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Vertag t»on ®at( Stampfet. 18*7©.

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1.

pie % ofen ^^neefefbes.

®er Sturmtoinb t)at bie SBege oerfchneit. Ste an bie Knöchel toaten bie $ferbe int Schnee. 3)a3 bunfle Saub ber bannen beugt fid^ unter ber Saft ber gloden, an ben biinnen Stödten be§ Unterholzes aber i ft baS non ber Sonne gefdjmol^ene ©iS toieber in bitten Schichten angefroren, unb toenn ber SSinb burd) ben 2Balb ftreidjt, erflingt baS eisbebedte Saub tuie ein jauberifcheS ©lodenfpiet.

Unter rafdh oorüber flie^enben SBoIfen taudjt manch¬ mal ber S3oümonb auf, bann aber, als tjätte er genug gefe^en, öerbirgt er fid) toieber eiligft unter gefpenftifcfyen Siebein; baS Saufen beS SBinbeS burch ben 2Balb gleicht bem 3iUern ber fieberfröftelnben Statur.

Stuf untoegfamer ©bene, burch ben in Schnee gefyüCU ten SBalb zieht in fpäter Stacht eine SReiterfcftaar. $ie langmä^nigen Keinen Sßferben ertoittern mit oorgebeugten Siaden ben 333eg ; an ben jottigen ^eljmtifecn, an ben langen, jurüdgetjängten Sanken erfennt man bie ©onfofafen.

Sie reiten im regelrechten ®riegSzuge. Sin ber Spifce baS $i!et mit aufgezogenen Karabinern im Slrm, nach ihnen eine Slbttjeilung, bann eine ffanone mit fedhS Sßfer* ben befpannt, bann ein ganzer Schtoarm unb toieber eine Äanone, auf ber bie SlrtiÜeriften fifcen. hinter biefen aber* malS eine Sdjaar Serittener unb toieber eine fedhSfpännige SJanone. Sin biefer aber fehlt bereite baS SRohr. ©ine menfchlidhe ©eftalt ift an feine Stelle befeftigt. ®er Sopf ber SRenfdjengeftalt hängt nach hinten herum, unb toenn baS SRonblicht fye unb ba herborblidt, ficht man ein bon

3<5fat : greifceit. I. 1

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2

Sßein oerjerrteS ©efid^t, üon bem jebeS Bartfjaar abge fdjnit* ten ift oiel!eicf)t au$ abgeriffen. 9lucf) baS §auptl)aar fetjtt. ffltunb unb Slugen fittb meit geöffnet. (Sine grobe Sßferbebede ift über ben Sörper fjingemorfen unter ifjrn befeftigt. ®er l)äugt in ben ©cfjnee fjerab. ®er

fjerabfjängenbe Sappen läftt üon Seit ju Seit einen Bluts* tropfen in ben ©djnee fallen, ein baft ber SDtann

nodE) lebt; er blutet no cf). ®er Blutstropfen im Schnee üermanbelt fid) plö^lid} ju einer Stofe.

(Sine rotlje Blume im meinen ©dfyneefelbe. ®ie ©efpenfter* Sßroceffion mirb üom Stebel üerl)ütlt.

SBeiter abfeitS, immerfort auf ben ©puren ber Steiter* fdjaar trabt auf langmäljnigem breitföpfigen Stoffe eine SDtannS* geftalt. $en Dberförper umljüHt ein bitter $elj, ber ®opf ift mit einer peljoerbrämten ©jamarfa bebedt, ber lange ©dfjnurr* hart mit Steif überfäet. @r reitet üorfidfytig, langfamen ©drittes, als fudjte er etmaS auf bem Boben. £)ann, fo oft er bie rotlje Stofe im ©djnee erblidt, fteigt er üom Stofs fjerab, fniet nieber unb mit einem golbenen Söffe! f)ebt er ben in ^rpftatt üermanbelten Blutstropfen auf unb Oerbirgt iljn in einem emaiflirten Steliquienf öfteren. Stun trabt er mieber meiter bis aunt näcf)ften Blutstropfen.

$)er SBeg füfyrt ununterbrochen burdj einen Urtoalb.

(SS ift ber SBalb üon Bjeloftof. SlnbermärtS in (Suropa gibt eS feinen Sluerodhfen mehr. ®iefer SBalb entfpridht ihm nodj. ®a ift noch feine 21jt laut gemorben. fein Slnberer als ber ©emitterfturrn faßt £)ier bie Bäume. (Sin SBalb ermädhft auS ber Bermefung beS anbern. Buchen, Sieben, Sinben metteifern mit ber hodjgeftredten Sanne. tiefer Stadjt miberljallt baS ©efreifd) beS SuchfeS, baS ©ebrüß ber Stuerfuh, bie ängftlid) nach bem fäugenben Salb ruft. Stur fein -Btenfcfjenlaut ift Oer* nehmbar. £ier mohnt Stiemanb. SBäre ber SBeg, ber burdf ) ben SBalb führt, feine ^eerftrafte baS ©eftrüpp 1 )ätte ihn längft übermadhfen.

Sie Blutstropfen führen ben Steiter immer meiter unb meiter. 3e$t erfreuten fie nur oon fttit ju Seit in meiteren S^ifd^enräumen, enblid^ ift auch bie le|te Stofe

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3

t)erfd)ttmnbett bloS baS ®anonengeteife bejeidhnet bett SBeg. Ser Sfteiter trabt auch auf btefem fort.

Ser an bie Saffette gebunbene 9Kenfd) ift gefoiß fcljon geftorben. SBenn er geftorben ift, toirb man ihn fidherlid) irgenbmo begraben.

9luf ben unermeßlichen menfdEjenteeren SBalb folgen Stabte. Stucf) in biefen toof)nt feine menfchliche Seele. Stm Ufer eines großen gluffeS jtoei gegenüberliegenbe Stabte, toeldhe auf ben ßanbf arten beS vorigen ^ahrhunbertS noch als befestigte Stabte erfcheinen, f)eute aber nur mehr atS Ruinen bejeidhnet toerben. Samals mürben fie noch mit tarnen genannt, ich glaube S^imir unb StoanotDicje ; fjeuteift ihr Ulame nur mehr SRuine. 3erfiörte SKauern, SdE)Utt unb krümmer auf Stritt unb Sri tt. Stuf $tä£en unb Straßen ragen Sfteffetftauben aus bem Schnee, brornbeerbemadhfene ©aftefle, Sirenen unb Sempel mit Strauchgefrönten Sädhern. Ser große gluß ift jugefroren, aus bem ©ife ergeben fidh noch 5ßfeilerrefte ber f)alboerbrannteit 3u9^rüdEe neben ihnen fü£>rt ber 2Beg über baS ©iS.

Ser einfame Sfteiter folgt auch fyzx ben Spuren. ber SKitte beS 3lußeS mirb fein forfchenber Xrab ^tö^lid^ tmrdfj eine frifdfje SSJafe unterbrochen.

Saß fie erft gebroden mürbe, bemeifen bie umher* tiegenben ©iSftücfe, an beren Stelle noch feine frifctje Srufte tritt. Sie ©isfaalte ift länglich öierecfig mie ein offenes ©rab. Sarneben ber Schnee ift burch bidhte gußfauren niebergetreten, unb nicht meit bation, auf ber glatten Schnee* fläche, jeidhnen fidh bie formen einer SJtenfdhengeftalt ab, i)ie baS ©eficßt nach unten gefehrt bort gelegen fein mußte. 4)ier hai man Qftmanb im SSSaffer begraben. Sie ließen ihn hiimb unteres ©iS (ein fidjereS Segräbniß), ber Sftiemen trägt ihn bann ruhig hina& itt'S 9Keer.

Ser Steiter hob fidj an biefer Stelle aus bem Sattel, ©r fniet Oor ber ©ishöhle nieber, nimmt bie SDtüjje oon bem ^paitpt unb murmelt etmaS : oieHeicht ein ©ebet. 3n baS SSaffer fällt ein Sropfen : vielleicht eine Shtäne.

3n biefem Stugenblicfe leuchtet ber 2Ronb in oottent

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4

©lange t)erab. ®er Sopf be§ 9Kanne§ toirb ficßtbar, eilt Sopf, ben man, ein SDlal gefeljen, nidjt mefjr Dergeffen fonnte. (Sine tjotye ®opbelftirn, in beren SKitte ba§ §aar fjinein- gemadjfen. (S§ ift bereite grau, in'£ SRötfjIidje fpielettb unb glatt jurüdfgeftricfjen. ®a£ Slntlifc mager, neroig, SBacfen- fnodtjen unb Sinnlabe tjeroorftetjenb, eine Üitjn gebogene Slafe, tiefliegenbe Slugen, ber gaufige Sart ift nacf) Dorne gelobt )nt baä ganje Stntti£ ber ®t)bu§ Oerbiffenen @cf)meräe3, Der- fteinerter Stage. ®er SJtonb oerbirgt ficE) loieber unter SBolten. 2)icf)ter träger Siebet fentt ficf) auf bie ©egenb. Urloätber unb Stuinen oerfcfjtoinben bie Sleitergeftalt mirb ^um ©chatten. ®urcf) ben bitten Siebet in tiefer, loatbfinfterer Slad^t Ringt, fauft unb brauft unfjeimticf) fettfam. S3ieÜeidjt ift e3 ber Ur, ber fein $unge3 ruft ober Dietleidjt fingt Semaub : „Boze cos Polskeu.

II.

3te6er6iO>.

Um biefetbe Seit at§ ber JBanberer im Sjetoftoter SBalbe bie blutigen ©c^neerofen am SBegfaume fammette, bereitete fid^ ein anberer ffllann an ben fernen Ufern beS ©dfjtoarjen 3Reere§ gu einer langen, tueiteu unb eiligen Sleife. ®ie beiben SHänner eiten bem gleichen ßiele entgegen, ©ie tjaben einanber nie gefef)en, nie t)at (Siner be§ Stnbern Slamen gehört fie tjaben nie ©riefe mit einanber geloedjfett, ben- noefj loeiß Seber oon ifjnen, baß ber Slnbere ejiftirt, baß gener mit itjrn ^ufammentreffen loitt, unb baß biefe gufammentunft jum beftimmten $age erfolgen muß.

®er erfte ber SJtänner |at oieüeid^t einen türjeren SEBeg, aber er !ann nur tangfam reifen. (Sr muß beoötferte ©täbte ineiben, bie Släcfjte ju feinem SSege benähen, bie ®age in abfeite gelegenen (Sfarben gubringen. ®er 2Beg be8 gloeiten ift länger unb lotberloärtiger, aber er tjat nur ben

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5

$ampf ntit ©öttcrn $u befielen, mit ben ©öttern ber ©rbe, beS SßafferS, beS geuerS unb ber ßuf t, bie §u befiegen fiitb ; baS fünfte ©lement ber SKenfcf) ift itjm tt)it[fät)rig §u ®ienften. ®er Sfteifenbe trägt bie Uniform eines Dberften. ©eine niebrig gerätsene gigur oergröfcert er burdf) ben f)od£) getragenen Sopf unb burdf) bie ©tafticität feines Schrittes. biefem ©dfjritt erfennt man ifjn unter jeber SftaSfe. ®aS furjgefdjnittene £>auptljaar umrahmt eine breitgetoötbte ©tim, fo oft ber 9Kann fprid£)t, tanken bie fd^tnarjen Slugen* brauen fortmäfjrenb. gebe ©eficfjtSmuSfel nimmt Xtjeil an feinem ©efpräd£)e ja, biefeS ©eficfjt fann audf) bann nodf) fpredfjcn, menn bie Sippe fetjmeigt.

@S ift ber ooüftänbige ©egenfa^ jn bem 3tntti|e jenes anberen ffltanneS. genes oerbirgt unbemegt jebc ©mpftnbung, biefeS oerrätfj im Sorf)inein jeben ©ebanfen. 28ät>renb ber fünf äKinuten, metdje er mit bem gem§fif unterpanbelt, oerfudfyt er an feinem Sutjörer Oon ber ©d^meid^etei bis ^ur SButfj bie ganje Stufenleiter ber 2tuSbrücfe, mie auf einer neuen SSioline. 3)ie §änbe finb formäprenb in Se= toegung. günf ginger pält er bem Sauer unter bie Sftafe, fcfyfägt ifjn an bie Schulter, ftöfit ipn in ben Saudfj, nimmt if)n beim Srufttap, fdjüttelt iljn, bann umarmt unb füfet er iljn toieber, ftreicpelt ipm tiebfofenb ben Sart, ben er batb toieber anfaftt unb ^auft, bann ftöfjt er ben Sauer toieber OOn fidf) unb ettblid^ reicht er ifjm bie getbflafc!)e §um Xtinfen, f)ödf)ft toaljrfd^einlid) panbelt eS fid^ aber um nidptS toeiter, als ob ber SBeg nadfj gefafefciroStato fapr= bar ift.

S)enn toenn im Sjetoftofer SSatbe nodf) f)oljer ©dfjnee liegt unb auf ber ©isbeefe beS SRiemen Sanonen fahren, tritt in ber $)njeper* unb ®ongegenb fd^on X£)autoetter ein, uub bie gan^e ©bene ift ein 9Jteer, aus bem bie rofjrumääunten ©dfjtfffjütten toie einzelne gnfetn auftaudjen. 2ln jebe £ütte ift ein ®af)n aus einem SBeibenbaum befeftigt, baS lebensgefährliche einzige Ser!ef)rSmittet $ur grü^aprSjeit, auf meinem ber ^auStoirth jur SSeibe t)inauSge^t, nad^ ben Sftinbern unb bem ©eftüt ju flauen.

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@o toeit ba§ Stuge int Umfrei§ reicht, be-nt fid^ enblo§ ^ bie rot-braune ®bene. Sto-r, Uitfraut unb @c-itf -oben i-r ttrintertic-e3 biirreö ßaub noc- nic-t abgefc-üttelt, fpielt je|t in'3 lautere Slot- mit ben SBeibentrieben, bie ber Slbenb-intmel felbft feurig beteuc-tet. $a§ toetterfünbenbe Slbenbrot- fejjt bie jerftreuten Sc-afmötfd-en in Stammen, toetd^e ben inätüifd£>en -eröortugenben $imntel3bau topa§- grün erfc-einen taffen. Sn SJt-riaben burd-fc-mirrt ba£ SBaffergefieber bie ßuft unb raftto§ erfüllt bie (Sbene mit feinem ©eräufc-. £oc- oben §ie-t ein ©djmarm @d-mäne oorüber, gotben gefärbt öon ber unterge-enben Sonne, bie -alb unter bem ^ori^onte öerfinfenb i-re Stra-lengarben ben ftatternben SBotfen gufenbet ein üerfc-eibenber ®önig non ^urpurtappen unb ©otb umringt.

Unb bie ganje unenbli(-e (Sbene entlang gie-t fic- nur ein einiger 2Beg, mit SSeibenftangen gebtelt mie eine ©rüde. Stuf biefem tauft fic- ber Steifenbe fort-etfen, benn -ier gibt fein 2lu3toeic-en.

.. SBenn man ben Stuft öerlaffen -at oerfc-toinbet aud- jebe menfd-lic-e S3e-aufung. Stur ba§ @d-miebefeuer einer ßgieunercotonie, bie noc- an einer §ügeKe-ne niftet, oerfenbet im Slbenbnebet toeit-in i-r ßic-t. 93atb loirb and- bie§ oont finfenben Siebet begraben unb bann -ofyert ber bretfpännige Darren be£ Steifenben bei SJtonbbeteud-tung meiter ein S>urgan, ber fic- -ie unb ba in ber Steftfte er-ebt, ift ba§ einzige 3 eid-en, baft -ier einmal 9Jtenfc-en lebten ein SSotf.

Sene $f<f>uba§ auf bem §ügelfc-eitel foaren i-re ©öt= ter. Steinflöfce, mit ro-gemeifteltett SRenfd-enföpfen, Oer- fünben toeit -inab bi£ junt Stmur, ben einftigen Seftanb eineä untergegangenen 33olfe§, ba§ nic-t einmal feinen Stauten -interlaffen, nur feine ©ötter, metc-e ba§ neue Sotf „$fc-uba" nennt (gteic- bem ungarifc-en SSorte csuda, baä SBunber bebeutet).

gür bie Stac-t tnirb ber Steifenbe in bie Verberge eine£ S^abanen oerfc-tagen, ber fic- jufäfligertoeife in ber Stä-e be8 SQSegeö feine £ö-te gegraben -at, umgeben üon ber ja-t- reichen beerbe feiner @c-afe.

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7

©er Steif enbe bemerft in feinem ©agebudje : ba§ um bie Surgane loohnenbe §irtent>o!f ift elenb, bumm unb riecht nach Säfe. ®e§ 9Jtorgen§ läuft ber Darren mit feinen glodenbehangenen 5ßferben immer meiter unb toeiter, bi3 it)m ber überflutenbe ©njeper §alt gebietet. £ier Reifet e3 ben Sahn benü^en, ba§ ift ba3 einzige Serfehrämittet. 3unt ©lüde ift ber Strom f)od) genug gefcfjtüoüen, um ben Saf)n über bie berüchtigten SBafferfäHe bc§ §erobot ju führen, ohne ihn an ben Seifen $u §erfd)eüen. Stur oor bem Seiten möge ber Fährmann ben Steifenben betoahren. ®a£ ift ber Stpenafchifefe (ber Unerfättlid^e). ©ort ift nid)t geraden, beim abenblid)en SJtonblicht ®ott §u oerfuchen. „®3 mu§ fein!" befiehlt ber Steifenbe. ©r ©ite. ®a3 ift toa£ 2tnbere§. ®a$ „muf$ fein" fennt feine Unmöglich* feit, ©arauf gibt nur bie eine Sinttoort : „seisas“ (fogteich). ©ie£ eine SBort charafterifirt baä ganje Solf. @r gelangt auch über ben lebten Söafferfaü, ber Sahn jer* fdjeüt, aber gährmann unb Steif enber fdjtmmmen an7§ Ufer. ®en Steft ber Stacht verbringen fie in einer gifchcr* hütte. ©er Steifcnbe bemerft herauf in feinem ©agebudje : baf$ ba3 am ©njeper toohnenbe Sdfjiffer= unb gifcperVotf elenb, bumm ift unb nach Sifchen riecht.

91m jenfeitigen Ufer ift baä ßanb ber 3<tyo™gen, bie auch %en ^tarnen Von ben Söafferfäüen entlehnt höben, „zaporogi“, neben SDSafferfäden SBopnenbe. £ier ift bie Steife nur auf bem ^ferbefattel möglich- $ie Stacht bringt ben Steifenben an bie „Szetsa“, bie ein ©orf fein fott. ®ie Käufer finb ©rbhöhlen mit rafenbebedten ©ächern: man nennt fie „kurenyi“. ©er Steifenbe, nachbem er mit bem 3aporogen getrunfen unb gefungen, bemerft in feinem ©agebuche, bajs bie Setvohner ber „kurenyi“ efenb, bumm finb unb nach SBagenfdjmiere riechen.

®a§ erfte (Sefcpäft be§ 3aPor°Qen ift, feine neue (Settmnbung mit ®heer 5U tränten, um fie bauerhaft ju madjen. Sei bem 3aporogen finbet fich bie erfte Spur ber Sepnfucht nad) Freiheit, bie aüerbingä primitiv, aber bod) immerhin ettvaä ift. Sie gipfelt in bem SBunfche nach ber Freiheit, in

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10

(ärbe erljebenb, fetbft am fjofjen SCRittag empfinbet man ihre SSärme nid)t. Sa3 fReid) beS SßintcrS ift ba. ge|t fängt auch bet 9Beg an fid) ju beüötfern. gm Reiche beS SEßinterS herrfcht frohes Seben. ©anje Schlittenreihen mit thurmhohen Saften bewegen fich in einer Düdjtmtg »orWärtS unb fchmucfeS §errengefäl)rte weidet beit einfachen Safoten aus. (äs ift ber lefcte Sag bet SReife. 9lm fjorijonte beginnt ein glänjenber Streifen ju teuften baS jugefrorne Sfteer. Ser Strei= fen wirb immer breiter, unb wie bie Sonne untertaucht, fteigen am Weiteren Sternenhimmel bie Strahlen eine? glammentranjeS empor, unb pfeilfdinell eiten feine geuer» garben bem genith entgegen. SaS ift bie SJtorgenröthe beS ■JtorblichtS. Unb üon biefem zauberhaften Strahtenmeer beleuchtet, erhebt fich au 3 bem Schneegefitbe eine Stiefenftabt mit ben Weißen Fächern ihrer ißataftreihen, ben kuppeln ihrer Kirchen unb Sollwerten ihrer geftungen; Suppein unb Safteien, aüe3 blenbenb Weiß. 9118 Wäre eS baS ©efpenft einer Stabt, weiß auf weiß gemalt, über ißt baS rofeurothe SRorblicht, hinter ihr ber ftaßlblaue 9tebelfrf)teier. Ser fReifenbe ift an fein $iel gelangt. 9tber ber 9lnbete, ift auch er hicr?

in.

pie m bie Herren ßeftt fügen.

©8 ift ber le|te Sag ber „Sutterwodje". gn ben Straßen St. Petersburgs wimmelt eS tro| grimmiger Saite üon einer geräufchüotten ffltenge, heute barf man noch gteifdj effen, morgen beginnen bie großen gaften, jeber gleifcherlaben mirb gefchloffen, burch üolte fieben SBochen beherrfcßt baS Del bie SEBelt. 9lHeS eilt, fidj heute noch fatt ju effen. Ser lange üierecfige £>euplah ber „Szenaja Plostadt“ ift heute noch bie Sühne ber hungrigen. Sa finb in langer Steihe üor ben gleifcfierbuben bie erfrornen Dchfen, §irfd)e, Schweine auSgeftellt, auf üier Seinen im Schnee au8=

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gebreitet, bie erstarrten Söpfe empor gerietet. ®er SRefcger Sägt ober f)aut mit einem Seite jebe£ au§gemäf)tte ©tüd für ben Säufer ab, benn ba§ SD^effer miß nid)t fangen an bem gu ©tein erfrornen gteifdje. ©ange @d)icf)ten Keinen 3ßitbe§, Raufen non £afen, Stepppüpner, gafanen, Stuertjätyuen, bieau§ fernen Säubern tjiepergebradjt merben, frifd) erhalten nom grofte, Rängen fie in gangen Srängen nor ben fetten. ®ie Särenmefcger f)aben ipre eigenen 9Rarftf)ütten, unb bie SRitte be3 *ßta£e3 nehmen bie giftet ein, fjaigrofee Raufen unb bemäpute ©eetömen at§ Sodfpeife barbietenb. Stn gef)ntaufenb Säufer treiben fid) um bie Suben tyerum, git gufte unb in ftingetnben ©glitten, gum größten Steile grauen, mätyrenb aße Serfäufer SRänner finb. §ier gibt feine ipödcrim neu. ©etbft bie öietbegeEjrte $eticateffe ber Suttermod)e, bie „Stinniä" merben non Männern gebaden; finb Omelette, non Sutter übergoffen unb mit ©aniar beftridjen, unb bie SRagnocfifen finb lauter junge Surfte, bie in ifjren taugen, in ber SRitte mit einem ©urt befeftigten Sßelgmänteln, bie Sette umfreifen, bie Sorbe auf itjren Söpfen, boßgepfropft mit aßer Strt notf§tt)ümtid)em 5Raf2E)merf§, metcpeä fie mit nimmer ermattenber Set)te bem publicum anpreifen. „Sanft Sßirogo! ©aifi§! Smaft!" ®ie Xpeefdjänfer fodjen ben fiebenb Reiften X£)ee in ben intmenfen ©gamonar^ unb in ben Sranntmeinfd)änfen, metdje ba§ Sotf „Sriige" nennt, miß bie Xtjüre nid)t fielen bteiben. ®er $irog befoitberä nertangt nadj einem noßen Xrunf. ©§ ift ein gfaben mit fafd)irtem gteifd), gifcpen, SRüben unb Sraut gefüßt ein foftbarer Siffen, unb f)eute ift fern tefcter Xag morgen barf man nid)t einmal baüon träumen.

©ang $eter$burg ift je^t auf ben ©tragen. ©£ ift ein prächtiger SRärgtag. Stid)t ber ®ag ber Seilten unb Sengrofen, fonbern be§ StaupreifS unb ber ©tegapfen. Stach bem geftrigen Storbminb fiel ber ®permometer auf 14 ©rab. ©in tjerrti d)e§ SBetter.

Um gmötf Uh* 9Rittag3, eben at§ bie grofte ©tode ber 3faf§fird>e ertönt, mengt fid) neuer Särm in ba§ ©eräufd) ber ©tabt. Stuf jener taugen geraben Strafe, bie man ben

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ßäarffoje*3elO'P?ofpect nennt, treibt eine ©djaar nornebmer Säger einejt pracbtOoHen 3toitff?®ttber nor fic^ ^er.

3u fotdEjer SabreSjeit auf §irf<f)e §u jagen, verbietet fetbft baS gemeine Sprecht. SaS neue (Sefoeib beS £>irfcben ift !aum noch ertoadjfen, baS §orn ift nodj ein ftumpfer knoten non §artem gelt überzogen. Um fo meniger aber ift eS geftattet, eine §irfd£)jagb. inmitten einer großen ©tabt $u neranftatten, unb gerabe in ©t. Petersburg am testen Sage ber 9Jtaflicäa*2Bocbe. Slber biefer ©efettfd^aft fdEjeint aud) baS erlaubt.

Sie S^gerf^aar beftetjt aus einem Sufcenb Sftänner unb btei grauen. SaS Sienernol! unb bie SKeute nicht * mitgejähtt eS finb ityrer fünfzig. Sie mirbetn bie ganje ©träfe nor fidE) her auf, fo toeit fie fidt) bebnt.

Sßabrfcbeinticb !am eS fo, bafc bie ©efettfdfjaft ben Stuf* trieb im SBilbparfe non ߧarf!oje*3eto begonnen; ber £irfcb mochte auSgebrodjen fein unb nimmt nun feinen Sßeg- nach ber ©tabt bie ©efettfcfjaft if)m nadE). Ser Sagbeifer fragt nicht, melcber SBea erlaubt ift.

. SaS nerfotgte SSifo galopirt über bie gontanfabrüde. Sie 3°ßtoäd^ter taffen oergebenS bie ©dEjranfe nor itjm nieber, fie ift im Stu überfefct. Sa erfennen bie SBädEjter bie gagbgefettfd^aft unb motten erfdf)redt ben ©cblagbgum toieber aufrid^ten. ,,Saff fein!" ruft ber norreitenbe Seiger unb hierauf fotgt bie gange ©efetlfdjaft bem.SSeifpiet beS SBitbeS unb überfpringt bie ©d£)ran!e. Ser §irfcb §at im (Tarrtere bereits eine Imuptftrafce erreidEjt, bie febäfernbe ÜDteute überatt auf feiner ©pur. Sie an ben ©trajseneden gaffenben SuteSnifS meidf)en entfett ber ©djaar aus, bie nor ihnen t)erfprengt.

SSor ber ©aferne ber faiferlicben ßabetten ftet)t ein ©renabier ©ebitbttmebe. @r hält eine gtinte im Slrm. Sßenn er ber Vernunft folgt, fdE)iefef er baS gatopirenbe Sßitb nieber, bafe eS nidEjt unter bie 23otfSmenge fprengt. Slber ©afernenreget gebt nor Vernunft. Sie ©ebitbttmebe erfennt ihren Sorgefefcten unb fenft präfentirenb baS (äctoebr. SaS rebellifcbe SBitb aber !ennt {einerlei Siegel, eS bringt gerabe*

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13

WegS auf bie 3Badf)e ein unb wirft fie, an bie Körner faffenb, in bie Suft.

®ie ©<f)itbwacf)e wirb Waf)rfdE)einticf) $u S3oben faßen unb neuerbingS präfentiren. 2lber je§t ^at baS SBilb bereite in bie Ouerftrafje eingebogen. $aS ift eine ber belebteften Promenaben ber ©^arenftabt. Sie ftanirenbe SRenge ftiebt an aßen ©nben auSeinanber. Sluffdjreienbe grauen unb brüßenbe SDtänner beflenbe §unbe einer wirft ben Shtberen über ben Raufen, ein ©glitten überftür^t ben anberen. £irfd£) unb gägerfdjaar fprengen über f)ingeftredte 9Renfdf)en, umgeftütpte ©dritten. SaS gibt eine prächtige Untergattung eS !ann ja SRiemanb oertefct werben ber ©d) nee ift tief genug.

gefct uerirrt fid) ber £>irfc$ auf ben §euptafc. ©inen Slugenbtid lang ftaunt er, atS er baS riefige Dom SRenfdjen* gewütjt erfüßte SSiered erbtidt. Sann aber fäßt ibjm etwas in bie Stugen. Sie in Steifen aufgefteßten i>irfd)e oor ben SBitbtäben. @r fjätt fie für ein Stubet ipocfjwitb. Unb aßeS Sreibwitb t)at bie ©eWofinfjeit, jtd) unter ben Raufen $u retten, fobatb eS ifjn erblidt.

Sttfo frifct) toS auf bie üßienge! SaS ©ebrüfl, ©efdjrei, ©efludE)e Wirb jum §ößentärm. Umgeworfene S3uben, nieber* geftofjcne gteifdjbänfe bleiben .unter ben ©puren beS einper* ftürmenben SfjiereS. ©obatb aber ber $irfd) oor ben SBitb* iäben antangt, unb feine, ßtüftem mit rafd£)em gnftinct baS S3tut Wittert, atS er feine *3ud)t mit üerftümmetten -©liebem Oor fidf) fiet)t, gerätf) er ptö^tidj in SButlj, unb mit Oor* geftredten Römern baf)nt er fid) unter witbem ©ebrüfl ben SBeg in entgegengefe^ter Stiftung, Wo er neuerbingS in bie ©artenftrafce gelangt, unb rast fd)naubenb birect auf ben ©oftinoi*Swor gu.

SaS ift eine ber größten SKerfwürbigfeiten Petersburgs, ber SBaarenbajar.

SaS ©ebäube beS ©oftinoi Swor bitbet an unb für fidi) ein ganzes ©tabtöiertet, wo man t>om Perferteppidj angefangen bis jur biamantenen $atsfette afle ®oftbarf eiten ber SBett bereinigt finbei. Ser §irfd) gtaubte t)ier ©df)ufc ju

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fhtben. Sitte Spüren tueit geöffnet. 23on ben taufenb Säben mät)tte er fich gerabe bie SluStage eines üenetianifdjen ©laS- hänblerS jum Slftyl. 9Keute unb gagbgefeflfdhaft hinter it)m her. Sn bem großen fäulengetragenen Saat finb SDtaffen bene* tianifdEjer Srtyftaße im SBerthe t>on §unberttaufenben angefam* mett, uon funftoerftänbiger £>anb zu zauberhaften $hramiben geftapett unb bie SSänbe ringsumher mit Spiegetgläfern be= beit, bie bis an bie $ede reifen. ®er unglüdtiche itatienifche £änbter fdEjrie 93anferott in feinem ©freien, atS er ben |>irfch in feinen Sauftaben hereinbrechen f^h, unb eS mar ein unenbtich fomifcfjer Slnblid, mie ber arme Signor fammt bem gauteuit auf ben bilden fattenb, feine beiben güfee ab* mehrenb uor fich hiuftredte. 2llS aber bem %fyext aus ben Dielen Spiegeln plöplidE) eben fo met £>irfcf>e entgegenbtidten, Don Sftüben an ber gerfe gepadt, toon jagenben Leitern Der* folgt, bertor eS bottftänbig baS $8iSd)en SSerftanb, baS eS noch befeffen tief? ben herumfuchtetnben gtatiener, ben ber $eitS- tanz Dor ©djrcden ergriffen, am $tafce, burdhbrach bie Sfteihen feiner Verfolger unb fprengte gegen ben nahe gelegenen Stppra* £in=S)mor, mo mieber alter alte Sröbet ber SSett angefammett tag, bon ben aus alten -Kationen ber SBelt burdheinanber- gemürfetten SKäflern, Srämern, Suben, dürfen, Armeniern, Werfern, Stein= uub ©roferuffen, Soptfd£)en unb SRaSfotnifen, ©rufen unb ginnen auf baS Strafcenpffafter gehäuft, bamit er bem Säufer mehr im SBege liege, ben fie zu zßw unb breien an ben Strmen faffen ihre SBaaren anpreifenb, bie beS 5RadE)barn bertäfternb, feifenb, befdEjmörenb, betügenb, betrügenb, feitfdjenb, mäfelnb in aßen barbarifdjen Sprayen ber ®rbe. ®er §irfch mitten hinein unter fie! $aS mar nun erft bie redete Unterhaltung. SSie ba bie ganze ©emeinbe ber atar= mirten Schacherer, uon bem £>irfchen über ben Raufen ge- morfen, nach Slßah, gehobaf), gefuS ©hriftuS unb aßen guten ©eiftern rief! 2Bie biefe gröfcfje bäuchlings unb auf aßen Sieren in ihre fohlen frodhen, als bie Säger- fdhaar unb bie Sßleute über fie f)inmegfe|ten, mie bie pot= nifchen Suben fich auf ben 93oben hiumarfen, Sich unb Sßeh fchrien, mährenb bie ganze Schaar über ihre Seiber galopirte,

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unb tote bei bem SluSgange baS gonge rebellische 93abel heraus* ftrömte, unter btüflenbem SBe^flogeit ben Slnbruch be§ jüngften Sageö üerfünbenb.

Ser LMth flüchtete hinweg über bie Läupter ber brän* genbett SDtaffen. Sie SDteute unb gagbgefeflfchaft fonnte ihm auf biefem SBege nicht folgen, unb eS brauchte geit, bis bie Karbatfchen ber Sreiber unb Imnbejungen bie lebenben f?in= berniffe aus bem SBege räumen tonnten.

Unterbefj gewann ber |)irfcf) Sßorfprung unb rettete fi<h auf ben SBouleüarb beS gontanfacanals, überflog bie ©isbedfe bis jur Läuferreihe beS jenfeitigen UferS unb Würbe erft am ©nbe ber ©oronochajaftrafje üon ber gägerfctiaa« erreicht.

Lier befanb fich jur geit uitferer ©rjähiung (1825) ein fßalaft oon einem großen fßarle, bem 99ulaSfhs©arten um* geben. Sie große geuerSbrunft im gaf)re 1862 hat ihn fammt bem SlpprajimSwor eingeäfcfjert, unb gegenwärtig ftehen bie Sagerljäufer beS ©äaröfoje*,8elo*58ahnhofeS an feinem fßlahe.

Sie Einlage ift oon einem gr'ofjen oergolbeten ©ifengitter umgeben, burdj Welches fich eiSumljüßteS Sannenlaub brängt. Ser ipirfch hält fie üiefleicht für einen Sßilbpart. Sticht Weit tont ‘parle unb fßalafte in berfelben Sinie liegt bas grojje 0tmcftoW=Spitat. günfhunbert fiechenbe SDtänner unb grauen (meift ©pileptifdje) tarnen gerabe oon ber gegenüber* liegenbe Strafte her. Sie waren jur ©omunion an biefem Sage gegangen unb fommen eben oon ber SreieinigteitSfirche. 3e|t lehren fie nach bem. «Spital jurücf. SBenn baS fcheue SBilb unter biefe Krüppel bricht Werben fie afle Oon ber gaßfucfit ergriffen, für fie gibt eS fein ©ntweichen. Sie gelähmten ©lieber, ihre Krücfen, ihr ftumpfeS ©ehirn helfen aus teiner ©efahr. Ser Scftreden aflein fann ben 2eib tobten, in bem bie Seele nur mehr ihr Sterbelager fucfit.

Stur bet ©horuS eines erfchüttemben SBchrufS ertönte üon ber ohnmächtigen SDtenge her, Welche, Wie üom Semite ergriffen, erftarrt oor ber unbegreiflichen Slttaque ftetit. Sie Kraul» heit mattet nicht nur bie güfte, fonbern auch ben Kopf.

2lber trojj aßebem : „Luffa! ooran!"

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SBie nun ba£ verfolgte Shier an bem §auptthor be$ 93ulaO£fi=©arten£ oorbeiftürmt, fradEjt it)m aus bent Sh ore ein Schüfe entgegen. Ser £irfd) fpringt auf ben Schuft jur ©eite, wirft ..feine £>örner in ben SRüden, bann finft er in bie ©prünge, unb fich nod) einmal aufraffenb, jie^t er mit blutenber SRafe breite gurdjen im ©<h_nee, bann aber ftredt er fich nerfdjeibenb t)in ben ®opf mit bem blutigen ©eweih an bie Shorfdjweße legenb, wie jum Saufe für genen, ber it)n mit einem wohtge^ielten ©chufte non feinen Ser* folgern befreit.

Sie Unterhaltung ber gagbgefeflfd)aft War oerborben.

IV.

&eine 'gieße n . . .

Unerhörte Kühnheit bie Unterhaltung ber h°f)en Herren fo unliebfam ^n ftören!

„2Ber hat biefen ©d)uft gethan?" rief ber ooranrei* tenbe ©aoalier, inbem er bie brohenb gefdhßmngene Sßeitfche fttaßen lieft.

Sie SKeute ftür^te Wüthenb auf baä geöffnete Shor ju, au3 welchem -ber ©d)uft her&orgebrochen; auch bie SRüben Waren in ihrer gagbehre öerlept.

Sie grage toar in ruf fif d^er ^ ©pracfje gefteßt, unb bie ©efte paftte genau ba^u, obgleich baä Slnttip be3 ßtitterä nach fan^öfifcfter 2lrt ganj glatt rafirt toar, wäljrenb aße Slnbent halbe Sadenbärte trugen.

„3<h toar fo frei!" antwortete eine grauenftimme, unb unter ben Sannen, bereu ßweige fich über bem Shore umfdjlangen, trat eine granengeftalt heroor, ftatttid), fchlanf Wie bie Slmajonen ber £elbenfage „Kalevala“, ba§ lang' lidje, blaffe 2lntlip Wirb oon bem röthlichbtonben frei herab* faßenben §aar Wie oon einer SöWenmähne umflutet, eine feine, grabe Sftafe, bie aufgeworfenen Sippen erinnern an

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bic giguren ber 9liobe-©ruüüe, ttmfjrenb matt beim Slnbtide biefer großen ftammenben Singen boß f)inreif$enben 3auber3 eine $ßeri*©rf Meinung au£ ber „Safuntata" bor fidfj ju fefjen glaubt. ©ine gee, bie ben 9Jtytf)o3 breier |>im~ metöftrictje in fid) bereinigt.

,,3d) t)obe e3 gemagt!" fagte bie grau, metdje allein, oljne aße Segteitung fjerbortrat. Unb mit ber tinfen £>anb bie anftürmenben §unbe leidet abmetjrenb, ertjob fie bie Sßiftote in ber 9ted)ten unb legte auf ben grager an. „Studfj tjabe iä) nodf) einen Sdjup für Sie, menn Sie bie erhobene PSeitfcbe nidp finlen taffen."

®ie $unbe umfc^nupperteu bemütfyig bie grauengeftatt, metdfje fie einen Moment bortjer nodt) jerreipen moßten, unb aud) ber ©abatier mar bem ßauber nidtjt unzugänglicher, at§ bie üöieute. $)ie $eitf<he in feiner §anb umfetjrenb, präfentirte er fie grüpenb unb antmortete nunmehr franjö^ fifdj, in ber Sprache ber ruffifd£)en bornehmen ©efeßfchaft : ,,©3 ift nid£)t nötfjig, SKabame, bap Sie jur Sdjupmaffe greifen, ba Sie in gljren klugen zmei fo mächtige geuer* maffen befi^en." 2)er ©abatier berrietf) bie Serfaißer Schute, tt>o man mit Komplimenten Srieg $u führen unb mit ©atanterien ben SRüd^ug zu beden meifc.

3)er anbere %ty\i ber gagbgefeßfd^aft mar jefct gteichfaßä unter bem Xt)°re angetangt.

Sie Herren, ate fie fa£)en, mit mem ber erfte ©abatier fpridht, fetten ihre Steitpferbe zurüd, atö moßten fie bei bem ©efprädhe nicht zugegen fein, nur ein älterer &err, an beffen Sßetzrod ein Siamantenbefehter Drben glänzte, trat näher, ©ine ber grauen gatopirte birect auf ba§ Xhor ju unb blieb bort gegenüber ber anberen fteljen. $Rur ba3 erfdfjoffene SBilb trennte fie bon einanber.

Sie Leiterin trug eine blaue, mit gud>3petz berbrämte 3ade unb gleichfarbige SKüfce, unter meldjer ba3 reiche lichte btonbe §aar in SRingeßoden & l’anglais auf bie Sputtern fiel. Sa3 Slntlife mar bi§ an bie 2tugen bon ©ifer unb fdmeibenber Satte gerötet, unb bie brenn enbe ©efidhtäfarbe lieh ben etmaS ^erborfte^enben 2tugen nur noch ein lebhafteres

$ö!ai : gfei^eit. I. 2

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©lau. ®ie feinen fdimalen Sippen Waren falb geöffnet, baS blaue ©anb, welcfeS i£>r Sinn üor ber Saite fcEjü^te, unb ber btaue Scfteier, ber um bie Stirne gelegt War, geftattete nidjt mefr ju fefen. ©or ber anbern ®ame angelangt aber fdjob bie ffteiterin baS Sinnbartb juriid, üieHeicft um freier fpredjen ju lönnen, unb erlaubte ben Slnblid eines fübfdfen rofigen Sinnes, reijenb burd) ©ritbdjen in jWei Steile gefcfieben.

„SBie tonnten Sie eS Wagen, biefen $irfd)en ju töbten?" ruft fie ber anbern ®ame ju. „Sßiffen Sie nidjt, bafj baS faiferiicfjeS SSilb ift?"

„3Bie tonnten Sie eS wagen, ben £irfdjen gegen baS Spital ju treiben, Wufjten Sie nicft, baf? bieS baS Stfpl ber Srüppeln ift?"

,,3d) puffe, Sie anerfennen, baf ber erfte §err in Sftujjlanb ber ©jar ift."

„555er erfte £>err in aller SBelt ift ber Srante."

„Sie finb toßfüpn, SJlabame."

„®aS gebe icp ju."

®ie Leiterin ri| jeft aucf nodi ben Soleier üon ber Stirne Ijcrat) . ©S War ifjr Ijeif?. ®ie 9teitpeitfcf)e fpielte unruhig in iljren ßänben,

„SBarum bin id) jept fein SDtann?" murmelte bie junge ®ante äWifcpen ber Serienreife ifrer Scifne.

®er ©aoalier mit bem glatten ©efidjte las aus ben 3ügen biefeS judenbeu StntlifeS, aus bem burdjboprenben ©lid, baf eS fiep pier nod) um SSeitereS panbelte, als um ein erfdfoffeneS SSilb, er beugte fiep jur Leiterin perab unb rebete fie pörbar genug in beutfcper Spracfe an.

®enn bie frangöfifdpe Spradje (bie beS geliebteften geinbeS) ift bereits bie Spradp e aller SBelt in ber ruffifcpen §auptftabt, wäptenb bie beutfdje (bie beS beftgepaften greunbeS) nur öon ben 2luSerWäplten gefprodjen wirb. Sütan fpridjt alfo ®eutfdj, wenn man oon ber Sienerfcpaft nicft tierftanbeu werben will.

„©iefleidjt eine ©ebenbufleritt?" frug ber glattrafirte ©aüalier.

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Sie Sfteiteritt Warf tteräcgtticg igre Sippen auf, unb bie Augenbrauen gufammengiegenb, antwortete fte laut genug in heutigem gbiorne :

„Seine Sieben . . . .*

Sie grögte Beteibigung einer grau.

gene anbere Same gatte bie£ beuttidg ttentomnten unb ba§ eine 9togr ber ©cgugwaffe in igrer §anb war noeg <jetaben.

Slacg biefem AuSfprucge erbtagte fetbft bie Leiterin, Wie ein Sueltant, ber feine SBaffe abgefcgoffen, ben (Gegner bamit tterWuubet gat unb nun fiegt, bag biefer ficg aucg ^um ©cguffe bereitet.

Sie blaffe Same aber tgut ba§ niegt. gibt ja SBorte, BtidEe, Bewegungen, bie tiefer Wirten atö bie töbt* liege SSaffe. SBie ba§ gingeftredEte SBilb ba gu igren giigen lag, fefete Pe einen 3ng auf fein ©eWeig. @o ber Leiterin gegenüberftegenb, lacgte fie igr in’§ ©efiegt, unb um bie gerauäforbernbe gnfutte noeg gu tterftärfeu, ergob fie bie SBaffe unb fegog bie Sabung in bie Suft. Senn bie SBaffe in ber £>anb, ttertiert bie gnjurie gegenüber bem SBegrtofen igre ©pipe. gept War fie wieber gewonnen.

Sa§ Anttip ber Leiterin flammte ttor 3orn. 2Bie eine ©egtange Winbet fieg bie Sleitpeitfcge in igren §änben, at$ überlegte fie, ob fie ba£ üertepenbe Säcgetn auf jenem Anttig fcamit Wegfegen fottte.

Bon ben anberen beiben Samen War bie eine ein junget SKäbcgen, taum noeg megr, at3 ein Sinb. ©in ©efiegt tton tabettofem Ottat mit feinem fpigen Sinn, fteine rofen- Jnofpenbe Sippen, groge bunfetbtaue Augen, bie in ber gerne Wie fegwarge au§fegen, gerabe feintienige, fegwarge Augenbrauen unb ftagtgtängenbe |margöpfe. gm gangen <$efidgt§au3brucfe ba$ unerfegtoffene Staunen einer $enfion3' (Stettin. Sa§ ©onberbarfte ift, bag fie in einem Herren* fattet reitet, bem aucg bie gange Sracgt angepagt ift, ber tfegerfeffifdge BeSgmet, bie Weite Weige ©atattar, goge Stiefeln unb ein breiter Safcgmir mit gerabgängenbem Sinbg3at.

2*

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20

2TOe aufter iljf Wuftten, was jene beibett grauen ein- anher jagen. SBer bie Spraye nicht fannte, berftanb bie Bewegungen, baS bernid)tenbe 3u*n ber ©ejicfttSzüge, baS Sreuzfeuer ber Blide. $aS Stäbchen berftanb aud) baS nid)t. Sie flaute nur berwunbert brein. ®ie jluet grauen waren fet)r erbost auf einanber baS fah fie Wegen eines £>irfcf)geWeif)S.

®ie SReitpeitfche wanb fid) jo lange in ber fräftigen |>anb ber SReiterin bis fie entzweigebrochen war. ©ie brauste eine anbere SBaffe.

„Bathefaba!" rief fie ber ftaunenben Jungfrau zu unb rebete fie bann in einer Sprache an, bie aufter ihnen beiben Seiner berftanb bielleicht tfdjerfeffijch aber ber 9luS= brud ber ©predjenben, baS fdjredenSbleiche Slntlifc ber Slngefprocftenen jagte beiläufig golgenbeS : „3)u frägft mid), Wie ber Seufel auSfieht? ©ieh gelte an ba t;aft $u it)n!" 2>aS junge Stählen tief ben Sopf finfen unb betreute fidj, nur einen befohlenen Blid aus ben großen bunfetblauen klugen auf bie grau werfenb, bie ber Seufel in leibhaftiger ©eftalt ift. 25ann aber feierte bie Simazone ihr $ferb um, unb gleichzeitig bie beS SßferbeS erfaffenb, auf Welchem baS Stäbchen faft, jprengte fie als bie (Srfte Zurüd, bon Woher fie gefommen War, bie gagbgefeüjchaft unb bie Steute ihr nad). ®aS erfdwffene Sßilb blieb auf ber Strafte liegen.

V.

<£rieg$pf<tn gegen ein peiß.

Stuf bem ganzen SSege bis zum Calais ©hebimin War natürlich bon nichts Slnberem bie Siebe, als bon ber erregten ©eene, bie fid) foeben abgejpielt.

„Parole d’honneur!" jagte ber glatte SRitter, mit feiner $eitfd)e auf bie eigenen fReitftiefet fdjlagenb, „bie ganze SESelt ift berfehrt! SBenn fich zur 3eü ber ©zarin

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©fifabetf) eine Stau gegen eine gürftin Bon ©(jebintin fold)' eine gnfulte ertautit f)ätte, mit ber Knute fjätte man fie gepdjtigt, bie Qunge batte man if)r anögefdinitten, wie ber Saponfljin." „Saö f^ben wir ber übertriebenen $f)i= lantfjropie p oerbanfen! Sie mar nie für un§ befdjaffen, ber SottairianiömuS bringt unä um. SBie fann Slrafäejeff bie§ butben?“ „Sie grau ift toocf) etwa feine SRuffin?" „93ieHeitf>t eine cngüitfje ober beutle Same, bie fjerfam, um unö p ärgern unb unter bem Sdju$e ber ©efanbtfdjaft ftefjt ? gürwatjr, im gafjre 1816, alö id) pm testen Male p §aufe war, würbe man fidj bergleidjen nidjt erlaubt fjaben!" „Siefe gremben! Sod) gleicf)üiel! Söenn ber ißotijeipräfibent über feine Strafe für fie bcrfügt, Werben wir felbft bie ©nute in bie §anb nehmen. 9tur gfjre ©egenwart f)ielt midj aucf) bieömat jurücf, gürftin Maria Sllejiewna, id) fdiWöre gljnen ! "

„ge nun! Sie wiffen nidjt, Wer ba§ SEBeib ift."

„©leidibiet, ob and) eine gürftin."

Meljr at-3 ba3. "

„Sßemt aud) eine ejpatriirte Königin, etwa oon ©eor» gien."

„Still !" Sie Same rnadite ben Stifter mit einem warnenben SBlide auf ba3 itjr pr ßinfen reitenbe Mähren aufmerffam.

„Sie üerftefjt ja nidjt beutfdj. Sftfo ift baö grauen» jimmer eine Königin?"

Stuf biefe grage fing bie Same an taut p ladjett.

„greilid) eine Königin! 2Baf)rf)aftig eine Königin! Stegierenbe gürftin! Sine abfofute Monardjin. Sßir alle finb ifjre Untertf)anen; aud) Sie, aud) ic£(, aucf) Sllejei Majimo» Witfd). Sine Königin, bie man au§ iljrem Steife nidjt mit Kanonen oertreibt, fonbern mit biefem ba!"

Sie Same f)ielt ba§ an bem ©riffe ber jerbrodjenen SReitgerte befinblidje tfifeifcEjen bem ©aoalier f)in.

„SBie? ©ine ©omöbiantin?"

„gawof)l. 2Baö foHte fie Stnbereö fein?"

„SU), I)at)a ! gür bie ba§ pfeifen eine fReüolution

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22

bebeutet, bereit X^rott burd) $ifd£)en geftürgt merben famtl 211), SDtaria Sllejiemna, fcfjenfen Sie mir biefeS Pfeifdjenl Sd) merbe bamit für Sie fämpfen, mie ber Witter ofjite gurdfjt uttb Xabel."

$ie Xante überliefg bie merfrnürbige ipöllenmafdfjine, mit melcfjer bie 33ül)nenpotentaten an bie Suft gefegt 5a merben pflegen, bem ßaöalier, als berfelbe im Peftibule beS- ©tjebimin'fclen Palais if)r aus bem Sattel tyalf.

Xer ©aualier füfete bie §anb ber Xante, mofür biefe bie SEBange beS SaualierS füftte, baS fcf)öne 9Räbcf)en bei ber $anb nafjm unb mit il)r auf ber breiten, burdj eine breifadje ©laStljür abgefperrten bemalten Xreppe fjinaufftieg.

£>ier löfte fid^ bie gan^e SagbgefeHfd)aft auf unb gab fid) für ben 9lbenb SftenbeaöouS in ber Dper.

Xa flopfte ber fdjmeigfarne befternte §err, ber fidf) bisher nid)t in baS ©efprädf) mifdjte, bem bartlofen ©anatier mit ber flauen £>anb auf ben Etüden.

„Xu aber 9lifolai Sergiemitfcf), fomm $u mir herauf, auf ein 333ort."

„93efefyle über mic§, 5llejei 2Wa£imomitfdf)."

Sie ritten gum äCraftSefefffdEjen Palais.

Sn St. Petersburg gibt eS feine uralten Paläfte. Xie ganje Stabt befielt erft anbertfyatb Satyrljunberte. Xer Palaft beS ©ünftlingS beS Klaren liegt auf bem ÜJtemSfi=Profpect unb ift el)er für bie 93equemlid)feit, als prächtig eingerichtet. Xen SBinter l)inburdE) merben felbft bie flauem burd) unter- irbifdje SRöljren bei Xag unb 5ftad)t ermärrnt, jebeS geitfter ift mit breifadfjen ©laStafeln nerfcf)toffen unb bie 3iroroer finb mit §artf)oläplatten auSgelegt.

Xie Don ber Sa9^ §eimfef)renben ermartete ber t)eif$e Xtyee mit 2lraf unb einem fonberbareu ©emifcf), baS aus Kayennepfeffer unb fpanifdjen gliegen jubereitet mirb. ©in 9Refferfpi^dE)en baoon ermärrnt bie erftarten ©lieber; unter einem anberen Klima märe es ©ift.

Xer ©rof^err, ben mir je^t bereits non feinem Patafte ljer fennen, SlraftSejeff fperrte bie 3immertfyüre hinter ficf> ab, fdfjob bann einen amerifanifdf)en Sdf)aufelftuf)l oor ben

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Sarnin für feinen ©aft f)in, bot ifym einen *ßlafc an unb ftedte ifjm einen Sfdjibuf in ben SJiunb, er felbft aber fteüte fid^ nor bent ®amin f)in.

„Stifotai SergietnitfdE), f)öre ntidE) an! Sag $feifdf)en, tneldEieg Su non ber gürftin befamft, lege $u beinen Sfteli* qnien unb tnenn Su bantit pfeifen tnillft, ge|e in ben SBalb, bag Jage idj Sir; benn, tnenn Su bag, tnag Su ber gürftin $ugefd£)tuoren, tfjuft, bift Su ant anberen Sage auf bem SBege nadE) 3r!ut§! unb, beim $immel, id) tneifc nid£)t, tnann Su jurüdfömmft."

„SBie?"

„Stun,^ ber ©§ar Ijält bafür, bafj er fotdEje gürften, tnie Su einer bift, punbert in einer Stunbe machen fann; aber non Sängerinnen tnie 3e*m*m gtmarinen gebärt ein Qfaljrs ^unbert nur eine."

„SU)! SUfo biefe Same ift ßeneiba ^tmarinen, bie berüchtigte (£imarofa=§elbin ? Slüe Sichtung! Sei biefem SBorte rauche idf) nidE)t mepr. Site i<$ ber gürftin ©tjebimin fdjtnur, tnufcte ich nidE)t, non toern bie §tebe ift. Sag entbinbet mich beg ©elöbniffeg. ©egen bie „göttliche" 3eneiba fann man fefbft ber „engelgleid£)en" 9Karia Sllejietnna ju Siebe nicht renoltiren. ©her gegen ein §eer non legitimen £>err* fdt>ern! SBie bumm id) bin! Sicherlich ift mir bag Jpirn in biefer großen ®älte erfroren, tnie bag Quedfilber im Stjermometer. Sag ^abe idE) ja bereite braunen gehört, baft bie „Sina" Sßrotegee beg Sparen unb ber ©garetnna ift unb überbieg bie ©eliebte beg tnadem gtnan 2Jla£imotnitfch. Slug bem 3tüiegefp»räd^ef tneldEjeg bie §tnei grauen miteinanber führten, ^ätte ich entnehmen fönnen, bafj bie ©attin unb bie ©eliebte zufällig jufammentrafen."

„Se^t mußt Su nodE) ein SJiittel augfinbig machen, um Sich in bie ©unft beiber grauen gu fefcen : in bie ©unft ber ©attm fotnnEji, tnie in bie ber ©eliebten."

„Sag ift ein SeidEjteg! SKan trägt 9?ad£)ridE)ten non ber ©inen jur Slnberen."

„Sei ber ©attin tnirb eg leidet gelten, benn bie ift aufrichtig, einfach, leibenfchaftlich ; bei ber ganoritin aber

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24

biirfte eg fdEjmerer fein, benn biefe oerftetjt audfj im Seben fo vielerlei Stoßen $u fielen, mie auf ber Sütjne. Unb Seine ©ad£)e ift eg, $u erfahren, toelcfje bie matjre ift?"

„@o matjr, alg i d£) ßf)et>alier ©alban ^eifse !"

„Stun atfo, ßtyeoatier ©alban, bag oermagft Su Sir öoraufteßen, bafj eg einen mid£)tigen ©runb gehabt Ijaben mul, alg mir SidE) aug S3erfaißeg, mo Su ung bag marft, mag bag Sluge unb bag Ot)r für ben SJtenfdEjen ift, ttadE) ipaufe riefen. Su fjaft eg meifterljaft erlernt mie man bie gef)eimften biblomatifdtjen Xruggemebe burd) bie meibtidjen ^erjen entbeden fann, unb liefceft SidE) nid&t fangen. Sefet mu|t bu 3U ipaufe ba Z SJteifterftüd in biefer ®unft machen."

„23ie? Sa§ Zeitige Stufclanb l)ätte ©eljeimniffe, benen bie ^ßoligei unb ber *ßo.pe nidEjt auf ben ©runb fornmen fann?"

„Sieber ©tjeüalier ©alban, unfer guter ßfyutfin l)at genug mit ben Sieben %u tfjun unb t)at audE) mit biefen menig ©lüd. 3d) ratlje Sir, menn Su 9tadE)tg aug bem ©lub fommft unb 3[emanb Seinen ©dritten aufljält, bann gebe ifym nur rufjig beine 33örfe; benn rufft Su um Sßatrouiße, fo nimmt Sir ber ©olbat aucfy nodfj ben $elj meg. ©erätfjft Su in bie §änbe eineg ^oligiften, fo raubt er nidfjt nur ben Sieb aug, fonbern aud) Sidlj. Ser tyapt aber fjat gerabe fo öiel toie nidEjtg bei unferen Seuten §u fudEjen: beginnen fie ja btog bamit, bafc fie ©ott leugnen."

,,©o meit finb mir gefommen?"

„3a, fo meit. ©eneral Sutufoff Ijat mafjr gefprodfjen, alg unfere Xruppen aug bem franjofifdEjen getb§uge jurüd- festen : „Ser ©§ar tb)äte je§t am beften, bag ganje fiegreidfje £>eer in ber öftfee §u ertränfen." Sie $urüdfel)renben Stegi- menter maren afle 00m Siberaltgmug inficirt unb ftedten bie ganje Strmee an. 3df) fann SidE) oerfidEjern, bafj fämmttidje junge öfficiere ben „®ated)igmug beg freien üßtenfdjen" unb ben „SSerfaffunggentmurf" in ifyrer Xafd£)e tjerumtragen."

„SBotjer fjaben fie bag?"

„Sie müffen eine geheime Sruderei Ijaben."

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„9Ran geftattetc ihnen $u lange mit ber grcifecit jii fpieten."

„®aS mar bie geringere ©efahr. So lange mir ihnen baS ©aufelfpiet ber greimaurerei geftatteten, trieben fie McS offen, 9luf ben £of ballen rebeten fie oor ben 0l)ren bcS G^arS bon greiheit, bebattirten über SßotfSrechte, Srnancu pation ber Seibeigeneu. äber atT baS mar nur afabcmifd^cr $iSput. 9ltS man aber bie greimaurerlogen fperren liefe, als man bie geheimen 9lb§eid^en §um Spotte auf bern Jgubeiu marfte beS 2lprajin=®mor berfteigerte, mürbe baS geheim- gehaltene Uebel um fo fdhtimmer. ®ic greintaurcr beS SJtomonoff maren piöptid) in fünf-, jederlei ©eftalten auferftanben. 2>ie einen nannten fidj ben „® ereilt für ©etneinmohl." Sein £aupt mar Ortoff. $)ie aitberen piefecu „szojus spacinia.“ bie britten „£)elbenbunb", ber 9lame beS bierten Vereines mar „szojus blagodens* toiga“. ©S gibt einen, ber fiep unter bent Planten „9tepu- bli! ber adpt Stabenböifer" conftituirte; jeine ÜÖtit^ glieber tragen als ©rfennung^eidjen einen aefjt^arfigen Stern, bie gnfeferift beS einen $aden Reifet Ungarn. Sie ber mehren fich mie bie *ßit5e.w

„Säuerlich! 2ludh ju meiner $eit gab eS Klubs, bie geheime 3ufammenfünfte hielten. 2tber boit ftaatSgcfährlichcn Singen mar bort feine Sftebe. SBenn bie betrogenen Ehemänner feine Kinmenbung bagegen patten, bie Sßolijei fonnte uttS getroft ungefähren taffen."

„33on fotzen ift pier nicht bie SRebe," ermiberte ?lraf* tSefeff aufgebracht. ®r hatte bie ©emopnpeit, menn er in feiner Öepaufung geheime 93efud£)e empfing, unauSgefefet einen Stodbegen in ber |>anb ju halten; bamit burrfjboprtc er fpanifepe S3änbe unb Vorhänge, als mollte er fortmäp* renb porepenbe Spione auffpiefeen, unb menn er bie 8tocf- tafche feines ©afteS burdh ein Safcpentucp ober ein 9loti^ budp aufgebaufdht fah, bohrte er auch ba hinein, um ju erfahren, maS brinnen ftedt.

„Sie finb überall unb nirgettbs ^u finben. gpre ßufammenfünfte miffen fie burdh ©alle, Soncerte, Orgien

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gu ntaSfiren unb fktagen alf unferen Spionen ein ©knipp* cfjen. SBeifet ®u toopl, baf$ fie ein 93ud^ paben, ein förmlich SfteikStagSprotofotU ®ie Eonferengen aller $ro= oingoertreter finb barin oergeiknet, toie in 9tu|tanb eine fpfte* matifke fRetJolution gu organifiren fei, toeldjer Slrt bie Son= ftitution fein ntüffe, toaS mit ber ®pnaftie gu gefc^e^en tjabe, tirie baS 9teik eingekeilt toerben foll, ob ftänbifke ober SSolfSOertrotung? Unb eben biefeS $roto!oÜ enthält baS ooß' ftänbige SßamenSOergeiknifj ber $Berfc£)toörer, bie im gangen 3fte idjSgebiete oom ©ktoargen SDteere bis gum ©iSpote bie gäben b eS 3ße§eS in $änben galten. Unter einanber nennen fie eS „,,®aS grüne 23uk"". SBo ift biefeS 93uk? ®aS ift bie grage."

„Sk antworte mit einer ©egenfrage. Stber ftikfe meinen Sftocffragen nikt forttoä^renb mit biefem fanden ©tilete ! £at Sentanb biefe^ S3uk gefepen, nnb toenn er eS gefe^en, ttmrurn fagt er nikt, too er eS gefeiten?"

„Sind) baS follft ®u erfahren. Stile SSerfktoörer finb in brei Staffen gekeilt. ®ie erften finb bie „33rüber". ®a ift Sebent Antritt geftattet, für ben ber ©infüprenbe Sürgfknft übernimmt. ®iefe aber toiffen nikt rnepr, als baf$ fie 3Jtit~ gtieber ber SSerfkmörung finb unb an ben 3ufammen!ünften keitnepmen bürfen. ßur gtoeiten Etaffe gehören bie „SJtänner". ®aS finb bereits erprobte Seute, bie auf ein beftimmteS SofmtgS- toort auk gu panbetn beauftragt finb. 3u biefen fannft ®u ein ®rittet beS DfficiercorpS reknen. Sie fönnen toeiter niktS Oerratpen als fik fetbft unb i£>re Slufträge. ®ie SDtitglieber ber britten Eiaffe finb bie „S3ojaren", bie Senfer beS ©angen. Sn if>ren ®reiS gu gelangen, ift ungemein fkloierig, unb toer einmal gu itjnen gehört, oerrätt) auk fein Sota."

„§aben fie feine grauen? feine Siaifonen?"

„Äuf biefe grage bin ik tängft gefommen. @S ift niktä SßeueS, baft man ©epeimniffe am teikteften burk grauen erfährt. ®iamanten unb fdjöne Singen erhellen mank^S ®un!el eine alte ©efkikfe! ®a§ ,f9*üne 93uk" tnirb oon einer grau bettmljrt; baS ift ungtoeifeknft. 25iS jefct finb toir aber mit unferer ©pionage ftetS aufgefeffen. 2Bir

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erfuhren, bie ©etiebte Drtoff’S fei im Sefi^e beS grünen SudjS.

2113 Preis bafür bejahten mir enorme @d)ä|e. Unb maS fanben mir? ©ine iReiiie fcanbatöfer 2Ine!boten aus bem Petersburger Seben, bie mir ohnehin tannten. ©5ann tarnen mir auf eine anbere ©pur. ©)a3 grüne Sud) befinbe fid) in .Öätiben ber „SJtartiniften". gljr präfibent habe eine ©etiebte, bie if)tn mit fanatifdjer Streue ergeben ift. 2tfle3 ©olb üer= mochte nichts über fie. ©ineS Staats überrafdjten mir bie grau in ihrem gimmer, Xielsen fie binben, hoben bie fielen aus bem Soben unb fanben baS „grüne Sud)". ©5a3 aber enthielt nichts meiter als atfieiftifdje Siefen. 233er tümmert fid) barum? SSJtag man gegen ©ott renoltiren, aber nur nidjt gegen ben ©jar. ©nblidj mürbe uns tierrntfjen, baf; bie ©eete ber Serfdjmörung jene Siga fei, bie fid) „Serein beS StorbenS" nannte. ©5a3 §aupt berfelben aber ift gürft ©hebimin."

,,©>en teufet aud)!"

„ga mul)I. ©)ie bem Jdirone junädjft ftel)enben Herren, ©r mufj im Sefifce beS „grünen SudjeS" fein. ©3 mar bei iljm. 233ent 2lnberen fönnte man fotd)' einen gefährlichen ©d)a| anoertrauen, a(S feiner eigenen grau? 2tber ber ©atte trug ben ©djlüffet ber eifernen Sabe, in meldjer baS Such Oertnahrt tag, ftetS an feinem §atfe. pater §ilariu3 fagte bie grau bei ber retigiöfen ©eite unb überrebete fie, ben ©djlüffet Oom §atfe ihres ©atten ju töfen, ats biefer eben bemufjttoS im ShpljuS tag. ®ie grau muffte niete ©ünben abjubitten haben, a(S Süße beging fie ben fleinen Setrug unb td) nerbradjte eine ganje Stacht mit bem bei ©hebimin erforfdjten „grüuen Suche."

„Unb bann?"

„S5amt marf idj eS ju Soben. ©5er gnljatt beS SucheS beftanb in lauter gefährlichen ©)octrinen! 2lber meiter nidjt3! PureS abftracteS ©Xjefenmert, pijitofopheme, ©foffen, unb nor 2lßem fein einjiger 9t ante eines SerfdjmörerS. 233aS fümmern midh bie 2tuSfprüche ©eneca’S, Stouffeau’S, ©aint=guft’S? geh miß miffen, maS bie SDturamieffS unb ©mrgenjeffS fagen.

2tu<h baS mar Setrug. ©5er fdjtaue ©hebimin traute feiner ©attin nicht. @r gab ihr ein Sud) in Sermaljrung, bem

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ber ßenfor Wenn fie iftm nerratften ftätte gerne eine ®Iafter £>oI§ toibmen mürbe, bem geheimen ^ßolijeipräfibenten aber mar um ba§ Del leib, ba§ mäftrenb ber Seetüre ner= brannte."

„Sßenn fi eft aber ba§ redete „grüne Sucf)" nicf)t bei feiner grau finbet, muft e3 feine ©eliebte befifcen unb ba§ ift 3eneiba."

„ßrratften!"

„3ft fie eine grembe?

„Stein, unfere Untertftanin ein finnifd(je§ SJtäbdfjen au§ §elfingfor§. Som ®§ar befonberä beäftalb reidfj begünftigt, meil fie ben ©tolj unfereä fReid^e^ bie ßatatani befiegt ftat. Sludt) bie ßgarenma ift iftr ftolb. ®u meiftt, baß ©eine SDtajeftät ein großer SJZufiffreunb ift unb nidfjt geftatten mitt, baft bie ©dfjule ßünarofa'S unb *ßaefietlo§ bureft ben ntobernen fRoffini geführt ioerbe. 3^^ glmarinen fingt nie h)a3 non Stoffini. Um jebe ©tunbe f )at fie Betritt jur faiferlicften gamilie. 2Bie oft lieft man mieft, ja ben ©roftfürft Sticolauä ihrethalben antieftambriren! Sei ben §offoir6en beftanbelt man fie mie eine regierenbe gürftin, unb bie SieblingSblunte ber ß^aretona, bie toeifte Stofe, barf nur fie allein im £>aare tragen. $aft man naef) ber SRetJolte ber finnifd^en ©tubenten bie |>eIfingforfer Unioerfität nidfjt nacty Sieto neriegte, ift einzig unb allein ber fdEjönen ©timme 3eKeiben3 5U banfen, bie eben fo feftön §u bitten aU §u fingen toeift. ®er ߧar tnottte fie bereite einmal §ur ^ergogin maeften, unb toa3 antwortete bie Serftätfcftelte? „ßure SDtajeftät Wollen midfj begrabiren?" m

„Unb biefe grau fönnte an einem ßomplot gegen ben ß^ar tfteitne^men?"

„SBenn fie bie ©eliebte be§ $aubte§ ber Serfdfjwörer fein fann, eines £er§ogS non ©ftebimin, beS mäcfttigften unter ben §mölf in Stuftlaub fterrfeftenben gamilien, beffen Seibeigene unb ©üter meftr abwerfen, als ber Sefi£ beS Königs non SBürttemberg. Sergift nieftt, baS SJtäbdfjen ift eine „®alenaine,"

„Unb WaS für Sln^eicften beS SerbadfjteS finb nor= ftanben?"

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„3<h fogte ®ir fdmn, bag bie SSerfchmörer bie Sache fefjr gefdhidt gu führen miffen. Sie öerfriecfjen fich nicht in bunfte ©affen, in mtterirbifche ©emöfbe, fonbern fudjen tuet nteJjr bie ÜJtenge unb machen ©eräufdf) um fid) fyx, menn fie fRat£> galten motten. Sag hoben fie ben *ßoten abgelernt, bei benen bie Sftitgtieber ber „^h^oreteg" unb „S3enbita" meifteng auf S^rmärften gufammentreffen. 3e£t fommen bie Saften. Surdh fieben SßodEjen ift jebe öffentliche Unterhaltung oer= boten. Sag SSotf ntufj fehen, baf$ fich auch bie Herren fafteien. 93eim Sirdhengang barf man nid£)t festen. Stber mag nachher beg Slbenbg bei oerfcf)toffenen Sf)üren gefetzt, barnacf) fragt Nientanb. Sie ©eheimuifjfrämerei hot eine gang gute Sirma. Sie ©etabenen hotten J^ine potitifchen ßufammenfünfte, fie motten feine ©onftitution creiren, fonbern btog traten effen. „Softenöerächter" nennen fie fich. SBenn fie bie Sßotigei über- rafd£)t, mürbe fiemahrfcheiittich aufgefdhnitteneg SBitb, bampfen- beg Noftbeef auf ihren Sifcfjen finben, oietteid^t fogar ein paar ©äfte, bie über ben Surft getrunfen höben. Sie mürbe faum Oerfäumen, bie „Sünber" gu beftrafen, aber mag in ben inneren ©emädfjern gefehlt, mirb Niemanb erfahren. Unb hier ift bie Sühnenfönigin noch im befonberen 9Sor= theile. Sag Sdhaufjneterootf hot, mie Su moht meifet, überall feine eigenen ©efefce. 323er in alter S23ett mirb bei Sängerinnen unb SRirnen ftrenge Sitten fudtjen? Sie ^Soligei hat tängft ein Singe über bie Sonberbarfeiten gugebrüdt. 323er einmal fo gtüdtidh mar, in bie Satong ber geneiba gimantten gu einer großen gefdhtoffenen Saftenfoiree getaben gu merben, ber finbet äße leichtfinnigen Schönen beg SSaltetg unb ber Dper, bie gange jeunesse doree ^ßetergburgg beifammen unb mirb fidh faum über ben SRanget an feurigen Slugen ober feurigen 323einen gu beftagen hoben. SRan fönnte fich &er= brennen an ihnen. Samt er fich ober in att' bem Sauntet auch einige Nüchternheit erhotteu, fo mirb er bemerfeit, bafc fich ein Sheit ber ©efettfdjaft tangfam aug bem Saale Vertiert."

„Sag fann ja auch anbere Urfadhen hoben."

,,©emif$. 3Ran fönnte fich beifbietgmeife gum Noutette gufantmenfinben in ben geheimen ©emächent. Ser ©gar öer=

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bietet ba§ SRoulette auf'§ Strengfte, unb men man habet ertappt, ber mirb ohne ®nabe nad) Sibirien gefd^icft. ®§ ift fidjer, baft $eneiben£ Serleuntber, befonber£ bie grauen, meldhe fie beneiben, ba§ ©erüdjt verbreiten, baft fie Sftoulettebanf f»ält, um bamit ihren feenhaften Sup§ ju beden. geh Vermutl)e ma§ 2lnbere3."

,,©a§ haft ®u für ©rmtb ba§u?"

„Sei ben Soireen ber Schaufpielerin ift aRidjaet $nr- genjeff ein ftetiger ©aft. ©r gehört auch ju genen, bie nach aRitternadjt in bie aiebenfäle verfcfjminben. 3Richael Sur* genjeff aber ift ein unb Puritaner."

„Sludh bie Sßhilofophen ha&en Stoifdhen frönen grauen unb guten ©einen ihre lueida infcervalla."

„SCßir fennen aRicfjael länger, gef) habe thn noch feit feiner ®emi=®ecemviren5eit im Singe. @r mar ber ©innige unter feinen gugenbgenoffen, ber an feiner ber mobernen SluSfdhmeifungen theilnahm. @r bereifte ©nglanb, granfreich, Seutfdjtanb, aber überall fudjte er nur bie großen ®idjter, hodjfliegenbe ©eifter auf, bei ben gerftreuungen be£ leidjt* finnigen Schmarrn'3 mar er nie gu finben. aiidjt einmal in $ßari§! Uub bort ift bie ßuft, ba§ Vergnügen’ eine fyen* fdjenbe Religion, ©ie fönnte ihm atfo einfallen, fykx im ©eheimen an bem Slltare §u opfern, ber bei un§ unter bem Sanne be3 ®öpenbienfte§ ftefjt? ®ie ©egenmart biefe£ einzigen aRenfcfen Verrätf) genugfam, baf$ man bort 3lnbere§ unter gefd£)toffenen Spüren Verbirgt at£ eleufinifche aRpfterien."

„Unb ba£ tonnte man bi§ jept nicht erforfdjen?"

„So mic fid) $eneiba am Slrme be§ ^erjog'ä au§ ber ©efeflfdfjaft entfernt, nimmt bie Unterhaltung ben ©harafter be§ aRplittafefteä an. ®ie teic^tfinnigen Speoterfeen nehmen alle Sinne ber gurüdbleibenben gefangen, unb be£ anbertt Xag§ meift geber nur barüber SKecpenfchaft ju geben, baf$ er fidh vortrefflich unterhalten, ©enn ein „Sruber" fiep retten miü, um ben „Sojaren" §u folgen, umringen ihn bie Sirenen, bringen ihn §urüd, ertränfen ihn in füf$en ©einen unb füfjen Hüffen, in lieben^mürbiger Serfdpmörung.

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Um fie ju Überliften, um bired bie fpohepriffterin beS SDtpfteriumS felbft ju erobern, bebarf eS gerabe eines in aßen olpnipifchen «Spielen fo fiegreicEjen gelben wie einer bift. "

„Sehr fc^meic£)elt)aft für mich- SBann fott ich bamit beginnen?"

„Stoch fjeute. ES ift ber le|te Sag ber SRaSticawocfje, bie le|te SßorfteÜung im 0pernf)aufe. $eneiba tritt in ber Mariage secret unfereS Eimarofa auf. 2)aS ©ebrörtge wirb groß fein. Sobalb bie Ufjr 9Jtitternacf)t fcfdägt, ertönen bie ©locfen aller Sirci)tf)ürme, unb mit ©tocfengetäute beginnen bie großen goften. SMeS ftrömt bon ben Straßen bem fjaufe ju jur Süße. Qm fReid^e ber ©ühnenfönigin aber beginnt bann ber gafchiug! ißrinj Earneoal mit feiner luftigen ©efeüfchaft f)ält feinen feftlidt»en Einjug in bie glänjenb erleuchteten Säle, burd) beren gefdgfoffene genfter fein Sidjtfttahl, fein SOtufifton bringen fann. ®u mußt ®id) ju biefer Unterhaltung einlaben taffen."

„9t ad) bem großen Slffront oon heute! ?"

„®u bift in bertei “Steiftet. "

„Qdj höbe ber gttrftin ©hebimin oerf proben, ihre Stibalin noch heute auSjupfeifen. "

„SDtir aber haft ®u oerfprodjen, fie noch heute ju erobern. "

„3)ie Seit ift furj."

„3)odj bie ©elegenheit günftig. Qch erfuhr, baß geftern in ber §auptftabt jwei SMänner eintrafen, beren Erfreuten hier ungewöhnlich ift. ®er eine ift Srijfanowljfi aus fßolen, ber anbere Dberft fßeftel oon ber Sübarmee. SBeibe erhielten bereits Einlabungen ju geneiba’S fogenannter Janjunterhaltung. Stur bort fannft E)u mit ihnen jufam= mentreffen. ®u mußt oon ihnen erfahren, weshalb fie hierher fatnen?"

„3<f> tuerbe bort fein."

„S55ie Wittft bu eS anfangen?"

„SBie man bei unS SiebeSgef Richten ju beginnen pflegt : mit ©efdjenfen."

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„Ofj! Siefe gee ift reidjer, atä Su. SSiergigtaufenb Sftubet erfingt fie fid^ bei einem ©oncert. 2öiß fie Siamanten, fudfjt fie fi$ bafür bie fcf)önften au£, unb toitl fie ©dfjönereS at£ Siamanten, fo verteilt fie biefe Summe unter bie Sirmen. Seinem ©efdjenfe fönnte paffiren, baft & Verboppett gurüdffd^idft.

,,Sd) merbe i£)r ein ©efdfyenf machen, ba£ itjren 93ei- fall erringen mirb ein 2ldf)tgefpann."

mie nur ber ©gar befi^t?"

„©in fotd^e^ £>at fetbft ber ©gar nicf)t. Su mirft felgen, mit biefem ©efpann merbe id£) burdt) bie Pforte be£ geen- fcfjtoffe^ fprengett. Sa§ Uebrige übertaffe mir. Sßenn ein „grünet Sudfj" ejiftirt, merbe id E) e3 fetjen."

VI.

Pie Putrfi(ftgeßlie6 ene.

f^ürft ©tjebimin binirte f)eute mit feiner ©ematin. SSeber er nodt) bie gürftin traten ber ©eene @rmäf)nung, metdfje bie §irfcf)iagb befcfytofj. ©§ ift aber unmöglich, ba§ bie SKacfjricfjt fid) nid)t in ber gangen ©tabt Verbreitet paben fottte. 83lo$ bie Sßotigei natjm (eine Senntnife baVon. ©elbft ber erjagte §irfd} btieb an ber ©teile liegen, mo er fiel. SBirb man if)n erft mit eintretenber ginfternife fortfd^affen, bamit Sliemanb fetje, mer if>n meggetragen?

„SSerbe id) ©ie f)eute in ber Dper fetjen?" frug bie gürftin.

„3dj meifc nidjt, ob xd) gef)en famt!"

„@S märe fdjabe fortgubteiben. gräutein Stmarinen fingt peute gum testen -State in ber „©etjeimen £od£)geit" unb merben gro|e Ovationen für fie vorbereitet."

Sie gürftin glaubte, man merbe ßeneiba tjeute au§= pfeifen, unb märe boef) föfttidfj, menn biefeä ber gürft in ber Soge feiner ©ematjtin vottftänbig genießen foflte.

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„3$ bebauere, nidtjt Verfpredfjen $u fönnen; bodE) muf$ id), mie Sie fetjr gut miffen, tjeute 9lbenb meine ©rof$~ mutter befudE)en, unb bie gute grau, menn fie rnidfj einmal tjaben fann, täfct midE) nidE)t metjr meg. Sie fragt nad£) alter SSett unb menn e$ SJtitternadfjt fdjtägt, forbert fie ftrenge, baft idE) midfj in ber neben it)rem ftimmex befinblidfjen ©apette $ur Drgel fe|e unb bie SBüfjermeffe finge. $ie§ !ann idfj it)r nidf)t Vermeigent. SBenn Sie aber münfdfjeit, ba§ mir ben feurigen Stbenb jufammen Verbringen, fommen Sie mit mir."

,,ßf), idE) baute für ba§ Vergnügen, id£) finge bie SKeffe nid^t. -

„§aben Sie bocEj meine ©rofjmutter nocf) nidfjt befugt, feitbem mir verntätt finb."

„Sie miffen, id(j fürchte midE) vor ben lobten."

„Stber bie 3lrme ift ja nodj'tebenbig."

„Um fe fdEjlimmer. Sie ift eine lebenbe Xobte. Unb midf) fdjauberfä eine ÜRumie gu feljen unb ju benfen, bafj idf) einften£ aud£) fo au§fef)en merbe."

„9ßun, bann gute Untergattung, meine Siebe!"

„©ute 2tnbad)t, mein ©näbiger!"

2)er gürft entfernte fidE). ®ie gürftin fdfjicfte iljm iljren gmerg nadE), bamit er amifdjen ben DrangegenfträudEjen be3 $reppen{)aufe£ Verborgen forfd^e, ob ber gürft mirflidE) nur in ber 23of)nung feiner ©rofjmutter unb mie lange er bort bleibt? *

3van äßajcimomitfdE) ©fjebitnin begab fidE) mirflicfy über ben SSerbinbung^Korribor in bie Sßoljnung feiner ©rofc mutter. ®ie atte ®ame bemofjnte ben mittleren Sract be§ ©EjebiminfdEjen $alai£, beffen genfter $u beiben Seiten naify einem |>of gingen.

ßmanjig Sa^re finb bereite, feitbem SInna geoboromna iEjre ßimmer nidEjt verlaffen f)at. Selbft ben fdEjmülen Sommer, eine 3eü, tvo atte SBornefjmen ber £>auptftabt auf bie Qnfetn ber 9iema flüchten, verbringt fie §mifd^en ben mit ^e^mer! tapejirten SSänben.

3m grüt)(ing be§ 3aJ&re§ 1804 überfam fie ein §art= nädfigeS SKervenleibeu, unb feit bamatö bilbet ber in einem

Sötfli : Srci^cit. I. 3

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SRoflftuhl jurücfgelegte SBeg t»om Spetfe= put Sarteuiifch unb wiebet pritcE ba§ ©anje ihrer Sewegung. Sie färbtet bie freie Suft.

grüner, in ben erften Satiren, hatte fie noch ©efeflfdhaft. @3 waren bieS brei, intern Sitter angemeffene, alte grauen, bie ju ihr tarnen, um SB^ift p Rieten unb p Hatten. 9ladj unb nadf blieben fie aus. ßuerft eine, batln jWei, pte^t afle brei. SRiemanb wagt eS ihr p fagen, baff fie geftorbeu finb. 9Ran machte fie gtauben, baff ihren güjjen ferner fafle, bie kreppe hinaufpflettern. Seit jener Seit fpielt fie ganj aßein SGB^ift.

Sind; je|t trägt fie ba§ atte Äattunjeug, toetcfieS 1803 fo fehr in SRobe tarn, afö ©jar Sllejanber bie ©infuhr auSlänbifcher Sdjafwoßftoffe »erboten hatte. Sie glaubt, baff bieS itod) heutigen 'XagS jebe Same ber SRetropole trägt unb bap ba§ S3arett mit ber geber, ba§ einem Surbait gleicht.

Swötf Sabre finb bereit#, feitbem fie ber Ie|te ihrer Seitgenoffen befugte. Slße finb fie bereit# beimgegangen p ibreit SSätern. Stnna geoboronma aber barf ba§ nicht wiffen. Slße biefe SRenfchen leben noch unb fdjicten ibr bei feierlichen Stntäffen ©rüfje unb ©ratulationen, taufeben no<b je|t mit ibr geweihte Suchen, geflochtene SBeugeln, farbige Dftereier, unb am Dftermorgen liegen auf ihrem 'Xifdje bie bunten SSifite» tarten mit bem in ©otb erglänjenben Spruch „Chris tos wosskresz“.

Sie SBeltgefchichte blieb bei ihr bort flehen, Wo bie Saifer SRapoleon I. unb Sllejanber I. für ewige Seiten ^rieben fdjloffen unb gleichseitig ihr einziger Sohn SSRajin SBaffilowitfdj oom ©jaren pm ©ommanbanten beS neuen georginifchen Uf)lanen=9legiment3 ernannt Würbe, ©eorgien würbe bamalS in SRujjlanb einoerleibt unb Stnna geoborowna rühmt fich nod) jebt gerne, bah fie eines XageS mit iperacliuS, bem ehemaligen $aifer oon ©eorgien, p jprechett bie ©hre hatte. Shr geliebter Sohn SRajirn führte ihn pr ihr, unb obwohl fie nicht üerftanben, Was fie mit einanber fpradjen, benn ber ©jfaifer fpracb nur perfifd), waS Weber bem SRuffifdjen noch bem granjöfifchen ähnelt, unterhielten fie fich bennod) fehr gut.

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©on ba ab forgte bie gamitie bafür, baß nt cf)t£ üon bem großen ©etöfe ber 9B ei tereigniff e bie 9tut)e ber guten alten grau ftöre. ©in ©jemptar einer Beitung mürbe feparat für fie gebrudEt, au§ bem jef>e ®rieg3nadfjricßt meggetaffen tnar. Sie $errfd(jer traten nichts 9Inbere£ auf biefer ©Seit, at§ baß einer be§ anbent Söd^ter $u grauen nafjrn, itjre Sauber oerfdf)enften fie großmütig unter einanber, ifjre ©enerate ^eidjneten fie of)ne jebe Urfadje aus, unb bamit ba§ gafjr^unbert benn bocf) nicf)t ofine ©Eutoergießen fei mürben auf ber fernen gnfet Senebo§ bie Ungläubigen ge* fcßtagen, an ben ©rennen ©erfien§ mürbe ^ie unb ba ein $urben=2lufftanb unterbrücft, unb ©etgrab oon ©ferntyi ©tyurfa erobert.

Stnna geoboromna mußte fetbft non bem fcf)recftid)en franjöfifdjen getbjuge unb oon bem entfestigen ©raube 9RoSfau'§ nodE) nicfjtä.

gn ber ©djladjt oon ©orobino aber fiel and) if)r einziger ©oßn SMajim.

gn ißrem ©tatte ftanb, baß 9Kajim ©Saffilomitfdj Oorn Sparen §um ©ouoerneur üon ©eorgien ernannt mürbe unb fidj bortfjin begeben ßat ofjne Slbfdjieb. ©eitbem läßt er if>r non bort SKacf)ridf)ten jufommen unb fdjidEt ©riefe, metdfje if|r ber Siener üortieft, benn if)re klugen oermögen nidjt mefjr bie Sudfjftaben ju ©Sorten äufammenjufaffen. ©raüer ©oßn! ber nie an feine SRutter oergißt.

Ser Siener, ber gute gfjnaäfo, ift i^r Sitten : ®oclj, ©tubenmäbcfyen, ©orlefer. ©ud) er mag feine fünfunbfiebjig ga^re §äf)ten unb fo um etma fünf§ef)n gaßre jünger fein, aU feine ©ebieterin. ©in anberer Sieftbote mürbe biefen Sienft nicßt auäfjatten, uub audE) ba£ mürbe feiner ertragen, baß er fidfj jeben Sag ein ©dE)loß an ben üötunb tege unb jebeä ©reigniß Oerf^meige, ba§ braußen gefdjießt; am menigften fann bie§ Oon einen ©Seibe oerlangt merben. ©udj unter ben SDtännern finb nur fotcije im ©tanbe, mie gßnaSfo.

©efonberS an einem fotdjen gefttage, an metdjem 2lnna geoboromna nidjt harten fpielt, benn bieß märe eine ©ünbe. Umfomefjr frägt fie. Bu tljrem ©lüdEe ^at fie guten

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2lppetit uttb fann non alle nt ®acf werfe gehörig effen, baS ihr „ihre greunbimten" am lebten SCRa^ticatage fchidfen.

„$u, $hna^°> mir fdfjeint, biefen ShidEjen f)at Sofia SnanoWna nicht felbft bereitet. Sie pflegt aus ben 3Jtalaga= tranben bie Seme herauSännehmen. 33er fuch' einmal."

„SaS ift WirflidE) Wahr. Sie fiel )t eben nicht mehr red^t, bie gute Seele."

„3n ber Ifjat! -Jhtn fie ift alt geworben, fo Wie td); (Grmtb genug, um nichts gu fet)en."

(Sie £aupturfache ift aber bie, baft fed)S guft ©rbe jWifdjeit ihr unb (Gottes 2Belt liegen.)

„Unb bie f leine gürftin, unb bie fchwar^e (Gräfin, haben bie Sir (Gratulationen gum heutigen Sage gefdjicft? Unb bie grau (General=2ieutenant, bie fo fcfjwer fjört?"

„9luf bem filbernen Sifd) finb alle bie (GratulationS= fdEjreiben."

„|>aft Su ihnen aud) geantwortet, Wie fidEi'S gebührt."

„Sofort ^abe ich geantwortet."

„Ser grau (General=2ieutenant Ijätteft Su mit großen S3udE)ftaben fdjreiben müffen, benn fie ift fehr fdf)Werl)örig. gft bie alte Bettlerin um bie Warmen Kleiber gefommen? £at fie fid) bariiber gefreut? prophezeite fie nidEjt (Gutes für biefeS gahr? ®ommt fein Somet? 2l<f)! nur ber fomme nicht! £>aft Su ben (Groftfürftinnen baS Souquet Eingetragen?"

„Q>ch trug eg fyn. Sie banften."

„|>aben fie noch nid^t geheiratet? SDlein (Gott! fie müffen bod£) fdfjon heiratsfähig fein."

(S3eibe haben bereits geheiratet, noch in ihren Sinber* fahren ben Weiften Bräutigam, ber in ber anbern SBelt Hochzeit hält; aber Slnna geoborowna fagt man bieS nie.)

„S33ie geht'S benn bem alten Sölanne?"

„SSie gewöhnlid^."

„(Gebraucht er bie ihm non mir gefehlten ©lifabeth5 fugein gegen bie (Gid£)t?"

„Sehr ftarf benü^t er fie."

„Saun er 3tadE)tS fd^tafen?"

„©inmal ja, einmal nicht."

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„Klagt er nicht, menn üfteumortö ift, ober wenn ber SBinb bläft?1'

„feie uttb ba; bocf) befänftigt er ftc^ halb."

„Siefe fchänbliche pfeife J)at er fidherlich immer im SRunbe. So fipt er im 9tau<h, mie ein Kohlenbrenner. "

„9BaS foüte er 9lnbereS thun?"

„9la, mart' einmal. Sa fyex trage ihm biefe gute, toarme ©d^tafmü^e hinüber. geh felbft habe fie aus rother SEBoße für ben alten SDtamt geftricft. @r hat bie rothen SRüpen immer gerne gehabt. Sage ihm, baft ich an ihn gebadet höbe, nicht fo, mie er an midf). Stber maS f bunte er mir auch fdjiden? ^ßfeifenafche?"

(Sich, ber alte SJtann ift felbft bereite Staub unb Stfd^e. @r mar ber ©emal ber Stnna geoborottma, ein gichtbrüdfjiger SKann, ber feine ®attin 3ahre hiöburih nicht fah, obmohl fie in einem §aufe mohnten. Keines Don SSeiben Oermochte ju gehen. Sann tonnte bie ©ine bie pfeife nicht auSftehen, ber Slnbere aber tonnte fie nic^t aus bem SDtunbe nehmen. ©ineS SageS fanb er auch, ba§ feine ©ruft in ber Sllejanber 9temsfi=Kathebrale ruhiger fei, als fein bis- herigeS Säger; aber er mürbe in foldher Stille begraben, baft bie alte grau üon feinem Sobe nichts erfuhr unb noch immer für ihn gute mar me SRühen anfertigt.)

„Slber mo bleibt benn ber „S3ubi" fo lange? ©r mirb bodh nicht traut fein, ber 95ubi? SaS märe fdfjön, Wenn er auf mich üergeffen ^ätte, ber 93ubi ! mürbe ihm tüchtig ben Kopf mafdjen, bem 33ubi."

ShnaSto beruhigte bann bie alte grau, baf$ ber „33ubi" $u einer mistigen Serathung bei Sr. SKajeftät bem ©§ar gehen muffte. Sßahrfcheinlich ift mieber üon einem ju t>er= fdjentenben Sanbe bie Sftebe.

„SaS änbert bie Sache!"

Dh, ber S3ubi ift bereits ein großer SDtann; ein breifftgjähriger ffllann unb S3efi£er fämmtlicher Drben in ^Brillanten. SaS ift ber ©ntel ber guten alten grau, ber ftolge, mächtige gürft !göa u SKajimomitfd^ ©hebimin, unb feine ©rofftnutter heifft ihn auch je^t noch ben „33uben."

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ßängft ift bie ßampe fdjott angejünbet; oft toirb fic bett ganjen lag nidjt auggelöfdjt. Seim geringftett SBinbjug fdfjlieit man bie genfter p, unb eg oergetien oft brei big oier Sage, ot)ne bafj eg im 3immer tagt. Sie 3immer= betoofynerin tiat audfj nicEjt nötljig, auf bett Unterfdf)ieb jtttifd^en Sag unb SKacfjt p adjten. Sie fteljt ni<f)t auf, unb (egt fid) nid^t niebet. Sie ergraut in ifjretn gauteuil; lommt ber Sdfjlaf über fie, fo fdjläft fie ein, unb ertoadit fie, fo Oerlangt fie ju effen unb jjat guten Appetit. 2lHe Sonntag läßt fie fidj tton einem toeiblidjen Sienftboten toaftfien unb anflei» ben, unb bag ift it»r toieber für eine SBodje genug. Sßenn 9JlittetnacE)t§ alle ©loden ber gfaafgfatljebrale läuten, toeifj fie baff Sonntag in’g Sattb gejogen ift, unb bringt man iljr eine 3ätung, fo toeifj fie baff greitag ift. 3uttie^en bigputiren bie Seihen gar über bie „fjöfjere Ißolitit." ^e|t ift eben ein gefpannteg Serljättnifs jtoifcpen Iperrin unb Sclaten. ber B^itung ftanb nämlidl) golgenbeg : „ber petbenmüt()ige ©eorg ßfarnpi ertuarb bie geftuitg Setgrab ttom Sürten. "

Sie fterrin toünfdjte bieg fo p oerftepen, baff Sfarnpi bie geftung mit Sturm einitaljm, unb bie Ungläubigen inaff at ritte ; ber Siener hingegen naljm bieg bem SBortlaute nacf), baff er näntlidj für baareg ©elb bem Sürten bie geftung abgetauft fjat.

Sarüber ftritten fie feljr. „Soän foß nur tommen, er toirb fdljon urteilen, unb toenn Su (Redfjt fjaft, betommft Su einen ganj neuen 9tod mit gucfjgf eH ; Ijab idj aber (Redjt, fo betommft Su mit biefer Sßeibenrutfye günfunbpmnjig auf beinen (Rüden üon meinen ipänbeu!"

Son iprctt §änben, bie feine gtiege meljr im Stanbe toären p erfcfßagen!

Slber bie alte grau ift radjjüdjtig unb fjat iljm nun fdjott pnt britten SRale befohlen, neben fidfj über jtoei Seffel bag neue SJleib unb bie Seitfdjc p legen, bamit er nadj güan’g Slntunft fofort eineg hon beiben befomme.

Unb bodfj »ergibt fie auf ber Steile iljren 3orn, ganj Set grab uitb ben ©eorg ©farnpi, fobatb ber „Subi" oor if)t fteljt.

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ßr trat fo teife ein bei ber Seppichtbür, baf$ fie ihn erft fah, als er öor ihr ftanb.

®er „S3ubi"! ßr ift ber fdhönfte ÜDlantt ber Stefibenj. ßr ^at eine Statur, mie ber ß$ar.

ßr blicfte ernft unb tief mit ben fchmadfjtenben grauen Singen .

„9tun ®u fchledhteS ®inb! So fpät mu§ man fomtnen?, 3ft bie Schute je£t erft vorüber? gürdhteft ®u nicht, baft ich $idf) gleich nieberfnien taffe?"

ßr fniete fcfjon öor itjr. Unb bie alte grau brücft ihre magere, runzelige §anb auf fein ßefidjt, mäljrenb er feinen ®obf in ihren Schoofj legt. Sie Iac£)t, unb mit ihrer £anb Sauft fie fd^erjenb fein §aar.

„$er fc^limme 83ube! SSie er f<f>meid)eln !ann! 3Bie eine $a£e! ®ut! ®u foUft feine Schläge befommen. 8dh nerjeihe ®ir. Söeine alfo nicht! ßr f )at benfelben ®opf mie mein SKajim, nur bafc biefer rnidh mehr liebt, benn er fdEjreibt mir alle SKonate, unb ift bod^ fcfjon ein grojjer SKann. gn beinern Sllter gierten feine Sruft fchon jmei Serbienftfterne. ®odh maS £>aft ®u fchon get^an? ^>aft ®u fchon für ßl>re gefämpft? |>aft ®u ®einem SSater nachgeahmt?"

®ie §änbe ber alten grau T>etafteten bie 33ruft beS Jünglings nnb entbecften bort ben ®iamantenftern beS Sllej> anber 9ßemsft)=£)rbenS, morüber fie in aufcerorbentlicfje greube geriet^ unb auSrief : „®aS ift ja gar fein Sreuj, fonbern ein Stern! Unb noch ba§u in Srittarrten gefaßt ! ®u §aft beinen SSater beraubt, benn biefer ®iamantenorben hätte it)m gebührt. ®aS ift ein §elb, ein großer SDlann. 3hm tjätte baS ®iamantfreus gebührt. Slber nicht maf)r, auch ef h&t baS erfte DrbenSfreus bereite erhalten, ©ett ja, mit eben fo fdfjönen ®iamanten aufgelegt?" (ga root)t ja footjl, er bat eS erhalten, mit glän^enben Riefeln aufgelegt im fühlen Sanbe, am SJtoSfmasUfer.) „®odh nun fte| auf! ®u bift ja fchon grofi, unb maS mürbe auch ber ßjar fagen, menn er erführe, bafj fein ©eheimer 9tatf| toor feiner ©rofjm.utter noch tniet? Steh auf, unb ergähte mir non micf)tigen Staatsangelegenheiten, $dh fann in felbe

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breinrebcn. Df), ju ben feiten Saifer fßaut’S War id) in Stiles eingeWeifjt. ^d) Ijiclt ben alten SDtann bon ber ©raf fßaflenfdjen SerfdjWörung jurüdE : fonft füge er je|t in (Sibirien. -Jtidfjt waf)r, Su liebft ben ©jar? So gehört fidfj’S! 3Bie oft f)at ©jar fßaut beinen ©rofjbater gef plagen! ©r flagte nicfjt einmal! 2lber je|t finb im ganzen Sanbe leine ©omplote gegen ben ©jar?"

„Seine, ©rofjmütterdien ! "

„SSenit Su oon einem ©omplote Ijörft, jeige eS fo= gteidj an! Söenn Su unter bem Sette Seiner ©rofjmutter einen Sieb wüfjteft, möditeft Su iljn itidjt anf ber Stelle bei ben Süfjen tjerborjielien? Um bieleS Zeitiger ift jene Seine fjSflidf)t, ein ßomptot gegen bie SJtajeftät beS ©jaren ju tiereitetn. 333er gegen ben ©jar fianbelt, wirb beftraft; Wer fid) aber um if)n Serbienfte fammelt, wirb reidjtidj be= toljnt. 3Bie machte er 'S nur mit Sutufoff? Sen beften ©bet= ftein brad) er aus feiner Srone, fdjenfte ifjn Sutufoff unb liefe an beffen Stelle ein gotbeneS Statt mit ber Sluffdfjrift „Sutufoff" einfägen. Sie Suwitie ber ©fiebimin ift nidjt fdfjledfjter als bie ber Sutufoff!'"

3wan erblaßte. Ser -Karne „©fjebimin"? 3a! Unb bie

©jarentrone? Sie gehören pfammen! - S3on einem

Sronettbrucf) fann batb bie Siebe fein.

„SKein ganjeS Seben Weit)e id) bem ©jar, ©rof}= mütterdjen ! "

Unb bann errötete er bor fidj felber. Senn er.fjatte unwahr gefprodljen. Unb er fann.audj) nidfjt Waf)t fpredjen, nie unb ju -Kiemanben! SieS ift baS einzige ©efdfjöpf, baS er auf ©rben Wirflid) oom Serben liebt, .unb audf) fie mufj er täufct)en. Son grüf) bis in bie fpäte 9tad)t fjinein mufj er immer lügen, ben if)tn in’S ©eficfjt felienben ©tenfdjen muff er belügen, mufj lügen für bie hinter feinem Sftücfen Spio= ntrenben, fo baff er beS -Kad)tS nidfjt wagt $u beten : „§err, neige mir bein Dl)r $u!" aus gurdjt, baff er aud) oor ©ott lügen Würbe.

„3dj erwarte Sief) fd)on lang. gdfjljatte einen großen Streit mit SfjnaSfo, unb Su mufft barin ber SdfjiebS®

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ridjter fein. " Unb fie erjagte ben ©egenftanb be§ Streites „SEBer otfo f)at recht?"

Swan tackte tjett auf.

„Ser ©rfatjrung gemäß Ijätteft Su recht, ©roßmamä! benrt geftungen pflegt man in ber Sf)at mit SBaffen einjw nehmen. Stber in biefem einen gälte tjat ^tjnaefo sJied)t, benn ©eorg ©fernpi t)at Setgrab Wirtlich um „gutes ©etb" getauft, ®ib it)m baf»er ba§ Steib, unb nic£)t> bie Seitfcbe."

Sie alte grau winfte bem Wiener.

„frnft Su gehört, g()nasfo? ©o muß ber geregte Stifter urteilen! ©r muß Wie biefer bem Sieiter Stecht geben bem §errn gegenüber, unb fetbft feine eigene ©roß= mutter berurttjeiten ! greuet euch, Sötfer, baß euer ©chicffat- in ber öanb eines SOtenfdhen fein wirb, beffem ffltunbe nur 2Bat)rf)eit entftrömt!"

. gwan Wanbte fid)' ab.

„Somm* boct) näher, feije Sich ju mir unb beichte : Wann Wirft Su heiraten? Sie ßeit Wäre fd)onba. §aft Su nocf) nid)t gewählt?"

Unb gwan mußte antworten : „Stein!"

©r tonnte if)r bud) nicf)t fagen, baß er fdfjon Dur brei Satiren eine ©attin iit’S §aus führte, bie aber fo herjtoS ift, fid) ber atten grau gar nid)t üorjuftetten, Weit fie fie Wegen i^reS SttterS unb ihrer Stunjeln fürchtet, b’rum mußte er mit Stein antworten.

„3e|t fiaft Su gelogen! Saß' midi Seinen fßuls fühlen. Statürtid) ßaft Su gelogen! SCÖie fottteft Su auch noch nid^t lieben? Siet)’, l)ier in meiner ©djubtabe bewahre ich ein Siabem für Seine Sraut, es ift baSfetbe Siabem, baS id) trug, atS mich ®ein ©roßüater an ben Stttar führte. SamatS War noch SRoStau bie tpauptftabt beS Steidjeä. 2tn , ber ©teile biefeS herrlichen fßataftcS ftanben barnats noch 2öei= benbäume. 2lu<h Seine iBraut fdhmüde fid) mit biefem Siabem. S<h gebe eS Sir! Stimm eS ! Su Wirft am beften wiffen, Wen jieren fott. genes SJtäbchen, baS Su tiebft, foK meine tiebe Schwiegertochter fein."

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3iWan aber Wußte wirftid) nid)t, wem ba§ Siabem ge= büfire. @r fjatte ein 2Seib, baS i£)it nicf)t liebte, unb eine ®e= liebte, bie nie fein SSeib werben tonnte. ®r burfte atfo baS Siabern feiner twn SSeiben geben.

,,3d) werbe eS aufbewaljren, ©roßmantadjen, bis bie Steife baran fömmt."

„9tun aber Wirft ®u mit ntir foupiren, nicf)t Wafjr? 3)aS te|te S8utternad|tmaf)t Wirft ®u bei mir öerjefyren. $u getjft nict)t in ©efettfcfiaft locferer ©efetlen trinfen, wie bie anberen leitßtfimtigen gungen, bie man um bie äJtitternadjt» mette auS ben übetbeteumunbeten ©petunfen jagt. ®u n ad)t= mafjlft wie ein braöeS Äinb mit deiner ©roßmama."

Unb !gwan mußte effen unb mußte ifjr üorlügen, baß ifim b.aS Souper bortrefftidj muitbe; wäfjrenb er bodj erft furj Porter oom ®iner aufgeftanben War, unb im @d)toß ber frönen $eneiba ein lucuttifc^eS SEJiaEjt feiner fjarrte.

SBenn nur ber Sftagen proteftirt fjätte gegen baS Dpfer! 2lber fein ^erj War not ij toiel metjr öbertaben.

SBettß’ namenlofe Stngft mußte fid) feiner bemädjtigen, wenn er badjte, baß bie beteibigte ©attin eben in biefer Stunbe il)re ganje fftad^e auSgießt über jene anbere grau, öon Wetter alle SBett Weiß, baß fie jarte geffetn au i£>n fetten, unb Welche er gar nidjt fdjüßen fann, am aßer= Wenigften gegen bie Slngreiferin, bie feine eigene ©attin ift. SBenn ber ©gar gu ,'pauje wäre, Wagte fie nidjtS gu tljun, aber in feiner Stbwefenßeit ift 2lüeS ertaubt, WaS fein attmädjtiger ©ünftting geftattet.

Slufridjtig geftanben, freute fid) $Wan, baß er nid)t bort fein fonnte. 6r War ein weither, unfetbftftänbiger, gartbefaiteter SOiertfcf), nidjt geWadjfen ber Situation. ®t überragte bie ÜDtenge um einen ®opf, beSljatb würbe er audj gum güßrer gewählt. $)odj biefe ftfjwere 9toDe machte ißn ungtüdtid), benn er fjatte alte gä^igfeiten bagu, außer ben 2Rut$! -

$ie meifte Suft ßätte er baran gefunben, eines fdjönen SageS atf feinen SBefijdßümern unb SunbeSgenoffen fammt feinen ißaläften unb bem gangen Ütuffenreidje 2lbieu gu

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fagen, Beneiba ott ber §anb ju neunten, mit it)r in bie meite SBelt §u gehen unb bie Tenorpartien neben ihr ju fingen. SSietteid^t gefctjähe auch, menn Beneiba nicht mehr atS eine gemöhnlidfje föünftterin märe. Stber ber beunru^igenbe ©ebanfe ift ja ber ma§ ^eute auf jener onberett 33üfyne öorgehen mirb? Stuf ber einen t)arrt feiner ©etiebten vielleicht ein ©trotjfranz. Stber auf ber anbern? 33on jener Sühne pflegt ba§ S3tut ber SRitmirfenben fyexab* juftiefjen. Unb bie gute ©rofcmutter fonnte ihn nic^t genug jurn ©ffen aneifern. ®agtDifcf>en frug fie nach SRaria Souifen unb bem großen SRapoleon, nach bem Keinen Tömifdjen ®önig unb anberen fotzen SRenfdfjen, beren 3eiten vergangen finb; morauf Sman fortmährenb fo ber= lehrte Stntmorten gab, ba§ if )n ber gute gtmaäfo nicht genug jurechtmeifen fonnte, ba er au§ feinem 3e^un9^ötatte non atT biefen Tingen meit beffer unterrichtet mar.

2Bie bann bie erfte ©tocfe braunen ertönte, nahm bie alte gtou ptöfctidh beit Siffen au§ ihrem SRunbe unb legte ihn juritd auf ben Teller. Qhnaäfo aber räumte ohne meitere Sefehte abjumarten bie ©peifen meg unb breitete eine anbere feibene Tedfe auf ben Tifcf).

„Tie Saften finb ba. SBenben mir un3 ju unferem göttlichen Sater!" ftüfterte bie fromme Sitte.

Sman füfjte bie SBangen feiner alten äRutter unb biefe bie feinigen.

Stu§ bem Schlafzimmer ber SRatrone führte eine fteine Thüre in bie ©apetle. i^man trat ein, unb mährenb bie atte grau, ben SRofenfranj in ber §anb, ihr ©ebet begann, * ertönte in ber ©apelte Drgetftang unb eine frifdhe SRämter* ftimme ftimmte ben geftpfatm an.

„Sßetch' ein guter ©ohn unb guter ©hr^t ift biefer 3man SRa^irnomitf^", ftüfterte Stnna geoboromna mährenb be£ ©ebeteS, „unb ma§ er für eine prächtige Stimme hat. @r mürbe jum ©hor ^ ®äaren paffen."

Unb unter $fatmenfang unb Drgetftang prie§ fie an= bärtig ©ott ben StUmächtigen, unb für ßebenbe unb tebenbig

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geglaubte Sobte betenb, entfdjlummerte fie ruljig in iprent SlrmfeffeL

Ser *ßfalmenfang unb Drgeßlang tönte aber nodfj immer fort unb fort, benn biefer Sman 3Rajimomitf4 tjürft ©Ijebintin ift gar ein unenbüd) guter unb liebevoller Sof)n.

greilidj mar aucp baS nur eine Süge.- 9tlS igman in bie Kapelle trat, martete bereite eines ber Kljormitglieber beS Klaren, baS man burdj eine verborgene Styür einge= Xaffen ^atte, unb feine Aufgabe mar eS, §u fingen unb bie Drgel ju fpieten, bis bie SRatrone eingefcplafen mar.

Sürft ©pebimin aber entfernte fidf) eilig über bie geheime Sreppe unb ben Verborgenen ©ang.

Sein $alaft ftanb in öerbinbung mit bem ?tadf)bar^aufe. Sort marf er fiep in eine Serfleibung unb inbem er ben im £>ofe parrenben ©erlitten beftieg, ertpeilte er bem ®utfcper Sefepl, mopin er ipn $u fahren pabe.

2luf bie grage ber vom Sweater rüdfeprenben gürftin antmvrtete ber Äutfcper mie ber ßmerg, bafe Seine Surcp* lauept bapeint mären unb bie ©emäcper ber ©rofemutter noep niept verlaffen Ratten.

VII.

Jl^tergefpanu.

gürft ©pebimin verliefe feine gemeinte SBopnung in einem einfachen ©glitten opue SBappen; ber ®utfcper trug leine 2ivr6e. Ser gürft gab bie SBeifung, naep bem Sweater ju fahren.

ßu jener ßeit patte bie neue Jpauptftabt erft ein einziges gröfeereS Sweater : baS DpentpauS. §ier mürbe Srarna, öuftfpiel unb £>per an einem unb bemfelben 91 benbe in einem ßuge gegeben ; bie SSorfteHungen bauerten in ber Stege! bis SJtitternacpi.

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©ben ju jener 3eü nun überfam bie Muffen bie Segeifterung für bie ©cfeaufpietfunft; baS eine Sweater genügte nid)t meljr; man oerfiel auf ba£ StuSfunftS* mittel, bafe bie reichen Stynaften fid) in i^ren ^aläften $ßrioatbüf)nen erri dfjteten, auf benen fie bann oor i^ren (Säften non itjren eigenen ©Saufpietgefettfcfyaften ©tjafefpeare unb 9Koti6re auffüfjren liefeen. ©etbft in ben beiben $atä~ ften beS ©$arS im SBinterpataft unb in ber ©remitage gab eS Sßrioatttjeater, auf benen nur §offd)auf:pieter bebutirten. ©in fjeroorragenber, f)od£)geftettter 2lbetiger trieb bie ^ßaffion für baS ©cfeaufpiel fo meit, bafe er feine Xruppe fogar auf feinen Sanbfi^ mit fid) na^m; ba aber auf bem Sanbe §u einer guten Sfjeateroorftettung nidjtS fernerer §u befdjaffen ift, als baS P. T. spubtifum, fo tiefe fid) ber SDtann eine Sammlung non 2Bad)Sfiguren madfjen: ©enerate, Staats- rätfee unb elegante tarnen; mit biefem auSgeftopften $ßublifum füllte er baS parterre feines XljeaterS, um bie Sßufion noltftänbig $u machen. 3U bemerfen ift, bafe biefe ©djaufpietertruppe aus ben porigen unb öeibeigenen beS betreffenben §errn refrutirt mürben; bemnad) ift gar nicfjtS UnmatjrfdfjeinlidfjeS an ber 2tnefbote, melcfee erjäfett : als eines 2lbenbS Dttjetto eben im beften 3w}e mar, feine ®eS- bemona §u ermürgen, begann ber ©runbljerr in feiner ßoge ju niefeen, bafe es burcf) baS ganje |>auS fjatt te; ber fcljmarae SBüt^eridE) tiefe fofort non feinem mörberifcfeen beginnen ab, trat an bie 9tampe nor unb münfdfjte bem gnäbigen £errn ein untertljänigfteS „gur ©enefung"; bann erft machte er fidfj mieber baran, ©fjafefpeare’S graufamen ©infatt gu ooüfütjren.

hieraus mag man ermeffen, meldje Segeifterung ein fo aufeerorbentticfeeS fünftterifdjeS $f)änomen ermeden mufete, mie eS 3eneiba mar. ©ie mar ein Sinb beS eigenen ßanbeS. (Sftterbing^ mürbe ginntanb erft in bemfetben Saljre für SRufetanb geboren, in meinem 3eneiba geboren mar.) 3eneiba mar ein mastigerer gactor als ein SJtinifter. Surfte eS ja bod) fd£)on in ben 3eiteu ®atf)arina*S II. eine $rima= bonna magen, ber ©jarin, bie itjr oortjielt, bafe fie bereits

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fo biel ©et)att begieße, at§ bie borneI)mften ©enerale, in'3 ©efidjt ju fagen : „3e nun, fo taffen fid) ©ure SKajeftät bon 3tyren ©eneraten borfingen!"

2)ie größte 33eforgnif$ beS dürften ©fyebimin mar aud) ni(f)t bie, bafc 3e**eiben irgenb eine unmürbige Seteibignng miberfaljren tonnte, tt >a3 non einer bettelten Siebenbuf)lertn immerhin ju befürchten ftanb ; er fürchtete bietmeljr, baft biefe§ SBeib, mie er fannte, im ©tanbe fei, in bem Stugenblide, ba ber erfte $fiff taut mürbe, an bie s$rofcenium§tampen §u treten unb bie SRarfeißaife anjuftimmen; begann man im §aufe erft einmat @trot)frän§e $u merfen, fo tonnten im näd)ften Slugenbtide fdjon SfTlenfd^enföbfe burd) bie Suft fliegen ; e$ braucht eben nur eines Meinen guntenS, unb bie ganje ffliine fliegt auf.

©ein |>era ^od^te t)eftig, als er fid^ bem Dpernfyaufe näherte. ®aS $rötjnen ber ©toden bon tiunbert türmen jumat übertönte jebeS anbere ©eräufd); atS aber bann bie ©toden fdjmiegen, erbröfjnte mit einem SÖlate bie lange ©trafce, in metdje fein ©dritten eingebogen t)atte. ®ie riefige Stbenue mar if)rer ganzen Sreite nad) bon einer tofenben SRenfdjen* menge bebedt, metd)e fid) xtjm entgegenmätgte. 3BaS mar baS? ©ine Sieb otte, ober ein $riumpl)gug? §unberte unb ljunberte bon gadetn flammten über ben köpfen ber SJienge.

©ein £>erg tlopfte rafcfyer unb tauter. @r mar fein rebo= tutionör angelegter S^arafter; er gehörte nid)t gu Senen, metdje bor SBonne trunfen merben, menn fie baS SömengebrüHe ber entfeffetten Sölaffen t)ören; feine ©eete fdjauberte im ©egen- tljeil babor gurüd. Stber er mar ein ebter ÜERenfd); ein SBtann, ber, ob aud) £erg unb ©eift fid^ bagegen fträuben mochten, mit benjenigen gu fallen muftte, benen er Xreue gefd)moren ; ber, obmotjt er babor gurüdfdjauberte, feften ©d^ritte^ bis gurn Stutgerüfte getjen tonnte für bie großen Sbeen, für bie er fid) entflammt. ©c|on mel)r als ©iner ift baburd) ein §etb ge= morben, ba& itjm ber 3RutI) fehlte, bor ber ©chtad)t SieiftauS gu nehmen, gürft 3man blieb unb ermartete bie SKenge.

®a mit einem Sölate fiel it)m etmaS in bie Stugen, maS iljm in ber X^at neu mar.

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inmitten bcr nom gadelfcheine beleuchteten äRenge glitt ein nergolbeter ©dritten bahin, beffert ©chnabelbilb einen gotbenen ©chtoan geigte. ©3 mar ber moljlbefannte Schlitten 3eneiba'3. bemfelben faf$ bie Sünftlerin, in ihren foftbaren $obefyelg gehüllt, nnb aufjerbent über unb über non ©turnen* fträufjen bebedt, bie nom grofte bereite canbirt erschienen; ge* gogen aber mürbe ber ©dritten non einem Sldhtergefpann, non einem ©efpann, mie e$ ber ©gar felber nicht nor feiner ©aroffe hat : acht nornehme Sojarenföhne, bie ertefene ©reme ber jeunesse dor6e, gogen ba3 ©efährte, nnb auf bem ffiutfcherfifce faß ber SRitter non ©atban in *ßerfon.

gürft ©hettntin vertiefe feinen ©glitten nnb gab mit ber 3Renge ber ffünftterin ba§ ©eleite.

$urch bie SRenfchenmaffen arbeitete fich brängenb unb ftofjenb ein SRann hinburd), in bem ber gürft ben Safai feiner ©emalin erfannte. Sin ben Schlitten herangelangt überreichte ber ©urfdje bem fftitter ©alban einen riefigen Strang non £tjacinthen nnb flüfterte ihm einige SBorte gn. ®er ©henalier erhob fich nom ®utf<herfifce nnb rief mit einer ©tentorftimme hinab :

„# o ho, ihr Herren! 3hr eblen Herren Stöffer! palt einen Slngenblid. S)a fehet eine glängenbe Xrophöe! liefen ©traufj fammt bem briüantenbefefcteu ©hünenhafter : „mit bem Slitöbrude ber Semunberung für bie göttliche Shtnft nnferer göttlichen geneibe bie gürftin GMhebiminl1'

Xaufenbfad)e §urrahmfe gellten burcf) bie falte Suft, bie für einen Slngenblid non bem fauche be$ ©chreieä mit einem förmlichen SRebel bnrchgogen mar.

„Allons! ©ormärtä, eble Kenner!"

2)a3 Slchtergefpann fe£te fich mit bem ©dritten mieber in £rab.

Slnf bem SRüdbrette be3 ©drittens ftanb ein junger SRann. Site Seneiba ben Strang entgegennahm, beugte fich biefer junge SRann über fie hin, fo baf$ fein ©eficfft nerfehTt gerabe nor bem ©efichte ber Sünftlerin erfchien. 3»n biefer Sage erfennt man fetbft ein mohlbefamtteä ©efidjt nur mit 2Rühe.

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SiefeS mttgefefjrte Slnttifc flüfterte ber Same ju :

Timeo Danaos et dona ferentes.“

„3<h t»erftet)e nicht Satein," ermieberte bie Same; „übetje^e mir ba§ in eine anbere Sprotte."

Unb ba§ umgefehrte ©eficßt gab' ben Safc fofort in ber SanbeSfprache in einem tabettofen improoifirten -ipejameter Wieber : „Smmer furcht’ ic| ben Stuften, felbft menn mit fdjenfen er nahet. "

„Set) banfe bir, ißufdjfin!"

Sie Kitgtieber be§ „SunbeS beS StorbenS" nannten einanber mit ihren gamiliennamen, im ©egenfafc jur alten ruftifefjen ©epflogenfjeit, Sebermann mit bem Saufnamen ju . nennen unb biefem bei Könnern ben Stamen be§ SaterS, bei grauen jenen ber -Kutter tjinjugufügen

Siefer junge Kann io Ute atfo ein tßufdjfin )o erben. Sermaten ift er eS noch nicht; bermaten ift ernoef) Stiemanb.

' YIII.

gittc ©rgie auf bem $runbe eines ^ufßatts.

Stur ein in manchem „Strauß" non ber Strt, mie ber Si)eua(ier ©alban fie ju flechten pflegte, geftäfftter Kämpe -mürbe fid) juredjt gefunben fjaben, menn er in ßeneiba’S ißataiS eintrat unb fieß mit einem Kate- mitten in jenes feenhafte Pele-m§le üerfeßt faß, mie eS fonft nur auf ben. ißarifer DpetnbäHen ju feßauen ift.

SaS ßeer ber ©äfte, ©clabene unb audj ©inbringlinge, füllte ju ßunberten bie glänjenb erleuchteten Säte, .ßeneiba fpielte heute als ©pilog bie Scßlußfcene aus „SetniramtS"; eS gefiel ihrer Saune, bie Stolle ber 2We§ erobernben Königin auch- außerhalb ber Sühne burdjjufüßren ; fie mottte ihre 2ln* beter, ihre Sctaöen, ihre Starren um fid) gefeßaart fehen.

Sa3 ganje Sollet ift hie* berfammelt, alle in bem ©o= ftum, in meinem fie auf ber Sühne getankt hatten; bie

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Sängerinnen tragen bie ^runfgetoänber perfifcfter unb mebifdjer Sürftinnen; mit iljnen ift bie junge unb bie alte „jeunesse dor6ew ber pauptftabt antoefenb.

2tte bie $ame be3 §aufe3 öon iljrem Xriumpftäuge jurüdgefe£)rt am 2trme ber ©pefcalierS ©alban im Xanjfaale erfd)ien, ftimmte bie hinter ber Srüftung ber ©atterie oer= boigene 9Rufi!cnpeüe eine 93egrüftung£=Duöerture an; bie 3Jtenge ber ©äfte ftimmte mit allgemeinem |>urral) ein unb bie Sßädjftftetjenben brängten fid) jum |>anbfuft tjeran.

Snbeffen, fo ganj glatt fotlte ba§ geft benn bod) nic^t verlaufen.

SRitten im ©aale ftanb in öoUer Uniform, ben ®opf mit bem ®a£ fet bebedt, ein ^oligeiagent. ®r trat bem perrn unb ber ®ame entgegen, grüßte fteif unb lieft babei ein %tveu fadje§ $ifdjen ftören, meld)e§ er jebem @a|e feiner 9tebe afä ©cftlufttoort anfügte, unb toel d)e§ fobiel Reiften foüte alä „©ubar" unb „©ubarinja,“ (Monsieur unb Madame.)

,,©e. ©jceHen^ ber |)err 5ßoligeipräfibent läftt Sljnen bebeuten, @. ©., baft tyeute mit bem ©lodenfcftlage ßmölf bie groften Saften begonnen fjaben. ©. ©., bemnad) finb lanj, 9Rufif, ©aftereien unb ©elage Verboten, @. ©., bemnadj fyaben bie ©äfte tyeint &u geljen, ©. ©., ber £>au§= tjerr unb bie pau§frau aber, ©. ©., mögen ficft fcfttafen legen. ©. © . .

geneiba tadEjte i^m in'§ ©efidjt. ©alban Oerfcmnfcftte innerlich ben ^ßoliseiminifter, ber mit feinem ungefdjidten ©tfer am @nbe nod) ben fdjönen $lan oerberben fonnte, ben fie Seibe mit 2lraft3ejeff entworfen Ratten.

geneiba jog brei pfeilförmige gotbene Stabetn aus itjrern £aar unb reidjte fie bem ^ßoli^iften l)in.

„®eft fteim ju beinern §errn unb geige iftm biefeä Symbol, (Sr toirb baranä erfennen, baft 2lffftrien§ Königin ben Surften ber ©armaten jurn Kampfe labet."

$er ©tpl toar bem ^olijeiagenten ju ftod); aber bie golbenen Pfeile naf)nt er.

„®ann bin id) genötigt, Sftre Flamen ju notiren. 2Bte fteiften ©ie, mein §err?"

3dfai : ^rci^cit. I. 4

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©hetmlier ©alban ermieberte ihm : „SRein Plante if t ©aracatta, unb biefe $ame ift meine ©emalin."

®er ^olijift bictirte fich felber getreulich in fein Roti^ buch : „£err ©aracaüuä unb SRabame ©aracatta."

$ann manbte er fich an einen eben hinjutretenben §errn. @3 mar ber gürft ©hebimin.

„Unb mie heifcen Sie?"

„3$ heifee „Regenbogen", t)ier meine ©ifitfarte."

3u bemerfen ift, ba| man bie Jpunbertrubet-Roten ihrer bunten Sluäftattung megen „Regenbogen" nennt. ®er Rame gefiel bem Agenten fo mof)l, bafj er meiter gar nicht mehr neugierig mar. ©r neigte ben ®opf bi§ an bie ®nie, münf^te gute Unterhaltung, trän! auf bem SBege bi§ $ur ®f)üre eine fjtafche ©hampagner au§, fneipte eine Heine appe¬ titliche ©atterine in bie SSange unb eilte bann §um $oli§eipräfi= benten jurüd, um getreulich $u referiren, im 5ßalai§ glmarinen fei atteä ruhig unb finfter, mie in einer Kirche, unb aufeer bem portier liegt bort alle SBelt in ben Febern.

Slber bantit mar ber §inbentiffe noch fein ©nbe. ®aum mar ber ^ßoli^eiagent jum ®hore hmau§, fan ber ®^plan unb ber Drganift beä proteftantifchen Sßaftorä. ®er ©aplan fdhidte fidj ju einer falbungäöotten Rebe an, beren Schalt mahrfcheiulidh ber gemefen märe : bie ®ame be£ |>aufe3 motte al§ gute ^roteftantin ben ©läubigen ber herrfc§enben Religion nicht Stnlafc §um Slergeruifc baburch geben, baft fie bie erfte Rächt ber großen haften burdj ein fo heibnifcheä eineä Jpaufettö üon ©aal&pfaffen mürbigeä Fefi entheilige.'

Sittein geneiba lief* ihn bie Sßrebigt gar nicht anheben, ©omie fie ihn gemahr mürbe, rief fie ihm entgegen :

„£>inauä mit Sud), 3hr Pfaffen ! SBir haben nichts ju fchaffen meber mit ©aal noch mit $ebaoth. ©eitbem mir ©afu annectirt hüben, ift bie Religion ber Feueranbeter auch eine anerfannte Religion. ®ie alle hier finb Feueranbeter unb ich bin ihre Dberpriefterin!"

„#urrah! £>od) bie Feueranbeter!" rief Oon atten ©eiten; man faftte ben frommen Sftann oon rechte unb linfö unb hielt ihm Feuermein entgegen. „Irin! Feuer!" 2Ran

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nötigte i$n $u trinfcn unb barüber feinen Sermon $u bergeffen.

„9tun, baS mag oorbe^atten bei mir; ma$ aber fage idj bafjeim bem Superintenbenten?"

„Sag ißm, mein ^erjchen," fprad^ ßeneiba, ,,icß ^alte eben bie *ßrobe ju bem großen Soncert, metcßeS id> im Saufe ber giften jum Seften beS proteftantifdjen ®irdjtt)urmbaue3 ju geben gebenfe."

Kaplan unb Drganift maren bottfommen beruhigt. Sie gingen fjeim unb referirten, bie gtaubenSeifrige fßafroneffe ^abe bie erften Stunben ber großen gaften mit einem gotteSfürcßtigen frommen SBerfe begonnen.

9iun erft fonnte man bie Stjore f fließen; nun fomrnt bon außen feine Störung met)r; unb bie Slnmefenben, bie gehen erft morgen 2lbenbS mieber meg bon Ijier.

®er K^eoalier ©atban er artete eS für angemeffen, ben 9lrm feiner ®ame bem gürften ©hebimin ju übertaffen.

„Sd) bin ber Kfjefcatier ©atban."

„geh ßabe baS SSergnügen, Sie oott S^em guten tftenomm6e \)tx $u fennen. Sie finb ein ^ejenmeifter bei ben 55)anten."

„§abe id) baS nicht etma ^eute auch bemiefen? ®a, mein gürft, feiert Sie fich bocß einmal baS Strmbanb an, mit bem biefer Slumenftrauß gefaßt ift; Sie erfennen eS nicht mieber? 9tun benn, fe^en Sie ficß bieS ®ing ba noch ba* #u an."

®amit jog er aus feiner SBeftentafche baS fitberne Pfeifchen ^eroor, metcheS ben ©riff ber 9teitpeitf<he bitbete, gürft ©hebimin fonnte baran fein eigenes SSappen bemerfen.

„2)aS finb bie jtoei Dii termini jmifchen ber £>irfcßjagb bon heute ÜDtorgen unb bem Triumphe bon ßeute 2Ibenb."

„Unb biefe SJletantorphofe ^aben Sie ju Stanbe ge* bracht?"

gürft ©hebimin mar nahe baran, bem Sljebatier bie 4?anb ju brücfen bafür, baß er feine grau erobert hatte, um fie ju vermögen, feine ©etiebte unbehelligt ju taffen; inbeffen berhinberte bieS jener junge 9Rann, ben mir ^ßufcßfin nennen.

4*

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hörten; er ftfjob ptö|tich feine SSifage jmifchen ben dürften unb ©albon unb entführte if>n bent $änbebrud beS dürften burdf eine ftürmifche Umarmung.

„ZdravtvujtjS ©atban! 3;d) bin ifßufcfjf in !

„Slh pufchfin! ©raüo. 3fch Jjabe öon ®ir gehört; ®u bift ber ootlenbete franjöfifche ©onüioant in ruffifdjer StuSgabe."

„3<h bin ftotj auf biefen Xitel." @r mar inbef? nichts meniger als ftotj barauf. ©S fann feine größere ©eleibigung geben, als menn man an einem ®id)ter eine ©igeufdjaft rühmt, metdje in feiner ©ejiehung jum parnafj fteljt. Se nun, ©alban mar fein ©enfor, er fonnte alfo nicht miffen, mie niete SJleiftermerfe beS ®icf)terS niebergeftredt tagen, gemeuchelt burch ben graufamen Stothftift. „3<h bin ftolj barauf, ber Stinatbo ber Petersburger ©aufeminbe ju fein unb in biefer '-Beziehung ®ein befdjeibener ©pigone. SBenn ®u ertaubft, miß ich Xicp fofort mit ben geniatften ©orpphäen unferer ©efettfdjaft betannt machen."

®amit legte er feinen Strrn in jenen ©atban’S unb entführte ihn in fo recht burfhifoS luftiger Sßeife mitten in bie äJtenge.

Sem ©Ejeöalicr mar eS recht. ©eine Stufgabe mar eS ju» nädift, mit ben b’er jufammengeftrömten StRatcontenten ©e= fanntfdjaft ju machen, unb bieSbejügtich mar ihm ein fo offen» tjerjiger, gefprächiger ®umpan hödjft mitlfommen. Qnbeffen machte er atSbatb bie ©emerfung, bafj er fidj in ihm ge» taufet hQbe.

Ser ©rfte, mit bem pufcpfin ben ©heüatier ®otban betannt machte, mar ber amerifanifche ©efanbte, SRr. ©tad.

2Rr. Stad h<*tte nur ein ©ein; bas anbere mar ein fünftticheS, maS ihn jebo<h nicht hinberte, jeben ©ontretanj bis jum ©chtuffe mitjumadien. UebrigenS maren alle feine ©emegungen fo medjanifch unb gemeffen, atS ob ®opf unb Strm gleichfalls non Stabern unb Gebern getrieben mürben, unb ber ganje ÜRettfd) jeben Slbenb oor bem ©chtafengehen auSeinanber genommen mürbe.

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„9Kr. Stad, ber joeiatfte Äamerab ber 2Bett. @r t>erftef|t Weber frongöfifef», nod^ beutfct», Weber griecfjifdj, itodj ruffifdj, er fpricht nur englifdj; baS aber öerfteßt bei unS •ftientanb; er ift alfo ftuntm. Xroßbem ift er ein treujfibeter gunge. gm »origen gaßre batte er noch einen 3Kenfd^en, mit bem er reben tonnte, feinen Secretär. ®em paffirte aber baS ÜRatbeur, baff er il;n im Xecember, in ber grimmig» jten Satte, in ben Sltejanber SteWSfb=tSriebhof mit fi<h nahm, bie großartige ÜJtiebertage ooit ©rabmonumenten ju beficßtigen. ©in @ranit=Dbeti§t gefiel bem ©ecretär ganj befonberS. Stuf bem Stüdwege goß ber SJiann etwas ju üiet Sranntwein in fi dj hinein unb erfror auf ber Straße. 9Jir. Stad braute ißn fdf)ön jum ©rabfteinf)änbtcr jurüd unb taufte ifjrn bort ben ObeliSf, ber itfm fo gefallen hotte."

Xer Sorgeftettte aßttte, baß ba foeben fein 2ob gefungen Werbe; er beauftragte fonacß ben betreffenben Xßeit feines gnbiüibuat=9Re<haniSmuS, auf feinen ©efichtSjügen ein Säbeln gu bewirten, bann fcßüttelte er bem ©ßeöatier träftig bie 4i>anb unb batte fid; oßneWeitereS in beffen anberen Slrm einw Seibe bugfirten nun ben in’S ©chtepptau genommenen ©atban Weiter, bis ihnen ein britter ßcrr in ben SB eg tarn, ben pufdjtin bem ©beoatier mit ben SS orten »orftettte :

„©ergiuS ©umitoff Sttejieüitf(ß. "

„Stt), ber berühmte 9Jtt)ftificator ! gdj ^abe öiet öon gßnen gehört."

XaS SSort „ÜRpftißcation" unb überhaupt bie gbee, btoS jum Sergnügen bie ßeute jum Starren ju hotten, war ju jener geit eben erft in bie SOtobe getommen, unb jwar in Paris; wie hätte man es ba iu Petersburg nicht nach» machen fotten?

„©ein neuefteS Slbenteuer ßoft Xu aber bodj nicht gehört," fiel ihm pufcßtin in bie 3tebe; „bie ©efchicßte »oit bem 9legerfctaöen. 3ta, bie muß ich ®ir erjagen; ber ©paß war ju töfttidj. ©umitoff matte ficf) baS ©efidßt fcßWarj unb gab ftd) für ben ©ctaöen beS dürften SOtitintoff aus. SEBir hatten Sitte Äenntniß üon bem ©paß, nur ©raf petronjefsti nicht; er War baS Opfer. SJtungo fpiette Staoier unb ©uitarre,

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fpradp griedpifdp unb tateinifcp uttb bectamirte ©filier, gemife auperorbentlicpe gäpigfeiten bei einem Slegerfclaöen. ®abei muffte er pöcpft itttereffant ju erjäplen, wie er jur 3eit, atö er bapeim nocp S'önig mar, feine SRinifter, bie ipn beftoplen Ratten, in einem SEJiörfer ^erftampfen tiefe, ißetronjefäfi ber= narrte fidp förntlicp in ben Sieger unb ging SRilinfoff an, er fotte ipm ben Surften bocfe üerfaufen. SRilinfoff fträubte fidfe erft ein toenig; ber Qunge fei fein Siebling, er fönne ficfe oott ipm nicpt trennen u. bgt. ©nbticfe aber mürben fie bocp um fecpstaufenb Slubel panbeläeinig. 9113 ißetronjefsfi ben Se¬ trag erlegte, machte itjn SRilinfoff aufmerffam, er fotte ben Sieger fdparf im Sluge bemalten, benn ber Surfcpe t»abe bie Untugenb burcpjugepen. $er ©raf meinte, er molle fdpon Sldpt paben. Statürticp mufcp fiep ©umifoff in ber erften Sladpt bie dpinefifcpe £ufcpe au3 bem ©efidpte unb fpajierte mit meinem Slntlip gemütplicp jum Spore be3 ißalai§ pinau3. gür bie fecpStaufenb SRubel arrangirten mir bann ein grof;= artige^ ©etage, unb ißetronjefäfi feat bi§ feeute feine Slpnung batiott, baff er mar, ber bie gecpe bejaht patte. Stocp peutigen Sag3 iibertäuft er ben unglücflicpen fßolijeimeifter, er fotte ipm feinen Sieger fcpaffen."

darüber burfte man Indien, ©alban tpat c3 audp. ®a= bei bacpte er fidp aber: glaubt benn mein neugebacfener greunb mirflidp, baff er mit biefen abgebrofdpenen Slnecboten mi(p fängt unb micp üerpinbern mirb, ba§jenige ju fepen, mesmegen idp pergefommen bin?

Unb er fap es. Sr mar fepr erfapren in ber Sanft, bie Seute nadp einer ©dpitberung $u erfennen unb inmitten ber geräufdpootlften SRenfepenmenge benfenigen perauSjufinben, ben er fuept.

Sr erblicfte in ber SRenge juerft jene ©eftalt, bie man ipm al3 bie Ärijfanomgfi’S gefcpilbert patte, unb halb pernadp benjenigeu, ber fßeftel piefe.

©r tpat, al3 ob er ganj Dpr märe, bie ©rofftpaten be§ beriipmten SRpftificator3 ju oernepmen : babei fpäpte er aber unabtäffig na cp ben beiben ©eftalten, um ju fepen, ob fie einanber mopl begegnen? ob fie fidp mopl bem dürften

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©Ijebintin unb $eneiba nähern? Seines öon beiben gefdjaß. Grafen fie einanber gufätlig, fo gingen fie aneinanber öor= über, otjne fidj gegenfeitig and) nur angubtiden, «Qeneiba aber fdjienen fie gu tneiben. @r fal) in ber tangenben, jaucf)genben SJienge nodf) mehrere martante ©eftalten auftauc^en, bod^ fcfjienen biefelbett non einanber feine -Kotig gu nehmen.

*ßufdjfin machte jefct einen $orfdf)lag.

„SBir finb unfer SSier unb tönnten eine Partie Fhombre ntadjen."

Ser ©Ijeoatier ©atban burd^btidte biefen 33orfd)tag. ®S toäre gar nidjt übet, ityn je|t an einem Spiettifcßcf)en, in einem abfeitS gelegenen SBinfet, bei bem bemalten Rapier bie gange 9tadE)t feftguf)atten.

,,3df) banfe; idj pflege nur |>agarbfpiete gu fpieten."

„®ie finb bei mtS ftreng Verboten."

„2Bie bie S3äHe gur gaftengeit!" bemerfte ©atban tacßenb.

$e£t teufte ein neuer Stufgug bie allgemeine 2tufmerf= famfeit auf fidj. „Sie Renner fommen!" f)ieß eS.

Sind) in 9tuf$tanb ift ber ßigeuner ber SKinftret beS SSotfStiebeS, toie in Ungarn. Sonberbar ift babei, baß in Ungarn bie Sunft beS ß^^nnerS bie 9ftufif ift, ttmfjrenb in Sftußtanb ber ßigeuner fingt. Sie Sanbe giet)t atS ©efangS* ©fjor oon Stabt gu Stabt unb barf bei Untergattungen ber ©roßen niemals festen.

Sie orientatifd^pittoreSf gefteibete ©ruppe nimmt in ber SRitte beS SaateS Sluffteüung uub toierunbgtoangig SJtänner unb grauen taffen, einen SreiS bitbenb, bie ©efänge oon 2Batb unb gtur erfcfjaüen, mäfyrenb eine einzelne Sängerin jenen eigentümlichen Sang auffüfjrt, in tüetdjem ber Sejt bcS ßiebeS fidf) mieberfpiegelt.

„Sd)au, fd^au bodj unfere fcfjnmrge *J3erle an!" fagte Sßufcßfin, mit §itfe feiner greunbe ben ©tjeoatier ©atban in ben SreiS ber 3*9euner jie^enb. „93raoo, Siabotfa! 3eige Sief) beineS Samens ttmrbig ! Sieh Sir bocf) einmal biefe ©eftatt an! Sie ift ein toafjrljaftiger Seufet; jebe ihrer Setoegungen ift eine Sertodung. SBie ihre Stugen

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funtetn! Sie ganje |)öHe brennt in ihnen ; beneibengWertfj bie Serbammten, bie bort büßen ! SSenn fie, bie langen aSimpern gefenft, fo metancbotifcb um fidb btidt, Würbeff Su fie für eine reuige Süfjertn galten, bie mit füjjem Schauer if)rer ©ünben gebenft. SBie bann ptö|tidb bag bämonifdbe fjeuer ausbridjt ! ijfjv Sonj ift ba§ $beat ber Sftaferei. ©g ift bieg fein ftubirter Sanj; bie Srunfeubeit ber ©inne infpirirt biefe ßonoutfionen. Greift ift ber Sanj, bod) ftetg ctaffifd) wie ber einer ÜRänabe. 23 ie ifjre 9tugen Seuer fprüben; Wie ihre Weiten 3abnretf)en auf einanber fdjiagen! 3br ganjeg SBefen ift eine giamme. 2Bie fie ba um fid) fetbft freift, gtaubt man jeben Stugenbtid, fie müffe in Stammen auf» ge|en. Su gtaubft, fie fei erfdjöpft, ermübet, fie wanfe, wenn fie fo bie beiben Strme über ben Kopf ergebt, bag ,'paupt matt auf biefe ©ammttebne finfen läfd, Wenn itjre Slugenwimpern fiel; bebenb fenfen unb ber SKunb tüftern offen bteibt; Su gtaubft bann, fie müffe jufammen» breeben. Srau’ ibr nicht! @o madbt’g ber Siger, wenn er fid) ptatt auf ben Soben brüdt unb fpäbt, wie er fein Opfer mit einem ©a|e in feine (Gewalt betommen !ann. Ser Siger bei|t!"

Sag witbe gigeunermäbebett richtete fidb au§ feiner ermatteten, ftatuenbaften fßofe ptögticb auf, fprang auf ben ©beoatier ©atban tog, umfdbtang beffen Jtaden unb tüfjte ibn auf bie Sippen.

„Sei (Sott, bie ßomöbie ift gut einftubirt!" badbte ber ©beüatier ©atban. bin idj burdb bie 2lrme eineg

teuflifd) fdbönen SDtäbdbeng gebunben. üöteine Serfdbwörer berfteben fidb auf ibT ImnbWerf."

„Sraoo, Siabotta!" apptaubirte Ißufcbfin unb im 9tu waren bie brei |>erren oon ber ©eite beg ©bebatierg ©atban Oerfdbwunben : eg war nicht mehr nötbig, ihn ju überwadben. 2Ben einmat bag Kreujgewebe ber Siabotfa umfponnen, ber ift gefangen unb erbroffett.

©beüatier ©atban burdbfehaute auch bag. Sodj war er ju febr SSettmann unb befaß ju oiet ©efdjmad, um ben bar» gebotenen Sedjer jurüdjuweifen. „|>eute bift Su meine Seu»

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felin/' ffüfterte er bem äJtäbcßen itt’3 Dßr, tnelrfjeS mit bert eteftrifcß jucfenben, fammtweidjen 2lrmen ißn umfcßtungen ßiett. Un5 gteicßfam, um fkß mit feiner (Eroberung ju brüften, führte er ba§ 3igeunermäbcßen im Sanjfaate, im SBuffet, im fßattnenßain umßer ftetS als getreuer cavaliöre servente unb babei ununterbrocßen bie beiben ©eftatten im Stuge beßattenb.

@r begann waßrjuneßnten, baß S«te benen er auf* lauerte, Wieber ißm auflauerten. Unb fie werben bie gerauft* öoßen Unterßattungöfäte gewiß nidjt oertaffen, fo lange fie ißn ßier .feljert. ©ein ©tratagem war fertig.

3ttö er mit Siabotfa jum jweiten 9KaIe bie Sour im ©aat machte, üerfpracß er if>r, fie ju ßeiratßen unb junt 3ei= cßen ber Sertobung ftecfte er feinen Sting an i£»ren Singer. Sa8 SRabtßen Oergaß ißn ju fragen : „SSie ßeißeft Sir?" ber Stame be§ ©teineg aber, ber in bem 9tinge funfette, War ißr befannt : war ein Semant.

„Unb Wenn Su mein SJtann fein wirft, bann fommft Su mit mir in ba§ tpüttenjett, wo wir Reffet fticten unb „am geftoßtenen ipammetfleifcß uns gütticß tßun?"

„Stießt fo Wirb fein; Wenn Su mein SGBeib fein Wirft, bann fommft Su mit mir in mein ©eßtoß ; bort Wirft Su bieß jeben Sag fünfmal anfteiben, wirft in fitbernen Settern effen, at§ ob tägtieß Jpocßjeit Wäre."

„3<ß Witt Sir harten auffeßtagen; ba Wirb fi<ß ■jeigen, weffen tßropßejeiung in .©rfüttung geßen wirb. Sotnm ! Verbergen wir un§ an einem Drt, wo unä Stiemanb fießt."

Siabotfa War, Wie fdjien, in biefem äBatbe ju fjmufe; fie wußte, an weteße Seber in bem ©etäfet ber untnerftieß in bie Sßanb eingefügten Sßüre fie ju brüefen ßabe, bamit fieß biefe Sßür öffne, hinter biefer Sßüre birgt fidß ein trautießeä SSerftecf, groß genug für ein gtücfticßeä ' fßaar. Sie Sßüre feßtießt fuß wieber. Sn bem geräufcßooBen ©aale merft Stiemanb, baß jwei SDtenfcßen feßten. SJtitten in bem Keinen fftebuit befanb fieß ein runbeg Sifcßtßen ; breßte man biefeä Sifcßdjen, fo üerfanf eä, um naeß furjer

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Beit bebedft mit einem tecferen 3Kaf) te mieber emporjutaudfjen, mit einem SRaljte, bei meinem aucf) ber in @ig gefüllte ©tyampagner nid^t fehlte.

©tyeoatier ©atban lächelte. Sag märe atfo bie gatte. Unb jur größeren ©ic§erf)eit f)at man fogar bie ®a£e tjier eingefd^loffen. Sie Slermften! ©ie glauben, man fönne ©drangen in einer Sftaufefatte fangen! Snbeß, er mitt ®ur^meit treiben. 9Kan muß bem geinbe Beit taffen, ficf) in @cf)tadf)torbnung aufeuftetten. Sie glauben jefct, er fei fd^on gefangen. SSer ficf) Siabotfa übertaffeu, gehört ganj iljr. Sie glauben, er fei fcfjon aug bem SBege geräumt. 3e|t, ba fie öor feinen ©päfyeraugen fidler finb, treffen fiel) bie 3ufammenget)örigen jur großen Begegnung. Slber mo finbet biefe Begegnung ftatt? in meinem Serftecf biefeg geljeintnißootten ©ebäubeg? Siefe ©ebanfen gingen if)tn burdf) ben ®opf.

Sfcfjirr! ftatfcfjte bag an ben Sifcf) gefcf)teuberte ©tag, in taufenb ©ptitter $erfd£)ettenb.

„SSenn idj an S einer ©eite bin, bann benfe an nid^tg 3tnbereg! SBenn Su in meine Stugen Mieten tannft, bann, ftarre nietjt in bie SSett! Ober fürdfjteft Su mict)! SBittft Su etma nüchtern bleiben?"

©atban bemieg, baß er fie rtid^t fürste unb nicf)t nüchtern bteiben motte. @r ergriff bie gtafdje unb tranl. ©r mochte feine ©rünbe ^aben, birect aug ber gtafdfje $u trinten. bie ©fyampagnerftafdEje tann .man feinen' ©d^taftrun! mengen, benn menn fie geöffnet mirb, tauft itjr Igntjatt aug; in bag ©tag aber tann man teidtjt ein ©cf)taf= mittet unbemertt ^ineinprafticiren.

Saß in bem ©fjeoatier ©atban ber Serbadfjt auftauctjte, man tönnte it)n f)ier audfj burc§ ein -Jtarfoticum unfd^äbtid^ machen, erftärt fic§ einfach burc| ben Umftanb, baß er fetbft ein fotdfjeg ©cf)tafmittet in ber Safdfje mitgebradfit ^atte, in ber Sorfidfyt, fattg if)m irgenb ein Unbequemer in ben SBeg ' fomtnen fottte, fidE) feiner $u enttebigen.

SDtan tann nid)t §mei Singen gleichzeitig tauften, bem Sßoctjen beg ^ergeng unb bem Siefen ber Uljr.

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Ser mit ber Sinnen Soft ypiclt, bat eS mit einem galßhfpieleT $n thuu, ber bic 3* * nicht mißt* (Salban wußte bieS aus grfahrung. Sr mußte ber fchmarzon Scbönbeit rechtzeitig Io# Werben unb baS 3*9cuncrmabd>cn warb bon Sein nicht trunten. Sie hatte ichon aüc ©lafcr jer= fdjlagen unb ftc tränten abwecßielnb aus ben glafchen, benen fie borher bie §ä(fe brachen.

ffltit einer folgen giafche mußte fte unfchablich gemacht Werben. ®aS War fehr (eicht. Senit man ber in SiS getühl* ten giafche ben §alS abbricht, ba fxitb hier günftel beS Seinem gefroren. ®aS Schlafmittel, baS ba hiueingefchüttet wirb, bermengt ftch nur mit bem pfiffig gebliebenen Sein. Ser juerft barauS trintt, ber hat baS Schlafmittel getrunten. Ser fpäter trintt, ber befömmt ben auS bem fchmelzcnbcn Sife Wieber gewonnenen Sein, ber ihm nicht fchabct.

$>ie überfchäumenbe Suft 2)iabolta'S wich plöfclich einer geWiffen Srfdjöpfung; ihre Sinne fanfett bon bem Staden ihres (Salbatt fchlaff herab. Sie begann zu gähnen; ihr $aupt fant jurüd. gür einen Slugeublid raffte ftc fidh empor, als ob fie zur ©efinnung tarne unb ein ßid)t in ihr aufbäntmern Würbe : fie bürfe jefct nid^t fdhlafen, weil barauS eine große ©efahr entftehen * f önnte ! Sie fudfie ben Safferfntg. Slllein baS SÖtittel war zu ftarf. Stachbent fie ztoci Schritte gemacht, begann fie zu Wanten. Stoch h^'tt fie bic $anb auf ber Stirne, hoch fcßlief fie fchon. „Segt bie ©ärcit an bic Sette" ftammeite fie. Sie träumte fd)ott bon ber Silftc, bann fant fie in ihrer ganzen Säuge auf bem ©oben I)iit. ®er ©hebalier ®alban hob baS SDtäbchen bom ©oben auf, legte baSfelbe auf ben 5J5füf)l, brürtte einen Suß auf feine Sippen unb berließ es.

®ie geheime Xfyür öffnete fidf) unb er befattb fiel) wieber im 5ßalmenhain. ift bieS ein fed)S Slafter hohes Winphi= theater, angefüllt mit ben feltenften Pflanzen aus ignbien unb bon ben Ufern beS Senegal, bie man h^* mittelft falfcher Särme unb imitirten SonnenfcheineS bethören Will, bamit fie im ßanbe beS ueunmonatlichen Sinters grünen unb gebeihen.

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fiinter einem riefigen 3reigen=GactuS »erborgen faäfjte ber ßt)eoalier ©alban in ben Stebenfaat.

Sert faf) er baS S8itb einer tuilben Orgie, bie Weber bie ©rinnerung, noch bie fßfwntafie oerewigen mag. Sie intereffirte ihn auch nicht. SSaS er fe£)eit wollte, war : ob bie ©eftalten, bie er in'S 2tuge gefaxt hotte, an ben eleu» finifchen 9Rt)fterien theilnehmen? @r fal) feine einzige ber» jetben. @S war in ber Xf)at ein SDtaSfenball; ber ©all fefbft War bie SDiaSfe, unb bie fie tragen, finb nicht auf bem ©all.

SSo finb fie bann?

Sie waren fämmtticf) üerfdjwunbeu, fefbft fßufchfin, ber ©rofjmeifter ber ©rüber ßieberlidj.

©r madjle fich auf, um fie p fucf»en.

©9 war bieS ein fchwierigeS unb-riSfirteS Unternehmen.

@9 galt, in einem ihm ooHfommen unbefannten fßalafte, ohne Drientirung, fich auf bie Suche p machen, ben ihm etwa ©egegnenben auSpweichen, ben ©erWunberten burch fimufirte Srunfenheit p tauften, gleich einem ©etrunfenen, ber bei jeber Sljür eintreten will; eS galt bon ben jefben geftörter Sdjäferftitnben 1)0 unb bort IhnowSgeWorfen p Werben. Unb finbet er enbfich ben Ort, wohin bie feparirte ©efeßfdjaft fich prücfgepgen, fo ift eS feicht möglich, baf} bort eine SSache aufgeftettt ift, um bie Verborgenen üon bem $erannafjen eines ©erbächtigen p oerftänbigen. Siefen SSädjter mujjte er meuchlings-, überfallen; ihm bie ©iftole an bie ©ruft fefcen. Senn wo ein .perolb oor ber Sf)ür fteht, ba lauert hinter ber Sl)ür bie ©erfdjwöruug. Sann galt eS burdj bie Shür einpbringen. 3ft bie Sbür gefdfjloffen, bann ift ber ©erbacht „begrünbet : bann ift über biefen fßalaft baS Urtheit gebrochen ; berfelbe wirb, wenn nöthig, bis auf ben lebten Stein jerftört. 3ft bie Sljür offen, bann gilt eS einptreten mit bem Stufe : ,,3m ©amen beS GprS, Sie finb meine ©efangenen!" ©S ift möglich, ba| fie ihn fofort niebermachen, aber oiel W/ihrfd)einlidjer, bafj fie eS nicht thun. ©ine entbecfte Gonftnration ift bemorali» firt. Sßenn- fie bie SS orte oernehmen Werben : „gallS ich bis

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morgen grüf) nidjt $n Slrafteejeff ^urücffefire, gerätsen alle 3ene, bie fid) fjier im ^Satafte befinben, in bie $cinbe ber 9Rad)t!" ba merben fie erftarrt fein unb bie pan be ben geffeln felbft entgegenftrecfen. Unb fd^iefttidj) ift fein SSeruf. ®er ©ine ftirbt fo, ber Slnbere mieber anberS. ®er ©olbat meijs, bafc man auf if)n fdfjiefct, er gefjbbodj oormärte; ber Seemann meifc, bafc im 3Reere feine Salfen gibt, er Oertraut fid) ityrn böd) an. $er ©ine tritt bem ^enferbeit füf)n entgegen, ber 3tnbere bem 5)oldj : beibe£ ift £erotemu3.

