 1875. „ Forſchungen der Agrikulturphyſik, X, S. 385. Die einzige ganz kurze Beſchreibung dieſer Humusbildungen, welche vorliegt. Eine genaue Unterſuchung der Entſtehung u. ſ. w. iſt dringend erwünſcht. Es ſind offenbar Bedingungen vor— handen, durch welche die ſchädlichen Eigenſchaften der Rohhumuslagen nicht zur Geltung kommen können; naturgemäß gehören derartige Vorkommniſſe nur zu den ſeltenen Ausnahmefällen. 252 Organiſche Reſte im Boden. [$ 67. ſchwarze, lockere, faſt pulverförmige Erde, welche nur aus verweſten Pflanzenreſten beſteht und weder Exkremente von Regenwürmern noch Chitintheile und Inſektenexkremente enthält. Regenwürmer kommen nur ganz vereinzelt vor. Dieſer Humus iſt frei von allen fremden mine⸗ raliſchen Beimengungen und hinterläßt beim Glühen nur ſo viel Aſche, als den humusbildenden Materialien (Moos, Nadeln, Holz u. ſ. w.) entſpricht. Bisweilen bildet er meterdicke Schichten, auf welchen ſchöne Fichtenbeſtände oder Miſchungen von Fichten, Buchen und Tannen ſtocken, die ihre Nahrung einzig und allein aus dieſem Material be- ziehen. Im Untergrunde finden ſich Bruchſtücke von Kalk oder Dolomit. Am meiſten Aehnlichkeit hat dieſe Humusart mit zerfallener ſchwarzer Moorerde, iſt aber weit reicher an Kali und Phosphorſäure als dieſe.“ 2. Schwarzerde. (Tschernosom.) Literatur: Koſtytſcheff, Forſchungen der Agrikulturphyſik, XII, S. 76 und XIV, S. 261. Eine eigenthümliche Bildung eines humusreichen Bodens iſt die Schwarzerde, welche in Rußland weite Strecken einnimmt, in Deutjch- land aber nur in einzelnen Theilen Schleſiens und in der Magdeburger Börde vorkommt. Soweit bisher Unterſuchungen vorliegen, ſind die Prärien Nordamerikas und die Pampas in Südamerika zu den Schwarz- erdebildungen zu rechnen. Die ruſſiſchen Schwarzerden bilden den Boden der Steppe, welche überwiegend mit Stipa pennata bedeckt iſt, ſparſamer finden ſich Stipa capillata, Festuca ovina, Koehleria eristata, Caragana fru- tescens; in den kirgiſiſchen Steppen überwiegt Stipa capillata und Elymus junceus Finch. Der Boden beſteht aus ſehr feinkörnigen Mineraltheilen, welche in ihren Eigenſchaften am meiſten dem Löß entſprechen, enthält aber reichlich humoſe Stoffe (4 —15 9%) beigemiſcht. Die humoſen Stoffe ſind aus der Zerſetzung der Steppenvegetation hervorgegangen. Was dem ganzen Vorkommen beſonderes Intereſſe auch für die waldbaulichen Verhältniſſe giebt, iſt die Abhängigkeit der Pflanzendecke von der Bodenſtruktur. Ueberall wo feinkörnige, nach der Beſchrei— bung in Einzelkornſtruktur befindliche Böden vorhanden ſind, findet ſich Steppe, überall, wo ſandige oder krümelige Bodenarten vorhanden ſind, tritt Wald auf. Es iſt alſo die Bodenformation, welche den Unterſchied zwiſchen den beiden Pflanzenformationen bedingt. Die Grenze iſt ganz unregel— mäßig, mitten im Gebiet der Steppe finden ſich einzelne Waldungen; 8 67.] Schwarzerde. 253 die klimatiſchen Verhältniſſe ſchwanken für beide, für Wald wie Steppe in ſo weiten Grenzen, daß ſie nicht die Urſache des verſchiedenen Ver— haltens ſein können. Die Urſache liegt vielmehr in der Lagerungsweiſe der Boden— theilchen und in deren Verhalten gegen Waſſer. Die hohe Waſſer— kapacität des Steppenbodens veranlaßt eine wenig tiefe Durchfeuchtung (auch im Winter nicht über 1m); nur ſolche Gewächſe, die eine kurze Vegetationszeit haben, können ihren Bedarf aus der Winterfeuchtigkeit decken. Steppe und Wald ſind alſo durch die Bodenformation bedingt, ähnlich wie die typiſche Ausbildung der Heide den Wald ausſchließt. Tritt auch der Wald an den Grenzen der Steppe erobernd auf und rückt er auch allmählich vor, indem er durch Streudecke und Beſchat— tung die benachbarten Gräſer erſtickt, ſo iſt dies doch ein ganz lang— ſam weiter ſchreitender Proceß. Viele hundert Quadratmeilen haben in jenen Gebieten nie Wald getragen und werden ihn ohne Einwirkung der Menſchen auch in abſehbaren Zeiten nicht tragen. An ſich bietet die Erziehung von Wald auf jenen Böden keine Schwierigkeiten, es iſt nur nothwendig, die Gräſer zu entfernen und den Boden durch Behacken locker zu erhalten; es findet dies ſein Analogon im Verhalten des Heidebodens. Nach Durchbrechen der Ort— ſteinſchicht und tiefer Bodenbearbeitung vermag auch dieſer Waldbeſtand zu tragen. Es iſt alſo die Steppe ein zweites Beiſpiel, daß ſich der Boden der gemäßigten Zone durchaus nicht überall mit Wald bedecken würde, wo die hindernde Hand des Menſchen fehlt. Hervorzuheben iſt noch, daß die reichliche Humusbeimengung der Steppenböden, welche ihren Urſprung in der Steppenvegetation hat und in der durch Trockenheit während der warmen Jahreszeit ver— hinderten oder doch verminderten Verweſung begründet iſt, bei Be— deckung mit Wald bald zerſetzt wird und faſt völlig verſchwindet. Die Böden nehmen dann eine weißliche Farbe an, ſie werden aſchenfarbig. Unter dem Schutz des Waldes gegen Austrocknung der oberſten Boden— ſchichten ſchreitet, wie auf allen guten Böden, die Zerſetzung raſch voran. Auch die Böden der nordamerikaniſchen Prärien zeigen dieſelbe wohlcharakteriſirte Bodenbeſchaffenheit wie die Schwarzerde Rußlands. Mayr (Waldungen Nordamerikas, München 1890), der die Unterſchiede zwiſchen Wald und Steppe ausſchließlich auf Luft- feuchtigkeit zurückführen will und überhaupt, mit einigen Ausnahmen, den bodenkundlichen Verhältniſſen wenig Aufmerkſamkeit widmet, citirt genügend amerikaniſche Autoren, um ein Urtheil zu ermöglichen. Natürlich ſind in den Wüſtengebieten Nordamerikas genug Flächen, wo der Mangel an Niederſchlägen und überhaupt Trockenheit der Luft jede Waldvegetation hindert, für weitaus die meiſten Prärien mit echtem Schwarzerdeboden iſt dies jedoch zu beſtreiten. Alle Darſtellungen zeigen, 254 Organiſche Reſte im Boden. [$ 67. daß die Verhältniſſe jener Gegenden den oſteuropäiſchen durchaus ähn- lich ſind und man daher auch aus gleichen Wirkungen auf gleiche Urſachen ſchließen darf. 3. In der forſtlichen Praxis gebräuchliche Bezeichnungen für Humusformen. In der forſtlichen Praxis, oder vielleicht richtiger, in den betreffenden Lehrbüchern über Waldbau und Bodenkunde ſind einige Bezeichnungen für Humusformen üblich, die ſich überwiegend auf verſchiedene Aus- bildung des Rohhumus beziehen und der Vollſtändigkeit halber hier mit aufgeführt werden jollen.*) Taub- und Faſerhumus, „ein leichtes, trockenes, kraft- und bindungsloſes Faſerngebilde, hauptſächlich von Deckmooſen und Anger- gräſern“. Hagerhumus, Laubreſte, deren Verweſung durch Sonne und Wind, alſo Mangel an Feuchtigkeit, unterbrochen iſt. Kohliger Humus, der dunkel gefärbte Humus armer Sandböden. Heidehumus, die Rohhumusbildung der Heide (auch als ad— ſtringirender Humus bezeichnet). Wildhumus, der Rohhumus des Heidelbeerkrautes, der Farren— und ähnlicher Waldunkräuter. Vortheilhafter iſt es, die Humusarten nach den Pflanzen, aus denen ſie entſtanden ſind, zu bezeichnen, und ſo die Verſchiedenheiten im Ausſehen und Verhalten zum Ausdruck zu bringen. Im Allgemeinen wird man ſich jedoch mit der früher gegebenen Eintheilung begnügen können. ) Was eigentlich unter Dingen, wie „todter Humus“, „adſtringirender Humus“ zu verſtehen ſei, iſt ſchwer zu ſagen. Es ſind dies Bezeichnungen, die ſich in den Büchern weiter fortſchleppen und die eine ernſthafte Bedeutung überhaupt nicht haben. Der „adſtringirende Humus“ ſoll ſogar Gerbſäure enthalten, trotzdem dieſe ein leicht zerſetzbarer organiſcher Körper iſt und ſicher nicht länger als eine Woche im Boden unverändert bleibt. § 68.] Die Bodenbedeckung und Beſchattung. 255 X. Die Bodendecke. S 68. Die Bodenbedeckung und Beſchattung. Literatur: Wollny, Einfluß der Bodendecke und Beſchattung. Berlin 1877. Ebermayer, Lehre der Waldſtreu. Berlin 1876. Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik X, S. 153; XII, S. 423; XIII. S. 316. Ebermayer, Forſchungen der Agrikulturphyſik XIV, 3. und 4. Heft; XII, 1. und 2. Heft; XIV, 5. Heft. In Bezug auf Waldſtreu außerdem hauptſächlich: Riegler, Mittheilungen aus dem forſtlichen Verſuchsweſen Oeſterreichs. Bd. 1. Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik VII, S. 309; X, S. 415; XIII, S. 134. Bühler in Lorey, Handbuch der Forſtwiſſenſchaft, Bd. 1, Abth. 2, S. 253 (mit ſehr vollſtändiger Literatur). Ramann, Die Waldſtreu. Berlin 1890. Unter Bodendecke iſt hier jede auf den Bodenlagen auflagernde und von dieſen in ihren Eigenſchaften abweichende Bedeckung des Bodens verſtanden. Dieſe kann phyſikaliſch verſchieden ſein (Steine, Sand) oder chemiſch anders zuſammengeſetzt jein (3. B. Humusſchichten, Schnee), oder aus abgeſtorbenen Pflanzenreſten (Stroh, Waldſtreu) oder aus lebenden Pflanzen (Moos, Gras, in ſtrengem Sinne auch aus Wald) beſtehen. In Bezug auf die Wirkung einer Bodendecke können folgende Regeln gelten: 1. Jede Bodendecke ſchwächt die Extreme des Tempe— raturwechſels ab (Ausnahmen bilden Bodenbedeckung mit Steinen und unter beſtimmten Umſtänden mit Sand). 2. Die Bedeckung mit anorganiſchen oder lebloſen orga— niſchen Beſtandtheilen ſetzt die Waſſerverdunſtung des Bodens herab und erhöht hierdurch ſowohl den durchſchnittlichen Waſſergehalt der oberſten Bodenſchicht (im Vergleich mit gleich— artigem unbedecktem Boden), ſowie auch die Menge der Sicker— wäſſer (Ausnahmen bilden für Waſſer ſchwer durchläſſige Schichten, zumal Rohhumus des Waldes). 3. Eine lebende Bodendecke wirkt in Bezug auf die Tem— peratur nach 1; ſetzt jedoch den Waſſergehalt des Bodens und die Menge der Sickerwäſſer durch den bedeutenden Waſſer— verbrauch für phyſiologiſche Zwecke im hohen Grade herab. 56 Die Bodendede. S 68. 1 J. Anorganiſche Bodenderken. 1. Schnee. Literatur: Woeikoff, Einfluß einer Schneedecke. In den geographiſchen Abhandlungen, herausgegeben von Penck, III. Heft 3. Wien und Olmütz 1889. Eine Schneedecke wirkt namentlich auf die Temperatur des Bodens ein. Der Schnee iſt ein ſchlechter Wärmeleiter, dies tritt um ſo mehr hervor, je lockerer, leichter und feinkörniger er ſich ab— lagert; je mehr er durch wiederholtes Thauen und Gefrieren der Struktur des Eiſes ſich nähert, um ſo leichter erfolgt die Leitung der Wärme. Es iſt dies eine Folge der Verminderung der iſolirend wir— kenden Luftſchichten. Schon eine mäßige Schneedecke genügt, um einen abſchwächenden Einfluß auf die Schwankungen der Bodentemperatur auszuüben und den Boden wärmer zu erhalten. Schon die Temperatur in verſchiedenen Tiefen einer Schneedecke zeigt große Unterſchiede. So beobachteten E. und H. Becquerel fol— gende Werthe: 5 16. Dec. 17. Dec. 1879 1879 Lufttemperatur. . — 9,0“ — 10,5 Oberfläche des Schnees . — 8,5“ — 10,5“ 0,05 m im Schnee . — 7,0“ — e 5 . — 5,39 — W 390 — 5 DE 5 „ — 020 % 5 25,39 — 3,00 0% , 7 e — 0 5 — 0,6“ — 173 Natürlich wird die Temperatur des unterliegenden Bodens nicht unter die der benachbarten Schneedecke ſinken können. In unſeren Gebieten kommen daher bei dauernder Schneedecke tief gefrorene Boden— ſchichten kaum vor, und ſelbſt in viel kälteren Klimaten (Sibirien, Ruß- land) genügt der Einfluß des Schnees, um eine verhältnißmäßig höhere Bodentemperatur zu erhalten. Beim Abthauen der Schneedecke kehren ſich dieſe Verhältniſſe natür— lich um, der ſchneefreie Boden erwärmt ſich dann raſcher, zumal er zugleich in der Regel trockener iſt, als der ſchneebedeckte. Die Wirkung der Schneedecke in Bezug auf die Bodentemperatur beſteht alſo in einer Erhöhung derſelben während einer Kälteperiode, und in langſamerer Erwärmung des Bodens beim Abſchmelzen. Beides iſt der Vegetation günſtig. 8 68.] Anorganische Vodendecken. Schnee. 257 Von großer Wichtigkeit, zumal bei mächtiger Schneedecke, iſt die Art des Abthauens für die Waſſerabfuhr, beziehentlich die Hochwäſſer der Flüſſe. Unter dem Einfluß warmer Winde thaut der Schnee ſchnell, das Waſſer läuft oberflächlich von dem noch gefrorenen Boden ab und ver— anlaßt ein raſches Steigen der Flüſſe. Erhöht ſich dagegen die Temperatur langſam, und werden höhere Kältegrade ſeltener, ſo erfolgt entſprechend der allmählichen Temperatur— zunahme ein Aufthauen des Bodens von unten nach oben. Die höhere Temperatur der tieferen Bodenſchichten wirkt ein, und da die Wärmeausſtrahlung nach oben geringer wird, ſo kann ein Boden ſchon bei einer Lufttemperatur von einigen Graden unter Null in der Tiefe zu thauen beginnen. Bei der Wichtigkeit des Gegenſtandes mögen einige Zahlen, die Woeikoff mittheilt, hier im Auszuge folgen. Die Zahlen ſind Mitteltemperaturen dreimaliger täglicher Ableſungen. Der Boden unter 1 m Tiefe hielt ſich dauernd über Null Grad. Mittlere Temperatur des Bodens 1884 der Luft Oberſache Tee Tiefe 2 19. März — 3,3“ — 2,7“ — 1,4 — 1,2“ — 0,4“ 8 mon — 4,7“ — 0,9“ — 0,7 — 0,3“ „ — 1,9“ 200 — 0,9“ — 0,6“ — 0,1“ 5 — 1,7“ — 26° — 0,8“ — 0,5“ — 0, 1“ 8 — 2,9 — 94° — 0,9“ — 0,4“ — 0,0“ 23, — 1,2° — 0,7“ — 0,8“ — 0,4“ + 0,1“ „ — 2,30 — 4,7“ — 0,6“ — 0,4“ + 0,1“ 2. April — 4,8“ — 4,70 — 0,4 — 0,3“ — 2,2“ 5 0,5 — 0,3“ — 0,2 4 0,2“ Be. — 1,10 — 0,3“ — 0,3“ — 0,1“ + 0,2“ Rs — 0,3“ — 1,4 — 0,2“ — 0,1“ — 0,3“ a. + 3,0% — 1,1 + 0,1° — 0,0“ + 0,3“ Der Boden iſt alſo ganz allmählich von unten nach oben auf— gethaut. Jeder Einfluß, welcher das Abthauen verlangſamt, wird daher zugleich eine Verminderung des oberflächlich abfließenden und eine Steigerung des in den Boden eindringenden Waſſers her— beiführen. Der Wald wirkt nun in dieſem Sinne und iſt der einzige auf großen Flächen einwirkende Faktor. Die Schneeſchmelze verzögert ſich im Walde, zumal im geſchloſſenen Nadelwalde oft tagelang; die Temperatur der tieferen Schichten der Ra mann. 17 258 N Die Bodendecke. IS 68. Waldböden iſt an ſich eine höhere, als die der Feldböden, der Procent— ſatz des in die Tiefe abſickernden Waſſers bei der Schneeſchmelze iſt daher ein größerer als auf freiem Felde. Kann man dieſe Einwirkung auch noch nicht zahlenmäßig meſſen, ſo iſt ihr doch eine große Be— deutung zuzuſprechen. a Anſtatt als Frühjahrhochwaſſer ohne Nutzen und vielfach unter Verurſachung von Schaden raſch abzufließen, dienen die Sickerwäſſer zur Erhöhung des Grundwaſſerſtandes und bei dem langſamen Abfluß derſelben zur dauernden Speiſung von Quellen. Hier liegt eine verſtändliche und wahrſcheinliche Einwir— kung des Waldes vor, vielleicht von viel größerer Bedeu— tung als jede andere klimatiſche Beeinfluſſung, welche über das waldbedeckte Gebiet hinausreicht. Es wird zugleich verſtänd— lich, warum der Wald nicht in jedem Jahre gleichmäßig dieſe Wirkung ausübt, da fie überwiegend von den jeweiligen Witterungs- verhältniſſen abhängig iſt. Auch das Verſiegen und anderſeits das Her— vortreten neuer Quellen nach Waldanbau findet ſeine Erklärung. Das erſtere kann auf durchläſſigem Boden ſtatt haben, der ohne Vegetation erhebliche Mengen der ſommerlichen Niederſchläge abfließen läßt, die bei Waldbedeckung von den tiefwurzelnden Bäumen verbraucht werden; das zweite, wenn bei der Schneeſchmelze mehr Waſſer in den Boden eindringt und den Grundwaſſerſtand erhöht. Auf den Waſſergehalt des Bodens, alſo die Winterfeuchtigkeit, hat die Schneedecke in der Regel geringen Einfluß. Mehr als der kleinſten Waſſerkapacität entſpricht, kann kein Boden Feuchtigkeit auf- nehmen. Unſere Böden ſättigen ſich hiermit ſchon bei den regelmäßigen Niederſchlägen in der erſten Hälfte der kälteren Jahreszeit, nur in ganz ſeltenen Fällen wird dies nicht oder nicht völlig geſchehen können. Große Wichtigkeit erlangt dagegen die Schneebedeckung in allen Steppen- gebieten, in denen Böden von hoher Waſſerkapacität vorkommen. Dieſe Böden trocknen im Sommer ſehr ſtark aus und vermögen den Pflanzen nicht die für ihr Gedeihen nothwendige Feuchtigkeit zu liefern, wenn nicht in der kühlen Jahreszeit eine Sättigung des Bodens mit Waſſer ſtatt gefunden hat. (Winter mit geringer Schneebedeckung laſſen 3. B. in den Gebieten der ruſſiſchen Schwarzerde auf eine folgende un- günſtige Ernte ſchließen.) 5 2. Steine. Während alle Bodendecken, die ſonſt in Frage kommen können, ſich durch poröſe, lockere Struktur auszeichnen, ſind Steine feſte Maſſen, welche die Wärme beſſer leiten als der Erdboden. Hieraus erklärt ſich das abweichende Verhalten eines ſteinbedeckten Bodens, gegenüber einem ſteinfreien. Die Temperaturſchwankungen werden hierdurch erhöht. $ 68.] Sand. Phyſikaliſch abweichende Bodenſchichten. 259 Wollny faßt ſeine Unterſuchungen in folgender Weiſe zuſammen: Bei hoher und gleichbleibender Temperatur (wärmere Jahreszeit) iſt ſteinbedeckter Boden etwas wärmer als ſteinfreier. Bei Sinken der Temperatur kehrt ſich dies Verhältniß um. Beim täglichen Maximum iſt ſteinbedeckter Boden meiſt wärmer, beim Minimum kälter als ſteinfreier. Der Waſſergehalt iſt in ſteinbedeckten Böden höher als in ſtein— freien. Die verdunſtende Oberfläche wird vermindert und damit der Waſſerverluſt. 3. Sand. Die Wirkung einer Sanddecke iſt in § 107 bei Beſprechung der Moorkultur, wo ſie am meiſten in Frage kommt, abgehandelt. 4. Phyſikaliſch abweichende Bodenſchichten. Durch Lockerung (Behacken und dergleichen) ſowie durch dichtere Lagerung (Walzen) der oberſten Bodenſchicht erhält dieſe eine von dem unterliegenden Boden abweichende Struktur. In Bezug auf die Temperatur wird jede Vermehrung der ijoli- renden Luftſchichten, alſo Lockerung des Bodens, die Wärmeleitung herabſetzen, jede Verdichtung ſie erhöhen. Im Allgemeinen werden daher lockere Bodenarten etwas kälter aber von gleichmäßigerer Tem— peratur ſein als dichte. Dieſe Verhältniſſe können jedoch durch den verſchiedenen Waſſergehalt und die mit dieſem ſteigende und fallende Verdunſtung ſo ſtark beeinflußt werden, daß ſich das Verhältniß umkehrt. Die Einwirkung auf den Waſſergehalt iſt eine ſehr bedeutende. Eine Lockerung der oberſten Schicht bringt dieſe zum raſchen Aus- trocknen, ſie lagert dann als Decke auf dem unterlagernden Boden, der nicht mehr direkt von der atmoſphäriſchen Luft getroffen wird und hierdurch weniger verdunſtet als bisher. Auch die Unterbrechung der Kapillarleitung wirkt günſtig für die Erhaltung des Waſſergehaltes. Dem entſprechend wird in der Praxis, zumal der landwirthſchaftlichen, von der Behackung (zugleich ſind damit noch andere Vortheile, wie die Entfernung der Unkräuter, Durchlüftung des Bodens verbunden) zur Erhaltung der Bodenfriſche ausgiebig Gebrauch gemacht. Das Walzen bewirkt Erhöhung des Waſſergehaltes in der oberſten Bodenlage und geſchieht namentlich nach der Saat, um dem Samen die zur raſchen Entwickelung des Keimes und der jungen Pflanzen nothwendige Waſſer— menge zuzuführen. Bodendecken abweichender Farbe wirken auf die Abſorption der Wärmeſtrahlen. Bedeckung mit dunkel oder ſchwarz gefärbten Stoffen (Seite 90) erhöht die Bodentemperatur. 260 Die Bodendecke. Ts 69. § 69. II. Wirkung einer Pflanzendecke. Die Einwirkungen einer Pflanzendecke ſind mannigfaltige. Als Regel hat zu gelten, daß ſie um ſo ſchärfer hervortreten, je vollſtändiger die Pflanzen den Boden beſchatten, alſo je blattreicher ſie ſind oder je enger der Stand iſt. Natürlich giebt es hier nach Form und Stellung der Blätter noch mannigfache Abweichungen, aber das Gemeinſame, wie es zumal aus den zahlreichen Arbeiten Wollny's hervorgeht, überwiegt: 1. Die Einwirkung einer Pfanzendecke auf die Tempe— ratur des Bodens ift zunächſt die faſt allen Bedeckungen gemeinſame, eine Erniedrigung der Durchſchnittstemperatur und Ab— ſchwächung der Schwankungen. Hierzu kommt noch der Wärme— verluſt durch die ſtarke Ausſtrahlung der Blätter. Die geringere Temperatur der Waldböden gegenüber Feldböden iſt ſchon Seite 99 beſprochen. g Ueber die Einwirkung einer niederen Pflanzendecke geben nament- lich die Arbeiten von Wollny Auskunft. Den Einfluß auf den täglichen Gang der Temperatur erſieht man vortheilhaft an einem Beiſpiele. Als ſolches iſt ein Quarzſandboden, der die betreffenden Verhältniſſe am charakteriſtiſchſten hervortreten läßt, ausgewählt und die Bodentemperatur in 10 em Tiefe im brachen und grasbedeckten Boden angegeben (nach Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik VI, S. 202, beobachtet am 7. Juli): Boden in 10 em Tiefe Luft⸗ I II Differenz Zeit temperatur brach grasbedeckt II O gegen 1 12 Uhr Nachts . 10,6“ 1 1.02% + 1,0% Dr e OO 14,4° 16,40 12208 . Eur 13,6° 16 — 2,6“ Baar, e 12782 15,6 + 2,8“ 85 19,40 14.8 15,6° + 0,8“ LO, ET 19,4° 16.25 ge 12 „ Mittags 25,4 24,0% 178 eu, De e 27,4% 19,0% — 8,40 A. en DIET 28,6° 19,9° — 8,70 63 „ ee 26,9° 20,0° — 6,9“ 84% 2 420,05 24,2° 19,8° — 4,48 . 3 300 19,98 — 1,8° Mittel! 18,320 Ba Tee Schwankung. . 19,3“ 15,82 4,4°. Natürlich machen fich ſolche große Unterſchiede nur bei Sonnen— beſtrahlung bemerkbar und werden bei trübem Wetter immer geringer. $ 69.] Wirkung einer Pflanzendecke. 261 Aber jedenfalls zeigt das Beiſpiel in auffälliger Weiſe die Abſtumpfung der Extreme und anderſeits die durchſchnittlich kühlere Temperatur des bedeckten Bodens. Die Temperatur desſelben iſt demnach während des täglichen Maximums höher, während des Mini— mums geringer als die des brachen Bodens. In ähnlicher Weiſe gilt dasſelbe auch für die jährlichen Tem— peraturſchwankungen. Der bedeckte Boden iſt in der wärmeren Jahres— zeit kühler, in der kalten wärmer als der unbedeckte Boden. Die Einwirkung der Pflanzendecke erſtreckt ſich auch auf die überlagernde Luftſchicht. Es wirken hier wohl die geringere eigene Temperatur und die ſehr hohe Ausſtrahlung der Pflanzendecke zuſammen. Wollny beobachtete z. B. (a. a. O., Seite 225) an der Bodenoberfläche Differenzen von 1,4“, in anderen Fällen in 0,4 m Höhe Differenzen von 2,1“, um welche die Lufttemperatur über Klee- und Grasfeldern geringer war, als über Brachfeldern. *) Von Wichtigkeit für die Bodentemperatur iſt namentlich noch der Waſſergehalt des Bodens. Viele Beobachtungen werden erſt voll verſtändlich, wenn man dieſen berückſichtigt. Es gilt dies je— doch mehr für die ſpäter zu behandelnden lebloſen Bodendecken, als die mit lebenden Pflanzen beſtandenen Böden. 2. Der Einfluß der Bodendecke auf die Struktur des Bodens, insbeſondere der Bodenoberfläche, iſt ein für die Erhaltung der Lockerheit günſtiger. Die Landwirthſchaft hatte jchon lange die Erfahrung gemacht, daß mit Pflanzen beſtandener Boden viel lockerer blieb, als brach liegendes Feld. Von vielen landwirthſchaftlichen Schriftſtellern wird z. B. die Hauptwirkung der Gründüngung auf die Beſchattung des Bodens zurück geführt, und es iſt die Auffaſſung verbreitet, als ob der Boden durch die zugeführten Pflanzenreſte gewiſſermaßen einer „Gährung“ unterliege, und durch die entweichenden Gaſe aufgebläht werde.“ Auch hier ſind es die Arbeiten Wollny's, welche richtigere An— ſchauungen vermittelten. Er unterſuchte gelockerte Bodenarten, die mit Getreide, beziehungsweiſe Feldfrüchten beſtanden waren, ſowie ſolche im bedeckten (mit 2,5 em Pferdedünger) und unbedeckten Zuſtande und fand übereinſtimmend eine Abnahme des urſprünglichen Vo— lumens; dieſe war aber auf bedeckten oder mit Pflanzen beſtandenen Böden weſentlich geringer als auf frei liegenden. Wollny kommt daher zu dem Schluß (Forſchungen der Agrikulturphyſik 12, S. 36), daß der Lockerheitszuſtand des Bodens durch die Vegetation und die ) Die Unterſchiede können jedoch auch ſcheinbare, durch verſchiedene Beſtrahlung der Thermometer veranlaßte ſein. Der Verfaſſer. **) von Roſenberg-Lipinski, Praktiſcher Ackerbau, u. and. 262 Die Bodendecke. 5 69. Bedeckung mit lebloſen Gegenſtänden nicht erhöht, ſondern nur im höheren Grade erhalten wird, als auf brach liegen— dem Felde. Die Wirkung der Bedeckung iſt um ſo erheblicher, je dichter die Pflanzen ſtehen und je raſcher ſie ſich entwickeln, beziehentlich je lang lebiger ſie ſind. Unter den Feldfrüchten üben die Getreidearten einen mäßigen, die Futterkräuter, ſowie Erbſen, Wicken und dergleichen einen bedeutenden Einfluß aus. Am wenigſten wirkſam ſind Knollen- und Wurzelgewächſe (Kartoffel, Rüben), die dementſprechend auch eine Be— hackung erfordern, das heißt die mechaniſche Arbeit muß den ungünſtigen Einfluß einer oberflächlichen Bodenverhärtung beſeitigen, wenn die Pflanzen gut gedeihen ſollen. Die Verdichtung der Oberfläche iſt auf die mechaniſche Wirkung des fallenden Regens (Wollny a. a. O., Ebermayer, Waldſtreu, S. 286) zurück zu führen. Bekannt iſt die ſchlimme Wirkung, welche ein Platz- regen auf friſch bearbeitete, ſchwere Böden durch Verſchlämmen üben kann. Unbedeckter Boden iſt ſolchen Einwirkungen während des ganzen Jahres ausgeſetzt, und ſie werden durch eine Vegetationsdecke nicht be— ſeitigt, ſondern nur im höheren oder geringeren Maße abgeſchwächt. g 3. Der Einfluß der lebenden Bodendecke auf die Waſſer— zufuhr, d. h. die Waſſermenge, welche von den atmoſphäriſchen Nieder- ſchlägen wirklich die oberſte Bodenſchicht erreicht, iſt ein recht bedeutender. Die Feldfrüchte wirken natürlich nach Art und Dichtigkeit des Beſtandes verſchieden. Wollny (Forſchungen der Agrikulturphyſik 13, S. 331) giebt an, daß von dem gefallenen Regen der Bodenoberfläche zugeführt wurden bei Bedeckung durch: Mais Sojabohnen Hafer Wicken Bohnen Lupinen 5 0 66%‘ o 7 55. Man kann daher annehmen, daß im großen Durchichnitt etwa ein Drittel der ſömmerlichen Niederſchläge auf den Pflanzen hängen bleibt und verdunſtet, ohne dem Boden zu Gute zu kommen. Die Wirkung des Waldes läßt ſich aus den Beobachtungen ableiten, welche durch die forſtlich meteorologiſchen Stationen gemacht ſind. Naturgemäß werden dieſe Zahlen ſchwankende ſein, immerhin geben ſie jedoch ein annäherndes Bild der Verhältniſſe. Es iſt zu unterſcheiden zwiſchen den Niederſchlägen, welche auf den Aeſten und den Blattorganen verbleiben und durch Verdunſtung ver— loren gehen und jenem Theil, welcher am Stamm entlang abläuft, daher zum Boden gelangt aber in aufgeſtellten Regenmeſſern nicht zur Beobachtung kommt. Der Bau der Bäume und noch mehr die vorhandene oder fehlende Belaubung iſt dabei von Einfluß. Man kann die Baumarten nach $ 69.] Wirkung einer Pflanzendecke. 263 der Stellung der Zweige in zwei Gruppen bringen. Einmal in ſolche, bei denen die Aeſte vom Stamm in mehr oder weniger ſchiefem Winkel nach oben gehen (Eiche, Buche u. ſ. w.) und ſolche, welche grad— winkelig abgehende oder nach unten gerichtete Aeſte haben (3. B. Fichte). Bei den erſteren wird die Waſſerabfuhr am Stamm erheblich ſein, bei den letzteren wird das Waſſer dagegen als „Traufe“ an der Peri— pherie der Baumkrone von den einzelnen Zweigen abfließen. Nach den Beobachtungen Riegler's“ betrug die Menge des am Stamme abfließenden Waſſers je nach Dauer und Stärke des Regens 2— 20%; im Durchſchnitt wird man es zu S—10°/, annehmen können. Nach den Aufzeichnungen der forſtlichen, meteorologiſchen Beob— achtungsitationen**) betragen die Regenmengen unter den Baumkronen, gegenüber der Regenhöhe des freien Feldes: TV en ww / ͤ ccc Ze „ Buche (belaubt, Mai bis Oktober). 77, 5 5 (unbelaubt, Oktober bis Mai) 100 „ * Je reichlicher und dauernder die Regen ſind und in je größeren Tropfen ſie fallen, um ſo mehr wird der Widerſtand der Pflanzen überwunden. Der Procentſatz des dem Boden zugeführten Waſſers iſt daher ein ſehr verſchiedener. Geringe und namentlich in ſehr feinen Tropfen fallende Nieder— ſchläge gelangen kaum zum Boden und ſind in der Regel für die Vegetation ohne Bedeutung. Wenn dieſe trotzdem nach ſolchen erfriſcht erſcheint, ſo beruht dies wohl auf der zeitweiſen Herabſetzung der Transpiration infolge größerer Luftfeuchtigkeit. 4. Der Einfluß einer lebenden Pflanzendecke auf den Waſſergehalt des Bodens iſt ein für die höheren oder tieferen Bodenſchichten verſchiedener. Die Oberfläche bewachſener Böden und die unmittelbar benachbarten Lagen ſind feuchter als die frei liegender Böden. Es beruht dies auf der durch die Pflanzendecke gehemmten Luftbewegung, der niederen Temperatur nnd der hierdurch verminderten Verdunſtung, vielleicht auch darauf, daß Thauniederſchläge dem Boden erhalten bleiben. Dieſe Thatſachen haben lange Zeit zu der Meinung geführt, daß bewachſener Boden überhaupt feuchter ſei, als brach liegender. Erſt die Mittheilungen aus dem forſtl. Verſuchsweſen Oeſterreichs, II, Heft 1, S. 201. **) Ebermayer, Die phyſikaliſche Einwirkung des Waldes auf Luft und Boden. Berlin 1873. — Müttrich, Jahresbericht der forſtlichen meteorologiſchen Stationen. Berlin I XV. *) Bühler, Mittheilungen des ſchweizer forſtlichen Verſuchsweſen II, S. 127. Dieſe Arbeit konnte leider nicht mehr eingehend benutzt werden. 264 Die Bodendecke. 5 69. Beobachtungen von Wilhelm, Breitenlohner und Schumacher“) zeigten, daß der mit Pflanzen beſtandene Boden waſſerärmer als ein nackter iſt, was die zahlreichen Beobachtungen Wollny's allſeitig be— weiſen. Namentlich der letztere Forſcher hat aus den früheren verein- zelten Beobachtungen erſt die allgemeinen Geſetze abgeleitet und ihre Bedeutung dargelegt. Alle von lebenden Pflanzenwurzeln durchzogenen Boden— ſchichten ſind waſſerärmer als unbewachſene. Die Pflanzen verbrauchen große Waſſermengen für die Transpiration und entnehmen dieſe dem Boden. So verdunſteten z. B. nach Wollny für je 1000 gem Bodenober- fläche in Gramm (vom 15. April bis 31. Oktober 1875): Sand Lehm Torf grasbedeckt brach grasbedeckt brach grasbedeckt brach 47355 18312 51721 33899 55630 30290. Natürlich iſt die Verdunſtung nach Pflanzenart, Standdichte und Waſſergehalt des Bodens verſchieden. Auch für die Waldbäume gelten dieſe Geſetze und machen ſich ſelbſt in Gebieten mit hohen Niederſchlagsmengen bemerkbar. Die Unter- ſuchungen des Verfaſſers“*) haben dies für die Sandböden erwieſen und die Ebermayer's* * zeigen dasſelbe für die Lehmböden Oberbayerns. Die Ebermayer'ſchen Unterſuchungen ergaben im Sommer, wo die vegetative Thätigkeit am größten iſt, in 25 — 60 jährigem Fichtenwalde einen etwa 3% geringeren Waſſergehalt des Bodens, als auf freiem Felde. Selbſt bei den hohen Niederſchlägen jener Gebiete, die geradezu eine ausgeſprochene „ſömmerliche Regenperiode“ haben, überwiegt die Verdunſtung gegenüber der Waſſerzufuhr. In viel höherem Maße macht ſich dies in Gegenden mit geringeren Regenmengen, wie z. B. im nordiſchen Flachlande geltend (vergl. S. 21). 5. Der Einfluß einer Bodendecke erſtreckt ſich auch auf die Zuſammenſetzung der Bodenluft. f) Seite 13 iſt gezeigt worden, daß eine der hauptſächlichſten Quellen der Kohlenſäure der Bodenluft die Zerſetzung der organiſchen Reſte iſt. Alle Bedingungen, welche die Verweſung befördern, alſo namentlich höhere Temperatur und reichlicher Waſſergehalt, werden auch die e im Boden ſteigern. *) Literatur in Forſchungen der Agrikulturphyſik, Bd. 10, S. 278. Forſchungen der Agrikulturphyſik, Bd. XI, S. 201 und Bd. VIII, S. 67. en) Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1889, S. 1. 7) Literatur: Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, Bd. 3, S. 1 Ebermayer, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1890, S. 161. $ 69.] Wirkung einer Pflanzendecke. 265 Dem entſprechend iſt die Luft bracher Böden während der warmen Jahreszeit reicher an Kohlenſäure, als die mit Pflanzen bedeckter. Namentlich wirken ſtark verdunſtende und tiefwurzelnde Gewächſe ver— mindernd ein. Wollny fand in mit Gras beſtandenem Boden im Durchſchnitt noch nicht ein Viertel der Kohlenſäure wie im brachen Boden. In der kalten Jahreszeit kehrt ſich dies Verhältniß um, und enthalten letztere etwas weniger Kohlenſäure, als die erſteren. In bewaldeten Böden fand Ebermayer die Luft durchweg ärmer an Kohlenſäure, als im gedüngten Acker. Die Verhältniſſe in den Waldböden ſind überhaupt ſehr komplexer Natur und am meiſten von der Temperatur, dann vom Waſſergehalt und der Beſchaffenheit der Bodendecke abhängig. In Fichtenbeſtänden verſchiedenen Alters (Forſtrevier Bruck in Oberbayern) enthielt die Bodenluft von Juli bis November durchſchnitt— lich folgende Mengen an Kohlenſäure (in 70 em Tiefe): 25jähriges Fichtenholz „ 6,73 % CO, 50 2 ee 120 „ 5 ERTL REN Vegetationsloſer Boden!) 7,26 „ „ Ebermayer erwähnt, daß die ſtarke Beſchattung im Jungholz und die dadurch verminderte Erwärmung und Waſſerführung das Zurück— bleiben der Kohlenſäurebildung veranlaßt, Bedingungen, welche bei den älteren Hölzern zurücktreten. Im Boden unter Buchenbeſtänden war die Luft immer beträcht— lich ärmer an Kohlenſäure, als unter Fichten oder ſelbſt im brachen Boden. Im Forſtrevier Kaſten bei Planegg enthielt in 70 em Tiefe die Bodenluft vom Juni bis Oktober unter: Buchen (60 jährigßn . 7,15 Vol. % CO; Fichten (60 jährigß) 17,15 „ „ " Im Univerſitätsgarten in München in den Verſuchsgefäßen enthielt die Bodenluft im Frühjahr und Sommer: in 15 em Tiefe in 70 em Tiefe unter Fichten (S jährig) 1,33 Vol. % „ 10,03 Vol. % CO; „ Buchen (Sjährig) 0,67 „ „ 172252170 im brachen Boden. 1,43 „ „ A Es zeigt ſich alſo, daß die Böden des Buchenbeſtandes durchweg erheblich ärmer an Kohlenſäure ſind, als die unter Fichten. Ebermayer ) Als „humusfrei“ bezeichnet, wahrſcheinlich ohne humoſe aufliegende Schicht und ohne Streudecke. 266 Die Bodendecke. [Ss 69, 70. führt dies mit Recht auf die beſſere Durchlüftung des Erdreichs durch die zahlreichen und tiefgehenden Buchenwurzeln zurück. Wahrſcheinlich iſt die „bodenverbeſſernde“ Wirkung der Buche überwiegend auf die ſtarke Durchlüftung des Bodens zurück zu führen. Da einem hohen Kohlenſäuregehalt in humusreicheren Böden eine ſtarke Abnahme des Sauerſtoffs in der Bodenluft entſpricht, jo liegt kein Grund vor, einen ſolchen an ſich als Vortheil für die Vegetation zu betrachten, vielmehr kann man in der geſteigerten Kohlenſäuremenge ein Zeichen mangelnder Durchlüftung und des Bodenrückganges ſehen. $ 70. III. Die Waldſtreu. Im Walde ſammelt ſich aus den Reſten der auf dem Waldboden lebenden Pflanzen eine Bodendecke an. Dieſelbe beſteht in Buchen- wäldern und in den jüngeren Beſtänden geſchloſſener Nadelhölzer über— wiegend aus Abfällen des herrſchenden Beſtandes (Laub, trockenen Zweigen, Knospenſchuppen und dergleichen); im höheren Alter machen im Nadelwalde Mooſe ſowie Gräſer und Halbſträucher (Heide, Beer— kraut) und andere Waldpflanzen einen beträchtlichen, oft ſogar über- wiegenden Theil der Streudecke aus. Das Verhalten der einzelnen Streubeſtandtheile iſt wiederholt unterſucht worden. Im Folgenden ſind die wichtigſten Reſultate zu— ſammengeſtellt. ö 1. Laubſtreu. Ganz überwiegend kommt hierbei die Buche in Frage, in be— ſchränkterem Maße Weißbuche, Eiche und . ſowie die zahl- reichen Holzarten der Niederwälder. Friſche Laubſtreu läßt bei lockerer Lagerung 5 im trockenen Zuſtande Waſſer leicht durchdringen, während ſie ſelbſt nur wenig zurück— hält. Je weiter die Zerſetzung fortgeſchritten iſt, und je mehr ſich die Streu in ihren Eigenſchaften den humoſen Stoffen nähert, um ſo höher iſt die Waſſerkapacität und um ſo geringer die Durchläſſigkeit für Waſſer. Lagern ſich die Blätter dicht zuſammen und bilden ſie eine feſte Decke, was zumal bei Buche eintritt (erſter Beginn der Roh— humusbildung), ſo ſind die verklebten Blattſchichten im hohen Grade waſſerundurchläſſig.) Selbſt ein Waſſerdruck von 10 em Höhe vermag nicht die Schicht, gleichgültig ob im trockenen oder bereits angefeuchteten Zuſtande, zu durchdringen. Tritt Waſſer endlich durch, ſo geſchieht dies an einer einzelnen Stelle, wo ein Zerreißen der Streuſchicht ſtatt— N hat. 2 n zumal nach Riegler, Mittheilungen aus dem öſterreichiſchen forſtlichen Verſuchsweſen II, 6. * S 70.] Die Waldſtreu. 267 Von den Blattreſten der Waldbäume zeigen dies Verhalten zu— meiſt nur die der Buche und Weißbuche, ſelten die der Eiche. Die übrigen Baumarten treten zu ſparſam auf, haben zudem meiſt fleiſchigere, leichter zerſetzbare Blätter oder gedeihen, wie Ahorn, Eſche, Elsbeere, nur auf reicheren Bodenarten und in gemiſchten Beſtänden, welche der Rohhumusbildung an ſich ungünſtig ſind. 2. Nadelſtreu. Die Nadelſtreu iſt im Allgemeinen langſamer zerſetzbar, als die meiſten Laubſtreuſorten; ſammelt ſich daher unter geſchloſſenen Fichten— und Tannenbeſtänden oft in erheblicher Menge an. Die Form der Nadeln verhindert aber zunächſt ein dichteres Zuſammenlagern, zumal gilt dies für Kiefer und Schwarzkiefer, während die Abfälle der Fichte und ſeltener die der Tanne Rohhumus bilden und ſich zu dichten Maſſen zuſammenlagern, welche im trockenen Zuſtande für Waſſer ſchwer durch— läſſig ſind, im feuchten jedoch ſo viele Poren zeigen, daß die Nieder— ſchläge ſie noch zu durchdringen vermögen. (Riegler.) 3. Moosſtreu. Die Wirkung der Mooſe als Streudecke iſt verſchieden, je nach— dem ſie locker dem Boden aufliegt (3. B. die Hypnumarten der Nadel— wälder) oder mit ſtark ausgebildeten Wurzelhaaren, welche in die unter— liegende Bodenſchicht eindringen, ausgerüſtet ſind (3. B. Dicranum), oder in dichten geſchloſſenen Polſtern wachſen (Leucobryum, Sphagnum). Die Waſſerleitung erfolgt in den Mooſen in verſchiedener Weiſe, doch entziehen ſie dem Boden kein oder nur wenig Waſſer, ſie ſind für ihre vegetative Thätigkeit auf die Zufuhr von flüſſigem Waſſer ange— wieſen. Nach der Art der Waſſerleitung kann man drei Gruppen unterſcheiden: a) Die Waſſerleitung erfolgt in den Kapillarräumen, welche die Blätter der Mooſe bilden. (Die meiſten Hypneen.) b) Mooſe, welche das Waſſer durch dichte Wurzelhaare, die einen Filz um den unteren Theil des Moosſtammes bilden (Poly- trichum, Dieranum) feſthalten. e) Die Waſſerleitung erfolgt durch die dem Stamme dicht an— liegenden Aeſte (Sphagnum acutifolium) oder in weiten groß— porigen Zellen des Stammes (Typus des Sphagnum eymbi- folium). Aus dieſen Thatſachen folgt, daß ſich die Moosarten in Bezug auf die Waſſeraufnahme und Waſſervertheilung verſchieden verhalten. Im Ganzen laſſen ſie abgetrocknet zunächſt reichlich Waſſer durchtreten und ſättigen ſich allmählich mit Feuchtigkeit. Oltmanns, Die Waſſerbewegung in der Moospflanze u. ſ. w. Inaugural⸗ Diſſertation. Straßburg 1884. 268 Die Bodendede. EE 70, 71. Der Vergleich der Moosdecke im Walde mit einem Waſſer auf⸗ ſaugenden Schwamm hat daher viel Berechtigung. 4. Heide und Beerkräuter, Gras, Farrenkraut. Beſteht ein großer Theil der Bodendecke aus lebenden Pflanzen, ſo werden alle in ſtärkerem oder geringerem Grade die Erſcheinungen hervortreten laſſen, welche überhaupt einer lebenden Pflanzendecke eigen— thümlich ſind. Unterſuchungen über dieſen Gegenſtand fehlen faſt völlig. s 71. 1. Das Verhalten der Streudecken. Es iſt vortheilhaft, die Einwirkung der Streudecke in Bezug auf Temperatur, Verdunſtung und Aufnahmefähigkeit des Waſſers im Zu— ſammenhang zu behandeln. Als Regel muß auch hier gelten, daß eine Streudecke im Walde dieſelben Dienſte leiſtet, wie jede andere Boden— bedeckung, nämlich die Temperaturextreme abzuſchwächen und die Verdunſtung bei ſonſt gleichen Verhältniſſen herab zu ſetzen. Wie weit eine Uebertragung der bisher experimentell gewonnenen Reſultate für die Waldböden zuläſſig iſt, wird ſpäter dargelegt werden. a) Temperatur. Die Temperatur verſchiedener Sittensen it von Wollny unter- ſucht worden, welcher die Temperatur ſtärkerer Streulagen (zweimalige tägliche Ableſung) mit der eines humoſen Kalkſandes in 10 em Tiefe verglich. Vom April bis September hatten: humoſer Kiefern- Fichten⸗ Eichen⸗ Kalkſand nadeln nadeln laub Moos Morgentemperatur. 13,24 14,51 15,25 15,00 14,66 Abendtemperatur . 19,11 18,16 18,62 18:94 1 Eine Schicht von Fichtennadeln zeigt demnach die höchſte, Moos die geringſte Erwärmbarkeit. Es ſind dies Thatſachen, die mit dem Waſſergehalt und der Art der Lagerung eng verknüpft find, die immer- hin als Anhalt für die Verhältniſſe in der Natur dienen können. Die Einwirkung auf die unterliegenden Bodenſchichten iſt eingehend von Wollny (Forſchungen der Agrikulturphyſik, Bd. 13, S. 167) unter- ſucht worden. Er fand für die wärmere Jahreszeit (Mai bis Oktober) folgende Verhältniſſe (in 15 em Tiefe): Morgens Abends Differenz B ae 20 17,09 4,30% Bodendecke von: 2,5 em Kiefernnadeln. 13,48 15,07 1,59 2,5 „ Fichtennadeln. 13,58 14,95 137° 2,5 % Eichenlaub 14,75 1,55 § 71.] Das Verhalten der Streudecken. 269 Bodendecke von: Morgens Abends Differenz 2,5 em Buchenlaub . 13,18 14,73 1,55° 13,52 14,84 1,320 4 14,40 0,760 5 „ 1383,79 14,16 0,370 Die Abſchwächung der Extreme tritt ganz ſcharf hervor, ebenſo, daß die ſtreubedeckten Böden beim Maximum der Temperatur kühler, beim Minimum wärmer ſind, als nackter Boden. Es ſind dies Verhältniſſe, wie ſie in höherem oder geringerem Grade jede Bodendecke hervorbringt, und iſt es durchaus zuläſſig, ſie auf die Waldböden zu übertragen. Nennenswerthe Unterſchiede treten für die einzelnen Streuſorten nicht hervor; die Wirkung wird eine um ſo ausgeſprochenere, je mächtiger die aufliegende Schicht iſt. Feuchtigkeit. b) Waſſerkapacität. Die Waſſerkapacität der verſchiedenen Streuſorten iſt zumal für ihre Anwendung in der Landwirthſchaft wichtig, da ſie einen Maßſtab für die aufnehmbare Flüſſigkeit abgiebt. Für den Wald erlangt ihre Kenntniß Bedeutung, weil die Streu je nach ihrer Art und Mächtigkeit ſehr verſchiedene Waſſermengen binden und ebenſowohl dem Boden vorenthalten kann, wie ſie anderſeits den Waſſerabfluß zu mäßigen vermag. Als Mittel aus den zahlreichen vorliegenden Beſtimmungen können folgende gelten. Nach Ebermayer: Nach Wollny: Lehre der Waldſtreu, Tab. VI, Forſchungen der Agrifultur- Seite 105. phyſik 7, Seite 315. Gew. % Vol. % Gew. 9% Vol. % Roggenſttohh . — 20,3 304 32,1 Moos (Hypnum) . 283 2779 257 39,5 Farrenkraut 259 15,4 — — Buchenlaub. . . 233 757 27 39,5 Fichtennadeln . . 150 24,8 161 31,5 Kiefernnaden . . 143 16,0 207 28,9 131 5 — — e) Verdunſtung der Streu. Im engſten Zuſammenhang mit der Waſſerkapacität ſteht die Ver⸗ dunſtung der Streumaterialien. Wollny beſtimmte den durchſchnittlichen Waſſergehalt der wich— tigſten Waldſtreuſorten während zweier Jahre. In Bolumprocenten , betrug derſelbe: 270 Die Bodendecke. 18 71. Eichen⸗ Buchen⸗ Fichten⸗ Kiefern- laub laub nadeln nadeln Moos bei 5 em Mächtigkeit 50,8 — 38,98 — 19,8 75 = 45,4 39,8 41,7 36,3 — Bei verſchiedener Mächtigkeit der Streuſchicht: > cm 10 cm 20 cm 30 cm Eichenlaub. 50,8 52,99 53.1 45,4 Fichtennadelnn . 38,98 40,8 410 400 Die Verdunſtung ſteht mit dem Waſſergehalt der Streuſchicht (mit Ausnahme des Mooſes) im engen Zuſammenhang. Am ſtärkſten verdunſtet Moosſtreu, die überhaupt den raſcheſten Wechſel im Waſſergehalte zeigt, offenbar in Folge der lockeren Struktur der Moosraſen, welche der Luftbewegung wenig Schwierigkeiten bietet, dann folgen Eichenlaub, Buchenlaub, Kiefern- und Fichten- nadeln, ohne daß ſich aber unter den letzteren weſentliche Unterſchiede zeigen. d) Waſſergehalt der ſtreubedeckten Böden. Sickerwaſſer— mengen. Während die bisher beſprochenen im Laboratorium gewonnenen Reſultate auf die Verhältniſſe des Waldbodens übertragbar ſind, gilt das Gleiche nicht in Bezug auf die waldbaulich wichtigſte Frage des Waſſergehaltes ſtreuberechter oder ſtreubedeckter Waldflächen. Die ſämmtlichen vorliegenden Verſuche beſchäftigen ſich ausſchließ— lich mit Bodenarten, auf denen nur Streuſchichten aufliegen, die im Walde ſich faſt überall findende, humoſe Bodenſchicht, welche unter der Streu und über dem Mineralboden lagert, iſt nirgends berückſichtigt worden. Hierdurch iſt es veranlaßt, daß die bisher im Walde angeſtellten Unterſuchungen ſich im Gegenſatz zu den im Laboratorium aus— geführten befinden.“) Die Laboratoriumsverſuche ergaben übereinſtimmend, daß eine. Streudecke den Boden vor Verdunſtung ſchützt, derſelbe deshalb während der wärmeren Jahreszeit dauernd waſſerreicher ſei, als freiliegender; ferner, daß die Streudecke die Sickerwaſſermengen weſentlich erhöhe. Die humoſe Schicht der Waldböden mit ihrer hohen Waſſer— kapacität und dem entſprechend erhöhter Verdunſtung kann, auch bei geringer Mächtigkeit, dieſe Verhältniſſe völlig umkehren. Ferner iſt der *) Ein fprechender Beweis, daß, wer forſtliche Bodenkunde beziehungsweiſe Standortslehre treiben will, zunächſt mit den Verhältniſſen des Waldes vertraut ſein muß. Es liegt mir völlig fern, den Herren, welche die betreffenden Unterſuchungen anſtellten, aus dem Ausgeſprochenen einen Vorwurf machen zu wollen. Darum iſt es nicht weniger nothwendig, ſich darüber völlig klar zu ſein, daß wir über die Waſſerführung im Waldboden und über die Wirkung der Streudecke darauf ſo gut wie noch gar nichts wiſſen! § 71.] Das Verhalten der Streudecken. 271 Unterſchied zwiſchen völlig nackten und den ſtreuberechten Böden des Waldes zu berückſichtigen. Dieſe ſind in Nadelwäldern ausnahmslos, in den Laubwäldern, wenn nicht gerade im Herbſt nach dem Laubfall gerecht wird, mehr oder weniger mit einer dünneren oder dickeren Schicht von Abfällen bedeckt, ebenſo oft finden ſich ſchwache Decken von Haftmooſen (zumal Dieranum scoparium). Schon hieraus ergiebt ſich, daß Reſultate von Verſuchen, welche Böden mit meiſt erheblich mäch— tigen Streuſchichten und völlig kahle vergleichen, auf den Wald nicht voll übertragbar ſind. Großen Einfluß übt ferner noch die Ausbildung der Humusſchicht, ob dieſe locker und einer raſch fortſchreitenden Zerſetzung fähig iſt oder ſich dicht, in trockener Zeit faſt nach Art einer ſchwachen Filzdecke auf dem Boden auflagert; alle dieſe Verhältniſſe wirken auf den Waſſer— gehalt des Bodens ein und werden dafür in vielen, ja ſogar den meiſten Fällen maßgebend. Im Wald angeſtellte Beobachtungen liegen vom Verfaſſer*) und aus neueſter Zeit vom Forſtkommiſſar Schmidt“) vor. Erſterer unterſuchte den Waſſergehalt berechter und gejchonter Kiefernböden auf Diluvialſand; der letztere von Kiefernböden auf Buntſandſtein. Der Boden der vom Verfaſſer unterſuchten Eberswalder Streufläche war mit einer dünnen Schicht von Nadeln und ſonſtigen Abfallreſten der Kiefern und nur an wenigen Stellen mit etwas Dieranum scopa- rium bedeckt, ganz vereinzelt kam Heide vor; die Bodendecke des un— berührten Beſtandes ſetzte ſich aus Hypnumarten, Cladonien und den Abfallreſten der Kiefern zuſammen. Die Unterſuchungen des Waſſergehaltes ergaben während der Vegetationszeit (Mai bis September): in 25—30 em in 50—55 em in 75 — 80 cm Tiefe Tiefe Tiefe berechter Boden. . 3,79% 3,42% 3,48 % unberechter Boden. 3,87 „ 3.03. „ 3:05 Die oberſten Bodenſchichten zeigten wechſelnde Verhältniſſe, die tieferen ergaben einen durchſchnittlich höheren Waſſergehalt der ſtreu— berechten Flächen. In allen weſentlichen Punkten Gleichartiges zeigen die Beobachtungen Schmidt's für Buntſandſteinboden. Die Bodendecke der unberechten Flächen beſtand aus einer etwa 5 em ſtarken Lage von lockerem Rohhumus mit Moos, Heidelbeere und Heide bedeckt, die der berechten Flächen aus ſehr dünnem, aber 20 ) Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1883. S. 633. Berichtigte Zahlen im forſtwiſſenſchaftlichen Centralblatt 1891, S. 614. **) Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1890, S. 308. 272 Die Bodendecke. J dicht verklebtem, filzartigem Rohhumus und Abfallreſten des Kiefern- beſtandes.“) f Der Boden enthielt in 0,1 —0,2 m Tiefe im Durchſchnitt des Jahres auf berechtem wie unberechtem Boden 13,7% Feuchtigkeit. In Trockenperioden enthielt: der berechte Boden . 10,15 %% Waſſer der ſtreubedeckte Boden. 10,6 „ N In feuchten Perioden: der berechte Boden. . 16,6% Waſſer der unberechte Boden 16, 5 Aehnliche Verhältniſſe zeigen auch die anderen mitgetheilten Unter— ſuchungen, die während einer Trockenperiode 0,7— 1,7% weniger Waſſer in den oberſten Bodenſchichten ergeben. Bedenkt man jedoch, daß die tieferen Bodenlagen in berechten Waldböden faſt immer erheblich feuchter ſind, als in ſtreubedeckten und die Unterſchiede überhaupt gering ſind, ſo wird man die Waſſerführung des Bodens ſchwerlich als entſcheidend für die Wirkung einer Streu— decke bezeichnen können. Faßt man zuſammen, was bisher aus den Beobachtungen im Walde hierüber abzuleiten iſt, ſo iſt es etwa das Folgende: Völlig nackter Boden iſt waſſerärmer als mit mäßigen Streu— ſchichten bedeckter. Ein Buchenbeſtand mit ſchwacher aufliegender Laub decke kann daher nach deren Entfernung ſehr wohl waſſerärmer ſein, als vorher. Dünne Streulagen ohne unterliegende Humusſchichten ſind für die Waſſerzufuhr am günſtigſten. Auch geringe Nieder— ſchläge vermögen dann in den Boden einzudringen, und die Verdunſtung wird ſoweit gehindert, daß ein ſolcher Boden während der Vege— tationszeit die reichlichſten Feuchtigkeitsmengen zur Verfügung hat. Iſt die Streudecke ſehr dünn, ſo kann die Verdunſtung ſo ſtark werden, daß die oberſten Bodenſchichten während Trockenperioden weniger Waſſer enthalten, als Böden mit ſtarker Streudecke. Mächtige Streudecken vermögen jo viel Waſſer in ſich aufzu- nehmen und zu verdunſten, daß die Zufuhr an Feuchtigkeit für den unterliegenden Boden verringert wird. Dicht gelagerte (auch dünne) Rohhumusſchichten verhalten ſich mächtigen Streudecken ähnlich. ) Verfaſſer hatte Herbſt 1891 Gelegenheit, während eines Ferienaufenthaltes in Thüringen die betreffenden Flächen unter gütiger Führung des Herrn Forſt— kommiſſar Schmidt zu ſehen. Die lehrreiche Exkurſion ermöglichte es ihm, ein Urtheil über die dortigen Verhältniſſe zu erlangen, die in ſehr vieler Beziehung von denen der Diluvialböden abweichen. Ss 71, 72.] Verhalten der Streudecken. Chemiſche Verhältniſſe. 273 Die Oberfläche und oberſte Bodenſchicht ſtreuberechter Flächen ſind einem größeren Wechſel im Waſſergehalt ausgeſetzt als ſtreubedeckter; in Trockenperioden ſind ſie trockener, in Feuchtperioden waſſerreicher. e) Sickerwaſſer und abfließendes Waſſer. Man hat vielfach Werth auf die Menge der Sickerwäſſer gelegt, welche aus ſtreuberechten und ſtreubedeckten Waldböden abfließen. Die— ſelben Bedenken, welche der Uebertragbarkeit der analytiſch gewonnenen Daten über Waſſergehalt der betreffenden Böden entgegenſtehen, ſind in noch verſtärktem Maße gegen die herrſchenden Annahmen, daß ſtreu— bedeckte Flächen mehr Sickerwaſſer liefern, zu erheben. Unterſuchungen unter Verhältniſſen, wie ſie der Wald bietet, fehlen noch völlig. Der durchſchnittlich höhere Waſſergehalt der berechten Flächen in mäßiger Tiefe, die Beobachtungen über die geringe Durchläſſigkeit humoſer Bodenarten, endlich die tiefgehende Auswaſchung, welche Sandböden bei Streuentnahme zeigen, machen es im höchſten Grade wahrſcheinlich, daß eine Steigerung der Menge der Sickerwäſſer in berechten Böden ſtattfindet. Ausnahmen werden nur dann ſtattfinden, wenn durch maßlos fortgeſetzte Entblößung des Bodens eine ſo ſtarke Ver— dichtung der Oberfläche ſtattgefunden hat, daß hierdurch das Eindringen des Waſſers erſchwert wird, und es oberflächlich abläuft. Von viel größerer Bedeutung erſcheint dagegen der mechaniſche Widerſtand, welchen eine Streudecke dem oberflächlichen Abfließen des Waſſers an Gehängen entgegenſetzt. Können auch Hochwäſſer hierdurch nicht verhindert werden und kann ebenſowenig die Waſſerkapacität der Streudecke eine nennenswerthe Minderung der Hochwäſſer herbeiführen (ſie finden faſt ausnahmslos in Zeiten ſtatt, wo die Streudecke ſchon vor— her mit Waſſer geſättigt iſt), ſo iſt doch unter Umſtänden ſchon ein durch Verlangſamung der Waſſerabfuhr bewirkter Gewinn von wenigen Stunden bei Hochwaſſergefahr von hohem Werthe. Laſſen ſich ſolche Dinge auch ſchwer in Zahlen ausdrücken, ſo iſt ihre Wichtigkeit doch offenkundig. “) g § 72. 2. Chemiſche Verhältniſſe. a) Mineralſtoffgehalt der Waldſtreu. Ueber den Mineralſtoffgehalt der Waldſtreu liegen ſehr zahlreiche Unterſuchungen vor. Es iſt daher möglich, ein Bild der Mengen ver— ſchiedener Nährſtoffe zu erhalten, welche ſich in der Streudecke anſammeln, durch ihre Verweſung dem Boden zurückgegeben werden, beziehentlich bei Streunutzung zur Ausfuhr kommen. ) Man vergleiche Bühler, im Bericht über die Verſammlung deutſcher Forſt— männer zu Dresden 1889. Berlin bei Springer. Ramann. 18 274 Die Bodendecke. (8 72. Die Streumengen wechſeln nach Baumart, Baumalter und Stand— ortsverhältniſſen, ſie ſind ferner für die einzelnen Jahre je nach den Witterungsverhältniſſen verſchieden und natürlich auch von der Wieder— kehr der Streuentnahme abhängig. Die folgende Zuſammenſtellung giebt Durchſchnittszahlen für die jährlichen und die einmaligen Streuerträge im lufttrockenen Zuſtande, die Menge der darin enthaltenen Nährſtoffe und den Geldwerth für je 1000 kg (Stickſtoff = 1 Mk.; Phosphorſäure = 0,3 Mk.; Kali — 0,2 Mk. gerechnet). Im Streuertrag ſind enthalten Geldwerth der Ertrag | (bei 10% Feuchtigkeit der [ Nährſtoffe in für Streu) 1000 kg Streu e F et Hektar = 2 25 a — 8 2 8 3 85 2 inn K S SS 100 kN — Ser SG & S se > 75 DZ S S a 8 S 8 4 kg kg kg kg kg kg Mark Mark ae lass | Rothbuche: | IR | I.— III. Ertragsklaſſe von | 20 — 60 Jahren | | 8 8,2 38 IV. u. V. Ertragsklaſſe = VV 20 - 100 Jahren. . I. — III. Ertragsklaſſe von 14,7 138 Trocken- jubftans | ? 64,9 24,80 7,4 4,1 4,9 2 6,5 60 — 100 Jahren. 50 70,0244,0,(12,2.110, 716.212, Einmalige Nutzung in ge⸗ ſchloſſenen Beſtänden . 90 108,0(440,0 21,9 199,329,222,7 Kiefer: J. — III. Ertragsklaſſe von a 20 — 100 Jahren 30 24,6 38,144,050 14,30 3,9 3,2 IV. u. V. Ertragsklaſſe von 20 — 100 Jahren. 20 16,4 25,4 2,7 9,5 2,5 20 9 en 1 5 8 140 114,7 177,7 18,9 66,8117,6 15,1 | Desgl. IV. u. V. Ertragskl. 100 819,126,913, 47,7 12,6 10,8 Fichte: N Era 35 33,445, 2 4,3) 58,0 6,6 00 115 Einmalige Nutzung .. 150 143,00622,3 18,2 248,4 28,330, 5 Heide )) in je 12,5| 20,8 2,7 4,5 3,01 1,4 134 | 0,9 Moos ce 14,00 27,4 4,5 3,9 1,7 2,1 15,5 1.5 Farrenkraut ) Die Streuerträge ſind ausführlich zuſammengeſtellt in Danckelmann, Ablöſung der Waldgrundgerechtigkeiten III, Tab. 26—29; die Angaben über Geld— werth der Streu, Tab. 25 $ 72.] Chemiſche Verhältniſſe der Waldſtreu. 275 b. Die Zeitdauer, welche die verſchiedenen Streudecken bis zu ihrer vollen Verweſung gebrauchen, weichen bei normalen Verhältniſſen viel weniger von einander ab, als man nach dem Unter— ſchiede im anatomischen Bau von Nadeln und Laub glauben ſollte. Die zahlreichen Aufnahmen der Verſuchsſtationen zeigen dies ſofort, wenn man den Ertrag von jährlich und mehrjährig gerechten Flächen vergleicht. Aus der Anſammlung von Streu läßt ſich ein Rückſchluß auf die Zeitdauer der Zerſetzung machen. Nach den Zuſammenſtellungen“) der Verſuchsergebniſſe verhält ſich der Ertrag der Streuflächen für bei jährlicher 2 jähr. 4jähr. 6 jähr. Nutzung Buche wie 1 2457 288 = Kiefer wie 1 SLR 25,4 3,4 bei jährlicher 3jähr. 6 jähr. Nutzung Fichte wie 1 22 3 Eiche wie 1 1,4 1,4 Tanne wie 1 18. Man kann daher annehmen, daß im Verlauf von 2— 3 Jahren die Zerſetzung der Streu erfolgt iſt. Die höheren Zahlen der Nadel— hölzer ſind wohl überwiegend auf das Wachsthum der Mooſe bei längerem Turnus zurück zu führen. Es gelten dieſe Verhältniſſe jedoch nur für Waldböden, denen die Streu entnommen wird, oder die mit einer guten, lockeren Streuſchicht bedeckt ſind (Mullböden). Sowie ſich größere Mengen von Rohhumus anſammeln, wird die Verweſung verlangſamt und kann dann viele Jahre in Anſpruch nehmen. e) Das Verhalten der Mineralſtoffe bei der Verweſung der Streu. Ueber das Verhalten der Mineralſtoffe bei der Zerſetzung der Streuabfälle ſind zuerſt durch von Schröder Unterſuchungen angeſtellt worden. Derſelbe laugte verſchiedene Baumbeſtandtheile mit Waſſer aus und ſtellte eine hochgradige Auswaſchung von Kalium und anderen Beſtandtheilen feſt. Der Einwurf, daß die durch viel Waſſer hervorgebrachten Ver— änderungen in der Zuſammenſetzung der Streu andere, als die unter *) Danckelmann, in Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1887, S. 577. D fteratur: Schröder, Forſtchemie und pflanzenphyſiologiſche Unterſuchungen. Ramann, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1888, S. 1. Die Angaben über das Verhalten der Fichtennadeln im Regenmeſſer nach noch unveröffentlichten Unterſuchungen des Verfaſſers. 18 * 276 Die Bodendecke. "18 72, natürlichen Verhältniſſen erfolgende ſeien, wurde durch die Unterſuchungen des Verfaſſers entkräftet, der Eichenlaubſtreu und ſpäter Fichtennadeln in einem Regenmeſſer der Einwirkung der Atmoſphärilien ausſetzte und die Aehnlichkeit der Zerſetzung mit der durch einfaches Auslaugen bewirkten nachwies. Im folgenden find die hauptſächlichſten Zahlen für je 1000 Theile Trockenſubſtanz zuſammengeſtellt: Eichenlaubſtreu Fichtennadelſtreu (unberegnet) (faſt unberegnet Eichenlaub u 5 5 Fichtennadeln RL, erſten | Tr a | (ur nach verloren imerſter (ur- nach duch Wasser ane ſprüng⸗ zwei Jahre (Analyſe ſprüng⸗ | 1?/, gelaugt (Analyje 8) lich) Jahren der ee lich) Jahren der Abflußwäſſer) Kali „s 1,33 2% 1.35 0,825 ee 23,03 32,41) 0,44 13,74 22,29 0,469 Magneſia. . EN 0,35 Wire: | 1,64| 0,175 Phosphorſäure . 21,89 22,00) 0,63 | 2,03 2392 0,067 Kieſelſäure 15,07 54,76] 0,17 25,73 45,57 0,215 Neinafche . 75,01112,10 3,92 47,65 85,20 —) Innerhalb Jahresfriſt war bei der Eiche über 40% des vor- handenen Kalis, in noch kürzerer Zeit nahezu 50 ¾ desſelben Stoffes bei den Fichtennadeln ausgelaugt, und alle anderen Stoffe hatten eben— falls ſtärkeren oder ſchwächeren Verluſt erlitten. Wahrſcheinlich ver— läuft der Vorgang in der Weiſe, daß die erſten Waſſermengen, welche auf die Streu einwirken, eine raſche Löſung und Wegfuhr der Haupt⸗ maſſe der angreifbaren Salze herbeiführen. (Aus Buchenlaub wurde durch Auslaugen mit der dreifachen Waſſermenge des lufttrockenen Laubes in 24 Stunden bereits 49,5%, in den nächſten zwei Tagen noch 22,1% der geſammten vorhandenen Kalimenge gelöſt. Fernere Auszüge geben nur noch ſehr geringe Mengen gelöſter Stoffe.) Im Walde führt die Verweſung zur Zerſtörung der organiſchen Subſtanz und ſchreitet ſo raſch voran, daß die Auswaſchung der Salze überholt wird und eine Anreicherung der verwitternden Streu an Mineralſtoffen eintritt. Reſte von Blättern früherer Jahre, ſowie die humoſen Stoffe des Bodens find daher in der Regel reicher an Mineral- ſtoffen als die urſprüngliche Streu, wie dies Analyſen dargethan haben, *) und es die direkten eben beſprochenen Verſuche beſtätigen. Durch die leichte Auslaugbarkeit vieler Mineralſtoffe werden den oberſten Bodenſchichten nach dem Streuabfall in kurzer Zeit erhebliche ) Ebermayer, Lehre der Waldſtreu. § 72.] Chemiſche Verhältniſſe der Waldſtreu. 277 Mengen von leicht löslichen Salzen zugeführt und dadurch der wichtigſte Faktor für die Erhaltung der Krümelſtruktur des Bodens geliefert. Es iſt jedoch hervorzuheben, daß die bisher vorliegenden Verſuche ſich nur mit der Verweſung der Streu beſchäftigen; in welcher Weiſe die Vorgänge verlaufen, wenn ſauer reagirende Humusſtoffe gebildet werden, iſt noch unbekannt. Wahrſcheinlich wird die Auslaugung er— heblich geſteigert und werden auch die alkaliſchen Erden, Kalk und Magneſia, weggeführt, während die Zerſetzung der organiſchen Stoffe in hohem Grade verzögert wird. d) Die Streu als Quelle des Humus. Im Boden des Waldes, in dem eine künſtliche Zufuhr organiſcher Stoffe nicht wie im Ackerboden bei der Düngung erfolgt, ſind die Streuabfälle die einzige Quelle des Humus. Aus ihrer Zerſetzung entſtehen die dem Boden beigemiſchten organiſchen Reſte. Die Bedeutung des Humus als Bodenbeſtandtheil iſt bereits zum Theil behandelt worden und findet im § 89 eine zuſammenfaſſende Darſtellung. Beſonders ſtark werden durch einen höheren oder ge— ringeren Gehalt an Humus die Sandböden, ſowie die ſehr ſchweren, zähen Bodenarten beeinflußt. Namentlich bei dieſen letzteren kann man die Wichtigkeit einer ausreichenden Humusbeimiſchung kaum über— ſchätzen. Die oft gemachte Erfahrung, daß Kalkböden, welche ſich in vielen ihrer Eigenſchaften den Thonböden anſchließen, jedoch eine viel raſchere Zerſetzung der organiſchen Stoffe verurſachen (thätig ſind), ſich als empfindlich gegen übertriebene Streunutzung gezeigt haben, iſt wohl zum Theil auf den Mangel an neu gebildetem Humus zurückzuführen. Auch in Sandböden macht ſich Mangel an humoſen Stoffen fühlbar, wenn auch nicht in gleichem Maße wie bei den genannten Böden. Es iſt auch hier, wie bereits in ſo vielen Fällen, auf den tief— gehenden Unterſchied zwiſchen den Humusarten hinzuweiſen. Für ſtark humoſe, zumal in feuchten Lagen befindliche Böden, wird eine fernere Anreicherung an Humusſtoffen ohne Bedeutung ſein; mit Rohhumus bedeckte Flächen werden durch Ablagerung neuer derartiger Bildungen mehr ungünſtig als günſtig beeinflußt. Der Werth der Waldſtreu für die Humus bildung kann daher ein ſehr großer, kann aber ebenſo gut gleichgültig oder ſogar negativ ſein. Es kommt ganz auf die lokalen Bedingungen, die Zuſammenſetzung und auf das Verhalten der Bodenarten an. e) Zuſammenſetzung ſtreuberechter Böden. Ueber die Einwirkung der Streuentnahme auf Sandböden ſind mehrere Unterſuchungen veröffentlicht. Alle zeigen übereinſtimmend eine 278 Die Bodendecke. Is 72. hochgradige Verarmung der Böden an für die Pflanzenernährung wich- tigen Mineralſtoffen.“) Die Arbeiten beziehen ſich auf DiluvialF- und Alluvialſande, ſowie Verwitterungsböden von buntem Sandſtein und von Quaderſandſtein. Der Verluſt hatte ſich auf alle Bodenbeſtandtheile (natürlich aus— ſchließlich Kieſelſäure) erſtreckt, wenn auch die leicht löslichen am ſtärkſten ausgeführt waren. **) Die Unterſuchungen des Verfaſſers, die umfaſſendſten, welche vor— liegen, und die zugleich auch die Zuſammenſetzung des in Säuren un- löslichen Rückſtandes des Bodens berückſichtigen, ſind auf Kiefernboden V. Klaſſe ausgeführt, der ſeit 16 Jahren regelmäßig berecht wurde. Zu Analyſen wurden die verſchiedenen Schichten je dreier Einſchläge benutzt; es war ſo möglich, den mittleren Gehalt des Bodens ſicher zu beſtimmen und zumal die Abweichungen in der Zuſammenſetzung kennen zu lernen. Der Ueberſichtlichkeit halber ſollen hier nur die Mengen, welche ein Hektar Boden im berechten und unberechten Zuſtande von den ver— ſchiedenen Mineralſtoffen enthält, mitgetheilt werden. Es enthält ein Hektar bis zu 1,5 m Tiefe an löslichen und un— löslichen Mineralſtoffen (in kg): Verhältniß lösliche Stoffe Geſammtgehalt des berechten unberechter berechter berechter unberechter Bodens z. Boden Boden Boden Boden unberechten Ni ee 589 16380 23040 — 6660 Natn 1 418 8325 10125 —1800 Ra A 853 551 4117 4747 — 630 Migneſi aa 992 778 1372 1462 — 90 Eiſenoe god 7299 5017 5130 13275 — 8145 Shonerde =. 2 et 9967 66307 73372 — 7065 Miigan 558 402 765 2025 — 1260 Phosphorſäure . 850 898 1102 2340 — 1238 Schwefelſäure .. 180 49 180 49 — 131 lösliche Kieſelſäure 14830 12647 — = Geſammtmenge d. löslichen Stoffe 40234 31316 — — — Shditoitt Sesam — 472 540 — 68 Nitrate Stöckhardt, Landwirthſchaftliche Verſuchs-Stationen VII, S. 235 (1865). Weber, Unterſuchungen über die agronom. Statik der Waldbäume. Inaugural⸗ Diſſertation. München 1877. Hanamann, Vereinsſchrift des böhmiſchen Forſtvereins 1881, S. 48. Ramann, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1883, S. 577 und 633. Ausführliches hierüber in des Verfaſſers „Waldſtreu“, S. 54 — 63. 1. a | IV —.— Chemiſche Verhältniſſe der Waldſtreu. 279 Stellt man den Entzug an Mineralſtoffen durch die Streunutzung (1850 kg Ertrag für Jahr und Hektar) mit dem Verluſt des Bodens zu— ſammen, jo ergeben ſich folgende Verhältniſſe (in kg): In der Streu iſt mehr Gehalt der oder Verluſt des geworbenen weniger Bodens Streu enthalten 36660 21 — 6639 r 630 107 — 523 Magneſia . . 90 16 — 14 Phosphorſäure . 1238 44 — 1194 Schwefelſäure .. 131 4 — 127 lösliche Kieſelſäure. 2183 168 — 2015 Sie 68 287 + 219 Der Geſammtverluſt iſt daher ein ſehr vielmal größerer, als dem Entzug durch die Streu entſpricht. Es giebt für dieſe Thatſache, und alle anderen Unterſuchungen führen zu demſelben Reſultate, nur eine Erklärung: die Mineralſtoffe ſind ausgewaſchen und durch die Sickerwäſſer weggeführt worden. Der Rückgang der Böden iſt daher überwiegend der auswaſchenden Wirkung der atmoſphäriſchen Gewäſſer zuzuſchreiben. Die thatſächlich vielfach zu beobachtende ſchädliche Wirkung der Streunutzung auf armen Böden, die vollſtändige Stockung im Wuchſe, läßt ſich überhaupt nur durch dieſes Verhalten der Sand— böden erklären. Zugleich iſt auch die Verwitterung in den berechten Böden raſch voran geſchritten, nicht wie zumeiſt angenommen wird, verlangſamt worden. Es kann auch kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Ver— witterung in ſtreufreien Böden, die viel ſtärkerem Temperaturwechſel und zumeiſt auch der Einwirkung viel reichlicherer Waſſermengen aus— geſetzt ſind, eine ſtärkere iſt als auf ſtreubedeckten. Die geringe Auswaſchung ſtreubedeckter Sandböden erklärt ſich zum großen Theil daraus, daß die atmoſphäriſchen Niederſchläge ſich in der Streudecke mit löslichen Salzen beladen und den Boden nicht als reines Waſſer, ſondern bereits als eine ſchwache Salzlöſung treffen. Die löſende und auswaſchende Wirkung kann daher durch eine Streu— decke in viel höherem Grade abgeſchwächt werden, als dem Minder— betrag des zugeführten Waſſers entſpricht. Vergegenwärtigt man ſich, daß die löſende Kraft des Waſſers immer im Verhältniß zu den im Boden vorhandenen lösbaren und den bereits gelöſten Salzen ſteht, ſo erklärt ſich hieraus die urſprünglich fremdartig erſcheinende, hochgradige Verarmung des Bodens (vergleiche Seite 141). 280 Die Bodendecke. [88 72, 73. Reichere Bodenarten, auf denen regelmäßig Streu genutzt worden iſt, find von Councler“) und dem Verfaſſer unterſucht.““ Die Analyſen Stöckhardt's **) beziehen ſich auf Blößen, welche ver⸗ ſchieden lange aufgeforſtet waren. Die Zahlen derſelben ſind daher für die Streufrage nicht direkt verwendbar; fie ſind jedoch in voller Ueber— einſtimmung mit den Ergebniſſen Councler's und des Verfaſſers. 7) Es läßt ſich nach den vorliegenden Unterſuchungen ein Unterſchied in dem Mineralſtoffgehalt gejchonter und längere Zeit berechter Böden nicht nachweiſen. Die Menge der Nährſtoffe, welche bei der Streu— nutzung entzogen wird, iſt zu gering, um bei dem hohen Gehalte reicherer Bodenarten durch Unterſchiede in der Analyſe hervortreten zu können. Die Waſſerbewegung iſt zudem in Lehmböden eine ganz andere (vergleiche Seite 140) als in Sandböden, die abfließenden Sickerwäſſer ſind erheblich geringer, und die löſende Kraft des Waſſers tritt zurück. Durch alle dieſe Bedingungen iſt die Haupturſache der Verarmung der Sandböden, die Auswaſchung, faſt ohne Be— deutung für Lehmböden. fr) § 73. 