.Berlag von A. Anton & Co. Berlin und Leipzig. an — — ——— — En ne 2 V t. ech untſp er B — $ ne — *— 376 wg: “ Gefiederte Baukünſtler — Charakterſchilderungen ee aus der Bogelwelt mit bejonderer Berücdlichtigung der Neitbauart der Vögel von Eduard DWolf-Harnier Mit einem Dedelbilde und drei Buntbildern von A. Bufch und Federzeichnungen von Eduard Wolf-Harnier <> ‚wer wild — * vermag, \ AN nern Lagen Institı II far RD \e RICHMONI a LE FSTION , EEE) N Mar! Solar: al am Leipzig und Berlin A. Anton & ©. DBerlag für Pädagogik und Jugendliteratur Nachdruck verboten. Alle Rechte vom DBerlag vorbehalten. Druck von Hallberg & Büchting ın Leipzig. Vorwort. WW: magit du, Menjchenherz, noch fragen: . „Wo weilt das Glüd mit feiner Lujt?“ Wirf ab dein Bangen und dein Jagen Und drüd’ dic) an der Schöpfung Bruft! mi: unausſprechlicher Freude erfüllt den Wanderer der Anblid der FI wecdjelreihen Bilder traulichen Gemeinjhaftslebens in Yeld und Flur, Wald und Wieje. Das Gefühl des Unbehagens, das ſich jeiner im bitteren Kampfe ums tägliche Brot bemädtigte, entweiht und gibt einer glüdliheren Stimmung in jeiner Seele Raum. Hier draußen findet er, was er in den geräuſchvollen Gafjen und Straßen in Dorf und Stadt vergeblid ſuchte: ein Stüd unverfälſchter Gottesnatur. rei, wie der Vogel, der über jeinem Haupte jingt und jubelt, blidt er hier in die Melt, um ungejtört die Freude und Lujt zu trinken, welche die ihn umgebenden Yluren und deren Wejen atmen. Darum hinaus, hinaus ins Weite möchte ich alle führen, hinaus in die blühenden Felder und den bräutlich geſchmückten Wald. — Kommt! — Schaut an und freuet euch mit mir! Die lieben VBöglein find es, die ih zum Gegenjtand meiner Be- trachtungen machte, in deren Intereſſe ih Stift und Feder rührte. Sie jind meine Freunde. Mit ihnen zu verkehren, jie zu beobadten, für jie ein gut Wort einzulegen, von ihren großen Vorzügen und ihren Berdieniten im Haushalte der Natur zu erzählen, iſt mir Bedürfnis geworden. In dem vorliegenden Werke habe ich bejonders ihre Baufertigfeit behandelt und fie, vem Charakter ihrer Nejtformen entſprechend, in = verjhiedene Berufsgruppen eingeteilt. Wenn ich au in erjter Linie die Abjiht verfolgte, das Großartige und Bewundernswerte in ihren baulichen Erzeugnijjen zu beleuchten und damit einen im großen und ganzen noch völlig neuen Stoff zur Unterhaltung und Belehrung zu bieten, jo war mir’s andererjeits doch auch darum zu tun, für meine befiederten Baumeijter um Freundſchaft zu werben. Aus diefem Grunde entſchied id) mic für die Darjtellungsform von Charafterbildern, die einer ausführlicheren, herzliheren Schilderung Raum geben. Nicht immer war es mir möglid, nur aus dem Born meiner eigenen Be- obachtungen zu Jhöpfen, darum mußte ich hin und wieder — in Wort und Bild — die Ergebnijje der Forſchungen anderer Vogelfreunde zu verwerten juchen. Mo es ſich um die Schilderung wenig befannter Vögel Handelt, habe id) jtets ein Bild der zugehörigen Landſchaft mitgezeichnet, um das Tier möglichſt in jeiner Umgebung, im Verkehr mit den Menfchen, Tieren und Pflanzen vorzuführen. Möge die Arbeit erreichen helfen, was ich als Hauptzwed bei ihrer Herjtellung verfolgte: Innige Befreundung mit der Natur und eine daraus ſich ergebende feine und tiefe Herzensbildung die ſich am \hönjten in der liebevollen Behandlung der niedriger jtehenden Kinder der Natur zeigt. Berlin, im September 1910. Der Berfajier. Inhaltsverzeichnis. Seite HUND AS re ER N ra Br ei Dies a ee er ee er a 1. Töpfer. Der Grauling . Berl ES ur Far Ders oopfernngel ve. a a en 2. Maurer. 32 Saal ae Ve Se 8 Neistaicheidenalie WieDeras wert ee an: 2822 OEM IIGDEDNIEI ea 8 Desedhwarzprollel, 888 19:30, SE DE ee 7777 Der Scdratienupgelsr ee ee ol DE DT LET 33333 DEE SAHEDDGELT 2: a ee SE, 38 ED I DIE N en a3 88889880 3. Zementierer. Dieeäfſ 11 DFlecchhh ANDERER Fochärrr 1111111 4. Zimmerer. ren me Ir een DErerampraums- Seite. Se Beet. nl DIESDADENIMIEIN ES... en 888888 N ARE De Pe 88884 ZA 9 5. Korbflechter. Der Stiegliß Sänger und Kritikus. Der Budhfint Die Eljter Die Milteldrojjel . Die Steindrojjel . Der Graujpötter . Der Kardinal . Der Gartenlaubjänger 6. Meber. Der Pirol Der Haubenjtärling . Der Erzhonigjauger . Der Baltimorevogel . Die Beutelmeije Der Baradiesfliegenfänger . Die eigentlihen Weber . Der Bayaweber Der Goldweber Der Mastenweber Der Mahaliweber. Der VBiehweber Die Paradieswitwe . Der Feuerfint . Der Blutfinf 7. Schneider. Der Schneidervogel . Der Cijtenjänger . 8. Kaſernenbauer. Der GSiedeljperling Der Möndjittid) . Seite 66 70 za 13 1.3 18 80 81 83 88 90 93 96 93 „120 ..102 „140 112 +13 114 „89 . 116 Le 19 „120 . 122 „125 129 = "yll Der Fildhadler . Der Jagdfalke Der Alm Degree Was der Fuge Froſch erzählt . Gevatter Langbein Der Störche Abſchied 9. Plattformbauer. Seite . 132 „136 . 142 . 146 . 147 „151 & © GS S PN & mn Ö EN an oo © Allgemeines. funft. Wir fehen in ihnen die großen Gedenftafeln, die in Stein überjegten Gejchichtsblätter der Völker, die uns, im Zufammenhange betradtet und jtudiert, den allmählichen Fortſchritt der Menſchheit zeigen und uns von dem Aufſchwunge ihres Geiſtes jeit Jahrtauſenden Zeugnis geben. Mie in einem Garten die Blumen, jo überjhauen wir an der Hand der Kunftgeihichte der Völker die wunderbarjten Verkörperungen ihres geijtigen Lebens und kraftvollen Schaffens. Hier ſind es Niejen- bauwerfe aus faum bezwingbaren Steinmajjen, deren Anblid uns mit Staunen erfüllt. — Dort ift es der Form- und Yarbenreihtum in Gliederung und Verzierung der Außen und Jnnenwandungen der Baudenfmäler, der unjer Auge fejjelt und unfern Geilt in die zauber- und märdenreihen Gefilde morgenländilhen Denkens, Dihtens und Schaffens führt. — Hier ijt es die Anmut und Grazie in der Behand- lung und Ausführung der Einzelheiten, die uns entzüdt; dort wiederum ihre geilt- und würdevolle Verknüpfung zu einem gejegmähig geglie- derten Ganzen, emporjtrebend in jene lichtvolle Höhe, in der wir uns in Augenblicken innerlider Erregungen und Gemütsbewegungen jo unausſprechlich glüdlid fühlen. . Die Vollendung, in der jid) uns die vortreffliditen Werke der Baufunjt der Völker zeigen, ſetzte, wie ſchon angedeutet, das jahr- taujendelange Ringen ihres Geiltes voraus. In den herrlich gejtal- teten, gewaltigen Steinmaſſen triumphiert der Geilt vieler, längſt dahingegangener Gejchlehter und redet zu uns von den unzähligen Kämpfen auf kirchlichem, politiidem und privatem Gebiete, aus denen die Merfe der Kunjt wie aus einem gewaltigen Gärungsprozeſſe her— Wolf-Harnier, Gefiederte Baufünitler. 1 DT Bewunderung jtehen wir vor den Werfen menjhlider Bau- Rau porgingen. — Die Baukunſt der Völker ging mit ihrer fulturellen Ent- widlung Hand in Hand. Kindlich und anjprudslos, aber aud wild und roh, wie Dieje in ihrer Sinnestrihtung, in ihrem Denfen und Empfinden, Sorgen, Münjhen, Glauben, Hoffen und Lieben urjprünglidd waren, jo ge— italteten fie au die Stätten, die ihren perjönlihen und öffentlichen Angelegenheiten und Verrichtungen dienten. Sie verfolgten bei ihrer Inſtandſetzung einen rein praktiſchen Zweck, der zunädjt nur darin beitand, jich gegen die unheilfamen Einflüffe der Natur und die Über- fälle wilder Tiere zu jhüßen. Erjt nad) und nad) wuchſen die An— ſprüche in praftiiher Hinficht und vereinten ji) endlicdy mit den Be— dürfnilfen für das Geſchmackvolle und Schöne, die ihre Befriedigung in der Erzeugung deijen fanden, was wir heute Kunjt nennen. — Diejer gefhichtlihen Fortentwidelung vom Einfahen und Rohen zum Yormvollendeten und Schönen werden wir bei der Betradtung der Erzeugnijje unferer befiederten Baufünjtler nicht begegnen. Den Bedürfnilfen für das Gejhmadvolle und Schöne iſt in ihren Werfen nad) unjern Vorſtellungen und Begriffen nur in jehr geringem Maße entjprodhen. Und dennod find fie in der ſchönſten Vollendung nicht nur unſerer Beachtung, jondern aud) unjerer Bewunderung wert. Sie bieten Eigenheiten in bezug auf Wahl des Standortes, auf Form, innere und äußere Ausjtattung, Wahl des Baumaterials, Jubereitung, Berarbeitung ufw., die unſer Auge fejjeln und uns zu dem Ausrufe nötigen: Wie bringen dieje Tleinen, ſchwächlichen Tieren mit ihren geringen Geijtesausrüftungen und einfahen Handwerkzeugen jolde Kunſtwerke zujtande! — Ja, das ijt es gerade, was wir berüdjichtigen müjjen, um unfern lieben Baufünjtlern gereht zu werden und den Wert ihrer Kunitleijtungen recht zu ſchätzen. Wir würden uns vergeblich mühen, einen auch nur einigermaßen naturentſprechenden Vogelbau fertig zu bringen. Verſuchten wir's ein— mal; und wären wir bei ernſtlicher Mühe wirklich dahin gelangt, ein Neſt herzuſtellen, das ſich, unſerer Meinung nach, dem Original eben— bürtig an die Seite ſtellen ließe, ſo würde uns die fachmänniſche Kritik eines befiederten Baukünſtlers doch bald zu anderer Anſicht bekehren. Wir erlitten ſicher eine Niederlage, die uns alle Luſt zu ferneren Bau— verſuchen benehmen würde. So, wie wir ein Vogelneſt vor uns ſehen, kann es eben nur der ge Bogel bauen, der ſich feiner als Kinderwiege bedienen will. Kein anderes Weſen, aud feiner feiner befiederten Genojjen baut es ihm genau jo nad). Jedes Neft iſt eine Meijterleiltung nad) Anlage, Form, bauliher Durhführung und Einrihtung. Es iſt weder zu eng, nod) zu weit, weder zu flach, noch zu tief, weder zu hart, noch zu weid). Sp und nicht anders muß es fein, um feinen Zwed zu erfüllen. Mie die Menſchen die Wahl ihres Wohnſitzes nad) den Erwerbs- quellen treffen, jo juhen ſich aud) die Vögel dort einzubürgern, wo ihnen die Land-, Waſſer-, Wieſen- und Waldverhältnijje ein ſicheres Auskommen verheißen. Sie treiben ſich nit, wie mander glauben mag, bald in diejem, bald in jenem Winkel umher, jondern ſind ſeß— hafte Staatsbürger, die mit allen Faſern ihres Herzens an Heimat und Vaterland hängen. Nur wenige unter ihnen führen ein jogenanntes Zigeuner- oder Landjtreicherleben. Mit untrügliher Sicherheit er- fennen jie die Vorteile, die ihnen die eine oder andere Gegend bietet. Ein einziger Orientierungszug genügt, um die ihrer Erhaltung dienende Tier- und Pflanzenwelt zu erforſchen und nad) ihrer Brauchbarkeit zu würdigen. Haben ſie gefunden, was ihren Borjtellungen vom „Gutſein“ entipricht, fo laſſen fie ſich häuslich nieder. Da lacht und jubelt’s, fliegt, flattert und hüpft’s an allen Eden und Enden. Stadt und Dorf, Straße und Gaſſe, Wald und Wieſe, Berg und Tal, Wajjer, Feld und Flur bieten höchſt anziehende Bilder des bunten, wecdhjelreihen Lebens und Treibens der verjhiedenartigjten Zunftgenojjen. Hier begegnen wir einem Gajjenbummler, Bettler und Kehricht- jammler, dort einem Straßenräuber, Abdeder und Knochenmüller. Hier verfolgen wir mit Intereſſe die Schwentungen und jonjtigen Flugkünſte eines Geflügel-, Mäuſe-, Froſch- und Sclangenjägers; dort fejjelt uns das kluge und liſtige Treiben eines Wilddiebes, Fiſchers, Obſt- oder Getreidejpefulanten. Überall jpähen Augen, Iharren Pfötchen, piden, hacken und ſchnappen Schnäbelein. Von früh an, jobald die erjten Zeichen des Morgenrots den Anbrud) des jungen Tages verfünden, jagen, plagen und jchlagen ſie ji herum; und jpät erit, wenn die legten Strahlen der Sonne die müden Yluren zum nädtlihen Schlummer küſſen, juhen fie die Stätten auf, Die ihnen für die wenigen Stunden der Nadtrajt Raum und Sicherheit gewähren. Sie verjtehen es, ein furzes Leben lang zu genießen. Das Liebesleben der Vögel fällt in allen Ländern der Erde mit 1* RR ie 8 der Frühlingszeit zuſammen. Mit dem Hocdjzeitsreigen der Erde be— ginnen aud die Hochzeitsfeierlichkeiten ihrer befiederten Kinder. Aud) fie ſuchen ſich bräutlich zu ſchmücken, jingen, jaudzen und frohloden, um das Mohlgefallen und die Zuneigung derer zu gewinnen, von deren Beſitztum ihr irdiſches Glüd abhängig ilt. Schwieriger als bei den Menſchen, gejtaltet jid) die Eroberung eines Weibchens bei den Vögeln, weil, im Gegenjaß zu jenen, unter ihnen das männlide Ge— Ihleht in überwiegender Mehrzahl vertreten ijt. Eine ganze Reihe ſtattlicher Burſchen ijt von vornherein dazu verurteilt, das eine oder das andere Jahr in der mißlichen Lage eines Junggejellen zu ver- bringen. Darum entwideln ji) in der ſchönen Zeit der jungen Liebe wahre Hebjagden auf alles, was weiblid) iſt. Überall jpielen ſich Eifer- ſuchtsſzenen ab, die in den meilten Fällen in heftige Zänkereien und blutige Raufereien ausarten. Iſt es einem Männden gelungen, eine Schöne feiner Art durch bejondere Liebenswürdigfeit und jonjtige Charaftervorzüge an fi) zu fejleln, jo iſt dieſe meijtens fürs ganze Leben gewonnen. In Freud und Leid, Kampf, Not und Gefahr jteht lie ihm als treu ergebene Lebensgefährtin zur Seite. Von dem ſtolzen Bewußtſein durhdrungen, daß ſie dem Gatten unerjeglich, fein Ein und Alles fei, fordert fie von dieſem tadelloje Aufmerkſamkeit und völlige Hingabe. Das geringite Vergehen jeinerjeits führt meijtens zu ſehr unliebjamen Wuseinanderjegungen. Eine etwaige Vernach— läjfigung und Gleichgültigkeit Tann fie dazu treiben, alles, was keuſch und ehrbar ijt, zu vergefjen, die dDrüdenden Feſſeln des alten Ehejodhes abzujhütteln und eine neue, ausfihtsvollere Berbindung einzugehen. Schwer hält es dann, das einmal Verdorbene bei ihr wieder gut zu maden, das Verlorene wiederzugewinnen. Sie geht und Tehrt jo leicht nicht wieder. Tauſend Augen leuchten ihr entgegen. In jedem Mintel jteht ein Sunggejelle auf der Lauer, der in Demut und Ergebenheit ihres Winfes harrt. Seine Nüdjihtslofigfeit gegen häuslichen Frieden und ehelihes Recht läßt nichts zu wünjhen übrig. Er fragt nicht erſt lange: Gejtattet man, oder gejtattet man nicht! jondern nimmt die Entwijhte, alle Anſprüche des urſprünglichen Gatten mit Träjtigen Schnabelhieben und wohlgezielten Flügelſchlägen zurüdweijend, in jeinen männlihen Schub. Sie ijt fein. Mährend der Liebesperiode denken beide in ernjteren Stunden daran, ein geeignetes Plätzchen für die Anlage eines Neſtes zu Juden. - Am liebſten erwählen jie einen Ort, der möglichſt in der Mitte ihres Mohngebietes liegt. Bald ijt hier eine Baumfrone, Baum- oder Erd- Höhle, Bodenvertiefung, Gartenhede, Felsjpalte, Mauerriße, Aitgabel, Kirhturmlufe, Dadrinne, ein Balfenvorjprung, Straud), Buſch, Baumſtumpf uſw. gefunden, und fleißig geht's an die 14 Tage oder 3 Wochen in Anſpruch nehmende Arbeit. Von früh bis ſpät ſehen wir Männchen und Weibchen raſtlos tätig. Während jenes bemüht iſt, das Baumaterial: Hälmchen, Reiſer, Blätter, Nadeln, MWürzelhen, Moos, Federn, Läppchen, Papier- Ichnitel, Pferdehaare, Tier- und Pflanzenwolle, Inſektengeſpinſte, Holzſpäne, Mulm, Lehmklümpchen u. a. m. in den Krallen, dem Schnabel oder auf dem Rücken heranzuſchleppen, ſucht dieſes alles zu verarbeiten. Die roheſten, unbiegſamſten und härteſten Bauſtoffe ver— wendet es zur Herſtellung der Unter- oder Grundlage des Neſtes, die biegſameren zum Außen- und endlich die weichſten, zarteſten und feinſten zum Innenbau. Wie mit einer Zange oder Pinzette, ſo erfaßt es ein Stück Neſt— material nach dem andern mit dem Schnabel, befeuchtet es mit Speichel, bricht, biegt, drückt oder knetet es zurecht, wirft, legt oder ſteckt es behutſam an die zweckmäßigſte Stelle und klopft es endlich mit dem Seitenſchnabel feſt. Nachdem die Grundlage des Neſtes, die aus— ſchließlich nach Augenmaß hergeſtellt wird, vollendet iſt, fliegt oder hüpft die Baumeiſterin von Zeit zu Zeit in die Mitte des Rohbaues, um ſich bei der ferneren Arbeit ihres Körpers als Form- oder Meß— apparates zu bedienen. Forſchend und unterſuchend dreht ſie ſich dabei im Kreiſe herum, reckt und ſtreckt das Köpfchen bald nach links, bald nach rechts, zupft hier ein Reislein weiter hervor und ſtößt dort ein Würzelchen zurück. Erſt nachdem ſie ſich von der Tadelloſigkeit des Baues in Größe und Form überzeugt hat, ſetzt ſie, befriedigt zwit— ſchernd, die Arbeit fort. Iſt der Außenbau vollendet, geht's an den Innenbau, die Fütterung oder Polſterung des Neſtes, bei deren Her— ſtellung der Leib des Vogels die Hauptrolle ſpielt. Jedes Federchen, Wollklümpchen, Härchen und Moosſtückchen wird mittels desſelben ſorgſam angedrückt und geglättet. Mehr als hundertmal dreht ſich das Tierchen, den Hals und den Schwanz emporgerichtet und die Flügel und Beine diht an den Leib gezogen, in der Nejtmulde herum, um diefer und dem ganzen Bau die lette Politur zu geben. Bat Man muß es mit eigenen Augen gejehen haben, um zu. begreifen, wieviel Mühe und Sorgfalt auf einen ſolchen Bau verwendet wird; man muß es beobadtet haben, um zu empfinden, wieviel mütierliche Liebe und Fürjorge mit ihm verflodten und verwebt jind. Wer könnte jo lieblos und roh fein, die Hand nad) einem jo jauer erworbenen Belit, nad) einem jo mühſam aufgebauten Yamilienheiligtum auszu— Itreden und es zu zerjtören. Nicht bei allen, wohl aber bei den meijten Arten unjerer befiederten Freunde jind die Weibchen die eigentlihen Baumeilter, während die Männden nur die Rolle eines Zuträgers oder Handlangers |pielen, oder gar nur injoweit bei der Bauarbeit beteiligt jind, als ſie Die Meibchen zu ermuntern und ihnen durch Gejang, ‘Pfeifen und Zwit— ſchern die Zeit zu vertreiben Juden. Bei den Webern bauen ausjhlieglih die Männden, und Die Meibhen haben das Vergnügen zuzujehen. Nur die Ausjtattung und Polſterung des innerjten Brutraums, für dejjen Einrihtung die Männchen weniger VBerjtändnis haben, find den Weibchen überlajjen. Unwillfürlih drängen fig uns die Fragen auf: Woher kommt diejes jo jehr verjhiedenartige Verhalten der Vogelmännden beim Aufbau der Kinderwiege? — Fit ihnen vom Schöpfer das dazu er- forderlihe Ialent vorenthalten? — Mangelt es ihnen an Formen— ſinn und Baugeldid? — Wir glauben, annehmen zu dürfen, daß weder Mangel an Formenſinn noch Baugeſchick die Urſache zu dem untätigen Verhalten der Männden ijt. Jedenfalls jpielen der meijtens reihe Federſchmuck und die Größe der Männchen eine hinderlihe Rolle. Das Nejt muß der Größe und Form nad) fo beſchaffen fein, daß es während des Brütens vom Weibchen volljtändig ausgefüllt und bequem überdedt werden Tann, weil anderenfalls die erforderlihe Wärme nicht zu er— zielen wäre. Daraus folgt, daß höchſtens der Außenbau, der, wie bei den Webern, Minierern, Zimmerern u. a., nur eine Schußvorrid)- tung für die eigentliche Kinderwiege ijt, von den Männchen oder mit feiner Hilfe hergejtellt werden Tann, während die Gejtaltung des SInnenbaues, der die Hauptjadhe bleibt, den Weibchen überlajjen werden muß. Bögel derjelben Art bauen fajt immer an gleihen oder ähnlichen Stätten, in gleiher Tiefe oder Höhe, aus gleihen Stoffen und in gleicher Form. Man iſt demnach ſehr wohl in der Lage, nach Stand und Geſtalt des Neſtes die Art ſeines Baumeiſters zu beſtimmen. Dieſe Üübereinſtimmung im Neſtbau hängt mit der Übereinſtimmung der Bedingungen zuſammen, unter denen Vögel derſelben Art leben. Kann dieſen Bedingungen in irgendeinem Wohngebiete nicht mehr entſprochen werden, ſo kehrt die von dieſen abhängige Art der alten Heimat den Rücken, um ſich in einer beſſeren Gegend häuslich nieder— zulaſſen. Man ſieht, daß auch bei ihnen das liebe tägliche Brot die Hauptſache iſt. Ihm zu Liebe opfern ſie manche Herzensneigung und beſinnen ſich nicht, ihren Geſchmack in bezug auf Stand und Bau— material des Neſtes zu ändern. Mancher unſerer lieben Sänger, der ehemals zwiſchen duftigem Heidekraut, Farn- und Bärlappswedeln, in dicht belaubtem, undurchdringlichem Untergehölz unſerer ſtattlichen Laub- und Nadelwaldungen niſtete, hat ſich heute daran gewöhnt, in Gartenhecken oder gar hoch oben in den Zweigen eines nur ſpärlich beblätterten Baumes fein Yamilienheim zu gründen. Mander, dem früher Baumhöhlen zur Aufnahme der Kinderwiege dienten, ijt heute gezwungen, mit den Erdgängen eines Mäuſe- oder Maulwurfsbaues fürlieb zu nehmen. Die Boden-, Wald-, Wiejen- und Waſſerkultur des Menſchen war es, die fie für die modernen Gejhmadsridhtungen erzog und ſie zwang, den lieben alten Gebräuden den Abſchied zu geben. Es ging ihnen nicht bejjer als uns. Auch wir haben wegen der Erwerbsluft anderer mandem entjagen müſſen, was unjerm Herzen einjt lieb und teuer war. Auch wir ſahen tränenfeuchten Blids die herrlichen Bäume frahend zu Boden ſinken, unter deren Laubdädhern wir höher atmend einherwandelten, in deren trautem Schatten wir glüdlicd) den jeelen- vollen Stimmen des wedjjelreihen Waldlebens laujhten. Die Gier nad) materiellem Beſitz hat mandes herniedergerijjen, was nod) lange zu unferer und der lieben Vöglein Luft und Yreude die Erde beleben und verjhönen fonnte. Uber wir wollen nicht gar zu hart jein. Der Menſch hat, infolge des Einfluffes der Naturwiljenihaft und der danfenswerten Bemühungen zahlreiher naturfreundlicher Vereine, es ji) angelegen fein laſſen, den Vöglein für jo vielfad) erlittene Verluſte Entihädigung zu gewähren. Um fie feinem Heime als liebe Freunde zu erhalten, hat er ihnen eine Reihe fünftliher MWohnpläße zu Ihaffen gewußt. Niſtkäſtchen, Holzkübel, Korbgeflehte, Stroh- und N er NRohrgebinde, Ballenvorjprünge, aufgelegte Räder und Holzkreuze, Fenſterniſchen, Dachrinnen, Bodenkammern u. a. m. gibt er ihnen zur Einrihtung von Kinderjtuben preis und ijt bemüht, jie in Not und Gefahr zu bejhüßen. Star, Rotſchwanz, Meije, Fliegenſchnäpper, Rotkehlchen, Grasmüde, Nachtigall, Schwalbe, Sperling, Wendehals, Storh u. a. jind darum feinem Heime vertraulich näher gerüdt und ſuchen ihm die erwiejene Gaſtfreundſchaft nad) bejtem Können und Vermögen zu vergelten. — Denn die Nejter der verjhiedenen Vogelarten jonjt aud nur wenige Merfmale gemeinfam haben, jo tritt uns doc) bei allen ein und diejelbe Eigentümlichteit entgegen: fie find ihrer Umgebung jtets derartig angepaßt, daß jie jelbjt der geübte Blid des Kundigen oft nur ſchwer aufzufinden vermag. Obgleich einige Vogelarten, die Zaunkönige, Spechte, Tannen- meijen, Kleiber, Sperlinge, einige Weber, die Lauben- und Kragen vögel, Nejter herjtellen, die als Wohn-, Schlaf» oder Spielpläße dienen, jo it das Neſt zumeijt doch ausſchließlich dazu bejtimmt, die Cier aufzunehmen und die Brut zu beherbergen. Der lieben Kinder wegen unterwerfen ſich Vater und Mutter den oft ungeheuerlihen Strapazen. Die Liebe zu ihnen ijt es, die Anlaß gibt, infolge einer Störung den faſt vollendeten Bau zu verlajjen und einen bejjer geborgenen Neubau in Angriff zu nehmen. Die Liebe zu ihnen ijt es, die fie Hungern und darben läßt, die im Falle der Not und Gefahr der Mutterbruft Töne der Angjt, der Sorge und des Schmerzes entpreßt. Darum rühr’s nicht an, o Menſch! Es ijt ein Heiligtum. Zer— jtöre ihn nicht, den trauten Tempel des Glüdes und der Liebe. Be— dente, was dir die Deinen bedeuten! Sie ſind das Teuerjte und Koſtbarſte, was dein Heim in feinem Innern birgt. Ob du in der dürftigen Hütte oder im prunkhaften Palaſte, im beſcheidenen Stübchen oder im prächtig geihmüdten Salon wohnit; die lieben Buben und Mägdlein mit ihren ſchwarz- und blondhaarigen Köpfen, ihren treuen Augen und rojigen Wangen find dein größter Schaf. Sie aufwadjen, blühen und gedeihen zu jehen, gewährt dir unausſprechliche Freude; jie verfümmern, verwelfen und zugrunde gehen zu ſehen, erfüllt dic) mit unjagbarem Weh. Ihr Belit ijt dein ſchönſtes Erdenglüd, ihr Berlujt dein bitterjter Schmerz. 9 Ganz ſo, wie bei dir, iſt es auch bei unſeren lieben, befiederten Freunden. Darum ſchone ihrer! Halte deine Hand von ihren Neſtern fern! Zerſtöre ihn nicht, den trauten Tempel des Glücks und der Liebe! — Er iſt ein Heiligtum! — — — — NY I, — Ditern. HH ihläft das liebe, junge Leben, &* Der Schalen Inhalt ijt noch tot, Bon Licht- und Liebesglut umgeben, Ringt es ſich durch zum Morgenrot. Welch Rätjel! — Welche Wunderfülle Geheimnisvoller Schöpferfraft, Die aus dem Keim in eil’ger Hülle Im Lenze neues Leben ſchafft! — Bon fernher hör ich Gloden Flingen, Ein Raunen geht durch das Geält, Und frühlingsjel’ge Kehlen fingen Das Hohelied vom Dfterfeit. Ic fühle meine Geele beben Und jehe mic) im Frühlingsihein Vom Glanz der Ewigfeit umgeben, Tret ich in Gottes Werkſtatt ein. I FL _ ERS NN — en, nal. Soaaa® 2. Zupier. Sie bauen ihre Nejter in Geftalt eines Napfes, Topfes oder Badofens auf dDiden, wagerehten Zweigen aus Lehm oder Ihlammiger Erde. Der Grauling. 30 em lang. 70% weit fort von unjerer Heimat, nach Aujtralien, jenem eigen- artig gegliederten, von drei Ozeanen umjchlungenen Weltteil, führt uns die Betrachtung des erjten gefiederten Bautünitlers. Menn wir die vom Känguru, Kaala, Opofjum, fliegenden Eid)- hörndhen, Schnabeltier, Emu und von andern ſeltſamen Gejhöpfen belebten, von Mimofen und Eufalyptusgruppen maleriſch unter- brohenen Waldungen zwilhen Darling, Murrumbidge und Ladlan durhwandern, fo erregt neben vielem anderen aud) eine rabenartig frächzende Vogelgeſellſchaft unſere Aufmerkſamkeit. Den Schwanz nad) oben gejpreizt, die Flügel leicht hHerabhängend, den Kopf drollig nad) allen Richtungen wendend, hüpfen fie munter von Aft zu Alt. Ein ge- nauerer Blid überzeugt uns, daß es ſich bei ihrem rajtlojen Treiben nit um die Befriedigung bejonderer VBergnügungsbedürfnilje, jondern um die Erjagung von Kerbtieren handelt, die auch hier, wie überall auf Stamm, Zweigen und Blättern der Bäume ein läjtiges, alles ver- nihtendes Schmarogerleben führen. Das Gefieder der auftraliiden Raupen- und Käferjäger, das fait durchgehends aſchgrau iſt, Hat ihnen den Namen „Grauling“ ver- Ihafft. Der blendend weiße Augenting gibt ihren Augen ein äußert lebhaftes Ausjehen. Der Schnabel und die Füße find ſehr kräftig und ſchwarz gefärbt. Die Schwanzfedern |piegeln am Außenſaume in braunem, metalliihem Glanze. Mehr als die Lebensweije Diejer grauen Bewohner des fernen Inſelreiches, hat uns hier die Art ihres Nejtbaues zu bejchäftigen. Die eingefügte Zeichnung zeigt uns ein Bild desjelben. Es ijt ein aus Lehm mühjam hergejtellter Napf, deſſen Wandungen zwedmähig mit Tierhaaren und Pflanzenfaſern durchflochten find. Wie bei fait allen übrigen Vögeln, jo ijt aud) bei den Graulingen das Weibchen ZEN BDP WW, vl np — AS / A : Mi. \ ”, N/A N | VAN SQ: Wi 7 ZN — N. * N NN \ NIT R 17) / DEN Ill // \) MRS \\) — AN —— —VäR— Sw die Schöpferin der kunſtvollen Kinderwiege. Nachdem es ein ge— eignetes Plätzchen auf einem entſprechend dicken, wagerechten Aſt ge— funden hat, ſchafft es Lehm klümpchenweiſe herbei, befeuchtet dieſen mit Speichel, knetet ihn tüchtig durch und drückt ihn dann mittels des Schnabels zu beiden Seiten des Aſtes feſt an. Zunächſt vollendet die Baumeiſterin das Fundament des Neſtes, eine länglich runde, den Aſt nach nnten umklammernde, oben wagerecht liegende Scheibe. Nach— dem der Untergrund vollſtändig troden und Frau Grauling von feiner Haltbarkeit überzeugt ijt, jet jie den Bau fort. Gejchidt legt, klopft, jtreicht und ſchmiert ſie Klümpdhen an Klümpden; und bald iſt I U der unterjte, jtärfjte Ring, der Anfang der Wandung des Brutraums, vollendet. Sp mauert ſie unverdroffen Ring auf Ring, bis die zwed- mäßige Höhe der Nejtwandung erreicht it, und das Bauwerk als ein wohlgeformter Lehmnapf vor ihr jteht. Sind die Wandung und der Boden des Baues nun aud) noch mit einem hübſch weichen Polſter aus Halmen und Haaren verjehen, jo ijt vorläufig alles getan, was Jid) von einer auf das Wohlergehen ihrer Kinder bedachten Graulings- mutter tun läßt. Nad wenigen Wochen ſieht jie ſich aber aud) für aile Bemühung reihlih entihädigt. Eine pojjierlide Schar blühender Kinder piept und zwitihert im Lehmnapfe und jtredt der ab- und zu— fliegenden Mutter grüßend die aufgejperrten Schnäblein entgegen. Ihr behaglidies Ausjehen und ihr Benehmen lajjen deutlich erfennen, daß fie ji) in ihrem Heime nicht minder wohl fühlen, wie die Nigritos auf den Matten ihrer bienenforbartigen Zelte. Au Der Töpfervogel. 19 em lang. De Vaterland der Diamanten, des Zuckerrohrs und des Kakao— baumes, das Land, deſſen märchen- und feenhafte Waldungen in unbeſchreiblichen Form- und Farbenreichtume prangen, in deſſen Blumenmeeren prächtig ſchillernde Schmetterlinge und goldblitzende Kolibris ihr munteres Weſen treiben: dies Land, Braſilien, iſt die Heimat des zweiten gefiederten Baukünſtlers, des Töpfervogels. Nicht aber in den würz- und duftdurchſtrömten Hallen jener Märchenwälder, nicht in den mit natürlichen Blumengehängen ver— zierten Kronen ihrer rieſigen Prachtſtämme, nicht in der Geſellſchaft ſchreiender Papageien und übermütig von Aſt zu Aſt kletternder Brüll— affen haben wir ihn zu ſuchen, ſondern auf den Zweigen der Bäume, die beſcheiden die Landſtraßen der hügeligen Flußgebiete des Rio dos Velhas, Paranahyba und Parana ſchmücken. Dort, ganz in der Nähe der Wohnungen der Anſiedler, deren vertrauter Freund und treuer Geſellſchafter er iſt, befindet ſich ſeine engere Heimat. Dort jagt er nach Kerbtieren und beluſtigt den Beſchauer durch ſeine ge— wandten Bewegungen auf den Bäumen und am Boden. Hier hänſelt er, im Vereine mit jeiner ihm jtets treu zur Seite jtehenden Gattin, den Mineiro, indem er diejem in die Nede fällt und jeine Stimme Durch kreiſchende Laute zu übertönen ſucht. Hier aber aud) bietet er Proben jeiner vortrefflihen Baufunjt, Werke, deren Anblid uns mit Staunen erfüllt, die nad) äußerer Gejtaltung und innerer Einrihtung die dürftigen Hütten der Puris und anderer brajilianiiher Wald- bewohner weit übertreffen. Diejen Erzeugniljen, welche die Geitalt = = = z eines umgejtülpten Topfes oder ländlihen Badofens haben, verdankt der Heine Schreihals die Namen Töpfer- oder Dfenvogel, Hüttenbauer, Baumeilter oder Lehmhans. Das NRüdengefieder des Töpfervogels ilt rojtbrauntot. Die mittellangen Flügel ſind graubraun und an der Wurzel der Handjihwingen blaßgelb gejäumt. Die Kehle ijt weiß. Der Schnabel, der etwa die Länge des Kopfes hat, ijt braun. Ähnliche Farbe haben die hodläufigen, mit jtarfen Zehen verjehenen Füße. Das Auge it hellbraun. Das Neſt, wenn wir den ganzen Kunjtbau mit diefem Namen bedenten wollen, bauen Männden und Weibchen gemeinjhaftlid auf u TE einem mindejtens acht Zentimeter ſtarken, wagereht liegenden Aft. Doc fommt es aud) vor, daß ſie das Dad) eines Haufes, einen hervor- Ipringenden Balken oder jonjt einen geeignet erjheinenden Dit als Bauplat erwählen. Das Baumaterial entnehmen jie den Lehm- pfüßen, an denen es zur Zeit ihrer Brut nicht mangelt, weil dieje mit der Regenzeit Brafiliens zufjammenfällt. In einen Klümpden, Die etwa die Größe einer Puff- oder Saubohne haben, wird der mit pflanzlihen Stoffen vermiſchte Straßenkot auf die erforene Gtelle getragen, mit dem Schnabel zurecht gelegt und mit den Füßen feſt— gedrüdt. Bei der bewundernswerten Rührigfeit der beiden Lehm— hänschen währt es gar nicht lange, und die Grundlage der Nijthütte, eine zweiundzwanzig Zentimeter lange und zwölf Zentimeter breite, wagerecht liegende Lehmſcheibe, it vollendet. Fit diefe Grundlage ge- hörig erhärtet, dann jhreiten Zrau und Herr Lehmhans zum Aufbau der elliptiſch gejtalteten Umfafjungsmauer des Nijtraumes, die an der Bajis drei bis vier Zentimeter jtarf und an einer Stelle unter- broden iſt. Diefer Durhbrud, der etwa fünf Zentimeter miht, Tenn- zeichnet von vornherein die jogenannte Tür des Nejtes. Nachdem der erſte Maueraufſatz troden ijt, folgt die SHeritellung des zweiten. Mährend jener an jeiner oberen Kante ſanft nad) außen geneigt war, zeigt diejer mehr eine Neigung nad) innen. Dieje Neigung tritt beim dritten und vierten Ringe noch ſchärfer hervor und läßt deutlich Die planmäßige Vorbereitung der Kuppelwölbung des Ganzen erfennen. Bei dem Aufſatze des fünften Ringes wird die Eingangstür, die die Geitalt eines jieben Zentimeter hohen, ſenkrecht jtehenden Halbfreijes hat, zum Abſchluß gebracht. Immer weiter jchreitet der äußere Bau vor, bis endlich der letzte Ring aufgejegt und durch ihn die Kuppel- wölbung vollendet ilt. Diejer äußere Nejtbau gleiht volllommen einem ländlichen Bad- ofen. Sein Gewicht beträgt vier bis jehs Kilogramm. Der innere Raum it etwa fünfzehn Zentimeter lang, zwölf Zentimeter hoch und jieben Zentimeter tief. In diefem engen Stübdhen jtellt Frau Lehmhans die Kinderwiege her, indem fie von dem ſenkrechten Rande der Ein- gangstür aus eine Wand errichtet, die bis in die Mitte der Nijthöhlung reiht und hier das eigentlihe Wohn- und Kinderjtübchen von einer Art VBorflur oder Korridor ſcheidet. Nahdem das Kinderjtübchen noch mit einer Lehmſchicht bejonders gedielt worden ijt, wird es mit Gras, N Federn, Haaren, Blättern, Baumwollenbüjheln und anderen weiden Stoffen jorgfältig gepolitert. Das Wohnhaus ijt nun vollendet. Sechs bis jieben Tage rajtlojer, anjtrengender Arbeit waren zu jeiner Her— itellung erforderlid. Nach außen hin jtattlid) wirfend und innen vor— trefflich eingerichtet, madt es feinen Erbauern nicht nur alle Ehre, ſondern bietet auch den bald darin piependen Lehmhänschen alles, was an Bequemlichkeit zu wünjden it. N I, Maurer, Sie bauen ein freihängendes Welt aus feudter Erde, Ihmieren den auf einem Wite ruhenden Nejtnapf mit Erde oder faulen Holzteilhen aus, oder mauern den Eingang in die Niſthöhle bis auf ein fleines Flug-oder Fütterungsloch zu. Die Schwalben. He oben an meinem Fenſter >, Dort niſtet manch liebes Jahr, Bis draußen die Blumen verblühen, Ein freundliches Schwalbenpaar. Froh hei ich die Gäjte willftommen; Sie nennen mid) brüderlih „Du“ Und tragen aus füdlicher Verne Die Botjchaft des Frühlings mir zu. Menn purpurn die Wolten ſich ſäumen Im goldenen Abendjchein, Dann hör ich die Vögelein zwitjchern, Dann ſingen die Jungen jie ein. Sie ſchütteln und lodern das Lager Hohauf bis zum Nejtesrand Und plaudern von Märchengeitalten Sm jüdlihen Wunderland. Sie plaudern von Uhren und Halmen, Bom Löwen und Krokodil, Bon Feigen, Mimojen und Palmen Am Ufer des heiligen Nil. Re Dann laufen die Kleinen und jtaunen Und zwitſchern und niden ſich zu, Bis müde die Auglein ſich ſchließen Zum Schlaf und zu jeliger Ruh. 10" fich im April die Bäume und Sträudjer mit duftigen Blüten und junggrünen Blättern [hmüden; wenn Himmelsſchlüſſelchen, Anemone, Zeberblume und Veilchen die Rinde des Waldbodens durd)- breden, um im warmen Strahl der Yrühlingsjonne ihre goldgelben, weißen und blauen Blumenfronen zu entfalten und neue Lebenslujt und Lenzeswonne zu trinten: dann Tehren aud) unjere lieben befiederten Yreunde aus der Yremde wieder. Keiner iſt unter den kleinen Sängern, deſſen Ankunft uns nicht mit Freude erfüllte, dem wir nicht gern ein fröhlihes Willlommen in der Heimat entgegen riefen. Zu unjern ganz bejonderen Yreunden unter ihnen gehören aber die Schwalben. Ohne bejonders ſchön oder gejangstüdhtig zu jein, bejiten Die Schwalben dennod Eigenjchaften, die fie äußerjt lieb und angenehm erſcheinen laſſen. Die Liebe und Berehrung der Tieren, von der uns Sage, Dihtung und Kunſt Kunde und Zeugnis geben, gründet ſich auf ihre Zutraulichkeit und Verträglichkeit im Verkehr mit andern Vögeln und ihresgleihen, auf die geradezu rührende Anhänglichkeit an Heimat und VBaterhaus, auf die Grazie und Anmut in Körper- bildung, Haltung und Flug und auf die gemütliche, herzgewinnende Art ihres Gejanges. Bor allen andern jind es die Rauchſchwalben, deren liebliches Zwitihern und Geſchwätz den Frieden der Yrühlings- und Sommer= abende jo anheimelnd durchklingt und den Märchenzauber der geheim- nispoll jhaffenden Natur jo ergreifend erhöht. Wenn ein Pärchen ihrer Art auf dem Dachfirſte, einem Balfenvorjprunge oder einer Stange am Giebel unjers Hauſes ſitzt, dann blidt es jo jorglos und zutraulih zu uns herab und ſchwatzt und zwitjchert jo dreiſt und unbefümmert, als ob es wühte, daß ihm in unjerer Brujt ein Herz entgegenjchlage, von dem es nichts Arges zu erwarten und zu fürdten habe. Leije läßt das Männden fein „Wirb, werb, widewitt“ ertönen, dem ein lujtiges, unbejtimmbares Gezwitijher und das befannte „Wid, wid, wodia“ folgen. Gerade dieſe prunfloje, zarte Vortragsweile madt den Gejang jo gemütvoll, jo angenehm und anheimelnd und MWolf-Harnier, Gefiederte Baufünitler. 