Unb bann, menn er bie gurüdge^ogenen nid^t oor bem „grünen 93udf)", fonbern am grünen finbet, mo fie bei ber Oerboteneu fRonlette i^r ©elb oergeuben? Eh bien! bann fefct er fid) ju i^nen unb mirb bem 2trafteejeff nidjte fagen. ®a§ ift nic|t bie Aufgabe eineä ©entteman.

©r befaft $u biefen $Ka$forfcf)üngen gemiff ermaßen einen 2Triabne=gaben, gleid) bem auögeftreuten liefet, ber mie in ber gäbet fyeifjt ba$ oerirrte Sinb au£ bem aOSalbe mieber ^erauäfüfjrt.

geneiba mar im ©oftüm ber ©emiramte nad) $aufe gefommen. Sf>r reidjeS, rötf)lid)e§ |)aar mar mit echten perlen burdfjflodjten. s2tte ber ©fjeoalier ©atban ber im Xrinmpl) nad) |>aufe geleiteten Sünftierin befjilftid) mar, ben ©afdjlif oom Üopf au nehmen, fjatte er oorfä^tidj eine perlen* fcfjuur unbemerft griffen. ©ine $eittang fann ba3 bidjte £>aar bie oon ber ©djnnr fidj abtöfenben jßerten auffangen, bod) ift unmöglich, baf$ mä^renb be§ ®egen§ nicfjt l)ie unb ba eine Sßerle $ur ©rbe fade.

©ine f)at er im 5ßalmenf)ain fd^on gefnnben. ©ie rnufete atfo f>ier burc§gefcf)ritten fein. ®ie jmeite $erle fanb er in einem ©orribor. Sie britte oerrietfj if)nt fdfjon bie ©djmede ber SBo^nräume, burcfy metcfye bie Same Oer* fcfjmanb. Unb mo fie ift, ba müffen audfj bieUebrigen fein.

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IX. - -

3>o: grüne Qifä ttttb bas grölte

Ser ©aal, in Welkem ber „©unb beg SRorbeng" feine ©jungen piett, mar mit hoppelten Spüren berfepen; in ruffifcpen ©atäften nicptg UngeWöpnticpeg, ba ntan burcp bag ©djtüffettocp folget X£)üren nicpt fpioniren, nicfitS erpor» c^en !ann.

Sie SRitte beg ©aateg occupirte ein maffioer Sifcp, bietmepr ein Saften, beffen obere gtäcpe bie SRoutette bitbet.

Sie ©etbrotten toaprfcpeinlicp gmperiate entpattenb (in ©anfnoten toirb SRoutette nicEjt gefpiett) finb in Steipen aufgeftettt, baneben liegen bie tangftietigen Srücfen beg ©roupierg. gebet neu ©intretenbe nimmt am Xifdje ©tap unb legt feine ©örfe bor fiep bin. ©efpiett aber mirb nicpt. Stil bag ift eben nur ©autetei. ©o oft ein SRitgtieb anfömmt, fept fiep auf bag Deffnen ber Spüre ber Steifet ber iRoutette in ©ewegung unb bag ©eräufcp ber tanjenben Suget maept bie ©efeltfcpaft barauf aufmerffam, bap gemanb napt. Ueber= rafepungen Waren atfo nicpt ju befürchten.

Sie gegenfeitigeu ©orfteltungen ber ©erfammetten be= forgt bie grau beg fjaufeg. Sag ift notpmenbig, benn bieg» mal finb Seute anwefenb, bie einanber nie gefepen; ©efanbte, ©ertreter ber gepeimen ©efettfepaften, bie fiep in ben entfern» teften ©egenben alter Sänber gebitbet paben. ©räfibent unb ©iegetbewaprer beg „©unb beg üRorbeng" ift gürft ©pebi» * min, ©ecretär : IRptejeff, ein junger ©oet unb Stgent ber anterifanifepen ®e treib egefeüfdpaft.

©on ben brei ©rübern Surgenjeff ift ber ältefte, 5Ri!o» taug ber fjiftoriter, anwefenb ; Dberft ßunin ber ©igentpümer ber gepeimen Srucferei; ein ©eftufeff, Sucpetbäcfer, ber ©ommanbant ber Strtitterie. gerner ©agfofgfi, bag fjaupt beg „§eit»©ereing"; SRurawieff, ber IRepräfentant ber ,,oer» einigten ©laben"; Drtoff, ber bie ©eete beg „fjetbenbunbeg" ift. Sag finb alte gefonbert für fiep wirtenbe gepeime ©er» binbungen, bie ein gemeinfameg berfotgen: „bie greipeit"

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(®ie greiljeit unter bern Schnee). Stber if)r SBorgeljen, itjre 2lrt, iljre SEßerfjeuge jinb t>on einanber öerfdjieben. ®arum öeranftalteten fie bie jegige 3ufammenlunft, um bie au§einanbergel)enben ^Bläite burcf) gemeinfameS SSorge^en ju Bereinigen. biefer ©onferenj beriefen fie öom fernen Ufer beä ©djmarjen ©leeres ben Sßräfibenten be$ „©übbun* be3", Dberft gefiel, unb bas .paupt ber nod) ferner im StaulafuS tebenben „SBitben", 3<xfu§tin. ®er aber am toeiteften Ijertam (benn er mußte burdj ein SBlutmeer maten, ba3 bie beiben Stationen oon einanber trennt) mar ber 3Bort= führet ber polnifdjen „Kosinyery“ : SrijanoruSh). 2lHe biefe SDtänner tragen Uniformen, ben einzigen Stßlejeff au3genom= men, ber nid)t§ meiter ift afe 93 ärger, unb einen mobernen blauen Srad mit gelben knöpfen trägt. 2lHe finb bartlos, mit gtatt rafirten ©efidjtern, nur ber ipole befielt feinen national len ®pl)u§ bei unb ^afuSlin, beffen jaufiger 93art mit feinen Slugenbrauen aufammenmädjft, repräfentirt ben echten milben S?ofafentppu3 unb Prüftet fiel) mit feinem üernadjläffigten Sleufjern.

Unb aH ben Stnmefenben ftel)t @tma§ auf ber ©time gefdjrieben.

3eneiba ftel)t an ber 2l)ür unb empfängt bie 9ln» lomntenben, bis fid) ber ©aal mit iljnen fällt. @3 mirb leine laute Sonoerfation geführt; jeber unterhält fiel) mit ben ©eiftern, bie i£)n ljie§er geführt.

®a mirb ba3 Stollen ber Stoulettetugel nod) einmal llörbar.

„23er lann' nod) lommen?" fragt 3«teibo.

Sfn ber ®£)üre erfc^eint ißufd)fin.

®ie 3üge 3erte^a’^ brüden unmittfürlid) ©d)re= den au3.

„2Be3t|alb lommft ®u Ejer ?“ flüftert fie ipm erregt ju.

„®arf id) ba3 nid)t?"

„2Barft ®u nid^t beauftragt, ©alban ju beobachten, ba= mit er un3 nictit überrafdje."

„@3 fanb fid) ein befferer 2Bädjter für ilw. ®iabotfa l)at il|n in bie ©taufefatle geführt."

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„Slber $u f)aft beinen Stuftrag ju erfüllen."

,,gdf) Werbe jurücffeljren, fobatb otjne gnbiScretion gefdjetien !ann. ge£t will icf) Ejier bleiben. Stelle rnictj Oor!"

„SBift ®u ein Sinb ! tagt ®id£) bie SReugierbe ju erfahren, was Wir Ejier tfjun?"

,,gcf) will $t)eil baran nehmen."

„SBeldljer ©igenfinn! ®u gtaubft wot)l, baf? f)ier um’3 Seben gef)t unb fudjft einen SRuljm bann, audj beinen Sopf auf bie eine Sorte ju fe§en. SSteibe tjier. 3)u fottft feljen! |>err ißufdjtin!"

®amit Wanbte fie i£jm ben SftüdEen at§ jürne fie il)m, wüljrenb fie iljn ben Stnberen borftettte.

ßeneiba Wat bie ißotijei ber ganjen SSerbinbung. SBer in itjr IßataiS geloben War, würbe at§ „53ruber" aufgeuommen. Wem fie etwas anoertraute, ber Würbe unter bie „SOiänner" gereitjt, aber um an ben geheimen ©onferenjen tljeiljuneljmett unb ju ben Sojaren erhoben ju werben, beburfte ttod) einet weiteren ©mfeljlung.

„SBer empfiehlt ifjn nocf)?" frug gürft ©tjebimin. „gdfj!" antwortete Sttjlejeff.

®amit würbe ißufdfjfin ein ißta| am Xifcfie angewiefen. War ein auSbrucfSü oller Sopf. Sein wirres SrauS* t)aar, feine SRafe erinnern nocfj an bas afrifanifc^e SBlut, baS fidf) in feinen Slbern mifdtjt. (Silier feiner Sinnen nafim bie (Tochter .$annibal’S jur grau, ben ©jar ißeter I. aus einem SRegerfclaOen p einem General erfiob. Seine Stugen finb bunfel unb tieftiegenb. Unb bennoef), tro| biefer unt)ar= monifc^en $üge gewannt biefer Sopf beim erften Shtblicf an S3t)rcm. ®er SluSbrucf ift ein gemeinfamet.

tßufdfjfin war üertiebt in ßeneiba, b. f). er f erwärmte für fie. geneiba aber liebte tßufdfyfin eraftlidj, unb beätjalb wollte fie nidljt, baft er fie liebe.

©in SBort erftärte bas wiberfpredjlidfje SRätljfet. 3eneiba Wußte ju loobt, ba| gebet, ber fein Sdfjidfal an ba§ irrige feffelt, einem finfteren SSerfjängniffe entgegengetjt, au§ beffen $unfel bie Umriffe beS Sc^affotS auftauetjen. ginnlanb Warb burcf) biefetbe 9Racf)t gegen welche fidj

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btefe gemeinten Serbinbungen oerfdljmoren in geffeln ge* fdfjlagen, unb 3^tteiba erinnerte fidfj nodj an bie S^ränen i^rer SDtutter unb ben einfachen fdfymarjen ©arg, in meldjem man oerftoljten in bunfler 9flad£)t einen SDiann nadfj §aufe brachte, bem ber ®opf abgetanen mar, unb ben ju bemeinen Slieman* bem erlaubt mar. @rft afe fie tjerangemadfjfen mar, erfuhr fie, baft biefer SRann ifjr Sater gemefen.

3u fe^r tiebte fie $ufdt)fin, al$ bafj fie it)n auf ben gefährlichen SBeg mitgenommen Ijätte, non meinem bie SRenfdjen mit unter bie Sirme geftedten köpfen jurüdfefjren. @ie hatte iljm ein glüdlidfje£ fonnige§ 2o§ jugebad^t. Söngft l)atte fie in bem unruhigen liebertichen jungen ba§ ©enie erfannt, meldje£ iljm nicht berlieljen mar, um ba$ Souboir einer grau mit feinem ©lan§e ju erfüllen, ba£ nicht Stufc lanb allein, fonbern ber SBelt gehörte. S^eSfjalb ben 2)idjter nerfdjmenbeu? SBarum bie glinte mit 2)emanten laben, um fie ju oerpuffen! menn bagu audE) ba$ Slei gut genug ift, ja nodj beffer.

,f9Reine Herren," rebete 3 eneiba bie ©efettfdjaft an, „idj mu§ oor Sittern unferen Sruber Stylejeff erfnd^en, un§ ba$ greiljeitälieb üor^utragen, meldE)eS mir unter bem Solle nerbreiten motten. ®ie Sorbereitung ber Solföftimmung ift ja bie £auptfadE)e." (3uftimmung.)

Stylejeff, ber Sßoet, ein fd£>öner, blonber, fcfylanfer Jüngling, etyob fidh unb trug ba§ gretyeitälieb oor, metdfjeS er oerfa|t hatte.

©£ mar bie§ ein fd^öneS, correcteä, fjodjgeftimmteS ©ebidjt, allen Siegeln ber Setynif auf 3 Sefte entfpred^enb. ®er tyetoriftye ffilimaj fteigerte fich fortmafjrenb in t)inrei§enber SBirfung, unb ben ©runbton be3 ©anjen bitbete jene tiefe, ergreifenbe SDtelancholie, melcfje fo fefyr mit bem ©emütye be£ Sollet Ijarmonirt.

Sladj bem Sortrage beä ©ebid(jte§ eilte jeher, ben jungen SirtäuS ju begrüben, 3eueiba aber fanf mit tyrä= nenerfüttten Slugen an feine Sruft unb lüfcte feine SSange.

*ßufdj!in manbte unmittig fein ©efid£)t ab. $)afj eine grau einen SDtann füfct, ift atterbing£ in ber ruffifdjen Söfai: gfrci^eit. I. 5

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©efettfdfjaft angenommener ©ebrauc§. ©iet), ©tjebimin be~ mer!t bie3 faum unb er t)at mit 3eneiben bodj etmaS §u fdjaffen, aber ©ufcfjfin gefiel bieä bodE) nicf)t. ®r beneibete Stytejeff. ®en ®uf3 fetbft neibete er il)m, um tüie Vtet rneljr atö ben 5ßrei£ eines ©ebid&teS, baS eben angefjt fante de mieux.

„©in ^errlid^e^ ©ebicf)t!" fagte gürft ©f)ebintin. „2Bir merben eS in einer SRittion ©semptaren in Subin'S ®rucferei brurfen unb unter baS ©otf verleiten taffen."

,,©ie Vergeffen, gürft," fc^attete 3eneiba ein, „bafe unfer Sott nicf)t tefen fann. gef) mürbe eS für ämecfmä&i= ger galten, baS ©ebidjt in SRufff fefcen ju taffen; ba£ Sieb bringt rafdfjer in baS ©otf. ©3 verbreitet fic§ meiter von getb 5U getb ; bie SRcitjer, bie ©dritter, bie gul)rteute tragen es von ®prf $u ®orf, unb maS fie fingen, baS bteibt emig. 3n ben finnifd^en ©otMiebern verblieb bie ©efdjidjte ber Station, bie ©rinnerung an itjr tjiftorifdjeS Seben, ityre greifet; biefe fann man nidjt confiSciren. ®ie SJtarfeiüaife allein marb eine Strmee iu granfreicf)."

„9Bem fönnte man aber bie ntufifalifdje ©earbeitung beS ©ebidjteS anvertrauen?" fragte ber gürft.

„®a ift £err ©ufd^fin," fagte ßeneiba. ,,©r fann fe^r fcfyöne SRetobien contponiren."

©ufd()fin mar eS, als t)ätte if)n eine ®arantet geftodfjen. @r als ©omponift fottte bie SRetobie jum greipeitS* tiebe Stptejeff'S machen!

SRan fann ja bie Subordination $u großer ©ervotU fommnung bringen. ©3 fann gefcpeljen, baft ein ©taatSratlj, menn er atS Stationatgarbift unb gemeiner ©otbat auSrüdt, ben ©efefjlen feinet eigenen $?an$teibiener3 unb ©orpqjatS get)orcf)t; eS fann audfj gef djef)en, bafe ein ^erjog, menn er greimaurer mirb, ficf) Vor einem ©cfjufter Verneigt, meit biefer ber SReifter ber Soge ift; aber, baft ein ®ic§ter pm 5ßo8m eines anbern ®id£jter3 bie SRetobie fd^reibe, menn er füljtt, ba& er ber ©äfar unb gener nur ber ©ompefuS : baS gehört $u ben Unmögtidjfeiten.

®iefe Stöt^e übergofc $ßufd£)fin'3 ©efid&t.

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„(So t)iel idfj meif$, erftattben ®e£t unb SDtelobie ber SÄarfeiltaife jugteicfj. 9touget be tr3§te fcfyuf jugteidfj bett %on unb ba3 SBort. ®a§ !ann auch nicht anberä fein. IKur ber Sichter allein !ann bie richtige (Stimmung finben, iann ficij babei begeiftem. Sthtejeffä ©ebicht ift fd)ön, ift prächtig; bod(j e$ jünbet nicht unb ermannt nicht. §ier ift geuer oonnöthen!"

Unb unbemuftt fd£)tug er an feine Sruft, afö ob er fagen motfte : „3Ba§ pm ift."

„Sßeiftt bn ma§, $ufchfin," fagte $eneiba, „toenn bn t>iefe poetifche ©tut empfinbeft, memt bn Seffereä at3 bie* ■fe^ machen fannft, fo jie^e Sich in jenes Keine (Seiten* gemach prüdf, Su finbeft bort ein Etaoier unb einen (Schreib* tifdfj; bringe SeffereS §u (Stanbe!"

5ßnfd^!in mar gefangen.

„SBarum nid^t? geh tuerbe euch ein Sieb bringen, baS ber Sauer nicfjt erft jum Sßopen tragen muf$, baf$ er ihm erftcire, ma» baS bebeute, bafj mir auf Erben manbetn?"

Sei biefen SBorten 6Iidtte er 3eueiba iit'S 5luge, unb maS feine Slicfe fagten, barauS fomtte man ben ©ebanten erraten : „unb menn Su für bie Sfteime 9tytejeff'S einen Äufj gegeben, melden *ßreiS mirft Su mir fpenben, menn Su baS ^örft, maä mein §erj in glamtnen fefcte?"

Er ftanb auf unb begab fidj in baS Sftebengemadh. Satb belehrten fie einzelne Stccorbe, baf$ er in bidfjterifdfjem (Schaffen Vertieft toar, unb barin famt man fich nicht unter* brechen.

3eneiba tooßte nichts 2lnbereS erreichen.

2KS Sßufdpn baS 3immer oertaffen hatte, breite 3ene* iba bie Slontette. Sie Snget btieb oor -JlifotauS Surgenjeff ftetjen. Er mar burdf) baS SoS jnm Sßräfibenten ber ^enti* gen Serat^ung befignirt. Er nahm ben gauteuit ein, ber ^tehntidhfeit ^atte mit bem ®fjron beS SanfierS beim 3tontettefbiet.

SJtun 50g gürft ©tjebimin einen feinen, Keinen (Statjt* fc^tüffet ^eroor, ber in baS (Sdfjtüffefloch unter einem jur ©eite geflohenen 3Keffingfnobfe bafjte, unb überreichte ben

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Sd)Iüffel bem ißräfibenten, ber it)n jmeimat im ©Stoffe umbret)te.

hierauf glitt bie fiupferptotte, auf »cid) er bie Stoutette aufgeftettt »ar, auf bie anbere Seite beg taugen Sifcheg. Stuf beut ißta|e, ben fie big ba£)iti bebedt batte, tag bag „grüne Sud) " bag echte „grüne Sud)“.

©ine einzige, oom ißtafonb ^erab£)ängenbe Sampe beteud£)tete bie ©eftalten, toetc^e in ihrem £id)te erfcf)ienen, »ie "bie Statuen eineg SJlufeumg; jeber Bug ge»anu fdjar= fen Stugbrud, in feiner Unbetueglidjfeit ©barafter unb Stimmung marfirenb, ebenfo öiele b'ftorifd)e ßdjarafter» töpfe, beren Seftimmung eg »ar, fid) enttueber über bie Söller ju erheben unb üergöttert ju »erben, ober burch ben gujjtritt beg ^enlergfnedjteg fortgerotlt ju »erben. Stt ber Be*t ber ftitten Steflejion, bie ba geboten »ar, fdjienen fie fämmttich gegenfeitig ihre ®efid)ter ju ftubieren : mehrere Uon ihnen fallen fid) jefd jum erften 9Wal im Seben unb bergigen bie mit bem Stide umfangene ©eftatt mit ber oorgeftetlten ibeaten gigur. ®ie „Sübbünbter“ unb ber „i)ßote" hatten einanber nie gefehen Safugtin hotten Mehrere einmal, oor jehn fahren, gefannt ; ba »ar biefer aber ein tebengfroher Höfling mit glattem ®efid)t; baooti ift nid)tg mehr an ihm, eg ift ein SBitber, ber nur lächelt, »enn er fid) jum SOtorben oorbereitet. Stuf ben ißräfibentenftuht geftüfjt fteht Seoeiba ; eg ift ein Sitb, bag 2tehnlid|feit hat mit ben Statuen ber „Stepubiif", nur ba| fie ftatt beg gegen bag £>erj gerichteten ®olcheg einen jur ^utbigung gefanbten Slumenftraufj in ber §anb hält. (2luch bag ift nur ein ®otdj.)

Stuwer Qenen, bie »ir bereitg befchrieben hoben, »ohnten biefer hiftorifdjen Bafammenfunft bei : bie brei Srüber Seftufeff, Sürft ®rube|foi Dbotengfh, Sorfofgfi, Urbufeff, ißeftein, Drtoff, ®onoüni|in, Dbojefgfi, Setfof, Sutfin, Sottenfoff, SRoftopfd^irt, Stofen, Steinfot, Strfibufeff, ütnncntoff, Dugtofgfi unb Sduraüieff Slpoftol, ebenfo oiete Sertreter ber jerftreut im Sunbe wirfenben geheimen ©efeUfdjaften.

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tRptejeff, ber Schriftführer, öffnete baS ©rünbud). Ser Präfibent forberte itjn auf, bie Pefcplüffe ber lebten Sifcun 9 üorjutragen.

@S War bie Ausarbeitung eine« PerfaffungSptaneS für baS ganje fRufjtanb. Xttet „Ruskaja Pravda.“

SaS war eine repubtitanifche Perfaffung, in weiter alle Proöinjen, Welche ber ruffifdie Sefpot 311 einem großen SReidje oereinigte, atS fetbftftänbige Sauber auferftehen, unter ihren eigenen präfibenten, ©rohrufjtanb, Kleinruhtanb, gimttanb, Polen, Siolanb, Kafan, Sibirien, bie Krim, ber KaufafuS : nenn SRepublifeu mit eigener ^Regierung unb Armee, Welche ein gemeinsames Sirectorium jufammen= hält, beffen 6i| 2RoSfau.

Sie SRepubli! brauet nicht St. Petersburg; Weber baS „St." nodj ben „Peter", noch bie „Purg."

SaS SRotto beS pianeS War :

grage : SBirb ©uropa in fünfzig fahren repu= btüanifch ober ruffifdj fein?"

Antwort: „PeibeS!"

Siefer plan ber Perfaffung war mit ben Farben einer gtühenben Phantafie auSgematt. gebeS Sott $u be= freien unb bann alle freien Pölfer ju üereinigen! SaS eine oon bem Anbern nicht ju erbrüden; gebem übertaffen, auf feine SBeife gtücftich ju Werben, bie eigene Sprache unb bas eigene gelb ju cuttioiren unb einanber nicht mehr ju hoffen.

SaS War im „©rünen Pudje".

Ser ©rfte nahm gürft ©hebimin baS SBort.

„Ser plan ift fd^ön. Sod) baS größte §inberni§, Welches ber Befreiung beS PoffeS im SSege ftefit, ift, bafs baS Polf nicht Weih, bah eS nicht frei ift. SBir müffen bamit anfangen, bah wir eS auftlären. UeberfchWemmen Wir baS ßanb mit ben Katechismen beS „freien SRenfchen" ftubiren Wir bie Speciaßeiben alter Pölfer in ber Proüinj, lernen Wir ihr ©lenb fennen unb gewinnen wir fie für bie greitjeit, inbent wir ihnen Sanirung oerfprechen. @S fdhmerjt baS Potf, Wenn eS hungert, Stodprügel erhält,

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menn man ben ©ofjn jum ©otbaten nimmt; aber bag 3odj, bag ifyrn ben Warfen nieberbrücft, fennt eg nid^t."

Reffet martete unruhig, ba§ er f preßen fönne.

„Sieber gürft, bein Sßtan ift gut für benjenigen, ber fünfjig S^^re märten unb Sartenf)äufer bauen fann, metdje auf ben Suftpg einer Sßjürfpatte jufammenbred^en. SBir tiaben nid^t bie 3e^ ung mit bfyitofopljifdfjen Sßjeorien abjugeben. Stuf men mir rechnen, bag ift bie Strrnee, ba& ift ber Ijotye Stbet. SBenn bie 3Kacf)t einmal in unferen $änben ift, bann fönnen mir jur Erdung beg Votfeg unfere Verfügungen treffen. Sine bem Voffe über taff ene Vemegung fann ja neuem 5ßugatfef=2lufftanbe führen."

„Unb märe biefer fd£)tedf)t?" fragte in Reiferem Xone Salugfin, inbem er aug einer Ecfe in ben ®reig trat.

„Er ift fdjtedfjt, meit er nid^t organifirt merben fann. Sßer unfern Sßtan augfül)ren mitt, ber muft &err ber ©itu~ ation bleiben. Ein glücEItd^er 3nfurgentencf)ef märe in 9tuf$- tanb nictjtg meiter mie ein neuer Styrann. Unfer Sßt an mufc auf einmal, auf ein Eornrnanbomort in ganj Stufttanb auggefüljrt merben. Unb fobatb bag gefcfjetjen ift, mirb jebe geheime ©efeßfd^aft aufgetöft merben unb mir fiftiren jebe Verfdfjmörung. Unb eine fo oerfjafste Aufgabe Ijeute bie poti^eitictje Spionage ift, atg ein fo ebter Veruf mufj fie in ßufunft betrautet merben. lieber SRann bon Efjarafter, jeber freie SJtann unb jeber Patriot tnu§ ftotj barauf fein, -«ein Sßotiaeicommiffär ber greifjeit ju fein. 2lß’ bag mufc fid^ mie mit einem 3auberfct)tage oofl^ietjen."

„Unb mag macpft ®u mäprenb beg ßauberfcfßageg mit bem E$ar unb ben ©rofcfürften?" fragte gafugfin mit falter Ironie.

„SBir machen fie $u (befangenen, fefcen fie auf ein Ärieggfcpiff unb fd^icfen fie in bie neue SBett."

„3a in bie anbere SBett! Stuf Efjaron’g ©ctjiffe!" freifd^te perborbrecpenb ber faufafifctje ©otbat. Unb babei trat er an ben Xifcf) unb ftemmte feine gauft auf benfetben. „§ört 3f)t, ©efanbte beg ©übeng unb beg 9lor= beng, Sötitgtieber ber Xugenbbereine unb 3Bot)tfaprtgcomit6g,

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gljr fpielt alle ein falfcheS ©piel gljr betrügt euch felbft. Stuf bie grage, bie ic£) gefeilt habe, gibt eS nur eine 9lnt= mort : iljre 21 f che in alle SSinbe ju [treuen ! gef) bin lein Sinb, wie gljr. gef) bin nidjt (lieber gefommen unb habe nicpt 2000 SBerft jurücfgelegt, bamit tcf» Sure pfjilo= fophifchen Betrachtungen ju ©nbe höre, fonbern um ju hanbeln."

Stplejeff unterbrach itjn mit ruhigem ©rnft.

,,ga wohl. ®u tüirft hanbeln mie bie SDtehrheit be= fhliefjt."

®em mitben Stieger brang bei biefem DrbnungSruf baS Blut jum Sopfe.

„£örft bu, fR^tejeff, ich mar auch einmal ein fo junger SDtenfcf) mie ®u bift : eS ift noch gar nicht lange her. 2lu<h ich h°^e geglaubt, eS genüge, gut ju fein, um bie ganje SEBett ju terbeffern. geh hatte eine fo fdjöne Braut, mie ®u heuEe eine haf- 33) war Dfficier in ber ©arbe unb mit jwanjig fahren mürbe ich in jeljn (Gefechten auSge= jeichnet. Unb meifjt ®u, maS mit mir gefhaf)? 2lm Bor» abenb meiner #ochjeit ftahl mir 2lraftSejeff’S ©of)n bie Braut; ein ni<htSnu|er Burfdhe, ber fief) ben ©übel noch nicht umgürten fonnte, unb mir hoch jum Dberfen gegeben Würbe. g<h forberte ihn auf Seben unb 2ob heraus, unb ber geige, ftatt ber perauSforberung golge ju leifteii, benuncirte mich bem ©jaren unb id) mürbe in ben Sau= lafuS Oerbannt. 2ltS id), bie .pötte im perjen, ton ber ©tabt 2lbfdjieb nahm, mar baS legte Bilb, baS ich fah/ ein aus bem SBaffer gejogeneS ÜRäbchen, baS man tobt ju mir brachte : meine Braut, geh füfjte fie. geh fühle noch je|t bie Sälte biefeS SußeS auf ben Sippen. Unb ich merbe fie folange fühlen, bis fie baS Blut nidht löfcljt, nach mel= dhem ich fannibatifd) ledjje. Betraute einmal in ©jarSfoje 3elo baS große prädhtig gemalte ©<hta<htenbilb. hinter bem ©jaren fiehft bu einen güngling auf bäumenbem Stoffe, einen güngling, ber hDCh feinen ©übel fdhmingt, beffen ©efidjt tom Triumphe, ton Xreue leuchtet. $aS mar idh! $ie gafre haben bie Begeiferung terbrängt;

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aber beit ©äbet fdjwinge id) nod) immer über feinem fpaupte."

„Unb id) h°ffe, baff e3 aud) fo bleiben Wirb, ewig gefdhwungen, wie auf bem gemalten Silbe."

„SIber er wirb nicht fo bleiben!" rief 3afuä!tn heftig; „ich fdiwöre eS bei bem Teufel, ben fie mir in baS |>erj gefdhidt haben at§ beffen ftänbigen Sewohner, baf? id> auf nichts SlnbereS tjöre, wie auf meine ewige SRadjc. 3hr !önnt bie grünen Sücfjer öoüfcEjreiben mit Sefdhlüffcn; mein @nt= . fchtufj ift ba!"

$amit fdtjwang er ben Sinn, ein in feinem tttodärmet Verborgener ®oId) glitt in feine $anb unb erglänzte not ber ©efettfdhaft.

Sft^tejeff forang entfett Dom ißta^e auf, rift aus feiner ©eitentafdie eine 'ßiftolc unb richtete fie auf bie Srnft galuSfin’S.

„Unb ich fdfwöre $ir, ba| id) $)idh auf ber ©teile nieberfcf)ief?e, wenn ®u $idh gegen unfere ©efe|e auf» tcljnft."

„9hm fo fdhiefje midi) nieber! ®a her fdhiefje, ®nabe!" brüllte Satuäfin, inbem er fein ©eWanb jerrifj unb bie ent» blöfjte Srnft ber ißiftole entgegen ftredte. „Seme bon mir, Wie man fterben muff."

„®ef)ord)e, gafuSfin!" ,,9iimm bein SBort jurüdf!" riefen SKetjrcre unb liefen herbei, um ben SEBüthenben ju beruhigen.

„gd) jietie nicht jurüd! geig feib ghr Sitte! gdtj Witt, bafj er mid) erfdjiefje!'- rief ber witbe SRenfdh unb ftiefj heftig bie gntcröenirenben jurüd.

„Sfleine Herren!" fpracf) ficf) erljebenb ®rijfanoW3f9, ber fßole.

„©rfdhiefje mid)!" brüllte gafuSlin, ununterbrochen ben ®otch fdjwingenb.

3)a rifj geneiba au£ ben Souquet, ba§ fie in ber fpanb hielt, eine URuSfatfihacinthe unb warf fie bem SBütljen» ben an bie ©tirne.

Unb ber abgehärtete SOlann, ben bie glintenluget nie»

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tnafe erfdjredte, !am burd) biefeä fdjerjbafte Srojectit fo in Sermirrung, bafe er ben ®ofd) fallen liefe unb mit ber 4?anb na cf) ber ©time griff.

darüber ging ein ftifleä Sacfjen burd) bie ©efeflfdjaft.

Seüor gafuätin baä entfallene SJieffer f)ätte wieber aufljeben tonnen, mar bereits geneiba neben if)tn, feob ben ®otd) oon ber Srbe auf, reifte if)m benfetben unb ftricf) ifem fcfemeidjetnb über ben Satt.

„Sieber greunb, fei böftid)! Unfer (Saft Srijfanomöft), ber ®elegirte ber potnifdjen „Kosyniery“ miß fpredjen. fpören mir ifen an. Unb bann tege Sein Stafirjeug fort!"

gatuöfin beruhigte fidj. $iefem einen SBeibe mar eS bereite fo oft gelungen, bie tjeftigften Debatten beijulegen, menn nur nod) ba8 Sine fehlte, bafe bie Ifjeilnefjmer ber SBeratfeung mit ben SSaffen in ber fpanb einanber an ben Seib gingen.

Srijfanom3ft) tjiett bie 3Rüfee in ber $anb unb begann :

„SDteine Herren! gef) oerlaffe ®uc£). 3 d) miß über ben ©egenftanb, ben gfjr erörtert, nidjt bebattiren unb bie 93e= fdjfufefaffung barüber marte icfj nid)t ab. gef) miß bie grage, ob ber £>errfcfjer ermorbet merben foß, gar nidjt fjören, gefcfemeige benn micf) bem Sefdßufe untermerfen. deinem oon Sud) liegt eine fo fernere Stage auf ber Sunge, brennt ein fo heftiger ©cfjmerj im fperjen mie mir. 3Ba§ tfjat euer )perrfd)er, atö Sönig, mit eurem Sanbe? Sr befreite eS oon ben Sr oberungen ber gremben, macfjte eS grofe unb mächtig, ermarb neue Sänber baju. 2Ba8 tfeat er atä SDtenfd) mit eurem Sötte! Sr gab ifem Sßofjtteben unb S£Biffenfd)aft; jebem ®orfe baute er eine ©cfjute. 303er ift euer £>errfcf)er? Sine fd)öne ©eete in einem frönen Sörper ber fcf)önfte ßRann in Suropa, mie ßtapoteon jagte. Unb fein §erj ift fo gut, mie fein Slntlifc erra= tfeen täfet. Unb maö ba§ SemerfenStoertfiefte : in jebem feiner gefeter, in jebem feiner ©efüfete ift er ein echter SRufje. ©ein Serbredjen ift üor Such nur, bafe er ber Sjar ift. Unb baS fdjeint Sud) genug Serbredjen, bamit er

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fterbe. Unb waä ift mein §errfcfecr, ber SBruber be§ ©jar§, Konftantin? Sin SJtonftrum, in beffen Stnttife bie Statur wunberbar ba§ ©ntfebticfee mit bem ßäcfeerticben paarte, unb feinen feäfelicfeen 3ügen entfprecfeen bie feäfetidjen Stimmungen in feiner Seele. @r ift fo, wie er un§ er» fdieint : graufam unb täcfeerticfe. meiner ganjen, ungtüd* lidEjen Station gibt fein füEjtenbeS fjerj, baä er nicfet oerte^t batte, feine Koftbarfeit, feine Steliquie, feinen Settet* Pfennig, ben er it)r nicfet genommen hätte. Slber barum Wirb fein ißote feinen fperrfcfjer meucfelerifcfe ermorben. Unfere §anb ift an ba£ Schwert gewöhnt, ber ®otcfe pafet nicfet ju ihr. ©nttaffen Sie micfe oon I)ier : icfe will nacfe $aufe geben. !gcfe fam in bem ©tauben feiefeer, baf? icb hier fampfbereite tpetben finben werbe, bie. Wenn bie ge* eignete 3eit gefommen, ficfe in bie Scbtacbtorbnung ftetten unb ihren Unterbrüdern ben Krieg erflären Werben, wie wir tbun, bie in offenem gelbe fämpfen, wie wir, unb in efertidfeer Scfetadfet entfdE»eiben, auf Weffen Seite bie ©eredjtigfeit ftefet. ®iefe fucbjte ich ^ier. Stuf meiner Steife, als ich oon SBarfcfeau bi§ jum Stjemen Wanberte, fcfeob man tor mir feer meinen Vorgänger, ben rufemrei<feen SSaterian SufaSinäfi, ben Serratfe ber SJtacfet über* lieferte, ©r war mein SSerwanbter, mein greunb unb mein güferer War mir breifacfe tbeuer. SJtan unter* jog ib« jeber Slrt p^tjfifd^er unb feelifdjer Qual, bamit er bie .Biele unb bie i^eitnef(mer ber SJerfcfewörung oerratbe. SJtan fonnte fein SSort au§ ihm beraub bringen. Konftantin fetbft nahm bem genfer bie Sßeitfd^e au§ ber frnnb unb lehrte ihn bie Steigerung feines marternben fjanbwerfcä. 9113 2ufa3in3fi jufammengebrocfeen war, fein SJtenfcb mehr, nur eine au3 feunbert SSunben btutenbe SJtaffe oon gteifcfe unb Knocfeen, tiefe ifeit ber SBicefönig an eine Kanonen* taffete binben, unb biefe nocfe atbmenben menf(blicben ge|en tiefe er in bie ©efangenfcfeaft fdfeleppen jur fearten SEBinterSgeit. !gcfe folgte feinen Spuren, ©r tiefe StutStro* pfen im Scfenee hinter ficfe jurüd. igcfe fammette biefe gefrorenen ©igtropfen auf feinem SB ege unb gab fie in

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einen 9tetiquienf)ätter. Ser Fimmel erbarmte fid£) beS Seibenben : er ftarb auf ber Steife. gm @ife be§ Stjemen braten fie ein 2od) unb warfen if»n hinein. Sie Stuten fdjwemmten if)n fort. gef) weife, bafe icf) itjm nachfotge unb bafe and) mir fo gefdhetjett mirb. Sarum wirb mich aber Weber baö SRachegefühl nodt) bie gurdjt baju bewegen, bafe id) meinen fperrfdjer auö einem §interhatt, meuchterifd), öon riidwärtö, ober wenn er fcfetäft, ober wenn er fniet unb betet, ermorbe! StiematS War ©ott mit bem äReudjetmorb. Ser Sold), ber Säfar nieberftacfe, öffnete baS Stjor ben ©atigutaö unb £>etiogabatuö. Slber SBittietm Seit fagte ©efeter in’ö ©efidht : „SDtit biefent ißfeite werbe ich Sid) töbten; fd)ü§e Sic§, Wie Su fannft!" geh tfeue 'ebenfo. SSenn bie 3eit fommen wirb, werbe id) meinem geinbe ben Stieg erttären, unb Wenn mid) ©ott mit if)tn auf bem ©chtadjtfetbe jufammenführt, Wirb ©iner ben Slnbern töbten. Slber fo lange, alö id) mid) jur offenen ©djtadht nicht ftart genug fütjte, wirb micf» feine SSebrücfung, feine ©raufamfeit unb feine pf)antaftifd|e Schwärmerei baju öerteiten, burdj einen unjeitgemäfeen Slufftanb ben ©trief nod) fefter anjiefjen ju taffen, ben id) jerteifeen will. Sure ißläne finb mtjeitgemäfe, unreif, ofjne ©runbtage. Sie oerberben, aber bauen nicht auf. geh erfenne fie unb fnityfe ben unfern nicht baran. Safet mid) nach tpaufe!"

ißeftet ergriff bie §anb be§ ölen unb f)ielt ihn jurüd.

„Su fannft oon f)ier niefjt fort. Su bift noch oon nidjtö unterrichtet. SBaö Su oortefen hörteft, war nur eine fcf)Wad)e, afabemifdje Slbhanbtung. 2 öaö biefer SBüttjenbe fprad), War nur baö SBort einer wahnfinnigen Seibenfdjaft. 2luch id) fcfireibe nidht auf meinen ©dE)itb : „Streut ihre 2lfd)e in bie Sßinbe!" nidht, Weit mein öerj baüon erbeben würbe; aber Weit idt) Weife, baö fotch’ ein SBort unfere fämmttidhen ©efett= fdhaften jerftreuen würbe, wie einen Storb gtaumen. Saö SSotf fetbft würbe fid) gegen unö feferen. Ser Stoffe ift ja baS ©ebet für ben Sparen unb bie ©rofefürften Sebürfnife,

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unb Wenn ber ißope eg einmal »ergäbe, mürben fie tfjn atg Äe|er erfcfjtagen. SSenn td) bie ©olbaten frage : „Sßollt 3;f)r bie Dtepublif?" antmorten fie baranf : „ÜBenn ber ©jar eg befiehlt, ja." SBir muffen bie ©adje bei bem Seime beginnen; mir fönnen SRiemanben erfcEjrecfen. Stur ber erfte Stritt ift ferner, bie anberen madjen fid) fetbft. Sltfo fetjren mir bafjin jurüd, mo un§ SafuSfin unterbrochen f)at, unb ®u, Sri= äfanomgft), nimm mieber beinen ©la| ein. ®on ber ®nt= fernung be§ ©jaren nnb ber ©rofjfürften ift bie Siebe. 9lur ton ber (Entfernung, ©lögen fie nad) 9lmerifa geljen. ®ort Ijat Stufjlanb nod) ein fdjöneg S3efi|tt)um; bort fönnen fie regieren. 9lber baju müfjt 3f)r $olen auch Ijilfreidje §anb bieten. ®enn mag nü|t eg ung, menn mir bie brei ©rüber l)ier einfdjiffen, mäljrenb ber oierte ©ruber, Sonftantiu, ber nad) ben ffunbamentalgefe|en nad) Sllejanber unmittelbar ben Xljron befteigt, frei in SBarfdjau bleibt?"

„©Renten mir ung reinen SBein ein, ißeftel," antmortete Ärijfanomgft). „SSir ißolen rnaren, fo lange mir auf ber SBelt finb, immer baju gut, für bag 23of)t SInberer ju bluten, ©agt mir, mag mit ung gefdjief)t, menn eg gelingt, ung üon ber regierenben §errfd)erfamilie ju befreien?"

„9Kad)t aug ©ölen eine SRepublif!"

„9lber biefc polnifd)c Slepublif mirb bocf) immer ein Xtjeil fein beg grofjen ruffidien SteidjeS ; ebenfo mie Siötanb ober jjteinrufjlanb, unb über ung bleibt noch immer ^emanb, ein ■fjaupt, bag fjerr ift über alle neun Slepublifen, oon bem id) nicht meifj, melden SRamen eg tragen unb meld)e ©ladjt eg befi|en mirb? ®enn icf) fd)toöre ®ir, id) münfd)e nid)t bie jjreiljeit, bamit meine Station babei bcrloren gehe."

®ie tiefe ©tiHe oerrietf), bajs ber ©ote ben klaget auf ben Stopf getroffen fjatte.

®a ftanben fie Oerlegen!

Stifolaug Xurgenjeff, ber ©räfibent, ergriff nun bag UBort.

,,©ei beruhigt, Srijfanomgfp, bag gaupt ber SRcpublif, bag über ben neun Slepublifen ftefien mirb, mirb fein 9luto= trat fein, fein Xpramt unter anberem Xitel."

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„SSaS bcttn?"

„5E)a§, Wa§ fein muß: „Un präsident sans phrase s.“

Sie Sonberfation fanb in franjöfifcger Spraye ftatt.

Siefe bier SS orte fofteten Surgenjeff beinahe fein ganjeä SSefigtgum unb feinen Stopf !

bemfetben Stugenbtide, !aum baß er bie SBorte au3= gefprodgen t)atte, glitt ptögtid) bie SRoutette auf igren Sßtag juriid fammt ber Supferplatte unb oerbedte ba§ grüne S8ucg unb bie S£güre öffnete fid) .

Supferptatte unb Sgüre Ratten eine ftug conftruirte SRafcgincrie. SSar ba§ grüne 58udg geöffnet unb öffnete audf Semanb bie äußere Sfgüre, fo gtitt bie SRoutette rafd) auf igren Sßtag.

$er cintretenbe SRitter ©atban f)örte nidjt mehr als bie bier testen SSorte üon SRitotauö SXurgenjeff unb fal) nicf)t§ Weiter t>or fid), toie eine ©pietgefettfcgaft. ®er SBantgeber luicberf) otte noch einmal : r. Je suis un president sans phrases; tnessieurs, faites vos jeux!“ Sin ©pieter, ber Sßote, fte£)t ergrimmt üom Sßtage auf : „Merci, Monsieur, c’en etait assez ! Sin Slnberer, ^atusfin, trodnet fid) ben ©dgwciß bon ber ©tirne unb f erlägt auf ben Sifcg : J’ai tont perdu!“

SBie bei einer Wahrhaftigen SRoutette.

®ie tlebrigen fegen fattbtütig ihre Setbpäcfcgen auf bie Sagten unb thun, atö ob fie ben neuen Stntömmting gar nicht bemerten würben.

SRur bie Hausfrau beeitt fid), ihn ju begrüben.

„Sch Wir gewiß, baß ©ie unfere gögte finben Werben. ®iefen Sßtag gäbe ich 3hnen referöirt."

„@ie oerbinben mieg fetjr bamit, meine Söttin; heute muß ich befonbereö Stüd im ©piete haben, nachbem icg in ber ßiebe gerabe entgegengefegte Sgancen gatte."

„SSie baä? Sft 3gnen etwa bie fegöne Sitaniga entflogen?"

„Au contraire; fie ift eingefegtafen. Sin Echec, wie et mir noeg nie paffirte."

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3eneiba fidferte laut, unb man tonnte unter ber SRaSte biefeS Samens bie Slufregung nid)t erraten, bon ber fie ergriffen toar.

©ie erriett), bajj man Diabotfa einen ©djtaftrunt ge» geben f)atte.

„9iun bann, & moitie. Spielen ©ie mit mir auf gemeinfamen ©etoinnft unb Serluft."

Stüter ©atban nafjm baS Stnerbieten an unb fejjte fid) auf ben angejeigten fßtafc. 3^neiba fe|te fid) auf ben 2lrnt beS gauteuüS.

Das ift atfo mirttid) eine ©pietgefeHfd)aft, unb baS ift mirftidj ein Stoutettetifcf) !

Da ift baS griine Sud) nid)t!

©in fingerbideS Sörett trennte ifjn baoon! @r ftii|te ben SIrm barauf.

Da toirb nur ein polizeiliches Verbot gebroden; unb baS ift ertaubt. Die unterbrüdten SBünfcfje miiffen fid) irgenbmo ßuft machen : beffer auf moratifdjem ©ebiete, atS auf bem ber ißotitif.

Slud) ift nidjtS SefonbereS baran, bafj StifotauS Durgenjeff fetbft bie SRoutetteban! t)ätt. ©8 tann Semanb bei esprit fein, ein grofjer ©djriftftetter, $t)itofop£) unb fßf)iIantf)rop unb babei ßeibenfcfjaften fjaben, ein ©tüdS» fpieler fein, ©elbft Slapoteon mar baS.

SItS ba§ ©pict am flotteften ging, tritt plö^tidf aus einem ©eitengemacfie ißufcf)fin mit gerötetem ©eficft in ben ©pietfaat unb, offne bie ©efeftfdjaft anjubtiden, ruft er in triumpfjirenbem Don :

„Da8 Sieb ift fertig!"

Die ©pieter btidten fämmtticf) erbebenb $u it)m auf.

Se|t mirb er Stiles Betragen !

©S mar ein ©tüd, bag feine Stugen, menn fie aud) Stiemanben faffen, bod) geneiba fugten.

Die Dame, bie auf bem Strme beS gauteuitS fafj, in bem ©atban tßtafc genommen tjatte, mieS mit ben Süden auf ben Stitter.

ißufd)fin bemerfte ifjn.

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„Bo Ijöreit mir ba§ idjöne Sieb!** jagte Sitter ©alban, mit ben oor fid) angebauften ©olbftuden fpielenb.

$ufchfin erbleichte für einen Moment. 6r ftarrte ihn an. 3)attn griff er in bie SfrufttaidK feinet Sode*. SlfleS blicfte bebenb auf ihn. SS aS mirb er beTOorjiehen? Sietteicht baS burdj ihn componirte greibeitSüeb? Unb mirb er eS bem Sitter ©alban beclamiren ober $u feiner grgö^ung oorftngen. Dber mirb er baS h^o^ben, maS jeber Serfchmörer auf ber ©ruft trägt, menn er tanjt unb menn er trinft, ba£ fcharfe ©tilet, unb mirb im nächften SRoment ber SSerräther bereits nieber= geftofjen fein?

@r 50g einen <ßad *ßapiere hertor. Unb bann lächelte er baju.

„®a ift, maS ich nerfprochen habe! 5)ie Somanje Don bem „frönen Sigeunermäbchen." SSottt 3hr fte fyoxtn?" (Statt beS greiheitStiebeS eine Somanje!)

SBarum nicht? Um einem peinlichen Auftritt ein ®nbe ju machen, mar baS baS SMügfte, StmaS oorjulefen : maS immer, baft fidh inbeffen Sämann öon feiner ©rregung befreien unb fammeln fönne.

Slber baS mar nicht „maS immer".

©obalb 5ßufchfin begonnen hatte, mar Sitter Slufmerf= famfeit gefeffelt. SltteS in biefem ©ebichte mahr ftrahlenb unb hinrciftenb; bie orginetten ©ebanfen, bie hodjaufftre* benben 3foeen, baS geuer, ber SluSbrud milber Seibenfchaft, fiihner ©ebanfengang unb prächtige ©chilberung, unb babei melcher ungefiinftelte StnSbrud, melche natürliche ®in= fachheit!

SBie ber alte Siegeunerhäuptting ben SSörber feiner Softer oerjagt:

„2)u ftoljer Sttenfdj, öerlüff’ an» jefct,

SBilb fino mir, Jennen nicht ©efefce,

2)enn mir $erfleifdjen, ftrafcn nidjt.

Söir motten meber $3lut noch ©eufeer,

2)och teinen ttftörber halben mir.

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gür raufteS (Sd&icffal nid&t geboren,

SBerlangfi 2)u greiljeit nur für 2)id);

Unb jcfjrecfüd) ift un3 Deine @timme.

Stur fd)üd)teTn ftnb toir, aber gut,

2)o db 2)u bift böö unb füfjn brum fließe!

Seb* toofjl! 2>od) griebe fei mit Sir."

Stiemanb fannte biefe3 ©ebid^t $ufd)fin’8. 2lfö er ju ©nbe mar, lief $eneiba $u ifjm uttb brüdtc ihm beibe £änbe.

Unb einen ®uß gab fie ihm nicht, tüie Dorhin Stytejeff. Stein. 2lber mehr al§ ba§ ihre St)ränen flößen. ©in Suß ift U>oE)IfeiI ; bie Shräne ift treuer.

Sie gan$e ©dhaar ber ©erfdhmörer, oergeffenb grünet ©udh unb ©erfaffung, beeilte fidj, ^en toaxm ju

begrüßen, ber plöfclid} tuie ein dornet, menn ber Sßinb bie SBoIfen Dom £immel oertreibt, bort ftanb im Dollen (Glanze, feine Slntunft nicht Dorier Oerfünbenb.

Stitter (Galban fah ein, baß ba3 feine ©erfdhmörer maren; ba$ mar eine feine (Gefellfchaft, bie fieß gerne unter¬ hält, fpielt unb an geiftigen (Genüffen beraufd^t, meldhe ift mahr fämmtlidf) oerboten finb in Stußlanb, me$- halb man fich bamit Derber gen muß.

„Par exemple, folche (GebidEjtc ließe man in einem anberen Sanbe bruefen, unb bie hatte S33ett mürbe ben Stamen ihre§ ©erfafferä lernten."

„Summe fRebe!" fagte *ßufdhfin, meldhen bie ©dhmei* dhelei aufbrachte. „SBeißt Su nidht, baß bei un§ bie Summ* heit eine ©ottheit ift, bie ihren Slftar hat; ber 9lttar hat einen Sßriefter, unb ber Stame biefeö *ßriefter8 ift „©enfor".

Ser ©enfor!

9lllgemeine§ ©eläd^ter begleitete ben treffenben ©a$.

Ser ©enfor gehört and) bort ju ben ftereottypen •Dtarionetten.

SRitter (Galban ergriff bie (Gelegenheit, um fein Salent al3 Agent provocateur $ur (Geltung $u bringen.

„3a, Messieus et Madame, ber ©enfor ift bei un$ ein unentbehrlidheS Uebel. ©ie merben ja miffen, baß bie ©jarin Katharina II. einmal auf ba§ Srängen ihrer ©eiehrten

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geftattet, baß vollftänbige Preßfreiheit herrfcße in SRußtanb auf brci Sage! 2Ran merbe bann an ber Probe fchen, maS ber Saunt für grüßte tragen tonnte! SRun mürbe man benfen, baß an biefen brei Sagen bie greiheitSlieber fich beeilten, aus ber @rbe ju frieren, mie bie verborgen gehaltenen Pracßtmerfe unb bie verbotenen pftil of opt)if d|cn 5lbhanb= langen. SaS traten aber nur bie gemeinen Pasquille unb bie fchmußigen ©efcßichten. Sie Srudereien überflogen von einem Strome gegen ^ßerfönlidjf eiten unb gamilien gerichteter, abf(heulicher Serleumbungen, fo baß bereite am jmeiten Sage ber Preßfreiheit alle SBelt flehenb §ur Kjarin !am, baß fie geftatte, ber Preßfreiheit brüten Sag abjufchaffen unb bie Senfur mieber herauftellen. w

ÜRiemanb hielt eS für räthlich, ben ßingemorfenen §anb* fdhuh auf^unehmen, nur Pufcßtin tonnte fi<h nicht bedingen. @in Sinter fann es nicht bulben, baß man bie preßfrei* heit vor ihm vergotte.

„SBeißt Su, ©alban, tvenn idh Semanbem, ber ben SBein noch nicht tennt, fagen mürbe, er möge foften, ma$ brei Sage nach ber Sefe burch ba§ Spunbloch be$ gaffet herauSftrömt, ber mürbe barauf fchmören, baß cS teine etelhaftere Schlampe gebe in ber SBelt, als ben SBein/'

„Messieurs, je suis un pr6sident sans phrases. Le dernier jeul“ ließ fiel) bie Stimme beS SantgeberS ver* nehmen, baS heüle ©efpräch unterbrechenb.

@S mar auch an ber 3eit, baS Spiel ju befcpließen; benn menn Stifter ©alban bis fünf Uhr Borgens biefen Palaft nicht verließ, hatte bie Polizei bie Shore erbrochen unb Sille verhaftet.

Sie Roulette lief jum lebten SDtale im Greife, Stifter ©alban hatte fecßS taufenb vierhunbert Stubel gemonnen, baS tßeilte er höflich mit ßeneiba.

Sann nad) bem ufueßen, ceremonieöen 2lbfd)ieb trennte er fich von ber ©efellfchaft.

Sie Burüdgebtiebenen blidten fich gegenfeitig an.

SaS mußte Sebermann, baß biefeS SRoulettefpiet nur eine Heuchelei mar. Somofjl bie San! mie bie Spieler

SJölai: gfrei^eit. I. 6

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ftreuten ßeneiben’S ©etb untrer; fcbliefjlicb gewarnt unb Bcrlor fftiemanb. Darum täfelten Sitte jo fettfam, bafj ©alban Bon bem ©elbe 3eneibcn’S einen ijßacf gewann unb nodj galant täfelte, at§ er biefe§ mit ihr Reifte.

Slber ßeneiben’ä ©eficbt leuchtete oom Driumpbe, fie hob baS Souquet mit bem Demantengriffe, wetdjen fie in bet $anb hielt, empor unb ftüfterte im Done befriedigter SButb:

„Je le payais.“

SRitter ©atban erhielt ben fßreiS ber Diamanten, otjne baf; er bemertt Ijatte, baf? er if)m nacfjgetoorfen würbe.

X.

j£om 58of (^nsbuff Bis put f:^eergefianft.

5Racf)bem bie ©efeltfcbaft fic£) überzeugt batte, bafj fich ©alban wirtlich entfernt batte, fpracb heftet :

„Da§, 3br $erren Sojaren, War fe^r fcEjön (ich meine nämlich bie SRomanje), aber icb benfe, bafj wir getommen finb, um non einanber noch anbere Dinge ju bören; nicht wahr, Setter ÄrijfanowSfi?"

Der potnifcbe ©betmann jucfte bie Slcbfeln.

„3d| habe nichts mehr ju fagen." (Dennoch jog er aus feiner Dafcbe bie unoermeiblicbe äReerfcbaumpfeife mit bem DabafSbeutet unb jänbete ficb eine an, Was in ber „morgen» tänbifcben DabafSfpracbe" foöiel fagen wiö, als : i<h möchte Wobt fprecben, wenn i<b einige Seute, bie mir Berbäditig Bor» tommen, oon hier auSräuchern tönnte.)

3eneiba oerftanb ihn unb ftüfterte SR^tejeff etWaS in'S Dtjr.

„Sa, Wobt,“ erwieberte hierauf fRgtejeff. „§öten wir ba8 greibeitstieb unfereS IfSufchtiit. SBabrticb, bie WunberooHe fltomanje, Welche Du uns oorgetefen, berechtigt unS, Dich unferen DqrtäuS ju nennen. . . . Stiemal, feit ®bron •"

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ißufcfefin tiefe ifjtt beit ©afe nicfet ooltenben. ®ag 2 ob Sradjte itjn in Sutfe. ®ag ift Wie ein @cfeut=Drben für ©tfeüter; ber Heine ©tubent, ber für ben erften gelungenen SBerg belobt toirb, trägt bag Sob um ben §atg gelängt im ®riumpfe nacfe $aufe, aber ben gottbegnabeten Siebter barfft ®u nie in’g ©ejlcfet toben. @r füfett eg wofei, bafe er ®idfe bejWungen f>at, brum fage eg ifem nicf)t; bift ®u eine grau, toirf ifem eine 93tume nacfe, bift ®u ein SJiamt, brüde ifem bie !panb; aber fage ifem ja niematö, bafe fein ©ebiefet fifeön toar, benn bamit oertreibft ®u ifen. Somit man ifen aber am efeeften oertreiben fann, bag ift, Wenn ifen ein ®icfeicrcolIege tobt! „Genus irritabile yatum!“ „•Kein, ifer Herren!" rief mit Oor gorn treifefeenber ©timme ber ®icfeter. „®iefeg ©ebiefet ift nic£>t für ©uefe; bag oerträgt fiefe nicfet mit üDtofcfeugbuft, fonbem brauet fEfeeergeftan! unb Sabafgquatm. Komm, QaluSlirt, gefeen Wir bamit in irgenb eine Sineipe, bort ift bie 9ltmofpfeäre bafür."

gafugfin fprang auf unb reifte bem ®idjter bie fjanb. ,,©ut! ©efeen Wir jur „93ären!eule"!"

„©efeen wir!"

®ie ©efetlfcfeaft feiett fie nicfet jurüd. ßwifefeen ben beiben Spüren tonnte man noefe bie gort* fefeung ifereg ©efpräcfeeg feören.

„Kefenten Wir auefe ®iabotfa mit?" fpraefe gatugtin. „9lu <fe reifet, ©uefe fie auf!"

„®ag SRäbdfeen ift irgenbwo eingefefetafen, iefe werbe fie in’g Seben jurüdrufen."

Stuf biefe Seife pflegte man fiefe feier oon ber ^augfrau ju oerabfefeieben.

3eneiba ging ifenen jeboefe nacfe unb oertiefe bag 3immer. „gefet tannft ®u reben," fpraefe rafefe fßeftet ju ®rijfa= nowgti. „SBieCteidfet feat ®idfe bie Stnmefenfeeit ber grau genirt. $aft ®u ung noefe etwag mitjutfeeiten?"

„^a", erwiberte ber 5ßote. ,,2lber nidfet bie Stnwefenfeeit ber grau feiett miefe jurüd, o nein ! grauen wiffen ©efeeim* niffe gar Wofet ju Waferen, wenn fie SSerfcfeworne finb. Seaena

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hat ihre 3un8e abgebiffeit, um ihre 9Ritverfdhmornen nicht gu verraten, als man fie auf bie gotter fpannte. ©eitler ift auch bie jungenlofe Sömin baS ©innbilb ber Ser* fc^tuiegenf>eit. Df), ich rechne fefjr auf bie grauen. 3a, icf) merbe fogar bie 3tüdfef)r 3ene^a^ ermatten, um gu fpredf)en; menn fie nur jene beiben Slnbefen nid)t mieber gurüdbringt."

„9Ki|traueft ®u ihnen?"

„Stein. Slber idE) mag fie nid)t leiben, ©ei Serfdjmö* rungen finb bie abfidf)tlidE)en ©errätfjer nicht bie ©efäljrlidjften. ®rei ffltenfdhen fürdE)te ich am meiften : ben feigen, ben eigen* finnigen unb ben pijantaften. Unter biefen ift ber Sefctere ber ©efährlichfte, benn er betrügt fidh felbft unb berietet falfdj. ©r f)ört einen betrunfenen ©auern fluchen unb berietet, baft eine revolutionäre Stimmung herrfdf)t! aus einem Seferteur macht er ein Regiment; unb er glaubt an baS, maS if)m feine Phantafie vorgemalt f)at; unb ^at er fid) ben ®opf mit revolutionären Schriften vollgepfropft, bann hält er fid) für StobeSpierre unb fief)t einen Petersburger 9Kufd)i! für einen Parifer Sansculotten an. 3ur ©onfpi* ration braucht man feine Phantafie, bagu braucht man Serftanb unb UrtheilSfraft, SÖtit biefen beiben SDtenfchen liebe ich eS nicht gu beratschlagen. ®er eine ift ein Starr unb ber anbere ift ein dichter."

Peftel rifc ben Polen an bent f)erabl)ängenben Slermel feines StodeS.

„©eleibige fR^Iejeff nicht."

„D, Stplejjeff, baS ift maS SlnbereS; er macht correcte ©erfe gang fehlerfrei; er mißt feine ©ebanfen in fo richtigen Jamben unb 2ro<f)äen ab, mie man baS ®om mit ©ufhelS unb $fdf)etmerten abmifct. ©r ift $err über feine Phantafie, nicht biefe über ihn/'

Stplejeff mar ©efdjäftsführer ber amerifanifchen ©e* treibegefellfchaft, unb ba§ er nicht fo fehr $i<hter als ©efdjäftS* mann mar, bemieS er bamit, baft er baS Kompliment, meines ebenfo gut eine ©eleibigung mar, mit einem guftimmenben Sädheln entgegennahm.

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5)ie ©efetlfdjaft erf)ob fid) oom Sifdje unb löfte fic % in Heinere ©rupfen auf, um bie $ftüdfef)r geneiba’S ab^u* toarten.

Stylejeff unb Äriafanomsfi $ogen fid) in einen SBinfet $urüd. $er Sßote bemühte fid) mittelft feiner pfeife bi d)te SBoIfen um fid) §u fammetn, als hielte er bie ftarren 3üge feines ©efidjteS für eine nod) ju burd)fid)tige URaSfe, unb bamit Sliemanb if)n befrage, fing er ju fragen an.

,,3d) möchte gerne ©ineS non ®ir erfahren. 3)er 2luS* gaugSpunft jebeS großen 3i*fe3 ift ein Heiner ©goiSmuS. ®ie greiljeit : nun, baS ift bie Sonne ; aber ber $ßrioat= jmed, baS ift bie ©rbe. 2luf biefer manbeln mir. StoS megen abftracter Segriffe t)at man nod) nie einen neuen 3^5 abfdjnitt begonnen. $0lein ^ßrinatjmed bebarf feiner ©rflcU rung, er ift in jmei SBorten gefagt : id) bin ein 5ßoIe. ®aS ift genügenber Soben für meine beiben güfce. gräutein Stmerinen ift eine ginnlänberin, unb id) glaube, baS ift aud) ein genügenber Semeggrunb. befürchte nidjt, baft ifjr ®opf fdjminbfid) merbe in jenen glänjenben Legionen, mo man fie mit ©rängen unb diamanten umgibt. begreife aud) ®ei* neu ^rinatjmed. &u liebft beine SRacc, fiefjft, mie fef)r biefelbe gegen bie anberen Nationen gurüdgeblieben ift, unb mödjteft fie ju benfelbeu emportjeben. 3d) fenne aud) 5ßeftefS Sßri* tmtjmed. @r f)at einen unenblid)en ©I^rgei^. ©r ntödjte bie erfte Sßerfon eines neu gu grünbenben Staates merben. ®aS ift eine breite SafiS. Sein gufc ru£)t auf einem mafjren sßiebeftat. Sie Uebrigen finb übergangene ©apacitäten, bie bie ©emegung mit gtän^enben SRoüen lodt. Sann ift f)ier ber Styoftet 9Jturamieff. Sen f)ält aud) ein oätertid)eS ©er- mädjtnifc, oon meinem er fid) nidjt loSfagen fann. Sßufdjfin ift Oertiebt in 3^neiba, baS ift audj fixerer ©oben. Ser oer= rüdte ^afuSfin miß fid) rächen, baS ift ebenfalls eine bertäftlidje 2eibenfd)aft, auf bie fann man bauen. Sen maderen Surgenjeff feffett feine puritanifdfje 9led)tfd)affen= tjeit an uns. ©r ift feit feiner früf)eften Qugenb ber ©orfämpfer ber Srei^eitSibeen, fd)on feit feiner Semibecem= Oirenjeit. Siefe eiferne ©f)renf)aftigfeit töfst fid^ in feine

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onbcre gorm untgiefjen, efier jerbridjt fte. Stur bie Slnwefen* heit eines einzigen SOienfcfien hier fann ich mir nicht ertlären, baS ift bie beS £erjogS ©fjebimin. Er ift SJtitglieb einer ber jwölf attruffifchen Dinaftemgamitien. ©eine Sefijjungen finb fo ungeheuer, baff er feine Eintünfte auf ruffifdhem 23 oben nicht ju oerjehren öermag. Sei fpofe nimmt er ben ljöchften Dfdjin (ruffidje Stangftufe) ein, ein feiner, gtänjen» ber, gefeierter Eaöatier, ber bei einer Umwäljung, Wie ghr fie plant, nichts gewinnen, SltteS öerlieren tann. SBaS fucf)t ber in biefer ©efetlfchaft? 2öetd>e§ gntereffe t»at er baran, SJtitglieb biefer Serfdjwörung ju fein?"

„Unter uns Stilen bat gerabe er bas gewidjtigfte gnte* reffe! Die Erinnerung an eine unöerfötjnlicfje Seleibigung. Denn eS ift eine perföntidfe Seleibigung. Du fennft ben Ejar. Du weifjt, baff ihm, als SJtenfcIjen, Stiemanb geinb ift. ©elbft gafuSfin hafjt in ihm nur ben Ejar, nicht ben Stenfchen. feerjog ©hebimin ift ber Einzige, ber ihm als SJtaitn bem Spanne gegenüberfteljt. Der Ejar hat fe^r jung geheiratet. Er nahm eine fränftidje grau, ©eine Sauber ftarben frühseitig. Er würbe gegen feine grau !alt unb fudf»te in einer neuen Seibenfchaft Erfafc. Die einjige, ihrer ©<hön= heit wegen weit berühmte Docfiter einer twrnehmen gamitie gewährte ihm biefen. DaS unerlaubte Serhättnifj hatte golgen: ein Stäbchen. Die Sache würbe feljr geheim gehalten. Die junge $erjogin reifte als Stäbchen nach gtalien unb fehrte als Stäbchen öon ba wieber jurücf. Salb barauf heiratete fie ben $erjog ©hebimin. Unterbeffen Wuchs in gtalien eine Jungfrau heran unter bem Ditel einer ^erjogin Sophie Starifdjlin, bie man in ihrem 14. gafjre nach @t. Petersburg brachte. Sticht ihre Stutter, fonbern ihr Sater brachte fie. DaS Stäbchen wohnt in einem öon einem ©arten umgebenen fpaufe in ber Sorftabt, Wo fie ihr Sater häufig befudjt ; ihre SOtutter aber niemals. Der Sater öergöttert baS Stäb= chen, baS überbieS noch fränflicf) ift, bie SOtutter hafst eS. Der Sater ift ber Ejar, bie SOtutter bie gürftin ©hebimin. ©pürft Du nun, WaS ben gürften ©hebimin ju uns bringt?"

„ga, tennt er benn biefeS ©eheimnifj?"

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„Ob er fennt? SSir fentten eS ja 9fHe."

„®arauS folgt nodj nidjt, baß audj ber ©atte fenne. ©rwäge bod) tooljl. SBelcfjeä menfdjlidfje Sßefen fönnte oor einen folgen SWann tote gürft ©fjebitnin Eintreten, um iljm eine fcfjimpflidje läRittfjeitung über feine fürftlidje ©emalin ju tnadjen? gür ein foldjeS SBort rnirb ber Untergebene gepeitfdfjt, ber (Ebenbürtige erfdjoffen. Krämer lönnen gegen» fettig ißre Sßeiber benunciren, ©entlemen nidfjt. S33er foHte bie§ ©jjebintin gefagt fjaben?"

„Sßer fonft als feine ©eliebte? gft nicfjt Beneiba bie ©eliebte beS gürften unb fjat fie nidjt taufenb ©rünbe, ben gürften über bie Sdjanbe feiner grau aufjuftären?"

„©laub baS nidjt; fie fjat e$ nidjt getfjan! ®u fennft gräulein Bcneiba nidjt, idj fenne fie. tßor SlHent glaube icfj nidE>t, baß fie bie ©eliebte ©fjebitnin'S fei. Ober, wenn fie ifjn liebt, bann liebt fie ifjn Waljrfjaft, nidjt nadfj 2lrt ber SRinon be r©nclo8. gcfj glaube aber, baff fie eilten Slnbern liebt, unb glaube, baff fie biefe ßeibenfdjaft ju befjerrfdfjen Weiß. SiefeS S33eib ift fäfjig, ber SBeradjtung ber ganjen 833elt Xro$ ju bieten, aber fie bermödjte nidjt ^u ertragen, baß fie fid) felbft teradjten müffe. Unb bem ©eliebten baS SSeib beS ©eliebten ju benunciren bag ift ein Bug, ber nur einer Hetäre anfteljt. gfjr mißt nidjt mit toem gilt ju tfjun fjabt! 3)iefeS SSeib treibt fein Spiel mit ©udfj. gfjr feib lauter Sdfjadjfiguren : ber ©ine ein Üfjurm, ber Slnbere ein ßäufer, ber dritte ein Springer. HRöglicf), bafj ©fjebi» min unter ©ucfj Sdfjacfj=König ift, aber Bcneiba ift nicfjt bie Sdjadj=Köttigin. Sie fpielt bie Partie."

„Unb ®u fjaft bodj fo oiel 83ertrauen, um ®idfj ifjr ju nähern."

- „ga, benn idj bin ifjr Partner!"

.... ®ie SRoulettefuget f reifte, gemanb förnmt. geber

eilte auf feinen fßla| . .

Unb Krijfanorosfi fjatte baS fjöfjnifdje ßädfjeln nicfjt Berbient, mit meinem IRpIejeff fein „großeg 833ort" ftiH beantwortete. ®enn mar in ber Xljat ein großes 853ort : „gfjr Uebrigen feib nur bie Sdjadjfiguren, mir beibe

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finb bie ©djachfpieler," aber eS war fo. ®ie Uebrigen faßen nur einzelne 3üge : fie 93eibe faßen bte ganje Partie.

Srijfanowsfi patte aucf) fepr gut gemerft, obgleich er tßat, als fäf>e er eS nicpt mit meid)’ ängftiicßer S3eforg= niß 3eneiba bemüht toar, ißufcßfin Bon bem gefäßrlicßen Schachbrett ju entfernen. (Sin fotc^er Sopf ift ju foftbar für einen „ißion". SBieüeicßt ift er einer ganjen Station, ber ganzen SBelt ju treuer, gewiß ift er es biefer grau.

Sie pat ißn oon ba mit SBeißraucß Oerjagt, wie ben 2eufel, unb nun ift fie ißm nachgegangen, baß er ja nicpt jurüdfeßre. Sie Weiß, baß bie Söpfe aller Sener, bie an biefer Seratßung tßeilneßmen, bem genfer BerfaHen finb, Wenn bie Partie Berloren geht unb s4?ufct)tin'ä .paupt barf nicpt barunter fein.

Unb bodj haben bie $icßter ißre Schrullen. SBemt unterwegs gafuSfin oerratßen foüte, weich’ öerßängnißooHe SBeratßung am 3touiette=2ifcf)e 3eneiba’S gehalten Wirb, fo wirb ber 5Reij ber ©efaßr ißufdjfin jurüdfüßren. SBenn er erfährt, baß nidjt mehr Bon einer afabemifdjen $iScuffion, fonbern Bon* einem SriegSratß bie fftebe fei, bann Wirb er bie Spüre einbrechen, um baran tpeiljunehmen.

3eßt aber fcßmotlt ißufcßfin noch. SBäprenb gafuSfin Bon ©abinet ju ©abinet eilte, um DiaboHa ju fuchen, warf er fid) auf ein Soppa im ißalmenpain, unb wenn eine Saccßantin ßerbeifam, um ißn ju fißetn, ba fd^Ing er Ber= brießüdß nacß riidwärtS unb rief :

„Saß mich 9tuße, icß ntag $icß nicht!"

„Slucß rnid) nicht?" frug plößlicß eine befannte Stimme, bet beren Slang er in einer anberen SBelt ju erwachen glaubte.

3eneiba fegt fich ju ihm auf’S Ruhebett unb fragt ihn :

„3ürnft 3)u mir?"

„©eftep eS nur : $u h°ft IRplejeff baju bewogen, baß er mid) infultire."

„SBomit, mein greunb?"

„ÜJtich foü Sftiemanb SBpron nennen! geh bin ißufcßfin ober TOemanb. 9Jtan mag fagen, meine ißoefte fei ruffifeßer ScßnopS, ber in bie Sftafe fteigt, aber 9?iemanb barf fagen,

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fie fei ber äbgufj eines engtifdjen 3^ee§. geh mog ein Heiner ßögel fein, ober ich werbe niemals ein ÜRiniatur-^imbo- raffo fein. Unb boS‘ haft Su SRtjlejeff jugeflüftert!"

„3a, ich-"

„Um mich non hier ju oerjagen?"

„Um Siel) ju Derjogen!"

„3<h bin nic^t Wertf>, an ber ©efeflfdjaft ber Sojaren theitjunehmen?"

„2BaS fümmern mich bie Sojaren unb bie ganje „Szojusz blagadenztoga“ ? 3d) gebe ihnen Unterftanb unb bofto!"

„Unb bin i dj nicht merth, am geuer beiner äugen ju Derbrennen?"

„Su mirft baoon gu ©iS."

„Sift Su fo fatt?"

„2Bie baS Ulorblicht."

„$aft Su fein $erj?"

„9ladj ber Slnatomie habe ich eines, aber eS hat an= bere gunctionen, atS bie dichter ihm jufd) reiben. SaS= jenige, WoDon Su fpridjft, hat'nadj ©all im Sdjäbeltheil 9fr. 27 ber ^»rnmaffe feinen Si| unb ber ift bei mir nicht entwidett."

„Söbte mich nicht mit Seiner Phrenologie; Su Weifjt, toaS bie Siebe ift ... ."

„3dj weift eS baS Sünbnift eines Sprannen mit einem ©claüen."

„Sei Su ber Sprattn, ich werbe ber Sclaüe fein."

„ÜRit biefem SEBorte finb fo Diele grauen betrogen tuorben, als eS Sanbförner am ÜJfeereSftranbe gibt."

„geh fdjwöre Sir bei ©ott : mein Seben, meine Seele gehören Sir."

„Sei toetchem ©otte fdjwörft Su? Sei SenuS, bie felbft flatterhaft ift? Sei Slflah, ber bem SEBeibe feine Seele gegeben unb baS §erj beS SBlanneS in Dier Sheile geteilt; bei Srahma, ber bie äBitwe auf ben Scheiterhaufen führt; bei QehoDah, ber bie ©he eingeführt, noch beDor er einen Sßriefter gefefjaffen, ober etwa bei bem grofteit ÄoSmoS?!"

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„StichtS @cf)recf{icf)ere§, als ein SBeib, baS philofopf)irt!"

„®eShalb tfjue id) eS."

„$u töbteft alle fßoefie bamit."

„So rebe in fßrofa."

,,©ut benn, ici) oertange nicht oor ®ir, id) gebe. 3$ gebe ®ir meine Seele, meine $?anb, meinen 9tamen!"

„91 d), beinen Flamen! ®aS ift ein grofteS SEBort. Einem SRäbdjen »nie id) gibt man Sffriflanten, Sßferbe, Villen, aber mer mir feinen Spanien liefje, baS Wäre ein Weiher Stabe. Unb bodj ift berDtame tag foftbarfte ©efdjmeibe. So lange id) feinen foldjen Slawen bjabe, bin id) feine ehrbare grau. SEBenn icf) Ijeute meinen $au§f)ofmeifter heirate, bin i <h morgen fdjon ehrbar. ®er arme gute Sogumil ahnt gar nicht, baf? in feinen ißefjf)anbfd)ulfen auf? er feinen rottjen gäuften aucf) nodj meine Ehre ftecft. ®u wiöft mir atfo beinen Flamen geben? ®en Stauten, ber bisher nocf) nirgenbs getrieben ftetjt, als auf prolongirten 9ESecf)feIn unb Schönten* tf)üren ? ®u 2d)or; bann würbe man niicf) nocf) immer nidjt „grau «ßufc^fin" fjeiffen, fonbern ®u Wareft „£>err glmari= nen". 9Benn aber einft ®eftt Stame ftatt oon ber ®reibe beS @d)änfenwirtf)e§ in ber glammenfchrift beS Sturmes gefd)rieben Wirb, wirft ®u if)it aud) bann ttod) gn einen anberen Flamen f impfen Wollen, beffen jeber einzelne Sudjftabe beftedt warb öon ..."

„93on ber Serleumbung! unterbrach fie fßufdjfin heftig.

„Sie ift nur gerecht. 9Kan faun oon mir nichts fo Schlechtes fagen, als bah '<h eS nicht fetbft noch ergänzen fönnte. Sch bin egoiftifdj, gefühllos. 3<h glaube nicht an ©ott, noch an Eh«; 93egriffSberwirrungen finb beibe, bie einanber wiberfpredjen, je nadibent bie ethnographischen S3erhältniffe Wechfeln. ©ut ift, WaS bem 9Jlenfd)en wbf)tthut. Xugenb ift ®h°rf>eit. ®ie guten SRenfdjen bienen nur baju, bah bie klugen ihr Spiet mit ihnen treiben."

„Sprich nicht fo !" rief fßufcfjfin; „Wenn ich ®idj fo reb’en höre, fommft ®u mir oor, als würbeft ®u bein ©efidjt freu} unb quer mit hählichen tfarben befdjmteren."

(®aS War ja auch ber Seruf biefeS ®eficf)teS.)

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91

3eneiba jog baä f)erabgerutfcf)te ®Ieib über ißre ruitben Sputtern.

„*u toiHft mid) nidjt alä Soldje fetjen, bie id) bin. !$d) bebaute, üermag ober nidjt ju täufdien. ©ießft *u, luetd;e ißradjt mid) umgibt? SBeißt *u, rootjer 91Ü bie§ fommt? SBitlft *u, baß id) bas 9llle3 uerlaffe? SBofiir?"

„gür eine anbere SBett, oor beren ©rad|t 91 üeS, was *u um *id) fießft, ju ©taub mirb. *ie SBett, in bie id) ®idj führen wid, ift üon pracf)ü olleren ißaläften erfüllt, als bie *einige. ©ie ift ba§ ©arabieS!"

,,©d)affe *>ir eine anbere ©Pa. SBenn id) *id) liebte, mürbe id; $idj mit meiner @iferfud)t töbten, Wenn id) $idj nid)t liebte, mit ber beinigen. Seilte mit ber einen, morgen mit ber anbern, benn meine Saunen finb jügeüoä; id) teiuie fein ©efefc, feinen ©ib, feine ©djanbe. ©et), rette *id) uor mir! gefct Wirft $u nur ju ©i§; Warte nid)t ab, bi§ ®u in glommen aufgefjft. 9Jtid) befiel nur. Wer mid) nicfjt liebt!"

„@itel Süge, wa§ ®u fprid^ft, oon 9lnfang bi§ ju ©nbe. *u wiüft ntid; üon *ir entfernen, bamit id) an ber Ser= fd)Wörung nid)t tfjeilnefpne ! *u Ijältft mid; beffen nid;t Würbig, baß id) mit meinen rutjmbollen greunben jufammen unfergelje. Saß' mid) prüd ju il;nen!"

„93on Wetter ©erfdjwöruitg fpridjft *u?" fragte 3eneiba, ©rftaunen l)eudjelnb. „*ie brinnen beraten je|t barüber, wie man bie „SDläßigfeitg=93ereine" nad; ameri= tanifdjem SKufter in Slußlanb einfütjren fömtte, bamit bem ©ranntweintrinfen ein ©nbe gemalt werbe. 9Son Umfturj* ©leinen ift in meinem §aufe feine Siebe, ©laubft *u etwa, baß bie „Sammerfängerin be§ ©jar", ber ©ünftling be§ 4?ofe§, Wenn fie erführe, baß eine ©onfpiration gegen ißren ßoßen ©rotector geplant wirb, ficf) nid)t beeilen würbe, fidj baburcß ben SBeg $u einer ©rafenfrone ju ebnen?"

„©inen SBeg ... ben bie ©djäbel itjrer guten greunbe bejeidjnen?"

"Wun, ja."

„©ein, *u würbeft ba3 nicf)t tfjun?"

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92

, ,28er weife? 3<fe feabe feine Seele unb glaube nicht, bafe ein Slnberer eine habe. 2tn eine fünftige SBelt glaube icfj nicfet; icfe ^atte fie für unmöglich, barunt gebraute ich biefe SBelt fo, bafe eg mir in ifjr wof)lergebe."

„Hub wenn eg einmal fo fäme, baff eg ©ir fcfelintm ergebt?"

,,©ann würbe icfe ber (Srbe wiebergeben, Wag ber @rbe ift. ®ie gäbet öon bem ißbönij: bat einen tiefen Sinn. SBenn er füfelt, bafe er fein ©efieber abgenüfet, bann tterwanbelt er ficfe in Slfcfee. Unter allen Spieren bat ber SJtenfdfe ba§ Stecfet ju beftimmen, wie fang er leben fott."

ißufdfefin fucfete aug biefen gebeimnifetoollen ®eficfetg= jügen feeraugjutefen, wag oon SlÜbem wahr fei.

Sefet nabt fitb 3emanb, unter ®eläcfeter unb gludfeen geräufcfeöoll hinter ben gagmütfträucfeen feeröorlommenb. 3eneiba fprang an ber ©eite $ufcfe!in'g empor; fie fegte ihre §anb auf feine ©cfeutter unb ffüfterte ibm in Weichem ©one ber ©tnpfinbung in bie Dferen :

„SJteibe midb unb fudbe jene beliebte auf, bie ©einer würbig ift unb ©ich Wahrhaft liebt : ©eine 3Jtufe; ihr bleibe treu!"

©ann entbufcbte fie wie ein ißfeantom.

Slug ben gagminfträucfeen brach 3><rfu3fin feerbor. 9luf feinem Staden fafe ©iaboffa, wie ein ®inb auf bem ^>alfe eineg ©traufeeg im ©feiergarten. ©ag SJtäbcfeen jupfte ihn am Sarte, unb er fdjrie bagwifcfeen, fo gut er fonnte :

„$ier ift fie . . . bie Serbammte ... geh oermoebte fie faum wieber jum ßeben ju bringen . . . .Qmei ©affen fdfewar* jen Kaffee gofe ich ihr in ben SDlunb, big fie ju fidb fam . . . Stocfe jefet weife fie nicfet, wo fie ift . . . Serbammt, wie fie mich am Sorte reifet! ... ©ie Kälte wirb fie fefeon jum Sewufetfein bringen . . . ©aferra! . . . Stun, geben wir jur „Särenfeute!"

fßufcfefin fprang trofeig auf bie güfee, unb inbem er mit ber flachen fjanb bem .Qigeunermäbcfeen ein paar ltat= fdbenbe ©efetäge auf bie pfaftifefeen formen berfefete, fagte er lacfeenb :

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„$ier ift meine SJtufe ! ©o !omm, umgeftürjter Dlprnp! ©djnaplboutique ! ®ort werben mir begriffen!"

Unb fo ftiirmten alle Sr ei burcf) ben ©alopp infernal bei Sanjfaalel.

Beneiba war’l, beren Stnfunft bie SRoutette* Sl'uget im ©aale ber S8erfcf)Wörer anjeigte ; ein ©lid non if)r befagte, baff Sene fidj entfernt Ratten.

®ri$fanoroifi fd^tug bie pfeife aul unb fdjob fie in bie Safdje.

„Stun finb mir unter uni, fahren mir fort."

ißeftet bat uml 2Bort.

„Um bie ©eforgniffe bei ©etter! SrijfanoWlfi ju jer= ftreuen, mu| idj el üor Sittern aulfpredjen, baß mir alle 3a= julfin für einen Starren Ratten unb bajj Stiemanb non uni feine 2tt)orl)eit bon einem Caesaricidium annimmt; 3eber mirb fie öerljinbern. Unfer ©lan ift folgenber. grülgaljr mirb im ©ounernement SJtinlf eine grofje Sruppen=©oit- centration ftattfinben. Sa! 9. Strmeecorp! mirb an ber ©erefina um bie geftung ©obrinfjf jufammengejogen. Ser ©jar unb bie ©rofjfürften felbft werben» bie Sötanöoer lei¬ ten. Stabil feeren fie immer in bie geftung jurücf. Sie ©efafcung ber geftung bitbet bal 3nfanterie=Stegiment @ara= toff, beffen Dberft, ber Sojar ©üeifofllp SJtitgtieb ber „Szo- jnsz blagadenztoga“ ift. ©ümmtlicfje Dfficiere bei 9tegi= ntentl ©aratoff gehören ju unferen (Setreuen. Stadjtl mer= ben all ©emeine oerfteibete Dfficiere unter gütyrung bei Slpoftol SRuramieff unb bei ©orporal! ©eftufdjeff all Sßatrouitte not bem ißatiitton bei Sjarl erfdjeinen, um bie Sßadje abjulöfeit. ©ie Werben ben ©jar, bie ©rojjfürften unb ben ©ommanbanten Siebitfdj auf einmal gefangen nehmen. Sann proctamiren fie bie ©onftitution, fegen bie proüiforifd)e ^Regierung ein unb bredien mit bem ganjen Slrmeecorpl gegen SRolfau auf. Unterwegl gieren fie alle Sruppen, auf metdje fie ftojjeit, an ficfj. 2luf bie Stadjricfjt öon bem ©rfolge unterwirft fidj SJtolfau unb non bort aul fann man bann $eter!burg bedingen. Sie Dfficiere unb 2Jtannfdjaft ber oor S’ronftabt anlernben glotte finb

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in unfern fßtan oollftänbig eingemeitjt : ein Srieg#fct)iff Bringt bie ganje faifertidfje gamilie nacf) fRorbamerifa. ®ie ganje SRebotution boUjiegt fid), ot»ne bafj ein Sropfen Stute# bergoffen mürbe. SSa# fagft 2)u baju, Setter Srijfa* nom#fi?"

,,©uer ffMan *P altju compticirt; e# ift fet»r biel fßgantafie babei, unb bie Sereittung eine# ^Details fonn bie ganje Seredjnung ju ©djanben machen. Snbeff gatte idj ba# Gelingen nidgt für unmögtidg. $ergteid)en ift ja in fRufjtanb fcgon bagemefen. SRun mill idg ©ucg Jagen, toa# idg gebradgt unb ma# euren StQn ergänzt. 9ii^)t tnagr, ber ©rfolg mürbe fegr problentatifcfi, menn nacg ber ©nt* fernung be# Sjar notfi ein ©jaremitfd» übrig bliebe, ber mit bem botten Siedete ber Sgronfotge an ber ©pige einer ganjen Strmee nacg fRufjtanb fäme, um bie 9Racgt ber repubtifanifdgen ^Regierung an ber bgnaftifcgen Üreue be# Sötte# unb ber Strmee ju erproben?"

„®a# märe in ber £gat bie Stippe, an ber mir ©dgiffbrudg teiben müßten."

„Sn biefer |>inficgt fönnt 3gr aifo rugig fein. Scg !ann ©udg t>erfid£>ern unb fege meinen Sopf jum fßfanbe, baff ber ©jaretoitfcg binnen Surjem feinem igronfotgeredgt entfagen mirb. @r entfagt in einer SBeife, bie e# igm un* mögticg macgt, ju miberrufen, fetbft bann, menn e# ign gereuen foüte, fein fRecgt aufgegeben ju gaben, fetbft menn er e# mieber jurücfforbern moüte. 3“, menn er ganj allein non ber ®pnaftie fRornanom übrig bliebe, unb bie ganje ÜRation, ber ©enat unb bie Sojaren in ign brin* gen mürben, fidg auf ben ügron ju fegen, mürbe e# igm unmögticg fein."

„Unb bie# ift teine bidgterifdge fßgantafie?" rief 8tg* tejeff au#.

„SRein, ba# ift pofitibe Senntnijj, pftjcgotogifcge fRotg* menbigfeit, logifcge Stufeinanberfotge."

„£ot mid) ber Seufet, menn ba# nid^t megr ift, at# ba# SRätgfet ber ©pginj!" brummte fßeftet.

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95

„3$ tjalje gefagt, Wa3 ich weifj. Db 3h* öS glaubt ift euere Sacfje."

®amit erhob fid» ber potni^e SJtagnat unb fd>o6 fich bie pfeife jmifchen bie 3^ne, Wa3 fotoiet hiejj : ba| er nun nichts mehr ju fagen fjabe, unb nur noch bafür forgen wollte, baff feine pfeife gut jiefye.

ßenetba aber trat ju ihm. unb flüfterte ihm in'S DIjr :

„®er Sdjlüffel ju biefem fftättifel Reifet er niSjt „Sohanna?"

©in nerööfeS 3u^en f«hr bei biefem Siatnen über ba§ unbewegliche ©efidjt.

„SBenn fie iljn erraten t)aben, fagen fie itjn nicht tueiter!" brummte er unter bem Schnurrbart.

„@3 ift ja wahr; Sie finb ja „bie Söwin ohne 3unge"!" fprad) tä<±»etnb ber ißole. -

3u jener 3eü war ber ßupS ber ßaternen noch in Wenigen Strafen ber neuen ©jarenftabt belannt, unb wo eine ßaterne war, ftanb auch e'nc Sdjitbwache babei, ba= ntit fie nicht geftohlen werbe, dagegen Würben auf ben freien flöhen oor ben grofjen Sßatäften, wenn bie ®äfte in ihren Schlitten anfamen, große fjeuer angejünbet, bei Welchen fich bie 3mf<hü§ bie ganjer. jum ©rftarren (alte Stacht hinburdh erwärmten. ®a§ gab Sßärme unb leuchtete »«gleich.

3fa!u8!in fuchte unter ber grojjen Schlittenburg mit Dieter 2Jiüf)e ben feinigen herauf.

®arin nahmen fie alle ®rei $ta|; ®iabolfa nahmen fte in bie SJtitte unb betften fie mit ihren ißeljen ju. Sie hatte nie ihren eigenen ißetj.

®er Smfdjif War öom ^Branntwein fehr rebfetig ge» Worben. ©r ergäljlte, baß auch ber große .fperr, ber ben Slcfjterjug tenfte, erft jegt ju feinem Schlitten gelommen fei. ©r h«be feinem ®utfcf)er befohlen, nach bem 2lraft3ejeff= ®Wor ju fahren.

3Bar auch gut ju wiffen.

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SafuSlin Befahl bem Smfchif, pr „Särenfeute" (einer berüchtigten Spelunfe) p fahren.

„fürchtet nichts, Sinberchen," fagte ber Smfchif, „ich führe (Such burdj (Seitengaffen fo ficher, bah 3hr nicht auS= geraubt toerbet."

„Suche ®ir nicht bie Seitengaffen aus," fagte ^afuä= fin, „fonbem fahre ben Profpect entlang unb über bie 3ontan!a=fRingftrahe, Wo Patrouillen ftreifen, unb fürchte nichts für unS, wir finb mit piftolen berfeljen."

„D, baS mirb nicht gut toerben, Sinbercljen ; bie Stäuber toerben Such bieüeicfjt ungefähren taffen, toenn fie bie piftolen fehen; bie SBadjen aber erfdjrecfen nicht unb berauben Such."

Unb toaS ber ^rnfchif fagte, toar nicht im Späh ge= meint. Unter ber ölig eipräfibentf d^af t gingen nicht nur bie Solbaten pr Startzeit aus ben Safernen, um baS ©efdjäft bon Steiftet Sangfinger p betreiben, fonbern bie Patrouillen betheiligten fid) an ben Einbrüchen, unb bie polijei=Som* miffäre maren bie berläfelidEtften fehler. Vornehme §er= ren toagten pr Stachtjeit nur unter berittener SScorte heimpfeljren, unb bie Shore ber palafte tourben mit eifer= nen Stangen berrammelt.

UntertoegS fchalten bie beiben Stänner Siabolfa bafür aus, bah fie ben Ehebatier ©alb an hatte entrinnen laffen, unb erzählten ihr, mie fie fich feiner um ben Preis bon bielen taufenb (Rubeln entlebigt hotten.

SllS ber Schlitten bon bem breiten Profpect auf bie gontanfa=9tingftrahe einbog, ba (prangen plö|lich fünf be» toaffnete Serie herbor; prn fielen ben Pferben in bie Bügel, einer richtete fein ©etoehr nach bem Sopfe beS SutfcherS, p>ei anbere manbten fich gegen bie im Schlitten fi|enben Herren. Stile toaten mit piftoten unb Säbeln bewaffnet, bie ©efidjter burch Sarben berbecft; ber lange Schafpelj bebecfte ihre ©eftatteu bom ipalfe bis p ben Beben, nur bie hohen fpifcen Pelptüfcen berriethen, bah fie Solbaten finb, unb p>ar ©renabiere.

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Sitter öott ihnen fagte itt franjöftfcfter ©praf e (er mar alfo Dfftcier) :

„La bourse ou la vie, Messieurs!“

er£)o6 fif Siabolfa haftig, uttb ittbettt fie fid^ bor bie auf fßufffin getriftete fßiftote tuarf, fflang fie beibe Sinne um ben Singreifer unb begatt« ifjtn mit bämoniffer SBerföljrung $u ff meifeln.

„©, ei, SSetterfen, ßiebfter, uns toiHft bu auSrauben? Sennft bu uns benn nift? ©f au nur! $)a ift ber modere SatuSlin, Sapitän auf §albfoIb. ®er hier ift fßufffin, ber mehr ©laubiger auf bem fRöden als Sopefen in ber Saff e bat. 3f felbft bin bie löiabolfa, ber Sebermann nur mit Söffen 3at)lt unb bie Seben nur mit Söffen johlt. $abon tannft bu haben, ©jupp! Sluf beine SBangen, auf bie Slugen auf bie ßippen; nimm, foüiel als fßlah bat- Unb mitlft ®u üernönftig fein unb oiel ©elb ermerben, fo fährt gerabe jejjt ein reifer §err naf bem SlraftSejeff=$mor naf §aufe, ber foeben breijehntaufenb SRubel bei ber fRoulette gemonnett. Sluf bem Sife ber gontanfa fönnt ihr fnt nof entgegenlommen. @r hat einen rofen fßelj mit meißem SBärenfeü oerbrämt."

®aS mar ein ^aubermort! ®ie hier Stäuber ließen fofort ben ©f litten unb ihren Slnföhrer im ©tif unb be= gönnen gegen bie ffontanfa ju laufen, als mären fie gejagt morben. Sluf ber Dfficier bemöhte fif, als er fif allein fah, aus bett Slrnten löiabolfa’S loSjufomnten, bamit er nift etma abgefangen merbe. Sltlein, baS SJtäbf en ließ fn nift fo ffnetl los.

„SBarte, ba hoft 2)u nof einen Suß auf bie 5Rafen= foifee."

Unb bann rannte auf biefer feinen ©pießgefeHen

naf.

®iabotfa lafte unbänbig.

„$a, h“! SBie fut baS Semußtfein einer guten 2fat fo moljl! ®ie Slrmen merben nun ben Shebalier ©atban fifertif auSrauben."

„Slber ben lebten Suß hötteft ®u bem Sert bof

3<Slai : greift. I- 7

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fd&enfen fönttett!" Brummte SofuSKit. „Stuf bie Stafenffnfce! 2)urcB bie äJtaäfe Ijat er bodij nichts batwn gefpürt !"

„9lber icf) brauchte biefe Äiiffe!" entgegnete ®iabotfa mit fdjtauem 9tugenjmintern. „SBäfirenb beS SüffenS fjabe icf) uacbgefeben, was ber tiebe Sunge über bem fjerjen trägt. Hub fyier ift'S, WaS idj gefunben."

Sie geigte einen mit SriÜanten befefcten DrbenS»

ftem.

„§a, WaS jum teufet! $aS ift jo ein SBtabimir I. ©taffe!" rief SdfuSfin aus.

„Unfer SRinatbo ift ein Rotier Dfficier!"

„©in 38tabimir=Drben in SBriÜonten! $e, ^mfcfjif, tjatt an unb fcfjtag ffeuer an! ®ie SBänber ber Drben tra* gen gewöfjnticf) auf ber Snnenfeite ben Flamen beS 3n^a= berS in ©otbfdjrift."

®er 3mfd)it fdjlug mittetft eines grofjen ©tüd S8u= cfienfdjwammS geuer an, unb Wafjrenb eS 5)iabotfa mit tiotlen Seiden anbtieS, tafen bie beiben äJtänner gteicfjjeitig v ben auf bem Sanbe befinbtidfjen tarnen :

„Sengen Straf tSejeff. "

„911), ber ©oljn unfereS Wadern 9lraftSejeff betreibt audf) biefeS §anbwerf!" rief SafuSfin aus.

,,©r ift betannt atS „mauvais sujet!“

„9tun, baS War ein foftbarer Sang, ®iabotfa. ®afür fannft ®u morgen atteS ©etb t)aben, WaS Sunfer Sengen Ijeute Stacht raubt."

„Unb übermorgen Werbe idj bocfj wieber fein ©etb fiaben," fagte baS SKäbctjen tadjenb.

„SBettit ®u wittft, fannft $u für biefen Drben bie ©attin Swnfer Sebgen’S atfo ©räfin werben!" fagte fßufcfifin.

„äöaS nüfct’S! nacf) einer SBodfje würbe icf) bod) wieber ju ben 3i0cunem jurüdfef)ren."

„SEBiüft $u if)n etwa anjeigen? SBillft ®u, baff er geteuft Werbe?"

„®iefe Starrheit Werbe icf) nidfjt begehen; man Würbe midfj jo neben iljn Rängen. Uebertaffet baS nur mir. Sd)

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meiß fcßon, maS ich mit bem, maS ich ermifcßt f )abe, an* fangen merbe." - -

QSafuSfin fagte ju ^ufd£)fin in beutfdfjer Sprache, bantit Siabolfa if)n nicht berftelje:

„Siefer SRenfch ha* mein ganjeS ßeben jugrunbe ge= richtet unb jefct hatte ich ihn bor ber SJtünbung meiner Sßiftole. Stber jefct ift biefe ®uget nicht mehr für ihn gegoffen. ©dfjau, ich bin nicht einmal in Sßuth gerätsen, als ich feinen Flamen laS. Sßemt mir auf Sären lauern, bann laffen mir bie fjüchfe taufen, gangeifen auf feinen |>atS! ©r fei ber Siabolfa oerfallen." -

@3 gehörte große ©emanbtheit unb DrtSfenntniß baju im |)äufer-ßab^rintt) ber Sorftabt bie „Särenfeule" auf^ufinben, befonberS ba fie ftdE> als ardfjiteftonifcheS ®unft~ mer! bon ben StadEjbarhänfent in nichts unterfdjieb. ©in ©rbgefdfjoß aus QitQtln, barüber ein ©toefmerf aus §olj, nnb enbtief) ein ungeheures, meit borfpringenbeS Sach. 2BaS man anbermärtS K'eHerfenfter nennt, ift t)ier ber ©cfjornftein ; ber Samin ift im Souterrain, unb ba biefeS ßoef) born erften Steif angefangen bis jum testen groft Sag unb Stadst raucht, fann ein Unberufener t)ier meber tauften noch ein* brechen. Sluch ben gefabenen ©äften ift ber ©iutritt nicht leidet. §at man fdfjon baS borfpringenbe ®cft)auS an ber ■ungeheueren Särentafce erfannt, bie aus §ofj gefcf)ni§t an einer langen ©tauge befeftigt ift, meldEje aus ber Sac|tucfe herauSragt, bann befinbet man fiel) bor einer niebern ©ichen* t^ür. Surdf) biefe fann man nicht eintreten, fie $at einen Stiegel bon außen unb einen Stieget bon innen. Ser inm en* bige Stiegel gehört baju, um bem außen ©tehenben ben ©intritt ju berhinbern, menn ber innen Sefinbtid^e eS miff. Ser Stieget bon außen bient baju, baß ber innen 93efinb= liehe ohne ©inmiüigung beS außen ©tehenben nicht heraus* fommen fönne. ©S ift bie ©rfinbung eines ©chanfmirtfc ©enieS. Ser inmenbige Stieget fdE}üfct bie ©äfte bor Ueber* rafdfjungen ber ^ßoli^ei; ber auSmenbige Stieget fcf)üfet ben SBirth babor, baß feine ©äfte berbuften, ohne bie 3ed)c

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berichtigt ju Rotten. $iefeS ©trategem toirb nod) berboll* ftänbigt burch bie pfiffige 9lrt, toie bie ©äfte in ben Ärug gelangen unb ber ©chenfentoirth am SKorgen hiuauSfomntt, um bie £{)ure bon außen ju öffnen, toenn eS ßeit ift, bie ©äfte jur Srnüdjterung auf ben ©djnee ju fefjen. tiefem 3toede bient eine anbere Sljüre, bie fidj oberhalb ber erften im ©todtoerfe befinbet. gn biefer ißür befinbet fidj ein langes fchmateS genfter, in beffen einem SSJinfet bie „For- toska“ llappert, baS Stäbchen aus Söled», baS burc| ben auSftrömenben ®unft in forttoährenbe Setoegung gefegt toirb. SEBenn an ber obern ‘itjür gepodjt toirb, bann tugt ber Söirtß jum genfter fjinauS, unb toenn ein toirflidjer ©aft lommt, bann läßt er mittetft eines in einem Sftabe laufen* ben ©triefe? eine Seiter fjiitab, bie fonft unter ben ®ad)* hoben ßinaufgejogen ift; an biefer Seiter lann ber Slnfömm* ting emporltettem unb burcf; bie obere EEfjrtr in’S ©tod* toerl gelangen.

®ort finbet er eine fefjr nette ©tube, über unb über mit bunten, bergolbeten fpetligenbilbern behängt, unter toet= cfjen ein ^eiliger ©eorg mit bem ®rad»en in -Jtufsholj* rahmen befonberS auffällt.

$ie ©tube ift burdj bunte SBadjSlerjen beleuchtet, bor melden rotße unb grüne toaffergefüüte ©laSfugeln fteljen; baßinter baS Sitb beS ©rlöferS auf ©olbgrunb. ®ie ganti* tie beS ©djanltoirtfjeS fniet bor bem 3Sanb=9lttare, unb ber Söirth fetbft beeilt fiel), fobalb er bem ©afte geöffnet, auf feinem fßta| toieber nieberjufnien unb baS unterbrochene ©ebet fortjufefcen. gm heiligen Sontejte ertheilt er bann gleichfam als ÜRarginal4Bemerlungen, auf gatuStin'S gra* gen folgenbe Slnttoorten :

„3tun, Siimitri, ift frifche Särenfohlen=@ut} ju haben?"

„D, bu mein ©ott! 2Bie benn jur heiligen gaften* jeit ? ! ©ieben Sßochen toirb lein gleifdj gelocht! ©ei unS gnäbig!"

„9tun benn, toaS gibft ®u unS ju fchmaufen?"

„Söhnen in Del unb ©abiar; fieben XBochen lang ift

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nichts SlnbereS in meinem fjaufe. Srbarme Sid; unfe» reS fünbigen fjaupteS!"

„Sin imperial, ben ich ®ir auf bie Jpanb gebe, mirb bod) noch ein Hein Wenig SärenfohlemSulj für uns auS= finbig machen?"

„Süljre uns nicht in S8erfud)ung! SSie foüte ich finben? ©ott mürbe mich ftrafen unb ber tßolijeichef mir bie Änute geben taffen. Sergleidjen ift burch alle ^eiligen verboten."

„Stur nicht burdj ben ^eiligen ©eorg!" ruft $)iabolfa tadjenb bajmifdhen. ®ann ftemmt fie ben Su& gegen baS grofee fjeitigenbilb, fchiebt eS öon ber Stelle, unb fofort Wirb eine Deffnung fichtbar, welche in bie hinter bem 33ilbe befinbliche Höhlung führt.

Unter bem ©elächter ber ©äfte fefct $imitri fein ©e= bet fort; babei hält er bie eine fjanb nach rücfwärtS in bie §öhe, bamit man ben Besprochenen imperial hinein» lege, unb bann ftimmt er, fobalb jene im Innern beS 4?aufeS oerfdjwunben finb, mit feinem ^auSgefinbe einen fo tauten ©efang an, baff man baS Singen auf bie ©affe hinauf hört.

Stuf ber geheimen £reppe ging tßufdjlin öoran, bem hier ©in» unb SluSgang genau befannt waren. ®ie Stube im Srbgefcfwfe Warb burdij eine „ungepujjte" Unfdjtittferje gerabe fo Weit erleuchtet, bafe bie Steuangelommenen nicht über bie herumftehenben Söffer, Sinter unb Giften ftürjten. S)ie ineinanber ftiefeenben ®üfte oon fcharfem Safe, Umring, Ißöfelfleifch unb Schnaps Berfünbeten laut, bafe man fich hier in einer Speifefammer befinbe. Sßor einem angejapften ffafee fafe ein 9lrt SESeibSbitb unb liefe baS träufelnbe Stafe in einen tljönernen ®rug. 2llS fie ber Slnlömmlinge anfi<h= tig Warb, fteHte fie ben ®rug weg unb trippelte ihnen grinfenb entgegen. ®aS grinfenbe Säbeln ftanb ihr gut : man fah bann ihrem abgelebten, runzeligen ®efid)te an, bafe fie fich im Sinftern unb ohne Spiegel ju fchminfen pflege; in ihrem ©ebife fehlten mehrere .gähne, gn ber Äunftfprache helfet ein fotdheS ©efchöpf „eine Stinte". Sie

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102

ftreidjelte bie ©öfte mit ißrer fettigen $anb unb fagte mit Reiferer, ßöljerner Stimme ju ißufd)fin :

„SBir |aben Sftnen frifdje ®ärenfot)te aufbeWaßrt."

„Sinb bie übrigen Herren tjier?" frug ^ufc^fin.

„Sdjon tängft," Irädijte baS SBeib, „fie müffen Woßt fcßon feßr betrauten fein, benn öorfjin tiefen fie eine Stoffe Xinte anS bet Stpottjefe tjolen."

„3um Teufel! SBaS fott ißnen bie Sinte?"

„Sie faufen fie gewiß, benn $um ©infdjwärjen ber Stiefel taugt fie nidjt. gdj gelle, um eud) anjumelben."

„3Ui, bjier gef|t eS ja großartig ju, feit id) jum lebten SDtale f)ier toar!" fagte QjaEuSfin. „®ie ©äfte toerben alfo je|t angemelbet?"

„®ie Urfadje lannft ®u leidet erratßen."

®aS SBeib tjatte injWifdjen in ber SJiaucr ein 2od) gefunben, burdj meines man irgenbtoo hinunter fdjreien mußte; bodj bei ißrer butnpfen Stimme toar bieS eine fo fdjwierige Aufgabe, baß fie Wieberßolt ju rufen Ijatte, e|e bie SIntWort jurüdtönte.

gnjWifdien mußten bie ©äfte toarten.

Slöfclid) fdjrie ®iaboI!a auf : „eine Statte ift mir ben Stiefelfcßaft ßinauf gerannt!"

„Sott idj ®ir ßelfen, fie ju fangen?" frug galuSlin.

„Unöerfdjämtcr! ©laubft ®u, idj tonnte felbft leine Statte fangen?"

Unb nad) einer SDtinute jog baS SDtäbdjen unter ben galten ißreS ÄleibeS bas unter bem eifernen $rude feiner ginger erftarrte Heine Ungetßüm ßerüor unb fcßlug eS bem gatuSfin ladjenb in’S ©efidjt, ber ißr bei ber gagb burdj» aus beßilflidj fein mottte.

®aS War bie jWeite üropßäe; bie erfte war ber SBta» bimir=DrbenSftern. ®iefer Ijatte eine Steftet, mittelft Weldjer er an bem Sanbe befeftigt Würbe. ®iabolla Ijing biefe Steftet in bie Söorberjäfjne ber Statte ein unb fjeftete bann beibe üropljäen an ißre 9Jtü|e : bie Statte unb ben DrbenS» ftern in Srittanten neben einanber. Sei ben S^erSburger 35amen War eS ju einer Seit ffltobe, baß fie iafctjenußren

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farnrnt beit Rettert, ©oßierS unb SRebaiflonS in ber ßoiffure trugen. Xiabotfa aprnte biefe alte SRobe nacp.

®ie „Stinte" metbete ber ©efeßfdfjaft, baft fie eintreten Jönne. Xarnit 50g fie eine gdttpre in bie |>öpe, metdfje einen unterirbifdjen Staunt üerfdfjtofj, unb fagte: „©cptüpfet hinein."

®er ganje Staunt luar ein einiges ffeflergemötbe, baS burdjj ©äutenbogen in mehrere Staunte abgetpeitt mar. Qft bie SJtittetmanb mar ber ff antin pineingebaut ; auf bent brei¬ ten, meit üorfpringenben ©efimS lagen bie Ueberfteiber ber ©äfte junt Xrodnen. ®urdp ben bitten Siebet, ben ber oietfacpe ©eftanf, ®ampf, bie menfcpticpe SluSbünftung unb ber Xabafquatm bitbeten, leuchtete aus bent ffantin baS Xorffeuer pinburcp, mie bie aus einer ffanone emporfcpie* fienbe Stamme, mobei fo niete menfdpticpe ©eftatten ficptbar mürben, als innerhalb feiner biabotifcpen Stureote Sßtap fanben. ®ie ©efeflfcpaft patte ba£ ©ouper fcpon beenbet, mie bie auf bem Xifcpe tiegenben Stefte non ßmiebet, ffäfe, ©atj, 93rob u. f. m. bemiefen; ber umgeftitrjte ffrug aber jeigte an, baft jept aucp im Xrinfen eine ^ßaufe eingetreten fei. Sturt, maS gefcpiept bann?

©ine grofte Xintenftafcpe, in ber eine ©anSfeber ftedEt, beperrfdpt jept ben ®ifd). 3Ba£ fofl bie ®inte an biefem Drte? ®ie ©intretenben merben mit Subetgefcprei empfan¬ gen. ^ufcpfin unb Siabotfa fittb pier alte fmbitueS, $afu§- !in aber ntufj neu eingefiiprt merben, benn bie ©efeflfcpaft non ber „Särenfeute" pat fiep feit ben -$epn Sapren, feit metdpen gafuSfin jutept ^ier mar, fepr neränbert. $ufcpfin machte ben ©aft mit ben bis auf S £>emb entfteibeten £>err= fdpaften befamtt, bie fämmtticp iprem Slang entfprecpenbe Xitel führen. @S finb lauter auSertefene ©tubienföpfe.

„$err ®obujoff, unfer StofciuS, ein berüchtigter £etben=@cpaufpieter. ©cpabe, bafc er jept bie ©efeßfcpaft banongejagt pat unb prinatifirt. £>err ©Setnertin, unfer Stafaet, ber bie ©unft ber ©roften neracptet unb feine ffunft nur auf noßstpümticpen Sabenfcpitbern neremigt. $err ©SicSerloff, baS pernorragenbfte SJtitgtieb ber Slfabemie

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ber SBiffenfdjaften, ber 30.000 Südjer Dort ber ©in* banbtafet fennt unb täglich baS ganje ©etef)rten=gnftitut auslehrt. §err Slrbufoff, unfer SlrdjimebeS, ein berühm* ter SDtedjaniler, bet baS fetbftfd)iefeenbe ©eWefer erfunben. §err SjeraoSjth, unfer ^^pofroteä unb ©alenuS, ber bie ©pitepfie rabicnl curirt. Sautet üerlamtte, unter* brü<fte, oerfolgte ©enteS ! §ier fietjft ®u ben Slbmiral Sar* batufeff, unfern SaSco be ©aina, ber unjäljtige gnfeht entbecft hätte, wenn bie fdjeetfüdjtige Slbmiratität it)m ein Schiff jut Verfügung ftellen wollte. $aS ^ier ift Sftonfieur ©ermain, unfere auswärtige ®4>tomatie. "

SDtonfieur ©ermain unterfdjeibet oon ben übrigen SKitgliebem ber ©efeHfchaft barin, bafe er nicht bis auf’s §emb entfteibet ift, öieüeicht aus bem ©runbe, weit fein |>emb leine Stermel I)atte. 3t)m genügte ber fragen unb bie ©Ijemifette ; foüiet War oon feinem $embe fidjtbar. Sein ©efidjt ftanb übrigens in Sejug auf garben*2lbftufung jenem ber Uebrigen nid^t nadj. ®ie ginget an feiner redj* ten §anb waren ootl Sintenfteden, was üermut^eu läfet, bafe er eS fei, ber biefeSntai bie in ber Xintenftafche fte* denbe gebet führt ; biefe Sermuttjung wirb nocf) beftärtt burd) ben oor it)m tiegenben jerlnitterten Sogen fßajner, auf wettern jdjon einige 3^« mit ben baju gehörigen „Säuen" ju fefeen finb.

Sei ber Sorfteflung ledte biefer fpert erft bie Xinte oon feinen gingern, Wifd^te biefe am fftodärmet ab, bann erft reichte er galuSfin bie §anb unb fagte :

„®ieS ift nur mein angenommener Stame ; in SSirf» lidjfeit tjei^e id) äJtarat. geh bin ein leiblicher Sruber beS ruhmreichen, göttlichen, großen SDtarat, für beffen 9tfcf)e baS fßantljeon erbaut Warb. SBiffen Sie ..."

„g<h weife," unterbrach ihn galuSlin, „unb ich fteue mich fehr, bafe Sie fein Sruber finb unb nicht ich e* bin."

„Sie finb ein Surfte, ber ganj ju uns pafft," fagte §err SDtarat. „Seien wir fröre et cochon!"

„SBoju ber ©ine „fröre“? Seien wir beibe „cochon“!"

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Unb fic fügten einanber. „916er, ttm3 treiben Sie benn Ijier, meine Herren? 3Ba3 foH biefe Ijäfjlidfje glüffigfeit tyier auf bent lifdfje."

(©§ ift dfjarafteriftifdj, ba&, mäljrenb bei mofd)u£buf- tenben ®erfdjmörungen bie ßRitglieber einanber bu^en, bie tljeerbuftenben ßonfpiratoren einanber per „§err" titu= liren.)

®er befragte Keine ßRenfdE) mit ber grifur a la ca- cadu fdfjlug ftotj auf ba3 auf bem ®ifdje liegenbe Rapier.

„Sßir finb bamit befd&äftigt, unfere „SRarfeiflaife" an* jufertigen."

„£örft $u’3 *pufdjfin? 9ludf) l)ier triffft ®u ©oncur* renten!" fdjerjte Safuäfin.

„2Bie e3 fdbeint, ift Ijeute ber ®ag ber olpmpifdjen Spiele," fagte $ufdf)fin ladjenb. „2Bie toerben benn l)ier bie SBerfe angefertigt; idj mödjjte ba3 felbft einmal feljen."

,,©anj in Drbnung," fagte ber ®tut§bern>anbte 9Ra* rat% bie geber hinter ba£ Dtjr ftedenb. ,,3d) fpredje ba3 SRotto au£ unb biefeä bilbet jugleidj ben Sflefrain. ®ie an* beren Herren geben iljre Qfbeen baju unb idj bringe fie in bie poetifdfje gorm."

„9tlfo 9lfle3 im 9lffociation3mege, fogar ®erfe?"

„Sa tootjl; SDtotto unb Sftefrain ift: „9ln'3 SUteffer mit it)m!" §ier ift ber 9lnfang :

Ser ©d)»ert fü^rt ober ^ßaUafd^

J'rägt golb’ne ©pauletten,

(£r jäblt ju unseren greinben,

(£r fcftlägt ba§ 93olf in Äetten.

9Reffer mit Ü)m!

„SBer fann’S meiter?"

„SdE)! idfr!" tönte ring§ um ben $ifd) unb 9lfle beeilten fidfj, i^ren Qbeen 9tu§bru<f $u geben.

„Sdf) f age, bafe aßen ©djaufpielern ber Sopf abge* fdfjtagen toerben fofl," fpradj £err ®obujoff; „ben @df)au* fpielern, bie für jefyn* unb jman^igtaufenb SRubet beclami* ren unb fingen, obgleich feiner bon iljnen beffer $u becla*

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miren weift, als ich. Sie fielen bie Könige, uns aber geben fie SSebientenroflen, bie ^rannen! 3BaS foß baS ganje ißad? £>at baS ®olf nicht Unterhaltung genug beim §anSWurft unb beim Särentreiber?"

,,©S gibt feine erbärmlichere fölaffe, als bie ber 2Ra- ler !" nerficherte §err ©Setöertin. „Sie fpielen mit ben Pfaffen unter einer 3)e<fe, um eiligen bilb er für fie §u malen, ©ie ledfen bem ©jar bie Sohlen, weil er ihnen ihre ©cf)lachtenbilber bejaht, in welchen fie bie Schmach beS SSolfe^ nerewigen. 3$ tnöd^te wohl ben meinen ©aal mit ben SßorträtS ber öierhunbert ©enerale anjunben! Sebent garbenftetffer, ber mehr berfteht, als Sabenfchilber ju malen, foflte man bie £änbe abhauen."

„Sludh Senen, |bie Sucher fdf)reiben," rief §err ®Si= cSerfoff; „Slßen, bie eine gewähltere Sprache fpreeften, als Wir."

2tuch afle Uebrigen verlangten, baft ihre äReinungen maftgebenb wären; ber ©urpfuf<|er wünfeftte, baft bie Slerjte auSgerottet werben ; nach bem Programm beS fafliten ®rä= rnerS h^en Wc 33örfe=3Ratabore Vernichtet werben foflen; ber bavongejagte Seeoffizier verlangte, baft bie SRarine ver= brannt werbe, aße Slnfidhten liefen barauf hinaus, baft Seber, ber nur um einen ®opf aus ber 3Renge hervorragte, ein geinb beS SolfeS fei unb ben $ob verbiene.

Ser Sruber SRarat'S fummirte bie Slnfidhten unb faftte fie in SSerfe.

„Ser Sänger, ber nid)t Reifer,

Ser üftater, ber malt Äaifer,

Ser ©eleljrte, ber oiet $3ttd)er mad)t,

Ser ßranfe nneber jum Seben gebraut,

@r j&bß *u unferen fjeinben, f &n’3 üfteffer mit iljm !

Sßer reitet, fährt im Sßagen,

SBagt, feböne Äleiber $u tragen,

3m $attaft forgt für ben 3Ragen ;

©r jäblt ju unferen geinben,

Sln’S ÜRejfer mit i(jm!

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I

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2Sem 2lnbere jinb ju wenig,

@id) beffer biinft al$ jte,

£ei*$ $>id)ter, ßünfller, Äönig;

<£r jablt gu unseren fjeinben,

2ln’3 iWeffer mit if>m!"

®ie§ gefiel allgemein ; fie fdjjfugen mit ben kauften auf ben SHfdfj: baä mar iljr S3eifaߧ=2tpptau3.

„©efungen märe ba3 nodf) oiel fdfjöner!" rief SRarat junior. „SBer fept ba3 in ©efang? 211)! ba ift ja unfere „©öttin ber ®ernunft." Stuf ben $ifd), $iabolfa!"

3n einem 2lugenbli<f mar bie ßigeunerin auf ben $ifd() gehoben unb bie 9Rüpe mit bem fonberbaren ©djrnud auf bie ©eite ftütpenb, begann fie ju ben berjmeifetten ®erfen eine milbe SRelobie ju fingen, ju ber fie mit ben ©tiefetabfäpen auf bem $ifd) ben Xact trommelte unb mit entfpredjenben ©eften begleitete. $ie ganje faubere ©efeßfdfjaft brüllte ben Stefrain nad().

„®a§ mirb mirfen, mie?" fagte mit gloriofer Sßratjterei ber Slbfömmting SRarat'S, Sßufdfjfin freunbfd)aftlid) auf bie 2ld)fel flopfenb. ®ann ftopfte er fid) bie pfeife, natjm fie fecf jmifdjen bie Sätjne unb ftüpte fetbftjufrieben ben ©flbogen auf ben Xifdfj.

„9hm $uf$fin, jefet l)ol bein ©ebidfjt l)eröor," fagte 3afu§fin; „laß feljen, mer bie *ßatme erringt?"

$ufd)fin l)olte in ber 5£t>at fein ©ebidfjt l)eröor, breite einen gibibuS barau3, jünbete biefen am Saminfeuer an unb §ielt il)n über bie pfeife be§ 9Jtarat'fdf)en @pröf$ting£. 3)ie§mal marb Slpoflo öon 9Rarfia§ gefdfjunben !

Ser mübe Sßoet 50g mit triumpl)irenber ©rimaffe an feiner pfeife, bie il)m ein olpntpifdfier £efb mit feinem Sßoörn anbrannte. 33ei jebern 3ug flammte ber gibibu§ auf unb bei bem Slufflammen bemerfte $ufd£)fin, baft auf feiner Steffel ein 3nfect frieepe, ein 3nfect, baä man nidf)t §u nennen pflegt, ©r fdfjneflte mit ©fei fort.

ßRarat junior bemerfte biefe öerädljtlidfje ©eberbe.

,,©i, ei, junger £err! Sßoju biefe tiefe 33eracf)tung ? SBarum benn gar fo fjeifel? SBarum fürchten ©ie baSjenige,

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maö äftifliotten unb Millionen 9Jtenf<hen ouf itjrent Körper herumtragen? Somit unfere 33rüber fit^ niebertegen unb momit fie auffteljen toarum efett ©ie on? Ser boS »erachtet, ift ein Slriftotrat; ba§ ift baö ©hmbot ber ©tei<f)t)eit. Sludj bie alten ©gppter Ratten ein Zeitiges S«5 fect, ben ©carabaeer. ®ie§ ift unfer ijeiligeä Qnfect, baS bie menfcfilidje ©efeflfdjaft itiöeHirt ! Stuf, meine fjerren ! noch eine ©tropfe ju unferem ©ebictjte!

„$3ei wem ba§ heilige gnfect,

®er wahre Streunt) t>e§ S3oft§,

Sßerachtung nur unb (Stet weit;

@r jählt ju unjeren Sreinben.

Sln’8 ÜReffer mit ihm!"

Sütfjenber Stpptauä folgte biefer Strophe ; Qeber fang fie mit, fogar tpufcf)fin.

„®er ljat’3 getroffen, roa^rtjaftig !" fagte er ladjenb ju ^atnöfin.

®a marb ptö^tic^ eine fjanb burd) bie ffaUfhüre ge= ftrectt; biefe §anb fctjüttette eine große Suhgtocfe.

Sei bem ©etäute biefer Suhgtocfe öerftummte plö^tid) ber ganje ®eufeMärm.

®a§ bebeutete fo »iel, baß ber SRorgen anbricht. ®er ©cßanfmirtß ift Berpfticßtet bie ®tjüre ju öffnen, unb bie ©äfte tf)un toofjt baran nach §aufe ju gehen, fonft ermifdjt fie h'er bie ißotijei.

®er Särm mar mit einem totale oerftummt, unb jeber fudjte feinen Ueberrod. ®urdj bie offene gaßtßüre brang bie falte Öuft herein unb ber in ber ©petunfe eingefdjtof* fene ®unft begann in ber fform oon Steif unb ©djnee fidh an bem §aupt= unb Sarthaar ber ©äfte fcftjufeßen.

„Stun, je|t no<h einen Slbfdjieböfchtucf !" brummte ÜDtarat ber jüngere, „gur (Erinnerung an biefen ^errli= <hen Slbenb ! greunbe, ©rüber, meine Herren ! Sein getoöhn* lieber Slbfdjiebätrunf fott fein! 3«m Slnbenfen baran, baß mir ^eute unfere SDtarfeiflaife gebietet haben, trinten mir gemeinfchaftlidj bie ®inte bort auö, melthe nach ^er

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Shtfertigung beS ^errtic^en ©djtachtgefangeS noch übrig geblieben."

„SEBir trinfen fie aus! brüllten alle im ©t)or.

„9tun, baä motten mir ihnen uidljt nach, " fagte Sßufdjfin. ©r ljob ®iabolfa rajc^ oom 2rfd)e unb trad)= tete mit iljr bie gattthüre ju erreichen, um aus ber Untermelt ju entlommen.

gm ©rbgefdjoß angelangt, machte fich igatuSlin baran ben an ber ©traffenede fjaltcnben ©glitten aufjufuchen. lßufd)tin f(olte feinen tßetj hierbei unb füllte ®iabolla barin ein. fpcrr SRarat traf it)n nodj in ber Sljüre. @r lam mit ber Xintenflafdje, beren 3nf)alt noch nic^t oöttig geleert mar. *,

„®i, ei, Sruber Sufdjlin! ©ie moHen uns öerlaffen oljne 3lbfd|ieb3trunl? ©ie »erachten öietteicht ben Srunf, ben mir aüe öerloftet hoben? ßiemt ficf) baS? 3<h taffe ©ie nicht eher über bie Xhjiir, als bis ©ie getrunfen hoben. ©S lebe bie ©leidjheit! ©inb mir nicht aüe gleich, unb in Sittern gleich?"

„Stein," fagte tßufdjfin, „mir finb nicht gleich!"

„Par exemple?“

„©eben ©te, par exemple! ich bin ftärler als ©ie ; bemjufotge bin ich derjenige, ber ©ie beim ffra gen nimmt, unb ©ie finb derjenige, ber oon Wer h'nau^s fliegt."

Sei biefen SBorten lag fperr SRarat fd)on in ber SRitte ber ©traße; babei jerbrach bie Xintenflafdje, unb ber Qnhalt berfelben färbte ben ©dinee biolett.

„Sehen ©ie nun, es gibt leine öottlommene ©leid)= heit auf ©rben!"

„Slber eS mirb eine geben!" leuchte SRarat, fich müh= fam aufraffenb unb fein ÜReffer aus bem ©tiefetfchaft jieljenb. „3)aS ift'S, maS ben Unterfchieb gmifcßen bem gelben unb bem ©djmächling auSgleicf)t!"

3)iabollo faßte tßufchlin bei ber $anb unb jog ißn mit fich fort , er lönnte fonft noch niebergeftochen merben.

„9tun, lommft ®u morgen mieber „jur Sären*

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feute"? frug Sßufdjftn ben tnjWifdben juriuffeljrenben 3afu3fin.

„greilidb; unb aDe Sage »erbe id; fotnmen. $aö finb bie toasten SJtänner!"

^Bufc^fin totste taut.

„3a, bi3 bie Äufjgtocfe tautet!"

XI.

$as geliebte §£tf&.

Stm fotgenben Sage warb in ber Qfaaf§f irrfje bie ßere= mottie ber großen galten burcb bie faifertidben Jpoffanger eröffnet. @3 War bieö ein berühmtes Sängerdbor, mit gro= fjen Äoften ermatten unb jufammengefe^t auö SDtännern nnb Knaben, bie bie fdfjönften Stimmen im Sfteidbe Ratten.

®ie Sobpreifung ber Seitgenoffen ergebt biefe Sigilien über jebe SJtufif, bie tion menfd)tic£)en Stimmen jemafe pro* bucirt würbe. ®er ©jar fonnte in feinem reiferen Sitter feinertei SDtufif mehr ertragen, bloä bie §arfe unb ben m^ftifdfien Sirdjengefang. ®eö^atb war Seneiba gtmurinen, bie Sängerin ber ißfatmen, fein erftärter ßiebting. 3n’S Sweater ging er nidfjt. SBenn er ©efang fjören wollte, fo berief er feine Sieblingöfünftter in ben SBinterpalaft ober in bie (Eremitage; in ben gaften aber ging er tägtidj in bie ftircbe, um ben ©efang ber Knaben ju tjören.

Su fotzen Seiten fanb auch bie Slriftofratie mobern, in bie Kirdfje ju geben, unb Wegen ber größeren Stnbadjt legten bie Samen fein SRotb auf, nur Steiweiß.

3n ben erften Steifen, bem $auptattar junadbft, waren ju fe^en : gürft @bebimin, bie SJturawieff, Drtoff, Srube&= foi, Stile, bie ifjre Slawen in bas „(Srünbudfj" eigenbäw big eingefdfjrieben batten; bann bie ©arbe=Dfficiere, bie in ber oerftoffenen Sladbt barüber abgeftimmt butten, ob ber ©jar fterben ober nur tierbannt Werben fotte; bort ftanben

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fie in jrnei Steifen in ftrammer Haftung, ben entblößten ®egen an ber £üfte ^altenb. 21 m ©ingange ber Sirene fniete inmitten feinet ftanteraben ber 2lb!ömmting SJtarat'S unb feßtug fid; bußfertig bie Stuft; baS 233ei^t»affer t)otte üon feinen gingern bie Einte nodj nicht abgetoafeben, mit ber er ben „SJieffergefang" gefdjrieben.

Sitte neigten tief ba§ $aupt, unb fein üJienfd) oiel» leicht bemerlte, baß ©atte unb ©attin, bie biefeS 9leicb beberrfeben, einanber beim ©ang nur einen ginger reifen, Wäßrenb ber Stnbadbt einanber nic^t anblicfen unb am SBeibbrunnfeffel fein SEBort mit einanber mecbfeln.

Stucb Beneiba glmarinen toar in ber Kirche, unb als fie biefe oerließ, begrüßte fie ein Dffijier. @3 mar Pufdh» fin.

„SJtabame, Sie hoben gemeint, 3bre SEßongen finb naß. SBobnt benn gemanb in ber Äircbe?"

„@S mobnt Stiemanb barin," ermieberte Beneiba. „Slber biefer ©efang mirft auf bie Sternen. SEBir finb %i)ku ; au <b ber $unb beult, menn er fingen bört."

„§aben Sie bemerft mit melier gnbrunft bie ©jarin baS ©rucifij: gefüßt bot? SBiffen ©ie nicht, maS fie oom ^jeilanb erfleben modbte?"

„geb b°be eS nicht gefebeu unb rneiß nichts."

®ie ®ircben»©eremonie mar fpät SlbenbS ju ©nbe; nadh bem ©otteSbienfte eilte Bebermann nach fjaufe, in ben Straßen marb eS ftitt, Slm erften gaftentag nimmt 3eber= mann ber eine gamilie bot, fein Slbenbrnaljl ju §aufe ein. Unb ba in ber Petersburger ärmeren ©laffe auf jeben fie» benten SJtann ein SBeib fömrnt, tbun ficb mehrere jufam» men unb fueben in ©emeinßbaft ein grauenjimmer ihrer ©efettfdjaftSclaffe auf, baS ihnen bie gafteqfuppe bereitet. Eiefe fommt tyviie auf jeben Eifcb in irbenen ©d)üf= fein unb in d^inefifd^em porjettan. ©elbft auf ber Eafel beS ffijarS barf fie nicht fehlen; ber faif erlich« Äodj muß fie unöerfätfcbt jubereiten.

®ie Suppe öerjebrt am erften gafttage jeber gamitien* Oater ju $aufe. ©elbft im SEBinterpalaft marb eS einft fo

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gehalten. ©inft! ©3 mar nur für 3toei gebecft : ©äfte tour* ben ba$u nidf)t eingelaben. 35ie berfcßiebenartigen, mit Del unb £>onig jubereiteten ©ertöte mürben bon ben finbigen ®öcßen nur für fie 3mei auf getragen. Sann fam ein lag, an meinem bie ©attin ben ©emaßt bergebenä jum Saften* abenbmal erwartete: er fam nießt. Unb boeß ßat fie ißn lange erwartet. Sie ©Reifen maren falt gemorben. $rgenb ein fatter ©egenftanb ßatte fieß ^mifeßen fie gebrängt. $e|t erfalteten nur bie ©peifen, fpäter aueß bie &erjen. Unb bennoeß ließ bie ©attin 3>aßr für 3aßr am erften Säften* Slbenb für fie Seibe beden unb martete lange, bi3 alle ©peifen falt mürben, unb berührte biefelben nießt; fie martete auf ißn.

Sie ©tunben verrannen, bie. ©attin ßarrte einfam, bei bem teifeften ©eräufeße aufßoreßenb, ob fie nießt bie befannten ©eßritte bor ber Sapetentßüre bernetime, meleße bie ©orribore ißrer Slppartement3 berbinbet, bor jener Sßür, bei bereu Deffnen tßr §erj fo oft bon irbifeßer ©lüef* feligfeit erfüllt toarb. 9tun mar ba3 ©cßloß ber Sßür tängft berroftet ....

Sßtöfcließ erflingt bie Spieluhr ein ntecßanifcße3 SBerf, meleßeä Slraftöejeff in $ari3 anfertigen Iteß. Sa3 ©tüd ift bie $RationaH?pmme ; bie Ußr fpielt e3 täglidfj nur einmal: um ein Ußr naeß SRitternaeßt ! in ber ©tunbe, in meleßer ßjar Sßaul bon feinen ©enerälen unb ben ßoßen Slbeligen in feinem ©eßtafjimmer ermorbet mürbe.

Ser ©oßn be3 ©rmorbeten, ber über bie Seieße be3 ®ater3 ßinmeg ben Sßron beftiegen ßatte, ßörte biete Saßre, an ben großen 3aßre3menben, $u 33 oben gebeugt unb ben SSetfeßemmel mit feinen grünen nefcenb, bie melaneßotifeße §pmne an, unb e3 gab ein SBefen, bem er bie fcßmer$* ließe SSeflemmung feiner Seele mittßeilte. 9Rit allen Siebern be3 §erjen3 bibrirte biefer Srauergefang naeß. Sa3 §erj mar ein pünftlicßereä Ußrmerf atö ba3 anbere. ©3 into* nirte ben ©efang inmitten be3 ©iege3raufeße3 mie in ben ©tunben be3 Srübfal3, e3 erßob ben SSormurf gegen ißn,

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baft bie Seidjje beS SaterS ber ©dfjemet mar, auf metdf)em er beit Xfyxon beftieg, uttb brot)te, bajs fein Seidfjnam ebenfalls ber ©djernel fein merbe für feinen 9tadf)fotger. ®ieS mar ber qualboße ®l)eit feines SebenS: bie einige ©eetenmarter. SKiemanbem flagte er biefe ^ßeiit, nur ber ©attin. SKiemanb bermocf)te il)n ju tröften in biefen ©tun- ben ber feineren Kämpfe feiner unter ber eigenen Saft gufantmenbredjenben ©eete nur fein SBeib. 9tun ift'S aus bamit! ®ie berbanunten frönen blauen Slugen, in metdfjen er einen neuen Fimmel fudjte, gaben i|m ben §immet, jenen falten §immet, ber bie ©rbe unb ben SRonb für immer non einanber fdjeibet. 35er Sfaifer aßer Steuffen l)at SKiemanben mel)r. ®er 3Räd)tigfte ber 3Räcf)tigen Ijat lein Sßtäfcdjjen, mo er ruljig fd^lafen fönnte. ®er in ber SBüfte bergeffeite $itger fteljt nid^t fo eiitfam in ber SBelt mie er.

SCSemt baS ©tü<f berftungen unb ber ©atte nodjj

nidfjt jurücfgefeljrt ift, bann Ijolt bie ©attin baS auf

©Ifenbein gemalte Porträt beS ©atten Ijerbor unb legte eS auf ben ®ifdj, bor ben 5ßla£ ben ber ©atte entnehmen foHte. ®aS Silb beS ftol^en gelben, mit tädjelnben Sippen unb Weiterer ©tirne fo toar er als Sräutigam. Sie

blicft baS Sitb an, lange, lange bis bie Singen feudjt

merben. 9tidE)tS als biefeS Sitb ift itjr bon iljm geblieben. ®er SRann, ben eS barfteflt, lädjjelt tängft nid)t mel)r.

3mei befpannte ©glitten galten bor ber ©olonitabe beS SBinterpataiS. ®er eine ift mit fed)S, ber anbere mit brei Sßferben befpannt. Seibe führen ©aroffen mit beringten ©Reiben. ®ie ®ienerfdf)aft beS ©edjjSfpännerS trägt bie Sibree beS ©jaren, jene beS ®reifpönnerS bie Sibree beS ©rofjfürften. Slfleiit, menn eS jum ©infteigen fommt, bann nimmt ber ©§ar im ©glitten beS ©rofefürften, ber ©rofc fürft im ©glitten beS ©$arS Sßlafc. SEBemt bie beiben ©dritten unter ©d^eflengeftingel baS ®|or paffirt Ijaben, bann fäljrt ber eine redjtS, ber anbere linfS ab. ®em ©edjjSfpänner folgt ein ©arbeitet; mo ber ©glitten t)ätt, ba f)ätt audfj bie ©Scorte. ®er ®reifpänner gleitet aßein

SJöfai : Orrei^eit. I. 8

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bat)in. ®om ©rofjfürften ift befannt, baf$ er geraben SBegeS nadf) §aufe fäljrt ju feiner gamilie: er befifct ein ftiße§ rut)ige£ $eim. $om ßjar aber meifj SKiemanb, mo er bie lange Stadst Ijerumftreifen mirb. Unb man rnufj fidfj jefct fo feb)r in 3ldf)t neunten! ....

StraftSejeff Ijat tjeute $ormittag§ mit bem $oliaei*ßbef ßljulfin unb bem ©tabt*©ounerneur SRitorabonicä einen argen ©traufj gehabt, dreierlei ^oti^ei mar in Xt)ätigfeit : bie -Dtititärbolijei, bie ßinitpoliaei unb bie geheime ^JJofi^ei. Unb anftatt einanber in bie §änbe ju arbeiten, maren biefe immer nur bemüht, iljre SRafenaljmen gegenfeitig ju oereiteln. StraftSejeff nmr nmtfyenb auf ßljutfin, meil ber ßfyenatier non ©alban in ber nerfloffenen Sllac^t beraubt morben mar, unb meil man iljm nidtjt nur fein ©elb, fon* bem and) feine Zotigen abgenommen Ijatte, feine Slotijen, unter melden fidlj niete ©taatögeljeimniffe befanben. ßfjulfin eruirte bann, bafj bie patroußirenben ©otbaten fetbft bie Sftäuber maren. Sinn menbete fidfj ber ganje 3orn Straft* 3ejeff£ gegen SRitorabonicä. ©r forberte, bafj ber Ober* officier, meldjem in ber nerftoffenen Stacht bie Ignfpeftion übertragen mar, ftrengften§ &ur SSerantmortung gezogen merbe. Ser ©ounerneur fagte il)m, ba3 fei eben ber junge Slraftäejeff gemefen, fein einzig geliebter ©pröfjting. darauf* Ijin marb Slraftöejeff nodfj müttienber aber gegen men? ßr glaubte noßfommen, baf$ ber junge SlraftSejeff ben ßl)e* natier non ©atban beraubt tjatte. Ser liebe Jüngling mar beffen fällig, fo meit er iljn fannte.

Sann tiefe er ab non jeber meiteren Snquifition; nur nerfügte er, bafi bie ©arbe*^u§aren, melctje unter feinem unmittelbaren ßommanbo ftanben, ben ßjar bei feinen 3lu3f aljrten non ber gerne begleiten. Stuf bie Infanterie unb bie 5ßolijei mar fein ®erlafj meljr.

SlraftSejeff befafj einen befonbem Qlnftinct, au$ aßer* lei Symptomen bie ßonfpirationen gegen ben ßjar ju er* fennen, menn er fidfj aud) feine ©emi|$eit nerfd^affen fonnte. ßr mar ba§ einzige unb niemals fdjjlummernbe Sluge, ba§ über ben ßjar machte, ßr fammelte ben §afj ber ganzen

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Station auf fein $aupt, um ba§ £aupt biefe3 einen Stau¬ net ju fdfjüfcen, in meldjjem fein ganjeS Qfcf) aufging.

Slßein ber ©erfolgte muffte feine ©erfolget mie feine ©ertf>eibiger ju täufdfjen. SBäljrenb 3>ene iljm insgeheim folgten, feinen fecftefpännigen Splitten oon ®aferne ju ®a* ferne begleiteten (ber ©rofftürft Ijielt gnfpection, ob bie macf)ljabenben Dfficiere bie ©raöate nid^t abgelegt l)at* ten), glitt ber breifpännige ©glitten am Ufer be3 Stoifa* ©anate baljin, bort fjielt er oor einer langen, mit einem ©ifengitter gefrönten -Stauer. ®er ©jar ftieg aus bem ©dritten, öffnete mittelft eine§ mitgebradfften ©dfjtüffete bie ®f)ür unb fd)ritt gan$ aßein, oljne Saterne auf bem burdj offene^ @id)engefträu<| bejeidfjneten SBege fort. Sluf bem frifdfjen ©dfjnee mar feine gufftpur $u feiert ; biefen SBeg betrat Stiemanb aufser iljm. 3^if^cn beit mit ÄräfyemSte- ftern bebedten ©äumen mirb ein altertljümti ©ebäube fidftbar. Sluf einer £otftreppe gelangt man §u einer niebe* reit ©idjentfyür. ®er einfame Stann Ijat au<| ben ©djlüffel ju biefer ©idjenttjür mit fid^ gebraut, er öffnet unb tritt ein. §ier iftte finfter, er mufs bie ©lenblaterne au§ ber ®afdf)e tjeroorfyoten, um bie in ba3 ©tocfmerf füljrenbe ®reppe ju finben; bann gelft er auf ben gufftpifcen über einen langen ©orribor. ©3 ift nidft einmal ein §unb ba, um it>n anjubeßen. Site er eine ®pür öffnete, ba toaren bie jtoei ^erfonen, bie er im ®efprädf)e begriffen fanb, fel)r überrafdfft : mar ein alter Staun unb eine alte grau.

®ie alte grau fdfjreit auf, ber alte Siann mirft fidf) if)m 5U güjsen.

„SBer ift ber Staun l)ier, £>elenfa?"

„®er ift mein Sllter, mein Stann. @o ergebe bodj bie grafce, 3fyna3fo, bamit ber ©jar felje, bafj ®u e3 bift." „®u l)aft mir nie gefagt, bafj ®u einen Stann f)aft." „SBarutn foßte man audf) oon ber ©idfft fpredf)en, bie man l)at, ober öon einem l)äfftidf)en ®^ier, baä man lieber öergeffen Ijätte!"

„9tun, ma§ fudEft er l)ier?"

®ie Sitte öerbedfte mit ber £anb iljren Stunb jur

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Hälfte unb flüfterte : „Sie ® önigätocbter hot er her» begleitet.

Sei biefen SB orten fchmolj baö ©iö in ben Sögen be§ gestrengen SragerS.

„Sich Setbfaba tft hier?"

„3o . . . heute barf fie bis jum ÜJiorgen hier btei= ben; fie Spielen „Same" brin."

„Sßie befinbet Sich Sopfjie?" Sie Stimme beö groger# gitterte.

„Siemlicf) gut. Sie Schlief gut bie iftacfjt unb am ÜRorgen tranf Sic itjre ©bocolabe. Sie mar beute nicht So jornig wie Sonft, feit iljr ber Slrjt gefogt, bafj baS Slergern ifjr Stöbet.“

„^Befolgt fie bie Slnorbnungen beö Slrjteö?"

„Stur ju Strenge. SBenn i <b mit ber Slrjnei nur eine SDtinute fäume, fo Hingelt fie fd)on."

„Spat ber Slrjt nicht Bon ber Siät gesprochen?"

„§a, er £»at gefagt, bie ißrinjeffin bürfe bie Saften nicht beobachten, müffe täglich irgenb eine SleifchSpeife unb ©ier effen; bieö »erbe ilpr Kraft geben. Sie ^ßringeffin aber bat >bu fester f)inau§gejagt. SBaS er benfe? Db er ihre Seele »egen be§ Seibeö in Serbammnifj bringen wollte? SOtir bat fie febr Strenge Sefeble ertbeilt unb mit Schlägen gebrobt, falls ich fie täufeben Sollte."

„So? Unb ber Slrjt bot gefagt, bie ^Beobachtung ber Strengen Saften würbe ihrer ©efunbljeit naebtbeilig fein?"

,,®e»ij}. ©r fagte, fie brauche Stut, fie fei blutarm, unb bie in Del gelochten Söhnen bereiten fein Slut."

„3Ba§ h“fi ®u ibr t)eute jum Slbenbrnaljl bereitet?"

„Saftenfuppe, wie an biefem Sage gebräuchlich ift."

„Sf)u »ir @ine§ ju ©efaKen, liebe fpelenfa. 3<b höbe eine Schachtel mitgebracht, beren Inhalt ber Kranlen febr »ohlthun wirb. S<h b°&e ba§ SKittel auö ©ngtanb Bon einem berühmten Slrjte. ©ib baBon jeben Sag einen Söffe! notl in bie Suppe."

„®e»ifj »erbe ich tbun» »a3 Su befiehlft, fjerr! Slber fag mir boch, ift baS nicht auö bem Sleifcfje irgenb

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eines XljiereS ^bereitet? ®enn menn bie liebe Seele erfährt, bafj ich in ben Saften etmaS non gleijdj in ihre Speifen gemengt habe, fo fängt fie bermafeen $u meinen unb ju toben an, bafe fie mieber Iran! mirb."

„gürcf)te nichts, gute ipetenla. ®aS SRittet ift aus ^ßalrnmurjel bereitet, metöje baS gleifdj erfefct."

„9Reine Seele foll baoon nicht betaftet merben?"

„SRein, fürchte nichts! Scf) nehme SllleS auf mich."

Unb bocf), menn eS Seetenoerbammnift ift, mährenb ber ßuabragefima gteifcf) $u effen, bann nahm ber ©$ar eine grofje Saft auf feine Seele, benn baS SRittel mar nichts 2lnbereS als gteifche^tract, barnalS non ben eitglifdjen Slpotljelern neu erfunben. SRun, ber ©$ar mar 5ß^itofob^ unb Sater.

„®eh, metbe mich, bamit fie nicht erfchrede, menn fie mich plö^tich erblicft."

SSor einer Sampe, beren Sicht burcf) einen Spieen* fd^irm gebämpft mar, fafeen ^mei junge 2RäbdE)en beim Spiet.

®er ©inen finb mir einmal bei jener benfmürbigen £irfchjagb begegnet. SSir miffen jefct, baft fie eine „Königs- tod^ter" ift.

SltS ber ©jar in baS gimnter ber ^ßrinjeffin eingetre- ten unb 3$naSfo ntit feinem SBeibe allein mar, lonnte er fich nicht enthalten §u fragen :

„28aS ift benn baS für eine Königstochter?"

„Stodfifch! baS meifet ®u jefct noch nicht? Sie mohnt bodh fchon acf)t 3af)re in eurem £>aufe, fie ift bie ®odE)ter beS grufifchen Königs. 3hr $ater mar einft irgenbmo ein mächtiger §errfdE)er, bort, mo bie SRofinen machfen unb bie Detbeeren; bie ®ürfen aber haben ihn getöbtet. ®ie Köni~ gilt ift mit ihrem ®öcf)terchen ju uns geflüchtet unb hat auch bie Krone mitgebracht. Sie mar eine munberfchöne gfrau. ©inmal bei ber SReujahrS^arabe habe ich fie in ihrer 5RationattradE)t gefehen. Kein SBunber, baft mit ihr gefdhehen, maS gefchehen. ©enerat Sajaroff hatte ben Auftrag fie auS ihrem ipeimatslanbe bn ung begleiten. ®er ©enerat mar ein SRann oon oertiebter SRatur. ©inmal ftieg

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if)m ber Kacheter 23ein ftarf ju Kopfe; er öergaß, baß er eine Königin begleite, unb fah nur bie fctjöne grau in iljr. @r Wollte fie befjanbeln, tuie bie Stübern. Slber bie frönen gruben Schmetterlinge haben aud) ©tadeln tuie bie Sßieneit. ®ie Königin burdjjbohrte ihm mit ber „Kinbjal" baS 4?erj, jo baß er augenblicftich tobt ju ©oben ftürjte. 3Ran machte nidjt oiel SlufljcbcnS öon ber ©adje, man oertufcf)te fie oiel= mehr. ®ie Königin aber toarb in ein Klofter gebraut unb bort mit föniglicßen @l)ren behanbelt. ®odj barf fie baS Klofter nidjt oerlaffen. Pur am PeujahrStage wirb fie gleich ben berwitweten Königinnen oon gmeretien unb SRingrelien herBorgehoIt, bamit fie auf ben «Stufen beS ®ßrone§ piap neljnte. 3hr fecf)§jä£)rigc§ ®ödjterchen aber f)at man iljr abgenommen, bamit fie bem Kinbe nid)t foldjje Sitten leljre, wie fie felbft l)at. Patürlidj, fonft bliebe ja in Petersburg lein SRann am ßeben. Plan h°t baS Kinb ber gürftin ©hebimtn übergeben; biefer l)at ©ott oljnebieS feines be= fdjeert."

„28er benn?" plante 31>na§fo IjerauS.

„£), ®u ®ropf! eine foldje grage : 23er benn? Pie= manb, ba fie feines Ijat. ©linjle nicf)t, fonft erfjältft ®u eine SPaulfdielle! So ift bie Königstochter in euer $auS gefommen, unb je|t gehört fie gleidjfam jur gamilie. ®er eigenen SPutter hat fie fdion üergeffen; fie hält bie gürftin für ihre SRutter."

,,3d) mödhte nur toiffen, weshalb bie gürftin fie hi«5 her fenbet jum ©efudfj ber fronten Prinjeffin?"

„®aS geht ®idj ®icffchäbel nichts an!"

®aS anbere SRäbdhen toar Sophie Parifdjfin.

Sie ift eine jarte, feine ©eftalt; baS blonbe §aar hat bie garbe beS PeiljergrafeS. ®S ift ein ©lücf, baß fie Bor ben SKenfcßen Berborgen gehalten wirb, benn ihr 2lntli| gleicht in überrafdljenber 28eife bem ber gürftin ©Ijebimin. ©op|ie fießt fo aus tuie bie gürftin in ihrer Ptäbdjenjeit. 3n ihren ßügen mengt fid) ber SluSbrucf beS grühreif=21It= flugen mit bem beS ©egenfafceS, ber abergläubigen gurcf|t»

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famfeit. Stur ihre Slugeit fjaben einen fanfteren SluSbrud, als jene iljreS frönen ©benbilbeS : fie finb nid)t jo ftotj unb germgfdjä|ig, jonbern melancholifch=fchwännerifch.

SBeld^e Sräume mag ein Stäbchen haben, baS niemals bie SBelt gefeljen? gene SBelt, bie ooü ijt öon SJtenfchen! ©ie mochte Don reijenben Sanbfchaften träumen, öon gelfen, SBätbern, SBaff erfüllen; oon ber menfchlichen ©efellfchaft fannte fie nur iljre Slmme, beten Sötärchen fie jo gerne laufd)te, unb ihre ©ouöernanten, bie ftd) öergebenS abgemü^t Ratten, ifjr ©eographie unb SCeftfjetif beijubringen.

Sebermamt öerhätjchelte, Stiemanb liebte fie.

Allerlei begonnene unb toieber weggelegte Slrbeiten unb ©joielgeuge liegen umher ; ein $)antenfpiel, harten, ©cf)ach= figuren, ©ebulbfpiete, ©tidereien, Seiehmingen, Schablonen, ©ie fijjt auf einer breiten Ottomane im Weiften geftidten Stegligäe, bie beiben güfte unter fidf gejogen; ju iljten giiften faft bie Königstochter auf einem iabouret.

®er mächtige §err finbet auch h^* leinen gnäbigen ©mpfang. ©ewift hat er irgenb ein Slmufement ber beiben SPtäbcften unterbrochen.

Unb bodj fdjeint eS, baft er baS Stecht habe, fidj bem ÜDläbchen ganj öertraulich ju nähern unb, beffen Kopf in feine $änbe neljmenb, einen üollen Kuft auf feine SBange ju briiden; einen Kuft, beffen ©puren baS SQtäbc^en mit finbifefter Kofetterie mittelft ihres goppcf)en=SlermelS abju= reiben fud^te, was jur golge h“t, baft bie gefäftte SBange roth Wirb, Wie eine Stofe.

„SBie befinbeft ®u Sich, mein Slttarbilb?"

„Sich, jefct haft ®u bie fchöne ©efeftieftte unterbrochen, Welche SBethfaba erjähtte."

,,©ie foll fortfahren; auch «h werbe juftören."

„SBie wiHft ®u fie mit anhören, ba ®u ben Slnfang nicht gehört haft?"

„SBetljfaba wirb fo gut fein, öon üorn anjufangen."

®ie Königstochter nidt juftimmenb. mit bem Kopfe, ©ophie aber winfte bem ßjar mit ben Slugenbrauen, er möge auf bem anbern Sßolfter ber Ottomane Sßtafc nehmen.