3. Einfluß der Streudecke auf die phyſikaliſchen Eigen⸗ ſchaften des Bodens. Die Einwirkung der Streudecke auf die phyſikaliſchen Eigenſchaften der Waldböden iſt eine indirekte. Es kommt für dieſe die Zufuhr lös⸗ licher Salze als eine der wichtigſten Bedingungen für die Erhaltung der Krümelung des Bodens (vergl. Seite 56), ſowie die abſchwächende *) Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen 1885, Bd. 15, S. 121. **) „Waldſtreu“ und Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1890, S. 526. n) Tharander Jahrbuch 1864, Bd. 9, S. 280. +) Der weſentliche Inhalt der Stöckhardt'ſchen Arbeit ergiebt einen nahezu gleichen Gehalt des Bodens einer Blöße und einer ſeit 40 Jahren angeſchonten Fläche, während der einer ſeit 30 Jahren beſtandenen weſentlich höhere Werthe zeigt. Die letztere iſt demnach als urſprünglich reicher und ſomit nicht vergleichbar auszuſchließen; würde eine Veränderung des Bodens eingetreten ſein, ſo hätte ſie ſich natürlich in den bereits länger beſtandenen im gleichen oder erhöhtem Maße zeigen müſſen. Bei Unterſuchungen über die Einwirkung der Streuentnahme ſind daher die Stöck— hardt'ſchen Arbeiten nur ſoweit zum Vergleiche heranzuziehen, als ſie anderen zur Stütze dienen können, ſelbſtſtändig können ſie nur beweiſen, daß durch Auf⸗ forſtung eines Lehmbodens in etwa 40 Jahren merkbare Veränderungen in der chemiſchen Zuſammenſetzung des Bodens nicht eingetreten ſind. +r) Hierauf, ſowie auf das Verhalten des Beſtandes und nicht „fait ausſchließ⸗ lich auf die Bodenanalyſe“, wie Profeſſor Ebermayer (Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1890, S. 168) meint, habe ich die Anſchauung gegründet, daß reichere Bodenarten, zumal Lehmböden, eine mäßige Streuentnahme ertragen können. Die Analyſe der Böden hat nur die Richtigkeit jener Angaben erwieſen, wie ſie einen Anhalt bietet, die Erſchöpfbarkeit der Böden durch Streunutzung zu beurtheilen. SS 73, 74.] Einfluß der Streudecke auf die phyſikal. Eigenſchaften ıc. 281 Wirkung auf die Faktoren, welche ſie zerſtören, in Frage. Wie Wollny nachgewieſen hat (Seite 261), vermag eine Bodenbedeckung die Locker— heit des Bodens nicht hervorzurufen, wohl aber ſie in hohem Grade zu erhalten; dasſelbe gilt für die Waldſtreu. Unterſuchungen des Verfaſſers“) zeigten, daß auf armen Sand— böden mit der Streuentnahme eine nachweisbare Verdichtung des Bodens verbunden iſt. Das Porenvolumen war oft um mehrere Procent ge— ringer geworden; ſchon äußerlich machte ſich dies durch größere Feſtig— keit des Bodens bemerkbar. Auf den beſſeren Sandböden trat dieſe Erſcheinung weniger hervor. Beſonders empfindlich ſind ſehr zähe, feſte Thon- und Lehmböden, die, einmal ausgetrocknet, zu feſten, ſchwer zertrennbaren Stücken zu— ſammenbacken. Dieſe feſte Lagerung des Bodens, das „tennenartige Feſtwerden der Oberfläche“ iſt eine der am leichteſten bemerkbaren Eigenſchaften übertrieben berechter Waldflächen und wird mit Recht als die ungünſtigſte Beeinfluſſung reicherer Böden empfunden. Zumal wird hierdurch die Durchlüftung des Bodens und das Eindringen des Waſſers erſchwert, außerdem die Verdunſtung durch die dichte Lage— rung erhöht. Die Bodenverdichtung iſt in erſter Linie auf die mechaniſche Wir— kung des fallenden Regens zurück zu führen.“) Hierdurch wird auch in Böden, deren Reichthum an Mineralſtoffen die Streuentnahme zu— laſſen würde, die phyſikaliſche Beſchaffenheit unter Umſtänden ſo un— günſtig beeinflußt, daß hierin ein weſentlicher Schaden begründet iſt. Eine fernere phyſikaliſche Wirkung der Streudecke liegt in dem mechaniſchen Widerſtande, welchen ſie dem Abfluß des Waſſers entgegen— ſtellt. Zumal an Gehängen macht ſich dies geltend. Am vortheil— hafteſten wirkt hierfür eine lebende Bodendecke; Gras oder Mooſe ſind im Stande, die Geſchwindigkeit des Waſſerabfluſſes ſtark zu ermäßigen; weniger gilt dies für Laub- oder Nadeldecken, aber auch dieſe bieten immerhin noch zahlreiche Haltepunkte für das abrinnende Waſſer. (Vergleiche Seite 148: „Wildbäche“.) Ss 74. 4. Baumarten. Der Unterſchied zwiſchen Laub- und Nadelhölzern macht ſich auch in Bezug auf die Wichtigkeit der Streudecke geltend. Die Laubhölzer ſind während eines großen Theiles des Jahres ohne Blätter, Regen vermag dann direkt den Boden zu treffen. Die phyſikaliſchen Veränderungen des Bodens, ſoweit ſie eine mechaniſche Wirkung des fallenden Regens ſind, müſſen ſich daher bei Laubhölzern *) „Waldſtreu“, S. 63. ” „ **) Ebermayer, Die Lehre der Waldſtreu, S. 191; Wollny, an vielen Orten. 282 Die Bodendede. 88 74, 75. ſehr viel früher und ſtärker bemerkbar machen, als bei den winter— grünen Nadelhölzern. Hierauf beruht es wohl zum Theil, daß Buchen— beſtände gegen Streuentnahme viel empfindlicher ſind, als Nadelhölzer. s 75. 5. Die Wirkung der Streuentnahme. Die Wirkung der Streunutzung geſtaltet ſich äußerſt verſchieden, je nach den Verhältniſſen des Bodens und deſſen Lage, dem Beſtande und der Häufigkeit der Entnahme der Bodendecke. Jede fortgeſetzte und jährlich wiederkehrende Streu— nutzung muß früher oder ſpäter zu einer Erſchöpfung des Bodens an mineraliſchen Nährſtoffen und zu einer ungünſtigen phyſikaliſchen Veränderung des Bodens führen. Auf armen Böden tritt dies am ſchnellſten ein, da zumal in Sand- böden die Bedingungen der ungünſtigen Beeinfluſſung im geſteigerten Maße vorhanden ſind. Auf reicheren Bodenarten kann Streuentnahme längere Zeit ohne bemerkbare Veränderung des Bodens ſtattfinden, und bei ſelten wiederkehrender Streunutzung kann dieſe überhaupt un⸗ bemerkbar bleiben. Jedenfalls haben die bisherigen Arbeiten übereinſtimmend nach— gewieſen, daß eine richtig geführte Bodenunterſuchung ein ſicheres Mittel iſt, eine etwaige Bodenverſchlechterung durch Streuentnahme feſtzuſtellen. Von beſonderer Wichtigkeit iſt dabei, daß Bodenveränderungen ſich früher bemerkbar machen, als Zuwachsrückgänge im Beſtand auftreten. Zeigt ſich der Boden im gleichen Zuſtande mit den unberechten Flächen, ſo wird man auch im Beſtande vergeblich nach ungünſtigen Aende— rungen ſuchen; wohl aber brauchen die letzteren noch nicht hervor zu treten, während beim Boden ſchon die erſten Andeutungen des Rück— ganges ſich zeigen. Die Bodenunterſuchung iſt daher ein Maßſtab für die Einwirkung der Streuentnahme. Bei der Entſcheidurg über Zuläſſigkeit oder Unzuläſſigkeit der Streuentnahme ſind daher folgende Punkte zu beachten: 1. Aermere Bodenarten ſind thunlichſt auszuſchließen. 2. An Hängen ſoll die Wegnahme der Streu, wenn irgend mög— lich, nur in horizontalen Streifen geſchehen. 3. Bei Laubhölzern wirkt die Streuentnahme durch den viel höheren Bedarf der Holzarten an Nährſtoffen und die mecha— niſche Veränderung des nackten Bodens viel ſtärker ein, als bei Nadelhölzern. Die Streuentnahme iſt daher thunlichſt auf die Zeit vor dem Blattabfall zu beſchränken. 4. Die im Beſtand vorhandene Humusform iſt zu berückſichtigen. Rohhumusanſammlungen (vergleiche Seite 234 und folgende ſind ſchädlich für den Boden und Beſtand; die Entfernung der— ſelben, zumal kurz vor dem Abtriebe, iſt vortheilhaft. 8 75.] Wirkung der Streuentnahme. 283 Die lokalen Verhältniſſe und das Verhalten des Bodens iſt zu berückſichtigen. Kleine Verſuchsflächen geben hierüber Auskunft. Die Streuentnahme kann auf einer Bodenart ohne Bedenken erfolgen, während ſie auf einer anderen ſchädlich iſt. 6. Exponirte Lagen, Waldränder, Weſt- und Südhänge ſind thun— lichſt von der Streuentnahme auszuſchließen. Die Streuentnahme iſt auf Beſtände zu beſchränken, welche das mittlere Lebensalter überſchritten haben, alſo nicht mehr das Maximum des Bedarfs an Mineralſtoffen aufweiſen. 8. Sehr flachgründige und anderſeits ſehr ſchwere, zähe Boden— arten ſind von der Streunutzung auszuſchließen. Die Wirkung der Streuentnahme auf den Holzbeſtand iſt vielfach ein Gegenſtand der Unterſuchung geweſen.“) Es kann hier nicht der Ort ſein, auf dieſe Verhältniſſe einzugehen; für mittlere bis beſſere Beſtände iſt aber wohl die ſchädigende Einwirkung ſehr überſchätzt worden. Ueber dieſe Verhältniſſe werden erſt die Aufnahmen der zahlreich angelegten Streuverſuchsflächen ſichere Auskunft geben. Erſt wenn dieſe für alle oder thunlichſt alle vorliegen, wird ein Urtheil möglich ſein. 1 —1 8 *) Literatur in: Danckelmann, Ablöſung der Waldgrundgerechtigkeiten III. Tabelle 24. *) Die in der letzten Zuſammenſtellung gegebenen Anſchauungen ſind der weſentliche Inhalt der „Waldſtreu u. ſ. w.“ des Verfaſſers, wo zugleich eine ein— gehendere Begründung gegeben iſt, als es hier möglich war. Im Laufe der letzten Jahre ſind für den Verfaſſer als neuer Erwerb hinzugekommen die Erkenntniß der größeren Empfindlichkeit der Laubhölzer und die Bedeutung lokaler, generell nicht vorher zu beſtimmender Einſlüſſe. Es mag mir erlaubt ſein, hier noch einiges hinzuzufügen, was der Beröffent- lichung meiner Schrift über Waldſtreu vorausgegangen iſt. Ich habe, genau wie die Meiſten, die Anſchauung über die abſolute Schäd— lichkeit der Streuentnahme getheilt, und wenn ich einen Wagen voll Streu ſah, ge— dacht: „da geht die Kraft des Waldes hin“. Wenn ich dann ſchrittweiſe zu der Ueberzeugung gekommen bin, daß die Schäden der Streunutzung in vielen Fällen weit übertrieben worden ſind, ſo iſt dies ein Produkt fortſchreitender wiſſenſchaftlicher Arbeit geweſen. Nachdem ich dies erkannt hatte, habe ich keinen Augenblick gezögert, damit hervorzutreten. Ich wußte genau, daß ich mir damit ein Heer von Gegnern zuziehen und vorausſichtlich mir ſelbſt wenigſtens nicht nutzen würde. Wenn Je— mand mit dem vollen Bewußtſein der Folgen in ſolcher Weiſe handelt, einfach weil er glaubt, der Geſammtheit damit einen Dienſt zu leiſten, ſo ſollten ihm wenigſtens perſönliche Verunglimpfungen erſpart bleiben. Ich habe mich fortdauernd bemüht, hinzuzulernen, habe aber bisher keine Urſache gefunden, die Meinung, daß eine maßvoll geübte Streuentnahme in vielen Fällen ohne Bedenken erfolgen kann, zu ändern. XI. Die Lage des Bodens. § 76. Expoſition und Inklination. Die Lage einer Fläche in ihrer Beziehung zur Himmelsrichtung bezeichnet man als die Expoſition derſelben. Man unterſcheidet demnach öſtliche, ſüdliche, weſtliche Expoſition oder Expoſition gegen Oſten, Süden u. ſ. w. Unter Inklination verſteht man die Neigung einer Fläche gegen die Erdoberfläche und mißt ſie nach dem Winkel, welchen ſie mit dieſer bildet. Die Erpoſition und Inklination ſind für den forſtlichen Betrieb von höherer Bedeutung, als für den landwirthſchaftlichen, da Wald— bau noch bei Neigungen des Geländes getrieben werden kann, welche einen lohnenden Landbau nicht mehr zulaſſen. Von der Lage einer Fläche iſt die Beſtrahlung durch die Sonne weſentlich abhängig. Die Stärke derſelben und damit der Einfluß auf Erwärmung und Verdunſtung findet man am beſten, indem man die Zeitdauer der Beſtrahlung mit der Intenſität der Beſtrahlung multiplicirt. Erſt hierdurch treten die großen Unter- ſchiede in den Jahreszeiten und auch in den Ortslagen hervor. In der folgenden Tabelle ſind die Verhältniſſe für die Polhöhe von München für ebene Flächen, ſowie für Gehänge mit einer Neigung von 10°, 20° und 30° angegeben, für welche die umſtändliche Berech- nung bereits ausgeführt iſt.“) ) Eſer, Forſchungen der Agrikulturphyſik Bd. 7, S. 100. Expoſition und Inklination. 285 Als Einheit iſt die Wirkung einer einſtündigen ſenkrechten Be— ſtrahlung angenommen. | | | Expoſition | = gegen Süd gegen Oſt u. Weſt gegen Nord a Mer * 5 | a» Neigung | Reigung | Neigung | I | 20° | 20° | 300 | 10° 200 | 30° || 10° | 20° | 300 el | | BE Januar 11 73 2.88 3,94 4,88 1,77 1,86 1,95 0,63 0,00 0,00 Februar 10. 2,92 4,08 5,11 |5,98| 2,96 3,03 3,11) 1,71,0,57 0,00 März 1.3.92 5,001 5,92 16,67 | 3,95 4,00 4,05 2,74 1,50 0,33 April 10. 16,34 | 7,01|7,47 |7,711 6,33 6,30 6,24 5,49 4,47 3,31 Mai . 110.|7,87|8,15|8,22 8,08 7,83 7,73 7,57 7,38 6,68 |5,77 8 5 20. 8,24 8,41 8,38 8,15 8,19 8,08 7,89 7877,26 6,42 a 30. 8.53 8,60 8,50 8,18 | 8,47 | 8,34 8,13 8,24 7,71 6,947 Juni 10. 8,72 8,74 8,57 8,21 8,67 8,52 8,29 8,50 8,03 7,31 N 120. 8, 79 8,79 8,59 8,218,72 8,58 8,36 8,59 8,14 7,44 f 30. 8,751 8,76 8,58 8218,69 8,55 8,32 8,54 8,07 7,36 Juli 10. 8,60 8,65 8,53 8,19 8,55 8,41 8,208,35 7,84 7,08 0 20.08,36 8,49 8,43 8,16 8,31 8,18 7,99 8,02 7,44 6,63 £ 30. 8,02 8,25 8,29 8,11 7,98, 7,87 7,70 7,58 6,91 |6,03 Auguft . 1007,55 7,92 8,08 8,03 7,53 7,44 7,30 6,99 6,21 5,24 „ 20. 7,56 7,56 7,85 7,92 7,04 6,98 6,88 6,37 5,48 4,43 „ 330.7,06 7,15 7,57 7,77 6,50 6,87 6,405,714, 72 3,58 September 10. 6,52 6,64 7,21 7,56 5,88 5,87 5,83 4,94 3,85 2,64 20.0 5,88 6,16 6,85 7,33 5,28 5,29 5,23 4,24 3,07 1,81 Oktober 10. 4,08 5,15 6,04 6,76 4,09 4,154,19 2,901,660,45 November. 10. 2,53 3,70 4,75 5,66 2,56 2,63 2,73 1,34 0,29 0,00 December . 10. 74 2,89 3,96 4,89 1,78 1,87 1,97 0,64 0,00 0,00 £ 20 1,68 6802,82 3,88 4,82 1, 72 1,80 189 10,59 ‚0,00 0,00 Die Stärke der Beſtrahlung iſt alſo eine 1 Im Winter⸗ halbjahr iſt ſie für die ſüdlichen Neigungen am höchſten (daher die oft beobachtete Thatſache, daß an Südhängen der Schnee bereits bei ſonnigen, aber ſonſt noch kalten Tagen abſchmilzt), hierauf folgen die Oſt⸗ und Weſthänge, die Ebene und zuletzt die Nordſeiten. Im Sommerhalbjahr erhalten die Südhänge, die über 10“ geneigt ſind, weniger Beſonnung, als eine eben gelegene Fläche, ähn— liches gilt für die Oſt⸗ und Weſtſeiten. Oſt⸗ und Weſtſeiten erhalten im Winterhalbjahr um jo mehr Be— ſtrahlung, je ſtärker ihre Neigung iſt, für die Südhänge gilt dies noch zum großen Theil für das Sommerhalbjahr. 286 Die Lage des Bodens. S 76. Die Verhältniſſe für Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt, beziehent- lich Verdunſtung, ſind von der Sonnenbeſtrahlung und von den herr— ſchenden Winden abhängig.“) Der Waſſergehalt im Boden iſt bei gleicher Neigung des Ge— ländes in Bezug auf die Himmelsrichtung (nach den Unterſuchungen Wollny's) auf der Südſeite am geringſten, es folgen dann die Oſtſeite und die Weſtſeite, während die Nordſeite am feuchteſten iſt. Die Unterſchiede ſind in bedeckten Böden, zumal bei Grasbedeckung, größer, als in brachen Böden, wenn auch die Vertheilung des Waſſers eine gleichſinnige iſt. N Bei verſchiedener Neigung der Gehänge iſt der Waſſergehalt um ſo höher, je geringer der Neigungswinkel iſt. Hierbei iſt die Menge des oberflächlich abfließenden Waſſers maßgebend, da die direkte Ver- dunſtung bei ſtärkerer Neigung der Gehänge vermindert wird. Die Bodentemperatur iſt von der Beſtrahlung und dem Waſſer— gehalt des Bodens abhängig. Trockener Boden erwärmt ſich raſcher als feuchter, deſſen Verdunſtung zugleich Wärme bindet; die Abkühlung erfolgt jedoch im entgegengeſetzten Verhältniß. Die mittlere Temperatur bei verſchiedener Expoſition ordnet ſich (nach Kerner) von der wärmſten (SW.) zur kälteſten (N.) in fol⸗ gender Reihe: SW., S., 80., W., O., NM Südoſt und Südweſt unterſcheiden ſich alſo nicht unerheblich von einander. Als Grund für die höhere Temperatur der letzteren Lagen nimmt man die am Nachmittage geringere relative Feuchtigkeit (und die dadurch verminderte Abſorption der Sonnenſtrahlen) oder wahr- ſcheinlicher an, daß die Weſtſeite bereits bis zu einem gewiſſen Grade vorgewärmt iſt, wenn ſie von der Sonne getroffen wird, und anderſeits durch Verdunſtung von Thauniederſchlägen auf der Oſtſeite Wärme ge— bunden wird. Wollny faßt ſeine Beobachtungen in folgenden Sätzen zuſammen: Die ſüdlichen Hänge ſind am wärmſten, dann folgt die Oſtſeite, die Weſtſeite und zuletzt die Nordſeite. Die Südhänge ſind um ſo wärmer, die Nordſeiten um ſo kälter, je größer die Neigung derſelben iſt. Oſt- und Weſtſeiten ſtehen zwiſchen beiden. *) Literatur: Kerner, Zeitſchrift der öſterreichiſchen Geſellſchaft für Meteorologie, Bd. 6, Heft 5, S. 65. 1871. Eſer, Forſchungen der Agrikulturphyſik, Bd. 7, S. 100. Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, I. S. 263; VI, S. 377; IX, S. 1; . $ 76.] Expoſition und Inklination. 287 Von verſchiedenen Beobachtern iſt im Laufe des Jahres eine Wanderung der Maximaltemperatur von einem Gehänge zum anderen beobachtet worden. Die aufgeſtellten Regeln gelten daher nicht unter allen Umſtänden. Im Gebiete von Innsbruck war das Maximum der Temperatur vom November bis April auf der Südweſtſeite, vom Mai bis Auguſt auf der Südoſtſeite, September und Oktober auf der Südſeite. Es ſcheint dies von den herrſchenden Winden abzuhängen. Alle dieſe Beobachtungen ſind auf einem kleinen Hügel oder von Wollny auf Verſuchshügeln von wenigen Kubikmetern Inhalt gemacht worden. Die Arbeiten des letzteren galten überwiegend dem Studium der Kulturmaßregeln (Rabatten u. ſ. w. ſiehe § 105). Wie ſich die Verhältniſſe an ganzen Berglehnen geſtalten und wie ſtark die Unterſchiede bei ſolchen hervortreten, darüber liegen Unter— ſuchungen nicht vor. Es iſt wahrſcheinlich, daß die bisher beſprochenen Verhältniſſe auch dort ſich geltend machen, aber in einem der großen Ausdehnung der einzelnen Flächen entſprechend höherem Grade. Unterſchiede im Waſſergehalte des Bodens (Diluvialſand) bei mäßiger Neigung l(durchſchnittlich 5 — 6°) konnte Verfaſſer bei einem Nordweſthang während der Vegetationszeit nicht auffinden,“ wohl aber traten ſie bei einzelnen vorſpringenden Kuppen oder ſchmalen Hügel— ſtreifen deutlich hervor, die oft erheblich geringere Feuchtigkeit, und zwar bis in größere Tiefe, zeigten. Im forſtlichen Betriebe macht ſich der Unterſchied zwiſchen der verſchiedenen Expoſition und der Neigung des Geländes ſtark bemerkbar. Jedoch wirkt hierbei die herrſchende Windrichtung im hohen Grade ein. Im württembergiſchen Schwarzwalde z. B. herrſcht nach Graf von Uexküll“) die Tanne in den ebenen Lagen und auf den Weſt- und Nordſeiten, fehlt jedoch, ſobald die Neigung mehr als 3“ beträgt, im Süden, Südweſten und Weſten, wo dann die Kiefer auftritt. Auf dem Buntſandſtein wechſelt die Bonität oft ſo erheblich, daß die Süd- und Südoſtſeiten ſich zu den Nordſeiten verhalten wie IV: II. Auf dieſen finden ſich Schattenhölzer mit Himbeeren, Farren und Pulverholz als Bodenbeſtand; in jenen Kiefer mit einer Bodendecke von Heide und Heidelbeere.) Als Regeln, die um ſo mehr Geltung gewinnen, je ärmer die Bodenverhältniſſe an ſich ſind, können für das Verhalten der verſchiedenen Hänge in unſeren Gebieten die folgenden aufgeſtellt werden: ) Forſchungen der Agrikulturphyſik Bd. 11, S. 320. **) von Uexküll⸗Gyllenband, Monatsſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1877, S. 15. ) Dr. Walther, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1891, S. 412. 288 Die Lage des Bodens. Is 76. Die Oſtſeiten ſind, zumal in etwas geſchützter Lage, die günſtigſten für den Holzwuchs. Die Südſeiten ſind wärmer und trockener. Im Hügellande ſind ſie dadurch weſentlich geringwerthiger, in Hochlagen oft günſtiger für den Holzwuchs, aber durch das frühe Erwachen der Vegetation Spät— fröſten ſtark ausgeſetzt. Die Südweſtſeiten erwärmen ſich ſehr ſtark und ſind dem Winde ausgeſetzt. Sie bilden die ungünſtigſten Lagen. Die Weſtſeiten ſind dem Winde ſtark ausgeſetzt, aber meiſt beſſer als die Südweſtſeiten, da die Erwärmung eine geringere iſt. f Die Nordſeiten gehören meiſt zu den beſſeren Lagen, leiden aber im Hochgebirge und in ſchmal eingeſchnittenen Thälern unter mangelnder Erwärmung. Die normale Humusbildung (beziehungsweiſe die Verweſung der Pflanzenreſte) erfolgt am beſten auf genügend erwärmtem und mittel- feuchtem Gelände. Die ſtark austrocknenden Süd- und Weſtſeiten neigen durch den Mangel an Feuchtigkeit zur Bildung von Rohhumus und der ihr folgenden Vegetation von Heide und Beerkräutern; die Nord— ſeiten neigen in geſchloſſenen Lagen durch den Mangel an Wärme ebenfalls zur Rohhumusbildung, die hier leicht zu einer Verſumpfung des Bodens und Bedeckung mit Torfmooſen und ihren Verwandten führen kann. Die Stärke der Neigung einer Fläche giebt man genau durch ihren Neigungswinkel an. In der Praxis begnügt man ſich mit fol- genden Bezeichnungen: eben oder faſt eben . . . bis zu 5“ Neigung fanft oder ſchwach geneigt. 5—10° „ lehn: na Br RIOREISTO IH ſteiler Abhang 20 Bei Neigungen über 30“ iſt ein regelmäßiger Waldbau nur unter beſonders günſtigen Verhältniſſen möglich; man unterſcheidet: ſehr ſteilen oder ſchroffen Abhang. 30-45“ Neigung Felsabſturz berge 5 Einfluß des Windes. Die Einwirkung der Winde richtet ſich nach Stärke und Dauer der Luftbewegung. Nach den Angaben von Köppen“) find im Laufe der Jahre von 1876 —- 1887 Stürme (Windſtärke von 8— 12 der Beaufort chen Skala) aus folgenden Windrichtungen in Mitteldeutſchland aufgetreten: *) Meteorologiſche Zeitſchrift VI, S. 114 (1889). 8 76. Einfluß des Windes. 289 i NO e , e e NW Winter . 6 5 4 2 T Frühling 9 83 10 6 13 26 4 135 Sommer . 1 0 1 1 1: IE AS 2 0 5 s 7 20 11 51 124 191 90 Die Stürme vertheilen ſich procentiſch nach den einzelnen Richtungen: N NO 0 80 8 SW W NW Winter . 12 09 08 04 33 10,5 150 6,4 Frühling ee ana Nenn: 5 07 nr 72 700: 702708 „s 9 30 tie es s 52 8,7 13 P PP 58 933799 350 371174 Eine viel allgemeinere Wirkung übt der durchſchnittlich herr- ſchende Wind auf die ihm ausgeſetzten Waldungen aus und macht ſich namentlich an den Beſtandsrändern geltend. Weſtwinde ſind in unſeren Gebieten vorherrſchend; am ſchärfſten zeigen ſie ihre Wirkung in der Nähe der See, wo ſie am häufigſten und heftigſten auftreten. Auf der eimbriſchen Halbinſel ſind beſonders ausgezeichnete Bei— ſpiele der Windwirkung zu beobachten. Oft iſt der Weſtrand des Be— ſtandes von Krüppelwüchſen und Stockausſchlägen bereits abgeſtorbener Bäume umgeben. Die erſten noch vorhandenen Stämme ſind in der Richtung des Weſtwindes geſchoben, hervorragende Aeſte abgeſtorben und erſt allmählich, mehr oder weniger weit vom Beſtandesrande ent— fernt, erreicht der Wald die normale Ausformung und Höhe. Vom Süden oder Norden geſehen, bieten die Randbeſtände das Bild eines allmählichen Anſteigens der Baumhöhe von Weſten nach Oſten. Aehnliche Erſcheinungen machen ſich überall, wenn auch nicht in ſo ausgeſprochenem Maße, in der Richtung des vorherrſchenden Windes an den Waldgrenzen bemerkbar. Fehlt eine ſchützende Umgebung, ſo wird das fallende Laub vielfach verweht und ſammelt ſich in Ver— tiefungen oder Stellen an, welche der Windbewegung Widerſtand ent— gegenſetzen. Noch wichtiger iſt die geſteigerte Zerſetzung aller orga— niſchen Abfallſtoffe, welche unter dem Einfluß des weniger dichten Beſtandsſchluſſes und der dadurch bewirkten ſtärkeren Durchlüftung und höheren Erwärmung des Bodens eintritt. Zumal in Laubwaldungen macht ſich dies geltend. Der Boden wird bloß gelegt und ähnlich und in oft viel höherem Grade wie bei übertriebener Streunutzung (vergleiche $ 72) wird die Krümelſtruktur der Bodentheile zerſtört, und alle damit in Verbindung ſtehenden Mißſtände der Aushagerung machen ſich geltend. Ramann. 19 290 Die Lage des Bodens. [S 76. In Bezug auf die Windrichtung iſt die Dauer und die Stärke der Winde von Wichtigkeit, ſowie in welche Jahreszeit die haupt— ſächlich vorherrſchende Windrichtung fällt. Im Durchſchnitt hat der Winter und Frühling für den größten Theil unſeres Gebietes reichliche und zum Theil ſogar überwiegende Luftbewegung aus der öſtlichen Hälfte der Windroſe, während im Sommer und Herbſt die Weſtwinde vorherrſchen. Gleichzeitig ſind die letzteren durchſchnittlich von höherer Intenſität. Um die Windwirkung zu meſſen, thut man gut, die bewegte Luft in Meter pro Sekunde anzugeben, d. h. in der Luftgeſchwindigkeit, welche im Durchſchnitt für jede Sekunde geherrſcht hat. Es ergiebt ſich dann oft, daß die über eine Fläche wegſtrömende Luftſchicht auch bei weniger lang andauernden Winden höherer Stärke eine beträcht— lichere iſt. Da die austrocknende Wirkung nun bei gleicher Luft— feuchtigkeit zunächſt von der überſtrömenden Luftmaſſe abhängig iſt, ſo wird hieraus (zumal bei der höheren Temperatur, welche ſie mit ſich bringen) die ſchädigende Wirkung der Weſtwinde verſtändlich. Zuſammenſtellungen aus dem Binnenlande fehlen noch. Für die Seeküſte geben die Unterſuchungen van Bebber's“) Gelegenheit, ein Bild der Verhältniſſe zu erlangen. Als Beiſpiel ſind die Windverhält- niſſe, wie ſie aus dreimaligen täglichen Beobachtungen ſich in Borkum, Hamburg und Neufahrwaſſer ergeben, herangezogen. In den Jahren von 1878 bis 1883 ſind folgende Windrichtungen und Stärken beobachtet. Die Angaben ſind abſolute fünfjährige Zahlen; als öſtliche Winde find alle von N. bis SSO. als weſtliche alle von S. bis NNW. wehenden zuſammengefaßt. Borkum: Anzahl Windſtärke in der Tage Meter pro Sekunde 85 5 öſtliche Windrichtung . 305 5,7 u weſtliche 0 e 61 RN [ öftliche Windrichtung . 368 6,27 Im Frühling weſtliche 5 . 273 5,7 N öſtliche Windrichtung . 178 4,56 Im Sommer .] weſtliche b 363 5.51 e öſtliche Windrichtung . 181 5,51 Sul I weſtliche er a 327 5,89 Die über eine Fläche ſtreichende Luftmenge verhält ſich demnach in Bezug auf öſtliche und weſtliche Richtung: Archiv der deutſchen Seewarte 1891. Nach den dortigen Angaben vom Verfaſſer umgerechnet. 76. Einfluß des Windes. 291 22 Oſt: Weſt Oſt: Weſt mie 1739: 1946 1: 1/12 ihing „ 2307: 1556 10/68 r 2812: 2000 12246 Im Herbſt ien Im Winter und Frühling. „ 4046: 3502 — 1: 0,87 Im Sommer und Herbſt „ 1809: 3906 = 1: 2,17 „„ er Hamburg: Anzahl Windſtärke in der Tage Meter pro Sekunde 4 9 8 [ öitliche Windrichtung . 229 5,95 pweſslihe 338 6.16 . f öftliche Windrichtung . 278 5,31 ing weſtliche A 284 6,05 ner | öitliche Windrichtung. 170 4,50 OR - | weftfiche 1 8 6,90 Bee = öſtliche Windrichtung . 218 4,68 l weſtliche 2 27308 6,19 Die über eine Fläche ſtreichende Luftmenge verhält ſich demnach in Bezug auf öſtliche und weſtliche Richtung: Oſt: Weſt Oſt: Weit wie 1363 2205 IJ 1,62 Im Frühling „ 1476: 1597 = 1: 1,08 ˙W˙0˙⁰.f.. „ 6 122.75 Im Herbſt TCE Im Winter und Frühling. „ 2839: 3802 = 1: 1,34 und Herbſt „ 1785: 4032 1: 2,26 P . = era T70 Neufahrwaſſer: Anzahl Windſtärke in der Tage Meter pro Sekunde i f öjtliche Windrichtung . 152 4,79 A . Im Winter. weſtliche 8 Re: 5,43 BEN. f öjtlide Windrichtung . 274 4,07 Im Frühling ] meitfiche u 224 5,51 öſtliche Windrichtung . 227 3,44 a — « Im Sommer » weſtliche R RER 4,59 (öſtliche Windrichtung . 198 4,59 O Im Herbſt. . weſtliche 5 as 5,09 19, 292 Die Lage des Bodens. 8 76. Die über eine Fläche ſtreichende Luftmenge verhält ſich demnach in Bezug auf öſtliche und weſtliche Richtung: Oſt: Weſt Oſt: Weſt Im Wintte wie 08 , Im Frühling 1115 1 Im Sommer. 5 781: 1354 We Im Herbſt „ 909 1644. Im Winter und Frühling. „ 1823: 3288 = 1: 1,80 Im Sommer und Herbſt „ 1690: 2999s Im Jahre „ 3513 6286 1 In den gewählten Beiſpielen verhalten ſich demnach die Anzahl Tage mit öſtlichen und weſtlichen Winden während eines Jahres: Oſt: Weſt In Borkum ie In Hamburg Mesalnae In Neufahrwaſſer „ 1: 1,44 Die Windſtärken: Oſt: Weſt In Borkum wie In Hämbug Erg In Neufahrwaſſer. „ 1: 1,80 Es tritt alſo ein Ueberwiegen der weſtlichen Winde in den öſt— lichen Gebietstheilen, wenigſtens in Bezug auf Stärke, hervor. Wenn in dieſen trotzdem die Einwirkung der Weſtwinde auf die Waldbeſtände ein mäßiger iſt, ja ſogar eine ſtärkere Einwirkung der Oſtwinde ſich geltend macht, ſo kann die Urſache nur in der Jahreszeit, in welcher verſchiedene Windrichtungen vorherrſchen, zu ſuchen ſein. Aus den umſtehenden Zahlen ergiebt ſich nun ohne weiteres, daß im Weſten die Winde weſtlicher Richtung im Sommer und Herbſt ganz entſchieden vorherrſchen, während dies in den öſtlichen Gebietstheilen lange nicht in dem gleichen Maße der Fall iſt. Die Windwirkung iſt daher in hervorragendem Maße von den Winden abhängig, welche in der wärmeren Jahreszeit herrſchend ſind. Einzelne Ortslagen. Im forſtlichen Betrieb unterſcheidet man noch folgende Lagen: Ueberragende Hochlage. Einzelne Berge überragen die be— nachbarten Gebiete. Solche Höhen ſind natürlich den Angriffen des Windes überall ausgeſetzt. In den Senkungen bilden ſich oft Roh— humusablagerungen. § 76.] Ortslagen. Pflanzenernährung. 293 Geſchützte Hochlage. Gebirgslagen, welche durch benachbartes höheres Gelände geſchützt und zumal den Winden weniger zugänglich ſind. Verſchloſſene Tieflage. Die tiefliegenden Theile ſchmaler, zu— mal gegen Norden geöffneter Thäler, und allſeitig oder nahezu ge— ſchloſſener Einſenkungen. Die niedere herrſchende Temperatur verzögert die Zerſetzung der Abfallreſte und führt leicht zu Verſumpfungen. Iſt die Luftbewegung gehemmt und können zumal die durch Ausſtrahlung erkalteten unteren Luftſchichten nicht abfließen, ſo ſind dieſe Gebiete den Spätfröſten ſtark ausgeſetzt und werden dann zu ausgeſprochenen Froſt— lagen. An ſolchen Stellen, die, wenn ſie nur geringen Umfang beſitzen, als Froſtlöcher bezeichnet werden, kann die Temperatur oft erheblich unter die der umgebenden Gebiete ſinken. So beobachtete Krutich*) Unterſchiede von 3 — 4“ gegenüber nur 5 —6 m höheren benachbarten Gebieten. XII. PYflanzenernährung und Pflanzengifte. Die Entwickelung der Pflanzen iſt von einer Reihe äußerer Be— dingungen abhängig. Je nach Art und Individuum ſind die Forderungen, welche die Pflanze ſtellt, verſchieden und ſchwanken innerhalb ziemlich weiter Grenzen; alle aber ſtellen gewiſſe Forderungen, ohne deren Be— friedigung die Lebensproceſſe überhaupt nicht oder nur in unzureichendem Maße ſtattfinden können. Dieſe Bedingungen ſind theils phyſikaliſche, theils chemiſche. Zu den erſteren gehören eine ausreichend hohe Tem— peratur und genügende Lichtwirkung, zu den letzteren die Gegenwart von allen Nährſtoffen, welche die Pflanze bedarf. Die Temperatur und ihre Vertheilung im Laufe des Jahres, ſowie die Luftfeuchtigkeit (Nebelbildung u. ſ. w. ſind davon abhängig) ſind die Hauptfaktoren des Klimas einer Gegend. Diejenigen Gebiete, welche dieſe Faktoren für die Entwickelung einer Pflanzenart in vollkommenſter Weiſe beſitzen, bilden das Optimum der Verbreitung der betreffenden Art.**) Die in der Natur vorhandene Vertheilung der Pflanzenarten beruht hierauf in hervorragender Weiſe, wenngleich die Beſchaffenheit des Bodens wie individuelle Eigenſchaften der Pflanzenarten gleichzeitig und gleichwerthig einwirken.“ * ) Tharander Jahrbücher. Jubelband 1866. S. 106. **) Mayr, Die Wälder Nordamerikas. ) Aus dieſer gleichzeitigen und je nach den lokalen Umſtänden abweichenden Bedeutung der einzelnen Bedingungen erklären ſich auch die weit aus einander gehenden Meinungen der einzelnen Forſcher über den Werth und den Einfluß jeder 294 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. 58 76, 78 Die folgende Zuſammenſtellung der wichtigſten Bedingungen der Pflanzenentwickelung berückſichtigt nur die Chlorophyllpflanzen und ein⸗ gehend die nord- und mitteleuropäiſchen Waldbäume. Die in vielen Beziehungen abweichenden Verhältniſſe der chlorophyllfreien Pflanzen bedürfen hier keiner Beſprechung. s 77. 1. Die phyſikaliſchen Bedingungen des Pflanzenwuchſes. Die phyſikaliſchen Bedingungen der Pflanzenentwickelung ſind eine beſtimmte Höhe der Temperatur und genügender Lichteinfall. 1. Die Temperatur. Jede Pflanze beginnt ihre Lebensthätigkeit, ſowohl in Bezug auf Wurzelthätigkeit wie auch auf Zelltheilung und Aſſimilation, bei einer beſtimmten, für die einzelnen Arten und Gattungen verſchiedenen Tem- peratur. Man bezeichnet den entſprechenden Wärmegrad als das Temperaturminimum der Pflanze. Für viele Arten unſerer Ge— biete liegt dies bei Temperaturen von einigen Graden über Null, wenn⸗ gleich einzelne Proceſſe ſchon bei Null Grad und, ſofern der Zellſaft nicht gefriert, ſelbſt noch unterhalb dieſer Temperatur verlaufen können. Eine merkbare Lebensthätigkeit unſerer meiſten Waldbäume beginnt im Frühlinge bei etwa 6— 8°; für viele den wärmeren Klimaten ange- hörige Pflanzen erſt bei viel höheren Temperaturen. Mit der Temperaturzunahme ſteigert ſich die Kraft der Lebens— proceſſe, bis ſie den höchſten Stand beim Temperaturoptimum der betreffenden Pflanze erreicht, um darüber hinaus entweder durch Er— tödtung der Pflanze oder durch Ueberwiegen der Zerſetzungsvorgänge im Pflanzenkörper (Athmung und dergleichen) raſch abzunehmen. Für die Bäume unſerer Klimate wird das Optimum der Temperatur wahrſcheinlich auf wärmeren Standorten für einzelne Arten (Fichte, Tanne) überſchritten; für andere (Eiche) auf kühleren nicht erreicht. der wechſelnden äußeren Einwirkungen, ſoweit dieſe nicht, wie z. B. der Waſſergehalt des Bodens, Temperaturzonen und dergleichen, unmittelbar bemerkbar ſind. Es würde keine unlohnende Aufgabe ſein, einmal die mannigfaltigen Anſchauungen, welche in Bezug auf chemiſche Zuſammenſetzung und phyſikaliſche Beſchaffenheit des Bodens, Fähigkeit der Pflanzen Beſchattung und Beſtrahlung, Dürre, niedere Tem— peraturen zu ertragen, Luftfeuchtigkeit u. ſ. w. geäußert ſind, neben einander zu ſtellen, und verſtehen zu lernen, wie faſt jeder dieſer Forſcher zu ſeinen Anſchauungen gelangt iſt. Es würde dies zugleich ein Beiſpiel ſein, wie ſehr man ſich im Urtheil über ein Reſultat ſo zahlreicher Wirkungen, wie es die heutige Vertheilung der Pflanzenwelt iſt, vor Einſeitigkeit zu hüten hat. 8 77. Das Licht. 295 Der forſtliche Betrieb vermag keinen Einfluß auf die Lufttemperatur aus— zuüben, wohl aber kann durch lichtere oder dichtere Stellung der Bäume eine nicht unerhebliche Einwirkung auf die Bodentemperatur hervor— gebracht werden (vergleiche § 69). 2. Das Licht. Das Sonnenlicht liefert die nothwendige Kraft, um unter Mit— wirkung des Aſſimilationsapparates und insbeſondere des Chlorophylls der Pflanze, die Zerlegung von Kohlenſäure und Waſſer und den Auf— bau der organiſchen Pflanzenſtoffe zu ermöglichen.“ Die Stoffbildung im Pflanzenkörper iſt daher von einer aus— reichenden Luftzufuhr abhängig. Neben der Aſſimilation der Pflanzen verlaufen gleichzeitig auch Zerſetzungsvorgänge, die als Athmung der Pflanze in die äußere Erſcheinung treten. Zugleich übt das Licht noch mechaniſche Wirkungen auf den Pflanzen— körper aus, mäßigt namentlich die Streckung neu gebildeter Organe und führt eine Verdickung der äußeren Pflanzenſchichten, ſowie eine verſtärkte Ablagerung von inkruſtirender Subſtanz in den einzelnen Zellen herbei. Die Einwirkung des Lichtes iſt von der Intenſität desſelben ab— hängig. Da es kein ſo einfaches Hülfsmittel giebt, dieſe zu meſſen, wie es beiſpielsweiſe das Thermometer für Temperaturen iſt, außerdem im Laufe des Tages die Lichtſtärke oft erheblich ſchwankt, ſo ſind die Bedingungen der Lichtwirkung lange nicht ſo genau erforſcht, wie die der Wärme. Man hat Urſache anzunehmen, daß in ähnlicher Weiſe, wie es für die Temperatur gilt, ein Minimum der Lichtwirkung vorhanden ſein muß, um die Aſſimilation zu ermöglichen, und das dies ebenfalls für die verſchiedenen Pflanzenarten ein verſchiedenes iſt; daß es ferner ein Optimum der Lichtwirkung giebt, und wenn dies überſchritten iſt, Zer— ſetzungsvorgänge die Aſſimilation überwiegen. In unſeren Gebieten wird das Optimum der Lichtzufuhr wohl nur ſelten überſchritten, in der Regel nicht erreicht; im Ganzen ſcheint jedoch eine mittlere Licht— ſtärke auch für unſere Waldbäume am günſtigſten zu ſein. ““ Kohlenſäure und Waſſer ſind beides ſehr ſtabile Verbindungen. Ihre Zerlegung bedarf einer bedeutenden äußeren Kraftzufuhr, dieſe liefert das Licht. Viele der im Pflanzenkörper enthaltenen organiſchen Stoffe, ſo die ganze Zahl der Kohlehydrate, beſitzen eine ſogenannte „negative Energiemenge“, d. h. bei ihrer Verbrennung werden mehr Wärmeeinheiten frei, als bei der Verbrennung von gleichviel Kohle und Waſſerſtoff zu Kohlenſäure und Waſſer. Die chlorophyllhaltige Zelle verbraucht daher nicht nur die im Licht vorhandene Energie zur Zerlegung von Kohlenſäure und Waſſer, ſondern ſie ſpeichert im Pflanzenkörper auch noch einen Ueberſchuß von Kraft auf, welche für den Lebensproceß verwerthbar wird. **) Müller, Botaniſche Unterſuchungen. Heidelberg 1876, ©. 373. 296 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. 872 Die Fähigkeit, die Kraft des zugeführten Lichtes auszunützen, iſt für die verſchiedenen Pflanzenarten erheblich verſchieden und wechſelt außerdem für dieſelbe Pflanzenart nach den äußeren Verhältniſſen, Alter und dergleichen erheblich. Jüngere Organe ſind im Allgemeinen den älteren in der Energie der Aſſimilation überlegen. Für die Baumarten iſt die Fähigkeit zu aſſimiliren nach den Ver— ſuchen Müller's eine ſehr verſchiedene.“) Er beobachtete z. B. fol- gende Größen. Der in einer Minute von 1 gem Blattoberfläche reducirte SEE ſtoff entſprach der Kraft von Wärmeeinheiten: Fiche one Kefer Buche ru Des gl. Dre Hainbuche. 0, 04248 Erle 6 Die vom Sonnenlicht zunge Kraft entſprach für dieſelbe Zeit- einheit und Oberfläche 0,68675 Wärmeeinheiten. Es hatten alſo die Nadelhölzer nur etwa 1%, die Laubhölzer 2 — 7% der zugeführten Kraft auszunutzen vermocht. Es entſpricht dies auch den thatſächlichen Verhältniſſen, da z. B. ein Kiefernbeſtand faſt um die Hälfte an Pro— duktion organischer Subſtanz gegen einen Buchenbeſtand zurückbleibt.“ Der Einfluß der ſtärkeren oder ſchwächeren Lichtwirkung auf die Ausbildung der Blattorgane iſt ein bedeutender und tritt ſowohl bei Laub- wie Nadelbäumen bervor.***) Die Blattorgane paſſen ſich dem Lichtgenuß an. Buchenblätter, welche im vollen Lichte er- wachſen, ſind von kleiner bis mittlerer Größe, jedoch dick, kräftiger, derber entwickelt; die im Halbſchatten erwachſenen Blätter ſind weſentlich größer, aber weniger dick; die im Schatten erwachſenen klein und ſehr ee **) Wenn der Zuwachs des Stammkörpers im Nadelwalde in der Regel größer iſt, als der des Laubwaldes, ſo wird dies nur dadurch bedingt, daß bei dem erſteren unverhältnißmäßig weniger zur Bildung von Blattorganen verbraucht wird. Auch der von Ebermayer bereits aus den Ergebniſſen der bayriſchen Streuverſuchs⸗ flächen abgeleitete Satz, daß die jährlich produeirte Menge von organiſcher Sub— ſtanz für die verſchiedenen Beſtandsarten eine annähernd gleiche ſei, beruht darauf, daß im Nadelholzwalde ein ungleich höherer Procentſatz der Streu von der Boden— vegetation erzeugt wird, als im (überwiegend zum Vergleich herangezogenen) Buchenwald. iteratur E. Stahl, Einfluß des ſonnigen und ſchattigen Standorts auf die Ausbildung der Laubblätter. 1883. Kienitz, Bericht über die 16. Verſammlung deutſcher Forſtmänner in Aachen 1887, S. 128. § 77.] Das Licht. 297 dünn. Die letzteren erreichen oft noch nicht ein Drittheil der Dicke der Lichtblätter. Dieſe Unterſchiede laſſen ſich an den Blättern des— ſelben Baumes feſtſtellen, die je nach der Beſchattung verſchieden ent— wickelt ſind. Die Fähigkeit, ſich den verſchiedenen Belichtungsgraden anzupaſſen, iſt für verſchiedene Pflanzenarten eine ſehr wechſelnde; ausgeſprochene Schattenpflanzen (Oxalis acetosella, Epimedium alpi- num) beſitzen ſie nicht; von den einheimiſchen Arten wohl am meiſten Buche und Heidelbeere. Abb. 23. Theil des Durchſchnittes eines im Licht erwachſenen Buchenblattes mit normalen Palliſadenparenchym (nach Stahl). Abb. 24. Theil des Durchſchnittes eines im Schatten erwachſenen Buchenblattes (nach Stahl). Die Parenchymſchicht des Blattes iſt flaſchenförmig ausgebildet. (Form faſt aller ausgeſprochenen Schattenpflanzen.) In ähnlicher Weiſe treten die Unterſchiede für die Nadelhölzer hervor. Eine Fichte, welche Kienitz unterſuchte, zeigte bei gleichem Alter die im Licht erwachſenen Nadeln weſentlich ſtärker entwickelt, das chlorophyllführende Parenchym war reichlicher ausgebildet, die äußeren Theile weſentlich derber. Die Zahl der Spaltöffnungen iſt im Licht- blatt eine erheblich größere. (Abb. 25 und 26.) In ähnlicher Weiſe ſind auch die übrigen im Schatten erwachſenen Baumtheile zwar von reichlicher Länge aber ſchwächlich ausgebildet, und insbeſondere erreichen die Knospen oft nur einen Bruchtheil der Größe von ſolchen, welche im Licht erwachſen ſind. Plötzliche Freiſtellung wirkt daher zunächſt ungünſtig auf die im Schatten angelegten Blattorgane, die Laubhölzer vermögen ſich jedoch \ 298 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. 1 [$ 77. Abb. 25. Querſchnitt der Nadeln der Fichte (nach Hempel und Wilhelm) 55 A. Schattenform, B. Lichtform. i Bei s Spaltöffnungen, bei h Harzgänge. In der Mitte Leitbündel. Zwiſchen dieſen und der dick⸗ wandigen Oberhaut liegen die chlorophyllführenden Parenchymzellen. (Chlorophyll in der Zeichnung nicht angegeben.) innerhalb mäßiger Zeit, in der Regel in zwei bis drei Jahren, den ver— änderten Verhältniſſen anzupaſſen und Lichtblätter zu entwickeln. Die Nadelhölzer dagegen, welche auf langjährige Dienſte ihrer Blattorgane angewieſen ſind, leiden durch plötzliche Freiſtellung ungleich § 77.] Das Licht. 299 mehr. Die Schattenblätter ſterben ab, und es kommt auf die gegebenen Verhältniſſe an, ob der Baum überhaupt lebensfähig bleibt. Hier liegt eine direkte und bedeutſame Einwirkung der Belichtung vor, welche ausſchließlich vom Maße des Licht— einfalls abhängig iſt; ſie tritt aber nur dann unzweifelhaft hervor, wenn eine plötzliche Aenderung der durchſchnittlichen Lichtſtärke herbei— geführt wird. Einen ausſchließlich maßgebenden Einfluß auf die Entwickelung der Vegetation bei bleibender oder ſich langſam ver— ändernder Beſchirmung darf hieraus nicht gefolgert werden. Gegen eine ſolche ſprechen vielfache Gründe. Abb. 26. Querſchnitt der Nadeln der Tanne (nach Hempel und Wilhelm) — A. Schattenform, B. Lichtform. B iſt im oberſten Theile der Nadel (ohne Mittelfurche) durchſchnitten, ein Schnitt durch den mittleren Theil der Nadel würde erheblich größer ſein, als der hier mitgetheilten Zeichnung entſpricht. Bei s Spaltöffnungen, bei h Harzgänge. Die Beobachtung, daß einzelne Baumarten im frühen Lebensalter reichliche und lange andauernde Beſchattung zu ertragen vermögen, ſowie, daß ſich beſtimmte Baumarten im höheren Alter licht ſtellen, während andere dicht geſchloſſene Beſtände bilden, hat ſchon lange die Unterſcheidung in Licht- und in Schattenhölzer herbeigeführt, und die Annahme veranlaßt, daß die Belichtung entſcheidend für die Ent— wickelung der Bäume ſei. Dem gegenüber iſt nun feſtzuhalten, daß alle Baumarten ſich auf beſſeren Böden geſchloſſener halten, als auf geringeren. Das Maß des Lichteinfalles iſt in unſeren Gebieten ein ſehr einheitliches und nur von 300 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. "Br der Neigung und Nichtung der Flächen abhängig. Würde die Belich- tung maßgebend fein, ſo müßten ſich die Lichtholzarten auch auf den verſchiedenen Bodenarten gleichmäßig licht ſtellen. Es geſchieht dies aber nicht. Schon hieraus iſt ohne weiteres zu ſchließen, daß andere Einwirkungen, ſowohl individuelle Veranlagung, wie auch namentlich die Deckung des Bedarfes an Waſſer und Mineralſtoffen von größerer Bedeutung find, als die des Lichteinfalles.“ In neuerer Zeit iſt dieſe Auffaſſung namentlich von Borggrede**) und dem Verfaſſer vertreten worden. Borggreve ſtützt ſich namentlich auf die Verſuche, welche bereits von G. Heyer in Hann.-Münden begonnen waren und aus denen ſich ergiebt, daß die ſogenannten Lichtholzarten eine mäßige bis ſtarke, künſtlich herbeigeführte Beſchattung ohne Schaden ertragen haben und in normaler Entwickelung ſtehen. Ferner wird das Gleiche für die in Löchern erwachſenden Pflanzen, ſowie für ſolche nachgewieſen, welche vom direkten Sonnenlicht nicht getroffen werden können (3. B. in den Gräben des Heidelberger Schloſſes). Aus dieſem Verhalten ſchließt Borggreve das Zurücktreten der Lichteinwirkung. Der Verfaſſer iſt auf anderem Wege zu gleichen Schlußfolgerungen gekommen. Er unterſuchte je drei Kiefern im 20. und 30. Jahre, von denen je eine vorherrſchend, mitherrſchend und beherrſcht erwachſen war. Das Gewicht der Nadelmengen und der durchſchnittlich erzeugten organiſchen Subſtanz ſtand für alle drei Bäume in einem ſehr ähnlichen Verhältniß und blieb für die beherrſchten Stämme nur unerheblich zurück. Es war ſchon hierdurch wenig wahrſcheinlich geworden, daß die Lichtwirkung die Entwickelung der Kiefer überwiegend beeinflußt, und die Unterſuchung der im letzten Jahrzehnt aufgenommenen Nähr- ſtoffe zeigte, daß die ganze Ernährung der Bäume eine völlig ungleiche geweſen war. * In der Belichtung hat man daher einen der zahlreichen auf die Lebensverhältniſſe der Pflanzen wirkenden Faktoren zu ſehen, der aber nur in ſeltenen Fällen entſcheidend wird. Es würde aber unrichtig ſein, nicht anzuerkennen, daß er es vielfach und am ausgiebigſten bei Aenderung der Beleuchtungsverhältniſſe werden kann und ſicher beim e vieler unterdrückter Stämme mitwirkt. ) Man vergl. Ramann in Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1883, 12. **) Holzzucht. 2. Aufl. S. 120. JZeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1892, S. 135. § 78.] Kohlenſäure und organiſche Stoffe. 301 s 78. II. Die chemiſchen Faktoren des Pflanzenwuchſes. Die zur Produktion von organiſcher Subſtanz für die Pflanzen nothwendigen Stoffe kann man in drei, beziehentlich vier Gruppen vereinigen. Es ſind dies: 1. Kohlenſäure und organiſche Stoffe. Die Kohlenſäure wird von den chlorophyllführenden Pflanzen unter Mithülfe des Lichtes zerlegt und in Kohlenſtoffverbindungen, welche für die Lebensthätigkeit brauchbar ſind, umgebildet. Dieſen Vorgang bezeichnet man mit Aſſimilation. Die hauptſächlichſte und in den meiſten Fällen alleinige Quelle des Kohlenſtoffes in den Pflanzen iſt die atmoſphäriſche Kohlen— ſäure. Nach den früheren Darlegungen (Seite 5) iſt ein Mangel an dieſem unentbehrlichen Nährſtoff nicht zu befürchten. Methoden, welche eine Anreicherung der Luft an Kohlenſäure herbeiführen könnten, ſind in Folge der Gasdiffuſion ausgeſchloſſen, welche auf einzelnen Flächen gebildete Kohlenſäure ſchnell in die Maſſe der Atmoſphäre überleitet. Die Pflanzen ſind ferner befähigt, beſtimmte organiſche Stoffe aufzunehmen und umzubilden.“) Die vorliegenden Verſuche find über- wiegend mit löslichen Kohlehydraten (Zuckerarten, Inulin) ausgeführt worden. Es iſt ſomit die Möglichkeit der Aufnahme organiſcher Stoffe und ihre Umbildung in der Pflanze bewieſen. Fernere Gründe, welche für eine derartige Auffaſſung ſprechen, ſind das Vorkommen von dialyſirbaren organiſchen Stoffen im Boden. **) Iſt die Durchläſſigkeit der verſchiedenen Membranen für dialyſirbare Körper auch eine verſchiedene, ſo liegt doch kein Grund vor, der Wurzel der höheren Pflanzen eine Fähigkeit abzuſprechen, welche den chloro— phyllfreien Pilzen, deren Ernährung ja auf Zerlegung fertig gebildeter organiſcher Stoffe beruht, in ſo hohem Maße zukommt. Die Aufnahme von organiſchen Stoffen durch die Wurzel iſt daher wahrſcheinlich. Einen nennenswerthen Einfluß auf die Entwickelung der Pflanzen kann man dieſem Vorgange jedoch nicht zuſchreiben. Die zahlreichen Kulturen der verſchiedenſten Pflanzen in völlig humusfreiem Boden beweiſen dies hinreichend. Die Waldbäume finden ihre üppigſte Entwickelung in oft recht humusarmen Böden, alles dieſes zeigt übereinſtimmend, daß eine direkte Aufnahme von Kohlenſtoffverbindungen durch die Wurzel in der Natur für die Pflanzenernährung keine Rolle ſpielt. ) Man vergleiche A. Meyer, Botaniſche Zeitung 1886, S. 81. * Petermann, Jahresbericht der Agrikulturchemie 1883, S. 1. 302 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. in S 78. In eine völlig neue Phaſe ſchien dieſe Frage durch die Entdeckung der „Pilzwurzel, Mykorhiza“ durch Frank zu treten. Der Nach⸗ weis, daß die Wurzelſpitzen ſehr vieler unſerer Waldbäume von einem Pilzgewebe umzogen ſind, führte zur Annahme, daß hierdurch ein Zu— ſammenleben, eine Symbioſe“) zwiſchen Baum und Pilz ſtattfindet, durch welche der Pilz die Aufnahme organiſcher Stoffe aus den Humus⸗ beſtandtheilen des Bodens vermittelt und vom Baume dafür andere Vortheile empfängt. An ſich iſt es nun ſchwer einzuſehen, warum das Pilzmycel ſich die Arbeit machen ſoll, humoſe Stoffe zu zerſetzen, anſtatt von den leicht zugänglichen, fertig gebildeten organiſchen Stoffen des Baumes ſeinen Bedarf zu decken; verläuft doch in der Natur jeder Vorgang nach Richtung des geringſten Widerſtandes, alſo auch des ge— ringſten Kraftaufwandes. Trotzdem iſt die Auffaſſung der Mykorhiza⸗ bildung als vortheilhaft für den Baum heute die herrſchende. Für dieſe ſprechen folgende Gründe:“) a) Die allgemeine Verbreitung der Mykorhiza, welche eine An— paſſung der Pflanze an die Pilzthätigkeit erwarten läßt. b) Das Vorkommen der Mykorhiza iſt abhängig vom Humus⸗ gehalt des Bodens; in humusfreien Böden fehlt ſie. Ver— pilzte Wurzeln werden in völlig humusfreier Erde allmählich pilzfrei. c) Der lückenloſe Pilzüberzug auf vielen Wurzeln, ſo daß der Baum in ſeiner Wurzelthätigkeit auf die Aufnahme durch den Pilz angewieſen iſt. d) Kulturverſuche, welche mit Eichen und Buchen gemacht wurden, zeigten die mit Mykorhiza verſehenen, nach Frank, im Vortheil. Was dagegen ſpricht, iſt das Folgende: a) Der Baum bedarf der Mykorhiza nicht zu ſeiner vollen Ent- wickelung. In allen guten Waldböden und bei vorzüglichſter ) Symbiojen ſind vielfach nachgewieſen worden. Was nach Meinung des Verfaſſers aber dabei zumeiſt überſehen worden iſt, ſcheint die Thatſache zu ſein, daß ein Organismus immer der aktive Theil iſt und den anderen mehr oder weniger ausnutzt. Wenn Pilz und Alge zur Flechte zuſammenwachſen, ſo kommt der Pilz zur Fortpflanzung, niemals die Alge. Wenn dieſe auch weiter leben kann und vielleicht durch den vom Pilz geübten mechaniſchen Reiz größere Zellen bildet als im freien Zuſtande, ſo iſt doch der Pilz durchaus der bevorzugte Theil und lebt viel mehr als Schmarotzer auf, als in Symbioſe mit der Alge. Aehnliche Verhältniſſe ergeben ſich in allen Fällen der Symbioſe. Natürlich ſoll damit nicht geleugnet werden, daß auch der angegriffene Theil beſtimmten Nutzen erfahren kann, zumal wenn er ſich erſt den betreffenden Lebensverhältniſſen angepaßt hat; der Nutzen wird aber wohl immer hinter dem Schaden, den der Organismus erleidet, zurückbleiben. Frank, Bericht der deutſchen botaniſchen Geſellſchaft, VI, S. 248 — 269. § 78.] Sauerſtoff. 303 Ausbildung der Bäume iſt die Zahl der mit Pilzfäden um— ſponnenen Wurzeln eine geringe. Die Mykorhiza ſteht in ihrer Ausbildung hinter den pilzfreien Wurzeln zurück, erſcheint deformirt und mehr oder weniger verkrüppelt. Man vergleiche z. B. nur einmal an einer Kiefer die nicht angegriffenen Wurzeln mit den pilzbeſetzten! e) Mykorhizabildung an allen Wurzeln findet ſich z. B. bei der Buche nur bei ungünſtiger Bodenbeſchaffenheit, insbeſondere bei Rohhumusbedeckung. Bringt dieſe an ſich ein Zurückgehen des Baumes hervor, ſo wird dies durch die Mykorhiza wahr— ſcheinlich eher geſteigert, als gemildert.“ 55 — Iſt die Frage der Bedeutung der Mykorhiza auch zur Zeit noch nicht gelöſt und kann ſie vielleicht für verſchiedene Baumarten auch eine verſchiedene ſein, ſo kann Verfaſſer ſich doch nach allem, was er im Walde hiervon geſehen hat, nicht des Eindrucks verſchließen, daß 3. B. an Kiefern, die Erſcheinung der Mykorhiza einen krankhaften Charakter trägt, und viel eher zu einem vom Baum ertragbaren Paraſitismus des Pilzes als zu einer vortheilhaften Symbioſe paßt. Jedenfalls iſt es verfrüht, weitgehende Folgerungen aus dem Vorkommen der Mykorhiza ziehen, oder gar den Waldbäumen den Charakter als „Humuspflanzen“ zuſprechen zu wollen. 2. Sauerſtoff. Zur Athmung der Pflanzen iſt die Gegenwart freien Sauerſtoffes nothwendig. Für die oberirdiſchen Organe der Pflanze wird ein Mangel hieran nie auftreten, wohl aber kann dies für die Wurzeln ſtattfinden. Die vielfach nachgewieſene günſtige Einwirkung der Durchlüftung der Böden läßt ſich wahrſcheinlich auf die Thätigkeit des Sauerſtoffes zurückführen. Wirkt hierbei wohl überwiegend die Steigerung der Verweſungsvorgänge und Verhinderung der Fäulniß, ſo hat man doch manche Urſache, einen höheren Sauerſtoffgehalt der Bodenluft als vor— theilhaft für die Pflanze zu betrachten. In guten Böden findet eine genügende Zufuhr ſtatt. In Moor- und Torfböden zeigt die Ausſcheidung von leicht zerſetzlichen Oxydul— ſalzen des Eiſens, daß überhaupt merkbare Mengen von atmoſphäriſchem Sauerſtoff fehlen. Ganz allgemein wird bei Eintritt von Fäulniß— ) Henſchel, Oeſterreichiſche Monatsſchrift für Forſtweſen 1887, S. 113 zeigt z. B., daß in einem Pflanzkamp alle erkrankten und in der Entwickelung zurück- gebliebenen jungen Fichtenpflanzen an ihren Wurzeln die Mykorhizabildung hatten, die geſund gebliebenen dagegen nicht. Vergleiche Hartig, Bericht der deutſchen botan. Geſellſchaft VI, S. 258 (1888). 304 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. N [$ 78. proceſſen und der Bildung ſaurer Humusſtoffe ein Mangel an Sauer⸗ ſtoff vorliegen, wenn derſelbe auch noch nicht ſo groß iſt, daß die Athmung der Pflanzenwurzel aufhört. Auf Sauerſtoffmangel ſind ferner wohl viele ungünſtige Erſcheinungen zurück zu führen, welche bei länger anhaltenden Ueberſtauungen mit ſtehendem Waſſer eintreten. In der erſten Zeit wird der von den Bodentheilen abſorbirte Sauer— ſtoff (Seite 104) aushelfen, iſt dieſer verbraucht, ſo hört die Athmung der Wurzeln auf, und die Pflanzen ſterben ab. Natürlich iſt die Wider⸗ ſtandsfähigkeit der einzelnen Pflanzenarten verſchieden. 3. Stickſtoff. Die Eiweißarten ſind ſämmtlich ſtickſtoffhaltige Verbindungen. Stickſtoff gehört daher zu den wichtigſten und unentbehrlichen Nähr- ſtoffen der Pflanzen. An Stickſtoffquellen ſtehen dieſen zu Gebote: a) Die Zufuhr durch Abſorption aus der Atmoſphäre und aus den atmoſphäriſchen Niederſchlägen. Um die Maximalmenge, welche möglicherweiſe abſorbirt werden kann, kennen zu lernen, hat man Schwefelſäure oder Salzſäure der Luft ausgeſetzt. Es wurden gefunden in vier Monaten ca. 4 kg für das Hektar (Al. Müller, Jahresbericht der Agrikulturchemie 1866, S. 63); 30,6 kg für das Hektar (Heinrich, Jahresbericht 1881, S. 69); 13,1 kg für das Hektar (Keller und andere, Jahresbericht 1886, S. 19). Es ſind dies immerhin bemerkenswerthe Mengen, welche den Bedarf des Waldes voll decken würden. Zu berückſichtigen iſt jedoch, daß in alkaliſch reagirenden Böden kleine Mengen von Ammoniaf- karbonat abdunſten, alſo eher ein Verluſt als eine Zufuhr an Stickſtoff ſtattfinden wird. Ueber den Gehalt der Regen- und Schneewäſſer an Ammoniak und Salpeterſäure liegen zahlreiche Beobachtungen vor.“) Die Geſammtmenge des hierdurch (für Jahr und Hektar) zuge— führten gebundenen Stickſtoffs ſchwankt zwiſchen 2,5 — 24 kg und be- trägt im Mittel etwa 10 kg. Der Gehalt der Niederſchläge an Salpeterſäure-Stickſtoff iſt immer nur ein Bruchtheil ('/,—'/,) des Ammoniak -Stickſtoffs. Schwächere Regen enthalten relativ mehr, lang andauernde Land— regen weniger Stickſtoffverbindungen, obgleich im letzteren Falle ab- ſolut mehr davon dem Boden zugeführt werden. Die größte Menge fällt im Sommer, während das Minimum theils im Herbſt, theils im Winter liegt. ) Die ausgedehnten Verſuche auf den preußiſchen agrikulturchemiſchen Stationen in Annalen der Landwirthſchaft, Bd. 48, S. 97 und Bd. 50, S. 249. 8 78. | Sticſtoff 305 Die zahlreichen Beſtimmungen in anderen Ländern entſprechen im Ganzen dieſen Angaben. b) Stickſtoffverbindungen aus der Zerſetzung organiſcher Stoffe (vergleiche Seite 222). e) Der freie Stickſtoff der Atmoſphäre. Lange Zeit waren über die Aufnahme von freiem Stickſtoff zur Pflanzennahrung die Meinungen weit aus einander gehend. Während die Agrikulturchemiker, geſtützt auf Verſuche von Bouſſingault und anderen dieſe beſtritten, unterſchied der Landwirth bereits einzelne Pflanzen als „boden— bereichernde“ und rechnete zu dieſen namentlich die Leguminoſen (Eſparſette, Klee, Lupinen). Bereits Mitte der achtziger Jahre wurde von einzelnen Seiten darauf aufmerkſam gemacht, daß der Boden noch andere Stickſtoff— quellen haben müßte“ als die bisher bekannten. Klarheit kam in dieſe Fragen erſt durch die techniſchen Reſultate, welche Schultz⸗Lupitz auf ſeinem Gute erzielte, und anderſeits wurde durch die bahnbrechende Arbeit von Hellriegel und Wilfarth**) un- zweifelhaft der Nachweis geführt, daß von Pflanzen freier atmoſphäriſcher Stickſtoff aufgenommen werden kann. Seit jener Zeit iſt die Zahl der Arbeiten über dieſen Gegenſtand eine außergewöhnlich große geweſen, und noch jetzt erſcheinen monatlich neue Unterſuchungen, ſo daß zu einem abſchließenden Urtheil noch nicht zu kommen iſt. Am vortheilhafteſten ſcheint es, den gegenwärtigen Stand der Frage nach den Arbeiten von Frank zu geben, und nur ein paar Bemerkungen zur Orientirung voraus zu ſchicken. Hellriegel und Wilfarth wieſen nach, daß eine reichlichere Auf— nahme von Stickſtoff bei Papilionazeen nur dann erfolgt, wenn dieſe an ihren Wurzeln ſogenannte „Wurzelknöllchen“ ausbilden, daß die Pflanzen jedoch alle Zeichen des Stickſtoffhungers aufweiſen, wenn dieſe fehlen. Da die Wurzelknöllchen bald nachher als Anſammlungen von Bakterien erkannt wurden, ſo kam man zu dem Schluſſe, daß dieſe die Stickſtoffbindung vermittelten. Reinkulturen derſelben ergaben jedoch negative Reſultate. ) Einer der erſten iſt der Verfaſſer geweſen, der auf Grund zahlreicher Ana— lyſen und jeiner Unterſuchungen ſtreuberechter Böden (Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1883, S. 577 und 633) darauf aufmerkſam machte, daß ſich der Stickſtoff⸗ entzug nicht aus dem Gehalte der atmoſphäriſchen Gewäſſer an Stickſtoffverbindungen erklären laſſe, und „daß der Boden im Stande zu ſein ſcheint, direkt gebundenen Stickſtoff aus der Atmoſphäre zu abſorbiren“. Die betreffende Arbeit iſt in landwirthſchaftlichen Kreiſen kaum bekannt ge— worden, obgleich ſie für die behandelte Frage nicht unerhebliches Material liefern konnte. **) Zeitſchrift des Vereins für Rübenzuckerinduſtrie 1888, Beilageheft. Ramann. 20 306 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. * Fortſchreitende Unterſuchungen machen es nun wahrſcheinlich, daß die Stickſtoffbindung eine allgemeine Eigenſchaft der Pflanzen iſt und nur ſehr verſchieden ſtark hervortritt.“) Grüne Blätter enthalten z. B. reichlich Aſparagin, und zwar am Abend mehr als am Morgen; das⸗ ſelbe verhält ſich alſo den Kohlehydraten ähnlich.“ In beſonders hohem Grade zeigen die Leguminoſen die Fähigkeit, Stickſtoff zu binden. Dieſe tritt aber nur dann hervor, wenn die Pflanzen auf ſtickſtoffarmem Boden wachen und wenn ſie durch Ein- wanderung von Bakterien einen äußeren Reiz hierzu erhalten. In ſtickſtoffreichen Böden nehmen die Leguminoſen ebenſo den gebundenen im Boden enthaltenen Stickſtoff auf, wie andere Pflanzenarten, ſind alſo durchaus nicht in ihrer Ernährung auf den atmoſphäriſchen Stick- ſtoff angewieſen. Der Leguminoſenpilz (Rhizobium leguminosarum) nach Frank (Frank nimmt nur eine Pilzform an, andere unterſcheiden verſchiedene Arten; vielfach iſt für den Pilz auch der Name Bacillus radieicola im Gebrauch) gehört zu den kleinſten bekannten Weſen und findet ſich wahrſcheinlich im Erdboden vor. Die Wurzeln der Leguminoſen beſitzen die Fähigkeit, durch eigenthümliche Ausſcheidungen die Schwärmer des Pilzes anzulocken und ſie an der Oberfläche der Wurzeln zu einer ge— wiſſen Vermehrung zu veranlaſſen. Auf eigenthümlichen, von dem Protoplasma der Wurzelenden gebildeten leitenden Strängen, dringen die Pilze tiefer in den Pflanzenkörper ein und verbreiten ſich in dem größten Theile der Pflanze. Die Leguminoſen beſitzen alſo völlige Fangapparate für den Pilz und ſtellen ſich ſo als den aktiven Theil bei der Symbioſe dar. An den Wurzeln, wo der Pilz zunächſt eingetreten iſt, entwickelt die Pflanze Neubildungen in Form von Knöllchen. In dieſen enſteht ein Gewebe von ſehr eiweißreichen Zellen, in denen der Pilz zu außer- ordentlicher Vermehrung gelangt. Zu Ende der Vegetationszeit wird Frank, Bericht der deutſchen botaniſchen Geſellſchaft, Bd. 8, S. 331—342, das übrige nach Frank, Landwirthſchaftliche Jahrbücher 1890, Bd. 19, S. 523-640. ) Dieſe Anſchauung wird durch eine neue umfangreiche Arbeit bejtätigt (Landwirthſchaftliche Jahrbücher 1892, S. 1). Frank weiſt hierbei nach, daß von einer ganzen Anzahl Pflanzen Stickſtoff aus der Luft aufgenommen und gebunden wird, und zwar gilt dies für Kryptogamen wie Phanerogamen. Immerhin ſcheint jedoch die ſtickſtoffbindende Thätigkeit der Pflanzen erſt im Laufe des Pflanzenlebens einzutreten und eine vollere Entwickelung der Organe zur Vorausſetzung zu haben. Fehlt während der erſten Jugendperiode die Ernährung mit aufnehmbaren Stick⸗ ſtoffverbindungen, jo bleiben die Pflanzen zurück, die zuerſt gebildeten Blätter ſterben ab, und die neu entſtehenden Blätter bleiben klein, die ganze Pflanze iſt ſehr ſchwäch⸗ lich und krankhaft. Es ſind dies die Hauptſymptome des „Stickſtoffhungers“, aus deſſen Auftreten man die Unfähigkeit der Pflanze, den atmoſphäriſchen Stickſtoff aufzunehmen, folgerte. 8 78.] Stickſtoff. 307 das Eiweiß der Pflanzenzellen reſorbirt, während die Bakterien beim Verweſen der Wurzelknöllchen in den Erdboden gelangen. Durch die Einwirkung des Pilzes werden die Leguminoſen zur energiſchen Stickſtoffaſſimilation angeregt, und zeigen zugleich nicht inficirten Pflanzen gegenüber eine in hohem Grade geſteigerte Wachs— thumsenergie. Auf der Zufuhr von Leguminoſenbakterien beruht eine eigenartige Kulturmethode, das Impfen der Böden. Flächen, welche lange Zeit keine Papilionazeen getragen haben, kann der Pilz, der ſonſt im Boden verbreitet iſt, fehlen. Führt man eine geringe Menge von Ackererde zu, welche Pilze enthält, ſo kann die Entwickelung der Hülſenfrüchte gefördert werden. Es genügen ſchon Mengen von etwa 10 kg pro Ar, um dieſe Wirkung zu erzielen. Beſonders auffallende Erfolge hat man durch Impfung von Moorböden herbeigeführt, wo der Ertrag zuweilen verdoppelt wurde.“) Unter den Waldbäumen iſt die Stickſtoffaufnahme für die wilde Akazie nachgewieſen.““) Wahrſcheinlich iſt ſie es ferner noch für die Erlen— arten, die ebenfalls ſich durch Pilzverwachſungen der Wurzel auszeichnen. Wenigſtens läßt der ganz ungewöhnlich hohe Stickſtoffgehalt dieſer Baumarten hierauf ſchließen. | Die zur Pflanzenernährung geeignetſte Form der Stid- ſtoffverbindungen iſt die Salpeterſäure. Sie wird im Boden unter Mitwirkung eines niederen Pilzes aus Ammoniak und wahr— ſcheinlich auch aus anderen Stickſtoffverbindungen gebildet. Zahlreiche Verſuche, das Salpeterſäureferment zu iſoliren, mißglückten, bis es Winogradski“* “) gelang, es in Löſungen, die keine oder nur Spuren organiſcher Stoffe enthielten, rein zu züchten. Winogradski ſchreibt dem Salpeterſäurepilz die Eigenſchaft zu, und ſeine Verſuche geſtatten kaum eine andere Deutung, aus kohlenſauren Salzen, zumal Calcium- oder Magneſiumkarbonat, und Ammoniakſalzen direkt organiſche Subſtanz aufzubauen. Neben der Aſſimilation der Chlorophyllpflanzen würde demnach hier ein zweiter Weg der Bildung von organiſchen Stoffen gefunden ſein. f) ) Salfeld, Centralblatt für Agrikulturchemie 1889, Bd. 18, S. 239. ) Frank, Bericht der deutſchen botaniſchen Geſellſchaft 1891, Bd. 8, S. 292. ) Forſchungen der Agrikulturphyſik. 1) Berechnet man die Zerſetzungswärme der Ammoniakſalze und Erdalkalien, ſo bleiben z. B. bei Ueberführung von kohlenſaurem Kalk und ſchwefelſaurem Ammon in organiſche Subſtanz (Formaldehyd) nahezu tauſend große Kalorien un— gedeckt. Da die Salpeterſäurebildung auch bei Abſchluß von Licht ſtatt findet, ſo bleibt es rätyſelhaft, woher die Kraft zur Zerlegung jener Verbindungen kommen ſoll. Geht man von Magneſiumkarbonat aus, ſo ſind die Zahlen etwas geringer, aber auch unter den günſtigſten Annahmen muß immer noch eine äußere Kraft- quelle hinzukommen, um die Bildung organiſcher Stoffe zu ermöglichen. 20 * 308 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. [88 78, 79 Da die Waldböden keine oder nur geringe Mengen von Salpeter- ſäure (Seite 223) enthalten, ſo müſſen die Bäume ihre Stickſtoffnahrung anderen organiſchen Stoffen entnehmen. Verſuche haben bewieſen, daß auch Ammoniak und einige andere ſtickſtoffhaltige organiſche Verbin⸗ dungen aufgenommen werden können. In welcher Weiſe die Stickſtoff— ernährung der Waldbäume erfolgt, iſt noch nicht genügend feſtgeſtellt. § 79. 4. Das Waſſer. Zu den unentbehrlichen Grundbedingungen einer gedeihlichen Ent— wickelung der Pflanzen gehört eine genügende Menge von tropfbar- flüſſigem Waſſer. Die Pflanze nimmt ihren Bedarf aus dem Boden mit Hülfe der Wurzeln auf. Die Bedeutung des Waſſers für das Pflanzenleben iſt eine doppelte. Es iſt ein direktes Nährmittel der Pflanze; die hierbei ver- brauchten Waſſermengen treten aber völlig zurück gegen jene, welche als Löſungsmittel der anorganiſchen Stoffe, ſowie zur Erzeugung der Gewebeſpannungen im Pflanzenkörper aufgenommen und meiſt wieder durch die Spaltöffnungen der Blattorgane ausgeſchieden und verdunſtet werden. Zur Bildung der organiſchen Subſtanz verbraucht die Pflanze nicht unerhebliche Waſſermengen. Der in jener enthaltene Waſſerſtoff ent⸗ ſtammt wohl ausſchließlich dem aufgenommenen Waſſer. Bei der Aſſimilation werden die organiſchen Stoffe aus Kohlenſäure und Waſſer unter Austritt von Sauerſtoff gebildet. Die gebräuchliche Zerſetzungs⸗ gleichung, beziehentlich Bildungsgleichung der Kohlehydrate bringt dies zur Auſchauung: n CO + HO = mnCH O n0,. Der Waſſerbedarf der Pflanzen iſt ein ſehr verſchiedener und ſowohl für die einzelnen Arten wie auch für die Individuen nach Temperatur, Entwickelungszuſtand und dem vorhandenen Waſſervorrath ein wechſelnder. Bei feuchter Luft und bei reichlichem Waſſergehalt der Pflanze ſind die Spaltöffnungen der Blattorgane geöffnet, es wird ſogar Waſſer in flüſſiger Form ausgeſchieden, bei trockener Luft ſchließen ſich dagegen die Spaltöffnungen und ſetzen ſo die Verdunſtung erheb— lich herab. Man hat daher für die Pflanzen ein Minimum des Waſſer— bedarfs, welches zur Erhaltung und Fortführung der Lebensfunktionen hinreicht und ein Maximum des Waſſerverbrauches zu unter— ſcheiden, welches dann vorliegt, wenn der Pflanze zu allen Zeiten ein reichliches Quantum von Waſſer zur Verfügung ſteht. Die Größe des Waſſerverbrauches der Pflanzen iſt wiederholt unterſucht worden. Natürlich beziehen ſich alle dieſe Zahlen nur auf relative Verhältniſſe und können niemals als abſolute Werthe dienen. $ 79.] Waſſer. 309 So fand Wollny“) für die wichtigſten landwirthſchaftlichen Kultur— pflanzen bei normaler Beſtockung für ein Hektar: Verdunſtetes Gefallene Waſſer Regenmenge 20. April bis 27. Auguſt Erbſen . . 4496750 Kg 4655 500 kg 5 „ 1. Oktober Rothllee . . 4390750 „ 5904000 „ 3 „ 22. Auguſt Gerſtee 3890500 „ 4084000 „ „ „ Winterroggen. 3704500 „ 3429 500 „ „ 5 Sommerroggen 4330500 „ 5711250 „ 2 BETA. „ Hafer 9792962500 ZN 141280 aD, , eat Bohnen.. 4489750 „ 6478 750 „ Es ſind dies hohe Zahlen, wie ſie wohl überwiegend für Gebiete mit ſo reichlichen Niederſchlägen, wie ſie die oberbayriſche Ebene hat, vorkommen werden; ſie entſprechen vorausſichtlich einem Maximum. g Dem entſprechend fand Haberlandt für Getreidearten viel ge— ringere Werthe für 1 Hektar während der Vegetationszeit: Verdunſtete Verdunſtete Waſſermenge Gewichtsmenge Roggen 83,5 mm 835000 kg — 118,0.