Führerdurch Lüneburg #s> und Umgegend €€

Herausgegeben vom Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs in Lüneburg

Mit 32 Ansichten, sowie den Plänen cles Stadt- und Landkreises Lüneburg

Lüneburg 1905

Verlag von Herold & Wahlstab Inh.: Erich Fechner .

Verkehrswesen.

Eisenbahnen. Lüneburg (26,000 E.) hat zwei Bahnhöfe, beide im Osten der Stadt belegen. 1. für die Strecken Lüneburg- Hamburg, Lüneburg -Hannover, Lüneburg-Büchen-Lübeck. 2. für die Strecken Lüneburg-Wittenberge-Berlin, Lüneburg- Buchbolz-Bremen, bezw. Geestemünde.

Post. Das Hauptpost- und Telegraphenamt 1 befindet sich in- mitten der Stadt am Marienplatze, Ecke der Straßen Neue Sülze und Auf dem Meere. (Alle Schalter, außer Telegraph, von 1 bis 2 Uhr geschlossen.) Das Postamt 2, unmittelbar am Bahnhofe, ist nur werktags von 9 1 Uhr vormittags und von 3 8 L^hr nachmittags geöffnet, an Sonn- und Feiertagen bleibt es geschlossen.

Fernsprechstelle. Die öffentliche Fernsprechstelle befindet sich im Hauptpostamt am Marienplatze.

Droschken. Zu allen Hauptpersonenzügen halten Droschken am Bahnhofe (Besitzer E. Santelmann. Außerdem Hotel- wagen zu jedem Zuge am Bahnhofe. Mietswagen stellen ferner auf Bestellung die hiesigen Fuhrhalter.

Droschken-Tarif.

A. Zeitfahrten.

1) Für die erste Viertelstunde : 1 2 Personen 75 A), 3—4 Personen 1 Mi.

2) Für jede weitere angefangene Viertelstunde 25 a] mehr. Es ist zu bezahlen für die Zeit von der Inanspruch- nahme des Wagens bis zur Entlassung des Kutschers.

B. Fahrten nach der Provinzial - Heil- und Pflegeanstalt und dem Krankenhaus.

1) Nach der Provinzial -Heil- und Pflegeanstalt : 1 2

Personen 1 M. 25 /$, 3 4 Personen 1 M. 50 /$.

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2) Nach dem Krankenhause : 1 2 Personen 1 M., 3— 4 Personen 1 M>. 25 /$.

Werden die Fahrten nach der Heil- und Pflegeanstalt oder nach dem Krankenhanse auf Wunsch des Fahr- gastes durch Aufenthalt unterbrochen, so ist nach der Taxe unter A, mindestens aber der unter B festgesetzte Betrag zu bezahlen.

C. Besondere Bestimmungen.

1) Ein Kind unter 10 Jahren ist frei, zwei Kinder unter 10 Jahren gelten für einen Fahrgast, 3 oder 4 Kinder für 2 Fahrgäste.

2) Mehr als vier vollzahlende Personen brauchen nicht auf genommen zu werden.

3) Gewöhnliches Handgepäck, wozu auch Handkoffer nicht über 60 cm lang und 30 cm hoch gerechnet werden, ist frei. Für einen größeren Koffer oder ein ähnliches Gepäckstück sind je 20 /$ zu entrichten.

Personenposten fahren von Lüneburg nach Amelinghausen, Artlenburg, Neetze, Salzhausen. Fahrscheine im Haupt- postamt.

Zeitungen: Lüneburgsche Anzeigen, Am Sande 31. Lüne- burger Tageblatt, Auf dem Meere 23. Lüneburger Volks- blatt, Ritterstraße 46.

Aufenthalt.

Hotels. Hotel Deutsches Haus, Am Sande. Hotel Wellen- kamp, Am Sande. Hotel zur Hoffnung, Am Sande. Barks Hotel, Am Sande. Hotel zum Schießgraben, Im Schießgraben.

Gasthöfe. Zum weißen Roß, Am Sande. Zum Sandkrug, Am Sande. Zum Schütting, Am Sande. Lüneburger Hof, Am Sande. Zur Eisenbahn, Altenbrückertorstraße. Stadt Lübeck, Lünertorstraße. Herberge zur Heimat, Wallstraße4. Restaurationen. In der Nähe der Bahn: Clausens Garten Bellevue, bei den Kasernen. Am Sande: Lüneburger Hof. Zum Schütting. Lindemanns Restaurant und die Hotels und Gasthöfe. Ratsschänke, Am Markt. Kaulitz’ Gesell-

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schaftshaus, Schröderstraße. Kohlmanns Restaurant, Grapen gießerstraße. C. Maack, Apothekenstraße. Hansa-Saal, Am Bardowickertor. Meyers Garten. Mönchsgarten. Schützen haus.

Weinstuben. Ratsweinkeller, Am Markt, im Rathause, von Lösecke’s Weinstube, Am Stintmarkt F. Kröger, Schröderstraße.

Konditoreien (auch Caf6s> Rauno, Schröderstraße. Moeller, Gr. Bäckerstraße. Bergmann, Apothekenstraße. Dieckmann, Heiligengeiststraße. Wienecke, Am Sande.

Alkoholfreie Restaurants. Lindemann, An den Brodbänken 5 und die öffentliche Lesehalle, Auf der Altstadt 50.

Kaffee- und Biergärten nahe vor der Stadt. Clausens Garten, mit großem Saal, heim Bahnhofe. Altenbrücker Ziegelhof, jenseit der Bahnhöfe. Meyers Garten, mit großem Saal, und Mönchsgarten, westlich vor der Stadt. Hai vensleben, bei den Badeanstalten.

Badeanstalten. Flußbäder: Halvensleben und Koop (für Herren), Volksbadeanstalt (für Damen), Wannenbäder: Volksbadeanstalt, Solbadeanstalt.

Stadttheater. Schau- und Lustspiel: Saison vom 1. Oktober bis Mitte März. Oper: Monatsoper vom 3. Osterfeier- tage an. Auch zu Konzerten und Vorträgen. Schröder straße (Kaulitz’ Gesellschaftsbaus).

Kaiser-Panorama, Neue Sülze 9. Täglich geöffnet mit Aus- nahme der Monate Juni und Juli).

Hauptsehenswürdigkeiten Rathaus wegen Besichtigung wende man sich an Stadthausvogt Lichte, Wohnung an der südwestlichen Seite des Rathauses, beim Marienplatze . Museum (Altertümer und naturwissenschaftliche Sammlung . St. Johanniskirche. St. Nikolaikirche. St. Michaeliskirche, mit sehenswerter Krypta (Unterkirche . Viskulenhof und Kran. Kalkberg. Saline. Provinzial -Heil- und Pflege- anstalt (ausführliches über die einzelnen Punkte ist im »Rundgang« nachzulesen).

Ausflüge in die nächste Umgebung, Stadtpark am Bockeis- berge. Restaurationsgarten Zum Ilmenaugarten. Wilschen brook. Roteschleuse (Omnibusverbindung Tiergarten (eventl. auch Bahn bis Station Deutsch-Evern Hasenburg. Zum grünen Jäger. Kaltenmoor. Böhmsholz. Klosterkrug in Lüne.

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Geschichte der Stadt Lüneburg

von

W. Görges.

Die Stadt Lüneburg ist ans zwei Ansiedelungen zusammengewachsen, von denen die eine an der Sülze und am Kalkberge, die andere, in alter Zeit Modestorp genannt,, an der Ilmenau lag.

Die erstere ist älter; die Straße, welche die Sülze mit dem Kalkberge verbindet, die Salzbrückerstraße, nach einer Brücke genannt, die einen zwischen Sülze und Kalkberg fließenden Bach überschritt, ist vermutlich die älteste der Stadt. Vor der Sülze, »bei den Steinen« , lag der älteste Marktplatz Lüneburgs, wo das Salz verkauft, Salzgüter auf- gelassen und bei der Sülze entstandene Streitigkeiten geschlichtet wurden; auch in dem Namen »Altstadt« für die am Fuß des Kalkbergs liegende Straße hat sich die Erinnerung an des höhere Alter dieses Stadtteils erhalten.

Die Entstehung der Sülze läßt sich nicht nach weisen. Aber die natürlichen sehr ergiebigen Solquellen mit ihrem reichen Salzgehalt konnten selbst in den ältesten Zeiten kaum verborgen bleiben, da das Salz damals ebenso Lebensbedürfnis war wie jetzt; und die uralten Namen der früheren 54 Siede- häuser weisen auf Geschlechter hin, an die nur noch Orts- namen der Umgegend erinnern, ja die zwei Häuser, welche der bedeutendsten Solquelle zunächst lagen und besondere Vorrechte besaßen Bernding und Eying , trugen Namen,

welche eine auffallende Verwandtschaft init denen alter lange bardischer Fürsten zeigen.

In unmittelbarer Nähe der Sülze war der Kalkberg eine natürliche Grenzfestung gegen die in alter Zeit bis nab* an die Ilmenau wohnenden Wenden.

Auch Modestorp hatte schon früh Bedeutung. An einer Stelle, wo sandige Höhen von beiden Seiten an die Ilmenau heran treten und einen bequemen Übergang gestatten, lag di* »alte Brücke«, über die der Verkehr von der Sülze nach Osten ging. An dieser Brücke war ein altes Goh-Gericht Goh be deutet den Teil eines Gaues; , und in Modestorp war ein Archidiakonat des Bistums Verden mit einer Kirche Johannes des Täufers. Da die Archidiakonen an der Spitze der Kreise standen, in die das Bistum zerfiel, so beweist das Vorhandensein eines solchen in Modestorp ebenso wie das Bestehen der Gerichtsstätte, daß es ein wichtiger < >rt im Gau war.

Bei einem Zuge, den Karl der Große ins Sachsen land machte, wird Hliuni erwähnt, und damit ist wahr scheinlich das spätere Lüneburg gemeint. Im Jahre 951 erscheint Hermann Billung als Besitzer des Kalkbergs. Er erbaut auf demselben ein Benediktinerkloster und weihte es dem Erzengel Michael, dem besonderen Beschützer der katholischen Kirche. Wenige Jahre später 956 erhielt das Kloster von König Otto I. den Salzzoll zu Lüneburg, und hei dieser Gelegenheit wird der Name Lüneburg zuerst ge nannt. In der nächsten Zeit wird es immer häufiger erwalmt. und dabei gewöhnlich eine Burg, bisweilen auch schon eine Stadt genannt. Heinrich IV. benutzte es als Stützpunkt in seinen Kämpfen gegen die Sachsen; bei dieser Gelegen heit wird die Burg von den Sachsen eingenommen, und die gefangenen Ritter Heinrichs werden in der Stadt in Go wahrsam gehalten. Kaiser Lothar hielt sich zweimal in Lüneburg auf, und als nach seinem Tode der Kampf zwischen Staufern und Welfen ausbrach, eroberte Albrecht die Burg. Nach hergestelltem Frieden war Lüneburg Besitze Heinrichs des Löwen, und dieser, im ( zu Friedrich Rotbart ein Beschützer der Sti derte seine Entwicklung. So ließ er zu Gunsten burger Sülze die in Oldesloe entdeckte Solquelle verschütten.

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Nach der Ächtung Heinrichs des Löwen wurde Lüne- burg 1180 vom Kaiser belagert und fiel in seine Hand; es blieb aber als Allod der welfischen Familie auch nach der Zerstückelung Sachsens im Besitze Heinrichs.

Besonders wichtig für Lüneburg wmrde die Zerstörung Bardowiks durch Heinrich den Löwen am 28. Oktober 1189. Der Handel, den Bardowik bisher gehabt hatte, ging nun auf Lüneburg über.

Die Elbe war damals noch nicht eingedeicht, und die Elbmarschen waren deshalb unpassierbar. Stellen, an denen man die Elbe jederzeit überschreiten konnte, gab es unterhalb des jetzigen Hamburg keine einzige, und weiter oberhalb nur wenige, besonders Artlenburg und Darchau. An diesen Stellen kreuzte der Verkehr die Elbe, und diese Straßen laufen bei Bardowik und ebenso bei Lüneburg zusammen. Für die Schiffahrt war die mittlere und obere Elbe an ihren Ufern wenig geeignet. Der Handel benutzte daher die leichter zugängliche Ilmenau. Bei Bardowik, später bei Lüneburg schloß sich an die Schiffahrt der Landtransport. Auf diesen in der damaligen Natur des Landes begründeten Verhält- nissen beruhte die Bedeutung, welche zuerst Bardowik, und nach dessen Zerstörung das nahe gelegene Lüneburg für den Handel bekamen.

Durch die aus der zerstörten Nachbarstadt zu- wandernden neuen Bürger vergrößerte sich die Stadt. Das bis ins 12. Jahrhundert unbewohnte Gebiet zwischen der Altstadt und dem Bardowikertore wurde bebaut. Dort entstand der »neue Markt«, der jetzige Markt und Ochsenmarkt, dort begann man im Anfang des 13. Jahrhunderts das Rathaus zu bauen. Ebenso siedelten sich auf einem bis dahin wüsten Platze, dem »Gosebrink«, Franziskaner bald nach der Stiftung ihres Ordens an und erbauten das Marienkloster (1233). Zugleich wurden Stadtmauern statt der alten Plankenein- fassung errichtet.

Dieser Aufschwung der Stadt beförderte die Ent- wicklung der Sülze. Ursprünglich war der Herzog im Besitz der Sülze gewesen und hatte dort die Hoheitsrechte aus- geübt. Allmählich aber gingen die Einkünfte der Sülze durch Schenkung, Verkauf oder Belehnung in andere Hände, be- sonders die der benachbarten Kirchen und Klöster über. In

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einer Zeit, wo die Kirche das Zinsnehmen verbot gab es wenig Gelegenheit, Geld sicher und nutzbringend anzulegen. Der Erwerb von Sülzgütern war nun eine der besten Gelegen- heiten. Die Kirche gab auch nicht leicht wueder heraus, was sie einmal an sich gebracht, und so kam es, daß all- mählich kirchliche Anstalten später kurz Prälaten ge- nannt — Eigentümer der Sülze wurden. Bald erwarben sie auch die Hoheitsrechte, die bisher der Herzog gehabt hatte. So bekamen sie 1228 die Erlaubnis, einen Sood meister zur Aufsicht über den Betrieb zu wählen, und 1209 wurde ihnen die Bare verkauft, d. h. das Gebäude, in denen die bleiernen Pfannen gegossen wurden, und das damit ver bundene Recht der Polizeiaufsicht über die Sülze.

Jedoch konnten diese Besitzer der Sülze, die weit verstreut lebten, den Betrieb nicht selbst leiten. Sie ver- pachteten daher die Besiedung an Einwohner Lüneburgs. Ursprünglich erhielten die Eigentümer diese Pacht in Salz ausgeliefert, bald aber trat mit der fortschreitenden Ein führung der Geldwirtschaft Geld an diese Stelle, und zwar bildete sich der Brauch aus, daß den Eigentümern die Hälfte des Ertrages geliefert wurde. Von jeder der vier Pfannen in den 54 Siedehäusern berechnete man diese Hälfte des jährlichen Ertrages auf 429 Centner. Den Marktpreis dafür erhielten die Eigentümer. Die Pächter besorgten für die andere Hälfte die Arbeit, beschafften die Feuerung und sorgten für die Gerätschaften. Außerdem gehörte den Pächtern, was sie mehr produzieren konnten, und da man später den Ertrag der Pfanne auf 1250 Centner berechnete, so war der Gewinn bedeutend. Diese Pacht war also

ein einträgliches Geschäft, und bald bildeten die Pächter einen hervorragenden Stand in Lüneburg den der Sülfmeister.

Den Betrieb auf der Sülze darf man nicht mit dem Maßstabe der heutigen Zeit messen; für die damalige Zeit war er so großartig, daß wenige Städte etwas Ähnliches aufzuweisen hatten.

Die Sülze brachte dazu den Einwohnern Lüneburgs viel Nebenverdienst. Viele Fuhrleute und Schiffer wurden beschäftigt, das Salz fortzuschaffen, und die gewaltigen Massen von Holz herbeizuführen, womit geheizt wurde. Es

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entwickelte sich auch ein besonderes Gewerbe zur Anfertigung' dei Tonnen, in denen das Salz verschickt wurde.

Durch diesen Betrieb und den sich mehr und mehr entwickelnden Handel besonders wichtig war der Handel mit Heringen gelangte die Stadt rasch zu Wohlstand. Wie anderen Städten Deutschlands, gelang es auch der Stadt Lüneburg durch ihre Geldmittel, sich Freiheiten und Hoheits- rechte von den Herzogen zu erwerben. Schon um 1200 werden Ratsherren erwähnt; 1247 erhält die Stadt von Otto dem Kinde ein Privilegium, in dem ihr die persön- liche Freiheit der Einwohner uud Freiheit von gewissen Abgaben gewährt wird. Auch in benachbarten Landschaften erlangte Lüneburg besondere Rechte: Freiheit von Zöllen und Vorrechte für den Salzhandel.

Das Interesse am Schutze des Handels und am Gewinne neuer Vorrechte hatte es mit den benachbarten Städten gemeinsam; es schloß mit ihnen Verträge und bald war Lüneburg eine der wichtigsten unter den Hansastädten und beteiligte sich an den gemeinsamen Unternehmungen der Hansa, z. B. an den Kriegen gegen den Dänenkönig Waldemar IV. (1361-1370).

Wie in allen deutschen Städten war auch in Lüne- burg die Leitung der Angelegenheiten in die Hand weniger Geschlechter gekommen, derselben, aus denen auch die Sülfmeister hervorgingen. Diese bildeten ausschließlich den Rat der Stadt. Zuerst standen sie mit den Landesherren in gutem Einvernehmen. Als aber überall in Deutschland bei der fortwährend zunehmenden Macht der Städte der Gegensatz der städtischen und fürstlichen Interessen immer mehr hervortrat, und zu dem Versuche der Fürsten führte, diese aufstrebende, ihnen gefährliche Macht niederzuwerfen, und als so gegen Ende des 14. Jahrhunderts überall Kriege zwischen den Fürsten und Städten ausbrachen, blieben solche Kämpfe auch Lüneburg nicht erspart. Hier wurde dieser Zusammenstoß durch Erbstreitigkeiten im herzoglichen Hause veranlaßt.

Von den beiden Linien, in die sich das weltische Haus nach dem Tode Otto’s des Kindes (1252) gespalten hatte, erlosch die jüngere, die Lüneburger, mit dem Herzoge Wil- helm im Mannsstamme (1369). Herzog Wilhelm hinterließ

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bloß Töchter, von denen die älteste mit dem Herzoge Otto von Sachsen- Wittenberg verheiratet war. Es handelte sich nun darum, ob der Sohn derselben, Al brecht, oder das Haupt der älteren Linie, Magnus Torquatus von Braunschweig im Herzogtum Lüneburg erben sollte. Von dem Herzog Wilhelm war zuerst Al brecht begünstigt, dann aber Magnus als Mitregent und Erbe angenommen.

Herzog Wilhelm hatte bis zu seinem Tode der Stadt Lüneburg gegenüber eine wohlwollende Haltung beobachtet, und ihr gegen Bezahlung seiner Schulden und andere Leistungen wichtige Rechte verliehen. Dadurch hatte die wichtigste Stadt seines Landes fast vollständige Selbständig- keit gewonnen. An wichtigeren Rechten besaß der Herzog nur noch den Sülzzoll der acht Pfennige vom Wispel ein- trug — , eine (schon verpfändete) jährliche Bede (für Lehns- dienste eingetretene Steuer), einen in der Bäckerstraße er- hobenen Zoll, die (an die Stadt schon verpfändete) Vogtei und den Vorsitz des Gerichts bei den Steinen (S. 6).

Als nun Magnus bald nach seinem Regierungsantritt von der Stadt verlangte, sie solle, damit er 60 in einer Fehde gegen den Herzog von Mecklenburg gefangene Ritter auslösen könne, ihm das Sülzgut der mecklenburgischen Prälaten ausliefern , und die Stadt sich dessen weigerte, ging er mit Gewaltmaßregeln gegen die Stadt vor, zwang sie zu bedeutenden Zahlungen, ließ sich die Schlüssel zu den Toren ausliefern, besetzte die Türme auf den Stadt- mauern und legte eine starke Besatzung in die Burg.

Mittlerweile hatte der Kaiser Karl IV. die Herzoge von Wittenberg, Alb recht, und dessen Oheime Rudolf und Wenzel mit Lüneburg belehnt. Als diese der Stadt die größten Zugeständnisse machten, ihr z. B. den Kalkberg schenkten und die Zerstörung der Burg gestatteten, fiel Lüneburg zu ihnen ab und sagte dem Herzog Magnus, der sich damals in Celle befand, Fehde an. Die Bürger bemächtigten sich durch Überfall der Burg, und Herzog Albrecbt, der schon in der Nähe war, hielt am folgenden Tage (2. Februar 1371) seinen Einzug in die Stadt. Die Burg auf dem Kalkberge wurde zerstört, das Michaeliskloster auf dem Kalkberge abgebrochen, und den Benediktinern ein anderer, nahe gelegener Platz, »de hole Eke«, innerhalb der

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Stadtmauer angewiesen, wo 1376 der Bau des neuen Klosters oegonnen wurde.

Den jetzt ausbrechenden Kampf mit Herzog Magnus beendete bald ein Waffenstillstand; während desselben suchte Magnus durch nächtlichen Überfall von etwa 600 Bewaffneten sich der Stadt zu bemächtigen. Es gelang auch den Angreifern, in die Stadt bis auf den Markt vor- zudringen. Dann aber wurden sie von den Bürgern, die sich gesammelt hatten, in heißem Kampfe überwältigt. Was nicht fiel, wurde gefangen. Auch viele Bürger fanden ihren Tod, darunter zwei Bürgermeister.