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®er mächtige §err begriff ben SSinl unb that, mie ihm geheißen. @r ergriff eine ber feinen bur<hfi<htigen £äube beS SRäbchenS unb ftreic^ette fie, unb mäprenb beS Streik chetnS gelang eS ihm, ben 5ßutö $u prüfen, ob noch £off= nung fei? ®r mollte au cf) eine grage fteüen, hoch bie feinen Augenbrauen geboten : „©tili!'' unb ber allmächtige SRann fchmieg; er gehorchte.

,,©S mar einmal" begann bie SönigStochter „am SaSpifdfjen ©ee ein großer, großer Sönig, ber ^attc eine fdEjöne grau. Unb als . er fie jur grau nahm, ba mu&te er nicht, bafe fie geueranbeterin fei. ®ie geueranbe= ter aber leben alle mit ben ®^finS im ©unbe. ®ie Königin hatte bem ®jfin oerfprochen, memt fie fich bermält unb eine ®odf)ter belömmt, ihm biefe $u geben, fo fie heranmächft. Unb al§ baS 3RäbdE)en heranttmcf)S, ba farn ber ®jfin, um eS ju holen, unb Hopfte an bie ®h^r be3 SönigS. ®er arme Sönig erfchracf gemaltig, als er höfte, ber ©eift fei gefommen, um feine ®odf)ter ju holen."

„Sonnte er bem ©eifte nic^t gebieten, menn er ein Sönig mar?" unterbrach fie jornig baS franfe SRäbchen.

„Ach, meine ßiebfte, ber (Seift ift fo mächtig, baf$ fein Sönig. ihm gebietet/'

„Auch fein Saifer?"

„Auch be* nich*; ben fann man nicht faffen, er aber fann gebermann faffen. 3hn fomt mon nich* einfperren, nicht auSfdhliefeen, benn er bringt überall burch ; er hot fein ©emidE)t unb erbrüdt bodE) ; er hot fein ©chmert unb töbtet hoch."

„2Bie gut, bafe* bie ©eifter nur am SaSpifchen ©ee mohnen!"

„AIS ber Sönig bieS hörte, begann er ben ©eift $u bitten, er möge ihm feine geliebte ®ocf)ter noch nicht nehmen, er möge fie ihm ein !gahr noch taffen. ,,©ut," fagte ber ©eift, „ich toffe ®ir ®eine ®ochter noch ein Sahr, menn ®u mir ®einen ®aumen jum ®aufch berfprichft." ®em Sönig mar'S um feinen ®aumen nicht leib, er berfpradE) ihn bem ©eift unb biefer fdfjeerte fich bon hinnen. SRadE) einem gafjre

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tarn ber (Seift mieber, um bie Königstochter ober im Xaufcb bcn ®aumen be« König« ju ^olen. ®er König liebte feine ®od)ter gar feljr, aber aud) um feinen ®aumen mar if)m bang, benn er hätte ben Sogen nicht mehr ju fpannen oer= modbt. ®r flehte mieber jum ©eijte, er möge bocb noch ein Sä^rd^en bemiüigen. ,,@« fei," fprad) ber ©eift, „ich taffe fie ®ir nod) ein 3a|r, aber bann ^ole icfe fie ober ®u gibft mir ®eine ganje rechte ^)anb." ®er König ging ben ipanbef mieber ein. Sftacb einem Sabr erfdjien ber ©eift jum britten SDtafe. ®er König moüte fein Kinb abermals nicfet laffen, moüte fidj aber aud) oon feiner rechten §anb nicht trennen. ®ocb ber ©eift forberte je|t fd&on ben ganzen Slrm be« Könige at« ßöfegefb."

„Sa, fterben benn bie ©eifter nie?" frug Sophie.

„Stein, ßiebfte! ®ie ©eifter leben emig. ®er König üerfyracb ihm feinen 2lrm, um nur fein Kinb unb feine #anb ju begatten. Son S<*br ju Sabr fetjrte ber ©eift mieber unb forberte immer mehr unb mehr als ßöfegefb. gulefct liefe er ficf) ba« §erj unb ba« £aupt be« König« üerfprecben. Unb af« be« König« ßeib fcf)on ganj il)m am gehörte, ba fagte er itjrn : „Stun ift ba« fefcte S<*br gefotm men, jefct nehme id) ®eine ®oc§ter ober oerffmcf) mir ®einen ©chatten." ®arauf ermieberte i|m ber König : „Stein, nicht« ntef)r gebe idE) ®ir ! Stimm, ma« ®ein ift, aber meber meine ®od)ter nod) meinen ©Ratten fottft ®n haben!" ®araufbin entfernte ficf) ber ©eift unter lautem ®onner. 2lm näcbften ®age unternahm ber König bei fcfjönem, fonnigem SEBetter eine ßuftfabrt auf bem KaSpifdjen ©ee. ®a erhob fidf) pföfefid) ein heftiger ©türm unb begrub ©dfjiff unb König in ben Stutzen. Stiemaf« marb fein ßeib gefunben. ©eine ®ocf)ter aber ift am ßeben geblieben unb jeben Slbenb, menn bie ©onne im Untergeben mar, fab fie einen ©d)atten ficfe ibr naben; mar ein menfcbficber ©Ratten mit gefröntem Raupte, unb mie ber ©Ratten an ibr oorbeibufcbte, ba mar'« ibr, atö ob fie einen Kufe auf ber SSange fiibfte, unb biefe SBange errötbete."

®er ©jar mar nad)benfficb gemorben. ®iefer König,

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Bon bem nur rnefyr ber ©Rotten ouf @rben tBonbelt, gleicht ihm fo fet)r. Sophie aber badete fi 6), fie {ei bie ®önig3tocf)= ter, bie aHabenbtich Bon einem gefrönten ©Ratten gefügt toirb.

Sethfaba aber fügte fdjerjtoeife fiinju :

„Solche ©agen |ört man bei unö; ich meifj beren mehr benn hunbert."

„Dag ift eine gar traurige ®e{cf)id)te, meine Siebfte," fagte ber ©jar.

„3<h liebe fold)e," fagte bie ißrinjeffin, „bie ein traurigeg ©nbe fjaben. ©o!d)c ®eftf)i^ten, bie fo enbigen : „Unb wenn fie nicht geftorben finb, fo leben fie noch beute" lann idj nid)t auöfte^en. 3fcb möchte auch am Siebften Sücber mit tranrigem Sluggange lefen. Der Slrjt aber bat mir bie ßectüre afö fdjäblicb oerboten. Die fleiite Setbfi aber meiß fo fcfjöne ©efcf)icf)ten ju erjäbten."

„ßaß bocf) Dein Slbenbbrot ^oten ; t»aft Du feinen junger?"

„Sieb, toer toirb benn immer an’g ©ffen benfen. 9Bir t^un ohnehin ben ganjen Dag nichts afö effen."

Dag SJtäbcben jeigte auf einige ©djad)teln mit ©on* fituren bin, Bon locldjen ein SBenigeg fehlte.

„Du fottteft aber ettoag Stabrbafteg genießeu, bag mürbe Dir ®efunbbeit bringen.

„98er fagt Dir, baß ich franf bin? 3tei<b mir meinen §anbff)iegel! Sin ich nicht rotb genug?"

„freilich bift Du rotb; fie£»ft beute febr gut aug."

„IßbÜ bbi!" bag 9Käbcben fpufte jtoeimal hinter fi<b- „SJtan barf Stiemanben in’g ®efid£)t fagen, baß er gut aug* fiebt" fbrach fie, „bag bringt Üngtücf. Stun mollen mir jum Stach tmabt becfen."

Der mächtige große SJtann mar fcbnefl bereit, bei biefem bleichen Äittbe mit ben matten 9lugen, in metchem fein ganjeg ßeben fidj concentrirte, ßafaienbienfte ju thun. Unb er benahm ficb babei fo tinfifch; er butte eg freilich nicht gelernt. Dag ÜDtäbchen tabelte i|n barob auch febr.

„®i, mie ungefchicft bältft Du boch ben Deller! Sötuß

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man ben Söffe! fo jmifcfjen SReffer unb ©abel legen? Dag ©alj mußt Du J)übfd) auf ben Difd) fdjiitten. 3Ran barf nid^t fammt bem 33ef)ätter auf ben Difdf) ftetten, benn menn ber 93ef)ätter oon ungefähr umftürjt, fo bebeutet bag Ungtücf. SBenn Du bag S3rot anfctjneibeft, barfft Du nicht mit ber SWefferfpi|e tjineinfted^en; bag mürbe ben lieben ©ott erjürnen. Du mußt erft mit bem Sttteffer ein ßreuj bariiber machen. SEBie ungeftfjtcft ift bocf) fo ein großer SRann!"

Snjtoifchen hotte §elen!a bie gaftenfuppe {jereingebracf)t.

Dag -Stäbchen loftete bie Suppe unb ßielt mit bem Söffe! inne.

„Da ift mag gretnbeg brin! 3hr Ijabt gleifd) £>inein= gefcfjmuggelt. 3<h «ff« nicht baoon ; Shr moHt mich tauften. 3ßr mollt mir gleifchfuppe ju effen geben!"

Der ©jar loftete nun feinerfeitg bie Suppe unb Oer» fitfierte, biefelbe ljabe leinerlei gteifdjgefdimad. Dag Iranfe ÜRäbcf)en mar aber fdjon burdj ben ©ebanfen gereijt, baß man eg täufchen motte, unb fdjidte alte ©eridjte unberührt jurüd. Sie mottte fidt» mit Sonfüuten fättigen. Der ©jar bat fie, fidt» nicht bamit ben Stagen ju oerberben; barauf» ßin brach fie in Dienen aug unb mefjttagte, man mottte fie junger? fterben laffen. ©üblich ließ ber ©jar bie Xtyma* fdfjine holen, lochte ißr felber ben Dhee, brödfelte Sigquit hinein unb bat fie, baoon ju nehmen. 2Bie groß mar feine greube, afö bag Ironie Stäbchen fagte, bag fei „feljr gut." ©ie ein ganjeg Sigquit, tunlte nodh ein jtoeiteg ein, einen SBiffen baoon unb reichte ben fReft bem ©$ar hin, bamit er baoon tofte, mie gut bag fei! hierauf ließ fie ftd) in feinen ©dhooß jieljen, legte ihr Köpfchen an feine Schul» ter unb fchien entfchlummern ju motten. Dann bat fie ihn, fie ju Söett ju bringen unb ihr bag §aar aufjulöfen. Dann oerjTodjt fie bie ginger ihrer rechten .fpattb in bie ginger be§ ©jarg unb fpracfy ihr Stbenbgebet unb bei bem „Simen" hauchte fie ihre jungfräuliche Seele auf bie Sippen beg ©jaren hin

©ie mar bag einzige SBefen in ber SBelt, bag er fein

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©igeit nannte! Unter Bierjig SftiHionen Untertanen gehörte fie allein au8fcf)ließlidj iljm.

„®ute Statut !"

®er „Jperr ber SBelt" fanb noc^ fo Biet ju tf)un um ba§ franfe ÜJtäbc^en. ©8 mußte ein Riffen am Äamin er= märmt unb bem Sinbe ju güßen gelegt rnerben ; bann be= reitete er Drangenmaffer für ben -Jtacßttrunf. @r fdjob ben gemeinten fßalntjmeig unter ifjr Sopffiffen, um bie böfen ■Xräume ju tierfcfjeuct)en. ©r, ber ißf)itofopf), einen gemeinten fßalntjmeig! 21 m Sranlenbett ber Sinber ift bie fßj)ilofopf)ie ju ©nbe!

„@efj bodj fcpon nacf) $aufe!" flüfterte ba§ SRäbdjen. „93etf)faba wirb ijeute bei mir fcßlafen. ©ute 5Kacf)t! £eute mcrbe icf) gute Xräume fjaben."

„Seg’ Xeine §anb auf mein §aupt, icf) bitte ®icf), ba= mit aucf) icf) gut rufje. ©ute -Jladjt!"

Unb fie gaben einanber {einerlei füße -Kanten, obgleich fie mußten, baß fie in ber ganjen, großen Stßelt Siieman* ben Ratten, ate einanber.

9Jtitternacf)t mar Borüber, alä ber ©jar ju feinem ©dritten jurücffefyrte. ©§ mar ju früf), um fjeimjuleljren.

„gafpc’ ben 9lems{i=fßrofpect entlang!" befahl ber Äaifer.

®er Äutfcfjer Berftanb ben Sefefjl. Stuf bem 9lem$fi= fßrofpect gibt e8 ein jmeiftöcfigeS §au3, auf meinem bie girma „©eBerin" ju lefen ift. §ier fjieft ber Sutfdjer.

®ie genfter be§ erften ©tocfmerfeä finb beleuchtet.

SDtan läutet, unb alSbatb erfcßeinen ®iener mit Sam* pen, mefdje ben „$errn ber SBett" jum föauSfjerrn hinauf» füfjren. ®iefer ift ein einfacher fßapierfjänbler unb 83udj* brucfer, ber mit feinen ©öfjnen unb Xöcfjtern, ©djtoieger* föhnen unb ©cfjmiegertöcfjtern beifammeu mofjnt unb ein gemeinfameS ©efdjäft mit iljnen füljrt. Sin großen geftta* gen pflegt ber ©jar ju lommen, um fid} ftunbenlang an bem Slnblid ber einfachen gamilienfreuben biefeä tpaufeä ju meiben. gf)m finb biefe greuben Berfagt. ®ie Keinen Sinber fagen ©roßpapa SBerfe Ijer, ber fie auf feinen

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Snien reiten täßt, unb mittetft Sßapierhüten unb Ijötjernen ©chmertern „©enerate" au§ ihnen macht. Solche ©enerate hat ber ©$ar nicht! Samt ftetteu fich ihrer fünf ober fecf)3 in einen $rei£ unb tanjen unb fingen, jebe§ in einer an* bern ®onart, oon ben „9lfdE)imafdE)i=®etttern". ©inen fotchen ©ängerchor ^ot ber ©jar nicht! SBenn ba£ SCRat ju ©nbe ift, ba Ijaben fie fo reinen XifdE) gemacht, baß man gar nicf )t miffen fann, maä in ben ©cßüffetn gemefen. ©in fot* d(je§ geftmaht fann ber ©jar nicht geben ! SBenn bie XifdEje meggeräurnt finb, mirb ba£ beliebte ,,©tocf' unb Jammer* fpiet" fjeroorge^ott. 9Ran foiett um fjofyen ©etoinnft, um SRüffe. ®er ©eminnft mirb gleich beim ©piet aufgegeffen. ©in fo bernünftigeS ©etb ^at ber ©jar nicht!

®ort fifct er unter ihnen, bi$ bie SHitber fdfjtäfrig merben unb bon ihren Slmrnen $u 93ett gebraut finb. SSor* her müffen fie gebermamt füffen, auch ben ©aft : ben ©jar. Sm „SBinterpalate" fommt begleichen nicht bor!

®ann führt ber große ©aft mit ben Sitten lange ©efpräcße über bie guten alten Seiten. @r täßt fich boit alten greuben unb ßeiben ber Sltttagämenfcßen erzählen; in$mif<hen teert fich ber ©amobar unb füllt ficf) mieber. ®er ©jar meiß nicht, ma3 ißm fo moht tßut ber ®fyee, ba£ ©ebädf ober ba£ aufrichtige SBort, ba£ unberfätfchte ©emüth? Solchen ®ßee erhält ber fiüifer in feinem $aufe nicht!

®raußen auf ben fdfjneebebecften Straßen aber gatop* piren bie ®arbe*3teiter, unb bie fchteicfjenben SSerfchtoörer ftecfen au§ ber ben Äopf herbor unb fräßen

nach bem fecf)3fbännigen ©dritten, bie £anb an Sßiftote unb SReffer h^ttenb. $a§ gehegte SBitb meiß nichts bon Sltlebem!

SRiemanb erjähtt, mo er in ber langen 5Racf)t umher* geftreift, unb mer mar, ber ihn fo h^tnäcfig berfotgte.

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XII.

£9ie eine gfeßnng eingenommen wirb.

„@«f)tief$e bie Xf)üre feft unb lafj' Sliewonben herein! 2öer nid)t glauben Witt, baff id) nic£)t ju |>aufe bin, bem fag, baff idj geftorben fei."

„Unb wenn 3emanb ©etb bringt?"

„Ein fotd)er ^emanb ejiftirt nidjt. "

„Unb wenn 3cmanb einen Siebesbrief bringt?"

„(Sr fott itjn unter ber Xtjüre tjereinfdfjieben, aber eintaffen barfft ®u itjn nid)t ; benn fönnte and) ein berlappter ©laubiger fommen . . .

@3 ift iiberftüffig ju fagen, baf? biefer ®iatog jWifdjen einem jungen Dfficier unb feinem (Biener ftattfanb. SEBir miiffen jebod) £)injufügen, baff biefer junge Dfficier ©ufdj= fin War.

SKit fernerem ®opf unb teilten (Bafdjen War er am | SOtorgen tjeimgeletjrt unb tjatte fidj in angefteibetem Buftanbe auf baä mit einem ©ärenfett bebedte (Rufjebett geworfen; | war it)m, als ob itjm jebeS einjelne $aar Don einem (Eeufel mit ber ©eifjjange auägeriffen würbe. 3m ©djtafe I erfdjieiten i£)itt bie Zeitigen ©carabeer be§ jungen Sttlarat, , wie fie, in riefige 6tept)anten üerwanbett, fidj iljm näherten, um itjn ju tüffen. J

ißlöfclidj warb er burd) ein fpeibenfpectafet t>om ©djtafe j aufgefdfjredt. Stuf ber ©trafje gab’3 eine tttauferei. Unter feinem ffenfter warb ein SRann fürdfjtertid) burdjgebtäut. tiefer jammerte unb fdfjrie um $itfe, allein fam 3lk- manb. 28a§ fümmert fitf» aud(j bie ißotijei um (ßriöat=9tn= getegenfjeiten?

ißufdjfin fonnte ba§ SBcfjgefdjrei nidjt tanger andren, er trat an ba3 mit ©iäbtumen überjogene genfter unb flauste barauf, bis er eine ©teile jum fjinburdfjbtiden ge» wann.

(Brei Stiänner balgten unter feinem fünfter mjt ejns anber. $Wei prügelten unb würgten einen (Britten, ber ftdj

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oerjtoeifelt wehrte, unb beffen ©efidjt fd^on ganj mit ©tut überftrömt war. ©iner feinet Stngreifer griff ifjm in ben Sott (ed mar ein langer jweigetbeilter ©art) unb befielt ein ganjed ©äfdjel baoon in ber |>anb.

Dad lonnte $ufcf)fin nicht länger mit anfeljen. Der Stnblid biefer Srutalität empörte it»n ; er l)olte feine $unbd» peitfebe »on ber SBanb ^erab unb rannte auf bie Strafe fjinaud. ©ergebend fdjrie fein Wiener ihm nad) : „Oeffne nie^t ! " er fprang binaud, ftürjte fid) unter bie Staufer unb begann bie beiben Singreifer mit ber fßeitfcbe ju bear* beiten. Diefe tiefeen bied nicht lange gefaben, fonbern nahmen gerfengelb. fßufcblin Ijob bad am ©oben (iegenbe, blutig gefdjlagene unb fdbmerjlicfe ftötinenbe Opfer auf unb trug ed auf feinen Slrmen in’d $aud. 3fn feinem 3'wmer angelangt, liefe er ein Söafdjbeden mit frifd)cm ÜBaffer bringen, bamit ber Slermfte fid) bad ©efidjt t>om ©lute reinige. Der fo graufam ßugeridjtete tt>at willig, Wie it>m gebeifeen, unb Wufd) bad ©eficfjt fo grüitblid), bafe nid)t nur ber 3*iwober feerunterging unb bad SSaffer ganj rotfe färbte, fonbern aud) ber ©art, ber nur angeflebt War, gänjlid) öerfcbwanb. Slld er fiel) bann abgetrodnet batte, wanbte er fiefe täcfjelnb ju fßufcblin, jog aud bem Slermel feined weiten Stoded ein jufammengefalteted fßapier beroot unb fagte :

„©ottlob, bafe icb bo<b einmal mit Dir fpredjen fann : woöteft Du mir nicht biefe Sfteinigleit bejahten?’'

3efct erft bemerfte fßufcblin, bafe fein fcblimmfter ©läu* biger, ber böfe SBucberer 3 f a b a ! o f f, öor ifem ftebe.

„£at Dieb ber Deufel b'eber gebracht ?"

„Stein, $err, Du felbft tjaft mich bieber gebraut."

Der Diener fpracb bajwifcben :

„3<b ffl9te $err, Du foHeft bie Dbür nicht öffnen."

„<Sie riffen ihm ben ©art aud."

„Der War nur angellebt," geftanb 3fabaloff lädbelnb.

„Unb bie jwei SJtänner, bie Dieb prügelten. . . . ?"

„<Sinb meine beiben «Schwäger. @d war Sltled mit

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ihnen öerabrcbet. 3<h muffte, baff ®u ebelmüt^ig feieft unb mich titelt jerfleifchen taffen merbeft. @8 ift fonft fo feiner, ju Sir ju gelangen."

fßufd)!tn faf) ein, baff ber Spaß gelungen fei, unb baff er fief) niefjt baräber ereifern bürfe.

„Unb ma8 toiUft ®u nunmehr?"

„Sich unterttjänigft bitten, biefe lumpigen taufenb fRubetcfien ju bejahten. Su meißt, wie lange Su fie fcfjul= big bift."

„3fa mof)t; idj ^abe fie in SBucherjiitfen fdjon jmei* mal bejaht."

toenn e8 mein eigenes ©etb märe! Slber auch idf habe e8 entlehnt, um eS Sir teilen ju fönnen. Ser 93Iut= eget ljat bei jeber Prolongation bie Stufen hinauf gef djraubt; td) mußte ba§ fRämtidje tßun. $eßt mit! er nichts mehr non Prolongation hören. (Sr jieljt mir ben Kaftan bom ßeibe, roenn ich ihm bie taufenb fRubet nicht fjerbeifchaff e. geh bteibe jur ftrengen SBinterSjeit in ^embärmetn. SReine fieben Kinber feßön mie bie (Sngetn ha^en bann tein Srob ! 9Ran nimmt ihnen megeit deiner ©cfjulb ben testen Potfter unter bem Kopfe meg! 3 cf) befi|e nictitö mehr; ich habe Stiles ju ©etb gemacht, um ben bemühten Stutfauger ju befriebigen. Ser teßte Unterrocf meines SBeibeS ift in ben 9tpra;rin=Smor gemanbert. SBaS fott auS mir armen SRanne merben?"

Ser SBucherer meinte mie eine Sadjrinne.

, Slber ich femn Sir nicht helfen!" fagte pufchfin ärgerlich. „SB ober fott ich baS ©etb nehmen? 3$ bin ja fein Sanfnotenfabrifant !"

„SSBann mirft Su mich dtfo boch bejahten?"

„3ch bin auch fein Prophet!"

„Slber, maS fott ich oemer Seufet bann beginnen?"

Unb ber SBucherer begann ju jittern.

„Ktage bie Schutb ein."

„Sich, ffherje nicht, gnäbigfter §err. Sann mürbe ich nodj eingefperrt merben, meit ich einem Dfficier ©etb geliehen.

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©rbarnte bicß mein! 9teun SRenfdjen Werben tägticf) um ©ein $eit beten, Wenn ®u midt) bejaßtft!"

„28o fotl icf) {(ernennten, wenn id) nidßtS ßabe?"

„Sinne bocß nur ein Wenig nacf). ®u ßaft teilte ®an= ten, ®u fönnteft eine berfetben beerben. gibt jo reiche, fdfjöne fffirftinnen in ber Stabt, bie einem jo tabfern ©aoa= iier gern im ©eßeimen ©eiftanb leiften möchten, wenn jie erführen, baß er jicß in momentaner ©crtegenßeit befinbe. 3dß fönnte ®ir eine feßr gute Partie empfeßten : ein fdßöneS, gutes, fittfameS SDtäbcßcn. Sie f)at eine ßatbe SDtittion Stube! SRitgift. Scß Witt ber Satße nadßgeßen, Wenn ®u befießtft! Sludß ßaft ©u in ©ftow eine jo fcßöne ©efißung. ©S gibt nocß genug eßrfame ©antierS in ber Stabt, bie nidßt Wijjen, baß ©eine ©üter bon ber Srotie confiScirt finb, unb ®ir barauf ©etb teilen. So ein reifer ©anfier würbe baS gar nicßt fpfiren. Unb ®u Wfirbejt ißm ja ba§ ©etb einjt wieber bejahten, wenn ®u ©ein ©ut jurfiderßättft; WaS gewiß gejcßeßen wirb, Wenn ®u einmal eine große tapfere ©ßat begeßft unb ber ©jar ©icß betoßnen Witt."

©ufcßtin ßiett jicß bie Seiten bor 2a<ßen, atS er biefe ©orfdßtäge ßörte.

gfabatoff berjWeifette angeficßtS biefeS ©eneßmenS ©ufcßtin’S.

„$err, nimm bie Sadße nidßt im Spaß!" jagte er. „@S ßanbett jid) ßier um ©ob unb Seben. SBenn icß jeßt oßne ©etb nacß tpaufe geßen muß ju meinen ©ngetcßen, bie unt ©rot fdßreien, jo neßrne id) ein Stajirmefjer unb fdßneibe alten jieben bie Jpötje ab, bann ißrer üKutter, bann mir felbft. $cß bin ju 9tfiem entfcßtoffen. SBenn ®u muß au3= lad^ft, jo madße idß ®ir ßier gteidß eine ©omöbie, baß ©ir baS Sadßen bergeßen wirb; bie ©erjWeiflung ijt ju Sittern fäßig. SBenn jid) mit ©einem ©ewiffen berträgt, baß ein ©ater bon jieben ®inbern jicß ßier bor ©einen Stugen auf= ßänge, bort auf jenem jfenfterriegel . . ."

,,®ßu' baS!" jagte ©ufcßfin lacßenb, „aber jo rafdß als mögtidß; benn idß bin fcßläfrig unb lege mid) fdjtafen."

36fat: Qrretyeit. I. 9

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Sftit biefett SBorten marf er fid) auf fein geftbett.

„Stun, baS fottft Su fel)en, nodj elje Su ein- fd^täfft !"

Ser SSudjerer trug einen ©effet jum genfter, ftieg auf benfetben, machte au8 feinem langen §atötud()e eine ©dringe, banb biefe an ben genfterriegel, fc|ob ben ®opf burd) bie ©dringe unb ftieß bann ben ©effel um. 5(5Iö|tidf) faf) Sßufdfjfin, mie fein ©laubiger in ber Suft jappelte, unb mie beffen 2lugen ^eruorquoHen.

Sa£ mar benn bod) ntef)r atö ©paß; er beeilte fid), bie ©dringe mit feinem $anbfdjar burdfouljauen. Sa erft fab) er, baß ber ©etbftmörber unter bem |>embe eine Slrt ©rabate auä bidem ßeber trug, meldje ba£ 3ufammenäief}en ber ©djlinge berfjinberte.

Sa3 mad^te ifyn zornig unb er brofyte bem 2Budjerer mit prügeln.

„$BteinetI)aIben, fdjlage micf), aber äafjle. ^dj opferte gern mein Seben, menn icß nur ju meinen taufenb Stubein fomnte. ©ag' mir nid^t, Su Ijabeft fein ©elb; idf> meiß, baß Su meldjeS f)aft. £>aft Su ni<J)t borige SBodje 9tpe= moafin, ben elenben SBud^erer, bejaht? Ser ift erft ber redete SSIutegel! Ser nimmt 200 5ßercent! Unb bod) Ijaft Su i^n bejaht, obgleich er ni<J)t§ ©dfjrifttidjeä bon Sir ^atte."

„©erabe beäfjatb bejahte icf) ü)n; e$ mar eine ©f)ren= fd^ulb."

9lfö 3fobafoff bie3 ljörte, jerriß er ben ©djulbfdjein unb marf bie Sßapierfepen in bem ®amin.

„Stun Ijabe audE) id) nidjtö ©djrifttidfiea meljr. Stun ift audj meine gorberung eine ©fjrenfdfptlb!" fagte ber SBudjerer, beibe §änbe in feinen ©iirtel ftedenb.

Sa§ mar $ßufcf)fin benn bocf) ju biel.

„SaS Sonnermetter fott in Sid) fahren!" fdfjrie er. „§ier fjaft Su meine 93rieftafd)e. 3Ba3 barin ift, nimm Sir!"

Unb ber SBud^erer fanb etma3 barin. mar ein ©ebid^t: eine Stomanje „SSom 3^9eultermäbc^en".

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®r tanjte öor greube; halb Ijocfte er mieber, halb imeber fdjlug er au3, mie ein luftiger ®ofat.

„£oho, mein lieber @ott, melier 3ang! Sa3 itermäbchen! ©ott fegne Sich bafür! gd) laufe bamit!"

„SBohin taufft Su bamit?"

„Bum Sppographen, ju ©eoerin! Soeben bat er mir erzählt, ba& feit geftem bie oorneljme Sßelt §u ipm matt' fa|rtet, um fiep §u erfunbigen, mann ba§ ©ebicht Sßufd)* iin'3 „$om .ßigeunermäbchen" ju haben fein merbe, toeU <fye% er bei gräulein Stmarinen Oorgetefen? ®r mürbe oiel ©elb bafür geben, fagte er. SReine taufenb 9tubel finb aud) barin enthalten. 28enn möglich, preffe ich aodj mehr herau$ nnb theite ben Ueberfdjufc ehrlich mit Sir. ßüfc' bie §anb ! SSerjeih', menn ich $i<h beläftigte! ©efiehf, menn Su mie* ber ma3 brauchft! 3<h merbe mich freuen, Sir bienen ju fönnen!"

Sie £älfte fyttion hatte ber Sßudjerer fchon auf ber ©d)mette mit halb jurücfgemanbtem ®opfe gefprodjen. Sßufd)5 fin glaubte, ber Slermfte fei närrifch gemorbeu. ®r legte fich ärgerlich mieber ju ©ett unb oerbot feinem Siener, biefe3 eile Shier lieber einjulaffen.

Sann fd^lief er bi§ SRittag.

2113 er ermaßt mar, rief er feinen Siener.

„Ser efle SRenfch mar mieber ba," fprad) ber Siener.

„Stber Su haft ihn nicht eingelaffen !"

„SRein; aber unter ber Shürfpalte hat er biefe3 *ßäcf= tfyen Ijereingefchoben. Sott ich m'3 Steuer merfen?"

„SRein, laf$ fehen!"

Sßufchfin öffnete ba3 Rädchen unb fanb barin eine <£opie feiner 9toman§e ,,©on bem 3igeunermäbchen", ^mei ©anhtoten ju hanbert SRubel unb einen ©rief be3 ©uchbrucferS ©eoerin, in meinem biefer ihm anjeigte, bafc er ihm feine 9toman§e für 1200 SRubel abfaüfe. 3a>eihan= bert fenbe er ihm gleich; bie refttid)en Saufenb merbe er Sentjenigen jahlen, ber ihm feine 2fomeifung bringt. Sie <£opie fenbe er Sßufchfin, bamit biefer bie ©rlaubnife §um Srucfe ermerbe.

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Das ttmr nun eine curiofe ©efcpidjte. S3or Stflent, bafj er (Mb betont für etwas, WaS er nur jur eigenen ©rjjei* terung erfonnen. Slbfurb! Der Äartenfpieler fjat meljr 2tn= rerf)t auf baS int „SanbSfnedjt" gewonnene ©etb, als ein SDtenfd), ber ba fagt: 3$r £>unberte unb Daufenbe! Slj* ntüffet mit jagten für bie ©rlaubnifj, baSjenige ju lefen, WaS id) gefdjrieben. ©d)riftftet[er=§onorar! (Ein ^ibribum jwifdjen bem ßädjerlidjen unb <2d)mäf)lidjen ! Sft’3 Dieb* ftaljl ober SBetrug? Ober nur ein ©ünbenloljn?

Diefe ©ebanfen gingen ißufdjfin burdj ben Sopf, als er ben SBrief burdjlaS. Sinn foQte er gar junt ©enfor geljett, @r, ber Dfficier, fottte fidj bor einem fdjimmetigen Dfinobnil bemüttjigen unb anerlennen, bafi ber in biefem gaüe fein §err unb 9tidjter fei. 3 ft bod) in allen anberen Sergeljen bie äRilitärbeljörbe fein ©erid)t. Die fßoefie ift bod) ein unfaubereS ©emerbe, tuenn fie ben f ermüden Dffi* cier fo jum ©ibiliften erniebrigt. fßufdjfin entfdjlofj fidj, SlpoEo biefeS Opfer ju bringen.

xrn.

Per geifterfrefTer.

Der SDtenfdfienfleifdjfreffer toirb ©annibale genannt; ttrie tjeifet aber Setter, ber fid) mit bem ntenfdjlidjen ©eifte füttert? . Der jum grüljftü<f junge pfyantajiegebilbe berfpeift, jum SRittagmaljl ©ebanfenriefen jerfleifcf)t unb jum Etocfytntgljl ©eifterblut fdjlürft; tnie Wirb biefer genannt?

©enfor !

©in EftenfdE), ber über ©ötter urteilt!

Sn ©t. Petersburg Waren ju jener 3eit befonberS berühmte ©enforen, an beren ©pi$e 2Jlagni|!t) ftanb; SlraftSejeff war feine rechte $anb, wenn eine feiner £änbe überhaupt re djjt genannt werben tonnte.

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Sie Slnelboten, Weldje übet fie circuliren, fidlem iftnen bie Unfterblidjleit.

§err Sujufi n oerbefferte bie gliaS beS |>omer, madfjte aus S3enuS eine anftänbige Same unb aus SJlarS einen Dfficier öon guten Sitten, unb oerwanbette bie großen 5lnfangSbudjftaben bet fallen ©ötter in Keine (benn nur bet 9tame beS einjigsWaljren ©otteS barf groft getrieben Werben); jebocf) bei 3RarS belieft et ben groften Stnfftngäbudjftaben, aus iftefpect für ben Sjar, bet ja aucft ein ®riegeSgott ift.

2tu§ bem Söerfe eines fßoeten ftricft et bie Sßorte : „grember $immel"; benn eS gibt ja nur einen §immet, in Weldje m bie ^eiligen tooftnen : folglich ift er nidjt ftentb. 3luS bent ©ebidjte eines Sinberen ftricf) er ben fßaffuS : ,,:gd) oeracftte bie SBelt" ! eS ift ja gerabeju Ijocftöerrätlje» rifd), eine SBelt ju Deradjten, in Wetter ©jar unb ®roft= fürften, auSlanbifdje Regenten unb SDtinifter fid) iftreS ßebenS freuen! SSon ber liebeglüljenben fßljrafe eines britten Sid)= terS, weldje fo lautete: „SlngebeteteS SEBefen, Su erfdjufeft meine ©lütffeligleit!" fanb bloft.baS eine SBörtcften „SEBefen" ©nabe Bor bem ftrengen ©enfor; „angebetet" bürfen nur bie |>immlif(f)en werben; „erfdjufeft" läftt ficft nur Bom einzigen ©ott, geljoöalj, fagen, ber bie SBelt in fec^S Sagen erfdjuf ; „©lüdfeligleit" erblüljt nur im genfeitS benjenigen, bie als Waljre ©fjriften ifjr ßeben gefdjtoffen. Saljer wirb bie 2lnfprad)e „SBefen" jenem gewiffen gräuleiu BoHfom» men genügen.

Unb ju biefem SRanne muftte fßufdjfin fein ©ebic£)t tragen. @r Köpfte an ferne Sljür unb bat iljn ergebenft, fein SEBerl efjeftenS burdfjjulefen, Was iljm audfj gnäbigft jugefagt würbe, inbem iljn bei: ©enfor auf einen ^eiligen greitag auf’S SReue ju fid) bestellte.

!Rodj niemals Ijätte ber Jüngling ein ßiebeS=9tenbejBouS fo ungebulbig erwartet, als biefe 3ufammenlunft. ®r fannte . feinen SKann unb wuftte, baft er mit iljm fdjwer ju fämpfen Ijaben wirb . . . Senn man barf nidjt Bergeffen, baft man obgleidj eS mehrere ©enforen gab leine

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2luSmapl unter ipnen patte. Senn jeber Eenfor patte fein fpecielle§ gacp, ber ©ne bie Leitungen, ber ßroeite religiöfe SBerte, ber dritte patte ©cpulbücpcr, ber SSierte ißlacate ju beurteilen, ber günfte prüfte bie Xt»eaterjettet, ber ©edjfte enblicp controlirte bie poetifcpen ©jeugniffe.

§err ©ujulin, ber bie irbifdje gürforge ber Siebter repräfentirte, patte bieS £>anbmerl fepon ju Ejar ißaul’ä 3eiten geübt. Er mar fepon poipbetagt; fein ®opf loar völlig lapl, unb ba auep fein ©efiept ftetä glattrafirt mar, fo gliep er einem öeritabten Sobtenlopfe. -Kur bafj biefer ©cpäbel noep mit allen ÜJtitteln pppfiognomifeper Torturen Oerfepen mar. SEJiit feinen pöpnifepen ©rimaffen gatbanifirte er ben vor ipm ftepenben unglüelliepen ißoeten, unb ein ®inb be§ Sobe« glaubte Seber ju fein, ben er mit feinen faltigen, Meinen, rotpen Steuglein anblidte.

„9tun, mein lieber ©opn Sßufeplin! (gebet Siepter mar fein ,,©opn".) gep pabe Sein ißenfum burcpgelefen : uom Slnfang bi§ jum Enbe. gep bebaute Siep fepr. 2Bie (onnteft Su Siep unter Bleien mengen unb gigeuner junt ©egenftanbe deiner poetifepen Slbpanblung mäplen? föennft Su benn leine pöperen ©ppären? Sßiüft Su mit ber S3erfi= ficirung be§ 3igeunerleben3 Seinem Sßater ©epanbe bereiten?"

ißufeplin berupigte genen, inbem er ipm fagte, bafj fein SSater fepon löngft tobt fei. SBa« jtvar niept mapr gemefen, boep braucpt_man einem Eenfor ja leine SBaprpeit ju fagen.

„So paft Su gemifs anftänbige Sßermanbte, bie fiep fcpämen müffen, bic§ ju lefen! Sie merben glauben, ba§ Su felbft ein $iöeuner gemorben ! ga meitn Su beine 3igeuner menigftenS ibealifirt pätteft! Soep Su jeiepneteft fie naep ber SBirtlicpteit. Somit fünbigteft Su gegen bie

erften Regeln ber ißoefie! - Socp bie§ märe niept

ber größte gepler. Slber, um ©otteS ^Bitten ! ma£ finb baS für SSerfe ? ©olepe finb mir noep nie borgelom* men! SBirgitiuS 2Raro bieptete in ^ejametern, Iporatiuä glaccuä in alläifcpen, fapppoifdpen unb anapeftiftpen S3er=

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feit; bodj wie werben Steine SBerfe genannt? SSon einer ©aefur feine ©pur, bie 3eilen finb gräulidj untereinanber» gereimt, mie wenn auf bem SlmboS beS ©djmiebeS brei= erfei Jammer ertönten : eine $eile ift ju lang, bie anbere ju furj! S)a8 fonnte ich nicht julaffen; wo ich eine 3eile furj fanb, ergänzte ich fie mit je einer 3nterjection : meil, nämtidj, aber, bod;, hingegen."

Unb ber Xobtenfopf überftrömte nodj Dom ©etbftlobe!

„3a ja, mein ©öfyndjen ! 3<$ fjabc fdjon Diele fßoeten Dor bem Stolpern besätet. Sserfdjaoitt Derbanft mir bie beffere §älfte feines SRnljmeS. Sludj aus S)ir toerbe id; nod^ toaS SRedjteS machen!"

„SEBotjlan, aus mir fönnen ©ie madjen, toaS ©ie motten; bodj meine SBerfe ergänzen ©ie mit feinem 3ota! ©ie finb ba, um ju ftreidjen, WaS S^nen nicht gefällt."

„9tur nidjt aufbraufen, ®inb! Ueber Sßangel an ©tridjen Wirft S)u Siich nidjt ju beflagen Ijaben. ©iefjft S)u biefen rotten ©tift in meiner fpanb? @r ift ^iftorifd). ©r war nodj nie gefpifct; im Streichen we|te er fidj ab. ©eit anno 1796 (wo S>u nodj gar nictjt geboren Warft) burd)ftreidje i<f> fdjon mit biefem ©tifte SESorte, feilen, ja ganje ©eiten! Unb was mit bem auSgelöfdjt würbe, baS ift für ewig tobt!"

„S)iefer ©tift ift bemnad) eine Wtrflidje ©uiHotine?"

„6i, ei, ein fo junger üRenfdj follte baS SBort „®uiHo= tine" gar nicht auSfpre^en ! SJiefer ©tift, mein ©ol)n, ift ber Delfrug ber SBitwe Don ©arepta, ber nie leer Wirb. SJiefer Sftotljftift bewahrt bie ©efetlfdjaft Dor ©Wartung, ©efdjttmreit nnb ©pibemien. @r ift wert^Dotter, als ber ©tein ber SIBeifen, unb allmächtiger als jeber ÜDtarfdjaUftab. ©r ift bie Säule, Welche bie tftuhe beS SanbeS aufredjt erhält!"

„Soffen ©ie mich mal hüte«, Welche SBunber 3hr gauberftab an meinen frommen Sßerfen tollbrachte?"

„@r h0* feine fßflidjt erfüllt, ©laubft S)u üietleidjt, bafj SBerfe, wie : „S)ie äRenfchengruppe jmifdjen engen dauern fdjärnt fidj fogar ju lieben!" baS Sicht ber SSelt

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erblicfen bürfett? Qa, ju lieben, gleidj Seinem teuren gelben, rnödjte idj midj felber frönten! ©inem BiQeuner» mäbdjen nacfjrennen unb oljne ißriefter, offne Slltar lieben, nur fo in bie Seit Ijinein baS wäre bie redjte 2lttcife= rung für bie Sugenb, bie biefeS lefen wirb!"

„Stber ba# ift ja nidft meine Slnfidjt, fonbern barin lommt bie ©dfulb be# ßtomanfielben jum SluSbrucf, weither bie bramatifdfe ©ntwidlung bewirft, Wofür er büfjen mnfj. Sie ©träfe folgt ber ©ünbe auf bem Suffe."

Ser Sobtenfopf ftaunte. 2luf biefe ßteplif War er gar nicf|t gefaßt.

„9llfo beä Slbenteurer# Sßteinungen finb ba#? Sann ßätteft Su aber unten bemerfen mttffen, bajj biefe# nid)t bie Stnficf|ten be# Stutor# finb, unb baff ber Setreffenbe fpäter bafür büßen wirb. Sod) f>öre Weiter : „@r (b. i. ber ©tabtmenfdf) Oerfauft fdfnöbe feine Sreilfeit, beugt fein föaupt üor einem @ö|en in ben ©taub, unb erbettelt fidf ©elb unb Setten!" 3ft e# alfo geftattet, foldfe# bem Rapier ju übergeben? SEBeldie „üfreißeit" oerfauft er? Unb Sem „oerfauft" er fie? Sein SRenfdf Ijat t»ier greißeit, folgtidf fann fie auch ßtiemanb oerfaufen ! Sa§ ift ja ein Slufruf jur ßteoolution. ©ine Slufforberung jur Stnardjie! ©ine fßroctamation! Unb bann: „S9eugt fein Jpaupt oor einem ®ö|en in ben ©taub!" Ser ift biefer ©ö|e? Ser ©jar? Ober bie Zeitigen Silber? Su wiflft ja ba# Solf jur ^fonomad^ie aufreijen! Sa# ift mef)r al# Slaäptjemie ! 3n früheren Beiten ßätte man Sir bafür bie Bunge IjerauSgeriffen! Unb enblidj : „©rbettelt fidf ©elb unb Setten" ! Sa# ift ja eine Sranbmarfung aßet iweijeljn ßiangftufen be# Seamtenfffum#! Setten! Sa# ift bie Waffre Qiafobinerlofung ! Sllfo bie Setten mifffaßen ©ud|? Difne fie Wäret 3f)r ja Sölfe unb feine SDtenfdfen! Sod) braudft 3l)r nic^t barnm ju betteln; 3ßfr befommt fie umfonft, au# ©nabe! 3fjr müffet Setten lfaben! SKüffet ! SSergebtid) oerfificiret 3f>r bagegen! Senn icf) folcße brei Beilen nidft burd|ftreid)en rnödjte, oerbiente id), baff man mir biefen 9totf)ftift burdf bie Sßafe ftedfe!"

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Unb itadj biefer graufamen Sentenj legte er beit gefäbrlic^en Stift an fßufdffin’S (Mebidjt, um fettet tüchtig burdZjupflügen.

„Sdj aber ertaube nic^t, biefe brei Seiten aus meinem ©ebidjte ju ftrei<Zen; lieber neunte icZ es jurii &"•

„2)otZ id; gebe eS nicfjt juriict!" ertoieberte ber lobten» fopf, feine tinfe £anb auf ba§ 9ftanufcript tegenb. „28aS meiner Äritif unterbreitet nmrbe, !ann rticfjt met»r jurüdgejogen werben! ®a§ muff bie terbiente ©aftigation auä^alten!"

„Sdj aber proteftire gegen ba§ ©treiben jebeS einjet= nen SudZftabenS! $)a§ Söert gehört mir; eS bitbet ebenfo mein red^ttid^e§ SigentZum, Wie ber 9tott)ftift ba§ S^rige. Sie fönnen meine Strbeit jurüdWeifen, bärfen fie aber mit S^rer Sreibe nidft befdjmu^eit!"

„S5ef<^mu|en mit meiner ® reibe!" fd^rie ftarr Dar Sdjreden ber Xobtenfopf. „$iefe gredZZeit ^at feinen Superlatit!"

„Sei ©ott, ja!" fcf)rie nun feinerfeitS ^Jufc^fin; unb jum SeWeife feiner Se^auptung rifj er ben gezeitigten 9totZ= ffift auä ber fpanb beS SertforS unb Warf itjn mit fotd^er ®raft jur ©rbe, baß bie Wert^e fftetiquie in taufenb Stüde jerfprungen auf bem Soben umZerflog. lieber biefeS graufen» tolle Stttentat erf<Zraf ^ßufc^fin fetber unb ergriff bie glucZt, ben fdfredlicZen -DtenfdZen allein jurüdtaffenb.

S)er Xobtenfopf War tor Sdjred unb SButZ über biefe %i)ai einen Stugenblid erftarrt. Sein attmäcZtiger SftotZftift jerbrodZen! @r fonnte es fanm faffen. ©in fotcZer Saß ereignete fid) im cibilifirten ©uropa nodf nid^t ! 2Sa§ ift in ber menfcZtii Zen ©efettfdjaft fünftig meZr Zeitig unb unter» tefctidZ ? 23er fann fi(Z in Sulunft ficZer füZten, wenn man aucZ biefen ©egenftanb jur ©rbe ju ftZIeubern Wagt?!

Iperr ©ujufin rief feinen Wiener, fonbern fniete fetbft jur ©rbe nieber, fucfjte bie Stüde ber jerfcZmetterten ^Reliquie jnfammen unb Weinte babei fo bitterticZ, baff iZm ba§ ®inn barüber wadette. „SRein treuer Stift . . . meine ^errtidjfeit . . . Stotj meines SebenS . . . . ®u bift Zin." ®r terfudZte bie größeren Stüde aneinanber ju befeftigen, bocZ tergebtitZ-

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XaS erforbert eine ejentplarifdje Sücbtigung t ®e r Beteibigte ©ettfor wicfelte baS corpns delicti in ein Papier, banb bagu Pufdbfin’S ®ebid)t unb verfügte fidj rafdj in ben Palaft beS SlraftSejeff, unterwegs bie Siebe ftubirenb, mit Welker er feinem Patrone baS gräßliche Sittentat erjagten wirb.

SlraftSejeff ließ eben bamalS baS gnnere feines PatafteS mit jenen fjiftorifdE)=merfh>ürbigen greifen fdjmüden, mit Wellen ber berühmte Xotjen bie Saaten beS ©garen Slle» janber vereinigte.

®er SJleifter arbeitete eben an jenem großen 9tunb= gemälbe, meines bie Suppet beS bomartigen ©mpfattgjalonS auSfültt, nnb h>o ber ©gar inmitten feiner fjeerfüfjrer, nm- geben non mßtbotogtfdjen unb attegorifdjen ©eftatten erfdjeint.

2)er erbitterte ©enfor mußte burdj biefen ©aal geben. @r erblicfte ben SJleifter, »nie er auf ber ©pifje beS ©erüfteS reitenb, bie bereits gegeicbneten giguren burdj garben belebte. ®ieS !am ifjrn erwiinfcbt. @r toollte einen S^eil feines gngrimmeS an ihm auSlaffen.

„gft eS SJleifter Xopett ober fein ©ebilfe, ber bort oben malt?" fragte er.

Stuf biefe curiofe Sllternatiöe ertniberte ber SJlater : „SBaS wollt „Sb1“ Bort unten?"

„geh bin fein „Sb1“/ fonbern SBaful ©ujufin ©ergie= Witfdj, ©rleucbtungSratb ®r. SJlajeftät!" (S)aS toar näm= li»b ber Xitel ber ©enforen.)

,,©ut, baß ©ie berfamen, es ift hier ohnehin fo Wertig 8id|t wegen beS etoigen nerbammten SlebelS in biefer ©tabt."

„Semen ©ie, Monsieur, baß bieS fein „nerbammter" Siebet ift. X>er @t. Petersburger Siebe! ift reiner, als ber jeber anberen ©tabt. ©egen unfern fpimmel gibt eS feine Stage! Slber fiebe : Wer ift jene grau bort oben auf bem Silbe neben bem ©garen, beren guß bis über baS Snie entblößt ift?" „@S ift grau gama, bie ©öttin ber Sleuigfeiten." „Slber Welche gnbeceng ift eS, baß gernanb in ber Släbe beS ©garen in biefem unanftänbigen Slufguge ftebt?"

„§a, greunb, in ben Seiten beS griecbifdj=römifdjen SdptboS Waten nodj feine Strümpfe im ©ebraucbe."

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„2lber »ir fiitb in SRujjlanb, too t»fmäf)ige ®amcn nie» matS barfuß gefjen. 3cf| »erbiete gtjnen, mit berartigen grauen im 9leglig6e bie ißerfon beS ©jaren in Serüljrung ju bringen !"

„®ut, idj »erbe fie in Sunbfdjufjen malen."

„Unb ifjr Kteib taffen ©ie Weiter tjinab!"

„Slber eS wirb ja nod) öerbrämt!"

„®odj tjübfdj breit, ba§ bie Kniee öerbecft finb ! Unb »er ift Sener bort mit ber ißapierrotle in ber $anb?"

„®a§ ift ©enerat Kutufoff."

„SEBarum ift fein rechter Slrm fürjer atS ber linfe?"

„6r ift ja nidjt titrier; feine Stellung ift nur fo. 3Ran nennt baä im gtatienif^en „scorzo“

„Scorzo t)in, scorzo tjer! SEBir finb leine gtatiener! Sei mt§ nennt man benjenigen, bei bem ber eine 9trm furjer ift, als ber anbere : „Krummarm"!"

„Slber idj lamt bod; bie Sflenfdjen nid^t »ie bag ©rucijij maten, mit auSgebreiteten Firmen!"

„3dj felje nicf)t ein, WaS baran unmögtidj »äre."

®er SRater tjörte auf ju ftreiten unb begann baä 9tntti| beS Sjaren ju maten.

„2BaS für @d)Wär$e furnieren ©ie bort in ba§ 9lngefidjt beS ©jaren?"

„Terra di Siena. ®iefe gibt ben ©Ratten."

„2tber auf bem Slnttifce beS ©jaren barf lein ©djatten fein; es muff gtänjen, teuften unb flimmern. Unb bann fetien ©ie nur: bie eine $älfte feines ©efidjteS ift breiter als bie anbere."

„•Jlatürtidj, »eit eS im ®reiöiertet=ißrofil aufgenom= men ift."

„Stber »efjljatb nehmen ©ie ben ©jar in ®rei»ier= tct auf?"

„@r lönnte ja fonft bem Kutufoff nidjt in’S ©efidjt fetjen."

„So Wenben ©ie Kutufoff’S Kopf fo, bafi ber ©jar it)m in’S ©efidjt fetjen lönne, unb fein Slntti^ ganj erf^eine!"

®er SRater »ar nat)e baran, fammt ißinfet unb Palette »on bem ©erüfte tjerab auf ben Kopf beS commanbirenben

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@rteud|tung8rathe3 ju fpringen. ©odf befottn er fich noch jur rechten 3eit, nahm bett großen ißinfet £)eröor unb begann bie Soßen int §intergrunbe ju malen.

©amit prooocirte et erft rec£)t bie Strenge ber ©enfut. „§att! SaS machen Sie? SaS wirb baS?"

„©ine Soße!"

„Sch fann unter feiner ©ebingung geftatten, ba& Sie hinter ben SRiicfen beS ©jarS Soßen malen. ©aä möchte Sebermann als allegorifche Stnfpielung nehmen, als wenn ber ^orijont unserer Ißotitif non büfteren Sollen bebro^t wäre."

„Stber bie Soßen finb ja nötljig, um bie ©nippe Ijer= oorju^eben !"

„©er ©jar liebt ficf) bon felbft herüor! Sie müffen unbebingt einen bämmernben £immel I)inmalen."

,,©aS ift unmöglich. SDie ©eftalten Werben ja bon ber entgegengefefcen Seite beleuchtet. ®ie Sonne fdjeint ja Don bort hen"

„So ift bentt bie Sonne? Soljin werben Sie bie Sonne malen? SDtit Welchen gerben? 93ei uns leuchtet bie Sonne Diel intenfioer, als in jebem anberen Sanbe!"

©er äftaler fah fich um, welchen garbentopf er bem feljr geehrten £errn ©rteuchtungSrathe an ben Sfopf werfen fönne? ©odj bann fam ihm eine beffere Sbce.

„©leiben Sie noch einige Slugenblide, fperr @rleud|tungS= rath ! fpier unter bie fjüfte beS ©jar fommt eine fjigur, ber „befiegte lob". Sh1 ®opf ift ein fehr gute« SWobett; laffen Sie mich 'hn rafcf) abnehmen."

©em ©rleudjtungSrathe blieb wieber einmal ber ©et= ftanb ftehen; er fonnte eS fich reicht gleich erftären, ob eS eine Auszeichnung für ihn Wäre, ober eine ©robheit, wenn feine ißhhftognomie mit bem ©jaren auf einem ©itbe als „befiegter ©ob" oerewigt würbe? ©oef) fein thierifcher Sn= ftinct flüfterte ihm ju, bafj er bem granjofen einen ©ienft erweifen möchte, Wenn er ihm als SDtobeö ftünbe: folglich that er eS nicht! @r liejj ihn lieber ftehen unb begab fich in baS Zimmer feines ißatronS.

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XIV.

Per ftefie £uuge.

®er SrleuthtungSratf) tbar gerabe im beften 3uge, bor SlrattSejeff baS fürchterliche Sittentat fßufdjfin’S gegen ben rotten ©enforftift mit aß' feinen graufamen Details auS= einanber ju fe|en, als ein SBinbbeutel heftig bie ££)ür jum ©mpfangSjimmer beS ^olijeipräfibettten aufriß. SBie eS fcf)ien, Ijatte biefer SBefucßer baS befonbere fßribilegium, nnangemelbet ^ereinjubre^en, mochte auch toer immer im ßimmer beS allmächtigen (Staatsmannes fein.

tßer ©intretenbe ift ein ÜDtamt im Sllter bon breifeig Sauren, feine Reibung bie Uniform eines Dberften ber ßeibtoadje. ©r h“t regelmäßige, angenehme ©efidjtSjüge, nur ber unruhige ©lief öerrätf) einige Slufregung, er fießt ber ißerfon, mit Welcher er fprießt, niemals in'S Sluge.

®aS ift Runter S^gen, SlraltSejeff’S Soßn, ber liebe Sunge.

„9to!" feferie ber SSater anf. „Sefct ift toieber ein großes Ungtücf paffirt ! "

„Au contraire, Sllter! jDu täufefjeft ®ictj groß!“

„SDein ©intritt ßat feiten ettoaS SlnbereS ju bebeuten. |>aft $u mir etiuaS töringenbeS mitjutßeilen ?"

„0 nicht berglei djen, maS ich bor |»errn Sujulin nicht fagen fönnte."

„SSietteidht toieber eine momentane ©elbbertegenljeit?"

„Au contraire," fagte ber Sunfer, inbem er fid) nadjläffig auf baS Kanapee ßintbürf unb praljlenb in bie Dafd|e griff, aus toeldjer er eine $anb boll ©olbftücfe herausnahm. „®u fießft, baß ich nicht beSßalb horgefom» men bin."

„®u bift ja plöhlich bielem ©elb gefommen ! ®arf ich nach ber Quelle formen?"

„SBarum nicht? Sch brauche eS toohl bor §errn @u= jutin nicht ju berßeimlichen. 3<h höbe e8 in einer ber tej}= ten Stächte im Rouge et noir gewonnen."

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„2 CE) ®u finbeft atfo beS StadjtS, Wäßrenb ®u mit ber Qnfpection betraut bift, nod) $eit jurn SBefudje ber tßßa* raobanf ?"

„Stur fo „en passant“ ßot mid) ber .ßufatl tjingefüßrt. 3dj riSfirte nur ein paar imperiale, fiebenmat nacß ein* anber bot id) ißaroti, id) tjatte »erriidt oiet ©tüd, bie Stotze fd^tug jebeSmat ein. Sann reterirte id) ptößticf)."

„Unb fommft Su mid) bantit ju erfreuen?"

„Dlj nein! 3$ fomme im ©egentßeil, um Sir eine angenehme Stadjridjt ju bringen, ©teile Sir not, ber berühmte $arfenfpieler ©tjambertin ift aus ijßariS ßier angetangt unb wirb fjier ©oncerte geben."

„3dj Wußte nie, baß Su ein fo großer ffreunb beS §arfenfpieteS bift."

„0ß! id) fdjwärme bafür."

„3dj aber !ann eS nicßt auSftefjen!" Warf ©ujufin ein, bem Sitten juftimmenb.

Seügen ließ fidj nicßt auS bem ©ontejt bringen.

„©eine Stajeftät ber ©jar ßat für ßeute SIbenb ju ©ßren beS ^arfenfünftterS im SBinterpalaft ein ©oncert beranftatten taffen."

„Df), id) üereßre baS §arfenfpiet!" beeilte fid) ©Ujufin feinen früheren irrigen StuSfprud) ju öerbeffern.

„Sie ©intabungen finb bereits oerfenbet. @S wirb eine äußerft gtänjenbe ©efeltfcßaft fein. Seine ©intabung ßabe id) bereits braußen beim ®ammerbiener gefeßen, aucß icß ßabe bie meinige bereits erßatten."

„9tun bann Wirb baS ©oncert gewiß gtänjenb fein!"

„Sßeißt Su, baß man in „grand tenne“ erßßeinen muß? Sie Herren alte mit bem „grand cordon“ unb »ollen Drben!"

„Sßaßrßaftig, eine große StuSjeicßnung für ben StJtufifer."

„Slußerbem wirb aucß 3ene'ba ©imarofa fingen."

„3ft baS altes. Was bu mir ju fagen ßaft?"

„©onft ßabe icß wirfticß nicßtS ßier jn tßun," fagte ber 3tonfer, inbem er fid) erfjob unb unter ©äßnen auf

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bie Ufer blicfte. „3efet gefee ufe, ba id) mkfe ttocE) umfleiben mufe. SlpropoS, gefeft Su au4 in’S §ofconcert?"

„2Sie fotlte i4 triefet, wenn mit ber ©jar eine @inla= bung fdjidt."

„34 badete, baS Stfeeuma würbe Süfe ju fefer plagen."

„SDterf Sir, bafe eS fein SRfeeuma gibt. Wenn ber ©jar ruft."

„Unb boct) ift e3 fdjabe, Seine ©efunbfeeit auf'S Spiel ju feften. SBegen eine« lumpigen SJtufiferS. Su wirft Si4 coloffal langweilen; gibt nicpt4 SütnmereS, als ein ^arfenconcert."

„©feen fagteft Su, bafe eS Siefe begeiftert."

„©ewife, Wenn eine Same bie f>arfe fpielt, Wenn aber ein SJtamt barauf feerumftimpert, pas si bfete! SaS flingt gerabe Wie Settelmufif. 34 würbe Sufe prä4tig beim ©jar ju entf4ulbigen Wijfen, wenn Su ju §aufe bliebeft."

„Slber was ber ®ufuf plagt Sufe benn, bafe Su auf einmal ein fo järtlüfeer ©ofen geworben, ber um bie ©e= funbfeeit feines SßaterS aufmerffam beforgt ift? <2inb öiel= iei4t bie flimafteren 3o^e eingetreten, Wel4e bie Statur beS Dtenfcfeen beränbern?"

3eügen fing an ju la4en.

„Stufet boefe, ißapa; Sein ©ofen ift berfelbe SSater» mürber, wie früher. Slber i4 Würbe Si4 beute Sta4t gerne bafeetm taffen, weit Su mir bann Seinen SBlabimir» Drben in SriHanten leiden fönnteft. 34 fann meinen nirgenbS finben."

„3ßeil Su 4n ni4t im SSerfafeamt gefu4t feaft."

„SSeife ©ott, er ift ni4t iut Sßerfafeamt. 34 fönnte ifett ja auSlöfen mit bem bieten ©elbe, baS i4 in ber Saf4e feafee. 2lu4 Würbe i4 bann ni4t ju Sir fommen. @r pat fi4 fo berirrt, baff i4 ifen nirgenbS ju finben Weife."

„Senfe nur ein Wenig na4, $>u Wirft wofei barauf fommen."

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,,©ut beim, xd) toill eS gefteben. Das ift ja auch fein SRalbeur fommt bet Saöafieren not. 9iadj ber ißbaraobanf t>atte ich eine Begegnung mit einer bämonifdjen kleinen."

„Sllfo auch baju tjaft Du mäljrenb ber Snfpection 3eit gefunben?"

„kümmert Didb baS? SllS ich bann bie kleine laufen lief®, bemerfte xd), bafj mein 2ßlabimir=Drben mit itjr oer= fcbtounben mar."

„9tun, bie ©efdjidjte ift Oerrücft genug!" rief Straf» tSejeff, erzürnt oon feinem ©ifce auffpringenb. „®aS Ungliicf ift fertig! §abe ich nic£)t gefagt, bafj Did) ein Ungliicf fjergetrieben? Dett Drben oerlieren! ©ich iljn oon einer ©trafjenbirne fteljlen laffen! Äennft Du baS SJtäbc^en?"

„3a tooljl. ®S ift eine ©tra§entänjerin : Diabolfa, baS 3igeunermäbcben."

„Sftdjt maf)r, ein 3i9eunermäbcben!" rief $err @n= jufin bajlt»if(f(ett. „Da fiat man’S! Dal ift auch eine Solge ber SSerfe ißufcbftn’S. D, id) ljob’ eine fcbarfe Sluffaffung ber Dinge!"

„$aft Du fie nicht fofort burch bie ißolijei fudjen laffen?" fragte ber SBater.

„SllS ob fie fofort ju finben märe, ober umgefe^rt, als ob man bei unferer ißolijei Qemanben fofort auffudfjen laffen fönnte! SSerloren ift ja nodj nichts ! Das 3i9euner= mäbcben, ober ber 2BIabimir=0rben mirb fidj tooljl irgenbtoo im Slprajin=Dmor finben! Slber baS ift mir SllleS ju fpät. 3cb braune ben 2BIabimir=Drben beute, benn ohne ibn fann i<b nidbt bei bem $ofconcert erfdjeinen."

„SDlir aber, 3uufer, fann meinen 281abimir=Drben nur ber geinb entreißen, menn er mi<b töbtet."

„Dann meifj icb mir nicht ju helfen. 3<h b°&e eS oerfucht oon bem DrbenSfdja|}meifter einen Drben heraus ju friegen; aber man fann nicht baju gelangen, benn einer ber ©djlüffel ift beim (Sjaren. Die ©efdjicfjte ift jum @rfcf)iefjen !"

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„®ut benn, id) will ©ir einen 9tatf| geben, aber idj übernehme feine Verantwortung bafür. Sift ®u gut mit bem Sammerbiener beS Klaren?"

„D wir finb feljr gute greunbe 1 SBir finben un$ unjäl)lige 9Kat unter bem ©ifdj!"

„®u toeifjt, wenn ber ©jar rticEjt bei itgenb einer S)tilitär=5ßarabe erfdjeint, fonbern nur ein ©iöitfeft begangen wirb, gerutjt er feiner $errfdjergnabe gegenüber ben ©ioi= Iiften 2luSbrud ju geben, inbem er in einfachem fdjwarjcn 3rad erfdfeint, alle feine Drben baljeim lägt unb einjig unb allein bie golbene SKebaitte im $nopflodj tragt, bie er bon ber ©efellfdjaft ber „SRenft^ewgreunbe" in Sftiga erhielt, weif er einen armen Sauer bor bem ©rtrinfen in ben ffluten be§ ©tromeS gerettet. Unter ber gtänjenben <&efeHfd|aft erfennt man bann ben ©jaren baran, bafj nidjtä an if)m glänjt. üllfo fein eigener $Blabimir=Drben wirb an biefem Slbenbe beim ßammerbiener liegen. Seftidj alfo ©einen greunb, bamit er ©ir ben DrbenSftern beS ©jaren für biefen einen Stbenb leif)t."

„SRun alfo, baä ift ja eine pradjtige Qbee. 3^ fege bod), baff ®u mtd) liebft."

„3a, Warft ©u nicgt mein @of)n, mein Sieber, ©u baumelteft längft am ©algen."

„9to, no, ißapa. SBarum mit bem SBorte ©algen fd)erjen? Äannft ®u bodf fefbft nocf) baf)ingelangen, obgleich ®u mein Vater bift."

„Slber eines mödjt idj ©ir bocf) ratzen, ©udje ©icfy auf bem ©oncert fo Weit als möglicf) oom ©jar fern ju galten, bafj er feinen eigenen Drben nicf)t erfennt!"

„2tdj, wie follte er unter ben Vierjig gerabe ben einen IjerauSfinben?"

„3dj fag’ ©ir nur fo Diel, bafj ber ©jar ein ©ad)= berftänbiger in ©belfteinen ift. Veftrebe ®id), im ©unfel bor i£)m ju bleiben."

„3dj werbe ©ein geljorfamer ©oljn fein, ijSapa. $eute bin idj mit ©ir jufrieben. @S ift bod) gut einen fo ber» nünftigen Vater ju Ijaben. 3<$ erlaube ©ir, midj ju füffen.

3<stai : Jreiljett. r. 10

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Slbieu! ©Uten Sag, jperr ©ujulin. Sitte fortjufe|en, Worin id) Sie unterbrodjen tjnbe."

®er Sobtenfdjöbel taute WaS jwifchen ben gähnen, Wätjrenb ber junge $err tierbuftete, wahrftheinlicf) irgenb eine <Senfor=3lnfid)t. „2ln betn Wäre aud) ÜKand^e# mit bem Stothftifte ju ftreidjen!" mochte er benlen.

®er Sater blidte nod) lange nach ber Ijotb offen gebliebenen 2t)üre. $ann Wanbte er fid) um p ©ujuftn.

„(Sin prächtiger, tjübfcher gunge, WaS? (Sin genialer ®erl! ©ein größter gehler ift nur, baß er Weiß, Wie fetjr ich »hu liebe."

„(Sr brauchte nichts weiter als ein wenig SRothftift. Slber lehren wir Wieber pr ©efchitf)te meines ‘Sloty- ftifteS prüd."

„Sie fotten ©enugthuung hoben, SapI ©ergieoiec! Ueberlaffen ©ie mir bie ©ache. S<h Werbe baS corpus delicti in bie §anb beS (Sjaren bringen unb gebe ^hnen bie S3erfid>erung, baß ber ©chutbige bitter büßen Wirb! Sßaren ihm feine erften (Sjceffe, Welche er mit ber (SonfiS» cirung feiner ©üter unb ber Serbannung nach Dbeffa büßte, lein Memento, bantt er bie ©nabe beS (Sjaren, Welche ihm bie Dtüdtehr in bie fpeimat geftattete, wieber mit neuen SluSfchreitungen, fo wollen Wir fdjon ein SRittet für ihn finben. ©eien ©ie getroft! SRorgen wirb Suitier Eßufchtin eine Schlittenfahrt machen nach Urals!."

„Srtucjt wäre noch Weiter!" fagte ber (Senfor, ber felbft SlraftSejeff’S SEßorte nicht unberichtigt taffen tonnte.

„9lber Urals! ift fdjlimmer! ©tauben ©ie mir, Urals! ift bie fürchtertidjfte ©arnifon für einen Dfficier, ber ftraf= weife relegirt wirb. Stach jeljn Sahren Werben ihn bie grauen nicht einmal wieber ertennen. 2tuS einem bunten Schmetterling wirb er fid) rüdöerwanbeln in eine hörige Staupe ganj fo Wie SaluSlin!"

3)er Xobtenlopf überließ ihm alfo bie ©ache : baß eS fo fein möge, „typis admittitur“!

Unb bamit ging er in ben (SmpfangSfaal prüd, um ben franjöfifdjen SRaler p ärgern. Stach ber 2tufmun=

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terung beg olijeipr äfibenten maren ißrn bie §örner f o gemad)fen, baß er ben Sünftter bort in ber £öße bannt ju erteilen glaubte.

„3dj verbiete 3>f)nen, baß Sie bort oor bie giiße ©einer ffRajeftät ben $ob ßinmaten. $ag ßätte eine omi* nöfe Sebeutung auf jenem ©ernälbe." ®er ffltater aber matte ben $ob trofcbem f)in, uub ber ßatte gerabe ein <$efid)t mie ber ©enfor.

XV.

Per gjar J)af getöcpetf.

©rft atö $ßufd£)fin baßeim angetangt mar, fing er an, über bag, mag er gettjan, nadjjubenfen.

@r jmeifette feinen Slugenblicf tang, baß eg eine fot= genfdjmere $f>at mar. ©in SRenfdE), ber eben nur ßatb unb |alb begnabigt aug bem ©£it in 93effarabien, moßin ißn fein Reißer ®opf geführt, in bie §eimat enttaffen mürbe, fonnte nadj ber testen ©eene mit bem Zeitigen ßenfor itidfjtg Slnbereg ermarten, atg baß man i^n mieber in irgenb eine neben ber SBolga gelegene ^otjfeftung ober jur 93e- madjung ber ®irgifer fußten fdjicft, mo er bann für immer oergeffen mirb.

©r oerfäumte aueß nidjt bie SSifitfarten mit ben Per- fjängnißpotten brei Sudfjftaben p. p. c. (pour prendre congäe) für feine Sefannten in bie ©ouPertg ju fteefen auf bie für 3^eiba beftimmte ®arte fdjrieb er „pour jamais“. SBenn er einmal ben Sefeßt §um SDtarfdfjiren erhalten ßat, bleibt i^m oljneljin feine faxt meljr übrig.

3fn ber ©tabt mar bag ©erüdjt Pon bem Sittentat uatürtidf) rafdj befannt gemorben! bertei fdfjlimme üftadfjridjten Perbreiten fidj mit ber ©cßneUigfeit beg Sauffeuerg. Unter Sitten fanb fid) nur ©iner, ber fidfj, alg er bie fflaä) rid)t prte, $u 5J5ufd^fin begab, Safugfin.

10*

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„Run Samerab, jefct Wirft auch ®u mit bem ®au= lafuS belannt werben. ®u wärbeft gut ttiun, $ich in aller ©le malen ju laffen, um nacf) jeljn fahren, Wenn 3)n Wieber einmal jurüdffehrft, fo Wie ich, minbeftenS ju Wiffen, Wie ®u einftenS auSgefchaut Ejaft. "

„3<h bin auf RfleS gefafjt!" fagte ißufdjfin, inbem er ben Brief fiegelte, in welkem er bem ®rucfer ©eoerin bie jweifjunbert Rubel jurücffchicfte, nac^bem er für fein ©ebidf)t nicht bie ©eneljtnigung beS ©enforS erhalten fonnte. „Rber ©inS lann ich mir nicht erllären. 3üh ^abe foeben bon bem Dberfthofmeifter eine ©inlabung ju bem ^ofconcert erhalten, baS Ejeute Rbenb im SBinterpalafte ftattfinbet. 2BaS faß baS bebeuten?"

„$)aS bebeutet, Äamerab? bafj man bie $inrich= tung mit Raffinerie betreiben wiß! 3ft eS mir nicht ebenfo ergangen? RIS ich jenen ©lenben herauSforberte, belam ich auch f“r ben Rbenb eine ©inlabung jum $of= baße. 2Bie nun ber Sjar ©ercle hielt, fteflte mich ber Dberft= hofmeifter auch tn b'e ^RetEje ber ©äfte, Welche ber ©jar anjufbrecheu Wünfcht. geh War noch fo Qrrün, baff ich anfing, ftolj auf bie RuSjeichnung ju fein, ©nblid) fain bie Reihe an mich. 2>er grofje SKann ftanb ba bor mir unb lieft midh feine ganje coloffale feöpe entpfinben. ©r fah mir mit feinen meereSfalten Rügen in bie Rügen, ©ein Rngefidfjt blieb unbewegt wie eine SRonbtanbfchaft. ©r frag mich : ,,©ie finb nicht pfrieben mit 5hrem Dberften?" unb bann, meine Befangenheit für bie Rntwort neljmenb, fefcte er fort: „SQBir Werben für bie Befeitigung biefer unan= genehmen Reibungen forgen." 3<h ober ftotterte waS Rehn» lidfieS wie 5)anl. @S fehlte mir ber Berftanb p errathen, baft bieS bloS eine eigens befteflte ©rniebrigung für mich mar; baft Hermann, ber um mich her ftanb, bereits Wufjte, wohin ich oerbannt werben foß, unb baß ich 5U biefer RuSjeidljnung nur gelommen War, um auf ben fßran* ger gefteßt p Werben. Df), hott’ ich baS bamalS gemufft! SESenn mir biefeS ©lücf noch einmal wiberfahren foßte, baf? ich Rh! ®ummeS ©efchwäfc! . . . ßweimal wieberholt

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baS ©cpicffal nid^t ein unb baSfetbe. Slber !önnte icp Sir biefeS mein »erbittertes &erj ieipen, meine ©rfaprungen unb meine ©ntfdjloffenpeit in bem Slugenbtirfe, in welcpem Su bort ftepen wirft, Sing' im Singe mit „ipm", abgefon« bert öon Stilen, Silier ©liefe auf Si<p gerietet, aber jebe $anb fern öon Sir ; Stiemanb in ber 9täpe, nur ein Sämon! Ser Sämon ©aSca’S! Slber WaS rebe icp mit Sir! Su bift ja auep nur fo ein ©pimetpeuS, bem bie ©ernunft erft fommt, Wenn bie ©etegenpeit fepon öoriiber ift. Safe Sicp nur getroft nadj Sungufia bringen, grüfie mir bie Sliarmotten! Steicp mir bie £>anb! :yept finb wir boep ©otlegen!"

,,©p! baS Stpidfal Wieberpolt fid^ niept noep einmal! SBie Wenn bie Suppe niept fo peifc gegeben wirb, als man fie foept?" fagte ©ufepfin, Seicptblütigfeit peucpelnb. Slber ber Stacpet fajj boep in feinem £>erjen ttaep ben SBorten ^afuSfin’S. SBoju patte er peute biefe ©inlabung erpalten? @r muffte ipr folgen. StbenbS ftanb auep fein ©cplitten bort in ber grofjen Scplangenlinie, Welcpc bie (Spuipagett ber ©äfte öor bem SBinterpalaft bilbeten. Sie 3apl ber ©äfte belief fiep auf mepr als jweitaufenb. Sie ©tite ber pauptftäbtif epen ©efellfcpaft war öerfammelt. Ser SBinterpalaft bropte, ben Suiletien ©oncurrenj ju matpen : biefelbe ©raept, biefetbe UmgangSfpracpe, bie nämlicpen Sitten, baS ©omplimentiren, bie $öfticpfeit, fogar bie ©on= motS Waren ber fßarifer haute cröme enttepnt. SluS ber SDtobe ift fepon SltleS oerbannt, was an bie nationalen ©igen« tpümlicpfeiten erinnern würbe. Sie Samen tragen niept mepr bie peljüerbrämte Solmanfa, ben ©tpnaüen befepten ©ürtel. Sludp bie fonberbare SJtobc, bie golbenen ttpren in ber ©oiffure anjubringen, War aufgegeben; bie Samen« weit pulbigt ber neueften fßarifer 9Jtobe mit ipren ©pipen unb Shmftblumen. Sie Herren tragen Uniformen. Stur bie ©jarewna maept eine SluSnapme öon ber allgemeinen 9Robe: fie trägt noep immer jenen in pfauenfcpWanjartigen Stabern auStaufenben ®opfpup, welcper ipre pope ©eftalt noep mepr pebt unb iprem Slntlip SRajeftät öerleipt. Ser ©jar aber

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trägt bürgerliche fcf)Warje Kteibung, ohne jebeS DrbenS= banb.

SSßte fpät auch ißufchfin jtoifthen ben bunten 2lmeifen= häufen trat, tonnte eS ihm bocf» nicht entgehen, Wie fetjr feit geftern bie Stimmung ber ©efettfdjaft it)m gegenüber fich oeränbcrt hatte.

9Ran will ihn nicht bemerten. ^odjgeftetlte, ihm öor= gefegte Officiere, nehmen teine 9totij oon ihm unb taffen feinen ©rufe unerwibert. ©ute greunbe, SBaffengefätjrten finben, Wenn er fich ihnen nähert, piöptich SBerantaffung, mit ihrem 9tac£)bar ein ©efpräch anjufniipfen, um nicht genöthigt ju fein, mit ihm ju fprechen. Schöne ®amen, bie noch geftern mit ihm in ihren Sogen ptauberten, breiten bei feinem Slnbtide bie gädjer auS; eS ift ihnen plö§lich fehr he’B- S'tur eine einzige ®ame Würbigt ihn ihrer Stuf= mertfamteit, bie in raufc|enbe Seibe gefteibete ®ame. Welche am Slrme beS dürften ©hebimin ben Saat betritt; bie reijenbe gürftin ©orinthia, oon ber eS h^fet, fee fei bie ©ematin beS dürften ©hebimin. S)iefe mifet ben Säugling mit einem graufam=fatten SBticfe, ben Säugling, beffen Scher je fee oft betachte; fee hat für feinen ©rufe feine an= bere ©rwiberung atS ein oerächttidjeS Ernten ber Sippen. ®er Sängting rächt fich tfeefür, inbem er fich oon ber gürftin abwenbet unb bem 3JtäbcE)en, welches bie gürftin begleitet, einen feden 93lid juwirft. @S ift bie grufifehe Königstochter Sethfaba. Sie fenb burch bie SRenge einige SRinuten aufgehatten, unb $ßufcE)fin benterft, bafe bie fdjöne Königstochter unter bem glühenben Strahl feiner Slugen tief erröthet. @r möchte ihr fagen : „9Reinethatben fottft ®u nicht erröthen, f»o!be SRofenfnoSpe; morgen gehe id) fchon borthin, Wo ®cine Säter fchtummern!"

S)aS fürfttiche ißaar wirb oon StraftSefeff empfangen; er führt bie ®amen jur ©ftrabe, auf Welcher bie Künftter fich probuciren Werben unb wo für bie üornet)mften ©äfte referoirte gauteuitS bereit flehen, gürft ©hebimin üertiert fiep unter ben gtänjenben Uniformen, gür bie Herren gibt eS feine Sifcptä|e.

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$en Scgijut b es SoncerteS madjt ein c, non bem SängeTdjor bcS EjarS borgetragenc Sonate ©cetboocn'S, bie ber £jar, auf bie Sepne beS gauteuilS ber E^arcnma fiep ftüfcenb unb über bie fiöpfe Silier binroeg in’S Öecrc ftarrenb, anßört. Erft bei ber Stummer beS $arfenfünftlcr* jeigt fiep einiges Seben in feinen HRienen. (Sr eilt bem Äünftler entgegen, nimmt ipn am Sinn, ftcflt ipm baS Slotenpult jureept, unb ba ipm ber Si$ ju niebrig ift, legt er ipm einen ©olfler barauf. Sr bergißt, baß er ber E$ar aDeT Steuffen ift.

®er ßünftler leiftet SluSgeaeiepneteS : er redjtfertigt feinen SBettruf. gn ben Eoncerten beS E$arS Urirb niept applaubirt, allein baS glüftern beS SntjücfenS, toelcpeS burep bie Stenge gept, ift ein lopnenberer Erfolg, als ber lautefte SlpplauS.

Stadp ber §arfe folgt grt. Iglmarinen.

Sille 2Belt fagt, fie pabe baS Sdpmanenlieb niemals pinreißenber gefungen als jefct, unb bie Xpränen in ipren Stugen finb fo mapr unb edpt, toie bie ©rillanteu in iprent &aar.

$er S'aifer patte unttnllfürlicß mit ber £anb ben Xaft ju iprern Eefange gefcplagen.

5)aS Stäbdpen mar fcpön an biefem Stbenbe, biet ferner als fonft. $pr mar mit ©lurnen beS fien^eS gefdpmücft, ipr (Seficpt burdpgeiftert. Unmöglidp fann baS SlUeS nur ©er* fteHung fein.

®rei Slugenpaare rupten am auSbauernbften auf ipr.

®aS Eine gehörte ber gürftin Eorintpia. Es ift boU §aß unb ©eradptung unb forfdpt in ben 3^9^ beS Stäb* cpenS nadp bem SBege, ber in baS Sauere fü^rt. Sie forfept nadp einem falfdpen, berrätperifdpen 3uge, ber baS Sttibdpcn aus ber angenommenen Stolle bringen foü, unb fie mütpet, meil fie biefen 3^9 nid^t finben fann.

®aS gtoeite Slugenpaar gehörte ©etpfaba. ®ie großen fdpmaraen Slugen ftaunen rneit geöffnet biefe ©eftalt an, als ob fie fragten : „Siept ber leufel fo aus? SDann muß man fiel) bor ipm mopl in Sldpt neprnen; benn er ift gar fdpön!"

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®aS brüte Sfugenpaar gehört Sßufdjfin.

@r füf|£t, bafj bie beffere ^älfte feiner Seele in bem ©eifte jenes 2Räbd£)enS aufgegangen fei. Unb in biefent Sfugenbfitfe ift er üon unfägfidfier Sitterfeit erfüllt gegen alle Sene, bie if)n aus ifirer Släfie üerbannen Wollen. @r füf)lt, bafj er mit SlEteä oerliert, was ©bleS in

feiner Seele ift, unb bafj er nur bie böfen Steigungen mit fidfj nimmt. Sdfjon f)aben fie bie Dberfjanb. ©r erinnert fidf) ber SQBorte gafuSfin’S : „könnte idE) ®ir bocf) ben $ä= mon teilen, ben ®ämon ©aSca’S, wenn ®u auf bem ißran= ger fielen wirft, „3f»m" gegenüber."

Semanb berührte ifjn an ber Sdfjulter. @r blicft jurücf unb fief)t ben Dberftfwfmeifter. Xiefer fpricf)t fein SBort, fonbern bertiert ficf) in ber ©ruppe ber Herren.

Pufdjfin weifj, Wag bie Serüfjrung an ber Schütter ju bebeuten f»at. @s bebeutet fo toiel, bafj ber Setreffenbe nadfj bem ©oncerte fidlj in ber SRitte beS SaafeS galten möge. Weif er ju Igenen fleljört, bie ber ©jar aitfprecfjen wolle. ©ans wie SafuSfin eg propfjcäeit f)at.

®aS Slut ftürmte if)m Wifb burdfj bie Slbern. Slug ber ©omöbie fann nodj eine Xragöbie Werben!

®ie gürftin ©orintfjia Wanbte fitf) ju bem hinter iljr ftefjenben SlraftSejeff.

„gräufein SImarinen war fjeute in aufjerorbenlicfj guter Stimmung."

„3dj fjabe bafür geforgt, if>r bie Stimmung ju ber= berben. 3tf) fjabe if)rem §erjen einen Schlag beigebra^t, ber ifjr bie Suft ju Sfntriguen benehmen Wirb."

„ßaffen Sie midj in Sorljinein biefe SBomte genießen." „®a§ Qbeaf beS gräuleinS, |>err pufdjfin, wirb nadfj UratSf gerieft."

„©fauben Sie, bafj biefeS föiäbdfjen if)m folgen unb Petersburg ben Stücfen feeren Wirb?"

„Sie Wirb entweber bieS ober etwas nodlj XfjöricfjtereS tfjmt; aber fte Wirb genötigt fein, fief) ju entfärben."

®er ©jar machte 3eneiba ©ompfimente unb begann

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l & 'l n 153 f 0 ..

bann baS §crren=Sercte, Wätjrenb bie Äaiferift fic| bie ‘Damen rufen tiefe, mit Welchen fie ju fpredjen wiinfdite.

®er Ejar begann mit bem ©ötfdjafter bie Eonöerfa» tion, Wedjfette bann mit SJtitoraboöicS einige SBorte, bann machte er einen grofeen (Sprung in ber Stangftufe, btictte um fidfj unb atS er ©ufdfjfin’S anfidjtig Warb, Winfte er biefem mit ber £>anb, er foBe nätjer treten.

Qebermann jog fidj refpectooB jurüd. Ein Ejar unb ein SJtiffetfeäter oon ©eiben mufe man fidj fern Ratten. Stber aße Slugen tjingen an if)iten.

©ufdjfin füfette fic£) im fritifdjen Slugenbtide wunberbar rufeig. Er ftanb mit fo fattem ©tute öor bem Ejar, als ob er bem geWötjntidfjften SJtenfdljen gegenäberftänbe.

„$u bift atfo mit deinem Eenfor unjuf rieben?" frug ber Ejar. $ie nämliche grage featte er aud» an SfafuSfin gerietet.

Stber ©uftfefin Ejatte einen ScEwfcgeift, feine -Stufe, ber if;n nid)t ftumm unb befangen Werben tiefe.

„2Bie man mit einer ßranfljeit jufrieben ift, Sire."

„Sei if)tn nicf)t gram. Er ift ein WofßWoüenber SJtenfd), aber mit einigermafeen oeratteten ©egriffen. Er fann nichts bafär. Sdj t)abe ®ein @cbid)t getefen. ES ift feljr f c£) ö n . ®er Eenfor feat baoon etwas ftreid)en woßen, ®u aber tjaft eS nicfet ^gegeben?"

„Stein, Sire."

„Unb Wißft eS audj nidjt jugeben?"

„Stein, Sire."

„$u tjaft Ste^t. ES ift ber befte üljeit beS EebidljteS. Stber WaS foBen Wir nun bamit anfangen? 3 d£) fann nichts gegen ben Eenfor ttjun. ®enn, Wenn idf) geftatte, was er Oerboten, bann mufe bie ganje gnftitution umgeftiirjt Wer» ben. Unb fie ift notfewenbig ; WaS meinft 2)u?"

„Sire, icfj werbe baS ®ebid)t juriidnefjmen unb oer» brennen."

„Stidfjt fo. 3cf) benfe, Wir fenben eS nadfj ßeipjig, taffen eS bort bruden unb oon bort importiren."

„Unb bie ©renj=3oBwad)e, Sire?" frug ©ufcijfin.

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2)er ©gar täcfjelte ... ja, er ladjte fogar; er ladite gang laut.

„2ßir werben e$ unter meine ©adjen paden taffen ; biefe werben nicf)t gollämtlidj bifitirt. ©o werben Wir ba§ ©ebidjt einfitf)ren."

Sufdjtin gitterte an aßen ©liebem, Wie ein Sinb, ba§ eine Prüfung beftanben.

„SESarte!" fprad) ber ©gar. „giir ®eine poetifdjen ©tubien wirb erfpriefetidier fein, Wenn ®u fie auf bem Sanbe fortfefceft. gdj glaube, e3 Wirb gut fein, bafe $)u ben ©ommer auf ® einer ißffoWer Sefijgung gubringeft. ®ort Wirft $u beffer fdjreiben fönnen."

®a§ Ijiefe fo biel, bafe er fein confiScirteä ©ut guriid befant.

@r War gu frönen gerührt . . . ®ie ©timme üerfagte ifem ben $ienft.

„Sott Slüebem barfft ®u Stiemanbem Wa3 fagen; e8 foH nidjt oerbreitet Werben."

„Sur einer grau, ©ire ; einer grau, bie eben fo gut fdjweigen als fingen fann."

„2)ie weife eS fdjon," fagte ber ©gar lödielnb.

@r lädjette ein gWeiteS SRal.

SBie fjatte biefer ©traljt beS Säbeln? plöjjtidj boS Slima oeränbert! 2Bie War ©iS unb ©dptee baüon gefdjntol* gen! ®em gurüdteljrenben ißufcfjfin glängten lauter gute greunbe, lauter Sefannte, lauter gratutirenbe ©efidjter ent* gegen; bie fyodjgeftetlten ®amen Happten ifere gäcfjer gufam* men, unb War ifjnen nid^t meljr fo tjeife. fßufdjfin tonnte nidjt genug alte Setanntfd>aften erneuern, ©r War fing genug, gebermann gu fagen, ber ©gar Ijabe itpn fein ißffotoer ©ut unter ber Sebingung guriidgegeben, bafe er teine ©ebidjte meljr fcfjreibe. ®aburd) ftieg fein Slnfeljen auf ben ©ipfet* puntt. ®enn man mufe wiffen : „Steine ©ebidjte f Treiben," ift nur ein negatibeS Serbien ft; „fditedjte ©ebidjte fdjreiben unb babon laffen," ift fcfeon ein fleineS Ser* bienft; aber „gute ©ebidjte fcfjreiben unb babon laffen" baS ift fdjon ein pofitibeS unb fetyr grofeeS Ser bienft in ber guten ©efeüfdjaft.

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Selbft bie gürftin ©orinthia ließ bett gelben beS EEageS ju fich rufen, um ju erfahren, wes|alb tßufdjfin fie foeben nicht habe erlernten wollen?

^Sufd^tin ? Sie?!

©iner fotzen Sreiftigfeit finb nur grauen fähig, unb man ift genötigt, eS fid) oon ihnen gefallen ju taffen, tßufchfin unterhielt fi<h fetjr gut mit ber gürftin; er Warb auch Sethfaba oorgefteflt, ber er fef)r öiele itjorfjeiten fagte.

9tur Senken fi<h iu nähern, befaß er feinen 9ßutf). @r fühlte unb erriet!» mit ber EßiöinationSgabe beS $icf>terS, baß fie ber einzige ©laubiger in biefer Sßelt fei, bem er ans bem SEBege gehen müffe; benn WaS er biefem ©laubiger fc£)ul= bet, wirb er nie bejahen fönnen!

@r hatte ihr auch nichts SteueS mitjutheilen. ®er ©jar hat es ja auSgefbrodjen : „Sie Weiß eS fdjon."

®er ©jar hat getäfelt. $aburch Waren alle |>erjen mit einem SOtate erheitert. ®ie ewige metanchotifdheSOtonotonie, bie Wie ein Sann auf ber ganzen ©efeflfdjaft laftete, war gebrochen. ©S War nur ein h^rbftlicher Strahl; ein Slbenbftrahl in ber SRcgenjeit.

Sßem aber biefe SEBenbung ganj unb gar nicht geftel, baS war SlraftSejeff. ißffow ift nicht baS ©nbe ber SEBett. SEBemt Sßufdjfin nur fo Weit reift, fo werben bie gntriguen beS grt. glmarinen nicht geftört fein; fie fönnen fidj tref= fen, fo oft fie Wollen. @r begriff nicht Wie baS gefdjehen fonnte? ®aß ber ©jar grt. gtmarinen begänftigt, baS wußte er Wohl; unb baß 3eneiba bemüht war, ihren Sieb» lingS=$i<hter ju retten, War ihm ebenfalls ftar. ®aS SlHeS war aber noch nicht genug, um ben ©jar in baS ©egentheit jener Stimmung ju oerfe|en, Welche er (ber allmächtige ©ünftting) oorbereitet hatte. £>ier mußte noch e'ne anbere $anb mitgeßrielt haben.

Unter genen aber, welche ber ungewohnte Sonnenftrahl bewogen hatte, aus ihrer §üüe ju friechen, befanb fidh auch ber junge SlraftSejeff.

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Sten guten Statt) feines ©aterS oergeffenb, bafe et fidj feiibfcfe int ©cfeatten Ratten foüe, unb nicfet bebenfenb, bafe bet auf feinet ©ruft glängenbe DrbenSftern geborgt, unb bet ©igentfeiimer beSfelben in bet ©efeüfcfeaft antoefenb fei, tiefe er ficfe an bie Dberfläcfee loden unb mengte ficfe unter biejenigen, bie ben Stamen ben &of malten.

©töfetidj fafe er, bafe ber ©gar auf ifeit gufomme.

©r Wollte acfetungäooß auSWeicfeen; ber ©gar aber trat birect auf ifen gu unb fagte:

„2Ba§ Stu für fcfeöne ©riflanten feaft, SlraftSejeff !"

Ster atfo Slngefprocfeene antwortete mit breifter Unter» Würfigfeit :

,,©ire, icfe trage fie auS ©nabe ®w. 9J£ajeftät."

„SRerlWürbig!" fagte ber ©gar. „Stiefe ©rißanten finb genau fo Wie biejenigen, Welcfee meinen SBtabimir» DrbenSftern gieren."

Sunfer ^eogen backte, feiet Jönne nur ®edfeeit feetfen.

„@ire, eS gibt ©rißanten, bie einanber überrafcfeenb gteicfeen."

„Sdfe glaube aber bocfe, bafe ber DrbenSftern, ben Stu ba trägft, ber melnige fei. ber Safefee aber feabe icfe einen SBtabimir=Drben, beffen ©anb Steinen -Kamen trägt."

„©nabe, ©ire!" flefete 3eögen mit fdjlotternben Änieen.

,,©tiß! Stu wirft bocfe nicfet feiet oor bem gangen $ofe um ©nabe bitten, ©efe nacfe |>aufe! Sten Drben, ben Stu ba trägft, befealte! 3<fe Werbe ifen nicfet mefer tragen, ba Stu ifen angefeeftet featteft. ©acf’ Stiefel"

„©in fdfelecfeter tRatfegeber feat miefe oerleitet, ©ire." Ster Runter war bereit, feinen ©ater gu oerratfeen.

,-,3cfe frage nidfet, wer Stir ifen gegeben, ©efe morgen gu Steinern ©ater. Stört wirft Stu erfaferen, Was Steiner fearrt!"

Stacfe biefer ©eene Oertiefe ber ©gar ptöfelicfe ben ©aal unb gog ficfe in feine 2lfefeartement3 guriid. 8luf fein ©efiefet War bie fröfeere Stätte gurüdgefefert. ©r liefe fogar bie Segrüfeungen unerWibert.

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StraftSejeff, ber bie ©eene bon ferne mit angefefjen Ijatte, War- bem ©jar gefolgt; biefer aber lieft iftn nicEjt bor. ©r gebot ifjm ju warten.

Unb ber aQmäd)tige ©ünftling Wartete im Slubienj» faale big jwei Uftr Borgens.

®a trat ber Sjar fjerauS. @r ftielt ein ©ünbet ©eftriftftüde in ber $anb.

„SEBaS meinft ®u, Sltejei 9Rajcimowitfdj" frug er feinen ©ünftling, „war eS ein guter ©eban!e bon mir, bie „posta sofianskaja“ ju errichten?"

„Dljne Zweifel, ©ire. ®a§ Ijat bem 93olfe ©eiegen» fteit geboten, feine SBünfcfje unb ©efd)Werben birect im brieflidljen SEBege bor ben ©jar ju bringen."

„9Ran erfährt ba juweilen redjt intereffante ®inge; fteute grüf) $. SB., erhielt idj ben ©rief eines 3igeuiter= ntäbcfjcnS, welkem ein 2Blabimir»DrbenSftern in Sriüanten beigelegt War. Sn bem ©riefe ift bie Slrt unb SESeife, Wie ber DrbenSftern in bie §äitbe beS SDläbdjenS geriet^, um» ftänblicft gefdEiilbert. ®a lieg einmal!"

StraftSejeff füllte fiel) einer Dfjnmacftt nafte, als er ben ©rief ju ©itbe gelefen fjatte.

$aS war ein graufamer, fernerer ©cftlag gegen fein £erj. @r Warb in feiner bätertidjen ßiebe getroffen, ©r wollte Sene im ©errett treffen unb nun trafen Sene il>n an feiner berWunbbarften ©teile. ®aft bieg bon geneiba fo arrangirt fei, litt leinen ßweifet. 9Ran Wiü Straftgejeff bei bem ©jaren unmöglich machen, ©ie Woßen ifjm jufugen, wag er iftnen jugebadfjt ftatte.

Slber fie Werben fiel) täufdjen.

@r faltete rufjig unb falt bag ©apier jufammen unb fagte :

„®er ©erbreefter muft büften."

„SEBirb er genug beftraft fein, Wenn er nad) Urals! gefdjjicft Wirb?"

Sßadfi Urals!! ®aS ftieft fobiel, als iftn nie Wieberfefjen! . . . SH ben geliebten einjigen ©oftn, ben jgrjfd^etm, für ben er lebte, für ben er feine ©cfjäfce an»

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gäufte, in bent er feinen Flamen ber Sftadgwett ju- öercrbeit hoffte ign foöte er fegt in einer getfenfeftung ber fir* gtfifdgen Steppe begraben! . . 2lber, wenn bie$ gut getoefen Wäre für Sßufdgfin, ber bie Serftümmetung feinet ©ebidgte§ nidgt bulben Wollte, warum foUte e3 nidgt gut fein für einen ©otbaten, ber gur Sftadgtaeit bie ^affanten räuberifcg anfäUt? Unb bodg möchte er if)n gerne retten! ©3 war ja ba£ fein Serbredgen, nur ein fdgtimmer Streidg, wie er jur Sflittergeit übtidg War unb oom ®önig £einridg fetbft au§= geübt Warb, afe er nodg $ronprin§ non ©ngtanb War. Seidgtfinn, aber fein Serbredgen!

©r unterbrücfte biefe Sertgeibigung. @r füllte, baß ber ©^ar auf feine Sitten ben ©ogn OieHeicgt begnabigen Werbe, bag aber bann mit feinem ©inftuffe $u ©nbe fei. ©eine geinbe f ollen fidg getäufdgt gaben, .Wenn fie bar auf rechneten.

,,©r war mein einiger ©ogn," fagte er fcgtudg^enb „idg liebte ign megr at3 bie ganje SSBelt; ben ©jar aber liebe idg megr at3 meinen ©ogn. @r mag untergegen, Wenn er gefünbigt!"

Unb er unterfertigte ben Sefegt, ber feinen ©ogn nacg Uratöf nerbamtte.

$)ann fügte er bem ©jar bie $anb.

5traft3ejeff fdgieb non feinem ©ogne, ogne igm 2ebe* wogt gefagt $u gaben.

@r mugte bie Stolle be§ atten Srutuä confequent burdgfügren; mögen feine geinbe ben attrömifdgen ©garafter in igm erfenneu unb oor igm gittern.

Slber ber römifdge ©garafter War bei igm ftarf mit bem farmatifdgen gemifdgt.

@r fonnte bie Serbamtung feinet einzigen ©ogneS unterjeidgnen Wie goäcari, aber nidgt weit ex feine 2tu§- nagme in ber vßerfon macgte, fonbern au3 wagrer ruffifdger Untertganentreue gegen feinen £errfdger, um feine einflug* reidge mädgtige Stellung nodg megr gif fräftigen, um bie ©treidge, bie feine geinbe fo graufam gegen fein $aupt fügrten, erwibern ju fönnen.

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©r bereitete ftcf) lange barauf bor. @r berjietj feinem ©injigen.

51 n bem Sage, an wetdjem fein ©ofjn fidj auf ben SBeg begab, ben fetten Sentanb jurüdfefirt, fam äftagricjfi ju ifjtn mit ber SRetbung, baß bie fßotijei ®iabotfa'§, be§ 3igeunerntäbdjen§, ßabtjaft geworben. 2Ba3 foö mit itjr gefc£)et)cn ? ©oß fie auf bem 9Jtarfte gepeitfcfft, ober mit abgefdfnittenen 0f)ren unb aufgefdßifcter ßtafe an ben ©aifat=@ee gefenbet werben? ©rünbe Waren genug oor= ßanben. Sagabunbiren, Serfäßrung, ©ittenlofigfeit, aß’ ba§ fonnte if»r nacEjgewiefen werben. Unb fdjtießlidj ein 3igeunermäbdjen! bie braune Hautfarbe nidjt ©er= brechen genug?

„©ringt fie ßer ju mir," fagte 3traft8ejeff. „^tjr berfteßt nod) nid)t, wie man ftrafen muß. ®a§ ift ja ein roitbeä ®f)ier, ba§ bie ©dßäge nur fo lange fiiEjlt, al§ fie fcßmerjen. ©§ ift feine ©cßanbe für fie, auf offenem Sftarfte ßatb entfteibet gcpeitfc£)t ju Werben; fie ift im ©taube, wäßrenb ber ©träfe ju tadjen. 2Ba§ nüfjt if)r „jefjt" bie ©träfe? ©rft muß man bie ©mpfinbnng in ißr Weden, bie in jebem Slienfdjen liegt fie fdjtummert nur baä ©fjrgefüßt. ®en ©trei(| aber wollen Wir bann gegen fie führen, wenn ißn nirf)t nur ifjre §aut empfinbet. ©djidt ba§ SRäbdjen ßer ju mir!"

®iabotfa ftanb furj barauf bor SlraftSejeff, bie beiben Jpcittbe mit betten an ben SRitden gefeffett. ®ie berworrenen |>aartoden hingegen ßerab in ba§ trofcige ©efidjt, bie wit= ben Stugen bti|ten barunter fjerbor. 2tud) an ben Säßen trug fie geffetn.

„2ttfo ®u bift ®iabotfa, bie ©traßentänjerin?" fragte fie ber Dberßerr.

„2Ba3 benn! $örft ®u nit^t, wie meine ©aftagnetten fdjeßen?" antwortete ba§ 2Räbc|en, bie Setten an ißren Säßen jufammenf^tagenb.

„Unb weißt ®u, wer id) bin?"

„©ewiß ber ©ater eine? ©traßenräuberS."

„®u f»aft 9ted)t! 9Jtein ©oßn t»at gefeßtt: er büßt

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bafür. 3$ fetbft fjabe baS Urzeit unterfdf)rieben. fjaft ®u üjtt angegeben?"

„SBenn idE) tooöte, lönnte idj leugnen; aber icf) tfju’S niefi t."

„$u ljaft ja ben ©rief an ben ©jaren getrieben?"

„Dbgteidfj idf) nief)t fdjreiben fann, fo Ejabe id) iljn bennod) gefdjrieben."

„gemanb fjat kleine fjanb geführt, unb fo fdjriebft ®u bie S3udEjftaben nieber?

„9lber ben Flamen biefeS gemanb foHft 2)u nie erfahren. "

„SBufjteft $u, was Seine §anb nieberfcfjrieb?"

„gdj tourte eS."

„Sann mujjteft Su aud) tüiffen, baff nief)t nur ber bertoren ift, ben Su angegeben, fonbern ba| Su fetbft es bift, weit Su ben 2Blabimir=Drben geftol)len."

,,gd) fjabe itin ja jurüdEgegeben."

„Slber Su Warft bod) eine Siebin unb foHft bafür an ben fßranger."

„®S ftanben fcfjon grauen Ijöfjeren StangeS als idj an biefent ißlajje."

„SaS ©raitbmal wirb mit glüljenbent eifen auf Seine ©dfjultern geprägt Werben."

„33on meiner Hautfarbe fann ja jebermann herunter« lefen, baf? icf) eine ßigeunerin bin. gef) bin bofler ©djledjtigfeiten."

,,©ief), id) glaube baS nidjt. $eute fjabe id) meinen einzigen ©of)n oerforen Seinetfjatben, burd) Sidjj. SiS bie ©omte fjeraufftieg, wäfjte id) midfj fdfjludfuenb auf meinem SBette fjerum. 8lm frühen HJtorgen ging id) bann hinauf in bie ©apeHe unb bort fjabe idj bor ©oft baS ©elübbe abge= legt, ben Unglücfliefjen, ber mein ®inb ju ©runbe gerietet, }u befreien an Seib unb ©eele. 3um SSßenigften werbe id) “Beine gef) ein löfen laffen."

„Söemüfje ben ffierfermeifter niefjt fjieljer. gef) fann fie felbft abwerfen, Wenn icf) will unb Su eS erlaubft."

Sag 3iegeunermäbcf)en tjatte ungemein fleine §änbe. 9Jlit ber Seidjtigfeit, mit Wetter man einen fjanbfdjulj

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abftreift, 50g fie biefelben aus ben geffeln, unb um audf) if)re Süfee baüon ju befreien, brauchte fie fid) nid)t einmal auf ben ©oben ju fefcen. Sen einen 3ufj in bie £>ölje f)ebenb, balancirte fte auf bem anbern unb Ijatte im 9tu bie Seffeln üon if)ren beiben güfeen loSgelöft.

Sa§ äRäbdfjen ftanb üor 2lraft3ejeff, ba£ eine ©nbe ber abgeftreiften betten in if)ter £anb Ijaltenb. Sie mar im ©tanbe, mit bem anbern ©nbe ber Sette mie mit einem Jammer §iebe auf meffen £aupt immer ju führen. SBen fie trifft, ber ttrirb fidf) fein Sebtag baran erinnern.

Unb ber Sljierbänbiger mar mit bem befreiten Seo- parben aßein in bem Säfig.

„£öre, ma£ id) mit Sir tljun miß!"

Ser fcfjöne ßeoparb naljnt eine ©teßung, atö bereitete er fiel) junt Sprunge.

Slraftöejeff aber fpielte bieäntal nicfjt mie gemöfjnftcf) mit bem SegenftodEe. 3n bem ©ereid) feiner §anb mar feinertei SBaffe.

„Scf> miß Sir einen anftänbigen $tafc berfcfjaffen, mo Su ruljig unb etjrlidf) leben, Sief) auäbilben unb Seine Seele berebeln, mo Su Sief) beffern fannft."

„Slber icf) miß nicf)t! S3> ntag fein Sf öfter, meber betenbe Tonnen, noef) fef)einf)eifige üßtöncfje. Scf) arbeite nicfjt, fo lange man mid) niefjt f cfßägt, unb fefbft menn man mid) fcfßägt, bete icf) nid)t."

„Su foßft ju nicf)t3 üon Mbern gejmungen merben. Sd) miß Sid) meber in ein Sfofter nod) in’£ ©efferung3= f jauS fd)idEen, fonbern auf’3 ßanb. fjabe ein Sdfjfofi auf bem ßanbe, barin mofjnt eine mir fef)r liebe Sreunbin."

Sn ben Saugen beä Sigeunermäbd^enä btifcte e$ pföfc* lid) auf. Sie marf bie brofjenben Setten meg, unb ba§ üormorrene ßodEenfjaar mit einer raffen ©emegung bon ber ©time fcfjüttetnb, jeigte fie bem Dberfjerrn auf einmal ein freubeftraf)Ienbe£ ©eficfjt.

,,2U)! Su mißft midi) &u Saintona fcfjidEen?"

„Sa, ju Saintona."

SU)! ber ftrenge ©ato ©enforiu§ I)atte nod) einen

3<Jfai : fcrei&eit. I. 11

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füljtenben Utero int §erjen. ©inen üiet empfinbüctjeren als bet melier megen ber ©erbannung feines ©oljneS f^nterite!

©on ber ®aimona mußte nton üiet ju fogen unb nichts ©uteS.

Unb maS man öon ißr fagte, mar nur ein ©rucf)ftücf, ein ©Ratten ber Söaijrbeit.

©ine grau, bie ber ©ünftting beS ©jarS anbetete! SCReEjr, als alle ^eiligen beS Rimmels unb ber Erbe, ©ei ifjr braute er alle Seit ju, bie er ben ©taatSgefdjäften abbred|en fonnte. Sie mar bie Sonne feines SebenS. Sie mar fein £t)rann unb feine ©lücffeligfeit. ®iefeS SESeib mar fo graufam, fo roh unb teibenfdfafttidj, baff !ein Ulnberer als SlraftSejeff fie lieben fonnte. Ober liebte er fie öietleidjt gerabe beSljalb? ©Ser non SlraftSefeff etmaS erlangen, mer feiner Sftache entgegen rnoßte, ber mußte erft oor feinem ©ö|en erfdjeinen unb ihm fein Opfer barbringen. Unb jtoar foftbare Opfer, nicht etma Sleinigf eiten. ®ie ©rpreffun» gen ®aimona'S maren im ganzen ©eiche berüchtigt . . .

Smifdjen ben ®oraßen*ßippen ©üabolfa'S leuchteten ihre ©erlenjähne fo toeiß her°or!

„Unb ®u gehft gern jur ®aimona?" frug ber hohe

§err.

„SBarum benn nicht? Sie ift ein grauenjimmer oon meiner 2lrt."

„geh fenbe ©)i<h nicht ju ihr, bamit ®u ihr bieneft, fottbern bamit ®u ihre greunbin feieft."

„D, mir merben halb fehr befreunbet fein!"

„Sie langmeitt fich unb ®u mirft es oerfteljen, fie ju unterhalten."

„geh rnerbe ihre ©ebanfen errathen."

„SBeitn fie ®i<h lieb geminnt, bann mirb eS $ir bei ihr toohl ergehen. Sie mirb $ir fd)öne Kleiber, ©efchmeibe, ©eitpferbe geben."

„Unb eine ißeitßhe, um bie ßeibeigenen ju prügeln."

„Unb menn S)u $icf) gut auffüljrft unb ein gräutein mirft, bann mirb SDaimona ®idj oerheiraten."

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Sei biefen SSorten oerbüfterte fiel) baS 9(ntli$ be$ SRäbdjenS mieber. Sie fdjüttelte baS ^paupt, bag iljre Soden loiebet »irr über bie Stirn fielen; fie fdjlug mit ben gäuften milb an iljre Sdjenfel, unb ftieg, ben Soben ftampfenb, jmifdjen ben jufammengepregten Sippen bie Sßorte fjoröor :

„3dj gef)e nidjt Ijin!"

StraftSejeff täfelte matitiöS.

Dann fufjr er in oätertidpem Done fort :

„3dj oerftelje; Du ^aft Ijier unter ben ßigeunern einen Sdja|."

„Einen „Sruber"!" rief baS fDliibdjen ai'3.

„Stlfo einen „Sruber"! Die Zigeunerinnen finb jüdj* tig, fie ^aben nur „Srüber". Unb wenn icf) audj deinen Sruber nadj bem Sdfjtoffe Daimona'S fenben mürbe? ber Wäre ein guter Stuffeber ber Seibeigenen."

„SBäre bieS möglich?" rief baS SRäbdjen freubig aus.

„ES wirb gefdjeljen! icf) fenbe euch jufamnten ju Daimona unb if)r fönnet iljre Vertrauten werben."

Diabolfa fiel bem fyotyn |>errn ju Sägen unb fügte biefe. SfraftSejeff aber ftreidjette mit cbriftticber Sanftmut!) bie fraufen Soden ber 3'9eunerin.

Unb in bem SRomente beS Sufduffeä unb beS ®opf= ftreidjelnS waren bie §erjen Seiber Oott mit ben raffintr» teften SRadfjegebanfen. 3n ber unmiffenben Seele ber 3i= geunerin entftanb ein ebenfo weitgefjenber fßlan gegen StraftSejeff, als biefer felbft auSfann, um baS äRäbcljen ju peinigen; unb bie Zigeunerin wugte ebenfo ju lügen unb §u fyeutyln unb if)re Empfinbungen ju oerbergen, wie ber Staatsmann. DaS ift ber Vorjug ber SBilbcn unb ber Diplomaten !

SBeffen fßlan wof)l gelingen wirb ?

Diabolfa unb ibjr „Vruber" reiften noch am nämlichen Dage nach ber Vefifcung SlraftSejeff'S ab, wo Daimona fie fcfjon erwartete.

ll»

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XVI.

£>immetexötf)e.

SlraftSejeff S £auptforge nmr barauf gerichtet, bcrt Gjar beut Ginfluffe feiner geinbe ju entreißen.

Tie befte Gelegenheit mar bw ©efud) in ben SDtilitär=Gotonien.

Tiefe monftröfe 3bee entftanb in bent Gehirne Strafe tSejeffS; er ttmr ber Schöpfer ber 3Rititär=Golonien. Gine halbe SDtißion Solbaten, bie alle europäifdjen Kriege mit- gemacht hatten, mürben bantit belohnt, baß man fie regiment- meife auf ben Staatsdomänen als Goloniften unterbrachte. Tie ©auern foßten nun bie Solbaten pflügen nnb fäen lehren; bie Solbaten aber foßten bie ©auern im 3Baffen= hanbmer! unterrichten. Gin munberbarer Gebanfe auf bent Rapier! So geminnt ber Staat mit ber brei ffltißionen gut gebrißte Solbaten, bie nichts foften; bie Senfe ernährt bie glinte.

GineS aber paitt ber ©rojectant in feinem Gatcul außer Sicht gelaffen : bie Sauft ber ©auern mag bie Stinte ni(ht, unb bie Sauft beS Solbaten mag bie Senfe nicht.

Stuf feiner erften Steife berührte ber Gjar bie SOtilitär* Golonie üon Stomgorob. SlraftSejeff mar in feinem Gefolge. Sie lehrten ganj unoermuthet jurücf, maS bie 3eüuH9en bahin beuteten, baß ber Gjar mit fabelhafter Gefchmütbig* feit reife. Tie Steife nach bent Ural hatte er in ttier ©Jochen üoßenbet. Gr pflegte atfo Tag unb Stacht im Galopp ju reifen. Tann befcprieben fie ben großartigen Gmpfang in aßen Stäbten, in ben mie burch 3öl*ber entftanbenen Goto* nien; fie fcpilberten bie Triumphbögen, bie Teputationen, bie ooHSthümlichen Gefdjenle, burch melcpe bie ©eüölterung afler Orten ihrer unbegrenjten Slnhänglidjfeit für ben Gjar SluSbrucf tterlief). Sind) bie großen SRilitärparaben maren ausführlich gefdjilbert, unb Stiemanb jtoeifelte baran, baß fich atT biefe Tinge genau fo gugetragen.

Stach ©oßenbung ber Stunbreife reiste SlraftSejeff

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in amtlicher SWiffion nadj üBarfcbau. Slud) bie§ melbeten bie ©tätter oljne jeben Kommentar.

SDtit bem SKonat 3unt feierte ber griiljting aud) in fßeteräburg ein. Sophie 9iarifcbfin’3 ^imnter ift »ofl mit äßaibliimcben it)re 2iebling3blume; in jebem ©efäfs, in jebem Seudjter ftedt ein ©träumen babon.

äJlit ber ferneren Qa^reSjeit fcfjiert aud) itjre @efunb= tjeit miebergefebrt ju fein; fie fann jefjt menigftenS oljne ©tüfce bur<| ihr 3’mmer fcfireitert unb fümmert fidj metjr um ihren Appetit als um bie Slrjneien. @ie jä£)It barauf, baff man fie im nädjften Söinter fdjon auf bie §ofbäße mitnetjmen merbc. Sine Xante rnirb fie in bie ©efeflfdjaft eirtfütjren. SßieHei^t barf fie gar ein SJtenuet tanjen.

©ie »erlangt je&t febr häufig nad) Setljfaba. ©ie er= funbigt fict) bei iljr, mie ein §ofbaII auSfieljt. ®ie ®önig§- tod)ter mar fdjon auf einem folgen.

Sine8 XageS, nadj ber ©eimfctjr be8 Kjaren, befugte ©etbf aba mieber Sophie 9tarifdjfin.

„2tb, Xein 3immer ift boß mit 9Kaiblümd)en ! 23er bat fie Xir gefenbet?"

„SSer fonft afe mein ©ater?"

©or ©etbfaba batte Sophie fein ©ebeimntjj. ©ie nannte ben Kjar ihren „©ater".

„SBar er hier?"

„Sr bat einen ganzen 2lbenb bi« jugebradjt. @8 mar ein trauriger Slbenb! 3<b empfinbe gurdjt bor ibm."

„§aft ®u ibn oiefleicbt erjfirnt?"

„3m ©egentbeil. 34 fürchte ibn, meil er mi(b gar fo fef)r liebt. Sßemt er fo bor mir fteben bleibt, meine §änbe in ben feinigen briicft unb mich lange ftumm anblicft, bann fann idj fei« ©tißfcbmeigen nie^t ertragen unb frage ibn : „SSa3 fehlt ®ir? SBa§ fcbmerjt Xicb?" Xarauf

antmortet er mir: „9Jtir fehlt, bafi id) ©iemanbem fagen

fann, ma8 mich ftbmerjt." „®ann benn auch ein fo

großer Sßann an einem Uebel leiben, gegen mcldjeä

feine Stbbitfe gibt?" Xann jeigt er auf fein §erj unb fpridjt : „§ier fifet ba8 Uebel!" morauf ich ihm

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fdf)meidf)le unb il)n bitte, er möge mir bodf) feinen 8d)mer$ entbedfen."

„SBer meifi, t>ielleidf)t finbe id) mit meinem finbifdjen einfältigen SSerftanbe ein 3Rittel, b aS feinen ©dfjmerä feilen ober linbern fann. Sann §ieljt er rnidf) nochmals an fein §er$, nimmt meinen ®opf in feinen ©d)oofj unb fagt : ,,3d) bin franf unb eS gibt feinen Slrjt in ber SBett, bem idf) mein Uebet fagen fann. StmaS bebrüdt mein ^erj, unb gibt feinen ©eetforger, bem idf) eS beizten fann. SftadfjtS gittere idf) oor meinen Sräumen, bei Sage öor meinen ©ebanfen. 3cf) fürchte bie ©infamfeit unb fürchte bie Stenge. 3$ meifc, baft mxd) Stiemanb liebt. 33) meifj, bafj i<| t>erurtl)eilt bin." „33on ment?" „$on ©ott unb ben Stenfdjen. Sebermann fdf)meidf)elt mir; nur maS ba brin pod)t, fjmdfjt bie SBafjrljeit unb flagt ntid) an." „SRtdjt mal)r," rief id} bann ,,aud) baS fprid)t bie SBatjrljeit, maS ba brin podf)t? Unb baS lebt, tiebt, betet Sid) an! ßaffen mir fie einmal ftreiten miteinanber, bie beiben ^er^en!" Sarauf umarmte er rnidf) unb ftiifterte : „®S fei. 3d) §abe bod) Stiemanbem fo SöfeS gugefügt als eben Sir. SBarunt foD id) Sir nidfjt beichten? Su bift meine Stärttyrerin : menn Su mir Slbfolution gibft, bin idf) entfüfjnt." Sann fniete er uor rnidf) l)in unb fpradf) gar traurige SBorte. ,,©iel), idf) l)abe über ben 2eid)nant meinet SBaterS tjinmeg ben Sljron beftiegen. 33) l)abe aus ben £änben feiner SDtörber bie Srone angenommen unb fie mir aufs Jpaupt ge- fefct. 9ltS id) bie 9tad)rid)t Uon feinem Sobe Uerna^m, ba meinte id) nid)t. 3$ füllte ntid) erleichtert ; nun hatte id) feinen 3orn nicht ntefjr $u fürchten. Senn er mar in ©roll t>on mir gefdjieben. 9luf mie nieten ©d)tad)tfetbern l)öbe id) bie @ül)ne gefugt! 33) fonnte fie nicht finben. @S mar mir auf bie ©time getrieben, bafj mir bie Sugetn auS= midien, bie um mid) IjerfauSten; eS mar auSgefprodfjen über mid), baf$ id) büfee, mie ich gefünbigt. 33) hatte atS ©ol)n ein fteinljarteS ^erj gegen meinen SSater. D, maS muffte idf) bann atS SSater megen meiner Kinber leibenl 33) l)abe alte meine ®inber jur ©ruft geleitet

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Mu bift mein te|teS unb einjigeS! 3<h frümme mich, toie ein SSurm, unter bem Mrucfe beS SchicffalS, toenn icf) Mein gebenfe, toenn icf) Mir in’S 9lntlifc bilde. SBirft au4 Mu toegen meiner großen grrt^iimer nerurtheilt jein ?" Mann habe ich i£)n getröftet. „9Rir fef)tt nichts mehr" jagte icf). „34 bin gliicflicf), fefjr glücflicfj unb gefunb unb toerbe Mi 4 fefjr lange lieben!" darüber meinten mir bann Seibe. „3t gittere nicht meinethalben," jlüjterte er. ,,3cf) felje baS über mir Ijängenbe Sd)toert; i4 höre nächtlicher SBeile, toie baS SReffer an bem ©dfteine meines ißalafteS gefdjliffen Wirb; id) bin bereit. Qn ©lut bin ich ouf ben ®hTon gelangt; in ©lut niu| ich toieber herab» ft eigen. 9lber ich gittere Meinethalben! ©otteS Strafgericht foll toegen meiner Süuben nicht auch ®ein $aupt treffen!" Mann hebe icf) ihn auf unb fage ihm fo lluge SBorte, ba§ ich felber barüber erftaune, ba id) boch fonft ein recht ein» faltiges Ming bin. 3<h jpreche ihm hunbertfadjen Mroft ju unb nötige ihn fo enblich boch Su einem Sä4eln unb ju ben ©Sorten : „5Run, fo abfolnire mich ; fage : Christe elei¬ son!" 3ch bin fdjon fo toeit gegangen, bafj ich mit ihm ju politifiren begann. 3atü0hh ich hflbe tion StaatSange» legenheiten mit ihm gebrochen. 34 fugte ihm : „SSaS be» unruhigft Mu Mich mit fol4en S4redbilbern ? Meine ©öl» ter finb nicht fo fehlest, toie jene anberer jjerrfcher. 3t fenne bie ©Seit feljr gut! 34 h°Öe 3tuliener, Meutfhe, fjranjofen gefehen. ©Senn biefe am Seiertag tüchtig trinten, bann lärmen, ftreiten unb raufen fie. Meine Untertanen aber, toenn fie an jjefttagen Diel getrunlen, taumeln nur hin unb her, Kiffen fi4 unb lachen."

„Unb brachte ihn aut baS nicht &um Säten?"

„Sr füfjte mich uur. @r fagte, i4 Wäre ftaatsftttger als MaHetyranb unb äRetternit ; bann toarb er toieber ernft. „So war eS in alten Seiten, toie Mu eS mit Meinen alt» fingen Slugen gefehen. neuerer Seit aber fchtoebt ettoaS in ber Suft, toooon bie fricblidjften ©ötfer aufgeftachelt toerben, fo baff Mu bie Seute non geftern heute nicht mehr erfennft. fpöre, toaS mir unterwegs paffirte freilich fbr*4t

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fein -äRenfdfj baoon; auch bie gingen unb gahr&üdher tnerben barüber fdhmeigen. SltS idf) midf) ber 3Rititär*Soto* nie üon *ßetromSf näherte, bunfelte eS bereits; bie unter* gef)enbe Sonne färbte bie ©djaftoötfdjen, toetd^e baS girma* ment bebecften, purpurrott). ®er £>immet fah aus, mie ein jerfe^ter ®aifermantel." darüber ^abe ich ihn aus* gefdholten unb ihn gefragt : n>er benn je in ber SBett einen jerfefcten ®aifermantel gehabt ^abe? morauf er mir ermiberte : „Unter Slnberen auch gutiuö ©äfar. Sie §intntelSröthe bebeutet ©türm." „SaS ift nur ein 93orur* tfjeil/' ermiberte Straf tSejeff. „Sn ber Slbenbröt^e nahm fidh ber auf ber ^etromsfer Straße errichtete Sriumph* bogen mie eine aus ©olb erbaute ßaube aus. Sie übrigen Sriumphbforten, bie mir paffirt hatten, maren aus Sannen* reifem errichtet morben; bie bteiben bunfel, auch tnenn bie Sonne hin fdfjeint. SBorauS mag nun jener errichtet mor* ben fein, baß er fo glänzt? ©ine ungeheure SSotfSntenge urnmogte ihn. SltS ich näher fant, erfuhr ich, morauS ber Sriunt^hbogen errietet mar. D ! ich bin fchon burdh niete Sriumbhbögen hinburchgefdhritten, bie ju meiner SBemifl* fommnung erbaut maren. Sch ha&e Sriumbh^ögen aus ©ammt unb ©eibe gefehen. S4> ha&e fot<he gefehen, ^crcn beibe ©äuten aus eroberten Kanonen gebitbet mürben; bie SBötbung mar mit feinblidhen gähnen gefdhmüdtt, bie Srone in ber SRitte aber mar aus DrbenSjeidf)en gefallener §et* ben jufammengefefct, bie ftrahtenbe Slurote rings umher bitbeten bie ©djmerter gefangener ©enerale. Ser Sriumph' bogen non Sßetromsf aber übertraf alte anberen."

„SaS, maS im ©tanje ber untergehenben Sonne in ber gerne mie ©otb fdhien, maren gefcen jerriffener £entben unb Steiber; ftatt ßampionS fah man Settterfädf e, unb bie ®röne bitbeten ®rücfen, bie in ben burdjtöcherten 33oben eines atten Sef* fels geftecftmaren. ©in Sriuntphbogen aus ßuntpen unb Settterfäcfen ! SBährenb ich noch ftaunenb bieS ©ehre* cfenSgebitbe anftarrte, trat heröor nuS be* ®totge ber ©rößte, ein ©reis mit langem maßenben Sarte, in ber

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£anb Ijöfteitb bie $ur Vegrüßung übliche Jpotäßhüffet, in mrfcher ein ©tücf Vrob mar, unb fpradE) ju mir : „§ier ift ba8 Vrob, mie e$ ©eine ©olbaten un$ gelaffen f)aben. Softe e$! ift au$ bem äReljl bon gidhtenrinbe gebaden. ®a§ übliche ©atj tonnten mir nicht beifügen, benn mir fern nen nur ba$ ©at^ ber frönen. 2luf biefem ©riumphbogen fannft $u fämmtliche Softbarfeiten fehen, melche un§ ©eine ©olbaten übrig ließen : bie jertumpten Jpemben unb Slei= ber unferer grauen unb ®ödf)ter. Sie felber tarnen nicht her, meil fie bocf) unmöglich nadt erfc^einen tönnen. ®ie jmölf feufdfjen Jungfrauen tonnten mir Deshalb nicht ju ©einer Vegrüßung herbringen, mie e3 ber £etman befahl, meil in biefer ©egenb überhaupt feine feufdfje Jungfrau mehr ejiftirt, feit ©u ©eine ©olbaten hier angefiebelt fjaft!"

Sei biefen SBorten befahl SlraftSejeff ben begleitenben ®arbefofafen=@otnien, bie reboltirenbe SKenge auSeinanber ju jagen. Slber ba3 maren ja feine 2tufftänbifdE)en, fonbem

öerjmeifelte SDtenfdhen. Stuf ein ©rompetenfignal marfen fie fidf) jur ©rbe bor bie güße ber $ßf.erbe, ben ganzen 2Beg entlang, unb Jpänbe unb ©efidf)ter $u mir ertjebenb, fd^rien fie : „©rlöfe un§ bon ©einen ©olbaten! Stimm meg bon un£ ©eine Vemaffneten! 2Bir finb fromme Vau= ern unb molfen arbeiten. Steite un$ nieber, menn ®u meiterge^en miüft!" mar unmöglich bor ber großen •Stenge, bie ben Voben bebedte, bormärte &u fommen. ®a Ralfen meber 3onte3rufe, noch ermunternbe ©nabe§morte. ©ie fc^rien ohne Unterlaß : „Stimm bon mte ©eine Srie= ger!" Stod) feiten mar ein £errfcf)er in einer berartigen Verlegenheit. ©üblich langte £>itfe an. Von ber militärifchen ©olonie näherten ficf) in gefdfjtoffenen Steifen bie Veteranen. 2tn ißrer ©pifce ein ©ambourmajor, ber audh fo alt unb graubärtig mar, mie ber Stebner ber Vauern. Jdf) erfannte meine ©renabiere in ihnen, ©iefe berftaitben bie §inber= niffe, bie ber ©olottne im 2Bege maren, $u befeitigen. ©in ©rompetenftoß, unb bie ©appeute traten h^tbor, ergriffen bie Vauern bei §änben unb güßen, unb fie übereinanber* legenb, machten fie ber borbringenben Vrigabe $ßlap. ©er

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SDtcmit mit. bem langen ©arte ftecfte feine galjne in bie @rbe unb fpracp : „£err, taffe ung nic^t t)ier an biefent berbammten Orte! 2Bir bienten Sir treu auf bem ©djtadjt* fetbe fünfeetin 3>al)re, mir fdjlugen ©djtacpten gegen gran* jofen, Seutfcfje, !gtatiener unb fotten jefct mit getbmäufen, ^eufcfjreden, Staunen, unb, mag bag Stergfte ift, mit ©au= ern fämpfen? 3n unferer 3ugenb lernten mir fämpfen, mie bie ©ären; mir motten im Sitter nictjt pflügen lernen mie bie Ockfen ! SDtit Stinte unb ©äbet berftetjen mir unt* juge^en, aber ©enfe unb Sieget fielen gar fcplecpt unferen §änben, unb bie ©auern fpotten ob unferer Ungefdfeidftidfj' feit, giiljre ung in geinbegtanb, mo hinter jebem (Sefträucfee ein SRörber lauert, aber, £>err, taffe ung nic^t unter Seinen ©auern! ©djiefe ung in ben ®ampf gegen bie Ungläubigen, aber taffe ung nidfjt bei ben ©auern, bie ung ftuepen, menn mir fie bitten, ftudjen, menn mir fie fragen, unb ftuefeen, menn mir nur auf fie fetjen! ©perre ung in eine belagerte geftung, mo mir bag gteif^ gefallener Sßferbe effen ntüffen, eg mit ©ulber ftatt mit ©atj beftreuenb; unb menn mir bürften, bag SBaffer bon ben SRauent ableden : nur ba^u berbamme ung nid)t, bafe mir t)ier, auf biefer gottberlaffe* neu ®rbe, beneibet bon biebifdjen, betrügerifd)en ©auern, ung um unfer etenbeg ©rob plagen fotten! ©egrabe ung auf bem @d)ladf)tfelbe unter Seicfyenfyaufen; bod) begrabe ung niept tebenb in bie 9Jlititär=©otonien! ©erftudjt fei, mer biefe juerft erfanb!" .... Slaraftgejeff tiefe in bie Srompeten blafen, um ben Sftebner jum ©efemeigen ju bringen, bodf) nun feferien ©auern unb ©otbaten, fo bafe beren bereinigteg ©etöfe ben SrompetenfdE)att übertönte. Slia (fo Ijiefe beg Kjaren alter ®utfdjer) tenfte ot)ne jeben ©efe^t bie Sßferbe um, unb mir fuhren benfetben 2Seg, auf bem mir gefommen, jurüd, bod) burdj ben Sriumpt^ bogen ber gefcen fuhren mir niept. ©o enbete mein ©iegegjug! Sltg icfj nadE) £anfe fam, tag icfj in ben ©tättern bie gtänjenben ©efefereibungen, meldje meine Sriumpljrunb* reife ber|errtidE)ten! @o tjatte atfo bie Sftötlje beg £intmelg bodf) ©türm bebeutet!" . . Sieg erjagte mir mein armer ©ater.41

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„$ag ift ttrirflidj traurig für eilten folgen £errn, wenn 3ene nitt glücflit fein m ollen, bie er gfüctficf) machen mitt. ®a ijatte mein ©ater ein gfücffitereg SSoIf ! SBarutn geljt Sein ©ater nitf}t ju ifjnen? 3efct finb ja btefe SSötfer aut feine Untertanen I"

„§öri, Setfaba,' biefe 3bee ift gut ! Saft' mit nitt baran öergeffen! 3t merbe. fie if)m nätfteng einmal üor * tragen, menn er befferer Saune fein mirb. 3efct ift er fefjr niebergeftfagen. 9ffg er üon mir Stbftieb genommen Ijatte, !am er ttrieber jurücf. „3t oergafc, mit um Sein Sefht' ben §u erfunbigen." Sag bemeift," ermiberte it, „baft it feljr gut augfefje." hierauf prüfte er beforgt mein 2lu£fef)en unb frug mit, ob mein ©efitt immer fo gerö* tljet ift. SBorauf it tut fätetnb anüoortete, baf$ eg im* tner fo augfieljt. „Sot marunt bift Su fo feljr beforgt? SBeifj benn ©ott nicpt, mie fepr Su mit Kcfift, unb bift Su benn nitt fein ©efafbter, fein Sfugerforener, ju bem Su für mein £eif beteft?" „SBopf meifj ®ott," fagte er büfter, „bafj it ®it liebe ; bot mar Sfönig Satnb nitt aut fein ©efafbter unb ®rmäf)tter? ©ang ber ^eilige Sönig nitt attnättlit Oerjmeifett feinen ©fafnt : „Stattg ergebe it meine £attb unb ftretfe fie ju Sir gen £immef!" unb bemtot naf)m er t m fein teurem ®inb, an mettern er an tut tjeimfutte, mag er mit ©etfifaba fünbigte!"

„SBer mar biefe ©etfaba?" marf bie ®öniggtotter raft bajmiften. „®ab eg alfo bot aut fton oor mir eine Sebenbe biefeg Stameng? SSergeblit forftte it bigper, ob in ber ©efellftaft not Sentanb fo Reifet. Umfonft fut te it in bem Satenber eine folte Zeitige : it fanb feine. •Steine $atl)in, bie £erjogin, mefte mir biefen Stauten gab, afg man mit taufte (big ju meinem fetzten Seb:ngjaf)re mar it eine £eibin), ermiberte mir auf meine grage, nrn* rum mein Stame in feinem Salenber ftef)e, bafj „Setljfabn" nur eine Variation üon „(Sfifabetlj" fei, unb bafj ber ®fi= fabetentag aut ntein Stamengtag fei, an bem .it aut ©eftenfe ermatte. Unb nun fagt Sir ber ®$ar, bafj eg aut eine mirffite ©etfifaba gab. SBer mar fie?"

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„Scf) weiß el audlj nic£)t, man t>at midj'l nie gelefjrt, obgleich itf) neugierig War, el ju wiffen. 3^ frag £>elen= djen, unb erfuhr bon tf)r fo biel, baß SöetE)faba ©anct Sabib’l ©attin War. Sorf) meljr Wußte audj fie nidjjt, benn nur bie ©open biirfen bie ©ibel tefen. ®elf|a(b ift fie aucf) in butgarifc^er Sprache berfaßt."

„$odj Welljalb fteßt fie nidfjt im falenber unter ben ^eiligen?"

„©ewiß, weil fie eine 3®bin war!"

„Stber ©araß, SRebefta, Sft a t£) e t Waren ja audfj Qübinen unb bocf) prangen ifire Stamen unter ben ^pei(i= gen. ©ettyfaba Würbe fidEjer belljalb weggetaffen, weit fie gefänbigt ßat! Sticht Watjr, er fjat’l gefagt? Soct) Wal war it)re ©cf)ulb? Unb warum gab man mir ben SRarnen einer ©ünberin?"

©ettjfaba War nafje baran ju Weinen.

„SReine Sfjeure!" fagte jefjt Sophie, „tljeile SRieman» bem mit, wal idj Sir non ber SRunbreife unb bem Sri» umptibogen bei ©jaren erjäljlte."

„Sßemt aber meine ©attjin ntidfj fragen wirb, t>on Wal wir rebeten?"

„Sann fage iljr etwal Slnberel!"

„SBal Stnberel?"

„2üge ißr etwal bor!"

„SSortügen? 2öie muß man bal anftetten? 3<§ ber» fudjte el nodj nie."

©opßie ÜRarifdßfin tackte fie aul. ©ie lernte fcßon all ganj fleinel SBinb lügen, ©ie mußte ftatt „äJlama" „fd&öne fjrau" fagen, unb Wenn üjr ©apa ein 3U(^erbnrfwerf ober ein Spielzeug braute, mußte fie 3ebem fagen : ber SRicolo (Ia mere Cigogne) ßat'l gebradfjt! SSal iljr |)elencf)en fagte, burfte fie äRabame nicßt fagen ; wal fie bott SRabame fjörte, mußte fie’ bor ^etewfien berfd|Weigen, bie ©efprädfje ©eiber foflte ber „große §err" nidjt erfahren, unb wal fie bom „großen 6er rn" bernaßm, burfte gar Stiemanb wif» fen. @o feßr war fie an’l Sügen gewinnt, baß fie einft itjren Strjt jur ©erjweiflung bradjte, ber fie nacß ben

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unteren Symptomen ihrer ftranfheit befragte. $urdj ihr Sügen machte fie jebe $iagnofi§ $u Schauben. SSBie jaulte ba§ arme ftinb auf, afö oont ®er!er ber emigen Süge erlöft, jmei Seelen fanb, benen fte fagen burfte, ma§ ißr auf bem §er$en lag : ihren SSater unb ihre greunbtn !

„Sllfo ®u erjählft Sittel Sebent, ma§ ®u meißt?" frug fie ©ethfaba.

„0 nein! Sügen !ann icf) jmar nicht, ba3 oerftehe ich nicht. $och toenn mich 3c^an^ auSfpioniren mill, fo ha&e ich meine eigene Ärt, ihn auffi^en £U taffen. 34 ridjte nämlich fo oiele fragen an ihn, baß er nti<h gerne in Trie¬ ben laßt."

hierauf lachten beibe SJläbchen.

S)ie HRufif be3 Sad)en3 mürbe gar feiten in biefem ftäfige gehört.

xvn.

^Jelhfaßö.

®ie &erjogin ®hebimin geftattete ihrem föniglichett ^5athenfinbe, baß fie ihre greunbin Sophie Starifchfin öfter befugte.

2Ber in bie £er$en§geheimniffe ber £erjogin nur ^alb= meg§ eingemeiht mar, fonnte ftch bie llrfache biefer Sefuche leidet erflären. ®a fte felber Sophie nicf)t befugen fonnte (bie§ oerbot ber Slttfianb), fo erhielt fie menigftenS burch ©ethfaba oft ßunbe oon bereu ©efinben.

2Ber aber mit ihren ©eheimniffen ganj oertraut mar, fannte auch nodh bie anbere Urfadje.

®er ®jar, jener einfilbige, Oerfchtoffene SJlenfch, ber oor feinen SRiniftern ©eheintttiffe h ®tte fetbft bem

Sßriefter nicht beichtete, pflegte biefer SieblingStodjter 2ltte§, ma§ er auf bem $er$en hotte, mitjutheilen.

SBenn ein gemöhnlicher ©ater feiner abgöttifch Qe= liebten Xochter etmaS erzählt, fo ift ba§ Sache be&

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(SSemütp ; fpricht ober ber ©gar, fo finb eg Staatgan* gelegenheiten.

Siebeg SSort, Welcbeg ber ©gar oor Sophie 9tarif<hfin augftmdjt, begießt fich auf ben guftanb beg Sanbeg. ®te SEBorte Sllejanber’g I. bilben bie SBafig öon ©uropag ®e= genwart unb gulünftigen ©eftaltungen. ®ie ©rweidjung ober Verhärtung feineg §ergeng bebeutet Krieg ober grie= ben; fein §erg birgt in ftch bie ffitpfterien großer Verwieg lungen unb Untwäljungen in ©uropa.

Unb Sophie ergäbt wieber SHIeg ihrer SBufenfreunbin SBetljfaba. 33etf)faba aber fann nicht lügen.

„Stun, liebeg Kinb, wag macht ©»eine Heine greun= bin?" ftug bie ^»ergogin bie heimgefeljrte Königstochter.

„Sie nimmt leine Slrgnei mehr, unb ich glaube, bag ift gut. ©enn einmal foftete ich bei if»r ein ißuloer; eg War feljr bitter.“

„£>at fie nicht wieber oiel geptaubert? ©er Stecow öalegcentin fdjabet bag oiele Sprechen. "

„Sie ßat mir nur bag ©ine ergät)lt, baß ißr fßatße fie befutßte."

So oiel Sägen hatte Setßfaba hoch fdjon gelernt, um il)n ftatt „Vater" mit einem anbern ©üel gu nennen.

„SBar er lange bei ißr?"

„®aS Weiß ich nicht."

„Sprach er mit ißr oon intereffanten ©ingen?"

„Sltlerbingg, oom König ©aoib unb feiner ©attin Vethfaba. Sage mir, Wag hat Königin Vethfaba üer= ftßulbet?"

„SBag fie üerfdjulbete? $3ie lommft ®u bagu, biefe grage an mich gu richten?"

„Stun, weil er eg fagte, unb ich wiffen Witt, wag fie üerbrodjen hat; warum will Stiemanb ihren Slawen führen? SEBenn fie gar fo fcfjlec^t war, bann brauche ich auch nicht ihren Statuen ; gebt mir einen anbern!"

„beruhige ©ich, Heine Stärrin ! Sie hat ja nicht gefün=

bigt."

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„Äber SopfpenS ^Saltp fagte, baff fie mit finnig Saoib fünbigte.“

„Sa§ mar ja Siebe unb feine Sünbe."

„Siebe?! fBa§ ift benn ba§?“

2Äaria Ätejietima fiorpttÜpa tackte (aut auf.

„3e|t fod i dj Sir erttären, toa# Siebe ift? Su mirft e3 nod) frül) genug miffen, menn Su felbjt lieben mirft.“

„2Bie foB idj baju fommen? Sft Siebe ein Ucbcl, meldjeä ben 2Jtenfd>en überragt mie eine ffrunffjeit, ober ettoaä ®ute§, ba§ man tjerbeifefjnt?“

SJiaria Älejüemna fiorpntfjia ladjte nodf lauter.

„Seiber jug(eid)!"

„Sod| mie fängt fie an?"

„SBenn einmal ein fdjöner Jüngling tief in Stein Äuge b(idt."

„Sn mein Äuge? ®a§ !ann id? nid)t (eiben. Saran ftürbe icf) gletd)."

„Sod) menn ber SüKflting Sidj jur grau begehrt unb fidj mit Sir oertobt?"

„SBie get)t ba3 ÄBe8 ju? Sd) tan« mir gar nidjt oorftetten."

„Ser Sdttgting fdjidt bem geliebten 9Käbd)en finnige Ängebinbe."

„Unb ba3 bebeutet, baff er fte tiebt? Unb menn ba8 SJtäbdjen bie ®efd)ente' annimmt, bebeutet basS, bajj fie it;n liebt ? ,D, mie tieb, mie fdjön ift ba§! SJtufi ba8 SRäbdjen ifpn aud) etttrnä f dienten?“

„9tur iE>re Gegenliebe ! "

„©onft nidjtä? D, ba§ ift artig, ba8 ift (jerjig! Unb menn un§ bann etn anberer Süngtitig nocf) fdjönere ®e= f diente gibt, nehmen mir fie an unb lieben mieber bicfen Süttgling aucf)?"

Äortpttljia ftatfc£)te oor Sachen in bie §änbe.

„®anj gemifj, bodj nur bann, menn man bie jrneite Siebe oor bem erften Säugling üert)eimlid)en tann."

„34ein, nein, (eine Sßerljeimtidfung! Sieber mifi id) e8 gefte^en, baf? id) aud) einen Änbern (iebe. Unb marum

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beim nicht, ba bocf) bie Siebe gut unb fein SSerbredjeit ift? SEBenn icf) alfo einen ©atten haben toerbe, barf ich mit feinem SEBiffen feine Srbbeeren lieben?"

„(Srbbeeren jo! Sag ift nur eine 9taf<f)f|aftigfeit. "

„SEBerbe icf) if)m nicht fagen biirfen, baff ich Sophie ERarifc^fin tiebe?"

„Dh ja, bag ift jo blog greunbfdjaft!"

„Unb mochte er mich umbringen, toemt er bon meiner Siebe jum Sanje mühte?"

„Sich, nein!"

„SEBenn ich nun ©rbbeeren, Sanj unb greunbin fieben barf, toarum nicht auch einen Jüngling, fo er fchön unb gut ift?"

„Dh, über bie heilige Unfchulb! ®od) fpricht man in Seiner feeimat nie bon Siebe?"

„ERein!"

,,©ibt eg benn bort feine günglinge unb äRäbchen?"

„Sltterbingg! boch bei unä bergleicht fich ber güng= fing, ber ein Stäbchen heiraten mitt, mit beffen Sater über ben Srautfchah unb führt fie heim. gft nun bag 3Räb= chen gut unb treu ju ihm, fo fauft er ihr fc£»öne Kleiber; im anbern gatte oerftöfft er eg, unb fauft fich ein anbereg SEBeib."

„Sag geht bei ung nicht. Sei ung barf jebe grau nur einen 3Rann lieben; biefs befiehlt unfere ^Religion!"

„Sa? ift mag anbereg! SBarum fagteft Su mir nicht gleich, ba| bie SReligion bie Siebe befiehlt? Dh, ich toerbe bie ©ebote ber ^Religion treu befolgen! 9tid)t mahr, Su befolgft fie auch? liebft beinen ©atten? Eßftegft Su ihm tief in'g Singe ju blicfen? geh bemerfte eg noch nie "

„ga, meine Sfjeuere! Sag Seben ift lang, unb bie 3eit ber Siebe, genannt fponigtoochen, attju furj."

„Sa mu| man bie §onigmochen in §onigminuten theiten, bamit auf jeben Sag beg Sebeng ein Slugenbticf fäme."

„Su mirft fchon einmal erfennen, bah bieg unmög= lieh ift " j

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„3e|t weife idj fdjon, bafe $3etljfaba’$ Sdjulb barin beftaitb, bafe fie jenen SRann nidjt liebte, ben ifjr bie Sie* ligion ju lieben befafel. ®odj waö fjat mit aOebem König 2>aOib ju tfjun?"

Sa, baö fjätte Kortjntljia fetbft gerne gewufet, wie fo König $>aoib in biefe Sabel fjineingerietfj. 3)enn baö plau= bernbe 3Jtäbcfjen fjatte fee mit iferen bielen ungereimten Stagen fo fefer oerwirrt, bafe iljr bie Strafrebe nidjt in’« ©ebädjt» nife fam, Welche ber fßropljet bem König fjielt. £er Stuffe ift fjödjft oerfdjtoiegen; oon ben ©efdjefjniffen unter bem iriumpijtljore wagte aufeer bem (Jjaren Keiner ju reben. Slrattöejeff fdjtoicg, benn er wollte ftdj beö Siaöfoö feiner eigenen ungefjeuertidjen ißläne nidjt rühmen. ®ie ®arbe= fofafen=Slbtfjeilung würbe nadj Kafan gefdjicft, unb bie Uebrigen wufeten ju fdjweigen.

xvm.

yiilfi«.

®ie junge grufifdje KönigSmaib fonnte in feine beffere Schule gegeben Werben, als jur Särftin ®ljebimin.

Kortjntfjia fonnte jenem ruffifdjen Staturforfdjer, ber (®arwin beiweitem öberflügelnb) ju beweifen trachtete, bafe bie entartete Kafjen finb, alö SKufter bienen.

(Unb tergeblidj fucfjte man i|n ju erweisen, bafe er feine Stnfidjt bafjin mobificire, bafe bie Stauen oerebette Kafcen feien: er blieb bei feinem 9lu3fprudje !)

®ie fdjöne Kortjntfjia fonnte coguett fein wie eine Slfpafia nnb graufam=falt Wie eine $iana. $ie8mal aber War e3 nidjt $iana, fonbern Slfpafia, bie if)re Slnbeter in Slcteon’3 oerwanbelt fjat.

2>er SJiann, ben fie mit ifjren §ulbbejeugungen fo auö= jeidjnete, wie ber fcfjöne Stifter ©alban, gelangte nie bafjin, 3<Slai : greiljtit. I. 12

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bie Stütfjfel ber fdjönen ju töfen. Äorpnthia lieg

fich oon ihm auf bie gagb begleiten, tanjte mit ihm auf Söätten, gab ihm ihr ©ouquet ju galten, Wenn fie mit einem Slnbern tanjte, ladjte über feine ©pcige, machte ficf) mit ifjnt über Stnbere luftig, ja fie fügte if)n jum Stbfcfjiebe : unb bennod) {fielt fie if)n fo ferne oon fic£», wie ber ©ta= net feine Trabanten. Unb fotdie SDtonbe fjatte fie mehr als Saturn. ©ie 3füe burften fidf i£)reS ©lanjeS freuen, bod) ifjr nic^t ju nafje fommen.

®o<h Wenn in ber ©efeKfdjaft ein SÖtann war, ben fie mit ber ©raufamfeit einer ©öttin anblidte, beffen ©rüg fie mit jenem 3ucfen ber Sippen entgegennahm, womit bie 2) amen oerachtungSoollen ©orwurf auSbrüden : biefer War ber ©Jahre ! giir ipn foberte iljre8 tperjenS gctjeimnigootle glamme!

®aS weig SRiemanb, benn berjenige, ben betrifft, erjäf)It’§ nicht weiter, bag ein Seibgarbeofficier, ber fid) burch feine ©eniatität unb lieberlidjen Stbenteuer einen ©amen gemacht, eines SageS burd) einen räthfethaften 93oten ein parfümirtcS ©rieften in feinem Umfchtage erhielt, baS golgenbeS enthielt : „(Sine unbefannte SEBohlthäterin interef* firt fich fär 3hr <3<^id(fal ; fie ift bereit, aüe 3hre ©<h«fben ju jaf)ten, Wenn ©ie beS 9tbenb8 ferne bleiben oon ben ©aturnalien beS gräuteinS Slmarinen."

SBir glauben nicht ju irren, Wenn wir mit biefem ©rieften ben Wucherifdjen ©lutfauger beS jungen DfficierS in Serbinbung bringen, ber fidler nicht ohne gegrünbete Urfache fagte : „@8 finb in ber ©tabt geWiffe junge, fdjöne unb reiche ®amen, bie fid) h«beiliegen, einen in ©erlegen* heit befinblidjen fftitter ju befreien."

®er junge (Siibpniion beantwortete ben ©rief bamit, bag er 9lbenb8 auf bem ©od oon gcneiben'S Schlitten einjog in bie üerbotene ©leufiS.

®orqnthia h“gt 3coeiba ficher nicht Wegen ihres ®at= ten, fonbern Wegen ©ufchfin.

3eneiben’S Serhältnig mit ©Ijebimin ift nur eine materielle grage.

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®aS garte SBerljältnig ber großen Herren mit beit Ißrimabonnen ift nicht nur SCRobefacfje, eS ift auch bie StechtS» öafiS eine? gWeifchneibigen Vertrages : „SBaS Sir geftattet ift, fei auch mir nicht »erboten !"

®aS @d)recflid)e on ber ©adje ift nur, bag bie Sieben» buf(terin einen fdjöneren ißalmengarten hat, als bie gürftin; bog beren Stenner feuriger finb, als bie ifjren, unb bog fie mit ihrer Toilette überall triump!)irt, mo fie gufammen» fommen. Unb baS gefdjieht häufig. Senn if)r Äünftlerruf öffnet $eneiben jebe Pforte! ©ie treffen fi<h bei glängenben Sangfoiröen, ihre ißferbe begegnen ficf) ouf bem Surfe unb ihre ©quipagen bei bcn geftioitäten beS ÜRarSfetbeS, unb bie gürftin ift überzeugt, bog all' biefer SujcuS feinen Urfprung ^ot in ihres (Satten fibirtfcJjen ©itberbergwerfen, Welche beren gitljaber ertauben, fidj ben ©pag gu machen, gwei grauen in ber ®unft beS SSerfdjwenbenS toetteifern gu taffen. Sßäre fie bie ©iegerin in biefem ©treite, fo möchte fie ber ®ünftlerin bie SBerfdjwenbung »ergeben; bodf) nimmer »ergibt fie it»r, bag fie, bie gürftin, »or ihr jurücflDcidjen mug, Wenn and) nur um bie Sänge eines Weiblichen fjaareS.

$aS War ber gWeite (Srunb, Weshalb fie 3eneiben hagte.

®o<h gibt eS noch einen britten.

Qene Schwache, burch Welche fie als junges ©täbdjen bem ©garen für beffen gangeS Seben »erhangnigüoß würbe, War fdjon »ergeffen. Sie gehörte f<hon in'S Schattenreich. Sie ©garin Würbe allgemein bewunbert, bebauert, angebetet. 9Kan fah fie im ftummen ©djmerje bahinfiedhen. Unb bie öffentliche SJieinung urtheilt in biefer f?infid)t fo ftreng, bag unter ben Sßerfdhwornen öfter bie Siebe ba»on War, gu wieberholen, was gwifdhen ißeter III. unb ®atf) a= tina II. gefegah : ben ©garen gefangen gu nehmen unb ©lifabeth als ©garin gu proclamiren. Unb trojjbem fühlte fich gürftin (Shebimin nodh jefct näherfteljenb bem §ergen beS ©garen, als bie ©garin; ein garter ©eibenfaben (Sophie Slarifchfin) hielt fie mit einanber »erfnüpft. Solche ©eiben»

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fäben bcr 3ufammenget)örig!eit e^iftirten für ©lifabetf) längft nüßt mef)r; Sltejanber^ ©attentiebe mürbe mit bcm ©arge itjreä lebten $inbe3 auf immer begraben.

Unb aut tyer fanb Äortjnttjia bie oerfjaßte Stehen- bu^Ierin im SBege.