2 ee verwebt ihn jo innig und eindrudsvoll mit dem herzerhebenden Stim— mungsbilde eines heimatlihen Yrühlingsabendes. Mas war den Tieren die Fremde mit all ihren Wundern und rätjelhaften Erjheinungen? Wohl gewährte jie ihnen das Vergnügen, fich unter den Kronen jtattliher Palmenbäume zu tummeln, gewandten und pfeiljchnellen Fluges mit Sturmvögeln, Ylamingos und Pelekanen um die Wette zu jagen, und die Jhwertartigen Schwingen in die tief- — Ir ale blauen Fluten der füdlihen Gewäſſer zu tauchen. Aber dennod) fehlte ihnen dort dasjenige, was das Leben erjt wert und angenehm erſcheinen läßt, das Glück, zu lieben und geliebt zu werden. Hier in unſerer Heimat finden ſie es. Unſer Vaterland iſt ihr Vaterland. Hier ſtand die Wiege ihrer Kindheit, der Tempel elter— lichen Glückes und geſchwiſterlicher Liebe und Anhänglichkeit. Es iſt rührend, zu ſehen, mit welcher Freude und Ausgelaſſenheit ſich die Heimkehrenden dem Neſte nähern, das ſie von ihren Vorfahren ererbten, oder das ſie ſich ſelber im Vorjahre auf dem Boden eines Hauſes, im Flur oder unter dem Dache einer Scheune, im Innern STE eines Kuhjtalles, im Rauchfang einer Küche oder an jonjt einem Jicheren, gegen Wind und Wetter geſchützten Ort bauten. Lujtig umjegeln lie es in weiten Kreijen, die jie immer enger und enger ziehen, um jih endlid in der Nähe des alten lieben Nejtes niederzulajjen. Dann flattern jie herab, Hammern jih an jeinen Außenrand, beäugeln es zärtli von allen Seiten, hüpfen hinein, drehen ſich, das Federkleid behaglid) aufbaujchend, in jeiner Mulde im Kreiſe herum, Tlammern jih) abermals an den Rand, um wieder hineinzuhuſchen und das drollige SKreijeljpiel von neuem zu beginnen. Dabei zwitjhern und ſchwatzen ſie in einem fort, als ob jie der trauten Stätte erzählen wollten, was ihnen alles in der Yremde begegnet jei, und wie froh und glüdlic) jie wären, nad) langer, mühjamer und gefahrvoller Reife endlid) daheim zu jein. Dann jchwingen ſie ſich luſtig zwitichernd in den Hof hinab, durchſegeln den Garten, die angrenzende Yeldmarf und begrüßen die Tauben, den Hofhund, Henne, Hahn und Pfau und den jhwarzrödigen Star, der ſchon jeit März von jeinem alten Heime im Kajten Bejit genommen hat. Alles ijt fröhlich und freut ſich des trauten Grußes der Boten des lieben, jo lang erjehnten Yrühlings. Yrau Stieglig und Ammer und Starmat und Meije Erheben die Schwingen und hüpfen im reife. Herr Godelmann Träht und Frau Godelmann gafelt, Der Pfau ſchreit miau und der Puter jpeftafelt, Und Bäter und Mütter und Mädchen und Buben Durdeilen die Straßen und Gajjen und Stuben Und pfeifen und fingen jo lujtig ohn’ Ende Und klatſchen voll Jubels dazu in die Hände: „Willkommen, ihr Schwalben, ihr Kleinen und Frommen, Ihr Boten des Lenzes, von Herzen willfommen!“ Yinden die heimfehrenden Schwalben ihr Net in fehlerhaften Zu— jtande wieder, jo gehen ſie an die Ausbejjerung desjelben oder ent- fernen die Trümmer und richten ji ein neues Heim an der alten Stätte ein. Wie gejhidt und emjig betreiben fie dieje äußert müh- jame Arbeit. Mit ihren zarten Zehen Hammern fie jih an den ſenk— rehten Wänden des Haules feſt und ſtützen jih auf den gegen das Gemäuer gedrüdten Gabeljhwanz. Der Schnabel vertritt die Stelle der Mauerfelle und wird jo gejhidt gehandhabt, als ob feine Be- jigerin bei einem unjerer zuverläjligiten Mauermeijter in der Lehre gemwejen wäre. Jedes Erdklümpchen, das vorher mit Speichel über- 2* Er et zogen wird, findet eine zwedmähige Stelle, wird feſt angefittet, zurecht gedrüdt, beflopft und ordnungsmäßig geglättet. Das Yundament des Baues, der nad) feiner Vollendung die Gejtalt des vierten Teiles einer Hohlfugel hat, wird mit peinlidhjter Sorgfalt angelegt und erhält, als Träger des Nejtes, die größte Stärke. Langjam nur geht die Arbeit von jtatten, weil jeder aufgemauerte Erdring völlig troden fein muß, bevor an den Aufjaß eines folgenden gedacht werden darf. Bei günjtiger Witterung nimmt der Rohbau zwölf bis vierzehn Tage in Anjprud. Biel Tangjamer aber geht die Arbeit vor ji), wenn das Metter trübe iſt und heftige Regengüſſe den Eleinen Baumeijtern ins Handwerk pfujhen. Fit der Rohbau genügend ausgetrodnet, dann bejorgt Frau Schwalbe feine innere Einrihtung und Ausjtattung. Haare, Federn, Läppchen, Papierjchnigel, Wollfäden, Hälmden und andere weiche Gegenjtände dienen zur behaglihen Polſterung der funjtoollen Kinderjtube. Nachdem jo alles aufs bejte eingerichtet und an Schönheit und Bequemlichkeit nichts mehr zu wünſchen übrig ilt, legt Frau Schwalbe 4—6 weike, mit aſchgrauen und rotbraunen Punkten gezeichnete Eier in das Neſt und bebrütet jie. Der Gatte übernimmt die Pflicht, feiner Gattin während diejer Zeit niht nur Kurzweil zu verihaffen, jondern jie auch mit guter und reihliher Kojt zu verjorgen. Das ijt eine ſchwierige Aufgabe; aber jeine Liebe und Treue löjen jie. Unermüdlid) jagt er durch die Lüfte, bald jhwebend, bald ſchwimmend, bald ſenkrecht in die Höhe, bald abwärts, feit- oder rüdwärts ſchießend. Hier umjegelt er in malerij hen Schnedenlinien die Kronen der Bäume, dort jtreicht er, in rajendem Yluge badend und trinfend, über den Spiegel eines Ge— wäjjers hin. Hier fliegt er pfeilgefhwind durd) die Lufen und Luft- fänge des Giebels und Dades eines Haujes, dort umkreiſt er in anmutigen Schwenfungen die Spite eines Kirchturms, ſchäkert mit den Turmjchwalben und Dohlen und treibt mit dem in einer Mauer Ipalte Hodenden Käuzchen feine Nedereien. Wer dies muntere Treiben, diefe fühnen und bewundernswerten Ylug- und Gegelfünjte nur als Zeichen maßlofer VBergnügungsfuht und Ausgelajjenheit anjieht, der befindet fi) im SJrrtum. Das Schwalbenmännden tut feinen Flug und unternimmt feine Schwenfung und Biegung, ohne ji) jeiner ernjten Gattenpflihten bewußt zu fein. In kurzen Zwijchenräumen Emo jehen wir es immer wieder nad) der Stätte zurüdfehren, die fein höchſtes Lebensglüd beherbergt, um der brütenden Gattin ein Schnäbelden voll Inſekten zuzutragen und ihr in Anerkennung ihrer möütterliden Opferwilligfeit ein Herz und Sinn erfriſchendes Liedchen aufzujpielen. Shlüpfen nad) zwölf bis vierzehn Tagen die Jungen aus, dann it die Freude und das Glück groß, aber aud) die Sorge wächſt von Tag zu Tag; denn jehs Kinder zu erziehen und ihre Schnäbel zu ftopfen ijt feine Sleinigfeit. Aber unverdroffen gehen Vater und Mutter an die Arbeit, und ihre Liebesmühen werden reichlich belohnt. Schon nad) wenigen Tagen find die kleinen, großſchnäbligen Zwitjcher- linge jo Träftig, Hin und wieder über den Rand ihrer Wiege in den Hof guden zu können. Nach zwanzig Tagen erhalten fie Erlaubnis, das Net zu verlajjen und die erjten Flugverſuche zu unternehmen. Am vierundzwanzigiten Tage werden fie für mündig erklärt und nad) Berleihung des Schwalbenbürgerrehts unter Sang und Klang dem öffentlihen Leben übergeben. Anfangs Auguft ſchreiten die Schwalben zur zweiten Brut. Ge- wöhnlich ijt der zweite Wurf flügge, wenn die erjten Reifniederjchläge und Herbitjtürme an die Fahrt in die Fremde mahnen. Dann ver- einigen ſich die lieben Vöglein zu großen Gejellihaften im Röhricht und Schilfe unſerer Gewäſſer, um ſich eines Abends in die Lüfte zu erheben und die Reiſe in die Fremde anzutreten. Raben, Goldammern, Meiſen und andere Vögel, die während des Winters bei uns bleiben, ſenken die Köpfchen und zwitſchern ein trübſeliges „Lebt wohl!“ vor ſich hin. Erſcheinen doch nun bald die Tage, von denen auch ſie ſagen: „Sie gefallen uns nicht!“ Nur einer ſitzt auf dem Dachfirſt und beſchäftigt ſich mit Betrach— tungen ganz eigener Art. Erfüllt ihn die Ankunft des Winters auch gerade nicht mit beſonderer Freude, ſo hat er doch auch keine beſondere Furcht vor derſelben. Hat er ſich doch ſchon manchmal die eiſigen Nord— winde um die Ohren pfeifen laſſen müſſen, und verſteht er es doch, wie kein anderer, den traurigſten Verhältniſſen die angenehmſten Seiten abzugewinnen. Was war er in der Geſellſchaft jener edlen, allbeliebten gefiederten Brüder? — Ein Wegelagerer, Straßenjunge, Lump und Bettelbube, den man im Hofe und im Garten, in Beer-, Obſt- und Weinpflanzungen mit mihtrauijhen Blicken maß. Was ZEN AO galt fein Zwitſchern und Piepen, jein „Scherre, ſcherre, Dieb“ im Gegenjate zu den klangvollen Sängen der dahin ziehenden Brüder und auch der Schwalben? — Es war ein läjtiges Gejhrei und Geplärr. — „Hort, fort! ihr Erhabenen, Hochgeborenen und Edlen, deren Gegen- wart das Anjehen und die Adhtung des jhlidhten, ehrbaren Volks— mannes untergräbt! Seht bin ih Herr und Hahn im Korbe! Ihr Kaften und Nefter der Stare und jener großmäuligen Scwalben, ihr jeid nun alle mein! Jetzt bin id) der geſuchte Mann, der Liebling der Menſchen in Dorf und Stadt!“ So jhwaßt der jelbjterfenntnisbare Spaß und ſchüttelt den Staub von jeinem grauen Gefieder. Die Bäume aber raufhen Klagelieder und Hüllen ſich in ein fahles Trauergewand. Die Blumen neigen die bleihen und welfen Kronen; denn mit den Schwalben zieht ihre Freude am Leben dahin. Auch unſer Herz zittert im Schmerze der Trennung von allem, was uns während der Tage jommerliher Wonne Iujt- und Tiebes- trunfen umjubelte und umladte. Aber ein Trojt jtärft und erhebt die zagende Seele: die Hoffnung und Gewißheit eines baldigen frohen Miederjehens. Kun ſcheiden ſie wieder. H:: iheiden fie wieder, die Vögelein all, Es raltet des Sommers Getriebe! Verrauſcht jeiner Sänge melodilher Schall, Berklungen die Klänge voll Liebe! Oft hab ich den Sängen und Klängen gelaufcdht, Geborgen von ſchattigen Bäumen, Bon Blumen umduftet, von Blättern umrauſcht, Umgaufelt von lieblihen Träumen. Mie anders erjheinen nun Wald mir und Yeld, Nachdem jie von dannen geflogen. — Mir iſt es, als wär’ aus der weiten Welt Mit ihnen die Freude gezogen. Kein Blatt mehr am Baum, fein Blümlein im Wald, Kein Vöglein im Hain, feine Lieder! — Sei jtille, mein Herz, und hoffe; denn bald Kehrt alles viel ſchöner dir wieder! Die Singdroffel. 22 cm lang. BB as jauchzt du, liebes Vögelein „= Und loderjt dein Gefieder? — Du tirilierjt tagaus, tagein Und zwitjcherjt luſt'ge Lieder! Dein Auge laht wie Sonnenjdein In Gottes Wunderwelt hinein!“ „Ich freue mich, weil Berg und Tal Im Hodzeitsihmude glänzen; Meil Blumen ohne Maß und Zahl Die Fluren rings umfränzen! Der Laubwald raufht, es rauſcht der Hain, Und ich, ic) jollte traurig fein? — Solang in meiner jungen Brujt Sich Frühlingsfreuden regen, Solange Lieb und Lebenslujt Mein kleines Herz bewegen: Solange fing durch Bud) und Wied Mein Lob» und Dank» und ubellied!“ IK" \hmüdt das frijhe Grün der erjten Blätter die Bäume unjerer Laubwälder, jo tönt dem laujchenden Wanderer von den Zweigen herab volltönender VBogeljang entgegen. Wer Tann, jo fragt er ji), der Urheber diejes herzerquidenden Frühlingskonzertes ſein? — Mer ilt es, der die nod im Halbichlummer liegende Waldflur mit jeinen lieblihen Weijen jo wunderbar belebt? — Iſt es die Königin der Sänger, die liederreihe Yrau Nachtigall? — Nein! — Sie weilt in jo rauhen Tagen nod) fern von uns, im Lande, wo die Zitronen und Orangen blühn. — Er jteht und ſpäht. — Da plößlid) dringen abermals jene entzüdenden Jubelflänge an ſein laujchendes Ohr, um fein Herz mit unbejchreiblidher Freude zu erfüllen. Nicht weit vor ihm, auf der Spitze eines freiltehenden Baumes thront der gott- begnadete Sänger. Den Kopf andädtig emporgerichtet, jingt er Jeine ftimmungsvollen Weilen der Sonne entgegen, deren Strahlen die Fluren überfluten und ihre Jhlummernden Kinder zu neuem Leben küſſen. Er tritt näher hinzu, und ein genauerer Blid überzeugt ihn, daß der Sänger unjere Singdrojjel it, die der Norweger als „die BR Nachtigall des Nordens“ und der Dichter als „Nahtigall des Waldes‘ bezeichnet. Hochbegabt, gewandt, feinjinnig, flug, munter und gejangs- fundig, wie fajt alle Drojjeln find, ijt aud) die Sing», Weih-, Berg-, Zier- oder Sommerdrojjel. Ihr Gefieder it auf dem Rücken ölgrau, unten weihlidhgelb und mit dreiedigen und nierenfürmigen Yleden geijhmüdt. Die — AZ N N SE G N IN SDN SIND ES — Ro — 27 — N "= Ban Unterflügelfedern ſind blabrojtgelb. Der Schnabel ijt mittellang und fajt gerade. Die Füße jind ziemlid) hochläufig und mit jtarf- fralligen Zehen verjehen. Der Gejang der Sing-, Zipp= oder Weindroſſel ijt ein an Motiven reiches, wohltönendes Lied, eine herzgewinnende Weile, voller Schön- heit und Anmut. Während die meijten der übrigen Singvögel ihre Gejänge mit Verbeugungen und Flügelihlägen begleiten, bewahren die Singdrojjeln während ihres VBortrages eine vornehme, ruhige Haltung. Wie angegojjen fiten fie auf dem zum Singen auserforenen Ze ON wie Platz, auf der äußerten Zweigjpige eines möglichſt freihſtehenden Baumes, und Jhmettern ihre Weilen durd) den Wald. Die Singdrojjel ijt aber nicht bloß ein ausgezeichneter Sänger, jondern verdient aud) als vortreffliher Baumeijter unjere Bewunde— rung. Bald nad) ihrer Ankunft in der Heimat fchreitet fie zum Nejt- bau. Sie jtellt zunädjt aus Haarmoos, Goldhaar oder jonjt einem buſchigen Laubmooje eine majjige Grundlage her, in die fie mittels des Körpers eine napfartige Höhlung drüdt. Darauf verflidt fie die Mooswandung bis zum Rande des Nijtnapfes mit Grasjtengeln, Strohhalmen oder MWürzelden, um dem Ganzen eine größere Zu: jammenhangsfraft zu verleihen. Auf die Herjtellung des oberen Randes verwendet jie ganz bejondere Sorgfalt. Alle Strohhalme und Mürzelden, die Tiederli an der Außenſeite herabhängen und die Schönheit des Baues beeinträdhtigen, werden gefnidt und mittels Speichels an zwedentjpredhende Stellen gefittet. Nachdem der Außen— bau, der einem zierlich geflochtenen Korbe gleicht, vollendet ijt, jchreitet die Singdrojjel zum Innenbau des Nejtes. Sie bededt den Boden des Gejlehtes mit Kügelden aus Kuh- und Pferdedünger und mauert dann, nad) oben vorwärts jhreitend, aud) feine Innenwandung mit dem nämlidhen Materiale aus. Um das Mauerwerf mit dem Moos- gefleht in möglichſt haltbare Verbindung zu bringen, lebt fie jedes Kügelden mittels ihres Tittartigen Speihels an dieſem fejt. Diefe Arbeit ijt eine wahre Geduldsprobe für die Sangesmeilterin. Wie oft muß ſie von dannen fliegen, um all die Kügelchen herbeizufchaffen, die zur Herjtellung der ganzen Wandung erforderlid find. Wie oft tollt ein Klümpchen, das zu wenig befejtigt war, in den inneren Raum zurüd. Dod nichts vermag ihr die Lujt am Werke zu rauben. Es gilt ja ihren Kindern. Dem Liebjten auf diejer Welt ein angenehmes Heim zu bereiten, madt ihr, troß aller Mühe und Qual, große Freude. Sit die Mauer endlich fertig, jo folgt ihre Beputzung. Dazu benußt Frau Singdrojjel faule Holzjtüdden, wenn irgend möglid), die eines Weidenbaumes, die fie zerqueticht, mit Speichel durchknetet und mit dem Schnabel gegen die Wandung drüdt. Selten wird diejer äußert glatte Überzug bis zum Rande des Nejtes ausgedehnt. Die ganze Mauer mit Holzbepugung iſt höchſtens jo did wie ſchwache Pappe, dabei aber äußerjt zähe, warm und waſſerdicht und vortrefflid geeignet, die Eier oder jungen Vögel vor den ſcharfen Winden im Beginne des Frühlings zu [hüßen. Be hy abe Die Schwarzdrojiel. 15 cm lang. Zu der Gruppe der Maurer ijt auch die Schwarzdrojjel, Stod-, >, Kohl oder Schwarzamjel, Merle oder Lyjter zu zählen. Menn aud der Singdrofjel unter ihren Yamilienangehörigen als Sängerin die Krone gebührt, jo ilt ihr die Amſel dod als fait ebenbürtig an die Seite zu jtellen. Schon im Februar, wenn nod) Ye I (wu- 3 .an)ır Aus z Ina8_ 2)» N W >> NIT .), ) NN N —5 NIS Sn a So) os N N)zzzz.. en AV). , S777. eG ZEN) SW7r-- SS AS N lin 93 1° > SUN SZ 7 j . - ER ‚) = — N 23 2 R) 728 WO. -SÖMWIZZE VE z —— Wi fa ns Schnee und Eis die Zweige der Bäume befleiden, beginnt jie ihre flötenden, melancholiſch dahinfliegenden Weijen. „Jung und Alt, Gebildete und Ungebildete, alle, die unter dem itrengen Regiment des Winters jeufzten, wenden den Blid freude- itrahlend nad ihr, wenn aus einem Park oder Garten, mitten im Häufermeer der Stadt, zum erjten Male eine Amfel ihre volltönenden, melodienreihen Lieder hören läßt. Mit ihrem fräftigen Organ ift fie zum Sänger der geräujhvollen Städte ganz bejonders geeignet, zumal da fie gegen Abend, wenn jo mander Naturfreund nad) Vollen— dung feiner Berufsarbeit in den ſtädtiſchen Anlagen Erholung judt, fleißiger jingt als andere Singvögel.“ Die Schwarzdrofjel, die über ganz Europa und das nördliche Aſien verbreitet ijt, gehört zu den Standvögeln. Sie ijt nit ganz none ſo groß wie die Singdrofjel und unterjheidet jih von Ddiejer aud) durch die bedeutend Türzeren Ylügel und den verhältnismäßig langen, an der Spite etwas abgerundeten Schwanz. Ihre Augen und Füße jind braun und die Augenlider hochgelb. Der Schnabel ijt orangegelb. Obwohl die Schwarzdrojjel zu den mauernden Vögeln gehört, jo iſt ihr Nejtbau, verglichen mit der zierlihen Arbeit der Singdrojjel, doc äußerſt roh und unvollkommen. Äußerlich ift ihr Nejt von dem ihrer Sangesihweiter nur wenig unterjhieden. Anders aber jteht es mit der höchſt unordentlid, eingemauerten Jnnenwandung, die aus naſſem Schlamm und Lehm bejteht. Merfwürdig an diejer Sclamm- lage ilt, daß ſie jtets einen gewijjen Grad von Feuchtigkeit bewahrt. Um die Eier und die Brut gegen den nadteiligen Einfluß der Feuchtig— feit zu jchüßen, verjieht die Amjel das Mauerwerf mit einer Iojen Schicht trodenen Grajes und feiner Würzelden. Dadurd) Tommt jenes in die Mitte der Neſtwandung zu liegen, weshalb es bei oberflädlicher Betrachtung oft gar nicht zu entdeden iſt. Menn das Weit der Schwarzdrojjel auch weniger vollkommen ilt, jo müjjen wir bei jeinem Anblid doch bedenfen, daß es einer Kinder- har als Wiege dient, die nad) ihrer Großjährigfeit unjere volle Achtung verdient. Darum Reſpekt aud) vor diefem weniger Tunjtreid) ausgeführten Wohnſitz einer hochedlen Sängerfamilie! I Der Kleiber. 16 cm lang. net, tü tie Zu tu, tũ tũ! Sit zwirr, twit twit! Sit zwirr! Quü quü! Heran nur, ihr Finken und Läufer und Meiſen; Mich zwickt es und zwackt es, ein bischen zu reiſen! Heran nur, heran nur! — Tü tül Twät, twät! Sonjt wird’s für den Zug dur) die Waldung zu ſpät. Was gibt’s da zu zwitichern, zu Tichern, zu lachen? — Mir iſt es Bedürfnis, die Reije zu machen. Herr Buntjpeht, voran mit dem purpurnen Fähnchen! Ih führe die Rotte der Meijen und Hähnden. Die Flügel geihwenft und gefungen: Sit fit! Tü tü, zwirr zwirr! Duü quü, twit twit! mg KH nicht Tange hat die Sonne die Mittagshöhe überftiegen. Hin 3 und wieder nur regt ſich ein Blatt in den Laubfronen der Bäume jonjt aber ijt es jtill im Walde. Seine befiederten Bewohner halten, auf irgendeinem Zweige hodend, von Blattbüjcheln bejchattet und beſchirmt, ihr Mittagsihläfhen. Da plötzlich erklingt das „Ra ta ta ta“ einer Mijteldrojjel durd) die Stille des Waldes. Ihm folgt das Irille, weithin vernehmbare „Dix dix“ einer Schwarzamjel. Sie find der MWedruf für alle, die dem ſüßen Schlummer Huldigen. Der Wald erwadht aus jeinem Mittagstraume. Befannte Klänge ſchlagen an unjer laujchendes Ohr. FT cLied folgt auf Lied, Weile RE auf Weife; überall Subel 5) | | ZZ und Trubel, Leben und Luft. — Auch wir fühlen uns erlöjt von dem Drude, der auf unjern durd) die bren— nende Mittagsglut ermat- teten Öliedernlajtete.Unjer Herz jchlägt ſchneller. Wir atmen jreier und öffnen faſt willenlos die Lippen. Eine Weile, rein und in- nig, Elingt durd) den Wald und vereinigt ji mit den Liebesklängen ringsum zu einem himmelan braujen= den Jubelchor. — Es ijt et- was Seltjames, dem Leben im Walde jo jeelijch nahe gerüdt zu ſein. Uns jelbjt ISIN vergejjend, empfangen wir die unauslöjghlihen Eindrüde eines jchönen, lebendigen Gottes- dienjtes. Wie träumend geniegen wir die Wunderwirfungen einer Herz und Geiſt erquidenden Waldandacht. Wir dünfen uns nit mehr über den Wejen jtehend, jondern wir fühlen uns eins mit ihnen. Ihr Herzſchlag ijt der unfrige. Unter ihnen zu weilen, mit ihnen zu plaudern, ihren Lebenserjheinungen ein offenes, empfindjames Herz, Ohr und Auge entgegenzubringen, iſt uns Bedürfnis. — Mährend wir jo unjern innerjten Empfindungen nahhängen, \ : ÄN ) \ 7] EN {N N FE N ‘ N Aa — — —— en R — ward’s immer lebendiger um uns her. Überall bieten ſich reizende Bilder eines traulichen Gemeinjhaftslebens. Da plößlid) werden wir durch etwas Außerordentliches aus unjern Träumereien emporge= Iheudt. Eine bunte Schar luſtiger Gejellen wirbelt wie im Sturm- wind an unjern Augen vorüber. Liebe Belannte jind es, zehn bis zwanzig an der Zahl. Auf dem Stamme einer altersgrauen Eiche maden jie halt. Hei! — wie das flattert, hüpft, tanzt, klettert, wirbelt, piept, flötet und zwitjhert. Kurz nur ilt die Raſt. Weiter geht es zum nädjtjtehenden Baume. Wir folgen den heiteren Genpjjen, und weiter, immer weiter führen jie uns durch den Wald. Wunderbar, entzüdend fürwahr iſt ihr Iujtiges Treiben. Könnten wir’s ihnen nahtun, wir jähen gewiß nicht untätig zu. Ein zierliher Burſche mit grauem Röckchen, ſchwarzem Bande zu beiden Geiten des Kopfes, weißem Vorhemdchen und horngelben Stiefeln erregt unjer beſon— deres Intereſſe. Es ilt der Kleiber, Baumritter, Baumrutjcher, Chlän, Gottler oder Tottler. Allen andern tut er’s an Munterfeit, Geſchick— lichkeit und Waghalſigkeit zuvor. Er ſcheint der Anführer des jeelen- vergnügten Völkchens zu jein, das aus Kohl-, Hauben-, Tannen und Sumpfmeijen, aus Baumläufern, Finken und Goldhähnden be— iteht. Bald flettert oder hüpft er hinauf, bald hinab, bald rutſcht er nad) der einen, bald nad) der andern Geite. Hier hängt er an der Spiße eines ſchwanken Wites, dort hodt er auf demjelben. In jedem folgenden Augenblid bietet er neue Proben jeines ausgezeichneten Klettertalents. Dazwiſchen pfeift er fein angenehm klingendes „Sit fit! zZü tü!“, das von den ihn umjhwirrenden Spiel- und Reijegenojjen in entjprehender Weiſe beantwortet wird. Ein genauerer Blid überzeugt uns, daB diejes Treiben nicht nur ein übermütiges Spiel, jondern eine Treibjagd auf Raupen, Käfer und Spinnen ilt. Jedes Moos- und Ylehtenbüjcheldhen, jedes Aſtloch und jede Rinden- und Holzipalte wird durchſchnuppert und durch— töbert. Taujenden von läjtigen Inſekten bereitet eine derartige Streif- partie den Untergang. Aber aud) Nüjje und Beeren werden dabei nit verſchont. Eicheln, Buchedern, die Ylügelfrühte des Ahorns, der Tanne und der Kiefer, alles muß herhalten, um die hungrigen Bäudlein zu füllen. Und fühlt der Tottler wirklich einmal gelindes Magendrüden, jo ſucht er dieſes wunderbarerweile durch das Ver— Ihluden einiger Kiesſtückchen zu bejeitigen. ne Ebenjo interejjant, wie der Kleiber im allgemeinen, iſt aud) jein Nejtbau. Er legt diejen ausjhließlid in Höhlungen an, gibt aber Baumbhöhlungen den Borzug. Nur in Ermangelung diejer nimmt er zu Mauer- und Yelsipalten jeine Zufludt. Eine ganz bejondere Vorliebe hat er für die Bruthöhle des Spedhtes. Sie in Beſitz nehmen zu dürfen, bedeutet für ihn die Gewinnung eines Königreihs. Die Eroberung wird ihm aber häufig recht ſauer gemadt. Nicht nur der vorjährige Belißer, der Specht, jondern auch nod) andere Vögel, be= jonders die Stare, rüden ihm dabei hart auf den Leib und treiben ihn meijtens in die Flucht. War ihm der Zufall günjtig, lieg man ihn ungeſchoren mit feinem Weibchen Einzug halten, jo richtet er die Mohnung nad feinem Gejhmade ein. Zunächſt mauert er die Ein- gangstür bis auf ein feiner Körpergröße entjprehendes Flugloch zu. Dazu bedient er ji) kleiner Lehm- oder anderer Erdjtüdden, die mit flebrigem Speichel befeuchtet, mit dem Schnabel durdfnetet und gegen die Wandung der Röhre gedrüdt werden. Der jo ent- itandene Mauerring it, von außen nad) innen gemejjen, etwa zwei bis drei Centimeter breit und jo feſt und zähe, daß man ihn erfor- derlihen Falles gewaltjam herausbrehen muß. Diejem Maurerfunjt- ſtückchen verdankt der liebe Fleine Kerl den Namen Kleiber. Das Innere der Kinderwiege verjieht der Stleiber mit einer Polſterung aus Eichen oder Buchenblättern oder, wenn dieje nicht zu bejhaffen jind, mit einer Yütterung aus dünnen Sieferrinden- ſtückchen. Auf dieſe äußerſt Ioder gehaltene Unterlage legt das Weib- hen Ende April feine jehs bis neun weißſchaligen, dunfelrotpunftierten Eier, denen nad) einer vierzehntägigen Brütezeit die kleinen Tottler entjchlüpfen. Der Nleiber gehört, abgejehen von einigen unbedeutenden Näſchereien, zu den zierlichſten und nüglihiten Vögeln und ijt darum dem Schutze der Menjhen aufs wärmjte zu empfehlen. © S © ® ® & &_ @ Der Schattenvogel. 56 em lang. m: verdient feinen Namen mit Recht! wird jeder jagen, der den jtelz- =&o beinigen, düjter dreinſchauenden Gejellen vor ji) jtehen jieht. Ernſt und würdevoll, wie ein Heiliger, der mit der Welt und ihrer Luft abgeſchloſſen Hat, jopreitet er im Sumpfe, am Ufer des Gewäljers dahin. Kein Laut entfährt feinem langen, pehjhwarzen Schnabel. Stumm und andädtig blidt er auf den gligernden Spiegel des Ge— wäjjers. Sein Yederkleid gleicht einem dunfelbraunen, vorne etwas abgetragenen Möndsgewande. Wie das Abzeihen eines Bruder- ordens nimmt ſich auch die dunfelpurpurrote Binde aus, welde Die Spiten feiner Steuerfedern ſchmückt. Nicht weniger harakterijtiid iſt der einer Mönchskutte ähnelnde Federbuſch an feinem Hinterfopfe. Bon weiten gejehen hat es den Anſchein, als trüge der düjtere Burſche itatt des Kopfes einen doppelt zugejpigten Hammer auf dem Rumpfe, weshalb man ihm aud) den Namen Hammerfopf verliehen hat. Nichts it an dem ganzen Sonderlinge vorzufinden, das die düſtere Stim— mung jeines Äußeren aud nur ein wenig zu erhellen, jeinen äußeren Eindrud freundlider und anheimelnder zu gejtalten imjtande wäre. Die Augen, ſelbſt düjter und von einem düſteren Federſtreif überdadt, leuchten in jenem unheimlichen Glanze, den wir in den Augen unglüd- jeliger Weltſchmerzler anzujhauen gewöhnt find. Aud die langen, Ihwarzen Beine, deren Zehen durch tief eingejchnittene Häute mit- einander verbunden find, tragen nur dazu bei, das Gejpeniterhafte jeines äußeren Wejens zu erhöhen. Dem jeltjamen Ausjehen des Schattenvogels entſprechen aud) jeine Lebensverrihtungen. Seine Lieblingsjtätten find die baumüber- dachten Ufer der Bäche, Flüſſe und Ströme Inner- und Südafrikas, Madagasfars und Südarabiens. In Waldungen, deren dichtes Zweig- und Blätterdach weder der Silberjtrahl des Mondes, nod) das goldene a Licht der Sonne zu durchdringen vermag, verbringt er jeine Tage. Hier jitt er während des Tages ſchlafend und träumend auf irgend- einem Wte, fliegt ab und zu auf den dampfenden Boden, jchreitet ernjt und gemejjen auf und ab, jteht, vor ſich Hinbrütend, minutenlang auf einer Gtelle und fehrt dann wieder zu jeinem Ruheſitze zurüd, um, von tiefen Schatten umgeben, weiter zu ſchlafen und zu träumen. Erjt wenn ſich die Sonne ihrem Untergange entgegenneigt, verläßt er jeine Tagesherberge, um an den Ufern eines naheliegenden Ge— wäjjers dem Vergnügen der Jagd zu Huldigen. Seine Lieblings- nahrung bilden File. Er verjhmäht aber auch Fröſche, Schlangen und Kerbtiere nicht und nimmt, wenn ihm nichts anderes in den Weg fommt, jelbjt mit einem Gericht Krebje und Schneden fürlieb. Bei der Verfolgung verhält ſich der Schattenvogel ähnlich wie fein Vetter, der Marabu. Wird er eines Menſchen anſichtig, jo fliegt er niht gleich) wer weiß wohin, jondern entfernt jih nur auf eine furze Strede, um die Hantierungen jeines Verfolgers beobachten und weitere Vorſichts— maßregeln treffen zu Tönnen. Mie der Schattenvogel die düjteren und einfamen Winfel den hellen und geräuſchvollen Pläßen feines Wohngebietes vorzieht, Jo liebt er es aud), ohne jede Gejellihaft zu fein. Nur hin und wieder lieht man ihn mit feinem Weibchen vereinigt. Beide aber verhalten id) jo jonderbar gegeneinander, da man annehmen mödte, jie hätten ein Gelöbnis ewigen Schweigens und Gejdhiedenjeins abgelegt. Wenn das düjtere Ausjehn und die vielen Eigentümlichkeiten in der Lebensweije |hon die Eingeborenen veranlakten, den Scatten- vogel als einen mit irgendeiner höheren Macht im Bunde jtehenden Sonderling zu betrachten und ihm ſcheu aus dem Wege zu gehen, jo ilt die Art jeines Nejtbaues erjt reht dazu angetan, den überſinnlichen Borjtellungen von jeinem Weſen und Lebenszwed fruhtbaren Boden und fejte Gejtalt zu geben. Weder die Brutfajernen der Giedel- jperlinge, noch die Kunjterzeugnijje der Webervögel ſind mit den ges waltigen Bauwerfen des Scattenvogels zu vergleichen. Niemand modte, da die Furcht vor dem düjteren Gejellen jede genauere Be— obachtung unmöglid”) madte, glauben, daß er der Meijter Diejer Niejenbauten fei. Man nahm darum an, daß er neben vielen andern geheimnisvollen Gaben aud die Kraft bejäße, andere Vögel zur Aufführung feines Brutgebäudes zu zwingen, und daß er nur injofern ee dabei beteiligt jei, als er den Bauplan liefere und die Bauarbeiten fontrolliere. Wir, denen der Glaube an Zauber- und Teufelsfünite im Laufe der Zeit im großen und ganzen abhanden gefommen ilt, wundern uns und läheln über die naiven Anjhauungen von dem Ber- mögen eines harmlojen Sumpfvogels. Wir wiljen, daß er nit mehr als Brot eſſen kann, und doch bejchleiht aud) uns, wenn wir vor jeinen Rieſenbauwerken jtehen, ein jeltjames, faſt unheimliches Gefühl. Der ganzen Ausführung und inneren Einrihtung liegt ſoviel Verſtändnis und Blanmäßigfeit zu Grunde, wie wir jie bei einem GStelzfühler ge- wöhnlich nicht vorausfegen. Die Beobachtungen haben aber erwiejen, daß der Hammerfopf der Baumeijter feines Haujes und Herdes iſt. Den Wandungen unjerer ländlihen Badöfen niht unähnlid), die aus Ziegeliteinjtüden, Stroh und Lehm aufgeführt werden, jind Die Brutgebäude der Schattenvögel aus jtarten, furz gebrochenen Aſten, Blättern, Schlamm und Lehm Funjtvoll zufammengemauert. Der Bau hat eine Tiefe und Höhe von anderthalb bis zwei Metern und wiegt jelten weniger als zwei bis drei Zentner. Oben befindet ji eine fuppelartige Überwölbung. Ein rundes Eingangslod), das jo weit ift, um den Vogel in friehender Stellung durchzulaſſen, führt zu den innern Räumlichleiten: einem Vorzimmer, Speijezimmer und Schlaf— gemadh. Alle drei Zimmer jind durch entjprehende Eingänge unter- einander verbunden. Das Schlafgemad) iſt am geräumigiten, liegt höher als die übrigen Zimmer und ijt mit einem Lager aus Sdilf, Grashalmen, Blättern und anderen weihen Pflanzenjtoffen verjehen. Der Mittelraum dient zur Aufnahme der Jagdbeute. Er hat ein jehr wenig appetitlihes und einladendes Ausjehen ; denn in jeinen Winkeln liegen eine Menge Rejte von Fiſchen, Schlangen, Fröſchen, Eidedhjen, Käfern und anderem Getier, die teilweis in VBerwejung übergegangen ind und den ganzen VBogelbau mit einem pejtilenzialiihen Geſtank erfüllen. Das VBorderzimmer wird zu Wachtdienſten benutzt. Sn ihm liegt das Männden lang auf dem Boden und hält den Kopf hinaus ins Freie gejtredt, um alles, was in der Nähe des Nejtes vorgeht, beobadhten und bei Annäherung einer Gefahr das Zeihen zur Flucht geben zu können. Die MWandungen diejer grokartigen VBogelbauten, die in den Aſt— gabeln jolher Bäume angelegt werden, die jteile Bergabhänge und Uferwände überragen, Tin) jo feit, dat fie einen Menſchen bequem zu MWolf-Harnier, Gefiederte Baukfünitler. 3 tragen imſtande ſind. Daß ſolche Arbeiten den Scattenvogel als ein von der Natur ganz bejonders ausgejtattetes Weſen erſcheinen ließen, Tann uns faum noch wundern. Ihm gebührt entjchieden der erite Pla in den Reihen aller befiederten Baufünitler. Ar) Der Homrai. 