Diese Kämpfe, besonders der nächtliche Überfall in der Nacht auf den 22. Oktober 1371, der Ursula- Nacht, galten den späteren Geschlechtern als der Glanzpunkt der lüneburgischen Geschichte, und noch lange nach der Refor- mation wurde dieser Sieg über den Herzog kirchlich gefeiert. Und so ist diese Zeit auch mit vielen kleinen Zügen und Sagen ausgeschmückt.

Es ist eine Erzählung von dramatischer Kraft, wenn berichtet wird, wTie der Herzog den Absagebrief beim Mittags- mahle erhielt, und eiligst einen Knecht absandte, um die Besatzung der Burg zu warnen. Dieser langt beim Morgen- grauen vor der Burg an und ruft mit lauter Stimme den Wächtern zu: »Ich soll euch Botschaft bringen, euch zu hüten vor den Lüneburgern ; sie führen nichts Gutes im Sinne.« Aber spöttische Rufe der Lüneburger waren die Antwort. Da wandte der Bote sein Roß mit dem Klageruf: >0 weh! Verloren ist die Krone des Landes Lüneburg Und aus der Ursula-Nacht weiß die Sage von einem streitbaren Bäcker zu erzählen, der 22 der eingedrungenen Feinde er- schlagen.

Magnus setzte trotz der Niederlage den Kampf fort. Als er aber in dem Treffen von Leveste (1373) gefallen war, kam es zu einem Vergleiche, nach welchem die Herrschaft über Lüneburg zwischen den beiden Häusern wechseln, zu- nächst aber die Wittenberger die Regierung übernehmen sollten. Doch schon nach wenigen Jahren nahm Magnus’ jüngster Sohn Heinrich den Kampf wieder auf, besiegte die Streit- kräfte der Wittenberger und der Stadt Lüneburg bei Winsen a. d. Aller (1388) und entschied dadurch den Kampf zu Gunsten

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der Braunschweiger Linie. Jedoch behauptete die Stadt ihre fast unabhängige Stellung den Herzogen gegenüber.

Die Söhne des Herzogs Magnus, Bernhard und Heinrich, die Lüneburg gemeinsam regierten, sahen sich sogar genötigt, in dem Vertrage vom 20. September 1392 ihre Zustimmung zu der »Säte« zu geben, in welcher die Herzoge und die Stände sich gegenseitig die Beobachtung des Landfriedens verbürgten, und die Aufsicht darüber einem Ausschuß aus der Ritterschaft und den Städten übertragen wurde. In dieser Säte lag eine so starke Beschränkung der fürstlichen Gewalt, daß schon nach kurzer Zeit die Herzoge sich dieses Vertrages wieder zu entledigen suchten. Darüber kam es zu neuen, erbitterten Kämpfen, bei denen Lüneburg von Hamburg und Lübeck unterstützt wurde. Der Kampf endete 1397, ohne daß es den Herzogen geglückt wäre, die der Stadt verliehenen Rechte wieder an sich zu reißen. Von diesen war besonders wichtig das 1392 verliehene »Straßen- zwangsrecht, dem zufolge in weitem Umkreise die Waren ihren Weg über Lüneburg nehmen mußten, und jede andere Straße verboten war. Dazu gewann Lüneburg das Stapel- recht, nach welchem die ankommenden Waren vor dem Weitertransport zum Verkauf ausgeboten werden mußten und dadurch zu einem Aufenthalte gezwungen wurden.

Auch der Kirche gegenüber bewies der Rat seine Selbständigkeit. Es war damals allgemein das Streben der Städte, neben den bisher allein vorhandenen Klosterschulen solche Schulen zu gründen, die unter städtischer Aufsicht den Zwecken der städtischen Bevölkerung besser entsprächen. Freilich mußte man zu Lehrern Geistliche oder Ordensleute berufen, weil es in anderen Kreisen noch keine geeigneten Lehrer gab. Bisher hatte das Michaeliskloster das alleinige Recht, in Lüneburg eine Schule zu halten. Der Rat ver- anlaßte nun die Prämonstratenser in Heiligenthal, ihr Kloster in die Stadt zu verlegen (1383) und eine neue Schule unter Aufsicht des Rates ins Leben zu rufen. Trotz des heftigen Widerstandes des Michaelisklosters, und obwohl die Herzoge und sogar der Papst dessen Partei ergriffen, setzte der Rat seinen Willen durch. Am 18. April 1402 räumte das Michaeliskloster dem Rate das Recht ein, diese Schule zu halten, in der wir den Anfang des noch jetzt

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bestehenden Johanneums zu sehen haben: Einige Jahre

später (1406) gewann der Kat das Patronat über die St. Johanniskirche.

Lüneburg bietet in dieser Zeit das Bild eines Gemein- wesens, das unter dem kräftigen und sein Ziel fest im Auge behaltenden Eate nach allen Seiten seine Unabhängigkeit sichert und seine Eechte erweitert, sei es mit Gewalt, sei es durch Verhandlungen und kluge und rechtzeitige Verwendung seiner reichen Mittel. Der Turm, den die Lüneburger auf dem jetzt ihnen gehörenden Kalkberge erbauten, zeigte weit- hin den stolzen und trotzigen Sinn seiner Bewohner.

Aber die Kämpfe, die die Stadt auszufechten gehabt hatte, sowie der Erwerb von Privilegien und sonstige Maß- regeln zum Schutze des Handels hatten die Stadt mit Schulden belastet. Nach dem Erbfolgestreit und nach dem Kampfe über die Säte hatte daher der Eat unter Berufung darauf, daß die Ausgaben im Interesse der Freiheit der Sülze und zur Sicherung des Salzhandels gemacht seien, die Hülfe der Sülzbegüterten in Anspruch genommen. Diese hatten auch Beihülfen bewilligt. Aber die Forderungen des Eates wiederholten sich. Während des Krieges, den die Hansa seit 1423 mit Erich von Dänemark führte, bewilligten die Sülzbegüterten dauernd den vierten Pfennig, d. h. 25 % ihres Einkommens. Dies brachte eine jährliche Einnahme von 22 000 Mark (nach heutigem Geldwerte etwa 250 000 Mark). Da aber bald die städtische Schuld auf 500 000 Mark anwuchs (nach heutigem Geldwerte fast 6 Millionen Mark), so reichte die Beisteuer nicht einmal, die Zinsen der Schuld zu bezahlen; denn der Zinsfuß überstieg in der Eegel damals 7 °/o. So verlangte der Eat von den Sülzbegüterten, den »Prälaten«, die Hälfte ihrer jährlichen Einkünfte, zunächst auf vier Jahre. Obgleich ein Teil der Prälaten selbst diese hohe Forderung bewilligen wollte, ging sie doch den meisten zu weit, und so brachte es der Propst von Lüne, S c h a p e r , dahin, daß die Forderung abgelehnt wurde, und da andererseits Vermittelungsvorschläge als nicht ausreichend vom Eate verworfen wurden, wandten sich die Prälaten, die »Pieter-Prälaten«, wie sie spottweise in Lüneburg genannt wurden, an den Papst und an den Kaiser. Der Kat blieb bei seiner Forderung, und so wurde er 1450

vom Papste gebannt, und 1454 von dem Kaiser in die Acht getan. Unbekümmert darum zog der Rat jetzt die Sülz güter ein.

Doch blieb der Bann und das Aufhören der kirchlichen Handlungen in der Stadt nicht ohne Wirkung auf die Bürgerschaft. Eine dem Rate feindliche Partei bekam die Oberhand und setzte einen Ausschuß von 60 Bürgern ein, an deren Spitze Sengstake und der herzogliche Zöllner Dalenborg standen. Diese zwangen den Rat, ihr Amt

niederzulegen (1454), und warfen trotz des gegebenen Ver Sprechens die vier Bürgermeister und mehrere Ratsherren ins Gefängnis. Der Bürgermeister Springint gut, der in einem am Gralwalle neu erbauten und nach seinem Namen später benannten Turme gefangen saß, starb darin infolge schlechter Behandlung.

Der neue Rat war eingesetzt, um ein besseres Ver- hältnis mit den Prälaten anzubahnen und die Stadt von dem Kirchenbanne zu befreien. Dies war nur möglich, wenn den Prälaten zu Ungunsten der Stadt Zugeständnisse gemacht wurden. Die Stimmung mußte Umschlagen, sobald der Bürgerschaft diese Sachlage klar wurde, und die Ein- sicht, daß nicht der neue Rat, wohl aber der alte Rath den Vorteil der Stadt wahrgenommen hatte, kam bald. Schon gegen Ende des Jahres 1456 wurde der Sechziger Ausschuß aufgelöst und der alte Rat wieder eingesetzt. Die Häupter der aufständischen Bewegung wurden zur Ver antwortung gezogen, und zwei derselben, Ulrich Sch aper, der Bruder des Lüner Propstes, und Hans Dalenborg wurden 1458 auf dem Markte hingerichtet.

Trotzdem nun von neuem Bann und Acht über die Stadt verhängt wurden, setzte der Rat seinen Willen gegen die Prälaten durch. Ein Schiedsgericht bestimmte 1462, daß die Prälaten auf 10 Jahre die Hälfte ihrer Einkünfte abgeben sollten, und 1472 sahen sich die Prälaten genötigt, diese Last dauernd auf sich zu nehmen, und zwar in der Form, daß sie entweder von jeder der 216 Pfannen 900 Mark und von jedem »Chore«*) gewonnenen Salzes 450 Mark ein für

:!i) Zur Erklärung und zugleich als kleine Probe der verwickelten Rechnung bei der Sülze diene Folgendes: Jedes der 54 Siedehäuser hatte auf ein gewisses Quantum Sole An sprucli. Diese Sole ergab für jede Pfanne jährlich 6 Chore (zu

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allemal bezahlten, oder dieses Geld verzinsten. Darauf beruht noch heutigen Tages der Unterschied zwischen freien und unfreien Choren. Von letzteren müssen noch jetzt die Zinsen für die damals den Prälaten auferlegten städtischen Schulden an die Stadtkasse gezahlt werden.

So mußten die Prälaten eine Schuldenlast von nicht weniger als 560000 Mark nach heutigem Geldwerte über 6 Millionen Mark übernehmen und verzinsen oder das Kapital bar an die Stadt auszahlen. Es ist begreiflich, daß dieser Ausgang des »Prälatenkrieges« großes Aufsehen machte. Der Kat hatte gegen die oberste geistliche und weltliche Macht und zugleich gegen die aufrührerische Be- wegung im Innern seine Stellung behauptet. Die gehobene Stimmung, in der sich damals die Geschlechter befanden und der aus ihnen hervorgegangene Rat, fand ihren Aus- druck in der Stiftung der Theodori-Gilde (1460), in der die angesehensten Glieder der Patrizierfamilien sich zu Gottes- dienst und zu Vergnügungen, aber auch zu gegenseitiger Unter- stützung zusammenfanden.

Während des Prälatenkrieges hatte der damalige Landes- herr, der schwache Friedrich der Fromme, wenig Ein- fluß geübt. Aber unter dessen Nachfolger, Heinrich dem Mittleren, erstarkte das Landesfürstentum, und machte nachdrücklich die allgemeinen Landesinteressen dem ein- seitigen städtischen Interesse gegenüber geltend. Wiederholt brachen Streitigkeiten zwischen dem Landesherrn und der Stadt aus, und diese nahmen stets denselben Verlauf. Es kommt jedesmal zu einem Vergleiche und in diesem bestätigt

13 Wispeln) Salz, für jedes Haus also, da das Haus 4 Pfannen enthielt, 24 Chore. Von diesen 24 Choren erhielten die Pfannenbesitzer, nachdem die Besiedung an die Sülfmeister übergegangen war, die Hälfte, also 12 Chore. Außerdem mußte jedes Haus dafür, daß der Herzog Johann 1273 auf die Ausnutzung der Solquellen auf der »Neuen Sülze« verzichtete, 3 Chore an den Pierzog abgeben. Diese 3 Chore waren später auch in den Besitz der Prälaten gelangt. Jedes Siedehaus gab also von seinen 24 Choren gewonnen aus der Sole, auf die es Anspruch hatte 15 Chore an die Prälaten. 9 Chore und außerdem den Ertrag von der Sole, die gegen bestimmte Abgaben zu bekommen war, behielten die Sülfmeister. Von 54 Häusern erhielten also die Prälaten 810 Chore.

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der Herzog die Rechte der Stadt, aber nur gegen bedeutende Geldzahlungen. Man könnte sagen: die Stadt behauptete ihre Selbständigkeit und ihre Steuerfreiheit; dafür wurde von Zeit zu Zeit eine ansehnliche außerordentliche Steuer von ihr erhoben.

Heinrich der Mittlere regierte noch, als die Bewegungen der Reformation begannen. Er war ein Gegner derselben. Aber infolge seiner offenen Parteinahme für

Franz I. während der Hildesheimer Stiftsfehde und bei der Kaiserwahl 1519 sah er sich genötigt, 1521 zu Gunsten seiner Söhne die Regierung niederzulegen, von denen Ernst bald der alleinige Regent wurde. Dieser war ein Freund der Reformation; jedoch die traurige Finanzlage, in die das Land durch die Hildesheimer Stiftsfehde gekommen war, hinderte ihn bei seinem Vorgehen, weckte aber in ihm den Wunsch, die reichen geistlichen Güter in seinem Lande unter seine Verwaltung zu bringen.

Der Lüneburger Rat hatte allen Grund, den kirch- lichen Neuerungen in der Stadt zu wehren. Nicht bloß, daß die Gechlechter durch den Zusammenbruch der vielen kirchlichen Gilden und Brüderschaften in dem Genuß eines reichen Einkommens bedroht wurden, sie fürchteten auch die mit der Reformation anfangs verbundene demokratische Bewegung, und hegten die Besorgnis, der Herzog könnte die kirchlichen Neuerungen benutzen, um die Macht der Ge- schlechter in der Stadt zu brechen.

Diesen Verlauf schien auch anfangs die Reformation in Lüneburg nehmen zu sollen. Herzog Ernst der Bekenner trat 1526 zum evangelischen Glauben über, und förderte nun die Reformation nachdrücklich. Gleichzeitig erstarkte die evangelische Partei unter den Bürgern Lüne- burgs, die immer lauter und dringender Abstellung der Miß- stände in der Kirche verlangten. Der Rat suchte diesen Angriffen, und besonders dem Besuch der evangelischen Gottesdienste, die der Herzog in Lüne und Bardowik ein- gerichtet hatte, dadurch entgegen zu wirken, daß er einen gewandten Kanzelredner, der der alten Kirche an hing, in der Person des Augustin von Getelen berief. Trotzdem wuchs die Erregung in der Stadt immer mehr. Der katholische Gottesdienst wurde wiederholt durch das Anstimmen

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Lutherseber Kirchenlieder unterbrochen, in der Fastenzeit 1530 wurde der Rat öffentlich durch einen Mummenschanz der Schneidergesellen verhöhnt, die in feierlichem Zuge in geistlichen Gewändern alte Knochen aus der Abdeckerei durch die Bäckerstraße trugen, und es trat, um die Sache der Reformation zu führen, ein Ausschuß von 100 Bürgern zusammen, der dem Rate sehr unangenehme Erinnerungen an den Sechziger- Ausschuß im Prälatenkriege weckte.

So säumte der Rat nicht länger, lieber selbst die Reformation in der Hand zu nehmen, als dem Herzoge Gelegenheit zu geben, durch Benutzung der Uneinigkeit in der Stadt die Selbständigkeit der Stadt zu vernichten, und berief Stephan Kempe zur Aufrichtung einer neuen Ordnung. Dieser fand aber doch noch so viel versteckten Widerstand, daß er erzürnt die Stadt verließ, und nun wandte sich der Rat an den schwäbischen Hofprediger des Herzogs Urbanus Rhegius, der auch dem Rufe folgte und während eines zweimaligen Aufenthalts (1531 1533) das zweite Mal als Superintendent eine neue kirchliche Ordnung durchführte. Das Vermögen der vielen geistlichen Stiftungen wurde eingezogen und meistens zu milden Zwecken verwandt. Zugleich wurde auch die städtische Schule

reformiert, und ein Freund Luthers, Hermann Tulich, ein hervorragender Schulmann, als erster Rektor der Johannis- schule berufen, unter dessen Leitung die Schule bald auf blühte und eine der bedeutendsten im nordwestlichen Deutschland wurde.

Am längsten widerstand in Lüneburg das fast selbständige Michaeliskloster der Reformation. Der Abt Boldewin v. Mahrenholz lehnte jede Neuerung ab. Er konnte aber doch das Eindringen des neuen Geistes nicht hindern. Noch am Michaelisfeste 1532 hatte er den Evan- gelischen zum Trotz in voller Pracht die Messe vor der »goldenen Tafel« celebriert, und im Dezember mußte er, als er durch eine Seitenpforte die Kirche betrat, sehen, daß der Prior Herbord v. Holle mit mehreren Mönchen das Abendmahl nach Lutherschem Ritus feierte. In heftigem Zorne schleuderte er die Schlüssel weit fort und stürzte aus der Kirche; in wenigen Tagen hatten ihn Aufregung und Aerger getötet, Sein Nachfolger wurde Herbord v. Holle, und diesem

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gelang es, unter geschickter Benutzung des Zwistes zwischen dem Herzoge und der Stadt, die beide sich des reichen Klosters bemächtigen wollten, dessen Selbständigkeit zu behaupten, und nach dem für die Protestanten unglücklichen Ausgange des Schmalkaldenschen Krieges erreichte er 1548, daß das Kloster in den Besitz seiner Güter und Rechte wieder eintrat und als evangelisches Stift bestehen blieb. Erst 1655 wurde es in eine für die Söhne des Lüneburgischen Adels bestimmte Ritterschule (später »Ritterakademie« ver- wandelt, behielt aber selbständige Vermögensverwaltung unter dem bisherigen Abt, der die Stelle des ersten Landstandes im Fürstentum Lüneburg einnahm. Es blieb bei dem Kloster auch die schola externa als Michaelisschule bestehen, eine Schule, die bis zu ihrer Aufhebung 1819 mit der städtischen Johanisschule, oft unter bitterer Feindschaft der Lehrer und Schüler, einen regen Wettkampf bestand. Beide Schulen wurden von weit her besucht, besonders auch von ärmeren Schülern, die alspaedagogi in den Häusern der Patrizier in einer Zwitterstellung zwischen Hauslehrern und Kindermädchen, oder als Mitglieder des Singechors durch Singen auf den Straßen oder bei Festlichkeiten, sich ihren Unterhalt verdienten.

Her Rat hatte in der Reformationszeit im wesentlichen seine alte Stellung behauptet, ja er hatte durch die Gewalt, die er über Kirche und Schule erhielt, seine Macht noch ausgedehnt. Er gelang ihm auch, die von dem Herzoge schon lange verpfändete ^ ogtei, und damit die Gerichtshoheit, end- gültig zu erwerben. Es ließ nun durch den Stadtsyndikus Husanus das Stadtrecht ausarbeiten (1583; und schuf damit für die Rechtsprechung in Lüneburg in den beiden städtischen Gerichten, dem Obergericht und Niedergericht, eine feste Grundlage.

Lüneburg war damals eine der reichsten Städte im nördlichen Deutschland. Statt der alten Häuser aus Fachwerk wurden steinerne Gebäude aufgeführt; das Rathaus wurde im Innern ausgeschmückt, und, wenn auch die Heide auf allen Seiten bis an die Wälle der Stadt heran reichte, so lagen doch außerhalb der Stadt innerhalb der Landwehr eine Menge von Gärten und Gehöften, die den Patriziern als Sommersitze dienten Es ist ein farbenreiches Bild, das der langjährige Konrektor der Johannisschule, Lucas Lossius,

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in seiner »Lunaeburga Saxoniae« entwirft, wo er in lateinischen Gedichten die Stadt und ihre Umgebung besingt, von den Kirchen bis zu den drei Mühlen, von dem Kloster vestalischer Jungfrauen in Lüne bis zu dem Wirte in der Hasenburg, der durch verwerfliche Mittel sein Bier zum Schäumen bringt. Welches Leben mag in der Stadt gewesen sein, wenn in der Fastnacht die Kope gefahren wurde ! Wer unter die Sülfmeister eintreten wollte, mußte die Kope, ein mit Steinen gefülltes Faß, durch das eine Achse gelegt war, mit vorgespannten Hengsten durch die Stadt führen, begleitet von dem ganzen Schwarm seiner Genossen zu Pferde. Am Schlüsse wurde das Faß vor der Sülze von den Sülzern verbrannt, und der neue Sülfmeister bewirtete die ganze Gesellschaft im »Schütting«, dem vornehmsten Wirtshause, am Markte.

Wenn nun auch der Wohlstand Lüneburgs im Laufe des 16. Jahrhunderts infolge der in Deutschland überall zunehmenden Bevölkerung und der größeren Sicherheit des Verkehrs noch zunahm, so waren doch schon manche Veränderungen eingetreten, die langsam den Niedergang der Stadt herbeiführten.

Es rissen damals die Holländer mehr und mehr den nordischen Welthandel an sich, den vorher die Hansa gehabt hatte. Besonders seitdem die Heringe nicht mehr an der Küste von Schonen erschienen, bekamen die Holländer diesen für die damalige Zeit wichtigsten Handelszweig ganz in ihre Hände. Die nordischen Staaten entledigten sich der Privilegien der Hansa und öffneten den Holländern ihre Häfen, und für den beginnenden ozeanischen Handel lag Antwerpen unvergleichlich viel günstiger als Lübeck oder Hamburg, deren Hinterland außerdem noch nicht entwickelt war. Schon durch diese Umstände wurde Lüneburg stark in Mitleidenschaft gezogen, und sein Heringshandel verfiel. Dazu kam, daß der Handel von der Unterelbe nach Südosten, der bis dahin über Lüneburg gegangen war, immer mehr in die Hände von Hamburg und Magdeburg fiel, besonders seit 1569 die Elbe durch kaiserliches Mandat freigegeben war, und die Waren mehr auf dieser natürlichen Straße befördert wurden.