SBäljrenb ber ©jar fie rneibet, gießt er auf Igene baä güflfiorn feiner ©unft. Sie Sßrimabomta tjat it)ren Sßlafc jmifcfjen ©jar unb ©jarin. 33eibe lieben unb oerjärteftt fie. Ser ©$ar unb bie ©jarin fönnen nur bann beifammen fein, menn fie 3eneiba S ritte laben. SBenn fie fingt, oorlieät ober gemüttjlit plaubert, vergißt ba§ fjotje Sßaar fein ßeib, unb fdjmiegt ficf) aneinanber. SBemt fie hingegen 9(rm in 2lrm auf einem fjeftc erfteinen unb oon ungefähr bie gürftin erblicfen, fo trennen ficf} ^tö^Iid^ ifjre Slrme, unb fie mettben fit oon einanber ab. Unb ba3 mußte fie gut.

Unb bei attebem mußte fie coquett fein gegen Sie- fenigen, bie iljr gleitgiftig finb; ftoij tun unb oeradjten ben, für ben fie ftmärrnt; gärtlid^ gegen ben gefaßten ©atten, ergeben bem SDtanne, an ben fie ein Sftedjt f)at, unb mußte bie großmütige Seftüfcerin fielen gegen bie Siebenbufjferin, auf bie fie eifersüchtig mar. Sie ©iferfud&t ift ja ftredlit genug, menn fie einen S?of)f f)at; um mie oief furchtbarer, menn fie brei Söpfe fjat!

Sie brei ®ityfe ifjrer ©iferfutt gießen : Seibenfdjaft, ©tof$ unb ©rinnerung!

Unb ifjr mürbe bie ©rjiefjung ber grufifcßen ®önig£= maib anoertraut! Sie gürftin begann beren ©rjie^ung bamit, baß fie it>r in ber Saufe einen Stauten gab, beren Srägerin oon folgen £>efbentaten betannt mar, melcße bie $Dtit= unb Stammelt bem jungen SQSeibe nur au3 ßfteunb- ftaft für @anct=Saoib oerjiefjen f)at.

3um ©füdfe für 93etf)faba mar fie neben ifjrer Unmiffen* fjeit unb Unfcßulb mit einer großen Softe erfinbung^reiter ?ßt)antafie unb ber trern SSoffe eigenen @df)Iauf)eit gefegnet. äucß erinnerte fie fit not an mante Sfuäfprüte ifjrer guten SDtutter, metd^e fie aut jefct not aüjä^rtit einmal, am 9teujaf)r3tage, fiefjt, an meltern Sage oierjigtaufenb

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3fteitfd)en bem § erriet) erpaare tut großen I^ronfoale f)uU bigen. ®a fteht aud) ihre SRutter auf einer Stufe beS XljroneS, botp ftatt ber förone finb nur nod) Stunjcln auf ifjrer Stirn. Unb fo oft Söethfaba fie erblidt, erinnert fie ftcE) baff ihre SRutter, bie fie nid)t einmal anfpredjen barf, beSfjalb ihre fihrone gegen biefe gölten bertaufdjte, toeil fie einen 3Rann erftochen tjat, ber ihr ju fagen wagte : „gd) liebe $idj, liebe ®u auch micf)!"

®ann bad)te fie wieber barüber nach, WaS benn eigent» lidj „Siebe" ift? gür welche eS bem ©inen fo leidet fällt,

ju töbten, unb bem Slnbern ju fterben! . ©inerfeitS

es ift fo gut unb füfj unb Pflicht wä^renb ei

anbererfcitS fo fd)lcd)t, fdimerjltch, unb babei fo fiinbfyaft ift ju lieben! -

XIX.

J>«s Ungeheuer.

SrijfanowSfi hatte eben feinen SSortrag über bie Petersburger ©reigniffe Welkem eine blaffe grau auf» mertfam juhörte beenbct, als bie Sßadje ftehenbe ®uenna eintrat unb flüfterte :

„SlraftSejeff ift angelommen."

®amit jog fie ficf) jurüd.

„D mein ©ott," feufjte bie blaffe ®ame auf, inbem fie ilpce fjänbe lrampff)aft gegen ben Sufen briidte.

„ge|t fei ftarf Wie ein SJlann," flüfterte ÄrijfanowSfi „bie ©ntfdieibung ift ba!

SBäre er b e S h a l b gef ommen ? " fragte jitternb bie Xante.

„©ewifj beSfjalb. ©ib auf Xeine graueu Std^t. ®enn ber Spion bei grauen ift mit ihm. ©in fdjötter SJlann, ein gefährlicher SÖtann."

ge|t warb neuerlich Sßagengeraffel oom |>ofe her hör» bar, hefiger Särm unb eine fdjreienbe SDtännerftimme.

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„Stadf $idj eilig fort! $er Eroßfürft fotnmt!" flü* fterte Ärijfanowgti bie blaffe 3)ame ju.

2>iefer ftanb auf unb ergriff bie §anb ber ®ame.

®ie Eueitna erfriert wieber; je|t ftürjte fie atfjemlog herein :

„2)er Eroßfürft ift oon ben Stanöbern angelangt. 3m &infal)rt3tf)ore ftolperte ein ©ferb mit bem fß^aeton, ber ©orreiter fiel fopfüber aug bem Sattel, bem Eroßher* jog aber tourbe bie fßfeife in ben Stunb geflogen unb brach il)m einen 8<thn ®r ift fcEjrecflict) wüthenb."

„3efug!" fcfjrie bie grau auf, unb Wollte ^inau«= ftürjen. ®rijfanoWgti l)ielt fie an ber §anb jurüd.

„3efct Wirft ®u gut tljun, ihm augjuweichen. "

„3m Eegentheit, id) muß ißm gerabe jefjt entgegen* eiten!" fagte bie grau, inbem fie fidj aug Sfrijfanowgfi’g Rauben befreite. „®u aber eite oon hinnen! $aß 2)id| Siemanb f)ier erblide."

„9tun benn fei ftarl Wie eine grau!" flöfterte Ärijfa* nowgti unb bamit oerf djwanb er.

Unb eg War bo<h fo fdfwer f)ier ju oerfdjwinbett. Er befanb fid) im Schlöffe beg polnifdfen ©icefönigg im ©eloebere außer SBarfdjau, bag inmitten beg föniglic^en ©arteg Sajienfa ftefjt. 3)er ©art ift mit einer ftarfen Stauer umgeben, bie auf allen Seiten oon bewaffneten Stilitär* poften bewacht Wirb, ba§ ÄafteK felbft aber ift eine geftung, in jebem SBinfel mit l)ol)en ©afteien, SBaffergräben, Sdjan* jen befeftigt, fein Ißor bilbet eine .gugbrüde ; jeber Eingang ift burd) Schießfdjarten gefdjü|t unb ben Sßactien ift nid£»t augjuweidjen. SRinggherum in ber Schußweite einer Kanone ift bag prächtige urfrifdje Erün ber Sßälber auggerottet unb ben flachen Stafen jieren farbige Üulpenbeete. ES ift nic£)t menfdtenmöglicf) fid) hier unbemerft ju nähern ober ju ent* fernen. Unb Srijfanowgfi tonnte boch hinnuggetangen, troß* bem Eroßfürft Sonftantin bag ©etöebäre felbft erbauen ließ unb beffen ganje Eonftruction mit eigenen Slugen überwachte. $ier tonnte eg teinen geheimen SBeg geben, oon bem er nicht gewußt hätte. Unb wenn eg nun boch einen gäbe?

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®er Saumeifter tnar ein Sßote. ©r toax int ©tanbe beg Siadjtg an einem geheimen SBege ju arbeiten unb bieg SBerf tnicber fo öermauern $u taffen, bafe ber £erjog nid)tg ba= öon erfahren fonnte. @o tnar eg auch. SKan ^ätte ben ©rofefürft jeben Augenbtid in feinem 33ette überragen fönnen, t nenn ber Sßote ben SWeuchelmorb nicht öerabfeheute. ®ie grau tief if)m entgegen.

®ttg fie f)öxte, bafe Araftgejeff angefommen, feufete fie. D mein ©ott!" ®a trat ber 9tame beg ftarfen rädjen* ben ©otteg auf ihre Sippen. Unb alg man if>r fagte, ber ©rofefürft forntne in fjeftigem SBüthen, ba rief fie „D mein Sefug!" ®a !am ihr ber äJtärtprer ber Siebe in ben ©inn. Unb tnäre eg metteidjt nicht tnahr, bafe eg auch feitbem SSiete gegeben, bie fid) um beg SSotfeg tnißen um bag §eit „Sftaelg" an'g föreuj f plagen tiefen?

®er fdjredtidje äJtenfd) !am ihr bereitg entgegen in ber SBaffenljatte.

( Sr tnar genau fo, tuie ifjn feine Seitgen offen betrieben. ®ie ^antafie !ann hieju nid)tg erfinben.

®er ©rofefürft ^atte ©rmtb genug, fid^ über feine 93rüber §u ärgern, gebetn non ihnen tnar bag mütterliche ©rbe $u Xhe^ getnorben, cg tnaren lauter fd)öne, ftatttid^e ©eftatten; ihm aßein tnarb bag väterliche ©rbe ju Zfytil, er tnar eben fo h^tich &tg fein Stoter.

Unb tnar hoch ber fetige ?ßaut fetbft bag gbeat beg Slbfdjredenben unb fo häfetich, b afe er tnährenb feiner gan= jen Regier ung !ein ©etb mit feinem Sitbniffe prägen tiefe.

Äonftantin tnar bag getreue ©benbitb beg ©jaren *ßaut. ©eine grofee, horttförtn^e ^afe ftanb fo tneit ab non feinem ©efichte, atg tnenn fie in feinertei Sufatnmen* hang mit ber ©tirne tnäre; feine Keinen, meergrünen Au= gen tnaren faurn fichtbar nor ben ftruppigen Augenbrauen unb ben etnig btinjetnben, jufammengejogenen Augentibern. ©ein £aar, feine Augenbrauen, Sart unb Augentiber tnaren btonb tnie §anf unb fein Anttife roth tnie Sudeten. ®ag ©djönfte aber tnar, bafe bie eine $ätfte feineg ©efichteg gar nicht ber anbern glich J t^ätte bie Saune beg ©d)ö=

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fferS biefeS SfteifterWerf baburd) frönen Wollen, baß er bie beiben Hälften jWeier öerfcJEjiebener ©arrieaturen jufammen* flebte. S)er eine Sltunbwinfel War abwärts, ber anbere aufwärts gelrümmt : SRunjetn, SBarjen, Blatternarben Wett* eiferten ntiteinanber in ber Berunftaltung biefeS 2lntli|eS, fo baß ber äJtater, ber eS oerewigen wollte, eS nur int profil abnehmen burfte. ®er Zünftler, ber biefeS ©efidjt ooU gemalt hätte, würbe eine wahrhaftige SltajeftätSbeleibi* gung begangen hoben. ©o befd^reiben ihn feine Seitgenoffen.

©ein SleußereS War nur baS Slbbilb feines inneren SDtenfchcn, feine ©eficßtSjüge waten ©claoen feiner 2eiben= fcßaften; ber auf ihn fah, mußte grau Werben ober hell auflachen. Unb feine ©emüthSart entfarach feinen Sögen ; er war wütljenb, aufbraufenb, graufam. ®en ©toct hielt er immer in ber $anb, unb er befdjäftigte ihn immer. SBemt eS wahr ift, baß fein Bruber, ber ©$ar, jährlich jweitau» fenb Stubel in ©chreibfebcrn üerbraudjte, fo läßt fich an= näßernb berechnen, wie hoch fich im galjreSbubget Äonftan* tin’S bie SRubrif ber oerbrauchten Sftohrftöcfe belief?

3e|t war auch ber ©toef, ben er in ber $anb hielt, gebrochen unb ber Sänge nach gehalten, ©ewiß hotte er Wieber einmal bie SJioifionSfommanbantcn ber Sleihe nach gefdjlagen. Shr SRorgengebet waren ^riigcl.

Unb noch baju ber je|ige Satt. ®urch bie ©cfiutb beS gefolgerten IßferbeS unb beS geftürjten 9teitfnecf)teS h°tte baS Pfeifenrohr, baS ber ©roßfürft nie aus bem Sßunbe nahm, feinen ©aumen oerlefct, unb ihm einen Sohn ouS= gefchlagen. ©chrccfliche glüche auSftoßenb, fpuefte er Blut= ftmren auf bie ©rbe.

„Berflucßter $unb! ©obalb er ju fich lömmt, Werft ihn in’S SBaffer, baß er erwache! bringet ihn her! ©lenber $unb! ierbredje ihm alle ßnodjen! (3e|t be= merfte er gegenüber einen SKann, ber fich nähert.) SSer ift jener $err? Sftitter ©alb an? -JtichtSWürbiger ©atgenftrief ! genen fmnb meine ich, nicht biefen §errn ! 2ßaS Will er? ®aß Straft Sejeff anfam? Snnt Xeufel .

. ... geh hotte halb waS gejagt! geh brauche jefct

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einen Sarbier unb feinen SRinifter! ©icljt @r benn nidjt, bafj mein 3ah>t gebroden ift? SBerbammte $unbSfeele! ©djtoein! ©djntufcige ®röte ! SBaS münden ©ie nodj, Sftitter ©alban?"

gefct eilte eine Stau Ijerbei unb ftiefj ben Stitter bei ©eite.

„Um ©otteSwiüen ! WaS gefdjal) Sir?" fd^rie bie grau unb ftürjte an ßonftantin’S S3ruft. -Steine ©eele! mein Siebfter! SBift bu bertounbet? SB aS fetjtt Sir?"

Unb fie füjjte feine blutigen Sippen.

hierauf begann baS Ungeheuer plö^lidj ju lädjeln. (Sin 9iorblid)t ber greube mit ber tiefften SSeljmutl) gehaart mar biefeS Säbeln, WeldjeS beS ©rofjfiirften IjäfjlidiieS ©e= fidjt urnmanbelte. (Sr hörte auf, abfdjredenb ju fein. Sie wirren 3üge fugten bie Harmonie unter ehtanber, ber fjäfjlidie SJtunb beftrebte ftrfj angenehm ju werben.

„SiidjtS, nichts, mein Saubren!" fagte er mit einer ©timme, wie wenn ber ßöWe feinem SBeibdjen fdjmeidjelt. „Stun, nun weine nidjt, erfd)rid nictjt ! (©eine SBorte Wur= ben immer leifer.) (SS fehlt mir gar nichts. "

„Slber bodj. Seine Sippen bluten. Sein 3ah” ift ge= Proben !"

©ie bemühte ficf), mit ihrem Safdjentudje fein S3lut abjutrocfnen.

„(Sr ift nidjt auSgebrodjen . . . . " brummte Sonftan» tin. „Stur bie Ärone ift abgebrochen. Unb ber Seufel hole biefe ®rone!"

„SBie, §otjeit?" warf ©alban bajwifdien, inbem er fidf) in baS ©efpräcf), baS einen milberen (Sliarafter anna£)m, mifchte. „Ser Teufel möge bie Ärone holen?"

,,gefct ift nur nodfj bon ber Srone meines 3°hne§ bie Siebe," antwortete mit jitternbem Sone, bie SSorte heraus» ftofjenb, ber SSicefönig, ,,©ef)en ©ie, Stitter ©alban, nur ju SlraftSejeff. Stufen ©ie fid) mit iljm aus bon ben SJiüljen ber Steife. SBir faben 3eit, nad) bem (Sffen mit einanber ju reben. Solange idj nidjt gegeffen unb ge= trunfen ^abe, fpredje id) nic^t bon Staatsangelegenheiten;

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»erberbe mir beit Stppetit nicht. Zdravtvujtye! gljr aber bringt mir ben StidjtSnufcigen, toemt er ju fid; ge!om= men ift, fofort I)er, ich mit! mit ein paar Ohrfeigen »er= juchen, ob jeine 3ä£)ne jo fejt fifcen mie bie meinigen. . . ®er Xötpet! SBenn id) bie ißfeife nid^t fejt jWijdjen ben 3äf)nen batte, fdjtägt er fie mir in bie Ke£)le, baff mir baS SDhmbftürf beim £>alSmirbet herauSfätjrt!"

„Um’S §immelsrnillen !" jtammette bie grau mit aber» gläubifdjer ©djrecfenSgeberbe ihre jitternben §änbe auf ben 3JJunb beS ©rofjfürften tegenb. ®iefer briicfte einen Suff bafär auf itjre flache Jpanb, umarmte ihre ©eftalt, bie fid) järtlidj an it)n fdimiegte, unb jog fie mit fidj hinein in fein innere^ ©ein ad). SRitter ©atban lieb er braunen fielen .

„9llfo miirbejt ®u eS mirftid) bebauern, toenn man mid) einmal tobt »or ®td) hinbrächte, burd)bof)rt ... bie S3ruft unb ben iftüden?"

„D fprid) nidjt jo!'' jtammette bie grau unb fcf)tug ein Kreuj auf ber ©teile, bie Konftantin an feiner SBruft bejeicbnete. Unb um biefe fürchterlichen 333 orte ju erfticfett, fdjlo& fie feinen ÜJiunb mit einem tjeijjen langen Kufc.

„®u!" murmelte baS Ungeheuer, unb inbem er ben Kopf ber grau in feine jpänbe fafjte, mie ein 33är ben Kopf eines ÖammeS, beoor er eS jerfleifcfit, fdjaute er it)r in’S Sluge. „®u u! ©djeuft ®u nicht meinen ÜDhtnb ju fiiffen? ©fett’S 2)ir nicht »or bem SnbafSbampf?"

®ie grau antmortete mit einem unfcf)ulbigen SBlicfe :

„Sch glaube, jeber SRännermunb hat einen folgen ©erud) ; ich erinnere mich an ben meines SSaterS."

5)aS Ungeheuer briicfte fie nadh biefen 3Borten mit einer Kraft an fid), als mollte er fie in feiner Umarmung erfticfen.

,0 ®u munberthätigeS 93ilb! Sie lägt nicht, fie fchmeidjelt nicht mie eine 323ettbame; fie fagt nicht, ba| mein §aucf) ambrofifch fei. Sie mei| nur, baf? ihr SSater fie auch fo gefügt, hot; jebe SRännertippe muh befchaffen fein ! $u, grau ! mein SSater mar eben fo fy&ftlid) mie

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ich, unb auch ihn liebte feine grau fo wie ®u mid). Unb er war bocfj fo abfcheulicf), toie id)."

„2)u toeifet nicht, wie ®u bift."

„2)och! i d) weife- eS. Steine Stutter t>at eS mir ge= fagt. Stich liebte fie am meiften; mich oerjärtette fie; mir War SlUeS erlaubt. Unb als meine @efcfewifter ftd) barüber beHagten, fagte fie ihnen : „Safet Ufa in grieben, er ift fo häfelich wie fein ©ater, barum liebe ich ihn fo fefjr." gef) aber bin nod} baju fehlest, was mein ©ater nicht war. ga Wohl, er war ein £>ihfopf, feine §anb folgte leidet fei= nem raffen ©lute, aber ich bin graufam aus gnftinct. gef) bin f<f|lecf)t, weil eS mir greube bereitet."

„®aS ift nicht wahr! 2Ber fagt baS?"

„geh fage eS mir fclbft. Oft Wenn icf) nach $aufe fontme mit einem abgebrochenen ©tod in ber |>anb, ben ich an StUem, was mir in ben 2Beg fam, abgefcEjlagen, möcf)te ich wich fclbft bamit oor ben Kopf hauen." dr bemerfte erft je|t, bafe ber gefpattene ©tod an bem ßorporalriemen uorf) an feiner §anb f)irtg. @ilig Warf er ihn fort.

„Sticht fo!" fagte bie grau. „$ie Stenfdjen finb böfe, bie 2>einen 3orn teijen. ®u gehft fortwährenb mit rauhen Stenfdjen um, bie buntnt unb heimtüüfcf) finb; baS reijt ®id) auf. SBären fie gut, $u wärbeft fie fanft behanbeln."

2)aS Ungeheuer liebfofte mit feinen §änben bie 2Ban= gen ber grau.

„Unb 2)u glaubft Wirflidh, bafe ich Pt bin? 2Bunber= bar! gdh glaube fchon genug gethan ju haben, um baS (Segentheil $u beweifen. gdh badfjte, bafe ich böHig bem Teufel gleiche."

Unterbefe hatte bie grau baS Ungeheuer an ihren 2oi= lettetifdj gebracht, liefe ihn baneben ©lafc nehmen unb braute mit aßen möglichen Kämmen unb ©iirften feinen Kopf, feinen ©adenbart in Drbnung; fein fd)Wcife= unb ftaubbe= becfteS Slntlifc Wufdh fie mit SilienWaffer unb liebte auf bie SBunbe feines blutenben StunbeS ein ©dhönljeitSpflafter.

„©in ich jefct fdhön?" frug er mit einem ©efidhte, wie eS Heine Kinber fdjneiben wenn fie gewafdhen Werben.

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„gür rnicf) t>ift ©u’S immer, aber beute merben frembe Herren bei $ir ju ©afte fein."

„fRidjtig, unb noch baju feine Herren. 2luS Petersburg, aus bem ruffifdjen Paris. ®ie finb an bon ton ge» toöljttt. Pub’ mich alfo re«f(t heraus ! 28er weiß, tuie biefen granjofen ©eine polnifcbe Suche fdjmeden Wirb, ©djmäte nur red^t nach Hausfrauenart ©eine ©peifen unb taff’ fie bann oon ihnen toben."

„SBiltft ©u, ba& id) auch bei XifdE) erfdjeine?"

„2Bie benn nicht? Unb Wenn ber ©jar fetbft mein ©aft märe! Sift ©u benn nicht meine fteine grau? 9hm fo antmorte hoch, bift ®u nicht meine Keine ©emalin?" ®ie grau ftammette ein furdjtfameS „ga".

„geh mürbe es auch Seinem, bem feine geraben ®tie= ber tieb finb, rathen, ©ich etma über bie 9lafenfpibe anju» fel)en, unb märe eS aurfj eine ©jeettenj," fdjrie ber SSicelönig, inbem er feinem eigenen Silbe im ©pieget mit ben gäuften brobte. „greiticb mar biefer 2traKSejeff ber treuefte SDtenfdj meines SßaterS. @r mar fein £unb, aber ich müjjte ibn trofc altebem bodb lieber auf ber Snfet, bie Sa» pitän Sofcebue im getben ÜDhere entbedt unb nach feinem 9iamen KraftSejeff benannt bot, als bie*-"

„SBarum, mein ©etiebter?" frug bie grau, mäbrcnb fie bamit befebäftigt mar, bie aufgetöfte Sraoate beS ©rofj» fürften jurecht ju richten.

„@b! grauen braunen nichts oon ©taatSgebeimniffen ju miffen!" antmortete er, mäbrenb er ficb alte 9Mbe gab, feinen ©ebnurrbart gleichmäßig $u breben, maS ibm trob aller Slnftrengungen nicht gelang, meit ber eine ©beit nicht jufammenbatten moltte. (Unb eS mar fein ©ob, rnenn er irgenbmo im ©tieb e einen fehlest gemiebften Schnurrbart bemerfte.) „geh fage ®ir nur: er !ann »on ©lüd fagen, menn ich leinen ©tod in $änben höbe, mäbrenb ich mit ihm fpreche."

„©rfdjrede mich nicht!"

„3<h Werjte nur. ©arf ich beim nicht auch einmal fchätern? 9tun, fönnen mir fd^on jurn SKittageffen

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geben? 3<f) bin hungrig, gearbeitet f)abe icf) beute mie ein Korporal."

„SBir fönnen fefton geben. SSäblft Su Sir benn leinen bon Seinen ©töden?" (gn jebem gimnter, in bem fid) ber ©roftfürft aufjubalten pflegte, fogar in bem ©arberobejimmer feiner ©attin, ftanben ein paar ©töde, toetöje man beileibe nicht non bem Orte, mobin er fie geftettt fjatte, megnebmen burfte.)

„©inen ©toef? SBojU? 3d) f)inle ja nicht. "

„9tun, um ben ©djulbigen ju beftrafen, ber Sich in folcbe ©efaljr gebracht. Su fjätteft um ’S Seben fommen fönnen; er berbient bie ©träfe." .

„©ebübrt fie ipm tuirflid) ? 9hm benn, fo mäble Su einen Don ben ©töden. Siefen, biefen guten, jäfjen? 9tun ber bricht nicht ju teidjt. Stlfo bebauerft Sn mich mehr, als jenen, ber midj berieft bat? @i, ba§ ift eine ©eiten» beit bei Seinem ©efd)led)te. ©ureSgleicften bittet immer für ben ©djulbigen. ■Jtun'bann geben mir."

Sobanna nahm ben linfen 9lrm Äonftantin’S, in bef ^Rechten b^t cr ben ©tod. Qm SBaffenfaate martete ber Selinquent bereits mit berbunbenem Raupte unb ge» ftbmottencr ©ade. ©r gitterte mie ein Heiner |>unb, als er ben ©roftfürften in ber. Sbüre erblidte.

„Su ©cblingel!" fcbnaujte ibn baS Ungeheuer an unb lieft baS fpanifdje Stoftr broftenb erfaufen. „Su ber» bienteft, baft ieft Sieb gehörig mid)fe! Äannft Su nicht Siebt geben, menn Su fäbrft? Unb ^aft Su Sieb benn ftarf berle|t? Sa! nimm -bie fünf fftubel! ®auf Sir Slrjnei bafür! ©algenftrid! §infft Su? Sa nimm ben ©tod, ftüfc Sich barauf! .SaugenicbtS!"

Somit ging er, bie grau am SIrme, meitcr.

©in Ungeheuer unb ein guter ©eniuS Slrm in Slrm. „§m !" brummte ber ©roftfürft; „'S ift feltfam. Su baft ben guten 3Renf<ben in mir entbedt, unb nun lommt’S mir faft bor, als fäme ich felbft barauf."

Sie Herren ©äfte marteten bereits im ©peifefaale. @S maren ihrer nur jmei. Ser ©icefönig mar nid|t befon»

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berS gaftfreunblict). ©r t)ätte audfj menig ©etegenßeit ge¬ habt, biefe Xugenb $u üben, benn bie Seute, unter metdfjen er motjnte, betraten feine ©cßmette fetten. $er aber mußte fd£)on t)odfj in feinem Vertrauen fteljen, ber Sßlafc an feinem Xifcße neunten burfte, menn audt} So^ianna bort faß.

SlraftSejeff mar einer non biefen. söeibe Ratten einanber einmal meinen gefetjen. Stur einmal unb nur ©iner ben Slnbern. @S mar, atS fie nadfj bem Xobe ©gar SßauFS jufammentrafen. ®er treue SDtenfdfj (ber £unb) liebte ben SSerftorbenen (ben ©rmorbeten) ebenfo mie baS Ungeheuer (ber jmeite ©ofjn). ®ie Stübern feufjten tief auf, atS ficß bie ©ruft nacß ißnt fcßtoß. ®ie SBett mürbe non einer Saft befreit! ®en SDtörbern mürbe Slmneftie erteilt, einige non ifjnen gelangten fogar ju ßotjen Stern* tern, mürben $eerfüf)rer. Stur bie beiben tonnten itjrn nie* matS nerjeitjen : Sonftantin unb SlrattSejeff . SttS bei Stuftertifc bie granjofen ben ©enerat Senningfen umringten, ftürmte Sonftantin mit ber Sßutf) eines' SerferferS an ber @pi£e ber ßeibbragoner ju feiner £itfe tjeran unb tjieb if>n mit ber Sermegenßeit eines mitben Stieres aus ber ©efaßr fjerauS um if)m fjernacJj jujurufen: „3$ t)abe $id) gerettet unb 2)u marft aucß einer non ben SBtörbern meines SaterS!" SiefeS gemeinsamen $affeS falber tonnte er SlrattSejeff butben. ®r „butbete" ißn. ©etbft baS mar fdfion ein großes SBort bei itjrn. 2)aju tarn nodf), baS SlrattSejeff ein ffltinifter mar, ben man fdEjtagen, ben man fortjagen tonnte, unb ber bodfj mieber tarn.

„Zdravtazjtye!“ grüßte ber ©roßfürft feine ©dfte. „SBaS? SDtit ©ucß tarnt man nod£) ruffifcß fprecßen? 3{j* feib nod£) nidfjt ganj ju granjofen gemorben? Äüffet meiner grau bie $anb!"

Stitter ©atban tarn bem Sefetjt in ber eteganteften SDtanier beS ^öftingS nadf), aber SlrattSejeff nottjog ben $anbtuß mit ber Strt non ©enuß, bie bem ruffifdjen Sauer eigen ift, lange unb unter nieten Komplimenten, mit beiben $änben baS grauentjänbdjen an feine Sippen brücfenb, unb bann feufjte er füß auf.

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„2 üj, ber 2lnbticf biefer ©tücffetigfeit, btefeS „sweet home" erinnert mich an mein eigenes füßeS §etm."

®ie grau allein üerftanb bie unenbtich tiefe Seteibigung nicht, metche fid^ in bem Komplimente barg. 2tber umfomehr ber ©roßfürft. Sei begleichen mürbe felbft feine Stirne roth oor 3°nt. mar mirftich gut, baß er beim ©ang burch’S Bünnter ben ®tod öerfd^enft hatte, fonft hätte baS fpanifche Stohr bem Sftücfen StraftSejeff’S gemiß einbringlich gefagi: w£cr wein ©uter! baS ift nicht ®aimona!"

„S<hma|et nicht!" brummte ber ©roßfürft bajmifchen. „Stürjet lieber eht ©taS Schnaps hinunter, nach gut ruf* fxfdfjer 2trt. 3<h fann bie fremben ©ebräudfje nicht auS- fielen baS ©omptimentiren ber granzofen unb baS „2Bie befinben Sie fiep" ber ®eutfchen. 3<h tonnte nie eine frembe Sprache erlernen. ®u fannft ®ich mot)t erin= nern, 2lraftSejeff, metch' ein fdjtechter Spüler i<h mar. SDtein armer Setter! SEBenn er in mich brang, i<h foHe lernen, ba gab ich ihm jur 2lntmort: SBoju benn? 3hr lernet fortmäljrenb unb feib bodfj nur eine taube $afetnuß!"

„Siet tnerfmürbiger ift bie 2lntmort, melche @m. Roheit bem $rofeffor ber ©eographie gegeben ^aben : „3ch lerne feine ©eograpljie, ich mache fie!"

„Schau! unb ich mache fie nicht."

„®aS fommt noch."

„|>att'S Staut! ®a ift bie Suppe, ©topft ®u<h ben Stunb unb rebet ni<ht. SdEpoeiget, fo tauge meine grau betet. Sie betet auch ftatt meiner. Unb bann miü ich bei ber ®afet feine ernften ®inge hören. Slnefboten finb ertaubt, baS Xrinfen ift $ßfti<ht, baS glucken ift ni<ht oerboten. SBer aber in ©egenmart meiner grau eine Ungezogenheit fagt, muß fidj fofort ben Stunb auSfpüten. SSenn baS Stahl nur furz fein mirb, fo muß id£) meine grau ent= fd^utbigen, fie mar auf ©äfte nid^t üorbereitet. ®ie Spei- fen finb burdfjauS nationat : ruffi<h unb potnifd^; baS brauet gar nicht entfchutbigt ju merben. ®ie franjöfifdhcn ®öch e fann i<h nicht teiben; fdjon bie Stauten ihrer Spei*

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fen finb meinen Dlfren juwiber, um toie Diel mehr bie ©peifen felbft meinem Silagen! SJteiner grau aber finb fie gerabeju (fbfunbheitöttnbrig!"

dhebalier ©alban hatte biefem S^ema. fogleidj (Stwag flinjttjufügen.

„D, bie franjöfifdjen Södfe finb gar große fperrett bei unä. Sie gamilie „Stöbert" bilbet eine wahrhaftige Slriftofratie in fßeterSburg, unb man ift abetig, wenn man ju biefer gantilie gehört. Ser franjöfifche So<h ift ein größerer §err at§ ber ®jar. Senn er befiehlt bem ®jar, Wa8 er effen fott, unb bulbet leinen ©nblicf in fein ®ub= get. ®r ift ein größerer $err at8 ber Slrjt, benn er orbinirt auch bem ©efunben. SBa§ er oerweigert, ba§ ift nicht ju haben. $err Stöbert thut, wa8 nur ber polnifdje 3teich8= tag thun tonnte, atö noch ba8 „niepozwolim“ in ber SJlobe War. Stenn fein ©err ihm fagen läßt, er wolle, baß heute biefe unb biefe ©peife jur Xafel lornrne, bann ent= gegnet ihm §err Stöbert mit feinem liberum veto, welche» im granjöfifdjen l^ei^it : „9a n’existe pas!“ Steulich ließ fidj gürft Starifcßtin feinen Sodj h°len, bamit ihm bie= fer bie fdjriftliche Verweigerung be§ SSefeljlg, ihm ein „blanc manger“ ju bereiten, münbtich Wieberf)ote."

„Stie, er hat ihn ad audiendum Verbum citirt?"

„Sowohl; unb Monsieur Stöbert hot bie Steigerung münblich Wieberholt. Ser gürft Wollte ihn tüchtig augfdjel» ten; §err Stöbert aber erhob fi<h auf ben |»alen unb fagte: „SJtein fjerr! ©ie bergeffen, mit Wem ©ie fpredjen!" "

„3nm Seufet ! Unb ba8 (Snbe ber ©efchichte?"

„Stun, ber gürft hflt fein «blanc manger“ nicht befommen!"

„Sa, ba8 Wäre Wag für mich! S<h mürbe ben Sod) freffen ftatt ber ©peife."

gheoalier Oaiban war ein prächtiger fßtauberer; er trug bie Soften ber Unterhaltung.

„Vor einigen Sagen hat fich in ber §auptftabt ein fehr fpaßiger Vorfall ereignet, unb jWar bei bem dürften

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Sßopraboff, bet einen franjöfifcfeen Koch unb einen franjö* fifc^en ©tjiefeer für feine S'inber batte. Der Socfe fodEjte mittetmäfeig, bet ©rjiefeer war fein feerüorrageuber fßäbagog. ©löfcticfe war ber Koch itgenb wie üerfeinbert ju fotzen; baS fpauS war in ©ertegenbeit. Der ©rjieher fügte, er üerftefee etwas üom Kodben, unb man fonbte if)n in bie SJüdfee. ©r lieferte fteben auSgejeidfenete Diner«. Qitjtnifc^en machte ficfe bet franfe ®ocfe erbötig, bie Keinen ißrinjen in ben SBiffenfcfeaften ju unterrichten. Unb fie machten erftaunticbe gortfcferitte. ©cfetiefelicfe machten ©eibe baS ©eftanbnife, bafe fie ihre ©teilen nur au« Stoffe angenom* men unb ihre Stoßen üertoecfejelt batten."

„Unb ber gürft f}atte baS nicht wargenommeu? Diefe ©efcfeicfete mufet Du meiner grau Weitläufig erjäfelen, Wenn Du mit ihr allein bift. Sieben wir jefct oon nötigeren Dingen, SlraftSejeff. 2ßie befanb ficb mein erhabener ©ruber, ber Äaifer Sllejanber, als Du ihn üerliefeeft?"

©ei Stennung beS ©jarS hatte ber ©rofefürft fich erhoben, unb gebet war feinem ©eifpiele gefolgt.

„geh bebauere, Roheit, auf biefe grage feine gaitj befriebigenbe Antwort ertfeeilen ju fönnen."

„2BaS fehlt ©r. SKajeftät, meinem $errn ©ruber? Stun? Ober fannft Du üieüeicht üor meiner grau nicht fpredfeen? ©ut; eS ift ganj recht, baß Du fie nicht erfchrecfen WiBft. Du wirft eS mir allein etjählen. Unb Wie befinbet fidfe gfere ÜJtajeftät, bie ©jarewna ©lifabetfe? ©ibt eS feine Serbriefelidfefeiten unter ghren SDlajeftäten? SBcnn Du nicht« ®ute8 ju fagen Weifet, fo fchweige lieber üor meiner grau; betrübe fie nicht!"

äraftSejeff fanb es geratfeen, ftatt einer Antwort fiefe bie ginger abjulecfen.

,,©o ift’S, Wenn man aßjufrüfe feeiratfeet!" fufer ber ©rofefürft fort, inbem er mit ber jweijaefigen ©abel in ben 3 üfenen feerurnftoefeerte. „gefe feabe eS an mir felbft erfahren unb reblicfe gebüfet. Siun ©ott fei Danf, bafe es ü orbei ift. feat mir genug ju fefeaffen gemacht, efe' ich miefe üon ber erften grau fefeeiben fonnte. 91ber fpreefeen 3<Hoi : greifet. I. 13

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Wir baüon nicE|t öor meiner ©attin. @3 log ja bodfj an mir felbft. Ser ©cfjulbige War am ©nbe bod) idj. ©ine grau, bie mid) augfteßen fann, ift fo feiten wie ein ®omet. Unb wie fteßt’g benn mit Sir, ©alban, bift Su fdjon irgenbwo Rängen geblieben? 23er ift bie Unglück lidfje, bie 'Seine grau geworben? SSSenn idj ©jar Wäre, Würbe idf) auf fotdfje lebige Herren eine ©teuer au8Werfen Sitte gunggefeHen=©teuer! ©uer ©lüd, baß idj’8 nie Werbe."

„^oljeit! @8 War auggemadjt, baß wir über Sifdfj nid^tä üon ernften Singen reben," bemerfte bemütßig 9traft8ejeff.

„Su Ijaft SRed^t. gd(j t»ab' gegen bie Siegel üerftoßen. 3ur ©üljne Wollen Wir ein ©lag auf bie ©efunbßeit meiner grau leeren."

Sie brei ©läfer in ben Rauben ber äJtänner Hangen aneinanber. Slun lam aud) ba8 oierte ©lag an bie Steife, üon jener jarten weiten fpaitb erhoben, unb ber feurige Solarer nefcte eine feine blaßrotlje Sippe. Sag Siner ging ju ©nbe, man trug bag Seffert auf. Ser ©roßfürft wählte nur ^afelnüffe, bie er mit ben Bäipten aufjufnaden liebte; bie brei erften, bie er fo aufgefnadt Ijatte, legte er auf 3oljannen8 Seiler l)in.

Sie grau fpradf) jefjt jum erftenmale, feit fie bei Sifdje faß. Slud) biegmal war eg nur ein glüftern.

„§ab Sldfjt id(j bitte Sidf), auf Seine 3“l)ite. ®u fönnteft wieber eine ®rone abbrecßen."

„Sag fann fein!" fagte ber ©roßfürft ben ©Ubogen auf ben Sifcf) tefpxenb, unb Warf unter feinen bufdjigen Slugenbraunen einen Süd auf 2traft8ejeff, ben biefer üer= ftanb, worauf bann ber ©roßfürft bie ©tirne Soßanneng füßte.

,,©el), mein ©dfjaß, laß ben Kaffee auf bie Sertaffe bringen unb nimm ben ©Ijeüalier mit Sir. ©r liebt eg, natf) granjofenart bag Siner mit bem Saffee ju f erließen. 2Bir aber wollen ßier auf gut polniftp nodj ein Wenig mit einanber jedien."

goljanna erljob fiel) tjierauf üom Sifdje, legte ißre

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4?aitb auf ben Slrm beS üor ifjr fteljenben ©IjeoalierS, unb oon bem Wiener begleitet, ber bie Saffeefanne auf einer ©itbertaffe trug, oerlief? fie ben ©peifefaat.

®ie beiben SDtänner blieben allein unb begannen nad) guter polnifdEjer ©itte ju trinfen, bie ©täfer junt oierten Xfye ite mit bem golbenen Xofatjer füttenb.

„Stuf meinet Ijoljen §errn SBruberS, beS ©saren Stlejanber, ©efunbljeit!"

Sie teerten bie ©täfer unb füllten fie auf'S Steue.

„3n ber 2f)at, ©eine SWajeftät tjaben biefen ^eiligen Söunjcf) fetjr nötljig!" fagte tiefauffeufjenb StrattSejcff.

~„9hm, er ift bocf) nidjt ernftticb) tränt? StBaS fef)tt iljm?"

„6r frantt an bem Uebet, baS am fdjwerften ju feiten ift 2Mandf)otie, ©emütljstranlljeit. Sitte ®nnft ber Sterjte wirb baran ju ©djanben. 3)er ©jar fd)täft oft SRonate lang nicf)t metjr atS nad) SJtittag ein betäubenbeS @d)(um= merftünbdjen. lag unb 9tad)t wirb er oon attertei tßfjantomen gequält. @r ift tebenSmübe. SESen mödfjte eS SBunbcr nehmen? @ief)t er ja Stiles unter fitf» pfammen» bredtjen, was er müljfam aufgebaut. Sitte träume feiner 3fugenb finb batjin. ®ie freiljeittidtjen Snftitutionen, bie er in’S Seben gerufen, ift er eine nad) ber anbern fetbft geswungen jerftören, fid) fetbft ju ternidjten."

„Unb um fidtj wieber su ermannen, neu ju fdtiaffen, fetjtt üjm bie ©eetenftärte. @r weif?, baS er §a§ gegen fidf) fjeröorgerufen, unb .Ijat nidt)t Sraft genug, Xqranit su fein, um ben §afj umbarmtjersig erftiefen. Ueberall fietjt er fi<tj oon üfteudfjelmörbern umgeben, unb eS fetjtt i£)tn bie ©nergie, nadj ber SBaffe greifen, bie ifjn fd)üj)t. Unb basu ift nod) fein Familienleben jerftört. ©uer §ot)eit tennt bie ®ataftropf)e. S)a8 ©emütt) beS ©saren fteljt im Sanne retigiöfer ÜDMancfjotie. ©r tjält fidtj für einen tier- urt^eiltcn ©ünber oerurttjeitt oon ©ott unb oon ben SJtenfdfjen. @r fdtjaubert surüdt oor bem ' Sertjängnifj unb bod) befdjleunigt er eS. ©in ©eetensuftanb wie biefer fann au4 ben Iräftigften Organismus schütten. ®ie geringfte

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Äranftjeit fattn i£)tn töbttid^ merben, unb er Efat !autn Sldfjt auf fidj. Äein Strjt barf ifpn nafyen, unb er öerl)eimlid)t eS, menn er !ran! ift. 3dj glaube, er trägt ben SobeSfeim ttn $erjen, unb baS Jperj ift nicEit ju feilen."

„©lein armer ©ruber," brummte ber ©rofefürft unb liefe betrübt ben ®opf auf feine §anb finfen. „liefet tyerrlid&e, mastige SDtenfdj, mit bem idj beifammen mar beim Siege tiot ßeipjig, auf ber Snfel beS Stiemen, als er mit Stapoteon jufammentraf, beim 3riebenSfd(}lufe .... unb in ©ariS beim grofeen ©injug . . . unb in S33ieu auf bem Songrefe ber ^»crrfdjer .... unb allüberatl t)örte idfj eS flüftern : „811}, ber ift’S bort, biefer ftattlidje -Dtann neben jenem ungeftalteten!" Sidjt unb Statten, bie ftetS neben» einanber finb : mir Seibe pellten fie Bor."

„333ir müffen unS auf bas ©dpimmfte gefafet machen. Sie fd}macf)e giamme, bie biefeS Sidjt nocf) näljrt, bebarf nur eines |>au(f)S unb fie »erlifdfp. Unb bann fiefp baS ganje Sanb ber fürdfjterlidfften Seftruction entgegen. Surd}} {junberteriei ©erfdjmörungen ift ber ©oben untergraben. |>unbertertei ©emitter bebro^en uns. 333er mirb bie <3ünb= Put beljerrfcf)en, menn einmal $immel unb ©rbe in ©eme» gung gerätsen? Ser ©jar feat feine Äinber. 333er mirb nadj if»m ben Sfjron befteigen?"

„Ser, ben ber ©jar beftimmt."

„Unb menn er feine ©eftimmung trifft? 333ie man ifjn benn aud) nid)t ju bemegen uermag, eine Seftim» mung ju treffen. SaS ©efefc, fagt er, ftmdjt flar genug. Sem ©jaren folgt ber ßäfaremitfd)."

Ser ©rofefürft fing fjeüauf ju lachen an, er fiel auf ben Stürfen oor ©elädEper, er ladpe, bafe feine 3“l)nreil}en fidjtbar mürben, mie bie eines gälinenben Sömen.

„|>a §a fea! ber ©äfaremitfdj ! Stein, greunb, bjr p|t Sir nid)t auf auf ben Sljron ! SDtid) fieljft Su nic|t unter 3ü>an’S Siamantenmüfce!"

„333arum nid&t, $ol)eit?"

„SBeil idj Sein ©anbelier Diel lieber über Seinem Stücfen als an meiner föelpe fefee!"

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(©gar Paul mürbe mit bem ©anbetier feinet Slbju- tauten erbroffelt.)

„3Bot)in beulen Sie, ipotjeit?"

„Sin meinen ©ater unb an mein ©oll. tttun idf) märe gerabe ber Steckte für bie Petersburger! gm vorigen 3al)re, ba mein atterl)ödf)fter $err ©ruber, ber ©gar, als er Iran! gu fein geruhte, rnid) gnäbigft gu fid) befaßt, unb idf) in ber tttefibengftabt erfd^ien : tjui! mar baS ein Sdf)recfen in Sfraet! Sie beforgten fd)on, baß idf) nad^folge! SBemt id) bie Straßen entlang futjr, maren bie ©efymege im tttu leer. Sie SOtenfc^en üerftedten fidf) in ben Xl)orfaI)rten, um nid^t grüßen gu müffen. §ej! mie fie ba nadf) ben Sirenen ftrömten! STiie l)at ber*9Reßner ntepr Äopelen für feinen Klingelbeutel gefammett, als mätyrenb idf) ba mar. Sie Popen gogen bie ©ngeln faft an itjren güßen aus bem $immel l)erab, bamit fie bem ©garen nur ©enefuug brädf)* ten. Sin jeher Straßenedfe geid)neten fie mit ®ol)le ®arri= caturen meines Profils, mit biefer großen 9tafe, unb fdfjrieben Säfterungen barunter! Unb als bann ber attmädf)tige ©ott meinem attert)öd|)ften §errn ©ruber, bem ©garen Teilung braute, baß er eines fcfjönen XageS mieber eine gatjrt burcf) bie Straße ntadfjen fonnte, maS mar bamalS für eine greube in ber Stabt! Sitte SEBelt brängte fid) an feinen äßagen Ijeran, fie poben itjn faft in bie Süfte unb begruben itjn beinahe unter ©turnen. Unb alles baS, meit fie midf) Raffen! Sticht baß fie itjn lieben, fonbent meit fie fiel) Oor mir fürdfjten. ©ben fagteft Su, baß audf) it)n oon allen Seiten 3Reudf)etmörber bebro^en, nur mit bem Unterfcfjiebe, baß fie il)n in ben Fimmel beförbern motten, nticf) aber in bie £>ötte. Sie glauben in mir ben Sol)n meines ©aterS gu finben, einen ttßann mit eiferner £>anb für il)ren eifernen tttaden, mie eS mein fetiger ©ater mar."

„Unb fie märe il)nen in Sßaljrtjeit nöttjig! Sen eifemen Slacfen beS tttuffen oermag nur eine eifeme |>anb gu beugen."

„ttlun, baS fönnen fie nocf) erreichen aber ©ott bema^re midi) oor ipnen unb fie Oor mir!"

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„gebet rechte SBtann aber fejjt feine Hoffnung auf Euer §of)eit."

„Elj! bag ift nodf) meit int gelbe. SEBoju fdjmajjen mir fo tofleS ßeug? SBarunt foflte icf) itjn überleben? Sin id) bodf) nur um anberttjalb Satire fpäter jur SBett gefom= men atg er. 9tod) einen Xrunf! Eg lebe mein fperr Sruber, ©eine SDlajeftät ber Ejar! Sßag t)at Xidf) fonft jn mir hergebracht, Xatmn moßen mir nicht meiter reben."

„Eben im Stuftrage ©einer SERajeftät bin ich getommen. ®ie X^ronfotge muff georbnet merben, bag ift fein SBiße. ®er Ejar |at feinen Xtjronerben."

„9hm unb idf) tjabe nodj feinen! Slber er fann nodf) fommen ®u fiefift, baß i<h midj neuerbingg öermäfjtt habe!"

„Slßerbingg, bocf) nur jur tinfen §anb. Eine morga= natifdje Ehe."

„Sig jej}t. ®och menn mir meine Stau ein Sinb fdfjcnft, merbe tdh fie ganj ju meiner legitimen Eattin machen."

„®ag fönnen $of)eit nicht ttjun."

„Sßarum nicht?"

„SBett Eurer fpoheit erfte grau, Stnna geoboromna, nod) tebt."

„Slber bie St)nobe tjat mich ja bon if)r getrennt, ©ie Ijat ben Shimen Stnna geoboromna aud) fdjon abgelegt unb mieber ben ber gutiana bon @achfen=Eoburg angenommen. Unb meine neue Beirat mürbe ja mit Einmifligung be§ Ejaren gefd^toffen."

„Slber mar nur eine Xrauung jur tinfen §anb."

„So tauften mir fie um auf bie redete!"

„$a§ ift nicf)t möglich. Sn bie Erunbgefe|e beS ©taateg mürbe unter Ejar Sltejanber ein Ufas aufgenora* men, ber anorbnet, baß nur aug ^errfd^erfamitien ftammenbe grauen auf ben Xßron beg Ejaren erhoben merben fönnen, unb Stadjfommen, bie nicht bem ©tamme eineg ©ouoerättg entfproffen, fönnen ben Xtjron nicht erben."

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„So merbe id), menn idj maS ©ott üerljüte ©jar merben foßte, einen anbem Ufas ertaffen, ber ben erften öernidfjtet."

„@S gibt nod() ein anbereS §inberniß, baS ber ©$ar bur<fj teinen Ufas befeitigen fann. Sure §ol)eit meiß, baß ben ©aarentljron nur eine grau einnetjmen tann, bie fid) jur ortfjobo^eu Stetig ion befennt. ©taubt ©uer §ol)eit, baß goljamta ©rubäinSfa bem römifdf^fatljo' lifc^en ©tauben abtrünnig mirb für eine Srone?"

„Sie läßt iJjn nid)t um äße Sronen beS ©jaren! ®aS §er$ biefer grau fennt Untreue fo menig, baß fie faum if)r altes Pferb für ein neues umtaufdfjt! nictjt baß fie ifjre Stetigion Oerleugnen foßte. ®aS möge and) feiner bei il)r oerfudfjen!"

„Unb eS gibt nodj eins baS ein größeres £inber~ niß ift, als fetbft bie Stetigion : bie ©efeßfdjaft. Soß bie St. Petersburger Societät aus bem Patafte beS ©jaren verbannt merben? Soljanna ©rubjinSfa mag ein ©ngel fein: barum ift fie nodfj lange feine Saiferin, öon ber bie ©ljebimin, 9tarifd£)fin, Srubefcoi, SJturamieff, unb mie bie ®amen aße Reißen mögen, anerfennen, baß fie audfj nur gleidjeit StangeS mit ifjnen fei; um mie oiet meniger, baß fie im Stange über iljnen fte^t."

„®ann mögen fie für fidfj bleiben."

„2Bie Oerftetft ©uer £o{jeit baS?"

,,©anj einfach, fie mögen fiel) ifjre Srone begatten, icf) aber fjatte mir meine grau bafür!

„§ot)eit meinen baS bodfj nicf)t im ©rnfte?"

,,©anj im ©rnfte unb mit üöflig f altem ©tute," fagte ber ©roßfürft, feine §anb auf StraftSejeff’S Slrm tegenb. „9Rein ganzes Seben ljinburdl) f)abe idj nodj nir= genbS Siebe gefunben. gd^ glaube, baß rnidfj fetbft bie Stmme, bie mid) fäugte, geprügelt tyat, meit idfj fo ungeftattet bin. 33on jetjer fonnte idj feinen §unb an midi) gemötjnen. 3Jtag idl) men immer anfd)auen, fo fefje idl), baß er öor mir erf^ridt. SReine Stimme fud^e idfj öergebenS an einen mitberen Slang ju gemöfynen, fie freifcf)t, ats mürbe icß

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fortmäljrenb fdjetten. $aS SEBort „mein Siebet" Ijabe td) nie gehört, feitbem id) bie j^inberfd^uije jerriffen. Unb nun füljrt mir baS ©djidfal, mie einet blinben £>enne, eine edfjte Ißerte ju, ein füfjeS Äinb, baS mid) Don ganjent £>erjen liebt, ©ie jagt eS nicf)t, fie füljlt eS nur; ja fie läfjt eS midfj fügten, ©ie lebt in mir mie meine eigene ©eete unb benft meine ©ebanfen. ®a8 menige ©ute, baS in mir liegt, fie entbecft es unb tef»rt midfj, midj fetbft lieben, ©in» jig unb allein fie fjat ©onne in mein bunfleS Seben gebraut. S3in idf) franf, fo pflegt fie mid), bin idj heftig, fie meifj mid) ju befänftigen. gn if)t ift mein befteS EE^eil! Unb gl)r glaubt, bafj eS einen fßreiS auf ©rben geben fönnte, um ben idfj fie Derftojje; bafj idfj um irgenb einen Üfjrott ber SBelt biefen Keinen Seljnfeffel l)ier taufte, in meldfjent mir SBeibe nur fo eng ißlaf} nebeneinanber haben, bafj ber ©ine im ©djoofje beS Slnbern fifjcn mufj? 311)! toaS feib gl)r für Sfjoren, baS ju glauben!"

„$ol)eit! bie ©rforfdfjung beS menfd)lidjen ©emütljeS bilbet fdfjon lange ben ©egenftanb meines ©tubiumS, unb eS ift mir nidfjt neu, bafj bie Siebe bie getoaltigfte ®rofj= madjt auf ©rben ift. ©ie ift ftarf, bodf) nic^t Don SDauer. feilte ift eS fo, mie $oljeit fagen. Stber baS menfdjlidhe |»erj ift oeränberlWj, mie ber Fimmel. Unb beffen emiger ©egenfafe bleibt bie ©rbe, baS SSaterlanb. $eute glauben mir ein ißarabieS ber ©tüdfeligteit oerfdfjerjt ju Ijaben, als mir Dom §immel jur ©rbe fliegen ; morgen fetjen mir, bafj eS bloS eine eitle SBolfe mar, bie glänjte, unb fid; fpurloS oerflüdjtigt Ijat. ®ie ©rbe bagegen bleibt immer unter unS; fie üertiert niemals if)re 2lnjieljungSfraft. SBie? |>o£)eit fönnte eS mit Derfdfjränften Sinnen anfeljen, bafj bie gattje SJtonardjie als Staub ber glommen in EErümmet finit, nur bamit gf)r §aupt im ©djoofje eines geliebten SßeibeS ungeftört ru^en fönne?"

„9tun? unb menit eS fo märe?"

„SBenn eS fo märe? Sind) für biefen galt tjabe idj meine beftimmten gnftructionen. ©ure §of)eit finb $err gl)rer ®ntfdf)tüffe; bodf) audj baS ruffifdjje Sleidj ift |>err

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feines ©djidfalS. SBenn ber ©äfarewitfd) baS bürgerliche, ftiHe Familienleben für ein pßereS 3iel plt, als bie ©rpttung beS non feinen Stpen gegrünbeten SteicpS, . fo fjabe idj if)tn einen anbern Slntrag ju ftetten. ©e. SRafeftät ber ©jar ergebt bie morganatifdp ©pfrau beS ©äfarewitfdj, Foßanna ©rubjinSla in ben ßolnifcpn Fürftenftanb mit bem Familiennamen „Sonic j". 911S ewiges Sepn fcpnft er ip bie Sonicjer Sronprrfcpft ber ÜJtafoner SBojwobfcpft, worauf ber ©roßfürft fie für feine legitime ©attin ertlärt. Fpe etwaigen Sinber Werben gürften non Sonicj unb ©rben ber ^errfcpft iper „3Kutter" mit ruffifcpnt SBojarejirange fein pngegen refignirt ©roßfürft Sonftantin auf ben ®itel „©äfarewitfd)" unb baS ®f)ronfoIgered)t fowoßl in feinem als im 9tamen feiner ©rben, ju ©unften feiner ©rüber!"

Äonftantin fdjlug mit. ber flauen fpaitb auf ben ®ifd).

„Sieber pute als morgen!"

„Fdj bitte ©uer $opit, bie StntWort nidjt p über» eilen! ®er fpimmel ift neränberlid), bocf) ewig bauert bie ©rbe. Sd> bin überjeugt non ber Sftüpigleit ber. SB orte ©uer faiferlicpn §opit. ®od) ein Heiner Sluffcpb fann nidjt fcf)abe«. ©erfucpn $opit einmal nur für eine SBodp, nur für einen SRonat baS geliebte SBefen p neriaffen. Dber fdjiden ©ie fie Wie eS ipe jarte ©efunbpit opepn forbert, nad) @mS ober KarlSbab. trennen ©ie fid) non ip, bamit ©ie einanber nicp tägtidj, ftünblidj fepn, baß fie fidf nicp immer in Fpent Greife bewege, fonbern baß ©ie ©eibe aucß anbere SJtenfcpn, anbere ©eftalten, anbere ©erßältniffe um fidj pben . . . ."

„Sllfo glaubft ®u, baß eine längere 2lbWefenpit unS einanber entfremben tonnte?"

,,©S ift eine alte ©efcpdjte, unb bleibt bocf) ewig neu!"

„SBäpenb eines furjen SKonateS füllte ein neues ©efidjt im ©taube fein, baS geliebte ©ilb aus unferem $er$en p reißen? ®u bift ein ®pr!"

„@S fommt nur auf eine ©robe an."

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,,3d} tarnt eS ttjun! ®od) !amt id) 2)ir borauS fagen, baß S)u $idj tauften Wirft. 3)en!e auch (einen Slugenblicf an einen ©rfolg beS ©erfudfjeS. SBir ftolpern nicht, wie gewöhnliche SRenfdjenfinber. SDticf) ju lieben, grenjt an Unfimt. 2)aS ift eine ©Ijimäre! $odf) Wer fid^ einmal in nticf) oertiebte, bertäßt mid) nicht! Unb baß ich fie »ergeben Werbe, baS lächerlich. 3)ann wäre id) ja bie btinbe §enne, bie fi<h ein §aferforn ftatt ber gefunbenen Sßerte erbittet. 3ft bie SlbbanfungSurfunbe fertig? ®u ßaft fie bod; fidjer mitgebracht? ®ib fie ^er; ßeute, morgen, in einem Qaljre, ober an Wettern läge ber ©wigfeit immer Wirft 2)u nur biefe Slntwort bon mir ermatten : 3dj unterfertige!"

„©eftimmen Wir eine griff, §o^eit! Sticht üon Kinber= fpielen, auch nicht oom Stieberfämpfen jugendlicher Seiben= fraßen ift ^ier bie Siebe. Ueberlegen Roheit genau, auf WaS ©ie ©erjieht leiften wollen auf bie neunjeßn fronen StußlanbS ! ©on ber mit neunfyunbert Siamanten gefcftmüdf= ten Krone beS gwan SUejiewitfcf) bis jur einfachen „äRüfje" ißeter’S beS ©roßen; auf bie StoWgorober Krone mit bem SeiffuS, bie Krone ber Stepublif, Welche Sturif trug; bie Slftradjaner 9Kit|e beS SJtidjael geoborowitfdj; bie fibirifdje Kappe beS gebor SllepeWitfch unb. enbttdß bie ättefte, ßeitigfte ^Reliquie, bie Krone beS ÜRonomadjoS, beren Urfprung in'S gabelreich, gehört. Unb alt’ biefer ^errlidjfeit Wollte mein erhabener §err einer Sßeiberljaube ju ßiebe entfagen?"

SaS ©efprädfj Würbe burdh ben ©intritt beS Stifter ©alban unterbrochen.

Ser Stifter erfchien, eine ©aüekSlrie bor ficß ßin fummenb, in ber Shüre.

„Stun, ©alban?" fd)rie ihm ber ©roßfürft entgegen, „wie gefällt Sir baS ©etbeböre?"

„prächtig!" entgegnete ber Stifter ; „unb baju ift eS eine uneinnehmbare geftung!"

Sie beiben lebten SB orte Waren an StraftSejeff gerietet mit einem bebeutfamen ©liefe.

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SJtögtich, bafj tfjn auch ber ©rofjfürft bemerlte, benn mit fdjarfer Setonung fagte er ju ©atban : „Sine unein= nehmbare geftung? g<h muffte gar nic^t, bafj Su aud) in ber (Srftürmung oon Sefeftigungen erfahren bift."

„0 ja," ermiberte ber SRitter in eben fo fatirifcfiem Sone : „geh war fchon fo glücftidj, oiete für uneinnehmbar geltenbe Surgen ju erftürmen!"

Straftgejeff gab ber Slflegorifirung rafdj eine anbere SBenbung unb fagte : „g<h fenne bie geftungen, Welche ®u einjmtehmen pflegft ! 3hre Slawen finb Chäteau Laffitte unb Chäteau Margot!" (Seibe grand vin unter ben Sorbeauj:»2Seinen.)

hierüber tacf)te bann ber ©rofjfürft unb erhob fi<h Dom Sifdje.

XX.

|>ie edjfe ^ferfe ber ßfinben ßeutte.

SGBag fanb 3titter ©alban auf ber Icrraffe beg Sei« oebäre ©djöneg, unb Wag fonnte er bort nicht einnehmen?

3>n ber Sljat ein herrlicher Slnblicf! gn ber 9täf>e, ladjenb in Senjegblüte, ber Sajienfa Urwalb mit feinen bichten Säumen, bie in allen garben oom ©olbgrün beg Slfjorng big jum fßurpurroth beg ©umachg bag 2luge ergäben. Swifchen ben runben Saumlronen erheben fidj bie ßittnbä^er beg ©tammfchloffeg oon Johann ©obiegfi, ber Sajienfa Surg. Zierliche rothe unb grüne Shärrndjen ber umherliegenben Sillen ftedjen bunt ab oon bem Saub= geWölbe, unb bie Stegen ber fitberblättrigen fßappel, bie ba unb bort herüorragen, bejeidjnen bie Sreujwege. ber gerne bie alte polnifdje Äöniggftabt, bag lebenbige |>erj eineg begrabenen $örperg, beg alten Äöniggfdjloffeg, beffen ©teinterraffen noch je|t ©puren feiner ©arten jeigen. Stuf ben gothifdjen Shörmen ber ©t. gohannegfirdje glänjen bie gotbenen ®reuje (felbft bie finb noch nicht oerboppelt).

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Unter ber Stabt fdfjtängelt fidj bie SBeidjfel mit iljrer in grüljlingSpradjt griinenben Keinen © adjfeninfet. ®rüben ift ber große SJeliaiter SB alb mit bem atten ©amat= butenfer Stofter, beffen SBänbe im Stbenbrotlje erglühen, bie große 3Bolja=@bene, ber Scßauplaß ber SönigS» waljlen, ein ftummer 3eu9e Dieter großer Ipftorifdfjer ©reigniffe. Unb am §orijont, im gotbenen Stebel ber Dämmerung berfdjwinbenb, baS Sraumbilb eines SdfjloffeS, SJiariemont, baS einftige ©afteü JDtaria SobieSK’S.

„Stidfjt tr»a£)r, ein Ijerrlidjer Slttbfid?" fagte 3o^anna jum Stitter ©alban, als fie auf ber ftödfjften Serraffe beS SelbeböreS angelangt, itjrett SßtidE in bie Stunbe feßweifen ließen.

„©in IjerrlidjeS ©efängniß," antwortete ber Stitter.

Soßanna ftaunte iijn an mit ißren großen braunen Stugen, bie nidf)t flammenb unb berfüßrerifd), aber botl Seeleninnigfeit waren.

„©in ©efängniß? unb für wen?" frug fie erftaunt.

„%ixx eine ^eilige, eine SKärtprin, bie fidj für if»re Station opfert."

„SBer ift biefe ffltärtprin, unb Worin befielt i£»r Opfer? Sd) berftelje Sie nid)t."

„SBarlidj, nidjt Igener ift ber SKärtpr, ber mit glüfjenbem ©ifen gefoltert wirb, unb eS gebutbig erträgt, fonbern igener, ber fein §erj opfert auf einer golterbanf, Wie fie graufamer nodj feine menfdjlicße ißljantafie jemals erbaute. Unb burdj ein reißenbeS Xßier getöbtet Werben ift fein fo fdjredttidjeS Opfer, als biefe SSeftie ju umarmen unb ju Kiffen, ©oldj ein Opfer bermag nur ein pohtifdjeS SBeib unb nur für bie polnifdje Station ju bringen!"

„©ntWeber ßabe idf) Sie nic£)t oerftanben, ober Sie fjaben etwas mißberftanben," fprad) Qoßanna, bem Stitter bie Schale mit SDtoffa anbietenb. ®amit nahmen fie einanber gegenüber ißlaß.

Stitter ©alban war ein praftifdfjer Stratege bei foldfjem Sturme. @r fjatte eS gleidf) ßerauS, Wo bie geftung am Wenigften bertljeibigt war. „gürftin! wo immer auf ©tben

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bet fftame be§ Politiken 83icefönig§ genannt Wirb, erwäfeut ntan audfe ben Stamen ber So^anna ©rubjinSfa. Stnbetenb fpricfet Qeber oon ifer, benn fie ift ber ©cfeufeengel aller SBebrücften unb ® erfolgten."

„3$ bon allbent gar nidfetä. §ier wirb nur ber ©erbredfeer oerfolgt, unb beffen Seftrafung lann idj nidjt Oerfeinbern."

„SSieüeidfet nidfet mit SB arten, oieöeidfet nur unbeWufet! Dodfe alle SBett' toeife, bafe ißotenS ©cferecfnife burcfe ben ©influfe 3few8 3<iuberS ganj oeränbett ift. @r feat erleudfetete ©tunben, in toeldfeen er fein SSolf toie ein ©ater befeanbelt. Unb biefe ©tunben Oerbantt ©ölen 3fenen!"

„§err Witter! merfen ©ie benn nidfet, bafe mir eine Sobpreifung jutoiber fein mufe, bie meinen ©atten befcfeimpft?"

„gerne fei Oon mir, ben ©äfaretoitfdfe, meinen .penn, ju oerunglimpfen. @r ift fo, toie er fein mufe! Da§ Regieren ift leine ©oefie unb audfe feine dferiftlidfee 3teligion§= lefere; feat feine feften formen. Die feofee Diplomatie ift feerjloS, unb ber ooUfontjnene Staatsmann mufe fo fein! 3ebermann toeife, bafe ber ©äfaretoitfcfe feinen Untertfeanen ein Dferann ift."

„Dodfe mir ift er ber ©atte, an ben midfe bie SBanbe ber ©flidfet unb Siebe fniipfen."

„Das ift eS eben, toaS mein ©lut empört. SDtit 3feuen rebe idfe aufrichtig. 3<fe mufe geftefeen, als idfe bie ©tiffion, toelcfee midfe mit SlrattSejeff feerbradfete, übernafem, ba featte idfe eine ganj anbere Meinung oon 3fen«t, «13 jefet, ba ©ie Oor mit ftefeen. Sin oerfdfeiebenen §öfen lernte idfe biete Damen lennen, bie ficfe einbilbeten, bafe bie Siebe gefrönter Häupter fidfe oon ber Siebe getoöfenlicfeer ©terblidfeen toefent» liefe unterfefeeibe. Sille fonnten fidfe tröften, fo fie iferen Däuftfeungen entriffen Würben. SBenn baS feöfeere ©taatS= intereffe bie Slufopferung iferer Siebe oerlangte, würben fie mit einem gräflidfeen ober fürftlicfeen Ditel unb einem gtän*

jenben ©efifetfeum entfdfeäbigt unb fie - feaben’S

überlebt!"

„Dodfe toeldfee Slefenlidfefeit ift jtoifdfeen iferem unb mei=

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ttem Sdfjicffale? 3dj würbe ja meinem ©emal feierlich an» getraut! SSor bem Slttare reichte icp itjrn junt erftemnale meine §anb, trage feit bamafö feinen -Kanten unb befifce feine wafyre Siebe!"

„Slctj, gürftin ! Sie tjaben noch gar feine Sltjnung non ber |>erjlofigfeit ber Diplomatie. 3Ba§ Sie fügten, ift wa^r; bodj f)abett Sie gewifj nid)t wargenommen, baff ber ©rieftet bei ber Dränung- nidjt bie redete, fonbern bie linfe fpanb beä ©rofjfürften in bie gffrige legte? DaS ift fein ©etrug, feine ©rniebrigung. ift bei ben dürften fo eingefütpct, unb grau unb ®inber fönnen ftolj barauf fein. Stber je|t folgt bie Infamie SlraftSejeff Witt ben ©äfarewitfdfj junt Dljronfolger be§ ©jäten auSrufen taffen: benn ber ©rofjfürft ift fein gbeal! Dodj baju ift oor Sittern nöttjig, baff ber ©rofjfürft feine erfte grau, bie noä) lebt unb einer regierenben Dtjnaftie angetjört, jurüdfnetjme, benn bie gunbamentatgefefce beS SanbeS bul= ben feine anbere grau auf bem Dtjrone. SBiffen Sie nun, wetdfjeS Scf)icffat in biefem gatte gf)rer tjarrt?"

„SBie hart e8 auch fei, idfj Werbe ruf»ig ertragen!"

„SKan Wirb S^nen ben Kamen 3f)reS ©atten rauben, unb nacfjbem auch ©raf ©rubjtnSfi gtinen feinen Kamen nid^t tagt, wirb man Sie jur giirftin üon Sooicj matten, können Sie fid) nun oorftetten, wa§ Sfy* £ooä fein Wirb?"

„©ebutb unb ©rgebung!"

„§aben Sie ba3 graufame Sädjeln auf bem Slnttifce Straf täejeff’S nicfjt bemerft? afö er ifjre §anb fü^te unb fptadfj : „Der Stnbtidf biefeä ©lüdeS erinnert mich an ba3 meinige?" @r wollte Sie in eine Keitje mit jenem Sßeibe ftetten, Weldjeä Daimona tjeifjt unb nur feine ©etiebte ift, mit einer SKarfetenberin!"

„gdj fü^Ie bie ©eleibigung nidjt!"

„Kein, nein, ba§ ift unmögtidfj! SltS idt) ben ©tan erfuhr, badete aud) idfj : SBaä fann benn ba ©rofjeä ge* fdjeljen? Sie wirb entfcpäbigt werben Wie anbere grauen unb Wirb wie biefe ba3 überleben! ®oc£) feit icf) Sie fat) mit biefen reinen, {fettigen ©tiefen, in Wetten fidj 3(jr

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ebleS £er$ fo getreu mieberfpiegett : ba fjörte id) auf, meinen ©erftanb ju befragen, beim er riet!) mir, Ijmtbert äfteilen Weit baöonptaufen unb mich felbft glauben p matten, bajj idj geträumt i)abe. ©eit jenem 2lugenblitfe benfe xd) nur baran, Wie idj ©ie felbft mit (Sefaljr meines SebenS retten fönnte. @S barf nidjt fein, baff ein folget (Snget jenen ^öüifd^en Sntriguen pnt Dpfer falle! (5§ barf nid)t fein, baff eine fßotin öerungtimpfen taffe ben -Kamen itjreS ©aterS unb ba§ SBappen iljter Stätten offne ©dfjufc, ofjne Kadfje!"

„2BaS motten ©ie?"

„SßaS idfj will? Sdfj Witt fgtjnen fagen, Wie ©ie fidfj rädfjen fönnen. ©ie mflffen jenen fgntriguanten jutjorfommen, unb auf itjren entet)renben Slntrag antworten : ©efjaltet euer gürftenttjum Soöicj für bie bornefjmen ©ourtifanen! 3ctj, bie abetige fßotin, werbe einen SRann finben, ber bereit ift, mit feinem et)rtidjen tarnen unb feinem ganjen ^erjen midfj über 3ene p ergeben: einen ganjen SKann, ber midi) tiebt unb adf)tet! ....."

2)aS ÖJefid^t, bie Slugen, bie ttjeatratifdjen ©ewegun* gen beS Kitters ittuftrirten feine Kebe. fjofjanna tonnte leidjt erraten, wen er unter bent „ganzen SKanne" oerftetje.

Kidf)t ber teifefte Slnflug öonKött)e bebecfte it)r (Sefidjt, als fie mit größter Kufje entgegnete:

„Kitter (Satban! @ef)en ©ie jene Stauer, metdje baS ©etöeböre unb ßafienfa einfajjt? ^nnerljatb biefer Stauer finb ©ie mein (Saft. Unb ©ie tjaben baS Kecfft, SltteS p ttjun, fetbft wenn eS Sljnen gefällig ift, midj p beteibi»

gen, - - bodfj nur innerhalb biefer Stauern, als

mein (Saft! .... ©obatb ©ie aber biefe Stauer über* fdfjritten tjaben Werben, tjören ©ie auf mein (Saft p fein. . . . Werbe deinem mitt^eiten, was ©ifmir je|t fagten . . . . eine fßotin öerrätt) Kiemanben, fetbft itjrern (Satten nidtjt: fie räcfjt fidj fetber! .... Kun, fo wie ©ie biefe Stauer überfdfjritten t)aben, werbe idfj ©ie für Qtfjre

freite ©eteibigung . . . prügeln taffen! - ©etiebt

nodj gutfer für ben Äaffee?"

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Kitter ©alban lachte t>eH auf.

„Ma foi 1 baS ift nicht neu. Unter brei Assauss jiegt man jWeimal unb Wirb in ber britten gefdjlagen! Sitte nodj ein Stüddjen Buder!"

Sann begleitete er So^anna in ben ißarf hinQb, lobte ihre Sulpen, nahm mit einem unterthänigen ©omplimente Slbfdjieb öon ihr unb lehrte $u feinem Söieifter juriid. SBie er bort empfangen würbe, wiffen wir fdjon.

„3Bo tjaft Su meine grau gelaffen?" frug ihn ber ©rofefürft, als er üom Sifdje aufftanb.

„S<h geleitete fie in ben ißarf Elirtab, bei ber ©remis tage fdjieben Wir."

„feotnm, StraftSefeff, fuchen Wir fie auf; Su gehft auf ber einen, ich 'auf ber anbern ©eite. 333er fie früher finbet, begleitet fie itt’S Seloeb^re jurüd."

Ser ©rofefürft war glüdlicher; er traf Johanna, wie fie, im ©rafe Inieenb, feine SiebliugSfaninchen fütterte.

Ser ©rofefürft liefe fid) neben fie nieber.

,,©ib Sicht!" brummte er, bie @rbe ift feucht »om 2hou, unb Su lannft Sich erfüllen.

„SRir f «habet nichts; ich bin abgehärtet."

„SaS ift nicht Wahr; Su bift fehr fdfjwach- Äaurn fann ich & erwarten, Sief) nach ©rnS $u fdjiden, nach bem Sabe, wohin Su Sich tängft fehnft."

„Sch Wünfdje nicht mehr hinjwgehen. "

„SEBarum nicht?"

„Sch h®be mir’? überlegt; Seine fchwierige Stellung erlaubt Sir nicht, mich ju begleiten; unb SBodjen ja Sftonate lang öon Sir entfernt ju fein unb Sich «id^t ju fehen : baS ertrage ich nicht. Sieber bleibe ich h'er; i<h befinbe mich h'er ja fo Wohl."

„SBaS!" fchrie ber ©rofefürft mit Wilber greube. „Su liebft mich fo fehr, bafe Su ohne mich nicht leben lönnteft? Safe Sich nicht? freuen fönnte, Wenn Su meinen Slnbiicf ntiffen müfeteft? 0 Su meine einzige echte ißerle!" Unb mit ftarfen Slrmen bie grau entporhebenb; lachte er fie an, liebfofte fie unb bebedte fie mit feurigen Äüffen.

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„Unb 3ßr wollt midj oon biefer 5rau trennen? Stillt waßr, eg Wäre gut! Sott idj ®icß in biefen ®eidj hinein» Werfen?" Unb er f djaufette fie in feinen Sinnen, Wie ein fteineg Sinb. fjärc^teft ®u, baß idj ®itß ßineinwerfe? §aßaßa! Unb gtaubft ®u, baß icß ®idj jur gürftin oon SoOicj ernennen taffen unb micß Don ®ir trennen werbe? baß idj ®icß für ®eine Siebe unb ®reue mit einer $errfcßaft bejaßte unb bann eine Stnbere jur ©attin mac^e? ffürcßteft ®u bag? Sott idj ®idj in ben ®eidj hinein werfen? |>ufcß!"

Soßanna umfcßtang ben §alg ißreg ©atten, Hißte feine Stirne unb flüfterte ißtn fanft in’g Dßr :

„SBenn ®u micß enteßrft unb oon ®ir jagft, feßte i(ß bocß ju ®ir wieber! SBenn ®u micß Oor ®einer ©attin jur ©taitreffe, jum ®ienftboten erniebrigft ; fo biene icß ®ir unb liebe ®idj bennocß ! 3<ß tann nicßt anberg ! . . .

„Daßaßa! Unb biefe wottet Sßr mir entreißen? §eß, SlraHäejeff! £ierßer! 3cß ßabe ffe gefunben!"

Sllg Slrattgejeff bei ber Krümmung beg SBegeg ben ©roßfürften erbtidte, unb Soßanna in feinem Scßooße, wußte er gteicß, Wag gefcßeßen War.

„Sage ißnen!" fcßtie ißm ber ©äfareroitfcß fcßon oon Sßeitem, feucßenb oor ©tregung, ju, „baß icß mißt ßingebe eine 3rau, bie midj liebt, für ein ganjeg Sanb, bagmidjßaßt! SBamt geßft ®u mit ®einem tttitter ©atban juriicf?"

„3Kit ©tlaubniß ©uer §oßeit bleibe icß ßeute nodj ßier. Slber tttitter ©atban ift fcßon abgereift; icß erfeße eg foeben aug feinem 93riefcßen. ©r mußte ficß bringenb aug bem Staube macßen; bie ©rbe brannte unter feinen Süßen, benn fjürftin goßanna broßte, ißn für ein SBort prügeln ju taffen."

„3ßn prügeln taffen?" rief ber ©roßfürft. „28ag? ttRetne Soßanna läßt prügeln? Somme an meine fft e (ßte, ©attin!" Unb er ließ Sfoßanna jur ©rbe nieber unb reicßte ißr feinen redjten Strm. Sein ©lücE war oott» ftänbig.

3««i : grtiSei«. I. 14

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„(Meße nun rtacß £aufe, guter greunb, unb fagebort, baß icß mir gärftin Sobicj als legitime (Mattin jur rechten |>anb antrauen laffe. Unb ba fie mir nidjt nadß ©t. ^eter§= bürg folgen barf, fo begleite icf) fie nadj ©mS. 2)aS ift mir bocß woßl geftattet. fertige nur bas bumme 3eug aus, baS id) ju unterfdjreiben ßabe!"

SRit biefen SB orten entfernte er jt<ß; WaS er mit 3oßanna nod) fpracß, baS tonnte man bor Söffen unb Sadjen nicßt ßören ....

$aS, WaS SrijfanoWStß in ber ©ißung bet Szojusz blagatenztoga berfprodjen ßatte, War gefdje» ßen. 2>aS Unglaublidje, baß Qemanb auf bie Sßronfolge eines ber größten SBeltreidje freimiKig Serjicßt leifte, fo baß er, foßte eS ißn gereuen, bie Slbbanfung niemals jurüd» neßmen lantt, bieS Unglaubliche War jur SBaßrßeii geworben unb in Erfüllung gegangen. ®eS SätßfelS Söfung war : . 3oßanna, wie eS ^eneiba bamalS erratßen ßatte.

®o<ß Seiner Wußte nocß babon, außer 3««««/ bie baran betßeiligt Waren, unb ben alten Säumen ringSßemm.

Unb biefeS 3bt)H, WaS ßat eS für eine welterfcßütterobe Sataftropße bewirft !

XXI.

fin größerer ^err, afs affe anbern.

SBäßrenb bie Serbinbung bom „tränen Sucße" an ißren weitauSfcßauenben planen arbeitete, ßatten bie Ser» einigten bon ber „Särenfeule" ganj was StnbereS auSgeßetft. ©ie ließen bie ©olbaten beifeite, feßrten bem Sfinbniß ber Magnaten ben Süden unb planten auf eigene Sauft. - ©ie nannten ficß „Stapoleoniften".

SBaS bermocßte fie, biefen fonberbaren Samen ju Wäßlen? 3e nun bem armen Sianne lann man feßt leicßt glauben macßen, baß fein ©djidfal ein ßarteS ift. jener Beit entftanb bas ruffifcße SolfSlieb :

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211

„®e§ §e«gott’4 meine Seele ;

Sjaren i(l mein Sopf ;

®eS fetten i(l mein SR liefen !

SJiein eigen nur fcasi ®ra6.“

SefonbetS in ben lebten Oier galten taftete bie £>anb ©otteS fdjmer auf bent Sanbe. ®er ©oben gab nicht einmal bie ©aat jutücf, bie man it)tn anüertraute; fdjrecfliche geuer3= btünfte äfcherten bie größten ©täbte ein; eine ©eudje, bie SKientanb bisher gelaunt, fdjtich fid) über bie ©tenje unb Oer= leerte bie Seoötterung; Quellen unb 93äd;e mürben jur ©ünbftut unb fegten ganje ©täbte im Slugenbtide meg; Ipeufdjreden, ©emürm, oon beten -Kamen unb 2lrt teine Seele mußte, tarnen in ©djaaren unb ptagten SRenfdjen unb ©ett)ier; große ÄriegSfchiffe gingen mit 9Rann unb SDtauS auf bem SDteere ju ©runbe unb baS Stfled ift nur eine ©träfe beS §immetS, meit ber ©jar ben ©riechen nicht ju §itfe fommt, bie für ifjre greitjeit fätupfen. ©egen SBunber aber tonnen nur SBunber f>etfen.

Unb biefeS gahttmnbert hat ein SBunber in 9Kenf(ßen= geftatt: fein üftame ift „Stapoteon."

@S ift eitet fiüge, baß ihn bie ©ngtänber bei 2Batertoo gefangen nehmen! ©itet ßüge, baß man ifjn auf ber gnfet @t. Helena fefttjatt! @r ift ba, gut oerborgen, man barf'S nur ntc^t oerratl)en, mo? 9tur fo Oiet barf man toeiter oerbreiten, baß er fidj in ber ©egenb Oon SrfutSt aufljätt. S3on bort ßer mirb er tommen, fobatb ber bittere ®etdj beS SotteS bis jum Sftanbe gefüllt ift er mirb bie SJtäd)* tigen jertreten unb altes Sott ber SBett befreien.

25ieS ®erüd)t ging um unb um allerorten.

Unter ben SBerbünbeten üon ber „Särenfeute" mar ein ©ipSfigurenmadjer („unfer ©anoOa"), ber aus feiner 2Bert= ftätte allein über jmeißunberttaufenb Stapoteonbüften in bie 28 eit oerfettbete. ®iefe Süfte mürbe jum ^eitigenbitb für ben SRujfif, fie nahm bie ©teile beS ©rucifij ein. ®aS mar ber SJleffiaS, oor ben er mit feiner gamitie betenb ^infniete ; alte ©rtöfung oon feinen Uebetn ermattete er oon ihm.

Stuch heutäutage finbet man in üielen ruffifdjen Jütten

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nod) biefe Heine ©ppsfigur, ben querüber fißenben tatjn= förmigen §ut auf bem ®opfe, bie üerfdjräntten Strme auf ber Stuft, im langen SRotf unb im grade mit furjem Seife. Stodj üiergig gaßre uacß feinem Sobe Warteten fie auf feine Stnfunft.

®§ mar alfo ein lanbläuftgeS ßofungSWort: „Sßartet nur, bis Napoleon tommt."

SaS SSolt wußte fi<ß nur gu erinnern, baß bie Herren üor gWölf gaßren, als Napoleon in’S Sanb fam, gar fetjr erfdßroden Waren; ei wie gnäbig waren fie bamalS bem Säuern! Sßie rafcß machten fie ficß aus bem ©taube, ißre ©ißlöffer als Seute gurüdtaffenb. Unb ©elb gab eS bamalS wie §eu! Kein SßreiS galt gu ßocß für ben fjafer unb baS Siorn. Unb erft bie glängenben Serfpretßun= gen ! Santit gingen fie gar oerfcßwenberifcß um. Fimmel unb @rbe fagt man ben Stugfif gu, baS ßaben fie aber Stiles wieber öergeffen. Stlfo er möge nur Wieber tomnten, biefer SRapoIeon!

SaS War alfo ber ißlan ber güßrer bon ber „Sären= teute".

Slm 8. Siooember ift nacß ruffifcßem Äalenber baS geft beS ©rgengets SBticßael. Sin biefern Sage pflegt man am Sfaatsplaße unb auf bem ®ife ber Stewa große gefte abgußalten. Sie gange Sebölterung, Herren unb Säuern untereinanber, neßrnen Sßeit baran. SBenn baS Stiles recßt untereinanbergemifißt ift, unb eS brunter unb brüber geßt, foU plößlicß auf allen Straßen unb ißläßen ber Stuf ertönen : „Sa tommt Stapoleon!" Sluf baS ßin geigt ficß in ber ■Stenge, oon bem begeifterten Solle auf ben ©cßultern er= ßoben, bie befannte ©eftalt beS corfifcßen gelben, burdj Sobujoff („unjer StoSciuS") bargefteEt, ber ben großen Äaifer oortrefflicß gu mimen berfteßt unb ißm aucß ungemein äßnlidj fießt. Unb meßr ift nidßt nötßig. SDtit ben Porten „Stapoleon ift liier" tann man gang IßeterSburg auf ben ßopf fteüen, unb bie ßawine, bie ßier beginnt, bleibt ntcßt fteßen, bis oor Stowgorob, wo ficß ißr alsbamt bie alte „Stepublit" unbergüglicß anfdjließt, unb biefe begräbt SDtoSfau

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unb 2l£teS, mag biefem SBorte miberftetjen mitt. Sie regneten mit 33eftimmt£)eit ouf biefen ptan. ®em Sötte tarnt man bie Srei^eit, baS Srob nehmen, aber tuage es Stiemcmb, it)tit feine Setuftigungen ju fürjett. lieber ben Xag, an Wettern eS gemotjnt ift, fiep ju unterhalten, öerfügt feine 3Jta<|t ber ®rbe.

Slufferbem mar ber ganje getbjugSptan audf) fdjlau genug auSgcbadtjt. Son ber Xfjeilnaljme baran mar Seber auSgefdjtoffen, ber nur in bet teifeften Serbinbung mit ben Herren ftanb.

Unb nodj ein anberer Umftanb mar ben Sermegenen günftig. ®ie Sterna mar biegmal fdjon um bie SDtitte Dctober jugefroren, unb barauf folgten fortmätjrenb ftarte gröfte, aber eS mar nodfj fein Schnee gefallen, mie er in ben anberen Sauren bereits im Stoöember bie tpnugbädjer fufj= ljodj bebedt unb erft im SJtai ju jerflieffeit anfängt. ®g mar atfo gar nictjt ferner, bie Stabt an mehreren Stellen in SBranb ju fe|en, mag fonft im SBinter in Petersburg nidjt fo leidet angelt, mie in SRoSfau, mo eS oiete §otjf)äufer gibt. SEßenn baS geuer an jetjn Drten jugteidj auSbridjft, ift bie Sermirrung üotlftänbig.

2tn biefem Sage t»at ber Sfaatsptafj ganj baS 3tug= fetjen eines Sltarftpta$eS am ®ird)tage. (®aS geft beS @rj= engetS SJtidjaet mürbe bamatS nodfj ba, unb nidjt auf bem 9RarSfelbe abgef)atten.) Stuf bem fonft öben pta|e ergebt fidj in einer Siadjt eine ganj neue Stabt, ganje Straffen »on Suben reifen fidfj einanber an, unter biefen f)at fidj attentfjatben ber ©rofjöater ber Suben, baS ootfStfiümticlje Xtjeater niebergetaffen. Unb maS für Xljeater! fpotjpuppen, bie fo fpielen, mie ridfjtige SfRenfdjen, unb ganje Sdjlad)ten auptjren. Unb jene ganje Sdjaar ber Sünftter, beren Patron nidfjt Slpotto, fonbern Pan ift, bie baS Sott jer= ftreuen, bie meber grofje fetten nodj feinfühlige ©etelirte eintaben, iljte aus Brettern jufammengefd^tagenen §eitig= tpmer mit iljrem SöefucEte ju beehren, fonbern auf SKärfte, «öleffen unb gefte manbern, unb eS nidjt unter iprer Sßürbe eradjten, jum Sötte nieberjufteigen unb mit iljrer abgejogenen

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©«heüenfappe bie $upferfopefen einjufatnnteln. ®te ©ctreuen beS VolfeS : bie Vajajjo’S, bie nicht fo oertoegen finb, [üt bie Unfterbtidjfeit arbeiten ju tooHen, fottbern üotlfommen jufrieben, Wenn fie ficfj beute tfjre geftrige 2Birtb§t)auS= re«hnung oerbienen, unb trogbem gerabe fo gut fpieten, toie Xalnta ober ÜJiacreabt). ©ie effett SBerg, sieben ganje Knäuel ^mbernbänber aus ber 9tofe, berfcfjlingett glühenbe lobten unb ft^arfgef<f»Iifferte ©äbet unb fragen fidfj mit ben Beben if)te Obren. ®ieS macht ihnen toeber «Sultiüan, noch ®ean, felbft ®imitriefsft) nidljt nach, ber bo«h berühmter afö SBeibe ift !

Sn einer Vube geigt man baS tr>at»rt(aftige Sßaffer» mäbthen, toeldjeS einen Sifdjfdjtüanj bot, fidb oon lebenbigen gifdben nährt unb nur „Ißapa, -äßama" rufen fann. Unter einem anberen Bette toirb ju Ehren t>es feiltanjenben Ete= pbanten bie grofje Xrommel gerührt; neben ihm fletfdjen oierhänbige SEBalbmenfchen ihre Böhne. Stuch ift hie* bie SRiefenbame ju fehen, unter beren 9l«hfel auch ber gröfjte •Kann hinburdjgehen fann, obgleich fie feine ©«hülfe mit hohem Slbfahe trägt, unb auf Verlangen geigt, ba| ihre SBaben ni«ht auSgeftopft finb. ©ingenb erjäljtt ber Snh®f*er eines ißanorama’S bem ftaunenben ißublifum Oon großen ©chtadhten, Eruptionen beS Vefuü, ©eeftürmen unb grä|= liefen SKorbgefdhi^ten, beren getreues Slbbilb in feinem Etabliffement für jtoei Sopefen ju fehen ift. SGBie jahtreid) finb erft jene ©enüffe, bie unter feinem ®a«he oerborgen finb! $ier fpielt ein 2rupp $orniften, oon toetdhen je ber einen anberen 2on bläft, mie bie pfeifen ber Orgel, unb bo«h toirb eine SMobie barauS; bort fingen unb tanjen Bigeunermäbchen; minbmühlartige ©«häufeln bur^f«h»irren mit ihrer jau^enben Saft bie Suft, toährenb feftlidh gepufcteS Volf in ©glitten unb @^littf«huhen auf ber fpiegetglatten fRutf^bahn bahingleitet. ®o«h h»<h erhaben über alle biefe irbifchen Vergnügungen, groifdEjen bem Xhurme ber SfaafS= firdje unb bem Vatcon beS SlbmiralitätSgebäubeS, ift ein ©eil gefpannt; über biefeS toirb ber ©eütänger in einem ©«hiebfarren fein Söhnten hinüber führen.

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Xo He Saune tjerrjc^t unter bent SSoIfe! Xie Santo* waten Werben nidjt ntübe, ben heißen Xfye ju fpenben, unb wer gut ju leben üerftet)t, üerfdflingt unmittelbar nad) bem %f)ee ganje- Serge üon gepudertem ©ife unb faljigen ®ur= !en, laufdjt ben Siebern ber SolfSfänger, fingt felber mit, unb Wer feine breifantige Salalajfa mit fid^ braute, muficirt aud) bapu, WaS woljl leine große fö'unft erforbert, ba biefeS Snftrument nur pWei Saiten tjat.

®o<h nicht nur ber fßöbel unterhält fidf tjeute ; aud) bie §errenllaffe in üoüem ißompe lam auf bie Straße. 3war hat man bafür geforgt, baß baS fdjwarpe Soll (ber Csort narod) mit ben $errfd)aften in feine Serüßtung fomme. biefem $wede ift ber „©ommergarten" abge* fdjloffen, unb bort futfdjirt im Stonbeau bie oorneßme SBelt in ben üerfd)iebenartigften Equipagen, »om Satarbe bis jum nationalen fßrolebotfi, um ißre tßeuren ?ßelje unb Sologneferßünbdjen bewunbern pu laffen. ®aS ©iS ber SteWa bagegen ift üon taufenb unb taufenb ©erlitten bebeeft; ete= gante üergolbete ©glitten mit engtifdfjen SoHblutrennern unb einfache Sapplänbifdje gußtwerfe, üor Weld)e SRenntßiere mit breiten Römern gekannt finb, butdjfreujen naef) allen ^Richtungen ben Spiegel beS Stromes. ®aS Sabel beS StorbenS ift üottjäßlig beifammen.

SBenn eS bann Slbenb wirb, ba erleuchtet bengatifcfjeS Seuer bie ^erraffe beS fßaüiHonS ; Scheiterhaufen üon Sech lobern f)eH auf, unb baS Silb beS lärmenben SollSfefteS wirb burd) ein üielfärbigeS Steuer noch belebt.

Stach biefem geuerwerfe Werben üon ber ©itabeße brei ®anonenfd)üffe baS Beidjen geben, worauf im Sturme alle ©loden pu ©hren beS ©rpengelS SDtidjael erflingen.

S)iefe brei ®anonenfd)üffe unb baS ©lodengelaute wirb auch ben Serfdjwotnen purn ©ignal bienen, ©obalb fie ertönen, Werben fie mit bem Stufe: „$ier ift er! $ier ift Stapoleon!" mit ihren SReffern unb fjadeln herüorftürjen. ©obatb fie fich in bem burd) ben ©lodenlärm unterbrüdten @d)tad)tengebrüHe mit bem fperrenüotfe unb mit bem SJtilitär üermifcht haben, wirb eS ihnen ein Seid)*

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te3 fein, im aßgemeinen ©f>ao§ in'3 @<f)toß gu gelangen unb Seben $u ermorben, bon bem ba§ „SWefferlieb" fingt.

mar eine flare, abgemad£)te @a<f)e.

SRacfjmittagS ert)ob fi<| bon ber ÜReerfeite tjer ein ftarter fübmefttidfjer SBinb, ber biete Vergnügungen ftörte. $mar ift tjier Sebermann auf berlei gefaxt; memt ein Sßetj nid&t genügt, jie^t man jmei an. Stber ben armen ©omö= bianten berurfadfjte ber SBinb großen ©dfjaben; er marf itjre Jütten um, baß fie itjre unterf>altlid()ften ©tüde unterbrechen mußten. Ser ©eiltänjer magte gar nicht feine tjatöbredEje* rifctje Sour anjutreten, benn ber SBinb hätte ihn mit feinem @öt)n<f)en mie ein paar Stiegen tjerabgebtafen. 9tudh bie futfdhirenben Samen im ©ommergarten tlagten, baß ber SBinb bie ©dreier bon ihren §üten reißt. 8tm 2lßgemein= ften aber mar bie Stage über bie borauSfichtliche Vereite* lung be§ SeuermerteS, benn außer bem bengatifdfjen Scuer unb ben Seuerräbern mirb nichts getingen.

©egen Stbenb mu<f)§ ber SBinb ju einem Drfane heran. s$töfctidh erbröhnten bon ber ©itabefle bie Sanonen, unb ju gleicher Seit ertönten bie ©loden. Sreihunbert ©loden auf einmal ! SaS ift bann ein ©arißon!

Sie Sanonenfatben übertönten baS ©todengetäute.

SaS Votf pflegte bie ©dhüffe ju gälten.

Srei ©atben maren baS ©ignat für baS Stbbretmen beS bengatifchen %eutx%.

Sodt) bie Sanonen bonnerten meiter.

2ttS baS Votf ©inunbjmanjig gä^tte, frugen ftd^ bie Seute : „SBie? ift bießeidfjt im SBinterpatafte eine ^ßxingeffin geboren morben?"

Sich nein! Sie Sanonen bonnerten meiter.

Veint fünfgigften ©<f)uffe glaubte man, baß bieS ju ©hren einer gemonnenen ©eefdhtadht gefcljetje.

Sodf) bie Sanonen bonnerten meiter jmifd^en bem Vraufen ber ©toden.

911S ber ©rjfdhtunb ^unberteinmat gerebet, frug man fidt) : „Stber ift benn heute ber ©eburtStag be§ ©jaren?"

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Slucb ba§ nicht! ®a3 metallene Ungeheuer bonnerte weiter : tjunbertjtoei, ^unbertbrei, {junbertoier. Seim bunbertfünften ©djuffe frug Seiner mehr, Wa3 ba§ beben» tet! Stber ine ganje ©tabt fc^rie öerjWeifelt auf, mit einer Stimme, weldje ba# ©ebrüfle ber brei^unbert ©loden über» fdbaflte :

„§ier fommt er! ®r fommt!"

5ttber nicht „Stafwteon fommt," fonbern ein öiel grö» lerer §err : b'er Stewaftrom! ®r fommt jurüd unb bringt mit fidj ba§ SDfeer! ®a§ ganj jerftüdelte ©iSrneer mit feinen Srbftafibarrieren, feinen SBeHenf^anjen, eilig, im ©turmfd)ritte, tofenb, brüßenb, fcbmetternb.

®a3 bebeutete ba8 unaufhörliche Sanonenfdbiefjen öon ber ©itabeße.

Slfe ©jar Seiet I. feine S^ee, in ber SKitte ber fin» nifdjen SKoräfte eine SBeltftabt ju erbauen, ju öertoirflidjen begann, unb bie UrWälber, Welche ben Sta| ber heutigen Salaftreiljen einna^men, auörotten liefj, fanb er eine alte Siebte, in beren Sftinbe tiefe Sinien eingefdjnitten waren. ,,%3a§ bebeuten biefe Sinien?" frug er einen alten Sanb» mann. „®iefe Sinien be jeidbnen bie SBaf ferböbe ber SRewa, Wenn fie ihre Ufer berläfjt unb bie ganje ©egenb überfdbwemmt." ®er ©jar liefe Saum unb Sauer niebertjauen; unb bodj Ratten Seibe wahr gefbrodjen. ®ie Sterna blieb ber gef^Worne SBiber» facljer ber mächtigen ©jarenftabt.

3a, fie fommt rüdwärtö fliefjenb, fie bat ibr Sflufebett berlaffen unb wädjft riefig an : ift nidjt mehr bie Stewa, fonbent baS 3Jteer baö bittere 2Jieer in feiner fcbauer» lieben ©röfee! Unb wenn ba§ SBaffer wieber abfäßt, fo Werben bie SKauern ber ?ßalnfte fo weit ba§ SBaffer reidbte mit ©alj überjogen fein.

®ie fdblittenfabrenben §errf^aften auf bem ©ife ber ÜRewa fonnten bie ©röfje ber ©efabr juerft ermeffen. ®ie= jenigen bon ihnen, bie ficfe auf baS rechte Ufer lüfteten,

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fonnten fidfj gtüdflidj fdjdjjen, bentt bort war bie ©trafje rein, abex Sette, benett ba§ linfe Ufer näljer war uttb bie bort an’S Sattb gelangen wollen, Sene trugen rafenbett ©Freden in bie iReifyen ber nidfjtSaljnenben unb int gefteS» taumel befangenen SBolfSmenge : „Die Slewa fommt!"

Diefer SluSruf genügte, bie äRutfjigften beftürjt ju matten unb bie geigen oor gurdfjt ju tobten; . bemt Oor biefer ©efatjr gibt eS feine fRettung. Sßenn bie SteWa jürnt, fo überfdjwemmt fie bie ganje ©tobt, unb Wer oor iljr fließt, begegnet itjr jenfeitS ber Straffe Wieber.

Die SBeftürjung würbe allgemein. Die üielen SBagett fonnten aus bem eingejäunten ©ommergarten nur burcf) eine fßforte in’S greie gelangen unb ftauten fidj bei biefem Dtjore an. Diejenigen, wetdje enbltd) mit großer 9Mf)e bie Strafe erregten, gerieten in bie SRitte be§ fimtloS brängenbett 83olfSfnäuel§, ber fie mit fid) trug, ofjne fRüdfidf)t auf baS SBappen ber SBagentpr unb ben betreffenben ßafai auf bem Kutfdfjbode; ba gab eS feinen gürften unb feinen SRu= fdjif, nur erfcbrocfene 2Renfcf)en. Unb beoor fie fidfj oon einanber loSmadjen fonnten, War bie glut ba.

Der erfte 3Belfenf(f>lag Warf bie Suben am SfaafS* plafce untereinanber. Die au§ ben Kneipen aufgefdlpedten 3ec§er famen Wef)flagenb tjerüor; fie fletterten auf bie Dädjer ber SRarftbuben unb fcftrieen um §ilfe. Die fRiefen* bame ftredte beim Dadje il)reS $elteS Kopf unb jpcinbe ^inau§ ; fie War am meiften erfc^roden. Die als Slffen üerfleibeten ©omöbianten liefen auf iljre SRaftbätune hinauf; auch baS SBaffetmäbdfjen Ijatte feine güfje gefunben unb bemühte fidj, oljne gifdfjfdfjWanä auf’s Drodene ju gelangen. Der ftubirte (Sleptjant watete brummenb burd&’S ®otf mit feinem §errn auf bem SRüden, unb bie fRaubtljiere ber SRenagerie fdjrieen wie in ben Urwälbern. ©leid|fam als ©atire biefer ©djredenSfcene liefe ber auf ber Deraffe beS ©ommergartenpaüillonS placirte geuerwerfer feine rotten unb grünen bengalifdjett geuer abbrennen, fo baff baS SSilb ber ©ünbflut Weithin fidjtbar Würbe. ÜRur er fetbft unb fein ©efyitfe fallen nichts, weil fie ootn ©lanje geblenbet

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mären. (Srft atg bag feftlidfee ©todengelüute in notfefüubenbeg (Summen umfdjlug, unb aucfe fie bie ©efafer erfonnten : ba beeilten fie fidfe ifere geuer augjulöftfeen, unb bie ganje Stobt mar finfter. 3)enn ber Sturm geftattete nidfet, bie Samten anjujünben unb bie ©Briefen morfen bie Samten» träger um.

3>n ben (£ljao§ unb ber ©efafer featte nocfe bie ginfter» nife gefehlt! Unter bag fimtlog bafeinftürmenbe SBolf mar aucfe gürftin ©feebimin mit 93etf»f aba geratfeen. Stad) ruffifdfeer SSJiobe mären an iferen SSJagen jmei Sßferbe öor= einanbergefpannt.

®a§ erfte ?ßferb mar faum ju bänbigen. Sefonberg ein fo feuriger englifcEjer §engft, mie it»n bie gürftin f»eute einfpanneit liefe. Sie moHte jeigen, bafe ifer ©efpamt nodfe eleganter ift, alg bag $eneibeng. Sie featte aber ifjrert .ßmedf nidfet erreicht, benn gräulein glmarinen mar auf bem Solfgfefte gar nicfet erfdfeienen.

„gafere in eine Stebengaffe feinein!" befafel bie gürftin iferem ®utfcfeer.

$a§ mar teicfet ju befefelen, aber fdfemer augjufüferen. ®ag Soll umgab fie üon aßen Seiten.

„Steige ab!" befafel fie nun iferem Säger, „unb madfee ißlafe unter bem ißöbel."

®er Säger, ein riefengrofeer finnlänbifdfeer Surfdfee, ergriff bag üorbere ißferb beim ßaume, unb mit ber SRedfe» ten ben SRufdfeifg Scfeläge augtfeeileub, moHte er ben 28a= gen auf biefe 91rt burdj bie 3Jtenge geleiten. 9tun, beim SOtufcfeit gefet eg nodfe an, als Sauer ift er an bie Prügel gemöfent; aber bag Sdfemifepferb feat eblel Slut, unb ber englifdfee SRenner läfet fidfe nidfet am 3aume feerumjerren. Stuf einmal öerfefete er mit feinem Jpufeifcn bem Säger einen foldfeen Stofe auf ben Kopf, bafe biefer bemufetlog jufammenftürjte.

„2Bag fangen mir jefet an?" frug bie gürftin er» fcferedt, unb meinte.

„Scfe meife eine Jpilfe," fpracfe Setfefabd. „$ag Seit» feilpferb fann öom Sattel aug geleitet merben."

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„®odj Wer Wagt eg ju befteigen?" frug tjänberingenb bie Sürftin.

„3dj!" antwortete Setljfaba. ,,3d) bin bag Seiten gewohnt."

,,©ut!" fpradfj bie Sürftin.

©ie War oor Slllem egoiftifdj. ©ie überlegte nidjt, baß Setfjfaba, um jum oorbern ißferbe ju gelangen, bis über'g Snie burct) bie ©igftut waten muß unb im teilten gebräm* ten UeberWurfe fidj augfejjt bem grofte beg ©turmeg unb einer watjnfinnigen Sötaffe, bie im ginftern feinen ©ott unb feinen $errn fannte! Stuctj oergaß bie Sürftin ©tjebimin, baß Sett)faba fd^ließlicf) eine Söniggtodjjter ift, bie itjr nidfjt begfjalb anoertraut Würbe, baß fie bei Ujr Sorreiterbienfte üerridjte.

©ie fagte ju iljr : ,,©ut!"

hierauf warf bag SRäbcben itjren mit SJtarberfelt ge= fütterten ißetj ab, fprartg oom SBagen in'g SBaffer, lief tjin jum erften ißferbe, rief eg fdjön bei feinem Samen, ftreie^ette feinen Staden unb War mit einem ©a$e auf bem Süden beg ißferbeg, bag Seitfeit atg gaum benü$enb.

3e|t fonnte man geljett.

®ag Stäbchen bat mit fanfter Stimme bie oorWartg ®rängenben : „Sieber Setter! 3$ bitte ! ©ott fegne $)idj!" unb bieg nü|te meljr atg bie ©ewatt. 3)ie Seute malten i£>r ißtafc, unb eg gelang, bie Äutfdfje in eine Stebengajfe ju bringen, welche nod) oon feiner flieljenben Sotfgmenge bebedt war.

Slber aud) bag Ijatte feine Urfadje, baß iljnen fein •Btertfdfj begegnete. SBeit fidfj bie Stut fcßon in ber Sadfjbar» gaffe einen 23eg gebahnt Ijatte! 3fe weiter fie oorbrangen, befto größer würbe itjre ©efaljr.

®ie SBogen fdfjtugen fefjon in ben SBagen hinein unb bie Sürftin mußte fidj auf ben ®utfdfjenfi$ ftetten, bamit iljre Süße nidjt feudjt Werben, ©ie fonnte eg tljun; botß Setßfaba würbe oom ootwättggatopfnrenben Stoffe ooffge» fprifet, unb bie SBetten fdjtugen fortwütjrenb big an ißre Äniee Ijinan.

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„SBetttt Wir nur auf ben SteWätl) tßrofpecÄgetangen fihtnten!" feuchte bie gürftin. „©(et! eilet! ®ort ift in ber 9täf)e unfer ©cfjtofj."

©ibtidj getaugten fie bort^in; bodj Wetdjer Stnbticf bot ficf) if>nen bar! Sttö ob fie bie Stewa fetbft öor ficf) ge» fefjen hätten, Wenn fi<b baS IreibeiS in ^Bewegung fefct. §ier war nicht allein SBaffer, fonbern auch ©3. Stuf bem pnftern SSafferfpieget fcbwantmen grofie ©Stafeln. ®urdj ben 2Roita=$anat fant ihnen bie gtut juoor.

„^eiliger ©jenget aRidjaet!" ft^rie bei biefem Stnbtide ber $utfdjer. „©rette un8 an beinern StamenStage!"

„Sete je|t nicht, fonberrt treibe bie ißferbe!" ^errfc^te itjit bie gürftin an.

„S3on hier fann unä nur ber ©get ober ber leufet retten!"

„Sette nidjt!" fd)rie bie gürftin, ben ®utfdjer auf ben Sopf fdjtagenb. „geh oertraue Weber ©ott noch bem üeufel, nur meinen guten ißferben, bie mich auch gtüdlid) heimführen werben. SorWärtä, oorWärtä!"

Unb bie grau fdjtug ben Äutfdjer, ber Sutfdjer ba§ ißferb, ba§ ißferb fc^tug ba§ empörte ©ement. Stile brei jürnten. Stur bie Äönigätodjter betete : „SRein ©ott! mein tieber ©ott! fdjicfe un§ einen Stetter!" 6ie füllte, bafj fie'3 nicht lange mehr ertragen wirb; ihre ©lieber erftarren!

®Blt )r» tr|ltn ßanic».

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®ru< f ton £. 3f. 2Biganb in ^refjfcnrg.

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9k

ober

Jas grüne Jßucll.

$iftorif<$er 9t o m a n

OOtt

SöfauruS ^dfoi

%m\ttr Haiti.

SB e r lag tioit Sari Stampfet 187©.

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XXII.

gex geufet.

vßlöfcfidj erleuchtete ein Ijefler Schein bie bunflen SBetlen; ein blutroter Stra()( brang au§ ben Iio^en Läuferreihen ^erbor.

2Iu§ ber SJlebengaffe fam ein Sa(jn ^etbor. 3m <3<biffSfcbnabe( War eine gadel befeftigt. 3wei SJiänner ruberten; einer mehrte mit feinem langen späten bie @i3= ftüde ab unb ein bierter faß am Steuerruber. ber äRitte beS «SaßneS ftanb eine grau, beren Sopf unb ©eficfjt bom Safdjlit ganj öerbedt War, unb bie fidj bamit befaßte, baß fie eine ©ruppe größerer unb {(einem Sinber in Solen widelte, SiSquit unter ißnen berttjeilte unb fie beruhigte, baß fie nicht fo biet nach „tpapa" unb „Saba" rufen foüen. (®ie ruffifdjen Keinen Sittbet fagen „Saba" anftatt „SRama".)

(Papa unb Saba nehmen nämtidj bie Sinber nicht mit auf’3 SoItSfeft, fonbern fperren bie armen SBürmdjen in ifjrc SBofjnungen ein, bebor fie Weggehen. SBenn bann ein Unglüc! entfteßt, fo rettet fidj tpapa unb Saba; was gef(ßießt aber mit ben Steinen? Sricfjt geuer aus, fo ber= brennen fie, fomrnt aber nur bie Ueberfcßtoemmung, fo fdjidt ®ott einige gutßerjige tperrdjen, bie ficf) ein Ser» gnügen barauS machen, bie eingcfdjloffenen Sinbcrdjcn burch bie ffenfter unb Sobentuden ju retten : biefen $er= reu ift baS ja berfetbe Sport, wie j. S. bie (Sntenjagb! 2tud) biefer Saßn ift ganj mit Sinbern gefüllt.

®ie (ßontoniere bemerken bie mit ber 3(ut fämpfenbe Sutfdje; fogteid) nahmen fie borttjin ihre (Richtung. $ie

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garfet flatterte Sunfen fprütjenb im ftarfen SBinbe, unb umgab mit einem geuerfdfjeine baS ®efid)t beS jungen 2JtanneS, ber auf bem S3orbertf)eite beS ©chiffeS ftanb unb fic^ auf bem fchmarjen Sßafferfpiegel gtei<^ einem gelben auS bem Sagenreich näherte.

$ie ©iSmaffen Inartten unter bem borbringenben Sahne. ®er Jüngling jtoängte feinen ißenton burd) bie ©iS» maffen, bis er bie ©quipage erreichte.

@S tuar bie t)ö<hfte 3eit, benn ©ethfaba fonnte fi<h faum mehr auf bem ißferbe erhalten. ®er Säugling jauberte nicht lange; rafdj umfaßte er bie Saitle beS frie» renben 3ßäb<henS, melcheS mit ihren beiben §änben feinen Slrm ergriff, unb im nächften Slugenblicfe mar ©etljfaba fdjon im Sahne.

©etljfaba blicfte bem Süngting in bie Stugen; in bie= fern Stugenblirfe lernte fie bie SBonne lennen, meldje barin liegt, menn ein SRenfdj in ben Singen beS anbern feine ©eele berliert. ©inmal mar fie bem Seuer biefer Slitgen fdjon begegnet; bamalS hotte es nur ihre Stügel berfengt, je^t aber mürbe ihr £erj ein Opfer biefeS ©litfeS.

„füllen Sie baS SRäbchen in biefen ißelj ! " fpradj bie in ber SKitte beS SahneS ftehenbe ®ame jum SRann, unb marf ihren eigenen ©elj auf baS ttor Satte jitternbe SRäbdjen, bann näherte fie (ich bem SSagen unb reichte ber barin* fi^enben ®ame ihre |»anb. $ajmifdjen fiel ber ©afdjlif bon ihrem Sopfe jurütf unb ©ethfaba ertannte ihr ©ejidht. ®aS ift ber leufel: baS ift geneiba Stmarinen!

Sluch bie Sürftin erfannte fie.

SBie eine gurie ftiefj fie mit mitber Seibenfchaft bie $anb ihrer Seinbin jurücf unb fdjrie heifer bor ©rregung :

„Sort bon hier! 3<h braune 3hre §ilfe nicht! Sieber in bie ©isflut, als ju Shnen in bie §öüe!"

®ann rifi fie auS ber §anb beS SutfcherS bie ißeit= fche unb hieb bamit auf bie ißferbe ein. $iefe raften mitb in bie tobenbe glut hinein, ben f<häuntenben SSogen ent» gegen, melche fdjon an ihre ©ruft reiften. 3eneiba’S §ilfe moHte fie nicht!

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2)odj Setljfaba blieb bort.

Sie bebte, nid^t nur öor Säfte, fonbem aud) öor bem fdjrecflidjen ©ebanfen, bafj fie bem tEeufel in bie §änbe gefallen, ©cfjon entführte er fie afö feine Seute.

Sicher gab er iljt begljalb feinen ißelj, um fie befto getoiffer |olen ju fönnen. SBie gut »arm ift biefer ißeij; er ftammt fidler auS ber §öHe.

„Sie »erben fidlj erfälten," fagte ber ©tann mit bem §afen ju 3ene'^a-

„Sdfj »erbe rubem, um mich ju er»ärmen," erwiberte fie, ergriff mit ihren neroigen $änben bie SRuberftange unb arbeitete bamit, bajj fidf) ihr Sufen ftürmifdh ^ob unb fenfte. ©o ntadfjen eg bie Xcufcl, »enn fie mit ihrem Staube baljin* eilen. ®ic bieten Sinber führt er fidler aud) in bie jpötle.

®er Ißonton glitt mit SBinbegeile burcf) bie finftern ©affen.

©nblidfj tarnen fte ju einem grofjen ©arten, beffen ©lauer bie 2Bogen aufseiten. Setljfaba erfannte biefeg bunte, bergolbete ©ifengitter. |)ier »urbe ber §irfcf) erfdjoffen, ben fie im üergangetten grühiafjre jagten. ®er fEeufet fü^rt fie in feine §öl)(e !

Sor ber ©djtoeHe beg ©c^loffeS lanbet ber Saljn, benn bag SBaffer bringt big jur ©larmortreppe. $odj bie= fe§ ©chlojj ift ein fixerer 3uflucf|tgort. ift auf fo hohem ©runbe erbaut, baß bie ißflanjen beg ißalmen» garteng felbft beim ^öcbften SBafferftanbe öon ber glut nicht erteilt »erben. $ie ^»augflur ift ^eU beleuchtet unb ein £>eer öon Wienern in glänjenber Sterbe eilt mit Sam* pen ben Slnlomntenben entgegen. Qm Snnern beg ©cfjloffeä herrfdjt regeg Sehen. Son einem ©nbe beg grofjen tEanj= falong big jum anbern fielen Setten, in ber ©litte ift ein tEifdfj gebecft mit bampfenbett Samowaren; eine ©ruppe S'inber liegt fdfjon in ben Setten, bie anberen befommen jefct 2^ee unb ©uppe. Sethfaba finbet hi« öiele belannte ©efidjter.

@g Waren bag bie ©iitglieber ber ©efeßf^aft beg grünen Sudheg, »eldfje bie ©tichaeigmeffe benüfcten, ihre

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@f ung abjutyatten. ®enn an biefern ®age ift bie Stufmerf* famfeit ber ^otijei burf ba§ geft gefeffelt.

Saum Ijatte bie Seraf uttg begonnen, afö Sßufffin mit ber ©frecfenänafrift Ijereinftürjte, baß bie Sterna bie ©tabt überffmemmte!

®ie gemeinfame ©efaljr rnafte fie ^olitif, $er* faffungSentmürfe, ©onfirationen bergeffen : „Stetten mir, ma3 ju retten ift!"

gn 3^neiba^ ©arten mar ein großer giffteif, auf meinem bie luftigen ©äfte im grifjatyre förmliche 3tegat= ten ju arrangiren pflegten; im SBinter lagen bie Saline unb Sßontonä unter bett Stentifen. ®iefe mürben nun eilig Ijerborgejogen, bie Serffmonten berf eilten fie unter fif, ergriffen £>afen unb Stüber unb fuhren ber glut entgegen, naf allen Stiftungen, um ben Sebrängten £itfe gn brin¬ gen. ®ie ßofung mar, au§ ben bebrotjten Käufern bor Sittern bie Sinber gu befreien unb jene grauen, bie bei freu Sinbern ju Jpaufe geblieben maren.

3eneiba ftettte fnen fr ©floß, fre Süfe unb ©arberobe jur Verfügung. ®er Sömenanf eil aber fiel fr ju, unb fie entjog fif f m nif t. ©ie felbft trug in fren Slrnten bie Sönig§tof tcr bie ®reppe Ijinan in ein marrneS ßimmer, melfe§ mit meifen Stoffen auStapegiert mar. Seffaba befaß nift bie Sraft ju miberfte^en; fie ließ SltteS mit fif geffeljen. ©egen ben ®eufel ift oljneljin jeber ®ro£ bergebtif .

3eneiba ffnitt unb riß bor Sittern bie Sleiber bon SJeffaba Ijerab, melfe an fren Sörper gefroren maren: fo maft ja ber ®eufel mit feiner 93eute! Slber eine fonberbare ©af e fiel ber SönigStof ter auf. ©ie pflegte nämlif oft mit Sorpnttjia ju haben, unb ba berfäumte fre *ßafin nie, fr ju fagen: „2Bie ffön bift ®u!" unb fre ijerrlif en Sörperformen gu loben. 3^eiba f at bie§ nift. SRit gufamntengegogenen Slugenbrauen blicfte fie bie Jungfrau an, at§ ob fie fr giirnte, bann naljrn fie einen groben SBottftoff unb rieb bamit alle ©lieber be§ entfleibeten SRäbfenä fotange, bis ber ©tarrframpf aus fren äJtuS*

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7

fein toicfj unb eine Wofjttljätige Sßärrne itjren ggnjen Körper belebte. ®ann Widette fie Sctlpaba in erwärmte Seintüdffer, legte fie in ein gutes, weicfjeS SBett unb becfte fie mit einer warmen ®ede ju. 3a, fo gefjt ber tEeufet mit feinen armen Dpfent um, beöor er fie ber @rbe entreißt!

SRun brachte fie iljr in einer ißorjellanfdjate ein bam= pfcnbeS ©etränfe, non Wetdjem Settjfaba einen ©cfjtud tfjat, unb it)r ganzer Körper toarb toie öon gefdfjmotjenem .. Steuer burd)gtüt)t. $aS ift gewifj ber tjöttifdje gaubertrant ! Unb atS fie baöon gefoftet tjatte, befam fie ßuft nadfj bem SRefte unb rutjte nidfjt et] er, als bis fie * bie ©cfjate bis jum testen tEropfen geteert fjatte. 3efei beginnen fid) itjre Singen ju fdjliefjen, unb wie fe£)r fie gegen bie fie über» mannenbe SKattigfeit aucf) anfämpft, fie fd^täft ein. 3nt tEraume entführt fie ber tEeufet in Oerfdjiebette feenhafte ©egenben, bie juerft eng begrenjt finb, aber fidj immer weiter unb weiter befjnen, bis fie fidj in ein grofjeS ißarabieS öerwanbetn, in Weldjent bie 9J?enfdf)en nidft Ijerumgetien, fonbern Ijerumftiegen. ©nmat fietjt fie im tEraume aud) ben teufet, wie er it]re Stirne abtrodnet, öon ifjrent Körper bie fdfjweifjgetränften Jütten abftreift, unb iljr frifdje SBäfd^e anjief)t. SKorgettS beim ©rwadfen mertte fie, bajj fie in ber tEfjat ein Steib anljatte. SBenn baS fein tEraum mar, fo toaren audf) bie anberen Xraum» bitber Waf)r!

Settifaba fe|te ficf) im Sette auf unb fat) fiel) im 3immer um. 3“, bieS ift beS tEeufetS gimmer ; ba ift fein #eitigenbilb ju fetjen, lauter djinefifdje unb japane» fifdfje ©öfjenbitber in grojjcr StuSWatjt. ®aS finb jweifeüoS Seeljebub’S unb StSmobi’S Sitbfäuten.

SBorüber fie aber nodf) mef)r erftaunt, War, bafj fie beim ©rWadjen alte itjre Steiber auf einem nieberen 2et)n= ftuljte neben itjrem Seit fanb. SEBie tonnte baS fein? ©eftern Ijatte fie ber tEeufet in Keine ©tüddjen jerriffen unb jerfc^nitten, unb tjeute waren fie Wiebet ganj unb troden. Ser Seufet gebietet gar öieten bienftt^uenben ©eiftern, bie eS öerftetjen, bieS Stiles fo rafdfj fertig ju

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bringen! ©ie 30g furdfjtfam bie ftleiber an unb üerfäumte nicht, bei jebem einzelnen ®leibung§ftficl ein „Christ« eleyson! Kyrie eleyson!“ ju beten, unt bie äRadfjt beö Söfen ju jerftören.

Unb afö fie angeHeibet mar, unterfudfjte fie, mobin man auö btefem 3immer gelangt?

3mei biö brei 3immer, burd) melcbe fie ging, glichen gar nicht ben Sintmern ihrer Sßatbin, bie hoch eine reiche fjürftin ift. (Sin 3iwmer mar boH mit tebenben Sögeln, baö anbere mit auögeftopften liieren.

$tö|Iidj hörte fie Sinbergemimnter. §ier quält fidjer ber Teufel bie geraubten Keinen fiünberdjen.

2tu§ Steugierbe ging fie rneiter, ben Sinberftimmen nad). @o fam fie ju einer ^alboffenfte^enben Sapetentfjür. $urdb biefe gucfte fie hinein. Unb fie fab, mie 3eneiba eine ©ruppe ber kleinen mufcb, lammte unb anlleibete. ®ie Sinber, tuelc^e gemafcben mürben, mimmerten. ®ie aber fd^on angelleibet maren, freuten ficf) ihrer fdfjönen Kleiber. (Sine fonberbare Sefc^äftigung für einen Teufel!

S)aö mar 3ene^cnö Sabejimnter.

Setbfaba nahm fidj bie greiljeit, einjutreten. Sa, bie ■Jleugierbe macht fütjn !

„3l|, ©ie finb fdEjon angelleibet, Heine gürftin?" frag fie 3eneiba.

„SBaö machen ©ie mit ben Keinen föinbern?" frag neugierig Setbfaba.

„SBie ©ie feljen : ich mafcbe unb beileibe fie. 2Ber meifi loo ihre 3Jtütter finb? ®ie glut mäcbft noch immer; bie ganje ©tabt ift unter SBaffer. @o lange bie ©efaljr mährt, miiffen $iefe gepflegt merben. SB er fiel» fdjnell anlleibet," manbte fiel) 3eneiba an bie ®inber, „lann in ben ©peifefaal geben unb belommt üon ber äRantfell gute ©uppe jum griibftücte."

Setbfaba motlte ben leufel öerfudben.

„Stber mer betet mit biefen kleinen, beüor fie frübftiidcn?"

„üßiemanb, meine 2beute ! ®enn fie finb beimeitern nicht fo anbäebtig, al8 hungrig."

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„Stber eS ift bodj gut, ju beten,“ fpracf) bie SönigS* tobtet.

„3u WaS benn?"

„Sefct eben baju, baß ©ott baS Unglücf öon ber ©tabt ab wenbe."

„SJteine theure Heine ^»erjogin!" erwiberte 3eneiba, „jener ©türm, ber bie SteWa über unfere ©tabt brachte, heifft Stuft er. llnb wenn alte jwötfhunbert SRittionen ©ewoljner ber ©rbe ntit ihrem 3Runb auf einmal blafen mosten wäre baS nicht genug, ben Stuftet jurücf* jublafcn!"

®aS ift eine ©emerlung, wie fie eines SeufetS würbig ift! ®aS Seten für ein gewöhnliches SBtafen ju haften!

©ctljfaba griff nun jurn äujjerften SRittel ber Sühn* heit, ©ie üerfudjte ben Stamen „® otteS" öor bem Teufel auSjuf preßen. ©icher wirb er bann unter ißech* unb ©djwefetrauch fein öertocfenbeS Steufjere abftreifen unb feine gehörnte, jiegenfüfjige Urgeftatt annehmen!

„Sie glauben alfo nicht, bafc ©ott bie fdjrecftiche ©träfe über bie ÜJtcnfchen fchidte?“

„Stein, mein Sinb!" fagte 3eneiba; „benn Wenn ©ott biefe ©lementarplage auf bie @rbe gefchicft hätte, fo Wäre bie fütut nur in bie Käufer ber böfen unb nicht auch in biejenigen ber guten aRcnfdjen gebrungen."

©ethfaba badete : Unb bu bift boch ber Teufel! ®enn fonft Wagteft bu nicht, fo fchredtiche ©Sorte über beine Sippen ju bringen.

©ie ging noch Weiter, fie wollte ben Teufel fangen.

„Sie haben jc|t tiel ju thun; fönnte ich Shnen nicht helfen? SBenn ©ie eS mir erlauben, fönnte ich biefe Steinen auch Waffen unb fämmen; ich tljue baS gerne, benn cS ift fehr untcrh ältlich - ' '

„Sn ber $hat!" fagte 3eneiba heiter, „warum benn nicht? ©o werben auch ©ie ©efdjäftigung haben. Sch ntufc ohnehin bafür forgen, bah fo Piele SRenfchen ju effen haben. Uebernehnten ©ie bähet bie Sorge für biefe Steinen!"

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®amit übertief} fie S8ett)faba iljren eigenen St§, befaßt ben bieten fdjmufjigen Sinbern ju geljürdjen, unb entfernte fidj freunblicf) tädjetnb au§ bent ©abejimmer.

©ettifaba'3 erfte Sorge toat, alte Sinber nieberfnieen ju taffen. ®ann fniete aud) fie nieber unb betete mit ben Sinbern ba§ ©aterunfer : $odfj ertöfe unä bom ©Öfen, Simen !"

Stun ift itjr ber Teufel einmal grünblid) aufgefeffen! ®ann begann fie bie Keinen SBaifen jn Waffen unb ju tämmen.

XXIII.

3>te tSefdjtdjfe vom lUanne mit ben grünen jutgett.

Stber bie Keinen SSürmdjen bedielten fiel) unter itjrer ©ftege nidjt fo rufjig, at§ bei ber anbern grau. Sin ©tid 3eiteibenö genügte, baS jammern unb SBimmern berftum* men ju machen; ©etljfaba aber mar bor iljneit ein Sinb, mie fie fetber : fie fürsteten fid) nidft im SRinbeften bor ifjr. Sin Sinb begann unb bie Slnbern folgten im Sljore : „SBo ift bie ©aba, too ift ber Sata?" Unb bann tonnte fie iijnen immer bon Steuern bie ©efidjter mafdjen, menn fie biefetben mit Xfjrfinen befdjmujjten.

Stun, Xata unb ©aba tonnte fie it)nen nicf)t mieber geben; bod) erinnerte fie fid), mag ifjre Stmmen mit itjr traten, at8 fie nod) ein Keines Sinb mar unb nadfj ber SJtama meinte. Sie erjätitten it)r SRärdfjen.

„SBeinet itic^t! Seib fefjon brab, bann merbe id) eud) bie Sefdjicfjte bom „äJtann mit ben grünen Singen“ erjätjlen. ®aS ift eine fdE)öne Oefdjidjte; gebet Sldjt!"

®ie Steinen mürben auf biefeS ©erfaredfjen rut)ig ; fie fiodten fidj neben ©ettjfaba, legten it)r Sinn auf beS äRäbdjeng Snie, Kammerten fidj an it)r ffiteib unb t)ör= ten ju.

,,©or tanger, tanger 3eit war einmal ein Keiner

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®önig8foljn, wie £u, Struwelpeter ba bei meinen Süßen bift. ®er ßatte einen guten $apa unb eine gute Saba, bie iljn feljr liebten. ®odj eines SageS oerreiften biefe unb Würben in große, lange SRetatltruljen hinein gelegt, mit beren 2)ecfel man fie einfdjloß. ®ann brachte man fie auf große golbene unb filberne SBagen, beren jeber mit fedjS ^ßferben befpannt War, unb mit 9Rufifbegleitung, im ©efolge tieler äftenfdjen, Solbaten unb Kanonen Würben fie weg= geführt.

9118 ber Heine $önig8fofjn allein War, frug er feinen ©roßüejier: „SBoßin ift mein Sater unb meine SDtutter gereift?"

®er ©roßüejier antwortete : „9tdj, Heiner ÄönigS* foljn! Sie finb gar weit gereift: in eine anbere Söelt."

„Unb Warum reiften fie in jene anbere SBelt?"

„ÜBeil e8 bort oiel beffer ift, al8 in unferer 2Belt," erflärte iljrn ber Sejkr.

®arauf frug ber Äönigöfoljn : „3Benn jene SEBclt beffer ift, warum tjabeit fie tnief) nic^t mit fieß genommen?"

„$u mußt nodj oiel arbeiten, fämpfen unb leiben auf biefer SDSelt, beüor ®u würbig bift, in bie anbere ffielt ju gelangen, woljiit ®ein Sater unb $>cine ÜJtutter reiften."

$iefe 9lufmunterung gefiel bem Keinen ®önig8fof)n nidjt, unb er backte : „Sßarte nur! 3«$ werbe bod) ju meinem Sater unb meiner SDtutter in bie beffere SDSelt geljen! bleibet f)ier unb plaget eudj allein, fo e8 eucf) beliebt."

Unb er nafjm feine Heine Stinte, unb ging in ben SBalb l)inau8, wie um Sögel ju jagen. ®ort ftreifte er fo lange in ber SBilbniß untrer, bi§ ißn ein ißlajjregen erteilte. Um niefjt naß ju Werben, juckte unb fanb er einen Ijofjlen Saum. 9118 er in beffen |)öf)lung Ijinein Wollte, ba faf) er, baß bort fefjon ein anberer SRenfd) oerborgen War. 9tun, ®u Struwelpeter! 9Ba8 ptteft $u in biefem Soße getljan?

,,3d) f)ätte laut aufgefdjrien."

„Sürwaf)r, ber Heine ®önig8foßn |at ba8 niefjt ge=

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tljan, fonbern fpradj betjerjt jum gremben : „|>örft ®u, 3Jtenfdfj! liefet SBatb ift mein SBatb, bieget Saum ift mein Saum, unb icfj erlaube ®ir nictjt, barin ju wohnen. SBenn ®u mir aber fagft, mo bie beffere SBett ift, in wetdje tßapa unb SRanta reiften, fo fdjenfe icf) ®ir ben Saum uitb ben SBatb, unb ®u fannft if)n bewoljnen."

®arauf antwortete if)nt ber grembe im tjoljten Saume :

„®aö ift nidjt fo, Meiner ®önigöfoljn! 3<f) Wotjnte t)ier, beöor nodfj biefer SBatb entftunb, unb oon f)ier oer= jagt mid) Stiemanb. Unb wo bie beffere SBett ift? ®aä fann idj ®ir erft fagen, wenn ict> ®idj tiebe unb ®u midj tiebft. gdt) tiebe ®i<fj fefjon."

„Slber id) tiebe ®idjj nid^t ! " fagte ber Meine ®önig3»

fo^n.

„Unb warum nidfjt?" frag ber SBatbmenfdj.

„SBeit ®u grüne Slugen fjaft."

®ie Stugen be§ gremben glühten, Wie jwei Sotianniä*

läfer.

„9tun fo gefje mit ©ott!" fpradE) ber grembe, worauf ber ÄönigSfoEjn erfannte, bafj baö fein böfer ©eift ift, benn fonft f)ätte er rtic^t gewagt, oon ©ott ju tyredjen.

,,%d) get)e audtj!" fpract) ber Meine ®önigöfof)n. „gdf) werbe bie beffere SBett audj otjne ®icf) finben. gdtj f)abe f(£)on oft gehört, wo ber SBeg batjin ift."

®er Heine tßrinj tjatte fefjon öfter erjagten gehört, bafj bort, jwifdjen ben getfen ein Witber, btutbürftiger ®iger Wofjnt, ber fdfjon fo mannen Säger unb gwsenfjirten in bie anbere SBett entführte, ©r Wirb audtj i|n hinüber» tragen.

@r ging atfo, big er bie getfentjöljte beö Staubtfjierea erreichte. Stn ben oieten jerftreuten ©ebeinen, mit wetdfjen bie (Srbe bebedft War, erfannte er fie. ®et ®iger War ju §aufe, man tjörte tyn brüllen. tßun, ®u Struppiger! |»ätteft ®u gewagt, in bie §öt)te einjutreten ?"

„Slictjt einmal, Wenn mein Satten tjineingefatten wäre."

„Sietift ®u, ber Sönigöfoljn War nidt)t fo furcfjtfam;

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er fdjjrie in bie f>öf)(e hinein : „fpe, bu Siger, !ontm’ herüor ! S<f) bin ba, ber Söniglfoljn! £rag’ tnidj rafd) in bie beffere SBelt hinüber!"

Ungeheuer trat Ijeröor, belecfte ficfj bal blutige SJiaul, fcfjlug mit feinem langen ©djweife um fiel) Return unb'ging baran, ben Eßrinjen mit einem ©afce ju erfaffen. SEBeine nur nidjt, ©tumpfnäldjen ! 6r ^at i|n ja nid)t erljafdfjt!

®enn in bicfem Slugenblicfe ftürjte au! einer Seifen* fpalte eine SRtefenft^lange Ijeröor, Warf fidj auf ben Xiger, umllammerte mit ihrem fc^recflic^en 9tinge Seib unb Sefjtc bei Ungeheuer! unb btß iljn in ben |>al!. ®cr üiger fdjrie, brüllte, wäljte fid) auf bem ©oben; bie beiben Spiere begannen einen Sampf auf %ob unb Seben unb fielen ineinanber berfcfjlungen in ben tiefen Selfenriß Ijinab, öon wo nur nod) klappern unb unterbräche! ©ef)eul Ijörbar War. (sie Ratten einanber aufgefreffen.

®er Eßrinj mußte in ben ißalaft jurüdletjren.

Unterweg! traf er einen Säger, ber auf ber ©dfjutter SBogen unb Äödjer trug.

„(Sin curiofer Säger bal, ber nodj jeßt mit bem Pfeile jagt," badete ber ijßrinj unb faß itjm genau in bie Slugeit. (Sl war ber üRann mit ben grünen Stugcn.

„•Jtidfjt waßr, ®u lannft ben 2Beg in bie beffere SDBelt nidfjt finben, Wenn $u midfj nidE)t liebft?" fagte biefer unb öerfdfjwanb, al! ob itjn bie (Srbe üerfcfjlungen hätte.

„SBarte nur," backte ber Heine Äöniglfotjn. „Sdj Ijabe einmal gehört, baß e! ein große! ÜJieer gibt, unb baß »iele ©tenfdfjen, bie auf felbem in ©Riffen fuhren, ben SCßeg in'! Senfeit! fanben. ©iefleicßt gelingt e! audj mir, iljn ju finben."

©ogteidj befahl er bem ©roßöejier, ein große! ©dfjiff auf bem ©djwarjen SJteere auljurüften; mit biefem fuhren fie in bal Sattb ber Seueranbeter, Wo bie Heimat ber ÜDlutter bei töniglfoßn!. ®ie #infaßrt War glücflidj, bodj auf ber Sftüdfreife erljob ftc^ ein furchtbare! Unwetter. (Sl bonnerte unb blifete, ber fMtnmel tierfinfterte unb öffnete

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ficß, unb alä ber SBIiß ißn »ieber erhellte, tonnte man in bem offenen ^immet beuttieß bie glänjenbe ©ngetfißaar feßen, at§ aber bet ©turnt bte ®ee gattete, erbtiefte ntatt auf bem ©runbe bie ÜKecreäntjmpßen.

„©nbtieß!" badßte ber Sönigäfoßn. „©et oben ober unten, jeßt »erbe icß ben Sßeg in bte beffere SDSett finben. "

®te Sßogen ßatten fißon ba8 ©teuerruber jerbroeßen unb ben Steuermann in’3 SJteer ge»orfen ; ba8 ©cßiff näßerte ficß unaufßattfam einem großen finftern gelfenufer; fein 3w«ife^ bort mußte e3 jerfcßetlen.

3n biefem Stugenbticfe bemerfte ber ißrinj Igemanben auf ber ©teuerbanf, einen jjrremben, ber mit einem att= mobifdßen ©teuer ba§ ©cßiff ju teufen begann.

„©onberbarer Steuermann ba§, ber mit folcß’ altem ©teuer biefeö große ©cßiff tenfen »itl!"

fßtößtieß legte ficß ber ©türm; §immet unb SDieer feßtoßen ficß »ieber, baä ©cßiff fußt unbcfcßäbigt an ber broßenben Stippe Oorbei unb erreießte glüefließ ba3 ßeimat= ließe ©eftabe.

®er fteine ißrinj faß fuß naeß bem fonberbaren Steuermann um, ben Seiner fannte; biefer aber lacßte : „Slicßt »aßr, $u finbeft bie beffere SSett nießt, beoor ®u mieß nießt tiebft?"

®er fteine Sönigäfoßn faß ißn an unb erfannte in ißm ben Sötann mit ben grünen Stugen. tiefer aber öerfcßmanb, als ßätte ißn ba3 SDleer berfeßtungen.

Seßt aber begann ber fteine fßrinj ernfttieß ju zürnen. „Sollte benn für mieß gar feineu Sßcg in bie anbere SEßett geben? $ocß, botß! 3fcß ßörte, baß feßon niete fpetben in ber ©eßtaeßt ben 3Beg in jene SEßett gefunben ßaben!" ®r befaßt bem ©roßöejier, bem 'lartarenfönig auf ber ©teile Srieg ju erftären.

Unb ber ©roßbejier braeß mit feiner Slrmee in ba§ Sanb be§ EEartarenfönigS ein, biefer »ar aber ein gar meießtiger Sönig. @r ließ bie Strmee be§ fteinen fßrinjeu immer tiefer in fein Sanb einbriitgen unb umzingelte fte bann öon alten ©eiten.

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15

5)er ©rofmegier erfdEjraf. „Sßir finb oerlorcn, Heiner ®önig§fof)n! $er £artare !cnnt feine ©nabe, er töbtet unä ober madfjt mt3 ju ©claben. ©ein ipeer ift jatjtreidE}, mie bie ^eufdijredEen."

S)er Heine ®önig3fol)n mar barüber ^öd£)Iid£) erfreut.

„Saffe f ogteid) bie @djlacf)t beginnen, bamit mir je fdfjnetter überfielen."

$od(j ber ©rofmejier mar fo erfdfjrodEen, b a|j er fidfj aU gemeinen ©otbaten oerKeibete unb fid^ oerftedte; er magte nid&t, ba§ ipeer anjufü^ren. Saburdfj mürbe au<f| baä ganje §eer entmutigt, fo bafe fie fief) bem geinbe ergeben moflten. ^ßlö^tid^ erfcf)ien an ber @pifce ber Slrrnee ein nnbefannter Leiter in einem Slnjuge, mie ifm nod) deiner gefe^en. ©ein ©äbel glief) einer glamnte ober einer ©erlange. @r begeifterte bie Srieger unb führte fie gegen bie Xartaren. 5)odfj faum mürben bie trompeten jum Eingriffe gebtafen, al§ auef) fd£)on ber Xartarenfönig mit feinem ©tabe barfuft, in härenem ©emanbe, ol)ne SBaffcn, mit reichen ©efdjenfen oor bem Äönigäfolpte bemütf)ig erfcf)ien unb um grieben bat. „$enn," fagte er, ,,icf) fann nidjt fämpfen; meine ©olbaten erfranften unb liegen auf ber ©rbe, itjre ipänbe unb güfee Krampfhaft fdjüttetnb."

2)er 5ßrin§ erfannte mieber ben SKann mit ben grünenSlugen, er mar jener gelbtjerr. ®ieS betrübte iljn fe^r. ©r fal) ein, bafc er otjne iljn niemals jene Sßett finben mirb, in melier fein SSater unb feine SDtutter finb. @o entfcfjtof* er fid| alfo, ben SDtann mit ben grünen Slugen in feiner ipöljlc aufjufud^en unb it)m gu fagen, b afc er il)n liebe. @r ging au<f| fyn unb rief if>n aus feiner $öf)le fjerauS. 2)cr 9Kann mit ben grünen Singen fjatte ein ©emanb oon 3u^ber, einen §ut oon ©djmamm mit grünfdEjimmeliger ©infaffung, fein ©efidt)t mar gelb mie 2Badj§ unb feine Sippen blau mie SOtaulbeeren.

„SKun, tl>eure3 ®inb! liebft ®u mid) enblid)?" frug er ben Keinen SöntgSfolpt.

„3a, ja, liebe $i<f|; geige mir nur enblidE} ben SBeg in bie beffere SBelt!"

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16

„Sch jcige ihn ®ir, bodj mufft 3)u jutiot aus meinem Sorbe eine Sßflaume effen unb mich einmal Kiffen."

(Sr Ijatte nämlich in feiner Ipanb einen Sorb, melier mit Pflaumen gefüllt mar, bie ebenfo madj?gelb maren, mie fein ©efic^t. ®er Meine Sönig?fohn natim eine öon ben Pflaumen unb aff fie. „9hm nur noch einen Suff!" Slucff ba? t^at er. „£>uh, mie falt maren beine Sippen !" fagte er, in fidj jufammen fdfauernb.

®urd) biefen Suff unb burdj bie einzige Pflaume fanb bann ber Sönigäfoffn, ma? er fo lange feffnfucfftäöoll fudjte : ben SBeg in jene beffere SBelt, mo S3ater unb üDiutter iffn ermatteten, (Sr ift noch jefct bort unb lafft euch grüffen."

SBäffrenb be§ (Srjälilen? fämmte bie Sönig?todjter ein Meine? ffeübloube? Sßäbtffen, meldje?, Slugen unb SKünbcffen offen bafaff unb febe? SBort ber Sabel üerfd)laitg; nun fie ju (Snbe mar, frug fie: „Slber, ma? ift benn eigentlich in ber anbern Sßeit?"

„®ort leben bie Seute feffr gut : bie Sonne fdjeint immer, unb emiger grüffling ift bort; man arbeitet nicht, jeben lag ift (Srjengel 3Jticf»ael=geft ; Sille?, toa? bort lebt, freut ficff unb liebt einanber. Seiner ift hungrig unb Seiner ift burftig, unb alle 9Renfdf)en fpieten mit ben lieben (Sngelein."

„$örft ®u, §erjchen," lallte bie Meine Slonbe, „menn man in ber befferen Sßelt nicht effen unb trinfen barf, geht ißapa unb S9aba nicht hi«!"

SJetlffaba muffte laut lachen unb bebectte ba? Meine Sinb mit Söffen.

SBorauf au? bem anberen Simmer laute? #änbeMat= fcfjen erfdhaHte.

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17

XXIV.

§\e ßttft es jn ni$t ....

Sie fdEjöne ®rjät)tcrin mar belaufet morben.

SllS fidj bie £abetentt)ür öffnete, faf) fie brei befannte <$efid)ter : 3eneiba, *ßufdfjfin, ifyren geftrigen fftetter, unb gafuSfin, ben ©teuermann beS ®at)neS. Sie bciben SDtänner marcn audf) tjeute gan§ mit ©trafeenfotfy bebedft; man fatj eS if>nen an, bafe fie non ber Strbeit farnen.

„SBir §aben Sie belaufet!" fagte 3eneiba. „Sie tjaben 3t)r Sßublifum entjüdt."

„SltS idf) ben ®aufafuS bereifte," fpradf) gafuSf in, „fyxbe id) biefe gäbet and) gehört. Ser SJlann mit ben grünen Stugen ift baS aHegorifdje ©tjmbot beS im SaufafuS graffirenben gieberS. Sie Sebeutung ber gäbet ift bie, bafc, mer bie Sncubation biefeS gieberS erhielt, mebcr oorn ©dfjmerte fcermunbet nodf) nom Staubtljier jerriffen nod) nom SDteere Oerfdfjtungen merben fann : baS grünäugige ©djrecfgefpenft übertäfjt feine ®rmät)tten feinem anbern Sobe!"

33ett)faba fa§ 5ßufdf)fin nor fidf), jene beiben Singen, in metdfjen umjufommen füjj fein mu§! ©ie reichte if)m bie §anb.

,/3$ ^abe Sfjnen nodt} gar nidtjt gebanft, baft ©ie micfj errettet tjaben. ©ie famen gerabe jur redeten 3eü- Sdf) t)ätte eS nidfjt meljr lange auf bem Sßferbe auSgefyatten."

„Slber mie fonnte !gf)nen bie gürftin bieS geftatten?" frag ^Sufd^fin oormurfsooü.

„8d) fetbft bat fie barum. gdf) bebau crte fie, benn fie fürchtete fict) unb meinte fogar, maS idf) nicf)t mit anfetjen fann. SBiffen ©ie nicf)t, ob fie glüdticf) nadf) ipaufe fam?"

,,©ie ift ganj motjt; idf) Ijabe rnidf) barnadE) erfunbigt. ©tauben ©ie mir, bafc id) eigens beStjatb $u if)rem ^ßatafte futjr, meit idf) muffte,- b aft gfjre erfte grage nadf) bem Seftnben öftrer *ßatl)in fein mirb. 9lidf)tS fetjtt it)r. 9lodf) in ber 9tadf)t lieft fie fid) in einem Ponton nadf) 5J$eterf)of

3<S!ai: &rei$eit. II. 2

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18

{•ringen, h>o fie in Sicherheit ift. Sin btefeni Schlöffe mußte fie öorüber ; gewiß ßat fie begßaft nicht unt ©ie herauf* gefdjicft, Weil fie wußte, baß ©ie hier gut aufgehoben finb."

Unb Settjfaba nahm baS Säort für feine Sronie; benn fie befanb fich in ber Ißat Wohl an bem Orte, Wo man in {ßufdjfin’S Slugen feßen fonnte.

„Seit fann idj Shnen ober für Shre {Rettung nichts geben, benn ich bin fo arm."

,,©o, wie ich," entgegnete {ßufcf)fin.

Seneiba ftüfterte {ßufchfin in'S D£)r :

„Säetcf)' unermeßlicher {Reichtum müßte aus ber {Bereinigung eurer Strmuth entfleßen!"

S3ethfaba lehrte ju ihrem Säafchbecfen jurücf.

„(Urlauben ©ie mir, baß ich weine kleinen Weiter Wafche. 5)ie Pflicht geht bor Sltlem!"

„©efegnet bie |>änbe, bie fich bamit befaffen!" fprach {ßufchfin, unb jebeS feiner Säorte Hang bem Dh« S3etf)= faba’S Wie ©tücffeligfcit.

„{Run Weiß ich, baß ich ihn liebe," fagte fie für fich; „i<h bin mit mir im Staren barüber. Slber ob auch er wich liebt?"

„Säir müffen jefct oon 3hnen fcheiben," fagte {ßufdj= fin; „ich wollte Shnen bto§ Sunbe bom ©djtoffe ©tjebimin bringen. Säir gehen jurücf. $>ie gtut fteigt noch iwmer. ©anj {Petersburg ift überfdjwemmt. ©roße Slrbeit höret unfer. ®odj iw ßaufe beS SagcS werben Wir ©ie noch öfter befugen. Shnen, theure {ßrinjeffitt, Werbe ich noch biete ©efchenfe bringen."

©efchenfe?! Sagte nicht ihre {ßatljin, baß ber ruffifdje Süngling feiner ©etiebten ©efchenfe bringt? Sltfo bodj!

„©efchenfe?" frug fie mit naiber fjreube unb ber UnfdhutbSröthe auf ben lieblichen Säangen. „SäaS für ©efcßenfe?"

„Sine ©ruppe fchmufjiger Sinber in Summen, um fie ju wafdjen unb anjuHeiben."

®a8 SRäb^en lachte unb Hatfchte in bie f>änbe.

„Sth, baS ift gefcheibt! {Bringen ©ie fie nur! Se mehr, befto beffer! ®ieje ©efchenfe tiebe ich!"

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Die . beiben als SÖtatrofen gefleibeten ffltänner eilten in ihren fdjmuhigen Stiefeln aus bem SBonboir.

„Du," fprad) $eneiba ju ^Sufdjtin, ifjn in ben an» ftoßenben Saal begleitenb, „btefeS SJläbdjen tjat ©ott für Dicf) gef Raffen."

„Seit ttmnn glaubft Du an ©ott?"

,,©ef), Du bift ein Starr! SßaS Weißt Du üon ©^ebinttn?"

fßufdjtin jucfte mit ben Slchfetn.

„@r ift ju §aufe, befinbet fid) gatij toob)l. 3>d) faß ißn burdj feine SBalconfenfter, bod) tonnte idj ißn nicht fpredjen, meit er ba§ genfter nidjt öffnete. Sr ift ein guter, matterer ÜDtenfcf), felbft tapfer, tnenn er einmal brinnen ift; bod) bon felbft entf<f»tiegt er fid) ju nichts. Sr liebt Did) gewiß feßr unb ift um Deinetwegen rcdjt beforgt, bod) Weiß er, baß 'Dein ißataft genug ßocß über ber glitt liegt, unb baß ®u über jafytreidje gute greunbe oerfügen tannft. Sr ift gaftfreunblid), freigebig unb Wirb nachträglich ganj gewiß §unberttaufenbe für bie Stotßleibenben fnbfcribiren, aber fo Weit geht er nicht, baß er fie in fein ipauS auf» nimmt, feine Säte befcßmußen ließe unb ihnen eine Schale Suppe reichte, benn eS fehlt ihm bie ©attin, bie ihn baju ermuntern möchte. Sr ift auch ntenfcßenfreunblich ; bod) fürchtet er fi<h, feinen guß ju befeuchten, benn er tönnte- 3lheuma betommen. Sr ift eine große „3bee", unb er Weiß e3 auch."

„Du bift ein SSerleumber. geh bin bation überzeugt, baß er tränt ift."

„Sterbenstrant ift er fidjer nicht, benn fonft hätte ißn bie gerjogin nicht hier gelaffen unb wäre nicht allein nach fßeterßof gegangen."

„Sile nicht fo fehr! SBaS weißt Du üoin Sjaren?"

„Sr fährt immer herum mit feinem Sahne. SafuSfin, tomm her! ®u bift bem Sjaren begegnet; er^äßte unS batwn!"

„Sich was!" fprach mißmutßig ber Slngerebete.

„Srjäßle nur! Beneiba hört folche Dinge gerne."

2*

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20

„Por ißr ßabe i<ß fein ©eßeimniß. ©ie fennt mtcß burcß unb burcß uub Weiß, baß icß bor feiner 2ßat jurücf» fcßrecfe. PadßtS bin icß mit meinem ®aßne gWeimat bem Pontone beS ©garen begegnet. Pur 2lrmeSWeite trennte uns Don einanber. ®ie ßantpionS feiner ßeibgarbiften beleuchteten feine ©eftatt. @r fetbft gog aus ben genftem bie Weß= flagenben SKenfcßen ßerauS. $aS ficßerfte ßiet für einen Piftotentauf! Sn meiner Xafcße befanb ficß bie meinige fdt»arf getaben. gcß naßrn fie ßerbor, unb um nicßt in Perfudßung gu fommen, ftecfte icß fie in’S SBaffer, bamit fie nidßt toSgeßen fönne!"

„©ießft $u, Safuäfin ! " fagte .geneiba.