120 em lang. Nas, Was den beneidenswerten Reijenden in den maleriſchen Land— = Ichaften am Südfuße des Himalaya, der Wiege uralter indilcher Mythen und Heldenjagen, am meijten überrajdht, it das Wiederfinden europäilder Gewächſe. Dort prangt der Apfel-, Birn-, Pfirjich-, Pflaum- und Aprifojen- baum in jhönjtem Blüten hmude. Bon jedem Abhange, aus jedem Gärthen grüßen und laden ihm Stadel-, Johannis-, Erd- und Himbeerpflanzungen mit ihren jaftreihen Früchten entgegen. Aber nit nur beim Anblid der Pflanzenwelt werden in ihm Erinnerungen an das Baterhaus wadhgerufen, jondern aud) liebe, befannte Weijen, die lieblihen Liedesflänge der Nachtigall, der Singdrojjel und anderer Sänger zaubern das traulide Bild der fernen Heimat mit ihren eihen- und rebenumfränzten Auen vor jeine Seele. Neben diejen trauten Belannten trifft jein rajtlos umbherjchweifen- der Blid auf ein unzähliges Heer volljtändig fremder Dinge. Hier erfreut ihn die Fülle und Farbenpracht würzigen Duft ausatmender Blumengebilde. Dort ruht fein Auge mit Wohlgefallen auf einer Gruppe majejtätiiher Palmen und anderer fremdartiger Bäume, voll anmutender Schönheit und trogig edler Kraft. An ihren Stämmen und Alten treiben pofjierlihe Affen ihr Spiel und Juden durch drolliges Benehmen, Lilt und Verſchlagenheit einander zu überbieten. Hoch oben in den Kronen zwitichern, flöten, trompeten und krächzen Vögel, deren reiher Farbenſchmuck, eigenartige Gejtalt und jeltjames Benehmen Die Sinne fejjeln. Unter ihnen ertennt das Auge des Forſchers aud) den „König der Wälder“, den Homrai oder Doppelhornvogel, der frei— ih) nicht blo hier, jondern über ganz Vorder-, Hinterindien und Sumatra verbreitet ilt. Der Homrai, dejjen Federkleid, Schnabel, Augen und Zühe nicht weniger als zwölf Farben aufweijen, bewohnt mit bejonderer Vorliebe Dee Lihtungen an Flüſſen gelegener Wälder. Dort jieht man ihn in den Mipfeln der höchſten Bäume, umgeben von einer Tleineren oder größeren Schar jeinesgleichen, oft jtundenlang wie angewurzelt ſitzen. Den unförmlichen, mit einem Hornaufjaße geijhmüdten Schnabel leicht nad) oben gehoben, den Hals fait volljtändig unter die Schwingen ge— zogen, ſchaut er jelbjtbewuht ernjt und in jich gekehrt ins Weite. Seine würdevolle und vornehme Haltung gibt ihm das Ausjehen eines echten Ariitofraten. Seine abjolute Ruhe verleiht ihm das Gepräge eines über alle Kleinigfeitsfrämereien diejer Welt Hinwegjehenden Philo— ſophen. Hin und wieder nur erhebt ſich einer oder der andere aus dem Kreiſe der ehrwürdigen Denker und ſegelt dem Wipfel eines der nächſtſtehenden Bäume zu, wobei ihm die Zurückbleibenden, die Hälſe und Köpfe abwechſelnd nach oben und unten bewegend, ein kaum beſchreibbares Abſchiedslied ſingen. Ein Lied, das nicht der Kehle eines Vogels, ſondern der Gurgel eines Ochſenfroſches zu entſtrömen ſcheint und lebhaft an den Schrei des Eſels erinnert. — Ebenſo ſelt— ſam, wie die Stimme des Homrai ijt, erſcheint auch das Geräuſch jeiner Ylügelihläge während des Yluges, das nod) in der Entfernung einer engliihen Meile hörbar fein Joll. Sp ehrbar und ruhig ſich der Homrai für gewöhnlich benimmt, jo unverträgli ijt er im Berfehr mit anderen Vögeln. Wehe dem Armſten, der ji) Teder Weije in den Bereich feiner wuchtigen Waffe wagt. Ein einziger Schlag genügt, um dem Zudringlinge das Lebens- liht auszublajen. Unter jeinesgleidhen ijt der Homrai duldſamer, nicht etwa aus bejonderer Rüdjiht gegen die Blutsverwandtſchaft, jondern weil er in jeinen Yamilienangehörigen die ihm in jeder Beziehung eben- bürtigen Gegner rejpeftiert. Das Brutgejhäft vollzieht ausjhlieglih das Weibchen des Doppelhornvogels. Es erwählt zu diefem Behufe die pajjende Höhlung eines Baumjtammes, die, einmal in Bejig genommen, nicht eher von ihm verlajjen wird, bis den zwei bis drei ſchmutzig-lichtbräunlichen Eiern die Jungen entihlüpft jind. Das ijt eine Erſcheinung, die uns im Leben der Vögel nicht oft entgegentritt, und deren Zwedmäßigteit, trotz aller Nahforihungen und Unterfuhungen, bis heute nod nicht recht Zar gejtellt ijt. Wenn auch bei falt allen Vögeln die Männden den Weibchen während der Brutzeit Futter zutragen, jo geſchieht dies 3* — 236 doch nur, um das Berlajjen der Eier möglichſt zu beſchränken. Daß aber das Männchen während jener Zeit vollitändig für die Erhaltung des Meibhens Sorge trägt, und diejes aud) nicht ein einziges Mal den jeder Bequemlichkeit entbehrenden Brutraum verlajjen darf, wie das beim Homrai der Fall ilt, gehört jedenfalls zu den merfwürdigjten N IN SI — — II» u Seltenheiten auf dem Gebiete der Vogelkunde. Wir glauben nicht, daß jemand in Anbetracht dieſer Erjheinung geneigt jein könnte, das Leben der Frau Homrai mit einem Leben im Schlaraffenlande zu vergleihen. Was dieje etwa zwei bis drei Wochen währende unglüd- lih-glüdlide Zeit für jie bedeutet, erfahren wir am beiten, wenn wir jie bei ihrem erjten Ausfluge beobadten. Wie an allen Gliedern ge= Ba drohen, kreuz⸗, fuß- und flügellahm, am Körper zerzaujt und zer- ſchunden, kriecht ſie ſchwerfällig und mühſam am Boden dahin. Erſt nach geraumer Zeit iſt ſie wieder ſoweit gekräftigt, ſich flatternd auf den nächſtſtehenden Strauch zu erheben. — Mir danken für die Ehre und das Vergnügen, die erlauchte Gattin des indiſchen Königs der Mälder zu jein. — Ebenſo eigenartig, wie das ununterbrodene Brüten bei dieſer Bogelart ift, erſcheint aud) die Art des Verſchließens ihrer Brut— höhle. Man war lange Zeit der Meinung, daß das im Eingangsloch vorhandene Mauerwerk aus Lehm oder Schlamm beſtehe und eine Arbeit des Männchens ſei. Neuere Forſchungen haben dieſe Annahme als unrichtig erwieſen. Frau Homrai baut den Verſchluß allein. Sie verwendet dabei ihren eigenen Kot als Baumaterial. Geſchickt hebt fie diefen vom Boden des Brutraums auf, befördert ihn nad) oben, lebt ihn an die Seitenwandungen des Flugloches und klopft ihn mit der flachen Seite des Schnabels wie mit einer Mauerfelle feit. Auf diefe Weife wird die Öffnung bis auf einen nur einen Zentimeter breiten und etwa acht Zentimeter hohen Schlitz gejälojjen. Diejer SHlit gewährt dem Schnabel genügenden Spielraum zur Empfang- nahme der täglihen Rationen und geitattet, die Bruthöhle von dem nicht mehr anders zu verwendenden Unrate zu Jäubern. Marum, fo fragen wir, unterziehen ſich die Weibchen der Homrais jenen fürchterlichen Strapazen? Haben ſie es den unglücklichen religiöjen Schwärmern ihrer Heimat abgejehen, die jahrelang in ein und derjelben Stellung verharren, jo daß ihre Glieder jteif und zu jeder freieren Bewegung unfähig werden? — Das Umgekehrte ließe ſich jedenfalls eher vermuten. Warum nimmt das Weibchen eigenhändig die Ein- ferferung vor, die ihm neben der Freiheit in der Bewegung auch nod) den Zutritt der Luft und des Lichtes raubt? — Mir fommen am leitejten zur rihtigen Auffaſſung dieſer Ab— \onderlichteiten, wenn wir annehmen, daß das ununterbrodene Be- brüten der Eier abjolute Notwendigkeit fei, wenn anders die Eier niht zugrunde gehen jollen. Alles andere ergibt jid) hieraus von ſelbſt. Das Weibchen ift gezwungen, ſitzen zu bleiben und die Glieder verjteifen zu laſſen. Es wird infolgedejjen unbraudbar, ji) ſelbſt Nahrung herbeizufhaffen und verliert die Fähigkeit, ſich gegen Über- fälle und Angriffe irgendwelder Art zu verteidigen. Darum muß es a durd) eine Einmauerung, die lüjternen Eindringlingen den Zutritt verjagt, für jeine und die Sicherheit der Eier Sorge tragen. Dabei fommt ihm der Unrat, der auf die Eier von höchſt ſchädlichem Einfluß fein würde, vortrefflid zu jtatten. Diefe Sicherheitsporrihtung wird überflüjjig, jobald ſich das Weibchen erholt hat und imjtande ijt, mit ihrem Gatten abwedjelnd an der Wiege der Kinder Wade zu halten. x EL £ ie‘ Der ISahrvogel. 80 em lang. Ein jehr naher Verwandter des Homrat it der Sahrvogel. Er iſt über die Sundainfeln und Malatfa verbreitet und bewohnt hier vorzugsweile die Waldungen des heißen Tieflandes. Seine Nahrung bejteht aus Früchten und Sämereien. Der Körper des Jahrvogels ijt mit ſchwarzen Federn befleidet. Hals und Schwanz ſind weiß. Der mit einem filchreiherartigen Schopf geihmüdte Oberkopf ijt dunfelbraun. Der Schnabel ijt Horngelb, das Auge rotbraun und der Fuß dunkelgrau. Das, was den Sahrvogel vorzüglid) von feinem großen Yamilienangehörigen unterſcheidet, ijt die faltige Wulft an der Wurzel des Oberjchnabels. Ihrer eigen- artigen Geſtaltung verdankt er den Namen. Die Wulft entwidelt ſich nämlid) erjt, wenn die Jungen die Grenze der Jugendzeit überſchritten haben. Man nahm an, dah ſie ſich alljährli um den Anjat einer Querleijte nad) vorne vergrößere und daß nad) der Zahl der Quer- leiften das Alter des Vogels zu bejtimmen jei. Diefe Annahme hat ji) infolge genauerer Beobachtungen jedod als irrig erwiejen. Der Gejang des Jahrvogels, wenn wir feine Lautäußerungen aljo be- zeichnen dürfen, gleicht dem Schreien eines jterbenden Schweines oder dem Brüllen eines in der Schlinge jtedenden Raubtiers. Mie in der übrigen Lebensweije, jo jtimmt der Jahrvogel aud) in der Art zu brüten und zu bauen mit dem Homrai überein. Weshalb wir es für überflüjfig erachten, darauf bejonders einzugehen. EN Die Behauptung der Eingeborenen, da das Männden das brütende Weibchen eiferfühtig bewahe und im Vergehungsfalle mit Einferferung, ja jogar mit einem elendiglihen Hungertode beitrafe, halten wir für eine naturgejchichtlihe Fabel. rg Dem spr 46 cm lang. Ei anderer Verwandter des Homrai ilt der Tok oder Korwe. ri Seine Heimat jind die waldigen Gegenden Süd-, Melt, Dit- und Mittelafrilas. Wenngleich örtlid) jo weit von jeinem Hodgeborenen Better getrennt, zeigt der Tok doch eine mit diejem für alle Lebens— verrichtungen geltende Übereinjtimmung. Auch er liebt es, jtundenlang auf den Wipfeln der höchſten Bäume jeines Wohngebietes zu jigen und ernite Betrahtungen über die VBergänglichkeit alles Irdiſchen anzuftellen. Höchſt felten nur verläßt er feine Tuftigen Site, um aud) einmal eine Streifpartie auf dem Boden zu unternehmen, wo er Die gefundene Nahrung nad) Art unjers Wiedehopfes in die Höhe wirft und mit dem Schnabel wieder aufzufangen ſucht. Bei jeinen gefiederten und vierfühigen Landsleuten hat ſich der Tok dadurd, daß er das Nahen des Löwen, Leoparden oder eines andern gefürdteten Wald— und Müftenräubers verkündet, ein gewiſſes Anjehn verihafft. Alles lauft feinem weithin vernehmbaren Gadern, dejjen Glaubwürdig- feit er den etwaigen Zweiflern durch Kopfniden bejtätigt. Das Bau: und Brutgefhäft wird vom Tok in ähnlicher Weije wie vom Homtai betrieben. Nur injofern lauten die Berichte darüber anders, als behauptet wird, das Weibchen bleibe bis zum Flügge— werden der Jungen in dem vom Männchen mit Lehm und Mulm ver- mauerten Neſte, und während der zwei bis drei Monate dauernden Gefangenichaft Habe das Männchen die ganze Familie mit Nahrung zu verjorgen. Ob dem fo ilt, läßt ji mindeltens leije bezweifeln. Wir jind der Meinung, dak Berichten, die ſich lediglich auf Erzählungen der Ein- geborenen jtüßen, nicht allzuviel Glaubwürdigfeit beizumejjen ei. Mr Se Ein Spaßvogel. Aunderliche Käuze hat es zu allen Zeiten gegeben, und nirgends hat Ak es an Poſſenreißern, Lujtigmadern und Spaßvögeln gefehlt. Und das ijt gut und heilfam. Es wäre traurig, wenn man in der Welt nur bärbeihigen, griesgrämigen und brummigen Leuten begegnen und immer nur in trübjelige und trojtloje Gejichter bliden jollte. Echte Fröhlichkeit ift die Würze, der Sonnenjhein des Lebens, und ein guter Spaß geht über die bejte Mahlzeit und das ſüßeſte Mittags- ſchläfchen. Einen echten, rechten Spaßmacher ſollſt du jetzt kennen lernen. — Laß alles ſtehn und liegen, und folge mir, aber recht vorſichtig, wenn ich bitten darf, damit uns der Spaß nicht zu Waſſer werde! Wie ſich die Menſchen am liebenswürdigſten und ungezwungenſten im Kreiſe guter Bekannter und Freunde geben, ſo auch die Vögel. Sie haben auch alle Urſache, auf der Hut und dem Menſchen gegenüber mißtrauiſch zu ſein; denn niemand iſt ihnen gefährlicher als er. Nun vorwärts! — Wo die alten, ehrwürdigen Schwarzpappeln und Inorrigen Kopfweiden jtehen, vor denen did) abends grujelte, wo zwilhen Weihdornheden und Brombeerbüjhen die Kühe und Schafe des Dorfes weiden, iſt unjer Ziel. — Wir |hleihen von Baum zu Baum, von Gebüſch zu Gebüſch. — Halt! — Bernahmft du den jeltfjamen Ruf? — „Hupp, hupp!“ ſcholl es über die Wieje Hin. Das it die Sprade deſſen, den wir ſuchen. Sp unterhält er ji) zur Früh— lingszeit mit jeinem lieben Weibchen, wenn er bei guter Laune ilt, wenn er ungejtört unter dem uns jo jehr verhaßten Ungesiefer, den Miſt-, Mai-, Brad)-, Juni und Rojenfäfern, Heimchen, Maulwurfs- grillen, Schneden, Maden und Raupen aller Art, aufräumen und \hwelgen darf. Sp begrüßt er feine lieben Kinder, die in irgendeinem hohlen Baume der Umgegend untergebradt und warm gebettet jind. So lodt er fie zur Morgen-, Mittag- und Abendzeit, wenn er, reid) mit Beute beladen, von einem Ausfluge zu ihrer Iuftigen Wiege heimfehrt. Iſt er außerordentlid) mit ihrem Betragen zufrieden, und will er ihnen ein ganz bejonderes Lob jpenden, jo äußert er das durch ein leiſes „Queg, queg!“, was jo viel wie „brav, brav!“ bedeutet. — ae Horch! — Wieder erflang das fröhlihe „Hupp, hupp!“ — Tritt auf diejen Baumftumpf! — Siehſt du, dort ſitzt der lehmgelb, ſchwarz und weiß gepußte Burſche auf einem alten Kuhfladen und erarbeitet fi) mit feinem langen, janft gebogenen Schnabel mühſam fein täglid) Brot. — Ein prächtiger Vogel it es! — Schon bei den alten Griechen erfreute ſich diefer jo außerordentlich nützliche Gejell großen Anjehens. Eine ihrer Sagen verherrlit ihn als den verwunjdenen Thraker⸗ — N\ NV) IV RN f gl In — LINZ) 777), 9a Gall { — — GG — fürſten Tereus. Fürwahr, die alten, ſcharfſinnigen Griechen erwählten in ihm keinen üblen Vorwurf zur Bildung ihrer Sage. Gleicht ſein Schnabel nicht einer Lanze, ſein fächerartiger Federſchopf nicht dem Helmbuſche eines fürſtlichen Kriegers? — Der Federſchopf, der aus etwa zwanzig roſtgelb, an der Spitze ſchwarz und weiß gefärbten Federn beſteht, iſt nicht nur ein hervorragender Schmuck unſers Vogels, ſondern auch das Thermometer ſeiner Gemütsbewegungen. An dem aufwärtsſtehenden oder niederliegenden Schopfe erkennt man, ob ſein Träger bei böſer oder guter Laune, ob er erregt oder ruhigen Blutes iſt. — Ba De Sieh, ſieh! — Eine Poſſe beginnt. Der Spaßmader führt ein Tänzchen auf. Wie ein dreibeiniger, von unjihtbarer Hand bewegter Schuſterſchemel tummelt er ſich durch das Feld. Jet dreht er ji), den Schnabel abwedjelnd tief in den Boden jtoßend, Iujtig im Streije herum. Fett hüpft er, dasjelbe Manöver fortjegend, von einem Kuh— fladen zum andern. Sieht er nicht jo aus, als ob ein alter Invalide, auf feine Krüde gejtüßt, durd) die Wieje hHumpele? — Mit jedem Schnabelſtoße erfolgt eine genaue Unterfuhung des Bodens oder der Dunghaufen, die reichlich auf dem Weidefelde ausgebreitet liegen. Feder Hieb gilt irgendeinem najeweilen Blatt-, Blüten», Stengel- oder Wurzelräuber. Fett jtredt Meijter „Hupp, hupp“ feinen Schnabel \enfreht nad) oben und gebärdet ſich, als ob er ein Loch in die Luft bohren oder der freundlid jtrahlenden Sonne Kußhändchen zuwerfen wolle. Er jchleuderte feine Beute, einen feilten Roßkäfer, empor, um lie, von oben herabfallend, aufzufangen und durch den Schlund in jeinen verdauungstühtigen Magen \pazieren zu lajjen. Mas ilt das? — Wie vom Blite getroffen jtürzt der nod) eben jo Iujtige und aufgeräumte Gejell platt auf den Boden. Den Schnabel, den Schwanz, die Beine und Flügel ausgejtredt, liegt er da, als ob’s mit ihm für immer vorbei wäre. Die vorüberfliegende, „krak, kroak!“ Ihreiende Krähe hat’s ihm angetan. Das Rauſchen ihrer Schwingen und ihr lautes Gekrächze Haben ihn zum Tode erjchredt. Der äußerlich \o fed und fampfesmutig ausjehende Bogel iſt im Grunde jehr ängjt- liher und jhhredhafter Natur. Bei dem geringjten Geräuſche fährt er zujammen, und Schon eine Harmlofe, dicht über ihn Hinjegelnde Schwalbe fann ihn volljtändig aus der Faljung bringen. Dies Angitgefühl it aber feineswegs das Zeichen eines böjen Gewiljens und ein Grund= zug im MWejen und Charakter Meijter „Hupps“, jondern er trägt es nur da zur Schau, wo er im Verkehr mit den Menjhen üble Erfah- rungen jammelte. Mit dem Hirten und den diejen anvertrauten Rin— dern und Schafen lebt er auf durchaus freundihaftlihem Fuße. Er geltattet dem Hirten, jih) ihm auf wenige Schritte zu nähern, und dem weidenden Vieh läuft und tanzt er ungebunden und vertrauensjelig zwilchen den Beinen herum und laufcht mit ſichtlichem WoHlbehagen dem lujtigen Spiele feiner Gloden und Schellen. Sp haben wir nad) furzem Spaziergange einen Vogel Tennen gelernt, der nicht nur jehr nützlich ijt, jondern der auch durch jein Ze drolliges, ſpaßhaftes Betragen und jein hübſches Ausjehen dem Yelde und der Flur einen eigentümlichen Reiz verleiht. Der MWiedehopf, jo Heißt unjer reizender Spahpogel, verdient unjere Liebe, Achtung und Schonung. Es wäre leicht, die Wiege feiner Kinder aufzuſuchen; aber ich möchte dringend davon abraten. Es will mir niht menjhenwürdig erjheinen, ji) in den häuslichen Frieden jo nüblider, lieber Wejen zu drängen und ihnen die Yreude am Leben in leichtfertiger Weile zu verfümmern. Dann aber ijt ein Beſuch der Kinderjtube des guten Meijters „Hupp, hupp“ aud) darum nicht zu empfehlen, weil dieje mit Kuh-, Schaf- und anderem Dünger ausgefüttert und gepolitert ijt. Dieje abjonderlihde Poljterung gibt dem Bau ein wenig gejhmadvolles Ausjehen und verbreitet einen üblen Gerud, den aud) der nod) empfindet, der gerade feine von den bevorzugtejten Naſen hat. Aus diefem Grunde hat man dem Wiede- hopfe eine Reihe anrühiger Namen gegeben. Man nennt ihn Stinf- bahn und Stinfpeter, Kothahn, Kotfrämer oder Kotmidhel. Das will aber für uns, die wir feine Lebensverrihtungen Tennen gelernt haben und im Snterejje des Gejamthaushaltes der Natur zu würdigen wilfen, nicht viel jagen. Wir Haben den neckiſchen und hübſchen Burſchen doch gern und wollen fein Anjehn zu retten und jeine Ehre zu heben ſuchen, wo fie von oberflächlich urteilenden Leuten bedroht wird. Der Name tut nichts; wenn der ganze Kerl nur gut ilt. E EI: £ J — S & @ © © 6 — 8 * 3. Zementierer. Sie verfertigen die Neſter, die frei an ſteilen Felswänden oder wagerechten Aſten hängen, aus ihrem eigenen Speichel. Die Salangane. 13 em lang. T Aenn wir, von Weiten fommend, das Dampfroß des Meeres der I, Sundajtraße entgegenlenfen, jo erfreut das Bild einer wie aus den Fluten des indiihen Ozeans hervorgezauberten, mit allen Reizen der Natur verſchwenderiſch ausgeltatteten Landjhaft das Auge des Reijenden. In falt unmittelbarer Nähe des Strandes erheben ji Tauſende von jtattlihen Palmenbäumen, deren Eigenart in Stamme- und Kronenbildung den Europäer überraſcht. Hinter ihnen dehnen ih unabjehbare, lihtgrünen Teppichen gleichende Neispflanzungen aus, in denen ji neben den einfahen Bambushütten des Land- mannes maleriſch die dunfelgrünen Gruppen von Fruchtbäumen er— heben. Weiter nad) Oſten Hin findet das entzüdende Landjdafts- gemälde in einer jih jharf vom wolfenfreien Himmel abhebenden, düjteren Waldwand feinen erhabenen Abſchluß. Sie ijt das fern- liegende Bild des üppigen javaniſchen Hocgebirgswaldes. Wenn irgendwo auf der Welt, jo hat hier die Natur bewiejen, was fie an Kraft und Fülle, Form und Yarbenreihtum hervorzu— bringen vermag. Hier wuhern Gewädje in einer Menge und Dichtig- A feit, daß man faum den Fuß vorwärts zu jegen vermag, ohne jid) vorher mit dem Hadmeljer den Weg gebahnt zu haben. Alles drängt ſich auf- und übereinander. Leben ringt mit Leben. Taujende von Paraliten faugen am Mark der gewaltigen Baumftänme, deren Höhe, Dide und ausgebreitete Verzweigung unjer Erjtaunen erregen. Ber- gebens ſucht man in ihren Gipfeln das äußere Ende der ſich Hinauf- windenden Schlinggewädjfe. Hier klettern fie hinauf, dort hinab, dort fteigen fie zu anderen Bäumen hinüber, kehren von ihnen aus zum Boden zurüd, um von hier an einem dritten und vierten Baume empor— zuflettern. So werden oft zehn bis zwanzig Bäume durd) eine einzige, mehrere hundert Meter lange Ranke wie durd) ein Schaufeljeil ver- bunden. Die Kronen erjcheinenn wie dicht gewebte Ylechtwerfe, die nur wenigen Sonnenjtrahlen den Durchgang geitatten. Noh nad) dem Berlajjen diefes Urwaldes an dem Genufje zehrend, den uns die zauberhafte Fülle und der geradezu wunder- bare Reichtum feines pflanzlichen Lebens verſchaffte, treffen wir plöß- li auf ein Gebiet grauenerregender Wildnis, auf ein wahres Hoflager der Schreden und des Todes. Es iſt das Guepa Upas, d. h. das vergiftete Tal, deſſen Unfruchtbarkeit auf den giftigen Ausdünftungen feines Bodens beruht. Es ijt etwa eine halbe engliſche Meile lang und befindet jid) fünf Meilen von Bathur. Sp haben wir in wenigen Zügen das Bild eines der reihjt ge= jegneten Länder der Erde zu zeichnen verſucht; ein Bild, in deſſen VBordergrunde wir neben einer Reihe vierfüßiger, Triechender und beihwingter Tiere auch den erjten unjerer ZJementierer, die Salangane, erbliden. Wenn die Salangane auch auf der Weſt- und Oſtküſte von Hinterindien, bis zu den Buchten von Bengal und Siam, auf Zeylon, den Andamanen und Nitobaren anzutreffen ijt, jo darf doch Java als ihre engere Heimat angejehen werden. Das Federkleid der Salangane ijt oben ſchwarzbraun und ſpiegelt in metalliihem Glanze, unten ijt es ſtumpf graubraun. Die Flügel jind ungemein lang und vortrefflid zum Segeln eingerichtet. Der Schwanz ilt bei weitem nicht jo tief wie der unjerer Schwalben aus— geſchnitten und hat eine tieffhwarze Yarbe. Der bis unter die Augen gelpaltene, ſtarkhakige Schnabel iſt ſchwarz. Die Hug und freundlid) in die Melt blidenden Augen Haben fajtanienbraune und die zierlic) gebauten Füße ſchwarze Yarbe. u Das Steilufer der Südküſte von Java ijt eine der Hauptpflanz- und Pflegitätten der Salanganen. Dort, wo der Ozean jeit Jahr: taujfenden brandete, wo die gewaltige Wucht jeiner ſchaumgekrönten Mogen die Kalkfelſen zerflüftete und nad) und nad) Nijchen, ge= heimnisvolle Grotten und Jagenumwobene Höhlen in die verwitterten Steinmauern grub, dort liegen ſie ſich häuslich nieder. An die jent- rehten Wände der nur jpärlich beleuchteten, von donnerähnlichem Sturm: und MWogengebrüll wiederhallenden Yeljenfammern leben lie ihre eigenartigen Nejter, die etwa dem vierten Teile einer Cier- Ihale gleihen. Die Stelle, an der ſie befejtigt jind, bildet die Rück— wand des zierlihen Nijtraums. Ihre Außenwandungen jind äußerft dünnſchalig. Dem oberen, zulegt aufgeleimten, dideren Rande, der an beiden Enden flügelartig ausgebreitet und fejt mit dem untergrund- bildenden Gejtein verfittet ijt, verdanken ſie ihre Haltbarkeit. Die Neiter bejtehen aus einer weiß oder bräunlich gefärbten, dem erhärteten Fiſchleime ähnlihen, ſchwach durchſichtigen Maſſe, die Ihichtenweis zuſammengefügt iſt. Dieſe Maſſe wird durch die während der Neſt— bauzeit wulſtartig entwickelten Speicheldruüſen der Salangane ab— geſondert und iſt ſo zähe, daß man ſie den Tierchen in Form langer Fäden aus der Mundhöhle ſpinnen Tann. Denn die Vögel ihren Bau beginnen, jo fliegen fie wiederholt gegen die für dieſen erwählte Stelle und drüden den Speichel mit der Zungenſpitze an das Gejtein. Sp bejhreiben fie zunächſt eine Huf- eijenartige Form an der Yelswand. Die anfangs didflüjlige Maſſe verdunijtet jehr ſchnell an der Luft und bildet nun eine feite Grundlage für das zu bauende Neſt. Die Salangane flammert ſich an dem ge— wonnenen DVorjprunge an und trägt unter abwedjjelnden Geiten- bewegungen des Kopfes den fliegenden Speichel Ichichtenweije auf. Hierbei fommt es vor, daß die Vögel, volljtändig abjihtslos, einige Federn ihrer Hals- und Bruftbekleidung herausreißen und dieſe in die MWandung des Nejtes einkitten. Die Federn ſind jomit ein rein zufälliger Bejtandteil im Nejtitoffe. Obgleih man dieje Nejter jeit Jahrhunderten als Lederbijjen jammelte und vertilgte, Hat man doch erjt feit neuerer Zeit in Er— fahrung bringen fönnen, aus welchen Stoffen und auf welde Weije lie von ihren Inhabern angefertigt werden. Das hing mit den Schwierigfeiten zujammen, unter denen die weiter oben bejchriebenen DAN ra Bauftätten zu erreihen und zu erforjhen waren. Seinem war es möglich, jelbjt in die Höhlen einzudringen. Man muhte fi einfach mit dem zufrieden gejtellt jehen, was die Eingeborenen über die Art der Entjtehung der Nejter berichteten. Aber wie gelangten die Javanen in jene Höhlungen voll ges heimnisvollen Waltens und Schaffens? — Wer fonnte fie, die ſonſt jo nüchtern und bejcheiden, jo zufrieden mit ihrem LXofe find, die ji) beim Anblid des Ringfampfes mit Grashalmen gefigelter Heuſchrecken aufs Höchſte ergößt fühlen, dazu bewegen, an dieje Tod und Ver— derben bringende Arbeit zu gehen? — Wenn die Zeit der Nejternte da ijt, werden den Göttern und Geijtern, die nad) dem Glauben der Javanen die Höhlen und Grotten bewohnen, Fejte gefeiert und Opfer dargebradt. Auf Heinen Opfer: Ihalen, die hier und da im Gebirge niedergejegt werden, bietet man den dort unten Geheimnisvollwirfenden Blumen, Fleiſch, Früchte und Gemüje an. Eine Göttin, die Königin der Südſee, Loro genannt, jpielt dabei eine bejonders hervorragende Rolle. Ihr widmet man ein in einem prächtigen PBalmenhaine errihtetes Haus, das fein Un- geweihter betreten und an dem fein Sterblidier vorübergehen darf, ohne die Hände zu ehrerbietigem Gruße zu erheben. Es gehört der Königin, der es bisweilen behagt, den Yluten des Meeres zu ent- fteigen, um in ihren Tempel unjihtbar Einzug zu halten und ihre vom Meeresregimente ermüdeten Glieder auf dem für jie aufgejtellten Paradebette auszuruhen. Jeden Donnerstag werden ihr von den Savanen neue Opfer gebradt. Man zündet Lampen an, räudert mit Weihrauch, betet, ſpielt, ſingt, tanzt, ißt und trinkt. Dieje religiöjen Zeremonien find ein Akt der Vorbereitung für die gefahrvolle Neit- ernte. Muſik, Spiel und Tanz vertreiben die Gedanken an die Gefahr; Opfer und Gebet mahen Loro geneigt, das Werk der Kühnen zu jegnen und fie vor dem Abjturz in die braufenden Fluten zu bewahren. So innerlid gejtärkt und voll fejten Vertrauens auf ein jidheres Gelingen, bejteigt der Javane die Sprofjen einer jenfreht an der Telswand herabhängenden, zur Höhle führenden Leiter. Unten an— gelangt, wartet er, bis die in die Höhle getretenen Wafjerwogen von der zujammengeprehten Luft in derjelben unter furdtbarem Getöje herausgejdjleudert werden. Gewandt wie eine Kate ſchwingt er jid in das Innere, wo er, auf leiterartigen, an hervorjpringenden Yels- — zacken befeſtigten Gerüſten aus Bambusrohr und Rotanſträngen ſtehend, die Neſter mit der Hand oder mit Haken von der Felswand losreißt. Inzwiſchen dringen die Wellen hart unter ihm in die Grotte und verlaſſen ſie wieder in fortwährender Aufeinanderfolge. Wird die See nun plötzlich ungeſtüm, ſchleudert ſie ihre Wogen in größeren Maſſen nach innen, ſo daß dieſe den ganzen Raum der Höhle aus— füllen, dann werden die Unglücklichen herabgeſpült und im tiefen Grunde des Meeres zur ewigen Ruhe gebettet. Trotz dieſer großen Gefahr betreiben die Javanen faſt leiden— ſchaftlich das ſpärlichen Lohn eintragende Geſchäft. Die Neſtpflücker bilden gleichſam eine für ſich abgeſchloſſene Kaſte, in der ſich das Geſchäft vom Vater auf den Sohn vererbt. Man erntet drei- bis viermal im Jahre und bringt nicht weniger als für jehs Millionen Mark Neſter verihiedener Güte auf den Markt. Die Hauptabnehmer ind die Chinejen, die jie mit Salz und Gewürzen abkochen und jo aus ihnen eine äußerjt pikant ſchmeckende Suppe gewinnen. N. Der Klecho. 18 cm lang. Kart du das Land, wo immergrüne Palmen Empor zum ewig blauen Himmel ſchaun, Mo, ohne Prunk und Pradt, aus Bambushalmen Die Orang-Menang-Karbau Hütten baun? — Kennit du das Land, wo Piſang und Banane Und Kokosmilch den trodnen Gaumen leßt, No fi) das Herz am Flug der Salangane, An des Kuſappis Segelkunſt ergögt? — Dies ſchöne Land voll märdhengleichen Lebens Und unverjiegbar zauberreihen Webens, So lieb und traut, wie feins mir noch befannt: Dies [höne Land, das ijt mein Heimatland! B icht weniger rühmenswert, wie die Malayen oder Orang— Menang-Karbau ihrer Gewandtheit, Klugheit und Geſchicklichkeit wegen ſind, iſt auch einer ihrer gefiederten Landsleute, der Manuk— ee et Pedang oder Schwertongel, feines Gejanges wegen auch Klecho genannt. Die Wald- und Sdilfdidihte oder Dſchungeln des indilchen Archipels und der Halbinjel Malakka, die der Menſch nur ausnahms- weile, von Jagdluſt, Neugierde oder Wiljensdurjt getrieben, zu be- treten wagt, find das Hauptwohngebiet des Kleho. Dort ſitzt er in größeren oder kleineren Gejellihaften jeiner Yamilienverwandten mit bejonderer Vorliebe auf den Aſten blattlojer Bäume und läßt, ununter- broden mit der Kopfhaube jpielend, ein kurzes, gejangähnlidhes Ge— ſchrei ertönen, das etwa durch die Silben „Tſchiffel tichaffel klecho klecho“ näher zu bezeichnen wäre. Wenige Augenblide opfert er aber nur der beſchaulichen Rajt. Sid) vom Aſte emporſchwingend, ſchießt er pfeilſchnell durch die Luft, erhebt ji) zu unabjehbarer Höhe und jtürzt N) NE EN — — im nächſten Augenblicke ſenkrecht hernieder, um graziös in wagerechter Richtung über der Oberfläche der Gewäſſer hinzuſchweben. Der Klecho iſt ein Flugkünſtler erſten Ranges. Wie unſere Schwalben, ſo liebt auch er es, ſeine Luftkunſtſtückchen mit Schreien und Zwitſchern zu be— gleiten, nur klingt ſein „Kia kia kia“ lange nicht ſo angenehm, wie das liebliche „Wit wit woida“ unſerer Schwalben. Unter ſeinen Verwandten ſteht der Klecho in bezug auf Anlage und Größe des Neſtbaues einzig da. Während jene an Fels- und Mauerwänden, in Spalten und Löchern nijten, lebt er jein Neſt an einen möglijt Hohen, wagerehten Aft. Der ganze Bau, dejjen Wan- dung aus mehreren Speidelihichten aufgeführt und nicht dider als ſtarkes Löſchpapier ijt, mißt in der Länge vier und in der Tiefe einen Centimeter. Wenn ſchon die Winzigfeit des Nejtes dazu beiträgt, es den Späherbliden des Menjhen oder Tieres zu entziehen, jo wird jein Auffinden dadurd) noch bejonders erſchwert, daß der Baumeilter Molf-Harnier, Gefiederte Baufünitler. 4 a es vortrefflich der Umgebung anzupajjen verjteht, indem er die Außen— wandung mit Baumflehten, Yedern und Rindenſtückchen beflebt. Bergleihen wir die Größe des Nejtes mit der Größe des Vogels, jo werden wir leicht begreifen, daß es dieſem unmöglid fein muß, auf jenem zu ſitzen und zu brüten. Der Klecho Hodt nit, wie andere Vögel, auf oder in dem Nefte, jondern daneben, auf der Oberfante des Altes und bededt allein mit dem Bauche das Nejt und das darin liegende Ei. Wie findet ji nun aber das nad) einigen Wochen ausihlüpfende Junge mit dem Raum zureht, der gerade nur für Die Beherbergung des Eies ausreihend iſt? — Das Junge verläßt wenige Tage nah dem Auskriehen die enge, außerdem leicht zerbredliche Wiege, um Beſitz von der Stelle zu nehmen, welche die Mutter während des Brütens inne hatte. Hier verbringt es, die Krallen feſt in Die Rinde gejhlagen und den Körper platt auf den Aſt gedrüdt, Die übrigen Tage der erjten Jugendzeit. Es ward ihm von der Natur verjagt, die Glieder in einer bequem eingerichteten Wiege zu jtreden und zu reden und ſich während der Nacht oder während eines Un- wetters von Vater oder Mutter bededen und bejhüßen zu lajjen. Sie verlieh ihm die Kraft und die Fähigkeiten, von vornherein jelbjtändig den Kampf gegen Wind und Wetter aufzunehmen. a, nod) mehr: Um es vor den in der Luft, auf dem Boden und auf den Bäumen herumlungernden Räubern zu verbergen, jchenfte jie ihm ein graugrünes Federkleidchen, das völlig mit der Bekleidung des Heimatbaumes übereinjtimmt. Sie unterwies es, ſich bei der An— näherung verdädtiger Wejen ruhig zu verhalten und nit, wie das andere junge Vögel zu tun pflegen, den Schnabel aufzujperren und ji) durch überflüffiges Gezwitiher und Schreien leihtjinnig zu ver- raten. Sp waltet die Natur: Nirgends Zufall; überall Plan, Gejeh- mäßigfeit, Zweck. SI se Der Guacharo. 55 em lang. De Höhle von Guacharo, im Gebiete des Tales Caripe in Venezuela, iſt die Hauptheimſtatt des Guacharos oder Fettſchwalken. Die Höhle, die von den Eingeborenen die Fettmine genannt wird, öffnet ſich in ein Seitental, das nad) der Sierra del Guacharo ausläuft. Das Grottenter, das man auf einem an einem lujtig plätjhernden Bade ſich Hinziehenden Fußſteige erreicht, ijt wahrhaft prädhtig und muß jelbjt auf denjenigen einen überwältigenden Eindrud maden, der an die malerijhen und erhabenen Bilder der Hodhalpen gewöhnt it. Der Felſen, der diejes von der Natur ausgeführte Tor überwölbt, ilt mit Bäumen von rieſenhaftem Wuchſe bejegt. Der Mamei und der Genipayer, mit breiten, glänzenden Blättern, jtreden ihre Aſte ſenk— recht zum Himmel, während die der Eurythrina ji) ausbreiten und eine dichte Kaubdede bilden. Orchideen von jeltjamer Bildung ſchauen aus den Xeljenrigen hervor und niden, freundlid grüßend, ins Tal bernieder. Schlinggewädje winden ſich von einem Stamme zum andern, ranfen ji) von einer Yeljentante zur andern hinüber und bilden über und vor dem Eingange der Höhle eine Reihe prächtiger Guirlanden mit entzüdenden Blatt» und Blumengehängen. Der üppige Pflanzenwudhs verjhönert aber nit nur die äußere Mölbung, jondern ijt aud) noch im Vorderteile der Höhle jichtbar. Erjt einhundertundfünfunddreigig Meter vom Eingange entfernt, ijt es nötig, Yadeln anzuzünden; joweit dringt das Tageslicht ein. Hier hört man die erjten Laute des widrigen Gejcdhreis der im Innern der Höhle haujenden Nachtvögel, von denen die Eingeborenen glauben, daß ſie ausjchlieglid, in dieſen unterirdischen Wohnungen anzutreffen wären. Der Guacharo hat die Größe unjerer Hühner, den Rachen der Nachtſchwalbe, den Wuchs des Habihts. Sein krummer Schnabel it an der Wurzel mit Borjtenhaaren verjehen. Das Federkleid ijt dunkel blaugrün gefärbt und mit jchmalen ſchwarzen Streifen und dunfeln Punkten geihmüdt. Am Hinterfopfe, auf den Ylügel- und Schwanz- federn zieren es unregelmäßig verteilte, runde und herzfürmige weiße Vleden. Die Augen des Yettihwalten, die jehr empfindlid ind, Haben tiefblaue Yarbe und jind ungemein Hein. Der Guadaro ver- 4* ee läßt feinen Scattenpalajt bei Anbrud) der Naht. Sein Flug ilt leiht und jchnell, mehr gleitend und jchwebend als flatternd. Der Sit und der Gang Jind Hödjt unſchön; letzterer ijt eher ein Kriechen auf Füßen und Flügeln zu nennen. liegend läßt er ein heijeres Kräcdhzen ertönen, das Hin und wieder von Schnabelgeflapper unterbrochen wird. Taujende diejer Vögel erzeugen ein Gejchrei, das den Wanderer mit Grauen und Entjegen erfüllt. Schauerlid Tingt das Echo vom MWaldrande und den Feljenwänden wieder und läßt uns glauben, daß über unjerm Haupte ein Heiger Kampf böfer und guter Nachtgeſpenſter Be. TE ausgefohten werde. Derjelbe Lärm begrüßt uns aud), wenn wir in Die finfteren Wbteilungen der Höhle vorgedrungen ind. Die jharfe und dDuchdringende Stimme der Guadaros wird in den Wölbungen der Höhle zurüdgeworfen, und am Grunde der Grotte umbrauſt und umtoft uns ein taujendfahes Eho. Zwiſchen diefem Geräuſch ver- nimmt man jeltfam und unheimlich klingende Klagelaute. Es Jind die Ausdrüde der Angjt der in den Seitengängen der Grotte nijtenden Bögel. Man hat Mühe, die Indianer, deren man als Yührer be- nötigt ijt, zum weiteren VBordringen in die Höhle zu bewegen. Die Eingeborenen verbinden allerhand abenteuerliche VBorjtellungen mit den von den Nahtvögeln bewohnten Räumen. Sie glauben, daß ſich die Geijter ihrer Vorfahren im Hinterteile der Grotte verborgen halten, um hier für den großen Erlöjungs- und Berjöhnungsmorgen der Melt vorbereitet und geläutert zu werden. Der Menſch, jagen jte, joll eine heilige Scheu vor Orten haben, die weder Sonne noch Mond beſcheint. Zu den Guadharos gehen, bedeutet, zu ſeinen Vätern gehen und jterben. In Rüdjiht auf dieſe Vorjtellungen des Volks nehmen die Zauberer und Giftmiſcher am Eingange der Höhle ihre nädtlichen Gauflerfünjte vor. Es gelingt ihnen hier am jidherjten, den Sinn ihrer Zujhauer zu betören. Hier ſchließen jie unter Gebetsformeln und Yeuerzeichen die Bündnijje mit Ivorokiamo, dem Häuptlinge der böjen Geilter. Sp gleichen ſich unter allen Himmelsjtrichen die Mythen der Völker. Überall tritt uns der Glaube an die Unjterblid- feit der Geele, an den Lohn der Geredhten und die Strafe der Böjen entgegen. Die Höhle von Caripe ilt der Tartarus der Griechen und der Helleberg der. nordilhen Völker, und die Guadaros, die Flagend und jchreiend über dem geheimnisvoll raufhenden Waſſer flattern, erinnern an die jtygilhen Vögel und an die Naben, die Wodan von den Taten der Menjchentinder Kunde bradten. Die Indianer begeben ſich alljährlih einmal am St. Johannis- fejt, mit Stangen bewaffnet, in die Grotte, um den gröhten Teil der Nejter der Fettſchwalken zu zerjtören. Es werden dabei viele Taujende der Vögel getötet. Dann ſchweben die Alten, von Angſt um die lieben Angehörigen getrieben, unter fürchterlichem Geſchrei, Schläge, Hiebe und. Stöße verabfolgend, über den Häuptern der Indianer. Die Jungen, die jehr fett jind, werden jofort ausgeweidet. Im Border: teile der Höhle find Hütten aus Palmblättern errichtet. Hier wird an einem mit Reijern unterhaltenen Feuer das Fett der jungen Vögel ausgelajjen, gereinigt und in tönerne Gefäße gefüllt, in denen es unter dem Namen ‚Butter von Guadars‘ auf den Markt gebradt wird. Die Reinheit des Ols iſt jo groß, daß es über ein Jahr auf- bewahrt werden Tann, ohne trüb oder ranzig zu werden. Die Klojter- küche von Caripe verwendet zur YJubereitung ihrer Speijen nur das Ol von Guadarn. Die Menge des eingejammelten Oles jteht in feinem Verhältnijje zu der jährlid) in der Höhle jtattfindenden Metzelei. Das Geſchlecht der Guaharos wäre längit vertilgt, wenn feine Erhaltung nicht durd) verjchiedene Umjtände begünjtigt würde. Die weiter oben beleud)- teten abergläubilhen Vorjtellungen der Eingeborenen halten dieje vom tieferen Eindringen in die Höhle ab. Es ſcheint auch, daß benad)- barte Höhlen, die ihrer Enge wegen unzugänglid jind, von Vögeln derjelben Art bewohnt werden. Vielleicht jorgen dieje Grotten für die Unterhaltung und Bevölkerung der Haupthöhle; denn troß der jeit Jahrhunderten betriebenen maßloſen Schlädhterei hat man eine merflihe Abnahme der Vögel nit beobadten können. Die Guaharos leben ausjhlieglid von Körnern, Yrüdten und Sämereien und jtehen darum in direftem Gegenjaße zu den übrigen Nachtſchwalben, die ſich hauptſächlich von Käfern und Nachtſchmetter— lingen nähren. Die aus den Kröpfen der jungen Fettſchwalken ge— ſchnittenen Körner bilden einen berühmten Handelsartikel. Sie werden unter dem Namen „Guacharokörner“ auf den Markt gebracht und als untrügliches Mittel gegen das in manchen Gegenden Südamerikas faſt ſtetig graſſierende gelbe und Wechſelfieber angewendet. Über den Neſtbau des Guacharos beſtehen verſchiedene Anſichten. Einige Forſcher ſind der Meinung, daß der Fettſchwalk ſeine Eier direkt auf den Felſen lege, auf dem er für gewöhnlich der Ruhe pflege. Andere dagegen behaupten, er baue ein Neſt, das die Geſtalt eines braunen, ausgehöhlten Kuhfladens habe und aus Erde, unverdaut ausgeſchiedenen Samenteilen und Federn beſtehe. Es iſt ſchwer, für eine oder die andere Anſicht eine Lanze zu brechen, da beide nicht die Ergebniſſe ſorgfältiger Beobachtungen ſind, ſondern ſich nur auf Unterſuchungen an Brutvorrichtungen ſtützen. Wir ſind der Meinung, daß die Oberflächen der Felswände, auf denen die Vögel zu Tauſenden während des Tages hocken, über ae und über von Sefreten und Gewöllen bededt find. In diejer weichen Unterlage bilden fi) unzählige nejtartige Eindrüde, die zur Auf- nahme der Eier wohl geeignet jein und die Herjtellung bejonderer Neiter überflüjlig eriheinen lajjen dürften. Es iſt aber nicht aus— geſchloſſen, daß dieſe durch den Drud der ruhenden Körper zufällig erzeugten Vertiefungen für die Aufnahme der Eier nod) eine bejondere Zurihtung erfahren, jorgfältig gerundet, geglättet und mit Yedern leiht ausgepolitert werden. Die Brutvorridtungen, die wir im naturgeſchichtlichen Mujeum zu Berlin zu jehen Gelegenheit hatten, verraten nah) Yorm und Zujammenfügung durhaus den Charakter abjihtlih angefertigter, mit Speidhel überzogener Nejter und gaben Anlaß, den Jagenumwobenen, ſüdamerikaniſchen Höhlenbewohner der Gruppe der Fementierer zuzuzählen. © © ® ®o Noll AR & & * 11 ® = oa © & — F Y g @S) & BA? * S 5 © ©) u] Zu GS 4. Zimmerer. Vögel, die mit Hilfe ihres Schnabels bereits angefaulte Bäume aushöhlen, oder ſchon vorhandene Höhlen zweckent— ſprechend vergrößern. Der mittlere Buntſpecht. 