°, 1180000 „ 123, „ 1237000 „ 227,8 „ 2278000 „ Die Waſſerverdunſtung der Waldbäume iſt durch von Hönel unterſucht worden. Seine Beobachtungen zeigen, daß der Waſſer— verbrauch ſtark verdunſtender Baumarten hinter den ſömmerlichen Niederſchlägen zurückbleibt. Es iſt dies namentlich wichtig für Sand— böden; wenn für ſchwerere Bodenarten die Winterfeuchtigkeit eine ſo große Rolle ſpielt (Seite 22), ſo liegt dies an dem gleichzeitigen Waſſerverluſt des Bodens durch direkte Verdunſtung. von Hönel berechnete die verdunſtete Waſſermenge auf je lg Trockengewicht der vorhandenen Blattjubitanz;**) er führte ſeine Be— obachtungen in den Jahren 1879 — 1881 aus. Die Angaben gelten für einen Boden von mittlerem Waſſergehalt. Eine Uebereinſtimmung der einzelnen Angaben iſt natürlich nicht zu verlangen, da die Sommer— monate jener Jahre unter ſich in Bezug auf Temperatur, Niederſchlags- höhe und dergleichen erhebliche Unterſchiede aufwieſen, trotzdem ſind gewiſſe gemeinſame Züge unverkennbar. ) Literatur in Sachße, Agrikulturchemie, S. 429. ) Mittheilungen aus dem forſtlichen Verſuchsweſen Oeſterreichs, Bd. II, Heft J und III; Forſchungen der Agrikulturphyſik, Bd. 2, S. 398 und Bd. 4, S. 435. 8 79. Die folgende Tabelle giebt nach von Hönel die durchſchnittliche Waſſerverdunſtung für 100 g Blatttrockenſubſtanz während der Vege— tationszeit in Kilogramm Waſſer: 310 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. 1878. Birke 67,987 Eiche 28,345 Eſche 56,689 | Zerreiche 25,333 Hainbuchen. 56,251 Fichte 5,847 Büfhe 47,246 | Weikführe . 5,802 Spibahorn . 46,287 Tanne . 4,402 Bergahorn. 43,577 | Schwarzführe. 3,207 Ulme 40,731 1879. Eſche 98,305 | Zerreiche 61,422 Buche 85,950 Spitzahorn. 51,722 Bieten, 84,513 | Fichte 20,636 Hainbuchen. 75,301 VWeihföhre . 10,372 Feldulme 75,500 Schwarzföhre. 9,992 Eiche 66,221 Tanne 7,754 Bergahorn. 61,830 Lärche 114,868 Geſammtmittel .. 64,930 Mittel für Laubhölzer 78,900 Mittel für Nadelhölzer . 13,488 1880. Eſche 101,850 | Fichte 14,020 Bieten 91,800 | Weißföhre . 12,105 Buche 91,380 | Tanne 9,380 Hainbuchen. 87,170 | Schwarzföhre. 7,005 Ulme 82,280 Elzbeere 126,200 Bergahorn. 70,380 Eſpe. 95,970 Eiche n 69,150 Erle. 93,300 Spitahorn . 61,180 Linde 88,340 Zerreiche 49,220 Lärche 125,600 Geſammtmittel. 69,800 Mittel für Laubhölzer 82,520 Mittel für Nadelhölzer 11,307 Beſonders ſcharf tritt der gewaltige Unterſchied zwiſchen Nadel- und Laubhölzern hervor (nur die Lärche macht eine Ausnahme); man kann annehmen, daß dieſe während derſelben Zeit faſt die zehnfache Menge Waſſer verdunſten wie jene. § 79.] Waſſer. 311 Eigenartig iſt das Verhalten der Baumarten im Licht und Schatten. Während die Nadelhölzer bei Sonnenbeſtrahlung ſehr viel mehr Waſſer verdunſten, verlieren die Laubhölzer im Schatten größere Mengen. Möglich, daß die verſchiedene Reaktionsfähigkeit der Spaltöffnungen die Urſache iſt. Es verdunſteten für je 100 g Trockengewicht der Blatt- organe in Kilogramm: in der Sonne im Schatten Büch 176,189 107,800 Hainbuche. 81,300 98,900 Bergahorn. 61,690 76,190 133,910 4,850 Weißföhre . 19,150 5,020 Schwarzföhre . 8,760 5,250 von Hönel ſchließt aus feinen Verſuchen: „Es kann nunmehr keinem Zweifel unterliegen, daß Eſche und Birke, auf das Laubtrockengewicht bezogen, am ſtärkſten transpiriren, ſich an dieſe Buche und Haine ſchließen, hierauf die Ulmen und endlich Ahorn und Eichen kommen. Was die Koniferen anlangt, ſo gilt für ſie die Ordnung: Fichte, Weiß— föhre, Tanne, Schwarzföhre zweifellos“. Für die übrigen Baumarten fehlt noch eine ſichere Einordnung in die Reihe. Von beſonderem Intereſſe iſt der Verſuch, die Verdunſtungsergebniſſe auf die Verhältniſſe des Waldes zu übertragen und durch Rechnung annähernd die Größe des Waſſerverbrauches feſtzuſtellen. Ergeben ſich hierdurch auch Zahlen, welche zwar nur in weiten Grenzen richtig ſind, und nicht mehr als grobe Schätzungen darſtellen können, ſo haben der— artige Berechnungen doch inſofern Werth, als es nur auf dieſem Wege möglich iſt, ein Bild der in der Natur vorhandenen Verhältniſſe zu erlangen. von Hönel hat dies für die Buche durchgeführt und be— rechnet den Waſſerverbrauch während der Vegetationszeit: Eine 115 jährige Buche verbraucht etwa 50 kg für den Tag " 50— 60 7 " 7 " 10 7 " 2 " n 35 9 " " m 5 1 71 1 1 70 Da auf einem Hektar durchſchnittlich vorhanden ſind: ſo iſt deren Waſſerverbrauch 400— 600 Stämme 115 jähriger Buchen = 3500000 - 5400000 kg 0 6 -, „ 2300000 „ 4000 5 5 „ 700000 „ Es geht hieraus hervor, daß der Waſſerbedarf eines Buchenwaldes bei einer Niederſchlagshöhe von 30 em gedeckt werden würde. Sinkt die Transpiration durch hohe Luftfeuchtigkeit beträchtlich, ſo tritt dadurch eine merkbare Abnahme der Aſſimilation nicht ein, 312 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. SS 79, 80. wohl aber wird die Aufnahme an löslichen Salzen weſentlich geringer.“ Hierauf beruht wohl auch eine eigenartige Erſcheinung, die zuerſt von Weber nachgewieſen,“ ) auch anderweitig beſtätigt worden iſt und hier angeführt werden mag. Der Aſchengehalt des Baumkörpers nimmt mit der Höhenlage des Wuchsgebietes ab. Da zugleich mit der Erhebung über den Meeresſpiegel die durchſchnittliche Luftfeuchtigkeit ſteigt, jo ſinkt natürlich dem entſprechend die Transpiration der Blatt- organe. Hieraus würde ſich jenes Verhalten einfach erklären, zugleich aber auch der Schluß ergeben, der übrigens bereits von mehreren Seiten gezogen worden iſt, daß eine ſehr geſteigerte Transpiration jedenfalls nicht nützlich, vielleicht ſogar ſchädlich für die Pflanze iſt. Die Fähigkeit der Pflanzenwurzel, ihren Waſſerbedarf aus dem Boden zu decken, iſt natürlich von den klimatiſchen Verhältniſſen und namentlich auch von der Bodenart abhängig. Es iſt ohne weiteres verſtändlich, überdies auch noch durch Verſuche nachgewieſen, daß eine Pflanze bei derſelben Bodenfeuchtigkeit und niederer Temperatur, be- ziehentlich hoher Luftfeuchtigkeit noch völlig turgescent bleibt, während ſie bei höherer Temperatur und trockener Luft bereits zu welken beginnt. Was den Boden betrifft, ſo vermag die Pflanzenwurzel um ſo mehr Waſſer demſelben zu entziehen, je grobkörniger er iſt. Je fein- körniger und humusreicher, um ſo größer iſt die Waſſermenge, welche der Boden zurückhält. Pflanzen welken z. B. auf Moorboden bei einem Feuchtigkeitsgehalt, der Sandböden noch naß erſcheinen laſſen würde. Die Menge des ſo für die Vegetation unzugänglichen Waſſers iſt für jede Bodenart verſchieden. Leiden Baumpflanzen während der Vegetationszeit an Waſſer— mangel, ſo welken die Blätter und fallen endlich ab, ſie werden „ſommerdürr“. Der Wald erleidet hierdurch einen doppelten Ver— luſt, einmal durch Verkürzung der Vegetationsperiode und anderſeits, weil eine Rückwanderung der in den Blättern vorhandenen Mineral- ſtoffe in den Baumkörper nicht, oder doch nur für Kalium ftattfindet***) (vergleiche Seite 318). § 80. 5. Die Mineralſtoffe des Pflanzenkörpers. Jede chlorophyllführende Pflanze bedarf zu ihrer Entwickelung einer Anzahl von Mineralſtoffen, die daher den Charakter als unent— behrliche Nährſtoffe tragen. Als ſolche ſind ſicher erkannt: Kalium, Calcium, Magneſium, Eiſen, Schwefel und Phosphor; zweifel— haft iſt die Wirkung des Chlores. In größeren Mengen finden ſich ) Schlöſing, Compt. rend. 69, S. 367. ) Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1873, S. 353. ***) von Schröder, Forſtchemiſche und pflanzenphyſiologiſche Unterſuchungen. $ 80.] Mineralſtoffe des Pflanzenkörpers. 313 ferner Kieſelſäure und Natrium, in geringerer Mangan (in man— chen Waldbäumen ſtark angehäuft), ſelten Thonerde und andere Ele— mente, die zufällig im Boden vorkommen (Baryum, Rubidium, Lithium, Kupfer, ſämmtlich nur in Spuren in den Pflanzenaſchen enthalten). Die Erkenntniß, daß die Pflanzen zu ihrer Entwickelung der Mineralſtoffe bedürfen, iſt, trotzdem einzelne hierher gehörige Beob— achtungen jchon früher gemacht und richtige Schlußfolgerungen aus denſelben gezogen worden ſind (Sauſſure), das unſterbliche Verdienſt Liebig's, der damit die ganze Lehre der Pflanzenernährung in ein neues Licht rückte und dem wichtigſten menſchlichen Gewerbe, dem Ackerbau, neue Bahnen eröffnete. Die Entbehrlichkeit oder Unentbehrlichkeit der einzelnen Mineral— ſtoffe hat man durch Kulturverſuche erwieſen. Am meiſten hat hierfür die Methode der Waſſerkultur geleiſtet, durch die es gelang, die verſchiedenſten Pflanzen ihren ganzen Lebensgang, von der Keimung bis zur Fruchtbildung, in Löſungen genau bekannter Stoffe vollenden zu laſſen. In neuerer Zeit wendet man mit Vorliebe die „Sand— kultur“ an, indem man die Pflanzen in nahezu reinem Quarzſande wachſen läßt, dem die Nährſtoffe als Löſung zugefügt werden. Es ſind praktiſche Vorzüge, welche dieſe Methode vor der der Waſſerkultur voraus hat. Die Funktionen der einzelnen Mineralſtoffe im Pflanzenkörper ſind vielfach noch nicht feſtgeſtellt. Wenn einige Beobachtungen auch auf eine Wirkung nach einer oder der anderen Richtung deuten, ſo fehlt doch der direkte Beweis dafür. Die folgenden hierauf bezüglichen An— gaben ſind, wenigſtens ſoweit ſie Kalium, Magneſium und Calcium be— treffen, daher nur mit Vorbehalt und nur als wahrſcheinlich zutreffende aufzufaſſen. Kalium wird in Form verſchiedener Salze in reichlicher Menge von der Pflanze aufgenommen. Ein Erſatz durch andere verwandte Elemente kann nicht eintreten. Natrium vermag es nicht zu erſetzen. Cäſium und Lithium wirken als Pflanzengifte. Bei Gegenwart von Rubidium bildet ſich in den Blattorganen Zucker, aber kein Stärkemehl. Dies deutet darauf hin, daß die Einwirkung des Kaliums bei der Bildung der Stärke, beziehentlich bei der Wanderung der Kohlehydrate erfolgt. Kalium findet ſich am reichlichſten in den Pflanzentheilen, welche energiſche Lebensthätigkeit und Aſſimilation zeigen. Dem entſprechend häuft es ſich in den Blättern und jüngeren Pflanzentheilen an. Natrium findet ſich zumal in Pflanzen die am Seeſtrand und in der Nähe von Soolquellen wachſen und macht hier einen erheblichen Theil der Aſche aus. Es findet ſich in den Organen dieſer Pflanzen nicht in irgend einer geſetzmäßigen Verbreitung, was ſchon darauf 314 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. [$ 80. hindeutet, daß es fein nothwendiger Nährſtoff iſt.“) Durch Verſuche iſt erwieſen, daß die „Salzpflanzen“ auch ohne Natrium gedeihen können und wahrſcheinlich nur beſſer im Stande ſind, einen großen Gehalt dieſes Stoffes zu ertragen, als andere Pflanzengattungen. Calcium gehört zu den reichlich und namentlich von den Holz— pflanzen zumeiſt in größter Menge aufgenommenen Mineralbeſtandtheilen. Seine Thätigkeit im Pflanzenkörper iſt noch nicht ſicher erkannt, viele Verſuche machen es wahrſcheinlich, daß es bei der Wanderung der Kohlehydrate betheiligt iſt, andere, daß es bei der Bildung der Zell— wände mitwirkt. Die größte Menge des Calciums findet ſich im Pflanzenkörper und zumal im Baumkörper in Form unlöslicher Salze, namentlich als oxalſaures Calcium, ſelten als Karbonat abgeſchieden. Die geringere oder reichlichere Gegenwart des Kalkes macht ſich, wie kein anderer Beſtandtheil des Bodens, für den Holzwuchs und die ganze Flora bemerkbar. Eine ganze Reihe von Pflanzen werden mit Recht als „Kalkpflanzen“ bezeichnet, da ihr zahlreiches Vorkommen zweifellos auf Kalkreichthum des Bodens hinweiſt. Anderſeits ſcheint der Kalk auch der einzige in größerer Menge im Boden vorkommende Stoff zu ſein, der auf einzelne Pflanzenarten eine geradezu ſchädigende Wirkung ausübt. Unter den Bäumen ſind dies die edle Kaſtanie und die Seeſtrandskiefer, die ſchon nicht mehr auf einem Boden gedeihen, der einige Procent kohlenſauren Kalk enthält.“) Auf Torfmooſe (Sphag- neen) wirkt hartes, kalkhaltiges Waſſer faſt wie ein Gift und bringt ſie zum Abſterben. Magneſium wird nur in mäßiger Menge aufgenommen und macht ſelbſt auf Dolomitböden nur einen geringen Procentſatz der Pflanzenaſche aus. | Die Rolle des Magneſiums bei der Pflanzenentwickelung iſt noch weniger klar, als die des Kalkes. Bei der Fruchtbildung ſammelt es ſich in den Körnern an. Auch bei der Buche fand Weber***) nach einem Samenjahre das Holz nicht nur an Eiweißſtoffen, ſondern auch ſehr ſtark an Magneſia erſchöpft. Es ſcheint dies dafür zu ſprechen, daß Magneſium bei der Eiweißbildung betheiligt iſt, eine Annahme, für die auch noch andere Gründe vorhanden ſind. Eiſen bedürfen die Pflanzen nur in geringer Menge, ſeine Gegen— wart iſt zur Bildung des grünen Chlorophyllfarbſtoffes nothwendig. Pflanzen, die ohne Eiſen erzogen ſind, haben gelblich gefärbte, ſoge— nannte „bleichſüchtige“ oder „chlorotiſche“ Blätter. Zufuhr von Eiſen läßt ſie in kurzer Zeit ergrünen. ) Couneler, Botaniſches Centralblatt VIII, 1881. ) Dieſe anderweitig nicht unbedingt anerkannten Daten nach Fliche in Grandeau, Annales de la Station agronomique de I'Est. I en) Hartig und Weber, Holz der Rothbuche. Berlin 1889. § 80.] Mineralſtoffe des Pflanzenkörpers. 315 Eiſenoxydſalze werden von der Pflanze leicht aufgenommen; Oxydulſalze, in geringen Mengen ertragen, wirken in größeren als Pflanzengifte. Mangan findet ſich, zumal in den Baumaſchen, faſt immer, nur einmal fand Verfaſſer in einer Eſche keine Spur dieſes Stoffes,“) ob— gleich benachbarte Buchen und Erlen einen für die betreffende Gegend normalen Gehalt zeigten. Bemerkenswerth iſt das Mangan durch ſeine Fähigkeit, ſich in manchen Pflanzenaſchen, zumal von Bäumen, in großen Maſſen anzu— häufen. von Schröder unterſuchte eine Tanne, in der es ½ der Reinaſche bildete. Thonerde gehört, trotz ihrer Verbreitung im Boden, zu den ſeltenen Aſchenbeſtandtheilen, wenn ſie in Spuren auch wohl viel ver— breiteter iſt, als angenommen wird. Bei der Analyje überſieht man ſie leicht, wenn man nicht beſonders darauf achtet. In größeren Mengen findet ſich die Thonerde regelmäßig in den Lycopodiaceen. In anderen Pflanzen iſt ſie bisher nur in der wilden Akazie“) vom Verfaſſer in größerer Menge aufgefunden worden. Phosphor, in Form von Phosphorſäure wirkſam, iſt einer der wichtigſten Nährſtoffe der Pflanzen. Die Phosphorſäure begleitet die Eiweißſtoffe, und ſcheint bei der Bildung derſelben eine Hauptrolle zu ſpielen. Schwefel wird als Schwefelſäure von den Pflanzen aufge— nommen und iſt ein elementarer Beſtandtheil der Eiweißſtoffe. Die Schwefelſäure wird alſo im Pflanzenkörper reducirt. Chlor findet ſich neben Natrium in den Salzpflanzen in reichlicher Menge, fehlt aber auch ſonſt in keiner Pflanze völlig. Einzelne Be— obachtungen weiſen darauf hin, daß es bei dem Transport der Kohle— hydrate im Pflanzenkörper eine begünſtigende Wirkung übt. Als un— entbehrlicher Nährſtoff iſt es jedoch kaum, oder wenigſtens nicht für alle Pflanzen zu betrachten. Kieſelſäure gehört nicht zu den nothwendigen Nährſtoffen, hat alſo keine phyſiologiſchen Wirkungen im Pflanzenkörper auszuüben. Trotzdem findet ſich Kieſelſäure in allen Pflanzen und kommt zumal in den Epidermalſchichten zur Ablagerung, die ſie oft förmlich mit einem Panzer überzieht (3. B. bei der Buche); ſie kann ſo durch mechaniſche Feſtigung der Pflanze günſtig wirken und dieſelbe widerſtandsfähiger gegen äußere Angriffe machen. (Auf das Lagern des Getreides übt übrigens der Kieſelſäuregehalt keinen Einfluß aus.) ) Selbſt nicht qualitativ nachweisbar. Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 0. ) Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen XIV, S. 497. 316 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. 2 [$ 80 In vielen Bäumen ſammelt ſich die Kieſelſäure reichlich in den Blättern, zumal den älteren Blättern an. von Schröder ſprach die Vermuthung aus, daß der Baumkörper ſich auf dieſem Wege der über- flüſſigen Kieſelſäure entledige. Es hat dies viel für ſich, da oft ganz enorme Mengen beim herbſtlichen Blattfall abgeſtoßen werden. Die Blätter einer Weißbuche, die noch nicht 3% des ganzen Baumes aus⸗ machten, enthielten z. B. über 60% t der geſammten aufgenommenen Kiejeljäure. *) Eine Vertretbarkeit der einzelnen Pflanzennährſtoffe in der Weiſe, daß der eine die Funktionen des anderen übernehmen könnte, findet nicht ſtatt. Wohl aber hat die Erfahrung gelehrt, daß die Pflanzen einen beſtimmten Gehalt an Mineralſtoffen haben müſſen, wenn ſie überhaupt gedeihen ſollen. Natürlich iſt dieſer für die verſchiedenen Pflanzenarten ein verſchiedener; iſt er aber einmal vorhanden, jo kann unter Um- ſtänden der Gehalt an einem einzelnen Stoffe auf das für die pflanzen- phyſiologiſchen Vorgänge unbedingt nothwendige Maß herab gedrückt werden. Man hat ſo z. B. feſtgeſtellt, daß durch reichliche Magneſia⸗ zufuhr der Pflanzenkörper mit weniger Kalk auszukommen vermag, als ohne eine ſolche. In dieſem Sinne iſt eine relative Vertretbarkeit der Mineralſtoffe vorhanden. Die Menge der aufgenommenen Mineralſtoffe iſt von dem Reichthum des Bodens, deſſen Waſſergehalt und vielen äußeren Umſtänden abhängig, ſo daß der Aſchengehalt in ziemlich weiten Grenzen ſchwanken kann, ſelbſt bei Pflanzen, die auf demſelben Boden erwachſen ſind. Es unterliegt nun keinem Zweifel, daß eine reichlichere Zufuhr von Mineralſtoffen die Produktion ſteigert, aber doch nur bis zu einem gewiſſen Grade; iſt dieſer erreicht, ſo lagern ſich die Mineralſtoffe im Pflanzenkörper ab, ohne für phyſiologiſche Zwecke Verwendung zu finden; die Pflanze treibt dann Luxuskonſum. Die enorme Anhäufung von Mineralſtoffen in Pflanzen, die in Waſſerkultur erzogen ſind, beweiſt dieſe Thatſache hinlänglich. Anderſeits bietet es große Schwierigkeiten, und iſt es erſt für einzelne Getreidearten annähernd erreicht, die geringſte zur Ent— wickelung unbedingt nothwendige Menge eines Nährſtoffes feſtzuſtellen. Die Pflanzen nehmen nun nicht die Mineralſtoffe aus Löſungen in der Menge auf, wie ſie in dieſen enthalten ſind, ſondern je nach ihrem Bedarf mehr oder weniger. Im erſteren Falle wird die Flüſſigkeit an dem Stoffe ärmer werden, im zweiten relativ reicher bleiben. Es iſt dies verſtändlich, wenn man bedenkt, daß die Aufnahme nach den Geſetzen der Diffuſion erfolgt. Je mehr von einem Stoff im Pflanzenkörper ver- braucht und durch die phyſiologiſchen Vorgänge in andere chemiſche Verbindungen übergeführt wird, um ſo ſtärker wird die Aufnahme ſein; ) Ramann und Will, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen XV, ©. 244. $ 80.] Geſetz des Minimums. 317 je weniger dies eintritt, um ſo raſcher wird ſich ein Gleichgewichts— zuſtand zwiſchen Pflanzenwurzel und Flüſſigkeit bilden und der fernere Eintritt des Salzes herabgeſetzt oder nahezu aufgehoben werden. Die verſchiedenen Pflanzenarten verbrauchen nun für ihre phyſio— logiſchen Zwecke mehr oder weniger von einzelnen Stoffen und ver— mögen dieſe dann entſprechend reichlicher aufzunehmen. Dieſe Erſcheinung hat man als das quantitative Wahlvermögen der Pflanzen be— zeichnet. Von den Waldbäumen ſind einzelne reich an Kalkſalzen, andere an Kali oder Magneſia, je nach den Unterſchieden, die ſich für Gattung oder Individuum herausgebildet haben.“) Nur in dieſem Sinne kann man daher von einem quantitativen Wahlvermögen ſprechen, nicht aber von einem Wahlvermögen, welches die Pflanze befähigte, nur diejenigen Stoffe aufzunehmen, welche für ihre Entwickelung nothwendig oder vortheilhaft ſind. Reinaſche. Die Menge der aufgenommenen Mineraltheile erfährt man, indem man die Pflanzenſubſtanz unter beſtimmten Vorſichts— maßregeln einäſchert und die Aſche analyſirt. Die vorhandenen orga— niſchen Säuren werden dabei zerſtört und in Kohlenſäure übergeführt. Einzelne Kohletheilchen, zufällig hinzugekommene Sandkörner verun— reinigen die Aſche, und die Zuſammenſetzung derſelben giebt daher kein oder ein ungenügendes Bild von der Vertheilung der Mineralſtoffe. Um dieſes zu erlangen, berechnet man die Zuſammenſetzung der Reinaſche, d. h. denjenigen Procentgehalt an einzelnen Stoffen, welchen die Aſche beſitzen würde, wenn ſie frei von Kohlenſäure und allen zu— fälligen Beimiſchungen ſein würde. Die Kenntniß der Zuſammenſetzung der Reinaſche iſt nothwendig, um einen Einblick in die relative Vertheilung der einzelnen Stoffe zu erhalten. Um ferner den abſoluten Gehalt der Pflanzentheile zu erfahren, berechnet man, wieviel von jedem einzelnen Stoffe in demſelben enthalten iſt. Bei der Armuth mancher Pflanzentheile (3. B. Holz) an Mineralſtoffen iſt es gebräuchlich, dieſe Rechnung für je tauſend Theile Trockenſubſtanz des urſprünglichen Pflanzenkörpers durchzuführen. Geſetz des Minimums. Die bisher aufgezählten Faktoren, welche das Pflanzenleben beeinfluſſen, treten in der Natur in den mannig— fachſten Kombinationen auf. Bald fehlt es mehr an dem einen, bald an dem anderen, um die höchſte mögliche Höhe der Produktion her— vor zu bringen. Fehlt eine der Bedingungen oder iſt ſie in unge— nügender Stärke vertreten, ſo wird die Entwickelung der Pflanze er— heblich gehemmt oder völlig verhindert, mögen alle anderen Bedingungen ) Vergleiche Councler, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1886, S. 417; behandelt auf demſelben Boden erwachſene Tannen, Fichten und Lärchen. 318 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. [88 80, 81. noch jo günſtig jein. Die geſammte Entwickelung der Pflanze hängt alſo von derjenigen Vegetationsbedingung ab, die in der geringſten Menge oder Größe, im Minimum, vorhanden iſt. In der Agrikultur⸗ chemie bezeichnet man dies als Geſetz des Minimums und ſpricht letzteres in der Regel ſo aus: Der im Minimum vorhandene Faktor der Pflanzenernährung iſt maßgebend für 88 ge⸗ ſammte Größe der Produktion. s 81. 6. Waldbäume und Mineralſtoffe. Für die Vertheilung der Mineralſtoffe im Baumkörper gelten folgende Sätze: 1. Der Aſchengehalt iſt in jugendlichen Organen größer als in älteren. Er ſteigt daher in der Regel mit Abnahme des Durch- meſſers. 2. Die Rinde iſt ſtets aſchenreicher als das zugehörige Holz. 3. Die Blattorgane ſind (wenige Ausnahmen abgerechnet) die an Mineralſtoffen reichſten Theile des Baumkörpers. 4. Beim allmählichen Abſterben einzelner Theile des Baumes findet eine Rückwanderung der wichtigſten Nährſtoffe in den Baumkörper ſtatt. Es findet dieſes beim Laubabfall im hohen Grade ſtatt, iſt aber auch für andere Organe, wie abſterbende Aeſte und bei der Borkenbildung nachweisbar. Es wandern zurück: Kali, Phosphorſäure, Magneſia und Stickſtoff. An Kieſelſäure und Kalk reichern ſich dagegen die Blätter bis zuletzt an, ſo daß der Geſammtaſchengehalt unmittelbar vor dem Blattfall am höchſten iſt. Die Rückwanderung beruht wohl darauf, daß Eiweißſtoffe und lösliche Kohlehydrate beim Erlöſchen der vegetativen Thätigkeit in die noch lebensthätigen Pflanzenorgane übertreten und dabei von den Mineraltheilen begleitet werden, die an dieſem Proceß Antheil haben. Der Mineralſtoffgehalt des Holzes iſt ein geringer und er— reicht für unſere Baumarten nur ſelten ein halbes Procent der Trocken- ſubſtanz (ſo bei der Akazie), bleibt aber ebenfalls 1 ſelten unter 0,3% zurück, z. B. bei der Kiefer mit 0,22 — 0,24% , bei der Birke 0,32 —0,42 % Weymouthskiefer 0,19%; weitaus 17 meiſten Holz— arten haben einen Gehalt von 0,3 — 0,4%. Das Kernholz enthält geringere Asche als das Splint- holz, ebenſo verhält ſich das ſogenannte „reife Holz“ der keinen durch abweichende Färbung kenntlichen Kern bildenden Holzarten.“ *) Literatur: Daube, Forſtliche Blätter 1883, S. 177. Hartig und Weber, Holz der Rothbuche, S. 158. rn 8 81. Waldbäume und Mineralſtoffe. 319 Insbeſonders iſt die Phosphorſäure, die Begleiterin der Eiweißſtoffe, im Splintholz reichlicher enthalten. Das Kali ſcheint bei Fichte und Buche im älteren Holze zu verbleiben, ſich unter Umſtänden ſogar darin anzuhäufen. Im Kalkgehalt finden ſich wenig Unterſchiede. Es ſcheint demnach (Weber a. a. O.), daß aus dem Innern des Baumes bei dem Funktionsloswerden der Holztheile in ähnlicher Weiſe eine Auswanderung der wichtigſten Nährſtoffe erfolgt, wie beim Ab— ſterben anderer Baumtheile. Man hat dem geringeren Gehalt des Kernholzes an Mineral— beſtandtheilen eine Bedeutung beilegen wollen, indem bei überwiegender Erziehung von Altholz, das Nährſtoffkapital des Waldes bei den forſt— lichen Nutzungen mehr geſchont würde.“) An ſich iſt dies ja richtig, aber bei dem unbedeutenden Gehalte des Holzes an Mineralſtoffen fällt die Ausfuhr wenig ins Gewicht. Es iſt nicht wahrſcheinlich, daß durch Holznutzung, auch nicht durch Holz jüngeren Alters, jemals eine ernſthafte Beeinfluſſung der mineraliſchen Bodenkraft vorkommt. Der Aſchengehalt der Rinde iſt außerordentlich ſchwankend und vom Lebensalter des Baumes abhängig. Ein tiefgreifender Unterſchied macht ſich in Bezug auf glatt— ſchalige und borkenbildende Bäume bemerkbar. Die erſteren lagern in der Rinde mit fortſchreitendem Lebensalter immer neue Mineralſtoffe, insbeſondere Kalkſalze und Kieſelſäure ab, die Rinde wird alſo aſchenreicher. Für die Buche ergiebt ſich dies z. B. aus Weber's Analyien. Die Rinde enthielt: 10jährig .. 2,15% Reinaſche PP NG 4 REN Sl . 220 4,88 " 173 * Bei der Borkebildung ſterben lebensfähige Theile der Rindenſchicht allmählich, ab und durch dieſen Vorgang wandert ein Theil der Mineral- ſtoffe in den Baumkörper zurück. Hieraus ergiebt ſich ſchon, daß in den meiſten Fällen die Borke aſchenärmer ſein wird, als die lebens— thätige Rinde. Da die Borkenbildung mit höherem Alter ſteigt, jo fällt damit zu- gleich der Gehalt an Mineralſtoffen im Rindenkörper. Je nach den in den Rinden abgelagerten Mineralſtoffen oder dem Fehlen derſelben kann man die Baumarten in drei Gruppen bringen: a) in ſolche, deren Rinde überwiegend aus Korkſchichten, bezw. abgeſtorbenen Theilen der Cambialſchicht gebildet wird, mit geringem Gehalt an Aſchenbeſtandtheilen; *) Borggreve, Holzzucht. 320 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. A IS 81. b) in ſolche, die Kalkſalze, namentlich oxalſaures Calcium ablagern; c) in ſolche, die reichlich Kieſelſäure ablagern. Natürlich giebt es zwiſchen dieſen Gruppen die mannigfaltigſten Uebergänge, ſo daß vielfach nur die extremen Fälle die Unterſchiede mit voller Schärfe hervortreten laſſen. Zur erſten Abtheilung gehören namentlich die Baumarten, welche als anſpruchslos gelten. Kiefer (in der Borke 0,85%, in der Spiegel— rinde 2,12 %% Reinaſche) und Birke (0,76 — 0,84% Reinaſche) find gute Beiſpiele. f Für die zweite Gruppe ſind gute Beiſpiele Hainbuche mit 7,7% (bei 8,8% Reinaſche) und Eſche mit 3,3% Kalkerde (bei 4,1% Reinaſche). Weitaus die meiſten Baumarten laſſen ſich dieſer Abtheilung zu- zählen, ſo Eiche, Erle, Akazie, Haſel, Elzbeere und andere Für die dritte Gruppe kann namentlich die Buche angeführt werden, die 0,4 bis 0,7% Kieſelſäure in der Aſche enthält; ebenfalls reich an dieſem Stoffe ſind noch Rüſter und Fichte. Noch mannigfaltigere Verhältniſſe ergeben ſich für den Mineral- ſtoffgehalt der Blattorgane. Die Unterſuchung derſelben bietet beſondere Schwierigkeit, da die Zuſammenſetzung der Blätter während der Vegetationszeit wechſelt, und erſt im Herbſt vor dem Laubfall ſich ſtabilere Verhältniſſe herausſtellen. Der Gehalt an Reinaſche iſt bei den Nadelhölzern geringer, als bei den Laubbäumen. Von den erſteren folgen ſich: Weymouthskiefer (1,3 %)), Kiefer (1,9—2,5 %), Fichte und Tanne (2,5 —3,5 % . Von den letzteren find Birke, Erle, Hainbuche (3—4,5 % ) die aſchenärmſten, Eiche und Akazie die aſchenreichſten (7—9 ¾ ); die übrigen Holzarten ſtehen zwiſchen beiden.“) Die Menge der von den verſchiedenen Baumarten jährlich aufge— nommenen Mineralſtoffe iſt nicht nur aus dem Aſchengehalt des Holzes, der Rinde und Blätter zu ermitteln, ſondern richtet ſich in faſt ebenſo hohem, vielfach höherem Grade nach dem Antheil, den dieſe einzelnen Theile am Aufbau des Baumes nehmen. Alſo nach dem Rinden- procent (bei alten Buchen 3 — 4%, alten Eichen und Kiefern 8 bis 10% etwa 6 %s bei 40jährigen Buchen und Hainbuchen, 15 —18 % ) Die Literatur über die Aſchengehalte der Forſtpflanzen und Produkte iſt zuſammengeſtellt in: Wolff, Aſchenanalyſen. Berlin 1871 und 1880. In den letzten zehn Jahren ſind namentlich thätig geweſen: Couneler (Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen), von Schröder (Tharander Jahrbücher), Weber (Allgemeine Forſt⸗ und Jagdzeitung), Will und der Verfaſſer (Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen). Die Darſtellung gründet ſich namentlich auf die Arbeit des Verfaſſers: Unterſuchungen über die Mineralſtoffaufnahme der Waldbäume u. ſ. w., Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen 1883, S. z ff. 22000 $ 81.] Waldbäume und Mineralitoffe. 321 bei 30 jährigen Akazien, bei 40jährigen Aſpen etwa 27% des Stammes) und dem Blätterprocent. Leider fehlen für Blattmengen noch die Angaben recht ſehr; nur für die Nadelhölzer beſitzen wir eine Anzahl Wägungen, welche wenigſtens einigen Einblick geſtatten. Für die Laubhölzer fehlen Beſtimmungen, mit Ausnahme einiger wenigen, noch gänzlich. Es iſt auch nicht mög— lich, die Erträge der Streuflächen heranzuziehen, da der Streu zumeiſt noch andere, nicht von den Bäumen abſtammende Stoffe beigemiſcht find*) und ferner die Streu ſelbſt erhebliche Veränderungen erleidet, wenn ſie nicht unmittelbar nach dem Laubfall gerecht worden iſt. Das vorliegende Material ermöglicht aber doch ſchon, den gewaltigen Unterſchied zwiſchen Nadelhölzern und Laubbäumen hervortreten zu laſſen. Ein Beiſpiel mag dies darlegen. In einer 30 jährigen Kiefer (Mittelſtamm) waren enthalten: **) Reinaſche Kali Kalk Phosphorſäure Im Stamm (18,2 kg) 99,36 21,13 54,09 8,48 g In den Nadeln (0,79 kg) 14,96 5,14 3,16 3,42 „ Die im Stamm enthaltenen Mineralſtoffe ſind aber das Produkt einer dreißigjährigen Thätigkeit; will man die im einzelnen Jahre auf— genommene Menge kennen lernen, ſo wird man ſie annähernd er— fahren, wenn die betreffenden Zahlen durch das Lebensalter getheilt werden. Desgleichen enthalten die Kiefernnadeln die Beſtandtheile, welche in den letzten 2 Jahren aufgenommen worden ſind (der vorvorjährige Trieb war nur noch mäßig, ſchätzungsweiſe zur Hälfte benadelt). Man erhält dann folgende Zahlen. Die unterſuchte Kiefer hat in den letzten Jahren aufgenommen: Reinaſche Kali Kalk Phosphor⸗ ſäure 3,31 0,70 1,80 02838 5,99 2,05 1,26 1,368 „ Es verhalten ſich alſo die im Stamm abgelagerten Stoffe (— 1) zu denen der Blattorgane. . wie 11,81 1:22,93 10,70 1: 4,83 Führt man dieſelbe Rechnung für eine 30 jährige Eſche durch, die vom Verfaſſer ***) analyſirt worden iſt, jo ergiebt ſich ein Verhältniß der durchſchnittlich im Stamm abgelagerten Stoffe zu den Mineral- theilen der Blätter von (Stamm — 1): ) Man vergleiche die Unterſuchungen des Verfaſſers über die Zuſammenſetzung der Kiefernſtreu. Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen 20, S. 98. **) Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen 1892, S. 147. ) Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen 1883, S. 1. Ramann. 2 322 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. Is 81. Reinaſche Kali Kalk Phosphorſäure 1: 50,67 1 22,4 1: 40,6 1: 26,7 Während alſo die Kiefer etwa ¼ der Reinaſche, ½ des Kalis und ¼ der Phosphorſäure für ihre Blattorgane verbraucht und dieſe 2—3 Jahre der Aſſimilation dienen, verbrauchte die Eſche %% der Reinaſche, ½ des Kalis, % der Phosphorſäure zu dem gleichen Zwecke für die Blattentwickelung eines Jahres. Werden auch die Blätter abgeworfen und kommen die darin ent- haltenen Nährſtoffe dem Boden wieder zu Gute, ſo geht doch die Arbeitsleiſtung, welche nothwendig war die Mineraltheile aufzuſaugen, dem Baume verloren. Die Eſche würde nach dieſem Beiſpiele jährlich ungefähr das 30 fache an Reinaſche, das Sfache an Kali, das 60 fache an Kalk und das 5fache an Phosphorſäure für die Ausbildung und Thätigkeit der Blattorgane verbrauchen, wie die Kiefer. Die anderen Baumarten ſtehen zwiſchen dieſen beiden Extremen. Aus dem Beiſpiel wird aber der Satz verſtändlich, daß die von Waldbäumen jährlich aufgenommenen Mineralſtoffmengen im weſentlichen auf die Menge und den Aſchengehalt der Blätter zurückzuführen ſind. 7. Anſpruch, Bedarf, Entzug. Die Fähigkeit der Baumarten, die mineraliſchen Nährſtoffe dem Boden zu entziehen, iſt, wie das auch für andere Pflanzen gilt, weſentlich verſchieden. Stärke der Bewurzelung und individuelle Ver— anlagung ſpielen hier eine große Rolle. Die Akazie z. B., einer der aſchenreichſten Bäume, kann auf recht armem Boden gedeihen, ähnlich wie unter den Feldfrüchten die Lupine. (So wächſt z. B. Hafer noch in einem Boden, der mit zweiprocentiger Salzſäure ausgezogen tft, die Gerſte vermag dieſem nicht mehr die zu ihrem Gedeihen nothwendigen Nährſtoffe zu entziehen.) Dieſes Verlangen der Baumarten nach geringerer oder höherer Güte des Bodens kann man als Anſpruch bezeichnen. Genügſam kann man Baumarten nennen, welche wenig Mineralſtoffe bedürfen und dieſe einem armen Boden zu entziehen wiſſen (Kiefer). Der Anſpruch bezieht ſich demnach auf das Verhältniß der Pflanze zum Boden beziehentlich zur Bodengüte. Als Bedarf kann man die Menge der Mineralſtoffe bezeichnen, welche ein Baum oder eine Mehrheit von Bäumen (3. B. der Beſtand eines Hektars) zur normalen Entwickelung von Stamm- und Blattkörper verlangt. § 81.] Anſpruch, Bedarf, Entzug. 323 Ueber die Größe des Bedarfs ſind wir nur ſpärlich in Bezug auf die Nadelhölzer unterrichtet. Für Laubhölzer fehlen noch alle Grund— lagen. Die Zahlen, welche vielfach als Bedarf der Bäume, zumeiſt auf Jahr und Hektar berechnet, gegeben werden, beziehen ſich auf den Ent— zug von Aſchenbeſtandtheilen bei der Holznutzung. Wie groß die jähr— lich zur Entwickelung nothwendige Menge an Nährſtoffen iſt, wurde bisher nur bei den Nadelhölzern beſtimmt (ſie werden in der Regel mit den Blattorganen genutzt, ſind daher mit dieſen unterſucht worden und ſind ſo die nothwendigſten Grundlagen zur Berechnung gegeben). Natürlich können alle bisher gewonnenen Zahlen nur als Näherungs— werthe gelten, welche jede neue Unterſuchung in engere Grenzen ein— zuſchränken berufen iſt. Der Begriff des Bedarfs bezieht ſich daher auf die für einen Baum, beziehentlich einen Beſtand nothwendige Nährſtoffmenge unab— hängig von Boden und den Eingriffen der Menſchen. Die Größe des Bedarfs iſt für die einzelnen Baumarten in ihrem verſchiedenen Lebensalter ſehr wechſelnd, und zwar fällt das Maximum für einzelne Nährſtoffe nicht immer mit dem größten Gehalt an Rein- aſche zuſammen. Da die Mineralſtoffe überwiegend im Reisholz und den Blattorganen enthalten ſind, ſo darf als Regel gelten: Das Maximum des Bedarfes fällt mit dem Maximum des Gehaltes an Reisholz zuſammen. Dem entſprechend liegt dasſelbe bei Kiefer ſehr früh, etwa im 20. Jahre, bei der Fichte im 30. Jahre, bei der Buche im 40. Jahre. Auf Böden niederer Bonität tritt es ſpäter (im Durchſchnitt 10 bis 20 Jahre) ein, als auf beſſeren Bodenarten. In dem betreffenden Zeitpunkt ſtellt der Beſtand die höchſten Anforderungen an Boden wie Wurzelthätigkeit. Hieraus erklärt ſich das Zurück— bleiben der Baumarten im mittleren Alter bei wenig günſtigen Bodenverhältniſſen ungezwungen, es iſt das kritiſche Alter des Baumes. Der Entzug an Mineralſtoffen iſt vom Eingriff des Menſchen abhängig und bezeichnet die Menge derſelben, welche aus dem Walde entnommen wird. Führt man nur Holz aus, ſo wird der Entzug gering ſein, wird außerdem noch Streu, Gras u. ſ. w. geworben, ſo wird er natürlich bedeutend erhöht. Faſt alle forſtlich-chemiſchen Arbeiten behandeln die Frage des Entzugs für die Waldböden, und ſind im Nachfolgenden die wichtigſten bisher erhaltenen Werthe mitgetheilt. Ehe jedoch auf dieſe Zahlen, deren Kenntniß für jede ſtatiſche Berechnung nothwendig iſt, eingegangen werden kann, ſoll noch an ein paar Beiſpielen der Zweck der ſchärfer getrennten Begriffe von Bedarf, Anſpruch und Entzug dargelegt werden. Es iſt auffällig, | 21° 324 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. [S8 81, 82. daß keines der neueren Bücher über Waldbau dieſe Unterſchiede be— rückſichtigt. Die Kiefer iſt anſpruchslos und hat ſehr geringen Bedarf; der Entzug bei der Holznutzung iſt ein geringer. Die Weymouthskiefer hat nach vielen Richtungen höheren An— ſpruch als die Kiefer, namentlich was Friſche des Bodens betrifft, trotzdem bleibt ſie in Bezug auf Bedarf gleichaltrigen Kiefern gegen— über nicht unerheblich zurück. Die Weymouthskiefer ſcheint von allen bisher unterſuchten Baumarten überhaupt den geringſten Bedarf zu haben. Die Akazie entzieht bei der Holznutzung dem Boden von allen unſeren Holzarten die höchſten Aſchenmengen; ihr Bedarf iſt trotzdem, in Folge des niederen Blätterprocentes, nur ein mittlerer, und die Akazie iſt endlich anſpruchslos, da ſie ihren Bedarf auf geringem Boden zu decken vermag. Die Eſche hat wohl von allen Baumarten unſerer Wälder den höchſten Bedarf, ſie iſt anſpruchsvoll und hat doch nur einen mittleren Entzug (bei der Holznutzung), da weitaus der größte Theil der Mineral- ſtoffe in den Blattkörper wandert. Wie daher in der Akazie ein Baum bekannt iſt, der hohen Ent— zug mit Anſpruchsloſigkeit verbindet, iſt es möglich, daß noch Bäume kennen gelernt werden, die hohe Anſprüche mit geringem Entzug ver— einigen. In der Regel wird natürlich hoher Bedarf auf beſſeren Bodenarten leichter befriedigt werden können, als auf geringeren und werden ſchon durch natürliche Anpaſſung die anſpruchsvolleren Baum- arten auch größere Aſchenmengen in ſich aufſammeln, trotzdem muß feſtgehalten werden: daß die Bodenklaſſe, auf welcher ein Baum wächſt, weder für Bedarf noch Entzug ohne weiteres als Maßſtab dienen kann, und ferner: daß die Mineralſtoffmenge, welche bei der Holznutzung dem Walde entzogen wird, kein Maßſtab für den Bedarf der Baumarten iſt. s 82. 8. Einzelne Holzarten und Betriebsformen. a) Nadelhölzer. Wie ſchon bemerkt, gelten die nachfolgenden Zahlen (mit Ausnahme für Lärche) für die Holzarten mit den Nadeln; Bedarf und Entzug fallen daher zuſammen, und ſind die Angaben mit denen der Laub— hölzer nur in Hinſicht auf Entzug, nicht auf Bedarf, ver— gleichbar. 72 [0 #) 1 —— Einzelne Holzarten und Betriebsformen. 32; or Kiefer!“ Die Kiefer gehört zu den aſchenärmſten Baumarten und macht auch an keinen der drei wichtigſten Bodenbeſtandtheile, Kali, Kalk und Phosphorſäure, erhebliche Anſprüche. Das Maximum des Bedarfes liegt bei der Kiefer ſehr früh, auf den beſſeren Bodenklaſſen ſchon vor dem 20. Jahre. Im Folgenden ſind durchſchnittliche Zahlen auf Grund der vor— liegenden Analyſen und der Maſſenaufnahmen eeinſchließlich Vorerträgen) der forſtlichen Verſuchsſtationen mitgetheilt. I. Ertragsklaſſe entzieht für Jahr und Hektar in Kilogramm: Phosphor⸗ Alter Reinaſche Kali Kalk Magneſia ſäure Stickſtoff (K20) (Ca O) (Ago) (P20, (N) 20jährig 31,800 6,060 15,020 3,060 3,000 18,570 „ 28,500 5,350 13,120 2,830 2,640 16,500 BON»: 221000 4.020 211.200 2,290 1,850 12,800 ie. 20,950 3,490 10,440 2,070 1,580 11,350 A 19,800 3,220 9,960 1,950 1,460 10,600 5 „ 18,900 3,130 10,100 1,940 1,410 10,450 80 „ 18,000 2,800 9240 1,750 1,260 9,400 90 „ 16,800 2,600 8,700 1,640 1,160 8,700 100. „ 16,400 2,500 8,460 1,600 1,130 8,500 0. „ 15,500 2,380 8,000 1,500 1,060 8,000 „ 15,000 2,300 77700 1450 1040 7,750 III. Ertragsklaſſe. 20 jährig 27,900 4,230 400 s 270 212.900 9 27,000 3,130 7,700 1,680 1,540 9,700 „ 14,400 2,500 6,800 1,400 1,160 7,950 80 12,200 2,020 6,050 1,200 0,950 6,600 100°, 11,000 1,750 5,500 1,060 0,800 5,800 17 10,000 1,600 5,000 0,970 0,730 5,300 V. Ertragsklaſſe. 20 jährig 14,100 2,740 6,080 1,330 1,400 8,400 30 „ e 6,230 1,350 1,370 8,300 2,450 5,800 1,250 1,200 7,500 40 „ 12,900 eratur: Heyer und Vonhauſen, Annalen der Chemie und Pharmacie 82, S. 180. Schütze, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, Bd. 8, S. 371. Ramann, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, Bd. 13, S. 417; Bd. 24 Bd. 19, S. 614. Will, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, Bd. 14. S. 209 und 265. Pflanzenernährung und Pflanzengifte. 326 Alter Reinaſche 50 jährig 12,200 BORN 11,900 9 10,700 80 9,800 90 „ 9,100 2. Fichte.“ Kali 2,300 2,200 1,950 1,730 1,650 Kalk 5,600 5,600 5,000 4,600 4,350 Magneſia 1,200 1,080 1,060 0,970 0,900 Phosphor⸗ ſäure 1,100 1,030 0,920 0,820 0,770 8 82. Stickſtoff 7,100 6,800 6,100 6,050 5,200 Die Fichte ſteht in ihrem Bedarf der Kiefer ſehr nahe, wenigſtens gilt dies für das höhere Baumalter, ſie übertrifft dieſe aber in Bezug auf Kalium und Calcium, während erhebliche Unterſchiede im Bedarf an Phosphorſäure nicht hervortreten. Das Maximum des Bedarfs liegt auf beſſeren Böden im 40. Jahre, auf geringeren im 50. Jahre. Im Folgenden ſind die Zahlen für die Durchſchnittsmengen des Mineralſtoffbedarfes aufgeführt (in Kilogramm): Alter 20 jährig 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 20 jährig 40 60 80 100 120 Reinaſche 44,000 57,900 55,200 51,150 48,700 48,000 45,000 42,450 39,800 36,500 34,600 22,600 37,800 38,800 36,200 31,900 28,800 *) Literatur: von Schröder, Forſtchemiſche und pflanzenphyſiologiſche Unterſuchungen. Weber, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1881, S. 1. I. Ertragsklaſſe. Kali 6,700 6,380 6,000 5,470 5,220 Kalt 11,750 16,320 17,900 18,900 19,430 19,650 19,050 18,420 17,580 16,670 15,910 Magneſia 3,500 4,520 4,260 3,900 3,670 3,600 3,360 3,150. 2,950 2,700 2,550 III. Ertragsklaſſe. 3,280 5,640 5,880 5,440 4,800 4,330 4,900 9,550 11,900 12,500 12,000 11,260 1,780 2,960 3,000 2,760 2,420 2,170 Phosphor⸗ ſäure 3,180 4,060 3,700 3,300 3,060 2,990 2,760 2,580 2,400 2,150 2,040 Stickſtoff 15,150 19,970 19,700 18,950 18,450 18,350 17,400 16,500 15,600 14,400 13,700 7,400 12,750 13,650 13,150 11,875 10,850 Couneler, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, Bd. 18, S. 353, 417. Ramann, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, Bd. 19, S. 615. $ 82.] Einzelne Holzarten und Betriebsformen. 327 3. Tanne.“ Die Tanne übertrifft die Kiefer und Fichte in ihrem Bedarf an Kalium erheblich, an Phosphorſäure in geringerem Grade, bleibt aber in Bezug auf Kalk hinter dieſen Baumarten zurück. Das natürliche Vorkommen der Tanne und ihre Anſprüche an den Boden ſtimmen alſo annähernd mit den höheren Anforderungen an Nährſtoffgehalt überein. (Entzug für Jahr und Hektar bei 90jährigem Umtrieb nach von Schöder): Reinaſche Kali Kalk Magneſia Phosphorſäure Stickſtoff 38,79 9,50 11,92 3,00 2,98 12,3 kg 4. Lärche.“ Die Lärche enthält nur einen mäßigen Gehalt an Mineralſtoffen, bleibt ſogar hinter Fichte und Tanne zurück; wenngleich der jährliche Bedarf in Folge des Blattabwurfes wahrſcheinlich nicht geringer als der jener Koniferen ſein wird. Charakteriſtiſch für die Lärche iſt der ungewöhnlich hohe Gehalt an Magneſia in allen Baumtheilen. 5. Weymouthskiefer. ** Die Weymouthskiefer enthält von allen unterſuchten Baumarten die geringſten Aſchenmengen. Da der Zuwachs jedoch ein ſehr großer iſt, ſo wird der jährliche Bedarf wahrſcheinlich nicht erheblich hinter dem der Kiefer zurückbleiben. b) Laubhölzer. 6. Buche. f) Ueber den Entzug an Mineralſtoffen ſind wir durch die ausge— dehnten Arbeiten Weber's beſſer unterrichtet, als über irgend eine andere Holzart. Den Bedarf kennen wir jedoch noch nicht. Allerdings laſſen ſich auch für die Buche die Streuunterſuchungen heranziehen, da in keinem anderen Beſtande die Bodendecke ſo ausſchließlich von Abfällen des Baumes gebildet wird, wie bei der Buche; immerhin ) Literatur: von Schröder, Forſtchemie und pflanzenphyſiologiſche Unterſuchungen. Weber, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1881, S. 1. Couneler, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, Bd. 18, S. 353 und 417. ) Literatur: Couneler, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen Bd. 18, S. 353. Weber, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1873, S. 367. ) Ramann und Will, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen. 7) Literatur: Heyer und Vonhauſen, Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 82, S. 180. Weber, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1876, S. 257. Hartig und Weber, Das Holz der Rothbuche. Berlin 1888. Ramann, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, Bd. 19, S. 614. 328 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. [$ 82. bleibt es aber wahrſcheinlich, daß ſehr erhebliche Abweichungen ge— funden werden, wenn erſt einmal wirklich vergleichbare Zahlen vorliegen. Hiernach würde der jährliche Bedarf für die Blattproduktion jein: *) Buchen der J.— III. Ertragsklaſſe. Phosphor⸗ Stickſtoff Kali Kalk ſäure Reinaſche 21 — 40 Jahre 46,9 10,4 86,2 11,0 265,2 kg a 53,3 12,5 103,4 13,2 318,2 „ I 61,6 13, 112,8 14,3 345,5 „ 0 67,0 149 123,1 15,7 378 über 100 „ 60,3 131 1108 147,1 340,9 „ Der IV. und V. Ertragsklaſſe. Phosphor⸗ Stickſtoff Kali Kalk ſäure Reinaſche 41 — 60 Jahre 46,9 10,4 86,2 11,0 265,2 kg 612 80 „ 52,3 118 96,0 12,3 295,5 „ 802-1003 -- 53,3 12,5 103,4 13,2 318,2 „ Es ſind dies ganz bedeutende Werthe und zeigen, welche Maſſen löslicher Nährſtoffe die Wurzeln alljährlich aufnehmen müſſen. Der Entzug durch Holznutzung, beziehungsweiſe der Bedarf des Stammkörpers beläuft ſich in den verſchiedenen Jahren nach Weber für Jahr und Hektar berechnet: **) Oberbayriſche Hochebene: Reinaſche Kali Kalk Phosphorſäure 30 Jahre 14,5 3,2 6,2 1,8 kg 899 1777 3,3 8,4 1.095 O 25,2 5,3 12,5 3:8 90 25,4 5,4 12,4 2,9 „ Tr 18,9 3,0 10,9 134 1909 20,0 3,1 11,6 r Speſſart: Reinaſche Kali Kalk Phosphorſäure 20 Jahre 26,6 6,0 128 3,3 kg 50 23,5 4,9 11,6 15%, 907%, 24,9 6,9 95 175, 0, 21,3 4,7 9,9 178 „ 140 „ 21,0 4,4 10,6 99 ) Danckelmann, Ablöſung der Waldgrundgerechtigkeiten III, Tf. 22, S. 39. ach der Tabelle V, in „Holz der Rothbuche“ berechnet. § 82.] Einzelne Holzarten und Betriebsformen. 329 Außerdem mögen noch die Zahlen folgen, wie ſie vom Verfaſſer aus dem vorliegenden Material berechnet ſind (in Kilogramm): J. Ertragsklaſſe. Phosphor- Alter Reinaſche Kali Kalk Magneſia ſäure Stickſtoff 20jährig 35,650 8,020 14,430 3,630 4,510 9,880 , 48,070 11,510 20,820 5,120 7,000 22,960 , 54,660 11,580 23,040 6,120 6, 100 14,240 50 „ 52,250 11,330 23,160 6,150 5,420 13,550 60 „ 51,670 10,910 22,710 6,000 4,790 12,740 20.4, 49,850 10,700 22,060 5,810 4,430 12,230 BR, 49,500 10,660 21,980 -5,690 4,310 11,640 9 49,020 10,600 21,780 5,610 4,250 11,530 100 „ 48,120 10,440 21,430 5,500 4,110 11,730 110» „ 9,980 20,310 5,160 3,810 11,080 „ 44,670 9,800 19,990 5,080 3,700 10,850 II. Ertragsklaſſe. 0 6550 11,170 2,710 3,780 8,050 an 40,500 9,180 18,300 4,890 4,100 11,340 bu, 44,520 9,440 19,360 5,100 4,350 . 11,150 89 „ 40,980 8,950 18,080 4,610 3,600 10,140 100 „ 39,580 8,710 17,580 4,450 3,400 9,720 120, , 37,970 8,340 16,950 4,300 3,200 9,260 III. Ertragsklaſſe. 20jährig 20,130 4,680 7,980 1,940 2,700 5,75 20 „ 33,130 7,100 15,820 3,640 3,840 8,77 60 „ 42,900 7,330 15,480 3,200 3,550 8,8 80 „ 33,870 7,160 14,940 3,940 3,090 9,320 100 „ 32,560 7,000 14,450 3,740 2,850 7,960 120 „ 31,270 6,760 13,920 3,590 2,690 7,620 V. Ertragsklaſſe. 20 jährig 8,850 2,060 3,510 0,850 1,199 2,530 ger“) 12,880 2,300 5,100 1,240 1,730 3,680 40 „ 15,580 3,520 6,300 1,570 1,990 4,340 0 17,300 2,800 7,130 1,850 2,090 4,670 90 „ 19,030 4,060 7960 2,1103180 5,010 ER 20,750 4,330 8,800 2,370 2,280 5,350 80 „ 20,080 4,180 38,600 2,320 2,100 5, 100 90 „ 18,680 3,930 38,220 2,160 1,840 4,880 100 „ 18,660 3,910 8 Leon. 18 1780 4,850 330 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. [S 83. 7. Eiche. Die Eiche unterſcheidet ſich in ihrem Bedarf zur Holzerzeugung von der Buche durch geringere Aufnahme von Kali und Phosphorſäure und Mehraufnahme von Kalk. Für Jahr und Hektar ergiebt ſich nach Weber (bei Traubeneichen): Phosphor⸗ Holzmaſſe Reinaſche Kali Kalk Magneſia ſäure im 10. Jahre 13 fm 10,9 2,3 6,3 0,96 0,73 kg eon 47 „ 19,2 3,02 12,4 1 173535 W 156 27,5 3,06 20,8 1,0 1.2290 ie HR, 740 „ 8,8 177 5,6 0,37 0.39, Ueber den Bedarf der Eiche zur Blattbildung liegen noch keine Unterſuchungen vor. 8 Birke.) Die Birke iſt unter allen unterſuchten Laubhölzern das aſchenärmſte. Vergleicht man die Ausfuhr von Nährſtoffen bei 50 jährigem Birken⸗ umtrieb, ſo iſt ſie für Kali und Phosphorſäure etwas höher, für Kalk dem Entzug bei Fichte (mit Nadeln) etwa gleich. Da Angaben über den Bedarf zur Blattbildung fehlen, dieſer aber jedenfalls das Mehr— fache des zur Holzerzeugung Nothwendigen iſt, ſo nimmt die Birke jedenfalls ſehr viel mehr aus dem Boden auf, als dies die Nadelhölzer vermögen. Das Vorkommen der Birke auf ärmeren Böden beweiſt, daß ihre Wurzelthätigkeit und ihre Fähigkeit, Nährſtoffe aufzunehmen, jedenfalls erhebliche ſind. Die Mineralſtoffausfuhr bei 50 jährigem Birkenumtriebe (4,1 fm Hauptertrag, 1,2 km Vorertrag und 0,6 fm Stockholz) iſt nach den vorliegenden Analyſen für Jahr und Hektar: Reinaſche Kali Kalk Magneſia Phosphorſäure Stickſtoff 12,3 2,3 3,9 1,7 1,3 7,2 kg 9. Weißbuche. Die Weißbuche ſteht in ihren Anſprüchen an den Boden der Buche nahe und ſcheint (wenigſtens in der Mark) noch etwas hinter dieſer zurück zu bleiben. Ueber den Bedarf derſelben ſind wir wenig unterrichtet. Legt man die bei einer 40 jährigen Weißbuche gefundene Blattmenge einer Berechnung zu Grunde, ***) jo würde für die Ausbildung der Blätter an Reinaſche die 4 — 5fache, an Kali die 5— 6fache, an Kalk die Kfache, an Phosphorſäure die 10 fache Menge der für die Holzproduktion noth- wendigen beanſprucht werden. Weber, Forſtliche Blätter 1876. S. 257 und Aſchenanalyſen von Eichen⸗ und Buchenmuſterſtämmen. Inaugural-Diſſertation. München 1877. von Schröder, Forſtchemiſche Unterſuchungen 1878, S. 51. ) Ramann und Will, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1882, S. 500. $ 82.] Einzelne Holzarten und Betriebsformen. 331 Bei 4,5 tm Geſammtertrag (einjchließlich Vornutzung) würde ſich der Entzug für Jahr und Hektar bei 40 jähriger Weißbuchenzucht ſtellen auf: Reinaſche Kali Kalk Phosphorſäure 29,8 97 20,0 2,2 kg 10. Erle.“ Unterſuchungen liegen nur über die Schwarzerle vor. Je nach der Blattentwickelung wird der Bedarf derſelben wahrſcheinlich ſtark ſchwanken. Der Entzug bei Holznutzung iſt ein relativ geringer und bleibt hinter den meiſten anderen Baumarten zurück. Bei 60 jährigem Umtriebe und einem jährlichen Geſammtertrag von 4,5 fm würde ſich derſelbe für Jahr und Hektar ſtellen auf: Reinaſche Kali Kalk Phosphorſäure 18,0 2,0 3,9 1,5 kg 11. Verſchiedene Holzarten. Von Henry“ ſind eine ganze Anzahl Holzarten, die auf Kalk— boden in der Umgegend von Nancy erwachſen waren, analyſirt worden. Nach der aufgenommenen Menge an Kali und Phosphorſäure ordnet Henry die betreffenden Baumarten in folgender Weiſe: 1. Bäume, die auf 100 Theile Trockenſubſtanz 0,134 —0,195 Theile der genannten Stoffe enthalten: Vogelkirſche, Buche, Weiß— buche. Bäume, die 0 ‚210—0,234 Theile enthalten: Elzbeere, Rüſter (U. campestr.), Eiche, Feldahorn. 3. Bäume, die 0,293 — 0,331 Theile enthalten: Aſpe, wilder Apfelbaum, Haſel. 4. Bäume, die 0,400 Theile enthalten: Eſche. Es zeigt ſich, daß verſchiedene Baumarten demſelben Boden recht wechſelnde Mineralſtoffmengen zu entziehen vermögen. 12. Akazie ) (Robinia Pseudacacia L.). Die Akazie nimmt ſehr hohe Mineralſtoffmengen auf. Bei der Holznutzung iſt der Entzug mit am höchſten von allen Baumarten. Der Bedarf iſt, zumal für Kalk, ein hoher, und würde für die Ent— wickelung der Blattorgane, an Reinaſche die 4 — 5fache, an Kali die 1½ fache, an Kalk die 5— 6fache, an Phosphorſäure die 2½ fache Menge der für den Stamm nothwendigen Nährſtoffe erforderlich jein. Es wird daher im Vergleich mit anderen Holzarten relativ wenig Kali und Phosphorſäure in den Blättern feſtgehalten. Die Anſpruchsloſigkeit der Akazie iſt ſchon angeführt worden, natürlich wird ſie aber arme Böden entſprechend früher erſchöpfen, als andere Baumarten. 1 ) Ramann und Will, Zeitſchrift für Forſt⸗ und er 1882, S. 60 Annales de la Station agronomique de I' Est. I, S. 143. z) Ramann, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1883 332 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. [$ 82. 13. Ejche*) (Fraxinus excelsior I.). Die Eiche iſt ſchon Seite 322 als Beiſpiel für außergewöhnlich hohen Bedarf an Mineralſtoffen bei der Blattbildung herangezogen worden. Die größte Menge Aſchenbeſtandtheile lagert ſich in den Blättern ab, ſo daß dieſe den höchſten Gehalt unter allen bisher unter— ſuchten Blattorganen der Bäume beſitzen. Im Stammkörper bleibt dagegen der Aſchengehalt hinter einer ganzen Anzahl anderer Laub— bäume zurück. c) Beſondere Betriebsformen. 1. Weidenheger. ) Die Menge der Mineralſtoffe, welche von jungen Weidenpflanzen beanſprucht und zumal bei jährlichem Schnitt dem Boden entzogen werden, iſt eine ſehr hohe und ſteigt natürlich mit dem Ertrag. Nach Councler iſt der Entzug beim jährlichen Schnitt und fol- genden Erträgen an Korbweiden: Phosphor⸗ Salix viminalis Ertrag Kali Kalk Magneſia ſäure auf thonigem Lehmboden 796 Ctr. 61,9 105,8 10,2 26,0 kg gf Dorbode n er 50,7 , Salix amygdalina auf thonigem Lehmboden 693 „ 61,3 60,2 Te num Doörfbond en hai 5,0 56,9 208 Salix purpurea viminalis auf thonigem Lehmboden 571 „ 28,2 69,8 13 282 Auf Spriboden. n 176 429 Zaun Salix caspica (acuminata) auf thonigem Lehmboden 138 „ 88 13,6 DEE auf Torfboden 170 „ 10,1 1388 Salix purpurea auf thonigem Lehmboden 397 „ 19,6 58,7 7,0 18,3 Af obne! 2723.08 20,0 540 . Es ſind dies Größen, welche dem durch die meiſten landwirth— ſchaftlichen Pflanzen veranlaßten Entzug gleichkommen und bei höherem Ertrag ihn übertreffen. Bedenkt man ferner, daß für die Blätter wahrſcheinlich größere Mengen, jedenfalls aber noch gleich große zur Entwickelung gefordert werden, ſo wird verſtändlich, daß die Erträge, wenn nicht ganz außergewöhnlich günſtige Umſtände vorliegen, bald zurückgehen. Decken die Weiden auch ohne Zweifel einen Theil ihres Bedarfs aus dem meiſt erreichbaren Grundwaſſer, ſo muß der Boden jedenfalls noch ſo viel liefern, daß auch reiche Bodenarten in kurzer ) Namann und Will, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1883. Couneler, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen, Bd. 18, S. 154. $ 82.] Einzelne Holzarten und Betriebsformen. 333 Zeit erſchöpft werden. Ohne rationelle Düngung iſt daher eine dauernde Erhaltung einjähriger Weidenheger nicht oder doch nur ſelten möglich. 2. Eichenſchälwald. “ Der Entzug an Mineralſtoffen bei 20jährigem Eigenſchälwald iſt von Weber unterſucht und berechnet worden. Hiernach würde bei einer Jahresproduktion von 3300 kg Trockenſubſtanz (ca. 6000 kg Rinde beim Abtrieb) entzogen werden für Jahr und Hektar: Reinaſche Kali Kalk Magneſia Phosphorſäure 56,7 9,4 31,9 5,9 6,3 kg Zu erheblich niedrigeren Zahlen kommt von Schröder (Tharandter Jahrbücher 1890, S. 203). Nach dieſem Forſcher ſtellt ſich der durch— ſchnittliche Entzug für Jahr und Hektar im Eichenſchälwalde leinſchließ— lich Vornutzung) :: Phosphor- Reinaſche Kali Kalk Magneſia jäure Stickſtoff ſehr hoher Ertrag 38,6 9,5 21,9 4,3 3,8 18,6 kg Mittelertrag 23,6 5,9 13,6 2,7 2,4 1495 geringer Ertrag . 12,4 3,1 7,3 1,4 173 2 „ 3. Hackwaldbetrieb, Waldfeldbau, ſiehe ſpäter (§ 112). d) Durchſchnittlicher Gehalt der forſtlichen Sortimente an den wichtigſten Mineralbeſtandtheilen. Die nachfolgende Tabelle ſoll hauptſächlich Grundlagen für ſtatiſche Berechnungen geben. Ein Feſtmeter enthält Gramm: Phosphor⸗ . Reinaſche Kali Kalk Magneſia ſäure Scheitholz.“ (K. 0) (cao) (ug) (P20) 1464 200 805 144 82 138335 286 1134 131 89 2042 566 892 181 109 13597 283 908 124 115 Weymouthskiefer. 1123 295 437 106 86 Buche (Derbholzy )) 3676 794 1809 406 223 Eiche (Derbholz) . 3759 633 2578 108 122 1792 318 591 254 141 Schwarzerle 3191 310 2088 147 264 — 2713 887 954 365 254 11283 1327 79 222 385 ) Weber, Forſtliche Blätter 1876, S. 257. Die Angaben Weber's ſind (in Folge des von ihm ermittelten ſehr hohen Reiſigertrages wohl für die durchſchnittlichen Verhältniſſe weniger zutreffend, als die von Schröder's. Scheitholz, über 13 em Durchmeſſer. ) Derbholz, über 7 em Durchmeſſer. 334 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. Knüppelholz.“) Reinaſche SRIETEL.N 1 1714 Ficht a aA Taft Sache. arena 9 Weymouthskiefer. 1521 Biete se 0 14898 Hainbuche 5880 Schwarzerle 4679 r A 2 1E) NUni 12301 Reisholz.“ Kiefer 4423 i ER} ine 8895 6638 Weymouthskiefer. 3686 Buüfe 851 Ei,, Kuraan Biete v2 228.2 U Hainbuche 9047 Schwarzerlne 7778 h. ee EZ Robinie 15009 20j. Eichenſchälwald: Ufm Schälholz 3154 1 „ Reiſig . 12245 Kali 298 438 589 342 416 366 710 537 1819 1900 857 1412 1697 1238 1708 1962 1683 Kalk 899 1196 135 AR 552 608 4024 3148 1583 8375 1905 2260 2546 3503 1611 3539 7826 1075 5502 7024 2875 8336 744 5906 s 83. III. Pflanzengifte. Unter dem Begriff des Pflanzengiftes iſt hier jeder Stoff ver— ſtanden, deſſen reichlicheres oder ſparſameres Vorkommen die normale Entwickelung der Pflanzen herabſetzt und der bei hohem Gehalte oder langer Einwirkung dieſelbe gänzlich verhindert. Die Pflanzengifte können der Vegetation entweder durch den Boden oder durch die Luft zugeführt werden. )Knüppelholz, 7— 13 em Durchmeſſer. Das Reisholz der Nadelhölzer iſt nm ) Reisholz, unter 7 em Durchmeſſer. mit, das der Laubhölzer ohne Blattorgane berechnet. Magneſia 189 [$ 82. Phosphor⸗ ſäure 133 127 170 114 154 192 386 $ 83.] Pflanzengifte. 335 Unter die hier gewählte Begriffsbeſtimmung fallen auch Stoffe, die in großer Verdünnung für die Pflanze unſchädlich, ja ſogar nützlich find, in ſtärkerer Koncentration ſchädlich einwirken und dann zum Pflanzengift werden können. Es gilt dies für alle löslichen Salze, die in großer Menge in den Boden gebracht, die Pflanzen tödten können. Das „Verbrennen“ der Kulturpflanzen, was nach reichlicher Düngung, zumal auf ärmeren Böden mit geringer Abſorptionswirkung, eintritt, iſt auf eine derartige Giftwirkung der koncentrirten Bodenlöſung zurück zu führen.“ Schädlichen Einfluß in unſeren Gebieten üben von den in der Natur vorkommenden Stoffen Kochſalz, beziehungsweiſe Meerwaſſer und freie Schwefelſäure. In der Nähe von Salzquellen wie am Seeſtrande ſtellt ſich eine Vegetation ein, welche ſich dem Salzgehalt angepaßt hat und als „Salzflora“ bezeichnet wird. Auf Waldbäume kann oft ein ſchon recht geringer Salzgehalt ſchädigend einwirken. So beobachtete der Verfaſſer in der Nähe von Deep (an der Mündung der Rega, Oberförſterei Grünhaus in Pommern) das Abſterben von Fichten in der Nähe eines Baches, der das Abflußwaſſer einer neu erbohrten ſchwachen Sool— quelle führte. Am ſchädlichſten wirkt Seewaſſer bei Ueberſchwemmungen ein. Schütze“) unterſuchte die Verhältniſſe des Darß nach der Sturmfluth von 1875. Die ſchädigende Wirkung des Salzwaſſers trat an den Hängen weniger, dagegen ſehr ſtark in den Senken hervor. Die erſteren beſtehen aus Sandböden, ſie enthielten Chlor: unbeſchädigt beſchädigt Oberfläche 0,0176 %, 99017705 m Tieſe 0,0042 „ 0279 6563 „ „00036, 0,0218 „ 0s, 0,0207 „ Der Moorboden der Senken zeigte dagegen: an der Oberfläche = 0,1613 % Chlor in 0,68 m Tiefe = 0,2895 Die Baumarten zeigten eine ſehr verſchiedene Widerſtandsfähigkeit. Am ſtärkſten litten die Fichten, weniger die Kiefern; Laubbäume hielten ſich beſſer. Hier mag zugleich die Einwirkung der ſalzhaltigen Seewinde betrachtet werden. Böhm***) fand in Iſtrien und Dalmatien nach 71 1 Wollny führt es dagegen hauptſächlich auf zu dichten Pflanzenſtand zurück (Landwirthſchaftliche Mittheilungen aus Bayern 1876, II. Bericht, S. 57). *) Schütze, Zeitſchrift für Forit- und Jagdweſen Bd. 8, S. 380. Centralblatt für das geſammte Forſtweſen, Bd. 15, S. 416. 336 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. 8s 83. heftigen vom Meer (Adria) herkommenden Winden die Pflanzen der Küſte oft mit millimeterdicken Salzkruſten überzogen, und zwar ebenjo- wohl Getreidearten wie Weinreben, Oliven, Seeſtrandskiefer. Die Bäume und Sträucher ſahen meiſt ſehr kümmerlich aus. Eingehend hat Sturp*) die Einwirkung des Salzgehaltes des Seewindes auf die Waldvegetation in Schleswig unterſucht. Er fand im Abſtand von 2— 5 Meilen von der See den Chlorgehalt der Buchenblätter am Weſtrand der Beſtände erheblich höher als am Oſtrande. Im Herbſt enthielten die Buchenblätter am Waldrande: (Gehege Immenſtedt, zwei Meilen vom Wattenmeere. Nordſeite Nordweſtſeite Weſtſeite Südweſtſeite Südoſtſeite 0,3482 % % é 0,3511% „ 0,4674 bis 0,2479 % , 0,2479 bis 0,4645 % % 0,2267% ũ Chlor. Gehege Schwennholz, fünf Meilen von der See. Nordweſtſeite Oſtſeite 0,7035 % 0,2357 % Chlor.) Wenn es auch fraglich bleibt, ob die ungünſtige Entwickelung des Beſtandsrandes im Weſten nicht ganz überwiegend der Einwirkung der ſtarken Weſtwinde zuzuſchreiben iſt (Borggreve, Forſtliche Blätter 1890, S. 42, kritiſirte die Arbeit bereits ein Jahr vor dem Erſcheinen), ſo kann die Zufuhr von Salzen doch auch ihr Theil mit dazu beitragen. Schwefelſäure wirkt wie alle freien Säuren ungünſtig auf die Vegetation ein und bringt ſchon bei mäßigem Gehalt der Böden die Pflanzen zum Abſterben. Die Schwefelſäure entſteht im Boden durch Oxydation von Eiſenkies (Seite 174) und findet ſich in vielen Mooren und deren Untergrund ſowie in den Abflußwäſſern von Kohlengruben, Erzzechen und dergleichen. Durch Dünger können dem Boden ferner giftige Rhodan-Ver— bindungen zugeführt werden (Rhodan — Schwefelcyan), die, wenn auch ſelten, in den Abwaſchwäſſern der Gasanſtalten und dem daraus hergeſtellten Rohammoniak des Handels enthalten ſind. Ausflußwäſſer von Bergwerken, ferner Abwäſſer der Meſſingwerke und ähnlicher Kupfer und Zink verarbeitender Induſtrien wirken durch den Zink- und Kupfergehalt direkt giftig auf die Pflanzen ein und können durch reichliche Anhäufung der Metalle im Boden dieſen dauernd unfruchtbar machen, auch wohl das Abſterben auf ſolchen Flächen weidender Thiere herbeiführen (natürlich auch der Fiſche in Gewäſſern, in welche ſolche Abwäſſer münden). Forſtliche Blätter 1891, S. 270. $ 83.] Pflanzengifte. 337 Zink und Kupfer werden vom Boden ſtark abjorbirt und häufen ſich hierdurch in leicht angreifbarer Form in der Bodenoberfläche an; zugleich werden andere Mineralſtoffe (zumal Kalk und Kali) löslich gemacht und gehen dem Boden durch Auswaſchung verloren. (Näheres über zinkhaltige Wäſſer in Landwirthſchaftliche Jahrbücher 1883, S. 827; über kupferhaltige ebenda 1892, S. 263.) Von viel größerer Bedeutung für die Vegetation ſind die Gift— wirkungen ſaurer Gaſe, insbeſondere von ſchwefliger Säure und Salzjäure.*) Abb. 27. Eichenblatt nach Einwirkung Abb. 28. Kiefernzweig nach Einwirkung von ſchwefliger Säure. von ſchwefliger Säure. Die dunkler gehaltenen Stellen ſind Die Nadeln ſind völlig oder es iſt deren obere abgeſtorben. Hälfte abgeſtorben. Die ſchweflige Säure wird bei einer großen Anzahl techniſcher Betriebe erzeugt, bildet ſich aber auch bei der Verbrennung von Mineral— kohlen, welche Eiſenkies enthalten (Eiſenkies, Fe Se, verbrennt an der Luft bei hoher Temperatur zu ſchwefliger Säure und Eiſenoxyd). Die Giftwirkung der ſchwefligen Säure auf die Pflanzen iſt eine ſehr ſtarke und macht ſich ſelbſt bei ſehr geringem Gehalt der Luft ſchon bemerkbar. ) von Schröder und Reuß, Beſchädigung der Vegetation durch ſaure Gaſe. Berlin 1883. Ramann. 22 338 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. [S 83. Bei Blattpflanzen und Laubbäumen erſcheinen die Blätter nach erfolgter Vergiftung zunächſt entlang der Nervatur etwa wie verbrüht, es bilden ſich durchſcheinende Stellen, die allmählich gelbfleckig werden und endlich ein Abſterben des Blattes herbeiführen (Abb. 27). Nadelhölzer zeigen zumeiſt ein Abſterben zur Hälfte. Der obere todte Theil, gelb gefärbt, iſt von dem unteren noch lebensfähigen durch eine ſcharfe Linie getrennt. Bei ſtärkerer Verletzung ſterben die Nadeln völlig ab (Abb. 28). Aehnliche Erkrankungen können aber auch aus anderen Urſachen entſtehen, und iſt es daher immer erſt ſicher zu ſtellen, ob wirklich eine Giftwirkung vorliegt. Hierzu hilft die chemiſche Analyſe. Die ſchweflige Säure wird aus der Luft durch die Spaltöffnungen der Blattorgane aufgenommen und zerſtört das Chlorophyll, oxydirt ſich aber bald zu Schwefelſäure. Der Schwefelſäuregehalt der Blätter iſt daher ein ſicheres Mittel, eine Beſchädigung der Pflanzen zu erkennen. Jede Pflanze enthält nun bereits Schwefelverbindungen, welche bei der Unterſuchung in Schwefelſäure übergeführt werden, in wechſelnder Menge. Dieſelbe Baumart kann in verſchiedenen Gebieten auch einen ſehr ver— ſchiedenen Gehalt an jenem Stoff zeigen. Um nun einen „Rauchſchaden“ feſtzuſtellen, iſt es nothwendig, nachzuweiſen, daß 1. der Gehalt an Schwefelſäure ein höherer iſt, als der— ſelben Pflanzenart unter gleichen lokalen Verhält— niſſen entſpricht und 2. daß der Gehalt an Schwefelſäure mit der Nähe des Ortes ſteigt, von dem die ſchweflige Säure ausgeht.“ Beide Bedingungen müſſen erfüllt ſein, wenn der Nachweis einer Rauchbeſchädigung erbracht ſein ſoll. Hierbei iſt es aber nothwendig mit äußerſter Vorſicht zu verfahren. 1. Die Bäume müſſen, ſoweit irgend thunlich, aus gleicher Höhen— lage entnommen ſein. 2. Der Entwickelungsgrad der Blattorgane muß der gleiche ſein. Bei Nadelhölzern müſſen daher die Nadeln gleichalterig ſein. 3. Bei Waldbeſchädigungen müſſen immer Bäume gleicher Aus- bildung, am beſten vorherrſchende ausgewählt werden. 4. Es ſollte nicht verſäumt werden, nachzuweiſen, daß in dem Erdboden, auf dem die verſchiedenen Probeſtämme erwachſen ſind, er— hebliche Abweichungen im Schwefelſäuregehalt nicht vorkommen. (Auf Das beigefügte Kärtchen (Abb. 29) iſt ein Theil einer unveröffentlichten Unterſuchung des Verfaſſers. Die Rauchquelle wirkte von der rechten Seite der Darſtellung aus. Das ſtaffelförmige Anſteigen im Schwefelſäuregehalt der Kiefern- nadeln iſt unverkennbar. 8 83.] Pflanzengifte. 339 diluvialen Sanden iſt das bei der Gleichheit ihrer Zuſammenſetzung übrigens ſelten nothwendig.) 5. Müſſen Probeſtämme aus rauchfreien Gebieten zum Vergleich herangezogen werden und muß deren gleichbleibender Gehalt an Schwefelſäure nachgewieſen ſein. Werden dieſe Bedingungen erfüllt, ſo kann eine Einwirkung der ſchwefligen Säure (und alles dies gilt ebenſo für den Chlorgehalt der Bäume bei Beſchädigungen durch Salzſäure) auf die Vegetation mit abſoluter Sicherheit feſtgeſtellt werden. Maassstab= 1 3000. 0'165N. 0.00298. 