„gotgere barauS gar nichts! ©laß icß ißn in bem Slugenblicfe, mo er feinem Potfe ©uteS tßat, nicßt töbten Wollte, ift fein PeWeiS, baß icß meinen ptan aufgab. ©in Attentat, in einem fotcßen Slugenbticfe begangen, Würbe bie SPenfcßßeit gegen ben ©ßciter empören. Pein, nur feine . ©mpftnbetei ! Sdj fcßonte feiner aus Woßtberedßnetem ©goiSmuS. Sdß Witt ®ir nodß meßr beichten, Was icß fetbft Pufcßfin nodß nidßt fagte. ßum gWeitenmate unb nicßt bon oßngefäßr traf icß ben ©garen bei ber „Pärenfeute". ®ie „Pärenfeute" liegt in jenem ©tabtbiertet, wetcßeS jenfeitS ber lXnifrfjf off brücfe mit ber getagnajasStraße •beginnt, bon beren ©jifteng bie Petersburger Hig-life feine Stßnung E)at. Unb boh enbigt ber fcßöne elegante Pewsfß* Profpect in biefem ßabßrintße beS ©lenbS unb ©dßmußeS ; . bocß fo Weit bringen bie ©quipagen ber großen sperren niemals. ©fort paart ficß ©uropa’S ©cßutt mit StfienS Unratß. Unb bei einer großen Kataftropße fcßwimmt ber Unratß oben auf. Unfere geehrten greunbe Würben giemticß mal ä propos bon ber gmprobifation ber PeWa überragt : fte ßatten eine anbere Porftettung erwartet. ©ler SPoraft ßatte fie aus ißren ßöcßern ßerauSgefdßWemmt ; fie retteten fijß auf ben Poben. Unb fd)reien fönnen fie bortreffticß ! 2ttS ber ©gar faß, baß bort biete SPenfcßen in ©efaßr fcßweben, ließ er bortßin rubern. gdß folgte ißnt bon ber gerne unb faß, Wie er jene SPenfdßen eingetn aus ben

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©obenlöd)em f)inuntert)ob, unb tt>ie unterwürfig fie jefjt Woren. 3 cf) mufete mir in bie gauft beifeen, um nidjt feell aufpladfen. ®ie ©efettfdjaft ber „©ärenfeule" füfert ber ©pr in ben SBinterpalaft, audj |>err Dtarat wirb eine Sdjate „®wafe" »Suppe non ifem befommen unb $äf)neflappemb fagen : „®anfe!" $odj ein watjrfeaftiger Sacfeframpf erfafete micf), als unfer greunb 3)obujoff als Stopoteon ©onaparte maafirt au§ ber Spetunfe feeroorfrocf). S)er ©pr rief : „Diantre! Est, qne vona btes retourn« de Sainte Hbline ?“ worauf tttapoteon geftanb, bafe er fein SBort franjöfif^ nerftefee. gefct aber erfolgte bie ftataftropfee. 9lid)t burcfe Sttenfdjenfianb, fonbem burdj ein Stüd §otj. ©or ber ©ärenfeule war eine feofie i^id^tenftange aufgefteüt, auf beren Spifce ein sßedjfranj War. SSon biefem reifte ein fatpeterige« Seil Iferab, welcfee« angejünbet t)ättc werben fotten; waE(rfct»einticE) pm Signale. ®ie ©iatafetn ber gfut erfdjütterten ben Stamm, er begann p Wanfen unb fjätte in feinem gatte ben ©pren unb feine ^Begleiter aerfdjmettert ; bodj jum ©lücfe War bort ein SRann, ber bie brofeenbe ©efafer beizeiten merfte unb, mit ftarfer 6a nb ba« t)erab= tjängenbe Seit erfaffenb, fyaftig baran rife, tooburd) ber Stamm neben bem Äafene nieberfdjtug."

„®iefer SKann Warft 2>u!" fagte geneiba.

„Soffen Wir ba«! ba» fefee id) fdjon, bafe ein ©bet» mann fein gemeiner Söteudjetmörber fein fann. ®er ift in ben Situationen wäljlerifdi. ©ei befferer ©elegenfeeit!"

„9lur nod) ©ine«!" fpracfe 3eneiba. „©erüferte ber ©pr audj ben fßetroD«fp=©arten?"

„9lein !"

„®ut! 3dj Witt ©ud) nidjt länger prüdljatten."

®ie beiben üttiänner eilten p iljren gafirjeugen Ijinab ; 3eneiba aber ging p ©etfefaba prüd. ®ie Äönigätodjter ljatte bereit« alle ©tufdjiffinber angefleibet.

„9hm, Äinber!" fagte 3eneiba p itjnen, „nefemt eud) bei ben $änbcf)en unb gefeet Ijübfdj paarweife in ben SBintergarten. ®ort Wirb man eudj grüljftüd geben, bann

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fömtt ifjr Rieten." Sßintergarten! ißalmenwälbchen! gür äRufchifälinber.

$ann Wanbte fie ftd> ju Sett)faba :

„3e|t, meine tljeure Keine ißrinjeffin, bleiben ©ie allein liier. Saben ©ie fiel) in heifeem SBaffer, baS wirb 3^nen nach ber gestrigen ©rfättung roof)l th.un. 3<h lomnte erft in einer ©tunbe jurüd. ®ort ftct)t ein ©Welchen ; wenn ©ie etwas branden, läuten ©ie bamit!"

gn Sethfaba’S ft'opfe fummte es förmlich. SlüeS War ihr neu unb ungewohnt.

©ine wollüftige SJtattigleit bemächtigte fid^ nach bem Sabe ihrer Siemen unb belebte zugleich ihre iß^antafie. ©djabe nur, baß fie Stiemanben hotte, bem fie ihre ©efühle unb ©ebanfen mittheilen lonnte, eS Wäre hoch fo gut ge= . Wefen!

2Benn junt Seifpiele ©oph'e h«1 Wäre!

ga, Wenn- fie hier wäre, bann möchte fie fich au<h nicht fürsten.

gwei junge 9Jläb<hen beifammen finb baS ©innbilb ber fjelbenmüthigfeit.

Unb jefct !am ihr- in ben ©inn, Was wohl Sophie in biefer grofeen ©efaljr macht? ©ibt es gemanben, ber an ihre Stettung benft? SerjWeifelt fie nicht ob beS unauSge» festen Sturmgeläutes unb beS fich iwmer unb immer Wie= ber erneuemben $anonenbonnerS? SBeint fie nicht, Wenn fie jum genfter hinauSblicft, unb bie rieftge ©iSflut fleht?

. . . Sethfaba fchauberte jufammen. 3hre erregte ©inbilbung führte bie greunbin tior ihren ©eift, Wie fie oor bem gro= feen S3ilbe litiet unb mit erhobenen föönben um Befreiung fleht. Db ihr ©ebet Wohl nü|en wirb? Dber ift eS nur ein leidster fjauch gegen ben Slufter?!

©ie faltete ihre £>änbe, ihr ju helfen; bielleicht h“t baS ©ebet jweier SDläbchen gröfeere Sßirfung. Schabe, bafe in biefent Simmer nicht ein $eiligenbilb ift. ©ie mufete ihre Slugen fchliefeen, bamit fo ein ©öfcenbilb beS ©ubbha nicht etwa glaube, bafe fie ihr ©ebet an baSfelbe richte.

©o fanb fie bie jurüdlehrenbe geneiba.

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,,©ie beten fdjon »teber, Sßrinjeffin? Qe^t ift’S 3eit gunt |>anbeln!"

„2lber, »aS !ann ich tf)un?"

„SSor Stüenx trinfen Sie biefe SBeinfubpe, bie i<b Qtineit brachte. 5cb mochte ©ie gerne Wieber im SSoübefi|e Sbrer Sraft fefjen, benn id& braune Sbre fjtlfe."

,,Söleine §itfe?"

„©e^en ©ie jtdj nur unb friibftiicfen ©ie. Unterbeffen »erbe tcf) ©ie in meinen ißlan ein»eiben."

Setbfaba gitterte. @S fiel if)r ber ®rad)e in bcm 9Jlär= t^en ein, ber bie gefangenen Sinber mit äJtanbeln unb SRo= finen bewirtete unb erft bann töbtete. Saum fonnte fie bie Suppe binunterbringen.

„Sie »erben »o^t jenes einftödige fpauä fennen im ©arten neben bem SitgenienrsSebäube, in »etebem ein einfameS SOiöbcben mit einem »erblichen Sienftboten »obnt?"

Setbfaba üerlor fein SBort.

„Sen amtlichen Saaten gufolge liegt jenes §auS um öier Strfcbin tiefer, als biefeS ©<blofj. golglidj bat bie gtut, ba fie hier bis gur Sreppe reicht, bort febon baS gange parterre iiberfcb»emmt unb reicht ftbon an bie fünfter beS ©tod»er!eS; »ädfjft bie Stut unb fie »irb toaebfen nur noch um einen Slrfdfjin, fo ftrömt baS SSSaffer gum Senfter in bie ©tocf»obnung hinein. SBenn nun bie Ueber= fcb»emmnng »aS teiber ge»i| ift noch g»ei bis brei Sage bauert, mujj baS arme, garte 9Jiäbd)en oerg»eifetn. 3br einziger SBefd^ä^er fann fie nicht retten »egen feiner Stellung, Slnbere aber febiefte er üergebenS ftatt feiner, benn baS SJiäbcben ift ftörrifcf) unb mifjtrauifcb. ©ie »irb ficb feinem jjremben anüertrauen, benn fie fürchtet, baff man auch fie öerniebten »iß, »ie bie giirftin Sarrafonoff. ©S ift alfo nicht anberS möglich, fie aus bcm gefäbrbeten &aufe gu retten, als »enn ©ie mitfommen, benn ©ie fennt unb liebt fie. 2luf 3b*en Sluf Wirb fie öom Satcon in ben Sahn binabfteigen, bann bringen »ir fie in biefeS $auS : fie 23eibe »erben im ©cblafgimmer »ahnen, fo lange bie ©e= fahr »ährt, ©ie »erben nicht allein fein in biefer ©cf)re=

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denöjeit; unb aud) fie »irb ftdj in Q^rer ©efeUfcEjaft toofyt befinben. SBenn bann bie ©efafir üorbei fein wirb, führen »ir fie luieber in if)re SBobnung jurüd."

SBäbrenb biefer Siebe öergafj 99et£)faba ju fritbftüden. 3f)re Slugeu öffneten fidE> immer mehr, itjre SBangen run= beten unb röteten fid), fie lochte unter Xtjrnnen, unb atö geneiba ihren ißlan mitgetbeilt batte, fprattg fie ju ihr bin, ergriff mit ihren $änben ßeneibenö ©futtern, fab ibr treu= berjig in bie Slugen unb fagte freubig :

„SS, ©ie finb ja gar nicht ber Deufel!"

3eneiba mufjte lachen.

„Stber »er fagt 3bnen benn, bah ich ber Teufel bin?"

„Steine ißatbin. Siber ich febe jejjt, baff eine Büge ift."

„Da3 ift nur fo eine Stebenöart ! SBenn man Seman« bem jürnt, nennt man ihn Deufef."

„SBegen beö gesoffenen fpirfeben jörnt Sbnen meine SSattjin, niibt »abr?"

„3a, beöhalb."

„Stber fie hätte mich boeb nicht bamit erfdjreden foöen, baff ber Deufef fo auSfiebt."

„Stärrdjen ! @3 gibt ja feinen teufet. Die SQtenfcben lieben e3 nur, ihre eigenen ©djfedjtigfeiten einem ibeaten SBefen anjubiebten, tueldjcg an ihren ©iinben gar fein Sntereffe bat."

„Sfber ©ie finb bennoeb eine See ! Denn ©ie haben in meiner ©eele gefefen, »ie febr ich mich febnte unb forgte um ©obhte. ©erabe barum habe ich ja ju ©ott gebetet, bafs er meine arme, fleine Sophie errette unb fie tjierf>er= bringe. Unb ba treten ©ie ein unb bringen mir, »ie ber ©enbbote im ©öangefium, bie tröftenbe Slnt»ort : ©ehe felber bin unb hole fie Dir! SBagen ©ie noch ju bebaut ten, bafj ba3 ©ebet nicht gut ift?"

„Dem, ber glaubt, ift e3 gut," entgegnete ßeneiba, unb fiijjte bie ©time be8 Stäb<ben3, toorauf biefe mit ihren beiben Sfrmen bie Dame fiebenb umarmte unb fagte : „Dujjen »ir un3!"

Unb fie fügten ficb-

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Sann lief Setbfaba mit auägetaffener greube jum grühftücfstifche hin unb trän! in einem 3u9e foft bie ganje bampfenbe SBeinfuppe. @twa£ baoon blieb auf bem 39 oben beä ®tafe§. „Sa3 mufft Su trinfen, ba$ ^abe ich Sir übrig gelaffen," fpradj fie ju 3eneiben.

|>temit warb bet ©unb geheiligt.

„3<h bin bereit; wir tönnen fdjon geben," fagte bie Königstochter.

„SSarte nur noch ein Hein Wenig; juerft foHen bie Herren Weggehen. 2Bir werben burd) bie ©artenpforte hinauSfabren unb nehmen btoS einen Steuermann unb einen Datenträger mit uns."

„Glicht Wahr, wir werben rubern? 3 cf) bin ftarf unb öerfteije eS."

,,(£§ wirb unnötig fein. 3w'Wen bem Sreibeife tann man nur mit bem fpafen öorwärtsfommen, befonberö ber 3tut entgegen."

„Unb bennocb behaupte idj, Bentbcben, nicht Wahr, Su Wirft mich auch „©etbfi" nennen? baff Su eine gee bift! 3f<h muh Sir nur gefteben, bah ich wicb bot ben guten ©eiftern nicht fürchte. D, in meiner fpeitnat finb beren niete; Samara war ihre Königin. Senn wenn Su feine 3ree Wäreft, wie lönnteft Su eS fonft Wiffcn, bah biefe Ueberfchwemmung noch jWei bis brei Sage bauern wirb?"

„SaS ift fein 3°nber, meine tiebe ©etbfi, ber ©aro= nteter bort an ber Xöanb geigt auf anbauernben Sturm. Unb bann tefen wir auch ?Me in ben Sbrontfen ber Stabt, bah bie ©efahr immer mehrere Sage anbauert, Wenn ber Sübweftwinb bie SReWa jum Austritt bringt."

„9tun, baS ift febr einfach- 2ttfo f eine ^ropbejeiung ? ©ber Su baft «och ein ©nbereS gefagt, bah jener £err, Welcher Sophiens einziger ©efcbüfcer ift, nicht ju ihr hin» gehen Wirb fönnen. ©Selcher S9arometer hier h°i ®ir baS gefagt?"

„$m!" 3e«eiba brüefte bie Sippen aneinanber unb badjte einen SRoment tang nach „weiht Su, Wer jener hohe $err ift?"

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„Sßie benn nidjt? SSie oft tjat er rnicf) bort bet ©o= pljie getroffen unb fidj aud) SRärdjen oon mir erjätjten taffen ! Sophie ober f)at mir Slßeä gefogt, SlHeS, aucf) - foidje Singe, bie Stiemanb toeijä. Sie werbe icfj Sir olle erjagten, benn wenn man fidj liebt, mufe man einonber Sltteä fagen, WaS mon Weife. Stidfjt Wafer?"

„©eWife ! Sllfo, meine Siebe : btäfeer fonnte ber grofee |>err nidfet p ©opfeie fommcn, Weil bie ©efafer oon ber grofeen SteWa auäging, unb Weil ficfe für ifen gebüferte, bafe er on ben om weiften gefäfjrbeten Orten erfdjeine, um bie fBemüfeungen pr ^Rettung burcfe feine ©egenwart anp= eifern unb ifenen ©rfolg p oerf Raffen. SBenn er onftott beffen perft p Sophie geeilt Wäre, Welche bei ber Keinen Stewa wofent, Wa8 wäre bo für Unrufee entftonben. Sticfet wafer, Su üerftefeft rnidfe?"

„©efer gut oerftefee icfe Sief)!" fagte SBetfefaba traurig.

„fjeute aber taffen fie biefen l)ol)en $erm nidjt mef)r feinaug auf bie überfefewemmten ©affen."

„SEBer?"

„©eine Sftätfee."

„SEBarum niefet?"

„SEßeil fie einer SBerfcfeWörung auf bie ©pur gefommen finb, bie gegen fein Beben gerietet ift."

„D, mein ©ott!" feufete SBet^faba auf unb gelangte mit einem SJtale an ben testen Sting ber ©ebanfenfette. ®erfd)Wörnng gegen baS Seben be§ ßjaren, unb 3eneiba weife baoon! Son wem fonnte fie baä fo fdfeneü erfahren feaben? fßon biefen beiben SRännern! Stber oon welkem?

gurtfetfam trat fie an geneiba feeran, unb fid) über ifere Schulter beugenb flüfterte fie :

„Stber nidfet Wafer nidfet biefer biefer jüngere feat Sir ba§ gefagt?"

„Stein, nein," fagte ßenetba, bie ganje Seele beä ®inbe3 burdfeblidenb. „ffür ifen fürste nidfetS ! ©eine $anb unb fein §erj finb feieoon rein."

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27

„Unb Su bift babei?" fnig ba§ -Dtäbchen mit ber gingerfpi|e geneiba’ö ©ruft berührenb.

3enetba mar überrafdjt oon bem birectert ©erhör. Sft baö finbtiche Steugierbe ober bebeutet mehr?

©ethfaba bemerfte iljr ©efremben.

„Senn fie^ft Su, jmifchen Senen, bie einanber lieben, barf fein ©eheimnife geben. 3<h fage Sir auch, maä ich meife, unb maö ich noch Seinem gejagt höbe, nicht einmat meiner Saufpatfee, benn bei ihr glaube ich, bafe ict) fie mehr fürste, afe liebe. Slber Sich liebe ich fo recht, rec^t ; barum fage idj Sir auch, bafe idj auch meife, mie fürchterlich man fic| gegen itjn üerfchmoren hat. ©r tjat Sophien fetbft gefagt. Sn ©etrotoöfo tiefeen iljn bie empörten ©auern unb ©olbaten nicht meiter reifen, berfpotteten ihn unb broljten ilpn, er müffe jurücffetjren. Siefe ßeute finb jertumpt unb jungem, ba glaube icfj'S bafe fie ihm böfe finb. Slber maö |aft Su gegen ihn? Su bift reich, bift fdjön unb ge» feiert, marum bift Su alfo boef) mit in ber ©erfchmörung?"

Sn 3enetba bti^te eine Sbee auf. Siefeö Sinb fonnte in ber Sette noch einen Sting bilben, ber eben fehlt.

„Somnt, taff’ unS ftäfternb {preßen, bafe eS fetbft bie SSänbe nicht hören fönnen. Stuch ich ^abe Sief) tieb gemonnen unb fage Sir SllleS aufrichtig, maö ich weife. Ütuch i<h bin mit in ber ©erfchmörung, ich fpiele eine grofee 9totte barin."

„SDSaS fjaft Su für einen ©runb baju?"

„S<h bin eine „Kalevaine."

, ,2t ber maä ift ba§ „Kalevaine“?"

„Sn ber ©uomatainenfpradje baöfetbe, toaS Su bei ben ©rufen bift. ©in SKöbchen, baö, atg jur SESett fam noch eine fjeintat hatte unb fie je|t nicht mehr hat, beffen Station bamatö noch ©uomatein mar, möferenb man fie heute bie finnifche, tfdjubifche nennt. Su erinnerft Sief) gemife eben fo mie ich “n bie ©egenben unb ©eftatten, bie Sich bi§ ju Seinem fechften Sah« umgaben, bie Su nimmer mieber gefefeen unb hoch nie bergeffen fannft?"

„D baö ift mafer!"

„Sticht mahr? Snntitten aller |>errfichfeit ber ©Seit,

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2*

bie $idj bet beit glönjenbften ^offeften umgibt, wirb e8 ®ir plöfclid) Wclje um’8 |>erj, wenn $ir bie bunflen SBälber mit bem Wilben SBein öerWadjfen in ben Sinn fommen, bie Sftitter, toeldEte ben braufenben ©ergftufj auf rafdjen fßferben überfein, bie weitljinfdjauenben blauen Serge unb bei 9lljnenpalaft, mo bor bem ifyrone ®eine8 ©ater8 bie" SJhtrfen mit gefenltem Raupte erfdjienen?"

„D gewifj, gewifs!"

„Unb auci) jefct benfft ®u nod) ber 9Karcf)en, benen $u beim SJiurmeln ber grufifdjen ©äcfje gefault Ijaft?"

„So ift ei ganj fo!"

„9lun fieljft $u, eben fo ergebt e8 mir mit jenen ©rinnerungen, bie Wie ba§ ©raufen be8 Qmatra ewig auf unb nieber raufcfjen in meiner Seele, ©ben fo wenig fann id) bie moo8bebedten Seifen, bie alteften ©ipfel ber SBelt, bie Fata morgana ber fhtnifdjen ©bene, bie rotfjbebadjten Käufer, bie 3iwmergcbäße, an benen bie ©robe an Stri» den gereitjt Ijerabljängcn, bie Urfagen ber Kalevala unb bie Sreifyeit be8 ©otfe8 tiergeffen, oon ber mein ©ater fo biel gefprodjen. ®amafö berftanb idj nid)t, wa8 er mit fagte, aber jefct erinnere idj mid) baran berftelje it)n ! "

„$dj erinnere micf) aud) aber id) berftefye ei nodj immer nic^t."

„tiefer ©jar ttaljm ®ir Wie mir ba8 ©aterlanb, er na^m unferem SSotfe feine grei^eit! Unb als wir bann ber= Waift, baterlanbStoS geworben waren burcf) iljn, ba würbe er ftatt unfereS ©aterS unfer ©ater, für unfer Keines ©a= tertanb gab er unS ein grofjeS, ftatt unfereS ftißen |>eimS bie §errlid)leit ber SBelt! 9118 äJtenfd) war er unfer ©ater, at8 ©jar unfer Xprann. gür baS ©ine fann id) iljm nid)t unbanfbar fein, ba8 9lnbere fann idj iljm nidjt berjeifjen. Unb fo ftetje id) gebannt jwifdjen jWei fßflidjten. 9118 mei* nen angenommenen ©ater muß id) fein empfinblidjeS |>er$ fdjüjjen, muff ifjn Ijüten bor bem meudjlerifdjen $olcf), bor Sdjmerj unb ®ränfung ; au8 ber ©ifenfjanb be8 Iprannen aber muß tcf) mein ©aterlanb, fein ©otf unb feine 5rei= f)eit reifjen! $aft ®u nficf) berftanben?"

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29

„Sch felje ®i<h oor mir fliegen, ober ich fonn deinem Singe nicht folgen, ®ich nidjt erregen, Sprich : ift „er" auch in ber SSerfcE)i>rung ?"

Seneibo oerftonb, Wen fie unter biefetn „er" meinte.

„SRein! 6t borf eS nicht! 3$ miß rtidEjt baß er baran theitneljme."

„D bann ertaube auch mir, nicht babei ju fein! 8Büt= beft ®u gefagt hoben, baß er bobei ift, fo müßte auch ich es fein."

„So ift’S f Shr müßt 6iner ben Slnbetn jurücfhalten. Slber bennoch mußt 33u mir in einem Itjeite ber ßhweren fßfticht beiftehen."

„Sprich, WaS ich tf)un foß, ich folge ®ir!"

„Unfere erfte Sorge ift, Sophie hieherjubringen, unb Senen, beffen §erj um fie bangt, ju benachrichtigen, baß ihm nicht bange um fie fein möge."

„6rlaubft $>u, baß ich suerft gu Sophien gehe?"

„ßtur ®u aßein, fie Würbe auch fonft ßtiemanben hören."

Sethfaba aber hätte man leine größere S*eube oerur= fachen fönnen, all baß fie juerft aus bem Staren auf ben ©atcon beS oerborgenen §äuSchenS im fßetrowsfer ©arten treten burfte.

®ie Stut reifte bereits an ben ©atcon unb fie burfte ju bem Bezweifelten SJtäbchen eiten mit ben SBorten : „®u bift befreit."

®em armen StRäbcßen fehlte eS bereits an aßen SebenS» mittein, Wie an aßem |>eijmateriate, benn SlfleS war burd) baS in bie Sefler unb ©peifetammer bringenbe Sßaffer un= brauchbar geworben. Sn fßetge gebüßt faß fie bort am Senfter unb auf bie Scheiben t|ou<henb, ftaunte fie bie gro= ßen 6iStafetn an, bie über bie oößig niebergeriffene Um= gäunung {»itiroeg heranfchwammen. 9Ranche burchfchneiben mit ihren fcßarfen ßanten bie großen Spieren wie mit einet ©äge, bie anberen bäumen fi<h auf in ihrer gangen Sänge oor bem ©tomme, ber ihnen im Sßege ftetjt, bie nachfot* genben ftauen fidj an ihrem ßtücfen, bis ptöfctich bie ftarte ©irte Irachenb unter ihnen gufammenbricht. Sßenn baS

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©iS ben fßar! »erntetet f)at, lommt bie Steife an baS $auS\ Stuf bem ©cßreibtifcbe mar bar Betteldjen aus ©troß» f>af>ier bereitet, baneben ber Sleiftift. Sophie Wollte etwa«? fcßreiben.

Sn einem Käfige batte fie eine ofttaube. ®iefe batte ibr ber ©jar gebraut, bamit fie ibn oerftänbige, Wenn fie fitb einmal in großer ©efaßr befinben foHte.

Sie wartete mit ber SRittßeitung big jur äußerften ©renje ber ©efabr, benn fie wußte, wie fdjmer eS ibm fallen muß, ibr ju §ilfe ju fommen. ©S läßt ficß nun benfen, wie groß ihre ftreube war, all Setßfaba burcß bie Salcontßür bei ibr eintrat.

©obßie «griff fofort ben Stift unb fdjrieb mit beben» ben Ringern auf’s ©troßbapier biefe SB orte nieber : „Scß bin gerettet, unb in guter |»anb; fei ohne ©orgen!"

©ie frug gar nicht, Wobin man fie führt. $em Stufe Setbfaßa’S folgte fie getroft. ©ie banb ben Zettel unter bie fjlügel ber Saube; bie fliegenbe fßoft flog hoch in bie Süfte unb üerfcßwanb bann in ber Stlcßtung beS SBinter» ßalafteS.

XXY.

§O0 unb JSagog.

®er ©jar batte fi<f» biefe Stacht gar nicht entfleibet. ©r Warf ficE) ermübet auf baS bloS mit einer Säten» baut bebecfte Stubebett.

©djon oor Sonnenaufgang War er auf ben Seinen, unb ohne feine Kleiber ju wedjfeln, trat er an’S Senfter. SiiefeS war jugefroren; er mußte eS baßer aufmacben. fßlöß» ließ fcßlug er eS wieber ju. ©in febauberbafter Slnblicf baS! Qn fieberhafter ©rregung jog er feinen SDtantel an unb ging hinaus.

Sm Sorjimmer erwartete ißn fein ßeibarjt, ©ir 3a* meS SBbtie. @r trat bem ©ilenben entgegen.

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31

„®uer SJtajeftöt bärfen tjeute nid)t au§get|en!"

„3Z barf ntd)t? Sßet befiehlt mir?"

„SZ oerorbne nur. ®ie§ SRe<f)t tjat ber 3lrjt auZ gürften gegenüber. "

„Slber iZ bin nicpt franf."

„®ann Werben ©ie e$. gf)re ©efunbfieit ift gefötjrbet." „Sie ftet|t in ©otteS fpanb."

Unb er ging Weiter.

3nt Slubienjfaale fanb et Slraftäejeff.

„@uer äJtajeftät fann Ijeute nid^t au3gef|en."

„9ltfo ®u orbinirft auZ fZon, ntcf)t nur ber Strjt?" „®a§ Seben ©uer SCRajeftät fdjwebt in ©efaljr." „9tiZt jum erften Sfftate. ©r, ber midfj geftern ftf)ü|te, Wirb miZ audj fjeute nidjt oertaffen, ©ei ein ©tirift unb fjalte miZ für fein ®inb, baä ficf) mit SRärZen fd£)redfen täfjt. ©teibe auf ® einem ©ta|e, icf» gelje auf ben meinen!"

2lraft§ejeff fannte ben ©jaren unb wufjte, bafj 2Btber= fpruZ it)n nod» fjnrtnädiger mac^t. @r fteflte ficf) batjer etjr* furZtSOott jur ©eite, at§ ber ©jar an if|m oorüberfZritt.

®er ©jar paffirte allein ben langen ©orribor, ber mit ben ©itbem feiner ©dljladfjten oott War. 9tm ©nbe be§ ©aitges erwartete iljn ein fteiner SRegergroom mit einem ©riefZen, ba§ er Wortlos überreizte. War ber ®iener ber ©jarin; ein ©eburtetagSgefZenf oon ef)emat§.

®er ©jar burZftog ben ©rief, bann lief? er ben Äobf Rängen. ®r fpraZ fein SBort, ging auf fein Simmer, legte feinen SRantet ab unb btieb ju §aufe.

®en ©rief Ijatte bie ©jatin gefZrieben, unb er ent= tjiett nur golgenbeg : „3Z fürZte miZ attein im ©Ztoffe ; bitte, oertaffen ©ie mid) jefjt niZt!"

®a§ war ein ©efeljl! ®iefem mufs fetbft ber §err ber SGSett getjorZen. ®ie ©attin fürZtet fiZ!

ge|t ift er oerurttjeitt batieim ju bteiben, Wie ber ein= geferferte Sträfling !

©eit oierjet)n galten t)at bie ©attin Zn um niZtS gebeten. . $eute ttjut fie : wie fönnte er it>r bie Sitte abfZtagen?

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Sticht nur feine §errfd)erpflichten mahnten iljn, bort» hin ju getien, Wo bie (Slenben in ©efahr finb; fonbern auch jener bunfte Drang nad) SBorträrtS, ber feine Seele fortWährenb anfpornt, ber ipn oon einem ©nbe feines IRei^eS bis jum anbern jagt, ber ipn felbft bei sJiad)t nicpt ruhen läßt, bis er auffteljt, fidf in ben SBagen fe|t unb oon Straße ju Straße fährt. DaS Sleiben auf einem ißla^e ift für ißn eine gotter. ©rft biefe SBoc^e fehlte er oon einer Steife fjeim, toeldje fidj bis an bie firgififdjen Steppen erftredte. Unb je|t foß er ju Ipaufe ßoden? Doch feine grau bittet if)n barum.

Sie erbat ficß ja nichts ©roßeS Oon if)tn. Sie bittet ißn ja nirfjt, ju ißr in’S gimmer lommen, ißr ®efeü= fdjaft ju leiften, fie ju tröffen unb ju ermuntern; fie bit» tet ihn nur, mit i£)r unter einem Dache ju bleiben.

ge|t hatte er SRuße, oon einem ©nbe feines ^immerS bis jum anbem ju fpajieren, unb ju tauften bem ©loden» getaute, bem Sturotgebrüße unb bem Klatfdjen ber SEBogen, beren ©ifdjt bis an feine genfter £|inanfpri|te.

ißlöitich fcßrie er : „3Bo bift Du Sophie?"

©ut, baß ißn Stiemanb £)örte ; er War aßein.

Sein ©eift Weilte in jenem, oon ben SBogen einge» fcfßoffenen §äuScf)en; fein Stid burdßief bie leeren gimmer, in Wetten Sßinb unb SBetter ungeßinbert tobten, unb als er fie nitgenbS entbedte, rief er :

„2Bo bift Du, Sophie?"

Diefe Sßifion war noch peinlicher, als jenes wirtliche Schredbilb, Welches bie jürnenbe Statur braußen bot. Sie» ber faß er bieS an. @r eilte auf ben 93alcon beS SBinter» palafteS hinaus, riß beffen ©ta8tf)üren auf unb ftarrte oon bort hinab auf bie gräßliche Sßerwüftung. Das war ein fchauerticher Slnblid!

SSreit Wie ein SJteerbufen wäljte ber riefige Strom feine Sßeflen jurüd in ben Saboga»See. 3luS bem fernen Stebet löfen fid) nadjeinauber bie Sßifionen loS, welche bie rafenb bafjinftürjenbe SBafferfläche wiberfpiegelt.

2ltS Stapoteon üom Kreml aus ben 93ranb oon SJtoS»

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fau falj, wie bet ©türm baS Flammenmeer gegen bie ©tabt mäljte, rief er Derjmeifelt : „Slber, maS ift benn biefer SSinb?" 3e$t frufl älejanber aud), als er fa£), wie ber ©türm unanffaltfam baS SDteer gegen feine 9tefibenj peüfdjte : „Slber maS ift benn biefer SBinb?"

Umgeftürjte Käufer mit jerftörten Sädjent, an beren ©tä|en fid) ^albnacfte SRenfdjen Hämmern : unb bort er= Ijebt fid) fteljenb ein Heines $änbdfjen aus bem 2Jiutter= fdfjoofee. ©in 3Jtann rnbert mit einem Sörette unb finbet lein rettenbeS Ufer.

3feber SBinbftofe, jeber Sßogenfdfjlag bringt eine neue ©rfcfeeinung.

3e|t fommt ber iReft einer äRenagerie. S>er ©trubel mirbelt bie aneinanbergeletteten Käfige im Greife untrer, ©in Königstiger butdfbracf) fein ©efängnife unb ftärmt je|t brüHenb Don einem Käfige jum anbern. Einige SRänner Hämmern jtd| an bie (Sitter, mögen aber nicf)t baS 33 ad) jn erflettern aus Furcht Oor bem Siget. Wüe merben fie bort umfommen. äRenfäen unb Seftien IreifdE»en unb brüllen.

S>ie SBogen mäljen aud) ' fie unerbittlich fort.

9tun folgt eine Srüife. ©in Fragment ber ftefeenben ^poljbrüde, jmifdjen ©iSriefen eingejmängt. 3toifd)en ben Sailen ftefet, bie Steicfefel naefj oben gerietet, nod) eine Kutfcfee, aus beren innerem ein rofafarbigeS FwuenHeib fyeröorblidH. 9lud) bie Srüde unb bie Kutfdie fd)ttmnmen weiter; fradjjenbe fRaben untfefemärmen fie auf bem ©ife unb in ber ßuft.

SBer lönnte all’ biefe Silber oerfotgen?

Ster ©trom ftürmt baljin mie ein abgebrüdter 5ßfeil, unb bie SBoge fpiett mit ben ©isbarrieren ; je|t errietet fie jufefeenbS ißqramibeh unb reifet fie im nädjften 9lugen= btide nieber; SBirbel bejeidtinen ifete ©teile. Ster ©ranit» quai ift längft jetbtoefeen, fein Ufer, lein Stamm mefert bem Flttffe, weiter jnm äJteere anfcfemillt.

gn ber -Ralfe beS SßinterfdftoffeS ift baS ißalaiS ber Slbmirafität. ©ein Stad) ift oon ©rj. Ster gräuliche ©türm rife ein ©tüdf beS StadfeS ab, rollte eS mit einem bonner» Söffli : Stilett. II. 3

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öhntidfjen ©epotter jufammen, mie einen Sogen Rapier, ebnete eS toieber, entführte eS in bie Siifte, marf einjelne Dafein mie Spielfarten untrer, bis er enblidf) baS ganje Dach jerriß unb eS auf ben ^auptylafc nieberfc|teu* berte.

Sefct fontmen niete taufenb gaffet mit 2Reljt, . 3uäer, ©otonialmaaren belaben, toelche bie gtut aus ben ©ntrepotS beS SörfengebäubeS megfchtoemmte. Die für ben SBinter

aufgehäuften SlahrungSmittel einer ganzen Sßettftabt -

ein SRaub ber SBelten! SBieber efn anbereS Sitb! Sn Schlachtenreihe aneinanbergerei^t toie eine gtotiüe nähern ficf) fdfjmarje $ätjne, bie nicht ju bem 3mecfe gemacht tour* ben, Sfteifenbe über bem SBaffer, fonbern unter ber ©i'be ju e^ebiren. Särge! Die gtut butcfybradj bie SÄauer beS SJtititärfriebhofeS SmotenSfaja, burchmühtte taufenbe non ©rabhügeln, unb bringt nun beren fdhmeig* fame Setoohner jurücf in bie Stabt, toelche fiel) tängft non ihnen Oerabfdhiebete. Die begrabenen Krieger Jommen, um oor bem ©jaren toieber einmal Steoue ju paffiren! Der Drcan fchmettert bie Drommete unb bie SBoge rührt bie Saufe! Sludf) bie ©rabfabette ift ba, unb bie ©rabeSfreuje ragen gefpenftertjaft aus ben ©iSbarrifaben f>eroor! ....

Unb baS furchtbare ©hetorama ift itodEj nicht ju ©nbe. Der Schterfen mächft nodh immer! Sk ber gerne jeigte fidf) ein breimaftigeS SchrecJbitb ! Das ©efpenft einer ©a* teere! Ski ®ronftäbter §afen jerriß ber Sturm bie Sinter* Jette eines ®riegSfdf)iffeS, unb je§t Jommt eS mit Kotier ®raft in bie 3Kitte ber Stabt htneingebrauft!

Sn biefem Slugenbtirfe oergaß ber ©jar feine SBürbe, oerhüllte fein Slnttijj unb meinte.

@r badete gar nicht baran, ob ihn auch Sentanb fehen tonnte.

Unb Siete fahen ihn.

Sitten S^nen, metef) e ber ©jar in ber Sladht aus ben toanfenben Käufern ber Sorftäbte gerettet hatte, Stilen, bie nicht mußten, mohin fidh aus bem ©emühte beS SottSfefteS ju retten, ließ ber ©jar bie mefttiche SBohnabtheitung beS

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2Binterpatafte§ einräumert, unb überließ beit Vertretern be§ @tenb$* bie glän^enben ©die.

©oldf)e ©äfte hat ber SBinterpataft nodh nicht beherbergt! ®ie -Reujahräfefte bereinigen jtnar hier bierjigtaufenb ©äfte, bodh biefe fegen mit ©eibe ben Voben unb erheflen mit ihren ®iamanten biefe SDtarmorfdle.

®ie§ntal aber ift hier ber ©chauptajj für ba§ ©erränge ber Summen. Sine 3Beltau3fteflung bon 2lrmuth unb ©tenb ! ®a mar 2lße§, ma§ bie ©cßattenfeite einer SBettftabt bitbet unb mobon bie gtänjenben Straßen feine 2lt)nung haben, ein Konglomerat ber bittern -Roth unb ber rudfitofeften Ver= morfenheit. ®ie fich am ®age au§ ihren bumpfen ®eüer= tönern gar nicht herbornmgen haben fidf) im 2Binter= patafte ein ©teflbichein gegeben. ®er ©jar fchicfte ihnen ©peife unb ®ranf. Unb fie fangen bie ganje Stadst ba§ ,,9Reffertiebtt, metdf)e3 bie ©efeßfdjaft ber „Värenfeute" fie gelehrt.

Sttejcanber hörte e3 unb fonnte fich an ber frohen Saune feiner ©äfte erfreuen.

®iefe öffneten bie genfter, bie Vorberften ftecften ihre ®öpfe hiuau^ unb riefen ben Uebrigen $u, ma§ fie fahen.

®ie ga9abe be§ SBinterpalafteS hatte jmei borftehenbe glügel. ®ie ©eretteten maren in ber meftlichen Slbtheitung einquartiert, ßtuifchen ben beiben gtügetn erftrecft fich mie ba3 9Rittetftridf)tein be§ Vuchftaben E jene batfonförmige £atte, bon meiner ber ©$ar auf ba3 Panorama ber 3er- ftörung hiuabfchaute.

2 tte ihn feine ©öfte erblidften, berftummten fie.

toar eine impofante ©eftalt, mit ber fahl merben= ben h°hcn ©time, metd^e fidf) unbebecft bem ©türme ju= menbete, ©o lange er unbemegtidf) baftanb, überging biefe Unbemegtichfeit auch auf bie 3ufd£)auer.

. ®odfj afe fie ihn erfcf)üttert meinen fahen, al£ fie mcrften, baß auch ber ©jar ein Sßenfch fei : empörte fich ptö^tidh ba3 Volf. ®ie ©chmädfje ermecft ben ^ngrimnt!

©in 9Rann, 9Raraf § Vruber, benüfcte bie Stimmung, fprang auf§ ftenftergefimä unb fdjrie bem ©aaren ju:

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„SBeine nur! 3e$t fannft du deine fchöne Stabt 6e- Weinen ! diefe SerWüftung hat unS ber Stac^egott als ©träfe für deine ©ünben §ugef<hidtt! Seft dürre, JpungerSnoth SlßeS fam um deinetwillen ! denn du bift taub für baS. 3ammergefd^rei unfeter ruhmreichen S rüber, ber Hellenen! du geftatteft, baß unfere ©laubenSgenoffen abgefdjladjtet werben! 3hr unfdhutbig oergoffeneS Stut fdfjreit um SRadje jum £>immel ! du bift bie Urfache biefer ,3erftörung J Um deinetwißen ftraft uns ©ott!"

der ßärm beS SotteS brinnen unterbräche bie ©djtufc Worte, daS^eulen übertönte ben ©türm, die aufwiegetnbe SRebe berfe^te bie ohnehin aufgeregten Unglücflidhen in 3Butf). der ßtefrain beS SDteffertiebeS erfdhaßte, unb baju als Segleitung ungeftümeS ©epolter.

das Sott öerfuchte bie fd^weren dhüren ju fprengen. Welche bie in bie SSopnung beS ©jaren füt)renben ©orrtbore abfchtofjen.

der ©jar War auf feinem Satcone burct) zweifachen ©freien feftgebannt. hinter ihm bie Ijculenbe SolfSmenge, welche feinen dob oertangte, öor ihm bie näherfommenbe ©ateere. @8 War eines ber größeren föriegSfchiffe. 3m SBin- ter, wenn biefe Schiffe jWifdhen bem ©ife eingefroren finb, beherbergen fie teine ÜRannfdhaft auf ihnen, die geringe SBachmannfdhaft beS ©chiffeS ha* fi<h Wahrfcheintich gerettet, unb itun-fommt eS ungehinbert heran auf ber enbtofen SBaffer» fläche, unb, Wie eS fdjeint, gerabe auf ben SBinterpalaft loS.

2118 ber Särm ertönte, öffneten fich plö$li<h aße genfter ber'SRittelWohnung, unb breifad^e Sajonnetreihen ftarrten barauö hetüor. Sei einem genfter ftanb SlraftSejeff unb rief mit feinet graufamen, freifdhenben Stimme ju ben ©mpörem hinüber :

„Serftumme fofort, du Soll ©og’8 unb äRagog'S! ober idh fdjleubete di<h in bie ©isflut jurüdt, au8 Welcher didh bein §err rettete! UnbanfbareS, wilbeS Soll!" da8 war Del auf baS treuer.

„$foh°, 2traftSejeff!" brüßte eS auS taufenb fehlen, „dort ift ber böfe ©eift!"

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„Somm bod; !" fd^rie SKotat. „Sehen Wir einmal, ob 2)eine taufenb ©ajomtete unfere jefintaufenb SDteffer be= fiegett werben? ©egimte! ober Wir fangen an!"

$ie ©aleere fam immer näher.

9118 fie nur nod) brei gaben weit oom Sßinterpalafte entfernt war, ba bemerfte ber ©jat im Steuerf)äu8d)en einen 3Rann, ber ba8 SRab breite.

„2Sa8 mad)ft $u, SRenfch?" rief et ifm jürnenb öon ber fpßije an.

gener wufjte, Wa8 er tf)at. @8 war ©orbotufeff, ber übergegangene SRarineofficier. 2ßie et auf ba8 Schiff fam? ba8 muffte Seiner. @r fteuerte gerabe auf ben Sßin» terpalaft lo8, benn er wollte ihn jertrümmem, bamit alle barin ©efinblidien, aud) er felbft, bort it|t ©rab finben foßen. Stuf bem Sltafte prangte eine rot^e ga^ne.

5>ie ftreitenbe SWenge unb bie ©arbiften fallen öon «fiebern nid)t8, bie ©alconljaße entjog ihnen biefen 9tn= blid.

3e|t gleich muff e8 fic£» jeigen, ob ba8 §oljhau8 ober ba8 @tein^au8 ftärfer ift?

$od) ber «Strom be8 2Baffer8 War ftärfer al8 ber •menfd)ltd)e SBifie unb anftatt be8 <Sc£)ifffcf»nabet8 führte er bie ©eite ber ©aleere gegen ben SBinterpalaft. ®a8 Schiff ging feljr tief; an bem aufgewühlten ©efimfe be8 ©ranit» bamme8 jerfdießte fein ©oben, fo baff e8 auf bie ©eite fiel unb (wie bie SRitter im Surnierfpiele mit oorgeftredter fianje) mit feinen SRaftbäumen auf feinen fteinernen 2Biber= facffer to8ftürjte. ©in furd)tbare8 Stadien unb fßraffeln er= fdiaflte, jwei ÜRaftbäume jerbracffen an ben Säulen, ber britte brang burd) ba8 genfter, worauf ber ganje maffioe ©au oom gunbamente bi8 jum ©iebel erfdjüttert würbe; unb bennod) blieb ber ©tein ber «Sieger. ®ie fdjwere ©aleere jerbradj in ber fiJtitte ; bie eine |>älfte be8 SBradeS mit bem Sdjiffsfdjnabel warf ba8 SBaffer auf ben 9tlejanber= plajj ^inauS, wätyrenb ba8 ^interttjeil mit bem Steuermann jurüdftel in ben Strubel unb oon ber glut mitgeriffen würbe.

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38

Der Sufamntenftofj gli<h einem ©rbbeben !

Sßlöhiich oerftummte 2lHe8 : Soll, ©olbaten, auch 9lraft8ejeff felbet fiel auf bie ffinie. Stur jener eine SJtenfch auf bem Satcone blieb flehen.

®r fa£) etwa§ in ber ßuft.

(Sine Daube!

Die Daube flog auf it»n gu, breite fich einmal in ber ßuft unb lieft ficf) auf feine ©chutter tjinab.

©3 War Sophien ’S Sßofttaube.

Sllejanber fanb unter bem glügel ber Daube ba8 SBrieft£)en : barauS entnahm er, baß ©ophie gut aufgehoben ift. Dann faltete er feine §änbe gum Danfgebet unb erhob fie gum fjimmel.

Die Daube aber ift ber h e i^ ifle Wunber» thätige Sßoget be3 ruffifchen S3otle3!

©o wie bie Daube fi<h auf bie Schulter be3 ©garen nieberließ, oerwanbelte fid) bie SCßuth be3 SSotfeS in aber» gläubige Stnbacfjt. SDtan fah barin bie (Srfcfieinung be3 heiligen OeifteS. 2Ber nicht oerbammt Werben wollte, mußte fich belehren. @3 war ein himmtifcheS SBunber!

„Bozse czarja chrani ! begann plöjjlich ein alter SOtufchif ben ßobhhntnuS unb alle SlnWefenben fangen ihn nach. SlraftSejeff’S SBajonnete Waren itberflüffig geworben. aJtatat’3 Stachfolger oerließ ba3 Stoftrum unb oerfchwanb unter ber ÜJtenge. SBer hätte ihn auch unter gehntaufenb SÖtenfchen herau8gefunben? Unb Wenn auch, fo hätte er ge» leugnet, baß er e8 War.

Die gtut bauerte noch gtoei Sage unb ließ bteitaufenb umgeftärgte Raufer unb eine ungültige Dobtenmenge gurücf. Da3 SSoll glaubte feft an bie ©träfe be8 §immel8, weil ber ©gar ben Seltenen in ihrem SefreiungSfampfe nicht gu 4?ilfe fam.

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39

XXVI.

Hufer ben ^aftuett.

Sraufjen jeljn ©rab Sötte, tobenbe ©türme, lieber» fchwemmung, ©erwüftung, ßtenb, SReootution, Schreien#» bilber bie ©ahnen tourten Don aüebem nicht#. Stuf bem großen, hohen Jjjügel, mit feinem ©laäbache, £)errf<^t ewiger grühling, unb grofje milchglaSbebecfte Samten erfefcen ba§ Sonnenlicht. Sie tropifche ©flanjenwelt täfjt fidj täu» fcf)en. Sie au# bem fernen Dften hergebrachten ©ffanjene fürften Dergeffen, bafj fie nicht in ihrer |)eimat#erbe wurjeht unb hier nur grünen, aber niemals blühen. 3Kit Stöhren Wirb ber ©oben unter ihnen geheijt, unb ©aumwollbünger erwärmt ihre Sßurjetn.

Unb im fünfttidhen ©almenwälbcbeu fielen Sinber, Welche Dergajjen, bajj ihr ©ater unb ihre SKutter ferne Weilen : Dieüeidjt bebauern fie bieS gar nicht. §ier hungern fie nid^t unb befommen feine Schläge. Sie tanjen im Steife unb fingen.

3Wei fchöne gräulein überwachen fie; fo Wie in bem STtärchen bie Schüblinge ber geenfönigin SönigS» töchter, wie in ben gabeln.

©ethfaba fonnte jejst fchon eine fotdje gäbet erzählen, bie Wirflidj gefächen ift. ghre Wunberbare Rettung aus ber fchrecftichen ©efahr; bie ©rfdjeinung beS fchmucfen gelben im Slugenbiicfe ber hofften ©efahr; beffen fdjöne äugen, fein fühner ©lief, feine heroifche ©eftalt ....

Sophie Wirb ganj begierig, ihn ju fehen.

„Su Wirft ihn fdjon fehen. @r muß ja fommen, benn er $at eS mir Derfptodjen. ®och jögert er lange mit bem ©intöfen feine# ©erfprechenä."

„@r barf nicht Wiffen, wer ich &iu," fagte Sophie. „Sa# ift hier ein ©eheinutifj. Unfere ipauSfrau Wünfcht e#."

„SBir Werben Sich nur Sophie nennen."

„Sonberbar, bajj gebe Don un# Sreien nur ©inen Saufnamen h<*t, nicht fo, wie e# bei un# gebräuchlich ift;

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40

Weber bei ®ir, nod) bei mir, ttocf) bei 3enc'^a toirb ber Saufname unserer SJtutter mitgenannt. $c£) fann mir’3 nid)t erftären."

„3lu cfj id) ni<f»t. "

„3e|t fommt er!"

„SBie meiftt ®u ba§?"

„3$ fenne iE)tt an feinen ©dfiritten."

®r tarn in ber ^Efjat. ^eneiba führte if)n herein.

3e$t toar er nod) moraftiger unb burdjnäfjter afö ba8 fe&te SJtat. ©ein fpaar war nad) aßen ©eiten jerjauft; fein ©efidfit gerötet bom falten SBinbe. @o war er fd)ön!

Setfjfaba fjatte Sofien fd£)on erjäljlt, bafj aüd) f)ier eine S3erfcf)Wörung geplant Wirb; bod) „er" ift nidfjt babei!

SBenn aber bod)? ©opfjie glaubt nur, was fie fiefyt.

„®omm’( fomm’ ißufdjfin!" fprad) ßeneiba mit eigen» tf)ümlid)=ftrcd)ienbem Slntfifce. „Srjäljle nod) einmal aus» füfjriid), WaS ®u mir fdfjon mitgetljeitt fjaft. "

ißufdf)fin erjäfjlte nun bie ©reigniffe bor bem SBin= terpatafte, beren Stugenjeuge er war, mit ber Segeifterung be§ ißoeten, ben bie Silber ber ®ataftroplje fo erwärmten, Wie bie ißtjtljia ber ®reifufj.

3f)m war ba3 anbere 3Käbdjen fremb. $ätte er gefannt, fo Ijätte er nidjt mit fold)’ propf)etifd^em geuer jene ©d>reden§fcene gefcf)itbert, at§ ber ©jar unbebecften §aupte3 unter bem ftürmifdfien $immet ftanb, non ber SoIfSWutf) unb ber Ijeranftiirmenben ©aleere jugleid) bebroljt.

D Wie jitternb laufcfjte ba§ 3JiäbcE)en feinen Sieben! SBie Ijeijjljungrig berfcfjlang ©opfjie ein jebeä feiner SBorte! Sie ©efidjtSjiige beS giingtingS geböten ben irrigen. gifte Sippen fdfjienen ftumm na^jufagen, wa3 er erjagte!

SBie fdjauberab berfjüHte fie i^r ©efid£)t, afe baä Schiff mit bem ißafafte jufammenftiefj ! Slucf) fie füllte baä ©etöfe unb erbebte.

Slfö ißufcfjfin aber üon ber Saube erjälftte, Don ifjrer Saube, Wie fie ficE) auf bie ©puffern beS ©jaren (if)re§ SSaterä) niebertiefj, mit weiter greube ber mächtige SJtenfd) feine §änbe jum §immel erljob, unb Wie bon ben

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j

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Sippen beä gätjrenben Soße3 plö|Iich ber SobttymnuS er= flang : ba tonnte fich boS arme, tränte, neroöfe ©efdfjöpf nicht länger Ratten, ©ie fc^rie auf bor greube, toarf fich an Sethfaba'4 Stuft, lachte unb meinte jugleidt).

fßufdf)tin fchrieb biefen ©rfofg feinem poetifdhen Sor= trage ju unb mar nid^t menig ftolj barauf.

„Stber je$t ift teiue ©efaljr mehr?" ftammelte ©ophie unb magte if)re thränenben Stugen jum Jünglinge ju ergeben. ®iefer berftanb bie Stage nid)t.

„®ie @efat)r ift nodj nicht geftpmunben; bet ©türm beginnt jmat fcfjon nadhjutaffen, unb mit feinem Slufljören mirb auch bie 9tema in itjre Seelen jurüdfeljren; aber bi§ ba^in tarnt nodf) biel Unzeit entfielen."

„sJlid)t barnaef) habe ich gefragt, fonbern ob er in teiner ©efaljr fc^mebt? @r, ber ©jar!?"

fßufcfifin ftaunte. SSaS intereffirt biefeS junge Stäbchen, Sethfaba’3 greunbin, ber ©jar?

„®efat)r, bie iljm Stenfchenljanb jugebadjt, fann ihn nicht erteilen. Slrattöejeff ^at aue Stnorbnungen ju feinem ©djufce getroffen. ®ie Solfemaffe, bie er in bem SBinter» patafte aufnahm, mirb in’3 SlbmirafitätSgebäube überfährt. Unb in fotdfjer 3«* fehlen if)n fetbft feine geinbe, menn er überhaupt beren t)at."

„2Bie ift ba§ mägfiefj?" frug fie unb martete auf fßufchfin’S SIntmort mit berfetben Stnbacht, mie man einft ben 2tu§fprücf)en be§ Drafelä getaufdtjt tjatte.

Sufd^tin füllte, bafj er biefem Stäbchen aufrichtig antmorten ntüffe.

„SBeif ba3 Stenf<hfid)feit§gefühf " ftärter ift afe ber „greif) eitäbrang." geneä fdhfifct ben ©cfoben, menn ihn ber ©jar, unb ben ©jaren, menn ihn ber ©claöe tierfolgt! "

®ie beiben Stäbchen atmeten mit einem tiefen ©euf= jer in bie Suft, meldhe mit biefen inhaftäfchmeren SBorten belaftet mar.

„®u rufft ja eine ganje Sermitftung in biefen $erjen herbor!" fläfterte ßeneiba fßufchtin in’8 Dhr. ,,©eh bodj an ®eine Slrbeit!"

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„3Rir brachten 8ic atfo nicfjt bie üerfprochenen Ge= bettle ?" frag Settjfaba traurig.

„Scf) fydbe nicEjt baran üergeffen; aber feit früh 3Ror= gen# bemühten wir un#, bie entfeffelte Galeere aufjuljalten unb feftjumadjen. @# muffte aber gemanb auf bein ©chiffe fein, ber unfere hinübergeworfenen ©eite immer abfcfjnitt. Se#halb tonnte itf) nid^t an bie ^Rettung Meiner Äinber benfen."

„SBenn ©ie wieber etwa# öerfprecfjen, fo öergeffen ©ie nicht!" fagte ba# äftäbchen im gramüoHen Sone be# SorWurfeä.

Ißufchtin begriff fie nicht. SSarum biefer Son? 933ie füllte er e# auch begreifen. Gr üertyracfj, Slbenb# wieber ju tommen unb iljt bann gute SRachricht unb nocf) etwa? ju bringen.

Sluch Beneiba fagte if)m nicf)t, wer ba# anbere 9Räb» cf) eit fei.

Sann führte fie bie beiben SKäbcfjen in ifjr eigene# Souboir. Sie ©tunbe näherte ficfj, in ber öiete ißerfonen ju ihr tommen, welche bie SDtübchen nicht ju feljen braunen.

Sie Sataftrop^e bot ber szojnsz blagodenstoiga bie gilnftigfte Gelegenheit jur ungeftörten Serathung. Sie# war ber Sanbe#tag be§ „grünen Suche#."

Sie beiben 9Räbcf)ett fanben auch unterbeffen ihr „grüne# Such." ©ie fugten fo lange (unb wie hätten fie e# nicht thun foHen?) in Beneiben# Souboir, bi# fie ißufdjtin’# Gebiet „an ba# Biljeunermäbchen" fanben. Siefe# hatten fie bi#ljer natürlich nicht gefehen. Senn nach ben Segriffen ber „guten" Gefettfcfjaft barf in SRufflanb ba# üornehme SRäbchen bi# ju fünfzehn fahren SRomane (in natura, u. j. nicfjt immer in ben beften Gjemplaren, jwar fehen, aber) nicht lefen. Unb bann War bie# Gebiet bamat# noch im Srucfe erfchienen, nur

geschrieben War e# ju betommen. Sllejanbet ißufcljfin hatte eine eigene klaffe gefchaffen, bie früher nicht war : bie klaffe ber Slbfdjreiber. jeber ©tabt lebten mehrere üDlenfcfjen öom ßopiren ber Gebiete ißufchtin’#, unb bie Suchhänbter

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»erfauften fie fo troß ber ©enfur. (Stocß je|t gibt eS in nieten Raufern nur getriebene SluSgaben ber Sßerfe beS tuffifcßen ißetöfg.)

®ie beiben SJtäbcßen aber ßafcßten je$t ßeißßungrig nacß ber »erbotenen grutßt.

©inrnat laS Setßfaba Sophien, baS anberental ©opßie 99ett|f oben bie ©ebicßte »or; baS britte äJtal tafen fie SBeibe int $uette.

®ann gaben fie ißufcßfin ben Spanten beS gelben ber Stomanje, „Sllefo."

SSenn fie non ißm fprecßen wollten, fagten fie nur „Sltefo!"

ga; ja, umgefeßrt!. Sltefo ßatte ficß unter bie Bigeu» ner nerirrt, wäßrenb ißufcßfin, ber gigeuner („ißoet" ober „Sonnte" wirb für gleicßbebeutenb gehalten), ft unter bie ißrinjeffinnen nerirrt ßat.

®iefen Slbenb fant in bet ®ßat $etr Sltefo uttb brachte frönte Slacßricßtot. ®er ©turnt ßatte ficß gelegt, baS SEBaffer ift um eine Spanne gefallen, bocß wirb eS nocf) lange bauern, bis eS ganj abfäüt, benn eS erftrecft ft auf acßt SBerft bie beiben Ufer entlang.

(„D, wenn eS nocf) lange bauerte!" ftopfte für ft baS |>erj fo manchen SJtäbcßenS.)

@r ßatte aucß öetßfaba etwas mitgebracßt. ©ine fteine tßuppe, Wie er eS »erfpracß ; aber feine fcßmußige ißuppe in ßumpen, fonbern eine töne, bunte, füfje ißuppe nom 3u<ferbäder; nteßr Waren ntt ju befommen : alle übrigen Waten jerronnen.

tßufcßfin erwartete, baß Setßfaba barüber tacße; fie aber naßm bie ©acße feßr ernft. ©ie empfing baS ®efcßenf mit ber größten geierlidßfeit, ftecfte eS in ißren Stofen, unb man faß eS ißt an, baß eS ißr gar nicßt leib tßäte, Wenn ©opßie ißr ein Wenig neibifdß wäre.

ißufcßfin erfannte fogteicß, baß barauS eine Stppreßen* fion wirb, ©r fucßte baßer fo lange in feinen Safcßen, bis er etwas fanb, WaS fidß als ©etenf loßnt.

„©eßen ©ie, ftßöne ©opßie! (ißren anbern Slawen

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wufjte er nidjt) Sljnen gebe idj aucf) etWaS; Sie tyabeit ein befonbereS ^ntereffe für ben ©jaren on ben Zag gelegt. $ier ift ein Stüd S'upferbtedj non jenem Schiffe, WetdieS an ber ©de be8 SEBinterpalafteS jerfdfjetlte."

©8 lüurbe baitfenb angenommen. ®ie ißlatinaberg* werfe beS Ural Ratten ein fo wertlwolIeS ©rj nie erjeugt.

„®u! baS !ann fein Serfdjwörer fein!" ftüfterte Sophie 39etf)faben in’S Dijr.

„Sidjeriid) nicbjt !“ flüfterte SBetlifaba jurüd.

„®er Sturm fiat fidfj braufjen fcfjon ganj gelegt!" fagte 3eneiba. „$ie ©loden läuten nidjt meljr. ©liefe Stadst wirb ruhiger fein, als bie nergangene. ©ute 9tad)t, fßufdjfin! SBenn ©)u nidfjt eilft, fo bleibt ©)e.in ®al)n auf bem jrode» nen."

®en 2Jtäbd)en würbe gar nidfjt leib getfjan Ijaben, Wenn baS SBaffer nidjt fo rafd) gefallen wäre.

3eneiba fdjidte fßufdfjfin na^ §aufe unb bie 9Räbd)en in’S Sett. Sie ift für iljre ©efunbfieit oerantworttidfj.

©liefe aber fonnten nodfj lange nicf)t einfdjtafen. Sie l)atfen fo niel über Sltefo ju f preßen. Sie t)ätten bie 9to= maitje anberS gemalt, als ber ©lidfjter. ©)a8 Bigeunerntäb» dfjen f)ätte nidjt treulos fein bürfen; War fie’S aber, fo f)ätte 9ttefo fte öeradjten unb ficf) eine treuere ©etiebte fudfien müffen. 9tidfjt fo? $a8 3i9cunermäbc^en Ijätte iljn auf ben Snieen um ®erjeif|ung bitten müffen; unb er müfjte if;r öerjeiljen, aber fie nicf)t nnn fiel) Wegjagen. 9Jtit einem SBorte, fie öerbefferten Stlefo’S ©fjarafter fo, wie fie iljn lieber gehabt hätten.

3eneiba, . beren Söett fiel) im Stadfjbarjimmer befanb, ermahnte fie öfter, bodfj fdjon einjufc^lafen ! ©larauf wur* ben fte fülle, bodf| fdfjon im nadjften Slugenblide begannen fie wieber ju flüftern. ©nblidfj oerrietfien tiefe Ült^emjüge, baß fie fdjtiefen. SBenigftenS bie ©ine : Sophie.

S3etf)faba aber flol) ber Sdfjlaf ; oor ^»erjflopfen fonnte fie nodfj um 9Kitternad)t nidfjt fdfjtafen, obwohl fie audj fdfjon gebetet liatte.

fßlöplidf; festen ijjr, als ob Qemanb im anftofjenben

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45 -

3imnter aufftönbe unb mit faunt vernehmlichen ©dritten in'S britte 3immer ^inauggiitge..

$ie Stacht mar rut>ig. Seber Sagen, noch Sßatrouitte ftörten bie Sftuhe in ben mafferbebedten Straßen.

Sont fernen ©emadje erflang ein Sßfalm, von einer fanften, betrübten grauenftimme gefungen :

„3n ®l«nb, Kummer, ©rarn unb $etn

meine Quffud)t ©ott allein . . ."

„D jage, SDrÖftung jpenbenb, mir :

^ 3d [) werbe immer Reifen 2)ir . .

Ser fingt ^ier ju foldjer ©tunbe? Setter Summer erfüllt fie? 3n biefem §aufe? SethfaTba 30g fidt) bie $ede über ben Sopf, um ihr 3*ttern b u unterbrüden.

SRoch brei Xage verbrachten bie beiben äJtäbdtjen in 3eneibenS fchüfcenbem Slftjle. ©0 lange bauerte eS nämlich, bis gürftin ©hebimin toagte, aus jßeterfjof jurüdjufe^ ren, unb bis ber fchlammbebedte Soben unb Setter ber Weinen Sohnung beS 5ßetromSft)=©artenS gereinigt merben tonnten. 3uerft mußte bie alte Helena bie falten S^mer gut burchh^igen.

®ie SKäbchen Verlebten fyex ethfeifdfje Xage.

9llS 3eneibä ihnen mittheilte, baß fie na<| £aufe ge= hen fömten, feufjte Sethfaba :

„Sei meinem §ieherfommen glaubte idfj in bie §ötte einjutreten, unb jefct ift eS mir, als menn ich au$ bem Sßarabiefe hinauSgeftoßeu mürbe!"

Sie fafjen Sßufchfin täglich, rebeten mit ihm unb ergäben fich an feiner großen, eblen ©eele, bie mie ein offene^ Such vor ihnen balag. 9lud£) bie irbifdtje ©lüdfeligfeit hat ihre SRevetationen, melc^e überirbifdfjeS ©lüd ermeden, menn fie aufhören, ©eheimniffe gu fein.

2luch menn fie attein maren, bitbete nur 2tlefo ihren ©efprächSftoff. Sethfaba glaubte, baß fie Sophie um fo Viel mehr lieben müffe, als biefe 2tlefo überfdtjmängtich pries. ®och hatte fie ber greunbin noch immer nichts von ihrer

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Siebe gejagt, grüfjer badjte fie, baff eS ein SeicEjteS fei, eS mitjutheilen. 2)ocf) baS ©eheimnih ber erften Siebe ift gor Wiberfpänftig. @S Win nicfjt auS feiner Snofpe.

Sie jögerte mit bem ©eftänbnifj. Sie gütete baS ®e= beimnih, wie einen verborgenen Schaf}. 3hm 8U Siebe I)eu= dielte fie. Sie lehrte wenigftenS if»r ©efüljl lägen, um bie Sreube nicf(t ju oerratljen, welche ficf» bei feinem Slnblicf i^rer bemächtigte. ®em ©lüljen ihrer SBangen bichtete' fie Äopffchmerjen an, wo bodj ber Sopf gan$ unfcfjulbig War.

3Do<h im Slugenblide beS ScheibenS muh baS ©eftänb* nifj gemalt Werben; fie wirb eS ber fjreunbin mit Wenigen SB orten juflüftern unb bann bationlaufen.

3n jener Stunbe, in weither bie Sänften anlangten (SBagen fonnten noch nid^t tiertehren), fonnten bie beibcn 9Räb<hen fi<h taurn trennen. Qmmer unb immer wieber hatten fie fi<h etwas jujuflüftern. Sie Weinten unb lachten. Sie erzürnten einanber, um fith tierföhnen ju tonnen. Sie führten Stehen, welche nur bie greunbin tierftanb. Sie tier= fprathen fith batb wieber ju fehen. Sie Kifften fith Sum Stbfdjiebe unb fingen gleich barauf tiom Steucn ju plaubern an. Beneiba betrachtete fie mit grofjer Slufmerffamfeit.

©nblith muhte hoch gefdjieben fein. Sei bem lebten unb aflerlefjten Suffe muhte bie Sombe planen : „3<h liebe Sllefo bis in ben Hob!"

2>ieS ftüfterte Sophie in Sethfaba’S Dhr unb entfloh-

Beneiba fah auf bem ©efithte beS bationeitenben SJtäbthenS bie jjeuerrofen glühen unb tiom 2lntli|e ber juriidgebliebenen Jungfrau bie SebenSrötlfe cntfchwinben, als Wenn bie anbere ihr biefe geraubt hätte. Sethfaba ftanb ba, erftarrt, bläh, gebeugten JpaupteS unb mit fchlaff nieber» hängenben Slrmen.

Beneiba errieth fogleith baS ©eheimnih- Sie trat ju ihr hi«; bodj faum ergriff fie beS ÜRäbthenS $änbe, als biefeS tior ihr jufammenftürjte unb bitterlich Weinenb ihr ©efitht in baS ©eWanb BeneibeuS oerbarg.

„D, Warum hnft ®u mich hieher9^radht?!"

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3eneiba ridfjtete fie auf.

„Stef}e auf! SCßeine titelt! ©r mirb Sein fein!"

„Sßie? 3cb fottte ibn „3b*" entreißen?"

„§nt! . . . Sßenn Su ibn* nur ibr entriffeft! . . Socb fei unbeforgt! Siebe ibn! Su allein nerbienft feine Siebe!"

SaS arme 9Räbcben fdtjüttette traurig ihren ®opf. 3efct ttmftte fie fdfjon, ttmS „Siebe" ^ei§t! aber audfj, ttmS „©iferfuebt" unb „Stefignation" ift?

XXYII.

& an acea.

©rofce ®tementarfd£)täge ^aben oft eine nerföbnenbe 9tüdtoirfung auf bie erregten SSotfSmaffen.

Ser „grofce SJtenfdfj" : baS $otf, unb ber „Meine ©ott" : ber §errfdfjer, nerföbnen ficb angefidfjtS ber gemein* famen Sßtage.

Ser SRonemberfturm beS SabrcS 1824 mar fo ein allgemeines Ungtücf. Sie gabrbüdber ber ©efcbid£)te mif* fen Don feinem äbntidtjen ju ersten. Serfetbe Sturm, ber Petersburg jerftörte, tüüt^ete auch in ganj Slfien unb überfebtoemmte bie fatifornifdfjen ©eftabe. Sie Seeleute faben baS fonft Mare SBaffer beS SDteereS Dom Schlamme aufgerü^rt; non Snbien bis Serien vernichtete baS ©rbbe* ben Oiete btiibenbe Stabte; im griedfjifcben StrcbtyetaguS brachen unterirbifebe SSutfane b^bor; in Seutfd£)tanb trod* neten in nieten Sßroninjen sugteich bie Srunnen aus. Sie ©rbe fetbft befanb fidfj im fyUen Stufrubre : ba benfen bie tDtenfcben nicht an Sfteüotution.

Sie potitifd^en ©ebeimgefettfebaften üerttmnbetten ficb in 833obttbätigfeitS=aSereine. Ser Sßarteibaft b^rte auf. Sie kirnten gingen ju ben ©rofcen um ipitfe bitten, unb bie ©roften fytttm ben Strmen ihre Sb^reit fleöffnet. Sie Stuf* bedungen ber „Unnerföbnticben" fanben feinen frud^tbaren

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Poben. gilrft (äfjebimin unb 2lraftSejeff wetteiferten mit» einonber in ber Sinberung beS PolfSelenbS. ©ie warfen mit ben Hunberttaufenben bon Rubeln gleichmäßig umher. S)cr ©ine bergaß, baß er baS Polf befreien, ber 9tn» bere, baß er eS unterbrücfcn wollte. ©)aS Polf brauste je|t Weber Schwert, nod) Setten : nichts als Prob !

3lu<h bie Petersburger $amen beeilten fidj, bie SBoth ju linbern, welche bie Ueberfdjwemntung gefdjaffen. gürftin ©heb im in fcßenfte bem ©omite ihre PriHanten, aus beren Perfauf breißigtaufenb SRubel erlßft Würben, wäßrenb 3ene= iba im großen PörfenpataiS ein ©oncert gab für bie Per» ungtücften, ju welchem man bie Sifce ju fabelhaften greifen taufte, unb beffen ©rtrögniß bierjigtaufenb SRubel War. gürft ©hebimin gab feiner Gattin ftatt ber oerfchentten S3ril= lanten öon boppeltem SEßertlje; ßeneiba aber befam bon ber Petersburger gugenb einen Sorbeerfranj unb bon Pufchfin eine Dbe. So hotte alfo Sortjnthia auch bieSmal baS Spiel berloren, unb ihre Gegnerin triumphirte.

®ie Sage ber ©efapr malten ben ©jaren immer berfchloffener. Seine SKelandjolie batirte übrigens bon jenem jage, als er bie eine Hauptftabt feines SReicheS, 9RoSfau, berbrennen fah- geht wußte er ben Untergang feiner jweiten Hauptftabt mit an» f elfen! Qene fiel bem geuer, biefe bem SEBaffer jum Opfer. SBachenb unb träumenb hotte er fdjouerliche Pifionen.

®och bie traurigfte ©rfcßeinung War jenes blaffe Sinbergeficht, Welches fich nicht beleben Wollte.

©ineS XageS fagte er ju $octor SEßplie :

„Pergeblicfj bemühft ®u EDidj, mich 8U feilen. ®töne Sranfheit ift nicht in mir, fonbern außer mir. Heile Sophie unb ich werbe genefen."

Ser Strjt fchwieg.

„So fage mir aufrichtig : haft ®u <*lfo gar feine Hoffnung?"

„(Sar feine."

„Hat eure ganje mebicinifche Sßijfenfchaft feine Pana» cee, fein Heilmittel, welches ein unS tijeureS Öeben erhalten

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fömtte? melcheä im Stanbe märe, Sage auf Sage ju Raufen, uttb bem vor ber Stjüre lauernben Sobe ein ©dhni pp= dfjen fdhlagenb, jenes Seben vom grühlinge bis jum Werbfte ju verlängern?"

/f33Sot)t gibt eS ein fotdheS äftittel, ©ire! Sod) eS mädhft nicht unter ben ^eilgräfern ^nbienö. Sei fotzen Sranlljeiten fpielt baS ©emüth bie Wauptroße. Srauer, ©ram unb Summer befdfjleunigen bie Sataftrophe, mährenb Weiterfeit, ein fröhlicher ©emüthSjuftanb, Otücf unb füfje Woffnung fie f)inau§f4ieben. Sie SebenStuft erneuert baS Seben."

„Wm! bodh tuo^er fofl ich ihr $reube, Hoffnung, SebenSluft geben, ba ich fie fetbft nicht ^abe? !" . . .

©inmal lam bodfj ein Sag, ber bem Sparen greube braute.

©ein Statthalter im Ural metbete ihm bie 2Iuf= finbung neuer ©otb- unb Sßlatina Sergmerle mit überreichen SJtinen. Son ben gefunbenen ^latina^Stüden fanbte er baS größte, ©in wahrer ©dfjafe!

3u gleicher $eit traf bie Reibung vom Statthalter von Sela terinograb ein, bafc in ber großen SBüfte eine Säfergattung entbedt mürbe, meldhe fich von bem in jenen ©egenben mudhernben Snöteridh (poligonum) nährt. Siefe ^ßflanje bringt gar leinen 9lufcen unb ift nicht auS~ jurotten. Siefer Säfer nun, in ber ©elehrtenfprache „coc= cus polonorum" genannt, ift ibentifdh mit ber ©ocheniße. @r gibt bie fdhönfte Sßurpur* unb Sftofenfarbe. $ur sßtobe fanbte er bem ©jaren ein ©tüd rofafarbigen ©eibenftoff, mel* dher mit Sßurpur von bem einheimifdhen Säfer gefärbt mar.

SaS mar ein nodh größerer ©dfjajj als ©otb unb Sßlatina, unb eS mädhft mie Untraut, verurfadht leine SDtühe unb mirb baS Soll in jenen unmirthlidhen Steppen erhalten.

Soch bie britte Senbung mar baS Sntereffantefte. Ser ©ouverneur ber 2tmurgegenb fdhidte fie aus Sibirien: ein Sälchen SCBein, ber in ber ©egenb von 9lmur gemachfen mar! SaS ift ein noch größerer ©chafc als ©olb unb Srob: benn baS bebeutet einen Sriumph!

3öfai : ftreifceit. II. 4

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Sitten ®riuntpp gegenüber ber ganjen SBelt, bie oer= ftinbet, bafj Sibirien eine §ööe aus ©iS Wäre! Siep! biefer SBein wibertegt baS! @r ift fdpäumenber als Spants pagner, füfter als ®ofaper. äftan mufc minbeftenS tpun, als Wäre eS fo. gtt Sibirien Wädpft SBein! 3eber Sftuffe tnufj fortan biefen trinfen. $er fibirifdpe SBein ntuf} bie aus* länbifdpen SBeine oont ®ifdpe ber SDtagnaten oerbrängen, er mufj mit Vurgunb, bem Sftpeine unb ber §egpalja wettet* fern. ®ie Verbannung nadp Sibirien Wirb oon jept ab nidpt ntepr für Strafe gelten; wer frudptbaren Voben fudpt, wirb fiep freiwillig bort nieberlaffen. 8n Sibirien Wädpft SBein! Zweifelt ^emanb an ber gufuttft biefeS SanbeS, wer wirb mit iptn barüber ftreiten? 9ftan gibt iptn ein ©laS in bie §anb unb füllt eS: „®rinfe! baS ift fibirifdper SQSein!" ®er ©§ar freute fiep wie ein ®inb!

©S gab alfo bodp nodp eine Sreube für ipn.

Unb er eilte auep fofort bamit in baS SßetroWSfer ©artenpäuSdpen. ®aS Sßiatina, ben Seibenftoff unb baS SBeinfäfjdpen liefe er fiep nadptragen. SBemt er fiep freut, müffe fiep auep Soppie freuen, glaubte er.

®aS arme SKäbdpen war fepr blafj. ®en ganzen tan* gen SBinter pinburep burfte fie nidpt pinauS in bie freie Suft. ®iefe war rafdp töbtenbeS ©ift für fie, bie ftmxatx* lufi langfam töbtenbeS ©ift. ©in feltfameS Sanb, wo ber franfe 9Jtenfep feine §eimat nidpt lieben fann. ©r rnufc ben £imntel paffen, ber ipn töbtet, unb bie @rbe, bie ipn feft* pätt. 2Ber leben will, ber oergnügt fidp wäprenb beS laugen SBinterS, unb wer fidp niept Vergnügen fann, ber ftirbt.

3n jebent ruffifefeen ®amettjimmer gibt eS einen eigen* tpümlidp eingeriepteten SBinfel, ber „Slttana" genannt wirb.

©in Sßtäpcpen mit einem fleinen ©itter umgeben, um baS fiep immergrüner ©ppeu fdplütgt, mit fübtänbifdpen sßflanjen unb Vlutnen umfteöt, bie wäprenb beS langen neunmonattidpen SBinterS, bei bem Sdpeinfommer ber Dfen* Wärme unb beS SampenlidpteS grünen unb blüpen unb oergeffen madpen foöen, baft biefeS gattje Sanb ein ©efäng* nift ift. Sitten foldp orangenblüpenbett buftigen Simmer*

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Winfel liefe Sllejanbcr aud) für Sophie einridjterc, als er 11 ad) ber Ueberfchwemntung baS SBohnhauS für fie ijerftel» len liefe ; feitbem ber ^ofgärtner bie Slltana errichtete, hotte er fie nicht befugt. S8ieüeid)t erfreute fie fidf) boran.

D fie erfreute fidj an gar nichts.

®er ©jar fragte <Sopf)ien : „2SaS fehlt ®ir, meine tEhewe?"

„©in unauSfpredjliiheS Seiben."

Um fie aufjuheitern, geigte er ihr bann bie mitgebra<hten <3(hä|}e, baS ©rj, bie ©eibe, ben Sßein.

®aS Slntlifc beS 3Jiäb<f)enS heiterte fi<h nicht auf; eS lädEjelte nid)t; auf bie erfreulichen Stach richten hatte fie nur lurje SlntWorten : „©ehr fchön! fehr gut! ich banle!"

„©o fprich hoch, WaS fehlt ®ir? ®aS ift mehr als eine föranfheit, baS ift ©eelenleib! ©age mir, WaS ®i<h bebrüctt! SSem mitift ®u'S fagen, was ®ich fdjmerjt, Wenn nicht mir? Sßer füll Vertrauen ju mir haben wenn ®u’S nicht einmal haft?"

®a umfchlang baS SDiäbcfjen ben ®opf ihres SSaterS mit feinen Firmen unb ihn an fich gietjeub, ftüfterte fie ihm in’S Dhr :

„3<h liebe!"

®amit jog fie raf<h bie Slrme fort unb fie freujweife über baS ©eficfjt legenb, bebecfte fie ihre Slugen.

Sllejanber fragte fie erftaunt :

„SBo fanbeft ®u Semanb, ben ®u lieben fannft?"

„®ie SBafferftut hat uns jufammengeführt," flüfterte baS Stäbchen.

„Unb Wer ift biefer Stamt?"

„SBenn ®u fo jornig fragft, Wage ich nicht eS ®ir ju fagen."

„D nein! Sticht ber Born ift eS, ber mich aufbringt. SBen ®u liebft, bem ift 9UIeS öerjiehen."

„SSBahrhaftig? ®u oerbieteft mir nicht Semanben gn lieben?!"

„®r fei nur ®einer Siebe würbig. ©ein Slang?"

„Dfficier ber Seibgarbe."

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„34) fdjenfe iljm ein ^Regiment unb ntadje if)n jurn gürften, baß er ®i(| jur grau neunten famt!"

„34) füffe $>idj! 2lber gib iJjro nicfjtS ! Safte iljn baS bleiben, »a§ er jefct ift. 34) liebe ifjn Jo, Wie er ift, unb möchte iljn fo lieben, ©r ift rnet» ein gürft, meljr ein ©enerat ! (Sr ftefjt h<%r fie "

„353er atfo ift e§?"

„Stun Stlefo?"

„353a§ für ein Sltefo?"

„So, ®u tennft biefen Flamen nid^t? So beug ®idj nieber ju mir, idj fag ihn ®ir inß D()r."

Unb fie flüftcrte ifjirt feinen Flamen ju.

Ser ©jar umarmte baö SJtäbchen.

„SBiüft ®u, bafj er Sitf) jur grau nehme?"

Sie Slugen beö üRäbi^enS öffneten fitf) »eit unb et= glänjten in fetter greube baö »ar iijre 2Int»ort.

„323ißft Su feine grau »erben?"

„323a§ fönnte icf) fonft »otlen? ©in fo armes ginbel» finb »ie idj, freut fidj, »enn eS einmal fein @tüd machen !ann. Unb »ir »erben fet» gtüdtitf) mit einanber fein. 2Ri<f) »irb Sttefo nic^t Wegen Untreue ermorben. Slber »ie foö er baS erfahren? S3i§ jefct »ar eS iljm nicfjt ertaubt, tiefer ju fommen."

„S3on je|t ab fann et fommen."

„Stber Wer Wirb ifjm baS fagen?"

„34) fetbft \ä) bringe Um t)er ju Sir."

„Su bift ja ein fo guter Sßater, »ie fie nur in 93eth= faba’S ©tärcfjcn oorfommen."

„34) »erbe Stiles fetber öorbereiten. 34) »erbe ben 33rautfd)a§ befteüen, ben ^»ocfiseißtermin feftfefcen unb jur Stauung ben ©otottetfdjfer Patriarchen herbeorbern."

„Sa, ja, im Sommer, »enn fidj bie Stofen öffnen. SRein ®ranj muff aus tebenben Stofen befteüen."

„®on biefem Sßtatinaftücfe taffe ich ben Srautfchmucf machen. Sticht Wahr, jefct freuft Su Sief) auch fo Wie ich?"

„D, noch »eh1» Su!"

„Unb tion biefer rofafarbenen Seibe Sein SBrautfteib!"

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„®u ßaft meinen SBunfdj erratßen; ba§ Sroutlleib fei rofafarben. SEBeiß macf)t blaß, unb idj bin otjne^in genug bteicfj."

„liefen 2Bein aus bet Stmurgegenb tnerben wir bei ©einer §odjjeit trinlen."

„Studj icf| werbe baöon foften; toir tnerben einanber jutrinfen : „@o nie! ©ropfen in biefem Seiner, fo toiet 3aßre wäßre unf’re Siebe!" Stidjt Waßr, fo tautet ber ©pru<ß?"

„©amt gieret 3ß* auf’S Sanb auf fein ©ut. SltS ob idß eS geahnt ßätte ! 34 9<tf> ifint feinen confiScirten ©runb» befiß juräi. @r toirb fein ©tammfdjtoß ßerricßten taffen, bort tnerbet woßnen unb i<ß tnerbe ©ucß öfters befucßen."

©aS ffltäbcßen ftatfcßte oor greube iu bie ^>änbe unb fein blaffeS ©eficßt glätte, ©odß ptößticß öerbiiftcrte eS fitß toieber.

„Stber ift benn all’ bieS aucß fein ©<ßerj?"

,,©<ßerj? £>abe icß jemals gef<f>er§t? Unb mit ©ir?" „©aß Sltefo um micß Werben wirb? Unb ©u ntidj ißnt jum SCBeibe geben Wirft? ©aß ber ©olowetfdßfer ißa» triardj uns trauen wirb am fdßönften ©age beS fcßönen StofenmonbeS 3uni? Stiles fein ©raum?"

Stteganber umarmte fie, ftatt ju antworten, unb ner» fcßloß ißten SRunb mit Söffen.

3°, eS ift ©rnft, armes SRäbtßen. ©aS Spaßige an ber ©acße ift nur, baß bis jene Stofen fidj öffnen Werben, ©u fetbft fdjon Sttejanber berief nocß am fetben ©ag tßufdßfin ju fidj unb macßte furjen $roceß mit ißm.

„®u ßaft ein -äftäbcßen in ©icß nertiebt gemacßt. 3efet mußt ®u eS ßeiratßen. ©ie ßeißt ©opßie Starifcßfin. Sftorgen Slbenb fecßS Ußr nerfüge ©icß ju mir, bann fommft ®u mit mir ju ißr, um ißre §anb anjußatten. ©ann befucßft ®u fie tägticß ; beftrebe ©icß, ißr feine ©rau» rigfeit ju berurfacßen. ©aS Seben beS SRäbcßenS ift ein bönner ©eibenfaben, unb biefer liegt in ©einer §anb. ©ib acßt, baß ®u fie nidßt töbteft." -

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©ufdjfin war in bie fdljwierigfte Situation gerätsen.

®ie §anb ber SieblingStodjter beS Ejaren würbe itjm angeboten iljm, bent ©erfcfjwörer, bem ©erfaffungS» tämpen, bem Sobfeinbe beS tgrannifdjen Ejaren. Er foCfte um ein üftäbdjen Werben, weites itin liebt, unb baS aud> er bebauert, bemitleibet, beWunbert, aber nidfjt liebt. ®aS Seben biefeS URäbdfjenS Wirb nur burdj bie Hoffnung auf feinen ©efi§ erhalten : mit bem Erlösen biefer Hoffnung ertifdjjt audj if)r SebenSfunte. Ein §aucb aus feinem äRunbe : „idj liebe ®i<t) nidE)t!" genügt, ein ÜWäbdjenteben ju öer= nieten. Unb was feine Sage nodf) erfdfjwert, ift jener Umftanb, baff er bei Sophie audf) jenes ÜRäbdfjen finben wirb, baS er feine ©raut nennt, Sopljien’S einzige greun» bin, ©etljfaba, bie fcfjon feine ganze Seele erfüllte. 3t°ei tperjen zugleid) peinigen unb betrügen.

E)aS ift bie Strafe feiner glatterljaftigteit, baf? fie fiel) bieStnal gegen il)n feibft lefjrt! ®odf) ba gibt’S nic£)t üiel nad)jubenlen. 2Bir finb in iftufjlanb, unb Wenn ber Ejar befiehlt, bleibt nidfitS übrig, als ju geliordfien.

9lm näd)ften ®age führte Sllejanber feibft ©ufd)fin ju Sophie. ®ie Verlobung gefc^at) in feiner (Gegenwart, ©ufd&fin tonnte fid) überzeugen, bafj baS ilpn anoertraute §erj ein Sdjag fei, beffen fein ©ewoljner ber Erbe würbig ift. Er erfuhr, baff eS l)odf)erl)aben über bie irbifetjen ©e= nüffe ibeale SBonnen gibt, ol)ne bie ©egierbe ber Sei» benfdfjaft, jauberüotte St)mpatf)ien, welche ben ©efi| nid)t bebingen : bie gegenfeitige 2lnjiel)ungStraft ber Eeifter ift ftärter, als bie Siebe. ES War iljin, als Würbe eine ber Erbe entfdfjwebenbe Seele audfj bie feine gen tpimmet entführen.

SJtadfj einigen SBodjen fpraef) Sir gameS SBplie jum Ejaren : „$ie ©efunbljeit ber ©rinjeffin Sopf)ie bef= fert fid? jufelienbS."

„gc| Ijabe bie ©anacee gefunben!"

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XXVIII.

3><t$ 2äraufgef<$enß.

@o mie 9llejanber oorfjergefagt, mar audj. ©eine ©efunbljeit ftanb int ft)ntpatf)if<f)en 3ufamntenf)ange mit bem 2Bot)tfein feiner Softer: mit ben Stofen auf i^ren SBangen lehrte audt) feine 2eben£tuft surücf. @r befdfjäftigte fidf) mieber mit Staatsangelegenheiten. 3n feinem StrbeitSjimmer ftanben gan§e ©töjje unertebigter Steten, metc^e feine Stätte ^inbrad^ten, ober bie mit ber „@t.* ©oplienpoft" anfamen. ®r nahm fie oor unb bie Steten* berge erfreuten fidf) einer nterftidjen Slbnahnte. ®ie ,,©t.* ©ob^ienpoft" mar eine eigenthümtidfje Snftitution Sltej* anber'S. ©jarSfoje*3eto mar ein Stmt, mo igebermann Sriefe abgeben fonnte, bie birect an ben Goaren gerietet maren. ®er Searnte Verlangte für ben Srief jetm Stubet, bodt) frug er nie nach bem Slufgeber, noch nadf) bem 3nt)afte beSfetben. Db ber Srief nun ©tagen, Sitten, 33e fdjut* bigungen, SRinifterfd^mö^ungen, ©mpfehtungen ober Ser* faffungSentmürfe enthielt: nach einer ©tunbe erhielt it>n ber ©jar, menn er in SßeterSbur g mar, ober er mürbe iljm nadfjgefdfjicft, menn er fidt) auf ber Steife befanb.

SßaS aber am fidfjerften feine ©enuithSüeränberung bezeugte : er hörte auf, bei Stacht burch bie ©affen ju fdfjmärmen unb foupirte am erften geftabenb mit ber ©ja* rin. @r befchtoft, it>r baS freubige ©reignifj mitjut^eiten. ©tif ab et h fei bie ©rfte, bie es oott ihm oernimmt. @r hatte eS noch ©einem gefagt. ®er Patriarch fetbft mürbe btoS oerftänbigt, fich am 21. guni auf ber SßetromSfer Snfet im ehemaligen SBo^n^aufe beS ©jaren $e* ter einjufinben, mo ihn ein junget *ßaar ermarten mirb, um fich oon ihm coputiren ju taffen.

Unterbeffen mürben alte ©nabengefudfje oont ©jaren günftig ertebigt. ®en ©flirten geftattete er bie §cimfet)r, politifdfje ©efangene entließ er aus ihren ©efängniffen.

Sßufdfjfin tjatte fein §erj nicht öergebtich geopfert.

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©eine 3ärtti<hfeit jauberte auf Sophiens Sippen ba$ Säbeln be8 ©lüdeS rnieber, toetd^eö fo täufdienb ber ©efunbtieit gleicht. Unb biefel Säbeln jauberte über ba3 ganje Sanb einen ^eiteren, molfenlofen Fimmel.

SBenn er pünltlicl) bei iljr erfdjien ntit feinen Blumen» fträufjen, unb ber ihm entgegeneilenben Jungfrau fein Kompliment über ifjr gutes SluSfehen machte, fiel) neben fie fefcte unb it|r SBeuigfeiten er jaulte ; menn er fidfj ihre träume erjät)len tiefe unb fie beutete, mit ifer harten fpielte, fie gemimten unb fiel) auäladjen liefe, ifjr Bomane unb ©ebidfjte oorlaS, ifer bie erften ferüdjte ber ireibljäufer brachte, fie mit Siäfrfjereien öerforgte, fie menn auch noch fo ftümperljaft jetdjnete unb malte, unb ihr ba= jmifdjen fo mannen (freubig übertaffenen) Sufj raubte, um bann bafür bei ben paaren gejauft ju merben: ba mactjtc ißufdjfin ein ganjeS Sanb gtüdlich!

®a3 füllten felbft bie Ungtüdlichen am fernen 33aj= fal»@ee, bie in ben Bleibergmerfen Steine bauen ! S)enn für jeben Sufj auf Sophiens Stnttife mürbe eine Sette öon iferen £änben getöft.

$er Kjar, ber abficfetlitfe fpät ju it)r fam, menn ißufdfifin fiefe fdfjon entfernt |atte, fanb fie immer im ©lüde fdjmelgenb. SEßie triel mufjte fie oon ©ufehfin ju erjäfilen. 2BaS tfer biefer mol)l fagte?

ßumeiten politifirten fie auch. 2>a3 SRäbchen braute ißufdjfin jum ©eftünbniffe beffen, maS jene geheime ®efeU= fd^aften eigenttitfe rnotlen? ißufchfin geftanb ihr aufrichtig, mie eS einem Bräutigame jiernt, bafj fie eine Parlament tarifdfje Konftitution haben möchten. ©8 finb unter ihnen Biele, bie eben fo gut reben fönnten, mie bie SDlitglieber be§ engtifchen §aufe3 ber ©emeinen, unb bie barnacf) bürften, fidj im Parlamente grünbtich einmal aus* jufprechen. ®ie 'Jtegierenben müfjten fi<h bann eine au$ Sartaren», Sirgifen», Salmulen», Valuten», Bafdtfiren» unb Xfdhuftfcher ®eputirten beftehenbe äJtajorität fchaffen, melche bie ruffifchen Karbonari nieberftimmen unb baS Sanb beruhigen mirb. Sludfj bie feinanjen beä SanbeS

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möchte ba£ Parlament controliren, uitb bemerfte e$, baft ein äJtinifter nie! ftiel)tt, mürbe itynt gurufen : „Fort non l)ier! Saffe aucfj einen Slnbern fielen!" Sßreftfreiljeit ift notfjmenbig, bamit bie Sournaliften,' bie jefct mit ber* einten Seiten fluchen, gur SlbmedfjSlung auf einanbet lo£= fdfjlagen.

Sag motten fie erringen!

Sen Sparen ergöjjte bie3 ungemein; gang anber§, ate memt i^m Slraftöejeff biefe Singe bortrug.

©d&on fing man gu glauben an, baft bie gtücflidfjen Seiten mieberfeftrten, mo man (mie bor gel)n Faftren) non conftitutionetter Sfrei^eit felbft angeficftte be§ ©garen f^red^en burfte unb bie Freimaurer in iftren blättern ifjre Sogen angeigten.

©opljienä Sefferung täufdfjte fogar ben 2lrgt. Sie ®ranf^eit§ft)mbtome berfdfjmanben gänglidfj. ©3 gefdfjeljen ja nodf) Seiten unb Sßunber! Sie 9Dtadf)t ber Statur ift ja unerfd&ityflidfj ! 3)tan barf ernftlidfj an bie §odf)geit benfen. Slle^anber lieft ben 33rautfdf)afc au§ $ari§ bringen mit bem rofafarbigen Srautfleibe unb bem *ßlatina=Siabeme. ®r Ijatte bie ®enugtl)uung, fidfj gu ergäben an bem freube- ftrafytenben Slntlifce ©o#)ien3 beim Slnblide biefer £crr= iidfjfeiten.

®ine3 SageS fpradf) ber ©gar gu Sßufcfyfin:

„■Stein ©o^n! menn ©ott un§ jenen glüdltdfjen Sag erleben läftt, ber audfj in meinem Seben einen SBenbepunft gum £eile bilben mirb ma3 fott Sir al£ ffltorg en= gäbe geben?"

$ufd£)!in fiel auf feine ®niee unb fpradfj : „SJater! ®ib an jenem Sage Seinen SSöllern eine $er= faffung!"

Ser ©gar fdfjmieg. Sa§ gab $ßufd&fin ben SDtutl) fortgufa^ren :

„SRajeftät! Sie gange Sßelt gäljrt unb bereitet fidf; gur ©ruption bor mie ber SBefub. Siefer SluSbrudfj be§ SSulccmä läftt fidf; mit einem Sßapierlappen behüten, auf meinem ba£ eingige SBort „Charta!“ fteljt. Stidfjt icft

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allein, Sein ganjeS Sanb, jeber ©tjrenmann, jeber Patriot, jeber Stnljänger beS 2t)roneS fprid)t unb bentt fo. Ricfit ptöfctidf) befreie unS, nid)t tiadf) frembem SRufter erbaue unfer Sanb : fütjre Sein treuem Sott tangfatn, fdfjritt» weife ber greiljeit entgegen, taffe bie Serfaffung ben Sitten unb Sebürfniffen unfereS SotteS anpaffen. Sodfj f)ebe auf bie Seibeigenf d^aft ! ©ntferne StraftSejeff, ber fid) wie ein böfer Seift jwifdjen Sir unb bem Sötte einfeitt. @nt= reifte baS SottSfdjutwefen ber Zeitigen Spnobe unb oertraue eS Wieber ben fpänben Satijpn’S; berufe oor deinen ©dientet bie Rotabetn beS SanbeS unb befielt ifpten, oom ^»erjen 5U fprecf)en. Sernidf)te bie ©enfyr, geftatte, baf} bie üerbor= genen Sebanfen baS SageStidjjt erbtiefen ; oerjage Seine treutofen 2Birtf)fdE)after, bie Siet) unb baS Sanb auSptün* bem. §ebe auf bie mititärifdjen ©otonien, WetdEie wie eine $tage baS Sanb bebrücf en ; berufe bie atten Regimenter, gib itjnen gähnen, oeteinige fie ju einem Säger, ftette unS an itjre Spifce unb fenbe uns jur Ret= tung unferer ljellenijcfien Srüber, bie im SReere itjreä eig= nen StuteS erftidfen. Su wirft fefjen, WaS eine Ration im Stanbe ift, Wenn fie im Sefifce ber greitjeit für bie Unabtjängigteit anberer Rationen tämpft: fie Wirb fid) über atle Sötfer ergeben! D, gib unS greibjeit unb wir geben Sir Rufjm!"

Set ©jar f)örte biefe Rebe bis ju ©nbe an, bann fpradf) er :

„Stetie auf! Sdj oerjei^e Sir, bafj Su fo tü^n gerebet." - -

Rad) einigen Sagen reifte StraftSejeff in oder Stille auf fein Sanbgut Srufdfjino. SRait ftiifterte, baf? er über fein eigenes Verlangen einen tangeren Urlaub erhielt. Seine ©ntfernung ittuftrirte nodj beuttiefjer bie Berufung beS gürften Stieb im in auf feine Stelle, ©r würbe jefct unter ben Vertrauten beS ©jaren Serjenige, ber ju jeber Stunbe otjne Stnmetbung jum ßjaren ^ineingetjen barf.

@S gefdjjal) noch mefjr. SRagnijtp, ber oerfjajjtefte RattjStjerr in ber ®rteudljtungS=2tbtfjeitung, erhielt ebenfalls

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feinen Slbfdjieb, unb ftatt ber alten ©enforen würben jüngere ernannt.

Studf) Wußte Sebermann, baß ber SBotfdjafter bei ber Pforte bie SSeifung erhielt, eine menfdjlidjere Äriegfüßrung gegen bie griedfjifdjen greitjeitSfärnpfer enetgifdj ju forbern. 3ugleiclj würbe bie Sluffteüung eines SagerS in ber Stäfje t>on SBenber befcfiloffert.

©nblidj mürben als leicf)töerftänblid)eS Stnjeidfjen einer neuen ©podlje alle (Sarberegimenter aus ben SDtilitärcolonien ßeimberufen unb in Petersburg concentrirt.

XicS erfüllte bie Slpoftel ber greißeit mit neuer Hoffnung. Xie geheime (Sefellfdßaft beS StorbenS befdßloß, ben ©jaren auf biefent SBege tßatlräftigft ju unterftüßen. Xodß bie Häupter ber (Sefellfdßaft beS StorbenS ließen fid) nidjt irre machen. Peftel ließ ®ße= bintin fagen: „StidfjtS als ©ontöbie! SRan Will uns jurn Starren galten, ber ganje Särm wirb faum brei SDtonate währen. bleibe bei meinem plane!" Stber bie „S3ären= Jeule" oerlor atlmälig ißre (Säfte, unb SaJuSfht benähte bie ©piße feines SRefferS, um bamit feine gäßne ju reinigen.

Pufcßlin wibmete fidfj ganj bem SSräutigamftanb unb bem SBerfemadljen. @r fdßrieb eine tjerrlic^e ütomanje unter bem Xitel: „Xie Quelle tion SBaltfcßifferaj." Sludj biefe laS er juerft Sophien toor.

SBei ber gemitberten ©enfur War audfj ber Xrucf nidjt feßwierig.

SltS ber ©jar erfuhr, baß baS (Sebidjt bei ber ©enfur eingereidßt würbe (ein foldßeS „©reigniß" mußte natür= lidß bem ©jaren referirt Werben), fagte er ju pufdjlin :

„3cß wünfeße, baß Xu Xein (Sebicßt Semanbem bebicireft."

„SReiner SSrant?"

„Stein, fonbern ber gürftin ©ßebimin."

Pufcßfin öerftanb ben SBinJ; er mußte ficf) auf irgenb eine Slrt ber SRutter ©opßienS näßern, biefe War bie natür= lidßfte. ferner fagte ber ©jar ju Pufdßlin :

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„SBenn $u Sein ®ebidfjt $ur tf)r bringft, fage it)r, baß $u atn einunbjwanjigften guni ®eine Stauung mit ©ophie Starifchfin feiern Wirft.“

2ludj baS War in ber Dtbnung. Pufct)fin brauste feine befonbere ©rftärung. Ser Sräutigam fetber mußte ®ort)ntf)ia bie ®unbe öon ber $eirat Sophie StarifchfinS bringen unb Oon ihr ben juftimmenben ®uß erhalten. SaS war fef)r richtig. SaS freien unb bie ©nwißigung gefehlt in gorm ber Zueignung unb Sinnahnte beS ®e= bid^teS. Sie gorrn ift jart unb bocfj treffenb. Söeibe fprectjen anberS unb benfen anberS : freien im poetifchen Oewanbe!

Pufdfjfin ging in jeber Sejiehung correct oor, als er ben dürften @l)ebimin auffucfjtc,

„gwart SRaiimowitfdh! geh ha&e ein neues ®e= bidfjt, Welches i<h ber gürftin SKaria Sltejciewna Äor^w tt)ia wibmen möchte. g<h bitte Sich, tieS eS, unb Wenn Su eS für würbig erad)teft, ben Stamen ber gürftin ju führen, fo fei mein gürfprecher bei ihr."

„g<h Werbe Seine Serfe mit Sergnügen tefen. @o nie! aber fann ich Sir jefct fdfjon fagen, baß bie gürftin Seine Sebication für eine große SluSjeidhnung betrachten unb ftofj fein wirb, ihren Flamen auf deinem SBerfe gebrucft ju tefen."

Pufchfin erhiett noch ant fetben läge beS gürften Sufdhrift, baß bie gürftin bereit ift, ihn morgen Stadhmit* tags fieben Uhr in ihrem ©ommerpalafte auf ber Stewa* gnfet ju empfangen, (grüßet pflegt man Wegen ber §i|e nicht auSjugeßen.)

damals bewohnte bie oornehme Petersburger SEBett fdjon ihre Sitten. Sluch ber reiche SBürger Wohnt auf ber 9teWa=gnfel in feiner „Sotfdha". Ser ©jar geleitete @tifa= beth unb ihren fpof auf ihr SiebtingSfchtoß „ÜJtonptaifir", in beffen Stöße auch ©opßie Starifdßfin wohnt, ge|t fonnte fie ber Sjar nur fetten befuchen, benn im guni finb bie Mächte in Petersburg nidht finfter. Sodß fie hotte ja ihren Sräutigam, ber über fie Wachte. Stur noch eine Sßocße trennte fie oon ber ^odßjeit.

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XXIX.

3fofipl)ar.

gut beftimmten Stunbe eruiert ©ufdjfüt in bet fürftlich ©^ebimin'fc^en ©iüa; bort überlieferte ihn ein Äatnmerbiener bent anberen, big er enbtidj in $ortjntt)ia’3 Souboir gelangte.

®ie gürftin War immer fdjöu; bocb beute Wollte fie eg auch fein. ®ie bamalige äRobe er^öfjte bie Weiblichen SReije fe^r. ®er blafigelbe Seibenüberwurf paffte oortreff» lid) jüm bocbgetbiirmten, fdbnecfenförntig herabwaüenben blonben fpaare, ju ben fallen ©rüffeler Spieen unb bem 3ncarnate beg ©efidbteg unb ber SBruft. Selbft bie Schul» terfpaitgen waren mit gelben diamanten aufgelegt, unb eine oorne gtuifcfjen bie Spifcen coquett geftecfte blaftgelbe ®beerofe öerfcbloff bag geentbal.

3br gunjeg SBefen üerrietb eine ungewöhnliche Unruhe. (Sie errötbete unb lächelte, alg ©ufcfitin eintrat. Unb ©rrötljen unb Säbeln wieberb ölten ficb auf ihrem Stntti^e, fo lange bie ©egrüfjung bauerte unb bie üblichen ©e= grüfjunggfüffe auggetaufcbt Würben. ®ann biefi fte ihn auf einen gauteuil fefcen, wäbrenb fie ihm gegenüber auf einem feibenen ®it>an ©lab nahm.

Sie begann bag ©efpräcb.

„Qdb habe über 3b* f(böne§ ®ebid)t fo oiel geweint, alg wäre ich an ber ©altfdjifserajer Ib^nenquefie ge= wefen."

„6g freut mich, baff bie $elbin meineg Siebeg fich Shre Spnipatbie erwarb, fjürftin! ®enri ich äeidjnete in ihr meine ©raut, Sophie Starifcbfin" -

D ! wie feljr Oeränberte ficb plöfelicl) jeneg Slntlifc!

glammcnbe Sornegrötbe bebeefte eg ; ihre Slugenbrauen oerwanbelten fich in ©feilbögen unb bie Strahlen ihrer Stugen in ©feile.

„Sie wollen Sophie ßtarifdjfin beiratben?" fchrie fie leibenfcbaftlid)- „®ag ift unmöglich!"

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„@§ muß boc^ möglich fein, benn unfere ^ocßjeit ift fdjon für ben 21. guni beftimmt."

„gn einer äßodße? ©)ie Trauung ift olfo fdjon tier= fünbet?"

„•Rein! SEBir werben unter firtßlidjer Slbfolution getraut."

®ie gürftin fprang bon ißrem ©iße auf unb leuchte : „Unmöglich! unmöglich !"

tßufcßfitt blieb fißen ; er erfdjrat nid)t fo fernen öor einent äRenfdjen, felbft tior einer grau nidjt. ©r erwiberte fefir rußig :

„2lber icß bitte Sie, gürftin! WaS für eine ©inwenbung tonnen Sic bagegen tjaben?"

©orpntßia faß ein, bafj fie fieß tion itjrer Seiben= feßafttießteit ju Weit ßinreißen ließ. Sie befjerrfdjte fieß, naßm toieber ißlaß unb ftellte fid), als wollte fie fid) mit bem gäcßer gegen bie §iße feßüßen.

„3)er gßnen biefen SRatß gab, meinte eS nießt freunb= fcßaftlicß mit gßnen!" jifdjte fie tonlos.

„@S War ber ©jar!"

©ortjntßia feßlug ben gädjer jufammen, bann ßielt fie ißn oor ißre Sippen. 9tad) furjem Stidfd)Weigen fußr fie fort : „Sie Wiffen bemnaeß, baß ber Sater Sopßie Rarifcßtin’S ber ©jar ift?"

„3<ß aßne cS."

„Slßnen Sie aueß, welcße gufunft gßrer ßarrt, Wenn Sie bie ©Zarentochter ßeiratßen? Sie Werben tierbannt fein aus jener (befedfeßaft, in Welcher Sie biSßer lebten, unb jene ©reife, benen Sie fid) aufbringen, Werben Sie tier= ad)ten. So lange ber ©jar lebt, Werben Sie ein (befangener im glänjenben ©äfige be§ $ofe3 fein. gßreS freien SBidenS beraubt, ein unglücflidjer SRenfcß, ben (bott baju erfeßuf, baß er ben Uebrigen tioranleucßte, unb ber fid) felbft jum Statten eines Slnbern tierbammte! Racß bem lobe beS ßjaren tönnen Sie im ©autafuö ober am 3lmur (boutierneur werben."

„SReine gürftin! gcß werbe Weber (befangener beS

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$ofeS, noch (Souoerneur oon Äamtfdjatfa werben. SDteine grau !ommt mit mir auf mein Keines ®ut ißteStow, bort werbe icf) Sauer unb manchmal and) ißoet fein."

„Sie lieben baS SJtäbchen nicht, nur bie ©itelfeit läßt ©ie biefen Stritt tljun."

ißufchlin pflegte $iebe nicht fc^ulbig ju bleiben ; felbft grauen nicht.

„gürftin, würben ©ie baS !äJtäbdhen fennen, bann wüfjten ©ie, bafi eS unmöglich ift, eS nid)t ju lieben!"

®ie gürftin bifj fidj ihre frönen Sippen blutig. $aS war ein graufamer §ieb. Slber rafd) barauf folgte ttocf) ein jWeiter.

„®aS Stäbchen erbte nur bie ©anftmuth feines SSaterS; nichts weiter !"

geht erhob fid) bie gürftin. ®ieS lonnte fie nicht länger ertragen, igfjr ©efidfjt würbe tobtenbteid), nur iljre Singen glühten unheimlich. ©ie ging jn ißufdhfin, ergriff feine §anb unb flüfterte :

„£at 3bnen ber ©jar auch ben Slawen ber üJlutter ©opbienS genannt?"

„Stiem als !"

„§aben ©ie if)n auch oon Stiemanbem oernommen?"

„Sott Stiemanben, ber ein 3ted)t hätte, ihn ju entbeden."

„kommen ©ie! ©e|en ©ie fiel) ju mir!" ftammelte bie gürftin, Kammerte fiel) Irampfijaft an ißufdhlin'S Slrm unb jog ihn neben fi<h £)irt auf ben ©)ioan. „£>ören ©ie mich an! 3<h wiH Sf|nen beichten. SBaS ich aufjer bem ißatriardjen feinem SDtenfdhen fagte, will idh Shnen geftehen."

Unb baS Sßeib lonnte oor ©dhtudfjsen laum ju SB orte lommen.

Sann jerrijj fie baS ©pi|en=@adtu<h, Welches fie mit ihren Xfjränen getränlt hotte.

„©etbft meinem (Satten Wagte idh nie ju fagen, Was idh Shn£n jefet fage: 3<h bin Sophie Starifdjtin'S •Stutter . . ."

ißufdhfin ftettte ftdj natürlich Ijöchlidhft überrafdht oon biefer ©ntbedung.

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„Urteilen Sie über midf)!" fpradf) bic gürftin meiter unb marf auch bcn bünnen Soleier von ihren rofige'n ©futtern (barnit er um fo beffer urteilen fönne). „geh mar noch ein Sinb, faum fed^je^n Sahre alt. geh muchä ohne @ttern heran. 3<h fah einen SDtann vor mir, ben alle SBelt vergötterte. SDteine Xante, bie mich erjog, ftmr eitet unb ehrgeijig unb mufete biefe ©igenfdfjaften audf) auf mich ju übertragen. Sitte, bie midf) umgaben, fagten mir : „Siebe ihn, er ift um ® einetmitten ungtüdlidf)!" Sie erjagten mir alte ©hronifen, in benen ju tefen mar, bafe ©§aren ihre ©attinnen, bie fie nicht liebten, in'3 Stofter- ftedften, unb an ihre ©teile anbere, geliebte grauen ju fidf) auf ben ©jarenthron erhoben, Schmeichelei, @^rgei§, Unerfahrenheit,

jugenblidEje 5ß^antafie ersten meinen Sopf, unb idfr .

fiel! ga, tief bin ich gefatten! @o tief, bafe ich barob mein ganjeS Beben hinburdf) meine! .... Xodf) gab ich bie $off* nung noch nicht auf; ftoch immer glaubte ich, bafe mein SSerfü^rer eine§ Xage3 fommen mirb, um mich au§ ber Schmach jur ^errli^feit ju ergeben. 3<h flehte ju ihm, idf) mälzte mich im ©taube §u feinen güfeen. ®a erliefe er jenen Ufa£, bafe auf ben ruffifdfjen Xhron nur Xöd£)ter regierenber gamitien erhoben merben fönnen: Xa3 mar bie Slntmort auf meine Xräurne!

. Xarnafö, in meiner gröfeten ajerjmeiflung, !am

ein SDtann meinet @tanbe3 unb marb um meine £>anb. 3Boht liebte er midf) nicht, bo<h gab er mir feinen Stauten; auch ich liebte ihn nicht, bocf) feinen Stauten trug ich mit ©t)re unb ^abe ihn mafettoä erhalten. S3or ber 3Bett tonnte ich mein $aupt ftolj ergeben. Unb jefct bricht ptöfclidh bie gefürchtete Sataftropjje here™, vor melier ich fechjehn* 3fahre in meinen fdfjtaflofen Städten gitterte : Sophie Starifchfin heirath et, unb atte SBett mirb fragen: Slber mer ift jene Sophie Starifchfin? 3Ber mar ihr SSater, mer ihre SDtutter?"

„Xarüber fönnen Sie ruhig fein, gürftin ! Xie Xrau= ung gef<hieht ganj im ©titten burch ben ©otometfchfer $atriardf)en auf ber $(5etrov3fer Snfel iu ber ©chtofefapefle *ßeter'3 be§ ©rofeen. Stach ber $o<hjeit mirb Seiner ba$

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junge ©pepaar mefji in Petersburg jetjen, unb man Wirb auch nic^t mehr fpredjen t>on bemfelben."

Diefer 'Ir oft mar ©ift für baS ^>erj ber giirftin : Sie fotlte pufcpfin nicht mehr jehen?!

„St ber moju biefe fieberhafte (Site ? DaS SJtäbchen ift noch «» tinb, faum fedjaetjn 3atjre alt!"

„Sürftin!" ermiberte Pufdjfin traurig, „man rechnet bie 3eit nicht nach Sapren, fonbern nach ben Seiben, bie wir ertragen, unb fo angefehen lebt Sophie f<h°» lange. Sechzehn 3apre lang eingefperrt, oerbannt, bon afier SBett öerteugnet ju fein; fecpaepn 3ahre tang fein aärtlicpeS, tiebenbeS SBort §u hören unb feine ffreube ju feniten : baS ift ein genügeub großes „Sitter"! 3e|t erhält biefer SiebeStraum baS arme tinb am Seben. Sophie ift eine Stadjtwanbterin für biefe SBett: ertoecfet fie unb fie ftirbt fofort!"

„Sttfo nur aus ebetmiithiger Setbftaufopferung fnflpfen Sie 3pr Seben an baS ihrige? Sie lieben fie nicht?"

„3<h bete fie an, hatte feft an ihr."

„@ut. Srtauben Sie mir, barüber nacpaubenfen ; bie Stachricpt hat mich fo äberrafcht, bafj ich 3P»e» jefct nichts barauf antworten fann. Die 3eit ift au fura; nur fieben Doge. Sann eS nicht hntauSgefcpoben werben?"

„Stein."

„SBarum nicht?"

„Der ©aar begibt fich auf bie Steife; öiefleicpt, auf eine fepr lange Steife. Diefe läge wirb er eine grofje Steoue über bie ©arbetr uppen abhatten unb bann Waprfcpein* lieh abreifen. Darüber Wirb Sie übrigens gürft ©hebimin beffer unterrichten fönnen. Unb er miß, baff unfere |>ochjeit tior feiner Slbreife ftattfinbe."

„So geftatten Sie mir aum SDtinbeften, meine Stntwort bis aum testen Slugenbticfe au oerfchieben. 3$ habe 3h««« fo SßieleS au fagen. (Ertauben Sie mir, 3puen am testen Dage erft au antworten, tommen Sie au mir am 3wanaig= ften. Unb auch bann erft in ber testen Stunbe beS DageS, Wenn eS nicht wehr fo pefl ift: bamit 3hr tommen nicht

3<5Iai ; greife«. II. 5

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auffalle. Um unbemerft eintreten ju fönnen (Sie Werben Wof|l begreifen, warum id) ben 33efud) oon Sopf)ien’§ Bräutigam bei mir, am Sage üor ber ^odjjeit, nidfjt befamtt maxien will), nehmen Sie biefe§ Scfjlüffeldjen. öffnet bie Sljür ber SSeranba, Weiche gegen ben ißarf liegt; oon bort fönnen Sie auf einer SdEinecfentreppe birect ju mir gelangen. Sann werben Wir ungeftört oon üerfdjiebenen Singen fpredjen, Wefdfie Sie wiffen müffen."

ißufdlfin ftecfte baö if|m anoertraute Scf)lüffeld)en ju fidl) unb nafjm Slbfcfjieb, inbem er bie §anb ber gürftin füfste. &'ort;ntf)ia gab if)m ben ®uf? auf bie Sippen jurücf unb begleitete ifm bi§ an bie Sljiire iljre» ©emad)e§.

Sener ruffifdfje (Mehrte fjatte alfo bocf) Stecfjt in feiner 93etracf)tung über bie „entarteten ®a|en" WenigftenS in SBejug auf biefeS eine SBeib.

XXX.

^Sttiterfegett.

(511 einer oon buftenben gicfjten befd^atteten SSiHa oer= lebte bie junge ©raut if)re Sage. (Snbfidf) wofptt fie in feinem SÜerfer ntef)r; fie ift feine befangene. Senn bie Ijerbfte ©efangenfdf)aft unb Sflaoerei ift bie Sranf^eit; fagt man bodfj bem SJienfdfien auf Stritt unb Sritt : „Saufe nidf)t! Singe nidjt! Srinfe fein SBaffer! Stimm baö Sucf) nidjt 00m |>alfe herunter! @ffe nicjjt oon biefer Steife! ©rfälte bid) nidjt! @t£)i§e bidf) nic£)t ! "

2lud) ber Softor ift auägeblieben. Sie ißanacee fiat SBunber gewirft.

Ser wunberfc^öne Stofenmonat War gefommen. Ser ^Bräutigam fieff bie Sßege, auf Wefelen Sophie ju fpajieren pflegte, mit Stofen bepffanjen, unb ba§ (»eitere Stäbchen fammefte alle SJtorgen unb Slbenb bie Slumen, bie ifjre Snoäpen geöffnet in iljrem Sorbeten : nicf)t baö fleinfte

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SBlättdjen lieft fte auf bie @rbe fallen. 2Sa§ wirb baraug werben? SBentt bte Slätter ocrtrocfnen, toirb fte ein ©eiben= fiffen bamit füllen; toie gut toirb fidj’g barauf fcfjlafcn ! . .

Soeben breitete fie auf ber fonnigen ©eite ber Seranba bie gefammetten Slätter au®, unb fang baju. Stiemanb öer= bietet i£)r ntef)r ju fingen; fie barf eg; nur bie alte $elenfa janft mit ifjr, benn toer am greitag fingt, toirb Sonntag weinen, fagt fie; bodj für fotdje SReben pflegt ©opljie bie alte SJtagb gemöf)nlidE) augjutaclen. SEBer wirb audf) f)eut= jutage nodt) etwag auf abergtäubifclje Innungen galten? ®a feufjte bie gute alte §elenfa plöfjltcfj ängftlid) auf : „gefug, Sßtaria, ©t. Slnna! 2Bag will biefe Ejier ?" Unb oljne ein SBort meljr ju jpredjcn, tief fie baoon, um ber Sontmenbett nit^t ju begegnen.

Sophie blicftc OerWunbert Ijinaug unb fall auf bem (Gartenwege eine SD ante fid) nähern. Sie War oon ftra^tenber ©df)önt)eit; ifjre Toilette war lauter bunte ©ticferci, auf ifjrent ©troljljute fdjwebt ein ißarabiegoogel unb if»re @djul= tem finb in einen Sadljemirftiawl gebüßt.

Seim Slnbticfe biefer oerfüljrerifdjen ©djönlfeit füllte Sophie, wie ein un^eimlid^eg ©rbeben iljre -Jteroen burdfj= jitdte; eg War it>r, alg tjörte ifjr §erj auf ju fragen. Sie begann an Slljnungcn ju glauben.

©ie fam aßein unb ju foldfj’ früher SWorgenftunbe, in welker ®amen fonft nodf) nidfjt augjugeljen pflegen. Dtjne ©üumen beftieg fie bie kreppen ber Sßeranba, wie ©ine, bie mit ben Sofaiitäten gut Oertraut ift.

9ltg fie üor Sophie ftanb, er^ob fte if)re §attb mit einer (Geberbe, bie jum fpanbtuffe aufforbert. Seife fprad) fie fobann :

,,3df) bin bie gürftin (Gfyebintin!"

®ag Iperj ber gungfrau Hopfte fjörbar. $ennodj muffte fie biefe mit bem fpanbfdjuf) befteibete §anb füffen.

„Sie Ijaben midi) nodj niemalg gefetjen?" frug bie ®ame.

$ag SÖtäbdfjen tonnte nur ein ftummeg „ßtein!" mit bem ®opfe fcfjütteln.

5*

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„@o geben Wir in 3$« Stube. 3ft Stiemanb bei 3t)nen?"

„Stiemanb."

®ie Same ging ttoran, unb als fie int Zimmer ange= langt waren, na^nt fie ihren ^otjen fput herab. 3bre frönen, reifen, btonben SocEen Waren in fjoljer grifnr 4 la giraffe aufgeftecft.

„Stun tüffe midt)! 3<b bin ®eine SJtutter!"

Sophie tf(at, waS if)r befohlen würbe.

®ie Uiirftin fab ficf) um. Ueberatt tagen Sticfereien, gepulte Kleiber, bie ganje bräutliche SluSftattung in reifen = ber Unorbnung umher.

,,2K), ®etn $rautf<bmucf! ®u WiHft atfo ^eirattien, Keines SJtäbcben? ©oft $u benn aber gar nicht bebadjt, baß ju einer fo ernften Sache auch ber ©egen ber SJtutter üonnöttien ift?"

$aS SJtäbcben wagte ju antworten :

„@S würbe mir gefagt, baß ich weine SJtutter Weber befugen, nodj i^r fcfireiben barf."

„Stber ®u bätteft mir bur<b ®eine Keine greunbin Setbfaba mittbeilen fotten, bie ®id) täglich befugt bat."

•3<b toar ber SJteinung, baß fie eS 3bnen gefagt bat."

„5)ie Steine tbat eS nicht. D, bie heutigen SJtäbdjen tönnen f<bweigen! Stiebt einmal erwähnt bat fie mir „jenen" Statuen. Ijufällig habe ich ibn erfahren, ©eftern War fjterr ^ufcbtin bei mir, um mir fein neues ©ebicbt „bie Duette oon ©aKfcbifferaj" §u wibmen."

„SBie? 3bnen hat er eS gewibmet?"

„|>aft ®u »ietteicbt etwas bagegen einjuwenben?"

„3<b freue mich Oietmebr, baß er eS getban bat!"

„Stur fo nebenbei bemerlte er, baß er in einer SBodje Sophie Starifcbfin jum Stttar fährt. 3^h War überrafcbt. 3<h glaubte, ®u fpietft noch wit Keinen puppen. $ocb Wer brachte ®ir biefe große ißuppe?"

„SJtein SSater."

„Unb ®u gtaubft nun, baß ®u oernänftig genug bift, um beiratben ju lönnen?"

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„3<h weife nicht, ob tdj oernünftig bin; aber baS weife ich, bafe ich meinen (Bräutigam liebe!"

„(Sine fategorifd^e Antwort! $u bift fo fieser, bafe er ®i<h ^eirat^en wirb! $od) wo lernteft $)u (ßufchfin fennen ?"

„SBäljrenb ber UeberfdhWemmung. D, bamafe fdfjwebte i(fj in grofeer ©efaljr ! Sßenn man mich nicht abge^ott hätte, fo wäre icEj umgefommen."

„Unb Wer hot 2>idh benn abgeholt?"

(Sophie ocrWunbertc fich ob biefer grage.

„Sie wiffen ei nicht? |>at ei benn (Betfjfaba nidht ju §aufe erzählt?"

„SSethfaba? Stein, bon Sir unb (ßufdhfin hat fie fein 2Bort gebrochen! 0, über bie fdjlaue ©eheimnifefrämerin ! SBarte nur! Sllfo Sief) hat biefelbe jfee beherbergt, weldhe Sethfaba oon meinem Sßagen entführte? Setter Teufel im weiblichen ©ewanbe? Unb ©ethf aba fanb für gut, ei mir ju öerfdhweigen ! Sage unb Städte oerlebteft Su in ber ©ünbenhöhle jener tpößenfürftin! ^e^t öerftejhe idh 9lHe§! Siefer Weiblidhe Satan hat all' baS fjerbeigefüljrt. "

„SJtutter, fluche ihr nicht! 3hr Oerbanfe idh wein ©lücf."

„SBeifet $u benn, waä ba§ helfet: ©lücf?"

„©eliebt fein."

„Unb Weifet $u, Wa8 beffen ©egentheil ift?"

„®a§ Weife ich ttodfj nicht."

„betrogen werben!"

„SBer fotlte midh betrügen?"

„2Ber fonft, als Setter, üon Welkem Su glaubft, bafe er Sidh liebe?"

„ÜJtein 9llefo?"

„Sfa, SeinStlefo, ber auch fo oielen Slnberen gehört ! ©inen gröfeeren glattergeift, einen gewiffenlofercn SBeiber» oerfüljrer hätteft ®u auf biefer Sßelt gar nicht finben fönnen."

„SSeldhe Urfache hätte er, mich ju täufdhen?"

„2Seil er hofft, burdh Sich eine hohe SRangftufe ju erflimmen !"

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„0 nein! @r fjat jebett Xitel, Slang, ©efi| gutücfge= miefen. @r nimmt mid), jo toie ich bin. Mein ©<bmucf unb biefeS 93tedjftücf (ein Splitter bc§ ©djiffeä, Wetd^eä mit bem SBinterpatafte gufammenftiefj), ba§ id) am Xage bet großen Sataftropbe oon it>m erhielt, bilben mein gangeä Ser mögen. ©r min arm bleiben unb fidj einen Stamen Raffen, ber gu feiner ©röfse beö ^erjogätitetä nicht bebarf!"

„SBie er Xidj täufcben fonnte! ©eine ißtäne reichen bi§ an ben Xbron! ©r lieiratljet ®id), um fid) bei einer SEBcttummälgung atö ruffifcber ißring ©gatitb" aufgu= brängen. 2Ba§ ©galitb! 2tt§ ein anberer ugatfdfef f ! Sßeifjt Xu benn nid^t, baff er ©iner ber ©erfdjroornen ift, bie ben ©garen öom Xbrone ftürgen mosten?"

„Mein ©ater führte ihn gu mir."

„SBeit feine Siebe £>onig ift, mit melier er ben ©garen betören unb feine Xoctjter einfcfjtäfern tonnte."

„Mutter! Sie Raffen it)n fetjr!"

„Unb mit Ste^t ! 93ebrof)t benn biefe ©tje nicht meine gange ©jüftcng mit ©ernicbtung? Xiefe $eiratb mirb ba§ ©ebeimnijj Xeiner ©eburt, welche bet gtucb meiner Qugenb mar, an’§ Xage3lid)t bringen."

„Mutter! Sie oerflucben meine ©eburt?"

„5tid)t nur beute, jeben Xag gmeimal! SBeitn icb er= mache unb toenn icb mich nieberlege! Xu marft mir ein Xobeäurtbeit, beffen Xag reicht beftimmt ift ! Stur mit ©eben tonnte ich Xein gebenten. Xu marft meine Mitfdjulbige, ein tebenber 3euge meiner getöbteten ©bre! Unb jegt foü fi<b mein @efd)icf erfüllen bureb XicE). Xu tünbeft aller SBett, baff Xu tebft. ©ebt bet! ba bin icb!"

„Stein, Mutter! 3<b oerberge mich! Seiner foü mich feben ! Stiemanb toeifj ©tma§ oon mir . .

Sorpntbia ftettte ficb, atö ob Mitteib unb Mutterliebe bie $errf<baft über fie gemonnen hätten. Stagenbett XoneS fpradj fie :

„Slber Xu armes Sinb! Sßeifjt Xu benn nicht, baff Xu Xicb tebenbig begräbft? Xafj Xu ein Seben mäblft fchlimmer als in ber tpötle? Xu rnirft bie ©attin eine«

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2lbenteurer§, ber fo tief in Sünben ftectt, fo oerfettet mit aßen lafterßaften (SefeKen ift, baß er iljnen felbft beim beften SBißeti nid)t meßr entrinnen tann! SBiüft &)u ißm nad) Sibirien folgen?“

„SBenn ißn Unglüd erreidjt, tßeile id) mit ißm."

„Unb wenn baS oerriidte SBagftüd, beffen Sßorfämpfer er ift, gelingt, unb feine ©anb oon ®eine3 SSaterS Slut gerötet fein Wirb?"

„®ann werbe id) ben SSeg ju (Sott finben, um für il)n ©nabe ju erflehen.“

„SßcrblenbeteS @cfd)üpf ! $a3 Sbeal, Welches 3)u ®ir fcßufeft, geftattct ®ir nidjt bie SBafjrßeit ju feßen. ©laubft ®u etwa, ein ©erj im Käfige galten ju lönnen, bas an ben freien Slug gewöhnt ift, unb baS $)u nod) gar nidjt gefangen ßaft? ®enn fßufcßfin liebt ®idß ja gar nicßt! Stein ! @r liebt $icß nid)t ! Sei überzeugt, baß er $id) rtidßt liebt!"

Sophie blidte ftaunenb auf Sorßntßia. ®er bem weib= liefen ©erjen eigene Snftinct unb eine nerüöfe Äßnung ließen fie bie fcßredlicße SBirflicßleit erfennen. Sie ergriff Äorßntßia'3 ©anb unb fagte :

„Sie lieben ißn!"

„So ift eS ! " fcndjte ©ortjutßia mit rafeitber ßeiben» fdiaft.

Sophie griff fidß an'S ©erj, erblaßte, ißre 'Äugen fdjloßen fid), ißr SItßem ftodte, fie ftürjte jur Grrbe.

®ie Sürftin fueßte bie SDtagb auf. ,,©elen’, geß ©inein ju deinem gräukin, eS ift mtwoßl!"

Sie ßüttte fieß feft in ißren Sßawl (benn SBtorgenS ift ■ftebel am Ufer), fegte ben ©ut auf unb oerließ bie SSiüa.

Sie Wußte, baß ißr ÄbfcßiebShiß bem armen, oßn= mächtigen fKtäbcßcn nießts ©elfen würbe : besßalb unterließ fie ißn.

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XXXI.

Pas geßametti.

21n biefem Sage War ißufcfiftn fo fdjwer um’ä £erj, alä wäre mit aßen ©ünben biefer SBett unb aufjerbem mit aßen ©taatäfchulben ber europäifdhen Sänber belastet. 33ieflei<ht War eine jener ©orafjnungen, für Welche bie Arbeiter mit ben ßteröcn, bie Sinter, fo empfänglich finb? Sr tonnte fidf über nichts freuen.

Sr ging $u geneiba, um iE>r feine £>eiratf) officieß anjujeigen. Sie Wufjte fdjon lange baüon, benn fie hatte einen trefflichen Sefjeimpolijiften. geneiba fagte mit fatter ftoifdjer Sronie :

„Sch glaube noch immer nicht, baff bie Sjarentodhter ©ich heitathen toirb." '

„®aä Wirb auch nicht gefchehen : benn id) t) e i r a e bie ©Zarentochter!"

„SBeifj bie fffürftin ©hebtmtn fdjon?"

„3ch h^e ihr angejeigt."

„®ann wirb tti df)t§ barauä!"

„Sä hängt nicht im Seringften oon ihr ab."

„Sch propfiejeie e§; ich märe ja fonft nicht ^Pptfjoniffa bie §eje? SBeifj auch fdjon §ürft Sljebimin?"

„Sürft ©hcbimin?! Mille tonnerresl muff ich benn auch beim dürften um ©ophienä §anb anljalten? Sr ift ja hors d’oeuvre.“

„ßticht beä greienä halber, greunb! fonbern um burdj ben dürften ©einen -Kamen au§ bem „Srünen 93ud£)e" löfchen ju laffen. ©u Wirft wohl einfeljen, baff ber Sibam beä ©Zaren bie Siften bc§ „Srünen SBudjeS" nicht jieren ich faßen nicht fdjwarjen barf!"

„®u haft fßedjt, baran habe ich noch flat nicht gebacht."

Sötit fchwererem öerzen, als er gefommen war, ent= fernte fich ^ßufdjfin.

3eneiben§ Sßißa lag auf ber ftreätofäfer Snfel. SSon hier War noch Weit jur SSißa ©opljienä, bie jwifdjen

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bett ©arten Don Dranienbaum tag. Schon üon weitem war it)r hettgrüneS $ad) unter ben gidjten beS Ufers fidjtbar; auf beut $)ad)e We|te bon einer bunten Stange herab aö= abenbtich eine toeifee gtagge. Siefe 30g Sophie fetber auf, pm Seiten, baff fie itjn erwarte. SJtanchmat fam fie ihm bis jum Ufer entgegen unb itjre weifebelleibete ©eftatt winfte ihm fctjon öon gerne ©rüfje entgegen.

Qe|t aber fatj er fein Weites 9Käbd)en, feine Weifje gtagge!

Ungebutbig eilte Sßuftfifin öorwärtS. Sonft pflegte bon ber SanbungSbrüde ber ff fit) ne beim Slnlangen ber feinigen eine anbere ©onbet abjufalfren, in Wetter Settjfaba fafj. ®ie Königstochter erwartete ißufchfin niemals, nur bon ber gerne begrüßten fie fidf. ge^t fah er bie ©onbet in ben garben ber gamitie ©tjebimitt angefettet, unb bie Stuberer tagen fdjtafenb auf ihrem Saudje.

fßufdjfin Wartete nicht, bis ber ®af)n tanbete, fonbern fprang an'S Ufer unb tief ber Sitta ju.

Stuf beiben Seiten beS SßegeS blüfjten Sopf)iett’S Sieb» tingSrofen, bod) bie ©rbe War mit abgefatteneu Stottern bebedt.

„S3aS gefc^af» benn," fragte ißufdjfin, „bafj euer Sdiu|enget SlbenbS eure Stuten nicfjt auftaS?"

,,©etje nur hinein, ®u wirft fcfion bie Urfacfye erfahren," antworteten bie Stofen.

Stuf ber Seranba fanb er Stiemanben. @r öffnete bie befannte tEapetenthür, Welche in Sophiens innere ©emächer führte. ®ort erfuhr er, warum bie Stofenbtätter nicht gefammelt würben.

Sophie tag bort auf bem Sette, bleich *»ie eine Xobte. ®ie geftrige SebenSröthe War öon ihrem Slntti^e öerfchwum ben; eS War faft burchfichtig. 3hre 3üge Waren nach bem überftanbenen Schmerle Wie öerftärt. 2tm Scttenbe fafj Sethfaba, beren §anb fie fo hiett, bah ihre ginger mit benen Sethfaba'S jum ©ebete öerfctjtungen Waren. Sor= fidjtig näherte fidt» ihr ißufchfin, feinen Scfjreden bämpfenb.

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(Äranfen barf man niemals geigen, baff man ob ihres 21uSfef)enS er^rocfen ift.)

„2BaS ift baS? »ift Su trän!?"

„Mein, Sltefo. Q cf» bin im Sterben. ©rfdjricf nic^t. ©S ift oorüber. h°&e eS überftanben. 2lu<h Su wirft eS überftetjen. "

„D, fprid) nicht fo ! " ftammelte ißufdjfin, inbem er neben bem Sette nieberfniete unb beS MäbchenS bTeicfjc Stirne mit ft'üffen bebccfte. ,,©S ift bloS ein teicfjteS Unwohl» fein. So wie fonft, wirb eS auch bieSmal üorübergehen. 3 cf) eile, deinen 2lrjt auf pfuchen. "

„Su gehft nirgenbs hin! Su bleibft, wenn id) eS fage. Swinge mid) nicht, laut p fpredjen, fonbern gehorche. 93e= benfe, Wenn Su je|t SSplie auflärmft mit ber Madjricht, baß id) in ben lebten Sügett liege, er mürbe eS gleid) bem ©garen fagen. Ser ßjar ift je|t mit groffen, länberbeglüdenben Sbeen befdjäftigt, er rüftet pm Kriege. Siele Millionen Menfdfen erwarten oon feinen Sefd)lüffen if)re Freiheit unb eine beffere Sufunft. Sod) bap bebarf er feiner »ollen ©eifteStraft. SSie mein Sater mid) liebt unb an mir hängt, mürbe bie Machricht oon meiner ©rfranfung feine Seele Oöllig lärmen. ®r würbe bie erfelpten »efdflüffe nid)t faffen. Ser ©ebanfe an bie fterbenbe Socfjter Würbe ihn fraft= unb energielos machen. SßaS glaubft Su? So lange id) lebte, mufften faum geljn Mengen, bap id) auf ber SBelt bin; unb im Sterben füllen ‘Millionen unb Millionen meine ©eburt unb meinen Sob oerfludjen? SeSpalb, bitte, beun¬ ruhige jefct ben ©garen nicht mit meiner Sranlt)eit!" ißufcf)fin erwiberte leibenidjaftlid) erregt :

„SßaS gilt mir je|t £ellaS unb bie ruffifdje $on= ftitution, ba Su franf bift? 3<h muff Sich retten!“

SaS Motio, welches ^3ufcf)firt p biefem erbitterten SluSrufe bewog, charafterifirt bie bamalige Seit. SlnberSWo unb in anberen Seiten hätte unter foldjen Umftänben ein liebenber »räutigam gefügt : „9hm gut, ich gehe alfo nicht pm Seibargt beS ©garen, fonbern pm erften beften gefcf)icf= ten Softor, ber bie Machricht oon Seiner Äranlljeit nic|t aus»

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fprengt, unb taffe Sidj burd) itjn feiten." Socf) ju jener 3eit liefs fid) nur derjenige üon ruffifc^en 8lerjten bef)an= betn, ber feinen Sob befdjteunigen moßte. Sieber ließ man fidt) burd) Buadfatber furiren unb gebrauste $au§mittet gegen bie Äranftjeit, als fid) einem ©t. Petersburger Slrjte anjutiertrauen. SaS mar bie fidjerfte Verlobung mit bem Sobe. 3n bie 3lpotf)efe fdjidte man nur um JRattenpuloer ; ja unter ©jar Sttejanber mürbe ben Slluffen gerabeju öer= boten, 9lpotljefer ju fein : nur Seutfchc erhielten baju bie ©rtaubniß. Ser 9tuffe mißtraute feinem SanbSmann; er ßiett ißn für fiifjig, bem Oranten feinen geinben jutiebe ©ift ftatt 9trjnei ju geben. Sie öornefjmcn Greife ließen fidfj burd) bie Seibärjte beS ©jaren unb ber ©jarin befjanbeln; menn Sene aber abmefenb maren, burfte deiner erfranfen.

„Sfdfj fagte Sir fd)on : reije mid) nic£)t ! Sergebliiß brädljteft ®u äße ©atenuSe ber SSett mit ifjrert Sßunber* mittetn t)iet)er; idt) mürbe nidfjtS einneßmen. Sd) trinte feine 2lrjnei mehr mit jenem bitteren SRanbetgefdjmacEe : icf) muß fterben! Serftetjft Su, id) muß! Sliein 'lob ift notßmen* big, unauffcßiebbar. Stießt, meit id) franf bin; fonbern, meit id) jum Sobe oerurtßeitt bin. Unb eS ift red)t fo!"

Pufdjfin fonnte biefeS ÜRäthfel nicht töfen unb bticfte fragcnb auf Sethfaba, morauf biefe fid) entfernen moltte. ©opßie Ejiett fie jurücf. „Steibe fjier! 3$ braune ©udj Seibe. pufcßfin! fei ein Söianrt, ein ftarfer SJlann. 99ift Su benn ein Sinb, baß Su fo bebeft? ©rfütte meine Sitte. 3>d) miß Seftament machen. Sringe ben Schreibtifd) ju meinem Sette ßer. günbe jtoei SidEjter an unb ftefle bajmifi^en baS ©rucifijc. Sod) juerft fdjüeßet bie genfter» täben ; mad)ct Stadjt ! 0, über biefe idjredtidjcn Peters» burger Sommernächte mit ihren ineinanberfchmeijenben Sömmerungen! SRan fann bie Stacht faum ermarten! Ser Sag miß nicht aufhören! SieS brücft mid) fo ferner, ©o, jeßt bin ich fd)on rufjiger, ba eS finfter ift. 9tun, fefce Sidj nieber unb fcßreibe. Ober miflft Su lieber bie Schreib* mappe auf mein Sett legen unb fnieenb fdjreibeit? Sind)

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gut! Uttb Xu ©ettjfaba! Iniee neben it)in! . . . ÜKerfe gut auf unb fcfjreibe : „Xem ^eiligen ®ott meine (Seele, ber 6rbe meine Slfdje entbietenb, orbne ic^, (Sophie 9tarifdj= ün, an, baß mein gefammteS weltliche» ©ut nacf) meinem Xobe meiner einzigen greunbin, ber ©rufifdjen ©rinjeffin ©ethfaba Xilarianoff gehöre. Sltir laffet nur jenes Heine ©tücf Kupferblech, baS ich immer auf ber ©ruft trug, unb leget unter mein £aupt jenes Heine grüne Kiffen, in welchem ich h’e ©ofenblätter fammelte, um barauf füh ;u ruhen. -Jtun fiehft Xu nicht bie ©uchftaben? Xu fdjreibft ja über'S Rapier hinaus? ©ufchfin! bift Xu benn ein Kinb? (Schreibe weiter! 3JI einer einzigen fleinen greunbin öermadje ich meinen tljeuerften ©dja^ auf biefer SBelt: meinen Sltefo ©ufdjfin!"

©ei biefen Sßorten wollte ©ethfaba öon ihrem ©la^e emporfdjnetlen, bod) Sophie erlaubte eS nicht. Sie hielt mit einem Slrme ihren öalS umfdjlungen, mit bem anbern ben ©ufdjfin’S unb brücfte ihre Sßangen aneinanber.

„Xarf ich benti in meinem Xeftamente nicht frei üer» fügen über meinen (Schafs? ©laubft Xu benn, ich wiffe nicht, wie fehr Xu ihn liebft? So lange ich ®'r nicht meine Siebe ju ihm geftanb, hafi ihn immer üor mir verherrlicht; bod) feit barnalS erwähnteft Xu nicht einmal mehr feinen SJlamen. ©laubft Xu, id) muhte nicht, warum Xu Xich immer fo eilig entfernteft, wenn er ju mir farn? grüher warft Xu roth, lebensfroh, tänbelnb; jefct bift Xu bläh, traurig, farblos, ©laubft Xu, ich weih nicht, was Xich fchmerjt? Xu liebft ihn, fo wie ich- ©erheimliche eS nicht länger! Süge nicht! üötache fein ©eheimnifj barauS oor ber ©terbenben, bie fd)on morgen eine ©eele fein wirb unb SlßeS weih, WaS in Xeiner ©eele tiorgeht. SBarte nicht, bah i<h nlS ©efpenft allnächtlich Xeine Xräume beunruhige, um auf meine grage bie Antwort ju forbern, welche Xu mir im Seben öermeigerteft. ©eftelje, bah ®n Sllcfo liebft!"

©ei biefen Sßorten fühlte ©ethfaba eine heftige §erj= beflemmung, unb plöfslich fiel fie mit geöffneten Sippen unb oerbrehten Slugen bewuhttoS rücflingS ju ©oben.

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„£ebe fee ouf unb lege fee ju mir in’S ©ett," fpracf) Sophie ruhig. „So, je|t fannft $u unter jwei tobten ©rauten wählen. 9tur, bafe bie (Sine roiebererroachen wirb, benn fee ift nicht ge tobt et. 8e|t weifet $u, bafe fee Xid) liebt. Saffe fee ohnmächtig. ©effer, bafe fee nicht hört, was icf) ®ir je$t fagen werbe. £u aber fhliefee jebeS meiner ©Sorte in ®ein §erj unb befolge e«; benn 2)u weifet ja, bafe auS ben 3Räbtfeen, welche als ©räute feerben, ©illi werben, beren $orn ju erregen nicht gut ift. §öre mich an! ®u barfft ©ethfaba nirf)t mehr oertaffen. Sch weife, Warum idj eS fage. ©Senn $u fee nach .fpaufe täfet, fiefet fee ©otteS freie ©Seit nimmermehr, man fperrt fee auf ewig in’S Äatharinenflofter."

Se^t begann ©ufeffein ju ahnen, WaS t)ier gefchal).

©eim Stennen beS ©RoSfauer ®atf)arinenftofterS fielen ifem alle jene ftanbalöfen Slbenteuer ein, beren feefe in ben ®afernen bie ©arbeofficiere bei ihren Orgien rühmten, unb welche fetbft bie ©fattbale ber ©arifer ©ifitanbinen übertrafen; baS Ätofter hotte einen SRuf, Wie fedh eines ähnlichen nur noch boö berüchtigte SDtontmartre» Slonnenflofter ju erfreuen ha^e- ®ie jungen Sieutenants trugen bie Stofentränje ber ®atharinen=9tonnen gleich 2lrot5 ringen; unb erft in biefem 3af)re ereignete fech ein SdhrecfenSfaH, welchen bie ©ehörben öertufdjten. ®er lefcte junge ©proffe einer bornehmen gamitie uerfdjWnnb plö^lirfj auS ber ÜRoSfauer ©efellfdjaft, unb nach öierwöchentliihem oergebliehen ©uefjen fanb man feinen jerftücfelten Seidjnam in einem ©runnen beS SütharinenftofterS. Unb balfen will ©ethfaba ihre ©atffen fehiefen, wo bas unglüdlidje ©Räbchen nicht nur biefer ©Seit fonbern auch ber ©tüdE= fetigfeit beS lünftigen fiebenS oertuftig würbe! Sene grau wäre auch beffen fähig!

„Stlfo : feine Unfchlüffigfeit, feine Sentimentalität," fagte Sophie. „9ln meinem 'JobeStage mufet ®u $i<h mit ©ethfaba oermälen, benn fonft ift fee berloren. 3war wirb alte ©3ett empört rufen : „D, über ben ©djuft ! ber jur felben ©tunbe, wo er ben ©arg feiner ©raut fehtofe, fein

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£ers einer Sinberen öffnen tonnte!" 2)odj ®u wirft ja mein leftament befi|en, Welches id) ®ir in bie geber bictirt unb mit jitternben Ringern unterfd)riebeit habe; lege eS auf’s fperj unb 2)u wirft eS bamit beruhigen. SBenn $ich aber $ein ©ewiffen freifprict)t, WaS tümmert $>ich baS Urzeit ber SBett? ... ©ei fütjn! ®er ©otowetfch» ter ißatriarch wartet auf ber ^etrowsfer J^nfel im alten ©Stoffe beS ©jaren ißeter. 6r bat ben Sluftrag, ein junges •SHäbchen mit einem ©arbeofficier ot)ne firdjfidieS Stufgebot ju trauen. @r tennt Weber baS Srautpaar noch beffen Stauten, Beugen merben nötljig fein; aud) baran habe ich gebadet : ber ©ine faitn Be«eiba fein, ber Breite fpelena’S ©atte, ber alte ShnaSfo : Seibe unfere guten Sreunbe. SSJntirenb nun bie eine ©onbet in alter ©title unter ben ißfatmen ber Kantoren mein befreitstes SRut)ebett in bie fdjöne SBeibengruft am bieSfeitigen SßeWaufer führt, werbet 3hr in ber anberit ©onbet auf’s anbere Ufer ber Stewa in ©uere bereitftefjenbe Sroifa eiten. Unb nun, ©ott mit ®ir!"

ißufd^fin lief wie wahnfinnig im Bim nt er herum, fictj mit feinen eistalten fpänben baS wirr fjerabfiängenbe £>aar jerjaufenb.

Unterbeffen bemühte fich Sophie, ihre ohnmächtige fjreunbin ju fich su bringen, ©ie fchnürte ihr SRieber auf unb befprijjte ihr Stntti| mit SSaffer. ®ie ©terbenStranfe badjte nodh baran, Stnberen ju hetfen.

©nbtidj erwachte Sethfaba; bod) faum öffnete fie bie Stugen, atS fie ihr ©efidjt in ben Riffen oerbarg.

,,3d) habe mit Sttefo fchon Stiles georbnet," fagte bie ©terbenbe in teifem, jufriebenent f£one. „f?atte ®id) nur an ba§, waS er ®ir fagen wirb. Sch hintertaffe SDir mein Örautfteib, baS rofafarbene, unb auch ba§ fßtatina=®iabem : ®u wirft fchon wiffen, wann ®u eS auffteefen mufft. fSoctj, fßufchtin, wie fannft $u nur fo unbeholfen fein? SBarum fdhreibft ®u nicht StHeS in’S Xeftament ein? Sßergifj ja nicht baS 9tofa=93rautfteib unb ben ißtatina=Sopffchmu(f. Sluch bie atte fpeten oermache ich euch; fie war immer meine treue.

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gute Statute. 3f)* bftrfet ifjr blinb vertrauen. Stlefo, gib je^t 33ett)faben Seber unb Rapier. Sie tauft ber gürftin fdfyreiben, baft fie fie nidjt ertoarten foH, ba fie nidjt fommt. ©dfyreib, Heiner SKäbdjen : „©näbige grau, meine gute ^Sattjin ! Sophie ift !ran! unb bebarf meiner pflege brin= genb : idj bleibe fjier, bi§ fid^ ©ott ifjrer erbarmen toirb. S^re 5ßatt)e Settjfaba." üftun lieber Stlefo fdfjide biefe^ Sriefdjen an bie f)ol)e 2)ame, bamit fie beruhigt fei. Sßenn 2)u fertig bift, gib mir ba3 2eftament, laft' midfj unter- fdjreiben."

Sophie la3 nodj einmal burdj :

„SBie nie! Sledfe barauf finb!" . . . flüfterte fie, unb ein tobtenbteidjeä Säckeln erweiterte if)re 3ü9e- 3eue ®tedfe toaren nätnlid) 2^ränen $ßufd)fin'§. Sie fdjerjte barüber unb toollte, ba§ audf) Stlefo unb Settjfaba über ifjren Sdfjerj läd^etn.

S)ann unterfd^rieb fie mit fdjönen, großen Sudjftaben ifjren tarnen. S)ie geber fpriijte fie ni<f)t au§, fonbern gab fie *ßufdjfin jurüd, nadjbem fie fie mit ben geftidten Traufen it)re§ Sdf)lafrode3 abgetrodnet fjatte.

hierauf fdfjtang fie ifjre beiben Strme um feinen Suaden unb jog tljtt }U fidf).

„£eute getjörft ®u nocf) mir! ßafc' midfj nodj einmal in biefe Stugen bliden, bie mir fo lange ein füfeeä §eint toaren. 3)a§ toar ein ^arabiefifd£)e^ Seben ! 33) banfe $ir, bafc ®u ntidf) fo lange glüdli3) fein liefteft, icW banfe 3)ir für bie Xreue unb bie järtlidfje Siebe, mit ber $u midfj beglüdteft !"

Unb fie füfcte it)n un^äfjlige SKale.

S)ann liefe fie ifjre Strme fallen unb brängte if>n oon fidf).

toar junt lebten SDtale. „Stlefo! S3etl)faba! 3efct umarmet ©udE )! 3$ toitt felgen, toie 3*)* ©udj umarmet! Stuf ber Stelle, fo lange ic§ nodf) lebe unb fefjen fann! SBenn 3*)* utidW liebt, toenn 3Wr tootft, idt) ©udf) für aufrichtig halte, toenn mein Segen ©udf) ettoaä gilt, fo umarmet ©udf)!"

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Unb über bie ©terbenbe hinüber legte ©iner beit 2lrm um bie Sdjulter beg SInbern.

,,©o! bag mar gut. 3e|t füffet (Sud) noch! Stuf bie Sippen! Sticht fo ; Qi)r habt ©uch ja !aum berührt. Sag mar ein falter Sufj. ©inen echten!"

Unb ihre beiben £änbe auf if»re Söpfe legenb, näherte fie biefetben einanber, fo bafj fidj it)re Sippen ju einem Suffe üereinigten, unb bie §änbe auf ifiren Häuptern ©egen über fie ergofjen.

Sann erhob fie ihr öerflä'rteg Stntti^ jum Fimmel, hob bie Sinne über ihr fpaupt empor, unb it»re beiben

£äitbe faitcnb, i)aud)te fie !aum fjörbar : „SDtutter .

ich fjabe Sich oor einer ©ünbe bemaijrt!"

XXXII.

glicht nur bie $uget triff bas ßet$.

Ser ©gar hielt eine aufjerorbentliche SReoue auf bem •Btargfelbe ab.

Sie gemöfynlidjen SJtufterungen fanben am 21. 3J?ai, bem Sage beg ©djuhpatron Stilolaug, unb am 20. ©ep= tember ftatt.

Siegmal aber galt eg eine aufjerorbentliche Sfteöue blog über bie ©arberegimenter. Siefe unterfdieiben ftd) öon ben anberen Sruppen. Sebeg Regiment ijat eine anbere Uniform. Sie Leiter ber Seibgarbe tragen meifje Uniformen mit golbglängenbem 93ruftfcf)ilbe. Sie Süraffiere ber Sei6= garbe lichtblaue Stöcfe mit meinem oerfilberten Sürafj. Sie Uniform beg Slegimenteg gerufalem ift farmoifinroth, mit öergolbetem ©d^itb. Sebe CXtjarge, öom Dfficier big herab gum Sorporal, ift SRitter beg ©t. Sohannig=Drbeng, felbft bie gemeinen ©olbaten finb alle öom Slbet.

Unb jebeg Äfegiment hat feine Vergangenheit, feine ®efd|ichte, beren eg fiel) laut rühmt, bie gleich einer Sra=

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81

bitiott auf bie Stadjfotger übergebt unb feinen Flamen nicht Berlöfdjen läßt.

®aS ^Regiment 8t. gohanneS Bon gerufatem würbe in jwei ©cßladjten fo in Stüde genauen, baß Bon einem SBataitton nicht mehr als adftjehn SRann übrig blieben.

®aS ^Regiment preobrajfenSfi f)ä(t Biel barauf, baß Sjar güan burcp il;n feines 2^roneS entfett würbe unb baß eS ©tifabeth an feine ©teile fegte, gebet, ber in biefem SRegimente war, befant einen StbelSbrief.

$aS ^Regiment gSmailoffSfi trägt bie Stoppen fieben entfdjeibenber ©flachten auf feinen gatjnen. Sei Sorobino blieb bie Hälfte ber Xruppen auf bem 8djladjt= fetbe unb fein einziger tarn ogne SEBunbe nach $aufe.