20 cm lang. Menn wir zur Sommerzeit den Wald durchwandern, erregen hin ro und wieder Mengen auf dem Boden liegender Rindenſtückchen und Hoßjpäne unjere Aufmerfjamfeit. Woher rühren fie? Wer machte ji) das merkwürdige Vergnügen, jie zufammenzutragen? Nod) finnen wir hin und her, da ändert ein lautes Pochen den Kurs unjerer Be- trachtung. Wir jchreiten vorjihtig der Stelle zu, von der uns der Schall entgegendröhnte und entdeden alsbald in einem Vogel feinen Urheber. Dort hängt er, den Kopf nad) oben gerichtet, ſenkrecht am Stamme einer ehrwürdigen Bude und hämmert darauf los, als ob er Holzjhläger von Beruf wäre. Auf dem Kopfe trägt er einen roten Federſchopf, der bei den jchnellen Bewegungen den Ein- drud eines durch die Luft gejchleuderten glühenden Spanes macht. Der Rüden iſt ſchwarz. Die Flügel find weiß und ſchwarz gebändert. Der Schwanz, der ihm bei feinem eigenartigen Site am Baume als Stüße dient, bejteht aus jtarfihaftigen, elaftiihen Federn und Hat nit geringe Ähnlichkeit mit dem Stüßjchemel eines Dadhdeders. — ie Seht bewegt ji) der bunte Burjche, nicht kletternd, ſondern hüpfend, in der Rihtung einer rechts gewundenen Spirale am Stamme auf- wärts. Jetzt läßt er feinen Körper wieder um einige Spannen ab- wärts gleiten. So geht es munter und lujtig, nad) Art friſcher Turner, in einem fort, und dabei podt, hämmert, lauſcht und gudt er jo emjig und poſſierlich, als ob er ſein Geſchäft vor einem Kreije geladener Zuſchauer betriebe. Jet jheint er uns bemerft zu haben. Unter einem ängitliden, aber wohlflingenden Ruf, „Küip, füip, küip“, ver- läßt er feinen Sit und ſchlägt ſich, beim Yluge eine wellenförmige Linie beſchreibend, jeitwärts in die Büſche. Mir nähern uns dem Stamme, den er ſoeben verlajjen. An jeinem Fuße liegen Späne, Buchecker-, Nuß- und Eichelihalen. Er verjteht es, mit feinem Schnabel die ziemlid fejten Umbhüllungen dieſer Baumfrüchte zu zerjpalten und jid) ihrer ſchmack- und nahrhaften Kerne zu bemädtigen. Ein genauerer Blid auf die Nußſchalen verrät uns nody mehr. An ihrer rojtbraunen, wurmmehlhaltigen Innen— jeite erfennen wir, daß jie die Schalen jogenannter „tauber“ oder fernlojer Nüffe waren. Der Buntſpecht pflüdte und zertrümmerte jie, um die Larve des Hajelnukrüjjelfäfers herauszuholen und zu ver- jpeifen. Eine Unterfuhung des vor uns jtehenden Stammes führt uns zu der Entdedung tiefer und flad) gehauener Wunden in dem- jelben. Der Bogel ſchlug jie, um den ſchon im Abjterben begriffenen Baum von den Urhebern jeines Leidens, den gefräßigen Holzinjekten, zu befreien. Ihnen galt das Pochen, Hämmern, Laufen, Augeln. Mie der Arzt mit Hilfe des Perkutierinſtrumentes und des Hörrohrs, jo ſucht ſich auch unjer Vogel durch Schnabelſchläge und aufmerf- james Hören von dem krankhaften Zuſtande der inneren Organe jeiner Waldpatienten zu überzeugen. Hier und dort findet jein geübter Blid eine wurmjtihige Stelle. Mit feinem Tonhammer und Züng— lein befördert er die lichtſcheuen Böſewichter ans Tagesliht und läßt jie zur Strafe einen Spaziergang in feinen Magen antreten, aus dem ſie niemals wiederfehren. Sp jehen wir unjern Helden in der Eigenſchaft eines Mujikers, Zurners, Nuß- und Eicheldiebes, Jägers, Arztes und Richters vor uns. Das it eine Bieljeitigfeit, deren ji) wenig Sterblide rühmen können. Und dennod) ijt hiermit die Summe ſeiner Lebensverrid)- tungen nod) nicht erſchöpft. enge Bei unjerer weiteren Wanderung durd) den Wald entdeden wir in dem Stamme einer Eiche, fünf bis jehs Meter über dem Boden, ein Loch, das etwa die Größe eines Kinderfäufthens hat. Es ijt Die Eingangstür zu der Brut- und Wohnjtätte des bunten Waldbewoh- ners. Dieje bejteht, wie das Bild im Längsfhnitte zeigt, aus einer bis in die Mitte des Stammes führenden, wagerechten oder etwas 2 Br ; Wr IE DEz —— ILL LCALL — — — —— ſchräg nach unten gerichteten Röhre. Daran ſetzt ſich ein ſenkrechter Schacht, der unten ſack oder keſſelartig erweitert iſt. Auf den mit Mulm und feinen Holzſpänen überdeckten Boden dieſer Höhle legt das Weibchen ſeine drei bis fünf weißſchaligen, glänzenden Eier, die im Laufe von einigen Wochen vom Männchen und Weibchen aus— gebrütet werden. Wenn man die Größe und Stärke des Buntſpechtes mit ſeinem Bau nach Anlage und Ausführung vergleicht, ſo kann man kaum begreifen, daß er eine ſolche Arbeit zu leiſten imſtande ſei. a Und dennod hat er zu ihrer meilterhaften Vollendung nit mehr als zehn bis vierzehn Tage nötig. Eigenartig ijt es, daß dieje, mit jo vieler Mühe hergejtellte NijthHöhle nur während eines Jahres benußt und dann auf immer verlajjen wird. Es muß uns nad) allem, was wir bisher vom Buntjpedht er- fuhren, wunderlich erjcheinen, wenn ihn der Yorjtmann, der doch mit ihm unter einem Dade jchläft und lebt, weniger lobt als verurteilt. Das hängt aber mit der Unart, nicht blos kranken, jondern aud) ge— junden Bäumen äußerjt empfindlide Wunden zu ſchlagen, zujammen. Dieje würden ja an und für jih dem Baume nicht viel ſchaden, werden aber dadurch gefährlih, daß ſie den Gallmüden als Brutjtätten dienen. Die Larven dieſer Inſekten frejjen ji) unter die Rinde des Stammes und breiten ſich dort nad) allen Richtungen aus. Bald vertrodnet infolge dejjen die Rinde, und der Stamm geht einem lihern Ende entgegen. Der Forjtmann, dem in erjter Linie die Pflege und Erhaltung des Waldes am Herzen liegt, hat darum recht, wenn er die Hantierung des Buntſpechts mit mißtrauiſchen Bliden begleitet und ihm bei jeiner Zimmerei ein wenig auf die Yinger gudt. Er wird zwar nicht darnad) traten, ihn und jeine ganze Sippe zu ver- tilgen, aber er wird einer zu reihlihen Vermehrung und Ausbreitung derjelben nad) Kräften entgegen zu arbeiten juchen. Größer, als heutzutage bei dem Yorjtmanne, war das Anjehen des Spedhtes bei den alten Völkern. Sie verehrten in ihm den Difen- barer göttliher Gedanken und Ratſchlüſſe. Er wuhte um die Ge heimnijje des Waldes und verjtand es, zwiſchen feinen Geijtern und der Menjhheit Freundſchaft und Frieden zu erhalten. Er Tannte den Ort des MWunderfrauts, der Springwurz, durd) deren Zauberfraft man Felſen zeriprengen, Tore und Türen öffnen, Schäße heben, über- haupt alles zu tun vermochte, was ſonſt nit im Bereich menſchlichen Dentens, Yühlens und Handelns lag. Seine Stimme und fein Flug waren Zeihen zur Offenbarung der Fügungen des Schidjals einzelner Perjonen und ganzer Nationen. Wer einen Specht im Haufe Hatte, galt als Zeichendeuter und Seher und wurde von feinen Landes- genofjen wie ein Heiliger verehrt. TON Der Kampf ums Heim. Saubenmeije: it Sit fit fit! Zikürr zikürr! Täh täh täh täh! Ziglürr ziglürr! Mer jigt in meinem Nejtchen dort? — Kaum bin id) zehn Minuten fort, Da kommt das Bürſchchen, Ted. und dreilt, Bon irgendwo herzugereijt Und nimmt, vermefjen wie ein Spaß, In meinem Kinderjtübhen Plaß! Tannenmeiſe: Sit ſit ſit ſit! Siſi ſiſi! Sitäh ſitäh! Sitü Didi! Du ſcheinſt mir noch ſehr jung zu ſein; Im Walde gibt's kein Mein und Dein! Ich ſah im Fluge dies Quartier; Ich fand es hübſch und nahm es mir. Mit deinem Anrecht iſt's dahin, Meil ich jegt Herr im Haufe bin! Blaumeije: Zitärätäh! Sit ſit, Hoho! Zihihihi! Zihi, fo fo! Du willjt ein Meijenbruder jein Und ſchlüpſt hier, mir nichts, dir nichts, rein? Zitärätäh! Heran zur Tat, Mer Ehrgefühl im Leibe Hat! — Und geht's an Kopf und Kragen mir: Du mußt heraus, das ſchwör' ich Dir! Sumpfmeije: Spitäh jpitäh! Ziäh ziäh! Sit fit fit fit! Zidi zidäh! ea Auch mic) empört die böje Tat, Die Tannenhans begangen hat. Verläßt er nicht von felbjt das Haus, Dann werje man ihn jtrads heraus, Und feine Schmad) ſei noch vor Naht Im ganzen Wald befannt gemadt! Tannenmeiſe: Sit ſit ſit ſit! Siſi ſiſi! Sitäh ſitäh! Sitü Didi! Euch allen iſt es offenbar, Wie ſchlecht die Wohnungen und rar. Da iſt man froh, wenn unter Hand Ein leidlich Stübchen man erſtand. Kommt, kommt! Verſucht euch euer Glück! Nicht um ein Haar weich' ich zurück! Buntſpecht: Was zankt man hier? — Ein Dieb, ein Dieb? — Im Eichbaum ſteckt er dort? — Küip! Wann ſtahl der Schlingel ſich hinein? — Die Wohnung in dem Baum iſt mein! Heraus, du Dieb! — Iſt denn der Specht Des trägen Waldgeſindels Knecht? — Wenn dir dein bischen Leben lieb, Dann packe dich! — Küip küip! Da flog die Tannenmeiſe fort Und ſuchte hier und ſuchte dort, Bis endlich ſie am Waldesrand Ein Mauſeloch als Haus erſtand. Die Haubenmeiſe. 13 em lang. &: gibt faum etwas Anziehenderes, als das lujtige Leben und Treiben eines durch den Wald jagenden Meijenvölichens. Zu der Gewandtheit und Zierlichkeit, mit der jede einzelne einer Geſellſchaft ihre Bewegungen und Schwenfungen ausführt, gejellt ji ein Froh— jinn, der jelbit auf den griesgrämigjten Beobachter anjtedend wirft Be ee und ihn in lebensfreudigere Stimmung verjegt. Ob im Winter oder im Sommer, ob während der Stunden des Morgens, Mittags oder Abends: immer zeigen jie jih wohlgemut, neckiſch, drollig, Ted und mutig. Kein Baum ijt ihnen zu od), fein Straud) zu niedrig, Tein Gebüſch oder Gehege zu dit. Alles wird bei Gelegenheit einer Hebjagd auf Raupen, Käfer oder Schmetterlinge eines Beſuches ge- würdigt. Da ſpringen, hüpfen, Tlettern und jagen jie von Ort zu Ort und piepen, zwitjhern und jingen jo hell und lujtig dazu, als ob das Leben ein unerjhöpflides Meer reinjten Genujjes und uns getrübten Glüdes wäre. Bald hängen jie hier, bald da an den Flechten- und Moosbüjcheln der Rinde eines Baumes, bald wiederum an der äußerjten Spite eines ſchlanken Zweiges. Hier durchſchlüpfen lie Hämmernd, pochend, pidend, jpähend und laujhend die Höhlung einer alten Eiche, dort verfriehen jie ji unter den Blättern einer Bude; hier zanken jie um den Beſitz eines Kiefernajtes, dort |pielen lie in brüderliher Eintraht mit den Schuppen eines hin und her Ihaufelnden ITannenzapfens. In jedem folgenden Augenblide bieten lie dem Bejhauer neue Bilder ihrer reizenden Flug- und pojjierlichen Bewegungsfünite. Alles, was die Meijen im allgemeinen vor vielen andern Vögeln auszeichnet, ijt aud) der Haubenmeije, Höder-, Häubel- oder Schopf— meije eigen, die in einigen Gegenden aud) Meijenfönig genannt wird. Sie ilt von der Sumpf-, Blau= und Tannenmeije, denen jie jonjt an Geltalt und Größe gleicht, auf den erjten Blid durch die niedliche, aus jhwarzen, an den Enden weiß geränderten Federn bejtehende Haube zu unterjheiden. Die Haubenmeije bewohnt ganz Europa und erwählt mit ganz bejonderer Vorliebe Nadel- und gemijhte Waldungen, niemals reine Laubgehölze zu ihrem Standorte. Hier verbringt jie in der ihr angeborenen Yröhlichkeit die wenigen Sahre ihres Lebens. Nur im Yalle der Not oder um guter Gejell- Ihaftsjpiele willen verläßt fie das ihr lieb und wert gewordene Wald- revier. Im Winter, wenn Stamm und ÄÜüſte der Bäume von Schnee— und Eisfrujten befleidet jind, und nirgends aud) nur eine Puppe oder Baumfrucht zu finden ijt, wagt jie fi), von Dijtelfinfen, Goldammern, Goldhähnden und anderen Standvögeln begleitet, in die Nähe menjd- licher Wohnungen. Troßdem ſie ſich diefen mit aller Vor- und Umjicht nähert, fällt jie doch nicht jelten infolge ihrer Neugierde, die übrigens re eine charakteriſtiſche Eigenjhaft aller Meijen ijt, dem Bogelfänger in die Hände. Sie Tann es nit übers Herz bringen, den hübſchen Meiſenkaſten mit künſtlich hochgeſtelltem Dedel zu injpizieren und den daneben liegenden Müllhaufen nit näher zu unterſuchen, auf dem eine Menge mit VBogelleim bejtrihener Birfenruten zwedmähig übereinandergelegt find. Ihre Gefangennahme bedeutet meijtenteils ihren Untergang; weil jie jehr ſchwer an andere als an Kerbtiernah- rung zu gewöhnen ilt. Die Haubenmeije ilt ein Zimmermann. So klein aud) ihr Hau- werfzeug it, und jo winzig jie im ganzen dem uns ſchon befannten Zimmerer gegenüber erjcheint, jo it ihr Nejtbau doch oft um das Doppelte größer als der ihres berühmten Berufsgenofjen. Sie er- wählt für die Anlage der Kinderjtube einen mindeitens inwendig franfen Stamm, jtellt zunädjt die bis in die Mitte des Baumes führende Eingangsröhre her und bewegt ſich dann meißelnd, häm— mernd, hadend, bohrend und klopfend im Stamme abwärts. Nicht — ſelten hat dieſer Bau einen Querdurchmeſſer von zwanzig bis fünfund— zwanzig und einen Längsdurchſchnitt von fünfzig Centimetern. Nur wer Gelegenheit hatte, ein ſolches Kunjtwerf zu jehen, Tann jich eine rechte DVoritellung von der Arbeitskraft, Ausdauer und Geſchicklich— feit dieſer kleinen Vögel mahen. Man hält es auf den erjten Blid faum für möglid, daß ſie etwas jo Großartiges auszuführen im— ſtande wären. Mährend bei der Heritellung der Nejthöhle Männden und Weibchen tätig jind, wird die eigentlihe Kinderwiege vom Weibchen allein gebaut. Ihre Außenwandungen beitehen aus Flechten und Erdmoos, das Innere bildet eine Polſterung aus Tier-, Pflanzenwolle, Wild- und Kuhhaaren. Nächſt der Tannenmeije iſt die Haubenmeije der größte Wohl— täter unjerer Nadelwaldungen. Es iſt darum höchſt bedauerlich, daß man für ihre Erhaltung und Vermehrung nicht in entjprechender Weije Sorge trägt. Sollte es wirklich zu viel verlangt fein, hin und wieder einen ausgehöhlten, nicht anders verwendbaren Baumjtumpf für die allerliebjten, äußerjt nüßlihen Vögelchen jtehen zu laſſen? — Nicht die Raublujt des Marders, Wiejels, Sperbers, des Baumfalfen und der Eule, niht das Garn, die Meijenfajten oder Leimrute ſind es, die von Jahr zu Jahr die frohen und fleigigen Völkchen vermindern, jondern die Sudt des Forſtmannes, alles niederſchlagen zu laſſen, was jeiner Anſicht von Zwedmäßigfeit und Dajeinsberehtigung nit mehr entſpricht. Im Walde. ch ging im Walde ſo ganz allein » Und lauſchte den Liedern der Vögelein, Den Sängen und Klängen, jo friih und jo frei. — Mie ward mir jo jeltfam, jo felig dabei: Ih ſtand wie träumend im Walde. Da Hüpfte behende ein Böglein heran Und ſchaute mit feinen Bliäuglein mid) an; Es nidte jo freundlich und grüßte und jang Da jehmetternd im Walde fein Liedchen erflang: „Gott grüß dich im blühenden Walde!“ a Da pochte mein Herz, und es hob ſich die Bruit, Es bebten die Lippen im Drange der Luft: IH jang, und die Vögelein, groß und klein, Sie jtimmten nun all in mein Liedlein mit ein: Und fröhlich erflang es im Walde. Mir fangen von Hoffnung nnd Glauben und Treu, Bon Lieb und von Sehnjucht und Blühen im Mai. Mas draußen das Leben mir herzlos geraubt, Was längit ich als tot und begraben geglaubt, Hier fand ich es wieder im Malde. Drum ijt noch heute der fchattige Wald Mein bejter und liebjter Aufenthalt. Und wenn es im Stürmen und Drängen der Welt So bang’ mir ums Herz wird und garnicht gefällt, Dann geh id) zum traulichen Walde. Wolf-Harnier, Gefiederte Baufünitler. SSGOO9@8® 5. Korbflechter. Sie bauen ein aus dünnen Zweigen, Würzelhen, Gras— halmen, Stengeln, Shilfblättern und anderen Pflanzen- jtoffen zufammengeflodtenes Neft, das die Geſtalt eines Körbhens oder halbfugeligen Napfes hat und oben offen ilt. Der Stieglig oder Diftelfint. BB didl dein! Scher did, du eitler Tropf, > Pidelnit fi kleia! Eiligjt von meinem Kopf! Freu mid) in meinem Sinn! Trippelſt und pfeifit dabei Daß ich jo zierlich bin. Rückſichtslos „Heidl did! dei!“ Keiner fommt mit mir mit! Denkſt wohl, ic) jei nur da Litzi — GStieglit, jtieglit! Für dein Allotria? — Heidl didl deia! Geh und verjchone mid), Pidelnit Fi kleia!“ Finklein, ſonſt jtech ich dich!“ „Stich du nur immer zu, Trag ein Paar Lederſchuh; Fühl weder Stich noch Hieb! Heidl didl dei! Piep zip zip! Warte du Stacheltropf, Rupf' dir das Haar vom Kopf! — Siehſt du, du garſtig Ding, So rächt ſich Diſtelfink!“ N E—⸗ gewährt einen überaus reizenden Anblid, wenn ſich eine Stieglitz— geſellſchaft auf den Stengeln der herbitlih geſchmückten Dijtel- ſtauden wiegt. Es will uns nur [hwer begreiflich erjcheinen, daß Die Mannigfaltigfeit der Farben in ihrer Kleidung das Ergebnis einer bloßen Yarbenfledjerei des Schöpfers fei, wie die Sage berichtet. Die Regelmäßigkeit in der Zeihnung und die Harmonie im Kolorit der- jelben wirfen geradezu überrajhend und nötigen uns ein „Ach wie zterlid) und u ab! — — * X AND Ber N l. F Be ”” 2 DE N NM, Re % 4 — EN 4 = Na IR — ZN NM) N = SS wa EWIO EN > 3% — — — — — — N ER N) — were Du Mn Ze Über dem langen, fegelförmigen, otlidmeihien, an der Spibe etwas abwärts gebogenen Schnabel leuten uns zwei Tluge, lujtig und munter in die Welt ſchauende, braune Auglein entgegen. Rings um die Schnabelwurzel zieht ji) ein ſchwarzer Yederfreis, der von einem Tarmintoten eingeſchloſſen ijt. Diejer verbreitet ji) vorhemdartig an der Kehle und bildet auf der Stirn eine [hnibbenförmige Zeichnung. Die Zeihnung des übrigen Kopfgefieders gleiht einem zierlichen, \hwarzen Häubchen, das mit zwei weißen MWangenlappen und mit einem um Hals und Naden gejhlungenen gelblihen Bändchen verjehen iſt. Schultern, Rüden und Kropf ſind rötlihbraun, die Ylügel 5* — 68 und der Schwanz ſchwarz gefärbt und mit blendend weißen Spiegeln geſchmückt. Die Schwingen haben an den Wurzelhälften goldgelbe Färbung. Die Unterſeite iſt weiß. Die Füße ſind bläulichfleiſchfarben und an den Zehen mit zwar wenig gekrümmten, aber äußerſt ſcharfen Krallen bewaffnet. Der Stieglitz iſt nicht nur in allen Teilen unſers Vaterlandes, ſondern in ganz Europa, Nordweſt-Afrika, Nord- und Mittel-Aſien heimiſch. Überall, wo Laubwaldungen und Obſtbaumanlagen zu finden ſind, führt er in Geſellſchaft gleicher Brüder fein luſtiges Leben, treibt er jeine munteren, drolligen Spiele. Wo und zu weldher Tageszeit wir ihn aud) beobachten mögen, nirgends und nimmer ſehen wir ihn lange ſtille jien. Er ijt, wie alle feinen Leute, lebhaft und rege, aber aud) nicht jelten heftig und kratzbürſtig. Unruhig flattert er bald hierher, bald dorthin, hängt bald unten, bald an der Seite der dünnſten Zweige und weiß ji, wie der geübtejte Seilfünftler, zu wenden, zu drehen, anzuhafen, vorwärts, jeitwärts und rüdwärts zu ziehen. Dabei läßt er faſt ununterbrodhen jein angenehm flingendes „Stieglit jtieglit! Pidelnit fi kleia“ ertönen. Hin und wieder richtet er ſich ſtolz empor, redt das Köpfchen, jpreizt das Schwänzchen und dreht ſich anmutend NE er auf den Zehen herum, um, gleid) Tleinen, eitlen Mädchen, die Pradt und Schönheit jeines Kleidchens zu zeigen. Sp gewandt die Bewegungen des Diltelfinfen auf dem Baume und in der Luft jind, jo [hwerfällig jind fie auf dem Boden. Ungeſchickt wadelt und trippelt er im Sande umher und flattert dabei mit den Flügeln, um ji, wie mittels einer Balancierjtange, im Gleichgewichte zu erhalten. Das Neſt, das einer ausgezeidhneten Flechtarbeit gleicht, legt der Diltelfint in den Aftgabeln der Wipfel mindeitens jehs bis zehn Meter Hoher Bäume an. Nur das Weibchen iſt bei feiner Herjtellung tätig. Zuerjt verfertigt es jeine aus Moos, Halmen, Blättern, Flechten, Wurzelfafern und Spinngeweben bejtehende Außenwandung. Es nimmt von vornherein darauf Bedacht, den Bau dem Ausjehen nad) möglichſt genau jeiner Umgebung anzupajjen. Weshalb es dem Nicht- kundigen immer jehr ſchwer fallen wird, ein Stieglignejt aufzufinden. Iſt der Außenbau vollendet und fejt mit dem Aſte verbunden, der ihn trägt, dann folgt feine Ausfütterung oder Poljterung. Die Bau- meijterin bedient jich dabei kleiner Woll- und Dijtelfloden. Nahdem die Snnenwandung mit genanntem Material volljtändig überdedt ift, bejpinnt Frau Stiegliß das Ganze mit Schweinsborjten und Pferde- haaren. Das jo vollendet vor uns jtehende Nejt gleicht einem etwas mehr als Halbfugelgroßen Körbhen und verdient, mit Fug und Recht ein Meijterwerf genannt zu werden. Die Schönheit des Gefieders, der angenehme Gejang und das muntere Weſen haben den Stieglitz zu einem unſerer beliebteſten Vögel gemadt. Alt eingefangen, hält es ſchwer, ihn an den beſchränkten Raum des Bauers zu gewöhnen. Er liebt die Freiheit und habt die Feſſeln der Gefangenjhaft. Traurig neigt er das Köpfchen und weigert id), zu freſſen und zu fingen. Erjt nad) und nad) gelingt es der liebevolliten Behandlung, feinen Trübjinn und Kummer zu ver- ſcheuchen. Ganz allmählid) bequemt er ſich dazu, einige Kunſtſtückchen an den Stäben ſeines Käfigs auszuführen und ſeinen Herrn durch ein luſtiges „Heidl didl deia, Pickelnit ki kleia“ zu ergötzen. Sänger und Kritikus. E⸗ lebte einſt ein Froſch, ein Tropf, Mit breitem Maul und dickem Kopf, Der ſaß auf einem Blatt im Rohr Und gurgelte ſich etwas vor, Das Hang: „Urred, quafquaf!“ Es lebte auch ein Dijtelfinf, Ein allerliebjtes, Tluges Ding. — Als Meiſter Patſchfuß einmal [chlief, Da zwitſcherte der Zink und rief: „Bid, pidelnit! — GStieglit!" Das Lied gefiel dem Froſche nicht. Er ſchnitt ein bitterbös Geſicht Und jchrie jo laut „brefäfe, qua!“ Daß jelbjt der Molch im Sumpf erſchrak: „Urrededed! — Quakquak!“ „Litlit!“ rief Stieglig, „guter Mann, Mas jchlägit du denn für Töne an? — Sch glaubte did) in ſel'gem Traum Und trällerte mein Lied vom Baum: Pick, pidelnit! — GStieglit!“ „Scher’ did) zum Kudud, eitles Ding, Mit deinem „Pidelnit, pintpint!“ Mer Künjtler ijt und Mufikus, Dem bringt dein Singjang nur Verdruß! Urrededed! — Quakquak!“ So lärmt Herr Patſchfuß mit Bedacht. Der Häher krächzt, der Waldkauz lacht, Und in das Lachen und Geſchrei x Pfeift Diftelfint fein „Didlumdei!“ Gein „Pidelnit, jtieglit!“ re Der Budfint. 16 em lang. er Buch-, Edel, Wald-, Garten- Schlag- oder Rotfint gehört zu den So angenehmiten und munterjten unjerer gefiederten Wald- und Gartenbewohner. Während des ganzen Tages, die heißen Mittags- ftunden allein ausgenommen, befindet ſich der lebensfrohe Burſche auf den Beinen. Dudmäuferei und gedantenlofes Träumen find ihm ZH „rn völlig fremd. Bald thront er, fein „Güpp güpp! Pint pink!“ jingend, auf den äußerſten Spiben der höchſten Bäume; bald huſcht er, nad) Kerbtieren und Sämereien juhend, gewandt durch das am Boden wuchernde Gebüſch. Aus dem Walde eilt er auf das Feld, vom Felde treibt’s ihn in die Gärten und auf die Wiefen und von hier aus wiederum in den Wald zurüd, aber niemals allein, immer in Gejell- haft feiner lieben, treu zu ihm Haltenden Gattin. Den höchſten Grad erreicht feine Lebenslujt und Munterfeit in der Brütezeit. Er vermag es nicht über ji) zu gewinnen, das, was fein Innerſtes erfüllt und ee bewegt, vor den Ohren und Augen der Welt zu verbergen. Es treibt ihn, dem Walde und jeinen Bewohnern von dem Kunde zu geben, was die Wände jeines Heimes umſchließen. Ein Finkenmännchen ſucht das andere in dieſer jo äußerſt glüdjeligen Zeit durch Gejangs- leiltungen zu überbieten. Lied folgt auf Lied, Schlag auf Schlag. Heller und immer heller und fräftiger jchmettern ſie ihre Jubelweiſen wechjelweis dur den Wald. Nach und nad) verwandeln Jic) Diele Wechſelgeſänge in ein leidenschaftlich geartetes Wettkonzert, das feinen Höhepunkt in einer allgemeinen Balgerei erreicht. Gegeneinander ge= reizt und erbittert, beginnen jie ein lujtiges Jagen. Bald ſpielt der eine, bald der andere den Ausreißer. Endlid) haben jie ſich beim Kragen. Die Flügel herabhängend, den Schwanz geſpreizt und Die Kopffedern emporgejträubt, fahren jie mit Schnabel und Krallen auf- einander los. Keiner weicht. Bald haben jie ſich fejt ineinander ver- biljen. Wie ein vom Winde getriebener Yederball purzeln jie abwärts von At zu Wit, bis jie endlich herab auf den Boden fallen, wo ihnen der Schred die Ruhe und Belinnung wiedergibt. Sic) gegenjeitig mit einem Blid der Mihbilligung und VBeradhtung jtrafend, flattern ſie zu einem der nädjtjtehenden Bäume empor, um das drollige Spiel von neuem zu beginnen. So geht es Tag für Tag, bis die ausge- Ihlüpften Sungen die Aufmerkfjamteit des Vaters in Anjpruch nehmen und ihr fajt immer Inurrender Magen feinen täglihen Beſchäftigungen eine ernjtere Richtung gibt. Das Neſt des Buchfinken jteht meijtens, wie das des Diitel- finfen, in der Wjtgabel eines möglidjt Hohen Baumes. Seine Außen— wandungen, die vom Männden und Weibchen gemeinihaftlid ge= baut werden, jind ein Flechtwerk aus Würzelden, dünnen Baum- ruten, Blattrippen und Halmen, die zum Zweck der Anpajjung mit Moos und Baumflehten bekleidet und mit Kerbtiergeweben über- jponnen jind. Die Vortrefflichkeit dieſer Ylechtarbeit zu jchildern, halten wir für unmöglid. Es möge genügen, wenn wir erflären, daB auch der bejte Korbfledhter diejen Bau mit Hilfe der zwedmäßigiten Flechtgerätſchaften nicht vortrefflider auszuführen imjtande fei. Das Innere des Nejtes, das mit Yedern, Pflanzen- und Tierwolle ausgelegt it, hat die Form eines tiefen Napfes. Intereſſant ijt es, zu beobadten, wie Frau Buchfint das Material für den Jnnenbau zubereitet. Hat lie ein Wollklümpchen gefunden, jo trägt fie es im Schnabel dem N RR Nejte zu, nimmt neben diejem auf dem Aſte Pla und zupft dort das Klümpchen zurecht. Erjt nachdem alle Knoten ausgezogen und etwa darin verwidelte Strohhalme entfernt find, drüdt fie es mit dem Schnabel an die zwedmäßigite Stelle. Mie alle Finken, jo liebt aud) der Buchfink die gemiſchte Koft. Mährend er zur Zeit der Fütterung ſich und feine Jungen ausſchließlich mit Kerbtieren nährt, verſchmäht er jpäter doch aud Körner und Sämereien nit. Dieje Unart hat ihm den Hab der Yorjtmänner und Öartenbauer eingetragen. Unbarmberzig verfolgt man den jonjt jo munteren und hübſchen Gejellen auf Wegen und Stegen. Wir fönnen nicht anders, als ein gutes Wort für ihn einlegen, da nad) unjerer Erfahrung jein Nuten größer ijt als fein Schaden. Die Eliter. 46 cm lang. Ws treibjt du dort unten im ſchwanken Geäjt “or Und äugeljt jo ſcheu und verjitohlen? — Ich kenne di, Eljter! Du willit aus dem Neſt Die |hmadhaften Eier dir holen! Pfui! Fort hier und laß mir das Nejthen in Ruh’! Was tat dir das Yinklein zu leide? — Dort Jingt es jo fröhlich und felig; und du — Zeritörjt ihm den Tempel der Freude? — O Eliter, wie fannjt du jo boshaft fein Und rauben dem Yintchen die Eierlein! m: Elſter, Alſter, Abel, Heiſter, Schalajter oder Schadheilter ijt ein So Rabe in des Begriffes volliter Bedeutung. Unſchuldig und ehrlich) id) gebärdend, jehen wir fie in den Wipfeln der Bäume unferer Gärten, Feldgehölze und Waldjäume thronen, ohne zu erraten, weldhe boshajten ‘Pläne ihre Seele bewegen, und welchen Erſcheinungen ihrer Umgebung ſie bejondere Aufmerfjamfeit ſchenkt. Daß es mit ihrer Ehrlichkeit nicht weit her ijt, verrät fie uns dadurd), daß jie bei dem geringjten Geräuſche erjhridt, die Schwingen zum Yluge erhebt und erjt dann wieder eine ruhigere Haltung einnimmt, wenn fie ſich von der Bedeutungslofigfeit des Geräufhes überzeugt hat. eu. = Mit großer Vorliebe verweilt die Eliter in den Zweigen eines auf der Wieſe freiltehenden Baumes. Von hier aus jtudiert jie die Borgänge in den Haſel-, Brombeer- und Weidenjträucdhern, welche die Wieſe umjäumen und eine Lieblingswohn- und Brutjtätte vieler feiner Vögel find. Scheu und verjtohlen muljtert jie dabei jeden, der zufällig in die Nähe ihres Beobachtungspoſtens Tommt. Gie traut dem Frieden nicht, weil jie in jedem andern das vermutet, was jie jelbjt als jo wenig vertrauenswürdig erjheinen läßt: Heuchelei, Bosheit, Diebs-, Mord- und Zerjtörungslujt. Das Klatſchen mit den Händen, das Pfeifen und der Ruf eines Knaben jchon veran- laffen die Eljter, ihren Poſten zu verlajjen, wobei jie durch ein krächzendes „Schack, Ihad, had!“ ihrer Empörung Ausdrud gibt. Sie fliegt jedoh nicht allzu weit, ſondern nimmt einen Plaß ein, von dem aus fie jede Bewegung ihres vermeintlichen WVerfolgers be- obachten Tann. Kaum ijt diejer ihren Bliden entihwunden, dann kehrt lie zurüd, um irgendeinen böjen Streid) auszuführen. Die Eljter frißt aber nit nur Eier, fondern aud) die Jungen der Vögel. Sie jtiehlt die Kücdjlein vom Hofe und dringt, wie der Habicht, in den zufällig unbewadhten Taubenſchlag ein. Wohl Teijtet lie uns auch Dienite, die aber zu ihrer Raub- und Mordlujt in gar feinem Verhältniſſe jtehen. Sie hat darum fein Recht, irgendwelde Schonung und Nachſicht für id) von dem Menſchen zu fordern. Ihr Net ſucht die Eljter mit ganz bejonderer Vorliebe in den Gipfeln der Objtbäume und Schwarzpappeln anzulegen. Im Falle der Not nimmt fie aber aud) zu Kiefern, Erlen, ja jogar zu niedrigem Buſchwerk ihre Zufludt. Sie jtellt zunädjt eine aus jtarfen Zweigen bejtehende Unterlage her und baut darüber aus demjelben Material das forbartig geflodhtene Nejt. Die Innenwandung des Nejtes be— ihmiert fie mit Kot, Schlamm und Lehm. Das iſt eine Eigentümlid)- teit, die fie von all ihren Yamilienangehörigen unterjhheidet und die berechtigt, jie au) der Gruppe der Maurer zuzuzählen. Den Lehm- napf füttert die Eljter mit feinen Wurzeln, Haaren und anderen bieg- jamen und weichen Stoffen aus und baut über das Ganze ein ziem- li) dicht geflocdhtenes Dad, das nur an einer Seite ein Yluglod) hat. Mährend die Eljter ihres räuberifhen und diebiſchen Charafters wegen in den meilten Gegenden verfolgt wird und im allgemeinen ae beim Bolfe als Unglüdsbote gilt, genießt fie in Skandinavien und in einigen Provinzen Frankreichs das Anjehn eines heiligen Vogels. Mir fennen fie genau und wiljen, was ihre Taten wert find. Sie verdient feine Schonung. Die Mifteldrojfel. 26 cm lang. Vogen ſingt im Tann ſo hell: Tirili! Grüß dich, fahrender Geſell: Tirili! Eilſt davon in wilder Haſt; Weile doch und ſei mein Gaſt! Sing mit Liedern, friſch und fein, Dich in ſüße Träume ein: Zirili! Tirili! Würzige Düfte durchzogen die Lüfte, Lieblihe Lieder voll jeliger Luft Klangen dem laujchenden Wand’rer entgegen, Wonnige Träume bewegten die Brujt. „Schlafe der Iahenden Sonne entgegen!“ Rauſchten die Blätter und Blüten im Wind. „Schlafe, auf Halmen und Blumen gebettet, Schlaf wie im Arme der Mutter das Kind! Schlaf, Wand’rer, ſchlaf!“ Morgens fang das Vöglein ſacht: Tirili! „Wandersmann, erwadt, erwacht: Tirili ! Sonne rüjtet jih zum Lauf; Wanderer, jteht auf, jteht auf!“ — Mandersmann jtand auf und jdied, Vöglein jang als Abjchiedslied: „Tirili! Tirili!“ Dr wenigen Wochen 30g der wunderholde Frühling ins Land, um mit jeinen lauen Lüfteniund erwärmenden Strahlen die im Schoße der Erde gebetteten Keime aus ihrem Schlummer zu erweden. Kaum iteden jie die Köpfe aus der Ioder gewordenen Dede hervor und ſchmücken mit ihrem frijhen Grün die jungfräuligen Fluren, da wird’s lebendig um uns her. = oe Bon den Gipfeln der Bäume herab begrüßt uns Der Gtar. Auf dem Giebel des Haujes Happert der Stord) und bejjert an dem während des Winters ſchadhaft gewordenen Nejte. In der Dachrinne hodt ein Schwalbenpärdhen und erzählt zwitihernd von den Märchen und Zaubern des ſüdlichen Wunderlandes. Im Yliederbujche ſchlägt die Nachtigall. Leije und lieblich durchziehen ihre Weiſen den Frieden der Herz und Geiſt erfriihenden Frühlingsnädte. Lujtiger noch ijt es draußen im Walde. Auf jedem Baume, in jedem Straude er- bliden wir liebe Befannte, die ihre ganze Kraft daran jeben, die Freudenfeier der Natur durch ſchmetternde Sänge und Klänge zu erhöhen. Zu den hervorragenditen unter ihnen gehört aud) die Mijtel- oder Schnarrdrojjel, der Mijtler, Zierling oder Schneefater. Kaum it der erjte Hahnenjchrei verflungen, der das Sceiden der Nacht verfündete, jo erwacht die Miſteldroſſel und ſchwingt ji), das während der Nachtraſt verdrüdte Gefieder ordnend, auf die äußerjte Spibe eines möglichſt hochgeſchoſſenen Baumes, um den jungen Tag mit ihren herrlichen Weiſen zu begrüßen. Ein weithin jchallendes „Ra ta ta ta!