Auch die Sülze, die bis dahin keinen Nebenbuhler gehabt, mußte mit starker Konkurrenz kämpfen. Es wurden neue Salinen angelegt, man legte Raffinerien von Seesalz an,

und zu großem Verdruß der Lüneburger wurde das minder- wertige Salz in Tonnen verschickt, die genau den Lüneburger Salztonnen glichen. Dazu wurde es immer schwieriger, das für den Betrieb der Sülze nötige Holz heranzuschaffen. Um die Holzzufuhr zu erleichtern, hatte Lüneburg schon 1412 die »Schalfahrt« angelegt, durch die vermittelst der Schale, eines kleinen Nebenflusses der Elbe, aus Mecklenburg Holz herbeigeführt werden sollte, und hatte diese Zufuhr seitdem durch viele Verträge gesichert. Aber das reichte für den gewaltigen Verbrauch nicht hin, waren doch in den Jahren regelmäßigen Betriebes 27 000 Faden Holz (etwa 100 000 Raummeter) erforderlich. Die bisher so sicheren Einnahmen von der Sülze, die bisher die Sülfmeister und alle Bewohner der Stadt gehabt hatten, begannen zu sinken.

Dabei behielten die Herzoge ihr altes Verfahren bei, von Zeit zu Zeit Angriffe auf die Privilegien der Stadt zu machen, und sie zu bedeutenden Geldzahlungen für An- erkennung derselben zu zwingen. So mußte Lüneburg 1562 das Fortbestehen seiner Steuerfreiheit und anderer Vorrechte durch Übernahme einer Schuld von 30 000 Goldgulden, und Verzicht auf eine Schuld der Herzoge von 50 000 Mark er- kaufen — Leistungen, welche die Stadt nach heutigem Geld- werte mit mehr als einer Milion belasteten. Schon damals mußte der Rat sich mit Bitten um Beihülfe an die Bürgerschaft wenden, in deren Kreisen schon lebhafte Unzufriedenheit mit der bisherigen Verwaltung herrschte, und zugleich der Wunsch erwachte, Einfluß auf die städtische Verwaltung zu erlangen.

Als nun im Jahre 1617 der Rat sich zu einer Zahlung von 75 000 Talern verpflichten mußte, um Lüneburg von einem Zoll loszukaufen, den der Herzog einzuführen gedachte» kam die Unzufriedenheit zum Ausbruch. Ein mit seinen Geschlechtsgenossen zerfallener Patrizier, Franz Töbing, stellte sich an die Spitze der Unzufriedenen und rief den Herzog Christian um Beistand an. So mußte sich der Rat 1619 bequemen, fünf Bürger in seine Mitte aufzunehmen und jährlich vor einem Ausschuß von sechs Personen Rechen- schaft abzulegen. Weitere Anschläge Töbings gegen die Macht der Geschlechter scheiterten allerdings.

Unter solchen Verhältnissen brach der dreißigjährige Krieg aus. Als der niedersächsiske Kreis seit 1625 rüstete.

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mußte Lüneburg zu den Kosten beisteuern, und bald zog sich auch der Krieg selbst in die Nähe der Stadt. Zuerst Mansfeld’sche, dann Tilly’sche Truppen verheerten die Um- gegend; massenweis suchten die Landleute Schutz hinter den festen Mauern der Stadt, und pestartige Krankheiten kamen dadurch zum Ausbruch. Dazu verfiel der Handel, und der Absatz der Sülze stockte. 1627 stand mehr als die Hälfte der Sülzhäuser kalt. Jedoch gelang es anfangs dem Kate, eine Besetzung der Stadt zu hindern; auch als Gustav Adolf bei Breitenfeld gesiegt hatte, sich selbst nach Süd-Deutschland wandte und seinen General Ake Tott nach dem nord- westlichen Deutschland gegen Pappen heim schickte, und Lüneburg sich dem Schwedenkönig anschließen mußte, nahm es keine Besatzung auf.

Die Regierung im Herzogtum Lüneburg wechselte damals rasch. Nach dem Tode des geisteskranken Herzogs Wilhelm 1592 folgten dessen Söhne nach einander, zuerst Ernst, dann Christian bis 1633, darauf August uud seit 1636 Friedrich. Die 7 Söhne des Herzogs Wilhelm hatten, um der Zersplitterung der Herzogtums ein Ende zu machen, 1610 das Übereinkommen getroffen, daß nur einer sich standesgemäß verheiraten solle, und das Los hatte den jüngsten, Georg, getroffen. Dieser hatte dadurch neben dem eigentlichen Landesfürsten großen Einfluß, um so mehr, als er »Generalfeldoberst des niedersächsischen Kreis- heeres« und seit 1636 Herzog von Calenberg war. Im Jahre 1635 trat Herzog August dem Prager Frieden bei, den der Kaiser zunächst mit Kursachsen geschlossen hatte, um gegen einige Zugeständnisse die Schweden aus dem Reiche zu ent- fernen. Infolge dessen wandte sich Ban er gegen das Herzogtum, zog vor Lüneburg, und als er sich zu einer förmlichen Belagerung anschickte, überlieferte der Rat ihm die Stadt, nahm eine schwedische Besatzung auf und kaufte die Plünderung durch die Zahlung von 34 000 Talern ab. Als nun die Besatzung auf die Stadt schwere Lasten legte^ die man bisjzum Jahre 1637 auf 37 000 Taler schätzte, sah ein großer Teil der Bürgerschaft, aufgebracht durch die ihrer Meinung nach voreilige Kapitulation, und in dem Glauben, daß der Verfall des Handels und der Gewerbe in der falschen Politik des Rats seinen Grund habe, die einzige

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Hülfe in engem Anschluß an den Herzog Georg, um so mehr, da dieser die Übergabe der Stadt geradezu als einen Verrat bezeichnete. Dieser unzufriedene Theil der Bürger schaft fand einen Führer in dem Buchdrucker Hans Stern. 1637 näherten sich brandenburgische und kursächsishe Truppen der Stadt, ebenso rückte Herzog Georg hart an Lüneburg heran. Da verschaffte Stern, der sich der Hülfe der Handwerker versichert hatte, dem Herzog Georg Eintritt in die Stadt. Die schwache schwedische Besatzung der Burg unter Stammer kapitulierte, und der alte Hat wurde abgesetzt, weil »der Rat bei Einnehmung der Schweden ohne Teilnahme der Bürgerschaft und zum Mißfallen des fürstlichen Hauses gehandelt habe«. Unter den Mitgliedern des neuen vom Herzoge eingesetzten Rates befand sich auch Hans Stern.

Da auch der neue Rat an der ungünstigen Lage der Dinge nichts ändern konnte, und der Herzog bald auf die Seite der Schweden zurücktrat, wurde schon 1639 der alte Rat, jedoch durch Mitglieder des neuen Rats verstärkt, wieder eingesetzt. Aber mit der alten Selbständigkeit und der ausschließlichen Herrschaft der Geschlechter war es jetzt dauernd vorbei. Die Rechte des Herzog wurden erweitert; es wurde z. B. in vielen Fällen die Appellation an die fürstliche Regierung zugelassen; es sollte fortan der Rat zu gleichen Teilen aus Mitgliedern der alten Geschlechter und aus Bürgern bestehen, und er mußte in wichtigen Angelegen beiten Vertreter der vier Stände (Sülfmeister, Brauer, kagel brüder [Kaufmannsgilde] und der Handwerkergilden einholen. Zugleich blieb die Kalkberg in der Hand des Herzogs, und die gegen die Stadt gerichteten Festungswerke auf demselben, sowie der Abbruch des Turmes Springintgut, von dem man die Festungswerke hätte einsehen können, zeigten, daß Lüne bürg jetzt in der Hand des Landesherrn war. Aus einer fast selbständigen Stadt, der zur freien Reichsstadt fast mil- der Name fehlte, war eine herzogliche Landstadt geworden. Daß der Herzog nicht die ganze Verwaltung der Stadt in die Hand nahm, lag wohl weniger an besonderem Wohlwollen, als an dem Mangel an geschulten Beamten, mit denen er die Organisation einer neuen Verwaltung hätte durchführen können.

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Dabei aber griff der Herzog doch fortwährend in die Verwaltung der Stadt ein. Im Jahre 1682 mußte sich der Eat eine genaue Eevision des städtischen Eechnungswesens gefallen lassen, das fortan unter herzogliche Aufsicht gestellt wurde. Die bisherige Grund- und Gebäudesteuer zur Er- haltung des Militärs wurde 1686 in eine indirekte, auf Lebens- mittel gelegte, Abgabe verwandelt, und als der Rat diese parteiisch handhabte, wurde sie 1709 vom Lande zu dessen großem Vorteile übernommen. Schon früher hatte der Herzog in der Stadt ein Haus gehabt, am Ochsenmarkte an Stelle des jetzigen Eegierungsgebäudes , aber er hatte keine Küche darin haben dürfen, um der Versuchung zu entgehen, dort seinen ständigen Aufenthalt zu nehmen ; nun baute der Herzog Georg Wilhelm 1693 bis 1698 ein neues Schloß am Markte als Witwensitz für seine Gemahlin Eleonore d’Olbreuze.

Nach dem dreißigjährigen Kriege war infolge der Verödung Deutschlands der Handelsverkehr gering, und die Einnahmen von der Sülze nahmen immer mehr ab. Auch die Errichtung eines Salzkontors 1659, um den Salzhandel, der bisher von den einzelnen Sülfmeistern betrieben war, einheitlicher zu gestalten, hatte wenig Erfolg.

Eine gewisse Bedeutung behielt aber die Stadt durch den Frachtverkehr, der über Lüneburg ging. Von der Elbe bis Lüneburg wurden die Waren auf Kähnen, die von Pferden gezogen wurden, auf der Ilmenau befördert, von Lüneburg ins Land hinein auf Frachtwagen mit dicken hölzernen Achsen. Am Kauf hause wurden die Waren um- geladen und man bezahlte dort eine Abgabe, die zum größten Teil für das Kaufhaus selbst und für die Unterhaltung der Ilmenau verwandt wurde. Diese Abgabe schwankt von 1729 bis 1781 zwischen 7500 und 15 000 Mark (= l/a. Taler), und läßt daher, da die Abgabe 1 ggr. für ein Schiffspfund (= 320 Pfund) betrug, auf einen Durchgangsverkehr von 300 000 600 000 Zentner schließen, zu dessen Bewältigung täglich 20 40 Frachtwagen nötig waren. Für die Besserung der Wege, die auf Lüneburg führten, geschah nichts. Durch die fürchterlichsten Sandwege mußten sich die schweren Frachtwagen durcharbeiten. Aber um so größeren Verdienst hatten die Herbergen und die Besitzer von Vorspann, weil

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die Fuhrleute auf diese Weise nicht bloß durch das Stapel- recht, sondern auch durch die schlechten Wege zu längerem Aufenthalt genötigt wurden. Einen eigenen Handel hatte die Stadt nicht, wohl aber ein bedeutendes Speditionsgeschäft, das immerhin einen beträchtlichen Gewinn abwarf.

Natürlich wachte man sorgfältig darüber, daß dieser Verkehr der Stadt erhalten blieb. So sind denn die Akten der damaligen Zeit angefüllt mit Beschwerden über die »Umfuhr«. Die Frachtfuhrleute suchten nämlich die Stadt zu umgehen, und sich so dem Stapelrecht der Stadt zu entziehen.

Dieser Verkehr und das darauf fußende Speditions geschäft war aber auch die einzige Erwerbsquelle der Stadt. Die Gewerbe lagen im ganzen 18. Jahrhundert darnieder, trotz der verschiedenen Versuche, die die Regierung anstellte, sie zu heben. Auch die Sülze verfiel immer mehr, weil die Staaten ringsum eine einheitliche Verwaltung durchführten und die Grundsätze des Merkantilsystems rücksichtslos zur Geltung brachten. Überall wurde die Einfuhr fremder Erzeugnisse verboten, fremde Vorrechte beseitigt, und Monopole z. B. das Salzmonopol in Preußen eingerichtet. Dazu wuchs für die Sülze die Schwierigkeit, das Holz heranzuschaffen. Denn man blieb bei dem alten überaus kostspieligen Betriebe in Häusern, höchstens, daß in Nebendingen einige Ver besserungen durchgeführt wurden, z. B. daß die Sole durch Wasserkraft statt durch Menschenkraft gepumpt wurde. Die Zahl der Sülfmeister schmolz zusammen. 1759 waren nur noch 9 vorhanden, die kaum noch auf die Selbstkosten kamen. Die Verwaltung der Stadt war viel zu schwerfällig, um die Sülze von Grund aus zu reformieren, war sie doch selbst im höchsten Grade reformbedürftig; denn den Rat bildeten seit 1746 vier Bürgermeister, zwei Syndici, zehn Senatoren, vier Sekretäre und eine Schar von Unterbeamten ein ungeheurer Apparat für eine Bevölkerung von 8—9000 Menschen, selbst wenn man berücksichtigt, daß der Rat auch die Gerichtsbarkeit hatte.

Die Schwerfälligkeit und das Hangen am Alten zeigt sich recht deutlich in der ängstlichen Sorge um überlieferte Rechte. Alle 30 Jahre fand eine große »Weidebeziehung« statt, bei der man die Grenzen der Weide- und Jagdberechtigung rings um Lüneburg beging, und durch Aufwerfen von Erd-

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häufen, Schenken von Kesselhaken mit der Stadtmarke an die auf der Grenze liegenden Häuser und allerlei symbolische Handlungen die Gerechtsame der Stadt erneuerte. Drei Tage dauerte eine solche Weidebeziehung, an der 100—200 Personen, zu Wagen, zu Roß oder zu Fuß in Begleitung eines kaiser- lichen Notars teilnahmen, der über das Ganze ein genaues Protokoll auf nahm. In solchen wertlosen Formen suchte man Ersatz für das Verlorene.

Von dem siebenjährigen Kriege wurde Lüneburg nur im Jahre 1757 unmittelbar betroffen. Nach der Schlacht von Hastenbeck besetzten die Franzosen unter dem Herzog von Richelieu am 23. August die Stadt und blieben bis zum 4. Dezember. Infolge dieser Besetzung hauste im folgenden Jahre das Lazarett! eher in der Stadt.

Die unausgesetzten Klagen der Besitzer von Pfannen auf der Sülze bewog endlich die Regierung, den alten durch die Gewohnheit vieler Jahrhunderte geheiligten Betrieb voll- ständig umzugestalten. Diese geschah 1799. Statt der alten 54 tief in der Erde steckenden Siedehäuser wurden wenige größere errichtet; die bisherigen bleiernen Pfannen wurden durch eiserne ersetzt, und statt des Holzes wurde Torf verwandt. Dabei wurde der bisherige die Sülze eng um- schließende Sülz wall mit seinen Mauern und Türmen niedergelegt und der jetzige viel größere Sahnhof geschaffen. Die Sülfmeister verschwanden; die Verwaltung ging an eine Salindirektion über. So wurde die »Saline«, wie sie jetzt genannt wird, wieder konkurrenzfähig; aber die große Bedeutung, die die Sülze in der früheren Zeit für die Stadt hatte, konnte sie nicht wieder erlangen.

Wie hier an der Südseite durch Niederlegen der alten Befestigungen das äußere Aussehen der Stadt verändert wurde, hatte man einige Jahre vorher auch an der Ostseite die alten mit hohen Festungstürmen versehenen Tore, das Altenbrücker und Lüner Tor, abgetragen. Die übrigen ver- schwanden erst in den ersten Jahrzehnten dieses Jahr- hunderts. Ebenso wurden die Festungswerke auf dem Kalk- berg seit 1766 geschleift.

Das Ende des 18. Jahrhunderts brachte der Stadt noch einen kurzen Aufschwung des Güterverkehrs, der in den politischen Verhältnissen seinen Grund hatte. Der 1795

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geschlossene Friede von Basel, der für das nördliche Deutsch land friedlichere Verhältnisse herbeiführte, die gleichzeitige Eroberung der Niederlande durch die Franzosen und in folge davon die Vernichtung des Handels von Amsterdam, endlich die beständigen Kriegsunruhen am Rhein und im Süden, die nur die von Norden her in Deutschland hinein- führenden Handelsstraßen frei ließen, führten einen ge- waltigen Aufschwung des Hamburger Handels herbei, und so belebte sich auch die über Lüneburg führende Handels straße. Der Güterverkehr am Kaufhause stieg im Jahre 1800 auf 1,6 Millionen Zentner; damals sollen wohl an einem Tage 100 Frachtwagen am Kaufhause beladen sein. Die Her Stellung geordneter Verhältnisse nach dem Frieden von Luneville machten dieser für Lüneburg glücklichen Zeit bald wieder ein Ende. Schon 1805 war der Güterverkehr auf 700 000 Zentner gesunken.

Seit dem Jahre 1803 wurde auch Hannover in die Kriegsunruhen hineingezogen. Die Besetzung des Landes durch die Franzosen von 1803 bis 1805 legte aucli Lüneburg schwere Lasten auf, da während dieser ganzen Zeit fran- zösische Truppen in der Stadt lagen. Nach der kurzen Anwesenheit der Preußen kehrten 1806 die Franzosen zurück. 1810 wurde Lüneburg dem Königreich Westfalen einverleibt, der alten Stadtverfassung wurde ein Ende gemacht, und es wurde als Hauptort des Departements der Nieder- Elbe Sitz eines Präfekten. Doch schon am 1. Januar 1811 legte Napoleon die Stadt wieder zum Kaiserreich Frankreich, und Hamburg wurde der Hauptort des Departements.

Dns Jahr 1813 brachte eine Zeit der Aufregung und Gefahr, aber auch denkwürdige Ereignisse; denn bei Lüne bürg fand das erste größere Treffen in den Befreiung? kriegen statt.

Als nach dem Rückzug der Franzosen aus Rußland die Vortruppen der Verbündeten im März an der Elbe er schienen, verließen das französische Militär und die bei den Behörden angestellten Nationalfranzosen die Stadt. Am 21. März rückten, freudig begrüßt, Kosaken ein, und am 24. März wurde der alte Magistrat wieder eingesetzt, und zum Schutze der Stadt eine kleine militärische Macht aus Freiwilligen gebildet.

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Nachdem am 28. März vor diesen Freiwilligen und bewaffneten Bürgern eine kleine feindliche Abteilung, die sich von Süden her der Stadt näherte, zurückgewichen war, zog am 1. April Morand an der Spitze von etwa 3000 Mann von Westen her gegen die Stadt heran, zerstreute mit einigen Schüssen das Lüneburger Aufgebot und besetzte die Stadt. Dabei wurden gegen 30 Einwohner getötet und verwundet, und zwei, die mit den Waffen in der Hand gefangen genommen waren, vor dem Altenbrücker Tore erschossen. Die Mitglieder des Magistrat flüchteten; an ihre Stelle trat ein Verwaltungsausschuß. Mittlerweile war eine Abteilung

Johanne Stegen.

der Verbündeten unter Dörnberg, Tsc hem itscheff und Benkendorf etwa 300 Mann russische Infanterie, 440 preußische Füsiliere unter Major von Borcke, 2 Schwadronen Isumsche Husaren und etwa 1500 Kosaken über die Elbe gegangen, um der bedrängten Stadt zu helfen und war schon am 1. April in der Nähe der Stadt angekoin men. Unter Führung von flüchtigen Lüneburgern griffen diese Streitkräfte am 2. April gegen Mittag die Franzosen an. Die Preußen erstürmten das Lüner Tor, die Russen das Altenbrücker Tor; die Franzosen zogen sich kämpfend zurück und verließen die Stadt durch das Neue Tor. Aber außer halb der Stadt ordnete Morand seine Streitkräfte und ging wieder zum Angriff auf das Neue Tor über, das von den Preußen verteidigt wurde. Bei dieser Gelegenheit hat ein Dienstmädchen, die vielgefeierte Johanne Stegen, den preußischen Füsilieren, die sich verschossen hatten, aus einem verlassenen französischen Munitionswagen Patronen zugetragen. Der Angriff der Franzosen wurde abgeschlagen und Morand selbst schwer verwundet. Die Franzosen wichen auf Reppenstedt zurück, wurden aber auf freiem Felde, von allen Seiten eingeschlossen, gezwungen, sich zu ergeben. Etwa 2800 Franzosen und Sachsen wurden zu Gefangenen gemacht und 8 Geschütze erbeutet.

Die Verbündeten konnten jedoch Lüneburg nicht behaupton. Schon am 4. April besetzte Montbrun die Stadt; dieser ließ sofort 84 der angesehensten Bürger, darunter die Mitglieder des Verwaltungsausschusses, verhaften, und mit der Drohung, er würde sie dezimieren lassen, verlangte er von ihnen die Namen aller derer, die sich irgenwie gegen den Kaiser aufgelehnt hätten. Dörnberg erfuhr dies und er zwang ihre Freilassung durch die Erklärung, daß er an den ge fangenen französischen Offizieren Wiedervergeltung üben würde.

In den folgenden Wochen war Lüneburg abwechselnd von den Franzosen und von den Verbündeten besetzt. Aber dem Marschall Davoust, der von Napoleon geschickt war, um die Niederelbe in seine Gewalt zu bringen, gelang es, sich hier dauernd zu behaupten. Am 27. April ließ er durch Sebastian i mit 10 000 Franzosen die Stadt besetzen und traf Anstalten, Lüneburg zum Hauptwaffenplatze der ganzen Gegend zu machen. Alle erwachsenen Einwohner wurden zu

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den Schanzarbeiten herangezogen, oder mußten einen Stell- vertreter stellen. Dadurch, daß Hamburg kurz von dem Abschluß des Waffenstillstandes von Poischwitz den Franzosen in die Hände fiel und nun zur Festung umgewandelt wurde, entging Lüneburg den Drangsalen, die jetzt über Hamburg hereinbrachen. Aber eine beständige Besatzung von 4000 Mann und unausgesetzte Lieferungen erschöpften doch die Mittel der Stadt aufs äußerste.