®iefe ^Regimenter bilben bie Slriftofratie ber Seibgarbe. 2tudj bie übrigen Seibgarbiften cparalterifirt bie bunte 2lb= Wechslung. fiußaren in Uniformen Bon ben oerfdjiebenften garben, Küraffiere, berittene ©renabiere, Pontoniere, Kofafen, bie Staaten ber Slfiaten mit ißten pßantaftifchen Sßaffen, bie Kirgifen, Kalmucfen mit ißren fcßlanfen ©pee= ren, ben pfeitbefdjwerten Ä'öcfjer auf bem iRüden, ®fdjer= teffen in ißren Ruppigen Rangern, mit ißren fpigen §et= men, unb bann bie lange Steiße ber Kanonen, bie SBägen mit Kriegsmaterial, fämmtlicß grün -gefärbt, bie Srücfen» jüge, bie auf Staber gefteHte glottitte unb alt’ baS auf einem unermeßlichen plag aufgeftetlt in Ouabraten, in geometrifcßen Steifen, bie ficf) auf Kontmanbo in Bewegung fegen, Boranftürmen, gleich einer SSanb fteßen bleiben Wie eine aRafcßine.

Kann fid) ber nicht mit einem gewiffen Sterte für einen ©ott hatten, auf beffen SBinf bieS SltteS fteßt unb fich bewegt? Unb nur eines jweiten SBinfeS bebarf eS, unb jie ftürmen Boran unb färben ben Soben mit ihrem Slut.

SBenn bie Seibgarbe fich über Petersburg ßinauSbeWegt, bebeutet bieS ben SRarfcßbeginn beS KriegSheereS! geber, bem eS gilt, fammle feine Kräfte!

gn ber SRitte beS SKarSptageS ^b bie prächtigen Sette aufgefdjlagen für ben ©jar, für bie auswärtigen

36fai: ftreifait. II. 6

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Sotfd&after uitb für bie 2Ritgtieber ber SRegierung ber ©gar fetbft aber reitet fein eigene^ Sßferb an ber ©pi|e feinet ©efotgeä unb läfct bie aufgefteüten Sruppen SReoue paffiren. 2Bie er fo an ben einzelnen ^Regimentern oorüber* reitet, rufen it)m biefe gange 33egrüfcung§üerfe entgegen, im Saft toie ber ©tjor eines SRiefenttjeaterS, bie Stinte, ben ©übet, bie Sange fteif in ifjren &änben fjattenb. SaS Slnttifc beS ©garen gtängt, feie ber fonnige Sag fetbft. Seber fief)t mieber ben Seidiger gelben in itjrn. Sie $e= geifterung beS £eereS Ijat fid) and) iljm mitgetfyeitt.

Unb unter ben SReifyen biefer auf ba£ S?ommanbo= toort präfentirenben ^Regimenter finb alte $ene, bie fic§ gegen itjn oerfcfjtooren fjaben. Sn ber ©äbettafdtje ber öfft^ eiere fann man ben ®atecf)i3muS beS freien 3Ren* fdE>en finben.

Stber baS eingige 833 ort „SormärtS" genügt, um ben I

©inn Sitter gu änbern. Sie oerfdjfoorenen ^Regimenter toer- |

ben bem Seinbe entgegenftürgen unb rufen : „@3 lebe ber j ©gar!" 333enn er it)nen ba§ ©df)tadjtfetb geigt, öergeffen fie 1 all iljre Sefdjtoerben unb plagen, üergeffen bafe fie i^n tobten toottten unb ftürmen in bie ©djtadfjt, um für iljn gu fterben.

©o ift baS ruffifdfje 33otf. Ser Srieb nadj Sr^eü oerftummt, menn eS ben Srieg gilt.

Unb ber arme ©olbat, ber fein 931ut auf frember ©rbe oergiefct, glaubt, bafc baoon bie 333iefen feiner §etntaf grünen toerben. Sie $open t)aben i^m eingebtäut : tt>er im fremben Sanbe oon Seittbe^tpaffen f)ingeftrecft toirb, bei: tüirb toieber auferfte^en im §eimatstanbe, too er ©Item, S33eib unb ®inb gteid) toieberfinbet, unb toer ein Sei b* eigener fear, toirb atS S*eie* auferftetjen.

SRadfj ber Srupbenreoue übernimmt ber ©gar fetbft baS Äommanbo. ©in gtängenbeS SRanöüer beginnt, gang nad) feinem eigenen $tan. ®S fottte nadf) ber ÄriegSttnffenfdjaft ber bamatigen ®pocf)e ein SReiftertoerl be$ ©ijftentS beir gefdfjtoffenen Slttaque toerben. Sie Souriere eiten mit Drbre# öon Sataitton gu Sataitton. Stuf itjren raffen Sßferbeu

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ftiirmen fie in allen SRidjtungen beg Weiten SKargfelbeg ein= I)er. Ser ©jar fel&ft erteilt 33efet)le unb übermalt mit fcem gernrofyr beten Slugfüljrung. ißtö$tid) fprengt ein 3lb= jutant an i£>n Ijeran unb bleibt oor i^nt ftetien.

„Sire!"

„SBag bringft ®u? Sag cg furj!"

Sie Kanonen beg geinbeg bonnerten gegen bie angrei» fenbe Kolonne.

„Sire!" jagte ber Dfficier „^erjogin Sophie 9 la= •rifdjfin bat in biefer Stunbe itire eble Seele ber ©wigteit übergeben."

Ser ©jar griff nach bem jperjen. Sort mar er ge= troffen ! *

Unb bodj Waren nid^t einmal Kugeln in ben Kanonen.

Ser Säbel in ber Stedjten entfan! feiner Jpanb mit ber Sinfen bebedte er bag Slntlifc.

„Sie Strafe für meine §r rtljümer," ftam» tnelte er fdjwanfenben Soneg.

Unb o orbei war eg mit bem glänjenben gelben uorbei mit bem Halbgott. Sin feiner Stelle fafj eine gebro= djene ©eftalt, ein ÜJlenf^, ben bag Sdjidfal tief jur ©rbe gebeugt.

2Jlögt itjr bag $urral) noch fo fdjmetternb erfdjatlen laffen, mögt it)r ben ©rbboben mit bem Strampfen eurer fdjladjtenntutljigen ißferbe erfdjüttern! bem güljrer würbe bie Seele genommen mit bem SBorte : „Sophie ift geftorben!"

SJliloraboöicg, ber ßt)ef beg ©eneralftabg, oerlangt Hßeifungen für bie Sortierung beg Krieggfpielg oon bem taiferlidjen Kommanbanten.

„SRuft fie jurüd!" fagte ber ©jar. „Sdjidt bie Gruppen in iljre Kafemen. eg ift Sttleg oorüber."

Samtt menbete' er fein ißferb unb ritt jurüd nadj bem 4}elte, bag £aupt tief gefenlt. Sie if)n jurüdfeljren fafjen, oermod)ten fein erbleichtes ©efid)t !aum wieber ju erfennen.

Sie Korpgfontmanbanten tonnten bann bie Sruppen nur mit SRülje augeinanbertöfen unb auf iljre ißläfce jurüd=

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füljren. @3 entftanb ein SRurren, ate märe eine ©djtadjt öerforen Worben.

$er ©gar erwartete nidjt einmal ben Stiicfmarfcf) ber Gruppen, bie fonft mit ihren pfeifen unb trommeln, mit ifjren ßfeorgefängen.an ifjm ooriiber jogen. (Sr überliefe ba3 ganje Saget bem ®rofefürften, Warf fid) in feine Xroila unb ließ fid) nacf) §aufe, in ben SBinterpataft fahren.

©r eilte hinauf in feinen Strbeitefalon. 2)a lagen auf bem lifdje tior ifjm ausgebreitet wichtige, bebeutfame ®ofu» mente, Wetterid)ütternbe, epodjentacfeenbe, SSölfer umgeftate tenbe grofee ©ntfdjtüffe. Stur ber Unterfdjrift darrten fie nodj.

$et E^ar Xiefs feinen Stitf traurig auf ifjnen rutjen. @r Ia§ barauä, aber nid)t ba3, ma§ mit S3ud)ftaben barauf gefdjrieben War, er laS nur ben Palimpsest, mit bem ba§ gatum bie Wofjtau§gebad)ten ißläne ber ÜJtenfdjen burd)= freujt.

Unb nun fafete er all bie ©djriften ba§ mütjfame SEBerf Dieter Städte in ein ©ünbet jufammen. Warf fie in ben $amin unb tiefe fie in Stemmen aufgefeen. $a3 Sttteä- fottte bie SRitgift ©opfeie Starifdjfinte fein.

©ie Würbe jur Stfdje.

®ann fe|te er fid) an ben Xifdj unb fdjrieb einen SBrief.

@r enthielt nur jwei SBorte.

„Somm jurüd."

Stuf ba8 S'ouoert be§ SöriefeS fam folgenbe Stbreffe : „Stn Strafteejeff. "

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XXXIII.

pie gtrnbe bes ^enbejtuws.

Sie finb ttmnberbar, biefe Sommernächte im ^o^en korben. Ser gtembe getoöhnt fid^ noch fehlerer an fie, atö an bie graufant falten langen Sßinternächte. Sie Slbenb* Töthe h^It faft bi§ SDtitternacht an unb nach SOtitternacht beginnt bereit# ba3 SRorgengrauen. @3 bauert emig lange 6i§ am lichten Fimmel bie erften Sterne erscheinen; unter ihnen bie gtänjenben Planeten Senuä unb Jupiter, bie am gelben girmamente brennen, toie Siamanten an ber Ober¬ fläche eine£ ©olbnteereä. Ser Sollmonb befd^reibt glanzlos feinen furzen Sogen, ein überflüffiger Seteuchtung3förper, nnb am ä)l afinf af eft h^rrt man ungebulbig ber halben Stunbe, ja ber ttnrtlich stacht ttrirb, um auf ben vier* Zig Unfein ber 9tetoa bie bereit gehaltenen geuertoerfäfpiele abzubrennen (benn am fyUtn Sage !ann man ja hoch feine Sftafeten fteigen taffen). 3fn ben Strafen non St. *ßeter§= Jburg zünbet man in ben Mächten biefe# 9Konat$ -nicht ein¬ mal bie Sampen an.

Sluch in ben ©emächern ber Sißa ®orpnthia'£ ift am 2lbenb be§ 20. guniua fein Sampenlicht nötpig. Ser £im- mel verbreitet noch um elf Uh* Stacht# Sicht genug unb ein toenig ^atbbunfet fchabet bem, movon heute hier ge¬ brochen toerben foH gerabe nicht.

Äorpnthia trat aufgeregten ©emüth§ tver meift §um tote Vielten SRate an biefem 5lbenbe h^nau§ auf bie Seranba. Sie läftt ben Slid über ben Spiegel be§ Sftiefen* ftromeS ba unten fdhtoeifen. Stucf) ber erglänzt je|t goibig unb gleichwie bie ruffifdhen |>eitigenbilber auf golbenem ©runbe gemalt finb, fo malt fic| auf biefem gotbenen Spiegel bie Stnfidht ber SBeltftabt mit ihren *ßalaftreihen, ber Sfaaftempel mit ber Säulenhalle feine# Some§, baä reichverzierte Sörfengebäube, bie Srüde ber heiÜQen einigfeit, bie jerftreuten ^ufetn, au3 beren bunfetgrünem Saub bie nach allen möglichen architeftonifchen Saunen ber

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SBelt erbauten Sanbßäufer ßertwrleudjten mit ißren blauen, grünen, rotten, bergolbeten unb cßinefifcß geformten ®a= <|ero, unb'jroifcßen biefen Unfein wimmelt eS bon ©äßnen, ©onbetn, SBarfen, ©anbotinen aller Sitten. SRancßc werben bon jWötf Ütuberern borwärtS getrieben, in anberen fi|t ein einfamer Iräumer bie eine gleitet mit 83lißeSf<ßnelle E)in, bie anbere überläßt fid^ bem Spiele ber SBellen bie ©Ziffer fingen 83 olf Stiebet baju.

3m Süßte ber ^Dämmerung erfcßeinen bie ©eftalten wie fcßwarje Silßouetten. ©orßntßia fragt fidE», weldje @on= bei. ißn woßl bringen mag ben fie erwartet weldje ift bie Silßouette feiner ©eftalt?

21 m längften bauert ber SSartenben bie teßte ßalbe ©tunbe.

©orßntßia leljrt bon bem 33alfon in ißr gimmer jurürf unb befielt fid^ nocßmatS im Spiegel. ®u bift fcßön, feßr fd^ön, fagt ißr ber Spiegel. ®iefer Weiße Slnpg gibt bir ein ganj EinblidEjeS SluSfeßen unb läßt bie runben URarmor» arme ganj bis jur Schulter feßen. $aS reiche blonbe .paar ift nicßt uufgeftecft, fonbern Wallt in jwei bidßten gleiten ßerab. ©einerlei Stßmucf, Slrmbanb ober Dßrgeßänge, bient jur ©rßößmtg beS fReigeS, ber fiegeSgcWiffe gedjter betritt oßne- Ißanjer unb .pctrn ben ©ampfptaß. ©elbft ber ©ßering feßtt an bem ginger, ©eßr fcßön bift bu, fagt ißr ber Spiegel. *•

Unb neben bem Spiegel ift, in einen großen ©olb= raßmen gefaßt, ein SÖitb. ®aS S9itb eines jungen üftäbcßenS in mßtßifcßen Scßäferfleibern. So fein unb jart wie ein Iraumbilb. ©S ift ein ©efcßenf beS EjarS, baS ©orpntßia bor einigen 3aßrei1 bon ißm erßatten. ©ietleicßt aßnte fte fcßön bamatS, baß eS fein tßßantafiegebilbe, fonbern baS ißorträt eines tebenben SSefenS ift. 3®, fie errietß oielleicßt audß, wen eS üorfteüt. Seit einigen Sagen weiß fie eS mit S3eftimmtßeit. Sic War mit ißr jufammengetroffen. ES ift baS Porträt Sopßie SRarifcßfin'S.

greiließ ßätte fie baS längft erfaßten fönnen bon S3etß= faba, bie ißorttät unb Original oft genug gefeßen, Wenn

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fie baS äftäbdhen gefragt hätte. 9lber bie grufifdje ®önigS= todjter, mar i|r and) bie Süge fremb, fonnte bod) recht gut fdhmeigett, unb ^atte fo triel armenifdheS 93tut in ben Slbern, um nicht ju antworten, menn fie nicht gefragt mürbe.

$aS iBilb im (Spiegel unb baS im Stammen ftanben atfo nebeneinanber. Unb beim S3ergleicf)e blieb baS lebenbe Sitb Sieger.

®u blaffet ®inb mit beinen träumerifdhen Singen, beinen Sippen, bie fid) mie pr ®lage öffnen, beinern jarten, nebelhaften Körper, mie miHft bu metteifern mit biefer ©öttergeftalt eines SßeibeS? 2BaS oermagft bu, melancholifdhe Xraumgeftalt einer anberen SEßelt, gegen biefeS irbifdlje Sßeib, beffen Schönheit ©luten ermedt unb töfd£)t, töbtet unb be= lebt, paft bu einen Stlefo, fo mäpll er baS gigeunermäb* df?en, unb baS bift nicht bu.

3ft er hoch felbft ein gigeuner; oagabunbirenb, aben* teuernb, ein *ßoet.

®orpnthia blidte feitmärtS auf itjre eigene Schulter, auf baS rofige ©rübchen ihrer Schulter unb fie muffte lachen.

S5ie $eit üerftrich langfam. Sie öffnete bie genfter beS gimmerS, melche nadh bent *ßarf gehen. $aS ©oncert ber 9iadhtigaÜen erfdjallte aus ben Süfcfjen. ©in Schmetterling baS 5Kadf)tpfauenauge fliegt jum offenen genfter herein, audh ber umflattert nur fie, er hält fie für bie Slurne, nidht jenes Porträt bort. ®ann !am ein aitberer Sftacht* falter, ber fich hon ben anberen Schmetterlingen baburdh unterfdheibet, ba§ er %öne üon fidh gibt, ©in unangenehm flagenbeS unb pfeifenbeS ©efumme. Sein -Karne ift „Sphinx Atropos. a SBarurn h&* man ihm ben -Kamen ber $ar je gegeben, bie ben SebenSfaben entjmeifchneibet? SBeil fein Sftüden unb ®opf baS ooßftänbige Stbbilb eines XobtenfopfeS bilben. pfd)! meg hon hie* öerfcheudjte bie 2)ame ben ab= fdheulidhen gatter. 2)er aber fanb feinen $la£, er flog hinüber auf baS Porträt unb fi|t bort in einem Sßhtfel beS StahmenS.

©nbtidh fängt eS bodf) ein menig $u bunfetn an. ©inige ungebutbige geuermerfer taffen bie 9ta!eten aus ben Suft=

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gärten ber gnfeln auffteigen, auf ber ®remtoom!er Snfrf günbet man fcfjon bie bengalifchen geuer an.

Sftun freilid^ ! §eute ift ber Sftarneitmtag Seneiben'm. 3h* gu Siebe t)aben bie £of!alenber neben bem heiligen 9Retf)ob einen $tafc für i|ren Flamen aumfinbig gemacht. §eute gibt em ein großartigem geft bet ihr. Unb vielleicht nodfj mam Slnberem. Sine Si^ung ber Szojus Blagodensz- toiga. Unter aßen möglichen Titeln unb Sormänben ^ätt biefer ®erein feine Serfammlung bei ber Sängerin.

9llm |>ergog ©hebimin fein §aum verließ, fagte er feiner grau, er märe gum ©garen berufen unb müffe bie gange •Kacht bort gubringeit in Serathung mistiger Staatmgefd)äfte. ®m ift alfo ungmeifelhaft, baß er bie gange Sftadjt bei geneiben in ihrer ®iüa gubringt, unb Sortjntfyia i\at nicht gu fürd^ ten, baß fie geftört mirb : 2Bie ®u mir, fo ich ®ir.

©r fönnte maljrtich auch fd£)on tommen, ber fo unge* bulbig ©rmartete.

®enn f obalb bam geuermert auf ben gnfeln beginnt, finbet em feine Semunberer an ben ®ienftboten unb SBädj* tern, bie noch mach finb. s2luf bie gef drängelten SBege bem hartem ad^tet Sftiemanb. ®am große Saf abartige U^r= mert fchlägt fdtjon eilf, alle Siertelftunben läuten vier ©locfen bam Carillon. 5ltm ber le^te ©lodenfchlag Vertlungen mar, fdjien em if)r, alm tnarrte ber Sanb bem ©artenm unter nat)enben Stritten. SSer tonnte em anberm fein? ®em ©bei* rnannem Schritte taffen fich leidet von benen bem Söiufd^i! unterfdjeiben.

So ift em.

®er SKahenbe blieb vor ber ®f)ür ber ©artenveranba fteljen unb öffnete biefe mit bem Sdjtüffel. ®ann fünbeten auf ber inneren Schnectentreppe t)inaufeilenbe dritte feine Slntunft an.

^or^ntf)ia berechnete bie Situation, in meldfjer fie fich überrafdfjen laffen moHte: fyalb an'm genfter gelernt, bam ©efidjt auf bie flache £>anb geftü|t, eine träumerifdfje @e* ftalt, bie fo fe^r verfunten ift in bam ©oncert ber SRach5 tigaßen, baß fie nicht bemerft, mie fich i^r Semanb naht,

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fid) übet fxe neigt, unb auf iEjre reijenbe @(fjutter einen garten Suß ^auc^t.

®ie ®ame that, al§ ob fie aufgefchredt toorben toäre. Unb mit tädjetnbem Sorne tnanbte fie fid) gegen ben ®uß= bieb : „Sllf, fo fpät!"

216er at§ fie ifjn erbliche, fcfiraf fie in ber 2£)at ju= fantmen; ei toar fein Änßbieb, er nahm btoä ba§ ©einige, mogu er berechtigt mar. ©3 mar ber ©atte: gürft © fjebimin.

SorgntEjia frug ftotternb : ,,©o früh famen ©ie nach §aufe?"

„Soeben fagten ©ie, baff ich fpät gefommen märe."

„3<h fbrach halb im ©raume; ich mußte nicht, maS ich rebe- 2Bo finb ©ie heteingefontmen?"

„93ei ber ©artenoeranba. ©ie miffen ja, baß ich ben fleinen ©dhtüffel bei mir trage."

Se|t fiel Äortptthia ein, baß auch er in biefem Slugen* btide fommen fann, bem fie bas EjSaar biefeS SdjlüffetS gegeben jener Shtbere!

„fjaben ©ie bie ©ßüre gugefperrt?"

„Stein! benn in fünf SJiinuten entferne ich mid) mieber."

„SIber icf) bitte : fchtießen ©ie bie ©fjüre, unb taffen ©ie ben ©djtüffet Oon gmten im ©chloffe fteden. ©ie miffen, baß ich mich 0or Sieben fürchte."

,,©ut, ich gehe gurüd unb merbe gufperren."

SBährenb feiner firrgen Slbmefenheit hüllte fich Sorpntljia in einen großen ©harnt; fie brauchte ihm nicht oorgulügen, baß fie friere: fie bebte in ber ©hat Uor Satte.

©er gürft fam gurüd.

„3ch muß 3hnen in (Site mittt)eilen, baß ich Oom ©garen fomme."

„Sltfo nidht Oon ber ©oiree beS gräuteinS geneiba?"

„Stein, meine ©heute ! ich fomme üom ©garen unb ber ©garin.''

„Sch muß ei glauben."

„@ie merben ei gemiß glauben, menn ich 3hnen ergahte, maS ich gefehen habe."

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„Sangen ©ie an.''

Äorpnthia blieb bei bern genfter, unt jenen Slnbero, Wenn fie ihn fornmen hört, burch tauteS ©ajwifchenreben funbjuthun, bafe fie nicht aßein fei.

„©eine SRajeftät f)at mich feit jWei lagen Wiebertjott ju fid) befohlen, mit mir uerfchiebene Staatsangelegenheiten ju ertebigen; bocf) jebeSmat w&r ef entweber in fein 3intmer eingefd£)toffen unb tiefe mich nicht Oor, ober Wenn er mich nach EäarSfoje=3rto befteßte, !am er fetbft nicht hin, fonbern ging in bie Eremitage. £eute 2lbenb Würbe ich nach 2Rom ptaifir berufen. 9tße 3imnter beS $atafteS burchfdfjritt ich bie ffireuj unb bie Ouere, bis ich *hn enbtich auf ber oberen SSeranba fanb in ber ©efeflfchaft ber Ejarin. dreimal, biermat griifete ich ben E§aren; hoch er nahm gar feine 9ioti§ bon mir. ®ie Ejarin Winfte mir, ju bteiben unb ju Warten. 2)er Ejar ftanb bort, an bie marmorne ©ruft' Wehr gelehnt, unbeweglich wie eine ©tatue unb fein ftarrer aSIicf fdfjweifte über ben Spiegel ber SKeWa. 2)ie Ejarin prüfte eben fo gefpannt, faft furchtfam, ben ©lief ihres ©atten. |mnberte bon Zähnen glitten auf bem SBaffer* fpieget bahin, im 3 icfäad, fi<h freugenb, Wie bie 2Baffer= fpinnen. $tö$tich Wirb eine gröfeere Sarfe fid£)tbar, welche bon acht SRuberern im tangfamen $empo ftromabwärts ge= fahren wirb. ®ie 93arfe War mittetft auf ©taugen befeftigter ßampionS beleuchtet, unb in ber UJtitte ftanb ein ©arg, mit hellblauem 2lttaS überzogen. 3m geöffneten ©arge tag eine Weibliche ©eftatt, in weifeem ©terbefteibe, einen SRprthem franj auf bem Raupte : ein junges SRäbd^en. Saneben ftanben bie Kantoren unb fangen ihren Xobtenpfatm, ber bis jum E^aren hiaaufftang :

„O, fürcbt’ ben 9florgen, Erbenfpfjn !

©taub wirft 2)u, wenn ber Xoi SDicf) ruft.

- fieut’ tac*)enfy morgen weinenb fd)on

Serftummeft 2)u in ftitter ©ruft."

ES war bieS ein ßeichenfonbuct auf ber Sftetoa. 3)er Irauerbarfe folgte feinertei gahrgeug. fte ben 3Ron*

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ptaifir paffirte, fonntc man auf bem fßeclet, ber neben bem ©arge tag, beuttid) tefeu ben mit gotbenen Slägetn au§= gefdjtagenen fttamen : SOPHIE NARISCHKIN. 3e|t mirb gut fein ben ©ßamt jufammenjujief)en, SRabame! 9tid)t toafir, ift latt?"

$er gürft fjatte leine Afjnung tion ber Sßirlung fei« ner 28 orte. @r faß aud) jeßt nodj, mgS ficf) feinem ®ebärfjt= niß eingeprägt, unb nidjt baS, ma§ tior ifjm ftanb.

®r fußt atfo fort :

„2)ie menfd)ticße ©pracße fiat lein Sßort jur Seje ify nung be§ ©djmerjeS, metdjer in biefem Augenbtide auf bem Antliße beS ©jaren ausgeprägt mar. ©eine Augen gtüßten, feine Sippen bebten, feine Augenbrauen judten. ©r preßte feine ffäufte jufammen, unb mäßrenb feine Augen bem ba= ijin gteitenben ©arge folgten; begann in benfetben ein gigantifcßer ®ampf gegen bie ©ottßeit. 3 cf) faß fcßon üiet Seib in meinem Seben, bocß fo ßabe icf) nocf) leinen 3Jlen= fcßen bemitteibet, als biefen ©inen! ©r burfte ficf) nicßt tierratßen, benn bie ©jarin ftanb ifjnt jur ©eite. Aucf) fie prüfte fein ©eficßt mit großer Aufmerlfamleit. ffßtö^licf) ftürjte fie ßin ju ißm, ergriff feine £>anb unb rief : „2B a= rum meinenSie nicßt? SSarum Ratten ©ie 3ßre Xßränen jurüd? ©S ift ja 3ß*e !£ocßter, bie man bort ju ©rabe »geleitet!" Unb um feinen Xßränenquell ju öffnen, marf fie ficß an bie ©ruft beS ©jaren unb begann felbft ju meinen. Unb barauf ftürjte ber große, atlmäcßtige äJlenfcß, tior bem SJtiüionen erjittern, .ju ©taub jermalmt, ber tiertaffenen, tieracßteten ©attin ju güßen, umarmte ißre Sinke, begann ju fcßlucßjen, unb fiißte baS $teib jener ffrau, bie ißm feine frönen mieber» gab. Ad), eS mar eine ©eene, mie fie meinem ©ebäcßtniße nie entfeßminben mirb. $>ie getrennten ©atten mürben bureß bie glut biefer feßreeflidjen Xßränen mieber tiereinigt, fie ßatten ficß miebergefunben, fie nannten fidß „@nget" unb „einjig" unb neigten fiel) tiom ©atlone ßinauS, bem ficß entfernenben ©arge ein Sebemoßl juminlenb ! Üßränen fül= ten meine Augen, menn icß baran benle."

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Der Fürft tf)at moßt barem, ^u meinen. Eine§ üon Seiben mußte ja über ba§ ©efeßeßene meinen.

„$amt briiefte ber Ejar bie $an b auf fein |>er§, unb preßte biefe SBorte ßertmr : „Unb fftiemanb begleitet biefen ©arg!" Sn ber $ßat, ein bittereg SBort! golgt ja fetbft berjBeieße beg Settterg ein anberer Settier, ber ißu be* trauert. Unb fie ßat SRiemanben! J£)a fam mir ein ©ebanfe. Scß eilte ju meiner ©onbet unb bann §u Sßnen. 8<ß Wn beg E^aren erfter SRatßgeber, unb ©ie finb ja eine gürftin Siarifeßfin. 2Bie, memt mir nun auf teießtbefeßmingter ©on~ bet bie Xrauerbarfe ©opßie Sftarifcßfin'g einßoten unb fie atg Xrauergefotge big §ur Familiengruft begleiten mödß* ten? 333ag glauben ©ie?"

2)oeß biefe „Stnbere" ßatte nießt bag §erj, beg ebetn Sftamteg Siebte §u ergreifen, ißren Sßränen freien fiauf $u gemäßen, unb ju ißm §u fagen : „©eßen mir, ©opßie 9larifeßfin ift ja aueß meine £obte!" Sftein! biefeg SBeib befaß meßr ©eetenftärfe, atg ber Ejar. Sßr meibtidßer ©tolg befiegte ben tßierifeßen $rieb (benn bag ift ja bag SDluttergefütjI) unb tonnte fatt unb rußig entgegnen :

„SBoßin benfen ©ie? SSomit fömtten mir unfer unbe* rufeneg ©eleite üor ber SBelt reeßtfertigen? $ann ift eg aueß feßoit §u tyät; big icß mieß in Trauer fleibe, fäßrt bie Sarfe fo meit, baß mir fieonidßt meßr einßoten tonnen. Unb bann, mag fümmert mieß ©opßie Sftarifeßfin?"

$ieg SBort tonnte fie augfpreeßen ! biefer fürdßter= ließen ©tunbe augtyreeßen ! D, mie Stecßt ßatte jener rnogfo- mitifeße ©eteßrte : eine entartete Äa^e ! ®enn bie edßte ®a£e bemeint ißr Sungeg.

„SBag geßt mieß ©opßie Sftarifeßfin an?"

Fürft ©ßebimin juefte bie Stcßfet. Er naßrn fein ©adt- tuet) ßerfcor unb fdßneujte fieß. Eg ift boeß mirftieß nießt ber SRüße mertß, über ben ©eßmerj eineg Stnbern bie ei= gene Sftafe rotß merben §u taffen!

„Sftun, ba eg ©ie nießt fümmert, reben mir nießtg meßr baoon. 2)odß nodß eine anbere ©adße ßat mieß ßerge* fiißrt, bie ©ie meüeicßt boeß ein menig fümmert. 2ttg ieß

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in bie ©onbel ftieg, übergab mir mein Steuermann einen Brief mit bet Slufftrift : „Setjr briugenb." Ser Brief war üon 8ltej:anber Sergiewitft fßufttin."

„fßufd^fin?" frug in pdifter Stufregung bie Same.

„Sa, oon fßuftfin. Unb ba ber Snfjatt beS Briefes fo wunbertit ift, ba| it itjn mit meinem Berftanbe nüf)t ju begreifen öermag, eilte id) ju St)uen, Sie ju bitten, mir bieS 1R8tf)fet ju töfen."

Äorqntfjia füllte, wie firf) ber Boben unter it)ren güfjen Ijob.

„fßuftfin?" ftammette fie. „SßaS fönnte id) öon fßuft^tin’S fRätbfetn wiffen?"

㤚ren Sie nur, id) werbe Seinen ben Brief oortefen."

Unb um beffer ju feiert, trat fegt ber gürft an baS geöffnete genfter, wät)renb fid) Korpntfjia in ben Jpinter» grunb beS 3immerS jurücfjog, um im §atbbunfet if|ren erregten Btid befto beffer öerbergen ju fönnen.

„Sieber gwan 9Ra):imowitf<fj!" begann ber gürft ju tefen. „St fe^c mit genötigt, Sir reumütigen $erjenS ein ©eftänbnig ju tljun. St mifcbrautte baS ebte Ber= trauen, mit wettern Su mir baS Heiligtum Seines Kaufes geöffnet §aft. SKitt ats ©ntftutbigung, fonbern ats Ur= fadje erwähne it meiner Seibenftaft, welche ftärfer War, ats bie Sichtung, Wette it ®it ftulbete. St tjabe baS ttjeuerfte, forgfältigft gehütete Äteinob Sei» neS Kaufes geftotftenl"

(„Sft biefer SRettft Watjnfinnig?" batte Äorpntia.)

„StBenn Su für biefe Beteibigung SKeüante nehmen wittft, fo bin it su jeber gewünftten ©enugtljuung bereit. Sn finbeft mit in meiner SanbWofjnung ju fßetfow. Sein ergebener fßuftfin."

Sie Same ftaunte.

Sie aljnte not »it* 9anäe ®*öfce beS BerratljeS.

„9tun? atfo?" Ser gürft erwartet bie ©rftärung.

Ser befte fßnnjer ift bie Sattbtütigfeit, unb bie befte SEBaffe baS Seugnen.

®orgntf)ia ftüttette tr §aupt unb fagte :

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„9lber Wa§ ge£)t mich ©err $uf<hfin an? SEÖic fomme ich ju feinen 9tätt)fetn?"

„Setbftöerftänbtidh flimmern Sie bte Sftätfjfet unfereS greunbe? Sflejanber ißufcfjfin nicht, ich wünfcf)te eS auch nicht. 2)och war biefem ©riefe ein anberer teigefdjfoffen, auf beffen 2tu|enfeite, wie fcheint, mit grauenfchrift 3hre Stbreffe getrieben ift : „$er gürftin Sor^nt^ia SHejiewna SCßaria ©hebintin." Sßahrfdheintidh bitbet biefer ©rief bie ßöfung beä SRäthfete. $e§halb bitte ich, ihn ju erbrechen unb mir feinen Inhalt mitjuttjeiten, wenn Sie nicht für nöthig erachten, ihn mir ju tierheimtidhen."

3efct war bie SReihe an ber gürftin, jum genfter ju treten,' um ju fehen. So wie fie ben ©rief in bie ©anb nahm, rief fie überrafdjt: „3)a§ ift ©etf)faba’§ Schrift!"

„Sie fennen ihre Schrift? Igdh ha&e fte nie gefeljen."

Storpnthia rifj ben ©rief auf, unb Währenb fie ihn burchtief, bebecfte gtammenröthe ihr ÜIntli|. 3tt§ fie bamit fertig War, jerbrüdte fie ben ©rief in ihrer ©anb, unb jdhrie hhfterifch auftadhenb :

„Jpahaha! er hot ©ethfaba entführt unb fi<h mit ihr trauen taffen!"

gwan Sßapmowitfdh betrachtete bie Sache at§ einen gelungenen Sdherj; er hatte SlergereS gefürchtet, gef^t freute er fidh, bah ,,bfo§" ©ethfaba entführt würbe, bie fdhon bem ®atharinenftofter üerfprochen War. ®a§ Sluftadhen feiner grau führte ihn noch mehr irre, unb er glaubte, mit einftimmen ju müffen. ©atte et aber foeben mit feinem SBeinen nur einen halben Gsrfotg errungen, fo erlitt er mit bem Sachen eine öottftänbige Schlappe. ®ie gürftin fchteu= berte ben jufammengebrücften ©rief an feinen Stopf, unb ftürjte fidh einem gurienantli|e unb mit jufammen* gepreßten 3ähnet? tüie eine SRänabe auf ihu.

„®a§ war ©uer SBert, ©tenbe! $>a§ habt 3fhr jufam= men auSgebacpt!"

;,2Ber?" früg ber gürft ftaunenb.

„2>u! Unb $eine ©etiebte, jene ©ege aus ©nbor! ghr habt ba§ 3te| gefponnen, in Wettern 3hr

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biefeg äRäbdfeen für ^ufdjftn finget. 3fer t»a£>t biefen in ©ift getauften SDolcfe gefcfetiffen!"

„SRabame! icfe begreife nicfet, »Darum ©ie bag Set» feältnife fßufdjfin'g gu Setfefaba 5)itarianoff fo fefer in S53utt( oerfefet?"

Äorpntfeia- fafe ein, bafe fie ficf» burcfe ifere Seiben» fcfeaftlidifeit faft jutn ©elbftoerratfee feinretfeen liefe. SRufeig fprad] fie nun :

„Sie begreifen eg nicfet? öier ift ni<fet twn ßiebeg» feänbeln bie »Rebe, fonbern Dom SSerratije ! SBag fümmert eg midi, »nenn eine faufafifcfee ißrinjeffin mit meinem testen SReitfnecfete burcfegefet? Slud) ber War für fie gu gut! Stber Wiffen ©ie, Warum fßufcfefin biefeg äRäbcfeen feeiratfeet? Um bie ©efeeintniffe beg ©garen gu erfahren, welche er feiner SWcfeter mittfeeitte, bie biefe iferer greunbin Setfefaba wieber fagte; jefet werben biefe .©efeeintniffe burdj Sufdfefin gur ®enntnife ber geinbe beg ©garen gelangen ! 5)aburcfe ter= nieten ©ie fid» .felbft, wenn ©ie beg ©garen Slnfeänger finb; ober ben ©garen, Wenn ©ie gegen ifen oerfcfeworen finb. Unb bag feabet Sfer gwei getfean!"

gürft ©feebimin ftanb wie oerfteinert ba. $ag SBeib triumpfeirte. Sfere SBorte trugen fo fefer ben Stempel bet Sßaferfeeit, bafe an eine Sertfeeibigung gar nicfet gu benfen War.

„3“/ 3fer Wäret Sitte einüerftanben!" fufer bie grau Wütfeenb fort, „gfer benähtet bie ®ranffeeit eineg armen äJläbdjeng, um Wir bag anbere SRäbcfeen gu entloden. Um micfe gu $aufe gu featten, unb gu üerfeinbern, bag meiner Dbfeut anüertraute Sinb gu beaufficfetigen, fcfeidtet Sfer ißüfcfefin mit einem ©ebicfete gu wir, unb anftatt ficfe bie Slntwort gu feolen entführte ber geige öon ber Safere einer lobten feinweg ein tfeöricfeteg, tfnöerminfttgeg 3Räb= cfeen. Sfui über folcfee 2Jienfdfeen ! ©o öiet »Betrug, SBortbrucfe, Serratfe! 3fer feib einanber Wertfe :_Äomöbianten unb Somö= biantinnen! §inaug aug meinem ßiwmer! SWrtiftgfer fßlafe bei ben Orgien ber fßferfene!"

SBenn grauen fcfemäfeen, bleibt bem -ffltann ber Ser»

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ftonb ftetjen. @1 tnfjrnt bie Xenffraft. Sfilrft ©fjebimin war ein fluger unb guter äJtann, unb an biefer ©ünbe (bie gar feine ©ünbe ift) io unfdjutbig wie ein ®inb. Xennocf) fant er fiep nad) b'iefen 23 orten wie ein über» führtet SRiffettjäter üor, ber bie größte, nie p füfinenbe ffreüettfjat mit ber fätteften 93ered)nung üoßfüfirte; jo baß er gtüeftidfj War, at! er fein §au! üertaffen unb p [einer ©ottbel jjjrücffefiren fonnte.

3Bir fönnen aber mit ©ic^erfjeit behauptete, baß er nicfjt wußte, Wer @opt)ie ßtarifdjfin’l SRutter war.

Xodj Sorpntt)ia glaubte il)m nid)t. ©ie ^ielt biejen ganzen Stuftritt für eine üorfä|tictje, wof)tbered)nete Dual. Xa! @rf(ßetnen bei ©atten in ber ©tunbe bei ©teflbicti» ein!, all er auf ißr üor £iebe!fcf)macf)ten gtüfjenbel $erj perft bie ©i! tropfen ber Segräbnißfcene unb bann bal ©ift ber Xreutofigfeit bei angebeteten Süngtingl träufelte!

Unb bal flüchtige ©ift töbtet innen unb außen.

Sttl ©ßebimin ficf) entfernte, faltete $orpntf)ia itjre beiben 4?äribe über ifjrem Raupte jufammen, Warf ficf) mit bem ©efidjte pr ©rbe unb fefßucßjte fcf)merj^aft.

Xamt, all fie ßtiemanb auffiob, fniete fie nieber, Wäfjrenb if)re_3öpfe gteicf) ©cfßangen auf .if>re SBruft herab» fielen. Unb it>re öanb mit ben pm ©4wure geöffneten brei Ringern gen |)immel erfjebenb, fernste fie mit grau* famer 2Butf) :

„D, Wenn icf) Xir biefe bittere ©tunbe nur jematl üergelten fönnte !"

3^re Sippen öffneten ficf), unb man fonnte bal ffinir* fdjen ifpcer aufeinanber gepreßten fjören.

©ie badfte etwal. 3$re klugen fprüfßen barob gunfen.

@ie ftanb auf. Sfjren ^errtidjen, weißen Strm ent» btößte fie bil jur ©pultet.

Xann brücfte fie bie runbe biefe SKulfet in ber SRitte bei Oberarme! pnfetjen ihre 3ä^ne unb biß hinein, baß bal ©tut barau! ßertorquoH.

Unb biefe! S3Iut pg fie mit ihrem SRunbe auf.

Xer ruffifefje SBotflabergtaube meint, Wer ber @rfül=

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lung feineg Sludjeg fidler fein miH, muß, nadjbem er ißn auggefprocf)en, t)on feinem eigenen ©tute trinlen. -

®er ®obtenIopffdf)metterling in ber ©de beg ©aßmeng Wagte toie eine berbammte Seele. -

XXXIV.

Pas jerßMte ^erj.

3eneiba beging ßeute brei Urauerfefte. ®ag erfte ift bag ©egräbniß Soptjieng, bag jmeite bie Trauung ©ufdjtin’g, bag britte ißr eigene^ Jlamengfeft.

®er lefctc Sßunfdj Sophiens mar, bnfj bie ®rauung bem ©egräbniffe »orangene.

Sfjre Seele, bie fidj jum ,‘pimmel ergebt, mitt bie ©tüdfetigfeit 3b>eier, bie fie fo feßr liebt, nodf) fetjen unb Ijörett.

9tadj ruffifdjer ©epftogenl)eit mirb ber ©arg erft am ©rabe mit bem ®edel gefdßtoffen, entblößten Stnttifceg mirb ber SEBanberer in bag Qenfeitg big, jur ©ruft gebraut.

„Sttad)’ ®eine (Zeremonie furj!" fagte 3«neiba ju bem ©open.

®er ©atriard) öon Solometfcßt, beffen güße ruffifdßen ©erftanb genug Ratten, um für ben heutigen Sag an un= überminblidjern Stßeuma ju leiben, ßatte an feiner Statt einen ©open gefdjidt ffllöge man biefem ben ©art abfd^nei= ben, menn bie Sadje fdjief gellt, unb nidjt iljm. ®enn menn ein ©ope ein flüchtig gemorbeneg ©rautpaar unoor= fidßtigermeife traut, ift bie §eiratl) jmar giltig, aber ber ©art beä ©open mirb abgefdffnitten, uftb iljn fetbft ftedt man unter bie Solbaten.

SSäßrenb ber ®rauung ließ man, mie’g ©raucß in SRußtanb ift, jrnei ®auben frei über bie Äöpfe beg ©raut= 3«!ai : greift. U. 7

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paareS ljinmegfliegen. Sie jmei Säubert flatterten eine Seit lang um bie SBeranba, bann aber liefjen fie fid) auf bem Satafalf p Raupten ber Sobten nieber, ba, mo ba§ utn= ftorte ©ructfij ftanb, bie eine auf bie rechte Seite be§ SreujeS, bie anbere auf feine linfe Seite, bort über bem Raupte beS „SDtärtijrerS ber Siebe" lüfjten fie fid» mäljrenb ber ganzen Zeremonie.

Sie fdjöne lobte mar pfrieben mit ber Srauung. Stiles mar fo gefdjeljen, mie fie angeorbnet, S3et§faba trug ba§ rofafarbene Steib unb i£)r |>auf)t gierte ba£ ißlatinabiabem.

„Sa§ märe öprüber," fagte geneiba. „9tun folgt baS SBeitere rafd) ! rafcf)!"

'-öetljfaba muffte ben rofafarbenen 9tod oblegen unb ben fdjmarjen anjieljen pr 6inmeil)ungSceremonie für bie Sobte. geneiba Ijalf il;r beim Antteiben, fßufdjfin blieb braunen.

Setljfnba meinte fort unb fort, ob fie bas rotlje ober fdgoarje Stleib anfatj.

geneiba aber üerrietb) Ijeute {einerlei §ang pr Senti= mentatität. Sljre Stumpfheit ging bis pm. ßgniSntuS.

„Aber nidjt ma£)r?" fagte ©etljfaba, il>r Schlucken unterbrfidenb, „in jener Söett merben mir Sofien mieber- feljen?"

„pa! ja!" brummte geneiba. „Unb melier tion @ud) mirb bann fßufd)ltn bort gehören?"

Sarin liegt’S.

Set^faba erftaunte. gf)re großen Augen blieben auf geneiben tjaften.

„Unb menn er Seiner üon ©udj gehört?" fpradj geneiba, if)re ftarfen Augenbrauen pfammenjie^enb. „Ober glaubft Su, eS merbe audj im QenfeitS ein grofjeS 9tufj= lanb geben, ba§ ein Keines ginnlanb unter feinen güfen Ijält, bamit eS bann audj im genfeitS einen Starren gibt, ber, um einem Anbern baS ißarabieS ju öffnen, felbft jur §ölle gef)t?"

Siefer AuSbrud) enthüllte geneibenS ®el)eimnifs oor Set^faba.

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Starr oor Staunen ftammelte fie :

„Su Ijaft if)n audj geliebt?"

„grage nidjt barnadj ! greue Sief), bafj er Sein ift unb Wünfdje Sid) nidjt in’g QenfeitS hinüber mit ifjnt. SBeftrebe Sief), it)n für Sief) ju bemalten in biefer SBelt."

„Slucf) Su fjaft if)n geliebt?" wieberf)olte ©etljfaba traurig.

„Sa Su eg erraten, jiefie -Jtufcen baraug!" fagte fefyeinbar affectirt 3ene'ba. „3e$t Weifjt Su minbefteng, öor Wem Su it>n ju fjüten Ijaft. Sei bebacf)t barauf, bafc er nidjt in meine Sftäfje fommt. gefct fjaft Su bocf) erfannt, wer idj bin. gcfj fjabe meine greub& bathn, (hatten ju »erführen, ©attinnen frönen ju oerurfacfien. Seine ©atf)e fjatte 9te^t. gclj bin ber Teufel, ©ring deinen Stlefo ja nid^t na cf) Petersburg juriicf !"

©etf)faba warf fiel) an ßeneibeng ©ruft unb umarmte ifjre Schultern.

„®g ift niefft wafjr! nidjt Wafjr! niefjt Wafjr! SDiidj betrügft Su nicf)t. Sage mir, Warum Su mir fßufdjftn'g fjerj gegeben Ijaft, wenn Su eg felbft für Sidj fjätteft bemalten fönnen? ©g muff Wag ©rojjeg fein, bag Sicfj baju bewogen t)at. ©ntbeefe eg mir, er ift jejjt fef)on mein Satte. 3dj muß Stileg über itju Wiffen. Selbft bag baff er midj üieHeidjt nidjt liebt."

3eneiba bfidte je$t bereitg mit fanftem Sätteln fjerab auf bie ©raut (in biefetn Srauergewanbe) unb bann jog fie bag junge 2Käbef)en mit einer Umarmung an iljr $erj.

„Sllfo Su tjältft miefj niefjt für fo fc^lec£)t, um Sei= nen SDtann oor mir fjüten ju müfjen? Pun bann, icf> will Sir fagen, oor wem Su itjn tjüten mußt! ©g gibt eine Wunberfefjöne grau, reijooHer alg Sille, bie Su jemalg gefefjen Ijaft, oerfüfjrerifef), betäubenb unb unerfättlicf). gljr 9lame ift „©leutljeria". Sie entführt ben ©räutigam feiner ©raut, neben ber er am Stltare fteljt, fie entführt ben gamilienoater aug bem Greife feiner Sieben, unb Wen fie einmal angetodt, ben f)att fie feft big jum lebten ©lutg= tropfen feineg §erjeng; jeber ©ebanle, ben er benft, gehört

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ihr. $iefe fdjredtiche grau ift ®eine -iRebenbuhterin. |>üte deinen hatten, bafe er fidj nicht an fie erinnere, benn er ift öerliebt in fie."

„(£(eutf)eria, baS Reifst fotciel alg greiheit?"

„Sie habet int SÖtännerbtute baöon ift fie fo fchön. SttS ©efehenf nimmt fie nur §e!atomben an, unb Don ben tpcrgen unb SÖtenfchen Wählt fie nur jene, bie $>emant= unb ©otbegwerth ^aben. ©ine grau, ber ein foldjer ®emant ju eigen geworben, hüte itjn wohl. Sein ßüftling, fein Xrunfenbolb ober Spieler folgt bem ßodrufe fo leitet, wie ber, ben ©teutfjeria einmal ju ihrem Sflaoen gemalt. Sie ruft;, „SDtein $>ienft brauet SDtänner» föpfe", unb Xaufenbe unb aber Xaufenbe ihrer Anbeter antworten ihr: „§ier ift ber SDteinige, nimm ihn!" $ab acht, bafe ißufdhfin nicht unter ihnen fei!"

Söethfoba tiefe bie Strrne, bie 3eneiben3 ©eftalt um= fangen halten, über beren gangen Körper gleiten, bis fie ihre föniee umarmten.

„0 ®u unerreichbar Zeitige, bie fein §erg gurüd- gewiefen, um fein fjaupt gu hüten! Sprich, rathe mir, wie ich anfangen fofl, bag gu thun, Wa§ ®u mir empfohlen? @3 ift fo fcfewer! SBie fofl eS gefchehen, bafe gut gefdjehe?"

ßeneiba hob bie Heine ©raut gu fi<h empor unb bann begann fie ihr ftüfternb gu rathen, Wie eg erfahrene grauen mit jungen grauen gu thun pflegen.

„Sei ihm in Slflem gu SBitlen! SBiberfpridj ihm nicht! SSenn er be§ $age§ über fiebenmat feine &nfidjt änbert, änbere bie Seinige mit ihm. ©rrathe, wa3 er benft, unb fomme feinem SBunfche gutwr. Äennft ®u nur einen feiner ©ebanten, fo fannft $u bie anberen üer= folgen. SBenn er fchtedjt gelaunt ift, quäle ihn nicht mit gragen nach ber Uriache! in fotdjen Stimmungen wirb bag tiebfte Stntlife unangenehm, ©rwibere feine Siebe mit ®einer gangen Seele unb oerfjeimlic^e ®ein ©tüd nicht, aber fchmeichle ihm nicht, benn baburdh wirft ®u ihm guWiber. Sei beftrebt, bafe er fich Wofel fühle in feinem

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ipeim. Sein §auS unb feine Umgebung fei reinlich unb ruhig, Su fetbft jeige Sich ftetS Reiter unb ^erjlid^, baS Äreifdjen Seiner Stimme laffe ihn nicht einmal gegenüber Seinem Siener lpren. 933en er gerne bei ftdj fieht, ben empfange auch Su freunblich; ^alte ihn nid)t jurüdf non feinen männlichen B^^uungen. grage ü)n nicht aus, toohin er gehe, looper er !omme! Unb befonberS berrathe feine ©iferfudjt! SBetcheS SBeib bermochte fte einem SRann gegenüber ju unterbrücfen, nicht ju fühlen, aber barum muß baS £e% ber Slbbofat SBacfje ha^, ber ihn rein toäfcht burch feine SSertheibigung, auch toemt ihn klugen unb 0hren auf lagen. begegne ihm nie mit ber* meinten Slugen. Stuf baS aber, toaS Su fetbft thuft, habe looht Steht. ©S ift nicht nöthig, baß Su bie SBilbe gegen frembe SJiänner fpielft unb Sich fortttmhrenb ju Seinem ©atten retteft, baS fann ihn nur lächerlich machen unb ihm Unannehmlichfeiten berurfachen, aber geftatte, fei eS als Spiet ober foeibtiche ©itelfeit, auch Sftiemanbem 93or* pge, bie Seines ©atten ©iferfudjt ertoerfen fönnten. 2Benn Sich etttmS brücft, fo fag eS ihm fanft unb fogteid); verhalte eS nicht, bis eS anmächft, bis er bie Setrübniß auf Seinem ©efichte tieft, unb fei leicht berföhntid). $n attebem aber bleibe Sir gleich, ununterbrochen, emig, benn eine fchtimme Stunbe, ein berhängnißbotter Slugenblid genügt, um ihm feine berlaffene ©etiebte, um ihm ©teu* theria in'S ©ebäd^tniß unb ihn toieber in ihre Strme ju rufen."

Sie 33raut horste biefen SBorten feie ber herligen Schrift.

„3<h toerbe ®ir behitfIidE> fein, ihn bafjeint unb bon ber SRüdfehr nadh Petersburg jurüdjuhatten. 3<h toerbe Sir Briefe fd^reiben; barin foirb ftehen, ber ©jar fei auf* gebracht barüber, baß Sfcner, ben er feiner Sochter atS Bräutigam beftimmt, fich am Sage beS SJegräbniffeS einer Slnbern bermäten fonnte. SSoht toirb baS nicht mahr fein, benn ich toerbe bem ©jaren Sophias Seftament mittheiten, unb er mirb fich bamit beruhigen, aber pufchfin muß ben*

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noch junt ©dfjeine glauben, baf$ er in Ungnabe gefallen fei; er barf ohne befonbere ©rlaubnift nicht nach 5ßeterS= bürg jurücffehren, unb mir merben feinen -Kamen aus bem ©rünen 93u<he löfchen, bafc er auch oon uns feine ©im labung ermatte. @r mag in Seinen Slrmen begraben liegen, bis ber Sag ber Stuferftehung naht, ober maS ich eher glaube ber Sag unfereS SegräbniffeS. SBenn SllleS oorüber ift, bann mögt ghr jurücffehren in bie SBelt. S3iS bahin miiffen mir ihn in bem ©lauben erhalten, bafj eS für ihn, Oon oben oerbannt, oon unten oerleugnet, feine anbere SBelt gibt, als feine Siebe unb feinen Dltjmp. Unb finb baS nicht §mei SBeiten jmei §imntel?"

Sßufdhfin trat ein.

,,©eib ghr noch nicht fertig?"

„Saft unS jufrieben ! ich bin eben baran, Seine grau ^u oerberben. geh ratlje ihr, mie fie Sich am beften im god) ^ält. SaS barfft Su nidfjt fyören.“

„üftüfct Sir nichts! in ber erften ©tunbe fagt fie mir Sittel mieber."

Sie Kantoren im ©terbejimmer begannen bereits ihren ©efang.

SaS mar eine längere ©erentonie, aber audf) biefe fanb ihr ©nbe. Ser ©eiftlidje nahm bie beiben SeudE)ter, unb inbem er fie über’S Sreuj fjielt, fprach er baS feg= nenbe SBort „mio vszemu, bann machte er mit bem SBeüjraudfjgefäfce breimal bie Slunbe um ben ©arg unb gab baS Pergament mit bem ©ünbenoer^eidEjnife, auf beffen ©nbe bie Slbfolution Ijingef Trieben mar, bem tobten ßinbe in bie $änbe, als einen *ßafc in'S genfeitS. Sarauf mür¬ ben bie Äerjen um ben Satafalf oerlöfcht.

Sie jtoei Sauben auf bem ©rucifije fügten fidj noch immer.

©ie trugen ben ©arg l)inauS auf bie mit Srauer- tüchern überzogene 93arfe. ©ämmtliche Slumen beS ©ar- tenS gaben if>m baS ©eleite, er mar überbecft mit Äränjen. Sie blauen, grünen unb rotten Samten leuchteten grell in ber Sömmerung. Sie Kantoren fangen ihre Sßfalmen meiter

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unb leifc Stuberfdjtcige gaben ben Saft ba^u. Sange fdfjau= ten bie 3urücf gebliebenen noef) ber fortfegelnben ©arte nadj, bi§ fie bie nädjfte grüne Snfet i^ren 2lugen öerbarg.

„®iefe märe abgereift!" fagte ßeneiba; fie meinte nidfjt. „gefct ift bie Steife an ©udf). ßtur fcfjnefl! ot )ne 9lbfdf>ieb; ba§ ift fo langmeilig. ©efjt, ne^ntt 6ud£)! f)dbe aud) nodE) ©äfte, luftige ©efeßfdjaft. 3$ eile. ©in genügt, 93etljfaba, bie anberen gib deinem Stlefo. ßtimm rafdE) mit $ir, ma§ ®ein ift!"

„Seiber nidjt gan^!" feufgte $ufdf)fin, ber ben gefjler ljatte, ba£, ma§ er badete, ni djt öerfdfjmeigen $u tonnen, „©in Iljeit fjat „3>ene" mitgenommen, bie bort Ijingeljt auf ber ©onbel, ein gmeite^ Xfieil nimmft S)u mit, biefem armen S'inbe bleibt nur ber 9teft."

„2)a3 ift nidfjt maljr!" fagte 3eneiba mit ftolj glan$enbem Slntlifee. „3)ie bem §immet ju eigen ift, tyat Xiefer iljr Xljeil an 3)ir übertaffen; 3»ene aber, bie t)ier geblieben, t)at ifjr in biefem 2lugenbticfe ba3 über¬ leben, ma§ fie fyätte befifcen fön neu. Set^faba meift ba§ OTeS gut. ®u bift itjr ©igen, gan$ unb gar. ©ott mit 2)ir!"

Unb fie reichte i^m bie §anb. $ie ©erbünbeten ber neuen ©pod£)e fügten fid^ niefjt jum ©rufje.

Unb at§ ^ßufdfjfin ifyr bie fmnb brüefte, flog ein greubenftratjl über ba§ ©eficf)t 3eneiben'§. $ie greimaurer traben ein 3ei$en, toomit fie einanber beim §änbebrucf antworten, $ufd£)fin fjatte ba§ 3eid(jen bieSmal nidfjt gegeben.

©r |atte feine frühere ©etiebte fd£)on oergeffen.

®er neuen, ber er el)eticf)e $reue gefroren, gehörte er ganj unb gar.

' @o l)atte auef) „fie" gemoßt; unb mit bem meinen ludfje minfte fie läcfjelnb ber baf)in gleitenben ©onbet, bie am jenfeitigen Ufer öon ber Jroifa ermartet mürbe. 9tur al§ fie jene niefü mef)r fef)en fonnte, t>erf)üßte fie ba£ ©eficfjt mit bem meinen iucf)e, unb aufcer biefem Xud£)e meift audfj ßtiemanb, ob fie gemeint fjat, ober nidfjt.

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Sie naljm erft üon bett Stugen, afö fie ber giitjrer i^rer eigenen ® anbei anrebete :

„©näbigfte! bie 9ta!eten auf ber ®re§tott>§fi=3nfeI Riegen fdfjon auf."

„So? tintig! erwartet rnidf) ja nodfj ein britte§ Segräbnifj!"

®amit fliid^tete fie in ifjre ©onbel unb unter ben SSodjängen be$ 3 elte§ verborgen, fang fie leife :

„£)a mir fafjen an ben Söaffern $9abel§,

Sagten un3 bie gremberi, bie ^Barbaren, *

Singet un§ ©efänge bocf) öon gion.

2öenn id) bein je üergeffen mödjte, 23ergeffe meiner, meine $fted)te."

XXXV.

Ülfdle ttnb §Fttttßett.

3enetba eilte ber Iraucrbarfe ooran, juriicf auf bie &'re8toto8fer Qnfel.

3f)te ©äfte unterhielten fid} aud) ohne fie. ©ie toaren baran gewöhnt.

®ie SSerfdhtoörer toaren heute tmlljähtig beifantmen.

Sogar ißeftet au8 bem fernen 9tifolajeto§f toar gefommen.

föeute foüten fid) bie Parteien nteffen, galt bie ©ntfdjeibung, toeffen ißlan angenommen werben füllte, beren ißlan, bie ba§ SBort ber Freiheit bürdj ben ©jar au§geführt toiffen . wollten, ober ber ißlan ber Slnberen, bie gegen ben ©jaren, über ihn hinweg, lebenb ober tobt, ba8 SSBerf tiottenben Wollen.

9118 ba8 genertoert begann, jogen fi<h jene, bie man SSojaren nannte, oon bem flimmernben ©djaufpiel jurüd in ba8 SRoutettejimmer.

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maren breiunbjtoanjig SKann uttb ,3eneiba.

3iur gürft ©Ijebimin mürbe nodE) ermartet, ber Von bem ©jaren fomnten fottte.

SludE) ber tarn.

@r tjielt ein langet mit fünf Siegeln verfdE)toffene3 ©ouVert in ben $änben.

§odE)getyannt erwartete man ben Snfiatt be§ ©ouVertö. $er gürft löfte bie Siegel mit einer SdEjfcere lo§ eröffnete ba3 ©ouvert, nnb t)erau§ fielen bie 3lfdjen= reft.e einiger verbrannter ^afuerblätter, tüte fie fidE) im Sarnine Vorgefunben. ®ie fetjnfüdEjtig ermarteten ®iplome als 2tfc§e.

,,3df) fjab’ vorauägefagt!" rief $eftel mit triumpljiren* bem Slntlifc. „$a§ ©an§e mar eine ®omöbie. $aum brei ÜDlonate f)at fie gebauert. 2lu§ iff3 mit ben frönen SBorten! gitt’^ ^ ä^tid^e X.tjaten!"

blieb nid£)t§ 2lnbere3 übrig, aU abjuftimmen, ob bie £J)at VottbrädE)t merben fottte.

Sie ftimmten offen nnb nadE) Flamen.

8t>ter jmölf mit 3a, itjrer §mölf mit 91 ein.

„©§ ift nodE) eine Stimme, bie ben 2lu§fdE)lag gibt," fagte Sßeftel.. „§ier ift ba£ „Votum Miner^ae!“ §ier ift jgeneiba! 3^ Stimme möge entfdjeiben."

\3eneiba falfbie SobtenbIäffey bie fidE) über ba§ ©efidEjt ©t)ebimin'§ Verbreitete.

©efammelten ruhigen £one§ ftimmte fie :

„3a!"

. Stun toaren breijefjn Stimmen gegen jtoötf, bie forderten : erfolge bie Itjat.

Slber toann?

tnar bie anbere Srage.

ißeftet fagte: So gleich! 9lt)tejeff beantragte: im September bei ber (Gelegenheit ber Sruppenconcentrirungen.

„Stoch heute!" brüllte Qiafugfin. „Sticht morgen!"

Stuf ,®a§ hi« mußte ioieber abgeftimmt tnerben.

„Sogleich ober im September?"

SBieber ergäben fidj jtoötf Stimmen gegen jtoötf.

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©ieber erbaten fie fi<f) non geneiba baS Votum Minervae.

SSon ityrent £aud£)e t)ing eS ab, bafc bie ©eit nodE) in biefer ©tunbe in ifyren ©runblagen erfdpttert merbe.

„Qm September," fagte fie, unb ©t)ebimin atmete tief auf.

heftet 50g oerbroffen bie Stufet.

„Sa märe eS bod£) beffer, eS bis pm SDtai l)inauS= juf Rieben, bis bie grofte Sruppenconcentrirung in föiem erfolgt, bort im ©üben finb mir ganj aüein bie Herren."

„©cpanbe über unS!" brüllte SafuSfin. ,,©ir finb iljrer 3mölf unb toagen bie Sljat nidt)t. Jgeber non ben Smölf ein SrutuS. äKeljr als eine Slrmaba! ©enn idf) allein bleibe, nollbringe idf) eS felbft."

SaS ©cptufttableau beS geuermerfs mürbe brauften unter bem §änbeflatfdt)en ber 3ufä)auer abgebrannt. Sie ©terne ber geuergarben fielen mie ein gunfenregen nom Fimmel. „Sllfo ben 20. September!" flüfterten fidE) bie 83er= fcfymörer unter §änbebrüdfen ju. Saut erfdfjoß baS ©elädjter ber ^eiteren ©äfte, man lieft bie Same beS §aufeS f)oc p leben.

Sluf bem glatten Spiegel ber 9iema unter bem gunfen= regen glitt leife bie Srauerbarfe meiter, bie Sobte lag lä^elnben SlntlifceS barin, unb in baS §änbeflatfcften ertönte ber Srauerpfalm :

O fürd)t’ ben borgen, ©rbenfofjn!

@tau6 wirft Su, wenn ber Sob Sic p ruft.

teut ladfyenb, morgen weinenb fdjon, erjtummeft S11 in ftitter ©ruft.

Sann aber ner^aüte Särm unb Sang. Sie giutfen öerlöfdjjten, bie Slfdfje ^erftob. Ser -äJlorgen begann ju bömmem. Sliemanb rneftr ift auf ber -Jiema §u feften. 2lDeS ging fd^lafen, ben grauen Sag oerfdjtafen. Ser SSormittag in Petersburg ifjt ju nichts Slnberem gut.

©etbft ber SJiorgen Ijat ftier fo maS eigentümlich 2frentbeS. Ser £>immel mirb meift, unb mie er fidf) in ber

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ruhigen üftema mieberfpiegett, erfcEjeint er tote eine glänjeitbe ©ilberplatte, bie langen Sßoßenftridje am Fimmel aber finb fdftoarj mie bie 9tad)t, unb aucE) bie Säume, bie fidj am ntilcfjmeifjen Spiegel ber Sterna abjeidjnen, jinb afie fdEitoarj. Sa§ Srauergepränge be§ Sobe« am Fimmel unb auf Gerben !

XXX YI.

p a i «t o n a.

Sie jperrin oon ©rufino, toeEcbe AraftSejeff eben fo befjerrfdjte, roie biefer ba§ gange SReid), mar meber fdjön nocf) jung. g£)r ©eiidjt fonnte aud) in ihrer gugenb nicht fdjön gemefen fein, unb if)r SBudjä näherte fidj männlicher gorm. 353 oi; I gibt aud) itnfdfjöne grauen, bie angenehm fein fönnen, bie miffen, baff fie nidjt fdjön finb unb beS= f»atb Aßeä aufbieten, um ben mit biefen häßlichen Sögen harntonirenben eigentümlichen Sauber herüorjubringen. Saimona aber moßte fidj gtoingen, fctjön $u fein. Sfire ®eficE)t§farbe mar fetir braun; fie fchntinfte fie feljr mei| unb fe^r rotf), bodf) am jjatfe fe|te fie bie ^Reparatur nicht fort, moburd) itjr ©efidjt ba§ Au§feljen einer SDiaäfe erlieft. Sa fie feine Augenbrauen befaß, aber aucß biefe ß ab at moßte, unb obenbrein ein fdEßechteS Augenmaß fyatte, ftanb halb bie eine, halb bie anbere Augenbraue höher at§ nott)= menbig. gf)re SäEme maren fdEjmarj tiom gärben be§ ©efidljteg, oon übertriebenem Sucfergenuffe unb oom Staunen. Unb babei mäßlte fie immer bie Iäd)eriid)ften, bijarren garben unb SRoben gu ihrem Anguge, ber mit Säubern unb gumelen übertaben mar. 2Benn fie rebete, mar ihre Stimme ein rauher, männlicher Sariton, ben bei ©emütl|§= aufregungen fdfjludhgenbe AuffcEireie begleiteten. Unb biefe Stimme, bie man ben gangen Sag hören fonnte, mar für Sebermann ein ©egenftanb be§ Scßrecfen?. Senn, menn fie i^ren Söiunb aufthat, gefdjah nur, um gu ganfen unb

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ju fchntähen. ©efpräche mit ber ®ienerfdE)aft bebiente fie fich i)öcf)ft eigentümlicher gnterpunctionen : ber „33ei= ftridh" (fontnta) mar ber Stocf, ber „Smttyetyunft" (Sfolon) bie Ohrfeige rechts unb linfS uttb ber Sdhluftyunft (Punftum) bie ®nute.

Unb bieS SBeib mar bie ©ftidffefigfeit, bie gee, baS Sbol beS allmächtigen ©ünftlingS ! 2)aS ganje Sanb fannte ben Sauber, momit fie ben vertrauten Staatsmann gefeffelt t)iet t. ®arum mufjte Seber ber in Petersburg etmaS erreichen mottte, über ©rufino feinen SBeg nehmen. 2)enn ein gutes SEBort ®aimona'S mog gan§e SBagen ©mpfehtungSfchreiben unb Säcfe voll SSerbienfte auf. Unb biefeS gute SBort mürbe niemals untfonft gemährt. SJaimona verftanb bie Sache. Sie hatte einen gut jufammengefteHten iarif für bie ju erlangenben ©unftbe^eugungen. 33aS ift für ein Staatsamt ju jaulen? SBaS für einen 2ieferungS*©ontract? 2BaS foftet ein Drben? 2BaS ift baS Söfegelb für einen unlieb* famen SluSflug nach Sibirien mit ober ohne ©nutenbeglei* tung? $u guf$e ober $u Schlitten ? S5aS 2tHeS fonnte fie accurat ausmenbig fjerfagen.

®ie Vornehmften Herren unb Samen gelten eS nicht unter ihrer SBürbe, jebeSmal, menn fie eS für nötljig erachteten, mit freunblidhem, untertänigem Singefichte vor ber Herrin von ©rufino ju erfcheinen, bie meber jur redeten nodt) §ur tinfen §anb bem ©ünftlinge angetraut mar, fonbern eines bavongejagten unb nadh Sibirien Verbannten SRatrofen ©hefrau unb auSgebiente SRarfetenberin beS ^Regimentes ^SrnailomSf, beffen ©renabiere ihr ben @hrens namen „fdhielenbe Saina" gaben.

Unb hoch hatte fie ben meifen SRann, vor bem baS ganje 9teidh gitterte, voHftänbig erobert.

SlraftSejeff fühlte fich nur bann mohl, menn er bie „eiferne SRaSfe" von St. Petersburg ablegen unb fich fetbft mieberfinben fonnte in ben Sirmen ber Herrin von ©rufino.

Slm |>ofe muffte er, um feinen ©inftuft ju erhalten, fattbftithig, unterthänig jebe Seleibigung unb ©rniebrigung

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ertragen, mußte glatt unb fdhmeidEjelnb, in feinem Senehnten feiner ab alle Diplomaten fein, mäörenb fein inneres mit radhfüdhtiger ßeibenfdjaft, unbänbigem ©tolje unb rauhem SBibermillen gegen 2lHe^ erfüllt mar, ma§ ihm miberfpradt). Da§ allein mar fd)on eine 5ßöniten5 für ihn, baß er immer franjöftfdj fpredhen mußte, benn am $ofe, in ber ©efellfdtjaft mar bie§ ba§ au§fd)tieß(id)e Sbiom, unb mer ruffifdf) fpradh, fefcte fich ber ©efahr au3, für einen Serfdhmörer, ober gar für ba§ „SDlitglieb einer geteerten ©efellfchaft" gehalten ju merben. Unb mie fehr ^aßte er ben gran^ofen ! ©eine Sprache, feine Dradt)t, feine Spanier, feine SRufif, feine ©etränte, feine Diplomaten, fein Drama unb feine $ßt)itofop!)ie! Dann mußte er forgfättig achten auf jebe§ 28ort, ba§ au3 feinem SJtunbe herborging unb auf jeben Secher, beffen Inhalt in feinen 2)tunb t)ineinging! Stuf ben Sedher nicht nur, um nicht vergiftet gu merben, fonbern auch, um nicht ju biet ju trinfen! Denn er mußte, baß fein mir!* liehet 9taturett ßerüorbridfjt, menn er biet SBein trinft. Bunt Ueberfluffe mußte er aud) noch ben SBfeten heucheln; benn grauenreis mar eine feine gälte, in metcßer ihn feine geinbe fangen mottten. ©r tebte mie ein ©infiebter, obgteidh er bie Segierben eine§ ©arbanapat f)atte. SBenn er bann jumeiten auf !ur§e $eit ber höfifdEjen Sltmofphäre entfliegen, fich in fein |>eim, in feine eleufifdfje ^)ößte flüchten, unb, bie affeftirte fransöfifche ©pradEje, DradEjt unb 9D?a§fe abftreifenb, ba3 berleugnete urruffifdfje ®leib anjießen burfte unb mieber reben tonnte ben echt nomgorobifcßen Dialeft, in meinem ber einftige republitanifche Sauer ben ©saren unb ben Sauer gleichmäßig fdjatt; menn er im glucken metteifern burfte mit feiner böHig ebenbürtigen Sebent gefä^rtin, mit ber er fiel) 9Korgen3 fdt)lug, 9Rittag§ füßte unb berfö^nte, um 9la<f)mittag§ mit ißr jufammen bie Säuern, Unechte unb ©tarofte ju prügeln unb am Slbenb ftd) mit ihr }u beraufdfjen; ba fühlte er fidfj gtücflidh. Daimona that ihm in ber 9tu§fdhmeifung in jeher Slrt gleich- SBenn er erregt mar, regte fie ihn nodh mehr auf; mußte er feine ©alle auägießen, fo fudljte fie für ihn einen

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tebenben menfdjtidjen ©egenftanb, unb unterftüjgte itjn mit meibtidjer ^Raffinerie in ber ©raufamfeit. SBemt ber §err nad) ©rufino fam, ba gab eS ein kennen unb Saufen, SSefjftagen, jammern unb prügeln, bann ©ffen unb Srin= fen, ©djmelgen, San 5 unb SRufif, Sagen getigerter unb gefeberter Sßeiber burd) bie ©affen, Sreibjagb, 6unbei)e|e, oerbrannte Jütten, ertränfte 3Räbd)en, ßtarrenpoffen, @atur= natien, unb minbeftenS einmal eine ©madja (9Räbd)en= marft). ®enn bie ©ultanin bereitete üjrem ißabifdjat) aucf) ein Seiramfeft.

fjürft Stiejej Stnbreomitfdj fanb in bet unfdjönen ®aimona fein eigentliches ,,Sd)", unb bie§ machte fie if)tn toerttjer at§ aße ©cf)önf)eiten ber SSett. -

@ine§ Sage« erfdjien ber modere Bfabafoff mit un= gätjligen Südlingen oor ber mächtigen ®aimona. ®ieSmat aber nidit in bent gerriffenen ©emanbe, in meinem er fidj bei Suf^fio einfdjtid), fonbern atS anftänbiger £>err gefteibet. ®r f»atte mehrere S'oftüme für feine üerfdfiebeneu fRoIten.

|>err gfabafoff fam gu ®aimona, meil er erfahren hatte, bafe ber ©gar ein ipeer gegen bie dürfen entfettbet. ®aoon mufete noch -ftiemanb ettoaS, fetbft SlraftSejeff ni<f>t. Slber ein 9Renfd) mufete bodj : ber Sammerbiener beS ©garen, biefetbe gute ©eele, bie eines StbenbS bem jungen fperrn Seogen ben 9Btabimir=Drben beS ©garen getiefen hatte. ®er gute S’ammerbiener tfjut gar üieteS „aüS greunbfc^aft".

©0 g. S. blidte er Herren Bfabafoff gu Siebe mäljrenb beS SlufräumenS in bie ©Triften be§ ©garen, metdje biefer auf bem Sifdje liegen tiefe. SffiaS er aus biefen erfuhr, unb fetbft bie 3Jtinifter nodj nicht mufeten, ba§ fd^tug er nid^t auf bie Srommet, fonbern oerfaufte otme Srommelichtag. darüber brauet man ftd) nicht gu munbern; fo oiet Jütten, fo üiet ©itten. ®amafö gefdiah eS and), bafe bie Unioerfität@=fßrofefforen erga modicam remunerationem am Sage üor bem Stigorofum ben ©enfuranben bie fragen mitt^eitten, metdje fie anbern SageS anläfeticf) beS ©jamenS an fie rieten merben.

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Stber in biefer ganzen Sache intereffirte fperrn ,3faba= foff titelt, ob bie f5reil)eitäI)etbort oon § e 1 1 a S fidf jo lange in SKiffolungi galten fönnen, bis baS ruffifdje £>eer ihnen ju fpilfe fontmen Wirb : fonbern nur ber ©lan bcs ©jaren, taut welchem jeber ©olbat außer ber bisherigen HluSrüftung auch nod) eine getbflafche, bie im getbjuge fo notljWenbig ift, erhalten fotl. Htlfo äWeimathunbertfünfjig» taufenb gelbflafdhen oon ©lech. 23er biefe Sieferung erhält, ift ein reicher 2Kann geworben. ®odj ber ehrliche Kammer» biener fagte biefeS ©eheimniß nid)t nur feinem greunbe gfabafoff, fonbern noch oieten ähnlichen greunben, bie wahrfcheinlid) bie oielen gelbflafcljen fction über fpalS unb Sopf anfertigen taffen, benn im ©erlauf oon jwei 2Bochen muffen fie fertig fein. Unb gewiß wirb nicht gener bie Sie» ferung erhalten, ber bie getbflafdjen am billigten macht, fonbern ber, Welcher ben 2Bagen ber ©enerakgntenbantur am beften ju fdjmieren oerfteht. §err ßfabafoff fam nun jur mächtigen ®ame, fie ju bitten, baß auf ihre ©erWen» bung ber allmächtige öerr ©eneratgntenbant ben ©jaren Überrebe, ftatt ber ungefunben blechernen gelbftafchen hötjerne machen ju taffen. 2)aburch entfielen alle feine ©lechflafchen^onfurrenten. $err 3fabafoff bliebe allein auf bem Äampfplaß unb fönnte oerlangen, fo üiel er wiH. ©einer ©itte ben gehörigen -Jtachbrucf $u oerleihen, brachte er ein Keines ©efd)enf, welches bie reijenbe ®ame üortreff» lidj Heiben Wirb : eine antife ©rillanten»gerronniere, in beren StRitte ein Wunberfd)öner ©olitair oon feltenem geuer prangt.

„$aS ift natürlid) nur bie Hingabe," fagte bie 9Kai= treffe. „®u weißt ja, baß man mir bei einem fo großen ©efdjäfte auch Htntheil am ©ewinne ju geben pflegt."

„@ie nahmen mir baS SBort aus bem SWunbe, gnä= bige grau! geh fprecfje aufrichtig, geh bin ein wahrheitS» liebenber ajienfdj. g<h wanble immer bie geraben 2Bege. 2Boju foü idf eS auch täugnen? Saut meinem ©reiSofferte gewinne ich an jeber gtafdje eine halbe ©rioa, baoon Werbe ich ®uer ©naben jwei Sopefen überlaffen."

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„SBeifjt ®u maS, beftimme einen folgen ißreiS, baff ®u an jebem ©tüde eine ganje ©ripa geminnft, unb gib mir öier Äopefen baöon."

§err 3fabafoff meinte, baS märe itoc^ beffer.

®odj ®aimona mar nicJ)t befonberS belifat ihren ©äften gegenüber. ©iner ihrer Seibeigenen mar ein fadj= öerftänbiger Sumelier.

®en rief fie, unb I)iefj if)n in ©egenmart gfabaloff’S ben ©djmud id)ä|en. ®aS mar [o itjre ©emohnljeit. Sie hielt ben Seibeigenen 311 biefern ^^tuede. ®er ©ad)öerftän= bige fdjä^te i()n auf taufenbfünfhunbert IRubet; bocfi menn ber mittlere ©otitair nicht gelb, fonbern rein meijj märe, mürbe er jmeitaufenb mcrtl) fein.

„Shr öerfteljet baS nicht !" fdjrie 3fabaloff. ,,®er gelbe ®iamant gehört ju ben Dtaritäten. HRan nennt ihn „Fan- taisie." Unb bann ift er antit, mie i£)n bie £>errfcf)aften jumeift lieben. "

„2Bob)t mar; unb bod) märe ein meiner ©olitair um fünffjunbert Sftubel mehr mertl)." .

„Sieljft ®u," fpracf) ®aimona. „-JtächftenS bergig nicht, ihn gegen einen fdE)öneren unb teureren umjutau» fd^en. Unb bann lebe id; i|n lieber in ©olb, ftatt in ©il= ber eingefaßt."

Sfabatoff oerfpracf) SlUeS unb entfernte fiel) mit güfce» unb ^änbetüffen, als ob er etroaS befommeit hätte.

einige SBodjen fpäter fam 3fa£’<d°ff lieber noef) freunblid^er unb untertäniger, als baS erfte ÜDtat.

„©in SDtann, ein SBort!" begann er. „Statt ber ab» genügten alten bringe id) eine funleinagelneue gerronniäre. Sitte biefen ©tein 311 betrachten. SBeldjeS geuer! mierein! ein echter ©oltonbaer Srißant! er bienbet baS Sluge mie bag Sonnenlicht !"

@r prieä fo lange ben prächtigen neuen ©chmud, bis ihm ®aimona ben alten bafür jurüdgab.

„®iefen lannft ®u prüfen taffen! St ü>ei&, bah tn ber ©olbfdhmieb auf breitaufenb 9tubel fd)ä§t. ©0 Biel loftet er auch- ®odj mißgönne id) ihn ®ir nid)t. 9iur bitte id)

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Sich, mit ©gtrapoft, burct) einen ©ourier, fogteid) bem gncU bigen £errn $u fchreiben, baft ficf) je£t bie Sache entfc^eibe. ©£ ift ja auch in Seinem ;gntereffe : t)on jeher getbftafdlfe Dier ®opeten. geh taufe, ich eite!"

§err 3fabatoff empfahl bie gtafd)en nochmals ihrer ©nabe unb ftür^te ^inau§, marf fid^ in feinen SBagen, t>or melden brei $ßferbe gefpannt ttmren, unb jagte mie befeffen baoon. Sieämal martete er nicht, bi3 Saimona ben $ume= tier holen tieft.

Saimona f>atte nid£)t§ ®itigere3 ju ttjun, afö Strafe täejeff megen ber gelbflafchen %u fchreiben. Sie§ ging jeboct) bei ihr fehr tangfam, benn bie geber gehorchte ihrer §anb nicht. ©rft nach Seenbiguitg be§ 93riefe§ übergab fie ben ©cftmud bem ©otbfchmieb.

Siefer betrachtete argmöhnifd) bie gerronntere, bat um ©rtaubnift, fie in feiner Sßerfftätte prüfen §u bürfen, unb fagte bann, baft fie unter Srübern ihre brei Stube! merth ift : bie Srißanten finb ©traftburger fatfdhe ©teilte unb bie ©infaffung teilt ©otb, fonbern bto§ ©imitor.

Saimona mar im erftett Slugenbtid überrafdht; fie tonnte ben üötenfchen nur für oerrüdt hatten, ber fie be* trügen miß, mo e3 fich für ihn um jmeirnathunberttaufenb getbftafdhen hunbett. Stber bann ergrimmte fie. Sa§ ift bodE> ein plumper betrug unb eine unerhörte Seieibigung. ©inen Sreirube!=$3eiberfchmud mit fatfchen ©teinen pflegt man nur 9Rartetenberinnen §u fchenfen !

„©chinto, Su!" fchrie Saimona treifd^enb, morauf fogteidh iht gactotum erfc|ien, ein muäcutöfer, ftattticher SKann mit bem untrennbaren SppuS ber ^Ö^unerrace. „Sefteige rafdE) ein ^JSferb, nimm brei Leiter mit Sir, t>en folge ben SDlenfchen, ber foeben mit brei $ferben bauon^ fuhr! ganget ihn, binbet ihn, bringet ihn jurüd. kommet nicht jurüd ohne ihn!"

gut nädhften Stugenbtide faft ber ftiQtmex ju Sßferbe unb gatoppirte bahin ohne ©attet. Sie brei Leiter tonnten ihm taurn folgen.

3<5fai : ftrei&eit. II. 8

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Saimona mar überzeugt, baß iljr @dE)info ßfabafoff batb erregen mirb.

Sod) faünt mährte e3 eine fyatbe ©tunbe, at§ bie brei Leiter mit <Sd)info auf bemfetben SSege jurücffamen unb hinter ifjnen eine Sroifa, in melier ein einzelner 9Jtenf<$ faß. Slber fie brauten it>n nidt)t atä (befangenen, nidEjt ge* bunben, fonbern umgefet)rt : er trieb fie oor fidE) t>er. Db= gleid^ er allein mar, ftecfte er feinen $opf au$ bem SBagen heraus unb brof)te mit feinem ©tode ben Slie^enben, fo baß biefe fo rafdE), als bie 5ßferbe fonnten, baf)injagten, mit erfdjredten ©efidfytern rüdmärtS btidenb.

„2Ba3 bebeutet baS?" fdEjrie Saimona, auf ber §auS= flur mütljenb auf unb ab rennenb. „Su ®d)info! 3*1* ImnbSoljren ! 3f)r feib alfo baoongetaufen? 3J)r ©udj t)on einem 9JtenfdE)en Oerfotgen?"

3a, menn bieS fo „ein" SftenfdE) ift! S3or bem ©dEjtoffe angelangt, ftieß er bie ßeberbede ber Sroifa juriid, fprang Oon feinem @i£e auf unb brüllte mit Ootler ®et)te ben gtietjenben nadE) : „©tenbe! märtet nur! \i) merbe ©udj lehren, am gellen Sage auf ber Saitbftraße Steifenbe ju behelligen! 3eber oon ©udj befommt fjunbert ®nutent)iebe! 3d) merbe @ud£) auf ben 93runnenfdf)menget ^inaufjie^en taffen. Sojirifen! S3ontfdE)ifen! Stäuber!"

SaS ift „@r"! ber §err straft Sei eff felbft.

hierauf mürbe Saimona nodE) müttjenber. Sie tief bie Sreppe Ijinab in ben §of, unb btieb bort oor bem ®ommenben freifdtjenb ftetjen.

„SBarurn jagft ®u meine Seute jurüd? ©ie oerfolgten einen Sieb, ber mid} beftofjten t)at! @r braute einen fat* fdtien ©d^mud unb entriß mir ben edfjten. 3$ toiH ifjn jurüdfdEitebben taffen ben Stäuber!"

Socty ber £>err fjörte fie gar nid)t an. SBenn er bie ©tenben fd^impft, !ann er auf nichts SlnbereS achten. ©ein ©efidfjt mar gerottet, atS er abftieg unb mit ber einen §anb einen großen Snotenftod, mit ber anbern eine getbflafdje am Stiemen ergriff.

Saimona glaubte, baß ber £err fdjon auf ber $ölje

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bei (Sreigniffe ftefje ; beSfjatb ergriff fie if)n am fragen feine§ ©taubmantelS unb fe|te il)r ©efpräd) fort :

„@S nmr ja 3fabafoff! SBeißt Su, Sfabafoff! Su f)aft ihm bocE) bie gtafchen noch nic^t gegeben?"

„gtafdjen?" frug oerWunbert ber £>err. „S<h fjabe nur biefe einjige gelbflafdje, unb auch baoon !ann ich Sir nichts anbieten, benn fie ift leer."

„D, baß ber ©türm Sich jerreiße! Sie jweimal* hunberttaufenb gelbftafchen meine ich, tuelrfje bie Strmee im türfifdjen Kriege erhalten foü."

Seit ftaunte er noch mehr.

„gweimalhunberttaufenb ffelbflafchen? Krieg ? Stimme bod) ein Wenig ? SBaS E»aft Su Ejeute getrunlen?"

Sie grau wüthete unb fluchte; fie oermengte SBodjen, HJtonate, oier Kopelen für eine gelbftafdie, beit Karbunfet ju jWeitaufenb SRubel, SDtiffolunge unb ömer SSriorte ijßafdja unb tobte fo lange, bis auch ber §err in Sßutlj geriet^, bie leere Selbflafdie an ihren 9tüden fdjleuberte, unb fie auS bem Söege ftieß worauf Saimona (benn fie War Wirtlich nüchtern, unb ein nüchterner SRenfd) janft fid) nie mit einem Srunfenbolb, bieS tljun nur jWei Stiidjterne ober jtoei Setruntene unter einanber), um ihr oerle^teS Slnfehen Wieber herjufteUen, ißrerfeitS über ben unglüdlicfjen Suioelier herfiel «ob an feinem Kopfe baS unglüdfelige Corpus delicti, ben falfdjen SriHantfdhmud §erfc£)lug ; Warum fagte er auch, baß ber gelbe Diamant nidht fo gut ift, wie ber weiße? (Sr ift fdiutb baran, baß ber Sieb ben echten ©chrnud geftohlen unb bamit entWifcEjte !

SaS war ber fjerjItcEje (Srnpfang beS heitnlehrenben Staatsmannes in feinem „Sweet home." 2BaS übrigens überall ju gefchehen pflegt, nur mit einigen SSariationen.

Soch beim Slachtmatjl üerföhnten fie fi<h wieber, unb Saimona erzählte ihm bie ©efdjidjte ber gelbflafdjen.

„SRun, meine theure ^entte!" bieS war Saimona’S ©chmeichelname „bemnadh weißt Su mehr als idh, ju beffen ffteffort bie ©eneral=Sntenbantur ber |>eereSauS= rüftung gehört. S<h bin bom §ofe entlaffen Wegen §er=

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ftettung meiner ©efunbheit! Sag muffte ,3fabafoff. Segljalb bat er Sir ben gefcEjenften ©djmud enttodt. ©r tourte, ba& id) „fo" tranf bin."

„316er, mag fefjlt Sir benn?"

„Sag, bafj id) beg ©garen, 2lnf)änger bin."

„Sradjte baüon gu genefen."

„3 cf) )uei§, bafj man mich in turger Beit gurüdrufen mirb, unb baß id) batb toieber in meine alte Sranfjjeit gurüdfallen in erbe.“

„Unfähiger! SBenn Su Sir menigfteng big gur ®r= tebigung biefer gelbflafdjen=2lngetegenheit bie ©unft beg ©garen erhalten Jjätteft!"

„@i, rebe nicht mehr baüon. Singe lieber mag ©djöneg. gd) habe fdjon lange feinen grauengefang gehört."

Unb Sltejej Slnbreotüitfd) hatte Sufi, bem „©efange" Saimona'g gu faufchen. Sag Ißfauengefrädjge ift ©djmanem gefang im SBergleidje gu Saimona'g ©efreifdje. ©ie hatte eine falfdje, fdjludhgenbe, rauhe Stimme toenn fie aber bem §errn fo gefiel?! Unb erft ber Sejt biefer SRelobie, beffen fRefrain lautet : „9ln'g SReffer mit ihm!" gn ber S£)at, ein furiofeg ffeineg Sieb, ©onberbar, eben jejjt toar eg Saimona toieber eingefallen. So cf) mag ift auch fo fon= berbar baran? SSenn bie 23irthfd)afterin beg geftürgten ©ünfttingg bag SReüolutiongtieb fingt, ba ihr §err üon feinem jperrn baüongejagt mürbe, unb bie gelbflafdjem 2lffaire unerlebigt blieb, ©runb genug, bafj noch geftern er, ber ben ©taub üon ben giifjcn beg Scannen füfjte, ihm heute ben ©taub in’g Stngefidht fchleuberte!

Unb ber geftürgte ©ünftling unterbrach fie nicht. @r hörte alle ©trogen ©nbe. Sie lebten Sßerfe thaten ihm fo mohl, bafj er fid) üor Sefjagen ben SRüden fragte.

„SSon mem lernteft Su bieg närrifdje Siebten?"

„©ifenfopf! errätijft Su eg nicht? §aft Su nicht

felber bag gigeunermäbchen gu mir in bie - ©rgieljung

gefchidt? Sßir haben ung fcfjön auggebilbet."

„Nichtig! Unter ben üielen bittern gteuben, bie hi« meiner märten, ift ja einer ihr ©djerg. ©ie trieb meinen

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©of)n nacf) ArdfjangetSf! ©eit bamalS fjabe icf) nod) nidfjtS üon iljm getjört. Sie Weit famft ©u mit bem äRäbdjen?"

„@o wie ©u eS befohlen fjaft. Senn ©u ©icf) an ifjr ergäben wittft, rufe icf) fie herein."

„Sie fönnte nid)t gelegener fontmen."

©airnona Winfte bem ®necf)te, ber feine @of)te traute, ©iabo.lfa ju rufen.

Unterbeffen flüfterte fie Alejej Anbreowitfcf) etwas in’S Öljr, wobei ifjre gefärbten Augenbrauen bor lauter böfer £uft förmlich tanjten.

©er $err ftimmte ooUftänbig überein mit if)r, er lachte fo taut, bajj er baoon fjeifer würbe unb mit feiner Sauft ■auf ben ©ifdj fcfjlug. „©eljr gut! AuSgejeicfjnet! @S wirb -ein f|öllifdE)er ©enuß fein!"

Als baS äJtäbdjen bann herein lam, madfjten Seibe ein ernfteS ©efidf)t.

9Kan tonnte ©iabolfa !aum erfennen. ©ie War ein Sräutein in langem Sleibe mit §al6f)anbfcf)uf)en gefleibet, auf bem fpaupte bie ruffifcfie 3ungfern=©arte. ©ie beiben §änbe E(ielt fie nach ruffifdljen AnftanbSregeln in ben Wei= ten. Aermeln ifjreS SleibeS Oerborgen unb jog fie nur bann t)erüor, wenn fie bem $errn unb ber gran bie |>anb füf= fen muffte. ©odj bie Augen erfjob fie nicfjt um alle Sielt; fie fenfte fie fcfjamljaftig jur @rbe.

„ffiun, liebes 9Käbtf)en, wie befinbeft ©u ©idfj bei ©einer ©cfyufjfrau?"

®aS SJiäbdjen erwiberte in teifem gtüftertone :

,,©ott unb meinem gnäbigen tperrn ©an! für baS ©lücf, baff id) an ben Ort gefdjicft würbe, wo id) ganj glücflidj bin."

©er fj>err lonnte baS Sachen !aum unterbrüctcn.

,,©u fpridjft ja fcfjon in ganj gewählten Sorten." ,,©aS ift nicfjt mein ©erbienft, fonbern baS beS f)ocf)= Würbigen $errn ©rofop, ber feine SJtüfje freute, micij beS UnterridfjteS tljeilljaft werben ju laffen."

„@i, ei, ©u bift ja fdjon ein feines, gebilbeteS gräu= lein, ®u mufjt ©idj ju uns Ijerfefcen unb mit uns nacl)t=

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maßten. 9tun, tßu’ rtidf)t fo fcßamßaft ! Su, langbeiniger Kerf, bringe bent Staulem einen Setter unb ©ßjeug! §ie* f)er, mir gegenüber!"

„©S Wirb für Seine unwürbige 2Jiagb attetbingS eine SluSjeicßnung fein, wenn Su gerußft, fie an Seinem Sifdße fifcen ju taffen; aber idß muff um SSerjeitjung bitten, baff idß feine ©peife ju mir nefjrne. Ser gute SBater ißrofop ßat mir bie S3uße aufertegt, ein ganjeS 3aßr taug ftatt beS 9iadßtmaßteS $u fafieu."

„Unb für welcße ©ünbe?"

SaS ttKäbcßen feufjte tief auf.

„©näbiger |>err! Su fenuft am beften meine große ©djjulb, weldje idß niemals werbe abbüßen fönnen."

Unb reumütßig ließ fie beu Sopf ßerabfinfen.

(§at fie fidß wirflidfj gebeffert, ober ^euc^ett fie nur?)

,,©aS tßuft Su atfo, wäfjrenb Slnbere ju Statut effen?"

„Unterbeffen tefe idfj ißnen ißfalmen oor."

,,©ie Su fannft aucß fdEjort lefen? Unb nodß baju ißfatmen! SaS möcfjte idß ßören. bringet ißr einen ißfalm. ©eße Sidß fjiefjer an baS Sifcßenbe uub lieS. ©elcßer ißfatm folgt?"

SaS SRäbcßen fe|te fidß nieber, legte bie gingerfpifsen bet einen $anb fjübfcf) auf ben Sifdfj, wäßrenb fie mit bem Zeigefinger ber anberen £>anb bie Silben nacß einanber bejeidßnete :

„Sn bein @r be §err fa men $ei ben."

„©roßartig ! Slber üerfteßft Su audß, WaS Su gelefen ßaft? ©er finb bie Reiben?"

„Sie Sürten!" SaS SJtabcßen fpudfte nadß biefem ©orte au§, wie eS ficf) einem ortßobojen SRoSfoWiten jiemt.

„©er ift ber „§err"?"

SaS SJtäbcßen erßob fidfj oon feinem ißtaße.

„Unfer erhabener feerr : ber ©jar."

„Unb was ift fein ,,©rbe"?"

„©riedfjenlanb."

„©eßr gut," fpracß ber jperr. ,,©ie fdßön Su lefen

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lemteft ! ©ewif} fonnft $>u aucf) fdfjon fc^retben? Unb jwar fo, bafj Xeine ^>anb -Riemanb füljrt, wie bamatl, all 5)cine erften SBriefe fd^riebeft? SdEjon gut !' ©I war nur ein Sdfjerj!" 2)ann wanbte er fidfj ju $>aimona, baf} el au<f) ®iabolfa fjören fonnte : „®u fjaft ja aul if)r ein gan$ anftänbigel 9Räb<fjeu gemadjt."

,,3d) werbe audf) nodi eine gute ©ljriftenfrau aul ifjr machen," fpracf) tBaimona.

®iabotfa tfiat, all f)örte fie nid)t unb buc^ftabirte Weiter :

„Sie jer ftör ten fei ne Stabt §e ru fa lern."

„Xritt öor, Sdjinfo!" befallt ®aitnona bem tjinter if)r ftefjenben SBurfcfien. „9iun, Ijabe icf) ifjr feinen wacferen SBräutigam aulgewäf)tt ?"

„9llj! ben f)abe icf) aucf) fjergefdjicft. §ft biel nidfjt jener gewiffe „SBetter“?*'

„Darum fjalte icf) if)n aucf) in @f)ren. ©in wacferer Qunge. 3dj f)abe feinen treueren 9Renf(f)en afl if)n! Die ganje Sauernfdjaft fürstet itjn wie ben Deufet. ©r ift meine redete tpanb."

„Dann fann icf) mir benfen, wie üief ißeitfcf)enf)iebe er ben Säuern fdfjon üerfe^t Ijat."

„3f)re $o4jeit werbe icf| beftreiten, bann macfje icfj Scfjinfo ju meinem §aulf)ofmeifter unb Diabotfa ju meinem öertrauten gräufein."

„Dal SBrautgefc^enf werbe icf) beforgen."

Diabotfa lal unterbeffen bie fßfalmen of)ne Unterbre» cfjung. ©in anberel SDläbdjen fjätte wenigftenl einmal ge= tadf)t, wenn man öom ^eiratfjen fpridjt Dor it)rem @rWäf)lten.

„Dodfj jefet wotten wir ein Wenig Dan& unb ©efang junt Scfjtuffe bei 9lacfjtmaf)ll genießen," fagte bie fjerrin, ©cfjinto juwinfenb.

,,31E) ! fann alfo Diabotfa nidfjt nur Zeitige Sieber fingen, fonbern aucf) txdcE) tanjen?"

„Sie fingt nic£)t, unb tanjt nidfjt mefjr. Sie fjat einen

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anbertt Seruf. @S ift fdjott ein Stnberer ba, ber bieS oer=

hierauf traten jtoölf fd^öne junge Sauernbirnen bet ber ©eitenthür herein, jebe eine Saute in ber §anb; auf ihren (Sefidjtern toar mehr unterbrüdte gurd)t, als Suft §ur Unterhaltung fidjtbar. hinter ihnen fdhlidh ©djinto, eine lange Sßeitfdhe in ber einen §anb. 9tn ber anberen $aitb führte er ein Heiner, budeligeS, ^toerghafteS SKenfch- lein an einer Sette, toie einen 93är, unter beffen Slchfel etne ©adpfeife toar. @S toar ein häßlicher Serl; oorne unb hinten budelig; ben großen haartofen Sopf ^toifchen auf= gezogene Schultern gepreßt, ©ein ©efidü toar eine fdhledjt gelungene ©arricatur, toeldjeS bie Slattern §erriffen, als ob fie oott felben bie ©puren ber §anb beS ©chöpferS oertoifdjen toollten; nur hie unb ba blieb ein 93orftenbünbel Oon ©dinur- unb Sadenbart; auch hat er nur ein Sluge. ©S ift * ef eihaft ihn anjufehen. Slber toenn er ben 2)ubel* fad bläst, toirb er ein oollfommeneS 3Konftrum! ©inen toürbigeren 93läfer für baS tnedernbe Siegenfell tonnte man fi<h gar nicht benfen.

„$aS ift eine flaffifche SJhifif," fprach ber $exx; „hoch toie toirb ber ^anj auSfallen?"

„SBarte nur! baS ift baS 93efte."

©dhinto geht nod) einmal hinauf unb bringt bie Bal¬ lerina assolutä herein er führt fie am £alfe, bamit fie ihn nicht .in bie |>anb beiße.

2)iefe toar ein OollfommeneS Ungeheuer in toeiblidjer 9luSgabe. $toerghaft unb budelig unb mit fo langen Sir* men, baß fie bie ©rbe berühren. Shre ©tumpfnafe ift faum fidjtbar, ihr §aar bis §u ben Slugenbrauen hütabgetoachfen, ihr ÜDtunb oergogen mit fletfcpenben ©toß^ähnen. Unb ba- bei* eine beftialifd)e Soweit in aßen ihren Süßen.

$)iefe toirb nun §ur Unterhaltung beS großen |>errn Saßet tanken, ©ie ift in oergolbeteS, papierenes ©etoanb gef leibet ; barum ift fein ©d)abe, toenn fie eS aud) zerreißt, ©ie hat ben £an§ gelernt, toie ber Slffe, unb toeiß, baß eS gefdjehen muß.

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„331 afe, 33 uf! Sange, ^ottyfa!" rief Saitnona in üjre $änbe ftatfdjenb, unb atg ber Subetfad feine. SKetobieen beginnt, fängt and) bie Sängerin itjre 33aßetparobie an unb rnadjt fotdje Pirouetten, ba§ fie mit itjren Slrmen (mit jenen langen, nicfjt mit if)ren güfcen) ben ©tjor meg- fegt, metdjer ben Sadpfeifer mit ©efang begleitet.

„$opfa! $oj)fa!" fd£)reit bagmifdf)en @df)info unb fifcett mit ber $eitfd£)enfjn|e bie SSaben ber Sängerin, menn fie nidf)t genug ljod) fpringt, moraitf bie 33aöerina müttjenbe graben fdjneibet. Ser SRinifter mtb* Saitnona finfen fidj oor Sachen in bie 2trme. Ser grofje Staate mann, bag ffllufterbitb ber feinen Siptomaten trommelte in feiner unbänbig guten Saune mit feinen Sporenftiefetn auf bem Sifdfje, mäfjrenb Siabotfa ot)ne it)re 2tugen gu ergeben, meiter f^ffabirt: „Sag gteifdj bei tter

£>ei ti gen marb gur Steife oor

ge mor fen ben 33e fti en beg

S33al beg" atg menn um fie fjerum nidjtg oor* ginge.

Bum ©djtuffe biefer t)übfd£)en Untergattung ergriff bag meibtidje SRonftrum bag männliche Ungeheuer am fragen unb entführte eg fammt feinem Snftrumente gum Sßatger. ©r btieg aucf) bann nodf) mit aufgefdjmoltenen Sßangen unb fjernorftarrenben Slugen. ©djinfo jebqdj fnaßte mit feiner $ßeitfd£)e bagmifdf)en, mie menn er *ßferbe breffi= ren toürbe.

,,9lucf) aug biefen 33eiben rnirb ein niebtidfjeg $aar merben, bag !ann icf) jagen," fpracf) aug notier ®et)te Iad>enb ber |>err. „SBir merben bie §ocf)geit beiber Sßaare gugteidf) feiern!"

Safür fneipte iljn Saimona fo heftig in ben 2lrm, baft er taut auffdjrie.

©teicf) am anbern Sage begann man Siabotfa'g 33rautfteib gu ftiden. Stile ©ftaninnen Saimona'g arbeite* ten baran. SRittag fa§ Siabotfa gemöJjntid) an bem Sifdje beg SDtinifterg, mo er bie SRotabititäten ber Umgegenb bemirtfjete. Seber mar ein gerne gefetjener ©aft, ber fidf)

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entfcptiefjen tonnte, Saimona'S |>anb ju fiiffen. Qn ber Spat, ein tpeureS ©ffeit!

Slber aucp nocp etwas SInbereS Ratten bie (Säfte ju gewärtigen. SSenn ber .pauSperr ju oiet getrunfen Ijatte, fing er Streit mit ipnen an unb prügelte fie ber Steife na cp. Sod) beSpatb tarnen fie am näcpftcn Sage Wieber unb gaben ipren Stücfen auf's SReue ben Sdptägen preis, ©in fepr tpeureS SRittagmapl!

guweiten artete baS (Saftmapt in eine Drgie aus jum Serberben ber S3auernmäbdpen. SaS aber fiel Seinem befonberS auf.

Stur Siabotta bitbete eine SluSnapme. Sen (Säften War oerboten fie and) nur anjufepen, benn fie ift töraut unb aufjerbem Saimona’S Stboptiötocpter unb ßiebting. SSenn ber grobe Speit ber Untergattung folgte, würbe fie jum tßopen gefcpicft. Sein §auS War ber einzige fixere Drt in ber Stabt. Slufjer ipr War itod) Sdjinfo, ipr S3räutigam, üor prügeln gefiltert. Stber nur. Weit er bie Scptäge auStpeitte. @r war Dberpeitfcper beS tßatafteS. Qebe Stäupung, ißeitfcpung, ffinutung patte er ju üott= ftrecten. Sag bringt eben fein Slmt mit fidE). ©r muff ttjun, WaS ipm befohlen wirb. 33efieptt ipm fein Jperr, Sorn ju brefcpen, fo brifcpt er Sorn; befiehlt er ipm aber, bie SRufcpifS ju brefcpen, fo brifcfjt etJnefe. (Stücf genug für ipn, baff er fcptägt, unb nu!jt gefdpffcgen wirb. Stufjerbem war er ja tjigeuner, unb ein foicper pat betannfc ticp ftärtere Sterüen atS bie anbern SRenftpen.

Stm Sßorabenbe beS ipocpjeitStaaeS befapt Saimona ber Siabotta fiep ipr buntes SBrauttfeib an juprobiten ; fo fteHte fie biefetbe bem §errn oor. @r" triWrtrag ÜDtäbcpen unb Köpfte fie auf bie SSangen:

„Siepft Su? 3 cp freue midp, bajj Su ein fo epr» bares SRäbcpen geworben bift. 3<P pobe Sicp aus ber ißfüpe perauSgejogen, in wetepe Su oerfunten warft. SRicpt wapr, eS ift gut, ein braüeS SRäbcpen ju fein?"

Siabotta ftürjte auf ipre Snie unb füjjte feine beiben Süpe.

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„•Kidjt Wafer, e! ift fc^ön Sraut j$u fein? ge^t liebft ®u beinen Setter ©cfeinfo fdfeon? nicf)t Wafer?"

®a! Stäbchen tierbarg fcfeainfeaft fein 91nttife.

„Sun jeige, wie ®u füffen fannft? 3Bo ift (Sdjinto?"

2lber Siabolta liefe fidj nicht tüffen ©djinlo foll fei! jur Trauung warten.

„(Sin Waderei Stäbchen!" lobte fie ber §err. „3e|t führet fie jum open, bamit fie bete, beicfjte unb lotnmuni» cire; am Storgen follen bie Srautmäbcfeen, Seiftänbe unb Srautfüferer fie abfeolen. Segleite fie, ©cfeinfo!"

Sad) iljrer (Sntfernuitg liefe ®aimona ba! anbere Srautpaar fommen. Sie waren einer bei anbern wärbig : Sul unb ißolhfa.

®er budlige Sräutigam War in ein feübfehe! ©amo= jebenfleib gehüllt, bis jur 3efee in ein SobbenfeH, feine Stü^e war mit jWei ^afenoferen gejiert, ' wäferenb bie fcfeiefmäulige Staut all türfifdje Dbalilte tierfleibet war. ®al machte fie noch fdferedlicher.

„3n ber ®feat, ein herrliche! Saar!" lacfete ber £>err. „3<h möcfete nur wiffen, ob fie biefer grofee Sudel beim Stüffen nicht fjinbern Wirb?"

„®al tfeut nicht!," fagte bie grau. „Sfere Slrme ftnb lang genug, fid) bie fjaare jaufen $u tonnen!"

Unb e! brauchte gar teiner grofeen Stufmunterung, fie auch tior ber Stauung baju ju bewegen; ein SEBort hätte genügt, unb fie wären bereit gewefen, groben ihrer ehelichen gärttidifeit abjulegen.

„®a! wirb morgen ein föftliche! Sergnügen fein!" fpracfe ®aimona.

„(Sin gelungener Spafe!" fefete ber ßerr hinju.

„Söift ®u mit meinem (SinfaUe jufrieben?"

„®u bringft ein Steifterftücf juwege."

„Sun, Wenn ®u mich liebft, thu, wa! ich wache!"

SBann hätte ber Jperr ba! nicht bereitwillig getfean?

®e!halb liebten fie fich ja fo innig, weil bie (Sine nid)tl Sfeöricfete! erfinnen tonnte, Wal ber Slnbere nicht fogleidfe gutgeheifeen hätte.

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Stuf bie SZmelgerei folgte ber ©efang. ®aimona begann baS „iötefferlieb" unb StraftSejeff fang mit it)r ; „Sln'S SReffer mit iljm!"

35enn bie fünfte unter allen verbotenen tfrüd)ten beS SaunteS ber (£r!enntni| ift jene, menn ein glatter Höfling, ber gewohnt ift, ju fcl)mei(^eln, fiZ ju büden unb ju frieren, unbelaufdjt in feinem Zimmer, menn nur nod) fein Sopf vom SCßeine frei ift (unb nid)t beffen eblerer Uljeil : ber Serftanb) nad) £>eräenSluft ein 3teVolutionSlieb anftim* men barf, in meinem er feinen' ßernv unb beffen Wiener anfpeien fnnn.

„9llfo : beginnen mir rnieber von Vorne! 2Bo ift baS ©taS?" (5)enn bie geleerten Sedjer jerfZmetterte er nad): einanber an ber SBanb.)

3)a aber erfc^ien ftatt beS SecfjerS ber ©rof?munb= fd^enf Sdjinfö unb überreizte auf filberner Xaffe feinem iperrn einen Srief, ben ein berittener Sourier foeben gebraZt.

2lrattSejeff erfannte fogleiZ bie SZrift auf bem Souberte. @r fprang auf vom 25ivan, maZte feinen •Raden loS Von ben Sinnen 5)aimona’S unb feinen 3Runb eilig abtrodnenb, brüdte er ben Srief an Stirn unb Sippe, bann fpraZ er in bumpfem Hone :

,,©ib fjer bie SZeere!"

„SBoju bie SZeere? erbriZ ben Srief mit ber $anb!"

„S)ie ©djeere, menn iZ fage!" fZrie er jornig unb ergriff gemaltfarn bie Von 2)aimona’S ©ürtel an langer Sette perabl)ängenbe ©deere, nnb mäljrenb er mit jittern» ber Ipanb baS ißetfZaft auffZnitt, fpraZ er mit ber Stimme eines, gieberlranlen : „®aS ißetfZaft beS ©jaren .pflegt man n i Z t ju erbreZen!"

•„®eS Sjaren?" frug ftaunenb ®aimona.

StraftSejeff tonnte ben Srief fZnetl burZlefen, aufjer ber UnterfZrift ftanben bloS bie beiben SBorte brin: „Somme fogleiZ ■"

„Sringe SESaffer ! lalteS SEßaffer !" befalil er bem

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Sd&info. Unb atö biefer, nicf)t miffenb, too ju gehört, einen Sinter Sßaffer braute, ergriff ber £>err ba3 ©efd^irr mit beiben $änben unb trän!* barou§ in langen ßügen. ®aimona'3 Staunen tt>ucf)3 immer mef)r.

„2Ba$ fefjtt ®ir?"

„gef) mu| auf ber Stelle abreifen V4 feuchte ber £err. „Site, Sd^info! tafc einfbanneri. ,8tt>ölf Leiter foöen midf) mit gadfeftt begleiten; einer reite öorau§, um bei ben $ßoft= ämtern ^ßferbe ju befteflen. Stiege !"

„®u miflft abreifen?" frug ®aimona oernmnbert. „9luf ber Stelle! ber ©gar befiehlt eä!"

„Unb ®u eilft auf fein ®ef)eif3 jurücf ?"

„Sßie ba§ ®ofafenrof$ auf ben $fiff feinet §errn." „Unb miüft an ber morgigen greube nicf)t tfjeilnefjmen?" „gef) muf$ t^r entfagen."

„®u millft micf) toerfaffen?" fragte fie UornmrfSOotL „®u liebft micf) affo nid^t mef)r?"

„®er ©gar fdtjrieb mir eigenfjänbig," anttoortete ber iperr unb ^iett ifjr ben 83rief ljm*

„3Ba3 fümmert micf) fein 83rief?" fdjrie ®aimona unb mit ifjrer ßinfen ben Srief erfaffenb, fd^nitt fie mit ber Scf)eere in ifjrer $ftecf)ten ein Stücken baoon fjerauä.

hierauf ergrimmte ber |>err berart, baft er ®aimona'§ §anb fo ftar! fcfjlug, toie man im 3orne gu fragen pffegt.

„®u fjaft micf) gefcfjfagen! ®u fyaft micf) gum 2fbfcf)iebe gefdljfagen!"

®ie grau toanbte ficf) ab, legte if)r ©efidfjt auf ba$ Äiffen be§ SopfjaS unb meinte bitterlich

®odt) ber. §err t)atte je£t feine $eit, fie tröftenb gu nerfö^nen.

„Seisasz! ®ie§ ift bie ßofung! Sogfeidf)! Sogteid^ !" SBäre ein SReer in feinem SBege gelegen, fo fjätte er burdjfcf)tt)immen müffen! Um toie trief me^r affo Sßeiber* tfjränen! -

®a§ geft ber hoppelten Trauung fann gefeiert toerben, er ttrirb nicJjt mitfadjen.

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„@ile, eile, ©djinlo! bann lomme in mein .Qimmer, midi ju ragten!"

®er SRinifter ließ nämlid) mäljrenb feines 9lufentl)alteS in ©rufino feinen Satt unb ©djnurbart warfen, fo gefiel eS $aimona unb erft bei ber Slbreife liefe er fid) rnieber rafiren.

„®ib Sldfjt, bafe ®u mld) mit beinern Slafirmeffer nidjt fdineibeft," fprad) er ju ©dffinlo, als er begann, Sdjinfo mar ber ©injige, bem er feine Sefjle anbertraute. „SBenn mein ©efidjt fdjneibeft, fo erfcfeiefee id) 2)id) fofort." ®ie beiben SReifepiftolen lagen aud) im ©ereile feiner .'panb, ©djinlo mar beliutfam unb beenbigte feine Operation, ohne baS 2lntli| beS $errn berieft ju feaben. Unb bieS mar ein grofeeS ©liidf für . . . SlraltSejeff. ®enn ber gigeunerburfdfe mar entfdjtoffen, bei ber geringften $er= le|ung bie ®el)le feines £errn burdfjjufdjneiben, bamit er ifen nidR erfd^iefeen lönne. Niemals ftanb 3lraltSejeff feinem ©rabe näfeer.

ÜtlS er fertig mar, erllangen fdjon im fpofe bie ©löddjen ber brei eingefpannten £engfte.

SlrattSejeff barg ben SBrief beS ©jaren an feiner 93ruft unb eilte, fid) bon 25aimona 511 berabf trieben. Sie featte fid) in it)r Zimmer eingefdjloffen.

„Sdj feabe micf) fdjon fdjtafen gelegt."

„®ott mit ®ir, meine Xljeure!"

SReljr ju fpredien, I>atte er leine 3eit.

®aimona lonnte bon iljrent genfter aus fefeen, mie ber iReifemagen baljinrafte, bon smölf berittenen Sadel» trägern begleitet.

©S mar ftodfinfter unb regnete in Strömen, rin SBetter, in meldieS man felbft leinen Kämmerer jur Xf)ür IjinauSfagen foHte.

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xxxvn.

■gtüff ww ^Reffet trifft tu’* «Äorj.

Straftgefeff mürbe bei feiner Stnfunft im fßalafte oon Sftitter ©atban empfangen.

„SBag ift baheim gefdjehen?" frag er, mäljrenb er bie ffteifefteiber gegen bie Uniform üertaufdjte.

„Sin überrafdjenber Umfchmung. Der Gjar Ijat fitf) beim Segräbniffe feiner Dod)ter mit ber Gjarin oerföhnt, unb feitbem hütet er fie unauggefefet. Scbe biptomatifcfee Slttion ift unterbrochen. Die gricd)iid)e Deputation mürbe nicht empfangen. Die ©arbeoberften mürben in ihre Kolonien jurücfgefchicft."

„Unb mag fagen bie grauen? bag ift bie fpauptfache."

„Den grauen ift jefet ferner nahe ju tommen. Seit» bem fich ber ©jar unb bie ©jarin oerföhnt hoben, ift in St. fßetergburg plöfetich bie grauentreue SJtobe gemorben. Sieber giirft fährt feine gürftin fpajieren. Sluch giirftin ©hebimin ftotjirt mit Dftentation am Strme ihrcg ©atten unb benimmt fich prübe, bafe fie !aum meinen ©rufe ertoibert."

„Unb ßeneiba?"

„Die ift in Ungnabe gefallen. @g mürbe ifer burch ben Dberfthofmeifter befannt gegeben, bafe man eg hohen jDrtg nicht üerhinbern mürbe, menn fie bie fünftige Stag= gione unter einem günfligeren .pimmetgftridje jubringen mottte. Darauf fchicfte fie fofort ihr ©rnennunggbetret jurücf. Sie läfet ihre SJtöbetn terfaufen unb bereitet fich jur Steife."

„Unb mag mar bie Urfadje ber Ungnabe?"

„fßufchfin. Du meifet ja, bafe er Sophie Starifdjtin heiraten foDte."

„Dag heißt eg tjflt fich um eine ärjtliche Sift gehandelt. ®tan mottte bag Seben beg tränten ÜBtäbcheng üerlängem unb angenehmer machen, inbem man fie ber* tobte."

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„Slber beStjalb mar ißufdjfin boe^ tl)r ^Bräutigam, unb ber ©jar War empfinblid) baburdj berührt, ba| jid) ißufdjfin am felben Sage, an welchem Sophie begraben würbe, mit ber fd)önen Setljfaba trauen taffen tonnte, bie er ber gürftin ©Ifebimin entführte.

„Stl), er entführte ba3 Keine StönigSfräutein offne ßanb?"

„Sen Sjaren tränlt biefe ^perjlofigfeit. Sat)er feine Ungnabe gegen gräutein gtmarinen."

„2Bie fommt $eneiba baju?"

„Sie war 3euge &ei ißufdjfin’S Stauung."

„SBie, fie fetbft? Unb ißufd)tin würbe oon 3eneiba angebetet! Siefeä äßeib ift ein gefätjrlidjer ©Ijaratter!"

„3um ©lüd fann fie nid£)t oiet melfr fcfjaben. Sie Ijat atterbingS unt eine Slubienj beim ©jäten gebeten, aber ©e. SRajeftät antwortete, baR er fie nur in Seiner ©egenwart ju empfangen geneigt fei."

„9tun, bann foU ein bitterer ©mpfang werben! $dj banfe für bie guten S'tadfridften."

SlraftSejeff eilte nad) ber ©remitage. Wo ber ©jar Sormittag§ ju treffen war.

Slleganber reifte bem jurüdgefeljrten tpöfling ber Sag unb üftadft gereift war, um auf feinen 9luf ju erfdjeinen bewegt bie §anb.

„SJiein einziger unb wahrer gteunb!" ftüfterte ber fperrfdjcr.

„lftid)t ber einzige, ©ire! Ser erfte ift bie ©jarin."

„Su Ijaft SRecf)t. 3Sir tjaben un§ auf’s Sieue gefunben, unb idf erfahre erft fegt, baff id) eine ganje SBett in il)r jurüdgewomten. Saum erwarte id) bie SBiinute, welche mid) au§ biefem SBuft oon Sitten ju iijr nad) Ipaufe bringt."

,,3cf) ftet»e ju S3efeE)l, ©ire!"

„SaS ift mir ganj gelegen. Sefaffe Sidf nur mit biefem ©tofj oon papieren, aus welkem id) micp nidjt mel)r juredjtfinbe, unb ertebige SltleS nad) Seiner ©inficpt."

,,3d) rüljre mid) uid)t fort oon I)ier, ef)e SllleS fertig ift."

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,, Unter Slnberem ift audp baS ©efudt) grt. Qftmarinen'S um eine tefcte Slubiena unter ben papieren. Stntmorte ipr in meinem Stauten : 3d) toitt fie empfangen, bodp nur in Seiner ©egenmart. 3ept gepe idp in bie ®irdpe. Sort treffe idfj mit meiner ©ernatin jufammen. SSir patten baS Stequiem für bie arme.Soppie Starifdpfin."

StraftSejeff fteflte fiep, atS pörte er bieS gum erften SDtate, bann führte er in gotge biefer Ueberrafcpung eine tpeatratifepe ©eene auf mit allerlei Stugenberbrepungen, naep benen er fcptiefctidp bie §anb beS Sparen füfete. „3$ füllte, mie mir baS §erj mit biefer Srauernadpridpt perauSgeriffen mirb, ©ire!" ©r mar ber einzige Sftenfdp auf ber SBett, ber fiep über bie SobeSnadpriept biefer ungtüdftiepen ®inbeS freute.

Ser ©§ar lieft ipn allein in feinem StrbeitSjimmer, unb ber ©ünftting f)atte natürtiep ©itigereS ju tpun, atS baS ©efudp ßeneiben'S §u beantmorten. Sorerft rnuftte nodp nietet Stnbere ertebigt merben. 9tuS ber SOtenge ber eingetaufenen ©Triften mar eS erfieptlicp, baft bie SDtäufe tanken, menn bie $ape nid^t im £mufe ift. ©3 mar bereits Stiles mieber in Vemegung, um ben ©§aren auf ben 2Beg beS ßiberatiSmuS §urüd§ufüt)ren. Samit muffte in erfter Steife aufgeräumt merben! -

Seneiba mürbe an einem ber näcpften Sage, inmitten iprer Vorbereitungen $ur Steife, bon 3afuSfin überrafdpt.

„3$ bin gefommen, Sitten meine greube bar über auSjufpredpen, baft Sie uns bertaffen."

„Sine eigentpümtiepe 2trt beS SlbfdpiebeS."

„Slber begreiflich ! ©S ift gut für Sie, baft Sie gepen, unb auep mir fapren gut babei. Sie Stolle, metepe ©ie gefpielt f laben, ift $u ©nbe, unb barüber freue iep midp!"

„@S fepeint fo."

„StraftSejeff ift mieber aurüdgefeprt, unb feine eiferne £>anb fepmebt über unferen köpfen, ©ie paben ipn, fepöne. IBtabonna, auf feine SSeife bon hier entfernt. Stun ftettt eS fi<h perauS, baft bie feinen Sntriguen in nuferer Sltmofppäre nidptS helfen. Ser atte Sprann ift mieber ba,

Sölai: Oftel^eit. II. 9

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unb bet ©jar ift je|t Diel mef)r ttt feiner 2RaZt als früher."

„3Z erfahre eS. $ur lebten 2tubienj betam iZ nur in ber SBeife ©rtaubnifc, baß fie in feiner ©egenwart ftattfinbe."

„Unb Sie werben fjingefjen?"

„S« jebem Salle. SZ mufj ben ©jaren mit ißufdjfin üerföfjnen. *

„SRur be§£)alb motten Sie fjingefjen?"

„SßaS Ejätte i Z fonft noZ £)ier ju tf)un?"

„2tlfo nid)t, um 2lrattSejeff noZmatS aus bem Sattel ju lieben?"

„SZ f)abe lein ffltittet baju."

„9tun benn, iZ tjabe eins!"

„©troaS ©eWaltfameS?"

„©S ift bereits gefcEjetjen. @r ift morgen nic^t meljr in Petersburg. 3Z treffe it)n in'S fperj unb nic^t einmal mit einem fflteffer. Sein Scfiictfat fat ficf) bereits erfüllt. @r ift fZon begraben, obgleich er leine Sfiinung baoon pat. Sefen Sie biefen SSrief."

Stuf geneibenS ©efidjt WeZfelte $obtenbläffe unb Seuerrötlje, wälirenb fie ben it>r Don SaluSlin überreizten Sßrief überflog. Spre Sippen blieben Dor Staunen unb ©rauen offen als fie baS laS.

„Sf)t feib fZreclliZe SJlenfZen!" ftammelte fie, inbem fie ben Srief jurüclgab.

„tttidjt mal)r, wir berftef)en unfere SaZe!"

„Unb er weift noZ gar niZtS baDon?"

„@r f)at leinen SKenfZen, ber eS Wagte, it|m bieS belannt ju geben. SBlir l)at eS Sliaboffa felbft gefZrieben. 3Z f)«be ben SBrief copirt unb baS ©anje an ben ©jaren abreffirt burZ bie SoppienSfa Sßoft abgefanbt. SRöge er'S aus feinem ÜJlunbe erfahren, ober, was noZ toaljr= fZeinliZer ift, möge eS in feine |>änbe gelangen, wenn er bie SBriefe beS ©jaren öffnet. 2t f) geneiba ! wenn er biefen SBrief gerabe beläme, wälirenb Sie beim ©jaren jur 2tubienj finb! Sßenn Sie Zn in biefem 2lugenbtitfe fepen lönnten.

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511) ! um ben ©enuß biefer ©eene lönnte id) Sie beneiben!"

ßeneiba mar für ben anbern Sag jur Stubiens be= feßieben.

Ser ©jar !am gemößnlicf) gegen 5 Ußr SJtadjmittagS uon SRonplaifir unb berbraeßte bann eine furje ©tunbe in ber ©remitage, bem neben bem SBinterpalaft gelegenen Sieb» lingSaufentßalt Äatßarina'S II. £>ier mar feine Sibliotßef, in melier er ju arbeiten pflegte, ein feßr einfadß möblirter Salon ; £)iel;er braute man ißm aueß bie mit ber Sophien» poft angetangten Briefe. Ser ganje ©aal ftanb jeßt 9traf= tSejeff jur Verfügung, ber bom SERorgen bis jum Slbenb bort arbeitete unb allein baS ©cßicffal bc§ ganjen 9tiefen= reid^e§ beftimmte im Flamen beS ©jaren. Sleußere unb innere ißotitil, ^Religion, ©rjießung, §anbel, ginanjen, alles ßing oon feinem SMIen ab, bie SRinifter unb Statt» patter maren bloS feine puppen.

Wlejanber moKte bon nichts miffen; ungelefen unter» fdßrieb er 2lHeS, maS ißm 2lra!tSejeff borlegte. SBaS 3ener auf bie ©eite legte, mar nmfonft getrieben.

Slucß an biefem Sage arbeitete ber ©ünftling an bem eigenen ©eßreibtifeße bei ©jaren, mäßrenb Sllejanber felbft unrußig im 3*mmer auf unb ab ging, gür ben heutigen Sag mar SRiemanbem als grt. iglmarinen eine Slubienj bemiüigt.

ßeiteiba erfdßien jur beftimmten ©tunbe. Sie mar ganj in Srauer geßüKt, maS in fettfamem ©egenfaße ju ißrern rötßlicßblonben §aare ftanb.

Ser ©jar ging ifjr entgegen empfing fie aber mit großer ®älte. SlraftSejeff tljat, als bemerlte er fie laum; er menbete lein 5tuge Bon ben bor ißm liegenben papieren.

„gräulein Stmarinen," fagte Sllejanber, „Sie motlten perfönlidß mit mir fpredjen. ©preßen ©ie, maS ift Sßr SBunfcß?"

„SßoHen ©ure SRajeftät meine ®üßnßeit berjeißen, aber icß muß ©Triften übergeben, bie mir itjr 9lbfenber mit ber Sßeifung anöertraut ßat, baß idß fie nur ©urer 3Raje»

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ftät, unb nur perfönlid) überreife. ©Jiefeä ijßadet ©Triften ift ba3 Xagebucfe ber üerflärten ©opfeie -Jtarijdjfin!"

©)er ©$ar feufjte tief unb fogte mit jitternber Stimme :

„SlrmeS ffiinb!"

,,©)aS war ifer legier SBunfcfe unb icfe mufete ifen erfüllen. "

„Sie Waren atfo bei it>r in iJjrer testen ©tunbe?"

„Unb aucfe fpäter nocfe. ©ie liefe micfe ju ficfe rufen."

„Sie feaben ifer bie Stugen jugebrüdt?"

Beneiba nicfte nur ftumm.

„Sidj banle Bfenen," fagte ber ©jar unb übernahm ba3 in feine weifee tafeln gebunbene Sagebucfe ; er reichte Beneiben feine £>anb. . . . eine lauwarme, toeicfee, bünne Jpanb, ofene jeben ®rucf.

Beneiba füfete bie $anb.

„fabelt ©ie irgenb einen SEBunfcfe, gräulein 31ma= rinen?"

„9tur ©inen, ©ire! bafe ©ie bie ©ewogenfecit feaben, in meiner 2tnw ef entjeit bie brei lebten Slätter üon @opfeien§ Xagebucfe ju lefen."

S)er ©jar blidfte feinter fiel), wie um Ütraftäejeff ju fragen, ob er eS geftatte? ©rft bann entfcfelofe er ficfe jur ©rfüHung ifjreS 2Bunfc£)e§. ©r öffnete baö Sagebucfe unb la§.

Gr bife feine Sippen jufammen, um feine SRüferung ju oerbergen. ®ocfe Beneiba wufete ja, wa8 ber ©jar laö; fie fannte beit ganzen Qrtfeatt be« XagebudjeS : jene testen Wirren Beilen, Welcfee bie pdenbe Jpanb eines uitgliidlicfecn Äinbe§ fdjrieb, weidjes fefenenb unb fürdjtenb bie falte Umarmung beö 2obe§ erwartete. Unb als ber ©jar naefe bem Sefen ber lebten ©eite ju Beneiba aufblidte, jafe er ifere 91ugen mit jEferänen erfiiQt

SßortloS bewegte er fein £>aupt unb feufjte.

„SRidjt Wafer, ©ie Würtfcfete, bafe icfe bieS lefe, um ißufdjfin reinpwafefeen? ©ie wollte fo! ©ie war eine grofee, eble Seele!"

,,©)a§ war fie wirftiefe unb in ber Ifeat, ©ire!"

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„(Sie tooüte eg alfo, unb ^ufcpfin pat nur ipren lebten SBunfcp erfüllt, alg er fo jubelte?"

„Sr fonnte nicpt aitberg."

„3cp glaube eg. Sr fonnte nicpt anberg ! Unb bennocp öermag idp rnicp mit bem ©ebanfen nicpt $u oerföpnen, baß er eg tpat! baß er jur fetten Stunbe, in toelcper er bag Slntlifc ber eineu Sraut mit bem fieidpentudpe öerpüUte, bie Slnbere mit bem Srautfcpleier bebecfen fonnte! Sr mußte

eg ja tpun! - Unb bocp fcpeint eg ber menfcplicpen

Sernunft faft unoerftänblicp, toie bie ganje Stoigfeit im 3eitraume einer (Stunbe $la$ finbet! toie ein SKenfcp in einer (Stunbe oorn Sigpole big jum Slequator fliegen fann! toie gernanb in einer unb berfetten Stunbe eine tobte ©etiebte betrauern, unb eine lebenbe lieben fann!"

„Slber toenn er fie fcpon oorbem liebte?" frug ^eneiba

Mt.

„SBag fagen Sie?"

„SBenn bag, toag er für bie SSerflärte füllte, nicptg Shtbereg toar, alg Anbetung unb gren^enlofe Sereprung für eine Setoopnerin beg 3ettfeü3, bie bamalg mit ipren glügeln fdpon im £>immel toar, alg er fie fennen lernte? SBenn alle guneigung, gärtlidpfeit, $ulbigung, bie ipn §u ben Süßen feiner angebeteten ©raut führten, nur Opfer toaren, bar* gebradpt einer ^eiligen, um fie bem ßeben §u erhalten?"

Sttqcanber fdplug mit feiner Singerfpifce auf feine Stirne.

„Sie paben 9ied£)t! 2)arnacp pabe icp ja nocp nie ge- fragt. Sftiemalg fragte xd) ipn, ob ber Xraum eineg franfen SRäbcpeng tnepr alg ^pantafie ift? Sr ließ fiep unter bie Sraumbilber einreipen. 2)ag toar bag Sanje! Unb im §er§en liebte er eine Stnbere. r fie patte er fiep auf' geopfert. 2)urcp meinen Septer ift eg fo gefommen! benn, toag idp tpue, ift feplerpaft, unb jeher ftepler gefepiept burep miep!"

$ieg fpradp ber §err ber ßänber niept im $one ber Sitterfeit, fonbern mit ber traurigen Ulletancpolie ber Ueber* jeugung.

Sr toar bebauerngtoertp.

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ißlöfctich Wanbte er fich ju geneiba:

„SBünfchen Sie alfo, bafj ich ißufdjfin geftotten fott, jurüdjufetjren?"

„Utein, Sire! Gr ift gut aufgehoben. Sßer ihm gut ift. Wirb fieser wünfcljen, ba£t er ferne o on hier gtücfticf» lebe!"

®aS überrafchte StraftSejeff : er Warf bie gebet auf baS Rapier nieber unb flaute auf ju 3eneiba.

„Unb für fich felbft hüben Sie feinen SBunfcf)?" frug ber Gjar.

„Sch berlaffe morgen St. Petersburg, Sire!"

„Unb wünfdjen Sie nicht, bah i<h 3hnen baS Grnen« nungSpatent $urüdfcf)tde?"

0, Wie ftolj erhob fie bei biefen SBorten ihre Stirne! 8tu<h fie ift eine Königin! Sie bewies eS auch.

„Sire! Wo man mir einmal anjeigt, bah weine 2ln= Wefenheit unangenehm ift, bort bleibe ich nicht!" $aS War ein fühneS SBort! Stngrenjenb an gelonie! So pflegt man nicht bor bem S'aifer alter Sfteuhen ju fprechen! ®er ©ünftling fprang boit feinem Si|e auf unb antwortete ftatt beS melancholifchen gefrönten §aupteS ber ftoljen ®ame:

„SBiffen Sie, mein gräulein, bah Pflichten gibt, bie beim berieten Ghrgefüf)le nicht aufhören; bahin gehört bie $utbigung bor jenem Xfjrone unb ^errfdjer, bem Sie Shren SRuhw berbanfen."

BeneibenS Stufen wogte, ihre rofigen Siafenftügel er« Weiterten fiel), wie bie beS ßebra, baS »um Kampfe mit bem SBolfe bereit ift. Shre Qtohen, wetterleudjtenben, fdjwarjen 91ugen brohten ben ©ünftling ju berühren, ihre Sippen bebten, Wie bom Sieber gerüttelt.

„©näbiger |>err! ..." feudEjte fie . . „GS gibt SJten* fchen, Welche ben $anf gegen ihre SGBohlthüter bis auf bie anbere Hälfte ber Grbe mit fich nehmen, unb bie, wenn fie baS Unglüd hatten, bie ©unft ihres erhabenen ®e= f<hü|erS ju berlieren, bod; nicht nach £>aufe gehen, um baS „ÜJtefferlieb" ju fingen."

$>aS war ein fo graufamer Schlag auf’S $aupt SlraftSejeff’S, bah er fich surüdfegte unb that, als ob er

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nidjt ber SRü^e mertf) hielte, auf biefe Snfinuation ju antworten, Soflte biefe $ame mirflid) etma§ miffen? §at fie iljre geheimen Spione? t)iefleid)t 2)iabotfa? ba§ 3*9^= nertnäbdfjen !ann ja fdfjon fdjreiben!

Statt be§ berftummten @iinftling3 nafjm jept ber iperr bie San^e auf. So mar audf) gut. SBemt ber Snedjt ben §errn bertfjeibigt, bertljeibigt aud) ber £err ben Änedjt.

„Sie ljaben bitteren Semerfungen am unrecfjten Drte angeioanbt, gtäulein Slmarinen! SBemt in ©rofc Sftufjlanb einen SRann gibt, melier als boflfommeneä SRufterbilb ber 9lnl)änglid)feit unb Untert^anentreue t)in* gefteßt merben barf : fo ift er e3 ! er, ber mid) in meine Sd)ladf)ten begleitete, jebe ©efat)r mit mir feilte, unb fidj bodj nie einen Xfjeil meinet 9tul)me3 erbat! ber ioadf) ift, bamit idfj fdjtafen tönne, ber aßer SBelt tropt, um midj ju befdjiipen; ber aßein bei mir au3= fjarrte, menn mid) 2tße§ berliefj : ba§ ift 2lraft£ejeff! 9Bie biele fernere groben ber Xreue tjatte er ju hefteten! 2Bie oft jmangen mid) feine geinbe, if)n bon mir ju ent* fernen! Unb bocf), fo oft idfj ifpt rief, fam er jurüd, oljne einen Saut ber Stage! 3d) t )abe fein ^erj getroffen, aU id) feinen einzigen Sol)n tierbannte. Unb er fagte, idf) Ijabe 9te<f)t, fiifete meine §anb unb blieb mir treu. ®a£ ift SlraftSejeff!"

S)odt) ber ©ünftting fonnte fid) biefer faifertidfjen Slnerfennung nidf)t met)r erfreuen, benn als er fidj nieber* fefcte unb junt SBemeife feiner beradjtenben ©teidfjgittigfeit bie Sopljienpoft öffnete, ba geriet^ jener ©rief in feilte £anb, bon bem 3>afu§fin mit 3^tteiben gefprodfjen Ijatte, unb biefer ©rief feffette foldfyermafjen feine 9tufmer!fam!eit, bafc er baburdt) unglaublid)! felbft feine SobeSerljebung bon ben Sippen be£ Sparen überhörte.

Unb 3^etba fat), mie biefer ©efidjt fid^ bor tjöflifdjer Dual berjerrte, toie fid£) in namenlofem Sdjreden judenb in bie Sarrifatur eines mafjnfinnigen ©efpenfteS ummanbette; fie fa^, mie fid} fein £aar emporridjtete,

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feine Sippen blau würben unb feine Singen au8 iftren Weiften fjöftlen ftarrten.

„SBefte mir!" brüllte er plöftlicft in fo beftialifeftem Sone, baft ber ©gar fiel) erfeftroden umwanbte. Slraftgejeff feftlug ben S3rief mit feinen beiben fpänben an fein $erg, wie man mit bem §aare beg tollen f?unbeg beffen S3ift gu ftetfen pflegt, ober wie man mit bem erfdjtagenen ©forpion beffen ©tieft fteilet; bann fprang er oon feinem ©ifte empor, „SBefte mir, wefte, baft ieft fterfam! SBarum War idft bamalg nieftt bort?"

Unb er ftürgte wie ein SBaftnWiftiger ftinaug.

Ser ©gar glaubte, baft fieft ein SBaftnfimtganfall feineg (Sünfttingg bemäefttigt ftatte. @r ftielt iftn gurüd.

„SUejej Stnbreooitfcft ! .... SBag feftlt Sir? SBoftin eileft Su?"

- „SSergeiftung, ©iajeftät ! ieft muft naeft ©rufino."

„Su WiÖft mieft jeftt oerlaffen? bie ©taatgangetegen* fteiten? bag Sanb?"

Beneiba ftettte fieft mit oerfcftlungenen SIrmen bor Strattgefeff ftin unb faft iftn an.

Siefer 331id maeftte iftn für einen SDtoment niiefttern ; er gwang auf fein Stnttig bie falte SRufte gurüd, unb wäftrenb ber ©gar feine fpanb begütigenb auf feinen 21 rm legte, fämpfte in iftm bie Söiagfe mit bem wirflicften SDtenfcften.

Siegmal aber fiegte ber SJtenfcft über bie SKagfe.

®r feftlug fieft auf bie ©time mit ber gauft, in welefter er ben gerbrüdten 23 rief ftielt, unb feftrie mit ber Stimme beg SBaftnfinneg :

„SBag fümmert mieft SRufttanb? SBag biefer . gange etenbe planet? SBag bie ©garen unb bie ©ötter? SBenn fie fo etWag gefefteften tieften! SBefte mir!"

Unb bie fjanb beg ©garen oon fieft ftoftenb, ftürgte er feftreienb bureft bie ©öle ftinaug, wie ein gum Sobe (betroffener. Slueft ben S3rief an ben ©garen naftm er mit fieft.

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„33ag tonnte biefem SRenfdjen gefdjetjen fein?'' fpradj ftaunenb ber ©gar.

©r fjatte i^n ja foeben um fotdtjer Sugenben mitten gepriefen, mie fie fidf) fo gatjtreidt) nur in eineg SJlenfdjen Stuft oereinigen, unb je£t täfct fidj biefer eine äRenfdjj gu einem fo rollen, gemattfamen Stugbrudtje Ijinreifjen, mie i§n SRiemanb fetbft üor einem $uobeg=©ouoerän magen mürbe, gefdjmeige üor bem ruffifd^en ©garen! Siet* leidet liegt im äuge biefeg SKäbdjeng eine gemiffe 3 aaber* traft fie tjatte it)n immer angebtidt metdt)e nüchterne SRerifdjen fo närrifdf) madjt, baft fie bag ©taatgfieget gu ben Säften ifjrer $errfd)er fcfyteubern unb gn i^nen fagen: „SBa^ tümmert mid) bein Sanb, mag bift bu mir fetbft unb beine ©ötter!"

©ein Stid festen aug 3^^^ng 3tngefid^t bag ©e= tjeimnifj erforfdjen gu motten.

Sie Äünftterin mottte fid) gurüdgieljen.

„Steiben Sie!"

„2Bemt ©ner ÜKajeftät eg münfdjjen, bleibe id) unb reife nid£>t ab."

„SBiffen Sie, mag biefem SRenfd&en fetjtt?"

,,3d) meife eg."

„©rgäfyten Sie eg."

XXXVIII.

Pie ^ragi-^omöbie in gtrnßno.

Sie Soppett)oc§geit muffte gefeiert merben; bie gefammte Seöötterung mar bereitg gut |>odjgeit entboten morben. Ser §of beg Saftettg ©rufino mar fdfjon geitti i) SRorgeng gefüllt mit ftaunenben ßeibeigenen. @g galt bag fetjönfte unb bag garftigfte Srautpaar gum 2ttta re gu geleiten.

©rojjartig maren bie getroffenen Sorbereitungen; fdjon öor brei Sagen fjatte man begonnen, bag ntannig-

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faltige nationale Sacfmer! §u Bereiten, im §ofe mären für bie ©äfte lange Saubgänge errietet morben, ba£ £t)or mar mit Srönjen unb farbigen $ran8parenten jum $riumpt)bogen umgeftattet morben. 3fn ber SRitte be3 $ofe$ ftanb ein ftaffetförmigeä Softament, überbecft non bunten XeppidE)en auä 3ie9^aar; auf bem ^Joftament ftanb ber &ifc§ mit bem Silbe ber Jungfrau SDlaria, ber öerbecfte Seiler, in meinem fiel) bie Xrauringe befinben, ferner Seid), ©al§ unb Srob !ur§ alle ®inge, metdje ju jener Zeremonie erforbertief) finb, metd&e ber Srauung öoranget)t. bebarf nämlicf) gar Dieter Umftänbtidljfeiten, biä ba§ Srautpaar t}atbmeg$ in bie £änbe be§ ©eifttidfjen !ommt. Si§ baf)in muft ba§ Srautpaar gar Diel au§ftet)en Don ben Seiftänben, bem Srautfüljrer, ber Srautjungfer unb ber £oc£)äeit3mutter.

®ie ^od^geit^mutter fpielt gar eine grofee SRoKe. Si§ jur ®ird^entt)ür ift fie bie £errfd£)erin.

dermalen ift Saimona bie ^odE^eitämutter. ©ie oer= tjeir attjet itjren Seibeigenen mit iljrer ©ftaoin; fie ift it)nen 9Rutter. gür fie ift jener t)ot)e 2etmftut)t bort auf ber Sribüne aufgefteHt.

$luf ba§ erfte ©tocEengeid^en nimmt bie Zeremonie it)ren Slufang. Som £aufe be§ $open t)er bringen bie 9KäbdE)en bie aufgepu^te Sraut. 2)a3 ®leib $iabolfa'3 glänzt prächtig in ber ferneren ©olbftieferei, bie fdjlanfe SaiKe umfpannt ein foftbarer ©ürtel, um ben #at3 fdfjtingt fidt) fünffach eine ©d£)nur mit ©olbmün^en; ber Sopfbufc ift eitet ©betftein. 9Kan fönnte glauben, eine gürftin fteljt Dor un§.

9luf einer anbern ©eite ertönt ba§ $orn unb bie Seiftänbe unb ^unggefetlen geleiten ben Sräutigam, ©dfjinfo; ba§ fdfjnedEenförmig geringelte, fotitfd^marje, auf bie ©djuttern tjerabmallenbe £aar oerrätt), trofc be£ ruf= fifdfyen SRationalcoftümä, bie inbifd^e Slbftammung be3 SräutigamS.

$)ie SfunggefeDen Begrüben fingenb baä SRaljen ber Sraut unb geleiten ba£ Srautyaar auf bie Jribüne.

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©on beit Ställen f)er mirb fobann ba£ jtoeite ©raut= paar gebracht. Sin l}eittofe§ Sdfyreien,# ba§ Duiden be§ ®ubelfad§ begleitet ba§ ©rautpaar. ®er ©omp be3 £od^ jeitöfleibeS macpt ba§ ©rautpaar nur nod) lädfjerlidfjer. Spottöerfe begrüben ba§ ©rautpaar, toa£ bentfelben fe^r gefällt. 93eibe finb bereite ftar! beraufdfyt : fie füffen ber 9ieif)e nadf) 3eben, ber in it>re §änbe fällt. SKur alä ©eibe fidt) nähern, fdfjneiben fie gegenfeitig ©rintaffen; toäljrenb fie bie Stufen ^inauffteigen, fneipt bie ©raut ben ©räuti- gam tüdjtig in ben 2lrm, ber ©räutigam ttrieber Derfefct mit bent pße ber ©raut einen Stoß.

Sludj biefeä ©rautpaar luirb neben ben Sifdf) poftirt, fo baß beibe ©räutigam§ unb beibe ©räute an ber @de be§ Sif$e3 fielen.

©ei bent feiten ©loden^en^en fteigt bie £od)5eit§s mutter mit ttjrern ganzen ©efolge Dom SafteH tierab. $a§ ©efolge bilben 12 Sllaüinnen, fämmtlicp in SBeiß geflei= bet; bitbet an beiben Seiten ber Sreppe Spalier; bie ^odföeitSmutter betritt allein bie Sribiine unb nimmt ben bort aufgeftettten Stroit ein.

Sie i>odt)3eit3mutter ift gan§ luie eine Königin geltet bet: fie trägt einen ©urpurmantet, bie SKarbermü^e ift mit perlen unb mit ©olb geftidt, ba§ 2lntli£ ift gefdjminft, tneiß unb rotij.

Sie beginnt bie (Zeremonie.

„Sdfyinfo! 2Ba§ bringft ;$u ber ©raut al3 ©rautgefdjenf?"

Sd)in!o jä^lt l)er, toa§ er al3 ©rautgefdtjenf bringt :

„3toei buntgefärbte ©etten, einen fucf)3öerbrämten ©elj au§ ^araffia^Sudl}, einen ©ruftfled mit filbernen knöpfen, einen mit perlen befehlen SofoSnif, jtoei paar rottje Stiefel, ein geftidteä Seinttmnbljemb, jtuölf zinnerne Setter unb eine Scfyüffel unb eine golbgeftidteä föopftudj mit Schleier toemt fie fid} brau auffüfjrt."

911T biefe ©aben toerben burd) bie ©rautfüt)rer tjer= gebraut unb einzeln ben £>odf)§eit§gäften gegeigt.

®ie ©raut bagegen fd£)en!t bem ©räutigam : Kleiber,

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©djmud, ^muggercitbe unb gum ©cbtufj ein 5BünbeI83irfen= Tutijeu : „bamit foü er mich gültigen, tuen« ich mich fcbtedjt betrage."

SRun fomrnt bie Steife an bag 5 weite ^Brautpaar.

„SRun ißolpfa, wag bringft Su Seinem SBräutigam bar?"

9lber bieg fdjöne augerwübtte ißaar bnlbet nid)t, bafj ©ne§ üor bem Stnbern fpredje ; ©neg entreißt bem Stnbern bag SBort unb beibe fprubetn heftig beraub :

„Sdj eine« gertumpten StRantet."

„S<b eine §erlöc£)erte Safferote."

„34 einen geraffenen ©trumpf, in Welchen 10 Sahen eine 9ÜRaug nidjt fangen fönnen."

„Sch einen teeren Srug, in wettern einft ^Branntwein War."

„Scb eine Sudjet, bie feinen Uebergug bot unb bie nur noch ber SBettfebern bebarf."

Sag Iwtbgeitgüotf tacbte fi <b Wäbrenb biefeg ßwie= gefprädjeg bcö ©rautpaareg faft tobt.

„Unb bann gwötf ißaar „dubina!“ ruft taut tacbenb ber öräutigam aug.

„Sag Sing bot aber gwei @nben!" erwibert fid)emb bie 33raut.

Sag SBort „dubina“, bag fo Weicb ftingt, bebeutet in anberen barbarifdjen europäifcben Sprachen fooiet atg ©tocf.

„Ser ©ad bot feinen gted gefunben! Ser ©ffigfrug feinen ©töpfet! Unb bag wie!" Wiehert bag ^odjgeitgöotf.

„SRun, Weibfett atfo bie SRinge," fpridjt Saimona gu ben SBrautteuten. „Sn biefem oerbedten Setter liegen bie Stinge. Sie fRinge beg einen ißaareg finb aug ®otb unb ©itber, ber 23rant gehört ber ©otbring, bem Sräutigam ber IRing aug ©itber. Sie SRinge beg gweiten Sßaareg finb aug Supfer unb SBtei. Sebeg wäbte feinen SRing."

Sie SpocbgeitSmutter hob Don bem fitbernen Selter bie feibene Sede unb winfte Siabotfa, fie möge beginnen.

Siabotfa nahm ben ©otbring unb ben ©itberring,

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ftetftc beit Solbring an ihren Singer, ben fitbernen reifte fie @chin!o bar.

Sa ergriff Saintona bie §anb Siabotta’g. „SRicht fo! Su mirft ben filbernen SRing bern Un! geben, ©dhinto ba~ gegen ben Äupferring ber $otp!a. Sein Bräutigam ift nämlich Un!, ©dhinto bagegen ift ber Bräutigam *ßotp!a'g. @o ift'g angeorbnet."

Sin tautet Setächter folgte biefen SBorten. Sag ift benn bod^ ein göttlicher ©pafc! Un! mit Siabolta, *ßolt)!a mit ©chinto! Sie igmchjeitgmutter t>at bag SRedfü, ihre ßeibeigenen ju oerheirathen, fo mie eg ihr gefällt. Ser Körper ber ßeibeigenen gehört ihr, fomie ber Körper beg *ßferbeg unb beg ©felg. ©ie !ann bie ßeibeigenen paaren, fo mie fie eg mitt.

Sag Semiefjer ber £ochjeitggäfte mirb nodh lauter, atg beibe beraufd£)te Ungethümer, auf bie ermunternben Söorte ber £ochjeitgmutter, plöfclich auf bag ihnen übergebene fchöne $aar logftürjen. @g mar fpafehnft ju feljen, mie bie fdE)ief= mäulige $olp!a fid^ mit ihren langen Slrmen bemüht ben ®opf ©chinfo'g ju fidh tyxafynftttyn, um ihn ju Kiffen. Siefer breht unb menbet feinen Sopf, um bem ®uffe aug=- jumeichen. Ser bucftige, jmerghafte Un! fprang, ba er bag Slnttifc Siabolta'g rtid^t erreichen !onnte, auf ben SifdE) unb ftredfte non hie* aug feine Slrme nach SiaboÜa aug.

Sag $eläd£)ter mürbe nur unterbrochen, alg Siabolta, angefidhtg beg §ochjeitgt)ol!eg, mit beiben |>änben ihrem Bräutigam einen ©tofc in bie Sruft gab, baf$ biefer rüdf= liugg üom Sifdhe, öon ber Sribüne ftürjte unb unter bie Säfte lotterte.

Sag mirb fdhledht enben!

Saimona fprang mie eine Surie an ben Sifdh unb fdhtug mit ber Sauft heftig auf benfelben.

Siefer Schlag tiefe bag ßacheit unter ben ßuhörern plö^lidh üerftummen. 2luf ben Sefichtern ftanb noch bag Srinfen, aber bag SSJort mar im tadhenben SRunbe erftarrt.

Sag ift fdfjon !ein ©pafc mehr!

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„®u mittft ben Bräutigam, ben i dh ®ir erforen, ttidjt annehmen?" freifdhte müthenb $aimona.

„•Kein!" ermiberte ba£ Sötäbchen mit bem gufee ftam= pfenb, „nein!"

„®u §unb! ®u gigeunerifcher Xeufet! ®u magft e3 mir gegenüber gu treten? 9Kir, ber ich Sich au£ bem Sehri d)t aufgehoben."

„Sftun, tafe mich gurüdf ehren gum Kehricht."

„$ie3 mirb gef drehen! SBittft $u ben ©räutigam nicht, ben id) Sir gegeben fyabt, bann tege auch ben ©rautman= tet ab, ben id) Sir gab, unb geh in bem ßigeunerfittet fort, in bem fie Sich gebraut haben."

Siabotfa entlebigte fid) mortto£ ber foftbaren geftidten Kleiber unb legte 9tlle§ auf bie ©rbe nieber, felbft au§ bem §aar töfte fie bie Seibenbänber, nur im £e mbe ftanb fie nod) ba.

„Stuch biefeä $emb ift mein, giefj' au§!"

Sa§ 9tntti£ be$ 3Dtäbd)en£ errötljete tief. Siabotfa lernte errötljen. Sieä mar ber gmed! Sie Seele in ihr foltte ermedt merben, bamit fie miffe mie fchmergticfe bie „@df)am" fei.

,,©or fo nieten äRenfdhen?" !am bebenb öon ihren Sippen.

„33ie erft bann, menn fie Sid£) in bie SKitte be3 3Rarfte3 an ben Pranger ftetlen, bort merben Sidf) noc§ mehr Seute fehen! Su haft aud) ©runb Sich gufchämen! Su ©turne ber SBirthähau^fdhitber !

„Safe' mir früher meine Sumpen geben!"

„®teid(j befommft Su fie! 3m äftomente fucht man fie unter bem $tunber. SKun! mirft Su ba3 $emb au§= giehen? Ober foü id) Sir herunterreifeen taffen?"

Saä SKäbdhen tiefe bie tepte §üHe öon ihrem Seibe gur @rbe gleiten, bann bebedte fie mit beiben $änben ihr Slnttifc unb meinte.