0˙152N. 0.00335 Abb. 29. Staffelförmiges Steigen des Schwefelſäuregehaltes in Kiefernnadeln nach dauernder Raucheinwirkung. Die mit N. bezeichneten Zahlen geben den Gehalt an Schwefelſäure in 1000 Theilen Trockenſubſtanz, die mit B. bezeichneten den Procentgehalt des Bodens an. Liegen Waldbeſchädigungen vor, ſo iſt neben der chemiſchen Analyſe noch das Zurückgehen des Zuwachſes entſprechend der höheren oder geringeren Einwirkung der Säure nachzuweiſen. Es macht offenbar einen ſehr bedeutenden Unterſchied in der Gift— wirkung aus, ob auf einmal größere Maſſen ſaurer Dämpfe ent- weichen, oder dauernd kleine Mengen den Bäumen zugeführt werden. Im erſteren Falle kann eine in ihrer Geſammtheit geringe Säureentwickelung erheblichen Schaden verurſachen, im zweiten kann eine merkbare Steigerung im Schwefelſäure— gehalte der Blattorgane ohne Einwirkung auf den Zuwachs bleiben. 99 * 340 Pflanzenernährung und Pflanzengifte. [$ 83. Aus allem dieſen iſt erſichtlich, daß es bei Feſtſtellung von Rauch— ſchäden genauer Kenntniß aller einſchlägigen Verhältniſſe bedarf, um ein zuverläſſiges Urtheil zu erlangen. Schweflige Säure wird hauptſächlich entwickelt: 1. Beim Röſten der Erze. Die ausgedehnten Rauchbeſchädigungen im Oberharz und im Erzgebirge ſind der Ausgangspunkt der genauen Kenntniß dieſer Dinge geworden. N 2. Bei chemiſchen Induſtrien, insbeſondere bei Fabriken zur Her- ſtellung von Schwefelſäure, Soda, Chlorkalk, künſtlichem Dünger und dergleichen. f 3. Beim Verbrennen von Mineralkohlen. Dieſe Wirkung macht ſich ſchon in Stuben, in denen mit Steinkohlen geheizt oder Stein— kohlengas gebrannt wird, geltend. Empfindlichere Pflanzen laſſen ſich in ſolchen Räumen nicht, oder nur ſchwierig erhalten. Die Rauchmaſſen und Verbrennungsgaſe, welche in großen Städten dauernd in die Atmoſphäre eintreten, üben eine merkbare Einwirkung auf die Vegetation. Zumal Koniferen erliegen derſelben bald. Nach Hartig“) ſtarben in München in neu bebauten Stadttheilen innerhalb 3— 5 Jahren bereits 50 jährige Nadelhölzer ab.“) Im Schnee der Umgebung großer Städte läßt ſich freie Schwefelſäure nachweiſen. Als Rauchquellen, die unter Umſtänden nicht unerhebliche Wald— beſchädigungen verurſachen, ſind endlich ausgedehnte Bahnhöfe zu nennen. Von dem Steinkohlenrauch der Lokomotiven geht eine dauernde aber geringe Entwickelung von ſchwefliger Säure aus, der ſichere Nachweis einer ſchädlichen Einwirkung iſt daher zumeiſt von Zuwachsunterſuchungen abhängig zu machen, wenn natürlich auch die chemiſche Analyſe nicht fehlen darf, ſondern als unentbehrliche Kontrolle zu dienen hat. Eine ſchädigende Rauchwirkung wird abgeſchwächt oder aufgehoben: 1. durch Ueberführen der ſäurehaltigen Luft in höhere Luftregionen (hohe Schorniteine), jo daß eine ſtarke Verdünnung der Gaſe eintritt, ehe ſie mit Pflanzen in Berührung kommen; 2. durch den Schutz eines vorliegenden Beſtandes. Die Pflanzen nehmen die Säuren mit großer Energie auf, und wirkt ein Beſtandesſtreifen, natürlich nur ſo lange, bis er dem Angriffe ſelbſt erlegen iſt, ſchützend für die hinterliegenden Bäume. ) Botaniſches Centralblatt, Bd. 42, S. 204. ) Verfaſſer erhielt z. B. durch Herrn Dr. von Tubeuf ausgezeichnete Samm⸗ lungspräparate zur Demonſtration der Schwefligſäurewirkung aus dem Univerſitäts⸗ garten in München. Eine üppig erwachſene Douglasfichte im Garten der Forſtakademie Eberswalde iſt durch die Rauchwirkung aus dem Schornſtein der benachbarten neu erbauten Gewächshäuſer in den ganzen getroffenen Theilen zum Abſterben gebracht. Zahl⸗ reiche andere Beiſpiele laſſen ſich leicht finden. us § 83.] Pflanzengifte. 341 Die Empfindlichkeit der Baumarten iſt eine ſehr verſchiedene. Am meiſten leiden Nadelhölzer und zwar um ſo mehr, je längere Zeit ſie normalerweiſe ihre Nadeln behalten Tanne am meiſten, dann Fichte, Kiefer). Laubhölzer ſind um ſo unempfindlicher, je mehr ſie Mineral— ſtoffe in ihren Blättern enthalten. Beſonders widerſtandsfähig iſt die Eſche, aber auch andere Laubbäume entwickeln ſich noch ungeſtört. Läßt ſich daher die Quelle des Rauchſchadens, wie dies bei Bahn— höfen der Fall iſt, nicht verſtopfen, ſo iſt das einfachſte Schutzmittel die Erhaltung eines Waldmantels von Laubhölzern; auf armen Böden empfiehlt ſich Birke und Weißerle, auf feuchteren Stellen Schwarzerle oder Pappel am meiſten. Je nach Mächtigkeit der Rauchentwickelung muß dieſer Streifen, der nach Art eines Schutzwaldes zu bewirthſchaften iſt, verſchieden breit ſein. Im Allgemeinen werden Streifen von 50 — 100 m Breite völlig aus— reichen, um die hinterliegenden Beſtände vor Beſchädigung zu bewahren. Die Salzſäure wirkt der ſchwefligen Säure durchaus ähnlich, wie es aber ſcheint (wohl in Folge der reducirenden Eigenſchaften der letzteren) etwas weniger ſchädlich auf die Vegetation ein. Die beſchädigten Nadelhölzer verhalten ſich ganz gleich, wie die durch ſchweflige Säure angegriffenen, die Blätter der Laubhölzer unterſcheiden ſich da— gegen dadurch, daß der Angriff in der Regel vom Blattrande aus beginnt und ein ſcharf umſchriebener, abgeſtorbener Rand die noch grüne innere Blattfläche umgiebt (Abb. 30). Als Nachweis der Beſchädigung dient das „t 30. b Anſteigen des Chlorgehaltes in den Blattorganen. Einwirtung von Salz— Die Proben find unter genau denſelben Vorſichts- _,, Maste ndr Keine maßregeln zu entnehmen, welche Seite 338 an- des Blattes ſind abgeſtorben. gegeben wurden. Salzſäurebeſchädigungen treten ſeltener auf, als ſolche durch ſchwef— lige Säure, es ſind insbeſondere Soda- und Chlorkalkfabriken, ferner Töpfereien (beim Glaſiren der Thongeſchirre wird Kochſalz zugeſetzt und beim Brennen werden Salzſäuredämpfe entwickelt. Töpfereien können oft dem Fruchtanſatz der Obſtbäume, Gärtnereien und dergleichen ſehr gefährlich werden), welche Salzſäurebeſchädigungen verurſachen. Beſchädigungen durch Flußſäure ſind bisher nicht beſchrieben worden, ſie können in der Nähe von Fabriken, in denen fluo rhaltige Phosphate aufgeſchloſſen werden, entſtehen. 342 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. S 84. XIII. Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. s 84. 1. Bodenprofile. Alle fruchtbaren Bodenarten laſſen, mehr oder minder ausgeprägt, drei Schichten erkennen, aus denen ſie ſich zuſammenſetzen. Zu oberſt lagert eine vielfach, wenn auch lange nicht immer mit Recht als „Nahrungsſchicht“ bezeichnete Bodenſchicht. Meiſt unter- ſcheidet ſie ſich, mehr oder weniger ſcharf von dem unterliegenden Boden getrennt, durch abweichende Färbung, durch beigemiſchten Humus und bei guten Waldböden durch ihre krümelige Struktur. Chemiſch charakteriſirt ſich dieſe Bodenlage dadurch, daß die Verwitterungsvorgänge in derſelben überwiegend be— endet, und daß die leichter angreifbaren Mineralbeſtandtheile bereits zerſetzt ſind. Einen nachhaltigen Zuſchuß von Pflanzennährſtoffen kann dieſe Bodenſchicht alſo nicht mehr durch fortſchreitende Verwitterung, ſondern nur von außen erhalten, ſei es durch Düngung in der Landwirthſchaft, oder durch die Auslaugung und Verweſung der Streu im Walde. In Bezug auf die chemiſche Zerſetzung iſt die oberſte Bodenſchicht häufig ärmer an löslichen und immer ärmer an unlöslichen Mineral- ſtoffen als der unterlagernde Boden. Wenn trotzdem die Keimung und die Entwickelung der jungen Pflanzen in der „humoſen Bodenſchicht“ am beiten vor ſich geht, die Wurzeln der Bäume fie nach allen Rich- tungen durchziehen, ſo liegt dies wohl überwiegend in der Lockerheit und guten Durchlüftung, ſowie in der durch die Humusbeimiſchung be- dingten höheren Friſche des Bodens. Die zweite Bodenſchicht, welche von dem humoſen Boden über— lagert und von dem Rohboden unterlagert wird, zeichnet ſich meiſt durch braune oder rothe Farben aus, ſie iſt bei normalen Verhältniſſen dichter gelagert, als die überliegende Schicht, zeigt aber zumeiſt noch eine für das Eindringen der Wurzeln hinreichende Lockerheit. In ihr oder auf ihr, findet die hauptſächlichſte Verbreitung der Baum— wurzeln ſtatt. Chemiſch iſt die zweite Bodenſchicht als die eigentliche Verwitte— rungszone des Bodens zu betrachten. In ihr findet das Aufſchließen und die Zerſetzung der unlöslichen Mineralien ſtatt; dem entſprechend iſt dieſe Lage in der Regel die reichſte an löslichen und von mittlerem Gehalte an unzerſetzten Mineralſtoffen. Die braune oder rothe Färbung wird durch bei der Verwitterung ſtattfindende Ausſcheidung von Eiſenoxyd und deſſen Hydrat veranlaßt. 4 85.] Bodenprofile. Mächtigkeit des Bodens. 343 Die dritte Bodenſchicht ſtellt den Rohboden dar. Es iſt erſt ſchwach von der Verwitterung angegriffenes Geſtein; bei anſtehenden Felsmaſſen ſind dieſe bereits mehr oder weniger zerfallen aber noch wenig zerſetzt. Dieſe Bodenſchicht iſt daher an löslichen Salzen arm, aber dafür reich an aufſchließbaren Beſtandtheilen. In der Praxis bezeichnet man vielfach die zweite Bodenſchicht als „Rohboden“, die dritte bereits als Untergrund. Die dreifache Schichtung des Bodens läßt ſich faſt überall ver— folgen. Gelegentlich kann einmal eine Schicht ſchwach ausgebildet ſein, wohl auch faſt völlig fehlen; es ſind dies aber immerhin Ausnahmen. Die oberſte Bodenſchicht iſt mehr oder weniger ſcharf von der unterlagernden unterſcheidbar, während die zweite zumeiſt allmählich in den Unter— grund übergeht. Von beſonderer Wichtigkeit iſt, ob der Boden bis in größere Tiefe einheitlich zuſammengeſetzt iſt oder ob er aus ver— ſchiedenen Geſteinen beziehentlich Schichten beſteht. Als ein Theil des Untergrundes iſt auch anſtehendes Grundwaſſer zu betrachten. Je nachdem nun der tiefere Boden das Waſſer leicht abfließen läßt oder nicht, oder dieſes dauernd als Grundwaſſer anſteht, erhält man drei große Gruppen von Böden: a) mit durchläſſigem Untergrund, b) mit Waſſer anhaltendem Untergrund, e) mit Grundwaſſer. § 85. 2. Mächtigkeit des Bodens. Die Mächtigkeit des Bodens, d. h. die von den Wurzeln durch— dringbare Bodenſchicht wird als Gründigkeit bezeichnet, und unter— ſcheidet man ſehr flachgründig, unter und bis zu 15 cm (— Fuß), Fflachgründig, 15 — 30 cm (= , bis 1 Fuß), mittelgründig (mitteltief), 30 — 60 em (= 1—2 Fuß), tiefgründig, 60 — 100 em (2 - 4 Fuß), ſehr tiefgründig, über 1 m. Die Mächtigkeit des Bodens iſt für die verſchiedenſten Bedingungen des Pflanzenlebens von Wichtigkeit. Es iſt ohne weiteres verſtändlich, daß eine Pflanze aus einer Bodenſchicht von 100 em Boden leichter ihren Bedarf an Nährſtoffen decken kann, als aus 20 — 30 em. Von beſonderer Bedeutung wird die Gründigkeit für den Waſſerbedarf der Bäume während trockener Perioden. Verdunſtet auch der tiefgründige Boden im Laufe der Zeit mehr Waſſer, als der flachgründige, ſo iſt doch die in demſelben vorhandene Geſammtmenge eine viel größere, 344 Waſſergehalt. SS 85, 86. und ſind daher die Pflanzen günſtiger geſtellt, als auf jenem. In der Regel fällt daher Flachgründigkeit mit Trockenheit, Tiefgründig— keit mit genügender Friſche des Bodens zuſammen. s 86. 3. Waſſergehalt. Der Waſſergehalt eines Bodens iſt zunächſt von den phyſikaliſchen Eigenſchaften desſelben abhängig. Als Regel kann gelten, daß für die Pflanzenwelt ein mittlerer, etwa der kleinſten Waſſerkapacität der Böden entſprechender Gehalt am günſtigſten iſt. Austrocknen der Böden (3. B. Moorboden im Sommer) ſowie dauernder Ueberſchuß an Waſſer ſchädigen die Vegetation. Nach der Menge der durchſchnittlichen Feuchtigkeit unterſcheidet man die Böden als: naß; der Boden iſt mit Waſſer erfüllt, ſo daß es beim Heraus— heben von Abſtichen des Bodens abfließt. Naſſe Böden haben Grund— waſſer in geringer Tiefe anſtehend und ſind in der für den Boden waſſerreichſten Zeit des Jahres (Frühling) meiſt mit Waſſer bedeckt; feucht; der Boden giebt beim Zuſammendrücken noch Waſſer in Tropfen ab; friſch; mit mäßigem Waſſergehalt, aber ohne daß beim Zuſammen— drücken Waſſer hervortritt, wohl aber zeigen die Bodentheile noch in Folge der vorhandenen Feuchtigkeit mäßigen Zuſammenhalt (3. B. friſcher Sand, gegenüber trockenem Sande); trocken; überwiegend für Sandböden gebraucht, bezeichnet ſolche Böden, deren einzelne Körner kaum mehr einen Waſſergehalt er— kennen laſſen; ö dürr; ohne merkbares flüſſiges Waſſer. Die Beſtimmung des Feuchtigkeitsgrades eines Bodens ſetzt immer eine längere Kenntniß desſelben, oder doch Berückſichtigung des Be— ſtandes, der Bodenflora und dergleichen voraus. Nach Regen können 3. B. trockene Sande friſch, friſche Böden feucht erſcheinen, nach lang— dauernder Trockenheit kann ein umgekehrtes Verhalten ſtatthaben. Es gilt eben, die durchſchnittlichen Verhältniſſe richtig anzuſprechen. Die Möglichkeit, auf die Bodenfeuchtigkeit einzuwirken, liegt ein— mal in Entwäſſerungen, beziehentlich Bewäſſerung, ferner in Kultur- maßregeln (horizontale Sickerwaſſergräben im Gebirge, Bodenbearbeitung und in der Beſtandespflege. Je dichter, zumal bei Laubholz, der Be— ſtand iſt, um ſo mehr Waſſer verlangt er und entzieht er dem Boden; in gleicher Weiſe wirken alle tiefwurzelnden Bodenbedeckungen, ins— beſondere die Gräſer. In Bezug auf Erhaltung der Bodenfeuchtigkeit ſind die Gräſer die ſchlimmſten Feinde der jungen Kulturen. Die § 86.] Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. 345 Streudecke (ſiehe Seite 270) ſteigert nur dann den durchſchnittlichen Waſſergehalt, wenn fie aus loſe aufliegenden Pflanzenreſten beſteht und nicht von humoſen Schichten unterlagert wird. Ein mittlerer Waſſergehalt iſt eine der erſten und wichtigſten Be— dingungen eines normalen Waldbeſtandes, aber auch nur eine der— ſelben; da man von allen wechſelnden Bodeneigenſchaften den Waſſergehalt am leichteſten erkennen kann, da ferner ſelbſt ärmere Bodenarten, wenn ſie Grundwaſſer in mäßiger Tiefe anſtehend haben, häufig noch recht guten Waldbeſtand tragen, iſt man in forſtlichen Kreiſen öfter zu der Meinung gekommen, daß der Waſſergehalt der allein entſcheidende Faktor der Bodengüte ſei.“) Selbſt in einzelnen neueren Werken über Waldbau iſt dieſe Anſchauung noch jetzt nicht überwunden. **) Man hat in Bezug auf das den Pflanzen zugängliche Waſſer, zwiſchen der Bodenfeuchtigkeit, alſo den Flüſſigkeitsmengen, welche dauernd vom Boden feſtgehalten werden und in weitaus den meiſten Fällen den Bedarf der Pflanzen zu decken haben, und dem Grundwaſſer, ſoweit es für die Wurzeln erreichbar iſt, zu unterſcheiden. Im erſten Falle vermittelt das Waſſer die Mineralſtoffaufnahme und wirkt bei reichlicher Zufuhr zugleich für die Aſſimilation günſtig ein. Welche Bedingungen hierbei die maßgebenden ſind, iſt ſchwer feſt— zuſtellen, aber jedenfalls kann es als Regel gelten, daß in feuchten Jahren der Zuwachs ſtärker iſt als in trockenen. Bäume, welche mit ihren Wurzeln das Grundwaſſer zu erreichen vermögen, finden in dieſem zugleich reichliche Mengen von Mineral— ſtoffen gelöſt. Es macht einen bedeutenden Unterſchied, ob das Grund— waſſer mehr oder weniger ſtagnirt oder ob es in merkbarer fließender Bewegung iſt; ferner ob es im weſentlichen die gleiche Höhe im Laufe des Jahres behält oder ſtarken Schwankungen unterliegt. Stagnirendes Waſſer iſt faſt immer, und wenn es lange anſteht, ſtets ſchädlich für die Vegetation. Es iſt dies wahrſcheinlich auf Mangel an Sauerſtoff, ſowie darauf zurückzuführen, daß die Wurzeln im fließenden Waſſer, wenn dies ſelbſt auch nur wenige aufnehmbare Stoffe enthält, doch jeden Augenblick mit neuen. Waſſermengen in Berührung kommen, ihre Nachbarſchaft daher nicht an einzelnen Stoffen erſchöpfen können. Mangel an Sauerſtoff unterbricht die Athmung und veranlaßt ſo das Abſterben der Wurzeln. Zugleich werden Bakterien, die zum Theil ohne oder mit Spuren von Sauerſtoff auskommen können, ſich ent— wickeln und Fäulnißvorgänge veranlaſſen können. Am extremſten bei Heyer, Bodenkunde. Erlangen 1856. Vergleiche Wagner, Waldbau. Stuttgart 1884. 346 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. S 86. Zeitweiſe Ueberſtauungen mit Waſſer, wenn ſie nicht allzu lange anhalten, vermögen faſt alle Baumarten zu ertragen. Die durch Ab— ſorption von den Bodentheilen feſtgehaltenen Gaſe vermitteln dann ſchon die nothwendige Sauerſtoffzufuhr, und erſt nach längerer Zeit machen ſich ſchädigende Einwirkungen geltend. Aus dem chemiſchen Unterſchiede zwiſchen ſtagnirendem und fließen— dem Grundwaſſer laſſen ſich z. B. auch die oft ganz erheblichen Unter- ſchiede erklären, die für Erlenbeſtände hervortreten. Man ſollte auch bei dieſen die Wirkung ſich anſammelnder humoſer Stoffe nicht unter- ſchätzen, welche bei ihrer Fäulniß viel Sauerſtoff verbrauchen und reducirend wirken. In Senken iſt öfter Grundwaſſer in erreichbarer Tiefe und dann öfter ſtagnirend vorhanden, von dem die benachbarten höheren Lagen frei ſind. Solche Stellen leiden, namentlich in feuchten Jahren, durch Uebermaß von Feuchtigkeit, ſowie durch langſames Erwärmen und da— mit verſpätetes Erwachen der Vegetation. Man bezeichnet ſie als Naßgallen. Die Bedeutung der Bodenfeuchtigkeit iſt eine große, ſie kann zum entſcheidenden Bedingung der Fruchtbarkeit eines Bodens werden bei flachgründigen Bodenarten, ſowie bei Sandböden mit für die Pflanzen— wurzel erreichbarem Grundwaſſerſpiegel; in vielen anderen Fällen tritt ſie gegenüber anderen Eigenſchaften des Bodens zurück. s 87. 4. Die Durchlüftung des Bodens. Zu den Eigenſchaften eines Bodens, welche ſchwierig einer ex— perimentellen Prüfung zu unterziehen ſind, die aber große Wichtigkeit für die Entwickelung der Bäume haben, gehört die genügende Durch— lüftbarkeit. Nach Meinung des Verfaſſers wird dieſer noch nicht an— nähernd die Bedeutung beigelegt, welche ſie für die Vegetation hat. Es liegen einige experimentelle Unterſuchungen vor, ſo von Von— hauſen,“) der Drainröhren ſtrahlenförmig in den Boden legte und fand, daß die in der Nähe der inneren Oeffnung der Röhren erwachſenen Pflanzen weitaus am beſten entwickelt waren. Es iſt jedoch bei dem Verſuch nicht hinreichend erwieſen, ob nicht andere Einflüſſe (Temperatur, Feuchtigkeit und dergleichen) mitgewirkt haben. Ein großer Theil der landwirthſchaftlichen Kulturarbeiten befördert die Durchlüftung des Bodens im hohen Grade. Die Bedeutung der Krümelſtruktur der Böden für die Pflanzenentwickelung läßt ſich über— haupt gar nicht verſtehen, wenn man die Durchlüftung des Bodens Forſtliche Blätter. Neue Folge VI, 1877, S. 361. SS 87, 88.] Durchlüftung. Mineralſtoffgehalt der Böden. 347 nicht mit in erſte Reihe ſtellt. Auch für den Waldboden und die Ent— wickelung der Waldbäume iſt ſie von größter Wichtigkeit. Worin die Wirkung der Durchlüftung beſteht, läßt ſich ſchwer ſagen. Die bisher vorliegenden Unterſuchungen der Bodenluft haben keinen ſo großen Mindergehalt an Sauerſtoff ergeben, daß anzunehmen iſt, daß der Mangel an dieſem ſchädigend wirken muß. Wohl aber läßt ſich aus den Ebermayer'ſchen Beobachtungen die Thatſache ableiten, daß ein Buchenbeſtand, alſo diejenige Holzart, welche nach langen Er— fahrungen als die am meiſten „bodenverbeſſernde“ gilt, eine hochgradige Steigerung der Durchlüftung herbeiführt (vergleiche Seite 265). Es iſt anzunehmen, daß alle ſtark bewurzelten Bäume in ähnlicher Weiſe einwirken. Die oft beobachtete Thatſache, daß ein Waldbeſtand ſchwere Bodenarten lockert, findet damit zum Theil ihre Erklärung. s 88. 5. Mineralitoffgehalt der Böden. Die Bedeutung der Mineralſtoffe im Boden iſt je nach der Boden— art eine verſchiedene. Die zahlreichen Unterſuchungen der Moorböden haben über— einſtimmend erwieſen, daß ihre Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit überwiegend von ihrem Gehalt an Pflanzennährſtoffen abhängig iſt. Für ſolche Böden iſt der Mineralſtoffgehalt in der Regel das beſtimmende Moment für die Bodenfruchtbarkeit. Natürlich machen ſich auch andere Bedingungen geltend, treten aber immerhin zurück. Für Sandböden gilt ähnliches, wenn auch nicht in ſo ausge— ſprochenem Maße. Für pflanzenphyſiologiſche Verſuche verdrängt die Sandkultur, d. h. die Erziehung der Pflanzen in einem an aufnehm- baren Stoffen faſt freiem Quarzſande und unter Zuſatz von Nährſtoffen, die früher allein gebräuchliche Waſſerkultur immer mehr. Die oft in großer Mächtigkeit, ſehr gleicher Korngröße und über weite Strecken verbreiteten Sande (im Diluvium, Tertiär) ſind mit großen „Sand— kulturen“ zu vergleichen, welche die Natur ſelbſt geſchaffen hat. Für die Diluvialſande geben die Unterſuchungen von Schütze“ guten Anhalt. Schütze kam damals zur Ueberzeugung, daß der Gehalt an Phosphorſäure ein Maßſtab für die Fruchtbarkeit der Sandböden ſei. Zweifellos ſpielt dieſer wichtige und nur ſparſam vorhandene Nährſtoff eine Hauptrolle. Anderſeits ſcheint beiſpielsweiſe das Auftreten der Buche an einen ausreichenden Kalkgehalt des Boden gebunden zu ſein. Die Arbeiten über dieſen Gegenſtand ſind noch nicht weit genug ge— fördert, ſie müſſen ſich naturgemäß auf ſehr zahlreiche Analyſen ſtützen, um endgültige Schlüſſe zu ermöglichen, außer Zweifel ſcheint aber zu ) Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen I, S. 500 und III, ©. 367. 348 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. T 88. un D ſtehen, daß für die diluvialen Sandböden der Mineralſtoff— gehalt der zumeiſt beſtimmende Faktor der Fruchtbarkeit iſt.“ Im Folgenden ſind die durchſchnittlichen Gehalte der Diluvial— ſande (Umgegend von Eberswalde) nach Schütze zuſammengeſtellt; die römiſchen Ziffern bedeuten die Ertragsklaſſe für Kiefer nach Weiſe Die Zahlen ſind aus je drei bis vier Einzelbeſtimmungen ermittelt und beziehen ſich auf die in kochender Salzſäure löslichen Mengen von Kalk, Magneſia und Kali, ſowie auf den Geſammtgehalt an Phosphor— ſäure und humoſen Stoffen. Löslich in kochender Salzſäure en aa Re Phosphor⸗ Ertrags— Kalk Magneſia Kali ſäure Humus klaſſe 10 9% 9% 1 5 I 1,8876 0,0484 0,0457 0,0501 0,892 II 0,1622 0,0716 0,0632 0,0569 0,555 II/III 0,1224 0,0981 0,1235 0,0464 1,401 III 0,0963 0,0800 0,0392 0,0388 1,825 IV 0,0270 0,0505 0,0241 0,0299 1,524 V 0,0453 0,0438 0,0215 0,0236 1,429 Unverkennbar tritt der Zuſammenhang zwiſchen Ertragsfähigkeit und Mineralſtoffgehalt hervor. Für die meiſten Verwitterungsböden fehlen noch genügende Unter— ſuchungen und zumal ſolche, welche zugleich das forſtliche Verhalten berückſichtigen. Für eine ganze Anzahl wird der Mineralſtoffgehalt eine beſtimmende Rolle ſpielen, für andere gegenüber den ſonſtigen Bedingungen der Pflanzenproduktion ſtark zurück— treten. Es gilt das letztere jo ziemlich für alle Lehmbodenarten, wenn unter dieſen natürlich auch einmal einer vorkommen kann, in dem ein Pflanzennährſtoff in verſchwindenden Mengen vorhanden iſt und da— durch beſondere Bedeutung erlangt. Für die Diluvialmergel und ihre Verwitterungsprodukte, die diluvialen Lehmböden, iſt das Zurücktreten der Bedeutung der mineraliſchen Nährſtoffe vom Verfaſſer nachgewieſen,“) für ähnliche Verwitterungsböden läßt es ſich nach den vorliegenden Analyſen erwarten. Man darf dabei nicht vergeſſen, daß die Waldbäume ihre Wurzeln in einem viel weiteren Bodenraume verbreiten, als es die Feldfrüchte vermögen und daß ihre lange Umtriebszeit ihnen allmählich Nährſtoffe zugänglich macht, welche einjährigen Gewächſen unerreichbar bleiben. Man hat vielfach nachſchaffende und nicht nachſchaffende Böden unterſchieden, und unter den erſteren ſolche verſtanden, die Man vergleiche über Bodenanalyſe und ihre Bedeutung § 56. Waldſtreu, S. 83 und Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1891, S. 526. SS 88, 89.] Der Humus. 349 durch Verwitterung noch dauernd Zufuhr an Nährſtoffen erhalten, aljo vorwiegend die Verwitterungsböden anſtehender Geſteine darunter be— griffen. Thatſächlich iſt jeder Boden mehr oder weniger nachſchaffend; dieſelben Geſetze, nach welchen z. B. die Verwitterung eines Quader— ſandſteins erfolgt, beherrſchen auch die loſen Sande.) Immerhin iſt es wichtig und nothwendig, ſich über den größeren oder geringeren Reichthum eines Bodens an noch unverwitterten Silikaten zu unterrichten. Geben ſie doch ein Bild davon, was dauernd von ſolchen Böden zu erwarten iſt (3. B. die aus faſt reinem Milchquarz beſtehenden Tertiär— ſande im Vergleich mit den feldſpathreichen Diluvialſanden). § 89. 6. Der Humus. Die Bedeutung der humoſen Stoffe im Boden iſt je nach Boden— art und noch mehr nach der Art der Humusvertheilung eine verſchiedene. Die Wirkung des Humus iſt eine überwiegend phyſikaliſche, exit in zweiter Reihe kommt der Gehalt desſelben an Pflanzennährſtoffen und die Bildung von Kohlenſäure bei der Verweſung in Frage. Feſte Bodenarten werden durch Humusbeimiſchung ge— lockert, loſe (Sandböden) durch ſie bindiger gemacht, in beiden Fällen wird die Krümelung gefördert. Dieſe Wirkung tritt aber nur dann hervor, wenn der Mineralboden mit den humoſen Theilen gemiſcht iſt, nicht wenn ihn eine humoſe Schicht überlagert. Eine ſolche kann nur, wie jede Bodendecke, ab— ſchwächend auf die Extreme der Temperatur wirken und dem unter— liegenden Boden einen Schutz gegen mechaniſche Veränderungen (Ver— dichtung durch fallenden Regen) bieten, endlich durch die bei ihrer Verweſung zugänglich werdenden Mineralſtoffe Bedeutung erlangen. Alle dieſe Bedingungen machen ſich jedoch nur bis zu einer beſtimmten Mächtigkeit der Humusdecke günſtig bemerkbar, darüber hinaus und überhaupt bei dichter Lagerung der Humustheile überwiegen die un— günſtigen Einflüſſe. Mit dem Mineralboden gemiſchter, locker vertheilter Humus iſt daher für jeden Boden vortheilhaft. Dickere auf— lagernde Humusſchichten ſind unnütz oder direkt ſchädlich für den Boden. Da die Schnelligkeit der Zerſetzung des Humus (Seite 219 u. folg.) von den Bedingungen, welche die Verweſung beſchleunigen oder zurück— halten, abhängig iſt, und dieſe ihre höchſte Leiſtung in genügend ge— geſchloſſenen Beſtänden und in lockeren, gut durchlüfteten Böden ) Man vergleiche Ramann, Die Verwitterung diluvialer Sande, im Jahr: buch der geologiſchen Landesanſtalt Preußens 1884. geolog 350 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. Is 89. entfalten können, ſo ergiebt ſich hieraus, daß die beſten Waldböden in der Regel arm an humoſen Stoffen ſind. Selbſt in Buchen- beſtänden findet ſich bei vollkommenſter Entwickelung eine loſe Laub- decke, der Abfall des letzten und theilweiſe des vorletzten Jahres, auf einem humusarmen Boden. Hierauf beruht z. B. auch die Angabe Grebe's,“) daß „die Güte des vorhandenen Humus meiſt im umge- kehrten Verhältniß zu deſſen Menge ſteht“. . Die oben angeführten Analyſen Schütze's beweiſen dasſelbe für die Kiefernböden der Umgegend von Eberswalde. Böden der I. Ertragsklaſſe enthalten 0,892 % Humus 5 1 IX. > = 0,555 „ e r W l 15 5 1,401 „ . 1 II. 5 1 1,825 „ 7 5 N 5 7 1,524 „ 8 10 5 V. 5 hy 1,429 „ „ Natürlich kann auch auf vorzüglichen Böden eine Anreicherung an humoſen Stoffen auftreten, und können dieſe ſich in lockerem, krüm— ligem Zuſtande oft in erheblicher Menge anſammeln ohne die Boden— güte herabzudrücken. Es kann dies z. B. in der Nähe von fließendem Waſſer, ſodann im Hochgebirge ſtattfinden; im Allgemeinen kann man aber einen hohen Gehalt an Humus nicht als ein Zeichen der Boden— güte betrachten; auflagernde dichte Humusſchichten ſind immer als ein Zeichen des Bodenrückganges anzuſehen. Alle Angaben über die Vortheile des Humus für den Boden beziehen ſich daher auf die Miſchung desſelben mit den mineraliſchen Beſtandtheilen des Bodens. Humusbeimiſchungen beeinfluſſen außer der Krümelung noch be— ſonders den Waſſergehalt des Bodens. Vergleichende Unterſuchungen des Verfaſſers “*) ergaben in Waldböden einen höheren Waſſergehalt der humoſen Schicht, wenn auch eine direkte Abhängigkeit vom Humus— gehalt nicht nachzuweiſen war. Durch die Anreicherung an Feuchtigkeit in den oberſten Bodenſchichten wirkt der Humus zugleich auf die Boden— temperatur ein, die Erwärmung erfolgt langſamer als in humusfreien Schichten, dem entſprechend iſt aber auch die Ausſtrahlung geringer und die Temperatur eine gleichmäßigere. Die humoſen Stoffe liefern bei ihrer Zerſetzung Kohlenſäure und bilden die Hauptquelle derſelben für den Boden. Es wird hierdurch die Verwitterung gefördert; daß jedoch bei ſtreufreien Böden andere ) Bodenkunde, III. Aufl., S. 176. Man vergleiche auch die treffenden, klaren Ausführungen Grebe's gegenüber der jetzt vielfach herrſchenden kritikloſen Humus⸗ ſchwärmerei. ) Forſchungen der Agrikulturphyſik, Bd. XI, S. 299. § 89. Der Humus. 304 Bedingungen, wie geſteigerte Waſſerzufuhr, ſtärkere Erwärmung und dergleichen überwiegen, haben die Unterſuchungen des Verfaſſers dar— gethan.) Kann auch durch lange fortgeſetzte Streuentnahme der Humusgehalt des Bodens ſinken, ſo iſt doch unter normalen Verhält— niſſen, d. h. einer nicht übermäßig geſteigerten Streunutzung, im Boden ein Mangel an Kohlenſäure nicht zu erwarten. Ebermayer, welcher auf dieſen Punkt großes Gewicht legt,“) zeigt ſelbſt, daß 3. B. die Bodenluft in einem Buchenbeſtande kaum halb jo viel Kohlenſäure ent— hält, wie in einem Fichtenbeſtand. Will man den Gehalt an dieſem Stoffe als Maßſtab der „Bodenkraft“ benutzen, wie es Ebermayer vorſchlägt, ſo müßte folgerichtig derſelbe Boden unter Buchen um die Hälfte ſchlechter geworden ſein als unter Fichten. Das ganze Ver— halten der Kohlenſäure im Boden, die Abhängigkeit ihrer Menge von der Temperatur und Bodenbedeckung, ſowie von der Dichtigkeit und Lagerung des Bodens läßt es von vorn herein ſehr zweifelhaft er— ſcheinen, einen Maßſtab der Bodenkraft darauf zu gründen; auch die Beſchränkung auf nackte Böden (nach Ebermayer, vergleiche Seite 14) kann hieran nichts ändern. Bei gleichen Böden kann allenfalls das mehr oder weniger an Kohlenſäure ein Maß für die Durchlüftung, aber auch dies nur in beſchränkter Weiſe ſein; es würde dann aber genau das Umgekehrte anzunehmen ſein, was Ebermayer will, ein hoher Gehalt wäre als ungünſtig anzuſprechen. Die Menge der humoſen Stoffe im Boden iſt eine ſehr wechſelnde und tritt z. B. in Lehmböden lange nicht ſo bemerkbar hervor wie in Sandböden. Man unterſcheidet nach dem äußeren Eindruck ſchwach, mäßig, ſtark humos und humusreich. Eine auf genaue Beſtim— mungen geſtützte Eintheilung hat Knop gegeben.“) Er unterſcheidet: bis 3% ũ .. humusarm 3— 5, „ humushaltig 5 — 10 „ . humos 1, hum veich über 15 „ . humusüberreich. Dieſe Zahlen beziehen ſich jedoch nur auf ſchwerere Bodenarten. Ein Sandboden mit 10% Humus trägt ſchon überwiegend den Cha— rakter eines Humusbodens. Faſt alle Waldböden die zumeiſt etwa 1-3 % Humus enthalten, würden hiernach zu den „humusarmen“ Böden gehören. Boden, welcher freigeſtellt iſt, verliert durch die ſtärkere Erwär— mung und die dadurch beſchleunigte Verweſung an Humus, er hagert ) Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1883, Decemberheft. ) Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1890, S. 168. ) Kreislauf des Stoffes. Leipzig 1868. 352 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. [SS 89, 90. aus. Zugleich aber treten dichteres Zuſammenlagern der Bodenkörner, Austrocknen der oberſten Bodenſchicht und dergleichen ungünſtige Ein— wirkungen mehr ein, welche den Beſtand und die Produktionsfähigkeit des Bodens ſchädigen. Die Aushagerung und ihre ungünſtigen Folgen ſind daher nicht ausſchließlich auf den Humusverluſt zurück zu führen, wenngleich dieſer als die augenfälligſte Thatſache zumeiſt verantwortlich gemacht wird. 5 Ueberblickt man die Bedeutung des Humus für den Boden, zumal den Waldboden, ſo iſt die günſtige Wirkung desſelben nach den ver— ſchiedenſten Richtungen unverkennbar. Maßgebend für die Fruchtbar— keit wird er wohl aber nur jelten.*) Mit vollem Recht legt der Forſtmann einem entſprechenden Humusgehalt des Bodens großen Werth bei, und bevorzugt alle Maßnahmen, denſelben zu befördern, als eine der wenigen Einwirkungen, welche im forſtlichen Betriebe möglich ſind; zu Unrecht aber erfolgt das Gleichſtellen aller humoſen Bodendecken und das Verkennen, daß ein ganz gewaltiger Unterſchied darin beſteht, ob die Mineraltheile des Bodens mit den humoſen Stoffen gemiſcht ſind, oder dieſe als Decke auflagern. S 90. 7. Phyſikaliſche Eigenſchaften. Die verſchiedenen phyſikaliſchen Eigenſchaften der Böden beeinfluſſen die Vegetation im hohen Grade. Das ganze Verhalten gegen Waſſer und Temperatur iſt davon überwiegend abhängig, ebenſo die Durch— lüftbarkeit und das leichtere oder ſchwerere Eindringen der Wurzeln. Für viele Bodenarten werden die phyſikaliſchen Eigenſchaften zu den maßgebenden für die Bodengüte. Am einſchneidenſten und für alle Bodenarten gleichmäßig gültig iſt der Unterſchied zwiſchen der Lagerung in Krümel- und Einzel- kornſtruktur. Die Krümelſtruktur erleichtert das Eindringen des Waſſers, bewahrt die feinkörnigen und ſehr humoſen Bodenarten vor Uebermaß an Waſſer und ſetzt die Verdunſtung erheblich herab. Die Menge des Waſſers wird daher für die Vegetation günſtig beeinflußt. In ähnlicher Weiſe wird die Durchlüftung geſteigert. (Vergleiche hierüber die phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens Seite 52 — 113.) In der Krümelung des Bodens und ihrer Einwirkung auf die verſchiedenen Bedingungen der Pfanzenentwickelung hat man daher die wichtigſte phyſikaliſche Eigenſchaft guter Bodenarten zu ſehen. Von Bedeutung iſt, daß die Wurzelverbreitung, oder wenigſtens die Hauptmaſſe der Wurzeln immer mit der Tiefe der gekrümelten — * Vergleiche auch S. 27 S 90.] Phyſikaliſche Eigenſchaften des Bodens. 353 Schicht parallel geht. Schon bei Bodeneinſchlägen iſt dies zu be— obachten. Ganz überraſchend ſcharf tritt es aber hervor, wenn durch Wegbauten und dergleichen der Wurzelbodenraum eines Baumes durch— ſchnitten iſt und Wind und Waſſer allmählich die Wurzeln bloßlegen. Die Mächtigkeit des gekrümelten Bodens iſt ſehr verſchieden und kann in weiten Grenzen ſchwanken. In der Regel iſt ſie auf tief— gründigem Boden auch eine ſtärkere, als auf flachgründigem. Mit der Krümelung in naher Beziehung ſteht die Bindigkeit der Bodenarten. Je mehr dieſe eine mittlere Stärke hat, um ſo leichter erhält ſich die Krümelſtruktur. Sehr loſe (Sand) ſowie ſehr zähe Bodenarten (Thon) erlangen ſie am ſchwierigſten und verlieren ſie bei ungünſtigen Einwirkungen am leichteſten. Deshalb ſind ſchwere Thonböden (die meiſten Verwitterungsböden der Kalkgeſteine gehören ebenfalls hierher) und loſe Sandböden am empfindlichſten gegen Frei— ſtellung. Die Wirkung der Aushagerung beſteht, wie erwähnt, über— wiegend in einer Zerſtörung der Krümelſtruktur. Die landwirthſchaftliche Bodenbearbeitung befördert durch mecha— niſche Umlagerung die Krümelung; dem Forſtwirth ſtehen die gleichen Mittel nicht oder nur in ganz beſchränktem Maße zur Verfügung, er hat demnach alles zu unterſtützen, was die Krümelbildung fördern und alles thunlichſt zu verhindern, was ſie ſtören kann. Hierzu gehört ein gleichmäßiger Schluß der Waldungen und Erhaltung der Bodendecke, endlich Vorſorge gegen die Bildung, beziehungsweiſe Entfernung bereits vorhandener Rohhumusſchichten. Die Bindigkeit der Bodenarten, ſoweit ſie nicht durch Krümel— bildung verändert iſt, kann oft die Kulturfähigkeit eines Bodens ſtark beeinfluſſen. Extreme ſind hierin die zähen, faſt ertragloſen Thone 3. B. Tertiärthone) und die flüchtigen Sande, wie ſie in den Dünen am ausgeſprochenſten vorliegen. Die Praxis unterſcheidet die Bodenarten nach ihren Kohäſions— verhältniſſen als: feſt (3. B. zäher Thon oder Letten); der Boden bekommt beim Austrocknen tiefe Riſſe und bildet dann feſte, ſteinharte Stücke, die nur ſchwer zu zerkleinern ſind; ſtreng (auch ſchwer); reißt beim Austrocknen und bildet dichte Stücke, die mit der Hand nur ſchwer zu zerkrümeln ſind (3. B. thon— reiche Lehmböden, Kalkmergelböden); mürbe (mild); beim Austrocknen bilden ſich nur wenig Riſſe, die Stücke ſind mit der Hand leicht zu zerkrümeln (3. B. Lehm und ſandige Lehmböden); locker; der Boden läßt ſich in feuchtem Zuſtande noch ballen, zer- fällt getrocknet aber ſchon bei mäßigem Druck (lehmiger Sand, humoſe Sandböden); Ramann. 23 354 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. "8.90. (oje; Böden ſehr geringer Bindigkeit, die ſelbſt angefeuchtet feinen innigeren Zuſammenhang haben und getrocknet zerfallen (Sandböden); flüchtig; Böden ohne merklichen Zuſammenhang; der Bodendecke beraubt, treiben ſie vor dem Winde. Zwiſchen dieſen verſchiedenen Kohärescenzgraden, welche die Praxis unterſcheidet und deren Angabe ſofort viele Eigenſchaften des Bodens erkennen läßt, finden ſich zahlreiche Uebergänge. Es kann z. B. ein Flugſand durch Bindung zum loſen Sandboden werden oder ein ſolcher durch Beimiſchung reichlicher humoſer Stoffe in einen lockeren Boden übergehen. Steine im Boden. Die Beimiſchung von Steinen iſt, zumal auf flachgründigeren Ber- witterungsböden, oft ſehr erheblich und beeinflußt die Eigenſchaften des Bodens im günſtigen oder ungünſtigen Sinne. Je nach Größe und Form der Steine unterſcheidet man: Steinblöcke, über 25 em Durchmeſſer; Steinbrocken, etwa 5— 25 em Durchmeſſer, zumeiſt nur für Bruchſtücke anſtehender Felsarten gebraucht, ſonſt auch ſchlecht⸗ hin als Steine bezeichnet; Gruß, die eckigen, leichter zerſetzbaren Bruchſtücke des Grund— geſteines (3. B. Granitgruß); Grand, abgerundete Steinſtücke; in etwas feinkörnigerem Zu— ſtande als Kies bezeichnet. Die Einwirkung der Steine auf die Bodeneigenſchaften iſt ferner noch von deren Form abhängig. Gerundete oder ganz unregel— mäßig eckige Bruchſtücke können ſich nicht ſo dicht zuſammenlagern, wie würfelige (die z. B. bei manchen Felſitporphyren vorkommen) oder die flachen, ſchieferigen der Schiefergeſteine; das Eindringen der Wurzeln wird durch die letzteren oft ſehr erſchwert. Die Steine erwärmen ſich leichter als der feinkörnige Erd— boden und ſetzen dem Eindringen des Waſſers einen mäßigen, der Verdunſtung einen erheblichen Widerſtand entgegen. Je nach den Eigenſchaften des Bodens und nach der Lage werden daher die Steine, wenn ſie nicht in zu großer Menge vorkommen, günſtig oder ungünſtig einwirken. Im Gebirge wird durch Steine, zumal größere Bruchſtücke, die Abſchwemmung erſchwert, in kühlen Lagen erwärmt ſich der Boden leichter, ſehr feſte Böden werden durch Steine, wohl in Folge der ver- ſchiedenen Ausdehnung bei Temperaturwechſel, etwas gelockert. Alle leicht erwärmbaren Bodenarten, zumal Sand, ſowie flach⸗ gründige Kalkböden, verſchlechtern ſich jedoch durch Steinbeimiſchung SS 90, 91.] Korngröße. Bodenzuſtände. 355 erheblich. Hier iſt die verſtärkte Wärmeleitung von ungünſtigem Ein— fluß, und ſcheint die Verdunſtung hierdurch mehr erhöht zu werden, als der Verminderung der Waſſerleitung im Boden entſpricht. Je nach der Steinbeimiſchung unterſcheidet man: etwas, ziem— lich, ſehr ſteinig. Beſteht der Boden überwiegend aus Steinen mit wenig beigemiſchter Erde, ſo wird er zum Grand- oder Grußboden. Im Allgemeinen überſchätzt man bei oberflächlicher Betrachtung die Menge der beigemiſchten Steine, zumal in tiefgründigen Böden. Die Verwitterungsböden anſtehender Felsarten ſind meiſt von Bruchſtücken des Grundgeſteines, der erſten Verwitterungsſtufe derſelben, unterlagert, welche wie eine Drainage des Bodens wirken. Erdarme, flachgründige Stellen leiden dann leicht an Trockniß, thonreiche Böden werden aber entſprechend entwäſſert und in ihrer Fruchtbarkeit gefördert. Steine können daher, je nach den Umſtänden, den Bodenwerth erheblich herabſetzen oder ihn erhöhen. Im Allgemeinen kann man annehmen, daß das erſtere faſt immer im Flachlande, das letztere ſehr oft im Gebirge eintritt. Die Korngröße der Bodentheile. Die Korngröße der Bodentheile beeinflußt das Verhalten gegen Waſſer ganz überwiegend (vergleiche Seite 65 — 69), und wirkt ferner auf Temperatur und namentlich auf die Durchlüftung ein. Dieſe Ver— hältniſſe ſind eingehend in dem Abſchnitt über Bodenphyſik behandelt. s 91. 8. Bodenzuſtände. Außer den bisher behandelten Bodeneigenſchaften treten noch ſolche hinzu, welche durch die Pflanzendecke im günſtigen oder ungünſtigen Sinne bewirkt werden. Zu den erſteren gehört der normale Zuſtand gut beſtockter Waldböden, ſowie das Verhalten, was man als Em— pfänglichkeit des Bodens bezeichnet, zu den letzteren, welche man auch als abnorme Zuſtände bezeichnet, ſtarke Durchwurzelung des Bodens, ſowie Bedeckung mit einer nicht zum Walde gehörenden Unkrautdecke (Verangerung, Verheidung, Verwilderung und dergleichen). Hier ſollen nur die letzteren kurz berührt werden. Bodenaushagerung iſt kurz zu bezeichnen als Zerſtörung der Krümelſtruktur. Die Bodenaushagerung tritt ein, wenn die Boden— decke dauernd einer raſchen Zerſetzung unterliegt und der offene Boden durch die mechaniſche Kraft des Regens dicht zuſammengelagert wird. Derartige Verhältniſſe finden ſich zumal an den Weſträndern der Be— ſtände und in geringerem oder höherem Grade überall, wo die Sonne und der Wind freien Eintritt haben. Verangerung. Der Boden bedeckt ſich mit ſogenannten Anger— gräſern, kenntlich durch ihre ſchmalen, oft faſt haarförmigen Blätter 295 356 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. [S 91. und durch eine außerordentlich reiche, dicht ineinander greifende Ver— wurzelung ausgezeichnet. Am zahlreichſten treten folgende Gräſer auf: Aira flexuosa, Weingertneria canescens, Festuca ovina und duriuscula, Agrostis vulgaris und stolonifera, Nardus stricta. Der dichte Wurzelfilz dieſer Grasarten trocknet den Boden tief aus und verhindert das Eindringen des Regens erheblich. Selbſt nach lang dauernden Niederſchlägen findet man den unterliegenden Boden oft noch ſtaubtrocken. Die Verangerung findet ſich zumeiſt auf ärmeren, namentlich trockenen Bodenarten. Vergraſung iſt der Verangerung ganz ähnlich, nur daß es breit— blätterigere, anſpruchsvollere Gräſer ſind, welche auf kräftigerem, zumal feuchterem Boden ſich anſiedeln und bald herrſchend werden. Unter dieſen find beſonders hervorzuheben: Aira caespitosa, Pon nemoralis, Brachypodium silvaticum, Anthoxantum odoratum, Holcus lanatus, Milium effusum, Melica uniflora; ferner Luzula al- bida und Carexarten (digitata, caespitosa und andere). Alſo ſämmtlich Arten, welche auch ſonſt im Walde vorkommen und als Haingräſer bezeichnet werden. Die Vergraſung hindert ebenfalls die Entwickelung der jungen Baumpflanzen in hohem Grade, iſt aber, da ſie die beſſeren Lagen und Bodenarten trifft, weniger verderblich, wie die Verangerung. Beerkrautdecke, Heide. Beerkräuter und Heide ſind, ſo lange ſie im Mineralboden wurzeln und keinen Rohhumus gebildet haben, ohne großen Schaden für die Waldbäume. Sowie die Ablagerung des Rohhumus beginnt, gehören ſie zu dem ſchädlichſten und läſtigſten Unter— wuchs des Waldes. Beſonders die dichte Verwurzelung, welche ſich faſt nur in den humoſen Maſſen und auf der Oberfläche des Mineral- bodens ausbreitet, iſt für die Entwickelung der Baumpflanzen ungünſtig und der ſaure Rohhumus wirkt ſchädlich auf die Struktur und Zu— ſammenſetzung des Bodens ein. Preißelbeere gilt für ſchädlicher als die Heidelbeere, da letztere beſſere Böden bevorzugt und ihre Roh— e eee meiſt noch eine gewiſſe Lockerheit beſitzen und da— durch nicht ſo ſchädlich wirken, wie die dichten, torfartigen Bildungen der Preises oder der Heide. Bodenverwurzelung. Die Bodenverwurzelung wird von den Wurzeln des noch vorhandenen oder erſt abgetriebenen Waldbeſtandes gebildet. Am meiſten ſchaden Baumarten mit oberflächlichem Wurzel- ſyſtem wie die Fichte. Je nach Bodenart, Gründigkeit und Boden— bedeckung iſt die Verwurzelung des Bodens verſchieden ſtark, oder macht ſie ſich wenigſtens an der Oberfläche des Bodens mehr oder weniger bemerkbar. Böden mit Rohhumusbedeckung erzeugen am meiſten ober- flächlich ſtreichende Wurzeln. $ 92.] Bodenkraft. 357 s 92. 9. Bodenkraft. Als Bodenkraft kann man die Summe aller chemiſchen und phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens und ihre Be— ziehung zur Entwickelung der Pflanzen bezeichnen. Bodenkraft und Fruchtbarkeit ſind daher zwei einander ſehr nahe ſtehende Begriffe. Aus der Zuſammenſtellung der wichtigſten Bodeneigenſchaften er— giebt ſich, daß es einen allgemeinen, ſchlechthin gültigen Maß— ſtab für die Bodenkraft nicht giebt und überhaupt nicht geben kann. Die einzelnen Faktoren, welche auf das Ertragsvermögen der Böden einwirken, ſind ungleich vertheilt, bald überwiegt der eine, bald der andere, und es iſt Sache der Erfahrung, den Boden richtig anzu— ſprechen. Die Thatſache, daß ein bequemer Maßſtab für die Fruchtbarkeit, oder vielleicht beſſer für das Ertragsvermögen fehlt, hat oft genug zu ganz unberechtigten und abfälligen Urtheilen über die Grundlagen der Bodenkunde geführt. Wer aus der Zuſammenſtellung von Boden— beſchreibungen, wie ſie im forſtlichen Betrieb üblich ſind, deren Werth— loſigkeit ableitet, anſtatt zu verlangen, daß jene Bearbeitungen ſo aus— geführt ſein ſollten, daß wirklich ein Einblick möglich iſt, beweiſt damit nur, daß er ein Urtheil über dieſen Gegenſtand nicht beſitzt.“ Als Hauptfaktoren der Bodenkraft ſind anzuſprechen: Gehalt an hinreichenden Mineralſtoffen, günſtige phyſikaliſche Verhält— niſſe, insbeſondere Krümelung und Gründigkeit des Bodens, Feuchtigkeit und Gehalt an humoſen Stoffen. Dieſe Bedingungen können ſich bis zu einem gewiſſen Grade gegen— ſeitig ausgleichen. Ein reicher Baſalt kann z. B. bei ſehr flachgründigem Boden und geringem Humusgehalt noch immer vorzüglichen Wald— beſtand tragen. Einen äußeren und leicht erkennbaren Maßſtab der Bodenkraft giebt der Wald und die Bodenflora, wenn ſie auch einem kundigen Beobachter nicht mehr, in der Regel aber viel weniger zeigen, als ihm ein Boden— einſchag mit Berückſichtigung der Lage und der klimatiſchen Verhält— niſſe lehrt. Der Zuſtand des Waldes giebt immer ein Bild der gegenwärtigen Verhältniſſe; erſt die Berückſichtigung des Bodens läßt aber erkennen, was für die Zukunft zu erwarten iſt und welche Schwierigkeiten 3. B. bei der Verjüngung entgegen ſtehen werden. Je länger ein Boden bereits mit Wald beſtanden geweſen iſt und je mehr ſich der Beſtand ) Man vergleiche hierüber Forſtwiſſenſchaftliches Centralblatt III, S. 273, wo die verſchiedenen Bodeneigenſchaften ſchematiſch zuſammengeſtellt ſind, was jelbjt- verſtändlich zu keinem brauchbaren Vergleiche führen kann. 358 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. [S 92. normal entwickelt hat, um ſo mehr wird er der „Bodenkraft“ ent— ſprechen, d. h. ſich in der Entwickelung und dem Grad der Vollkommen— heit befinden, wie ſie den lokalen Verhältniſſen entſprechen. Naturgemäß wird dies in dem von Menſchenhand unberührten Walde, im Urwalde, am meiſten der Fall ſein. Die Schilderungen des Urwaldes, wie ſie uns vorliegen, geben im Ganzen ein forſtlich wenig erfreuliches Bild. Einzelne außergewöhn⸗ lich ſtarke Stämme, umgeben von einer großen Anzahl minderwerthigem Material. Nur auf Bodenarten, welche in alten Kulturländern bereits längſt dem Ackerbau zugefallen ſind, erhebt ſich die „Pracht des Ur— waldes“, die großartige Entwickelung der Baumrieſen. Auf ſolchen Böden ſind aber unſere Beſtände auch nicht ſchlechter, man läßt ſie nur nicht mehr ſo alt werden als früher. Auf ärmeren Bodenarten hat der Urwald wohl ungleichmäßiger aber nicht beſſer ausgeſehen als die heutigen Beſtände. Es iſt ſehr bedauerlich, daß nicht in der Tuchler Heide oder an einem ähnlichen Orte ein „Stück Urwald“ erhalten ge— blieben iſt, die Begeiſterung für dieſe Beſtandsform, die jetzt vielfach herrſcht, würde dadurch wohl ein bischen abgekühlt werden. Ihatjäch- lich ſind auf der ſkandinaviſchen Halbinſel, in Finnland, in Rußland noch Waldungen vorhanden, welche überwiegend den Charakter des Urwaldes tragen, ebenſo in Nordamerika und überall tritt dieſelbe Erſcheinung auf wie bei uns, die Abhängigkeit des Beſtandes vom Bodenwerth. Geringe Böden tragen auch im Urwald ſchlechte Beſtände. Nur zu ſehr wird eben vergeſſen, daß die Schilderungen, welche uns zukommen, naturgemäß die günſtigen, nicht die ungünſtigen Verhältniſſe betreffen.“) Zweifellos vermag ein Waldbeſtand auch einen armen Boden zu „verbeſſern“, d. h. durch Abfall der Streu die obere Bodenſchicht an Mineralſtoffen anzureichern und durch den Schutz der Streudecke die mechaniſche Krümelung des Bodens zu erhalten. Es wird dies aber immer nur bis zu einem gewiſſen Grade möglich ſein, die auswaſchende Wirkung der Niederſchläge wirkt dem entgegen, und es bildet ſich all— mählich ein Gleichgewichtszuſtand heraus. Eine Aenderung tritt aber ſofort ein, wenn Rohhumusbildung ſtattfindet. Sind doch die Moore der Hochgebirge wie des Flachlandes ſowie große Heidegebiete ohne Zuthun des Menſchen entſtanden und bedecken Flächen, die dereinſt mit Wald beſtanden waren. Noch jetzt läßt ſich das Weiterſchreiten des Vorganges in allen Uebergangszuſtänden verfolgen. Ein Rückgang unſerer Wälder, der vielfach angenommen ) Ludloff (eitivt nach Mayr, Waldungen von Nordamerika, S. 134) jagt nach einer Beſchreibung des auf günſtigem Boden ſtockenden Urwalds: „Auf magerem iſt das anders, und in ſolchen Gegenden exiſtirt kein weſentlicher Unter⸗ ſchied zwiſchen den amerikaniſchen und den deutſchen Wäldern.“ S 92.] Die Bodenfraft. 359 wird, kann daher dort ſtatthaben, wo übermäßige Streu-, Gras- und ähnliche Nebennutzungen ſtattfinden oder wo die Bodendecke ſich un— günſtig verändert. Wie weit dies wirklich der Fall iſt, läßt ſich ſchwer und nur lokal entſcheiden; im Allgemeinen ſind wohl dahin gehende Behauptungen übertrieben. Nach einem der Hauptfaktoren der Fruchtbarkeit, dem Gehalt an Pflanzennährſtoffen, ſpricht man von mineraliſch kräftigen oder reichen und unkräftigen oder mageren, armen Bodenarten. Die wichtigſten vorkommenden Böden kann man nach ihrem durch— ſchnittlichen Verhalten in folgende Reihe bringen:“ 1. Sehr kräftige Böden bilden: Die baſiſchen Eruptivgeſteine: Baſalt, Diabas, Me— laphyr und ihre Tuffe; leicht zerſetzbare Felſitporphyre; Kalkgeſteine mit reichlichem Thongehalt; leicht zerſetzbare Thonſchiefer; Aue- und Marſchböden. 2. Kräftige Böden bilden: Die leicht verwitternden Abänderungen von Granit, Gneiß und Felſitporphyr, Syenit; bindemittelreiche nicht quarzitiſche Sandſteine: Grauwacke, Lias- und Keuperſand, manche Buntſand— ſteine; Lettenſchichten der Trias; Diluvialmergel und der daraus hervorgehende Lehm. 3. Mäßig kräftige Bodenarten bilden: Schwerer verwitternde Granite und Gneiße; Magneſiaglimmerſchiefer; bindemittelärmere nicht quarzitiſche Sande: die meiſten Sandſteine, Grauwacken; ſchwerer verwitternde Thonſchiefer. 4. Schwache Bodenarten bilden: Sämmtliche ſchwer verwitternde Silikatgeſteine: manche Granite, Gneiße, Felſitporphyre; Kaliglimmerſchiefer; Sandſteine mit quarzigem Bindemittel; Sande: Diluvialſand; viele Konglomerate: Rothliegendes, Grauwacke. 5. Magere (arme) Bodenarten bilden: Sehr ſchwer verwitternde Geſteine, z. B. manche Quarzporphyre, Grauwacken, Rothliegendes; Weſentlich nach Grebe, Gebirgs- und Bodenkunde. 360 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. S5 92—94. bindemittelarme oder ſtark quarzitiſche Sandſteine: Abänderungen der Grauwacke, des Quaderſandſteines. Heide- und Flugſand, Dünenſande; tertiärer Sand; Geſchiebe und Geröllablagerungen; thonarme Kalkgeſteine; zähe Thone und Letten. s 93. 10. Bodenthätigkeit. Die Bedingungen, welche die Zerſetzung und Verweſung der orga— niſchen Abfallreſte beſtimmen, ſind in verſchiedenen Böden in wechſelnder Weiſe vorhanden. In allen Bodenarten, welche ſehr viel Waſſer ent— halten, oder arm an mineraliſchen löslichen Stoffen, zumal an Kalk ſind, wird die Verweſung verlangſamt, in allen mit mittlerem Waſſer— gehalt verſehenen, kalkreichen und ſich raſch erwärmenden Böden wird ſie beſchleunigt werden. Dieſen Einfluß des Bodens auf die Verweſung der organiſchen Stoffe bezeichnet man als ſeine Thätigkeit. Je nach dem Maße derſelben unterſcheidet man: unthätige oder träge Böden, z. B. Thonböden; thätige, z. B. Kalk-, Baſalt-, viele Sandböden; zehrende (auch wohl hitzige) Böden, z. B. manche Sand- und Kalkböden. Es iſt klar, daß die Thätigkeit des Bodens von klimatiſchen Ver— hältniſſen ſtark beeinflußt wird und daß z. B. ein Boden, der im Tief— lande zu den mäßig thätigen gehört, im Hochgebirge zu den unthätigen gerechnet werden muß. s 94. 11. Bodenflora und bodenbeſtimmende Pflanzen. Die Waldbäume in ihrem Vorkommen und ihrer Entwickelung geben einen Maßſtab der Bodenfruchtbarkeit. Die Darlegung dieſes Zuſammenhanges iſt Sache des Waldbaues. Ein vorzügliches Hülfsmittel, ſich über die Beſchaffenheit des Bodens zu unterrichten, bietet die niedere Pflanzendecke. Muß man auch an- nehmen, daß die meiſten Pflanzenarten auf den verſchiedenſten Böden zu gedeihen vermögen, wenn nur die Konkurrenz anderer Pflanzen fern gehalten wird, ſo iſt dieſe Bedingung in der Natur doch nicht erfüllt, und wird ſich die Bodenflora weſentlich aus den Arten zuſammen— ſetzen, für deren Entwickelung die gegebenen Bedingungen am vortheil— hafteſten ſind. Nicht das Vorkommen der einen oder anderen Art iſt entſcheidend, ſondern der Geſammtcharakter der be— treffenden Pflanzenformation. „ $ 94.] Bodenflora und bodenbejtimmende Pflanzen. 361 Auf die Zuſammenſetzung der Flora wirken ein: Die chemiſche Zuſammenſetzung des Bodens, die phyſikaliſchen Eigenſchaften desſelben, insbeſondere der Waſſergehalt, vorhandener an— derer Pflanzenbeſtand, insbeſondere der Wald. a) Bodenflora der Waldbeſtände. Im Schatten und Schutze des Waldes entwickeln ſich beſtimmte Pflanzenarten ausſchließlich oder doch vorwiegend. Die Beſchattungs— und Wärmeverhältniſſe des Bodens ſind dabei vielfach entſcheidend. Im geſchloſſenen Buchenbeſtande findet ſich eine Vegetation, die bereits im Frühjahr, vor dem vollen Austreiben der Buchenblätter ihre Entwickelung im Weſentlichen abgeſchloſſen hat. Es gehört dahin: Asperula odorata, Anemone ranunculoides und nemorosa, Oxalis acetosella, Dentaria bulbifera, der Buchenfarren (Phegopteris Dryop- teris Fee), Asarum europaeum. Findet eine Auslichtung ſtatt, jo ſtellt ſich allmählich eine leichte „Begrünung“ des Bodens ein, es finden ſich namentlich Luzula pi- losa und albida, Festuca gigantea, Melica uniflora, Milium effusum, Mereurialis perennis, ſämmtlich Pflanzen, die auch im nicht zu dicht geſchloſſenen Walde vorkommen. Bei ſtärkerer Auslichtung treten weiche, hochſtämmige Kräuter hinzu, jo Senecio vernalis und Epilobium angustifolium, Stachys sylvatica, Circaea lutetiana, Impatiens, Aspidium felix mas und femina, Urtica dioica, die Erdbeere, hierauf wird oft die Himbeere herrſchend (zumal im Gebirge), um allmählich vom heranwachſenden Buchenaufſchlag oder von Gräſern verdrängt zu werden, von denen ſich zumal Alira caespitosa, Festuca gigantea, Luzulaarten, auch wohl auf trockenen Stellen Calamagrostis epigeios einfinden. Auf Lichtſchlägen findet ſich auf friſcheren Sandböden, außer den Senecio- und Epilobiumarten und die Erdbeere, namentlich noch ein Aira flexuosa (meidet Kalk), Agrostis stolonifera und vulgaris, Poa nemoralis, Holcus mollis und lanatus, ferner Gnaphaliumarten, Eri— geron canadensis. Auf Kalkböden herrſchen Brachypodium pinnatum, Dactylis glomerata, Koeleria cristata vor, erſt ſpäter folgen meiſt Festuca rubra und duriuscula, Carex praecox und muricata. Auf feuchten Stellen findet man überwiegend Carexarten.“) Sparſamer, aber immer noch verbreitet, finden ſich im Laubwalde Viola silvestris, Hypericum montanum, Epilobium montanum, Sanicula europaea, Galium silvaticum, Hieracium murorum, Phyteuma spica— tum, Pulmonaria officinalis, Galeobdolon luteum Huds., Neottia nidus avis, Polygonatum multiflorum, Convallaria majalis, Carex digitata ) Zuſammenſtellung nach Burckhardt, Aus dem Walde, V, S. 135 (Die Waldflora und ihre Wandlungen). 362 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. [S 9. und silvatica, Milium effusum, Bromus asper, Lycopodium anno- tinum, Aspidium Felix mas. Mercurialis perennis findet ſich oft noch nach Jahren auf Gebieten, die früher mit Buchenwald bedeckt waren. Luzula pilosa findet ſich namentlich in Miſchbeſtänden von Buche und Kiefer. Auf abgetriebenen Fichtenflächen erfolgt zunächſt ein allmäh- liches Abſterben der Mooſe, dann finden ſich Senecivarten, Epilobium angustifolium, Digitalis purpurea, Rumex acetosella, Carexarten, Galium saxatile, ſpäter verſchiedene Gräſer, oft auch Heidelbeere. Nach dem Abtrieb von Kiefernbeſtänden ſiedeln ſich Senecio— arten, Aira flexuosa, Agroſtisarten, oft aber auch Beerkräuter und zumal auf ärmeren Böden die Heide an. Nach Waldfeuern iſt oft das ausgedehnte Vorkommen einzelner Pflanzenarten auffällig, zumal Aspe, Birke, Spartium scoparium (auch Bärentraube iſt beobachtet) ſind häufig. Die genannten Pflanzenarten, welche auf Lichtſchlägen oft die ganze Fläche in kurzer Zeit bedecken, bezeichnet man als Schlagpflanzen, faſt alle finden ſich ſchon vor dem Abtriebe in einzelnen Exemplaren im Walde oder zeichnen ſich durch kleinen, leicht beweglichen Samen aus. b) Begrünung kahler Kalkberge. Für den allmählichen Gang der Begrünung kahler Kalkberge theilt Senft*) Beobachtungen mit. An den Hörſelbergen bei Eiſenach traten die Pflanzen in folgender Reihe auf: Flechten, Mooſe (Hyp- num sericeum und Barbula muralis), Festuca ovina, hierauf Koeleria eristata, Brachypodium pinnatum, Briza media und Melica eiliata. Dieſen folgten Ononis spinosa und repens, Helianthemum annuum, Origanum vulgare, Anthyllis vulneraria, Verbascum lych- nitis, ferner Viburnum Lantana, Weißdorn und Wachholder.**) Sit die Vegetationsdecke ſoweit gediehen, jo wird die Flora mannigfaltiger, allmählich finden ſich reichlicher Sträucher (Cornus sanguinea, Rham- nus, Cotoneaster vulgaris) ein, denen bald einige Baumarten (Sorbus Aria und torminalis, ſelbſt Buche) folgen. c) Die Bedeutung des Gehaltes an Mineralſtoffen im Boden für die ſpontane Bodenflora iſt vielfach ein Gegenſtand des Streites geweſen. Im Allgemeinen ſtehen die Floriſten, d. h. Botaniker, welche eine große Zahl verſchiedener Standorte kennen und geſehen haben, auf dem Standpunkt, der chemiſchen Zuſammenſetzung des Bodens eine hervorragende Bedeutung beizumeſſen, während diejenigen, welche durch Experiment nachweiſen, daß die meiſten Pflanzen auf den ver— ſchiedenſten Böden zu wachſen vermögen, Gegner dieſer Anſchauung ſind. Der Erdboden u. ſ. w. Hannover 1888. Unter den Pflanzen finden ſich auffällig viele „Steppenpflanzen“, jo Festuca ovina, Koeleria cristata, Melica, Ononis und andere. 7 S 94.] Bodenflora und bodenbejtimmende Pflanzen. 363 Um zu einem richtigen Urtheil zu gelangen, muß man das Ge— ſammtbild der Flora betrachten; nicht das Vorkommen des einen oder anderen Exemplares einer Pflanze, noch weniger das ſeltener Arten, iſt entſcheidend, ſondern die Zuſammen— ſetzung der herrſchenden Pfanzendecke iſt es. Berückſichtigt man dieſe, ſo wird man ſich bald von der Thatſache überzeugen können, wie wichtig die Zuſammenſetzung des Bodens für die vorkommenden Pflanzen— arten iſt. Natürlich wirken chemiſche Zuſammenſetzung und phyſikaliſche Eigenſchaften zuſammen, wie ſie ſich ja auch vielfach gegenſeitig bedingen. Beiſpiele, welche die Einwirkung chemiſch abweichender Boden— zuſammenſetzung darlegen, ſind: 1. Abſterben der Mooſe und Cyperaceen bei Düngung mit Kaliſalzen oder Kalkſalzen. Eine Erſcheinung, welche auf jeder meliorirten oder nur gedüngten Wieſe, namentlich Moorwieſen, überall zu beobachten iſt. Bei einer einigermaßen kräftigen Kainitdüngung ſtirbt die ganze Moosvegetation in einem, beziehentlich einigen Jahren ab. 2. Das Verhalten einer Anzahl Pflanzen gegen Kalk— gehalt der Böden. Es gilt dies unter den Bäumen namentlich von der Kaſtanie (Castanea vesca) und der Seeſtrandskiefer (Pinus mari- tima). Nach den Unterſuchungen von Fliche (Annales de la Station agronomique de I Est 1878, S. 3 — 39) genügt ſchon ein ſehr geringer Gehalt des Bodens an kohlenſaurem Kalk, um das Gedeihen beider Baumarten zu verhindern.“) 3. Düngeverſuche auf Wieſen und die dadurch bewirkte Veränderung der Flora. Namentlich in Rothamited**) (England) hat man langjährige Verſuche nach dieſer Richtung angeſtellt. Stick— ſtoff⸗, zumal Salpeterſäuredüngung, bewirkte das Ueberwiegen der Gramineen bis zum vollſtändigen Verſchwinden der Leguminoſen. Düngung mit Mineralſalzen, insbeſondere Kali, eine allmähliche Zu— nahme der Leguminoſen (bis zu einem Viertel der Geſammtmaſſe). Die Bedeutung der mineraliſchen Zuſammenſetzung der Böden iſt daher nicht nur aus dem Verhalten in der Natur zu erſchließen, ſon— dern auch noch direkt durch Verſuche bewieſen. Nur in ſeltenen Fällen wird aber eine Pflanze durch Fehlen oder Vorkommen von Bodenbeſtandtheilen ſo ſehr beeinflußt, daß ſie ſich nicht zu entwickeln vermag. Zahlreiche Verſuche haben bewieſen, daß weitaus die meiſten Pflanzen in den verſchiedenartigſten Böden zu wachſen vermögen, wenn ſie nur vor der Konkurrenz anderer Pflanzen geſchützt ſind. In dieſer Thatſache liegt wohl der Schwer— punkt der ganzen Sache. Die Pflanzen, welche als „bodenſtet“ be— *) Man vergleiche Hilgard, Forſchungen der Agrikulturphyſik X, S. 185. *) Centralblatt für Agrikulturchemie 1881, S. 809. 364 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. Is 94. zeichnet werden, entwickeln ſich auf einer beſtimmten Bodenart am günſtigſten und verdrängen die anderen Arten. Kann man daher auch nicht ausſprechen, daß die Salzpflanzen einen reichlichen Gehalt des Bodens an Kochſalz, die Kalkpflanzen an kohlenſaurem Kalk u. j. w. zur Entwickelung bedürfen, ſo verdrängen ſie doch auf ſolchen Böden die anderen für jene Verhältniſſe weniger günſtig ausgerüſteten Arten und erhalten ſich auf ſolchen Böden als herrſchende Flora. Da jedoch dieſer Erfolg der einzelnen Arten von der chemiſchen Zuſammenſetzung des Bodens abhängig iſt, ſo iſt dieſe zuletzt das Entſcheidende. Baumgart, welcher ſich vielfach mit dieſen Verhältniſſen beſchäftigt hat,“) faßt dies Verhalten dahin zuſammen: 1. daß eine Pflanze unter günſtigen klimatiſchen Verhältniſſen auch auf einem mineraliſch (chemiſch) nicht angemeſſenen Boden fort- kommen kann; 2. daß jede Pflanze nur auf dem für ſie mineraliſch geeigneten Boden am höchſten im Gebirge und nach Norden vorkommt. Zu berückſichtigen iſt ferner noch, daß die Zuſammenſetzung der Böden, insbeſondere was den Kalkgehalt betrifft, ſehr wechſelt, und namentlich, daß auch Urgeſteine bei der Verwitterung kohlenſauren Kalk abzuſcheiden vermögen und anderſeits, daß aus dem Verwitterungs- boden eines Kalkgeſteines faſt jede Spur von Kalkkarbonat ausgelaugt ſein kann. Das Auftreten einer Kalkflora im erſten, das Fehlen einer ſolchen im zweiten Falle, beweiſt dann nur erſt recht die vielfach maß- gebende Bedeutung der Bodenzuſammenſetzung. Man unterſcheidet (nach Unger) die Pflanzen in Bezug auf Ab- hängigkeit des Vorkommens vom Boden in: bodenſtet, ſolche Arten, die nur auf einer beſtimmten Bodenart vorkommen; bodenhold; Arten, die eine beſtimmte Bodenart bevorzugen, in ihrem Vorkommen aber nicht daran gebunden ſind; bodenvag; Arten, die ſich auf den verſchiedenſten Bodenarten finden. Die Pflanzenarten, welche bodenſtet oder wenigſtens bodenhold ſind, kann man in folgende Gruppen eintheilen: 1. Kalkpflanzen; Kalkmeidende Pflanzen; Salzpflanzen; Schuttpflanzen; Humuspflanzen, mit Einſchluß der Pflanzen der Heiden, Moore und Hochmoore. % ww ww Forſtwiſſenſchaftliches Centralblatt 1880, S. 345. S 94.) Verzeichniß der wichtigſten beſtimmenden Pflanzen. 365 d. Die Bedeutung der phyſikaliſchen Eigenſchaften der Böden tritt, abgeſehen vom Waſſergehalt, namentlich in Bezug auf Korngröße, Struktur und Durchlüftung des Bodens hervor. Man kann die hierher gehörigen Pflanzenarten zuſammenfaſſen in: 1. Sandpflanzen, die meiſt zugleich Kalk meiden; 2. Thonpflanzen, vielfach zugleich kalkhold; 3. Steppenpflanzen; 4. Pflanzen ſehr feſter Böden (Wege, zwiſchen Steinen, Triften). Verzeichniß der wichtigſten beſtimmenden Pflanzen.“ 1. Kalkpflanzen. Die Flora eines Kalkbodens iſt in ihrer Geſammtheit eine ſehr charakteriſtiſche. Arten, welche entweder nur auf Kalk vorkommen oder doch Kalkböden bevorzugen, ſind unter vielen anderen die folgenden: Carex humilis Leyss. Stipa capillata L. Melica ciliata L. Sesleria coerulea Ard. Zahlreiche Orchideen, darunter: Orchis fusca Jacq., Orchis militaris L.; Ophrysarten; Cypripedium Calceolus L. Eine Reihe Androjacearten (zumal im Hochgebirge, darunter Androsace bryoides D. C., Androsace villosa L.). Stachys germanica L. Cirsium acaule All. Carduus defloratus L. Carlina acaulis L. Aster Amellus L. Bupleurum falcatum TL. und Bupleurum rotundifolium L. Anemone Pulsatilla L. Alyſſum⸗ und Thlaspiarten. Von Holzgewächſen ſind es Sorbusarten (Sorbus Aria Ortz. und Sorbus torminalis Crtz.); Viburnum Lantana L., ſodann einige an Kalkboden gebundene Pyrus- und Crataegusarten, Prunus Mehaleb L., Cotoneaster vulgaris Lindl., Roſenarten (im Flachlande ein ſelten trügendes Zeichen für Mergelſchichten), die Buche. Es iſt hier nur eine kleine Zahl der häufigſten und charakteriſtiſchſten Formen aufgezählt. Das Verzeichniß iſt von Herrn C. Warnstorf in Neu-Ruppin durchgeſehen und vielfach berichtigt worden. 366 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. | [$ 94. Die niedere Flora zeichnet ſich namentlich noch durch das zahl- reiche Auftreten von Papilionazeen aus (Medicagvarten, Anthyllis Vulneraria L., Onobrychis sativa Link und andere). 2. Kalkmeidende Pflanzen. Lupinus luteus I. Draba verna L. Medicago minima Lmk. Heide, Calluna vulgaris Salisb. Rumex acetosella L. Aira flexuosa L. Carlina vulgaris L. Digitalis purpurea L. Androsace alpina Gaud. Ferner die ganze Zahl der für Hochmoor und für ſaure Humus- ſchichten bezeichnenden Pflanzen. 3. Salzpflanzen. Die Flora des Seeſtrandes und der im Innern des Landes vor- kommenden ſalzhaltigen Stellen: Cakile maritima Scop. Sagina maritima Don. Eryngium maritimum L. Aster Tripolium IL. Artemisia maritima L. Samolus Valerandi L. Glaux maritima L. Salsola Kali L. (auch auf Sand vorfommend). Chenopodina maritima Mogq. Tand. Salicornia herbacea L. Hippopha& rhamnoides L. Seirpus parvulus R. et Willd.; Seirpus balticus Willd.; Seirpus rufus Schrad. Juncus Gerardi Willd. und baltieus Willd. Von den Mooſen Pottia Heimii Fürn. 4. Schuttpflanzen. e Vegetation der in der Nähe von Häufern, Dorfichaften und dergleichen abgelagerten, meiſt ſehr ſalpeterſäurereichen Schuttabfälle. Die meiſten dieſer zur „Ruderalflora“ gehörigen Pflanzen vermögen große Mengen von Salzen, insbeſondere Salpeter, in ſich aufzuſpeichern. Urtica dioica I. Parietaria officinalis L. ER Di S 94.] Verzeichniß der wichtigſten beſtimmenden Pflanzen. Chenopodiumarten. Datura Stramonium L. Hyoscyamus niger L. Solanum nigrum L. Ballota vulgaris Link. Galeopsis Tetrahit L. Geranium Robertianum L. Galinsogaea parviflora (av. Atriplex hastatum L. 5. Humuspflanzen. Pflanzenarten, welche ihr beſtes Gedeihen in humoſen Ablagerungen finden oder doch auf denſelben verbreitet vorkommen. Man kann unterſcheiden: a) Pflanzen auf dem Rohhumus der Wälder. Trientalis europaea L. (im Gebirge und im Norden, z. B. Pommern, Skandinavien verbreitet). Melampyrum pratense L. Heidel- und Preißelbeere. Heide (auch Sand- und Hochmoorpflanze, kalkmeidend). Majanthemum bifolium Schmidt. Aira flexuosa L. (auch Sandpflanze). Rhododendron (im Hochgebirge). Lycopodium complanatum L. Zahlreiche Mooſe, darunter: Polytrichum formosum Hedi. Hypnum Schreberi Willd.; Hypnum purum L. Hylocomium Triquetrum Schpr. Sphagnum Girgensohnii Russ. (im Gebirge). Leucobryum vulgare Hp. b) Flora der Grünlandsmvore. Zahlreiche Carex- und Scirpusarten. Juncusarten (auf verſandeten und zumal mit Lehm über— deckten Stellen). Equisetum palustre L. (im Torf find die glänzenden, ſchwarzen Reſte der Rhizome dieſes Schachtelhalms vielfach das einzige ſofort erkennbare pflanzliche Ueber— bleibſel). Phragmites communis Trin. Molinia coerulea Much. Typha latifolia L. Bidensarten. 