Die starken Einquartierungen hörten auch dann nicht auf, als nach der Schlacht von Leipzig die Stadt für immer von den Franzosen geräumt wurde. Bei dem Durchmarsch Bernadotte’s und der Truppen, die zur Belagerung Ham- burgs bestimmt waren, lagen wiederholt 10 000 Mann in der Stadt. Erst gegen Ende des Jahres trat allmählich größere Ruhe ein, und am 4. November 1813 wurde die Regierung in aller Form wieder von dem hannoverschen Ministerium übernommen.

Die Zeit der Reaktion, die auf die Befreiungskriege folgte, war zunächst den alten Privilegien der Stadt günstig: Das Stapelrecht und das Recht des Straßenzwangs traten wieder in Kraft. Auch die sonstigen Verhältnisse begünstigen den Warenverkehr über Lüneburg. Nach der Beseitigung der Kontinentalsperre schleuderte England seine billigen Fabrikwaren nach Deutschland, und diese fanden besonders über Hamburg Eingang. Als Preußen demgegenüber alle Binnenzölle 1818 aufhob und den Durchgangsverkehr miß hohen Abgaben belastete, bewegte sich der Warenzug in verstärktem Maße auf der alten Handelsstraße über Lüne- burg. Zwischen 1818 und 1825 betrug der durchschnittliche Güterverkehr am Kauf hause 700 000 Zentner. Damals standen die großen freien Plätze der Stadt, der Sand und der Schieß- graben, oft gedrängt voll von Frachtwagen, die auf Abfertigung warteten.

Es lag aber in den gegebenen Verhältnissen, daß dies keine Dauer hatte. Das allmähliche siegreiche Vorschreiten der preußischen Handelspolitik, die schließlich zu dem deutschen Zollverein führte, mußte den Verkehr auf den natürlichen Handelsweg, die Elbe, leiten; der innere Ausbau des Königreichs Hannover vertrug sich nicht mit den Privilegien einer einzelnen Stadt, die Anlage von guten Land-

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straßen und schließlich der Bau von Eisenbahnen gaben der privilegierten Stellung Lüneburgs den Todesstoß.

Im Jahre 1821 wurde durch eine Ermäßigung der Zölle der Verkehr auf der Elbe erleichtert. 1825 trat ein Grenzzoll in Hannover in Kraft, der der Zollfreiheit Lüne- burgs ein Ende machte, der Ausbau einer Heerstraße von Hamburg durch die Heide leitete einen Teil des Verkehrs von Lüneburg ab, und seit 1825 tauchten immer neue Eisenbahnprojekte auf, die zuerst von Lüneburg mit Ent- rüstung abgewiesen wurden, dann aber mit Eifer ergriffen wurden, um neue Erwerbszweige für die Stadt zu gewinnen. 1825 wollte eine englische Gesellschaft eine Pferdeeisenbahn von Braunschweig über Lüneburg nach Hamburg bauen. In Lüneburg erklärte sich alles einmütig dagegen, und der Plan scheiterte. Neue Projekte einer Pferdeeisenbahn tauchten 1832 auf, ohne Erfolg zu haben. Dagegen zu ernsten und langwierigen Verhandlungen führte das Anerbieten, das eine englische Gesellschaft der hannoverschen Regierung im Jahre 1834 machte. Sie wollte durch die Ingenieure Ta vlor und Vignoles eine Eisenbahn von Hamburg nach Hannover bauen, und zwar anfangs über Lüneburg, dann aber durch das Luhetal. Hatte schon der Plan im allgemeinen die größte Aufregung in Lüneburg hervorgerufen, weil dadurch das Speditionsgeschäft vernichtet wurde, so brachte die Ab- änderung des Plans vollends alles in Harnisch. In wieder- holten Vorstellungen wandte sich der Magistrat, die Bürgerschaft und viele einzelne Kreise an die Regierung und baten um Ablehnung, und auf allen Weise suchte der damalige Ab- geordnete für Lüneburg, Dr. Th. Meyer, die Ablehnung durchzusetzen. Als dies 1833 gelungen war, eilte ihm bei seiner Rückkehr alles, was Wagen und Pferde hatte, bis Melbeck entgegen und holte ihn so in feierlichem Zuge in die Stadt ein. Während dieser Verhandlungen machte die Regierung der Stadt den Vorschlag, das Stapelrecht abzulösen; aber so wenig verstand man die neue Zeit, daß man dies günstige Anerbieten ablelmte, und später ist es ohne Ent Schädigung aufgehoben.

Dagegen war die Stimmung schon vollständig um geschlagen, als 1840 neue Eisenbahnprojekte auftauchten. Mittlerweile hatte nämlich der Güterverkehr am Kaufhause

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gewaltig abgenommen. Es war ein letztes Auf flackern, als im Dezember 1841, unmittelbar vor dem Anschluß des Herzogtums Braunschweig an den Zollverein, 800 Fracht- wagen am Kaufhause beladen wurden. Man konnte sich schon vorher der Einsicht nicht mehr verschließen, daß Lüneburg die Bedeutung eines Stapelplatzes endgültig ver- loren habe.

Es war damals die Eisenbahn von Hamburg nach Bergedorf im Bau, und einer Gesellschaft, die sich in Lüne- burg gebildet hatte, und sich mit Hamburg und Berlin in Verbindung setzte, suchte um die Konzession nach, im An- schluß daran eine Bahn über Stove nach Lüneburg zu bgtuen, damit sie von da nach Berlin weiter geführt würde. Leider sehe terte dieser Plan eine linkselbischen Verbindung zwischen Hamburg und Berlin an dem Gutachten des Wasserbau- technikers, der in dem Eisenbahndamm bei Hochwasser eine Gef ahr für die Marschen sah. Von nun an ruhten die Eisenbahn- projekte nicht mehr, bis endlich der hannoversche Staat sich ent- schloß, den Bahnbau selbst in die Hand zu nehmen. 1847 wurde die Eisenbahn von Hamburg über Lüneburg nach Hannover eröffnet, der dann später die Eisenbahn nach Lübeck und die Bahn Wittenberge Buchholz folgten; letztere, nach Geeste- münde— Bremerhaven weitergeführt, wird als direkte Verbin- dung der Wesermündung mit Berlin große Bedeutung erhalten.

So ist Lüneburg aus dem alten Stapelplatze eine Stadt geworden, die darauf angewiesen ist, durch günstige Eisenbahn- verbindungen Gewerbe und Handel zu pflegen, und dazu die reichen Bodenschätze auszubeuten, die sie in den Salzquellen und in den Kalklagern in reichlicher Fülle besitzt.

Durch den Ausbau der Landstraßen nach allen Seiten hin, der bald nach 1820 begann, ist Lüneburg jetzt der Mittelpunkt eines weiteren Kreises geworden, und um so mehr, als es zugleich Sitz vieler Behörden und Garnisons- platz geworden ist.

1823 wurde die Landdrostei errichtet, die nach der Annexion infolge des Gesetzes über die allgemeine Landes- verwaltung vom 1. April 1885 an in eine Legierung verwandelt wurde. Bald nach dem Jahre 1848 wurden die städtischen Gerichte aufgehoben. An ihre Stelle traten, mit viel weiterem Gerichtssprengel, das Amtsgericht und das Obergericht, aus

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dem jetzt das Landgericht geworden ist. Das Schulwesen ist gewaltig entwickelt. 1818 ging allerdings die Michaelisschule ein, dafür erhob sich das Johanneum seit der Berufung mehrerer angesehener Philologen aus Thüringen von neuem zu hohem Ansehen und zog viele fremde Schüler heran. Ebenso wurde das Volksschulwesen immer mehr gefördert, und die stattlichen Schulgebäude, die seit 60 Jahren auf städtische Kosten errichtet oder ausgebaut sind, zeigen die Fürsorge der Stadt für das Unterrichtswesen. Mit der Auf- hebung der besonderen Verwaltung des Michaelisklosters 1850 wurde auch die Ritterakademie, die nur engen Kreisen gedient hatte, aufgehoben, und an deren Stelle ein Schullehrerseminar eingerichtet.

Die alte Stadtverfassung wurde durch die Verfassungs- urkunde vom 10. Oktober 1846 aufgehoben; die neue Organisation ist seitdem mehrfach abgeändert und vereinfacht. Schon unter dem alten Regiment war seit den Befreiungs- kriegen manches für Umgestaltung und Ausbau der Stadt geschehen, aber erst, seitdem die Verwaltung der Stadt vereinfacht, und die Finanzen besser geordnet waren, und seitdem durch die steigende Bevölkerung und den steigenden Wohlstand die Mittel reichlicher flössen, konnte man zur Durchführung solcher kostspieligen Anlagen schreiten, welche die moderne Zeit verlangt. So ist seit 1859 eine Neupflasterung der Straßen durchgeführt, und die Kanalisation der Stadt, die Herstellung einer neuen Wasserleitung, welche die Stadt mit gesundem Trinkwasser versieht, und die Regelung des Abfuhrwesens haben vor allem dazu beigetragen, Lüneburg zu einer gesunden Stadt zu machen. Dazu kommen das städtische Krankenhaus im Südosten der Stadt, und die große Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt, die von der Provinz zwischen dem Mönchsgarten und Wienebüttel errichtet ist.

Manches Bauwerk, das an die alte Zeit erinnert, manche Eigentümlichkeit im Bau und dem Äußern der Häuser, die alten Wälle und Festungswerke, die der Stolz der alten Bürgerschaft waren, haben den Bedürfnissen der Neuzeit weichen müssen, aber manches öffentliche und Privatgebäude ist auch würdig hergestellt. Manche wertvolle Schätze sind der Stadt verloren gegangen: die alte Rüstkammer ist 1839 leichtfertig verschleudert und als altes Eisen verkauft, das

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Ratssilber, das zum Teil schon den Drangsalen des dreißig- jährigen Krieges zum Opfer gefallen war, ist bei den gesteigerten finanziellen Anforderungen der Neuzeit für die Stadt verloren gegangen, wenn es auch jetzt im Besitze des Staates weiteren Kreisen nutzbar gemacht ist. Aber der Sinn für eine pietät- volle Erhaltung des Alten ist erwacht. Das stattliche Museum mit seinen in kurzer Zeit entstandenen reichen Sammlungen ist dafür ein Beweis.

Lüneburg verdankt sein Aufblühen in alter Zeit der Sülze und seiner unter den alten Handelsverhältnissen außer- ordentlich günstigen Lage. Wie alle mittelalterlichen Städte hat es seine Macht zum Erwrerb von Privilegien jeglicher Art benutzt, hat dann aber auch das Schicksal dieser Städte geteilt: in langjährigem Kampfe gegen das Landesfürstentum, das gleiches Recht für alle fordert, und unter dem Einflüsse modernen Wirtschaftslebens hat es alle diese Vorrechte verloren. Es bleiben ihm aber der Reichtum des Bodens und die günstige Lage an dem Knotenpunkte mehrerer der wichtigsten Eisenbahnen Norddeutschlands, und dies verbürgt ein stetiges Wachsen der Bevölkerung und des Wohlstandes.

Lüneburg vom Kalkberge aus gesehen.

Beschreibung und Bundgang

von

Dr. Sprengell.

Durchgesehen von ReinecUe.

Lüneburg, die'Hauptstadt des Regierungsbezirks (früher Landdrostei bezw. Fürstentum). Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1900: 24693 JE in wohn er , und zwar

12 524 männliche und 12 169 weibliche. Einwohnerzahl nach der jüngsten Personenstandsaufnahme (1. November 1904 : 25 848. Sitz der Königlichen Regierung und eines Landgerichts. Standort des 2. Hannoverschen Dragoner-Regiments Nr. 16. Provinzial-Heil- und Pflege-Anstalt,

Schulen : Johanneum (Gymnasium und Realgymnasium . Schullehrerseminar. Präparandenanstalt. HöhereMädchen schule mit Lehrerinnenseminar. Mittelschule. Heiligengeistschule I.,

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II. und III. Schule der römisch - katholischen Gemeinde^ Schule der israelitischen Gemeinde. Handelsschule. Gewerb- liche Fortbildungsschule. Landwirtschaftliche Kreis -Winter- schule. Provinzial-Hufbeschlag-Lehrschmiede.

Zwei Bahnhöfe. Sie liegen nahe beieinander im öst- lichen Teile der Stadt, der äußere an den Bahnen Hamburg- Hannover und Lübeck-Lüneburg, der innere an der Bahn Wittenberge-Buchholz.

Man betritt die Stadt, vom Hauptbahnhofe links sich wendend, durch das Altenbrücker, in entgegengesetzter Rich- tung durch das Lünertor; hier wie dort führt zunächst eine Brücke über den Lösegraben, den breiten ehemaligen Stadt- graben, welcher mittelst eines großen neuen Schleusenwehrs zum Umflutgraben für die Ilmenau umgeschaffen ist; eine zweite Brücke führt über die Ilmenau. Durch Unterführungen der Landstraßen von Dahlenburg, Bleckede, Artlenburg und durch ausgedehnte Bodenbewegungen ist das Gelände gegen früher gänzlich verändert. Zwischen Lösegraben und Ilmenau kreuzt man eine lange Straßenzeile, welche mit stattlichen Neubauten und Lindenreihen besetzt, die Schauseite nach Osten gerichtet,, die Stelle des ehemaligen Wandrahmwalls, Schießgraben walls und Schifferwalls einnimmt und entsprechend benannt ist. Am Südende derselben erhebt sich seit 1891 das Museum für das Fürstentum Lüneburg, am Nordende seit 1893 die Synagoge, beides Backsteinrohbauten.

Die übrigen Haupteingänge der Stadt, das Bardowiekerr das Neue, das Sülz- und das Bote Tor nehmen die Land- straßen von Winsen, Salzhausen, Soltau und Uelzen auf. Die alten sehr ansehnlichen Torbauten sind sämtlich abgebrochen; dem Boten Tor, einem Backsteinbau von 1860, wird das gleiche Schicksal in nahe Aussicht gestellt.

Die beiden Hauptplätze der Stadt sind »Markt« und »Sand«.

Gasthöfe. Am Sande : Deutsches Haus (Nr. 5). Hotel Wellenkamp (Nr. 9). Hötel zur Hoffnung (Nr. 13). Lüneburger Hof (Nr. 19). Hamburger Hof (Nr. 25). An der Ilmenau r Hötel zum Schießgraben.

Herberge zur Heimat: Wallstraße 4.

Restaurationen in allen vorgenannten Gasthöfen. Ferner : Clausens Garten (nahe den Bahnhöfen). Bellevue mit

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Garten (nahe den Kasernen). Meyers Garten vor dem Neuen- tore). Mönchsgarten. Am Markte: Rateachänke. Vm Sande Lmdemanns Restaurant (Grapengießerstr. 3). Zum - Kaulitz Gesellschaftshaus (Schröders! r.16 . Kohlmann Grapen- gießerstr. 48). Kronenbrauerei (Heiligengeistst r. 11. Alten- brücker Ziegelhof (südöstlich vom Bahnhof).

Wandrahm- und Schießgrabenstraße.

Weinstuben. Ratskeller (Rathaus . von Lösecke (mit Veranda über der Ilmenau, am Stintmarkt 3 . Kroger (Schröderstr. 3).

Konditoreien. Cafe Moeller (Gr. Bäckerstr. 21 . Rauno (Schröderstraße 16). Wienecke (Am Sande 10 . Bergmann (Apothekenstr. 5). Dieckmann (Heiligengeiststr. 34 . Kaffee- Ralle (An den Brodbänken 4).

Bäder. Volksbadeanstalt AVandrahmstr. H&lvensletx n, Fluß-Schwimmbad. Koop, Fluß-Schwimmbad. Salinl adeanstalt mit Garten (vor dem Sülz tore 2).

Apotheken. Gr. Bäckerstr. 9. Am Sande 54. Neue Sülze 12/13.

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Postamt 1, Telegraph u. Fernsprechamt am Marienplatz. Postamt 2 am Bahnhof.

Lesehalle Auf der Altstadt 50.

Hauptsehenswürdigkeiten. Rathaus. Museum. St. Johanniskirche. St. Nikolaikirche. St. Michaeliskirche. Viskulen- hof (sprich Fiß-Kulenhof). Roter Hahn. Kalkberg. Saline.

Lüneburg hat sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts erheblich vergrößert und verändert. Vordem bildete die Stadt ein längliches Viereck, die Schmalseiten nach Osten und Westen, die Langseiten nach Süden und Norden gerichtet. Die hohen Wälle mit herrlichen Lindenreihen, welche es um- schlossen, sind bis auf einen einzigen im Nordwesten der Stadt eingeebnet für neue Straßenzüge und Parkanlagen, und vor dengf ehemaligen Toren sind ganz neue Stadtteile ent- standen.

Einer der ältesten Giebel der Stadt,

Am Sande Nr. 53 (Stammhaus der Firma F. Frucht).

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Vor dem Rundgange durch die eigentliche alte Stadt möge einiges über ihren baulichen Charakter bemerkt werden Bis vor 40 oder 50 Jahren hatte Lüneburg sein mittel- alterliches Aussehen fast völlig bewahrt. Seitdem an Ein- wohnern erheblich gewachsen, von 12000 auf ca. 26000, hat es sich zu verjüngen und der Neuzeit anzupassen versucht. Oelfarbenanstrich, Zementverputz, viele möglichst riesige Ladenfenster haben die Schauseiten fast aller Häuser gänzlich verändert. Die Baupolizei hat die Einziehung der Ausluchten, der Beischläge (d. i. Steinbänke an den Seiten der Haustür, der vorgebauten Kellereingänge, der Lindenbäume vor den Häusern mit Erfolg befördert. Die Gossen in der Mitte der Straßen und die Rinnsteine sind durch unterirdische Kanäle ersetzt, und das holprige Straßenpflaster aus nordischen Find- lingen ist mit behauenen Steinen erneuert, das früher völlig fehlende Trottoir zum Teil sogar elegant ans Steinplatten klinkern, Tonplatten und Asphalt hergerichtet. Manche alte Giebel sind in den letzten Jahren abgebrochen, nur wenige mit Verständnis wieder errichtet, recht ansprechend der des Kaulitz’schen Gesellschaftshauses und musterhaft genau der von Lindemann’s Restaurant. Uebrigens mußten schon im vorvorigen Jahrhundert manche Giebel erneuert werden, wobei vielfach die Volute (Schneckenhausform) des Barockstils und später antikisierende Formen zur Anwendung kamen. Auch das Innere der alten Häuser ist mit wenigen Ausnahmen längst umgestaltet. Vermehrtes Wohnungsbedüifnis, veränderte Ge schäftsverhältnisse haben zu Einbauten in die alten großen Dielen und zum Ausbau von ehemaligen Bodengeschossen ge führt. Vollends haben Feuersbrünste, in dem eteinmassiven Lüneburg früher fast unbekannt, in den letzten Jahren manches Alte zerstört. Die ältesten Gebäude sind von Ziegeln großen Formats errichtet, aber vom Mauerfraß besonders in den Untergeschossen arg mitgenommen. Schwarz-, braun-, grün glasierte Ziegel- und Formsteine sind vielfach verwendet, farbig glasierte Medaillons von Terrakotta mehrfach, Friese von Stuckmasse vereinzelt. Wenige Privatgebäude reichen in das

15. Jahrhundert zurück. Sie zeigen aufstrebende gothische Bauformen und feine Gliederungen der Tür , Fenster und Lukeneinfassungen. Die meisten alten Häuser si n

16. Jahrhundert und haben die mehr horizontal ge

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Am Sande Nr. 1 und 2.

Bauformen der Renaissance, zu welchen aber manches aus der Gothik herübergenommen ist, z. B. die Treppengiebel und das sog. Kabeltauornament. Die Häuser sind durchweg mit der Schmalseite (Giebelseite) der Straße zugewendet. Längs- bauten finden sich wenig, ebenso Fachwerkbauten. Dagegen sind die Hintergebäude auf den Höfen vielfach von Facbwerk, dort findet sich noch mancher geschnitzte Balken mit einem Hausspruche, dem Namen des Erbauers und ähnlichem. Dem Altertumsfreunde wird der Zugang wohl nirgends verwehrt. Die alten großen Patrizierhäuser nehmen besonders dieEckplätze ein.

Alles in allem hat die innere Stadt ihren altertümlichen Charakter gut bewahrt. Sie muß unter den malerischen Städten der Provinz Hannover mit an erster Stelle genannt werden.

Rund gang. Die Altenbrückertor - Straße führt uns mittelst einer neuen Bogenbrücke über die Ilmenau, welche die Stadt von Süden nach Norden durchfließt. Die Brücke wurde vor einigen Jahren massiv aus Backstein erbaut und

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zwar an Stelle der »Oldenbrugge«, der uralten Gerichtsstätte des gleichnamigen Gohs. Links zeigt sich neben der so Ratsmühle, von welcher das Patriziergeschlecht van der Molen seinen Namen trug, ein alter neuerdings erhöhter Wasserturin und hinter ihm ein geschonter Rest des alten hohen Walles (schöne Aussicht).

Es folgt die Kirche St. Johannis des Täufers, auffallend durch ihren massigen Turm und die herrliche Patina des südlichen Seitenschiffs. Als diese Lande Christ lieh wurden als Tauf- und Archidiakonatskirche des < iau hauptortes, des Dorfes Modestorpe (modu wendisch Dreck, Morast), errichtet, ward sie um 1240, als Modestort' der Stadt einverleibt wurde, zur Hauptpfarrkirche der Stadt erhoben und neu aufgebaut im 14. Jahrh. Ursprünglich gothische Hallenkirche mit drei gleichhohen Schiffen, wurde sie um 1400 um zwei niedrigere Seitenschiffe erweitert und nachmals noch durch eine nördliche und eine südliche Reihe von Kapellen verbreitert. So ist sie nun nahezu ebenso breit wie lang (52 Meter), was eigenartig und großartig wirkt. Der imposante Turm ist über der Straße 111 Meter hoch, von einfachen, schönen Formen, ein Wahrzeichen der Stadt.