“ beſchließt den entzüdenden Morgengejang und wedt Die übrigen Scläfer des Waldes aus ihren ſüßen Träumen. Der Ge— lang der Mijteldrofjel iſt zwar nicht jo inhaltreich wie der der Sing- und Schwarzdrojjel, doch jteht er diefem an Würde und Wohllaut um nichts nad. Ihr Yederkleid, das auf dem Rüden olivenfarbig it, unterjcheidet ji) Hauptjählid”) von dem der Singdroſſel durd) zwei, die dunkel gefärbten Flügel jehmüdende, helle Querbinden. Ihren Namen hat die Mijteldrofjel der Eigentümlichfeit zu ver- danken, daß ſie vor allen anderen Nahrungsmitteln den weißen Beeren der Mijtel den Vorzug gibt. Ihretwegen erwählt jie aud) mit Vor— liebe Nadelwälder, die rei an diefen Schmarotzern jind, zum Auf- enthaltsorte. Wie alle Vögel, die jih) von Früchten und Sämereien nähren, an der Verbreitung beziehliher Pflanzen Anteil haben, jo verpflanzt aud die Mijteldrofjel die Samenkörner ihrer Lieblings- beeren von einem Baume auf den andern. Obgleid ihr Ylug un— beholfen und jhwerfällig genannt werden muß, ſo ſcheut jie ji doch nit, weite, freie Streden zu überfliegen. Sie verläßt oft ſtunden— lang den Wald, um Wiejen, Yeldern und Gärten Bejudhe abzujtatten und Die dort grünenden und blühenden Gewädje von dem lältigen Ungeziefer zu befreien. Wer Tann’s ihr verdenfen, daß ſie ji dabei BT verleiten läßt, aud von den jo verlodend gefärbten, angenehm ſchmeckenden Erd-, Johannis- und Himbeeren zu nahen. Das Neſt der Mijteldrojjel, das etwa Mitte März vollendet wird, jteht gewöhnlich in einer Ajtgabel, zehn bis fünfzehn Meter über dem Boden. Es ilt ein äußerſt ſinnreiches Korbgefleht, das aus Heidefrautitengeln, Wurzeln, dünnen Zweigen und Halmen be= iteht. Um es den Späherbliden des Menſchen oder Raubtieres mög- lihjt zu verbergen, behängen es die Baumeijter an der ganzen Außen— wandung mit Baum-, Erdmoos und Yledhten, die meijtenteils der Rinde des Heimatbaumes entnommen find. Die Poljterung des aller- liebften Körbchens bejteht aus Halmen, Riſpen und Grasblättern, die fo nett und glatt eingelegt und fejtgedrüdt jind, dab die ganze Art und Weife der Herjtellung unfere volle Bewunderung und An— erfennung verdient. Die Neugierde der Mijteldrojfel und die Sudt, Beeren zu frejjen, führen fie jehr häufig dem Untergange entgegen. Bon Sinnenluft befangen und beraufcht, jtürzt fic ſich blindlings auf die Beeren des EI Hollunders und der Eberejche, die in den vom Vogelfänger auf- gejtellten Dohnen hängen, um in deren Schlingen ein jämmerlidhes Ende zu finden. Taujende gehen auf dieje Weile alljährli zugrunde und wandern in Gejellihaft der Wacholder- und Singdrofjel auf den Markt, wo jie unter dem Namen Krammetspögel von fogenannten Feinſchmeckern erjtanden, in Butter gebraten und als Lederbijjen ver- jpeilt werden. Wenn man bedentt, daß bei diejen lieben Wald— bewohnern die Lujt am Leben und an der Freiheit nicht geringer als bei uns, und daß an ihnen im gebratenen Zujtande die braune Butter doch eigentlich die Hauptſache iſt, jo wird man ſich leicht dazu bequemen, ihrer zu ſchonen und zu paſſenderen Lederbijjen feine Zu— fludht zu nehmen. Wir wollen es von Herzen wünjden. * Die Steindroſſel. 23 em lang. Mrtisitigeatses, tet feitfjtichaeihne! Yit uit uit Mas Dompfaff, Ehren, Drofjel fann, Das fann aud) ic), mein lieber Mann. Der Amfel und der Nachtigall, Der Feld- und Heidelerhe Schall, Der Wachtel Ruf, des Finken Schlag, Das ahm’ ich alles fpielend nad). Vom Zub des jüdlihen Ural Bis an das Tal von Roncesvales, In jedem berggejhmüdten Land Bin ich als Sänger wohlbefannt. IH Hab’ Gefühl, Gefhid, Geſchmack. Feitihitihadihae! Uit tad tad! De Steinrötl oder Steinreitling, der auch Gebirgs-, Hoch- oder Steindroſſel genannt wird, bewohnt faſt alle Länder an der Nordſeite des mittelländiſchen Meeres. Für den Winteraufenthalt, der vom September bis zum April dauert, erwählt er die Gebirgs— gegenden Nordafrikas, kommt aber vereinzelt auch noch im Hoch— N lande von Abeſſinien vor. Sein Gefieder ijt ajhgraublau, an der Unterjeite lebhaft rojtrot und in den Schwingen ſchwarzbraun. Der Steinrötel ijt nit nur ein jehr gewandter, jondern aud) ein äußerft Huger Vogel. In Sorge und Angjt um Freiheit und Leben verweilt er jelten lange auf ein und derjelben Stelle, jondern Durdeilt das auserforene Wohngebiet unjtät von einem Ende bis zum andern, wobei er jih auf dem Boden ebenjo gejhidt wie auf dem Baume benimmt. Nach Art der Schwäßer und Stelzen hüpft und tänzelt er gewandt über Stod und Stein und begleitet jeden größeren Sprung in drolliger Weife mit einem Knixe oder Büdlinge. Nur Hin und wieder nimmt er längere Zeit auf einem Yeljenvorjprunge oder auf einem allein jtehenden Baume Plat, um feine meijt jtill und einſam geartete Umgebung durd) volltönenden, oft mit Motiven und Strophen anderer Vögel verwebten Gejang wohltuend zu beleben. Das Neſt legt der Steinrötel jtets jo an, daß es jelbit das Auge des Kundigen nur mit großer Mühe aufzufinden vermag. Zu Baujtätten erwählt er Fels- und Mauerjpalten, Löcher in Steinhaufen, unter Baumwurzeln und undurchdringliches Gejtrüpp. Äußerlich bietet das Nejt wenig Anziehendes und Bewundernswertes. Es gleicht einem Häufhen unordentlich übereinander geworfenen Krautes. Das Innere dagegen, das aus Jorgfältig ausgewählten Grashalmen, Heidefraut- itengeln, Wurzeln, Stein, Erd- und Baummoosbüjdeln bejteht und einem freisrunden Napfe gleiht, macht einen jehr netten Eindrud und nötigt uns, jeinen Verfertiger zu den Baufünjtlern unter den Vögeln zu zählen. Das muntere Mejen, die Gewandtheit, der anmutende Gejang und das ausgezeichnete Nahahmungspermögen haben dem Steinrötel die Zuneigung aller Bogelliebhaber gejihert. Er ijt einer der an— genehmjten Stubenvögel und verjteht, wie kaum ein anderer, jeinem Herrn Freude und Kurzweil zu verſchaffen. * se Der Graujfpötter. 15 em lang. Ach Spanien führt uns die Betrahtung des ſechſten Korb— SRflechters, des Graufpötters. Diejes Land verödeter Pracht und verjunfener Herrlichkeit iſt die Heimat des Graujpötters. Bejonders zahlreicd) findet man ihn in den ſüdlichen und öjtlihen Provinzen, Andalujien, Granada, Murzia und Balenzia. Die von den Mauren angelegten Balmen- und Blumengärten, die durch ihre märchenhafte Schönheit die ſonſt öden Landſchaften dieſer Provinzen wohltuend unterbreden, bilden jeine Lieblingsjtätten. In den paradiejiihen Anlagen von Ele hat man reichlidy Gelegenheit, den äußerſt gut gearteten Gartenjänger zu be— obadten und ſeinen ſchlichten, aber doch anmutenden Liedesklängen zu laujhen. Verträglich Iebt, fingt, liebt und baut hier ein Pärchen neben dem andern. Zankluſt gegen jeinesgleihen und gegen andere Vögel ijt ihm völlig fremd. Auch Tennt er den Menſchen gegenüber niht die Scheu, die unjerm Gartenjänger eigen ijt. Er baut nicht nur auf den Bäumen, welde die belebtejten Spaziergänge einjchließen, jondern erwählt Bäume, die dicht vor den Türen menjhliher Woh- nungen jtehen, zur Anlage jeiner Kinderwiege. Sein Federkleid ijt oben grünlihbraun und unten grauweiß. Die Flügel- und Schwanz- federn jind braun und mit hellbraunen Außenſäumen gejhmüdt. Der Schnabel und die Füße haben graue Yarbe. Das Nejt des Graufpötters jteht jtets in hohen, dichtbelaubten Bäumen und hat die Gejtalt eines zierlihen, hängenden Körbdens. Es gleiht nad) Form und Befejtigungsart dem Nejte unjeres Rohr- ſängers; nur hängt es nicht, wie diejes, zwiſchen Gras-, Rohr- und Shilfitengeln, jondern zwijchen zwei oder mehreren auf oder ab- wärts laufenden Zweigen. Die Außenwandung it ein Gefleht aus Grashalmen, Baumwollfajern und dünnen Rindenjchalen. Die Nijt- mulde, deren Breite fünf und deren Tiefe vier Zentimeter miht, hat eine Polſterung aus Baumwolle und Dijtelfloden. Mie der Gartenjänger, jo iſt aud) der Graufpötter ungemein weichlich und hinfällig und darum, troß feiner Munterfeit und Zu— traulichkeit, niht als Stubenvogel geeignet. R ae Der Kardinal. 20 cm lang. Mer das Vaterland der Kreolen und Kaziken, Kalifornien, das > berühmte Goldland auf der Weſtſeite der Vereinigten Staaten, in dem das Gtiefelpußen eine Mark und das Reiſen ohne gehörige Bewaffnung und Dedung das Leben Tojtet, und die jüdlichen Teile des glüdlihen Landes der Freiheit, in denen die Yandangos, Bowi- mejjer, Revolver, Lajjos und Sennorittas eine Hauptrolle jpielen, ind die Heimat des Kardinals oder Notvogels, dem wir als vorlegten Korbflechter unjere Beachtung ſchenken wollen. Der Kardinal gehört zu den Lieblingsvögeln der Bewohner jener Länder. Wenn ſchon ſein leuchtend ſcharlachrotes, prächtiges Gewand und ſein munteres, zutrauliches Weſen das Auge des Be— ſchauers feſſeln, ſo reißt ſein reiner, ſtrophenreicher und volltönender Geſang erſt recht zur Bewunderung fort. Noch ehe die erſten Sonnen— ſtrahlen im Oſten das Himmelsgewölbe vergolden, und das erſte Dämmerlicht durch das Laubdach der Waldungen dringt, erhebt er ſich von ſeinem Nachtſitze, ſchwellt die Bruſt, ſpreizt den roſigen Schwanz, ſchlägt mit den Flügeln und ſchmettert, abwechſelnd den Kopf nach links und rechts wendend, ſeine Weiſen hinaus in den Wald. Ein wunderbar ergreifendes Konzert in dem ſchon an ſich jo jeltfjam wirfenden Stimmungsgemälde! Kaum find die legten Töne des erjten Liedes leije verflungen, jo beginnt der virginiſche Meiſter— jänger die zweite Weile. Immer voller und entzüdender ſchallen die flötenden Töne und jilbernen Klänge durch den Wald und rufen in ihrer düjteren Umgebung ein hundertfältiges Eho wach. Erjt wenn die Sonne im Scheitel des Himmelsgewölbes jteht und ihre glühen- den Strahlen die friehenden, ſchleichenden und fliegenden Bewohner der Fluren und Wälder zur Untätigfeit zwingen, ſchweigt unfer Sänger und gönnt ji einige Stunden Ruhe und Erholung. Sobald aber das Tagesgejtirn den höchſten Bergen des weitlihen Erdteils Xebewohl jagt, und der Abend die Schleier der Dämmerung über die erjhöpften Gefilde breitet, erjheint der Kardinal wieder auf jeinem Pojten und jingt feine lieblihen Lieder, bis aud) der Iete jeiner gefiederten Waldmitbewohner das Tagewerf gejegnet hat. Am vorzügliditen jind feine gejangliden Leijtungen während der Brut- Wolf-Harnier, Gefiederte Baukünſtler. 6 zeit. Wie bei allen andern Sängern, jo haben jie auch bei ihm in diefer Zeit den Zwed, das Weibchen zu unterhalten und es für die Beihränfung in der Freiheit zu entihädigen. Merkwürdig ijt die Eiferfuht des Kardinals. Streng überwadht er das Tun und Treiben feiner bauenden und brütenden Gattin und duldet nicht, dab ſich ein anderer Vogel in ihre Nähe drängt. Energijch leijtet er jedem Miderjtand, der es wagt, fein engeres Wohngebiet zu betreten. Nach— dem die Jungen flügge find, ſchlägt er fi) zu Trupps anderer Vögel, beſucht im Winter in ihrer Gejellihaft die Scheunfluren und Höfe der Bewohner des Landes und ſucht ſich mit dem Hausgeflügel um die Mette an Mais», Weizen-, Hafer und Roggenkörnern zu jättigen. Sm Sommer gibt er anderen Sämereien, bejonders der Frucht des Ahoıns, den Vorzug. Dabei verjhmäht er aber auch Schmetterlinge, Würmer, Käfer, Raupen, Spinnen und Heujhreden nicht. Die Früchte des Birn-, Apfel- und Kirſchbaums pflüdt und zerfleiiht er der Kerne halber, deren teilweis harte Umhüllung er mit größter Leichtig- feit zerfnadt. Das Net legt der Kardinal in einem Gebüjche oder Baume an, nimmt aber wenig Rüdjiht darauf, ob dieje im Walddidichte, im freien Felde, auf der Wieje, am Waldesrande oder in unmittelbarer Nähe menſchlicher Anfiedlungen jtehen. Er weiß jehr wohl, daß man ihn gern hat und ſich jeines Anblids und reizenden Gejanges jreut. Die Außenwandung des Neſtes bejteht aus dünnen, meijt dornigen Reifern, die durd) Halme und Ranken der Rebe und anderer Gewädje kunſtvoll und fejt miteinander verbunden und verfnotet Jind. In— wendig ijt der hübiche, Torbartige Bau mit dünnen Grashalmen und Blättern jorgfältig und weich ausgelegt. Die virginiihe Nachtigall, wie der Mexikaner und Kalifornier den Kardinal nennt, befindet jid in allen größeren VBogelhandlungen und zoologiihen Gärten. Wer nicht Mittel bejitt, den prächtigen Bogel zu erwerben, nehme wenigjtens Gelegenheit, ihn zu jehen. Sein Anblid muß jeden überrajhen und erfreuen. Der Gartenlaubſänger. 16 cm lang. 10% mag es den meiſten Großjtädtern genügen, ein kleines mit Blumen und einigen fümmerlic entwidelten Sträuchern ges ſchmücktes Stüd Erde, dem fie den Namen Garten geben, ihr Eigen- tum zu nennen. Es mat ihnen viel Freude, id) nad) ſchwerer Tages- — I Ser N — arbeit dort in ein Eckchen zu ſetzen, die Pracht ihrer Pfleglinge zu bewundern und den würzigen Duft zu trinken, der ihren bunten Blüten— köpfen und grünen Blättern entſtrömt. Weniger beſcheiden und an— ſpruchslos aber iſt derjenige, der im reichſten Überflujje der Natur— ihönheiten groß geworden ijt. Wenn feine Blide auch mit Wohl- gefallen auf den Blumenbeeten ruhen, die jih unter jorgfältiger Pflege und Behandlung jo prächtig entwidelten, und wenn er aud) mit Stolz und innerer Rührung zu den üppigen Kronen der Bäume 6* ER ee emporjchaut, die ſchon feit vielen Jahrzehnten das von jeinen Vätern ererbte Haus umfränzen und bejchatten, jo findet jein verwöhnter Sinn in ihrem Anſchauen allein doch nod) nicht die rechte Befriedigung. Er fühlt ſich erjt völlig wohl, wenn er feine Bäume, Heden und Ge— büjhe bewohnt und belebt jieht und die dicht belaubten Kronen taujendfad; widerhallen von den Sängen und Klängen lieber, Tujtiger Sänger. Er Tennt, ohne ji wilfenihaftlih mit den Wanderterminen der Zugvögel bejhäftigt zu Haben, die Tage der Heimkehr jeiner be- fiederten Freunde und wartet ihrer mit Sehnſucht. Wenn jein Mund auch nicht viel redet, jo leuchtet fein Auge um jo Heller, und jein Herz Hopft um fo lauter beim erjten Morgengruße des lieben Ge— vatters Star und der zutrauliden Jungfer Schwalbe. Wie von einem Alpe befreit, dehnt ji) feine Bruft, wenn im jhönen Maienmonat die traurig-Jühen Weijen der liederreihen Nachtigall durd) den Frieden feines Gartens fliegen, oder wenn am Tage die munteren Lieder der Amſel oder eines andern gottbegnadeten Sängers aus den Heden und Gebüſchen herüber in fein weitgeöffnetes Fenſter klingen. Kein Fürſt fann ſich glüdliher fühlen als er. In den Liedern der Vöglein er- ſchließt ji ihm eine Welt innigen Gefühlslebens. Er fennt die Sprade diejer trauten Freunde, ihr Leid und ihre Freude, und jie wiljen ihm die MWoHltat, in feinem Garten ein angenehmes Heim und in ihm einen Freund und Beſchützer gefunden zu haben, taujendfadh zu vergelten. Nachtigall und Amjel, Meije, Schwalbe, Pirol, Hänfling, Ammer, Grasmüde, Rotfehlhen und Rotihwänzden, Edel- und Dijtel- fint: alle wetteifern im Gejange, um fid) feiner bejondern Gunft zu verſichern. Da ſingt es Und klingt es Und trippelt’s Und trappelt’s; Und tanzt es Und jpringt es Und zippelt’s Und zappelt’s. Pojaun’ und Trompeten Und Bälje und Geigen Und Hörner und Flöten Ertönen auf Gipfeln Und Wipfeln Und Zweigen Und jehmettern Und wettern Die herlichſten Lieder Zur Erde hernieder. Die bräutliche Erde, mit Berg und mit Tal, Gleiht einem allmächtigen, präd)- tigen Saal Boll jauchzender Herzen Und leuchtender Kerzen, Mit goldigem, alles durchdringen— den Strahl. In dem großen Ordeiter, das täglich feine bunten Weijen im blütenduftenden, Taufhigen Garten aufjpielt, nimmt der Gartenlaub- fänger einen der erjten Pläße ein. Er hat vor feinen Sangesbrüdern die beſondere Gabe voraus, nit nur eigene Lieder fingen zu können, Sondern auch die Gejänge anderer Vögel täufhend nachzuahmen, weshalb ihm der Volksmund die Namen gelber Spötter, gelber Spott- vogel, gelber Spötterling und gelber Spradmeijter gegeben hat. Welches hohen Anfehens ſich unjer Vöglein im Volke erfreut, das beweijt auch die Benennung Bajtardnadtigall. Der Gartenjänger trägt am meijten zur Belebung unjerer Gärten bei. Darum jhätt ji) der Landmann glüdli, ein oder mehrere Pärchen in feinen Baumfronen beherbergen zu fünnen. Sie ind wohl imjtande, ihm nicht nur die Zeit, jondern aud) Gram und Kummer zu vertreiben. Immer lebhaft und tätig, hüpfen fie gewandt von Gebüſch zu Gebüſch, Jäubern Zweige, Blätter und Blüten von Käfern und Raupen, fangen hier einen Schmetterling und dort eine Fliege und räumen ganz bejonders unter den höchſt ſchädlichen Blatt— läujen auf. Ein allerliebjtes Schaufpiel bietet eine Streiterei zwiſchen einem Gartenlaubvogel und einem jeinesgleihen oder einem andern be= Ihwingten Gartenbewohner. Hoch aufgerihtet, die Kopffedern empor= gejträubt, zieht er fed und verwegen gegen den zu Felde, der un— befugter Weije die Grenzen feines engeren Wohnbezirkes zu über- ſchreiten wagt. Nicht felten verbeißen fid zwei jolhe Zänker derartig ineinander, daß Jie, laut ſchwatzend und ſcheltend, von Aſt zu Aſt und endlich herab zur Erde purzeln, wo fie, vom Yalle erjhredt, zur Be— finnung fommen, einen Augenblick einander verblüfft anjehen und eiligit die Flucht ergreifen. Mie bei allen andern Sängern, jo iſt aud) bei dem Gartenlaub- vogel die goldene Minnezeit die luſt- und liederreichſte. An ihm be— wahrheitet ſich jo reht das Wort: Mes das Herz voll iſt, des geht der Mund über. Von Mitte bis Ende Mai jingt er von frühmorgens bis jpätabends mit fajt unermüdlidem Eifer. Mit einem graugrün, braun, unterjeits hellgelb gefärbten, eng anliegenden Nödden und mit zwei bleigrauen, gelbjohligen Stiefelden befleidet, ſitzt der Sänger ſtolz aufreht in der Krone eines möglihjt Hohen Baumes feiner Umgebung und jchmettert und wettert, ſchwatzt, zwitſchert und trillert Some — jeine Tiebesjehnjühtigen Weiſen in die Welt hinein. Ein Lied jagt das andere, und falt hat es für den andädtig lauſchenden Beobachter den Anjchein, als ob der Born jeiner Lieder unerjchöpflih wäre. Alles zweis, dreimal wiederholend, ſchließt er mit einem jubelnden, zulett zart und leiſe ausflingenden Triller. Darauf beginnt er eine ſchwatzende, dem Gelächter eines Kindes jehr ähnelnde Weile, ahmt dazwilhen mit großem Geſchick die Tongebilde des Pirols, der Gras— müde, der Nachtigall und anderer beliebter Gartenjänger nad), ſchlägt einen jelbjtbewußt und troßig Elingenden Triller und beginnt wieder- um eine neue eigene Weile. Sp geht es, einige Turze Paujen abge- rechnet, ununterbroden fort. Wem da das Herz nidht warm wird, der hat weder Geilt no Gefühl. Es iſt unmöglid), dem munteren, zierlihen, nüßlichen und zutrauliden Muſikanten unjere freundjichaft- lihe Zuneigung vorzuenthalten. Er ijt es in jeder Beziehung wert, daß wir ihn lieben, ihn freundjchaftlich beherbergen und nad) allen Kräften bejhüßen. Es liegt auf der Hand, daß die Lieder, die uns entzüden, aud) das Herz derjenigen erwärmen, die ji) der reizende Meiſterſänger als Gefährtin des Lebens auserjah. Ihr allein gelten doch nur Die wunderlieblihen Weiſen. Der Liebe zu ihr verdanken jie ihren Ur— ſprung und ihre jeelenvolle Weihe. Sie leiten denn aud) in kürzeſter Zeit ein Eheverhältnis ein, an dem ein jeder feine helle Freude haben muß, ein Verhältnis voll Liebe, Zärtlichkeit, Treue und rührender Opferfreudigfeit. Gleih, nahdem das Ehebündnis gejchlofjen ilt, hreiten die Gatten zur Herjtellung der jehr künſtlichen, tiefnapf- fürmigen Kinderwiege. Gönnten ſich die VBöglein ſchon vorher wenig Ruhe, jo ilt jegt an ein Rajten und Müßigſitzen gar nicht zu denken. Abwehjelnd Holen beide Gatten Quedenblätter, Baumfafern, Spinnen- und Raupengewebe, Tier, Pflanzenwolle, Papierſchnitzel und anderes Baumaterial aus der Umgebung herbei, aus dem jie in einer Wjtgabel, etwa drei bis vier Meter über dem Boden, die Außenwandungen des Bruthäuschens herjtellen. Da Tann man jehen, wie flink und gejchidt fi) die Schnäbel, Füße und Köpfe der kleinen Tiere bewegen. Wie goldene Weberſchiffchen fliegen fie auf und zwilhen den Zweigen des Nijtbaumes Hin und her. Da beobadtet man ein Biegen, Drüden, Plätten, Glätten, Zaujen, Zerren, Zupfen, Shnüren, Flechten, Weben, Spinnen, Schürzen, Schieben und Haden, wie es kaum ein anderer vorzuführen imſtande iſt. Nach mehreren Tagen voll mühevoller, raſtloſer Arbeit iſt die Außenwandung voll- endet. Dann geht es an die innere Bekleidung des Neſtes, eine Arbeit, die hauptſächlich vom Weibchen ausgeführt wird. Die Polſterung beſteht gewöhnlich aus feinen Grashalmen, Federn und Pferdehaaren. In die endlich wirklich ſauber, ſorgfältig und kunſtvoll hergeſtellte Wiege legt das Weibchen fünf roſenrötliche, dunkel punktierte Eier, die innerhalb dreizehn Tagen von beiden Gatten gemeinſam aus— gebrütet werden. Sp gaben wir ein Bild des Lebens, Wirfens, Singens und Bauens des kleinen Gartenjpradhmeilters und fnüpfen hieran die Bitte, da man ihm die Heinen Unarten, die er in Kirſch-, Himbeer- und Sohannisbeerpflanzungen begeht, nit gar jo hoch anredhnen wolle. Wenn er im Lindenwipfel fingt, Sein Lied durd) deinen Garten klingt, Dann zeige dich nicht geizig Llein, Laß deine Beeren Beeren jein! Er iſt es wert, daß du ihn liebt, Daß du für reich erwieſſne Müh, Ob abends, oder morgens früh, Ihm feinen Zoll mit Freuden gibjt! DI © & ® & ® © ® un ©) 6. Weber. Sie weben aus Pflanzenjtoffen, Haaren, Inſektengeſpinn— ten, Wolle, Zeugläppden u. dgl. ein Weit, das jad-, beutel-, taſchen-, hut-, vetorten= oder glodenfürmig ijt und an Baum— älten, Balmenblatt- oder Rohritengeln mittels Fäden und Bändern verjhiedener Stoffe befeltigt wird. Der Birol. 25 cm lang. Mr nennt mid „Shußge Milo“; “+9 Das tlingt zu wenig fein. Ich möchte „Herr von Bülow“ Allein betitelt jein. Und hab’ ich auch nicht Schloß, nicht Roß, Nicht Zofe, Magd, noch Waffenknecht, So bin id) doch ein edler Sproß Aus altem Reichsgeſchlecht. Eh’ noch an jtolzer Reiche Pracht, An Haus und Hof in Stadt und Land Und and’re Dinge man gedadt, Mard Bülow mein Gejchleht genannt. Drum fort mit „Schule Milo“; Das klingt zu wenig fein. Ich mödhte „Herr von Bülow“ Yortan betitelt fein! El" die Zeit des Maifejtes, wenn der Böje mit den Hexen nad) dem >? Blodsberg reitet und Taubgejhmüdte Birkenzweige an Türen und Fenjter genagelt werden, um der herzlihen Freude über die An- funft des lieben Frühlings Ausdrud zu geben, dann fehrt der Pirol oder Gottespogel aus der weiten Fremde wieder. Weder die Üppig— teit und Schönheit des Niltals, noch die Dajen der Sahara, nod) die ur 80 herrlihen Wälder von Madagaskar vermodhten ihn dauernd zu fejfeln. Mit dem Nahen des nordiihen Frühlings erwachte Die Sehn— ſucht nad) der alten, lieben Heimat in feiner Bruſt. Lang, beſchwer— li) und gefahrvoll ijt die Neije, die er zum Zwede der Zurückkehr zu unternehmen hat. Über hohe Gebirgszüge, weite Wültenjtreden und breite Meere führt ihn fein Weg. Allein, er jheut fein Hindernis. Keine Anjtrengung erſcheint ihm zu groß gegenüber der Yreude, das traute Land der Kindheit und Jugendzeit begrüßen zu dürfen. Mans her fällt der Raubluft irgendeines Tieres zum Opfer oder findet ſonſt ein trauriges Ende. Viele aber aud) überwinden die Yährlichkeiten und Drangjale der Reiſe und erjheinen Anfang oder Mitte Mai in unjern Wäldern und Gärten, um ji) auf ihren Lieblingsbäumen, den Eihen, Eichen, Birken, Rüjtern, Ulmen, Kajtanien, Afazien, Shwarz- und Gilberpappeln häuslid einzurichten. Da Hingt’s und jubelt’s durch die Waldungen und Parkanlagen. Schon vor Sonnenaufgang erhebt jid) der prachtvoll orangegelb und \hwarz gefärbte Vogel von feinem nächtlichen NRuhepläßchen, um feine lauten, wohltönenden Ylötenflänge mit den letzten Weijen der holden Frau Nachtigall zu verweben. Wie jehr zu allen Zeiten und in allen Gegenden die Stimme des Pirols die Aufmerkſamkeit auf ji) lenkte, beweijen ihre zahlreichen ſprachlichen Überjegungen. „Herr von Bülow“, „Schulze Milo“, „Gidoditlio“, „Piripiriol“, „Sieh, der Bierhahn“ und „Komm, fomm, Bier hol'n“ jind einige der vielen Klangbilder des Pirolgejanges. Wer, von dem Gejange angelodt, verſucht, feinen Urheber zu jehen, wird jich lange erfolglos bemühen. Es gibt bei uns faum nod) einen andern Vogel, der |cheuer, wilder, unjtäter und mihtrauisher gegen den Menjdhen wäre, als er. Selten nimmt er auf einem freijtehenden Baume Plab, und noch jeltener verirrt er jih) auf den Boden. Seine Lieblingsjige jind Hohe Bäume, deren dihtes Blätterdady ihn den Späherbliden des Men— Ihen entzieht. Eine Untugend des Pfingjtvogels iſt jeine Zant- und Haderlujt gegen jeinesgleihhen und andere Vögel, die ihm bei Gelegen— beit eines Jagdzuges auf Schmetterlinge, Würmer, Käfer oder Raus pen in den Wurf Tommen. Das Neſt des Pirols, das jtets in der Gabel eines möglichſt hod) Jigenden, dünnen Seitenajtes befeltigt ijt, nimmt unter den Werfen europäilcher Baufünjtler einen hervorragenden Rang ein. Es bejteht I sog aus Stroh, Werg, Moos, Blättern, Halmen, Ranken, Spinnen= geweben, Birkenſchalen, Wolle und Neſſelbaſt und gleiht einer an mehreren dünnen Schnüren hängenden Schaufel. Es iſt reizend, zu beobachten, wie die Baumeilter dieje Schaufel Ihnüre an dem Träger des Nejtes befejtigen. Nachdem jie das eine Ende eines herbeigejhafften Fadens angeflebt haben, nehmen jie das herabhängende Ende in den Schnabel und umflattern jolange den Alt nad) einer Richtung hin, bis diejer genügend von dem Faden umjponnen ilt. Das jegen jie fort. Sind genug Fäden vorhanden, jo fledten jie aus ihnen das jogenannte Nejtgerüjt oder Gerippe, das einem großmaſchigen Netzwerke ähnlich ijt. Diejes Gerippe ver- jehen jie mit einer Füllung, die jo feit ilt, daß das Neſt jahrelang Mind und Wetter zu troßen vermag. Um den Kindern den Aufenthalt im Nejte möglihjt angenehm zu geitalten, füttern jie es mit Wolle und weichen Yedern aus. Um jie vor dem Hinausjtürzen während eines Sturmes zu bewahren, biegen jie den oberen Nand des Schaukelkörbchens jtarf nad) innen. Mer einmal Gelegenheit hatte, ein ſolches Nejt zu jehen, wird gewiß empfunden haben, dab der Pirol fein Stümper it. Mir fönnen nicht unterlaffen, für den ausgezeichneten Baumeilter, der jeines Gejanges und jeiner Gejtalt wegen als Zierde unjerer Wälder und Parkanlagen angejehen werden muß, an diejer Stätte ein gut Wort einzulegen. Wenn er dem Landmanne durd) Plündereien in Allen und Objtgärten aud) manchen Verdruß und Ärger bereitet, jo vertilgt er andererjeits doch aud eine Menge Jhädlicher Inſekten. Nehmen wir’s nicht Jo genau mit ihm. Seine Unarten find dod) nur ganz unbedeutende Fehler jeiner vortreffliden Tugenden. N Der Haubenjtärling. 42 cm lang. De Oſtſeite Südamerikas mit ihren undurchdringlichen Urwäldern, in denen Lianen die prächtigen Stämme der Araucarien mit denen immergrüner Laubbäume maleriſch verknüpfen, in deren A Didihten der Jaguar und Puma, das Gürteltier und der Tapir jchleichen, deren düſtere Kronen das Yaultier und der Cuandu, die Tufane, Klip- pen= und Trompetervögel beleben, ijt die Heimat des Haubenjtärlings oder Schapus. Aber nicht nur in den Ur— wäldern, jondern in allen mit Wald bejtandenen Gegenden des Djtens des jo reich gejegneten Erdteils ijt er zu Hauſe. Das Yederfleid diejes jehr hübſchen Vogels it durchgehends ſchwarz und ſpiegelt in metalliſchem Glanze. Die äußeren Federn des Schwanzes allein ſind zitronengelb und geben ihrem Träger durch den ſcharfen Gegenſatz zum Ganzen einen bejonderen Reiz. Unziehender und interejfanter aber nod als Geltalt und Yarbe des Haubenjtärlings it jein unübertrefflihes Nahahmungs- talent. Auf dem Boden und auf den Bäumen feines Wohngebietes befindet jidy kaum ein Tebendes Wejen, dejjen Stimme er nit nachzuahmen ver- mödte. Seinen angenehm Elingenden, flötenden Kehlpfiffen, die mit jelt- ſamen, krächzenden Lodtönen wecdjeln, folgt der hohle Schrei des Pfeifer- frejjers, das Blöfen des Schafes, das Gejchnatter der Ente, der ſchnarrende Ruf des Spedtes, das Miauen der Kate, das Bellen des Maifongs und das Heulen des Aguarachays oder bra— ſilianiſchen Fuchſes. Und das alles klingt \ = : in fo täufchender Yorm von den Zweigen hernieder, daß jeder Nichtein- geweihte annehmen muß, er werde von jenen gefährlichen und weniger 2er gefährlihen Tieren umjhwärmt, denen dieje Stimmenn von Natur eigen jind. Der Schapu iſt ein echter Spradhfünftler unter den Vögeln und gibt in diefer Beziehung unjerm Meijter Starmat, dejjen ent- fernter Verwandter er ijt, nichts nad. In jeinem ganzen Wejen und Betragen hat der Schapu viel Ähnlichkeit mit dem Holzheher. Wie diejer, jo verharrt aud) er meiltens nur einige Augenblide auf ein und derjelben Stelle. Unruhig fliegt oder hüpft er bald auf Diejen, bald auf jenen Wit, pflüdt hier eine Beere und fängt dort ein Tierchen, um es an einem dritten Orte endli gemädlid) zu verzehren. Auch die Liebe für das Gejellihaftsleben und die Scheu gegen Menſchen hat er mit unjerm bunten, raublujtigen Waldbewohner gemein. So häufig und zahlreid) er in den Waldungen anzutreffen it, jo jelten erblidt man ihn in der Nähe menjhliher Wohnungen. Er bejudht die Anjiedlungen nur dann, wenn jie in unmittelbarer Verbindung mit den Waldungen jtehen und zur Zeit der Fruchtreife, um in den Pflanzungen zum größten Ärger der Plantagenbejiter zu Haufen. Die Lieblingsnahrung des Haubenjtärlings jind Orangen, Bananen und Mammonen. Dod nimmt er aud) mit anderen Baumfrüdten fürlieb und verihmäht jelbjt Tleine Tiere, die Eier und Jungen anderer Vögel nidt. Höchſt merfwürdig iſt das Nejt unjeres ſüdamerikaniſchen Wald- bewohners beihaffen, das nad) feiner äußeren Gejtalt nicht wenig Ähnlichkeit mit den Ballnegen unjerer Kinder hat und nicht jelten bis anderthalb Meter lang ijt. Wie die aus Papier gejhnittenen, netz— artigen Apfel- und Nußkörbchen am Weihnahtsbaume, jo jieht man oft zehn und mehr diejer Nejter an den fingerdiden Zweigen eines einzigen Stammes hängen. Die in ihnen jchlummernden oder zwitihernden Stärlinge haben fürwahr ein beneidenswertes Los. Jeder Luftzug verjett ihre Wiege in pendelnde Bewegung und ver- Ihafft ihnen ein Vergnügen, das ſich unjere Kleinen nur bei günjtiger Gelegenheit und unter Aufwendung großer Mühe verjhhaffen Tönnen. Eine jolhe Haubenjtärlings-Kolonie bietet eins der jeltjamjten Schaukelſchauſpiele von der Welt. Die Nejter find aus Tillandjia- und Gravathafäden gewoben und haben, troß ihres Ioderen Ausjehens, eine Feſtigkeit, daß ſie nur mit Mühe zu zerreißen find. Ihre Herjtellung geht jehr Tangjam von eg jtatten und erfordert viel Geſchicklichkeit. Zunächſt befejtigen die Bau- meijter die jtärfjten und längjten Fäden an dem Aſte, der als Träger des ganzen Baues auserjehen ward. Die freihängenden Fäden, deren untere Enden miteinander verflohten und verjchürzt werden, bilden das Gerippe des Schaufelnejtes. In dieſes Gerippe weben die Stär— linge das übrige Baumaterial derart nad allen Richtungen hin, daß auf der einen Seite ein jhlifartiger, volljtändig freier Eingang bleibt. Der eigentlihe Brutraum iſt mit Rüdjiht auf die ſtark ſchau— felnden Bewegungen, bei Gelegenheit heftiger Stürme, jehr tief ge— halten und innen vom Weibchen mit Moos, Blättern und Bajtfäden weid) gepolitert. Die alle andern Vögel, jo haben aud) die Haubenjtärlinge eine Reihe boshafter Verfolger. Ihre gefährlidjten Feinde aber jind die Botofuden, die fie ihres genießbaren Fleiſches halber, noch mehr aber ihrer gelben Schwanzfedern wegen jagen. Die Federn bilden, fächer— artig zufammengeftellt, neben den prächtigen Brujtfedern des Pfeffer— frejfers einen der geihäßtejten Stirn» und Gürteljhmudgegenjtände diefer Wilden Südamerifas. Der Erzhonigjauger. 15 cm lang. „Ichä tſchähi tſchähihihi! Ta tai taititi!“ — — klingt es dem Reiſenden aus den an den Ufern des Nils blühenden Palmen-, Tamarinden- und Mimoſenhainen entgegen, wenn er auf den Wogen des heiligen Stromes dahinſegelt. Es ſind dies die Liedesklänge eines Leinen, allerliebjiten Vogels, des Erz- honigjaugers. FE Das Yederfleid des niedlihen Bewohners der Wendefreisländer ijt oben grün und metalliſch glänzend, unten gelb. Die Ylügel- und Schwanz- federn ſind jtahlblau. Die Brujt iſt mit einem violettfarbenen Federgürtel geſchmückt. Zu den Lieblingsaufenthaltsſtätten der Erz— honigſauger zählen in erſter Linie die mit Mi— moſen gemiſchten Wälder und Gärten Nubiens, Abeſſiniens und der Samhara. Wo ſich auch nur ein einziges dieſer anſpruchsloſen Gewächſe im Blütenſchmuck zeigt, da kön— nen wir mit Sicherheit darauf rechnen, in den Zweigen ein Pärchen unſerer Vögel als Koſt— gänger anzutreffen. Stunden, ja tagelang verweilen jie auf derfelben Pflanze. Nah Art unjerer Meijen hüpfen jie mun- N\ ee ter und flink von At zu Wit. nen a, Jede Blüte wird beäugelt und gewiſſenhaft durchforſcht, und nicht eher ziehen ſie von dannen, bis aud) das lefte Käferden oder Würmchen aus ihrem Grunde hervorgeholt worden und dur den jpiten, leicht gefrümmten Schnabel den Weg alles leiihes gegangen ijt. Eine Eigentümlidhteit, die mit einer Ge— wohnheit unjerer Yeldlerhe Ähnlichkeit hat, it es, daß die Vögel jedesmal nad) volljtändiger Säuberung einer Blüte ein freudiges Zwitſchern ertönen lajjen, als wollten fie für die empfangene Koſt den ſchuldigen Dank entrichten. Neben den Mimoſen ſchenkt der Erz- honigjauger bejondere Aufmerkſamkeit dem Feigenkaktus, dejjen ſüß— li) ſchmeckende Früchte von den Eingeborenen gegejjen werden. Seine trihterfürmigen Blüten find der QTummelplat vieler Inſekten, die dem Erzhonigjauger als willlommene Beute dienen. Im Gegenjaße zu allen andern Bögeln, die während der heigen Stunden des Mittags ein gegen die jengenden Strahlen der Sonne geſchütztes Verjted auf- Juden, treibt er gerade in diejer Zeit feine munteren Jagd-, Liebes— und Vergnügungsjpiele. Da, wo die Sonne am jhärfjten wirft, fühlt er ſich am behaglichſten. Mit wahrem Entzücken badet er ſich in der Flut ihrer feurigen Strahlen. Auf der höchſten Spitze einer Mimoſe ſitzend, ſträubt er die Federn ſeines Kopfes, ſpreizt die Schwingen, ſtelzt den Schwanz und ſingt luſtig ſein „Ta tai taititi.“ Sein Anblick iſt in dieſer Verfaſſung wirklich prächtig und über— raſchend. Jede Schönheit ſeines metalliſch glänzenden Gefieders kommt zur Geltung. Die Neſter der Erzhonigjauger, deren äußere Wandungen aus der Samenwolle einer [hwalbenwurzartigen Pflanze, des Iſchr, ge— AN \ —— — — —B SS NIIIIIS — webt ſind, und deren Brutraum mit Blütenfaſern, Inſektengeſpinnſten und Haaren gepolſtert iſt, haben eine runde oder rundliche Geſtalt. Sie ſind meiſtens an den Spitzen ſehr hoch ſitzender, ſchwanker Zweige ſo aufgehängt, daß ſie von den Blättern daneben- oder darüberſitzen— der Zweige vollſtändig verdeckt werden. Es fällt den raubluſtigen Landsleuten unſerer Vögel darum ſchwer, ſie zu entdecken. Und ge— lingt es ihnen wirklich einmal, ein Neſt zu Geſicht zu bekommen, ſo bilden die Dornen der Mimoſen bei ihrem Vordringen zu dieſem ein gefährliches Hindernis. Weder Sperber, noch Falke, noch ſonſt ein beſchwingter Raufbold hat Luſt, des dürftigen Leckerbiſſens halber eo mit den langen, jcharfen Ajtanhängjeln nähere Befanntihaft zu maden. Sp wären denn die Wohnjtätten der Erzhonigjauger in jeder Hinſicht gejidert und ihre Eier und Jungen außer aller Gefahr, wenn die Natur nicht noch andere MWejen zu ihren Yeinden und VBerfolgern bejtellt hätte. Die gefährlidjten unter diejen jind die afrikaniſchen Meerkatzen, die Grün, Hujaren-, Nonnen= und Mohrenaffen. Diejer Gejellihaft, der Rauben, Plündern, Balgen, Zanken und Gejichter- ſchneiden über alles geht, ijt fein Baum zu did, fein Wipfel zu hoch und fein Bujchwerf zu dicht, wenn ſich's um das Erbeuten einer lederen Mahlzeit Handelt. Weder das Blätterdad), nod) die Dornen der Mimojen vermögen die Nejter vor ihren langen Armen zu jhütßen und die Eier und Jungen vor ihren Jharfen Zähnen zu bewahren. Alles fällt den mitleidsbaren Banditen zum Opfer. — Wer Tann’s ändern? — Es ilt einmal nit anders in der Welt. — Jeder hat jein Päckchen zu tragen, auch der allerliebjite Erzhonigjauger. Der Baltimorevogel. 