368 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. [S 94. Orchis palustris Jacq. Parnassia palustris L. Epilobium palustre L. Lotus uliginosus Schk. Menyanthes trifoliata L. Pinguicula vulgaris L. Galium palustre L. und Galium uliginosum L. Taraxacum palustre D. C. Senecio paludosus L. Salixarten, beſonders Salix repens L. Von Moosarten: Philonotis fontana Brid. Hypnum intermedium Lindb.; Hypnum giganteum Schpr. und Hypnum aduncum Schpr. Auf trockneren Mooren findet ſich, vorausgeſetzt, daß ſie genügend Nährſtoffe enthalten oder gedüngt werden, die ganze Zahl der eigent— lichen Wieſengräſer ein. Kalkreichere Moore tragen vielfach Papilionazeen, zumal Tri- folium hybridum I., ſowie Cirſiumarten (Cirsium oleraceum, Cirsium palustre). Auf vielen Mooren ſind reichlich Mooſe verbreitet, zumal nehmen Hypnum scorpioides L., Hypnum stellatum Schreb., Hypnum inter- medium Lindl., Hypnum giganteum Schpr., Bryum pseudotriquetrum Hedwig, Philonotis fontana Brid., Paludella squarrosa Ehrh. an der Torfbildung theil. Die Hauptmaſſe des Torfes wird in der Regel aus Reiten von Carex- und Scirpusarten, Phragmites und ſehr vielfach von Hypnum— arten gebildet, zu denen ſich noch Typha, Bidens und Salix repens geſellen, die übrigen Pflanzen treten nur ausnahmsweiſe ſo reichlich auf, daß ſie weſentlich torfbildend werden. Grünlandsmoore, welche im Uebergang zum Hochmoor ſind, zeichnen ſich außer durch Zurückgehen der ganzen Vegetation durch reichlicheres Auftreten von Eriophorumarten, vereinzeltes Vorkommen von Sphag- num (meiſt Sphagnum teres Angstr., Sphagnum Warnstorfii Russ., Sphagnum recurvum P. B.), ferner Pedicularis palustris L. aus. ‚ c) Flora der Hochmoore. Die Flora der Hochmoore iſt eine artenarme und ungemein be- zeichnende. Die wichtigſten Formen ſind: Sphagnum (namentlich Sphagnum cymbifolium, das Hauptmoos der Hochmoore, ferner Sphagnum teres Angstr., Sphagnum medium Lr, Sphagnum re- curvum . B., Sphagnum cuspidatum Ehrh.). 8 94.] Verzeichniß der wichtigſten beſtimmenden Pflanzen. 369 Polytriehum juniperinum Hedw. Juncus squarrosus L. Rhynehospora alba Faul. Scheuchzeria palustris L. Seirpus caespitosus L. Eriophorum vaginatum L. Drosera rotundifolia L., ebenſo Drosera anglica Huds. und Drosera intermedia Hayne. Rubus chamaemorus L. (im Norden und im Hochgebirge). Calluna vulgaris Salisb. Erica tetralix L. Ledum palustre L. Andromeda polifolia L. Vaccinium oxycocceus L. Die geſperrt gedruckten Arten treten torfbildend auf und nehmen an dem Aufbau der Hochmoore weſentlichen Antheil. Von Sträuchern und Bäumen finden ſich außer Birke und Kiefer noch Weidenarten (Salix aurita L., Salix repens und andere), im Norden und im Hochgebirge nordiſche Weiden und Zwergbirken. d) Pflanzen der Heidegebiete. Viele Heidegebiete charakteriſiren ſich als devaſtirte Waldböden, ſind aber durch lange Heidebedeckung faſt immer mit einer Schicht von Heidehumus überlagert. Eine ganze Anzahl von Pflanzen ſiedeln ſich auf dieſen Heideflächen mit Vorliebe an; dahin gehören außer vielen echten Hochmoorpflanzen, die allmählich zu einer Hochmoorbildung hinüber leiten (dem entſprechend finden ſich häufig Sphagneen, ins— beſondere Sphagnum molluscum Bruch., Sphagnum molle Sullio), namentlich: Empetrum nigrum L. Ulex europaeus L. Genista anglica L. und Genista pilosa L. Sarothamnus scoparius Koch. Arctostaphylos Uva ursi Spr. Vaceinium uliginosum L. Myrica Gale I. Scorzonera humilis L., Arnica montana L. 1. Sandpflanzen. Die ausgeſprochenſten Sandpflanzen ſind die Bewohner der Dünen und Flugſandgebiete; zu ihnen gehören: Ammophila arenaria LA. Elymus arenarius L. Ramann. 24 370 Die wichtigſten Eigenſchaften der Böden. [S 94. Carex arenaria L. und Carex ligerica Gag. Triticumarten: Triticum junceum L., strietum Deth., acutum D. C., pungeus Pers. Verbreitete Pflanzen auf Quarzſand ſind ferner: Setaria glauca P. B. Calamagrostis epigaeos Roth. Weingaertneria (Aira) canescens Bernh. Plantago arenaria W. K. Senecio viscosus L. (mehr im Walde verbreitet) und Senecio vernalis W. und K. Gnaphalium arvense Luc. und Gnaphalium montanum Huds. Helichrysum arenarium D. C. (Das Vorkommen diejer Pflanze im Dolomitgebiet in Südtyrol iſt vielfach als Beweis für die Gleichgültigkeit der ſchemiſchen Zu⸗ ſammenſetzung des Bodens angeführt worden. Spätere Unterſuchungen haben nachgewieſen, daß Quarzit den Dolomit durchſetzt und auf dieſem Helichrysum wächſt.) Seleranthus annuus L. und Scleranthus perennis L. Herniaria glabra L. und hirsuta L. Trifolium arvense L. Nardus stricta L. Equisetum arvense L. Cladonia spe. 2. Thonpflanzen. Auf feſten, zähen Thon- und Lehmböden finden ſich auf den trockneren Stellen namentlich Flechten (Baeomyces roseum am ver- breitetſten) und einzelne Mooſe (Pottia cavifolia Ehrh., Barbula fallax Hedw. und Barbula unguiculata Hedw., Webera carnea Scop., auf quelligen Stellen auch Sphagnumarten), von Phanerogamen die Heide. Auf feuchteren Stellen: Tussilago farfara L. Carduus crispus L. Equisetum spe. 3. Steppenpflanzen. Die Pflanzen der Steppengebiete vollenden entweder ihre Vege— tation in kurzer Zeit, jo daß fie ihren Waſſerbedarf aus der Winter- feuchtigkeit der Böden decken können (ſo die meiſten Steppengräſer), oder ſie haben ſehr tiefgehende, ſtarke Pfahlwurzeln. In der Regel finden ſich die Steppenpflanzen geſellſchaftlich und in großer Individuenzahl § 94.] Verzeichniß der wichtigſten beſtimmenden Pflanzen. 371 nebeneinander. Die Artzahl iſt dagegen in der Regel nur eine geringe. Einzelne der bekannteſten Formen ſind: Steppengräſer: Stipa pennata L. und Stipa capillata L. Festuca ovina L., Koeleria cristata Pers. Carex obtusata Liybl. Sonſtige Steppenpflanzen: Umbelliferen. Papilionazeen. Caraganaarten, Ononisarten; Aſtragalusarten, Oxytropis pilosa; Artemiſiaarten, Hieracium echioides Lumnitz; Centaurea solstitialis L., Adonis vernalis L. Viele dieſer Arten finden ſich in Mitteleuropa mit Vorliebe auf trockenen Kalkbergen, deren Feuchtigkeitsverhältniſſe Aehnlichkeit mit denen der Steppen aufweiſen. 4. Pflanzen ſehr feſter Böden. Auf ſehr feſt getretenen Wegen, Triften, zwiſchen Steinen ge— pflaſterter Straßen finden ſich faſt ſtets beſtimmte Pflanzen ein, welche offenbar bei den für die meiſten Arten ungünſtigen Verhältniſſen noch zu gedeihen vermögen. Es ſind faſt ſämmtlich Species, welche auch ſonſt verbreitet vorkommen, aber immerhin eine beſondere Aufführung verdienen. Die häufigſten dieſer Pflanzen ſind: Poa annua L. Polygonum aviculare L. Coronopus Ruellii All. Plantago major L. XIV. Hauptbodenarten, Vodenbeſchreibung. I. Hauptbodenarten. So mannigfaltig ſich auch die in der Natur vorkommenden Boden- arten verhalten, ſo laſſen ſie ſich doch nach ihren hauptſächlichſten Eigenſchaften in einige große Gruppen zuſammenfaſſen, die durch zahl- reiche Uebergänge unter einander verbunden, viele gemeinſame Eigen— thümlichkeiten zeigen. 245 372 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. 88 94, 95. Es ſind dies: Steinböden; Sandböden; Lehmböden; Thonböden, denen ſich in Zuſammenſetzung und Ber- halten die meiſten Kalkböden anſchließen; Humusböden. E - G § 95. 1. Steinböden. Es ſind dies Bodenarten, die ſich überwiegend aus wenig oder noch nicht zerſetzten Geſteinsbruchſtücken zuſammenſetzen. Es ſind, jo- weit überhaupt Vegetation auf ihnen gedeihen kann, abſolute Waldböden. a) Großſteinige Waldböden. Die Hauptmaſſe der oberſten Erdſchicht wird von Steinblöcken ein- genommen. Die Bäume wachſen zwiſchen den Blöcken und folgen mit ihren Wurzeln den Spalten der Felſen oft in erhebliche Tiefe. Wald⸗ beſtände ſind nur dann möglich, wenn das Grundgeſtein ſehr hohen Gehalt an mineraliſchen Nährſtoffen hat, wie bei Baſalten, oder in Gebieten mit niedriger Temperatur und hoher Luftfeuchtigkeit. Sind dieſe Bedingungen erfüllt, ſo überziehen ſich die einzelnen Felsblöcke mit einer dichten Mooslage und ermöglichen ſo den Wurzeln, auf der Oberfläche des Steines hinzuwachſen, bis ſie eine Spalte finden, in die ſie einzudringen vermögen. In unſeren Gebieten finden ſich großſteinige Waldböden auf Granit, einzelnen Baſalten, Porphyren, Quarzit u. ſ. w. Außerordentliche Aus- dehnung gewinnen ſie jedoch im ſkandinaviſchen Norden, wo ſie die Hauptmaſſe des Bodens ausmachen. b) Gruß- und Grandböden (Gerölleböden). Grußboden findet ſich überwiegend im Gebirge, wo er aus der Verwitterung der anſtehenden Geſteine entſtanden iſt, während Grand— böden, die Ablagerungen fließenden Waſſers, ſich mehr auf die Thäler und flacheren Gelände beſchränken. Je nach den Felsarten und deren Verwitterbarkeit, ſowie nach der Lage ſind dieſe Bodenarten von verſchiedenem Werthe. Grußboden, der aus leicht angreifbaren Geſteinen (Syenit, manche Granite, Gneiße und dergleichen) beſteht, enthält immer feinerdige Beſtandtheile bei- gemengt, in friſcheren Lagen vermag er normale Waldbeſtände (meiſt Fichten) zu tragen. Viel ungünſtiger und meiſt ſehr trocken find da- gegen die Grußböden ſchwer verwitternder Geſteinsarten. In den Niederungen, wo in geringer, für die Wurzeln erreichbarer Tiefe Grund- waſſer vorhanden iſt, finden ſich auf Grandböden oft gute Beſtände, in allen anderen Lagen iſt der Holzwuchs gering, kurzſchäftig und dürftig. 88 95, 96.] Sandbodenarten. 373 Die ſtarke Erwärmbarkeit und Trockenheit der betreffenden Boden— arten bietet für Rohhumusbildungen günſtige Verhältniſſe. Im Gebirge findet man daher faſt immer ſtarke Rohhumusbedeckung mit Beerkräutern und an lichten Orten mit Heide, die bei immer mächtigerer Anhäufung der Humusſtoffe endlich zur Moorbildung führen können. 96. 2. Sandbodenarten. . Durch allmähliche Abnahme der Korngröße geht Grand in groben Sand und dieſer in feinkörnigen über. Sandböden beſtehen überwiegend aus Sand, alſo Körnern von einer Größe, daß ſie, in Waſſer vertheilt, raſch zum Abſetzen kommen. Durch Beimiſchung anderer Bodenbeſtandtheile werden die Sand— böden weſentlich verändert; durch Gehalt an thonigen Stoffen entſtehen die „lehmigen Sande“, durch Gehalt an Humus die „humoſen Sande“; immer aber überwiegen die höheren Korngrößen und geben dadurch dem Boden die ihn charakteriſirenden phyſikaliſchen Eigenſchaften. Chemiſch beſtehen die meiſten Sandböden aus Quarzſand, je mehr dieſer im Geſammtgehalte überwiegt, um ſo „ärmer“ ſind die Sande. Beimiſchungen von Mineralreſten von Silikaten (Feldſpath, Hornblende, verſchiedenen Geſteinen), ſowie namentlich auch von kohlenſaurem Kalk erhöht den Bodenwerth bedeutend, der überhaupt überwiegend durch den Gehalt an mineraliſchen Nährſtoffen bedingt wird, wäh— rend die phyſikaliſchen Eigenſchaften hiergegen zurück treten (vergleiche Seite 348). Die Sandböden zeichnen ſich durch Lockerheit der Lagerung und in der Regel durch ihre Tiefgründigkeit aus. Die mineraliſchen Be- ſtandtheile des Bodens ſind zur Krümelbildung wenig geeignet; dieſe tritt bei reinen Sandböden erſt nach Beimiſchung eines genügenden Humusgehaltes hervor. Hierin beruht hauptſächlich der Werth der Humusbeimiſchung für Sandböden. Der Waſſergehalt iſt entſprechend der hohen Korngröße ein geringer und nimmt natürlich mit Steigen derſelben ab. Dagegen begünſtigen die großen Poren das Eindringen des Waſſers, ſo daß ſich der Boden während der Vegetationszeit bei ausgiebigeren Niederſchlägen immer wieder mit Waſſer zu ſättigen vermag. Eine nennenswerthe Anſammlung von Winterfeuchtigkeit findet jedoch nicht ſtatt. Der geringe Waſſergehalt und die ſtarke Erwärmbarkeit begünſtigt die Verdunſtung des Waſſers, die in ihren Folgen durch die Tief— gründigkeit des Bodens, wenigſtens für ältere Pflanzen einigermaßen wieder ausgeglichen wird. Hingegen ſind junge Pflanzen, namentlich bei Pflanzung nach nicht genügend tiefer Bodenlockerung dem Ver— trocknen leicht ausgeſetzt. 374 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. ke [$ 96. Die Sandböden verlieren durch Auswaſchung leicht erhebliche Mengen von löslichen Mineralſtoffen“) (vergleiche Seite 141 und 236); keine andere Bodenart erleidet ähnlich hohe Verluſte durch die die ganze Bodenſchicht gleichmäßig durchſickernden Wäſſer, als die Sand- böden. Die Erwärmung der Sandböden tritt raſch und leicht ein. Die Wärmeleitung erfolgt in dem mit iſolirenden Luftſchichten wenig durchſetzten Boden raſch und zugleich bewirkt der geringe Waſſergehalt und die dadurch erheblich geringere Wärmekapacität (Seite 90) eine ſehr viel leichtere Erwärmung bei gleicher Sonnenbeſtrahlung als dies für andere Bodenarten gilt. Noch geſteigert wird dies durch Stein- beimiſchung, welche zugleich die geringe Waſſerkapacität der Sandböden noch weiter herabſetzt. Gehalt an Steinen iſt daher für dieſe immer als ſchädlich anzuſprechen. Die zur Entfaltung der vegetativen Thätigkeit der Bäume noth- wendige Bodentemperatur wird früher erreicht als auf anderen Böden. Die Folgen ſind frühzeitiges Austreiben der Vegetation, raſchere Keimung, aber auch viel größere Gefährdung der jungen Pflanzen durch Spätfröſte. a Die Durchlüftung der Sandböden iſt im Ganzen eine gute, jedoch ſcheint die Steigerung, welche dieſer wichtige und in ſeiner Be— deutung für das Pflanzenleben noch wenig unterſuchte Vorgang durch die Krümelung erfährt, auch auf Sandböden vortheilhaft einzuwirken. Die Dichtigkeit der Zuſammenlagerung der Bodentheile nimmt wenigſtens auffällig bei geringwerthigeren Böden zu und markirt jede ungünſtige Veränderung des Bodens in ſcharfer Weiſe. Die Zerſetzung der Pflanzenreſte erfolgt auf den nährkräftigeren Sandböden in Folge von reichlicher Wärme und Sauerſtoffzufuhr und bei dem meiſt ausreichenden Waſſergehalt ziemlich raſch. Alle Be- dingungen, welche die Zerſetzung noch ſteigern, ſind daher ungünſtig für die Sandböden und führen zur Aushagerung des Bodens und damit zur Zerſtörung der Krümelſtruktur. Keine Bodenart, vielleicht flach⸗ gründige Kalkböden ausgenommen, iſt daher jo empfindlich für Frei- ſtellung und Streuentnahme wie die Sandböden, und gilt dies auch für ſolche von mittlerem, oft auch höherem Ertragswerthe. Arme Sandböden dagegen, welche meiſt dicht gelagert ſind und die zur raſchen Umbildung der organiſchen Reſte, beziehentlich für die Lebensthätigkeit der Bakterien nothwendigen Nährſtoffe nicht enthalten, leiden im hohen Grade an Anſammlung unzerſetzter Pflanzenreſte und dem entſprechend an Rohhumusbildung, der anderſeits nirgends im ) Mineralſtoffe iſt hier und in dem Folgenden immer im Gegenſatz zum Bodenſkelett und zur Kieſelſäure gebraucht. § 96.] Sandbodenarten. 375 gleichen Maße ſo verderblich wirkt, wie auf Sandböden, und zuletzt zu den weit verbreiteten Ortſteinbildungen führt. In tieferen Lagen können die Rohhumusablagerungen allmählich zu einer völligen Verſumpfung führen, wie z. B. die großen Moore Norddeutſchlands faſt ausnahmslos aus der Verſumpfung urſprünglich von Wald beſtandener Flächen hervorgegangen ſind (Seite 248). Alle dieſe Gründe laſſen für den Sandboden Beimiſchung anderer Bodenbeſtandtheile, insbeſondere des Humus, hochwichtig erſcheinen, aber nur in der Miſchung mit dem Sande machen ſich deſſen Vorzüge, welche namentlich in geſteigerter Krümelung, höherem Waſſergehalt und verminderter Erwärmungsfähigkeit beſtehen, geltend. Einſchläge in Sandböden ergeben faſt ſtets drei Bodenſchichten. Zu oberſt befindet ſich: 1. Humoſer Sand, oft ſchwach humoſer Sand, zumal der ge— ſteigerten „Thätigkeit“ entſprechend auf den beſſeren und beſten Sand— bodenarten. In dieſer Schicht iſt die Verwitterung der angreifbaren Silikate faſt beendet. Die Schicht iſt krümelig und auf allen in gutem Zuſtande befindlichen Bodenarten lockerer, als die unterlagernde. Der Gehalt an Mineralſtoffen iſt meiſt ein geringerer, als in der nächjt- folgenden Bodenſchicht. Die Vorzüge der humoſen Bodenſchicht für die Pflanzenentwickelung beruhen weſentlich auf der Lockerheit derſelben. Soll nicht in Folge der ſtarken Auswaſchung durch die in den Boden eindringenden Gewäſſer allmählich eine Verarmung des Oberbodens und damit Zerſtörung der Krümelſtruktur eintreten (Seite 141), ſo muß eine Zufuhr von Mineralſtoffen ſtatt finden. Im Walde geſchieht dies durch den Streuabfall. Die Erhaltung der Streu iſt daher für Sandböden wichtig; man darf aber nicht vergeſſen, daß Bedeckung mit Rohhumus im gleichen Sinne (durch die in Folge der gebildeten Humus— ſäuren geſteigerte Auswaſchung) wie die Streuentnahme und vielfach noch weit ſchädlicher wirkt. 2. Gelber bis brauner Sand, die zweite Bodenſchicht; ſie iſt die eigentliche Verwitterungszone des Bodens, am reichſten an löslichen und noch ziemlich reich an unlöslichen, noch verwitterbaren Mineralſtoffen.“) Der Sand verdankt ſeine Färbung dem Eiſenoxyd und deſſen Hydrat, welches bei der Verwitterung frei geworden iſt. Dieſe Boden— ſchicht iſt bei den beſſeren Böden ziemlich locker, bei bereits rück— gängigen lockerer als der überliegende Boden. „) Man hüte ſich, wie dies in ſehr vielen Fällen geſchieht, dieſen „Verwitte⸗ rungsſand“ als „ſchwach lehmigen“ oder „anlehmigen“ Sand anzuſprechen. Nur vielfaches genaues Beobachten der Vorkommniſſe ſchärft den Blick für die Unterſcheidung der Bodenarten. Vielleicht mehr als die Hälfte, zumal der beſſeren Sandböden im nordiſchen Flachland, find in den forſtlichen Bodenbeſchreibungen irr— thümlich als „ſchwach lehmige Sande“ aufgeführt. 376 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. + [8 96. Auf den beſſeren Bodenarten (Mullböden) jest ſich dieſe zweite Bodenſchicht weniger ſcharf von dem überlagernden humoſen Sande ab, zumeiſt findet ſich zwar eine erkennbare, aber in mannigfachen Ein⸗ buchtungen verlaufende Grenze, es bedarf aber erſt eines genauen Hinſehens, um dieſe feſtzuſtellen. Sowie hingegen der Boden rückgängig wird (namentlich bei Roh⸗ humusbedeckung tritt dies hervor), ſo ſondern ſich humoſe Oberſchicht und der unterliegende Verwitterungsſand in ſcharfer Linie; die Färbung des letzteren iſt unmittelbar unter jener dunkler, eine Folge von Ab⸗ ſcheidung vorher gelöſter humoſer Stoffe (Seite 236) und allmählich bilden ſich feſtere Lagen von Ortſtein. Die ſchärfer oder ſchwächer ausgebildete Trennung von Obergrund und Untergrund in Sandböden giebt daher ein leicht erkennbares Mittel, um ein Bild von dem Boden- zuſtande zu erlangen. 3. Der unterlagernde Sand. Die gelb oder braun gefärbte mittlere Bodenſchicht geht allmählich in den tiefer liegenden weißen oder doch meiſt nur wenig gefärbten Sand über. Dieſer ſtellt den eigentlichen, von der Verwitterung noch wenig angegriffenen Rohboden dar. Er iſt am reichſten an unlöslichen, mäßig reich an löslichen Mineralſtoffen. Bei Böden, welche aus der Verwitterung feſter Sand- ſteine entſtehen, findet man das Grundgeſtein in geringerer oder größerer Tiefe. Von hoher Bedeutung iſt für Sandböden das Anſtehen des Grund— waſſerſpiegels in mäßiger Tiefe. Selbſt recht arme Sande vermögen dann noch mäßige Beſtände zu tragen, da die Pflanzen ihre Ernährung zum Theil aus dem Grundwaſſer ſchöpfen können und jedenfalls nie Mangel an Feuchtigkeit leiden. (Die Beſtände auf den ſehr armen tertiären Sanden der Niederlauſitz werden z. B. ſofort beſſer, wenn der Waſſerſpiegel in erreichbarer Tiefe anſteht.) Enthält ein Boden überwiegend Sand und nur geringe Mengen von thonigen Beſtandtheilen, jo bezeichnet man denſelben, je nach dem Gehalt an letzteren als ſchwach lehmigen oder anlehmigen Sand und als lehmigen Sand. Es iſt ſchwierig, zahlenmäßig anzugeben, bei welchem Gehalte man den einen oder anderen Ausdruck gebrauchen ſoll, im Allgemeinen ge— nügt jchon eine ſehr geringe Menge von abſchlämmbaren Stoffen, um den Charakter der Sandböden zu beeinfluſſen. Man bezeichnet Böden, welche keine oder nur verſchwindende Mengen thoniger Beſtandtheile enthalten (faſt alle alluvialen, diluvialen und viele Tertiärſande, Ver- witterungsböden von manchen Quaderſandſteinen u. ſ. w.) als reine Sandböden; zeigt der Boden, ohne ſeine vorwiegenden Eigenſchaften als Sandboden zu verlieren, eine gewiſſe Bindigkeit im feuchten, ein Stäuben und Zurückbleiben feinerdiger Beſtandtheile beim Zerreiben ss 96, 97.] Sandbodenarten, Lehmböden. 377 auf der Hand in mehr trockenem Zuſtande, jo bezeichnet man ihn als ſchwach lehmigen oder anlehmigen Sand; iſt der Gehalt an fein— erdigen Theilen unverkennbar, aber der Sandgehalt noch ſtark über— wiegend, ſo ſpricht man von lehmigem Sande. Der Bodenwerth ſteigt mit dem Gehalt an thonigen Beſtandtheilen; der Waſſergehalt wird ein höherer, die raſche Erwärmbarkeit vermindert ſich; es ſind dies Umſtände, welche günſtig einwirken. Humoſe Sande ſind faſt alle oberen Bodenſchichten der Wälder auf Sandboden, obgleich der Gehalt an Humus in der Regel ein geringer iſt; 1— 2 Gew. % vermögen den Charakter des Bodens jchon merkbar zu beeinfluſſen, man bezeichnet ſie als ſchwach humoſe Sand— böden. An friſcheren, tiefer liegenden Stellen der Wälder ſteigt der Humusgehalt und ſpricht man bei einem Gehalt von 3 — 6% Humus von humoſen Sanden. Nur in Tieflagen und zumal in der Nähe fließender oder ſtehender Gewäſſer ſteigert ſich der Humusgehalt noch mehr und bereits bei 8 — 12 % gewinnt derſelbe jo hohen Einfluß auf die Eigenſchaften des Bodens, daß ſich bereits eine Annäherung an die Humusbodenarten geltend macht (vergleiche dieſe); derartige ſtark humoſe Sande ſind meiſt ſparſamer verbreitet und gewinnen nur in den Gebieten der Flugſande größere Ausdehnung. Ss 97. 3. Lehmböden. Die Lehmböden beſtehen aus einer Miſchung von Sand und thonigen Beſtandtheilen, je nach der Menge derſelben unterſcheidet man ſandigen Lehm, Lehm, auch wohl milden Lehmboden und feſten beziehent— lich ſtrengen Lehmboden. Natürlich iſt die Zuſammenſetzung des beigemiſchten Sandes und deſſen Fähigkeit, durch Verwitterung Mineral— ſtoffe zu liefern, nicht bedeutungslos, tritt jedoch zurück. Beimiſchungen von Kalk beeinfluſſen den Boden günſtig, fie machen ihn lockerer (er- höhen die Krümelung) und begünſtigen die Zerſetzung der organiſchen Reſte. Beimiſchung von Humus verändert bei gleicher Menge den Lehmboden nicht annähernd in ähnlicher Weiſe wie den Sand. Einen Gehalt von einigen Procenten kann man äußerlich oft kaum erkennen. Stark humoſe Lehmböden gehören zu den ſeltenen Waldböden. In chemiſcher und mineralogiſcher Beziehung beſtehen die thonigen, abſchlämmbaren Beſtandtheile aus feinſt zerriebenen oder zerfallenen Mineraltheilen, Kaolin und anderen waſſerhaltigen Silikaten. Namentlich ſind die nach der Methode von Schlöſing abgeſchiedenen (Seite 50) feinſterdigen Theile für die Bodeneigenſchaften von höchſter Wichtigkeit, die übrigen etwa bis 0,1 mm großen abſchlämmbaren Beſtandtheile nähern ſich in ihren Eigenſchaften immer mehr dem Sande. 378 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. . 159% Für die Waldbäume, oder wenigſtens für die meiſten Arten der- ſelben, tritt die Bedeutung des Gehaltes an mineraliſchen Nährſtoffen in den Lehmbodenarten hinter die der phyſikaliſchen Bodeneigenſchaften zurück. Die Krümelbildung wirkt bei den Lehmböden in günſtiger Weiſe ein; ſie tritt um ſo ſchwieriger ein, und der Boden iſt um ſo leichter einer Zerſtörung derſelben (zumal „Verſchlämmung“ durch die mecha⸗ niſche Kraft der Regentropfen) ausgeſetzt, je höher der Gehalt an ſehr feinkörnigen Beſtandtheilen iſt. Strenge Lehmböden ſind daher, zumal ſie meiſt Laubhölzer tragen, in faſt noch höherem Maße gegen Streu- entnahme und Freiſtellung empfindlich als Sandböden. In vielen Fällen iſt die ſtärkere oder ſchwächere Krümelung des Bodens für die Produktion maßgebend und zumal für Waldböden um ſo wichtiger, da dort künſtliche Hülfsmittel (Behacken und dergleichen) nicht oder doch nur in beſchränkter Weiſe (3. B. bei Eichenkulturen) zur Anwendung kommen können. Der Waſſergehalt der Lehmböden iſt ein mittlerer bis hoher. Je nach dem Gehalt an feinerdigen Beſtandtheilen ſchwankt die Waſſer⸗ kapacität in ziemlich weiten Grenzen. Im Laufe der trockenen Jahres- zeit und zumal unter Mitwirkung der Baumvegetation erfolgt eine ſtarke und oft tiefgehende Austrocknung in allen an Niederſchlägen ärmeren Gebieten, ohne daß die Sommerregen in der Regel genügen, den Verluſt zu erſetzen. Die Bedeutung der Winterfeuchtigkeit iſt daher für die Lehmböden eine hohe. In Jahren mit wenig Nieder- ſchlägen im Winter, fehlender Schneedecke und trockenem Frühlinge leiden daher die Pflanzen zuweilen auf Lehmböden in höherem Grade als auf Sandböden, welche ſich auch bei mäßigen Regenhöhen mit Waſſer zu ſättigen vermögen. ö Der Auswaſchung und Auslaugung der Mineralſtoffe iſt der Lehm- boden erheblich weniger ausgeſetzt als die ſandigen Bodenarten. Es beruht dies auf den geringeren ablaufenden Sickerwaſſermengen und der Struktur der tieferen Bodenſchichten (Seite 141). Die Erwärmbarkeit der Lehmböden iſt eine mittlere und wird um ſo geringer, je reicher der Boden an feinerdigen Beſtandtheilen und je höher dieſen entſprechend der Waſſergehalt iſt. Im Allge— meinen iſt das Verhalten ein für die Vegetation günſtiges, ebenſo von einem vorzeitigen Erwachen wie von einer zu langſamen Ent- wickelung entfernt. Die Durchlüftung der Lehmböden iſt von der Vollkommenheit der Krümelung und der Tiefe, bis zu welcher ſich dieſe erſtreckt, ab— hängig. Die feſten Lehmſchichten des Untergrundes ſind ſehr ſchwer durchlüftbar, die Wurzelverbreitung der Bäume findet daher überwiegend in dem gekrümelten Boden ſtatt. 8 97.] Lehmböden. 379 Die Zerſetzung der Pflanzenreſte iſt auf den Lehmböden eine ſehr verſchiedene, im Ganzen aber günſtige; es machen ſich jedoch große Unterſchiede hierbei geltend und iſt z. B. das Verhalten eines aus Granit oder Gneiß hervorgegangenen Lehmbodens von dem aus einem Diluvialmergel gebildeten erheblich abweichend. Hierzu kommen noch die Wirkungen der Lage (ob Gebirge, Flachland, Expoſition) und des Klimas. Allgemeine Regeln laſſen ſich daher für die Thätigkeit des Bodens nicht aufſtellen, obgleich dieſe in weitaus den meiſten Fällen eine vortheilhafte, mittlere Höhe zeigt. Das Bodenprofil der Lehmböden iſt lange kein ſo gleichmäßiges, wie das der Sande. Im Diluvium finden ſich je nach der Stärke der Verwitterung und der Tiefe, bis zu welcher die Auswaſchung vorgeſchritten iſt, fol— gende Schichtenreihen in den Waldböden: 1. Zu oberſt eine dünne, meiſt wenige Centimeter, ſelten mehr als 10 em mächtige, humoſe, ſtark gekrümelte Schicht, die meiſt ſehr wenig thonige Theile enthält; hierauf folgt 2. meiſt hell, gelblich gefärbter, ebenfalls ſtark ausgewaſchener, aber an Thontheilen reicherer Boden von mäßig krümeliger Beſchaffenheit (ſandiger Lehm); 3. braun gefärbter Lehm in dichter Lagerung. Er lagert ent— weder auf diluvialen Sanden direkt auf oder wird von Dilu— vialmergel unterlagert, aus deſſen Verwitterung die diluvialen Lehme hervorgegangen ſind. Die Mächtigkeit dieſer Schichten iſt eine ſehr wechſelnde, bei manchen Böden iſt die zweite derſelben oft kaum zur Ausbildung ge— kommen und lagert die dann nur ſehr dünne humoſe Schicht unmittel— bar auf Lehm auf. Je nach der Dichtigkeit und Feſtigkeit der Lagerung des Lehmes liegen dann beſſere oder geringere Böden vor. In anderen Fällen erſtreckt ſich die zweite Schicht bis in erhebliche Tiefen und wird oft nur von ſchwachen Schichten oft ſehr ſteinreichen Lehmes unterlagert. *) Die aus der Verwitterung feſter Geſteine hervorgegangenen Lehm— böden zeigen ähnliche Verhältniſſe, in der Regel tritt jedoch die zweite in den Diluvialböden vorhandene Schicht mehr zurück. Die Mächtig— keit der Verwitterungsſchichten, der Gehalt des Urſprungsgeſteines an „) Müller (Studien über die natürlichen Humusformen) weiſt auf Ablage— rungen in Diluviallehmböden hin, welche er als „Thonortſtein“ bezeichnet. Es ſind dies hell gefärbte, kalkfreie, dichte Schichten in mittlerer Tiefe, bei deren Bildung nach Müller die Regenwürmer betheiligt ſein ſollen. Verfaſſer hat in Norddeutſch— land nur ganz ausnahmsweiſe ähnliche Bildungen geſehen, in Dänemark ſcheinen ſie dagegen verbreiteter zu ſein. 380 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. “Bon Mineralbeſtandtheilen, die Durchläſſigkeit desſelben für Waſſer, alles dies wirkt zuſammen, um den Bodenwerth zu beeinfluſſen. Die Lehmbodenarten unterſcheidet man in: Sandigen Lehm (ſchließt ſich an die lehmigen Sande unmittelbar an und iſt mit dieſen wie mit dem reinen Lehmboden durch zahlloſe Uebergänge verbunden). Der Boden iſt feucht bindig; trocken ſtäubt er ſtark. Der Gehalt an Sand iſt noch deutlich erkennbar, das Ver— halten des Bodens nähert ſich jedoch mehr den eigentlichen Lehmböden.“ Die ſandigen Lehmböden ſind gute, oft ausgezeichnete Waldböden und bieten den verſchiedenſten Baumarten die Bedingungen der Ent- wickelung; in ihnen wie in Lehmböden machen ſich die Vortheile der Miſchung fein- und grobkörniger Beſtandtheile im hohen Grade geltend und bewirken ein mittleres, für die Entwickelung der Pflanzen günſtiges Verhalten der verſchiedenen phyſikaliſchen Bodeneigenthümlichkeiten, während zugleich fait ſtets ein ausreichender Gehalt an Pflanzennähr⸗ ſtoffen vorhanden iſt. Lehmböden (reine Lehmböden), ſind Bodenarten, welche den Sandgehalt erſt beim Aufſchlämmen mit Waſſer oder beim Zerdrücken erkennen laſſen, zugleich aber noch nicht jo reichlich thonige Beitand- theile enthalten, daß die ganze Maſſe plaſtiſch wird. Der Werth der Lehmböden iſt von der Tiefe abhängig, bis zu welcher die Krümelung reicht; nur wenn die Bodentheile genügend ge— lockert ſind (ſogenannte milde Lehmböden), machen ſich alle Vorzüge derſelben (Reichthum an Nährſtoffen, mittlerer Waſſergehalt) geltend. Viele Lehmböden, zumal im Diluvium, ſind ſehr dicht und feſt gelagert, ohne jedoch ſtets eine ungewöhnlich hohe Menge abſchlämmbarer Stoffe zu enthalten. Der Boden hat dann die Eigenſchaften der ſtrengen Lehm— böden. Die Pflanzenwurzeln vermögen nur oberflächlich einzudringen, der Waſſergehalt iſt zumeiſt ein niederer (eine Folge der dichten Lagerung der Bodenbeſtandtheile) und der Bodenwerth ein geringer. Zumal hervorragende Kuppen im Diluvium zeigen dieſe Eigenſchaften und ſteht der Beſtand derſelben weit hinter dem der Hänge, ſelbſt wenn dieſe aus Sand beſtehen, zurück. Es würde vielleicht gerechtfertigt ſein, dieſe Böden als feſte Lehmböden zu bezeichnen und den Ausdruck ſtrenge oder ſchwere Lehmböden auf ſolche zu beſchränken, welche ſehr reich an abſchlämm- baren Stoffen ſind, zumeiſt nur eine ſchwache Decke gekrümelten Bodens aufzuweiſen haben und meiſt überreich an Feuchtigkeit ſind. Für alle Böden der letzten Klaſſen, zum Theil auch für die reinen Lehmböden, iſt die Bodendecke von großer Wichtigkeit. Zumal im ) Die Unterſchiede dieſer Bodenarten muß man durch Sehen kennen lernen, Beſchreibung kann dabei wenig nützen. Ss 97, 98.] Thonböden. 381 Laubwalde erfolgt durch Freilegung des Bodens während der Winter— zeit, ſowie durch die Wirkung der Traufe im belaubten Zuſtande, leicht eine Verſchlämmung und Verdichtung der oberſten Bodenſchicht. § 98. 4. Thonböden. Die Thonböden zeichnen ſich durch Ueberwiegen der abſchlämmbaren und durch Zurücktreten der grobkörnigeren Beſtandtheile aus. Thon— böden ſind im feuchten Zuſtande plaſtiſch, beim Zerdrücken zwiſchen den Händen laſſen ſie Sandkörner nicht erkennen; trocken bilden die Thon— böden mehr oder weniger feſte, ſchwer zerbrechliche Stücke. Die Krümelung der Thonböden iſt für den Bodenwerth entſcheidend. Keine andere Bodenart iſt in ihrem Verhalten ſo abhängig von der phyſikaliſchen Vertheilung der Bodenelemente wie die Thonböden. Dem entſprechend ſchwankt der Werth derſelben zwiſchen faſt völliger Unfruchtbarkeit (3. B. die plaſtiſchen tertiären Thone) und vorzüglichſter Leiſtungsfähigkeit (3. B. die Aueböden). Entſprechend der niederen Korngröße iſt die Aufnahmefähigkeit für Waſſer eine ſehr hohe, ſo daß bei verſchiedenen Graden des Waſſer— gehaltes oft erhebliche Veränderungen des Bodenvolumens eintreten. (Hierauf beruht das ſtarke Reißen der Thonböden beim Austrocknen.) Die Durchläſſigkeit nicht gekrümelter Thonböden für Waſſer iſt eine verſchwindende; in ebenen Lagen geben ſie daher vielfach Ver— anlaſſung zur Verſumpfung und zur Anſammlung ſtehender Gewäſſer. Thonböden unterliegen einer Auswaſchung der löslichen Salze nur in ſehr geringem Maße, um ſo leichter aber einer Verſchlämmung. Gegen Austrocknen ſind die Thonböden empfindlich, und einmal völlig trocken geworden, erfolgt die Waſſeraufnahme nur ſehr langſam. Die dicht gelagerten Bodenpartikel laſſen Waſſer nur ſehr allmählich zwiſchen ſich eindringen; daher verhalten ſich tief ausgetrocknete Thon- böden für die Entwickelung der Pflanzen ungünſtig. Die Erwärmbarkeit der Thonböden iſt entſprechend dem hohen Waſſergehalt eine langſame, ſie gehören daher zu den kälteſten Bodenarten. Die Durchlüftung der Thonböden iſt vom Grade der Krümelung abhängig. Bei dichter Lagerung iſt der Luftaustauſch ein äußerſt lang⸗ ſamer und tritt in derartigen Böden leicht Mangel an Sauerſtoff, und dem entſprechend treten oft Fäulnißvorgänge bei der Zerſetzung orga— niſcher Maſſen auf. Die Zerſetzung der Pflanzenreſte erfolgt entſprechend der niederen Temperatur langſam; den Verlauf beherrſcht aber ebenfalls die Bodenſtruktur. Während in hinreichend gekrümelten Bodenarten die Verweſung zwar nur allmählich fortſchreitend aber normal verläuft, ſammeln ſich auf den dicht gelagerten Thonböden Rohhumusmaſſen an, 382 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. * [$ 98. welche einer fortſchreitenden Krümelung des Bodens im hohen Grade nachtheilig ſind. So ſehr eine loſe aufgelagerte Bodendecke die Struktur der Thonböden erhält und die Verhältniſſe begünſtigt, welche die Krümelung befördern, ſo wenig günſtig verhalten ſich Auflagerungen von Rohhumus, die früher oder ſpäter zur Verſumpfung des Bodens führen. f Von großer Bedeutung für die Thonböden iſt die Beſchaffenheit des Untergrundes; am günſtigſten verhalten ſich unterlagernde, durch- läſſige Bodenſchichten oder Grundgeſtein, welches den Abfluß des Waſſers ermöglicht. Das Gedeihen der Pflanzen wird hierdurch ſtark beeinflußt. Die Thonbodenarten und diejenigen Böden, melche ſich ihnen an- ſchließen, laſſen ſich in folgende Hauptgruppen bringen: 1. Plaſtiſche Thone; ſehr dicht gelagerte, meiſt ziemlich mächtig entwickelte Thonſchichten. Hierher gehören die weiß (auch bläulich) bis gelblich gefärbten tertiären Thone, oft faſt unkultivirbar und der Ver— ſauerung im hohen Grade ausgeſetzt; am ungünſtigſten verhalten ſich Hoch- und Tieflagen, während ſolche mittlerer Erhebung etwas beſſer ſind. Ferner gehören hierher die im Flachlande nicht ſeltenen Thon— ablagerungen alluvialer Bildung (Auethon, nicht zu verwechſeln mit Aueboden, den Ablagerungen des Flußſchlicks), welche ſtets tief liegen, der Vernäſſung im hohen Grade ausgeſetzt ſind und jeder Kultur große Schwierigkeiten bereiten. 2. Die Böden der Schieferthone und Letten, “) des Roth— liegenden und der Trias. Dieſe Geſteine zerbröckeln leicht und bilden zunächſt wenig oder nicht plaſtiſche Erdarten; allmählich gehen ſie in tieferen Lagen in zähe Thonböden über. Baumann!) hat erſt kürz⸗ lich nachgewieſen, daß ſie vielfach arm an Pflanzennährſtoffen ſind und bei Rohhumusbedeckung in ähnlicher Weiſe wie Sandböden eine tief— gehende Auswaſchung erleiden können. 3. Böden aus der Verwitterung anſtehender Geſteine mit beigemiſchten Geſteinsreſten. Es ſind dies Bodenarten, die viel thonige Beſtandtheile enthalten, deren Charakter aber durch die Miſchung mit unzerſetztem Geſteinsmaterial weſentlich verändert wird. Hierher gehören die Verwitterungsböden von: a) ſehr bindemittelreichen Sandſteinen und Konglomeraten; b) Thonſchiefer; c) feldſpathreichen Graniten, Gneißen, Thonporphyr; d) den baſiſchen Geſteinen (Diabas, Melaphyr, Baſalt). ) Das Folgende im Weſentlichen nach Grebe, Bodenkunde. Forſtliche Naturwiſſenſchaftliche Zeitung 1892. $ 99.] Kalkböden. 383 § 99. 5. Kalkböden. Die Bodenarten, welche aus der Verwitterung kalkhaltiger Geſteine hervorgehen, ſind äußerſt verſchieden. Selten ſind ſolche, welche noch einen reichlichen Gehalt an kohlenſaurem Kalk zeigen; zumeiſt iſt dieſer ausgelaugt und neigt der entſtandene Boden, je nach den Beimiſchungen des Urgeſteins, zum Sand-, Lehm- oder Thon- boden, in weitaus den meiſten Fällen ſchließt er ſich dem letzteren an. Wenn daher hier die „Kalkböden“, trotzdem der Kalkgehalt zumeiſt ein verſchwindender iſt, getrennt behandelt werden, ſo beruht dies einmal auf der Berückſichtigung des Grundgeſteines und anderſeits darauf, daß die unterlagernden kalkhaltigen Schichten auf Vegetation wie auf das Verhalten des Bodens weitgehenden Einfluß üben. Die aus der Verwitterung der Kalkgeſteine hervorgehenden Boden— arten kann man eintheilen in: 1. Reine Kalkböden. Boden mit reichlichem Gehalt an kohlen— ſaurem Kalk; hell, weißlich bis bräunlich gefärbt, locker, ſehr dem Austrocknen ausgeſetzt. Die Böden der Kreide und ſehr reiner Kalk— geſteine gehören hierher. Der Bodenwerth iſt ein geringer und zumal Neubewaldungen (3. B. auf ſteilen Muſchelkalkhängen) haben große Schwierigkeit. 2. Lehmböden auf Kalk, ſparſam vorkommend, das Verwitte— rungsprodukt von ſandigen Mergeln und ſandhaltigen Kalkſteinen (ſtreng genommen würden die diluvialen Lehmböden, ſoweit noch unveränderter Diluvialmergel in der Tiefe beſteht, hierher gehören). 3. Thonböden auf Kalk. Hierher gehören die Verwitterungs— böden der Kalkgeſteine, welche reichlich thonige Beimiſchungen enthalten. Als Typus derſelben kann man den Boden des Wellenkalkes anführen. Alle dieſe zum Theil ausgezeichnet fruchtbaren Bodenarten tragen den Charakter eines ſchweren Thonbodens, aber weſentlich beeinflußt durch das Unterlagern eines durchläſſigen Geſteines. Die Plaſticität des Bodens iſt meiſt eine nicht ſehr hohe, der Grad der Krümelung günſtig, der Gehalt an Nährſtoffen ein hoher; die Menge des kohlenſauren Kalkes iſt in den oberen Bodenſchichten oft eine ſehr geringe und beſchränkt ſich zumeiſt auf beigemiſchte Ge— ſteinsbrocken.“ Im gekrümelten Zuſtande nehmen dieſe Böden Waſſer leicht auf und bilden nach dem Austrocknen kleine bröckelige Stückchen. Wie bei allen Thonböden iſt der Bodenwerth zumeiſt durch den Grad der Krümelung beeinflußt, einmal völlig ausgetrocknet, wird ) Analyſen von derartigen „Kalkböden“ bei Wolff, Landwirthſchaftliche Verſuchs⸗Stationen 7, S. 272. Councler, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 15, S. 121. 384 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. RS 99, 100. Waſſer nur ſchwierig wieder aufgenommen und der Boden behält ein ſehr ungünſtiges Verhalten. Die Haſſelerde der thüringer Kalkberge, ſowie die Terra rossa der Karſtgebiete ſind ſolche ſtark ausgetrockneten und phyſikaliſch ungünſtig beeinflußten Thonbodenarten auf Kalk. Die in dieſe Gruppe gehörigen Bodenarten ſind im hohen Grade gegen Freiſtellung und Aushagerung empfindlich. Es beruht dies außer auf der Strukturveränderung durch Austrocknen namentlich noch auf der raſchen Zerſetzung der dem Boden beigemiſchten pflanzlichen Reſte. Der Kalkboden gehört zu den „zehrenden“ Bodenarten. Die günſtigen Verhältniſſe in Bezug auf Feuchtigkeit und Wärme, die hohe Durch- lüftung des Bodens und der reichliche Gehalt an mineraliſchen Nähr- ſtoffen wirken zuſammen, um die Verweſung zu ſteigern. Unvorſichtige Freiſtellung bringt daher dieſen Bodenarten große Nachtheile. Entwaldung kann, wie das Beiſpiel ſo vieler Kalkgebirge beweiſt, zur völligen Vernichtung der Bodendecke und Wegſpülung der feinerdigen Beſtandtheile führen, während anderſeits eine genügende Bedeckung des Bodens die Produktion im hohen Grade zu ſteigern vermag. § 100. 6. Humusböden. Die Humusböden verdanken ihre Eigenſchaften dem reichlichen Gehalt an humoſen Stoffen; ſchon eine procentiſch nicht allzu große Menge vermag dem Boden den Charakter eines Humusbodens auf- zuprägen. In Bezug auf die chemiſche Zuſammenſetzung ſind zwei beziehent- lich drei Gruppen zu unterſcheiden: 1. Stark humoſer Sand, mit etwa 8. 1088 humoſer Stoffe. Der Nährſtoffgehalt wird zumeiſt durch den des Sandbodens beſtimmt und iſt in der Regel ein genügender. 2. Moorböden, mit über 20% humoſer Stoffe, arm an Kali, zumeiſt arm an Phosphorſäure, dagegen reichlich kalkhaltend. 3. Torfböden, die der Grünlandstorfe in ihrer Zuſammenſetzung mit den Moorbböden übereinſtimmend, die der Hochmoore arm an allen mineraliſchen Pflanzennährſtoffen. Der Gehalt an dieſen bewirkt in erſter Reihe die Verſchiedenartigkeit der Vegetation und den Bodenwerth. Nach Fleiſcher enthielten (Mittel vieler Analyſen): Mineraliſche Phosphor- Stick⸗ Beſtand⸗ Kalk Kali ſäure ſtoff theile 9 . | Schollerde .- 0,35 0,05 d 3,0 = | Moostorf . 0,25 003 005 0,8 2,0 Grünlandsmoor 4,00 0,10 0, 225 10,0 $ 100.] Humusböden. 385 Außerdem werden die Eigenſchaften und der Werth der Moore noch im hohen Grade durch die mehr oder weniger ſaure Reaktion der tiefer liegenden Humusſchichten beeinflußt. Es ſcheint dies letztere der weſentliche Grund zu ſein, daß wenig Ausſicht iſt, auf Hochmoorflächen Hochwald (wohl aber Niederwald) zu erziehen. Der Zuſammenhalt des Moorbodens iſt bei ungeſtörter Lagerung ein genügender; bei ſtarkem Eingriff des Menſchen, Entfernung der Bodendecke und fortgeſetzter Viehweide, zumal wenn täglich mit Heerden übertrieben, wird der Boden flüchtig, und es entſtehen die mit Recht gefürchteten Mullwehen, deren Bindung oft große Schwierigkeiten mit ſich bringt. Burckhardt jagt hierüber (Aus dem Walde, Band 9, S. 159): „Unter Mullwehen verſteht man Moorflächen, die durch übertriebene Benutzung oder fehlerhafte Behandlung ihre natürliche vegetabiliſche Bodendecke verloren haben, wo der rohe Moorboden zu Tage tritt, der dann bei trockener Witterung ſtaubig und flüchtig, bei naſſer Witterung ſchlammig und treibend wird. Dieſelben unterſcheiden ſich von den flüchtigen Sandflächen, ſogenannten Sandwehen, dadurch, daß ſie auch bei feuchter Witterung beweglich ſind, ſich weiter ausdehnen und nur zur Ruhe kommen, wenn ſich eine neue Bodendecke bildet.“ In guter Kultur befindliche Moorböden zeigen ausgebildete Krümel— ſtruktur. Die Durchlüftung iſt im unveränderten Moore äußerſt gering; Entwäſſerung bewirkt eine Steigerung derſelben und damit zugleich eine Erhöhung des Bodenwerthes. Der Waſſergehalt iſt ein ſehr hoher, im geſättigten Zuſtande der Böden beträgt er oft das Mehrfache des Gewichtes der feſten Boden— beſtandtheile. Trotzdem trocknen die oberen Schichten der Moore in der trockenen Jahreszeit vielfach ſtark aus. Die Erwärmbarkeit der Moore iſt eine geringe, ſehr langſam fortſchreitende (entſprechend dem hohen Waſſergehalt), und nirgends macht ſich die Verzögerung der Temperaturſchwankungen in den tieferen Bodenſchichten ſo ſtark bemerkbar wie in Moorböden. Die zur Ent— wickelung der Pflanzen nothwendige Temperatur wird auch in mäßiger Tiefe (0,25 — 0,50 m) erſt Ende Mai zum Theil erſt im Juni erreicht, ſo daß ſich hieraus das ſpäte Erwachen der Vegetation auf den Mooren erklärt. In Moorſchichten unter 1 m Tiefe wird die höchſte Tem— peratur erſt im Spätherbſt, in 2 — 3 m Tiefe im Winter erreicht. Die Kenntniß der Temperaturverhältniſſe der Moore iſt wenig verbreitet und ſcheint es daher erwünſcht, die von Krutſch veröffent— lichten Zahlen über die eines Moores des Erzgebirges hier zum Ab— druck zu bringen.“ *) Tharandter Jahrbücher. 29, S. 76. Ramann. DD St 386 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. 2 [$ 100. Das Moor beitand bis 1,5 m Tiefe aus Moos und Grastorf, die tieferen Schichten wurden aus Baumreſten (Kiefer und Fichte) ge- bildet, die oft in ganzen Stockwerken über einander lagen. Bis 4 m Tiefe wurde die Mächtigkeit des Moores nachgewieſen.“ Jahresdurchſchnitt 1874 — 1877 (4 Jahre). Die Temperatur betrug in der Tiefe von: 0,1 0,25 0,50 0,75 1,0 15 2 3m Januar. — 0,39 1,47 2,65 3,82 4,83 6,30 7,36 7,40 Februar. — 0,10 1,14 2,29 3,27 4,18 5,68 6,84 721 März . 0,63 1,66 2,40 3,08 3,83 5,20 6,31 6/95 April 4,31 4,50 4,13 4,02 4,20 9 Mai 7,72 7,07 6,32 5,70 5,39 3 ra Juni 14,17 12,02 9,96 8,30 7,21 6,32 6,31 6,36 Juli.. 15,24 13,83 12,27 10,68 9,44: „ Auguſt 14,67 13,62 12,53 11,34 10,39 18,23 BR BEER September . 9,74 10,56 10,93 10,85 10,80 9,41 8,59 7,12 Oktober. 6,63 7,94 8,95 9,45 9,62 9,31 8,81 725 November . 2,75 4,06 5,72 6,96 7,68 847 8,55 7,44 December . 2,38 2,38 3,84 515 6,12 738 804 7,47 Mittel des Jahres . 6,34 6,69 6,83 6,88 6,97 7,07 7,32 6,95 Abſolutes Maximum 18,40 16,00 14,00 12,40 11,20 10,00 9,20 8,60 Abſolutes Minimum — 4,00 0,60 2,00 2,60 3,20 4,60 5,00 6,20 Bei Beurtheilung der Moorböden iſt Werth auf das Bodenprofil zu legen. Je gleichmäßiger, in den oberen Schichten erdartig, in den tieferen faſt ſpeckig der Boden erſcheint, um ſo mehr iſt bei genügender Düngung und richtiger Regulirung des Waſſerſtandes ein guter Erfolg einer Melioration anzunehmen. Wenig humificirte, faſerige Zwiſchen⸗ lagen ſind ungünſtig. Für waldbauliche Verhältniſſe iſt beſonders auf das Vorkommen von Schichten von Wieſenkalk im Moor in mäßiger Tiefe Rückſicht zu nehmen. Findet ſich dieſer, ſo iſt eine Aufforſtung faſt ausſichtslos, da die Bäume mit ihren Wurzeln die Bodenſchicht nicht durchdringen und die Koſten einer Durchbrechung in keinem Verhältniß zum Ertrag ſtehen. Solche Flächen ſind abſoluter Wieſenboden. Der Abdruck der Zahlen iſt auch deshalb erfolgt, um die Unhaltbarkeit der Braun'ſchen Anſchauungen (Braun, Die Humusſäure, Darmſtadt 1884 und viele Artikel in forſtlichen Zeitſchriften) nachzuweiſen, welche eine weſentliche Einwirkung des Froſtes auf die Moorbildung annehmen. 8 100.] Humusböden. 387 Die wichtigſten Eigenſchaften der hauptſächlichſten Humusböden ſind die folgenden: 1. Stark humoſer Sand. Obgleich der Sand weit dem Ge— wichte nach vorherrſcht, ſo werden die Eigenſchaften des Bodens doch überwiegend durch die Humusbeimiſchungen bedingt. Hauptſächlich ſind es die alluvialen Flußſande (Seite 200), welche hierher gehören und durch das in geringer Tiefe anſtehende Grundwaſſer günſtig beeinflußt werden. Unter genügender Deckung gehören dieſe Böden meiſt zu den günſtigen, oft guten Waldböden, ſind aber gegen Freiſtellung empfindlich. Es beruht dies einmal in dem ſtarken Auffrieren des Bodens, ſowie anderſeits im Austrocknen während der warmen Jahreszeit. Kulturen haben dann oft die größten Schwierigkeiten, während ſie im Schutze der älteren Bäume leicht und ſicher fortkommen. 2. Boden der Grünlandsmoore. Man kann für dieſe zwiſchen Moorboden und Torfboden unterſcheiden; in vielen Fällen über— lagert der erſtere den letzteren. Die Farbe dieſer Bodenarten iſt braun bis ſchwarz; Pflanzenreſte find entweder nicht mehr erkennbar (Moor- böden) oder ſtark humificirt (Torfböden). Die Bodenmaſſe iſt feucht etwas plaſtiſch, auf dem Abſtich oft ſpeckig glänzend; Mineralbeſtand— theile treten nicht ſichtbar hervor. 3. Hochmoortorf. Der Torf iſt hell gefärbt, weißlich, gelblich bis braun, ſehr locker, faſerig und läßt die Zuſammenſetzung aus Mooſen und Wollgras oft noch deutlich erkennen. Die Oberfläche ausgedehnterer Hochmoore iſt zumeiſt mit einer feſteren, dunkleren, mehr erdartigen Schicht überdeckt, die als Schollerde oder als Bunk— erde bezeichnet wird. Die tieferen Schichten der Hochmoore tragen faſt ſtets, den Pflanzen, aus denen ſie entſtanden ſind, entſprechend, einen abweichenden, dem des Grünlandstorfes entſprechenden Charakter (Seite 245). 4. Bruchboden. Den Humusbodenarten ſchließen ſich die Bruch— böden an. Zumeiſt gehört die oberſte Bodenſchicht, oft auch die tieferen zu den Humusbodenarten. Immer iſt Waſſer in geringer Tiefe oder auch anſtehend vorhanden. Der waldbauliche Werth dieſer Brücher iſt überwiegend von der Gegenwart fließenden Waſſers ſowie von der Zuſammenſetzung des Untergrundes abhängig. Das den Boden durchfließende Waſſer enthält ſchon durch die leb— haftere Bewegung und das Berühren verſchiedener Bodenſchichten mehr oder weniger Sauerſtoff gelöſt und wirkt ſo der Bildung ſaurer Humus— ſtoffe entgegen. Das verſchiedenartige Gedeihen der Erle, des Haupt— baumes dieſes Bereiches, iſt zum großen Theil von der Gegenwart fließenden Waſſers abhängig. 25 * 388 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. [S8 100, 101. Man kann die Bruchböden unterſcheiden in ſolche: a) mit Mooruntergrund (auch als Moorbruch bezeichnet); fie nähern ſich dann in ihren Eigenſchaften den Grünlands— mooren, fallen ſogar vielfach mit dieſen zuſammen. Es ſind dies Ländereien, welche normal als Wieſen zu benutzen ſind. Holzzucht lohnt auf denſelben überhaupt nicht oder nur in einzelnen ſelteneren Fällen; b) mit Sanduntergrund (auch als Sandmoorbruch bezeichnet); Sand, mit Moorſchichten mäßiger Stärke bedeckt und in feuchter bis naſſer Lage, iſt zumal im Flachlande weit verbreitet. Die Ränder zahlreicher Moore, aber auch ausgedehntere Flächen gehören hierher. Von größter Wichtigkeit für den Bodenwerth iſt die Be— ſchaffenheit des Waſſers, insbeſondere ob es ſtagnirend oder fließend iſt. Im erſteren Falle ſind dieſe Brüche entweder forſtlich ertraglos oder tragen doch nur ſehr ſchlechtwüchſige Erlen, im zweiten finden ſich Erlenbeſtände geringer bis mittlerer, ſelten höherer Güte; 5 c) mit Lehm- und Mergeluntergrund (auch als Lehmmoor— und Mergelmoorbruch bezeichnet); Moorſchichten auf Lehm oder Mergel bieten die beſten Standorte für Erle. Der an Mineralſtoffen reiche Untergrund, insbeſonders Gegenwart von Kalk in demſelben beeinfluſſen die Zerſetzung der organiſchen Reſte erheblich. Erfahrungsmäßig tritt die Bildung von Humusſäuren auf ſolchen Standorten nicht oder nur in be— ſchränktem Maße auf, man hat daher ſchon früher dieſe Brüche als ſüße Moore, im Gegenſatz zu den ſauren Mooren (a und zum Theil b entſprechend), bezeichnet. s 101. II. Standortsbeſchreibung. Jeder forſtlichen Betriebseinrichtung muß, wenigſtens wenn ſie den berechtigten Anforderungen eines fortgeſchrittenen Waldbaues ent— ſprechen ſoll, die genaue Unterſuchung und Feſtſtellung der Boden- verhältniſſe vorangehen. Die Bodenbeſchreibung muß ſo abgefaßt ſein, daß daraus ein klares Bild der Bodenverhältniſſe hervorgeht. Als Hülfsmittel hierzu dient die Unterſuchung zufällig vorhandener Bodeneinſchnitte (Wegränder, S 101.] Standortsbeſchreibung. Lage. 389 Steinbrüche und dergleichen), Bohrungen mit Bodenbohrern, *) Boden— einſchläge und die Benutzung geologiſcher Karten. Die Bodenbeſchreibung hat ſich zu erſtrecken auf die Beſchaffenheit der Bodendecke, der einzelnen Bodenſchichten und des Unter— grundes. (Die Einzelheiten ſind beſſer bei der Standortsbeſchreibung zu berühren.) Die Standortsbeſchreibung umfaßt außer der Bodenbeſchreibung noch Angaben über die Lage der Flächen, ſowohl in allgemeiner wie auch lokaler Beziehung. Da dieſe Dinge dauernde, vom Einfluß der Menſchen unabhängige und in vieler Beziehung die wichtigſten ſind, ſo ſtellt man fie voran. **) 1. Lage. a) Allgemeine Lage. (Geographiſche Länge und Breite.) Hierbei iſt noch anzugeben, ob das Gebiet angehört Er dem Küſtenlande bis 20 km Entfernung vom Meere; 2. größeren Flußniederungen; 3. dem Flachland oder der Tiefebene; 4. dem Gebirge. a) Hochebene, b) Hügelland, c) Mittelgebirge, d) Hochgebirge. Die hierher gehörigen Angaben beziehen ſich auf das geſammte Gebiet, brauchen alſo nur einmal den örtlichen Beſtandsbeſchreibungen vorausgeſtellt zu werden. ) Die billigen und ungemein handlichen Bodenbohrer, wie dieſe bei den Aufnahmen der geologiſchen Landesanſtalt gebraucht werden, ſind angelegentlichſt zu empfehlen; ſie ermöglichen in wenigen Minuten, eine Bohrung von ein beziehentlich zwei Meter Tiefe auszuführen und geben Material genug, um ſich ein vorläufiges Bild von der Bodenzuſammenſetzung zu machen. Iſt man zweifelhaft, ſo muß man zum Bodeneinſchlag übergehen. Allerdings ſtellt die Benutzung des Bodenbohrers die Anforderung, daß Jemand in der Lage iſt, den Boden auch aus kleinen Proben richtig anzuſprechen; es iſt dies eine Forderung, die man an jeden Forſtmann richten muß und deren Erfüllung man namentlich Studierenden nicht dringend genug ans Herz legen kann. Derartige Bodenbohrer liefert beiſpielsweiſe die Schloſſerei der Gebrüder Dubbick in Eberswalde für einige Mark. ) Die muſterhafte von Grebe bearbeitete „Auleitung zur Standorts- und Beſtandsbeſchreibung beim forſtlichen Verſuchsweſen“ iſt hier mit zu Grunde gelegt. Abänderungen ſind nur in ſoweit vorgenommen, wie ſie der heutige Stand der Wiſſenſchaft erfordert. 390 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. * E 101. b) Oertliche Lage. 1. Abſolute Höhe über dem Meeresſpiegel; 2. nachbarliche Umgebung, und insbeſondere, ob der Revier- theil frei, überragend, ungeſchützt oder durch ſeine nachbar⸗ liche Umgebung geſchützt liegt, ob er geſchloſſenen (Nebel und Froſt ausgeſetzten) Lagen angehört, aushagernden Winden, Froſt, Duft- und Schneeanhang erfahrungsmäßig ausgeſetzt iſt; 3. Expoſition und Inklination. Die Expoſition iſt nach der Himmelsrichtung anzugeben, die Neigung der Flächen nach den Seite 284 aufgeführten Bezeichnungen. 2. Boden. a) Angabe des Grundgeſteines beziehentlich der geologiſchen Zugehörigkeit. Bei feſten Geſteinen iſt der vorwiegende Gehalt der Mineral- beſtandtheile anzugeben. Bei kryſtalliniſchen Silikatgeſteinen alſo nament- lich die relative Menge von Quarz, Feldſpath, Augit, Hornblende, Glimmer; bei Sandſteinen die Natur und Menge des Bindemittels, ſowie die Korngröße und mineralogiſche Zuſammenſetzung der Sand— körner; bei Kalkſteinen der Gehalt an fremden Beimiſchungen, ſoweit er ohne Weiteres erſichtlich iſt. Ferner iſt die Struktur zu berüd- ſichtigen; alſo ob die Geſteine fein-, mittel-, grobkörnig ſind, bei den geſchieferten Geſteinen, ob ſie fein oder grobſchieferig ſind u. ſ. w. Ferner iſt Werth zu legen auf die Lage der Schichten (ob horizontal, geneigt, ſeiger) und auf das Maß der Zerklüftung des Geſteines. Lockere Geſteinsmaſſen (Sande, Grand, Thon- und Lehmböden u. ſ. w.) find jchon durch die Angabe der geologiſchen Zugehörigkeit gut charak⸗ teriſirt (z. B. Dünenſand, Thalſand, Flußſand, Diluvialmergel, Aue- boden und dergleichen). Bei den Geröllen iſt die Größe und Geſteins- art der Beſtandtheile anzugeben, bei den Sanden die Korngröße (fein- körnig bis 0,25 mm, mittelkörnig 0,25 — 0,4 mm, grobkörnig über 0,4 mm Durchmeſſer), ſowie der Gehalt an der Verwitterung zugängigen Silikatbeſtandtheilen. Erwünſcht iſt noch Angabe über Gegenwart oder Fehlen von kohlenſaurem Kalk (z. B. in den Diluvialſanden). b) Zugehörigkeit des Bodens zu einer der Hauptbodenarten, beziehentlich der Zwiſchenformen (Sand, lehmiger Sand, Lehm, Mergel, Thon und dergleichen). c) Steinbeimengung unter Angabe der Zuſammenſetzung, Größe und Menge der Steine (auch ſteinfrei iſt anzugeben). d) Gründigkeit des Boden (nach Seite 343). Die Unterſuchung hat ſich bis zum Grundgeſtein oder zum Grundwaſſerſpiegel, wo dieſe $ 101.] Bodendecke und Humusbeimiſchung im Boden. 391 nicht erreicht werden können, bis zu ca. 2 m Tiefe zu erſtrecken. Finden ſich undurchläſſige Schichten in ſonſt lockerem Boden (Streifen eiſenſchüſſigen Sandes, Ortſtein, Thonſchichten), ſo iſt dies anzugeben. e) Bindigkeit (nach Seite 353). t) Bodenfeuchtigkeit (nach Seite 344) und, wo feſtſtellbar, die Tiefe des Grundwaſſerſpiegels. Das richtige Anſprechen des durchſchnittlichen Feuchtigkeitsgrades des Bodens ſetzt oft längere Beobachtung voraus; insbeſondere hat man ſich vor unrichtigen Angaben bei langdauernder Trockenheit oder in Zeiten reichlicher Niederſchläge zu hüten. g) Farbe des Bodens (am beſten die Farbe des trockenen Bodens). 3. Bodendecke und Humusbeimiſchung im Boden. Der Boden und ſeine Beziehungen zur Bodendecke ſind in folgender Weiſe darzuſtellen: a) nackt oder offen, wenn der Mineralboden frei zu Tage liegt; die Oberfläche kann dann flüchtig, mild, verhärtet, verkruſtet u. ſ. w. ſein; b) bedeckt; der Zuſtand der regelmäßig bewirthſchafteten Wald— böden. Die Bodendecke beſteht in Laubwäldern überwiegend aus dem Abfall der Bäume, in Nadelwäldern vielfach noch aus einer Moosdecke. Auf die genaue Angabe der Beſchaffenheit der Bodendecke iſt großes Gewicht zu legen. Es iſt anzugeben: 1. ob die einzelnen Beſtandtheile der Streu (in Laubwäldern) loſe, unter einander nicht zuſammenhängend, auf dem Mineral— boden aufliegen (der Zuſtand der beiten Waldböden, Mull— böden nach Müller]); 2. ob die einzelnen Blätter und Streutheile zuſammenkleben, be- ziehentlich in geſchloſſener Decke abzuziehen ſind, jedoch ohne merkbare unterliegende Humusſchicht auf dem Mineralboden aufliegen (erſtes Stadium der Rohhumusbildung und Boden— verſchlechterung); 3. ob Rohhumus unterhalb der Streu lagert (Trockentorf nach Müller]). Sit dies der Fall, jo iſt die Beſchaffenheit und Mächtigkeit der Humusſchicht genau anzugeben; insbeſonders kommen hierbei in Betracht: a) der Humus iſt ſtark zerſetzt, locker, erdartig; b) der Humus iſt faſerig aber von lockereren Theilen durchſetzt, nicht dicht zuſammengelagert; e) der Humus iſt dicht zuſammengelagert, faſerig, wenig durchdringlich. 392 Hauptbodenarten, Bodenbejchreibung. Is 101. (Dieſe drei Fälle entſprechen verſchiedenen Entwickelungsſtufen der Rohhumusbildung; die genaue Angabe iſt für den Betrieb von Wichtig- keit; während a) bei allmählicher Freiſtellung und Erwärmung der Bodens ſich der Rohhumus in der Regel allmählich zerſetzen wird, einer Verjüngung alſo keine Schwierigkeiten bereitet, iſt es bei b) bereits zweifelhaft, bei e) bedarf es künſtlicher Nachhülfe.) 4. Bei Moosbedeckung Angabe der Mooſe und zwar nach den drei für den Forſtmann wichtigſten Gruppen: Aſtmooſe (Hyp⸗ numarten und deren Verwandte); Haftmooſe (Polytrichum⸗, Dicranum- und ſämmtliche anderen Arten, deren Stengel in den Boden eindringt und am unteren Ende mit Wurzelhaaren beſetzt iſt)) Torfmooſe (Sphagnum auch Leucobryum iſt hierher zu rechnen; alle dieſe Arten zeichnen ſich durch ihre helle faſt weiße Farbe aus). Die Mächtigkeit und Beſchaffenheit der unter den Mooſen liegenden Humusſchicht iſt ebenfalls genau anzugeben. c) benarbt (begrünter Boden). Der Boden iſt mit einer leichten nicht geſchloſſenen Decke von Gräſern, Schlagpflanzen, auch wohl von Heide oder Heidelbeere verſehen; überall befindet ſich jedoch der Mineralboden zwiſchen oder unter den Pflanzen. Rohhumus—⸗ bildungen fehlen; d) verwildert. Der Boden zeigt eine ihn völlig verſchließende und die Oberfläche ſtark durchwurzelnde lebende Bodenbekleidung. Die Art derſelben iſt zu unterſcheiden in: 1. Verangerung, ſchmalblätterige Gräſer mit ſtarker Wurzel- entwickelung. Rohhumusbildungen fehlen in der Regel; 2. Vergraſung. Geſchloſſene Bedeckung mit breitblätterigen, ſaftigen Gräſern. Rohhumusbildungen fehlen; 3. Heidel- und Preißelbeere; meiſt mit mehr oder weniger ſtark durchwurzelter Rohhumusſchicht. Bei Heidelbeere oft, bei Preißelbeere immer von ungünſtiger, faſeriger, dicht ge— lagerter Beſchaffenheit; 4. Verheidung. Heide, in weitaus den meiſten Fällen mit dichter, dunkel gefärbter und ſtark durchwurzelter Rohhumus⸗ ſchicht. Lokal finden ſich ferner noch Hungerflechten (Cladoniaarten, zumal Rennthierflechte), Farrenkräuter (zumal Adlerfarren), Himbeere, Brom- beere, Wachholder, niedere Sträucher. (Die drei Hauptformen der Bodenbedeckung, die der Mullböden, Böden mit Rohhumus, mit und ohne Pflanzendecke Heide, Beer- kräuter, Farren, und Graswuchs (Vergraſung, Verangerung] find ſcharf zu trennen. Wenn natürlich auch Uebergänge zwiſchen denſelben $ 101.] Bodenprofil. 393 vorhanden jind, jo bietet die Einreihung in der Praxis doch nur aus— nahmsweiſe Schwierigkeiten. Jede dieſer Formen der Bodenbedeckung bedingt eine andere wirthſchaftliche Behandlung der Flächen.) Der unter der Bodendecke liegende Mineralboden iſt mehr oder weniger mit Humus gemiſcht. Die Mächtigkeit dieſer humoſen Boden— ſchicht iſt anzugeben. 4. Bodenprofil. Die Beſchaffenheit des Bodens in ſeinen verſchiedenen Schichten iſt in Form eines Bodenprofiles darzuſtellen. Es iſt hierbei durch Meſſungen die Mächtigkeit der einzelnen Schichten zu ermitteln. Zu berückſichtigen ſind alle Bodenlagen ab— weichender Beſchaffenheit; in der Regel werden folgende derſelben ſich vorfinden: a) Die mit Humus gemengte oberſte Schicht. In den ver- ſchiedenen Böden iſt die Mächtigkeit eine ſehr wechſelnde. Der Gehalt an humoſen Stoffen iſt durch ſchwach, etwas, ſtark humos zu bezeichnen (Seite 351). Zugleich iſt auch die Dichtig— keit der Lagerung im Verhältniß zur nächſt tieferen Schicht, ſowie auf die Beſchaffenheit der beigemengten Mineraltheile Rückſicht zu nehmen. In allen Fällen, in denen die nächſt tiefere Bodenſchicht lockerer gelagert iſt, als der Oberboden, kann man annehmen, daß eine un— günſtige Veränderung des Bodens eingetreten iſt. Die Beſchaffenheit und Farbe der mit dem Humus gemiſchten Mineraltheile läßt ſchon einen Schluß auf Gegenwart oder Fehlen von ſauren Humusſtoffen zu. Ueberall, wo die Mineraltheile entfärbt, die Silikate ſtark angegriffen und verwittert ſind, iſt das Vorkommen ſaurer Humusſtoffe wahrſcheinlich; überall, wo dieſe Bodentheile noch durch Eiſen gelblich oder bräunlich gefärbt find, kann man die Ab- weſenheit der Humusſäuren annehmen.“ Ferner iſt, zumal bei Sandböden, darauf zu achten, ob die humoſe Bodenſchicht ſich in ſcharfer Linie von dem unterlagernden Boden abhebt (durch Rohhumusbedeckung, Aushagerung, Bloßliegen ungünſtig ver— änderte Böden), oder ohne ſofort erkennbare Grenze ſcheinbar all— mählich in den Untergrund übergeht (Zuſtand der guten Waldböden). ) Die Schütze 'ſche Probe (vergleiche Seite 228), den humoſen Boden mit verdünnter Ammoniakflüſſigkeit zu behandeln, iſt ebenſo einfach wie in den meiſten Fällen ſicher, um ſich über die Gegenwart von Humusſäuren und damit zugleich über Fäulnißvorgänge im Boden zu unterrichten. Ebenſo ſollte man bei der Anfertigung von Bodenbeſchreibungen ein Fläſchchen mit Salzſäure in Holzetui mit ſich führen, um auf kohlenſauren Kalk zu prüfen. 394 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. Ss 101, 102. b) Die zweite Bodenſchicht, oft als Rohboden bezeichnet. Dieſe Schicht iſt bei den verſchiedenen Bodenarten äußerſt wechſelnd ausgebildet. Es iſt die Farbe derſelben, der Lockerheitsgrad, Mächtig⸗ keit, Feuchtigkeitsgrad anzugeben. c) Das Grundgeſtein, beziehentlich die erſten Verwitterungs⸗ grade desſelben. d) Sit die Verbreitung der Wurzeln in allen mit Wald be- ſtandenen Böden anzugeben. In den meiſten Fällen ſchneidet die reichliche Wurzelverbreitung an der Grenze des gekrümelten Bodens ab und gilt dies ſelbſt für flachwurzelnde Holzarten bis zu einem ge- wiſſen Grade. Es iſt daher deren Kenntniß zugleich ein Mittel, ſich über die Tiefe des gelockerten Bodens klar zu werden. In ſehr tief- gründigen und beſonders günſtigen Böden kann man unter Umſtänden eine ſchärfere Grenze der Wurzelverbreitung nicht auffinden. Wird die Bodenbeſchreibung in der hier vorgeſchlagenen Weiſe durchgeführt, ſo wird es faſt ſtets möglich ſein, ſich ein Bild von dem Bodenwerthe zu machen, und, was das Wichtigſte dabei iſt, der Revier⸗ verwalter erhält einen Anhalt, um Veränderungen des Bodens feſtzu⸗ ſtellen und zu verfolgen. Treten dieſe auf den fruchtbareren Boden- arten auch nur ganz allmählich ein, ſo genügt doch für ärmere, zumal für Sandböden, oft ſchon die Zeit eines Umtriebes, um die Verhältniſſe in hohem Grade zu verändern. s 102. III. Kartirung. Die Bodenbeſchreibung kann ſich immer nur auf kleinere Flächen erſtrecken; Ueberſicht über ein größeres Gebiet giebt erſt die Kartirung, das Eintragen der gewonnenen Thatſachen über die Bodenverhältniſſe in eine Karte. Leider ſind nach dieſer Richtung erſt die allererſten Schritte gethan und eine Darſtellungsmethode, welche den Anforderungen des Land- und Forſtwirthes entſpricht, iſt, zumal für Gebirgsböden, immer noch ein unerreichtes Ziel. Allerdings iſt man in der Lage, für kleinere Gebiete, z. B. einzelne Reviere, die nicht allzu mannig⸗ faltige Verhältniſſe aufzuweiſen haben, alles Weſentliche in eine Karte zuſammenfaſſen zu können, aber ſowie dies auf größere Flächen über— tragen werden ſoll, werden die Schwierigkeiten außerordentlich groß.“) ) Einen ſehr hübſchen Beitrag hierzu liefert Dr. Baumann in der Forſt⸗ lichen Naturwiſſenſchaftlichen Zeitſchrift 1892 in der Kartirung des bayriſchen Reviers Hauptsmoorwald (Forſtamt Bamberg — Oft). $ 102.] Kartirung. 