Das Innere bietet viel Sehenswertes. (Küster im Eckhaus gegenüber dem nördlichen Seiteneingang.)

Die grossen Glasgemälde in den Fenstern sind neu. Alte schöne Orgel. Zahlreiche Epitaphien und Grabsteine im Renaissance- und Barock- stil, darunter eins aus dem Jahre 1575 mit der Marke des hervorragenden Lüne- burger Bildensniders Albert von Soest. Verschiedene gut erhaltene Bildwerke von ehemaligen Nebenaltären,

Hauptaltar mittelalterlich, gut erhalten. Im Chor

der Stolz der Lüneburger und

Hinter der Altenbrücker Mauer.

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Das Kalandshaus.

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Am Sande mit der St. Johanniskircin».

Schnitzwerk des 15. und 16. Jahrhunderts. In der Sakristei

großer Reliquienschrein aus der Form einer gothischen Kapelle.

Der Kirche südlich gegenüber das alteK alands- haus, aus dem 15. Jahr- hundert; es wird zu Schul- zwecken benutzt, sein Giebel ist kürzlich erneuert. Das lange Gebäude davor ent hält die Wohnungen der drei Prediger und wurde um 1730 von Sonnin erbaut, dem Meister der großen St. Michaeliskirche in Hamburg, der eine zeitlang Stadtbau- meister in Lüneburg war. Das freistehende Gebäude nördlich der Kirche diente

stark vergoldetem Silber in

Hinter der Altenbrücker Mauer.

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früher dem Gymnasium Johanneum; vor 30 Jahren ist es mit einem Anbau versehen und der städtischen höheren Mädchenschule überwiesen. Der große Neubau für das Johanneum steht auf dem Grunde des abgetragenen Roten- walles und ragt im Süden der Kirche herüber.

Auf dem nun folgenden großen freien Platze, dem Sande, tritt uns Lüneburgs mittelalterliche Art und Größe wohl am deutlichsten entgegen. Auch Harburg und Stade haben einen »Sand«. Unter den alten Giebelhäusern zeigt das älteste Nr. 53 noch rein gothische Formen (s. Abb. S. 38). Das höchste ist Nr. 8, mit schönem Türklopfer von Messing. Das große dunkle Haus am Westende des Sandes mit zahl- reichen Medaillons von Terrakotta hat Julius Wolff auf dem Umschläge seines »Sülfmeister« abgebildet, es ist aber erst 1548 erbaut, während der Roman 100 Jahre früher spielt (s. Abb. S. 40). A

Von der Südseite des Sandes führt die Rotestraße (Haus Nr. 6, Längsbau von 1553 mit Medaillons) zum ehe- maligen Rotentore. Auf dem abgetragenen Walle links inmitten von Parkanlagen das Kriegerdenkmal, von Peiffer in

Am Sande Nr. 8.

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Hamburg; weiterhin das neue Johannen, gelbei stockiger Backsteinbau. Rechts auf dem abgetragenen Sülz wall die katholische Kirche von 1858 und die It Wallstraße mit der Herberge zur Heimat. Das wurde 1860 erbaut. Hinter demselben liegt die städtische Turnhalle mit zwei Türmen, weiter südlich das Kinder Hospital.

Vom Sande westwärts führt die Heiligengeist straße, beachtenswert durch einige alte Giebelhäuser, vor über an dem großen Heiligengeist-Hospital, welches

Lagerraum der Saline.

Schulzwecke teilweise geschmackvoll neugebaut uml mit einem zierlichen alten Dachreiter geschmückt ist, zum ehemaligen Lambertikirchhof und zur Saline. Die St. Lamberti kirche, eine große gothische Hallenkirche, wurde im Jahre 1862, da man ihren Einsturz befürchtete, abgebrochen.

Die Saline war früher eine viel besuchte Haupt Sehenswürdigkeit. Die Gebäude sind zum Teil neuen Datums, zum Teil um 1800 erbaut. Die alte Saline nahm nur den Raum bis zu den hohen grünen Wallresten ein, auf welchen

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Sammelbecken für die Sole liegen. Jahresausbeute ca. 600000 Zentner. Ar- beiter 250. Mit der Saline verbunden ist eine gute Solbade- anstalt, geöffnet vom 1. Mai bis 1. Oktober.

Vom Sande ebenfalls nach Wes- ten, ziemlich parallel mit der Heiligengeiststraße, führt die G rapen gieße r straße (Haus Nr. 45, altes Patrizierhaus, Binnenhof mit prachtvoll geschnitztem Balkenwerk) zum Vier- orten (Ort = Ecke), dem Schnittpunkt der vier alten Stadtviertel. Hier zweigt sich nach Süden die Salzstraße ab (Nr. 19 mit be- sonders hohem Treppengiebel), nach Norden die Neue Sülze (Haus Nr. 8 zeigt leider immer mehr zerbröckelnde schöne Terrakotta-Friese nebst Türbogeneinfassung, etwa von 1550, ähnlich denen am Fürstenhofe in Wismar), in nordwestlicher Richtung die Straße Auf der Altstadt mit dem schönen Blick auf die hochgelegene Michaeliskirche.

Die St. Michaeliskirche, große gothische Hallen- kirche, um 1400 erbaut, mehrmals umgestaltet, bietet im Innern nicht viel Sehenswertes mehr. Schön ist die Kanzel von 1602, bau- lich interessant die kürzlich re- staurierte Unter- kirche (Krypta).

Die im Anfang des 18. Jahrhun derts an Stelle der alten Kloster- gebäude für die Ritter -Akademie (eingegang. 1851) errichteten Ge-

toude beherber- Krypta der Michaeliskirche.

Salinenhof.

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Auf der Altstadt mit der St. Michaeliskirclic

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gen jetzt das Landratsamt, Seminar, Landgericht und Amtsgericht.

Die Straße Auf der Altstadt und ihre Neben- straßen Rübekuhle, Obere Ohlingerstraße, Untere Ohlingers traße (der Name verhunzt aus »Oleniestrate«), Auf dem Meer, der Techt (wo der »Tegede«, der Zehnte, entrichtet wurde) bilden das älteste Lünebürg, den Kern der Stadt. Er liegt in einer Mulde, entstanden durch einen Erdfall von 1013, welcher nach chronikalischer Ueberlieferung die »civitas« des Herzogs Bernhard Billung zerstörte und sogar die dem heiligen Gyriak geweihte Pfarrkirche am Fuße des Kalkberges bedrohte.

Von der Michaeliskirche westwärts kommt man zum »Kalkberg«, einem Gipsfelsen, 140 Fuß über der Stadt, 200 Fuß über dem Meere. Der Verschönerungsverein hat einen neuen bequemen Aufstieg eingerichtet. Umfassende Rundschau. Am Fuße östlich die große Strafanstalt. West- lich der fiskalische Gipsbruch und der uralte Vorort Grimm, der früher die Häuser und Gärten für die Burgbesätzung umfaßte und im Jahre 1471 von Herzog Friedrich dem

Gipsbruch mit Kalkberg.

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Frommen an die Stadt verpfändet wurde. Im Norden sind die bewaldeten Höhenzüge jenseits der Elbe mit Lauen bürg, nordwestlich bei klarem Wetter die Türme von Ham bürg sichtbar.

Vom Kalkberg wenden wir uns nordöstlich, an dem neuen Strafgerichtsgebäude und der neuen Bürgersch ile vorüber zur Graalstraße. Nr. 1 daselbst ist das alte B u mannshaus der von dem Berge. An seiner westlichen Mauer befindet sich ein aus Sandstein ^ ! i < » ? i gemeißi Doppelwappen des letzten aus diesem Lüneburgischen Burg mannengeschlechte, Fritz von dem Berge fl623 und seiner Gattin L eveke Hane, aus dem mecklenburgischen Ge- schlechte v. Hahn. In dieser Gegend lagen auch die Höfe anderer Burgmannengeschlechter. Die große stehengehlicbenr Wallbastion ist der alte Lindenberg, die Stätte des uralten Maifestes, mit dem auch die Ortsbezeichnung Gral d.i. Jubel) zusammenhängt. Weiterhin der Windberg, vielleicht alt Winberg. Auf dem jetzigen Marienplatze stand die 1818 abgebrochene Marienkirche, welche zu dem 1235 von Herzog Otto dem Strengen auf dem Gösebrink errichteten Franziskanerkloster gehörte. Von diesem in der Refor mationszeit aufgehobenen Kloster ist der südliche Flügel er halten, unten mehrere Gewölbe des ehemaligen Kreuzganges, oben das Refektorium, ein großer Saal, in dem sich die Stadtbibliothek befindet (geöffnet Donnerstags von 11 1

Uhr, sonst auf Meldung beim Bibliothekar Professor Görges, Graalstraße 3). Ihr Grundstock ist die Bücherei des gedachten Klosters. Sie ist nicht groß (za. 40000 Bände), aber überreich an Wiegendrucken deutscher, französischer und italienischer Herkunft. Mehrere von den wertvollen Pergament Hand Schriften des 14. und 15. Jahrhunderts mit schönen Miniatoren sind unlängst in das Stadtarchiv überführt Evangelienbücher, Messbücher, die Kornerhandschrift und zwei Sachsenspiegel Viele schöne Bucheinbände der Gothik und der Renaissance.

Südwestlich am Marienplatz das neue Postgebäude, von gewohnter Stattlichkeit. Südöstlich die Reitende - Dienerstraße, in welcher die lange Reihe dei Dienst Wohnungen der städtischen Unterbeamten, vormals der Reiten- den Diener, noch manches vom mittelalterlichen Zustand aufzeigt und insbesondere die einheitliche Fassade von 1680 bewahrt hat.

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Wir stehen nun vor dem Rathause. Das große, mehr lange als breite Rechteck, ein vielgestaltiger Gebäude- komplex, gibt ein deutliches Bild von Lüneburgs Werden und Wachsen. Der für eine Stadt, die zu ihrer Blütezeit wohl kaum mehr als 15000—16 000 Einwohner zählte, schier zu groß erscheinende Umfang dieses vornehmsten Profanbaues erzählt beredter als geschriebene Urkunden von dem Reichtum und der Bedeutung der alten Salz- und Hansastadt.

Umschreiten wir den ganzen eigenartigen Bau. Die West- seite am Marienplatz, reich ausgestattet mit Wappen und Figuren, gehört dem Kämmereigebäude an. Eine spitzbogige,

nur von innen zu öffnende Tür mit geschnitztem Stadtwappen im Bogenfelde war bis in die neueste Zeit zugemauert. Die Nordseite, am Ochsenmarkt, bietet zunächst den vor einigen Jahren gut wiederhergestellten Treppengiebel dieses Gebäudes. An der übrigen Schauseite gewahrt man mancherlei spätere Aenderungen. Auch der Haupteingang mit mächtiger gothi- scher Tür liegt an dieser Nordseite, gegenüber dem neuen 1849 erbauten Regierungsgebäude. Die Südseite des Rathausvierecks ist 1861 in einer im Stil wie im Material nicht eben glücklichen Weise erneuert, bei dieser Gelegenheit

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ist das an der verbreiterten Wagestraße belfegene malerische -Gebäude der alten Rats wage abgebrochen worden. !' nnd größten Aenderungen hat die östliche, die Hanptschau «seite, im Laufe derZeit erfahren. Nur die mächtigen (iranit Säulen, welche die Gewölbe des Untergeschosses vom ältesten Bau. Vor einigen Jahren wurden du Standbilder und Wappen farbig bemalt, was, namentlich •dem die Zeit die Farben gemildert hat, sich von erweist. Vor etwa 25 Jahren wurde der dünne Mörtelverj tz durch eine dicke Zementschicht ersetzt, g&mtlich< wurden umgestellt und zumteil in angeklebten Nisch« gebracht. Der nächst rückliegende Umbau war gegei 1720 vorgenommen. Balkon, Frontispiz, Mansardendach, Turin laterne stammen aus dieser Bauperiode. Um 1009 waren dir fünf hohen Türme herabgenommen ihre Reste sind in fünf dicken Pfeilern eingehüllt enthalten und die übrige Rront wurde in den Formen der Spätrenaissance umgebildet. Dieser Zeit gehören auch wohl die 15 steinernen Standbilder an. welche die Schule des Albert von Soest verraten. Dei alte gothische Bau, an welchem reichlich glasierte Ziegel ver wendet waren, wurde wohl um 1400 errichtet und war mit «einen fünf mastenartigen Türmen den Rathausbauten ver schiedener Ostseestädte ähnlich.

Zur Besichtigung des Innern wendet man sich an den Rathausvogt (Wohnung an der südwestlichen Ecke des hat hauses, am Marienplatz). Die Innenräume bergen eine Fülle wertvollster Kunstaltertümer und illustrieren die Kunststile \«>n der Gothik bis zum Barockstil.

Der älteste Kern, seit dem 15. Jahr- hundert als Rats- küche benutzt, im Jahre 1899 zum städtischen Ar- chiv um gebaut, entstand wohl schon uin 1200,

Ms der heu- tige Marktplatz

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Große Ratsstube.

(novumT forum) eingerichtet ward und die herangewachsene Stadt sich mit Mauern umgab. Die Nordseite dieses Baue» ist aus rohenGipsstücken aufgeschichtet. Um diesenKern wurden im Laufe von zwei Jahrhunderten je nach Bedarf die übrigen Bauten errichtet. Die innere Ausstattung gehört zum Teil noch der alten gothischen Stilperiode an, vieles der Renaissance, einiges dem Barockstil, manches der neuesten Zeit.

Der Haupttreppe zunächst liegt links der sogenannte Huldigungssaal, dahinter der Traubensaal. Beide wurden 1706 ausgestattet zur Huldigungsfeier für den Kurfürsten Georg Ludwig, der später als Georg I. den Thron von England bestieg. Wand- und Deckengemälde, Türen und Tür- beschläge, Kristall-Kronleuchter, Spiegel- und Lichtträger, die Oelbilder fürstlicher Personen' in schweren Goldrahmen, alles zusammen gibt ein harmonisches Bild des Barockstils.

Gegenüber rechts betritt man durch ein Vorzimmer die große Ratsstube, deren innere Einrichtung 1564 1583 her- gestellt ist, eine herrliche Schöpfung der Renaissance, die Holzschnitzereien von Gerd Suttmeier und Albert von Soest, die Wandgemälde von Daniel Frese (1572—78).

Gerd Suttmeier (d. h. wohl Südmeier) wurde im Jahre 1539 Bürger in Lüneburg und stand als Kunsttischler

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und Eichmeister im Dienste des Rates. \ on 1564 67 arbeitete er am »Neuen Gemach«, spätestens seit 1566 gemeinsam mit seinem jüngeren Genossen Albert von Soest. Auf Gerds Meisterhand sind u. a. die geschnitzten Rosen unter der Decke, ■ein Teil der Schranke und namentlich die Täfelung mit den unvergleichlichen Friesen zurückzuführen ; die kunstvolle l 'm rahmung der Türen ist das Werk Alberts, der noch nach Gerda Tode die gemeinsam begonnene Arbeit allein fortsetzte zu Ende brachte. Auch Albert von Soest ist von auswärts nach Lüneburg gekommen; erst im Jahre 1583 gewann er das Bürgerrecht, 1590 oder ein wenig später ist er gesl Seine Schöpfungen sind außerordentlich vielseitig, und Lüne Iburg hat das Glück, noch eine ganze Reihe anderer Werke des Meisters zu besitzen. Hier seien nur genannt das in Stein gemeißelte Epitaph des Stadthauptmanns Fabian Ludieh in der Johanniskirche, die seltenen Papierreliefs im Museum und auch das Grabdenkmal für den Chronisten Jakob Scho maker im Dom zu Bardowiek, ebenfalls aus Stein gemeißelt Die Bilder Daniel Freses, eines s. Z. berühmten Kunst malers und Kartographen, stellen Allegorien dar und erhöhen mit ihrem warmen goldigen Farbenton den Gesam teindruck des reizvollen Raumes.

Große Ratsstube.

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In einem Wandschranke werden verschiedene Kunst- altertümer auf bewahrt nnd auf Verlangen vorgezeigt, ins- besondere schöne Gobelins des 16. Jahrhunderts und kirch- liche Gegenstände aus der alten Ratskapelle.

Im nämlichen Geschoß nach Süden liegt die »Laube«, der alte Ratssaal des 15. Jahrhunderts. Ein sehr tiefer Vorraum linkerhand vor ihr, das alte Wandhaus der Stadt, woselbst die Wandschneider ihre Verkaufsstände hatten, wird

Große Ratsstube.

durch das vielfach abgebildete schmiedeeiserne Gitter des Hans Rüge von 1576 abgeschlossen. Die Laube ist gothisch, in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts erbaut. Dieser Zeit gehören die leuchtenden Glasmalereien des Südfensters an, welche die 9 großen Helden des Mittelalters darstellen, drei Juden, Judas Maccabäus, David, Josua, drei Christen, Gott- fried von Bouillon, Karl den Großen, König Artus, drei Heiden, Julius Cäsar, Alexander den Großen, Hektor. Man beachte ferner die Wandschränke, mit besonders kunstvoller Eisen-

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arbeit, und das neuerdings übermalte Temperabild über dem Eingangsbogen, auch das aus Holz gefugte reich bemalte Tonnengewölbe mit flach aufliegenden vergoldeten Rippen und geschnitzten Blättern. Die westliche Seitenwand wurde 152!» bemalt mit Figurenbildern und Ornamenten im Stil der Renaissance. Die Darstellungen erinnern an die Allegorien im Theuerdank und Weißkunig des Kaisers Max I., in der Manier an deren Zeichner Hans Burgkmaier von Augsburg, aber auch an die des Aldegrever. Die lange verfallenen, höchst wertvollen Bilder wurden vor 25 Jahren restauriert, die Bilder der Decke dabei reichlich stark übermalt, die der Seitenwand von anderer geübter Hand sachgemäß hergestellt. Die teils in Stein gemeißelten, teils in Holz geschnitzten Schranken der Ratssitze sind von 1598. Die im Fußboden dieses Sitzungsraumes befindlichen runden Löcher mit Bronze deckeln dienten der mittelalterlichen Luftheizung, darunter liegen die backofenförmigen Heizkammern. An der Nordwand ist die alte gothische Holztür befestigt, welche die Bürger 1371 von der eroberten Burg auf dem Kalkberge als Sieges Zeichen heimgeführt haben sollen. Eine andere Trophäe», die Lunasäule aus weißem Marmor stand bis zu ihrer Feber führung in das Lüneburger Museum in einer Kapelle der Johanniskirche.

Neben der Laube liegt das Alte Archiv, ein stimmungs- voller spitzbogig gewölbter Raum, in dem eine Anzahl sehens werter Altertümer aufgestellt ist, u. a. ein Kasten von ge punztem Leder aus dem 15. Jahrhundert. Durch einen dunklen Treppengang mit der Laube verbunden ist die sogenannte Körkammer, wo die Bürgermeister gekürt wurden und sonstige geheime Beratungen stattfanden. Das Gemach ist ein wohl einzig dastehendes, seit seiner Entstehung kn um berührtes, vorzüglich erhaltenes Stück Mittelalter. Ls gehört gleichwie die Glasbilder des Fensters, welche vier Bürger meister darstellen, dem Ausgange des 15. Jahrhunderts an.

Ein Stockwerk höher liegt der sog. Fürstensaal Er ist über 33 Meter lang, 11 Meter breit, fast 5 Meter hoch. Den Namen hat er von den lebensgroßen Bildnissen der Landesfürsten und ihrer Gemahlinnen, die rings von den Wänden herabschauen. In Temperafarben auf Leinwand aus geführt, in ganzer Figur, in der Tracht der Mitte des 15. Jaln

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hunderts, sind sie später ohne Verständnis oftmals über- malt. Eine Herstellung der alten Kunstwerke ist erwünscht. Die Bildnisse beginnen mit Heinrich dem Finkler und sind fortgesetzt bis zu Ernst dem Bekenner. Ein großes, anscheinend erheblich jüngeres Figurenbild zur Seite des nördlichsten Fensters stellt die Belehnung Otto ^es Kindes mit dem Herzogtum Lüneburg durch Kaiser Friedrich II. vor. Die Decke des Saales ist von Daniel Frese bemalt mit den Medaillon-Brustbildern der römischen Kaiser von Augustus bis Rudolf II. ; die erheblich ältere gothische Bemalung, Rankenwerk mit Halbfiguren, ist an einem Teil des mächtigen Tragbalkens freigelegt. Die ringsum laufende Wandtäfelung enthält eine Fülle zierlichsten gothi- schen Maßwerks. Fünf eigenartige gothische Kronleuchter sind aus Schmiedeeisen gearbeitet unter Verwendung von riesigen Hirschgeweihen und von Statuetten. Ein anderer gothischer Kronleuchter ist von Messing, zwei andere von Messing im Spätrenaissancestil. Eine Querwand mit drei Bogenöffnungen, vor etwa 150 Jahren hergestellt, trennt einen Teil des Saales ab und dort stehen zwei große Glasschränke mit den galvano- plastischen Nachbildungen des bekannten im Lüneburger Saal des Berliner Kunstgewerbemuseums auf gestellten Ratssilber- schatzes, soweit er sich mechanisch nachbilden ließ. Das jüngste Stück, ein großer silberner Krug im Barockstil, ist Original, das unveräußerliche Geschenk eines Bürgermeisters.

In einem Nebengemache des Fürstensaales steht ein Schrank mit Richtschwertern und Foltergeräten.

Im Kämmereibau befindet sich ein Zimmer mit reich - geschnitzter Wandtäfelung und Holzdecke von 1583, ein Werk des Ratstischlers Warneke Burmester, wenn auch nicht mit seinem Meisterzeichen beglaubigt. Auch das Zimmer gegenüber hat eine schöne einfacher gehaltene Holztäfelung. In der unteren Halle sind drei Türen mit gothischem Maß- werk, in der oberen Halle, welche durch spätere Einbauten sehr verkleinert ist, einige auf Glas gemalte Wappen aus dem 15. Jahrhundert und ein interessanter Hochsitz am Fenster zu bemerken.