20 cm lang. ordamerifa, von den fanadtichen Seen bis zum Meerbujen von + Mexiko und vom Alleghany- und Albany: bis zum Zeljengebirge ilt die Heimat des Baltimorevogels. Überall, wo die mächtigen Länderjtreden Nordamerifas von Wäldern bededt und mit Gärten geihmüdt find, ilt der hübſche Burſche zu Haufe. Selbſt in den Baumgruppen, die den Wanderer wie rettende Inſeln in dem fait unendlihen Grasmeere der Prairie begrüßen, ſucht man ihn nicht vergeblid. Hier wiegt er ji) auf den Ranfen der wilden Rebe und auf den Ausläufern der Bignonien, die ji) malerijc an den Stäm— men der Tulpenbäume, Platanen, Silberpappeln, Lebenseichen und Zuderahorne emporwinden und mit diefen eine Reihe wundervoll ge— Der Haubenftärling. italteter Lauben und pradtvoller Blumenbrüden bilden. Auf den Zweigen der Ulmen jchaufelt er ji) mit dem Bären um die Wette und ſpielt mit den ſchwarzen Eihhörnden, die in den Kronen Der Nukbäume ihr munteres Wejen treiben, VBerjted. Singend wetteifert er mit einem Völkchen lang geſchwänzter Drojjeln oder mit einem Sa N — ſ Trupp grüner Papageien, die lärmend und ſchreiend durch die dichten Gebüſche jagen. Zwiſchen düſteren Zypreſſen- und duftenden Jas— mingruppen jagt er prächtig gefärbte Schmetterlinge und buntſchil— lernde Libellen, die ahnungslos den Honigſaft aus den Kelchen der Prairie- und Tuberoſen trinken. Der Baltimorevogel hat eine auffallende Ähnlichkeit mit unſerm Pirol, weshalb man ihm den Namen Baltimorepirol gegeben hat. Wolf-Harnier, Gefiederte Baukünſtler. 7 Ber ce Sein Körper ijt, mit Ausnahme des Nüdens und des Unterleibes, die orangerot gefärbt jind, mit tiefſchwarzen Federn bekleidet. Schön, wie fein Gewand, it aud) der Gejang diejes Lieblings der Nord- amerifaner. Wälder, Büſche und Gartenanlagen Hallen von jeinen aus vier bis acht Tönen bejtehenden, voll und rein klingenden Weijen wieder. Höchſt interejjant it das Nejt des Baltimorepirols. Es hat die Geltalt eines aus Werg, Wolle, Haaren und anderen weichen Stoffen gewebten Beutels, der dur jtarfe Schnüre aus Hanf oder Flachs an den Armen einer entjprehend weiten Wijtgabel befeltigt ift. Mährend das Neſt, das eine Tiefe von fünfzehn und einen Durd)- meſſer von zwölf Centimetern hat, in Tälteren Gegenden jehr dicht gewebt und innen nod) mit Kuhhaaren warm ausgefüttert wird, findet man es in den ſüdlichen Staaten jehr Ioder und ohne jede Yüt- terung bergejtellt. Mit unermüdlihem Eifer arbeiten Männchen und Meibhen vom frühen Morgen bis in den jpäten Abend hinein; und dennod) vergehen meiltens drei Wochen, bis die kunſtvolle Kinder- wiege vollendet it. Gnade der Hausfrau, die in der Nähe eines ſolchen Nejtbauplages eine Garnbleihe hat und nicht für ihre Be— wadhung genügend Sorge trägt. Sie Tann die Yreude erleben, ganze Lagen ihres mühjam zujammengejponnenen Gutes fortgejhhleppt, zer- tilfen und in den Wandungen des Beutelnejtes verarbeitet zu jehen. Mer Tanns den Tieren übel nehmen! In Amerifa jieht jeder, wo er bleibt. Die Beutelmeife. 12 em lang. 19" wir in dem Borhergehenden eine Reihe Vögel fennen on Lernten, deren Schönheit, Gejangstüchtigfeit, wirtjchaftlihe Be- deutung und baufünjtleriiche Leijtungen Anerkennung forderten, jo macht uns dieſe Betrachtung mit einem Vöglein befannt, dejjen Kunſt— jinn und Baufertigfeit unfere ganze Bewunderung verdienen. Die Beutelmeije, deren Heimat Südrußland, das Donautiefland, Die Türkei, Griehenland und Stalien ijt, nimmt nit nur unter den Baukünſtlern Curo- pas den erjten Rang ein, ſondern ijt auch den vorzüglichſten Meiltern anderer Erdteile würdig zur Seite zu |tellen. Zum Zwed der Anlage ihres Neſtes erwähltjie einendün- nen, ſchlanken Wit, der möglihjt weit über das Waljer eines Sees oder Teidhes ragt, nichtjelten aber aud) einen Rohr- odea Schilfſtengel, der ſich mitten aus dem Ge— wäſſer erhebt. Sie umwickelt den Träger des Neſtes in äußerſt geſchickter Weiſe mit Hanf oder Baſtfäden und webt an dieſe die beutelförmige Kinderwiege. Das Baumaterial ent— nimmt ſie faſt aus— ſchließlich ſolchen Ge— wächſen, deren Blü— ten aus woll und La) “ WG Y , I, a An — NS AV ß) N AN ONCE ii Ay Si in h N“ z 4 N N IN N \ RU 9— ul. BG jeidenartigen Blättchen gebildet und deren Früchte von ähnlichen Stoffen eingefhlojfen find. Darum madt fie jid) zur Zeit des Nejt- baues, die in den Anfang des April fällt, viel an den Kätzchen der Pappeln und Weiden, an den braunen, vorjährigen Kolben des Rohrs und an den Blüten- und Fruchtköpfen der Dijteln zu ſchaffen. Das Neſt bejteht aus zwei Schichten. Die äußere Schicht, in der die + — ll) — wolligen Pflanzenjtoffe durd) eingewobene Hanffäden und Grashalme untereinander verbunden ſind, ijt oft jo feit, daß ſie beim Biegen zer- bricht. Die innere Schicht ijt dagegen jehr Ioder gewebt und bietet den Meijentindern eine weiche, beneidenswerte Lagerjtätte. An der einen Seite des Nejtes befindet ji) die jogenannte Ylugröhre, deren oberer Mündungsrand den unteren um anderthalb bis zwei Zenti- meter überragt, eine Vorrihtung, die das Eindringen des Negen- wajjers in das Innere des Nejtes verhüten fol. Wie praftijch die Beutelmeije die Dinge ihrer nächſten Umgebung zu verwenden ver- iteht, und mit welchem Vorbedacht jie die Anlage und Herjtellung ihres Nejtes betreibt, beweilt der Umjtand, daß fie alle an dem Träger des Nejtes vorhandenen Blätter und Zweige innig mit den Wan— dungen verwebt, um dem Ganzen eine größere Feltigfeit und Wider- Itandsfähigfeit zu verleihen. Daß dieſe jo eigentümlich gejtalteten Meiſenhäuschen zu aller- hand abergläubijhen und närriſchen Vorſtellungen Anlaß gaben, Tann uns nit wundern. Wie bei uns die törichten Leute Bündel des durd)- löcherten Johannisfrautes über die Haustür hängen, um den Teufel mit Bodshörnern und Pferdefuß vom Haufe abzuwehren, jo hängen die Griehen und Staliener das Neſt der Beutelmeije auf, um das Haus gegen den Strahl aus düjterer Wolfe zu beſchützen. In Ruß— land lebt man des Glaubens, daß die weihen Wandungen des Beutel- nejtes ein unübertrefflihes Mittel gegen Halskrankheiten, Geſchwülſte ujw. jeien. Die Landleute diefes von Unwiljenheit und Wberglauben noch volljtändig beherrſchten Volkes milden jogar Stüde des Wunder- beutels unter das Yutter der Pferde, um fie von irgendeiner Krank— heit zu befreien und gegen das unheilvolle Berufen mißgünjtiger Meiber zu bewahren. Um das Wechjelfieber zu bejeitigen, veranlaft der Rujje feinen Patienten, den Rauch eines langſam verfohlenden Stüdhens des Nejtes der Beutelmeije einzuatmen. Wenn uns alle dieje DBerwendungen des harmlojen Nejtgewebes äußert Tächerlid) erjheinen, jo fönnen wir uns mit der Verarbeitung desjelben zu Fußſocken und Stiefelfütterungen wohl einverjtanden erklären. —— — el Der Paradiesfliegenfänger. 37 em lang. N: Maldungen Djtafritas mit ihren Affenbrotbäumen, Dattelpal- men, Syfomoren, Afazien, baumhohen Gräjern und Cuphorbien, deren Düjter jo mandes Wunder der Tierwelt birgt, beherbergt aud) den Paradiesfliegenfänger, dejjen prächtiges Gefieder und munteres N \ N \ / ) W \ \\ N \\ NINA \) 1% VW) UN NN N —* —RX IN N — Weſen die Bewunderung aller Reiſenden erregte. Auf Bäumen, die in der Nähe ſumpfiger, ſchilf- und blumenreicher Gewäſſer ſtehen, verweilt er mit ganz beſonderer Vorliebe. Hier bieten ihm die Tauſende und aber Tauſende geflügelter, hüpfender und kriechender Kerbtiere reichlich Gelegenheit, den Vergnügungen eines ungebundenen Jäger— lebens zu huldigen. Leicht und gewandt ſtreicht er zwiſchen den dichteſten Zweigen dahin, um im Fluge das Inſekt zu erjagen, das luſtig brummend und jummend von Blatt zu Blatt, von Blüte zu Blüte — 12 — Ihwirrt. Einen entzüdenden Anblid gewährt hierbei der gejpreizte Schwanz, deſſen Mittelfedern fahnenartig verlängert jind und, vom Luftzuge bewegt, die zierlichſten Wellenlinien bejchreiben. Mit dem Erfolge eines ſolchen Jagdzuges zufrieden, Tehrt er zu feinem Lieb- lingsſitze zurüd, fpielt mit der Kopfhaube, ſpreizt und wendet, als ob er jid) der Wirkung des Schaufpiels auf den Bejhauer bewußt wäre, den prächtigen Schwanz und Jingt fein leijes, aber jehr wohl- klingendes „Wüht wüht“ durch den Wald. Menn bisher auch noch nicht Gelegenheit geboten ward, das Bauen unjeres Paradiesfliegenfängers zu beobadten und jein Nejt nad) feinen Bejtandteilen zu unterſuchen, jo läßt ji) doch mit ziem- licher Bejtimmtheit annehmen, daß es ähnlich bejhaffen ijt, wie das eines nahen Yamilienangehörigen, des Tſchitrek, der im Kaffern— lande wohnt. Das Neſt des Tſchitrek iſt jowohl feiner Bauart als Form wegen bemerfenswert. Es gleiht einem umgefehrten, ſpitzen Filzhute, wie ihn der Clown im Zirkus zu verwenden pflegt, oder einem zwilhen zwei Zweigen hängenden Horne, dejjen Spibe nad) unten gefehrt ift. Der größte Durchmeſſer des Brutraums, der eine Tiefe von fieben Zentimetern hat, beträgt fünf Zentimeter. Der Plan, nad) dem ein ſolches Nejt gebaut ijt, läßt ji |hwer ergründen, da ſcheinbar drei Viertel desjelben ohne Zweck verfertigt jind. Der un— benußte Teil, der, wie das Ganze, aus einem dichten, kunſtreichen Gewebe bejteht, jcheint nur der Form wegen gemadht zu Jein. Warum der Landsmann der fhwarzen Bewohner des Kaffern- landes jo und nit anders baut, fönnen wir hier nit weiter unter- fuchen. Sein Bau ijt ein Kunftwerf und nötigt uns, ihm das Prädikat eines Baumeijters unter den gefiederten Brüdern zu erteilen. 7 Die eigentlihen Weber. ul eigentlichen Webern find diejenigen Vögel zu verjtehen, die -° in den naturgejchichtlihen Werken als eine in ſich abgejchlojjene Familie der Ordnung Sperlingsvögel aufgeführt und behandelt find. Sie haben einen zierlihen, Tanggejtredten Körper, einen diden, weit — 105 — in die Stirnfevern eingejhobenen Kegelſchnabel, hochläufige, mit ſtarken und ſcharfen Nägeln bewafjnete Füße und lange, abgejtumpite Flügel. Sie zerfallen in zwei Hauptgruppen: Ganz— und Halbweber. Zu den Ganzwebern, die ſich durch ganz bejondere Kunitfertigfeit auszeichnen, redjnet man die Edelweber, Viehweber, die Witwen oder Whidahvögel und die Teuerweber. Zu den Halbwebern gehören die Amadienen, Aftrilden und Tangaren. Wir wollen uns, um den Rahmen diefer Arbeit nit zu überjäreiten, auf eine allgemeine, alle Mitglieder dieſer zahlreihen Künjtlerfamilie umfajjende Betrad)- tung beſchränken und nur den vorzüglichſten Meiltern unter ihnen eine ausführlihere Behandlung zuteil werden lajjen. Bei feiner andern Bogelfamilie finden wir den Kunitfertigfeits- finn in jo hohem Grade ausgebildet, als bei dieſen meilt jehr ges ellig Iebenden Bewohnern Afrikas, Aliens, Auftraliens und Amerilas. Menn man die an Seen und Flüffen gelegenen Mimojen- und Palmen- waldungen Süd- und Weſtafrikas durdreijt, jo Tann man die MWeber- vögelanfiedelungen gar nicht überjehen. Die Neſter diefer Tiere, deren oft zwanzig bis vierzig Stüd an den dünnſten Zweigen eines Baumes hängen, geben der Landihaft ein ganz bejtimmtes Gepräge und ver- leihen den einzelnen Bäumen einen bejonderen Reiz. Wie langhallige, aus Pflanzenfafern und Grashalmen zujammengewobene Netorten oder an diden, kunſtvoll zufammengedrehten Schnüren bängende Ballons, baumeln fie, vom Luftzuge hin- und hergejdaufelt, von den ſchlanken Zweigen herab. Wir fünnen gar nicht vorüber gehen, ohne diefen rätjelhaften Dingern unjere Aufmerkſamkeit zu ſchenken, fie genau zu betrachten und in- und auswendig zu unterfuhen. Wenn wir bisher vor den Nijtgebäuden mandes Vögleins voll jtummer Bewunderung jtanden, jo können wir uns bei der Betrachtung der Kunftwerfe der Webervögel erſt recht des Gedankens nicht erwehren: wie bringen dieſe Heinen Tiere ſolche Arbeiten zujtande? Warum, jo fragen wir uns, bauen die Mebervögel gerade jo und nidt anders? Warum hängen fie ihre Gewebe an die Spitzen der dünnjten Zweige, während doc andere Vögel den ftarfen Alten und Baummwinfeln den Borzug geben? Warum verleihen fie ihren Brutvorritungen Formen, die mit den Formen anderer Nefter kaum nod) die geringjte Ahnlich— keit haben? Warum geben ſie den Wandungen ihrer Kinderwiegen ein Gefüge, deſſen Herſtellung unendlich viel Fleiß vorausſetzt und — ll — viel Geſchicklichkeit und Ausdauer fordert? Könnten jie jid über Her- jtellung und Einrichtung ihrer Bruthäuschen nicht ebeno leichten und unbefümmerten Herzens hinwegjegen, wie jo viele andere befiederte Genojjen? — Es ijt jehr ſchwer, alle diefe ragen zu beantworten, da uns niemand dabei zu raten weiß, und die Baumeilter jelbjt über Urjadhe, Entwidelung und Zweckmäßigkeit ihres Baultils feine Ausfunft er- teilen fönnen. Wüßten wir wenigjtens, ob die Tleinen Weber in früheren Zeiten anders, einfaher und an anderen Ortlichkeiten ge- baut hätten. Allein, fein auf Beobachtung beruhender Bericht weiß uns darüber zu belehren. Keine Inſchrift der alten Indier oder Ägypter gibt Aufihluß darüber. Wir jtehen wie vor einem Nätjel. Es läßt ji aber mit einiger Bejtimmtheit annehmen, daß die Webernögel von demjelben Gefühle bewegt und getrieben wurden, das alle anderen Mejen bei der Anlage und Ausführung ihres Yamilienjißes leitete: von dem Gefühle der Angjt und Bejorgnis um Gut und Leben. Der Gedante an die eigene Sicherheit und an die Sicheritellung des Beliztums war es, der alle bewog, ſich mit der Herjtellung bejonderer Mohn: und Schubtvorridhtungen zu bejhäftigen. Der mit hohen Geiltesgaben ausgeltattete Menſch ging in dieſer Beziehung allen anderen voran. Wie er es verjtanden hat, jih den Berhältnijjen entjprehend einzurichten, jo wuhten auch die Tiere den Eigentümlid)- feiten ihrer Umgebung Rechnung zu tragen. Aud ihre Wohngebäude werden im Laufe von Jahrtaujenden mancherlei zwedmähige Ver— änderungen erfahren haben. Das dürfen wir falt mit Gewißbeit annehmen, weil wir eine Reihe von Tieren Tennen, die ji in ganz neue Verhältnijje einlebten und ihre ganz bejonderen Maknahmen in NRüdjiht auf Nährweile und Wohnungseinrihtung zu treffen wußten. Es fehlt uns leider an geihichtlihen Nachweiſen über die Entwidelung des Nejtbaues aud nur einer Vogelart. Das Tann uns aber nicht hindern, eine ſolche Entwidelung wenigjtens anzunehmen und jie nit als ganz unmöglich zu denken. Jedenfalls müjjen wir die Nejter der Mebervögel als eine der vollfommenjten Leijtungen auf dem Gebiete der Nejtbaufunjt betrachten. Und ijt es richtig, die Kunjtprodufte als den Ausflug der Bildung ihrer Erzeuger, als den Maßſtab für die Höhe ihres geijtigen Standpunftes aufzufaljen, dann müjjen wir den Webern einen der erjten Pläte unter den be- — ID — fiederten MWeltbürgern einräumen. Schon die Auswahl des Nijtortes liefert uns einen treffenden Beweis von dem Umfange ihrer Über- legungsfähigfeit. Sie wuhten zu denken und eine Stelle zu finden, die für langarmige Meerkatzen, nejtplündernde Schleichkatzen und für die an den Bäumen ſich Hohwindenden Schlangen unter allen Umjtänden unerreihbar war und gaben hiermit die erjte Probe ihrer Beobachtungs— ſchärfe, Vergleihungs- und Yolgerungstüdtigfeit. Sie entſchloſſen ſich — ob jofort, oder erjt auf Grund böfer Erfahrungen, Tann nicht behauptet werden — nit nur für die äußerjten Spitzen der dünnſten Zweige, jondern nahmen aud zu jolden Bäumen ihre Zufludt, deren Rinde dicht mit ſcharfen Dornen bejeßt war und deren Alte möglichſt weit über dem Spiegel eines Gewäjjers hingen. Das waren drei Dinge, die für ihre friehenden und Lletternden Verfolger bei etwaigen Angriffen unbedingt verhängnisvoll werden mußten. Die Platzfrage war jomit für fie aufs bejte entſchieden. Wie jollten hier nun aber Nejtbauten zur Ausführung gebradit werden? Sie waren doch am Ende die Hauptjadhe. Ein offenes Nejt auf den Rüden der erwählten Zweige jegen, ging nit an; denn bei den geringjten Schwingungen derjelben mußten die Eier über Bord geworfen und zertrümmert werden. Eine geſchloſſene Kinderwiege auf ihnen er- tihten, war aud nicht ratjam; weil die Unterlage zu ſchmal und darum ein Umfippen bejonders des bewohnten Nijtgebäudes zu be- fürchten war. Es blieb aljo nur nod) übrig, das Neſt an der Unter- leite des Nejtträgers anzubringen, es mittels Yäden und Faſern an diejem aufzuhängen. Dabei gab es aber wiederum viel zu denken und zu überlegen. Das Nejt fonnte die Yorm eines offenen Körbchens erhalten, das in derjelben Weile am Aſte befejtigt wurde, wie das Neit unjers „Herrn von Bülow.“ Dieje Bauart hatte zwar Den Vorzug, die bequemjte zu fein, ließ aber befürdten, da Eier und Sunge bei Gelegenheit eines Sturmes aus dem Neſte geſchleudert oder von einem vorüberfliegenden Raubvogel entdedt und vernichtet werden fonnten. Aus diejen jehr ernjten Gründen mußte von der offenen Korbform Abjtand genommen und zu der gejhlojjenen Neit- form gegriffen werden. Für welche bejondere Gejtaltung eines ge= Ihlojjenen Nejtes entihied man jid) nun aber? — Welche Form war am geeignetjten, Brutvögeln und Jungen im Innern den meijten Spielraum und die größte Bequemlichkeit zu gejtatten? — Welche — E00 Bauweije verjprad), mit den beiten Erfolgen gefrönt zu werden: die Meberei, Flechterei oder Filzerei? — Wie mußte man weben, um dem Bauwerk mit nur geringen Mitteln in Türzejter Zeit die möglihjt größte Dauerhaftigfeit zu geben? — Alle dieſe bedeut- Jamen, jehr jchwierigen Fragen wurden von den Webern in ganz vortreffliher Weije gelöjt. Jeder erfand eine jeiner Geſchmacksrichtung angemejjene und jeinen Körperverhältnijjen angepaßte Nejtform und gab den MWandungen eine Yeltigfeit, die uns mit Staunen erfüllen muß. Um Brut und Brutvogel vor dem Überfalle eines fliegenden oder kletternden Räubers völlig ſicher zu jtellen, verjahen jie die Nejter nicht mit einem jJeitlihen, jondern mit einem nad) unten gerichteten Flugloche. Wir werden den Vorzug diejer baulichen Einrichtung be= greifen, wenn wir bedenfen, daß es einem fliegenden Räuber nicht bejonders ſchwer fallen fann, ſich an den herabhängenden Nejtern anzuflammern, den Kopf durd) die Seitenöffnungen zu zwängen und mit Hilfe des Schnabels das Nejt volljtändig auszuräumen. Un ein derartiges Diebsmanöver fonnte dem nad) unten gerichteten Flug— lohe gegenüber gar nicht gedacht werden. So ſinnreich und vielver- Iprehend dieſe Ausflugvorrihtung nad) einer Seite hin aud) war, jo Hatte jie doch eine Reihe baulicher Unbequemlichkeiten zur Folge. Das Flugloch direft in die Bodenwandung des Nejtes zu weben, war unter feiner Bedingung zuläjlig, weil dadurd) die Eier und Jungen gefährdet wurden. Man mußte die Sadhe aljo anders an- zufajjen verſuchen. Die Baumeiſter verjudhten jo und jo, bis ſie end- lid) eine Art erfanden, bei der das urjprünglide Prinzip in feiner Meile zu leiden hatte. Sie ſchufen an Stelle eines einfahen Flug— loches eine Flugröhre, die von unten nad) oben führte und von der Seite her in den Brutraum mündete. Das äußere Brutgebäude wurde an der der Ylugröhre gegenüberliegenden Seite jadartig ausgebaudt und bot jo einen vortrefflihen Raum zur Aufnahme des eigentlihen Neites. Nun war der Bau in jeder Beziehung vollflommen: jeiner äußeren Geſtalt nad) nicht häßlich, den feindlichen Angriffen gegen— über gejihert und für Brut und Brutoogel äußerjt bequem. Es mochte jtürmen, jo viel es wollte: das Neſt ſchaukelte an jeinen langen, elajtiihen Trägern wohl hin und her, aber feine Inſaſſen waren geborgen und Hatten nicht nötig, ſich im Gedanfen an irgendeine Gefahr „graue Haare“ wachſen zu lajjen. Kinder und Mutter fühlten — elle jich nicht weniger wohl, als wir im eijigen, ſtürmiſchen Winter hinter fejt verjhlojfenen Türen und Yenjtern am warmen Dfen. "Das bisher Gejagte gilt Hauptjädlid) von der hervorragenditen Gruppe der Webervögel, den Edelwebern. Die Nejter der Viehweber unterſcheiden ſich dadurch von den Nejtern ihrer berühmten Yamilien- angehörigen, daß fie nit an den Spiten dünner Zweige hängen, jondern zwiſchen Wjtgabeln und Baumwinfeln jtehen und von einem aus dornigen Zweigen und Reiſern zujammengeflodtenen Schuß- gebäude umgeben find. Diefe Außenbauten find nicht jelten zwei bis drei Meter lang und über einen Meter hoch und breit und beherbergen bisweilen fünf bis jehs Weberfamilien. Troß des ungeheuern Um- fanges findet man auf einzelnen Bäumen vier, fünf, ja jogar ſechzehn bis adtzehn folder ſeltſamen Nijtgebäude, ein treffender Beweis für den Gefelligfeitsjinn und friedliebenden Charakter diejer Tleinen befiederten Afrifaner. Wir hätten uns in Anbetradt ihrer gemein- jamen Wohn- und Brutgebäude leicht veranlaßt jehen können, ie der Zunftgenoſſenſchaft der Kafernenbauer zuzuzählen, wenn ihre eigentlihen Neſter nicht wirklihe Webearbeiten wären. Sie bejtehen größtenteils aus feinen Wurzeln und Grashalmen und haben eine feitliche Flugröhre, die am Anfange ziemlich weit, einige Jenti- meter vor dem Nejte aber genau dem Körperumfange des Brutvogels angepaßt ilt. Die Keuerweber bauen im Gegenjaße zu den Edel-, Viehwebern und Whidahvögeln zwiihen Gras- und Getreidehalmen. Ihre Nejter jind denen unjerer Drojjelrohrjänger jehr ähnlid) befejtigt, haben Iodere, faſt durchſichtige MWandungen und meijt jeitlihe Fluglöcher. Noch weniger kunſtvoll, ja falt liederlich jind die Brutvorridhtungen der Halbweber ausgeführt. Sie haben meijtens eine rundliche Yorm, feitlihe Eingänge und jtehen in der Regel zwiſchen Gras-, Getreides, Zuderrohrhalmen und in dichten Sträudern am Saume der Wälder. Mas dieje Leinen, zierlihen Tierhen ganz bejonders auszeichnet, ijt ihre gegenjeitige Anhänglichkeit. Hinterlijt, Tüde, Bosheit und andere häßliche Leidenſchaften, die wir bei falt allen übrigen Vögeln in größeren oder geringerem Make vorfinden, jind ihnen vollitändig fremd. Man jieht fie nur zu großen Gejellihaften vereint, in denen aud nicht ein Mißton den Frieden und die Eintradht jtört. Einer bemüht ji in rührender Weije liebevoll um den andern. Sind ihrer z ut08 — viele auf einem Plate beijammen, jo jegen jie ſich dit gedrängt an- einander. Jeder fühlt jih glüdlih, der mitteljte zu jein, weshalb ein fortwährendes Schieben nad der Mitte zu jtattfindet. Ihre Zierlichfeit und Liebenswürdigfeit jind es auch gewejen, die ihnen die Herzen einer großen Menge gemütvoller Tierfreunde erwarben. Anders, als bei den Stubenvögelliebhabern, jind jie dagegen bei dem Zandbauer ihrer Heimat angejhrieben. Er haßt fie, natürlid nicht ihrer Zierlichleit und Liebenswürdigfeit halber, Jondern weil ſie ihm die Saaten verwüjten. Er wendet alles an, jie zu verſcheuchen und Iheut feine Mühe und feine Mittel, jie zu vernichten. Ehe wir zur Betradhtung einzelner hervorragender Weber Ichreiten, müjjen wir noch einer bemerkenswerten Cigentümlichteit der Whidavögel und der Feuerweber gedenken: Wir haben uns bei der Betrahtung der Vögel gewiß ſchon alle über die überreiche, ja oft überaus auffällige Ausjtattung der Vogelmännden gewundert, und zwar aus dem naheliegenden Grunde, weil wir daran gewöhnt find, niht uns, jondern unjere Meiblein in bejonderem Schmude neben uns prangen und glänzen zu jehen. Bei feiner unjerer Bogel- arten ſpringt dieje Geſchlechtsausſtattung jo jtarf in die Augen, als bei den meilten Hühnervögeln. Stolz [reitet der Hahn, angetan mit einem vielfarbigen, jtrahlenden Pradhtgewande, im Hofe umher, während fein weiblides Gefolge in Tnapp anliegenden Kleidern be— Iheiden um ihn herum= und Hinter ihm hertrippelt. Wir werden etwas Ähnliches bei vielen andern Vogelarten gejehen und bewundert haben. Denn wir nun anhaltend und redht ſcharf beobadten, jo fann es uns niht entgangen fein, daß das Gewand der Männden gerade zur Paarungs= oder Yortpflanzungszeit am glänzendjten ausgejtattet war. Der Vogelkundige nennt dies Gewand das Hochzeitskleid der Bögel. Es ijt jedenfalls nicht uninterejjant, zu wiljen, daß die Whidah- vögel in der Zeit der jungen Liebe nit nur ein farbenprädtiges Gewand anlegen, jondern diejes auch mit einer lang und ſchlank herabwallenden Schleppe verjehen, jo daß fie unjeren in jeidenen Kleidern prangenden Bräuten und den mit langgejhlippten Yrads ausgeitatteten Freiern um nichts nadjjtehen. Aber nicht die Weibchen find es, die ji) zu den hochzeitlichen Feſttagen jo aus- und aufpugen, jondern die Männden. „Der Grund hierfür liegt in dem Säftezuſchuß, der nicht nur die mittleren Schwanzfedern zu faum geahnter Länge — za und Breite anwachſen läht, jondern ihre bisherige horizontale Gtel- lung in eine gehobene, dahförmige oder Jonjt abweichende verwandelt.“ Diefer Hocdhzeitspuß hat leider nur eine Turze Dauer; |hon nad) etwa vier Monaten ijt jeine Pracht und Herrlichkeit dahin. Wir können uns wohl denten, daß die Männden in diejer Zeit nicht wenig jtolz find und mit ihrer glänzenden Ausjtattung prahlen. Sie führen vor ihren andädtig zujhauenden Angebeteten allerhand Manöver aus, um ji ihnen im vorteilhaftejten Lichte zu zeigen und ihre Gunſt und Zuneigung zu erwerben. Langjam ſchwebend, die lange Federſchleppe Hinter ſich herziehend, jteigen jie in die Luft empor, ſchwenken ſich graziös im Kreije herum und lajjen ſich dann zu den Meibhen nieder. Die Hals- und Kopffedern hoch emporgeiträubt, erklären jie ihnen in ſeltſam ziſchenden, aber dennod) inhalt und verjtändnisvollen Tönen ihre Liebe. Wie bei uns, jo entjcheiden ſich jelbjtverjtändlid die Weibchen in erjter Linie für diejenigen Lieb- baber, die am buntejten und glänzendjten ausgejtattet und bei der Brautfur am „ſchneidigſten“ aufzutreten imjtande jind. Mir haben weiter oben erfahren, daß die Männden der Whidah- vögel den Außenbau des Nejtes heritellen. Wie it das aber denkbar? wird man bei ihrem Anblide im Hochzeitskleide fragen. Was fangen ſie dabei mit ihren unbändigen Schweiffedern an, die jie nur jehr mühjam durch) die Luft und von Baum zu Baum zu jchleppen ver— mögen? — Mährend die meilten Bögel den Nejtbau erjt dann in Angriff nehmen, naddem die Ehen zwilhen Männlein und Meiblein ge— Ihlojjen ind und das Bedürfnis zur Einrihtung von Kinderjtuben vorhanden it, bauen die Männchen der Whidahvögel und der meijten andern MWeberarten vorher. Erjt nahdem Haus und Herd eingerichtet jind, legen fie das ſchmucke Kleid des Freiers an, um die Braut zu Türen und jie ihrer zufünftigen Wohn- und Kinderjtube zuzuführen. Ihr, der treuen Gefährtin in Freud und Leid, ijt es vorbehalten, das Innere des Neſtes auszujtatten, es ihrem hausfräulichen Gejchmade und ihrer mütterlihen Yürjorge entſprechend einzurichten. — Das Yederkleid der Yeuerweber jhmüdt ſich zur Paarungszeit ebenfalls mit bunten, prädtigen Yarben, nur verändert es jeine Geſtalt nit in jo auffallender Weile. Das Dedgefieder des Schwanzes allein wählt zu einer bedeutenden Länge an, und das Kleingefieder — 110 — erhält ein ſammet- und ſeidenartiges Ausſehen. Die Männchen der Feuerweber verſtehen es faſt noch beſſer als die der Whidahvögel, zur Freierszeit aus ſich etwas zu machen, die ganze Pracht ihres Hochzeitsgewandes zur Geltung zu bringen. Ihr ſcharlach-, karmin-, braunrot, orange-, zitronengelb, hell-, dunkelbraun und ſammetſchwarz gefärbtes, perlmutterartig glänzendes und ſchillerndes Gefieder wie zu einem weithin leuchtenden Federballe emporgeſträubt, ſucht einer den andern in Flug-, Kletter-, Schlüpf- und anderen Künſten zu über— bieten. Alle ringen um die Gunſt und Zuneigung der beſcheiden ge— kleideten Weibchen, die aufmerkſam zwiſchen den Durrah- und Dohhen— halmen ſitzen, mit ſichtbarer Freude den ritterlichen Spielen folgen und ab und zu durch ein zärtliches Gezwitſcher ihre innere Luſt am Turniere zum Ausdruck bringen. le Der Bayaweber. 16 cm lang. 1: jtellen den Baya darum an die Spiße jeiner Berufsge- nofjen, weil er unter ihnen entjchieden der gejchidtejte ijt. Der Bayaweber oder Nelicurvi bewohnt Vorder- und Hinterindien, Java, Ceylon und Malakka. Sein Federkleid it am Kopfe und an der Kehle braunihwarz, im Scheitel, zu beiden Geiten des Haljes und am Unterleibe zitronengelb gefärbt. Die Rüden», Schwanz- und Flügelfedern haben eine braune Farbe und find gelb gejäumt. Die Füße jind blaßrot, und der Schnabel iſt ſchwarz. Das Neſt des Nelicurvi gleicht einer mit dem Hals nad) unten hängenden Retorte. Oft hängen dreißig und mehr diejer Kunjt- bauten beijammen an den Spiten ſchlanker Rohrjtengel, der Bambus- zweige, an den Blattjtielen Hoc emporgejhofjener Palmen oder an den längiten und dünnjten Zweigen einer Mimoſe. Bor allem jieht der Baumeijter darauf, das Nejt möglichſt weit über dem Spiegel eines Gewäljers aufzuhängen, wo er’s vor den Krallen und Zähnen Ihleihender und Tletternder Räuber am ficherjten weiß. Der eigent- lihe Nijtraum iſt von der Ylugröhre durd) eine etwa vier Zentimeter hohe Scheidewand getrennt, die das Herausfallen der Gier bei ſtürmiſchem Wetter verhüten Joll. — N Neben diefem Bruthäuschen verfertigt der Bayaweber nod) ein ERS r HL: BZ Sr 2: Y > — — GPL EA — >, X — Brutnelt. Shlafmeit. Offnung befindet id) ein riemenartiges Quergewebe; es it der Sitz, auf dem der männliche Vogel jhlafend die Nächte verbringt. 112 Beide Arten des Nejtes ind aus friihen, jeinen Grashalmen äußerit funjtovoll zujammengewebt und ebenjo gejhidt wie dauerhaft an ihren elajtiihen Trägern befeltigt. % Der Mastenweber. 17 em lang. D yer Mastenweber, ein enger Landsmann des Goldwebers, unter- ſcheidet ji) von dieſem nur duch die Größe und durch die Färbung des Ge- fieders. In der Art zu leben, jtimmen beide fajt volljtändig überein, jo daß eine bejondere Betrad)- tung jeiner Lebensweile uns überflüjlig erjcheint. Das Geliht des Masten- webers jieht jo aus, als ob es von einer ſchwarzen Maske überzogen wäre. Der Naden und die Un- terjeite jind hellgelb, die Schultern ſchwarz, Die Schwingen und der Schwanz olivenbraun ges färbt. Die Federn Der Flügel find mit gelben Säumen verjehen. Der Schnabel ijt ſchwarz, die Füße find fleijchfarbig und. die Augen rot. ale 5 zwitwe radie Pa Le D — Der Goldweber. 3 13 em lang. De Heimat des Goldwebers iſt Oſtafrika. Sein Gefieder iſt an der So Stirn, zu beiden Geiten des Kopfes und an der !interjeite gold- gelb. Die Ylügelfedern Jind olivenbraun und gelb gerandet. Die Steuer: federn haben bräunlid) gelbe Yarbe und jind grünlichgelb geläumt. Der Schnabel iſt ſchwarz, der Fuß fleifchfarbig und das Auge rot. Die Goldweber find, wie alle ihre Genojjen, liebe, muntere Gejellen, denen das gemütliche Zu— jammenleben mit ihres- gleihen über alles geht. Bon früh bis jpät find lie ununterbrochen in Be— wegung. Unter Lärmen, Zwitſchern, Schreien und Pfeifen geht es vom Felde in das dichte Ge— büjch, vom Gebüſch auf den Baum und von hier aus an den Rand der Ge— wäljer. Nichts vermag die | heitere Stimmung ihrer Zirkel zu jtören; fein Zank und fein Streit, feine Ei- ferlucht und fein Neid zwi- ſchen Bruder und Bruder, Männdhennnd Weibchen; MWolf-Harnier, Gefiederte Baufünitler. 8 — sobre — überall Eintraht und Friede, lahende Lujt und jelige Freude. Nur beim Anblid eines Menjhen, Sperbers, Falken oder einer Schlange \hwirren fie, von Angjt und Entſetzen gepadt, nad) allen Wind- rihtungen hin auseinander, um ih durch eilige Flucht vor den Maffen diejer ihrer gefährlichſten Feinde zu retten. Aber nicht lange bemeijtert der Schred ihre Glieder. Schon nad) wenigen Yugenbliden Iharen fie ji) wieder zujammen, um ihr luſtiges Treiben, Jagen, Singen und Spielen von neuem zu beginnen. Das Nejt des Goldwebers ijt nicht weniger Tunjtvoll als das feines aliatifhen Berufsgenoſſen angefertigt. Es bejteht ebenfalls aus feinen Grashalmen und Pflanzenfajern und wird an den Spitzen langer, dünner Zweige befejtigt. Der eigentlihe Nijtraum, der id) am unteren Ende des ganzen Bauwerks befindet, ijt von der Flug— röhre durd eine Einſchnürung geihieden. % Der Mahaliweber. 16 cm lang. De Mahali- oder Sperlingsweber bewohnt den Süden und Weſten Ss Afrifas. Er it der legte unter den hier von uns näher beſchriebenen Edelwebern. Das Gefieder jeines Kopfes ijt dunkel— braun und auf beiden Seiten von einem weißen Yederjtreifen ein- gefaht, fo daß es den Eindrud macht, als wäre der Kopf mit einer wei verbrämten Kappe befleidet. Das übrige Gefieder Hat eine verjchiedenartig abgetönte braune Farbe. Die Dedfedern der Shwingen und die Steuerfedern jind Hell gejäumt. Beſonders charakteriſtiſch ind die weißen Querbinden, weldhe die Flügel ſchmücken und Die jägeartigen Zähne an den Rändern des fleilhfarbigen Schnabels. Das Neſt des Sperlingswebers ijt der Form nad) etwas plump, feiner Bauart nad) aber ebenjo vortrefflid, wie das jeiner oſt— afrifaniihen Berufsgenojjen. Es hat die Gejtalt einer nad) unten auslaufenden Retorte. Seine Wandungen bejtehen aus einem feinen Grashalmgewebe. Ein merfwürdiges, ja falt igelartiges Anjehen er- Halten dieje interejjanten MWeberbauten durd) die vielen Dornen, die geihikt und feſt in Die - Aukenwand gewebt jind. s Diefe Dornen haben die Vu‘; Aufgabe, das Neſt gegen U Ä Angriffe von außen her zu Ihüßen. Der eigenen Sicherheit wegen hängt der Mahaliweber jein Neſt auc mit bejonderer Vor— liebe an die Zweige der dornenreichſten Mimoſen. Nicht ſelten findet man an den dünnſten Äüſten dieſer Bäume vierzig und noch mehr Neſter aufge— hängt, die ihren gemein— ſamen Träger derartig be— laſten, daß die Gefahr ſeines Zuſammenbruches nahe liegt. NG ; Y EN — SI Der PViehweber. 