395 Am weiteſten fortgeſchritten iſt man in der Aufnahme des nord— deutſchen Flachlandes. Die geologiſchen Karten fallen hier mit den Bodenkarten zuſammen und geben eine treffliche Ueberſicht. Die Be— nutzung der Karten bietet für Feld- und Waldbau große Vortheile und jeder kann ſich ohne nennenswerthe Schwierigkeiten in den Gebrauch der betreffenden Karten einarbeiten. In denſelben ſind zunächſt die Hauptbodenarten (die hier mit geologiſchen Unterſchieden zuſammenfallen) durch die Schraffur unter— ſchieden, und zwar iſt: Sandboden durch Punktirung, Lehm- und Mergelboden durch ſchräge Strichelung, Thon durch ſenkrechte Strichelung, Humusböden (Moor, Torf u. ſ. w.) durch wagerechte Striche— lung bezeichnet. Die Farben bezeichnen die geologiſche Zugehörigkeit (weiß für Alluvium, grün auf weiß für Altalluvium), braun für oberes, grau für unteres Diluvium; hierzu kommen noch hellgelb für Flugſand und Dünen, blau für kalkhaltige Böden). Der große Vorzug dieſer Bezeichnungen iſt, daß ſie die Be— ſchaffenheit des Untergrundes in der Karte zum Ausdruck bringen können. Dieſe geologiſchen Karten geben ſomit zugleich einen Ueberblick über die geologiſchen wie über die Bodenverhältniſſe. Ungleich ungünſtiger ſtellen ſich dagegen die geologiſchen Karten der Gebirgsgebiete. Auch dieſe ſind für den Forſtmann ein unentbehr— liches Hülfsmittel, aber nur zu oft iſt das geologiſch Zuſammengehörige aber land⸗ und forſtwirthſchaftlich Verſchiedene in einheitlicher Weiſe zuſammengefaßt, und die Erwartung, einen Anhalt für die Boden— verhältniſſe zu erlangen, wird getäuſcht. Die geologiſche Kartirung, wie ſie in Deutſchland in Arbeit iſt, benutzt einen Maßſtab von 1: 25000, eine Größe, in der derartige Arbeiten noch nie anderweitig durchgeführt worden ſind und die für geologiſche Zwecke wohl kaum überſchritten werden kann. Für die Forderungen der Land- und Forſtwirthſchaft iſt, wenigſtens in allen etwas mannigfaltigeren Verhältniſſen, der Maßſtab immer noch zu klein; will man von einer Bodenkarte wirklich Nutzen haben, ſo muß man ſich eine ſolche im Maßſtab von 1: 10000 oder mindeſtens in 1: 12500 anfertigen. Eine ſolche Karte muß Höhenkurven, ſowie die Waſſerläufe ent- halten, der Maßſtab iſt groß genug, um jeden Bodeneinſchlag eintragen zu können. Würde man derartige Karten in jeder Revierverwaltung anfertigen, ſo würde es möglich, die gewonnenen Erfahrungen dauernd 396 Hauptbodenarten, Bodenbeſchreibung. Is 102. feſtzuhalten und allmählich zu einer Kenntniß der Bodenverhältniſſe zu gelangen, die jetzt nur nach vieljähriger Thätigkeit für Einzelne zu er⸗ reichen ijt.*) Für den forſttechniſchen Betrieb würden ſolche Karten von hohem Werthe ſein und zumal bei der Wahl der Holzarten die größten Dienſte leiſten und gar manchen Mißgriff verhindern können. *) Für die Lehrforſtreviere der Akademie Eberswalde iſt bei Gelegenheit der Taxationen bereits ein Anfang mit der Anfertigung derartiger Karten gemacht worden. Mit Benutzung der bereits vorhandenen oder noch zu erwartenden geolo⸗ giſchen Karten würden derartige Arbeiten zweckmäßig in allen Forſtrevieren durch⸗ zuführen ſein, erſt dann kann ſich die Betriebsregulirung auf dauernde Grundlagen ſtützen. Zur Zeit wird in einer ſchwer zu rechtfertigenden Weiſe die wichtigſte Grundlage des forſtlichen Betriebes, die Kenntniß des Bodens, vernachläſſigt. Es würde Staunen erregen, wenn einmal nachgewieſen würde, welche Summen dem Staate alljährlich durch ungeeignete oder beſſer, nicht genügend zu rechtfertigende Wahl der Holzarten verloren gehen. XV. Theorie der Kulturmethoden. Im folgenden Abſchnitte ſoll verſucht werden, die bisher vor— liegenden wiſſenſchaftlichen Unterſuchungen über die Wirkung der Kulturmethoden und über die auf Boden und Standort bezüglichen Aenderungen, welche durch die Kultivirung hervorgerufen werden können, kurz darzuſtellen. Mit einigen Ausnahmen iſt die Methode der Kultur und die Art und Weiſe ihrer Ausführung nicht berührt. Dies gehört dem Waldbau an. Dagegen ſind einzelne verwandte Theile des Landbaues (Moorkultur, Bewäſſerung, Düngung) ſoweit dargeſtellt wie es Raum und Zweck dieſes Buches geſtatten. Die ganze Zuſammenſtellung ſoll alſo nicht auf die Frage Antwort geben: „Wie führt man die Kultur aus?“ ſondern auf die: „Welche Einwirkungen übt man durch die betreffende Kulturmethode aus?“ Es iſt offenbar, daß erſt dann eine richtige Anwendung der einzelnen Kulturarten erfolgen kann, wenn man über die dadurch bewirkten Veränderungen unterrichtet iſt, nur dann kann das im gegebenen Falle Beſte erkannt werden, und bedarf es, wenn überhaupt, im minderen Grade, mühſeliger und zeitraubender Verſuche, um das Paſſende zu finden. Allerdings muß wiederholt darauf hingewieſen werden, daß ge— nügende Vorarbeiten für die Beurtheilung der meiſten im Waldbau üblichen Kulturmethoden nicht vorliegen. Was daher geboten werden kann, iſt als ein erſter Verſuch auf noch unbebautem Felde zu be— trachten. 398 Die Theorie der Kulturmethoden. Is 103. $ 103. J. Entwäſſerung und Bewäſſerung. 1. Entwäſſerung. Bis zur Mitte dieſes Jahrhunderts ſind in Deutſchland ausgedehnte Entwäſſerungen durchgeführt worden, vielfach ohne Rückſicht auf die örtlichen Verhältniſſe. Beträchtliche Flächen ſind hierdurch in ihrem Ertrage geſunken und zumal im Walde hat man nur zu oft ſchlimme Erfahrungen damit gemacht. Hierdurch ſteht man im Allgemeinen jetzt Entwäſſerungen ſehr vorſichtig gegenüber. Es iſt daher Zeit allmählich an Stelle bloßer Vermuthungen über die muthmaßliche Wirkung einer Entwäſſerung eine klarere Einſicht über dieſen Gegenſtand zu ſchaffen. Fehlen auch bisher noch Unterſuchungen an einzelnen genau beobachteten Beiſpielen, ſo liegt doch genug Material vor, um die wichtigſten Daten induktiv abzuleiten. Der Entwäſſerung hat eine genaue Bodenunterſuchung voranzugehen. Es iſt zu unterſcheiden zwiſchen durchläſſigen (alle Sandböden) und undurchläſſigen (die meiſten Lehmböden, Thon- und Moorböden) Bodenarten. Es iſt ferner feſtzuſtellen, ob der Ueberſchuß an Waſſer durch Zutagetreten des Grundwaſſerſpiegels hervorgerufen wird, oder ob es ſich um Vertiefungen im Boden mit undurchläſſigem Untergrunde handelt, in denen ſich die Tagewäſſer an- ſammeln (man vergleiche Seite 38 — 41). Dieſe beiden Haupttypen laſſen ſich am einfachſten an einer kleinen Zeichnung erläutern (Abb. 31). Es iſt eine undurchläſſige Schicht dar⸗ geſtellt, welche zum Theil die Bodenoberfläche bildet, zum Theil von durchläſſigem Boden mit Grundwaſſer überlagert wird. Der See A iſt in die undurchläſſige Schicht eingeſenkt, die Seen B und O ſind Theile des zu Tage tretenden Grundwaſſers. Eine Entwäſſerung des Sees A würde eine merkbare Einwirkung auf die Feuchtigkeitsverhältniſſe des umgebenden Bodens nicht üben. Dagegen würde die Entwäſſerung von B und C den Grundwaſſerſtand bis auf die Linie ab ſenken. Ziemlich gleichgültig würde es dabei ſein, ob der große See B oder der kleine C ſein Waſſer verliert; die Einwirkung auf den Grundwaſſerſtand würde nahezu dieſelbe bleiben, und je nach der Korngröße und Durchläſſigkeit des Bodens (alſo in höherem Maße bei grobkörnigem, in geringerem bei feinkörnigem) würden die benachbarten Flächen einen Theil ihrer Feuchtigkeit einbüßen. Ausgedehntere Entwäſſerungen können daher weithin wirken und bei ungünſtigen Verhältniſſen kann ſchon die Entwäſſerung eines an ſich unbedeutenden Gebietes großen Einfluß ausüben. Zu den undurchläſſigen, beziehentlich ſchwer durchläſſigen Boden- arten gehören die Thon- und die meiſten Lehmböden; außerdem noch § 103]. Entwäſſerung. 399 die Humusböden. Während dies für die erſteren allgemein bekannt iſt, gilt nicht das Gleiche für die Moor- und Torfbodenarten. Die Un— durchläſſigkeit der letzteren ergiebt ſich jedoch ſchon aus dem häufigen Vorkommen von kleineren Waſſerbecken ohne Abfluß, die im Laufe des Jahres ihren Waſſerſtand nur ſehr wenig ändern. Bei Moorkulturen iſt es daher nothwendig, die Entwäſſerungsgräben nahe, bei Grün— landsmooren in etwa 25 m Abſtand, bei Hochmooren oft ſogar in 10 m Abſtand anzulegen. Endlich hat Wollny noch die faſt völlige Undurchläſſigkeit der Moorſubſtanz für Waſſer experimentell nachgewieſen. Vor Ausführung einer Entwäſſerung ſind daher die Bodenverhält— niſſe genau feſtzuſtellen. In entſprechenden Abſtänden ſind im ganzen Umkreis der zu entwäſſernden Fläche Bodeneinſchläge oder Bohrungen vorzunehmen, welche bis unter den Waſſerſpiegel der zu melio— rirenden Fläche geführt werden müſſen. Abb. 31. Auf Flächen mit undurchläſſigem Untergrund, in deren Ver— tiefungen ſich die Tagwaſſer angeſammelt haben, genügt oft ſchon ein Abſtand von 5—10 m Entfernung, um Grundwaſſer in der Höhe des freien Waſſerſpiegels nicht mehr anzutreffen (Seite 40). Es iſt jedoch zu berückſichtigen, daß viele der hierher gehörigen Gewäſſer, zumal wenn es ſich um Seen oder Flußläufe handelt, von einem ſchmäleren oder weiteren Saume ſpäter zugeführten Materials umgeben ſind. Derartige Strecken kennzeichnen ſich meiſt durch ihre ebene Ausbildung und bei genauerer Unterſuchung erkennt man bald, daß es ſich um Ausfüllung eines Theiles des alten Seebeckens oder um Anſchwemmungen fließender Gewäſſer handelt. Die Entwäſſerung von Gebieten mit undurchläſſigem Untergrunde unterliegt keinen Bedenken, eine bemerkbare Einwirkung auf benachbarte Flächen wird nicht herbeigeführt. Viel ſchwieriger geſtaltet ſich die Entſcheidung bei einer vorzu— nehmenden Entwäſſerung in durchläſſigen Böden. Durch Berück— ſichtigung der Korngröße, der vertikalen Erhebung und des Gefälles x 400 Die Theorie der Kulturmethoden. [$ 103. des Grundwaſſers hat man die Möglichkeit, die Wirkung ungefähr zu beurtheilen. Am ſicherſten leitet hierbei die Beſtimmung des Gefälles des Grundwaſſers. In weitaus den meiſten Fällen folgt die Richtung des Grundwaſſerſtromes dem Bodenrelief, die Feſtſtellung derſelben bietet daher nur ſelten Schwierigkeiten. Beſtimmt man nun die Grundwaſſer⸗ koten in etwa drei bis vier Punkten und in einem Abſtande von je etwa 50 —100 m (bei größeren Flächen auch in weiterem Abſtande), jo gewinnt man ein Bild der muthmaßlichen Senkung des Waſſerſpiegels. Entwäſſerung auf Moorböden wirkt in Folge der Undurch— läſſigkeit der Bodenart auf den Waſſerſtand der Umgebung überhaupt nicht ein, wenn die Gräben in humoſem Boden verlaufen. Es iſt daher zunächſt die Mächtigkeit der Moorſchicht feſtzuſtellen. Uebertrifft dieſe die Tiefe der anzulegenden Gräben, ſo iſt eine Einwirkung von der Entwäſſerung auf benachbarte Flächen nicht zu erwarten. Schneiden die Gräben dagegen tief in den Untergrund ein, ſo gelten dieſelben Sätze wie für jede andere Entwäſſerung. Es iſt jedoch zu berückſichtigen, daß die Moorſchichten ſelbſt viel Waſſer an den Untergrund abgeben, und mögliche ſchädliche Einwirkungen zum großen Theil wieder aus⸗ gleichen. Dem entſprechend ſind bisher Mittheilungen über den Einfluß einer Entwäſſerung von Mooren auf den Waſſerſtand der Umgebung in der Literatur nicht bekannt geworden. Die Entwäſſerung der Moore im Gebirge und ihre Ein— wirkung auf die Waſſerführung der Quellen iſt bisher noch ſehr wenig durchgearbeitet. Auch hierbei wird zunächſt die Mächtigkeit der Moor⸗ ſchicht zu berückſichtigen ſein. Bleiben die Gräben völlig oder über— wiegend im Bereich des Moores, ſo iſt eine Einwirkung auf den Stand der Quellen nicht anzunehmen. Die Wäſſer, welche bisher aus dem Moor in den Untergrund abſickerten, werden dieſen nächſten und be- quemſten Weg nach wie vor verfolgen und dies ſelbſt noch in annähernd gleicher Größe, wenn auch die Gräben den Mineralboden anſchneiden. Im Allgemeinen wird man daher keinen Grund haben, zumal in Ge— birgen mit reichlichen ſommerlichen Niederſchlägen, mit der Entwäſſe— rung hochliegender verſumpfter Flächen gar zu vorſichtig zu ſein. Landläufig iſt der Vergleich der hochgelegenen Moore mit Schwämmen, deren Feuchtigkeit in Zeiten der Trockniß die lechzende Umgebung tränkt. Es klingt dies ſehr hübſch, aber ob es auch wahr iſt, erſcheint oft recht zweifelhaft. Oft genug werden die Moore der Gebirge durch ihre niedere Temperatur und ihre ſtarke Waſſerverdunſtung in jenen kühlen Lagen für die benachbarten Gebiete eher ſchädlich als nützlich ſein. Man ſollte auch berückſichtigen, daß dieſe Moore faſt ausnahms- los aus alten durch Verſumpfung ertraglos gewordenen Waldgebieten entſtanden ſind. § 103.] Bewäſſerung. 401 2. Bewäſſerung. Literatur. Wichtige hierher gehörige Arbeiten ſind: Hervé Magnon, Experiences sur l’emploi des Eaux, Paris 1869. König, Landwirthſchaftliche Jahrbücher 1877, S. 287; 1879, S. 505; 1882, S. 158; 1885, S. 177. Ullik, Oeſterreichiſches landwirthſchaftliches Wochenblatt 1878. Bardeleben, Kulturingenieur III, S. 34. Die techniſche Ausführung in: Perels, Landwirthſchaftlicher Waſſerbau, Berlin bei Parey. Kaiſer, Beiträge zur Pflege der Bodenwirthſchaft, Berlin 1883. Zur Bewäſſerung kann man alle jene Kulturmethoden rechnen, welche den oberflächlichen Abfluß des Waſſers hemmen und verlang— ſamen (Sickerwaſſergräben und dergleichen). Eingehend ſind die Wir— kungen der Waſſerzufuhr bei Wieſenmeliorationen unterſucht. Die Bewäſſerung vermittelt die Zufuhr des für die Vegetation nothwendigen Waſſers, Zufuhr von gelöſten oder ſuspendirten Nähr— ſtoffen und wirkt endlich durch die im Waſſer gelöſten Gaſe, ſowie durch phyſikaliſche Wirkungen. In wärmeren und namentlich trockneren Gebieten erhalten ganze Landſtriche ihre Kulturfähigkeit durch eine geregelte Bewäſſerung. Schon in Südeuropa macht ſich dies theilweiſe geltend, während in unſeren Gebieten die düngende und namentlich die entſäuernde Wirkung des Waſſers überwiegt. Es geht dies ſchon daraus hervor, daß in den ſüdlicheren Gegenden in der Regel viel ſparſamer bewäſſert wird, als in den nördlicheren. Aber auch hier ſind die Eigenſchaften und der Beſtand der Wieſen an Gräſern von einer geregelten Waſſerzufuhr abhängig. C. Weber“) zeigte z. B., daß das Vorkommen beſtimmter Wieſengräſer in Schleswig-Holſtein überwiegend von dem Waſſergehalte der Flächen abhängig iſt, viel mehr als von der chemiſchen Zuſammen— ſetzung oder der phyſikaliſchen Beſchaffenheit des Bodens. Von beſonderer Wichtigkeit iſt die düngende Wirkung des zu— geführten Waſſers; auf ſie ſind wohl in erſter Linie die günſtigen Er— fahrungen zurückzuführen, die man bei Anlage von Parks und dergl. auf ärmeren Böden durch Bewäſſerung erzielt hat. Das Verkennen der Zufuhr düngender Stoffe hat zu der generell ganz unhaltbaren Annahme geführt, daß jeder Boden hinreichend Nährſtoffe zu einer üppigen Waldvegetation beſitze, wenn nur genügend Waſſer vorhanden ſei. Ein Beiſpiel für die Nährſtoffmengen, welche bei geregelter Be— wäſſerung dem Boden zugeführt werden, geben die Verhältniſſe des Babelsberger Parkes, die von Laufer genauer unterſucht wurden.““ ) Schriften des naturw. Vereins für Schleswig-Holſtein, IX, Heft 2, 1892. ) Jahrbuch der geologiſchen Landesanſtalt von Preußen 1880, S. 429. Ra mann. 26 402 Die Theorie der Kulturmethoden. Is 103. Auf Jahr und Hektar berechnet enthält das zugeführte Waſſer: 15,5 kg ſalpeterſaures Ammon, 65 „ kohlenſaures Ammon, 58 „ ſchwefelſaures Kali, 72 „ kohlenſauren Kalk. Es würden dieſe Stoffe zur ausreichenden Entwickelung faſt jeder Vegetation genügen. Der Boden des Babelsberger Parkes iſt zudem ein Diluvialſand von ſolcher Beſchaffenheit, daß er noch befähigt iſt, Laubholz zu tragen. (Auch der Boden des Muskauer Parkes iſt von günſtiger Be- ſchaffenheit, die Schöpfung des Fürſten Pückler iſt daher durchaus nicht, wie man vielfach behaupten hört, auf ſterilem Sande entſtanden.) Die Einwirkung der Bewäſſerung auf Wieſen kann in der kühleren Jahreszeit in einer Erhöhung der Bodentemperatur (ſo lange das Waſſer wärmer iſt als die tieferen Bodenſchichten) beſtehen. Meiſt über- wiegt jedoch die Nährſtoffzufuhr und die entſäuernde Wirkung durch das Waſſer. Die im Waſſer gelöſten Mineralbeſtandtheile werden von den Pflanzen aufgenommen oder können auch vom Boden abſorbirt werden; anderſeits kann auch das Waſſer löſend auf die im Erdreich vor- handenen Stoffe einwirken. Immer ſtellt ſich ein Gleichgewichtszuſtand zwiſchen der Waſſermenge und den Bodenbeſtandtheilen heraus. In vielen Fällen hat das abfließende Waſſer beſtimmte Mineralſtoffe ver- loren und dagegen andere aufgenommen. Je nach den lokalen Be- dingungen werden ſich fortgeſetzt ändernde Verhältniſſe ergeben. Dagegen macht ſich die entſäuernde Wirkung des Waſſers immer mehr oder weniger ſtark geltend. Die humoſen Stoffe ver- brauchen den gelöſten Sauerſtoff zu ihrer Oxydation, und zumal die etwa vorhandenen Humusſäuren werden zerſtört. Der Gehalt des abfließenden Waſſers an Sauerſtoff iſt daher immer ein ge— ringerer, der an Kohlenſäure ein höherer als im auffließen- den Waſſer. Dieſe Oxydationswirkung, die man als entſäuernde bezeichnet, iſt in vielen Fällen die wichtigſte bei der Bewäſſerung. Aus ihr erklärt es ſich, daß bereits genutztes, alſo ſauerſtoffärmeres Waſſer, weſentlich geringwerthiger für weitere Bewäſſerungen wird, daß anderſeits der Werth wieder ſteigt, wenn das Waſſer längere Zeit mit der Luft in Berührung war und namentlich, wenn es durch raſche Bewegung Ge— legenheit hat, wieder Sauerſtoff aufzunehmen. Auf den Mangel an Sauerſtoff iſt zumeiſt auch die ungünſtige Wirkung der Moorwäſſer zurückzuführen. Die düngende wie die entſäuernde Wirkung mag an zwei von Hervé Magnon unterſuchten Beiſpielen dargelegt werden. $ 103.] Bewäſſerung. 403 Das eine bezieht ſich auf Rieſelwaſſer, welches bei St. Die (Vogeſen) benutzt wurde. Die Menge des abfließenden Waſſers war nur wenig geringer als die des zugeführten. Beide enthielten: Gelöſte Gaſe EN = ; ; . | Mineralſtoffe mg im Liter ı2 ı52 ge & |21231828 ( en 2 8 5 = zZ © S0 Gehalt des zufließenden Waſſers. 8,50 1,57 9 1195 1,307 Gehalt des abfließenden Waſſers. 7 ! 1,416 Gewinn oder Verluſt der Wieſen 0,85 — 0,18 4 1 1 |—0,109 Aufgenommene Menge in 9% der ein— „ 410,0 „ ee — Die düngende Wirkung des Waſſers tritt hier ſcharf hervor, von faſt allen Stoffen ſind erhebliche Mengen aufgenommen worden. Ein ganz anderes Bild gewährt dagegen die Unterſuchung eines Rieſelwaſſers von l'Isle (Vaucluſe). Dieſes enthielt: B 0 u 2 85 | @etöfte Gaſe gin fata | ebem im Liter Mineralſtoffe f 1 ) Ze dener ekſtoff R Kohlen— und Natron Magneſia | St Sauerſtoff bu! Auffließendes Waſſer 50 11,37] 90] 1] 160 1,580 Abfließendes Waſſeer 1,70 13,6 || 100 123 33 1,363 Gewinn oder Verluſt der Wieje . z / ee Hier ergab alſo das Rieſelwaſſer nach der Benutzung faſt durch— weg einen höheren Gehalt an Nährſtoffen, dagegen iſt der gelöſte Sauerſtoff bis auf einen Reſt verbraucht worden. Wie im erſten Bei— ſpiel die düngende, ſo tritt hier die entſäuernde Wirkung der Berieſelung hervor. (Die Menge des abfließenden Waſſers war eine erheblich ge— ringere als die des zugeführten, da jedoch die Berieſelung nur ſechs Stunden gedauert hatte, muß man ein Verſickern im Boden annehmen, die Verdunſtung kann in ſo kurzer Zeit keine ſo große geweſen ſein.) Die erwärmende Wirkung der Berieſelung kann in Ausnahme- fällen zum Theil auf phyſikaliſche Vorgänge zurückgeführt werden; im Allgemeinen wird das zur Benutzung kommende Waſſer eine höhere Temperatur haben als die tieferen Bodenſchichten. Da die Boden— temperatur bei ſtarker Waſſerzufuhr dem Wärmegrad des auffließenden 26 * 404 Die Theorie der Kulturmethoden. [S 103. Waſſers entſpricht, jo wird berieſelter Boden früher die zur Entivide- lung der Pflanzen nothwendige Temperatur erlangen, als unberieſelter. Zugleich wird die hohe Wärmekapacität des Waſſers die Abkühlung verzögern und ſo dem Boden eine mittlere, den Lebensvorgängen der Pflanzen günſtige Temperatur erhalten bleiben. 3. Ueberfluthungen. Das Waſſer der Flüſſe enthält wechſelnde Mengen von ſchwebenden feſten Beſtandtheilen, die erſt allmählich zum Abſetzen kommen. Am höchſten iſt der Gehalt bei Hochwaſſer. Nach Breitenlohner führt die Elbe jährlich 500 Millionen Kilogramm ſuspendirter Stoffe aus Böhmen; nach Spring und Troſt die Maas bei Lüttich 240 Millionen Kilogramm. Dieſe Beſtandtheile find faſt ſüämmtlich den „thonigen Stoffen“ zuzurechnen. Sie enthalten zugleich aber höhere oder geringere Mengen organiſcher Subſtanz, durch welche unter Mithülfe der gelöſten Salze des Flußwaſſers ſich die Thontheilchen an Stellen ohne Gefälle in Flocken zuſammenballen und beim Abſetzen gekrümelte, oder wenigſtens nicht dicht zuſammengelagerte Thonböden bilden. Auf den Gehalt an mineraliſchen Pflanzennährſtoffen und der günſtigen phyſikaliſchen Ver⸗ theilung beruht die hohe Fruchtbarkeit der Aueböden. Die Zuſammenſetzung einiger Schlickablagerungen war die folgende:“ Rhein Weichſel Donau bei Bonn bei Culm bei Wien Kieſelſaunnr e Mama 49,67 45,02 Thoner de 11,98 7,83 Giſeno ed 11,73 9,16 Magneſiia ag ze er 0,27 0,42 Ralf En 0,88 0,34 Balt, 2.022, 2 En 1,29 ? Kohlenſaurer KFallʒkl 5076 — 24,08 Waſſer und organiſche Stoffe 2,65 23,21 6,83 Die Abweichungen in der Zuſammenſetzung ſind daher, je nach den Felsarten der Urſprungsgebiete der Flüſſe, ſehr große. Auf der Ablagerung derartiger Schlickmaſſen beruht hauptſächlich die befruchtende Wirkung der Ueberſchwemmungen der Flüſſe; fie er- möglichen es, in Gebieten, die alljährlich überflutet werden, auch ohne Düngung reichliche Ernten zu erzielen. ) Roth, Chemiſche Geologie I, S. 617. Nur die wichtigſten Stoffe ſind hier mitgetheilt. § 104.] Düngung. Mineraldünger. 405 $ 104. II. Düngung. Im forſtlichen Betriebe kommt eine Düngung bisher nicht oder nur in ſeltenen Fällen zur Ausführung. Immerhin iſt es erwähnens— werth, daß bereits Privatbeſitzer Wäldern, aus denen Streu gewonnen wird, eine entſprechende Menge von Kainit zuführen, um der Boden— verarmung entgegen zu arbeiten. Als Düngung iſt jede Zufuhr von Stoffen zu bezeichnen, welche den Ertrag zu ſteigern vermögen. Die zur Verwendung gelangenden Körper, die meiſt reichliche Mengen von Pflanzennährſtoffen enthalten, bezeichnet man als Dungſtoffe oder ſchlechthin als Dünger. Die Dungſtoffe zerfallen in: Specialdünger, die nur einen Pflanzennährſtoff enthalten; gemiſchte Dünger, die deren mehrere enthalten; thieriſche Dünger, die Auswurfsſtoffe der Thiere und Menſchen; Gründünger, Düngung durch Pflanzen. Die Dungſtoffe, welche nicht unmittelbar thieriſchen oder pflanzlichen Urſprunges ſind, bezeichnet man als Mineraldünger (auch wohl als „künſtliche Düngemittel“). 1. Mineraldünger. Die Mineraldünger ſind je nach ihrem Urſprunge hauptſächlich ſtickſtoff-, phosphorſäure-, kali- oder kalkhaltige Stoffe; ein— zelne, wie Guano enthalten mehrere dieſer Verbindungen. a) Stickſtoffhaltige Düngemittel. Der für die Ernährung der Pflanzen nothwendige Stickſtoff kann dem Boden als Ammoniak, Salpeterſäure oder in Form orga— niſcher Verbindungen zugeführt werden. Schwefelſaures Ammoniak. Ammoniak wird zu Düngezwecken als ſchwefelſaures Salz benutzt. Die Hauptmenge desſelben wird aus den zum Reinigen des Leuchtgaſes benutzten Waſchwäſſern (Gaswäſſer) gewonnen, die unter Zuſatz von Schwefelſäure eingedampft werden. Das ſchwefelſaure Ammon des Handels iſt meiſt ſehr rein und hat einen Stickſtoffgehalt von 20 — 21%. Selten findet ſich Rhodan— (Schwefelcyan-⸗) Ammonium beigemiſcht. Derartige Düngeſalze zeichnen ſich meiſt durch ihre rothe Färbung aus und geben mit Eiſenoxydſalzen eine blutrothe Löſung. Rhodanſalze ſind Pflanzengifte. Ammoniak wird von den Pflanzen nur ſchwierig und in geringeren Mengen aufgenommen; es wird vom Boden ſtark abſorbirt und eignet ſich daher namentlich für flachwurzelnde Pflanzenarten. Durch Oxydation entſteht im Boden aus dem Ammoniak allmählich Salpeterſäure, zumal in gut durchlüfteten und namentlich kalkhaltigen 406 Die Theorie der Kulturmethoden. [5 104. Bodenarten geht dieſe Umbildung raſcher voran als in ſchweren Boden- arten, am ungünſtigſten verhalten ſich humoſe Böden. Die Düngewirkung wird hauptſächlich durch die gebildete Salpeter- ſäure bewirkt. Ammoniakdünger iſt daher auf ſchweren Bodenarten im Herbſt, auf leichten im Frühjahre zu geben, auf humoſen Böden zu vermeiden. Chiliſalpeter. Salpeterſaures Natron. In den regenloſen Küſtengebieten des weſtlichen Südamerika finden ſich ausgedehnte Ab- lagerungen von ſalpeterſaurem Natron in Miſchung mit Kochſalz und anderen Salzarten. Das Rohgeſtein (Caliche) enthält 20 — 65% des ſalpeterſauren Salzes; durch Auslaugen mit Waſſer und Umkryſtalliſiren wird daraus der Chiliſalpeter des Handels gewonnen, der 15—16 9% Stickſtoff, entſprechend 94 — 97% ſalpeterſaurem Natron enthält. Bei Düngung mit Chiliſalpeter iſt zu berückſichtigen, daß Salpeter- ſäure im Boden nicht abſorbirt wird. Die Düngung muß daher im Frühlinge oder während der Vegetationszeit als Kopfdünger gegeben werden. Die leichte Löslichkeit des Salzes und damit die raſche Ver- breitung im Boden machen den Chiliſalpeter zu einem für tiefwurzelnde Pflanzen vortheilhaften Dünger, der ſich namentlich bei Gramineen als vortheilhaft bewieſen hat. Organiſche Stickſtoffdünger. Als vorwiegend ſtickſtoffhaltige Düngemittel kommen einige organiſche Abfallſtoffe in den Handel; hervorzuheben find: Blutmehl, mit etwa 11 — 12 % Stickſtoff, ein ſehr wirkſames Düngemittel; Hornmehl, die gedämpften und ge— mahlenen Abfälle der Bearbeitung des Hornes mit wechſelndem (7,5 bis 14%) Stickſtoffgehalte und 5— 6 Phosphorſäure, ein gut wir- kendes Düngemittel; Ledermehl, mit höchſtens 7— 8 / Stickſtoff; Wollabfälle, mit 3—6°/, Stickſtoff. Die beiden letzten Stoffe find ſchwer zerſetzbare und darum langſam wirkende, geringwerthige Dünge— mittel. Unter den Feldpflanzen haben namentlich die Schmetterlings- blüthler die Fähigkeit, reichliche Mengen atmoſphäriſchen Stickſtoffs zu binden. Die Pflanzen ſelbſt, wie auch deren Wurzelreſte (von Lupinen, Seradella, Klee) wirken beim Unterpflügen als reichliche Stickſtoff— düngung. Die Wirkung der Stickſtoffdüngung. Zufuhr von Stickſtoff⸗ verbindungen und insbeſondere die von ſalpeterſauren Salzen ſteigert die vegetative Thätigkeit der Pflanzen, erhält die Pflanzen länger grün und befördert namentlich die Ausbildung der Blatt- und Axenorgane. Die Reife wird jedoch verzögert und die Körnerbildung im geringeren Maße gefördert als die der Blätter. Sehr ſtarke Stickſtoffdüngung kann daher, zumal in naſſen Jahren, die Veranlaſſung zum Lagern des Getreides werden. . § 104.] Mineraldünger. 407 b) Phosphorſäurehaltige Düngemittel. Zu den phosphorſäurehaltigen Dungſtoffen gehören die zahlreichen in der Natur vorkommenden Phosphate, die überwiegend aus phosphor— ſaurem Kalk mit wechſelnden Beimiſchungen beſtehen. Vor der Ver— wendung wird in der Regel durch chemiſche Proceſſe die ſchwer an— greifbare Phosphorſäure dieſer Geſteine in eine leichter aufnehmbare . Form übergeführt. Derartige Phosphate ſind: Eſtremadura-Phosphat, den reichen ſpaniſchen Phosphorit— lagern entſtammend. Lahn- oder Naſſau-Phosphate. Phosphorite, die ſich neſter— weiſe in den Geſteinen des Lahnthales finden, meiſt graue bis braune Farben zeigen und von ſehr wechſelnder Zuſammenſetzung ſind. Die Farbe giebt keinen Maßſtab für den Gehalt an Kalkphosphat. Aehnliche Vorkommen finden ſich in Belgien und in Frankreich. Guano-Phosphate; Phosphate, die aus Guano hervorgegangen ſind, deſſen Phosphorſäure zumeiſt auf unterliegendes Kalkgeſtein ein— gewirkt und dieſes in phosphorſauren Kalk übergeführt hat. Zu den Guano⸗Phosphaten gehören unter anderen die Curaçao-, Sombrero-, Baker⸗, Sidney⸗Phosphate (auch als Guano bezeichnet) mit im Durch— ſchnitt 35% Phosphorſäure. Große Bedeutung hat ein bei der Entphosphorung des Roheiſens gewonnenes Phosphat, das Thomasphosphat oder die Thomas— ſchlacke, erlangt. Die ſchwarze, poröſe Schlacke wird von eingeſchloſſenen Eiſentheilchen gereinigt und im gepulverten Zuſtande in den Handel gebracht. Die düngende Wirkung wird ſtark durch den Feinheitsgrad des Pulvers beeinflußt. Die Thomasſchlacke enthält im Durchſchnitt etwa 14—17⁰ĩ Phosphorſäure in Verbindung mit Kalk in Form eines ſonſt nicht be— kannten Salzes (Tetracalciumphosphat, Ca, P. O). Dieſes Salz wird durch organiſche Säuren, ſo auch von den in den humoſen Böden vor— handenen Humusſäuren zerſetzt. Thomasſchlacke iſt das billigſte und für alle Moor- und Torfböden auch das beſte phosphorſäurehaltige Düngemittel. Superphosphat. Wird der gewöhnliche dreibaſiſch phosphor— ſaure Kalk mit einer entſprechenden Menge von Schwefelſäure behandelt („aufgeſchloſſen“), ſo bildet ſich zweifach ſaurer, phosphorſaurer Kalk (Calciummonophosphat) und ſchwefelſaurer Kalk, der unter Waſſer— aufnahme in Gyps übergeht. Ca, (PO) + 2H,SO, Ca H. (PO) + 2 Ca S0. Das Gemiſch beider Salze kommt als Superphosphat in den Handel. Das ſaure Kalkphosphat iſt in Waſſer löslich, verbreitet ſich leicht im Boden, wird hier in feiner Vertheilung abſorbirt und ſtellt 408 Die Theorie der Kulturmethoden. Is 104. ſo eine für die Pflanzen leicht zugängige und darum ſtark wirkſame Phosphorſäuredüngung dar. Durch längeres Lagern, insbeſonders bei Gegenwart von Eiſen— oxyd und Thonerde bilden ſich im Superphosphat im Waſſer unlösliche Verbindungen, das Superphosphat „geht zurück“, wie der techniſche Ausdruck lautet. Ein Theil der Phosphorſäure iſt dann als ſaures phosphorſaures Calcium (Dicalciumphosphat Ca H PO,) vorhanden, eine Verbindung, die nicht in Waſſer, wohl aber in Pflanzenſäuren und deren Salzen löslich iſt und hierdurch in der Düngewirkung nur wenig hinter dem waſſerlöslichen Salze zurückſteht. Zur Beſtimmung des Dicalciumphosphats benutzt man deſſen Löslichkeit im citronenſauren Ammoniak und bezeichnet die Menge der in Löſung gehenden Phosphor- ſäure als „citratlösliche Phosphorſäure“. e Die Erfahrung, daß Dicalciumphosphat ein vorzügliches Dünge- mittel ſei, hat zur fabrikmäßigen Herſtellung dieſes Salzes geführt. Es wird im Handel als „Präcipitat“ oder „präcipitirte Phos— phorſäure“ bezeichnet und durch Löſen der Rohphosphate in Salz⸗ ſäure und Ausfällen mit einer zur Sättigung nicht völlig hinreichenden Menge von Aetzkalk gewonnen. Wirkung der Düngung mit Phosphorſäure. Eine Zufuhr von Phosphorſäure befördert namentlich eine gleichmäßige Entwickelung der Pflanzen und wirkt ebenſo günſtig auf Stroh- wie Körnerertrag. Uebertriebene einſeitige Phosphatdüngung verkürzt die Vegetationszeit, insbeſondere die Zeitdauer der Samenreife und kann ein vorzeitiges Abſterben, ein „Ausbrennen“ der Pflanzen veranlaſſen. c) Kalihaltige Düngemittel. Erſt in den letzten Jahrzehnten hat die Düngung mit Kaliſalzen größere Ausdehnung erlangt. Zur Verwendung kommen die gemahlenen kalihaltigen Salze, welche in großer Menge in Staßfurt und ſeiner Umgebung gewonnen werden. Am wichtigſten ſind: Kainit, waſſerhaltiges Doppelſalz von Chlorkalium und ſchwefel⸗ ſaurem Magneſium KCI + Mg S0, 3H O) mit 12 — 13 % Kali im rohen Salze. Carnallit, waſſerhaltiges Doppelſalz von Chlorkalium und Chlor- magneſium (KCI = MgCl, + 6H,0) mit etwa 10 — 11% Kali im rohen Salze. Die Düngung mit Kaliſalzen wirkt nicht immer gleichmäßig und verſagt in der Regel bei den ſehr kalireichen Hackfrüchten wie Kartoffel und Rübe. Es iſt jedoch wahrſcheinlich, daß dieſe Erſcheinung auf die ungünſtige Wirkung des reichlichen Chlorgehaltes, der eine Verminde— rung der Bildung von Kohlehydraten veranlaßt, zurück zu führen iſt. § 104. Mineraldünger. 409 Es iſt daher vortheilhaft, die direkte Kalidüngung auf die weniger empfindlichen Halmfrüchte zu beſchränken. Die Düngung mit Kaliſalzen muß im Herbſte oder wenigſtens im zeitigen Frühjahre erfolgen. Von den meiſten Bodenarten wird das Kalium abſorbirt und das leicht auswaſchbare Chlor von den atmo— ſphäriſchen Niederſchlägen gelöſt und in die Tiefe geführt. Kainit iſt in Folge ſeines niederen Chlorgehaltes, zumal auf naſſen Bodenarten, in ſeiner Wirkung und bei Frühjahrsdüngung beſſer zu verwenden als Carnallit, den man immer am beſten im Herbſte giebt. Zu bemerken iſt noch, daß Moorböden immer arm an Kali ſind und zur Entwickelung einer entſprechenden Vegetation daher einer Kalidüngung bedürfen. d) Kalkhaltige Dünger. Früher war überwiegend die Anſchauung verbreitet, daß Kalk faſt immer in ausreichender Menge für die Pflanzenernährung im Boden vorhanden ſei und daß Kalkzufuhr hauptſächlich durch phyſikaliſche Wirkungen (Erhöhung der Krümelſtruktur) und durch löſende Einwirkung auf die im Boden gebundenen Stoffe, alſo als „indirekter Dünger“ wirkſam ſei. Allmählich hat man ſich jedoch überzeugt, daß viele Bodenarten an Kalk Mangel leiden und einer Zufuhr dieſes Stoffes bedürfen, um vollen Ertrag zu geben. Als kalkhaltige Düngemittel kommen namentlich in Frage: Gyps; namentlich vortheilhaft für Leguminoſen (die Urſache der oft ganz überraſchenden Wirkſamkeit iſt noch nicht in genügender Weiſe klargeſtellt). Kalkhydrat. Man benutzt gebrannten und meiſt durch Lagern an der Luft in Pulver zerfallenen Kalk. Die Verwendung von Kalkhydrat iſt namentlich auf ſchweren (Thonböden) und humusüberreichen Boden— arten angezeigt. Um die vortheilhafte phyſikaliſche Einwirkung auszunützen, giebt man den Böden in nicht zu langen Zeitintervallen kleinere Mengen. In der landwirthſchaftlichen Praxis verſteht man unter Kalkdüngung oder Kalkung immer Zufuhr von Kalkhydrat und ſtellt ſie in Gegenſatz zur Mergelung, der Zufuhr größerer Mengen von kohlenſaurem Kalk. Mergel ſind Geſteinsarten mit wechſelndem Gehalte an kohlen— ſaurem Kalk. Gelegentlich kommen auch Wieſenkalke, die oft faſt reines Kalkkarbonat ſind, zur Verwendung. Die Mergelung und Kalkung bezwecken nicht ausſchließlich die Zu— fuhr einer für die Pflanzenwelt nothwendigen Kalkmenge, ſondern üben immer noch phyſikaliſche und chemiſche Wirkungen auf den Boden aus; zu den letzteren gehören die Neutraliſation vorhandener Humusſäuren und die Steigerung der Zerſetzung organiſcher Stoffe. Mit Mergelung iſt daher reichliche Stallmiſtdüngung zu verbinden, wenn nicht nach raſcher Steigerung der Produktion ein ſpäterer Abfall folgen ſoll. 410 Die Theorie der Kulturmethoden. + [8 104. e) Gemiſchte Dünger. Die gemiſchten Dünger enthalten immer mehrere Pflanzennähr⸗ ſtoffe, in der Regel Stickſtoff und Phosphorſäure, wie dies z. B. beim Guano und Knochenmehl der Fall iſt. Hierher gehören: Die Öuanvarten. Die urſprünglich ausſchließlich als Guano bezeichneten Düngemittel beſtehen aus dem Kothe von Seevögeln, der in regenarmen Gebieten ſich auf Inſeln oft in großer Menge anhäuft. Die Lager der gehaltreichſten Guanoſorten ſind zumeiſt bereits erſchöpft, und die noch im Handel befindlichen Arten enthalten im en 7 — 9 % Stickſtoff und 13 — 15% Phosphorſäure. In großer Menge werden in neuerer Zeit entſprechend zubereitete thieriſche Abfallreſte in den Handel gebracht und ebenfalls als Guano bezeichnet. Dahin gehören der Fray-Bentos-Guano, aus Fleiſch⸗ und Knochenreſten von Rindvieh bereitet. Fiſch-Guano, Reſte der Seefiſche und der Walfiſche (Walfiſch-Guano). Dieſe Stoffe ent⸗ halten etwa 8 % Stickſtoff und 13 — 14% Phosphorſäure. Knochenmehl. Knochenmehl kommt entweder gedämpft und ge— mahlen oder vorher noch entfettet in den Handel. Durch Extraktion des Fettes ſoll die Knochenſubſtanz raſcher zerſetzbar werden. Knochen- mehl enthält in der Regel etwa 4% Stickſtoff und 20 — 21% Phos- phorſäure; es ſind langſam aber anhaltend wirkende Düngemittel.“ 2. Stalldünger. Die thieriſchen Dünger ſetzen ſich aus den feſten und flüſſigen Auswurfsſtoffen der Hausthiere und den zur Einſtreu benutzten Sub- ſtanzen zuſammen. Je nach Thierart, Fütterungsweiſe und der Einſtreu ergeben ſich natürlich im Gehalte an Dungſtoffen große Unterſchiede. (Am ſtärkſten machen ſich dieſe bei dem Schweinedünger bemerkbar.) Trotzdem iſt es möglich, für die verſchiedenen Thierdünger gewiſſe Eigenſchaften feſtzuhalten. Als durchſchnittliche Zuſammenſetzung der Auswurfſtoffe (Koth und Harn gemiſcht) kann man annehmen: Menſchliche Auswurfs⸗ Pferd Rind Schaf ſtoffe ne 3 76 — 79 86— 89 67 92,37, Organiſche Subſtanz 19 10—12 27,5 5.7 ar Stiche; 0,6 0,34 — 0,44 0,9 1,06 „ N ge 0,5 0,8 1,0 . 0,22, Phosphorſäure * 0,3 0,1 0,5 0,23 „ Geſammtaſche .. 3,15 2,1— 2,4 5,4 177 ) Neben den hier aufgeführten Düngemitteln finden ſich noch viele zur Düngung geeignete Stoffe im Handel. Will man ſich vor Schaden beim Ankauf n § 104.] Stalldünger. Gründüngung. 411 Die menſchlichen Auswurfsſtoffe ſind daher die waſſerreichſten; hierauf folgen: Rind, Pferd, Schaf. Die Düngewirkung ſteigt in etwa derſelben Reihenfolge, wenn auch manche Beobachtungen darauf hin— deuten, daß Pferde- und Schafdünger ſich raſcher zerſetzen, „hitziger“ wirken als Rindviehdünger. Die Zuſammenſetzung des Stallmiſtes hängt noch vielfach vom Gehalte und der Art der Einſtreu ab. Während der Aufbewahrung des Düngers erleiden die organiſchen Stoffe eine raſch fortſchreitende Zerſetzung, zugleich werden Stickſtoffverbindungen in kohlenſaures Ammon übergeführt. Unter Umſtänden kann ſich freier Stickſtoff bilden und der Stallmiſt an dieſem werthvollen und theuren Düngemittel große Verluſte erleiden. Beimiſchung von Gyps, Kainit, Carnallit ſetzen die Proceſſe, die zur Entſtehung freien Stickſtoffs führen, weſentlich herab; die Einſtreu dieſer Stoffe iſt daher ein wichtiges Hülfsmittel des land— wirthſchaftlichen Betriebes und einer guten Düngerwirthſchaft. 3. Gründüngung. Schon in ſehr alter Zeit kannte man die günſtige Wirkung des Unterpflügens von Pflanzen, welche auf dem betreffenden Felde er— wachſen waren; erſt in den letzten Jahrzehnten hat jedoch dieſe als Gründüngung bezeichnete Methode weite Verbreitung gefunden. Zumal ärmere, ſandige Bodenarten haben ſich bei Benutzung von Pflanzen aus der Familie der Papilionaceen dankbar erwieſen. Lupinen und Seradella werden zur Zeit am meiſten verwendet, beides ſind ſtark Stickſtoff aſſimilirende Pflanzen. Die Wirkung der Gründüngung beruht in der Zufuhr von ge— bundenem Stickſtoff, von organiſchen, leicht zerſetzbaren Stoffen und nicht am wenigſten auf der Eigenſchaft jener Pflanzen, ſehr tiefgehende Wurzeln zu treiben und ſo der oberen Bodenſchicht Nährſtoffe des Untergrundes zuzuführen. Zu berückſichtigen iſt jedoch, daß bei der ſtarken und tiefgehenden Bodenlockerung auf den Wegen, welche die verrottenden Wurzeln in die Tiefe bahnen, leicht die im Oberboden vorhandenen feinerdigen Beſtandtheile verſchlämmt werden können. Zumal auf den im Dilu- vium viel verbreiteten Bodenarten, die eine Schicht ſchwach lehmigen Sandes auf reinem Sand zeigen (oberer Diluvialſand auf unterem Diluvialſand), kann hierdurch eine merkbare Verſchlechterung des Bodens herbeigeführt werden. bewahren, ſo laſſe man ſich vom Händler immer einen beſtimmten Gehalt an den düngenden Stoffen garantiren und vermeide gemiſchte Dünger ohne genaue An— gabe ihrer Zuſammenſetzung zu erwerben. 412 Die Theorie der Kulturmethoden. [S 104. 4. Düngung im forſtlichen Betriebe. Literatur: von Nachtrab, Anleitung zu dem neuen Kulturverfahren des Oberförſters Biermans, Wiesbaden 1846. Angaben über die Wirkung von Düngemitteln in Pflanzenkämpen bei: Heß, Centralblatt für das geſammte Forſtweſen 2, S. 644; 4, S. 174, 230 290; 5, S. 589. i Schütze, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 3, S. 37; 10, S. 63. Hempel, Centralblatt für das geſamte Forſtweſen 5, S. 309. Wolff, Aſchenanalyſen II, S. 73. } Schwappach, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 23, S. 410. 1891. Düngung findet zur Zeit im forſtlichen Betriebe nur in der ſehr einfachen Form der Zufuhr von Raſenaſche bei Pflanzung und in den ſtändigen Pflanzkämpen ſtatt. a) Raſenaſche. Raſenaſche wird durch langſames, ſchwelendes Verkohlen von Raſenplaggen gewonnen (Art des Verfahrens bei Heß, a. a. O. 5, 589). Der Rückſtand beſteht aus mehr oder weniger verbrannten Pflanzenreſten, deren Aſche und aus den Mineraltheilen des Bodens, welche durch die alkaliſchen Stoffe der Aſche eine theilweiſe Aufſchließung erfahren. Hierin beruht es, daß Raſenplaggen von Sandböden geringe Wirkung zeigen und vortheilhaft nur die von beſſeren, namentlich von Lehmböden zu verwenden ſind. Eine Analyſe von Raſenaſche theilt Hempel mit; danach waren vorhanden: (fl Schwefelſaurer Ralf . 0, 213% Chlor (2) kaliuunm Eiſeno yd A Sand Die Zufuhr an Pflanzennährſtoffen iſt demnach bei Verwendung von Raſenaſche eine geringe, wenn auch die Billigkeit des Materiales die Verwendung größerer Mengen zuläßt. b) Düngung der Saat- und Pflanzkämpe. Eine regelmäßige Düngung der Saatkämpe hat ſich dort noth- wendig erwieſen, wo ſtändige Kämpe unterhalten werden. Im Allgemeinen haben ſich Mineraldünger gut bewährt. Heß faßt ſeine Erfahrungen dahin zuſammen, daß für Buche der Buchenmoder, für Eiche eine Miſchung aus 10 Theilen Holzaſche, 2 Theilen Guano und 1 Theil Knochenmehl am günſtigſten gewirkt hätten, daß Raſenaſche für alle Baumpflanzen vortheilhaft ſei (ſie halte auch die Unkrautvegetation zurück), mit Ausnahme der Lärche, welche auf Zufuhr von Dünger direkt ungünſtig reagire. § 104.] Düngung im forjtlichen Betriebe. 413 Jedenfalls läßt ſich durch geeignete Düngung die Entwickelung der jungen Baumpflanzen ſehr befördern. Edzardi“) unterſuchte Buchen— pflanzen im Hohenheimer Saatkamp. Das Gewicht von je 25 mittleren, vierjährigen Pflanzen betrug: 22277 g pro qm gedüngt mit: 5 g aufgeſchloſſenem Perugunn . . . . . 341g „Kaliſalz (Chlorkalium mit ca. 50% K. 0) 275 2 2 8 „ Kaliſalz und 80 g Guano 26 80 „ Kaliſalz und 50g (18, 0 Superuhosuint 324 „ 50 „ Superphosphat . 41 Kalizufuhr hatte daher fait gar nicht (viellicht in Folge des hohen Chlorgehaltes oder lokaler Umſtände), Phosphorſäure ſtark gewirkt. Ausgedehnte Verſuche über Düngung von Kiefernpflanzen ſind von Schütze im Eberswalder Saatkamp durchgeführt worden. Je nach der Düngung wogen 100 einjährige Kiefernpflanzen 16 bis 20 g (Trockengewicht). Am vortheilhafteſten zeigte ſich Düngung mit Phosphorſäure und Kaliſalzen; Zufuhr von Stickſtoff (Chiliſalpeter) war wirkungslos geblieben. Kaliſalze mit reichlichem Chlorgehalt hatten weniger günſtig, Knochenmehl beſſer als Superphosphat gewirkt. Erfahrungsmäßig iſt die Kiefernwurzel gegen koncentrirtere Salz— löſungen ſehr empfindlich; es iſt daher vortheilhaft, die Düngung in einer Form zu geben, welche die Menge der löslichen Stoffe nicht zu ſehr ſteigert und insbeſondere nicht viel Chlor enthält. Auch in Bezug auf Phosphorſäurezufuhr werden in humusarmen Sandböden Knochenmehl und präcipitirte Phosphorſäure, in humus— reichen wird Thomasſchlacke vorzuziehen ſein. Superphosphat iſt auf thonreiche Böden zu beſchränken. Zufuhr von Stickſtoff hat ſich übereinſtimmend in allen Verſuchen als wirkungslos erwieſen, eine Erfahrung, die auch anderweitig gemacht worden iſt. Es ſoll damit natürlich nicht geſagt ſein, daß eine Stick— ſtoffdüngung unter allen Umſtänden im Saatkamp überflüſſig iſt, aber jedenfalls muß erſt vor ihrer Verwendung durch beſonderen Verſuch die vortheilhafte Wirkung auf die Pflanzen nachgewieſen werden. Zu einem Tolchen Verſuch verwendet man am beiten Chiliſalpeter, da nur dieſer leicht aufnehmbar iſt und nicht gleichzeitig andere Nährſtoffe ent— hält, welche das Reſultat beeinflußen können. Hat ſich eine Stickſtoffdüngung als vortheilhaft erwieſen, ſo verwendet man am einfachſten und billigſten an geeigneten Stellen entnommene Waldſtreu; ſonſt Blutmehl, ſchwefelſaures Ammoniak, *) Wolff, Aſchenanalyſen II, S. 73. Die Arbeit iſt in forſtlichen Kreiſen kaum bekannt, daher hier mitgetheilt. 414 Die Theorie der Kulturmethoden. [$ 104. Fiſchguano, Knochenmehl, oder was ſonſt an ſtickſtoffhaltigen Düngern am billigſten zu haben iſt. Chiliſalpeter iſt weniger empfehlenswerth, da die Auswaſchung desſelben, wenigſtens in Sandböden, zu raſch erfolgt. Ueberhaupt iſt es unvortheilhaft, ſich bei einer Düngung nach einem fertigen Recepte zu richten; man nehme diejenigen Stoffe, welche bei gleichem Gehalte am billigſten zu haben ſind. Die Art und Weiſe der Düngung muß nach den verſchiedenen Verhältniſſen wechſeln, bei Benutzung von Mineraldüngern iſt in Folge deren geringen Volumen ein Miſchen mit anderen Stoffen (Erde, Torfmull, Sand) nothwendig, um eine gleichmäßige Vertheilung herbei- zuführen. Die Verwendung der einzelnen Dungſtoffe iſt nach ihren Eigen⸗ ſchaften verſchieden. Es ſind zu benutzen: 1. Zur direkten Düngung kurz vor der Saat und ohne vorausgehende Kompoſtirung a) alle aufgeſchloſſenen Phosphate (Superphosphat, auf⸗ geſchloſſenes Knochenmehl, präcipitirte Phosphate u. ſ. w.; b) alle Guanoſorten und Blutmehl; c) ſchwefelſaures Ammoniak und Chiliſalpeter. 2. Längere Zeit vor der Saat (auf Sandböden ſpäteſtens im zeitigen Frühjahre, auf ſchweren Böden im Herbſt) a) alle löslichen Kaliſalze; b) Aetzkalk; e) Thomasſchlacke. 3. Zur Kompoſtbereitung eignen ſich die unter 2. genannten Stoffe und können dann ebenfalls kurz vor der Saat Ver- wendung finden. Für die unter 1. aufgeführten Düngemittel iſt eine Vorbereitung im Kompoſthaufen entweder überflüſſig oder direkt ſchädlich. So würden lösliche Phosphate ihre Löslichkeit und leichte Vertheilbarkeit im Boden verlieren; in den ſtickſtoffhaltigen Düngemitteln geht ein erheblicher Theil des Stickſtoffes in Salpeterſäure über und wird durch die atmo- ſphäriſchen Niederſchläge ausgewaſchen. Für die Kaliſalze iſt dagegen eine entſprechende Zeit nothwendig, um einen Theil des Chlores zur Auswaſchung kommen zu laſſen, während die Hauptmaſſe des Kalis vom Boden abſorbirt wird. Von Wichtigkeit iſt ferner, daß man durch die Düngerver— theilung im Boden ein Hülfsmittel hat, die Wurzelausbildung der jungen Pflanzen zu beeinfluſſen. In den an Nährſtoffen reichſten Bodenſchichten erfolgt die Ausbildung zahlreicher Faſerwurzeln. Je nach dem gewünſchten Reſultat iſt daher der Dünger entweder thunlichſt gleichmäßig mit der Erde durchzuarbeiten und unterzubringen, § 104.] Düngung im forjtlichen Betriebe. 415 oder nur oberflächlich einzuhacken. Tiefe Bodenbearbeitung und gleich- mäßige Düngung der ganzen Schicht wirkt auf die Bildung tiefgehender Wurzeln, flachere Bodenbearbeitung und Düngung der oberſten Boden— ſchichten auf Bildung zahlreicher Faſerwurzeln in dieſem Theile des Bodens. In den Pflanzenkämpen handelt es ſich in den meiſten Fällen weniger um thunlichſt hohe Steigerung der Produktion als vielmehr um den Erſatz der ausgeführten Nährſtoffe. Die Düngung wird alſo ihren Zweck erfüllen, wenn für dieſen Erſatz geſorgt iſt. Allzu ſparſam braucht man natürlich hierbei nicht zu ſein, da es ſich meiſt um kleinere Flächen handelt; es kommt aber auf die lokalen Verhältniſſe an, welche Nährſtoffe zuzuführen ſind. In Frage kommen Stickſtoff, Phosphor- ſäure, Kali und Kalk. Zufuhr von Stickſtoff iſt in den meiſten Pflanzgärten über— flüſſig und ihre Wirkſamkeit durch beſonderen Verſuch zu prüfen. Für Zufuhr von Phosphorſäure ſind faſt alle Bodenarten dankbar. Auf ſchweren Böden benutzt man vortheilhaft leicht lösliche Phosphate, auf Sandböden ſolche mittlerer Löslichkeit (Präcipitate, Thomasſchlacke), auf humusreichen Bodenarten ausſchließlich die Thomasſchlacke. Zufuhr von Kali iſt auf den meiſten beſſeren Böden (Lehm— böden) kaum erforderlich; ihre Wirkſamkeit iſt daher durch Verſuch zu prüfen. Auf Sandböden werden die Pflanzen in der Regel für Kalidüngung dankbar ſein, auf humusreichen Bodenarten iſt eine ſolche meiſt nothwendig. Zufuhr von Kalk iſt, für alle Bodenarten vortheilhaft, welche nicht kohlenſauren Kalk enthalten. e) Der Mineralſtoffbedarf der jungen Holzpflanzen. Der Mineralſtoffbedarf der jungen Holzpflanzen iſt von Dulf*) und Schütze“ unterſucht worden. Man darf die in Pflanzgärten von einjährigen Holzpflanzen be— anſpruchte Menge für den Morgen annehmen zu (die ſehr hohen Zahlen, welche Dulk für die vorhandenen Baumpflanzen angiebt, ſind mit Aus— nahme für Buche [5000000] auf die Hälfte reducirt): Kiefer Fichte Buche 233,5 9,2 30,5 kg 95 21,8 52,2 „ Magneſia . 3,4 3,5 8 Phosphorſäure. 11,1 8,8 18 8 iche 110,0 63,2 1 ickſtoff 24,0 ? ? *) Monatsſchrift für Forjt und Jagdweſen 1874, S. 289. **) Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen X, S. 51; XIV, S. 361. 416 Die Theorie der Kulturmethoden. [$ 104. Für die übrigen Holzarten liegen Unterſuchungen nicht vor. Man darf daher annehmen, daß für Forſtgärten als hinreichende Düngung gelten kann, wenn zugeführt werden: 30 kg Kali — 3 Doppelcentner Carnallit oder 2½ . Kainit 20 kg Phosphorſäure — 1—1,5 Doppelctr. Thomasſchlacke. Die übrigen Phosphate ſind nach ihrem garantirten Gehalte zu berechnen.) Einer dauernden ausſchließlichen Düngung mit Mineraldünger ſtehen jedoch im forſtlichen Betriebe dieſelben Bedenken entgegen, wie im landwirthſchaftlichen. Die Verarmung des Bodens an Humus, die durch die reichliche Zufuhr von Nährſtoffen und Bodenbearbeitung noch gefördert wird und die damit verbundene ungünſtige Aenderung der phyſikaliſchen Bodeneigenſchaften macht eine Zufuhr von organiſchen Stoffen früher oder ſpäter nothwendig. Ankauf von Stalldünger, Anlage von Kompoſthaufen, in denen vorhandene Pflanzenabfälle aller Art zum Verrotten kommen, endlich Unterarbeiten von humoſen Stoffen aus Brüchern, Teichſchlamm, Waldſtreu ſind empfehlenswerth. Saure Humusſtoffe (Rohhumus, Torf) werden vortheilhaft mit zerfallenem Aetzkalk (der als Abfall in den Kalkbrennereien billig zu haben iſt) gemiſcht und erſt ein Jahr vor der Verwendung als Kompoſthaufen gelagert. 4. Gründüngung im Walde. Literatur: Auff'm Ordt, Die Lupinen-Kiefern-Kultur, Oppeln 1885. Guſe, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 17, S. 245. Ramm, Anwendbarkeit von Düngung im forſtlichen Betriebe. Stuttgart 1892. Wiederholt iſt die Benutzung der Gründüngung im Walde vor- geſchlagen worden: die Lupine hat in Forſtmeiſter Auff'm Ordt einen lebhaften Befürworter gefunden, während Ramm den Gewinn von Futtermitteln im Walde erſtrebt, alſo hauptſächlich einen landwirth⸗ ſchaftlichen Zwiſchenbau durchführen will. Beide legen den Hauptwerth Rauf die düngende Wirkung der zu verwendenden Leguminoſen. Es iſt dem entgegen zu halten, daß durch jene Pflanzen ausſchließ⸗ lich eine Stickſtoffdüngung erfolgt, und daß ſich ſelbſt in langjährig benutzten Saatkämpen bisher noch kein Mangel an dieſem Stoffe ge— zeigt hat. Es erſcheint daher nach dieſer Richtung zweifelhaft, ob durch den Anbau von Lupinen oder anderen Leguminoſen irgend ein Gewinn für den Wald zu erwarten iſt. Die Angelegenheit iſt daher überwiegend vom Standpunkte des landwirthſchaftlichen Nutzens, be— ziehentlich von dem des Ertrages zu beurtheilen. Ss 104, 105.] Bodenbearbeitung. 417 Gleiche Vortheile wie vom Waldfeldbau, mit feiner wiederholten Bearbeitung des Bodens und dem Fernhalten ungünſtig wirkender Gewächſe (Gräſer und dergleichen), wird man vom Anbau der tief— wurzelnden Leguminoſen mit ihrem hohen und langdauernden Waſſer— verbrauch nicht erwarten dürfen, namentlich nicht von den mehrjährigen Arten. Ein Vortheil, den dieſe Pflanzen bieten können, iſt in der Beſchattung des Bodens und dem Schutz zu ſuchen, welche die Pflanzen— decke dem ſonſt nackten Boden gegen die Einwirkung des fallenden Regens gewährt. $ 105. III. Bodenbearbeitung.“ Die Methoden der Bodenbearbeitung können unterſchieden werden in oberflächliche, tiefgehende und ſolche, welche eine Aenderung der Ausformung der Bodenoberfläche bewirken (Rabatten, Hügel). Die durch Bodenbearbeitung bezweckten hauptſächlichſten Einwir— kungen ſind 1. Bei oberflächlicher Bodenbearbeitung: a) Die Zerſtörung ungünſtiger Bodendecken und Beſeitigung der Konkurrenz anderer Pflanzen; b) Herſtellung einer ſchwachen Bodenſchicht abweichender Struktur und Beeinfluſſung der phyſikaliſchen Eigen— ſchaften des tiefer liegenden Bodens. Bei Tiefkultur: a) Veränderung der phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens; b) Miſchung der vorhandenen verſchieden zuſammengeſetzten Bodenſchichten. 3. Bei Veränderung der Form der Bodenoberfläche: a) Beſeitigung ungünſtiger Einwirkungen, insbeſondere zu reichlicher Feuchtigkeit; b) Beeinfluſſung der phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens; c) Zufuhr nährender Beſtandtheile für die Pflanzenwurzeln. 4. Durchbrechen ungünſtiger, zumal undurchläſſiger tieferer Bodenſchichten. 1 ) Unterſuchungen über die Wirkung der im forſtlichen Betriebe üblichen Methoden der Bodenbearbeitung fehlen; die für landwirthſchaftliche Verhältniſſe ausgeführten Arbeiten ſind vielfach nur bedingt übertragbar; es iſt daher häufig nicht möglich, ſich ein ſicheres Bild davon zu machen, welche Einwirkungen auf Boden und Pflanze geübt werden können. Ramann. 27 418 Die Theorie der Kulturmethoden. [$ 105. 1. Die oberflächliche Bodenbearbeitung. Oberflächliche Bodenbearbeitung kommt im forſtlichen Betriebe überwiegend zur Beſeitigung einer ſchädlichen Bodendecke in Anwendung. Dieſe kann entweder aus reinen Rohhumusablagerungen (z. B. in Buchenbeſtänden) oder aus ſolchen in Verbindung mit Beerkräutern und Heide, ſeltener mit Moos (Fichten- und Kiefernbeſtänden), ſowie endlich aus Gras und Unkräutern aller Art beſtehen. Reine Rohhumusſchichten. In licht geſtellten oder der Ein- wirkung austrocknender Winde ausgeſetzten Buchenbeſtänden lagern ſich leicht Rohhumusſchichten ab, welche bei ſtärkerer Auslichtung nicht oder nicht genügend zerſetzt werden und eine natürliche Verjüngung ver- hindern. Eine oberflächliche Bodenbearbeitung zerſtört den feſten Zuſammenhang der Humusſchichten (es iſt dies die bedeutſamſte Ein- wirkung), führt zu einer beſſeren Durchlüftung und günſtigerer Geſtal— tung der Feuchtigkeitsverhältniſſe des Bodens und eröffnet den Keim— pflanzen den Zugang zum Mineralboden. Ziemlich die gleiche Wirkung wird durch Bodenverwundung in moosbedeckten Böden hervorgerufen. In weitaus den meiſten Fällen iſt das Moos von einer mehr oder weniger mächtigen Schicht von humoſen Reſten unterlagert, welche nicht nur das Eindringen der atmoſphäriſchen Niederſchläge erſchwert, ſondern auch der Wurzel— entwickelung der jungen Baumpflanzen oft unüberwindbaren Widerſtand entgegenſetzt. In noch höherem Grade gilt dies für Rohhumus bildungen, welche mit Heide oder Beerkraut bewachſen ſind. Bei dieſen iſt die zu erſtrebende Einwirkung die Beſeitigung der Konkurrenz dieſer Pflanzen und namentlich die Herbeiführung einer günſtigeren Humus— zerſetzung. Bodenbearbeitung auf mit Gras und Unkräutern bewachſenen Böden ſoll dieſe Pflanzen beſeitigen oder in ihrer Entwickelung hemmen und dadurch alle die ungünſtigen Wirkungen eines ſolchen Nebenbeſtandes zumal auf Waſſergehalt des Bodens u. ſ. w. aufheben (Seite 263). Mehr oder weniger wird durch alle dieſe Arbeiten eine phyſi— kaliſch abweichende Bodenſchicht gebildet. Bei vielen Arbeiten, zumal im landwirthſchaftlichen, ſeltener im forſtlichen Betriebe (Be— hacken und dergleichen) iſt dies der Hauptzweck. Die Einwirkungen derartiger ſelbſt ſehr wenig mächtiger, auflagernder Schichten iſt eine ganz überraſchend ſtarke. Wollny“) führte hierüber eine Reihe von Unterſuchungen aus, welche dies gut hervortreten laſſen. Die gelockerte, oben aufliegende Forſchungen der Agrikulturphyſik III, S. 325. 6 s 105.] Die oberflächliche Bodenbearbeitung. 419 Schicht trocknet meiſt raſch aus und wirkt dann als ſchützende Hülle für den unterliegenden Boden. Das Eindringen des Waſſers wird erleichtert, die Verdunſtung herabgeſetzt. Am wenigſten bedeutſam iſt noch die Beeinfluſſung der Temperatur. Wollny fand z. B. (zweiſtündige Beobachtungen an einzelnen Tagen) an der Oberfläche und in 10 em Tiefe eines behackten und unbehackten humoſen Kalkſandes folgende Tagesmittel. (Die eingeklammerten Zahlen geben die Schwankungen, alſo die Unterſchiede zwiſchen Maximal- und Minimaltemperatur in Graden.) Behackt Nicht behackt — —ö—— — —ẽẽ— — — — Oberfläche 10 em Tiefe Oberfläche 10 em Tiefe 8 18,63 18,939 19,279 19,860 (15,50) 09 res 16,48% 17,53% 16,720 17,970 (5,20 (1,80) (5,500 2,0%) 12. September 1878 17,36“ 17,37 17,420 17,49 (15,00 (90 (5,50 (5,60) 13. September 1878 18,000 17,77 18,05“ 17,850 VV Die Schwankungen der Temperatur ſind daher durch Lockerung der oberſten Bodenſchicht in der wärmeren Jahres— zeit beträchtlich vermindert. Wenn ſich dies natürlich auch bei verſchiedenen Verhältniſſen (Bewölkung oder klarem Himmel) in wech— ſelndem Grade geltend macht, ſo iſt es doch bei allen vorliegenden Be— obachtungen zu bemerken. Ueber die Einwirkung der oberflächlichen Bodenlockerung auf den Feuchtigkeitsgehalt iſt man durch Wollny unterrichtet, deſſen Unter— ſuchungen über den Einfluß einer ſchwachen Sanddecke, die mit dem einer gelockerten Bodenſchicht übereinſtimmt, ebenfalls herangezogen werden können. Die folgende Zuſammenſtellung giebt die hauptſächlichſten beob— achteten Daten: Humoſer Kalkſand = Lehm mit 5 cm a I FE HE Sand mit5cm mit lem 400 gem Oberfläche ver⸗ unbedeckt bedeckt unbedeckt Sand bedeckt dunſteten g Waſſer 15231 9115 13432 9149 7811 Reiner Humoſer 400 qem Oberfläche verdunſteten Kalkſand Kalkſand g Waſſer (vom 23. Auguſt bis behackt nicht behackt behackt nicht behackt 1135 1345 1015 1236 275 420 Die Theorie der Kulturmethoden. l [$ 105. Dem entſprechend war der Waſſergehalt der oberſten 2 em Boden (Oberfläche) und der nächſten 20 em bei einer Unterſuchung: behackt nicht behackt —. ß ĩͤ 9.33% Humoſer Kalkſand tiefere Schicht.. 29,65 „ 28,64, i l [OSberfſae g, „A. 55 Reiner Kalkſand . tiefere Schicht.. 13,60 „ 10,69, [Oberfläche 3,48 „ 5.3 em [tiefere Schicht.. 17,25, 17,28, Im Laufe des Jahres fanden ſich z. B. im humoſen Kalkſand Unterſchiede des behackten und nicht behackten Bodens bis zu 5%. In weniger niederſchlagsreichen Gegenden (die Unterſuchungen ſind in München ausgeführt) werden wahrſcheinlich die Differenzen noch größere ſein. 2. Tiefkultur. Tiefkultur bewirkt auf beſtandenem Boden das Unterbringen der Bodendecke, Miſchung der Bodenſchichten und Lockerung des Bodens beziehentlich Förderung der Krümelſtruktur. Im landwirthſchaftlichen Betriebe, wo faſt alljährlich der Boden umgebrochen wird, iſt die Unterbringung der Bodendecke von geringer, dagegen im forſtlichen Betriebe von größerer Bedeutung. Durch die Miſchung der aufgelagerten Pflanzenreſte werden dieſe dem Boden nutzbar gemacht, und wenn ſie ſich allmählich zerſetzen, er- folgt eine Anreicherung des Bodens an humoſen Stoffen und eine Steigerung der Krümelſtruktur. Es iſt daher das Unterbringen der Bodendecke immer vortheilhaft. Bedenken hat es jedoch, eine ſtarke Lage von Grasfilz oder Rohhumus horizontal in den Boden zu lagern (z. B. am Grunde von Rajolſtreifen), da dieſe leicht eine für die Wurzeln in den erſten Jahren ſchwer durchdringbare Schicht bilden können. Es liegen zwar noch keine Unterſuchungen hierüber, ſowie in Bezug auf Zeitdauer der Zerſetzung vor, jedenfalls iſt es aber vorzu— ziehen, die Bodendecke entweder in vertikaler Richtung oder beſſer in zerkleinertem Zuſtande mit dem Mineralboden zu miſchen. Die Miſchung verſchiedener Bodenſchichten hat ebenfalls für den forſtlichen Betrieb größere Wichtigkeit als für den landwirth— ſchaftlichen. Bei dem letzteren vermeidet man thunlichſt die Grenzen des alljährlich gedüngten und dauernd gelockerten Bodens zu über— ſchreiten. Die Einmiſchung des tiefer liegenden „rohen Bodens“ ohne entſprechend verſtärkte Düngung wird den Ertrag eher ſchmälern als ſteigern. P ae A § 105.] Tiefkultur. 421 Im forſtlichen Betriebe dagegen, welcher eine regelmäßige Düngung nicht kennt, wird durch eine tiefer greifende Bodenbearbeitung die an Mineralſtoffen meiſt arme obere Bodenſchicht mit den reicheren tieferen Bodenlagen gemiſcht und ſo auch die Ernährung der Baumpflanzen gebeſſert ſowie der Auswaſchung der löslichen Beſtandtheile entgegen gewirkt. Tiefgehende Bodenbearbeitung veranlaßt ſtarke Veränderungen der phyſikaliſchen Eigenſchaften des Bodens. Der Waſſergehalt gelockerter Böden iſt ein anderer als der in dichter Lagerung. Die Waſſerkapacität ſowie die kapillare Leitung wird durch Krümelung und Lockerung erheblich herabgeſetzt; in der feuchten Zeit des Jahres enthalten daher bearbeitete Böden in der Regel weniger Waſſer als dicht gelagerte. Anderſeits iſt die Verdunſtung lockerer Böden eine weſentlich geringere, und das Eindringen der Niederſchläge iſt ſehr erleichtert, beide Faktoren bewirken in Zeiten anhaltender Trockenheit oder geringer Niederſchläge höheren Waſſer— gehalt im bearbeiteten als im unbearbeiteten Boden (vergleiche Seite 65 — 83). Für Waldböden wirkt in vielen Fällen noch die Beſeitigung der für Waſſer ſchwer durchläſſigen, humoſen, auflagernden Schicht mit. Dies, ſowie namentlich das leichtere Eindringen des Regenwaſſers, ermöglichen gelockerten Böden auch ſchwache Niederſchläge in die Tiefe zu leiten (die dann nicht ohne Nutzen von der Oberfläche verdunſtet werden). Es ſind dies wohl die Hauptgründe, welche den Waſſer— gehalt der bearbeiteten Böden in trockenen Zeiten ſo günſtig beeinfluſſen. Zumal auf Sandböden iſt es oft auffällig, welche Unterſchiede ſich zwiſchen dem Feuchtigkeitsgehalt unmittelbar benachbarter Flächen zeigen, die ſich nur durch verſchiedene Bodendecken und durch Bearbeitung veränderte Lagerung der kleinſten Theile unterſcheiden. Die Temperatur gelockerter Böden iſt in Folge der verminderten Wärmeleitung durchſchnittlich niedriger als die feſtgelagerter, dafür ſind in den letzteren die Temperaturſchwankungen größer. Jeden— falls tritt die Einwirkung der Temperatur für das Pflanzenleben zurück, da es ſich in der Regel nur um mäßige Unterſchiede handelt. Die Durchlüftung des Bodens iſt im gelockerten Boden eine ſehr viel günſtigere als im dicht gelagerten, und macht ſich dies nament— lich in feinkörnigen Böden bemerkbar. Es giebt jedoch beſtimmte Bedingungen, welche die Wirkung der Bodenbearbeitung ungünſtig geſtalten können. Iſt der Boden ſehr ſteinhaltig und ſind namentlich die einzelnen Bruchſtücke ſchieferig aus— gebildet, ſo kann die Feinerde nach Lockerung in die tieferen Boden— ſchichten geſpült werden, und die groben Gemengtheile häufen ſich an der Oberfläche an. Faſt ebenſo ungünſtig für die Vegetation iſt es, 422 Die Theorie der Kulturmethoden. > [S 105. wenn zwiſchen den gelockerten Steinen hohle Räume im Boden bleiben. Auf viele Verwitterungsböden von ſchieferigen Geſteinen, Porphyren und dergleichen wirkt daher Bearbeitung oft überwiegend ungünſtig. Ein anderer bei der Bearbeitung von Lehm- und Thonböden ſehr zu beachtender Umſtand iſt die Mächtigkeit der gekrümelten Schicht. ft dieſe nur gering und der unterliegende Boden reich an ſehr fein- erdigen Beſtandtheilen (Thon), jo kann durch eine tief greifende Bear- beitung die Krümelung faſt völlig zerſtört werden, nicht unähn⸗ lich, wie bei einer Verſchlämmung durch fallenden Regen. Bei ſchweren Bodenarten darf daher die Bearbeitung nicht weſentlich tiefer gehen als ſich die gekrümelte Schicht erſtreckt. Auf Außerachtlaſſen dieſes Grundſatzes beruhen die oft recht ungünſtigen Erfahrungen, die man im Waldbau mit Bodenbearbeitung auf ſchweren Kalk-, Thon- und Mergelböden gemacht hat. Bei Dilu- vialmergel, wird eine Bearbeitung vortheilhaft ſein bis zum unter- lagernden Lehm, nicht aber über dieſen hinaus. 3. Kulturmethoden mit Aenderung der Bodenausformung. Zu dieſen Kulturmethoden gehören ebenſowohl ſolche, welche im landwirthſchaftlichen Betriebe geübt werden (Behäufeln, Beetkultur, Rabatten) als auch andere, die weſentlich dem Walde angehören, wie die Hügel- und Plaggenkultur. Behäufeln und Dammkultur.“ Die Einwirkung dieſer Kulturarten erſtreckt ſich auf Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt des Bodens. Bei der Dammkultur ergeben. ſich je nach der Richtung der Dämme von der Sonnenbeſtrahlung abhängige Unterſchiede. Außerdem übt wahrſcheinlich noch die herrſchende Wind— richtung nicht unerheblichen Einfluß.“) Die Temperatur iſt in den Dämmen im Durchſchnitt höher, als auf ebenen Flächen, außerdem ſind die Temperaturſchwankungen in den Dämmen größere (nach Wollny ergeben ſich je nach Bodenart Unter— ſchiede von 2,7 — 4,6“ in 10 em Tiefe und von 1,7 — 4,5“ in 20 em Tiefe). In der wärmeren Jahreszeit und zumal bei Sonnenbeſtrahlung während des Tages iſt die Temperatur der Dämme beträchtlich höher als die der eben gelegenen Flächen. Hierauf iſt es wohl zurückzuführen, daß Pflanzenarten, welche für eine höhere Temperatur dankbar ſind, günſtig auf Behäufelung und Als Dummkultur iſt hier jede Bearbeitung des Bodens bezeichnet, durch welche einzelne Streifen dammartig über andere Theile des Bodens hervorragen. 7%) SIIELOTER: Wollny, Forſchungen der Agrikulturphyſik, 3, S. 117 und 8, S. 17. Marek, Mittheilungen des landwirthſchaftlichen Inſtituts der Univerſität Königs⸗ berg 1882, S. 192. $ 105.] Kulturmethoden mit Aenderung der Bodenausformung. 423 Anbau auf Dämmen reagiren. Im forſtlichen Betriebe gilt dies namentlich für die Eiche. Der Waſſergehalt iſt in den Dämmen weſentlich geringer als in ebenen Flächen. Wollny fand Unterſchiede von 1— 5 Gew. „%. Zumal die waſſerärmeren Böden (Sand) waren am meiſten beeinflußt, weniger die waſſerreicheren. Die Himmelsrichtung, nach welcher die Dämme verlaufen, macht ſich in Bezug auf die Temperatur des Bodens weſentlich be— merkbar, und ſind auch die Unterſchiede in demſelben Damm an der Nord- und Süd-, beziehentlich an der Oſt- und Weſtſeite nennenswerthe (die Nordſeite iſt nach Wollny im Durchſchnitt der Tagestemperatur oft um 4°, zur Mittagszeit um 10° kühler als die Südſeite, während zwiſchen Oſt⸗ und Weſtſeiten erhebliche Unterſchiede nicht hervortreten). Durch die verſchiedene Sonnenbeſtrahlung ſind Dämme von Nord nach Süd gleichmäßiger erwärmt; ſie beſitzen keine kalte Nord- und warme Südſeite, wie die von Oſten nach Weſten verlaufenden Dämme, übertreffen dieſe auch in der Regel in Bezug auf die Durchſchnitts— temperatur. Der Einfluß der herrſchenden Windrichtung iſt noch nicht unterſucht worden; je nach der Lage kann er beträchtlich oder ſehr gering ſein. Auf allen mehr oder weniger exponirten Flächen wird man gut thun, die Dämme ſenkrecht zur Windrichtung anzulegen, da dann wenigſtens eine Seite dem austrocknenden Winde nicht ausgeſetzt iſt.“ Regeln für die Anwendung der Dammkultur im Forſt— betrieb. Die vorliegenden Beobachtungen ermöglichen es, wenigſtens einzelne Regeln für den forſtlichen Betrieb abzuleiten. Auf trockenen Bodenarten, zumal Sandböden, ſind Anlagen von Dämmen zu vermeiden, zumal dann, wenn die Flächen den Winden ausgeſetzt ſind. In feuchten Lagen wirken die Dämme vortheilhaft. In warmen Lagen wähle man die Richtung der Dämme von Oſt nach Weſt, in kühlen von Nord nach Süd. Rabattenkultur. Die Rabattenkultur unterſcheidet ſich von der Dammkultur dadurch, daß ſie wohl ſtets die Ableitung eines Ueber— ſchuſſes von Näſſe bezweckt und zugleich eine größere oder geringere Menge von Erde aus den Gräben auf die benachbarten Dämme bringt. Liegen humoſe Bodenarten vor, ſo entſpricht die Rabattenanlage in ihren Wirkungen zumeiſt dem Sanddeckverfahren bei Moorkulturen. * Daß thatſächlich eine Einwirkung geübt wird, zeigt z. B. die Beobachtung von Borgmann (De Hoogvenen van Nederland), daß die Vegetation von Moor— gräben eine verſchiedene, je nach der Himmelsrichtung, iſt, in denen ſie verlaufen; wenigſtens wird das Wachsthum der Sphagneen weſentlich an Stellen, welche dem Weſtwind ausgeſetzt ſind, zurückgehalten. 424 Die Theorie der Kulturmethoden. 5 105. Bei der Koſtſpieligkeit der Rabatten wird man im forſtlichen Be- triebe wohl immer nur dann zu ihnen greifen, wenn ein anderer Weg ausgeſchloſſen erſcheint. Hügelpflanzung.