„§ahaha!" tachte Saimona, unb hierauf brach and) ^er rohe $aufe in Sachen au£. „Sßahrtich eine fdhöne ©raut."

Unb biefeä Sachen, mie fehr fdhmergte e$! Sa3

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„skrossz stoi" (®eifteluitg) fcftmeräte üietteicftt ben ©erur- feilten, ber bie Seiten pteimat auf, atoeimat ab fpaprett muft, nieftt mefjr als bieje Semütfjigung, biefeS Serfpotten baS SRäbcften feftmerpe, baS bereits gewöhnt toar, als ber (Sünftling, atS bie intime gremtbin ber £errin, als ein anftänbigeS Sräutein betrautet p toerbett.

„®ib mir meine Kleiber prücf!" grollte Siabotfa. ,,®teid) befommft Su fie, toarte nur! Sie 3i9^ner= tradjt fjat nod) eine Srgänpng p erhalten, ©orljer be= fomrnft Su nodj eine Sradft ©rüget für Seine ©ermeffen= fteit. ©djinfo! tritt f)erüor!"

3f)n fetbft, ben öfteren ©ruber ben ßiebljaber ben ©räutigam forbert fie auf.

©djinfo trug fetbft nod£> als ©räutigam baS Symbol feines StmteS, bie fur§ftietige ©eitfdje an feinem ®ürtet befeftigt. Stuf baS Äommanbo ber §errin 50g er bie ©eit= fd^e fjeröor.

„©efttag' p!" befaßt Saimona.

SaS 9Räbdf)en f)iett fd^redfenSbleidE) beibe £änbe Dor bie Stugen.

„©ruber! Su fannft rnidj fd^Iagen ©0 toeit toar eS gefommen, baft fie ftdj öor ©dtjtägen fürchtete. Ober fd^redfte . fie nur baoor prüdf, baft eS @<§info'S §anb toar, bie bie ©eitfefje führte?

Ser 3igeunerburfdf)e f)atte fein genügenb tjarteS £era, um ben ©treieft p führen. @r toarf bie ©eitfefte toeg.

„|>unb, toirft Su bie ©eitfd£)e auffjeben! Ober fott id£) Sic| fammt itjr an ben ©dfytoeif eines toitben ©ferbeS binben taffen? |>au p! fo fange, bis idj fage genug! 50 ©treibe für midf), 50 für gunfer Seügen."

©eftinfo t)ob bie ©eitfdf)e auf.

SaS 3Dtäbdt)en toirft fidE) nun üerjtoeifeft Saimona p Stiften. Sie umftammert bie Sniee unb ft eftt fdjtudjjenb um ©rbarnten.

,,9tf)! 9lbfdE)eutidt)e, baS ift ber redete ©tafc!" ruft p^nefnirfdfjenb Saimona aus, ergreift baS bei ben Stiften fnienbe 2Jtäbdjen bei ben fangen 3tyfen unb fcfjreit @dt)info p:

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„Sefet pau’ §u!"

SJlit einem Sprung ftept ber gigeuner oor ipr mie ein ^äantper, mit feiner Sinfen pacft er ®aimona an ber ®epte, mit ber Siebten jiept er au£ bem ©ürtet fein SReffer.

©rfdprecft täfct Saimona $iabotfa fahren unb pebt jur SSertpeibigung ben Strrn. $a§ SJteffer be£ Seibeigenen bringt in bie Schulter, podp fpript ba§ 93tut empor.

„|>ej[! Änecpte! fangt ipn! trefft!" jettert ba£ SBeib. Sludp nidpt @iner rüt)rt fiep au§ ber Stenge. $aimona fap, bajj fie fiep fetbft übertaffen bleibt. Sie mar ein fräftigeä SBeib, oerftanb §u fämpfen; fie entreißt fiep baper ben ipänben be§ Seibeigenen, ftöftt ipn öon fidp, fpringt oon ber Sribüne perab unb läuft bie Xreppen jum Saftet! pinauf.

Sdpinfo ipr nadp.

Unb audp nidpt eine £anb rüprt fiep, ben Seibeigenen aufeupalten. 2)a3 gan§e $otf, bie gefammte 3)ienerfcpaft fiept ju, mie Sdpinfo ber ^errin nadpftürjt, mie er fie neuerbingS öerttmnbet. $a3 SBeib feprt fidp um unb beginnt mit iprem SSerfotger jU ringen; ba3 SJteffer bringt mieber unb mieber in bie Sruft. SRodp einmal ftöfet b aS SBeib ben Angreifer jurüd, bann flüdptet in bie SKitte iprer ®ie* nerinnen : „$etft! fdpü^t miep!" 3)aS ©efinbe bebeeft mit ben £änben bie Dpren, bamit e$ baä Scpreien ber £errin nidpt pöre. Sitte, Sitte paffen bieS SBeib.

S)ann fiept man, feie bie Herrin burdp ben langen Sorribor ftiept, rufenb, fdpreienb; ipr auf ber gerfe ber blutige SKörber. Stiemanb eilt bem Säeibe §u £itfe.

Slm @nbe be§ Sorriborä ftept bie Statue eineä £>eiti* gen. £>ierper eilt ba§ SBeib, umftammert bie Sniee beä ^eiligen. Sludp ber ^eilige rüprt feine £anb §um Scpufce be£ SBeibe^.

©nbtiep tauft ba§ SBeib §ur SSruftmepr ber |>au§ftur unb mitt non biefer perabfpringen. £ier pott fie enbtidp ber SÄörber ein. 2)a§ ganje SSotf fiept, mie er bie Herrin öon ©rufino patb gebeugt über bie 33ruftmepr ftürjt tobt.

Unb nun tritt ber SJtörber tangfamen Sdpritteä bie

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Sreppe fierab. Ser 2Beg öffnet fid) tljm. (Sr fteigt bie föodj» jeitStribüne hinauf. Sort liegt, baS Slnttifc jur Erbe geteert, ein ÜJtäbd)en, bewegungslos oor ©direct, Bor ©djant, oor SSerjWeiflung. Sieben i£)r liegen jerftreut bie fpodjjeitstlei» ber. Ser SJlörber rotfclit an betn Srautfd)leier baS blutige SReffer ob, pacft baS älöb^en bei ber feanb, unb reifst eS empor.

©ie bliden fid^ in bie Singen. (Sin Stid, Wie ber jweier Wilber SSölfe. ©enug Siebe!

Sann liefen SBeibe, |ianb in ;panb, IjinauS in bie Steppe, ljinauS in ben Sßalb, hinaus in baS 9lid)tS. Stie» ntnnb ljält fie auf.

Slie l)at man fie je gefunben.

3Ber oermödjte jwei aus iljrem Käfig befreite Sföölfe in ifjrem Steife $u jtnben, im SBalbe, im §aine, im ©djitfe, unter beit Semofjnern ber enblofen Steppe.

Stur an einem Orte fjielt baS paar SRaft, bort, wo Siabolfa, ju i^ren 3'geunern gelangenb, jenen SBrief an ^atuSfin fdjrieb, in welkem bie Sragitomöbie- in (Srufino erjäljtt warb, unb Bon bem hierauf eine Slbfdjrift in bie ,‘pättbe beS ©ünfttingS gelangte unb ifjit oon bem ©djre» denSfaß in Kenntnis fe|te. Sie ©taroften ©rufino’S Ratten nicb)t ben SOlutt), il)m baBon ju berieten.

^eneiba f)atte feljr gut baran getljan, bajj fie biefe ©efdjidjte perfönlid) bem Ejaren erjagte; 2lKe nämlidti, welche bem Ejaren fpäter Bon ber Sluttljat in ©rufino berichteten, erjä^lten bie ©efd)id)te fo, als ob fie mit bem Attentate beS Petersburger geheimen (SlubS enge pfammen= l)inge. SRan fudjte bie ÜÄotiBe ber 2f)at in twfjen Kreifen, beren Sotereffe eS war, ben ©iinftting aus ber Slälje beS Ejaren ju entfernen, bie bereits einmal burdj bie S3erban= nung beS ©oljneS baS enge S9anb jwifc^en S$ar unb ©iinft» ling jerreifjen Wollten, ©djinfo unb Siabolfa waren bie 3Riett)linge ber SSerfdjWörung.

2Bar etwas SßaljreS baran? Sliemanb Ejat bieS je auf» geflärt. §ätte aber irgenb Semanb ben Schlag gerietet, fo l)ätte biefer BoUftänbig getroffen. 9Jtan fal) in ben ®af=

36!oi : SJreiljeit. II. 10

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feit ©t. Petersburgs StraftSejeff uitbebecftett fpaupteS |erunt= laufen, bann of)ite £ut, mit aufgelöftem |>aar burc| bie Straßen jagen. (Ser redjte ort|oboje SRuffe geljt, wenn er trauert, jWei 2Boc|en |inburd| entblößten ,‘paupteS in ber Reißen Sonne, im ©türme.)

2tm Sage feiner glucßt brachte man auf jWei großen Sradjtmägen fämmttic|e Slftenbiinbel aus bem Palaft beS ©iinfttingS in bie taiferlidje (Sremitage jurücf. ©eine Drben, feine ©|renfäbet, ben ®äntmererfd)tüffel fcfjiclte er burd| ben Portier an ben sD6erft|ofmeifter. Unb in bem ülugenblicfe feiner 2lbreife fcfjredte ber Sonner ber Kanone „ber |ei= lige K|riftof" bie 93eWo|ner aus i|rer SRu|e auf. Sie= fer SSater ber Kanonen pflegte nur bann ju fprec|en, toenn ein ©eneral ftarb. Ser ©iinftling war felbft jum Äommanbanten ber Seftung gegangen unb |atte ben ©c|uß angeorbnet. Ser Sommanbant mußte ge= ßor^en, StraftSejeff War ber ß|ef ber Slrtiüerie. Stadjbem ber ©dfjuß abgefeuert war, frug ber geftungS=®ommanbant : „SBie |ieß ber üerftorbene ©eneral?-'

„SlraltSejef f 21nbreoWitf<| 2t lejr ej!"

9ta(| einigen Sagen «erna|m ber Sjar ©cßredenSbinge über SlraftSejeff. @S fd|ien, als ob ber ©iinftting «errücft geworben Wäre.

XYXTX.

Per fretttif.

@rft als StraftSejeff ben Sjar «erlaßen |atte, füllte ber mäßige SJtann, wie Oerlaffen er in ber SBett bafte|e.

3u Stiemanbem me|r |atte er Vertrauen; in Qebem faß er einen geinb, einen SerfcßWörer, unb feine wa|ren 81n= länger, falls er noc| fotdje befaß, |atte er burd| bie 3tüd= berufung 2Ira!tSejeff’S «erbittert, ©eine ©eneräle mad|te er burc| bie Stuflöfung ber 2eibwac|e, baburc|, baß er bie

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©riedjen im ©tidje liefe, unpfrieben. Sieben geheimen 93 unb braute er gegen fidj auf. 211S biefe bie KriegSerllärung fdjon erhalten Ratten, oerläfet jener Sitte, ber fte fennt, ber Snergie genug befiel, ifenen entgegen p treten, ben Kampf* pla| bei Segittn ber Operation.

2118 2lraltSejeff nadj ©rufino Ijeimgeleljrt mar, eilte er fdjnurftralS pr ©ruft, fperrte bie 2f)ür feinter ficfe ab, marf fidj bor bem ©arg $>aimona’S nieber, unb jmei Sage feinburd) feörte man nichts üon ifem als bitteres ©djtudjjen. Sr nimmt leine ©peife p fiel). Sr miH Jüngers fterben. Sr antmortet auf lein 2Bort, auf lein fjleljen. „$aimona" lautet auf 2lt(eS feine Stntmort.

Sr liebte bieS SSeib, mie nur bie fftiefen ber milben Xfeiere ifere SSeiber lieben, ber SiSbär, ber SSaHfifdj, baS ÜBaürofe : menn ber Siäger baS SSeibcfeen getöbtet feat, tann er audj baS SRänndjen tßbten, benn biefeS entfernt fidj nidjt bon ber Seiche, ßroei Sage Ijinburdj flehten bergebiid) bie ®ienftleute 2lraltSejeff’S bor ber Xljüre ber ©ruft; audj SRitter ©atban bat oergeölicf), er möge bodj IjerauS* lommen, möge fein tfeeureS Seben erhalten : er Ijörte nidjt auf feine ©etreuen. Umfonft mar eS, bafe fie iljn „füfeer, guter £>err, " „füfeer greunb," „21tejej 2lnbreomitfd|" nann* ten er fjörte nidjt auf fie.

21m britten Sage erfdpen fßljotioS, ber 2lrdjimanbrit beS KlofterS beS feeil. ©eorg bor ber ©ruft, ber rounber* tfeätige ^eilige, um beffen ©egen aus allen ©egenben fRufe* tanbS aüjä^rlicf» §unberttaufenbe prn Klofter pilgern. $)aS SBort beS ^eiligen gilt fobiel als bie Sude beS fßapfteS. 211S Spr 211ejanber L ben S3ollSunterricf)t in bie $änbe beS freifinnigen dürften ©alipn legte, ging ber 21rdjimanbrit pm Spr unb rief bemfetben bräuenb p : „SS e n n ® u deinem SBolle ben alten ©tauben nimmft, ft ür je ft $u bie ©runboefte $ eines SReicfjeS um!" 2tuf baS SBort beS Sremiten entliefe ber Sjar ben dürften ©atijpn; ber Unterridjt beS SSolleS berblieb in ben Rauben ber Zeitigen ©pnobe. ®aS ruffifcfee SSott Ijat immer „lebenbe ^eilige," barunter munberlicfje ^eilige.

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IßhotioS blieb t)or ber ©ruft fielen unb rief bent SWognaten ein SBort gu, baS biefer oerftanb :

* „Su in®ünben berfunfener 3Kif fetfjäter!"

SaS ©chmetjenSgebrütt in ber ©ruft öerftummte.

„Somm t)erau£ aus ber $öhle!"

Sie aufgeforberte ©eftalt wanfte heraus. Saum War fie ju erfennen. Ser feit Sagen nicht rafirte ©art umrahmte mit grauen ©orften baS 2lntti|, bie Stugen Waren oom SBeinen blutig, gerötijet, bie Sippen gefdjwotten; bie §aare liebten wirr an ber ©time, bie ©eneralS=Uniform war grün tion bem Slnftridje ber ©mft.

„SBaS wittft Su, ©iinber, in biefer ©ruft?"

„Sterben !"

„©ewift wirft Su fterben, Wie wir Sitte im ©olbe unferer ©ünben fterben Werben; wittft Su aber Seine ©chanbthaten frönenb, ohne ttteue fterben? SBittft Su an bem ©arge 3ener fterben, an beren ©eelenoerberbnifj Su bie ©dhutb trägft? Su Warft baS ©erbrechen ihres SebenS, unb Su wittft eS noch fein, ber fie jur fpötte bringt? SBahnWijjiger ©änber! Statt an bie ©u|e ju benfen, ftatt baran ju benfen bie ©eele biefer Sobten aus ben glommen ber .fjötte ju befreien, bie ohne ©mpfang ber ©aframente, ohne ©ufje, ohne Slbfolution bie SBett oerlaffen hat, gegeben ben ewigen Dualen, wittft auch Su nach ihr »et5 loten gehen? Srofcig wittft Su bie ©thronten ber fdjrecf* liehen anbern SBeit burdjbredjen, ftatt Sein .fjaupt beugenb um ©intaff ju flehen? gn biefen bunten Sappen wittft Su borthin gehen, wo bie Sumpen beS SajaruS mehr gelten, als biefe golbenen Stchfetbänber? ©ewifj, Su wirft fterben, aber nicht, wie eS Sir gefällt, fonbern Wie eS bem $errn gefallen wirb, ben Sob Sir bur<h bie ©uffe uerbienenb."

„Sn ben tiefen Satafomben," fuhr ißhotioS fort, „ift Sein ißlajj, nicht an ber ©eite Seiner ©eliebten. SeS SageS unter ben Strahlen ber heifjen Sonne, im ©ewitter, unter bem Reuten beS ©turmeS, unter fattenbem ©lajjregen ift Sein Drt! Seine Sleiber finb weggeworfene Sumpen, bie tttiemanb mehr tragen Witt! ©teh’ auf, folge mir!"

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Uitb ber SJtagnat öffnet bie 2f)iire ber ©ruft unb lommt, auf ben Spieen rutfdjenb, Ijeroor.

„Se|t ifl!" befahl ißfiotioS unb Warf bem Magnaten jWei Stöben öor.

®er SJtagnat l)ob bie Stuben auf unb a| fie.

„gefct fteibe ®idj um!" Unb er warf ifjm einen jer= lumpten SJtöndjSfjabit . ju, beffen ffarbe burc| Sonne unb Stegen öerwifdjt war. ®er SJtagnat jog bie ©eneralS=Uni= form aus unb jog ben |»abit an. Unb nadjbem bie £>ei(i= gen ljiep auf ©rben nidjt ju SSagen fahren, fo folgte er ju gufj unb baarfufs bem ^eiligen bis jur Pforte beS ©eorgSflofterS.

®aS ©eorgSflofter ift eines ber reidjften in Stufjtanb. ©S liegt nafje an ©rufino, am ©nbe ber burd) ben SSotf* twffcglufj unb ben glmersSee gebitbeten langen fpalbinfel. Seine oergotbeten Supp ein finb grün oon bem ©rünfpan, ber fidj feit S<d)tt)unberten an baS Tupfer legte, unb üer» breiten weit unb breit ben Stutjm beS StofterS. ®et ©ang innerhalb ber SOtauern beS SlofterS erbrüdt baS ©emütl). 33iS jum ©ewötbe fjinauf reifen bie filbernen ©mporien, mit ©olb tierjiert, reifen bie Orgeln; §eiligenbilber, bie in Sarfunletn gtänjen; SRofaif, bloS aus ©belfteiiten ge= bilbet; auf ben überreid) gefdpnüdten Slttären liegen foft= bare 33ibetn in Silber gebunben, emaiHirte SJtefjbüdjer; auf einem Slltär liegt ber ^eilige ©eorg felbft aus maffioem Silber. Unb erft in ber „riznilsza“ (Sdjafcfammer) Oer» fünben bie jaljllofen ^eiligen ©efafje, bie SJtitraS, |>irten= ftäbe, Sronen, mit Sßerten geftidten Stolen, bie golbenen SJtonftranjen : Wie reidj bodj ©ott ift! Unb bie ißriefter felbft, Weldje biefe Sd)ä|e bewahren, fie Wanbein unter benfelben in rauben Sutten barfuff, bamit bie SBelt fefje : Wie arm ber SJtenfd) fei!

§ierl)er fütjrt fßljotioS Slnbreowitfdj Sllejej.

®er eiferfüdjtigft gehütete Sdja| beS SlofterS ftanb üor bem Slltar. ©ine ©ranit*Säule, umgeben oon fil= bemem ©elänber.

Sn ben ©ranit finb bie SBorte gemeißelt: ,,'tln biefer

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Stelte Iniete ßjar Sllejcanber, inmitten feiner ©etreuen, bem Slrchimanbriten 5ßIjotio§ unb bem Stlejej SlnbreoWitfcf) StraftSejeff, üor ©ott, im Saljre 1818!"

Jpierljer braute ^J^otioS ben Magnaten, ber hier feinen Slawen öerewigt neben bem be§ ©jaren lefen tonnte.

„So h°<l ^oft $u ®idj e.inft erhoben. Unb nun tomrn’ unb fiefie, mie tief ®u üon nun an finten wirft!"

9tu§ ber Sird)e führte ber 9trd)imanbrit ben SBüfjenben in ba§ Älofter unb geigte ifjrn hier feine be§ Slrchiman» briten gelle. ift ein jWei Slafter breiter, eine Hafter langer Staunt. Unb bennodj geigt bie §ö^Ie 2uju§ : fie fjat ein Senfter, bie Sonne fdieint in ben Staunt. 21I§ Sagerftatt bient bem Slrdjimanbriten ein ungehobelter Sarg, atö SBetfdjemel ein Stein, au§gewe|t burdj bie Sinke. ©in Steintrug unb eine Schate für ben täglichen Swafj finb bie ©eräthe beS gimmerS. ®ie§ 9Xtte§ ift aber £uju§ im SSer= hättnifc su bem, wa§ beä Süfjerä harrt-

Sn ben ä'atafomben be§ ®tofter3 befinben fich im Seifen gehauene fpölflen ; gerabe fo grofj, baf? in benfelben ein SJtenfch, tiegenb ober tnieenb, fßla| ha&e : ein tteineS 2o<h an ber ferneren, eifernen ®f)ür läfct Suft ein. Sn ben §öf)Ien tjerrfdjt etoige Sinfternif?.

Unb biefe §öhten werben »on SUfenfc^en bewohnt, ©inft grofje Herren, mächtige Striftotraten, Herren über liunberttaufenbe üon Seelen : finb fie je|t nicht einmal Herren über ihre eigenen Seelen. Sticht tgrannifdje Sßiüfür, nicht heilig f)krard)iid)e 9Jtncl)t hält fie hier gefangen, fon= bem ihr eigener blinber ©ifer. ®ie SBett üeradftenb, haffenb, haben fie fich freiwillig jur furchtbaren ©efangenfdjaft tier» urteilt. ®ie Äatatomben ber Slöfter St. ©eorg unb Solo= wetfdhf bergen ftets berlei fich felbft oerurtheilenbe lebenbe Sobte.

StraftSejeff fanb an biefer ©efangenfdjaft ©efallen.

Stuf bloftem Stroh liegenb, oerbrachte er hier ®age, 2Bod)en. ®ag§über War er eingefdjloffen; erft wenn ber

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Ion ber Ütbenbglode erflang, öffnete fid) bie Ifjüre ber §öble. ©ann erft tonnte er audj feiner 9M)rung n ad) geben. ®em SBüfjer gibt näntlidj ßtiemanb ju effen. 2Benn bie ©ämmerung angebrochen, jcf)Ietcf)t ber Süßer in ben ©emüfe* garten be$ ®1 öfters unb fudfjt nad) 9tüben, Sauerampfer, ©rbäpfeln, turj na<b Stttem maS baS (Srbreidj ^ero orbringt : bieS ift feine Speife.

©ineS ©ageS traf Slralteejeff mit einem no ä) ttmnber* liieren Süfjer, als er felbft mar, jufammen.

Sind) biefer mar einft ein öorneljmer Sojar; feinen alten Flamen muffte aber Stiemanb mehr, je|t nannte man iljn „Säterdien Kalium". 3taf)um geftattete fidj nicht einmal ben ßujuS ber ßumpen ; maS feinen Körper obenbin bebedt, ift eine fetbftgemebte Sinfenmatte; ba§ gebleichte £aar, ber ergraute Sart maßt mirr auf bie im @<bmu|e ftarrenben ©lieber herunter. 9ia£)um erlaubt ficf» nicht ein= mal in ber §öljte ju moljnen. Sommers fdbläft er in ber ißfü|e, SEBhtterS oergräbt er fid) in ben SDtiftljaufen. ©agS= über in ber getfentjöljte büfjenb ju Inieen, büitft ifjtn nicht genug ©emütbigung, er legt fi<b querüber oor ber Sirdjen» ttjiire £)itt; menn bann baS öeer ber fßilger in bie fiürdje brängt, möge man iljn ftofjen, treten, anfpuden. ©ie frifdje füfje 9iübe aus bem ©rbreidj ju reifen unb fie ju üer$eb= ren, büntt SSäterc^en SJtaljum fünbige ßederei ju fein er Ijält fein ßiadjtmabt auf bem ®el)rid)t; maS in ben ®elj= rid^t gemorfen mürbe, ift feine ßtaljrung.

©ineS SlbenbS, es mar fdion bie britte SBocfje, feit SlraftSejeff in ber Süfjerf)öf)le meilte, unb als er eben mit einem SBünbel ißorren in ber |>anb aus bem ©arten jurüdleljrte, traf er abermals mit Säterdjen ßtaljum pfarn» men, ber auf bem felbftgebedten ©ifctj, bem Äeljridjtfjaufen fd^maufte.

„Scbön," fpracb SBäterdfjen ßta^um p bem 9tabenben, ,,idf) fiabe beut foüiel ©peife gefunben, baff eS felbft mir juoiel mirb, idj tönnte ganj gut mit ©ir tfieilen."

„Unb maS ift es, baS ©ir ©ott befc^eert bot?"

„Schimmliger ®äfe."

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„SRuit benn, gib ntir baüon!"

„®a haft ®u! Stimm 9lHe3, " ertmberte Säterdjen Stahum. „®em, ber Sertaitgen nach bem trägt, Wa§ ber Süßer ißt, bent muß StUeS Angegeben Werben."

Unb er gab if)m ben Jcfjimmtigen Sä3 fammt bem ißapier, in bal biefer gewidett War, unb in welches gefüllt man ißn bann auf ben Spricht geworfen hotte. Sei ©ott, ein edtigeS ©ffen! ®ie Slufmertfamfeit SlrattSejeff’S Würbe jeboch nid^t burd) bie ©peife als üietmehr burd) bie ^>ütte erregt, in Welche bie Stajjrung gewidett war. ©3 war ein Srief; StraftSejeff erfannte fofort bie Epanbfcfjrift be3 ©jaren.

©ein ganjeS Stut !am in ©äljtung.

®aS Schreiben beS ©jaren als £ütte für ftintenben Säfe!

Unb erft ber Snfialt! ®er Srief war an Sf)otio§ gerietet.

,,3tuf’ ißn ju ®ir! Sprich ju ihm im Stamen ber Zeitigen Stetigion. kräftige ihn im ©tauben, ©rmaljne it>n, fein Seben jum |>eite beS Sater= tanbeS erhalten ju wotten, Welches über Stiles geht. ©o wirft ®u bem SReicße einen ®iener oon unfehlbarer ®reue ermatten unb mir einen waß= ren greunb, ben ich aufrichtig achte unb ehre."

Unb in biefeS Schreiben hatte man Safe gewicfett unb eS bann auf ben ffltifthaufen geworfen!

„9tun, boch !" murmelte Säterdhen 9taf)um unb präfentirte ben fchimmligen ffiäfe, Welchen StrattSejeff in ben Spricht hotte falten taffen, auf feiner f(hmu|igen flachen §anb bem Süßer.

StraftSejeff ftieß ben Sollegen jur ©eite unb eitte hinauf ju ^ß^otioS.

StjotioS befanb ficf) eben in ber SOtitte beS SlbenbgebeteS. StraftSejeff ließ ben Setenben nicht ju ©nbe tommen.

„2Bar biefer Srief be§ ßjaren an ®idt> gerichtet?"

„9ln mich."

„Unb ®u haft biefen Srief auf ben Sehricht geworfen?"

„®amit ®u ißn bort fänbeft."

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„3<h faitb t£)ti. SCRit ber 93uf?e ift’S oorbei. 3<h lehr’ nad) ©t. Petersburg jurüd."

„$aS War eS, waS id) erretten Woflte!"

„®u Ijaft’S erregt! 2>u weiht aber noch nicht, WaS ®u gettian £)aft ! SBeifjt ®u, waS $u bamatS get|an fjaft, als ®u Sllejrej SlraltSejeff aus bem ©rabe |erüorgebrad^t unb if)ti gezwungen noch einmal in bie SESett jurüd* juleljren unb ju leben, noch einmal ber SB eit ju jeigen, toaS er einft gewefen? Rittern mögen Qene, bie bieS nid)t gewußt haben ! Rittern mögen fie oor bem jutn jW eiten SJtal gehonten »raltSejeff!"

„©egen ruhe auf all’ $ einem ShUrt!" ftammelte ber Slrdhimanbrit unb fejjte hierauf fein Slbenbgebet fort.

StrattSejeff oerlieh noch in berfelben ©tunbe baS Klofter; er oerlieh eS mit berfelben ßerftörungSluft, mit welker er gefommen War; nur hatte er bamalS Suft, fid) felbft ju oernichten, nun aber lehrte fid) feine ßerftörungS»- iuft gegen Slnbere.

311S man 2traltSejeff nad) breitoöd)entlid)er Slbwefen* heit abermals in ©t. Petersburg erbtidte, fdjredte 2tfleS - oor ihm jurüd. ©ein 2lntli| War gemagert, fein fpaar ooßftänbig weih geworben. SÜtan merlte eS ihm an, bah er aus bem ©rabe erftanben fei.

XL.

3Riitö»e.

3eneiba wanbeite ganj aßein auf ben ©dßangenwegen ihres fdhattigen ParleS im $ämmerfcf)ein bahin. Sw ®e= - büfdhe fangen SRadjtigaßen, im nahen Seiche quadten bie gröfdje, bajWifdjen ertönte juweilen baS Sieb ber ©djiffer auf ber ßteWa, abgelöft burdj bie Söne beS SßtolonS' ober ber Klarinette in einer etwas entfernter liegenben Kneipe, bann unb Wann heulten an bie Kette gelegte |mnbe einanber

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gu, timt ber ©tobt herüber tönte bol ßügengtödtein, bol man für einen ©terbenben läutet, unb au! ber ©egenb be! 2Ronj>taifir erfdjallt ein „SBer bo?" „fjatt!" gu= weiten aud) ein ©cfjufj. Stuf ma! fdjiefjt man ? Unb Weiter fingen bie 9tact)tigaHen, unb ba! §eer ber gröfdje, ®tari= nette unb gügengtödtein.

$iefe -äJtifjtöne fonben ein entfpredjenbe! Gf)ao! audj in intern bergen.

®ie gmeite fRüdfefjr Slraftlejeff'l befcfjteunigte bie ®rife.

®er ©gar tjatte fid), fobatb er bie ©orgen ber SRegie= rung auf bie ©djutter feine! Siebting! geWätgt, gänglidt in bie Ginfamfeit non SKonpIaifir gurüdgegogen. SGBie er bi! nun feine ©emalin gemieben, fo fdjtiefjt er fid) je|t an fie an. Stud) nidjt eine ©tunbe tann er ofjne fie leben. Gl ift, atl wollte er if)r eine burdj öiergeljn QaEjre f)inburdj gur ©eite gelegte Siebe nun auf einmal füfjtbar matten. Sfe^t •erft fieljt er, Wetdjen ©djafj er befafj unb öcrnadjläffigt tjat, unb je$t erft nimmt er watjr, baff biefe! treuere ÜSeib front ift. $a! lange Seiben, ber öerljeimtidjte ©djnterg fiaben bie Sebenlfraft aufgegeljrt. 9hm gittert er, aud) fie gu oertieren.

®ie Ggarin aber ift gtüdtidj.

„©efegnet fei biefe Sranftjeit, bie mir meinen SUtann gurüdgegeben tjat!"

®er Seibargt ber Ggarin, Dr. ©toffregen, äufjerte, bafj e! gut märe, bie Ggarin mäfirenb ber rauben 3af)re!= geit in ein mitbere! ffilima gu fenben : üietteidjt nadj SSenebig. GUfabettj erwiberte jebocfj : „eine ruffifd)e Ggarin bärfe nirgettb! fonft fterben all auf ruffifdjer Grbe.“

2)iefer ©ebanfe allein ift e! nun, ber bie ©eefe bei ©garen erfüllt.

SEBetdje SSerWüftungen ber mit unumfdjränfter ©eWatt befteibete ©ünftting im SJotfe anridjtet baoon ergäbt bem Ggaren 9hemanb. SSon bem, mal bielfeitl ber Rappeln bei 9Äonf)taifir gefdjietjt, weifj er 9hdjt!. SJlan berietet if)tn nidjt, baff bie erfte |>anbtung Straftlejeff’l barin beftanb, bafj er fämmttidjel ©efinbe au! ©rufino, bie Beugen bei

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ÜDtorbeS Waren, 10 üRänner unb 12 SDtäbcfeen, nacfe Petersburg bringen, an ben Pranger ftclten unb fealbtobt peitfdjen liefe, weil f ie Saimona nic^t gerettet Ratten; bafe er bie £>ärte, Welche er bis nun aus Sfeftem getrieben fjatte, nunmefer aus SRacfeeluft bis jur ©rauf amfeit fteigert; bafe er Dberbeamte, feofee Dfficiere ofene alle Urfadje non iferen poften oertreibt, nur weil fie ifem nic^t gefallen; bafe er bie Werter auf biofeen Serbadjt fein mit 9Kenf<feen füllt; bafe er felbft bie armen ginnen graufam bebrüdt (nacfebem niifetS mefer ejiftirt, waS er ifeneit „nefemen" fönnte, ftraft er fie burcfe baS, waS er ifenen „gibt" : fie follen bei iferen ©aftmäfelern ben Sooft in ruf* fifdfeer ©pracfee auSbringen), fo bafe bie ©aferung, bie Un» jufriebenfeeit fcfeon ben ©ipfelpunft erreicht feaben nein ! ©jar Sllqcanber ift nur oon ber Sorge erfüllt, wie eS ntögticfe fei, in bie 3iwmer beS tfeeuren, geliebten ScfeafeeS frifcfee Suft einjulaffen unb gleidjWofel bie SDtücfen abjufper» ren, unb unter ben buftenben S31umen jene auSpWäfelen, bie lein Äopfwefe oerurfacfeen.

Unb Beneiba weife gang Wofel, waS fernerfein gefcfeefeen

Wirb.

Sie gefeeimen ©efeflfcfeaften fealten feine Bufammen* funft mefer. ©ie finb bereits ooflftünbig barüber im Steinen, waS fie tfeun wollen.

Sie grage ift nur noife : ,,2B a n n?"

Ser SluSbrucfe mufe auf einmal im ganjen 9tei<fee er» folgen.

Ser üereinbarte plan ift ganj in bie Jpänbe Beneiba’S gelegt.

Sie Sünftlerin ift üon ber Söüfene jurüdgetreten (im Sommer ift übrigens in ber $auptftabt feine Oper) unb Wirb nidjt mefer als engagirteS SDtitglieb auftreten. Sagegen Wirb fie im §erbfte ju wofeltfeätigen Bweclen Äoncerte geben. Ser Sag, an welchem baS Äoncert ftattfinben foß, Wirb tom amtücfeen StegierungSblatte 10 Sage oorfeer befannt gegeben. SBenn bann' bie Slnfünbigung erfefeeint : grl. Betteiba glmarinen Werbe ju ©unften ber „ginbelanftalt" fingen,

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jo toiffen bie SerfdjWornen, bah biejer lag ber Sag beS SlufftanbeS ift. SaS SlmtSbtatt fetbft wirb biefe Parole im ganzen Steife oerbreiten.

gn ihrer Jpanb liegt alfo bie Sdjeere, Welche ben gaben beS SamofleSfchwerteS burchfcfmetben Wirb.

3lß' bie fdhweren Sorgen, WaS herao<h gefdfjehen Werbe, briicfen itjr ©emüth. Ser SluSbrudj ift unoernteib» li<h, baS erfd^Werte godfj oermag 9tiemanb mehr ju tragen; üom zerlumpten SDlufcfjit bis hinauf jum titetreidjen $errn ber Paläfte wünfctit SlßeS, baff bieg go<h gebrochen Werbe. Unb boS Soll ÄaleoainS fjat noch einen ©rmtb mehr jum SBeinen als äße llebrigen.

2Bag foß aber, Wenn ber Slufftanb loSbridht, mit bent §ettfd^erpaar gefdE)e£jen ? Seibe haben Beweiben fo feljr ge= liebt, ausgezeichnet, gefchü|t. Sie war ju §aufe, fo oft fie bei ihnen War.

SBie ift eS möglich baS jperrfdtierpaar ju retten, ohne jum Serrätljer ber ihr anoertrauten Sache ju werben?

ßtodh ein zweites Sllpbriiden!

Unb pufdjfin?

Sr hot wohl üerfprodhen, feinen Stauten aus bem „(Srünen Suche" löfchen. SIlS er aber baS Serfpredhen gab, glaubte er, bah ihm ber Szar feine Sodjter zum SBeibe geben werbe. SieS ift üortiber, unb Pufdfjfin hotte leinen ©runb, aus bem Storbbunbe auszutreten. 91u<h er ift üon bem plane ber SerfdfjWornen oerftänbigt worben, fein Bwei» fei, bafe er, fobalb er liest, Beneiba werbe zu ©unften beS ginbelljaufeS foncertiren, an biefem Sage in Petersburg fein Wirb, foflte er auch beShalb baS ParäbieS fetbft öer» iaffen muffen.

SBie fann fie bieS üerhinbern, ohne auf ben Shorafter Pufdhfin'S ben gleden ber geigljeit zu werfen? Sie Selig» feit ber Siebe aßetn ift nicht ftarf genug, um ihn zurüd* Zuhalten. Dazu bebarf eS einer noch ^öfteren ©eWalt!

Unb fie fdhreitet bie Säume im Stbenbbunfel auf unb ab; in ihrer Seele fjerrfcht bie nämliche Disharmonie ber Sone, welche auch bie glänzenbe Stadst Wadh erhält; fie

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fud>t itadj einem Punft, an Wellen fte einen beruhigen» ben ©ebanfen fnitpfen fönnte.

$)er Sjar ift tieffinnig geworben, bie ©jarin franft on ber SluSjeßrung. ©ineS lebt nur bem Stnbero, fie ßaben fi<ß oon ber Sßelt abgefdfßoffen.

S)aS ©eifpiel ftecft an. Studfj gürft ©ßebimin Ijat fidfj mit feiner ©attin oerfößnt, er befugt geneiben mißt meßr.

$ie ©efeßfcßaft Petersburg# ßat fiel) auf bie öierjig Qnfeln ber Pewa jerftreut. geber will ju §auS bleiben; alles gefeflige ßeben Ijat aufgeljört. 3n jebem ©efudjjer glaubt ber ©efucßte einen Spion 9lraftSejeff’S ju erblidEen.

©S ßerrfdjt ooßftänbige SBinbftifle.

Pidfß einmal ©riefe werben gefdßrieben ; man jittert nor bem fdjwarjen fiabinet.

Pufdijfin läßt oon fidfj nichts Ijören. @r fißt baßeini in feiner ©inöbe ju pteSloW ; Wenn er fein ©liicf üerfdjweigt, fo Ijat w meßr als fjunbert gute ©rünbe baju. ßRöglicfj, baß feitbem ©etljfi Senken gefcfjrieben Ijat aber ©riefe fhtb fterblidfj. 2ßer weiß, in weldje $änbe fie gefaßen fiitb !

$iefe große Stifle, biefeS gußaufebleiben, biefeS fidf> 3ufriebengeben beginnt unßeimlid) ju werben.

SRitter ©alban erhielt Drbre, oon ©ißa ju ©ißa ju eilen unb etwa# ju planen, bamit bie Iperrfcßaften bocß wieber anfangen fid) ju amufiren! ®er ©atte fofl nicfjt immer an ber Seite ber ©attin fißen.

@S ging bie SRebe, bie fcßöne gärftin ©fjebimin Werbe (im Sommer) baS ©iS bredjen unb bie oornefjnte ©efefl» fcßaft bei einer großartigen Soiree oereinigen, unb jwar am SJtarientage, am gefte ber 2Rafinfa. ©)amit bie ©erföf)* nung jwifcfjen ben ©atten bemonftratio ber SBelt gezeigt werbe, Wirb bie gärftin audf) ,geneiben eine ©inlabung fdßiden.

S)ie ftolje gärftin erläßt eine ©inlabung an bie ebenfo ftolje Königin ber ©üljne, oon Welcher bie SGßelt erjäßlt, baß fie bie ©eliebte beS gürften „geWefen." ©S ift fdfjwer ju fagen, Weldje grau größeren SRutt) befißt, jene, weldje bie ©inlabung ergeben läßt, ober jene, Weldfje bem SRufe folgt.

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Sorpntfjia ift jebocf) nodj ju Sdfjwererem cntfcfiloffen : fie wiß an 93et£)jaBa eine ©intabung Riefen, in Segleitung eines fdfjmeidEjetljaften, oerjeifjenben, fegnenben ©riefeS, ben fie eigenfjänbig getrieben. Somit aber bie junge grau um fo getoiffer ber ©intabung folge, wirb berfelben burdj ©er= mitttung ber gürftin ber Empfang burdj baS Saiferpaar in fixere 9tuSfidf)t gefteüt. ©etljfaba !ann oon bem ©jar ©erjeifjmtg für itjren turnen Schritt erflehen unb jugteief) ©nabe für ifjren ©atten, ben ber ©ertuft biefer ©nabe nadfj ©teSfoW oerbannt tjat. Siefe SluSfidfjt ift eine fetjr oerfütjrerifcfie Socffpeife.

$ieS alles bjatte ßeneiba oom Sftitter ©atban erfahren. 2öaS hoffte Sorpntfjia tjierburcf) ju erreichen? SD3aS wiß fie mit ©etfjfaba beginnen?

®S ift boct) fo gut wie unmögtidf), bafs bie junge grau Wäfjrcnb beS §onigmonateS ben fpain if|rer Seligfeit Der» taffe, unb aßein, ofjne ©atten, bem eS oerWefirt ift itjr ju folgen.

Unb bodjj, faßS bieS mögtidt) Wäre, fo fönnte hieraus Etwas erWadfjfen.

^eneiba glaubte einmal in ber ©eftatt ©etfjfaba’S ein in ber Sette fefßenbeS ©lieb gefunben ju fjaben. ÜRun ift fie bemüht, bieS ©lieb ber Seite einjupaffen.

XLI.

S8ie raußt mau bem Ratten bas £9etß?

„©in fdjtecljteS Spiet, baS Sittber niefjt erfreut." Unb gibt eS größere Sinber, atS ein oertiebteS ©aar?

3m ©arf ju ©teSfoW läßt man Stadien fteigen* unb ©ettifi madjt eS ©ergnügen, baß ifjr Sracfje ftetS fcfjön fdjnur* gerabe in bie tpölje fteigt unb oben auSljätt, wätjrenb ber Sractje Sltejcanber'S Sflatfjeur über Sßtatfjeur tjat. gtjr ®ra<fje ift audf) Weit tjübfcfjer : er tjat jwei große 2lugen, einen 3Jtunb,

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eine 9tafe, bewegliche Dhren ber Strafe 2llej:anber'S bagegen ift ein gang gewöhnliches ®ing, wie ntan eS au§ allerlei alten ©ebneten jufammenlleben !ann.

®aS Weite gelb bietet ben beiben Sinbern SRaum genng, um mit bem brachen laufen ju lönnen. Utiemanb fließt fie, als bie ®anthirfche am 9ianbe beS SBalbeS.

91uf ber Iäng§ beS IßarteS ficf) hinjiehenben Straße rollt ber ißoftWagen eilenbS baßm; ber tßoftiflcm läßt luftig fein iporti erf (hallen.

„Sftir bäucht, als ob ber oftwagen üor unferem ®hor gehalten hätte," bemertte Sethfi.

„So ift'S. S3ir fyaben entweber einen SBrief ober einen (Saft erhalten."

„21h, leinen ©aft!" feufjte baS Heine SBeibcßen auf. SReuoermählte finb nicht gaftfreunbtich geftimmt.

Unb hoch fcheint gemanb gelommen ju fein; Dom (Schlöffe her nähert fith ber ®Wornil bem jungen ißaare.

9tun gilt'# ben ®radjen rafdh fallen ju laffen ; -Jliemanb barf fie beim Spiele ertappen, fie mürben auSgeta<f)t.

Sn ber ©ile oerwidelt fidfj nun ber ®radje in ben bürren 21ft einer Sichte unb üertiert babei baS eine Sluge.

„2Bie Sdfiabe!" murrt unwillig SBethfi. „9hm hat ber SDradje nur ein Sluge mehr. $aft ®u nicht ein Städtchen ißapier bei ®ir, um ben Schaben auSpbeffern?"

„SBoßer nehmen? haft ®u nidht bereits alles tßapier, baS im fpaufe war, für ®einen ®rad£)en Derbraucht?"

„Suche nur! SSieüeidht finbeft ®u hoch noch irgenbwo einen alten Scßulbfchein."

SnjWifdhen war ber ®mornil nahe gelommen.

„9ßun, ®anaf<hi, WaS gibt'S?"

„@in SBrief ."

„2ln Wen?"

Sethfi entreißt bem ®wornil ben SBrief.

„2lha! eine grauenfdhrift! Shmmihn! ©in Siebesbrief. Srgenb eine alte Siebe macht ®ir SBorWürfe. SieS! ©eWiß gibt er ®ir ein SRenbepouS."

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„ÜlllerbingS, eine grauenfcfjrift. 9tur ift baS Schreiben picht an micf), fonbern an ®icf) abreffirt."

„2ln mid)?" ruft ©etf)fi oerwunbert auS. „©Ser fönnte benn an midj f djreiöen! ©ießeicht .Seneiba?"

„.Seneiba nicht; beten Schrift fenne ich."

„©ießeicht nur aßgugut! ©bet Wer fonft fonnte ntir Treiben?"

Unb bann rietfien fie, toätyrenb ber ©rief Bon §anb gu §anb wanberte, lange t)in unb t>er, wer ben ©rief eigentlich gefd^rieben fjaben fönnte? Snblicf) machte Sltejanber ben ©orfchlag, baS ©efte Wäre eS, ben ©rief gu öffnen, um gu fehen, Wer if»n gefcfjriebert habe.

2113 fie bie Unterfdfjrift erbficften, riefen fie ©eibe itberrafcfjt auS: „©leine ©atljin!" „®eine ©athin!"

,,©Sa3 fie un§ WoI)l fdjreiben fann?"

Unb als ob ber gange ©rief eine ©ufforberung jur ^eiterfeit geWefen Wäre, fo lacfjte ©etf)fi luftig bon Sfnfang bis gunt @nbe beS ©riefeS.

„Wa^afja! ich foß gum ©tafinfa=gefte fommen! allein! ohne ©lejcanbet! @S Wirb ein großes geft fein. ©udj ber Sgar wirb bort fein unb bie ©garin unb oerfd)iebene frembe gürften. gef) werbe ©efegenfjeit haben, ben ©garen anguflef)en, baff er ©lejanber geftattet, nach Petersburg gurüdfehren gu bürfen! ^»aEja^a ? |>aft ®u’S gehört, Slfejanber ©ergiewitfdj? ©leine ©atljin labet mich gum ©alle, ohne ®icf)! ßu einer giinftigeren ©tunbe hätte ber ©rief nid)t fommen fönnen! ®aS brauche idt) juft!"

©lit biefen ©Sorten padte fie ben lieben ©rief; er bedfte gerabe bie Waöar'e^ &er ®tadf»e erlitten, unb mit jWei ©tednabeln war ber ©rief an ben ®rad)en befeftigt. ®aS in ber ©litte angebrachte fcfjwarge Siegel erfefcte gang prächtig baS auSgeriffene Sluge, (©albern ®obe ©opfpenS hatte ber $of fechäwödfjeutliche ftitle Trauer angelegt, unb bie bomehme ©Seit benähte wähtenb ber Trauer fcf)WargeS ©iegeflad.)

„©lit ber ©oft ift aber noch eiue 9r0&e 2*«he ange= langt," bemerfte weiter ber ®Wornif.

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„©tefl’S jur ©eite. ^5<f» t)abe je|t feine 3efy nadf)= jufefjen."

(Unter aßen UnWaßrfifieinlicfifeiten ift bie größte bie, baß eine junge grau, welche aus ber §auptftabt ©aflfleiber jugefdfjitft erhält, feine 3«t l)aben foß, bie ©enbung ju befiel) tigen.)

Ser Sracpe war fertig; er fonnte abermals in bie Suft getaffen Werben.

2Bie ein ®inb jaudjjenb, fdfjreienb, lief SBetfjfi mit bem ©pagatbünbel bafjin, ben auffteigenben Sracfjen nadfj fiel) jiefjenb; baS jWeite tinb fab laut ladjenb ju, wäf)renb ber Sradjje feinen großen närrifdjen topf mißbtßigenb fdbüttette. SBäfjrenb man ben Sradjen fteigen läßt, pflegt man, baS $aupt nad) rüdwärtS gemenbet, ju laufen. Söettjfi bemerfte nun uidE)t, baß fie mit iprem SRüden an irgenb gemanben ftoßen muff, ber öom Sftanbe beS englifcßen ©artenS per bireft auf fie juläuft. ©rft bann fcßredte fie empor, als fie non rüdwärtS umarmt Würbe unb ein langer Äuß ißr Antlifc traf.

Sann fcfjrie fie laut unb freubig auf. ©djon im jweiten Aügenblide lag auch fie am $alfe beS Attentäters, . unb nicpt genug, baß fie an bemfetben f)htg, fie riß ben Attentäter auf ben AJafen nieber, fußte ißn, im ©rafe . perumWäljenb, ^erjlid^ ab unb rief ifjm bie fdimeicfjelnbften ßfamen ju : „Siebten, Säubdjen, ^ersdßen!" ©ufdßin mußte eilen, um Söeibe öon bem SBafen aufjußeben.

@S beburfte für ißn feines befonberen ©dßarffinneS, um ju erraten, Wer ber fo ßerjluf) bewißfommte ©aft fei.

„@rftid midi nur nidf)t, Su Starrten!" fprad) 3etteiba. „©ieß, injwifd^en ift Sein Sradje baoongeflogen!"

„Saß ißn fliegen in bie Weite SDSelt mitfammt bem ©riefe meiner 5(5atf)iiL SBeißt Su, baß mir meine ißatßin gefdtjrieben pat? SBeißft Su,- baß fie micf) jum ffltafinfa=gefte geiaben ^at, offne ^Sufcpfin? SBeißt Su WaS tdj mit bem ©tief gemadfjt ßäbe? SEJlein Sradße ßatte einen Stiß befom= men, idf> ßab’ ben fRiß mit bem ©rief üerftopft. SBie lieb Su bift, baß Su unS befudfjt ßaft!"

Sttai : grell)!». II. 11

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„®aä ift fdfjott einmal Sitte. Stad) fecfjä SBodfien l)at bie £>oc£)äeit3mutter bie fßflidljt, nädj bem jungen ißaare ju fetjen, ob fdfjön frieblicf) beifammen lebe? ob fie fidj lieben? tpaft ©U bereits üon ©einem Sftanne Silage befommen?"

„Unb mie!" ermiberte 93etf|fi, ficb» jur ®Iage üer= fteKenb. „®ie3mal f)ab' idf) fie Ijier erhalten!" Unb fie rieb ijierauf öerftof)len folange eine Stelle be§ 2lrme8, bafs auf bemfelben in ber ®f)at ein gleiten firfjtbar mürbe, nur baff geneiba erlannt, ber glecfen riiljre öon feinem Silage l)er.

„Unb ®u Sßufc^fin, E)aft ©u feitbem triefe fdfjöne SSerfe gebietet?"

„9tid£)t eine geile! ©u meifjt, meine SDlufe fann nicf)t bitten, menn ba§ SBetter fcf)ön ift; fie braudfjt Sturm, plätfcfjernben Stegen, Scfmeegeftöber."

„Unb @uer Fimmel mar feitbem ftetS Reiter?"

,,©u fietjft idj bflbe itid^ts gebietet."

9lud^ bieS ift glaublich. gibt föfttidje Seiten, mo ber ©icfjter bie fßoefie nur fiiljlt, aber nidjt fdfireibt.

„SBir Ijaben and) im gattjen fjaufe nid^t ein Stüttgen Rapier, " fpricfjt IBetljfi, melier ber gnftinlt be§ SBeibeS jugefliiftert fjat, bajj bie größte 5J5raf)Ierei fei, menn bie -grau be3 ©ic^terS fagen fann, ber ©icpter fei iljretmegen bem Rapier untreu gemorben! „So ift'S, ben Srief meiner fßatljin Ijabe idfj foeben jum ©rachen benäht."

„2lffo, fo geE»ft ©u mit ©einen ßorrefponbenjen um? ®ut, bafi id; bieS meifj! 9tie merbe idf) ©ir einen SSrief fdjreiben; menn id) ©ir ©tmaä ju fagen fjabe, mitt id(j gleicf) lieber felbft fommen."

,,©ie§ mirb mir feljr lieb fein."

„Ober idf) merbe ©idj mitnef)men."

2luf bieS SSort fam fcfjon nidjt meljr : ,,©ieS mirb mir feljr lieb fein," fonbem fie Hämmerte fiel) an ben Sinn Stlejattber'S unb falj ju if)tn auf mit ben SBorten : „Stillt maljr ®u läfjt midi) nidf)t fort?"

3eneiba gab ftatt feiner 21ntmort :

„SBaljrlidf), barum merben mir nidjt Sllejanber Ser*

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giewitfdfj befragen, ©eine ©ad>e ift eS, wenn feine ©attin SBifiten madf)en will, ißferbe uitb Sutfdfjer bereit ju galten unb bann über baS $auS ju Wadfjen."

„3$ aber fönnte, Wenn ic£) Wollte, nirgenbS f)inget)en. ©iehft 2)u nidht, Wie id) gefleibet bin? 3)ieS ift $leSloWer Xradht! 2ltejranber |at ntir erjnl)It, bieS fei audlj bie Fracht bcr erften (Sfjriftin 9tuf?tanbS, ber gürftentodhter Olga gewefen; biefe Sleibung hot auch mir fe^r gefallen. SBewunbere biefen bielfttöpfigen ©arafan, biefen mit perlen befefjten ^ooojnpi! auf bem Stopfe. Unb bann biefe rotljen ©tiefet, biefe geftreiften ©eibenftrümpfe!" Unb mit finblidjer ÜRaiüetät ^ob fie if)r Sleib bis ju ben Snieeit empor. „23ie Würbe man flauen, wenn idh in biefem Stoftume in bie glünjenbe ©efellfdhaft treten Wollte! Slnbere Sleiber habe idh aber nicht. Unb fo gefalle idh meinem Sltejanber."

©ie log nicht. ®ie überfdfjicften SBaüfteiber waren noch nicht if)r ©gentium, fie t)atte baS ©efdhenf noch ni<f»t angenommen.

9llejanber fd&Iofj baS fiel) if)m nnfd)miegenbe Sinb in feine Slrrne.

„SBir finb öoKftänbig ^Bauersleute geblieben."

,,©ebe ©ott, baf? iljr eS auch bleibt !" fpradh geneiba ju fid). „3<h fürchte aber, ®u wirft eines üageS Sein ®orf, ®ein SDBeib oerlaffen, unb nicht ben perlgeftidten ^ßoooinpi! auf bem Sopfe beS SBeibeS Wirft ®u für ben fdjönften ©djmud galten, fonbern bie pljrpgifd) e 3Jlü|e biefer Wirft ®u nac^laufen !" -

SSaS ®ante unter ben Dualen ber £>öüe oergeffen tjat, ift golgenbeS : Wie ein liebenbeS SEßcib ben SRann il)rer Siebe, bet iljr ©igen l)ätte fein fönnen, in bem 3lrme eines anbern SBeibeS im ©lüde ber Siebe fcfjwelgen feljen ntufj.

§ätte 3«teiba geliebt, wie gewöhnliche SRenfdhen ju lieben pflegen, WaS hätte fie fidh barum gefiimmert, wenn fie ben SDtann, ben fie an fidh gefettet hot, an biefer Sette heute ober morgen mit fidh in baS ©rab hinabreifjt? ®ie greuben beS heutigen XageS bejahten bie Seiben beS SDtor*

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gen, bie SobeSqualen beS Uebermorgen, bie brohenben ©eheimniffe ber ©Wigfeit.

<So feljr ^atte fie Eßufcf)fin geliebt, bafj fie für iJjtt ein ©lüd fudE»te, in baS fie ihn einfchlofj üor i|r eigenes Selbft.

©ine unnatürliche (Situation! ©in aufjerorbentlicheS ©entüth war hieju erforbetlidj. 3ft aber ein SEBeib, baS fi<h ju einer politifdjen 9t olle Ejergibt, nicht ein unnatür= licheS, aufjerorbentlicheS Sßefen? Stuf bent Slttare ber ißolitil ift baS §erj baS Opferlamm, tiefer SDtoloch ! Ser Simtenraufd) berträgt fich mit ihm, bie Siebe nicht. SBer jum rieft er ber Eßolitif geworben, ber lennt nicht 33 rüber, nicht SSater, nicht ©etiebte, nicht alte bewährte greunbe, lennt feinen Unterfdjieb jwifchen ehrlichen Seuten unb (Schurlen; beffen Eßrincip ift ,,©ott" unb „3Jtenf<h". Sarum ift in ber Eßotitif bie rieft er in unnatürlich; baS SBeib, beffen ^errfc^cnbeS ©efühl Siebe unb ©erecf)tigfeit finb. Sie Slmajonen, bie fämpfenb in ben Ärieg sieben, hoben ifjt beffereS ©efühl ausgetilgt; bie Sßeiber, Welche in ben Streit ber Eßolitif sieben, müffen oorher ihre 4?erjen auS= reifen.

Sie 3Rögli<hfeit eines folgen ShunS Wirb auch nirgenbS öerftanben als nur in Sänbern, wo ber Srucf fo uitleiblich, fo »ollftänbig ift, bafj ber greiheitsbrang aus ben erftarrten §erjen ber SRänner auf bie Stäbchen überging.

Sie erfte Sängerin beS föoftheaterS burfte ben erften Sinter ber Station, aber nicht ben SSeoottmä^tigten ber szojus blagodenstoiga lieben. 3wifchen SBeiben lag baS „©rüne Such," ein Weit größeres ^nnbernifj als ber grüne Ocean.

Sßahrtidj : bie Slnadfjoreten beS ©eorgSllofterS hoben bie Selbftpeinigung nicht ju einer größeren SoÜfommenheit gebracht, als biefeS SEBeib, Welches fich entfdjloffen hot, als ©aft in baS §auS ju lommen, Wo ihr geopfertes §erj auSgerungen, Wo fie 3euge beS ©tüdeS ift, baS ihr öont $immet befchieben War, Welches ©lüd fie einer Slnbem gefchenft hot.

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Uttb nun ift fie abermals gefommen, um biefeS ©lüd gegen bie ©türme ber P fcljü|en.

Unb rtid^t genug, baß fie 3euge beS ©lüdeS beS IßaareS ift, menn baS ißaar beifammen ift; aucß bann, menn bie ©orgen beS ImuSßalteS ißufdjfin auf ein ©tünb» cfjen oon ©eite ©etßfaba’S reifen, and) bann tjört fie aus bem ©tunbe ber jungen grau nichts, als glänjenbeS ©raßlen mit iljrem ©lüde; ber ißfau liebt eS nic|t fo feljr, mit feinem Stabe p prahlen, als eine Oerliebte grau mit ißrem ©lüde prahlt. Sßie SSieleS meiß fie p erjäßlen! 2) er SJtann ift ein SJtufterbilb aller Jugenben unb ©olltommen» feiten. Unb geneiba muß fidß ftetten, als ob fie bieS SltteS mit laltem Sölut anßören mürbe. Unb bann läßt ißr bieS jtoeite SBeib fortmäßrenb bie Jpanb ; ßunbert SJtal fagt fie if)t oor, baß fie nur ißr bieS ©lüd, bieS ©arabieS Oerbanle; unb fie muß biefem 9tuS6rud) überftrömenben S)anfgefuf)lS mit ßodßßeräigem, lattem ©lut tauften. Unb bann, menn nacf) einer ßalben ©tunbe ber ©eliebte nocß nidfjt jurüdgeteßrt ift, feßen müffen, mie unrußig, mie jerftreut baS junge Sßefen ift; oon ißrem 9tntli|e lefen p müffen ben SBunfdß : o bu liebe Sßoßltßäterin, meine gee, meine ©öttin mie gerne fäf(e icß eS, menn ®u jeßt nidßt bei mir märeft, bamit icß laufen unb ißn fucßen fßnnte! Unb ju allebem muß fie läcßetn! O biefer SJtotodß!

„©dßau, ßiebcßen, idß bin nur getommen, um ®idß SUejanber ©ergiemitfcf» auf einige 3eü P rauben."

„911)! menn ®u rauben miHft, fo nimm unS ©eibe! ©on ®ir läßt fidE) audß 9llejanber rauben."

„Stur baß er bortßin, moßin ®u fontmen mußt, meber geloben ift, ttocß tommen tann. $u mußt bie ©in» labung deiner Sßatßin anneßnten."

„2BaS fagft ©>u? bie ©inlabung ju ißrem ©aß?"

„®u mirft bort mit bem ©jar, mit ber ©jarin pfam» mentreffen, fie merben $idj anfprecßen."

„3cß foll bort fein? oßne 911epanber bort fein?"

„@ben an ®ir liegt eS, baß audj ©ufcßtin bort fein

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förnte, mo Su bift. Seine Beirat mit if)m hat feine £ebenS= baf)n üoDftänbig burdjfreujt. §eute fühlt er bieS nod) nicht, aber nach ©erlauf eines golfreS mirb er bei jebem Stritte fic^ erinnern, baff cinftenS jebem Schalle feines drittes Slporngellirre gefolgt ift. Sie Seele beS SianneS ift fein ©ogel, ber in ben Käfig gehört, am toenigften bann, menn er Slblerftügel befifct. Seine Aufgabe ift eS, »om ßjaren ©ergebung für Seinen Staun ju oerlangen, bamit ©ufc^fin feine abgebrochene ©ahn meiterfdjreiten fönne. ge|t grünen noch tiie gelber, nach einem SSonat fchon toirb ber Schnee fie becfen, unb hinter bem Ofen hocfenbe ^auSgefährten finb nicht fo glücflich als jene, meldje auf ben gelbem Stachen fteigen laffen."

„Su münfcheft alfo, baff ich für SHejanber bie Süd* fehr nach Petersburg erflehen fott?"

„Um alle Schäle ber SBelt, nur baS nicht! ©ietmehr foüft Sn ben ©jar bitten, er möge ihm eine Stiffion ge= ben, bie ihn fammt Sir in Sein Stammhaus Oerfefct. SdjilbeTe bem iperrfcljerpaar baS Sanb, in bem Su geboren bift, fo mie eS oor Seinem ©eifte fteht, mit feinem milben §immel, feinen buftenben SEBälbern, feinen fruchtbringenben ©äurnen. Sage ihm SldeS, toaS in Seiner ©rinnerung Sie= beS unb SheureS lebt, unb erbitte Sir als ©nabe, bafj ihn ber ©jar bahin fenbe."

„D, meid}’ üerführerifdher ©ebanfe!" feufjte ©ethfaba. „@r mirb jeboch nie barein mittigen, bah ich ihn h’er ictffe, ba| i<h fortgehe, oon ihm entfernt bleibe Sage, SSBochen hinburch"

„Sur auf eine Sßodje."

„SaS ift ja ein gahrhunbert! Sein, bieS mirb Sllejanber nicht erlauben."

„Ueberlaffe baS mir. geh merbe ihn Überreben!"

„Su? Sun, menn Su bieS üermagft, fo bift Su eine mahrhaftige gee. 916er eine fonberbare gee! geh mürbe eS begreifen, menn Su Sllejanbern mir rauben mottteft, aber ba| ®u mich Sllejanbern ftehlen mittft, baS begreife ich nicht."

„Sieh, bort fommt er burdj ben ©arten. Stelle Sich

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hier jurn Seufzt unb fiel)' p. gef) gehe ihm entgegen unb fpreche mit it)m. Saufdje, Wie ich i£»n berführe!"

„darauf bin idf) fehr neugierig."

®ie eine @d)onje war bereits genommen, Betteiba eilte jur Selagerung ber ^weiten hin.

fJ3uf<h(in !am über ben grünen Sftafen baher unb ftannte fe^r, atö er Beneiben auf fidf peilen falj.

„Sehre um unb fpricb mit mir," fpradfj Beneiba, ihre fjanb in ben Strm ißufdhtin'S tegenb. „Sift $u ganj gtüdflich?"

„®eS ©lüdeS f)at man nie genug."

„3db Witt barauS entnehmen, ob ®u fchon entbehren (annft? 3<h Witt ®ir ®ein SBeib auf eine SBodje rauben."

„Stein Heines Sßeibchen ? Unb was Wittft $u mit ihr anfangen? 9lu<h je^t fdhon liebt fie ®idh weit mehr «iS midh!"

„gürcßte. nidhtS! Sie liebt 5)idh mehr als £immel unb ©rbe unb SltteS, was bajwifchen liegt. «Sie muß ber ©in» labung ber gürftin ©hebimin pm Satte folgen."

$ie am genfter laufdhenbe grau fieht, wie ihr ©atte feinen Slrm leibenfdhaftlidh ber £>anb feines ©afteS entreißt. Beneiba Wanft nid^t, fie ergreift abermals feinen 2lrm.

„|»bfopf! Sie wirb ja nidht bei ber gürftin Quartier nehmen, fonbern bei mir. 3<h Werbe ihre Stutter fein. SKein §auS ift gegenwärtig ein feljr adhtbareS $auS. Seitbcm id) aufgehört höbe, Sdf)aufpieterin p fein, höbe idh (eine leicht» finnigen ©efettfdhaftert feitbem bie szojusz blagodensz- toiga in ber lebten Setfammlung ihr Schlußertenntniß gefällt hot, (ehrt (ein geheimer Serfdjworner mehr bei mir ein, eS bebarf (einer StaSferabe, lärmenber Unterhaltung; idf) lebe einfam, abgefdhloffen. S)er ©jar hot mir baS Stern» freuj gefenbet, als Stilberung für bie jüngfte ©nttaffung, unb „Noblesse oblige" bie ©ternlreujbame Beneiba (ann nicht mehr mit jDiaboffa’S oertehren. |>aft ®u alfo nidht ben Stutlj, mir ®ein SEÖeib anpoertrauen, Wenn mein 2tuge über bemfetben Wadht?"

„Slber p Welchem BtoedE? SBittft S)u für mich beim

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©garen irgenb eine ©nabe erbetteln taffen ? 2)ann femtft $u mich fd)le<f»t !“

®ag laufchenbe SSeib fah, Wie ißnf^fin im ©elfen mit feinem ©tocle gornig bie glocfenblumen lüpfte.

,,3>c£) lenne $idj gang gut. 3)u bift entfdjloffen, ^ier in ißleSloW gu bleiben, gugufeljen, Wie bag ©rag wädfft, f>gfen, ©nten gu jagen, baS |>au8 »oll gu rauben, eine $artie S^ombre gu fpielen, »on fjmnben unb ißferben gu reben. Seine Ambition Wirb fein, einen guten Heller gu haben, als guter länger anerlannt gu werben, guweiten einige ®ofalen=0fficiere im Quelle gufammen gu tjauen ltnb bie mit ber ißoft angelommenen 3eitungen unauf» gefchnitten gu laffen. Sagu ^aft Su genug Äraft unb Suft! Stiemanb benft auch nur baran, Sich biefem ©nt» fcfjluffe gu entreißen, ©in Slnberer Ijat gntereffe an bem. kommen deiner grau."

„28er?"

„3uerft bie szojusz blagodensztoiga, unb bann ber ©gar."

„Sin bem kommen meiner Keinen 99etE>fita?"

„Unterbrich mich nicht, ich muff leife fprechen. Su weißt,' baß nach ber gweiten SFtücffetjr SlraltSejeff’S ber Slufftanb unaufhaltbar geworben ift. ©eine gewaltthätigen SKaßregeln ha&en SlUe fo' erbittert, baß SRiemanb mehr bag Seben beg ©gar gu fdjü|en »ermag : nur ich allein. SKöglich beghalb, weil ich e'n 28eib bin, obwohl ung ifluftre Süeifpiete geigen, baß grauen im 331ut»ergießen ebenfo graufam fein fonnten als ÜJtänner aber mehr aug lall» blütiger Ueberlegung. ©in Slugbruch, welcher mit ben SEBinb» biichfen Äubufoff'S ober ber §öHenmafchine SathowStp'S beginnt, ober, wie galuSlin.eS plant, gelegentlich eines SSalleS mit einem Sittentat auf bie gange laiferliche gamilie nimmt in SRußtanb lein gutes ©nbe. daraus entfteht nicht eine SSerfaffung, barauS entfteht bie UmWalgung beS SleicheS : ber Äampf beS SßefferS unb ber Sljt gegen baS 93ajonnet, ber Äampf ber Sumpen gegen bie Treffen, unb nach fold^cm SBirrwarr wirb baS 9tei<h ben Sprannen

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fegnen, ber enbtic^ bie ermübeten föämbfer insgeheim unter» brüdt unb Stufje fd^offt burd) bie geffetn. Ser ©jar unb bie ©jarin börfen ttid)t berieft werben. Sie# forbert rxicEjt ba# $erj, fonbern ber Sßerftanb.

„3Jtein fßtan ift fotgenber : ber Seibarjt ber ®aiferin hat angeorbnet, baf? bie ©jarin in ein mitbere# ®tima ge» bracht tnerben müffe. ba# Stuätanb will bie ©jarin nid)t gehen, nnb Saufafien biinft il)r eine Sßitbnifj ju fein, in ber man unmöglich weilen fönne. Sen Staturforfchern, Welche biefe ©egenb betrieben, fd^entt fie feinen ©tauben; fie finb, ihrer SReinung nad), Schmeichler bon 9Imt#wegen. SBenn aber ein junge#, unfd)utbige# graudien bor fie t)in= treten unb bon bem ^errfdjerpnare at# ©nabe fid) erbitten Wirb, bafj itjr geftattet Werbe, fammt it)rem ©atten in ba# fdjöne Sanb ju jiefjen, bie# Sanb mit ber Segeifterung ber aufrichtigen finbtidien Slnhangtid)feit, ber fügen (Erinnerung at# ein Wahre# fßarabie# fdjitbernb bann ift e# möglich, bafj man Wohl bem ©atten nid)t geftatten wirb, in bie# Sanb ju jiehen, bafj aber ba# ©emüth ber ©jarin für bie Steife nad) bem $autafu# gewonnen wirb. Ser ©jar betet bermaten feine ©ematin an, er geht mit ihr, bleibt mit ihr bort; alte gene, bie ben Stufruhr mit bem gewattfamen Sobe be# ©jaren inauguriren wollen, Werben gejwungen fein, einen anberen, ebleren, menfdjtidjeren, hotitifd)eren fßtan ju erfinnen. Ser ©jar wirb forgenlo# feine Sage am <Sd)Warjen SOteer üerbringen, wo ihm noch Stiemanb jürnt, ihn Stiemanb bebroht. Un# bleibt Stiemanb, ben wir jur 9ted)enfchaft jiehen müffen, at# ber übermächtige ©ünftting. 2Rit biefem werben wir fertig Werben. Sie ©onftitution wirb ohne alte# SJlutbergiefjen in St. fßeterSburg proctamirt werben, ba# $eer wirb fid) ju ihren ©unften erflären; unb bann tjat ©jar Sltejanber freie SBaf)I; entweber er erfüllt ben allgemeinen Sßunfd) be# tßotfe# unbfehrt at# geliebter SJtonard) heim, ober, fatt# ihm bie# mehr behagen follte, er befteigt bort, am Sdjwarjen SJieer, ein Schiff unb fann au#fegetn, um ©aftfreunbfchaf t ju fuchen

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beim tiirtifdjen Sultan aber fein Seben wirb ge= fdjiifjt fein."

SaS am genfter taufdjenbe SBeib fieljt, mie iljr SJtann bie |>anb feiner (Saftin füfjt. Er ift bereits oer= fiUfrt! So ift’S. Sie fjat bem SKann baS SBeib geraubt.

„Sen Su liebft, ber ift geliebt! Setbft wenn ein Spramt ift!" fprad) $ufc£)fin Ijingeriffen.

,,3cE) will bie ^eilige Sadje, nirf)t aber ben Ejaren retten."

„Seibe! fomm’, icf) will Sir mein SBeib geben. Stimm fie mit Sir. 33efiel)I bem Sturme tttulje mit iljrer ßerdfjenftimnte."

®a§ SBeib am genfter fieljt i^ren SRann unb ßeneiba, eilenbS jurüdfefjren. SBaijrttd) bu bift eine 3auberin!

ißufd£)lin trat mit folgenben SBorten bei feiner ©at= tin ein :

„Sllfo, man l)at deinen Srad&en bom Enbe ber Stabt prüdgebradjt. §ier Ijabe idj ben SSrief Seiner ißatl)in. Ein feljr fcpner S3rief. Su mufft iljt ge^orcfien. SBie lönnteft Su einer folgen Einlabung Wiberfteljen? S3efonber§ ba Beneiba Seine ©arbebame fein Wirb."

S3ett)faba fat> ftaunenb auf 33eibe unb brodle bann Beneiba mit iljrem ginger.

„Su bift bod) ein Sämon! So !omm’ benn unb fefjen Wir nacf), Welche S3att!leiber meine ißatliin gefdfjitft f)at."

SieS nennt man eine bottftänbige Kapitulation.

Sie Kifte Würbe gebraut unb geöffnet. SaS foftbarfte SBattlteib ging aus berfelben fyerbor, mit $i(fe Benctben’S Würbe baS ©leib au<f> fofort probirt. Sann jeigte fid) 33etl)faba it)rem ©atten.

„SBerbe idj fdjön fein? SBerbe idf) biete SDtänner när= rifdj machen?"

„Sitte!"

„®ib Sldjt, gib 9ld£)t! Su barfft micf) nidf(t um= armen. Su oerbrödft ja meine Kraufe!" -

So raubt man bem ©atten baS SBeib in ber redeten ©litte ber ^onigwodjen.

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XLII.

Jta» J3fefte ber ^Saftttfta.

SRaria Himmelfahrt fällt nach bem ruffifdjeit Satenber ©nbe Sluguft, jwötf jage fpäter als nach bem fö’atenber ber ülftronomen.

Ser ruffifdfje ©jar befiehlt nämlich auch ber Sonne. SSeil nach bem ruffifdjen Satenber jebeS üierhunbertfte gat)r um brei Sage jurücfbleibt, fo Wirb nach bem ruffifdfjen Äalenber nach 20.000 fahren im Sßinter Sommer unb im Sommer Sßinter fein. Ser ©jar tann auch bieS machen.

3n St. Petersburg ift aber je|t bie fcfjönfte gahreS» Seit. ©S ift ber Herbftanfang. Sie Sage finb bereits tiirjer unb nicht fo h«§; baS ÜRonbticht fommt SlbenbS jur ©ettung.

Unb nachbem WenigftenS ein Srittet ber ruffifchen grauen SRaria E>ei^t, fo herrfht in alten SSilten an biefern Sage feftliche Stimmung, unb StbenbS, toenn allüberall baS geuerwerl beginnt, gibt es mehr Sterne auf ©rben atS am Himmel.

8 luch Sort)nthia führte ben Seinamen SRaria; baher ber SlechtStitet jur geier beS gefteS.

Ser ©ommerpataft beS gürften ©hebimin auf ber StcWainfel wetteiferte an Pracht mit bem SBinterpatafte in ©t. Petersburg. Ser Sanjfaat hot SRaum für taufenb (Säfte.

3u ben ©elabenen gehörten : baS ^errfd^erpaar, bie ©rofjfürften unb ©rofjfürftinnen, bie bei bem ©jaren jum 93efudije weitenben SBerWanbten beSfetben, fein SBruber; bie ©rofchersogin oon SBeimar fammt ihrem (Satten; ber gürft oon Oranien mit feiner ©emalin. Sie atte terfarecljen bem gefte beim gürften ©hebimin burch ihre ©egenwart erhöhten ©tanj ju oerleihen.

Unb hoch war ÜRaria 9ttejieWna ßortynthia Weit neugieriger barauf, ob ,3eneiba unb Setljfaba fommen werben?

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gräulein glmarinen unb grau ißufdjfin hotte aller» bingS bereits einen Sag üor bent gefte in einem fehr fchmeiChethaft gehaltenen StntWortfChreiben (bie ruffifd^eit grauen übertreffen nämlich, an Sourtoifie felbft bie franjö» fifdjen grauen, namentlich Wenn fie fich hoffen) erflärt, baß fie fommen Werben. Mein man lennt ben SEBerth üon beriei Sßerfprechen. Sinen Sag üorher tann SRiemanb fCfjreiben : „geh Werbe morgen Kopfweh h oben", aber eine ©tunbe üor bem gefte fann man ben Siener mit bem SntfchutbigungSfchreiben fdjicfen : „geh bin in SBerjWeiflung, bah ich nicht fommen fann. geh höbe furchtbares Kopf» toeh." gür beriei SBegbleiben hoben bie grauen ein ganjeS Strfenal.

3ur großen ©enugthuung ber gürftin famen jeboch SBeibe ftatt beS erwarteten (SntfChulbigungSfChreiben; auch nicht fehr fpät, noCh üor ^Beginn ber SBottmufif, obwohl eS befanntlidj übtiCh ift, bie Slnfunft ber hödjften (Säfte ju erwarten. 3eneiba befaß ein großes (Sefdjicf, jur rechten 3eit- ju fommen.

gräulein glmarinen trug bei biefer Gelegenheit jum erftenmal baS üon bem ©jaren ihr üerliehene ©ternfreuj; 93ethfaba trug baS SBaKfoftume, baS ihr bie ißathin gefCfjicft hotte. ©ie war eine auffattenbe Schönheit. ©elbft bie tttälje 3eneiben’S üermoChte fie nicht ju oerbunfetn.

Korpnthia erhob fich non ihrem ©tut# unb eitte bei» ben entgegen. 3ue*ft begrüßte fie SBethfaba (biefe ift grau) unb füßte fie auf bie ©tirne (fie ift bie ißathin). Sann erft Wenbete fie fi<h ju 3eneiba 3eneiba fam ißr mit ber Begrüßung juüot.

„Sie finb mir juüorgefommen!" fpradj bie gürftin. „@S ift War, Königinnen grüßen juerft."

„tttidjt fo, gürftin, aber gene, bie ihre SBünfcße §um StamenSfeftc barbringen."

©ie reichten fi<h unter biefen SEBorten bie Ipänbe.

©ie wußten, baß Sitter Stugen auf fie gerichtet finb; wie wirb bie ^Begegnung biefer Seiben fid) geftalten?

D! SBeibe waren bewährte Kämpfer.

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Der Danjfaal War fo arrottgirt, baff allüberall au® ejotifdjen Gewäd&fen Keine |>aine, gleidjfam Sdjtupforte gebilbet waren, Wölfin einzelne ißaare fidff jurücfjielfen, flüftern tonnten. Die Saquaien bradjten Srfrifdfjungen baljin, ftettten Keine Difdjdjen bortljin, eine Srfinbuug beS ruffifdfen Somfort. ®orpntt)ia wieS in einem 93oSquet Seneiba einen fßlafc neben ficE) an, unb als beibe neben einanber fafjen, flüfterte fie iljr lac^enb in’S Dljr:

„Sie f>aben midf »erftanben, unb baS |abe idfj bei öftrer Genialität aud(j borauSgefefct."

ßetteiba ging auf ben Don ein unb tadite eben« falls mit.

„Daburdj, ba| ict) baS Däubcfjen aus iljrem 9tefte Ijieljer gebraut t»abe?"

„Daburdj! benn fo finb Wir ju Sßerbünbeten geworben," fufjr bie gürftin fort.

„Sin iBünbnifj „ad hoc“, wie bie Diplomaten fagen" interpretirte gräulein Slmarinen.

„SSemt eS gilt, einen brüten geinb ju ftürjen " ergänzte ®orpnt!)ia.

„Unb injwifdfjen fdjtiefjen Sngtanb unb Stuplanb ein Sdjujj* unb Drufcbünbnifj "

„Damit fie als oerbünbete 3Diäct»te fßariS erobern?" lachte $orpntt)ia.

„Stämlid) ben fßariS, ber bie gotbenen Slepfet beWaljrt, um fie wem ju geben?" fiel mit IjeHem Sachen 3eneiba ein.

„Sie finb ein bämonifc&eS SBeib!"

„gdlj Weiß eS, gürftin Ijaben eS bereits einmal gefagt."

„SBie Sie SltleS IjerauSbringen ! Unb waljrlidj aucf» Ijier finb brei ^Bewerber. 9Rit bem britten werben wir rafdj fertig Werben. Sel)en Sie, bie kleine ift bereits offupirt. gljr alter Slnbeter, 9titter Galban Ijat fie. Wie bie Spinne bie ÜKüde, gefangen. Seien Sie iljrct« Wegen unbeforgt. Sie wirb nidfjt feiten $erjenS juriid« feeren. SEBir Werben iljr fdjon Reifen. Sßir fennen unS ja!"

„SoUftänbig, gürftin."

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„Sein Sdjobe um fie! Unb ebenso gerniß, baß jeber Sßertuft für fie ©etoinn ift; unb idj glaube, audj nid)t ber te|te. 2Ber fo angefangeu fjat, tote mein Scßüfcfing, ber bebarf feiner Untertoeifung, toie fortgefejjt »erben muß. ©8 ift gar nicfjtS an i|r, toaö mtö bauern fönnte."

„gn fotzen ®ingen fennen toir audj feine Sponung."

„Sfffo biä bafjin griebe jtmfdjen un§! §ernadE) rnieber ber Krieg."

,,gd) Riefte im SSor^inein meine gfagge ein."

,,2ff), bie§ ift nur üaftif, gräufein gfntarinen! grauen fafjitutiren nie. ®ie§ toiffen toir SBeibe ganj gut. gdj ßabe ©ie nocE) nie in fofdjer 9täf|e betrauten fönnen, unb bodj toar icf) hierauf fo neugierig. Sagen Sie mir bodj, färben Sie gßr $aar mit Safran, bamit fo fcfiön gofbrotß toerbe?"

geneiba fjatte öon Statur fo pracf)töoHe3 §aar, gteict>= tt»of(I flüfterte fie oertrautidj ber gürftin ju:

„9tein, Safran f)at einen ftarfen ©erud); icf) färbe baS |>aar mit 83erberi|murjefn, in Welchen fßurpttrfdjnetfen aufgeföft mürben."

„jtie fonnte id) fjerauäbringen, rnoßer Sie biefen pracßtbolfen ®eint ßaben? ©rauchen Sie SSeildtentourjefn?"

geneiba tackte. ®a§ ©rrötfjen, roetd)e§ iljr Sfntfijj flößet färbte, märe genug Slntmort gemefen, falls fte bie Sßaßrßeit ßätte fagen fönnen. 216er fte mar gefommen, um ju fügen, unb fpradj bafjet lacßettb :

„0 gürftin, bie ©Haftung beS ®eintö ift eine ganje SBiffenfdjoft. gd| ßabe ein 33ud), nocf) aus ben 3eiten Sßoppaca'S, mefcßeS ein SBerjeidjniß biefer SDtittef enthält. u

,,2ff), unter biefen ÜKittefn befinbet ficß aud) jenes, baß man beim Sd)Iafengef)en eine Schnitte SRinbfteifd) auf bas ©efidjt fegen muß?"

„®iefe8 unb notf) mandjeS Sfnbere. gcß fann gßnen baS 33ud) fcßiden, obmoljf Sie bergfeidjen nid)t bebürfen. 2fnabt)omene mirb tton ben ©rajien geffeibet."

„0, Sie moffett ein großmütiger geinb fein, ber feine Sßaffen tßeift, mie jener franjöfifdje SdjiffSfafjitän

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fein ©df)ief}pulner mit bem ©ngtönber geteilt f)at, um fid) mit bemfelben fragen ju fönnen. 3>d) tarnt hierauf nur fagen, maS ber perftfebe König bem ®önig ber Strmenier ertoibern ließ : „2BaS nüfct eS, toenn Su mir Sein ©dfjmert fenbeft unb nid)t auch }ugteid) mit bem Sdjmerte Seinen SIrm?!" 2BaS nüfct baS ©eßeintniß ber ÄoSmetit, menn eS nicht auch 3hr be}aubernbeS ßäd^etn lehrt, bem SRiemonb }u miberftehen ttermag?"

„gürftin, Sie t)anbetn gonj fo mie Stapoleon, ber bie gefchlagenen geinbe }u ergeben pflegte.“

„Sermalen finb mir nicht ©egner, fottbern 93unbeS= genoffen."

Ser gemeinfome geinb (Setfjfaba) unterbrach ben gemütlichen Kampf burd) bie naiüe, an Sßeibe gerichtete grage : ob fie bie erfte fßotonoife mit ßtitter ©alban tonjen burfe? Sie mürbe auch ber3ft<h auSgeladht.

„Sir ift fdhon Stiles erlaubt! Su bift fa grau!"

SBaS man bei ben Soirfeen beS Petersburger §ofeS Potonaife nennt, befteljt barin, baß bie ganje tanjenbe ©efeßfdmft paarmeife in furjen Sanjfch ritten ben Saat auf unb abfdjjreitet, nach ben Saunen beS S3ortän}erS. Sßir bitrfen baher unter ber potonaife nicht bie feurige SRajurfa Bon ©inft Berftehen, mo ber ©oben unter ben güßen ber Sänjer erbröhnte. Sener San} mar ber San} eines 3eits alterS, mo jeber potnifdhe ©beimann fo gut mar mie ber Äönig; biefer San} ift ber San} einer $eit, mo jeber polnifdje ©beimann fo Biel gilt als ein Sauer, gn früheren Beiten hotten auch ©}ar unb ©}arin an biefem San}e Sheil genommen, unb eben gelegentlich einer Polo» naife mar es, mo Sllejanber megen ber fdf)önen Korpnthia 9iarifchfin ©lifabeth Bedeute, maS biefe nie Bergeffen tonnte.

Sie Slnfunft ber hohe«, höhere« unb höchften ©äfte tnadhte ber Konoerfation ein ©nbc. Son nun an mußte fief) Seber in Steil) unb ©lieb fteßen unb märten, bis baS ^errfeßerpaar feinen Stunbgang angetreten, unb erft nach Seenbigung beS fRunbgangeS beginnt ber San}.

Beneiba mürbe auch ben fremben fürftlidfjen ©äften

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öorgefteßt; Würbe if)r hierbei fo üiel SBeibraucb geftreut, bafe fie in biefem Stauche gene gor teidE»t au3 bent Stuge ^ätte öerlieren fönnen, bic ihrer gürforge anüertraut war. Sie war aber ein erprobter gübrer in bertei Schlachten, ber üerftanb, ba8 ganje Kampffelb ju überbliden, unb aud) ba8 tleinjte ®etail ber Sdjlacbt beberrfchte. Stufmerf* fam »erfolgt if)r Singe S3etf)faba, fie fiebt, wie SRitter ©alban fcf)tnad£)tenben SlntlifceS it)r in ba3 Dfjr ffiiftert, fielet, wie bie junge grau plöblid) mit erglühten SBangen p ihrer ißat^in eilt, ficb neben biefer nieberläfet unb bann überrafdfjt, ftaunenb, jwifc^en Sachen unb (Bereden fcbwan* fenb, £)5rt, wag bie ißatbin fagt. Sie erriet!) aud;, röa§ biefe ber jungen grau fagte. Slud) baS fab fie, wie bie Sjarin Setljfaba anrebet unb ntit bulbüofler §erablaffung jur felben fpricbt.

Unb fie fiebt noch Slnbereg :

2)afe biefe laufenb, bie hier öerfammclt finb, tanjen, SJtanbelmildb, Sorbet, ißunfdj trinlen, ficb gegenfeitig Schönheiten fagen, fdierjen, tänbeln gegenfeitig bie erbittertften geinbe finb, üoH be§ töbtlicben $affeg, feft entfdjloffen, loSjubrecben. gebet Weife, bafe fein Yis-i-vis im ©ontre^anje jugleicb fein ©egner ift, ber um feinen Kopf unterbanbelt. SBie biefe in ©olb ftarrenben, bepur= purten, mit Drben überfäeten ©eftalten, ihre Jpüte unter ben Strm nebmenb, ficb oor einanber halb, bor bem <£$ar aber ficb big jur ©rbe neigenb, fid) benlen : „beute obfr morgen, entWeber id) ober bu. Werben wir uns, ben Kopf unter bem Slrm, Komplimente fagen" Stur fie, bie Sängerin braucht auSjufpredjen : „icb werbe ju ©unften ber ginblinge fingen" unb auf einmal¬ fliegen alle Schwerter au£ ber Scheibe unb bie je|t vis-ü-vis tanjen, werben fich gegenfeitig bie Schwerter burch ben Seib rennen, unb jener b°he üebnftubl wirb »on ber Tribüne geftofeen werben, man Wirb nicht fragen : Wer fifct auf bem Stuhl? Ober umgefebrt, er Wirb jur gleifdbbanf öerwanbelt Werben, auf welcher SRenfcben- leiber gefdjlacbtet werben. SSerfchwörer unb Unterbrüder,

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SOtörber uitb genfer, fie 9t fle fittb in Sinem ©aale berei= nigt, unb Seber weiß, Wer 3eber ift, fo feßr, baß aHge= meines ©etäcßter entftanb, atS ber lanjarrangeur, fidE» »er= fprecßcnb, ftatt beS SBorteS „tour de main“ „coup de main“ rief. igeber wußte, WeSßatb er tacße? Stur ber ©jar fragte : „Sßarum finb bie Herren fo luftig?"

SDieS 9IßeS faß 3eneiba. S“9 bodj baS ©eßeimniß eine§ geben in ißren Rauben.

D, fie faß audj ganj gut, wettßen ©runb bie gnaben= »ofle grau beS §aufeS ßatte, bieS gtänjenbe geft ju arrangiren.

©twa, bantit eine junge grau öerfüßrt werbe?

D nein!

©onbern, bamit ber ©cßtiiffet ju einem ©eßeimniß gefnnben Werbe, WetcßeS gene, benen eS anbertraut ift, Stiemanbem »erratßen audß nicßt bem getiebteften SBeibe.

9ltS ber £>of ben Saflfaal oerließ, rüftete ficß, Wie eS ber 9lnftanb erforbcrt, bie ganje ©efeßfcßaft jum Slufbrucße. SBer Woßte ficß aucß beS tieben gcßS Wegen amufiren?

ßenciba naßm abermals SSetßfaba unter ißre fdßüßenben gütige unb füßrte fie mit nadß §aufe auf bie gnfet SreStowSti.

SBäßrenb ber gaßrt auf ber ©onbet War bie junge grau feßr fcßweigfam, unb 3eneiba fragte abfidßttidß nicßt, wie fie ficß unterßalten ßabe.

9lucß als bie grauen baS SBattfoftiim abtegten, war SSetßfaba metancßotifcß, träumerifcß. ®ie auf bem gtuffe gurücfgelegte, fußte gaßrt »erlangt, baß »or bem @cß(afen= geßen nocß 2ßee genommen werbe. (9luf bem, bem ©umpfe abgerungenen fßarabiefe lauert baS SSecßfelfieber.) 9ttS fie nun SBeibe aflein waren, bracß Setßfaba baS melancßotifcße ©innen :

„9tber icß bitte ®icß, geßört benn bieS audj jur ßtetigion?"

„2SaS?"

„®aS! baß ein cßriftlicßeS SBeib, baS einen SDtann ßat, ben eS liebt, wenn ißr ein anberer SJtann fagt : „icß

Söfai : greifet. II. 12

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bin ungliicflidj, idj fterbe, id) töbte tnidj, Wenn ©ie graufant bleiben!" fdljulbig ift, intern Sfftanne bie Siebe ju ent» Wenben unb bem Slnbern ju geben, bamit er nic^t unglücf» lid&, ttic^t üerbammt fei, nidjt jum ©elbftmörber Werbe." „Unb baS f)at man ®ir gefagt?"

„®aS! SBenn bie Steligion befiehlt, baß bie Siebe beS SBeibe? junt Wann nur berart befdjaffen fei, wie ber SJlantel beS £). SKartin, bon bem ber ^»eilige, als er einen frierenben Söettter faf), bie Hälfte abtrennte unb bem Strmen fdfjenfte: bann feljre ic| jum Ijeibnifcßen ©tauben jurftcf, Wo Sliemanb üertangt, baß icf) midj um ein SlnbereS fümmere, als um baS ©tücf meines fperrn!

„Unb bieS war ®ir ganj neu?"

„^cf) t)ätte weinen wollen, als man fo ju mir fpraefj. glaubte, baS Stuge müffe mir auSbrennen, unb feßon burd) baS 2lnf)ören foldjer Sieben bin icf) beflecft. ©cfjon bie bloße (Sntfernung oon Sltejanber üerurfacf)t mir bie (Smpfinbung, als ob id) einen lobten ju betrauern ßatte, unb wenn icf) Wäljrenb beS SanjeS einem fremben SJtann bie $anb reifen mußte, fdjmerjte eS midj fo, als ob idj eine ®aube gemorbet fjätte. SBenn idj tacken mußte, fcßlug mir baS §erj, als ob icf) geflößten tjätte; gleicf) fam mir in ben ©inn : unb er ßat jefjt nidßtS, worüber ju tadjen ! (Sr feufjt nad) mir, er trauert, icf) aber ladje oßne ißn! Unb gleidjwoßt trieb mid) eine gefäßrlidje Sleugierbe an, biefen SBorten weiter ju ßordjeit, bamit idj biefen ©trubel, bem ju näßen icß jurüdfdßeute, bis auf ben 93oben feße; unb icf) ftetlte mief) fo, als ob icf) biefen SBorten gern taufdßte." „®aran ßaft ®u gut getßan."

„Stießt waßr? eS fcfjicEt fidß niefjt, baoon ju laufen." „®ann Warft ®u tiertoren gewefen. ®aS SBeib barf nie merfen laffen, baß eS oor ber SSerfüßrung juriieffeßreeft; auffallenbe 3urü(fweifung madßt eS jur SSeute berfelben. SJleine Slugen ßaben ®icß begleitet. ®u E»aft ®idß feßr gut benommen. ®u ßaft ein ©efidßt gemalt, wie (Sine, bie baS ©efagte nidßt berfteßt, bie SlfleS für ©dfjerj ßätt, unb ßaft ißn babureß gcjwungen, nod) beutlicßer ju reben."

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„©Jährlich, bag tfjat er auch! Senf Sir, ber Ser» meffene! er geftanb fogar, baß er aug Seibenjdjaft für tnid^ einen tjatben Sag üon SjJtegfoW entfernt ein @ut getauft h abe unb meinetwegen ben ©Jinter bafetbft jubrin* gen wiß, baß er ung in ißtegfow oft befudjen Werbe. 3$ Woßte ihm fdjon fagen : tommen Sie ja nicht !

„Sn haft gut getljan, bieg nicht ju fagen, üietmeljr ju antworten : ©tejanber Sergiewitfdj Wirb (Sie ftetg tjerjlirf) gern fet)en!"

„Sn ber Sljat, bieg habe ich aud) gefügt. hierauf hat er fehr gefeufjt : „o. Wenn Sie mir bocf) einmal fagen ließen: morgen reift ©tejanber SergieWitfcb ab!" ©Jie gern hätte \ä) if)n geofjrfeigt ! "

„Sn haft bie§ aber Hießt getßan, fonbern mit naiüem, unwiffenbem ©eficßt gefragt: „©Jag hätten Sie baüon? Sie tonnen bodji rtic^t tommen, Wenn mein SRann Hießt baßem ift. Sie ganje ©Jett würbe feßen." hierauf erwiberte er : „Stflerbingg, aßein. Sie 'fönnten in mein Sdßtoß fontmen!""

„2Bo£)er weißt Su bieg?"

„5lug bem, wag Su erjäßtt ßaftf unb aue bem, Wag ict) gefeßen habe. Su Warft naße baran in Sßränen aug» äübredßen."

„@r fagte nod) meßr : Sie hätten einen ganj prächtigen SorWanb fidß üom |>aufe ju entfernen, Wenn ©tejanber Sergiewitfd) fort ift. 3hre SDtutter, bie Königin üon ©ruj, Weilt im St. Stnnen=®tofter in -JtoWgorob. Sie tönnten nun fagen : idfj gehe jur ©tutter, bie mich feit meiner Äinbßeit nidht gefehen, ich wiß ißr fagen, baß ich geßeirathet habe, Wiß mich bon ihr fegnen taffen. Sttfo fetbft meine arme SRutter berwicfette er in biefe Schmach!"

„Su haft ihn hierauf ftehen taffen unb ftüdhteteft Sich Su deiner ißatßin."

„§aft Su auch bag gemerft?"

„Sa bift Sn an ben rechten Drt getommen unb haft üor ber ©Saßren Sein Seib geftagt!"

„D, Wenn Su gehört hätteft, Wag fie gefagt hat!"

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,,S<f) Ijab’ eS gefeljen."

„Sßte : gefeljen?"

„9tn Seinem ©eficf)te. Sebeg it)rer 23 orte Riegelte fidj in Seinem 9tntli$e. Pidjt ttrnljr, fie fagte : „Slrmer ®at= ban ! " menn Su müfjteft, mie fe^r er beinettoegen leibet! <£r motlte fcfion fpanb an fid) legen! <Sv tooKte fid). f$°n in ben Satafomben beS SlofterS p ©otoüeSf begraben Iaf= fen ! ©briet) ein freunblidieS 2Bort p it)m : baS ift gerabe jo oiet, al8_ ob ein Steidjer bem ©eitler einen ©rofd&en fcfienft. @3 mirb ja bod) im ©eljeimen bleiben, SRiemanb toirb baoon erfahren. 2Bir anberen grauen Ijanbeln gerabe fo. @8 gibt feine 9tuSn«f)me! Unb bann : mir jaf)ten nur prücf. 2Bir merben Stile betrogen : idfj unb Su. Sn bem Stugenblidfe, mo Su baS ©eftänbnifj ©alban’S üernaljmft, beteuerte Pufcfifin einem Sßeibe feine Siebe, baS itidjt fo ffruputöS ift mie Su."

,,©o fbrad) er! SIber er fagte nodfj nteljr! Siefer Sßenfdj (beffen Panten meine Sippen nie meljr auSfpredfjen merben) ift fäljig, fidj) rneinetmegen Bon 8t. Petersburg üer= bannen p taffen, mit! feiner gtänjenben ©teile entfagen, nur um in meiner Päf)e leben p föniten! @r ift im ©tanbe in feiner Perp)eiflung Stlejanber, rnidfj unb fidfj felbft p tobten, menn idfj if»n lange quäle. D, mie er midj) erfcfjrecft f)at! ©obalb mir nact) fpaufe fommen, merbe id) 9ltle3 Sllejanber erjäljlert, idfj merbe feine ,f?anb nehmen, ifjn bit= ten mit mir in bie SBelt p laufen!"..

„Saburdj mürbeft Su gerabe baS ©egentljeit erteilen. SaS nämlid), bafj Pufdfjfin fidfj aufmadjen mürbe, unb nadjbem eS i|m nidfjt geftattet ift, nadj ©t. Petersburg p fommen, fo mürbe er ©atban p fid) entbieten laffen unb biefe Pegegnung mürbe ein trauriges @nbe nehmen, gürcfjte Sidf) nidfjt üor if)m f Stimm ben ®ampf an!"

„Sdfj? idj foll ben ®ampf amteljmen? ©egen ifjn? Sdj fdfjmadljeS, bummeS, ' feiges, fleineS ®efd)öpf, baS üor jebem feiner SBorte jittert?"

„Su jitterft unb bift furdfjtfam, meit Su glaubft, Sein $erj fei in ©efaljr. 916er mie, menn Su meifjt, baff baS

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■Jlef} nicht nadj deinem $erjen aufgeworfen Wirb, fonbern nad) bem Sopfe ißufchtin’S, baß fein Geben, fein ©efcßidf ift, gegen Welches fRänfe gefcfjmiebet Werben : ;bann Wirft ®u nicht feige fein!"

„2BaS fagft ®u? unt SHejanber'S Geben Ijanbett eS fidj?"

„@tiH! frage nicht weiter! SBenn wir uns jut 5Ru^e begeben f)aben, wenn Wir allein fein Werben, Wenn 9tie= manb uns belaufet, bann Will ich ®ir 2MeS fagen, bann Will idj $idfj lehren, WaS ®u tßun fotlft? 3e|t aber Wicfle ®ein |»aar in Eßapiüoten : für übermorgen finb wir nad) Ißeterljof geloben junt glänjenben SlbfdhiebSfefte; bort magft ®u jittern, bort mußt ®u geigen, was fold) ein fctjmadjeä, unwiffenbeS, furdf)tfameS Sßeibdhen, wenn baS Geben itjreä ©alten in’S ©piel fommt, ju leiften im ©tanbe ift!"

„SBenn eS fo ift, bann Will id) mich nidtjt fürsten, id) werbe Oerwegen fein unb fcfjtau wie eine Sa|e! 3<h habe nicht bie Sourage, einen Schmetterling an bie 9tabcl ju fließen, ben aber, bei: meinen Sllejanber bebroßt, ben burdE) baS $erj ju ftoßen . . . Mash Allah! geh bin bie ®o<hter meiner SKutter!"

Beneiba unterrichtete fobann Sethfaba in einer SRoHe bie fie bann ftaffifd) ju ©nbe hielte . . . jefjt aber bürfen Wir noch nicht üerratßen, Worin baS Spiel beftanb. -

®iefeS ©lieb War ber Sette gtüdElid) eingefügt Worben. Sei bem glänjenben.SlbfdhiebSfefte, Welches ber ©jar feinen fürfttidhen ©äften in $eterl)of, bem ruffifeßen Ser» failleS, gab, Warb Sethfaba bet ißr in 2luSfid)t gefteöten SttuSjeidfjnung theilhaft : fie würbe bet ©jarin öorgefteHt.

®er ©jar hatte fie als ©pielgen offin ©ofjßienS fdfjon lange gefannt.

Ser ©jat fetbft fügte eS fo, baß bie georgifdje gär.» ftentodhter ber ©jarin üon bem Ganbe ihrer ©eburt et» jähten mußte. Sethfaba bie fteine gabeterjählerin bliefte in bie §öl)e, Wo fie bie Urnfteßenben nicht fehen lonnte, unb begann ju erzählen t>on bem Ganbe, in bem niemals SEBinter ift.

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SBer Ware fein glänjenbcr ©ebner, wenn er non ben (Schönheiten beS ©atertanbeS fpred)en muh? non bem fjimmel, ber burdjfidjtig ift wie Ärpftaß, non ber Suft, bie mit balfamifchen ®üften gefchwängert ift, non ben SBölbem, bie ihr gtänjenbeS Saub nie Welfen, nie fallen taffen, non bem bluffe, ber nie jufriert, non ben gelbem, bie ewig mit ©turnen bebecft finb, non ben riefigen ©isbergen, Welche bie ladjenben ^häter umfchliefjen unten bie immergrüne glur, oben ewigweihe ©iSgipfet? Unb SebenSfraft, aJtenfdjenfraft liegt im ©rafe, im Saunte, im SBaffer, in ber Suft! SluSjehrung, (Siechthum fennt ber Sewohner biefeS SanbeS nicht.

SBoju bie berühmteren Slerjte ber SBelt bie ©jarin nidht ju bewegen oermochten : jur SBanberung in ein an= bereS Stima, baS ooßbracf)te baS jauberifdje <SchWä|en einfacher finbticher Sippen; bie ©jarin ergriff bie fpanb ihres ©atten : „biefeS Sanb möchte ich gerne feljen!"

®aS SBort : „geh möchte" ift mächtiger als SlKeS, WaS man ntenfchticfieS ÄommanboWort nennt.

Höflinge unb ©erfchwöter, bie währenb beS gtänjenben gefteS fidh um bie großartigen SBafferfünfte beS Samfon» Springbrunnens fchaarten, ahnten nicht einmal, bah fot<h' ein einziges Weibliches ©efdjöpf, folch’ }U einem Säbeln }ugefpi|teS rotheS Sirfehenmünbcfien innerhalb gehn SRinu* ten Stiles über ben Raufen wirft, was fie unter galjren gebaut, gegraben unb auSgehölt .haben, ober ber ©rbe unb unter ber ©rbe bah ein heßeS Saubentachen ihre $a= nonen, ihre $eere, ihre Sd)lad)tenpläne auSeinanberbtäft! ®aS ßaubermürdjen ber grufifchen SönigStod)ter hat ein alle SötärchenWunber übertreffenbeS SBunber noflbracht, bah ein bem SluSbtudje naher ©ulfan burdfj einen tropfen SBaffer gelöfcßt würbe.

®iefer Stopfen SBaffer glänjte in ben Slugen ber ©jarin als fie fagte :

„geh möchte bortljin gehen! ®ort Würbe ich gefunben!"

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8n biefem Sbenbe traf and) Sittrr ©alban mit Selb faba jufammen.

Sie batte vor ihm feine Jurist mehr. Sie batte von ßeneiba gelernt, wa# bie Sodjter ihrer Kutter ju tbun habe.

8ra Schlaffe be# Sofie# trafen bie gürftin unb 3ene» iba im Seftibuie jufammen. Sie warteten auf ihre fiut= f<hen. 33on $cterljof mußte man ben ©eg nach fßeter#burg mittelft ©agen jurücflegen

SDie gürftin fprad) 3*n*iba mit ben ©orten an :

„Die ift fertig. 3<±) banfe für glßren Seijtanb." (93etb= faba war mit bem Sitter ©alban jurütf geblieben.).

,,©ir fompenfirten nn#."

„Da# fleine Särrdjen bat 9UIe# eingeftanben. Sie ift ganj weg! Sie befannte auch, baf? auch Sie i^r norwärt# geholfen haben."

„Die Schwägerin !"

„geh glaube, bafj fie gemanben fehr, fehr unglüiflith machen wirb."

„91u<h iih erwarte bie#!"

„Unb bann fann ber Kampf jwifchen un# beiben ent= brennen."

„geh glaube nicht! geh öerjicf)te auf ben 9tnfpru<h, ben Unglüdlichen glücflich machen ju wollen."

„D, Sie wollen mich fllauben machen, baff Sie ohne alle Seibenfdjaft hanbeln!"

„Durdjau# nicht, ©a# aber nun hetau#fommen wirb, ift ein Ungeheuer, welche# jweier ÜJtütter bebarf. Die eine Kutter heifet Sache, bie jweite Siebe."

„Unb Sie Wählen bie Sache?"

„Unb gebe bie jWeite gißten, gürftin."

„geh habe ben 21u#fprudE) be# Diplomaten noch nicht öergeffen : jWei Kenfdjen öerbinben fich nur, um fi<h gegen» feitig ju betrügen."

gnjwifdjen hatte fich Sfütft ©hebimin genähert, um feine ©attin gut Kutfcbe ju geleiten.

9118 er gerteiba erblicfte, erbebte er.

„Sehen Sie hoch," fpradj affeftirt bie gürftin, „wie

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berftimmt er ift! ©in ganger SMandjotifer. ©ange Sage {jinburrf) bermag ich nic|t ihn bon meiner Seite gu tTei6en, er meiefit nid)t bon mir. Unb toenn er nod) ©tmaS ju fa= gen müßte! @r fann nur bie Stirne rungeln unb fimten. 3d) bitte Sie bod), gräulein gtmerinen, ä Conto unieres SSünbniffeS ad hoc, tljun Sie mir einen gefallen Sie finb eine große 3auberin fpredjen @ie ein SEßort gu il}m. 3<h bin übergeugt, toirb ihn anfheitern!"

„SSünfcljen Sie bieS mirllict)?"

Ser S3lid, ben gürft ©bebimin auf $eneiben tuatf, briidte gurd)t unb Unruhe aus. (Sr mar „ber ertüäfjlte Siftator." SBenn geiteiba baS Sßort auSforicht : „3$ fin= ge," muß er baS Sdimert aus ber Scheibe reißen : „3$ färnpfe!"

Beneiba berfudjt baS große 3auberftüd, mit einem SBorte bie 9Jtetan<hotie beS gürften gu feiten.

„Stießt maßr, giirft, mit bem heutigen Sage ift eS bei uns mit bem Sommer borbei? Sarauf ift plöfjlid) ber SBinter ba?"

SieS ift bodj ein genug banaler SiSfurS! 33 on bem SBetter fprechen!

giirft ©hebimin ftimmte gu.

„Unb mir merben einen feßr unangenehmen Sßinter haben, menn nicht „audh" mir in bie $ r i tn ober nach bem ®aufafuS gehen, mo ber Sommer auf1 ’S Steue beginnt."

©ine gemöhntidje ißßrafe !

Stber baS eingige SBörtcfjen auch hatte ben gürften bläßlich eteftrifirt. Stle ob er auSgetaufcßt morben märe! Sein Sfntlih h^terte fid) auf, feine ©eftalt mürbe mieber etaftifch, ein SBunber mar mit ihm gefdjehen.

„©eben mir, meine Siebe," fbradj er gur giirftin unb trällerte, als fie bie Sre^e Ijinabftiegen, gum großen ©r= ftaunen ber giirftin, bie Duberture beS ©garenmalgerS bor fich. hi«-

SieS Stäbchen ift in ber Sljat mit bem Seufel ber» bunben! Sie fpricht bon SticßtS unb macht baburdj einen Sobten tebenbig.

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Unb bod) legt bie gürftin jebeS SOSort, baS $eneiba gefprocfien Ijotte, auf bie 2Bagfcf)ale. SBelcfieS War baS 3au= berwort? SRidljtS .ift StfleS. Stur baS Heine Sßörtcfjen ,,aud)" entging tfjrer Slufmerffamfeit.

SluS biefern SOSörtcfjen wußte ©ßebimin baß bie ©jarin baljin gel)en toerbe, unb ber ©jar mit iljr. ©eine Sruft Würbe bpjm Sllpbrucfe befreit.

SRitter ©alban aber geleitete bie grauen ju ißreu ®utfdjen. Unb S8etJ>faba neigte ficf) jum genfter fjerauS unb blidfte auf ifjn jurücf.

„Sie Ijab’ idj gefangen!" badete fRitter Oalban bei fiel).

XL1II.

Ilttfe* beut ^omefeu. -

gm gaf)re 1825 t>erf(f)Wenbete man ju ©t. ißeterS* bürg in jwei Sommermonaten lein Del jum Slnjünben ber Straßenlaternen ; bie Statut war aüd) ließ genug.- SaS erfte Slnjünben ber Samten fäßt an ben Sag, an Weldjem ber £>of Don ißetertjof in ben SBinterpalaft ber ^auptftabt jurücffeljrt.

Stuf biefeS Sambenanjiinben warteten Siele !

Sei ben SetfcfiWörern, Wetdje in ben unteren @djitf)= ten beS Sollet arbeiteten, War ein großer ißlan im $uge, ben fie jebodj ben SDtataboren ber Szojus blagodensztoiga unb ber Szojus szpaczinia nidfjt mittfjeitten.

S>er Steumonb braute regnerifd^e, bäftere Sage; als bann am oierten Sage ein fdfjarfer Sßorbwinb bie SBotfen am §immel wegblieS, falj man iiberrafcfit neben ber filber* nen ©idfjel beS SOtonbeS ein neues |»immelSWunber : ein feuriges ©cfjwert, einen Kometen, ©o fd^nefl war er gefönt* men, baß man ißn erft bann bemerfte, als er bereits in ooUer ißra<ijt bitt §intmel ftral)lte.

SEßaS ift baS, ein Äomet?

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®ie ©eiehrten wiffen eS fetbft nicht, Wie fönnte eS ber omte, gewöhnliche ÜJlenjch?

®er Komet ift ber $erolb ber Peft, beS Krieges, beS SBettuntergangeS ! 3Ber eS nicht glaubt, beweife, bah eS ni<ht Wahr ift. 3n Weinpflanjenben Säubern fagt man beut Kometen nach, bafj er ein gutes SBeinjahr üei'fprecpe. ®a= mit h“t baS Petersburger SSotf nichts ju fd^affen ; hier Wächft nur SranntWein. Stuf bie Vermehrung beS Vrannt* WeinS hot ber Komet feinen ©influf}. 3m ©egentheit, wenn fidh im 9tei<h irgenb ein SSirrWarr oorbereitet, Wirb immer Wenig VranntWein getrunfen. @S ift eine ©igenthümlichfeit beS Stoffen, bafj er, wenn fein Kummer grof? ift, nicht trinft. SSenn ber potijeibireftor non St. Petersburg hört, bah täglich ftatt 5000 $uber Vramttwein nur 2000 ge= trunfen Werben, bann oerboppelt er bie Patrouillen.

$aS ©rfcfieinen beS Kometen fteigerte nur bie ©rre= gung. ®er Komet ift baS tebenbe Shmbot beS Propheten auf Welches man fidh berufen fann : „Siehe baS feurige £immelSf(hwert ift auch erfdhieneit."

SttS ©jar Sttepanber non Peterhof abreifte, gab er bem Dberfthofmeifter bie Drbre, bah fie ber ßjarin t>oran= eiten, um ihre SlppartementS in Drbnung ju bringen.

©S War SlbenbS, atS ber ©jar mit geringem 9teifege= folge in bie Slähe ber Stabt fam. 55ort bor bem Sllepanber* SleWSfi Ktofter hielt er an; er ging in ben Sempet unb orbnete an, bah anberen SagS SRorgenS eine £ obten= meffe getefen Werbe.

SttS er bie Kirche Oerlieh, Warf er üott ber Seraffe einen langen Vticf auf bie SBettftabt, welche in Siebet gehüllt öor ihm tag.

SEBie ein ÜKeet raufdhte eS in ber gerne; baS ©eräufefj ber Strahen, SKenfdhenftimmen öermifchte fi<h ju einem Saufen im Vienenforb.

Sange ftanb er, in ©ebanfen oerfunfen. Sie Stiefen* fämpfe eines ViertetjahrhunbertS erheben fiep aus bem Slebetmeer.

Unb er fühlte bie nicht für äJlenfdfjen gefdjaffene Pein :

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187

bag ©efüljt beg Sliebergangeg ant Stbenb beg £ebett§. $ieg ©efüljt ift für bie geftürjten 9lftorott)g utib Sebiattjang er= funben Worben unb für Egene, bie biefen iitjnlidj fein woflen.

@r tjatte fidj Ijodfj erhoben, baff er fidj ©ott ju fein bünfte, um bann fo tief ju ftürjen, baf} Sliemanben meljr gibt, ber mit iljm tauften mödjte. ©r unb Slapoteon finb bie Sftiefen biefeg Vierteljafjrtjunbertg gewefen.

Unb jener jweite 2ebiatf)an bort auf St. £etena, er bticft nicfjt anbeten ^erjenS auf bag SDteer Ijin, wetdje» it)n bon $ari8 entfernt f)ätt, als ©jar Sltejanber auf ben Siebet, ber fidj auf feine SRefibenj ferner fjernieberfenft. $iefer Siebet ift unenbtidjer atg bag SReer, Weit er fidj aus bem Slttjem ber SRenfdien bitbet unb fo biete Stttjemjüge, fo biete VerWünfctjungen gegen if)n, gegen iljn, ben einft Vergötterten. 5) er Unterfdjieb jWifdijen Veiben ift nur : ben befiegten SRiefen fetjnt fein Votf jurüd, beg fie= genben SRiefen ift bag Volt überbrüffig geworben.

Unb jener Somet am ^immet ift Wie eine teud)tenbe gebet, mit Wetter eine unfidjtbare §anb bag Sdjidfat ber SReicfie unb gürften unter bie Sterne fcfireibt.

®a§ ©emiitt) Sttejianber’g neigte immer jum 3Rtyfticig= mug t)in. @g War boß bon Sltjnungen, ©djredgebitben, er gtaubte an bag gatum unb beffen Vorjeidfjen.

Sornet unb 3Ronb, beibe berfanfen unter bem §orijont beg bitten Slebetmeereg.

©er ©jar t)atte einen atten Sutfdjer, befannt burdj feinen langen grauen Vart, ber big jum ©ürtet f)inat>reicf)te ; biefer $utfcf)er futjr auf aßen Weiteren Steifen ben Sparen. @g War fein bertrautefter Wiener. 2ltg Sttejanber bie bret= fpännige Sroifa beftieg, frug er ben ÄutfdEjer :

„gtia, tjaft ©u ben Äometen gefeljen?"

„3<t> fat) iljn, §err."

„SBeifjt ©u, baff ber Äomet ber Vorbote beg Ungtüdg, ber Trauer ift? S£Bot)tan benn, beg 4?errn SEBitte gefcfyelje!"

@r tief? ber mutmelnben Stabt jujagen.

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$a3 SJturmetn erjäßtt fid^, baß ber ©jar eine längere Steife antreten wofle. SSofjin? weiß man nodß nidjt. Gr miß bie ©jarin au§ biefem rauben Stima in einen ntüberen §immet§ftrid£| bringen. SBoßin? ßat er nodß Stiemanbem gejagte. Gr fetbft geßt als Duatirmadfjer öotan. ©o oft er eine längere Steife unternimmt, pflegte er in ber Safaner ffrauenfirdje ba§ Yeni Sancte ju ßöten. $ie8 ift feine Sirene; er fetbft ßat fie bauen, einweißen taffen, bon ißrer ©dßWeße pflegt er ben Steifewagen ju befteigen. Sie ganje Geifttidßteit wirb ißn bort, angetßan mit ben prädjtigften geftfteibern, jeittidj SJtorgenä erwarten; aueß fein Siebtingä» ©ßor wirb bort fein unb feine Goßecten ßören taffen. Unb fobaitn ftiifterte fidfj bie murmetnbe ©tabt ju : Wenn bann in ber Äirdße ber Jungfrau ju ffiafan, bie ißriefter, ber ©jar, bie ©roßfilrften beifammen fein Werben, bann Wirb unten am Soben ber Ärppta ein entfeßtoffener SJtann auf bie ^nOocatioit „Sornrn, ^eiliger Geift!" an bem ßünget einer ißiftote bräden unb fpredßen : „©teig ®u herunter ju ißm!" Unb hierauf Werben föirdße, §eiligenbilber, ©jar, Großfiirften, ißriefter unb ©änger, fie Slfle Werben jurn ßoßen §immet emporfliegen.

Gin entfeßtießer Gebaute!

Unb oiefleidßt wirb er berwirttidßt. SSießeid)t fißt feßon feit Sagen am SSoben ber Ärßpta, unter mit ©cßießpulber gefäflten Särgen 3emanb einer ber Unberfößnlitßen unb wartet auf ba3 3eicßen be§ GtödcßenS, woburdß ben Gläubigen oerfünbet wirb, fidß mit bem Sintiiß jur Grbe ju Werfen, feine ©dßrecfenStßat, wetdße ein Steidj umwätjen fofl, ju ooßbringen.

$a§ 93erßängniß Würbe abgewenbet bureß Stfdje, bie in ber Grbe rußt.

Se§ anberen Sage§, jeittidß SJtorgenä, ließ ber Gjar feinen SEßagen nidjt jur S'irdjc ber fjeit. Jungfrau in ®afan tenfen, wo tßn bie in Gotb ftroßenben SJtetropoliten erwar» teten, fonbern jur Gapefle Sltejanber StßeWSfi’8, Wo in ©eßwarj gelteibete SIfceten, bie „©imnif," ißm entgegen» traten, um ißn jur Sobtenmeffe ju geleiten.

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Sine amtticpe gtugfcprift pat biefe Seiet umftänbtitp betrieben; Wie ber ®jar bot ben Qfonaftag pinfniete, wie ber Sßrotopope Seraphim bem im ©taube ticgenben ßjarett bag ©bangetium auf ben Sopf legte, wie ber tperr ber SEBelt in ber 3eHc beg armen ©imnif SBufje tpat unb wag ipm ber ©imnif }u ergäben wujjte bon ber SBerberbt* peit beg SBotfeg. SJlacpbem bie tßarftettung autpentifcp ift, ift in berfelben gewif? aucp ntcpt ein SEßort enthalten, bag nid^t wapr wäre.

©anj Stnbereg War eg, wag ben ©}ar in biefe SDlauern gebracpt patte. §ier rupte bie Slfcpe feiner tobten Xödjter. Sitte brei nebeneinanber. 9tu<p ©oppien patte er im ©epeimen pieper bringen taffen. Unb biefe brei ®inber, tief unter ber ©rbe, berbänbeten ficfi, um ipren SSater }u retten : fie riefen ipn baptn an ipren füllen, gefaprlofen SBopnort, Wo in ben berborgenen folgten Sttiemanb wopnt atg nur bie Sauben.

SBag ber Sßater mit ben lobten wopt gefprocpen paben mag? Stiur bie ©lauern wiffen eg; ber amtliche 93eridpt enthält hierüber nicptg.

Sttg ber ®}ar aug ber Sircpe peraugtrat, in Wetter er bie EJobtenmeffe big }u ©nbe gehört patte, ging eben bie ©onne auf. 3pte rötpticpen ©traplen bergotbeten bie aug bem Stlebetmeere perborragenben Ipürme ber Sßeter= Sßaut=®ircpe, bie ®uppe(n ber Qfaafgfircpe mit iprem Äreu}e; ber bumpfe Xon ber StJlorgenglocfe bibrirte lange in ber ©title.

Sttteg ftüfterte, faufte, braufte : ©}ar Sttejanber fiept bie fjauptftabt feineg SRetcpeg }um testen ©late.

SRodp a(g bie Sroifa weiter roßte mit iprem feurigen ©efpann, wenbete ber ©}ar fein Slnttip um, um ben Stnbtidf feft}upatten, ben ipm ber auffteigenbe Stiebet tang= fant tangfam berbirgt.

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XLIV.

^Slawu mit bett grünen Äugen.

D Weid)’ großen Slßarm erregte in ber SBeltftabt bie SRacfiricht, baß ber ©jar an baS Slsow'fche SJleer unb Don £)ier nod) weiter, in bie Krim, nadf) bem ÄaufafuS geht! ge^t wußte man, WaS ber Somet geWefen? ®ie gebet Wetd)e burcf) alle ^Berechnungen ber SBeifen unb ber 5lar= ren einen Strid) gemalt £)at.

SBeldf)’ furchtbare glüche ertönten in ben ®atafomben ber h- Jungfrau Don ®afan, als fie hörten, ber ©jar !omme nidjt in biefe Sirdje, fonbern in bie Sltejanber 9feWSfi=®apefle.

S)ie großen ptäne, bereit SBerwirflidfjung bie gauje SBelt erfdjüttert hätte, waren ju SBaffer geworben.

$er ©jar Derläßt Petersburg unb begibt fi<h an einen 1900 SBerfte Don biefer Stabt entfernten Drt, bem Slequa* tor um 13 ©rabe genähert; er begibt fid) in ein Sanb, baS für Serfd)Wörer fein fruchtbarer ©oben ift; er entrinnt ber SRiefenfaße, bie ihm gefteßt Worben War.

$er plan ber „greien ©lauen" war ju ©taub ge= Worben, tiefer SBunb hatte baS SBerf ber Zollbefreiung bireft mit ber ©rmorbung beS ©jaren beginnen Woßen. Unb nun gewann ber plan be§ „ßtorbbunb" baS Ueber= gewicht, ber bie SSerfaffung beS „(Sriinen 93ud)eS" Derwirf» liehen Wiß, fei e§, baß man ben ©jar hierzu jwinge, fei eS burih feine ©ntfernung; immer aber ohne Sittentat auf baS gefrönte föaupt.

25er ©jar reifte am 13. September ab, unb fo unter* blieb au<h bie auf ben 20. September feftgefefct geWefene SOtilitärreDue. 8tud) baS 9le| ber SDtititäroerßhWörung Würbe hieburdh üoßftänbig jerrüttet.

25ie ©ctreuen ber szojus blagodensztoiga eilten jur SBefpredjung in ben Pataft geneiben'S. ®S beburfte feiner ©inlabung.

SBaS nun thun?

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Unter SSierunbjtoanjig fagten Sreiunbätoanäig, ntüffe öorn Steuen begonnen toerben. Ser S3ierunbstoanjigfte toar SaluSfin, biefer fpracft :

„Sßemt iljr 2lHe abfällt, icft bleibe feft. Statljfcftlagt nur toeiter, icft toerbe tjanbetn." SJtit biefen SBorten öer= lieft er bie SSerbünbeten.

Somit ftatte bie §e£e begonnen.

@o jagt ber hungrige 2BoIf bern |>irfd)e nad), burcft ©teppen, SBälber, ©ümpfe.

Ser E$ar ftatte öor SafuSlin einen Sorfprung öon fecftS ©tunben.

Unb ber Verfolger glaubte biefe fed^S ©tunben herein- bringen ju fömten.

Er ftatte eine gute laufafifdje ©tute, bie getooljnt toar, jtoanjig ©tunben int Sage ju madEjen unb fobann ant Stofen 5U toeiben; beS Stoffes toürbig toar audj ber Steiter, ber fiel) mit einem ©tüdf S5rob unb ©pecf begnügte, mit öter= ftünbigem ©d^lafe auf blofter Erbe unter irgenb einem ©traudfie.

Slber audE) ber Verfolgte toar ein gleid^ fdfjneßer Stenner.

Ser Ejar legte in jebern Sage 150 Kilometer jurücf; b. i. einen jtoan^igftünbigen 2Beg. SJteljr als oier ©tunben ©dEjlaf gönnte aud) er ficft nicftt.

Ein grofteS Eefolge begleitete ben Ejar; bieS mar jebodf) bem Sßtane SaluSlin'S nid^t Ijinberlicft.

Stur „Einmal" möge er iljm in ben SBurf lommen, fo baft er Oor iljm fteljt.

Er lannte bereits ben Steifeblan. Soran jagt ein Sßiquet ®ofafen, ben Steifenben giemlid^ toeit öoran, -fo baft biefe burd^ ben ©taub, ben bie ®ofafen auftoirbeln, nidfjt beläftigt toerben. Eteidf) in ber erften Sutfdfje fifct fobann ber Ejar. Ser Sßagen ift &u erlennen an bem 93art beS ÄutfcfterS Slia; biefer 93art flattert ju beiben ©eiten beS SBagenS, toie eine gaftne herunter. 3>m SBagen fifet ber Ejar unb fein Slbjutant Eraf SßolfonSltj. Ser Eraf ift eine Heine, unterfefcte Eeftalt, ber Ejar öon grofter ati)*

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letifdjer Statur, mit einem, im 58erf)ältniffe gum Körper flehten ®opf. ©§ ift unmöglich, if»n gu berfennen.

SSentt er it)n einmal bor fid) Mafien fönnte, mährenb er it)m unter einer ©rüde, hinter einem Strauß auftauert, er tbürbe ruhig märten, bis er gang nahe gefommen.

Slbef er tonnte it)n nicht erlangen. ®en größten Uebel= ftanb für ben Verfolger bot ba§ SJtonblicht, melcfjeS bie Stacht gunt Sage machte nnb bie Steife bei 3tadjt ermöglichte.

Site fte am fiebenten Sage nach ® urSf gelangten, urnmölfte ftdj htö|tich ber §immel, entftanb ftürmifcheS SEßetter; ber SJlottb tonnte bie Sonne nicht mehr erfefcen, unb im ginftern mit Sßagen gu reifen ift unmöglich- Stber ntan fann reiten.

Stbermate ermatte bie Hoffnung ben ©garen eingu= holen. Sluch biefe Hoffnung mürbe bereitelt.

©r foHte erfahren, baff für bie SJtächtigen feine Unmögtichfeit gibt. Sßenn ber ©gar ©ile hat, fann man auch t)er ginfterniff befehlen.

Site SafuSfin eiumal, bie finftere Stacht hiftburdj auf hatebrecherifchen SBegen reitenb, baS ©efolge eingeholt hatte, muffte er fehen, mie fich ber ©gar nach SRitternadjt bei gadelbeleudjtung auf bert 2Beg macht. Sieben feiner ®utfdje reiten gacfelträger.

„Um fo beffer!" bachte gafuSfin bei fid).

©rft ffpäter, ate er bie Straffe erreicht hotte, fah er, meid)’ gefährlicher Säufdjung er fid) hhtgegeben.

SängS ber Straffe, fomeit baS Sluge reichte, rnaren in * einer ©ntfernung öon breihunbert Schritten Steifighaufen aufgefteßt; neben benfetben ftanben Seibeigene mit Sunten, unb mie ber ©gar fid) näherte, flammte ein Steifighaufen nach bem anbern auf unb beleuchtete ben SBeg. ®ie§ bau» erte bis gum Slnbrudj be§ SageS.

25er ©gar jagt auf beleuchteten SBegen bahin.

So bleibt ber SBolf gurüd, menn er baä geuer er= blidt, bor junger bie gähne fletfchenb.

Siefe' längs ber Straffe brennenben Steifighaufen ber= eitelten ben gangen fßlan.

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@r mußte bie Perfotgung aufgeben. 9tun fonnte er fidj nieberfegen fchlafen.

@r rührte fid) nun öon ber §ütte, in Welche er fich gejogen E>atte, nicht Weg, bis nad) einer SBodfje baS jweite fReifegefotge tarn, mit ber ©jarin. Jiefe reift langfamer; ben 2Seg, wetten ber ©jar in 12 Jagen juriicf gelegt hatte, machte bie ©jarin in 24 Jagen. SafuSfin folgte if»ren ©puren.

Sie Üteife enbete in Jaganrog.

Jaganrog ift eine £>afenftabt am Ufer beS Sljow’fdjen SReereS. ©in befdjeibener, Heiner, öber Drt, ben feine @in= woßner bereits jweimal ooHftänbig üertaffen haben, je nad)= bem ihn baS eine 9Rat ber ruffifdje bem tärüfdhen, baS anberemat ber türfifche ©roßherr bem ruffifdjen beim grie= benSfchtuffe übergeben hat. dermalen finb ©riechen feine SBeWofjner. SRur bie ©chutb eines oerrüdften SRefferS ift es geWefen, baß aus biefem Drt nicht eine SBeltftabt geworben ift. SllS bem Sjaren Peter I. ber ©infall !am, eine neue §auptftabt beS UteidjeS ju grünben, bie am 9Reere liegt, War er barüber fdjwanlenb, ob er bie neue ©tabt in ben finntfcf)en Sumpf ober in bie tartarifdje Steppe hinbauen foH. ©in emporgeworfenes SReffer entfcfjieb bie grage. SBemt baS 9Reffer mit ber ©pi|e jur ©rbe fällt, bann ift heute Jaganrog @t. Petersburg, unb bie Äuppetn ber 3faafs!ird)c fpiegeln ßch im 9ljoW’f<hen SReere wieber

SaluStin Wußte im PorauS, baß bie ©jarin nicht hier bleiben Werbe. Qn ber ganjen ©tabt ejiftirt auch nicht ein ©arten. §ier pflanjt SRiemanb einen Paum, als ob Sebe* fürchten würbe, ein Slnberer Werbe bie Srrudjt pflüden. Jer erfte fdjneibige SEßinb wirb bie Sterjte ber ©jarin barüber belehren, baß ein Drt, Weit, er unter bem 46. ©rabe liegt, noch leineSWegS Italien ift. Jer ©jar Wirb in feinem Peidje ©egenben auffudjen, Wo ewiggrüne SBälber prangen, um hier feine geliebte Äranfe ruhen ju laffen.

@r hat hoppelte SBatp : entweber ©eotgien ober bie ®rim.

Peibe Sänber finb für ben Htuffen, ber 8 SRonate hin»

3«ai : Steifet. II. 13

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burd) nichts SlnbereS fieljt als mit ©iSjapfen bebättete Sitten, ein ißarabieS.

Saum ^atte ber ©jar ©Itfabetl) in baS @d;toß ju Saganrog einquartiert, fo begann et audj fofort feine ©r= forfdjungSreife. ®ie SReife ging in ber Stiftung nadj 9tooo= cSertaSt. gatuSfin wähnte, ber ©jar werbe bie Steife bis junt ÄautafuS fortfefcen. 9fHe 58ortef)rungen Waren berart getroffen : ©orfpann, ©eleite waren bis XiftiS beorbert. ©r tonnte fid^ ben Drt auSWäljlen, Wo er fidj auf bie Sauer ftetten wollte. '

©)a aber tarn ber ©ouoerneur ber ffirint, gürft SBoron» joff, junt ©jaren, nnb Wußte Oon feinem ßanbe fo Diel ©djöneS ju erjagten, baß ber ©jar feine Sftoute plöfclidj änberte unb umteljrte. gatuStin rnerfte erft bann, baß er bie ©pur abermals üerloren, als er bem ©jaren bereits tagweit oorauSgeeilt war.

SlbermalS jagte er iljm it ad) bis ju ben ©ümpfen beS lobten -DteereS, in benen bie böfen ©eifter beS gaulfieberS auf ben gremben lauern. SBiS ©imferopol gelang eS iljm nidjt, ben ©jaren eiitjuljolen. |>ier langte er gerabe in ben Momente an, als bie ganje ©tabt ju ©Ijren beS getränten ©afteS im öollen ©lanje bet SBeleudjtung fdjwamm.

2lber ber ©jar tarn nidjt, um fid) an ben £ranSpa= renten ju ergäben, er war miibe unb ging fdjlafen.

gatuStin braute in ©rfaljrung, baß beS anbern XagS jeitlidj SDtorgenS SBorfpann jur SBeiterfaljrt beorbert würbe. ®er ©jar wirb ben beräumten ißalaft beS gürften SBoron» joff in gufuff befugen.

gatuSfin ereilte bie SBagen bei Söajbar. ©ie waren leer. $er ©jar Ijatte bie SReidjSftraße unb feinen SBagen öerlaffen unb mit feinem ©efolge, auf ben fteilen ©ebirgS* pfaben beS Xfatir ©>aglj fünf unb breißig SBerft ju ißferbe jurüdgelegt.

SDie Steife beS ©jaren war fo launenhaft, als ob fie burd) gemanben bittirt Worben Wäre, ber ba Weiß, baß er »erfolgt werbe, baß iljm nadjgefteltt Wirb unb als ob biefe Bidjadjüge t>on einem Zf)al jum anbern, auf unpafßr*

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baren fßfaben nur gemacht ttmrben, um ben Verfolger ju tauben.

Unb Wie Diele paffenbe ©etegerifjeiten hotte injWifdjen 3afu?fin oerfäumt! Ser Ejar füllte fich unter ber guten, aufrichtigen mohammebanifchen Seüötterung fo forgtoä, baß er ju guß unb ju ißferb ftunbenlang in ben prächtigen Härten unb SBälbern fjerumftreifte. 211? er ba? blumige Qrianber»Shal t>er Sänge nach burchfdjwärmt hotte, fprach er finnenb : „$ier möchte ich ben lieft meiner Sage «erbringen!" Sie quälenben Sorgen, bie bunflen fßhan» tome ber äMancholie fanben feinen SGBeg hierher : er ber» fdjeudjte biefetben gerabefo wie bie SBerfchwöret.

Stuf ba? Srängeit feine? Strjte? oerließ er enbtich boch ba? 3Reere?ufer unb lehrte in ba? innere ber §albinfel ^uräcf, in bie einftige |>auptftabt ber tartarifdjen Sultane, SBafcfi Seraj. $ier im fßalafte ber einftigen ©hiraiben brachte er bie Stacht ju.

Sie ganje Stacht unb ben ganjen Sag hinburch faß gegenüber bem Shore be? Ißalafte? unter Eqpreffen, metche IBafcfi Seraj fo berühmt machen, ein Serwifdj. Siefer Serwifcß toar 3afu?fin.

Enblidj hotte er ben Ejaren gefunben. Er fefcte fidh in ben 93urnu? geljüHf an ben 9Beg unb wartete, bi? ber E$ar au? bem fßalafte fommt. Er ift feiner Sache gewiß. $n feinem ©ürtet gtänjt ein guter, fcfjarfer Solch, unb feine |>anb jittert nicht.

Unb noch einmal läßt er ben Ejnren entrinnen. Sie» fer ging an ißm oorüber. Sein ®leib ftreifte ißn unb boch erfannte er ben Ejaren nicht; benn biefer war at? ebler Sartar gefteibet unb ganj allein, ohne alle? ©efolge, au? bem fßalafte gefommen. SBenn er auch nur Oon einem ein» jigen Siener begleitet gewefen wäre, fo hätte ihm bie? auf» fallen müffen aber eine? einzelnen SStenfchen achtet man nicht. Ser Ejar wollte bie „Quelle ber Shränen" befucßen, bie ber einftige SBräutigam feiner geliebten Softer befungen hatte. Siefe? Senfmal ber Schwärmerei rettete ihn oor bem SReuchelmörber.

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SSoit f)ier begab er fidj, in ber namtidjen Steibung in eine mofjajnmebanifdje äJtofdjee unb wohnte beni ©otteS= bienfte ber SDtoStimS bis jum Schluffe bei.

3n ben ißalaft teerte er gar niefjt nteljr jurücf, fom bern fudjte fofort fein ©efotge im ißatafte beS Statthalters auf.

Sei bem ©ouberneur erwartete if)n eine ®epefd(je, bie eine XobeSnadjridjt brachte. ® önig ttJlajimitian oon Samern, ber Scfjwager ber ©jarin, war geftorben.

Stlejanber erfdjrat ; wenn biefe -Jlacfjricfit audj ju feiner ©attin bringt, fo Wirb bie fdjwacfje ©efmtbljeit berfelben nod^ mef)r erf «füttert Werben. @r befaßt fofort aufjubredfjen, ofiiie in ben ißalaft jurücfjuteljren.

®er bor bem ®f)ore fifjenbe ®etwifdj wartete oergebenS feines DpferS ; als er bie Slbreife beS ©jarS erfuhr, war biefer fdjoit längft fenfeitS beS gftffmuS.

®ie £>ef)e fonnte auf’s neue beginnen.

SlbermatS lam if)m bie gäbet in (Erinnerung : „SBen ber äRanit mit ben grünen Slugen fid) erWaljtt tjat, gegen ben we|t man oergebenS bie SBaffe."

Sdfon beginnt er abergläubifdj ju werben, feine ganje ißtfantafie ift erfüllt mit grünäugigen ©efpenftern.

®er ©jar reifte weiter an ben*®njeper, tion Ijier burcf) bie tttogai'fdje Steppe unb über bie feibenjüdjten» ben gturen 9JtafiopotiS an baS Ufer beS Sljow’fcjjen •äJteereS, Wo feine angebetete ©ematin auf iljn Harrt.

SafuSfin folgte ifjm überall auf bem gufje nadf). ®ieS* feitS Dreftjof ftürjt fein ißferb, atS eS mit i^m über eine oerfattene Srüdfe fefcte unb bridjt ben gufj. gatuSfin ift offne $ferb.

@S war niefjt weit jur Eßoft : er Wanbert ju gufi batjin. ®r Witt ein ißferb Haben, um jeben Sre^- ®er Sßoftmeifter füHrt it»n in ben Statt.

„Sief)’ |>err, i<H f>abe au<H nid^t ein EjJferb. ®er ©jar ift burdjgereift, meine fämmtticHen Eßferbe Würben atS Sor* fpann genommen."

„Unb bort im SBintet?"

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„®ie8 Ißferb ift triebt mein. 68 gehört einem Äourir, ber eben jefct au8 Sieh» gefontmen ift, fofort um ein Sett bat unb nun fdhläft."

„©in Courier, bet ein SBett »erlangt um ju fd^Idfen, !ann nichts ®ringenbe8 ju befolgen ^aben. SSieHeid^t lann id) ihn, für gutes (Selb, bewegen, fo lange ju fdjlafen, bis ich mit feinem ißferbe in bie Station aJtariofwliS gelangt bin, Bon wo aus ihm baS ißferb jurüdfgefchicft Werben foK."

„ißrobir' eS $err!" 68 Wirb in SRujjlanb nicht fo unerhört fein, bafj ein Courier baS ißferb unter fid) »erlauft.

„(Sibt et mir baS Sßferb nicht, fo töbte ich ihn!" fprach ^afuSÜn bei fich unb trat in baS (Saftjimmer ein.

6in junget Uhlanenofficier lag ^ier auf bem Sette in bie ®unen feft eingewicfelt.

„(Suten Sag, Katnerab ! " begrüßte iljn SafuSfin.

„®a»on ift feine Siebe!" jähneflahperte biefer. „SBal)r= lid) ich frefnre. ®a8 »erbammte faufafifche Sieber hat mich am 2ßeg erwifc^t. ©S geht ju ©nbe. Unb ich füllte bem ©jäten perföntidj eine Sepefdje übergeben wo immer ich ihn treffe, (Seneral Slot!) fdfjidt mich. ©S ift (Sefahr im Serjuge. Unb id) lann nicht reiten! Sd!jau, Kamerab tlju mir ben (Sefallen übernimm bie ®epefche. Se|’ ®ich auf mein ißferb. ®er ©jar ift nach Saganrog gegangen, ©iie ihm nach! Uebergib it)m bie ®epefcfje perfönlicf) in feine eigene |>anb. So lautet bie Drbre! 3d) aber werbe nur in ber anbeten SBelt SRaftyort erftatten fönnen. 3dh bitte ®ich, eile ..."

Stifts fonnte SafuSfin erwünfdjter fein als biefe ÜRiffion. ©ine ®epefche, welche' et bem ©jaren perföntich übergeben mufi, bem ©jaren!

„(Sott mit ®ir, Kanterab ! Stirb nur ruhigen (Semü= . tljeS. 3dh Werbe ®einen Stuftrag getreulich »oKbringen, unb Wenn ®u eine Sraut tjnft, fo Will ich 'hr fcfjteiben, Wo ®u geftorben bift, unb ®eine Uhr will ich fummt Kette ®einet SRutter fdfjidfen. ©inen Seffern als mich fwtteft ®u nidht finben lönnen."

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®er Courier ift Waßrfcßeinticß aucß bort geftorben unb in bet fcßönen Steppe begraben Worben. SatuSfin aber be- ftieg fein Stoß unb ftecEte bie ißm anüertraute ®epefcße in ben Sufen.

2)a3 ißferb, baS ißm übertaffen Würbe, War febocß eine fcßtecßte SJtäßre. ©8 War nid^t, wie baS anbere, gewohnt, in ber Steppe ju geben. Äaunt bermocßte be§ 2!ag§ wenige Stunben jurüd jutegen, unb wenn er ju einer ©rüde !ant, mußte er abfteigen unb baS Ißier mit ©ewalt über bie ©riute jietjert ; eS wollte nicßt über bie ©rüde geben.

©ei fotcß’ jämmerticßer Steife tarn er um bter Xage fpäter afe ber ©jar in laganrog an.

©ine§ 2age3 erfuhr SatuSftn enblicß, baß ber ©jar öon Sltapla nacß SDtorbinof reifen Werbe, gießet füßrte nur ein einjiger 28eg, unb aucß biefer ift nur ju ißferb jurüdjutegen. S)iefer äßeg wirb öon ben ©ingebornen „bie Seiter" genannt. @r Oerbient biefe Benennung, fo fteit füßrt er jum ©ergrüden ßinan; juweiten ift baS ißfetb in enge getfenltüfte gejWängt.

SatuSfin mietßete einen tartarifcßen güßrer, ber ißn burcß bie SSälber ßinburcß auf bie Spiße „ber ßeiter" füßren fottte.

Stocß oor ber Dämmerung, in buntter Stadßt bracß er auf, bamit er bem ©jar jubortomme.

©r fteibete ficß in bie Iracßt eines tartarifcßen ÜJturfen unb Warf eine boppeHäufige gtinte um bie Scßutter.

2tuS bem bicßten SBatbe ßeröortreteub, faß er bor ficß ben tiefen ©ergpfab.

Heber einem aus ber getfenwanb fpringenben Duett grünte ein ©ibifcßftraucß, etwa jwei Sttafter oberßatb beS ißfabeS.

S)et ©ergpfab War ßier burcß einen getSfprung burcß* brocßen, über Wetcßen eine fcßmate ©rüde füßrte. ®iefe Stelle tönnen bie Steiter nur einjetn paffiren.

S)er günftigfte Ort, ju einem ^interßatt wie ge= fcßaffen.

„®i, ©urfcße! wie grün bocß ®eine Stugen

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finb!" ®er SJtann I adjte ein t)o^Ie§, buntpfeS Sadjen, tote auS einem leeren gaffe.

„@o ift'S! ©rün ftnb meine klugen." (Sr fpradj’S unb öerfdjwanb im bitten ©eftriippe.

®ie (Srgäljtung Setljfaba’S fußr gatusfin in ben Sinn.

(Sr gog fidj in ben ©traudj gurücf, machte fiel) fdjujj» fertig unb lauerte.

(Sin ©eier flog freifdjenb über ißn Ijinweg; er ßielt ben Sauernben für eine Seidje, fo unbeweglich faß 3atuS= fin ba.

(Snblidj ertönte baS tangerwartete Signal : ben Sßfab herauf bröljnten bie Stritte ber ißferbe.

®ie Steiler mußten gang nalie an ißn t)eran!ommen ; er tonnte fo lange gielen, als es ißm gefiel.

StlS bann Sie Steiler tjerangelontmen waren, merfte er, Wie feljr er gum ©efpötte geworben War.

Stuf ben Sßferben faßen Sorreiter, unb ber ®roß gog an itjm 0 orbei. ®er (Sgar War abermals üerfdjwunben.

SBo fonnte er fein?

„SSerbammter SDtann mit beinen grünen Stugen!" finite gatuSfin. „®u wirft ntid) felbft nodj abergtäubifdj) machen !"

®er (Sgar lam nicht. (Sr War ihm abermals entronnen.

(SS War ein lierrlidjer |>erbfttag, Wie folget nur in ben begaubernb frönen Sergen ®aurienS gu finben ift. ®ie Suft rein; alle Serge fdjeinen in unmittelbare Stähe ge= rüdt gu fein; baS ©eibengefpinnft ber Sommerfäben ftat= tert, wie eine Sotfdjaft aus bem genfeitS, in ben $öljen; baS Saubwerf ber Säume ift fdjon mit Stoth, mit ©etb gentifdjt; ber Stafen mit rofenfarbigen ßeitlofen beftreut. ®ieS Heine Stüd (Srbe ift ber grudjtgarten ber SBett. ®er Dbftbaum ift i)ier ein ganger SBalb, ber unter feiner reifen Saft fidj ädjgenb beugt, ©efallene 2lepfetn, Simen liegen am 3Bege ^erurn unb ber Soben ift mit ihnen bebecft. ®ie ©olbamfel greift ben $errn ber Säume, ber bem S53anbe= rer ben Ueberfluß nicht mißgönnt, unb auch nicht ben

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Sögeln beö Sßatbeä. ®ie iRiefenbäume, hielte in anberen Sänbern ttritbe Sirnen herüorbringen, finb hier mit fauft* grojjen , , S8ujburgan"=93irnen unb honigfüfjen „Satarmub" überbecft. 2SaS mit ber §anb erteilt Werben lann, gehört bem Sßanberer, baö Uebrige ift beö ©igenthttmerö.

©jar Sltejcanber War ob be§ SReidjtljumS an grämten in biefem geentanbe entjiicft. Sr begann an bie geenmärdjen Söet^faba'S ju glauben.

Sin einer ©teile, Wo fid^ ber fßfab awifdjen jwei aneinanberrücfenben Serglehnen emporjog, ertönte ©toc!en= getaute öon ber fmlje her.

®er Sjar fragte einen fEartaren, ber oon ber §öhe fjerabftieg unb it)tn entgegenfam :

„SBo läutet man?"

„3m ©t. ©eorgöflofter," war bie Antwort.

„38er t|at in biefer SBitbnifj ein ®lofter gebaut?"

„@ö ift ber einstige fEempel ber ®iana. 3wif^en ben SRuinen beö Sempefö ^aben bie fdjwarjen SJtöndje, bie tiom Serge StthoS t)iel)er tarnen, fic^ niebergelaffen."

„SOj! bieö ift alfo ber beräumte ®ianen=®empel in ®auriö?" erwiberte bet ©jar, in beffen ©rinnerung ptöfy lief) bie ©age oon ber fdjönen ißriefterin ber Slrtemiö, oon 3j>t)igenia auftebte, Wefdje bie ®id)tet oon ©uripibeö angefangen biö ©oethe befungen haben. „Unb nun ift biefer ®empef ein äHönchötlofter?"

®er ©jar üermod)te nicht bei einer $ircf)e oorbeijw gehen ohne einptreten.

|>ier tarn noch mehr baju um biefe @ehnfucf)t herüor* jurufen. ©in gefcljichtlicheö Stlterthum, ein Ueberbteibfel ber ftaffifdjen 3eit unb ein djriftlicheö Slfht in einer nur oon SDtohammebanero bewohnten ©egenb.

„SCSie lann man in’3 SMofter gelangen?" frug er ben Sartaren.

„Stuf einem gujtyfabe, Welcher oom 38ege abjweigenb in bie §öhe führt unb fobann an bem jenfeitigen Xtjeite beö ÄtofterS Wieber jum SBeg herabführt. ®ie fßferbe müfjten mit ben Leitern oorwärts gefchicft werben, bet

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Sßfab muß ju guf} jurücfgetegt werben. ®er 3öeg ift ein Wenig befcfjwertidj). 34) famt atS gütirer bienen."

®er ©jar tjatte nun um fo mef)r Suft betommen. @r flieg mit feinem ©efotge tiom ißferbe unb flieg an ber ©eite beS SüljrerS jum ®emf)et ber ®iana auf. .

®er fältle burdj einen bitten 3°rft. $u beiben ©eiten be§ ißfabeS Wedjfetten materifdj fdjöne SSaumgruppen mit einanber ab ; bie Witbe Siebe fctjtang fidj bon einem Saum jum anbern unb bilbete fo oberhalb beS ißfabeS ein grünes ®ad(j, üon welkem bie Keinen runben ®rauben tferabtjingen, beren tartarifdjer -Karne „Kacsi“ tautet.

9todj anbere früctjtetragenbe ©träudjer waren reid^licE) üorf)anben, barunter ragten namentticf) jwei 3*®etfc^fen tragenbe ®ontfträucf)e fyeroor; ber eine bringt rofenfärbige, ber anbere WadljSgelbe grüßte. ®ie gelbe grudfit ift grof?= förnig, bie rot^e roädjft traubenförmig. Wie bie ®rau6en= firfdlje.

„SBie nennt man biefe grüßte?" frug ber ©jar ben güljrer.

„®ie gelbe Ijeifjt „Alirek,“ bie rottje „Isziumi- rek“."

„Sricl) welche für micf) ab; tag midj foften."

®er 3üt)rer pftücfte rafclj witbe Srombeerbtätter, formte aus benfetben ein Sorbeten unb füllte baSfetbe mit Alirek unb Isziumirek,

®er ©jar War bom Sergfteigen erf|i$t unb bürftete.

®ie füfjfäuerlidje grudjt fd£)mectt ifjnt fef)r, er tiefe nidfjtS übrig.

©rft atS er baS teere Körbchen bem ffü^rer jurüdtgab, fiet i£)m an biefem @twa3 auf.

„SanbSmann, Welche fonberbar grüne Stugen ®u Ijaft!"

„@o ift'S man fagt es! 3dfj t)abe meine Stugen nodt) nie gefetien."

9iad) einftünbigem ©eljen gelangte ber ©jar mit feinem ©efotge ju bem auf ftaffifeffen SRuinen erbauten Ätofter.

©r War burcf) bie §i|e beS tfeifien §erbfttageS, burdfj baS befdjwertidje Sergfteigen öom ©djweife burdjnäfjt. ©anj

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erljifct burdjfdjritt et bie unterirbifchen ©änge, bie $ö^en, in welchen einft bie gut Opferung beftimmten Qüngünge aufbewahrt ttmrben, bie im Seifen gehauenen geheimen Dtte, non wo einft DrefteS bie goibene ©tatue bet SlrtemiS getaubt Ijatte. ©obann »erlistete et auch noch in bet Äapeüe fein ©ebet.

2tlS et aus bem Ätofter fjerauSlam, liefe et ben Sägtet fuc^en, biefet war jeboch nirgenbS gu finben. Stiemanb liatte gemerft, wo bet gührer gurücfgeblieben War. Sie ÜJtönche felbft geleiteten ben ©gar burch bie SBalber fjinburdj auf ben 2Beg gut „ßeiter," wo bie ißferbe bet 2luSflügter Ijarrten.

©o entging bet ©gar bem ©ibifdjftrauche, hinter

welchem 3a!u3!in auf ihn lauerte.

2tn bemfetben Sage mufete aber bet ©gar feinem 2lrgte geftefeen, bafe et im gangen ®örper eine ungewohnte SJtattigfeit betfpüre, welche bon gröfteln begleitet ift.

Slrgnei wollte er jebocf» nicht nehmen; er glaubte, es würbe bon felbft betgehen.

©r fe|te feine Steife fort. @r befuchte baS einftige 3lfhtia, beffen ho<htrabenber Staute heute ©ebaftopot ift. @r wohnte bem ©tapetlauf eines StiegfdjiffeS bei unb infpicirte bie ftotje ißonfuSflotte. @t liefe mit ben tiefigen ©ttanbgefchühen ©chiefeberfudje machen unb War ben gangen Sag über, trofe neuerlichen gieberS, unerntüblich gefdhäftig. ©pät SlbenbS ging er abermals in bie Äirdje, um gu beten.

SllS gafuSfin bon bem fterbenben Courier ben Srief übernahm unb in ben 58ufen ftecfte, tauchte in ihm ber ©ebanfe auf, bafe ber Srief anftecfenb fein fönne. ®r fcfelug fidj'S aus bem ®opf: „@i WaS! Wer Wirb fidj je%t bor einem gufammengelegten ©tücf Rapier fürsten?"

Unb bo<h hätte gafuSftn für fi«h unb feine greunbe weit llüger gehanbelt, wenn er eine jener „gehörnten Schlangen," bie am Stanbe beS ©rabenS unb in SBagen* geteifen bahingeftrecft auf ben SBanberer lauem, genommen unb fie, ftatt beS ©tücfeS ißapier, in ben Söufen geftecft hätte.

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©r badete : mag ber Sörtef was immer enthalten, Wenn idj iljn nur einmal übergeben fann.

®er SBrief Ijatte aber folgenbe ©efd&idjte.