20 cm lang. De Viehweber, deſſen Neſtbauart wir in dem allgemeinen Teile näher betrachteten, unterſcheidet ſich von den übrigen Webkünſt— lern beſonders dadurch, daß er ſich weniger an Getreidefelder und dichte Gebüſche, ſondern mehr an Viehweiden bindet. Neben der Bau— und Webekunſt bildet die Jagd auf Zecken und andere Schmarotzer gr eg, feine Lieblingsbejhäftigung. Von früh bis jpät treibt er ſich, mit Zügen von Büffelherden und Madenhadern vereinigt, in der Nähe der grajenden und ruhenden MWiederfäuer herum, verjhafft ihnen durch fein heiteres Wejen und jein munteres Gezwitiher Zeitvertreib und jammelt ihnen die entjeglihen Quälgeilter von der arg zus gerichteten Haut. Dieje verdienjtvolle Bejhäftigung hat ihm nicht nur die Mertihätung aller viehbejigenden Bewohner Abejjiniens und Innerafrikas verichafft, jondern ſie hat ihn auch mit jeinen vier- beinigen Patienten freundichaftli verfnüpft. Ein behagliches Brum- men tönt ihm als Willlommengruß bei jeiner Ankunft entgegen, und ein bedeutjames Schnalzen mit der langen Zunge erjegt den bei uns üblihen Freundſchaftskuß. Wie groß die gegenjeitige Zuneigung dieſer voneinander abhängenden Tiere ijt, das beweijen auch Die Machtdienite, die der VBiehweber für jeine Brotgeber bejorgt. Er ſucht ſich niht nur an ihren Schmarogern zu Jättigen, jondern hat aud) ein offenes Auge für jede ihnen drohende Gefahr, und weiß durch Harakteriltiihe Laute jie zur rechten Zeit bei Annäherung der— jelben zu warnen. Das Yederkleid des Viehwebers it auf Kopf, Hals und Unter= jeite weiß. Der Mantel, die Schwingen und der Schwanz jind braun, die einzelnen Yedern hell gejäumt, Flügelbug und Bürzel ſcharlach— rot. Der Schnabel und die Füße haben jchwarzblaue Färbung. al Die Paradieswitwe. 14 em lang. De Paradieswitwen gehören zu den ſtattlichſten unter den Whidah— vögeln. Sie bewohnen faſt alle ſumpfigen, mit Schilf und Rohr verſehenen Gegenden Afrikas. Ihr Gefieder iſt im Nacken, zu beiden Seiten des Halſes und an der Kehle kaſtanienbraun. Der Kopf, der Rücken, die Schwingen und der Schwanz ſind mit ſchwarzen Federn bekleidet. Der Leib iſt feuerrot befiedert. Den Namen Witwen haben die Whidahvögel wahrſcheinlich deswegen erhalten, weil ihre langen Mittelſchwanzfedern viel Ähnlichkeit mit dem herabwallenden Schleier einer trauernden Witwe haben. Leider hat man mit diejer lonjt jeher hübſchen Bezeihnung eine arge Geſchlechtsverwechſelung — U — begangen; denn es jind nicht die weiblichen, jondern die männlichen Bögel, die mit dem prächtigen, jchleiergleihen Schwanze ausgeitattet ind. Außerdem iſt die Zeit, in der jie den reizenden Federſchmuck anlegen, nicht eine Zeit voll Grämens und Trauerns, jondern eine Zeit grenzenlojer Lujt und ausgelafjener Fröhlichkeit. Baradieswitwen heißen die oben bejchriebenen Vögel, weil jie eine paradiespogel- ähnliche Gejtalt haben. Die VBogelhändler Haben aus diejer Überein- timmung dem Unfundigen gegenüber manden Vorteil zu ziehen gewußt, indem jie die Paradieswitwen als Paradiespögel verkauften, die ihrer Seltenheit wegen im Preiſe viel höher jtehen als jene. Die Nejter der Whidahvögel gleichen, was die Bauweije betrifft, denen. der Edel- und DViehweber. Sie werden von den Männden angefertigt, ehe dieje den Hochzeitlihen Yederihmud anlegen. le Der Feuerfink. 15 em lang. De Feuerfink oder Orangevogel bewohnt die weſtlichen und öſt— lichen Küſtenländer Mittelafrikas. Trotz ſeiner Zierlichkeit, Far— benpracht, Gewandheit und Friedfertigkeit, Eigenſchaften, die ihn dem Vogelfreunde lieb und wert erſcheinen laſſen, genießt er bei den Völkerſtämmen Oſt- und Weſtafrikas nur ein ſehr geringes An— ſehen. Er iſt neben den Meerkatzen der größte Räuber ihrer Getreide— und Hirſefelder. Nah Art unſerer Spatzen in zahlreichen Schwärmen von Ort zu Ort ziehend, vernichten und plündern dieſe allerliebſten Tierchen alles, was ihnen unter den Schnabel kommt. Es iſt ein herrliches Schauſpiel für den Fremden, die farbenprächtigen Vögel zwiſchen den Stengeln des Getreides umherturnen und ſie wie Leucht— kugeln in dem wogenden, grünen Halmen und Blättermeer auf— und niedertauchen zu ſehen. Gleich ſammet- und ſeidenartig glänzen— den und ſchillernden Blütenkronen ſitzen ſie auf und an den Frucht— kolben der afrikaniſchen Hirſe. Nur an den Bewegungen, an den raſtlos arbeitenden Schwingen, Schnäbeln und Füßen erkennt man ihre wahre Natur. Der landbauende Afrikaner betrachtet dieſe Prachtfinken von einer ganz anderen Seite. Das Vergnügen, das ihr Anblick gewährt, ſteht = E18 in gar Teinem Berhältnijje zu dem Schaden, den ſie jeinen Getreide- pflanzungen zufügen. Er bejtreut darum die Äder mit vergifteten Getreidekörnern, ſtellt Fanggarne und legt Schlingen, bietet über— haupt alles auf, die hübſchen, aber verhaß— ten Felddiebe zu ver— nichten oder wenigſtens zu verſcheuchen. Das Neſt des Feuer: finken, deſſen Feder— kleid am Hinterkopfe, am Halſe und an der Kehle hochorange, an den Wangen, der Bruſt und am Unterleibe ſam— metſchwarz iſt, hängt nicht an den Zweigen der Bäume, ſondern ſteht zwiſchen dem Ge— äſt dichten Buſchwerks oder zwiſchen den Hal— men des Rohres, Schil— fes oder Getreides. Seine Wandungen find zwar weniger dicht, im übrigen aber äußerjt kunſt- und geſchmackvoll gewebt. Die neben— ſtehende Zeichnung, die nach einem Vorwurf im naturgeſchichtlichen Muſeum zu Berlin an— gefertigt iſt, zeigt uns das Neſt eines nahen Verwandten des Orange— vogels, des Oryx oder Grenadierwebers, der in Südafrika heimiſch ift. * —. ll — Der Blutfinf. 11 cm lang. De Blutfink, auch Amarant und Tauſendſchön genannt, gehört zu der Gruppe der Halbweber. Er iſt ein ſehr hübſches und in ſeinem Benehmen äußerſt anmutiges und reizendes Tierchen. Seine Heimat iſt ganz Mittelafrika. Der Blutfink liebt, wie unſer Spatz, die Geſellſchaft des Menſchen und hält ſich darum mit beſonderer Vorliebe in der Nähe ſeiner Wohnungen auf. In ihrem Bereiche findet er pflanzliche und tieriſche Koſt und Schutz gegen ſeine Feinde. Vom frühen Morgen bis zum ſpäten Abend iſt er, mit Ausnahme der glühend heißen Mittagsſtunden, ununterbroden tätig. In Ge— ſellſchaft ſeiner Brüder und anderer Vögel fliegt er bald hierher, bald dorthin, durchſchnuppert alle Winkel und Ecken und erfüllt Hof und Garten, Feld, Wieſe und Gebüſch mit Leben und Fröhlichkeit. Sein Federkleid ijt zum größten Teile purpurweintot. Die Schulterfedern jind rotbraun und an den Enden helltot gejäumt. Die rote Bruft ift mit weißen Punkten gejhmüdt. Die Ylügel- und Schwanzfedern ſind braun und endigen in purpurroten Säumen. Das Weit des Blutfinten, das nad) Form und Bauart Taum noch an die Kunjtwerfe der übrigen Weber erinnert, bejteht aus einem Haufen wirr und loje zujammengeworfener Halme. In jeiner Mitte befindet jich die rundliche, aber höchſt unordentlid) angefertigte Brutlammer. Sn den jelteniten Yällen erwählt der Blutfinf einen Baum oder Straud) als Baujtätte. Am Tiebjten nijtet er auf oder unter den Dädhern der Stroh- und Lehmhütten der Eingeborenen oder im Graje und Getreide in unmittelbarer Nähe des Erdbodens. 7. Schneider. Bögel, die ihre Kinderwiege zwiidhen zwei herabhängenden Baumblättern, deren Seitenränder bis zu einer entjpreden- den Höhe zujammengenäht werden, herzultellen Juden. Der Schneidervogel. 17 em lang. Ei Paradies mitten im großen MWeltmeere! Alles was die Na— E tur Prächtiges und Schönes in unendlicher Fülle und Mannig- Taltigfeit hat, it auf dem ojtindischen Injelreiche wie in einem mehr als königlichen Schathauje zujammengedrängt. Neben Bäumen von feltem Bau und majeltätiihem Wuchs gedeihen Pflanzen voll duf- tender Gewürze und vortrefflih mundender Früchte. Unzählige präd)- tige Blumen, die Herz und Sinn angenehm ergößen, bededen Die frudtbaren Fluren. In diejem unbejchreiblihden Meer pflanzlicher Pracht und Herrlichkeit lebt, webt und wimmelt ein unzählbares Heer der Ihönjten Vögel, deren Gefieder in einem Glanze Itrahlt, als wäre es mit vielfarbigem Golde übergojjen und in die purpurnen Fluten der Morgenröte getaudt. Unter ihnen finden wir auch den olivengrün, rojtrot, braun, grau und weiß gefärbten Schneidervogel, der ſich durch die beiden verlängerten Mittelfedern des Schwanzes bejonders kenntlich macht. Aus Gärten, Heden, Schilfdidihten und mittelhohen Waldungen, in denen er, Käfer, Würmer und Raupen jammelnd von Zweig zu Zweig, von Blatt zu Blatt hüpft, tönt uns jein lautflingendes „Pretti, pretti‘ entgegen. Auch auf dem Boden, der ihm reihe Beute an Ameiſen und Zikaden verſpricht, bewegt er jih mit großer Gejdhidlichteit. Seine falt immer empor— gejträubten Kopffedern und der gejtelzte Schwanz verleihen ihm ein fühnes, friegeriihes Ausjehen. Aber, wie ſehr häufig, jo trügt aud) — ol bier der Schein. Der Schneidervpgel ijt äußerjt gutmütig und harm— los und jelbjt gegen den Menſchen zutraulih. Ohne jede Vorjicht be- jorgt er in unmittelbarer Nähe jeiner Wohnungen die üblichen Tages- geihäfte. Erjt wenn er durch Tatjahen von der Bosheit im Dichten und Tradten des Herrn und Gebieters der Schöpfung überzeugt worden ilt, verändert er jein Mejen und ſucht jede Begeg- nung mit ihm ſcheu und ängjt- li) zu vermeiden. Mehr nod, als durch hüb— ſches Wusjehen und munteres Betragen, hat der Scneider- vogel durch jeine Kunitfertigfeit die Aufmerkſamkeit der Einge- borenen, Anjiedler und Reijen- den auf ſich gelenkt. Er gehört zu den wenigen Vögeln, die ihren Schnabel als Pfriemen, Nadel, und Weberſchiffchen zu verwen- den in der Lage ſind. Geſchickt weiß er mit Hilfe der Füße Die Breitflähen zweier Nachbar— blätter eines Baumes gegenein- ander zu ſchieben und, wie unjer Bild zeigt, die Ränder auf bei- den Ceiten mit dem Schnabel zu durchbohren und mittels von ihm jelbit gejponnener Baum- wollfäden überwendlid zujam- menzunähen. In dieſer Blatt- tajche richtet er die eigentliche Kinderwiege her, deren Wan- dungen aus Vflanzen- und Tier- wolle zujammengewoben Jind, und deren Brutraum Jorgfältig und zierlih mit Pferdehaaren und feinen Pflanzenfajern ausgelegt ift. — 122 — Das muß man mit eigenen Augen gejehen haben, um den Kunftjinn und die Fertigfeit des Tieres begreifen und in rechter Meile würdigen zu fönnen. Vielleicht ließe ſich mander bewegen, der früher und oft ausgejprodenen Meinung, daß die Tiere die Lehr- meilter der Menſchen gewejen wären, beizujtimmen. % Der Eijtenjänger. 11 em lang. De Ciſtenſänger it ein Allerweltskerl. Spanier, Franzoſen, Italiener, Türken, Griechen, Ägypter, Araber, Perſer, Indier, Chineſen und Japaneſen haben das Vorrecht, ſich ſeiner Lands— mannſchaft zu rühmen. Die Reis-, Mais-, Getreide-, Luzern, Klee-, Hanf- und Flachsfelder, die Schilf-, Gras- und Rohrdickichte und Die Wieſen der genannten Länder ſind feine Lieblingsaufenthaltsſtätten, feine Tummel-, Jagd- und Jubelpläße. In Ermangelung diejer Örtlichfeiten nimmt er aud mit Akazien- und Dattelpalmgebüjchen fürlieb. Das iſt hauptſächlich in Ägypten der Fall. Die hier aufgezählten Namen deuten ſchon darauf Hin, dab wir’s in dem Ciſtenſänger mit einem Vogel zu tun haben, dem das Leben in der Höhe nicht viel Freude bereitet. Und dem ijt wirklich jo. Er ijt ein ſehr ſchlechter Flugkünſtler, aber ein deſto gewiegterer Kletterer, Hüpfer und Läufer. Rajtlos geht es an den Schilf- und Rohritengeln auf und ab. Flinf, wie ein Mäuschen, ſchlüpft er durd) die dichteften Gras- und Binjenbüjchel, läuft die Furchen entlang, erhebt ich flatternd bis zu einer Höhe von zwei bis drei Metern, ſingt ſein „Pink, pink“ oder „Zit tit fit“ umd ſtürzt dann wieder in das Didiht am Boden hinab, um fein Spiel von neuem zu be= ginnen. Dem Menſchen gegenüber benimmt er ji) äußerjt vorjichtig. Und fommt er wirflih durch Unvorſichtigkeit einmal in die Ver— legenheit, von ihm überrajcht zu werden, jo nimmt er zum dichtejten Gebüjd) feine Zuflucht, verfrieht fih und rührt ſich nit eher vom Plate, bis jein Verfolger des Suhens und Wartens müde geworden und verihwunden iſt. Ganz im Gegenjate hierzu jteht das Betragen —' 125 — des Ciltenjängers zur Brütezeit. Hat er da das Unglüd, in dem Frieden feiner Häuslichkeit gejtört zu werden, jo jhwingt er id) empor, umflattert den Eindringling in immer enger werdenden Kreijen und juht durch Schwenfungen, Rufe und Kunjtgriffe verjchiedenjter Art diefen vom Standorte feiner Kinderwiege fortzuloden. Die Nahrung des Cijtenjängers bejteht aus Würmern, Käfern, einen Schneden, Spinnen, Raupen und anderen, dem Graſe und a N (N u Getreide jhädlihen Tieren. Unſer Bogel it demzufolge niht nur ein munterer und drolliger, jondern aud ein jehr nüßlicher Gejelle. Neben feinem guten Ruf hat er aber aud) noch das Berdienit, ein vortreffliher Baufünjtler zu fein. Das Neſt, das die Gejtalt eines länglichrunden Beutels Hat, it aus Tier- und Pflanzenwolle verfertigt und meijtens zwilchen einem Seggen- oder Binjfenbujhe aufgehängt. Die Außenwandungen Jind von Blättern eingeichlojfen, deren Ränder mit dem Schnabel durd- ſtochen und mittels Fäden aus Pflanzenwolle und Inſektengeſpinnſten — 14 — untereinander und mit den Neftwandungen verbunden jind. Aud) die Träger diejes Kunjtbaues, teils mitverflohten, teils untergejhoben oder angelegt, ſind durch eine Reihe gejhidt vernähter Fäden mit dem Ganzen verbunden. Während der obere Teil des Nejtes, in dem jid) das runde Eingangsloch befindet, nur zwei Wandſchichten erfennen läßt, entdedt man im unterjten Drittel, der eigentlichen Brutvorrid)- tung, drei Schichten. Die hier zwildhen der äußeren und inneren Wand angebrachte Blumenkronen- und Blätterlage hat den Zwed, die Wärme zujammenzuhalten und die Tragfähigkeit des Nejtes gerade an diejer Stelle zu erhöhen. Der wie auf Sprungfedern ruhende Bau ijt jo vortrefflid und jiher angelegt und fo bequem eingerichtet, daß man bei jeinem An— blick leicht veranlaßt werden fönnte, die braunroten Kinder des ge— fiederten Schneidermeilters um das Glüd, in demjelben jchlafen, ſchmauſen und ſchwatzen zu dürfen, zu beneiden. @ © 2 2 & © S 8. Kaſernenbauer. Vögel, die unter einem gemeinſamen Dache zehn, zwanzig, ja hundert und noch mehr Neſter anlegen. Der Siedelſperling. 13 em lang. 2: Innere Südafrifas, dem Geographen und Naturforjcher, Fürften und Völker zivilijierter Staaten in den legten Jahrzehnten die größte Aufmerffamfeit widmeten, in dem jo mander Held der Wiſſenſchaft Triumphe feierte, aber aud) mander das Opfer jeines unerjättlihen Wijfensdranges ward, iſt das Vaterland unſeres erjten Kafernenbauers, des Siedeljperlings. Zwiſchen den Stromgebieten des Kongo, Lualawa und Zambezi und nod) weiter ſüdlich befindet ſich feine engere Heimat. Dort, wo die Batua ihre bienenforbartigen, mit Balmenwedeln überdachten Grashütten bauen und in die Erde Höhlen graben, um den Elefanten, Büffel, die Gazelle, Antilope und andere Tiere zu bejhleihen und mittels Pfeilen zu erlegen; wo zwiſchen dihtbelaubten Mangos, bujhigen Olpalmen, gewaltigen Woll- und Brotfruhtbäumen gewandte Affen, Nashornvögel, Papageie, Sporen- fudude, Bart- und Webervögel ihr munteres Leben führen: dort treibt aud) er fein Weſen; dort baut er feine ſeltſamen, Tajernenartigen Familienhäufer, die fi) nur dadurd von den Bauten jeiner zwerg- — 0 — artigen Landsleute unterſcheiden, daß ſie auf Bäumen, in dem Geäſt der Mimoſen ſtehen. Die Federn im Rückenkleide des Siedelſperlings ſind dunkelbraun und ſchmal hellbraun umrandet. Der Oberkopf iſt braun, Kinn und Kehle ſind ſchwarz gefärbt. Der Schnabel hat, wie der aller Spatzen, fegelfürmige Geltalt. Die Füße jind jehr Träftig gebaut und mit langen Zehen verjehen. Mir haben in den vorhergehenden Betrachtungen mand) Vöglein fennen gelernt, dejjen Baugeſchick und Kunitfertigfeit alle Anerfennung verdiente; Doc etwas Jo Geltjames und Grofartiges, wie es der SINN F — 8 9 BD ZN 1258 en - WIr2 Di er an Ss \ıll/7 >= zZ) AN m) DER, um ZN IM — DBlJ00 1, ll x N EU Bau des Giedeljperlings nah Anlage, Ausführung und Majje dar- bietet, Haben wir bisher noch nicht zu betrachten Gelegenheit gehabt. Wie unjer Spaß aufgrund feiner Charaftereigenheiten und infolge jeines gajjenbubenmäßigen Benehmens eine Sonderjtellung unter allen jeinen befiederten Kameraden einnimmt, jo jteht fein afrikaniſcher Vetter als Baumeijter einzig in der ganzen VBogelwelt da. Die Bes richte der NReijenden und Forſcher über das Brutgebäude des Giedel- jperlings grenzen ans Unglaublide. Wenn alle übrigen Vögel damit den Anfang maden, die Grundlage des Nejtes anzufertigen, jo be- ginnt der GSiedeljperling mit der Herjtellung eines großen Daches, das er um die Spiße eines Baumjtammes anlegt und auf jeinen ſeit— wärts gerichteten Zweigen befejtigt. Der Hauptbejtandteil des Daches ind lange, zähe Grashalme, die jo gejchidt übereinandergelegt und — a zwedmäßig untereinander verflochten jind, daß die Arbeit einem Dad)- deder von Fach feine Schande eintragen würde. Von weiten gejehen madt der Stamm mit feinem zeltfürmigen Flechtwerk den Eindrud eines halb aufgeipannten NRiejenregenihirmes. An der Unterjeite des Daches legen Hunderte von GSiedeljperlingen ihre Nejter an, und zwar jo, daß immer je drei untereinander in Verbindung jtehen. Das mitteljte it unten mit einem Flugloche und mit zwei Seitenöffnungen ae — f ä De An va — = 7 - EN WG ZZ verjehen, welde die Eingangstüren zu den beiden Nachbarneitern bilden. Der Mittelbau it demnad) aljo immer nur ein Vorraum für die beiden eigentlihen Bruträume. Nicht jelten befinden ſich unter einem ſolchen gemeinjamen Dache fünfhundert und nod) mehr bewohnte Nejter. Wenn wir nun bedenten, daß dieſe immer nur einmal zum Brüten benußt und daß an die abgedankten Nijträume mit dem Be- ginn einer neuen Brüteperiode immer wieder neue Nejter angehängt werden, jo fünnen uns die Ausjagen der Neijenden, die behaupten, daß der Baum unter der Lajt einer ſolchen Sperlingsfajerne endlic) a zuſammenbreche, nicht mehr unglaublid) erjcheinen. Der Zujammen- bruch des Trägers bedeutet jedesmal den Untergang der wunder- baren Bogeljtadt. Haus und Hof liegen in Trümmern. Väter und Mütter gehen mit Kind und Kegel auf die Wanderſchaft, bis wiederum ein Baum gefunden ilt, dejjen Stammbildung und Geäjt für die An- lage eines neuen Yamilienhaujes geeignet erjcheint. Wieviel Arbeit und Mühe fojtet die Herjtellung eines ſolchen Rieſenbauwerks! Wieviel Überlegungsfraft und Kunſtſinn Hat die Natur den Tieren verliehen, die ſolche Bauten auszuführen imjtande iind! — Wenn Stürme, die Vorboten heftiger Gewitter und an haltender Regengüſſe, duch die Wälder Südafrifas braufen, die Menſchen und Tiere mit Angjt und Grauen erfüllen, dann jitt der Siedeljperling mit ſeiner Familie fiher unter dem Dache feines Haujes. Aber wenn das Metter vorüber it, wenn Bäume und Blumen um ihn her in verjüngter Schöne prangen und feine be- fiederten Landsleute ſich ausgelajjen zwilchen den Kronen der Palmen und den jchlangenartigen Ausläufern der Lianen tummeln, dann be= wegen ihn ernitere Gedanfen. Er weiß, dab das eben vorüber- gegangene Wetter in regelmäßigen Abjtänden wiederfehrtt. Darum läßt er’s jeine erjte Sorge fein, das in Sturm und Regen Jhadhaft gewordene Neſt auszubejjern, aus dem Dache herausgerijjene Gras- bündel durch neue zu erjegen, um es für die fommende Zeit der Not und Gefahr widerjtandstühtig zu maden. Planmäßiges Handeln, wirtihaftliher Sinn, Fleiß, Ausdauer und SKunjtfertigfeit: fünf Eigenſchaften, die den Giedeljperling als hervorragend begabten Vogel Tennzeihnen und ihm, aud) wenn er ein Fremder ilt, unjere volle Zuneigung und Anerfennung gewinnen müjjen. EIER — 2 — Der Möndjittid. N 27 em lang. D: Maldungen, die Hin und wieder die unermehlihen Gras— ebenen zwilhen den Stromgebieten des La Plata, Uruguay und Paraguay wohltuend unterbrechen, und die Gärten, welde die Wohn- häujer der Herdenbeliger der Pampas umgeben, bilden die Aufent- haltsjtätten des zweiten Kajernenbauers, des Möndjfittihs. Wie die Gaudos mit ihren malerijh um den Körper gejchlagenen Bondos, mit den an den Lenden zufammengejhnürten, Iangbefranzten Unter- hojen und mit den aus ungegerbten Kuhhäuten angefertigten San- dalen unter ihren Mitmenjhen als höchſt eigenartige Erdenbewohner eriheinen, jo erſcheint auch der Mönchſittich unter ſeinesgleichen als durdaus origineller Kauz. Nicht aber feine Bekleidung oder fein Betragen ijt es, das ihm das Gepräge eines Sonderlings unter feinen gefiederten Brüdern verleiht, jondern die eigentümlihe Art jeines Neitbaues. MWolf-Harnier, Gefiederte Baufünitler. 9 — 1a — Der Möndjlittic) gehört zu der Gruppe der Didjchnabellittiche. Sein Gefieder ijt überaus prähtig gefärbt. Wir finden nicht weniger als zehn verjchiedene Yarbentöne, unter denen Grasgrün, Jndigoblau, Braun und Grau die Hauptrolle jpielen, in ihm vertreten. Der Schnabel ilt horngelb, das Auge braun, und die Füße jind grau. So hübſch der Vogel ijt, jo anmutend it aud) fein Benehmen. Seine Beweg- lichfeit und jein drolliges, gefalljühtiges Betragen, das ihm den Beinamen „Junge Witwe‘ verihafft hat, haben ihm nicht nur Die Freundſchaft der Eingeborenen, jondern aud die Yuneigung aller derer erworben, die ihn zu jehen und näher Tennen zu lernen Ge— legenheit hatten. Neben jeinen VBorzügen bejitt er leider auch eine böje Untugend. Er it, wie alle Papageien, ein jehr gieriger Körner- frejjer und fügt der Landſchaft, die ihn und jeine Kamilienangehörigen beherbergt, ganz erheblihen Schaden zu. Oft fallen Schwärme von hundert bis zweihundert Stüd in die Mais- und Getreidefelder ein und richten hier eine Verwüſtung an, die jeder Beſchreibung Ipottet. Es ilt darum beredtigt, daß man für derartige Bejuhe Pulver und Blei in Bereitihaft Hält und alle Mittel aufbietet, um die gefräßigen Diebe aus dem bedrohten Gebiete zu verjheuden. Doch wie viele der ihrigen auch gefangen oder getötet werden, nichts vermag die Überlebenden in ihrem Gewerbe zu jtören. Und fliegen fie aud, duch Ruf und Schüjje emporgeihredt, von dannen, jo Tehren jie dod) bald wieder zurüd, um die Plündereien in alter Weije fortzujeßen. Das Niltgebäude des Möndjlittihs ijt jtets in dem Zweigwerk hoher Bäume angebradt. Es gleicht äußerli einem aus Zweigen, Gras- und Öetreidehalmen zujammengeflodtenen Haufen, der zuweilen einen Durchmeſſer von anderthalb bis zwei Metern hat. Der Bau wird von mehreren Paaren gemeinfam angefertigt. Die Männden Jind injoweit dabei betätigt, als jie das Baumaterial zuſammenſuchen und mit dem Schnabel herbeilhaffen. Die Weibchen verarbeiten es. Zuerjt jtellen jie die Grundlage des Rieſenbauwerks her. Bewun- dernswert ilt die Gejchidlichfeit, mit der die Tierhen das rohe und \pröde Material behandeln. Ein Zweig wird mit dem andern ver- flochten; hier ein Rüthen umgebogen, dort ein Reiſerchen hineinge- Ihoben, jo dal das Ganze eine Haltbarkeit bejitt, die erjtaunlid) ilt. Auf der Grundlage errichten die Weibchen die Nijtmulden, die mit Eingangsröhren verjehen, weich mit Grashalmen gepolitert und end— — — lich dicht überdacht werden. Der vollendete Bau gleicht einer rieſigen Stachelkugel, bei der alle Reiſer mit den dicken Enden nach außen ſtehen. Merkwürdig iſt die Sprödigkeit und Unzugänglichkeit der Vögel während der Zeit des Bauens. Sie dulden auch nicht die geringſte Störung; zeigen ſich wütend und ungebärdig, wenn ſie beobachtet werden und erheben ein gellendes Geſchrei. Wenn die Weibchen brüten, halten die Männchen auf den am weiteſten hervorſtehenden Zweigen des Neſtes treulich Wacht, fliegen ab und zu in die Ein— gangsröhre, um ſich nach dem Befinden der Inſaſſen zu erkundigen und beſchäftigen ſich außerdem mit der Nachbeſſerung des durch Zu— ſammentrocknen locker und ſchadhaft gewordenen Daches. So anmutend und verlockend auch ſonſt das Bild traulichen Bei— ſammenlebens auf uns wirken mag, hier wird es durch das entſetzliche Geſchrei, das täglich die wunderlihe Vogelkaſerne umtojt, feines be- zaubernden NReizes beraubt. Hauswirten und Mietern, denen der muntere Lärm unjerer Kleinen läjtig und unerträglich it, wäre zu wünjhen, einige Wochen mit jenen ſüdamerikaniſchen Schreihälfen unter einem Dade zu haujen. Der Jubel und Trubel unjerer Kinder würde ihnen dann als Herz und Geilt erquidende Muſik erjcheinen. 9* oe ROH ® ® xD © & — WI G u. - u, in G 2 Y. Er ( M % ® & e ⸗ ’ ⸗ 19) 9, Plattformbauer. Sie errihten aufBäumen, Felſen oder Gebäudenausdünnen oder Starten Aſten ein freiltehendes, flades, funjtlos zuſam— mengefügtes Weit. Der Fiſchadler. 56 cm lang. E— iſt Mittag. Die Sonne iſt im Begriff, aus ihrer Höhe herabzu— Ns \teigen. Ihre glühenden Strahlen ergießen ſich wie flüjliges Gold über den von Erlen, Birken, Buchen und Weidenbüſchen umfränzten See. Maleriſch gewundene Ufer umziehen die jtrahlentrintende Flut. Sanft gleiten die Wellen über die geheimnisvolle Tiefe und ſchwatzen mit den Blumen, die das flahe Ufer jhmüden. Weiße Wölkchen ziehen jchweigjam vorüber. Wir jiten im Schatten einer Birfe und Ihauen wie träumend auf die jtille Pradt. Kein Wagengerajjel, Tein Hufihlag noch Stimmengewirr umtojt uns und jtört den Frieden der wundervollen Gottesnatur. Hin und wieder nur taudt ein Froſch aus der Tiefe empor, ſchwinkt ſich Ted auf das Blatt einer janft ſchau— felnden Wajjerroje und gurgelt jein jeltjam anmutendes Lied in Die blühende Welt hinein. Ab und zu raujcht die Ylut empor. Ein Fiſch— lein war der Urheber des auffälligen Geräuſches. Es ſchnappte nad) der gar zu dreilt umherjhwirrenden Libelle. Noch haftet unjer Blid auf den fleinen Wellen, die, allmählich verihwindend, die Stätte des Überfalles umfreijen. Da plößlid) reißt uns das Bild eines bligjchnell dur die Luft ins Waſſer herabſchießenden Gegenjtandes aus unjern Träumereien. Wir fahren von unjerm Ruheſitze empor. Hod) jprigen — 19 — die heftig gepeitihten Waſſermaſſen und maden es unmöglid, den Unhold zu erfennen, der, wie durch einen Zauber hervorgelodt, auf der Stätte der Ruhe und des Friedens erjhien. Wir verfolgen die geräujchvollen Bewegungen mit gejpanntejter Aufmerfjamteit. Das eine iſt uns Har: ein Kampf tobt in der Tiefe, ein Kampf auf Leben und Tod. Immer heftiger wogen die Wellen und überſchwemmen den Mafjerjpiegel mit weikem Gicht. Unjere Spannung wädjt. Da teilen ih plöglich die brodelnden Wajjermajjen. Der triefende Kopf eines Vogels erijheint auf der Oberflähe. Ein Filhadler ijt es, der mit leinen gewaltigen Schwingen die Yluten peitſcht und alles aufbietet, ſich der Feſſeln des feuchten Elementes zu entledigen. Doch umjonit; ein Fiſch, dejjen Nüden jeine mörderijhen Klauen wie ein paar Zangen umflammert halten, zieht, um %reiheit und Leben Tämpfend, ihn gewaltjam zurüd in die Tiefe. — Endlich jiegt der Mächtigere. Der Schwädere erliegt der Gewalt jeines gierigen Yeindes. Stolz jteigt der Sieger empor und ſchwebt, die Beute nad) ſich ziehend, über dem Waſſerſpiegel dahin, dem jenjeitigen Ufer zu, um fie an fidherer Stätte ihrer legten, traurigen Bejtimmung zu weihen. — Der Filhadler, der ein VBerbindungsglied zwiſchen den Adlern und Weihen iſt, hat ein glatt anliegendes, fettiges Gefieder, das oben braun und unten gelblichweiß gefärbt ijt. Das hellgelbe, jtechende Auge ijt von einem jchwarzen, bis zur Mitte des Haljes herablaufenden Federſtreifen eingefaßt. Der Körper des Fiſchadlers ijt weniger groß, wohl aber jehr fräftig gebaut. Die breite Brujt ſchmückt eine ſchild— fürmig gezeichnete Yederpartie. Am ſtärkſten jind die Füße, deren äußere Zehen vor- und rüdwärts gewendet werden fünnen, und die Schwingen entwidelt. Sie überragen im Zujtande der Ruhe weit den feineswegs furzen Schwanz und haben eine Spannung von ein- hundertſechzig Centimetern. Der Filhadler ijt ein Weltbürger und der gefährlichſte Räuber in unjern Gewäſſern. Man hält es faum für möglid, daß man ihm dennod) eine gewilje Verehrung angedeihen lajjen könnte; und doch it dem jo. Der Nordamerifaner fühlt ſich glüdlid), in feinem Länder- bejige ein Yilhadlerpaar beherbergen zu dürfen. Ihn bejeelt derjelbe Glaube, der Herrn Gevatter Langbein gejtattete, Jahrhunderte hin— durd) im Trüben zu filhen; bis man endlich Hinter jeine Schliche und . Zeufelsjtreihe kam und ſich's angelegen fein ließ, ihm den Brotforb — la — höher zu hängen. Der Filhadler ward bei uns längjt als derjenige erfannt, der er ilt, und Ddementjprehend behandelt. Mancher fiel dem jiheren Rohre des Teihwädters, Seepähters und Waidmannes zum Opfer oder verendete zwiſchen der eijernen Zange des Teller- eilens, das man, mit Köder verjehen, unter der Oberfläche bezieh- liher Gewäjjer verbarg. Es iſt begreiflich, daß infolge der anhalten- den Nadjitellungen die Heere diejer allgemein bitter gehaßten Räuber unjerer Gewäjjer allmählid) zujammenjhrumpften, und daß die wenigen Paare, die heute noch zum Ärger der Filhzüchter in unfern Gegenden haujen, vorjihtig und jcheu werden mußten. Eines Fiſch— adlers anjihtig oder jeiner gar habhaft zu werden, gehört heutzutage in den meilten Gegenden unjers Vaterlandes zu den Geltenheiten. Seinen gefiederten Brüdern gegenüber, ganz gleich, welder Gattung und Art jie angehören, verhält jich der unter den Filchen jo boshaft wirtijhaftende Raufbold äußerjt friedfertig. Auch im Ber- fehr mit anderen, ihm an Kraft und Gewandtheit nachſtehenden Tieren, benimmt er jid) als durchaus vertrauenswürdiges Geſchöpf. Nur den Fröſchen madt er bisweilen die Hölle heiß, aber aud) nur dann, wenn jeine Jagd- und Streifzüge anders vollitändig erfolglos waren. Der Horjt des Filhadlers jteht, wenn nicht Argwohn oder be- jondere Vorkommniſſe die Bauenden andere Dispojitionen treffen heißen, immer in den Wipfelzweigen eines Baumes, der alle andern Bäume der Umgebung überragt und jomit eine freie und weite Aus— liht nad) allen Richtungen hin geitattet. Wenn nicht anders, jo erfennt man einen ſolchen Horjtbaum ſchon von weiten daran, daß er falt volljtändig vertrodnet und entblättert it. Der Baum jtirbt nämlich infolge der Einwirfung des ätenden Geſchmeißes ab. Wer nicht gerade eine jehr ſchlechte Naje hat, kann die Heimjtätte einer Yilhadlerfamilie aber auch ſchon in bedeutender Entfernung an dem widerlihen Geruche erfennen. Wie die Alten, jo verzehren aud) die Jungen nur immer die beiten Teile der zugetragenen Beute. Die Reite bleiben auf dem Rande des Horjtes liegen oder werden hin— unter an den Fuß des Nijtbaumes geworfen, wo jie dann unter wenig angenehmen Gerüdhen in Verwejung übergehen. Der Horjt gleicht einem Haufen wild durdheinander geworfener Knüppel. In dem Unterbaue befinden ſich Prügel, die bisweilen einen Durchmeſſer von vier bis jehs Centimetern haben. Dieje fallen, — 155 — abgejehn von ihrer Länge und Dide, aud) noch dadurch auf, daß jie unbeihalt jind. Sie find von den Baumeijtern meiltens aus dem Maler gefilht und mit den Krallen zur Baujtätte gejchleppt worden, wobei die ſchon losgefaulte Rinde abgerijjen wurde. Der Oberbau bejteht aus dünneren, etwas jorgfältiger übereinandergelegten Zweigen. In ihm befindet ſich die aus Schilf, Gras, Waſſerpeſt, ZN 26 — GB N Moos, Stroh und anderen ähnlichen Stoffen hergerichtete Niſtmulde. Der Durchmeſſer eines jolhen Filhadlerhorjtes beträgt einen Meter. Die Höhe richtet ſich nad) feinem Alter. Wie der Stord), der Star, die Schwalbe und viele andere Vögel, jo nimmt auch das in einer Gegend eingebürgerte Filhadlerpaar alljährlid wieder von jeinem Horite Belit. Das Nejt des vorigen Jahres bildet dann den Unter- bau, der mit einer neuen Lage dünner Zweige und mit Stoffen über- dedt wird, die eine zwedentjprehende Lagerjtätte für die zwei bis drei großen, weißichaligen, ſchieferblau und rot punftierten Eier bilden. — 88 — Das jo mehrere Jahre hintereinander benutzte Brutgebäude Tann eine Höhe von zwei bis vier Metern erreichen. Wenn wir ſonſt Gelegenheit nahmen, für das ſchwächere Geſchöpf neben uns um Schonung zu bitten, jo müjjen wir hier leider der allgemeinen Stimmung, welhe die Vernichtung des nimmerjatten Silhräubers will, Folge geben. Vom Standpunkte des Naturfreundes aus können wir uns hierbei allerdings eines gewijjen mitleidigen Ge— fühles nicht erwehren. Wir erfennen in dem Yilhadler nicht nur den Yeind unjerer See-, Teich» und Ylukwirtihaften, jondern ein Mejen, das auf Grund Törperlider Schönheit und durd Eigenart der Lebensweije Intereſſe erwedt und der Gegend, der es von der Natur zuerteilt wurde, einen hohen Reiz verleiht. — Verfolge man den Yilhadler, wie er es verdient, aber ſuche man nicht ein bejonderes Verdienſt darin, das ſchöne Tier volljtändig bei uns auszurotten. Der Jagdfalke. 