“) Die Hügelpflanzung gehört ausſchließlich dem forſtlichen Betriebe an. Sie beſteht darin, aus dem umliegenden Boden, gelegentlich wohl auch aus den beſſeren Stellen der Fläche Boden zu gewinnen und ihn in kleinen Hügeln, die zumeiſt mit Raſenplaggen gedeckt werden, aufzuhäufen. Den Pflanzen wird in feuchten Geländen trockener Standort und in kühlen Lagen eine höhere Bodentemperatur verſchafft, als bei Pflanzung in der ebenen Fläche. Plaggenkultur. Beſteht im Ausſtechen von Plaggen auf ſehr graswüchſigen und namentlich auf ſtark humoſen Böden, die umgeklappt oder mit der Pflanzenſeite nach unten gelagert werden. Auf graswüchſigen Boden hat dieſe Kulturmethode weſentlich den Zweck, die Konkurrenz der Gräſer einige Zeit fern zu halten. Auf moorigen und ſchwach moorigen Böden, zumal ſtark humoſen Sanden, auf denen die Baumpflanzen außer unter den Gräſern noch unter Trockenheit im Sommer, Ueberfluß an Näſſe im Winter und unter Auffrieren zu leiden haben, iſt die Plaggenkultur vortheilhaft, wenn Boden des Untergrundes, in der Regel Sand, mit herausgehoben wird. Die Plaggen ſind dann eine Art Sanddeckkultur im kleinſten Maßſtabe und beeinfluſſen den Pflanzenwuchs im hohen Grade vortheilhaft, und üben wahrſcheinlich (Unterſuchungen liegen nicht vor) ähnliche Wirkungen aus, wie dies für die Sanddecke auf Moor gilt (Seite 442). Die Pflanzenſchicht und der oft ſehr ſtarke Filz der Graswurzeln muß jedoch durchſtochen werden, wenn die Baumpflanzen auf Plaggen nicht in trockenen Zeiten unter Waſſermangel leiden ſollen. 4. Durchbrechung tieferer Bodenſchichten. Hier kommen im forſtlichen Betriebe namentlich Ortſtein und Raſeneiſenſtein in Betracht; die Kultur ſolcher Böden iſt im § 106 be— handelt. Häufig handelt es ſich ferner um Durchbrechung von Thon- und Lettenſchichten, ſowie um die Senkung des Waſſerſpiegels. Die Beein- fluſſung des Bodens wird je nach den Verhältniſſen eine verſchiedene ſein, im Allgemeinen wird die Bodentemperatur erhöht, die Durch— lüftung geſteigert und damit zugleich die Zerſetzung humoſer Stoffe eine günſtigere werden. *) von Manteuffel, Die Hügelpflanzung der Laub- und Nadelhölzer. 3. Auflage 1865. $ 105.] Bodenbearbeitung. 42 [Sr 5. Bodenbearbeitung im forſtlichen Intereſſe. In der Regel wird im forſtlichen Betriebe eine volle Boden— bearbeitung am Koſtenpunkt ſcheitern; ſtreifenweiſe und löcherweiſe Bodenbearbeitung bildet die Regel. Alle die Beeinfluſſungen des Bodens, welche Seite 417—422 beſprochen ſind, werden ſich auch hier geltend machen, aber in um ſo abgeſchwächterem Maße, je kleiner die bearbeitete Fläche wird. Die Einwirkung auf Temperatur und Feuchtigkeit wird naturgemäß in einem ſchmalen Streifen geringer ſein, als auf ganzen Flächen, und in einem Loche geringer als in einem Streifen. Vergleichende Unterſuchungen fehlen. Bemerkenswerth iſt, daß man bei der Kultur mit dem Waldpflug, wie dieſe namentlich in Norddeutſchland üblich iſt, auf den Vortheil einer Miſchung der meiſt reichlich vorhandenen humoſen Ablagerungen mit dem Mineralboden verzichtet. Die Bodendecke wird hierdurch in dicken Schichten vielfach ſchädlich und nach kaum einer Richtung für den Wald nützlich, an beiden Seiten des gepflügten Streifens abgelagert. Bei ungünſtigeren Bodenverhältniſſen erhalten ſich dieſe Rohhumus— anhäufungen oft Jahrzehnte und kann man ihre Reſte ſelbſt noch in Stangenhölzern antreffen. 6. Verhalten der Hauptbodenarten bei der Bearbeitung. a) Stein- und Geröllböden. Bodenbearbeitung auf Steinböden, ſoweit ſie überhaupt ausführbar iſt, wirkt überwiegend ungünſtig. Die geringen Mengen feinerdiger Beſtandtheile werden weggeführt, der Boden ſo ſehr gelockert, daß die Wurzeln der jungen Pflanzen ſchwer Halt finden. Im forſtlichen Kultur— betrieb vermeidet man daher Bearbeitung oder führt ſie in der Weiſe aus, daß man Pflanzenlöcher oder Mulden herſtellt, die mit fruchtbarer Erde gefüllt und nach der Pflanzung oberflächlich mit kleinen Steinen gedeckt werden. b) Sandböden. Die Bodenbearbeitung wirkt meiſt ſicher und vortheilhaft, und zwar je tiefer um ſo beſſer. Der Waſſergehalt wird in trockenen Zeiten günſtig beeinflußt, eine Mengung der tiefer lagernden mineral— ſtoffreicheren Bodenſchichten mit dem faſt ſtets mineralſtoffarmen Ober— boden findet ſtatt. e) Lehmböden. Die Bodenbearbeitung ſoll nicht weſentlich tiefer gehen, als bereits gekrümelter Boden vorhanden iſt, oder wenigſtens an abſchlämmbaren Stoffen ärmere Bodenſchichten vorliegen. Erſtreckt ſich der Eingriff in thonreichere Schichten, jo kann die Krümelſtruktur völlig zerſtört werden und die Bodenbearbeitung in hohem Grade ungünſtig einwirken. 426 Die Theorie der Kulturmethoden. [$ 105. d) Thonböden. Die Bodenbearbeitung darf die Tiefe der gekrümelten Schicht kaum überſchreiten, vortheilhaft beſchränkt ſie ſich nur auf eine oberflächliche Behackung; tiefer gehende Bodenbearbeitungen wirken faſt ſtets ſchädlich. e) Kalkböden. Flachgründige Kalkböden ſind meiſtens ſteinreich und erdarm; eine Bodenbearbeitung wirkt daher in der Regel wenig vortheilhaft. Tief- gründige Kalkböden ſchließen ſich in ihrem Verhalten den Thonböden an, und gelten die dort gegebenen Regeln. f) Humusböden. Eine Bodenbearbeitung lockert die an ſich loſen Böden im hohen Grade; ſchon bei ſtark humoſen Sanden wirkt ſie in feuchter Lage ungünſtig ein und ſteigert das Auffrieren des Bodens erheblich. Vor- theilhaft wird eine Bearbeitung derartiger Böden, wenn die reinen, nicht humoſen Sandſchichten des Untergrundes als Decke oben auf den Boden gebracht werden. g) Böden abweichender Schichtung. Bodenbearbeitung iſt unbedingt nothwendig in allen Fällen, wo eine undurchläſſige Schicht Obergrund und Untergrund des Bodens trennt. Eine ungenügende Ausführung iſt z. B. auf Ortſteinböden ſchlimmer als gar keine Bearbeitung. Allgemeine Regeln laſſen ſich jedoch für die Bearbeitung von Böden mit abweichender Schichtung nicht aufſtellen; es ſind die lokalen Verhältniſſe zu berückſichtigen. h) Böden mit Grundwaſſer. Bodenbearbeitung ohne nennenswerthe Entwäſſerung wirkt auf Flächen, die in geringer Tiefe Grundwaſſer anſtehen haben, ſehr ver- ſchieden, in der Regel aber nicht günſtig ein. In der Nähe des Grundwaſſers macht ſich die größte Waſſer— kapacität (Seite 65) der Böden geltend. Durch Lockerung können unter dieſen Umſtänden die Räume des Bodens, welche kapillar zu wirken vermögen, an Zahl ſehr zunehmen und die Folge einer Boden- bearbeitung iſt ein höheres Anſteigen des vorher ſchon überreichlichen Bodenwaſſers. Erſcheint eine Entwäſſerung derartiger Böden nicht angebracht, ſo iſt es namentlich unvortheilhaft, feinkörnigere, tiefer lagernde Boden— ſchichten mit grobkörnigeren, auflagernden zu miſchen. Am vortheil- hafteſten iſt es, eine auflagernde, möglichſt grobkörnige Schicht des Bodens zu erhalten zu ſuchen, eventuell die Bodenbearbeitung nicht bis zur Grundwaſſerſchicht zu führen. Die angegebenen Schwierigkeiten machen ſich nur dann geltend, wenn das Grundwaſſer ſehr hoch ſteht; je tiefer ſein Stand iſt, um ſo günſtiger wird, zumal bei Sandböden, eine Bodenbearbeitung wirken. —— nnn —1 § 106.] Ortſtein. 42 § 106. IV. Kultur auf Grtſtein und Raſeneiſenſtein. 1. Ortſtein. Die ausgedehnte Literatur über Ortſteinkultur und die Methoden der Heide— aufforſtung findet ſich namentlich in: Burckhardt, Aus dem Walde. Vereinsblatt des Heide-Kultur-Vereins für Schleswig -Holſtein. Zahlreiche Einzelarbeiten finden ſich in den übrigen forſtlichen Zeitſchriften. Grundlegende Arbeiten über den Gegenſtand ſind: Emeis, Waldbauliche Forſchungen und Betrachtungen, Berlin 1876. Müller, Die natürlichen Humusformen, Berlin (mit ſehr vollſtändigen Lite— raturangaben). Ramann, Bildung und Kultur des Ortſteins, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1886, S. 1. Reich an Unterſuchungen über dieſen Gegenſtand iſt die däniſche Literatur, zumal: Tidsskrift for Skovbrug und Hedeselskabs Tidsskrift. Die Bildung und die Eigenſchaften des Ortſteins ſind bereits früher (Seite 234) behandelt. Die Entſtehung des Ortſteins, ſowie die Wirkung der Kultur— methoden auf Ortſteinböden gehört zu den wenigen gut durchgearbeiteten Kapiteln des Waldbaues, jo daß es möglich iſt, beſtimmte Kulturmethoden anzugeben und nachzuweiſen, daß Abweichungen davon immer unvor— theilhaft und oft ſchädlich ſind. Die Schichtenfolge der Ortſteinböden iſt faſt ſtets folgende: 1. ſtark humoſe, meiſt als Rohhumus oder Trockentorf ausgebildete Humusſchicht; 2. Grau⸗(Blei⸗ Sand; 3. Ortſtein; 4. Rohboden, meiſt Sand, zuweilen auch Lehm- oder Ge— ſteinsgruß. Je nach der Ausbildung des Ortſteins in weicherer, durchdring— barer Form (Branderde), oder in feſter, aber wenig mächtiger Schicht (gewöhnliches Vorkommen des Ortſteines), oder als ſehr tiefgehende, mächtige, dann meiſt heller braun gefärbte Schicht, ſind die Schwierigkeiten, welche der Bodenbearbeitung entgegenſtehen, ſehr verſchieden. Nach dem Vorkommen kann man unterſcheiden: a) Ortſtein in trockenen Lagen. Hier finden ſich meiſt wenig mächtige, als Branderde oder als feſter Ortſtein ausgebildete Schichten in mäßiger Tiefe des Bodens. In der Regel findet ſich die hauptſächlichſte Abſcheidung des Ortſteines an den Abhängen ſchwacher Bodenerhebungen, während die Senken 428 Die Theorie der Kulturmethoden. S 106. vielfach, die Kuppen in der Regel frei von Ortſtein geblieben find. Ein großer Theil der Ortſteinböden der Lüneburger Heide, des Schles— wig'ſchen Landrückens zeigen den Ortſtein in dieſer Form. b) Ortſtein in feuchten Lagen. Während die trockenen Lagen überwiegend die höher gelegenen Gebietstheile einnehmen, findet ſich Ortſtein in feuchten Lagen natur- gemäß mehr im tiefer gelegenen Gelände oder in Gebieten mit reich— lichen Niederſchlägen und höherer Luftfeuchtigkeit. Die Heiden, welche das die Nordſee umgebende Tiefland zum großen Theil bedecken und meiſt Ortſtein im Untergrunde führen, gehören hierher; ebenſo viele Gebiete der eimbriſchen Halbinſel, wo naſſe Heiden nach Norden immer reichlicher werden. Der Boden iſt meiſt mit einer ſtarken Schicht von blauſchwarzem Heidetorf bedeckt, die Bleiſandſchichten find in der Regel von beträcht- licher Mächtigkeit, und der Ortſtein iſt überwiegend von heller Farbe, geringem Gehalt an verkittenden organiſchen Stoffen und äußerſt zäh und dicht gelagert. Die einzelnen Sandkörner ſind oft faſt filzig dicht zuſammengelagert. Es ſind dies für die Kultur die ungünſtigſten Arten der Ortſteinböden, aber anderſeits begünſtigt der höhere Feuch— tigkeitsgehalt die Entwickelung der Bäume. e) Ortſtein unter altem Waldbeſtand. Das Vorkommen des Ortſteins unter altem Waldbeſtand iſt ein weit verbreitetes; ſowohl in trockenen wie feuchten Lagen kann er ſich finden, iſt aber im Allgemeinen für die Waldvegetation weniger un— günſtig als auf Gebieten, die bereits von der Heide eingenommen wurden. Veränderungen des Ortſteins. An die Luft gebracht und dem Froſte ausgeſetzt, zerfällt der Ortſtein in ein hell- bis dunkelbraunes Pulver, welches allmählich durch Verweſung die organiſchen Stoffe verliert und als Rückſtand den normalen Verwitterungsboden des Ge— bietes, in der Regel einen gelblich gefärbten Sand, zurückläßt. Je reicher der Ortſtein an organiſchem Bindemittel iſt, um ſo raſcher, je ärmer, um ſo langſamer, erfolgt der Zerfall. Die hellbraun gefärbten, an humoſen Stoffen armen Ortſteine widerſtehen daher der Verwitte— rung viel länger als die dunklen Abarten. Die Umbildung des Ortſteines bei ungeſtörter Lagerung macht ſich namentlich in der Bildung von Töpfen bemerkbar. Der Ort— ſtein wirkt als ſchwer durchläſſige Schicht, Waſſer ſammelt ſich auf ihm an und kann nur allmählich in die Tiefe abſickern. Immer werden ſich einzelne Stellen finden, an denen der Waſſerabfluß leichter ſtatt findet, und hier bilden ſich allmählich Ausſtülpungen des Ortſteins in dem unterliegenden Boden „die Töpfe“. Man kann in Ortſteingebieten deren Entſtehung in allen Uebergängen verfolgen; von den erſten noch 8 106. Ortſtein. 429 kaum durch dunklere Farbe und wenig dichteren Zuſammenhang ſich unterſcheidenden Bodenſtellen bis zur vollen, von dem überliegenden Ortſtein nicht zu unterſcheidenden Ausbildungsform (e in Abb. 32). Erfolgt eine Durchbrechung des Ortſteines, ſei es durch Abſterben von Wurzeln vorhandener Bäume, äußere Zufälligkeiten oder bei Kulturarbeiten, ſo findet natürlich der Waſſerabfluß dort den geringſten Widerſtand, und da alle Bedingungen zur raſchen Auswaſchung des Bodens gegeben ſind, ſo entſteht in und unter der Durchbrechung Blei— ſand. Iſt erſt dieſer vorhanden, ſo kann ſich an deſſen Grenzen auch Abb. 32. 1. Topfbildung auf Ortſteinböden. e gewöhnliche Form, k nach Durchbrechung der 2. Entwickelung der Pflanzen auf Ortſteinböden. Links Heidepflanze, rechts Kiefer. Die Wurzelverbreitung erfolgt nur in der humoſen Schicht (a), nicht im Bleiſand (b) und auf der Ortſteinſchicht (e) bei der Heide; während eine Wurzel der Kiefer den Ortſtein durchbrochen hat und ſich im Sande des Untergrundes (d) ausbreitet. wieder Ortſtein abſcheiden, und der Vorgang wird ſich ſo lange wieder— holen, bis endlich in tieferen Schichten der Widerſtand, den der dicht gelagerte Boden dem Eindringen des Waſſers entgegenſetzt, ſo erheblich wird, daß die Abſcheidung von humoſen Stoffen die Auswaſchung des Bodens überholt und eine allſeitig geſchloſſene, mit Bleiſand erfüllte Ortſteinröhre, entſteht (T in Abb. 32). Aus dieſem Verhalten zeigt ſich eine der für die Kultur wichtigſten Eigenthümlichkeiten des Ortſteins. Während jedes andere Geſtein, einmal durchbrochen, weiter der Verwitterung unterliegt, regenerirt ſich der Ortſtein wieder. 430 Die Theorie der Kulturmethoden. S 106. Verhalten der Pflanzen auf Ortſteinböden. Das Verhalten der Pflanzen auf Ortſteinböden, zumal im Heide— gebiet, iſt ein ſehr charakteriſtiſches. Die Verbreitung der Wurzeln wird hauptſächlich durch die Vertheilung der Nährſtoffe im Boden bedingt (Abb. 32). Die Heidepflanzen zeigen eine ſtarke Wurzelverbreitung in der oberſten Humusſchicht, eine dünne Pfahlwurzel, welche ohne oder faſt ohne Verzweigung den Bleiſand durchſetzt und eine ſehr ſtarke Wurzel- entwickelung auf der Oberfläche des Ortſteines (Abb. 32). ; Die Kiefer zeigt ebenfalls Wurzelentwickelung in der oberſten Humusſchicht, und wenn ſie überhaupt auf die Dauer gedeiht, findet ſich ſtets, daß eine der Wurzeln die Ortſteinſchicht durchbrochen und die Funktion der Pfahlwurzel übernommen hat, indem ſie ſich in dem Mineralboden unterhalb des Ortſteines verbreitet. Es entſteht ſo die eigenthümliche Ausbildung, wie ſie in Abb. 32 ſkizzirt iſt, die man in allen Kiefernbeſtänden auf Ortſteinboden wiederfinden kann; auch bei der Kiefer feh.t jede Verzweigung der Wurzel in der Bleiſandſchicht. Die Fichte bildet ihre flachſtreichenden Wurzeln zumeiſt in der oberſten Humusſchicht aus, bleibt aber dann in der Entwickelung ſtark zurück; günſtiger geſtaltet ſich das Verhalten, wenn die Wurzeln die Oberfläche der Ortſteinſchicht erreichen und ſich auf dieſer hinziehen. Kulturmethoden. Jeder Kultur hat eine genaue Bodenunterſuchung voraus— zugehen. Es gilt dies ſowohl für alte Waldbeſtände wie in noch höherem Maße für neu aufzuforſtende, meiſt mit Heide beſtandene Flächen. Der Ortſteinboden leidet 1. unter der ungünſtigen Beſchaffenheit der Humusdecke, 2. unter der Armut des Bleiſandes an mineraliſchen Nähr— ſtoffen, 3. unter dem Vorkommen einer undurchläſſigen Schicht, dem Ortſtein, im Boden. Der Waſſergehalt der Ortſteinböden iſt bei ſchwacher Boden— decke ein ſehr wechſelnder. In der kalten Jahreszeit ſind meiſt reich— liche Anſammlungen von Waſſer vorhanden, in der wärmeren Jahres- zeit trocknet der Boden völlig aus. Unter mächtigen Humusſchichten dagegen erhält ſich der Boden auch während der wärmeren Jahreszeit friſcher, als unbedeckter Boden. Wenn trotzdem die Kulturen im erſten Falle ſchlechter gedeihen, ſo liegt dies an der ungünſtigen Einwirkung S 106.) Ortſtein. 431 des Humus. Müller“) hat die Waſſerverhältniſſe der Ortſteinböden durch einige Beobachtungsreihen feſtgeſtellt. Er fand folgenden Waſſer— gehalt: Auf Sandblöße Unter Heidetorf mit Heide, Thymian, Moos, von Heide bedeckt meiſt kahl in 20 cm Tiefe in 50 em Tiefe in 20 cm Tiefe in 50 cm Tieſe 1880/81 7,58 5,30 2,97 35 90 Die anwendbaren Kulturmethoden ergeben ſich nun aus den Eigen- ſchaften des Ortſteins und der Ortſteinböden ziemlich leicht. Nothwendig iſt eine Beſeitigung der Rohhumusſchichten, die am beſten mit dem Mineralboden gemiſcht werden und eine Durchbrechung des Ortſteines, um den Bäumen den Zugang zu den reicheren, tieferen Bodenlagen zu ermöglichen. Abb. 33. Altes Stubbenloch im Ortſteinboden. a humoſe Schicht, b Bleiſand, e Ortſtein, d Sand des Untergrundes. Der mittlere Theil der Fläche iſt durch Roden eines Baumſtubben rajolt, eine Neubildung von Ortſtein iſt nicht eingetreten, wohl aber haben ſich an den Rändern des Stubbenloches tiefe mit Bleiſand erfüllte Töpfe gebildet. Erfolgt eine lokale Durchbrechung des Ortſteines, ſo wird ſich dieſe in längerer oder kürzerer Zeit wieder ſchließen, wie es Seite 429 dargelegt iſt. Auch über das Verhalten bei breiteren Durchbrechungen kann man in der Natur Auskunft erhalten. In Abbildung 33 iſt das Profil eines alten Stubbenloches in Ortſteinböden gezeichnet. Verfaſſer fand dasſelbe in einem Reviertheil der Oberförſterei Hohenbrück, ſpäter hatte er Gelegenheit, ähnliche Vorkommen mehrfach zu beobachten. Der gemiſchte Boden in der Mitte des Stubbenloches hatte eine weſentliche Aenderung nicht er— fahren, aber an den Rändern desſelben hatten ſich an dem Ortſtein (e der Abb.) tiefe Einſtülpungen theilweis mit Bleiſand (b) erfüllter Töpfe gebildet. ) Natürliche Humusformen, Seite 180. 432 Die Theorie der Kulturmethoden. Is 106. Es gelten daher für die Kulturmethoden folgende Grundſätze: a) Löcher oder ſchmale Streifen werden ſich durch Neubildung von Ortſtein in nicht allzu langer Zeit wieder ſchließen, p) breite Streifen werden dagegen auf ſehr lange Zeit, bei guter Kultur der Flächen vielleicht auf unabſehbare Zeiträume die Neubildung des Ortſteins verhindern. Will man daher die beiden Kulturmethoden mit einander ver— gleichen, jo find bei Berechnung der Rentabilität die Koſten einer Bearbeitung in ſchmalen Streifen oder in Löchern für einen Umtrieb einzuſtellen; Durchbrechung des Ortſteines in breiten Streifen iſt dagegen als Melioration, das heißt dauernde Erhöhung des Bodenwerthes zu erachten. 1. Löcherkultur. Die Wirkung einer lochweiſen Durchbrechung der Ortſteinböden iſt beſprochen. Nach Ende des Umtriebes wird je— doch eine weſentliche Schädigung des Bodens eingetreten ſein. An Stelle einer gleichmäßigen, wenig mächtigen Ortſteinſchicht, wird der Boden von einer großen Anzahl tiefgehender Ortſteintöpfe durchſetzt ſein, die einer Melioration enorme Schwierigkeiten entgegenſetzen. Der Schaden, den eine Löcherkultur verurſacht, ſteht demnach in keinem Verhältniß zu dem möglichen Gewinn während eines Umtriebes. Selbſt eine gelungene Lochkultur auf Ortſteinböden iſt da— her mit einer ſchweren Schädigung des Bodenwerthes ver— bunden. Zudem kommt noch, daß dieſe Kulturmethode an ſich meiſt ſehr ſchlechte Reſultate giebt und die auflaufenden Koſten für Nach— beſſerung und Zuwachsverluſt zuletzt viel höhere ſind, als die einer ſofort richtig durchgeführten Melioration. Man kann, zumal auf altem Heideland, derartige Kulturen ſehen, welche mit ihren ab— ſterbenden flechtenbehangenen Krüppelwüchſen einen viel traurigeren Eindruck hervorrufen, als die urſprüngliche Heide. Die Löcherkultur iſt daher auf Ortſteinböden eine grund— ſätzlich falſche und unter allen Umſtänden zu verwerfende Maßregel. 2. Kultur in ſchmalen Streifen. Etwas günſtiger, aber immerhin noch unvortheilhaft, iſt die Bodenbearbeitung in ſchmalen Streifen. In vielen Fällen werden ſich dieſelben ebenfalls wieder ſchließen und den Boden verſchlechtert zurücklaſſen. Das Urtheil kann daher kaum günſtiger ausfallen als über die Löcherkultur. 3. Kultur in breiten Streifen. Auf allen Ortſteinböden in trockener Lage und mit nicht zu mächtigen Ortſteinſchichten iſt die Kultur in breiten Streifen die gegebene. Nach Ablauf längerer Zeit werden die beiden Seiten zwar ebenſo ausſehen wie die Ränder des Stubbenloches in Abb. 33; aber ein großer Theil des Bodens wird $ 106.) Ortſtein. 433 der Waldkultur dauernd gewonnen ſein, und auch auf den undurch— brochenen Stellen iſt es den Bäumen ermöglicht, ihre Wurzeln ſeitlich in die Tiefe zu treiben. Die Streifen ſelbſt müſſen eine genügende Breite, jedenfalls nicht unter 1 m haben; die zu durchbrechende Erdſchicht und der Abſtand der einzelnen Streifen muß ſich natürlich nach den vorhandenen Mitteln richten, es iſt aber immer anzurathen, weniger Fläche gut als große Gebiete ungenügend zu bearbeiten. Am vortheilhafteſten iſt es, wenn nicht eine volle Bodenbearbeitung möglich iſt, ſo doch auf der Hälfte und keinenfalls unter einem Drittel der Fläche den Ortſtein zu durch— brechen. Benutzbar hierfür ſind Pflüge; es iſt jedoch ein doppeltes Pflügen nothwendig, einmal mit einem oberflächlich arbeitenden und dann mit einem tiefgehenden Untergrundspflug. Vortheilhafter iſt Rajolen durch Handarbeit. Einmal wird hier die Miſchung des Bodens in viel vollkommener Weiſe bewirkt, zweitens iſt es möglich, den Ortſtein auf den Boden zu bringen und man hat die Gewißheit, daß der Ortſtein auch wirklich zerfällt, anderſeits wird die düngende Wirkung des Ortſteins ausgenutzt, der durchſchnittlich zehnmal mehr lösliche Mineral— ſtoffe enthält, als der übrige Boden und ſo eine Anreicherung der oberen Bodenſchichten an löslichen Salzen mit allen Vortheilen der— ſelben herbeiführt. Endlich kann man ſich bei Handarbeit immer leicht davon überzeugen, ob die Arbeit auch gut ausgeführt und der Ortſtein wirklich durchbrochen iſt. Unterhalb des Ortſteins lagert gelb gefärbter Sand, oberhalb der grauweiß gefärbte Bleiſand. Iſt daher der an die Oberfläche gebrachte Sand gelblich oder bräunlich gefärbt, ſo muß auch die Ortſteinſchicht durchbrochen ſein. Es iſt dies ein einfaches praktiſches Hülfsmittel, welches wohl angeführt zu werden verdient. 4. Rabattenkulturen. Während in den trockneren Lagen die Kultur in breiten Streifen das empfehlenswertheſte iſt, gilt das gleiche für Rabattenkulturen in Ortſteinböden in naſſer Lage. Faſt überall, wo auf Heiden Aufforſtungen in naſſen Lagen erfolgen ſollen, finden ſich mächtige Schichten von Heidetorf, es ſind meiſt Gebiete, die ſich im erſten Stadium der Hochmoorbildung befinden (3. B. Ilooheide in Holſtein). Hier würde eine ſtreifenweiſe Durchbrechung des Ort— ſteins ohne gleichzeitige Regelung des Waſſerſtandes wenig Ausſicht auf Erfolg haben, dorthin gehört die Rabattenkultur mit breiten Gräben und Ueberſandung der liegen bleibenden Nachbarſtreifen. Zugleich iſt jedoch thunlichſt eine zu tief gehende Entwäſſerung zu verhüten. Mancherlei deutet darauf hin, daß die ungünſtige Beſchaffenheit des tiefliegenden hell gefärbten Ortſteins durch Austrocknen im Boden weſentlich geſteigert wird. 5. Kultur der Ortſteinböden mit altem Waldbeſtand. Die Schwierigkeiten der Ortſteinkultur machen ſich namentlich auf ent— Ramann. 28 434 Die Theorie der Kulturmethoden. 5 S 106. waldeten Gebieten geltend. Ortſtein unter altem Waldbeſtand gefährdet in der Regel eine Kultur weniger als man annehmen ſollte. Bei flachliegendem Ortſtein iſt auf trockenen Gebieten eine Durchbrechung in breiten Streifen immer rathſam, es iſt eine Arbeit, welche dem Be— ſtand dauernde Sicherung bietet. In feuchteren Lagen iſt, zumal wenn der Waſſerſtand dauernd erhalten bleibt, häufig eine tiefgehende Kultur nicht nothwendig und genügt es, die humoſe Bodenſchicht zu entfernen oder beſſer mit dem Mineralboden zu miſchen, um eine Neukultur zu ermöglichen. Beſonders empfindlich ſind derartige Flächen gegen Aus- trocknung, alles, was daher den Boden ſchützen und decken kann, zumal Unterholz, iſt daher thunlichſt zu ſchonen. Von Intereſſe iſt auch das verſchiedenartige Verhalten der Roh- humusſchichten, welche je nach ihrer Abſtammung, auch bei ziemlich gleichartigem Gehalt an mineraliſchen Nährſtoffen oft recht wechſelnde Einflüſſe ausüben. Emeis (a. a. O.) beſchreibt einzelne Theile des Segeberger Forſtes, in denen trotz aller Pflege die Buchen in Folge der mächtig angeſammelten Rohhumusſchichten abſterben und eine Neu- begründung eines Buchenwaldes ausgeſchloſſen erſcheint, wohl aber ge— deiht die Fichte ganz vortrefflich. In Dänemark ſind derartige Beiſpiele nicht ſelten. Würde ſich der Beſtand ſelbſt überlaſſen bleiben, ſo würde vielleicht die Fichte auf lange Zeit die herrſchende Holzart werden, bis ſie durch immer reichlichere Rohhumusablagerungen ebenfalls die Bedingungen ihres Gedeihens ein- büßt, und wahrſcheinlich würde dann die Heide von dem Gebiete Beſitz ergreifen und als endliches Reſultat ſich eine Hochmoorbildung ergeben. 6. Ausſichten der Ortſteinkulturen. Die Ausſicht für die in großem Maßſtabe unternommenen Aufforſtungen der Heiden ſind ſehr verſchiedene. Bei guter Kulturmethode ſind ſie auf faſt allen trockenen Lagen günſtige. Die Lüneburger Heide z. B. iſt überwiegend ein devaſtirtes Waldland, vielfach mit Boden, der noch Laubholz zu tragen vermag. Hier bedarf es nur eines erſten Schrittes, um weite Flächen dauernd der Waldkultur wieder zu gewinnen. Allerdings iſt eine gründliche Bodenbearbeitung die Vorausſetzung des Erfolges. Viele der jetzigen Beſtände, und die fiskaliſchen Forſten ſind leider durchaus nicht hiervon auszunehmen, machen in Folge ungenügender Vorarbeiten oft einen recht traurigen Eindruck, und ſie find es zumeiſt, die als ab— ſchreckende Beiſpiele für die Aufforſtungen angeführt worden find. In allen Lagen dagegen, wo ſich tiefliegende, hell gefärbte Ort— ſteinſchichten finden und es nicht möglich iſt, den Waſſerſtand dauernd günſtig zu erhalten, erſcheint es vortheilhafter, Aufforſtungen zu unterlaſſen oder ſich mit der Zucht der Bergkiefer (Pinus montana var. uneinata) zu begnügen. Dieſer Baum wächſt noch auf jolchen Flächen, bringt aber nur Knüppelholz. § 106.) Raſeneiſenſtein. 435 Eine Durchbrechung des Ortſteines iſt in ſolchen Lagen oft völlig undurchführbar, und eine ungenügende Bearbeitung läßt erwarten, daß in abſehbarer Zeit eine Neubildung des Ortſteines eintritt. In Rajolſtreifen auf derartigen Böden (Plantage Beftoft der Oberförſterei Apenrade) fand Verfaſſer bereits wieder Neubildungen von Bleiſand. Es iſt zu fürchten, daß ſpäter wieder Ortſtein entſteht und die ganze Kultur gefährdet. 2. Raſeneiſenſtein. Raſeneiſenſtein bildet ſich fortdauernd und unter der Mitwirkung von niederen pflanzlichen Organismen an den Stellen, wo eiſenhaltige Wäſſer zu Tage treten (Seite 130). Der Raſeneiſenſtein gehört alſo wie der Ortſtein zu den ſeltenen Bildungen, welche ſich dauernd er— neuern, wenn nicht die Urſachen ſeines Entſtehens beſeitigt werden können, und dies iſt bei Raſeneiſenſtein viel weniger ausführbar als beim Ortſtein. Schon hieraus ergiebt ſich, daß die Kultur bei jenem weniger Ausſicht hat als bei dieſem. Der Raſeneiſenſtein findet ſich entweder in kugeligen Konkretionen zwiſchen den übrigen Bodentheilen eingelagert oder in mächtigen ge— ſchloſſenen Bänken in feuchten Gebieten. Im erſten Fall hat das Vorkommen keine weiteren ſchädlichen Einwirkungen auf die Pflanzenwelt, ein entſprechendes Durcharbeiten des Bodens genügt in der Regel, die Kultur zu ſichern. Viel un- günſtiger verhält ſich der Raſeneiſenſtein in mächtigen Bänken. Dieſe lagern wohl faſt immer im Bereich des Waſſerſpiegels, und um hier eine Kultur zu ermöglichen, iſt eine Durchbrechung dieſer Schichten und eine dauernde Senkung des Waſſers nothwendig. Ob hierdurch nicht in den meiſten Fällen größerer Schaden hervorgerufen wird, als dem Gewinne der doch in der Regel geringwerthigen Fläche entſpricht, muß lokal entſchieden werden. Viel bedenklicher iſt jedoch, daß man faſt ſtets mit der Neubildung des Raſeneiſenſteins zu rechnen hat. Die Bedingungen bleiben auch nach Durchbrechung der vorhandenen Schichten und Senkung des Waſſer— ſpiegels unverändert beſtehen, nur wird ſich der neu entſtehende Raſen— eiſenſtein in tieferer Lage abſetzen. Will man daher eine Kultur von entſprechenden Flächen ausführen, ſo iſt eine Senkung des Waſſerſpiegels unter die untere Grenze des vorhandenen Raſeneiſenſteins, ſowie eine ſtreifenweiſe Durchbrechung desſelben nothwendig. In der Regel wird aber eine derartige Arbeit ſo theuer werden, und ſtehen vielfach ſo zahlreiche Bedenken entgegen, daß man wohl vortheilhafter davon abſieht. 1 2 x 436 Die Theorie der Kulturmethoden. [$ 107. § 107. V. Die Kultur der Moore. Die Kultivirung der ausgedehnten, vielfach ertragloſen Moore und ihre Ueberführung in ertragreichere Flächen iſt eine der wichtigſten landwirthſchaftlichen Melivrationen der Neuzeit geworden. Die Durch- arbeitung der Kulturmethoden iſt namentlich der Moorverſuchsſtation in Bremen zu verdanken.“) 1. Vorunterſuchung. Eine Moormelioration beanſprucht zunächſt eine gründliche Unterſuchung des Bodens. Für größere Flächen thut man gut, die einzelnen Beobachtungspunkte, die Beſchaffenheit des Moores und auch die durchſchnittliche Mächtigkeit der Moorſchicht in eine Karte einzutragen. Schon hierbei ſtellt ſich die mehr oder minder günſtige Bejchaffen- heit des Moores für die Pflanzenproduktion heraus. Je gleichmäßiger humificirt die organiſchen Reſte und je einheitlicher, in den tieferen Lagen faſt ſpeckartig, in den oberen erdartig, der Boden iſt, um jo gün- ſtiger, je mehr faſerige, wenig zerſetzte Pflanzenſtoffe vorhanden ſind, um ſo geringwerthiger iſt der Boden. In Grünlandsmooren gehören die wenig zerſetzten Pflanzenreſte dem Wollgras und ſehr oft dem Schilf (Phragmites communis) an, deſſen ſtarke Wurzelknoten oft lange der Humificirung Widerſtand leiſten. Das Vorkommen von Wieſenkalk als Schicht in der Mitte der Wieſenmoore ſowie das von Alm am Grunde der Moorſubſtanz und an der Grenze des unterlagernden Mineralbodens iſt ebenfalls zu be— rückſichtigen. Desgleichen das Auftreten von Auethon, der in Mooren, welche von langſam fließenden Bächen durchſchnitten werden, nicht ſelten zur Ablagerung gekommen und deſſen Gegenwart für den Erfolg der Melioration meiſt ungünſtig iſt. Endlich iſt die Beſchaffenheit des ee bei Sandunter- lage auch die Korngröße feſtzuſtellen. Beſondere Berückſichtigung verdient der Feuchtigkeitsgehalt des Moores, der Unterſchied des Waſſerſtandes in der warmen und kalten Jahreszeit, und zumal die Vorfluthverhältniſſe und die Möglichkeit einer entſprechenden Senkung des Waſſerſpiegels ſind zu beachten. Gleichzeitig hat eine Unterſuchung der lebenden Pflanzendecke des Moores ſtattzufinden. Die Anzahl der beſſeren Gräſer, das Vor— 0 Die Berichte über die Arbeiten der Moorverſuchsſtation ſind in den Landwirthſchaftlichen Jahrbüchern 1883, Band 12; 1886, Band 15 und 1891, Band 20 enthalten. § 107.] Chemiſche Unterſuchung. 437 kommen oft nur ganz kleiner und zurückgebliebener Pflanzen aus der Gruppe der Papilionaceen (Kleearten, Lotus uliginosus, Latyrus pra— tensis) geben gute Ausſichten für die Melioration, ſelbſt wenn viel Moos und ſaure Gräſer vorhanden ſind; dagegen deutet zahlreiches Auftreten von Wollgras (Eriophorum vaginatum), vom Sumpfläuſe— kraut (Pedicularis palustris) und namentlich das von Torfmooſen (Sphagnumarten) auf ungünſtigere Verhältniſſe. 2. Chemiſche Unterſuchung. Sind dieſe Vorarbeiten beendet, ſo iſt noch eine chemiſche Unter— ſuchung der Moorſubſtanz nothwendig. Als Regel darf gelten, daß alle faſerigen Torfarten arm, alle homogeneren relativ reich an Mineralſtoffen ſind. Die zahlreichen Analyſen der Moorverſuchsſtation haben gezeigt, daß der Unterſchied im Gehalte an Pflanzennährſtoffen zwiſchen Hoch— moor und Grünlandsmoor immer wiederkehrt. Fleiſcher giebt folgende Durchſchnittszahlen. Es enthält: Phosphor- Anorganiſche Kali Kalk ſäure Stoffe Stickſtoff Sohmoortorf . . 0,03 0,25 0,05 2,0 0,8 Grünlandsmoortorf 0,10 4,00 0,25 10,0 2,5 Alle Moorböden find daher arm an Kali; die Hochmoore find arm an allen Mineralſtoffen, die Grünlandsmoore in der Regel arm an Phosphorſäure, reich an Kalk. Manche Grünlandsmoore enthalten jedoch ziemlich viel Phosphor— ſäure, und iſt in ſolchen Fällen eine Düngung an dieſem Stoffe nicht nothwendig. Bemerkbare Zeichen eines höheren Phosphorſäuregehaltes ſind das Auftreten von Blaueiſenerde (ein Eiſenphosphat, urſprünglich weiß, an der Luft ſich bald blau färbend), ſowie ein reichlicher Eiſen— gehalt, der ſich durch Vorkommen von rothen Pünktchen von Eiſenoxyd in der Aſche des Moorbodens kennzeichnet. Stickſtoff enthalten alle Moore in reichlicher Menge, im Hoch— moore jedoch in ſo feſt gebundenem Zuſtande, daß trotzdem eine Stick— ſtoffdüngung nothwendig iſt, die auf Grünlandsmooren faſt ſtets weg— fallen kann. Bei Melioration ausgedehnterer Flächen ſollte man nie verſäumen, eine chemiſche Analyſe in einer der landwirthſchaftlichen Verſuchsſtationen oder der Moorverſuchsſtation anfertigen zu laſſen. Die Probenahme muß an möglichſt viel Stellen des Bodens in entſprechendem Abſtande erfolgen. Obergrund und Untergrund ſind getrennt zu entnehmen und zu analyſiren. 438 Die Theorie der Kulturmethoden. S 107. 3. Regelung der Waſſerverhältniſſe. Eine Regelung der Waſſerverhältniſſe iſt die zuerſt vorzunehmende und zu berückſichtigende Arbeit bei der Moorkultur. Die Senkung des Waſſerſpiegels auf eine mittlere Höhe iſt nicht nur eine der wich— tigſten Arbeiten der Melioration, ſondern von deren Möglichkeit hängt in erſter Linie die zu benutzende Methode ab. Vortheilhaft iſt es, den Waſſerſpiegel thunlichſt auf gleicher Höhe zu halten (40 — 50 em unter der Oberfläche, bei Sanddeckkultur kann die Senkung unbedenklich bis zu Um erfolgen), in den Gräben anzubringende einfache Stauanlagen ermöglichen dies. Moorboden zeichnet ſich nun nicht nur durch ſeine hohe Waſſer— kapacität, ſondern auch durch ſeine Undurchläſſigkeit für Waſſer aus. Die Abzugskanäle ſind daher in nicht zu weitem Abſtande anzulegen. Röhrendrainage iſt in der Regel nicht zu empfehlen; eine ſolche muß entweder in dem Mineralboden unterhalb der Moorſchicht angelegt werden oder auf feſte Unterlagen (Raſenplaggen, Bretter) gelegt werden. Nach der Melioration ſinkt die Moorſchicht, ſchon in Folge des Waſſer— entzuges, zuſammen, das Moor ſackt ſich, und ohne feſtes Widerlager werden die Drainröhren leicht aus ihrer Lage gebracht. Beſonders unangenehm macht ſich dies in Mooren von ſehr wechſelnder Mächtig- keit geltend. Die Ausmündung der Drainröhren muß unter Waſſer erfolgen. Viele Moorgewäſſer enthalten Eiſen gelöſt, welches ſich bei Luftzutritt oxydirt und deſſen Abſcheidungen die Oeffnung der Drain- röhren verſtopft; es iſt aus dieſem Grunde auch nothwendig, die Röhren ziemlich weit zu wählen. In der Regel wird man ſich zur Entwäſſerung offener Gräben bedienen. Der Zuſammenhang der Fläche wird zwar unterbrochen und viel Land der Kultur entzogen, aber die Billigkeit der Anlage, ſowie die Sicherheit, den Waſſerſtand leicht überſehen und kontrolliren zu können, ſind bedeutende Vorzüge. Die Fähigkeit, Waſſer feſtzuhalten, iſt eine um ſo größere, je weniger zerſetzt die Moorſubſtanz iſt. Gräben ſind daher um ſo enger und in um ſo geringerem Abſtande anzulegen, je faſeriger der Torf iſt. Auf Grünlandsmooren hat ſich eine Entfernung von 20 — 30 m am günſtigſten erwieſen, auf Hochmooren darf man nicht über 20 m hinausgehen, vortheilhafter iſt ein Abſtand von 10— 15 m. 4. Düngung der Moore. Zur Düngung der Moore benutzt man am beſten Mineraldünger; thieriſcher Dünger iſt (wenigſtens für Grünlandsmoore) weniger ange- bracht, da der werthvollſte Beſtandtheil desſelben, der Stickſtoff, bereits 8 107.] Düngung der Moore. 439 in genügender Menge im Boden vorhanden iſt. Unbedingt nothwendig iſt Zufuhr von Kali; vortheilhaft wird Kainit oder Carnallit gegeben. Die Kalidüngung iſt alljährlich zu wiederholen, da der Moorboden für dieſen Stoff keine oder nur geringe Abſorption beſitzt und die Haupt— menge des nicht von den Pflanzen verwendeten Kalis durch Aus— waſchung verloren geht. (In Abflußwäſſern gedüngter Moorwieſen hat man viel Kali gefunden; aus dem Torf des Hochmoores läßt ſich die vorhandene Kalimenge faſt vollſtändig durch Waſſer ausziehen). Phosphorſäuredüngung erfolgt am beſten durch Thomasſchlacke. Unter Einwirkung der humoſen Stoffe wird das Kalkphosphat der Thomasſchlacke zerſetzt, und dieſes billigſte Phosphat wirkt ebenſo günſtig, oft ſogar (auf allen Hochmooren) beſſer als Zufuhr der theureren anderen Phosphorſäuredünger. Für Grünlandsmoore iſt daher eine regelmäßige Kali- und Phos— phorſäurezufuhr nothwendig, genügt jedoch in der Regel auch völlig, um eine volle Vegetation zu erzielen. Die Wirkung einer Phosphatdüngung kann man auch durch einen Feldverſuch kontrolliren, ein ſolcher iſt immer nothwendig, wenn der Moorboden als phosphorſäurehaltig bezeichnet iſt. Nach Fleiſcher hat ſich für Grünlandmvore als vortheilhafteſte jährliche Düngerzufuhr (für den Morgen) ergeben: 3 — 5 Centner Kainit, 1½ſ—2 „ Thomasmehl (20%). Nach einigen Jahren kann man auf einen Centner Thomasſchlacke zurückgehen. Hochmoore, die in Kultur zu nehmen ſind, beanſpruchen reich— liche Düngung mit allen Mineralſtoffen. Auch Stickſtoff muß zugeführt werden, ſei es als Stalldünger oder in einer anderen Form. Hier— durch wird die Düngung eine theuere. Starke Kalkdüngung (mit 60 — 80 Centner Aetzkalk für das Hektar) hat zunächſt guten Erfolg, vielfach ſind aber die Erträge in den nächſten Jahren ſtark zurückgegangen. Wahrſcheinlich bilden ſich für die Pflanzen ſchädliche, noch nicht genauer unterſuchte Stoffe durch die Einwirkung des Kalkes auf die Torfſubſtanz. Mergelung mit kalk— reichen Mergeln hat günſtiger gewirkt, als Düngung mit Aetzkalk. Es ſcheint empfehlenswerther zu ſein, den Kalk in kleineren Mengen und wiederholt zu geben, als auf einmal eine ſtarke Kalkung auszuführen. Zur Erzielung normaler Ernten hat man folgende Mengen von Mineraldünger benutzt (für das Hektar): Kainit Thomasſchlacke Chiliſalpeter für Kartoffel . . 2 24 — 28 12—14 6 —8 Centner „ Roggen, Hafer 12 —16 12—16 1—3 ” 440 Die Theorie der Kulturmethoden. Is 107. Kainit Thomasſchlacke Chiliſalpeter für Erbſen, Bohnen 16—18 1618 — „ Buchpe zn 8 1 20: „ Klee (als Kopfdüngung gegeben) 12 12 — 1 Es find dies ſehr ſtarke Düngungen, und ihre Nothwendigkeit er- klärt ſich einmal aus der Armut des Bodens, anderſeits aus dem ſtarken Verluſt durch Auswaſchung. i 5. Melioration der Grünlandmoore. a) Melioration durch Regulirung des Waſſerſtandes und regelmäßige Düngung. Moorflächen mit hohem und namentlich nicht weſentlich veränder— lichem Waſſerſtand laſſen ſich vielfach direkt durch Düngung in gute Wieſen umwandeln. Beſſer iſt es jedoch, in allen Fällen, in denen eine Regelung des Waſſerſtandes möglich iſt, dieſe vorzunehmen, und den Pflanzen einen genügenden, nicht dauernd überſtauten Wurzelboden— raum zu verſchaffen. Läßt ſich der Waſſerſpiegel nicht entſprechend ſenken, jo iſt von einer Ueberſandung abzurathen und nur durch regel— mäßige Düngung eine Beſſerung des Beſtandes herbeizuführen. Nicht ſelten finden ſich dagegen Moore, welche im Winter naß ſind, während der wärmeren Jahreszeit ſtark austrocknen, ſo daß ihr Boden in Zeiten längerer Trockenheit oft ſtaubartig trocken wird. Zumal wenn Schichten von Wieſenkalk den Moorboden durchſetzen, trocknet die überlagernde Schicht faſt völlig aus. Auf ſolchen Mooren leiden die Pflanzen unter dem Fehlen des nothwendigen Wurzelraumes. Die im Sommer in relativ trockenem Boden gebildeten Wurzeln ſterben während der Ueberſtauung im Winter ab und die Vegetation bleibt dauernd ſchwächlich und unentwickelt. Wird ein ſolches Moor mit Gräben durchſchnitten, ſo findet das Waſſer während der kühlen Jahreszeit den nothwendigen Abfluß und die Wurzeln der Pflanzen bleiben erhalten. Kommt eine entſprechende Düngung hinzu, ſo können die Erträge die einer guten Wieſe werden, ohne jede weitere koſtſpielige Bodenbearbeitung. Geeignet zu dieſer Methode der Kultur ſind jedoch nur die beſſeren, im Obergrund mehr erdartigen Moorböden, die relativ reich an mineraliſchen Bodentheilen ſind. Für ſolche kann man auch in vielen Fällen von einer Ueber— ſandung abſehen. Zu bemerken iſt übrigens, daß die Düngung mit Kainit viel— fach in den erſten Jahren einen Rückgang des Wieſenertrages herbeiführt. Die Wirkung iſt faſt ſtets eine ganz auffällige; die vorhandenen, oft einen großen Theil des Bodens deckenden Mooſe ſterben ab; die ſauren Gräſer (Carexarten und andere Cyperaceen) S 107.] Melioration der Grünlandmoore. 441 bleiben in ihrer Entwickelung ſtark zurück, und eine beſſere Wieſenflora iſt noch nicht vorhanden. Scharfes Durcheggen ſowie Anſaat von guten Gräſern kürzt dieſe Uebergangszeit oft weſentlich ab. In Bezug auf Anſaat hat man ſich ebenfalls nach den Ver— hältniſſen der betreffenden Fläche zu richten. Sind Klee und gute Grasarten genügend vorhanden, aber nur in ihrer Entwickelung zurück geblieben, ſo kann man von einer Anſaat entweder völlig Abſtand nehmen oder dieſe doch ſehr beſchränken.“) Als Regel muß gelten, nur Leguminoſen und gute Wieſen— gräſer anzuſäen; Gräſer mittlerer oder geringer Qualität finden ſich ſpäter ganz allein ein, und iſt eine oft recht theure Anſaat derſelben völlig überflüſſig, dahin gehören z. B. Briza media, Anthoxantum odoratum, Holcus lanatus. Bromus mollis, Cynosurus ceristatus, Festuca ovina, Agrostis vulgaris, Aira eaespitosa und andere, ebenjo finden ſich Poa pratensis und Poa trivialis leicht von jelbit ein. Gute, anzuſäende Pflanzen ſind etwa die folgenden: Phleum pratense (Thimotheegras), gedeiht auf allen Mooren, verlangt aber reichliche Düngung, wenn es guten Ertrag geben ſoll. Lolium italicum (italieniſches Reygras), verhält ſich dem vorigen ähnlich (gedeiht auch auf Feldern). Alopecurus pratensis (Wieſenfuchsſchwanz), iſt auf naſſen Wieſen ſehr günſtig, verlangt aber gute Bodenzuſtände. Daetylis glomerata, für trocknere Stellen günſtig. Festuca pratensis (Wieſenſchwingel), eine gute Grasart, die lange aushält. Avena elatior, ein ganz vorzügliches Gras, welches man auf einzelnen Stellen beſſeren Bodens, auf Maulwurfshügeln und dergleichen ſtets anſäen ſollte. Trifolium hybridum (ſchwediſcher Klee), hält einige Jahre aus und gedeiht bei guter Düngung ſelbſt noch im Sumpfe. Trifolium repens (Weißklee). Lotus uliginosus (Sumpfſchotenklee). Latyrus pratensis (Sumpfwicke), giebt große Erträge eines vorzüglichen Futters, iſt aber etwas wähleriſch in Bezug auf den Boden. Dieſelben Pflanzen ſind auch auf überſandeten, dauernd für die Wieſenkultur beſtimmten Flächen anzuſäen. *) Die Angaben über die Gräſer verdanke ich freundlichen Mittheilungen des Herrn Forſtmeiſters Dr. Kienitz. 442 Die Theorie der Kulturmethoden. 1 Fleiſcher giebt folgende Mengen einer Miſchung verſchiedener Samen für das Hektar als Anſaat an: 24 kg Thimothee, 4 „ italieniſches Raygras, 2 „ Wieſenſchwingel, 10 „ ſchwediſcher Klee, 8 „ Weißklee, 2 „ Sumpfſchotenklee. Hierzu würden je nach den Bodenverhältniſſen noch entſprechende Mengen von Knaulgras und Sumpfwicke zu geben jein. Die Erfolge der Düngung von Moorwieſen ſind oft ganz erſtaun⸗ liche. Fleiſcher theilt Beiſpiele mit, in denen der Ertrag innerhalb ſechs Jahren auf das vierfache geſtiegen und an Stelle geringwerthiger Gräſer gutes Heu geerntet wurde. b) Sanddeckkultur (Rimpau'ſche Moorkultur). Dieſe Methode, welche im Weſentlichen in einer Ueberdeckung des Moores mit einer mehr oder weniger mächtigen Schicht Sand beſteht, wurde zuerſt von Rimpau auf Cunrau ausgeführt; die dortigen Arbeiten haben einen mächtigen Anſtoß zur Entwickelung der Moor- meliorationen gegeben. Die Entwäſſerung, beziehentlich Regulirung des Waſſerſtandes, erfolgt in der Seite 438 angegebenen Weiſe. Iſt die aufgebrachte mineraliſche Bodendecke eine mächtigere (zehn und mehr Centimeter), ſo braucht man in Bezug auf Erhaltung des Waſſerſtandes nicht allzu ängſtlich zu ſein; wenngleich es ſich empfiehlt, denſelben nicht unter % m von der Bodenoberfläche zu halten. Zum Decken benutzt man am beſten einen mittel- bis grobkörnigen Sand, kann aber im Nothfalle auch feinkörnigere Sande, Wieſenkalk aus dem Mooruntergrund und ſelbſt lehmigen Sand verwenden, ob— gleich die Erfolge dann weniger günſtige ſind. Soll Sand aus dem Untergrunde des Moores verwendet werden, ſo iſt derſelbe vorher auf das Vorkommen von Schwefelkies zu unterſuchen (Seite 446). Die Sanddecke hat dreierlei verſchiedene Funktionen zu erfüllen, 1. ſie ſoll den Pflanzen einen feſten, zur Anwurzelung geeigneten Stand geben; 2. ſie ſoll die Feuchtigkeits- und 3. die Wärmeverhältniſſe des Bodens günſtig beeinfluſſen. Daß eine Sandſchicht auf dem lockeren Moorboden die erſte Be— dingung erfüllt, iſt leicht erſichtlich; zudem wirkt ſie namentlich noch günſtig gegen das Auffrieren des Bodens. Die Schwere der Sand— ſchicht, ſowie die Thatſache, daß zwiſchen Luft und Moor eine ſtärkere rr $ 107.] Melioration der Grünlandmoore. 443 Erdlage vorhanden iſt, die nur allmählich erkaltet, ſchützt den Moor- boden vor häufigem Wechſel der Temperatur und verhindert ſo mehr oder weniger das Auffrieren. Hierin liegt eine bedeutſame Wirkung der ſtärkeren Sandauftragungen. Die Einwirkung einer Sanddecke auf den Waſſergehalt des unter— lagernden Bodens iſt zuerſt von Wollny“) unterſucht, die Verhältniſſe des Moorbodens behandelte namentlich Seyfert.**) Wollny weiſt nach, daß ſchon eine Sanddecke geringer Mächtig— keit ausreicht, um einen erheblichen Einfluß auszuüben, der in der Hauptſache in einer ſtarken Herabſetzung der Waſſerverdunſtung beſteht. Die Vegetation der Moore wird durch die Erhaltung ge— nügender Feuchtigkeit während der warmen Jahreszeit im hohen Grade beeinflußt. Nach Wollny verdunſteten 400 gem Fläche eines humoſen Kalkſandes: Mit lem Quarzſand Unbedeckt bedeckt 23. Auguſt bis 14. September 1879 1236 885 g Waſſer 25.— 28. Mai 1880 510 119 I 1880 360 105 = Juni bis 8. Juli 1880 380 120 „ . W ul 1880 !.: 0.20, 312 12 R Nach Fleijcher***) verdunſten von den gefallenen Niederichlägen: a) Im Jahre, b) In der wärmeren Jahreszeit (April bis September) Moor mit Moor mit Moor Sand gemiſcht 10 em Sand gedeckt a) 30% 24,5 %; 1197, b) 40 „ 30 „ 2 Nach Seyfert Sage, 1 qm von Ende Juni bis Oktober: Mit Sand an der Ober⸗ Beſandeter Unbeſandeter fläche gemiſchter (10 em Sand) Moorboden Moorboden Moorboden letzte Woche des Juni 22,8 6,8 2,2 kg Waſſer 283,6 36,3 9 x 64,6 14,6 7 55 September 37,2 18,9 19.1 „ 4 erite Woche Oktober 3,0 2,2 2 2 nag 209,2 78,7 42,7 kg Waſſer Verhältniß wie 100 38 ; 20 Forſchungen der Agrikulturphyſik 3, S. 336. *Forſchungen der Agrikulturphyſik 13, S. 63. *) Centralblatt der Agrikulturchemie 1885, S. 295. 444 Die Theorie der Kulturmethoden. f S 107. Entſprechend der Aenderung der Verdunſtung verhalten ſich auch die Sickerwaſſermengen, ſie ſind in dem ſandbedeckten Boden höhere. Die Abſchwächung der Temperaturextreme macht ſich namentlich bei hellen, klaren Tagen und ſtarker Sonnenbeſtrahlung geltend. Wollny fand beiſpielsweiſe in 10 em Tiefe bei zweiſtündlichen Be⸗ obachtungen folgende täglichen Schwankungen (die Maxima lagen bei etwa 4 Uhr Nachmittags, die Minima bei 6 Uhr Morgens): Für humoſen Kalkſand mit und ohne einer Bedeckung von 1 cm Quarzſand (im Juli): Unbedeckt Mit Sand bedeckt klare Witterung 11.5 8,2 desgl. l 8,4 bewölkte Witterung f 6,30 5,0% Dieſe Einwirkung iſt namentlich auf die abweichende Struktur der oberſten Bodenſchicht, auf den geringen Waſſergehalt und die hierdurch geſteigerte Erwärmbarkeit des Quarzſandes zurückzuführen. Viel deut⸗ licher tritt dies bei den Unterſuchungen Seyfert's und König's hervor. König fand im ſandbedeckten Moore im Juli in 11 em Tiefe (alſo nur 1 em unter der Deckſandſchicht) folgende Durchſchnitts⸗ temperatur: Unbeſandeter Oberfläche mit Mit Sand Luft Moorboden Sand gemiſcht gedeckt 1 16,5“ 17,3% 18,1° Nach Fleiſcher ſtellten ſich die Temperaturen wie folgt: Oberfläche Luft⸗ Unbeſandeter mit Sand Mit Sand temperatur Moorboden gemiſcht gedeckt März er al 2,93° 1.268 2,04° 3,02° April 7,760 7,430 8,32 9,089 Mai Tiefe | 11,24° 10,64 12,170 14,290 Juni in 11em 17,4“ 15,40 15,90 N Juli [ Tiefe 16,4 16,5 17,50 18,2 Bei der Sanddeckkultur vorkommende Schäden.“) Urſachen, welche die Sanddeckkultur ungünſtig beeinfluſſen und einen Erfolg unter Umſtänden vereiteln können, ſind die folgenden: 1. Ungünſtige Beſchaffenheit der Moorſubſtanz. Auf ſehr faſerig ausgebildetem Moor mit wenig veränderter Pflanzenſubſtanz hat Fleiſcher u. ſ. w., Landwirthſchaftliche Jahrbücher 1886, S. 47 und Centralblatt für Agrikulturchemie 1889, S. 1. $ 107. Melioration der Grünlandmoore. 445 ſich das Sanddeckverfahren nicht bewährt. Die Urſache liegt wahr— ſcheinlich in dem ſehr hohen Waſſergehalt derartigen Moores und in der durch die Sanddecke noch verlangſamten Zerſetzung derſelben. Es ſind einmal die Hochmoore, ſodann viele Miſchmoore und endlich auch recht häufig einzelne Stellen in ſonſt günſtigen Grünlandsmooren, welche dies ungünſtige Verhalten zeigen. Am beſten iſt es, ſolche Theile eines Moores erſt einige Jahre lang unbeſandet in Kultur zu nehmen, bis ſich die Oberfläche ſoweit verändert hat, daß die Pflanzen— reſte völlig humificirt ſind und erſt dann mit der Beſandung vorzugehen. 2. Kultivirung mit Bäumen beſtandener Moorflächen. Die Herausnahme der Stöcke bedingt ein tiefes Aufwühlen des Moores. Ueberſandet ſacken ſolche Stellen verſchieden ſtark und bilden Ver— tiefungen und Erhöhungen. Man thut daher in ſolchen Fällen gut, zu warten, bis ſich das Moor wieder geſetzt hat und die Ueberſandung erſt ſpäter vorzunehmen. 3. Uebernaſſe Stellen. Nicht ſelten finden ſich übernaſſe Stellen, zumal in den Vertiefungen, die oft mit mehr Deckſand über— fahren werden, als der übrige Theil der Fläche. Namentlich macht ſich dies geltend bei Benutzung ſehr feinkörniger Sande oder lehmigen Materials. Derartige Stellen find oft faſt vegetationslos und all— mählich ſiedeln ſich Mooſe und Schachtelhalm an, nach einigen Jahren finden ſich mit Vorliebe Bülten von Binſen ein. Hier kann nur noch ein ſtarkes Senken des Waſſerſpiegels, beziehentlich Umackern der Stellen und theilweiſes Miſchen der Decke mit dem unterliegenden Moore helfen.“ Vortheilhaft iſt es von vornherein, die tiefliegenden Stellen ſchwächer (oder ſehr ſtark, 20—30 em, ſo daß eine genügend trockene Sandſchicht vorhanden iſt) zu überſanden, als die höher liegenden. Es iſt dies eine Regel, die viel zu wenig beachtet wird. 4. Bildung einer undurchläſſigen Schicht zwiſchen Sand— decke und Moorboden. Nach Fleiſcher handelt es ſich hierbei um Eiſenabſcheidungen, welche an den Stellen ſtattfinden, wo die atmo— ſphäriſche Luft auf die Moorgewäſſer wirkt, alſo an der Grenze zwiſchen Sand und Moor. Oft kann auch die Feinkörnigkeit des Sandes und mechaniſches Abſchlämmen der feinſterdigen Beſtandtheile bis auf die Moorſchicht die wirkende Urſache ſein. In dieſem Falle beſſert ſich der Beſtand mit Zunahme der organiſchen Reſte in der Deckſchicht, empfehlenswerther und im erſten Falle unbedingt noth- wendig iſt es, durch den Pflug die undurchläſſige Schicht zu durch— Derartige Stellen ſcheinen in der warmen Jahreszeit, da die oberſte Sandſchicht abtrocknet, oft unter Trockniß zu leiden, während thatſächlich das Ueber— maß an Waſſer die Entwickelung der Vegetation verhindert. 446 Die Theorie der Kulturmethoden. >. (184098 brechen, ſelbſt wenn dadurch eine etwas ſtärkere Miſchung des Sandes mit Moorſubſtanz herbeigeführt wird. 5. Das Vorkommen von Schwefelkies. Manche Moore ent- halten in ihren tieferen Lagen Schwefelkies, häufiger findet ſich dieſer im unterlagernden Sande. An die Luft gebracht, oxydirt ſich der Schwefelkies zu ſchwefelſaurem Eiſenoxydul und freier Schwefelſäure und das erſtere noch weiter zu baſiſchem Eiſenoxydſulfat. Die Stellen im Moore, wo Schwefelkies verwittert, ſind völlig ohne Vegetation (bei geringem Gehalte findet ſich noch am erſten Schachtelhalm ein), und ſie zeichnen ſich vielfach durch die gelbbraune Eiſenfarbe der ablaufenden Gewäſſer aus. Nicht ſelten ſind es ſcharf umſchriebene Fehlſtellen in der ſonſt gut gelungenen Kultur. Sind ſolche einmal vorhanden, ſo iſt das einzig mögliche Gegenmittel eine ſtarke Kalkung. Es wird Eiſenoxyd und ſchwefelſaurer Kalk (Gyps) gebildet, aber auch dann bleiben ſolche Flächen meiſt noch längere Jahre im Ertrage zurück. Es iſt daher nothwendig, in allen Fällen, wo Untergrundsſand des Moores zum Decken verwendet werden ſoll, denſelben vorher unter— ſuchen zu laſſen. In ſehr vielen Fällen iſt das Vorkommen des Eiſen— kieſes ein neſterweiſes (daher auch das Auftreten einzelner, ſcharf getrennter Fehlſtellen), und ſelbſt eine recht ſorgfältige Unterſuchung des Sandes ſchützt nicht ſicher vor Schaden. Es iſt daher nothwendig, die Sandproben an thunlichſt viel Stellen zu entnehmen. Die ein— fachſte und von jedem ſelbſt leicht anſtellbare Probe auf Schwefelkies beſteht darin, daß man in dem Sande in Blumentöpfen raſch wach- ſende Pflanzen (Hafer) anpflanzt und ſieht, ob dieſe gedeihen oder gelbfleckige Blätter haben, beziehentlich eingehen; iſt das letztere der Fall, ſo darf der Sand nicht verwendet werden, wie es überhaupt immer ſicherer iſt, den Deckſand von benachbarten, nicht mit Moor bedeckten Flächen zu nehmen. Aeußerlich iſt ein Gehalt an Schwefel— kies in Moor oder Sand nicht zu erkennen, es kann daher nur der Verſuch entſcheiden, wenn man auch annehmen darf, daß in Mooren, die Lagen von Wieſenkalk führen, in der Regel kein Schwefelkies vor— handen ſein wird.“) 6. Melioration der Hochmoore. Die Oberfläche der Hochmoore beſteht in unverändertem („jung— fräulichem“) Moore aus einer mehr oder weniger mächtigen Schicht von Heidetorf, welche auf Sphagnum und Wollgrasreſten aufruht. Das Vorkommen giftiger Erde (in Oſtfriesland als Meibolt, Gifterde bezeichnet) iſt ſchon lange bekannt, wenn auch der Nachweis, daß es ſich um Wir⸗ kungen des Schwefeleiſens handelt, erſt ſpäter geführt iſt. 8.1074 Melioration der Hochmvore. 447 Der Heidetorf (Schollerde, Bunk- oder Bunkererde) iſt feſter, erdartiger und reicher an Mineralbeſtandtheilen, als der lockere, mehr faſerige Moostorf. Die durchſchnittliche procentiſche Zuſammenſetzung derſelben beträgt: Stick- Aſchenbeſtand— Phosphor- ſtoff theile Kali Kalk Magneſia ſäure Heideerde 1,43 15,56 0,08 0,36 0,18 0,11 Moostorf 0,92 2,52 0,04 0,31 0,34 0,04 Bei der Kultivirung ſind hauptſächlich folgende verſchiedene Zu— ſtände des Moores zu unterſcheiden: 1. Das „jungfräuliche“ Moor, mit hohen Heidebülten, zwiſchen denen Wollgras und Torfmoos wächſt; 2. das früher in Brennkultur befindlich geweſene und wieder mit Heide bewachſene Moor; 3. das in Brennkultur befindliche Moor; 4. das abgemullte Moor; zur Gewinnung von Torfſtreu be— nutzt, beſteht dieſe Moorſchicht aus einem Gemiſch von Woll— grastorf und Moostorf; 5. das aufgetorfte Moor, aus einem Gemenge von durch— einander gemiſchten Bruchſtücken von (überwiegend) Moostorf und Heideerde beſtehend. Zur landſchaftlichen Nutzung ſtehen drei Wege offen, die Brand— kultur, die Sandmiſchkultur und die Kultivirung durch Zufuhr von Mineraldünger, in Verbindung mit theilweiſer Brandkultur. 1. Die Brandkultur. Dieſe Kulturmethode beſteht in einem Ueberbrennen des Moores, wobei faſt nur die Heidetorfſchicht verzehrt wird und der Moostorf übrig bleibt. Das gebrannte Moor bleibt dann lange Zeit liegen, bis ſich allmählich eine neue Schicht von Heide— torf gebildet hat, welche wieder eine Brandkultur lohnt. Durch das Brennen wird ein Theil der Moorſubſtanz zerſtört, zugleich aber werden die vorhandenen Mineralſtoffe aufgeſchloſſen und, wie es ſcheint, ein Theil des Stickſtoffes in Ammoniak übergeführt und für die Pflanzenwelt leichter aufnehmbar gemacht. Wahrſcheinlich iſt auch die durch das Brennen beſeitigte ſaure Reaktion des Bodens (die Humusſäuren werden zerſtört oder in unlösliche Form übergeführt) eine der Haupturſachen der günſtigen Erträge der Brandkultur. Das Brennen wird vier bis ſechs Jahre fortgeſetzt und bewirkt zugleich in Verbindung mit der, wenn auch geringfügigen Bodenbearbeitung, eine weſentlich günſtigere Geſtaltung der phyſikaliſchen Bodeneigenſchaften und mehr erdartige, krümelige Ausbildung der oberſten Bodenſchicht. Die Möglichkeit der Brandkultur hört mit Zerſtörung des Heidetorfes 448 Die Theorie der Kulturmethoden. Is 107. und mit der wohl ſehr raſch fortſchreitenden Auswaſchung der vor- handenen aufnehmbaren Mineralbeſtandtheile auf. In welchem Maße dies der Fall iſt, ergiebt ſich daraus, daß in den oberſten 15 cm der Bodenſchicht auf ein Hektar vorhanden ſind: in ungebranntem Moore. . . 23000 kg Mineralſtoffe 3210 „ Stickſtoff; auf in Brandkultur befindlichem 18300 „ Mineralſtoffe 1980 Stickſtoff. Zugleich ſcheint die Menge der löslichen Stoffe auch relativ zurück— zugehen und namentlich Phosphorſäure und Kali überwiegend in (auch für Salzſäure) unlöslicher Form übrig zu bleiben. Die Brandkultur der Moore iſt mit weit reichenden Unbequemlich- keiten (Höhenrauch) für die benachbarten Gebiete verbunden, ſie iſt auch eine ausgeſprochene Raubwirthſchaft und muß daher, wenn die Moorflächen dauernd in Kultur genommen werden ſollen, allmählich verſchwinden. 2. Die Sandmiſchkultur, Veenkultur. Dieſe Form der Hoch— moorkultur iſt zuerſt in Holland geübt worden und beruht auf der Miſchung der oberſten Bodenſchicht mit Sand und anderſeits auf der Zufuhr von thieriſchem, namentlich ſtädtiſchem Dünger. Die Veenkultur konnte ſich in Holland günſtig entwickeln, da dem Abſatz von Brenn- torf und den Feldprodukten die faſt koſtenloſe Zufuhr von jtädti- ſchem Dünger als Rückfracht auf den zahlreichen Waſſerſtraßen gegen— überſtand. Die Torfgewinnung erſtreckt ſich überwiegend auf die tieferen die Grundlage faſt aller Hochmoore bildenden Schichten von Heide— und Wollgrastorf. Die überlagernde Moostorf- und Heideerdeſchicht wird in den Torfſtich zurückgeworfen und bildet den Boden der Veenkultur. Die Kultur erfolgt meiſt unter Benutzung des Sandes von höheren Stellen des Mooruntergrundes oder von aus dem Moor hervorragenden Sandhügeln. Der Sand wird auf das eingeebnete Moor in 6— 14 cm mächtiger Schicht gebreitet und durch Pflügen und Eggen mit der oberſten Moorſchicht vermiſcht. Solche Flächen geben bei regelmäßiger, reichlicher Zufuhr von thieriſchem Dünger hohe Erträge. Der Torf zerſetzt ſich unter dem Einfluß der Bearbeitung und der Düngerzufuhr und nimmt eine mehr erdartige Beſchaffenheit an; hierdurch wird namentlich auch die ſehr hohe Waſſerkapacität des unveränderten Torfes herabgeſetzt und ein für die Pflanzen günſtigerer Standort geſchaffen. Der hohe Feuchtigkeitsgehalt und die durch Sandbedeckung ſtark ver— minderte Zerſetzung des Moostorfes ſind Urſache, daß Verſuche mit dem Sanddeckverfahren auf Hochmoor völlig mißglückt ſind. r EDIT. Melioration der Hochmoore. 449 Was die einzelnen Düngemittel und ihre Wirkung betrifft, ſo iſt das Folgende zu beachten (vergleiche auch Seite 439): 1. Kalk. Starke Kalkdüngung befördert die Zerſetzung des Torfes und Ueberführung desſelben in mehr erdartige Maſſen im hohen Grade. Mergel hat ſich günſtiger in ſeiner Wirkung erwieſen als Aetzkalk. Die Erträge im erſten Jahre werden durch Kalkzufuhr ſehr geſteigert. Leguminoſen bilden nur Wurzelknöllchen, wenn die Säuren des Moores durch Kalk abgeſtumpft ſind. Um ſo ungünſtiger iſt die Nachwirkung. Bei gleicher übriger Düngung blieben die Felder mit Kalkzufuhr in ihrem Ertrage weit hinter ungekalkten zurück. Nach Fleiſcher iſt dies eine Folge der aufſchließenden Wirkung des Kalkes auf die im Boden vorhandenen ſonſtigen Pflanzennährmittel und der durch die raſche Zerſetzung des Torfes bewirkten Verdichtung des Bodens und Ver— minderung des für die Pflanzen zugängigen Wurzelbodenraumes. Außerdem können für die Pflanzen ſchädliche Verbindungen im Moor— boden entſtehen. 2. Phosphorſäure. Die Zufuhr von Phosphorſäure erwies ſich als günſtig (Ausnahmen machten Kartoffeln auf Feldern in alter Kultur); die ſchwerer löslichen Phosphate werden durch die Säuren der Moor— ſubſtanz aufgeſchloſſen, ſie zeigten gleiche, oft ſogar beſſere Wirkung als leicht lösliche Phosphate. Insbeſondere Superphosphat übte eine oft geradezu ſchädliche Wirkung. Die beſten Erträge ergaben ſich bei Zufuhr von etwa 100 kg Phosphorſäure für Jahr und Hektar. 3. Stickſtoff. Der Stickſtoff des Hochmvortorfes iſt in feſt gebundenem und für die Pflanzen ſchwer angreifbarem Zuſtande vorhanden. Eine Düngung mit ſtickſtoffhaltigen Stoffen iſt daher noth— wendig; am vortheilhafteſten hat ſich Chiliſalpeter erwieſen. Maximal- erträge wurden erzielt bei einer Düngung mit 60 kg Stickſtoff für Jahr und Hektar. 4. Kali. Das Kali wird von der Moorſubſtanz kaum gebunden; alle Torfböden zeichnen ſich daher durch Kaliarmuth aus. Düngung mit dieſem Stoff am beſten als Kainit ſteigert die Erträge in hohem Maße. Gaben von 200 kg Kali gaben die höchſten Erträge. Ueberblickt man die bisher bei der Kultivirung der Hochmoore gewonnenen Reſultate, ſo liegt in der Armuth der Böden, der hier— durch nothwendigen dauernden Zufuhr hoher Düngergaben, von denen ein großer Theil weder der Pflanze noch dem Boden zu gute kommt, ſondern zwecklos in die Tiefe gewaſchen wird, ein ſchweres Bedenken, ob eine ſolche Kultur auch volkswirthſchaftlich zu rechtfertigen iſt. Jedenfalls iſt aber der Weg gewieſen, auf dem die Gewinnung dieſer weiten Landſtriche für den Ackerbau möglich iſt und ſteht zu hoffen, daß bei reichlicher Zufuhr von thieriſchem Dünger die Verhältniſſe ſich allmählich günſtiger geſtalten werden. Ramann. 29 450 Die Theorie der Kulturmethoden. [$ 108. § 108. 7. Kultur der Mullwehen. Literatur: D. (eckert), Mündener Forſtliche Hefte 1892, S. 130. Mullwehen (Seite 385) bilden ſich namentlich in Folge dauernder Heideplaggennutzung und gleichzeitiger übertriebener Schafweide. Der Moorboden verliert ſeinen Zuſammenhang und wird allmählich flüchtig. Je nach dem Untergrund, beziehungsweiſe nach der Mächtigkeit der Moorſchicht, können Flugſandflächen oder Mullwehen entſtehen; oft wechſeln beide mit einander. Während der Flugſand unregelmäßig geformte Hügel und tiefe Auswehungen zeigt, lagert ſich das ſpecifiſch leichte und ſehr feinkörnige, vom Winde bewegte Moor in gleichförmigen, ebenen Schichten ab, die faſt ohne Vegetation ſind, und gleichmäßig braun gefärbt erſcheinen. Dieſe Mullwehen leiden nicht nur an Leichtbeweglichkeit, ſondern ſie ſaugen während der feuchten Jahreszeit ſehr viel Waſſer auf und die auf ihnen vorhandenen Pflanzen leiden unter dem Auffrieren (Volumänderungen bis zu 40 em Höhe werden angegeben) im hohen Grade. Zur Bindung der Mullwehen iſt zunächſt völlige Beſeitigung des Weideganges nothwendig. Günſtigere Stellen beruhigen ſich ſchon hier— durch und überziehen ſich allmählich wieder mit Heide. Auf ungünſtigen hat ſich zunächſt Anpflanzung von Birke bewährt. Die Kultur er- folgt in zwei bis drei Pflanzreihen hinter Wällen, die durch Aus— wurf von Gräben (in 50 — 100 m Abſtand) gewonnen werden. Die Richtung der Gräben muß ſenkrecht zur herrſchenden Windrichtung ſein. Die Birke entwickelt ſich normal und trägt ſchon in zehn Jahren keimfähigen Samen. | Innerhalb der Birkenſtreifen wird auf den geringwerthigeren, ſtagnirender Näſſe ausgeſetzten Flächen Wollgras (Eriophorum vagi- natum) in Ballen (bei 2 m Quadratverband) angepflanzt. Auf beſſeren Stellen ſäet man Molinia coerulea (in Hannover Schwabgras ge- nannt), welche ein geringwerthiges Heu liefert, an. Unter dem Schutze dieſer Pflanzen beruhigt ſich das Moor, die humoſen Stoffe lagern ſich dichter zuſammen, und allmählich findet ſich die Heide wieder ein, deren Anſiedelung man durch Anpflanzung jamen- tragender Stöcke befördern kann. 8. Waldkultur auf Moorböden. Die Melioration der Grünlandsmoore iſt bisher jo gut wie aus— ſchließlich im landwirthſchaftlichen Intereſſe, zumal zur Gewinnung von Wieſen erfolgt. Es würde auch in der Regel wenig rationell ſein, S 108.] Waldkultur auf Moorböden. 451 auf Flächen, die gute Wieſen geben, Wald ziehen zu wollen. Trotzdem können Verhältniſſe vorkommen, welche es erwünſcht erſcheinen laſſen, einzelne ſolche Gebiete mit Wald zu bepflanzen. Die günſtige Beeinfluſſung der Kulturen auf ſehr humusreichem Boden laſſen es nun durchaus wahrſcheinlich erſcheinen, daß auf ent— ſprechend entwäſſerten und mit Sand bedeckten Mooren einzelne Baum— arten, vor allem die Erle, einen durchaus angemeſſenen Standort finden werden. Viel ungünſtiger geſtalten ſich die Verhältniſſe auf Hochmooren. Die Verſuche Brünnings,*) auf ausgebrannten Moorflächen Wälder anzubauen, hatten durch den fröhlichen Wuchs der Kulturen in der Jugendzeit große Hoffnungen erregt. Die Weiterentwickelung der Bäume hat dieſelben nicht erfüllt. Wahrſcheinlich wirken (genauere Unter— ſuchungen liegen nicht vor) die ſauerſtoffarmen, ſauer reagirenden Schichten des Untergrundes ungünſtig auf die Entwickelung der Baum— wurzeln ein; daneben ſcheint auch die Armuth an mineraliſchen Nährſtoffen zu groß zu ſein, um den Bäumen ihre Ernährung zu er— möglichen. In der Nähe der menſchlichen Wohnungen, wo immer Zufuhr von Pflanzennährſtoffen erfolgt, können ſich Bäume entwickeln. Wollte man daher eine regelmäßige Düngung mit Mineraldünger ein— führen, ſo würde es möglich ſein, wenigſtens Niederwald zu erzielen. Verſuche mit Eichenſchälwald, die beſonders in Holland gemacht wurden, ſind viel günſtiger verlaufen, als man nach der ganzen Beſchaffenheit des Moores erwarten ſollte. Zur Zeit iſt aber wohl keine Hoffnung, die Hochmoore in Wald verwandeln zu können, ob eine ſpätere Zu— kunft den Nachweis der Möglichkeit liefern wird, iſt zweifelhaft. Wahrſcheinlich iſt es aber nicht, da man immer mit den ungünſtigen tieferen Bodenſchichten rechnen muß und, man nicht vergeſſen ſoll, daß auf faſt allen Flächen, die jetzt mit Hochmoor bedeckt ſind, einſt Wald geſtanden hat, der durch die Moorbildung vernichtet worden iſt. ) Der forſtliche Anbau der Hochmoore. Berlin 1881. 452 Die Theorie der Kulturmethoden. » [$ 109. s 109. VI. Rohhumusbildungen. Die ſchädlichen Einwirkungen einer Decke von dicht gelagertem Rohhumus, welche noch mehr bei Beſiedelung mit Beerkräutern und Heide hervortreten, ſind ſchon lange erkannt. Zumal das Auftreten der genannten Pflanzen wurde immer als ein Zeichen des Boden— rückganges betrachtet und hat ſich namentlich bei der Neubegründung von Beſtänden als ſchädlich erwieſen.“ Die chemiſchen wie phyſikaliſchen Veränderungen, welche der Boden unter Rohhumusbedeckung erfährt, find Seite 234 — 240 eingehend Von der umfangreichen forſtlichen Literatur über dieſen Gegenſtand ſeien nur angeführt: Friedr. Müller, Forſt- und Jagdzeitung 1883, S. 465, betrifft Mooswirkung. Forſt- und Jagdzeitung 1847 und 1848. Weinſchenk, Verhandlungen des ſchleſiſchen Forſtvereins 1857. von Manteuffel, Tharandter Jahrbücher 1857. Ratzeburg, Forſtliche Blätter 2, S. 56. 