Der Springbrunnen auf dem Markte gehört der Frührenaissance an, das Becken ist neueren Datums.

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Das Haus Nr. 1 am Ochsen markte, außen und innen im Laufe der Zeiten wenig verändert, verdient Typus eines alten Patrizierhauses mit seinem Hof, < Jurten und Nebengebäuden besondere Beachtung.

Das Schloß, erbaut gegen 1700 als Witwensitz Eleonore d’Olbreuse, die Urgroßmutter Friedrich des Groß* i dient jetzt als Kaserne. Der gegenüberliegend^ Im hohe Treppengiebel des Hauses Nr. 5 hat nur dekorativ«* Bedeutung. Das Eckhaus Nr. 1, Bardowiek er Straße, ■ehemals der Schütting, das vornehmste Gasthaus der Stadt, die es in eigener Verwaltung hatte bzw. es verpachtete. Schüttinge gab es auch in Bremen, Stade und Lübeck.

Vom Markte nach Norden führt die Bardowick er straße. Nr. 32, das sog. Wit zendorf f ’sche Haus, ein schöner Renaissancebau von 1559 aus dunkelglftsierten Bacl steinen, mit Gesimsen, schönen Wappen und Medaillons von Sandstein, erinnert an italienische Bauten ähnlicher Art. beider fehlt das alte Hauptgesims und der neue aufge- setzte Treppen - giebel paßt vol- lends nicht zum Bau. Links vom ehemaligen Tore steht noch ein Stück vom hohen alten Wall, dessen Innenbö- schung die noch ältereStadtmauer mit viereckigen Türmen bildet, während an der Außenseite noch Reste der Mauer eines Wächter- gangs mit Schieß- scharten sich be- finden. Rechts

Bardowiekerstraße Nr. 32.

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Ratsapotheke.

an der Stelle des ehemaligen »Kastanien« -Walles ist jüngst die Schlachthausstraße entstanden mit einer Eisen- brücke über die Ilmenau. Nordwärts steht der neue Schlacht- hof (1891), weiter nördlich das »Lüneburger Eisenwerk« mit gegen 300 Arbeitern, noch weiter hinaus die Zement- und Kalkfabrik mit etwa 250 Arbeitern und unten an der Ilmenau die Faßfabrik von Johann Keichenbach mit 207 Arbeitern.

Vom Markte nach Süden führt die Straße Auf der Münze, benannt nach dem ehemaligen Münzhause; der jetzige Bau aus dem 16. Jahrhundert mit farbig glasierten Medaillons (Nr. 8). Eine gute Anschauung von der Größe und Ausdehnung der alten Patrizierhäuser geben Kaulitz

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Zimmerdecke im alten Propst-Haus Am Berjre Nr.

Gesellschaftshaus (Schröderstraße 16 und das zur Volks schule eingerichtete ehemals von Dassel’sche Ha der Münze Nr. 7).

Vom Markte zum Sande führt die Große Bäcker straße und ihre Verlängerung die Kleine Bäckerstraße An Nr. 2 im Giebel befindet sieh das Brustbild des Bfc ( i welcher in der Straßenschlacht am 21. Oktober 1371 zweiund zwanzig von den eingedrungenen Feinden erschlagen haßen soll. Die Ratsapotheke (Nr. 9) hat ein schönes portal mit interessanten Inschriften. Das alte große Patrizier haus Nr. 26 hat vor 40 Jahren eine nüchterne Vorderseih erhalten, Spuren alten Schmuckes zeigen noch Nord und Hofseite.

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Zimmerdecke im alten Propst-Haus Am Berge Nr. 35.

Von der Kleinen Bäckerstraße führt nach Osten die Glockenstraße. Sie hat ihren Namen vom sog. Glocken- hause, einem massigen gothischen Längsbau von 1482 mit interessanten grünglasierten Friesen und Türeinfassungen.

Vom Markt nach Osten führt die Straße An den Brodbänken und die Kosenstraße zum Berge, auf dem man südwärts wieder zum Sande gelangt. Auf dem Berge sind zu bemerken, das Haus Nr. 37, um 1450 von den v. d. Molen erbaut, 1566 von dem neuen Besitzer Mutzeltin mit moderner Benaissance-Fassade versehen (durch Albert von Soest. Das Modernisieren ist also nichts Neues.) Hof- seite besehen ! Nr. 35 ist das alte Propst-Haus des Prämon- stratenser-Klosters zum Heiligenthal, erbaut etwa um 1385, das älteste Privathaus der Stadt. Es bewahrt noch die große

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helle Diele und hat in einem Zimmer im Krdgeschoß eine figurenreiche, höchst sehenswerte Stuckdecke von 1637.

Weiterhin am Sande 31, das Haus der v. Stern’schen Buchdruckerei, der ältesten von den heut* bestehen deutschen Druckereien, gegründet 1614, früher weit durch ihre Bibelausgaben. Nach der Hofseite ein interessante] Fachwerkbau des 16. Jahrhunderts mit einer sehr schönen getäfelten Zimmerdecke der Renaissance.

Von der Bardowiekers traße nach Osten führt die Lünerstraße. An ihr liegt die St. Nicolai Kirche, die jüngste, kurz nach 1400 erbaute und baulich intcrcs der Stadt. Ursprünglich war sie wohl länger gedacht, jetst stehen Länge und Höhe nicht ganz im Verhältnis. Abel das Innere, ein ausnehmend hohes Mittelschiff 20 Meter mit zwei minder hohen Seitenschiffen (sog. Basilika wirkt imponierend. Der Altar zeigt sehenswerte Temperabilder- Der Küster Fuhlbom, Lünerstr. 2, zeigt schöne Stoffe und Stickereien des 15. und 16. Jahrhunderts. Die < Otter von Schmiedeeisen vor den Kirchentüren waren früher die Chor schranken der jetzt abgebrochenen St. Lamberti Kirche. Der schlanke Turm ist neuestens errichtet, 98 Meter hoch. Die Besteigung bis zur Galerie (fast 66 Meter hoch ist bequem und der Aussicht wegen sehr zu empfehlen. Die größte der 9 Glocken, die Marienglocke, ist 1491 von dem berühi Glockengießer Gerhard von Wou (sprich Wau aus Kämpen gegossen.

Zu wenig beachtet wird das sehenswürdige Haus der Kirche südlich gegenüber, Nr. 3. Nördlich hinter der Kirche steht ein Rest von den alten Pfarrhäusern, Holzfachwerkbau des 16. Jahrhunderts. Weiter nördlich, Baumstr. 2, gehörte zur Zehntscheuer des Klosters Scharnebeck und [zeigt darauf bezügliche geschnitzte Figuren. Von der Lüner straße südlich führt die Rotehahnstraße zum Berge. Sie ist benannt nach dem an ihr befindlichen Hofe Zum roten Hahn, mit städtischen Freiwohnungen, ein höchst charakteristisches und malerisches Stück Mittelalter.

Nördlich führt von der Lünerstraße die Straße Im wendischen Dorf zur Stadt hinaus. An dieser|Stra der Westeingang zu dem großen Gebäudekomplex Viskulen- hof. Die Bezeichnung »Hof« kommt in Lüneburg und auch

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in manchen anderen deutschen Städten vor für ein Haupt- gebäude oder Herrenhaus mit Neben Wohnungen für' kleine Leute, und ist aus den uralten dörflichen Siedelungen teils wohl in die Stadt mit hinübergenommen, teils für schon vor der städtischen Bebauung am Platze befindliche Höfe bei- behalten worden. Das Geschlecht der Viskule tritt am Aus- gang des 13. Jahrhunderts zuerst auf (Johannes, der Stamm- vater der Familie, wurde Batmann i. J. 1320). Es erwarb großen Reichtum durch Handel und erlosch 1552 mit Caspar

Viskulenhof.

Viskule, dessen Witwe Beate von Dassel 1560 Stephan Loitz aus Stettin heiratete. Die Loitze in Stettin, mit Nebenhäusern in Danzig und Lüneburg, waren ein reiches großes Handels- und ßankierhaus, machten aber nach kurzer Blüte den großartigsten Bankerott des Jahrhunderts, 1572. Die Schicksale und das heutige Aussehen der mächtigen Gebäude erklären sich aus dieser kurzen Geschichte. Das hohe Herrenhaus an der Ilmenau schaut nach Osten und dient jetzt als Speicher. Der kundige, ja schon der auf- merksame Beschauer wird von den ältesten strengen aber

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Kaufhaus mit Krau.

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zierlichen gothischen Formen an die weiteren Zutaten und Aenderungen erkennen, sowohl an dieser Seite wie an der südlichen Giebelseite und an der Westseite, welche leider die mächtige zyklopische Granittreppe in der Neuzeit verloren hat.

Wo die Lünerstraße die Ilmenau erreicht, zeigen sich höchst malerische Städtebilder. Von der Brücke, die kürzlich mit neuem Oberbau von Eisen versehen ist, sieht man südlich die bereits 1147 von Heinrich dem Löwen dem Kloster von St. Michaelis geschenkte Abtsmühle, daneben den kürzlich mit einem Durchgang versehenen hohen Wasserturm

Blick von der Galerie des Abtswasserturms.

der Abtswasserkunst, von 1530, weiter links den interessanten Holzfach werkbau der Lü'nermühle, von 1579. Von dem Mühlenstege zwischen den beiden Mühlen bieten sich nach Süden wie nach Norden überraschend schöne und von Malern oft benutzte Ausblicke.

Die Lünerstraße führt dann weiter zwischen dem städtischen Kauf hause (d. i. Lagerhaus), einem stattlichen Backstein bau von 1742 mit Schauseite von Sandstein im Barockstil und dem schon 1347 erwähnten Kran mit grünem Kupferdach, an dem Hause Nr. 14 vorbei, welches von Amsterdam zu Schiff herbeigeschafft und 1579 auf gerichtet

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worden ist. Sein Stil, niederländische Renaissance, entspricht dieser Abkunft. Nachdem wir noch das letzte Haus der Straße, einen echten Lüneburger Bau ans dunkelglasierten Ziegeln mit Medaillons aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts betrachtet haben, wenden wir uns rechts am Hötel zum Schießgraben vorbei zum alten Schützen hause mit Restauration). Der große Schützensaal im Oberstock ist an Decke und Wänden gänzlich bedeckt mit alten Königs scheiben von den jährlichen Schützenfesten, zurückreichend bis 1709. Auf den älteren ist neben dem Schützenkönig auch der jedesmalige Maigrefe verzeichnet. Der eigenartige Saal wird von größeren Gesellschaften und Vereinen, die von auswärts nach Lüneburg kommen, gern benutzt. Vor dem Hause steht eine alte riesige Eiche Die Schützenfeste ent standen wohl aus den uralten Frühlings Maifesten.

“Das Museum

in dem 1891 erbauten stattlichen Gebäude Wandrahm straße 10, enthält die Sammlungen des »Museumsvereins für das Fürstentum Lüneburg« (gegründet 1878) und des »Naturwissenschaftlichen Vereins« (gegründet 1851 .

Es ist für jedermann frei geöffnet Sonntags von 11*/ 1 bis 1 Uhr, von Mai bis Oktober einschließlich an jedem ersten und dritten Sonntage des Monats auch von 21/* bis 4 I hr. Sonst führt der Hauswart, eine Person 50 /&, zwei Personen 80 /$, jede weitere Person 20 /$.

In der Eingangshalle haben zwei große Flügelaltäre aus Wittfeitzen und Verßen Aufstellung gefunden, hier steht auch die schon erwähnte merkwürdige Lunasäule.

Das Untergeschoß enthält die prähistorische Ab- teilung; sie ist umfangreich und von um so größerer Be deutung, als sie mit wenigen Ausnahmen nur dem eigensten Museumsbezirk, d. h. dem ehemaligen Fürstentum Lüneburg, entstammt. Hervorzuheben sind die reichhaltigen 1 rnen funde aus dem Urnenfriedhofe bei Rebenstorf im \\ endlande, um deren Ueberweisung das Ehrenmitglied des Museums Vereins, Herr Lehrer Mente in Rebenstorf, sich große Ver

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dienste erworben hat. Ferner die keramische Abteilung,

ausgezeichnet durch eine hervorragende Sammlung

Lüneburgischer, zumeist grün glasierter Kacheln sowie durch eine Keihe vollständiger Oefen vom 16. bis zum 19. Jahr- hundert. Auch die Formsteine und die Terrakotten verdienen Beachtung, hinzu gesellen sich Bildwerke und Ornamente in Stein gemeißelt, darunter schöne Bruchstücke alter Beischlag- wangen, zahlreiche Ofenplatten des 16. und 17. Jahrhunderts aus Gußeisen mit figürlichen Darstellungen. Die Sammlung

für Formschnitt enthält Backformen, Druckformen für Lein- wand, für Leder- und Papiertapeten, Holzstöcke für Spiel- kartendruck. Die ansehnliche ethnographische Sammlung setzt sich fast ganz aus Geschenken zusammen. Die Fayencen und Porzellane stehen im Erdgeschoß verteilt. Eine köstliche Sammlung von Holzstöcken für Buchillustration und Buch- ornamentik von etwa 1570 bis 1830, ist aus Mangel an Platz zur Zeit nicht ausgestellt.

Das Erdgeschoß setzt sich aus zwei Sälen zusammen. Im großen Südsaale (links) befindet sich die gothische Ab-

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teilung mit der Bekrönung der Fürstengruft aus St. Michaelis, mit Besten der goldenen Tafel, ebendaher, mit charakterist i sehen Truhen, Schränken, Türen und Täfelungen, mit einer geschnitzten und bemalten Kanzel aus Emern, einem Haus altar aus Pfeifenton nach Art des Iudocus Vredis, einer in fünf Bildwerken kunstvoll geschnitzten Legende* der heiligen Elisabeth, ferner aus Bucheinbänden, Stickereien, G< und vielen anderen großen und kleinen Kunstaltertümern kirchlichen und profanen Ursprungs. Sämtliche Stücke auch

Wendenstube.

dieser Paradeabteilung stammen aus Stadt oder EU bezirk Lüneburg. Zwei Kabinette mit Kunstwerken aus dei Renaissanceperiode schließen sich den Erzeugnissen d< r < Jot an ein drittes Kabinett enthält die Barockgegensttade, soweit nicht ihre Größe einen anderen Plate erforderte. Dr< gruppen sind aus den Kunstalte,- tümera bäuerlicher Herkunft gebildet, hier ist an erster Stelle die wohl einzig der Elbmarsch-Stickereien zu nennen man beachte auch die mustergültigen Stuhlkissen , sodann 'lei Bauems

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der Geest, der Marsch, aus den Vierlanden und aus dem Altenlande; reich vertreten sind auch die Volkstrachten dieser Gegend. Der kleinere Saal des Erdgeschosses (rechts) um- faßt die Wendenstube, ein Geschenk der Dorfgemeinde Rebenstorf, vermittelt durch den schon genannten Herrn Mente, die Sammlung alter Hausgeräte, die Ansichten der Stadt Lüneburg und ihrer Umgebung, die photographische Abteilung, die Gilde- und Innungssachen, die Münz- und Medaillensammlung, Erinnerungen aus den Freiheitskriegen und aus dem Jahre 1848. Hier hängt auch ein Teil der Originalradierungen des Berliner Kunstmalers Wilhelm Feldmann, eines geborenen Lüneburgers. Zwei große Schauschränke bergen die schöne prähistorische Sammlung des Hofbesitzers H. Meyer in Haarstorf, ein dritter be- merkenswerte alte Globen sowie wissenschaftliche Instrumente aus der früheren Ritterakademie. Nur z. T. hat bisher die wertvolle Sammlung von Kunstaltertümern und Lüneburgensien des Kanzlisten a. D. Friedrich Schecke Aufstellung finden können, ein hochherziges Geschenk des früheren Eigentümers und seiner Witwe.

Die naturwissenschaftliche Sammlung, im zweiten Stock, umfaßt möglichst vollständig die Pflanzen- und Tierwelt, sowie die Gesteine unserer Gegend. Bekanntlich ist Lüneburg durch das Hervortreten älterer Gesteinformationen in seiner Nähe besonders interessant. Die Eiersammlung, sowie die Nachbildungen der Obstsorten sind zu bemerken. Selbstverständlich findet sich auch manches Sehenswerte, was nicht hier heimisch ist, z. B. fremde Vögel, Schmetterlinge, Minerale u. dergl. Besonders interessieren wird manchen ein 1883 hier in Lüneburg gefundener, in Spiritus auf bewahrter Rattenkönig.

Kloster büne.

Sehr sehenswert ist Kloster Lüne. Zwei Wege führen dahin (20 Min.), der sog. Lünerdamm mit Lindenallee an den Kasernen vorbei und die Heerstraße nach Artlenburg.

An einem Orte Hliuni bei Bardowiek lagerte schon 795 Karl der Große mit seinem Heere. Das reiche Bene- diktinerkloster von St. Michael zu Lüneburg besaß dort einen Hof und beförderte die Gründung eines Klosters für Bene-

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aun'I uj *i m pun dqojjM

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diktmerinnen, welche 1172 erfolgte. Die Volkssage weiß von einem unterirdischen Gange zwischen beiden Klöstern. Zur Zeit der Reformation wurde Kloster Lüne ein weltliches Fräuleinstift, insbesondere für den Adel des Fürstentums Lüneburg, und ist solches noch jetzt. Es brannte 1372 ab und der heutige Bau ward von 1374 bis 1412 errichtet, später sind mancherlei An- und Nebenbauten hinzugefügt. Der Kern ist ein Viereck mit offenem Binnenhof (Friedhof), um- zogen vom sog. Kreuzgang, einem geschlossenen Bogengang mit auffallend gedrückten Kreuzgewölben. Dem Kreuzgang vorgelagert sind nördlich die Kirche, westlich die Diele mit zierlichem gothischem Springbrunnen und der ehemalige Speisesaal (refectorium, Remter) mit Glasmalereien (Apostel), südlich der Kapitelsaal, um 1720 umgestaltet, östlich die Wohnung der Aebtissin. Sämtliche Fenster des Kreuzgangs sind mit schönen Glasmalereien, gothischen und Renaissance- stils, von 1380 1600 geschmückt.

Die einschiffige gothische Kirche ist vor längeren Jahren restauriert und hat dabei viel von ihrer alten malerischen Schönheit verloren. Beachtenswert ist der Flügelaltar, spät- gothisch, mit an gesetzten Barockstücken ; die Vorderseite des Unterbaues trägt als Antependium wohl das älteste Tafelbild dieser Gegenden, wahrscheinlich um 1372 gemalt, Tempera- farben mit Goldgrund auf einer mit Kreide überzogenen Holztafel, in mehreren Gruppen die Hauptstücke der Geschichte des Heilands darstellend. Die Kanzel zeigt guten Renaissance- stil, die Orgel ist ein vorzüglich charakteristisches Stück des Barockstils. Der alte eherne Taufkessel hat neuerdings einen seltsamen Metalldeckel erhalten. Die südlich an die Kirche gebaute St. Barbara-Kapelle dient als Sakristei. Der von Pfeilern gestützte Nonnenchor im Westen enthält nichts besonderes mehr, außer einem Bilde von Lukas Kranach von 1538 und einem Gobelinteppich von 1592. Zu bemerken sind noch das ehemalige Propstenhaus, jetzt Schule; die Klostermühle, Fachwerkbau von 1572 und der Klosterkrag von 1570, Fach werkbau mit schönen Holzschnitz-Ornamenten, Figuren und Inschriften (Gasthaus). Die mittelalterlichen, gestickten Teppiche und sonstigen Kostbarkeiten des Klosters werden bei besonderem Anlaß und auf Empfehlung mit großer Freundlichkeit vorgezeigt.

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Die geognostischen Verhältnisse Lüneburgs.

Von M. Stümcke.

Das alte Wahrzeichen der Stadt >der landschaftlich und natuwissenschaftlich gleich ausgezeichnete Kalkberg« int auf gebaut aus den ältesten Schichten des bei Lüneburg anstehen den Gebirges.

Das Gestein ist seiner Hauptmasse nach ein sehr locker kristallisierter, mannigfach durch Eisenoxyd oder Bitumen gefärbter Gips, dessen durch »Seitenschub« steil aufgerichtete Bänke mit nicht immer sichtbaren dolomitischen Kalkstein schichten von verschiedener petrographischer Beschaffenheit wechsellagern.

An accessorischen Mineralien finden oder fanden sic h im Kalkberggipse Glinzerspat, Magnesiumchlorid, Magnesium sulfat, Pyrit, kleine Rauchtopase und der in so mannigfachen Kristallformen auftretende aus Magnesiumborat und Mag nesiumchlorid bestehende Boracit.

Das so seltene Mineral Boracit, das bis jetzt nur an wenigen Stellen der Erde auf gefunden worden ist, ist seit mehreren Jahrzehnten im Kalkberg nicht mehr beobachtet worden.

In der Sammlung des naturwissenschaftlichen \ ereins im Museum ist eine große und wertvolle Suite davon ausgelegt. Die mannigfachen Kristallformen, in denen das Mineral er scheinen kann, sind in guten Modellen veranschaulicht.

In der Literatur werden die Kristalle des Boracits zu- erst erwähnt von Lasius im Jahre 1787, der dieselben für kubischen Quarz hielt. Der Apotheker Westrumb in Hameln

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wies darin 1789 die Borsäure nach und nannte das Mineral sedativsauren Bitterspat, eine Bezeichnung, die noch in demselben Jahre von dem großen Freiburger Geologen Abraham Werner in die heute allgemein übliche Bezeichnung umgewandelt wurde.

Volger, Roth und mit ihnen eine große Zahl namhafter Geologen rechneten die Sedimente des Kalkbergs zu der Anhydrit-Gruppe des mittleren Muschelkalks.