SBei ber ©übarmee War 2lßeS jur $urd)fü£)rung ber SBerfajfung bereit, ißeftel ben man ben ruffifdjen Riego nannte tyatte bis nun mefjr als taufenb Dfficiere für bie SBerfdjwörung gewonnen, bis hinauf ju ben ©eneräten. ißeftel War als lünftiger ®ittator auSerfetjen, ber mit ber ©Übarmee jur |>erfteßung ber griedfjifdfien Republi! eilen Wirb; toäfjrenb ©Ijebimin als Sioil»®ouoerneur im Innern beS 9tei^eS bie neuen Republiten lonftituiren foH. ©S War geplant, baS Regiment „S3iatfa", weites ißeftel fomman» birte, am 1. Sänner 1826 in baS $auptquatier ju ®uttfin einrüdlen ju taffen. 2tn biefem 2age foK jeber Dfficier, ber nidfjt ju ben SBerfdfjwörern gehört, niebergeljauen werben. 93 on ®ultfin Wirb man nacf) filiew ftürmen, Ijier ben Äommanbanten beS erften ÄorpS, ©eneral Dften=©acfen, gefangen nehmen, bie Repubtil proftamiren, bie ißoten jum Slufftanbe bewegen unb ben ©jar beS I^roneS oerluftig erHären. ©anje Regimenter, ^nfautertften, §ufaren unb Slrtißeriften Waren für biefen ißlan gewonnen, unb ben Sommanbanten fiel eS nidjt einmal im Traume ein, WaS StfleS in iljrer Rät)e geplant Würbe. ®ie gemeinen ©olbaten gewann man, inbem man iljnen torfagte, bie „beutfdfjen" Dfficiere müffen tobtgefd^tagen werben. ®ie ®eutfd)en tobt= f plagen ift fetbftOerftänbtidfj ftetS eine populäre 3bee. Sie an ber ©pijje ber Slrmee fteljenben ©eneräle Dften=@aden, SBittgenftein, Rotl), Siebitfdj waren fämmtlid) Seutfdfje.

Ser ganje üerWegene ißlan fcfjeiterte an ber |>erjenS= fdfjwädje eines SRenfdjen. ©iner unter Saufenb, ein gewiffer ^auptmann SDtajroboba, fonnte oor feinem ©eWiffen nidjt fapituliren unb benuncirte feinem Äomanbanten, bem ©enerat Rotli, bie ganje 93erfc£)roörung mit aßen it)ren SetaitS; er nannte aud) bie Oberen, bie Seiter ber SBerfdjwörung.

©eneral Rotlj fdfjrieb an ben ©jaren einen 83rief unb fdjidte biefen 93erid)t burdf) einen ^auptmann an ben ©jar, nadj Saganrog.

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Ser fmuptmamt mürbe am S03ege oom lieber befaßen, toeld^eS fdjnelt in Sppfiuö überging; er tonnte ba§ ©Treiben nidjt nacfj Saganrog bringen. Sa braute ba§ ©erljängnifj ben rafenben gafuäfin baljer, er ntag baS ont SOBagen be§ <ScE|idfatö ausgefallene Stab erfefjen. SieS ber gnjatt beS SriefeS, ben ju überbringen er auf fidj genommen tjatte. 9Jttt bem ©rief in feinem ©ufen überbraä)te er felbft bie Slnjeige gegen feine mitberfdjtoornen ßameraben.

2lt8 er mit feiner abgemarterten SRätjre oor bem faiferlidjen ©Stoffe in Saganrog jiett, toar feine erfte grage an ben macjejabenben Officier, ob ber ©jar tjier märe?

Sie Slntmort lautete, ber ©jar fei jier, er jabe auch feit einigen Sagen baS .gintmer nidjt oertaffen. @8 fjiefj, ber ©jar fei franf; aber oor faum tier ©tunben fei ein ©itfourier mit ber greubenbotfcjaft jur SDtutter beS ©jaren abgegangen, bafj oorige -Jtacjt bie Äranfjeit eine plöfclidje SBenbung genommen |abe ; bie ©efunbjeit beS ©jaren fei jurüdfgefejrt.

„©ott fei gepriefen!" feufjte gafuSfin auf, mätfrenb feine gauft ben Sofcj juredjt ridjtete.

Stile Umftanbe begünftigten feinen fcjrecflicjen fßtan. Sie ©jrentoacje beS faiferlidjen fßatafteS mar eben aus bem Stegimente „©iatfa" genommen morben, beffen Dfficiere unb ©emeine fämmttidj für bie ©erfdjmörung gemonnen maren. 9tur befannte ©efidjter minften ijnt mit ben SOßintpern entgegen.

©ntfdjtoffenen ©djritteS eilte er bie Sreppe jinanf.

Sie jroei oor ben gimmern beS ©jaren madjenben ©renabiere fatutiren ijnt unb taffen ijn paffiren.

gm ©orjimmer ftanb ber bienftjabenbe Dfficier, ber ijn ats guten ßameraben begrüßte unb beim Flamen nannte.

„gcj fudje ben ©jar mit einer bringenben Sepefcje.*

,,©ej' jinein, brinnen finbeft Su ben Slbjutanten Siebitfdj, ber toirb Sicj anmetben."

gafuSfin öffnete bie Sjüre; aber im fetben Momente

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tnurbe audf) Bon Sfnneit bie Xfjüre geöffnet unb ber 2tu3* unb Sintretenbe trafen an ber Schwede jufammen.

SafuSfin erbebte. Sr ftet>t Bor fi<| ein ©efidjt mit grünen 3t u gen. Ober bitbet er fidh'S nur ein? ®ie ©eftatt trug tartarifdje fEradfjt unb fein ©eftdjtSauSbrucf tear fo eigenttjümtidj, abfdfjredfenb, ^erauöforbernb, an= ntafjenb, §ot)n, Seradjtung, Trauer mieten fic^ barin, unb bie grünen Stugen leuchteten mie jmei ^o^annistäfer. SttS er an 3a!u§fin Borbeiftreifte, entftrömte betn Stntti^e eifige ®ätte.

3afu3fin Wantte.

2)u!" fagte er jum Dfficier, inbem er auf ben fidj Sntfernenben finjeigte, „Wer toar biefer äRenfdfj?"

„Srgenb ein Courier."

„fjaft 5)u nicf»t bemertt, mie grün feine Stugen finb?"

„33af)rlicfj, ich ortete nicf)t barauf. SBaS fümmerft ®u ®icf) um feine frönen Slugen?"

3afuStin trat in baS jmeite Simmer ein.

|>ier fanb er ®iebitfdj, ber an einem Xifdfje fafj unb fcfjrieb. Sr mochte eS eilig Ijaben, benn er fafj Born ©djreiben niefit auf.

„3ft eS geftattet, beim Sjaren einjutreten?"

„S3 ift geftattet."

„3ft er allein?"

„3UIein."

„SBaS macf)t er?"

„Sr fd^täft."

„3$ muff eine bringenbe fBepefdje überbringen. Sann tdf) iljn mecten?"

„Sßecfe ifjn!"

®er ©enerat fat) Born ©djreiben nidjt auf; er be= merfte niefjt einmal, mit tnem er ipraef). 3afa3fin näherte fid) entfdjloffen ber Xtjüre bc§ SRebenjimmerS. Sin SBunber, bafj ber mit itirn ©preefjenbe an bem tauten fßodjen feines §erjenS nidfjt merfte, ma§ in ifjm Borgest? 9tur eine fjfiüre trennt ifjn noef) Bon feinem Opfer unb biefe ift offen! -

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©>er ©jar war bereits feljr tränt, als er nach $agan= rog jurücftehrte. Unb bennoch wollte er teine Slrjnei neunten.

@8 ift ein ©haratteriftiton ber ruffifdjen Sjaren, ben Sranf^eiten ju trofcen. Sie wollen nicht glauben, baß ber Snodhenmann (iljr erfter Wiener!), ben fie fo lange im Solbe Ratten, ber auf ißr Äomntanbo bie 2Renfchen=9leihen h)ie 2leljren niebergemö^t tjat, einmal mit feiner Senfe auch nach rücfWärtS auSljoft unb feinen „§errn" felbft niebermacfjt. Sie finb biel ju ftolj, um einem bleiben (Seifte ju geftatten, fie fdfjttmdj ju feljen, it»r Stöhnen ju bernehnten, ihren SBillen einjufd^ränfen ; felbft bem Xobe, Wenn er anttopft, fagen fie: „SBarte!"

Ober War eS etwa nicht fo? SSietteic^t, baß eine große, monumentate ©eftalt, bie, ein jweiter StttaS, lange 3eit ßinburd^ bie ©rbe auf ihren Schultern trug, itber= brüffig geworben war, fie ju tragen? baß bem, ber gewohnt War, baß bie öicr ©ttben ber SBelt bon feinem Sftutjme wibertjallen, fe|t babor bangt, baS gtöftern um fi <h herum ju hören, Welches SRache, Erbitterung bertiinbet, unb baß er fi<h nun felpt nach ber SRuIje ber ©rufte? @r ßat auf ber SEBelt nichts mef)r ju fdjjaffen. @r fühlt, baß er ber SBettgefdjidfjte im SSBege ftef)t. @r ^at Stiles berloren, was feinem §erjen treuer gewefen; ber lefcte Sonnenftraßt, baS Sächetn feiner tränten (Sattin, fie felbft, Waren nur mehr finfenber (Slanj am Stbenbßimmet. es nic^t glaublich, baß ber weltmübe SRiefe, als er ben 9tuf ber jenfeitigen SBett bernahm, fich bemfelben nicht berfdfjloß, fich nid^t berbarg, nicht bei ber Sßunberfraft ber Kräuter unb SRetaHe fuc^te ; fonbem bie Spüren

Weit öffnete unb fprach : „&ier bin ich, ««* gehen!"

Unb faft fchien eS, als fottte ber Xro| beS dürften, über ben ©jar ber ©räber, triumphiren.

2agS borßer erholte er fich Weit, baS bie &ranfheit ganj berfdjwunben fchien. Selbft ber Slrjt würbe burch bie äußerlichen Symptome getäufcht, fo, baß man Slbenb fpät einen Courier mit ber greubenbotfdjaft jur ©jarin=3Rutter

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ttadj ©t. Petersburg fc^icfte : „StIeEanber ift aufjer jeber ©efatir. gejjt brotjt ifjm nichts metjr." (9iidt)tS, als tiunbert» taufenb SJteudjelmörber!)

SKorgenS bann fant ber wot)ltt)ätige ©eniuS ju iljm, ber ben Königen unb ben ©ettlern bie Saft wegnimmt unb ju iljnen fagt : „Komm’ Ijeint!"

©lifabett) berliefj burdj brei Sage unb brei Slädjte nidfjt baS ßimmer beS tränten ©alten. @ie felbft pflegte ben Seibenben, i£)re eljelidfje Sreue War feine Sröfterin.

Unb bent |»errn ber Sßett würbe bie ©nabe ju Sljeil, bafj er, als bereits afle üBaffen gegen itjn geteert Waren, atS ber Slttar felbft, an bent er ju beten pflegte, unter» ntinirt war, atS ein ganjeS SReidE) über iljm in Srünttner ftürjen woßte bei ben ©trauten ber aufgeljenben ©onne, junt testen 9ßale bie tebenSauSftrömenbe Sßärme beS glänjenben ©eftirneS füljtenb, feine ©eele bem $errn mit ben SBorten übergeben tonnte: „Ah le beau jour!“ Unb jarte fjänbe brüdten it)m bie Stugen ju, unb feine treue SebenSgefäljrtin faltete if)m bie 2lrme freujweife über bie ©ruft jufammen.

9ßun aber bradlj aucf) bie SebenStraft ber tränten grau; of)nmäd)tig ftürjte fie jufammen.

Sie jWei Sterjte eilten ber ©jarin ju $ilfe, Ijoben fie empor unb brauten fie in if)re 38ot>nung. Ser britte SRann, ber 3euge beS Auftrittes war, Siebitfd), eilte in baS ßtebenjimmer, um fcfjneß bie Sepefdje ju fdjreiben, welche ber ffijarin»3Jtutter ben Sob beS ©jarS mittljeitt. Siebitfdj erteilte bem Courier bie SBeifung, fdjnefl ju fein, um ben geftern 3lbenbS abgefdjicften Soten einju^olen, ja iljm juborjutommen. ©obann fdjrieb er einen ©rief an ben ©rofjffirften Äonftantin in SBarfdjau.

3n biefern SRomente trat QatuStin ein.

Siebitfdj beeilte fidj mit bem ©dtireiben. @r befanb fidfj eben in bitteren ruffifcE>en §umor.

„SBaS madjt ber ©jar?" „@r fdfjläft." „@oß idfj it)n wetten?" „Sßed' iljn bocfj!"

Ober War etwas im ©efidjte SafuSfin'S, WaS feine

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ißtüne üerrietf) ; unb Waren bie Steuerungen beS Stbfutan» ten beSljatb fo farfaftifcf) gehalten?

Set ©erfcfjworne tritt in baS 3intnter ein.

Snt SOtomente war Stiemanb int 3intmer : ber ©jar allein.

SatuSfin fietyt ben, ben er fudjt, öor fid) tiegen : jtumm, bewegungslos, mit gesoffenen Slugen, bie $änbe gefaltet.

9tun ift’s ein mastiger äJtann unDeriefcüd) tobt .

SatuSfin Wagt eS nid)t nätier ju treten üor bem tobten ©jar fürchtet er fic|.

Saumetnb te^rt er jurüd in baS anbere 3intmer, ben SBrief nocf) immer in ber |>anb tjattenb.

„Ser ©jar ..." ftammelte er.

„3ft geftorben."

„SBann?"

„Sn biefer ©tunbe."

„Sßarum bin i dj nidjt um einen Sag früher gefom= men, um itjm biefen S3rief übergeben ju tonnen!"

Ser Stbjutant fanb biefen SluSruf fef)t furios.

„Sßeifjt Su waS?" fagte er ju SatuSfin. „2Jtad) aus biefem ©rief einen Sabeftöpfet ju b einer ißiftote,

Sir bie Äuget burdj ben Äopf, bann tannft Sn itjn nod) einljolen!"

2öaf)riicE) tein fdftedfter Statt)! SatuSfin tjatte nichts ÄtügereS tt)un tönnen, atS biefen Statlj ju befolgen, ftatt, Wie er eS Wirftid) machte, ben ©rief auf ben Sifdj ju fd)teubern unb bem ©djidfat ftudjenb, baöonjuftürjen.

Unter bem Stjore beS ißatafteS traf er abermals mit bem SRanne mit ben grünen Slugen jufammen. Siefer beftieg eben fein ißferb. ©r fab ifm mit feinen Äafeenaugen an unb tackte.

„Stidjt Wahr, Su bift ju ffjfit gefommen?" rief er ijjnt ju unb fprengte, bem ißferbe baS ©ifen in bie ©eite brüctenb, baöon.

SafuSfin erbebte unb gitterte am ganjen Äörper.

* *

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209

©tifabetlj teerte, als fie fidj toieber aufgerafft l)atte, ju ifjrent Sobten jurüd uitb fd^rieb im Sobtensimnter fotgenben SBrief an Sie ©}arin=äRutter :

' „Slfeure äRutter!"

„Unfer @ngel ift bereits im $immet wnb id) bin nod) auf @rben. 333er Ijätte geglaubt, bafj id) il)n überleben »erbe, idj, bie ©djWadfie, bie Äranfe? äRutter, berlafj’ midj nid^t, bie xd) nun allein ftelje in biefer ©djmerjenSWelt. Unfer teurer Sobte Ijat feine lieben ©efidjtä» jüge »ieber jurüdgewonnen; fein Säbeln be= jeugt, baff er in ber anbern SBelt fdfjönere Singe fieljt, at3 Ijienieben. äRein einziger Xr oft ift, baff xd) i|n nidjt lange überleben unb eljeftenä mit iljrn bereinigt fein Werbe."

©ie bitte ridjtig geahnt! Ser näcf)fte grüfyting braute fie in ba§ 8anb, Wo ber ©jar glücfltd) ift unb auch ber ©flaue, unb fein Unterfdjieb jWifc|en iljnen ift.

XLV.

Per $etofb.

älodfj War bie Sunft nidfjt erfunben, burd) welche ber äRenfcfj feine SSotfd^aft bem S9li|e anbertraut, unb woburd) ber SSaumWoHljänbter, bem auf bem jenfeitigen Steile ber ©rbe ein ©oljn geboren Wirb, ben Kompagnon auf bem bieSfeitigen Steile ber ©rbfugel jur Saufe am anberen Sag laben tann. Ser Slbler, Weidner bie ©lifce Supiter’ä- trägt, überbringt bie SBotfcljaft unb bringt aucf) SlntWort. Santatö £>at felbft ein fo wichtiges ©reignifj, wie ber Sob beS ©jaren SUejanber, adjt Sage gebraust, bis auf bem SRüden be8 fcfjnellften ufrainifdien 9tenner§ bom ©nbe ber ruffifdjen äRonardjie in bie £auptftabt gelangte. Ser erfte S3ote, welker bie älatfjridjt bon ber ©enefung bc§ 3«ai : greift. II. 14

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210

Goaren brachte, !om in ber S^at fräset an, atö ber jtoeite mit bet Srauerfunbe. Qenen fpornte bie greube an, biefen trieb bie Trauer nicht.

Stuf bie greubenbotfdfjaft berfammette jidh ba§ ganje SRomanoto’fche Äaiferhauö (jufammen 10 ©lieber, baö ©itfte, ©rofjfürft SKidfjael, mar in SBarfchau bei bem 3mölften) ju einer grühmeffe in ber Kapelle beö SSinter» palafteö; ber ^öd^fte geiftlidje SBürbenträger, Seraphim, cetebrirte perfönlich baö |>ochamt. 5>ie ®apette toar bon f>ofbeamten, SDtagnaten unb Dfficieren bic^t gefüllt. 53er ©hör intonirte bie Sottecte : „®ott erhalte ben ©jaren!"

TO bann ber ißrotopope bot bem Stttar baö mit (Spangen gebunbene Sud) öffnete unb mit jittember Stimme bag ©ebet für bag ßeben beS ©jaren ju intoni* ren begann, erbröljnte ptö^lid) in ber anbadjtöbollen Stille eine Stimme, atö ob man an eine ©lode gefdfjlagen hätte :

„@t ift fdfjon geftorben!"

5)ie aufgefcjjredte SSerfammlung öffnete freimittig einer borbringenben ©eftalt ben SESeg ; ber lidjtgrüne Se£)gmet biefer ©eftalt triefte bom Äot^e fämmtlidjer ruffifcpen ttSrobinjen, bom fdjmarjen S'otlje ber nogajfdjen Steppe, bem gelben Äot£>e SRoölauö, bon ber Shreibeerbe 9tom= gorobö unb ben grünen Sc^mu^fledten ©8arö!oje=Selo3. 3n ber §anb trug bie ©eftalt einen SBrtef, mit bem fie burdfj bie Sttienge Ijinburdfj bireft jum ©rofjfürften tttifolauö borbrang : ift ber Sörief ber ßjarin an bie ©§arin= 2Rutter.

5)er ©rofefürft übernahm ben ©rief unb öffnete ihn perfönlich.

5)ann eilte er jurn ißrotopopen l)in unb flüfterte biefem ©tmag in baö Dhr-

5)er ißrotopope ^üttt hierauf baö in feiner $anb befinblidlje ferucifij in Stauer, tritt jur ©jarin 3Rarie unb fpridfjt:

„5)ein Sol}n ift geftorben!"

Unb ber ©hör unterbricht in ber ÜDtitte ben greubat*

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211

gefang, urtb nach einer SWinute burchjittert ber Trauer* hhmnuS bie Kapelle :

„§err! fd^enfe ihm bte ewige Stufte !"

®er ©otteSbienft, ber atS Te Denm begonnen, enbete alä Requiem.

XLYI.

„Beatus ille . . .

2BaS auf (Srben ift Wahres ©tüd?

©ich toSmachen bom potitifdjen Xotjubabotju.

@3 gibt leinen gtüdtidjeren SRenfchett auf ber SBett, atS jenen länblichen ©utsljerrn, ber bie potitifchen @reig= niffe nur aus bem StmtSbtatte lennen lernt.

S3ormittagS bricht er jur Qagb auf, ftöbert brei §afen auf, jwei bon biefen fangen feine Sßinbfpiele. ®ieS ift ein großer Xriumph- Sen britten taffen fie taufen. SieS ift wieber ein großer ©fanbat. 3tber am SRüdWege erbroffetn bie fjunbe eine Sßitbfafce. SaS ift Wieber ein Sr oft. SaS ißferb ftotpert über ein reines StichtS. SieS ift ein großes Üngtücf. 9tber Weber ÜJtenfch noch Sf)ie* haben babei ©djaben genommen. SieS ift Wieber ein großes ©tüd.

3n ber SRälje gibt eS einige gute Sameraben, benen ber SDtenfcf) erjäßten tonn, WaS ihm paffirt ift, unb bie ©inent im Xaufche Wieber erjäßten, WaS ©roßeS fie bott- brad}t f)aben.

SKittagS wartet bie fjauSfrau mit einem prächtigen ÜRaf)te beS SDtanneS; auch bte guten Samaraben täßt fie nicht fort. Äraut mit Sratwurft ift nach einer fotdj’ großen Äommotion ein gar prächtiges ©ffen! Stach bem ©ffen ift eine botlftänbige Sarofpartie beifammen, unb ber ÜDtenfdfj lann noch beS anbem SageS prahlen, Wie er gegen 10 Sarol ißagat=Uttimo gemacht h®be mit Contra-Recontra 1 Sie ganje ißotitil, bie noch gewacht Würbe, beftanb barin,

14»

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baff ißufdjfin bert „Yulpis“ (eine Sorte, bie aber au cf) gar nid^t „ftid)t") „SlraftSejeff" genannt fjatte. Stber ber Sßoft= meifter hatte felbft begatt feinen Sopf mifebitligenb gef Rüttelt! SESoju bie Unterhaltung burdj berlei ftören Wollen?

®attn, atö bie ©efeUfdjaft bereits aufbrechen Will, fällt eS bent ißoftmeifter ein, baf? er in feiner Safche bie Leitung ißufchftn’S bergeffen h®t-

®ie Leitung Wirb aufgemacht. (®ie alten anftänbigen Leitungen Werben nämlich in ©onüertS oerfchicft.) SBaS fann barin ftelfen? .

„©ne ÜUtititärparabe?"

®ie lieft fein SKenfch.

©obamt granfreidj. ®ie granjofen finb juf rieben. ®er SCRüEje Werth }U Wiffen! Sürfei. ®ie ©riechen finb oerföhnt. ®aS ift ftar! ©nglanb. $>ie Sanal= gtotte ift nach ®oöer juriicfgefehrt. ®aran ha* fie gut gethan! Sn Stufjlanb hat fi<h nichts ereignet, ©ott fei ®anf!

®amit jünbet jeber feine Sampe an unb geht nach $aufe. ®er Hausherr aber fucht baS Zimmer feiner ©attin auf. ®ie gute grau hot fdjon auSgefchlafeu unb janft ben Sommenben nicht auS, bah er fo lange gefpielt. ©ute, braoe grau! ®eS anbern iageS fteht man fpät auf, eS ift nämlich ein fo tiefer Schnee gefallen, bafi man bei bent genfter gar nicht IjinauSfchauen fann. $hnt nichts! SDtan ift nicht blofj Stimrob, fonbern auch SprtaeuS ; fann man nicht hinaus ju ®iana, fo h“t man im $aufe bie SRufen : auch biefe finb gute greunbe. 9Kan jünbet bie pfeife an, geht tm 3immer auf unb ab unb bidjtet fo, bah »tan bei jebem Somma, jebem ißunft baS liebe Heine 2Beib<hen fiiht, baS injWifcijen mit einer hübfchen grifur befchäftigt ift. Sft eS fdhwer ben Steint ju finben, nimmt man baS SBeibchen auf ben ©djooh, fteht ihr in bie Stugen unb gleich ift ber Steint gefunben.

StadjmittagS finb bie guten Sameraben abermals ba, 4?oftmeifter, ißächter, ©utSherr. ®er gtohe Schnee hat fte

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nicf)t jurücf gehalten; gtnei waren mit ihrem eigenen §ahr= geug gefommen, nach bem dritten hatte ©ettjfaba ben ©glitten auSgefcf)icft, bomit bie ©efellfchaft üoü »erbe, ©ie arrangirte ben ©pieltifch.

SieS ift baS IßarabieS! SaS Wahre ParabieS.

Einmal gelang eS ber ©erlange bodj, in’S parabieS ju fchlübfen.

211S am Enbe beS ©pielS bie lange Sifte jufammen gejäljlt Würbe, um ju feljen, Wie toiel Sopefen Einer gewonnen ^abe, mußte ber Poftmeifter alle ©ädel auS= framen, um feinen Perluft berichtigen ju fönnen. Sei biefer ©elegenljeit entnahm er öerfe^iebene S riefe feinen Safdjen.

„©ibt eS heute nichts SteueS?" fragte ihn ber Pächter. (Sn jene ©egenb lam nur eine Leitung, bie Pufdjfin hielt; bie Slach&arn lamen, Wenn fie Sieuigfeiten hören Wollten, ftetS ju Pufdjfin.)

„2BaS fafeln ©ie? |>abe ich nicht geftern eine Leitung gebracht? ©tauben ©ie, ber ßeitungSfchreiber fei ein Seufet, ber feben Sag lägen fann? ©enug für ihn, baß er eS breimal in ber Sßodje thun muß. ©in djriftticher 3eitungSfdjreiber muß jeben britten Sag feiern fönnen. Sßemt ©ie eine 3eitung hnöen Wollen, iefen ©ie bie geftrige Stummer!"

„Sie hoben Wir bereits gelefen."

„216er bie aRilitärparabe habt Sh* noch nicht gelefen."

„Stun, fo lefen wir fie."

Unb eS War ber HJtüIje Werth fie jn lefen; eS ftanb nämlich in bem ^Berichte, baß fämmtliche ßeibregimenter @t. Petersburgs in ber Kapelle beS SBinterpatafteS einzeln ben ©djWur leiften mußten. Unb Warum füllten fie nicht fchwören? SaS fdjabet ja ben ©olbaten nicht.

Sa, aber fie mußten bem Ejar ® onftantin ben ©ib ber Sreue fchwören.

„Ejar ®onftantin? 2Ber ha* öon einem Ejar Äonftantin gehört?"

SaS War aber fo gefcheljen, baß man im großen

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Smbet ganj »er gef fett ^otte, beit Xob beS ©garen Sttejanber amttief) ju metbert!

„©in Lapsus calami!" fprad) bet Poftmeifter.

„Sßahrfdjeintich mar bet 3ettuttg3fd)retber betrunfen! Unb marunt fottte bet ,8eitungSf<hreiber nid^t betrunfen fein biirfen? ©inrnat im Satfre!"

Stile beruhigten fiel) bamit : ber SeitungSfdjreiber feierte feinen StamenStag, beraufdjte fict) unb fc|rieb ftatt Sttejanber Sonftantin ; bie nädffte Stummer mirb unter „Errata“ fdfon bie Berichtigung bringen.

®ie nftdjfte Stummer braute aber feine Berichtigung, öietmehr mürbe ber „ffehter" öerboppett, üerbreifacht, in* bem atte Berorbnungen im Stamen ©r. SJtajeftät beS ,,©jar Sonftatin" ertaffen mürben.

Stie ift berfEob beS ©jaren Sttejanber amtlich pubticirt morben!

5)aS gute jeitungStefenbe Pubtifum erfalj nur aus ben ©ontagSnummern, baff bodj ©trnaS an ber @adje fei. Sn biefen Stummem mar bereits enthalten, baß in färnmt* liehen jHrdjen Petersburgs IrauergotteSbienfte abgeffatten mürben, man taS bie amtlichen Oben ber Profefforen, metdje ben Stuhm beS öerftorbenen ©jaren in ruffifcher, tateinifcher unb griedjifch« Sprache befangen.

Stiemanb munberte fich mehr bariiber, baf? alte ferneren Berorbnungen im Stamen Sonftantin’S erfdjienen, er mar ber ©äfaremitfeh, er mar nach ruffifchem ©taatSred)t ber Xhronfotger. 2)a§ er beim Botfe nicht beliebt mar, fam nitfjt in Betracht. SBaS hot baS Bolf bamit ju fdjaffen ? ®ie ©otbaten hoben ihm f£reue gefdjmoren, unb mer bie ©otbaten hot, beffen ift baS Steicf).

Unb maS flimmert bieS namentlich bie „gtücflidjen SOtenfhen" bort in ber tänbtidjen SBoljnung? Shnen ®or baS ^äuSdjen tieb unb theuer, atS noch ©äar Sttejanber in Petersburg h«rf<hte baburdj, baff nun ®onftantin an feine ©teile fam, ift ihnen baS fpäuSchen nur noch theurer gemorben.

®er SBinterpataft hotte ein neues ©efpenft junt Be*

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»Bohltet klommen. Schon bem alten ©efpenft, baS ftnmm, ntelancholifch unter feinen freuen toanbelte, toar fdjtoer ju bienen getoefen, um »nie üiel mef)r bem neuen, baS fdjlägt, ftöfjt, ©ebeine bricht unb flucht. ©eine Weiterleit ift noch fc£»recflid^er, als bie ©chtoermutf) beS Slttbern getoefen toar.

9luS biefem ©runbe tonnte fi«f» ber Dfficier ber Sei b= toache, beffen Safere einen ^ö^eren 93efef)t birgt, ber ifjnt oerbietet, {ich oon pieSloto auf eine Sagreife toeit ju ent» fernen, mit fRecf)t einen „gliicflichen SRenfdjen" nennen.

XLVII.

Per ^erftt^er.

2tn einem ftiirmifchen SBintertage, an »eifern bie 9tad)barn fief) nid^t einmal }um SBefudEje Pufdjfin'S auS ihren Raufern ^erau3toagten, fuhr ein ©glitten unter ©djellengeraffel in ben §of, unb aus ben fßeljen unb ^of)en giljftiefeln toicfelte fRitter ©alban fidE» heraus.

(Gegenüber einem (Safte oerftummt jebeS feinbfelige ©effihl, um fo mef)r, toenn ihm totrllich fd^tedtteä SEBetter befc^eert. Ser SBeg toar unter ©djneetoeljen üergraben, man fa£) nicht, too^in man trieb.

Pufchltn betoiflfommte ben fRitter ©alban auf baS ^erj» lichfte; im toarmen 3immer tourbe bann bie grfebenSpfeife angejänbet. SSetljfaba bereitete ben Shee.

„Slber um ^immetötoißen, toaS |at Sich benn in bie» fern ©cfjneefturm auS Petersburg ^erauSgetrieben?"

„Wm, Samerab, baS fönnteft Su bir nadj Seinen eigenen Erfahrungen ganj gut benlen, geht ja auch Sein genfter nicht auf ben 5RpetoSü»Profpect hinaus. 9tu<h Su haft ©runb, hier ju fein."

„StßerbingS," fpradj Pufchtin, ben IRauch ber Pfeife in blauen fRingen in bie |>öhe bampfenb ; unb bie fRinge oereinigten fich oberhalb beS §aupteS SBethfaba'S toie eine

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Slureote um bas $aupt ber Zeitigen unb oftentatib jog er feine (Sattin an fidfj, feinen Strm um ihre Xaille legenb : „§ier ift ber ©runb ! "

©alban lachte. „Sinn, einen foldjen ©runb habe i<h aöerbingS nicht! Sei mit Reifet eS nur : „Veteres migrate coloni“ (alte $äu8ter Wanbert aus!) ®ie Sßelt ift bet* breht. ®ie alten Seute retten ficf). Sludh StraltSejeff raucht feine ißfeife in ©rufino."

„®a8 Wunbert mich- ©jar Äonftantin war ja fein gbeal, unb ebenfo Weiß ich, baß ©jar ®onftantin Viernau» ben mehr liebt als SlraftSejeff."

„3a, Wenn Äonftantin ©jar toäre, bann wüßte auch ich, wohin ich treiben fall aber er ift nidjt ©jar."

„Sticht ©jar?" fpracf) ftaunenb ißufc^ün. „£>ier in ber Leitung ftehen ja boch feine Serorbnungen."

„Slber, lieber Stlejanber SergieWitfdfj ! ®u bift ja bo<h felbft ©djriftfteßer, unb bift benttoch fo nait>, ju glauben, was in ben Leitungen fteljt?"

„3um Teufel! Slber ber amtlichen Leitung muß man bodfj glauben, tnenn fie fdjreibt, baß ber Senat ®onftan= tin jum ©jaren auSgerufen ßat, baß bie Seibregimenter bem ©jaren Äonftantin ben @ib ber Xreue geleiftet haben."

„Unb gleich toohl ift Äonftantin nicht ©jar. SBir leben, ftreunb, in bem Zeitalter ber SBunber unb ber Slbfurbi* täten. ®iefe binbet baS SlmtSblatt bem großen ißubtifum freilich nicht auf bie Stafe, aber bodh Weiß in St. Ißeter8= bürg Sebermann, Wag borgeht. 2tlS Sonftantin bereits jum ©jaren proctamirt War, unb bon bem ©roßfürften herab bis ju ben Seibwadhen 3eber ihm ben §ulbigungSeib ge= fdjWoten hatte, probucirte ber fßräfibent beS Senates, Sa= pufljin, ein berfiegelteS ißacfet, Worauf bon ber $anb beS tobten ©jaren gefdhrieben ftanb: „Stach meinem Sobe im StaatSratlje ju öffnen." ®ie Siegel würben ge= öffnet; man fanb eine Urlunbe, in Welcher ©roßfürft ®on= ftantin, ber ©äfarewitfch, ber jThronfolge ju ©mtften feines jüngeren SruberS, beS ©roßfürften StilolauS, entfagt. ©ine jweite im ißacfete enthaltene Urlunbe enthielt baS üeftament

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StleEanber’S, in meinem biefer bie £f)ronentfagung Kon» ftantin’3 annitnntt unb jum fünftigen Sfjronerben ©roßfürft SRitolauS ernannt ttirb."

„®o ift alfo nic^t Konftantin ber ©jar, fonbem SRito» laug? S)aö ift feljr Hat." Pufcljtin fprach bieg in einem Sone, bem man anfah, baff iljnt auch bieg feljr gleichgiftig fei.

,,©o Kar ift eS nun nicht! ©roßfürft 9tifolauS miß bie ju feinen ©unften erfolgte jCljronentfagung nicht an» nehmen. @r ift ein Slnfjänget ber alten ©taatöorbnung, bie nicht geänbert merben bürfe unb nun fließt ber Kampf ber ^»ochherjigleit jmifchen @t. Petersburg unb SBarfdjau; burdj Vermittlung beö britten ©ruberg, beS ©roßfürften SRidjaet, forbert nun jeber ©ruber üom SInbetn, baß er bie Krone anneßme. "

„Sßun baS ift aßerbingS eiue große ©ruberliebe, fdjier beifpießog in ber äSettgefdjichte. ©iS nun haben bie Königs» föhne mehr um bie Krone getauft!"

„Unb mag bie ©Ijimäre öoflftänbig madjt, ift, baß ooßenbete Shatfachen, bie fich gegenfeitig auSfdjließen, einan» ber gegenüber fteljen. @S ift eine ooßenbete Xhatfadhe, baß Konftantin alg ©jar prottamirt mürbe unb Oon bem Sljrone nicht entfernt merben tarnt, unb ebenfo ift eg eine toßen» bete X^atfac^e, baß er Johanna ©rubjinSta jum SBeibe genommen ha*> eine Polin, Katljolitin, eine gemöhnlidje Slbelige; brei ©igenfdfjaften, melche ihrem SKanne bag Stagen ber ruffifdjen Krone unmöglich machen. Unb fo ift eg Kon» ftantin termehrt, fich auf ben Sljron su fefcen, unb ift ihm termehrt, tom Shrone herabjufteigen."

„SReinetmegen. @o mag er ftehen."

„S)u, in deinem SuSculum, fannft leicht 2Bi|e machen, mag foßen aber bie in bie Klemme getriebenen armen $öf» linge machen?"

„Umfomehr, ba bem ©äfaremitfdj bag SBeib lieber ift alg bie Krone!"

„Soffen mir bag! 9Rit biefer übertriebenen ehelichen Siebe ftreuen mir -Riemanbem ©anb in bie Slugen. geh hatte ©elegenljeit, biefe Siebe auf bie Probe fteßen ju tön»

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nett. 3$ lontt fagen, baß' eS feiner Sauberfünfte beburft ßätte, unt grau goßanna ben ritt er tieften fürftticßen Siebßaber oergeffen ju taffen. SamatS fonnte fie ißn nämticß nocß nid^t ©atten nennen. SSemt nid^t ein ftärfe= reS ©efüßt mein ^erj beßerrfcßt ßätte! (Sin unterbrüdter ©eufjer unb ein oerftoßtener ©eitenblidf auf ©etßfaba mar bemüht, ben SS orten bie Srftärung ju geben.) SSaßrticß in meiner §anb tag bie SJtacßt, ben ©roßfürften Sonftantin . mit ben neunjeßn Kronen SRußlanbS ju befcßenfen. Unb bann audß nocß mit einer jmanjigften. 3<ß ßätte nur um einen Sag länger im ©arten ber fcßönen Sajienfa bteiben rnöffen."

ißufcßfin efette bieS Sluffcßneiben an. Sr Hopfte bie Slfdße feiner pfeife auf bie Srbe. ©etabe fo ßocß artete er audß bie ißraßtereien ©atban'S.

„gdß aber meiß, baß ber Säfaremitfcß unb beffen ®at» tin ficß gegenfeitig fo oergöttern, baß Konftantin ben Kopf= puß goßannen’S nicßt für bie Krone 9turif’S baßin geben mödßte."

„SSie aber, toenn bieS nidßt baä SSerbienft beS Kopf* pußeS goßannen’S ift? SSie, menn bie ©cßutb in ber Krone 9turif’S liegt? ©in geleibter SDtenfdß ftücßtet beim Semit* ter, menn er trocfen bteiben mitt, nidßt unter eine gierte. Unb unter alten Sannen ift bie Krone ber ruffifeßen gidßte jur Seit eines ©emitterS bie gefäßrttcßfte. gebet meiß, fetbft bie Sparen jmitfeßern eS, baß ber oerftorbene Sjar nur bureß ein moßttßätigeS faufafifdßeS gieber oon bem ©erßängniß öerfdßont blieb, baS jeben ruffifeßen Sjaren auf bem Sßrone ereitt. ©etbft über ben testen galt mirb biel gefabelt. 9Ran fpridßt oon einer SSergiftung. SaS bon- mot SaHeßranb’S maeßt bie Steife burdj bie SSett : „®S märe boeß fißon Seit, baß bie SobeSart ber ruffifeßen Sjaren geänbert mürbe!" 2Ran fdßau* bert eS auSjufprecßen : SRemßetmorb, ©erratß, ©erfeßmörung lauert auf ben, bet Sturif’S Krone trägt. 3Kan unterminirt ben ©etfeßemet, ben Stttar, bie Kiriße, mo er betet. Srftärt bieS nidßt jur ©enüge, meSßatb jeber ber ©rüber metteifert, baß bie Krone ißm ni(ßt jufalte? 9tm beuttießften ßatber

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©äfareWitfdh gegenüber ber fäd&ftfdjen Königin=2BitWe bie Urfadfje biefeö 3ögern8 auägebrücft : „®ie ruffifcijen ©gare rnüffen einen feljr ftarfen $al8 ^aben unb i cf) liebe eönicht, Wenn mein $al8 geti^elt Wirb."

(So oerwegen! nur bie agents provocatenrs pflegten fo oerwegen gu f preßen!)

©ufchfinb rücfte bie ©ernfteinfpibe fo tief in ben Sötunb, bafe bentfelben auch nicht ein SSort entfc^tüpfen tonnte, ©ethfaba mertte ihrem SJtann an, bafe er Wie auf Stabein fi$e unb eilte auö bent 3immer hinaus. Sie errieth bie ©ebanten ihres SRanneS unb trachtete, fie gu üerWirflid^en. Sie liefe brei Splitten anfpannen uni» fdjicfte nach ben Stadhbarn, Welche ber Sdhneefturm abgehalten hotte gu tont* men.

©alban fefcte ingwifdhen fein ©efprädj fort.

„®u Weifet ja gang gut, Wer ich War unb wa8 ic£> bin. Stein gangeS Seben fjinburcf) war ich Höfling : ich liebte eS, gu bienen, gu gehorchen, gu intriguiren, nie hotte ich Steigung mich einer Siga üon ©erfdfjwörern angufdhliefeen. 3<h bin aufrichtig! Stber aus biefer gegenwärtigen gatte hilft gewöhnliche Unterthanentreue nicht herauf. ®er SBirr» Warr im gangen Sanbe ift oottftänbig. ®ie ©efettfehaften ber ©erfdhwornen fetbft finb gerfahren. ®ur<h ben £ob beS ©garen ift ihnen ber ©oben unter ben güfeen entgogen. ©8 gibt feinen ©gar! ©egen Wen fottten fie fi<h berfdjwören? Sie haben fi<h in gWei Parteien gefpaltet; nimmt Konftan» tin bie Krone an, fo Wirb StitolauS als ©egen=©gar pro» flamirt; nimmt StilolauS bie Krone an, fo ift Wieber Kon» ftantin ber ©egen»©gar. ®ie Solbaten finb bereit aufein» anber toSgufchlagen; jebe Partei Witt für ihren legitimen Kanbibaten tämpfen. Unter bem beiberfeitigen Schtadjtenruf : „@8 lebe' ber ©gar!" wirb bie fdjönfte ©ebotution auäbre» djen. Unb man Weife nidht, wer Sieger fein Wirb? Siegt bie ©artei Konftantin'8, bann finb bie Anhänger StifolauS bie Slufftänbifctjen; gewinnt bie ©artei StifotauS’ bie Ober» feanb, fo Werben bie Stnljänger Konftantin'8 als Stebotutio»

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näre »erfolgt toerben. ®ie Situation eines ©ienfdjen, toie ich eS bin, ift bie entfeßtichfte. Sluf meffen ©eite ich mich auch fd)lage, ich toeiß nicht, ob meine größte fflaöifche ©refie morgen nicht fcEion PerbueKio, Stebetfio ift? Sn folgern gäbe !ann ber gefdjeibte SKenfch nichts SöeffereS tf)un, als baS Sl)aoS ©ßaoS fein ju taffen, fi«f» in bie Sßälber ju flitzten unb SBölfe }u jagen. St h°ffe» Sttejanber ©ergie» tuitfd^, baß mir unS auf biefen Sagben oft. begegnen mer= ben."

„SRir ift eS nicht geftattet, mi<h eine lagereife meit oon pteSlot» ju entfernen."

„9hm benn, mein ©ut ift gerabe fo meit oon ©einem entfernt. Sin lurjer SBintertag. Unterhalten mir uns fo gut als möglich, fo lange biefe c^aotifd^e SBelt ejiftirt."

Pufdilin oerffjradh, baß er ben Sefudj in Äürje er= mibern merbe.

„9hm finb mir ja ooßftänbig Bottegen," fdjmäßte ©atban meiter. „®u fannft ®ir bie 2Bet)ltagen unter ben ©finotmif’S in ©t. Petersburg leicht benfeit. Sm nädfjften SRärj fotlte Sjat SUejanber baS fünfunbjmanjigjährige StegierungSjubitäum feiern : jeber Höfling regnete barauf, baß er an biefem Xage um eine 3iangftufe hößer fteigen merbe, baß er ftatt beS ©itelS „vase blagorodic“ ben Xitel „vase voniszkoblagorodiS“ erhalten merbe. Siele haben fid) fdjon im SorauS bie neuen Uniformen machen taffen unb bie Slntmorten geochft, bie fie im Sjarnen geben merben. ®u meißt ja, baß bei unS lieber, ber im 9lmte aoancirt, öorher eine Prüfung abtegen muß. $unt ©lüde theilen bie fetten profefforen bie gragen ben Sjaminan* ben immer früher mit, unb jtoar um fehr billiges Selb. Unb baS ÜlUeS ift nun ju SBaffer gemorben! 3<h felbft mar auch auf bet Gifte in ber britten IRangftufe, als ®i= reftor ber Petersburger Xheater „vas6 prevoszkoditelsz= tvo,“ auch ®u figurirteft in ber Sifte als SRajor. ®reitau= fenb Slfpiranten, bie größtenteils noch i*1 bie §änbe ®ai= . mona'S baS Stufgelb gelegt hoben. Seßt ift bie ganje Sifte nicht mehr als ein merthlofer gibibuS!"

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221

®aS gefährliche ©efprädj Würbe burdj baS ©epolter ber brei angefommenen Nachbarn unterbrochen.

Stie hat fidj bie Shüre oor erfehnteren (Säften erfdjtoffen ! ®iefe waren aber nicht gefontnten, um über oerwicfelte Shronfolgefrogen ju ftreiten, fonbero fie famen, um }u tarodiren, unb eS ift männigtich befannt : „£arod geht über 3MeS!" ,

SRitter ©atban entfchulbigte fi<h bamit, baß er nur $ajarb, unb nur um hohe§ ©elb fpiele.

„3hm fo fe|’ ®ich unb fpiel, mit meiner grau Schach- Stimm $ich aber jufammen; 93ethfi fpielt fehr gut."

Unb Stitter ©alban fanb ein Spiel baS baS größte ^ajarbfpiel ber 3Belt ift unb um baS t)öd^fte ©elb geht.

XL VIII.

Pie g&aus fpieff mit ber $at|e.

®te Herren fdjlugen beim Äartenfpiel auf ben £if<h loS, alö ob eS baS „Foliamentum“ noch mehr fdjmerjen Würbe, Wenn fie barauf hämmern, unb bann fingen fie nach jebem Spiet ju jaulen an : „baS" hätten Sie auSfpielen foHen, unb nicht „genes," bemt mir gewannen! ®ie $er= ren fagten fich ©robheiten, bie, ohne Starte in ber §anb, thatfädjlich ©hr«abeleibigungen geWefen mären, gn ber an= betn ©de beS 3intmerS ging eS bagegen weit ftiHer su. §ier würbe nur ftüfternb gefprodjen, Wie eS beim Schach üblich ift.

„Sie lönnen, Sonne meines Sehens fehen, Weffen ein »erWunbeteS §ers fähig ift. 38er anberer als einer, ber burch feine Siebe sunt Starren geworben, macht SU einer foldjen 3eit Sefuche?"

„Sie haben fich alfo nidht oor bem potififdjen ©h00^ aus ber ^»aupftabt geflüchtet?"

„geh? gft eS hoch mein Element, in bem ich Wie ber

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222

gifd) int SBaffer lebe. Söin icf) bodj in biefent (Stentente aufgemadjfen. Df)ne micf) gefc^ie^t fein Wfjronmedjfet in ©uropa. 211S fidfj 2Rar3 junt gelbjuge rüftete, mar td) bet SJferfur, ber feine 33otfd)aft überbradfjte. 3dj £)abe, unt mid) an Syrern Säbeln }u erquicfeu, eine SebenSbafyn entjtoei geriffen, ein gürftenfrone öon mir gemorfen."

„Unb falls idfj nidjt tädfietn mürbe?"

„Was mürbe midfj toaljnfinnig machen."

„0, ©ie ticitiren jurücf! SBereitS baS lefctemal Ijaben ©ie mir befeuert, rneinetmegen toaljnfinnig gemorben ju fein, unb nun treffen ©ie erft 33 orf errungen baju?"

„Sieben Sag fange idj auf's 9ieue an »errüdft ju merben."

„WaS betoeist, baß ©ie audj jeben Sag üom SBaljn» finn genefen!"

„33etoeiSt mein ^ierfein nidjt, baß idj infurabet bin?"

„•Kur baS ©djneegeftöber tjat ©ie Ijierljer getrieben."

„Wer ©türm mar mein Sßatron. @r gab mir baS SRedjjt, Ijierljer ju fornmen."

„D, unfer $auS, eS ftefjt bem ©afte immer offen."

„Unfer §auS; toetcfje SRarter liegt in biefem furjen SEBorte!"

„@oü id|j fagen : WaS §au§ meines ©alten"?

„®o Ijör id^’S lieber! WaS ©predfien in ber „2ReIjr= jaljt" gebührt nur ben Königen, nid^t aber ben Königinnen."

Wie ruffifdjen grauen finb feine Königinnen, fie finb Wienerinnen beS Kaufes, ©ine löbliche alte Sitte.

„Stber an 3ßnen liegt eS, ©flauen jn machen."

„Sdj Ijörte erjagten, bie Würfen Jütten einmal bie ©tabt Ofen erobert, inbem fie ber geftung einen 33efudj abftatteten. üRerfen ©ie nicljt, baß ©ie baS ©aftredjt miß» braunen?"

„feigen fie nur burcfj einen 33lidf, baß Sitten mein ^ierfein öerljaßt ift, unb meber Sßacfjt nodjj ©türm mirb für midlj ejiftiren; idfj taffe einfpannen unb trofc ©djnee» me^en, trofc bem ©eljeule ber SEßölfe merbe icf» midj auf ben 2Beg machen."

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223

„Sie rniffen ganj gut, baß eS fcßmer ^iette, einen Sßormanb bafür ju finben, baß ißufdjfin bieS nimmermehr jutaffen mürbe!“

„3<h müßte mie e$ ginge. Sdjacfj bem Sönig! ©ie merben bie Partie gleich Oertoren hübe«- 2>ann fielen ©ie gereijt auf, fangen über ben furchtbaren SabatSquatm ja ttagen an unb gehen in 3h* 3immer. 3<h fehe mich hier* auf als „®ibih" hinter Sttejanber ©ergiemitfch unb tritifire fein Spiel. darüber gerathen auch bie beften greunbe in San!. (Sin SBort gibt baS anbere; idj bin hifctöpfig, er auch. Schließlich taffe ich mich 5ur $hüre hinauSjagen. 9tun, begreifen ©ie mein ©piet?"

„9to<h nicht. 3ch höbe noch bie Stochabe mit bem nig. geh miH nidht, baß ©ie unfer §auS tertaffen."

„SSenn ©ie nodh einmal „unfer" $auS fagen, Oertaffe i<h ©ie jur ©tunbe. Ser ©ebante, baß ein Sadf) fi<h über mir, meinem ©tücf unb bem Stäuber biefeS ©tücfeS mötbt, ma(|t mir felbft baS SßarabieS jur £öüe. ©dhadh bem ^önig unb ber Königin!"

,,©o finb mir gejtoungen bie ^oniginen ju taufdhen. 3<h nehme 3hre» @ie nteine Königin. 3<h Witt nidht, baß ©ie mich üertaffeu. 2Ber meiß, ob bie ©ngel audh mirftich fo meiß finb, als fie gemalt merben?" fefcte fie mit einem finnüermirrenben SBtidE auf ben Stifter hinju. 3eneiba hotte er fie fo gelehrt. „Sie hoben biefen 3ug überfehen. ©dhadh matt!"

„3fn ber 2hat! ©ie hoben gemonnen!

„^Beginnen mir ein neues ©piet. SRit ©ambit."

„Ser ©ieger hot ben erften 3ug. 3<h nehme baS ©ambit an."

„$aben ©ie feiger oon meiner armen, lieben SOtutter nichts gehört?"

,,©ut, baß ©ie enblidh fetbft barauf ju fpredfjen !om= men. 3d(j üerfidhere gljnen, hätten ©ie nicht fetbft gefragt, ich hotte nidht angefangen. Unb hoch mar eS houptfädhtidh bieS, toaS mich higher geführt hot! Sie Königin münfdht ©ie ju fehen."

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224

„SBirftidj? 3dj ^abe fie, feitbem matt mid) »on ihr getrennt Ijat, bereits jweimat gefe^en : im SEBinterpatafte, beim SteujajjrSfefte."

„Sefet Werben ©ie 3hre SJtutter öon Stngefidjt ju Stngefidjt fehen. 3<fj hflbe bereits bie ©rtaubnif? jurn @in= tritte in baS ®tofter jurn SBefud^e ber Königin für ©ie erwirft." „$aben ©ie ben ©rtaubnilfdjein bei fidj?"

„SfiMen ©ie benfetben Sttejcanber ©ergiewitfdj jeigen?" „Stein, nein! ®aS muß geheim üor ihm bteiben." „$ann taffen ©ie ben Schein in meiner Stufbewahrung, ©r ift hier an gutem Drte. tßufdifin tann ©ie nicht bahin begleiten; für i|n Wäre bieS ja ein Wahrer misdeminuor. ©ie tonnen, fobatb einmal eine ©etegentjeit pr ©enügung beS Scheines tommt, benfetben öon mir fofort ermatten.“ „3a, Wenn einmal ißufdjtin auf mehrere Jage tierreift." „©enben ©ie bann ju mir unb idj Werbe ben Schein fdjiden!"

„2t ber mit bem £>in= unb fperfenben oergeben jwei f oftbare Jage. SBäre eS nicht beffer, Wenn ich felbft !äme?"

(„®aS ift ein göttliches SGBeib !") „SBirb mir biefeS ©tüd ju Jtjeit, fo jünbe ich nach 3hrer ©ntfernung mein ©chtojj an alten Oter ©den an, bamit eS nach 3hnen feinen anbern ©aft mehr empfangen fönne."

„Schach matt! 3e^t höbe ich ©ie fdjön angeführt! 3<h habe nur geptaubert, um 3hre Stufmerffamfeit oom ©piele abjntenfen. ©in WirlticfjeS „@chuftet=2Ratt." Unb nun fönnen ©ie fchtafen gehen, Stifter! gute Stacht!“

Sethfaba »erlieft baS Zimmer. Stitter ©atban aber erhob fidj mit bem »ollen ©effihte beS JriumpheS »om Jifch; er War überjeugt, baS ©piet gewonnen ju hoben. ber Sieget pflegte er jwei »on brei ©pieten ju gewin* nen. (3m britten Würbe er gefdjtagen.)

®ie Jarodfpieter hotten »on att' biefen SSorgängen nichts gemerft. @S war eine fchredtiche ©chtadjt, bie an biefern Jifdje gefdjtagen Würbe. 2ttejanber ©ergiewitfch hotte ein „aufgelegtes" ©olo, mit Quint major, tous les trois, »ertoren. ©8 War eine furchtbare Stiebertage.

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225

„3mei „btanfe" Zottige in ber §anb unb beibe Könige genommen tjunbert Millionen Seufet!" ftudfjte Sltejauber Sergiemitfd).

„3a, biefe Könige," prat)tte ber Sßoftmeifter ob feiner füljnen Sf)at, „alle biefe Könige merben oon uns gefcf)ta= gen."

„SBaS?" begann fftitter ©atban. „Sie fragen bie Könige? SaS ift ja eine matjrljaftige repubtifanifctie 83etoe= gung!"

Sie Suft jum Spiel mürbe bem ^oftmeifter burd) biefeS SBort fo fet)r benommen, baf? er um bie „Sour" bat unb baS intereffante Spiet beenbete.

ißufdfjfin begleitete feine ©äfte bis ju ben Splitten unb feljrte fobann ju Stitter ©atban jurücf.

„9tun, mie ift baS Spiet mit meiner „Steinen" auS= gefallen ?"

„3dfj mürbe total gefdfjtagen. Sie fpiette mit mir mie bie ft'ajje mit ber SJlauS. ®on mern £)at fie mot)I fo trefftidfj fpieten gelernt?"

„SaS Sdfjadfjfpiet ? Sie tiebe Sophie 9tarifcpn mar itjre ßetirerin; Seibe malten tagtägtid] ifjre Partie."

®S mar aber nidjt fo. Sßidfjt Soptjie, ßeneiba £>at bie „Steine" biefeS Spiet geteert. SieSmat tjatte bie SDtauS mit ber Safje gefpiett fo mie eS itjr gefiet.

XLIX.

Gegengift.

Sem eifigtatten 3B etter mit feinen Scpeeftürmen folgten fdfjöne, tjeitere Secembertage. SRitter ©atban reifte auf feine Sefifcung ab, nac^bem er üorfjer ^ßufdEifin baS 93erfpred()en batbigen ©egenbefudjeS abgenommen tjatte. Ser ißoftoertefir fam ebenfalls in fein atteS ©eteife jurücf, b. t). bie Scpttenfafjrt mar mieber mögticfj gemorben.

3<Slai : grdtjdt II. 15

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226

SaS SlmtSbtatt übertraf an Sangtoetfigfeit alle feine Sßotgänger.

Slm Sdjluffe ber fogenannten SageSneuigfeiten befanb fid) jeboch eine Sunbmadiung, toetdje mittheilte, baß „am 26. b. 9R. 3enetba $lmarinen int ©örfenpalafte ju ©unften beS SinbethaufeS ein Äonjert geben Wirb."

.... Sllfo am 26. Secember!

.... 3“ ©unften beS SinbelljaufeS!

Sa§ Sonjert mürbe adjt Sage normet angefänbigt bamit ^eber, ber bemfelben anmohnen miß, rechtzeitig font» men fönne.

Sßon pteSfom bis St. Petersburg finb jmei gute Sag» reifen. Pufdjfin mußte, ben Pofttoeg abgerechnet, bie fRadjridht 6 Sage früher erfahren.

9tuch Setfyfaba tag bie SReuigfeit unb fprach :

„Sd)au! roie gerne möchte auch i<h babei fein, menn meine liebe geneiba fingt!"

3i)r fjerj aber mar t»on Sdjrecfen erfüllt. Sluch fie muffte ganz gut 3eneiba batte eS ibjr gefagt maS bieS ft'onjert, maS bieS Singen bebeute.

SSon biefer SRinute angefangen mar pufd)ftn mie auSgemedjfelt ; griesgrämig, tieffinnig. SBethfaba las in feinem 2lntti| mie in einem offenen Suche. $atte fie bodj »on geneiba ben Sdjlüffel ju ben £>ieroglgpht,n erhalten. Sie mußte ganz gut, morüber Pufcfjfin finne; fie mußte ganz gut, baß „©leutheria" ber 5Rame ihres alten SßerebrerS fei.

2HT ihre Siebe fonjentrirte fie nun um ihn, um ihn feftjuljaften.

Sft eS ja bodj nicht unerhört, baß große SRenfchen, berühmte Staatsmänner in ihrem SiebeSglücf baS SRenbej* oouS oergaßen, meldjeS fie ihren Sameraben ober Seinbet auf bem Sdjtachtfetbe gegeben haben! SBie oft gefeßah eS, baß große 3Ranner, menn fie biefe „Keine SBelt gefunben, gelernt haben, meldj’ gute Sad)e eS fei ein „Heiner SRenfdj" ju fein! SBie glücflich hoch bie Siliputaner finb!

SergeblicheS Sentühen !

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227

3wei Sage fjinburS fämpfte ißufSfin mit fiS felBft, bann tljeilte er 93etf)faba mit, baff er am 24. Secember SJtorgenä abreifen müffe.

93ett)faba frug nict)t einmal, ttmljin? auS nic^t, auf toie lange? fie frug nur : „‘Dtidj nimmft Su alfo nicf)t mit?"

„Stein, Sljeure; in biefer ®älte ift Sit unmöglich ju reifen. Ser Sßeg ift fe^r fSleSt. "

„Sir ift er alfo nidjt ju fc^lec^t? ®annft Su bie Steife nid)t üerfSieben?"

„Unntögticf)!" fpraS unwirfS ißufSfin; ber Son, in bem er eS fagte, »erbot jebeä meitere gragen.

©etljfaba merfte, bie ©tunbe ber gefürsteten ©efaljr fei gefommen.

Sa§ ©ift roßt fS»n in ben Slbern.

©2> gilt ©egengift ju nehmen. Sie ging in iljr Qm* mer unb fSrieb an Witter ©alban :

„Sllejanber ©ergiewitfS triffHBorfeljrungen, in biefen Sagen abjureifen. SS erwarte S^re Slntwort."

Sen infjaltSfSweren ©rief übergibt fie einem Siener, ber auf einem ©Sitten naS bem ©ute ©alban'3 jagt.

9taS biefem ©efpräSe merfte ißufSfin, bafj fein Srübfinn 9lfle§ »erratlje; »on biefer ÜBtinute jtoang er fiS ju ejceffiüer Weiterleit, ©eine ©äfte rühmten if)m naS, er fei noS nie fo luftig gewefen. Stur Setljfaba tourbe baburS niSt getäufSt-

©nbtiS fam ber SDtorgen beS gefürSteten Sageä.

SBetbe ftanben jeitliS auf, bamit SßufSfin ftS niSt »erfpäte.

SSeoor jeboS ißufSlin ben Steifepelj umlegte, fiel Sm Setljfaba an bie Sruft unb fpraS jitternb :

„SS fan« ®*S niSt jieffen laffen, oljne eine ©itnbe gebeichtet ju fjaben, bie iS an Sir begangen Ijabe."

„Sin mir? 2Bie fannft Su gefünbigt Ijaben?"

„SS War eiferfüStig "

„Siefer Steife toegen?"

15*

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228

„Sa-"

„$u bift ein Kärrdjen! SStrft $u immer, fo oft idfj abreife, eiferfüc^tig fein?“

„Kur jejjt! Klan tjatte mir im Sortjinein gefagt, baß ®u biefer läge jum Sefudje deiner alten Siebe abteifen millft, allein abreifen."

„SBar eS ©aiban, bet ®ir biefe SKitttjeitung machte?"

„6r fagte mir'S, als er bei un§ mar. gdfj fragte ifyn nadj bem tarnen ber grau. 6r merbe ben Kamen nennen, menn i d£) ißn nod£) einmal barum befragen merbe, antmortete er. 2tl§ ®u $>id(j nun jur fReife fertig macf)teft, ermatte bie ©iferfuct)t in notier Starte. $dfj oertor ben Serftanb. Xöbte micE)! Vertrete mid}! gd) fdfjrieb ©aiban, bat iljn, mir ben -Kamen jenes SBeibeS ju nennen, bem ju Siebe mein ©atte abreift. ®r möge burdfj ®ofu= mente bemeifen, maS er mir ju bemeifen öerfprodfjen tjatte. @r antmortete. Kimm unb lies, ma§ er geantmortet."

Unb fie reidfjte fßufdfjfin ben Srief ©alban’S f)in.

SBäfyrenb fßufdjfin ben Srief ju ©nbe tieft, fdjmintmt bie SSett oor feinen Augen im Stute.

„Angebetete grau! SBotten Sie bie gemünzten $ofu= mente befreit, fo befugen Sie mein befcßeibeneä ©dtjtoß; fremben &änben fann idj bie $ofumente nidjt anoertrauen. gtjr treuefter Sftaöe ©aiban."

©rftaunt blidt fßufdjfin auf Setljfaba. 3itterab ftürjt baS SBeib auf bie ®niee.

„Serjeit)! td) mußte nidf)t, maS id) ttjat. Schlage mict) nidtjt! gef) bin fdjon genug burdj bie Sc^anbe geftraft, bie mir jugefügt mürbe. gd) bin auf emig befdjimpft!"

fßufdfjtin fob bie grau auf.

„SBeine nidjt! ®u marft ein tf)öridt)te3 ®inb, meiter nidjtS. S3or mir bift 2)u reiner als bie ©ngel. Unb bafür, baß ®u nidjt befdjimpft merben mirft, bafür, id| fcfjmöre eS bei meinem ©ott, merbe idj forgen. ®üffe midfj unb fei ruf)ig.“

„®u öerjeitift mir?“

„gef) t»abe Kidf)tS ju oerjeißen. ®ie grau t)at baS

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229

„Stecht, öom SDtanne ju forbent, bafj er ifjr fo treu bleibe Wie fie eS felbft ift. ©o werbe auch idj'S Ratten. Sefet umarme mich unb gibt fdjön 9ldjt auf Dich. SBenn id) jurücfgefehrt bi«, bann Witt id) Dir auch fagen, wer ba§ SBeib war, auf beffen ©intabung id) bie Steife angetreten."

SBettjfaba fannte bieS SBeib ganj gut: „@teutf)eria." Pufdjfin nahm feine SBaffen, Warf fid) in ben ©glitten unb gab bem ©utfcher bie Sßeifung, wohin er fahren fotte.

Der Semfdjif fdjiittette ben ®of>f. Sn biefer Stiftung fomrnt man nie nach Petersburg.

@S bauerte öom SRorgen bis Slbenb, bis Pufd)ftn bei bem ©djfoffe ©albatt'S antangtc. ®s war ein atteS ©ebäube inmitten auSgebetjnter gidhtenWälber, ein Sagb= fdltofe.

DaS ©egengiff wirfte ganj öortrefflid).

DaS BiebeSgtüd hätte pufdjifin nie öermodjt, ben beftimmten Termin beS ©tettbidjeinS ju öerfäumen, aber bie ©iferfudjt ift ein ftärfereS ©egengift! Der SJtänner gibt eS genug, bie für bie Freiheit Siebe, ©lüd, Per=

mögen, hühcn Slang baljingeben aber ©inen, ber feine SKanneSefire bafür opfert, ^at bie SBett noch niegefeljen. Segt in bie eine SBagfcijate atte Ungeheuer ber 8eibenfd)af= ten, in bie anbere bie @iferfud)t fie Wirb auf’s tieffte

finfen. Sein Dt>rann ber 2Mt wirb fo ftarl geljafjt, atS

ber 9tebenbuf)fer.

' SSürbe man PrutuS am SbuS beS SJtärj gefagt t)aben, ©aSca Ijabe fein Sßeib »erführt, fo Wäre ©aSca

unb nicht ©äfar geftorben.

Beneiba hotte bieS gut auSgefodjt.

©ie fannte bie ganje Sachlage.

©eit SJtonaten fdjon fpietten bie beiben ©egner mit offenen ©arten.

Sh^e ptäne waren burd) geheime Shtjeigen längft öerrathen, man fannte gegenfeitig bie Stamen. Stber jebe Partei jögerte mit bem Angriffe, Die Anhänger ber für bie ©onftitution tämpfenben Partei waten unter ben hoch5 ften ©taatswürbenträgern ju finben, fetbft unter ber

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230

©eneratität. Safe ber .Qufammenftofe erfolgen wirb, tourte gebet, nur baS SEßann? War unbefannt.

(Sin ©djtüffet jur Sefanntmacfjung beS SageS, an Wetdfjem ber Slufftanb erfolgen fottte, loar öorfjanben.

Sie Stbreife Pufdjfin’S war ber ©djtüffet.

Ser Sag, an Wetdfjem er pteSfoW üertäfet, um, ent= gegen bem Verbote, in Petersburg ju erfcfjeinen, ift ber Anfang.

Stifter ©atban, bie gürftin ©fjebtmin unb bie ganje Siga SlraftSejeff lauert auf biefen Sag.

Unb hierauf gränbet aud) geneiba bie gntrigue, Welche Pufdfjfin aus bem 3auberfreife beS üerf)ängnifeüot(en SageS bannen fott.

Stad) unferen (Begriffen f)ätte biefeS ©piet feljr teilet gefäfjrtidj Werben fönnen. Sei uns fann bie (Siferfudjt töbttidfj enben. gn Stufetanb t)errfd)en aber anbere fociate 2lnfc£)auungen. @in Suell war bantatS etwas UngeWöt)n= Iidf)eS bei ben Stuffen. 5E8ir fefyen an bem Seifpiele gafuS= fin’S, bafe man ben $erauSforberer einfad) nadj bem ®au= fafuS fdf)idfte. Setfjfaba risfirte nichts, atS baff man Pufd)= fin, falls er ben Stifter ©atban forbern follte, nacf) Georgien fdfjicft; benn Stifter ©atban fdjtngt ftcf) roof)t mit Stiemanbem. gm fdjtimmften galt wirb ein Keiner gaufttampf barauS, unb ba ift twn bem öerweicfetidfjten Höfling für ben ftarffäuftigen SanbWirtfj 9tid)tS ju färbten.

Pufdjfin tiefe, um burdj baS geräufdwolle Statjen beS ©dfjlittenS feine Slufmerffamfeit ju erregen, baS gatwjeug auf ber ©trafee ftefjen. (Sr natym nur feine piftole unb Peitfdje mit fidfj unb ffjajierte bann in baS ©dfilofe.

SiefeS fdjien jiemtidj oertaffen ju fein, im $ofe bellten nidfjt einmal $unbe. Stur mit 90tüf)e gelang eS Pufdfjfin, an irgenb einer Sfjüre einen Swontif IjerauS= jutrommetn.

„2Bo ift Stifter ©atban?"

„ga §erjd)en, baS weife idfj nidfjt, benn ber ift fdfjon geftem abgereift."

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„Söge mit nidjt, fonft fott Stdj bie ®erte befragen ! ®et)' unb fage tl)m, baf$ Qemanb öon pufcfifinS t)ier ift."

„2ldj, mein Seelen, ba fomrnft Su eben jur regten Seit, benn bet §err SRitter Ijat einen ©rief für pufdjfinS Ijinterlaffen. greilid) fagte er, eS werbe ifjtt eine Same abljolen, aber td) ben!e, eS fei Sltteä eins, Wenn idj iljn and) Sir übergebe."

Somit jog er ben ©rief aus ber <Stiefetröt)re. @S tfjut ja nichts, baß ber patfdjulibuft ein Wenig üom Sudjtengerud) angeljeimelt würbe.

Pufdilin rifj ben ©rief auf unb las :

„SRabame! S<$ bitte taufenbmat um SSerjeiljung! gür bieSmal aber ift ei mir nic£)t um 3f)r fonbern

um ben ®opf 3|re§ ®atten ju tljun. S<$ eile, um iljm bei ber fdjönen grau jif begegnen, beren 9lame „l’^chafaud“ ift.

®atban."

„Umteljren!" brüllte pufdjfin bem gemfdjil ju. „Sage waS Seug l)ält nadj ©t. Petersburg !"

@S War fd)on ju fpät. @in Sag war Oerloren. Pufdjtin fonnte am 26. Secember nidjt tneljr auf bem <5djaupla§e ber ©efafjr eintreffen. Sie grauen=Sntrigue War trefflidj gelungen. ®inge audj 8tBeS üerloren, ber föopf beS SidjterS war gerettet.

L.

„Derevaski daloi!“

Sn @t. Petersburg War eS niemals ruhiger tjer= gegangen als in ben erften btei SJZonaten bot bem 26. Secember.

Ser nädjtlic^e Särm, baS Wüfte Sreiben ber 2BirtljS= Raufer war plöfctidj berftummt.

Sn ben Saba'S Würben anftatt ber täglichen brei=

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232

taufenb Sinter nicht mehr als jweil)unbert auSgefcfjenft. Sine beforglid£)e ©rfdjeinung, Wenn fic^ baS ruffift^e ®olf entfdfjließt, bei Serftanb ju bleiben.

©eit fünfunbjwanjig Sagen fchon hatte 3tußtanb leinen ^Regenten.

SBaS gefdfjah unter biefen fünfunbjwanjig Sagen?

SaS große SReidfj hatte währenb biefer Seit jwei S'öpfe unb jtoei $erjen. SBarfchau baS eine, Petersburg baS anbere.

Sn Petersburg tourbe ber SBarfdljauer SSicefönig junt Sjaren auSgerufen, in SBarfdfjau aber ©roßfürft StifolauS.

Ser jüngfte Sruber 9Jli<hael toar eben bei Sonftantin junt Sefucf), als bie sJlad}rid)t öont Sobe Sllejanber’S aus Saganrog eintraf ljiel)er toar fie um jtoei Sage früher als nacE) Petersburg gelaugt. Sin großes geft tourbe burd) bie ©cf)recfenSbotf<haft unterbrochen. Sonftantin hieß feinen ©ruber unoerjüglich nadh Petersburg jurüdffehren, unb erneuerte bie Srllärung, baß er bem Shronerbe entfage. Sie SBege beS ©roßfürften unb ber Oon Petersburg fom* menben Seputation Ireujten fieß. Sben als 3Jli<hael mit ber erneuerten Sntfagung in Petersburg antangte, traf ßabanoff in SBarfchau mit ben Sofumenten ein, welche bie Srwähtung ®onftantin’S enthielten, ihnen beigefdjloffen ben Sib ber 3trmee, bie £ulbigungSerflärungen beS ©oifeS mit huoberttaufenb Unterschriften. (Sie hatten alles am ©onntag aus ben ®ircf)en lommenbe SSolf unterfchreiben laffen; Wer nicht fchreiben fonnte, bem Würbe bie §anb genommen unb geführt.) Slber ber Sauber Johanna ©rubjinSfa'S fiegte noch immer. Sie berfiegelte Süße trug bie 5luffcf)rift : „©einer laiferlichen SKajeftät."

„3<h Weiß WaS fie enthält," fagte Äonftantin. „Sch möge mich twn meiner grau trennen unb mit bem Sjaren» thron berljeirathen. 3<h baute! Siefet ©rief ift nicht an mich gerichtet. Sch bin feine faiferlidfje üßajeftät; tragt ihn jurücf baf)in, Woher man Such gefanbt."

Unb unerbrochen fd£)icfte er bie ganje Sülle jurücf.

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233

Dem ©roßfürften SRidffael ging eS ebenfo mit feiner Deputation. Der 33 rief Konftantin'S toar an Sjar SRilotauS abreffirt. Der nnfjm toieber biefen nid)t an. Konftantin ift bereits auSgerufen, bie 91rmee Ijat bereits ben ®tb ber Dreue gefdjtooren, baS SSofE bie Jputbigung unterjeidlfnet, mistige ©taatsbolumente finb unter feinem Stamen erlaffen toorben. Das ift ni<f)t me|r ju änbern.

•üRidlfael mußte nodt» einmal nadf SBarfdfau guröcf, baß er Konftantin jur 9lnnal)me ber Krone bewege. Dies» mal traf er in Dorpat mit ber Deputation jufammen, Weldffe aus SBarfcfiau jurüdfleßrte, unb biefe braute wieber bie unaufgelöfte Sülle jurücf.

Sftußlanb tjatte alfo leinen einjigen Sjaren. Darauf fagten bie SRepublilaner :

,,©ut benn, fo mögen i£)ter jwei fein!"

Damals braitg ber Stuf ber im ©üben SRußlanbS entbedten SRilitärüerfdfwörung nacE) ©t. Petersburg.

SBeber bie eine nodfj bie anbere Partei lonnte länger fdßwanlen.

Peftel unb 10 SataittonSfüljrer würben gefangen genommen, aber bie Sinfurrection mar Ijieinit nid;t unter» brüdlt, ißr 9luSbrud(j nur befdßleunigt.

91m fpäten 91benb beS 25. December entfcßloß fiel) •JtilotauS, bie Krone auf fein Ipaupt ju fe|en.

Damit würbe baS SBerljängniß beS DageS Ijetauf» befcfjWoren.

DaS SKanifeft bet Dßronbefteigung war um jWei Ufr naef SRitternadft fertig geworben unb lonnte alfo nicljt me^r publicirt werben. 91m Sßorgen beS anberen DageS aber füllten bie ^Regimenter bem neuen ©jaren ben ©ib ber Dreue leiften, offne baff fie wußten WaS mit bem früheren ©jaren gefdfelien war, bem fie laum üor jwei SBodfen Dreue gefdfmoren Ratten.

Die 93erfd)Wörer berieten auef bie ganje Stadst fjin» bureß was ju tßun fei.

„Stiles ift bereit jum greiljeitslampfe!" fagte ber begeifterte Dieter SRplejeff.

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234

„Slur StneS f etjtt," antwortete geneiba Igtmarinen. „®a8 SSotl Weil nicht, Was greiheit bebeutet."

„Unb baS ift Wahr!" fprach ©^ebimin. „SaS Sott begreift unfere gbeen nicht, Wir hätten bamit beginnen rnüffen, bafj wir eS belehren, waS grei^eit ift."

„SEBir muffen ben Slnfang mit ber Srtöfung be§ SotfeS bon feinen ^rannen matten," marf SatuSfin bajwifdjen, „bann wirb it)m bie greiheit fdjon begreiflich Werben. "

Ser Ärieg mar angefünbet. Sie Serfcfjwornen eilten ju ihren ^Regimentern unb befe|teit mit ben aufgewiegelten Sruppen noch im finfteren Siebet beS frühen SRorgenS ben Stajj bor bem SEBinterfmlafte.

SaS SofungSWort ber gnfurgenten War : „Derevaski daloi“ (SBSirf ben |>o4äunber weg.) Sei ben gewöhnlichen SBaffenübungen Waren ^otjjunber im ©ebraudje. Slun beeilte man ficf), fie mit wirtlichen geuerfteinen ju bertaufchen.

Unb bann: „Jpurralj Sonftantin ! "

„Sttfo btoS ®onftantin? Urib bon greiheit teine Siebe?"

2luch bafür war geforgt.

Sie aufgewiegetten Sotbaten begannen auch 5“ rufen : @3 lebe bie Äonftitution!"

9Jtan hatte fie glauben gemacht, ba| „Constituczia“ bie ©ematin beS gürften ©onftantin fei. Sie begeifterten fidj atfo für bie greiheit als bie ©ernatin beS SjarS!

Sie greiheit fetbft tag tief, tief unter bem Schnee, wie bie begrabene Sichet! Um fie ju erWeden, bebarf eS beS SonnenftrahtS.

Sei feinem Shr°nantritte, am erften SRorgen feines ^Regimentes, begrüßte ben Sjaren ber Sumutt ber SRebo* tution.

SS Waren bie begünftigteften ^Regimenter, bie ft<h gegen ihn auflehnten. 3hte föurrahrufe tönten bom S$ar= ißeterptaf} hinüber $um SBinterpataft, ben SlitotauS bamatS mit bem ruhigen, alten, Keinen Stnif of =?ß alafte bertaufdjt hatte.

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235

Seine ©eneröte ftümten erblaßt ju if)nt hinauf, um ifm t>on bem StuSbrmße ber ©efatjr ju berftänbigen. 9iifo= tauS t|atte bereits einen fotzen Stuftritt erlebt. Sor fünf* unbjtoanjig Sauren mar eS. ©r fdfjtummerte barnatS noch ein Heiner Knabe, rufjig in feinem Sette, als feine SKutter ptöfjtidt) auf it)n jufturjte, itjn in ifjre Strme riß unb bann bie ganje Stuckt ber finfteren Zimmer entlang um fjitfe jammerte. StuS einer Sfjüre trat itjr ein btaffer 3Rann entgegen. StuS bem SRebenjimmer tönte baS Soben eines mütljenben Kampfes herüber. Sernanb fämpfte um ßebeu unb Sob. ©S mar fein Sater. Sie blaffe -DtanndS* geftatt, ©raf ißatjten, entriß bie ©tutter unb it)r jitternbeS Kittb gemattfam bem ©dfjauptafce beS ©cßredfenS. Siefe ©eene tonnte -JtitotauS nie bergeffen. tpatte er boefj fetbft auef) ein Heines ©öfyncfyen, baS noef) fdfjtummernb in feinem Sette tag. Stucf) er riß baS Kinb in feine Strme unb ftürjte bie Steppe bamit hinunter. @lje er aber feinen ©otjn ben ©otbaten übergab, führte er feine ©attin hinunter in bie Kapelle. Sort tnieten fie nebeneinanber f)in unb fcfjtouren, fjerrfeßern mürbig ju fterben. Sen Kopf ber Kaiferin befiel in biefer ©djrectenSfcene ein Rittern, baS ißm ißt Seben lang anßaften btieb. Sann trug ber ©jar feinen ©oßn auf feinen Sirmen IjinauS in ben §of. Sie SBacfje beS SBinterpatafteS bitbete eben baS SataiHon eines fimtifdjen Regimentes. Sie Katebainen fetbft, bie atS Sfdjuben öerfpotteten ©ößne beS fuomataifdfien SotfeS. ©ie finb teine Ruffen maS fabelt fie für Stntfyeit an bem ffteid^e Rurif’S?

Set neue ©jar fteHte fidj toor fie f)in fein Kinb auf feinem Strme tjattenb unb bie Uniform aufreißenb, bot er ißnen bie entblößte Stuft bat.

„SBenn 3ßr mir jürnt: fdfjießt ßet auf meine Stuft!"

Unb Sßufdfifin ßatte Stecht.

SaS äRenfctjlidfjteitSgefütjt ift ftärter als ber Surft naef) greitjeit. ©S fd£)üf}t ben ©Haben, menn tfjn ber ©jat berfotgt unb ben ©jaren, menn ißn ber ©Habe berfotgt.

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236

„gürdjte niditä, tuir fd^ü^en $idj!" riefen bie Sanb§= teute Seneiba ;gtmatinen§.

„$ann übergebe it 6udj mein ®inb; tragt ©orge für baäfelbe. Satte it, fo fott biefer @uer |>errfter fein."

Unb bamit toarf er, unter feine auf'S fc^merjtic^fte bebrücften Untertanen, ben blaffen Zljronfotger l)in : Sllejanber II.

@r fannte bie $erjen ber ©tenften. ®urt biefeä ©ertrauen toenbete er iljre SBaffen oon feiner 53 ruft unb gegen feine Singreifer.

®a§ einjige finnifte ©ataiflon öerttjeibigte ben SBinterpataft oom ©torgen bis jum Slbenb gegen bie ganje SReootution.

©ifalauS aber fprang auf fein ©ferb, unb oon einigen ©eneralen begleitet, fprengte er burt’3 2f)or. V

©or bent SSinterpalafte toogte ba§ ©efinbet ber ©tanfijäufer jn fetten Raufen unb brüflte ba§ ©tefferlieb tieute foBte feine ®rnte galten.

SRifotauS ritt hinein unter fie unb fagte : „2Ba§ treibt 3f)r Ijier, meine geliebten ®inber? 3Ijr ^abt ja Ijier gar nittS ju futen."

Uub bie ©teuften fdjauten einanber an.

„<5et)t bot, baS ift ja ein guter ©teuft ! ®r nannte unä feine geliebten ®inber unb fticft unS fo ftön fort oon f)ier. ©eljen toir nat $aufe!"

Unb fie jerftreuten fit-

©or bem SlbmiralitätSgebäube empfingen ifjn einige treu oerbtiebene ©ataiüone. Sin trer ©pi|e jog er jum ungeheuren ©eter&plafce hinauf, too ba§ Säger ber 3>nfur= genten ftanb. ®ie eine ©eite be§ ©ta$e3 toar oon tuen, bie anbere Oon ben ©etreuen be§ ©jarä befefct. 3to«ften ben jtoei Sägern ftanb jene lotoffale ©tatue auf bem ©ranitfocfet, bie $änbe fo oor fit ^in^altenb, baff man nitt Wußte, ob fie befehle ober fegne. ©in Ifjeil ber Stufftänbiften beftürmte über bie jugefrorne Stetoa hinüber bie ©urg, ber anbere brang gegen bal ££)or be3 SBinter»

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237

patafteS. SRifotauS irrte unterbeffen ben großen ißtafc auf unb ab, unentfdjieben ben SBürfet f)in unb f)er wiegenb, üon beffen SBurf baS ©djidfat feines Jperrfd(jerf)aufeS unb feines ganjen Steiges abtjing. ©r oerfucf)te früher SlfleS, um bem Kampfe auSjuWeidfjen. ®r fdjidte ben poputärften güfjrer ber SIrmee, ©eneral ÜRitoraboüicS, ju ben 3nfur= genten. um fie jum ©etjorfam ju bewegen.

©ine Äuget ftredte if)it oom ißferbe, et)e er fpredjen fonnte. ÄatoWSfi War eS, ber ifjn töbtete. ®er tjetben* mütßige gütjrer üerfdjieb in ben Slrnten beS ©jarS. 5)ann fdjidte er ben erften ißriefter beS SanbeS feinen geinben entgegen, ben SCRetropotiten ©erafim, in öoßem ißriefter* ornate.

SBaS tümmerten fid» Qene je|t um ben ©eifttidfjen? ©ie griffen if)m in ben eljrWürbigen fdmeetgen Bart unb brüllten ijjm in’S Dljr : „SBenn ®u ein ©etftticfier bift, tefe beine ßReffe, unb menge $)idj nid£)t ju beinern ©dfjaben in bie ©ad£)e beS äRititürS."

®ie gnfurgenten erhielten unauSgefefct ©uffurS. ®ie ^Regimenter ber SRarine, bie $ätfte ber ©renabiere fteßte fidj üor fie Ijin. ®ie 9Renge wudfjS immer met)r unb rnetjr, unb ber ißlafj erbröljnte Oon bem Stufe : ,,©S tebe bie Äonftitution !" ,

®a ritt ber ©jar fetbft auf fie jih*.,

$ie Slufftänbifdjen fa^en ißn nafieT!:*-, @S war eine ©efafjrvfür fie, baß ber ©jar aßein gegen ;fie Ijeran !am. ©in Ääoaßerie=Dfficier galoppirte auf ißn toS, bie §anb am Schafte feiner ißiftote tjattenb.

„28aS wißft ®u?" bröEjnt iljm ber ©jar entgegen, als er it)m naf)e getommen war.

Unb eS tag ein fotdfjer Sann in feinem tatten Stide, baß ber Xofltüljne fein @eficf)t oor ißm oerbarg, fein f erb umWenbete unb jurüdforengte.

SRit ©ewatt mußte ber ©jar oon feinen Begleitern bem Sdjauplafje ber ©efatjr entriffen Werben.

Unb eS begann bereits ju bunt et n.

S)en feeren ©ogS unb SRagogS wudjS ber Äarntn,

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238

unb fie begannen ficfj in baS grauenhafte Spiet ju mifdjen. SBenn bie SRadjt ^ereinbric^t, beginnen 31 jt unb SKeffer itjre $errfd(jaft; ftebjigtaufenb SRufdjitS Werben entjcfjeiben, Wer !ünftigt)in in tRußlanb ju befehlen ^abe !

Sie ©eneräte baten ben ©garen flefjenttici), baS 3«<hen jum 9tngriffe ju geben. ®t fcßWanfte nodj immer. 3«erft »erfudjte er bie 3tngreifer mit einem fcpeittbaren ©türmen augeiuanber ju jprengen. ©r gab ben Saöatterieregimentern bet SeibWacfie Drbre, einen Scheinangriff gegen bie ©ierecfe ber SReöotutionäre ju rieten. Siefe empfingen bie ©nf)er= ftürmenben mit geuerfalöen, unb bie Seibfaüatterie teerte becimirt guriidE. Qn biefem berf)ängnißöotIen Slugenbticfe hörte man öor ber großen äRorSfojegaffe £)er jum ©türm trommeln, unb an ben ©pi|e beS SRoSfauer ^Regimentes erfcf)ien ©roßfürft SRichael. ©erabe um biefe ©tunbe war er bon Sßatfdfjau jurücfgefehrt, unb fd^nett bie Xreu= gebliebenen feines eigenen ^Regimentes jufammenraffenb, griff er mit biefen bie Stufftänbifc^en an, uub bamit begann ber Sampf.

Sie großen ©freier, bie gelben ber „öärenteute" mit ihrem gangen Säger, fäuberten auf baS erfte Steifen» feuer ben ©tajj, nur bie ©otbaten fetten ©tanb.

Sie §etben ber greijjeit fämpften ^etbenwürbig. Ser arme ©otbat aber, ber gefallen, ohne gu Wiffen Wofür, tjat eS bietleicht im 3)tomente bet SobeSpein erfahren, baß baS, Wofür er auSgetitten, eine ewig tebenbe ©Ortzeit war, bie einft feine SRadjfommen fetig machen Wirb : bie greiljeit.

©iS in bie fpäte 9iact)t fetten fie fidE) am ißta^e unb fdjtugen bie Singriffe ber taifertictien ©paaren jurücf.

Sa, in tiefem Sunfet, nahte fidf) plä^tich eine Sibifion Kanonen, bie ficf) ben 5RpeWSfi=©rofpeft fjinaufwärtS bewegte.

Siefe breite SRabialftraße münbet berart auf ben großen 5ßla|, Wetter gwifchen bem 3tbmiratitätS=@ebdube, bem SBinterpatafte unb bem Sfaaftempet liegt, baß fie beffen beibe ©eiten betjerrfdljt. SaS Seuer ber heranrotten» ben Kanonen tonnte ebenfo gut gegen baS §eer beS ©garen. Wie gegen baS Säger ber Stufftänbifdjen gerietet werben.

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239

Unb bie Strtillerieofficiere ftanben faft alle im Sunbe mit beit Snfurgenten. ®ie)e empfingen fie mit Jpurrafjrufen, al§ fie an ber ®<fe ber Strafe bie Kanonen losSlöfenb i^re ©iöifion auffteHten. ©ie mußten ju ifyrer £>ilfe gefommen fein. Sn biefem entfcpeibenben SJiomente fprengte ®ro|fürft SOticpael an bie erfte Kanone Ijeran, en triff bem fjeuertoerfer bie Sunte, richtete bie ®anone gegen bie 9Jiaffe ber Slufftänbifdjen, unb in if)re Steifen fpie ber erfte Sanonenbonner bie jerftörenben Sartätfdjen.

®iefer erfte JSanonenfrfiufj entflieh baS ©dpcffal beS ®age3 ber Spodje. ®ie anberen folgten nadj. ®ie ganje ®iüifion richtete iljre ßerftörung gegen baS Säger ber Slufftäubifdjen.

LI.

3>ie mmenlofe <3fr au bes uameufofeu gSattues.

SBotjin war aber ber ® iftator gefommen? ber güprer, bie ©eete ber ganjen Setoegung : ®f)ebimin? ®er fuc^te ben ganjen lag über einen SJtenfdjen, ben er nid)t finben fonnte : fid) felbft.

3Bie fyätte er iijn aud) auffinben fönnen, ba biefer ja toieber üor ipm felbft bie ergriff.

®ie Aufgabe, bie er übernommen, paffte meber für fein SBefen, nocf) für fein ©emütt). Seim erften ©dritte bemerfte er ben abf<f)üffigen Stbgrunb, in melden bie ganje ©adfje, welche er bisfjer auf feinen ©futtern getragen, fammt ifjren Vertretern oerfinfen muffte.

Slnftatt eines begeifterten VolfeS, baS burcf) bie geuer« taufe ber greiljeit ju pelbenmütf)igen ®ntfd)lüffen erhoben toirb, faub er eine ©djaar ©otbaten, ju Starren gehalten burdft ben Sotttmnb, baff man irrten iljren alten Sjaren rauben Wolle, ben fie jtoar üerabfdjeuen, aber bem fie ®reue gefdfworett, eine üerrücft gemalte ©olbateSfa, bie nacf) ber „Constitucia“ brüllt, üon ber fie glaubt, baff fie

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240

bie ©emalin beS ©jaren fei! SBaS fofl baS ©nbe fein, wenn fie ^eute fiegen? SOlorgen mufj ihnen bereits maS SteueS öorgelogen merben, barmt fie, nicht erfahren, baß eS bie greifjeit mar, für bie fie geftern fämpften. 2BaS ift ihnen §efuba unb maS gelten fie £>efuba? 333aS Ijaben bie greifjeit unb bie Setbgrenabiere miteinanber ju f Raffen? 2BaS beffert bie Constitucia an ihrem ©chicffale? 2lßerbingS ^aben ihnen ihre güljrer öerfprodEjen, baß bie Constitucia itjre SDtonatSgage oerboppeln ttrirb, aber bie rnufj ja betn Soße hoppelte ©teuer auferlegen, menn fie ben ©otbaten hoppelten ©otb jagten miß. @oß baS bie Freiheit fein? Unb roaS gefd^ietjt nun, toemt er über* morgen eintrifft, für ben fie geftern gefönten, Sonftantin fetbft? @r fann an ber ©pifee eines ganzen £>eereS, baS er aus SBarfcfjau mit fich bringt, fornmen unb fagen : „Sh r münf<f)t mich, ba bin ich, meine ®inber! ®ie ®on= ftitution ^abe ich auch mitgebracht, aber fie ift nicht meine ©attin, fonbern ein fpanifdEjeS SRotjr!" SBaS foß bann gefd^e^en !"

Unb biefeS SSolf? ®iefe in if>r Sumpenelenb refignirte, mit ber Misere öerroachfene ®agtöhnerheerbe. ©iebjigtaufenb 9Kufcf)ifS, Vertreter ber Saftträger aßer SBettttjeite nicht baS ruffifdEje „SSolf", ein ©ebräu ans aßen möglichen flaüifd^en, finnifdEjen, efthifdEjen, littf)auifchen, fd^toebifd^en, famojebifchen, offetifdEjen, lappifdjen unb mafladE)ifchen ©tarn* men, bie einanber ni<f)t öerfteljen, burdE) nichts geeinigt, als bur<h ihr gleichartiges @lenb; unb ihre gü|rer, nein, ihre Seitfjammetn finb hergelaufene fran^öfifdEje Abenteurer. SBaS üerftehen fie unter Freiheit? ®aS ©rftürmen ber SBrannttoeinfneipen unb bann baS Sßlünbern ber Sßatäfte unb Saufläben. ©in aufmiegelnbeS SBort entjünbet fie ttrie ©troh, unb ein ®artätfdE)enf<huf$ jerftreut fie ber ©preu gleich in aße SBinbe.

©eine ©eete finbet feine teitenbe Sbee, er geht unfc fommt unb fann feine ganzen ®ebanfen faffen. SBährenb feines §erumirrenS trifft er mit SRptejeff jufammen, in beffen ©efidEjtSsügen fich feine eigenen ©mpfinbungen fpiegeln.

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2) er Sichter brücft ihm traurig bie $attb. „Sie Sache War nicht reif," flüftert er ihm in’§ Df)r unb eilt üon bannen, ^n einer anbern Strafte begegnet er bem Oberften Sutatoff int ©iüilanjuge. 93ulatoff War junt militärifdjen gübrer be$ SlufftanbeS erwählt worben unb nun treibt er fict) im SRode unb ©plinber fjerum. Sie wollten Sitter ben Stnbern gar nictjt (eben, fo ^ufd^ten fie an einanber ttorüber, ber (Sine auf bem bieäfeitigen, ber Slnbere auf bem jett= feitigen Srottoir.

3lm Wenigften Stßutf» fanb er, ben ißalaft .ßeneiba’3 aufjufuc^en.

(Sr fürchtete metjr, ifjr in '3 Stngefidjt al3 ben Sanonen in ben Sdjlunb ju feiert. «Sie trofjt ber (Mefatjr, wäljrenb er, ber fie bineingefdjlcubert, entfliegt.

Später fab er fid) bennocb gezwungen, .Qeneiben auf* jufudjen.

@r muffte bie äRoifabrüde überfd)reiten.

2lber bie Srüdenmäditer fönnten e3 bemerfen, baff er Ijinübergetjt; ber Sana! War jugefroren, ®t)ebiinin ging atfo bie Stufen beS fteingepflafterten OuaiS hinunter, um über ba§ ©i§ an'3 jenfeitige Ufer ju gelangen.

Saum bolle er ein paar Schritte getfjan, atö er flüfternb beim tarnen gerufen Würbe.

Ueberrafct)t wenbet er fid) um. 2lu§ ber SBölbung be§ ©rüdenpfetlerS taucht ein befannteä ©efid)t Ijeröor : |terjog DbojefSfi. ©in blutrünftiger SDtaulbelb, ber beute aßorgenS noch Seben niebermäben wollte, ber ju fcbwanlett wagt! Unb jefjt ftedt er unter bem Stüdenpfeiler.

„tpüte Sieb ju Seneiba ju geben! Sbr ißalaft ift umringt!" flüfterte er ihm ju unb üerfroeb fid) in fein Serfted.

SBeld)’ ein Sd)reden3bilb ! DbojefäÜ biuter bem Srüdenpfeiter! Ser Dberft, beffen SataiHon bort am Sfoafspiabe fämpft, ber $erjog, beffen fßalaft bort neben ber „großen SUHHion" ftebt, ber berühmte bifto*ifd)e SRame, ber einen Sßtab jwifdben 93rutu§ unb SRiego beanfprudjt budt ficb hinter eine Schneewehe ! Unb Wa§ macht er bort?

3<Stoi : greitjdt. IX. . ' 16

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SBunbeti brennt er jicE) in’S Slntlifc mit einem <3tüd £ößen= ftein, um fid) unfenntlid) $u matten.

9tun öerlor ©Ijebimin gänjlid) ben Kopf.

@r lehrte auf baS onbere Ufer jurüd unb eilte bireft nach $aufe in fein eigenes Calais. ®ort angetangt fctirieb er fotgenbe feiten auf eine SSifitefarte :

„gdj bitte Sie um’S ^irnrnelsmiflen in bie SBoIjnung meiner ©rofjmutter Ijerüberjufommen. gdj habe 3bnen mistige ©eljeimniffe anjubertrauen."

Xiefe SBifitefarte fd)idte er burd) ben portier ju Sorpntfjia hinauf, ©r felbft eilte bann $u feiner ©rofcmutter. XieS mar fein lefjteS Slfgl.

Xrauften mar eS bereits S^acEjt, unb bie Kanonen bonnerten. Sie glommen beS ©efd)ü|feuerS maren bie einzige SSeleudjtung ber ©jarenljauptftabt. -

Xic gute alte Slnna geoboromna lebt nod) f;eute inmitten iljrer 2luffd)laglarten, iljrer brummenben Ka$e unb il)reS treuen gfinaSlo, mit bem fie bie Sage jaulte, bie nod) übrig finb bis jum neuen 3al;rc.

„SBieber ein neues gat)r! S3aS eS moljl bringen mag? mer eS moljl erlebt?"

©S ift am jmeiten 353eiljnad)tStag. 3ünbet man am Slbenbe biefeS SageS jmei gleid) grofje Serben an, fo fann man erfahren, mer früher fterben mirb ber SRann ober bie gran meffen Kerje früher nieberbrennt.

Sie S mal mar eS bie Ser je ber grau. *

„9lun benn, ©otteS SüBitte gef(f)ef>e, " feufjte bie Sitte auf, „menn id) benn fdjon borangefjen muß. Qe nun, bie 3eit märe aud) fdEjort ba gelebt Ijabe id) lang genug! Slber ben armen „alten SOlann" mu| id) üom |>erjen bebauern, baff er ofyne mid) fo ganj allein bleibt. HJlan mu| eS iljm nid^t fagen, ba| idj geftorben bin. Sagt iljn glauben, ba| i<$ nod) am ßeben bin. $a| er mir ja an jebem ©eburtstage unb SlamenStage ferne rotf)e .Sdjlaf» mü^e, bie id) iljm jebeSmal fdjenfe, erhält. $örft Xu, gfjnaSto?

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„So fprecfjen Sie nur bocf) nidjt fo biet bom Ster= ben!" pfjnefiapperte ber alte Wiener. „Sittern mir ja bod) ofyneJjin alle Sttodjen Don biefem föanonenbonner. "

„SB eil ®u feige bift. SBeil ®u nie Solbat Warft, gürdjteft ®id) fetbft bor ben Sanonenfcfiüffen, »nenn ®u weißt, baff fie bto§ pr großen SBeinadjtSproceffion eintaben ! Um biefe Seit gibt ber ©pr bem |>ofe ein großes fßarabe* mof)t, unb bem SSoIfe ein geuerwerfSfdjaufpiel. §örft ®u, Wie InaHt? ®a§ finb bie fRafeten. gefct fteigt bie große Oiranbole auf! Unb tnenn bann ferfjS folcße Sdjiiffe auf einanber folgen, fo bebeutet bieS, baß ber ©pr fein ®la§ pm ®rinffprudj ergebt. öf)o! biefeS geft ßabe icß gar oft gefeljen lein einziges Würbe oßne mid) begangen. Sa, id) toar fdjön, als id) uod) eine junge grau war unb meine Stimme, fie ftang Wie Silber, ©pr fßaul forberte micf) fortwäßrenb auf, feine ßiebtingSmelobie p fingen: „SBenn bei bem lebten Slbenbftrafjl." ®a§ Sieb ift aucf) ßeute nocf) f)übfd). Slber idj Ijabe 5Rieman= ben mef)r, bem id) borfingen fann."

Unb gerabe in biefem Stugenblide lam gemanb, ber bas fdjöne Sieb gerne antjort.

„gefuS, unfer §err, ift gefegnet!" rief Slnna geobo= rowna bie §änbe pfammenfcßlagenb. „§at ficf) baS 9teft= ljedd)en feiner ©roßmutter erinnert? SBaS? ®u Ijaft baS gtänjenbe äRafjI beS ©pren im Stidje getaffen, um ®eine arme ©roßmutter am jweiten SBeißnacßtSabenb p befugen. ÜRun, baS ift waßrljaftig fjerjlidj lieb bon ®ir, gwan SRajimowitfcf). Slber ®u geßft wieber prüd. Unterlaffe ja nid^t ! ®aß ®u ®ir meinethalben feine S9efd)Werbe be§ ©pr§ pjießft benn bie ©nabe be§ ©pren ift Wie bie Unfdjutb einer gungfrau, baran nichts berloren ge^en barf. SBenn er bieHeidjt bemerft hätte, baß ®u ®idj bor ber Sßit entfernt f>aft, fo fud)e eine SluSrebe. ©eftetje itjm immerhin, baß ®u ®eine ©roßmutter befugt fjaft. @r fennt mid) unb fjat mid) feljr geliebt, als er nod) ein Heiner gunge War. ®amal3 war icf) nodj ein junges SBeibdjen!" (®ie alte grau fprad) nod) bom ©pren Slfejanber, ber

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nur um 27 Sabre jünger mar, als fie). „®ar oft Ijufdjte et in meinen Scboofj, menn icb auf ben SBunfdj feinet S3aterS baS fc^öne Sieb fang, meldbeS er fo feijr liebte: „SSenn bei bem testen Slbenbftra^t" Äennft Su eS nicht? Somnt! S<b tpiü eS Sir borfingen. Se|’ Sieb fjiefjer auf meinen ©lernet unb lege Seinen ®opf in meine $änbe."

Stoan fefcte fid^ f)in ju ben güfjen feiner ©rofmutter. SBie mof)l tf)äte eS iljm, je|t noch ein ®inb ju fein!

Unb bie alte grau begann baS Sieb, greilicb Hang iljre Stimme wie ber Son eines alten glügelS, ber in irgenb einem ÄönigSfdbloffe bergeffen unb feit 25 Safjren nicht geftimmt toorben mar auch einzelne Saiten finb geriffen aber beSbalb fang fie bodb ihrem ©tfel bor :

„SBenn beim testen 8benbftraf)t S)u aiiänibfi unter Räumen,

Unb eine friebtidfe ©eftalt S>id) roedft auS fiifjen träumen,

Stann ijl’S bein treuer greunb, ber nabt,

0 fudj’ i&n nictit iu meiben!

6r benfet Steiner früh unb ff)at,

Uub roaS er bringt, ftnb greuben."

3man füfjte feiner ©rofjmutter bie Jpänbe für ben fdtfönen ©efang.

„Stber Su bift Ijeute fo traurig, gman! So fag bodt), maS Sieb betrübt? Su foßft bießeicbt reifen? Sine meite unb lange Steife?."

„©ne fetjr meite Steife."

„£öre! 3$ errate, mobin," fagte fie tadjenb. „Su befudjft Steinen SSater, meinen geliebten SJtajim!"

SaS batte fie mirflicb erratben!

„So ift'S, meine gute ©rofjmutter, babin gebe üb!" (Sn bie anbere SBett.)

„Sann bringe ibm biefe meine Äüffe mit. Stoch bunbertmat fo biet ! Sieb, itb fann nicht meinen. Sllte Stugen tbränen immer fort, menn man nidbt meinen miß, unb miß man mirflicb meinen fo finbet man feine Sbtänen"

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gwan 9fta£tmotmtfd) Weinte anftott ihrer. ©r war ein fo „guter gmtge."

„©ietjft Su nun, jefct gef)ft Su fchon fort unb täßt nti<h f)ier. Unb Su geljfi, ohne Sich tierheiratbet ju haben, ohne mir ftatt deiner Sein SBeib hier jn taffen."

„3cb tjabe mich oerheiratet, ©rßomutter," fprad) $Wan. „3<b bin }a eben gefommen, um Sir meine ©attin oorjufteHen."

„Db Wetcb’ ein greubentag ba§ ift! Su tjaft Sich tierbeiratbet, ^aft ein Keines grausen! ©in reijenbeS, tiebeS ©ngelcfjen ! geh fott fie gleich fef>ert? SaS nenne ich mir einmal ein ©tjriftgefdfjenf!"

Sann aber oergönnte fidj bie alte grau bie greubc benn bod) nidjt gang. SaS fdjmedt gar gu füg ein Hein Wenig fcbwargen Äaffee bagu.

„SBarum aber t)aft Su mir baS bis nach ber £)od)= geit öerfjeimtidgt, ba ich hoch auSbrütftid) Wünßbte, baß Seine ©rWäbtte ißren Srautfcbmudf aus meiner $anb ermatte? SaS War nicht recgt! geh goffe, baß fie oon «bet ift."

„@ine gürftin Sftarifcbfin."

„gdj benfe, Su wirft Sir bie ©rtaubniß beS ©garen gur |>eiratt) erbeten haben?"

,,©r bat fie gegeben, ©roßmutter."

„Sann fann irf) nicht erratßen, warum Su mir’S Oerßeimtidft ßaft. Sßietteid)t fonnte fie nidjt ruffifd), atS Su fie gur grau genommen unb Su mußteft fie’S erft teuren, baß fie mit mir fprectjen fönne; benn id) üerftefje feine anbere Sprache; ich bin noch eine ©toSfauerin."

gwan ließ fie bei biefem ©tauben. Sabei war nichts Ungewöhnliches. Sie Petersburger giirftinnen oerftanben wenig ruffifcb- (SbenfoWenig atS feinergeit bie abetigen grauen Ungarns ungarifdj.)

SaS ßäuten an ber äußeren Sfjüre unterbrach it;r ©efpräd); Oom ©ebengimnter ßer hörte man baS SRaufdjen eines ©eibenHeibeS. ®ort)rttbia hatte ben SBunfdh ihres ©emats benn hoch erfüllt, fie fam auf feinen Sftuf gu

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feiner ©roßmutter. Saß gwan nidjt fetbft ju feiner grau ging, baff er fie bat, ißn bei feiner ©roßmutter aufjm fudjen, fiat feine feineren ©riittbe. Sie grau fannte fie. ©or ber Söelt gingen fie Slrrn in 2Irm miteinanber unb waren pure ©attenjärtticßfeit. Stopfte aber ber ©atte an baS ©tßtafjimmer feiner grau, fo war bie Slntwort : „gdj bin nidjt ju Jpaufe." ©o Wa§ frfjon feit ber 9tacf)t be» 21. guni.

Sorpntßia War btaffer atg fonft, tfjr ©tief latt unb entfdjtoßen.

„Sanf, baß Su gefomnten bift!" ftüfterte ißr ent= gegeneitenb ber ©atte ju, unb ißre |>anb ergreifenb führte er fie ju ber ©roßmutter. „SÖteine ©attin, ©roß= mutter!" Sorßnttjia beugte ba§ eine Snie bor Slnna geoborowna unb bann reifte fie itjr bie SBange jum Suffe bar ber Stimme, feilte tfjat fie afle§, was man bon itjr bertangte. ©etbft bie £anb biefe runjetige, pcrga= mentene £aub tüßte fie ber ©roßmutter.

Sie gute atte grau War außer fidj bor greuben.

„SBetctj ein tjerrtidjeä ©eftßöpf! SCSie reijenb, wie tiebtidt» ! Unb Wie fein erlogen ! Stber Wa§ tjaft Su für ein prädjtigeä ©attfoftume. 9Ran fießt, baß Su boin gefte be§ ©jaren fommft!"

Sie gute arme Sitte, fie ßielt ben Slnjug Sorßntßia’3 für ein ©attfteib. gu ißrer geit ßatte man nur auf ben ©äßen be§ ßjaren ©eibenfteiber mit fo feinen Spieen, wie fie Sorßntßia atg 3iegtig6e trug. Sie ©roßmutter ßatte feit fünfunbjwanjig gaßren tein ©tobejournat unb feinen ©cßneiber gefeßen. ©ie meinte, ba§ fei jeßt ©afl= mobe.

„ga, ba§ Weiß icß ttidjt, wie ber Sopfpuß, ben icß Sir aufbeWaßrt ßabe, ju biefem prächtigen Steibe paffen Wirb! gßnagfo! bringe mir ba§ ©dßmutffäftdßen ßer."

Sie ©tatrone fudjte ben antifen §aarfcßmucf bon ecßten ©erten unb ©riflanten ßerbor, bie faft eine ©raf- fdjaft wertß waren, unb War in großer ©ertegenßeit, fie an ber 4 la giraffe-grifur Sorpntßia'g, bie nidßt barauf

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eingerichtet ttmr, anjubringen. Unb fie muffte ben ©chmucf bocf) um jeben fßreiS unb Oor ihren 9lugen tragen. Sorpnthia ließ ficf) aufpu|en.

„So! jefct bift ®u noch fcßbner ! SDKt biefent Schmucf fannft 2>u fie auf baS Sattfeft beS ©jaren jurücfführen. SJiag man fie barum beneiben."

„■Kein, ©rohmutter, mir gehen nicht mehr juriict," fagte grnan, „menn ®u ertaubft, bleiben mir bei $ir unb bringen ben SSSeilptachtSabenb ^ier ju."

„9tber maS mirb ber ©jar baju fagen?"

„@r meiff eS fchon, bah mir hier finb unb hat uns enttaffen."

„91h, Wenn eS mit feiner ©rlaubnif? gefchieht baS ift maS 91nbereS bann ift eS mir lieb, @udj fper ju behalten. 9lber mein (Sott, momit foü ich ©uth unterhalten. Sann ©Jeine grau L’hombre fpielen ?"

„©emiff."

„9lber meine Sorten, mit benen idh £agc lang fpiele, finb ganj abgegriffen. gef) fdhänte mich, fie hetworju» nehmen."

„SReiite grau mirb fchon für neue Sorten forgen. ©rlaube mir, ihr ju erflären, mo fie fie befinbet."

,,©ut gut! ghnaSfo! mach inbeffen ben Spieltifdh jurecht! 91 dj, mie lange fchon habe ich nicht L’hombre gefpielt. Seitbem bie Keine fdjmarje ßerjogin unb bie ©eneralin bie ©reppe nicht mehr herauffteigen fönnen. ©ereite nur baS ©heeferuice unb alles ©ebäcf Bor. ©ib §olj auf ben Samitt! SBir moHett hoch fehen, mer eher fdjläfrig mirb, menn mir einmal beim Sartenfpiel marm gemorben finb. geh nicht!"

gtoan begann unterbeh franjöfifch mit feiner ©emalin ju fpredhen, unb jrnang feinem 91ntli| einen fo ruhigen 91uSbrucf auf, als erHärte er ihr nur, mo fie baS Spiel Sorten in feinem ,3immer finbet.

„geh bin öerloren. ©Jen 91ufftanb, ber heute auS= gebrochen, unb ber, mie ich glaube, je|t bereits befiegt ift, habe idh ©eheinten angeftiftet. -KomineH mar gürft

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Xrubejtoi ber $)ittator, in ber $!jat ober bin ich eS gewefen. 3<h war bie leitenbe $anb, er nur bie SRaSte. Srubejtoi eilte bereits fich rein ju Wafißen, er ift jur Dberfomntonbotur gegangen, |at bem ©jaren ben ®ib geleiftet unb fidj ergeben. ®omit ift bie SÖtaSte non meinem Slntlijj gefoßen. S)ie gührerfdjaft faßt mir aflein jur Soft. 3df) Wtß if)w aud) nicht oufbärben. ®er Strme t»at ein junges SBeib, boS ihn innig liebt. 2ln bem heutigen Slufftonbe jwar ^otte ich {einerlei X^eil, ober boS hilft mir nicht, benn idj War bennoch ber S)ifta= tor; toenn mon bie ©Triften, bie mit biefer Bewegung jufammenhängen, finbet, bin icf» unrettbar nerloren. Unb mit mir Xaufenbe ber SBorneijmften beS SonbeS, beren Stauten in einem Suche oerjeidmet finb, boS wir „baS grüne Such" nennen. SDiefeS Sud) muß bernidhtet Werben!"

„SBoßen ©ie mid) bomit betrauen?"

„SBen fonft? StßeS, WoS ich ^obe, befijje idj gemeinfam mit 3hnen- SOtein Stame, mein Vermögen, mein 9tong gehört aud) 3hnen/ meine ©Ijre ift auch bie 3^rige. Slfl' baS fteljt je|t auf bem ©piete. Unb nur ©ie fönnen mir Reifen . Stiemanb fonft."

„Sefeljlen ©ie, WoS tcf) tf)un foß!"

„D, nicht fo! 3<h flet)e ©ie an. S)enn WoS id) jefct bon 3hnen erbitte ift Wahrhaftig ein Verlangen, fo groß, als wenn ber Slienfd} Serjeiljung feiner ©ünben bon ©ott erfleht. ©JiefeS Such ift bei geneibo 3twarinen b erborgen!"

„W"

,,3df) Weiß, baß ©ie biefeS SBeib Raffen. Ohne ©runb id) fdjwöre eS 3hnen! Slber WaS bebeutet ber Schwur eines bezweifelten äKenfdjjen! SDtid) ßot {einerlei ©efü^l an biefe grau gebunben boS Sßren Weiblichen ©tolj berieten lönnte. ©8 war ein anbereS, für muß »eit gefährlicheres ober lein ©ie beleibigenbeS Serf)ättniß. $och ©ie glauben mir boS nidht! 3<h berlonge eS auch nicht. SBaS idh erflehe, ift nur, baß ©ie im Stugenblide

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ber entfdfjeibenben ©efaljr großmütig fein mögen. £>aben Sie mir gejürnt, fo bergeffen Sie eS um ber ©jre beS SBappenS ber <3f)ebimin mitten unb eilen Sie in biefem SDtoment in bie SBofjnung beS gräuleüt glmarinen mit biefem Schlöffet, ber baS Serftecf öffnet. 3$ meiß, meines Opfer idj non 3hneit forbere, inbem ich Sie bitte, bie Sdfjmette jeneä |>aufeS ju überfchreiten. 3<h felbft fann nicht hüt= gef>en ; benn nähere ich mich betn $aufe, fo merbe ich fofort gefangen genommen, aber Sie mirb tttiemanb ber» bärtigen. Sprechen Sie unberjüglich mit gräutein 3Ü* marinen unb unterrichten Sie fie öon ber (Sefat)r, menn fie nichts babon müßte. Sie mirb toof)l fchon oerftänbigt babon fein, unb hätte getotg baran gebacht, „baS grüne Such" 5U bemühten, menn es nicht in einem feften ©ernähr» fam berfperrt märe, baS nur mit großer ©etoalt unb bielem 3eitberluft jerftört merben !ann. SBerfen Sie baS Such in’S geuer ! Sleiben Sie, bis eS jur 2lfdf)e berbrannt ift, unb bann eilen Sie jurücf, um mich ouS meiner ber» jmeifeften Sage ju befreien!"

„3<h merbe hanbeüt, mie eine gürftin ©hebimin h<m= betn muß."

„SRein Seben unb meine Sljre ift in 3hre §anb gegeben."

„Sch weiß eS . . ."

Kortjnthia übernahm ben Stahtf d^tüff eX unb eilte fort.

„SBie bie kleine babonlauft!" fagte bie SRatrone.

„Sie lommt gleich Wieber."

„SDtit ben Karten?"

„gamohl, mit ben Karten."

„geh Witt mich «nterbeß herauSpuhen, baß fie mich nicht fo bernachtäffigt fießt."

2)aS §etauSpuhen beftanb barin, baß fie fi<h ihr neue» fteS Sarett holen ließ (bom gaf)re 1807). ®a3 fe|te fie auf, mit ber großen, gelben Straußfeber, unb hing fi<h bie jmei falfchen Sodfen in’S Jpaar. ®aS §aar mar meiß, bie Soden fdjmarj.

(Sine lange Stunbe berftridh.

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„2Iber toie lange bie Steine bie Satten fud^t! ©emiß fteibet fie fi<h unt. Sie mirb baS 93att!teib abtegen unb in ein Negligee non Sßerfait fcf)tüpfen. SBart nur ein SBeitchen. baS folt f^aisig merben. SBie fie lachen mirb barüber! 3<f) merbe ihr „baS Sieb bont ®hePaar“ notfingen. Ta§ ift ein fef)t t)iib\d}e% Sieb! 93ting meine ©uitarre, S^na^= fo! 2td^ mie ich baS einmal fcf)ön fpieten fonnte!"

Unb bie gute SRatrone nahm bie atte Saute gut £anb, unb ermuntert non bem erften ©rfotge, begann fie ihr lie= beS Reinem 9teftt)edEd^en mit einem atten gemütlichen Siebe gu unterhalten mährenb ihm in biefer ©tmtbe ber TobeSfchmeiß non ber ©time perlte.

„So höte benn :

@S ift ber guten ^auSfrau Pflicht,

Taß fte ben ©atten ehre,

Um ßtatfcfcereien unb um *ßup beileibe ftch nicht fcheere.

©ie forgt bei Tagesanbruch fcbon,

Tag ihm ber grühtrunf munbe,

Unb fetter traten, guter SBein Sinft ihm gur 9KittagSfhinbe.

Glicht mahr fchön. ®och höre bie Öorfefcung

©S ift beS guten ©atten Pflicht,

Ter ©attin SBunfch gu ehren,

Unb maS fte auch »erlangen mag,

« niemals gu »ernähren,

Turdj’S treuer fetbft für fte gu geh’n,

3h* WÖn bie ^>anb gu füffen.

Unb wenn fte einen ©aft empfangt,

JörauchfS SJtänncfcen nichts gu toiffen.

„#ahahaha!" lachte bie gute atte ftrau ihrem eigenen gemütlichen ©efange 93eifaH unb märe, menn fie 3>man nur mit einem SBorte barum erfudtjt hätte, geneigt ge= mefen, baS Sieb gu mieberhoten. „Same bie Steine nur recht batb, baß fie auch barüber tad^e."

9lber $man merfte nicht mehr auf fie bon ber Xhüre her tourbe ©eräufcf) hör&ar- Sortjnthia fonnte ben

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SBeg ju Beneiben unb wieber ber in ben ißalaft bereits jurücfgelegt haben, ©r eilte, um bie SEfjüre ju öffnen.

Stber nicht bie erwartete ®orhntl)ia War eS, bie je^t eintrat, fonbern Qiemanb, mit bem er am attermenigften in biefer nebligen SBett jufammentreffen mochte : ©alban.

®er fftitter !am nicht allein, üier ©renabiere üom finnifchen SRegimente ftanben hinter ihm.

5} er Witter nahm feinen §ut beim ©intritte nicht ab unb grüßte auch bie Hausfrau nicfjt, in beren Birnmer er gebrungen war.

„Swan SRajimowitfrf) ©hebimin. Sie finb mein @e= fangener! ©eben Sie mir 3hren Segen!"

$wan löfte wortlos ben Segen ab unb übergab ihn.

2lnna geoboroWna gerieth in Born.

„Sieh hoch! SBaS ift baS für ein SDlenfch, ber in mein 3 immer einjubringen unb meinem ©nlel, einem Heri°9 ©hebimin, feinen Segen Wegjunehmen Wagt? SBer ift ber ^err?"

„SBer ich bin, SDlabame, baS ju wiffen, ift ^hnen ganj unb gar nicht notljwenbig, aber Wer 3hr ©nlel ift, baS fann ich Shnen fagen. @r ift ber S i f t a t o r jener aufftänbifcher üteb eilen, bie ben ©jaren umbringen wollten unb gefchlagen würben!"

„ShnaSfo ! ShnaSfo!" freiste bie äftatrone. „®omnt her unb lache ftatt meiner! SOtir will es nicht gelingen. Hilf mir lachen. Sielj Sir ben fJafdjingSnarren an, ber hier Somöbie fpielt. ©r fagt, mein SRefthecfchen fei ber ®ittator ber SRebeßen ! Sßohin fjaft Su $i<h berfrochen? @o lache bodj!"

Swan fagte leifen SoneS unb franjöfifcf) su ©alban : „ich werbe mich t>or bem ©jaren bertheibigen. ©S liegt fein SBeweiS gegen mich bor."

„2Bie, unb baS grüne ©u<h?"

^Sabon Weih ich nichts."

„3Rach Sir feine eitlen Hoffnungen, 3Wan 90?ajimo= Witfch ! Su bift ooßftänbig oerloren. S)ein Sßeib hat ®idh »errathen. So wie Su ihr ben gewiffen Schlüffe! übergeben

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hatteft, ber Su weißt eg ja jene Stoulettebanl bei gräulein geneiba eröffnet, eilte fie bireft jum Ißolijeipräfiben* ten unb legte ben Sdhtüffet in feine £>änbe. Sag „grüne 93ucf|" ift feitbetn gut aufgehoben!"

©hebimin'g ®niee toanlten bei biefen SCBorten, alg toären alle ©eftirne beg Rimmels auf ihn hsrobgefatlen, unb ber ®opf fanf ihm auf bie SBruft. Siefer unfaßbare ©djredenggebanfe lähmte feinen ©eift. 3m na<hften SJiomente aber empörte fich all fein 93lut, er begann »or SButh §u jittem.

„Stein, nein! bag ift unmöglich baß ein Sffieib ihren eigenen ©atten unb bamit ihr Vermögen, ihre @hre praggebe, »errathe! Solch ein Ungeheuer gebiert bie Sßelt nicht! Unb ich ha&e mich 9«gen Stiemanb auf ©rben fo fdjwer »ergangen, baß ©ott ju meiner ©träfe foldj ein $öHenWunber erraffe!"

„Su haft ein furjeg ©ebächtniß, 3loan SJtajimowitfch ! " flüfterte ihm ©alban itt’g Dljr. „©rimtere Sich nur an bie Stacht, in welcher Su Äorpnthia bie Stach riäjt »on bem Sobe Sophie Starifchfin’g unb gleichzeitig, »on ber gludjt S3ethfaba’§ mit ißufchfin, überbrachteft. ©ollteft Su nicht gewußt hoben, baß Sophie Starifdjfin ihre Sod)ter War, unb baß fie felbft eben barnalg ^ufdjfin unb nicht Sich erwartete

Siefe ©ntbedmtg War ein noch fchwererer Schlag für ©hebimin, alg fein gaD. Ser ftarr geöffnete SDtunb hafdjte nach Suft feine Ipänbe griffen mit judenben gingern nach bem unfaßbaren Phantom fein §erj brohte ju jerfpringen.

„Sei aber nicht mehr eiferfüdjtig, Weber auf ißufchftn, noch auf Seine ©attin. ißufchfin Werben fie eine ßugel burch ben ®opf jagen, Wo fie ihn immer fittben, Seine ©attin aber Wirb ihren Slang unb auch ihr SSermögen Wieber erhalten, fogar ihren ©atten, mit bem Jie fich entfd)äbigt. Su wirft bag ©chaffot hinauffpajieren, Sein fdjöneg Sefi^thum unb Seine Siteln aber, möglidjerweife auch Seine ©ematin Wirb ©iner erben, ber fie beffer ju

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fdjäjjen Weif? atö ®u! SieBeidfjt eben SRitter ©af= bau!"

Set biefen Sßorten fanfen nur mef)r bie Sfrme ^Wan'S fierab, er füllte unb fa^ nidfjtg mefjr.

SRitter ©afban war beauftragt, bie „Xoitette" beä Serurttjeitten ju beenben.

8uerft rifj er bon feiner Stuft bie Drben fierab, bann bie SRofetten bon feinen ©cfjultern, enbficf) jeben ftnopf feiner Uniform, auf bem baS Stoppen beS ©jaren war.

®ie ©rofcmuttnr berftanb nid£|t, was fie mit einanber fpractjen, aber af§ fie fafj, Wie man bont Seibe if»reS ©nfefS bie 2Rititär= unb Slbeföjeicpen aBe ©fjtenjeidjen fjerabrifc, ba füllte fie Wenn audj nicfjt ifjrem ©nfet beijufpringen bocb bie Äraft, ficf), auf ben 2ifdf) geftügt, aufjuridf)tett unb bem, ber biefj wagte, entgegenjurufen :

„ÜRörber! ©ottfofer! wage es nid)t, meinen (Snfet ju berieten ! |>afte ein! Seleibige if)n rticEjt weiter! ©rfogen finb aBe Sefdfjufbigungen ! 3$ gef)e jum ©jäten! 9Ridf) wirb er f)ören ! @t fiat midf) fef)r geliebt ! :3f)na3fo! SJirf mir meinen 9Rantef um ! 3um ©jaren gefje icf| ! Saffet ab ! |>enfer3= fnedjte! ©)a| iljr if)tn ben ©träftingSrocf nidfjt anfegt, meinem ©nfef, meinem 3wan! ©inen ©träflingSrocf ! Sor meinen Sfugen! §öBenföIbIinge ! SBoflt ifjr ipm audf) baS $aar abfdfineiben ! 2Bo ift ber ©jar? !gdj gefje jum ©jaren! jum ©jaren SUejanber, ©nabe erffefjen!"

®iefer iibermädjtige SEBiBe wirfte SSunber. Ser gefäfimte, jerbredjtige Körper fing an ju Wanbefn Wie ein febenbeä ©efpenft. Si§ ju bem ißfafce bermodljte fie ju wanfen, Wo ©afban ftanb. ©ie faßte feine §änbe an.

„3um ©jäten Sffejanber!" ßaucßte fie „Um ©nabe!"

„Ser ift bereit# im £immef !" Ijerrfdjte fie ber SRitter an.

„ÜRun bann gefje id) ba£)in !" feufjte bie ©reifin unb bradfj jufammen.

©ie fjatte Waf)r gefprodjen.

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Sie ging bofyin bafjirx, mo felbft bie ©jaren aller Steuffen fie nid)t mehr erteilen, jonbern erflehen bie ©nabe Slud) bie lebten ^aarlocfett ©hebimiu’S (er ift fein |>erjog mehr) fielen üon feinem Raupte. ®aS ift bie Sonfur ber junt Xobe ©erurtbeitten.

©r batte -JHemanben mcijr. -Jtiemanb bebauerte iljn. 9lur ber alte Wiener fd^tud^jte, hinter bem Ofen oerftecft, in einem fort über bie fcbmacbüolle Operation.

Sie ertaubten iljm nicht einmal feine tobte ©rofjmutter bort oom ©oben aufjutieben. ®er üerartbeifte SRebeEl bat feine gamitie mehr, meber unter ben Sebenben, nodj unter ben Sterbenben.

®ann fegten fie ibm noch Setten an §anb unb gufj. <3<btoere eiferne Setten, üon benen ber ©rleudjtungSratf) fagte : „giirdbtet nichts, 3hr füllt fie unengeltlicf) erhalten !" Unb ba er ein üornebmer güf)rer mar, erhielt er als Auszeichnung noch eine fcbmere Sugel am ©nbe ber Sette, bie fonnte er nacbfdjteppen bei jebem Schritte.

„Unb nun fcbuttert baS ©emeljr, ben Sträfling in bie SRitte genommen ! ©ormärtS ! "

Aber in ber .Siminertbüre üerfperrte ihnen Sentanb ben SBeg mit ben SB orten :

„3m -Kamen beS ©jaren!“

3eneiba Slmarinen mar eS, bie eintrat, fftitter ©alban erftaunte.

„9lcf), mein gräuiein, Sie gehen noch frei umher?“ „SBie fie feben. 3<b lomme üom ©jaren."

„SBie fonnten Sie bahin gelangen?“

„$aben itid^t meine SanbSleute, bie Saleüeinen, ben Sohn beS ©jaren, feine ©attin unb SRutter heute befehlt?''

„3$ üerftehe fie hüben Sie beim ©jaren ein= gelaffen. Unb bann?“

„$er ©jar b“t 3wan ÜRajirnomitfdh ©hebimin be= gnabigt. $ier ift fein ©nabenbefehf."

„2tb! ©ie buben 3*üun ©hebimin üom ©icbtyla^e errettet.“

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„Sogar oon ben SBteiwerfen. $er ßjar war fo gnäbig, ißn nad) Xobotef ju oerbannen unter bie Bobeljäger, woßin er fidj unberweilt begeben toirb."

,,3cf) ßoffe "

„Stein auf feinem eigenen ©dritten unb allein !“

„Unb all' baö ßaben 3ßre frönen fdßwarjen Slugen bewirft, fcßöneö gräulein? $odj warten wir ein Sßeilcßen. 2113 ber <£jar biefen ©nabenbefeßl unterfcßrieb, ßatte er nod) feine Jtenntniß baoon, baß ba§ „grüne Sudß" ju Stanbe gebraut würbe."

„SEBaö für ein grünes SBucß?"

„2lß, reijenbe ®ioa! Sie Wollen and) bie Un= wiffenbe fpielen ! 2lber Sie fallen burcß in biefer Stolle. ®ie§mal werbe idß Sie roirllicß auspfeifen. SBiffen Sie nicßt, baß ber geheime Scßlüffet Sßrer SRoulettebanf in bie Jpänbe ber fßolijei gelangt ift?"

„Qidß weiß nnb bann?"

„Unb bieämat wirb man bie Sßolijei nid^t nteßr fo jum Starren ßalten Wie e3 feinerjeit mir gefdßeßen ift, als SOtidjael Smrgenjeff fagte : „Je suis un Präsident sans phrase, messieurs faites vos jeux!“ 5)a3 „grüne 58udß" ift gefunben.!"

„So Oiel idß weiß, ßat man ein „gelbes SBucß" gefunben."

„Unb in biefem ßatten bie SSerfcßwörer ißre Stamen unter bie ®onftitution getrieben, unb alle 2lufftanb3pläne waren barin oerjeidßnet."

„3n biefem ©udß waren bie Stamen jener Herren oerjei^net, bie beim Stoutettefpiel Scßulbner ber Sanf geblieben waren unb beren ©ßrenfdßulb unbeglidßen geblieben."

„Sie fpielen bie Somöbie gut, feßr gut, fjräutein, aber beSßalb werben Sie bodß auägepfiffen ! $ie ge= fcßriebenen SBncßftaben muffen ja gegen Sie jeugen."

„®iefe werben gegen Stiemanben jeugen. SEBotjt wiffenb, baß ba3 Stoulettefpiel üerboten fei, ßabe icß ba3 ©ewaßrfam, ba icß e3 nicßt öffnen fonnte, burcß ba3

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©djlüffettod) mit „Sdfjeibewaffer" üoflgegoffen. Unb bie baS „gelbe Sud)" in bie |>änbe befamen, tjaben feinen einjigen Stauten auf beffen Stottern oerjeidfjnet gefunben, alte biefe Slawen finb oerfctjttmnben. gd) mar jugegen, atö man eS auffanb. @8 tnar feinertei ©ctjrift ju fetjen."

Stuf biefe SEßorte t)in flirrte taut. gwan fdjlug bie betten jufammen, bie an feinen .‘pänben befeftigt waren.

SRitter ©alban tobte oor Stßutf).

„Sie finb Watjrtjaftig eine ©eburt ber |>öße, geneiba glmarinen! SRittetft biefeS bamonifdfjen ©infaflS tjaben Sie jetjntaufenb oerbredtjerif df)e Serfdjwörer tont ©djaffote unb oon Sibirien gerettet!"

„Weinen wir audfj itjre gamitien baju unb fagen wir tjunberttaufenb."

,,©otd)er Soweit ift nur ein SEßeib fät)ig! Unb ©ie Wagen mir ba§ ju fagen?"

„SBaS fümmere id) ntidfj um ©ie? gd) tjabe einen Srief oom Sjaren, ber mir geftattet, mid) au§ biefem traurigen ßanbe f)in ju begeben, Wo id) will."

Stitter ©alban, at§ er fat), baß fidfj biefe grau außer= fjatb beä SereicE)e3 feiner peitfdje befanb, wollte wieber feine mit franjöfifdjer ©alanterie gefdtjminfte Stoße fpieten.

„$ie ©t. Petersburger SEßett, mein gräutein, wirb gljren Sertuft nadt) gf)rer heutigen „Stbfdfiiebsoorfteflung" fef)r bebauern. Unb Wot)in Werben ©ie gef)en, wenn id) fragen barf, ba id) bie ißotijei baoon Oerftänbigen muß, baß ©ie frei paffiren biirfen?"

„SBotjin fonft, als Wot)in man meinen |>errn fiitjrt nadt) SobolSf."

„SDßie, ©ie woßen ©tjebimin nadfj Sibirien folgen?"

„SBarum nic^t? gdfj war ja nidjt feine ©attin, um midf), ba er in'S ©tenb gerätf), oon it)m fdfjeiben ju taffen ; idf) War bloS feine ©etiebte, id) fann if)n nidf|t oertaffen."

$)amit ging fie auf ben gefeffetten Sträfling ju unb nat)m bie fdfjwere ©ifenfuget, bie er an ber ®ette fd^teppte, in iljre §änbe. $a3 war bie SRügift ber Sraut.

„SEßir fönnen getjen, $err."

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gwan erf»of> in biefem Slugenblicfe mit ©tolj fein .fmupt, unb fein Slntlijj erglänjte. SJiefer jum (Sträfling oerfc^orene Sopf Würbe, was er früher t)ätte fein fotten :

ein ftoljer $elb, ber ©tatuenfopf eines greil)eitSfämp= ferS. SRit feiner fettenbefchwerten ipanb fjob er bie |>anb SeneibenS an feine Sippen unb rief mit bem öotten 3RetaD= flange feiner männlichen ©timme :

„Scf) banle bir, mein ©ott! S)u Ijaft mich heutc reidher gemacht, als ich eS jemals War!"

3eneiba fdjmiegte fid) an feine ©ruft unb umarmte ihn.

„3e|t mögen ©ie getroft pfeifen, fRitter ©alban! ®aS Spiel ift aus."

316er ©alban hotte baju feine Suft. ©elbft fein elenbeS £erj würbe burch fo toiel Slbel gerührt. 3lu<h bie tiier ©renabiere ftanben mit gefcnftem Raupte ba, gegen aßc ©olbatenreget.

„3tber gräulein!" ftotterte ber 9titter, „bebenfen ©ie bo<h, waS aus 3hneK Werben foß, Wenn ©ie biefen Ungeheuern ©ntfdjluß ernft nehmen."

Beneiba blicfte auf gwan IRajimoWitfch, unb ihre ganje ©eele lag in biefem ©liefe.

„S<h Werbe biefeS namenlofen äJtanneS namen» lofeS Sßeib fein! ©eben wir!"

®ie Sette erflirrte nach jebem Schritte. Sn bem einfamen girnmer hörte man nur mehr baS Schlucken beS alten ©ienerS; aber auf bem Slntliße ber lobten, bie bort am ©oben hingeftteeft lag glätteten fich alle galten.

©ie lächelte.

3lef)nli<he ©eftalten, mit eben fo großen $ügen gejeidj» net, gab eS jahlreiche in biefer großen ljiftorifchen ©pothe. ©o begleitete ben gürften Irubejfoi, ben nominellen ®if= tator, feine junge ©attin nach Sibirien, fo bie beiben SRurawieff unb SRarifchfin. ®ie SSitWe ©plejeff’S WieS ben ©nabengehalt, ben ihr ber Saifer auSgefefct hotte, ftolj juriief. ©ine junge ©ouoernante, Welche Sraft genug fanb, bie Siebe ju einem ruffifchen gürften in ihrem §erjen ju 36tai : greifceit. II. 17

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berf<f)tießen, fo lange et tjodfj über ib)r ftanb, geftanb ben Eltern beS güngtings itjre Steigung, atS if>n baS llrtljeil jum fibtrifdjen ©Haben begtabirte; fie tourbe fein SBeib unb folgte bern ©Haben in bie SSerbannung. Slber audfj bie ©egenfäfce matt baS Seitalter mit ftaunenerregenben Sügen. ®er unter ber 93rüde berftedte gürft DbojefSfi mürbe bon feinen eigenen Sermanbten berrat^en, unb audfj bie Staaten berer bitben eine lange Steife, melcfje am fetben Sage, an meldjem ber traurige S«8 tyrer Sermanbten ben SBeg nad» Sibirien antrat, Äorljntljia ©fjebimin bie §anb jum ®ontretanje im SBinterpalafte reichten.

* *

*

gpifofeett.

®er gerettete 2)i<f)ter.

®ie Stebolution mürbe bößig unterbrüdt. ®ie tefcte ©dfjaar ber Stufftänbifc^en marf ficf) unter güljrung gafuS» fin’S in einen Pataft unb bertf)eibigte ficE) barin mit bem Heroismus ber Serjmeiftung, bis man bon aßen ©eiten auf fie einbrang. ®amit mar ber Petersburger SSerfucb beenbet.

Ebenfo ungtüdtidf) enbete ber Stufftanb ber ©übtidjen.

®ie beiben 93 rüber SJturamieff 5t|poftot*) mürben, als fie bereits gefangen genommen maren, bon Dfficieren befreit, bie ju bem refmbtifanifdfjen „93unbe ber bereinigten ©laben" gehörten. ®ann fteßten fie fidf) an bie ©pi|e beS SDtititarS unb riefen in SSaffitföff bie Stepublif aus. 2>er bortige Pope fegnete tf>re Sßaffen. Stber ber ©egen trug leine grüdjjte. S)ie ©olbaten Ratten nichts gegen bie Stepubti! eittjumenben, aber mer follte ber Ejar berfetben fein?

S)enn einen Ejaren muß ja audfj bie Stepubtif tjabert!

Stuf ben $ügetn bon Uftinoffai finb fie begraben. $a mürben fie fdjaarentoeife mit Äartätfdjen niebergef cf) offen unb

*) Spoftot roar üjr gamilien>3unamc.

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bon bett |»ufeti ber Stoffe jertreten. Stuf bem ®rabe, baS ißre Jütten bedt, pftanjte man einen ®algen auf. SaS ift ifjr ©rabbenfmal.

Sen lobten beS StorbbunbeS toutbe nidEjt einmal ein foldjeS Sentmal gefegt. ®teid) ju ^Beginn beS Kampfes jagte man fie unter ba§ @i3 be§ StemaftromeS, unb ber Strom bleibt eiSbebedt fünf äWonate lang.

SatuSfin mürbe gefangen genommen, aber im ®efäng= niß jertrümmerte er feinen ®opf an ben ©teiitmänben.

Pufdjfin mürbe munberbarermeife gerettet.

3mei grauenßerjen Ratten bieS SSunber ju Stanbe gebraut, bie it»re Siebe für if)n fo ju feiten bermodjten, baß itjn SBeibe bem Seben erretten.

Ser Slbftedier, ben er auf baS ®ut ©atban’S gemadjt Ijatte, berfpätete fein redjtjeitigeS Grfdjeinen an bem ber= ßängnißbotlen läge. SBebor er noch GjarStoje Seto erteilt ßatte, braten feine Pferbe, unter ber angeftrengtcn Sour, jufammen, unb auf bem SBege begegnete er Sattenfoff, ber bereits ber Petersburger ©cßtädjterei entronnen mar. $on iljm erfuhr er, baß SltteS bertoren, unb baß gürft ®ßebi= min nad) Sibirien berbannt fei, 'motjin itjn Seneiba frei» mittig begleitet.

Pufdjtin tonnte umteßren ju feiner ®attin. @3 gibt teine „©teutßeria" meßr. ©ie begraben.

ÜRiemanb tonnte ißn befcßutbigen, baß er an bem Söunbe ber greißeitStämpfer beteiligt mar. Sludj fein Stame ftanb unter jenen Seßntaufenb, bie ber „ßöttifdje" Ginfall einer Äomöbiantin bom ©djaffote unb ber Verbannung uadj Sibirien errettet ßatte.

Sann gab es genug ber raußen Seiten, rnetdje bie ÜJtufe Pufdjtin'S fo feßr liebte.

Unb bamit er ganj feiner SDtufe angetjören tönne bertieß ißn aucß SBetßfaba.

©ie ging ßin um mit ©opßien jufammenjutreffen.

©ie tonnte fie nid|t ertragen, biefe tatte Äertermett.

Unb Pufcßtin blieb bann allein in feinem oben ©djloffe

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er fjatte Pientanben als bie alte §eten!a. tos er feine SBerfe oor.

3m grüljiafjre beS fommenben gafireS erlieft er ©e= feljl oom Ejaren PifoIauS, in Petersburg Oor if)tn ju er= fcfjeinen.

©eine gefangenen greunbe Würben barnatS f)ingeridjtet.

3fu<fj bas war ein großer ÜRoment! S)ie gebet eines Pictor ipugo müßte es betreiben, wie im SfugenbtidEe ber $inri(f|tung baS ganje große Plutgerttft äufammenftürjte unb Perurttjeifte, ©dßarfridjter unb ®ericf)tSperfonen aße= famrnt unter ficf) begrub.

S>amalS befahl ber Ejar, baß Pufdfjfin oor ifjm er= fdfjeine.

Pufcßfin trug Trauer.

„Um tuen trauerft S)u?" fragte ber Ejar.

„Um meine ©attin."

„SItfo nidjt um Steine greunbe, bie geftorben finb? ©eftetje! Stuf toeffeu ©eite Warefl S)u geftanben, wenn S)u ßier in Petersburg gewefen toäreft?"

Pufcljfin füfjlte bie falte ©cßneibe beS 9tidE)tfcf)WerteS an feinem §alfe. S)arf man auf eine foldfe grage lügen?

Pacf) ber Etijif ber ganzen Sßeft barf man’S man tijut eS audj. Ster Perftßwörer ift nidfjt Oerpffidjtet, fid) fefbft anjuflagen, baS einjugeftelfen, toaS if)m nicf)t ertoiefen wer¬ ben fann ; er ift nidjt fdjjutbig, fein Jperj ju eröffnen.

Unb bodfj fonnte pufdfjfin baS SBort ber Süge nidjt über feine Sippen bringen. Ster Perftanb biltirte iljm’S, aber bas ftofje $erj fam if|m in bie Quere.

„SBenn idj bagewefen wäre," antwortete er beut Ejaren, „wäre auefj idj an ber ©eite meiner greunbe geftanben."

„ES ift mir lieb, baß S)u fo geantwortet Ijaft," fagte hierauf ber Ejar. „3dj wiß je§t baS Beitaßer peter’S beS ©roßen fdjreiben taffen unb fueße einen SRenfdjen bafür, ber bitten fann, aber nidjt lügen, gdj Ijabe itjn gefunben! S)ir oertraue idj bie ©djitberung biefer Epoche. ©efje

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heim unb beginne fie. Unb WaS Xu bon jejjt ab fdjreiben wirft, werbe ich StfieS fetbft cenfurirett."

©o würbe eine ber gtänjenbften Xidjtergeftatten aus ber berhängnifjboßen Sataftroplje befreit.

3n ber „Särenteule" freitief) proffribirten fie ifjn beS= halb ats Serrätfjer. (Xenn bie gemeinten Serbinbungen waren aße berbtutet, aber bie ber Särenfeule war gebfie= beit unb hörte nicht auf, für bie Sreitjeit auch fortan ju trinfen.)

© f) e b i nt i n u tt b 3 e n c i b a.

©hebimin war fein gürft mehr, wttrbe aber in XobotSf junt wahrhaft gtücftichen äRenfcfjen.

günf ®inber Würben ißm bort geboren, lauter ©ohne.

Stucf) bon ihnen ift feiner ein gürft geworben ber eine ift ©erber, ber anbere ®ürfdjtter; aber eS geht ihnen gut unb fie Wiffen nichts oon bent Petersburger Patafte.

XaS ift wof)I ein recht profaifcher ©<f)tul. 2lber wir fonnteit ihn nicht berfchweigen, benn er ift wahrheitsgetreu, uttb ber gafl ift nicht bereinjett. SEßie biete ©pröftünge bon gürfteufamitien gerben unb berarbeiten bort bie §aut beS ,'pernteIinS, ben ihre Stfjnen einft getragen.

Xer ättefte ber brei Sriiber Xurgenjeff, SJiicfjael Xur= genjeff, ber jener benfwürbigen ©ijjung präfibirte, würbe, obgleich er beim SluSbruch ber Stebotution im SluStanbe mar, jutn Xobe unb SermögenSbertuft berurtheitt. Sittern feiner jüngeren Srüber ©ergio brach baS 4?erS, «18 er bieS hört, ©ein anberer Srubcr Sttejanber reifte bem Serur= theitten nach unb theitte fein eigenes Sermögen mit ihm. Stuch fotche Iterjen bringt baS Patertanb beS ©ifeS herbor !

Xie SRotnauje $ onftantin'S.

ÄrijfanoWSfl) h“tte boßfommen Stecht, atS er behaupt tete, bah bie Solen feinerlei Urfache hätten, ihr ©djieffat mit ben Spänen ber ruffifchen greiheitsfämpfer ju ber= bittben.

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®aS potnifdfje SßoXf beburfte feiner ©rftürung beS fl ^Begriffes „ffonftitution". fl

816er audfj baS ift richtig, baß für bie ißolen ®onftan= 9 tin’S ©ematin faft baSfetbe War wie bie Äonftitution. ©ie M War i^re SBorfeßung bie alles Söfe in’S ©ute perwan- 9 belnbe, ben Born öerfbßnenbe, bie ©trafen abwenbenbe, M bie ©egen bringenbe S3orfet)ung.

®aS berüchtigte „Nie pozwolim!“ (gef) Will eS nicßt!) 1 oerwanbeite ben Eitlen ber polnifdfjen Könige gewiß nirfjt I

fo oft, afö baS fanfte SBort „idj hatte eS gerne fo" ben J

SBillen beS SSicefönigS. :

Unb als bie Beit unb Gelegenheit reif geworben War, 1

bie notßwenbigen Kräfte fi<h gefantmelt hfltten, ba ftanb bann bie gartje Station in if)rer 2Jtad)t, unter ber baS 2anb erbebte, auf fünf ÜDtonate nad) ber ißarifer >

gtucht Sart'S X.

3n einer Stadst brachen bie polnifdfjen güngtinge

burd) ba« Ifjor beS ÜBettiebere ein unb brangen mit bewaffneter §anb bis ju bem ©eßtafjimmer beS ©roß» fürften.

Slber juerft mußten fie in baS ©djtafjimmer gotjan» na’S ein Bremen.

®ie grau fcfjraf aus bem ©djtafe auf, als bie ®otdße bereits über ifjrem $erjen fdjwebten.

„©rftiefe jeben ®on in beiner SBruft ! ®ein Saut!"

„3S3aS!" rief bie grau aus, „ber ißole greift jurn SReucßelmorbe? gnfamie!" Unb bamit fprang fie über baS anbere ®nbe beS SBetteS unb ftürjte hinüber in baS Bimmer itjreS ©aiten. ©ie fühlte eS gar nicht, baß ißr ein ®otchftich in ben Stücfen gebrungen War. ®ie %a- petentßüre, burdj Wetdfje fie fidj gerettet ßatte, »erfeßtoß fie eilig unb tief $u bem in tiefen ©djtaf oerfunfenen SSicefönig :

„©rwadje! man ßat uns Überfällen."

„SBaS! SJteudjetmörber?" rief ber SSicefönig unb griff ju feinen Sßaffen.

„Äeine SDteudjetmörber, " fpradj bie grau, it)re ®mpö=

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rung ftotj oerbergenb, „greißeitsßelben! $aS polnifcße 5ßotf ift aufgeftanben Wiber $icß! gliet»e!"

„SßaS? ®aö potnijc^e 9Sotf ift aufgeftanben? Unb $u, bie Softer ißolenS, ftettft SDicß nicßt neben ®ein Sott? ®u fdßüßeft micß? ©efcßeßen SBunber?"

„SRein ©atte icß liebe 2)icß! 3cß befreie 2)icß." 9Rit biefent $3 orte brüdte fie in ber ©de beS »JimmerS auf ein Scßtoß uub öffnete ben üerborgenen ©ang, burcß ben ber greife SrijfanowSlp ju ißr gefontmen War, unb oon bem lionftantin nichts wußte.

„@iten wir! biefe £reppe füßrt jur ©artentßüre!"

2)ie Xapetentßüre War mit ©ifen gefüttert, bie 3ln= greifer tonnten fie nidßt burdßbrecßen. 9lucß ^oßanna Warf rafdß einen Stnjug um unb oerßeimli<ßte, baß fie oerWutt» bet War.

<3ie faßte ißren ©atten an ber |>anb unb führte ißn eilig burcß ben ißr befannten ©ang biö jur jßüre beS unterirbifcßen ©artenwegeS.

(Sie waren gerettet; bocß nur für furje Beit.

9luS bem näßen SSarfdßau tönte baS ©eläute ber Sturmgloden ßerüber. $)ort triumpßirte ber Slufftanb bereits.

SSor ber SRauer ber Sa^ienfa trafen fie auf einen berittenen Ußlanen. ®er ©roßfürft rief ißn ßeran unb ließ ißn oom ißferbe fteigen. @r feßte fidß ßinauf unb 3oßanna in ben Sattel ßebenb, floß er weiter mit ißr.

Slber ber Ußlane beeilte fidß, bie gtudßt beS SßicefönigS ben Stufftänbifdßen mitjutßeilen, unb biefe feßten ißm nadß.

©ine Slbtßeilung Ußlanen erreichte bie glüdßtigen unter ben gorften oon Sjetogrob. gür ein ißferb war bie hoppelte Saft ju fcßwer.

®er güßrer ber Sdßaar War ÄrijfanoWSlß felbft.

211S fie ißren ©atten crreicßten, umfcßlang ißn goßanna.

„SRur über meinen Seib gelangt ißr ju bem feinigen. "

SfrijfanotoSfß ftedfte fein SdßWert in bie S(ßeibe.

,,©ut benn, eS fei! „deinem" ©atten tßue ÜRiemanb ein SeibeS! SDSir werben Äonftantin als Sdjußgeteite bie=

ttatt **

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Unb bie poImfc£)e Sfteiterfchaar jelbft begleitete ben flüchtigen Sßicefönig bis ju bem Saget, welches eben ju SriegSübungen üerfamntelt war.

2)er geinb fc^ü^te ben glücfjtigen!

Unb auch bet ©belmutf) wirft anftecfenb. Sticht immer, aber manchmal reifet er mit ficf) fort.

Äonftantin erfuhr erft im Säger, bah gotianna, in bcr Sertljeibigung feines Sebent, oerwunbet worben war. $ieS ergriff ihn mächtig.

Stur bie tiefe Störung machte eS begreiflich, bah ein ruffifcher ©rofjfürft, ein SSicefönig, ein getbherr fid} ju bcr monftröfen ©rojjmuth oerfteige, bafj er, in fein Säger ge= langt, ben in SriegSorbnung aufgeftellten iruppen fage : „3Ber ein Pole ift unb fein SSatertanb mehr liebt als mich, ber trete aus bem ©liebe unb gehe üon bannen!"

Unb mit gähnen unb Sßaffen entlieh er bie potnifdjen Stegimenter, bie unter feinem S3efeb»te ftanben, alle. Unb bann oerlieh er mit ben jurücfgebliebenen ruffifdjen $rup= pen baS polnifdje Sanb. @t führte fie in ihre £>eimat nach Stufjlanb.

konnte fotcE» ungeheure ©rohmuth üerjiefjen werben? StiemalS!

S'onftantin, als er mit feinem Säger in SQtinSf angc= langt War, ftarb plö^tid».

2Ber brachte ihn um?

Stiemanb anberer, als ber SJtann mit ben grü= nen Singen. Stur War eS bieSmal nicht ber oom Xfchatir ®agh, fonbern ber üon ben Ufern beS ©angeS bie © h 0 1 e t a.

©ie fagten auch, bah er begraben Würbe. ©ie fagten, bah fie feinen ©arg in bie ©ruft ber ®t. Petersburger Peter=paulfir<he ^irtabgelaffen hätten.

Stur bah baS SSotf es nidht glauben wollte.

®ie SßolfSfage erjählt, bah fie if)n gefangen nahmen unb auf bie „heiligen gnfetn" brachten.

gn einem ber folgenben galjre brach ein 95auernauf= ftanb aus, unb oon feinem gührer ging ber Stuf, bah es

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Sionftantin wäre. S)cr Slufftanb würbe, unterbrüdt, aber beS gütjrerS tonnte man nicht babbaft werben, bas Sott batte üjn *u gut »erborgen.

Unb aucf je|t noch glauben fie, baff gürft Äonftan^ tin lebe.

Sic lafjpifcben gifcber, Wenn ihre Ääbne in ben Sßädjten um baS ©oloWeSter Älofter berumftreifen, feben im ÜRonblidjte gar oft eine b°be greife ©eftalt auf ber ©aftei umberwanbetn. B^ei bewaffnete Sßacijen begleiten fie, unb Wie fie ihre gefalteten §änbe jum Fimmel erbebt, fdjeint fie ju beten. Sann ftäftem fie einanber ju, baff biefer rätbfetbofte ©efangene ber ^eiligen gnfetn ber »er= febwunbene Sonftantin fei. Unb bodj finb fc^on »ierjig gabre bariiber bingegangen.

* *

*

Ser ©djnee bebeeft weit umber bie ©egenb felbft bie Söege finb unfiebtbar. ©raueS, bleifdjWeteS girmament fpannt fic£) über ben 4?orijont. 8lßeS ift ftitt geworben.

Stber unter bem tiefen ©ebnee grünt au<b jefct no<b etwas fort, unb feine SBurjet wirb niemals »ergeben.

3«at : Steijeit. II.

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Infinit btü {uttUtn Baniifsr

XXII. Der D.eufet.

XXIII. Die ©ejc^ieEjte bom SRatwe mit bett grünen Slugen.

XXIV. ©ie finb jo nidjt .....

XXV. ®og unb Sftagog.

XXVI. Unter ben fßalmen.

XXVII. ißanacea.

XXVIII. DaS Sftautgefdjen!.

XXIX. grau ißotipljär.

XXX. SRutterfegen.

XXXI. DaS Dejtament.

XXXII. 9tid)t nur bie ®ugel trifft ba§ §erj.

XXXni. Die ©tunbe beS SRenbejbouS.

XXXIV. Das jerftücfte §erj.

XXXV. Slfc^e unb gunfen.

XXXVI. Daimona.

XXXVII. SRidjt nur baS «Keffer trifft in’S $erj. xxxvni. Die Dragitomöbie in ©rufino.

XXXIX. Der (Sremit.

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XL. älijjtöne.

XLI. SEßie raubt man bem ©atten baä Sßeib? XLII. 2lm gefte ber SWafinfa.

XLIÜ. Unter bem Kometen.

XLIY. Der SRann mit ben grünen Stugen.

XLY. Der §erotb.

XLY1. „Beatus ille . . .

XL VII. Der »erfudjer.

XLVIÜ. Die SRauS fpielt mit ber ßafce.

XLIX. Da§ ©egengift.

L. „Derevaski daloi!“

LI. Die namenlofe grau be§ namenlofen 9Ranne§.

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