1861. (Seite 58 Mittheilung vom Forſtinſpektor Beck, daß auf allen Stellen, wo die Heide abgeplaggt, die Fichten gute Beſtände bilden, wo die Heide vorhanden, dagegen nicht. Heide vertrage ſich mit Kiefer, nicht aber mit Fichte.) Forſtwiſſenſchaftliches Centralblatt III, Seite 23 ſpricht ſich ein ungenannter Verfaſſer gegen das Abplaggen der Heide aus und erhält ſofort ablehnende Antwort von Th. Ebermayer, a. a. O. III. S. 213 und einem ungenannten Verfaſſer III, S. 216. G. Rettſtadt, Monatsſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1868, S. 241, weiſt auf die torfartige Struktur der das Moos unterlagernden Rohhumusſchicht ſowie auf das tennenartige Feſtwerden des Bodens hin. Eine Antwort hierauf erfolgte von Pflaum, a. a. O. 1869, S. 100, der auf die Ent⸗ wickelung der Bäume auf Felſen verweiſt. Rettſtadt, S. 413, zeigt jedoch, daß die Wurzelentwickelung in den Felsſpalten ſtatt hat. Mühl, S. 173, bezeichnet die Frage mit Rückſicht auf die Waldſtreu als eine „delikate“, ſtimmt aber völlig mit Rettſtadt überein und Ney, S. 428, bringt die gegen die Streunutzung einzuwendenden Thatſachen vor. Fürſt, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1875, S. 157, ſpricht über das Mißlingen der Fichten- und Tannenverjüngung ohne Beſeitigung der Bodendecke. Tierſch, Forſtliche Blätter 5, S. 82 (Schädliche Einwirkung der Beerkräuter und Heide). E. Reiß, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1885, S. 260 (Die Wirkung dichter Moosſchichten in Kiefernbeſtänden). Eingehende Behandlung hat der Gegenſtand gefunden in: Müller, Studien über die natürlichen Humusformen. Ramann, Waldſtreu. Entgegengeſetzte Anſichten ſind bisher nur ganz vereinzelt und dann weſentlich aus Abneigung gegen die Waldſtreuabgabe geäußert worden, nur Borggreve iſt ein Gegner der ſonſt allgemein getheilten Anſchauung. $ 109.] Zeitdauer der Rohhumusbildung. 453 beſprochen. Sie laſſen ſich dahin zuſammenfaſſen, daß die für Waſſer ſchwer durchläſſigen, in der kalten Jahreszeit an Feuchtigkeit überreichen, in der warmen oft völlig austrocknenden humoſen Schichten die Durch— lüftung des Bodens herabſetzen und die entſtehenden Humusſäuren die Löſung und Auswaſchung der Mineralſtoffe in hohem Grade fördern. Die Maßnahmen der forſtlichen Praxis, ſoweit ſie die Bodenpflege betreffen, laſſen ſich auf Erhaltung der Krümel— ſtruktur des Bodens und Verhinderung der Rohhumus— bildungen zurückführen. Maßnahmen gegen die Rohhumusbildung ſind daher ſo alt, wie die Forſtkultur überhaupt; die neueſte Zeit hat nur die theoretiſche Begründung und ſchärferes Erkennen der Ein— wirkungen gebracht; und nur die Schwierigkeit, welche in der richtigen Auffaſſung der doppelten Rolle der humoſen Stoffe liegt, die auf den Boden ebenſowohl vortheilhaft wie ſchädlich einzuwirken vermögen, läßt für viele die Sache fremdartig erſcheinen. 1. Zeitdauer der Rohhumusbildung. In normal geſchloſſenen Beſtänden findet Rohhumusbildung entweder nicht ſtatt oder die enſtandenen Ablagerungen tragen über— wiegend ein lockeres, wenig ungünſtiges Verhalten; nur ſelten finden ſich humoſe Schichten, welche ohne Nachhülfe einer weiteren Zerſetzung nicht mehr fähig ſind. Bei dauerndem Schluß und ganz allmählicher Auslichtung der Beſtände tritt in der Regel Verweſung des Rohhumus ein, und dem Boden wird ein bemerkbarer Schaden nicht zugefügt; offenbar, weil eine dicht lagernde, die Luft abſchließende Decke nicht vorhanden iſt und die Bildung von Humusſäuren ſich in engen Grenzen gehalten hat. Sobald ſich jedoch ein Beſtand licht ſtellt oder durch menſchliche Eingriffe eine Lichtung erfolgt, kann die Bildung von dicht gelagertem Rohhumus erfolgen, und das um ſo leichter, je weniger thätig ein Boden iſt. Daher haben arme Bodenarten, ſowie der Sonne und dem Wind ausgeſetzte Hänge und Beſtandsränder am meiſten unter Rohhumus— bildungen zu leiden. Wie raſch die Umwandlung einer noch zerſetzbaren in eine ungünſtige Form des Humus erfolgen kann, lehrt jeder zu ſtark gelichtete Buchenſamenſchlag. Wenige Jahre, oft ſogar ein einziges, reichen hin, um bereits vorhandene Abfallreſte durch Störung der Verweſung (zumeiſt in Folge Austrocknens während der warmen Jahreszeit) in geſchloſſene Rohhumuslagen umzuwandeln. Auch Eingriffe in den jüngeren Beſtand, zu ſtarke Durchforſtungen, können zur Bildung von Rohhumus führen, die, einmal vorhanden, auch während der ſpäteren Beſtandesentwickelung ſich noch immer weiter vermehren. Aus ſolchen Gründen bildet nicht ſelten eine 454 Die Theorie der Kulturmethoden. Js 109. Abtheilungsgrenze zugleich auch die Grenze zwiſchen Rohhumusbildungen und normaler Bodendecke. Wie raſch die Ablagerung unter Umſtänden erfolgt, zeigt z. B. eine Mittheilung von Obelitz, “) welcher nachweiſt, daß in einem jüngeren Buchenbeſtande in kaum mehr als zehn Jahren eine Ablagerung von acht Zoll Buchenrohhumus ſtattgefunden hat. Uebergangsbildungen kann man wohl in jedem Forſtreviere ſehen. Würde etwa im Taxationsnotizenbuch, bei jeder Taxationsreviſion genau der Zuſtand der Bodendecke verzeichnet, ſo würde nur zu oft klar werden, welchen Veränderungen der Waldboden ausgeſetzt iſt, und in wie kurzer Zeit dieſe eintreten können. 2. Weiterentwickelung des Rohhumus. Sind einmal mächtigere Rohhumusbildungen entſtanden, ſo iſt das Schickſal derſelben je nach der Mächtigkeit und den herrſchenden Be- dingungen verſchieden. Auf armen Böden und in klimatiſch ungünſtigen Gebieten ſiedelt ſich zumeiſt die Heide an und vermehrt durch ihre Abfälle die Menge der humoſen Stoffe beträchtlich; Heide kann entweder durch beſtimmte Holzarten, vor allen durch die Kiefer verdrängt werden, deren Abfallſtoffe erfahrungsmäßig ſchon in Folge ihrer ſperrigen Be- ſchaffenheit nur wenig zur Rohhumusbildung neigen; unter Herrſchaft der Kiefer kann allmählich eine Zerſetzung der humoſen Stoffe er- folgen und hierdurch auch anſpruchsvolleren Baumarten wiederum die Möglichkeit des Gedeihens geboten werden. Unter ungünſtigen Ver— hältniſſen wird die Menge der humoſen Stoffe immer größer, und es bildet ſich ein Heidemoor, welches endlich zur Hochmoorbildung führt.“ Auf reicheren Bodenarten und unter günſtigeren klima— tiſchen Bedingungen erfolgt die Veränderung der Rohhumusablage⸗ *) Tidsskrift for Skovväsen 1892, ©. 109. Es iſt bemerkenswerth, daß im däniſchen forſtlichen Betrieb, der allerdings in Bezug auf Rohhumusbildungen mit außergewöhnlich ungünſtigen Verhältniſſen zu kämpfen hat, die hier behandelten Anſchauungen bereits völlig zur Herrſchaft ge⸗ kommen ſind. **) Der nahe liegende Einwurf, warum in Folge der Einwirkung der Roh⸗ humusbildungen auf den Boden nicht längſt alle Waldbeſtände vernichtet ſeien, läßt ſich durch zwei Gründe widerlegen: 1. Sind durch die Eingriffe der Menſchen die Bedingungen, welche im Walde zur Rohhumusbildung führen, jehr viel häufiger geworden. 2. Liegen die Endreſultate der Rohhumusbildung in den Hochmooren der Gebirge und des Nordens, durch alle Uebergänge mit den heutigen Ver⸗ hältniſſen verbunden, offenkundig vor. Man darf nicht vergeſſen, daß in der Natur die mannigfachſten Bedingungen ſich gegenſeitig beeinfluffen und vielfach in langen Zeiträumen ausgleichen, jo daß eine Entwickelung nach nur einer Richtung zu den Ausnahmen gehört. $ 109.] Hülfsmittel gegen die Rohhumusbildung. 455 rungen in anderer Weiſe. Soweit die Beobachtungen des Verfaſſers reichen, ſind es namentlich Grasarten, vor allen Aira flexuosa, welche ſich anſiedeln und mit ihrem dichten Wurzelfilz den Rohhumus durch— wachſen und ſo allmählich deſſen Zerſetzung einleiten. Iſt die Schicht mehr oder weniger zerſtört, ſo finden ſich wieder Baumarten (nament— lich die Kiefer) ein, und unter deren Schirm gewinnt der Wald ſein urſprüngliches Gebiet zurück. 3. Hülfsmittel gegen die Rohhumusbildung. Als Hülfsmittel gegen Rohhumusbildungen im Walde find zu be— zeichnen: Erhaltung des normalen Schluſſes der Beſtände; Begünſtigung des Thierlebens; Bodenbearbeitung; Düngung und richtige Auswahl der Holzarten. a) Schluß der Beſtände. Die ungünſtigſten Formen des Rohhumus bilden ſich, wenn die zur Zerſetzung nothwendige Feuchtigkeit mangelt. In allen exponirten Lagen, ſowie bei lichter Stellung der Bäume, iſt daher die Gefahr beſonders nahe gerückt, daß normale Verweſungsvorgänge nicht ſtatt— finden. Alles, was daher den Boden ſchützt und vor oberflächlicher Austrocknung bewahrt, iſt zugleich für Rohhumusbildung ungünſtig; Ausnahmen machen nur der Beſonnung wenig ausgeſetzte Flächen der verſchloſſenen Tieflage. Daher iſt Deckung des Bodens durch Unter— wuchs, unter Umſtänden durch Reiſig, ſind Waldmäntel und dergleichen auch wichtige Hülfsmittel gegen Rohhumusbildungen.“ b) Begünſtigung des Thierlebens. Einer der mächtigſten Faktoren für eine günſtige Zerſetzung der organiſchen Abfallreſte iſt die in und auf dem Boden lebende Thierwelt. Von der erſteren ſind namentlich die Regenwürmer bemerkenswerth, welche zu ihrer Nahrung erhebliche Mengen von organiſchen, abge— ſtorbenen Stoffen verbrauchen und durch ihre wühlende Thätigkeit, wie durch ihre Exkremente zur Krümelung des Bodens beitragen. Alle Bedingungen, welche den Boden vor oberflächlicher Austrocknung be— wahren, ſind auch den Lebensbedingungen dieſer Thiere günſtig. Die Parallelſtellung einer Beerkraut- und Heidedecke mit dem Unterbau (Borggreve, Holzzucht und an vielen anderen Orten) würde eine Berechtigung haben, wenn dieſe Halbſträucher dauernd im Mineralboden wüchſen; der Schaden, den ſie jedoch anrichten, beſteht in der Menge und der ungünſtigen Be- ſchaffenheit ihrer humoſen Ablagerungen; hierdurch, nicht durch ihre ſonſtigen Eigenſchaften, ſind ſie mit die ſchlimmſten Feinde der jungen Waldbäume. 456 Die Theorie der Kulturmethoden. Is 109. Von noch größerer Bedeutung und nebenbei eine der wenigen Einwirkungen, welche im normalen Forſtbetrieb möglich ſind, iſt die Thätigkeit der größeren huftragenden Thiere, insbeſondere der Schweine. Die wühlende und brechende Arbeit dieſer Thiere, iſt ein hochwichtiges Kulturmittel für die Entwickelung des Waldes, und der Nutzen übertrifft unter normalen Verhältniſſen weitaus den Schaden, der durch Wurzelverletzung und dergleichen geübt werden kann.“ Auch die Bodenverwundung durch die Hufe der Wiederkäuer iſt nicht gering anzuſchlagen. Die Waldweide nutzt hierdurch im großen Durch- ſchnitt im Walde mehr, als die Thiere durch Verbeißen und Wurzel- verletzungen, die beiden einzigen wirklich geübten direkten, ungünſtigen Einwirkungen (die vielfach beſprochene Mineralſtoffausfuhr durch den bei der Weide ſtattfindenden Entzug von Futterkräutern iſt auf reicheren Böden ohne Bedeutung, auf ärmeren vertheilt er ſich durch das ſpar— ſame Vorkommen der Futterpflanzen auf weite Gebiete; endlich bleibt der größte Theil der Auswurfsſtoffe im Walde, dieſe erhalten alſo nur eine andere Vertheilung im Boden) zu ſchaden vermögen (ver— gleiche Seite 214). c) Bodenbearbeitung. Ein vorzügliches Mittel, beginnende Rohhumusablagerungen zur normalen Zerſetzung zu bringen, beſteht in Bodenbearbeitung und Miſchung der organiſchen Stoffe mit dem Mineralboden. Leider kann der forſtliche Betrieb hiervon nur in geringer Ausdehnung Gebrauch machen. Am meiſten geſchieht dies noch bei der Verjüngung. Beerkraut und Heide werden ſtreifenweiſe abgezogen und ſo ein Boden geſchaffen, auf dem überhaupt die jungen Baumpflanzen wieder zu wurzeln ver— mögen. Rationell würde es ſein, das die ganze Fläche gleichmäßig abzuplaggen und den noch auflagernden Humus mit dem Mineral- boden zu miſchen.““ ) Es iſt ſchwer verſtändlich, daß man beiſpielsweiſe in jedem Forſtſchutz leſen kann, „die Schweine ſchadeten durch Umbrechen der Moosdecke“. Was würde wohl ein Gärtner ſagen, der gewohnt iſt, jeden Fruchtbaum, von dem er Ertrag haben will, regelmäßig zu behacken, wenn man ihm verſichern wollte, eine Störung der Bodenlagerung ſei ſchädlich oder eine Pflanzendecke ſei nützlich für den Baum? Derartige Anſchauungen kann man aber jeden Tag für den Wald leſen oder hören. ) Hier beginnt wieder die Frage der Zuläſſigkeit der Streunutzung. Der Werbungsaufwand für einen Raummeter der bezeichneten Bodendecke wird ſicher eine Mark nicht überſteigen, der Werth der Mineralſtoffe (Kali und Phosphorſäure) überſteigt ſchwerlich zwanzig Pfennige, überall, wo daher der Preis für den Raum⸗ meter derartiger Streu den Preis von eineinhalb Mark erreicht, kann man durch Düngung mit Kainit und Thomasſchlacke dem Walde nicht nur die entzogenen Düngſtoffe zurückgeben, ſondern noch weſentlich mehr zuführen. In vielen Fällen wird ſogar die Beſeitigung des Rohhumus den Schaden reichlich aufwiegen, den die Entnahme der Mineralſtoffe dem Boden zufügt. § 109.] Einwirkung der Humusbildungen auf die Holzarten. 457 Die Wegnahme einer Rohhumusſchicht während des Beſtandes— wachsthums kann je nach den Verhältniſſen günſtig oder ungünſtig wirken. Am einfachſten entſcheiden dies kleine Verſuchsflächen. In allen Fällen, in denen der zurückbleibende und ohne die Decke der Bodenvegetation leicht austrocknende Humus ſich dicht zuſammenlagert, darf man eine ungünſtige Wirkung vorausſetzen,“) um jo weniger ſollte man ſich jedoch ſcheuen, bei der Verjüngung oder beſſer einige Jahre vor derſelben einzugreifen. Düngung. Verſuche mit Kalkdüngung gegen Rohhumusbildungen find wiederholt mit gutem Erfolge gemacht,“) als regelmäßige Kultur— methode wird ſie in einigen däniſchen Revieren geübt. ***) d) Wahl der Holzarten. Die Neigung der Holzarten, aus ihren Abfallſtoffen Rohhumus zu bilden, iſt ſehr verſchieden (vergleiche Seite 232). Am ungünſtigſten verhalten ſich Buche und Fichte, am günſtigſten die Kiefer. An expo— nirten Stellen und auf ärmeren Bodenarten erſcheint es daher vor— theilhaft, die Buche, wenn überhaupt, nicht im reinen Beſtande zu erziehen, ſondern thunlichſt durch Einſprengen von Lichtholzarten, be— ſonders von Kiefer für günſtigere Geſtaltung der Bodenpflege zu ſorgen. Auf geringeren aber noch laubholzfähigen Böden, zumal Sandböden, wird ein reiner Buchenbeſtand an den trockneren Stellen faſt immer zur Rohhumusbildung führen. 7 4. Einwirkung der Humusbildungen auf die Holzarten. Die Entwickelung der Baumwurzeln wird durch Rohhumusablage— rungen ungünſtig beeinflußt. Sind die humoſen Schichten ſtark, ſo treiben Buche und Fichte überhaupt keine tiefer gehenden Wurzeln, ſondern ernähren ſich ausſchließlich aus dem Humus. Die Buchen— wurzeln ſind dann deformirt, braun, mit kurzen Saugwurzeln; die Faſerwurzeln bilden ein dichtes Geflecht zwiſchen den Abfallreſten. (Näheres bei Müller, Humusformen, Seite 32). Müller fand z. B. in einem tiefen Einſchlag unter einer Buche außer einer abgeſtorbenen ſtärkeren Wurzel überhaupt keine Wurzeln im Mineralboden). Die Fichte treibt oft weithin ſtreichende, ausſchließlich oberflächlich ver— ) Es war dies beiſpielsweiſe der Fall auf der Helmerſer Streufläche (Allge— meine Forſt⸗ und Jagdzeitung 1890, S. 308), vergleiche S. 271. **) von Fürſtenberg, Aus dem Walde 4, S. 136. ) Ulrich, Tidsskrift for Skovbrug III, S. 175. 7) Die Erziehung der Buche auf wenig geeigneten Standorten, zumal Sand— böden, läßt ſich überhaupt wohl nur ſchwer rechtfertigen. Kraft giebt, Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen 1893, S. 1, an, nach ſeiner Meinung würden hierbei Hunderttauſende weggeworfen; er meint dabei wohl nur die Kulturkoſten. 458 Die Theorie der Kulturmethoden. [$ 109. laufende Wurzeln. Auch die Kiefer bildet unter Rohhumuslagen weit- ſtreichende, ſogenannte Tauwurzeln, neben der in die Tiefe gehenden Pfahlwurzel aus. Im Allgemeinen kann man annehmen, daß die Wurzelverbreitung eine um ſo ungünſtigere und oberflächlichere iſt, je ſtärker die Rohhumusſchicht iſt. Es iſt ohne weiteres verſtändlich, daß einerſeits hierdurch die Ernährung der Bäume geſchädigt wird und anderſeits ebenfalls, daß ein Eingriff während des Beſtandeslebens, insbeſondere Entnahme der Bodendecke unter Umſtänden eine ſtarke Schädigung der Bäume infolge Abſterbens der oberflächlich feen Wurzeln herbeiführen kann. Der Anflug unter Fichtenbeſtänden vegetirt oft ausſchließlich in der Humuslage, man kann ſich durch Ausreißen größerer Pflanzen leicht davon überzeugen. Freigeſtellt trocknet die oberſte Bodenſchicht ab und der Unterwuchs geht ein. Die natürliche Verjüngung mit ihrer langſam vorgehenden Aus- lichtung der Beſtände bezweckt, die allmähliche Zerſetzung der ange— ſammelten Humusmaſſen herbeizuführen. Iſt dies gelungen, ſo befindet ſich der Waldboden im Zuſtand der „Gahre“. Dieſe beſteht alſo weſentlich zu der Zeit, in welcher die Humusſtoffe zerſetzt ſind und der Boden ſich in Krümelſtruktur befindet. Die jungen Pflanzen finden hierbei die günſtigſten Bedingungen ihres Gedeihens, der Boden iſt für die Beſamung empfänglich. Er iſt es aber nicht nur für den Samen der Waldbäume, ſondern auch für den niederer Kräuter, daher kann die Begrünung des Bodens als Merkmal für die eintretende Bodengahre benutzt werden. Die Krümelſtruktur bleibt auf mineralſtoffreichen Böden länger erhalten (daher z. B. die leichte Verjüngung auf Baſaltböden), auf ärmeren Bodenarten wird die nicht mehr durch eine Abfalldecke ge— ſchützte Oberfläche des Bodens (zumal durch die Wirkung des fallenden Regens) bald verdichtet. Die ganze Buchenwirthſchaft mit ihrer langſam fortſchreitenden Auslichtung bezweckt daher nur die Verhinderung der Bildung von Rohhumus und die Erhaltung der Krümelſtruktur des Bodens. Für Fichte und Tanne find die Verhältniſſe ähnliche. Im Kiefern- wald verhindert die Anſammlung einer oft gar nicht ſehr mächtigen Rohhumusſchicht unter der Moosdecke die natürliche Verjüngung voll- ſtändig. Die Urſache, daß die Beſtandesränder oft reichlich Anflug zeigen, beruht ebenfalls auf der unter der ſtärkeren Erwärmung des Bodens raſcher fortſchreitenden Verweſung der Humusſtoffe. Man kann an geeigneten Stellen ſchrittweiſe verfolgen, wie die Rohhumusablagerungen vom Rande des Beſtandes aus zunehmen. Z $ 110.] Konkurrenz der Pflanzen. 459 s 110. VII. Konkurrenz der Pflanzen. Befinden ſich eine größere Anzahl Pflanzen derſelben Art oder verſchiedener Arten auf einer Fläche, ſo wird zwiſchen denſelben früher oder ſpäter ein Konkurrenzkampf geführt werden, welcher die Ent— wickelung jedes einzelnen Individuums beeinflußt und als Endreſultat eine herrſchende Flora erzeugt, welche die anderen Arten mehr oder weniger unterdrückt. Unter unſeren klimatiſchen Verhältniſſen ſind es für weitaus die meiſten Gebiete Baumarten, welche am günſtigſten veranlagt ſind und der bekannte Ausſpruch, daß, ſich ſelbſt überlaſſen und von Menſchen nicht beeinflußt, unſer Land in einem oder einigen Jahrhunderten mit Wald, Wieſe, Moor (und Heide) bedeckt ſein würde, hat volle Berechtigung. Die einzelnen Pflanzen üben die Konkurrenz aus durch:“) 1. Aufnahme der im Boden zur Verfügung ſtehenden Nährſtoffe; Aufnahme von Waſſer; . rajches Wachsthum (verdämmende Wirkung) und ſehr ſtarke Wurzelentwickelung; 4. ungünſtige Beeinfluſſung der phyſikaliſchen Bodeneigenſchaften; 5. Bildung ungünſtiger Abfallſtoffe (Rohhumus). 2 3 Alle dieſe Wirkungen können neben einander verlaufen, und that— ſächlich treten immer mehrere derſelben in Thätigkeit, ſo daß es außer— ordentlich ſchwer und oft unausführbar erſcheint, die einzelnen Ein— wirkungen auseinander zu halten, zumal eingehende Beobachtungen recht ſehr und für die Verhältniſſe des Waldbaues noch faſt völlig fehlen. Ein großer Theil der geübten Einflüſſe iſt bereits (Seite 260 bis 266) im Kapitel über Bodenbedeckung beſprochen worden. Die Thatſache, daß an Mineralſtoffen ärmere Böden ſchwächer entwickelte Pflanzen tragen als reiche Bodenarten, tritt uns in der Natur überall entgegen. Die ganze Düngung im landwirthſchaftlichen Betriebe beruht auf der Erkenntniß dieſer Verhältniſſe und giebt Ge— legenheit, zu beobachten, daß auf gut gedüngten Böden nicht nur die Pflanzenwelt beſſer gedeiht, ſondern auch, daß ſie eine längere Vege— tationszeit hat und ungünſtigen Einwirkungen, wie ſie z. B. eine Dürrperiode bringt, beſſer zu widerſtehen vermag. Ob der letztere Fall eine Folge beſſerer und tiefer gehender Wurzelentwickelung iſt, Es iſt hier nur eine ganz kurze Darſtellung der wichtigſten auf den Boden bezüglichen Bedingungen des Kampfes ums Daſein in der Pflanzenwelt gegeben. Die zahlreichen klimatiſchen und anderſeits in den individuellen Eigenthümlichkeiten der Arten begründeten Einwirkungen ſind nicht berückſichtigt. 460 Die Theorie der Kulturmethoden. Sy S 110. oder ob die Pflanzen durch reichliche Ernährung widerstand ſind, läßt ſich zur Zeit noch nicht entſcheiden. Auch im Walde laſſen ſich überall Verhältniſſe beobachten, welche Gleichartiges beweiſen. Die Entwickelung der Bäume bleibt auf mine— raliſch armen Bodenarten zurück. Unterwuchs und Bodenflora fehlen oft faſt völlig. Hieraus hat man den Schluß gezogen (Borggreve, Holzzucht), daß die konkurrenzfähigeren älteren Stämme das geſammte verfügbare Nährſtoffkapital für ſich beanſpruchten und hierdurch alle ſchwächeren Pflanzen verdrängten. Es iſt dies für manche Verhältniſſe durchaus wahrſcheinlich, lange aber nicht für alle. Aehnliche Wirkungen laſſen ſich auch auf trockenen Böden gegenüber ſonſt gleichartigen aber feuchtigkeitsreicheren beobachten. Dann wirkt der Mindergehalt an Waſſer in derſelben Weiſe wie Armuth an mineraliſchen Nährſtoffen in den vorbeſprochenen Fällen. Endlich findet ſich die geringere Entwickelung der Bäume auch auf völlig gleichen Bodenarten aber bei ungünſtiger Expoſition und Lage. Hier zeichnet ſich der Boden weniger durch Mindergehalt an Nähr— ſtoffen und Waſſer als vielmehr durch veränderte phyſikaliſche Struktur, zumal Mangel der Krümelung aus. Die verſchiedenſten Urſachen können daher im Baumleben zu dem— ſelben Endreſultat führen. Es gilt dies aber nicht nur für die Bäume, ſondern auch für die verſchiedenſten anderen Pflanzen. Unterholz und eine Decke grüner Kräuter findet ſich im geſchloſſenen Beſtande nicht nur auf den mine- raliſch reichſten Böden, wie auf Aueböden oder Baſalten, ſondern ſie ſiedelt ſich überall, auch auf oft recht armen Bodenarten in der feuchten Luft der Küſtengebiete an; ſie finden ſich auf Oſthängen, wo ſie auf dem Südweſthange fehlen. Die Konkurrenz der Pflanzen unter einander und die höhere oder geringere Entwickelungsfähigkeit wird daher durch alle dieſe verſchie— denen Bedingungen (und es könnte mit Recht noch eine ganze Anzahl Anpaſſung, Lichtbedürfniß, Erziehung u. ſ. w. hinzugefügt werden), be⸗ einflußt, deren Endreſultat der gegenwärtige Waldbeſtand iſt. Eine Erſcheinung läßt ſich aber überall erkennen, jede Pflanze würde ſich allein, frei von der Konkurrenz anderer, am günſtigſten entwickeln, jo- fern nur anderweitige ſchädliche Einflüſſe fern gehalten werden. Es iſt dies der Grund, daß bei Verſuchen die als bodenſtet geltenden Pflanzen ſich in den verſchiedenſten Bodenarten normal zu entwickeln vermögen, während ſie im Kampfe mit anderen für die lokalen Ver— hältniſſe beſſer ausgerüſteten Arten, bis zur völligen Verdrängung unterliegen. Anpaſſung an beſondere Verhältniſſe und Fernhalten ſchädlicher Einflüſſe ſpielt wahrſcheinlich in der Natur eine wichtige Rolle und U § 110.] Konfurrenz der Pflanzen. 461 bedingt vielfach die Vergeſellſchaftung der Pflanzenarten. Auffällige derartige Beiſpiele ſind die Begleitpflanzen der Buche, die ſich faſt ausſchließlich aus Pflanzenarten zuſammenſetzen, deren Entwickelung bereits überwiegend vor dem vollen Austrieb des Buchenlaubes ab— geſchloſſen iſt (Anemonen, Mereurialis perennis, Waldmeiſter und dergl.) oder deren Organiſation ſich ſtarker Beſchattung angepaßt hat (Oxalis acetosella, Phegopteris Dryopteris; Impatiens). Auffällige Beiſpiele der begünſtigenden Wirkung einzelner Pflanzen— arten auf andere kann man auf faſt jeder Schlagfläche beobachten, zumal auf weniger günſtigen Bodenarten machen ſie ſich geltend. Junge Nadelholzpflanzen im Schirme von jungen Laubhölzern ſind ihren un— beſchirmten Nachbarn oft weit voraus. Es iſt dies aber ſicher nicht darin begründet, daß beide Holzarten zuſammen auf gleicher Fläche günſtiger wachſen als es eine vermöchte, ſondern die Laubhölzer halten durch ihre ſtarke Beſchattung und ihren Laubabfall die Entwickelung der Gräſer, der ſchlimmſten Feinde der jungen Baumpflanzen, fern. Auch das entgegengeſetzte kann man beobachten. Unter dem Schirme alter Bäume kümmert die ganze Vegetation; ſtarke Bäume im Felde oder auf Wegrändern laſſen oft weithin ihre Einwirkung auf die Ent— wickelung des Getreides erkennen. Am Beſtandsrande ſteht die junge Kultur immer am ungünſtigſten, Waldwieſen zeigen am Waldrande immer den ſchlechteſten Wuchs (zumal in der Nachbarſchaft von Bäumen mit oberflächlichem Wurzelſyſtem, wie die Fichte), auch wenn eine gleich— mäßige Bearbeitung und Düngung der Fläche erfolgt. Man hat wunderliche Theorien von der Reflexwirkung der von den Baumſtämmen zurückgeworfenen Sonnenſtrahlen (Wärme und Licht) aufgeſtellt, um dieſes Verhalten zu erklären.“) Viel näher liegt es, die Urſache der Erſcheinung auf die Wurzelkonkurrenz der älteren Bäume und insbe— ſondere deren höherer Waſſerbedarf zurückzuführen. Daneben macht ſich allerdings auch die durch den von den Zweigen in großen Tropfen fallenden Regen bewirkte Bodenverdichtung und viel— fach die Aushagerung des Bodens geltend. Daß in vielen Fällen jedoch die Wurzelkonkurrenz der älteren Bäume die überwiegende Wirkung hervorbringt, davon kann man ſich an jeder Stelle überzeugen (am beſten auf Wieſen) wo durch Anlegung eines ganz ſchmalen Grabens die Wurzeln durchſchnitten und ſo die ſchwächeren Pflanzen geſchützt find. Wer jemals die Wirkung eines vielleicht nur 10 em breiten ) Eingehend ſind dieſe Verhältniſſe in Borggreve, Holzzucht, beſprochen, der den Nachweis führt, daß eine Reflexion der Strahlen gar nicht in der ange— nommenen Weiſe erfolgen kann. Die Thatſache, daß in Löcherkulturen die der direkten Beſtrahlung ausgeſetzten Seiten ſich ungünſtiger entwickeln als die im Schatten liegenden, ſind auf ähnliche Urſachen zurückzuführen, wie jene, welche die Süd- und Weſthänge, gegenüber den Oſt⸗ und Nordhängen, beeinfluſſen. 462 Die Theorie der Kulturmethoden. S 110. Einſchnittes im Boden und die Schärfe, in welcher ſich die Vegetation an beiden Seiten desſelben unterſcheidet, geſehen hat, kann nicht mehr zweifelhaft ſein. Der Feldbau beſeitigt durch regelmäßige Bearbeitung thunlichſt jede Konkurrenz der wild wachſenden Flora, der Unkräuter. In welch hohem Grade dieſe einwirken können, darüber liegen eine ganze Anzahl Beobachtungen vor. Wollny“ zeigte den großen Einfluß einer Un⸗ krautvegetation auf Temperatur, Waſſergehalt und Ertrag der Böden. Es ergaben ſich folgende Verhältniſſe: Rüben Bohnen Mais Kartoffeln mit ohne mit ohne mit ohne mit ohne Bodentemperatur: Unkraut Unkraut Unkraut Unkraut Juni und Juli 17,47 21,46 18,75 20,09 18,42 20,77 17,90 20,589 Waſſergehalt des Bodens: Juni bis September. 20,61 23,07 18,14 20,23 20,62 22,23 19,58 22,44% Ertrag für je 44am: Körner, bezw. Knollen 388 9000 470 910 324 2973 6570 14299 g Stroh, beziehent— a lich Blätter. 329 2333 850 1390 2730 10240 g Die Unkrautdecke hatte die Temperatur und den Waſſergehalt ſtark herabgeſetzt und den Ertrag außerordentlich geſchmälert. Ganz ähnlich müſſen die Wirkungen der Unkräuter im Walde auf die Entwickelung der jungen Baumpflanzen ſein; wenn trotzdem der Forſtmann die ſogenannten Waldkräuter gern ſieht und unter ihrem Schirm die jungen Pflanzen gedeihen, ſo geſchieht dies nur, weil dieſe Vegetation die Verdichtung und Verkruſtung der Bodenoberfläche ver— mindert und noch gefährlichere Konkurrenten fern hält. Würde man im Walde die Böden regelmäßig behacken können wie es im landwirth- ſchaftlichen Betriebe jetzt bereits auch für die Getreidearten im weiten Umfange geſchieht, die Entwickelung würde eine ungleich beſſere und raſcher vorangehende ſein. Man kann daher die Unkrautdecken des Waldes in ſolche eintheilen, deren Konkurrenz für die Waldbäume ohne merkbaren Schaden ertragbar iſt (hierhin gehören auch die ſogenannten „edleren Kräuter“) und in direkt ſchädliche. In größerer Ausdehnung finden ſich von den letzteren: Gräſer, Heide, Heidel- und Preißelbeere, Beſen— pfrieme, Farrenkräuter, Torfmooſe. Die Reihenfolge bildet zu— gleich annähernd eine Stufenleiter für die Schädlichkeit dieſer Pflanzen, wenn auch lokal einzelne derſelben (Beſenpfrieme, Brombeere, Torf— mooſe) am wichtigſten werden können. ) Forſchungen der Agrikulturphyſik VII, S. 342. $ 110.] Konfurrenz der Pflanzen. 463 Gräſer. Verſchiedene Gräſer betheiligen ſich an der Zuſammen— ſetzung der Bodendecke. Die Arten mit breiten Blättern finden ſich auf beſſeren und friſcheren Bodenarten und wirken weniger verderblich als die ſchmalblätterigen Angergräſer, deren Wurzeln ein dichtes, den Durchtritt von Waſſer abſchließendes Gewebe in der oberen Boden- ſchicht bilden. Die Gräſer zeichnen ſich durch tiefgehende Wurzeln und hohen Waſſerverbrauch aus, ſie trocknen den Boden wie keine andere Vege— tation aus und dies in jo hohem Maße, daß beiſpielsweiſe auf Sand— böden unter Grasdecke keine Regenwürmer zu leben vermögen. Welche ſchädigende Wirkung die Gräſer auf die Entwickelung der jungen Holzpflanzen ausüben, iſt bekannt; oft vergehen Jahre, ehe ſich dieſe auch nur aus dem Grasfilz herauszuarbeiten vermögen, und eine große Anzahl der Baumpflanzen erliegt, zumal in Zeiten der Dürre, der Konkurrenz der Gräſer. Alles, was daher geeignet iſt, dieſe zu beſeitigen, wirkt vortheilhaft; wenn man gelegentlich angegeben ſieht, das Grasrupfen im Walde müſſe ſo betrieben werden, daß der Gras— ſtock „zum Schutze der Baumpflanzen“ erhalten bliebe, jo iſt dies eine durchaus falſche Auffaſſung; je vollſtändiger die Gräſer entfernt werden, um ſo beſſer. Heide und Beerkräuter. Heide und Beerkräuter wirken, ſo— lange ſie im Mineralboden vegetiren, nicht weſentlich ſchädigend auf die Entwickelung der Baumpflanzen ein; ihre verderbliche Wirkung be— ginnt erſt durch Bildung von Rohhumus ungünſtiger Beſchaffenheit (ſiehe dieſen). Erſt wenn dieſer gebildet iſt, findet ſich in ihm jene oberflächliche Wurzelvertheilung und die ſchädliche Einwirkung auf Boden wie Beſtand. Die Beſeitigung derartiger Bodendecken iſt daher eine waldbauliche Nothwendigkeit und nicht ſchädlich, ſondern nützlich für den Boden. Beſenpfrieme (Spartium scoparium) iſt in Gegenden, wo fie ſich in großer Maſſe entwickelt, unſtreitig ein ſehr ſchädliches, oft das ſchädlichſte Waldunkraut. Genauere Unterſuchungen über die Einwirkung der Beſenpfrieme auf den Boden fehlen noch, die maſſige dichte Vege— tation verdämmt und erſtickt jedoch die jungen Waldbäume oder bringt ſie doch in der Entwickelung weit zurück. Farrenkräuter. Von den Farrenkräutern kommen namentlich der Adlerfarren (Pteris aquilina) und Aspidiumarten in jo großer Aus— dehnung und maſſenhafter Entwickelung vor, daß ſie verdämmend auf die Holzpflanzen einwirken. Unterſuchungen über anderweitige Beein— fluſſung von Pflanze und Boden liegen nicht vor, obgleich Adlerfarren zur Ablagerung eines nicht gerade ſehr ungünſtigen, aber jedenfalls unerwünſchten Rohhumus führt. Die Beſeitigung eines ſchädlichen Farrenkrautwuchſes durch Köpfen der noch nicht voll entwickelten 464 | Die Theorie der Kulturmethoden. Ss 110, 111. Triebe gelingt leicht. (Ney, Forſtwiſſenſchaftliches Centralblatt 1880, Seite 616.) Torfmooſe. Das Auftreten der Torfmooſe im Walde zeigt, wenn man von den im Gebirge verbreiteten weniger ſchädlichen Arten der Gruppe des Sphagnum acutifolium abſieht, immer einen in ſeinen Eigenſchaften und im Ertrage ſchwer geſchädigten Boden an. Die Sphagneen gedeihen am beſten im vollen Licht, es müſſen daher jchon ſehr gelichtete Beſtände ſein, auf denen ſie ſich einfinden, und außerdem entwickeln ſie ſich nur auf von löslichen Mineralſtoffen faſt freien Böden oder auf Rohhumusſchichten. Jedenfalls zeigen Torfmooſe unter nor- malen Verhältniſſen einen bedenklichen Rückgang des Bodens an. Entwäſſerung, Beſeitigung der Rohhumusſchichten und thunlichſt Boden- bearbeitung, um die in den tieferen Lagen vorhandenen Nährſtoffe wieder der Pflanzenwelt zugänglich zu machen, ſind die wichtigſten Hülfsmittel. § 111. VIII. Unterbau.“ Eine der in neuerer Zeit vielfach zur Anwendung gekommene und in ihren Wirkungen noch umſtrittene Kulturmethode iſt der Unterbau von Lichtholzarten mit Schattenhölzern. Ueber den Gegenſtand liegen einige Unterſuchungen vor,“) welche die Wirkung des Unterbaues auf den Boden berückſichtigen und iſt ſomit wenigſtens ein Anfang gemacht, um die Urſachen einer etwaigen Einwirkung auf den Beſtand kennen zu lernen. Die möglichen günſtigen Wirkungen des Unterbaues auf den Boden können jein:***) a) Erhaltung der Krümelſtruktur des Bodens durch Schutz vor fallendem Regen und durch günſtige Beeinfluſſung der Zerſetzung der Pflanzenabfälle (Verhinderung der Boden- aushagerung und Rohhumusbildung); b) Schutz vor ungünſtiger Bodenvegetation; *) R. Kaſt, Centralblatt für das geſammte Forſtweſen 15, S. 51. Enthält ſehr vollſtändige Angaben der Literatur über Unterbau. **) Ramann, Forſchungen der Agrikulturphyſik, Bd. IX, S. 300 und Zeit⸗ ſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1888. L. Schmidt, Allgemeine Forſt- und Jagdzeitung 1890. ) Die rein waldbauliche Seite der Einwirkung auf den Hauptbeſtand iſt hier nicht berührt. §111.] Unterbau. 465 e) Zufuhr von Pflanzennährſtoffen durch Streuabfall für die oberen Bodenſchichten und hierdurch zugleich Erhaltung günſtiger Bodenſtruktur. Die ungünſtigen Wirkungen der unterbauten Baumarten können ſein: a) Konkurrenz bei Aufnahme der verfügbaren Nährſtoffe; b) geſteigerter Verbrauch des Bodenwaſſers; c) ungünſtige Beeinfluſſung der oberſten Bodenſchicht durch zu dicht gelagerte Abfallreſte. Prüft man hierauf die vorliegenden Arbeiten, ſo ergiebt ſich das Folgende: 1. Die Unterſuchung des Waſſergehaltes eines Diluvial— ſandbodens der Umgebung von Eberswalde. (Ramann). Der Boden der beiden Flächen war gleichartig, ſowohl in Bezug auf Gehalt an Mineralbeſtandtheilen, als auch in Bezug auf die für den Waſſergehalt beſonders beſtimmende Korngröße. Die eine Fläche war mit Kiefernaltholz (120 — 140 Jahre) be- ſtanden. Die Bodendecke wurde von Gras (und Moos) gebildet. Die Vergleichsfläche war mit gleichalten Kiefern beſtanden und mit jüngeren (etwa 40 jährigen) Buchen unterſtellt. Die Bodendecke be- ſtand faſt nur aus den Abfallreſten von Buche und Kiefer in lockerer Lagerung; niedere Kräuter fehlten faſt völlig. Die Waſſerbeſtimmungen ergaben einen Durchſchnittsgehalt: Mar Juli: unterbaut nicht unterbaut Oberfläche 13,37 8,48 25 — 30 cm Tiefe 6,91 4,93 50 — 55 „ Mi £ 4,49 4,23 75 — 80 „ 0 5 4,49 5,02 Auguſt — September: unterbaut nicht unterbaut erfläche 8,13 6,85 25 - 30 em Tiefe . 3,33 3,82 50 — 55 „ 1 5 2,69 3.69 75 — 80 „ x . 2,30 3,63 Der Waſſergehalt des Bodens war daher an der Oberfläche der unterbauten Fläche dauernd ein höherer, in den mittleren Schichten bis zum Juli ein höherer, zum Herbſt ein geringerer, in größeren Tiefen dauernd ein geringerer als im Boden der reinen Kiefernbeſtände. Dieſe Thatſachen erklären ſich einfach aus dem Verhalten der verſchiedenen Vegetation. So lange das Gras des reinen Beſtandes Ramann. 30 466 Die Theorie der Kulturmethoden. Ts 111. ſich entwickelte, waren die von ihm durchzogenen Bodenſchichten waſſer— ärmer, nach Abſterben des Graſes waſſerreicher. Der Bedarf der Buchen hielt ſich offenbar dauernd auf mittlerer Höhe und erſchöpfte die tieferen Bodenſchichten mehr an Waſſer. 2. Unterſuchungen im Meiningenſchen Berglande. (Schmidt.) a) Verſuchsfläche Helbra auf Wellenkalk (Kiefernboden einer beſſeren III. Ertragsklaſſe nach Weiſe). b) Verſuchsfläche Frauenbreitungen auf Buntſandſtein (Kiefern⸗ boden IV. / V. Ertragsklaſſe nach Weiſe). Die Flächen waren bei a) mit 50 jährigen, bei b) mit 65 jährigen Kiefern beſtanden und mit Fichten unterſtellt. e) Verſuchsfläche Helmerſen auf Buntſandſtein (Kiefern mit Buchen unterſtellt). Die Waſſerbeſtimmungen ergaben in 0,1 — 0,2 m Tiefe: a) Helbraer Forſt (Mittel aus je 17 Unterſuchungen). Wintermonate Sommermonate 16. Oktober 16. Mai bis bis 15. Mai 15. Oftober Mit Schutzholz; .. 222 138 Ohne Schutzholz;z . 2175 14.8 b) Frauenbreitunger Forſt (Mittel aus je 14 Unterjuchungen). Wintermonate Sommermonate 16. Oktober 16. Mai bis bis 15. Mai 15. Oktober Mit Schutzholz 15 6,0 % Ohne Schutz holz .. 13,8 81 c) Helmerſer Forſt (Mittel aus je 10 Unterſuchungen). Wintermonate Sommermonate 16. Oktober 16. Mai bis bis 15. Mai 15. Oktober Mit Schutzholz . 20,5 15,9%, Ohne Schutzholz 23,9 16,7 „ § 11l.] Unterbau. 467 Die Beſchaffenheit der Bodendecke der erſten beiden Flächen iſt nicht angegeben,“) die der dritten beſtand auf den unterwuchsfreien Flächen aus Moos, ſonſt überwiegend aus Laub. So wenig umfaſſend bisher dieſe Unterſuchungen ſind und obgleich ſie ſich nur auf den Feuchtigkeitsgehalt des Bodens beziehen, ſo er— möglichen ſie doch ſchon einen gewiſſen Einblick in die Wirkungen des Unterbaues auf den Boden. Dieſer wird ſich demnach für den Hauptbeſtand günſtig geſtalten in allen Fällen, wo 1. der Boden ſehr reich an mineraliſchen Nährſtoffen iſt, ſo daß eine Konkurrenz der unterſtändigen Bäume nicht ins Gewicht fällt; 2. auf naſſen, feuchten Böden und in ſolchen Lagen, wo Grund— waſſer flach anſteht, ſo daß die Bäume aus demſelben ihren Bedarf decken können. 3. In allen Beſtänden, in denen der Boden mit Gras bedeckt ſein würde (graswüchſiger Boden); der Waſſevbedarf der unter— bauten Bäume wird ein geringerer ſein als der des Graſes. 4. In allen exponirten, der Aushagerung ausgeſetzten Lagen. In den Fällen 1 und 2 wird ſich Bodenholz allein einfinden, man braucht es nur zu ſchonen; unter 3 und 4 muß es erhalten beziehent⸗ lich künſtlich angebaut werden. In den meiſten anderen Fällen wird die austrocknende Wirkung des Bodenſchutzholzes wahrſcheinlich die Entwickelung des Hauptbeſtandes mehr hemmen als die günſtigere Erhaltung der Struktur des Ober— bodens nützt. Der Unterbau erſcheint daher eine je nach den Ver— hältniſſen vortheilhafte oder nachtheilige Beſtandsform. *) Nach dem, was Verfaſſer dort geſehen hat, beſtand ſie aus Moos mit Beerkräutern. 468 Die Theorie der Kulturmethoden. S 112. $ 112. IX. Waldfeldbau. 1. Waldfeldbau als Forſtkulturmethode. Literatur: Reuß, Centralblatt für das geſammte Forſtweſen 15, S. 354. Runnebaum, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1890, S. 630. Auf graswüchſigen, mit feſten Decken aller Art überzogenen oder der Entwickelung einzelner Pflanzenarten (Beſenpfrieme, Aſpe) ſehr günſtigen Bodenarten wird der Waldfeldbau als Hülfsmittel zur Be— ſeitigung der Konkurrenzpflanzen benutzt. Eine Methode, die ſo viel— fache Vorzüge beſitzt, daß ſie eine viel ausgedehntere Verwendung verdiente als ſie bisher gefunden hat. Man hat zu unterſcheiden zwiſchen: Landwirthſchaftlichem Zwiſchenbau, bei dem die Feldfrüchte zwiſchen den jungen Pflanzen der Waldbäume gezogen werden und Vorfruchtbau; bei dem vor der forſtlichen Kultur ein oder einige Jahre Feldbau getrieben wird. Vom Standpunkte der Forſtkultur aus iſt der Zwiſchenbau weit vorzuziehen, ihm kommen alle die Vorzüge zu, welche das Gedeihen der Baumpflanzen in den erſten Jahren in ſo hohem Grade begünſtigen. Beſonderer Werth iſt auf den Anbau von Hackfrüchten zu legen. Die Vortheile, welche hierdurch gewonnen werden, ſind folgende: 1. Gleichmäßige Bodenbearbeitung der ganzen Fläche vor der Anſchonung und Bearbeitung während der erſten Jahre des Baumlebens; 2. Miſchung der Bodenſchichten und namentlich der humoſen Bodendecken mit dem Mineralboden; 3. Fernhalten der Konkurrenz der Gräſer und aller anderen Un— kräuter.“ Man hat gegen den Waldfeldbau den Entzug von Mineralſtoffen ſowie die ungünſtigen Erfahrungen bei Aufforſtung alten Ackerlandes eingewendet. Der letztere Einwurf hat nur Berechtigung bei ſehr lange fortgeſetzter Ackernutzung. Ueber die Erſchöpfbarkeit der Waldfeldböden liegen zwei Unter- ſuchungen vor.“) Beide kommen zu übereinſtimmenden Schlußfolge— rungen. *) Auf die Gewinnung von Nahrungsmitteln, ſowie das Fernhalten von Inſektenſchäden kann hier nur hingewieſen werden. *) Hanamann, Vereinsſchrift für Forſt-, Jagd- und Naturkunde 1881, Heft 2, S. 56. a1 Ramann, Zeitſchrift für Forſt- und Jagdweſen 1890, S. 655. $ 112.] Waldfeldbau als Forſtkulturmethode. 469 Hanamann unterſuchte Plänerſandſteinböden. Seine Analyſen geben die folgenden Zahlen für 1000 Theile des Bodens: In Eſſigſäure löslich In Salzſäure löslich Phosphor- — Phosphor- Urſprünglicher Wald⸗ Kali Kalk ſäure Kali Kalk ſäure 99097 90,220 0,010 1,403 0,890 0,099 Nach 1 jähr. Fruchtbau 0,184 0,840 0,030 1,416 0,900 0,282 . x 0,171 0,730 0,020 1,329 0,980 0,481 „ :. 0,127 0,980 0,016 1,183 1,050 0,174 * * 0,114 0,580 0,019 1,486 0,887 0,190 Hanamann kommt zu dem Schluſſe, daß derartige reichere Böden einen nicht zu lange fortgeſetzten Feldbau ertragen können. Der Verfaſſer unterſuchte einen fein- bis mittelkörnigen Dilu— vialſandboden. Derſelbe enthielt folgende Beſtandtheile: Boden des unveränderten Boden der 2jähr. landwirth— Beſtandes ſchaftlich genutzten Fläche 0 15 em tief 15 30 cm tief 0 - 15 em tief 15 - 30 cm tief Salzſäure löslicher Salzſäure löslicher Salzſäure löslicher Salzſäure löslicher ale) Au am Kenn Bean 1 . 3 Ban 0 0 0 0 10 0 0 0 9.0165 0,62 0,0121 0,69 0,0270 0,68 0,0240 0,66 Kalk. . 0,0750 0,49 0,0875 0,60 0,0750 0,49 0,0850 0,51 Magneſia 0,0585 0,11 0,0585 0,16 0,0666 0,10 0,0702 0,08 Phosphor⸗ ſäure . 0,0213 0,055 0,0160 0,047 0,016 0,067 0,0134 0,053 Porenvolumen 46,4% 0 0 277 0 Die Zuſammenſetzung des Bodens war alſo eine, wie in Diluvial- ſanden übrigens häufig, ungemein gleichartige. Der Waldfeldbau hatte nach den Analyſen eine ſtarke Aufſchließung auf die meiſten Mineral— beſtandtheile ausgeübt, mit Ausnahme der Phosphorſäure, welche zum Theil unlöslich geworden war. Es erklärt dies den raſchen Rückgang derartiger Böden im landwirthſchaftlichen Ertrage und beruht wohl in der Ueberführung der im Rohhumus vorhandenen Humusſäuren in unlösliche Form. Eine Erſchöpfung reicherer Böden iſt daher bei nicht zu lange andauerndem Waldfeldbau kaum zu befürchten; überdies kann man ohne Schwierigkeit und mit gutem Ertrage eine mäßige Düngung mit Mineral— dünger im zweiten Jahre geben. Ganz auffällig iſt die Steigerung des Porenvolumens und damit der Durchlüftung der Böden. (Die dort angepflanzten Eichen haben übrigens die auf ganz gleichartigen Böden ohne Waldfeldbau erzogenen beträchtlich überholt.) 470 Die Theorie der Kulturmethoden. S 112. Der Zwiſchenfruchtbau iſt daher auf allen beſſeren Waldböden ein gutes und unbedenklich verwendbares Kulturmittel. Weniger günſtig geſtalten ſich die Verhältniſſe des Vorfrucht— baues; abgeſehen davon, daß für die Waldbäume einige Jahre verloren gehen, werden nur Mineralſtoffe entnommen, ohne eine entſprechende Begünftigung der jungen Baumpflanzen zu liefern. Der Zwiſchen— fruchtbau iſt daher überwiegend als eine wald bauliche Kulturmaßregel zu betrachten, der Vorfruchtbau dagegen vom nationalökonomiſchen Standpunkte aus. 2. Waldfeldbau in Verbindung mit Brandkultur. In vielen, zumal Gebirgsgegenden mit wenig fruchtbarem Acker— boden, wird Waldfeldbau in Verbindung mit Brandkultur betrieben. Namentlich die Eichenſchälwälder werden in dieſer Weiſe genutzt. Hauptſächlich in Betracht kommen: Schiffeln oder Hainen des Bodens (in der Eifel). Der Bodenfilz wird in quadratiſchen oder rechteckigen Stücken (von 0,2 — 0,6 m Seitenlänge der Plaggen) mit ſcharfen Hacke abgeſchält. Die Stücke werden halbkreisförmig auf die ſchmale Kante zum Trocknen aufgeſtellt und in kleinen Meilern (0,9 m Höhe, 1,3 m Geviertfläche) mit Reiſig gemiſcht und langſam verkohlt, hervorſchlagende Flammen werden durch Raſenplaggen gedämpft. Die ſo gewonnenen Haufen werden dann ausgeſtreut und etwa 10 em tief untergepflügt. Es werden 0,3 —0,5 m breite Rabatten gebildet, die geſchiffeltes Land gut kennzeichnen. Der landwirthſchaftliche Anbau wird meiſt bis zur völligen Erſchöpfung betrieben, ſo daß der Boden oft nach einigen Jahren mit Cladonien bedeckt iſt. Das Schiffeln iſt meiſt als landwirthſchaftliche Kulturmethode be— trieben worden, als Vorbereitung für den Waldanbau iſt es auf den meiſt kräftigen Böden der Eifel ohne Bedenken, wenn die landwirth— ſchaftliche Nutzung nicht bis zur völligen Erſchöpfung des Bodens ge— trieben wird. Man hat die Methode meiſtens aufgegeben, obgleich wohl nur der Mißbrauch derſelben verwerflich iſt. Von der Haubergswirthſchaft unterſcheidet ſich das Hainen da— durch, daß der Boden vor der Bearbeitung von Abfallreſten und Kräutern gereinigt wird. Röderwaldbetrieb und Hackwald- (Odenwald) oder Reutbergwirthſchaft (Schwarz— wald). $ 112.] Waldfeldbau in Verbindung mit Brandkultur. 471 Der Röderwaldbetrieb entſpricht einem Waldfeldbau mit vorher— gehendem Hainen des Bodens. Die Haubergs- oder Reutbergswirthſchaft bezieht ſich auf landwirthſchaftliche Zwiſchennutzung im Niederwalde; ſie beſteht darin, daß die Abfälle der Eichenſchälwälder nach Nutzung der Eichenrinde und des Schälholzes, untermiſcht mit der vorhandenen Bodendecke, gebrannt werden. Man läßt entweder das Feuer, welches zumal an den Reiſigreſten Nahrung findet, über den Boden hinlaufen (Ueberlandbrennen, Sengen) oder errichtet aus denſelben kleine Meiler, brennt nach Art der Hainkultur (ſchmoden). Hierauf folgt ein zwei⸗ oder mehrjähriger Feldbau; zumeiſt Buchweizen, Roggen oder Kartoffeln. Im Röderwalde tritt nach Abſchluß des Feldbaues die forſtliche Kultur, zumeiſt Durchpflanzung ein. Der Boden iſt gut durchgearbeitet und im erſten Jahre frei von Unkraut. Im zweiten Jahre finden ſich jedoch bereits reichlich Schlagpflanzen, im dritten Jahre kommen Gräſer und entwickeln ſich zum Theil reichlicher als zwiſchen den übrigen Kulturen. Die Baumpflanzen haben alſo wenigſtens zwei Jahre Zeit zur Entwickelung, ohne unter der Konkurrenz der übrigen Pflanzen zu leiden. Die Entwickelung der Baumpflanzen iſt eine gute und leiden ſie namentlich nicht unter Dürre, wenigſtens nicht während der erſten Jahre. Nach vier bis fünf Jahren allerdings iſt von Einwirkung des Waldfeldbaues nichts mehr zu ſpüren, aber die Pflanzen haben dann bereits die gefährdetſte Zeit hinter ſich. Ungünſtige Einwirkung hat ſich nur in Bezug auf Ausfrieren bei Barfroſt gezeigt, der gelockerte Boden der Waldfeldbauflächen iſt demſelben ungleich mehr ausgeſetzt wie der unveränderte Waldboden. Ueber die Anſprüche, welche der Hackwaldbetrieb an das mine— raliſche Bodenkapital ſtellt, ſind wir durch Weber“) unterrichtet. Er berechnet den Entzug bei 16jährigem Umtrieb des Schälwaldes (und einer Buchweizen⸗ und einer Roggenernte) für Jahr und Hektar zu: a) ohne Streuentnahme, b) bei gleichzeitiger Streuentnahme (ſowohl Beſenpfrieme wie Eichenlaub Rein⸗ Phosphor⸗ aſche Kali Kalk Magneſia ſäure a) ohne Streunutzung 26,87 6,75 11,22 2,27 2,50 kg b) mit Streunutzung. 37,48 8,06 15,09 3,72 3,05 „ ) Unterſuchungen über die Agronomiſche Statik des Waldbaues. Inaugural⸗ Diſſertation. München 1877. 472 Die Theorie der Kulturmethoden. 8 112. Man ſieht hieraus, daß der Hackwald im Vergleich mit anderen waldbaulichen Betrieben keine großen Anſprüche an die Nährſtoffe des Bodens ſtellt; er fällt bei Mitbenutzung der Streu etwa mit dem Entzug des Buchenhochwaldes zuſammen und bleibt ohne Streuentnahme hinter demſelben zurück. Hieraus erklärt es ſich, daß dieſe Nutzungs- weiſe ſich durch Jahrhunderte halten konnte, obgleich die häufige Boden— entblößung ſicher nicht vortheilhaft wirkt; bis zu einem gewiſſen Grade gleicht die Bearbeitung bei der landwirthſchaftlichen Nutzung dies aller— dings wieder aus. ä ˙ WW Sachregiſter. (Die beigeſetzten Ziffern bedeuten die Abſätze aus verwitternden Geſteinen 125. Abraumſalze 172. Abſchlämmbare Stoffe 45, 46. Abſorption des Bodens 131; des Kaolin 135; der Argillite 135; des Thon 135; des Kieſelſäurehydrats 135; der Eiſen— oxyde 136; der Thonerde 136; der hu⸗ moſen Stoffe 136; von Kalium 137; von Ammoniak 137; von Metallen 137; von Säuren 138; von Gaſen 105. Abſorptionskoefficient 17. Abtrag, trockener, 143; des Waſſers 145; des Windes 150. Ackererde 44. Adhäſion des Bodens an Eiſen 113; Holz 113. Afterkryſtalle 156. Ahl 238. Akazie, Mineralſtoffbedarf der, 331. Albit 161. Alluvium 193, 199. Alt⸗Alluvium 194. Ammoniak, Abſorption des, 137; der At⸗ moſphäre 7; Kondenſation im Boden 103; ſchwefelſaures, als Dünger 405. Amphibol 164. Analeim 166. Analyſe, chemiſche, des Bodens 204; Be⸗ deutung der Boden⸗ 206; mechaniſche, des Bodens 47; deren Bedeutung 51; Methode 49. Andeſit 179. Anhydrid 171. Anlehmiger Sand 376. Anorthit 162. Anſpruch der Baumarten 323. Apatit 171. Apokrenſäure 226. Aragonit 169. Argillite 168; deren Abſorption 135. Arkoſe 190. Aſchenbeſtandtheile 7195 Mineralſtoffgehalt. Aſchen, vulkaniſche, 1 Aſſimilation der langen 301. an Seitenzahlen.) Atmoſphäre, Maſſe der, ſetzung der, 2. 2; Zuſammen⸗ Aueboden 200. Auethon 200. Augit 163. Aushagerung des Bodens 355. Auswaſchung des Bodens 139. Bakterien in Luft 9; in Waldluft 15; im Boden 211; ſalpeterſäurebildende, des Bodens 123, 307. Barren 147. Baſalt 180; =tuff 181; -wacke 181. Bedarf der Pflanzen 323. Beetkultur 422. Beerkräuter 463. Begrünen des Bodens Behäufeln des Bodens Bergſtürze 145. Beſenpfrieme 463. Beſtrahlung bei verſchiedener Expoſition 285. 361. 422. Bewäſſerung 401; düngende Wirkung der, 401; entſäuernde Wirkung der, 402. Birke, Mineralſtoffbedarf der, 330. Biſilikate 155. Blaueiſenerde 171. Bleiſand 234. Blutmehl 406. Boden. Analyſe, chemiſche, 204; mecha⸗ niſche, 47; mineralogiſche, 202; Probe— nahme zur Analyſe 205. Bodenarten: Steinböden 372; Grand- und Grußböden 372; Sand— böden 373; Lehmböden 377; Thonböden 381; Kalkböden 583; Humusböden 384; Moor- und Torfböden 384; Bruch⸗ böden 387; kalte und warme Böden 94; nachſchaffende Böden 348. Bodenaushagerung 352, 354. Bodenbearbeitung 417; auf Steinböden 425; auf Sandböden 425; auf Lehmböden 425; auf Thonböden 426; auf Kalkböden 426; auf Humusböden 426. 474 Sachregiſter. 2 Bodenbeſchreibung 388. Bodenbeſtandtheile 45. Boden. Definition 44. Bodendecke 255. Bodeneigenſchaften: Struktur des Bodens 52; Einzelkornſtruktur 53; Krümelſtruktur 55; Bedeutung derſelben 352; Verſchlämmung des Bodens 59; Aushagerung des Bodens 352, 354; Lagerung des Bodens 60; gewachſener 9 9 Boden 60; Hohlräume im Boden 64; deren Kapillarwirkung 64; Farbe des Bodens 86; Durchlüftung des Bodens 109; Bedeutung derſelben 346; Poren- volumen des Bodens 109; Waſſerkapa- cität des Bodens 63; Wärmekapacität des Bodens 90; kondenſirte Gaſe im Boden 105; Volumgewicht des B. 61. Bodenfeuchtigkeit ſiehe Bodenwaſſer. Bodenflora 360. Diatomeenerde, =torf, 242. Diffuſion der Gaſe 110. Diluvium 193; =mergel (unterer) 194, | (oberer) 196; -ſand (unterer) 195, (oberer) 196; =thon 195. Diorit 179. Dolerit 181. Dolomit 185, 188. Doppelſilikate 156. Drainwäſſer 36; Zuſammenſetzung 20. Dreikanter 153. Drifttheorie 193 (Anmerkung). Dünen 150; Bindung der, 152. Dünger: Stickſtoff- 406; Phosphor⸗ ſäure- 407; Kali- 408; Kalk⸗ 409; Stall- 410; indirekte, 138; Grün- 411. Düngung 405; der Grünlandsmoore, 439; der Hochmoore 438, 449; der Saat⸗ kämpe 412; Grün- 411. Durchläſſigkeit des Bodens 75, 79. Boden, gewachſener, 60. Bodenkraft 351, 357. Bodenkunde. Definition 44. Bodenluft 12. Bodenmächtigkeit 343. Boden, nachſchaffender, 348. Bodenprofil 342. Boden, Roh-, 343. Bodenſkelett 47. Bodenthätigkeit 360. Bodenverwurzelung 356. Bodenwaſſer 19; Zuſammenſetzung 19; Menge 21; Verhalten der Niederſchläge 21; Vertheilung im Boden 21; Winters feuchtigkeit 22; Bedeutung des Waſſers 354. Bodenzuſammenſetzung: Mineral- ſtoffe und ihre Bedeutung 345; Humus, deſſen Bedeutung, 349; Humus in Waldböden 350; Nahrungsſchicht 342. Bodenzuſtände 355. Bruchboden 387. Branderde 238. Brauneiſen 173. Braunſtein 174. Buche, Mineralſtoffbedarf der, 327. Buntſandſtein 191. C ſiehe K. Canon 117. Carnallit 172. Chalzedon 157. Chiliſalpeter 406. Cladosporium humifaciens Rostr. 212. Chlorit 165. Dämme, Temperatur der, 422. Dendriten 131. Diabas, ⸗tuff, 180. Diallag 165. Durchlüftung des Bodens 109. dürr (Boden) 344. Eiche, Mineralſtoffbedarf der, 330. Eichenſchälwald, Mineralſtoffbedarf des, 333. Einſchlüſſe (in Geſteinen) 116. Eis (Vorkommen) 18. Eiſenkies 174. Eiſenocker 129. Eiſenoxyd. Abſorption 136; färbende Wirkung des, 87; Kondenſation von Gaſen 102. Einzelkornſtruktur 52. Entwäſſerung 40, 399; 400. Entzug (der Pflanzen) 323. Epidot 168. Erbſenſtein 127. Erdboden 44 (ſiehe Boden). Erdmuhren 145. Erle, Mineralſtoffbedarf der, 331. auf Moorböden Eroſion 145, 153. Eſche, Mineralſtoffbedarf der, 332. Expoſition 285; Beſtrahlung bei verſchie⸗ dener, 285; Einfluß des Windes bei, 289. Farbe des Bodens 83, 86; Einfluß auf Wärme 90. Farrenkraut 463. Faſerhumus 254. Fäulniß 216; der Stickſtoffverbindungen 222 Feinerde 47; -ſand 48. Feldſpath 160. Feldſteinporphyr 178. Felſitporphyr 178. feſt (Boden) 353. Feuerſtein 157. n Sachregiſter. feucht Boden) 344. Feuchtigkeit, abſolute, 12; relative, 12. Feuchtigkeitsdeficit 12; Einwirkung auf Grundwaſſer 27. Fichte, Mineralſtoffbedarf der, 326. Filz 245. Firnſchnee 41; seis 41. flachgründig (Boden) 343. Fleckſchiefer 183. Flint 157. Flinz 27 27. Flockung (des Thones) 51. flüchtig Boden) 354. Flugſand 150. Flußgrand 200; =jand 200. Flußſchlick (Zuſammeuſetzung) 404. Flußſpath 172. Flußterraſſen 199. Flußwaſſer 33; Verunreinigung 35; 35; Menge 35. friſch Boden) 344. Froſtlagen 293; ⸗löcher 293. Fuchsdiele 238; erde 238. Zuſammenſetzung 33; Selbſtreinigung | Gabbro 181. Gehängeſchutt 144. Geröllboden 372. Geſchiebeabfuhr 145; ⸗ablagerung 145. Geſchiebewälle 197. | Geſetz des Minimum 317. | Geſteine, maſſige, 176. | gewachſener Boden 60. Gifterde 446 (Anmerkung). Glaukonit 159. | Gletſcher 40; ⸗eis 41; Bewegung der, 41; Abſchmelzen der, 42; Arten der, 42; Hoch⸗ 42; Hänge⸗ 42. Glimmer 162; =jchiefer 183; Gneiß 182; Protogin- 182. Göthit 173. E Granat 168. Granit 177. Granulit 182. Grand 189; -boden 372. Gräſer 461, 463. Grauwacke 190. Grauſand 234. Gründüngung 411; im Walde 416. ⸗ſand 193. Grünlandsmoore, Bildung, 244; Kultur, Kaliglimmer 162; ⸗ſchiefer 183. Kalium (Abſorption) 137. 440; Pflanzen der, 367. Grünſand 159. Grußböden 372. | Grundmoräne 149. Grundwaſſer 19; Bewegung des, 26; Ein- fluß der Höhe des, 31; Einfluß der Pflanzen auf, 31; Höhe des, 31; Zu⸗ ſammenſetzung des, 24. Guano 410; -phosphate 407. Gyps 129, 171; ⸗ſchlotten 118. Hagerhumus 254. Haide ſiehe Heide. Hainbuche, Mineralſtoffbedarf der, 330. Hainen des Bodens 470. Hängegletſcher 42. Harmotom 166. Haſſelerde 384. Hauptbodenarten 371. Haubergswirthſchaft 470. Heide 463; -lehm 46, 201, 463; -moor 245; ⸗ſand 201; Pflanzen der Heide— gebiete 369. Hocheis 41. Hochgletſcher 42. Hochlage, überragende, 292; geſchützte, 293. Hochmoor, Bildung, 245; Brandkultur des, 447; Kultur des, 446; Pflanzen- arten des, 368; Schichtenfolge des, 247. Hochſchnee 40. Hochwaſſer 36. Höhenrauch 9. Hornblende 163. Hornmehl 406. Hornſteinporphyr 178. Hügelpflanzung 424. Humin 226; =jäure 226. Humus 230; Bedeutung für den Boden 349; Abſorption des, 136; färbender, im Boden 87; Einfluß des, auf Ver- witterung 123; chemiſche Zujammen= ſetzung des, 225; kohliger, 254; -pflan⸗ zen 367. Humusböden 384; Zuſammenſetzung 384; Erwärmbarkeit 385. Humusſäuren 226; witterung 123. Hüttenrauch 338. Hydrauliſcher Werth der Schlämmkörper 49. Einfluß auf Ver⸗ Jo Spis . Imbibitionswaſſer 65. Impfen der Böden 307. Inklination 284. Inlandeis 42; theorie 193 (Anmerkung). Inſekten im Boden 213. Kailnit 172. Kalidünger 408. Kalifeldſpath 160; trikliner 161. Kalke 170; Arten: dolomitiſche 170; oolithiſche 127; -tuff 127; -ſinter 126; ⸗mergel 188; Verwitterung der, 186. Kalkdiabas 180. Kaltfeldſpath 161. Kalkberge, Begrünung der, 362. 476 Kalkpflanzen 365. Kalkſpath 160. Kalkung 409. Kaolin 166; Abſorption des, 135. Kapillarität 64, 70; Bedeutung 73. Karrenfelder 118. Kartirung 394. Klamm 117. Kiefer, Mineralſtoffbedarf der, 325. Kieſelguhr 242. Kieſelſäure 135, 138. Kieſelſchiefer 157. Kieſelſinter 129. Klingſtein 179. Knick 238. Knochenmehl 410. Knotenſchiefer 183. Kohärescenz 111, 112. Kohlenſäure: in Luft 4; Quellen der, 5; in Bodenluft 12; Waldluft 14; Waſſer 17; Abſorptionskoöfficient 18; Kondenſation im Boden 102. Kondenſation; Gaſe im Boden 100. Konglomerate 188. Konkretionen 126. Konkurrenz der Pflanzen 459. Korngrößen (Boden) 67, 71. Kraulis 238. Kreide 169. Krenſäure 226. Krümel (Boden) 55; Bedeutung 352; Einfluß der Thierwelt 57; für Waſſer- kapacität 67. Küverwaſſer 36. | | Lage 389. Labrador 161. 2 Lagerung des Bodens 53; Einfluß der, | auf Waſſergehalt 68; auf Eindringen des Waſſers 73. Lärche, Mineralſtoffbedarf der, 327. Laterit 125. Ledermehl (Dünger) 406. Lehm 185; -mergel 188; -moorbruch 388. Lehmboden, Eigenſchaften des, 378; Waſſer— gehalt des, 21; Werth des, 380. Letten 185. Leuecit 168. Licht (auf Pflanze) 295. Limonit 130. locker (Boden) 353. loſe (Boden) 354. Löß 199; Gehänge-⸗ puppen 128. Laubſtreu 266. Luft, atmoſphäriſche, 3; des Bodens 12; des Waldes 14. Luxuskonſum (der Pflanzen) 316. 199; -kindchen, Opal 158. Organiſche Stoffe ſiehe Humus. Sachregiſter. 1 Mächtigkeit (Boden) 343. Magneſiaglimmer 163; -ſchiefer 183. Magneteiſen 173. Marſchboden 200; Marſchen 147. Markaſit 174. Maſſenwirkung (chemiſche) 131, 132. Maulwürfe 214. Meibolt 446 (Anmerkung). Mergel 188; -knauern 128; -moorbruch 388; =jand 196. i Mergelung (Dünger) 409. Meſotyp 166. Mikroklin 161. mild (Boden) 353. Mineraldünger 405. Mineralſtoffgehalt des Holzes 318; der Rinde 319; der Blattorgane 320; der forſtlichen Sortimente 333; junger Baumpflanzen 415. Minimum, Geſetz des, 317. mittelgründig (Boden) 343. Molekulardruck (der Flüſſigkeiten 76. Moränen 149. Moore. Arten: Hochmoore 245; Grün⸗ landsmoore 244; -bruch 388; ſüße, 388. Zuſammenſetzung: der Gewäſſer 25; Nährſtoffgehalt, 347; Kultur, 436; Düngung 438; Anſaat 441. Moorboden 242, 384. Moormergel 127, 243. Moosmoor 245. Moosſtreu 267. Muhren 147; trockene 145. Mullwehen 385; deren Kultur 450. mürbe (Boden) 353. Mykorhiza 302. Nährſtoffe der Pflanze 312. Nahrungsſchicht (Boden) 342. Nadeleiſenerz 173. Nadelſtreu 267. Nagelflue 189; diluviale, 198. naß (Boden) 344. Naßgallen 345. Natrolith 166. Natronfeldſpath 161. Nebel 9. Nephelin 168. Neuquarz 128. Ocker 129. Oligoklas 161. Olivin 158. Oolithe 127. Einfluß auf Verwitterung 123. Orthoklas 160; Verwitterung 160, 120. Orterde 238. nnn. — Sachregiſter. Ortſtein 238; weißer, 201; Kultur der Ortſteinböden 427; Veränderungen des, 428; Verhalten der Pflanzen auf, 430; Löcherkultur auf, 432; Ausſichten der Ortſteinkulturen 434. Oſteokolla 128. Ozon in Luft 7; in Waldluft 15. Partialdruck 18. Pedographie 45 (Anmerkung). Pflanzen, bodenbeſtimmende, 360; wirkung auf Bodenwaſſer 21. Pflanzendecke, Einwirkung der, auf den Boden 260. Pflanzengifte 334. Phonolith 179. Phosphate 129; aufgeſchloſſene, 407. Phosphorit 171. Phosphorſäure, Düngung, 407, 408; prä⸗ cipitirte, 408; Zurückgehen der, 408. Phyllit 183. Pilzwurzel 302. Plaggenkultur 424. Plagioklaſe 161. Polirſchiefer 129. Porenvolumen (Boden) 53, 109. Porphyr 178. Porphyrit 178. Präcipitat (Phosphorſäure) 408. Prärien (Boden) 253. Probenahme (Boden) 205. Protogingneiß 182; =granit 177. Pſeudomorphoſen 156. Pyroluſit 174. Pyroxen 164. Qualmwaſſer 36. Quarz 156; Neubildung von, 128; =tra= chyt 179. Quarzit 192. Quellwaſſer, Zuſammenſetzung des, 25. Quellſäure 226; Quellſatzſäure 226. Rabattenkultur 423; auf Ortſtein 433. Raſenaſche 412. Raſeneiſenſtein, Bildung von, 130; Kultur von, 435. Rauchſchäden 338. Regenwürmer 213. Ein⸗ Regime der Flüſſe, ſiehe Waſſerführung 35. Reinaſche 317. Rieſe 143. Rhizobium leguminosarum Frank 306. Rimpanſche Moorkultur 442. Röderwald 470. Rogenſtein 127. Rohboden 343. Rohhumus 232, 452; Zeitdauer der Bil- dung des, 453; verſchiedener Pflanzen 232; Einwirkung des, auf Böden 234; auf Pflanzen 457; Hülfsmittel gegen, 455. —1 Rohthon 46. Rotheiſen 173. Rothliegendes 189. Rückwanderung der Nährſtoffe (Pflanzen) 318. Ruderalflora 366. Salpeterſäure in Waldböden 223. Sauerſtoff: in Atmoſphäre 3; als Pflanzennährſtoff 303; Bildung und Bindung von freiem, 5; im Boden 12; im Waſſer 17. Sand 192; Definition 45; Entſtehung 146; Transport 146; humoſer 377; lehmiger 376; Sandböden 21, 373; deren Profil 375; Nährſtoffgehalt 347; Pflanzen des, 369; Sandmoorbruch 388; Kultur 313; Sandmiſchkultur 448. Sanddecke, Einwirkung der, auf Tempe- ratur «444; auf Waſſergehalt 443; ⸗kulturen 442. Sandſteine 189. Salze, lösliche, im Boden 139; auf phyſi⸗ kaliſche Eigenſchaften 59; auf Krüme— lung 56. Salzwaſſer. Giftwirkung 335. Salzſäure. Giftwirkung 341. Sättigungsdeficit 12, 80. Säure, ſchweflige, ſiehe ſchweflige Säure. Scharung 147. Schalſtein 180. Schälwald 333. Schieferthon 184. Schiffeln 470. Schlamm 241. Schlämmanalyſe 47; Methode 49; Be— deutung 51. Schlotten 118. ſchmoden 471. Schnee (als Bodendecke) 256. Schrattenfelder 118. Schutthalde 143; =fegel 143. Schuttpflanzen 366. Schwarzerde 252. Schweine im Walde 214, 456. Schwemmlandsböden 175. Schwerſpath 170. Seewinde. Wirkung des Salzgehaltes 335. Seewaſſer 33. Seihwaſſer 36. Selbſtreinigung der Flüſſe 35. Sekretionen 126. Sericitſchiefer 183. Serpentin 158. Sickerwaſſer (Menge) 23. Silikate 155. Sol (Sölle) 150. ſommerdürr (Blätter) 312. Singuloſilikate 155. 478 Sachregiſter. * Skolezit 166. Speckſtein 158. Stalldünger 410. Standortslehre. Definition 1. Standortsbeſchreibung 388; -gewächſe 360. Staub, in Atmoſphäre 8; im Boden 52. Steppen. Boden 252; pflanzen 370. Steine; im Boden. Bedeutung 354; auf Waſſercapacität 69; auf Kapillar⸗ leitung 71; auf Verdunſtung 85; auf Wärmeleitung 93. Steinböden 372; -blöcke, -brocken 354. Steinſalz 172. Stickſtoff: in Atmoſphäre 3; Bildung und Bindung 5; - verbindungen der Atmoſphäre 6; für Pflanzenernährung 304; ⸗düngung 406. Stilbit 166. Stoffe, humoſe (ſiehe Humus), 45, 46. ſtreng (Boden) 353. . Streu. Streudecke 268; Waſſerkapacität 269; Zeitdauer der Zerſetzung 275; Einwirkung auf Boden, phyſikaliſche Eigenſchaften 280; Feuchtigkeit 270; Temperatur 268; Wirkung der Ent⸗ nahme 283. Struktur (der Böden). Bedeutung 52; Einzelkorn- 52; Krümel- 55. Sturmrichtungen 289. Sumpferz 130. Superphosphat 407. Schwefeleiſen 174. Schwefelkies 129, 174; in Moorboden 446. ſchweflige Säure. Giftwirkung 337; Bil— dung 340; Nachweis 338. Schwefelſäure. Giftwirkung 338, 446. Sylvin 172. Symbioſe 302 (Anmerkung). Talk 159. Tanne, Mineralſtoffbedarf der, 327. Taubhumus 254. Temperatur: Einfluß der, auf Pflanzen 294; auf Verdunſtung' 80; auf Ver⸗ weſung 219; der Böden 95: der Wald⸗ böden 99; schwankungen 95. Tieflage, verſchloſſene, 293. tiefgründig (Boden) 343. Titaneiſen 173. Terra rossa 384. Thalgeſchiebeſand 198. Thalſand 198. Thätigkeit (der Böden) 360. Thau 101, 108; ⸗niederſchläge im Boden 105. Theildruck 18. Thiere, Einwirkung der, auf Krümel— ſtruktur 57; auf Boden 214; auf Hu— musbildung 224. Thomasſchlacke, =phosphat 407. Thon 185, 167; Diluvial- 195; Flockung des, 51; thonige Beſtandtheile des Bo⸗ dens 45, 46, 65; ⸗böden 381; =mergel 188; orftein 379 (Anmerkung); ⸗por⸗ phyr 178; ⸗ſchiefer 184. Thonerde, Abſorption der, 136. Torf 243; boden 384. Trachyt 179. Travertin 127. Tridymit 156. Triebſand 153. Tripel 129. trocken (Boden) 344. Trockentorf 232. Tropfſteine 126. Truhwaſſer 36. Tſchernoſem 252. Tuffe, vulkaniſche, 193. Turmalin 169. Ueberfluthungen 404. Ulmin 226; =jäure 226. Unterbau 464. Untergrund (Boden) 343. Ur 238. Urthonſchiefer 183; Urſchiefer 181. Urwald 358. Vegetation, Einwirkung der, auf Feuchtig⸗ keit 21. Veenkultur 448. Verangerung 355. Verbrennen (der Pflanzen) 335. Verdunſtung der Böden 80; Einfluß der, auf Mächtigkeit des Bodens 83. Vergraſung 356. Verſchlämmung (des Bodens) 59. Vertretbarkeit der Pflanzennährſtoffe 316. 1 218; der Stickſtoffverbindungen 222. Verwitterung 114, 119; durch phyſikaliſche Kräfte 114; im engeren Sinne 119; komplieirte, 119, 122; der Silikate 119; des Orthoklas 119; Einfluß der Pflan⸗ zen 123; der organiſchen Beſtandtheile 123; Transport der Verwitterungs⸗ produkte 123; Zeitdauer der, 124. Verwitterungsböden 175. Verwurzelung 356. Vivianit 129, 171. Volumgewicht der Bodenbeſtandtheile 61; der Böden 62. Volumprocente (Waſſerkapacität) 66. Volumänderungen der Böden 69; der Geſteine 115. Vorfruchtbau 469. Vulkaniſche Aſchen, Tuffe, Sande 193. r | 1 Sadır Walde | Waldboden, luft 14. Waldfeldbau 468; mit Brandkultur 470. Waldſtreu 266; Mineralſtoffgehalt 273. Wahlvermögen der Pflanzen 317. Wanderdünen 151. Wärme, Quellen der, 88; des Bodens, 89; Einfluß des Waſſers 93; Einwirkung auf Verwitterung 115. Wärmekapacität des Waſſers 16; der Bö⸗ den 90. Wärmeleitung im Boden 91. Waſſer: Eigenſchaften 16; Volumände⸗ rungen 16; im Waſſer gelöste Gaſe 17; Vorkommen auf und in der Erde 20: in Mineralien 155; in Atmoſphäre 10; Menge des, 21 und Vertheilung im Boden 22; Grund- 19; Hoch- 36; Seih⸗ 36; gehalt der Böden 344: Wirkungen: Einfluß auf Umgebung 38; Temperatur des, 98; Eindringen in Boden 75; ⸗verdunſtung 78; Sprengwirkung des gefrierenden, 117; löſende Wirkung des, 118. f Waſſerbedarf der Pflanzen 308; der Wald- bäume 309. egiſter. Waſſerführung der Flüſſe 35, 38. Waſſerkultur (der Pflanzen) 313. Waſſerkapacität 65. Waſſerhaltende Kraft 63 (Anmerkung). Waſſerſtoffſuperoxyd (in Atmoſphäre) 7. Weiden, Mineralſtoffbedarf der, 332. Weidenheger 332. Werth, hydrauliſcher (der Schlämmkörper), 49. Weißbuche, Mineralſtoffbedarf der, 330. Weymouthskiefer, Mineralſtoffbedarf der, 327. Wieſenerz 130. Wieſenkalk 127, Wildbäche 147. Wildhumus 254. Winde (Dauer und Stärke) 290. Windwirkung 290. Winterfeuchtigkeit Pflanzen 22. Wollabfälle Dünger) 406. Wurzelknöllchen (der Leguminoſen) 305. 243. 20; Bedeutung für Zeolithe 129, 165. 7 i Zwiſchenbau landwirthſchaftlicher) 468. = 1 * = ns * Miet 5 Pa 2 * Pr “en, E 4 14 — * *. Bet N A * nu Se — rn 2 7 * sh > a 8 art . 8 * Ein 1 . Bin.» 9 * * 8 1 7 * Zt 5 * * — . 3 et ä IS Br.» - Druck von Oscar Brandſtetter in Leipzi — 4 | ee * 2 * LIBRARY UNIVERSITY OF TORONTO Ramann, Emil 598 | Forstliche Bodenkunde und R3 Standortslehre PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY 1 * 7 * ea