Im Jahre 1898 fand der Bezirksgeologe Dr. G. Müller in der Südecke des seit vielen Jahrhunderten betriebenen Gipsbruches am Kalkberge graubraune Rauch wackenschichten im Zusammenhänge mit dünnen Bänkchen von Letten und Zechsteinasche, die petrographisch völlig die gleichen waren, wie sie bisher namentlich aus dem mittleren Zechsteine Thü- ringens bekannt geworden waren, ein Umstand, der diesen Geologen in erster Linie bewog, die Entstehung der gesamten Kalkbergsedimente in die Epoche des »Mittleren Zechsteins« zu verlegen.

Als geologisch jünger, dem oberen Zechstein angehörend, betrachtet Dr. Müller den in der Nähe des Kalkbergs liegen- den, oberflächlich fast abgetragenen Gipsstock des Schildsteins, dessen Lage heute durch zwei tiefe mit süssem Wasser er- füllte Löcher bezeichnet wird, die von einem Walle umgeben sind, der zum größten Teile aus weggeräumten Erdreiche entstanden ist.

Der mit Anhydrit wechsellagernde Gips des Schildsteines, dessen Hangendes ein heute noch sichtbarer teilweise oolithi- scher und bituminöser Plattendolomit bildet, ist wesentlich härter als der des Kalkberges und fand so neben der Be- nutzung im gebrannten Zustande als Gipskalk vielfach Ver- wendung als Baustein.

Im ältesten Teile des Domes von Bardowyk ist auch Schildsteingips in Blöcken verwendet worden. Man erkennt das an den im Gestein sichtbaren Boracitkristallen, die in ihren Formen von denen des Kalkberges abweichen.

Mit den Zechsteinsedimenten der Oberfläche stehen zweifellos die durch ein ausgedehntes Senkungsgebiet sich verratenden Steinsalzlager der Tiefe in Verbindung, denen die seit einem Jahrtausend technisch verwendete starke Sol- quelle entstammt.

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Nach den Untersuchungen Dr. G. Müllers geheu die zum Zechstein gerechneten Sedimente unvermittelt in meso zoische, zunächst der Trias angehörende Schichten über, die als oberer Muschelkalk, Kohlenkeuper und ( fipskeuper g< deutet worden sind.

Der obere Muschelkalk ist anstehend heute nicht mehr zu beobachten. Der Kohlenkeuper tritt im westlichen Teile der Schafweide teilweise zu Tage, während der Gipskeuper im östlichen Teile der Schafweide und den daranstoßenden Rotenburger Ländereien wie auch im Pieperschen Bruche westlich von Mönchsgarten gut aufgeschlossen ist. -

Dem Kohlenkeuper gehören die viel citierten fetten Tonmergel des westlichen Teiles der Schafweide mit den ein- gelagerten mehr oder weniger dolomitischen Kalksteinbänken an, die Dr. G. Müller mit den Trigonodus Schichten von Süd deutschland parallelisiert hat.

Nach den Untersuchungen von Dr. G. Müller und Dr. 0. v. Linstow kann man in den Lettekohlenschichten der Schafweide drei Horizonte unterscheiden, die nach den lei tenden Fossilien als Schichten mit Mvophoria intermedia, Myophoria simplex und Anaplophora bezeichnet werden können.

Mit den Intermedia-Schichten steht wahrscheinlich ein mit zahlreichen Fischresten bedeckter Sandstein in Verbindung, von dem Dr. G. Müller dünne Platten auf der Halde einer jetzt verlassenen Pinge ausgrub und als Bonebed deutete. -

Als wichtigste Petrefacten der Lettenkohle nenne ich nach v. Linstow

Placunopsis ostracina v. Schl.,

Velopecten Albertii Gof.,

Myophoria intermedia v. Schauer,

» simplex v. Schl.,

» pes anseris Br.

Mit diesen Sachen treten als seltene Erscheinungen der Ceratites nodosus, das knotige Ammonshorn , und ein davon abweichender Ceratit auf, der wahrscheinlich eine neue Art vorstellt.

In den Anaplophora-Sehichten,. mit denen die tierischen Beste im Keuper überhaupt aufhören, finden sich in großer

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Menge nur die Steinkerne von Anaplophora lettica und A. donacina.

Über der Anaplophora-Bank lagern graue Steinmergel- bänke und glimmerreiche Sandsteinschichten, mit denen auf der Schafweide der Kohlenkeuper gegen die an 500 Meter mächtige Schichtenfolge des Gipskeupers durch eine Ver- werfung abschneidet.

Der Gipskeuper, wie derselbe bei Pieper und im west- lichen Gebiete der Schafweide aufgeschlossen ist, besteht seiner Hauptmasse nach aus bunten Tonmergeln, an deren Basis Steinmergel und Schilfsandsteinbänke liegen, während ihre obere Grenze durch dünne etwa 7 cm dicke sehr harte Steinmergelbänke in Gesellschaft mit einer ebenso dicken Coelestinbank markiert wird.

In den Tonmergelschichten finden sich neben eigen- tümlichen conglomeratisch ausgebildeten Gipskonkretionen und Ablagerungen von fast reinem Magnesjumcarborat (Nöllnerit) dünne Sandsteinbänkchen, die teilweise mit Afterkristallen nach Steinsalz bedeckt sind.

Die oberste Steinmergelbank, deren Oberseite von boh- renden Spongien corrodiert erscheint, bildet das Liegende der oberen Kreide, die bei Lüneburg übergreifend die triadischen Sedimente überlagert.

Die Kreideablagerungen sind es besonders, die das große Interesse der Geologen für unser Gebiet seit einem halben Jahrhundert erweckt haben.

Nach den Untersuchungen des Herrn v. Strombeck und Professors Stolley können bei Lüneburg folgende Stufen der oberen Kreide von unten nach oben gerechnet unterschieden werden :

a) Cenoman:

I. Tourtia.

II. Varians-Pläner.

III. Rotomagensis-Pläner. ß) Turon:

IV. Mytiloides-Pläner.

V. Brongniarti-Pläner.

VI. Scaphiten-Pläner.

VII. Cuvieri-Pläner.

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y) Senon:

VIII. Emscher Mergel.

IX. Granulaten-Kreide.

X. Quadraten-Kreide.

XI. Mucronaten-Kreide.

a. Untere Zone.

b. Heterocuas-Zone.

c. Trigonosema-Zone.

Diese Kreide - Sedimente, auf die sich eine umfang reiche Industrie gegründet hat, sind in sieben zum Teil großen Brüchen aufgeschlossen. In der folgen« len Liste der Aufschlüsse sind die anstehenden Schichten den Nummern nach beigefügt, wobei zu bemerken ist, daß der alte Ratsbruch gegenwärtig verlassen und teilweise verschüttet ist.

a. Alter Ratsbruch oder Kämmerei-Bruch, jetzt im Besitze der Portland-Cementfabrik vor dem Bor dowyker Tore (IV, V, VI und VII).

b. Nördlich davon ebenfalls jetzt der Portland-Cement fabrik gehörend, der Behr’sche Bruch (VII, VIII, IX

c. Daran schließt sich der alte Bruch der Cementfabrik, durch den aufgeschlossen sind III, IV, VI, VII, VIII, X (a, b, c).

d. Fiscalischer Bruch, sog. Soda-Bruch, am Zeltberge mit II und III.

e. Neuer Cementbruch am Zeltberge auf den Roten burger Ländereien mit I und II.

f. Alter Pieperscher Bruch, auch als Volger’s Hall be zeichnet, mit I, II, IV, V, VI, VH, \ III.

g. Neuer Pieperscher Bruch bei der Saline IN , \ , N L

Am besten kann man die Schichten der Kreide beob- achten auf einer Wanderung von der Schaf weide über die Rotenburger Ländereien durch den Behrschen Bruch nach dem alten Bruche der Cementfabrik an der Bardowyker Chaussee. Mit Ausnahme des Cuvieri-Pläners (VII), der hier durch Verwerfung vollständig verschwunden ist. überschreitet man auf diesem Wege die Schichtenköpfe sämtlicher Ab- lagerungen, von denen die rötlich gefärbten Katesteinbänke des Mytiloides-Pläners zur stratigraphischen Orientierung wert voll sind.

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Ananchytes ovata Lam.

Acanthoceras rotomagense Brong.

Discoidea cylindrica Lam.

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Myophoria pes anseris Br.

Kuemer.

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Von den zahlreichen Petrefacten dieser Kreidesedimente ist eine reichhaltige Sammlung im Museum vorhanden.

Als die wichtigsten mögen hier genannt sein aus dem Cenoman:

Belemnites ultimus d’Orb, Ancellina gryphaeoides Sow, Serpula Sowerbyi Mantell, Plicatula inflata Sow, Ino- ceramus orbicularis Münster, Kingena lima Defr., Schloen- bachia varians Sow, Acanthoceras rotomagense und Acanthoceras Mantelli Sow, Terebratula biplicata Sow, Discoidea cylindrica Lam, Holaster subglobosus Leske; dem T u r o n :

Inoceramus mytiloides, Inoceramus Brongniarti Sow, Terebratula subrotunda Sow, Ananchytes ovatus Lam, Holaster planus Mant, Infulaster excentricus, Inoce- ramus Cuvieri, Micraster cor testudinarium Goldf. ;

S e n o n :

Actinocamax westfalicus Schlüter und A, verus Miller, Inoceramus involutus’', Echinoconus conicus Breyn, Micraster cor anguinum Klein, Actinocamax granulatus, Marsupites ornatus, Actinocamax quadratus Blain, Ananchytes ovataLam Belemnitellamucronata v. Schloth, Nautilus patens, Gaudryceras mite v. Hauer, Hamites Wernickei Wollem, Heteroceras polyplocum A. Roemer, Baculites Knorrianus, Pachidiscus pseudo - Stobaei, Pleurotomaria regalis v. Schloth, Gryphae a vesicularis, Inoceramus Cripsi Mant, Pholadomya decussata, Tri- gonosema pulchellum.

Am interessantesten für die Sedimente des Senons sind die zahlreichen Ammoniten und ammoni tischen Nebenformen (Hamites, Heteroceras) die zur Zeit der jüngsten Ablagerungen der oberen Kreide auf der Erde überhaupt aussterben.

Die Schichten des Flötzgebirges werden bei Lüneburg wallartig umlagert von tertiären Sedimenten, die dem Miocän zugerechnet werden.

Es ist das ein sehr dunkler glimmerhaltiger Ton, dessen zahlreiche Versteinerungen schon 1612 von Agricola erwähnt und später von Reiskius (1683) und Leibniz (1749) teilweise beschrieben und abgebildet worden.

Technische Verwertung findet der Glimmerton, der in seinen tieferen Schichten sehr phosphorsäurereiche Phosphorite

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führt, heute in den Ziegeleien zu Ochtmissen und Wüschen- brook,

Als die häufigsten Petrefaeten desselben mögen genannt sein: Wirbel von einer kleinen Walfischart, die Zähne von den Haifischarten Lamna crassidens und Lamna cuspidata.

An Mollusken: Conus antediluvianus, Murex spinicosta. Pleurotoma Steinvorthi, Fiisus Luneburgensis, Astarte radiata, Limopsis aurita und Dentalium badense.

Abgesehen von der Zechsteinkuppe des Kalkherges und dem teilweise aus Kreide aufgebauten südlichen Teilt* Rt*s Zeltherges wird das Relief unserer weiteren Umgehung in den mit weiten ebenen Flächen abwechselnden Höhenzügen fast durchweg bestimmt von Quartären-Bildungen, di<* uht r.nl den Tertiärton überlagern.

Der Entstehung nach ist das heimatliche auch als Diluvium bezeichnete Quartär, wo er uns als Kiese, Sande und Tone mit großen erratischen Granithlöcken entgegentritt, als das Umwand elungsprodukt der Grundmoräne gewaltiger nordischer Gletscher zu betrachten, die in der Zeit der frühe ;sten Glacialepoche die ganze norddeutsche Ebene als Inlandeis liberlagerten.

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Weg im Lüner Gehölz.

Hähere Umgebung.

Spaziergänge und Vergnügungsörfer.

Die Umgegend von Lüneburg ist längst nicht so einförmig und reizlos, wie mancher Fremde, der von der Lüneburger Heide gehört hat, sich vorstellt. Es fehlt namentlich nicht an näheren und weiteren schönen Wäldern mit gemütlichen Wirtshäusern zur Käst.

Nördlich von der Stadt beginnt gleich hinter Kloster Lüne ein nicht sehr großer aber schöner Wald mit Spazier- wegen und an seiner Nordostecke liegt das Kaffeehaus Zum grünen Jäger. Wer nicht weit gehen will, um ein Stück Heidelandschaft zu sehen, findet ein solches, nicht groß aber charakteristisch, unmittelbar nördlich von diesem » Lüner-

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holze«, 3 Kilometer von der Stadt. Ausgedehnte Heideflächen muß man schon erheblich weiter suchen; in alter Zeit reichten sie bis vor die Tore der Stadt.

Im Nordosten erstrecken sich von der Eisenbahnstation Adendorf ab abwechslungsreiche Wälder, teilweise auf einer bis zu 250 Fuß ansteigenden Hügelkette belegen, nach Süd osten meilenweit bis nahe an die Eisenbahnstation Vastorf.

Nur 2 Kilometer südöstlich von der Stadt liegt Kaltenmoor, früher alter Patriziersommersitz, ländliches Wirtshaus, schöne alte Bäume.

Die meist besuchten Spaziergänge liegen südlich von der Stadt, an der Ilmenau aufwärts auf beiden Ufern. Am nächsten am linken Ufer die Wirtschaft Z u m Ilmenau garten mit schöner Fernsicht über das Wiesental der Ilmenau. Von dort führt ein Spazierweg durch schöne Park anlagen mit zahlreichen Fischteichen, welche der Ver schönerungsverein angelegt hat, zur städtischen Forst Koteschleuse, mit der beliebten Wirtschaft Zur Roten schleuse, reizend an der Ilmenau belegen, 4 Kilometer

Treppenaufgang zum Bockeisberg.

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von der Stadt. Eine Laufbrücke unterhalb der Rotenschleuse gewährt eine bequeme Verbindung mit der Tiergartenforst.

Bei dem Ilmenaugarten führt eine Laufbrücke über den Fluß, zunächst zum Wirtshaus Wilschenbrook mit hübschem Wäldchen. Dort beginnt die städtische Forst Tiergarten, welche am östlichen Ufer der Ilmenau bis zu dem 472 Kilometer von der Stadt entfernten Forst- und Kaffeehause reicht. An der nahe gelegenen Station Deutschevern hält im Sommer der Nachmittagszug.

Wer eine malerische hügelige Heidelandschaft sehen will, wandere von Deutschevern über das einsame Gehöft Diecksbeck nach der nächsten Eisenbahnstation Bienenbüttel, oder aber vom Forsthause Tiergarten über den Melbecker Ilmenausteg zur Rotenschleuse.

Von der Rotenschleuse führt ein Promenaden weg im Walde durch die sog. Lüneburger Schweiz nach Hasenburg. Aktien-Brauerei daselbst. Das Wirtshaus ist an einen mittel- alterlichen städtischen Wartturm angebaut und liegt malerisch an einem Teiche (27» Kilometer von der Stadt).

Fischerhaus am Fuße des Bockeisberges.

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Im Westen der Stadt, 4 Kilometer weit, liegt die städtische Forst Böhmsholz und an deren Westende das gemütliche Forst- und Kaffeehaus B Ö h m sh ol z. gelangt dahin entweder über S ch n e 1 1 e n b e r g , das uralte Adelsgut der von Meding, wo die Lage der alten Wa bürg noch deutlich zu erkennen ist, durch die nicht große aber schöne Gutsforst; oder aus dem Neuentore erst der Landstraße folgend an der weltberühmten W rede’ sehen Gärtnerei vorüber, dann links auf einen Fußsteig durchs Feld einbiegend, welcher nahe vor der Forst die alte städtische Landwehr durchschneidet, Doppelwälle mit drei tiefen (bähen mit dichtem Gestrüpp bewachsen.

Zurück über das schön gelegene Dorf Heiligenthal alte niedersächsische Bauernhäuser und das Dorf Oedeme nach Lüneburg.

Ein schönes Stück Fleide kann man auch durchwandern, wenn man in Beppenstedt von der Salzhäuser Landstraße nach N.*W. abbiegend und dem uralten längst verödeten Heerwreg folgend über die »Dachtmisser Wüste eine höchst interessante Landdünenbildung) nach dem reizend belegend i Forstorte Einemhof und von dort entweder durch die sog. Lange Heide nach Station Wulfsen oder zurück nach Station Mechtersen wandert.

Bardowiek.

Bardowiek, ein sog. Flecken mit 303 Häusern und 2000 Einwohnern liegt, durchweg dörflich gebaut, lang hin gestreckt am linken Ufer der Ilmenau, 5 Kilometer nördlich von Lüneburg. Es ist zu Fuß bequem in einer Stunde tu erreichen; mit der Bahn allerdings in 10 Minuten; indessen liegt der Bahnhof H/s Kilometer westlich vom Orte.

Bedeutend durch uralten Gemüsebau und Handel mit Sämereien. War bis 1189, wo Herzog Heinrich derL ö w e es zerstörte, eine Stadt, deren Alter, Größe und Bedeutung Sage und Phantasie bedeutend übertrieben haben.

Karl der Große lagerte auf seinen Heereszügen daselbst 795 und 798 und bestimmte es 805 als einen der

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Grenzhandelsorte zwischen Deutschen und Wenden. Vorher schon hatte er eins der für die bekehrten Sachsen bestimmten Bistümer dort errichtet, es nach wenigen Jahren indes nach Verden an der Aller verlegt. In Bardowiek aber verblieb der Dom des Bischofs und das Domkapitel; letzteres wurde als weltliches Stift erst 1851 aufgehoben. Mit Gütern und Ein- künften ausgestattet wurde die Stiftung seinerzeit von dem bekehrten W i 1 1 e k i n d.

Dom zu Bardowiek.

Bardowieks Bedeutung als Handelsort beruhte auf der Lage an der uralten Heerstraße nach dem Norden, welche dort auf einer bereits 1059 urkundlich erwähnten Brücke die Ilmenau überschritt und bei Artlenburg die Elbe erreichte. Uebrigens ist Bardo wiek wohl nie mehr als eine Dorf stadt gewesen, vor Karl dem Großen aus mehreren Herren- höfen von Hochadelsgeschlechtern bestehend, auf deren Grund und Boden sich eine verhältnismäßig zahlreiche Bevölkerung anbaute. Mit der Zerstörung verlor es sein Marktrecht, seine Münze und manches von seiner städtischen Verfassung. Sein

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Straßennetz ist wesentlich noch das uralte, seihst die Straßen- namen haben sich zum Teil noch erhalten.

Der von Süden kommende Besucher erreicht zuerst das der Stadt Lüneburg gehörende Hospital auf St. Nikolai hof. Lüneburg errichtete dort 1226 ein Leprosen haus, d. h# ein Hospital für Aussätzige. Als der Aussatz in unseren Gegenden erlosch, um 1400, wurde es ein Versorgungsliaus für alte und invalide Leute beiderlei Geschlechts und besteht als solches noch jetzt. Ursprünglich ist es wohl ein Herren hof der Widonen, denen Widukind (Witte kind) an gehörte, gewesen und die Kirche an Stelle eines Wodans heiligtums errichtet. Es hat 1220 Morgen Grundbesitz. Dir 1435 neuerrichtete Kirche, wesentlich bis .heute unverändert erhalten, hat schöne Glasgemälde aus jener und aus späterer Zeit und eine Glocke von 1468. Unweit liegt das Gasthaus Zur Schleuse, ehedem auch zum Herrenhause gehörend, mit schönem Stein wappen von 1593. Gegenüber lag auf einer von der Ilmenau umflossenen Insel der uralte Herren hof Vrestorf, der Ursitz der Edelherren Schack.

Von den neun Kirchen und Kapellen des alten Bardowieks ist nur der Dom erhalten; die übrigen ließ man nach der Reformation zerfallen. Drei von ihren Kirchhöfen werden noch heute von bestimmten Interessenten zu Be erdigungen benutzt. Es waren kleine romanische Bauten aus Feldsteinen, wie man deren einige noch heute in unseren Gegenden findet.

Nördlich von St. Nikolai hof liegt der Kirchhof St. Wilhaldi. Die Kirche St. Wilhaldi gehörte zu einem Herrenhofe der Billunger »Auf dem Berge*, welchen sie 952 dem Kloster Kemnade* an der Weser schenkten. Weiter nördlich folgt der auch heute noch benutzte Kirchhof von St. Johannes dem Täufer, dessen Kirche die Edelherren Schack zu Karls des Großen Zeit als Taufkirche errichteten, 1282 aber, als sie Vrestorf verkauften und sich nach Mecklen bürg und Holstein wandten, dem Domstitt schenkten.

Im Westen von Bardowiek, an der Piperstraße, deren Fortsetzung, die Rackerstraße, eingegangen ist, liegt der noch benutzte Kirchhof von St. Vitus. Die Kirche errichtete seinem Hauptheiligen, dem heiligen Veit, das Kloster Corvey an der Weser, welches den

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Herrenhof »Auf dem Sande« 901 von einem Ludolfinger geschenkt erhalten hatte. Hernach errichtete es auch seinem andern Hauptheiligen, St. Stephanus dem Apostel, ein Gotteshaus am Nordende von Bardowiek, welches zur Zeit der Reformation einging. Im Osten, nahe der Ilmenaubrücke, lag die Sühnekapelle des auf der Brücke erschlagenen Märtyrers Marianus. Herzog Ernst der Bekenner ließ sie 1540 niederreißen. Auf dem Marktplatze stand die Bürgerkirche, St. Fabian und St. Sebastian geweiht. Oestlich nahe hinter ihrem heute bebauten Platze liegt das noch heute als Gemeindehaus benutzte uralte Gilde haus (engl. Guildhall), der jetzige Bau von 1651. Etwas weiter östlich, unweit der Ilmenau und der Brücke, lag die alte Burg der Bardonen, deren Stätte noch heute die Bürg heißt.