60 cm lang. Worrtant unbejchreibliche Herrlichkeit vingsum. Alles ericheint wie in dunfles Rot getaucht, das hin und wieder von gold>, jilber- und helltojafarbenen Streifen maleriſch durchzogen it. Weit im Nor— den ſchaukelt ji, einer allmädjtigen Goldfugel glei), die Sonne in der wie mit feurigen Blüten Dbejtreuten Wogenwiege. Düjtere Wolten- majjen mit orangegelben Säumen ziehen jchwerfällig vorüber. Der Horizont erjtrahlt in wunderbarem Purpurlichte, das durch ein ver- Ihiedenartig abgetöntes Violett in ein durchſichtiges, tiefes Blau übergeht. Über diefem Bilde voll hinreißenden Zaubers ſchweben große, wie aus jilbernen und goldenen Perlen zujammengejette Lihtringe, Jogenannte Nebenjonnen. Die ſchneegekrönten Bergjpigen machen den Eindruck kühner, gigantijher Kunjtbauten aus purem Golde. Einen herrliden Anblid gewähren die von purpurnem und orangegelbem euer überfluteten düjteren Feljenwände, welde die unzähligen Budten und Einjhnitte des Meeres umſchließen. — Das it das Bild einer hochnordiſchen Landſchaft im Lichte ihrer niemals oder nur auf einige Minuten unter den Horizont jinfenden Sommer- — oe = jonne. Sedenfalls find dieſe unvergleihlihden Naturjhaujpiele ein Hauptmoment, in dem die grenzenloje Liebe, die den Nordländer mit dem heimatlihen Boden verknüpft, ihre Erklärung findet. Aber aud) nod andere Dinge, die uns freilid weniger verlodend erjheinen, fejfeln ihn an die harte Scholle, auf der er das Lit der Melt erblidte. Eine der verlodenditen und fejjelndjten Erjcheinungen jeiner Heimat iſt die Zwangslojigkeit, mit der er jeine Tage als Yamilien= oberhaupt, als Nenntierherdenbejiger, Jäger oder Fiſcher dahinbringen darf. Neidlos auf die zivilijierte Welt blidend, jigt er mit Kind und Kegel, ohne ſich aud) nur einmal zu wajhen oder zu Tämmen, in jeiner halb in der Erde vergrabenen, mit Holz und Rajenjtüden über- dachten Hütte, trinft mit Wollujt den gärenden Seehundstran und atmet mit Wohlbehagen den Qualm ein, der in diden Wolfen in jeinem Räuderjalon umherwirbelt. Nur mit dürftigen Waffen aus- gerüjtet, unternimmt und bejteht er den Kampf gegen den gefürdteten Bären. In einem Boote jigend, mit dem wir nicht einmal eine größere Regenpfübe zu überfahren wagten, troßt er den tojenden Wogen des nordiſchen Meeres. Das alles jind Dinge, die ihn unwiderjtehlid) fejjeln. Er achtet weder Wieſen- noch Waldespradt. Die Tieblidhen Meijen unjerer Waldvögelein jind ihm fremd. Stein Stordj oder Schwalbennejt grüßt traulich von feinem Dache hernieder. Das rührt ihn nicht und ſtimmt ihn nit traurig. Sein Heimatland it das Ihönjte auf der Welt, und feine Macht der Erde vermag feine Liebe zu ihm zu erjhüttern. Ein Landsmann diejer nad) unjeren Begriffen jo jeltfjam gearteten Menſchenkinder iſt aud) ein Vogel, der ehemals jo gejhäßte und viel begehrte Geier: oder Gierfalfe, dem die nad)- folgende Schilderung gewidmet fein joll. Wie jein berühmter Better, der isländilhe Falke, jo lebt aud) er jeit Jahrtaujenden in jenen von eiligen Stürmen durhwehten Erdjtrihen und hängt mit unverjieg- barer Liebe und unverbrüdliher Treue an ihnen. Ihn entzüdt zwar weder das Bild eines wunderprädtig gefärbten Himmels, nod) fejjeln ihn die glüdlihen Zujtände unbeſchränkter Zwangslojigfeit, jondern allein die Vogelſchwärme dieſer Gegenden. Sie find für ihn der Inbegriff alles Guten und Begehrenswerten. Nirgends erſcheint ihm die Erde darum ſchöner, und nirgends gejtatten die Verhältnilfe, ein gemütlicheres und bequemeres Leben zu führen, als hier. Hier findet — 8 — er ſtündlich einen reich gedeckten Tiſch, hier geht's ihm wohl, hier iſt ſein Vaterland. Hier ſteht kein Jäger im dichten Buſchwerke und richtet das mörderiſche Rohr auf ihn, wenn er ſich in die Lüfte erhebt, um unter die Möwen, Lummen, Alken, Gänſe, Enten und Lunden zu ſtoßen, die zu Hunderttauſenden die Klippen und Felſen am Strande des Meeres bedecken. Hier ſteht kein Baum oder Strauch, der ihn im Fluge hindert und ihm das Erjagen des Schneehuhns oder ſonſt eines ſchätzbaren Landwildes erſchwert. Hier iſt er der alleinige, freie Beherrſcher der Lüfte, deſſen Kraft, Klugheit und Gewandtheit ſich alle Schwächeren willenlos beugen müſſen. Wie ſauer würde es ihm werden, bei uns ſeinen faſt immer knurrenden Magen mit begehrens— werter Koſt zu befriedigen. Das Verbreitungsgebiet des Geierfalken ſind die Küſtenländer im Norden Aſiens, Rußlands und Skandinaviens. Auf den ſteilen, zerklüfteten Felswänden, welche die vogelreichen Buchten des nordiſchen Meeres umſchließen, ſiedelt er ſich am liebſten an, ohne jedoch auch andere Stätten im Innern des Landes gänzlich zu verſchmähen, denn auch hier lebt manches Tier, das ihm einer Verfolgung und des Er— jagens wert erſcheint. Wenn aber der kurze Sommer vorüber iſt, und die eiſigen Nordwinde über die nur mit dürftig entwickelten Pflanzen bedeckten Fluren brauſen, dann erſtirbt alles Leben. Der Winter hüllt die Erde in ein weißes Leichentuch, überſpannt die Gewäſſer mit un— durchdringlichen Eisdecken und bereitet eine Ode, die grauenvoll und entſetzlich iſt. Zwergbirke, Kiefer, Pinie, Weißtanne und Zwerg— wachholder, Binſen, Gräſer, Flechten und Mooſe ſchlummern unter einer meterhohen Schneedecke. Lemming, Eichhörnchen, Wurzelmaus und andere Nager, denen jene Pflanzen kärgliche Nahrung ſpendeten, wandern ſüdwärts oder halten, unter der Schneedecke und in Erd— gängen verborgen, ihren Winterſchlaf. Dann treibt's auch den Geier— falken auf die Wanderſchaft. Er folgt den Zügen der Seevögel und gelangt nicht ſelten bis zu den Gewäſſern Großbritanniens, Dänemarks, Norddeutſchlands und Südrußlands, durchſtreift hier Feld, Wieſe und Wald und verſucht ſich in der Jagd auf Faſanen, Enten, Reb— und Birkhühner und verſchont ſelbſt unſer Eichhörnchen und den Meiſter Lampe nicht. Dann haben wir Gelegenheit, den ſtattlichen Sohn des Nordens zu ſehen und zu bewundern. Das Federkleid iſt oben graublau und ſchwarz gebändert. Die Unterſeite hat eine gelb— — Ina) — lihweiße Färbung und ijt mit dunfleren Längs- und Querjtreifen ge— zeichnet. Der Kopf it did, der Hals furz. Der Schnabel ijt vom Grunde ab gebogen, mit einem [harfrandigen Zahne verjehen und endigt in einem ſtark nad) unten gebogenen Hafen. Die Fänge ind groß, ihre Zehen mit äußerjt Iharfen, Träftigen Krallen bewaffnet. Wunderbar ilt das Auge in bezug auf Größe, Yarbe und Glanz be— ſchaffen. Man Tann ji Taum etwas Schöneres und Lebhafteres in dieſer Hinſicht denken. Wie alle Jagdfalken, ſo zeichnen ſich auch die Geierfalken durch edle Geſtalt, vornehme Haltung, ritterliche Tugenden und einen ge— wiſſen Adel der Geſinnung aus. Wenn wir den Gold- oder Stein— adler auf Grund feiner überlegenen Kraft als den König der Vögel bezeichnen, jo Jind die Jagdfalken als ihre Edelinge aufzu— fallen. Als geborene Ariſtokraten verachten ſie die Plebejer und vermeiden jeden engeren Verkehr mit ihnen. Ihre Beziehungen zu den niedrig geborenen Brüdern haben nur deren vollitändige Aus— beutung zum Jwed. Wie die VBolfsedlen in alten Zeiten, jo ziehen aud) jie im Lande raubend und plündernd umher und rajten nicht eher, bis jie die mächtigere Yaujt überwältigt und Jhonungslos an den Galgen knüpft. Wie jene, jo huldigen aud) jie im gejättigten Yujtande dem Vergnügen des Spielens, Schlafens oder geiltlojen Hinbrütens. Was ihnen der hohe Norden mit feinen dummen Lummen gejtattet, des Juden jie dem Süden mit jeinen aufgeflärteren Bewohnern abzu— trogen. Die Geierfalten jind Räuber in des Wortes volliter Be— deutung, offenbaren aber bei der Verrihtung ihrer blutigen Ge— \häfte eine Slugheit und einen Anjtand, die uns das Gefährlide ihres Weſens vergejjen lajjen und uns zur Bewunderung ihres Lebens und Mirtens hinreigen. — Hod) aufgerichtet ſitzen fie auf ihren Ruheplägßen. Plötzlich jtreihen fie, dur) einige jchnell aufeinanderfolgende Ylügel- ſchläge in Bewegung gejeßt, in einer Entfernung von dreißig bis jehzig Metern über den Boden hin, erheben ſich rud- oder ſtoßweiſe zu kaum abjehbarer Höhe und umjegeln hier in großen Kreijen das weit unter ihnen liegende Jagdgebiet. Nichts entgeht dabei ihrem Iharfen Auge. Sobald fie einer Beute in der Luft, auf dem Boden oder auf einem Baume anjihtig werden, jtreden jie die Fänge nad) vorn, legen die Ylügel an den Leib und ſchießen mit einer Schnellig- feit in die Tiefe hinab, die faum eine klare Auffaſſung ihres Körpers — N — geitattet. Ein ſolches Schaujpiel gewährt, jelbjt wenn es einem unjerer gefiederten Hausgenojjen gilt, einen überaus ſtolzen Anblid. Die Geierfalfen bleiben niemals lange auf der Stelle ſitzen, auf der jie ein Tier erbeuteten, jondern ſuchen, das Opfer in den Krallen tragend, einen Ort auf, der weite Umjhau gejtattet. Hier rupfen, enthäuten und vertilgen jie ihre Beute. Der Horjt des Geierfalten it ſehr umfangreid) und äußerjt flad). Der Lebensweije des Tieres entjpredend, finden wir ihn meijtens in den Spalten und Höhlen ſchwer zugänglicher Yelswände oder aud) auf Bäumen in der Nähe des Meeres angelegt. Sein Unterbau bejteht aus jtarten Ajten, die vom Männden und Weibchen in den Krallen berbeigejchleppt werden. Der Oberbau ijt aus dünneren Zweigen zu— Jammmengejeßt und umſchließt die mit Moos, Ylechten, Federn, Binjen und anderen weichen Gegenjtänden gepoljterte Nijtmulde. Dft be— mädtigt jich der Geierfalke des Nejtes eines der gefährlichſten Vogel-, Mild- und Nejträuber der nordiſchen Gegenden, des Kolfraben. Wenn man jonjt findet, daß ſich Pad jchlägt und wieder verträgt, jo trifft das zwilchen dieſen Mordgejellen nicht zu. Der Geierfalfe und der Kolfrabe jind unverjöhnlihe Feinde. Einer verfolgt die Hantierungen des anderen mit neidiſchen Bliden. Wo fie einander begegnen, führt es zur Balgerei, die häufig mit einer be'hämenden Niederlage Des \tolzen Geierfalfen endigt. Was diejer an Fluggeichwindigfeit und Ge— wandtheit bejigt, hat jener an Lilt, VBorjiht und Ausdauer aufzuweilen. Schon in uralten Zeiten wurden Edelfalfen für die Jagd auf Rehe, Füchſe, Gemjen und Hafen, Reiher, Kraniche, Trappen, Yajanen, Feldhühner, Wildgänje, Enten, Tauben, Bradhpögel, Kiebite, Krähen, Stare, Drojjeln und Lerchen abgerichtet. Auch) der Geierfalfe |pielte als Beizvogel eine hervorragende Rolle und jtand infolge dejjen in ehr hohem Werte. Jm Mittelalter gehörte es zu den vornehmſten Vergnügungen aud) der Damen, mit abgetragenen alten zur Jagd auf Federwild auszureiten. Könige und Edelinge betradhteten es als ein bejonderes Vorrecht, die Yalfenbeize betreiben zu dürfen und ver- Ihwendeten für Unterhaltung ihrer Yalfnereien oft ganz ungeheuere Summen. Bon Franz dem Erjten in Frankreich wird berichtet, daß er dreihundert Falten beſaß, die unter der Aufjiht und Zudt eines Oberfalfenmeijters jtanden, dejjen Anordnungen und Befehlen id) —. Ey fünfzehn Edelleute und fünfzig Yalfner fügen mühten. Wie hoch ein einzelner Jagdfalke im Werte jtand, erfahren wir aus der hiſtoriſchen Tatjahe, da Philipp Auguft von Franfreid) für einen Falken, der ihm bei der Belagerung von Akkon fortflog, den Türken ohne be- jondere Yorderung taujend Goldjtüde bot. Unfere Zeit, in der Dampf, Elektrizität, Pulver und Blei eine Hauptrolle jpielen, hat für derartige abenteuerlihe VBergnügungen feinen Sinn. Nur noch in Flandern, einigen Orten Englands und in Alien und Afrifa betreibt man die Falkenbeize. Ob der Verfall diejer Art der Jagdausübung bei uns zu beflagen iſt, lajjen wir dahingeltellt jein. Der Geierfalf und jeine edlen Raubgenpjjen, Die, wie wir, ein Recht am Leben und an der %reiheit haben, fühlen lid) jedenfalls wohler unter den VBerhältnijjen und Zuſtänden unjerer Tage. Möge die Yalfenbeize eine Ruine jein, die aus den Tagen der Vergangenheit, umwunden von einem üppigen Kranze tief empfun- denen Sagens und Gingens, in unjere, bei manden Leuten jo jehr verrufene Zeit herüberjtarrt, jo ijt jie andererjeits doch aud) ein Denkmal mittelalterliher Roheit und Gefühllojigfeit gegen Wejen, die wir zwar zu töten, aber nicht zu quälen beredhtigt jind. Sg Der Abu. 70 em lang. De Uhu, der in dem geheimnisteichen Zeitalter des Hackelbergers oder wilden Jägers als Nonne Turturjel eine hervorragende Rolle \pielte, der bei den alten Grie— hen als der verwünſchte Kö— nig der Nacht gefürchtet und gefeiert ward, unterjcheidet ih von den Tagvögeln durch jein großes, halbkugelförmi— ges, gegen das Licht jehr empfindliches, mit einem jtrah- ligen Federfranze umgebenes Auge, das eine jchöne, guld- gelbe Yarbe hat und rot ge— rändert ijt. Der Schnabel ijt dunfel blaugrau, hakig ge- frümmt, ungezähnt und an der Wurzel mit einer Wachs— Haut verjehen, Die von einem Borjtenfederbüjchel überdedt ijt. Der Kopf ilt, wie der ganze Körper, mit Ioderen, aber dennoch jehr Dicht Tie- genden Federn befleidet und ähnelt mit jeinen Gloßaugen nicht wenig dem Kopfe unjerer Hausfaße. Oberhalb der Off- nungen der inneren Gehör— gänge jtehen zwei jchwarze, an der Innenſeite gelb eingefahte Federbüſchel, Ohrbüjchel oder Federohren genannt, die dem Kopfe nicht nur ein ſtattliches und trogiges Anjehen geben, jondern aud) die Empfindlichkeit des Ohres erhöhen, und zur Übermittlung aud) des leiſeſten Geräufches beitragen. — 143 — Das Kleid des Uhus iſt ſehr reich und bejteht aus ſchwarz gejhafteten, quer gejtreiften, gewellten, oben abgerundeten Federn. Auf der Oberfeite ijt es dunfelrojtgelb und ſchwarz geflammt, an der Kehle gelblihweiß und an der Unterjeite rojtgelb und mit unter- brochenen, ſchwarzen Längsitreifen verjehen. Das ganze Gewand madt einen äußerjt ſeltſamen Eindrud und verleiht dem Beſitzer, der in MWirklichfeit durchaus ſchlank und wenig fleiihig it, ein recht behäbiges Ausjehen. Die Ylügel ſind verhältnismäßig lang, wo- gegen der Schwanz Turz iſt und wie abgejhnitten erjheint. Die Beine find ſehr Träftig, mittelhoch und fteden in einer dichten, plude- rigen Federhofe. Die Fänge jind mit blaugrauen Schildern bededt und mit ftarf gefrümmten, ungemein ſcharfen Krallen bewaffnet. Die äußere der drei Vorderzehen Tann, wie beim Kudud, willfürlid) nad) hinten gewendet werden und gejtattet eine vieljeitige Verwer— tung des Fußes beim Siten und beim Ergreifen, Feſthalten und Zerreißen der Beute, ohne aber eine Handhabe fürs Klettern zu gewähren. Menn man aud) jo viel wie möglid für die Ausrottung Des Uhus Sorge getragen hat, jo findet er ji) dennoch nicht nur in Dfterreih, Griechenland, der Türkei, Jtalien, Spanien, Frankreich, Standinavien, Nordafrika und Wien, jondern aud) in vielen Gegenden unjeres deutihen VBaterlandes, und zwar überall da, wo ihm düſtere MWaldungen, zerfallene Bauwerke und unzugänglide Bergpartien ein jiheres Obdad) gewähren. Baumlöder, Mauer- und Yelsjpalten er- wählt er als Schlupfwinfel und richtet ji) in ihnen jeinen Stamm- und Yamilienjig ein, der oft Zeuge liebreiher Handlungen, aber auch Schauplaf graujamer Taten und blutiger Auftritte ilt. Mit zurüdgelegten Yederohren und glatt angedrüdtem Gefieder, das ihn nur ſchwer von den Dingen feiner Umgebung unterjcheiden läßt, ſchaut er mit zum größten Teile geſchloſſenen Augen hinaus auf das zu den Yühen feiner Raubburg ſich weit ausbreitende Jagd— revier. Einem Rinaldo Rinaldini glei, ruht er am Tage die müden Glieder, um während der Naht durch Heulen, Kreiihen, Kichern, Knappen, Klappern, Fauchen, Zilhen und Schreien die Ruhe und den Frieden jeiner Umgebung zu verſcheuchen und durch Plünderung, Mord und Raub das Glüd vieler Tierfamilien rüdjihtslos zu zer- tören. — — 144° — Er tötet und verzehrt ſelbſt Gänſe und verſchont auch den eigenen Stammesbruder nicht, wenn ein jolder ihm irgendwo in den Weg fommt. Im Fluge erhaſcht er Schlangen, padt er Maulwürfe und Feldmäuſe, die ji) aus ihren Erdhöhlen hervorwagten, um in den Suchen des Aders, zwiſchen duftenden Blüten und raujchenden Halmen eine Mondjheinpromenade zu maden. Es ilt far, daß der Uhu ſeiner Schandtaten halber bei den Tieren wenig beliebt ijt. Den Tagvögeln ijt er ein Dorn im Auge. Mehe ihm, wenn er von einem zufällig in feinem Schlupfwinfel entvedt wird. Bald lockt diejer eine ganze Herde feinesgleihen zu— jammen und unter heidenmäßigem Lärmen, Schelten, Zanken und Toben zerren jie ihn bald hierher, bald dorthin, ohne dabei in den Bereich jeines Tnappenden und fauchenden Schnabels zu kommen. Zaunfönig, Zeilig, Fink, Grasmüde, Spaß, Krähe, Rabe, Eliter, Sperber, Habicht, Weihe und alles, was ſonſt nod) des Weges Tommt, pufft, jtößt, beiht, zupft und zerrt an ihm herum und ſucht fein Mütchen an ihm zu fühlen. Dies Verhalten der Tagvögel gab Anlaß zur Erfindung der Krähen- oder Uhuhütte. Dieje wird aus alten Brettern und Holz- itangen zujammengejegt und mit grünen Zweigen und Rajenjtüden jo überdedt, daß jie das Ausjehen eines dichten, natürlichen Buſch— werfs hat. Am beiten jteht diefe Hütte auf einem freien Platze am Waldesjaume oder auf dem Felde. In einer Entfernung von zehn bis zwanzig Schritten vor der Hütte wird eine fräftige, weithin lihtbare Stange errichtet, die oben mit einem Querholze verjehen it. An Diejes fejjelt der MWeidmann einen Uhu derartig, das ihm Spielraum zum SHerumflattern gegeben ijt. Er jelbjt aber nimmt, die Flinte in Bereitihaft Haltend, Aufjtellung in der Hütte. Sobald die Vögel des nädhtlihen Näuberhauptmanns anjihtig werden, fallen jie wütend und unter lautem Geſchrei über ihn her. Meiltens kommen zuerjt die fürwißigen Krähen und jtehen auf ihn los; bald aber erjcheinen auch Sperlinge, Buſſarde und Weihen; ja jelbjt der ſchlaue Habicht erjcheint, dem gefejjelten Gegner Püffe und Stöße zu verjegen. Die Eleineren Vögel erheben bei jedem erfolg- gefrönten Angriffe ein weitjchallendes Jubelgejhrei, das dem Uhu unangenehmer als ein Schlag mit Yängen und Schnabel ijt. — Der in der Krähenhütte pojtierte MWeidmann hat hierbei die beſte Ge— — 7145 — legenheit, einen Räuber nach dem andern aus der Luft zu ſchießen. Keiner achtet in dem Eifer des Streites des Aufſchreies eines tödlich getroffenen Bruders. Die Wut gegen den Uhu macht ſie für alle anderen Erſcheinungen taub und blind. Daß der ſchlechteſte Charakter nicht ohne jede beſſere Regung iſt, beweiſt uns auch der Uhu. Er iſt trotz ſeiner Raubgier und Mordluſt nicht bloß ein treuer Gatte, ſondern auch ein äußerſt liebe— voller und zärtlicher Vater. Die Brutſtätte oder den Horſt legt der Uhu in den ſeltenſten Fällen ſelbſt an, ſondern übernimmt gewöhnlich das verlaſſene Erbe eines andern Plattformbauers. Findet er einen ſolchen Bau in einem auch noch ſo liederlichen Zuſtande vor, ſo kümmert er ſich doch wenig um deſſen Ausbeſſerung. Frau Uhu beſtreut und polſtert ihn mit einigen Blättern, Moosſtückchen und Halmen und legt etwa Mitte März zwei bis drei rundlidhe, weißſchalige Eier in die flahe Nijt- mulde. Sobald die Jungen ausgeſchlüpft jind, empfangen jie alles das, was die Eltern genießen; und die Eleinen Freſſer fühlen ſich recht wohl dabei. Der Til wird ihnen täglid jo reich gededt, daß id) von den erübrigten Broden eine ganze Yamilie zu Jättigen im— Itande ijt. Wir wünjhen ihr gejegneten Appetit und beneiden [ie feineswegs um die jeltjam duftenden Portionen ragoutartiger Hafen-, Ratten, Enten», Schlangen- und Mäufereite. Das VBerdauungsvermögen des Uhus entipricht feiner maßloſen Mord- und Freßluſt und erregt unjer Erjtaunen. Sein Magenjaft zerjeßt in Fürzejter Zeit ganz verſchlungene Tiere. Haare, Knochen oder Federn jheidet er aus. Sie werden als Gewölle an bejtimmten Orten unter den drolligiten Bewegungen ausgejpien. Seinen Durjt löfht der Uhu mit dem warmen Blute getöteter Tiere. Wolf-Harnier, Gefiederte Baufünitler. 10 — ZA — Mas der Huge Froſch erzählt. 3 eſtern ſaß ich ftill im Grafe, > PBuste Mäulden mir und Naſe, Da erihien ein weißer Mann, Sah mid) an und jagte dann: „Fröſchlein, komm mal näher!“ Seinen langen roten Schnabel Schwang der Mann wie eine Gabel, Sette Ted fein Stelzenbein In den Ampferbujch hinein, Der mid) vor ihm Ddedte. Lüſtern zeigte er die Junge, Hob die Flügel dann zum Schwunge, Schlug mit ihnen einen Reif Mie der böje Vogel Greif, Daß es mich erjchredte. Als er wild die Augen rollte, Mar mir’s deutlid, was er wollte. Mit Juchheiſſa und Juchhe Sprang id) in das Schilf im See, Mo ic) mich veritedte. Zange noch jah ich ihn ſtehen, Sah ihn auf- und niedergehen Bald im Schritte, bald im Trab. Endlich flog er klappernd ab, Der infame Peter. Meikt du, wie es mir ergangen, Menn der Burjche mich gefangen? Kalten Herzens, keck und dreiſt Hätt’ er meinen Leib verjpeilt, Ohne mid) zu fragen. Aber nein, für dieſen Toren Hat die Ylut mich nicht geboren! Muß ich jterben, dann geſcheh's In dem Wogenbett des Sees. — Der ſoll mich nicht haben! aa SO® o&® GO®& Gevatter Langbein. I uchhei, didldei! Jetzt kommt er, der langerjehnte Frühlingsbote, I” der Freund der Mädchen und Buben in Dorf und Stadt. In maleriijden Schwenkungen umjegelt er das liebe alte Heimatdorf, um jid in einer nad) unten auslaufenden Schnedenlinie dem ſchon vor Jahren eingerichteten Horte auf dem Dachfirſt zu nähern und unter lujtigem Geflapper in Beſitz zu nehmen. Freundlich ſchaut er mit feinen hübſchen braunen Augen, die von einem ſchwarzen Yederrahmen eingefaht jind, in den Hof her- nieder, um die Heine Dorfgejellihaft zu begrüßen, die ihm lärmend und lahend die Hände zum Willlommen entgegenjtredt. Danı beäugelt und prüft er das Weit. Der Schnee, der während des Minters auf ihm lagerte, hat es arg zujammengedrüdt. Die Norditürme haben es empfindlid) gerüttelt und mand) Baujtüd aus jeinent VBerbande gezerrt und auf den Boden geworfen. In jeinem Innern liegen alte Stiefel, Holzpantoffeln, Mauerjteine und Dide Prügel, die durch geihidt gezielte Würfe übermütiger Dorfbuben hineinbefördert wurden. Das alles aber vermag Herrn Gevatter Lang- bein die gute Laune nicht zu verderben und jeine Yreude am Dafein in der geliebten Heimat zu beeinträchtigen. Unverdrojjen geht er an die Ausbejjerung, wirft hinaus, was nicht hinein gehört, erjett, was fehlt und rüdt und jchiebt zurecht, was nicht an richtiger Stelle litt. Jedenfalls darf er jih von jeinem Weibchen, das einige Tage jpäter erjcheint, nit den Vorwurf maden lajjen, daß der Horſt zu unordentlih und einer hochedlen Frau Langbein unwürdig fei. Während der bejchwerlihen Inſtandſetzung des Horſtes ver- ſäumt Gevatter Langbein nit, ih auch angenehmeren Beſchäfti— gungen hinzugeben. Schon am erjten Morgen nad) feiner Anfunft 10* ler — jehen wir ihn auf der Wieſe herumjtolzieren, um den noch nicht lange aus dem Winterſchlafe erwadten, in jeliger Lenzeslujt mufi- zierenden Fröſchen jeinen erjten Bejud) zu machen. Unbeweglid), wie angewurzelt, den Schnabel hieb- und jtoßbereit, jteht er am Ufer des Meihers, jedem Patſchfuße Tod und Verderben drohend, der ji) im Rauſche der Frühlingswonne unvorjidhtig in jeine Nähe wagt. Auh den Maulwürfen, Mäujen, Ringelnattern, Blindjchleichen, Eidechſen und Schneden, die, gewedt durd) die warme Frühlingsjonne, zu neuem Leben erwadten, ſucht er jih in aller Yorm vorzujtellen und ihnen in rüdjihtslojejter Weile begreiflicd) zu machen, wie er ſich ihnen gegenüber zu verhalten gedenfe. Ein weithin jchallendes Klap— pern bejiegelt die Feſtigkeit jeines Entſchluſſes und gibt der ſchwächeren Kreatur das Zeihen zum Beginn eines Kampfes, der im Verlauf von fünf Monaten Taujende und aber Taujende der allerdings läjtigen Geihöpfe als. Opfer fordert. An feinem Orte und zu feiner Tages zeit jind jie ji von jet ab mehr jiher vor dem gewaltigen Schnabel ihres Gegners. Bon früh bis jpät jteht er auf der Lauer oder durd)- mit in majejtätiijhen Schritten, gierig juhend und ſpähend das zu jeinem Heimbezirke gehörige Jagdgebiet. Nur während der Nacht und in der heißen Mittagszeit, wenn der Gefürdtete im Horjte der Ruhe pflegt, herrſcht Waffenruhe. Etwa acht Tage hat das Strohwitwerleben Gevatter Lang= beins gedauert, da eriheint die Gattin. In gewaltigen Schrauben- linien umfteijt jie den Horjt, in dem der Gatte jehnjühtig ihrer Ankunft harıt. Sobald er ihrer anjichtig wird, gebärdet er ſich wahr— haft ergöglid. Ausgelajjen hüpft er im Übermahe jeines Glüdes im Horſte herum, umtanzt ihn in drolligen Sprüngen, nidt, Tlappert, verbeugt ſich, Ihlägt wie bejejjen mit den Flügeln und ſucht durch allerhand unbejchreiblihe Bewegungen der Geliebten zu bezeugen, wie herzlidy er ſich über ihr Daſein freue. Auch die Gattin iſt Hochbeglüdt, nad) langer, gefahrvoller Reife daheim zu jein. Kaum hat jie ſich häuslich niedergelajjen, jo nähert lie ji) dem Gatten mit Liebfojungen und Zärtlichfeitsbeweijen manderlei Art. Sie verjäumt nicht, ihm den Dank zu zollen, den Liebe, Treue und Fürjorge zu fordern beredtigt ſind. Nahdem ſich der Rauſch der Freude des MWiederjehens etwas gelegt hat, jchreitet Yrau Langbein zur gründlichen Unterjuhung des — 4149, — Horſtes. Wenn ſie auch die Vorarbeiten ihres Gatten mit Befriedigung erfüllen, ſo findet ihr an häusliche Ordnung und Sauberkeit mehr gewöhntes Auge doch noch manches, was unbedingt der Nachbeſſe— rung bedarf. Vor allem andern iſt es die Niſtmulde, deren behagliche Einrichtung und ſaubere Ausſtattung ihr am Herzen liegt. Wolle, Federn, Lumpen, Haare, Halme und andere ſchmieg- und biegſame Gegenſtände werden von nah und fern herangeſchleppt, um zu einem weichen und warmen Lager für die Nachkommenſchaft ſorgfältig zurechtgelegt zu werden. Iſt die Kinderwiege ſo eingerichtet, daß ſie den hohen Anforderungen des lieben Mutterherzens in jeder Hinſicht genügt, dann beginnt Frau Langbein zu brüten. Sie ver— läßt dann das Neſt nur noch, um ſich die allernotwendigſten Be— wegungen zu verſchaffen. Für Gevatter Langbein beginnen nun arbeitsreiche Tage. Er hat die brütende Gattin mit Futter zu verjorgen und ihr die Lange— weile bei Ausübung ihrer Mutterpfliten zu vertreiben. Doch wer Gelegenheit nimmt, ihn zu beobadten, wird erfennen, daß er ji) troß aller Mühen und Lajten jo wohl fühlt, wie ſich ein Vater an der Wiege feiner einjtigen Stammbhalter nur zu fühlen vermag. Jeder Blid und jede feiner Regungen und Bewegungen zeugt von Bater- glüd, und feine geflapperten, weithin durch die Dorflandihaft Ihallenden Ionleitern reden zu uns von der hohen Freude, die fein Storhherz erfüllt. Ein Tieblihes Bild häuslichen Glüdes und elterliher Freude bietet das Storchneſt mit feinen Jungen. Se größer dieſe werden und je Teder und dreijter fie jih benehmen, mit dejto größerer Sorg— falt ſuchen die Eltern fie zu bejhirmen und zu behüten. Schüßend ſtellen fie jic) zwiihen fie und die brennenden Strahlen der Sommer- ſonne und ſuchen fie bei Regen- oder jonjtigem Unwetter mit den Flügeln zu bededen. Ganz bejondere Angſt und Unruhe bemädtigt ji) des bejorgten Vater- und Mutterherzens beim Anzuge eines Gewitters oder bei einer Yeuersgefahr. Beilpiele haben bewiejen, daß ſich Stordeltern bei Yeuersbrünjten verzweiflungsvoll in Die wild lodernden Ylammen jtürzen, um ihren bedrohten Kindern Net- tung zu bringen, und um dann jelbjt als Opfer ihrer Liebe zugrunde zu gehen. — zoo Sobald die Jungen ih im Nejte aufrihten und vom Lager- plate bewegen fünnen, ſchleppen Vater und Mutter Reiſer und Holz- jtüdchen herbei, um eine Brujtwehr zu errichten, die den „Kiekindiewelt“ nur einen für fie ungefährliden Auslug in Hof, Garten und Yeld geltattet. Etwa zwei Monate nad ihrem Geburtstage unternehmen die Sungen die erjten Spaziergänge auf dem Nejtrande und dem Dade. Das it dann nicht bloß ein Jubel und eine große Freude für ſie und die Eltern, fondern aud für die Dorfbewohner, die an der Ent- widelung und dem Gedeihen der Stordhfinder den regjten Anteil nehmen. Lautes Beifalltlatihen und aufmunternde Zurufe begleiten jeden ihrer noch jehr unjiheren Schritte und Tritte. Bald gelingt es ihnen, die Schwingen zu ſchlagen und unter flugähnlihen Bewegungen auf der Dahhöhe herumzuturnen. Sobald fie der Kraft ihrer Flügel vertrauen Tönnen, geht’s in Gejellihaft der Eltern auf die nädjte Miefe, zum Bade oder Weiher, um die erjten jelbjtändigen Jagd- verjuhe auf Fröſche zu maden. Die Nächte verbringt die Familie im Horſte. Wenn ſich die erſten Vorboten des Herbites zeigen, verjammteln fid) die Störche verſchiedener Gegenden auf einem bejtimmten Platze. Vor der Abreife wird unter ihnen Mujterung gehalten. Ein alter Stord, der gewöhnlich der größte und ſtärkſte ijt, und darum das bejondere Anjehn der andern genießt, geht prüfend an den Reihen der geordneten Reijegejellihaft entlang, um feitzujtellen, wer der beichwerliden Reife nad) dem fernen Süden gewadjen it. Yindet er alles in Ordnung und feinen Anforderungen entſprechend, jo gibt er feiner Zufriedenheit in einem lujtigen Geflapper Ausdrud, in das alle Reijegenofjen mit einjtimmen. Entdedt er jedod einen Stord), den er für reiſeuntüchtig hält, jo wird er durch Schnabelhiebe getötet. Darauf erhebt jih die Gejellihaft, freilt noch einigemal, tlappernd Abſchied nehmend, über der Heimat und zieht dann fort in die weite, weite Fremde. Der Störde Abſchied. de nun, du Haus mit dem gaftlihen Dad), Auf dem wir jo lujtig gefiappert! Lebt wohl nun, ihr Erlen und Blumen am Bad), Mit denen mand)’ Wort wir geplappert! Shr Buben und Mädchen, jo jonnenverbrannt, Lebt wohl! Wir ziehn in ein wärmeres Land! Ade! Ihr Eihen und Buchen dort drüben im Yorit, Was jhüttelt jo ernit ihr die Kronen? — Habt Dank für den Baujtoff zum heimiſchen Horit, In dem wir mand) Sommer |hon wohnen! Ihr bleibt in der Heimat, jo rauh nun und Talt: Seid wader und troßet des Winters Gewalt Ade! Ade nun, du Berg und du wiejenreich’ Tal, Wo alle jo lieb uns begegnet! Ade auch, du Garten, ohn’ Maß und ohn’ Zahl Mit köſtlichen Früchten gejegnet! Wie werden die Kinder von Herzen ſich freun, Menn Birnen und Üpfel die Pfade bejtreu’n! Ade! Ade! ISDN far IE AN Empfehlenswerte Jugend-Literatur | AL. Anton & Co. Berlin und Leipzig | | Berlag für Bädagogif und Jugendliteratur Gefiederte Baufünitler (Neue Folge) Sharafterichilderungen aus der Bogelwelt unter be- jonderer Berücdlichtigung der Neftbauart der Vögel pon Ed. Wolf-Harnier Mit 4 Buntbildern von Alf. Buſch-Leipzig und zahlreichen Text-Illuſtrationen von dem DBerfajjer Preis gebunden M 1.80 CHI nn. iſt ein Dichter und Künitler zugleich, der jeit Sahren zu den Xiebling3- autoren unjeres Bolfes und na— mentlich unjerer Jugend gehört. Seine Schilderungen aus dem Reben der Bogelwelt müſſen meiſ— terhaft genannt werden. Jedem, der fie lieft, gebt ein völlig neues Berjtändnis für Leiden und Freu— den, Art und Weſen Der !gefie- derten Bewohner des Waldes auf. Höchſt bedeutjam ift es, wie der Autor die Bögel, je nach der Art, wie fie ihre Brutftätten berrich- ten, in Handwerfsflajjen einteilt. Bimmerer nennterdie einen, Dach- decker, Schneider ujiw. die anderen. Dadurch bringt er ihre Lebensge— wohnbeiten in engite Beziehungen zu denen des Menjchen und er- leichtert dem Kinde wejentli das Berftändnis. Wer fich einmal in dieje gemütpollen Schilderungen aus dem Hamilienleben der Bogelwelt vertieft hat, wird gern immer und immer wieder nad) dem Buche greifen. Die Zluftrationen find meifterhaft und bilden mit dem Text ein untrenn= bares ®anzes. ®edeilichere geiftige Roft als dies von einem bewährten Bugendbildner gejchaffene Werk fann dem Kinde faum geboten werden. | A. Anton & &o., Berlin und Leipzig | DBerlag für Bädagogif und Jugendliteratur Der Tiere LuftundLeid Charakterſchilderungen aus dem Leben der Tiere von Hermann Thomas Rektor in Berlin Mit 4 Buntbildern von Alf. Bujch-Leipzig und zahl- reihen Sezt-Jlluftrationen von Ed. Wolf-Harnier Preis gebunden M 1.80 iebe zum Tiere und feinftes Berftändnis für feine In— Dividualität hat den Verfaſſer vorliegenden Buches zu jeinem Werke begeiſtert. Alles ijt jo launig, ſo gemütvoll geſund, daß jeder ſich gern wieder und wieder in dieſe reizenden Schilderungen aus dem Leben der Tiere vertiefen wird. Der Inhalt ſteht auf ſtreng naturwiſſenſchaftlicher Baſis. Zu— gleich aber wird das Tier überall in gewiljem Ginne vermenſchlicht eingeführt. Es tritt als han— delnde Berjon auf, deſſen Erleb— niſſe die innigſte Anteilnahme des Lejers erweden. Der ge- wiljermaßen novelliftiihe Aug, der in den einzelnen Geſchichten zur Geltung fommt, hält das Intereſſe des Lejers ftändig wach und fejjelt jeine Aufmerfjamfeit in hohem Grade. — >> >> SS Gine an einem ſolchen Werke herangebildete Jugend wird das Tier achten und lieben und jeine Be- Deutung im Haushalte der Natur jehäten und richtig bewerten lernen. Her- borragende Fachmänner, denen das Werk zur Prüfung vorgelegen, nennen e3 eine Weiſterleiſtung bezüglich jeines Inhaltes und jeiner Austattung. A. Anton & Co. Berlin und Leipzig | Verlag für Bädagogif und Zugendliteratur Der Tiere Luſt und Leid (Neue Folge) Charakterſchilderungen aus dem Leben der Tiere von Hermann Thomas Rektor in Berlin Mit 4 Buntbildern von Alf. Buſch-Leipzig und zahl- reichen Sert- Sluftrationen von Ed. Wolf-Harnier Preis gebunden M 1.80 Ss) Thomas uns von der Ge— ibichte einer Hamjterfamilie berichtet, ob er von dem Leben des Hajen, des Fuchſes, der Wild- gang, der Biene, des Froſches, des Glefanten oder gar der Aufter und des Gtichlings erzählt, immer weiß er den richtigen, der In— Dividualität Des betreffenden Tieres entjiprechenden Ton zu treffen. Wer jo aus vollem Herzen zu ſchildern weiß, liebt ſelbſt das Tier und jeine Art, und was er lagt, wirft belehrend und wohl- tätig zugleich auf ©eift und Ge— müt Des Lejers ein. Thomas | h Schriften weden den Ginn für | NA — die Natur und ſchärfen die Be— EB = obachtung und wirfen darum in Qeue Felge. — hohem Grade bildend und er— zieheriſch. Ihr beſonderer Vor— zug beſteht darin, daß ſich nirgends eine Tendenz ſtörend breit macht, wohl aber ſchmeicheln die in ihnen enthaltenen Lehren ſich leiſe aber dafür um ſo eindringlicher in das Herz ein. Eingeſtreute, formvollendete Gedichte bieten willkommene Abwechslung. Die meiſterhaften Illuſtrationen werden mit dazu beitragen „Der Tiere Luſt und Leid“ zu einem Lieblingsbuch unſerer Jugend zu machen. A. Anton & So, Berlin und Leipzig Berlag für Bädagogif und Jugendliteratur Saulemann Mas Wald und Flur erzählen In Wort und Bild dargeftellt von Eduard Wolf-Harnier 4.—6. Saujfend. — Preis 3 Mar ’ Aber dies mit 100 Slluftra- ‚ tionen gejhmüdte Geſchichten— und Gedichtbuch jchreibt Brof. Dr. Fritze-Köpenick. Bolf-Harnier trifftdenrechten Ton für Kinder, und die Dichtungen find io formoollendet, daß man aus Ddie- jem Grunde jeine $reude an ihnen bat. Sin bejonderer Schmud find die gleihfalls vom Verfaſſer ge- zeichneten Bilder, die dem SKinde feine Lieblinge aus der Tierwelt io recht vermenjchlicht zeigen, und durch ihren fünftlerijhen Wert und echten Humor aub das Alterzentzüden. 1] DiedeutjheSchulgeitung urteilt: Die Dichtungen find formoollendet, und wenn ich jage, fie find zum | großen Seile wert, daß fie Aufnahme ) in Lejebücher finden, jo ift damit wohl das höchſte Lob ausgejprocdhen, das man ſolchen Dichtungen und ihrem Berfajjer jpenden fann. Auch die Proſa ift vortrefflich: fonfret, einfadh, ohne nichtsjagende Wendungen. — Alm die Zufunft des Haulemann ift uns nicht bange; er iſt jo ge— raten, daß er bald der beſte Freund aller großen und fleinen Kinder werden dürfte. Prof. Dr. Wychgram, Schulrat in Lübeck äußert fich: Die launigen und finnigen Vermenſchlichungen der Tiere, der zarte und doch fräftige Naturfinn, der aus jo manchem Bilde jpricht, werden unjere Kinderwelt entzüden und in ihr eines der für das Lebens- glück notwendigiten Gefühle beleben: das für die Natur. Nehme ich noch dazu, daß die Iuftigen, melodijchen Verſe jo ganz in die Stimmungs- welt des Kindes eingehen, jo fann ich nicht anders, als an eine recht glüclihe Zukunft des Buches zu glauben. A. Anton & So., Berlin und Leipzig DBerlag für Pädagogik und Jugendliteratur OU -Deutichlands Jugend Anſern lieben Buben und Mädchen gewidmet vom Deutichen Lehrer - Schriftitellerbund Quart-Format. — Reich illuftriert. — Breis geb. 3 Wark 27 verjchiedene Autoren, ſämt— lich Bädagogen von Ruf und Beruf haben in gemeinjamer Arbeit dies eigenartige Werf geihbaffen. Bald fommt in ihm ein Dichter zu Wort, bald unter- halten $abeln und Märchen den Rejer, bald wecken geſchichtliche Erzählungen oder Schilderungen aus dem Tier- und Naturleben das Intereſſe der fleinen Leute, ik B&S für Die es beftimmt if. Auch Nee — — U an Rätjeln und Spielen ift fein * = === J Mangel. Fl Lnfern lieben Buben und Mädchen ſ Vieles iſt hier zuſammenge— geriömet nom il tragen und vieles wird hier ge- i bradt, und alles Berbundene feffelt Herz und Gemüt Des Kindes in hohem Grade. Sur bejonderen Zierde gereicht dem Buche jeine illuftrative Aus— ftattung, die Eduard Wolf-Harnier bejorgt hat. Namentlich die zahl- reihen farbigen Bilder, in denen vielfach ein gejunder Humor zum Ausdruck fommt, werden die Beichauer zu hellem Jubel begeiftern. Eltern, Lehrer und Kinder werden an diefem Buche die gleiche Freude haben. Jaeger'ſche Berlagsbuhhandlung Leipzig und Berlin Für die Feſt- und Ge— denftage des Lebens Reichhaltige Sammlung von Geburtstags-, Neujahrs- und Zubildumswünjchen, Brologen, Feſtliedern, Be— gleitverjen zu Geſchenken, Widmungen, Stammbuch— blättern nebjt kleinen ®eburtstags-, Weihnachts— und Neujahrsliedern mit leichter Klavierbegleitung, fleine Sejtreigen und Feſt-Spiele für Haus und Garten von Marie Müller 2 Seile Breig jeden Teiles M 1,20, eleg. gebunden OR 1,80, in einem Bande gebunden M 3,—. Much diejes Werfchen verfolgt pädagogiſche Zwecke und dürfte darum als Supplement zu andern Erziehungsſchriften geeignet jein, den Beifall zahlreicher Zugendbildner zu erringen. Eine derartige Sammlung, die in reichhaltigfter Weije den Geſang berücfichtigt, eziftierte unjeres Wiſſens bisher noch nicht. Es war ein glüdlicher Sedanfe von Marie Müller für dies Werk nit nur Darbietungen älterer Autoren auszuwählen, iondern auch zahlreiche lebende Schriftiteller und Komponiſten zur Mitarbeiterfjchaft heranzuziehen. Dadurch hat es eine Friſche und Lebendigkeit erhalten, die e8 ganz bejonderer Beachtung wert macht. Ir Bay Veran un Mm N l | 8 00 | Il 3 908 | = [7] |