Auf dem Domhof erbaute” das Domstift um 1250 eine St. Marien kap eile, welche 1790 abgebrochen wurde.

Der Dom war .zuerst wohl ein Holz- oder Feldstein bau. Um 1150 wurde er durchaus neu errichtet aus behauenen Gipsquadern, eine romanische Basilika. Die Höhe des Mittel schiffs sowie die der niedrigeren zwei Seitenschiffe läßt sich noch an den Rundbogenfriesen der Doppeltürme innen und außen erkennen. Die meisten Reste von diesem alten Bau enthält der Unterbau der Türme; besonders sehenswert ist das alte, jetzt von innen vermauerte Portal mit eigenartigem Schlußstein. Die 1364 zu Ehren das Märtyrers Stephanus vorgebaute Kapelle hat es geschützt. (Der Unterküster schließt auf.) ' ..

Um 1380 wurde der Dom auf den alten Grundmauern neu von Backstein erbaut, die drei Schiffe zu einer gothischen Hallenkirche umgestaltet und der Chor weit nach Osten verlängert. Derselben Zeit gehört auch wohl die Löwenfigur über der Südtür an. Das herrlich geschnitzte Chorgestühl im Innern ist von 1486. Der Taufkessel von Erz von 1367. Vor dem Altäre liegt, jetzt durch einen modernen Teppich verdeckt, ein Grabstein des Dekans Schomaker von 1406 mit gravierter Bronzeplatte. Der Altar mit geschnitzten Figuren ist auch yon 1486. Die bemalten Glasfenster im Chor sind das mittlere vor 40 Jahren, die seitlichen vor 200 Jahren gemacht. An der Nordwand steht ein Grabstein des Kanonikus Schomaker (f 1563) von Albert von Soest.

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Der Fremde versäume nicht, eins der alten Häuser mit moosigem Strohdach und nach innen gekehrten Pferdeköpfen mit Blumenzügeln als Giebelzier auch innen zu besehen. Die älteren nicht dörflich gebauten Häuser in der Nähe des Doms sind die ehemaligen Wohnungen der Domherren, die sog.Curien. Von der alten Volkstracht ist wenig erhalten; eigenartig ist das runde Polster (sog. Waaschen) mit farbigen Tnchabschnitten benäht, welches die Frauen unterlegen, wenn sie Körbe mit Gemüse u. dergl. auf dem Kopfe tragen. Reste des alten Stadtwalls, welchen Daniel Frese 1590 noch ziemlich wohl erhalten abbildet, finden sich im Westen des Ortes.

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Weitere Umgebung.

Scharnebeck.

Die bei Kloster Lüne nach Nordosten sich abzweigende Landstraße führt an Erbstorf (gutes Wirtshaus) vorüber durch schönen Buchenwald nach dem großen Dorfe Scharnebeck. Dort bestand von 1244 1529 ein Cistercienser-Mönchskloster, das nach der Reformation zu einem fürstlichen Schloßgut und Amthaus umgestaltet wurde ; jetzt Domäne. Die 1319 erbaute große Klosterkirche wurde im vorigen Jahrhundert ver- kleinert und umgebaut, aus den erhaltenen Resten ersieht man, wie stattlich sie gewesen. Im Innern sind an der Orgel und an den Wänden mehrere wertvolle große gothische Schnitzereien aufgestellt, mit Kalk stark übertüncht. Auf dem Forsthof steht die stärkste Eiche dieser Gegend, von 6 Meter Umfang. Eine lohnende Wanderung ist auch von Bahnhof Adendorf nordöstlich durch den Scharnebecker Wald über Rullstorf, durch Buchenhochwald, nach Lüdersburg, uraltem Adelsgut. Von dort zu Fuß oder mit Kleinbahn nach Station Echem durch weite Wiesenflächen. Letztere Gegend hat Aehnlichkeit mit holländischer Landschaft.

Artlenburg.

Artlenburg, Flecken, 18 Kilometer nördlich von Lüneburg, an der Elbe. Uralte Fährstelle für den Volk- und Heerweg nach dem Norden und Nordosten. Die Burg, in welcher u. a. der letzte Billung, Magnus, starb, lag an der Stelle des jetzigen Beamtenhauses, an der Anlände der

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Fähre. Sie war benannt nach dem kleinen Flusse Ertena (Artenau), der wohl dicht unterhalb in die Elbe mündete und im 12. oder 13. Jahrhundert, als holländische Ansiedler die Gegend eindeichten und bebauten, weiter nach unten abgeleitet und verlegt ist. Dicht oberhalb der jenseitigen Anlände auf dem Steilufer der Elbe liegen die Reste, Wall und Graben, einer vorgeschichtlichen Erdringburg, unterhalb der Anlände das uralte strohgedeckte Siechenhaus von St. Jürgen. Kürzlich abgebrochen.) Sehr lohnend ist ein Gang auf diesem Steil ufer elbabwärts 3 bis 4 Stunden bis »Tesperhude« oder bis »Geesthacht«, auf breitem Fußpfade immerfort durch schönen wechselvollen Wald, mit manchen Durchblicken und Aus sichten auf die grüne Ebene der Marsch, auf die blinkende Elbe und das ferne Lüneburg. Auch die Fahrt auf den täglich mehrmals fahrenden Dampfern zwischen Geesthacht und Lauen bürg, vorbei an der großen Dynamitfabrik zum Krümmel, ist sehr lohnend, auch die Dampferfahrt elbaufwärts an Boizen bürg, Bleckede und Hitzacker vorüber bis Dömitz großartige Eisenbahnbrücke über die Elbe).

Winsen.

An Bardowiek vorüber führen Landstraße und Eisen bahn nach Winsen a. d. Luhe (20 Kilometer). Das freund liehe Städtchen hat ein altes, ehedem sehr festes Schloß der lüneburgischen Herzoge, auf einem alten Herrenhofe Winhusen, wahrscheinlich erbaut um 1320 von Otto dem Strengen. Von 1592— 1617 war es Witwensitz der Herzogin Dorothea, Witwe Wilhelms des Jüngeren, Tochter des Königs Christian III. von Dänemark. Damals wurde die östliche Schauseite des nach Westen offenen Vierecks sehr verändert; der Eingang, welcher unter dem hohen starken Turme hindurchführte, ist etwas nach Norden verlegt, wo er sich noch jetzt befindet und die große hohe Halle im Turme zur Kapelle umgebaut und mit Deckenmalerei im Stile der Spätrenaissance versehen, welche kürzlich wieder aufgedeckt ist. Das lange Fachwerkgebäude am Schloßplatz, der sog. Marstall, ward um dieselbe Zeit errichtet. Die Stadtkirche bietet nichts Interessantes. ^ on A\ insen führt die Landstraße,

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ein uralter Heerweg, nach Hoopte, der Fährstelle hinüber nach Zollenspieker (im Mittelalter Eislingen) durch die hoch- interessanten Vierlande nach Bergedorf und Hamburg. ,

Ramelsloh, Dorf, 3 km nördlich von der Station Marxen der Lüneburg-Buchholzer Sekundärbahn. DerErzbischof Ansgar von Hamburg errichtete dort um 840 ein Stift für Benediktiner, welches, 1540 verweltlicht, gleichwie das Dom- stift Bardowiek bis 1851 bestand. Die vom Kloster allein übrig gebliebene Kirche, kürzlich restauriert, enthält in den Chorfenstern prachtvolle Glasmalereien aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Das Tal der See ve und der Aue enthält aufwärts von der Haltestelle Jesteburg m anche landschaftlichen Reize, wie denn überhaupt die in die Lüneburgische Hoch- fläche tief eingefurchten Täler, in denen Neetze, Ilmenau, Luhe, Seeve und Eiste der Elbe zustreben, eine Fülle anziehender Landschaftsbilder gewähren.

Bahn Lüneburg -Wittenberge.

Vastorf, erste Station, Wanderung zumeist durch schöne Wälder über Alt-Medingen nach Medingen und Bevensen (s. d.) 4 Stunden. ,

Dahlenburg, vom Bahnhof fast 5 km entfernt, uralter Ort. Die Kirche St, Johannes des Täufers hat einen ganz interessanten Altar und schön geschnitzte Kanzel. Eine Kleinbahn führt vom Bahnhof über Dahlenburg nach Bleckede und Echem. Zwischen den Haltepunkten Tosterglope und Barscamp, Forsthaus Schieringen, mit schönem Buchenwald, worin mehrere große Hünenbetten. Bleckede mit ehemals festem Schloß (Renaissance-Bau) und uraltem rundem Schloß- turm. Eiuige alte Holzfachwerkhäuser.

Kurz vor der Station G-öhrde südwärts auf hohem Heidehügel steht das Monument für die Schlacht vom 16. September 1813, wo Pecheux von Wallmoden ge- schlagen wurde, große Steinpyramide, errichtet 1839.

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Das Jagdschloß Göhrde ist 4 km vom Bahnhof entfernt. Der größte Teil des alten Jagdschlosses ist 182G als baufällig abgebrochen. Der 5000 Hektar große Wald ist eingehegt und enthält viel Rot- und Schwarzwild. Iir n ist die Fütterung, sog. Körnung des letzteren. Der Wald hat in den letzten Jahren durch Windbruch und die Nonne sehr gelitten.

Station Leitstade. In der Nähe im Walde zwei große gut erhaltene Steinsetzungen, sog. Hünenbetten.

Hitzacker. Altes freundlich belegenes Städtchen an der Elbe. Neuerdings gut besuchtes Stahlbad. Schöner Wald Klötzie.

Dannenberg. Stadt in der weiten grüben Jeet&el niederung. Vom Schlosse der alten Grafen von Dannen berg (erloschen 1307) stammt noch der Waldemarturm, rund, mit über 10 Fuß dicken Mauern, in welchem König Waldemar von Dänemark von 1223—1225 als Gefangener des Grafen Heinrich von Schwerin gesessen hat. St. Jo hänniskirche.

Westlich von Lüneburg führt die Landstraße, nach dem sie bei Luhmühlen die schnellfließende Luhe auf der uralten Gohbrücke überschritten, nach Salzhausen, einem freundlichen Kirchdorfe. Uralter Gauhauptort und Archi diakonatssitz (Soltenshusen). Die Kirche hat noch romanische Reste und einen Turm aus Granitfindlingen.

Weiter nach Westen kreuzt die Straße den großen schönen Garlstorfer Wald, weiterhin das Auetal, und führt dicht am »Brocken der Lüneburger Heide«, dein Wilseder Berg (580 Fuß hoch) vorüber nach Sehne ver dingen.

Südwestlich führt eine Landstraße nach Ameling- hausen, 20 km, freundliches Kirchdorf in hübscher Heide gegend. Als Sommerfrische besucht. Uralter Herrenhof der Bildung er. In der Nähe die großen Hünenbetten bei Oldendorf. Weiterhin der Einzelhof Stübeckshorn, von wo der Sage nach Hermann Billung stammte. Soltau, 50 km, freundliches Städtchen, ist der rechte Mittelpunkt der Lüneburger Heide. Eisenbahn über Fallingbostel besonders schön gelegen) nach Walsrode ist kürzlich eröffnet Da»

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obere Luhetal bis Bispin gen wird seiner malerischen Schönheit wegen von Malern viel besucht. Gasthäuser gut.

Von Lüneburg nach Süden führt eine Landstraße durch eine Gegend voller Abwechslung über das schön gelegene Dorf Melbeck, an dem interessanten Melbecker Moor vor- über, über Bardenhagen und Velgen nach Ebstorf (auch Station der Uelzen-Bremer Bahn, Bahnhof IV2 km südlich vom Orte). Es ist von schönen Waldungen umgeben und wird •als Sommerfrische besucht. Besonders sehenswert ist Kloster Ebstorf. Früher für Benediktiner-Nonnen ist es seit der Deformation ein weltliches Stift für adelige Fräulein. Keine Urkunde meldet von seiner Stiftung, aber die Tradition wird richtig sein, daß es errichtet ist um 880 in der Nähe der Stätte der für den sächsischen Heerbann verhängnisvollen Normannenschlacht, zum Zweck von Seelenmessen für die dort gefallenen und begrabenen Krieger. Sein Schutzpatron ist der heilige Mauritius, ein Maure und christlicher Kriegs- oberst, welcher bei der Verteidigung des Engpasses von St. Maurice im Rhonetal von den heidnischen Alemannen mit seiner Legion erschlagen und hernach als Märtyrer heilig gesprochen wurde. Die Beziehung ist nicht zu verkennen. Besonders sehenswert sind die Glasmalereien im Kreuzgang, auch der von letzterem umgebene Friedhof. Auf dem Hofe des ehemaligen Klostergutes (jetzt Staatsdomäne) zwei große Scheunen von Eichenfachwerk von 1582 und 1622 sehenswert.

Wer ein rechtes Stück der sog. hohen Heide sehen will, fahre mit der Bahn bis Munster, freundlichem Kirch- dorf im oberen Oerzetal, neuerdings weithin bekannt durch seinen Truppenübungsplatz, und wandere nördlich der Bahn nach Brei oh (3 km) und über Alvern (Alverdingen) 5 km nach dem Einzelhofe Emmingen (Besitzer seit ältester Zeit die Emmann), höchst charakteristischer Heide-Bauernhof, mit za. 1000 Heidschnucken. 1 km entfernt Station Emmingen. Oder aber dem Oerzetal folgend südwTärts nach Müden, von dort über die Ohöfe, mit den berühmten Kieselguhr- lagern, nach Station Unterlüß, mitten im meilenweiten Lüßwalde an der Bahn Hamburg Hannover. Oder auch von Station Suderburg über Dreylingen nach Trauen und Munster.

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An dei Eisenbahn nach Hannover liegen:

Bienenbüttel, in alter Zeit Billungerburg an der Goh- brücke über die Ilmenau. Der Burgturm aus Granitfindlingen dient als Kirchturm. Guter Gasthof bei der Kirche. Sehens werte Fischzuchtanstalt. Nahebei im Westen der schöne Forst Grünhagen. 2 km südlich Wichmannsburg, Kirch doif an der Ilmenau, ebenfalls alte Billungerburg (Wasserburg An der Kirche romanische Beste. Altar zu bemerken.

Nächste Station Bevensen, freundlicher Flecken an der Ilmenau mit schöner waldreicher Umgebung. Uralter Gauhauptort und Archidiakonatssitz (Bebenhusen St. Johanniskirche.

lkm nördlich von Bevensen liegt Kloster Medingen mit schöner Umgebung und Gasthäusern zur Sommerfrische. Gegründet als Cistercienser-Nonnenkloster 1237 in Bohndorf; 1241 nach (Alt-)Medingen versetzt und dotiert von dem noch heute blühenden Uradelsgeschlechte der von Meding: siedelte 1334 nach dem bequemer an der Ilmenau gelegenen Zellensen über, welches von nun ab Medingen hieß. Nach der Keformation wurde es weltliches Fräuleinstift. Die alten Klostergebäude brannten 1781 ab und wurden nebst der als baufällig abgebrochenen Kirche geschmackvoll neu erbaut 1788. Die alte gothische Klosterbrauerei ist stehen geblieben. An deren Südwand stehen zwei alte sehenswerte Grabsteine. Das heute dem Amtsgericht dienende Gebäude erbaute Ernst der Bekenner 1541 als Witwensitz für seine Gemahlin. Es trägt an der Schauseite schön gemeißelte Wappen des Paares, sowie in trefflichen Medaillons ihre Bildnisse in verschiedenen Lebensaltern. Sehenswert ist die Giebelseite des Klosterguts-Gebäudes, Fach werkbau von 1660.

Uelzen, freundliche Stadt in der grünen Ilmenau niederung. Wichtiger Straßenknotenpunkt und Flußübergang. In alter Zeit Löwenwalde, Löbenwohld (Leuba altd. Wald) geheißen, wurde es um 1250 zur Stadt erhoben und Uellessen benannt, nachdem viele Bewohner des nahen Klosters Uelles husen dahin übersiedelt waren. Letzteres hieß fortan Olden stadt. Größtenteils abgebrannt 1646 und 1826. Erhalten sind manche Beste der Stadtmauer; die St. Marienkirche, gothische Hallenkirche aus dem 14. Jahrhundert ; die neuerdings restaurierte Kapelle des St. Spiritus-Stifts mit sehr schöner

94 -

alter Glasmalerei: ein Bürgerhaus mit Giebel von dunkel- glasierten Ziegeln aus dem 15. Jahrhundert, das Propsteigebäude aus dem 16. Jahrhundert und mehrere Fachwerkbauten mit geschnitzten Balken und Haussprüchen. .

Große Zuckerfabrik.

Lohnend ist eine Wanderung durch die westlich nahe der Stadt beginnende, gut gepflegte, za. 1000 ha grosse Stadt- forst. Gasthof zum Fischerhofe. 2 km von da zu den Wiesenkalklagern, die in der Geologie bekannt sind als Beweise der zweimaligen Ueberlagerung Norddeutschlands durch ungeheure Gletschermassen (sog. Eiszeit). Der erste große Abbau liegt in der Stadtforst, ein anderer in der Feld- mark Westerweyhe dicht an der Eisenbahn und die älteste sehr tiefe Grube weiter westlich, auch nahe der Eisenbahn. Von dort gelangt man immerfort durch den schönen Boben- w^ald in ll/2 Stunden nach Ebstorf (s. d.)

Oldenstadt, 3 km nordöstlich von Uelzen. Der Billunger Bruno, Bischof von Verden, gründete um 970 dort auf seinem Hofe Uelleshusen ein Nonnenkloster, welches 1135 in ein Benediktiner-Mönchskloster umgewandelt wurde und später Oldenstadt, antiqua civitas, hieß (siehe Uelzen). 1531 wTard es aufgehoben. Allerhand romanische Baureste, sowTie zwrei sehr alte Kirchenglocken sind noch vorhanden.

Wanderung durch die Heide in 3 5 Tagen. Die Orte mit guten Gasthäusern zum Uebernachten sind fett ge- druckt. Eisenbahnstation Unterlüss, Lüßwald. Einzelhöfe Oberohe und Nedderohe* Große Kieselguhrlager. Müden. Hermannsburg*. Bergen. Südbostel mit den 7 Stein- häusern. (Hünenbetten.) Fallingbostel, landschaftlich be- sonders schön. Ueber Soltau nach Bispingen oder über Wietzendorf, Munster nach Bispingen. Wilsede und Wilseder Berg. Undeloh. Hanstedt. Eisenbahnstation Jesteburg. Oder umgekehrt.

Lohnend ist eine Fahrt nach Lauenburg. Man nehme das Billet womöglich nur bis Hohnstorf, da die Elbbrücke für eine Meile angerechnet wird, ihr riesiger hochinteressanter Bau auch am besten zu Fuß zu besehen ist. Die Lage von Hohnstorf hinter dem Elbdeiche ist typisch für die Dörfer der Elbmarsch. Rühmlich bekanntes Gasthaus von Lüchau. Fähre über die Elbe mit kleinem Petroleumdampfer. Malerischer

95

Blick auf Lauenburg. Unterstadt mit der Elbstraße, mit Marktplatz und sehenswerter Kirche. Oberstadt mit Schloß terrasse und rundem Schloßturm aus dem 15. Jahrhundert (prachtvolle Aussicht). Fürsten garten. Restaurationsgarten

Bellevue mit reizender Aussicht. Stappenbecks Gasthof. Von Lauenburg nach Boizenburg, 2 Stunden Fußwanderung, erst durch weite Wiesenflächen, dann durch schönen Wald (Wirtshaus zum Vierkrug).

Andere von Lüneburg aus in einem Tage zu machend«* Ausflüge sind: In die Vierlande, in das Alteland und Buxtehude, in das Wendland; wendisch gebaute Dörfer Rundlinge an der Landstraße von Dannenberg nach Lüchow sind Tramm, Breese, Jameln; südlich von Lüchow Saaze und Lübbow.

Inhaltsverzeichnis.

Seite

Verkehrswesen 3

Aufenthalt 4

Geschichte der Stadt Lüneburg.

Von W. Görges 6 34

Beschreibung und Rundgang.

Von Dr. Sprengell. Durchgesehen von W. Reinecke 35 70

Allgemeines, Schulen, Ankunft, Gasthöfe, Restau- rationen, Postamt, Lesehalle 35—38, Bau- geschichte 38—40 Rundgang 40 65

Johanniskirche 41, Kalandshaus 43, Sand 44, Saline 45, Michaeliskirche 46—48, Stadt- bibliothek 49, Rathaus 50 56, Markt 56, Witzendorff’schesHaus57, Ratsapotheke58, Glockenhaus 60, Propsthaus des Prämon- stratenserklosters zum Heiligental 60, v. Sternsche Buchdruckerei 61, Nikolai- kirche 61, Roter Hahn 61, Viskulenhof 61, Abtsmühle und Lünermühle 64, Kauf- haus 64, Schützenhaus 65 Museum 65 68

Kulturgeschichtliche Sammlung 65 Naturwissenschaftliche Sammlung 68 Kloster Lüne 68 70

Lüneburg geognostisch. Von M. Stümcke »1 * '

Nähere Umgebung

Spaziergänge und Vergnügungsörter 80 83

Bardowiek 83—87

- 98

Seite

Weitere Umgebung 88 95

Scharnebeck 88, Artlenburg 88, Winsen a. d. L. 89, Ramelsloh 90, Vastorf 90, Dahlenburg 90, Bleckede 90, Göhrde 90, Leitstade 91, Hitzacker 91, Dannenberg 91, Salzhausen 91, Amelinghausen 91,

Soltau 91, Ebstorf 92, Hohe Heide 92, Bienen- büttel 93, Bevensen 93, Kloster Medingen 93,

Uelzen 93, Oldenstadt 94, Wanderung durch die Heide 94, Fahrt nach Lauenburg 94, Andere in einem Tage von Lüneburg aus zu machende Ausflüge 95.

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